Parker, G. Der Kaiser 3806240086, 9783806240085

Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und König von Spanien: Das umtriebige Leben von Karl V. Porträt

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German Pages 879 [914] Year 2020

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Table of contents :
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Vorbemerkung zu Orts- und Personennamen
TEIL I Der junge Karl
1 Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508)
2 Ein Prinz als Waisenknabe (1509–1514)
3 Ein schwieriges Erbe (1515–1517)
Porträt des Kaisers als junger Mann
TEIL II Spiel der Throne
4 Vom König von Spanien zum rex Romanorum (1517–1519)
5 Vom Frieden über Aufruhr zum Krieg (1519–1521)
6 Dem Fiasko von der Schippe (1521–1525)
7 Ein ungenutzter Sieg (1525–1528)
8 Der Held der westlichen Welt (1528–1531)
Porträt des Kaisers als Renaissancefürst
TEIL III »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«
9 Der letzte Kreuzfahrer (1532–1536)
10 Jahre der Niederlage (1536–1541)
11 Offene Rechnungen I: Geldern und Frankreich (1541–1544)
12 Offene Rechnungen II: Deutschland und Italien (1545–1548)
13 Die Zähmung Amerikas
Porträt des Kaisers in seinen besten Jahren
TEIL IV Niedergang
14 Paterfamilias (1548–1551)
15 Die letzten Feldzüge des Kaisers (1551–1554)
16 Rastloser Ruhestand (1555–1558)
17 Der Kaiser in Legende und Geschichte
Epilog: Die Bilanz der Herrschaft
Anhänge
Anhang I: Die Memoiren des Kaisers
Anhang II: Das Nachleben des Körpers Karls V
Anhang III: Die letzten Instruktionen an Philipp II
Anhang IV: »Infantin Isabella von Kastilien, Tochter Seiner Majestät des Kaisers«
Dank
Chronologie
Abkürzungen
Hinweise zu Datierung und Zitaten
Hinweise zu den Quellen
Anmerkungen
Literatur
Verzeichnis der Karten, Tafeln und Abbildungen
Personenregister
Rückcover
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Parker, G. Der Kaiser
 3806240086, 9783806240085

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GEOFFREY PARKER

»MEISTERHAFT«

Geoffrey Parker ist einer der renommiertesten Altmeister zur Geschichte der Frühen Neuzeit. Er lehrte in Cambridge und in den USA an der Yale University und der Ohio State University. Für seine Forschungen wurden Parker zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen und Mitgliedschaften zugesprochen: Er ist u. a. Fellow der British Academy, Mitglied der Real Academia de la Historia, der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften und des Ordens von Alfonso X.

Kein Fürst vor und nach ihm vereinte mehr Titel auf sich. Karl V. erschuf, erhielt und erweiterte das erste und langlebigste transatlantische Großreich der Geschichte. Er herrschte über Spanien, Deutschland, die Niederlande, halb Italien und große Teile Mittel- und Südamerikas. Sein Leben und seine Leistungen sind so überwältigend wie vielfältig. Der Ausnahmehistoriker Geoffrey Parker nähert sich Karl V. multiperspektivisch und entschlüsselt so die rätselhafte Persönlichkeit eines der größten Kaiser der Geschichte. »Ein wunderbares Porträt: faktengenau und trotzdem spannend erzählt, sachkundig ohne belehrenden Zeigefinger, ganzheitlich ohne zu zerfasern – ein Buch, bei dem die Lust zu Lesen nicht nachlässt.« Prof. Volker Reinhardt, Universität Fribourg

Der

Kaiser GEOFFREY PARKER

© Jo McCulty

WALL STREET JOURNAL

Der

wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-4008-5

Der Historiker Geoffrey Parker betrachtet das überwältigende Leben Karls V. aus mehreren Perspektiven und zeigt so die verschiedenen Facetten der Persönlichkeit des Kaisers: Parker zeichnet das Porträt eines vielsprachigen, multikulturellen Fürsten als junger Mann, des Kaisers als Idealausprägung des Renaissancefürsten, des vielfachen Königs und Herrschers Europas und darüber hinaus den Kaiser als Mythos und legendäre Gestalt. So entsteht das neue internationale Standardwerk zu einer der zentralen Figuren der europäischen Geschichte am Beginn der Neuzeit.

Die vielen Gesichter Karls V.

Kaiser Umschlagabbildung: Karl V., Kupferstich von Giovita Garavaglia (1790–1835). © akg-images. Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg

DER KAISER

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GEOFFREY PARKER

DER KAISER Die vielen Gesichter Karls V.

Aus dem Englischen von Thomas Bertram, Tobias Gabel und Michael Haupt

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Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel Emperor. A New Life of Charles V bei Yale University Press. Copyright © 2019 by Noel Geoffrey Parker Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg THEISS ist ein Imprint der wbg. © 2020 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Lektorat: Daphne Schadewaldt, Wiesbaden Satz: Arnold & Domnick, Leipzig Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-4008-5

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-8062-4009-2 eBook (epub): ISBN 978-3-8062-4010-8

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Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Vorbemerkung zu Orts- und Personennamen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

TEIL I  Der junge Karl 1 Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508). . . 22 2 Ein Prinz als Waisenknabe (1509–1514). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3 Ein schwieriges Erbe (1515–1517). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Porträt des Kaisers als junger Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

TEIL II  Spiel der Throne 4 Vom König von Spanien zum rex Romanorum (1517–1519) . . . . . . . . . . . . 106 5 Vom Frieden über Aufruhr zum Krieg (1519–1521) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6 Dem Fiasko von der Schippe (1521–1525). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 7 Ein ungenutzter Sieg (1525–1528) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 8 Der Held der westlichen Welt (1528–1531). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Porträt des Kaisers als Renaissancefürst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

TEIL III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang« 9 Der letzte Kreuzfahrer (1532–1536). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 10 Jahre der Niederlage (1536–1541). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 11 Offene Rechnungen I: Geldern und Frankreich (1541–1544). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

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6 Inhalt

12 Offene Rechnungen II: Deutschland und Italien (1545–1548). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 13 Die Zähmung Amerikas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Porträt des Kaisers in seinen besten Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

TEIL IV  Niedergang 14 Paterfamilias (1548–1551) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 15 Die letzten Feldzüge des Kaisers (1551–1554) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 16 Rastloser Ruhestand (1555–1558). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 17 Der Kaiser in Legende und Geschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 Epilog: Die Bilanz der Herrschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592

Anhänge Anhang I: Die Memoiren des Kaisers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 Anhang II: Das Nachleben des Körpers Karls V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 Anhang III: Die letzten Instruktionen an Philipp II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 Anhang IV: »Infantin Isabella von Kastilien, Tochter Seiner Majestät des Kaisers«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 Dank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638 Chronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 Hinweise zu Datierung und Zitaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .668 Hinweise zu den Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670 Anmerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 Verzeichnis der Karten, Tafeln und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 866

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Vorwort Braucht die Welt tatsächlich noch ein weiteres Buch über Karl V., den Herrscher über ein Reich, das in Europa das heutige Spanien, Deutschland, die Niederlande und halb Italien umfasste und darüber hinaus weite Teile Mittel- und Südamerikas? Schließlich hat schon der Kaiser selbst seine Lebenserinnerungen niedergeschrieben, sind seitdem Hunderte von Biografien in Dutzenden Sprachen über ihn erschienen und führt der Online-Katalog WorldCat allein für das aktuelle Jahrhundert mehr als 500 Bücher auf, die Karl V. im Titel tragen. Dennoch gilt auch hier: Kein Werk ist je perfekt. Der Kaiser verfasste seine triumphalistische Autobiografie im Jahr 1550 auf dem Höhepunkt seiner Macht und manche der späteren »Lebensbilder« sind erkennbar parteiisch (noch im 19. und 20. Jahrhundert haben einige Biografen die Leistungen des Kaisers vor den Karren ihrer eigenen ideologischen Ziele gespannt). Karls moderne Biografen gehören in der Regel einem von zwei Lagern an: Die einen beklagen sich, der Gegenstand ihrer Forschungen habe nicht genügend Aufzeichnungen hinterlassen, als dass sich ein ordentliches Porträt rekonstruieren ließe – die anderen behaupten, es gebe ganz im Gegenteil viel zu viel Material. So hat etwa der Historiker Scott Dixon, der dem erstgenannten Lager zuzuzählen ist, im Jahr 2003 erklärt, Karl V. habe uns »in den Akten nur wenige Hinweise darauf hinterlassen, wie er denn nun eigentlich gewesen ist … Unter den vielen Tausend Briefen, die über sein Pult gingen, gibt es nur eine Handvoll, in denen persönliche Details zur Sprache kommen«. Im Jahr darauf äußerte sich Harald Kleinschmidt ganz ähnlich: »Es gibt eine Fülle von Dokumenten, die Karls Namen tragen. Die meisten davon hat der Kaiser jedoch nie zu Gesicht bekommen. Und unter der Minderheit von Briefen, die er eigenhändig verfasst hat, gibt es durchaus solche, die nicht Karls eigene Ansichten widerspiegeln, sondern vielmehr die seiner Ratgeber.«1 Karl Brandi, der eine große, zweibändige Biografie über den Kaiser verfasst hat, gehörte zum anderen Lager: »Wiederum auf Jahrhunderte«, schrieb Brandi im Jahr 1937, »kennen wir kaum einen Fürsten, von dem so viele und so intime eigenhändige Dokumente vorliegen.« Nur wenige Jahre darauf ging Federico Chabod sogar noch weiter, indem er kurzerhand erklärte, uns habe »kein anderer Herrscher in der Geschichte so viele eigenhändig verfasste Schriftstücke hinterlassen wie Karl V.«. Und 1966 argumentierte Fernand Braudel, früheren Historikern sei vor allem deshalb noch keine überzeugende Rekonstruktion von Karls »Denken, seinem Temperament und Charakter« gelungen, weil die überlieferten Quellen schlicht zu zahlreich seien. »Inmitten dieses Papierwusts nach der Persönlichkeit des Kaisers suchen«, resümiert er, komme der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen gleich. Braudels belgischer Kollege Wim

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8 Vorwort Blockmans pflichtete dem 2002 bei: »Die Fülle des Quellenmaterials ist derart gewaltig, dass man es unmöglich ganz zur Kenntnis nehmen kann.«2 Wirklich unmöglich? Sicher, der Umfang der Überlieferung ist tatsächlich gewaltig. Seinen ersten Brief unterzeichnete der spätere Kaiser im Alter von gerade einmal vier Jahren (Abb. 2), und bis zu seinem Tod sollten mehr als 100 000 weitere Dokumente in niederländischer, französischer, deutscher, italienischer, lateinischer oder spanischer Sprache folgen, die Karl mit seiner Unterschrift versah und bisweilen noch um ein Postskriptum von eigener Hand ergänzte. Allein jene Schreiben, die er komplett eigenhändig verfasste (meist auf Französisch oder Spanisch, manchmal auch auf Deutsch), füllen viele Tausend Seiten im großen Folioformat. Sein Briefausstoß liegt heute in Archiven und Bibliotheken über ganz Europa verstreut, was sich nicht zuletzt darauf zurückführen lässt, dass er so viel unterwegs war: Beinahe die Hälfte seines Lebens, mehr als 10 000 Tage, verbrachte er in den Niederlanden und beinahe ein Drittel (mehr als 6500 Tage) in Spanien; aber er verbrachte auch mehr als 3000 Tage in Deutschland und beinahe 1000 in Italien. Frankreich besuchte er viermal (für insgesamt 195 Tage), Nordafrika und England je zweimal (für 99 beziehungsweise 44 Tage). Und so gut wie überall, wo er hinkam, hinterließ er eine Spur aus Papier und Pergament. Allein während der 260 Tage, die Karl auf seinen Reisen von einem Herrschaftsgebiet ins nächste auf hoher See verbrachte, entzieht er sich der Neugier der Historiker.3 Obwohl er niemals den Atlantik überquerte, hat Karl V. auch in seinen amerikanischen Herrschaftsgebieten eine Dokumentenspur hinterlassen. Allein in den Jahren 1542 und 1543 erließ der Vizekönig von Mexiko fast 1500 Dekrete in Karls Namen, viele davon auf direkte kaiserliche Anordnung. Einige dieser Erlasse (cédulas reales) bildeten die rechtliche Grundlage für neu angelegte aztekische Siedlungen (altepetl), was sie im Laufe der Zeit als wertvolle Gründungsurkunden, von denen bis in die 1990er-Jahre hinein Abschriften erstellt wurden, geradezu ikonisch werden ließ. Und da außerdem »in der Welt des prähispanischen Mexiko die Gründung der diversen altepetl nach dem Willen und unter dem Schutz der Götter stattfand«, wurde Karl in manchen dieser Gemeinwesen schon bald wie ein Gott verehrt.4 Der Kaiser selbst strebte auf konventionelleren Wegen nach Unsterblichkeit: Er saß für Porträtgemälde Modell, gab Geschichts- und Kunstwerke in Auftrag, ließ Paläste errichten und spielte in großen Propagandaspektakeln die Rolle des glanzvollen Herrschers (besonders bei den zeremoniellen »Einzügen« in diverse Städte: Abb. 7). Massenhaft wurde das Konterfei des Kaisers auf Münzen, Medaillen und Keramik unters Volk gebracht, ja sogar auf Damespielsteinen (Abb. 30) und natürlich in Büchern und auf Flugblättern. Musiker komponierten Werke, um Karls Erfolge zu verherrlichen (den Sieg in der Schlacht

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Vorwort

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bei Pavia beispielsweise oder seine Kaiserkrönung), manchmal aber auch, um Rückschläge zu verklären (etwa den Tod seiner Ehefrau). Eine international besetzte Heerschar von Dichtern, Malern, Bildhauern, Glasern, Druckern, Webern, Gold- und Waffenschmieden, Edelsteinschneidern, Geschichtsschreibern und Sekretären bemühte sich nach Kräften, dem offiziell gewünschten Image des Kaisers Geltung zu verschaffen. Karl V. folgte dem Rat aus Baldassare Castigliones einflussreichem Brevier über höfische Umgangsformen, Il Libro del Cortegiano (»Das Buch vom Hofmann«), einem seiner Lieblingsbücher überhaupt, das erschienen war, als sein Verfasser als Gesandter am Kaiserhof weilte, und das auf Karls Anweisung hin ins Spanische übersetzt wurde: Egal was der Kaiser tat – ob gehen, reiten, streiten, tanzen oder sprechen –, er behielt dabei mit einem Auge stets sein Publikum im Blick.5 Er wäre entsetzt gewesen, zu erfahren, dass im 19. Jahrhundert eine spanische Regierung sein Grab öffnen und seine mumifizierten Überreste als Touristenattraktion ausstellen würde – und dass manche Besucher Zeichnungen anfertigten, während andere die kaiserlichen Gebeine fotografierten (Abb. 39). Einem Besucher gelang es durch Bestechung eines Wärters sogar, eine kaiserliche Fingerspitze abzutrennen und als Souvenir mitzunehmen – dieser Vandalismus sollte sich später als ein Glücksfall für die Forschung herausstellen, denn die gerichtsmedizinische Untersuchung des abgetrennten Fingerglieds, das inzwischen in einem speziellen Behälter verwahrt wurde, lieferte zwei substanzielle medizinische Befunde: Karl V. hatte tatsächlich an chronischer Gicht gelitten (wie er oft beklagte); und er war vergleichsweise schnell gestorben, nämlich an einem schweren Fall von Malaria (Anhang II). »Arma virumque cano« (»Waffentat künde ich und den Mann«): Heinrich Lutz hat diese Eröffnungsworte von Vergils Aeneis – einem Text, mit dem Karl vertraut war  – in einem wichtigen Aufsatz zitiert, in dem er sich mit den zahlreichen Tücken beschäftigt, mit denen sich jeder angehende Biograf Karls V. auseinandersetzen muss. Lutz wollte damit unterstreichen, dass eine Biografie des Kaisers sich auf jene Aspekte zu konzentrieren habe, die Karls Zeit, Energie und Ressourcen maßgeblich in Anspruch nahmen. Vor allem anderen war das der Krieg und die Vorbereitung desselben  – nicht nur, weil Feindseligkeiten einen so großen Teil seiner Regierungszeit ausfüllten, sondern auch, weil der Kaiser gemäß dem Eindruck seiner Zeitgenossen »am glücklichsten auf dem Feldzug und bei seinem Heer« war. Lutz argumentierte, dass andere historische Entwicklungen, ja selbst Renaissance und Reformation, in einer Biografie Karls V. nur insoweit auftauchen sollten, als sie für Karl selbst von Bedeutung schienen, und dass sie stets gleichsam mit seinen Augen betrachtet werden sollten.6

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10 Vorwort Diese mahnenden Worte von Heinrich Lutz im Sinn bemüht sich die vorliegende Biografie darum, mithilfe der verfügbaren Quellen  – von Schriftstücken bis hin zu Fingerstücken – drei zentrale Fragen zu beleuchten: −− Wie fällte Karl jene weitreichenden Entscheidungen, die das erste und langlebigste transatlantische Großreich der Geschichte erschufen, erhielten und erweiterten? −− Waren es strukturelle Mängel oder persönliche Unzulänglichkeiten, aus denen Karls politische Versäumnisse erwuchsen? Wäre ein Monarch mit größerem politischen Geschick womöglich erfolgreicher gewesen? Oder hatten die Umstände ein Weltreich entstehen lassen, dessen Größe ihm schließlich selbst zur Last wurde? Im Jargon unserer Gegenwart gesprochen: War es der Kaiser als Akteur oder waren es die Strukturen, in denen er agierte, die am Ende dazu führten, dass Karl sein Reich nicht unversehrt weitergeben konnte? −− Was war es, das Karls Wesen recht eigentlich kennzeichnete? Gleich zu Beginn seiner Reflexionen über eines der größten Vorbilder Karls, Alexander den Großen, schreibt Plutarch (einer von Karls Lieblingsautoren): »Hervorragende Tüchtigkeit oder Verworfenheit offenbart sich nicht durchaus in den aufsehenerregendsten Taten, sondern oft wirft ein geringfügiger Vorgang, ein Wort oder ein Scherz ein bezeichnenderes Licht auf einen Charakter als Schlachten mit Tausenden von Toten und die größten Heeresaufgebote und Belagerungen von Städten.« Auch die vorliegende Biografie schöpft aus vielen solchen spontanen, aber umso aufschlussreicheren Episoden.7 Das verfügbare Quellenmaterial ist zwangsläufig ungleich verteilt. Wie jeder andere Mensch auch hat Karl V. gegessen und getrunken, hat geschlafen und ist anderen körperlichen Bedürfnissen nachgekommen – Tag für Tag. Aber aus den Quellen erfahren wir davon nur, wenn diese Dinge einmal problematisch wurden (wenn der Kaiser von Schlaflosigkeit geplagt wurde; wenn er sich übergeben musste; wenn er »heißen Seich« absonderte; wenn seine Hämorrhoiden ihn »heulen ließen wie ein Wickelkind«). Auch verbrachte Karl einen gewissen Teil des Tages im Gebet, hörte regelmäßig die heilige Messe und zog sich jedes Jahr zur Karwoche in ein Kloster zurück, wo er sich strikt weigerte, Regierungsgeschäfte zu tätigen. Aber als Historiker haben wir nicht die leiseste Ahnung, was der Kaiser in seiner Zeit der Abgeschiedenheit stattdessen tat – wenn nicht gerade etwas Außergewöhnliches vorfiel (er etwa beim Gottesdienstbesuch ohnmächtig wurde und über eine Stunde lang bewusstlos blieb oder er sich zu ungewohnter Zeit, etwa kurz vor oder nach dem Fällen einer wichtigen Entscheidung, zum Gebet zurückzog oder die Beichte ablegte).

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Vorwort

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Außerdem waren, wie Karl in den vertraulichen Instruktionen beklagte, die er 1543 für seinen Sohn und Erben Philipp verfasste, manche politischen Entscheidungen »derart undurchschaubar und ungewiss, dass ich nicht weiß, wie ich es Euch überhaupt erklären soll«, da sie »voller Wirrungen und Widersprüche stecken«.8 Aber zumindest einmal hat der Kaiser wohl doch versucht, alles in schonungsloser Klarheit darzustellen. Jedenfalls vertraute im November 1552 Karls Kammerherr Guillaume van Male einem Kollegen an, der Kaiser habe ihm gerade befohlen, »die Türen zu seinen Gemächern zu verschließen, und nahm mir dann das Versprechen ab, über das, was er mir nun sagen wolle, äußerstes Stillschweigen zu bewahren  … Er hielt nichts zurück, und was ich zu hören bekam, verschlug mir die Sprache. Selbst jetzt noch überläuft mich ein Schauder, wenn ich daran denke, und eher würde ich sterben, denn einem anderen als dir davon zu erzählen. Jetzt kann ich offen schreiben, denn der Kaiser schläft, die Nacht ist tief und alle anderen haben sich bereits zurückgezogen.«

»Lange werde ich brauchen«, fährt van Male verheißungsvoll fort, »um dir sämtliche Einzelheiten zu berichten«, denn »der Kaiser hat mir alles anvertraut, was in seinem Leben je geschehen ist«. Er habe ihm »sogar ein handschriftliches Papier gegeben, in dem alle seine früheren Missetaten aufgeführt stehen«, darunter auch »viele Dinge, die er anders hätte angehen sollen – teils, weil er etwas zu tun versäumt hatte, teils, weil er später noch etwas ändern wollte«. Zum Leidwesen aller Historiker überkam an diesem Punkt auch Guillaume van Male die Müdigkeit und zwang ihn, die Feder beiseitezulegen. Sollte er die »sämtlichen Einzelheiten« seiner intimen Unterredung mit Karl V. zu einem späteren Zeitpunkt noch zu Papier gebracht haben, dann hat jener zweite Brief (genau wie des Kaisers handschriftliche Liste seiner Verfehlungen) die Zeitläufte nicht überdauert.9 Dennoch: Genügend Quellen haben überlebt, um in die »Wirrungen und Widersprüche« von Karls Leben zumindest einige Klarheit zu bringen. Von der überlieferten Masse seiner eigenen Korrespondenz einmal abgesehen, zog der Kaiser natürlich die Aufmerksamkeit einer großen Zahl von Zeitgenossen auf sich: Freunde wie Feinde schrieben über ihn so oft und so ausführlich wie über keine andere lebende Person – nicht einmal Martin Luther. Von seiner Geburt bis zu seiner Abdankung beäugten und berichteten die am Hof weilenden Gesandten jeden seiner Schritte, jedes Wort und jede Geste. Von größeren öffentlichen Ereignissen wie etwa Karls Kaiserkrönung in Bologna 1530 oder seiner Abdankung in Brüssel 1555 sind uns ein Dutzend oder mehr Augenzeugenberichte überliefert. War der Kaiser auf Reisen – und im Laufe seiner Regentschaft hielt

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12 Vorwort er sich an über tausend Orten auf, von Wittenberg bis Sevilla und von London bis Algier (Karte 1) –, vervielfachte sich die Zahl der Berichte, sodass wir manchmal seine Bewegungen auf die Stunde genau nachvollziehen können.10 Karl war nie allein. Höflinge und Diplomaten begleiteten ihn selbst auf seinen einsamsten Reisen, etwa seinen ersten Wochen in Spanien im Jahr 1517, als er eben dabei war, sein Erbe anzutreten. Da durchquerte er das Gebirge der Picos de Europa im Norden des Landes, übernachtete in Bauernhütten neben dem Vieh und wurde am Tag von Bären bedrängt. Auch als er 1552 über die Alpen flüchtete, um einer Gefangennahme durch seine deutschen Untertanen zu entgehen, umgab ihn sein Gefolge, und noch in den entlegensten Bergdörfern beschlagnahmten Karls Lakaien »Notfallbettzeug« für das kaiserliche Nachtlager. Selbst nachdem er sich in sein Landhaus nahe dem Kloster von Yuste in der Abgeschiedenheit der Sierra de Gredos in der Estremadura zurückgezogen hatte, wurde er noch genau beobachtet: Mindestens zwei der Mönche führten ein Tagebuch, in dem ihr illustrer Gast die Hauptrolle spielte; so gut wie jeden Tag vermerkten auch seine Hofleute, was der Kaiser im Ruhestand gesagt und getan hatte; und nach seinem Tod sagten zwanzig Augen- und Ohrenzeugen unter Eid darüber aus, was sie gesehen und gehört hatten, als Karl im Sterben lag. Bizarrerweise sind die letzten Tage Karls V. wohl der am besten bekannte Abschnitt seines gesamten Lebens. »Mein Gott, wie schreibt man eine Biographie? Sag es mir«, schrieb Virginia Woolf 1938 an ihre Freundin Vita Sackville-West (ebenfalls eine Biografin). »Wie soll man mit den Fakten umgehen – so vielen und so vielen und so vielen?«11 Vierhundert Jahre zuvor hatte der spanische Humanist Juan Páez de Castro, den Karl beauftragt hatte, »das Leben Seiner Majestät« niederzuschreiben, mit demselben Problem gerungen. Bevor er sich an die eigentliche Arbeit machte, hatte Páez de Castro ein Konzept erstellt, um dem Kaiser darzulegen, wie er mit »so vielen Fakten« umzugehen gedachte. Zunächst wies er auf seine Qualifikationen hin: Nach eigenen Angaben beherrschte er sechs Sprachen (darunter auch Chaldäisch) und besaß Kenntnisse des Rechts, der Naturkunde und der Mathematik. Da aber »das Schreiben nicht allein auf Einfallsreichtum und Erfindungskraft beruht, sondern auch auf Arbeit und Mühe, um das Material zu sammeln, über das geschrieben werden soll«, müsse ebendieses ausfindig gemacht werden. Páez de Castro beabsichtigte daher, ausnahmslos jeden Ort aufzusuchen, »der die Banner Eurer Majestät erblickt hat, um daraus den Glanz zu gewinnen,

» In seiner Brüsseler Abdankungsrede erinnerte Karl V. seine Zuhörer 1555 daran, dass er ihretwegen vierzig »große Reisen« unternommen hatte. Er sollte noch eine weitere, seine letzte große Reise antreten, die ihn in das Kloster von Yuste in der spanischen Estremadura führte. Alles in allem war Karl V. somit der am weitesten gereiste Herrscher des frühneuzeitlichen Europa. Quelle: de Boom, »Voyage«, Faltkarte

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Toledo

Southampton

London Dover

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Nordsee

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Cartagena

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Bejaia (Bougie)

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Tunis

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Korsika

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Palermo

Neapel

La Goletta

e

Sardinien

Rom

Sizilien

Messina

D onau

In seiner Brüsseler Abdankungsrede erinnerte Karl V. seine Zuhörer 1555 daran, dass er ihretwegen vierzig »große Reisen« unternommen hatte. Er sollte noch eine weitere, seine letzte große Reise antreten, die ihn in das Kloster von Yuste in der spanischen Estremadura führte. Alles in allem war Karl V. somit der am weitesten gereiste Herrscher des frühneuzeitlichen Europa. Quelle: de Boom, »Voyage«, Faltkarte

M

Granada

Mallorca

Loire

Sevilla

Córdoba

Barcelona

Calais

Wittenberg Brüssel Köln Mühlberg Aachen Mainz Düren Paris Heidelberg Worms Eger C h â t e a u - Th i e r r y Passau Atlantik Orléans Metz Speyer Regensburg Amboise U lm Ingolstadt Wien Augsburg München La Coruña Innsbruck Trient Bordeaux Santander Villach Mailand Piacenza Fuenterrabía Aix-enParma Genua Rrovence Burgos Bologna Nizza Valladolid Florenz Siena Madrid Yuste

Karte 1: Karls »große Reisen« (1515−1556) ein Rh

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14 Vorwort den ich für dieses Werk ersehne«. An all diesen Orten wollte er »ehrbare und gewissenhafte Leute befragen, die Inschriften auf öffentlichen Denkmälern und Grabmalen lesen, die alten Aufzeichnungen der Notare durchforsten, wo sich viele Dinge finden, die von historischem Interesse sind, und den Inhalt aller früheren Historien wiedergeben, aus alten und aus neueren Zeiten, von guten wie von schlechten Schreibern«. Schließlich »wird es notwendig sein, in zahlreichen Fragen Eure Majestät selbst zu konsultieren« mit dem Ziel, für kontroverse Entscheidungen »die Beweggründe in Erfahrung zu bringen«. Das war ein exzellentes Ansinnen, doch Karl V. starb, bevor Páez de Castro ihn konsultieren konnte; und der Autor selbst segnete ebenfalls das Zeitliche, ohne auch nur einen Teil des Werks zu vollenden.12 Der vorliegende Band präsentiert das Leben Karls V. in vier chronologisch geordneten Abschnitten. Die dazwischengeschobenen kurzen »Porträts« sollen zeigen, wie Karl von seinen Zeitgenossen in entscheidenden Momenten seines Lebenswegs wahrgenommen wurde: im Jahr 1517, als er zum ersten Mal die Niederlande verließ; dann 1532 in voller Reife; schließlich 1548 auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die einzige Ausnahme von dieser Gliederung bildet ein thematisches Kapitel über »Die Zähmung Amerikas«. Als erster Europäer, der über nennenswerte Teile der beiden Amerikas herrschte, entwickelte Karl ein ausgeprägtes Interesse an diesem gewaltigen Doppelkontinent: Obgleich ihm vor allem daran gelegen war, die Ressourcen der Neuen Welt bestmöglich zur Finanzierung seiner Vorhaben in der Alten heranzuziehen, nahm der Kaiser zeit seines Lebens regen Anteil, wenn es etwa um die Flora und Fauna ging oder um die Bevölkerung, sei sie einheimisch oder neu zugezogen. Insbesondere seinen indigenen Untertanen wollte er geistliche Führung und materielle Sicherheit zuteilwerden lassen, was er durchaus als eine Frage seines »königlichen Gewissens« auffasste, denn »als er erfuhr, dass all die eingeborenen Bewohner von Hispaniola, Kuba und den anderen [karibischen] Inseln als Zwangsarbeiter in den Minen zu Tode gekommen waren, fasste er die Überzeugung, dass er selbst unweigerlich in der Hölle landen werde, sollte er jenes Vorgehen weiterhin zulassen«.13 Nur wenige seiner Zeitgenossen interessierten sich für Amerika, und selbst Erasmus von Rotterdam schrieb kaum ein Wort über die Neue Welt. Karl war der einzige europäische Herrscher im 16. Jahrhundert, der aus Prinzip für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner Stellung bezog. Seine Gesetzgebung »sollte auf lange Zeit ein effektiver Hemmschuh gegen die Unterdrückung der Indios bleiben«. Nicht zuletzt deshalb sind Karls Initiativen in der Neuen Welt es wert, dass man sich eingehend mit ihnen beschäftigt.14 Auch Páez de Castro hatte vorgehabt, die Leistungen Karls V. in der Neuen Welt in seiner Biografie ausführlich zu würdigen; anderes wieder wollte er aus-

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Vorwort

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sparen. Obwohl er nämlich der Meinung war, ein Historiker solle »die Bösen verdammen und verteufeln, auf dass ihre Taten in Zukunft nicht wiederholt werden«, aber »die Guten loben und preisen, um zu Nachahmung zu ermutigen«, unterschied er doch zwischen »denjenigen Details, die der Geschichte eigen sind«, und »jenen, die ohne Schmälerung der Wahrheit im Tintenfass des Autors verbleiben sollten«.15 Ich selbst habe im Guten wie im Schlechten kaum ein Detail über den Kaiser in meinem Tintenfass belassen. Auf der persönlichen Ebene habe ich Karl für seine stupenden Sprachkenntnisse gelobt (im Laufe der Zeit erlernte er neben seiner französischen Muttersprache auch das Italienische und das Spanische und sprach zudem ein wenig Niederländisch und Deutsch), ihn für sein großes Geschick und Können als Schütze und Reiter sowie für seinen persönlichen Mut und seine Führungsqualitäten auf dem Schlachtfeld gepriesen, wo selbst feindlicher Beschuss den Befehlshaber nicht aus der Ruhe bringen konnte. Auch wusste Karl, wie man Loyalität und Zuneigung gewinnt. Ein Diplomat erlebte 1531 mit, wie Karl zu einer Menschenmenge sprach, »so ergreifend und liebenswürdig, dass er seine Zuhörer beinahe zu Tränen rührte«, und als er geendet hatte, war sein Publikum »ganz und gar einmütig, als wenn sie seine Sklaven geworden wären«. Als der Kaiser starb, stießen die untröstlichen Mitglieder seines Gefolges »ein lautes Wehgeschrei aus, schlugen sich vor Gram ins Gesicht und mit dem Kopf gegen die Wand«. Und einige Jahre später vertraute Ferdinand, Karls Bruder und Nachfolger als Kaiser, seinem Leibarzt an, dass er »den Kaiser geliebt und verehrt habe wie einen Vater«.16 Was das Verdammen und Verteufeln betrifft, so habe ich festgehalten, dass Karl entgegen seinen eigenen Behauptungen die Plünderung Roms und die Gefangennahme Papst Clemens’ VII. im Jahr 1527 sehr wohl im Vorhinein genehmigt hatte; dass er auch über den 1541 verübten Mord an Antonio Rincón und Cesare Fregoso, zwei französischen Diplomaten, gelogen hat; und nicht zuletzt, wie er 1553 sein feierliches Versprechen gebrochen hat, seinen Sohn Philipp mit einer portugiesischen Prinzessin zu verheiraten. In manchen Fällen (so 1527 und 1541) bestritt Karl wiederholt, öffentlich und mit Nachdruck, dass er gelogen hatte; in anderen lehnte er es schlichtweg ab, sein Fehlverhalten überhaupt zu erörtern. Als etwa 1554 ein portugiesischer Gesandter vorstellig wurde, um gegen die Zurückweisung der Prinzessin zu protestieren, »teilten wir ihm mit, was notwendig war, ohne die Sache rechtfertigen oder weiter diskutieren zu wollen, denn wenn solche Dinge einmal geschehen sind, ist es am besten, man verstellt sich«.17 Auch im Privatleben konnte Karl ein wahres Ekel sein. Als er 1517 herausfand, dass seine ältere Schwester Eleonore sich in einen Höfling verliebt hatte, zwang er sie, vor einem Notar unter Eid ihrer Liebe abzuschwören und zu versprechen, ihrem Bruder künftig in allem gehorsam zu sein. Im Jahr darauf musste sie einen ihrer Onkel heiraten, der mehr als doppelt so alt war wie sie.

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16 Vorwort Im Jahr 1530 ordnete Karl an, dass Tadea, eine seiner drei unehelichen Töchter, ein dauerhaftes »Zeichen an ihrem rechten Bein unterhalb des Knies« erhalten solle – bestenfalls eine Tätowierung, im schlimmsten Fall ein Brandzeichen. Drei Jahre darauf handelte er einen Heiratsvertrag zwischen seiner elfjährigen Nichte Christina von Dänemark und einem viermal so alten Mann aus, der das vertragliche Recht erhielt, die Ehe unverzüglich zu vollziehen. Die größte Schande war jedoch, was Karl seiner Mutter Johanna antat, jener Königin, die als »Johanna die Wahnsinnige« in die Geschichte eingehen sollte. Er ließ sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1555 physisch einsperren und streng bewachen und hielt sie zudem über Jahre hinweg in einer Schein- und Wahnwelt voller »Fake Facts« gefangen (so behauptete er beispielsweise noch lange nach dem Tod ihres Vaters, des Königs Ferdinand, steif und fest, dass dieser noch am Leben sei). Und als ob das alles noch nicht genug gewesen wäre, raubte Karl seine Mutter regelrecht aus: Bei seinen Besuchen ließ er wertvolle Wandteppiche, Geschmeide, Bücher, Silberzeug und sogar liturgische Gewänder mitgehen, die er dann als Hochzeitsgeschenke für seine Schwester und seine eigene Ehefrau »recycelte«. Damit Johanna den Raub zumindest nicht bemerkte, bevor ihr Sohn erfolgreich das Weite gesucht hatte, füllte dieser die geplünderten Truhen mit Backsteinen von gleichem Gewicht. Wir haben es also mit einer ganzen Reihe verwirrender Widersprüche zu tun, und ich habe mich nach Kräften bemüht, diese zu entwirren, indem ich zunächst untersucht habe, wie Karl zu seinen Handlungsentscheidungen gelangte, bevor ich die Frage stellte, warum er etwas tat. Diese methodologische Entscheidung hat Folgen, wie Christopher Clark im Vorwort zu seiner atemberaubenden Studie über die Ursachen des Ersten Weltkriegs, Die Schlafwandler, angemerkt hat: »Die Fragen nach dem Warum und Wie sind logisch untrennbar miteinander verbunden, aber sie führen uns in verschiedene Richtungen. Die Frage nach dem Wie fordert uns auf, die Abfolge der Interaktionen näher zu untersuchen, die bestimmte Ereignisse bewirkten. Hingegen lädt uns die Frage nach dem Warum ein, nach fernen und nach Kategorien geordneten Ursachen zu suchen … Der ›Warum-Ansatz‹ bringt zwar eine gewisse analytische Klarheit, aber er hat auch einen verzerrenden Effekt, weil er die Illusion eines ständig wachsenden Kausaldrucks erzeugt. Die Faktoren türmen sich auf und drücken auf die Ereignisse; politische Akteure werden zu reinen ausführenden Organen der Kräfte, die sich längst etabliert haben und ihrer Kontrolle entziehen.«

Wie Clark habe auch ich deshalb versucht, »nach Möglichkeit … die Antworten auf die Warum-Frage … aus den Antworten auf Fragen nach dem Wie erwachsen [zu lassen], statt umgekehrt«, und das, obwohl ja die Frage nach dem »Wie« unweigerlich das Spannungsverhältnis zwischen individueller Handlungsmacht

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Vorwort

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und Macht des Zufalls akzentuiert, während die Frage nach dem »Warum« eher Strukturen und Kontinuitäten in den Vordergrund stellt.18 Um das Verhalten Karls V. verstehen und erklären zu können, habe ich wie Páez de Castro mehrere Sprachen gelernt (wenn auch nicht Chaldäisch) und verschiedene Disziplinen studiert (wenn auch nicht Recht, Naturwissenschaften oder Mathematik); ich habe die Orte besucht, die »seine Banner erblickt haben« (und insbesondere jene, die seine archivalische Hinterlassenschaft bewahren); ich habe »die meisten früheren Historien« gelesen, »aus alten und aus neueren Zeiten, von guten wie von schlechten Schreibern«; und ich habe die überlieferten Dokumente gründlich erforscht. Zwar war es auch mir leider nicht möglich, »in zahlreichen Fragen Eure Majestät selbst zu konsultieren«, um mehr über Karls Beweggründe zu erfahren. Aber es hat doch mehr als genug Quellenmaterial überlebt, um dem Leser eine eigene Entscheidung zu ermöglichen: Will er jenen Glauben schenken, die den Kaiser vergötterten, oder jenen, die ihn verteufelten? Sollen wir uns also auf die Seite von Luis Quijada schlagen, der den Kaiser über zwanzig Jahre lang persönlich gekannt hatte, auch an seinem Sterbebett zugegen gewesen war und ihn hernach rundheraus zum »größten Mann« erklärte, »der jemals gelebt hat«? Auf die Seite des Jesuiten Francisco de Borja, der behauptete, dass in seinen Unterhaltungen mit Karl V. Gott selbst zu ihm gesprochen habe? Oder halten wir es doch mit Papst Paul III., der den Kaiser »einen undankbaren Menschen« schalt, »der seiner Freunde nur dann gedenkt, wenn er sie sich zunutze machen will«; oder mit jenem französischen Gesandten, der sich ganz ähnlich äußerte: »Bei genauer Betrachtung werdet Ihr feststellen, dass der Kaiser sich noch um keinen Menschen je gekümmert hat, den er nicht für seine Zwecke einzusetzen gewusst hätte«?19 Jubeln wir mit Gustav Bergenroth, der ein ganzes Jahrzehnt in den Archiven Westeuropas zubrachte und rund 18 000 Dokumentseiten von und über Karl V. transkribierte, wenn wir sehen, wie der Kaiser »Stück um Stück zusammenbricht … politisch, moralisch, körperlich, bis er sein erbärmliches Leben schließlich in der erbärmlichen Zurückgezogenheit von Yuste zu Ende bringt«? Dann können wir uns Bergenroths Verdikt anschließen, Karls Lebensweg sei »eine der größten Tragödien, die jemals gegeben wurden«. Oder folgen wir dem Urteil Karl Brandis, der als einer von ganz wenigen Forschern noch mehr Dokumente von und über Karl V. gelesen hat als selbst Bergenroth? Brandi schrieb am Schluss seiner großen Biografie über den Kaiser, dieser sei »immer ein Mensch [gewesen] und im täglichen Leben gebrechlich und schwach in Neigungen und Eigenwilligkeiten, aber in den bleibenden Zügen seines Wollens, in der Tapferkeit seiner Haltung doch zur historischen Figur geworden«.20 Gibt es an Karl V. als historischer Figur tatsächlich mehr zu loben als zu verdammen? Und braucht die Welt noch ein weiteres Buch über diesen Mann? Geneigte Leserin, geneigter Leser: Entscheiden Sie selbst.

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Vorbemerkung zu Orts- und Personennamen Wo zur Bezeichnung nicht deutschsprachiger Orte eine allgemein übliche deutsche Namensvariante existiert (wie etwa in den Fällen von Lissabon, Straßburg oder Venedig), wird diese im Folgenden verwendet. Einen Sonderfall bildet die Hauptstadt des Osmanischen Reiches: Wo sie in den zitierten Quellen erwähnt wird, ist gemäß dem zeitgenössischen Sprachgebrauch von »Konstantinopel« die Rede, ansonsten von »Istanbul«. Entsprechend wird bei Personen, wenn im Deutschen eine bestimmte Namensform etabliert ist (wie bei Franz I., Clemens VII. oder Don Juan de Austria), diese durchgehend verwendet. In allen anderen Fällen habe ich die Namensvariante bevorzugt, die die betreffende Person selbst verwendet hat. Ausnahmen wurden gemacht, sobald mehrere Personen denselben Namen tragen. Obwohl aus dem Zusammenhang meist eindeutig hervorgeht, wer jeweils gemeint ist, nenne ich Karls jüngste Schwester »Catalina« und die Tante der beiden »Katharina« (von Aragón). Mit »Margarete« bezeichne ich Karls Tante, Erzherzogin von Österreich und Herzoginwitwe von Savoyen, während mit »Margarita« Karls uneheliche Tochter gemeint ist, die Herzogin von Florenz und später von Parma (die in zeitgenössischen Quellen schlicht »Madama« heißt). Schreibe ich »María«, ist in der Regel Karls ältere Tochter gemeint; »Maria« hingegen bezeichnet seine Schwester, die Königin (ab 1526 Königinwitwe) von Ungarn; und »Mary« ist entweder eine Schwester oder die ältere Tochter Heinrichs VIII. von England (mit beiden war Karl – zu unterschiedlichen Zeiten – einmal verlobt). Personen, bei denen sich die Anrede oder der Titel über die Jahre verändert hat, stellen uns vor eine besondere Herausforderung. Antoine Perrenot de Granvelle (1517–1586) trat zwischen 1540 und 1562 als Bischof von Arras auf, danach als Kardinal Granvelle; ich bezeichne ihn dennoch stets als »Perrenot«, um ihn von seinem Vater, Nicolas Perrenot de Granvelle (1486–1550), zu unterscheiden, den ich durchweg als »Granvelle« bezeichne.21 Karls Großvater Maximilian (1459–1519) hat im Lauf seines Lebens ebenfalls verschiedene Titel getragen. Er begann seine Laufbahn als Erzherzog von Österreich, wurde dann 1477 durch seine Heirat mit Maria von Burgund aber auch Herzog von Burgund. Ab 1486 durfte er sich »römischer König« nennen, ab 1508 dann »erwählter römischer Kaiser«. Ab dem Tod seines Vaters Friedrichs III. im Jahr 1493 bezeichneten die Zeitgenossen Maximilian jedoch in aller Regel schon als »den Kaiser«, und so halte auch ich es in diesem Buch. Auch Karl V. war nach seiner Krönung zum rex Romanorum erst einmal »erwählter römischer Kaiser« – also etwa »Kaiser in spe« –, bis der Papst ihm zehn Jahre später tatsächlich die Kaiserkrone aufs Haupt setzte. Schon seit 1520 nannten ihn freilich die meisten Zeitgenossen

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Vorbemerkung zu Orts- und Personennamen

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schlicht »den Kaiser«. Karl selbst verwendete in seinen verschiedenen Herrschaftsgebieten den dort jeweils üblichen Herrschertitel: In Spanien nannte er sich rey católico (»katholischer König«), ein Titel, der seinen Großeltern Ferdinand und Isabella 1496 vom Papst verliehen worden war. Auch unterzeichnete er alle Schriftstücke mit »Yo el Rey« (»Ich, der König«)  – selbst dann, wenn es sich um Briefe an seine Frau oder seine Kinder handelte. Dokumente in lateinischer, deutscher oder italienischer Sprache unterschrieb er als »Carol« oder »Carolus«; französischsprachige als »Charles«. In diesem Buch wird Karl von seiner Krönung zum römisch-deutschen König im Jahr 1520 bis zur Übertragung der Kaiserwürde auf seinen Bruder Ferdinand im Jahr 1558 als »Kaiser« bezeichnet. Wo vom »Reich« die Rede ist, ist das »Heilige Römische Reich deutscher Nation« gemeint, über das Karl als Kaiser herrschte. Zuletzt muss noch bedacht werden, dass manche Begriffe im Laufe der Geschichte ihre Bedeutung geändert haben. So war die Bedeutung des Begriffs »Protestanten« bei seinem Auftauchen 1529 zunächst eine politische. Gemeint waren diejenigen Reichsstände, die in der »Protestation zu Speyer« auf dem Reichstag von 1529 gegen die Aufhebung der drei Jahre zuvor beschlossenen Tolerierung der Lutheraner im Reich protestiert hatten. Im Jahr darauf erhielt der Begriff dann auch eine konfessionelle Dimension, als die Anhänger Martin Luthers dem Reichstag zu Augsburg ihre Confessio vorlegten. Dieses »Augsburger Bekenntnis« blieb jedoch, wie Robert Scribner angemerkt hat, während Karls gesamter Regierungszeit »eine Art von politisch-religiösem Mischwesen, eine theologische Stellungnahme, die unter politisch-diplomatischem Druck ausgearbeitet worden war, um den Erfordernissen einer politischen Situation gerecht zu werden«. Der Kaiser sprach, ohne näher zu unterscheiden, mal von jenen, »die von der wahren Kirche abgefallen sind«, dann wieder von »Protestanten« oder von »Lutheranern«. Als »Lutheraner« bezeichnete er selbst Theologen wie Heinrich Bullinger in Zürich und Martin Bucer in Straßburg, die bestimmte Aspekte der lutherischen Lehre ablehnten. In diesem Buch werden »Lutheraner« jedoch ausschließlich die Anhänger Martin Luthers genannt, während »Protestanten« all diejenigen heißen, die die Autorität des Papstes ablehnten.22

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TEIL I

Der junge Karl »Wir sind hocherfreut, dass unser Enkelsohn Karl so großes Gefallen an der Jagd findet – ansonsten hätte man auch glauben mögen, er sei ein Bastard.« Kaiser Maximilian an Margarete von Österreich, 28. Februar 1510

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1 Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508) Der Herzog von Luxemburg »Wir beginnen mit seiner Abstammung«: Mit diesen Worten eröffnet Pedro Mexía seine 1548 verfasste Biografie Karls V., und im ersten Kapitel – unter der Überschrift »Von der erhabenen, vortrefflichen und unzweifelhaften Stammfolge und Herkunft dieses großen Fürsten« – führt Mexía die Vorfahren Karls aus den vergangenen tausend Jahren auf.1 Zwar hat der Autor damit Karls wichtigstes Startkapital – seine »erhabene« Familie nämlich – richtig erkannt, aber die Rückschau führte auch zu einer gewissen Übertreibung. Zur Zeit von Karls Geburt im Jahr 1500 war sein Vater, Erzherzog Philipp von Österreich, zwar der potenzielle Erbe all der Territorien, über die sein Vater Maximilian als Oberhaupt des Hauses Habsburg gebot, herrschte aber lediglich über einige niederländische Provinzen, die er von seiner Mutter, der Herzogin Maria von Burgund, geerbt hatte. Karls Mutter Johanna konnte sich ursprünglich keine vergleichbaren Hoffnungen auf ein großes Erbe machen, denn sie war nur das dritte Kind ihrer Eltern, Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón, die beide dem spanischen Königshaus Trastámara entstammten und gemeinhin als los reyes católicos (»die Katholischen Könige«) bekannt waren – den Titel hatte ihnen ein wohlmeinender spanischer Papst verliehen. Die drei Dynastien – Habsburg, Kastilien und Aragón – hatten eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Vor allem verfolgten sie alle eine auf Ausbau ihrer Hausmacht bedachte Heiratspolitik. So hatten über mehrere Generationen Infanten aus dem aragonesischen Zweig des Hauses Trastámara Infantinnen aus dem kastilischen Zweig geheiratet und umgekehrt. Das Ziel dieser Taktik war es, die beiden Königreiche Kastilien und Aragón zu vereinen. Auch mit dem Haus Avis, dessen Angehörige über Portugal herrschten, gingen die Trastámara Ehen ein, weil sie hofften, auf diese Weise die ganze Iberische Halbinsel unter einer Krone vereinen zu können. Die Herzöge von Burgund hatten einen solchen »Heiratsimperialismus« von Anfang an verfolgt – 1369 heiratete der erste Burgunderherzog die Erbin der Grafschaft Flandern – und gewannen den Großteil ihrer niederländischen Besitztümer auf dem Erbweg. Bei den Habsburgern wurden Ehen ebenfalls arrangiert, mit dem Ziel, weitere Territorien zu erwerben, aber auch, um die Bande zwischen den Familienzweigen zu festigen. Diese Strategie ist in einer Devise festgehalten, die erstmals nach der Heirat Maximilians von Österreich mit Maria von Burgund im Jahr 1477 populär wurde:

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1  Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508)

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»Bella gerant alii; tu, felix Austria, nube Nam quae Mars aliis, dat tibi regna Venus.« »Kriege lass andere führen, du, glückliches Österreich, heirat’! Denn was den anderen Mars, Venus, die Göttin, gibt’s dir.«2

Doch der »Heiratsimperialismus« hatte seinen Preis, denn die Reiche, die auf seiner Grundlage errichtet wurden, waren das genaue Gegenteil eines modernen Staatswesens: Oft war dynastische Loyalität das Einzige, was sie zusammenhielt, und ihre Herrscher neigten dazu, ihre Herrschaftsgebiete, ganz egal, wie weit verstreut sie lagen, als ihren persönlichen Besitz anzusehen, als ein Familienerbe, das unversehrt an die nächste Generation weitergegeben werden musste. So versicherte Karl seinem Sohn Philipp 1543, dass es sein oberstes Ziel sei, »dir kein kleineres Erbe zu hinterlassen, als ich es einst selbst empfangen habe«.3 Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den drei Dynastien war ihre Furcht vor Frankreich. Burgund hatte in den 1470er-Jahren antifranzösische Bündnisse mit Aragón geschlossen, und ein Jahrzehnt später schlug Maximilian vor, seinen einzigen Sohn mit einer spanischen Infantin zu verheiraten. Die Verhandlungen gerieten indes ins Stocken, bis der französische König Karl VIII. 1494 in Italien einmarschierte und im Triumph auf Neapel vorstieß, um seine dynastischen Ansprüche auch auf dieses Königreich geltend zu machen. Im Jahr darauf warnte Maximilian die Katholischen Könige, dass, »wenn der König von Frankreich erst einmal Neapel gewonnen hat, er auch die anderen italienischen Staaten wird besetzen wollen«. Um sie davon zu überzeugen, dass sie »sich zur Wehr setzen und den König von Frankreich angreifen« sollten, schlug Maximilian eine Doppelhochzeit vor: zwischen seiner Tochter Margarete und dem spanischen Infanten Johann (Juan) sowie zwischen seinem eigenen Erben Philipp und Johanns jüngerer Schwester Johanna. Die Verträge zu dieser Hochzeit wurden im Januar 1495 unterzeichnet, und die spanische Prinzessin traf im Oktober 1496 in Lier bei Antwerpen ein, wo das Paar die Ehe vollzog. Keiner konnte ahnen, dass ihr Sohn einmal über das größte Reich herrschen sollte, das die Welt seit einem Jahrtausend gesehen hatte (Tafel 1).4 Der zukünftige Karl V. machte sich zum ersten Mal noch aus dem Mutterleib heraus bemerkbar. Im September 1499 bestellte Philipp »eine Hebamme aus der Stadt Lille« herbei, um Johanna »zu sehen und zu besuchen«; und vier Monate später entsandte er einen Kurier »mit äußerster Geschwindigkeit, Tag und Nacht, ohne Männer noch Pferde zu schonen«, um den Abt eines Klosters bei Lille zu bitten, seine wertvollste Reliquie leihweise herauszugeben: den »Ring der Jungfrau«, den angeblich Josef seiner Braut Maria bei ihrer Heirat an den Finger gesteckt hatte. Wie es hieß, sollte er »Frauen unter der Niederkunft Trost

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siehe Tafel 3

Karl V.

Philipp der Schöne 1478–1506

Maximilian I. 1459–1519

Hans 1518–1532

Dorothea 1520–1580

Christian II. Anna von Dänemark von Ungarn 1481–1559 1503–1547

Christina 1521–1590

Ludwig II. von Ungarn 1506–1526

(1)

Elisabeth 1526–1545

Johann III. von Portugal 1502–1557

(1)

Maximilian II. 1527–1576

Miguel 1498–1500

13 weitere

Karl V.

Isabella Mary Tudor von Portugal 1516–1558 1503–1539

Heinrich VIII. 1491–1547

(2)

Arthur, Prinz von Wales 1486–1502

(1)

Katharina von Aragón 1485–1536

Isabella von Kastilien »die Katholische« 1451–1504

Johann, Infant Johanna María von Kastilien von Kastilien 1482–1517 1478–1497 1479–1555 (2) Manuel I. von Portugal 1469–1521

Ferdinand von Aragón »der Katholische« 1452 –1516

Johann 1497

(2)

Isabella 1470–1498

Juan 1509

Germaine de Foix

Catalina 1507–1578

Manuel I. von Portugal 1469–1521

Maria von Ungarn 1505–1558

Johann, Infant von Kastilien 1478–1497

Ferdinand I. 1503–1564

Margarete von Österreich 1480–1530

Maria von Burgund 1457–1482

Isabella 1501–1526

(1)

Schon seit Beginn der Geschichtsschreibung über Karl ist seine Abstammung stets ein Thema gewesen − und das aus gutem Grund. Denn schließlich hatte erst eine bemerkenswerte Abfolge von Geburten, Heiraten und Todesfällen dazu geführt, dass das Erbe von vier europäischen Dynastien unter seiner Herrschaft vereint wurde. Allerdings hatten Karls Großeltern dies so nicht beabsichtigt, und es wäre auch nie so gekommen, wenn die ehelichen Verbindungen zwischen der Infantin Isabella und Manuel von Portugal, zwischen dem Infanten Johann von Kastilien und Margarete von Österreich oder zwischen Ferdinand von Aragón und Germaine de Foix

María von Portugal 1521–1577 Vater beider Kinder ist Manuel

Franz I. von Frankreich 1494–1547

(2)

Manuel I. von Portugal 1469–1521

(1)

Eleonore 1498–1558

Carlos 1520–1521

(2)

Johanna von Kastilien 1479–1555

Bianca Maria Sforza 1472–1510

Tafel 1: Die Abstammung Karls V. und seiner Geschwister

1  Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508)

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und Hilfe spenden«. Einigen Berichten zufolge erwies der Ring sich als überaus wirksam: Johannas Wehen setzten ein, als sie gerade an einem Ball teilnahm, der im Palast der Grafen von Flandern in Gent stattfand. Sie schaffte es gerade noch in die nächste Latrine, da war der künftige Kaiser auch schon geboren. Es war der 24. Februar 1500, der Matthiastag.5 Sobald den Genter Bürgern die Nachricht von Karls Geburt zu Ohren kam, war die Freude groß, wie ein Augenzeuge berichtet, der zufällig auch der führende Dichter der Stadt war: »Groß und Klein schrie ›Österreich‹ und ›Burgund‹ Drei Stunden lang und in der ganzen Stadt. Alle liefen umher und riefen die frohe Nachricht aus vom [neugeborenen] Friedensfürsten.«

Philipp gab indessen Order, dass alle größeren Städte der Niederlande »Prozessionen, Feuerwerke und öffentliche Spiele« vorbereiten sollten, um die Geburt seines Erben zu feiern. Außerdem bestellte er die Spitzen des Klerus ein, damit sie an der Taufe des Knaben teilnahmen.6 Auch sandte er einen Eilboten zu seiner Schwester Margarete, die sich gerade auf der Rückreise aus Spanien befand, und »flehte sie an, sich nur zu beeilen, damit sie das Kind bei der Taufe am Taufbecken in ihren Händen halten« und Karls Patin werden könne. Sobald Margarete eintraf, bedrängte sie ihren Bruder, seinen Sohn »Maximilian« taufen zu lassen nach ihrer beider Vater, aber Philipp entschied sich, das Kind nach seinem Großvater zu nennen, dem Burgunderherzog Karl dem Kühnen. Zugleich verlieh er dem Neugeborenen allerdings auch den Titel eines »Herzogs von Luxemburg« – eine Würde, die gleich mehreren von Maximilians Vorfahren zuteilgeworden war.7 Karls Großeltern reagierten unterschiedlich. »Als seine Großmutter, die Königin Isabella, von seiner Geburt erfuhr … gedachte sie der Worte der Schrift, dass Matthias, der Apostel Jesu, durch das Los erwählt worden war; und da sie wusste, welch große Hoffnungen an die Geburt ihres Enkelsohnes geknüpft waren, der so viele und große Königreiche und Herrschaften erben sollte, so sprach sie: ›Das glückliche Los ist auf Matthias gefallen.‹« In Deutschland erklärte Kaiser Maximilian sich »vollkommen zufrieden mit dem Namen« des

« Schon seit Beginn der Geschichtsschreibung über Karl ist seine Abstammung stets ein Thema gewesen − und das aus gutem Grund. Denn schließlich hatte erst eine bemerkenswerte Abfolge von Geburten, Heiraten und Todesfällen dazu geführt, dass das Erbe von vier europäischen Dynastien unter seiner Herrschaft vereint wurde. Allerdings hatten Karls Großeltern dies so nicht beabsichtigt, und es wäre auch nie so gekommen, wenn die ehelichen Verbindungen zwischen der Infantin Isabella und Manuel von Portugal, zwischen dem Infanten Johann von Kastilien und Margarete von Österreich oder zwischen Ferdinand von Aragón und Germaine de Foix einen Erben hervorgebracht hätten, der das Erwachsenenalter erreichte.

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Teil I  Der junge Karl

Kindes »wegen der Zuneigung, die ich für meinen lieben Herrn Schwiegervater, den Herzog Karl, hege«.8 In Gent bereitete der Magistrat derweil eine Reihe von Triumphbögen vor, die jeweils eines der Reiche darstellen sollten, die das Kind, so es denn überleben sollte, von seinem Vater und Großvater erben würde. Andere Triumphbögen repräsentierten die Tugenden Weisheit, Gerechtigkeit und Friedfertigkeit. Am Abend des 7. März 1500 begleitete eine lange Prozession den Säugling über einen eigens errichteten Laufsteg vom Palast zur örtlichen Pfarrkirche, wo die Taufe stattfinden sollte. Tausende Fackeln entlang des Weges »machten die Nacht zum Tage« (wie ein völlig überwältigter Chronist festgehalten hat) und verschafften den zahlreichen Schaulustigen eine glänzende Sicht darauf, wie die Amtsträger und Höflinge gemessenen Schrittes an ihnen vorbeizogen, bis endlich der kleine Karl und seine vier Taufpaten erschienen. Jeder von ihnen sollte in den frühen Lebensjahren des Knaben eine entscheidende Rolle spielen: seine (Stief-)Urgroßmutter Margarete von York, die Witwe Karls des Kühnen; seine Tante Margarete von Österreich; sowie Charles de Croÿ, Fürst von Chimay, und Jean de Glymes, Herr von Bergen, zwei bedeutende niederländische Adlige. Die Symbolik dieser Reihenfolge war für die Zeitgenossen unübersehbar: Philipp, dem der Ehrenplatz am Ende des Zuges eigentlich zugestanden hätte, trat ihn an seinen Sohn ab, der so – indem er die Huldigung seiner zukünftigen Untertanen entgegennahm – zum gleichen Zeitpunkt sein weltliches Erbe antrat, wie er durch die Taufe zu einem Glied der christlichen Kirche wurde. Für dieses ungewöhnliche Arrangement hatte Philipp gute Gründe. Zwar führte er zahlreiche Titel, doch hatten seine Vorfahren sie Stück für Stück über den Zeitraum eines guten Jahrhunderts hinweg zusammengetragen, meist durch Heirat. Wie Rolf Strøm-Olsen dargelegt hat, »bot Karls Taufe dem habsburgischen Hof eine der seltenen Gelegenheiten, Ansprüche auch auf überregionale Legitimität, Macht und Autorität geltend zu machen«. Das verlieh der Zeremonie von Gent »in ritueller Hinsicht zumindest etwas von der Bedeutung, die anderswo in Europa den Krönungszeremonien zukam – Zeremonien, die den Herrschern der Niederlande versagt blieben«.9 Ganz vertraute Philipp den braven Bürgern von Gent jedoch nicht. Drei Wochen vor Karls Geburt ordnete er an, dass 30 Bogenschützen und 25 Hellebardisten fortan »bereitstehen [sollten] ab der Zeit, da der Erzherzog des Morgens aufsteht, um ihn auf dem Weg zur Messe zu begleiten«. Ohne ausdrückliche Genehmigung, hieß es weiter, durfte diese Leibwache »den Palast nicht verlassen«, sondern sollte »die Person des Erzherzogs schirmen und beschützen«, Tag und Nacht.10 Derlei Vorkehrungen waren alles andere als müßig: Nach dem Tod Marias von Burgund im Jahr 1482 hatte die Stadt Gent sich geweigert, ihren Ehemann Maximilian als Herrscher über die burgundischen Niederlande

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und Vormund ihrer unmündigen Kinder anzuerkennen. Vielmehr ließen die Stadtoberen den jungen Philipp als Geisel gefangen setzen und bestellten einen Regentschaftsrat, »um das Anrecht unseres Herrn, Eures Sohnes, zu schützen, den wir für unseren Fürsten und rechtmäßigen Herrn erachten, und keinen anderen«.11 An der Spitze von Truppen aus seinen deutschen und österreichischen Herrschaftsgebieten schlug Maximilian diesen Ungehorsam nieder und befreite seinen Sohn, den er in die loyale Stadt Mecheln überstellen ließ; drei Jahre später jedoch sollte Maximilians selbstherrliches Verhalten zuerst seine Gefangennahme und Inhaftierung in Gent, gefolgt von seiner Ausweisung aus den Niederlanden provozieren. Die Zeit von Philipps Minderjährigkeit, die an seinem 15. Geburtstag 1493 endete, war von Aufruhr, Fraktionshader und Krieg geprägt gewesen. Das ließ den jungen Herrscher einen Regierungsstil wählen, der von dem seines Vaters grundverschieden war. Denn, wie Philipp 1497 selbst erklärte: »Seitdem wir volljährig geworden sind und die Gefolgschaft unserer Länder erhalten haben, hat uns stets das ernste Verlangen, Bedürfnis und Streben bewegt, die große Unordnung zu beenden, die hierzulande aus alten Kriegen und Spaltungen erwachsen ist, sowohl innerhalb unseres eigenen Hauses als auch anderenorts in unseren besagten Landen, und stattdessen Ordnung herzustellen.«12 Ein Jahrzehnt später hielt der venezianische Gesandte am burgundischen Hof, Vincenzo Quirino, Philipps Politik für einen großen Erfolg. Philipp, schrieb er, sei »von Natur aus gut, großzügig, offen, liebenswürdig und freundlich, ja beinahe innig gegen jedermann« und habe »sich mit seiner ganzen Macht bemüht, dem Recht zur Geltung zu verhelfen. Er war gottesfürchtig, und was er versprochen hat, das hat er gehalten.« Jedoch, fügte Quirino hinzu, »obgleich er schwierige Sachverhalte rasch begriff, erledigte er sie nur langsam und mit Zögern. Alles übergab er seinen Beratern.« Und weiter hielt er fest: »Nach meiner eigenen Erfahrung werden Entscheidungen an seinem Hof auf äußerst schwankende und wechselhafte Weise getroffen«, denn »oft wird im Rat die eine Sache beschlossen, aber etwas völlig anderes getan.« Gutierre Gómez de Fuensalida, der spanische Gesandte, pflichtete bei: Der Erzherzog, schrieb er, sei »überaus wankelmütig, und seine Meinung zu beeinflussen, ist für jedermann ein Kinderspiel«. Einmal tadelte Maximilian seinen Sohn, dieser habe »auf Verräter und treulose Ratgeber« gehört, »die Euch [verquere] Vorstellungen in den Kopf gesetzt haben, um einen Keil zwischen Euch und mich zu treiben«, und empfahl, dass »es besser für Euch wäre, wenn Ihr zunächst mir von Euren Plänen berichtest, und erst dann Euren Ministern, anstatt mich wie einen Fremden zu behandeln«. Aber Maximilians wiederholte Forderung, der Sohn solle seinem Beispiel folgen – und das hieß vor allem: Krieg gegen Frankreich führen –, führte am Ende nur dazu, dass

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Philipp sich (wie Quirino schreibt) »zwischen der väterlichen Zuneigung und dem innigen Vertrauen, das er in seine Minister setzte, hin- und hergerissen« fühlte. Kurz gesagt: »Er steckt in einem Labyrinth.«13 Olivier de la Marche, ein altgedienter Höfling der burgundischen Herzöge, der Philipps Lehrer wurde, scheint diesen ungünstigen Beurteilungen beigestimmt zu haben, denn am Schluss seiner Memoiren, die er unmittelbar vor seinem Tod im Jahr 1502 fertigstellte, nennt er den Erzherzog »Phil­ipp Leichtgläubig« (»Philippe-croy-conseil«).14 Freilich hatte La Marche in seiner ein Jahrzehnt zuvor verfassten »Einleitung« den erlauchten Schüler noch davor gewarnt, dem Beispiel seines allzu eigenwilligen Vaters Maximilian zu folgen. »Lasst mich euch die Wahrheit sagen«, bittet er Philipp da mit Nachdruck: »Nie dürft ihr euren Untertanen Macht über euch einräumen, aber immer müsst ihr ihren Rat und ihre Hilfe einholen, damit sie eure großen Vorhaben umsetzen helfen und unterstützen.« La Marche pries den Erzherzog als einen, der – nach einem Vierteljahrhundert Krieg und Aufruhr – »das Land wieder auf die Füße gestellt hat, indem er gute Ratschläge beherzigte«: Er hatte seine verstreuten Besitzungen vereint und befriedet; er hatte die uneingeschränkte Geltung der habsburgischen Autorität gesichert; und er hatte ein Gremium von mehr als dreißig vertrauenswürdigen Ratgebern um sich geschart, von denen viele auch noch seinem Sohn hilfreich zur Seite standen. So schuf er ein wichtiges Element politischer Stabilität und Kontinuität, das einen Rückfall in die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die dem Tod seiner Vorgänger jeweils gefolgt waren, zu vermeiden half.15 Der junge Herzog von Luxemburg ahnte von alldem nichts. Aus den Unterlagen der Hofhaltung geht hervor, dass schon wenige Wochen nach seiner Geburt »die Erzherzogin und ihre edlen Kinder« (Karl und seine um fünfzehn Monate ältere Schwester Eleonore) Gent verlassen und sich zuerst nach Brügge und dann nach Brüssel begeben hatten. Dort erkrankte Johanna ernstlich, und Liberal Trevisan, Philipps Leibarzt und Mitglied seines Rates, widmete sich »während neunundvierzig Tagen ohne Unterlass« gemeinsam mit »anderen Doktoren und Wundärzten unserer über alles geliebten Ehefrau, um sie von einer Krankheit zu heilen«.16 Karl wird davon nichts mitbekommen haben. Wie ein spanischer Diplomat berichtete, wurden der Herzog von Luxemburg und seine Schwester »gemeinsam in ihren Gemächern aufgezogen und ihrer Dienerschaft ist niemand hinzugefügt worden« – mit einer Ausnahme: Barbe Servels, die »über neun Monate hinweg meine hauptsächliche Amme war«, wie Karl vier Jahrzehnte später festhielt. Barbe, eine gebürtige Genterin, säugte ihren hochgeborenen Schützling von Anfang an, und Karl blieb ihr zeitlebens treu ergeben: Er war Taufpate ihres Sohnes, an dessen Werdegang er regen Anteil nahm, und als Barbe 1554 starb, ordnete er an, dass sie in der

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St.-Gudula-Kathedrale von Brüssel begraben werden sollte, und ließ ihr zu Ehren ein Epitaph anfertigen.17 Die Berichte des spanischen Gesandten Fuensalida an Ferdinand und Isabella liefern die frühesten Nachrichten von Karl und seiner Schwester. Nach seiner ersten Aufwartung im August 1500 schrieb Fuensalida, was wohl alle Großeltern gern hören: Im Alter von fünf Monaten sei »der Herzog von Luxemburg so groß und stark, dass man ihn für einen Knaben von einem Jahr halten könnte«, während seine Schwester Eleonore, nun beinahe zwei Jahre alt, »so lebhaft und anstellig, ja so weit entwickelt erscheint wie eine Fünfjährige«. Selbstredend waren die beiden »die hübschesten Kinder auf der ganzen Welt«. Um die Zeit seines ersten Geburtstages machte Karl »bereits die ersten Schritte in einem Laufgestell (carretonçillo)« und »geht mit einer Zuversicht und Kraft, die einem Dreijährigen anstehen würden«; bis zum August 1501 hatte er sich zum »stärksten Kind seines Alters [entwickelt], das ich je gesehen habe«.18 Das Interesse der Katholischen Könige spiegelte – zumindest in Teilen – auch eine akute Besorgnis über die Zukunft ihrer Dynastie wider. Im Jahr 1497 war ihr Erbe und einziger Sohn Johann gestorben und hatte seine schwangere Ehefrau Margarete allein zurückgelassen; auch das Kind war kurz nach der Geburt gestorben. Damit wurde Johannas ältere Schwester Isabella zur Erbin des gesamten von den Katholischen Königen regierten Herrschaftsgebietes; aber auch sie starb bereits 1498, kurz nachdem sie einen Sohn zur Welt gebracht hatte – der ihr wiederum zwei Jahre darauf ins Grab folgen sollte. Am 8. August 1500 erhielt Philipp ein Schreiben aus Spanien, das »den Tod des Kindes mitteilte, sodass mein Herr nun Thronfolger wurde«. Drei Tage später unterschrieb Philipp erstmals einen Brief mit »Yo el príncipe« (»Ich, der Fürst [von Asturien]«), dem traditionellen Titel des spanischen Thronfolgers.19 Diese Ereignisse hatten profunde Auswirkungen auf das Leben des kleinen Herzogs von Luxemburg. Auf lange Sicht würde er als Philipps und Johannas ältester Sohn seinem Vater wohl in Spanien wie auch in den Niederlanden und in Österreich nachfolgen. Auf kurze Sicht ließen ihn seine Eltern zurück, weil es in Spanien zwar keine Krönungszeremonie gab, jeder neue Thronfolger jedoch persönlich vor den Ständeversammlungen (Cortes) der verschiedenen spanischen Teilreiche erscheinen musste: Im Fall von Kastilien, León und Granada konnte Philipp dies »auf einen Streich« erledigen; in Aragón, Valencia und Katalonien musste er gesondert vorstellig werden, um sich huldigen zu lassen. Anfangs ließ er wenig Enthusiasmus erkennen, was sein unverhofftes Glück als neuer Thronerbe betraf. Seine Untertanen setzte er erst im Dezember 1500, unmittelbar vor seinem Aufbruch nach Spanien, von seinen Reiseplänen in Kenntnis – und zwar deshalb, weil er die Niederländer um Geld zur Finanzierung der Reise bitten musste. Und selbst dann ließ er es so aussehen,

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als werde er womöglich allein aufbrechen. Diese Unverbindlichkeit des Erzherzogs spiegelte vermutlich die Tatsache wider, dass Johanna inzwischen mit ihrem dritten Kind schwanger war (Isabella, die im Juli 1501 zur Welt kommen sollte und nach ihrer spanischen Großmutter, »Isabella der Katholischen«, getauft wurde); zugleich war Philipps Zaudern aber auch auf die ablehnende Haltung seiner Höflinge zurückzuführen, die – wie Fuensalida schrieb – »eher zur Hölle fahren würden als nach Spanien«. Erst im Oktober 1501 brach das frischgebackene Thronfolgerpaar schließlich zu seiner Reise auf; ihre Kinder ließen sie unter der Obhut Margaretes von York in Mecheln zurück, wo schon Philipp aufgewachsen war. Unterstützung erhielt Margarete freilich von einem Haushalt aus beinahe einhundert »unverzichtbaren Bediensteten«.20 Die Kinder sollten ihren Vater erst zwei Jahre später wiedersehen, und ihre Mutter blieb sogar noch länger in Spanien, um dort im März 1503 einen weiteren Sohn zur Welt zu bringen, den sie nach ihrem Vater Ferdinand nannte. Erst 1504 kehrte Johanna in die Niederlande zurück. Den folgenden wichtigen Hinweis verdanken wir María José Rodríguez-­ Salgado: »Es war in der damaligen Zeit keineswegs ungewöhnlich, dass kleine Prinzen von ihren Eltern getrennt wurden, mit denen sie durch persönliche wie politische Bande verbunden waren. Wir sollten deshalb nicht den Fehler machen, in den Adels- und Fürstendynastien von damals die Emotionsstrukturen einer bürgerlichen Familie von heute zu erwarten. Aber selbst nach den damaligen Maßstäben war Karl in eine außergewöhnliche – und in eine außergewöhnlich dysfunktionale – Familie hineingeboren worden.«21

Die Briefe des Gesandten Fuensalidas an die Katholischen Könige halten diese Dysfunktionalität fest. So berichtet Fuensalidas etwa, Philipp habe, während Johanna noch in Spanien weilte, mit seinen Kindern »jede Menge Spaß gehabt« und »viel Zeit mit ihnen verbracht«, während Johanna sie nach ihrer Rückkehr in die Niederlande ignoriert habe. Zudem führte Phil­ipps eheliche Untreue zu derart schweren Spannungen zwischen den Ehegatten, dass Fuensalida sich im Juli 1504 (zum Leidwesen aller Historiker) nicht getraute, die Einzelheiten brieflich mitzuteilen, sondern stattdessen einen Sonderboten nach Spanien schickte, der seinen Majestäten den Streit persönlich schildern sollte. Im Monat darauf besuchte Philipp Holland ohne seine Frau, und der spanische Botschafter hielt mit Bedauern fest, dass »Ihre Hoheit [Johanna] ihrem Ehemann nicht schreibt, und er ihr auch nicht«. Nach seiner Rückkehr bemühte der Erzherzog sich um eine Aussöhnung und brachte Karl mit seinen Schwestern aus Mecheln nach Brüssel, um gemeinsam mit ihnen die Mutter zu besuchen, »weil er glaubte,

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wenn er [die Kinder] mitbrächte, würde sie mit ihnen reden«, aber Fuensalida zufolge schien sie »an deren Gesellschaft keinen großen Gefallen zu finden«. Also versuchte Philipp es mit einer anderen Taktik: »In jener Nacht schlief der Fürst in der Kammer seiner Ehegattin« (und vermutlich empfing Johanna in jener Nacht auch noch ein weiteres Kind, ihre Tochter Maria). Schon bald verschlechterte sich das Verhältnis der Eheleute jedoch erneut. Regelmäßig schrien sie einander an, und von Zeit zu Zeit zog Johanna sich in ihre Gemächer zurück und verweigerte jegliche Nahrung. Nachdem sie mit einer Eisenstange auf die Diener eingeprügelt hatte, die sich auf Philipps Geheiß um sie kümmerten, ließ ihr Mann sie unter ständiger Bewachung in einem abgetrennten Teil des Palasts einschließen. Die Kinder konnte man ihr offenbar nicht mehr überlassen.22 Im Oktober 1504 traf ein weiterer unerwarteter Brief aus Spanien ein. Ferdinand von Aragón teilte mit, dass seine Frau Isabella im Sterben liege. Daher ließ er Philipp wissen: »Der Prinz, mein [Schwieger-]Sohn, muss unverzüglich und im Geheimen seine Angelegenheiten dort [in den Niederlanden] in Ordnung bringen, damit alles so ist, wie es sein soll (es darf aber keiner erfahren, warum dies geschieht). Er selbst und die Kronprinzessin, meine Tochter, müssen sich zudem heimlich vorbereiten, damit sie, sobald ich einen Boten schicke, sofort aufbrechen und über das Meer unverzüglich herkommen können.«

Wieder einmal zeigte Philipp deutlichen Widerwillen gegen eine Reise nach Kastilien. Gegenüber Fuensalida klagte er, die Nachricht von der Erkrankung der Königin sei »zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt eingetroffen«, da er gerade einen Krieg gegen den Herzog Karl von Geldern begonnen hatte, einen entschiedenen und listenreichen Feind der Herzöge von Burgund, »und dies ist ein erhebliches Hindernis, sollte ich wirklich nach Spanien müssen: Obwohl Spanien von großer Wichtigkeit ist, ist dies hier doch mein wirkliches Heimatland, und ich darf es nicht verlieren.« Selbst die Nachricht von Isabellas Tod, die im Dezember 1504 eintraf, vermochte Philipps Haltung nicht zu ändern: Obgleich er unverzüglich begann, den Titel »König von Kastilien« zu führen, setzte er seinen Krieg gegen Geldern fort, bis er den größten Teil des Herzogtums besetzt hatte – nur um dann alles wieder herzugeben, wofür er Herzog Karl das Versprechen abnahm, Frieden zu halten, solange er selbst in Spanien sein werde. Im Januar 1506 endlich stachen der neue König und die neue Königin von Kastilien von Zeeland aus in See.23

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Der Alleinerbe Obwohl Karl seine spanische Großmutter nie persönlich getroffen hat, waren die aufwendigen Trauerfeierlichkeiten nach ihrem Tod, die im Januar 1505 auch in Brüssel stattfanden, wahrscheinlich der erste öffentliche Anlass, an den der Junge sich später erinnern konnte. Karl, seine Schwestern und ihr Gefolge trugen besondere schwarze Mäntel und Umhänge mit Pelzbesatz »in Trauer um die gewesene Königin von Spanien«, während ihre Eltern in der St.-Gudula-Kathedrale vor dem Altar knieten und sie alle der prächtigen »Messe für Philipp den Schönen« lauschten, die Josquin des Prés, der berühmteste Komponist der Zeit, eigens für diesen Anlass komponiert hatte. Nach dem Gottesdienst hörten sie, wie Herolde ihren Vater und ihre Mutter zu »König und Königin von Kastilien, León und Granada, und Fürst und Fürstin von Aragón und Sizilien« ausriefen, und sahen zu, wie ihre Eltern in feierlicher Prozession durch die Straßen von Brüssel zogen. Ihnen wurden Schilde und Banner vorangetragen, »auf denen alle Titel des Königs geschrieben standen, damit niemand sagen konnte, er habe keine Kenntnis erhalten«. Bald darauf trafen Karl und seine Geschwister zum ersten Mal ihren Großvater Maximilian, als dieser sich über einen Monat lang in den Niederlanden aufhielt, und zweifellos werden sie auch von den zahllosen Turnieren etwas gesehen haben, die unter Maximilians Schirmherrschaft »in der großen Halle des Palastes und im Park zu Brüssel« stattfanden. Bei einem dieser Turniere trat auch ihr Vater Philipp zusammen mit dreien seiner Höflinge an, alle vier »nach der spanischen Mode« in Gelb und Rot gekleidet.24 An den exotischen Tieren, die Philipp aus Spanien hatte herbringen lassen, dürften die Kinder ebenfalls ihre Freude gehabt haben: Vier Kamele, zwei Pelikane, ein Strauß sowie einige Perlhühner konnten sich nun zu den Löwen und Bären gesellen, die bereits in den Palastgärten von Gent und Brüssel gehalten wurden. Wie aus den erhaltenen Quellen hervorgeht, liebte es der kleine Karl, die Löwen mit einem Stock zu reizen oder Fechtkämpfe mit den Figuren auszutragen, die auf den Wandteppichen in seinen Gemächern abgebildet waren. Auch ritt er auf Steckenpferden umher, die ihm Maximilian sowie der Wittelsbacher Pfalzgraf und spätere Kurfürst Friedrich (»der Weise«) geschenkt hatten – beide Männer sollten in Karls Leben noch eine wichtige Rolle spielen. Und wenn er nicht mit Löwen kämpfte oder focht oder ritt, so kutschierte Karl seine beiden Schwestern in einem Wägelchen durch die Gegend, das von Ponys gezogen wurde; oder er spielte mit seinen Pagen »Christen gegen Türken«. Der kleine Herzog von Luxemburg kommandierte in diesen Kampfspielen stets das »Heer« der Christen – das auch stets gewann.25 Die Kinder lernten auch Lesen und Schreiben. Zunächst waren Karl, Eleonore und Isabella zusammen von Juan de Anchieta unterrichtet worden, der

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J­ ohannas Hausgeistlicher und persönlicher Komponist war. Diese Konstellation war damals nicht ungewöhnlich, denn Musiker mussten in der Lage sein, ihre Partituren selbst niederzuschreiben, weshalb sie geübt waren im Umgang mit Feder und Tinte. Die Kinder erwarben ihre grundlegende Lese- und Schreibfähigkeit, indem sie Gedichte lasen, rezitierten und abschrieben. So überrascht es nicht, dass Philipp im April 1503 – Eleonore war viereinhalb Jahre alt, Karl gerade drei geworden und Isabella noch nicht ganz zwei – einem seiner Hofkapläne, der sich auch als Kopist von Musikhandschriften betätigte, etwas über zwei Gulden zahlte »für ein Pergamentbuch, das er illuminiert hatte und das die Evangelien und Gebete enthielt, die [den Kindern] jeden Tag vorgelesen wurden, nachdem sie die Messe gehört hatten«. Sieben Monate später schenkte Philipp seiner Tochter Eleonore – vermutlich zu ihrem fünften Geburtstag – »ein Buch namens ›ABC‹, voller großer Lettern, mit vielen Bildern und einigen Lettern in Gold«, das ganze zwölf Gulden kostete – ein hübsches Sümmchen für eine Kinderfibel, aber doch eine lohnende Investition, denn schon ein Jahr darauf war Eleonore in der Lage, ihrem Großvater Ferdinand einen eigenhändigen Brief zu schreiben.26 Karl machte nicht ganz so rasche Fortschritte. In einem Brief in spanischer Sprache vom Januar 1504, der an seinen Großvater gesendet wurde, bittet Karl »Euer Hoheit um Vergebung, dass ich unhöflicherweise nicht eigenhändig schreibe« (was bei einem noch nicht einmal vierjährigen Kind wohl zu entschuldigen wäre). Aber der Prinz konnte auch seinen Namen noch nicht selbst schreiben, sondern malte die Buchstaben von einem anderen Blatt ab, wo Anchieta sie für ihn vorgeschrieben hatte (Abb. 2).27 Anchieta kehrte schließlich nach Spanien zurück, und Luis Cabeza de Vaca, »ein Spanier von edlem Geblüt, der sich als hochgebildeter Mann von besten Umgangsformen hervorgetan« hatte, wurde der neue Hauslehrer des königlichen Nachwuchses. Unverzüglich ergriff er Maßnahmen, um eine bessere Lernumgebung zu schaffen. Ein Tischler aus der Umgebung fertigte ein besonderes Schreibpult an, dazu noch einen Schrank für die Schulutensilien sowie passende Sitzbänke, »damit der Prinz und seine Schwestern zur Schule gehen konnten«  – und tatsächlich besuchten seine drei prominenten Zöglinge den Unterricht während der nächsten drei Jahre gemeinsam (Abb. 1).28 Aber dennoch kam Karl nicht recht voran. Als Kaiser Maximilian im September 1506 den Wunsch äußerte, sein Enkel solle doch auch etwas Niederländisch lernen, antwortete ihm der Prinzenerzieher mit merklicher Kühle: »Ich werde mich Eurer Bitte annehmen, sobald er ordentlich sprechen kann und zu lesen gelernt hat.« Vielleicht waren es gesundheitliche Gründe, die den Lernerfolg bremsten, denn im Lauf des Jahres 1505 wurde eine beträchtliche Menge an »Arzneien, Medizin und Gewürzen … angeliefert, auf Anordnung der Ärzte für den Prinzen und seine Schwestern, als sie krank waren«. Isabella litt am meisten, denn sie hatte

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»einen Infekt in ihren Augen«, weshalb ihre Eltern sich gezwungen sahen, einen erfahrenen Wundarzt anzustellen, der »sie in den neun Monaten, die sie krank war, jeden Tag aufsuchte«.29 Im September 1505, gerade hatte der Wundarzt Isabella endlich heilen können, brachte Johanna ihre Tochter Maria zur Welt, die nach ihrer Großmutter väterlicherseits so getauft wurde. Die Anzahl der Königskinder im Palast von Mecheln erhöhte sich damit auf vier, aber dem Familienzuwachs standen auch Abgänge und Verluste gegenüber. Margarete von Österreich, Karls Tante und Patin, verließ den Hof im Jahr 1501, um den Herzog von Savoyen zu heiraten; seine Urgroßmutter und erste Erzieherin, Margarete von York, starb zwei Jahre darauf. Obwohl Karl noch zu jung war, um von diesen Veränderungen stark betroffen gewesen zu sein, wird er doch bemerkt haben, dass seine Eltern fortgingen. Sie besuchten Mecheln im November 1505, unmitttelbar vor ihrer Abreise nach Zeeland, wo Philipp bereits eine Flotte zusammengezogen hatte, die sie nach Spanien bringen sollte. Da ungünstige Winde die Schiffe im Hafen festhielten, kam Philipp im Dezember auf einen allerletzten Kurzbesuch bei seinen Kindern noch einmal in Mecheln vorbei – es sollte seine letzte Begegnung mit ihnen bleiben: Er starb in Spanien kein ganzes Jahr später. Isabella und Maria sollten weder ihn noch ihre Mutter jemals wiedersehen, und auch ihre jüngste Schwester Catalina (geboren im Frühjahr 1507) sollten sie niemals kennenlernen, denn Johanna lebte zwar noch bis zum April 1555, aber sie verließ Spanien nicht mehr, während Catalina, die ihre engsten Verwandten allesamt überlebte – sie starb im Jahr 1578 –, in ihrem ganzen Leben nie die Iberische Halbinsel verließ. Obwohl das neue Königspaar von Kastilien natürlich nicht ahnen konnte, dass es keine Rückkehr in die Niederlande geben würde, ließen sie doch schon die üblichen Gefahren und Risiken, die mit einer solchen Reise im frühneuzeitlichen Europa verbunden waren, entsprechende Vorkehrungen treffen. Im Juni 1505 traf Philipp mit seinem Vater und seiner Schwester zusammen, um – wie der Gesandte Quirino berichtet – darüber zu sprechen, dass Margarete, die wieder einmal verwitwet war, »über die Niederlande herrschen würde, während [Philipp] in Spanien weilte; aber sie konnten zu keiner Einigung gelangen, und so kehrte sie nach Savoyen zurück«. Stattdessen benannte Philipp seinen Kammerherrn Guillaume de Croÿ, Seigneur de Chièvres, als Regenten und obersten Befehlshaber während seiner Abwesenheit; in allen militärischen, rechtlichen und Verwaltungsangelegenheiten kam diesem Stellvertreter die volle Entscheidungsgewalt zu. Auch durfte er »Verträge, Allianzen und Vereinbarungen« mit fremden Mächten schließen »und überhaupt all das tun oder anordnen, was wir selbst tun könnten oder würden«. Philipp setzte außerdem den Fürsten von Chimay, einen Vetter Chièvres’ (und Taufpaten Karls), zum

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Vormund seiner Kinder ein, der in dieser Aufgabe von Henri de Witthem, dem Herrn von Beersel, unterstützt wurde. Karl und seine Schwestern, ordnete Philipp an, sollten »sorgsam bewacht und außerdem zu guten Manieren und vielerlei Kenntnissen erzogen werden«.30 Und schließlich setzte Philipp ein Testament auf, aus dem eine tiefe Unsicherheit über die Zukunft seiner Herrschaftsgebiete sprach. Sollte er in Spanien sterben, hieß es da, wollte er in Granada an der Seite seiner Schwiegermutter Isabella begraben werden. Für den Fall, dass der Tod ihn in den Niederlanden – oder zumindest in deren Nähe – ereilte, bestimmte er Brügge als letzte Ruhestätte, wo bereits seine Mutter Maria begraben war. »Falls jedoch das Herzogtum Burgund [zum Todeszeitpunkt] in unserer Hand sein sollte«, hieß es weiter, »wünsche ich, in der Kartause von Dijon begraben zu werden, an der Seite meiner Vorgänger, der Herzöge von Burgund.« Philipps Testament legte außerdem fest, dass jede seiner jungen Töchter einen Unterhalt bekommen sollte, der nach Art und Umfang ihrem hohen Stand gerecht wurde – und zwar »auf Kosten meines ältesten Sohnes« –, und dass im Heiratsfall jede Tochter »eine Mitgift von 200 000 Goldgulden erhalten« sollte (eine vollkommen realitätsferne Klausel, denn schon der Wert einer solchen Mitgift hätte seine jährlichen Einnahmen aus den niederländischen Besitzungen weit überstiegen). Aber das vielleicht Verblüffendste war: Phil­ipp benannte seine beiden Söhne gemeinsam als »Alleinerben aller meiner Königreiche, Herzogtümer, Grafschaften, Lande, Herrschaften und anderer Besitzungen« und verfügte weiter, dass »jeder der beiden die jeweiligen Teile und Anteile erben soll nach Sitte und Brauch der Gegenden, in denen mein besagter Besitz sich befindet oder dann befinden mag«.31 Offenbar schwebte Philipp eine Teilung der immensen, aber sperrigen und schwer zu überblickenden Erbmasse vor, die sich durch die Heiraten und Sterbefälle in seiner Trastámara-Verwandtschaft angesammelt hatte  – ein kluger Schachzug, den auch seine Nachfolger noch verschiedentlich erwägen sollten. Zum damaligen Zeitpunkt hielten indes nur wenige eine solche Teilung für wahrscheinlich. Heinrich VII. von England beispielsweise sagte voraus, Karl werde »Herrscher über alles sein und wird imstande sein, die Welt zu beherrschen«. Und der Gesandte Quirino erklärte, dass Karl als Alleinerbe »der ganzen Niederlande, und da er seiner Mutter [Johanna], wenn sie stirbt, als Herrscher über Kastilien nachfolgen wird und seinem Großvater als Erzherzog von Österreich, ein großer Herrscher sein wird«. Allerdings, fügte Quirino mit unheilvollem Unterton hinzu, sei Karl zwar »ein schönes und fröhliches Kind, aber in allen seinen Taten erweist er sich als eigenwillig und grausam, ganz wie der alte Herzog Karl [der Kühne] von Burgund«.32

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»Ein schönes und fröhliches Kind« Noch eine ganze Zeit lang hing die Zukunft dieses »schönen und fröhlichen Kindes« in der Schwebe. Philipp hatte ein Gefolge von über 400 Hofleuten, eine Garde von mehr als 100 Leibwächtern und beinahe 2000 deutsche Landsknechte nach Spanien mitgenommen, und sein plötzlicher Tod im September 1506 ließ diesen ganzen Tross mit einem Mal völlig mittellos dastehen. »Unter uns war keiner, der auch nur einen roten Heller in der Tasche hatte«, klagte später einer, »und als der König starb, hatte er sein ganzes eigenes Geld schon ausgegeben.« Da von spanischer Seite keine Hilfe zu erwarten war und »weil wir Angst hatten, es könnte uns die Heimreise in unser eigenes Land verboten werden«, rissen sich die verzweifelten Höflinge schleunigst so viel von des toten Königs Besitz unter den Nagel, wie sie nur konnten. Sie begannen mit den Juwelen, Gold und Silber und »verkauften alles für sehr viel weniger, als es eigentlich wert war«. Später »tauschten sie ihre eigenen Kleider, ihre Pferde und anderen Besitztümer von Wert gegen Brot ein« – und zur Bezahlung ihrer Rückreise. Die burgundischen Überlebenden dieser Fahrt hegten fortan eine tiefe Abneigung gegenüber Spanien und den Spaniern.33 Als die Nachricht von Philipps Tod die Niederlande erreichte, befand sich Chièvres gerade nicht in Mecheln, sondern befehligte einen Heerzug gegen den Herzog von Geldern, der, angespornt von Ludwig XII. von Frankreich, seine Feindseligkeiten wieder aufgenommen hatte. Die übrigen Mitglieder des Regentschaftsrates gerieten in Panik, da (wie einer von ihnen es formulierte) »wir noch nicht wissen, wie diese Neuigkeit aufgenommen werden wird – weder von den Untertanen noch von den Freunden und Feinden in der Umgebung«. Man befürchtete innere Unruhen ähnlich jenen, die nach dem Tod von Philipps Großvater Karl dem Kühnen 1477 und seiner Mutter Maria im Jahr 1482 ausgebrochen waren; und obwohl der französische König »wie üblich« Briefe »voller schöner Worte« gesandt hatte, »wäre es überaus gefährlich, in diese Worte allzu viel Vertrauen zu setzen«. Außerdem, merkten die Regenten misstrauisch an, war Philipp so plötzlich gestorben, dass »wir noch nicht einmal von einer Krankheit gehört hatten«, während Johanna in Spanien gestrandet war und Karl zum Regieren zu jung.34 Mit einiger Unruhe beriefen sie daher Vertreter aus den Ständeversammlungen der niederländischen Provinzen ein, die als »Generalstaaten« zusammentraten. In den gut zehn Jahren seiner tatsächlichen Regierungszeit – seitdem er 1494 aus der Vormundschaft seines Vaters entlassen worden war – hatte Philipp die Generalstaaten 25-mal einberufen, um mit ihnen über Fragen von Krieg und Frieden zu beraten und sich von ihnen Steuergelder bewilligen zu lassen. Delegationen der vier größten und reichsten Provinzen (Brabant, Flandern, Henne-

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gau und Holland) nahmen so gut wie immer an den Sitzungen der Generalstaaten teil, meist auch Vertreter aus dem Artois, Französisch-Flandern, Mecheln, Namur und Zeeland, gelegentlich auch welche aus Limburg und Luxemburg. Die jeweils anwesenden Delegationen teilten sich zu ihren Beratungen auf die drei »Stände« auf: Prälaten, Adel und Städte. Das galt auch für die Versammlung, die in Mecheln am 15. Oktober 1506 zusammentrat, »um mit unserem verehrten Herrn, dem Erzherzog [von Österreich] und Prinzen von Kastilien, zusammenzukommen und um festzustellen, ob sie [d. h. die Generalstaaten] uns, wie wir hoffen, ihren Rat zu den hiesigen Angelegenheiten gewähren werden«.35 Philipps nach innen und außen auf Konsens und Ausgleich zielender Regierungsstil zahlte sich nun reichlich aus: Jede einzelne der niederländischen Delegationen erging sich angesichts der Todesnachricht in »der größten Sorge und Wehklage, die man je gesehen hat«, während sowohl Heinrich VII. als auch Ludwig XII. dem jungen Thronfolger ihren Schutz anboten. Tatsächlich sollte Ludwig für den Rest seiner Regierungszeit die Neutralität von Karls Besitz ausnahmslos respektieren (wenn er auch weiterhin heimlich den Herzog von Geldern unterstützte). Einige der Regenten – vor allem solche, die wie Chièvres in den südlichen Provinzen begütert waren – sprachen sich dafür aus, die Niederlande unter französische Protektion zu stellen; andere jedoch – vor allem jene, die wie Bergen ihren Besitz in den nördlichen Seeprovinzen hatten – befürworteten eine Allianz mit England. Die Generalstaaten wiederum waren der Ansicht, dass Kaiser Maximilian der beste Garant für ihre zukünftige Sicherheit sein würde, und entsandten eine Delegation – der sowohl Chièvres als auch Bergen angehörten –, um ihm die Vormundschaft über seine Enkelkinder und die einstweilige Regentschaft über die Niederlande anzutragen.36 Maximilian hatte diese Entscheidung bereits vorhergesehen: Sobald er vom Tod seines Sohnes erfuhr, wies er den Regentschaftsrat an, »unsere Niederlande auch weiterhin zu regieren, wie es unser verstorbener Sohn euch aufgetragen hat, in unserem Namen und im Namen unseres allerliebsten [Enkel-] Sohnes Karl«, bis er selbst zurückkehren und die Dinge in die Hand nehmen könne, »was in etwa zwei bis drei Wochen sein wird«. Maximilian muss klar gewesen sein, dass dieser Zeitplan vollkommen utopisch war, als er auch noch seine Tochter Margarete herbeizitierte, die ihn auf seiner Reise begleiten sollte.37 Die Erzherzogin war nun 27 Jahre alt und hatte in ihrem Leben bereits viel erlebt. Im Jahr 1483, da war sie drei gewesen, hatte man sie als Verlobte Karls  VIII. nach Frankreich geschickt, wo sie die nächsten acht Jahre am französischen Hof verbrachte, bis der König sie kaltblütig zurückwies und eine andere heiratete. Nach zwei Jahren bei ihrer Großmutter in Mecheln war Margarete nach Spanien gegangen, um den Infanten Johann zu heiraten. Der starb indes nach nur sechs Monaten, und so kehrte sie 1500 nach Mecheln zurück. Achtzehn Monate darauf

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brach sie zur Hochzeit mit Herzog Philibert II. nach Savoyen auf, mit dem sie glückliche Monate verlebte, bis er – ebenfalls viel zu jung – im Jahr 1504 starb. Margarete konzentrierte sich jetzt ganz auf den Bau der Abtei Brou als einer prachtvollen Grablege für ihren verstorbenen Mann, die man bei Bourg-enBresse im Südosten Frankreichs noch heute besichtigen kann. Abgesehen von einer kurzen Reise im Jahr 1505, bei der sie mit ihrem Vater und Bruder die Option erörterte, selbst als Regentin der Niederlande eingesetzt zu werden, blieb sie in Savoyen, bis Maximilian sie im Jahr darauf in den Norden rief. Die beiden verbrachten mehrere Monate zusammen und berieten, wie es scheint, über den bestmöglichen Umgang mit der durch Philipps Tod so plötzlich eingetretenen Notlage. Schließlich setzte Maximilian im März 1507 sein Siegel unter ein Dokument, worin er für sich beanspruchte: »Schutz und Vormundschaft, Regierung und Fürsorge sowohl unserer lieben [Enkel-]Kinder Karl, Prinz von Kastilien, und Ferdinand, Erzherzog von Österreich, sowie ihrer Schwestern Eleonore, Isabella, Maria und Catalina, die allesamt minderjährig sind, als auch ihrer sämtlichen Besitzungen, Lande und Herrschaften, wie wir von Rechts und von Vernunft wegen befugt und befähigt sind als ihr Großvater und nächster Verwandter.«

Da er diese Befugnisse aber nicht persönlich wahrnehmen konnte, ernannte Maximilian Margarete zu seiner »Prokuratorin«, der »unsere Territorien und Herrschaften in den Niederlanden« einen Gehorsamseid leisten sollten; außerdem ließ er Bevollmächtigte vor den Generalstaaten auftreten und dort schwören, dass er, Maximilian, »unwiderruflich« als alleiniger Vormund und Regent für Karl agieren werde, und zwar »bis zum Ende von dessen Minderjährigkeit«.38 Das alles kam einer Machtübernahme von spektakulären Ausmaßen gleich. Chièvres und seine Mitstreiter hatten die Niederlande achtzehn Monate lang mit minimalem Aufwand  – aber erfolgreich  – regiert; nun schmiss Maximilian sie kurzerhand hinaus und beanspruchte die alleinige Autorität über die Niederlande und über seine Enkelkinder in Mecheln für sich selbst. Ebenso beanspruchte er die Herrschaft über die anderen Territorien, die sein früh verstorbener Sohn hinterlassen hatte, sowie über seine beiden anderen Enkel, Ferdinand und Catalina, die beide in Spanien lebten. Da der Kaiser in Spanien jedoch keinerlei Machtbefugnis hatte, blieb Karls Erbe faktisch geteilt, ganz wie sein Vater Philipp es sich in seinem Testament ausgemalt hatte: Johannas Vater, König Ferdinand, tat sein Bestes, Kastilien zu regieren (und dazu noch Aragón und Sizilien, deren Monarch er selbst war, sowie Neapel, das seine Truppen erst kürzlich den Franzosen abgenommen hatten), und er ließ seinen jüngeren, auf seinen Namen getauften Enkel zu einem spanischen Infanten erziehen, wäh-

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rend Maximilian alles daransetzte, die Niederlande zu regieren und sicherzustellen, dass aus Karl ein echter Burgunderprinz wurde. Die Kinder in Mecheln erfuhren im Oktober 1506, dass sie nun Halbwaisen waren, als ihr Erzieher ihnen den Tod ihres Vaters mitteilte. »Sie zeigten einen Kummer, der ihrem Alter angemessen war, ja vielleicht sogar mehr als das«, ließ man Maximilian wissen, und hätten »sich glücklich erklärt, einen so treu sorgenden [Groß-]Vater wie Euch zu besitzen«.39 Zwar sollte Maximilian selbst seine Enkel erst zwei Jahre später wieder besuchen, aber im April 1507 traf Margarete in Mecheln ein und übernahm die Fürsorge für die Kinder, die sofort ein inniges Vertrauen zu ihrer Tante fassten: Als sie kurz darauf wieder abreiste, um ihren politischen Verpflichtungen nachzukommen, brachen sie in Tränen aus (wie ein Augenzeuge berichtet), weil sie »ihre Tante und Patin nun nicht mehr sehen würden – oder besser gesagt: ihre neue Mutter«.40

Erzherzogin Margarete von Österreich, Herzoginwitwe von Savoyen Als Margarete zwei Monate später nach Mecheln zurückkehrte, organisierte sie als Erstes eine feierliche Totenmesse für ihren verstorbenen Bruder in der Mechelner Kathedrale St. Rumold. Bei dieser Gelegenheit trat Karl das erste Mal öffentlich als Nachfolger seines Vaters in Erscheinung. Doch bevor die Messe gehalten wurde, entnahm Margarete aus der Bibliothek der Herzöge von Burgund eine prachtvoll illuminierte Handschrift – ein Gebetbuch mit einem Einband aus schwarzem Samt, auf dem das Wappen Karls des Kühnen prangte – und machte das Buch dem jungen Namensvetter des Vorbesitzers zum Geschenk, zweifellos, damit dieser es während der Totenmesse verwenden sollte. Das Arrangement sah ferner vor, dass Karl eine feierliche Prozession anführte, und zwar »auf einem kleinen Pferd reitend« und »zu beiden Seiten von den Bogenschützen seiner Leibwache eskortiert«. Nach der Messe rief der Oberherold aus: »Lang lebe Karl, von Gottes Gnaden Erzherzog von Österreich und Infant von Spanien!« Aufgabe der anderen anwesenden Herolde war es dann, reihum Karls zahlreiche andere Titel auszurufen – Herzog von Brabant, Graf von Flandern und so weiter –, wonach Karl das »Schwert der Gerechtigkeit« überreicht wurde, das er »mit seinen kleinen Händchen fest umgreifend senkrecht hielt mit der Spitze nach oben und damit zum Altar schritt«, wo er kurz im Gebet verharrte, bevor er die Prozession zurück zum Palast führte. Dort »nahm der edle junge Prinz zum ersten Mal einen Ritterschlag vor« und führte so allen seinen neu gewonnenen Status vor Augen. Der detaillierte Bericht über Karls ersten öffentlichen Auftritt als Herrscher, den Margaretes offizieller Chronist Jean Lemaire

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des Belges verfasst hat, endet mit einem frommen Wunsch: »Gebe Gott, dass er fortan so viel zur Verteidigung der Christenheit und ihrer Länder tun wird wie einst Karl der Große!«41 Die Ereignisse des folgenden Tages jedoch brachten unbarmherzig ans Licht, wie hohl und eitel derlei vollmundige Visionen tatsächlich waren. Margarete hatte angeordnet, dass die Generalstaaten sich »in der großen Kammer in der Residenz des Prinzen, noch immer in Schwarz gekleidet«, versammeln sollten, und dort mussten sie dann anhören, wie der Kanzler ihnen neue Steuern abverlangte, um eine wirksame Verteidigung gegen den Herzog von Geldern finanzieren zu können, die Schulden des verstorbenen Königs zu begleichen sowie »für den Haushalt meines Herrn [d. h. Karls] und seiner Schwestern zu bezahlen«. Margarete selbst unterstützte dieses Ansinnen mit einer kurzen Rede, bevor sie sich an Karl wandte und ihn fragte: »›Ist es nicht so, Neffe?‹ Und dann«, schreibt der Chronist weiter, »flehte mein Herr Erzherzog, der sich trotz seines jungen Alters seiner fürstlichen Verantwortung durchaus bewusst war, die Abgeordneten um ihre Zustimmung an, indem er eine kurze Rede hielt, deren Botschaft besser verstand, wer sein Mienenspiel betrachtete, anstatt auf den Klang seiner knäblichen Stimme zu lauschen.« Aber Karl sprach und gestikulierte vergebens: Die Versammlung weigerte sich, neue Steuern zu bewilligen. So erfuhr Karl erstmals, dass die Finanzierung seiner Vorhaben eine gründliche Vorbereitung erforderte.42 Einige Wochen darauf stellte Margarete ihren Neffen jenen Männern vor, die im nächsten halben Jahrhundert den allergrößten Teil der von seinen Untertanen gezahlten Steuern aufzehren sollten: Sie zitierte die führenden Köpfe des Heeres in den großen Saal des Palastes und sagte zu ihnen, indem sie mit dem Finger auf Karl wies: »Da, edle Herren, ist der, für den Ihr kämpft. Er wird niemals wanken. Dient ihm!« Tags darauf standen sie und ihr Neffe an einem Fenster und schauten zu, wie 500 Berittene am Palast vorbeizogen »mit wehenden Fahnen und schallenden Trompeten«. Sie zogen in den Krieg, um die Niederlande gegen Geldern zu verteidigen.43 Als Maximilian im Jahr 1507 Margarete als seine »Prokuratorin« einsetzte, kaufte er für sie eine Gruppe von Gebäuden in Mecheln, direkt gegenüber dem Keizershof, wo seine Enkel wohnten. Dieser bald als Hof von Savoyen bekannte Komplex wurde nach einer gründlichen Renovierung Margaretes Hauptquartier und blieb es bis zu ihrem Tod im Jahr 1530. Den Rechnungsbüchern ihres Haushalts zufolge aßen dort täglich mehr als 150 Personen zu Mittag, darunter Gäste aus ganz Europa, mit denen die Erzherzogin ihren Neffen und ihre Nichten bekannt machen wollte. Einige von ihnen entstammten Herrscherfamilien wie etwa der Pfalzgraf Friedrich II.; andere waren mit einem von Karls Ministern verwandt wie etwa der junge Guillaume von Croÿ, ein Neffe Chièvres’; aber die

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meisten waren von weniger illustrer Abstammung. Eine Besucherin war eine gewisse Anne Boleyn, Tochter eines englischen Diplomaten, der sie zur Vervollkommnung ihrer Französischkenntnisse auf den Kontinent geschickt hatte. Als die junge Anne 1513 in Mecheln ankam, ließ Margarete den Vater des Mädchens wissen, sie finde es »derart gebildet und angenehm – und das trotz ihres jungen Alters –, dass ich Euch, der sie mir geschickt hat, mehr schuldig bin als ihr mir!« Anne blieb für über ein Jahr und lernte jenes Französisch, mit dem sie später Heinrich VIII. den Kopf verdrehen und Königin von England werden sollte.44 Margaretes Hof wurde bald zu dem kulturellen Zentrum des nördlichen Europas. Ihre Bibliothek umfasste beinahe 400 Bände, viele davon aufwendig illuminierte Handschriften. Margarete beschäftigte Bernard van Orley und Jan Vermeyen als ihre Hofmaler, dazu Pieter de Pannemaker, der für sie prachtvolle Wandteppiche gestaltete. Andere berühmte Künstler der Zeit waren an ihrem Hof zu Gast, darunter Albrecht Dürer, der 1521 lobende Worte für die Gemäldesammlung der »Frau Margareth« fand und daneben noch »viel anders köstliches Dings [und] ein köstlich Liberei« – gemeint ist die Bibliothek – pries, die er in Mecheln gesehen hatte.45 Zum Zeitpunkt ihres Todes besaß die Erzherzogin mehr als 100 Wandteppiche, über 50 Skulpturen und beinahe 200 Gemälde (darunter Werke der besten niederländischen Künstler: Rogier van der Weyden, Hieronymus Bosch, Hans Memling und Jan van Eyck). Sie nahm regen Anteil an diesen Sammlungen, ja kümmerte sich selbst um kleinste Details. So gab sie etwa ein neues Schloss für van Eycks berühmte »Arnolfini-Hochzeit« in Auftrag, damit das Bild sicher verwahrt werden konnte; sie ließ den gefeierten Maler Jan Gossaert ihre wertvollsten Stücke restaurieren; und in dem Inventar ihrer Besitztümer finden sich Korrekturen und Anmerkungen von ihrer eigenen Hand, aus denen hervorgeht, wie stark sie selbst in den Aufbau der Sammlung involviert war. Die Kunsthistorikerin Dagmar Eichberger, die sich intensiv mit Margaretes Sammlungen befasst hat, kommt zu dem Schluss: »Margarete von Österreich besaß eine für ihre Zeit ungewöhnlich umfangreiche Sammlung von Kunstgegenständen, Naturalien und ethnographischen Objekten, die auch für eine Hofhaltung ihres Ranges bemerkenswert gewesen sein muss.«

Und an anderer Stelle bemerkt Eichberger, die Erzherzogin sei »stolze Besitzerin einer umfangreichen Porträtgalerie, die in ihrem Speisesaal aufgehängt war, dazu kamen eine Sammlung ethnologischer Artefakte aus der Neuen Welt in ihrer Bibliothek, eine weitere Gemäldegalerie in ihrem Prunkschlafzimmer sowie eine herrliche Kollektion kleiner Schmuckobjekte, Naturalia und Exotica in zwei Sammlungskabinetten.« Margaretes junge Schützlinge sollten ihrem

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Vorbild später nacheifern, denn alle drei zeigten einen ausgeprägten Sinn für Kunst.46 Karl und seine Schwestern wurden nun die Familie, die Margarete zuvor nie gehabt hatte – und solange die Erzherzogin lebte, richteten die Geschwister ihre Briefe stets an »Madame meine Tante und meine liebe Mutter« und erklärten etwa, dass »die Zuneigung, die ich für Euch empfinde, nicht nur die eines Neffen zu seiner Tante ist, sondern die eines Sohnes zu seiner treuen und liebenden Mutter«. Entsprechend unterschrieben sie mit »Eure demütige Nichte und Tochter« beziehungsweise »Euer demütiger Sohn und Neffe«.47 Wer Margaretes erhaltene Briefe liest, versteht rasch, warum die Kinder sie geradezu vergötterten. Als Maximilian 1507 einen Nachfolger für den Mönch Jean de Witte als Beichtvater seiner Enkel ernannte, erbat Margarete für Eleonore eine Ausnahme. Karl und seine jüngeren Schwestern, schrieb sie an den Kaiser, »haben vorerst noch keinen großen Bedarf« an geistlicher Leitung, »außer dass man sie anleite und ermuntere, die Gebote Gottes und seiner heiligen Kirche zu befolgen«, aber Eleonore – die damals neun Jahre alt war – »hat bereits eine tüchtige Auffassung von gutem und schlechtem Betragen«. Da sie Bruder Jean mochte, bat Margarete ihren Vater, den Mönch doch auf seinem Posten zu belassen. Vier Jahre später war Margarete zu Ohren gekommen, dass Maximilian als Vormund »den jungen Damen das Tanzen verboten« hatte, und so teilte sie ihm mit, dass diese Entscheidung den Mädchen »großen Überdruss und Kummer« bereite: »Deshalb meine ich, dass wir uns ihrer erbarmen und ihnen das Tanzen wie zuvor erlauben sollten.« Margarete lehrte ihre Nichten nähen und sticken und weihte sie in die Kunst des Einmachens ein. Als es 1514 so aussah, als würde Mary Tudor (die Schwester Heinrichs VIII. und ebenfalls eine Waise) Karl heiraten und zu ihm in die Niederlande ziehen, sandte Margarete ihr ein Schnittmuster »der Kleider, wie sie die Damen hier üblicherweise tragen, damit es Euch leichter fallen wird, Euch nach der hiesigen Sitte zu kleiden, wenn Ihr herkommt«.48 Gibt es eine Mutter, die treuer für ihre Schützlinge hätte sorgen können? Noch lange, nachdem Karl und seine Schwestern Mecheln verlassen hatten, war Margarete gewissermaßen der kommunikative Knotenpunkt der Familie. Als ihr Karl 1518 aus Spanien geschrieben hatte, setzte Margarete ihrerseits unverzüglich ein Schreiben an seine Schwester Maria auf (die sich damals in Ungarn befand), um ihr mitzuteilen, dass ihr Bruder »täglich an Tjosten und Turnieren teilnimmt, und ich möchte wetten, dass er sich oftmals wünscht, wir beide könnten dabei sein und uns mit ihm amüsieren«. Aber vor allem erzog Margarete, wie Annemarie Jordan Gschwend schreibt, die heranwachsende Generation dazu, »die Dynastie, in die sie hineingeboren waren, zu achten und ihr zu dienen. Sie flößte ihren jungen Schützlingen ein Prinzip ein, das diese zeitlebens in Ehren halten sollten: eine tief sitzende Loyalität zum Haus Habsburg.«49

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Alles zum Schutz des Erben Zweifellos war es die Welle von vorzeitigen Toden in den Dynastien von Habsburg, Burgund und Trastámara, die zu der fast schon zwanghaften Besorgnis um die Gesundheit Karls und seiner Schwestern führte. Als Maximilian 1508 in die Niederlande zurückkehrte und vorschlug, sein Enkel solle ihn »zu seiner Erholung« doch auf den Wegen zwischen Mecheln, Lier und Antwerpen begleiten  – also in einem Radius von unter zwanzig  Kilometern  –, legte der Fürst von Chimay einen förmlichen Protest ein und verwies auf »das geringe Alter meines Herrn, der anfällig und zart ist«. Sollte der Kaiser dennoch auf seinem Vorhaben bestehen, fuhr Chimay fort, müsse der Prinz nach jeweils einem Reisetag »einen ganzen Tag an Ort und Stelle bleiben, damit er stets zwei Nächte hintereinander ruhen und sich erholen kann«. Sechs Monate darauf war es Maximilian, der in die Rolle eines überfürsorglichen Großvaters verfiel. Ihm war zu Ohren gekommen, dass Liberal Trevisan, der venezianische Arzt, der seine Schwiegertochter Johanna nach der Geburt ihres Sohnes »während neunundvierzig Tagen ohne Unterlass« behandelt hatte, Karl einen Hund schenken wollte: »Gib acht, dass das nicht geschieht!«, wies der Kaiser Margarete an; sowohl der Hund als auch der Heilkundige sollten sich von Karl fernhalten, »solange unser gegenwärtiger Kriegszustand mit den Venezianern andauert«. Kurz darauf befahl Maximilian seiner Tochter, Trevisan aus den Niederlanden ausweisen zu lassen, und zwar »wegen unserer Befürchtungen bezüglich seiner Person: Da er ein Venezianer ist, wünschen wir nicht, dass er mit unserem Enkelsohn Karl noch irgendwelchen weiteren Umgang pflegt.«50 Margarete teilte diese Befürchtungen. Einige Wochen nach Maximilians Schreiben bestand sie darauf, dass ihre Mündel »dauerhaft [in Mecheln] bleiben und die Stadt nicht verlassen sollen, bis ich selbst dorthin zurückgekehrt bin«, denn »heutzutage weiß man nicht, wem man noch vertrauen kann«. Auch Margarete beschäftigte sich geradezu zwanghaft mit der Gesundheit der Kinder, denn – wie sie Maximilian gegenüber einmal bemerkte – »bei Personen von solcher Bedeutung ruft selbst die kleinste Krankheit Besorgnis hervor«. Als daher die Nachricht eintraf, dass die Schwestern des Prinzen in Mecheln an den Pocken erkrankt waren, behielt sie Karl in Brüssel, »weil die Ärzte sagen, dass diese Krankheit ansteckend sei und mein Neffe sie sich womöglich auch zuziehen könnte« (Karl bekam die Pocken trotzdem und wurde von der schmerzhaften und gefährlichen Krankheit über einen Monat lang außer Gefecht gesetzt).51 Von der Erziehung ihres Neffen war Margarete nicht gleichermaßen besessen, wie es scheint. Was wir von Karls frühen Lese- und Schreibfähigkeiten erfahren, deutet auf einen überaus langsamen Lerner hin. »Im Alter von sieben Jahren«, berichtet zwar ein Angehöriger des Hofes, »war [Karl] begierig

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zu lernen und wollte lateinische Briefe verstehen«, aber ein aus dem Jahr 1508 erhaltener Brief in spanischer Sprache enthält gerade einmal zwölf Worte von Karls eigener Hand, dazu seine Signatur als Prinz von Kastilien. Ein anderer, französischsprachiger Brief endet gar nur mit drei Worten in Karls Handschrift, gefolgt von seiner Unterschrift als Herzog von Burgund. Und in beiden Fällen malte Karl – nun immerhin acht Jahre alt – jeden einzelnen Buchstaben eher, als dass er ihn schrieb, und ließ die Wörter ohne Zwischenraum ineinander übergehen (Abb. 3).52 Karls Handschrift sollte zeitlebens dürftig bleiben. Als seine Schwester Maria 1532 einen Satz handschriftlicher Anweisungen von Karl erhielt, beschwerte sie sich, dass »mit Verlaub ein oder zwei Wörter so schlecht geschrieben waren, dass ich sie nicht lesen konnte, und ich weiß nicht, ob ich sie richtig erraten habe«. Auch die Beschreibung, die eine Historikerin unserer Tage von der Handschrift Eleonores, der älteren Schwester von Karl und Maria, gegeben hat, wird jedem auf eine deprimierende Weise bekannt vorkommen, der schon einmal mit der »Schönschrift« des späteren Kaisers zu kämpfen hatte. Selbst als Erwachsene fügte Eleonore – die von denselben Lehrern unterrichtet worden war wie Karl: Anchieta und Cabeza de Vaca – nämlich »regelmäßig … so viele Buchstaben eines einzelnen Wortes (ja selbst von mehreren Wörtern in Folge) ohne Unterbrechung aneinander, wie es nur ging – so als ob sie versuchen wollte, möglichst viele Schriftzeichen zu Papier zu bringen, ohne dabei ihre Hand vom Blatt zu heben. Sie zögerte auch nie, gestrichene Wörter stehenzulassen oder jede nur denkbare Abkürzung zu verwenden  … Satzzeichen hingegen gebrauchte sie so gut wie nie, wenn sie auch manchmal das Ende eines Satzes durch einen Schrägstrich markierte … Sie zog die Effizienz der Lesbarkeit vor.«53

Karl und seine Schwestern kamen in Mecheln gleichwohl mit zahlreichen gebildeten Männern und Frauen sowie deren Werken in Berührung. So verzeichnen die Rechnungsbücher des Generalschatzmeisters der Niederlande für den Oktober 1504 eine Zahlung in Höhe von 10 Gulden »an Bruder Erasmus aus Rotterdam, Augustinermönch, als eine einmalige, wohltätige Spende von meinem Herrn, um ihn bei seinem Studium an der Universität in Löwen zu unterstützen«. Hierbei handelte es sich mit ziemlicher Sicherheit um eine Belohnung für Erasmus’ im vorangegangenen Januar bei Hof vorgetragenen Panegyricus ad Philippum Austriae Ducem (»Lobrede auf Erzherzog Philipp von Österreich«), worin er Philipps »Reise nach Spanien und seine erfolgreiche Heimkehr« gepriesen hatte. Erasmus behauptete, er sei damals auch eingeladen worden, als Karls Privatlehrer bei Hof zu bleiben, habe jedoch

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abgelehnt. Dennoch widmete er zwei seiner Bücher dem Prinzen und korrespondierte regelmäßig mit Ministern und anderen Mitgliedern der Hofgesellschaft.54 Auch Musiker, bildende Künstler und Kunsthandwerker durften auf die Unterstützung des Hofes hoffen. Im Jahr 1504 ließ Karls Vater 15  Gulden an einen Buchbinder auszahlen, der »hölzerne Einbände für fünf große Bücher gefertigt und mehrere andere Stücke repariert und neu vergoldet« hatte, und 36  Gulden an einen gewissen »Jeronymus van Aeken, genannt Bosch«, für »ein sehr großes Gemälde, neun Fuß hoch und elf Fuß breit, welches das Jüngste Gericht darstellen wird, will sagen Himmel und Hölle, und das mein Herr ihm zu malen aufgetragen hat«. Im Jahr darauf zahlte Philipp 23 Gulden an »einen Mann, der ein merkwürdiges spanisches Instrument spielte, und an ein junges Mädchen aus der Lombardei«, das »mehrere Lieder für ihn spielte und akrobatische Kunststücke vorführte, während er speiste«, sowie 25 Gulden an einen Maler, der ihm »das Bild einer nackten Dame« übergeben hatte – Summen, deren Höhe die Zahlung jener 10 Gulden an Erasmus von Rotterdam zumindest ein wenig relativiert.55

Ein Prinz auf Freiersfüßen Kurz vor seinem achten Geburtstag legte Karl das Eheversprechen ab – und das nicht zum ersten Mal. Schon 1501 hatten Gesandte seines Vaters einen Vertrag unterzeichnet, durch den Karl mit Claude verheiratet wurde, der älteren Tochter Ludwigs XII. von Frankreich. Aber obwohl er die Vereinbarung noch bei drei weiteren Gelegenheiten bestätigte, hatte Ludwig wohl nicht vor, sie auch einzuhalten – hatte er die Hand seiner Tochter doch schon seinem mutmaßlichen Erben und Thronfolger Franz versprochen, dem Herzog von Angoulême. Sobald dieser Täuschungsversuch allgemein bekannt wurde, eröffnete Maximilian (in seiner Eigenschaft als Vormund und Erziehungsberechtigter seines Enkels) Verhandlungen über eine Heirat Karls mit Mary Tudor, einer Tochter des englischen Königs Heinrichs VII. Im Dezember 1507 reiste Bergen als Karls Stellvertreter nach England und steckte der Prinzessin einen Ring an den Finger, woraufhin das Paar sich die Ehe versprach. Gleichsam mit stolzgeschwellter Brust verkündete eine englische Flugschrift, dies sei nun »das edelste Bündnis und die größte Ehe der ganzen Christenheit, wenn man bedenkt, welch zahlreiche und vielfältige Länder und Gegenden der junge Prinz  … einst erben wird«. Karl unterschrieb geradezu devote Briefe an »die Prinzessin von Kastilien« (wie Mary bald allgemein genannt wurde), die er als »Euer ergebener Gatte« grüßte (siehe Abb. 3). Das Rechtsdokument, mit dem eine eigene Haushaltung für Karls Schwestern eingerichtet wurde, wies deren Kämmerer an, auch »unsere

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über alles geliebte Braut, Mary von England«, bei der finanziellen Planung zu berücksichtigen.56 Obgleich Karl jene »größte Ehe der ganzen Christenheit« niemals vollziehen sollte, zog er daraus doch einen unmittelbaren Vorteil: Heinrich VII. ernannte seinen neuen Schwiegersohn zum Ritter des exklusiven Hosenbandordens (Order of the Garter). Im Februar 1509 überreichten im Beisein Maximilians »die englischen Gesandten dem Erzherzog die Insignien des Hosenbandordens, die er, in einen Mantel aus purpurnem Samt mit scharlachfarbener Kapuze gekleidet, feierlich entgegennahm«; taktvollerweise trug er auf einer Schulter auch noch das englische Georgskreuz. Auf diese Zeremonie folgte eine Woche voller Feierlichkeiten, darunter Turnierspiele auf dem Marktplatz von Brüssel, an denen Maximilian teilnahm – unter den bewundernden Blicken seiner Enkel, die vom Balkon des Rathauses aus zusahen.57 Unmittelbar bevor er die Niederlande im Frühjahr 1509 wieder verließ, veranlasste Maximilian zwei bedeutende Neuerungen, die beide (auch) Karl betrafen. Zum einen richtete er für den Prinzen eine eigene Hofhaltung ein, die aus bis zu zwölf Pagen bestand (die später Junker und dann Ritter werden sollten), dazu kamen sechs bis acht andere junge Adlige (»enfants d’honneur«), die Karls Gefährten sein sollten, und eine Heerschar von Bedienten. Zum anderen verlieh er Margarete den Titel einer »Regentin und Statthalterin« der habsburgischen Niederlande und unterstellte ihr einen Staatsrat, der sich aus zwölf Rittern des Ordens vom Goldenen Vlies zusammensetzte (des exklusiven burgundischen Hausordens) und Margarete auf Schritt und Tritt begleiten sollte.58 Dem belgischen Historiker Henri Pirenne zufolge bedeuteten diese Veränderungen, dass Margarete »eine Handlungsfreiheit genoss wie noch keine Statthalterin vor ihr«. Dennoch hatte sie sich weitaus mehr erhofft, und so bedrängte sie ihren Vater, er solle ihr »dieselbe, volle Autorität zugestehen, die [er selbst] auch ausübt, und zwar ohne Ausnahme«; und er solle verfügen, dass »sie ganz allein [seine] Autorität ausübe«. Aber Maximilian bestand darauf, die Kontrolle über die Finanzen sowie über Krieg, Frieden und Patronage auch weiterhin in der eigenen Hand zu behalten. »Da ich der Vormund und Großvater meiner [Enkel-]Kinder bin«, tadelte er Margarete, »scheint mir, dass ich gewisse Befugnisse doch selbst innehaben sollte, sowohl, um Euch zu beaufsichtigen, als auch, um meinen eigenen Ruf zu wahren«. Aus der Korrespondenz mit seiner Tochter ließen sich zahllose Fälle anführen, in denen er Entscheidungen auch gegen Margaretes ausdrücklichen Widerspruch traf.59 Margarete wollte vor allem Chièvres an den Rand drängen, der noch immer für die Staatskasse verantwortlich war. Als der Fürst von Chimay von seinem Posten als Erster Kammerherr des Prinzen zugunsten seines Vetters Chièvres zurücktreten wollte, forderte Margarete von ihrem Vater, dieser solle stattdessen Bergen er-

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nennen. Aber Maximilian ignorierte ihre Bitte: Am 27. April 1509 erhielt Chièvres sein erstes Salär als Erster Kammerherr. Er wurde nun zum ständigen Begleiter des jungen Prinzen. So verzeichnen die Kassenbücher desselben Jahres unter anderem den Kauf einer ausreichenden Menge Stoffes, um daraus gleiche »Decken für das Bett meines Herrn [d. h. Karls] und das Bett meines Herrn von Chièvres, seines Erziehers«, anzufertigen; und als Karl später einmal Anordnungen für den Haushalt seines Bruders Ferdinand traf, verfügte er, ein Vertrauter seines Bruders solle »stets in seiner Kammer schlafen wie M. de Chièvres in der unsrigen, damit er, wenn er einmal [nachts] aufwacht, jemanden hat, mit dem er reden kann, wenn er möchte«.60 Wenngleich Maximilian sich in diesem wichtigen Punkt durchsetzte, hatte auch er sich noch weiter gehende Befugnisse erhofft. 1508 verkündete er vor einer Versammlung von Ordensrittern des Goldenen Vlieses »das Vorhaben, seine Besitzungen zusammenzufügen und sie zu einem einzigen Königreich zu vereinen, das ›Burgund und Österreich‹ heißen solle, zur besseren Verteidigung gegen die gemeinsamen Feinde«. Diese Initiative scheiterte, doch zwei Jahre später gab Maximilian seine Absicht bekannt, Karl nach Österreich mitzunehmen, »um ihn dort unverzüglich zum König von Austrasien zu machen« – ein Titel, der seit den Tagen Karls des Großen praktisch in Vergessenheit geraten war. Zur Vorbereitung setzten Maximilians Berater sogar schon »Instruktionen für den Hofhalt des zukünftigen Königs von Austrasien« auf. Wieder jedoch scheiterte das Vorhaben.61 Chièvres bemühte sich indessen, die Beziehungen zwischen den burgundischen Niederlanden und Frankreich zu verbessern, während Margarete ihrerseits alles daransetzte, um engere Verbindungen mit England und Spanien anzuknüpfen. 1508 teilte sie dem spanischen König Ferdinand (ihrem vormaligen Schwiegervater) mit, dass der kleine Karl »ungeachtet seines jungen Alters aus eigenem Antrieb täglich nach Eurem Wohlergehen fragt und Euch (zusammen mit dem Kaiser) als einen wahren Vater ansieht, der, wie er weiß, ihn vor seinen Feinden beschützen wird«. Fortan sollten diese vier mächtigen Individuen – Margarete, Maximilian, Ferdinand und Chièvres – in einem rücksichtslosen Wettstreit um Herz und Verstand des verwaisten Prinzen stehen.62

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2 Ein Prinz als Waisenknabe (1509–1514) »Maxi« Im Jahr 1855 bezeichnete der französische Historiker Jules Michelet die Erzherzogin Margarete von Österreich als »den wahren ›starken Mann‹ ihrer Familie«, der »das Haus Habsburg groß gemacht« habe.1 Ähnlich wie die lobende Darstellung Henri Pirennes ist auch Michelets Eloge in Wahrheit eine Übertreibung: Zwar erwies die Erzherzogin sich als eine fähige Verwalterin und raffinierte Diplomatin; aber ihr Vater Maximilian erreichte doch beträchtlich mehr, indem er nicht nur die Franzosen davon abhielt, die Niederlande zu annektieren, sondern zudem noch die Grundlagen für die kommenden 400 Jahre habsburgischer Vormacht in Mitteleuropa legte. Noch aus den alltäglichsten Verwaltungsdokumenten geht Margaretes untergeordnete Stellung deutlich hervor: Gewöhnliche Briefe unterschrieb sie »im Namen des Kaisers, Margarete«, während Proklamationen »im Namen des Kaisers und des Erzherzogs« ergingen. Auch ernannte ihr Vater selbst alle höheren Amtsträger, weltliche wie geistliche, in den gesamten Niederlanden. Obwohl er 1510 – »der Bittsteller müde, die ihn ohne Unterlass belästigen« – versprach, in Zukunft den Empfehlungen Margaretes und ihres Rates zu folgen, bombardierte »Maxi« (wie der Kaiser selbst seine Briefe unterschrieb) seine Tochter auch weiterhin mit Anordnungen – im persönlichen Gespräch, wenn er sich gerade in den Niederlanden aufhielt, ansonsten in Briefen, oft von eigener Hand.2 Von Zeit zu Zeit gerieten die beiden aneinander. 1507 kritzelte Margarete eine eilige Mitteilung an einen der Ratgeber ihres Vaters und flehte, der Kaiser solle »zuerst mir mitteilen, was er zu tun beschlossen hat – und nicht so, wie er es für gewöhnlich hält, nämlich mir eine Sache mitteilen und dann etwas anderes tun«. Zwei Jahre später erregte Maximilians Entscheidung, einem Gläubiger Teile der Franche-Comté (Freigrafschaft Burgund) zu übertragen – ein Gebiet, das der Kaiser seiner Tochter überlassen hatte –, Margaretes Zorn. »Mein Herr, es verschlägt mir die Sprache«, empörte sie sich, »denn ich will doch meinen, dass ich, Eure einzige Tochter, allen anderen vorgezogen werden sollte.« Jedenfalls, fuhr sie wütend fort, »wenn Ihr denn entschlossen seid, jene Länder an Euch zu nehmen, dann tut es und macht damit, was Ihr wollt – ja, nehmt nicht nur diese, sondern den Rest der Freigrafschaft noch dazu und alles, was ich besitze, denn in nichts wollte ich Euch ungehorsam sein«.3 Tiraden wie diese führten manchmal dazu, dass es aus dem Wald (wie man so schön sagt) ganz ähnlich herausschallte: 1508 erklärte der Kaiser, die Briefe seiner Tochter seien »so voller Rätsel, dass es mir unmöglich ist, sie zu verstehen oder auch nur ihren

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Betreff zu erkennen«, und hilfreicher Vater, der er war, gab er ihr gleich noch einen Leitfaden für die künftige Korrespondenz an die Hand (am Wichtigsten: »schreibt nicht zehn Zeilen, wo drei genügen«). Zwei Jahre darauf sandte er Margarete alle jene ihrer »Briefe zurück, die wir nicht verbrannt haben«, weil sie derart »unsinnig [schienen], dass ich bald glaube, Ihr müsst mich für einen Franzosen halten« (offenbar die schlimmste Beleidigung im Arsenal des Kaisers). Und dann rief Maximilian seiner Tochter etwas Entscheidendes in Erinnerung: »Ich war es, der Euch auf Euren Posten als Statthalterin über unsere Gebiete und Untertanen berufen hat, und ich habe immer nur Gutes von Euch gesprochen.« Jedoch, so die abschließende Drohung des Kaisers: »Wenn Ihr mir weiterhin grundlos solch unverschämte Briefe schreibt, werdet Ihr mich wohl bald dazu bringen, dass ich es mir anders überlege«.4 Das war nichts als eine leere Drohung, und Maximilian wusste das auch: Nur seine Tochter war in der Lage, seine politischen Vorhaben adäquat umzusetzen, und deshalb begegnete er ihr in aller Regel mit Zuneigung und Rücksicht. So bereute er es etwa augenblicklich, als er sie einmal aufgefordert hatte, unverzüglich nach Luxemburg zu kommen, um dort seine Anweisungen persönlich entgegenzunehmen, da »dies Eure Bemühungen um die 12 000 Soldaten in den Niederlanden behindern würde, für deren täglichen Sold Ihr sorgst, und das ist zur Zeit von allen unseren Angelegenheiten die wichtigste; deshalb wollen wir uns die Mühe machen und Euch aufsuchen.« Mit der Zeit lernte Maximilian sogar, politische Ratschläge von seiner Tochter anzunehmen. Als Margarete erfuhr, dass ihr Vater die Ernennung von Karls jüngerem Bruder Ferdinand zum Großmeister der spanischen Militärorden erlauben wollte, teilte sie ihm in knappen Worten mit, dass dies eine fatale Entscheidung wäre, »die nichts auf der Welt rechtfertigen könnte«, weil »sie geeignet wäre, den Prinzen Karl um die spanischen Königreiche zu bringen«. Maximilian ruderte unverzüglich zurück.5 Ihrem Vater ins Gesicht zu widersprechen, fiel Margarete da schon schwerer. Viermal besuchte Maximilian nach Philipps Tod die Niederlande – zwischen November 1508 und März 1509, im Frühjahr 1512, im Sommer 1513 und noch einmal Anfang 1517 –, und bei all diesen Gelegenheiten verbrachte er viel Zeit mit seiner Tochter und seinen Enkeln. Mit dem ersten Brief, der von Karls älterer Schwester Eleonore erhalten ist, teilte diese Margarete mit, dass »weil Ihr glücklich seid, wenn wir es sind, ich euch sagen wollte, dass unser Großvater zu Besuch gekommen ist, was uns allen eine große Freude bereitet hat«.6 Die »große Freude« der Kinder ist schnell erklärt: Maximilian war eine Frohnatur, und er hatte ein Herz für seine Enkelkinder. Er aß mit ihnen, tanzte mit ihnen, steckte ihnen ein paar Münzen zu, damit sie ein Kartenspiel veranstalten konnten, und unternahm mit ihnen Ausflüge – mit der Kutsche oder einem Boot – zu seinen diversen Residenzen in und um Brüssel und Antwerpen. Einmal, es war im Jahr

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1509 und Karl hatte gerade seinen Eid als Graf von Flandern geleistet, bahnten er und sein Großvater sich ihren Weg durch die dicht belebten Straßen von Gent und »warfen und verteilten Münzen, indem sie ›Largesse!‹ riefen« (also »Großzügigkeit«). Welcher neunjährige Junge würde so etwas je vergessen? Und als Maximilian einmal im Brüsseler Herzogspalast Quartier nahm, gab er eigens Anweisung, dass »unser [Enkel-]Sohn im Gemach gleich neben dem unsrigen [untergebracht] sein« solle.7 Die Geschenke für seine Enkel wählte er mit Bedacht. Nach einem anstrengenden Tag auf der Jagd sandte er seinen Enkelinnen einmal »ein Teil von einem Stück Wild, das ich heute erlegt habe«, damit es »ihnen zum Mittag- oder zum Abendessen zubereitet werden kann«. Bei anderer Gelegenheit schenkte er Karl ein Paar Spielzeugritter zu Pferde, aus Messing mit hölzernen Lanzen. Unten waren sie mit Rädern versehen und konnten mithilfe von Rollen und Schnüren in Bewegung gesetzt werden, damit Karl und seine Spielkameraden sich schon einmal im Turnierkampf üben mochten (Abb. 4).8 1512 ließ der Kaiser für den Prinzen einen mit Gold und Silber verzierten Turnierharnisch anfertigen, der die Insignien des Ordens vom Goldenen Vlies zeigte. Auch schenkte Maximilian seiner Tochter ein »großes Pergamentbuch mit einer Fülle von gesungenen Messen darin«, das er bei einem renommierten Schreiber 1511 »als ein Neujahrsgeschenk« in Auftrag gegeben hatte: Auf der Titelseite war der gütig dreinschauende Kaiser zu sehen mit Margarete, Karl und dessen Schwestern zu seinen Füßen  – das Musterbild einer glücklichen Familie (Abb. 5).9 Maximilian wusste um den Wert dieser vielfältigen Zuwendungen. Er selbst war in verhältnismäßig bescheidenen Verhältnissen im östlichen Mitteleuropa aufgewachsen, bis er schließlich 1477, er war gerade einmal achtzehn Jahre alt, zu einem waghalsigen Ritt quer über den Kontinent aufbrach, um Maria von Burgund zu heiraten. Die nächsten fünfzehn Jahre hindurch war er beinahe ohne Unterlass damit beschäftigt, sich gegen Feinde und Gegner im Inneren wie im Äußeren zur Wehr zu setzen, um sein Erbe zu verteidigen. Die Kultur des burgundischen Hofes zog ihn derweil derart in ihren Bann, dass er – wie sein bedeutendster neuerer Biograf, Hermann Wiesflecker, schreibt – »als völliger Burgunder« in das Reich zurückkehrte.10 Aber vor allem verschrieb Maximilian sich dem übergeordneten burgundischen Vorhaben, ein »christliches Weltreich wiederherzustellen«. Dazu, glaubte er, würde er zunächst Frankreich neutralisieren müssen, um dann an der Spitze eines Kreuzzugs nach Osten zu ziehen und Konstantinopel von den Türken zurückzuerobern. Maximilians kühne Träume kannten keine Grenzen. Er nannte sich »Pontifex Maximus« und hoffte, nach seinem Tod – wie einige seiner Vorgänger als Kaiser, darunter auch Karl der Große – heiliggesprochen zu werden. Tatsächlich agierte er nicht nur als Kaiser, sondern auch wie ein Papst: vergab Pfründen, eignete sich Klosterein-

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künfte und die Einnahmen aus Kreuzzugsablässen an. Auch sprang er mit Päpsten um, als wären sie seine Patriarchen, wobei er bis zuletzt nicht verstand, warum (wie er einmal klagte), »solange ich lebe, mir noch kein einziger Papst sein Wort gehalten hat« – eine Klage, die fast dreißig Jahre später Karl beinahe wörtlich gegenüber seinem Erben wiederholen sollte.11 Und obwohl Maximilian seinen »großen Kriegsplan« des Jahres 1496 zur Eroberung und Aufteilung Frankreichs schließlich aufgeben musste, zog er doch 1513 bei Guinegate an der Spitze der kaiserlichen Truppen höchstpersönlich in die Schlacht und schlug »die Franzosen, die angestammten und natürlichen Feinde unseres Hauses Burgund«, in die Flucht. Karl gegenüber prahlte er, dass der Ausgang jener Schlacht »den Stolz der Franzosen auf wenigstens zehn Jahre zu Boden drücken« und zu einer »Rückeroberung der Länder führen« werde, »die das rechtmäßige Eigentum unseres Hauses sind. Nachdem ich Euch so den Weg gewiesen habe, überlasse ich die Dinge Euch, damit Ihr tapfer Euer Eigen verteidigen könnt, wie es unsere Vorfahren schon seit über hundert Jahren getan haben.«12 Zweifellos verteilte Maximilian ähnlich gelagerte Ratschläge auch persönlich, wann immer er Zeit mit seinem Enkel verbrachte. Obwohl von den Unterhaltungen der beiden keine direkten Zeugnisse überliefert sind, kann man doch einiges den vier zumindest halb autobiografischen Schriften entnehmen, die Maximilian seinem Enkel Karl zugeeignet hat. Die Historia Friderici et Maximiliani (»Geschichte von Friedrich und Maximilian«) hielt die Taten des jungen Maximilian fest; der Theuerdank kleidete Maximilians Erfolge im Werben um Maria von Burgund sowie als Jäger und Falkner in gereimte Verse; der Weißkunig – das heißt sowohl »der weiße« als auch »der weise König« – erzählte in Prosa von Maximilians Erziehung zum Fürsten und seinen militärischen Erfolgen; und im Freydal waren alle 64 Turniere, an denen Maximilian über die Jahre teilgenommen hatte, dokumentiert und in Illustrationen festgehalten. Der Kaiser überwachte die Abfassung dieser Werke, die er von »Ghostwritern« verfassen ließ (wie wir heute sagen würden). Dabei hatte er von Anfang an die Absicht, eine Art persönliches Testament zu hinterlassen, das seinen Erben am Beispiel von Maximilians eigenem Lebensweg lehrte, sich selbst, seine Untertanen und die Welt zu beherrschen und zu regieren.13 Als Karl schließlich 1517 sein persönliches Widmungsexemplar des Weißkunig in Händen hielt, konnte Maximilian vier große Erfolge vorweisen: Er hatte die burgundischen Niederlande beschützt und neu organisiert, nachdem ihre politische Zukunft bei seinem Regierungsantritt vierzig Jahre zuvor noch düster ausgesehen hatte. Außerdem hatte Maximilian die beträchtlichen Hürden von Institutionen, Traditionen und Sprachgrenzen überwunden, um aus den im Alpenraum verstreuten Territorien, die er von seinem Vater geerbt hatte, ein einziges Reich zu formen – Österreich –, das von einem einzigen Zentrum aus

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regiert, verwaltet und besteuert wurde, einem Zentrum, das Maximilian selbst geschaffen hatte: Innsbruck. Als Kaiser hatte er zudem das chaotische Machtgefüge des Heiligen Römischen Reiches reformiert – vielleicht nicht immer auf perfekte Weise, aber doch so, dass die von ihm eingeführten Neuerungen bestehen bleiben sollten, bis das Alte Reich gut 300 Jahre später unterging. Und schließlich hatte Maximilian durch die strategische Verheiratung seiner Enkelkinder das Haus Habsburg als die beherrschende Dynastie in Mittel- und Ostmitteleuropa etabliert und ein Herrschaftsgefüge geschaffen, das seine Nachfolger über die nächsten vier Jahrhunderte weiter ausbauen sollten. »Die Wahrheit ist doch«, bemerkte Maximilian 1516 gegenüber Margarete, »dass ich nach Gott vor allem dieser Familie diene und den Aufstieg unseres Haus über alles stelle.« Einige Wochen darauf wiederholte er diese selbstbewusste Aussage noch einmal (denn wenn der Kaiser zu etwas eine Meinung hatte, gab er sie selten nur einmal zum Besten): »Meine liebe Tochter: Tag und Nacht denke ich über die Angelegenheiten meiner Erben nach.«14 Vieles von Karls späterem Tun spiegelte bis ins Kleinste die Ziel- und Wertsetzungen seines Großvaters wider – der einzigen männlichen Identifikationsfigur, die sich in Karls Jugendjahren anbot. Karl ahmte Maximilian nach, wenn er »mit dem Spieß über der Schulter« an der Spitze seines Fußvolks marschierte. Die Zeremonie, mit der er in Aachen zum römisch-deutschen König gekrönt wurde, war »gemäß archivalischen Nachforschungen gestaltet«, die unter der Ägide seines Großvaters angestellt worden waren.15 Karl forderte den König von Frankreich zum Duell und lud den osmanischen Sultan zur Turnierteilnahme ein, um seine Differenzen mit diesen Monarchen ein für alle Mal auszuräumen – Maximilian hätte es nicht anders gemacht. Er spann Intrigen, um für sich und seine Nachfolger die Machtfülle Karls des Großen zurückzugewinnen, auf den die Habsburger sich als ihren Stammvater beriefen. Und er glaubte, Frankreich ausschalten zu müssen, um danach einen Kreuzzug zur Rückeroberung Konstantinopels von den Türken führen zu können. Als es darum ging, wie er die Stadt Gent bestrafen sollte, nachdem ihre Bürger sich 1539/40 gegen ihn erhoben hatten, studierte Karl die Stadtpläne, die ein halbes Jahrhundert zuvor für seinen Großvater angefertigt worden waren, und ließ dann genau dort eine Zitadelle errichten, wo die Unterlagen es vorschlugen. Schließlich hätte Karl – genau wie vor ihm Maximilian – behaupten können, dass er mit seinen rastlosen Feldzügen und Reisen durch seine Territorien »die Blüte und Manneskraft unserer Jugend aufgebraucht, verloren und verzehrt« habe trotz »Schlafentzug und anderer Beschwerden, die unser Körper so oft, ja im Übermaß erlitten hat, mehr als unsere Natur verkraften und ertragen konnte« (bei Maximilian blieb wie später auch bei seinem Enkel keine Tränendrüse ungedrückt).16

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Mit der Zeit schien Karl freilich auch einige der schlechten Angewohnheiten seines Großvaters zu übernehmen – wie etwa dessen Schwäche für Vorhaben, die seine finanziellen Mittel weit überstiegen. Im Weißkunig wird der junge Maximilian wie folgt zitiert: »Ich wirdt nit werden, ain kunig des gelts, sonder Ich wil werden, ein kunig des volcks … vnd ain jeder kunig bestreit vnd bekriegt, mit dem volkh, vnd nit mit gelt, seine veindt … die streitpare Regirung, vnd kunfftige gedachtnus, ist mer dann das gelt.

Auch das waren Worte, die ebenso gut von Karl hätten stammen können. Beide Herrscher waren zwar sehr um ihr Ansehen bemüht, ließen jedoch alle moralischen Skrupel fahren, sobald es ums Geld ging, und Karl hinterließ wie Maximilian vor ihm am Ende seiner Regierungszeit ein finanzielles Chaos.17 Nicht zuletzt imitierte Karl seinen Großvater auch darin, dass er – wie Peter Burke es formuliert hat – eine beinahe obsessive Sorge »um sein Image und die Art und Weise, wie die Nachwelt seiner gedenken würde«, an den Tag legte: Beide Herrscher diktierten ihre Memoiren, gaben über eintausend Büsten, Porträtgemälde, Medaillen und andere Darstellungen ihrer selbst in Auftrag, verglichen sich mit den Kaisern der Antike und des Mittelalters, wollten unter dem Altar einer Kirche beigesetzt werden, stellten explizite sprachliche oder visuelle Bezüge zu biblischen Gestalten her, Christus nicht ausgeschlossen (oder ließen andere solche Vergleiche herstellen), und sahen sich selbst »nicht nur als Führer der Christenheit, sondern vielmehr als geheiligte, ja sogar heiligmäßige Individuen, die besonders dazu geeignet waren, womöglich gar [religiöse] Gelübde abzulegen«.18

Eine fürstliche Erziehung Beinahe die Hälfte des Weißkunig widmete Maximilian dem Thema der Prinzenerziehung. Da wird etwa hervorgehoben, dass ein weiser Herrscher bereit sein solle, von jedermann zu lernen, vom einfachen Pferdeknecht bis zum adligen Feldherrn. Oder es wird erklärt, warum erfolgreiche Monarchen alle ausgehenden Briefe stets selbst durchlasen – »[e]s was die sach klain oder groß, Er uberlaß zuvor denselben brief« –, bevor sie ihre Signatur daruntersetzten, und wie sie mehreren Schreibern gleichzeitig diktierten, um die Verwaltungsarbeit effizient zu gestalten. Auf einem Punkt bestand der Verfasser des Weißkunig jedoch besonders: Ein junger Prinz musste Fremdsprachen lernen, und zwar nicht zu wenige. Jeweils ein ganzes Kapitel wird darauf verwendet, wie Maximilian zunächst »die Burgundische sprach« meisterte, »seiner gemahl sprach«, die

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er denn auch von seiner Frau gelernt habe; sodann »flemisch«, das ihn »ain alte furstin« gelehrt habe. Es folgten Englisch, Spanisch, Italienisch und Latein, die Maximilian neben seiner deutschen Muttersprache allesamt beherrschte. Das bedeutete, dass der Kaiser, in dessen Heer all diese sieben Sprachen gesprochen wurden, sich mit den Befehlshabern jeweils in deren eigener Sprache beraten und ihnen Order erteilen konnte. Denn »gemainigclichn, in allen seinen kriegen, hat Er kriegsfolckh, von denselben Siben sprachen, bey Ime gehabt, vnnd wann dann die hauptleut der volckher derselben Siben sprachen, zu Ime kumen sein, von Ime beschaidt vnd bevelch zunehmen, so hat Er mit ainem Jeglichen hauptman, desselben hauptmans sprach besonder geredt, vnd Ime in derselben sprach bevelch und beschaidt geben, Wie ain Jegclicher hauptman sich mit dem kriegsfolckh hallten solle …«19

Andere Kapitel legen dar, wie man es in jeder Art von Turnier zur Meisterschaft brachte (eines trägt den Titel »Wie der Jung Weyß kunig in allen Ritterspilen … übertreffenlichen was [vortrefflich war]«), wieder andere befassen sich mit Jagd, Falknerei und Fischfang. Dann hält der Verfasser inne und fügte diese Reflexion ein: »Ainer der in dem wesen unerfaren ist, vnnd solichs liset, der moecht gedenncken, der Jung weiß kunig het nichts annders gethan, dann paissen [beizen, mit Raubvögeln jagen], und Jagen. Es hat nit die gestalt gehabt, sonnder mit paissen, vnd jagen, ist dieger kunig am maisten, in den grossen kriegen gewesen … wiewol Er auch der maisterlichist valckner was, So was Er doch vil maisterlicher, die großmechtigen kunig, fursten, vnd herrn, zu seinem willen zubringen, diser Jung weiß kunig …«20

Maximilians Erziehungsprogramm, das auch aus seinen Briefen spricht, sollte beträchtliche Erfolge zeitigen. Schon 1506 und dann noch einmal sieben Jahre später verlieh der Kaiser seinem Wunsch Ausdruck, »dass der Erzherzog Karl recht bald Niederländisch lernen« sollte; und tatsächlich war Karl 1515 imstande, seinen Eid als Herzog von Brabant in niederländischer Sprache zu leisten. Das Spanische und das Italienische sollte er schließlich fließend beherrschen; auf Deutsch konnte er sich zumindest einigermaßen unterhalten.21 Karls Kenntnisse des Lateinischen blieben dagegen eher schwach. Anlässlich einer Audienz im Jahr 1518 beschwerte sich der englische Gesandte darüber, dass Adrian von Utrecht, Karls früherer Lehrer, »dem König ins Französische [übersetzen musste, was] ich auf Latein gesagt hatte«, und dass »besagter katholischer König sogleich eigenmündig auf Französisch antwortete«. Drei Jahre später klagte ein anderer

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englischer Gesandter, dass Karl zwar zuhörte, wenn ihm lateinische Briefe vorgelesen wurden, dann jedoch – weil er »Latein nicht gut« beherrschte – »befahl, man solle sie ihm ins Französische [übersetzen], damit er sie besser« verstehen könne. »La langue bourguignonne« sollte stets Karls Muttersprache bleiben: Noch während seiner letzten Lebensjahre in der Abgeschiedenheit eines spanischen Klosters berichtete ein Mitglied seines Gefolges: »Hier bei Seiner Majestät sprechen wir nur Französisch.«22 Größeren Erfolg hatte Maximilian darin, seinem Enkelsohn den Humanismus näherzubringen. Margarete rühmte ihrem Vater gegenüber die »großen und bedeutenden Dienste«, die Luis Cabeza de Vaca »jeden Tag erweist«, indem er Karl gezeigt habe, »wie er sich zu benehmen hat – und davon hat er, bedenkt man sein Alter, außerordentlichen Nutzen gezogen«. Außerdem habe der Lehrer seinen Zögling »in den Lettern unterwiesen«, womit wohl nicht nur Lesen und Schreiben gemeint sind, sondern auch die Grundlagen einer humanistischen Erziehung; schließlich war Cabeza de Vaca ein renommierter Humanist.23 Zwei weitere Personen aus Karls unmittelbarem Umfeld unterstützten diese Bemühungen: Michel de Pavie, vormaliger Rektor der Pariser Universität (wo er unter anderen den jungen Erasmus unterrichtet hatte) und Karls erster Beichtvater, und Adrian von Utrecht, von dem Karl nach eigenem Bekunden »das bisschen Bildung und gutes Benehmen gelernt [hatte], das mir zuteilgeworden ist«.24 Adrian – der spätere Papst Hadrian VI. – war in erster Linie Theologe. Frühen Ruhm hatte er 1478 als neunzehnjähriger Jahrgangsbester an der Artistenfakultät der Universität Löwen gewonnen; bis 1491 hatte er auch die Aufmerksamkeit Margaretes von York auf sich gezogen, der Herzoginwitwe von Burgund, die ihm nach seiner erfolgreichen Promotion zum Doktor der Theologie ein rauschendes, dreitägiges Fest spendierte. Bevor Adrian dann 1509 dauerhaft nach Mecheln zog, um dort einen Posten als Erzieher des jungen Erzherzogs (und als Hofprediger) anzutreten, hatte er es in Löwen bis zum Dekan der Theologischen Fakultät gebracht, ja er galt sogar als »der ungekrönte König unter den Löwener Theologen seiner Zeit«. Diese Prominenz schlug sich auch in seiner Bezahlung nieder, denn während Cabeza de Vaca 12 Schillinge am Tag bezahlt wurden, erhielt Adrian stolze 24 Schillinge.25 Zweifellos ließ Adrian seinen Schüler von jenem pragmatischen Ansatz der Wissensvermittlung profitieren, der auch den Lehrbetrieb in Löwen dominierte, wo er neben Theologie auch Philosophie gelehrt hatte. Er sorgte dafür, dass Karls dürftige Lateinkenntnisse diesen nicht völlig um die Früchte der antiken Kultur brachten, indem er französische Übersetzungen der Philosophen Aristoteles und Seneca, der Historiker Livius und Tacitus sowie des militärkundlichen Kompendiums des Vegetius auf den Lehrplan setzte. Außerdem unterstützte Adrian die Arbeit seiner humanistischen Zeitgenossen (mit deren

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Schriften er Karl ebenfalls vertraut machte), darunter Juan Luis Vives aus Spanien (der seinen Lebensmittelpunkt ab 1512 in den Niederlanden hatte), Erasmus von Rotterdam (der mit Karl selbst sowie mit etlichen seiner Ratgeber auffallend herzliche Briefwechsel führte) und Thomas Morus aus England (der den ersten Teil seiner Utopia in Antwerpen niederschrieb und das fertige Werk 1516 an der Löwener Universität veröffentlichte).26 Von Karls Schulbüchern oder -heften hat sich nichts erhalten, aber ein wenig von der Pedanterie seines Lehrers wird in den Briefen deutlich, die Adrian seinem vormaligen Schüler schrieb, als er 1520 bis 1522 als dessen Statthalter in Spanien amtierte. Manchmal verfasste er dann einen von jenen besserwisserischen Briefen, denen viele ehemalige Lehrer einfach nicht widerstehen können: »Als wir [im Jahr 1520] in Santiago waren, sagte ich Eurer Hoheit ja bereits, dass Ihr die Liebe all Eurer Untertanen dort verloren hättet, aber Ihr glaubtet mir nicht; nun sehe ich jedoch, dass sich [meine Befürchtung] bewahrheitet hat«, tadelte er Karl im Januar 1521 nach Ausbruch des Comuneros-Aufstandes. Im Jahr darauf schrieb er: »Ich bin froh, dass Euch das, was Ihr von mir gehört und gelernt habt, nicht gleich wieder entfallen ist« – fügte dann jedoch spitz hinzu, dass »wir uns wohl, hätten andere die gleichen Wahrheiten mit gleicher Aufmerksamkeit beherzigt, heute nicht in der gegenwärtigen Lage voller Gefahren und Ungemach befänden«. Manchmal verwies Adrian auf Texte, die Karl und er im Unterricht durchgenommen hatten (»Aristoteles schreibt in seiner Politik, dass solche, die im Grenzgebiet zu unseren künftigen Kriegsgegnern Land besitzen, auf keinen Fall im Kriegsrat sitzen dürfen …«).27 Bei anderer Gelegenheit verteilte er Tadel (»in dieser Sache befehlen [Euer Majestät] mir stets, auf eine Weise zu handeln, die sich als unwirksam erweisen wird«) oder behandelte den Kaiser, als würde dieser noch immer die Schulbank drücken (»Um Eurer Majestät Ehre und Gewissen willen solltet Ihr die Versprechen halten, die Ihr den Cortes gegeben habt«; »Ich bitte Euer Majestät inständig, auf Euren Befehl Gerechtigkeit walten zu lassen … denn aus diesem Grund ist Euer Hoheit ja König«). Karl sollte, hieß es weiter, »seine Pflicht Gott gegenüber erfüllen, damit der ihn nicht in schlechten Zeiten verlasse oder mit Verachtung strafe«; und er sollte sich nicht »von anderen gängeln lassen, als ob Euer Hoheit ein Kind wäre, dem es an Verstand, Klugheit und Umsicht mangelt. Euer Majestät muss alles, was ich geschrieben habe, genau beachten.« »Glaubt mir, Euer Majestät, wenn Ihr nicht sorgsamer darangeht, diese Dinge zu verstehen, anstatt andere Eure Angelegenheiten für Euch regeln zu lassen, dann wird Spanien Euch niemals wirklich lieben oder Eurer königlichen Autorität und Person mit dem gebotenen Gehorsam begegnen.« Diese Haltung einer »liebevollen Strenge« behielt Adrian auch dann noch bei, als aus seinem früheren Zögling längst ein mächtiger Herrscher geworden war:

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»Ich flehe Euer Majestät an: Lasst nicht zu, dass all dieser Erfolg Euch eingebildet oder stolz werden lässt, sondern dankt viel eher Gott, unserem Herrn, der Euch solch reiche Früchte hat zuteilwerden lassen, ja erkennt, Euer Majestät, in aller Demut, dass Ihr verpflichtet seid, Gott dafür zu danken, und dass Ihr Euch nicht undankbar erzeigen dürft, damit Gott Euch nicht verwirft, wie er Saul verworfen hat, als dieser Gottes heilige Gebote missachtete.«28

Manche Zeitgenossen warfen Adrian vor, seinen Schüler eher ver- als erzogen zu haben – aber diese eindringlichen Mahnungen sprechen doch eine andere Sprache.

Ein Traumland wird erschaffen Trotz aller Umsicht seiner Lehrer und Erzieher wies Karls Erziehung doch erhebliche Lücken auf. Wie einer seiner frühen Biografen, Willem Snouckaert van Schouwenburg, behauptete, ließ Adrian seinen Schüler »in dessen Jugend jeden Tag von den siegreichen Schlachten Cäsars lesen und von Augustus, Karl dem Großen, Jason, Gideon, von den Helden des Altertums und den Herzögen Philipp und Karl von Burgund«; und die Auswahl von Büchern, die Karl 1517 aus seiner Brüsseler Palastbibliothek mit nach Spanien nahm, spiegelt diesen engen Fokus ebenfalls wider. Gerade einmal zehn Werke suchte er sich aus, alle in französischer Sprache geschrieben und zumeist illuminierte Handschriften von Chroniken und Ritterliteratur, darunter die prachtvoll illustrierte Kurzgefasste Chronik von Jerusalem und denen, die mit Gottfried von Bouillon das Heilige Land eroberten, die Karl bei jeder Lektüre an sein burgundisches Kreuzfahrererbe erinnert haben dürfte.29 In der Kultur, in der Karl aufwuchs, gehörten derartige Handschriften zum absoluten Kernbestand. Schon sein Vater hatte einige davon mitgenommen, als er 1501 und 1506 nach Spanien gereist war; und unter den beinahe 400 Büchern in der Bibliothek seiner Tante Margarete befanden sich nur zwölf gedruckte – alle anderen waren Handschriften, viele davon so reich illuminiert, dass sie eher in eine Kunst- und Wunderkammer zu gehören schienen denn in eine moderne Bibliothek. Die meisten der von Karl bevorzugten Werke hatten eine ganz bestimmte Zeit und einen ganz bestimmten Ort zum Gegenstand: den burgundischen Hof des 15. Jahrhunderts, den der große niederländische Historiker Johan Huizinga im Sinne eines »Traumlands« gedeutet hat, verzückt vom »Ausblick auf das geträumte Glück einer schöneren Vergangenheit«, die nun durch »die Illusion eines heroischen Wesens voller Würde und Ehre, Weisheit und Ritterlichkeit« wieder zum Leben erweckt werden sollte:

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»Wie wirkt nun [diese] Einstellung auf das Leben? Das Verlangen nach schönerem Leben einem geträumten Ideal gemäß? Sie wandelt die Formen des Lebens in Kunstformen. Aber es sind nicht nur die Kunstwerke als solche, in denen sie ihren Schönheitstraum zum Ausdruck bringt, sie will das Leben selbst mit Schönheit veredeln und erfüllt das gesellschaftliche Leben selbst mit Spiel und Formen. Gerade hier werden an die persönliche Lebenskunst die höchsten Anforderungen gestellt, Anforderungen, denen nur eine Elite nachstreben kann, in einem kunstvollen Lebensspiel …« 30

So sei das Leben der Fürsten noch in seinen alltäglichsten und gewöhnlichsten Handlungen symbolisch überformt und überhöht worden. Ob Geburten, Heiraten oder Todesfälle – alles fand im Rahmen von feierlichen und erhabenen Zeremonien statt. Und auch die Emotionen, die mit diesen Ereignissen einhergingen, wurden verstärkt und dramatisiert. Nach den Worten von Georges Chastellain, dem Chronisten von Karls Großvater Karl dem Kühnen, war der Haushalt eines Fürsten »das Erste, was ins Auge fällt; es ist daher unerlässlich, ihn bestens einzurichten und zu führen«. Er beschreibt mit ermüdender Genauigkeit die komplexen Rituale, die bei keiner höfischen Zeremonie fehlen durften. Bei solchen Anlässen war Herzog Karl »als Fürst und Herrscher über alle stets prächtiger und reicher gekleidet als alle anderen«. In puncto Detailbesessenheit übertraf Chastellains Nachfolger Olivier de la Marche diesen freilich noch in seiner Beschreibung des Hofhalts des Herzogs Karl von Burgund. Alle nachfolgenden Autoren brauchten sich daran nur noch ein Beispiel zu nehmen.31 La Marche, der zugleich als Lehrer des Erzherzogs Philipp fungierte, vertrat die Werte von Rang und Würde auch in seinem berühmtesten Werk Le chevalier déliberé (»Der unverzagte Ritter«), einem melancholischen Versepos, dessen Held und Icherzähler ein Ritter »im Herbst seines Lebens« ist. Viele Schlachten hat er geschlagen, aber jetzt muss er sich auf sein letztes Turnier vorbereiten: den Kampf gegen den Tod (la Mort), hier eine weibliche Gestalt, die bereits Herzog Philipp den Guten von Burgund, dessen Sohn Karl den Kühnen und die Enkelin Maria auf dem Gewissen hat. Unser Held ist entschlossen, diese Tode zu rächen, bevor er sich zum eigenen Sterben in ein Kloster zurückziehen will, aber zunächst sucht er diejenigen auf, die ihm mit Rat zur Seite stehen können – sowohl in geistlicher Hinsicht (denn vor dem letzten Kampf will er sich mit Andacht und Frömmigkeit rüsten) als auch in praktischen Dingen (mit Ratschlägen wie: »Handle nie im Zorn!« oder »Denke stets an alles!«).32 Le chevalier déliberé hat Karl V. nachhaltig beeindruckt. Einen Großteil der Ratschläge, die der Ritter im Gedicht erhält, hat er in den Instruktionen, die er für seinen Sohn und Erben Philipp 1543 eigenhändig niederschrieb, gewissermaßen

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»recycelt«; sieben Jahre darauf begann er gar, La Marches ganzes Epos vom Französischen ins Spanische zu übersetzen »unter gebührender Berücksichtigung nicht nur der Sprache, sondern auch der dichterischen Form und der genauen Bedeutung der Worte«; und als Karl sich 1556 nach Spanien zurückzog, hatte er zwei Exemplare des Werkes im Gepäck (das französische Originalmanuskript und seine eigene Übersetzung, die auch 19 Illustrationen enthielt) (Abb. 6).33 Es überrascht nach alldem nicht, dass sich in Karls Leben so viele Spiegelungen und Reflexe jener ritterlichen Welt finden lassen, die Le chevalier déliberé und ähnliche Werke entwarfen: Karls Eifer etwa, mit dem er 1528 und 1538 komplexe politische Streitlagen durch Duelle bereinigen wollte; oder die 1538 einem Gesandten gegenüber gemachte Aussage, »dass der Tod unsicher ist, sowohl sein Ort als auch die Stunde, die Gott allein sich beide vorbehält. Und so wolle er dieses Ihm überlassen, denn er wisse wohl, dass das Wohlergehen seines Sohnes – und ja auch sein eigenes Leben – ganz unter Seiner Vorsehung steht«; oder die 1552 von seinem Beichtvater festgehaltene Erinnerung »an etwas, was ich Euer Majestät einmal sagen hörte: dass ein Mann, der seine Ehre verliert, noch am selben Tag sterben solle, denn er sei nun nichts mehr wert«.34 Karls burgundisches Erbe erklärt so manches: seine tiefe Verehrung für den Orden vom Goldenen Vlies (den Herzog Philipp der Gute gestiftet hatte), seine Ambitionen zur Rückeroberung Konstantinopels (wie es Philipps Erbe, Herzog Johann, versucht hatte), seinen Wunsch, Ruhm und Ansehen zu gewinnen, »bevor es zu spät ist«, und nicht zuletzt seinen in regelmäßigen Abständen zur Schau gestellten Fatalismus. Wie Federico Chabod bemerkt hat: »Die stärksten Antriebskräfte in Karls Seelenleben, sowohl in Verstandes- als auch in Gefühlsdingen, erwuchsen aus der Tiefe der burgundischen Kultur.«35

Jagen, schießen, Angeln geh’n Die bescheidenen schulischen Leistungen des späteren Kaisers gingen zumindest teilweise darauf zurück, dass Karl ein »Schulabbrecher« war, wie man heute vielleicht sagen würde: Sein formaler Bildungsweg endete, als er fünzehn Jahre alt war und Adrian als sein Sondergesandter nach Spanien ging. Schon viel früher jedoch war seine Vorliebe für alle Arten von Aktivitäten in der freien Natur offenbar geworden. Juan de Zúñiga, ein altgedienter Gefolgsmann, dem der Kaiser die Erziehung seines Sohnes Philipp  – späterhin Philipp II. von Spanien – anvertraut hatte, beschwerte sich einmal bei Karl, sein achtjähriger Zögling lerne »sehr rasch, sobald er das Schulzimmer verlassen hat«, nur um dann schelmisch hinzuzufügen: »und damit ähnelt er wohl seinem Vater, als der in demselben Alter war …«36 Ein deutscher Chronist untermauerte seine

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Behauptung, Karl habe stets »die Waffen mehr geliebt als die Bücher«, indem er aus einem Gespräch zitierte, das der Kaiser 1547 mit dem gefeierten Maler Lucas Cranach geführt hatte: »Ich habe aber, sagte der Kaiser, zu Mecheln in meinem Zimmer eine kleine Tafel, worauf mein Bildnis als Knabe von dir gemalt ist; sage mir doch, wie ich in jenem Alter beschaffen war, während du mich maltest. Euer Majestät, sagte [Cranach], war damals acht Jahre; es war, als der Kaiser Maximilian, Euch bei der Hand haltend, Euer Majestät von den [niederländischen] Staaten huldigen ließ. Als ich Euch malen wollte, hattet Ihr einen Lehrer, welcher, da Ihr als Knabe etwas unruhiger Natur wart, Eueren Sinn zu kennen behauptete und angab, dass Ihr vorzüglich durch den Anblick von Eisen und Stahl erfreut würdet; er nahm deshalb ein eisernes Wurfgeschoss und brachte es bald so an der Wand an, dass die Spitze Eueren Augen zugewendet war. Darauf richtete Euer Majestät nachher die Augen so lange, bis ich das Gemälde beendigt hatte.«37

In Karls engstem Umfeld war man der Meinung durchaus zugeneigt, dass allzu viel Schul- und Bücherweisheit nur schädlich sei. Der protestantische Historiker Gregorio Leti berichtet 200 Jahre später, der junge Prinz habe bei einer Gelegenheit, als Adrian ihn drängte, doch mehr Zeit für das Lateinstudium aufzuwenden, seinen Lehrer angefaucht: »Glaubt Ihr denn, mein Großvater will einen Schulmeister aus mir machen?« Zwar gibt Leti für diese Anekdote (wie üblich) keine Quelle an, aber im Weißkunig hatte Maxi­milian genau dasselbe Argument vorgebracht. Schon sein eigener Lehrer sei vielmehr »zu dem Schluss gekommen, dass es weder gut noch nützlich sein würde, ihn mit solchen Lehren länger zu belasten. Wenn man jemandem mehr beibringen will, als nötig ist«, meinte der Kaiser, »erschwert man andere Aufgaben.«38 Und der Historiker Gonzalo Illescas schrieb bald nach Karls Tod: » Kaiser Maximilian pflegte zu sagen, dass es zwar sehr von Übel sei, wenn ein Fürst nicht lesen und schreiben könne; dass es aber sehr viel schlimmer wäre, wenn ihm die Fähigkeit abginge, sein Reich im Frieden zu halten und mit Milde zu regieren, ohne eine Spur von Hochmut oder Grausamkeit.« Tatsächlich legte Illescas nahe, der Kaiser habe Adrian gerade deshalb als Lehrer seines Enkels auserwählt, weil »er nicht gar so viel Zeit mit dem Studium der Literatur, sondern vielmehr mit der Lehre löblicher und achtbarer Bräuche zubringen würde«.39 Im Theuerdank und im Weißkunig, aber auch in seiner Korrespondenz, kam Maximilian immer wieder darauf zu sprechen, wie großen Wert er regelmäßiger körperlicher Aktivität beimaß – und damit meinte er vor allem das Jagen. Im Februar 1510 brüstete sich der Kaiser seiner Tochter Margarete gegenüber in einer seiner typischen, extravaganten Formulierungen: »Wir sind hocherfreut,

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dass unser Enkelsohn Karl so großes Gefallen an der Jagd findet – ansonsten hätte man auch glauben mögen, er sei ein Bastard.« Maxi­milian schlug vor, dass Margarete »nach Ostern, wenn das Wetter mild ist«, mit Karl die herzoglichen Parkanlagen aufsuchen solle, um ihn »dort reiten zu lassen um seiner Gesundheit und Stärkung willen«. Dieser Botschaft verlieh der Kaiser Nachdruck, wann immer er Mecheln besuchte, indem er seinen Enkel sowohl das Schießen mit Gewehr und Armbrust als auch das Fallenstellen lehrte.40 Charles de la Poupée, Herr von La Chaux, auch er ein Verfechter der alten burgundischen Ritterideale, erteilte dem jungen Karl einen anspruchsvollen Unterricht im Reiten und Schießen. Der Erfolg dieser Lektionen wurde spätestens offenkundig, als Karl nach Spanien reiste und jedermann dort »sein unglaubliches Geschick mit Waffen und seine elegante Haltung im Sattel« bewunderte. Beim Schießen traf Karl häufiger als alle anderen, wurde »Schützenkönig« von Mecheln und »Armbrustkönig« von Brüssel. Im Jahr 1512 bestellte Margarete die englischen Gesandten an ihrem Hof ein, damit sie zusahen, »wie der Prinz auf Fässer schoss« – und zwar mit dem Langbogen, der englischen Nationalwaffe. Karl habe »seinen Bogen recht wohl zu handhaben gewusst«, gestanden die Engländer hinterher ein. Unglücklicherweise sollte Karl zwei Jahre später, als er »am Pfingstmontag im Schloss von Tervuren mit seiner Armbrust üben wollte, einen Bolzen ab[schießen], der einen dortigen Handwerker tödlich verletzte«. Zur Verteidigung ihres Neffen brachte Margarete vor, das Opfer sei »betrunken und in schlechter Verfassung« gewesen und im Übrigen gebe es »keinen Weg, derlei Missgeschicke ganz zu vermeiden«. Aber offenbar hatte es mit diesem Todesfall doch noch mehr auf sich. Da »viele Leute einem etwas erzählen, das nicht wahr ist«, sandte sie Chièvres, »der dabeigewesen ist und Euch einen vollständigen Bericht geben soll, damit Ihr die Wahrheit erfahrt«. Immerhin hatte Karl gerade zum ersten Mal einen Menschen getötet.41 Zu jener Zeit spielte Karl bereits eine prominente Rolle im alljährlichen Zyklus des höfischen Lebens. Zu jedem Neujahrstag entnahm er seiner Schatulle 100 Gulden, um sie »nach seinem edlen Gefallen zu verteilen und zu verschenken«; bei den Fastnachts- und Osterfeierlichkeiten führte er den Vorsitz und begnadigte an jedem Karfreitag einige Verbrecher; sobald am Johannistag die Sonne unterging, war er es, der ein riesiges Feuer entzündete; an dem traditionellen Turnier zu Allerseelen nahm er als Zuschauer teil; und am 30. November, dem Andreastag, lud er die Ritter vom Goldenen Vlies zu einem Festmahl ein.42 Aus den Rechnungsbüchern seines Haushalts für 1512 lassen sich noch zahlreiche andere Aktivitäten rekon­ struieren. Eine Schauspieltruppe, »die in der Fastenzeit mehrere Stücke (jeux de farches) vor meinem Herrn aufgeführt hat«, bekam 13 Gulden ausbezahlt; »einige Jägersleute und andere, die verschiedentlich einmal Tarnblenden aus Tuch auf- und abgebaut haben, wenn

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mein Herr bei Brüssel auf die Jagd gegangen ist«, erhielten 18 Gulden allein für den Wein, der ihnen die Arbeit erleichtern sollte; und »ein Dominikanermönch, der die ganze Fastenzeit hindurch vor meinem Herrn und seinen Schwestern zu Mecheln gepredigt hat«, durfte sich über 28 Gulden »an Almosen und Spenden« freuen.43 Auch spielten Karl und seine Schwestern gern Karten um Geld – vor allem, wenn Maximilian zur Stelle war, um ihnen für den Spieleinsatz noch etwas zuzustecken –, und sie ließen sich von Narren und Possenreißern fürstlich unterhalten. Im Jahr 1509 orderte Karls Schatzmeister »gelbes, rotes und weißes Tuch, um ein schönes Kostüm für den kleinen Narren machen zu lassen, damit er im Beisein meines Herrn anständiger aussieht«, und Heinrich  VIII. von England hielt es für angebracht, eine stolze Summe an »Master John, den Narren des Prinzen von Kastilien«, auszahlen zu lassen.44 Wenngleich er beim Lesen und Schreiben keinen großen Enthusiasmus an den Tag legte, gab es doch mehrere andere »Sitzarbeiten«, an denen Karl durchaus Gefallen fand. 1515 erhielt »Jehannin der Maler« 100 Gulden, »damit er meinem Herrn Erzherzog das Malen beibringt«, und an Henri Bredeniers, »Organist der erzherzoglichen Kapelle«, wurden jährlich 200 Gulden dafür gezahlt, dass er »zur Unterhaltung und Ergötzung« des Prinzen und seiner Schwestern »die Flöte, die Laute, das Clavichord, die Orgel und andere In­strumente spielte«, und zwar, »wann immer diese es wünschen«. Drei Jahre zuvor war Bredeniers, wie er unverblümt mitteilte, dafür entlohnt worden, den Kindern »mit großer Schwierigkeit und Mühe die Grundlagen der Musik [beizubringen], und wie man diverse wohlklingende Instrumente spielt«.45 Ein erhaltenes Liederbuch, das für Margarete zusammengestellt wurde, vermittelt einen Eindruck von der Vokalmusik, mit der Karl in Mecheln aufgewachsen sein dürfte. Neben anderen schwermütigen Stücken enthält die Sammlung zwei Kompositionen von Josquin des Prés, dem berühmtesten Musiker der damaligen Zeit: »Plus nulz regrets«, das 1507/08 zu Ehren von Karls Verlobung mit Mary Tudor geschrieben wurde, sowie das bekanntere »Mille regretz«, das später auch als »Das Lied des Kaisers« bezeichnet wurde, weil Karl es so sehr mochte.46 Ebenso liebte es der Prinz, zu tanzen. 1512 tanzte er während der Feiern zum Johannistag mehrere Stunden lang mit »seinen Schwestern und dem jungen Volk« aus seinem Hofstaat; und als seine Schwester Isabella zwei Jahre darauf – im Alter von 13 Jahren  – verheiratet wurde, berichtete Margarete, dass »Karl wieder einmal an allen Tänzen mit Bravour teilgenommen hat – nur vielleicht etwas ungestümer, als seiner Konstitution zuträglich war, denn tags darauf überkam ihn ein Fieber«. Vier Tage später hatte er, wie Margarete mit spürbarer Beunruhigung meldete, »das Fieber noch immer nicht abgeschüttelt«; und erst nach zwei Wochen war Karl »von seinem Fieber befreit und wohlauf, sodass seine ganze Sorge nun dem Vergnügen gilt«.47

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Mit zunehmender Häufigkeit fand der Prinz dieses Vergnügen auch außerhalb Mechelns. Auslöser dieser Veränderung war vielleicht ein seltsames Vorkommnis zu Beginn des Jahres 1511, eine Art von Protest, die zustande kam, als ungewöhnlich heftige Schneefälle und lang anhaltender Frost zur Schaffung zahlreicher Eisskulpturen überall in der Stadt anregten. Eine solche Skulptur hatte man unmittelbar vor dem verwaisten Herzogspalast platziert; sie stellte die Jungfrau Maria dar, die ein Einhorn in ihrem Schoß hielt. Für alle Schaulustigen stand außer Frage, was das bedeuten sollte: Brüssel, nicht Mecheln, sollte Karl fortan seinen Schutz gewähren! Was immer letztlich dahintergestanden haben mag: Karl verbrachte in der Folge immer mehr Zeit im Coudenberg-Palast von Brüssel, dessen weitläufige Säle, Springbrunnen, Irrgarten und Menagerie keinem Geringeren als Albrecht Dürer vollkommen den Atem verschlugen, wie er 1520 in seinem Reisetagebuch festhielt: »Ich hab gesehen ins Königs Haus zu Prüssel hinten hinaus die Brunnen, Labyrinth, Thiergarten, dass ich lustiger Ding, mir gefälliger, gleich einem Paradies, nie gesehen hab.«48

An der Schwelle zur Macht Auch in zwei Parkanlagen nahe seiner neuen Brüsseler Residenz ging Karl auf die Jagd: in Tervuren und in Heverlee. Diese beiden Orte standen gleichsam für konkurrierende Ansprüche, da der erste, damals wie heute ein königlicher Park, Margarete von Österreich unterstand, während der zweite im Besitz von Chièvres war. Am deutlichsten kollidierten die Bestrebungen der beiden Parteien auf dem Gebiet der Außenpolitik. Margarete befürwortete ein Bündnis mit England, dem wichtigsten Handelspartner der Niederlande, und einen Krieg gegen den Herzog von Geldern, der die burgundische Vormachtstellung unentwegt herausforderte. Chièvres dagegen wollte ein Bündnis mit Frankreich und Frieden mit Geldern. Über den Großteil von Karls Kindheit und Jugend hinweg konnte Margarete sich durchsetzen. Der englische König Heinrich VIII., durch seine Heirat mit Johannas Schwester Katharina von Aragón ein Onkel des jungen Karl, schickte 1511 Truppen, die Margarete gegen Geldern beistehen sollten; im Jahr darauf entsandte er zur Unterstützung seines Schwiegervaters Ferdinand von Aragón gegen Frankreich eine größere Streitmacht nach Spanien; und im Jahr 1513 schließlich kam Heinrich an der Spitze eines mächtigen Expeditionsheeres höchstpersönlich über den Ärmelkanal gefahren und schloss sich den Truppen Maximilians an, um in der Schlacht bei Guinegate gemeinsam die Franzosen zu schlagen. Die Unterlegenen verloren an jenem Tag so viele Ritter, dass dieses Aufeinandertreffen (zumindest bei den siegreichen Engländern) als die »Sporenschlacht« in Erinnerung blieb und die französischen Städte

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­ érouanne und Tournai sich dem englischen König ergaben. Kurz darauf Th nahm Margarete Karl mit auf eine Reise, um den Siegern zu gratulieren. Nach dem gemeinsamen Messbesuch zeigte Heinrich seinem Neffen Tournai seine neue Eroberung, wo sie zusammen mit Maximilian einem »königlichen Turnier« beiwohnten, das die Engländer zur Feier ihres Triumphes veranstalteten. Als Karl vier Jahrzehnte später seine Lebenserinnerungen niederschrieb, war dieser sein erster Staatsbesuch das früheste Ereignis, von dem er berichtete.49 Heinrich teilte mit, er sei »hocherfreut über die Konversation« mit seinem Neffen, und er konnte Margarete und Maximilian davon überzeugen, Karls Hochzeit mit der Prinzessin von Kastilien (wie Mary Tudor seit ihrer Verlobung fünf Jahre zuvor bezeichnet wurde) innerhalb der nächsten sechs Monate stattfinden zu lassen. Auch beschloss das Trio eine Neuregelung für Karls Hofhaltung, die unter anderem Chièvres seines Amtes als »Erster Kammerherr« entband: In Zukunft sollte dieser Posten im Wechsel von adligen Höflingen besetzt werden, die Maximilian, Heinrich und Ferdinand von Aragón nominieren sollten. Der Kandidat des Kaisers, Pfalzgraf Friedrich II., hatte dabei den Vorrang – aufgrund seiner Blutsverwandtschaft und der Dienste, die er Karls Vater auf der gemeinsamen Reise nach Spanien geleistet hatte. Also wurde Friedrich »in allen Ratsgremien als Ranghöchster gleich nach Madame von Savoyen [d. i. Margarete]« eingestuft, und in Margaretes Abwesenheit sollte er »ihren Platz in den besagten Gremien einnehmen, in finanziellen wie auch in allen anderen Angelegenheiten«.50 Diese Veränderungen markieren, wie es scheint, Margaretes Triumph in ihrem Ringen um Karls Zukunft. Einer jedoch war noch nicht restlos überzeugt: Thomas Spinelly, Heinrichs listenreicher Gesandter an Margaretes Hof. Die Erzherzogin hatte sich, wie Spinelly festhielt, »allein aufgrund der Minderjährigkeit meines Herrn Prinzen« durchgesetzt, und so sagte er voraus, dass mit dem Eintreten von Karls Volljährigkeit (an dessen fünfzehntem Geburtstag, dem 24. Februar 1515) Chièvres und seine frankophilen Verbündeten den Prinzen »nötigen« würden, sowohl das Bündnis mit England als auch seine Heiratspläne mit Mary Tudor aufzugeben. Aufgrund einer Reihe vollkommen unvorhergesehener (und in keinem erkennbaren Zusammenhang stehender) Ereignisse sollte sich diese Prophezeiung sogar noch früher bewahrheiten.51 Im Januar 1514 starb Anne de Bretagne, die Gattin Ludwigs XII. von Frankreich, und ließ den König in seinem fünfzigsten Lebensjahr als Witwer mit »nur« zwei Töchtern zurück, die ihm nicht auf den Thron folgen konnten, da das für Frankreich geltende salische Recht die weibliche Thronfolge ausschloss. Karls Verwandte begegneten dieser Entwicklung auf ebenso unterschiedliche wie verhängnisvolle Weise. Ferdinand von Aragón schlug vor, Ludwig solle Karls Schwester Eleonore heiraten; diese war inzwischen sechzehn Jahre alt

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und also imstande, einen Sohn zu gebären, der eines schönen Tages König von Frankreich werden würde. Margarete erklärte sich bereit, den französischen König gleich selbst zu heiraten. Maximilian bestand darauf, dass Karl seine Eheschließung mit Mary Tudor noch aufschieben müsse, weil (wie der englische Gesandte in den Niederlanden berichtet) »ihm seine Ärzte dargelegt hatten, dass im Falle eines Ehevollzuges cum copula dies aller Wahrscheinlichkeit nach das Verderben des Herrn Prinzen bedeuten werde oder dass er in jenem Falle [zumindest] die spem proles [d. h. die Zeugungsfähigkeit] verlieren werde«.52 Margarete warnte ihren Vater gleich mehrmals, dass jegliches Zaudern und Taktieren Heinrich VIII. verärgern und vor den Kopf stoßen würde; schließlich war dieser inzwischen persönlich an den Hochzeitsvorbereitungen beteiligt (Was sollte die Braut tragen? Wer würde sie begleiten? Wo sollten alle untergebracht werden?) und hatte für die anschließenden Festlichkeiten bereits ein Vermögen ausgegeben (unter anderem für die »Zelte, Häuser und Pavillons«, von wo aus die königliche Hochzeitsgesellschaft das nach der Trauung »abzuhaltende königliche Turnier« anschauen würde). Am 6. Juli 1514 schrieb Margarete ihrem Vater sorgenvoll und hellsichtig, wenn er Heinrich nicht sehr bald mitteile, dass er, der Kaiser, der englischen Heirat seinen Segen gebe, »so fürchte ich, dass er Euch und unser Haus im Stich lassen und einen Handel mit den Franzosen abschließen wird«.53 Aber da war es schon zu spät: Ludwig von Frankreich hatte die nachlässige Haltung seiner Rivalen bereits ausgenutzt und Heinrich ein Verteidigungsbündnis auf Gegenseitigkeit vorgeschlagen, das durch seine eigene, unverzügliche Heirat mit Mary Tudor besiegelt werden sollte. Am 30. Juli löste die »Prinzessin von Kastilien«, inzwischen achtzehn Jahre alt, offiziell ihre Verlobung mit Karl; eine Woche darauf versprach Ludwig Heinrich schriftlich die Zahlung von einer Million Kronen als Brautgeld; und am 13. August lag Mary nackt im Bett, während Ludwigs Stellvertreter eines seiner Beine, das »von der Mitte des Schenkels an nackt war«, an ihres drückte – damit galt die Ehe offiziell als vollzogen.54 Wie reagierte Karl auf diese dramatischen Entwicklungen? Noch am 20. Mai 1514 (also kaum zwei Wochen, bevor Mary die Verlobung löste) hatte er auf die Behauptung eines Höflings, der Prinz sei »in ein Fräulein bei Hofe verliebt«, geantwortet, dies sei »bei seiner Seele nicht so, und er wollte auch nicht in diese oder irgendeine andere verliebt sein, allein Mylady Mary [Tudor] ausgenommen«.55 Vielleicht hatte der steinige Weg seiner jüngeren Schwestern zum Traualtar das Seine zu Karls falscher Sicherheit beigetragen. Für Isabella hatte Maximilian erstmals 1510 eine Heirat arrangiert (sie war kaum neun Jahre alt), dabei jedoch festlegen lassen, dass sie »erst, wenn sie das Alter von sechzehn Jahren erreicht« haben würde, zu ihrem künftigen Ehemann, dem Herzog von Geldern, ziehen durfte, »und dann erst soll sie die Ehe vollziehen«. Nachdem

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diese Verhandlungen geplatzt waren, hatte der Kaiser im April 1514 eine Vereinbarung unterschrieben, der zufolge die inzwischen dreizehnjährige Isabella den König von Dänemark heiraten sollte – jedoch weigerte sich Maximilian, die Enkelin vor Ablauf eines weiteren Jahres zu ihrem Bräutigam ziehen zu lassen.56 Im selben Monat verließ Karls zehnjährige Schwester Maria die Niederlande, um an den Hof ihres Großvaters Maximilian zu gehen; dort sollte sie bleiben, bis der Kaiser sie für körperlich reif genug hielt, die Ehe mit dem für sie vorgesehenen Bräutigam, dem böhmisch-ungarischen Thronfolger Ludwig, zu vollziehen. Maximilian war nicht der Einzige, der in einer allzu früh ausgelebten Sexualität eine Gefahr für Leib und Leben seiner (Enkel-)Kinder sah: Viele seiner Zeitgenossen glaubten, ein exzessives Sexualleben habe den Erben der Katholischen Könige, den Infanten Johann (Juan), bald nach seiner Heirat in ein frühes Grab gebracht  – eine Unwahrheit, deren Karl selbst sich dereinst bedienen sollte, um das Liebesleben seines halbwüchsigen, aber bereits verheirateten Sohnes zu regulieren (siehe Kap. 14). Auf die Nachricht hin, dass Ludwig XII. die achtzehnjährige Mary Tudor geheiratet und in dem verzweifelten Versuch, sie zu schwängern, »bei ihrem ersten Zusammentreffen fünf Mal ejakuliert habe, wie er prahlt«, prophezeite ein anderer Zeitgenosse, der König habe damit wohl »mit seiner Hacke gleich fünf Gräber ausgehoben. Und wenn er im nächsten Frühjahr noch einmal die Blumen riecht, dann wird er wohl fünfzig weitere Herbste erleben« (und drei Monate nach ihrer Heirat war Mary Tudor tatsächlich Witwe).57 Karl selbst scheint das Scheitern seiner englischen Ehepläne gut verkraftet zu haben. Schon einige Monate später erklärte er öffentlich, seine neue Braut werde Renée de France sein, die jüngere Tochter Ludwigs  XII., die zwar erst vier Jahre alt war, aber Aussichten auf das Herzogtum Bretagne hatte. Einer von Karls Höflingen berichtet aus dieser Zeit Folgendes: »Eines Tages alberten seine Vertrauten (mignons) mit ihm herum und sagten zu ihm, er sei ein Hahnrei (coqu), weil er seine Frau verloren habe und nun eine neue brauche. Sie schlugen ihm vor, entweder Madame Renée [zu heiraten] oder die Tochter des Königs von Portugal oder die Tochter des Königs von Ungarn. Ich sagte den jungen Herren, dass er Madame Renée den Vorzug geben würde, und [Karl] antwortete sogleich: ›Er hat recht, denn die Tochter des Königs von Frankreich ist der erste Preis – und wenn sie vor mir stirbt, so bin ich Herzog der Bretagne!‹«

Am 19. Januar 1515 unterzeichnete Karl Instruktionen zur Entsendung einer Sondergesandtschaft, die mit der französischen Krone über die Bedingungen einer möglichen Heirat verhandeln sollte.58

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Aus dem Vorgang gehen zwei Dinge hervor: zum einen, dass Karl inzwischen gelernt hatte, seine persönlichen Wünsche dem politischen Vorteil unterzuordnen, indem er seine zukünftige Ehefrau zuallererst als »ersten Preis« betrachtete; und zum anderen, dass seine Minderjährigkeit nun vorüber war  – tatsächlich stellte die Unterzeichnung dieser Instruktionen wohl seine erste »Amtshandlung« nach Erreichen der Volljährigkeit dar. Obwohl die Minderjährigkeit des Erzherzogs Philipp mit dessen fünfzehntem Geburtstag geendet hatte, zeigte sich Margarete besorgt, sie könnte in Karls Fall womöglich früher enden. Im November 1512 flehte sie ihren Vater an, er solle in die Niederlande zurückkehren und ihr im Angesicht der »extremen Gefahren«, von denen sie sich gleichsam umzingelt sah, beistehen – »denn ich weiß nicht, wie ich noch länger mit ihnen fertigwerden soll. Die Generalstaaten geben sich so feindselig, und die einfachen Leute reden so boshaft, dass ich ernstlich besorgt bin, es könnte uns ein schlimmes Unheil geschehen, falls wir keine Lösung finden.« Sie bat Maximilian inständig, er solle sich »erbarmen, denn ich weiß weder ein noch aus«. Viele Leute, fuhr sie fort, »behaupten, ich würde alles verschwenden, nur um Euch zu gefallen«, und sie selbst sei »so voller Bedauern über die gesamte Lage«, dass sie »oft wünsche, ich wäre wieder in meiner Mutter Leib«. Sechs Monate später wiederholte sie ihren Appell an Maximilian noch einmal und berichtete von Plakaten an Kirchenportalen, »die mich verurteilen und verächtlich machen«, während gewisse »böse Geister« behaupteten, »mein einziger Wunsch sei es, Kriege zu führen und sie zu ruinieren«, und »weitere böse Worte [äußerten], durch welche das Volk aufgewiegelt werden könnte«.59 Auch fand sie ihren Neffen weniger gefügig als zuvor. 1512 umfasste sein Hofstaat bereits über 330 Personen (80 Wachen, 75 Adlige und Ritter, 32 Mitglieder seiner Kapelle, 25 »Kammerdiener, Pagen und junge Kammerburschen« und so weiter), die zusammen einen Sold von 180 Gulden am Tag bezogen (verglichen mit nur 37 Gulden am Tag zehn Jahre zuvor). Im September 1513 erzwangen Gerüchte, Karl sei »so herrisch und eigensinnig, dass er sich weder lenken noch leiten lasse«, ein energisches Dementi seines Obersthofmeisters, des Herrn von Beersel. Einen langen Brief an Margarete begann dieser billig genug mit der folgenden Beteuerung: »Wenn mein Herr, Euer Neffe, tatsächlich so gesinnt wäre, wüsste ich wohl davon« – ging dann jedoch gleich zum Gegenangriff über: »Mein Herr ist zu allen Zeiten und in allen Angelegenheiten vollkommen geneigt, bereit und willens, Euch zu gehorchen und alles zu tun, was ihm als Wunsch und Wille des Kaisers und Eurer selbst, Madame, bekannt wird. Was die anderen Gesichtspunkte seines Handelns betrifft, so glaube ich, dass ich bislang noch nichts gesehen oder gehört habe, worin er nicht sämtliche vernünftigen Ansinnen und Aufforderungen, die an ihn herangetragen werden, gern und willig umgesetzt

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hätte. Ja ich glaube sogar, Madame, dass man vernünftigerweise  – und unter Berücksichtigung aller Umstände – nicht mehr von ihm verlangen könnte.«60

Beersel war eine umstrittene Persönlichkeit. Zehn Jahre zuvor, als er gerade seinen Posten als Karls Obersthofmeister angetreten hatte, beschrieb ihn der spanische Gesandte in Brüssel als »einen Mann mit den schlechtesten Angewohnheiten, die ich jemals gesehen habe«. Vielleicht sollte man seine Worte in dem vorliegenden Fall nicht für bare Münze nehmen, denn einige Monate später machte Karl seiner Tante eine schreckliche Szene, bei der sich die beiden auf unziemlichste Weise in aller Öffentlichkeit anbrüllten.61 Es ging dabei um Don Juan Manuel, einen spanischen Anhänger von Karls Vater, der in die Niederlande geflohen war, weil er die Feindschaft König Ferdinands fürchtete. Im Januar 1514 ließ Margarete ihn auf den ausdrücklichen Befehl Maximilians inhaftieren. Jedoch war Don Juan ein Ritter vom Goldenen Vlies, und nach den Statuten des Ordens durften über einen Ordensritter nur seine Ordensbrüder zu Gericht sitzen. Don Juans Familie reichte deshalb bei Karl die förmliche Forderung nach einem ordnungsgemäßen Verfahren ein – bei Karl, weil dieser mit seiner Volljährigkeit zum Großmeister des Ordens aufsteigen würde. Karl sprach also mit einer Delegation von sieben Ordensrittern bei Margarete vor und verlangte von ihr, dass der Gefangene freigelassen werden solle. Margarete antwortete zornig, dass Kaiser Maximilian – auch er ein Ritter des Ordens – den Arrest angeordnet habe und nur er ihn auch wieder aufheben könne: Ohne kaiserliche Erlaubnis dürfe sie Don Juan nicht freigeben. Sodann griff sie, »nachdem sie ihrem Missvergnügen darüber Ausdruck verliehen hatte, dass diese Versammlung [von Rittern] ohne ihr Einverständnis einberufen worden war«, Karl persönlich an und »sagte ihm, dass er sich nicht so vorschnell Auffassungen zu eigen machen solle, die den Anweisungen des Kaisers ebenso zuwiderliefen wie jenen, die in seinem Namen handelten« (damit war sie selbst gemeint). Mit dieser verächtlichen Antwort Margaretes war die Unterredung beendet, doch vier Tage später stand der Neffe wieder vor seiner Tante »an der Spitze der Ritter«, um noch einmal unter Protest darauf hinzuweisen, dass ein Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies nur von anderen Ordensmitgliedern gerichtet werden durfte. Damit provozierte er die Statthalterin zu einer weiteren Zornestirade. Margarete erinnerte Karl daran, dass er noch immer zu jung war, um als Großmeister des Ordens zu amtieren, und den Rittern beschied sie, »wenn sie keine Frau, sondern ein Mann wäre, hätten sie sich ihre kostbaren Statuten erst noch zu verdienen«. Schließlich entschärfte Maximilian die Situation, indem er Don Juan Manuel unter strenger Bewachung an seinen eigenen Hof überführen ließ, doch da hatte Margaretes Autorität bereits erheblichen Schaden genommen.62

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In seinen »Erinnerungen«, die Karl viele Jahre später zu Papier brachte, erwähnt er all dies mit keiner Silbe. Immerhin hält er fest, dass während seines Zusammentreffens mit Maximilian und Heinrich im Oktober 1513 »die Mündigkeit des Erzherzogs [d. h. seiner selbst, Karls] besprochen und vereinbart wurde«. Zwar hat sich von dieser Vereinbarung keinerlei schriftlicher Beleg erhalten, aber da die drei Protagonisten fast eine ganze Woche miteinander verbrachten, werden sie eine derart delikate Entscheidung eben im persönlichen Gespräch gefällt haben. Was auch immer das Trio entschieden haben mag: Sechs Monate später teilte Margarete ihrem Vater mit, dass die Generalstaaten es abgelehnt hatten, die von ihr geforderten Steuern zu bewilligen – »mit der Begründung, dass die Unmündigkeit meines Herrn [d. h. Karls] bald enden werde«. Im Monat darauf fügte sie hinzu, dass »manche Leute sagen, die Unmündigkeit meines Herrn werde enden, sobald er verheiratet sei. Wenn das so ist, solltet Ihr mir auftragen, alles Nötige in die Wege zu leiten, damit Ihr nicht unversehens feststellen müsst, dass dieser Umstand unerwartete Folgen nach sich zieht.« Auch warnte Margarete ihren Vater, dass viele Angehörige der niederländischen Elite »über uns murren und meinem Herrn Dinge in den Kopf setzen, die weder Euch noch mir taugen«. Schlimmer noch, man benutzte die »Beschwerden und Auseinandersetzungen« als einen Vorwand, um »die Unmündigkeit meines Herrn zu beenden, ehe man sichs versieht  … Wenn Ihr dies verhindert wollt«, so müsse er, Maximilian, unverzüglich in die Niederlande zurückkehren, »andernfalls werdet Ihr niemals rechtzeitig hier eintreffen«.63 Am Ende war es Maximilian selbst, der die Mündigsprechung seines Enkels herbeiführte, indem er verlangte, dass dieser »die Niederlande verlassen und zu uns [nach Innsbruck] kommen« solle, »damit wir alles in die Wege leiten können, ihm den Huldigungseid aller Länder und Herrschaftsgebiete unseres Hauses Österreich zuteilwerden zu lassen, um so seinen Erbanspruch zu festigen – und den seines Bruders –, wenn ich einmal nicht mehr bin« (ein Hinweis darauf, dass Maximilian noch immer von der Schaffung eines vereinigten »Austrasien« träumte: siehe Kap. 1). Er wies seine Tochter also an, im Dezember 1514 die Generalstaaten einzuberufen, damit die zur Finanzierung von Karls Reise nötigen Gelder bewilligt werden konnten.64 Als es so weit war, forderten jedoch die Stände von Brabant, dass Maximilian seinen Enkel  – als Vorbedingung jeder weiteren Bewilligung – sogleich in die Mündigkeit entlassen »und seine Unmündigkeit beenden [solle], sodass die Regierung aller Länder und Herrschaftsgebiete des Hauses Burgund in seine Hände gelegt wird«, worauf Karl (der persönlich anwesend war) gnädig antwortete: »Edle Herren, ich danke Euch für die Ehre und die tiefe Zuneigung, die Ihr mir erweist. Seid Ihr gute und treue Untertanen, dann will ich Euch ein guter Herrscher sein.« Inzwischen versprachen Chièvres und seine Mitstreiter Maximilian eine Zahlung

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von 100 000 Gulden für seine Einwilligung. Der Kaiser, der stets knapp bei Kasse war, unterzeichnete sogleich ein Dokument, mit dem die Generalstaaten zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen wurden, bei der die Entlassung seines Enkels aus der Vormundschaft erörtert und beschlossen werden sollte.65 Am 5. Januar 1515 verlas in der großen Halle des Herzogspalastes zu Brüssel und im Beisein der versammelten Elite der burgundischen Niederlande Pfalzgraf Friedrich eine förmliche Erklärung in Maximilians Namen des Inhalts, dass Karl nun seinen Kinderschuhen entwachsen sei und die Volljährigkeit erreicht habe. Hierauf »brachten sie die Urkunden herbei«, auf denen Margaretes Autorität als Statthalterin beruhte, und »zerrissen sie vor aller Augen. Zugleich schlugen sie mit scharfen Hämmern deren Siegel in Stücke«  – eine ziemlich drastische Weise, einen Machtwechsel zu markieren. Anschließend »erhoben [alle] ihre Hände, wie es der Brauch jener Länder ist, und schworen, Karl als ihren rechtmäßigen Herrn anzunehmen«.66

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3 Ein schwieriges Erbe (1515–1517) Ein Prinz wird erwachsen Am 8. Januar 1515, drei Tage, nachdem »es dem Kaiser, meinem Herrn und Großvater, gefallen hat, mich aus seiner Hut und Vormundschaft in die Mündigkeit zu entlassen und die Regierung unserer Länder und Herrschaften in den Niederlanden in unsere Hände zu legen«, wies Karl alle seine Amtleute an, dass »unsere Angelegenheiten fortan in unserem [eigenen] Namen geführt werden sollen«, und fügte hilfreicherweise gleich eine Liste bei, in der sämtliche »Titel, die wir von nun an zu führen gedenken«, aufgeführt waren: »Von Gottes Gnaden Erbprinz von Spanien, von Sizilien und Neapel, von Jeru­ salem usw.; Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund, zu Lothringen, zu Brabant, zu Steiermark, zu Kärnten, zu Krain, zu Limburg, zu Luxemburg und zu Geldern; Graf zu Flandern, zu Habsburg, zu Tirol, zu Artois, zu Burgund und zu Hennegau; Landgraf im Elsass; Fürst zu Schwaben; Markgraf zu Burgau, zu Holland, zu Seeland, zu Pfirt, zu Kyburg, zu Namur und zu Zutphen; Herr zu Friesland und der Windischen Mark, zu Portenau, zu Salins und zu Mecheln.«1

Manche dieser Titel hatte Karl sich ein wenig vorschnell angeeignet – namentlich jene aus dem Elsass und den österreichischen Erblanden, über die noch immer sein Großvater Maximilian gebot, jene aus der Franche-Comté, die ein persönliches Lehen seiner Tante Margarete war, und den Titel eines Herrn von Friesland, das gegenwärtig noch unter der Verwaltung des Herzogs Georg von Sachsen stand. Doch schon im Mai 1515 verkaufte Georg Friesland an Karl: Dies war die erste wirkliche Erweiterung seines ererbten Besitzes. Einem Chronisten zufolge brach im Anschluss an seine Mündigsprechung »mein Herr auf, um seine Herrschaftsgebiete in Besitz zu nehmen, und reiste von einer Stadt zur nächsten«, wobei er den Einwohnern jeweils schwor, die örtlichen Priviliegien zu achten, wofür diese ihm dann den Huldigungseid leisteten (siehe Karte 2). Seine neuen Untertanen gaben ihr Bestes, damit Karl sich willkommen fühlte. Bei seinem zeremoniellen Einzug in die Stadt Brügge als Graf von Flandern stellte eine erste Darbietung, die zur Aufführung kam, drei Engel dar, die ihrem neuen Landesherrn eine Krone, ein Wappen und den Stadtschlüssel überreichten, ganz so, wie die drei Weisen aus dem Morgenland dem Christuskind ihre Gaben dargebracht hatten. Weitere Szenen setzten Brügge mit Jerusalem gleich, verbildlichten die Abstammung des Fürsten von König David und spielten auf die zahlreichen Territorien in Spanien, Italien

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Karte 2: Die habsburgischen Niederlande

Emden

Karls Reiseroute im Jahr 1515

GRONINGEN

1528 Zeitpunkt des Erwerbs weiterer Provinzen

1536

FRIESLAND

Fürstbistum Lüttich

1524

DRENTHE

L L A N D

1528

Nordsee

Haarlem

Amsterdam

OVERIJSSEL

1528

Mecheln Löwen

I

F L A N D E R N Gent Brüssel Ypern

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Nieuwpoort

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H

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Leiden GELDERN Den Haag UTRECHT 1543 1528 Delft Arnheim Gouda Rotterdam Dordrecht Nimwegen Zierikzee 's-Hertogenbosch D N A Middelburg Breda GELDERN L Bergen op Zoom E E B R A B A N T Z Brügge Antwerpen Sluys

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Limburg

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Luxemburg

Nach seiner Mündigsprechung im Januar 1515 brach Karl zu einer fünfmonatigen Rundreise durch die Nach seiner Mündigsprechung im Januar 1515 brach Karl zu einer Rundreise durch ließ die habsburgischen habsburgischen Provinzen der westlichen Niederlande auf.fünfmonatigen In allen wichtigen Städten er sich dabei der westlichen Niederlande In allen wichtigen Städten ließ er sich dabei in einem zeremoniellen Einzug als inProvinzen einem zeremoniellen Einzug alsauf. rechtmäßiger Herrscher empfangen und huldigen. rechtmäßiger empfangen undProvinzen huldigen. Später sollte er auch anderen Provinzen besuchen, die Teil seines Später sollte Herrscher er auch alle anderen besuchen, die Teilalle seines Erbes waren, dazu noch Utrecht Erbes waren, dazu noch Utrecht (1528 erworben) und Geldern (1543 erobert). (1528 erworben) und Geldern (1543 erobert). Nach Friesland Friesland (1524 Drenthe und Overijssel (1528 erworben) sowie Groningen erworben) kamerKarl Nach (1524erworben), erworben), Drenthe und Overijssel (1528 erworben) sowie (1536 Groningen (1536 jedoch nie. worben) kam Karl jedoch nie.

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und dem römisch-deutschen Reich an, die er schon bald erben sollte. Für einen kaum Fünfzehnjährigen muss das alles eine schwindelerregende Erfahrung gewesen sein – am Tag darauf verlangte Karl, die ganze Darbietung noch einmal zu sehen. Auch ließ er eine Prachthandschrift anfertigen, die auf 32 ganzseitigen, farbigen Illustrationen die Spektakel jenes Tages festhielt (Abb. 7). Derweil gaben die Brügger Stadtherren bei einem Drucker in Paris eine kürzere, mit einfachen Holzschnitten bebilderte und einem gereimten niederländischen Text versehene Fassung in Auftrag. Dies war der erste planmäßige Einsatz von Medien, um Karls Ruhm zu mehren.2 Der neue Herrscher und seine engsten Berater trafen nun einige wichtige Entscheidungen. Im Januar 1515 ordnete Karl – »weil wir allein unserem Gott und Schöpfer für die Gnade, Ehre, Gesundheit und Erfolge, die Er uns bisher geschenkt hat, nicht ausreichend danken können« – Prozessionen und öffentliche Gebetsversammlungen überall in den Niederlanden an. Damit sollte der Allmächtige dazu bewegt werden, »uns [auch weiterhin] in Tugend und guten Sitten wachsen zu lassen, um unsere Länder und Untertanen in Frieden, Eintracht und Einigkeit zu regieren und all unser Streben zu Seiner Ehre auszurichten nebst unserem eigenen Wohlergehen sowie dem Wohlstand, Nutzen und der Sicherheit unserer besagten Länder und Untertanen«. Zudem begann Karl, Anordnungen zu erlassen, deren Text in französischer und niederländischer Sprache jeweils mit »Im Namen des Prinzen« begann und mit »denn das ist unser gnädiger Wille« endete. Auf diese Weise wurde Jean Le Sauvage, ein angesehener Jurist und Minister, zu »unserem Großkanzler« ernannt. In diesem neu geschaffenen Amt bestand seine Aufgabe darin, »allen Gerechtigkeit widerfahren lassen« sowie »unsere Siegel zu bewahren und sie zum Besiegeln und Versenden aller Arten von Briefen und Bestimmungen zu verwenden«.3 Weil das Rechtsdokument den Zuständigkeitsbereich des neuen Großkanzlers nicht genauer bezeichnete, schien es nahezulegen, dass Le Sauvages Autorität im gesamten Herrschaftsbereich Karls Geltung haben sollte – und genau das passierte denn auch: Der Großkanzler begleitete seinen Herrn überallhin und griff in die Angelegenheiten sämtlicher Territorien ein, sobald sie unter Karls Herrschaft kamen. Im März 1515 unterzeichnete Karl eine Anordnung, mit der sämtliche vor seiner Mündigsprechung gewährten Pensionen aufgehoben wurden. Er tat dies »angesichts der großen und gewichtigen Vorhaben, mit denen wir es zu tun haben, die täglich mehr werden und auf mannigfache Weise zutage treten, und auch wegen unserer großen, ja übergroßen Schulden«. Sieben Monate später legte er eine neue Ordnung für seinen Haushalt nieder, die sich an der zwanzig Jahre zuvor unter ähnlichen Umständen von seinem Vater erlassenen Urkunde orientierte (woran etliche seiner Minister sich noch erinnert haben dürften, denn sie hatten bereits Philipp gedient):

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»Seit unserer Emanzipation und unserem Eintritt in die Herrschaft und Regierung unserer niederländischen Provinzen haben wir uns stets bemüht und ernstlich begehrt, in allen unseren Angelegenheiten eine gute Ordnung und ein vernünftiges Regiment einzuführen, um die Unordnung zu beenden, die wegen der Kriege und überhandnehmenden Spaltungen, aber auch aus anderen Gründen in der Vergangenheit geherrscht hat, und so auch in der Organisation unseres eigenen Haushalts, von dem nicht nur Wohlergehen, Ehre und ruhige Verfassung unserer Person, sondern auch unserer Minister, Territorien und Untertanen zu einem beträchtlichen Teil abhängt.«

Das Dokument führte im Detail die Pflichten und Aufgaben von beinahe 700 Hofbeamten und Wachen aus. Auch begann der Prinz nun, an den Sitzungen des Geheimen Rates teilzunehmen, wo er (wie Margarete missbilligend feststellte) von den Mitgliedern ihre Meinung hören wollte und sie »ihnen dann auch noch schriftlich und unterschrieben abverlangte« – die Anfänge jener consultas oder Denkschriften, die ein so wesentlicher Bestandteil von Karls Entscheidungsprozess werden sollten.4 Wer hielt bei diesen politischen Initiativen die Zügel in der Hand? Margarete gewiss nicht. Kaum drei Wochen, nachdem ihr Neffe seine Mündigkeit erlangt hatte, teilte sie Maximilian mit, dass sie nicht mehr länger Befehle erteile, sondern vielmehr jenen gehorche, die »mein Herr und sein Rat« erteilten. Deshalb, grollte sie, »befasse ich mich nun mit keinerlei staatlichen Angelegenheiten mehr«, und wenn der Kaiser also irgendetwas wolle, »wird es wohl notwendig sein, dass Ihr an den Herrn von Chièvres und an den Kanzler schreibt«. Insbesondere die Heimlichkeit, mit der ihre Absetzung vorbereitet worden war, machte Margarete zu schaffen. Einem englischen Gesandten erzählte sie »den Tränen nahe«, wie Maximilian »gemeinsam mit Lord Chevers [d. i. Chièvres] und ohne ihr Wissen es ins Werk gesetzt hatte, dass der Prinz aus seiner Vormundschaft entlassen wurde, zum großen Schaden an ihrer eigenen Ehre und ihrem guten Ruf«.5 Bald sollte es noch schlimmer kommen. Im März 1515 teilte Margarete ihrem Vater mit, Karl habe ihr »gerade eröffnet, dass ihm zu Ohren gekommen sei, Louis Maroton [Margaretes persönlicher Sekretär und Gesandter] sei an Eurem Hof in allerlei Komplotte und Machenschaften verwickelt worden, die ihm allerlei Kummer, Schmerz und Verdruss beschert hätten, und dass er mich daher bitten lässt, ihn von dort zurückzurufen«. Schließlich stellte sie Karl im August zur Rede, nachdem sie nach eigenem Bekunden »die Verhältnisse lang genug schweigend hingenommen« hatte: »Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Leute auf verschiedene Art und Weise versucht haben, Euer Vertrauen in mich zu erschüttern.« Wenn sie jemand kritisieren wolle, solle er dies bitte künftig »in Eurem [und ihrem eigenen] Beisein tun, und dann werde ich

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antworten, denn es ist mir lieber, wenn man mir Dinge ins Gesicht sagt, anstatt hinter meinem Rücken über mich zu reden«. Sie lieferte eine detaillierte Rechtfertigung ihrer eigenen Politik im Äußeren wie Inneren, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass sie zu deren Finanzierung nicht selten in die eigene Tasche gegriffen hatte, und schloss trotzig: »Ich versichere Euch, mein Herr, dass ich Euch, wann immer es Euch gefällt, Euch meiner zu bedienen (und mich dabei zu achten und zu behandeln, wie die Vernunft es gebietet), gut und treu dienen will, und ich will mein Leben und meine Güter für Euch einsetzen (wie ich es bisher schon getan habe); aber wenn es Euch gefallen sollte, ohne jeden Beweis alles zu glauben, was die Leute Euch über mich erzählen, und wenn Ihr zulasst, dass ich so behandelt werde, wie es mir gegenwärtig scheinen will, dann würde ich mich lieber um meine eigenen bescheidenen Angelegenheiten kümmern und meinen Abschied nehmen – was ich den Kaiser bereits zu bewilligen gebeten habe … So bitte ich Euch denn, mein Herr, dass Ihr mir Eure Absichten in dieser Angelegenheit mitteilt.«

Einem Vermerk auf der Briefrückseite zufolge antworteten Karl und seine Räte auf diese Forderung einigermaßen halbherzig in diesem Sinne: »Madame hat Ihre Pflicht durchaus erfüllt, mit anderen freundlichen Worten und Versprechungen«. Daraufhin ließ Margarete eine Bestandsaufnahme all ihrer Besitztümer durchführen – allem Anschein nach, um ihre Abreise aus den Niederlanden vorzubereiten.6 Karls Entlassung aus der Vormundschaft untergrub auch Maximilians Autorität. Der Kaiser beabsichtigte noch immer, dass sein Enkel sich ihm auf einer Rundreise durch die österreichischen Erblande anschließen sollte, um den Eid als Thronerbe abzulegen (siehe Kap. 2). Und »wenn ich ihn in meinen Händen habe«, so vertraute er seiner Tochter Margarete an, »wird es ein Leichtes sein, alles wieder ins Lot zu bringen«. Insbesondere versprach er ihr: »Sobald er die Niederlande verlassen hat, werdet Ihr sie wieder regieren wie zuvor.« Als Karl die Reise jedoch aufschob, verkündete der Kaiser, dass er »bald nach Worms reisen werde, wo der Prinz sich ihm anschließen« solle – und wolle der Prinz sich ihm nicht anschließen, dann werde er, Maximilian, »persönlich in die Niederlande ziehen und dort ein wenig Ärger machen«.7 Wie so oft sorgten Maximilians zahlreiche andere Vorhaben im Zusammenspiel mit seinem chronischen Geldmangel dafür, dass dieser Plan nie in die Tat umgesetzt wurde. Und obwohl der Kaiser seine persönlichen Financiers optimistischerweise schon einmal ermächtigt hatte, das ihm für seine Zustimmung zu Karls Mündigsprechung versprochene Geld entgegenzunehmen, wies Karl die entsprechende Zahlung erst im Mai 1515 an. Mit der Zahlung der Pension für seinen Großvater ließ er sich

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sogar noch 18 weitere Monate Zeit.8 Anstatt gen Westen zu ziehen, blieb der Kaiser in Wien, wo er mit den benachbarten Herrschern zusammentraf und die Doppelhochzeit seiner Enkelkinder Maria und Ferdinand mit dem König von Ungarn und Böhmen und dessen Schwester ins Werk setzte. Damit war das Fundament für ein neues Großreich am Mittellauf der Donau gelegt, das 400 Jahre lang Bestand haben sollte. Als Nächstes bemühte sich Maximilian, seine Autorität in den Niederlanden wiederherzustellen, indem er Margaretes merklich geschwächten Einfluss auf seinen Enkel zu stärken suchte. Er teilte seiner Tochter mit, dass er Karl geschrieben hatte »mit der Bitte, Euch immer in seiner Nähe zu halten und Euch so zu behandeln, wie es ein guter Neffe nach aller Pflicht und Schuldigkeit mit einer solch tugendhaften und guten Tante tun sollte«. Margarete wies er an, »bei unserem besagten Enkelsohn zu bleiben und die Niederlande nicht zu verlassen, weil Eure Gegenwart dort unerlässlich ist und mir zum großen Vorteil gereichen wird«. An Karl schrieb der Kaiser weiter, dass »wir nicht den geringsten Zweifel daran hegen«, dass dieser Margarete »in allen Euren wichtigsten und schwierigsten Angelegenheiten« um Rat fragen »und ihren Rat beherzigen und befolgen« werde, denn ihr Rat werde stets ein besserer sein »als der von irgendjemandem sonst«. Maximilian schloss mit dem Hinweis darauf, dass Margarete »von Geburt und Erziehung her stets unsere Interessen und Ehre im Sinn hat und auch die Eure: In der Tat betrachten wir uns drei als eines und dasselbe, vereint durch ein einziges Streben, durch eine einzige Zuneigung«.9 Aber Maximilian vergeudete seine Zeit. Schon begannen ausländische Gesandte, Chièvres und Le Sauvage als Karls »Statthalter« oder als »die Regenten« zu bezeichnen, und eine Zeit lang schien den Habsburgern die Herrschaft über die Niederlande so gut wie entglitten. Die neue Vormachtstellung der »Statthalter« trat in der unterwürfigen Frankreichpolitik, die sie in Karls Namen verfolgten, unmittelbar zutage. Der plötzliche Tod Ludwigs XII . am 1. Januar 1515 hatte eine heikle Situation geschaffen. Da der französische König keinen männlichen Erben besaß, folgte ihm sein Vetter François, ein Zwanzigjähriger aus der Angoulêmer Nebenlinie des Hauses Valois, als Franz I. auf dem Thron nach. Bei einer Audienz zwei Tage nach seiner Thronbesteigung teilte Franz einem Abgesandten Karls mit, er wolle diesem »ein guter Verwandter, Freund und Herr sein, denn er ist mein Vasall«. Keinesfalls wolle er hingegen »von ihm gegängelt werden, wie der Kaiser und der König von Aragón [d. i. Ferdinand] den verstorbenen König gegängelt haben«. Karls Gesandter fühlte sich von dieser Spitze grundlos beleidigt und schoss zurück: Zwar wolle Karl mit Frankreich in Frieden leben, »wie es der König sein Vater getan hat, [aber] ich muss Euch doch sagen, Sire, dass Ihr wohl keinen Freund und Vasallen finden werdet, der Euch größeren Schaden zufügen könnte«.10 Karls Statthalter be-

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eilten sich, dieser trotzigen Position den Stachel zu ziehen, und gaben Order, dass Karls Abgesandte bei den Krönungsfeierlichkeiten für Franz I. alle Register der Unterwürfigkeit ziehen sollten. Sie hatten sich dafür zu entschuldigen, dass ihr Fürst nicht persönlich an der Zeremonie teilnehmen konnte »wegen unseres übervollen Terminplans und des kürzlichen Antritts als Herr unserer niederländischen Provinzen«. Weiter sollten sie Karls große Freude darüber zum Ausdruck bringen, auf dem französischen Thron nunmehr einen »solch tapferen und tugendreichen Fürsten in der Blüte und vollen Kraft seines Alters« zu sehen. Sollte »während der Zeit meiner Unmündigkeit irgendetwas vorgefallen sein, das Missfallen erregt hätte«, waren die Gesandten gehalten, »in Anbetracht meines jungen Alters« um Vergebung nachzusuchen. Außerdem sollten sie die Hoffnung äußern, dass die beiden Herrscher, Franz und Karl, »gemeinsam große Dinge vollbringen mögen zu ihrem eigenen Nutzen, zum Wohl der Allgemeinheit und zur Stärkung unseres heiligen katholischen Glaubens«. Schließlich mussten sie Karls Wunsch bekräftigen, ein Bündnis mit der französischen Krone zu schließen, das durch seine Heirat mit der Prinzessin Renée besiegelt werden sollte; die zum damaligen Zeitpunkt Achtjährige war nicht nur eine Tochter des verstorbenen Königs, sondern auch Franz’ Schwägerin. Als Maximilian sich brieflich einschaltete, um den Gesandten eine stärker fordernde Haltung mit Blick auf Renées Mitgift aufzutragen, widersprachen Karl und seine »Statthalter« dem unverzüglich: »Obwohl wir meinem Herrn und [Groß-]Vater durchaus zu Gefallen sein wollen, damit er keinen Grund zur Beschwerde habe und uns sage, wir hätten seine Anweisungen nicht befolgt … dürft Ihr doch dem König [von Frankreich] oder seinen Leuten keinen Grund oder Anlass zu der Vermutung geben, wir würden einen Bruch unseres Bündnisses wünschen oder riskieren.«11

Die »Statthalter« hatten gute Gründe, Frankreich zu besänftigen. Wie ein englischer Diplomat bemerkte, war der Kaiser inzwischen »kränklich, und der König von Aragón ist hochbetagt«. Wenn sie stürben, würde Karl ihre Titel und Territorien erben – sofern er seine Ansprüche durchsetzen konnte. Daher war es so wichtig, die Niederlande gegen jegliche Kriegsgefahr abzusichern. Der im März 1515 in Paris unterzeichnete Friedensvertrag erreichte dieses Ziel: Franz versprach, dass er Karls Besitz weder selbst angreifen noch einen Angriff darauf unterstützen werde (drei Wochen später untersagte er dem Herzog von Geldern, »den Ländern des Prinzen von Kastilien auch nur den geringsten Schaden anzutun«). Außerdem sagte er zu, Karls dynastische Ansprüche gegen alle Herausforderer zu verteidigen. Mit Blick auf Renée jedoch legte Franz fest, dass sie erst in ihrem zwölften Lebensjahr zu ihrem Bräutigam ziehen sollte

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(was bedeutete, dass Karl noch mindestens vier Jahre warten musste, bevor er einen rechtmäßigen Erben zeugen konnte) und dass sie alle Ansprüche auf das strategisch wichtige Herzogtum Bretagne aufgeben sollte (das Karl ja überhaupt erst dazu gebracht hatte, um ihre Hand anzuhalten). Stattdessen bestand ihre Mitgift aus Ländereien, die nach ihrem Tod an Frankreich zurückfallen würden. Außerdem sollte Karl für den Fall, dass er sein Heiratsversprechen bräche, sämtliche Territorien verlieren, die er als Lehen der französischen Krone hielt. »Mein Herr«, begann Karls kleinlaute Erklärung an die Adresse seines Großvaters Ferdinand von Aragón, »ich wünschte wahrlich, dieser Vertrag brächte mir mehr Ehre und Vorteil, als er es nun tut; aber ich habe genommen, was ich bekommen konnte, weil ich einsah, dass mir in der gegenwärtigen Situation ein guter Friede mehr wert ist als ein Krieg, wie gerecht er auch sein möge. Ich bitte Euch inständig, mein Herr, dass Ihr meine Lage bedenkt und mir all dies nicht übelnehmt.«12 Während seines ersten Jahres auf dem französischen Thron gelangen Franz noch andere denkwürdige Erfolge. Im Februar 1515 vermittelte er die heimliche Hochzeit zwischen der inzwischen neunzehnjährigen vormaligen »Prinzessin von Kastilien« (und Witwe Ludwigs XII.), Mary Tudor, und dem Herzog von Suffolk, den Heinrich VIII. entsandt hatte, um Mary nach England zurückzuholen. Der Komplizenschaft Franz’ I. war es zu verdanken, dass Suffolk nun prompt damit prahlen konnte, er habe seiner jungen Braut bereits »beigelegen« und sie trage »bereits ein Kind unter dem Herzen« – was natürlich ausschloss, dass sie mit Karl (oder irgendwem sonst) verheiratet werden konnte.13 Sodann ergriff Franz die Gelegenheit – da der Pariser Frieden Karl einen Angriff auf Frankreich oder auch nur die Unterstützung eines solchen verbot – und zog mit einer großen Streitmacht über die Alpen nach Italien, wo er im Bund mit der Republik Venedig am 13./14. September 1515 bei Marignano dem Heer des Herzogs von Mailand – das durch Truppen seiner Verbündeten Kaiser Maximilian, Ferdinand von Aragón und Papst Leo X. verstärkt wurde – eine vernichtende Niederlage zufügen konnte. Bald besetzten französische Truppen sowohl das Herzogtum Mailand als auch die angrenzende Republik Genua und kurz darauf kapitulierte auch Papst Leo, überließ seinem früheren Feind die Herzogtümer Parma und Piacenza – Territorien, auf die sowohl der Heilige Stuhl als auch die Herzöge von Mailand Anspruch erhoben – und schlug in seiner Eigenschaft als Lehnsherr des Königreichs Neapel vor, Franz solle zu gegebener Zeit der Nachfolger Ferdinands von Aragón auf dem neapolitanischen Thron werden. Als der Katholische König dann am 23. Januar 1516 starb, war diese Zeit rasch gekommen.

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Die spanische Erbfolge Das Ableben Ferdinands von Aragón kam wenig überraschend. Mit 63 Jahren war er der älteste Monarch Europas und hatte doch (wie der englische Gesandte John Stile bemerkte) »die Tage seines Lebens mutwillig vermindert, indem er sich mit Jagd und Falkenbeize verausgabte bei Sonne wie bei Regen und damit mehr dem Ratschluss seiner Vögel zu folgen schien als dem seiner Ärzte«. Weiter berichtete Stile, wie unbeliebt Ferdinand in Kastilien geworden war, was sich nicht zuletzt daran gezeigt habe, dass nur ein einziger spanischer Adliger den Leichnam des Königs zum Begräbnis nach Granada begleitet habe. Dort sei dann »dem besagten König keine allzu große Trauerfeier zuteilgeworden, ja überhaupt wenig getrauert worden, weniger als um irgendeinen anderen Fürsten seit Menschengedenken«. Stile schloss mit der Bemerkung, dass Karl in Spanien zwar »wie aus einem Munde« unterstützt werde und »kein Einziger etwas Gegenteiliges äußert«, bei den Untertanen des verstorbenen Königs jedoch »nur wenig Zuneigung und Treue« zu finden sei. Daher sehe er, Stile, »Wechsel und Umbruch« voraus, wenn nicht der neue Herrscher so schnell wie möglich nach Spanien komme, um sein Erbe in Besitz zu nehmen.14 Stiles Analyse und Vorhersage lässt sich kaum etwas hinzufügen, denn Ferdinand hinterließ in der Tat eine hochkomplexe Erbsituation. Zunächst einmal gab es so etwas wie »Spanien« überhaupt nicht. Obwohl Ferdinands Heirat mit Isabella eine dynastische Verbindung zwischen den Kronen von Aragón und Kastilien mitsamt deren Nebenterritorien gestiftet hatte, waren doch die jeweiligen Institutionen, Gesetze, Münzwährungen und Rechtssysteme der einzelnen Bestandteile unangetastet geblieben. Die Befugnisse und Regierungsmethoden der Krone unterschieden sich von Gebiet zu Gebiet (Kastilien, Aragón, Katalogien, Valencia) und jedes Territorium unterhielt seine eigenen Zollschranken und Grenzposten. Auch in der Außenpolitik blieben ihre Ziele verschieden. Isabella und ihre Ratgeber hatten mit großem Eifer Krieg gegen das muslimische Nordafrika geführt, während Ferdinand zwar einem Kreuzzug gegen den Islam ebenfalls nicht abgeneigt war, dabei jedoch eher fernere Ziele im Blick hatte (darunter die Rückeroberung von Konstantinopel und Jerusalem) und zu diesem Zweck weitaus größeres Gewicht auf die Festigung seiner Herrschaft in Italien legte.15 1506/07 hatte er sogar ein ganzes Jahr in Neapel verbracht. Ferdinands Abwesenheit aus Spanien war indes nicht freiwillig gewesen. Sein Titel eines Königs von Kastilien – aus dem Recht seiner Ehefrau Isabella – war mit deren Tod im Jahr 1504 erloschen, und obwohl er nach Isabellas letztem Willen so lange als Regent des Königreichs eingesetzt wurde, bis Johanna und Philipp zurückkehren würden, um ihr Erbe in Besitz zu nehmen, nahmen die Unstimmigkeiten in Fragen von Regierung und Patronage in der Folge beständig

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zu. 1505 verheiratete Ludwig XII. von Frankreich seine Nichte Germaine de Foix mit Ferdinand und überließ beider Nachkommen den französischen Anspruch auf Neapel – womit diesen Nachkommen dereinst auch Sizilien, Sardinien, Aragón sowie Ferdinands sämtliche anderen Besitztümer zufallen sollten. Diese Entwicklung beunruhigte, ja erboste Philipp, der im Jahr darauf mit einer Eskorte deutscher Söldner nach Spanien zurückkehrte, im Gepäck auch eine größere Summe Bargelds, die er zu Bestechungszwecken verwenden wollte. Dieses Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche überzeugte die meisten von Ferdinands Anhängern in Kastilien, zu seinem Rivalen überzulaufen, und als die beiden Monarchen dann am 27. Juni 1516 aufeinandertrafen, hatte der neue König ein gewaltiges, bewaffnetes Gefolge um sich, während sein Schwiegervater mehr oder minder allein dastand. Ferdinand unterzeichnete daraufhin eine Vereinbarung, der zufolge er Kastilien verlassen und seine Ansprüche daran aufgeben sollte (im Austausch für eine regelmäßige Rentenzahlung), sowie ein weiteres Dokument, in dem Johanna ihre sämtlichen Anrechte genommen wurden. Die Begründung dafür lautete, andernfalls sei »die völlige Zerstörung und der Verlust dieser Königreiche gewiss wegen ihrer Krankheit und Veranlagung, von denen hier aus Diskretion nicht weiter die Rede sein soll«.16 Später am selben Tag brachte der listige Ferdinand jedoch einen Kniff zum Einsatz, der seinem Enkel noch schlaflose Nächte bereiten sollte: Er schwor vor Notaren, dass er beiden Vereinbarungen mit Philipp nur unter Zwang zugestimmt hatte, da er »im Vertrauen auf sein Wort und Versprechen arglos« zu dem vereinbarten Treffen gegangen sei, nur um dort festzustellen, dass »seine bewaffnete Macht meine königliche Person offenkundig und unzweifelhaft in Gefahr brachte«. Er habe nur deshalb der Entrechtung Johannas zugestimmt und »die Regierung Kastiliens, das rechtmäßig mein Eigen ist«, abgetreten, weil er »von den besagten Gefahren und von der Angst dazu gezwungen wurde«. Folglich fehle den geschlossenen Vereinbarungen jede Verbindlichkeit.17 Einen Monat später traf sich Phil­ipp, dem diese Entwicklungen gänzlich unbekannt waren, zu einem mehr als einstündigen Zwiegespräch mit seinem Schwiegervater, in dessen Verlauf Ferdinand behauptete, er habe Philipp »in allen Einzelheiten darüber instruiert und beraten, was er aus meiner Sicht zur guten Regierung und dauerhaften Befriedung dieser Königreiche tun muss, und auch über andere Angelegenheiten, die unseren Besitz und unsere Freunde betreffen … und in allen diesen Punkten verblieben wir in der größten Eintracht«.18 Unmittelbar darauf brach Ferdinand nach Aragón auf; am 4. September 1506 stach er mit Kurs auf Neapel in See. Philipp starb drei Wochen später. Johanna, vom plötzlichen Tod ihres Mannes am Boden zerstört und zudem neuerlich schwanger, schien dem täglichen Regierungsgeschäft nicht mehr gewachsen. Also berief der Kardinal Francisco Jiménez de Cisneros, Erzbischof

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von Toledo und Primas von Spanien, ein Treffen der führenden Unterstützer Philipps wie Ferdinands ein und brachte sie dazu, eine förmliche Verpflichtung zu unterzeichnen. Darin verpflichteten sie sich, künftige Meinungsverschiedenheiten vor ein unabhängiges Schiedsgericht zu bringen, anstatt gleich zu den Waffen zu greifen – jedenfalls so lange, bis die Cortes des Königreichs wieder zusammengetreten wären und über das weitere Vorgehen entschieden hätten. Cisneros setzte außerdem einen Regentschaftsrat ein, mit dessen Hilfe er das Königreich regierte, bis Ferdinand 1507 nach Spanien zurückkehrte. Fast den gesamten Rest seines Lebens verbrachte Ferdinand in Kastilien und traf dort zahlreiche Entscheidungen, die auch für Karl einschneidende Konsequenzen haben sollten. Auf außenpolitischer Bühne entsandte Ferdinand in den Jahren 1509/10 ein Expeditionsheer nach Nordafrika, das mehrere muslimische Hafenstädte einnahm, und im Jahr 1512 ein weiteres nach Navarra, das den südlichen Teil des Königreichs eroberte. Zwar riefen diese beiden Erfolge in Spanien ein positives Echo hervor; aber sie beschworen zugleich den nachhaltigen Zorn der osmanischen Sultane beziehungsweise der französischen Könige herauf. Um die Territorialgewinne seines Großvaters zu erhalten, musste Karl später immense Mengen an Menschen, Material und Geld aufwenden. Im Inneren trug Ferdinands Gegenwart dazu bei, nach dem Tod Philipps die öffentliche Ordnung zu sichern, und sorgte damit letztlich auch dafür, dass der Sohn des Verstorbenen sein kastilisches Erbe unbeschadet übernehmen konnte. Zwei innenpolitische Initiativen Ferdinands hatten indes direkte Auswirkungen auf den jungen Prinzen. Erstens ließ Ferdinand nach seiner Rückkehr all jene verfolgen, die »begierig waren, eine neue Herrschaft anbrechen zu sehen, die den Prinzen oder seinen Großvater, den Kaiser, nach Spanien bitten wollten« oder die »sich als ausschließliche Gefolgsleute des [verstorbenen] Königs Philipp zu erkennen gaben und König Ferdinand aus Kastilien vertreiben wollten«. Es dauerte nicht lange, da hatten sich die meisten der von Ferdinands Nachstellungen Betroffenen »entschlossen, das Königreich zu verlassen und in die Niederlande zu gehen«.19 Zweitens behandelte Ferdinand seine Tochter, die oft »Johanna die Wahnsinnige« genannt wird, überaus schlecht. Johanna war inzwischen aus eigenem Recht Königin von Kastilien sowie Ferdinands Erbin in Aragón, Neapel, Sardinien und Sizilien. Nicht alle ihre Zeitgenossen hielten Johanna für wahnsinnig. Im Jahr 1505 meldete ein venezianischer Gesandter am spanischen Hof, Vincenzo Quirini, Maximilian habe einen mehrwöchigen Aufenthalt in den Niederlanden »zumeist mit der Königin«, also Johanna, verbracht, »wobei er sie fast ohne Unterlass durch Feste unterhielt«. Dabei versuchte er, zwischen ihr und ihrem Ehemann Frieden zu stiften, bevor die beiden die Rückreise nach Spanien antraten. Maximilian habe, heißt es bei Quirini weiter, »alles in seiner Macht Stehende

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versucht, sie [d. i. Johanna] glücklich zu machen, weil er weiß, dass all ihre Probleme von ihrer Depression herstammen (tuto el mal suo procedava da melanchonia)«. Nach des Gesandten Meinung hatte Maximilian damit Erfolg. Heinrich VII., der einige Wochen darauf mit Johanna zusammentraf, als ihr Schiff auf dem Weg nach Spanien von einem Sturm an die englische Küste getrieben worden war, hätte dem wohl zugestimmt: »Als ich sie sah«, berichtete er später dem spanischen Botschafter, »schien sie mir in guter Verfassung zu sein, und sie sprach auf eine so beherrschte und anmutige Weise, dass ihre Autorität nicht einen Augenblick lang infrage stand«. Und mehr noch: »Obgleich ihr Gemahl [Philipp] und seine Begleiter sie für wahnsinnig hielten, schien sie mir doch vollkommen bei Sinnen zu sein, und davon bin ich auch jetzt noch überzeugt.« Auch Ferdinand hegte in diesem Punkt offenbar Zweifel. Als Philipp und er wiederum zusammentrafen – einen Monat, nachdem sie Johanna für regierungsunfähig erklärt hatten  –, drängte der König seinen Schwiegersohn, Johannas Verhalten zu dulden, »wie er selbst ja auch das Verhalten der Königin Isabella, Johannas Mutter, geduldet hatte, die in ihrer Jugend vor Eifersucht zu noch viel schlimmeren Exzessen getrieben worden war, als sie jetzt ihre Tochter an den Tag legte; aber mit seiner Hilfe war sie wieder Herrin ihrer Sinne und schließlich zu der Königin geworden, die alle kannten«.20 Bethany Aram hat nach umfassendem Studium der zeitgenössischen Quellen diesen Einschätzungen zugestimmt. Sie sieht Johannas vorrangiges Ziel darin, den umfangreichen Besitz ihres verstorbenen Mannes unversehrt für ihren Sohn Karl zu bewahren. Aus diesem Grund lehnte es die Königin strikt ab, noch einmal zu heiraten, und zog sich stattdessen in ein Kloster zurück, erst in der Nähe von Burgos und dann in Tordesillas, wobei sie den Leichnam Philipps jeweils mit sich führte. Ihrem Vater ließ sie bei der Regierung Kastiliens freie Hand und stellte ihm alle Ressourcen des Königreiches zur Verfügung – was dieser ausnutzte, um Johanna zu kontrollieren und sogar körperlich misshandeln zu lassen. Kurz nach Ferdinands Tod erinnerte sich Johannas vormaliger Kerkermeister in Tordesillas wehmütig daran, dass Johanna einmal aus Protest das Essen verweigerte und ihr Vater daraufhin »anordnete, dass sie ausgepeitscht werden solle, um ihr das Leben zu retten, damit sie nicht stürbe«.21 Für seine Doppelrolle als Regent von Kastilien und Vormund Johannas bis zu deren Tod (oder bis ihr Sohn Karl zwanzig Jahre alt sein würde) holte Ferdinand das Einverständnis gleich von zwei Seiten ein: zum einen von Maximilian (der bereits gedroht hatte, Karl nach Spanien zu bringen und die Regentschaft für sich selbst in Anspruch zu nehmen) und zum anderen von den Cortes. Obwohl also Ferdinand keineswegs das Dilemma löste, das Johannas Status hervorrief – als eine rechtmäßige Herrscherin, die sich zu herrschen weigerte –, lieferte er seinem Enkel doch eine Blaupause dafür, wie er selbst mit der widerspenstigen

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Königin in Tordesillas fertigwerden konnte. Doch was sollte mit Aragón geschehen? Im Jahr 1509 brachte Königin Germaine Ferdinand einen Sohn zur Welt, der Johanna augenblicklich aus der Erbfolge in allen Königreichen ihres Vaters verdrängte, auch in Aragón. Jedoch starb dieser Erbe noch als Säugling. Das Paar bemühte sich um weitere Nachkommen, und Ferdinand griff sogar (wie manche Quellen berichten) auf einen »Trank« zurück, der »seine Potenz stärken« sollte. Aber ihre Ehe blieb – zu Karls großem Glück – kinderlos, und die Gefahr einer erneuten Trennung der beiden Kronen von Kastilien und Aragón war damit fürs Erste aus der Welt.22 Dennoch unterschrieb Ferdinand 1512 ein Testament, in dem er verfügte, dass nach seinem Tod »in Abwesenheit des Prinzen Karl sein Bruder Ferdinand sämtliche Vorgänge, die die Regierung [Kastiliens] betreffen, unterzeichnen und vorantreiben« solle, während sein unehelicher Sohn Alfonso, der Erzbischof von Saragossa, ähnliche Befugnisse über Aragón erhalten sollte (wie es auch schon während Ferdinands längerer Abwesenheiten geschehen war). Im Jahr darauf ging der König sogar noch weiter, indem er eine Aufteilung der Territorien vorschlug, die er selbst und Maximilian bei ihrem Tod hinterlassen würden; dabei sollte der junge Ferdinand das Herzogtum Mailand sowie die Hälfte Österreichs erhalten.23 Diese Entwicklungen beunruhigten Karls niederländische Regenten. Im Juli 1515 versicherte Chièvres König Ferdinand, Karl werde alles tun, »wozu ein guter und gehorsamer [Enkel-]Sohn verpflichtet ist«; jedoch, fügte er mit kaum verhohlener Drohgebärde hinzu, »bitte ich Euch untertänigst, Sire, dass Ihr unsere Gefälligkeit gnädigst erwidert und ihm [d. i. Karl] keine Gelegenheit bietet, sich anders zu verhalten, was ihn auch zutiefst unglücklich machen würde«. Drei Monate später alarmierte eine neuerliche Entwicklung die Regenten: Ihnen kam zu Ohren, dass die Gesundheit des Königs »nachließ, sodass man schon fürchtete, er werde nicht mehr lange leben«. Chièvres beschloss, Karls Lehrer und Berater Adrian von Utrecht loszuschicken, um »mit dem König von Aragón einige wichtige und geheime Angelegenheiten, die hier nicht genauer erläutert werden müssen«, zu besprechen – nämlich dass, sollte Ferdinand sterben, Adrian die Cortes in Karls Namen einberufen und »unser Anrecht auf die Nachfolge in den beiden Königreichen erklären« werde.24 Es gelang Adrian schließlich, eine Abmachung mit Ferdinand zu treffen: Der König willigte ein, Karl als seinen Alleinerben einzusetzen und die Cortes der einzelnen Königreiche zum Treueeid auf ihn zu verpflichten; er versprach weiterhin, seinen Enkel Ferdinand in die Niederlande zu schicken, sobald Karl diese verlassen würde; und er stimmte zu, zumindest einen Teil der Ländereien und Einkünfte zurückzugeben, die man den nach Brüssel geflohenen Anhängern König Philipps abgenommen hatte. Im Gegenzug bekräftigte Adrian, dass Karl zu gegebener Zeit umgehend nach Spanien kommen und (anders als

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sein Vater vor ihm) keine ausländischen Truppen mitbringen werde; dass Karl aber, bis es so weit sein würde, »dem König gestatten werde, die Regierung von Kastilien in seinen Händen zu behalten«, und zudem anbot, all jene von seinem Hof zu verstoßen, die Ferdinand zu seinen Feinden zählte.25 Im Dezember 1515 konnte Adrian einem Freund gegenüber prahlen, er habe Karl »besser, als es den meisten von meinem Stand und Status wohl gelungen wäre«, gedient, und zog sich dann unverzüglich in das Kloster Santa María de Guadelupe zurück, um dort Weihnachten zu feiern, wobei er den jungen Ferdinand mit sich nahm. Der König brach unterdessen nach Sevilla auf, um dort ein Landungsheer aufzustellen, mit dem er zu einem weiteren Kreuzzug nach Nordafrika aufbrechen wollte.26 Dann jedoch verschlechterte sich Ferdinands Gesundheitszustand schlagartig. Das verschaffte ihm »triftige und dringende Gründe, für die gute Regierung [seiner Reiche] zu sorgen«, und er diktierte und unterzeichnete am 22. Januar 1516 ein neues Testament. Obwohl er darin Johanna als seine Alleinerbin einsetzte (mit Karl als ihrem Nachfolger), hielt er zugleich fest, dass Johanna »nach allem, was wir haben herausfinden können, vollkommen außerstande ist, Verständnis aufzubringen für die Regierung von Königreichen, wozu ihr auch die nötige Veranlagung fehlt«. Deshalb »benennen wir den überaus erlauchten Prinzen Karl, unseren innig geliebten Enkelsohn, zum alleinigen Regenten aller unserer Königreiche und Herrschaften, die er im Namen der durchlauchtigsten Königin, seiner Mutter, regieren und erhalten, leiten und verwalten soll«. Für die Zeit bis zu Karls Ankunft ernannte Ferdinand außerdem seinen Sohn, den Erzbischof von Saragossa, zum Statthalter in Aragón und Kardinal Cisneros zum Statthalter in Kastilien. Beide wurden ermächtigt, »zu tun, was wir während der Zeit unserer Regierung getan haben und hätten tun sollen«. Am Tag darauf starb der König.27 Ferdinand brach also die Abmachung, die er einen Monat zuvor mit Adrian getroffen hatte. Anstatt Karl zu seinem Nachfolger als König zu bestimmen, hatte er ihn lediglich zum Regenten (wenn auch zum alleinigen Regenten) in Johannas Namen ernannt; außerdem sollten bis zu Karls Ankunft in Spanien Männer das Zepter übernehmen, die Karl nicht kannte. Um diese verfahrene Situation noch komplizierter zu gestalten, berief der junge Ferdinand, sobald er vom Tod seines Großvaters erfuhr und »weil er von der Änderung in dem Testament [von 1512] des Katholischen Königs nichts wusste und deshalb glaubte, er sein nun Regent«, den Kronrat nach Guadelupe ein und begann, in seinem eigenen Namen Befehle zu erteilen. Adrian setzte Ferdinand schleunigst von dem Gesinnungswandel seines Großvaters in Kenntnis und teilte ihm mit, Karl habe ihn, nicht Cisneros, für den Fall von Ferdinands Tod zum Regenten von Kastilien bestellt; aber dann traf Cisneros selbst in Guadelupe ein und die Situation

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wurde noch einmal komplizierter. Der Kardinal protestierte sofort, die Gesetze von Kastilien (und auch jene von Aragón) sähen für die Regierungsfähigkeit ein Mindestalter von zwanzig Jahren vor, das die Prinzen erst noch zu erreichen hätten; und ohnehin seien ja Karl die einschränkenden Änderungen am Testament seines Großvaters noch überhaupt nicht bekannt. »Über diese Unstimmigkeiten gab es zahlreiche Diskussionen«, bis »man sich schließlich darauf einigte, den Prinzen selbst nach seiner Meinung zu fragen, damit er anordnen konnte, was seinem Willen entsprach«. Cisneros und Adrian sollten »gemeinsam regieren und Dokumente unterzeichnen, was sie dann fürs Erste auch taten«. Wie José Martínez Millán angemerkt hat, lief das Vorgehen des Kardinals in Guadelupe »auf einen lupenreinen Coup d’État hin­aus«. Anschließend brach Cisneros, begleitet von Adrian, dem jungen Ferdinand und den Mitgliedern des Rates von Kastilien, nach Madrid auf, von wo aus das Königreich während der nächsten zwanzig Monate administriert werden sollte.28

Das Interregnum Die Nachricht von König Ferdinands Tod und eine Abschrift seines Testaments erreichten Brüssel am 8. Februar 1516. Karl ordnete unverzüglich eine »ununterbrochene Trauer von sechs Wochen an«, die in allen Kirchen der Niederlande gehalten werden sollte, »genau wie es nach dem Tod des verstorbenen Königs, meines Vaters, war«. Außerdem schrieb er einen Brief an seinen Bruder Ferdinand – den er ja noch nie persönlich getroffen hatte – und sprach ihm sein Beileid aus angesichts der »Einsamkeit und Trauer«, die er nun empfinden müsse, und versicherte ihm, er habe »in uns nicht nur Euren einzigen Bruder gewonnen, sondern auch (wie Ihr sehen werdet) einen treu sorgenden Vater«.29 Dies war der leichte Teil gewesen: Die wahre Herausforderung stellte sich Karl mit der Frage, wie er mit Cisneros’ Staatsstreich umgehen sollte. Immerhin entband die Täuschungsabsicht seines Großvaters Karl davon, sich an sein eigenes Versprechen zu halten und alle spanischen Flüchtlinge (die wegen ihrer Unterstützung für Karls Vater Philipp als »Felipistas« bekannt waren) von seinem Hof zu entfernen. Zu diesem Zeitpunkt gab es knapp fünfzig davon, und fast alle von ihnen waren junge Abkömmlinge spanischer Patrizier- oder Adelsgeschlechter (wie etwa Juan de Zúñiga, in dessen Hände Karl später die Erziehung seines Sohns und Erben Philipp legen sollte). Keiner von ihnen führte jedoch einen Adelstitel, und nur einer trug eine Bischofsmütze: Alonso Manrique, der Bischof von Badajoz, ein ausgesprochener Unterstützer König Philipps, den Ferdinand von Aragón drei Jahre hatte einkerkern lassen, bevor ihm die Flucht in die Niederlande gelang und er sich Karl als dessen Hofkaplan anschloss. Die

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Felipistas, die spürten, dass nun die Zeit der Rache gekommen war, drängten Karl, den Titel »König von Kastilien« anzunehmen – ein Vorschlag, über den (wie Manrique festhielt) »der Prinz, obgleich er ja stets als ›Prinz‹ unterschreibt, nur lacht und immerfort schmunzeln muss, wenn sie ihn ›König‹ nennen«.30 Am 14. März 1516 las Manrique in der Brüsseler St.-Gudula-Kathedrale eine Totenmesse für den verstorbenen König Ferdinand, deren Ablauf sich eng an den Trauerfeierlichkeiten für Königin Isabella zwölf Jahre zuvor orientierte (siehe Kap. 1). Eine Prozession von Rittern des Ordens vom Goldenen Vlies, die Ferdinands Herrschaftszeichen mit sich trugen, zog Karl voran in die Kathedrale ein. Dann nahmen die Ordensritter Aufstellung rund um Ferdinands Sarg, auf dem »eine goldene Krone und ein Schwert« lagen. Dreimal rief der Oberherold den Verstorbenen unter Nennung all seiner Titel aus, aber jedes Mal antwortete eine klagende Stimme aus der Tiefe des Kirchenschiffs: »Er ist tot.« Nach dem dritten Aufruf verkündete der Herold, dass nun Karl und Johanna »diese Reiche geerbt« hätten. Manrique »nahm die Krone vom Katafalk und ging zu Karl hinüber  … und sprach: ›Sire, dies gehört Euch als dem König.‹ Dann nahm er gleichermaßen das Schwert, reichte es ihm und sprach: ›Da Ihr nun König seid, nehmt dieses Schwert, um gerecht zu richten.‹« Als der neue König sich daraufhin zu der in der Kathedrale versammelten Menschenmenge umwandte, ertönten Trompeten, und Chöre stimmten Lobgesänge zu seinen Ehren an. Eine Woche darauf unterzeichnete Karl eine Reihe von Briefen, in denen er versicherte, der Papst und der Kaiser hätten ihn zusammen mit vielen »klugen und weisen Edelleuten« und »etlichen Provinzen und Herrschaften« gedrängt, er solle »zusammen mit der Katholischen Königin, meiner Mutter, den Namen und Titel eines Königs annehmen. Und das tat ich.« Und dann fügte er – offenbar zum ersten Mal – die traditionelle Königsunterschrift an, die er über die nächsten vierzig Jahre für seine gesamte Korrespondenz in spanischer Sprache verwenden sollte: »Yo el Rey« – »Ich, der König«.31 Cisneros und dem Madrider Regentschaftsrat blieb nichts anderes übrig, als diese Entwicklungen empört aus der Ferne mitzuverfolgen. Nur wenige Tage zuvor hatten sie einen Brief an Karl aufgesetzt, in dem sie darlegten, dass »manche Leute, wie uns zu Ohren gekommen ist, Euch – wohl aus einem übergroßen Eifer heraus, Euch zu Diensten zu sein, Hoheit – durch ihr Drängen dazu gebracht haben, den Titel ›König‹ schon jetzt anzunehmen«, was sie jedoch ablehnten: »Es scheint uns, dass Euer Hoheit dies nicht tun sollte, noch ist es auch im Sinne Gottes oder der Welt, so zu handeln, denn da in den Königreichen Eurer Hoheit Frieden herrscht … solange unsere liebe Frau Königin am Leben ist, besteht überhaupt kein Grund, dass Ihr Euch ›König‹ nennt.« Auch erinnerten sie Karl daran, dass »böse Menschen in diesen Königreichen sich zu

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allen Zeiten über ihre jeweiligen Herrscher beklagt und sich den potenziellen Nachfolgern angedient haben, um Unfrieden zu säen und das Königreich umso leichter tyrannisieren zu können«. »Wenn Euer Hoheit sich jetzt ›König‹ nennt, könnte dies Schwierigkeiten hervorrufen und den Interessen Eurer Hoheit ernstlich schaden, da es (wie zu erwarten stünde) den Anspruch und Titel unserer Herrin, der Königin, in Zweifel zöge … Die Unzufriedenen in diesen Königreichen, die Feinde des Friedens und der Eintracht, würden dies ausnutzen, indem manche – mit der Sprache der Loyalität maskiert – Eurer Hoheit zu dienen vorgäben und andere Eurer Mutter.«32

Aber sie schrieben vergebens, und nachdem die Nachricht von der Brüsseler Krönungszeremonie nach Spanien gelangt war, hatten Cisneros und seine Räte auch kaum eine andere Wahl, als sich den neuen Realitäten zu beugen. Am 3. April 1516 genehmigten sie die Durchführung einer Zeremonie, bei der ganz offiziell »das Banner des Königs aufgepflanzt« wurde – die traditionelle kastilische Art, den Regierungsantritt eines neuen Monarchen zu feiern. Mehrere Städte proklamierten umgehend ihre Gefolgschaft: »Kastilien, Kastilien, Kastilien für Königin Johanna und König Karl, unsere erhabenen Herrscher«, während andere trödelten. In Zamora wurde das königliche Banner erst am 18. Mai gehisst, in Plasencia gar erst am 25. Juli. Der englische Gesandte John Stile notierte, dass viele Kastilier »großen Anstoß nehmen und verstimmt sind darüber, dass die Flamen ihren Prinzen zum König von Kastilien erklärt haben ohne [ihre] Einwilligung«.33 Die ungewisse Lage brachte – im Zusammenspiel mit dem Wunsch, sich bei dem neuen Herrscher und seinen Beratern möglichst beliebt zu machen – etliche von Karls neu gewonnen Untertanen dazu, die Reise von Spanien nach Brüssel anzutreten. Im April 1516 kamen nach Auskunft des englischen Botschafters in den Niederlanden »tagtäglich so viele Spanier hier an, dass der Hof schon ganz voll ist von ihnen«. Drei Monate später »begingen sie«, wie Cisneros Agent in Brüssel schreibt, »das Jakobsfest auf spanische Art: 24 Ritter nahmen an der Vesper und der Messe teil«.34 Dieser Umstand signalisierte eine entscheidende Entwicklung, denn die besagten Ritter entstammten der Elite der spanischen Gesellschaft und standen rangmäßig deutlich über den Felipistas. Die Mitglieder einer anderen Gruppe von Neuankömmlingen, später als Fernandinos bezeichnet, hatten dem verstorbenen König gedient, jedoch ihre Posten verloren, als Cisneros die Macht übernahm. Einer von ihnen war Francisco de Los Cobos, der seit den 1490er-Jahren im kastilischen Sekretariat der Königin Isabella tätig gewesen und seit 1503 von Ferdinand mit Geldzuwendungen bedacht worden war. Er konnte sich einer gründlichen Vertrautheit mit den

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Feinheiten nicht nur der kastilischen (Steuer-)Verwaltung, sondern auch der amerikanischen Kolonien rühmen. Am 31. Oktober 1516 wies Karl Cisneros an, Los Cobos fortan ein Gehalt aus der kastilischen Staatskasse auszuzahlen, »denn er ist hergekommen, um uns zu dienen, und befindet sich nun seit einer Weile in unseren Diensten«. Sechs Wochen darauf leistete Los Cobos seinen Eid als königlicher Sekretär, und bis zu seinem Tod 31 Jahre später sollte er Tausende von Briefen öffnen, lesen und zusammenfassen, die an Karl adressiert waren und sich mit nahezu sämtlichen Aspekten der Regierung und seiner überseeischen Besitzungen befassten. Auch entwarf Los Cobos die Antwortschreiben, die Karl dann prüfte und unterschrieb. Als der Kaiser 1543 eigenhändig die vertraulichen Instruktionen für seinen Sohn niederschrieb, widmete er Los Cobos in seiner Beurteilung mehr Raum als irgendeinem anderen Minister – und erwähnte unter anderem auch die hartnäckige Rivalität zwischen Fernandinos wie Los Cobos, die erst vergleichsweise spät in Karls Dienste getreten waren, und Felipistas wie Juan de Zúñiga, die schon gut zehn Jahre zuvor aus Spanien geflohen waren.35 Einer der wenigen Punkte, in denen die Anhänger beider Parteien übereinstimmten, war die von ihnen als dringend notwendig erachtete Rückkehr Karls nach Spanien. Bereits im März 1516 hatte Bischof Manrique gemeldet, es sei »in einer Sitzung des Rates, bei der alle sich zu Wort meldeten und abstimmten, beschlossen worden, dass der Prinz unser Herr nach Spanien aufbrechen sollte« – und zwar noch in diesem Sommer. Dennoch hegte Manrique aus demselben Grund dieselben Bedenken, die ein Jahrzehnt zuvor auch Karls Vater gegolten hatten (siehe S. 29): Zwar habe »der Prinz mit schönen Worten von seiner Entschlossenheit zur Abreise gesprochen«, bemerkte der Bischof, jedoch seien »die Menschen hierzulande überaus wankelmütig, und was sie heute beschließen, ist morgen vergessen«. Er fürchtete daher, »wenn sie nicht in diesem Sommer die Segel setzen, wird die Reise – da der Winter ja eine gefährliche Zeit ist für die Seefahrt – wohl bis zum nächsten Sommer aufgeschoben werden«. Seine Befürchtung sollte sich als Prophezeiung erweisen. Sechs Wochen später teilte Karl seinem Bruder Ferdinand zwar mit: »Ihr könnt Euch das Verlangen und den Eifer nicht vorstellen, die mich erfüllen«, nach Spanien zu kommen, und versprach ihm, dass »Ihr der Erste sein werdet, der den Platz oder Hafen erfährt, wo wir anlanden werden«. Vorerst jedoch, fügte Karl hinzu, »können wir nicht ganz sicher sein: Gott und das Wetter werden es entscheiden.« Im Oktober 1516 entschuldigte er sich abermals bei Ferdinand, dass »gewisse sehr dringliche Angelegenheiten sich eingestellt haben, sodass ich zum Schutz all der anderen Königreiche und Herrschaften, über welche die Katholische Königin – meine Mutter – und ich herrschen, meine Reise bis zum Frühjahr aufschieben muss«. Im März 1517 ließ Karl dann tatsächlich in Middelburg eine Flotte zusammen-

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ziehen – in demselben Hafen, von dem aus seine Eltern elf Jahre zuvor nach Spanien aufgebrochen waren.36 Manrique vermutete, dass der eigentliche Hauptgrund für die Verzögerung die Notwendigkeit war, Karls burgundisches Erbe für die Zeit seiner Spanienreise gegen die Gefahr einer Invasion zu schützen, und der Bischof nannte auch gleich drei potenzielle Feinde: England, Frankreich und Geldern. Der Erste von ihnen sollte sich am einfachsten besänftigen lassen: Schon im April 1516 unterzeichneten Abgesandte Heinrichs VIII. in Brüssel einen Vertrag, mit dem bestehende Handelsstreitigkeiten beigelegt wurden; außerdem versprachen die Engländer Karl ihre Unterstützung, sollte irgendjemand während seiner Abwesenheit in die Niederlande einfallen. Heinrich sicherte Karl außerdem zu, in England willkommen zu sein, sollte seine Flotte auf dem Weg nach Spanien einen sicheren Hafen brauchen. Der Abschluss eines vergleichbaren Abkommens mit Frankreich erwies sich als deutlich schwieriger: Die im Mai in der picardischen Stadt Noyon begonnenen Verhandlungen scheiterten zunächst daran, dass beide Parteien Anspruch auf das Königreich Neapel erhoben, wurden im August jedoch wieder aufgenommen. Franz (der sich nun »König von Frankreich, Herzog von Mailand und Herr von Genua« nannte) entband Karl zwar von seiner Verpflichtung, Renée zu heiraten, erlegte ihm aber stattdessen auf, seine eigene kleine Tochter Luise zur Braut zu nehmen. Zu deren Mitgift sollte dann auch der Anspruch der französischen Krone auf Neapel gehören. Bis zur Hochzeit sollte Karl einen jährlichen Tribut von 100 000 Kronen für jenes Königreich zahlen, wodurch er die Rechtmäßigkeit des französischen Anspruchs natürlich eingestanden hätte. Der im August unterzeichnete Vertrag von Noyon verpflichtete Karl zudem, dem von Ferdinand vertriebenen König von Navarra (einem Verbündeten Frankreichs) »Genugtuung zu leisten«, und zwar binnen acht Monaten nach seiner Ankunft in Spanien und »in einem Umfang, den er selbst nach gründlicher Betrachtung der Ansprüche [Navarras] für gerecht erachtet«. Im Gegenzug gelobte Franz, niemals einem Feind Karls Hilfe zu gewähren. Zweifellos sahen Chièvres und Le Sauvage (als persönlich anwesende Unterhändler) gewisse Zugeständnisse mit Blick auf die entlegenen Territorien von Neapel und Navarra als durchaus vertretbar an – als einen kleinen Preis dafür, dass die Niederlande sicher sein würden, während Karl unterwegs war, um seine Autorität über Spanien und den damit verbundenen Besitz in Übersee zu festigen. Auf dem Papier zumindest erschien Karls Verpflichtung, dereinst Claude de France zu heiraten, als das größere Risiko, da die Prinzessin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kaum ein Jahr alt war. Das bedeutete, dass Karl unter Umständen erst in den 1530er-Jahren einen rechtmäßigen Erben würde zeugen können. Aber vielleicht rechneten die Unterhändler ja damit, dass man von diesem Teil des Abkommens später noch würde zurücktreten

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können, ganz so, wie Ludwig XII. von seiner Verpflichtung zurückgetreten war, Karl seine Tochter zur Frau zu geben.37 Der Vertrag von Noyon stieß Karls englische Verbündete vor den Kopf: »Der König von Kastilien, durch sein reiches Erbe der größte und mächtigste Fürst, den die Welt seit fünfhundert Jahren gesehen hat … wird nun wohl nach der Pfeife des französischen Königs tanzen«, unkten Heinrichs Diplomaten. Außerdem habe »der besagte französische König es sich in den Kopf gesetzt, dass es in ganz Italien niemanden geben solle, der ihm überlegen oder auch nur gleichrangig sei«, weshalb er sich vermutlich sowohl Neapel als auch das Papsttum untertan machen werde. Schlimmer noch: Franz habe beteuert, dass »die Krone des [Heiligen Römischen] Reiches recht eigentlich in das Haus Frankreich gehörte, wofür er auch sorgen wolle, wenn es sich machen ließe« – und der jüngst geschlossene Vertrag ließ ein solches Ergebnis wahrscheinlicher werden. Die Engländer machten für dieses ungünstige Szenario den Umstand verantwortlich, dass Karl »sich mit solchen Männern umgibt« (gemeint waren insbesondere Chièvres und Le Sauvage), die »eher einen Teil seiner rechtmäßigen Ansprüche fahren lassen, als anderen Missvergnügen zu bereiten«. Aus englischer Sicht gab es wenig Hoffnung, dass die Dinge sich bald ändern könnten: Stattdessen werde der übermäßige Einfluss seiner Berater auf Karl »so lange bestehen, bis der König von Kastilien das Problem selbst [sieht], was wohl nicht geschehen kann, bevor er nach Spanien kommt – und ob es dann geschehen wird, das weiß nur Gott«.38 Einen letzten Rivalen hatte Karl noch zu besänftigen, bevor er die Niederlande verlassen konnte, und das war der Herzog von Geldern. Philipp I. war 1506 mit exakt demselben Problem konfrontiert gewesen (siehe Kap. 1), und obwohl er Geldern besiegt und mit harten Friedensbedingungen in die Schranken gewiesen hatte, kämpfte Herzog Karl später mit diplomatischen und manchmal auch mit militärischen Mitteln (bisweilen mit der heimlichen Unterstützung Frankreichs) darum, den verlorenen Einfluss wiederzugewinnen. Bischof Manrique stellte im März 1516 fest, dass »von dem Herzog von Geldern einiges zu fürchten ist«, da »die Franzosen dazu neigen, ihn in Zeiten wie diesen zu begünstigen … Angesichts der großen Macht des Prinzen wäre es eine Schande, wenn [Karl] dem nicht vorbaute.« Der Bischof drängte sogar Cisneros und den spanischen Rat, Hilfe »zur Eroberung Gelderns beizusteuern«.39 Obwohl sich am Ende tatsächlich dies als die Lösung des Problems herausstellen sollte  – 1543 setzte Karl spanische Truppen und spanisches Geld ein, um Geldern zu erobern und zu annektieren –, sorgte der bevorstehende Aufbruch nach Spanien, der keinen weiteren Aufschub duldete, dafür, dass Karls »Statthalter« vorerst doch eine friedliche Lösung vorzogen. Bei den Verhandlungen in Noyon überzeugten sie die französische Delegation davon, Frankreich solle den Her-

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zog von Geldern zur Einwilligung in einen Waffenstillstand bewegen, während Unterhändler sich mit der Aussöhnung sämtlicher widerstreitenden Ansprüche befassen sollten. Sie stellten sogar die Möglichkeit in den Raum, dass der Herzog Karls jüngste Schwester Catalina heiraten könnte. Obwohl daraus nichts wurde, reichte die bloße Erwägung fürs Erste aus, um Geldern unschädlich zu machen.40 Karl schob derweil seine Reise immer weiter auf die lange Bank. Vielleicht hatten die beruhigenden Miteilungen, die Cisneros ihm zukommen ließ, ihn so sehr eingelullt, dass er nun glaubte, Spanien könne warten. Im August 1516 hatte ihm der Kardinal geschrieben: »All diese Königreiche erfreuen sich des tiefsten Friedens, den sie je erlebt haben … und zweifellos muss man Gott danken, dass in allen diesen Reichen, so groß sie sind, es nicht die kleinste Unruhe, nicht den geringsten Hinweis auf Tumult und Aufruhr gibt: Nicht nur die Städte, sondern auch die Granden sind ohne jede Ausnahme so fügsam und friedsam, dass niemand noch mehr verlangen könnte.«

Einen Monat später wiederholte Cisneros, dass »in diesen Königreichen alles ruhig und friedlich ist wie immer schon«.41 Die führenden Köpfe unter Karls niederländischen Untertanen äußerten sich in demselben beruhigenden Tonfall. Im November 1516 führte Karl zum ersten Mal den Vorsitz, als die Ordensritter vom Goldenen Vlies sich zum Kapitel versammelten. Nachdem er den Eid als Großmeister des Ordens geleistet hatte, schlug Karl vor, dass die Anzahl der Ordensritter fortan 51 betragen solle (statt bisher 31), was ihm durch die territoriale Expansion des Hauses Burgund seit Gründung des Ordens gerechtfertigt erschien. In diesem Zusammenhang regte er an, zehn Plätze für die erlauchtesten seiner neu gewonnenen Untertanen in Spanien und Italien zu reservieren. Die Versammlung stimmte zu und wandte sich dann der Ausübung ihres einzigartigen Privilegs zu: der öffentlichen Erörterung der Verfehlungen ihrer Mitglieder. Nachdem einige Ritter für Geiz, Trunkenheit und Glücksspiel gemaßregelt worden waren, richtete die Versammlung ihre Aufmerksamkeit auf Karl. Wohl auch, weil diesem die meisten der üblichen Verfehlungen aufgrund seines jungen Alters noch fremd waren, beklagten die Ritter stattdessen, dass Karl sie in politischen Fragen zu selten um ihre Meinung bat. Der junge Herrscher gelobte ihnen für die Zukunft Besserung.42 Jetzt hing alles davon ab, die nötigen Gelder für die Reise nach Spanien zu beschaffen. Karl erklärte Cisneros gegenüber, dass er, »um alles hier in einem angemessenen Zustand hinterlassen und sicher reisen zu können«, mindestens 100 000 Dukaten aus Spanien benötigen würde; die Generalstaaten bat

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er indessen, Steuern in Höhe von 400 000 Gulden zu bewilligen. Obwohl dies derselbe Betrag war, den ein Jahrzehnt zuvor sein Vater für denselben Zweck erbeten hatte, hegten die Delegierten Bedenken: »Dem Volk soll eine riesige Menge Geld abverlangt werden und das auch noch sofort«, hielt Erasmus von Rotterdam fest und fügte bissig hinzu: »Der Adel und die Prälaten haben dem Antrag schon zugestimmt – mit anderen Worten diejenigen, die ohnehin nichts zahlen werden. Die Städte beratschlagen noch.« Erasmus bemerkte auch, dass Maximilian, »der üblicherweise ohne Waffen auftritt, jetzt in Begleitung einer Truppe bestens ausgerüsteter Soldaten hier bei uns weilt, während im ganzen Umland Scharen von Söldnern lagern«, und er fragte sich, wozu das alles dienen sollte.43 Die Antwort war einfach: Der Kaiser war im Januar 1517 in die Niederlande zurückgekehrt, weil er ein letztes Mal versuchen wollte, die Provinzen und seinen Enkelsohn wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Im Monat zuvor hatte Margaretes Agent am Kaiserhof ihr versichert, der Kaiser beabsichtige, »Chièvres und seine Mitstreiter aus ihren Machtpositionen zu drängen«, und werde »nicht abreisen, bevor [Karl] aufgebrochen ist«. Daraufhin wolle er »die Regierung der Niederlande in die eigene Hand nehmen, um sie dann in die Eure zu legen«.44 Das war eine mühselige Aufgabe. Im April 1517 holte Maximilian, nachdem er seinem Enkel das Versprechen abgenommen hatte, »sich ja zu beeilen und binnen iii oder iiii Wochen« aus Zeeland abzureisen, Erkundigungen ein, »um herauszufinden, welche Vorbereitungen getroffen würden, und man berichtete ihm, dass noch keine getroffen seien und noch nicht einmal Geld dafür zur Verfügung stehe«. Maximilian war wütend, denn er fühlte sich hinters Licht geführt und »schrieb einen scharf formulierten Brief an den König, seinen Enkelsohn, in dem er diesen an sein Versprechen erinnerte«. Die erste Maiwoche verbrachte Maximilian selbst in Zeeland, um die Reisevorbereitungen persönlich zu überwachen. Dann traf er noch einmal in Lier mit Karl zusammen, der Stadt, in der Philipp und Johanna zwanzig Jahre zuvor geheiratet hatten, und obwohl manche eine gewisse Kühle zwischen dem Großvater und seinem Enkel bemerkt haben wollen, gab Karl anschließend zwei riesige Buntglasfenster in Auftrag, die an ihr Treffen erinnern sollten. Er sollte seinen Großvater nie wiedersehen.45 Maximilians ständiges Nörgeln scheint seine Wirkung nicht verfehlt zu haben, denn im Juni 1517 gab Karl den Generalstaaten bekannt, dass seine Abreise nach Spanien unmittelbar bevorstehe. Einem Augenzeugen zufolge brachen viele Delegierte in Tränen aus, als der Kanzler Jean Le Sauvage dem Auditorium versicherte, wie sehr ihr Herrscher sie liebe und wie schwer es ihm falle, sie zurückzulassen. »Und obgleich der Kanzler selbst ein starker Mann war, den nichts so leicht zu Tränen rührte«, konnte auch er sich dem Augenblick nicht

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entziehen, »da er überall umher die Leute weinen sah, gab vor, zu husten, und putzte sich dann mit dem Schnupftuch die Nase, alles um zu verbergen, dass ihm die Augen voller Tränen standen.« Als er seine Fassung zurückgewonnen hatte, gab Le Sauvage mehrere Versprechen in Karls Namen: dass dieser binnen vier Jahren zurückkehren werde, dass er für eine gute Regierung in seiner Abwesenheit Sorge tragen wolle und dass er seinen Bruder Ferdinand in die Niederlande schicken werde, damit immerhin ein Prinz von königlichem Geblüt bei ihnen wäre. Karl ließ auch seine Bitte um Geld wiederholen, ahnte indes, dass er es kaum rechtzeitig erhalten würde, und überzeugte stattdessen Heinrich VIII. davon, ihm 100 000 Gulden zu leihen, die zur Bezahlung der Schiffe und Mannschaften gedacht waren, die in Zeeland bereits versammelt waren, um Karl nach Spanien zu bringen.46 Jetzt endlich konnten Karl und sein Gefolge nach Middelburg reisen, wo er seine Planungen für die »gute Regierung« abschloss, die er den Niederlanden in den kommenden Jahren zukommen lassen wollte. Zuerst ernannte er seinen engsten Vertrauten, den Grafen Heinrich von Nassau, zum obersten Befehlshaber aller Truppen in den Niederlanden mit beträchtlichen Entscheidungsbefugnissen, was ihren Einsatz anging. Dann erklärte Karl: »Wir haben beschlossen, dass wir dieses Mal keinen Regenten ernennen wollen … [stattdessen] richten wir einen Geheimen Rat ein«, der aus vierzehn prominenten Adligen und Ministern bestehen und die Staatsangelegenheiten regeln sollte. Eine ganze Reihe von Fragen aus den Bereichen Politik, Rechtsprechung und Patronage behielt Karl freilich weiterhin seiner persönlichen Entscheidung vor. Maximilian (der sich inzwischen wieder in Deutschland befand) hatte Karl zufolge versprochen, zurückzukehren, »sollte in den Niederlanden eine außergewöhnliche Lage eintreten … und dann wird er die Leitung des Rates übernehmen«. Obwohl Margaretes Name die Liste der Ratsmitglieder anführte, kamen ihr keine besonderen Befugnisse zu – abgesehen von der Aufsicht über den »Stempel (cachet), den wir angefertigt haben, um unseren Namen auf alle Briefe zu drucken, die mit der Zustimmung des Rates in unserem Namen ausgefertigt werden«. Denn obwohl nicht nur Chièvres, sondern auch Le Sauvage Karl nach Spanien begleiten würden, hatten sie offenbar nicht die Absicht, ihre Macht über die Niederlande allzu schnell aus der Hand zu geben.47

Ein folgenreicher Liebesbrief Karl erließ nun eine Anordnung über den Hofstaat, den er mit sich nach Spanien nehmen wollte und der über 600 Personen umfasste – beinahe doppelt so viele, wie zehn Jahre zuvor im Gefolge seines Vaters mitgezogen waren. Dazu gehörte

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auch ein starkes iberisches Kontingent von achtzehn ranghohen Amtsträgern, von denen einige bereits prominent in Erscheinung getreten waren (Alonso Manrique, inzwischen Bischof von Córdoba, und Pedro Ruiz de la Mota, Bischof von Badajoz, ferner Juan de Zúñiga, Luis Cabeza de Vaca und Juan Manuel). Mehrere deutsche Fürsten standen ebenfalls auf der Liste, darunter Pfalzgraf Friedrich, der noch immer seine jährliche Zahlung von 5000 Gulden als Obersthofmeister erhielt.48 Auch Karls ältere Schwester Eleonore begleitete ihn. Ursprünglich hatten die Klagen seiner niederländischen Untertanen darüber, dass Eleonores Abreise auch noch das letzte Kind Philipps des Schönen aus ihrer Mitte reißen würde (Isabella befand sich schon in Dänemark, Maria war auf dem Weg nach Ungarn), Karl dazu bewogen, den Verbleib der Schwester in Brüssel anzuordnen. Aber Eleonore sang im Garten des Palastes Protest- und Klagelieder »und ihre Zofen sangen den Refrain, bis der König, ihr Bruder, davon Notiz nahm. Und Seine Hoheit kam, um sie zu trösten, weil er sie sehr lieb hatte, und versprach ihr, dass er sie mit sich nach Spanien nehmen werde«.49 Mit diesen Protestliedern hatte es indes noch mehr auf sich. Karls Mündigsprechung hatte auch seine inzwischen neunzehnjährige Schwester Eleonore aus ihrer Mechelner Abgeschiedenheit befreit: Beide hatten sie ihren Lebensmittelpunkt nun im Coudenberg-Palast von Brüssel, wo sie in benachbarten Gemächern wohnten. Wenn Karl in seinem Herrschaftsgebiet umherreiste, begleitete Eleonore ihn und sein Gefolge, unter dem sich auch der »erste Prinz von Geblüt«, Pfalzgraf Friedrich, befand. Der 1482 geborene Friedrich war sechzehn Jahre älter als Eleonore. Er hatte bereits ihren Vater auf dessen erster Reise nach Spanien begleitet und danach an der Seite Maximilians in Italien gekämpft. Auch mit dem kleinen Karl blieb er stets in Kontakt: 1505 schickte er ihm ein Steckenpferd, dem bestimmt noch weitere Spielzeuge folgten. 1513 wurde er als einer von drei Kämmerern des Prinzen damit betraut, diesem ständige Gesellschaft zu leisten (siehe Kap. 2). Viele waren der Meinung, es sei Friedrich gewesen, der Karl von einer leichten Neigung zur Anorexie geheilt habe.50 Zwei Jahre später spielte er als Beauftragter Maximilians eine wichtige Rolle bei der Mündigsprechung seines Enkels, und über die nächsten zwei Jahre hinweg begleitete der Pfalzgraf das königliche Gefolge auf allen seinen Reisen. Gegen Ende des Jahres 1515, berichtet uns sein Biograf, wurde Friedrich Eleonores »Geliebter, während sie auf Bällen tanzten, während sie in dem Park spazieren gingen, der das königliche Schloss umgab, und während sie auf die Jagd gingen; und wenn sie einmal keine Worte wechseln konnten, dann verständigten sie sich mit Zeichen und Gesten«. Auf diese Weise gelang es Friedrich, »um die edle Dame Frau Eleonore von Österreich zu werben und ihr mitzuteilen, dass er sie ehelichen wolle.« Wen wundert es also, dass

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Eleonore Protestlieder sang, als zu fürchten stand, Friedrich werde womöglich ohne sie nach Spanien aufbrechen?51 Doch Karl hatte auch seine eigenen, verborgenen Motive: Wenn er seine Meinung änderte und beschloss, seine Schwester doch mit nach Spanien zu nehmen, lag das nicht allein an ihrem Protest. Im März 1517 war beider Tante María gestorben und hatte König Manuel von Portugal als Witwer zurückgelassen, der nun im Alter von 48 Jahren eine neue Braut suchte. Karl bot ihm Eleonores Hand an. Das bedrohte natürlich ihre geheime Liebschaft mit dem Pfalzgrafen, und während Eleonore noch in Zeeland auf günstigen Wind zum Aufbruch wartete, versprach sie Friedrich, dass sie, »wenn sie das nächste Mal mit dem König in ihrer Kapelle allein sein werde«, Karl um seine Zustimmung zur Heirat mit dem Geliebten bitten wolle. Unglücklicherweise zweifelte Friedrich jedoch an ihrer Entschlossenheit und schrieb ihr deshalb einen leidenschaftlichen Liebesbrief, der folgendermaßen begann: »Meine Geliebte, Ihr könnt der Grund zu meinem Glück oder zu meinem Unglück sein … Ich bin bereit und verlange nicht mehr, als dass ich Euer sein will und Ihr mein sein sollt  … Liebste, zürnt mir nicht, wenn ich Eure Seele mit so vielen lästigen Briefen beschwere.«52 Eleonore sollte diese Liebeserklärung niemals lesen. Eine ihrer Hofdamen hatte beobachtet, wie Friedrichs »lästige Briefe« zugestellt worden waren, welche die Prinzessin sodann in ihrem Mieder versteckte, bis sie sie ungestört und in aller Heimlichkeit lesen konnte. Auf irgendeinem Weg fand Chièvres dies heraus und informierte Karl. Eleonore hatte gerade Friedrichs letzten, verzweifelten Brief erhalten und an dem üblichen Ort versteckt, als ihr Bruder in ihre Gemächer trat, um ihr wie an jedem Tag den Morgengruß zu entbieten: »›Wie befindet Ihr Euch?‹, fragte er, worauf sie antwortete: ›Mir geht es wohl, mein Herr‹  … ›Aber mir will scheinen‹, sprach der König, ›dass Euer Busen heute voller ist als gewöhnlich‹; und mit diesen Worten stieß er seine Hand hin­ ein und zog den beschämenden Brief hervor. Eleonore errötete und bemühte sich, diesen Beweis ihrer heimlichen Liebe zurückzuerlangen, aber Karl setzte sich durch und sprach noch im Gehen: ›Nun werde ich schon herausbekommen, was Ihr getrieben habt.‹«

Der König stürmte in seine eigenen Gemächer zurück, wo er den Liebesbrief las, bevor er ihn an Chièvres weitergab, der beide Parteien, Eleonore wie Friedrich, zwang, die Details ihrer Liebesaffäre unter Eid vor einem Notar zu bekennen. Nachdem Karl das Protokoll dieser Vernehmung gelesen hatte, verbannte er Friedrich unverzüglich von seinem Hof und ließ Eleonore in ihrem Quartier festsetzen: Es sollte keinerlei Grund zur Behauptung geben, auch Eleonore trage

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»bereits ein Kind unter dem Herzen«, wie es der Herzog von Suffolk behauptet hatte, um Mary Tudor – zuvor Karls Braut – für sich zu gewinnen.53 Diese dramatischen Entwicklungen erstaunten die Diplomaten, die in Zeeland nur darauf warteten, mit Karl die Segel nach Spanien zu setzen. Der Engländer Cuthbert Tunstal etwa wunderte sich über »die plötzliche Abreise des Pfalzgrafen, der bereits sein ganzes Zeug hat herbringen lassen, um mit dem König zu ziehen, und der von allen Edelleuten dem König stets am nächsten war«. Auch bemerkte er mit Verwunderung, dass »der König ganz und gar unbeugsam war«, fügte indes hinzu: »Ob all dies aus seinem eigenen Kopf entsprungen ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen.« Wie etliche andere auch vermutete Tunstal, dass Chièvres seine Hand im Spiel gehabt hatte, der es überhaupt nicht leiden konnte, den Pfalzgrafen Friedrich so »tief in des Königs Gunst« zu sehen, und der deshalb den Sturz seines Rivalen betrieben haben mochte. Thomas Spinelly hingegen glaubte, die plötzliche Entlassung des engen Vertrauten in Ungnade habe zum ersten Mal erwiesen, dass Karl »Mumm und Mut« besitze »und dass er erlittenes Unrecht nicht leicht wieder vergisst«. Spinelly sagte voraus, der junge König werde sich auch in Zukunft »mit fester Entschiedenheit« zeigen.54 Bei alldem verhinderten ungünstige Winde auch weiterhin die Abfahrt der königlichen Flotte aus Zeeland. Am 11. September äußerte ein Vertrauter Cisneros in Spanien, er setze wie viele andere auch seine Hoffnung darauf, »dass Seine Hoheit uns im Jahr 1517 nicht im Stich lassen wird, denn wir haben mehr als 1000 Dukaten auf seine Ankunft verwettet. Ich bete zu Gott, dass Er Seine Majestät sicher in diese Königreiche geleite.«55 Zu diesem Zeitpunkt war die Wette bereits halb gewonnen: Vier Tage zuvor hatte der Wind in Zeeland plötzlich gedreht, und Karl, Eleonore und ihr Gefolge hatten noch eilig die Beichte abgelegt und waren an Bord der Schiffe gegangen, die nun schon so lange für ihre Reise nach Spanien bereitgelegen hatten. Der Vorfall mit dem Liebesbrief hatte allen gezeigt, dass Karl bereit war, selbst enge Vertraute in Ungnade zu stürzen, solange es seinen Plänen nutzte. Ob er jedoch tatsächlich über den nötigen »Mumm und Mut« verfügte, um schwierige politische Entscheidungen zu fällen und dann »mit fester Entschiedenheit« an seinem Urteil festzuhalten – das musste sich erst noch zeigen.

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Porträt des Kaisers als junger Mann Sancho Cota, ein Dichter, der nach dem Tod Philipps des Schönen aus Spanien in die Niederlande geflohen und dort der Sekretär von Philipps Tochter Eleonore geworden war, hat uns ein intimes Porträt ihres Bruders Karl hinterlassen, das diesen am Vorabend seiner Abreise nach Spanien charakterisiert: »Jetzt wollen wir davon sprechen, wie König Karl im Alter von sechzehn Jahren war. Er war von mittlerer Größe, hatte ein längliches Gesicht, blondes Haar, hübsche hellblaue Augen, eine wiewohl schmale, doch wohlgestalte Nase, wohingegen sein Mund und Kinn nicht so ansehnlich waren wie seine Züge sonst … Er war ein anmutiger, durchaus stattlicher Mann, aufrecht in seinem Lebenswandel, der Speis und Trank nur in Maßen zusprach; geistreich weit über seine Jahre hinaus; weitherzig und großzügig und überaus tugendsam.«1

In so gut wie allen zeitgenössischen Beschreibungen Karls finden sich Bemerkungen zu seinem charakteristischen »Mund und Kinn«. Der italieni­sche Diplomat Antonio di Beatis, den Karl kurz vor seiner Abreise nach Spanien empfing, bemerkte, dieser sei zwar »groß gewachsen und von prächtiger G ­ estalt mit eleganten, geraden Beinen – den schönsten, die man bei einem Mann seines Standes je gesehen hat – … jedoch sein Gesicht ist lang gezogen und leichenblass, der Mund schief mit schlaff herabhängender Unterlippe (und er lässt ihn offen stehen, wenn er nicht aufpasst).« Ein anderer italienischer Gesandter jener Zeit berichtete, Karl sei »hübsch und hochgewachsen, redet nicht viel, obwohl ihm der Mund stets offen steht, was ihn ganz und gar nicht ziert … Er ist sehr anfällig für den Katarrh, und da seine Nase ständig verstopft ist, muss er eben durch den Mund atmen. Seine Zunge ist kurz und dick, weshalb er nur mit großer Mühe spricht.«2 So gut wie alle zeitgenössischen Skulpturen und Gemälde zeigen Karl mit offen stehendem Mund und markantem Unterkiefer. Bei einer weiteren Eigenschaft stimmten alle überein, nämlich der Frömmigkeit des jungen Mannes. Di Beatis zufolge besuchte Karl »jeden Tag zwei Gottesdienste, erst eine gelesene und dann eine gesungene Messe«; in der Karwoche zog er sich in der Regel zu Exerzitien zurück. So geschah es 1518 an seinem ersten Osterfest in Spanien, als er begleitet von »einem sehr kleinen Gefolge« in ein Kloster ging, »um allen weltlichen Angelegenheiten zu entfliehen und fast völlig allein zu sein, um sein Gewissen desto besser prüfen zu können und eine ernsthafte Beichte abzulegen«. Danach »brach er auf, um alle heiligen Stätten in der Umgebung zu besuchen und dort Ablass seiner Sünden zu erhalten«. Zwei Jahre darauf begab er sich wiederum »während der Zeit der Karwoche in ein Kloster, um dort seine Andacht zu halten«, und weigerte sich, Regierungsgeschäfte zu führen.3

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Manche Beobachter sorgten sich um seinen Gesundheitszustand. Einer der wenigen Punkte, in denen seine beiden Großväter übereinstimmten, betraf seine Heirat mit Mary Tudor, die zunächst für Mai 1514 angesetzt gewesen war. Maximilian und Ferdinand jedoch meinten einhellig, die Hochzeit müsse »aufgeschoben werden, weil die Natur ihm nur wenig Körperkraft geschenkt hat«. Drei Jahre später warnten Karls Ärzte, dieser erscheine »so schwach, dass er keine zwei Jahre mehr zu leben habe«, was seine Minister in den Niederlanden dazu bewegte, einen Aufschub der geplanten Spanienreise zu erwirken, weil ihm »in seinem Heimatland [bessere] Gesundheit« sicher sei.4 Solche Bedenken widersprechen den Berichten von Karls Tüchtigkeit und Ausdauer beim Jagen und beim Turnierspiel und könnten schlicht auf ähnliche Vorurteile zurückgehen, wie sie schon die Minister seines Vaters Philipp an den Tag gelegt hatten, die »lieber zur Hölle fahren wollten als nach Spanien« (siehe Kap. 1) – oder wie sie selbst Erasmus von Rotterdam hegte, der eine ihm angetragene spanische Bischofswürde mit der Erklärung ablehnte, dass er sich »aus Spanien nichts mache«.5 Aber für den Januar 1519 ist eben doch ein einschneidendes Ereignis verbürgt, das tatsächlich auf eine körperliche Schwäche des jungen Karl hindeutet. Dem französischen Botschafter zufolge, der als Augenzeuge dabei war, »sank [Karl] zu Boden, als er während der heiligen Messe gerade kniete, und blieb so über zwei Stunden lang liegen, mit verzerrtem Gesicht, aber ohne sich zu rühren, gleich als wenn er tot wäre. Man trug ihn in sein Schlafgemach«, wo er dann für mehrere Tage blieb. »Jedermann hier spricht darüber«, gab der Botschafter zu Protokoll, nicht zuletzt, weil Karl »erst vor kaum zwei Monaten auf die gleiche Weise erkrankt ist«, als er gerade Tennis spielte.6 Doch selbst wenn »jedermann« in den Tagen danach »darüber« gesprochen haben mag, hat doch nur ein weiterer Augenzeuge, der Historiker und königliche Rat Pedro Mártir de Anglería, die beunruhigende Episode (womöglich handelte es sich um einen epileptischen Anfall) festgehalten – und selbst dieser zweite Zeuge gab sich alle Mühe, den Ernst des Vorfalls herunterzuspielen: »Während der König die Messe hörte, wurde er ohnmächtig und stürzte, erholte sich jedoch sogleich wieder.« Mártir fuhr fort: »Manche sagen, eine überreiche Mahlzeit am Tag zuvor sei schuld daran; und einige führen es auf ein Übermaß an geschlechtlicher Liebe zurück.«7 Die Erklärung, Karl habe eben »zu viel gegessen«, erscheint wenig plausibel: In den meisten Quellen, die von den Angewohnheiten des jungen Königs berichten, ist eher (wie bei Sancho Cota) von seiner Mäßigung die Rede, was Essen und Trinken angeht. Und was die Deutung »zu viel Sex« betrifft: Nach vier Jahren an Karls Hof kam der Venezianer Francesco Corner zu dem kategorischen Urteil, dass es sich bei Karl »nicht gerade um einen Weiberhelden« handele.8 Damit lag er jedoch falsch.

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Im Februar 1517 berichtete ein englischer Diplomat in Brüssel (ohne Angabe seiner Quelle), dass »der Lord Chevers begonnen habe, dem Verlangen des Königs nachzugeben, und ihm gestattet, sich im Garten der Venus zu vergnügen«. Vielleicht war diese Andeutung ganz einfach der Erwartung geschuldet, Karl werde dem Beispiel seiner Großväter folgen, die beide uneheliche Kinder gezeugt hatten (Maximilian hinterließ sogar so viele, dass »er sich nicht an alle erinnern konnte«). Oder sie ist auf das ewige Interesse zurückzuführen, mit dem Diplomaten aller Zeiten sich für die sexuellen Eskapaden an den Höfen interessierten, an denen sie residierten.9 Doch teilt Karl selbst zu diesem Punkt einige Details mit, gleich in seinem ersten erhaltenen Brief von eigener Hand, den er im Januar 1518 an Heinrich von Nassau, den Oberbefehlshaber seiner Truppen in den Niederlanden, schrieb (Abb. 8). Bereits die umstandslose Anrede (»Henri«) ließ eine ungezwungene Vertraulichkeit zwischen den beiden Briefpartnern erkennen, genauso Karls Behauptung, er habe »so viele Briefe von Euch erhalten«, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, auf alle »mit meiner eigenen schönen Hand« zu antworten, trotz Heinrichs Drohung, wenn er nicht eigenhändig zurückschreibe, werde Karl als »des Teufels Beute« enden. Karl erklärte deshalb, er werde »als Erstes auf Euren närrischen Brief (fole lettre) antworten, da ja jeder am liebsten von dem erzählt, was er am liebsten mag«, und scherzte dann über die Liebesabenteuer einiger seiner Höflinge. Als Nächstes ließ er einen Schwall von Beschwerden über Spanien auf Heinrich einprasseln: wie sehr ihm die niederländischen Fischspezialitäten fehlten, wie sehr er sich nach einem vernünftigen Glas Wein verzehrte und wie »überaus verdrossen ich darüber bin, dass ich meinen Heinrich nun nicht mehr sehe (je suis bien mary de ne plus voir mon Henry)«. Vor allem aber fehlten ihm die »hübschen Damen (belles dames), denn die findet man hier kaum – obwohl ich glaube, dass ich eine gefunden habe, die mir gefällt … Sie macht nicht viel her, trägt immer ein Fingerdick Schminke«, fuhr er wenig galant fort, aber »wenn die Dame willens ist, werde ich sie leichter und billiger bekommen als dort drüben«. Offenbar war er erfolgreich, denn wie Laurent Vital berichtet, der über zehn Jahre als Karls Kammerdiener fungierte, »eroberte und besaß« Karl zu der damaligen Zeit »durch Liebe eine Dame (avoit conquis et fait une dame par amour)«. Wer mag jene Dame gewesen sein? Einzig und allein der Botschafter Thomas Spinelly liefert uns zumindest eine Teilantwort, teilte er doch Karls Onkel Heinrich mit, dass »der König in amouröser Verbundenheit zu einer feinen Hofdame der Königin von Aragón« stand (von Germaine de Foix also, Karls Stiefgroßmutter).10 Kein anderer Diplomat, Minister oder Chronist scheint die fragliche Dame erwähnt zu haben, und das Schweigen all dieser Herren mag überraschen  – aber andererseits hatte kaum einer von ihnen überhaupt etwas Nennenswertes

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über den jungen Karl zu berichten. In Sancho Cotas Memo­rias findet sich nur ein einziger Hinweis darauf, dass Karl vor seiner Abreise nach Spanien einer Frau gegenüber die Initiative ergriff: Eines Tages  –  mit ziemlicher Sicherheit war es im Winter 1515/16 – »beschloss [er], dass er einen Wappenspruch haben sollte wie andere Fürsten auch, und so nahm er seinen Dolch und ritzte in eines der Fenster in seinen Gemächern in Brüssel die folgende Devise: ›Plus oultre‹«, also: »Immer weiter«.11 Dieses Motto, das beinahe sofort mit den beiden Säulen des Herkules (und deren Durchschreiten westwärts) in Verbindung gebracht wurde, hatte die doppelte Bedeutung, dass Karl nicht nur die geografischen Grenzen früherer Reiche hinter sich lassen wollte, sondern auch die Tapferkeit, den Ruhm und die Glorie der Helden des Altertums. Der Wahlspruch fand rasch Anklang: Bereits im Oktober 1516 zitierte Karls Leibarzt und Ratgeber Luigi Marliano ihn in einer Rede, die er vor einer Versammlung aus Rittern vom Goldenen Vlies hielt. Marliano stachelte den jungen König dazu an, »ein neuer Herkules, ein neuer Atlas« zu werden, und im Jahr darauf prangten das Motto und die unvermeidlichen Säulen an prominenter Stelle auf dem Großsegel des Schiffes, mit dem Karl nach Spanien fuhr.12 Eine lateinische Variante, »Plus ultra«, erschien auf der Rückseite des Gestühls, in dem Karl bei der nächsten Kapitelversammlung des Ordens in Barcelona saß – und später noch an tausend anderen Stellen. Obwohl Cota uns nicht verrät, woher Karl die Inspiration für seinen Wahlspruch nahm – der ja persönlich, heroisch und ritterlich zugleich wirkte –, ist hier vermutlich an den Recueil des Histoires de Troye zu denken, den einst Herzog Philipp der Gute von Burgund in Auftrag gegeben hatte. Karl der Kühne besaß eine reich illuminierte Handschrift dieser Sammlung von Troja-Geschichten, die in der herzoglichen Bibliothek verwahrt wurde, und seine Ehefrau Margarete von York, die erste Erzieherin des jungen Karl, schätzte den Recueil so sehr, dass sie ihrerseits eine Übersetzung ins Englische anfertigen ließ. Bis 1516 dürfte Karl den Text mehrere Male vorgelesen bekommen haben – und damit auch die Worte der Inschrift, die angeblich an einer der Säulen des Herkules aufgefunden worden waren: »Geht nicht weiter, wenn ihr Land erobern wollt«, wobei sich in der vollständigen französischen Version die beiden Wörter plus und oultre verbargen.13 Wie vor ihm schon Cota, so fiel Laurent Vital zu dem jungen König Karl nicht viel Denkwürdiges ein. Ein ganzes Kapitel seiner Chronik von Karls »Erster Reise nach Spanien« widmete er den »guten Sitten, die Gott unserem Herrn, dem Katholischen König, hat zuteilwerden lassen«, vermochte dann aber nur wenige Beispiele zu nennen, außer dass der König »das Fluchen nicht ausstehen konnte«, dass er »wahr sprach und gerecht handelte« sowie »Schmeichler und Ausplauderer zutiefst hasste«. Konkret hatte Vital nur einen einzigen Beleg für Karls »gute Sitten« vorzuweisen: Er berichtet, wie der zwölfjährige Karl einmal

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»einen seiner alten Diener« tadelte, weil dieser schlecht von einem anderen gesprochen hatte, dessen Entlassung er so provozieren wollte.14 Zweifellos spiegelt das Fehlen von Berichtenswertem den Umstand wider, dass der junge König nur selten einmal etwas Außergewöhnliches tat oder sagte. In seiner detaillierten Schilderung der langen Reise von Gent nach Saragossa – sie dauerte neun Monate – gibt Vital nur eine einzige längere Unterhaltung wieder: Und selbst die ist eine belanglose Plauderei darüber, wie Essen und Trinken unter den Schiffen der königlichen Flotte aufzuteilen seien, als diese unterwegs einmal in eine Flaute geraten waren. Di Beatis, der seine Beobachtungen unmittelbar vor Beginn der Seereise zu Papier brachte, hielt fest, dass »Seine Majestät gleich nach dem Mittag- oder Abendessen einem jeden gnädig Audienz gewährte, dort, wo er saß, am Kopf des Tisches«, obgleich dabei »Seine Majestät nicht sprach«. Auch Corner stellte fest, dass Karl »bei Audienzen und Unterredungen nur wenig spricht«. Stattdessen »lässt er den Großkanzler oder einen anderen anwesenden Minister antworten, und wenn er doch spricht, dann um zu sagen, dass er die Angelegenheit dem Großkanzler übertragen oder an M. de Chièvres oder jemand anderen weiterleiten wird, je nachdem, wie wichtig die Angelegenheit gerade ist«.15 Wiederholt bezeichneten Corner und auch andere Diplomaten Chièvres als »alter rex« – einen »zweiten König« –, während Erasmus bemerkte, dass Chièvres’ »geringstes Wort Gesetz ist«. Vital rechtfertigte die Bereitwilligkeit, mit der Karl »den Ratschlag von Älteren schätzte und bevorzugte«, unter Verweis auf ein abschreckendes Beispiel aus dem Alten Testament: den Fall Jeroboams, »der aus seinem Königreich vertrieben wurde, weil er die Alten und Weisen mit Verachtung strafte und stattdessen den Jungen und Törichten sein Ohr schenkte«.16 Andere waren weniger wohlwollend. Ein spanischer Gesandter meldete im Jahr 1516, Karl werde »herumkommandiert und kennt nichts anderes, weiß auch nichts anderes zu sagen als das, was ihm seine Räte einflüstern und vorsagen. Er folgt diesen Ratgebern ganz und ist vollkommen an sie gebunden.« Im Jahr darauf behauptete ein venezianischer Diplomat, Karl »spreche wenig und sei auch kein Mann von großem Verstand«; zwei andere erklärten, dass sie »bei drei Gelegenheiten, zu denen sie ihn getroffen hatten, ihn nie auch nur ein einziges Wort hatten reden hören, da sämtliche Angelegenheiten von seinen Ratgebern besprochen und entschieden wurden«; und ein englischer Diplomat äußerte mit brutaler Deutlichkeit die Ansicht, dass »der König von Kastilien bloß ein Idiot und seine Ratgeber allesamt korrupt« seien.17 Das war offenkundig nicht ganz fair. Laurent Vital wusste genau, warum sich Karl und seine Regenten so und nicht anders verhielten: Sie mussten »aus einer Not eine Tugend machen«, hatten sie doch eigentlich inakzeptable Zugeständnisse zu machen, wollten sie einen Krieg vermeiden und »den Besitz dieses

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Waisenprinzen bewahren«, bis der ein Alter erreicht hatte, in dem er »seine Rechte« erfolgreich selbst »verteidigen« konnte. Chièvres bereitete den Prinzen schon auf diesen Tag vor, und er tat es so vorsichtig wie umsichtig. Martin du Bellay, ein französischer Diplomat, dem gewiss nicht daran gelegen war, den Hauptrivalen seines eigenen Herrn grundlos zu rühmen, berichtete über seinen Aufenthalt an Karls Hof im Jahr 1515: »Alle Dossiers und Akten, die aus den verschiedenen Provinzen eingehen, legte man dem Prinzen persönlich vor, selbst des Nachts, und nachdem er sie genau gelesen hatte, erstattete er selbst seinem Rat Bericht über ihren Inhalt, und dann wurde in seinem Beisein über alles beraten.« Als einer von Du Bellays Kollegen sich verwundert darüber zeigte, dass Chièvres »den Geist des jungen Prinzen dergestalt belaste, wo er doch alle Mittel gehabt hätte, ihm dies zu ersparen«, antwortete Chièvres: »Mein Vetter, ich bin sein Tutor und Beschützer, solange er jung ist … wenn ich einmal sterbe, und er hat noch nicht gelernt, seine Angelegenheiten selbst zu dirigieren, wird er wieder einen Tutor brauchen, weil er in der Regierungsarbeit nicht recht unterwiesen wurde.«18 Dennoch scheint die bis ins Detail reichende Lenkung durch Chièvres und vor ihm durch Margarete und Maximilian Karls Selbstvertrauen und Eigenständigkeit zumindest gedämpft zu haben. So erklärt sich vermutlich seine Abhängigkeit von deutlich älteren Männern  – nicht nur von Chièvres und Adrian von Utrecht, die Altersgenossen seines Großvaters Maximilian waren, sondern auch von Pfalzgraf Friedrich und von Heinrich von Nassau, die immerhin doppelt so alt waren wie Karl. Sicherlich stellten all diese Männer – wie auch die anderen noch lebenden Ratgeber Philipps des Schönen – für Karl eine wichtige Verbindung zur Lebenswelt seines Vaters her, was auch einige oft übersehene politische Kontinuitäten erklären mag. Später erkannte Karl dann aber doch, wie gefährlich es sein konnte, in einzelne Minister allzu viel Vertrauen zu setzen. Die geheimen Instruktionen, die er 1543 für seinen Sohn Philipp niederschrieb – der fast in demselben Alter war wie damals Karl, als er zum ersten Mal nach Spanien kam –, enthielten jedenfalls eine ernste Mahnung vor exakt der Art von Abhängigkeit, die einst Karls Beziehung zu Chièvres gekennzeichnet hatte: »Besprecht Eure Angelegenheiten stets mit vielen, damit Ihr nicht an einen gebunden oder ihm verpflichtet seid, denn obwohl es Zeit sparen mag, liegt es doch nicht in Eurem Interesse, vor allem zu Anfang, denn man wird sofort sagen, Ihr würdest gelenkt – und das mag auch stimmen. Jeder, der solche Gunst von Euch erfährt, wird über die Maßen hochmütig werden und sich selbst derart überhöhen, dass es endlose Probleme nach sich ziehen wird; und zum Schluss werden all die anderen sich beschweren.«19

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Das sind in der Tat weise Worte. Allerdings fügte der Kaiser sie lediglich als einen Nachtrag auf einer Seite an, die mehr Korrekturen aufweist als irgendeine andere aus den Instruktionen  – eine Kuriosität, die womöglich Karls Scham und Verlegenheit darüber widerspiegelt, dass sein eigenes Unvermögen, auf die beschriebene Weise zu handeln, letztlich Rebellion und Aufruhr nach sich gezogen hatte und beinahe sogar den Verlust seines gesamten spanischen Erbes (Abb. 9).

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TEIL II

Spiel der Throne »Wenn man das Spiel der Throne spielt, gewinnt man oder man stirbt. Dazwischen gibt es nichts.« Cersei Lannister zu Eddard Stark, Game of Thrones, Staffel 1, Episode 7 (2011)

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4 Vom König von Spanien zum rex Romanorum (1517–1519) Endlich Spanien! Einige Wochen nach dem Tod Ferdinands von Aragón im Januar 1516 meldete der englische Botschafter John Stile aus Madrid, dass, sollte Karl nicht bald in Spanien eintreffen, »sich hier in diesem Sommer ganz bestimmt zahlreiche Unannehmlichkeiten und Probleme einstellen werden«. Für eine Weile schien es, als hätte Stile maßlos übertrieben. Nicht nur sandte Kardinal Cisneros dem König einen steten Strom aufmunternder Nachrichten über die Lage in Kastilien; sondern in Aragón hatte der Justicia Mayor, der oberste Richter des Königreiches, Karl als rechtmäßigen Erben und als gesetzlichen Vormund seiner Mutter Johanna anerkannt, solange diese an »Krankheit, Geistesgestörtheit und Schwachsinn« leide. Der Vizekönig von Neapel meldete inzwischen, dass »das gesamte Königreich ebenso friedlich und gesetzestreu dem Prinzen und König, meinem Herrn, gehorcht, wie es dies zu Zeiten Seiner seligen Majestät getan hat«. Zwar hatten einige sizilianische Barone auf die Nachricht von Ferdinands Tod hin eine Rebellion angezettelt, doch waren Ruhe und Ordnung durch das entschiedene Eingreifen des Vizekönigs schon bald wiederhergestellt. Diese Flut guter und optimistischer Nachrichten ermutigte Karl, die Pläne seines Großvaters für einen erneuten Feldzug in Nordafrika wieder hervorzuholen: Im Mai 1517 wies er Cisneros von Brüssel aus an, einen Landungsangriff auf Algier zu unternehmen.1 Zu jenem Zeitpunkt geriet die Lage in Kastilien bereits außer Kontrolle. Trotz der Unklarheit seiner eigenen Position war es Cisneros anfangs noch vergleichsweise gut gelungen, sich gegen Anfeindungen zu behaupten. Als eine Delegation von Granden bei ihm vorsprach und fragte, »mit welchem Recht Ihr eigentlich regiert«, »wies [der Kardinal] auf eine Terrasse, wo er – wie an vielen erhöht gelegenen Plätzen – eine große Zahl von Kanonen hatte aufstellen und bereit machen lassen, und sagte zu ihnen: ›Das sind die Vollmachten, die der König mir hinterlassen hat, und mit ihnen wie auch mit der Erlaubnis des Prinzen werde ich Kastilien regieren, bis Seine Hoheit hierherkommt oder etwas anderes anordnet.‹« Ein derart krudes Machtgebaren konnte nicht ewig gut gehen. Rückblickend murrte der Chronist Bartolomé Leonardo de Argensola, der Kardinal habe »die Dinge auf sehr herrische Art geregelt«. Insbesondere habe er »viele, die ihm gut gedient hatten, ihrer Ämter beraubt, anderen nahm er ihr Salär und hochgestellten Personen ihre Renten und Steuereinnahmen«. Viele der Be-

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troffenen gingen »in die Niederlande, um bei dem Prinzen Zuflucht zu suchen«, was Cisneros’ Autorität untergrub, denn »an jenem Hof hörte man nichts als Beschwerden über die Lage in Kastilien«.2 Aber auch viele von denen, die in Spanien blieben, beschwerten sich. Manche Adligen und Städte stellten sich der Politik Cisneros’ offen entgegen, und während der Kardinal in seinen Briefen an Karl weiterhin bemüht war, positive Akzente zu setzen – »alles ist friedlich und ruhig«, behauptete er im März 1517 wieder einmal –, drohten die führenden Städte Kastiliens, im Oktober die Cortes des Königreichs zusammentreten zu lassen, wenn Karl nicht bis dahin endlich eingetroffen war. Diese Frist hielt der junge König gerade noch ein, als er am 20. September 1517 zum ersten Mal einen Fuß auf spanischen Boden setzte.3 Der neue Herrscher kam gut vorbereitet. Karl hatte Bücher gesponsert, die seine Legitimität untermauern sollten (darunter Neuausgaben der Acht Dekaden über die neue Welt des Pedro Mártir de Anglería und der Chronik Johanns II. über die Taten von Karls Urgroßvater); und er hatte sich Abschriften der täglichen Rechnungsführung besorgt, die den Haushalt seiner Mutter auf deren Reisen nach Spanien ein Jahrzehnt zuvor erfasst hatte – vermutlich, weil er abschätzen wollte, wie viel er selbst würde in etwa ausgeben müssen.4 Ein Darlehen von seinem Onkel Heinrich VIII. hatte Karl eine gut gefüllte Reisekasse von 40 000 Dukaten beschert  – spanische Münzen, frisch in Antwerpen geprägt. Damit sollte Karl seinen Lebensunterhalt bestreiten, doch zunächst fand er nur wenig, was er hätte kaufen können: Die Lotsen seiner Flotte hatten sich im Landungsort geirrt, sodass Karl, Eleonore und ihr Gefolge in dem winzigen asturischen Hafenort Villaviciosa an Land gingen, wo es an Infrastruktur für ihr Gepäck und die mitgeführten Vorräte mangelte. Ein Mitglied der königlichen Entourage berichtete: »Für 200 Personen – Herren, Kavaliere und edle Damen – hatten wir kaum vierzig Pferde, und zu kaufen gab es auch keine, erstens, weil hier wegen der großen Berge und der Eigenart des Geländes selbst die hohen Herren zu Fuß gehen, und zweitens, weil die Hauptorte alle mit der Krankheit verseucht waren.«5 »Die Krankheit« – gemeint war die Beulenpest – sollte Karls ganzen ersten Besuch in Spanien überschatten, seine Entscheidungen beeinflussen und seine Untertanen entscheidend verdrießen. Laurent Vital, der mit seinem Herrn an Land ging, versuchte, alldem noch etwas Positives abzugewinnen: »Der König und sein Gefolge machten aus der Not eine Tugend«, behauptete er, »indem sie mit anpackten« bei allem, was zu tun war, »und vorgaben, in einer ländlichen Idylle gelandet zu sein, wenn sie Schmarren und Pfannkuchen aus einheimischen Eiern und Mehl verspeisten«. Aber das Rollenspiel bekam erste Risse, als »eine große Zahl von ihnen auf Stroh schlafen musste« – und spätestens nachdem sie alle Vorräte am Ort aufgegessen hatten, war es mit dem schönen Schein vorbei. So sah das königliche Gefolge

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sich zur Weiterreise gezwungen, aber weil sie nur wenige Ochsenkarren auftreiben konnten, in denen die Damen fuhren, sowie ein paar Packpferde und Maultiere, die Karl und einige andere ritten, mussten die anderen zu Fuß hinterher.6 Nachdem sie den »schrecklichen und mühseligen Küstenpfad« bewältigt sowie sintflutartigem Regen und einem »kalten, finsteren Nebel« getrotzt hatten, erreichte die vollkommen durchnässte Schar schließlich den Hafen von San Vicente de la Barquera, wo zumindest etwas bessere Unterkünfte und frische Lebensmittel ihre Lebensgeister weckten und die allgemeine Stimmung merklich hoben. Karl prahlte seiner Tante Margarete gegenüber, dass »den ganzen Weg entlang die Fürsten und Granden dieser Gegend uns den Gruß entboten haben, wobei sie beeindruckend viel Volk mit sich führten voller gutem Willen und Gehorsam«. Ein wenig großspurig fügte er hinzu: »Wir glauben, dass hier nie zuvor ein König so allgemein und von allen willkommen geheißen und verehrt worden ist wie wir.« Kurz danach erkrankte er, musste das Bett hüten und aß so gut wie nichts, während seine Ärzte ihn mit diversen Arzneien traktierten, »denen sie oft auch vom geriebenen Horn eines Einhorns beimischten«. Karl wurde schließlich so krank, dass »selbst seine Hofnarren ihn nicht mehr zum Lachen bringen konnten«.7 Die Ärzte kamen zu dem Schluss, dass »die Seeluft die Schuld trug«, und deshalb marschierte man nicht weiter nach Santander, wo Karls Flotte mit den restlichen Vorräten eingetroffen war. Der König und ein kleines Gefolge machten sich vielmehr auf den direkten Weg nach Kastilien, wozu sie ein Gebirge von beinahe 2000 Metern Höhe überqueren mussten – eine tollkühne Entscheidung in jeder Lage, aber angesichts von Karls angegriffener Gesundheit war sie geradezu töricht. Zunächst kamen sie noch durch Dörfer, in denen selbst »in der Kammer des Königs Bärenfelle hingen statt der gewohnten Wandteppiche«, dann gab es nur noch ärmliche Hütten »mit gänzlich blanken Wänden«, und schließlich kamen sie an einen Ort, »wo wir nicht ein einziges Haus finden konnten, das nicht stank und von dem Vieh, das darin üblicherweise nächtigte, ganz und gar voller Krankheiten war«. Also schlug die königliche Reisegesellschaft Zelte auf und richtete sich gerade auf eine Nacht im Freien ein, als erneut ein »kalter, finsterer Nebel« herabsank, gefolgt von heftigen Windböen und einem weiteren Wolkenbruch – der diesmal jedoch in Schneefall überging. Es war nichts zu machen: Sie mussten in einer der Hütten Zuflucht suchen und die Nacht zwischen übel riechenden und von Flöhen übersäten Nutztieren verbringen. Selbst Vital, der sich normalerweise von nichts unterkriegen ließ, überkam eine gewisse Entmutigung: »Sechsundzwanzig Tage sind vergangen, seit der König von Bord gegangen und in Spanien gelandet ist«, schrieb er traurig – und doch hatten sie gerade einmal achtzig Kilometer zurückgelegt!8

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Sobald Karls Gefolge nahe Palencia wieder auf den königlichen Versorgungstross gestoßen war, verbesserten sich die Bedingungen zumindest ein wenig; aber die Tortur war noch lange nicht vorbei. Am 31. Oktober passierten sie »mehrere Dörfer, von denen man nur die Kirche sah, weil die Häuser und Unterkünfte der Bewohner in der Erde verborgen lagen, in Höhlen und dunklen Gängen, wie Kaninchenbaue«; und nachdem Karl spät an diesem Abend vor Allerheiligen feierlich in das winzige Städtchen Becerril de Campos eingezogen war, »ordnete er an, dass in seiner Unterkunft eine festliche Vesper gesungen werde, aß an jenem Abend jedoch nichts«  – denn es gab nichts zu essen. Die vier Monate zwischen Karls Abreise aus Gent im Juni 1517 und seiner Ankunft in Becerril am Abend vor Allerheiligen waren vermutlich die elendesten Monate seines Lebens und auch die am wenigsten produktiven: Er führte während dieser Zeit so gut wie keine Regierungsgeschäfte, obwohl sich anderenorts dramatische Entwicklungen ergaben. In Nordafrika wurde Karls Expeditionsheer von den muslimischen Verteidigern von Algier beinahe völlig aufgerieben, was in ganz Spanien für Entsetzen und Wut sorgte. Weiter im Osten befehligte Sultan Selim I. die osmanische Eroberung Ägyptens und der Arabischen Halbinsel und beanspruchte für sich die Kalifenwürde. Wie der Historiker Andrew Hess, ein Fachmann für die Geschichte des Osmanischen Reiches, ausgeführt hat, »katapultierte dies die Osmanen nicht nur in eine Führungsposition innerhalb der weit ausgedehnten muslimischen Welt, sondern verschaffte den Herrschern in Istanbul auch die nötigen Ressourcen, um ihren Machtbereich nach Norden bis vor die Tore Wiens und nach Westen bis zur Straße von Gibraltar auszudehnen«. An beiden genannten Punkten trafen sie jedoch auf habsburgische Gegenwehr. So begann also der »Weltkrieg des 16. Jahrhunderts«, der während Karls ganzer weiterer Regierungszeit seine Aufmerksamkeit fordern und seine Ressourcen verschlingen sollte.9 Für die weitere Entwicklung kaum weniger bedeutsam: Martin Luther, ein unbekannter Theologieprofessor an der Universität im sächsischen Wittenberg, hatte eine Liste von Einwänden gegen die Theorie und Praxis des Ablasshandels verfasst, mit dem die Kirche einen Sündenerlass gegen Geldspenden für fromme Zwecke in Aussicht stellte. Am 31. Oktober 1517, als Karl gerade in Becerril sein unfreiwilliges Fasten begann, veröffentlichte Luther seine 95 Thesen über die Kraft der Ablässe in Wittenberg. Bis zum Jahresende waren sie in Hunderten von gedruckten Exemplaren in deutscher und lateinischer Sprache in Umlauf gekommen. Ein weiterer, anders gelagerter »Weltkrieg des 16. Jahrhunderts« hatte begonnen.

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Eine Mutter und ihre Kinder Karl hatte veranlasst, dass die Cortes von Kastilien in Valladolid zusammentreten und ihm dort als König huldigen sollten, und so machte sich nun sein Hofstaat auf den Weg dorthin. Karl selbst und Eleonore zogen jedoch stattdessen nach Tordesillas. Seinem Bruder Ferdinand erklärte der König dies so: »Mein vorrangiger Beweggrund, in diese Reiche zu kommen, bestand ja darin, Ihre Hoheit [d. i. Johanna] zu sehen, zu stützen und zu trösten, soviel ich nur kann. Deshalb habe ich beschlossen, noch bevor ich irgendetwas anderes tue, das mit diesem Königreich zusammenhängt, gleich und unverzüglich zu Ihrer Majestät zu gehen und Ihre Hände zu küssen.« Am 4. November 1517 ritten Karl und Eleonore in Tordesillas ein, um ihre Mutter zu besuchen, die sie seit nunmehr zwölf Jahren nicht mehr gesehen hatten. Nachdem sie sich kurz in die für sie bereitstehenden Gemächer zurückgezogen hatten, die mit den von Johanna aus den Niederlanden mitgebrachten Wandteppichen reich geschmückt waren, machten Karl und Eleonore in Begleitung Chièvres’ der Königin ihre Aufwartung. Als Karl dann vor ihr kniete, »fragte [Johanna] den König dreimal, ob er wirklich ihr Sohn sei«, und fügte hinzu: »Wie groß Ihr in so kurzer Zeit geworden seid!« Hierauf »küsste sie ihn auf die Wange und Madame Eleonore gleichermaßen. Dann sprach sie: ›Geht und ruht Euch aus; Ihr müsst müde sein.‹«10 Gehorsam zogen sich die Kinder in ihre Gemächer zurück, nur Chièvres blieb noch und unterhielt sich »eine gute halbe Stunde lang« mit der Königin. Johanna behauptete, sich an den Baron aus ihrer Zeit in den Niederlanden noch gut erinnern zu können, und der nutzte diesen Vorteil aus, indem er ihr nahelegte, sie solle »klugerweise [Karl] schon jetzt die Hoheitsgewalt überlassen, damit er zu Euren Lebzeiten bereits lernen kann, zu herrschen und Euer Volk zu regieren«.11 Sie stimmte dem zu (oder zumindest sollten seine Minister das später behaupten). Dadurch wurde Karls Autorität in Kastilien entscheidend gestärkt, da die Cortes seine Mutter (und nur seine Mutter) als ihren rechtmäßigen Souverän anerkannt hatten. Fortan sollte Johanna – obgleich sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1555 »Königin-Eigentümerin (reina proprietaria)« von Kastilien blieb und ihr Name auf allen Münzen und offiziellen Dokumenten stets neben dem ihres Sohnes erschien – nie mehr Karls Anspruch anfechten, in ihrer beider Namen allein zu regieren. Auch erhob Johanna keinerlei Anspruch auf den Titel einer »Königin von Aragón« – ursprünglich wohl, weil man ihr vorgaukelte, Ferdinand von Aragón wäre noch am Leben. Dieses Täuschungsmanöver nahm seinen Lauf, als Cisneros und der Regentschaftsrat unmittelbar nach Ferdinands Tod entschieden, dass ihr die schlechte Nachricht nicht zuzumuten sei, und ihr von seinem Tod nichts sagten. Die Situation verschärfte sich, nachdem Karl im März 1518 den

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Haushalt seiner Mutter und auch die Stadt Tordesillas dem Marqués de Denia, Bernardo de Sandoval y Rojas, unterstellt hatte, denn in der Folge »erfand Denia mit der Zustimmung des Königs eine fiktive Welt« für Johanna.12 Diese fiktive Welt war darauf angewiesen, dass rund um die Königin eine doppelte »Mauer des Schweigens« gezogen wurde. Denia untersagte ihr den Zutritt zu allen Räumen ihres Palastes, die über ein Fenster verfügten, weil er verhindern wollte, dass sie mit irgendjemandem aus der »Außenwelt« sprach oder auch nur Blickkontakt hatte. Stattdessen »schloss er sie in ihrer Kammer ein, wo es kein anderes Licht gab als das einer Kerze«. Außerdem erlaubte Denia ausschließlich einer handverlesenen Dienerschaft – allesamt weiblich, die Aufsicht führte Denias Frau – den Zutritt zur Königin, während ebenso handverlesene Wachen allen anderen den Zutritt verwehrten. Alle diese Bediensteten waren ebenfalls Gefangene, denn sie durften weder den Palast verlassen noch mit irgendjemandem außerhalb seiner Mauern kommunizieren, noch nicht einmal mit Karls anderen Dienern und Ministern. Es sollte nämlich, wie Denia es formulierte, »alles, was hier geschieht, vor allen geheim gehalten werden, insbesondere vor den Mitgliedern des Rates«. Denia bestand außerdem darauf, dass nur er und seine Frau mit der Königin sprechen dürften, und wenn es sich doch einmal als unvermeidlich erwies, dass ein Außenstehender – ein Arzt beispielsweise – Johanna besuchen musste, verlangte Denia dem Besucher das Versprechen ab, nichts zu sagen, was der von ihm entworfenen Scheinwelt widersprochen hätte.13 Als Johanna eines Tages Denia zu sich rief und »sich bitter über mich beklagte, weil ich den Tod des Königs, ihres Herrn [d. h. Ferdinands], leugne, und darauf bestand, dass ich ihr sagen solle, ob er noch lebe, weil dies zu wissen für sie von der größter Bedeutung sei – da antwortete ich, dass ich ihr die Wahrheit gesagt hätte und dies auch immer tun würde. Wäre das nicht so, sagte ich, würde Euer Majestät [d. i. Karl] es ihr schon sagen.« Als die Nachricht vom Tod Maximilians eintraf, fügte Denia seinem Lügengebäude unverzüglich einen Anbau hinzu: »Ich erzählte ihr bei dieser Gelegenheit, dass Euer Majestät nun Kaiser sei aufgrund der Abdankung des Kaisers [Maximilian] sowie einer neuen Wahl durch die Kurfürsten und dass Ihre Hoheit darum Gott danken solle. Sie antwortete: ›Ist das so, ist der Kaiser noch am Leben? Denn ich glaubte, er sei tot.‹ Ich aber versicherte ihr, er lebe noch.«14

Warum solche Lügen? Weshalb meinte Denia, er müsste die Königin, Karls Mutter, auf diese Weise verwirren und demütigen? Gustav Bergenroth, der als Erster Auszüge aus der herzlosen Korrespondenz zwischen Karl und Denia veröffentlicht hat, vermutete, die beiden hätten den Mythos von Johannas Wahnsinn aufrecht-

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erhalten wollen, um sie als regierungsunfähig dastehen zu lassen. Diese Erklärung lässt jedoch außer Acht, dass außerhalb der Schein- und Lügenwelt des Palastes niemand von der Existenz dieser Welt wusste. Es scheint daher plausibler, dass sie Johannas Glauben an das Weiterregieren ihres verstorbenen Vaters nutzten, um die Königin gefügiger zu machen. Denia selbst legt dies nahe: »Ich habe der Königin, unserer Herrin, gesagt, dass der König, mein Herr und ihr Vater, am Leben sei, denn, wann immer etwas geschieht, das Ihrer Hoheit missfällt, sage ich, das hätte der König eben so befohlen und angeordnet; denn die Liebe, die sie für ihn hegt, macht es ihr leichter, diese Dinge zu ertragen, als wenn sie wüsste, dass er tot ist.«

Außerdem erlaubte die Täuschung Denia, Johanna einzureden, ihr Sohn »sei hauptsächlich deshalb nach Spanien gekommen, um für die Entschädigung Ihrer Hoheit zu sorgen«, aber dass »Ihr [d. i. Karl] bislang noch nicht erfolgreich gewesen wäret«, weil »König Ferdinand« sich geweigert habe.15 Diese strategischen Vorzüge erklären zweifellos, warum Karl die vielfache Täuschung seiner Mutter nicht nur tolerierte, sondern selbst aktiv daran beteiligt war. Als im Oktober 1518 die Pest Tordesillas bedrohte, erschien es ratsam, den Hof an einen sichereren Ort zu evakuieren. Falls Isabella sich weigere, den Palast zu verlassen, sollte Denia auf Karls Anweisung hin wie folgt vorgehen: »Da Ihre Hoheit den Tod fürchtet und insbesondere die Pest, müsst Ihr ihr erzählen, diese Pest sei so heftig, dass alle daran Erkrankten binnen zwei Tagen stürben oder sogar noch eher;  … und zu diesem Zweck wäre es gut, wenn Ihr die Priester veranlassen könntet, mehrmals am Tag mit ihrem Kreuz am Palast vorbeizuziehen, so als wenn sie jemanden zu Grabe tragen würden.« Denia konnte sich Karls uneingeschränkter Unterstützung sicher sein: »Wie Ihr [d. i. Denia] sagt, wäre es zweifellos am besten, wenn niemand mit Ihrer Hoheit spräche jenseits dessen, was Ihr für angemessen erachtet. Es scheint mir das Beste, dass jedes Mal, wenn Ihre Hoheit nach irgendjemandem fragt, Ihr ihr sagt, dieser oder jener habe die Pest und sei deshalb aus der Stadt hinausgeschafft worden.« Auch gab er Anweisung, dass das Personal, das Johanna tagtäglich bediente, dem Marqués gehorchen solle, »als ob ich selbst und persönlich die Order gegeben hätte«. Nie scheint Karl es auch nur in Betracht gezogen zu haben, welchen Kummer die ständigen Lügen und die anhaltende Freiheitsberaubung seiner Mutter bereiten mussten.16 Auch seinen Bruder behandelte Karl schlecht. Noch kurz bevor er die Niederlande verließ, war Karl gemeldet worden, dass einige Personen aus dem Hofstaat des jungen Ferdinand ein Komplott schmiedeten, um ihren Herrn zum »Statthalter über jene Königreiche im Namen meiner Herrin, der Königin«, zu ma-

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chen. Also sandte Karl einen Eilboten zu Cisneros und Adrian, der Befehle mit sich trug, mehr als dreißig Würdenträger seines Bruders zu entlassen und in die Verbannung zu schicken. Einem Augenzeugen zufolge »wurde dieser Plan an einem einzigen Tag umgesetzt, ein kühner Zug, der alle überrascht hat, da Seine Hoheit [d. i. Karl] gegenwärtig keinen anderen Erben oder Nachfolger hat als allein [Ferdinand]«.17 Spätere Nachforschungen deckten angeblich eine Verschwörung auf, um Ferdinand nach Aragón zu entführen, neben anderen Ränken, die schlicht zu »teuflisch« waren, um sie zu nennen. Aus der Rückschau bemerkte Prudencio de Sandoval, dass »alle oder zumindest die meisten derer, die [Ferdinand in Kastilien] gedient hatten, sich den Comuneros anschlossen, als diese zwei Jahre später rebellierten«. Doch lag dies zum jetzigen Zeitpunkt noch in der Zukunft, und fürs Erste wollte Karl nur eines: sich der Loyalität seines Bruders versichern. Zu diesem Zweck schrieb er ihm einen persönlich gehaltenen Brief, in dem er Ferdinand wissen ließ, dass dies »alles zu Eurem eigenen Wohlergehen geschieht, und niemals dürft Ihr die Liebe vergessen, die ich für Euch hege«. Karl versprach: »Ich werde einen Brief schreiben und dafür sorgen, dass Anweisungen dazu ergehen, wo Ihr Euch mir anschließen könnt. Bis dahin lasst es Euch wohlergehen und habt ein wenig Spaß.« Karl drängte außerdem Cisneros, er solle Ferdinand bewusst machen, dass »die Maßnahmen, die wir angeordnet haben, zu seinem eigenen Besten und Wohlergehen angeordnet wurden, weil die große Liebe, die ich für ihn empfinde, immer Vorrang hat. Er soll in mir einen Bruder und einen treu sorgenden Vater sehen.«18 Der Kardinal war nicht überzeugt. Weil er wusste, dass Karl seinen Bruder in die Niederlande schicken wollte, bat Cisneros inständig darum, dass »dies in einer Weise geschehe, die das Königreich zufriedenstellt, das heißt: Schickt ihn nicht arm und ohne Hoffnung davon.« Vielleicht, schlug der Kardinal vor, »könnte man ihm ja Eurer Hoheit Anteil an den Ländern in Aussicht stellen, die neu verteilt werden, wenn der Kaiser [Maximilian] stirbt«.19 Cisneros selbst starb, bevor er Karl persönlich begegnen konnte, was es diesem leicht machte, seinen Ratschlag zu ignorieren – einen Ratschlag, der ganz und gar unersetzlich war, hatte der Kardinal doch nicht nur eng mit Isabella wie mit Ferdinand zusammengearbeitet, sondern zudem gleich viermal als Statthalter von Kastilien amtiert (1506/07, 1510, 1512 und 1516/17). Cisneros besaß aus eigener Erfahrung eine profunde Kenntnis von den Stärken und die Schwächen jeder einzelnen Komponente des Königreichs, doch diese Kenntnis ging verloren, als er selbst für immer die Augen schloss. Der Tod des Kardinals bescherte dem jungen König zudem eine vermeintlich harmlose Aufgabe, hatte er doch nun den verwaisten Bischofsstuhl von Toledo neu zu besetzen, der 80 000 Dukaten im Jahr wert war. Karl beschloss, seinen früheren Pagen Guillaume de Croÿ, einen Neffen Chièvres’,

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der inzwischen neunzehn Jahre alt war und, bereits zum Priester geweiht, an der Universität Löwen studierte, als Cisneros’ Nachfolger zu nominieren. Damit beging der neue König von Spanien seinen ersten schweren Fehler.

Auf schwankendem Grund Chièvres war stets bemüht, die Karriere seines Neffen voranzutreiben – vielleicht, weil er selbst keine Kinder hatte. So hatte er Karl bereits dazu gebracht, Guillaume zum Abt von zwei der reichsten Klöster der Niederlande zu ernennen, außerdem zum Erzbischof von Cambrai, zum Bischof von Coria (in Kastilien) und schließlich zum Kardinal. Nun bat Chièvres Karl also auch noch darum, er möge seinen Neffen zum Erzbischof von Toledo machen.20 Vital zufolge »wollte der König es zunächst weder gewähren noch verwehren, sondern sagte, er müsse darüber nachdenken«, weil auch andere ihr Interesse an dem Posten bekundet hatten. Karl »bat [deshalb] seinen Rat um eine Einschätzung, wem er den Posten am ehesten übertragen sollte, denn er wollte zunächst ihre Meinungen hören«. Wie Vital weiter ausführt, stürzte jedoch »die Vielzahl der Bewerber den König und seinen Rat in große Verwirrung«. Dies spiegelte die tiefen Gräben innerhalb des königlichen Rates wider. Erasmus sollte später behaupten, er habe Karls Einladung, ihn nach Spanien zu begleiten, vor allem deshalb abgelehnt, weil »ich den Hof in so viele Fraktionen zersplittert sah: in Sekten von Spaniern, Juden und Franzosen, in die Anhänger Chièvres’ und die des Kaisers [Maximilian], in Neapolitaner, Sizilianer und wer weiß was noch alles«. Bei der Wahl des neuen Erzbischofs von Toledo jedenfalls setzten sich, wie vielleicht zu erwarten war, die »Anhänger Chièvres’« durch.21 Schon zuvor hatte Karl Landesfremden zu kastilischen Bischofswürden verholfen  – dem Italiener Luigi Marliano etwa, den er zum Bischof von Tui ernannte, oder eben Guillaume de Croÿ selbst bei dessen Erhebung zum Bischof von Coria. Stets war dies in klarem Widerspruch zum letzten Willen der Königin Isabella geschehen. Diese hatte nämlich testamentarisch verfügt, dass in ihrem Königreich nur gebürtige Kastilier in Amt und Würden kommen sollten  – und das betraf kirchliche und weltliche Posten gleichermaßen. Da die Missachtung dieser Vorschrift ein feindliches Echo hervorrief, ließ Karl Croÿ noch vor dessen Ernennung zum Erzbischof von Toledo sicherheitshalber rasch naturalisieren; dennoch blieb die Entscheidung für Croÿ kontrovers. Als die Nachricht eintraf, Alfonso de Aragón – illegitimer Sohn König Ferdinands, Erzbischof von Saragossa und seit dem Tod seines Vaters Regent von Aragón – befinde sich auf dem Weg nach Tordesillas, um das Bistum Toledo für sich zu erbitten, sandte der König ihm, wie Eleonores Sekretär Sancho Cota berichtet,

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»eine Botschaft, dass er nicht kommen solle, weil er schon einen anderen zum Erzbischof bestimmt habe«. Dieses wenig sensible Vorgehen verärgerte Alfonso natürlich: Karl sollte ihn später vergebens um seine Unterstützung bitten, als er die Aragonier für sich gewinnen wollte. In Valladolid, teilte Pedro Mártir de Anglería mit, »meinen alle, dass der König sich [gegenüber seinem Onkel Alfonso] unhöflich und grob verhalten habe«. Mártir sprach zudem klar aus, dass die Ernennung Croÿs »die Gesetze und Bräuche dieses Königreiches noch unverhohlener verletzt, sodass es eines Tages zu einer großen Erregung kommen könnte«. Düster weissagte er weiter: »Allein die Zeit wird zeigen, welche Früchte aus dieser Saat erwachsen werden.«22 Während die Saat noch keimte und spross, kümmerte Karl sich um Familienangelegenheiten. In Tordesillas verbrachten Eleonore und er Zeit mit ihrer Schwester Catalina, die inzwischen zehn Jahre alt war, und veranlassten außerdem eine späte Begräbnisfeier für ihren Vater, dessen Leichnam Johanna in Tordesillas aufbewahrte. Das Grabmal selbst war zwar eher schlicht, da Karl vorhatte, Philipp später nach Granada umbetten zu lassen, wo er an der Seite der Katholischen Könige ruhen sollte. Aber allein der Umstand, dass er den Bestattungsritus für den verstorbenen König halten ließ, bevor er selbst vor die Cortes trat, unterstrich Karls Anspruch und Legitimität als neuer Souverän. Anschließend verließen Karl und Eleonore Tordesillas, um ein weiteres ihrer Geschwister zu treffen: ihren inzwischen vierzehnjährigen Bruder Ferdinand. Der König umarmte ihn, schlug ihn zum Ritter vom Goldenen Vlies und »erklärte [ihm] einige löbliche, würdige und ritterliche Dinge über den Orden«. Dann zogen die drei Enkelkinder von Königin Isabella in Begleitung eines Gefolges von 6000 Personen mit großem Zeremoniell nach Valladolid hinein. Vital zufolge sagten selbst »die älteren Bürger und Kaufleute« der Stadt, dass niemand in Kastilien »je den Einzug eines solch noblen und sieghaften Königs gesehen hatte, wie dieser einer war«.23 Die Cortes von Kastilien bewilligten beinahe sofort Hilfsgelder in Höhe von 600 000 Dukaten – und damit deutlich mehr als bei jeder früheren Gelegenheit  – und erkannten Karl als König an (gemeinsam mit seiner Mutter). Zugleich legten sie ihm freilich auch fast hundert Beschwerden über Missstände vor, mit der Bitte um baldige Abhilfe. Einige waren altbekannt und wenig kontrovers (»dass Euer Hoheit die Würfelspiele verbiete«; »dass Ihr die Prägung von Kupfermünzen und anderem Kleingeld anordnet, denn das Königreich hat Mangel daran«). Andere waren zwar kritischer, stellten aber dennoch keine Bedrohung dar (»man ersucht Euer Hoheit untertänigst, uns doch die Ehre zu erweisen und Kastilisch zu sprechen« sowie »mindestens zweimal in jeder Woche eine öffentliche Audienz zu gewähren«). Nur aus ein paar wenigen sprach Beunruhigung über die jüngsten Entwicklungen: »Wir ersuchen Euer Hoheit …

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gnädigst zu gewähren, dass der Infant Ferdinand diese Königreiche nicht verlassen möge, bevor Ihr nicht verheiratet seid und eigene Erben habt«; dass keinerlei Posten in Kastilien, egal ob weltlich oder kirchlich, »mit Fremden besetzt werden solle«; »dass Fremden keine Naturalisierungsbriefe gewährt werden dürften und dass alle bereits verliehenen Briefe widerrufen werden müssten«; und schließlich, dass »der Erzbischof von Toledo kommen und in diesen Königreichen seinen Wohnsitz nehmen solle«.24 Einige dieser Punkte nahm Karl gleich in Angriff, darunter seine Unkenntnis der spanischen Sprache. Schon im Frühjahr 1518 war der König einem burgundischen Minister zufolge in der Lage, »sich mit seinen Edelleuten auf Kastilisch zu unterhalten, und hat sowohl die Sprache als auch die Bräuche jenes Landes nun vollkommen gemeistert«. Mártir pflichtete dem in einem Brief an die Markgrafen von Los Vélez und Mondéjar bei: »Der König hat ganz plötzlich begonnen, Spanisch zu sprechen, und drückt sich nun aus, als ob er unter Euch geboren und aufgewachsen wäre. Es scheint, dass seine Lehrzeit ungewöhnlich kurz gewesen ist.« Karl ging nun auch dazu über, bei Audienzen für sich selbst zu sprechen, wenn auch oft in kurzen und formelhaften Sätzen, anstatt wie zuvor andere in seinem Namen sprechen zu lassen.25 An Ferdinands fünfzehntem Geburtstag richtete Karl seinem Bruder einen eigenen Hofstaat ein, bevor die drei Geschwister – Karl, Ferdinand und Eleonore  – in Richtung Saragossa aufbrachen, wo sie mit den Cortes des Königreichs Aragón zusammentreffen wollten. Unterwegs jedoch und augenscheinlich ohne jede Vorwarnung setzte sich Karl über den ausdrücklichen Wunsch der kastilischen Cortes hinweg und befahl seinem Bruder, sein Geburtsland Spanien zu verlassen und auf dem Seeweg in die Niederlande zu reisen, wo er bei ihrer Tante Margarete bleiben solle. Damit erfüllte Karl das Versprechen, das er seinen niederländischen Untertanen vor seiner Abreise gegeben hatte (siehe Kap. 3); aber die abrupte Umsetzung ließ doch auch so etwas wie Furcht erkennen. Karls Chronist Alonso de Santa Cruz berichtet: »In einer Unterredung mit Mitgliedern der Cortes in Valladolid erfuhren Chièvres und der Großkanzler [Le Sauvage] … dass König Karl von vielen gehasst, sein Bruder Ferdinand hingegen von allen geliebt werde … Sie empfahlen deshalb, Ferdinand aus dem Königreich wegzuschicken, damit, falls eines Tages irgendwelche spanischen Vasallen sich erheben sollten, sie nicht Ferdinand als ihren Anführer wählen können. Seine Hoheit hielt das für einen guten Vorschlag.«

Sancho Cota, der noch immer im königlichen Gefolge reiste, teilte mit, dass die plötzliche Abreise des Infanten »einen jeden Spanier zutiefst berührte, Edelleute

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ebenso wie den gemeinen Mann, weil sie alle Ferdinand sehr lieb hatten«. Der französische Botschafter gab immerhin zu Protokoll, dass »die Leute hier nicht sehr glücklich darüber sind«.26 Selbst Laurent Vital, normalerweise ein Ausbund von Kriecherei und Unterwürfigkeit, bemerkte eine wachsende Feindseligkeit gegenüber seinem Herrn. Während des Aufenthalts in Valladolid weigerten sich mehrere Geistliche, dem königlichen Gefolge Unterkunft zu gewähren, und exkommunizierten Karls Amtsträger, die mit der Quartiersuche beauftragt waren. An den Kirchenportalen in Valladolid tauchten Plakate auf, die einem wachsenden Unmut darüber Ausdruck verliehen, dass im Königreich nun Fremde herrschten. Und unmittelbar, nachdem der König die Stadt verlassen hatte, hielt ein Ordensbruder eine Reihe von Predigten, in denen er mit teils »ungeheuerlichen Worten« gegen die Niederländer wetterte, die den neuen König »eingesperrt« und die Gesetze des Königreichs Kastilien missachtet hätten, indem sie Fremde in Amt und Würden setzten. Karl ließ den aufsässigen Mönch gefangen nehmen und »seine Bestrafung als ein Exempel statuieren, damit andere in Zukunft nichts als die Wahrheit predigen«. Die Abneigung beruhte übrigens auf Gegenseitigkeit: Mártir zufolge begegneten Karls aus den Niederlanden mit ihm nach Spanien gekommene Ratgeber, von denen ja viele ein Jahrzehnt zuvor unter unwürdigen Umständen selbst aus dem Land geflohen waren, »den Spaniern mit einer Verachtung, als wenn jene Kloaken und Jauchegruben entstiegen wären«.27 Übertrieben diese Beobachter vielleicht? Wenn man Lord Berners glauben darf, einem englischen Gesandten an Karls Hof, dann befanden sich im September 1518 »alle Angelegenheiten in Spanien auf einem guten Weg«, abgesehen von »ein wenig Eifersucht und Misstrauen zwischen den Spaniern und den Burgundern«; der Engländer rechnete fest damit, dass die Anmut und Geschicklichkeit des Königs bei den »täglichen Festzügen und Turnierspielen, allerlei Wettkämpfen und dem Rohrstockspiel (juga de kanes)« schon dafür sorgen würden, dass ihm die Herzen aller Zuschauer zuflögen.28 Gleichwohl, fuhr Berners ein wenig unwirsch fort, seien die Aragonier »das stolzeste, störrischste Volk der Welt«, und obwohl »sie ihm als ihrem König gehuldigt haben, ihm als seine Untertanen gehuldigt haben, geben sie ihm nun weder Gehorsam noch Geld«. Zwei Monate später bezeichnete ein anderer frustrierter Diplomat die aragonische Ständeversammlung hellseherisch als »unendlich und, wie ich glaube, ohne Ende [d. h. Zweck] (wiewohl der König zwei oder dreimal die Woche in eigener Person daran teilnimmt)«.29 Die Ursachen für diese Verzögerungen lagen tief. Wie der Historiker Manuel Rivero Rodríguez angemerkt hat, war die Lage nach König Ferdinands Tod diese:

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»Die Aragonier betrachteten Karl lediglich als Prinzen, und deshalb öffneten die Vertreter der Obrigkeit seine Verordnungen, Edikte und Vollmachten nicht etwa, sondern bewahrten sie verschlossen auf, bis er als König auch tatsächlich anerkannt sein würde. Verordnungen, die er als König (und nicht als Prinz) erließ, wurden gar zurückgesandt. … Da das Erbfolgerecht die Vererbung über eine weibliche Linie ausschloss, behandelten sie den Treueeid sowohl Johanna als auch Karl gegenüber als vorläufig.«30

Auf seiner langsamen Reise in Richtung der aragonischen Grenze bestellte Karl im März 1518 seinen Onkel Alfonso zu sich, um ihm Gefolgschaft zu schwören; der jedoch war noch immer verletzt von der unfeinen Behandlung, die ihm in der Angelegenheit des Toledaner Bischofsstuhls zuteilgeworden war, und blieb dem befohlenen Treffpunkt fern. Eine ganze Woche lang wartete die königliche Reisegesellschaft mit wachsender Ungeduld, dann traf ein Brief ein, in dem die bereits in Saragossa versammelten Delegierten mitteilten, bevor sie einen Eid auf Karl ablegen könnten, müssten sie zunächst einen Eid auf Johanna leisten – und zwar in deren persönlicher Gegenwart. Obgleich die Cortes schließlich einsahen, dass sie damit Unmögliches forderten – und nach einiger Zurückhaltung Karls eigenen Schwur akzeptierten, sämtliche Gesetze des Königreiches achten zu wollen –, weigerten sie sich auch weiterhin, Karl als »König« anzusprechen, solange seine Mutter noch lebte. Als Karl diese Weigerung überwunden hatte, verlangten sie noch, mit seiner Zustimmung den Infanten Ferdinand als »Kronprinzen« anerkennen zu dürfen. In den Straßen von Saragossa kam es zu Handgemengen zwischen kastilischen und aragonischen Höflingen, und obwohl es Karl gelang, die beiden verfeindeten Lager innerhalb seines Gefolges wieder zu versöhnen, zogen sich die Verhandlungen mit den Cortes über den ganzen Rest des Jahres hin. Der langwierige Machtkampf von Saragossa erlaubte es den Diplomaten, die an Karls Hof akkreditiert waren, zum ersten Mal, die Entscheidungsprozesse im neuen Habsburgerstaat ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Der venezianische Gesandte Francesco Corner bemerkte wiederholt, Chièvres sei an Karls Hof so etwas wie ein »zweiter König«, während Mártir anfing, den leitenden Minister als »den Geißbock« zu bezeichnen (ein Wortspiel auf Grundlage des französischen Worts chèvre, »Ziege«), und außerdem  – mit einer hemmungslosen Paarung zweier Metaphern  – behauptete, Chièvres sei »die Kette, die [Karl] hinter Schloss und Riegel bringt«. Der französische Botschafter echote, es seien »nur wenige Personen an der Führung der Geschäfte dieses jungen Fürsten beteiligt«, und fügte hinzu, dass der Einfluss Chièvres’ ungebrochen sei. Wo er recht hatte, hatte er recht: Gegen Ende des Jahres 1518 schuf Karl eigens für Chièvres den Titel eines Markgrafen von Aarschot und machte

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ihn zudem zum Grafen von Beaumont und Herrn von Heverlee – untrügliche Zeichen seiner anhaltenden Gunst.31 Viele hielten den Großkanzler Le Sauvage für genauso einflussreich wie Chièvres; allerdings starb er im Juni 1518. Manche rechneten auch damit, dass Mercurino Arborio de Gattinara, der vier Monate nach Le Sauvages Tod das Großkanzleramt übernahm, Chièvres herausfordern werde; aber stattdessen entwickelte er sich zu dessen wichtigstem Unterstützer. Der gebürtige Italiener Gattinara hatte nach einer juristischen Ausbildung als Diplomat in Maximilians Dienst gestanden; Margarete von Österreich stand er als ein vertraulicher Berater zur Seite. Nach Aussage des englischen Botschafters war »Meister Mercurius« bei seiner Ankunft an Karls Hof »ein Mann von sechzig Jahren, sehr gravitätisch und hochgelehrt, ein guter Lateiner«. Ein venezianischer Gesandter ging sogar noch weiter: Der neue Kanzler sei »klug, sehr gebildet (sagt man), gerecht, und er versteht Latein, Spanisch, Französisch und Deutsch« – von seiner italienischen Muttersprache einmal abgesehen –, »und wegen seiner vielen Sprachen heißt ihn jedermann hier willkommen«. Letzteres war eine kaum verhüllte Kritik an Karls anderen, zumeist nur einsprachigen Ministern und Räten.32 Gattinara hatte im Dezember 1516 am Hof bereits für einiges Aufsehen gesorgt. Grund war ein recht kurioses Manuskript, das »dem göttlichen Karl dem Größten, dem katholischen König«, gewidmet war und den Titel trug: Oratio supplicatoria somnium interserens de novissima orbis monarchia et futuro Christianorum triumpho« – »Flehende Ansprache, darin enthalten ein Traum von der letzten Weltmonarchie und dem künftigen Triumph der Christenheit«. Gattinara versprach, in diesem Traktat zugleich »die Mittel zur Erreichung« dieses Ziels zu liefern. Obwohl die Denkschrift in lateinischer Sprache verfasst war – was sie als Lektüre für ihren erklärten Adressaten denkbar ungeeignet erscheinen ließ  –, traf Gattinara alle Vorkehrungen und schickte sie seinem Landsmann Luigi Marliano, Karls Leibarzt und Ratgeber, zu in der Hoffnung, dass sie auf diesem Weg »die Ohren eines gewissen Jünglings erreichen möge«. Der Inhalt von Gattinaras Traktat ist schnell umrissen: Nach der eingehenden Wiedergabe eines Traumes, in dem Karl als der Messias auftritt, der Italien befrieden, die Kirche reformieren, die Christenheit einen und letztlich den Weltfrieden bringen soll, kam Gattinara auf die überlegenen Ressourcen zu sprechen, die dem tatsächlichen Karl in Europa und in Amerika zur Erreichung dieser Ziele zur Verfügung standen, und verglich sie mit denen anderer christlicher Herrscher. Damit wollte er aufzeigen, wie aus dem Traum Wirklichkeit werden konnte – ein Vorhaben, dem Gattinara den ganzen Rest seines Lebens widmen sollte.33 Auch einige Spanier stießen zu Karls Beraterstab. Francisco de Los Cobos entwarf nun die meisten der offiziellen Schreiben, die mit Kastilien zu tun hatten

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(einschließlich jener, in denen der Marqués von Denia angewiesen wurde, Königin Johanna in ihrer Scheinwelt gefangen zu halten). Und zu Beginn des Jahres 1519 rief Karl, in Vorbereitung auf ein geplantes Treffen mit Franz I., bei dem die beiden Könige einige noch ausstehende Fragen klären wollten, »vier oder fünf der ranghöchsten Kirchenmänner von Kastilien und Aragón zusammen, um mit ihnen über seinen Anspruch auf das Königreich Neapel zu diskutieren« (die hochwürdigen Herren empfahlen ihm, keinerlei Zugeständnisse zu machen – ein Ratschlag, den Karl nur zu gern befolgte).34 Jedoch teilten so gut wie alle der am politischen Entscheidungsprozess Beteiligten den »burgundischen Wertekanon« von Männern wie Karl, Chièvres und Gattinara. Schließlich verließ Karl Saragossa und zog mitsamt seinem Gefolge nach Barcelona, wo er noch eine weitere Versammlung beunruhigter Untertanen – katalanischer diesmal  – von seinem Thronanspruch zu überzeugen und zur Bewilligung von Steuergeldern zu bewegen hoffte. Bis zu seiner Ankunft in Katalonien sollte der hoffnungsvolle Thronerbe allerdings zwei weitere Familienmitglieder verlieren: seine Schwester Eleonore sowie seinen einzig verbliebenen Großelternteil. Im Oktober 1518 sandte er nämlich Eleonore, von Geburt an seine ständige Begleiterin und treue Gefährtin, fort zu ihrem zukünftigen Ehemann, König Manuel von Portugal. Und wie schon das Exil des jungen Ferdinand, so wurde auch Eleonores Abreise »vom ganzen Hof und dem ganzen Königreich missbilligt«.35 Vier Monate darauf, er befand sich bereits in der Gegend von Barcelona, erfuhr Karl vom Tod seines Großvaters Maximilian. Das war ein Einschnitt, der sowohl sein persönliches Leben als auch das europäische Gleichgewicht nachhaltig beeinflussen sollte.

»Kauf dir einen Kaiser«36 Maximilian hatte erstmals 1513 mit dem Gedanken gespielt, die Kaiserkrone für Karl zu sichern. Pfalzgraf Friedrich, sein »Vetter« und Vertrauter, erinnerte sich später an die genauen Worte des Kaisers: »Ihr seht, dass ich mein Herzblut, mein Geld und meine Jugend für das Reich aufgewandt habe, und nichts habe ich dafür bekommen. Wenn wir es nur einmal versuchen wollen, so hätte ich gern, dass jener junge Herr, mein Enkelsohn Karl, zum Kaiser gewählt würde, denn wie Ihr seht, gibt es außer ihm keinen anderen, der die Fähigkeiten oder die Kraft hätte, den Ruf des Reiches zu erhalten. Wenn die Kurfürsten einverstanden sind, würde ich dieses Amt am liebsten niederlegen.«

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Nach der Reichsverfassung erforderte ein solcher Regierungswechsel das zustimmende Votum von mindestens vier der sieben Kurfürsten – zu ihnen zählten die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf bei Rhein, der Markgraf von Brandenburg, der Herzog von Sachsen sowie der König von Böhmen –, die bei einer außerordentlichen Wahlversammlung den neuen »König der Römer« bestimmen mussten, den der Papst dann später zum »römischen Kaiser« krönte. Kurz nach seiner Unterredung mit Friedrich traf Maximilian sich mit vieren der Kurfürsten (darunter auch jener von der Pfalz, Friedrichs älterer Bruder), um das Terrain zu sondieren, stieß jedoch auf unverblümte Ablehnung: »Keiner von uns will, das Ihr Eure Krone niederlegt!«37 Damit scheint das Thema für die nächsten drei Jahre vom Tisch gewesen zu sein, bevor es wieder aufgenommen wurde, diesmal als eine »hitzige und langwierige Pokerpartie« mit immens hohen Einsätzen, deren Ausgang bis zur letzten Minute – dem abschließenden Wahlgang der Kurfürsten – ungewiss blieb. So richtig begann das Spiel im November 1516, als der Trierer Kurfürst dem französischen König Franz I. durch einen Gesandten mitteilen ließ, er sei bereit, bei der nächsten Wahl zum römisch-deutschen König für ihn zu stimmen, sobald Maximilian abdanke oder sterbe. Im Juni 1517 bekannte der brandenburgische Kurfürst auf ähnliche Weise Farbe: Er versprach Franz seine Stimme und bat sich im Gegenzug das Versprechen aus, dass sein Sohn die (zuvor Karl versprochene) Prinzessin Renée heiraten werde, dazu 150 000 Kronen in bar und eine regelmäßige Pension für sich selbst. Wie Robert Knecht bemerkt hat, »übersah Franz völlig, dass den deutschen Kurfürsten weniger an seinem Wahlerfolg gelegen war als vielmehr daran, eine möglichst heiß umkämpfte Wahl herbeizuführen«, die es ihnen erlauben würde, ihre Stimmen an den Meistbietenden zu verkaufen. »Dass [Franz] sich auf diese Weise instrumentalisieren ließ, spricht nicht gerade für seine politische Urteilskraft.«38 Dennoch versetzte die Aussicht auf eine französische Kandidatur die Habsburger in Angst und Schrecken. Karl hörte gerüchteweise davon, während er in Zeeland auf günstigen Wind für die Überfahrt nach Spanien wartete, und erklärte prompt: »Seitdem wir vom Kaiser, unserem Großvater, Abschied genommen und seinen Segen empfangen haben, haben wir uns viele Gedanken über die Nachfolge im Kaisertum gemacht, und mehrmals haben wir die Angelegenheit auch mit unseren wichtigsten und verlässlichsten Ratgebern besprochen, die sich mit der Materie auskennen. Immer deutlicher haben wir erkannt, wie wichtig diese Sache für uns ist, und uns gefragt, wie wir die Königreiche, Dominien, Herrschaften und Untertanen des Kaisers und unserer selbst in Deutschland, Spanien und Italien sowie hier in den Niederlanden am besten und dauerhaftesten in

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Sicherheit, Frieden und Ruhe erhalten können, sodass niemand ihnen Schaden zufügen kann; und dass, falls irgendein Herrscher, so mächtig er auch sein mag, versuchen sollte, sie zu bedrängen, anzugreifen oder zu erobern, wir stark genug wären, Widerstand zu leisten.«

Wenn dagegen irgendein anderer Fürst Kaiser werden sollte (und nicht er selbst), würde ihm dies nichts als »Ungemach und Spaltung, ja womöglich den völligen Ruin« bereiten. Also teilte er seinem Großvater mit, dass er bereit sei, bis zu 100 000 Gulden in bar unter denjenigen Kurfürsten aufzuteilen, die ihm ihre Stimme versprächen. Jährliche Pensionen sollten folgen, dazu die Aufnahme in den Orden vom Goldenen Vlies und noch andere bedeutende Vorteile. Drei Monate später erinnerte Karl Maximilian daran, wie absolut notwendig es war, »dass nach Eurem Tod das Reich nicht in die Hände des Königs von Frankreich falle«, weil dies »dem Haus Habsburg einen großen Schaden zufügen würde«. Er ermahnte seinen Großvater daher, bei seinen Verhandlungen »weder an Geldgeschenken noch an Pensionsversprechungen zu sparen noch an Pfründen oder irgendetwas anderem«.39 Da war es schon fast zu spät. Im Oktober 1517, als Karl gerade in den asturischen Bergen vor Kälte schlotterte, verkaufte auch der Mainzer Kurfürst (ein Bruder des brandenburgischen) seine Wahlstimme an den König von Frankreich, und sechs Monate später tat es ihm der pfälzische Kurfürst gleich. Damit hatte Franz die Mehrheit, die er brauchte, um sich die Wahl zu sichern. Jetzt war es an Maximilian, seinem Enkel die Dringlichkeit der Lage vor Augen zu führen: Wie sollten sie diese Vorleistungen ihres Konkurrenten noch überbieten? Aber Karl widersprach nur trotzig, dass »es nicht nötig sein sollte, das Reich zu kaufen«, da dank seiner habsburgischen Wurzeln »die ganze deutsche Nation uns sehr viel günstiger gesinnt sein wird als dem König von Frankreich«. Im April 1518 sandte Chièvres, der inzwischen sowohl die spanische als auch die niederländische Staatskasse hütete, zähneknirschend Wechselbriefe über die bereits versprochenen 100 000 Gulden nach Deutschland, warnte jedoch sogleich: »Dies ist alles, was Seine Majestät zum gegenwärtigen Zeitpunkt erübrigen kann«, und fügte noch hochmütig hinzu: »Manchmal muss man sich mit dem zufrieden geben, was eben möglich ist, und die verbleibenden Lücken noch auf andere Weise stopfen.« Gegen solche Argumente war Maximilian immun: »Wenn Ihr wirklich diese Krone anstrebt«, ließ er seinen Enkel wissen, »so dürft Ihr kein Mittel ungebraucht lassen.« Sodann lieferte er Karl eine lange Liste von »Mitteln«, die wohl noch gebraucht würden, darunter nicht nur Geld, sondern auch die Verheiratung von Karls Schwester Catalina – versehen mit einer stattlichen Mitgift – mit dem jungen Markgrafen von Brandenburg (um dessen Heirat mit Renée de France zu verhindern). Aber vor allem sollte

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Karl »alle Entscheidungen mir überlassen«, schrieb Maximilian, denn »Ihr seid zu weit entfernt, als dass wir Euch alles sagen könnten oder fragen könnten, was Ihr braucht: Bis wir Eure Antwort erhalten, könnten die Dinge schon ganz anders aussehen.«40 Für den Fall, dass sein Enkel den Ernst der Lage noch immer verkannte, brachte der Kaiser eine Woche darauf einen durch und durch passiv-­ aggressiven Brief auf den Weg (eine Kommunikationsstrategie, die Karl später vervollkommnen sollte). Sofern der Enkel nicht die verlangten Summen zahle und dem Großvater die volle Verfügungsgewalt übertrage, so warnte Maximilian, »sehen wir keine Möglichkeit, diese Angelegenheit so zu betreiben, wie es unser beider Wunsch und Ehrbedürfnis entspricht; und wenn es dabei irgendeinen Fehler oder eine Nachlässigkeit geben sollte, wären wir doch sehr verärgert darüber, dass wir uns ein Leben lang die größte Mühe gegeben und keine Beschwernis gescheut haben, um Ruf und Ansehen unseres Haus und unserer Nachkommenschaft zu mehren und zu erhöhen, und dass Ihr dann mit Eurer Pflichtvergessenheit das alles zum Einsturz gebracht und all unsere Königreiche, Dominien und Herrschaften riskiert, ja letztlich unsere ganze Erbfolge aufs Spiel gesetzt hättet.«

»Nehmt Euch diese Angelegenheit zu Herzen zum Wohle unseres ganzen Hauses, so wie wir selbst es tun«, mahnte Maximilian seinen Enkel noch in einer eigenhändigen Nachschrift.41 Einige Tage später sandte Jakob Villinger, Maximilians Generalschatzmeister, ein ähnlich vorwurfsvolles Schreiben an Chièvres. Wenn Karl »das Reich wirklich will«, insistiert Villinger da, müsse er umgehend weitere 100 000 Gulden nach Deutschland schicken und Maximilian bei der Verwendung des Geldes vollkommen freie Hand lassen. »Ihr wisst ja bereits, wie bedeutsam diese Angelegenheit ist«, fuhr er unnachgiebig fort, »aber ich will Euer Gedächtnis auffrischen.« Karls Wahl werde es dem Haus Habsburg ermöglichen, »unsere Feinde und Neider zu unterwerfen, während das Gegenteil uns in solch vollkommenes Elend und Wirrsal stürzen würde, dass wir es ewig zu bereuen hätten. Wir dürfen nicht vergessen, dass jeder kleine Konflikt, jede noch so geringe Konfrontation, ganz egal, wo sie sich ereignen mögen, uns leicht dieselbe Summe kosten könnten wie diese Angelegenheit – wenn nicht sogar mehr. Zudem wird, wie Ihr ja wisst, der Gewinn der Kaiserkrone viele der Probleme lösen, die uns andernfalls drohen.«

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»Hört auf das, was ich Euch gerade gesagt habe«, schloss Villinger seinen Brief recht barsch, »oder wir sind verloren. Verschlaft nicht diese Gelegenheit!  … Denkt nicht daran, die Dinge noch weiter hinauszuschieben!«42 Nachdem er diese ungewohnte verbale Abreibung zur Kenntnis genommen hatte, zeichnete Chièvres den Brief demütig ab – »Empfangen zu Saragossa den 10. Juni« – und machte sich daran, mehr Geld zur Zahlung nach Deutschland aufzutreiben. Auch überwand er seine Feindschaft mit der Erzherzogin Margarete und legte Karl nahe, ihr zumindest einige der Zuständigkeiten zurückzuübertragen, die man ihr bei seiner Mündigsprechung genommen hatte. So wurde sie nun in Karls Worten »Superintendentin all unserer Finanzen in den Niederlanden« und erhielt die alleinige Autorität, offizielle Dokumente im Namen ihres Neffen zu unterzeichnen (die daraufhin zu befolgen waren, »als wenn wir die besagten Dokumente mit unserer eigenen Hand unterzeichnet hätten«, so Karl); dazu kamen umfassende Patronagerechte.43 Karl bekräftigte nun, er wolle »römischer König werden, koste es, was es wolle, ohne jeden finanziellen Aufwand zu scheuen«, und Maximilian, der zuversichtlich darauf vertraute, sein Enkel werde schon für alle nur denkbaren Versprechungen des Großvaters bürgen, berief für Juli 1518 einen Reichstag nach Augsburg ein.44 Während der folgenden drei Monate stand die Stadt am Lech im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit. Albrecht Dürer, der berühmteste Künstler Europas, reiste an, um die Angehörigen der deutschen Elite zu porträtieren; Martin Luther traf ein, um einem päpstlichen Legaten gegenüber die Feinheiten seiner Kritik an gewissen Praktiken der Kirche zu erläutern; und fünf Kurfürsten sollten sich schließlich bereit erklären, für Karl als neuen rex Romanorum zu stimmen. Im Gegenzug versprach Maximilian den Kurfürsten (in Karls Namen) 500 000 Gulden, die am Tag der Wahl fällig wurden, sowie mehr als 70 000 Gulden jährlich in Pensionen, dazu diverse Wandteppiche, Gold, Silber und andere Bestechungsgaben. Jedoch hatte Maximilians Plan einen entscheidenden Fehler – denn man nannte ihn zwar gemeinhin »Kaiser«, er hatte sich jedoch nie vom Papst zum Kaiser krönen lassen und war also eigentlich noch immer »nur« römisch-deutscher König. Wie ein französischer Gesandter mit kaum verhohlener Schadenfreude anmerkte, »kann nun keine Wahl stattfinden, bevor er nicht selbst [zum Kaiser] gekrönt worden ist«. Doch wenngleich Maximilian und Karl keine Zeit mehr verloren und alles daransetzten, dieses Versäumnis noch zu beheben, indem sie versuchten, den Papst zu einer Krönungszeremonie in Trient gleich hinter der italienischen Grenze zu bewegen, war es dafür schon zu spät. Am 12. Januar 1519 starb Maximilian.45 »Die Lage hier ist nun eine gänzlich andere«, bemerkte einer von Karls Gesandten bekümmert, als er kurz nach Maximilians Tod von seinem deutschen

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Posten einen Brief an Margarete schrieb: Der Verstorbene »wusste, wie man eine Entscheidung fällt, er wurde geliebt und gefürchtet zugleich«, Karl dagegen sei »weit weg und in Deutschland so gut wie unbekannt«. Außerdem »haben die Franzosen viele üble Dinge über ihn verbreitet«. Doch üble Nachrede war nicht ihr einziges Geschäft. Sobald er von Maximilians Tod erfuhr, sandte König Franz einen Sonderbotschafter aus, der den pfälzischen Kurfürsten daran erinnern sollte, dass der neue Kaiser in der Lage sein musste, das römisch-deutsche Reich vor einem möglichen Angriff der Osmanen zu schützen. In diesem Zusammenhang sollte er dem Kurfürsten Karls »Unerfahrenheit und schlechte Gesundheit« im Gegensatz zu Franz’ eigener »Stärke, Wohlhabenheit, Waffenliebe, Expertise und Kriegserfahrung« vor Augen führen. Zunutze machen sollte der Gesandte sich auch »die Schmach, die der Katholische König [dem Bruder des Kurfürsten] Friedrich zugefügt hatte, indem er ihn von seinem Hof verstieß und ihm die Ehe mit seiner Schwester [Eleonore] verweigerte, obgleich diese ihn sehr gern geheiratet hätte«. Zugleich begann Franz schon einmal mit den militärischen Vorbereitungen, denn, wie er seinen Agenten in Deutschland in Erinnerung rief, »wenn man in Zeiten wie diesen etwas wirklich will – sei es die Papst- oder die Kaiserkrone oder irgendetwas anderes –, bekommt man es nur, wenn man dazu Gewalt oder Bestechung einsetzt«. Kurz darauf versprach der Papst dem französischen König seine Unterstützung bei der bevorstehenden Wahl.46 Mitte Februar 1519 kamen Margarete und ihr niederländischer Beraterkreis schweren Herzens zu dem Schluss, dass nach Lage der Dinge sich wohl Franz bei der Wahl durchsetzen würde, weshalb sie Karl eine radikal andere Strategie vorschlugen: Er sollte seinen eigenen Anspruch auf die römisch-­deutsche Königswürde aufgeben und stattdessen dafür sorgen, dass sein Bruder Ferdinand gewählt würde. Der befand sich gegenwärtig in den Niederlanden und konnte ohne großen Aufwand in das Reich reisen, wo er sowohl die Kontrolle über die habsburgischen Erblande sichern als auch persönlich mit den Kurfürsten verhandeln sollte. Außerdem sollte Karl einen geeigneten deutschen Fürsten als Kompromisskandidaten benennen, etwa den Pfalzgrafen Friedrich, für den Fall, dass die Kurfürsten die erneute Wahl eines Habsburgers kategorisch ablehnen sollten. Margarete und ihre Ratgeber teilten Karl mit, dass sie ihren Plan in die Tat umsetzen würden, sollten sie von ihm nicht bis zum 13. März – also gerade einmal drei Wochen später – etwas Gegenteiliges gehört haben.47 Die sperrige Gesamterbmasse der Häuser Österreich, Burgund und Trastámara zwischen den beiden Enkelsöhnen Maximilians aufzuteilen, erschien nur vernünftig, und so sollte Karl schließlich in das Vorhaben einwilligen. 1519 allerdings rief der Vorschlag noch die wütende Zurückweisung und Misbilligung des jungen Herrschers hervor, die er per Brief und mittels eines Sonder-

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botschafters in die Niederlande übermittelte. Karl bekräftigte, er sei »ganz und gar entschlossen, keine Kosten und Mühen zu scheuen, um unsere Wahl zu sichern, welche wir begehren wie nichts anderes auf der Welt«. Nicht nur sei er Maximilians »ältester Enkelsohn, sondern auch derjenige, den [Maximilian] selbst erkoren hat«, sein Nachfolger zu werden. Wenn er seine Kandidatur jetzt zurückzöge, fuhr Karl fort, würde er »nicht nur das Reich verwirken, sondern auch unsere Ehre sowie all das Geld, das wir bereits ausgegeben haben«. Außerdem machte er geltend, dass eine Erbteilung zwischen ihm und seinem Bruder »es leichter machen würde, unsere vereinte Stärke auseinanderzubrechen und unser Haus ganz zu zerschlagen«, denn ohne einen direkten Zugang zu den Ressourcen Spaniens und der Niederlande wäre Ferdinand nicht in der Lage, sich gegebenenfalls zu verteidigen. Karl spekulierte sogar darüber, dass die Personen, die die Teilung vorgeschlagen hatten, »dieselben Leute sind, die schon früher versucht haben, Zwietracht zwischen dem König von Aragón und meinem Vater [Philipp] zu säen, später dann auch mir selbst Steine in den Weg gelegt haben und die nun ewigen Streit und Entzweiung zwischen mich und meinen Bruder bringen wollen«. Zu guter Letzt fand er, da selbst die besten Eilboten die immense Entfernung zwischen Spanien und den Niederlanden nur selten in weniger als zwei Wochen zurückzulegen vermochten, die von Margarete bis zur eigenmächtigen Umsetzung ihrer Initiative gesetzte Frist von nur drei Wochen eine absolute Unverschämtheit.48 Karl machte seinem Ärger noch anderweitig Luft, wie aus Margaretes Bemerkung hervorgeht: »Er ist weiß Gott verärgert über das, was wir ihm geraten haben, den persönlichen Briefen nach zu urteilen, die er mir seitdem geschrieben hat« (und die heute offenbar verloren sind). Karls eigenhändiger Nachtrag zu einem anderen Brief an seine Tante enthielt die folgende Drohung: »Tut, was ich Euch gerade aufgetragen habe, denn andernfalls würdet Ihr mich verärgern.«49 Der König erkannte dennoch, dass er seinem Bruder gut zureden und ihn beschwichtigen musste, und machte daher zwei entscheidende Zugeständnisse: Nach seiner Wahl zum König der Römer, versprach er, würde er zumindest einen Teil der österreichischen Erblande an Ferdinand abtreten; und »sobald wir zum Kaiser gekrönt worden sind, können wir leicht und ohne jede Gefahr dafür sorgen, dass [Ferdinand] zum römischen König gewählt werde, sodass das Reich auf ewig in der Hand unseres Hauses verbleibt«.50 Margaretes Antwort auf die wütenden Anschuldigungen ihres Neffen war betont kühl: »Wir sehen überhaupt nur zwei Wege, auf denen Ihr in dieser Wahl zu Erfolg kommen könnt. Erstens durch Geld«, da jeder der Kurfürsten inzwischen sehr viel mehr für seine Stimme verlangte, als Maximilian ihnen in Augsburg hatte bieten können. »Der zweite Weg, Sire, ist der Weg der Stärke« – womit die Mobilisierung von Truppen in den Niederlanden und in Spanien gemeint war,

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um einer bewaffneten Intervention Frankreichs abschreckend vorzubeugen, aber auch in den deutschen Territorien, um die Kurfürsten einzuschüchtern. Auch eine solche Mobilisierung würde natürlich Geld kosten. So oder so, fuhr Margarete fort: Da zur Erlangung der Kaiserwürde »Ihr keine Kosten und Mühen scheuen wolltet [Hören wir da einen Hauch von Sarkasmus?], müsst Ihr Euren Gesandten freie Hand geben, mehr als die bisher versprochenen Summen zu bieten und zu zahlen, ganz abhängig davon, welche Situation sie vorfinden … und zwar ohne die Verpflichtung, eine jede Entscheidung an Eure Majestät weiterzuleiten, da die lange Wartezeit auf Eure Antwort Schaden anrichten könnte«. Insbesondere bestand Margarete darauf, dass Karl den reichsten Bankier Europas, Jakob Fugger aus Augsburg, ermächtigen solle, für sämtliche von seinen Unterhändlern eingegangenen Verpflichtungen zu bürgen. Nur so lasse sich »die Verschwendungssucht der Franzosen in dieser Sache, die schlicht unglaublich ist«, noch übertreffen. Als ihr Neffe vergebens protestierte, das sei aber »ein sehr kostspieliges Pferd, das er da reiten solle«, schmetterte sie zurück: »Uns ist der Preis jenes Pferdes durchaus bewusst; nur ist es die Art von Pferd, bei der, wenn Ihr es nicht haben wollt, ein anderer Käufer schon bereitsteht.«51 Dieser Logik seiner Tante hatte Karl nichts entgegenzusetzen, und so bevollmächtigte er im Mai 1519 widerstrebend seinen Vertrauten Heinrich von Nassau, jegliche Zahlungen zu leisten, die Margarete zwecks einer Verbesserung seiner Wahlchancen für angebracht hielt, und er bat Fugger, für die betreffenden Summen zu bürgen. Außerdem untersagte er allen niederländischen Bankiers, während der nächsten sechs Monate Kredit in das Ausland zu vergeben oder Gelder außer Landes zu transferieren, es sei denn, Margarete hatte dem ausdrücklich zugestimmt. Und Karl begann eine Charmeoffensive, indem er eigenhändig und mühsam, Schriftzeichen für Schriftzeichen, Freundschaftsbekundungen in deutscher Sprache an jeden einzelnen Kurfürsten abschrieb (Abb. 10).52 Ihm war auch klar, dass er mit dem Bruder des pfälzischen Kurfürsten würde Frieden schließen müssen. Louis Maroton zufolge, der als Karls Agent für die Durchführung der besagten Charmeoffensive verantwortlich zeichnete, hatte Friedrich »gehört, dass [Karl] mit ihm nicht zufrieden sei wegen der Königin von Portugal [d. i. Eleonore], und er sagte mir dieses: ›Wenn ich glaubte, der König sei noch immer böse auf mich, Monsieur Louis, dann würde ich Maßnahmen ergreifen, die nicht zu seinem Vorteil wären.‹« Einen Monat später wiederholte Friedrich seine Drohung: Wenngleich er Maroton versicherte, dass er sich für die Wahl Karls einsetzen wolle, »hänge dies jedoch ganz davon ab, dass die ihm gemachten Versprechungen gehalten würden; und er verlangte eine feste Zusicherung in dieser Sache, indem er mir die rohe Behandlung (rude traictement) in Erinnerung rief, die ihm schon einmal zuteilgeworden war«. Friedrich schrieb auch direkt an Margarete und versicherte ihr, er werde sein Bestes tun, um Karls

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Wahlerfolg zu gewährleisten, »es sei denn, jemand böte mir Grund zu einer Sinnesänderung«. Seinen eigenhändigen Brief beschloss er sicher nicht ohne Grund mit der Bitte an Margarete, »meinen lästigen Brief nicht allzu schwer zu nehmen« – das erinnerte sehr an die Worte, mit denen er zwei Jahre zuvor seinen letzten Liebesbrief an Eleonore beschlossen hatte. Karl musste seinen Stolz hinunterschlucken: Er schrieb »zwei artige und liebenswürdige Briefe mit meiner eigenen Hand«, um Friedrich seiner Zuneigung zu versichern, sorgte dafür, dass der Pfalzgraf seine üppige Pension wie zuvor bezog, und versprach ihm weitere Belohnungen für die Zeit nach der Wahl.53 Auch um andere wichtige Unterstützer im Reich bemühte sich Karl, darunter Jakob Fugger, der Karl nicht nur von anderen Bankiers ausgestellte Kreditbriefe auszahlte und dem König beinahe 550 000 Gulden aus seiner eigenen Schatulle lieh, sondern sich im umgekehrten Fall weigerte, aus Frankreich erhaltene Kreditbriefe einzulösen. Aus seiner Haltung machte Fugger keinen Hehl. Im Februar 1519 schrieb er eine eigenhändige Nachricht an den brandenburgischen Kurfürsten, worin er diesem mitteilte, gerade sei ein Kreditbrief von Karl eingegangen, »aus dem ich Anweisung habe, Euer Gnaden 100 000 Gulden zu zahlen«. Er legte Abschriften von Briefen aus Spanien bei, in denen die Vorbereitungen für die Hochzeit von Karls Schwester Catalina mit dem Sohn des Brandenburgers beschrieben wurden.54 Zweifellos trugen die beträchtlichen Schulden, die Maximilian bis zu seinem Tod bei Jakob Fugger angehäuft hatte und die allein ein König von Spanien je würde begleichen können, zu Fuggers Entscheidung bei, sich mit all seinem Einfluss für Karl als Kandidaten einzusetzen. Aber er unterstützte Karl wohl auch aus Furcht vor dem, was Franz I. im Fall seiner Wahl womöglich tun würde. Damit war der Augsburger nicht allein. Im März 1519 flehte der Mainzer Kurfürst seinen Bruder, den Kurfürsten von Brandenburg, an, »in dieser Angelegenheit doch auch einmal die Ehre des Reiches in Betracht zu ziehen, Eure eigene Ehre, die Ehre unseres Hauses sowie der ganzen deutschen Nation« – denn sollten die Franzosen siegen, »dann werden sie sich nach Kräften bemühen, sich alles und jedermann untertan zu machen als Herren und Herrscher auf ewig«. Ein paar Tage später erklärte ein Vertreter des rheinischen Adels: »Wir werden restlos alles geben, bis zum letzten Blutstropfen, um einen französischen Erfolg zu verhindern.« Und Margarete tat ihrerseits alles, um noch Öl in dieses Feuer zu gießen. So schrieb sie ihrem Agenten in Deutschland: »Ich bin hocherfreut darüber, dass sich jedermann dort gegen die Franzosen erklärt, und ich bitte Euch, alle möglichen Wege zu finden, diese Abneigung noch zu verstärken, sei es durch Prediger oder Stadtobere oder auf irgendeine andere Weise.« Und tatsächlich wurde König Franz in zahlreichen (auch gedruckten) Predigten und bebilderten Einblattdrucken dämonisiert und die »Knechtschaft« seiner Unter-

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tanen in den schrecklichsten Farben ausgemalt, die Freiheit und »Libertät« unter der Herrschaft der Habsburger jedoch gepriesen.55 Dennoch war für viele die Gier zum hauptsächlichen, wenn auch nicht einzigen Motivationsfaktor geworden. Wie ein französischer Diplomat im Reich bemerkte: »Die Sache ist an einen Punkt gelangt, wo derjenige der beiden Könige sie für sich entscheiden wird, der am meisten gibt und verspricht.« Der Mainzer Kurfürst wechselte in den zwei Jahren, die der Wahl vorausgingen, sage und schreibe sechsmal die Seiten – und Anlass war jedes Mal, dass man ihm eine noch größere Geldsumme versprochen hatte.56 Angesichts einer solchen Blüte der Korruption wurde Karl ganz philosophisch zumute. Im Mai 1519 teilte er Margarete mit, dass, »da der Wahltag uns nun bald bevorsteht, wir uns ganz Gott anempfehlen müssen – und abwarten und schauen müssen, was Er entscheiden wird, wobei wir natürlich immer weiter danach streben werden, unser Bestes zu geben« – ein Reflex jener stoischen Werte, die man ihm einst an ihrem Hof in Mecheln nahegebracht hatte. Auch zeigte Karl sich zunehmend kriegerischer, warb ein Söldnerheer an und befahl, dass dieses nahe Frankfurt sein Lager aufschlagen solle – der Stadt, in der die Kurfürsten zur Wahl schreiten würden. Mit diesem Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche sollte Karl schließlich erfolgreich sein: Am 28. Juni 1519 wählten ihn die sieben Kurfürsten einstimmig zum neuen rex Romanorum.57

Planen für das Reich War es das alles wert gewesen? Wie der Botschafter Heinrichs VIII. im Reich ermittelte, hatte Karl alles in allem rund 1,5 Million Gulden in bar bezahlt  – darin eingeschlossen 500 000 Gulden, die den Kurfürsten und ihren Beratern im Gegenzug für die nötigen Wahlstimmen gezahlt wurden. (Der pfälzische Kurfürst schnitt dabei am besten ab: Er erhielt 147 000 Gulden, sein Bruder Friedrich noch einmal 37 108.) Dazu kamen noch üppige Pensionszahlungen und für die Zukunft versprochene Geschenke, ferner über 250 000 Gulden für die Anwerbung der kaiserlichen Truppen, die bei Frankfurt in Stellung gebracht wurden, und so weiter und so weiter.58 Das waren immense Summen, und sie sollten erst der Anfang sein: Gerade seine erfolgreiche Wahl zwang Karl dazu, im Reich noch sehr viel mehr Geld zur Abwehr von äußeren – Türken und Franzosen – wie inneren Feinden – den lutherischen Reichsständen – aufzuwenden. Dennoch sollte sich der Wahlsieg von 1519 als eine ausgezeichnete Investition erweisen. Auf lange Sicht sicherte er dem Haus Habsburg die Kaiserwürde über volle vier Jahrhunderte hinweg. Aber selbst auf kurze Sicht schien für Karl und viele seiner Zeitgenossen klar, dass – was immer der Sieg gekostet hatte – es

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das Haus Habsburg sehr viel teurer zu stehen kommen würde, die Wahl zu verlieren. Unmittelbar nach dem Tod Maximilians malte der englische Botschafter in den Niederlanden, Thomas Spinelly, detailliert aus, was für eine Kaskade von Katastrophen auf die Wahl eines anderen Kandidaten als Karl folgen würde. Sollte Karl Franz unterliegen, sagte Spinelly voraus, »wird ihm der größte Verdruss und Schaden entstehen«. Inbesondere die Herzöge von Bayern würden sich in Anbetracht der »uralten und neueren Händel, die sie mit Österreich haben«, gegen sie stellen. Auch die Eidgenossen, die Venezianer sowie »alle seine anderen Nachbarn und Anrainer werden – ob aus eigenem Antrieb oder auf Aufstiftung von außen – einen ähnlichen Weg einschlagen, sodass der erste Verlust noch viele weitere nach sich ziehen wird«. Außerdem würde Franz, sollte er Kaiser werden, nicht nur seine jüngsten Eroberungen in Italien einbehalten können, sondern früher oder später vielleicht auch noch Neapel, ja Österreich und sogar die Niederlande für sich gewinnen, wohingegen Karl niemals die burgundischen Territorien zurückerlangen könnte, welche die Seinen vierzig Jahre zuvor an Frankreich verloren hatten. Kurz gesagt: »Im Ausgang dieser Wahl besteht sein ganzes Gedeihen oder jedoch – sollte sie schlecht für ihn ausgehen – sein [Untergang].«59 Der Großkanzler Mercurino Arborio de Gattinara stimmte dem zu. Seiner Autobiografie zufolge hatten manche Minister Karl aufgefordert, seinen Anspruch auf die Kaiserwürde ganz aufzugeben, indem sie »klagten, die Wahl werde seinen Königreichen und Ländern in Zukunft mehr Schaden als Nutzen bringen«, aber der Kanzler belehrte sie rasch eines Besseren: »Unter dem Schirm des Kaisertitels würde [Karl] nicht allein seinen eigenen, ererbten Ländern und Königreichen dienen, sondern er könnte noch mehr und größere gewinnen, sein Reich ausdehnen und erweitern, bis es die Alleinherrschaft über die gesamte Welt umfasste. Wenn er ihn jedoch ablehnte, dann könnte dieses Reich den Franzosen zufallen … [und dann] wäre Karl nicht einmal imstande, seine eigenen Erblande in Österreich und Burgund sich zu sichern, ja nicht einmal die Königreiche von Spanien selbst.«

» Karl war es beschieden, ein reiches Erbe anzutreten: Die habsburgischen Erblande im östlichen Mitteleuropa ver-

machte ihm sein Großvater väterlicherseits, Kaiser Maximilian. Die Niederlande und die Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) erbte er von seiner Großmutter väterlicherseits, Maria von Burgund. Kastilien mitsamt seinen Besitzungen in der Neuen Welt war das Erbe seiner Großmutter mütterlicherseits, Isabella. Navarra, Aragón sowie dessen Vorposten im Mittelmeer stammten von seinem Großvater mütterlicherseits, Ferdinand (auch wenn Karl sich die Herrschaft über Kastilien und Aragón nominell bis zu ihrem Tod im Jahr 1555 mit seiner in Tordesillas festgesetzten Mutter Johanna teilen musste). Die Herrschaft über das Heilige Römische Reich konnte Karl 1519 hinzufügen; das Herzogtum Mailand folgte im Jahr 1535. Schon 1522 hatte Karl allerdings den größten Teil der österreichischen Erblande an seinen Bruder Ferdinand abgetreten, der 1526 auch zum Herrscher über Böhmen und einen großen Teil Ungarns wurde. Zusammen herrschten die beiden Brüder über beinahe die Hälfte Europas.

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Karl war es beschieden, ein reiches Erbe anzutreten: Die habsburgischen Erblande im östlichen Mitteleuropa vermachte ihm sein Großvater väterlicherseits, Kaiser Maximilian. Die Niederlande und die Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) erbte er von seiner Großmutter väterlicherseits, Maria von Burgund. Kastilien mitsamt seinen Besitzungen in der Neuen Welt war das Erbe seiner Großmutter mütterlicherseits, Isabella. Navarra, Aragón sowie dessen Vorposten im Mittelmeer stammten von seinem Großvater mütterlicherseits, Ferdinand (auch wenn Karl sich die Herrschaft über Kastilien und Aragón nominell bis zu ihrem Tod im Jahr 1555 mit seiner in Tordesillas festgesetzten Mutter Johanna teilen musste). Die Herrschaft über das Heilige Römische Reich konnte Karl 1519 hinzufügen; das Herzogtum Mailand folgte im Jahr 1535. Schon 1522 hatte Karl allerdings den größten Teil der österreichischen Erblande an seinen Bruder Ferdinand abgetreten, der

Sevilla

KASTILIEN

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andere Teile seines Reiches

habsburgische Territorien

Karte 3: Die europäischen Herrschaftsgebiete Karls V.

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»Karl hörte sich dies mit Wohlwollen an«, fuhr Gattinara fort, »und da nun die Meinung seines ganzen Rates sich geändert hatte, entschied er die Angelegenheit«, indem er die zur Sicherung seiner Wahl notwendigen Gelder auf den Weg brachte (siehe Karte 3).60 Die Notwendigkeit, eine solche Eskalation von drohenden Katastrophen zu vermeiden, wie sie Gattinara – und vor ihm Spinelly – beschrieben hatte, sollte in der Folgezeit zu einem beständig wiederholten Grundsatz der habsburgischen Gesamtstrategie werden. Ein zweiter solcher Grundsatz, der 1518/19 ebenfalls für das Bemühen um die Kaiserwahl sprach, hielt das habsburgische Prestiges hoch – oder die »Reputation«, wie man damals meist sagte. Die Durchsetzung von Ansprüchen und Titeln, wie entlegen sie auch sein mochten, bildete einen Grundpfeiler des internationalen Beziehungssystems in der Frühen Neuzeit, und ein Herrscher, der nicht alles daransetzte, seine Ansprüche durchzusetzen – und stünden sie auf noch so wackeligen Füßen –, machte sich zum Gespött seiner Zeitgenossen. Das Haus Habsburg hatte die Kaiserwürde bereits drei Generationen lang innegehabt: Wenn Karl sie nun fahren ließ, dann gefährdete er damit nicht nur seinen eigenen Ruf, sondern auch den seiner gesamten Familie. »Nehmt Euch diese Angelegenheit zu Herzen zum Wohle unseres ganzen Hauses, so wie wir selbst es tun«, hatte Maximilian seinen Enkel einst gemahnt, und Margarete stimmte dem zu: Die Kaiserwahl eines Königs von Frankreich »wäre eine beständige Schande und Schmach« für das ganze Haus Habsburg.61 Die dramatische Erweiterung von Karls Machtsphäre beeinflusste sein Regierungshandeln in Theorie und Praxis gleichermaßen. Auf zeremonieller Ebene etwa schlug er anlässlich einer weiteren, mit aller Pracht begangenen Kapitelversammlung des Ordens vom Goldenen Vlies  – diesmal in der Kathedrale von Barcelona  – eine bunte Mischung von Anwärtern zu Rittern: einen Neapolitaner, zwei Aragonier und acht Kastilier. Der Orden hatte seine geografische Reichweite ausgedehnt, ganz analog zum Ausgreifen der Habsburgerdynastie. Auf der Verwaltungsebene zwang jene »hitzige und langwierige Pokerpartie« um die Macht im römisch-deutschen Reich die Amtsträger und Parteigänger in Karls diversen Herrschaftsgebieten zur Zusammenarbeit – sie waren nun ein großes Team. Wie auswärtige Gesandte in Spanien halb neidisch, halb besorgt bemerkten, gelang es den Bankiers mühelos, den zu erwartenden spanischen Steuerertrag im Voraus aufzubringen und nach Augsburg zu transferieren, wo ein effizient arbeitender Stab von Bediensteten unter der Leitung Heinrichs von Nassau und Jakob Villingers Hand in Hand zusammenarbeitete, um die Verteilung der Gelder und Gefälligkeiten zu organisieren. Inzwischen gehorchten die Statthalter der österreichischen Erblande, die Karl ja gerade erst geerbt hatte, den Anweisungen ihres abwesenden

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Herrn – dem sie noch nie begegnet waren – und erklärten sich bereit, »restlos alles zu verpfänden«, wenn es sein musste, »um [Karl] zu Willen zu sein«. Und in den Niederlanden saß Margarete von Österreich, stellte Kreditbriefe aus, die auf dortige Einkünfte gezogen waren, und sandte sie an Karls Agenten in Deutschland, verbunden mit der Erinnerung: »Meine Herren, uns ist bewusst, dass dies eine große und beträchtliche Summe ist, aber man darf nie vergessen, von welcher Art und Wichtigkeit die Sache ist, für die sie verwendet werden soll; und dass wir, sollten wir mangels Geld scheitern, noch Schlimmeres und sehr viel mehr erleiden werden.«62 Auch die Art, wie an Karls Hof die Geschäfte geführt wurden, blieb von derlei Prozessen der Integration und der Fokussierung auf das eine große Ziel nicht unberührt. Vor der Wahl hatten sich die ausländischen Gesandten immer wieder darüber beklagt, wie lange sie auf eine Audienz oder gar eine Entscheidung warten mussten. »Meist geht es so, dass das, was sie noch am selben Tag zu tun versprechen, auch in den sechs Tagen darauf noch ungetan bleibt«, jammerte 1518 ein englischer Gesandter in Saragossa, während sein französischer Kollege maliziös hinzufügte: »Wenn Barcelona und Valencia ihn [d. i. Karl] so lange festhalten wie diese Stadt hier, … wird er dort wohl drei Jahre verbringen.« Im Februar 1519 berichtete derselbe Gesandte dann jedoch: »Hier vergeht kein Tag, ohne dass ein Bote aus Deutschland eintrifft«, und zweifellos nahm das Briefaufkommen in den folgenden Monaten noch zu. Jedenfalls notierte der Historiker Marino Sanuto in seinem Tagebuch, dass in seiner Heimatstadt Venedig zwischen Februar und Juli beinahe 200 Dokumente eingetroffen waren, die mit der Wahl zu tun hatten – im Durchschnitt mehr als eines pro Tag! Und auch die Briefe aus Spanien, merkte er an, »handeln von nichts anderem als dem Reich«.63 Nach seiner Wahl musste Karl dann einsehen, dass »die großen und beständigen Aufgaben, die vor uns stehen und noch zunehmen, während wir uns bemühen, die Angelegenheiten unserer Königreiche, Herrschaftsgebiete und Untertanen zu ordnen und zu führen« – dass diese besagten Aufgaben es letztlich erfordern würden, grundlegende administrative Veränderungen vorzunehmen. Weil »wir nun für eine ganze Weile nicht imstande sein werden, in die Niederlande zurückzukehren, um unsere dortigen Geschäfte persönlich zu führen … mit eigenem Wissen, Willen, eigener Autorität und Macht«, erweiterte Karl insbesondere die Kompetenzen Margaretes. Als »Regentin und Statthalterin« war sie ausgestattet mit der Vollmacht, alles zu tun, »was wir selbst auch tun oder zu tun veranlassen, solange wir uns in Spanien aufhalten«, von einigen kleineren Einschränkungen abgesehen. Dazu gab Karl »unser Wort als König, dass wir billigen und für ewig wahren wollen, was unsere edle Tante getan haben wird«. Das sollte das Grundmuster für die Delegierung von Befugnissen in Karls Reich werden.64

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Sechs Tage nachdem die Nachricht von Karls Wahlerfolg in Barcelona eingetroffen war, legte Gattinara ihm den Entwurf für eine umfassende Reform der Zentralregierung vor. Der Kanzler erinnerte seinen Herrn zunächst eindringlich daran, Gott Dank zu sagen und seine Mutter, den Papst und seinen Beichtvater zu ehren (und zwar in genau dieser Reihenfolge), sodann befasste er sich mit dem exilierten Infanten Ferdinand: »Ihr müsst jegliche Rechte auf Nachfolge, Erbteilung oder Apanage anerkennen, die ihm zustehen«, führte Gattinara aus. Außerdem solle Karl »ihn auf alle Eure Reisen mitnehmen und ihn unterweisen und an großen Vorhaben beteiligen«, denn dann »werdet Ihr Euch bei wichtigen Unternehmungen fester auf ihn verlassen können als auf irgendwen sonst«. Überhaupt werde Karl, warnte der Kanzler, »mit so vielen und so verschiedenen Königreichen und Provinzen – und nun auch noch mit dem Reich – womöglich schneller einen Mangel an geeigneten Männern leiden als an Geld«. Denn schließlich werde »angesichts der Zahl von wichtigen Angelegenheiten, mit denen Ihr Euch werdet auseinandersetzen müssen – im Reich angefangen, aber auch in Euren Königreichen und Herrschaften in Spanien, Österreich, Flandern und Burgund –, es Euch schlichtweg nicht möglich sein, alle nötigen Schreiben selbst zu unterzeichnen«. Deshalb solle Karl einen kleinen »Reiserat« einrichten, der ihn stets und überallhin begleiten und ihn in allen Angelegenheiten beraten sollte, die das gesamte Reich betrafen, während Routineaufgaben an die bestehenden lokalen Institutionen der einzelnen Herrschaftsgebiete delegiert werden sollten. Entscheidend war es, so Gattinara, »dringliche Angelegenheiten« von solchen zu unterscheiden, die »mit Muße erwogen und entschieden werden« konnten – keine ganz leichte Aufgabe, sondern vielmehr ein ständiges Dilemma, mit dem sich Karl und seine Nachfolger immer wieder konfrontiert sahen. Gattinara brachte zu seiner Bewältigung eine Fülle praktischer Ratschläge vor (beispielsweise diesen: »Um Eure Geschäfte zu beschleunigen und damit nicht jene warten müssen, die dringend eine Entscheidung benötigen, sollte Euer Majestät sich gleich morgens beim Aufstehen und Ankleiden drei oder vier anstehende Fragen vortragen lassen; auf diese Weise werden die Angelegenheiten sich nicht mehr auftürmen, wie sie es jetzt tun«).65 Solche Maßnahmen waren jedoch zum Scheitern verurteilt, da, wie Karl Brandi bemerkt hat, »die dynastische Vereinigung völlig verschiedener Staaten und Völker zu kaum lösbaren Schwierigkeiten führen« musste.66 Beinahe unmittelbar wurden diese Schwierigkeiten dann auch in elementaren Verwaltungsfehlern und -versäumnissen manifest. Beispielsweise unterzeichnete Karl kurz nach dem Tod Maximilians eine Anweisung an seine Gesandten, die eben um die kurfürstlichen Wahlstimmen warben. In dem Dokument fehlte jedoch ein Name, der des Herrn von Zevenbergen. Der vergessene Gesandte

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war zutiefst gekränkt und frustriert, denn schließlich fehlte ihm nun die Handlungsvollmacht. Margarete bemühte sich, ihn zu trösten, indem sie versicherte, dass »dies keinesfalls auf das Missfallen des Königs zurückgeht, sondern vielmehr auf den Fehler, die Ignoranz und Dummheit des Sekretärs, der die Papiere aufgesetzt hat«.67 Dennoch kostete es Karl mehrere Wochen, den Fehler zu beheben. Zevenbergen hatte bereits seinen Unmut über die Trägheit »jener Leute in Spanien« zum Ausdruck gebracht, die mit der Umsetzung von Karls politischen Entscheidungen befasst waren, und hatte behauptet, dass »der König, wenn ihm die Angelegenheiten des Reiches wirklich am Herzen lägen, eine größere Sorgfalt an den Tag legen würde«. Ein anderer erfahrener Ratgeber Margaretes, Jean Marnix, beschwerte sich, er finde »die Briefe Seiner Majestät recht seltsam und schlecht durchdacht«. Heinrich von Nassau wurde sogar noch unverblümter. Als er im März 1519 den Befehl erhielt, in Deutschland Truppen auszuheben, die jedoch nur einen Monat lang Dienst tun sollten, teilte er Margarete mit, dies sei ein sinnloses Unterfangen, da die Wahl ja erst im Juni stattfinden werde. Vielmehr sei er »der Ansicht, dass ihre Verträge für drei Monate ausgestellt werden sollten« – und teilte der Statthalterin kühl mit, dass er die Umsetzung in diesem Sinne bereits in die Wege geleitet habe. Vielleicht weil er eine kritische Antwort erwartete, fügte Heinrich noch hinzu: »Madame, Ihr werdet die nötigen Anweisungen so erteilen, wie Ihr es für richtig haltet; ich an des Königs Stelle jedoch« – eine wenig subtile Erinnerung daran, dass Karl ihn »mon Henry« nannte  – »würde mich mit solchen Dingen nicht zu eingehend beschäftigen. Das Einzige, was Seine Majestät verärgern könnte, sind Nachlässigkeit und Täuschung.«68 Ein erfolgreicher Wahlausgang, hieß das wohl, werde am Ende alle Abweichungen von den königlichen Befehlen entschuldigen. Heinrich hatte recht. Karl war letztlich erfolgreich darin, im Reich Truppen aufzustellen, was Franz nicht gelang, und über das habsburgische Kreditnetz flossen regelmäßige Geldzahlungen an die Kurfürsten, die aus Frankreich ausblieben. So bewahrheitete sich schlussendlich die unterwürfige Prophezeiung, die Erasmus von Rotterdam im Jahr 1516 gewagt hatte: »Ihr, edler Prinz Karl, könnt Euch glücklicher schätzen als Alexander [der Große] und werdet, wie wir hoffen, ihn auch an Weisheit übertreffen. Er nämlich hatte ein riesiges Reich an sich gebracht, jedoch nicht ohne Blutvergießen, noch sollte dies Reich überdauern. Euch aber wurde ein prachtvolles Reich schon von Geburt zuteil, und Ihr seid bestimmt, ein noch größeres zu erben, sodass Ihr – anders als [Alexander], der große Mühen auf seine Eroberungen verwenden musste – vielleicht Euch bemühen müsst, die freiwillige Weitergabe mancher Gebiete anzustreben, statt noch weitere hinzuzugewinnen. Dem Himmel schuldet Ihr es, dass Euer Reich Euch ganz ohne Blutvergießen zugefallen ist

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und niemand dafür leiden musste; Eure Weisheit muss nun Sorge dafür tragen, dass Ihr es ohne Blutvergießen auch erhaltet und in Frieden bewahrt.«69

In der Tat hatte Karl sich im »Spiel der Throne« als der große Gewinner erwiesen: König von Kastilien, Aragón, Neapel und Sizilien war er geworden, jetzt auch noch römisch-deutscher König – und all das »ganz ohne Blutvergießen«. Ende Juli 1519 gingen die Glückwünsche Franz’ I. bei ihm ein, und die beiden Monarchen erneuerten ihr Gelübde, auch künftig den Frieden zu halten. Damit konnte der venezianische Botschafter Francesco Corner festhalten, »dass alle Fürsten der Christenheit dem König nun ihre Glückwünsche haben zukommen lassen, entweder direkt oder über ihre Botschafter«.70 Was sollte als Nächstes kommen? Sobald in Barcelona Gewissheit über den Wahlausgang bestand, begriff Corner, was Karl nun brauchen würde: eine Flotte, die groß genug war, damit er samt Gefolge aus Spanien aufbrechen konnte. Obwohl »er sämtliche Einkünfte und die von den kastilischen Cortes bewilligten Steuern verpfändet« und auch »die von diesem Königreich [Aragón] gewährten Subsidien ausgegeben« hatte, waren allerdings »die Angehörigen seines Hofstaats seit nun sechs Monaten nicht mehr bezahlt worden«. Um seinen neuen Thron besteigen zu können, brauchte Karl mehr Geld, und er brauchte es dringend. Mit einer gewissen Vorahnung fragte sich Corner, wie, wo und wann Karl dieses Geld auftreiben sollte, ohne dabei (wie sein englischer Botschafterkollege John Stile es drei Jahre zuvor formuliert hatte) in »zahlreiche Unannehmlichkeiten und Probleme« zu geraten.71

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5 Vom Frieden über Aufruhr zum Krieg (1519–1521) In Windeseile nach England Karls Wahl zum römisch-deutschen König sollte Verschiebungen im europäischen Gleichgewicht nach sich ziehen. Der Sieg Franz’ I. über die Eidgenossen in der Schlacht bei Marignano 1515 sowie die darauf folgende Besetzung von Mailand und Genua durch seine Truppen hatten aus dem französischen König den mächtigsten Herrscher der Christenheit gemacht – und auch den am meisten gefürchteten. Ein englischer Diplomat schrieb damals, was viele dachten: »Die große Erhöhung der Franzosen kann keinem Christenherrscher von Nutzen sein, das liegt an ihrem übermäßigen Ehrgeiz und ihrer unersättlichen Begierde.« Ein anderer behauptete, der »größte, vornehmste und beinahe einzige Grund« aller Probleme in Europa seien »der arrogante und überhebliche Stolz sowie der unersättliche Appetit der Könige von Frankreich«, die es darauf abgesehen hätten, die »Monarchen der [ganzen] Christenheit« zu werden. Für einen französischen Diplomaten hingegen stellte sich die Sache so dar, dass vielmehr Karl als »Kaiser die anderen Könige der Christenheit geringschätzen wird, weil er sich selbst für den größten [unter ihnen] hält«.1 Derartige Befürchtungen waren nicht unbegründet. Einige Wochen vor der Wahl hatte einer von Margaretes Gesandten in Deutschland vorhergesagt, dass zwar das Reich »sich für Seine Majestät als ein teuer erworbenes Gut (une chière mechandise) erweisen« werde, Karl nach seiner Krönung jedoch »der ganzen Christenheit Vorschriften machen« könne. Der Großkanzler Gattinara pflichtete bei. Sobald die Nachricht von Karls Wahlerfolg ihn erreichte, teilte er dem künftigen König und Kaiser sowie den Mitgliedern des Rates mit, »dass der Titel des ›Reichs‹ [imperium] zur Aneignung des ganzen Erdballs berechtigt«. Derlei Ansichten kamen dann – wenig überraschend – auch in der kurzen Dankesrede zum Vorschein, die Karl vor jener deutschen Delegation hielt, die ihm die Nachricht von seiner Wahl überbracht hatte: Nach einer anfänglich großen Freude habe er sich doch Sorgen gemacht, dass »die Entfernung, die Deutschland von seinen spanischen Königreichen trennt, es verhindern würde, dass er Deutschland so regelmäßig besuchen könnte, wie das Reich und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten es womöglich erfordern«. Nachdem er »immer und immer wieder neu bedacht hatte, ob er die Wahl nun annehmen oder ablehnen solle«, habe er jedoch erkannt, dass im Fall eines türkischen Angriffs die Ressourcen »des Reiches von dem größten Wert für die Sicherheit Österreichs« sein

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konnten – aber auch für die Sicherheit »der Niederlande, die an das Reich grenzen, sowie als eine Basis, um sein Herzogtum Burgund zurückzugewinnen«. Das war eine klare Kampfansage an Franz I. Und zu guter Letzt: Wenn er, Karl, die Kaiserwürde ablehne, »wird der König von Frankreich sie mit Sicherheit erringen« – und daraufhin vollkommen unerträglich werden.2 Überlegungen wie diese ließen erkennen, wie sehr die politische Landschaft Europas sich verändert hatte. Noch eine Generation zuvor hatten fünf Großmächte – England, Frankreich, Spanien, Burgund und das Heilige Römische Reich  – um die europäische Vormachtstellung konkurriert. Inzwischen herrschte über die drei letzteren Reiche ein und derselbe Mann. Ein englischer Diplomat legte die möglichen Konsequenzen für seinen Herrn mit vorbildlicher Klarheit dar: Heinrich und Karl – »die die Natur in Blutsverwandtschaft verbunden hat ganz wie die alte Freundschaft, die zwischen Euren beiden Häusern so lange schon bestanden hat«  – könnten entweder entschiedene Verbündete werden und würden dann »unweigerlich … die ganze Christenheit in beste Ordnung und Frieden bringen, was Euch beiden zu großer Ehre gereichen würde«. Oder aber »die drei mächtigen jungen Herren« – gemeint waren Heinrich (geboren 1491), Franz (geboren 1494) und Karl (geboren 1500) – würden in Streit geraten, und dann »würde die Christenheit in Stücke gerissen und einem endlosen Krieg anheimfallen, wodurch all jenen, die es rechtzeitig hätten verhindern können, großer Schaden … und auch große Schuld zuteilwürde«.3 Eine Zeit lang blieben die »drei mächtigen jungen Herren« der Gefahren gewahr, die von »einem endlosen Krieg« ausgingen, und hielten sich an die Friedensabkommen, die sie bereits geschlossen hatten. Als Karl im September 1518 vom Tod der Tochter Franz’ I. erfuhr, die seine Verlobte war, sandte er seinem »guten Vater« unverzüglich ein Kondolenzschreiben und versprach, stattdessen ihre Schwester zu heiraten, wie im Vertrag von Noyon vereinbart (siehe Kap. 3). Im Folgemonat überzeugte Heinrichs Lordkanzler, der Kardinal Thomas Wolsey, die Vertreter Franz’ I., Karls und etlicher anderer europäischer Herrscher, ihre Signaturen unter den Vertrag von London zu setzen, der den Unterzeichneten nicht nur verbot, einander anzugreifen, sondern sie im Umkehrfall sogar dazu verpflichtete, einen vertragsbrüchigen Partner mit vereinten militärischen Kräften in die Schranken zu weisen. Dennoch lag der alte Argwohn nie allzu fern. Als Franz ein persönliches Treffen mit Karl vereinbaren wollte, um einige offene Punkte zu klären, sprach sich Chièvres dagegen aus und erinnerte daran, »wie man einst mit dem Herzog Johann von Burgund umgesprungen war« (ein Paradebeispiel für ein funktionierendes institutionelles Gedächtnis, denn Chièvres spielte auf den Mord an Herzog Johann Ohnefurcht von Burgund an während einer Unterredung mit dem französischen Dauphin ein Jahrhundert zuvor).4 Stattdessen brachen Chièvres selbst,

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5  Vom Frieden über Aufruhr zum Krieg (1519–1521)

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Gattinara und andere führende Minister Karls nach Montpellier auf, um dort die Streitpunkte mit einer französischen Delegation zu erörtern, die von Artus Gouffier de Boisy angeführt wurde, dem Großmeister von Frankreich sowie Mentor und wichtigstem Ratgeber Franz’ I. Da Gouffier auch an der Spitze jener französischen Delegation gestanden hatte, mit der man zum Vertrag von Noyon gelangt war, bestand auch diesmal einige Hoffnung auf einen guten Ausgang der Verhandlungen; sein plötzlicher Tod am 13. Mai 1519 brachte die Gespräche jedoch abrupt zum Erliegen. Im Rückblick erkannte der scharfsichtige französische Diplomat Guillaume du Bellay in dem Scheitern der Verhandlungen von Montpellier einen fatalen Wendepunkt: »Der Tod [Gouffiers] verursachte große Kriege, wie noch zu zeigen sein wird, denn wenn [er und Chièvres] ihre Verhandlungen abgeschlossen hätten, wäre die Christenheit vorerst bestimmt im Frieden verblieben. Jene, die hernach die Regierungsgeschäfte führten, sorgten sich nicht so sehr um den Frieden der Christenheit, wie Chièvres und der Großmeister es getan hatten.« Mindestens einer von Franz’ Feldherren war ganz derselben Meinung. Da Chièvres und der Großmeister »sämtliche Angelegenheiten ihrer Herren in Händen hielten«, schrieb der Seigneur de Florange, »starben nach seinem [d. h. Gouffiers] Tod wohl an die zweihunderttausend Männer, die, da bin ich mir sicher, weitergelebt hätten, wenn auch er gelebt hätte«.5 Noch eine Weile verfolgte Karl seine Politik der Beschwichtigung Franz gegenüber weiter – im Juni 1519 zahlte er eine Rate des jährlichen Tributs, der nach dem Vertrag von Noyon wegen der französischen Ansprüche auf Neapel fällig wurde; auch wechselten Franz und er eigenhändige Briefe, in denen sie einander Frieden zusicherten, unabhängig davon, wem von ihnen beiden die Kaiserkrone letztlich zufallen sollte. Aber Karls Wahl verringerte sein Bedürfnis, die Franzosen zu besänftigen, in demselben Maße, wie die Notwendigkeit wuchs, nun die Reichsstände zu besänftigen.6 Die Kurfürsten, denen Karls voreilige Titulatur als »König von Spanien« gewiss noch im Gedächtnis war, legten fest, dass er den Titel »Römischer König« (rex Romanorum) auf keinen Fall vor seiner Krönung nutzen durfte und dass diese Krönung erst stattfinden sollte, nachdem er geschworen hatte, sich an die Wahlkapitulation zu halten, die unmittelbar nach der Wahl in seinem Namen von den kaiserlichen Bevollmächtigten in Frankfurt gebilligt worden war. Erkannte Karl die volle Bedeutung dieser Wahlkapitulation? Als er seine spanischen Untertanen davon in Kenntnis setzte, dass die kurfürstlichen Gesandten in Barcelona eingetroffen waren, »um unsere Abreise zu erbitten und uns zu begleiten, bis wir in Deutschland sind«, sprach er auch davon, dass ihm »das Wahldekret zu unseren Gunsten« vorgelegt worden sei »zusammen mit den im Gegenzug erforderten Zugeständnissen«. Inhaltliche Einzelheiten dazu

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nannte er freilich nicht, vielleicht weil sie in einem äußerst gespreizten Deutsch formuliert waren, einer Sprache, die – wie es damals hieß – »er noch nicht sehr gut spricht«.7 Viele der betreffenden Klauseln waren reine Routine: Karl sollte die Rechte und Privilegien der deutschen Fürsten, Prälaten und Reichsstädte achten, Gerechtigkeit walten lassen, keinen der Reichsstände gegen sich aufbringen etc. Einige andere hingegen waren wohl den Befürchtungen geschuldet, die sich an die Wahl eines ausländischen Herrschers zum römisch-deutschen König knüpften: Karl sollte in der Reichsverwaltung nur Deutsche beschäftigen und offizielle Dokumente stets in deutscher oder lateinischer Sprache vorlegen; er durfte den Reichstag nicht außerhalb der Reichsgrenzen zusammentreten lassen und bei seiner Ankunft im Reich keine fremden Truppen mit sich bringen. Bei einigen Klauseln schien der Ärger bereits vorprogrammiert: Karl musste schwören, das Reich nicht in ein Bündnis oder einen Konflikt hineinzuziehen, ohne dass die Kurfürsten dem zugestimmt hatten, und niemals sollte ein deutscher Herrscher oder Untertan vor eine auswärtige Gerichtsbarkeit geladen werden. Außerdem verpflichtete Karl sich, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in deutschen Landen zu nehmen; für Zeiten seiner Abwesenheit sollte ein Regentschaftsrat geschaffen werden, dem ausschließlich Deutsche angehören sollten (darunter einige Kurfürsten und andere Fürsten); und er musste schwören, all das rückgängig zu machen, was die Päpste entgegen dem Herkommen der deutschen Kirche eingeführt hatten.8 Die Forderung, er solle unverzüglich zu seiner Krönung nach Deutschland reisen, stellte Karl vor ein Dilemma: Er hatte bereits versprochen, von Katalonien nach Valencia zu ziehen, wo er die Cortes des Königreichs empfangen und deren Huldigung (nebst weiteren Steuerzusagen) entgegennehmen wollte. Chièvres sprach sich dafür aus, dass Karl dieses Versprechen halten und anschließend von Spanien nach Italien segeln sollte, von wo aus er nach Aachen weiterreisen konnte, um sich dort krönen zu lassen – selbst wenn er dafür Franz um die Erlaubnis zum Durchzug durch dessen neu erworbene Territorien Genua und Mailand ersuchen musste. Gattinara jedoch lehnte diesen Reiseplan ab, hauptsächlich wegen einer erst kürzlich erfolgten Annäherung zwischen Frankreich und England. Im Oktober 1518 war es zwischen Franz und Heinrich  VIII. zu drei Vereinbarungen gekommen: Franz’ Sohn und Erbe sollte die Prinzessin Mary Tudor heiraten, sobald er vierzehn Jahre alt war; Heinrich sollte unverzüglich Tournai an Frankreich zurückgeben; und die beiden Monarchen wollten bei einem persönlichen Treffen alle noch offenen Problempunkte klären. Unter Karls Ministern sorgte das zunächst keineswegs für Beunruhigung: Auch wenn Tournai schon bald wieder in französischen Besitz überging, waren die beiden verlobten Königskinder doch noch lange nicht volljährig, und auch konkrete Pläne für das vereinbarte Treffen zwischen Franz und Heinrich gab es vorder-

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hand keine. Zu Beginn des Jahres 1520 jedoch änderte sich dieser letzte Punkt, als Franz dem englischen Lordkanzler Wolsey vorschlug, die beiden Königsfamilien sollten bereits im Mai zu einem spektakulären Turnier bei Calais zusammenkommen.9 Gattinara drängte nun Karl, er solle schleunigst durch Aragón und Kastilien bis zu dem galicischen Hafen La Coruña zurückreisen, wo eine Flotte auf ihn wartete. Mit dieser solle er dann »den englischen König abfangen, bevor dieser mit dem französischen König zusammenträfe … um so, wenn möglich, deren Treffen zu verhindern«. Anschließend sollte Karl durch die Niederlande zu seiner Krönung nach Aachen reisen. Zu Gattinaras Plan gehörte es eigentlich auch, dass Karl wie vorgesehen die kastilischen Cortes um die Bewilligung neuer Steuern bitten sollte, um für die erwähnte Flotte zu bezahlen – angesichts der in dem Königreich bestehenden Spannungen eine hochriskante Vorgehensweise –, doch am 22. Januar 1520 gab Karl bekannt, dass er nicht nach Valencia, sondern stattdessen gleich nach Galicien reisen wolle, von dort dann in die Niederlande und weiter nach Deutschland. Schon am nächsten Tag verließ er Barcelona.10 Pedro Mártir de Anglería, der seinen Herrn in Valladolid erwartete, warnte Gattinara (mit dem er von Landsmann zu Landsmann ein offenes Wort pflegte): »Es heißt, auf den Ratschlag des Geißbocks [d. h. Chièvres’] und der Spanier, die um den König sind, wird Seine Majestät Kastilien um zwei Dinge bitten: Erstens sollen die Cortes in Santiago de Compostela zusammentreten, und alle Städte mit Stimmrecht in den Cortes sollen Bevollmächtigte schicken, denen man aufgetragen hat, jegliche Anweisung des Königs zu befolgen. Man munkelt, dass unter diesen Bedingungen die Freiheit zerstört werde und man derartige Gesetze für gewöhnlich nur Sklaven zumute, wie sie auf dem Markt gekauft und verkauft werden. Ich sehe viele, die geneigt sind, sich dem zu verweigern. Die zweite Bitte ist die Forderung nach einer neuen Steuer, welche die Spanier servicio nennen, und das, obwohl die vorherige noch nicht einmal eingetrieben ist. Ich stelle fest, dass diese beiden Forderungen nicht gerade wohlwollend aufgenommen wurden.«

Als Karl am 4. März 1520 nach kurzem Aufenthalt Valladolid verlassen wollte, läuteten die Sturmglocken und Menschenmassen strömten zu dem Stadttor, durch das der König vermutlich ziehen würde, um ihm ihre Missbilligung zu bekunden. Zwar gelangte Karl rechtzeitig aus der Stadt, aber die zornigen Bürger »begannen sogleich, gegen all jene zu wüten, die für die Steuern gestimmt hatten«, als die Cortes zuletzt zusammengetreten waren.11

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Karl ignorierte diese gefährlichen Entwicklungen und verbrachte auf seinem Weg nach Santiago stattdessen vier Tage in Tordesillas bei seiner Mutter und seiner Schwester Catalina. In Santiago zog er sich dann (wie üblich) »während der ganzen Karwoche zum Gebet in ein örtliches Kloster zurück«. Am 31. März eröffnete er die Sitzung der Cortes mit der Forderung nach einem weiteren stattlichen servicio zur Finanzierung seiner Reise nach Deutschland.12 Gattinara zufolge waren Karls Ratgeber in dieser Sache uneins: »Chièvres wollte von ihnen einen neuen servicio fordern. Mercurino war dagegen. Er wies darauf hin, dass der vor zwei Jahren beschlossene servicio noch immer nicht eingetrieben war, weshalb es nicht sinnvoll erscheine, einen neuen zu fordern. Er prophezeite, dass man andernfalls einen Volksaufstand heraufbeschwören werde.« Adrian von Utrecht teilte die Befürchtungen des Großkanzlers und rief Karl später in Erinnerung, dass er eine ähnliche Warnung schon früher ausgesprochen hatte: »Als wir in Santiago waren, sagte ich Eurer Hoheit, dass Ihr die Zuneigung all dieser Untertanen verloren hättet, aber Ihr glaubtet mir nicht.«13 Stattdessen hielt Pedro Ruiz de la Mota, einst ein Felipista, der sein Exil an Karls Hof verbracht hatte, »auf königlichen Befehl« eine wortgewaltige Ansprache an die Cortes, in der er verkündete: »Die Glorie Spaniens, die lange Jahre geschlummert hat, ist nun wieder erwacht. Von jenen, die Spaniens Ruhm besungen haben, wissen wir, dass andere Völker Tribut nach Rom geschickt haben – Spanien aber schickte Kaiser [Trajan, Hadrian, Theodosius]. Und nun ist das Reich nach Spanien gekommen auf der Suche nach einem Kaiser, und unser König von Spanien ist durch Gottes Gnade zum König der Römer und zum Kaiser der ganzen Welt erwählt worden.«

Der Bischof erinnerte die Delegierten daran, dass »es nicht weniger ehrenvoll ist, das Gewonnene zu bewahren, als es überhaupt erst zu gewinnen – und genau so ist es nicht weniger ehrlos, einem Triumph nicht weiter nachzugehen, als gleich geschlagen zu werden«. Er versicherte der Versammlung in Karls Namen, dass »er mit Gottes Hilfe binnen – allerhöchstens – drei Jahren nach seiner Abreise zurückkehren wird«. Ferner versprach er, dass in Zukunft »kein Amt in diesen Königreichen an jemanden vergeben werden soll, der nicht von hier stammt«. »Sogleich nach der besagten Rede«, fährt der offizielle Sitzungsbericht fort, »gab Seine Majestät höchstselbst den in den Cortes versammelten Prokuratoren« eine feierliche Bestätigung der soeben von Mota gegebenen Versprechen.14 Die Rede erfuhr schon bald in gedruckter Form eine weitere Verbreitung. Gattinara überwachte ihre Metamorphose in einen lateinischen Traktat mit dem Titel »Die unmittelbar vor seiner Abreise gehaltene Ansprache Karls, des Königs der Römer, vor den spanischen Cortes«, in dem Karl prahlte:

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»Wer glaubt, die Herrschaft über die ganze Welt falle irgendeinem durch Truppen oder Reichtümer zu oder durch widerrechtliches Drängen oder List, der irrt. Die Herrschaft kommt von Gott allein. Ich habe eine derartige Verantwortung nicht selbst angestrebt, denn ich wäre in der Tat schon mit meinem spanischen Reich (Hispano imperio) zufrieden gewesen, mit den Balearen und Sardinien, mit dem sizilischen Königreich, mit großen Teilen von Italien, Deutschland und Frankreich sowie mit noch einer anderen, sozusagen goldträchtigen Welt [pene alio aurifero orbe, d. i. Amerika].«

Jedoch, fuhr Karl fort, habe ihn eine »schicksalhafte Notwendigkeit« dazu gezwungen, die Kaiserwürde auf sich zu nehmen: »[Diese] Entscheidung muss auch aus der gebührenden Ehrfurcht vor der Religion heraus getroffen werden, deren Feind [d. h. die Türken] sich so sehr ausgebreitet hat, dass weder der Frieden der Christenheit noch die Würde Spaniens noch schließlich das Wohlergehen meiner Königreiche einer solchen Bedrohung gewachsen wäre. All diese werden kaum fortbestehen können, wenn ich nicht Spanien mit Deutschland verbinde und dem König von Spanien den Titel des Kaisers hinzufüge.«

Und um das alles zu erreichen, brauchte er nur bescheidene 500 000 Dukaten.15 Als Redebeitrag war das schön und gut, doch schien es, wie Juan Manuel Carretero Zamora bemerkt hat, allzu vielen im Publikum, als sei »die neue Krone, die auf das Haupt Kastiliens hinabgestiegen war, in Wahrheit eine Dornenkrone«. Anders als die Ständeversammlungen in den Niederlanden, in Deutschland oder selbst in Aragón besaßen die Cortes von Kastilien – dem reichsten unter Karls Besitztümern – »so gut wie keine ›verfassungsmäßigen‹ Verteidigungsmittel (ob institutionell, demokratisch oder fiskalisch) gegen einen jungen König, der in seinem neu gewonnenen Königreich nur die Gans erblickte, die goldene Eier legt«. Die Delegationen gleich mehrerer Städte verweigerten die Kooperation. Toledo hatte erst gar keine Prokuratoren entsandt; stattdessen brachten zwei angesehene Bürger der Stadt »eine Petition vor des Inhalts, dass die Gesetze des Königreiches nicht auf derart himmelschreiende Weise gebrochen werden sollten« – jedoch hörte Karl ihnen (wie Mártir berichtet) nur »auf eine äußerst unfreundliche Weise zu«.16 Weil er unbedingt noch Heinrich sehen wollte, bevor er sich mit Franz traf, befahl er den verärgerten Prokuratoren, ihm von Santiago nach La Coruña zu folgen, wo seine Flotte vor Anker lag. Auch verkündete er, er habe Adrian von Utrecht für die Zeit seiner eigenen Abwesenheit zum »Administrator und Gouverneur« von Kastilien, der Kanarischen Inseln und der spanischen Besitzungen in Amerika ernannt. Diese

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Entscheidung beruhe auf »unserem eigenen Antrieb, vernünftiger Erwägung und unserer absoluten königlichen Gewalt, die wir auszuüben wünschen und ausüben als ein König und Herr, der keine andere weltliche Macht über sich weiß«. Zweifellos hielt er diese Begründung für umso angebrachter, als die Ernennung Adrians einen Verstoß gegen jenen feierlichen Eid bedeutete, den Karl erst kurz zuvor den Cortes geleistet hatte: dass nämlich »kein Amt in diesen Königreichen an jemanden vergeben werden soll, der nicht von hier stammt«.17 Umgehend meldete sich eine Gruppe kastilischer Adliger zu Wort, die den König aufgebracht »daran erinnerten, dass ein minderjähriger König (pupilo) nach den Gesetzen Kastiliens nur einem Spanier die Regierungsgeschäfte anvertrauen dürfe, nicht jedoch einem Fremden«, woraufhin Karl zurückschnappte, dass »er ja kein Minderjähriger mehr sei und dies nun einmal so tun wolle« (die erste belegte Wortmeldung Karls in eigener Sache).18 Und obwohl eine Mischung aus Bestechungsgeldern und anderen Zugeständnissen die in La Coruña festsitzenden Prokuratoren schließlich dazu bewegen sollte, dem neuen servicio zuzustimmen, lehnten es manche Städte weiter ab, die Zahlungen zu leisten – mit der Begründung, es sei »nicht recht, dass Seine kaiserliche Majestät die Einkünfte dieses Königreiches in seinen anderen Herrschaftsgebieten ausgibt«. Auch beklagten sie sich darüber, dass Karl seine Wahl im Reich angenommen hatte, »ohne den Rat oder die Zustimmung dieser Königreiche einzuholen«.19 Im April und Mai 1520 nötigten Unruhen in mehreren kastilischen Städten Vertreter der Krone zur Flucht; das entstehende Machtvakuum füllten Kommunalregierungen (von deren spanischem Namen sich die Bezeichnung »Comuneros-Aufstand« herleitet). Karl indessen kümmerte sich – obwohl er noch sechs Wochen in Galicien auf einen günstigen Wind zur Abreise wartete, fast so lange wie drei Jahre zuvor in Zeeland – kaum um diese Entwicklungen. Stattdessen konzentrierten seine Minister und er sich ganz auf ihre Angelegenheiten in den Herrschaftsgebieten im Norden. Am 20. Mai schließlich konnte Karls Flotte in See stechen und legte nach einer Reise von nur sieben Tagen im englischen Dover an, wo Lordkanzler Wolsey den jungen König an Land begrüßte und ihn nach dem Abendessen auf Dover Castle zu dem Schlafgemach geleitete, das man schon für ihn vorbereitet hatte. Als Heinrich die Nachricht von Karls Eintreffen hörte, sprang er kurz entschlossen auf sein Pferd, ritt zur Burg und drang »in die Kammer ein, in der Seine kaiserliche Majestät schon schlief, und dort umarmten sie sich und tauschten noch andere Zeichen ihrer gegenseitigen Zuneigung«. Am nächsten Morgen lernte Karl seine Tante Katharina von Aragón kennen und auch Heinrichs Schwester Mary, die vormalige »Prinzessin von Kastilien«. Man speiste, trank und tanzte, wobei die Festivitäten immer wieder von ernsthaften politischen Gesprächen unterbrochen wurden, die das Fundament für ein enge-

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res Bündnis zwischen den beiden Herrschern legen sollten. Nach drei Tagen ging Karl wieder an Bord seines Flaggschiffs und segelte in Richtung Niederlande davon.20 Heinrich hingegen setzte über den Ärmelkanal nach Calais, um dort auf dem Camp du Drap d’Or (»Feld des goldenen Tuches«) mit Franz I. zusammenzutreffen: ein legendäres, aufwendiges Ereignis, das beinahe drei Wochen andauerte und zahlreiche Turniere und Bankette einschloss. Ein wirklicher Erfolg war jenes Treffen allerdings nicht – teils wohl, weil Franz den höchst selbstbewussten Heinrich bei einem spontanen Ringkampf beschämte, indem er ihn kurzerhand zu Boden warf; teils auch, weil Chièvres und Wolsey bereits geheime Absprachen über eine erneute Zusammenkunft ihrer beiden Herren getroffen hatten. Diese setzten unmittelbar im Anschluss an das große englisch-französische Spektakel ihre eigene politische »Unterredung« (das von einem venezianischen Diplomaten gebrauchte Wort: abochamento) fort. Am 14. Juli 1520 unternahmen Heinrich und Karl also einen gemeinsamen Ausritt in der Nähe von Calais und »unterhielten sich lange Zeit zu zweit, wobei der König von England beinahe in das Ohr des Kaisers hineinsprach«. Dann »umarmten sie einander überaus herzlich, wobei sie ihre Hüte in Händen hielten«, und nahmen Abschied.21 Die beiden Monarchen hatten allen Grund, geheimniskrämerisch und herzlich zugleich zu sein: Immerhin hatten sie gerade vereinbart, einen ständigen Botschafter an den Hof des jeweils anderen zu entsenden. Ferner wollten sie binnen zwei Jahren ein weiteres Treffen zur Abstimmung ihrer jeweiligen Außenpolitik abhalten und bis dahin kein weiteres Bündnis mit Frankreich eingehen. Vor allem aber wollten sie »einander beistehen, sollte eines ihrer Reiche von einem äußeren Feind angegriffen werden«. Heinrich war damit zu einem Hauptakteur auf dem internationalen Parkett herangewachsen, und Karl hatte einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinem ärgsten Rivalen im nördlichen Europa erlangt.22

Spanien brennt Im südlichen Europa dagegen hatte Karls Position sich bedrohlich verschlechtert. Zwar hatte sein Aufenthalt in Spanien gerade einmal dreißig Monate angedauert, doch waren während dieser Zeit zwei große Rebellionen losgebrochen: eine in Valencia (der Aufstand der Germanías) und eine in Kastilien (der Aufstand der Comunidades oder Comuneros). Kleinere Aufstände gab es auch auf Mallorca und Sizilien. Wie brachte ein Herrscher, auf den die Menschen noch 1517 voller Vorfreude gewartet hatten, es fertig, in so kurzer Zeit so viele seiner Untertanen gegen sich aufzubringen?

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Wahrscheinlich hätte kein Herrscher all die Erwartungen befriedigen und Spannungen beseitigen können, mit denen Karl sich 1517 in Spanien konfrontiert sah. Es begann schon damit, dass seine Ratgeber untereinander heillos zerstritten waren. Viele burgundische Gefolgsleute seines Vaters Phil­ipp, die nach dessen plötzlichem Tod gezwungen gewesen waren, Spanien schmachvoll und mittellos zu verlassen (siehe Kap. 1), sehnten sich nun danach, Rache zu nehmen und die erlittenen Verluste wettzumachen. Die Felipistas – Spanier, die König Philipp und seinem Erben treu geblieben waren, wie etwa Juan de Zúñiga und Pedro Ruiz de la Mota – lechzten ebenfalls nach Rache: Rache an denen, die in Diensten Ferdinands von Aragón auf ihrem Posten geblieben waren. Hasserfüllt sahen sie, mit welchen Gunstbeweisen Karl in den Jahren nach 1516 Fernandinos wie Los Cobos bedachte, die nach zehn Jahren in Amt und Würden nach Brüssel kamen und dort mit ihrem Reichtum und ihren Erfahrungen protzten. Daneben gab es auch innerhalb Kastiliens verschiedene Akteure, deren Ziele und Wünsche sich unmöglich vereinbaren ließen. So erfreute sich beispielsweise die Stadt Burgos enger und herzlicher Beziehungen in die Niederlande, und die Kaufleute der Stadt verdienten ein Vermögen am Export kastilischer Wolle, die an die Tuchhersteller Flanderns ging. Entsprechend war man in Burgos überhaupt nicht mit einem Gesetz aus dem Jahr 1462 einverstanden, das vorschrieb, ein Drittel der Wollproduktion müsse in Kastilien verbleiben und an einheimische Tuchhersteller verkauft werden. Die kastilischen Tuchhersteller, deren Metropole die Stadt Segovia war, lehnten jenes Gesetz ebenfalls ab, allerdings weil ein bloßes Drittel der Wolle für ihren Lebensunterhalt viel zu wenig sei, wie sie erbost vorbrachten. Kein König der Welt hätte Burgos und Segovia zugleich genügen können. Derartige unversöhnliche Rivalitäten gab es noch weitere unter Karls kastilischen Untertanen, und Missernten sowie eine schwere Pestepidemie in den Jahren 1517–1519 konnten diese Ausgangslage nur verschärfen. Weiter östlich im Königreich Valencia verschlimmerten Starkregen und Überschwemmungen, die ganze Ernten hinwegspülten und ebenfalls eine Pestepidemie nach sich zogen, ebenfalls bestehende Streitigkeiten. Vor allem die Zünfte in den Städten beklagten sich über die »Tyrannenherrschaft« der Stadtoberen, »von denen manche derart überheblich sind, dass sie uns wie ihre Gefangenen behandeln«. Außerdem litt das Königreich unter den regelmäßigen Überfällen muslimischer Korsaren, weshalb die Zunftmitglieder in den größeren Städten sich auch bewaffnet hatten. Die Bedrohung durch die Korsaren erlebte Karl im Mai 1519 kurz nach seiner Ankunft in Barcelona persönlich mit, als ein Geschwader Galeeren nordafrikanischer Herkunft »gleich vor den Augen Seiner Majestät und des Hofes vorüberfuhr« und sich in südlicher Richtung entfernte. Dies war der erste direkte Kontakt des jungen Herrschers mit der mili-

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tärischen Stärke – insbesondere zur See – der islamischen Welt, und er gab sogleich den Befehl, die Bürgerwehr von Valencia zu mobilisieren. Als diese Order jedoch dort einging, »waren keine der hohen Herren mehr in der Stadt: Alle hatten sie wegen der Pest die Stadt verlassen«. Deshalb »übernahmen die einfachen Leute in der Stadt das Kommando« und begannen, sich zum Krieg zu rüsten. Der detaillierten Chronik des Germanías-Aufstandes zufolge, die Martí de Viciana, ein Augenzeuge der Geschehnisse, zusammengestellt hat, erblickten die Anführer der Zünfte sofort die Gelegenheit, »das Volk von Valencia aus seiner Knechtschaft zu befreien«, denn »im Augenblick haben wir einen neuen Knabenkönig, der von seinen Ministern beherrscht wird; und weil er noch nicht lange auf dem Thron sitzt, hört er jeden an, um zu erfahren, wo etwa Unrecht begangen wird und wer die Opfer sind, damit er seinen Getreuen Genugtuung verschaffen kann«.23 Obwohl die Zunftleute recht damit hatten, dass der »Knabenkönig« noch »von seinen Ministern beherrscht« wurde, begriffen sie nicht, dass diese Minister Fremde waren und ihre Ratschläge deshalb geflissentlich ignorieren würden. Sie erkannten ihren Fehler im Mai 1520, als Karl einen kastilischen Adligen zu seinem Vizekönig in Valencia ernannte (und nicht einen Valencianer, wie es die örtliche Tradition verlangte). Daraufhin randalierten die guten Bürger von Valencia in den Straßen und schrien: »Lang lebe der König! Tod dem Vizekönig!« Karl reagierte darauf mit widersprüchlichen Anweisungen an diverse Verantwortliche, sodass der Aufstand rasch um sich griff.24 Auch die ersten Geschichtsschreiber, die sich mit dem Comuneros-­Aufstand in Kastilien befassten, sahen Karls allzu große Abhängigkeit von auswärtigen Ratgebern als einen entscheidenden Katalysator der allgemeinen Unzufriedenheit. Juan de Maldonado, der 1545 schrieb, schob die Schuld an der Revolte vor allem der Tatsache zu, dass »die meisten Granden sehr gekränkt waren, als der König sie nach seiner Rückkehr nach Spanien kaum je über wichtige Belange in Kenntnis setzte und sie auch nicht um ihren Rat fragte; und als er sich wiederum zum Aufbruch rüstete, hatte er nicht den geringsten Teil der Regierungsgeschäfte ihnen anvertraut«. Drei Jahre beschwerte sich die Elite laut Pedro Mexía, »dass der König distanziert und unnahbar erschien und es nicht so einfach war, mit ihm zu sprechen, wie sie sich das gewünscht hätten«. Glaubt man Alonso de Santa Cruz, der seine Gedanken 1552 notierte, dann »brachte es [Chièvres] fertig, den König dermaßen abzuschotten, dass nur wenige überhaupt ein Wort mit ihm wechseln konnten – also hassten die Spanier ihn, weil sie ihn für abweisend und schlecht erzogen hielten … Kurz gesagt: Alle hassten den König«.25 Obgleich die drei zitierten Chronisten allesamt das Trauma des Comuneros-Aufstandes durchlebt hatten, war doch keiner von ihnen direkt daran beteiligt gewesen: Ihre Berichte von Karls Verantwortlichkeit und von seinen

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Reaktionen stammen deshalb sozusagen aus zweiter Hand. Viele Protagonisten der Geschehnisse teilten ihre Einschätzung allerdings, so auch Adrian von Utrecht, der als Karls Statthalter in Kastilien seinem König mehr als hundert Briefe voller Beschwerden schrieb.26 »Man sagt hier, die Niederländer hätten alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest gewesen sei«, informierte er Karl im Juni 1520. Einige Monate später fügte er hinzu, jedermann in Spanien glaube, »dass Euer Hoheit den Belangen dieser Königreiche keinerlei Beachtung schenkt und alles nur von anderen betrieben wird, als wäre Euer Hoheit ein Kind ohne Vernunft, Besonnenheit und Mitgefühl«. Im Januar 1521 warnte er: »Glaubt mir, Majestät: Wenn Ihr nicht langsam ein wenig mehr Aufmerksamkeit darauf verwendet, die Dinge zu verstehen, und wenn Ihr nicht aufhört, alles stets an andere zu delegieren, wird Spanien Euch niemals wirklich lieben oder Eurer königlichen Hoheit und Autorität gehorchen, wie es sich geziemt.«27 Adrian formulierte noch zwei weitere Hauptbeschwerdepunkte. Wiederholt kritisierte er das Schweigen seines Herrn. »Es erstaunt mich, dass Euer Majestät mir noch nicht auf meine Briefe über die bewussten Aufstände geantwortet hat, und dieser Verzug in Eurer Korrespondenz birgt große Gefahren«, schrieb Adrian im Juni 1520; sechs Monate später behauptete er, »alle Welt« sei »schockiert und bestürzt« darüber, dass der König noch auf keinen einzigen seiner neun (!) vorangegangenen Briefe geantwortet hatte; und im Januar 1521 äußerte er seine Entrüstung darüber, nun schon seit zehn Wochen keine Zeile mehr von Karl erhalten zu haben. Es ist bestimmt nicht ohne Aussagekraft, dass kaum einer der 105 Briefe, die Adrian während der Comuneros-Krise an Karl sandte, Anstreichungen oder Anmerkungen des Empfängers oder seiner Ratgeber aufweist.28 Adrian tadelte seinen früheren Zögling ferner dafür, dass er seine Versprechen nicht hielt: »Man sagt hier: ›Der König verspricht viel und hält nichts.‹« In Zukunft, schimpfte er, »solltet Ihr, auch wenn es später böse Folgen haben sollte, um Euer Majestät Ehre und Gewissen willen die Versprechungen einhalten, die Ihr Euren Untertanen in den Cortes gegeben habt«.29 Vor allem aber, ermahnte Adrian den König, müsse dieser umgehend nach Spanien zurückkehren. Im April 1521 teilte er Karl in weiser Voraussicht mit, dass »die Ressourcen Spaniens stets noch eingesetzt werden können, um die Niederlande und Deutschland zu stützen, aber deren Ressourcen nicht Spanien stützen können«. Drei Monate später stellte er Karl ein ganz außergewöhnliches Ultimatum: »Alles ist nun in so beträchtliche Verwirrung geraten und befindet sich auf dem besten Weg in den völligen und irreparablen Untergang, und aus diesem Grund sind einige der führenden Adligen ganz und gar fassungslos. Ich muss Euer Ho-

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heit daher mitteilen, dass, wenn Ihr nicht bis zum Monat Mai hier eingetroffen seid, sie absolut entschlossen sind, sich den Comuneros anzuschließen und ihre Ländereien zu schützen, und Euer Majestät Ihrem Schicksal überlassen werden.«30

Es sollte jedoch anders kommen. Am 23. April 1521, drei Wochen nachdem Adrian die obige Drohung an seinen einstigen Schüler gesandt hatte, stellten die von den führenden kastilischen Adligen ausgehobenen Truppen eine große Anzahl von Comuneros-Anführern und ihren Anhängern nahe dem kleinen Ort Villalar in der Gegend von Tordesillas. In der kurzen Schlacht, die sich anschloss, wurden einige Hundert Rebellen getötet; etliche Hundert mehr wurden gefangen genommen. Darunter waren auch einige Anführer, die am Morgen darauf von den Siegern hingerichtet wurden. In den lapidaren Worten, mit denen Joseph Pérez seine Darstellung beschloss: »Und das machte den Comuneros ein Ende.« Bis Mai 1521 war Toledo als einziges Widerstandsnest übrig geblieben.31 Bald darauf gelang es auch in Valencia den vom Adel aufgestellten und angeführten Truppen, die Kräfte der Germanías zu schlagen und die Kontrolle über die Residenzstadt zurückzuerlangen.

Karl und die Comuneros Welchen Anteil hatte Karl selbst an dieser dramatischen Schicksalswende? Keinen sonderlich großen. Erste Nachrichten davon, dass »in Spanien irgendein Aufruhr losgebrochen« sei, erreichten den König und sein Gefolge am 19. Juni 1520 in Brüssel, ganze zwei Monate nach Beginn des Aufstands. Da sie auf »dem Bericht von Fremden« beruhten, »schenkten sie ihnen keinen Glauben«, bis dann eine Woche später Briefe von Karls spanischen Ministern eintrafen, die von Unruhen in nicht weniger als siebzehn kastilischen Städten Nachricht gaben. Karl erkannte den Ernst der Lage jedoch noch immer nicht, weil (in den Worten des englischen Botschafters Thomas Spinelly) die Aufständischen »trotz all ihrem Aufruhr  … die Einkünfte des Königs weiter fließen lassen, sodass sie den gewohnten Empfängern ohne jegliche Einschränkung gezahlt werden können«. Außerdem »scheint es bislang, dass noch kein großer Herr oder Edelmann sich öffentlich als Anhänger jener Umtriebe zu erkennen gegeben hat«, was nach Spinellys Meinung wohl auch so bleiben werde. Den Grund hierfür sah er in »den alten Streitigkeiten, Feindschaften und Neidereien, die unter den spanischen Herren herrschen, ja so sehr, dass der eine dem anderen nicht trauen kann. Aus diesem Grund glaube ich, dass die Abwesenheit des Kaisers zwar einige Verstimmung hervorrufen mag, aber doch keine ernsthaften Probleme.« Schließlich hielt Spinelly gleichwohl noch fest, dass ihm alle Forderungen der

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Aufständischen »gerecht und vernünftig« erschienen: dass die Städte ihre Einnahmen aus den Verkaufssteuern selbst und direkt verwalten sollten, dass in Kastilien keine auswärtigen Kandidaten mehr auf weltliche oder geistliche Posten berufen werden sollten, dass kein Gold oder Silber mehr außer Landes gebracht werden sollte, dass die königlichen Gerichte alle Verfahren zügig bearbeiten und abschließen sollten. Auch Adrian von Utrecht riet zu einem Kompromiss, da »es an diesem Punkt nötig ist, die Städte und ihre Bürger beinahe so wie rohe Eier zu behandeln, die zerbrechen, wenn man sie zu unsanft anfasst«. Er warnte zudem, dass »die Dinge nun auf des Messers Schneide stehen, sodass die kleinste unvorsichtige Bewegung alles aufs Spiel setzen mag«. Da in dieser frühen Phase des Aufstandes Karl die Beschwerden durchaus hätte aus der Welt schaffen können – »ehrenvoll und ohne seinen guten Ruf im Ausland zu beschädigen« –, zeigten sich sowohl Adrian als auch Spinelly fassungslos, als der Kaiser Zugeständnisse rundweg ablehnte.32 Eine solche Sturheit blieb nicht ohne Folgen, denn Karl hatte bei der Ernennung Adrians zu seinem Statthalter in Kastilien einige entscheidende Befugnisse ausgespart. Insbesondere konnte nur der König selbst Begnadigungen aussprechen. Das erwies sich als fatal, als im Juni ein führender Comunero von Toledo anbot, den Rebellen seine Unterstützung aufzukündigen, wenn man ihm im Gegenzug Straffreiheit zusagte: Als Adrian endlich die königliche Erlaubnis erhalten hatte, selbst Begnadigungen vorzunehmen, war es schon zu spät.33 Außerdem sprach sich zwar Adrian für Milde im Umgang mit den Aufständischen aus, der Präsident des Kronrates, Antonio de Rojas, jedoch nicht. In seiner mehr oder minder letzten Mitteilung an Karl hatte Kardinal Cisneros diesen vor Rojas gewarnt. Der sei »ein böser Mann mit bösen Absichten, der es liebt, Zwietracht zu säen«. Aber der Tod des Kardinals hatte dann zur Folge, dass niemand seine Warnung beachtete. Dabei äußerte sich der Condestable von Kastilien, immerhin der ranghöchste Adlige des Königreiches, in einem Brief nun ganz ähnlich: »Der Präsident des Kronrates ist sehr wütend auf mich, weil ich die Meinung vertrete, durch Begnadigungen und milde Strafen werde das Königreich zur Ruhe kommen. Er aber will verbrannte Erde sehen, will den Leuten den Hals abschneiden, sodass, wenn unsere jetzigen Probleme schwerer wiegen als die vergangenen, unsere künftigen Probleme sogar noch schwerwiegender sein werden.«34 Karl ignorierte den Condestable genauso, wie er zuvor Cisneros ignoriert hatte – vielleicht weil das brutale Vorgehen, für das Rojas und der restliche Kronrat eintraten, eine Zeit lang erfolgreich schien. Am 6. Juli 1520 meldete der Botschafter Spinelly, dass »der Kaiser aus Spanien gute Nachricht bekommen hat und hört, der Aufruhr sei vorüber«; drei Wochen darauf folgte noch die Versicherung, es habe »keinerlei offene Unterstützung [der Aufständischen] seitens hochgestellter oder einflussreicher Personen« gegeben.

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Vielmehr sichere das Volk nun zu, »es wolle dem Kaiser in allen Dingen treu und gehorsam sein, außer dass kein Geld mehr aus dem Königreich fließen und keine Fremden mehr in Amt und Würden« gesetzt werden sollten.35 Obgleich die Anführer der Comuneros einen zentalen Ausschuss einrichteten, die sogenannte Junta, um ihre Aktivitäten zu koordinieren, entsandten anfänglich nur vier Städte eine offizielle Abordnung. Im August änderte sich alles. Adrian hatte Truppen in Marsch gesetzt, um die in Medina del Campo eingelagerte königliche Artillerie gefechtsbereit zu machen, die er gegen die Hochburgen der Aufständischen einsetzen wollte. Als seine Soldaten dort jedoch auf Widerstand stießen, legten sie ein Feuer, das weite Teile der Stadt zerstörte. Der große Brand von Medina gab der Sache der Comuneros wieder Aufwind. In Scharen strömten ihnen nun die Anhänger zu, und zehn weitere Städte entsandten Delegierte in die Junta, die nun nach Tordesillas zog in der Hoffnung, die Königin Johanna zur Machtübernahme und zur Legitimierung ihres Ungehorsams bewegen zu können. Und auch eine »einflussreiche Person« ergriff nun für die Comuneros Partei: Antonio de Acuña, der Bischof von Zamora. Die Nachricht von diesen Entwicklungen sorgte am Brüsseler Hof für Fassungslosigkeit. Am 6. September diskutierten, das berichtet jedenfalls Spinelly, Karl und sein Rat zwei »Meinungen« hinsichtlich des weiteren Umgangs mit der »Unannehmlichkeit«, wie es etwas verschämt hieß, in Kastilien. Eine Gruppe von Räten sprach sich dafür aus, dass Karl unter allen Umständen nach Aachen weiterreisen solle, um sich dort wie geplant zum römisch-deutschen König krönen zu lassen. Anschließend sollte er »seine Reise nach Deutschland hinein« fortzusetzen, »um mit Umsicht und gutem Rat die Streitigkeiten zwischen den Reichsfürsten und den Reichsstädten beizulegen«. Sodann sollte er »mit so großer Macht, als ihm möglich ist, nach Italien ziehen«, um sich dort zum Kaiser krönen zu lassen. Erst danach, meinte diese Fraktion, sollte Karl nach Spanien zurücksegeln, um das Land zu befrieden. Die restlichen Mitglieder des Rates jedoch widersprachen vehement: »Je länger er noch säumt, nach Spanien zurückzukehren, desto schlechter, denn die Untertanen dort werden mit jedem Tag verwegener, und wenn man bedenkt, wie süß das freie Leben auf anderer Leute Kosten ist et quod nervus belli est pecunia [und dass Geld des Krieges Kraftquelle ist], wovon er sonder Spanien keine geeignete Quelle hat; dann muss man zu dem Schluss gelangen, dass es wohl am weisesten wäre, in Aachen die Königskrone zu empfangen, für das Reich einen Vikar [Regenten] zu ernennen und dann hierher zurückzukehren, um für Anfang März [1521] etwa eine Armee aufzustellen.«

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Diese Armee sollte »von ausreichender Zahl sein, um das Land [Spanien] zu läutern und in ewige Sicherheit zu setzen«. Erst danach solle Karl »nach Rom fahren«, um vom Papst die Kaiserkrone in Empfang zu nehmen.36 Der Kaiser entschied sich für die zweite »Meinung« und gab zugleich mehrere Zugeständnisse an die Aufständischen bekannt: Er ernannte zwei kastilische Adlige, die Adrian als Vizestatthalter zur Seite stehen sollten; er erklärte sich bereit, auf den in La Coruña beschlossenen servicio zu verzichten; und er räumte den Städten das Recht ein, ihre Verkaufssteuern selbst einzutreiben. Das war zu wenig, und es kam zu spät. Binnen Kurzem trat die Junta von Tordesillas auf, als wäre sie die Exekutive im Land, und schrieb (wie Karl gereizt festhielt) »Briefe an einige Städte in unseren Niederlanden, um auch sie zur Rebellion gegen uns anzustiften«. Inzwischen stritten sich Margarete und Chièvres in aller Öffentlichkeit und »in der Gegenwart des Königs« darüber, wer die Schuld an der Misere trage, wobei »sie einander der Nachlässigkeit bezichtigten«.37 Dennoch schien Karl außerstande, die wahren Gründe für den Unmut der Comuneros zu verstehen. Als im Januar 1521 der Kardinal Guillaume de Croÿ verstarb und der Bischofssitz von Toledo damit überraschend wieder vakant wurde, schlug der Kaiser vor, ihn einfach einem anderen von Chièvres’ Neffen zu übertragen. Das geschah sogar, nachdem einer seiner spanischen Untertanen ihn ausführlich darüber belehrt hatte, dass »der ursprüngliche Groll und Unmut des ganzen Landes von diesem besagten Erzbischof ausgegangen war … und welch große Unbill auch diesmal folgen werde, sollte Ihre Majestät es [d. h. das Erzbistum Toledo] erneut dem Herrn von Chièvres überlassen, und er sagte, dass nicht nur [seine] Untertanen darüber verärgert sein würden, sondern Gott ebenso wegen der Unfähigkeit und des jungen Alters, die dem anderen Neffen eigneten«. Hätte nicht an diesem Punkt des Geschehens der abtrünnige Bischof Acuña das Vermögen des Erzbistums Toledo an sich gerissen, Karl hätte seinen katastrophalen Fehler glatt ein zweites Mal begangen.38 Weder in den »Erinnerungen« des Kaisers noch in Gattinaras Autobiografie findet sich der geringste Hinweis darauf, warum Karl und seine Minister sich mit ihrer Reaktion auf die kastilische Krise so lange Zeit ließen. Ein Brief jedoch, den Luigi Marliano – nicht nur der Leibarzt des Kaisers, sondern auch sein enger Vertrauter – im Oktober 1520 verfasste, spiegelt die herrschende Meinung bei Hofe wider.39 »Ich habe von Euch zahlreiche Briefe über diesen Tumult erhalten«, schrieb Marliano an seinen Vetter und Landsmann Peter Mártir, und manche davon gäben Karl die Schuld. Insbesondere führten viele darüber Klage, dass Karl es versäumt hatte, seine spanischen Untertanen in politische Entscheidungsprozesse einzubinden. Doch wies Marliano darauf hin, dass »ein König nicht verpflichtet ist, seine Entscheidungen dem Volk zu erklären«. Ohnehin sei doch »nicht allein der Grund, sondern auch die Notwendigkeit für

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diese Dinge über die Maßen klar«: nämlich »die große Bedeutung, die darin liegt, die Herrschaft über die ganze Welt zu gewinnen, die er nicht einem anderen zufallen lassen konnte, und die er durch Nichtstun bloß verloren hätte«. Was den Protest der Comuneros an einem »Kapitalabfluss« aus dem spanischen Königreich betraf, so behauptete Marliano, es sei ja ohnehin so gut wie gar kein Geld mehr übrig geblieben: nach der Tilgung aller Schulden, die die Katholischen Könige hinterlassen hätten; nachdem man dem Bruder (Ferdinand) die Überfahrt nach Flandern und der Schwester (Eleonore) die Reise nach Portugal bezahlt sowie einen Feldzug nach Nordafrika finanziert hatte; nach dem Entsenden von »zwei Flotten in die Neue Welt, über deren bewundernswerte Entdeckung Ihr ja selbst geschrieben habt« (eine clevere Spitze gegen Mártir). Vor allem aber hatten sich, wie Marliano beteuerte, »weder der Kaiser noch seine Vertreter in Spanien jemals hochmütig verhalten«.40 Mártirs Antwort fiel vernichtend aus. Zunächst einmal verwarf er Marlianos ganzes Plädoyer mit dem lapidaren Hinweis: »Nichts hiervon ist der Grund für die Rebellion gewesen.« Über die Behauptung, »weder der Kaiser noch seine Vertreter [hätten sich] in Spanien jemals hochmütig verhalten«, machte er sich gar lustig. Ganz im Gegenteil, so Mártir: »Euer Ausdruck ›hochmütig‹ trifft es nicht genau, denn es war nicht ›hochmütig‹, sondern ›mit dem höchsten Grad an Hochmut‹, wie Euresgleichen mit den Spaniern umgesprungen ist. Den Kaiser selbst können wir wohl von aller Verantwortung freisprechen, denn er war ja noch ein Knabe; aber was könnte denn wohl hochmütiger sein, als ruhig dabei zuzusehen, wie Spanier für das kleinste Vergehen gegen einen Niederländer mit der größten Härte bestraft wurden, während kein Richter es wagte, auch nur einen einzigen Niederländer bei Hofe arretieren zu lassen, selbst wenn dieser eine schreckliche Untat wider einen Spanier verübt hatte?«

Den Schuldigen wusste Mártir genau zu benennen: »Der Geißbock [Chièvres] und seine Herde waren es, die dem Geist des unglückseligen Königs diese Saat eingegeben haben«, und der zerstörerischste Schössling jener Saat sei es gewesen, »als der Geißbock ohne jede Rücksicht auf die Gesetze dieses Landes sofort nach seinem Eintreffen in Spanien das Erzbistum Toledo an sich riss, was im Königreich nichts als Hass hervorrief«. Mártir, der erkennbar Mühe hatte, seine Verärgerung im Zaum zu halten, beschloss seinen Brief mit den folgenden Bemerkungen: »Wegen seiner mangelhaften Erziehung zeigt der Kaiser nicht das geringste Interesse an diesen Königreichen, und seine Höflinge haben ihm sogar – um ihn noch besser täuschen zu können – einen regelrechten Hass auf Spanien und die Spanier eingeredet. Dies alles also,

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mein lieber Marliano, ist die Dornensaat, die ausgebracht worden ist, um des Kaisers Ernte zu ruinieren.«41 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Blatt bereits gegen die Comuneros gewendet – jedoch aus Gründen, die mit Karl und seinem Hof nicht das Geringste zu tun hatten. Im September 1520 begannen Bauern in mehreren Gegenden Kastiliens, ihre Grundherren anzugreifen und deren Besitz zu zerstören, und für eine Weile genossen sie dabei die Unterstützung der Junta. Das führte dazu, dass viele Adlige ihren Groll Karl gegenüber letztlich doch überwinden konnten und stattdessen seine Statthalter zu unterstützen begannen. Noch dazu schickte Karls Schwager, der portugiesische König Manuel, Adrian 50 000 Dukaten, was wiederum einige Bankiers dazu bewegte, es ihm gleichzutun. Mit diesen Geldern sollten die Statthalter dann die Truppen ausheben, die den Comuneros bei Villalar eine vernichtende Niederlage zufügten.42 Karl beschloss deshalb, im Norden zu bleiben und sich zunächst mit den deutschen Reichsterritorien zu befassen. Er erließ ein Edikt – erneut unter Verweis auf »unsere absolute königliche Gewalt, die wir auszuüben wünschen und ausüben«  –, das seine Statthalter ermächtigte, ausnahmslos alle festzunehmen und vor Gericht zu stellen, die nach kastilischem Recht normalerweise Schutz genossen, inklusive Bischöfen und Adligen, wenn sie sich des »verbrecherischen Verrats an ihrem König und naturgemäßem Herrn« schuldig gemacht hatten. Entsprechend ließen Karls Statthalter fast 250 Personen als Verräter anklagen und verurteilen, darunter auch den Bischof Acuña und einige Adlige.43

Römischer König und Erwählter Römischer Kaiser Am 22. Oktober 1520 zog Karl mit großem Zeremoniell in Aachen ein. Nachdem er das goldene Reliquiar verehrt hatte, das den Schädel Karls des Großen enthielt, seines Namensvetters und Vorbilds (der erst nachträglich als »Karl I.« gezählt wurde), betrat er den Dom und »warf sich mit ausgestreckten Armen zu Boden«. Dann zog er sich in die Sakristei zurück, um noch einige weitere Reliquien zu verehren und zu schwören, dass er die Wahlkapitulation, die im Jahr zuvor »unsere Bevollmächtigten zu Frankfurt gebilligt« hatten, in allen Punkten befolgen werde. Am nächsten Morgen kehrte Karl in den Dom zurück, und diesmal trug er die Insignien eines Erzherzogs von Österreich (eine bewusste Entscheidung, denn »mögen auch die Insignien des Königs von Spanien einen höheren Rang anzeigen«, bevorzugte er doch eine Option, die erkennen ließ, »dass kein Fremder gewählt worden war«). Unter den Augen einer riesigen Menschenmenge warf Karl sich wiederum zu Boden und schwor, die Kirche zu schützen, das Reich zu verteidigen »und noch viele andere Dinge zu tun,

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die dem besagten Reich von Vorteil sein würden«, worauf die Menge ihn unter großem Jubel als ihren neuen Herrscher annahm. Dann wurde Karl gesalbt und erhielt die Reichsinsignien: das Reichsschwert und das Reichszepter, den Reichsapfel und die Reichskrone. Anschließend schlug er, auf dem Thron Karls des Großen sitzend, einige der Anwesenden zum Ritter, wobei Chièvres den Anfang machte; auch dies war ein Zeichen von Karls neu gewonnener Macht. Al­brecht Dürer, der bedeutendste deutsche Künstler seiner Zeit, war angesichts des Spektakels beinahe sprachlos: »Item am 23. Tag Octobris hat man König Carl zu Ach [Aachen] gekrönt«, schrieb er in sein Tagebuch, »da hab ich gesehen alle herrlich Köstlichkeit, desgleichen Keiner, der bei uns lebt, köstlicher Ding gesehen hat.«44 Die Zeremonie endete mit der feierlichen Verkündigung, dass »der Papst, der die Wahl Karls des Fünften bestätigt hat, anordnet, dieser möge von nun an den Titel ›Kaiser‹ tragen«. Auf den Vorschlag Gattinaras hin erweiterte Karl seine Titulatur zu jener Form, die er für den Rest seiner Regierungszeit beibehalten sollte: »Seine heilige, kaiserliche, katholische und königliche Hoheit«. Als Nächstes unterzeichnete Karl in Rücksprache mit den Kurfürsten ein Dokument, mit dem er die Vertreter aller Reichsstände für den Januar des folgenden Jahres zu einem Reichstag in der Stadt Worms zusammenrief. »Dies war das erste Mal, dass ich nach Deutschland gekommen und den Rhein hinaufgereist bin«, hielt er später in seinen Erinnerungen fest – und fügte lakonisch hinzu: »Zur selben Zeit begann auch die Irrlehre des Luther, sich in Deutschland auszubreiten.«45 Im November 1519 erließ die theologische Fakultät der Universität Löwen eine förmliche Verurteilung der Schriften »eines gewissen Martin Luther«, eines Augustinermönchs, der an der Universität Wittenberg im Kurfürstentum Sachsen lehrte. Eine Abschrift ihres Schriftsatzes sandten die Löwener Professoren zusammen mit einigen von Luthers Veröffentlichungen auch an ihren früheren Kollegen Adrian von Utrecht, der inzwischen als Großinquisitor für ganz Spanien amtierte. Adrian sah diese Papiere durch und kam zu dem Schluss, dass sie mehrere »unübersehbare Häresien« enthielten. Er ordnete deshalb an, Luthers Werke zu verbrennen und ihren Verfasser seiner häretischen Ansichten wegen zur Rechenschaft zu zwingen.46 Da Adrian ebenso wie Karl zu jener Zeit in Katalonien residierte, ist es nicht auszuschließen, dass sie gelegentlich über Luther und sein Treiben gesprochen haben könnten; falls dem so war, scheint jedoch keine Spur einer solchen Unterredung erhalten zu sein. Ansonsten könnte Karl dem Namen des Wittenberger Reformators zuerst in einem Brief begegnet sein, den ihm sein Botschafter in Rom, Juan Manuel, am 12. Mai 1520 schrieb. Dieser berichtete, in Rom halte man Luther »für einen großen Gelehrten, und er hat den Papst gehörig beunruhigt«. Daher könne der Kaiser, »falls der Papst sich

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einer Allianz verweigere oder erst eine abschließe und sie dann nicht einhalte«, durchaus »diesem Bruder Martin, wie er genannt wird, ganz heimlich eine gewisse Gunst erweisen«.47 Im Monat darauf verdammte Papst Leo X. in seiner Bulle Exsurge Domine (»Erhebe Dich, o Herr!«) Luthers Ansichten auf das Schärfste und ordnete an, dessen Schriften zu verbrennen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der »Bruder Martin« immerhin schon mehrere polemische Schriften in lateinischer Sprache veröffentlicht, in denen er die Lehrmeinungen und Praktiken der Päpste, insbesondere den Ablasshandel, kritisierte. Im August 1520 jedoch publizierte er dann eine höchst folgenreiche Abhandlung auf Deutsch: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. Darin jubilierte Luther: »Gott hat uns ein junges edles Blut zum Haupt geben« – gemeint war Karl – und rief den Kaiser auf, »des andern Tages seiner Krönung« (also gleich am Tag danach) Maßnahmen zu ergreifen, um die Reinheit der christlichen Lehre wiederherzustellen, selbst wenn das bedeuten sollte, sich gegen den Papst zu stellen.48 Zwei Monate darauf legte Luther eine sogar noch aggressivere Streitschrift vor, die den Titel De captivitate Babylonica ecclesiae (»Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche«) trug. Es handelte sich dabei um eine exegetische Untersuchung zur Sakramentenlehre, die zugleich eine wütende Attacke auf den Papst enthielt, der von Luther nun gar als »der Antichrist« tituliert wurde. Kurz darauf überreichte der päpstliche Sondergesandte Girolamo Aleandro dem Kaiser ein Exemplar der Bulle Exsurge Domine und trug ihm im Namen Papst Leos auf, die Schriften Luthers verbrennen zu lassen und Luther selbst entweder zu einem öffentlichen Widerruf zu zwingen oder ihn nach Rom zu schicken, damit er sich dort erkläre. Zunächst zögerte Karl. Immerhin hatte er im März 1518 eine Anordnung erlassen, die »bis auf unseren anderslautenden Befehl« in den gesamten Niederlanden jegliche »Erlassungen und Ablassbriefe, die von außerhalb unseres Herrschaftsgebietes hierhergebracht worden sind oder noch hergebracht werden mögen«, rundweg verbot – und dieses Verbot war ja genau das, wofür Luther sich in seinen 95 Thesen ausgesprochen hatte. Als Karl im Juni 1520 in seine Heimat zurückkehrte, war, wie ein Augenzeuge berichtete, »Seiner Majestät Hof voll« von Luthers Schriften, denn »solange Luther sich auf die Kirchenreform beschränkte und über den moralischen Verfall nur sich äußerte … nahm niemand Anstoß an dem, was er zu sagen hatte«.49 Dennoch: Als Karl sich dann im Herbst 1520 in der Universitätsstadt Löwen aufhielt, ließ dort am 8. Oktober, ganz in Übereinstimmung mit der Bulle Exsurge Domine, die Obrigkeit Luthers Werke auf einem großen Scheiterhaufen öffentlich verbrennen. Zwar ist bislang keine Anweisung Karls zu diesem Vorgang bekannt geworden, doch kann er unmöglich ohne das Wissen und die Billigung des Kaisers stattgefunden haben.

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Exsurge Domine war beileibe kein fehlerfreies Dokument. Die Bulle führte ganz detailliert 41 Fehler in Luthers bisherigen Veröffentlichungen auf, schien dann aber (wie der bedeutende Reformationshistoriker Hans Hillerbrand bemerkt hat), »bald alle Schriften Luthers zu verdammen, dann wieder nur jene, die einen der genannten 41 Fehler enthielten«. Außerdem »wurden Luthers Aussagen in zwölf der 41 Thesen nicht korrekt wiedergegeben«.50 Diese Kombination von Intoleranz und Ignoranz rief zahlreiche katholische Intellektuelle aus ganz Europa auf den Plan, darunter auch einen von Karls angesehensten Ratgebern: Erasmus von Rotterdam. Kurz nach der Buchverbrennung von Löwen beschwerte Erasmus sich beim Rektor der dortigen Universität: »Nie habe ich die derartige Unterdrückung eines einzelnen Mannes gutgeheißen und werde das auch nie tun: durch öffentlichen Aufruhr, bevor seine Bücher überhaupt gelesen und diskutiert wurden, bevor man ihm seine Fehler aufgezeigt hat, bevor er mit Argumenten und mit Beweisen aus der Heiligen Schrift widerlegt worden ist … Die Verbrennung seiner Bücher mag Luther aus unseren Bibliotheken vertreiben; ob man ihn so auch aus den Herzen der Menschen reißen wird, wage ich zu bezweifeln.«51

Bald darauf teilte Erasmus seine Bedenken auch einer wesentlich bedeutenderen Persönlichkeit mit: dem sächsischen Kurfürsten Friedrich, genannt »der Weise«, seines Zeichens Gründer und Patron der Wittenberger Universität, an der Luther lehrte. Am 4. November 1520 überreichte Aleandro Friedrich ein Exemplar der Bulle Exsurge Domine und schon am Tag darauf, gleich nach seiner gewohnten Morgenandacht, rief der fromme, aber irritierte Kurfürst Erasmus zu sich und fragte ihn, wie er darauf nun reagieren solle. Offenbar wiederholte der Gelehrte auch Friedrich gegenüber seine Ansicht, dass Luther und seine Schriften nicht ohne Anhörung verdammt werden sollten, denn kurz darauf gab Friedrich bekannt, es sei »noch keineswegs sicher, dass Luther eine solche Behandlung überhaupt verdiene und dass diese Frage daher bis zum Reichstag in Worms zurückgestellt werden solle«.52 Die kaiserliche Haltung Luther gegenüber blieb zwiespältig. Am 12. November ließen die Stadtoberen von Köln Luthers Werke verbrennen, während Karl sich in der Stadt aufhielt. Zwei Wochen darauf wies der Kaiser jedoch den sächsischen Kurfürsten an, Luther zum Reichstag in Worms mitzubringen, und versprach diesem nicht nur freies Geleit, sondern auch eine Gelegenheit, seine Ansichten öffentlich zu widerrufen. Aleandro war das Risiko eines solchen Zugeständnisses sofort bewusst: »Wenn Luther nun aber nicht widerruft und seines freien Geleits wegen auch nicht bestraft werden kann«, sagte er voraus, »so wird dies die ganze Welt in Unordnung stürzen.« Er suchte daher, Karl und seine

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führenden Ratgeber noch zu einem Kurswechsel zu bewegen, aber vergebens: Chièvres, teilte Aleandro mit, lehne dies mit der Begründung ab, dass »der Kaiser ein wahrhaft katholischer Fürst« sei, auf dessen rechtes Handeln man vertrauen könne. Gattinara ging sogar noch weiter, indem er äußerte, »dass es gut sein werde, Luther zum Reichstag kommen zu lassen«.53 Obgleich die weitere Entwicklung Aleandro recht geben sollte  – Luther einen Geleitbrief und eine große Bühne zur Verfügung zu stellen, brachte dem Papsttum ein wahres PR-Desaster ein –, hatte der Kaiser doch eigentlich keine Wahl: Rein rechtlich betrachtet, war Karl durch die Wahlkapitulation, die er in Aachen gerade erst bestätigt hatte, nicht nur verpflichtet, die Ansichten der Kurfürsten zu beherzigen, sondern ebenso, deren Untertanen gegen die Anklage vor einem ausländischen Gericht zu schützen. Folglich konnte er das förmliche Ersuchen des sächsischen Kurfürsten, Luther dürfe nicht verurteilt und nach Rom geschickt werden, ohne zuvor in Deutschland angehört zu werden, kaum abweisen.54 Im Februar 1521 ging Karl dann – vielleicht von Erasmus ermutigt – noch weiter. Er entsandte seinen Beichtvater, Jean Glapion, der Friedrich den Weisen davon überzeugen sollte, Luther müsse zumindest einige seiner Thesen widerrufen, damit die hochriskante Konfrontation auf dem Reichstag nicht völlig eskalieren werde. Da der Kurfürst es jedoch ablehnte, einen einfachen Mönch zu empfangen, sprach Glapion bei Friedrichs Kanzler vor, Dr. Gregor Brück. Diesem legte er dar, dass er »bis zur Veröffentlichung der Abhandlung von der ›babylonischen Gefangenschaft der Kirche‹ … überzeugt gewesen war, dass Bruder Martin ein hehres Ziel verfolgte – das Ziel einer umfassenden Kirchenreform, durch welche die Übel abgestellt würden, die unsere Kirche viel zu lange schon befleckt und geschädigt haben. Außerdem hat [Luthers] mutiges Vorbild den Glaubenseifer und die Unterstützung zahlreicher redlicher Leute erweckt.« Glapion versprach in Karls Namen, dass Luther, wenn er nur die in der Schrift De captivitate Babylonica ecclesiae vertretenen Positionen widerrufe oder seine Autorschaft bestreite, keine Strafverfolgung zu fürchten habe und, »sofern er dabei diskret und im Stillen vorgeht, nützliche Reformen« weiterhin vorantreiben könne. Auch versicherte er Brück, es sei »die feste Überzeugung des Kaisers, dass ein solch bedeutender Mann unbedingt mit der christlichen Kirche versöhnt« werden müsse. Anfang April unternahm Glapion einen zweiten Anlauf, indem er sich mit einer Gruppe von Unterstützern Luthers traf, um über die Schaffung eines etwas privateren Rahmens zu verhandeln, in dem der eigensinnige Augustiner zumindest einige Thesen widerrufen und die angespannte Lage dadurch würde entschärfen können. Dieser Vorschlag scheiterte jedoch daran, dass Luther sich auf keinen Fall die Chance entgehen lassen wollte, seine Ansichten auf der öffentlichen Bühne zu vertreten, die ihm der Reichstag bieten sollte.55

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Hinter all diesen bemerkenswerten Initiativen standen letztlich politische Erwägungen. Auf der Ebene der Reichspolitik konnte Karl die breite Zustimmung, die Luthers Auffassungen vonseiten mancher der auf dem Reichstag vertretener Fürsten und Städte zuteilgeworden war, schlichtweg nicht ignorieren: Wenn er Luther festnehmen und ohne Anhörung nach Rom schicken ließe, riskierte er einen weiteren großen Aufstand, zu dessen Niederschlagung ihm – angesichts der in Spanien noch wütenden Rebellionen – ganz einfach die Mittel fehlten. In außenpolitischer Hinsicht munkelte man, der Papst sehe die italienischen Ambitionen Franz’ I. mit Wohlwollen und habe mit diesem auch schon ein Bündnis geschlossen, sodass ein Papstkritiker wie Luther sich (wie der Botschafter Juan Manuel schon früh gesehen hatte) mittelfristig als politischer Verbündeter erweisen konnte. Als Aleandro im März 1521 Chièvres »ermahnte … sich umgehend der Niederschlagung und Ausmerzung jener abscheulichen Irrlehre zu widmen«, schoss der Markgraf zurück: »Sorgt Ihr nur dafür, dass der Papst seine Pflicht tut und ehrlich mit uns umgeht. Dann werden wir alles tun, was Seine Heiligkeit wünscht.« Aber Aleandro blieb hartnäckig, und also wurde Chièvres heftiger: »Sobald Euer Papst aufhört, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen, wird er alles bekommen, was er von uns nur verlangen kann; andernfalls jedoch werden wir ihm so viele Unannehmlichkeiten bereiten, dass es ihm schwerfallen wird, noch einen Ausweg zu finden.« Aleandro musste erkennen, dass, »seitdem der Kaiser in Köln mit dem Kurfürsten von Sachsen gesprochen hat«, seine Minister »unentwegt versucht haben, sich diese Luther-Sache zunutze zu machen (servirsi dell cose di Martino)«. Als der päpstliche Legat Chièvres ein drittes Mal zur Rede stellen wollte, »lächelte [dieser] und sagte, er glaube nicht, dass Luther sich so schwer zum Schweigen bringen ließe« – worauf Aleandro bissig erwiderte, ohne eine zügige Reaktion seitens des Kaisers würden sie »einen Flächenbrand sehen, den alles Wasser in Eurer Nordsee nicht wird löschen können«.56 Karl hatte noch einen weiteren praktischen Grund, von einer Umsetzung der Bulle Exsurge Domine vorerst abzusehen: Diese »Luther-Sache« war nur eines von vielen Problemen, die im Reich einer Lösung harrten. Auf dem Wormser Reichstag sollten mehr als einhundert verschiedene Punkte diskutiert werden, von Wucherzinsen und Monopolen über exzessiven Luxus bis hin zu »weitschweifigen und weit hergeholten Gesetzestexten«, die das einfache Volk nicht mehr verstehen könne (das Ausmaß der in Deutschland verbreiteten Abneigung gegenüber dem »Römischen Recht«, das zu jener Zeit das alte Gewohnheitsrecht zunehmend verdrängte, lässt sich kaum übertreiben). Wie Karl in den Niederlanden und in Spanien schon hatte feststellen müssen, bedurfte es zur Überzeugung jeder großen Versammlung, die sich mit derart heiklen Fragen zu befassen hatte, eines erheblichen Taktgefühls, großer Geduld und Nachsicht. Er gab sich deshalb alle Mühe, sämtliche Beteiligten bei Laune zu halten. Am

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Eröffnungstag des Reichstags besuchte der Kaiser gemeinsam mit den Delegierten die heilige Messe und im Anschluss »sprach er ein paar kurze Worte auf Deutsch« (die erste belegte Gelegenheit, bei der er dies tat). Über die nächsten vier Monate hinweg beriet der Kaiser sich regelmäßig mit den Kurfürsten und besuchte gemeinsam mit anderen wichtigen Teilnehmern des Reichstags den Gottesdienst, ging mit ihnen auf die Pirsch oder auf die Beizjagd – alles auf der Suche nach einer gemeinsamen Basis.57

Die Reformation als Ritterturnier Aleandro gab sich alle Mühe, diese Harmonie zu stören. In seinem Bestreben, Luthers sofortige Verurteilung herbeizuführen, legte der Legat dem Kaiser einen Entwurf für ein Edikt vor, durch das die Reichsacht über Luther verhängt werden sollte. Karl tat vorerst jedoch nichts dergleichen, sondern lud »de[n] ersamen unsern lieben andechtigen doctor Martin Luther, Augustiner Orden« nach Worms, wo dieser binnen drei Wochen zu erscheinen hatte. Auch ließ der Kaiser den versprochenen Geleitbrief ausstellen, und so dauerte es nicht mehr lange, bis am 17. April »um die Zeit der Vesper, also gegen vier Uhr nachmittags«, Luther vor Karl und dem versammelten Reichstag auftrat. Noch mehr als ein Jahrzehnt danach konnte sich ein Augenzeuge bestens an das Gefühl allgemeiner Aufregung erinnern, das damals geherrscht hatte: »Als Luther höchstpersönlich kam, strömte alle Welt herbei, um ihn zu sehen.«58 Der Reichstag selbst hatte über hundert Teilnehmer, dazu kamen zahlreiche weitere auswärtige und deutsche Würdenträger, Angehörige des kaiserlichen Hofes (darunter auch der künftige Großinquisitor Fernando de Valdés) und Zuschauer aus dem Volk – alles in allem ergab sich so ein Publikum von etwa tausend Personen. Karl saß auf einem Podest in dem großen Saal Luther gegenüber, der »den Habit eines Augustinermönches mitsamt dem dazugehörigen Ledergürtel« trug; mindestens einem Augenzeugen erschien Luther »sehr hochgewachsen, größer als die meisten Leute«. Man hätte im Saal eine Stecknadel fallen hören können, als Johannes Eck, der als »Sprecher des Kaisers und des Reichstages« auftrat, sich von seinem Platz erhob, um eine Liste angeblich von Luther verfasster Schriften mitsamt kurzen Inhaltsangaben zu verlesen. Von einem Zwischenruf des frechen »Bruder Martin« – »Ihr habt ja gar nicht alle meine Bücher erwähnt!« – ließ Eck sich nicht beirren, sondern stellte dem Mönch stattdessen zwei Fragen, die Aleandro formuliert hatte und die Luther bereits vorab mitgeteilt worden waren: Hatte Luther all die Schriften verfasst, deren Titel und Inhalt gerade verlesen worden waren? Und wenn ja, »wollt Ihr [diesen Inhalt] noch einmal überdenken oder Euch von Euren Schriften – als von etwas Widersinnigem und

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Ketzerischem – distanzieren?« Nachdem er »seine Treue dem Kaiser gegenüber beschworen« hatte, antwortete Luther zunächst in lateinischer Sprache und dann noch einmal auf Deutsch, »wobei sein Gesicht und seine Gesten Anspannung und Unbehagen erkennen ließen: Was den ersten Punkt betreffe, [antwortete er,] dass diese Bücher die seinen seien; was aber den zweiten Punkt betreffe, so erbat er sich Bedenkzeit bis zum folgenden Tag.« Damit hatte Karl wohl nicht gerechnet, und so »zog er sich mit seinem Geheimen Rat an einen anderen Ort zurück«, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Nach ihrer Rückkehr wandte sich Eck erneut an Luther: »Die Frage, die man ihm gestellt habe, betreffe bedeutende Dinge, die er selbst getan habe und von denen er doch wissen müsse, und deshalb solle er jetzt sofort antworten und nicht noch weiteren Aufschub verlangen; dennoch habe Seine Majestät mit der ihr eigenen Milde beschlossen, ihm eine Bedenkzeit bis zur selben Stunde am folgenden Tag zu gewähren. Und damit war die Zeremonie für jenen Tag beendet und der Kaiser zog sich zum Abendmahl in das Obergeschoss zurück.«59

Indem er auf die Forderung nach einem Aufschub einging, hatte Karl einen entscheidenden Fehler begangen: Luther hatte ja die ihm gestellten – und noch dazu recht simplen – Fragen tatsächlich schon vorher gekannt; es bestand also überhaupt kein Grund, ihm zur Vorbereitung seiner Antworten noch weitere Bedenkzeit einzuräumen. Denn nun wurde das Szenario, vor dem sich Aleandro wohl schon gefürchtet hatte, Wirklichkeit. Am 18. April nach einer Nacht der Besinnung, in der Luther augenscheinlich seine »Anspannung« und sein »Unbehagen« überwunden hatte, trat er zur selben Uhrzeit erneut vor den Reichstag, nur um festzustellen, dass »der Kaiser und die Fürsten sich in einem anderen Raum im Obergeschoss aufhielten« (wo sie zweifellos darüber Rat hielten, was nun als Nächstes geschehen sollte). Daher »wartete der selbige Martin eine und eine halbe Stunde vor seiner Befragung«, umgeben (und womöglich auch beflügelt) von »der riesigen Menschenmenge, die mit ihm gekommen war«.60 Schließlich kam, begleitet von seinen Ratgebern, Karl »in den großen Saal herab« und nahm auf seinem erhöht auf einem Podest platzierten Sessel Platz. »Es waren so viele Menschen zugegen, dass außer dem Kaiser fast niemand Platz zum Sitzen hatte«; und wie am Tag zuvor herrschte absolute Stille, als Johannes Eck aufstand, um seine Fragen an Luther zu wiederholen. Diesmal bejahte Luther nicht nur, dass er die vor den Augen des Publikums ausgelegten Bücher verfasst hatte (»und noch einige andere, die fehlen«), sondern fing an zu erklären, dass sich diese Werke in drei klar unterschiedene Kategorien gruppieren ließen. Die Schriften der ersten

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Gruppe, sagte er, »sind gegen unseren Heiligsten Vater Leo X. geschrieben, weil [ich] sehen konnte, dass unsere ganze deutsche Nation in Rom nur gequält und unterdrückt wird« – aber hier schritt Karl zum ersten Mal ein und »sagte [Luther], er solle zu dieser Sache schweigen und zu den anderen [Schriften] übergehen«. Also wandte Luther sich der zweiten Kategorie zu, den »Büchern, die er (wie er sagte) aus Verärgerung über seine Kritiker geschrieben hatte«, während »die dritte Kategorie von Büchern von den Evangelien handelte«. Luther erklärte, »er wolle nicht ein einziges Wort zurücknehmen, das er geschrieben hatte … es sei denn, man bewiese ihm in einer öffentlichen Disputation unter Berufung allein auf das Alte und das Neue Testament, dass er geirrt habe«; und er schloss, »indem er den Kaiser bat und dazu anhielt, dass er nicht versuchen solle, die Verbreitung seiner Lehren aufzuhalten, weil dies nicht nur der hochberühmten deutschen Nation erheblichen Schaden antun mochte, sondern auch seinen anderen Königreichen und Herrschaftsgebieten«.61 Da Karl hierzu nichts sagte, erinnerte Eck Luther daran, »dass es sich bei allem, was er – wie er ja selbst zugegeben hatte – in seinen Schriften behauptete … um Irrlehren handle, die schon verschiedentlich und seit Langem von Konzilien als solche verdammt worden seien«, und dass »es aus diesem Grund unnütz war, etwas zu diskutieren, das bereits diskutiert, für verwerflich befunden und von der Kirche offiziell verurteilt worden war, was in heiligen Dekreten und trefflichen Beschlüssen zu diesen Fragen festgehalten wurde«. Deshalb müssten, gab Eck nicht ohne eine gewisse Selbstgefälligkeit zu bedenken, selbst wenn Luther die Wahrheit sprach, »wir glauben, dass unsere Vorgänger aus den vergangenen tausend Jahren allesamt Ketzer gewesen und nicht erlöst worden wären; und es wäre leichtsinnig und ein großer Fehler, zu glauben, ein einziger Mann, noch dazu ein so wenig maßgeblicher, wolle so viele gute Christen [nachträglich] verdammen«. Als Karl wiederum schwieg, ergriff Luther die Gelegenheit, seine kühnste und berühmteste Erklärung abzugeben: »Überzeugt mich mit den Zeugnissen der Heiligen Schrift oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen, also mit den Bibelworten und Argumenten, die von mir beigebracht worden sind. Denn die Autorität von Papst und Konzilien allein überzeugt mich nicht, da sie offenkundig oft geirrt und gegen Schrift und Vernunft gestanden haben. Nur wenn mein Gewissen in Gottes Wort gefangen ist, will ich widerrufen. Denn es ist nicht geraten, etwas gegen das Gewissen zu tun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.«

Da erhob sich Eck abermals und »begann schon, dem zu widersprechen«, als Karl ihn unterbrach. Obwohl er nicht gut genug Deutsch konnte, um den Wortwechsel zwischen Luther und Eck zu verstehen, und obwohl ihm lateinische Texte noch

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immer ins Französische übersetzt werden mussten, »damit ich sie besser verstehen kann«, scheint der Kaiser doch die Bedeutsamkeit von Luthers herausfordernder Rede begriffen zu haben, denn er »stand auf und sagte ›Das genügt: Ich wünsche nichts weiter von einem zu hören, der die Autorität der Konzilien geleugnet hat!‹« Und nach diesen Worten »begab er sich nach oben in seine Gemächer, und die Kurfürsten und Fürsten begaben sich in ihre Quartiere«.62 Jetzt brach in dem großen Saal ein wahres Chaos los. »Die spanischen Stallmeister, die an den Türen auf ihre Herren warteten, riefen: ›Verbrennt ihn! Auf den Scheiterhaufen mit ihm!‹« Aber gegen Luthers deutsche Anhänger konnten sie nichts ausrichten. Diese nahmen ihren Helden zunächst schützend in die Mitte und trugen ihn dann auf ihren Schultern aus dem Saal, als hätte er gerade ein Turnier gewonnen – ein Gedanke, der anscheinend auch dem Mann der Stunde kam, denn der verließ den Schauplatz seines Triumphes, »indem er die Arme hoch erhob und mit seinen Händen und Fingern das Zeichen gab, das die deutschen Ritter zum Zeichen ihres Sieges machen, wenn sie gerade einen Tjost für sich entschieden haben« (eine Geste, der Kaiser Maximilian womöglich einen gewissen, widerwilligen Respekt gezollt hätte).63 Der triumphale Sieger verkannte seine heikle Lage jedoch nicht. Rasch reiste er aus Worms ab, bevor sein freies Geleit verfiel, und schrieb zwei Tage darauf Karl einen Brief, in dem er erklärte, er sei ja grundsätzlich bereit gewesen, zu widerrufen und sogar seine eigenen Bücher zu verbrennen – wenn man ihm denn nur überzeugend dargelegt hätte, worin er geirrt habe. Dieses Schreiben erreichte jedoch niemals seinen Adressaten, denn keiner wagte, es dem Kaiser auszuhändigen.64

Ein Kaiser bezieht Stellung Luthers halbherzige Entschuldigung hätte wohl auch nichts verändert. Die Konfrontation auf dem Wormser Reichstag hatte den Kaiser tief erschüttert und er verbrachte die ganze darauf folgende Nacht damit, eine Entgegnung an die Adresse Luthers zu entwerfen. Früh am nächsten Morgen »gesellte er sich in dem Gemach im Obergeschoss, in dem er zu speisen pflegt, zu den Fürsten und Kurfürsten und fragte sie: ›Was haltet Ihr von diesem Martin Luther?‹ Bevor irgendjemand antworten konnte, fügte er an: ›Ich will Euch meine Meinung in dieser Sache mitteilen, bevor Ihr mir die eure sagt‹, und er zog ein Blatt Papier hervor, auf dem seine Handschrift zu erkennen war.«

Zahlreiche Abschriften jenes »Blattes Papier« haben sich erhalten – in deutscher, italienischer, lateinischer, spanischer und französischer Sprache –, und das nicht

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nur, weil Karl die Übersetzung seines Textes in all diese Sprachen anordnete, sondern auch, weil er (vielleicht zum ersten Mal überhaupt) in der »Causa Luther« erkennbar seine eigene, persönliche Meinung zu einer wichtigen politischen Frage äußerte. Zu Beginn seines Papiers erinnerte er daran, dass seine Vorfahren – spanische, österreichische, burgundische und deutsche – »allesamt bis zu ihrem Tode treue Söhne der römischen Kirche waren und die katholische Kirche, ihre heiligen Riten, Dekrete und Gebräuche stets verteidigt haben«; auch erinnerte er daran, dass »wir selbst durch Gottes Gnade bislang nach ihrem Vorbild unser Leben geführt haben«. Als Nächstes wiederholte er einen Punkt, den bereits Johannes Eck in der Debatte mit Luther vorgebracht hatte: »Ganz gewiss muss ein einziger Mönch irren, wenn seine Meinung gegen das steht, was Christen während der vergangenen tausend Jahre geglaubt haben und auch heute noch glauben.« Deshalb, fuhr Karl fort, »bin ich fest entschlossen, meine Königreiche und Herrschaften, meine Freunde, meinen Körper und mein Blut, mein Leben und meine Seele« ganz dem Kampf gegen die Häresie zu widmen, denn wenn man zuließe, dass »ketzerische Irrlehren oder eine Verminderung der christlichen Religion durch unsere Nachlässigleit in den Herzen der Menschen sich festsetzten, so würde dies uns und alle unsere Nachfolger in ewige Schmach und Schande stürzen. Nachdem ich die krankhafte Antwort vernommen habe, die Luther gestern in unser aller Gegenwart gegeben hat, sage ich Euch nun, dass ich es bereue, so lange gewartet zu haben, bevor ich mich entschloss, gegen ihn und seine falsche Lehre vorzugehen, und ich bin nicht bereit, noch Weiteres von ihm zu hören.«

Obgleich Karl versprach, das Luther zugesagte freie Geleit auch tatsächlich zu wahren, verbot er diesem doch, »seine böse Lehre in Predigten zu verbreiten oder anderweitig zu lehren«, und verkündete: »Ich habe beschlossen, ihn wie einen notorischen Ketzer zu betrachten und auch so mit ihm umzugehen.« Seine Leser hielt er an, es ihm gleichzutun.65 So hatte also auch Karl erklärt: »Hier stehe ich, ich kann nicht anders«, ganz ähnlich, wie Luther es am Tag zuvor getan hatte. Und doch sollte die Rede des Theologen noch über Jahrhunderte nachklingen, während die des Kaisers schon bald wieder vergessen war. Die Gründe hierfür waren denkbar einfach. Wie der Reformationshistoriker Heiko Oberman dargelegt hat, sah Luther sich selbst als einen Vorboten der Apokalypse, der begierig war, die Schar der wahrhaft Gläubigen »in diesen letzten Tagen« beisammenzuhalten, weil er überzeugt war, »dass diese letzten Tage bereits angebrochen sind und dass also die ›letzten Dinge‹ schon jetzt in unserer Zeit begonnen haben, sodass die Uhr der Endzeit bereits zu läuten begonnen hat.« Diese Sicht der Dinge gab Luthers Botschaft

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eine Dringlichkeit, mit der Karls Einwände nicht mithalten konnten. Durch das Medium des Buchdrucks wurde dieser Unterschied noch einmal verschärft, denn Luther konnte so ein viel größeres Publikum erreichen. In dem Moment, in dem Luther vor dem Reichstag seinen großen Auftritt hatte, waren bereits mehr als 600 000 Exemplare seiner Werke im Umlauf, und schon bald erschien auch seine kühne Wormser Rede in mindestens zehn verschiedenen Ausgaben, in niederdeutscher und in hochdeutscher Sprache sowie auf Latein, sodass der Eifer seiner Anhängerschaft aufs Neue angefacht wurde.66 Die Rezeption von Karls Stellungnahme verlief ganz anders. Die Kurfürsten »erbaten Zeit, um sich in dieser Sache beraten und eine Entscheidung fällen zu können. Mehrmals noch suchten sie den Kaiser auf und stimmten dessen Urteil vordergründig zu, wobei sie jedoch in Wahrheit vielerlei Einwände erhoben, sodass vorerst noch nichts entschieden worden ist«. Manch einer äußerte die Ansicht, es solle doch »ein weiterer Versuch unternommen werden, mit Luther zu sprechen und ihn zurechtzuweisen«. Andere stellten sich Karls Position offen entgegen: An mehreren Stellen in der Stadt Worms tauchten Plakate auf, »die behaupteten, es stünden 400 Reiter und 10 000 Fußsoldaten bereit, um die These zu verteidigen, dass Luthers Werke gut sind«.67 »Ich weiß nicht, was nun als Nächstes passieren wird«, schrieb der venezianische Gesandte in Worms besorgt und sagte voraus, dass, »sobald der Kaiser die Stadt verlässt und dieser Reichstag aufgelöst wird, Luther große Unruhen (tumultos) in ganz Deutschland auslösen wird«. Alfonso de Valdés, ein spanischer Sekretär in Karls Gefolge, verlieh derselben Befürchtung in beinahe denselben Worten Ausdruck: »Manche bilden sich ein, das Ende der Tragödie sei schon gekommen; ich aber glaube, dies ist nicht das Ende, sondern ihr Anfang. Ich sehe, dass in den Köpfen der Deutschen eine heftige Erregung herrscht, die gegen den Papst gerichtet ist; und ich sehe auch, dass sie den Edikten ihres Kaisers keine große Bedeutung beimessen, denn sobald Luthers Bücher auf den Markt kommen, werden sie sofort, andauernd und ungestraft in jeder Gasse und auf jedem Marktplatz feilgeboten. Ihr könnt Euch leicht ausmalen, was geschehen wird, sobald der Kaiser wieder abgereist ist.«68

In Spanien teilte Adrian von Utrecht diese Sorgen. In einem eigenhändigen Brief drängte er seinen einstigen Schüler, »Martin Luther seinem Richter zuzuführen, unserem Heiligen Vater, der ihm jene gerechte Strafe verabreichen wird, die er verdient«. Es ist nicht so, dass Karl dieser Erinnerung bedurft hätte: Erst im Monat zuvor hatte er seine Amtleute in den Niederlanden angewiesen, alle lutherischen Schriften zu beschlagnahmen und zu verbrennen, deren sie habhaft

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werden konnten, außerdem den Druck, Verkauf, Erwerb oder Besitz jeglicher Bücher zu verbieten, die den Heiligen Stuhl kritisierten, sowie bestehende Dekrete gegen die Lehren früherer Häretiker zu bekräftigen – auch die gegen die Lehre »eines gewissen Martin Luther«.69 Aber das Risiko, so bald nach Villalar eine weitere Rebellion zu provozieren, hielt Karl dann doch davon ab, ähnliche Maßnahmen auch in den deutschen Territorien zu ergreifen. Obwohl er den Entwurf eines Edikts gebilligt hatte, das Luther für vogelfrei erklärte, alle seine Werke verwarf (die auch hier wieder mit den Werken bereits verurteilter Häretiker gleichgesetzt wurden) und den Druck jeglicher Schriften verbot (»und seien sie noch so klein«), in denen – ohne bischöfliches Imprimatur – »die Heilige Schrift erwähnt, zitiert oder interpretiert« werde, entschied sich Karl am Ende dagegen, dieses Edikt auch tatsächlich zu veröffentlichen.70 Aleandro war außer sich vor Wut und beteuerte gegenüber dem päpstlichen Staatssekretär, dass »die Verzögerung nicht unsere Schuld«, sondern »die des Kaisers [sei], der bei allem sagt, er müsse es noch mit den Fürsten besprechen«. Der Legat hielt diese Tendenz für »äußerst gefährlich«, da er bereits auf dem Reichstag mehrere »lutherische Fürsten« ausgemacht hatte, von denen er fürchtete, sie könnten die Gelegenheit nutzen, um die Sprache des Edikts zu verwässern und seinen Formulierungen die Schärfe zu nehmen. Noch unruhiger wurde er, als die Nachricht eintraf, dass der französische König den König von Navarra und den Seigneur de la Marche dazu ermutigt habe, in Karls Territorien einzufallen, sodass »im Grunde ein Krieg begonnen hat, und die Vertreter des Reiches sagen, dass sie in den deutschen Territorien die größtmögliche Menge an Truppen aufstellen wollen«, was weitere Zugeständnisse unvermeidlich machte. Er hatte recht: Karl lehnte es ab, sich die »lutherischen Fürsten« zu Feinden zu machen, bevor nicht der Reichstag die Finanzierung eines Heeres bewilligt hatte, das die deutschen Territorien gegen einen französischen Angriff verteidigen konnte. »Gebe Gott, dass die Fürsten der Christenheit Frieden halten«, seufzte Aleandro, »oder möge er zumindest nicht zulassen, dass die ›Causa Luther‹ mit weltlichen Regierungsbelangen durcheinandergerät.«71 Zum Schluss setzte am Tag, nachdem der Reichstag die Mittel zur Finanzierung von 20 000 Fußsoldaten und 4000 Mann Reiterei bewilligt und die Schaffung eines Regentschaftsrates unter Karls Bruder Ferdinand gebilligt hatte, der Kaiser seine Unterschrift unter die lateinische und die deutsche Fassung jenes Edikts, das über Martin Luther die Reichsacht verhängte und als das »Wormser Edikt« in die Geschichte eingehen sollte. Aleandro hatte keine Zeit zu verlieren und brachte die beiden Schriftstücke umgehend zur Vervielfältigung in die Druckerei. Optimistisch teilte er kurz darauf mit, dass »man mir zwar sagte, [die Arbeit an Satz und Druck] werde sechs Tage dauern – aber ich habe dafür gesorgt, dass sie Tag und Nacht durcharbeiten werden«.72 Zwei Entwicklungen

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sorgten jedoch dafür, dass seine Hoffnung bald zerrann: Am 24. Mai 1521 ersuchte der französische Botschafter an Karls Hof um einen Geleitbrief für seine sichere Heimreise – damals wie heute ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein Krieg unmittelbar bevorstand. Und nur vier Tage darauf starb Karls wichtigster Ratgeber, der Mann, dessen Überzeugungen er seit seiner Mündigsprechung sechs Jahre zuvor gefolgt war und der »den Kaiser bisher noch stets davon abgehalten hatte, in Feindschaft oder Zwietracht mit Frankreich zu verfallen«: Guillaume de Croÿ, Seigneur de Chièvres und Markgraf von Aarschot, war tot.73

Eine zweite Emanzipation Der belgische Historiker Ernest Gossart hatte sicher recht mit seiner Behauptung, dass »die politische Unmündigkeit Karls V. 1521 in Worms endete, als Chièvres starb«. Noch im Jahr zuvor hatte einer von Karls Diplomaten dem englischen Lordkanzler Thomas Wolsey gegenüber angedeutet, Chièvres werde möglicherweise seine Position an der Seite des Königs aufgeben, sobald dieser aus Spanien in die Niederlande zurückgekehrt sei, und werde »dort bleiben, um sich zur Ruhe zu setzen, und jemand anderen an [seine] Stelle setzen« – aber Wolsey spottete nur: »Mir scheint, Ihr versteht das Wesen solcher Männer nicht recht« – von Männern wie Chièvres, »die solch große Verantwortung tragen«. Keiner in einer solchen Machtposition, meinte Wolsey, werde diese jemals freiwillig aufgeben.74 Der Lordkanzler sollte recht behalten: Chièvres begleitete Karl nicht nur bis in die Niederlande, sondern bis zum Reichstag nach Worms, wo er weiterhin großen Einfluss auf die Beratung sowohl innen- und reichs- als auch außenpolitischer Fragen nahm und »im Namen seiner Majestät des Kaisers« mit den Botschaftern anderer Mächte sowie mit deutschen Fürsten verhandelte. Im Februar 1521 äußerte Erasmus, Chièvres nehme »bei unserem Prinzen Karl einen so hohen Rang ein, dass das ganze Reich beinahe in der Hand eines einzigen Mannes zu liegen scheint«; und ein paar Wochen später hielt der venezianische Botschafter Corner in seiner abschließenden Note an den Senat der Serenissima fest, der Markgraf von Aarschot halte »die gesamte Regierung in seinen Händen«, denn »Seine Majestät liebt ihn nicht nur, sondern hat auch die allergrößte Achtung vor ihm«.75 Allerdings konnte auch kaiserliche Liebe, und wäre sie noch so groß gewesen, den inzwischen 63-jährigen Markgrafen nicht vor Alter und Krankheit bewahren. Die Anwesenheit von rund 10 000 auswärtigen Gästen in Worms während der Dauer des Reichstags sorgte in der Stadt schon bald für desaströse sanitäre Bedingungen. Im März 1521 verbrachte auch Karl »eine ganze Nacht und einen ganzen Tag« damit, »sich heftig zu erbrechen, und seine Höflinge sagen,

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er schwebe in großer Gefahr«; kaum hatte der Kaiser sich wieder erholt, wurden sowohl Marliano als auch Chièvres krank. Der Erste starb am 10. Mai, und am 20. Mai gaben die Ärzte auch bei dem Zweiten »alle Hoffnung auf«. Vier Tage darauf empfing Chièvres die Sterbesakramente, und am Morgen des 28. Mai verstarb er.76 Seine Macht und sein Einfluss starben mit ihm. Aleandro zufolge »nennt keiner bei Hof laut seinen Namen, als wenn es ihn niemals gegeben hätte«, und Gasparo Contarini, der neue venezianische Botschafter, bemerkte, dass Karl, anstatt wie geplant nach Österreich weiterzureisen, beschlossen hatte, aus Worms in die Niederlande zu ziehen, »weil er nach Spanien zurückkehren muss« – und weil »mein Herr Chièvres, der ihm von dieser Reise abgeraten hatte, nun tot ist«.77 Chièvres hinterließ eine Vielzahl von positiven Vermächtnissen. 1515 hatte er einem französischen Gesandten erzählt, er zwinge Karl dazu, sämtliche eintreffenden Schriftstücke genau zu lesen, »selbst des Nachts«, und »seinem Rat dann persönlich über ihren Inhalt Bericht zu erstatten, worauf darüber in seinem Beisein beraten wurde, denn … wenn ich einmal sterbe, und er hat noch nicht gelernt, seine Angelegenheiten selbst zu dirigieren, wird er wieder einen Tutor brauchen«. Chièvres befand sich in einer außerordentlich günstigen Position, um das Verhalten des jungen Herrschers zu überwachen, schlief er doch, wie Karl selbst berichtete, »stets in meiner Kammer«, damit Karl, sollte er nachts einmal nicht schlafen können, jemanden hatte, mit dem er reden konnte.78 Und offenbar lernte Karl die Lektion, die Chièvres ihm erteilen wollte: Nachdem der Markgraf von der Bühne abgetreten war, berichtete der Legat Aleandro, dass Karl »tagein, tagaus ein beinahe übermenschliches Verlangen erkennen lässt, das Richtige zu tun – etwas, was erst jetzt deutlich wird, da er keinen Erzieher (pedagogo) mehr hat. Und oftmals haben wir gesehen, dass die Entscheidungen, die er wie auf Anhieb trifft, sowohl angemessen als auch vernünftig sind.« Zwei altgediente englische Diplomaten an Karls Hof wurden in ihrer Einschätzung sogar noch deutlicher: »Der Kaiser legt bei der Besorgung seiner Geschäfte eine erstaunliche [Tüchtigkeit] an den Tag, denn jeden Morgen ist er von sechs oder sieben Uhr an in seiner [Ratskammer], und dort verbleibt er, bis er zur Messe geht; und binnen einer Stunde, nachdem er zu Mittag gegessen hat, kehrt er wieder dorthin zurück und verbleibt dort wieder, bis es Zeit wird, zu Abend zu essen. Und dieses Leben hat er seit dem Ableben von Lord Chevers so geführt.«

Im Jahr 1538 erklärte Karl einem anderen englischen Gesandten gegenüber, er widme sich der Regierungsarbeit mit einer solchen Gewissenhaftigkeit, weil »Gott ihn nicht zu seiner eigenen Bequemlichkeit und Freude zu einer solchen Herrschaft berufen hat«. »Lord Chevers« wäre stolz gewesen.79

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Karls Tüchtigkeit scheint auch sein Selbstvertrauen gestärkt zu haben. Im August 1521 lud er Kardinal Wolsey ein, doch persönlich zu ihm zu kommen, um alle noch offenen Fragen zu klären, »weil Ihr und ich gemeinsam an einem Tag mehr vollbringen werden als meine Gesandten in einem ganzen Monat«. Dann fügte er hinzu – und ein leicht bedrohlicher Unterton mag beabsichtigt gewesen sein –, er werde Wolsey »auch meine Armee zeigen, woraus Ihr ersehen mögt, dass ich nicht vorhabe, zu schlafen«. Als Karl sich dann weigerte, auch nur die geringsten Zugeständnisse zu machen, zeigte der Kardinal sich überaus erstaunt, doch lag dies schlicht daran (wie Gattinara bemerkte), dass Wolsey »erwartet hatte, einen Knaben am Gängelband vorzufinden, wie [Karl] einer gewesen war, als der Herr Chièvres ihn noch anleitete, aber stattdessen hat er jemand ganz anderen vorgefunden« – jemanden, »der jetzt den König von Frankreich mit Verachtung straft«. Einige Tage darauf urteilte Wolsey: »Für sein Alter ist [Karl] sehr weise und versteht seine Angelegenheiten ganz genau; in der Sprache kühl und beherrscht, und wenn er das Wort ergreift, dann wählt er seine Worte selbstbewusst, recht und treffend. Und zweifellos wird er sich – allem Anschein nach – als ein überaus weiser Mann erweisen, voller Wahrheitsliebe und stets bestrebt, sein Versprechen zu halten.«80

Der Lordkanzler stellt Chièvres in seiner Rolle als Erzieher damit ein blendendes Zeugnis aus. Für Chièvres den Politiker sprechen zahlreiche Erfolge: Er sorgte dafür, dass die Niederlande mit ihren Nachbarmächten Frieden hielten, was es – unter anderem – ermöglichte, dass sein Zögling 1517 bedenkenlos nach Spanien aufbrechen konnte. Nach der Ankunft dort überzeugte der Markgraf die Königin Johanna, ihren Sohn als Alleinherrscher in ihrer beider Namen einzusetzen, und beschaffte die nötigen Geldmittel, um die Wahl Karls zum römisch-deutschen König zu sichern. Später erwirkte er beim Reichstag zu Worms Beschlüsse zur Lösung der meisten noch schwelenden Probleme, ob es dabei um die Einrichtung eines brauchbaren Regentschaftsrates ging oder die Wiederherstellung der Gesetzesherrschaft, die Finanzierung der Truppenmobilisierung gegen Frankreich – oder darum, Luther zum Häretiker und Gesetzlosen zu erklären, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war. Vor allem aber hatte Chièvres verhindert, dass es zu einem tatsächlichen Bruch mit Frankreich gekommen war. Prudencio de Sandoval war nicht allein mit seiner Meinung, dass, »wenn er [d. i. Chièvres] weitergelebt hätte, es zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich nicht so bald zu Feindschaft und Krieg gekommen wäre, denn er war stets ein Mann des Friedens«.81 In anderer Hinsicht jedoch war Chièvres’ Vorgehen durchaus kritikwürdig. Um noch einmal Sandoval zu bemühen:

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»Chièvres pflegte zu sagen, er allein sei für sämtliche Erfolge verantwortlich gewesen, und verlangte deshalb auch die alleinige Anerkennung dafür; dem König gab er jedoch die Schuld an sämtlichen Misserfolgen … Ich habe eine Denkschrift zu diesem Thema eingesehen, die ein edler Herr aus dem Gefolge des Königs verfasst hat, der als Augenzeuge all das erlebt hatte, wovon er schrieb. Und dort hieß es, dass Chièvres  – von der Zeit an, als der König noch sehr jung war und wenig von den öffentlichen Angelegenheiten verstand – es keinem gestattete, mit ihm [d. i. Karl] zu sprechen, ohne dass er [Chièvres] vorher erfahren hatte, was er sagen wollte, sodass er dem König zuvor einsagen konnte, was dieser antworten sollte. Und wer sich weigerte, Chièvres sein Begehr vorab mitzuteilen, der erhielt keine Audienz.«82

Außerdem setzte Chièvres alles daran, andere Ratgeber, die er als Rivalen betrachtete, auszugrenzen, selbst wenn sie dem jungen Karl in pädagogischer oder sonstiger Hinsicht manches zu bieten hatten. Hier ist an erster Stelle Margarete von Österreich zu nennen, die Chièvres durch Karls Mündigsprechung 1515 ins Abseits drängte, dann Adrian von Utrecht, den er später im selben Jahr nach Spanien schickte, auch der Pfalzgraf Friedrich, der 1517 nicht ohne sein Zutun in Ungnade fiel (siehe Kap. 3), und schließlich der junge Ferdinand, den Chièvres im Jahr darauf in die Niederlande verbannte (siehe Kap. 4). Am schlimmsten jedoch war, dass Chièvres beim Anhäufen von Ämtern und Würden und dem Aufspüren neuer Einnahmequellen für sich selbst und seine Familie eine geradezu unersättliche Gier an den Tag legte. Den Tiefpunkt in dieser Hinsicht stellte gewiss die Ernennung seines Neffen zum Erzbischof von Toledo dar, die mehr als jedes andere Einzelereignis zum Ausbruch des Comuneros-Aufstandes beitrug. Insgesamt gehört Chièvres’ Handhabung dieser Rebellion – der gefährlichsten während Karls gesamter Regierungszeit – zu den schlimmsten Fehlern, die er überhaupt je begangen hat. Schlimmer war wohl nur noch seine Unterschätzung Luthers und seiner Anhänger, deren Erstarken in den deutschen Territorien er vollkommen falsch bewertete, indem er die lutherische Bewegung als ein Druckmittel gegen Papst Leo X. einzusetzen suchte, das diesen zum Bruch mit Frankreich und zum Bündnis mit Karl zwingen sollte. Und doch erwies sich Chièvres’ Hasardspiel in beiden Fällen – trotz der immensen Nachteile, die dem Reich auf mittlere Sicht daraus entstehen sollten – kurzfristig als erfolgreich: Als Franz I. schließlich Karl den Krieg erklärte, war in Kastilien wieder Frieden eingekehrt, und sowohl Heinrich VIII. als auch Papst Leo schlugen sich auf die Seite des Kaisers, der das Jahr 1521 damit als ein unbestrittener Sieger beschließen konnte.

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6 Dem Fiasko von der Schippe (1521–1525) Karls erster Feldzug Das erbitterte Ringen zwischen Karl V. und Franz I. um den Einfluss im römisch-deutschen Reich hatte einen englischen Diplomaten schon 1518 prophezeien lassen: »Zwischen diesen beiden kann es keinen Frieden geben.« Ein venezianischer Kollege stimmte zu: Die beiden Monarchen könnten sich vielleicht »an die Gegebenheiten anpassen, aber in Wahrheit hegt doch jeder einen abgrundtiefen Hass auf den anderen«. Ein französischer Geistlicher wiederum hatte »keinen Zweifel daran, dass der Hauptgrund« für den Krieg der Jahre 1521–1529 »in Karls Wahl zum Kaiser lag«, weil Franz fürchtete, dass diese den sofortigen Verlust seiner beiden neuesten Eroberungen, Mailand und Genua, bedeuten werde, die beide kaiserliche Lehen waren.1 Aber nicht alle Zeitgenossen hielten einen Krieg für unvermeidlich. In der Rückschau aus den 1530er-Jahren sah der italienische Diplomat und Historiker Francesco Guicciardini vier Hauptgründe für den Ausbruch des Krieges: Karl wollte Burgund zurückgewinnen, das sein Urgroßvater Karl der Kühne verloren hatte, und war verärgert darüber, dass der französische König Mailand und Genua unter seine Herrschaft gebracht hatte; Franz wiederum wollte Navarra zurückgewinnen, das Karls Großvater Ferdinand von Aragón dem dortigen Königshaus entrissen hatte, und nahm die spanische Kontrolle über Neapel übel. Allerdings, fuhr Guicciardini fort: »Da sie beide derart mächtig waren, ließ das große Risiko eines Angriffs sie noch zögern, in die Offensive zu gehen.« Als Beispiel für diese abwartende Haltung zitierte er Franz’ launige Antwort an die Adresse einer spanischen Delegation, die ihm Karls Ambitionen auf die Kaiserkrone übermitteln sollte: »So müssen wir eben jenem Beispiel folgen, das man manchmal sieht, wo zwei Männer in dieselbe Frau verliebt sind: Jeder gibt sein Bestes, um die Schöne für sich zu gewinnen, doch geraten die beiden darüber nicht gleich in Streit.«2 Anfangs schien Franz die Wahl seines Rivalen mit Fassung zu tragen. Ein Gesandter am spanischen Hof berichtete im Juni 1519, der französische König habe »Seiner Majestät dem Kaiser unlängst geschrieben, um ihm seine überschwänglichen Glückwünsche mitzuteilen; und er sagte ihm auch, es gebe  – von ihm selbst einmal abgesehen – keinen anderen auf der Welt, den er auf diesem Posten befürwortet hätte, als allein Seine Majestät«. Am französischen Hof hieß es zuweilen sogar, es sei »ein großer Glücksfall für den hiesigen König gewesen und überaus günstig für sein ganzes Reich, dass nicht er zum Kaiser gemacht wurde; denn man sagt, wenn er es geworden wäre, hätte er sich damit

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unendliche Mühen aufgeladen, und seine Untertanen wären ausgepresst, ja ganz und gar ruiniert worden«.3 Noch im Januar 1521 ließ sich Franz von Papst Leo X. nicht dazu drängen, Karl in die Schranken zu fordern. Der französische König gab zwar zu, dass »es nun, da sich das Reich, das Königreich Neapel und auch Spanien alle in derselben Hand befinden, viel besser wäre, zukünftige Schwierigkeiten gleich vorbeugend anzugehen, anstatt erst hinterher nach Heilmitteln zu suchen«; auch habe der Papst bestimmt nicht unrecht mit seiner Ansicht, »dass ich zur Stunde einen größeren Vorteil gegenüber dem Katholischen König habe, als ich nach seinem Machtantritt im Reich haben werde«. Andererseits schien es Franz wahrscheinlich, dass auch Karl »dann nicht weniger Probleme haben wird als jetzt, ja es ist gut möglich, dass er mehr haben wird«. Ferner gab er zu bedenken: »Da seine Herrschaftsgebiete an verschiedenen Orten weit verstreut liegen und zudem so ungehorsam und eigenwillig sind, wie wir es alle gesehen haben, wird [Karl] gezwungen sein, zuerst diese zu sichern und zu behaupten, ohne zugleich irgendwelche neuen Eroberungen zu unternehmen. Und weil er schon so viel besitzt, sollte er sich viel eher um Frieden bemühen, was immer ihn das kosten möge, als die großen und untragbaren Kosten auf sich zu nehmen, die ein Krieg ihm aufzwingen würde.«4

Wie eine Urkunde Franz’ vom 14. Februar 1521 erkennen ließ, hatte er seine Meinung bis zu jenem Zeitpunkt geändert. Darin wurde Robert de La Marck, Seigneur de Sedan, ermächtigt, »mit seiner Person und seinem Besitz gegen ausnahmslos jeden Waffendienst zu tun, und wenn es der Kaiser selbst ist«; im Gegenzug erhielten La Marck und drei seiner Söhne von Franz beträchtliche Geldsummen, die sie umgehend dazu einsetzten, ein Heer aufzustellen und Städte in den habsburgischen Niederlanden anzugreifen. Dies stellte, wie ein französischer Minister meinte, »den ersten Schlag dar, den Ursprung und Beweggrund des Krieges zwischen dem König [von Frankreich] und dem erwählten Kaiser, der später einen so heftigen und blutigen Verlauf nehmen sollte«, und er sah es mit Staunen, dass »dieser kleine Funke ein solch tobendes Feuer entfacht hat«. Tatsächlich war der Überfall derer von La Marck nur einer von mehreren »Funken«: Franz hatte heimlich zugesagt, den König von Navarra bei der Rückeroberung seines Königreiches zu unterstützen; er hatte den Herzog von Geldern dazu angestiftet, in Friesland und Overijssel einzufallen; und er hatte einen Geheimvertrag mit Leo X. geschlossen. Darin versprach der Papst, dass er Karl das Königreich Neapel wegnehmen und sich überdies weigern werde, den »erwählten römischen König« zum Kaiser zu krönen. Außerdem ließ Franz verlauten, dass jeder deutsche Landsknecht, der sich in seinen Dienst begebe, mit

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»einem auskömmlichen Unterhalt« rechnen dürfe – ein klares Zeichen dafür, dass er gewillt war, zu kämpfen wenn nötig. In den Worten Karl Brandis war nun der Zeitpunkt gekommen, dass »nun wirklich diese beiden Valois, der König von Frankreich und der Herzog von Burgund, ihren Lebenskampf antraten«.5 Die Nachrichten von diesen Entwicklungen beunruhigten Karl, der sich noch immer in Worms aufhielt, um dort die Angelegenheiten des Reiches zu regeln. Einige Ratgeber »legten ihm nahe, dem französischen König zuvorzukommen, statt jenen Streich zu erdulden«; doch Karl »antwortete ihnen nach seinem eigenen Dafürhalten« – was offenbar noch immer als eine Besonderheit galt –, »dass er den französischen König als Ersten angreifen und in seine Territorien einfallen lassen werde, falls jener dies beabsichtigte, schwor aber zugleich, dass er selbst in einem solchen Fall alles aufs Spiel setzen wolle, was Gott ihm gegeben habe, auf dass er ihn [d. i. Franz] vernichte oder aber selbst vernichtet werde«.6 Aus gesundheitlichen Gründen konnte Karl diesen Vorsatz nicht sogleich in die Tat umsetzen, denn er »musste eine Nacht und einen ganzen Tag lang speien« und konnte für mehrere Tage »seine Kammer nicht verlassen, nahm seine Medizin ein und führte keinerlei Geschäfte«. Aber am 1. April 1521 teilte Karls persönlicher Gesandter Franz mit, dass »der Kaiser jene Handlungen als eine Kriegserklärung und einen Vertragsbruch aufgefasst hatte; und da er also angegriffen und provoziert wurde, so hat er beschlossen, sich zu verteidigen«. Unterdessen griff in Rom der Botschafter Juan Manuel »Seine Heiligkeit nahezu körperlich an«, indem er »aggressiv und mit überaus wütendem Gesicht« (so sein französischer Kollege) auf »einem klaren Ja oder Nein« bestand, das Papst Leo einem ihm vorgelegten Offensivbündnis gegen Frankreich erteilen sollte. Der Papst knickte schon bald ein, annullierte seinen Vertrag mit Franz und versprach, eine Armee aufzustellen, die Karl dabei helfen sollte, die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Außerdem versprach er, Karl in Rom zum Kaiser zu krönen und den beiden dynastischen Verbindungen seinen Segen zu erteilen, die Maximilian zur Verteidigung Mitteleuropas gegen einen möglichen osmanischen Angriff arrangiert hatte  – der Heirat von Karls Bruder Ferdinand mit Anna, der Schwester (und Erbin) König Ludwigs von Ungarn und Böhmen, sowie der Heirat Ludwigs selbst mit Karls Schwester Maria. Karl seinerseits gab das Versprechen, die Herzogtümer Parma und Piacenza (die Leo nach der Schlacht von Marignano an Frankreich abgetreten hatte) für den Kirchenstaat zurückzugewinnen und die Medici-Verwandtschaft des Papstes unter kaiserlichen Schutz zu stellen.7 Inzwischen war Karl begierig auf eine militärische Auseinandersetzung. Als dem Kaiser zu Ohren kam, dass Franz ganz unverhohlen einige der in Deutschland angeworbenen Truppen La Marck zur Verfügung gestellt hatte,

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»erhob er seine Hände zum Himmel und sprach: ›Gelobt seist Du, Gott, dass durch Deine Gnade nicht ich es war, der diesen Krieg begonnen hat – und dafür, dass der König von Frankreich mich nun wohl mächtiger und größer machen wird, als ich es schon bin! Dir sei immer Dank, der mir die Mittel gegeben hat, mich zu verteidigen. Ich hoffe, dass ich nun bald ein verarmter Kaiser sein werde oder aber er ein verarmter König.«

Als seine Tante Margarete ihn drängte, den Frieden zu halten, antwortete Karl: »Nein, Madame: Wenn ich nun mit ihm verhandelte und Frieden schlösse, würde er mir doch in zwei Monaten wieder Ärger bereiten.« Im Sommer 1521 schlugen kaiserliche Heere ihre Feinde in den Niederlanden, in Navarra und Italien zurück; und ein englischer Diplomat bemerkte, dass die Franzosen »das Ruder herumgeworfen haben: Gut ein halbes Jahr lang wollten sie nun, wenn man ihren Worten Glauben schenkte, die ganze Welt erobern … jetzt jedoch fordern sie von ganzem Herzen den Frieden.«8 Beide Herrscher, Karl und Franz, schickten Gesandte zu Heinrich  VIII., die beteuerten, nicht ihr jeweiliger Herr, sondern der andere habe zuerst angegriffen und damit die Bestimmungen des Vertrags von London verletzt (siehe S. 138) der für diesen Fall eine Kriegserklärung Englands an die Adresse des Aggressors vorsah. Stattdessen erbot sich der englische Lordkanzler, Kardinal Wolsey, bei einer Friedenskonferenz in Calais als Vermittler zu agieren. Im Juli 1521, unmittelbar vor dem Beginn der Friedensverhandlungen, legte Gattinara Karl ein Positionspapier vor, das Argumente für und wider eine Fortsetzung des Krieges aufführte. Zunächst diskutierte Gattinara sieben Argumente für einen Waffenstillstand. Die meisten davon waren sehr allgemein gefasst (der Ausgang eines Krieges war stets unsicher; hohe Kosten waren nicht zu vermeiden; so spät in der Saison ließ sich schwerlich noch ein Feldzug beginnen), aber es waren auch spezifischere dabei (La Marck und Navarra waren bereits geschlagen). Dann folgten zehn Gründe für eine Fortsetzung des Krieges, die meisten wiederum allgemeiner Art (Karl führte einen gerechten Krieg und konnte daher auf Gottes Hilfe bauen, auch auf internationaler Ebene hatte er viele Unterstützer), andere spezifischer (bei einem Waffenstillstand wäre das bisher für die Mobilisierung ausgegebene Geld zum Fenster hinausgeworfen; die bereits ausgehobenen Truppen standen bereit und waren begierig zu kämpfen). Seinem letzten Argument für den Krieg widmete Gattinara sich mit besonderer Sorgfalt: »Vor allem aber muss Euer Majestät bestrebt sein, sich einen Ruf zu erwerben, denn bislang habt Ihr noch an keinem Staatsgeschäft Anteil gehabt, aus dem man seine positiven oder negativen Schlüsse ziehen könnte, und alle Welt hat

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darauf gewartet und gehofft, dass Ihr etwas vollbringt, das eines solch mächtigen Kaisers würdig sei – nun ist die Gelegenheit so günstig … Außerdem, Sire, ist dies das erste Heer, das Ihr aufgestellt habt, und diese Vorbereitungen, für die Ihr so viel Geld ausgegeben und so viele Mittel in Bewegung gebracht habt, sind schon in aller Munde. Unsere Aufgabe ist es nun, dass diese Vorbereitungen zu einem Ergebnis führen, das die Reputation Eurer Majestät weder zerstört noch beschädigt, sondern sie vielmehr stützt und mehrt.«

Der Großkanzler drängte Karl daher, seine Streitkräfte in den Niederlanden gegen ein schwaches Ziel einzusetzen, Tournai etwa, den größeren Teil seiner Kräfte jedoch in Italien zu bündeln, um den Franzosen Mailand und Genua zu entreißen. Auf diese Weise, schloss Gattinara, werde Karl »sich einen Ruf erwerben und Eure Feinde in großes Erstaunen versetzen«.9 Gattinaras Argumentation geht erkennbar auf das traditionelle Ideal des burgundischen Rittertums zurück – was sie für ihren Adressaten natürlich umso ansprechender machte, wie der listige Kanzler sich schon gedacht haben wird. Zunächst einmal ließ der Kaiser das Papier allerdings an seine führenden Ratgeber weiterleiten und bat diese um ihre Meinung, »was der Kaiser diesen Winter tun soll«. Dem detaillierten Protokoll ihrer Aussprache zufolge erklärten sich manche Minister für ein Offensivbündnis mit England, um die Chancen auf einen Sieg in den Niederlanden zu erhöhen, während andere einen Waffenstillstand oder Friedensschluss mit Frankreich befürworteten, damit Karl nach Spanien zurückkehren könne, um dort für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Am Ende traf Karl die Entscheidung dann doch allein, nachdem er sich mit Wolsey zu einer Verhandlung unter vier Augen getroffen hatte.10 In einem Geheimvertrag vom 25. August 1521 wurde festgehalten, dass Karl und Heinrich »auf ewig Freunde und Verbündete bleiben« würden und unisono handeln wollten, wenn es galt, ihre bestehenden Besitzungen zu verteidigen oder »die Wiederherstellung von Rechten zu verlangen, die andere ihnen streitig machen, und zwar ausnahmslos«. Der Vertrag sollte durch Karls Heirat mit seiner Cousine Mary besiegelt werden, Heinrichs Tochter und Erbin (und Nichte jener anderen Mary Tudor, mit der Karl zuvor schon einmal verlobt gewesen war), sobald diese zwölf Jahre alt war. Der Kaiser sollte außerdem zu einem Besuch nach England kommen, wo die beiden Monarchen ihr Bündnis öffentlich bekannt geben und letzte Hand an ihre große Strategie zur Zerstückelung Frankreichs legen würden.11 Gattinara verbrachte daraufhin drei Monate in Calais, wo Wolsey eine Art politisches Theater aufführte – mit großem Zeremoniell und demonstrativ geführten Waffenstillstandsverhandlungen mit den Franzosen, die aber nur zur Ablenkung von dem englischen Geheimbündnis mit dem Kaiser dienen sollten.

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Allerdings führte Gattinaras lange Abwesenheit vom kaiserlichen Hof dazu, dass sein Einfluss auf Karl erheblich geschwächt wurde. Anfänglich versicherte dieser seinem Kanzler noch: »Keiner versteht so gut wie Ihr, was wir tun könnten und tun sollten«, und bat Gattinara inständig, »uns oft zu schreiben, jeden Tag ohne Ausnahme, denn wir haben auf unsere Kosten schon eine Reihe von Poststationen eingerichtet, die Euch zur Verfügung stehen«. Doch versiegte der Strom derartiger Briefe, die sich durch eine Mischung aus Zuneigung und Unselbstständigkeit auszeichneten, schon bald.12 Der Wandel setzte offenbar ein, als – wie ein niederländischer Chronist festgehalten hat – am 2. September 1521 »Kaiser Karl seine Rüstung anlegte und zum ersten Mal sein gesamtes Heer in den Kampf gegen Frankreich führte«. Kurz darauf wurde Karl einmal sehr wütend, als sein Kanzler sich weigerte, eine seiner Urkunden gegenzuzeichnen, »in der Ihr sehr wohl unseren ausdrücklichen Befehl erkannt habt«. In herrischem Ton teilte er Gattinara mit, dass »ungeachtet der von Euch vorgebrachten Einwände wir Euch ein für alle Mal anweisen, die besagte Urkunde zu unterzeichnen und uns unverzüglich zurückzusenden, denn dies ist unser Wille«. Als im Monat darauf Wolsey eigenmächtig die Bedingungen ändern wollte, die für Karls Heirat mit der Prinzessin Mary vereinbart worden waren, erklärte der Kaiser – ohne sich zuvor mit seinem Kanzler zu beraten –, dass er den gesamten Vertrag in Fetzen reißen werde, und schrie »mit wutverzerrtem Gesicht«: »Ich sehe schon ganz recht, wie der Kardinal [Wolsey] mit mir umspringen will: wenn er derart unverschämte Forderungen an mich stellt, die zu erfüllen mir meine Ehre und die Wahrung meines eigenen Vorteils nicht erlauben … Aber da hat er sich in seinem Mann getäuscht (Il l’a mal trouvé son homme), denn wenn die eine Seite mich verstößt, so wird eine andere mich doch mit offenen Armen empfangen. An Bräuten herrscht kein Mangel; so viel muss ich nun wirklich nicht zahlen.«13

Karls kleiner Tobsuchtsanfall sollte sich mehr als bezahlt machen: Wolsey beeilte sich, einen Vertrag zu unterzeichnen, der England, den Kaiser und den Papst zum Krieg gegen Frankreich verpflichtete. Unterdes vermochten auch die kaiserlichen Truppen in Italien und den Niederlanden einige ansehnliche Siege zu erringen, sodass Karl am Jahresende 1521 prahlen konnte: »Gott hat uns Seine Gunst gewährt, denn wir siegen ja an allen Fronten, haben Mailand und mehrere andere [italienische] Städte unter unseren Gehorsam gezwungen, Tournai eingenommen und alles zurückerobert, was in Navarra geraubt worden war.« Im Dezember 1521 starb Papst Leo und einen Monat darauf wählte das Kardinalskollegium als seinen Nachfolger einen Mann, mit dem Karl gut vertraut war: seinen vormaligen Erzieher, Adrian von Utrecht, nun Papst Hadrian VI.14

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Kaiser, Papst und König – in Harmonie vereint Der Kaiser beeilte sich, diesen unverhofften Vorteil zu seinen Gunsten auszunutzen. »Es hat dem Herrn gefallen, uns nicht nur zu dieser hohen Kaiserwürde zu erheben«, äußerte er gegenüber dem neuen Pontifex, »sondern zugleich vorherzubestimmen, dass wir die Kaiserkrone aus der Hand eines Mannes empfangen, den wir so gut kennen, der unserer eigenen Nation entstammt, der uns erzogen und von Kindheit an gelehrt hat und der eine große und aufrichtige Liebe für uns empfindet: Ich meine natürlich Eure Heiligkeit.« Etwas spitzer fügte er hinzu, Hadrian VI. möge sich »an das erinnern, was Ihr mir einst sagtet, als ich Euer Schüler war, und was sich für mich seither stets bewahrheitet hat  – und damit Ihr Euch ganz sicher daran erinnert, will ich es Euch noch einmal wiederholen: dass [die Franzosen] zwar liebenswürdig und freundlich daherreden; aber am Ende wollen sie einen doch nur täuschen und betrügen«. Ohne Frage jedoch, schloss Karl, »ist Eure Heiligkeit schlau genug, dass Ihr alles vermeiden werdet, was mir Schaden oder Kummer bereiten könnte«.15 Die Wahl Hadrians schuf für seinen einstigen Schützling jedoch ein drängendes Problem: Der neue Papst konnte unmöglich weiter als sein Statthalter in Kastilien amtieren, was den Druck auf Karl erhöhte, möglichst bald nach Spanien zurückzukehren. Dies wiederum machte es erforderlich, dass er in den Niederlanden und im Reich fähige Regenten ernannte, die ihn während seiner Abwesenheit vertreten konnten. Im ersteren Fall entschied der Kaiser sich für Margarete, die sowohl fähig als auch willens war, diese Aufgabe noch einmal zu übernehmen; die zweite Aufgabe übertrug er Ferdinand. Auf dem Wormser Reichstag hatte er seinem Bruder bereits den größten Teil der österreichischen Erblande abgetreten; jetzt übertrug Karl – der bestrebt war, möglichst bald nach Spanien zu kommen – Ferdinand und seinen Nachfahren auch noch seine restlichen österreichischen Territorien. Auch erneuerte Karl sein Versprechen, die Wahl seines Bruders zum römisch-deutschen König zu betreiben, sobald er selbst zum Kaiser gekrönt worden sei.16 Außerdem setzte er sein erstes Testament auf. Darin benannte Karl seinen Bruder Ferdinand zum Alleinerben und Nachfolger; und wie vor ihm schon sein Vater legte er fest, wo er begraben werden wollte: Falls er in Spanien stürbe, verfügte Karl, solle man ihn in Granada an der Seite der Katholischen Könige beisetzen; bei einem Tod in den Niederlanden jedoch wollte er in Brügge neben seiner Großmutter Maria von Burgund bestattet werden. Und »für den Fall, dass zum Zeitpunkt unseres Todes das Herzogtum Burgund wiederum unserem Gehorsam unterstellt ist, wünschen wir, dass unser Leichnam in der Kapelle der Kartause von Dijon zur letzten Ruhe gebettet wird neben den Leibern unserer Vorgänger, der Herzöge Philipps des Kühnen, seines Sohnes Johann

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sowie Philipps des Guten«. Auch als Kaiser sah sich Karl noch immer und in erster Linie als ein Herzog von Burgund.17 Der Kaiser und sein Gefolge segelten von Calais nach Dover. Das war am 27. Mai 1522 die erste Etappe ihrer Rückreise nach Spanien. Großzügig gab Erasmus dem Wetter die Schuld an der verspäteten Abreise – »Winde sind die einzigen Wesen, die einen Kaiser nicht erkennen, wenn sie ihn sehen« –, aber das war wohl nur ein Teil der Erklärung. Eine gewisse Verzögerung ergab sich dadurch, dass der Kaiser sich so oft von seinem Schreibpult entfernte. Binnen zwölf Monaten zeugte er mindestens drei illegitime Kinder (siehe Kap. 14) und frönte daneben weiterhin seinen sonstigen Leidenschaften: Turnieren, der Jagd mit Falken und mit Hunden – und dem Tennisspiel. Ein englischer Gesandter, der im Februar 1522 an Karls Hof kam, konnte dort nicht gleich sein Beglaubigungsschreiben übergeben, weil Karl »beim Jeu de Paume war«, ebenjener Urform des Tennisspiels, und so musste der Diplomat geduldig »dem Spiel zusehen, bis es schon beinahe dunkel war, woraufhin Seine Majestät sich in Ihre Gemächer zurückzog«.18 Einen Monat darauf führten Karl und sein Bruder bei einem großen Turnier jeder eine ganze Mannschaft an: »Nachdem sie die Damen begrüßt und Feld und Tilt [die Schranke zwischen den Kontrahenten] abgeritten hatten, begann der Kaiser mit dem Wettstreit und ließ seine Lanze recht lustig auf einem aus der Truppe seines Bruders zerbersten; und im nächsten Durchgang tat der Infant das Gleiche auf einem aus der Truppe des Kaisers, und so dauerte der Wettstreit gegen zwei Stunden lang an, dass die einhundert Lanzen, die man bereitgelegt hatte, eine nach der anderen zersplittern mussten.«

Karls ständiges Training machte sich zweifellos bezahlt: »Seine Majestät entledigte sich seiner Aufgabe auf das Galanteste und zerbrach mehr Lanzen als irgendein anderer, und zum Schluss, als all die besagten Lanzen zerbrochen waren, schwang der Kaiser sich, nachdem man ihm seinen Helm und Schild abgenommen hatte, auf ein Pferd, das schon bereitstand, und auf diesem Pferd vergnügte er sich, nachdem er abermals die Damen gegrüßt hatte, auf dem besagten Platz wie ein Fürst, der zugleich auch König der Reiter genannt werden könnte.«

Dem venezianischen Botschafter zufolge waren »sämtliche Anwesenden« der Meinung, dass Karl »alle anderen bei diesem Turnier übertroffen« und zudem Reitkunststücke vorgeführt hatte, »die außer ihm niemand vollbringen konnte«.19

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Aber nicht immer zog Karl das Vergnügen der Arbeit vor. Als etwa am 13. April 1522 »morgens früh Post eintraf« aus England, haben »seitdem der Kaiser und sein Rat ihre Zeit mit Beratungen zugebracht, früh und spät, sodass sie spät zu Mittag essen, spät zu Abend essen und spät ins Bett gehen«. Zwei Tage später schrieb Karl einen eigenhändigen Brief, in dem er Kardinal Wolsey mitteilte, er wolle in Zukunft, wann immer »eine Sache mich persönlich angeht … dieses Zeichen ƹ,; schreiben«. Über ein Jahr lang enthielten seine eigenhändigen Schreiben an Wolsey daraufhin tatsächlich oft »das Zeichen ƹ das Ihr und ich beide kennen, und das anzeigt, dass diese Angelegenheit mir überaus wichtig ist«.20 Der Kaiser brachte auch viel Zeit damit zu, sich mit weniger bedeutenden Angelegenheiten persönlich zu beschäftigen. So beaufsichtigte Karl, wie der verblüffte englischen Botschafter mitteilte, höchstpersönlich die Einschiffung seines Gefolges für die Reise nach England – und als die Diplomaten Zweifel daran erkennen ließen, zeigte man ihnen eine Passagierliste, in der sie zahlreiche Eintragungen »von des Kaisers eigener Hand« entdeckten.21 Aber der hauptsächlich Grund für die Verzögerung der Abreise war schlicht und ergreifend ein Mangel an Geld. Nach einem von Gattinara aufgesetzten Dokument hatten die Kosten des jüngsten Feldzuges in Verbindung mit dem Aufwand für die bevorstehende Spanienreise dem Kaiser so wenig finanziellen Spielraum gelassen, dass »wir Gefahr laufen, nicht nur das zu verlieren, was wir erobert haben, sondern auch noch all unsere ererbten Herrschaftsgebiete aufs Spiel zu setzen, unsere ganzen Angelegenheiten in Trümmern liegen zu sehen und uns ganz der Gnade der Vorsehung anzuvertrauen. Außerdem wissen wir nicht, wie uns unsere spanischen Untertanen empfangen werden.« Karl wandte sich zunächst an den portugiesischen König Manuel und bat diesen um ein Darlehen, doch dann bot ihm Heinrich VIII. nicht nur 150 000 Dukaten, um die kaiserliche Flotte zusammenzustellen, sondern auch eine Eskorte, um Karls Schiffe vor einem möglichen Angriff der Franzosen zu schützen. Karl nahm dankend an, obwohl (wie er selbst meinte) die Abmachung »einige ziemlich harsche Bedingungen« umfasste, darunter das Versprechen an Heinrich, ohne dessen Wissen und Zustimmung »keinen Frieden oder Waffenstillstand mit Frankreich zu schließen« und außerdem auf dem Weg nach Spanien noch einen Abstecher nach England zu unternehmen.22 Dennoch ließ das Jahr 1522 sich für Karl gut an. Im April fiel nach einem Sieg über die Franzosen und ihre Verbündeten bei Bicocca nicht nur die Lombardei, sondern auch Genua in habsburgische Hand. Im Monat darauf setzte Karl nach England über, und am 6. Juni ritten Heinrich und er nach London ein, »nicht nur einmütig wie Brüder, sondern sogar gleich gekleidet und mit aller üblichen zeremoniellen Form, als wenn dem Kaiser als König von England

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gehuldigt werden sollte«. Zehn Tage später erklärte Heinrich dem französischen König den Krieg und bestätigte zugleich, dass Mary Karl heiraten werde, sobald sie zwölf Jahre alt sei. Die Prinzessin trug von nun an eine Brosche, deren Juwelen die Worte »the emp[er]  our« ergaben (Abb. 11). Heinrich stellte seinem Schwiegersohn in spe »als Hilfe bei der Befriedung seiner Staaten« einen Zug der schlagkräftigen englischen Artillerie zur Verfügung und entsandte ein Expeditionsheer zum Angriff auf die Bretagne. Noch dazu vereinbarten die beiden Monarchen, dass sie 1524 ein »Großes Vorhaben« lancieren würden: eine Doppelinvasion Frankreichs, wobei Heinrich von Calais und Karl von der nordspanischen Provinz Vizcaya (Bizkaia) aus auf Paris vorstoßen sollte.23 Nachdem er sechs Wochen lang in England geschlemmt, gespielt und verhandelt hatte, empfing Karl die heilige Kommunion und ging an Bord einer Flotte, die 3000 deutsche Landsknechte mit sich führte – wesentlich mehr, als sein Vater achtzehn Jahre zuvor bei sich gehabt hatte. Am 16. Juli 1522 ging er in Santander an Land und begab sich auf den Weg in das Landesinnere, wobei er »jagte und sich vergnügte«, bis er drei Wochen später in Palencia ankam. Heinrich berichtete er, dass zahlreiche »Granden, Edelleute, Prälaten und einflussreiche Personen an unseren Hof gekommen sind und dabei die denkbar größte Demut und Ergebenheit an den Tag gelegt haben, und alle, groß und klein, haben sich als unsere treuen Untertanen und Diener erwiesen«. Daher fühlte Karl sich sicher genug, seine deutschen Truppen zur Verteidigung der spanisch-französischen Grenze abzukommandieren, während er selbst »anfing, Ordnung in diese Königreiche zu bringen«.24

Spanien wird befriedet Doch wessen Ordnung sollte das sein? Sobald Karl von der Papstwahl seines früheren Erziehers erfuhr, die ja dessen Fortgang aus Spanien bedeuten würde, setzte er eine Urkunde auf, mit der er seine (kürzlich verwitwete) Schwester Eleonore zu seiner Regentin in Kastilien machte; für die Zeit bis zu Eleonores Ankunft ernannte er den Admiral und den Condestable von Kastilien zu einer Regentschafts-»Doppelspitze«. Der Admiral drängte seinen Herrn, den Comuneros Zugeständnisse zu machen und ihnen Milde zu versprechen, da sonst »keiner des Nachts ruhig schlafen kann, weil schon der kleinste Windhauch sie glauben lässt, nun seien die Leute des Königs da, um sie zu verhaften«. Beherzt rief er Karl in Erinnerung: »Ihr seid nicht Gott, der überall zugleich sein kann, sondern ein Kaiser, der auf Erden wandelt. Wenn Ihr behalten wollt, was Ihr besitzt, wird Liebe Euch dienlicher sein als Furcht.« Dem stimmten nur wenige zu. Selbst Hadrian sprach sich für ein repressives Vorgehen aus und riet Karl,

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all seine Ressourcen zu mobilisieren, »damit Ihr all jene bestrafen könnt, die Aufruhr und Rebellion über Eure Königreiche gebracht haben«. Der Regentschaftsrat, den die Comuneros gedemütigt und bedroht hatten, begann derweil damit, alle früheren Rebellen zu inhaftieren, deren er habhaft werden konnte.25 Jean Glapion, der Beichtvater des Kaisers, hatte diesem gesagt: »Mit jeglicher Tugend seid Ihr gesegnet, außer mit dieser: dass Ihr erlittene Kränkungen verwindet«. Tatsächlich sprach Karl oft davon, »Rache« an denen zu nehmen, die ihn seiner Ansicht nach beleidigt hatten – ganz wie die burgundischen Ritter aus den Büchern, die ihm so viel bedeuteten.26 Sobald er in Spanien eingetroffen war, ordnete er die Hinrichtung einiger deutscher Söldner an, die man in der nordspanischen Provinz Guipúzcoa gefangen genommen hatte, wo sie in französischen Diensten kämpften. Karl wollte »ein Exempel statuieren, damit jeder, der sich mir widersetzt, weiß, welches Schicksal ihn erwartet, weil er sich gegen den Kaiser gestellt hat«. Auch bei der Bestrafung der Comuneros verlor Karl keine Zeit: Schon im August teilte er seiner Tante Margarete mit, er habe »die Gerichtsverfahren gegen zehn oder zwölf der Hauptverantwortlichen aus der Junta von Tordesillas begonnen, die letztes Jahr gefangen genommen wurden«, und fügte hinzu: »Ich will sie so abschreckend bestrafen, dass man sich für alle Zeiten daran erinnern wird.« Im Laufe der folgenden zwei Monate bestätigte Karl fast einhundert Verurteilungen früherer Comuneros, darunter auch einige, die vorläufig begnadigt worden waren – bis er dann eines Tages gesagt haben soll: »Das reicht einstweilen, vergießt nun kein Blut mehr.« Am 1. November 1522 wurde auf dem Hauptplatz von Valladolid im Beisein Karls, der auswärtigen Botschafter an seinem Hof sowie führender Adliger und Hofleute eine allgemeine Amnestie für alle früheren Rebellen verkündet – für alle außer 293 Personen, die namentlich genannt wurden. Zu diesen Ausnahmefällen, den exceptuados, denen Karl keine Gnade gewährte, zählten auch 63 Adlige und 21 Priester.27 Am Prozess der Vergeltung nahm der Kaiser regen persönlichen Anteil. Wie Ferdinands Gesandter Martín de Salinas festhielt: »Seine Majestät ist so umfassend darüber unterrichtet, welche Missetaten jeder Einzelne von ihnen begangen hat, dass man meinen könnte, er selbst hätte ihre Geständnisse protokolliert.«28 Jeden Anschein einer kollektiven Bestrafung – indem man etwa die königliche Kanzlei aus Valladolid anderswohin verlegte oder die Märkte und Messen aus Medina del Campo – lehnte Karl strikt ab. Im Ergebnis änderte die Niederschlagung des Comuneros-­Aufstandes deshalb nichts an der traditionellen politischen Struktur Kastiliens. Aber die Strafgelder, die den am Aufstand führend beteiligten Städten auferlegt wurden, sowie die Steuern, die man nun erhob, um diejenigen zu entschädigen, die loyal geblieben waren und materielle Verluste erlitten hatten, schwächten Handwerk und Gewerbe im ganzen Königreich doch sehr.29

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Gegen die Beteiligten an dem Germanías-Aufstand von Valencia ging Karl noch ungleich härter vor. Die Strafaktion begann nach dem Tod ihres populären Anführers, der als »El Encubierto« (»der Verborgene«) bekannt war. Dieser »Verborgene« hatte behauptet, der nachgeborene Sohn des jung verstorbenen Infanten Johann zu sein, des einzigen Sohnes und Erben der Katholischen Könige – was ihn (und nicht Karl) zum rechtmäßigen König gemacht hätte. Der Kaiser ernannte nun seine Stiefgroßmutter, Germaine de Foix, zur Vizekönigin und wies sie an, die Ordnung im Königreich Valencia wiederherzustellen, »ohne dabei auch nur die geringste Gnade walten zu lassen«. Dem valencianischen Chronisten Martí de Viciana zufolge fanden erste Festnahmen von Rebellenführern (darunter wie in Kastilien einige vorläufig begnadigte) still und leise in den Nachtstunden des 10. Januar 1524 statt. Während der nächsten vier Jahre genehmigte die Vizekönigin die Hinrichtung von rund 800 vormaligen Rebellen, von denen viele zuvor gefoltert worden waren. Viciana schätzte den materiellen Schaden durch die Germanías auf eine Summe von rund zwei Millionen Dukaten; insgesamt waren nach seinen Angaben etwa 12 000 Menschen in Kämpfen und Scharmützeln sowie durch Richterspruch zu Tode gekommen. Einzig und allein die finanziellen Erfordernisse des Kriegs gegen Frankreich brachten Karl dazu, dem Blutvergießen Einhalt zu gebieten – und den meisten der überlebenden Rebellen eine Begnadigung zu verkaufen.30 Einen weigerte sich der Kaiser jedoch zu begnadigen: Antonio de Acuña, seines Zeichens Bischof von Zamora, der sich einst »Generalkapitän der Comuneros« genannt hatte. Schon 1520 hatte der spanische Botschafter in Rom Papst Leo dazu gebracht, Acuña die rechtliche Immunität zu entziehen, die für Kleriker üblicherweise galt. Dem Papst hatte er einfach erzählt  – ohne die Spur eines Beweises dafür vorzubringen –, Acuña sei »ein zweiter Martin Luther«. Zwei Jahre später schaute in Valladolid eine große Menschenmenge zu, wie Rodrigo Ronquillo, ein königlicher Amtsträger, »den Bischof von Zamora mitten durch die Stadt führte, bewacht von spanischer Reiterei, um ihn in die Festung Simancas zu bringen«. Nun verlangte Karl von Papst Hadrian, er solle die Folter Acuñas erlauben (unter der Androhung, dass, »wenn Seine Heiligkeit dies nicht gestattet, wir gezwungen sein werden, nach unserem Urteil andere Mittel zu ergreifen«).31 Verzweifelt bot Acuña Karl 60 000 Dukaten für seine Freiheit. Als man ihm sagte, dass »Seine Majestät darauf nicht eingehen will, obwohl er das Geld dringend bräuchte«, unternahm der Gefangene kurzerhand einen Fluchtversuch, bei dem er den Burgvogt von Simancas erstach. Allerdings wurde Acuña rasch wieder eingefangen, und Karl ordnete an, »dass der Bischof von Zamora in die Folterkammer gebracht werde«, wo man ihm »beide Hände hinter dem Rücken festband und das Seil über einen Flaschenzug führte«, um ihn »so weit hochzuziehen, dass seine Füße ein kleines Stück über dem Boden

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baumelten«. Schließlich belastete der Bischof drei Komplizen, von denen einer, ein Priester, sein Geständnis später nicht selbst unterschreiben konnte, »weil seine Hand von der Folter so schwer beschädigt war«. Am Ende »erdrosselte [Ronquillo] den Bischof ohne weitere Formalitäten«.32 Doch Karl übte seine Rache auch noch auf andere, weniger brutale Weise. In Zamora etwa, einer der führenden Comuneros-Städte, ließ er die Häuser einiger Rebellen abreißen, während andere »nur« die Schmach über sich ergehen lassen mussten, dass man die Wappen von ihren Häusern abschlug (wie man bei einem Besuch der Stadt noch heute sehen kann). Gänzlich sollte Karl seinen Groll gegen die Aufständischen nie überwinden. Lange noch drängte er sowohl den König von Portugal als auch den Papst, flüchtige Anführer der Comuneros an ihn auszuliefern – so lange, bis auch der Letzte von ihnen im Exil gestorben war. Als er 1532 erfuhr, dass seine Regentschaftsregierung das gegen einen exceptuado verhängte Verbannungsurteil widerrufen hatte, ordnete Karl an, dass »in Zukunft kein Comunero begnadigt werden darf, ohne mich zuvor persönlich zu konsultieren«. Vier Jahre später befahl er die Festnahme eines Boten, der Spanien in portugiesischem Auftrag durchquerte, »weil er früher einmal ein Comunero gewesen war«. Noch 1552, als er unter so großer Geldnot litt, dass er nach langem Zögern sogar bereit war, die Ritterwürde des Königreichs Kastilien gegen klingende Münze feilzubieten, legte Karl ausdrücklich fest, dass eine solche Würde »keinesfalls an einen Sohn oder Enkelsohn irgendeines Comuneros gegeben werden darf«.33 Eine derartige Rachsucht erwies sich jedoch als kontraproduktiv. Als »einige der Priester, die die Comuneros unterstützt hatten«, im Juni 1522 bei Hadrian VI. vorsprachen, um »Gerechtigkeit zu fordern«, zögerte der neue Papst, weil er fürchtete, dass sie, sollte er ihnen nicht Gehör schenken, »nach Frankreich gehen und unsere Feinde unterstützen werden«; aber Karl blieb unerbittlich und schuf sich damit – wie Hadrian vorhergesehen hatte – eine Heerschar von ebenfalls unerbittlichen Feinden im Ausland.34 Zu ihnen gehörte auch »ein gewisser Cárdenas«, der 1542 die aufständischen Kolonisten in Chile anführen sollte und »sich seiner Majestät bereits früher zur Zeit der Comuneros widersetzt hatte und danach mit Rincón« – demselben Antonio Rincón, der »einer von den Comuneros aus Medina del Campo« gewesen war, bevor er in französische Dienste trat und zu einem zuverlässigen Mittelsmann zwischen König Franz und seinen antihabsburgischen Verbündeten wurde. Cárdenas, Rincón und die anderen teilten das Schicksal der zahlreichen italienischen Exilanten, die aus ihrer Heimat flohen, als die kaiserlichen Truppen und ihre Verbündeten Stadt um Stadt aus der Hand der Franzosen und deren Verbündeter entrissen. Wie Franz I. einmal bemerkte, konnte der osmanische Sultan »die vielen Exilanten aus dem Königreich Neapel, die vom Krieg gezwungen wurden, Heimat, Hab und Gut

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zurückzulassen«, nur zu gut gebrauchen. Karl konnte sich nur glücklich schätzen, dass auch Franz ein Meister darin war, sich einflussreiche Untertanen zu erbitterten Feinden zu machen.35

Das »Große Vorhaben« Im Sommer 1522 gingen am spanischen Hof geheime Berichte ein, denen zufolge Herzog Charles III. de Bourbon, der Connétable von Frankreich, eine Rebellion gegen seinen König vorbereitete. Auf den ersten Blick schien diese Nachricht zu schön, um wahr zu sein. Der Herzog von Bourbon war ein »Prinz von Geblüt«, Neffe Ludwigs  XII. sowie Cousin Franz’ I., für den er bei Marignano die Vorhut kommandiert hatte und auf dem »Feld des goldenen Tuches« im Turnierkampf angetreten war. Ende 1521 noch hatte der Herzog im Namen des Königs Hesdin erobert – einer der wenigen französischen Erfolge jenes Jahres –, aber schon wenige Monate später sollte der Tod seiner Gemahlin Suzanne, die der älteren Linie des Hauses Bourbon entstammte, alles verändern. Sobald sie vom Tod Suzannes erfahren hatte, reichte Luise von Savoyen, die Mutter des Königs, beim Parlement von Paris, dem obersten Gericht des Königreiches, ihren Anspruch ein: Sie sei es nun, der das bourbonische Erbe mit dem größten Recht zustehe. Franz seinerseits vertrat die Auffassung, dass der gesamte Besitz der Bourbonen – als ein Lehen der französischen Könige an ihre Gefolgsleute – nun an die Krone »heimgefallen« sei. Vielleicht griffen der König und seine Mutter zu derart verzweifelten Mitteln, weil sie beide so gut wie bankrott waren. Franz hatte für seine Krönungsfeierlichkeiten, den Marignano-Feldzug sowie für das Spektakel auf dem Camp du Drap d’Or Unsummen ausgegeben; der ein ganzes Jahr andauernde Mehrfrontenkrieg, der darauf folgte, war ebenfalls nicht billig gewesen. Infolgedessen hatte der König Schulden angehäuft, die seine Jahreseinkünfte weit überstiegen. Dennoch: Franz’ Versuch, sich nun den Besitz seines mächtigsten Gefolgsmannes und wichtigsten Heerführers unter den Nagel zu reißen – in Kriegszeiten zumal –, war ein äußerst leichtsinniger Schritt. Der Herzog, der sich um das Erbe seiner verstorbenen Frau betrogen sah, wandte sich umgehend mit einem Hilfegesuch an den Kaiser. Im August 1522 schickte Karl einen Sondergesandten, der »mit dem Herzog von Bourbon sprechen und das Vorhaben zur Reife bringen soll, das dieser begonnen hat«.36 Der Herzog schlug vor, »das Bündnis mit dem Kaiser durch [dessen] Heirat mit einer seiner Schwestern zu besiegeln«. Er nahm auch direkten Kontakt mit König Heinrich VIII. auf und bot diesem an, »sich dem König und dem Kaiser mit seiner eigenen Macht und Stärke anzuschließen, sobald diese zu einem Feldzug nach Frankreich kämen«.

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Die Bündnispartner einigten sich schließlich darauf, ihr »Großes Vorhaben« – die Invasion Frankreichs – bereits 1523 stattfinden zu lassen (ein Jahr früher als ursprünglich geplant) und mit einem zusätzlichen Beteiligten: Während Heinrich von Calais aus angreifen wollte und Karl aus dem Süden nach Frankreich hinein vorstoßen würde, sollte der Herzog von Bourbon auf seinen im Herzen des Landes gelegenen Besitzungen 500 Reiter und 10 000 Fußsoldaten aufstellen und geradewegs nach Paris marschieren.37 Zur Finanzierung dieser Initiative berief Karl die Cortes von Kastilien ein, deren Sitzung im Juli 1523 mit einem prahlerischen Resümee Gattinaras über Karls Errungenschaften seit dem letzten Zusammentreten der Delegierten eröffnet wurde – schließlich sei »die Hand Gottes stets bei Eurer Majestät« gewesen (Gott kam in Gattinaras Ansprache nicht weniger als neunzehnmal vor). Eine gewisse Passage im Entwurf der Rede war offenbar auf Karls Veto hin entfallen: Darin hatte der Kanzler einräumen wollen, dass beim letzten Aufenthalt des Königs im Land Fehler gemacht worden waren. Die Schuld für die Unannehmlichkeiten hatte er »fremden Ministern, die nicht hier geboren sind« und die deshalb »die Gesetze, Verordnungen und die Gebräuche [Kastiliens] nicht kannten«, geben wollen. Da diese Entschuldigung unausgesprochen blieb, zeigten die Delegierten sich nur wenig begeistert. Zwar erkannten sie an, dass ihr König in einem ganz besonderen Verhältnis zu Gott stand – »das Wort aus dem Mund Eurer Majestät ist zugleich das Wort Gottes, der Euch an Seiner statt hier eingesetzt hat« –, aber sie riefen Karl doch auch in Erinnerung, dass bei dem letzten Zusammentreten der Cortes »die Delegierten nicht so angehört wurden, wie sie es gewünscht hatten«, und verlangten, dass der König diesmal zuerst ihre Beschwerden anhören und ihnen Abhilfe schaffen sollte, bevor sie ihm weitere Gelder bewilligten. Dem offiziellen Sitzungsprotokoll zufolge antwortete Karl darauf sogleich und in fließendem Kastilisch: »Was scheint euch besser: dass ihr mir dieses Geld nun gleich bewilligt (da ich euch schon gestern versprochen habe und heute gleich noch einmal verspreche, dass ich die Cortes nicht auflösen werde, bevor ich auf alles, was ihr von mir verlangt, gebührend eingegangen bin und entsprechend gehandelt habe) … sodass es aussehen wird, als ob sich meine Zugeständnisse und Belohnungen an euch allein meinem Wohlwollen verdanken? Oder hättet ihr es lieber, dass ich mich zuerst den Beschwerden zuwende, die ihr vorbringt, sodass alle sagen werden, ich hätte es nur getan, damit ihr mir das Geld bewilligt?«

Er erinnerte die Delegierten daran, dass »bislang noch immer zuerst die Subsidien bewilligt wurden«, und wollte gern wissen: »Warum zwingt ihr mir eine solch tief greifende Neuerung auf?« »Nichts bleibt ewig geheim«, fuhr er dann

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fort, »und wenn die Nachricht von diesem Vorgang anderen Herrschern zu Ohren kommt, osmanischen wie christlichen, so wird die Tatsache, dass ihr mich nicht behandelt wie die anderen Könige, meine Vorgänger, für mein Ansehen überaus nachteilig sein, und die Bösen werden frohlocken.«38 Nach einem ganzen Monat Streiterei konnte Karl sich schließlich durchsetzen: Die Cortes bewilligten ihm ein hübsches Sümmchen; im Gegenzug befasste der Kaiser sich mit mehr als einhundert unterschiedlichen Beschwerden und Forderungen: Er solle seinen Hofstaat mit Kastiliern besetzen, jede Woche eine öffentliche Audienz halten, alle Naturalisierungsbriefe an Fremde widerrufen (und keine neuen mehr gewähren) und ausschließlich »solche, die in diesem Königreich geboren sind«, auf jede Art von weltlichen, kirchlichen und diplomatischen Posten berufen. Außerdem versprach Karl, die Verteidigung des Königreiches sowie das Rechtswesen zu stärken, das Tragen von Waffen und Masken in der Öffentlichkeit zu untersagen (Letzteres eine Mode, die »erst jüngst in diesem Königreich aufgekommen« war) und fähige Gelehrte damit zu beauftragen, die Gesetze des Königreiches niederzuschreiben und seine Chronik zu vervollständigen. Nur sehr wenige der Beschwerden befassten sich mit handfesten politischen Fragen. Die Delegierten forderten, Karl solle seine Cousine, Isabella von Portugal, heiraten und Spanien zu seinem ständigen Hauptsitz machen; auch dürfe er »keine Vereinbarung mit Portugal über den Gewürzhandel treffen, damit wir weder unseren Vorteil noch unseren Ruf verlieren (in Anbetracht der Kosten an Männern und Geld, die zur Entdeckung [der Molukken] nötig waren)«. Er sollte »mit christlichen Herrschern Frieden schließen, den Heiden aber den Krieg erklären« (wie es auch das Mantra Ferdinands von Aragón gewesen war). Schließlich verlangten sie von Karl, »dass Euer Majestät den Befehl gibt, die Subsidien, die wir bewilligen – zu einer Zeit, da das Königreich derart erschöpft, ja ruiniert ist –, für die Rückeroberung von Fuenterrabía einzusetzen«.39 Bedenkt man, dass seit der Niederschlagung des Comuneros-Aufstands kaum ein Jahr ins Land gegangen war, schien die relative Zurückhaltung der Cortes bei der Formulierung ihrer Beschwerden für eine weitgehende Versöhnung der Kastilier mit ihrem König zu sprechen. Manche von Karls Untertanen waren indes noch immer verärgert. Im März 1523 bemerkten die englischen Gesandten am kastilischen Hof »keine sehr große Zuneigung zwischen den Edelleuten aus Spanien und denen aus Flandern«, während vier Monate darauf Salinas berichtete, mehr als tausend Soldaten seien durch die Straßen von Valladolid gezogen und hätten dabei gebrüllt: »Lang lebe der König, aber Tod den Flamen!« Dabei habe es mehrere Tote gegeben. Im August äußerte Salinas Beunruhigung darüber, »was man in den Straßen und von den Kanzeln hört« –, vielleicht weil er sich nur allzu gut an die Hetzpredigten erinnern konnte, die während Karls vorherigem Besuch in der Stadt gehalten worden waren.40 All diesen Warn-

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signalen zum Trotz verließ Karl im Oktober erneut Kastilien, wobei er seine Schwester Eleonore zur Regentin während seiner Abwesenheit ernannte, und begab sich nach Navarra, um die Rückeroberung der Stadt Fuenterrabía von den Franzosen zu befehligen, ganz wie es die Cortes gefordert hatten. Obgleich der Kaiser dieses beschränkte Ziel schließlich erreichen sollte, hatte sein Erfolg doch fatale Auswirkungen auf das »Große Vorhaben« der Verbündeten gegen Franz I. Karl blieb auf spanischem Boden, während Heinrich (wie Wolsey schrieb) »ein mächtiges Heer [aufstellte] mit so groß gewachsenen, tüchtigen und auserwählten Soldaten, mit so erfahrenen und fähigen Hauptleuten, wie es aus diesem Königreich schon seit hundert Jahren nicht mehr ausgesandt wurde«. Dieses »mächtige Heer« rückte zügig vor und zwang unterwegs zahlreiche französische Städte zur Kapitulation, die daraufhin »Heinrich, dem König von Frankreich«, ihre Gefolgschaft schwören mussten, bis es schließlich im Oktober 1523 die Stadt Montdidier einnahm, die gerade einmal achtzig Kilometer von Paris entfernt liegt.41 Während sich in der französischen Hauptstadt schon Panik ausbreitete, schlugen die siegreichen Invasoren den Weg nach Osten ein, um sich dort mit den Truppen des Herzogs von Bourbon zu vereinigen – aber da war es schon zu spät: Franz hatte von dem Verrat des Herzogs Wind bekommen und war auf habsburgisches Territorium geflohen.

»Männer schlagen Schlachten, aber nur Gott gewährt Siege«42 Im November 1523 schlug Karl Heinrich vor, sie sollten doch »unsere Pläne für das ›Große Vorhaben‹ aufgeben« und stattdessen »meine Italienarmee einsetzen, um ersatzweise mit dieser in Frankreich einzufallen«; die Kosten hierfür sollten sich die beiden Monarchen teilen.43 Dieser dramatische Kurswechsel spiegelt nicht nur das Scheitern der Verschwörung wider, die der Herzog von Bourbon betrieben hatte, sondern auch Gattinaras feste Überzeugung, dass Mailand und Genua die eigentlichen Dreh- und Angelpunkte im Reich seines Herrn darstellten. Der Erhalt dieser beiden Territorien, ließ er Karl wissen, »darf unter keinen Umständen zu gering geschätzt werden, denn sie sind der Schlüssel zur Sicherung und Behauptung von Neapel und Sizilien. Zugleich sind sie das Mittel der Wahl, wenn Ihr die Venezianer und den ganzen Rest Italiens in Zucht und Gehorsam halten wollt, wodurch ihr wiederum ganz Deutschland und die Eidgenossen in Furcht halten werdet und mit ihnen tun könnt, was Euch beliebt. Auf einer solchen Grundlage werdet Ihr – aus eigenem Recht – stark genug sein, an allen Orten gegen die Türken und andere Heiden Krieg zu führen und ihnen Vernunft beizubringen.«44

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Nachdem er im Monat darauf vom Tod Papst Hadrians erfahren hatte, legte Gattinara Karl eine weitere umfassende Analyse seiner strategischen Ziele vor mitsamt Vorschlägen zu deren Erreichung. Zwei dieser Ziele, die der Kanzler unter den Überschriften »Reputation« und »Sicherung Italiens« behandelte, betrafen die Außenpolitik. Unter dem ersten Punkt betonte Gattinara noch einmal die Notwendigkeit, »Euren guten Ruf aufrechtzuerhalten, der für Euch die größte Wichtigkeit besitzt … sei es nun, um einen günstigen Friedensvertrag oder Waffenstillstand zu erreichen, oder sei es (falls jenes nicht möglich sein sollte), um den Krieg fortzuführen und schließlich zu beenden«. Zu diesem Zweck müsse Karl sich »die Gewogenheit des Königs von England erhalten«, und angesichts des kaiserlichen Versäumnisses, Heinrichs Feldzug angemessen zu unterstützen, »müssen wir uns nicht nur entschuldigen, sondern auch den entstandenen Schaden ersetzen … und so deutlich machen, dass unser damaliger Fehler nicht mit Absicht geschah«. Als Nächstes wandte Gattinara sich der »Sicherung Italiens« zu. Hierzu musste der Kaiser den neuen Papst  – in Spanien war noch nicht bekannt, wer dies sein würde – davon überzeugen, ein Verteidigungs- und Offensivbündnis zu unterzeichnen, ähnlich jenem, das er mit Hadrian geschlossen hatte. Außerdem sollte er, wie Gattinara ausführte, dem Mailänder Herzog Francesco Sforza Eleonores Tochter Maria zur Frau versprechen (womit die Aussichten des Herzogs auf einen Erben in die ferne Zukunft geschoben wurden, denn Maria war erst zwei Jahre alt) und den Herzog von Bourbon zu seinem persönlichen Stellvertreter und Befehlshaber in Oberitalien ernennen. Karl befahl den sechs ranghöchsten Ratgebern aus seinem Gefolge, jeweils ihre Meinung (parecer) zu Gattinaras Entwurf niederzulegen, und zwar in der Reihenfolge ihres Rangs.45 Da alle den Vorschlägen zustimmten, verließen im Dezember 1523 Boten den kaiserlichen Hof, deren Auftrag lautete, den neuen Papst, Clemens  VII., für Karl zu gewinnen. Clemens entstammte wie vor ihm bereits Leo X. der einflussreichen Familie der Medici. Außerdem trugen die Boten Anweisungen für den Herzog von Bourbon bei sich, der als Karls »erster Stellvertreter in Italien« und damit als eine Art »zweiter König« (alter rex), wie der Botschafter Contarini formulierte, amtierte. Karl glaubte, dass »die Franzosen guten Grund haben werden, die Anwesenheit von Monsieur de Bourbon [in Italien] zu beklagen, denn er wird ihnen – mit Gottes Hilfe – einen Dolch direkt an die Kehle drücken«.46 Die Initiative ging jetzt auf die kaiserlichen Heerführer in Italien über. Nachdem sie den Winter 1523/24 damit zugebracht hatten, die in der Lombardei noch verbliebenen französischen Garnisonen davonzujagen, bestimmten sie Charles de Lannoy, den Vizekönig von Neapel, zum »Protektor« dieser neu eroberten Gebiete. Er sollte in Oberitalien verbleiben, während Bourbon mit seinen Truppen in die Provence einfiel; eine erneute Invasion der Engländer im Nordwesten

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würde, wie der Herzog hoffte, Franz hinreichend ablenken. Er hoffte vergebens: Heinrichs vorheriger Frankreichfeldzug hatte ihn annähernd zwei Millionen Dukaten gekostet, jedoch keinerlei Gewinn eingebracht, und so sah der englische König keinen Grund, noch mehr Geld zu vergeuden. Dies erlaubte es Franz, seine gesamten Kräfte gegen den Herzog von Bourbon zu konzentrieren, und obwohl es dem kaiserlichen Heer gelang, Aix-en-Provence zu erobern und Marseille zu belagern, führte das Heranrücken zahlenmäßig weit überlegener französischer Kräfte zu einem schmachvollen Rückzug nach Italien – wo Bourbon und seine Leute feststellen mussten, dass Franz die Alpen auf einer anderen Route überquert hatte und vor ihnen in der Lombardei eingetroffen war, weshalb die Kaiserlichen in Pavia Zuflucht suchen mussten. Franz setzte ihnen nach und versuchte, die Stadt im Sturm zu erobern. Als dies misslang, richtete er sich für eine regelrechte Belagerung ein. Obgleich Franz’ Entscheidung, eine solche Festung im Winter zu belagern, leichtsinnig erscheinen mochte, schien die Zuversicht des Königs doch dadurch gerechtfertigt, dass zuerst der Papst, dann auch die Venezianer Karl im Stich gelassen hatten und stattdessen ein Bündnis mit ihm, Franz, eingegangen waren.47 Anfang 1525 folgte auch Heinrich VIII. ihrem Beispiel, ließ die Korrespondenz des kaiserlichen Gesandten in London beschlagnahmen (was einen krassen Verstoß gegen das diplomatische Protokoll bedeutete) und erklärte, er habe Besseres zu tun, als sein Geld einem Lügner (Karl), einer Hure (Margarete), einem Kind (Ferdinand) und einem Verräter (Bourbon) hinterherzuwerfen.48 Der Papst, die Venezianer und auch Heinrich sollten diese Neuausrichtung ihrer Bündnispolitik schon bald bereuen  – bot der Kaiser ihnen doch zwei entscheidende Vorteile: Erstens sorgten die Erfolge der Konquistadoren in Amerika dafür, dass immer mehr Edelmetall und andere Kostbarkeiten in das spanische Mutterland strömten. Im März 1524 vermerkte der venezianische Botschafter das Eintreffen von »60 000 Goldstücken, von denen ein jedes anderthalb Dukaten wert ist«. Im Januar 1525 folgten noch einmal »20 000 Goldstücke und 400  Mark [ca. 90  Kilogramm] Perlen«. All dies nutzte Karl als Sicherheit, um weitere Gelder nach Italien schicken zu können – oder wie der polnische Botschafter es formulierte: »Der Kaiser sendet alles Geld, das ihm in die Hände kommt, seinen Truppen und nimmt dafür zu Hause [in Spanien] Not und Elend in Kauf.« Davon abgesehen war, wie Gattinara bemerkte, Karls wichtigster Aktivposten in Italien »gleich nach Gott die Hilfe, die der Erzherzog Ferdinand genau zur richtigen Zeit gesandt hat, um das Heer unseres Cäsars zu verstärken«.49 Karl sah zudem ein, dass er in militärischer Hinsicht noch sehr unerfahren war, und ermunterte seine Generäle deshalb, selbst die Initiative zu ergreifen und jeden Vorteil auszunutzen, der sich ihnen bot, ohne zuvor noch nach genaueren Befehlen zu fragen. Entsprechend machten Karls

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Anweisungen an den Herzog von Bourbon im August 1524 einige allgemeine Vorgaben zur Durchführung des anstehenden Feldzuges, schlossen dann aber mit den folgenden Zeilen: »Da Ihr Euch an Ort und Stelle befindet und, wie Ihr wisst, mein vollkommenes Vertrauen genießt, ist es nicht nötig, dass ich Euch einen genauen Plan darüber vorlege, wie wir unsere gemeinsame Sache zum Erfolg bringen und unsere Reputation wahren.« Als Karl einige Monate später seinen Bruder ermahnte, »Euch mit ganzer Kraft und allem, was Ihr dazu tun könnt, für meine Sache einzusetzen«, fügte er in ähnlichem Tenor hinzu: »Da Ihr so weit von mir entfernt seid, werde ich Euch nicht sagen, was genau Ihr tun sollt oder wie Ihr dies alles vollbringen sollt, sondern überlasse es vielmehr Euch, zu entscheiden, was das Beste sein wird, je nachdem, welche Mittel Euch zur Verfügung stehen und welche Gelegenheiten sich bieten.«50 Dennoch hatte Karl mit hartnäckigen Zweifeln zu kämpfen. Dem englischen Botschafter Richard Sampson zufolge wurde er gegen Ende des Jahres 1524 »sehr matt und gar nicht mehr kriegslustig; seine Besserung liegt in Gottes Hand«. Der Kaiser empfand nun mit Blick auf seine gesamte Situation eine tiefe Verunsicherung. Anfang 1525 verfasste er eine düstere Denkschrift, die ihm helfen sollte, seine Gedanken zu ordnen. Wenn ein ehrenvoller Friede nicht zu erreichen sei, schrieb er da, »scheint Krieg die Lösung«; jedoch: »Wie könnten wir ihn führen? Mir fehlen zur Zeit die Mittel, um meine Soldaten zu bezahlen«, und »meine Freunde haben sich von mir abgewandt und mich im Stich gelassen, weil sie nicht wollen, dass ich mächtiger werde als sie«. Dann fuhr er fort: »Alle Vorgehensweisen haben Nachteile, und manche sind schlicht unmöglich; jedoch wollte ich meine Ansichten einmal vertraulich niederschreiben.« Dazu gehörte auch diese bemerkenswerte Selbstanalyse: »Da die Zeit verfliegt und wir alle sterben müssen, will ich nicht von dieser Welt scheiden, ohne etwas Denkwürdiges zu hinterlassen. Wer heute Zeit vergeudet, bekommt sie morgen nicht wieder, und bislang habe ich nichts vollbracht, was mir zur Ehre gereichte … Nichts soll mich davon abhalten, etwas Bedeutendes zu vollbringen.«51

Dabei plane er allerdings »auf keinen Fall, irgendein Risiko einzugehen – zumindest nicht ohne einen sehr guten Grund«. Franz sollte ihm jenen »sehr guten Grund« schon bald liefern. Der französische König erklärte hochmütig, er wolle dem Kaiser nicht nur das Herzogtum Mailand, sondern auch das Königreich Neapel entreißen, und entsandte ein mächtiges Expeditionsheer nach Unteritalien. Diese Teilung seiner Armee sollte das militärische Kräfteverhältnis in der Lombardei entscheidend verschieben: Bereits Ende Januar 1525 schien es einem englischen Gesandten im Gefolge des Herzogs von Bourbon,

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dass das kaiserliche Heer nun »in einer aussichtsreichen Position [sei], etwas Wirkungsvolles gegen ihre Feinde zu unternehmen«, weshalb »man hier stündlich mit dem Beginn der Schlacht rechnet«.52 In Rom bekannte der wichtigste Ratgeber des Papstes am 19. Februar, dass »Seine Heiligkeit sich Tag und Nacht besorgt zeigt« über die »Gefahren, die ein Krieg mit sich bringt«, und fürchte, dass »wegen der geringen Entfernung zwischen den beiden Heerlagern« Franz »womöglich alles riskieren und sein Glück in der Schlacht suchen wird«. Eine Woche später warnte Karls Botschafter seinen Herrn, dass »sich alles hier [in Rom] in einem so ungewissen und bedenklichen Zustand befindet«, dass »Euer Majestät sich darauf gefasst machen muss, eine Niederlage zu akzeptieren, wie Ihr es bei einem Sieg tun würdet«. Er konnte ja nicht ahnen, dass eine Schlacht, die gerade 500 Kilometer weiter nördlich geschlagen worden war, die gesamte militärische und strategische Lage von Grund auf verändert hatte.53 Obwohl Karl sich bemühte, alle verfügbaren Ressourcen in die Lombardei weiterzuleiten, war die Versorgung seiner dortigen Truppen alles andere als gesichert. »Die Verteidiger von Pavia wollten nicht länger leiden, und das ganze Heer stand kurz vor dem Verhungern. Die Spanier wurden langsam unverschämt, und die Deutschen fingen an, zu desertieren.« Deshalb trafen die kaiserlichen Heerführer die folgenreiche Entscheidung, mit allen Kräften einen Entsatzangriff gegen die französischen Belagerer zu unternehmen, obwohl diese weit in der Überzahl waren. »Wir sahen uns gezwungen, das kleinere Übel zu wählen«, erklärte Lannoy seinem Herrn kurz vor dem Angriff, »und beschlossen daher, uns ganz und gar unserem Gott, unserem Glück sowie dem Wagemut und der Courage unseres Heeres anzuvertrauen«, selbst wenn dadurch »einiges Risiko drohte. In drei oder vier Tagen wird entweder das Heer mit der Garnison von Pavia vereinigt sein oder ich werde tot sein. Ich hoffe jedoch, zu leben und zu siegen.«54 Am 24. Februar, dem Geburtstag des Kaisers, nutzen Karls Heerführer den Schutz der Dunkelheit, um spanische Scharfschützen in die französischen Belagerungswerke einzuschleusen, die den Überraschungsangriff im Morgengrauen unterstützen sollten. Franz hatte gerüchteweise gehört, dass seine Feinde in Bewegung seien, nahm jedoch an, es handele sich um einen Rückzug. Vielleicht stachelte ihn ja die Aussicht an, endlich den verhassten Herzog von Bourbon gefangen zu nehmen – jedenfalls befahl Franz seinen Leuten unklugerweise, die schützende Deckung ihrer Befestigungsanlagen zu verlassen und sich ihm und seiner schweren Reiterei, die er persönlich befehligte, zu einer Reihe von Attacken anzuschließen. Zunächst schienen die Ritter zu triumphieren, doch dann eröffneten die spanischen Scharfschützen aus ihren Verstecken heraus das Feuer und mähten die Franzosen der Reihe nach nieder. Dann unternahm die Garnison von Pavia einen Ausfall, durch den Franz von seiner Truppe abgeschnitten wurde. Eine

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Zeit lang hielt der König sich wacker und tötete sogar noch einige Angreifer, doch als sein Pferd tödlich getroffen wurde, »fiel er zu Boden. Einige Deutsche wollten ihn töten, aber der König rief in Todesangst aus, sie sollten ihn nicht töten, denn er sei der König von Frankreich.« Zwei Gefolgsleute Bourbons – Männer, die Franz erst kürzlich zu Verrätern erklärt hatte – trafen den König »im bloßen Hemd« an und konnten ihn überzeugen, sich zu ergeben. »Alles, was mir nun noch bleibt«, schrieb Franz an jenem Abend voller Sorge, »sind meine Ehre und mein Leben«55 (Abb. 14). Ein englischer Diplomat, der dabei gewesen war, bezeichnete Pavia als »den größten Triumph, den man seit vielen Jahren gesehen hat«, aber das war noch untertrieben: Seit der Schlacht von Agincourt im Jahr 1415 waren nicht mehr so viele französische Adlige an einem einzigen Tag gefallen. Unter den Gefangenen befand sich nicht nur Franz, sondern auch der König von Navarra, der den Krieg vier Jahre zuvor mit herbeigeführt hatte, dazu viele weitere Würdenträger. Wie der venezianische Botschafter in Rom mitteilte, »zitterte der Papst vor Angst und sagte, dass er selbst und die Signoria nun schnellstens mit dem Kaiser übereinkommen müssten«.56 Lope de Soria, ein altgedienter Diplomat, der aus Genua berichtete, pflichtete dem bei: »Lasst uns Gott ewig preisen und ihm ohne Ende danken, ihm und dem glorreichen Sankt Matthias, da Gott uns an seinem Festtag nicht nur die Geburt Seiner kaiserlichen Hoheit beschert, sondern uns an demselben Tag auch diesen wunderbaren Sieg gewährt hat, der Eurer Majestät größere Machtvollkommenheit gebracht hat, um die Angelegenheit der Christenheit ins Reine zu bringen und Recht und Gesetz für die ganze Welt niederzulegen (poner ley).«57

Das europäische Machtgefüge hatte sich entscheidend verschoben: Nicht mehr Franz, sondern Karl war nun der mächtigste Herrscher der christlichen Welt – und zugleich der am meisten gefürchtete.

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7 Ein ungenutzter Sieg (1525–1528) Wehe den Besiegten! »Gegen Mittag« des 10. März 1525 kam »ein Bote aus Italien, der durch Frankreich gereist war«, atemlos im Alcázar von Madrid an, wo Karl sich gerade aufhielt, »krank und missvergnügt, von seinen Pflichten schwer bedrückt«. Der Bote »wurde vor Seine Majestät gebracht, die sich gerade mit zweien oder dreien ihrer Ratgeber über die Lage in Italien unterhielt. Da sagte der Bote dem Kaiser: ›Sire, vor Pavia ist es zur Schlacht gekommen. Der König von Frankreich ist als Gefangener in Eurer Majestät Gewalt und sein gesamtes Heer wurde vernichtend geschlagen.‹ Kaum hatte [Karl] diese wenigen Worte gehört, da stand er wie versteinert und wiederholte: ›Der König von Frankreich ist mein Gefangener und wir haben die Schlacht gewonnen?‹ Dann zog er sich, ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen oder mehr erfahren zu wollen, allein in ein anderes Gemach zurück und fiel vor einem Bild der heiligen Jungfrau auf die Knie, das er am Kopfende seines Bettes aufbewahrte.«

Karl »verbrachte eine gute halbe Stunde derart zurückgezogen, lobte und pries Gott«, bevor er wieder zurückkam, um von dem Boten einen Brief entgegenzunehmen, den ihm Charles de Lannoy, der siegreiche Anführer der kaiserlichen Truppen, geschrieben hatte.1 Lannoy hatte Karl und vor ihm bereits Maximilian lange und treu gedient; deshalb konnte er es sich erlauben, in seinem Brief auch eine ernste Mahnung auszusprechen: »Sire, Ihr werdet Euch bestimmt noch an das erinnern, was Monsieur de Beersel [der Obersthofmeister aus Karls Kindertagen] zu sagen pflegte: dass nämlich Gott jedem Menschen einmal im Leben eine gute Ernte beschert (en leur vie ung bon aoust) und dass man, fährt man diese Ernte nicht rechtzeitig ein, Gefahr läuft, nie wieder solche Frucht zu sehen. Ich schreibe Euch dies nicht«, fuhr Lannoy fort, »weil ich glaube, dass Euer Majestät die Gelegenheit verstreichen ließe«, sondern vielmehr »weil Ihr, ganz egal, wie Ihr Euch entscheidet, nun rasch handeln müsst«.2 Die Nachricht von dem Sieg verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und die auswärtigen Botschafter strömten in das Schloss, wo der Kaiser sie huldvoll empfing, einen nach dem anderen, so lange, bis schließlich die Nacht hereinbrach. (Eine Ausnahme stellte der venezianische Botschafter Contarini dar: Da die Republik Venedig mittlerweile mit Frankreich verbündet war, bestrafte Karl den Botschafter für diesen Treuebruch, indem er ihn nicht seine Hand küssen ließ.) Die Anwesenden nahmen mit Bewunderung zur Kenntnis, dass »man an Seiner

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Majestät keinerlei Veränderung feststellen konnte, weder in seiner Miene noch in seinen Gesten, die allesamt ganz gewöhnlich blieben, obwohl dies doch ein so außergewöhnlicher Anlass zur Freude war«. Karl verbot denn auch »jegliche öffentlichen Jubelfeiern, nur eine Prozession ließ er zu, um Gott Lob und Dank zu sagen und für die Toten zu beten, da der Sieg ja gegen andere Christen errungen worden war«; und am Tag darauf »begab er sich, nachdem er die Beichte abgelegt und die heilige Kommunion empfangen hatte, in die Kirche Unserer Lieben Frau von Atocha, wo er verkündete, dass dieser Sieg von Gott gekommen sei, nicht von ihm selbst, damit jedermann noch geneigter wäre, dafür Dank zu sagen.« Gegenüber dem englischen Gesandten Richard Sampson äußerte der Kaiser, dass »er die Gnade, die Gott erwiesen hatte, für umso größer erachte, als sie nicht durch irgendein Verdienst seiner selbst erworben, sondern unmittelbar der göttlichen Güte entsprungen sei. Er schätze sie aus drei Gründen so hoch: erstens, weil ihm dadurch gewiss geworden sei, dass die Gnade Gottes auf ihm ruhe; zweitens, weil ihm nun die Möglichkeit gegeben sei, endlich sein beständiges Verlangen nach einer Befriedung der ganzen Christenheit unter Beweis zu stellen; und drittens, weil er nun seinen Feinden Gnade erweisen und jenen eine zweite Chance gewähren könne, die ihm Schaden zugefügt hatten, und weil er seine Freunde und Getreuen belohnen könne, die ihm gut gedient hatten.«

Sampson leitete diese Äußerung von Mäßigung und Bescheidenheit in einem langen Brief an Kardinal Wolsey weiter – zweifellos, um in Erfahrung zu bringen, ob sein Herr und Meister bei seiner kürzlich getroffenen Entscheidung bleiben wollte, sich vom Kaiser abzuwenden und stattdessen ein Bündnis mit Frankreich zu schließen. Hoffnungsfroh fügte er die Worte Karls hinzu, dass »dieser Sieg eher seinen Freunden zum Vorteil gereichen solle als ihm selbst … Und mit demütigen Worten dankte er Gott und sagte, er bete täglich darum, dass Gott ihm die nötige Gnade gewähren möge, um gut zu regieren und seinen bestehenden Besitz wohl zu verwalten. Und was seine Feinde betreffe, so sollten diese deutlich sehen, dass … ihm daran gelegen sei, sich derart maßvoll zu betragen, dass auch nicht die geringste Absicht zur Grausamkeit, nicht das leiseste Sinnen auf Rache bei ihm gefunden werden könne.«3

Diese Demut war reine Maskerade. Niemals vergaß oder vergab Karl eine erlittene Schmach, wie Jean Glapion ja schon festgestellt hatte; und was das »Sinnen auf Rache« betraf, so hatte der Kaiser bereits detaillierte Pläne geschmiedet. Bereits nach den ersten militärischen Erfolgen des Jahres 1521 hatte Karl seine

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Diplomaten angewiesen, gleich zu Beginn von Gesprächen mit der französischen Seite »die Einzelheiten unserer Ansprüche aufzuführen, die sich aus allen alten Streitigkeiten im Reich ergeben, und dazu auch jene, die Kastilien, Aragón, Navarra, Sizilien und Burgund betreffen« – mit anderen Worten wollte der Kaiser also sämtliche Territorien wieder unter seine Herrschaft bringen, über die einst seine Vorfahren geherrscht hatten.4 Diese Ziele hatten sich nicht geändert. Im Februar 1525, als Karl gerade erfahren hatte, dass der Papst und die Venezianer sich mit dem französischen König gegen ihn verbündet hatten, beschied er einigen Höflingen: »Ich rechne mit Hiobsbotschaften aus Mailand und Neapel, aber es schert mich nicht im Geringsten. Ich werde nach Italien ziehen, und dort werde ich bessere Gelegenheit haben, mein Eigen zu verteidigen und an denen Rache zu nehmen, die sich mir in den Weg gestellt haben – vor allem an diesem Schuft (villaco), dem Papst. Wer weiß, vielleicht wird sich eines Tages herausstellen, dass Martin Luther doch das Richtige getan hat.«

»Das waren bemerkenswerte Worte«, hielt ein Botschafter fest, »denn sie kamen aus dem Mund des Kaisers, dessen Rede üblicherweise sehr zurückhaltend ist«.5 Eine ähnlich unbeherrschte Bemerkung machte Karl gegenüber seinem eigenen Botschafter beim Heiligen Stuhl, dem Herzog von Sessa. Diesem erklärte er, dass trotz der Entscheidung der Venezianer und des Papstes, sich mit Frankreich zu verbünden, »wir die nötige Unterstützung für unsere Truppen weder jetzt vernachlässigen noch je vernachlässigen werden, und mit Gottes Hilfe werden wir, um dieses Vorhaben endlich zu einem guten Ende zu bringen, die Mittel und Ressourcen aller unserer Königreiche und Territorien darauf verwenden, ja wir werden sogar die Sicherheit unserer eigenen Person nicht schonen, wenn es nötig ist, sodass die Franzosen zwar versuchen werden, uns mit ihren üblichen Listen in die Irre zu führen; unsere Freunde und Verbündeten jedoch werden feststellen, dass unsere Stärke keineswegs geschmälert sein wird. Nein, im Gegenteil: Wir werden ein harter Gegner sein, ganz wie zuvor.«

Dann versicherte er noch einmal – zweifellos, um den Papst ein wenig einzuschüchtern –, dass »angesichts der Manier, in der Seine Heiligkeit uns behandelt, nun nicht der Zeitpunkt ist, sich mit der Lutherfrage auseinanderzusetzen«.6 Die Siegesnachricht aus Pavia stärkte Karls Selbstbewusstsein in hohem Maße. In den ersten Briefen, die er unmittelbar darauf an seine führenden Minister richtete, um ihnen die frohe Kunde mitzuteilen, führte er den Sieg noch ganz

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auf das Walten der göttlichen Vorsehung zurück – aber bald bemerkte er, dass dieser Sieg ja zugleich an seinem eigenen Geburtstag errungen worden war, als ob auch dies ein Werk der Vorsehung gewesen wäre. In einer offiziellen Darstellung der Geschehnisse, die Gattinaras Sekretär Alfonso de Valdés verfasste und die auf Anweisung von Karls Kronrat gedruckt wurde, heißt es, der Ausgang der Schlacht bei Pavia – geschlagen zu einem Zeitpunkt, als »all die Freunde und Verbündeten, auf die [Karl] sich immer verlassen hatte, untätig blieben, ja einige sich sogar gegen ihn stellten« – zeige ganz deutlich, dass Gott »ihm den Sieg verliehen hat, wie er es mit Gideon in seinem Kampf gegen die Midianiter tat«. Insbesondere, schrieb Valdés voller Begeisterung, »hat Gott dem Kaiser diesen Sieg auf wundersame Weise gewährt, nicht nur, damit dieser die Christenheit verteidigen und sich der Türkenmacht entgegenstellen könne«, sondern auch, »damit er nach dem Ende dieser Bürgerkriege (und so sollten wir sie nennen, da sie ja unter Christen wüten) … die Türken und Muselmanen in ihren eigenen Ländern aufsuche und – indem er unseren heiligen katholischen Glauben verherrlicht, wie es schon seine Vorfahren taten – das Reich von Konstantinopel und die Heilige Stadt Jerusalem zurückerobere, die unserer Sünden wegen besetzt sind, auf dass (wie viele schon geweissagt haben) unter diesem allerchristlichsten Herrscher jedermann unseren heiligen katholischen Glauben annehme und die Worte unseres Erlösers erfüllt werden mögen: ›Nur eine Herde und einen Hirten soll es geben!‹ [vgl. Joh 10,16]«7

Um die »Bürgerkriege« zu beenden und damit den Auftakt zu jenen anderen hochgesteckten Zielen zu geben, sahen Karls Minister zwei Optionen: Entweder konnte der Kaiser in Absprache mit Heinrich VIII. die Eroberung und Aufteilung Frankreichs in Angriff nehmen, so wie sie es in ihrem »Großen Vorhaben« anvisiert hatten, oder er konnte Franz im Alleingang dazu zwingen, seine Freiheit mit erheblichen territorialen Zugeständnissen zu erkaufen. Der Herzog von Bourbon favorisierte die erste Option und versprach Heinrich, dass er ihm »die Krone von Frankreich auf das Haupt setzen werde, und zwar schon bald; und dass inzwischen schon mit 100 000 Kronen mehr zu deren Erlangung getan werden könne, als zuvor mit 500 000 Kronen möglich gewesen wäre, weil eben der König [Franz] und die meisten seiner adligen Gefolgsleute und Heerführer entweder gefangen oder gefallen waren«.8 Andere sprachen sich für die zweite Option aus. Als er von dem überraschenden Sieg bei Pavia erfahren hatte, mahnte Karls Botschafter in Rom seinen Herrn (ganz ähnlich, wie es auch Lannoy getan hatte): »Ihr habt nun keine Zeit zu verlieren: Ordnet alles Nötige an«, um den Franzosen größere Zugeständnisse abzuzwingen. Ferdinand pflichtete bei: Sein Bruder solle »sein Glück nun nutzen und sicherstellen, dass weder der

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jetzige König von Frankreich noch seine Nachfolger jemals die Stärke haben werden, Euch oder Euren Nachfolgern gefährlich zu werden«. Insbesondere solle Karl »das Schicksal des Hannibal vermeiden, das jener erlitt, nachdem er die Römer bei Cannae vernichtend geschlagen hatte«, – und die beste Art, dies zu tun, fuhr Ferdinand fort, war es, dem König von Frankreich »einige Federn aus seinen Schwingen zu rupfen, sodass er nicht mehr fliegen kann, wie sehr er sich auch anstrengt, und dann können der Kaiser und seine Nachfolger sicher sein, sich eines ewigen Friedens zu erfreuen«.9 Gattinara stimmte zu und berief sich dabei auf denselben antiken Präzedenzfall, wie Ferdinand es getan hatte: »Man wird von Euch sagen, was man über Hannibal gesagt hat: Ihr wisst Schlachten zu gewinnen, aber Ihr wisst Eure Siege nicht auszunutzen.«10 Deshalb unterbreitete der Kanzler Karl und seinem Rat zwanzig konkrete Vorschläge dazu, wie man dem gallischen Hahn »einige Federn aus seinen Schwingen rupfen« konnte. Zunächst sei es absolut notwendig, Franz weiterhin gefangen zu halten, »bis wir einen dauerhaften Frieden vereinbart und vollzogen haben mit dem Rat und der Zustimmung aller Stände, Gerichtshöfe und sonstigen Autoritäten Frankreichs«. Mit Franz selbst sollte Karl gar nicht verhandeln, sondern mit dessen Mutter, der Regentin Luise von Savoyen, weil »es viel besser, ehrenhafter und auch sicherer ist, mit freien Menschen zu verhandeln als mit Gefangenen«. Diese müsse im Namen ihres Sohnes unverzüglich alle Ansprüche auf das Artois, Burgund, Flandern, das Herzogtum Mailand und das Königreich Neapel aufgeben und Karl alles zurückgeben, »was dem verstorbenen Herzog Karl [dem Kühnen] durch die Verträge von Arras, Conflans und Péronne zuteilgeworden«, jedoch später von Frankreich annektiert worden war (die besagten Verträge waren 1435, 1465 und 1468 geschlossen worden). Sie dürfe zudem den Herzog von Geldern sowie Robert de La Marck und alle anderen, die Karl angegriffen hatten, nicht weiter zu schützen versuchen und müsse »Monsieur de Bourbon wieder in sein Recht setzen und begnadigen und ihm die Provence geben, da sie ein Reichslehen ist«. Auch die Unterstützer des Herzogs, die ins Exil gegangen waren, sollten rehabilitiert werden. Weiter schlug Gattinara noch vor, der Papst solle »dazu gebracht werden, ein allgemeines Konzil einzuberufen«, um die Kirche zu reformieren. Außerdem hätten er und alle anderen, die sich jüngst gegen Karl gewandt hatten (insbesondere die Republik Venedig) einen Beitrag zum Unterhalt von Karls Italienarmee zu leisten.11 Der Kaiser erteilte diesen umfangreichen Forderungen seinen Segen, und Ende März machten seine Boten sich auf den Weg, um sie Luise von Savoy­en zu überbringen. »Ihr müsst uns unverzüglich von ihrer Reaktion auf all diese Punkte in Kenntnis setzen«, beharrte er, »damit wir bald wissen, ob es Frieden geben wird oder ob wir einen anderen Weg einschlagen müssen, um unser rechtmäßiges Eigen zurückzugewinnen«. In einem Brief an Lannoy legte der

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Kaiser dar, was genau er sich unter diesem »anderen Weg« vorstellte. Zunächst versicherte er dem Vizekönig, dass »wir nicht die Absicht haben, unsere Truppen an irgendeinem der Kriegsschauplätze nach Hause zu schicken, damit wir, sollten wir durch Milde (doulceur) keinen Frieden erlangen können, umso bereiter sein werden, ihn mit Gewalt anzustreben und auch zu gewinnen«. Falls die Franzosen seine Bedingungen ablehnten »oder versuchen sollten, unsere Zeit zu verschwenden mit Verzögerungen und schönen Worten«, dann werde er selbst ein Heer in das Languedoc führen, während Lannoy und der Herzog von Bourbon entweder in die Dauphiné oder die Provence einfallen sollten. In Avignon würden sie ihre Kräfte dann vereinen. Zwar meinte Karl, im Moment sei »noch nicht die Zeit, mit Härte vorzugehen, um den Papst und die Venezianer nicht zu verprellen und mit ihnen fast den ganzen Rest Italiens«, jedoch hätten die Herrscher Italiens »ihre Feindseligkeit uns gegenüber deutlich erkennen lassen«, weshalb sie natürlich Strafe verdienten. Der Vizekönig müsse daher so handeln, »wie es Euch am besten erscheint, entweder indem Ihr Milde walten lasst oder indem Ihr Euch verstellt und abwartet, bis eine Lösung sich deutlicher abzeichnet«.12 Darüber hinaus sah der Kaiser »nichts Weiteres, das unternommen werden könnte – abgesehen von einem Angriff auf die Heiden, der mir schon lange vorschwebt und ganz besonders jetzt«, und so bat er Lannoy inständig: »Helft mir, diese Dinge zufriedenstellend zu regeln, damit ich Gott einen Dienst erweisen kann, solange ich noch jung bin.«13

Die Initiative geht verloren Damit hatte Karl die erste in einer ganzen Reihe von katastrophalen Fehleinschätzungen begangen. Der eigenhändige Brief, den er seinen Friedensforderungen an Luise von Savoyen beilegte, war nicht nur unangemessen, sondern geradezu unverschämt. Anstatt sie – wie in seinen früheren Briefen – als »Meine gute Frau Mutter« anzureden, richtete Karl seinen Brief an die »Frau Regentin« und beendete ihn mit der eher kühl formulierten Hoffnung, dass »Ihr diese Forderungen, die nur recht und billig sind, nicht ablehnen werdet«. Luise antwortete im selben Tonfall. Sie teilte den Gesandten des Kaisers mit, dass sie dessen Forderungen für »maßlos übertrieben« hielt, und erklärte »mit hochmütigen Worten«, sie sei »bereit, das Reich zu verteidigen, selbst wenn der König gefangen ist«. Zwar zeigte Luise sich gewillt, über ein Lösegeld für ihren Sohn zu verhandeln, aber sie weigerte sich, »auch nur ein Fußbreit französischen Bodens« aufzugeben.14 Und noch einmal schätzte Karl die Dinge falsch ein, als er  – gegen Gattinaras ausdrücklichen Rat  – beschloss, nicht nur mit Luise, sondern auch mit Franz selbst in Verhandlungen zu treten. Dazu ließ er

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dem König eine Abschrift seiner Friedensforderungen übersenden und befahl Lannoy, seinen Gefangenen von der Lombardei nach Neapel zu überführen. Eine solche Chance ließ Franz nicht ungenutzt. Nachdem er »die Forderungen« gelesen hatte, »die Ihr zu stellen beliebt«, formulierte er eine Reihe von Gegenforderungen – natürlich alles »in der Hoffnung, Euch zufriedenzustellen« (und wohl auch, um dem drohenden Abtransport nach Neapel zu entgehen). Franz erklärte sich bereit, Karl alles zu gewähren, was dieser in Italien und den Niederlanden verlangte, sofern er dafür die Schwester des Kaisers, Eleonore, heiraten durfte (die zurzeit noch dem Herzog von Bourbon versprochen war) und ihr künftiger Sohn die Herzogtümer Burgund und Mailand als Apanage erhielte. Dem Herzog von Bourbon bot Franz zudem nicht nur eine vollständige Restitution, sondern auch die Hand seiner Cousine Renée an (mit der Karl einmal verlobt gewesen war). Diese Vorschläge beeindruckten Lannoy so sehr, dass er einen seiner direkten Untergebenen, Hugo de Moncada, beauftragte, sie dem Kaiser mündlich zu überbringen. Karl drängte er: »Zu Eurem eigenen Besten: Schließt keine Vereinbarung betreffend Italien, bevor Ihr nicht Don Hugo angehört habt!« – aber Moncada sollte den Hof erst am 6. Juni erreichen.15 Unter den englischen Diplomaten kam Freude auf, als sie von Franz’ Vorschlägen erfuhren. »Langsam rutscht dem französischen König das Herz in die Hose«, spotteten sie, und »für den Anfang macht er dem Kaiser ein recht ordentliches Angebot« – aber auch sie schätzten die Situation falsch ein. Die Verzögerung, die sich aus dem Warten auf Moncada ergab, sorgte dafür – und genau das hatte Franz beabsichtigt –, dass Karl die Zeit davonlief, um eine sofortige Invasion und Zerteilung Frankreichs zu arrangieren. Inzwischen überzeugte Franz, der »viel von seiner eigenen Beredsamkeit und Klugheit hielt und glaubte, mit seinen Worten den Kaiser umzustimmen«, in der Lombardei Lannoy davon, dass er bei einem persönlichen Treffen mit Karl imstande wäre, »die ganze Sache in zwei Worten zu regeln«.16 Also reisten der Vizekönig und sein illustrer Gefangener zwar nach Genua und gingen dort an Bord eines Schiffes, das sie auf Karls Geheiß nach Neapel bringen sollte; sobald sie jedoch auf See waren, wechselte die ganze Flotte abrupt ihr Ziel und nahm Kurs auf Spanien. Im August 1525 erreichte Franz Madrid. Die Nachricht von diesen Entwicklungen hatte gewaltige Konsequenzen. Antonio de Leyva, der nun als kaiserlicher Oberbefehlshaber in der Lombardei amtierte, warnte Karl, dass Lannoys »Abreise mit dem König ganz Italien in Aufruhr versetzt« habe. »Alle hier glauben«, fuhr er fort, »dass Euer Majestät mit dem König eine Vereinbarung treffen wird, die zu ihrer völligen Zerschlagung führen wird; und deshalb versuchen sie alle möglichen Verhandlungen und Initiativen, um sich nur mit Frankreich zu verbünden und Italien zu einen, um sich gegen die Größe Eurer Majestät zu stellen«. Karls Botschafter Sessa meldete

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aus Rom gleichfalls eine »große Angst« im Hinblick darauf, »was Eure Majestät womöglich mit dem König von Frankreich vereinbaren wird, weil sie fest davon ausgehen, dass eine solche Vereinbarung dazu dienen wird, ganz Italien zu unterjochen und denen die Macht zu entreißen, die sie jetzt innehaben, und sie so zu schwächen, dass sie nie wieder zu Kräften kommen werden«. Sessa zufolge hatte die Repub­lik Venedig bereits begonnen, eine feindliche Allianz italienischer Staaten zu schmieden, und er warnte, dass auch Papst Clemens sich diesem Bündnis anschließen und damit eine zweite Front in diesem Krieg eröffnen werde, wenn man ihn nicht umgehend beschwichtige.17 Karl erkannte nun, in welchem Dilemma er steckte: Die Franzosen würden Burgund nur aufgeben, »wenn wir mehr Druck ausüben«, jedoch fehlte, wie der Kaiser einsah, »das Geld, um dies zu erreichen«. Deshalb erklärte er: »Ich beabsichtige nicht, dieses Jahr noch Krieg zu führen, sondern stattdessen will ich mich auf meine Heirat konzentrieren und anschließend über das Meer nach Italien fahren« – um die dortige Ordnung wiederherzustellen, aber auch, um sich endlich zum Kaiser krönen zu lassen. Danach wollte Karl nach Deutschland reisen, »wo ich all meine Mittel darauf verwenden will, die lutherische Sekte auszumerzen«; anschließend wollte er sich mit den Türken auseinandersetzen.18 Um diese hochgesteckten Ziele erreichen zu können, war Karl jedoch zuerst auf einen Friedensschluss mit Frankreich angewiesen, weshalb er nun – doch noch – dem Rat seines Kanzlers folgte: Der Kaiser weigerte sich fortan, mit dem französischen König weiterzuverhandeln oder ihn auch nur in seiner Zelle zu besuchen – Franz wurde im Alcázar von Madrid unter entwürdigend strenger Bewachung gefangen gehalten (die ganze Nacht hindurch schauten immer wieder Wachen in der Zelle nach, ob Franz sich auch tatsächlich in seinem Bett befand). Karls Ratgeber diskutierten inzwischen darüber, welche Zugeständnisse sie vernünftigerweise fordern konnten. Lannoy, der zwar durch und durch von den Traditionen des burgundischen Hofes geprägt war, setzte dennoch die strategischen Bedürfnisse des Reiches an erste Stelle: Der Kaiser müsse sich Mailand und Genua sichern, weil diese Territorien entscheidende Verbindungsglieder zwischen seinen weit gestreuten Herrschaftsgebieten darstellten. Gattinara dagegen, obschon in Italien geboren und aufgewachsen, sah Burgund als den »Hauptgewinn«, und er durchforstete Chroniken und Archive auf der Suche nach Präzedenzfällen, welche die Rückgabe des Herzogtums rechtfertigen könnten. Karl selbst sollte schließlich die Vergangenheit der Gegenwart vorziehen, denn, wie er den englischen Gesandten an seinem Hof erklärte: Indem er von Franz die Rückgabe Burgunds verlangte, »fordere er nichts anderes als sein rechtmäßiges Erbe, das seine Vorfahren bis zum Tode Herzog Karls [des Kühnen 1477] besessen hätten, also bis vor wenig mehr als vierzig Jahren, und viele der damaligen Untertanen seien noch immer am Leben«. Die Eng-

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länder blieben jedoch skeptisch und hielten dagegen, dass es Franz zwar relativ leichtfallen dürfte, seinen erst kürzlich eroberten – und eigentlich ja auch schon wieder verlorenen – italienischen Besitz aufzugeben; im Gegensatz dazu werde er jedoch freiwillig »kein Fußbreit französischen Bodens« seinem Erzfeind überlassen.19 Anfangs bemühte Franz sich, jegliche Zugeständnisse zu vermeiden. Stattdessen versuchte er, Eleonore zu verführen. Zu diesem Zwecke schrieb er ihr einen Liebesbrief, wobei er fraglos das Vorgehen des Pfalzgrafen Friedrich acht Jahre zuvor im Gedächtnis hatte. Eleonore jedoch ließ ihn höflich, aber bestimmt wissen, dass sie in Heiratsfragen – wie auch in allem anderen – stets den Anweisungen ihres Bruders folge. Auch Bestechung setzte Franz ein, bis es »im Haushalt des Kaisers kaum jemanden gab, von den höchsten Herren bis hinunter zu den Kammerdienern, den der französische König nicht bestochen hat«. Mehrmals versuchte der Gefangene zu fliehen, einmal bizarrerweise sogar, indem er sich das Gesicht schwärzte und sich als der afrikanische Sklave ausgab, der in seiner Zelle das Feuer entzündete.20 Nachdem all dies fehlgeschlagen war, verlangte Franz nach einem Notar und gab die folgende geheime Erklärung ab, die er mit seiner Unterschrift bestätigte: Falls er »wegen seiner Gefangenschaft und langen Haftzeit gezwungen sein sollte, dem Kaiser die Besitzrechte an dem besagten Herzogtum Burgund – oder irgendwelche anderen Anrechte der französischen Krone – abzutreten, so sei und bleibe dies null und nichtig, da er zu diesem Schritt mit Gewalt gezwungen worden sei«.21 Kaum hatte er dies zu Protokoll gegeben, erkrankte der König schwer. Der Kaiser befand sich gerade bei Segovia auf der Jagd, als er einen eiligen Brief von Franz’ Ärzten erhielt, die drängten, dass, »wenn Euer Majestät ihn noch lebend antreffen will, er sich sehr beeilen« müsse. Unverzüglich ritt Karl in Richtung Madrid los, legte die rund fünfzig Kilometer in etwa zweieinhalb Stunden zurück (eine beachtliche reiterische Leistung) und eilte mit großen Schritten in die Kammer, in der Franz halb bewusstlos vor sich hin dämmerte. Der König »umfing ihn mit offenen Armen und so saßen sie wortlos für eine ganze Weile«. Schließlich sagte Karl zu Franz: »›Was ich am sehnlichsten wünsche, Herr, ist, dass Ihr gesund werdet, und wir werden uns darum kümmern; alles andere aber soll genau so geschehen, wie Ihr es wünscht.‹ Und der König antwortete: ›Nein: Ich stehe Euch zu Diensten.‹ Und dann fügte er noch hinzu: ›Was ich von Euch erbitte, Herr, ist, dass keine dritte Partei mehr zwischen uns tritt.‹« Die beiden Herrscher verbrachten etwa eine Stunde im vertraulichen Gespräch, indem sie sich bei den Händen hielten. Am Ende »sagte der König: ›Tod all denen, die jenen Streit zwischen uns getragen haben! Soll dies etwa der hässliche, geistlose Stotterer sein [von dem man mir erzählt hat]?« Und dann pries er die Klugheit und die Redegewandtheit des Kaisers.22

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Franz erwartete wohl, dass dieser Austausch von Nettigkeiten geradewegs zu direkten Verhandlungen mit Karl führen würde. Sobald er jedoch wieder genesen war, begannen die Verhandlungen durch Vermittlung einer »dritten Partei« von Neuem. Als Vorbedingung für Franz’ Freilassung verlangte der Kaiser nicht nur die »Restitution« Burgunds sowie die Gründung von vier Klöstern, um »für die Seele Herzog Johanns von Burgund zu beten, der von den Franzosen ermordet wurde, obwohl ihm freies Geleit versprochen war«, sondern auch das Versprechen, Franz werde »von all seinen Freunden und Verbündeten lassen und nur noch Bündnisse eingehen, die der Kaiser genehmigt hat. Von diesen Bedingungen abgesehen, sagen viele, der König müsse 4 Millionen in Gold zahlen und den Kaiser persönlich zu dessen Krönung begleiten; er müsse das Herzogtum Mailand dem Herzog von Bourbon überlassen, der dann nicht mehr der Krone Frankreich, sondern allein dem Kaiser Gefolgschaft schuldig sei; und er müsse den Dauphin so lange als Geisel in die Hand des Kaisers geben, bis er all seine gegebenen Versprechen erfüllt hat.«23

Karls panische Reaktion auf die Nachricht von Franz’ Erkrankung ließ aber dennoch eine entscheidende Schwachstelle erkennen, die der französische König in der Folge weidlich ausnutzte, um die an ihn gerichteten Forderungen zu reduzieren. Im November 1525 sandten die Ärzte, die Franz auch weiterhin betreuten, in aller Eile einen Kollegen zu Karl, der dem Kaiser mitteilte, Franz werde »wohl nicht mehr lange leben« – aber wie der scharfsinnige venezianische Gesandte Andrea Navagero (ganz richtig) vermutete, hatte dieses Mal »der König die Ärzte dazu gebracht, seinen Zustand viel schlimmer darzustellen, als er tatsächlich war, weil er den Kaiser dazu bringen wollte, schneller eine Vereinbarung zu treffen, indem er betonen ließ, dass er [Karl] alles verlieren würde, falls der König stürbe«.24 Schließlich beugte sich Franz den rigorosen Bedingungen, die man ihm stellte, einschließlich der Herausgabe Burgunds, aber nur unter zwei Bedingungen: Erstens verlangte er die sofortige Erlaubnis, nach Frankreich zurückkehren zu dürfen, da – wie er behauptete – nur seine persönliche Anwesenheit seine Untertanen dazu bringen konnte, die gefordeten Gebietsabtretungen zu akzeptieren; und zweitens bestand er darauf, Eleonore zur Frau zu nehmen. Anfänglich lehnte der Kaiser beide Bedingungen ab, indem er erklärte, seine Bevollmächtigten müssten zuerst Burgund in Besitz nehmen, bevor er Franz freilassen könne – und Eleonore habe er bereits dem Herzog von Burgund versprochen. Daraufhin wiederholte Franz in einer wahren Flut von eigenhändigen Briefen an den Kaiser seine Einwände, manchmal mit Sarkasmus (»einige dieser Bedingungen sind von der Art, wie sie zu Schreiberlingen und Geldverleihern

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passt, aber doch nicht zu Edelleuten«), manchmal auch mit Vorwürfen (»die schönen Worte, die Ihr während meiner Krankheit zu mir spracht, haben zu nichts geführt«). Er stellte Karl indes auch ein Ultimatum: »Wenn Ihr vorhabt, mich ewig gefangen zu halten, und wenn Ihr Unmögliches verlangt«, warnte Franz, »so will ich die Kerkerhaft gelassen ertragen, weil ich gewiss sein kann, dass Gott (der weiß, dass ich dies nicht verdient habe, denn ich bin ja ein rechtmäßiger Kriegsgefangener) mir die Kraft verleihen wird, auch dies geduldig durchzustehen.« Also unterzeichnete Franz offene Briefe, die zur Proklamation seines ältesten Sohnes zum König von Frankreich ermächtigten, und ließ Karl eine Liste mit den Namen von sechzig Bediensteten zukommen, die sein ständiges Gefolge bilden sollten, solange er sich noch in Haft befand.25 Eine derartige Entschlossenheit überzeugte den Kaiser, dass er Franz unverzüglich freilassen musste; als einzige Bedingung sollte dieser seine beiden älteren Söhne als Geiseln an Karl überstellen, bis Burgund tatsächlich in habsburgischer Hand war. Auch musste Karl feststellen, dass seine Schwester durchaus lieber Königin von Frankreich als Herzogin von Bourbon werden wollte – und das, obwohl »jedermann [wusste], dass der König von Frankreich sich eine Geschlechtskrankheit zugezogen hat«. Also nahm der Kaiser es auf sich, in einem unangenehmen persönlichen Gespräch den Herzog davon zu überzeugen, dass er von seinem Anspruch auf Eleonores Hand zurücktrat.26 Gattinara sprach sich vehement gegen alle diese Zugeständnisse aus, indem er seinen Herrn daran erinnerte, dass »die Könige von Frankreich dem Haus Burgund gegenüber noch niemals ihre Versprechen gehalten haben«. Er prophezeite, dass auch Franz »keines seiner Versprechen halten, sondern vielmehr behaupten werde, als Gefangener zu seinem Handeln gezwungen worden zu sein«. Auch wies der Kanzler darauf hin, dass Eleonore – da weder Karl noch Ferdinand bislang legitime Nachkommen gezeugt hatten – ihrer beider Erbin sei und Franz daher »wegen solch einer Frau« unter Umständen das gesamte Habsburgerreich erwerben könnte (ganz ähnlich, wie Karls Vater Philipp iure uxoris, nämlich durch den Anspruch seiner Ehefrau Johanna, zum König von Kastilien geworden war). Allerdings gelang es Gattinara nicht, Karl zu überzeugen, der stattdessen Lannoy ermächtigte, Franz einen feierlichen Eid abzunehmen, dass er gleich nach seiner Rückkehr nach Frankreich die Bedingungen erfüllen werde, die ihm der Kaiser auferlegt hatte. Der Kanzler seinerseits weigerte sich, die Anweisung seines Herrn auszuführen und die entsprechenden Dokumente aufzusetzen und zu siegeln, weil das angestrebte Abkommen, wie er sagte, »den völligen Ruin des Kaisers« bedeuten würde.27 Als Gattinara sich dem kaiserlichen Befehl widersetzte, wusste er nicht, dass Franz am 13. Januar 1526 wiederum einen Notar zu sich bestellt und eine weitere geheime »Protestation« abgegeben hatte des Inhalts, dass er keinerlei Zugeständ-

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nisse einhalten werde, die er unter Zwang gemacht habe und die der territorialen Unversehrtheit Frankreichs zuwiderliefen.28 Einige Stunden, nachdem er diese Erklärung abgegeben hatte, setzte er seine Unterschrift unter den Vertrag von Madrid, worin er alles zugestand, was Karl verlangt hatte: Franz sollte sämtliche Gebietsansprüche in Italien sowie alle strittigen Gebiete in den Niederlanden aufgeben; den Herzog von Bourbon und seine Gefolgsleute sollte er begnadigen und ihnen ihren Besitz zurückgeben (oder sie angemessen entschädigen); die französische Präsenz in Burgund sollte binnen sechs Monaten nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft enden; und obendrein sollte Franz ein Verteidigungs- und Offensivbündnis mit Karl schließen und sich ihm dann im Kampf gegen Türken und Lutheraner anschließen. Nachdem er den Vertrag »als Fürst und Allerchristlichster König« unterzeichnet hatte, gelobte Franz und »gab sein königliches Wort und Versprechen, dass er, sollte er sich nicht an die Bestimmungen des Vertrages halten, innerhalb von sechs Wochen nach Spanien zurückkehren und sich erneut in Gefangenschaft begeben werde«. Auch gab er Lannoy »bei seiner ritterlichen Ehre« sein persönliches Versprechen, dass er »eher sterben werde«, als irgendeine der gerade gemachten Zusagen nicht einzuhalten. Einige Tage darauf begab sich Lannoy als Stellvertreter Eleonores in Franz’ Schlafgemach und erklärte dort, sie und der König seien nun Mann und Frau.29 Daraufhin suchte Karl seinen neu gewonnenen Schwager auf und stellte ihm Eleonore vor. Er entsandte offizielle Vertreter, die Burgund für ihn in Besitz nehmen sollten. Und er beauftragte Lannoy damit, sicherzustellen, dass Franz Spanien erst verlassen durfte, wenn seine Söhne das Land als Geiseln betraten – und auf keinen Fall früher. Bis dahin musste der französische König weiter unter ständiger Bewachung bleiben. Einen einzigen kleinen Sieg vermochte Gattinara zu erringen: Karl entschied, dass Eleonore nicht mit Franz zusammenkommen durfte, bevor der König nicht öffentlich »bestätigt und geschworen« hatte, »dass er die Verträge und alle anderen zwischen ihm und mir getroffenen Vereinbarungen halten wird«.30 In der festen Überzeugung, nun habe er all seine Ziele erreicht, brach der Kaiser am 21. Februar 1526 in Richtung Süden auf, um seinerseits die Ehe zu schließen und zu vollziehen.

Die Hochzeit Karl war nun wirklich schon oft verlobt gewesen – zuletzt mit seiner Cousine Mary Tudor, die er hatte heiraten sollen, sobald sie zwölf Jahre alt wäre. Die englische Gesandtschaft, die nach Spanien geschickt worden war, um Glückwünsche zum Sieg von Pavia zu überbringen, brachte dem Kaiser auch einen Smaragdring mit, ein Geschenk der Prinzessin als »Unterpfand weiterer

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Nachricht davon  – wenn Gott in seiner Gnade sie endlich zusammenführen würde –, ob Seine Majestät sich genauso keusch und züchtig halte, wie sie selbst mit Gottes Gnade es beabsichtige« (vielleicht ein nicht gerade subtiler Seitenhieb auf den außerehelichen Nachwuchs, den der Kaiser bereits gezeugt hatte). Karl nahm den Ring »überaus dankbar an, steckte ihn an seinen kleinen Finger und erklärte, er wolle ihn um ihrer willen tragen«. Zugleich verlangte er freilich, dass Mary – die zu diesem Zeitpunkt erst neun Jahre alt war – unverzüglich zu ihm nach Spanien kommen solle. Seine Untertanen, erklärte er, wollten nicht, dass er »sein Reich verlasse, bevor er nicht seine Braut, die Frau Prinzessin, hier bei sich in Spanien hätte, damit ein Rat, den sie [dann] um sich haben würde, die Angelegenheiten des Königreiches lenken und einen solchen Aufruhr verhindern möge, wie er in der Zeit seiner vorherigen Abwesenheit ausgebrochen war« (gemeint ist der Comuneros-Aufstand). Die Gesandten erwiderten, dass Mary noch »in einem solch zarten Alter« sei, dass »es wohl zu ihrem großen Schaden ausgehen würde, wenn man sie über das Meer fahren ließe, vom ungünstigen Einfluss des heißen spanischen Klimas ganz abgesehen« – dies solle »der Kaiser doch bedenken, wie wir meinen, wenn er sich von ihr Leibesfrucht erwartet«. Karls Bruder Ferdinand stimmte dieser Einschätzung prinzipiell zu, zog jedoch andere Schlüsse daraus: »In Anbetracht des Alters Eurer Majestät und aller Eurer Verpflichtungen sowie des Alters der englischen Prinzessin und der Tatsache, dass wir nur zwei [Brüder] sind«, schrieb er an Karl, solle der Kaiser doch lieber ihrer beider Cousine, die Infantin Isabella von Portugal, heiraten, »damit Ihr mit Gottes Gnade Nachkommen zeugen werdet, welche die Frucht Eures Ehebundes sein werden« (ein weiterer wenig subtiler Verweis auf Karls illegitime Nachkommenschaft). Karl stimmte zu. »Sollte diese Heirat stattfinden«, grübelte er, »dann könnte ich die hiesigen Regierungsgeschäfte in der Hand der besagten Infantin zurücklassen« und würde noch dazu nicht nur deren stattliche Mitgift einstreichen, sondern auch noch die zusätzlichen Steuermittel, welche die Cortes von Kastilien ihm für den Fall einer »portugiesischen Heirat« in Aussicht gestellt hatten. Er stellte den Engländern daher ein Ultimatum: Sofern Mary Tudor nicht umgehend zu ihm nach Spanien käme und dabei nicht zumindest eine erste Rate der vereinbarten Mitgift mitbrächte, werde er die Verlobung auf der Stelle lösen.31 Karl wartete noch nicht einmal Heinrichs Antwort ab: Schon im Oktober 1525 konnten seine Emissäre den Heiratsvertrag mit der portugiesischen Krone in seine endgültige Form bringen. Nur der Papst zögerte noch, Karl den nötigen Dispens für die Heirat seiner Cousine zu erteilen, da er Heinrich nicht vor den Kopf stoßen wollte. Gegenüber seinem Botschafter in Rom klagte der Kaiser: »Obwohl wir vom Papst einen Generaldispens erhalten haben, der es uns erlaubt, jegliche Frau eines beliebigen Verwandtschaftsgrades (außer dem ersten)

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zu heiraten – und diesen Dispens haben wir sowohl mit Blick auf die englische Heirat als auch auf diese hier erlangt –, behaupten sie nun, dass dieser Generaldispens nicht ausreiche angesichts unserer mehrfachen Verwandtschaft mit der illustren Infantin.« Die notwendigen Dokumente gingen schließlich erst im Februar 1526 in Spanien ein, was Karl zum Einsatz hässlicher Winkelzüge brachte, um die Hochzeit möglichst lange aufzuschieben.32 Zuerst ließ er sich viel Zeit bei der Auswahl der Höflinge, die seine Braut an der portugiesischen Grenze in Empfang nehmen sollten; dann wies er sie an, Isabella nicht nach Madrid, sondern in das weit entfernte Sevilla zu bringen – und zwar so langsam wie möglich. Erst am 3. März 1526 zog Isabella, die auf ihrer langen Reise ein Medaillon mit der Aufschrift »Aut Caesar aut nullum« getragen hatte – den Kaiser wollte sie oder keinen, sollte das heißen –, endlich in Sevilla ein. Und selbst dann musste sie noch eine ganze Woche auf die Ankunft ihres künftigen Ehemannes warten.33 Schließlich traf auch der Kaiser zum ersten Mal in der geschäftigen Metropole im Süden seines Reiches ein, wobei ihn »zahllose Schaulustige in Empfang nahmen, die aus dem ganzen Umland nach Sevilla geströmt waren, um Seine Majestät zu sehen: Manche sagen, mehr als 100 000 Menschen hätten an jenem Tag seinen Weg gesäumt«. Noch im Reisehabit und vom Staub der Straße bedeckt, eilte Karl, sobald er im Innenhof des Alcázars von Sevilla vom Pferd gestiegen war, gleich in das Gemach, in dem Isabella ihn erwartete. Er machte eine Viertelstunde lang mit seiner Verlobten Konversation, legte dann festliche Kleidung an, ließ die Brautmesse halten und lud anschließend zum Tanz. Zu guter Letzt »entfernte das Brautpaar sich«, wie ein italienischer Zeuge unverblümt berichtete, »um beieinander zu schlafen«.34 Allerdings wurde das junge Eheglück von zwei dunklen Wolken überschattet. Am Tag nach der Hochzeit erhielt der Kaiser die Nachricht von der Folter und Erdrosselung des Bischofs von Zamora, der die Comuneros unterstützt hatte. Sofort gab Karl sein Vorhaben auf, die Karwoche wie gewohnt in einem nahe gelegenen Kloster zu verbringen. Außerdem bat er den Papst um Absolution und verwies dabei auf die schrecklichen Taten, die der Bischof »während des kürzlich geschehenen Aufruhrs in diesem Königreich begangen und angeordnet hatte«. Bis zum Eintreffen des päpstlichen Sündenerlasses »besuchte er keine Gottesdienste mehr, denn er betrachtete sich selbst als exkommuniziert«.35 Reue empfand der Kaiser jedoch keine. Francisco de Los Cobos, der die Anordnung zur Folter und Hinrichtung des Bischofs erteilt hatte, versicherte dem Alkalden Ronquillo (der beides vollstreckt hatte), dass »Seine Majestät sehr zufrieden ist mit dem, was Ihr getan habt, wie Ihr seinem Brief entnehmen werdet«, und fügte hinzu: »Uns geht es gut in dieser Karwoche«, obgleich »Seine Majestät und auch ich selbst an keiner Messe oder anderen Gottesdiensten teilnehmen«.36 Den zweiten Schatten warf der Tod von Karls Schwester Isabella, der Königin

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von Dänemark. Nach ihrer Hochzeit zehn Jahre zuvor, bei der er so übermütig getanzt hatte, war Karl seiner Schwester nie wieder persönlich begegnet. Nach Angaben des Nuntius Baldassare Castiglione jedoch  – dem Karl sich anvertraute, wie es scheint – »trauerte der Kaiser sehr um seine Schwester«, und nach »den Feierlichkeiten und Turnierspielen, die zu seiner Hochzeit bereits geplant waren«, hielt der gesamte Hof eine gewisse Trauerzeit ein.37 Das Kaiserpaar vergnügte sich dennoch. Eine Woche nach der Hochzeit vermerkten die portugiesischen Diplomaten, die Isabella nach Sevilla begleitet hatten, zufrieden, dass »sie jede Nacht in den Armen ihres Ehemannes schläft, und sie sind beide sehr verliebt und überglücklich … bis 10 oder 11 Uhr bleiben sie des Morgens im Bett«. Und wenn sie sich dann zeigten, »unterhalten sie sich ständig und scherzen miteinander, selbst wenn alle Welt zuschaut«. Einem Höfling gegenüber machte Karl die derbe Bemerkung: »Ich bin zu schwach, um selbst zu schreiben … [denn] ich bin noch immer frisch vermählt.« Einen Monat später klagte der Florentiner Botschafter, dass »Seine Majestät sich nicht mehr so fleißig um die Geschäfte bemüht wie früher, seitdem er seine Frau kennengelernt hat; tatsächlich arbeitet er am Morgen nun überhaupt nicht mehr«. Als Karls Gesundheit im September leicht angeschlagen schien, erklärte selbst der vornehme Castiglione dies damit, dass der Kaiser sich eben »zu sehr bemüht, ein guter Ehemann zu sein«.38 Als die Temperaturen in Sevilla in unerträgliche Höhen kletterten, brach das frisch vermählte Paar zu einer langsamen Reise über Carmona und Córdoba nach Granada auf, um ihren gemeinsamen Großeltern, den Katholischen Königen, ihre Aufwartung zu machen, die in der gerade erst fertiggestellten Hofkapelle der dortigen Kathedrale beigesetzt waren. Anschließend quartierten Karl und Isabella sich in der Alhambra ein, dem einstigen Palast der muslimischen Herrscher von Granada. Karl hatte nicht vor, lange zu bleiben – seinem Bruder versprach er, Ende Juni von Barcelona aus per Schiff nach Italien zu reisen, und schlug vor, dass sie sich in Mailand treffen sollten. Aber diese Absicht wurde durchkreuzt, als sich zeigte, dass Franz I. von Frankreich seine Versprechen nicht hielt. Die Freilassung des französischen Königs – im Gegenzug für die Geiselhaft seiner zwei älteren Söhne – war unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen am 17. März 1526 an der spanisch-französischen Grenze erfolgt. Noch kurz bevor er von dort aufbrach, hatte Franz Lannoy gegenüber sein Versprechen wiederholt, dass er Wort halten und den zuvor geschlossenen Vertrag schon in der ersten französischen Stadt in Kraft setzen werde, die am Wege lag. Als er jedoch später am selben Tag in Bayonne eintraf und der kaiserliche Botschafter in seinem Gefolge auf diese Ratifizierung pochte, erwiderte ihm der französische Kanzler, dass »der König so handeln wird, wie es Räson und Anstand von ihm fordern« – ein deutlich anderes Versprechen als das zuvor gegebene. Als Karls Botschafter

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es drei Tage später noch einmal versuchte, beschied man ihm, die Übergabe Burgunds an den Kaiser werde noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Karl selbst fand diese Antwort »überaus seltsam, sodass mich auch in anderer Hinsicht ein Verdacht überkommt«. Schlimmer noch: Sie »lässt uns und all unsere Geschäfte im Ungewissen«.39 Während der Kaiser also im Ungewissen schwebte, vertrieb er sich seine Zeit in Granada. Und das hieß – sofern er sich nicht gerade bei seiner Frau im Ehebett aufhielt –, dass er sich geduldig mit der großen Flut von Briefen auseinandersetzte, die aus allen Enden seines wachsenden Imperiums eintrafen (so versprach er etwa Erasmus, ihn gegen seine Kritiker zu beschützen: »Der Kaiser steht zu Euch als ein rundum gebildeter und wahrhaft frommer Mann, und er wird Eure Ehre und Reputation verteidigen wie seine eigene«).40 Außerdem unternahm Karl diverse Schritte, um die von den Katholischen Königen begonnene Christianisierung Granadas schneller voranzutreiben: Er gründete ein Seminar zur Ausbildung von Priestern für die Hofkapelle und ein anderes, an dem Logik, Philosophie, Theologie und Jurisprudenz gelehrt wurden, zur Ausbildung von Predigern – daraus sollte später die Universität Granada hervorgehen. Auch führte Karl den Vorsitz einer Kommission, die Anordnungen (Mandatos) zur Christianisierung der Morisken (der früheren Untertanen der muslimischen Herrscher und ihrer Nachkommen) erarbeiten sollte. Manche dieser Anordnungen untersagten islamische Glaubenspraktiken wie die Beschneidung der Knaben und das rituelle Schächten, andere verboten den Gebrauch der arabischen Sprache in Wort und Schrift oder das Tragen traditionell-islamischer Kleidung. Allerdings trat keine dieser Maßnahmen tatsächlich in Kraft, da der Kaiser beinahe sofort einer Aussetzung der Mandatos auf vierzig Jahre zustimmte – im Gegenzug erhielt er aus den Reihen der Morisken eine beträchtliche Summe zur Finanzierung seiner diversen Kriegsvorhaben. Während dieses Aufenthaltes in der Alhambra wurde Isabella mit ihrem ersten Kind schwanger, dem künftigen König Philipp II. Der englische Botschafter war im September 1526 der Erste, der diese frohe Kunde vermelden konnte: »Wir können nun offen und gewiss mitteilen, dass die Kaiserin ein Kind unter dem Herzen trägt, worüber der ganze Hof und auch das Volk nicht wenig erfreut sind.« Zwei Wochen später bestätigte auch sein polnischer Kollege die Nachricht: »Es heißt, es sei nun fast ein Monat, dass die Kaiserin empfangen hat und guter Hoffnung ist (welch frohes und glückliches Ereignis!), und aus diesem Grund verbringt sie nun die meiste Zeit im Bett.«41 Zugleich prophezeite er, der Kaiser werde seine geplante Italienreise nun wohl verschieben und seine schwangere Frau nicht allein zurücklassen, um Spanien während seiner Abwesenheit zu regieren, zumal die neuerliche französische Feindseligkeit eine solche Reise viel zu gefährlich erscheinen ließ.

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»Voller Schwermut und einsamer Grübelei« Vor seiner Abreise aus Sevilla berichtete der englische Botschafter noch, der Kaiser habe sich »nach seiner Hochzeit auf wundersame Weise verwandelt gezeigt. Er ist voller Schwermut und einsamer Grübelei, manchmal drei oder vier Stunden am Stück. Keine Freude empfindet er mehr und keinen Trost«. Auslöser für Karls tiefe Depression war die endgültige Gewissheit, dass Franz nicht nur den Vertrag von Madrid gebrochen hatte, sondern auch gar nicht daran dachte, sein Versprechen zu halten und sich erneut in Gefangenschaft zu begeben. Als Karls Botschafter am französischen Hof den König noch einmal aufforderte, seine Zugeständnisse zu ratifizieren, »die Ihr umzusetzen verprochen hattet, sobald Ihr wieder in Euerem R[eich] seid«, hatte Franz für ihn nur beißenden Spott übrig: Er werde die Dinge genau so handhaben, wie er es »in S[panien] vom Kaiser selbst gelernt hatte«: »Denn in jenem [Friedens]vertrag gab es keinen einzigen Passus, [den der Kaiser nicht] mit seinem Rat genauestens geprüft, besprochen und zu seinem größtmöglichen Vorteil gestaltet hat, während er [d. i. Franz] weder einen Rat an seiner Seite gehabt hatte noch in der Position gewesen war, die Bestimmungen des Vertrages anzufechten; deshalb wolle er nun bei der Bestätigung des Vertrags von seinem [eigenen] Rat ebenso Gebrauch machen, wie es der Kaiser bei dessen Entstehung getan hatte.«42

Einstweilen jedenfalls weigerte sich Franz, auch nur das geringste Stückchen Land an Karl abzutreten. Wie hatte Karl nur seine Chance versäumen können, eine solch »gute Ernte« einzufahren, wie sie einem für gewöhnlich nur einmal im Leben zuteilwird? Francesco Guicciardini, einer der Protagonisten im Ringen zwischen Kaiser und Papst, eröffnete das entsprechende Kapitel in seiner Storia d’Italia (»Geschichte Italiens«) mit genau dieser Frage. »Vielleicht war der Wunsch der Niederländer, ihr altes Erbe Burgund und den dazugehörigen Herzogstitel zurückzuerlangen, so stark, dass sie davon geblendet wurden und die Wahrheit nicht mehr sehen konnten«, spekulierte Guicciardini und fügte hinzu, dass »manche von ihnen angeblich von den Franzosen mit Versprechungen und Geschenken beeinflusst worden waren«. Am Ende traf jedoch Karl die verhängnisvolle Entscheidung selbst. Auch wenn Lannoy und die anderen Niederländer, mit denen er aufgewachsen war, auf den Kaiser zweifellos »großen Einfluss ausgeübt« hatten, war Guicciardini doch überzeugt: Burgund war »das, was er wirklich wollte«. Der venezianische Botschafter sah dies ähnlich: »Der Kaiser glaubte sich selbst mehr, als er irgendjemand anderem glaubte.«43 Bei oberflächlicher Betrachtung

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schien Selbsttäuschung die plausibelste Erklärung hierfür  – immerhin hoffte Karl, einst an der Seite seiner burgundischen Vorfahren in Dijon begraben zu werden, und er träumte davon, die vormals burgundischen Gebiete zurückzugewinnen, die nach dem Tod Herzog Karls des Kühnen an Frankreich gefallen waren. Dieser Erklärungsansatz würde jedoch die zahlreichen ausdrücklichen »Compliance-Versprechen« ignorieren, die Franz und seine Mutter gaben. So teilte Luise von Savoyen, sobald sie von dem Vertrag erfuhr, Karl mit: »Gleich morgen werde ich nach Bayonne aufbrechen und bin fest entschlossen, alles in die Tat umzusetzen, was Euch versprochen wurde.« Derweil versicherte Franz seinem »guten Bruder« Karl aus San Sebastián, wie begierig er darauf sei, nach Frankreich zurückzukehren, »damit ich das, was wir vereinbart haben, so schnell wie möglich verwirklichen kann«.44 Wir wissen heute, dass diese und noch einige andere, ähnliche – und allesamt eigenhändig verfasste – Briefe, die Luise und Franz an den Kaiser sandten, von vorn bis hinten erlogen waren. Karl aber kann man vielleicht entschuldigen, wenn er nicht damit rechnete, dass sein königlicher »Bruder« und seine Mutter, die ja nun sogar zur Familie gehörten, ihn auf derart schamlose, ausdauernde und dreiste Weise hintergehen würden. Nur wenige andere Zeitgenossen ließen sich täuschen. »Die ganze Christenheit war bass erstaunt angesichts dieses Vertrags«, schrieb Guicciardini, »weil die Freilassung des französischen Königs der Ausführung seiner Bestimmungen vorangehen sollte; und nach allgemeiner Ansicht würde sich dieser, nachdem er erst einmal frei war, ganz einfach weigern, Burgund herauszugeben.« Schon über einen Monat, bevor Franz den Vertrag unterzeichnete, meldete der Nuntius Castiglione von Karls Hof, dass »viele, auf deren Urteil man etwas gibt, nun sagen, der französische König werde noch keine sechs Monate aus der Haft entlassen sein, bevor er wiederum Krieg gegen den Kaiser führt, und zwar heftiger als je zuvor«. Und im April 1526 berichtete er, dass »fast jedermann damit rechnet, der französische König werde sich auf den Rechtsgrundsatz ›Non stant foedera facta metu‹ berufen [›Durch Furcht erpresste Verträge sind ungültig‹]«.45 In Rom ging der Papst ebenfalls davon aus, dass »König Franz von all den Dingen, die er mit dem Kaiser vereinbart hat, nur die halten wird, die vor seiner Freilassung geschehen müssen wie etwa die Übergabe seiner Söhne. Alles andere aber, was er tun soll, wird er bis nach seiner Freilassung aufschieben wie etwa seine Heirat mit Königin Eleonore und die Abtretung gewisser Teile Burgunds – und dann wird er sie schlicht nicht tun. Die einzige tatsächliche Auswirkung dieses Vertrages wird also sein, dass der Kaiser die Söhne in Gewahrsam hat und nicht ihren Vater.«

In London kam Kardinal Wolsey zu ähnlichen Schlüssen:

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»Was die Abtretung von Rechten der Krone betrifft, so liegt es überhaupt nicht in [Franz’] Macht, dies zu gewähren; und die anderen [Klauseln], die umzusetzen in seiner Macht stünde, sind derart folgenreich, dass er sie, einmal freigelassen, wohl kaum umzusetzen geneigt sein wird – damit meine ich vor allem die Aushändigung des Herzogtums Burgund … [Deshalb] kann ich einfach nicht glauben, dass der französische König wirklich vorhat, sich an dieselbigen wirklich zu halten, nachdem er wieder in Freiheit ist.«46

Wolsey war mit diesem Ergebnis durchaus zufrieden, trieb ihn doch die Sorge um, dass England allein das Gleichgewicht der Mächte im westlichen Europa nicht würde aufrechterhalten können, falls Franz dem Kaiser alles gab, was dieser verlangte. Luise von Savoyen gegenüber äußerte er seine Freude über »die Rettung des Königs, Eures Sohnes, aus den Gefahren und der grausamen Gefangenschaft, die er in Spanien erleiden musste«, und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, es möge »keine einzige Bestimmung des schändlichen und unvernünftigen Vertrages, den man Eurem Sohn gewaltsam abgepresst hat, umgesetzt werden«. Auch wies Wolsey darauf hin, dass Karl ja bereits über das römisch-deutsche Reich – und damit über »den größten Teil der Christenheit« –, die Niederlande, Unteritalien und Spanien herrsche und folglich »das Königreich Frankreich auf drei Seiten umzingelt sein und sozusagen inmitten der kaiserlichen Territorien liegen wird«. Wann immer also Karl oder einer seiner Nachfolger sich zu einem Angriff auf Frankreich entschließen sollte, wären die Franzosen »gezwungen, sich an den besagten drei Seiten zu verteidigen«. Diese Angst vor einer habsburgischen Umzingelung sollte die französische Außenpolitik für über ein Jahrhundert bestimmen. Um die Gefahr abzuwenden, empfahl Wolsey, Franz solle jegliche Gebietsabtretung verweigern und seine Söhne stattdessen »mit einer angemessenen Summe Geldes« freizukaufen suchen. Hierbei, versprach der Lordkanzler, werde die englische Krone als »eine treue Vermittlerin« auftreten.47 Noch eine ganze Weile vermochte Franz sein Täuschungsmanöver aufrechtzuerhalten. Er überflutete Karl auch weiterhin mit persönlichen Briefen, in denen er immer wieder beteuerte, zu gegebener Zeit werde er alle seine Versprechen einlösen; zugleich bemühte er sich aber um auswärtige Unterstützung – in materieller wie moralischer Hinsicht. Papst Clemens war einer der Ersten, die Franz’ Bitten nachkamen, indem er erklärte, der König sei »nicht allein seinem Gewissen nach von der Verpflichtung befreit, [dem Vertrag] zu entsprechen, weil er unter Zwang gehandelt hatte«. Schließlich sei »jedermann bekannt, dass Verpflichtungen, die man unter der Androhung von Gewalt eingeht, nicht bindend sind«.48 Als Lannoy und Moncada, zwei Männer, denen Franz einiges verdankte, ihn aufsuchten, um den König zur Einhaltung seiner Versprechen zu bewegen, empfing er sie mit aller Freundlichkeit. In der Sache bestand er aber darauf,

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dass »er nicht verpflichtet sei, irgendwelche angeblichen Versprechen zu halten, weil sie ihm unter Androhung einer ständigen Gefangenschaft abgepresst worden waren«. Selbst Lannoy musste jetzt einsehen, dass er hereingelegt worden war, und klagte Karl gegenüber: »Ich wünschte bei Gott, ich hätte mich niemals in diese Angelegenheit hineinziehen lassen.« Wie er hinzufügte, hatte er Franz mittlerweile im Verdacht, »nun ganz den Weg der Täuschung eingeschlagen [zu haben], um sich anderswo einen Vorteil zu sichern, so gut er kann«. Dieses Mal sollte Lannoy recht behalten: Noch während Franz seine vormaligen Kerkermeister am französischen Hof zu Gast hatte, schloss er ein Bündnis mit Venedig, dem Papst, Florenz und Francesco Sforza, den Karl vor Kurzem als Herzog von Mailand abgesetzt hatte. Heinrich VIII. erklärte sich bereit, dieser Allianz als »Protektor« zur Seite zu stehen.49 Die »Heilige Liga von Cognac« (wie die Unterzeichner ihren Zusammenschluss nannten) forderte Karl auf, die französischen Prinzen gegen ein angemessenes Lösegeld freizulassen, ferner allen italienischen Staaten und Fürstentümern die Rückkehr zu ihren Vorkriegsgrenzen zu erlauben, Sforza wieder als Herzog von Mailand einzusetzen, zu seiner Kaiserkrönung nur mit kleinem Geleit anzureisen (dessen Umfang die Venezianer und der Papst bestimmen sollten) und seine Schulden England gegenüber, die sich mittlerweile auf insgesamt 800 000 Dukaten beliefen, vollständig zu begleichen. Für den Fall, dass der Kaiser diesen Forderungen nicht nachkommen sollte, vereinbarten die Bündnispartner, dass sie gemeinsam für Truppen und Transportschiffe aufkommen wollten, um Mailand, Genua und Neapel einzunehmen.50 Am 23. Juni 1526 sandte Papst Clemens dem Kaiser einen scharf formulierten Brief, in dem er ihm sein Verhalten gegenüber den diversen Mitgliedern der Liga vorwarf: Karl war unrechtmäßigerweise in Frankreich eingefallen, hatte den französischen König in dessen Gefangenschaft gedemütigt, hatte Sforza abgesetzt, hatte auf dem Territorium des Kirchenstaates Güter geraubt und Besitz verwüstet. Dies alles habe ihn dazu bewegt, so Clemens, »ein Bündnis mit jenen zu schließen, denen der Frieden in Italien und der ganzen Christenheit am Herzen liegt«. Zum Schluss sprach der Papst noch eine kühne Drohung aus: »Wenn Ihr nun also in Frieden zu leben wünscht, so ist es gut; wenn aber nicht, so seid gewahr, dass ich sowohl Soldaten als auch Waffen besitze und nicht zögern werde, sie zum Schutz Italiens und Roms einzusetzen.« Wie der Botschafter Navagero nachdenklich meinte, war es »eine gewaltige Schicksalswende«, die sich hier abzeichnete. »Nach seiner Gefangenschaft, nachdem er so viele Männer verloren und so großen Schaden erlitten hat, ist der König von Frankreich nun ein freier Mann und sogar mächtiger als jemals zuvor. Es liegt in seiner Macht, sich selbst zu erhöhen und den Kaiser zu erniedrigen.«51

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Ein Kampf an zwei Fronten Hugo de Moncada, der vom französischen Hof nach Rom reiste, sobald das Scheitern seines Vorsprechens bei Franz klar zutage getreten war, bemerkte zu seiner großen Beunruhigung, dass sich in ganz Oberitalien eine gegen den Kaiser gerichtete Stimmung ausgebreitet hatte. »Zwischen Spießen und Arkebusen musste ich hindurch unter dem Ruf ›Tod allen Spaniern!‹«, berichtete Moncada dem Kaiser, und nach seiner Ankunft in Rom fand er den Botschafter Sessa »und seinen ganzen Haushalt in Waffen, weil der Papst Euer Majestät zu seinem Feind erklärt hat und schon beginnt, seine Truppen zu mobilisieren«. Gemeinsam bemühten sich Sessa und Moncada, den Papst davon zu überzeugen, dass die italienischen Bündnispartner der Liga von Cognac den Zorn des Kaisers letztlich allein auf sich ziehen würden, da weder Franz noch Heinrich in der Lage sein würden, die versprochene Unterstützung rechtzeitig nach Italien zu schicken. Damit riskierte Clemens, wie sie ihn eindringlich warnten, die »Zerstörung des Apostolischen Stuhls und Verwirrung der Christenheit«, denn die Anhänger des Kaisers »würden Seiner Heiligkeit den Krieg erklären, nicht nur mit Waffen, sondern auch durch alle anderen Mittel, die zu einer Reformation in der Kirche führen könnten«. Schamlos nutzten sie Clemens’ größte Angst aus: »Wir erinnerten ihn auch an die lutherische Häresie und an die Stimmen aus Deutschland, die ein allgemeines Konzil fordern.« Was die Vorstellung betraf, Karl seinerseits könnte durch Drohungen dazu gebracht werden, seine Forderungen abzuschwächen, so behaupteten die Gesandten, der Kaiser wolle lieber »all seine Territorien und Königreiche verlieren, eines nach dem anderen, und dabei das Blut seiner Untertanen und Verbündeten vergießen, als klein beizugeben«. Bei ihrer letzten, stürmischen Audienz beim Papst »verabschiedeten« sich die beiden spanischen Diplomaten »von Seiner Heiligkeit und baten ihn um Vergebung, falls wir zur Verteidigung des Besitzes Eurer Majestät Krieg gegen ihn führen sollten, aber wir werden dazu ja gezwungen und gedrängt«. Karl ließen sie wissen, dass »es uns nach all diesen Unterredungen scheinen will, als müsste Eure Majestät den Papst als einen Feind betrachten, genauso wie die Könige von England und Frankreich und die Venezianer, die allesamt darauf aus sind, den Ruhm Eurer Majestät zu untergraben und zu ruinieren«.52 Anderenorts gaben sich Karls Amtsträger ähnlich kämpferisch. Im Juni 1526 meinte etwa der kaiserliche Botschafter in Savoyen: »Da der Papst die Christenheit in Brand setzen will, sollte Euer Majestät allenthalben Feuer entfachen, um jene zu bestrafen, die gegen Euer Heer zu den Waffen gegriffen haben.« Auch nach Ansicht des Botschafters Lope de Soria in Genua »würde jeglicher Schaden, den Euer Majestät Seiner Heiligkeit zufügen könnte, absolut gerechtfertigt erscheinen, bedenkt man die Undankbarkeit [des Papstes] sowie das offenbar

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geringe Interesse, das er daran hat, Gott und allen guten Christen zu dienen. Zudem kann einzig Eure Majestät den Papst dafür bestrafen, dass er seiner Pflicht nicht nachkommt.«53 Karl nahm diese Aufforderungen, »den Papst zu bestrafen«, sehr ernst. Seinen Beichtvater, García de Loaysa, fragte er, »ob er dem Papst seinen Gehorsam aufkündigen könne, wenn dafür ein angemessener Grund bestehe«. Vielleicht zum ersten Mal brachte er eine Strategie zum Einsatz, die später zum Standardverfahren werden sollte, wann immer die spanischen Habsburger vor einem moralischen Dilemma standen: Er »berief einige Theologen in seinen Rat«, um diese entscheiden zu lassen, ob er »zum Schutz und Schirm unserer Territorien … ein Heer aufstellen [sollte], um gegen wen auch immer auf dieser Welt zu kämpfen, und sei es der Papst«.54 Offenbar hatten die Theologen keine Einwände, denn im Juni 1526 wies der Kaiser Moncada an, falls der Papst »Unmögliches von Euch verlangen oder versuchen sollte, Euch mit Verstellung und Verzögerungen hinzuhalten, um Zeit zu gewinnen und Bündnisse mit anderen zu schließen und nicht mit uns, so denkt immer daran, dass es besser ist, selbst zuvorzukommen, als wenn einem zuvorgekommen wird«. Außerdem verriet Karl, dass der Kardinal Pompeo Colonna, ein langjähriger Verbündeter Spaniens, der bei der letzten Papstwahl die Opposition gegen Clemens angeführt hatte, kürzlich angedeutet hatte, »dass er in einer guten Position sei, den Papst aus Rom hinauszuwerfen«. Der Kaiser befahl Moncada deshalb, »mit dem besagten Kardinal Colonna zu verhandeln, damit er seine Pläne in die Tat umsetzt, und zwar so, als handelte er allein; und gebt Ihr ihm im Geheimen alle Unterstützung, die Euch möglich ist«.55 Zusätzlich entsandte er eine kleine Flotte, die den Herzog von Bourbon und ein paar Hundert Soldaten in Richtung Lombardei befördern sollte. Diese bescheidenen Schritte blieben weit hinter dem stolzen Auftreten des Kaisers zu Beginn desselben Jahres zurück, als dieser getönt hatte, er selbst wolle an der Spitze eines großen Heeres nach Italien ziehen, und Clemens spottete in aller Öffentlichkeit über die Maßnahmen des Kaisers. Karls Botschafter in Rom zufolge »macht man sich keine großen Gedanken über das Kommen des Monsieur de Bourbon, da er ja keine Truppen mit sich führt. Ich habe sogar sagen hören, der Papst habe darüber gelacht und gesagt, Eure Majestät habe ihn [Bourbon] lediglich nach Italien geschickt, um ihn loszuwerden.« Das Lachen sollte Clemens schon bald vergehen.56 Karl nahm nun eine bedeutende Planänderung vor. »Nichts würde ich lieber tun, als nach Italien zu ziehen«, erklärte er seinem Bruder in einem langen Brief, »nicht etwa, weil ich mich selbst erheben will, sondern einzig und allein, um der Verantwortung gerecht zu werden, die ich von Gott empfangen habe, und um die Früchte zu ernten, die eine solche Reise zum Wohl der Christenheit wohl bringen könnte – einen allgemeinen Frieden meine ich, sodass wir

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beide, Ihr und ich, mit vereinten Kräften gegen die Heiden kämpfen und die häretische Irrlehre Luthers ausmerzen können«, Letzteres vielleicht mittels eines »allgemeinen Konzils zur Reformation der Kirche«. Es ging Karl auch darum, seine Truppen in der Lombardei neu zu organisieren, denn, »wenn mein Heer verloren ist oder zur Demobilisierung gezwungen wird, so werde ich bald auch Neapel und Sizilien verlieren, die sich hinterher nur schwerlich zurückgewinnen ließen«. Sollte es ihm dagegen möglich sein, »in Italien die Oberhand zu gewinnen und mich zum Kaiser krönen zu lassen«, so Karl, »dann wäre ich in der Lage, allen meinen Willen aufzuzwingen, und wäre der unangefochtene Herrscher über alle« (so viel zum Thema »sich nicht selbst erheben wollen«!). Jedoch »ist es das, was der Papst und die anderen Herrscher am meisten fürchten«, fuhr er fort, und »ich bin überzeugt, dass dies der Beweggrund für ihre gegenwärtigen Bündnisse gegen mich ist«. Noch einmal äußerte der Kaiser sein Bedauern darüber, dass ihm, würde er gleich jetzt nach Italien segeln, die Truppen, die Schiffe und das Geld fehlen würden, »wie sie für meine Sicherheit, meine Ehre und meinen Profit zureichend wären«, ganz abgesehen davon, dass er den König von Ungarn nicht würde »unterstützen und fördern können, wie ich es wünsche«. »Sollte uns ein Friedensschluss gelingen, so seid versichert, dass ich all meine Kräfte in Ungarn aufbieten würde; aber falls die Kriege, die um meinen eigenen Besitz toben, noch weiter anhalten – und ich bin mir sicher, das werden sie –, so will ich Euch zum Richter machen: Sollte ich dann nicht um meine eigene Verteidigung besorgt sein und all meine Ressourcen dafür aufwenden?« Der Kaiser schlug deshalb eine neue, radikal andere »Deutschlandstrategie« vor: Er übersandte Ferdinand den Entwurf für ein Edikt, das die Strafen, die er nach dem Wormser Reichstag gegen die Lutheraner verhängt hatte, aussetzte, weil »einige meiner Ratgeber der Meinung sind, dass wir durch eine solche Aussetzung beträchtliche Mengen an Fußvolk und Reiterei gewinnen können, die Ihr dann einsetzen könntet, wo es Euch beliebt, etwa als Verstärkungen in Ungarn«. Außerdem könnte ein Toleranzangebot an die Anhänger Luthers – selbst wenn es nur ein zeitweiliges war – dazu führen, wie Gattinara scharfsinnig anmerkte, »dass der Papst durch dieses Druckmittel zur Räson gebracht wird«.57 Diese noch vor Kurzem völlig undenkbare Idee – den Anhängern Luthers ihre Duldung gegen die Aushebung von Truppen zur Verteidigung Ungarns gleichsam zu verkaufen – war die Konsequenz aus den zutiefst beunruhigenden Nachrichten, die zuletzt am Kaiserhof eingetroffen waren. Im April 1526 hatte Sultan Süleyman Istanbul verlassen, an der Spitze eines riesigen Heeres samt Belagerungsgerät und dem notwendigen Tross. Im Juli überschritt er erstmals die Grenze zu Ungarn. Ferdinand flehte um den dringend benötigten Beistand, aber Karl gab ihm zur Antwort: »Ich habe bereits einen lästigen Türken, mit dem ich

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mich herumschlagen muss: den König von Frankreich.«58 Dann errang der Sultan im August bei Mohács einen überwältigenden Sieg; die Mehrheit der ungarischen Adligen und auch König Ludwig blieben tot auf dem Schlachtfeld zurück. Nach osmanischer Auffassung wurde Süleyman durch diesen Sieg zum Herrscher über Ungarn. Zwei Wochen später zog er in Buda ein und übertrug das Königreich einem seiner Gefolgsleute. Dank seiner Heirat mit Ludwigs Schwester konnte Ferdinand beinahe sofort sicherstellen, dass er selbst zum böhmischen König gewählt wurde (schon Ludwig hatte neben Ungarn auch über Böhmen geherrscht). Mit der tatkräftigen Unterstützung seiner Schwester Maria, der Witwe Ludwigs, stellte er sich sodann gegen den Sultan und erhob seinerseits Anspruch auf die ungarische Königskrone. Jedoch stießen seine Appelle an die anderen Herrscher Europas, mit ihm gegen den »gemeinsamen Feind der Christenheit« ins Feld zu ziehen, weitgehend auf taube Ohren: Obwohl alle wussten, wie groß und wie unmittelbar die »Türkengefahr« tatsächlich war, zog doch weiterhin der Kampf um Oberitalien den Großteil ihrer Aufmerksamkeit und Ressourcen auf sich. Selbst Papst Clemens, der 5000 Söldner in Ungarn finanzierte, gab wesentlich mehr für den Krieg in der Lombardei aus. Als im September 1526 die Truppen Moncadas und der Familie Colonna mit vereinten Kräften in Rom eindrangen und ihn zur Geisel nahmen, war er auf dem falschen Fuß erwischt worden. Karl sollte später beteuern, dass »wir sehr verärgert waren über das, was Don Hugos Männer da versuchten«, aber das war gelogen: Indem er sich den Colonnas anschloss und Rom angriff, führte Moncada nur den ausdrücklichen Befehl seines Kaisers aus.59 Kurz bevor diese Neuigkeiten aus Rom an Karls Hof eintrafen, verlangten die Botschafter der vier großen Mächte, die in der Heiligen Liga von Cognac vertreten waren – England, Frankreich, der Heilige Stuhl und Venedig –, eine Audienz, um Karl ganz offiziell die Forderungen der Liga mitzuteilen. Das Gespräch verlief einigermaßen reibungslos – zumindest so lange, bis der französische Vertreter den Kaiser »aufforderte«, die französischen Prinzen (die inzwischen sieben und acht Jahre alt waren) gegen die Zahlung eines Lösegeldes freizugeben. Daraufhin konnte, wie der Nuntius Castiglione berichtete, »jedermann sehen, dass Seine Majestät stark verärgert war«, und »der Grund für diese Verärgerung bestand, wie Seine Majestät mir selbst erklärte, in dem Wort ›auffordern‹«, das »normalerweise gebraucht wird, wenn man Belagerte zur Übergabe auffordert, und dabei schwingen Bedrohung und Zerstörung mit«. Der englische Gesandte berichtete, dass Karl »sich an den den französischen Botschafter wandte und sprach: ›Ich werde sie [die französischen Prinzen] nicht für Geld wieder hergeben. Ich habe kein Geld

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für ihren Vater genommen, und noch viel weniger werde ich Geld für seine Söhne nehmen. Bei einem vernünftigen Übereinkommen will ich sie gern ziehen lassen, aber nicht für Geld. [Und ich werde auch] den Versprechungen des Königs von Frankreich kein Vertrauen mehr schenken, denn er hat mich betrogen, wie es einem Prinzen von edlem Geblüt denkbar schlecht ansteht. Und was seine Ausrede angeht, er könne manche Dinge schlechterdings nicht erfüllen, ohne den Groll seiner Untertanen auf sich zu ziehen: Lasst ihn das erfüllen, was sehr wohl in seiner Macht steht und was er bei seiner Ehre als ein Fürst zu erfüllen gelobt hat. Das soll heißen: Entweder er erfüllt nun all seine Versprechen – oder er kehrt zurück in den Kerker.«

Der Kaiser beschloss die Audienz, indem er dem französischen Botschafter auftrug, seinem Herrn eine ritterliche Herausforderung zum Zweikampf zu überbringen: Sollte Franz sich weigern, in die Gefangenschaft zurückzukehren, »möge es Gott gefallen, dass wir unsere Meinungsverschiedenheit in einem Duell Mann gegen Mann beilegen, um den Tod so vieler unbescholtener Christen zu vermeiden«.60 Einige Tage darauf sandte Karl dem Papst einen bitteren, von Vorwürfen durchzogenen Brief, der sich nicht einmal an die üblichen Konventionen für ein Schreiben an den »Heiligen Vater« hielt, sondern Clemens mit tu anredete. Der Kaiser schrieb: »Es kann Dir nicht entgangen sein, dass Du durch meine Fürsprache und mit meiner Hilfe Papst geworden bist«, und doch »hast Du Feindseligkeiten gegen mich begonnen, bevor ich auch nur den Brief mit Deiner Kriegserklärung erhalten hatte, und Du willst mich nicht nur aus Italien vertreiben, sondern mir zugleich auch meine Kaiserwürde rauben.« Karl äußerte sein Bedauern darüber, dass er nicht schon früher auf die Beschwerden seiner deutschen Untertanen über die Päpste eingegangen sei, und drohte damit, persönlich ein Konzil einzuberufen, sollte Clemens seine Angriffe gegen ihn nicht einstellen. Dieses Konzil sollte der Korruption am päpstlichen Hof ein Ende bereiten und dringend nötige Reformen einleiten. Castiglione hielt die Antwort des Kaisers für »schärfer« als den vorangegangenen Brief.61 Gattinara wies den lateinischen Sekretär des Kaisers, Alfonso de Valdés, an, den Wortlaut dieses Schlagabtausches mit einem pointierten Kommentar zu versehen und zu veröffentlichen. Kurz darauf erschien das Bändchen in Spanien, Deutschland und den Niederlanden unter dem unbescheidenen Titel Pro Divo Carolo … Liber Apologeticus – »Verteidigung des göttlichen Karl …«.62 Lannoy erhielt außerdem die nötigen Mittel, um in Spanien eine Truppe von 9000 Mann auszuheben, die dem Herzog von Bourbon in der Lombardei als Verstärkung dienen sollten. Zwar wurde Lannoy durch Galeeren der Liga von Cognac unter dem Kommando des Genueser Patriziers Andrea Doria vor der ligurischen

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Küste abgefangen und dazu gezwungen, nach Neapel weiterzusegeln; Ferdinand jedoch schickte ein weiteres deutsches Truppenkontingent über die Alpen, das Bourbons Kräfte verstärkte, sodass kaiserliche Heere Rom nun von Norden und Süden her bedrohten. An diesem Punkt geschah es  – »gerade, als ich den letzten Dukaten eingetrieben und nach Italien geschickt hatte, den ich nur finden konnte« –, dass die Nachricht vom Verlust Ungarns und dem Tod des ungarischen Königs in Spanien ankam, zusammen mit dem dringenden Appell Ferdinands an seinen Bruder, dass dieser nun »mit dem König von Frankreich Frieden schließen und so viele Verbündete gewinnen« müsse, »wie [er] nur konnte«, damit alle Fürsten des christlichen Europas mit vereinten Kräften dem türkischen Vorstoß würden Einhalt gebieten können. Karl, der sich noch immer in Granada befand, bat unverzüglich seine Räte um ihre Meinung und die flehten wie zuvor schon Ferdinand, der Kaiser müsse »zu einer Einigung mit dem König von Frankreich gelangen, und wenn Ihr nicht die Bedingungen erhalten könnt, die Euch eigentlich zustehen, dann solltet Ihr annehmen, was immer die gegenwärtige Lage gestattet«. Außerdem sollte »Euer Majestät so schnell wie möglich von hier aufbrechen, so Gott will«, und die Cortes von Kastilien für Anfang 1527 nach Valladolid einberufen. Angesichts der »traurigen Nachrichten« aus Ungarn empfahlen Karls Ratgeber zudem, dass alle »Prälaten, Ordensleute und Stadtoberen ermahnt und angewiesen werden sollten, öffentliche Gebete und andere fromme Maßnahmen abzuhalten«, und dass »die Prediger in ihren Predigten die große Gefahr ausmalen sollen, die der Christenheit droht, um sie anzufeuern«. Karl selbst sollte seinem Bruder so viel Geld und so viele Truppen wie nur möglich schicken und zu diesem Zweck »die Ausgaben seines Haushalts und Hofes, insbesondere für Speise und Kleidung« reduzieren, »weil wir dem ganzen Königreich befehlen wollen, diesem Beispiel zu folgen«. Auch müsse er sicherstellen, dass die Soldaten, die das Königreich verteidigen sollten, bezahlt und bewaffnet würden.63 Das alles musste man Karl nicht zweimal sagen: Die »Zerstörung Ungarns« hatte ihn zutiefst erschüttert. Im November 1526 teilte er dem päpstlichen Nuntius mit, dass er nun willens sei, in seinem Streit mit Franz die Vermittlung Heinrichs oder Clemens’ anzunehmen, und dass er zur Erreichung »eines allgemeinen Friedens einwilligen werde, die Söhne des Königs ohne die Zahlung eines Lösegeldes freizulassen, wenn der König ihm nur dafür bürgte, dass er Frieden halten werde«. Dann wollte Karl nach Österreich gehen und die Verteidigung der Christenheit gegen die Türken persönlich anführen. In einem seltenen Moment der Selbstreflexion gab der Kaiser Castiglione gegenüber zu, dass

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»er auch nur ein Mensch sei und seine Fehler habe, und unter anderem sei er zögerlich, wenn es gelte, Entscheidungen zu treffen, weshalb es durch sein Versäumnis schon oft zu Verzögerungen gekommen sei; nun jedoch wolle er sein Gemüt in den Griff bekommen und überaus fleißig sein, und er werde nicht ruhen, bis dieses Ziel erreicht sei. Was ihn betreffe, möge die ganze Welt Krieg gegen ihn führen, und der König von Frankreich solle sich doch Spanien holen, wenn es ihm beliebe; aber um die Türken zu schlagen, werde er, Karl, alles andere aufgeben.«64

Auch für Papst Clemens sollte der Verlust Ungarns ernste Konsequenzen haben. Zwar war er nun wieder auf freiem Fuß, wusste aber ganz genau, dass er allein Rom keinesfalls gegen Bourbon oder Lannoy würde verteidigen können – geschweige denn gegen beide zugleich. Er verließ also die Liga von Cognac, schloss mit Lannoy einen Waffenstillstand auf acht Monate (offenbar ohne zu bedenken, dass dieser für Bourbon nicht gelten würde) und begann, seine Truppen zu demobilisieren.

Nach Rom! Franz’ Entscheidung, den Vertrag von Madrid zu brechen, schwächte den Herzog von Bourbon erheblich – hatte sein früherer Herr doch den Besitz und die Einkünfte des Herzogs eingezogen und an loyale Amtsträger und Adlige verteilt, wodurch Bourbon nicht nur vollkommen mittellos dastand, sondern jegliche Aussicht auf Restitution verloren hatte. Zwar hatte Karl ihn stattdessen zum Herzog von Mailand gemacht, aber sämtliche Mittel jenes Territoriums waren durch das kaiserliche Heer aufgezehrt worden, was den Herzog dazu trieb, mit seinen schon halb in Meuterei befindlichen Truppen nach Süden zu ziehen, um dort neue »Plündergründe« aufzutun. Zunächst bedrohten sie Florenz, das sie jedoch gut befestigt vorfanden, woraufhin sie sich auf den Weg nach Rom machten und verlauten ließen, sie würden erst anhalten, wenn Papst Clemens ihren ausstehenden Sold zahlte. Eilig trat der Papst wieder der Liga von Cognac bei und erklärte Kaiser Karl als König von Neapel für abgesetzt. Der kaiserliche Botschafter in Rom teilte bekümmert mit: »Manche wetten hier fünf zu eins, dass der Papst binnen vier Monaten über Neapel herrschen wird.«65 Diese Einsätze waren verloren, denn Clemens’ Position war schlicht nicht zu halten: Den größten Teil seiner eigenen Truppen hatte er nach Hause geschickt, und die Heere seiner Hauptverbündeten  – Frankreich, England, Venedig – waren weit entfernt. Der Herzog von Bourbon dagegen ließ nun seine schwerfällige Belagerungsartillerie zurück und stieß mit seinen Männern nach

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Süden vor, wobei er auf römischen Straßen ein atemberaubendes Marschtempo von dreißig Kilometern am Tag erreichte.66 Im Morgengrauen des 6. Mai unternahm das kaiserliche Heer, verstärkt durch Freiwillige, die sich fette Beute erhofften, einen Überraschungsangriff auf Rom. Zum großen Unglück der Stadtbevölkerung wurde der Herzog von Bourbon gleich zu Beginn des Sturmangriffs tödlich verwundet, und kein anderer verfügte über die nötige Autorität, seine siegreichen Truppen zu disziplinieren. Zehn Tage dauerte die Plünderung an, die als Sacco di Roma traurige Berühmtheit erlangen sollte. Bis zu 8000 Römer ließen ihr Leben. Die von Karls Truppen verübten Gräueltaten waren, wie ein Augenzeuge berichtete, »so zahlreich, dass es gar nicht genug Papier und Tinte – oder Erinnerungsvermögen – gibt, um sie alle festzuhalten«. Tatsächlich sollte »das Ausmaß der Zerstörung bedeuten, dass Rom zu unseren Lebzeiten, ja auf zweihundert Jahre, nicht wieder Rom sein wird!«67 Clemens und einige Kardinäle konnten sich in die Engelsburg retten, mussten nach einem Monat jedoch aufgeben, da keine Hoffnung auf Entsatz mehr blieb, und wurden von den kaiserlichen Truppen gefangen genommen. In der Zwischenzeit waren die Verwandten des Medici-Papstes aus Florenz geflohen und ihre Gegner hatten in der Stadt am Arno abermals die Republik ausgerufen. Zum zweiten Mal hatten der Herzog von Bourbon und sein Heer »den Kaiser zum absoluten Herrscher über Italien gemacht«, und Lope de Soria jubelte: »Ganz offenbar hält Gott selbst die Sache Eurer Majestät in Seinen Händen, wo Er sie doch auf solch wunderbare Weise geleitet und befördert hat«, sodass alle »Fürsten der Christenheit nun wissen, dass Er sie durch die Hand Eurer Majestät bestrafen will«. Auch Ferdinand beglückwünschte seinen Bruder zu der »guten Nachricht von der Einnahme Roms« und äußerte die Hoffnung, dass Karl den Papst – »da er sich ja gerade in Eurer Hand befindet oder zumindest in einer Situation, in der Ihr mit ihm tun und lassen könnt, was Euch beliebt« – nicht wieder freigeben werde, »bevor nicht die allgemeinen Angelegenheiten der Christenheit geregelt sind«.68 Über seine nächsten Schritte musste der Kaiser ohne den Beistand Gattinaras entscheiden. Der Kanzler war verärgert darüber, dass man seinen Rat zur weiteren Verhandlungsführung mit dem französischen König nicht beherzigt hatte, weshalb er den kaiserlichen Hof verließ und nach Italien reiste, um sich dort um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. In seiner Abwesenheit rief Karl die auswärtigen Botschafter selbst zusammen, um ihnen persönlich darzulegen, was in Rom geschehen war. Wie ein englischer Diplomat spöttisch bemerkte, brachte er »seine Ausflucht vor und beteuerte  – wobei er immer wieder die Hand an die Brust legte –, dass jene Dinge nicht nur ohne jeglichen Befehl von seiner Seite geschehen waren, sondern sogar entgegen seinem ausdrücklichen Willen und dass sie ihm tiefsten Verdruss und Kum-

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mer bereitet hatten«.69 Die Botschafter glaubten dem Kaiser kein Wort – und damit hatten sie ganz recht. Schon als am 31. Mai 1527 die ersten Gerüchte von der blutigen Eroberung Roms und der Flucht des Papstes den Kaiserhof erreichten, meldete der Florentiner Botschafter, dass jene Nachrichten, »anstatt beim Kaiser Gottesfurcht und Mitgefühl zu erregen, am Hof vielmehr eine übergroße Freude ausgelöst haben, ja es herrscht hier ein solches Unmaß an Begeisterung, dass er [Karl] ganz entgegen seinem üblichen Verhalten so viel lachte und scherzte, während er mit seinem Gefolge sprach, dass er kaum die Zeit zum Essen fand«. Der Botschafter hegte den Verdacht, dass »Seine kaiserliche Majestät bereits begonnen hat, sich selbst als einen absoluten Herrscher zu betrachten, dessen Entscheidung jedermann hinnehmen muss«.70 Eine Woche später, am 7. Juni, sollte Karl diese Befürchtungen selbst bestätigen. Da er von Bourbons Tod noch nicht wusste, schrieb er dem Herzog einen Brief, der erkennen lässt, dass die Einnahme der Stadt und die Gefangensetzung des Papstes Teil eines umfassenderen Planes waren, in dessen Details der Kaiser Bourbon schon früher eingeweiht hatte. Da nun, wie er behauptete, »ein guter Friede das ist, was ich am meisten ersehne«, »hoffe ich sehr, dass Ihr Euch nicht täuschen lasst, sondern vielmehr feste Garantien dafür beibringt, dass der besagte Friede auch gehalten wird; und dass Ihr zudem, wenn es sich auf sichere Weise bewerkstelligen lässt, dafür Sorge tragt, dass der Papst hierher kommt, um alle Vorkehrungen für einen allgemeinen Friedensschluss zu treffen … [denn] wie Ihr wohl wisst, könnte dies vielfältige Auswirkungen haben, die der Sache Gottes und der ganzen Christenheit sowie der Beförderung meiner eigenen Interessen günstig wären  – und den Euren ebenfalls.«

Mit anderen Worten hatte Karl seinen Stellvertreter bereits instruiert, den Papst nicht nur gefangen zu nehmen, sondern als Gefangenen nach Spanien zu verbringen, wo er gezwungen werden sollte, einem für Karl günstigen Friedensabkommen zuzustimmen – genau so, wie der Kaiser es zwei Jahre zuvor mit dem französischen König getan hatte. In seinem Brief an Bourbon fuhr Karl fort: »Ich weiß freilich nicht mit Sicherheit, was Ihr mit dem Papst getan haben werdet, nachdem Ihr erst einmal in Rom eingezogen seid« – ein weiterer Hinweis darauf, dass er dem Herzog schon früher Anweisungen in dieser Sache gegeben hatte –, »aber wie ich ja bereits in meinen letzten Briefen an Euch geschrieben habe: Die Hauptsache ist, dass Ihr mit dem Papst zu einem guten Frieden oder einer anderen Vereinbarung kommt und dann versucht, mit meinem Heer auf venezianisches Gebiet vorzudringen, um sie [die Venezianer] dazu zu zwingen, den Sold zu zahlen und ebenfalls ein Abkommen zu schließen.«71

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Nachdem er von Bourbons Tod und der Gefangennahme des Papstes durch die kaiserlichen Truppen erfahren hatte, gab Karl Lannoy die Vollmacht, selbst über Krieg und Frieden zu bestimmen, »wie es Euch für unsere Reputation am ratsamsten erscheint; denn wir vertrauen Euch voll und ganz«. Einem anderen Vertrauten, dem Diplomaten Philibert de Veyré, teilte der Kaiser mit, da »es Gott gefallen hat, uns diesen Sieg in Rom zu schenken«, und weil »die Ergreifung des Papstes mir tatsächlich ein Werk Gottes zu sein scheint, mit Seiner gnädigen Erlaubnis vollbracht, auf dass der Weg zu einem guten Frieden für die Christenheit eröffnet und geebnet werde, zu ihrem Heil und ihrer Beruhigung«, sei die Zeit nun reif, um »ein Konzil [einzuberufen] zu einer Reformation der Kirche, die ja von allen Seiten ersehnt und so dringend benötigt wird, aber auch, um die Irrlehre Luthers und seiner Anhänger auszumerzen«. Veyré müsse daher nach Rom reisen und den gefangenen Papst zu größeren Zugeständnissen überreden, dieweil Lannoy den diplomatischen und militärischen Druck aufrechterhielt.72

Schach dem Kaiser »Die Dinge hierzulande stehen nun ganz anders, als Eure Majestät zur Zeit meiner Abreise glauben mochte«, ließ Veyré kläglich verlauten, nachdem er im September 1527 in Italien eingetroffen war. Tatsächlich standen sie »so schlimm, dass sie schlimmer nicht sein könnten«: Die meuternden Truppen in Rom (darunter viele deutsche Lutheraner) drohten, den Papst zu töten oder zu entführen; in der Lombardei war eine frische französische Expeditionsarmee unter dem Befehl des erfahrenen Heerführers Odet de Foix, Seigneur de Lautrec, eingetroffen; und der plötzliche Tod Lannoys hatte ein neues Machtvakuum aufgerissen. »Um des Himmels willen, Sire, erwägt doch einen Frieden mit den Franzosen, ganz gleich zu welchen Bedingungen«, flehte Veyré. Und nachdem er sich schon einmal vorsorglich dafür entschuldigt hatte, »sollte ich Euer Majestät in Verzweiflung gestürzt haben«, wiederholte er seinen dringenden Ratschlag: »Ich flehe Euch an, Herr: Schließt Frieden mit Frankreich, denn das wäre weniger schändlich und außerdem hättet Ihr die Freiheit gewonnen, Euch an all jenen zu rächen (vous vengier), die Euch [in Italien] schaden wollen«.73 Aber es war zu spät: Seine Demütigung hatte Clemens’ VII. internationale Sympathie und Unterstützung eingetragen. Im August 1527 unterzeichnete Heinrich VIII. ein Bündnis mit Franz I., in dem er dem zweiten Sohn des französischen Königs seine Tochter Mary zur Frau versprach und zudem sein Versprechen wiederholte, so lange Druck auf den Kaiser auszuüben, bis dieser die französischen Prinzen gegen Zahlung eines Lösegeldes freigäbe. Außerdem

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versprach Heinrich, allen Aufrufen zu einem allgemeinen Konzil entgegenzutreten, solange der Papst in Gefangenschaft war, sowie Truppen und Subsidien zur Verstärkung der französischen Kräfte in Italien bereitzustellen – wohl weil er hoffte, auf diese Weise Clemens’ Einwilligung in die geplante Scheidung seiner Ehe mit Katharina von Aragón erwirken zu können.74 Zunächst verlief der Feldzug der Bündnispartner mit großem Erfolg. Nachdem er seine Kräfte mit denen der Venezianer vereint hatte, überrannte Lautrec in kurzer Zeit fast die gesamte Lombardei, während eine venezianische Kriegsflotte dabei behilflich war, den strategisch entscheidenden Hafen Genua für Frankreich zurückzugewinnen. In einem Brief des in Mailand eingeschlossenen Antonio de Leyva wurde die prekäre Situation der kaiserlichen Kräfte in Oberitalien mehr als deutlich: »Schon vor über zwei Monaten« hatte Leyva »an alle Heerführer und Untergebenen Eurer Majestät [geschrieben] und ihnen von meiner großen Not berichtet«, aber obwohl »ich zweihundert Briefe an diverse Stellen geschickt habe, habe ich keinerlei Antwort erhalten.« Leyva schloss mit einer düsteren Warnung: »Ihr setzt ganz auf Euer Glück, Majestät, und das nicht ohne Grund; aber es wäre weise, dem Glück noch Taten an die Seite zu stellen und stets zu bedenken, dass Gott nicht jeden Tag ein Wunder geschehen lässt.«75 Die Lage in und um Rom herum, wo Karls Truppen einquartiert waren, stellte sich kaum besser dar: Zwar bildeten sie noch immer eine beachtliche Streitmacht; aber weil sie keinen Anführer mehr hatten, plünderten sie die »Ewige Stadt« auch weiterhin ungehemmt. Damit wollten sie Druck auf Papst Clemens ausüben, der ihre Soldrückstände von immerhin rund 400 000 Dukaten begleichen sollte. Einer ihrer Hauptleute bat Karl inständig, »stets zu bedenken, was wir Gott schuldig sind, und Euch nicht durch die Zügellosigkeit, die Diebstähle und Morde, die Euer Heer in Italien begangen hat und noch begeht, ja die sogar immer schlimmer werden, solange den Männern ihr Sold nicht gezahlt wird, einen solch schlimmen Ruf in aller Welt zu erwerben … Euer Ruhm darf nicht auf so vielen und so großen Gräueltaten beruhen, denn das würden weder Gott noch die Welt je zulassen.«

Wie Leyva vor ihm gelangte der Schreiber zu dem Schluss, dass »es besser wäre, ein Abkommen mit Frankreich zu schließen«, und gab zu bedenken, dass »wenn Euer Majestät nicht weiter darauf beharrte, Burgund zurückzuerlangen, der König [von Frankreich] vielleicht wieder Euer Freund werden könnte« – aber auch seine Worte stießen auf taube Ohren. Im November 1527 unterzeichneten diplomatische Vertreter Frankreichs, Englands, Mailands, Venedigs, Ferraras und der päpstlichen Kurie ein feierliches Bündnis »zur Befreiung des Papstes«.76

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Dem Botschafter Navagero zufolge war der Kaiser nun »sehr im Zweifel darüber, was er tun solle. Einerseits meint er, dass es ehrenhaft wäre, den Papst freizulassen; andererseits kann er nicht sicher sein, dass der Papst danach sein Freund sein wird.« Immerhin hatte Karl genug gesunden Menschenverstand, heikle Entscheidungen auf dem Gebiet der Außenpolitik seinen Statthaltern zu überlassen: So wies er Ferdinand, Margarete und seine Heerführer in Italien an, stets ihr »Bestes zu geben, ohne dafür mit mir Rücksprache halten oder auf meine Anweisungen warten zu müssen, denn mein Vertrauen in Euch ist so groß, dass ich Euch die Entscheidungsgewalt in allen Dingen übertragen habe«.77 Die Geburt seines ersten Sohnes, des späteren Philipps II., am 21. Mai 1527 stärkte die Lebensgeister des Kaisers wieder. Es war die erste Geburt eines Infanten in Spanien seit fünf Jahrzehnten. Karl ließ noch am selben Tag Jubelbriefe an seine einflussreichsten Untertanen herausgehen, in denen er seiner eigenen Rolle bei dem Vorgang eine messianische Anmutung gab: »Ich vertraue auf Gott, dass dies Seinem Werk und diesen Königreichen zum Vorteil gereichen wird; und ich hoffe, dass es Ihm gefallen wird, wenn ich Ihm mit Seiner Gnade in Zukunft sogar noch besser diene.« Wie der Botschafter Martín de Salinas berichtete, war »der Kaiser so glücklich und voller Freude und Entzücken über die Geburt seines kleinen Sohnes, dass er nichts anderes tut, als Festlichkeiten anzuordnen zur Feier dieses Geschenks, das Gott uns gesandt hat; und Tag und Nacht gibt es Turniere und das Stockspiel und jede Art von Vergnügung«. In den Bühnenspielen zur Feier von Philipps Taufe am 5. Juni traten Propheten auf, die dem Infanten eine glänzende Zukunft weissagten – ganz so, wie sie es einst bei dem kleinen Jesuskind getan hatten.78 Die ausgelassene Laune brach kurzfristig zusammen, als die Nachricht vom Sacco di Roma Spanien erreichte; aber sobald die Kaiserin wieder genug bei Kräften war, um sich eine weitere Reihe von Turnieren und anderen Spektakeln anzusehen, die ihr Gatte bestellt hatte, ging es mit den Lustbarkeiten weiter. Im August berichtete Salinas, Karl und Isabella seien »das glücklichste Ehepaar auf der ganzen Welt«, und schon drei Monate darauf war die Kaiserin erneut schwanger.79 Andere Beobachter bemerkten jedoch, dass Karl in Audienzen zunehmend ungeduldig wirkte, ja sogar unbeherrscht auftrat. Im Juli 1527 hörte er »mit bedrohlicher und missmutiger Miene« an, wie der französische Botschafter – wieder einmal – ein Lösegeld und die partielle Preisgabe des französischen Anspruchs auf Neapel als Gegenleistung für die Freilassung der beiden Prinzen sowie die Wiedereinsetzung Francesco Sforzas als Herzog von Mailand anbot. Einige Tage später prophezeite der Kaiser den englischen Gesandten gegenüber, dass »der französische König niemals still sitzen werde, bevor man ihm nicht seine Flügel stutzt«  – womit er meinte, dass man Franz Burgund wegnehmen müsse. Und im Oktober berichtete Navagero, Karl habe bei einer Au-

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dienz wieder einmal »äußerst grobe Worte gebraucht und (was er sonst niemals tut) heftigen Zorn an den Tag gelegt« darüber, dass »der König von Frankreich beschlossen habe, ihn, den Kaiser, mit Gewalt zur Erfüllung seines Willens zu zwingen, aber da habe er sich getäuscht«, denn Karl »werde sich niemals mit Gewalt zu irgendetwas zwingen lassen«. Karl war »jung und daran gewöhnt, dass das Glück ihm hold war«, meinte der Botschafter, und das habe es ihm leicht gemacht, als gütiger Herrscher aufzutreten. Aber »nun, da es um seine Angelegenheiten nicht mehr so gut bestellt ist«, sagte er voraus, würden »alle, die mit ihm zu tun haben, mit größter Umsicht vorgehen müssen«.80 Zum großen Glück für die Reichspolitik kehrte Gattinara im Oktober 1527 an den Kaiserhof zurück. Der Autobiografie des Kanzlers zufolge »hatte Cäsar mehr zugestanden, als nötig war, um Frieden zu erlangen. Er [hatte] in Bedingungen eingewilligt, die für ihn selbst, seine Würde und Stellung überaus nachteilig waren.«81 Gattinara war fest entschlossen, dieser Situation ein Ende zu setzen. Die Lage spitzte sich im Januar 1528 weiter zu, als bei einer Audienz mit dem Kaiser die Botschafter Frankreichs, Englands, Mailands, Venedigs und Florenz’ – also der verbliebenen Mitglieder der Liga von Cognac – im Namen ihrer jeweiligen Herren verlangten, Karl solle unverzüglich Mailand an Sforza restituieren und ein Lösegeld für die Freilassung der französischen Prinzen akzeptieren. Im Gegenzug werde Franz ihm Genua zurückgeben und seine Truppen aus Italien abziehen. Dieses Ultimatum wies der Kaiser rundheraus zurück, weil er sich – glaubt man dem polnischen Botschafter Jan Dantiszek – »an den Ausspruch Ciceros erinnerte: ›Wird man das erste Mal betrogen, ist dies unangenehm; beim zweiten Mal beschämend; beim dritten Mal aber ist es reine Dummheit‹, und er hat nach dieser Maxime gehandelt, weil er früher schon einmal betrogen wurde«. Die Mitglieder der Liga hatten mit einer abschlägigen Antwort bereits gerechnet, und so »trafen jetzt die französischen und englischen Herolde ein und ließen Seine Majestät wissen, dass sie ihm ein gewisses Dokument überreichen wollten, auf das Seine Majestät bereits seit sechs Monaten gewartet hatte (denn so lange waren die besagten Herolde bereits am Kaiserhof gewesen). Und dann hörte Seine Majestät gnädig zu in der großen Halle des Palastes und im Beisein aller Granden, Prälaten und Gesandten«, während der französische Herold »ihm den Krieg zu Lande und zur See erklärte« und die Botschafter aus England, Florenz, Mailand und Venedig »ihre ›Herausforderung‹ vortrugen (wie sie es nennen)«.82 Dank seiner Vertrautheit mit dem ritterlichen Verhaltenskodex wusste Karl ganz genau, was als Nächstes von ihm erwartet wurde. Er »antwortete mit lauter, fester Stimme, sodass ein jeder ihn hören konnte«, wie folgt: »Seit sieben Jahren hat der König von Frankreich nun schon ohne jede förmliche Erklärung Krieg gegen mich geführt, und es ist höchst erstaunlich, dass er ihn mir gerade jetzt

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erklärt, wo es ihm nach dem Kriegsrecht strengstens untersagt ist, da er ja des Kaisers Gefangener ist und das in ihn gesetzte Vertrauen gebrochen hat … Und nun sagt Ihr mir,«, fuhr Karl an die Botschafter gerichtet fort, »dass [Eure Herren] mich zwingen werden, die Prinzen freizugeben. Ich will deshalb auf eine gänzlich andere Weise antworten, als ich es bisher getan habe: Ich werde sie behalten und sie niemals zurückgeben, solange man mir Gewalt androht, denn ich bin es nicht gewohnt, Dinge unter Zwang zu tun.« Dann nahm er den französischen Herold beiseite und trug ihm eine Botschaft speziell für seinen Herrn auf: »Da er den Eiden, die er mir geleistet hat, weder treu geblieben noch sie in Ehren gehalten hat, sollte er sich zum Duell gegen mich bereitmachen. Und sagt ihm in meinem Namen diese Worte: Er soll auf seine Ehre achtgeben – falls noch etwas davon übrig ist.«83 Nach dem ritterlichen Ehrenkodex war Karl dazu verpflichtet, die Herolde unversehrt ziehen zu lassen; die Diplomaten jedoch, die von den Mitgliedern der Liga gesandt worden waren, ließ er allesamt gefangen nehmen. Man gab ihnen kaum genug Zeit, ihre Habseligkeiten zusammenzuraffen, bevor man sie in einer entwürdigenden Prozession aus der Stadt hinaus und an den Ort ihrer Haft verbrachte. Die Eskorte bildeten »fünfzig Reiter und einhundert Mann von Seiner Majestät Leibwache, als ob wir Verbrecher wären, und aus allen Fenstern und Türen hingen die Stadtleute und gafften«. Vier Monate lang (»die sich wie vier Jahre anfühlten«) blieben sie in Gefangenschaft – so lange, bis Karl eine Bestätigung darüber erhalten hatte, dass seine eigenen Botschafter nicht zu Schaden gekommen waren. Auch die jungen französischen Prinzen bestrafte er, indem er sie von einer kargen und unbehaglichen Burg zur nächsten schaffen ließ, bis sie endlich in der abgeschiedenen, im Bergland der Provinz Segovia gelegenen Festung von Pedraza de la Sierra ankamen. Er nahm ihnen auch ihre französischen Bediensteten (mehr als hundert von diesen ließ Karl nach Barcelona marschieren, wo sie auf den kaiserlichen Galeeren Dienst tun mussten). Mehr noch: »Da wir nun herausgefordert worden sind, können wir nichts tun als unsere Ehre und Reputation aufrechterhalten und unsere Untertanen und Territorien erhalten und schützen, wie es unsere Pflicht ist«: Deshalb wurde auf kaiserlichen Befehl jeglicher Handel mit England und Frankreich eingestellt, und sämtliche Untertanen der beiden Königreiche hatten Spanien binnen vierzig Tagen zu verlassen.84 Seinen Bruder erinnerte Karl daran, dass die neue Entwicklung »Euch ganz ebenso betrifft wie mich«. Er erwartete von Ferdinand daher, dass auch er »den Königen von England und Frankreich einen Herold schickt, der ihnen seine Herausforderung überbringt«. Außerdem sollte Ferdinand »die Kurfürsten und anderen Reichsfürsten davon überzeugen, dies ebenfalls zu tun, denn da wir als ihr Oberhaupt eine Herausforderung erhalten haben, betrifft

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sie dies gleichermaßen, weil sie die wichtigsten Glieder des Reiches sind«. Ein solches Vorgehen, schloss Karl optimistisch, »wird unsere Reputation bei unseren Freunden stärken, unter unseren Feinden aber Schreck und Staunen verbreiten«.85 Ein solcher Optimismus war nicht fehl am Platz. Schließlich war, darauf hat Maurizio Arfaioli hingewiesen, Franz’ Entscheidung für eine weitere Invasion Italiens »bloß ein Mittel und kein Zweck«: Solange »seine beiden Söhne nicht nach Hause zurückgekehrt waren, konnte es so etwas wie eine wirkliche französische Italienpolitik überhaupt nicht geben«. Deshalb zielte Lautrecs Kampagne vor allem darauf ab, »seinem Herrn die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem Kaiser aus einer zumindest etwas weniger unvorteilhaften Position heraus zu ermöglichen«. Der König und seine Verbündeten hatten – ganz richtig – vermutet, dass Karl wesentlich empfindlicher auf eine Bedrohung Neapels reagieren würde (das er geerbt hatte), als ihn der Verlust Mailands zu bewegen schien (das er erst kürzlich erworben hatte). Also beschlossen sie, »den Kampf um die Lombardei im Königreich Neapel auszutragen«.86 Im Januar 1528 verließ Lautrec die Lombardei und führte »über 50 000 Mann – eine beinahe unglaubliche Zahl – [gen Süden], wobei sich seine Armee auf eine Fläche von beinahe 150 Quadratkilometern verteilte«. Die Truppen des Kaisers, die sich weit in der Unterzahl befanden, zogen sich zurück, bis sie im Königreich Neapel nur noch eine Handvoll befestigter Städte hielten, woraufhin Lautrec eine Belagerung der Hauptstadt von Land her begann und Dorias Galeeren vor der Küste kreuzten, um Neapel von Nachschub und Verstärkung abzuschneiden. Im April unternahm Hugo de Moncada, der nach dem Tod Lannoys der neue Vizekönig von Neapel geworden war, einen verzweifelten Ausfall mit allen ihm zur Verfügung stehenden Schiffen und versuchte, die französische Blockade zu durchbrechen, doch in »der grausamsten und blutigsten Seeschlacht unserer Tage« kamen er selbst und 1400 seiner Leute ums Leben, ohne etwas gegen die Franzosen ausrichten zu können.87 Innerhalb von nur drei Jahren hatte der Kaiser all die Vorteile, die ihm der Sieg bei Pavia beschert hatte, restlos wieder verspielt.

Ein Duell, das niemals stattfand Auch wenn Monsieur de Beersel seinen früheren Schützling vielleicht dafür getadelt hätte, dass dieser »die Ernte nicht eingefahren« hatte: Karls Bemühungen, seine Verluste durch ein einziges Duell wieder wettzumachen, hätte Beersel wohl mit Beifall aufgenommen. Im März 1528 wiederholte der Kaiser seine persönliche Herausforderung an Franz erneut, bei diesem dritten Mal in einem Brief an den französischen Botschafter (der zwar immer noch festgehalten wurde, mit

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der Außenwelt jedoch Kontakt halten durfte): »Euer Herr, der König von Frankreich, hat sich auf eine nichtswürdige und niederträchtige Weise verhalten, als er die Versprechen nicht einhielt, die er mir im Vertrag von Madrid gegeben hat, und wenn er mir in diesem Punkt zu widersprechen wünscht, so will ich meine Meinung gern in einem persönlichen Zweikampf vertreten.«88 Diesmal konnte Franz die Nachricht nicht einfach ignorieren und verfasste seinerseits eine wütende Gegenherausforderung. »Sollte es Eure Absicht gewesen sein«, warnte er Karl, »uns irgendetwas vorzuwerfen, was für einen auf seine Ehre bedachten Mann von Stand nicht statthaft wäre, so hättet Ihr dreist gelogen. Deshalb schreibt uns von nun an keine unnötige Zeile mehr: Nennt nur den Ort, und wir bringen die Waffen mit.« Bis dahin müsse jedoch Schluss sein mit Sticheleien. »Ich will hoffen«, beschloss Franz seine Herausforderung, »dass Ihr wie ein Edelmann antworten werdet und nicht wie ein Advokat: auf dem Duellplatz und nicht bloß auf Papier.«89 Karl hatte jedoch nicht die Absicht, fortan auf die »Waffen« Papier und Tinte zu verzichten – ganz im Gegenteil ließ er den gesamten Briefwechsel mit Franz als ein kleines Büchlein veröffentlichen –, umso weniger, als er gerade zum ersten Mal deutliche Popularität bei seinen spanischen Untertanen erfuhr. Wie Gattinara bemerkte, »spornte die Aufforderung zum Duell, so unbedacht sie auch ausgesprochen war, Aragonier, Valencianer und Katalanen dazu an, mit Leidenschaft ihren Cäsar zu unterstützen und zu ihrer Rache [an den Franzosen] zu kommen«. Salinas berichtete, Karls ursprüngliche Antwort an die Herolde habe »allen Anwesenden sehr gefallen« und jedermann sei »so froh über diese Herausforderung, als hätte er selbst sie erhalten«.90 Der Kaiser wusste sich eine solche Stimmung zunutze zu machen, indem er die in Valladolid zusammengetretenen Cortes von Kastilien dazu brachte, beträchtliche neue Steuersummen zu bewilligen – mit denen er einen weiteren Italienfeldzug finanzieren wollte – sowie Philipp als dem neuen Fürsten von Asturien Gefolgschaft zu schwören (diesen Titel führte traditionell der kastilische Thronfolger). Außerdem unternahm Karl nun den zeremoniellen Besuch in Valencia, den er neun Jahre zuvor vermieden hatte, und ließ bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal »die Kaiserin als Regentin von ganz Kastilien« zurück. Bei seiner Rückkehr traf er in Monzón mit den Cortes von Aragón zusammen und konnte auch sie zur Bewilligung neuer Steuern bewegen.91 Bevor er auf die Herausforderung durch Franz antwortete, unternahm Karl den ungewöhnlichen Schritt, seine führenden Untertanen und Minister in Sachen Etikette zu konsultieren: Mit den Aragoniern konnte er in Monzón persönlich sprechen, die Kastilier befragte er brieflich. Der kastilische Kronrat äußerte sich dahingehend, dass »derlei Herausforderungen [zum Duell] nach dem Gesetz Gottes und dem Naturrecht verboten« seien. Der Kaiser als rang-

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höchster Herrscher der Christenheit solle daher mit gutem Beispiel vorangehen und Duellen aus dem Weg gehen. Wie die Räte vorhersagten, würden auch, »selbst wenn Ihr diese Herausforderung annehmt, Krieg und Zwietracht nicht aufhören, sondern (wie wir glauben) eher noch zunehmen«. Die Kaiserin, die erst kürzlich ihre Tochter María zur Welt gebracht hatte, versuchte ebenfalls, ihren Gatten von seinem Vorhaben abzubringen – »aus Angst, Euer Majestät könnte damit tatsächlich Ernst machen« und sie selbst als Witwe zurücklassen.92 Die Adligen, Prälaten und Stadtoberen von Kastilien dankten Karl allesamt brav »für die Ehre, die Ihr mir erweist, indem Ihr um meinen Rat für Euer weiteres Vorgehen bittet«. Dann jedoch äußerten manche Besorgnis darüber, dass Karl sein Leben aufs Spiel setzte, während sein Sohn und Nachfolger noch im Säuglingsalter war. Andere wiesen darauf hin, dass – wie der Herzog von Infantado es ausdrückte – »der ritterliche Ehrenkodex auch für Fürsten gilt, so mächtig sie auch sein mögen, und nicht nur für einfache Ritter wie uns«. Das bedeutete, dass ein Eidbrecher wie Franz überhaupt nicht das Recht hatte, eine Herausforderung auszusprechen. Der Kaiser solle sie deshalb einfach ignorieren.93 Die rapide Verschlechterung der kaiserlichen Position in Italien brachte Karl dazu, diesen Rat zu verwerfen und Franz’ Aufforderung zum Duell tatsächlich anzunehmen. Er schlug vor, der Zweikampf solle auf einem eigens abgesicherten Areal stattfinden, »an dem Fluss [Bidassoa], der Fuenterrabía und Hendaye trennt« und noch heute die Grenze zwischen Spanien und Frankreich bildet. Franz überließ er es, zu wählen, »wie und womit wir kämpfen sollen«. Sollte der aber binnen vierzig Tagen nicht akzeptieren, fügte Karl hinzu, werde diese Verweigerung »Euch zur Last gelegt und der Schande noch hinzugefügt, die Ihr mit dem Bruch Eurer in Madrid gegebenen Versprechen auf Euch geladen habt«. Am 24. Juni vertraute der Kaiser diese provokante Nachricht seinem Oberherold an, einem Mann namens Bourgogne (»Burgund«), und versah ihn mit detaillierten Anweisungen für ihre Übergabe an seinen Rivalen. Bald darauf ließ Karl den berühmten Augsburger Plattner und Harnischmacher Kolman Helmschmied zu sich rufen, der ihm erst kürzlich eine prachtvolle Rüstung angefertigt hatte (das Monogramm »kd«, das Helmschmied darauf angebracht hatte, stand für »Karolus Divus«, »Karl der Göttliche«). Nun sollte der Meister nach Spanien kommen und Material und Schmiede mitbringen »für den Fall, dass ich kämpfen muss«.94 (Abb. 12) Aus denselben Gründen, die Karl einen Zweikampf Mann gegen Mann befürworten ließen, lehnte Franz ein Duell ab: Der französische König weigerte sich, den nötigen Geleitbrief auszustellen, der es »Bourgogne« erlaubt hätte, Karls Botschaft unbeschadet zu überbringen. Schließlich hatten Franz’ Truppen gerade gute Aussichten darauf, die Kontrolle über ganz Italien zu erringen – in

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einer solchen Situation schien es nicht angeraten, durch einen Zweikampf alles aufs Spiel zu setzen. In einem Brief mit Datum vom 28. Juli 1528 prahlte der König: »Ich fühle mich so gut, dass ich mich gar nicht besser fühlen könnte«, und berichtete, dass er in der letzten Zeit »zwei oder drei Mal auf der Jagd gewesen« sei und »jeden Tag durch meine Gärten streife und mir die Bauarbeiten ansehe« – gemeint war sein neues Schloss Fontainebleau. Sodann gab er seiner Freude darüber Ausdruck, dass sein Heer die Kaiserlichen in der Lombardei zum Rückzug gezwungen hatte. Dies sei »eine solch herrliche Nachricht, dass die Dinge nicht besser stehen könnten«, denn schließlich »haben wir so den feindlichen Kräften in Neapel jede Hoffnung auf Entsatz genommen. Das wird es Monsieur de Lautrec ganz leicht machen, den Rest seines Auftrags auszuführen, und so hoffe ich, dass wir schon in wenigen Tagen weitere gute Nachricht von jener Seite erfahren … Stellt Euch nur vor, wie fassungslos meine Feinde sein werden, wenn sie ihre Kräfte Tag um Tag schwächer werden und schwinden sehen, während die meinen mit dem Gelingen meines Vorhabens immer stärker werden und zunehmen«.95

»Weitere gute Nachricht von jener Seite« sollte es niemals geben. Etwa um dieselbe Zeit, als Franz in Fontainebleau seinen allzu siegessicheren Brief unterzeichnete, ging im 1500 Kilometer entfernten Neapel der Admiral Andrea Doria in das Lager des Kaisers über und brach die Seeblockade. Ruhr und Malaria dezimierten das französische Belagerungsheer, und Lautrec selbst lag auf dem Sterbebett. Prahlerei und Schadenfreude bestraft der liebe Gott sofort.

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8 Der Held der westlichen Welt (1528–1531) Das Glück eines Kaisers Am 1. Juni 1528 sprach Odet de Foix, Seigneur de Lautrec, der voller Zuversicht damit rechnete, dass seine Belagerung Neapels schon bald siegreich zu Ende gehen würde, einem italienischen Verbündeten Mut zu: Die kaiserliche Partei habe »bisher noch keinen Sieg durch Tapferkeit errungen«, sondern stets durch günstigen Zufall. Und jetzt, trumpfte Lautrec auf, »hat Fortuna sich gegen sie gewandt und der Himmel selbst will sie bestrafen«.1 Da irrte er: Gerade hatte der Genueser Admiral Andrea Doria, dessen Schiffe Neapel von allen Seewegen abschnitten, sich dazu entschlossen, die Franzosen im Stich zu lassen. Als Karl Gerüchte zu Ohren kamen, die von einem möglichen Seitenwechsel des Admirals sprachen, handelte er sofort und erklärte, er werde »alles tun, um den besagten Andrea Doria zum Eintritt in meine Dienste zu bewegen, was immer es mich kosten mag« – eine extrem freigiebige Position, die der Kaiser nur selten einnahm. Er stimmte also einem großzügig formulierten Vertrag zu, durch den der erfahrene Genueser Patrizier zu seinem »Generalkapitän zur See« ernannt wurde. Darin gewährte er ihm eine umfassende Amnestie für seine früheren Taten, ließ ihm Munition, Mannschaften und Geldmittel zur Verfügung stellen, um zwölf Galeeren unter kaiserlicher Flagge auszurüsten, und erkannte ihn schon einmal als seinen »ewigen Vogt« über Genua und dessen frühere Territorien an, sobald diese wieder in die kaiserliche Machtsphäre zurückgekehrt wären.2 Der Rückzug Dorias aus der Bucht von Neapel erlaubte es der kaiserlichen Seite, Proviant und Verstärkungen in die Stadt zu bringen – zu einem Zeitpunkt, als die Belagerer (unter ihnen auch Lautrec) bereits von einer Seuche dahingerafft wurden. Im August zogen sich die verbliebenen französischen Kräfte in das zwanzig Kilometer landeinwärts gelegene Aversa zurück. Da diese Stadt jedoch, wie sie feststellen mussten, kaum zu verteidigen war, ergaben sie sich und versprachen zudem, dass »alle Städte, Länder, Burgen, festen Plätze und Festungen«, die in französischer Hand waren, sich ebenfalls ergeben würden, sodass »alles wieder sein würde, wie es war, bevor der Herr von Lautrec hier einfiel«.3 Doria nahm mit seinen Galeeren Kurs in Richtung Norden und kehrte nach Genua zurück, wo er im September 1528 als ein triumphaler Sieger eintraf. Die französische Garnison und ihre Genueser Verbündeten (namentlich die Familie Fregoso) jagte er kurzerhand aus der Stadt. Maurizio Arfaioli hat darauf hingewiesen, dass sich dieser Doppelschlag von Neapel und Genua letztlich als folgenreicher erweisen sollte als der Sieg von Pavia, denn »innerhalb von

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weniger als zwei Wochen gingen zuerst Neapel und sein Königreich, dann auch Genua – ›Tor und Schlüssel zu Italien‹ – den Franzosen für immer verloren«.4 Was aber hatte Doria dazu gebracht, die Seiten zu wechseln und damit die Machtbalance in Italien dauerhaft zu Karls Gunsten zu verschieben? Der Kaiser behauptete, Hauptgrund sei die »schändliche Behandlung« gewesen, die der französische König sowohl Doria selbst als auch seiner Vaterstadt Genua hatte zuteilwerden lassen. Zweifellos spielte dieser Umstand eine gewisse Rolle, genauso wie Karls zahlreiche Zugeständnisse (darunter das Recht für »alle Genuesen, die in den Ländern des Kaisers leben, dass sie dort ganz wie seine eingeborenen Untertanen behandelt werden«: ein Freibrief für den lukrativen Amerikahandel!). Doria selbst erzählte jedoch eine andere Geschichte. Als ihn eines Tages in den kaiserlichen Gemächern ein Höfling ganz indiskret darauf ansprach, weshalb er denn vor Neapel eigentlich so abrupt die Seiten gewechselt habe, da antwortete der Admiral, »dass ihm in drei aufeinanderfolgenden Nächten jeweils kurz vor dem Morgengrauen im Traum ein Mann erschienen sei, der gesagt habe: ›Geht und dient dem Kaiser!‹, und so habe er dies getan«.5 Zwar mag es sich bei dieser – immerhin durch einen Ohrenzeugen belegten – Geschichte schlicht um ein Stück Rhetorik handeln; aber sie passt doch genau zu dem zeitgenössischen Glauben an die besondere Portion »Kaiserglück« (fortuna Caesaris), zu der seit der Antike verbreiteten Idee, dass zu den Tugenden eines wahren Kaisers neben Milde, Ausdauer, Geist und Sieghaftigkeit eben auch das Glück gehöre. Der Gedanke, dass »Frau Fortuna« in glücklichen wie auch in weniger glücklichen Tagen das Leben aller Menschen regiere, war im frühneuzeitlichen Europa weitverbreitet. Im 16. Jahrhundert scheint er jedoch eine besondere Dringlichkeit angenommen zu haben. Karl selbst wurde nicht müde, zu betonen, wie viel er letztlich seiner »Fortüne« verdanke, und viele seiner Zeitgenossen stimmten dem zu. So veranlasste die Geburt des Prinzen Philipp im Jahr 1527 den venezianischen Botschafter Andrea Navagero zu der folgenden Beobachtung: »Sein ganzes Leben lang, von seiner Geburt bis auf den heutigen Tag, hat Karl zu allen Zeiten außergewöhnlich großes Glück gehabt, und seine Vorhaben sind stets erfolgreich gewesen; wie es auch jetzt wieder scheint, dass Fortuna ihm in dieser Sache so hold gewesen ist wie nur möglich, denn das Einzige, was ihm noch fehlte, um Beständigkeit in seine Angelegenheiten zu bringen und ihm die Liebe seiner Untertanen in seinem ganzen Reich zu sichern, das ist ihm nun gewährt worden.«

Als dreißig Jahre später ein anderer venezianischer Botschafter die Erfolge und Misserfolge von Karls Regierungszeit Revue passieren ließ, stellte er fest, dass

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»nach allgemeiner Auffassung das gewaltige Staatsschiff Seiner Majestät, seine Königreiche und sein Imperium, stets von einer günstigen Fortuna (favorevole Fortuna) gelenkt worden ist«. Sein Florentiner Amtskollege sah die Sache ganz ähnlich: »So ist das mit dem Glück der Cäsaren: Es hat keinen Sinn, ihre Vorhaben ermessen und diskutieren zu wollen«, jedenfalls nicht auf Basis vernünftiger Kalkulation. Und nach der Wiedererlangung Genuas im Jahr 1528 versicherte selbst Antonio de Leyva, normalerweise ein besonnener Pragmatiker, dem Kaiser: »Ich vertraue auf Gott und auf das günstige Geschick (buena fortuna) Eurer Majestät, dass Ihr Herr über alles sein werdet und die ganze Welt einsehen wird, dass Gott Euch zu ebendiesem Zweck erschaffen hat.«6 Auch der Klerus pflichtete dem bei. Als 1529 ein Diplomat Papst Clemens fragte, warum er sich schließlich auf die Seite des Kaisers gestellt habe, antwortete dieser: »Alle Welt hat gesehen, dass die Sache Seiner Majestät stets Erfolg hat dank seiner guten Regierung und seiner Fortune (favo­revole Fortuna).« Drei Jahre darauf spekulierte der Nuntius Girolamo Aleandro, Karls Erfolge müssten »aus göttlicher Vorsehung entspringen, denn wir sehen ja, dass Gott ihm allen Widrigkeiten zum Trotz stets einen guten Ausgang schenkt«. Als Karl 1552 die leichtsinnige Entscheidung traf, noch kurz vor Wintereinbruch eine Belagerung der Stadt Metz zu beginnen, weissagte der im kaiserlichen Gefolge reisende Nuntius, dass Karl, »sollte er mit seinem Heer in diesem Jahr noch etwas erreichen, dies wohl seinem üblichen Glück (su buena fortuna) zu verdanken haben wird«. Und der Bischof und Geschichtsschreiber Paolo Giovio führt im zweiten Teil seiner Historia sui temporis (»Geschichte seiner Zeit«), der die Regierungszeit Karls behandelt, nicht weniger als fünfzig Belege dafür an, welch große Rolle »Frau Fortuna« in dem Geschehen gespielt hatte.7

Italien wird befriedet Manche führenden Minister des Kaisers blieben 1528 dennoch pessimistisch. Nachdem er die guten Nachrichten aus Neapel und Genua gehört hatte, »die jegliche Hoffnung übertrafen«, richtete der Großkanzler Gattinara an Karl die Warnung, »die Früchte jener Siege nicht aus den Händen gleiten zu lassen, wie er es nach früheren bereits getan hatte«. Ein spanischer Botschafter äußerte ganz ähnlich, dass »es nun unbedingt erforderlich ist, jenen Sieg auszunutzen und die Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen, wie es in der Vergangenheit schon geschehen ist«.8 Karl nahm diese Hinweise ernst und widmete sich als Erstes seiner Aussöhnung mit Papst Clemens. Der Papst war an diesem Punkt »anfällig« für kaiserliche Friedensangebote, weil ihm sowohl an der Wiederherstellung der Medici-Herrschaft in Florenz als

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auch an der Restitution vormals päpstlicher Gebiete gelegen war, die der Herzog von Ferrara und die Venezianer besetzt hielten. Beides waren Ziele, die er nur mit der Hilfe des Kaisers erreichen konnte. Im April 1529 machte Karl dem Papst dann ein entscheidendes Zugeständnis, um ihn auf seine Seite zu ziehen. Weil sie erkannt hatten, wie sehr »die Frage des Konzils, von dem die Deutschen meinen, es müsse zur Klärung der dortigen Lage gehalten werden, Seine Heiligkeit bekümmert, und angesichts der Tatsache, dass der Papst dies auch schwerlich akzeptieren würde«, stellten Karls Botschafter in Rom bei einer päpstlichen Audienz die Möglichkeit in den Raum, »den Aufruhr und die Unvernunft der Lutheraner loszuwerden«, indem man nicht ein vollwertiges Konzil, sondern bloß ein »Kolloquium« einberiefe. »Als er dieses hörte, sprang der Papst von seinem Sitz auf und rief ›Meiner Treu, Ihr habt ja recht, es ist vollkommen richtig, was Ihr sagt! In diesem Fall könnten wir auf einige ihrer weniger strittigen Forderungen mit Zugeständnissen antworten!‹ Von da an fanden wir ihn offener und heiterer.« Karl versprach Clemens nun auch, dass er, »falls Ihr unzufrieden mit mir seid«, bereit sei, »Euch um Verzeihung zu bitten, damit wir tun können, was nötig ist«. Daraufhin schickte Papst Clemens einen Gesandten nach Spanien, der bevollmächtigt war, im päpstlichen Namen Frieden zu schließen. Er, Clemens, sei nämlich »fest entschlossen, als ein Unterstützer des Kaisers zu leben und zu sterben«.9 Karl versprach, Venedig und Ferrara zur Rückgabe aller eroberten Gebiete an den Papst zu zwingen. Weiter sagte er zu, er werde die Republik Florenz dazu bringen, einen Neffen des Papstes, Alessandro de’ Medici, als ihren Herrscher zu akzeptieren, und diesem seine inzwischen siebenjährige, uneheliche Tochter Margarita zur Frau geben. Auch die päpstliche Herrschaft über Parma und Piacenza sollte legitimiert werden. Clemens seinerseits erließ ein päpstliches Breve, in dem er »all jene begnadigte, die an der Plünderung Roms teilgenommen oder diese gebilligt haben«. Er versprach, das Verfahren, in dem Heinrich  VIII. die Scheidung von Karls Tante Katharina anstrebte, nach Rom zu ziehen. Er willigte außerdem ein, Karl das Königreich Neapel zurückzugeben (zusammen mit der Berechtigung, 24 hohe Kirchenämter in diesem Königreich mit eigenen Kandidaten zu besetzen) und ihn zum Kaiser zu krönen, ferner Gattinara zum Kardinal zu erheben, Karl und Ferdinand jeweils ein Viertel aller Pfründeneinnahmen in ihren Herrschaftsgebieten zu überlassen, um damit den Kampf gegen die Türken zu unterstützen, und sich den beiden Herrschern in einer Liga zur Zerschlagung des Luthertums anzuschließen. Allein das Schicksal Mailands blieb noch in der Schwebe: Karl erklärte sich bereit, den Herzog Francesco Sforza wieder in Amt und Würden zu setzen – vorausgesetzt, jener erflehe vom Kaiser Vergebung dafür, dass er sich der Liga von Cognac angeschlossen hatte. Für den Fall, dass Sforza sich weigern sollte, drohte Karl die Aufteilung des

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Herzogtums unter den Nachbarterritorien an. Diese Bestimmungen ratifizierte der Kaiser am 29. Juni 1529 in Barcelona.10 Es war kein Zufall, dass Karl sich in Barcelona aufhielt. Nachdem er vom Entsatz Neapels erfahren hatte, tat er seine Absicht kund, »mich an einen Ort zu begeben, an dem ich meine Ehre und Reputation vergrößern und mehren kann«, und manche (fuhr er fort) »haben mir gesagt, es gebe hierfür zur Zeit keinen besseren und schnelleren Weg, als unverzüglich nach Italien zu reisen«. Er versprach seinem Bruder, noch vor Jahresende 1528 dort einzutreffen und ein Heer aufzustellen, mit dessen Hilfe er zunächst »Italien von einem Ende bis zum anderen befrieden« und dann Burgund zurückerobern wollte, bevor er nach Deutschland zurückkehren würde. Zwar sorgten seine spanischen Minister mit einer Verschleppungstaktik dafür, dass Karl die Ferdinand zugesagte Frist nicht einhielt, aber immerhin konnte der Kaiser inzwischen damit rechnen, dass seine imperialen Ambitionen in der Bevölkerung auf allgemeinen Zuspruch stießen: »Ganz Spanien teilt nun den Willen seines Königs, und jedermann ruft ›Cäsar, Cäsar kommt! Der Weltherrscher kommt!‹«11 Im März 1529 ließ Karl durch die Unterzeichnung wichtiger Dokumente erkennen, dass seine Abreise unmittelbar bevorstand. Darunter befanden sich ein neues Testament, eine Erklärung, in der Prinz Philipp als sein Erbe im Todesfall benannt wurde, außerdem allerlei Anweisungen an die diversen Ratsgremien, die er während seiner Zeit in Spanien entweder eingerichtet oder reformiert hatte (die Kronräte von Kastilien und Aragón, den Kriegsrat und den Staatsrat, den Indienrat, die Organe der Inquisition und der Orden). Alle würden sie in Spanien zurückbleiben, um der Kaiserin, die in der Zeit von Karls Abwesenheit als Regentin amtieren sollte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Auch Isabella erhielt detaillierte Anweisungen darüber, was sie ohne die ausdrückliche Genehmigung ihres Gatten tun durfte – und was sie lassen musste. Dann nahm der Kaiser Abschied von der Kaiserin. Erst mehr als vier Jahre später sollten sie einander wiedersehen.12 Im April ermächtigte Karl seine Minister, einen Vertrag mit der portugiesischen Krone zu schließen, der ihm 350 000 Dukaten einbrachte – im Gegenzug gab er den Anspruch Kastiliens auf die »Gewürzinseln« (die heutigen Molukken) auf. Zahlreiche spanische Adlige, die von diesem Ausverkauf noch keine Kenntnis hatten, stellten sich ein, um ihren König nach Italien zu begleiten. Wohin genau die Reise gehen sollte, blieb indes weiter unklar. Sowohl von Leyva, der ihn drängte, in Genua an Land zu gehen, als auch vom Fürsten von Orange, der darauf bestand, der Kaiser solle zuerst nach Neapel kommen, erhielt Karl durchaus überzeugende Briefe. Eine Zeit lang konnte er sich nicht entscheiden, wessen Bitte er nachkommen sollte. »Bedenkt man, dass im Laufe der Zeit sich nicht selten die Umstände und damit auch die Handlungsmöglichkeiten verändern«, schrieb er an Leyva, »so scheint uns, dass wir diese

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Entscheidung über den Ort, an dem wir an Land gehen werden, noch zurückstellen sollten, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, da wir an Bord gehen wollen.«13 Erst Mitte Mai gab der Kaiser bekannt, dass er sich für Genua als Ziel seiner Seereise entschieden hatte. Karl äußerte sich nun auch dazu, wie seine Maximalerwartungen für die geplante Befriedung Italiens aussahen und welche Zugeständnisse er nötigenfalls zu machen bereit war, um eine Einigung zu erreichen. Im Fall Mailand, seiner Ansicht nach derzeit die »wichtigste Angelegenheit«, favorisierte der Kaiser eine Aufteilung des Herzogtums, wobei jeder der Nachbarn ihm als dem Lehnsherrn ein Teilstück abkaufen sollte. Falls der Papst jedoch auf der Restitution Francesco Sforzas bestünde, so werde er, Karl, dem Folge leisten – jedoch »unter Wahrung unserer Würde«, und das hieß: gegen Zahlung eines stattlichen Strafgeldes. Ferrara und Venedig sollten sämtliche Orte, die sie im Königreich Neapel und in der Lombardei sowie auf dem Gebiet des Kirchenstaates besetzt hatten, aufgeben und ebenfalls eine hohe Entschädigung zahlen. Allerdings durfte ganz ausdrücklich »die Möglichkeit einer Einigung durch nichts unterbunden« werden, sprich: Karls Verhandlungsführer konnten die Summe bei Bedarf absenken, um einen Friedensschluss zu sichern. Karl erklärte sich außerdem bereit, die Republik Florenz anzuerkennen, sofern diese ihm das Recht gewähre, in der Stadt eine Garnison zu unterhalten, und eine Entschädigung zahle. Was Letztere betraf, so waren seine Agenten bevollmächtigt, diese gegebenenfalls ganz zu erlassen, »wenn Ihr sehen solltet, dass eine Einigung mit ihnen auf anderem Weg nicht zu erzielen ist«. Der Kaiser wusste, dass dieses Resultat den Papst zur Weißglut treiben würde, aber er wusste auch, dass noch vieles geschehen konnte, bevor seine Anweisungen ihre Zielorte erreichten. Also übertrug er auch in diesem Fall seinen Beauftragten die volle Entscheidungsgewalt: »Wir würden nicht wollen, dass etwas derart Gewichtiges ungetan bliebe oder verzögert würde oder dass seine Wirkung verzögert würde, nur weil wir damit beschäftigt waren, Briefe hin und her zu schicken«, erklärte er seinen Gesandten. Deshalb »verkünden wir Euch unseren Wunsch, jedoch dürft Ihr ohne weitere Rücksprache so vorgehen, wie es Euch am besten erscheint; und wir versprechen, alles umzusetzen, was Ihr vereinbart und beschließt, selbst wenn es in Euren sonstigen Anweisungen nicht vorgesehen ist – ja selbst dann, wenn es in direktem Widerspruch zu diesen steht«.14 Im Juni fügte Leyva einem weiteren französischen Expeditionsheer, das nach Italien entsandt worden war, eine vernichtende Niederlage bei. Die Franzosen hatten schwerste Verluste zu beklagen; ihre Kommandeure wurden gefangen genommen. Als ob die verlustreichen Niederlagen von Pavia und Neapel nicht schlimm genug gewesen wären, fehlten Frankreich nun außer Truppen und finanziellen Mitteln auch noch die Generäle, um den Krieg fortzuführen. Nach

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Barcelona hingegen strömten Schiffe, Truppen, Vorräte und Geld in einem solchen Umfang, dass Gattinara sich zu einer wahren Rhapsodie auf die Vorsehung veranlasst sah: »Die Tatsache, dass alles zur gleichen Zeit geschah, wie miteinander verwoben, aus so vielen unterschiedlichen Enden der Welt, alles auf dasselbe Ziel gerichtet, jenseits alles menschlichen Hoffens, auf göttlichen Ratschluss hin gesandt, wie es hieß, ließ die Herzen der Menschen voller Bewunderung sein. Fast schien es, als würden Cäsars Angelegenheiten auf wundersame Weise von Gott selbst gelenkt. Alle, denen befohlen worden war, die Reise mit Cäsar anzutreten, versammelten sich. Einer nach dem anderen bestiegen sie die Schiffe und Galeeren, die ihnen zugewiesen waren, mitsamt ihren Pferden, Waffen und all ihren Vorräten.«

Schließlich ging am 27. Juli 1529 auch Karl an Bord der königlichen Galeere, seines Flaggschiffs, dessen Kapitän Andrea Doria selbst war, und ließ noch am selben Tag die Anker lichten zur Fahrt gen Italien. Unter den stürmischen Rufen der Männer an Bord – »Kaiser! Kaiser! Plus ultra, plus ultra! Herr der Welt!« – nahmen die Schiffe Kurs auf das offene Meer.15

Frankreich wird gedemütigt Schon seit Monaten hatten italienische Diplomaten in ihren Berichten kaum etwas anderes mitzuteilen gehabt als Spekulationen darüber, wo, wann und ob überhaupt der Kaiser in Italien eintreffen werde. Am Ende versetzte Karls Ankunft in Genua »manche Leute so bass in Erstaunen, dass sie es kaum glauben mochten«. Dennoch verbreitete sich die Neuigkeiten wie ein Lauffeuer: dass die kaiserliche Flotte mehr als 100 Schiffe zählte, dass sie 12 000 Fußsoldaten und 2000 Mann Reiterei mitführte und dazu noch ein Gefolge, »das zusammen mit den Dienern und den zahlreichen Würdenträgern, die dem Hof überallhin folgen, noch einmal 5000 Köpfe gezählt haben muss«. Außerdem hieß es unter Insidern, »Seine Majestät habe 2 Millionen Dukaten in Gold mitgebracht«. Entsprechend zog nun ein steter Strom von Botschaftern, Fürsten und Kardinälen in die Stadt, um dem Kaiser die Aufwartung zu machen beziehungsweise (in mehreren Fällen) um Verzeihung dafür zu erbitten, dass man im Krieg die falsche Seite gewählt hatte – in einem Krieg, der ja noch andauerte.16 Im Oktober 1528 schrieb Karl an »mehrere Könige und Fürsten«, um allgemein bekannt zu machen, dass der französische König sich geweigert hatte, seine Herausforderung zum Zweikampf anzunehmen; zugleich teilte er mit, dass er sein Angebot an Franz, ihrer beider Streit in einem Duell beizulegen,

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nunmehr zurückziehe, »da ich meine Ehre angemessen gewahrt habe«. Stattdessen wies er seine Generäle an, »alles im Kriegszustand zu belassen, damit unsere Feinde eher geneigt sein werden, vernünftige Bedingungen anzunehmen, als dies bisher der Fall gewesen ist«.17 Erzherzogin Margarete tat dasselbe: Ihre Emissäre schlossen einen Waffenstillstand mit England und Frankreich, der für acht Monate Bestand haben sollte, was es ihr erlaubte, den Herzog von Geldern anzugreifen. Mit dem Vertrag von Gorcum (Gorinchem) erkannte der Herzog im Oktober 1528 die Oberherrschaft des Kaisers über Utrecht und Overijssel an (zwei Territorien, die er sich am liebsten selbst gesichert hätte). Ferner willigte er ein, dass im Falle seines Ablebens ohne legitime Nachkommen der Kaiser sein Erbe antreten sollte, und schwor, sich »von dem König von Frankreich ganz und gar abzuwenden, an die Seite des Kaisers zu treten und diesem gegen ausnahmslos alle treu zu dienen«. Jede einzelne dieser Bedingungen war ein bedeutender Erfolg, den weder Maximilian noch sein Sohn Philipp je hatten erringen können.18 Geschlagen und international isoliert, wie er war, zeigte Franz sich Margarete gegenüber bereit, einen »Universalfrieden« zu schließen. Die Erzherzogin fragte ihren Neffen, zu welchen Bedingungen er hierzu bereit wäre. »Der König von Frankreich«, antwortete Karl hochmütig, »weiß ganz genau, was er zu tun hat, um Frieden zu bekommen und um meiner Ehre so Genüge zu tun, wie es ihm anstände«. Das hieß, Franz sollte den Vertrag von Madrid in allen Punkten erfüllen mit Ausnahme der Restitution Burgunds, auf die Karl gegen eine beträchtliche Abfindung verzichten wollte. Auf dieser Grundlage ermächtigte der Kaiser im April 1529 Margarete, »alles zu tun, was wir selbst auch tun oder anordnen würden, wären wir selbst zugegen«. Er versprach seinerseits, die Bestimmungen eines jeden Friedens, den seine Tante aushandeln würde, »zu bestätigen, einzuhalten und unangetastet umzusetzen«.19 Nachdem Margarete einen Monat lang hinter verschlossenen Türen und unter vier Augen mit Luise von Savoyen verhandelt hatte, schlossen die Tante des Kaisers und die Mutter des Königs schließlich im Sommer 1529 den berühmten »Damenfrieden von Cambrai« (Paix des dames). Dieser verpflichtete Franz, all seine Eroberungen, Ansprüche und Allianzen aufzugeben, und zwar sowohl in Italien als auch in den Niederlanden, und seine gesamten Truppen aus den besagten Gebieten abzuziehen. Weiter musste er versprechen, die Anrechte der Erben des Herzogs von Bourbon zu achten, Karls Schwester Eleonore zu heiraten und über eine Million Kronen Lösegeld für seine beiden Söhne zu zahlen, die noch immer in Spanien festgehalten wurden, um die Einhaltung des Madrider Vertrages abzusichern. Auch musste Franz einwilligen, die Schulden des Kaisers bei Heinrich VIII. zu begleichen, einige verbleibende Ansprüche Karls mit Blick auf Burgund einer Schlichtung zu unterziehen, die Venezianer zur Aushändigung

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ihrer Eroberungen auf dem Boden des Königreichs Neapel an den Kaiser zu bewegen (sollten sie sich weigern, musste Franz dem Kaiser bei der gewaltsamen Rückführung Waffenhilfe leisten), sowie schlussendlich die Repub­lik Florenz zur Aufgabe zu überreden. Margaretes Unterhändler hatten unterdessen auch mit England eine Friedenseinigung erzielt, und so wurden beide Verträge am 5. August 1529 in Cambrai proklamiert.20 Karl zeigte sich über die Friedensbedingungen hocherfreut und bemerkte seiner Gattin gegenüber, sie seien »so gut, wie ich sie mir erhofft hatte, ja in manchen Punkten sogar besser. Ich bin darum sehr froh. Es scheint, Madame, dass ich die Sache zu Ende gebracht habe, wie es sowohl meine Ehre als auch der Frieden und das Wohlergehen der Christenheit erfordern.« Einer der kaiserlichen Diplomaten, der schon die Erniedrigung erlebt hatte, die auf den Vertrag von Madrid gefolgt war, zeigte sich weniger zuversichtlich: »Die Bedingungen dieses Friedens sind derart günstig«, grübelte er, »dass manche schon meinen, sie könnten zu unserer Täuschung gedacht sein.«21 Da kannte einer seine Pappenheimer! Tatsächlich griff Franz auf dieselbe Taktik zurück wie schon zuvor: Erst gab er feierlich zu Protokoll, Karl habe die Geiselhaft der französischen Prinzen dazu gebraucht, ihm Zugeständnisse in Italien abzupressen – insbesondere die Preisgabe Mailands und Genuas, »die uns gehören, wie alle Welt weiß« –, und er sei folglich nicht verpflichtet, sich an die geschlossene Vereinbarung zu halten. Dann jedoch sah Franz sich – mangels Verbündeter – gezwungen, seine Truppen schweren Herzens von jenseits der Alpen zurückzuziehen, gab seine Eroberungen in den Niederlanden auf und begann, die riesige Summe zusammenzubringen, die er als Lösegeld für seine Söhne benötigte.22 Der Kaiser seinerseits behandelte die Prinzen auch weiterhin schlecht. Nachdem ein geheimer Plan zur Befreiung der Gefangenen aufgeflogen war, ließ Karl ihre Wächter in Pedraza de la Sierra wissen, dass »keine Notwendigkeit für Spaziergänge in der Umgebung besteht, da die Prinzen ja in der Festung ausreichend Raum haben. Auch sollt Ihr alle von ihnen fernhalten, die geschickt werden, um mit ihnen zu sprechen oder sie zu sehen.« Das bedeutete nach Lage der Dinge, dass die beiden Jungen – zehn und elf Jahre alt – von allen abgeschirmt wurden, die sich mit ihnen in ihrer Muttersprache hätten unterhalten können. Mit diesem engherzigen Verhalten handelte sich Karl eine Rüge seiner Tante Margarete ein (die ja mit der Großmutter der Prinzen den »Damenfrieden« ausgehandelt hatte): »Junge Prinzen wie diese, die nichts Böses getan haben, dürfen nicht für die bösen Taten ihres Vaters büßen; und es wäre besser, sie gut zu behandeln, da hierin die Ehre des Kaisers auf dem Spiel steht.« Karl fügte sich und stellte tausend Dukaten zur Verfügung, »um den Prinzen ein paar gute Kleider machen zu lassen, damit ihre Besucher sie nicht in Lumpen vorfinden« – aber bezeichnenderweise bestand er darauf, dies müsse geschehen,

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»ohne dass der tatsächliche Grund ans Licht käme«.23 Nachdem die Bestätigung eingegangen war, dass Franz alle anderen Versprechen erfüllt hatte, prüften und wogen im Juni 1530 spanische Beamte jede einzelne der Goldmünzen, die ihre französischen Kollegen an die Grenze gebracht hatten, und nachdem eine Nachzahlung von 22 797 weiteren Kronen eingetrieben war (zum Ausgleich für die zu leicht befundenen Münzen), begleitete Eleonore die beiden französischen Prinzen über die Grenze. So endeten vier Jahre voller Strapazen und Demütigung, die insbesondere der jüngere der beiden Brüder, der spätere König Heinrich II., niemals vergessen oder vergeben sollte.24 Mit voller Absicht hatte Karl die italienischen Verbündeten des französischen Königs aus dem Frieden von Cambrai herausgehalten, wodurch diese gezwungen waren, jeweils einzeln um einen Friedensschluss nachzusuchen. Während der Fürst von Orange an der Spitze eines großen Heeres von Neapel in Richtung Florenz zog, führte der Kaiser selbst ein weiteres Heer von Genua aus nach Süden, denn er war überzeugt davon, dass eine überwältigende militärische Überlegenheit »meine Reputation in allen Fragen stützen und dazu führen wird, dass die, die noch immer unter Waffen stehen« – nämlich Ferrara, Florenz, Francesco Sforza und die Venezianer –, schnellstens Frieden schließen würden. Wenn nicht, drohte der Kaiser, werde er »Gewalt anwenden, wo immer dies angemessen und notwendig erscheint«. Kaum war die Tinte auf diesem Brief getrocknet, traf ein Eilbote seines Bruders Ferdinand ein und brachte die besorgniserregende Nachricht, dass ein riesiges türkisches Heer unter der Führung des Sultans persönlich sich Wien näherte. »Dies betrifft Seine Majestät so gut wie mich«, schrieb Ferdinand verzweifelt und insistierte, der Kaiser müsse unverzüglich über die Alpen kommen.25

Italien oder Deutschland? Das Dilemma, mit dem sich die Habsburger nun konfrontiert sahen, kam nicht unerwartet. Im Oktober 1520, in demselben Monat, in dem Karl in Aachen zum römisch-deutschen König gekrönt wurde, war Prinz Süleyman seinem Vater im Osmanischen Reich als Sultan nachgefolgt. Dieser Zufall veranlasste manche Zeitgenossen, die beiden Herrscher als eine Art »Zwillinge« zu sehen, deren Schicksale untrennbar miteinander verbunden waren. Erasmus beispielsweise meinte, Karl und Süleyman befänden sich in einem tödlichen Wettstreit, »ob letztlich Karl der alleinige Herr der ganzen Welt sein werde oder aber die Türken. Die Welt kann nicht länger dulden, dass zwei Sonnen am Himmel stehen.«26 Beinahe sofort ließ der neue Sultan seine Muskeln spielen und zog mit einer gewaltigen Streitmacht die Donau hinauf: 1521 nahm er Belgrad ein, wo-

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durch das Osmanische Reich nun bis an die Grenze zu Ungarn reichte. Im Jahr darauf befahl Süleyman eine Belagerung der Insel Rhodos, die einen christlichen Vorposten im östlichen Mittelmeer darstellte. Karl reagierte darauf mit der Ankündigung eines massiven Gegenschlages, »denn das ist es, was ich von Kindesbeinen an habe tun wollen, und auch, um der Verantwortung meiner Kaiserwürde nachzukommen, die mich verpflichtet, als oberster Beschützer und Verteidiger unserer christlichen Religion zu handeln«. Deshalb habe er »trotz der ungeheuren Kosten und Ablenkungen, mit denen ich wegen meines Krieges gegen die Franzosen gerade belastet bin, beschlossen, so schnell wie möglich eine Flotte zu versammeln, um Rhodos beizustehen«. Er wolle »weder Kosten noch Mühen scheuen, um Rhodos zu schützen und zu verteidigen und es vor jenen tyrannischen und heidnischen Feinden zu retten, wofür wir all unsere Königreiche und Herrschaftsgebiete hingeben wollen, ja uns selbst, wenn es nötig ist«. Die anderen Herrscher Europas drängte er, Frieden zu schließen und sich mit ihm zu verbünden.27 Allerdings kamen diese markigen Worte, mit denen Karl im August 1522 vom nordspanischen Palencia aus um Unterstützung warb, viel zu spät; schon im Dezember fiel, 3000 Kilometer entfernt, die Insel Rhodos in osmanische Hand. Im Jahr 1529 war die Lage eine andere. Als die Türken mit ihrer Belagerung Wiens begannen, befand Karl sich im oberitalienischen Piacenza, weniger als 1000  Kilometer vom Schauplatz des Geschehens entfernt, und er hatte ein mächtiges Heer bei sich. Zwei widersprüchliche Briefe, die er beide am 23. September unterschrieb, lassen das Dilemma erkennen, in dem er sich befand. In dem einen Schreiben versicherte er seiner Tante Margarete: »Ich bin ganz und gar entschlossen, selbst hinzugehen und meinem Bruder zu helfen, da seine Not so groß und die Gefahr so übermächtig ist, dass sie nicht nur ihn, sondern die gesamte Christenheit bedroht. Ich kann und darf ihn nicht im Stich lassen wegen des Amtes, das ich innehabe, und der Verpflichtung meiner Bruderliebe; aber auch, weil er mir ein so guter Bruder ist.« Karls Brief an seinen »guten Bruder« spricht jedoch eine ganz andere Sprache. Obwohl er darin zustimmte, dass der Fall Wiens katastrophale Konsequenzen für das christliche Europa im Allgemeinen, insbesondere jedoch für die habsburgischen Erblande haben würde, fürchtete Karl doch, dass »ohne die zuvorige Befriedung Italiens es geschehen könnte, dass, sobald ich mich aufmache, um Euch zu helfen, Venedig, Florenz, Ferrara und Francesco Sforza sich allesamt verbünden, ihre Ressourcen zusammenlegen und die Franzosen um Unterstützung bitten werden«. Außerdem sah sich der Kaiser durch den Vertrag von Barcelona verpflichtet, zunächst die Restitution aller Territorien sicherzustellen, die dem Papst und seinen Verwandten geraubt worden waren, bevor er sich irgendeinem anderen Problem zuwandte.28 Karl stufte den Verlust Österreichs als das »kleinere Übel«

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ein, verglichen mit der Gefahr, alles, was er in Italien gewonnen hatte, durch eine verfrühte Abreise zu verlieren. Er wies deshalb seine Generäle an, Florenz abzuriegeln, bis die Florentiner sich zur Wiederherstellung der Medici-Herrschaft bereit erklärten, Sforza anzugreifen, sodass »der Herzog gezwungen sein wird, das zu tun, was er auf unsere freundlichen Bitten hin verweigert hat«, und auch »auf dem Gebiet der Venezianer so viel Schaden anzurichten, wie Ihr nur könnt«, damit »ihre Anführer zu uns kommen und um eine Einigung bitten, wie es sich gehört«. Als einziges Zugeständnis an seinen Bruder erklärte Karl sich bereit, nicht wie geplant nach Rom zu reisen. Stattdessen bat er den Papst, sich in Bologna mit ihm zu treffen, wobei er die verhüllte Drohung anfügte, dass »in dieser Sache eine rasche Entscheidung Seiner Heiligkeit erforderlich ist«, weil er die Armee, die derzeit noch Florenz belagerte, nach Deutschland werde mit sich nehmen müssen.29 Die Tapferkeit und das Geschick der habsburgischen Verteidiger Wiens lösten Karls Dilemma. Sie setzten ihre Arkebusen ein, um die osmanischen Angriffswellen zusammenzuschießen, ganz so, wie sie es vier Jahre zuvor bei Pavia mit den Franzosen getan hatten, und im Oktober zogen sich die Belagerer schließlich zurück. Die frohe Nachricht erreichte Karl, kurz bevor der Bevollmächtigte des französischen Königs ihm die offizielle Bestätigung des Vertrags von Cambrai überbrachte. Obgleich sein übergeordnetes Ziel auch weiterhin »der Frieden und die Ruhe der Christenheit, die Vertreibung der Türken und die Ausmerzung der ketzerischen Lehren unserer Zeit« bleibe, erklärte der Kaiser nun Margarete gegenüber, werde er »all seine Zeit darauf verwenden … Italien zu befrieden«.30 Am 5. November 1529 zog Karl in Bologna ein, ihm voraus die Artillerie und Tausende Bewaffneter, manche »nach Art einer Phalanx Alexanders des Großen geordnet«, andere »in Zweierreihen und mit grün belaubten Zweigen in den Händen, zum Zeichen des Sieges«. Der Kaiser ritt, in voller Rüstung auf einem weißen Pferd sitzend, unter einem Baldachin einher, bis er an das Stadttor gelangte. Dort nahm er seinen Helm ab und setzte stattdessen eine Kappe auf, die er auf seinem weiteren Weg »lüftete, wann immer er an einem Fenster eine hübsche Dame sah«. Zwei Würdenträger schritten ihm voran, warfen Münzen in die Menge und »riefen mit lauter Stimme: ›Karl, der Kaiser‹«, und als er auf der Piazza Maggiore ankam, »da schrien die Leute mit einem Mal ›Karl, Karl, das Reich, das Reich, Sieg, Sieg!‹«. So weit hatte die Zeremonie den Triumphzügen der siegreichen römischen Kaiser geähnelt, doch nun stieg Karl vom Pferd und fiel vor Papst Clemens auf die Knie. Zwar vermochte der venezianische Botschafter Gasparo Contarini »die Worte, die der Kaiser sprach«, nicht hören, »denn er spricht meist sehr leise«. Die Symbolik dieses Augenblicks, in dem »Karl auf seinen Knien blieb, während er sprach«, entging ihm jedoch nicht –

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genauso wenig wie die symbolträchtige Tatsache, dass die beiden Anführer der Christenheit ihre Gemächer in demselben Palazzo nebeneinander bezogen, sodass man, »wie der Papst mir heute Morgen selbst gezeigt hat, durch eine Tür von der Kammer des Kaisers in jene des Papstes gelangen kann«, ohne dabei beobachtet zu werden.31 Der Papst verriet Contarini auch, auf welche Weise Karl seine Regierungsgeschäfte vorbereitete und führte: »Als [Karl] kam, um zu verhandeln, brachte er eigenhändig verfasste Notizen mit, in denen er alle Punkte aufgeführt hatte, die er besprechen wollte, damit er ja keinen vergäße.« Ein solcher Notizzettel ist uns durch einen glücklichen Zufall erhalten geblieben: Es handelt sich um eine Liste von neunzehn Punkten, einige davon mit Anmerkungen in der Handschrift des Kaisers versehen. Die inhaltliche Spanne reicht von den Scheidungsplänen Heinrichs VIII . über ein Pardon für den Sacco di Roma bis hin zu Vorschlägen, wie man die spanische Kirche als Finanzquelle nutzen und die königliche Rechtsprechung über sie ausdehnen könne (Abb. 13).32 Die Themen, die bei anderen geheimen Unterredungen zwischen Papst und Kaiser zur Sprache kamen, lassen sich aus deren Ergebnissen erschließen – so etwa aus Clemens’ Zugeständnis an Karl, dieser dürfe in Zukunft für sämtliche kirchlichen Ämter in den Niederlanden die Kandidaten benennen. Aber das wichtigste Ergebnis zeichnete sich erst kurz vor Weihnachten deutlich ab, als alle führenden Diplomaten, die in Bologna dabei waren, in den Gemächern Gattinaras zusammenkamen, um dort drei bahnbrechende Verträge abzuschließen, die der Großkanzler ausgehandelt hatte. Durch den ersten wurde Francesco Sforza erneut als Herzog von Mailand eingesetzt, allerdings unter der Voraussetzung, er zahlte an Karl 400 000 Dukaten für seine Wiedereinsetzung und weitere 500 000 Dukaten als Strafgeld für seinen Treubruch. Bis zur vollständigen Zahlung dieser Summen sollten habsburgische Garnisonen in dem Herzogtum verbleiben. In einem weiteren Vertrag wurden die Venezianer verpflichtet, sowohl dem Papst als auch dem Kaiser alle Orte zurückzugeben, die sie besetzt hatten, und Karl zudem ein weiteres saftiges Strafgeld zu zahlen. Mit dem dritten Vertrag wurde ein Verteidigungsbündnis zwischen allen unabhängigen Herrschern Italiens geschlossen, die versprachen, jeglicher fremden Macht den Krieg zu erklären, die den Frieden auf der Italienischen Halbinsel bedrohte.33 Dann nahmen Papst und Kaiser gemeinsam am Weihnachtsgottesdienst teil, und nachdem einige führende Kardinäle die ersten Tageslesungen übernommen hatten, »erhob sich [Karl] von seinem Platz, legte sein Obergewand ab und ein liturgisches Gewand an und legte auch ein Schwert an, das der Papst ihm reichte«. Dann trug auch der Kaiser eine Lesung vor. Das Ergebnis war, wie ein Mitglied des päpstlichen Gefolges festhielt, »eine Messe von solcher Feierlichkeit, dass ich nicht

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glaube, dass dergleichen zu unseren Lebzeiten schon einmal stattgefunden hat, noch glaube ich, dass dies in Zukunft geschehen wird«. Karls Hofleute hatten »Seine Majestät noch nie so glücklich gesehen«.34

Die Lage des Reiches Karl hatte allen Grund zur Freude: Sämtliche Probleme, die sich ihm in den Weg gestellt hatten, hatte er zu seinem eigenen Vorteil lösen können. Seinen früheren Feinden hatte er einen Friedensschluss zu seinen Bedingungen aufgezwungen. Dennoch empfand er eine gewisse Unruhe, und am 11. Januar 1530 verfasste er ein langes Memorandum zur »Lage des Reiches«, das seinem Bruder Ferdinand zugedacht war – Karl schrieb es »heimlich nieder, weil ich keinem anderen als Euch allein diese Dinge anvertrauen will«. Als Erstes betonte er noch einmal, dass er es als seine absolute Pflicht betrachtete, seinen Bruder im Kampf gegen die Türken zu unterstützen, Möglicherweise, fügte er hinzu, hätten andere Herrscher Ferdinand gerade deshalb noch keine Waffenhilfe geleistet, »weil wir beide Brüder sind und sie glauben, dass der größte Teil Eures Wohlergehens mit dem meinen übereinstimmt, was es ja zweifellos auch tut, denn wir zwei sind ein und derselbe«. Er drängte Ferdinand, unter keinen Umständen einen Waffenstillstand mit Süleyman abzuschließen, auch keinen noch so kurzen, denn »wenn er in Euren Landen plötzlich frei und sicher ist, so wird er andere finden« – und das Reich dort angreifen. Karl äußerte sich mit Wohlwollen über die Absicht des Papstes, alle Fürsten der Christenheit in einer Liga zum Kampf gegen die Türken zu vereinigen, da dies für die Zukunft weitere Waffenhilfe verspreche. Auch bekräftigte er seine Absicht, nach Deutschland zurückzukehren und die dortige »Religionsfrage« ein für alle Mal zu klären.35 Als Nächstes wandte Karl sich den Friedensverträgen zu, die er eben abgeschlossen hatte. Zwar mochten deren Bedingungen, wie er zugab, nicht ideal sein, aus Geldmangel sei eine Fortsetzung des Krieges jedoch ausgeschlossen. Nach acht Jahren blutiger Kämpfe war Italien entvölkert und verarmt, und – wie Karl traurig anfügte – »Ihr müsst wissen, Bruder, dass man in Spanien die großen Summen verabscheut, die ich um Italiens willen aufgebracht habe« (zwischen 1522 und 1529 flossen über zwei Millionen Dukaten aus Spanien nach Italien). Außerdem hege Heinrich VIII. offenbar die Absicht, sich von Katharina scheiden zu lassen, »gegen alle Gerechtigkeit und Vernunft, wider den Wunsch und ohne die Zustimmung des Papstes. Wenn er dies tut, so erlegt er uns damit eine starke Verpflichtung auf«, einzuschreiten. Die hauptsächliche Unwägbarkeit bestand aus Karls Sicht darin, ob der französische König sein Wort – und also den Frieden – halten würde. Karl prophezeite, dass, falls der Krieg wieder

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aufflammen sollte, dies in Italien geschehen würde, weshalb er vorschlug, dort 21 000 deutsche und spanische Söldner als stehendes Heer zu stationieren. Jenseits dieser Fragen schien die Zukunft weniger deutlich, weshalb Karl seinen Bruder um Rat ersuchte. Wenn irgend möglich, wollte er sich noch immer vom Papst in Rom zum Kaiser krönen lassen und dann in das Königreich Neapel weiterziehen, um dort die Ordnung wiederherzustellen. Anschließend würde er durch Deutschland und die Niederlande reisen und von dort auf dem Seeweg nach Spanien zurückkehren. Sollte Ferdinand jedoch auf seiner schnellstmöglichen Anwesenheit bestehen, versprach Karl, sich in Bologna krönen zu lassen und dann sofort über die Alpen nach Norden zu reisen. So oder so, schrieb er, »möchte ich Euch, Bruder, versichern, und Ihr könnt es [dem Reichstag] in meinem Namen versichern, dass ich nicht über das Meer [nach Spanien] fahren werde, bevor ich nicht nach Deutschland gekommen bin und alles darangesetzt habe, Euch zum römischen König zu machen« (diesen Titel sollte Karl ablegen, sobald er zum Kaiser gekrönt wurde). Er schloss mit der Entschuldigung, dass sein Brief zwar viele Seiten »lang ist und zahlreiche Wiederholungen und Fehler enthält, ich aber noch andere Dinge zu sagen habe, die ich Euch ausführlicher mitteilen will, was jedoch nur im persönlichen Gespräch geschehen kann«. Wie schon bei seiner umfassenden Lageanalyse fünf Jahre zuvor am Vorabend der Schlacht bei Pavia ist es durchaus möglich, dass Karl seine innersten Gedanken auch in diesem Fall hauptsächlich zu Papier gebracht hat, um für sich selbst Klarheit zu gewinnen; ganz sicher löste er einige der anstehenden Fragen, lange bevor Ferdinand ihm antworten konnte. Das gilt insbesondere für die Entscheidung, in Bologna zu bleiben und sich dort zum Kaiser krönen zu lassen. Tatsächlich hatten die Vorbereitungen für dieses Großereignis bereits begonnen. Papst Clemens tat sein Bestes, Bologna wie Rom aussehen zu lassen – oder besser gesagt: es so aussehen zu lassen, wie Rom ausgesehen hatte, bevor Karls Landsknechte es gebrandschatzt hatten. So wurde etwa die Basilika San Petronio, in der die Krönung stattfinden sollte, innen wie außen so hergerichtet, dass sie dem Petersdom in Rom möglichst ähnlich sah. Karl seinerseits frage Gattinara, ob er die Eiserne Krone der Langobarden herbeischaffen lassen solle. Obwohl der Kanzler ihm davon abriet, weil während der letzten Kaiserkrönung (rund hundert Jahre zuvor) »Kaiser Friedrich [III.] sie nicht angenommen hatte«, kam es in Bologna letztlich zu einer doppelten Krönung.36 Nachdem er Karl dessen Sünden (einschließlich des Sacco di Roma) vergeben hatte, setzte Clemens ihm am 22. Februar 1530 die Eiserne Krone auf das Haupt, zwei Tage darauf, am dreißigsten Geburtstag des frisch Gekrönten und am fünften Jahrestag des Sieges bei Pavia, dann auch die Kaiserkrone. Der Papst legte großen Wert darauf, den sakralen Aspekt der Zeremonien hervorzuheben. Im Verlauf der Kaiserkrönung wurde Karl auch zum Kanoniker der römischen

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Kirche erhoben, und Clemens überreichte ihm ein Zeremonialschwert als Zeichen dafür, dass er nun im Namen der Kirche Krieg führen durfte, sowie den Reichsapfel als Symbol seines universalen Herrschaftsanspruchs. Anschließend zogen Papst und Kaiser in einer Prozession durch die Stadt, vereint unter einem gemeinsamen Baldachin.37 Die Zeitgenossen waren von dem zeremoniellen Aufwand geradezu überwältigt. In Venedig füllte Marino Sanuto 25 große Folioseiten seines Tagebuches mit Abschriften von diversen Berichten und fügte auch zwei der zahlreichen Stiche ein, die zu deren Illustration in ganz Europa kursierten. Wer sich bei Karl beliebt machen wollte, gab zur Erinnerung an die Kaiserkrönung ein Kunstwerk in Auftrag: Davon zeugen Fresken in Florenz, Rom, Verona, Pesaro und auch in Bologna, ein prächtiger Fries, den die Stadtoberen im spanischen Tarazona anfertigen ließen, eine monumentale Skulptur in Florenz und so weiter.38 Der Kaiser selbst ließ sich von diesem Enthusiasmus jedoch nicht anstecken und weigerte sich, für eine Gedenkkapelle und einen Fries in der Basilika San Petronio aufzukommen, die an seinen Besuch erinnern sollten. Ja, Karl stieß sogar den großen Tizian vor den Kopf, den der Markgraf von Mantua nach Bologna bestellt hatte, »um den Kaiser zu malen«. Ein empörter Diplomat aus Mantua teilte mit, Karl habe dem Maler »nur einen einzigen Dukaten« für sein Porträt geboten, wo er doch »jedem Weib, das bei ihm schläft, zwei Dukaten pro Nacht bezahlt«. Der Kaiser verließ Bologna (seiner eigenen Aussage nach) »so glücklich wie einer, der gerade aus dem Kerker entkommen ist«.39 Karl ritt nach Norden, nach Mantua, wo er gemeinsam mit dem Markgrafen – den er zum Herzog erhob und mit einer seiner Cousinen verheiratete – auf die Jagd ging und eine Nachahmung der Trajanssäule bewunderte, auf der jedoch die Taten des römischen Kaisers durch Darstellungen seiner eigenen Triumphe als »Herr der Welt« ersetzt worden waren. Beinahe einen ganzen Monat lang blieb Karl in Mantua. Er hoffte, dass seine Truppen Florenz bald zur Aufgabe zwingen würden, wodurch die Kampfhandlungen in ganz Italien zum Erliegen gekommen wären, bevor er selbst die Halbinsel verließ; aber nachdem die Stadt am Arno noch eine ganze Weile hartnäckig Widerstand leistete, setzte Karl seine Reise nach Norden schließlich im April fort. Nach einem letzten Halt in Trient, wo der Kaiser (dem das Vergnügen wieder einmal wichtiger war als die Pflicht) noch »einige Zeit bei der Bärenjagd verbrachte«, traf er am 2. Mai auf dem Brenner mit seinem Bruder zusammen. Ferdinand ließ später auf dem Pass ein Denkmal zur Erinnerung an dieses Wiedersehen errichten: Nach all den gebrochenen Versprechen und sonstigen Verzögerungen muss es ihm wie ein wahres Wunder erschienen sein, den Bruder, den er seit nun fast zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, nun plötzlich als gekrönten und geweihten Kaiser vor sich zu haben.40

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Vom Brenner nach Brüssel Viel war im römisch-deutschen Reich geschehen, seitdem Karl nach dem Wormser Reichstag von 1521 das Land verlassen hatte. Von dem unerbittlichen Vorrücken der Türken die Donau hinauf bis nach Wien einmal abgesehen, war im September 1524 mit dem Bauernkrieg die größte Reihe von Volksaufständen losgebrochen, die man in Europa seit Jahrhunderten gesehen hatte. Fast ein ganzes Jahr sollte der Aufruhr anhalten. Obgleich Ferdinand seinen Bruder mit Vorhersagen bombardierte, die Aufständischen würden noch ganz Deutschland in den Abgrund reißen, ignorierte Karl sie weitgehend (wie er es auch mit den Türken tat), stets in der Hoffnung, das Problem würde von selbst wieder verschwinden. In beiden Fällen sollte schließlich der glückliche Zufall triumphieren – tatkräftig unterstützt von Ferdinand, der die verfügbaren Ressourcen geschickt einzusetzen wusste. Ein drittes Problem jedoch erwies sich als weniger gut handhabbar: die Ausbreitung der lutherischen »Häresie«. Wie Luther gleich nach seinem kühnen Auftritt auf dem Wormser Reichstag an die Adresse des Kaisers bemerkte, war »der mangel allein an dem gewest, das man die irrigen artickel, so in meinen büchern (libelli) sein sollen, mit götlichen schriften nit hat wollen erweisen oder verlegen …« Die Weigerung der katholischen Seite, mit ihm überhaupt zu diskutieren, verschaffte Luther fraglos einen moralischen und intellektuellen Vorteil, ja sie kam einem Sieg gleich, und Karl hatte nicht die Absicht, denselben Fehler noch einmal zu begehen. Für die Niederlande gab er Anweisung, die Anhänger von dreizehn namentlich benannten »Ketzern« (darunter auch Luther) zum Tod auf dem Scheiterhaufen zu verurteilen, wo sie mitsamt den ketzerischen Schriften brennen sollten. In den deutschen Territorien sollten Lutheraner und Katholiken ihm bei einem weiteren Reichstag, der nach Augsburg einberufen wurde, ihre Argumente vorlegen.41 Bei oberflächlicher Betrachtung erschien die Position des Kaisers stark  – Frankreich, Geldern und die italienischen Staaten hatten sich allesamt einem Frieden zu seinen Bedingungen beugen müssen, die Türken hatten den Rückzug angetreten, der Papst hatte ihm vergeben und ihn gekrönt. Karls Einzug nach Augsburg am 15. Juni 1530 spiegelte all diese Erfolge wider. Nachdem er die führenden Reichsfürsten begrüßt hatte – »jedem schüttelte er die Hand und sprach ein paar freundliche Worte« –, ritt Karl, der ganz in Gold gewandet war, unter einem Baldachin auf einem weißen Pferd durch die Straßen der Stadt, ihm zur Seite Ferdinand und Aleandro, der wieder als päpstlicher Nuntius am Kaiserhof fungierte. Ihnen voran zogen die Kurfürsten, hinterdrein kamen etwa 150 Reichstagsteilnehmer sowie die Angehörigen des diplomatischen Korps. Schon am Tag darauf wurde dieses Musterbild von Macht und Eintracht

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jedoch empfindlich beschädigt. Als der Kaiser im Rahmen der Fronleichnamsprozession erneut durch die Straßen von Augsburg ziehen sollte, verweigerten die lutherisch gesinnten unter den Reichsständen ihre Teilnahme. Es waren dieselben, die schon zuvor, 1529, mit der »Protestation zu Speyer« gegen die Ächtung Luthers und seiner Lehre protestiert hatten (daher die Bezeichnung »Protestanten«).42 Dieser erheblichen Infragestellung seiner kaiserlichen Autorität musste Karl nun allein entgegentreten, ohne die Unterstützung eines erfahrenen, älteren Staatsmannes: Am 5. Juni 1530 – der Kaiser und sein Gefolge bereiteten sich in Innsbruck gerade auf die Abreise nach Augsburg vor – war der Großkanzler Gattinara im Alter von 64 Jahren gestorben. Rebecca Ard Boone hat darauf hingewiesen, dass »Gattinaras größter Vorzug als Ratgeber darin bestand, dass er – ob nun durch Talent oder durch Training  – in der Lage war, eine gegebene Situation auch aus der Perspektive seiner Gegner, von Untertanen oder mächtigen Gönnern zu betrachten. Ob es sich dabei nun um aztekische Kleinbauern in Neuspanien handelte, um lutherische Landsknechte in Deutschland, um Herzoginnen von Brabant, Könige von England oder Päpste in Italien – alle hatten sie ihre je eigenen Interessen und Motivationen, und Gattinara machte es sich zur Aufgabe, diese zu ergründen.«43

In Bologna hatte der Kanzler nicht nur seinen größten diplomatischen Coup gelandet (indem er alle italienischen Machthaber mit Ausnahme von Florenz dazu brachte, Karls Friedensbedingungen zu akzeptieren), sondern auch einen persönlichen Triumph errungen: Gattinara überzeugte seinen Herrn, den Kaiser, seinen verhassten Rivalen, den kaiserlichen Beichtvater García de Loaysa y Mendoza, nach Rom zu verbannen. Allerdings sollte dieser Triumph nicht von großer Dauer sein: Loaysa hatte Karl bereits auf ein Leben nach Gattinara vorbereitet und ihn gewarnt, dass, »falls der Kanzler sterben oder Euren Hof verlassen sollte«, der Kaiser besser daran täte, »keinen Nachfolger zu ernennen«. Stattdessen »empfehle ich, Majestät, dass Ihr Euer eigener Großkanzler werdet und dass sämtliche Angelegenheiten durch die Hände zweier anderer Minister geleitet werden«. Gemeint waren Francisco de los Cobos und Nicolas Perrenot de Granvelle. Als er dann von dem tatsächlichen Tod seines Rivalen erfuhr, wiederholte Loaysa seine Überlegung: »Ich bin stets der Meinung gewesen, dass Eure Ehre und Eure Geheimnisse bei dem Sekretär Los Cobos in den besten Händen wären, weil er nämlich weiß, wie er Eure Versäumnisse auszugleichen hat … Er empfindet für Euch die größte Liebe und Loyalität und ist ein unglaublich kluger Mann. Nie verwendet er seine Intelligenz darauf, geistreiche

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oder besserwisserische Dinge von sich zu geben, wie andere es tun, und nie redet er über seinen Meister hinter dessen Rücken.« Auch Granvelle pries der kaiserliche Beichtvater als einen Mann, »der zuvorkommend und gelehrt ist und ein guter Lateiner, redegewandt und verlässlich, ein guter Christ, loyal und vertrauenswürdig, der zudem einen Sinn für alles Geschäftliche hat. Den Guten ist er ein treuer Freund, den Bösen ein unerbittlicher Gegner. Im Gespräch mag er nicht ganz so charmant sein wie der Sekretär [Los Cobos], aber er ist unglaublich geduldig und wird, wie ich glaube, jeder Versuchung standhalten.«44 Beide Minister waren bei Karl, als Gattinara starb, und der Kaiser nahm Loaysas Ratschlag dankend an: Granvelle wurde Karls »Siegelbewahrer«; seine Zuständigkeit erstreckte sich im Wesentlichen auf die nördlichen Herrschaftsbereiche des Kaisers (die Niederlande und Deutschland), während Los Cobos fortan die Angelegenheiten Spaniens und seiner überseeischen Territorien im Mittelmeerraum und in Amerika verantwortete. Da die beiden Männer gut zusammenarbeiteten, bildeten sie auch auf Dauer ein potentes »Doppelgespann« im innersten Machtzentrum von Karls Reich. Der Kaiser sollte es späterhin nicht bereuen, Loaysas Rat gefolgt zu sein – in den vertraulichen Instruktionen, die er 1543 für seinen Sohn niederschrieb, rühmt er die Vorzüge und treuen Dienste beider Minister in den höchsten Tönen (siehe Kap. 11). Im Juni 1530 allerdings besaßen weder Granvelle noch Los Cobos die Erfahrung oder die Raffinesse, die nötig gewesen wären, um die heillos zerstrittenen Religionsparteien in den deutschen Territorien so auszusöhnen, wie es Gattinara womöglich gelungen wäre. Auch Loaysa besaß jene Qualitäten wohl eher nicht, obschon er Karl anfänglich riet: »Wenn Ihr Euch dazu entschließt, in Deutschland wieder Ordnung herzustellen, dann sehe ich hierzu keinen besseren Weg, als die Anführer mit Geschenken und Schmeicheleien auf Eure Seite zu bringen.« Mit Blick auf den gemeinen Mann empfahl Loaysa: »Wenn sie Euch nicht gehorchen, auch nachdem Ihr Eure kaiserlichen Edikte und christlichen Warnungen erlassen habt, so ist Gewalt die beste Medizin.« Loaysa endete mit einer gefährlichen Parallele: »Gewalt war das Einzige, was den [Comuneros-]Aufstand in Spanien beheben konnte, und dieselbe Medizin wird auch die deutsche Abtrünnigkeit von Gott heilen.«45 Anfangs war Karl geneigt, dem zuzustimmen. Noch kurz bevor der Kaiser in Augsburg einzog, drängte Aleandro ihn, gegen die Anhänger Luthers »mit dem blanken Schwert« vorzugehen, »worauf Seine Majestät ihm antwortete, nicht das Schwert, sondern der Galgen sei die rechte Strafe für diese Leute«. Dann jedoch band die langwierige Belagerung von Florenz Ressourcen, die zur Einschüchterung der lutherischen Partei nötig gewesen wären, und außerdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass Franz nach der Heimkehr seiner Söhne Karl den Krieg erklären könnte – also entschied sich der Kaiser dafür,

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die Lutherischen lieber zu besänftigen als sie zu bestrafen. Als der Markgraf von Brandenburg, einer der »Protestanten« von Speyer, beim Augsburger Reichstag erklärte, »dass er lieber seinen Kopf verlieren als seinen Glauben verleugnen und das Wort Gottes entweihen wolle«, entgegnete ihm Karl in seinem gebrochenen Deutsch: »Nicht Kopf abhauen! Nicht Kopf abhauen!«46 Die lutherisch gesinnten Stände wussten genau, was sie wollten. Bereits im April war in Erwartung des Reichstages eine Gruppe von Vertretern des sächsischen Kurfürsten mit Luther und einigen anderen Theologen zusammengetroffen, um gemeinsam ein Bekenntnis ihres Glaubens zu formulieren. Am Ende dieses Prozesses standen 21 Artikel, in denen die Kerngedanken von Luthers Theologie zusammengefasst waren, sowie sieben weitere Artikel, die zur Verteidigung der von Luther eingeführten Neuerungen dienen sollten. Am 25. Juni wurde »ein Dokument in deutscher und lateinischer Sprache, das von ihnen und ihren Anhängern unterzeichnet worden war«, dem Kaiser übergeben. Diese Bekenntnisschrift sollte fortan als die Confessio Augustana, das »Augsburger Bekenntnis« also, bekannt sein. Zwei Stunden lang hörten Karl und der versammelte Reichstag zu, wie der sächsische Kanzler die ganze Bekenntnisschrift in ihrem deutschen Wortlaut verlas – laut, deutlich und langsam. Wer hätte gedacht, frohlockte Luther (nicht ohne eine gewisse Häme), dass seine »Schriften und Predigten vor Seine Majestät den Kaiser und den gesamten Reichstag gebracht würden, ja dass sie ihnen direkt vor die Nase gesetzt werden würden, sodass sie gezwungen sein würden, sie sich anzuhören, und keinerlei Einwände gegen sie würden vorbringen können?« Ein Mitglied der kursächsischen Delegation nannte das Augsburger Bekenntnis gar »eines der allergrößten Werke, welche je auf Erden geschahen«.47 Loaysa drängte seinen Herrn nun, einen gemäßigteren Kurs einzuschlagen: »Eure Majestät sollten mit ganz Deutschland ins Reine kommen: Tut einfach so, als gäbe es die deutschen Häresien überhaupt nicht, und erlaubt euren deutschen Untertanen, so zu leben, wie sie leben wollen. Ihr solltet gemeinsam mit ihnen daran arbeiten, dass sie von manchen ihrer Irrtümer aus der Vergangenheit ablassen; die leichten Verfehlungen aber sollten allseits toleriert werden. Sie sollten Euch in dieser Sache zu Diensten sein als ihrem Herrn und Euch gehorchen, wie es nur recht und billig ist, und alle zusammen sollten sie Deutschland und Ungarn gegen die Türken verteidigen. Zu diesem Zweck sollten sie Euch für eine gewisse Zeit Söldner zur Verfügung stellen.«

Karl tat sein Bestes. Wie ein besonders geistreicher Anhänger der lutherischen Partei meinte, hatte der Kaiser sich ausgesprochen neutral gezeigt, »was sein öffentliches Verhalten anging: denn er hat nicht nur geschlafen, während unsere

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Confessio verlesen wurde, sondern hat gleich noch ein zweites Nickerchen gemacht, als unsere Gegner ihre Antwort darauf vortrugen«.48 Positiver war da schon, dass Karl eine Reihe von Ausschüssen einrichtete, die einen theologischen Konsens erarbeiten sollten. Auch verbrachte der Kaiser viel Zeit damit, die führenden Köpfe der verfeindeten Religionsparteien bei Tisch und auf der Jagd zu einer Aussöhnung zu bewegen. Im August hielt er vor dem versammelten Reichstag eine »lange Rede«, in der er die lutherisch gesinnten Stände ermahnte, zum katholischen Glauben zurückzukehren »und dieselben Praktiken zu befolgen wie Ihre Vorfahren über viele hundert Jahre«; andernfalls »würde er sich gezwungen sehen, sie als seine Feinde zu betrachten und mit Gewalt gegen sie vorzugehen, da der Eid, den er geleistet hatte, ihn dazu verpflichtete«. Nach diesen aggressiven Worten verlieh er jedoch erneut seinem Wunsch Ausdruck, »für die hauptsächlichen Streitpunkte eine versöhnliche Formel zu finden«, und erklärte sich bereit, die strittigen Praktiken so lange zu erlauben, bis ein allgemeines Konzil zusammengetreten war und eine endgültige Entscheidung getroffen hatte.49 Zum Teil handelte Karl aus Angst. Wie ein venezianischer Beobachter bemerkte, der in Augsburg dabei gewesen war: »Sofern nicht diese lutherische Frage bereinigt wird und die deutschen Fürsten sich wieder mit dem Kaiser versöhnen, kann man davon ausgehen, dass der nächste Türkenangriff für Deutschland das Ende bedeuten wird.« Und doch ging nach zehn Wochen voller Verhandlungen, Reden, Bankette und Klüngelei der Reichstag auseinander, »ohne die geringste Einigung erzielt zu haben«. Loaysa bemühte sich, seinen Herrn zu trösten – »Der Eigensinn und die Schamlosigkeit, mit der diese Ketzer ihre Irrtümer auch noch verteidigen, liegen schwer auf meinem Herzen« –, aber der Kaiser war tatsächlich untröstlich. »Diese Ketzer sind derart starrköpfig geblieben, dass keine Taktik verfangen hat, dass sie ihre Irrtümer auch nur eingesehen hätten«, teilte er Loaysa am 20. Oktober mit. »Ich sehe schon, dass wir – wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, sie zu zwingen – ganz mit Recht gegen sie vorgehen könnten; doch steht uns dies im Augenblick nicht offen, denn ich habe nicht die Mittel dazu, bin erschöpft, allein und ohne Beistand; sie aber sind so viele, dass man eine große Macht bräuchte, um sie zu bezwingen. Das einzig wahre Heilmittel wäre es, ein allgemeines Konzil einzuberufen.« Danach änderte Karl seine Meinung noch einmal. In dem am 19. November 1530 verkündeten Reichstagsabschied verurteilten der Kaiser und die katholischen Reichsstände die zentralen Glaubenssätze »jener Lehre, die schon einmal geächtet wurde« (nämlich in Worms) und die »unter dem gemeinen Volk zahllose Irrtümer verbreitet hat«. Über alle, die binnen einer Gnadenfrist von fünf Monaten nicht wieder zur Lehre der römischen Kirche zurückgekehrt wären, sollte die Reichsacht verhängt werden.50

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Lyndal Roper hat vorgebracht, dass in Augsburg beide Seiten eine einmalige Chance vertan hätten, die sich nie wieder bieten sollte: »Beide Seiten hatten Bereitschaft zum Kompromiss gezeigt, und am Ende schienen die Gegensätze zwischen ihnen nicht so unüberbrückbar, als dass sie das Schisma gerechtfertigt hätten, das aus dem Scheitern resultierte. Was die beiden Seiten letztendlich davon abhielt, sich zu einigen, war das fehlende Vertrauen – hinsichtlich der Ehe, der Sakramente und anderer Fragen glaubten die Evangelischen einfach nicht, dass die Katholiken meinten, was sie sagten, oder dass sie Wort halten würden. Sie fürchteten, dass Zugeständnisse ihnen den Hals brechen würden, wenn es zu einem Kirchenkonzil außerhalb Deutschlands käme, das sie vernichten wollte. Das Ergebnis war nicht unvermeidlich, sondern eher eine knapp verfehlte Gelegenheit, die Spaltung der katholischen Kirche zu verhindern.«

Stattdessen forderte der sächsische Kurfürst Johann seine lutherischen Glaubensbrüder unter den Reichsständen auf, in der Stadt Schmalkalden zusammenzukommen, um dort ein Bündnis zu schließen zum Schutz und zur Verteidigung für sich selbst, ihre »Untertanen und Verwandten« gegen jede Art von unrechtem Zwang. Am 27. Februar 1531 wurde dieser »Schmalkaldische Bund« unter der Führung des Kurfürsten Johann und des Landgrafen Philipp von Hessen offiziell ins Leben gerufen.51 Nicht nur scheiterte Karl in dem Bemühen, in seinen deutschen Territorien einen Religionsfrieden zu stiften; er scheiterte auch daran, den Papst zu innerkirchlichen Reformen und zur Abstellung der bestehenden Missstände zu bewegen. Bei ihren Unterredungen in Bologna hatte er diesen Punkt mit Clemens erörtert, und am 20. Oktober 1530 (an demselben Tag, an dem er Loaysa gegenüber seinem Ärger Luft machte) schrieb Karl dem Papst einen langen, eigenhändigen Brief, um »Eure Heiligkeit anzuflehen, so ernsthaft ich nur kann, dass Ihr ein allgemeines Konzil einberuft, und zwar mit einer Dringlichkeit, wie sie der gegenwärtigen Lage entspricht; und dass Ihr, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen, den anderen Fürsten und Herrschern schreibt, um ihnen auch zu erklären, warum«. Das erklärte Ziel sollte sein, gegen den befürchteten türkischen Angriff eine geeinte Front zu bilden und die weitere Verbreitung der »jüngst aufgetretenen Häresien« zu unterbinden. Karl schlug dem Papst vor, das Konzil in Mantua oder in Mailand stattfinden zu lassen, »weil diese Orte Deutschland am nächsten liegen, und dort finden wir ja die meisten jener Irrtümer vor, mit denen das Konzil sich auseinandersetzen soll« (wieder einmal wird deutlich, dass Karl im Protestantismus zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen ein deutsches Problem sah). Clemens zeigte kein Interesse. Der Bote, der dem Papst

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das kaiserliche Schreiben überbracht hatte, berichtete hinterher, dass »er es las und in der Mitte einen lauten Seufzer ausstieß und am Ende noch einen zweiten«. Auch diese Seufzer des Papstes sowie seine unerschütterliche Abneigung gegen die Einberufung eines Konzils waren wohl symptomatisch für eine weitere »knapp verfehlte Gelegenheit, die Spaltung der katholischen Kirche zu verhindern«.52 Immerhin konnte sich Karl mit zwei Siegen an anderer Stelle brüsten. Auf dem italienischen Kriegsschauplatz wusste sich die Republik Florenz den kaiserlichen Truppen zwar geschlagene zehn Monate lang zu widersetzen, wurde im August 1530 dann aber doch zur Aufgabe gezwungen. Zwei Monate später befahl der Kaiser eine neue Verfassung für Florenz, mit der die Familie Medici in ihre alte Machtfülle wiedereingesetzt wurde, die sie drei Jahre zuvor eingebüßt hatte. Als neuer Stadtherr wurde Clemens’ Neffe Alessandro benannt, der mit Karls unehelicher Tochter Margarita verlobt war. Der andere Sieg betraf Karls Bruder Ferdinand. Bei seinen Festgelagen und Jagdausflügen in und um Augsburg war es dem Kaiser gelungen, die Kurfürsten zur Annahme Ferdinands als römisch-deutscher König zu bewegen. Einzig Kurfürst Johann von Sachsen weigerte sich; alle anderen erklärten sich bereit, ihre Stimme Ferdinand zu geben. Im Gegenzug verlangten sie die Belohnungen, die ihnen Karl schon 1519 versprochen (aber immer noch nicht vollständig ausgezahlt) hatte, die Hilfe des Kaisers bei individuellen Beschwerden sowie einen Anteil von 200 000 Dukaten an »dem Lösegeld, das für die Söhne des Königs von Frankreich gezahlt worden ist«.53 Im Januar 1531 gab Karl ein rauschendes Bankett (das allerdings von den meisten lutherischen Reichsständen boykottiert wurde), um die Aachener Krönung seines Bruders zum neuen rex Romanorum zu feiern. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert hatte das römisch-deutsche Reich sowohl einen Kaiser als auch einen König und Anwärter auf den Kaiserthron. Einem Botschafter zufolge »hat Seine Majestät der Kaiser letzthin eine solche Heiterkeit und Fröhlichkeit an den Tag gelegt – wodurch sein großes Glück offenbar wird –, wie man es noch bei keinem anderen seiner bisherigen Erfolge hat beobachten können«.54 Dann kehrte Karl nach einer Abwesenheit von fast neun Jahren Dauer in das Land seiner Geburt zurück.

Eine neue Ordnung für die Niederlande Als er dort ankam, konnte ihn Margarete von Österreich nicht mehr in Empfang nehmen. Im November 1530 hatte die Fünfzigjährige ihren letzten Brief an Karl diktiert. Darin bedauerte sie als Einziges, dass »es mir nicht möglich sein wird, Euch noch einmal zu sehen und mit Euch zu sprechen, bevor ich

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sterben werde« – ein letzter Beweis ihrer großen Hingabe an den Neffen, den sie erzogen und dem sie stets treu gedient hatte. Margarete setzte Karl als ihren Alleinerben ein, wodurch dem Kaiser die Franche-Comté zufiel, also die Freigrafschaft Burgund (»die ich Euch bitte, in Euren eigenen Händen zu behalten, damit der Name ›Burgund‹ nicht von dieser Erde verschwindet«), dazu ihre prächtige Bibliothek und Kunstsammlung sowie natürlich »Eure Niederlande, die ich nicht nur erhalten habe, wie Ihr sie mir hinterließet, sondern die ich sehr gemehrt habe« – eine stolze Anspielung auf den Erwerb von Friesland (1515), Tournai (1521), Utrecht und Overijssel (1528).55 Unmittelbar nach Margaretes Tod übernahmen ihre beiden leitenden Minister die Regierungsgeschäfte. Wie sie Karl versprachen, würden sie zweimal am Tag die übrigen Ratsmitglieder konsultieren und im Übrigen »so wenige Beschlüsse in wichtigen Angelegenheiten fassen wie nur möglich, bis wir von Eurer Majestät hören«. Nachdem Karl seiner Trauer über Margaretes Tod Ausdruck gegeben hatte, »weil ich sie als meine Mutter betrachtet und behandelt habe«, bestätigte er diese Übergangslösung – ohne zu verraten, dass er bereits Margaretes Nachfolgerin bestimmt hatte: seine Schwester Maria, die Königinwitwe von Ungarn und Böhmen.56 Maria hatte Mecheln im Jahr 1513 verlassen, um König Ludwig von Ungarn und Böhmen zu heiraten; nach dessen Tod in der Schlacht bei Mohács 1526 war sie im Land geblieben, um die Wahl ihres Bruders Ferdinand zum Nachfolger Ludwigs zu betreiben. Karl sollte seine Schwester erst im Sommer 1530 wiedersehen, und bei jener Gelegenheit fragte er sie auch, ob sie bereit wäre, die Regentschaft der Niederlande zu übernehmen, falls ihrer beider Tante Margarete sterben oder sich zur Ruhe setzen sollte. Dazu erklärte Maria sich grundsätzlich bereit, und zu Beginn des Jahres 1531 sandte Karl ihr eine förmliche Einladung, wobei er es vermied, ihr irgendwelche Details über ihre zukünftige Stellung mitzuteilen, »bevor wir persönlich zusammenkommen, denn wenn Ihr und ich uns in Muße treffen, können wir besser besprechen, was die beste Vorgehensweise wäre, und ich werde mir die Zeit nehmen, Euch einigen guten Rat zu geben, damit Ihr desto besser im Stande sein werdet, Eure löbliche Absicht in die Tat umzusetzen und alles gut zu machen, und damit ich Euch selbst zeigen kann, was Eure Aufgaben sein werden«.57 Hinter diesem Schwall von Worten verbarg sich eine entscheidende Neuerung: Fortan wollte Karl sich persönlich und umfassend mit der Vorbereitung jener Kandidaten befassen, denen er die verantwortungsvollsten Posten in seinem Reich anzuvertrauen gedachte. In den Niederlanden zeigte man sich hocherfreut über die Rückkehr des Landesherrn. Die Generalstaaten überreichten Karl eine Serie prächtiger Wandteppiche, auf denen der bei Pavia errungene Sieg über Frankreich, den Erbfeind des Hauses Burgund, verherrlicht wurde (siehe Abb. 14). Einzelne Städte gaben Gedichte in Auftrag, um Karls Erfolge und seine sichere Heimkehr zu

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feiern, oder errichteten Gedenksäulen; in Brügge wurde ein reich verzierter Kamin vollendet, den lebensgroße Standbilder Karls und seiner vier Großeltern schmückten (siehe Abb. 15). Dieser herzliche Empfang scheint die Stimmung des Kaisers deutlich gebessert zu haben. Wie Karls Leibarzt Fernan López de Escoriaza Ende Januar in einem Memorandum über »Seiner Majestät Gesundheit« erklärte, hatte er den Kaiser »niemals gesünder oder stärker gesehen«, was der Arzt auf »die Freude« zurückführte, »die er empfand, als er das Land seiner Geburt erblickte und die Luft jener Gefilde einsog, in denen Seine Majestät geboren wurde; als er unter jene Menschen kam, mit denen er aufgewachsen ist«. Dr. Escoriazas einziger Grund zur Sorge waren die unregelmäßigen Essgewohnheiten des Kaisers: Abends »isst er nichts, weil er tagsüber isst und am Abend dann nicht mehr dinieren möchte« – ein Umstand, der Karls Leibärzte noch lange beschäftigen sollte. Dennoch gab Karl schon bald eine Kostprobe seiner körperlichen Leistungsfähigkeit: Bei einem Turnier in Gent »gebrauchte er verschiedene Waffen und passte sich an jede einzelne so geschickt an, dass der vollkommenste Krieger der Welt es nicht besser gemacht haben könnte«.58 Die herrschaftsinternen Probleme ließen sich dagegen weniger leicht handhaben. Wie Karls Schwester Maria sich später erinnerte, habe »Seine Majestät« bei der Rückkehr nach Brüssel 1531 »zahlreiche Rivalitäten unter seinen leitenden Staatsdienern vorgefunden, Justitia vernachlässigt und die Generalstaaten äußerst widerwillig«. Insbesondere die Staaten von Holland gaben sich widerspenstig und verlangten von ihrem Landesherrn, dass er sich zuerst ihrer Beschwerden annehmen solle, bevor sie ihm irgendwelche weiteren Steuern bewilligten, worauf Karl gereizt antwortete: »Ich verlange Vertrauen, und ich werde mit meinen Untertanen nicht feilschen.«59 Ein anderes der von Maria benannten Probleme bereitete dem Kaiser weitaus größere Sorgen: Wie er Ferdinand anvertraute, war er unter seinen Amtsträgern auf »erbitterte Feindschaften, persönliche Leidenschaften, Bündnisse und Allianzen« getroffen, »die zu einem ständigen Kampf aller gegen alle führen«. Deshalb war Karl, »um die Wahrheit festzustellen, den Anschuldigungen nachgegangen, die gegen meine Steuerbeamten von deren Gegnern vorgebracht wurden, und ich habe ihre Bücher aus den Jahren 1520 bis 1530 geprüft, aus zehn Jahren also, um herauszufinden, ob sie mich tatsächlich bestohlen hatten, wie manche behaupteten«. Aber »obwohl manche Dinge nicht ganz so zufriedenstellend waren, wie sie hätten sein sollen, habe ich doch keine Verfehlung gefunden«. Chièvres wäre entzückt gewesen, wenn er dieses Schauspiel noch hätte erleben dürfen: Da setzte sich der mächtigste Herrscher der westlichen Welt an sein Pult und prüfte höchstpersönlich die Steuerunterlagen von zehn Jahren. Karls sorgfältige Prüfung brachte ihn übrigens zu dem folgenden wichtigen Schluss: »Wenn es hier ein Problem gibt,

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dann vor allem dieses, dass jedermann sich möglichst viele Privilegien sichern will, um meine Souveränität (hauteur) so weit zu beschneiden, dass wir beinahe schon Kollegen (compagnons) sind und ich nicht mehr der Herr (et moy non seigneur).«60 Karl beschloss daher, die Zentralregierung der Niederlande einer Generalüberholung zu unterziehen. Er richtete drei Gremien ein, die Maria beratend zur Seite stehen sollten: den Staatsrat, der für die Außen-, Verteidigungs- und Religionspolitik zuständig war; den Geheimen Rat, in dem die Gesetzgebung vorbereitet wurde und Berufungsverfahren in Zivil- wie Strafsachen geführt wurden; und einen Finanzrat, der die Erhebung von Steuern und die Verteilung der Steuereinnahmen, die Aufnahme und Rückzahlung von Anleihen sowie ganz allgemein die Verwaltung des Staatsvermögens überwachen sollte. Wie aus seinen Anweisungen an diese Ratsgremien und auch an Maria hervorgeht, wollte Karl sich für ein breites Spektrum von Angelegenheiten die alleinige Entscheidungsgewalt vorbehalten. Zweifellos wollte er damit verhindern, dass Maria dem Beispiel ihrer Tante Margarete folgen und eine eigene politische Agenda verfolgen würde. Damit sollte er jedoch scheitern: Kaum ein Jahr war vergangen, da erlaubte es Karl seiner neuen Statthalterin, sämtliche an ihn adressierten Briefe zu öffnen, die durch ihre Hände gingen – ganz wie Margarete es getan hatte; und in Marias Briefen an ihren Bruder finden sich zahlreiche Anmerkungen und Ratschläge dazu, wie er als Nächstes vorgehen solle. Außerdem richtete Karl eine Art »heißen Draht« zwischen ihnen beiden ein: »Wenn sich irgendetwas ereignen sollte, was ich geheim halten will, so werde ich Euch davon stets eigenhändig berichten«, teilte er seiner Schwester mit, »und Ihr solltet desgleichen tun.«61 Karl blieb kaum etwas anderes übrig. Gerade erst hatten Ferdinand und er sich nach den Aachener Krönungsfeierlichkeiten voneinander verabschiedet, da flehte sein Bruder ihn auch schon an, zurückzukehren und ihm angesichts einer erneut drohenden türkischen Invasion sowie der andauernden Widerspenstigkeit der Lutheraner beizustehen. Karl beteuerte, dass die Angelegenheiten der Niederlande »wahrlich viel mehr Zeit und sehr viel mehr von meiner persönlichen Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen«, als er erwartet hatte, während »die Angelegenheiten und Interessen meiner spanischen Königreiche, wie Ihr Euch vorstellen könnt, desto stärker leiden, je länger ich fernbleibe, was meinen Untertanen große Not und Grund zur Klage bereitet, sodass ich meine Rückkehr dorthin nicht mehr sehr viel länger aufschieben kann«. Im Monat darauf teilte Karl seinem Bruder in einem Glanzstück passiv-aggressiver Rhetorik mit, er werde nun doch nach Deutschland zurückkommen, obwohl dies »den Aufschub sämtlicher anderen Angelegenheiten bedeutet, so absolut notwendig und bedeutend sie auch sein mögen; und für meine Königreiche, Herrschafts-

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gebiete und Untertanen sind [diese aufgeschobenen Angelegenheiten] von der größten Bedeutung, wie ihr Euch wohl vorstellen könnt«. Karl warnte seinen Bruder schon einmal, dass er »höchstens einen Monat lang bleiben« könne, »da meine sonstigen Geschäfte keinerlei weiteren Aufschub dulden«. Dann fand er aber trotzdem noch eine ganze Reihe von Ausreden, um seine Abreise aus den Niederlanden hinauszuzögern, darunter dringliche Geschäfte vor Ort sowie eine »langwierige und kräftezehrende Erkältung«. Aber wie auswärtige Diplomaten feststellten, hielten diese Dinge Karl weder von der häufigen Teilnahme an Turnieren noch von der »beinahe täglichen Jagd« ab, sodass »er jegliche Regierungsgeschäfte meidet und seine ganze Zeit mit Vergnügungen zubringt«. Erst die Rückkehr des päpstlichen Nuntius Aleandro im November 1531 machte der kaiserlichen Saumseligkeit ein Ende.62 Seine erste Audienz mit dem Kaiser begann der Nuntius, wie Karl sich später erinnern sollte, »indem er mir die damaligen Verhandlungen jenes anderen Reichstages [in Worms] deutlicher in Erinnerung rief, als ich sie selbst noch im Gedächtnis hatte, was mich in großes Staunen versetzte«. (Vielleicht sah der Kaiser also ein, dass er damals falsch gelegen hatte und der Nuntius im Recht gewesen war?). Aleandro nutzte Karls Verblüffung zu seinem Vorteil aus, zuerst mit der kühnen Behauptung, dass, »wie die Geschichte uns lehrt, keine große Irrlehre ganz ohne Blutvergießen beseitigt werden kann«, dann, indem er den Kaiser drängte, zu ebendiesem Zweck in den deutschen Territorien, Spanien, Italien und den Kantonen der Eidgenossenschaft Truppen anzuwerben. Aleandros Drängen hatte beinahe augenblicklichen Erfolg und Karl willigte ein. Am 3. Januar 1532 teilte der Kaiser seinem Bruder Ferdinand mit: »Ich habe es bislang aufgeschoben, Euch zu schreiben – bis jetzt, da ich mir meiner Abreise tatsächlich sicher bin, denn ich habe sie Euch nun schon so oft angekündigt und dann mein Wort gebrochen, und ich wollte – und werde – Euch nun nicht weiter anlügen«.63 Karl versprach, Brüssel binnen zwei Wochen zu verlassen, in Regensburg am Reichstag teilzunehmen und persönlich einen Feldzug gegen die Türken anzuführen. Diesmal hielt er Wort.

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Porträt des Kaisers als Renaissancefürst Wie man einem Kaiser die Meinung sagt Im Dezember 1531 führte Karl den Vorsitz bei einer Kapitelversammlung der Ritter vom Goldenen Vlies in der Stadt Tournai, die er zehn Jahre zuvor von den Franzosen erobert hatte – eine wenig subtile Art, die erfolgreiche Verteidigung und Mehrung seines burgundischen Erbes hervorzustreichen. Wie es dem Brauch entsprach, hatte der Ordenskanzler Informationen über die Tugenden und Laster jedes einzelnen Ritters gesammelt, die er dem Ordenskapitel nun zur Diskussion vorlegte. Da davon auch »das Benehmen unseres Oberhaupts und Souveräns nicht ausgenommen war«, verkündete der Kanzler zunächste »das Lob, das er für [Karls] Tugend und seine zahlreichen großen Taten vernommen hatte«, und dann fünf Beschwerdepunkte, die seitens der Ritter geäußert worden waren: »Nach ihrer Auffassung ließ der Kaiser sich viel Zeit bei der Erledigung seiner Regierungspflichten; verbrachte er einen großen Teil seiner Zeit mit unwichtigen Fragen und vernachlässigte die wichtigeren; holte er nur selten die Meinung seines Rates ein, der zudem keine ausreichende Zahl an Mitgliedern habe; bemühte er sich nicht ausreichend darum, geeignete Kandidaten für das Richteramt zu finden, weshalb die Gerichte nur sehr langsam arbeiteten; und schließlich klagten sie, dass er seine Minister ebenso wie seine Soldaten nur sehr schlecht entlohne.«

Karl hörte sich »diese Beschwerden aufmerksam und bereitwillig an«, bevor er zu einer energischen Gegenrede ansetzte: »Er machte für die angeblichen Mängel in der Rechtspflege jene verantwortlich, die er für die Dauer seiner Abwesenheit damit betraut hatte, und den Umstand, dass er sich ständig mit überaus wichtigen Aufgaben konfrontiert sehe, die es ihm bislang noch nicht erlaubt hätten, sich um seine eigenen Angelegenheiten und die seiner Untertanen zu kümmern. Was seine Ratgeber anbelangte, so erklärte er, dass er schlicht noch nicht genügend Männer gefunden habe, die erfahren und loyal genug seien und denen er vertrauen könne; und deshalb habe er sich gezwungen gesehen, sehr viele Angelegenheiten in die eigene Hand zu nehmen, die er ansonsten auch hätte an andere delegieren können. Mit Blick auf die restlichen Beschwerden versprach er, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um von den Rittern angesprochenen Missstände so schnell wie möglich abzustellen.«1

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Porträt des Kaisers als Renaissancefürst

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Zwar beschwerten sich überall Untertanen über ihre Herrscher, aber nur wenige hatten das Recht, ihre Kritik persönlich vorzutragen – und nur einige sehr wenige durften damit rechnen, auf diese Kritik auch eine vernünftige Antwort zu bekommen. Eine Zeit lang besaß auch Mercurino Arborio de Gattinara das Privileg, seinen Herrn zurechtzuweisen. In einer langen Denkschrift teilte der Großkanzler dem Kaiser 1523 Folgendes mit: »Ihr müsst fähige Leute finden, die Euer Vertrauen genießen, damit Ihr Euch in aller Ruhe auf sie verlassen könnt; und zu demselben Zweck müsst Ihr dem Ratschlag Gottes folgen, der einst dem Moses durch den Mund Jethros gegeben wurde, als Er ihm die Aufgabe übertrug, das Volk Israel zu regieren und zu leiten, wozu [Moses] den Rat erhielt, dass er sich tugendhafte, weise und gottesfürchtige Helfer suchen solle … als seine Diener, damit sie dem Volk zu allen Zeiten Gerechtigkeit zuteilwerden ließen und die wichtigen Angelegenheiten an ihn [Moses] weiterreichten, während sie sich um die weniger bedeutenden [selbst] kümmerten.«

Tatsächlich, schmeichelte Gattinara, »muss Eure Majestät noch viel dringender so handeln, denn Ihr tragt ja sogar noch größere Verantwortung, als Moses sie einst getragen hat; denn Gott hat Euch diese höchste Würde des Kaiseramtes anvertraut, welche ja die Herrschaft und Sorge über die ganze Welt mit einschließt«. Karl reichtete diese Denkschrift zur Diskussion an seinen Rat weiter, dessen Mitglieder – Spanier wie Burgunder gleichermaßen – Gattinaras Forderung nach einer stärkeren Aufgabenteilung begeistert unterstützten. »Mir scheint, dass Ihr dies tun solltet«, meinte etwa Heinrich von Nassau, »weil es unmöglich ist, dass Euer Majestät alles ganz allein vollbringt.« Da Karl hierauf aber nicht mehr reagierte, ging der Kanzler bald noch einmal zum Angriff über. Er erinnerte »den jungen Fürsten« daran, dass Gott ihn zwar »höher als irgendeinen anderen Mann auf der Welt« erhoben habe, was jedoch »nicht dazu dienen sollte, dass er all die Gaben und Gunstbeweise, die er von Gott erhalten hatte, missbrauche, sondern einzig und allein zur Verbreitung und Verherrlichung der christlichen Religion«. Deshalb sei »der Kaiser von den Gerechten als ein Ungerechter angesehen worden, wenn er die Verfehlungen und üblen Taten seiner Soldaten und Minister nicht korrigierte und bestrafte, wenn er keine Gerechtigkeit walten ließ, wenn er seine Schulden nicht beglich, wenn er sich nicht um die kümmerte, die Schaden erlitten hatten, und überhaupt so viele Übel nicht behob«. Auch von dieser Kritik nahm Karl keinerlei Notiz, und Anfang 1527 verließ Gattinara den Kaiserhof und kehrte nach Italien zurück. Entgegen den Erwartungen des Kanzlers schickte der Kaiser ihm nicht sogleich eine reumütige Bitte um Rückkehr hinterher. Das

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lag wohl daran, dass (wie der Botschafter Navagero erkannt hatte) »der Kaiser keinem je den Abschied aus seinen Diensten verwehrt, der darum bittet – weil er nämlich keinen für unverzichtbar hält oder glauben würde, dass er nicht auch ohne ihn auskäme«.2

Entscheidungsfindung neuen Stils Seine politische Unabhängigkeit wuchs Karl nicht über Nacht zu. Selbst nach Chièvres Tod hielten ihn manche noch für einen Zauderer. Im Jahr 1521 versuchte Erzherzogin Margarete, den verletzten Stolz eines Ministers zu besänftigen, dessen Rat Karl ignoriert hatte: »Unser Kaiser hat einen Kopf wie jeder andere auch«, säuselte sie, »mit Ohren, in die man Tag und Nacht hineinflüstern kann – und manchmal ändert er eben seine Meinung.« Und als drei Jahre später ein Botschafter Karl zur Heirat mit Isabella von Portugal drängte und seine Vorbringungen wie folgt beschloss: »Ihr werdet Euch mit Eurem Rat besprechen, Majestät, und dann eine solche Entscheidung treffen, wie sie Euch angemessen erscheint«, da fuhr der Kaiser ihn an: »Glaubt ja nicht, dass ich jetzt alles mit meinem Rat bespreche!« (obgleich Karl im selben Atemzug eingestehen musste, dass »dies so war, als Monsieur Chièvres noch lebte, weil er mich ganz unter seiner Knute hatte«).3 Ja, manchmal widerrief der Kaiser sogar Entscheidungen, die andere in seinem Namen getroffen hatten. So geschehen etwa 1524, als er mehrere von Margarete vorgenommene Ernennungen aufhob und ein Minister die Erzherzogin warnte, dass jeder Einspruch hiergegen aussichtslos wäre: »Der Kaiser hat dies selbst getan und hat niemanden um Rat gebeten – wie er es für gewöhnlich tut bei Angelegenheiten, die seinen Willen und seine Autorität erfordern. In seinem ganzen Reich gibt es niemanden, der angesehen oder weise genug wäre, ihn zu einem Sinneswandel zu bewegen, es sei denn, er [der Kaiser] glaubt, dass der gesunde Menschenverstand solches erfordere. Ich habe zahlreiche Fürsten in ihren unterschiedlichsten Lebensaltern kennengelernt, aber keiner von ihnen hat sich größere Mühe gegeben, seine eigenen Angelegenheiten zu durchdringen, keiner hat unerbittlicher darauf bestanden, Entscheidungen, die ihn selbst angehen, auch selbst zu fällen. Im Frieden wie im Krieg ist er sein eigener Schatzmeister, und Ämter, Bistümer und Würden verleiht er nach Maßgabe der göttlichen Eingebung, ohne auf irgendwelche Bitten zu hören, die womöglich an ihn herangetragen werden.«

Als in den folgenden Jahren gleich mehrere altgediente Ratgeber starben –  da­runter Margarete und Gattinara –, war fast niemand mehr übrig, der den Kaiser

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im Zaum zu halten vermochte. Karl hatte keinesfalls die Absicht, einen neuen Kader willensstarker Mentoren an sich zu binden. Im Jahr 1532 lehnte er einen Kandidaten rundheraus ab, der ihm zur Führung seiner Regierungsgeschäfte in den Niederlanden empfohlen worden war. Die Begründung? – »Weil ich glaube, dass er sich auf der Stelle in meine Entscheidungen einmischen wird. Ich bevorzuge jemanden, der leichter zu handhaben ist (manyable) und sich ausschließlich mit der Schreibarbeit befasst.«4 In dem Maß, in dem der Kaiser an Selbstvertrauen gewann, erntete er Lob von vielen Seiten für seine Klugheit und Gewissenhaftigkeit. Erasmus, der von sich erklärte, er sei »oft bei Hofe« gewesen, solange Karl sich in den Niederlanden aufhielt, teilte einem Briefpartner im März 1523 mit, der Kaiser sei »ein junger Mann mit jeder Menge Grips«. Im selben Monat berichteten englische Diplomaten, es vergehe »kein Tag, an dem der Kaiser nicht ausgiebig mit seinem Rat [konferiert], manchmal 5 oder 6 [Stunden] am Stück«; Karl verstehe »seine Angelegenheiten nicht schlechter als irgendeiner seiner Ratgeber«.5 Vielen Beobachtern fiel auch auf, dass der Kaiser es strikt ablehnte, sich zu übereiltem Handeln drängen zu lassen: so bei einem Gespräch über seine Italienpolitik im Jahr 1526, als der Nuntius Baldassare Castiglione forderte, Karl müsse »sich nun entscheiden, und zwar schnell, denn es ist Gefahr im Verzug« – worauf der Kaiser ganz ruhig antwortete, dass »es stets sein Grundsatz gewesen sei, sich als Erstes mit den einfachsten Entscheidungen zu befassen und die schwierigeren bis zum Schluss aufzuheben«. Das trieb natürlich all jene zur Weißglut, die von den »schwierigeren Entscheidungen« betroffen waren  – einschließlich Castiglione, der sich kurz darauf beklagte: »In Wahrheit scheint es hier Brauch zu sein, dass man die Dinge immer weiter aufschiebt!« Andere jedoch begrüßten Karls Besonnenheit. Als drei Jahre später Karls lateinischer Sekretär, der eifrige Erasmianer Alfonso de Valdés, von einigen am Hof der Ketzerei bezichtigt wurde, »sagte der Kaiser, der sein Vertrauen niemals leichtfertig gewährt, er wolle in dieser Sache keine Entscheidung fällen, bevor man ihm nicht zuerst bewiesen hätte, welche Fehler [Valdés] begangen hatte«.6 Mit der Zeit entwickelte der Kaiser ein System zur Entscheidungsfindung, das breit angelegte Beratung und intensives Nachdenken miteinander verband. In manchen Fällen verwandte er große Mühe auf die Niederschrift von alternativen Vorgehensweisen. Das begann mit einer Analyse der Probleme, mit denen er sich im Februar 1525 konfrontiert sah, »obwohl es niemanden gibt, der sie besser kennte als ich selbst«, – und dennoch wollte Karl »meine Ansichten in einem vertraulichen Brief niederlegen« (siehe S. 190). Im Verlauf des Winters 1528/29 fügte Karl seinem verwaltungstechnischen Arsenal noch eine weitere Waffe hinzu. Angesichts der Bestrebungen seiner spanischen Minister, seine

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Abreise nach Italien möglichst lange zu sabotieren, wurde er so wütend, dass er sich kurzerhand mit einem alternativen Netzwerk aus zuverlässigen burgundischen Amtsträgern umgab, um die Spanier ins Leere laufen zu lassen. In einem langen, eigenhändigen Brief teilte Karl dem Fürsten von Orange, seinem Vizekönig von Neapel, mit, dass er beabsichtigte, »mich an einen Ort zu begeben, wo ich Ehre und Reputation gewinnen kann«, und bat dringend um dessen Rat, wie er hierzu am besten vorgehen solle. Sein Kammerherr Joachim de Rye, Seigneur de Balançon, erhielt den Auftrag, den Brief unter völliger Geheimhaltung zuzustellen. (»Im Notfall dürft Ihr nicht zögern, dieses Papier ins Meer zu schmeißen, und was immer auch geschieht: Sorgt dafür, dass allein der Fürst es zu Gesicht bekommt!«) Karl begann sogar, Briefe zu öffnen, die an seine Minister adressiert waren. Einmal befahl er Antoine Perrenin – zu diesem Zeitpunkt noch ein einfacher Schreiber –, ein eben hereinkommendes Schreiben zu dechiffrieren, »ohne dass sein Herr davon erführe«. Ein andermal sandte er die Abschrift eines abgefangenen Briefes zusammen mit seiner eigenen Antwort an den Baron Montfort (auch er ein langjähriges Mitglied des kaiserlichen Haushalts) und gab Anweisung, das erstere Schriftstück nach der Lektüre zu verbrennen, den von ihm selbst geschriebenen Brief aber »mit einer Kordel und ein wenig Wachs erneut zu versiegeln«, um es aussehen zu lassen, als wäre er nie geöffnet worden. Bevor er seinerseits das Begleitschreiben an Montfort versiegelte, warnte Karl noch: »Ich lasse Euch diesen Brief durch Perrenin zustellen. Bitte lasst es mich wissen, falls er geöffnet wurde.« Offenbar vertraute der Kaiser zu diesem Zeitpunkt keinem seiner Minister mehr mit Ausnahme von Balançon, Montfort, Orange und Perrenin, die allesamt aus Burgund stammten – eine wirklich außerordentliche Situation.7 Insbesondere die Unfähigkeit (oder der Unwille) seiner spanischen Beamten, jene 300 000 Dukaten aufzubringen, die für seine Reise nach Italien veranschlagt worden waren, erregte Karls Zorn: »Andauernd versuche ich, dieses Geld aufzutreiben«, wetterte er Montfort gegenüber, und »am Abend eines jeden Tages scheint es auch, als wäre es mir gelungen« – aber »am nächsten Tag muss ich dann feststellen, dass ich weiter davon entfernt bin als zuvor«. Den Grund für diesen Stillstand sah Karl darin, dass »jedermann hier so sehr gegen meine Abreise eingestellt ist und weiß – oder zu wissen glaubt –, dass ich das Geld zu diesem Zweck brauche«. Wenn nötig, drohte Karl nun, werde er »diese ganze Stadt [Toledo] verkaufen«, um an die erforderlichen Mittel zu gelangen.8 Am Ende schreckte der Kaiser vor derart drastischen Maßnahmen dann doch zurück und umging die spanischen Beamten, indem er seinen Anspruch auf die Molukken gegen klingende Münze an den König von Portugal abtrat. Aus den Einkünften aus diesem Handel konnte er schließlich nicht nur seine Italienreise, sondern auch den Sieg über seine italienischen Feinde und die Kaiser-

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krönung durch den Papst finanzieren. Mit seinem alternativen System der Entscheidungsfindung hatte Karl bekommen, was er wollte: seinen Willen. Als Gasparo Contarini, venezianischer Botschafter in Spanien von 1521 bis 1525, den Kaiser im Winter 1529/30 in Bologna wiedersah, bemerkte er an ihm eine Reihe von Veränderungen. Zwar fand er Karl noch immer »umsichtig, zurückhaltend und höchst aufmerksam in allem, was ihm von Belang erscheint« sowie »frommer denn je zuvor«, doch war Contarini der Meinung, dass der Kaiser nun »mehr spricht (und zusammenhängender spricht), als er dies in Spanien getan hat. Bei einigen Gelegenheiten habe ich mit Seiner Majestät zwei Stunden lang ununterbrochen über Politik gesprochen – so etwas ist in Spanien niemals vorgekommen. Außerdem ist er jetzt weniger eigensinnig in seinen Ansichten.« Als ein Beispiel führte Contarini die folgende Begebenheit an: »Eines Tages sagte Seine Majestät während einer lebhaften Diskussion, die er mit mir führte, dass er von Natur aus dazu tendiere, bei seinen einmal gefassten Entscheidungen zu bleiben; und ich, der ihm gut zureden wollte, sagte: ›Sire, bei einer richtigen Entscheidung zu bleiben, nennt man nicht Eigensinn, sondern Beständigkeit.‹ Er antwortete, ohne zu zögern: ›Aber manchmal bleibe ich auch bei falschen.‹ Hieraus schließe ich, dass Klugheit und gute Absichten es Seiner Majestät ermöglicht haben, die Mängel seiner natürlichen Neigungen zu überwinden.«

Zwei Jahre später bemerkte der venezianische Botschafter Niccolò Tiepolo, dass »Seine Majestät einzig und allein Routineaufgaben an seine Minister delegiert. Bei allem anderen will er selbst ganz genau Bescheid wissen und sich seine Gedanken darüber machen. Nichts darf ohne sein Eingreifen oder wenigstens Wissen getan werden.« Und der Kardinal Juan de Tavera, Präsident des kastilischen Kronrates, sagte seinem Herrn einmal (wohl mit einem Anflug von Ironie): »Zwar mag Euer Majestät entschieden haben, niemandes Rat zu folgen als allein Eurem eigenen; aber vielleicht könnten die Dinge ja auch gut ausgehen, selbst wenn Ihr der Meinung der anderen vertraut« – doch Karl blieb unerbittlich. Mit den Worten Tiepolos: »Er hört sich den Rat und die Meinung aller seiner Minister an, doch die Entscheidung liegt bei ihm allein.«9

Ein Kaiser beim Spiel und beim Gebet Auf seine Neigung, das Vergnügen der Arbeit vorzuziehen, hatte selbst die zunehmende Arbeitsbelastung des Kaisers keine erkennbare Auswirkung. Aus den Rechnungsbüchern seines Haushalts geht hervor, womit er sich zwischen 1530

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und 1532 so die Zeit vertrieb: Oft frönte er dem Glücksspiel (mit Einsätzen von bis zu 300 Dukaten), er sah sich Schauspielaufführungen an und saß mit erstaunlicher Regelmäßigkeit Modell, um immer neue Porträts von sich anfertigen zu lassen.10 Wenn die Jagd lockte – mit Falken, vor allem aber mit Hunden, Bogen oder Armbrust –, dann blieb Karl oft über Tage seinem Schreibpult fern. Einmal entschuldigte er sich bei seiner Schwester Maria dafür, »dass ich so lange gebraucht habe, um auf Euren Brief zu antworten; aber als er hier eintraf, war ich gerade so sehr im Jagdfieber gefangen (tant enpesché en la chase), dass ich die Antwort aufgeschoben habe«. Als sein Bruder ein andermal in einer dringenden Angelegenheit um seine Entscheidung bat, da bekannte Karl in seiner Antwort entwaffnenderweise, er befinde sich gerade auf der Jagd und könne »nicht entscheiden, was ich tun soll, solange ich hier an diesem ländlichen Zufluchtsort bin«. Da mussten Ferdinand und seine Probleme wohl einfach warten.11 Bis in seine Vierziger hinein scheint Karl kaum Zeit mit Lesen verbracht zu haben – unter seinen zahlreichen Porträts finden sich so gut wie keine, die ihn auch nur mit einem Buch in Händen zeigen. Wie die Rechnungsbücher seines Haushalts für die Jahre 1530 und 1531 verraten, erwarb der Kaiser in dieser Zeit indes einige »Bücher, die gegen Martin Luther geschrieben wurden«. Und in einem 653 Einträge umfassenden Inventar seiner Brüsseler Bibliothek wird ein paar Jahre später deutlich, dass er neben antilutherischen Polemiken auch einige Reisebücher besaß, daneben Werke, die wir heute wohl als »erotische Literatur« bezeichnen würden (Livres d’amours), sowie Handbücher über die Jagd mit Hunden und Falken. Aber wie oft nahm der Kaiser seine Bücher wirklich zur Hand? Dem venezianischen Gelehrten Lodovico Dolce zufolge »bereiteten [Karl] nur drei Autoren Vergnügen, deren Werke er auch ins Spanische übersetzen ließ«, namentlich Castigliones Libro del Cortegiano als das »Fundament eines gesitteten Lebens überhaupt«, Niccolò Machiavellis Il Principe (»Der Fürst«) und Discorsi (»Abhandlungen«) als Leitfaden »für alle Staatsangelegenheiten« sowie »die Historien und alle anderen Werke des Polybios [als Leitfaden] in militärischen Dingen«.12 Zwei weitere Kategorien, die unter der Lieblingslektüre des Kaisers prominent vertreten waren, übersah Dolce damit allerdings: Bücher über das Rittertum sowie religiöse Erbauungsliteratur (seine Bibliothek enthielt nicht weniger als vierzehn Stundenbücher, manche davon prächtig illustriert).13 Frömmigkeit nahm Karl zeitlebens sehr ernst. Unmittelbar nach seiner Abdankung bezeugte ein Botschafter: »Ein Leben lang hat Seine Majestät jeden Tag die heilige Messe gehört … dazu eine Predigt an den Feiertagen und während der vierzigtägigen Fastenzeit. Manchmal nimmt er auch an der Vesper oder einem der anderen Stundengebete teil, und täglich lässt er sich aus der Bibel vorlesen. Viermal im Jahr hat er stets die Beichte abgelegt und die heilige Kommu-

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nion empfangen.« Bevor er am Abend zu Bett ging, kniete Karl für gewöhnlich vor einem Andachtsbild nieder und sprach eine einfache Fassung des Glaubensbekenntnisses, bevor er sich dem innerlichen Gebet widmete, vielleicht unter Rückgriff auf eines seiner Stundenbücher.14 Von Zeit zu Zeit stellte Karl seine Frömmigkeit auch ein wenig betonter zur Schau. Er besaß zwei Geißeln, deren eine (wie sein Sohn Jahre später berichtete) »viel in Gebrauch war« und noch immer Spuren des kaiserlichen Blutes erkennen ließ.15 Außerdem zog Karl sich jedes Jahr während der Karwoche zu Exerzitien zurück. Im Frühjahr 1529, kurz vor seiner Abreise nach Italien, »verließ er am Palmsonntag seine Frau und Kinder« und begab sich »während der ganzen Heiligen Woche [in ein Kloster], um die Regierungsgeschäfte ruhen zu lassen, wie es nur würdig und recht war«. Und 1535, unmittelbar bevor er seinen Feldzug nach Afrika unternahm, weigerte sich Karl erneut, während der Karwoche – die er wiederum in einem Kloster verbrachte – Regierungsarbeit zu verrichten. Die einzige Ausnahme von dieser Regel ereignete sich 1526, als Karls unmittelbar vor dem Osterfest gefasste Entscheidung, den Bischof Acuña von Zamora foltern und ermorden zu lassen, zu seiner sofortigen Exkommunikation führte. Sobald dem Kaiser jedoch die päpstliche Vergebung gewährt worden war, ging er auch diesmal in ein Kloster, »wo er nun eine andere Woche anstatt der Karwoche verbringen wird und beichten und die heilige Kommunion empfangen wird«.16 Zwar kam es durchaus vor, dass besonders ungeduldige Minister ihren Herrn auch während solcher Zeiten der Einkehr mit irgendwelchen Anliegen piesacken wollten – aber es führte zu nichts. Für die Karwoche 1531 fertigte Los Cobos eine consulta an, in der er neun Angelegenheiten zusammenfasste, die (wie er meinte) dringend einer Entscheidung bedurften, und sandte dieses Memorandum zusammen mit den zur Sache gehörigen Dokumenten in das Kloster, in das Karl sich zurückgezogen hatte. Bis nach Ostern ignorierte der Kaiser das Konvolut und ließ es dann mit der folgenden lapidaren Erklärung an den Absender zurückgehen: »Man kann nicht beides gleichzeitig: beichten und so viel schreiben.«17 Karls mustergültige Frömmigkeit erlaubte es seinen Beichtvätern, einigen Einfluss auf seine politischen Entscheidungen zu nehmen. Jean Glapion, ein Franziskaner, der ein freundschaftliches Verhältnis zu Erasmus von Rotterdam pflegte, wurde 1520 zum kaiserlichen Beichtvater ernannt und begleitete Karl im darauffolgenden Jahr zum Reichstag nach Worms sowie ins Feld. Manche meinten, Glapion sei »bei Hof nicht weniger einflussreich als Jesus Christus selbst«. In den leidenschaftlichen Fastenpredigten, die er 1520 in Karls Beisein hielt, verurteilte Glapion die Missstände innerhalb der Kirche auf das Schärfste. Falls diese nicht umgehend abgestellt würden, sah er die weltlichen Fürsten zum Eingreifen verpflichtet: »Es ist Eure Aufgabe, die Hand an Euer Schwert zu legen

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und sicherzustellen, dass durch das Verschulden des Klerus nicht derartige Übel entstehen« – eine Botschaft, wie sie auch Luther selbst hätte vertreten können. Im Jahr darauf betraute Karl Glapion mit der heiklen Mission, den Kurfürsten Johann von Sachsen dazu zu bringen, seinerseits Luther zur Rücknahme wenigstens einiger seiner Thesen zu überreden. Auf diese Weise sollte der Konfrontation zwischen Luther und dem Kaiser auf dem Wormser Reichstag zumindest ein wenig von ihrer Brisanz genommen werden (siehe auch Kap. 5). Es überrascht insofern nicht, dass auch ein Buch Jean Glapions, »des Beichtvaters Seiner Kaiserlichen Majestät«, später auf dem römischen Index der verbotenen Bücher auftauchte.18 1522 begleitete Glapion Karl nach Spanien, trat jedoch bald nach der Ankunft von seinem Posten zurück, um sich einer Gruppe von Franziskanern aus den Niederlanden anzuschließen, die zur Christianisierung der indigenen Bevölkerung nach Südamerika reisten (Glapion starb schon unterwegs). Erst nach fast einem Jahr bestimmte der Kaiser den Dominikaner García de Loaysa y Mendoza zu seinem neuen Beichtvater. Loaysa trat wie vor ihm Glapion dem Staatsrat bei und wurde 1526 Präsident des Indienrates. Auswärtige Botschafter umwarben ihn ohne Unterlass, denn »er steht sehr hoch in der Gunst Seiner Majestät, höher als irgendein anderer, den ich kenne«.19 Obgleich von den Gesprächen Loaysas mit Karl aus jener Zeit nur sehr wenig überliefert ist, wirft doch die umfangreiche Korrespondenz, die sie in den Jahren 1530 bis 1533 führten, als der Dominikaner als kaiserlicher Sonderbotschafter in Rom weilte, einiges Licht auch auf ihren vorherigen Umgang miteinander. So teilte Loaysa Karl mit: »Da mir der [Titel Eures] Beichtvaters bleibt, ist es billig, dass, solange ich lebe, ich Euch zu retten suche« – und das, fand der Pater, ermächtige ihn, »so viel [zu] sagen, wie ich sagen würde, wenn ich bei Eurer Majestät in Eurer Kammer wie früher wäre«, denn »meine Worte kommen aus der langen Gewohnheit her, sie in Eurer Gegenwart unter vier Augen bei verschlossenen Türen zu sagen«.20 »Immer stritten in Eurer königlichen Person Trägheit und [das Verlangen nach] Ruhm miteinander«, donnert Loaysa an anderer Stelle und weist sein vormaliges Beichtkind darauf hin, dass »mit Müßiggang, Wohlleben, Lastern und Erholungen niemals Krone oder Triumph gewonnen werden«. Ja, Loaysa verwendete sogar die früheren Beichtgespräche mit dem Kaiser gegen diesen: »Euer Majestät sagte mir einst, dass Ihr Euer Leben auf die Verteidigung des Glaubens zu wenden wünschtet, denn es scheine Euch, dass Ihr auf keine andere Art für die unendlichen Gnadenerweisungen danken könnet, die Ihr von Gott empfangen [habt]. Nun, die Zeit beginnt, wo Euer Majestät zeigen kann, ob jene Worte heuchlerisch und falsch oder ob sie wahr und von Herzen waren.«21 Insbesondere Karls genießerische Ader – seine »Zügellosigkeit« – nahm Loaysa mit seiner Kritik aufs Korn. In einem Brief aus dem Jahr 1530 heißt es:

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»Gnädiger Herr, ich bitte Euer Majestät, genießet nicht Speisen, die Euch schädlich sind; alle Welt siehet, dass Eurer Brust [d. h. Karls Magen] Fische gefährlich sind …« – und doch aß Karl leichtsinnigerweise Fisch. Loaysa konnte es nicht fassen. Tatsächlich hatte man dem Beichtvater im fernen Rom zugetragen, »dass man manchmal Eure Brust weiter als Eure Zunge hört«. Im Jahr darauf tadelte Loaysa den begeisterten Jäger Karl: »So weit wir es verstehen, gab uns Gott nicht so viele Not in der Kirche, um Hirsche in Flandern zu töten, und von Eurer Majestät hängt, wie der Papst sagt, das ganze Wohl der Kirche ab, und so ist es auch.« Und immer wieder kritisierte er Karl dafür, dass dieser seine Gesundheit und vielleicht sogar sein Leben aufs Spiel setzte: »Ich bitte Euer Majestät, habet Acht auf Euch und haltet Euch fern von allem, was Eurer Gesundheit schaden kann. Bedenket den großen Dienst, den Ihr Gott mit Eurem Leben erweisen könnt! … Nun weiß ich nicht, warum Euer Majestät es jetzt für das kurze Vergnügen verlieren will, zu viel zu trinken, schädliche Dinge zu essen und sich mit Schlafen und Wachen und bei anderen notwendigen Dingen nicht vernünftig einzurichten. Verachtet um Gottes willen meine Bitte nicht, lasset ab von schädlichen Vergnügungen! Gott schuf Eure Majestät nicht, damit Ihr Euch in dieser Welt Vergnügen macht, sondern damit Ihr durch fortgesetzte Arbeit das ganze christliche Gemeinwesen errettet …«22

1532 führten Gerüchte von einer bevorstehenden türkischen Invasion Ungarns dazu, dass Loaysa eine neue Salve von Ermahnungen auf den Kaiser losließ: »Euer Majestät darf gar nicht daran denken, Deutschland zu verlassen, sondern Ihr müsste Eure Aufgaben gut bewältigen und das Vorhaben abschließen, das Ihr so glorreich auf Euch genommen habt.« Kurz gesagt: »Es darf kein Kastilien geben, kein Weib und kein Kind, bis Ihr nicht die Staatsangelegenheiten in zufriedenstellender Weise geklärt habt.« Und in der folgenden Passage wurde Loaysa vielleicht am direktesten: »Ich wage zu sagen, dass jetzt die Zeit sei, wo Euer Majestät mehr als je in seinem Leben verpflichtet ist, keine Stunde müßig zu verlieren; täglich muss Rat gehalten und ohne Aufschub, was beschlossen ist, in Ausführung gebracht werden … Solange ich Euer Majestät kannte, liebtet Ihr die Ehre tausendmal mehr als Leben und Gut; jetzt, da es nun gilt, wäre es deshalb nicht recht, dass Ihr speist und schlaft, ohne daran zu denken, wie Ihr sie fördert und nicht verliert.«23

Loaysa war klug genug, seiner Kritik hier und da ein wenig positives Feedback beizumischen. So lobte er Karl für seine »Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit … da es keinen in der Welt gäbe, der so rein und so sehr Feind der Lüge und der

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Täuschung sei als Euer Majestät« (1530); er beteuerte gar, »dass Euer Majestät der Engel sei, der zur Heilung der Christenheit vom Himmel gesandt« wurde (1531).24 Karl schien gewillt, Loaysas Tadel anzunehmen, solange er zum Ausgleich mit derlei aufbauenden Botschaften bedacht wurde. »Ich bin heilfroh«, versicherte er Loaysa in einem seiner eigenhändigen Antwortbriefe, »in Euch einen so fähigen Beistand und Ratgeber zu haben«, und »deshalb bitte ich Euch inständig, davon niemals abzugehen«. Oder auch mit etwas weniger Enthusiasmus: »Besten Dank für den guten Rat, den Ihr mir erteilt. Ich wäre hocherfreut, wenn Ihr dies auch weiterhin tätet und mir in allen Angelegenheiten Eure Ratschläge schicktet; ich nehme sie an – und werde dies auch weiterhin tun – in demselben Geiste, in dem Ihr sie erteilt.«25 Der einzige Schicksalsschlag, der Karls Glauben zu erschüttern vermochte, scheint der Tod seines Neffen Hans gewesen zu sein, den der Kaiser aus nächster Nähe miterlebte. Der gerade einmal vierzehnjährige Hans war der Sohn seiner verstorbenen Schwester Isabella und ihres unglücklichen Gatten, des Königs Christian von Dänemark. Sein Tod »hat mir den größten Kummer bereitet, den Ihr Euch vorstellen könnt«, schrieb Karl im August 1532, »denn er war der hübscheste kleine Junge in jenem Alter, den man sich vorstellen kann. Sein Tod schmerzt mich mehr als der meines eigenen Sohnes [Fernando, der zwei Jahre zuvor kurz nach seiner Geburt gestorben war], weil er schon älter war und ich ihn besser kannte und ihn wie meinen eigenen Sohn behandelt habe. Dennoch müssen wir uns Gottes Willen fügen« – aber dann konnte er doch nicht umhin, wütend anzufügen: »Möge Gott mir verzeihen, aber ich wünschte, Er hätte [Christian] genommen anstelle seines Sohnes.«26

Eine schrecklich unglückliche Familie Von seinen diversen Verwandten hatte der Kaiser zeit seines Lebens eine klare Meinung, mit der er auch nicht hinter dem Berg hielt. Wie María José Rodríguez-Salgado bemerkt hat, war Karl »selbst nach den damaligen Maßstäben … in eine außergewöhnliche – und in eine außergewöhnlich dysfunktionale – Familie hineingeboren worden«. Das habe sich auch im Verhältnis Karls zu seinen eigenen Nachkommen fortgesetzt. »Wenn wir seine Beziehungen zu den anderen Mitgliedern seiner Familie betrachten, so fällt auf, dass er für keine dieser Personen eine besondere Zuneigung hegte; was dagegen deutlich hervorsticht, ist sein Bestreben, sie zu kontrollieren.« Tatsächlich begegnete Karl manchen seiner Verwandten »mit einem tiefen Misstrauen, das mitunter fast schon paranoide Züge annahm«.27

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Als Karl vom Tod seiner Tante Margarete erfuhr, erklärte er: »Ich habe sie als meine Mutter betrachtet und behandelt«, und doch war er ihr bisweilen mit einer erschreckenden Gefühllosigkeit begegnet, insbesondere zur Zeit seiner Mündigsprechung. Auch mit seiner leiblichen Mutter ist Karl ganz schrecklich umgegangen. Bei ihrer ersten Begegnung in Spanien hatte er der Königin Johanna versichert, er selbst und seine Schwester Eleonore seien »als demütige und gehorsame Kinder« gekommen, um »Euch unsere Ehrerbietung, Dienstbarkeit und Folgsamkeit zu erweisen«, aber dann erhielt er die Scheinwelt voller falscher Tatsachen aufrecht, die ihr Vater für sie ersonnen hatte (siehe Kap. 4). Selbst nachdem der Comuneros-Aufstand Johanna mit der Realität konfrontiert hatte, hielt Karl seine Mutter weiter in Tordesillas fest und bediente sich dort in regelmäßigen Abständen an ihrem Besitz. Im Jahr 1524, kurz vor der Heirat seiner Schwester Catalina, die beinahe ihr ganzes bisheriges Leben eingesperrt bei ihrer Mutter verbracht hatte, hielt Karl sich einen Monat lang in Tordesillas auf, ließ Wandteppiche abhängen und raubte Juwelen, Bücher, Silberzeug, ja sogar liturgische Gewänder aus Johannas Sammlung, um mit diesen Dingen die Aussteuer seiner Schwester zu komplettieren (beziehungsweise dafür nicht mit seinem eigenen Geld aufkommen zu müssen). Auch entwendete er aus den Gemächern seiner Mutter Gold- und Silberzeug in großen Mengen: 25 Kilogramm Silber und 15 Kilogramm Gold kamen so zusammen, die Karl zur Finanzierung von Catalinas Reise nach Lissabon verwandte (nicht ohne die geplünderten Truhen seiner Mutter sorgfältig mit Backsteinen zu füllen, damit sie erst nach seiner Abreise durchschaute, dass sie bestohlen worden war).28 Die Heiratspläne für Catalina hielt Karl ebenfalls so lange wie möglich vor Johanna geheim, und »als die Zeit gekommen war, da die Braut aufbrechen und zu ihrem Bräutigam gehen sollte, brach [Karl] nach Madrid auf, um sich zu entziehen, weil er befürchtete, seine Mutter würde eine heftige Bekundung ihres Kummers an den Tag legen«. Ein mutiger Kämpfer und kühner Draufgänger war der Kaiser in körperlicher Hinsicht zweifellos; auf dem Feld der Moral jedoch erwies er sich manchmal als Feigling.29 Auch seiner Ehefrau gegenüber, die er bisweilen in erster Linie als eine zuverlässige Regentin und »Gebärmaschine« betrachtet zu haben scheint, verhielt Karl sich gefühllos. Im Januar 1522, als er eigentlich schon mit Mary, der Tochter Heinrichs VIII . verlobt war, versicherte er dem portugiesischen König Johann I. – wenig romantisch –, dass »wir eher geneigt sind, seine Schwester, die Infanta [Isabella], zu ehelichen als irgendeine andere, weil keine andere Königstochter ebenso bereit ist wie sie (si preste comme elle)«. Drei Jahre später trumpfte Karl seinem Bruder gegenüber damit auf, dass eine Heirat mit Isabella es ihm erlauben würde, fast unmittelbar danach »die Regierungs-

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geschäfte an sie zu übertragen« und Spanien zu verlassen; und noch kurz vor der Hochzeit versprach er Ferdinand, dass er seine zukünftige Braut verlassen und nach Italien aufbrechen würde, sobald er sie geschwängert hatte.30 Wie seine Tante Margarete der Kaiserin später in Erinnerung rief, waren »Kinder das Einzige, was [Karl] noch fehlt, um die großen Königreiche und Ländereien zu sichern, die Gott ihm gegeben hat«, und sie versprach Isabella: »Wenn ich Seine Majestät sehe, werde ich ihn bitten, zu Euch zurückzukehren, damit Ihr ein weiteres Kind empfangen könnt.« Aber obwohl die Kaiserin mindestens neunmal schwanger wurde, verlor Karl  – von seinem erstgeborenen Sohn einmal abgesehen – mit Beginn der Schwangerschaft jedwedes Interesse. Als ihr zweiter Sohn starb, während Karl in Deutschland weilte, gab der sich alle Mühe, die Trauer seiner Gattin kleinzureden: »Da der Herr, der uns [Fernando] geschenkt hat, ihn zurücknehmen wollte, so müssen wir uns Seinem Willen beugen und Ihm danken und Ihn um Schutz für das anflehen, was bleibt. Mit großer Zuneigung, Gnädigste, bitte ich Euch, genau dies zu tun und allen Schmerz und Kummer zu vergessen und hinter Euch zu lassen.« Als einige Jahre darauf der Kardinal Tavera dem Kaiser, der sich gerade in Afrika aufhielt, die Geburt der Infantin Johanna meldete, hielt er den folgenden Hinweis für nötig: »Es scheint mir, dass Euer Majestät in Eurem Brief an die Kaiserin große Freude über die Geburt Eurer neuen Tochter ausdrücken solltet, denn das wird sie hoch erfreuen.«31 Am herzlosesten aber war es, als Karl versäumte, seiner Frau etwas davon zu sagen, dass er ihrer beider zweiten Sohn bei seiner Tante in den Niederlanden aufziehen lassen wollte und dies Margarete auch schon versprochen hatte. Isabella erfuhr davon erst durch einen begeisterten Brief Margaretes, in dem diese ihr zur Geburt Fernandos gratulierte: »Keine Nachricht hätte mir willkommener sein können. In Anbetracht dessen, was Seine Majestät mir versprochen hat, hoffe ich, dass [Fernando] mein Sohn sein wird, eine Stütze auf meine alten Tage, ein Trost für meine tägliche Trübsal. Ich flehe Euch deshalb an, Madame: Sagt mir nicht, dass ich mich irre.«32 Trotz solcher wiederholten Fälle von Rücksichtslosigkeit scheint doch klar, dass Karl seine Frau liebte. In einem Brief an seine Schwester Maria in Deutschland versprach er dieser 1532, ihr ein Porträt Isabellas beizulegen, »das schönste, das ich besitze, und also jenes, das ihr am meisten ähnelt«. Dann jedoch überlegte er es sich anders: »Ich war gerade dabei, meiner Gemahlin zu schreiben, als Euer Brief eintraf«, und nun »will ich selbst ihr Bildnis anschauen, das doch so große Schönheit birgt«  – worauf er selbstgerecht hinzufügte: »Ich bin ein derart hingebungsvoller Gatte, dass andere schöne Frauen mir nun rein gar nichts mehr bedeuten.« Einige Monate später entschuldigte er sich bei Maria dafür, dass sein Brief so kurz war, »denn andernfalls wäre es ein sehr schlecht

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geschriebener Brief gewesen, da ich die vergangenen zwei Stunden damit zugebracht habe, einen Brief an meine Frau zu schreiben«.33 Aber Karl und Isabella wechselten nicht nur Briefe, sondern schickten in gewissen Abständen auch zuverlässige Boten los, »um mir Nachricht von Eurem Wohlbefinden zu bringen und davon, wie die Dinge bei Euch stehen, und auch, damit Euer Majestät erfahre, wie es um mein Wohlbefinden bestellt ist und um das unserer Kinder und wie die Dinge hier stehen«. Am Abend nachdem Karl 1529 nach Italien aufgebrochen war, sandten beide offenbar ganz spontan dem jeweils anderen einen Boten; und wenn sie getrennt voneinander waren, tauschten sie auch Geschenke aus. Im Jahr 1537 etwa sandte die Kaiserin »dem Kaiser, der in Barcelona weilte, ein Kästchen mit einer kleinen Seidenblume, die sie selbst gefertigt hatte«.34 Dennoch scheint, wie Rodríguez-Salgado bemerkt hat, erst Isabellas Tod Karl »ganz vor Augen geführt zu haben, was er an ihr gehabt hatte; und ihrem Andenken widmete er sich mit einer Tiefe der Empfindung, die er seiner Frau zu deren Lebzeiten niemals zugestanden hatte. Jetzt gab es keinen Druck mehr, keine bitteren Vorwürfe, nichts, was ihren vielen und bewundernswerten Tugenden hätte im Weg stehen können; keine Krankheit, die ihre hübschen Züge verzerrte.« Nach ihrem Tod wurde Isabella also, kurz gesagt, »mehr Ikone als tatsächliche Frau«.35 Im Jahr 1547 rief Karl den Maler Tizian zu sich und beauftragte ihn, »sein Bildnis der Kaiserin zu reparieren, das zwei Jahre zuvor beschädigt angekommen war«. Karl nahm dieses Porträt mit, als er nach Yuste umzog, und an jenem Tag, an dem er erkennen musste, dass seine Krankheit womöglich eine zum Tod war, verbrachte er eine geraume Zeit vor diesem Bild, ganz in seine Betrachtung versunken. Auf dem Totenbett hielt und küsste er – wie es stets sein Plan gewesen war – das Kruzifix, das auch Isabella im Tod gehalten hatte.36 Dieselbe Mischung aus Liebe, Pflichtgefühl und seelischer Grausamkeit kennzeichnete auch Karls Beziehung zu dreien seiner Geschwister. Seine ältere Schwester Eleonore sprach er stets als »ma meilleure sœur« an – »meine beste Schwester«. Bis 1518, als Karl sie zur Heirat mit dem portugiesischen König Manuel nötigte, war sie ihrem Bruder eine ständige Gefährtin gewesen. Als sie nach Manuels Tod wieder nach Spanien zurückgekehrt war, stattete Karl ihr jeden Abend einen Besuch ab. Was ihre Pflichterfüllung betraf, so diente Eleonore ihrem Bruder als Regentin von Kastilien, als Karl 1523 zu einem Feldzug nach Navarra aufbrach. Als Königin von Frankreich tat sie in den Jahren zwischen 1530 und 1547 ihr Bestes, um zwischen ihrem Bruder und ihrem Gatten Frieden und Ausgleich zu stiften: An den Treffen der beiden Monarchen nahm auch sie teil, und bei mindestens einer Gelegenheit ließ sie Karl einen geheimen Brief zukommen, in dem sie ihm Franz’ wahre Verhandlungsposition offenbarte (siehe Kap. 10). Nach Franz’ Tod im Jahr 1547 ging sie zu Karl nach Brüssel und

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begleitete ihn zehn Jahre später auch wieder nach Spanien. Der Kaiser seinerseits zeigte zumindest auf dem Papier seiner Schwester gegenüber nichts als tiefe Zuneigung. Nach Manuels Tod ließ er Eleonore nach Spanien zurückzuholen, weil »sie die Person ist, die wir auf dieser Welt am meisten lieben und schätzen«, und nach ihrem Tod erzählte er seinem Sohn von »der großen und besonderen Liebe, die wir stets füreinander empfunden haben«. Die Realität hatte jedoch ein wenig anders ausgesehen.37 Im Jahr 1517 setzte Karl nämlich der kurzen Liebesaffäre seiner »meilleure sœur« mit dem Pfalzgrafen Friedrich ein brutales Ende und zwang sie in ihre Ehe mit Manuel, und als Friedrich nach Manuels Tod erneut sein Interesse an Eleonore bekundete, unterband Karl auch dies. Um kurz darauf Eleonore dazu zu bewegen, aus Portugal nach Kastilien zurückzukommen, schrieb er ihr schmeichlerisch: »Sollte man Euch gesagt haben, dass ich Euch nach Eurer Rückkehr gegen Euren Willen mit irgendjemand anderem verheiraten wolle, so dürft Ihr dem keinen Glauben schenken«, denn »ich habe nicht die geringste Absicht, Euch zu einer Heirat zu bewegen, es sei denn mit jemandem, den Ihr selbst wollt. Und dessen könnt Ihr Euch ganz sicher sein.« Beinahe unverzüglich machte er jedoch einen Rückzieher und versprach Eleonore dem Herzog von Bourbon zur Frau. Doch auch davon rückte er bald wieder ab und versprach sie stattdessen dem französischen König Franz. Obgleich Karl später behaupten sollte, Eleonore habe diese Heirat »einer Ehe mit dem Herzog von Bourbon vorgezogen, welche ich für sie arrangiert hatte«, verhinderte er es daraufhin noch vier Jahre lang, dass sie zu ihrem neuen Ehemann zog.38 Karls Verhältnis zu Ferdinand und Maria war ähnlich wechselhaft. Beiden gestand er in ihrer Funktion als seine Stellvertreter einen erheblichen Ermessensspielraum zu (Ferdinand in den österreichischen Erblanden und den deutschen Territorien des Reiches, Maria in den Niederlanden). Doch als er Maria 1531 bat, seine Statthalterin in den Niederlanden zu werden, bestand Karl darauf, dass seine Schwester zunächst alle Angehörigen ihres Haushalts entließ, die ihr seit dem Ende ihrer Brüsseler Zeit 1514 gedient hatten, und an deren Stelle ausschließlich Niederländer engagierte, die der Kaiser außerdem noch einzeln bestätigen wollte. Außerdem verlangte Karl von seiner Schwester, ihren neuen Posten anzunehmen, ohne genau zu wissen, welche Befugnisse damit verbunden sein würden. Dies begründete er damit, dass »ich, bevor wir zusammengetroffen sind, überhaupt nicht entscheiden kann, wie weit diese reichen sollen«. Am Ende verlieh Karl seiner Schwester eine ganz außerordentliche Machtfülle – hinter der die Befugnisse der Kaiserin weit zurückblieben – und benannte Maria zudem als seine Testamentsvollstreckerin, die ermächtigt war, über die Thronfolge zu entscheiden, sollten sowohl er selbst als auch der Infant Philipp sterben.39 Ihren Entscheidungen erteilte er für gewöhnlich seine Zustimmung, selbst dann, wenn Maria gehandelt hatte, ohne sich zuvor mit ihrem

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Bruder abzusprechen. Mitunter kam es jedoch auch zu Meinungsverschiedenheiten. Ein besonders schweres Zerwürfnis ereignete sich nach dem Tod ihres Neffen Hans von Dänemark im Jahr 1532. Karl entschied, dass es »kein anderes Mittel« gab, als für die beiden Schwestern des verstorbenen Prinzen, die zwölfjährige Dorothea und die zehnjährige Christina, »Ehemänner zu finden«. Beide Prinzessinnen hatte Maria zu sich an ihren Hof genommen, da ihre Mutter Isabella ja schon tot und ihr Vater, der dänische König Christian II., inhaftiert war. Im Jahr darauf arrangierte Karl für eines der Mädchen eine Heirat mit dem Mailänder Herzog Francesco Sforza, machte dabei allerdings »einen Fehler, indem er dem Herzog versprach, er dürfe die ältere [Schwester] heiraten, wo er eigentlich ›die jüngere‹ hatte sagen wollen; für die ältere will er nämlich eine Heirat mit dem König von Schottland arrangieren«. Als dem Kaiser sein Versehen bewusst wurde, »sagte er dem Herzog, er könne heiraten, welche er wolle«. Francesco entschied sich für Christina, obwohl er beinahe viermal so alt war wie sie, weil er gehört hatte, sie sei die hübschere der beiden.40 Der Heiratsvertrag sah vor, dass die Ehe unverzüglich vollzogen werde, wogegen sich Maria auf das Schärfste verwahrte; aber Karl wies ihren Einspruch zurück, teils weil er noch immer nicht ganz im Klaren darüber zu sein schien, von welcher seiner beiden jungen Nichten nun eigentlich die Rede war. So begann sein Antwortbrief an Maria mit »Was die Heirat meiner Nichte Dorothea betrifft« (und nicht: Christina), um der Schwester dann darzulegen, dass »sie den Herzog schon zu ihrer Zufriedenheit finden wird, denn was das Finanzielle betrifft, so leidet er keinen Mangel; und was seine Person betrifft, so mögen zwar seine Gliedmaßen und sein Verhalten ein wenig ungelenk erscheinen, aber sein Kopf und Rumpf sind wohlgestalt. Es heißt, er könne ohne Weib nicht leben, aber das ist etwas, bei dem wir ihm Abhilfe schaffen können.« Karls Gefühllosigkeit brachte Maria erst recht in Rage: »Unsere Nichte betrachtet Euch als ihren Herrn und Vater, in den sie ihr ganzes Vertrauen setzt«, aber »sie ist erst 11 ½ Jahre alt, und es geht gegen Gott und den gesunden Verstand, so jung zu heiraten«. Außerdem zeige Christina »bislang noch keinerlei Zeichen der Weiblichkeit« (das heißt, sie hatte ihre erste Regelblutung noch nicht gehabt), und »wenn sie schwanger werden sollte, bevor sie vollständig entwickelt ist, so würdet Ihr sowohl sie selbst als auch ihr Kind gefährden«. Wieder einmal ignorierte Karl die vernünftigen Argumente seiner Schwester. »Der Altersunterschied wird für den Herzog ein größeres Problem darstellen als für unsere Nichte«, feixte er. Also griff Maria zu einer Reihe von Ausreden, um Christina möglichst lange an ihrem Hof zu behalten, aber 1534, im Alter von dreizehn Jahren, musste die Prinzessin dann schließlich doch den zeremoniellen Einzug nach Mailand über sich ergehen lassen.41 Ein Jahr später arrangierte, da die Gespräche über eine mögliche »schottische Heirat« im Sande verlaufen waren, Karl für »unsere Nichte Dorothea« eine Heirat mit

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dem früheren Verehrer der Königin Eleonore, dem Pfalzgrafen Friedrich, obwohl dieser 38 Jahre älter war als seine Braut. Keiner dieser beiden Ehen war eine glückliche Zukunft beschieden. Francesco Sforza starb achtzehn Monate, nachdem Christina zu ihm nach Mailand gekommen war; Dorothea und Friedrich wurden Lutheraner; keines der beiden Paare bekam Kinder. Die heftigste Schikane gegen seine Schwester Maria ließ der Kaiser erst sehr viel später gegen Ende seines Lebens folgen. Im Jahr 1555, da hatte sie die Niederlande ein Vierteljahrhundert lang im Namen ihres Bruders regiert, trat Maria als Statthalterin zurück und reiste gemeinsam mit Karl und Eleonore nach Spanien, wo sie »Gott feierlich gelobte, sich nie wieder in irgendwelche Regierungsgeschäfte zu mischen, weder direkt noch indirekt«. Derweil entschied jedoch Karls Sohn Philipp in Brüssel dreierlei: dass einzig und allein Spanien die finanziellen Mittel aufbringen konnte, die er für einen Sieg über Frankreich benötigen würde; dass einzig und allein seine persönliche Anwesenheit in Spanien dafür sorgen konnte, dass diese Gelder bewilligt würden; und dass er die Niederlande einzig und allein dann guten Gewissens verlassen konnte, wenn Maria zurückkehrte, um sie in seiner Abwesenheit zu regieren. Da Philipp wusste, dass seine Tante dies ablehnen würde, bat er seinen Vater, den Kaiser, sie zu überreden. Karl spielte zunächst mit dem Gedanken, Maria zu einem Gespräch unter vier Augen einzubestellen; aber dann erinnerte er sich (wie ein Zeuge berichtet) daran, dass Maria auf seinen letzten derartigen Vorschlag »derart wütend reagierte, dass ich schon daran zweifeln musste, ob sie zusagen würde; und da ich eine Wiederholung jenes Vorfalls befürchtete, schien es mir besser, mich nicht in eine Situation zu begeben, in der ich doch nur wütend auf sie werden würde«. Im August 1558 diktierte Karl seiner Schwester daher einen Brief, in dem er ihr schmeichelte, Philipp sei »doch genauso gut Euer Sohn wie der meinige«, nur um dann doch einen Befehlston anzuschlagen: »Unter keinen Umständen dürft Ihr zulassen, dass zu unseren Lebzeiten die Ehre und das Erbe verloren gehen, die uns unsere Eltern und Vorfahren hinterlassen haben und die wir mit so großen Kosten und Mühen bewahrt haben.« Der Kaiser zeigte sich zuversichtlich, dass, »wenn Ihr das Risiko eines solchen Verlustes erwägt, Ihr alles stehen und liegen lassen werdet, um ihn abzuwenden« – und das hieß, in die Niederlande zurückzukehren, »weil dies der größte Dienst wäre, den Ihr Gott und unserem Haus erweisen könntet«. Und damit Maria nicht ins Schwanken geriete, fügte er noch eine eigenhändige Nachschrift an, in der er wiederholte, dass »die Rettung – oder der Verlust, Schimpf und Untergang – meines Sohnes, des Königs, und unseres ganzen Hauses von Euch abhängt«.42 Das war wieder typisch Karl: Erst appellierte er ganz ungeniert an Marias Loyalität ihm gegenüber, der Familie gegenüber und auch dem Land gegenüber, auf dessen Regierung sie so viele Mühen verwendet hatte, und dann kam

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noch die Drohung hinterher, dass ihre Uneinsichtigkeit sie noch allesamt ins Verderben stürzen werde. Wie dies zeigte, war Karl selbst drei Wochen vor seinem Tod noch bereit, seine engsten Angehörigen zu tyrannisieren – und wie gewöhnlich hatte er auch dieses Mal Erfolg. Zwar protestierte Maria heftig, begann aber dennoch ihre Sachen zu packen, um zur Unterstützung ihres Neffen und »unseres ganzen Hauses« in die Niederlande zurückzukehren. Selbst als die Nachricht vom Tod ihres Bruders einging, brach sie die Reisevorbereitungen nicht ab, aber die Aufregung und die Mühen scheinen ihr alles abverlangt zu haben: Nur vier Wochen nach Karl starb auch Maria. Seinem Bruder Ferdinand ließ der Kaiser eine ähnliche Mischung aus Schmeichelei und Schikane angedeihen. Das begann schon 1517 (also noch bevor die beiden Brüder sich jemals persönlich begegnet waren), als Karl befürchtete, gewisse Personen aus Ferdinands Gefolge könnten vorhaben, diesen zum Regenten von Kastilien zu machen. Karl ordnete die Entlassung der Betreffenden an, nicht ohne Ferdinand zu versichern, dass »die große Liebe, die ich für ihn empfinde, immer Vorrang hat. Er soll in mir einen Bruder und treu sorgenden Vater sehen« (siehe S. 113). Zur gleichen Zeit versprach Karl den niederländischen Generalstaaten, dass gleich nach seiner eigenen Ankunft in Spanien Ferdinand in die Niederlande kommen und fortan dort leben werde – Ferdinand erfuhr davon freilich erst, als Karl ihm ganz abrupt befahl, Spanien zu verlassen. Der gerade einmal vierzehnjährige Infant, »der überaus klug war und seinem Bruder in allen Dingen gehorsam, antwortete hierauf, dass Seine Majestät alles nach Seiner Majestät eigenem Belieben veranlassen solle«, und so musste Ferdinand seine Heimat von einem Tag auf den anderen verlassen, um an den Hof seiner Tante Margarete zu gehen. Als diese ihren jüngeren Neffen zwei Jahre darauf als Kompromisskandidaten für die Wahl zum römisch-deutschen König lancieren wollte und Karl hiergegen seinen wütenden Protest einlegte, fügte sich Ferdinand erneut dem Willen des Bruders, dem er versicherte: »Ich lege mein Schicksal ganz in Eure Hände und damit in die Hände meines Herrn und Vaters, denn als solchen betrachte ich Euch und werde ich Euch betrachten, solange ich lebe.«43 Die Bereitwilligkeit, mit der Ferdinand in solchen Situationen Zugeständnisse machte, sollte sich auszahlen. Im Jahr 1521 überließ Karl seinem Bruder die österreichischen Erblande ihres Hauses und setzte ein Testament auf, in dem Ferdinand als sein Alleinerbe benannt wurde. Ein Jahr später ernannte der Kaiser seinen Bruder zu seinem alleinigen Stellvertreter im Reich, und 1526 bevollmächtigte er Ferdinand, ihn auch in Italien zu vertreten »mit der Befugnis, all das zu verschenken, zu verkaufen, zu versprechen oder zu tun, was ich auch tun oder zu tun veranlassen könnte, wenn ich selbst dort wäre; denn so groß ist meine Zuneigung zu Euch, so groß ist das Vertrauen, das ich in Euch

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setze«.44 Das nachgiebige, anpassungsfähige Temperament Ferdinands, das dem des Kaisers derart unähnlich war, sollte sich auch in Mitteleuropa bezahlt machen: Ferdinand besaß genau das Taktgefühl und die Geduld, die nötig waren, um die politische Elite der österreichischen und deutschen Länder sowie dann auch Böhmens und Ungarns (deren König er 1526 wurde) auf sanftem Weg gefügig zu machen. Karl lernte den Rat seines Bruders schließlich zu schätzen. »Es gibt niemanden auf der Welt, den ich inniger liebte oder dem ich fester vertraute als Euch, meinem zweiten Ich (ung autre moy mesmes)«, schrieb der Kaiser 1524 – eine Formulierung, die er einige Monate später noch einmal aufgriff und hinzufügte: »Ich betrachte Euch nicht nur als meinen Bruder, sondern zugleich als meinen ältesten Sohn.«45 Dennoch konnte Lob auch schnell in Tadel umschlagen. 1535 brachten Gerüchte über die angeblich »mangelhafte Verwaltung« von Ferdinands Haushalt Karl dazu, den persönlichen Gesandten seines Bruders, Martín de Salinas, bei einer Audienz öffentlich zu demütigen. Der Kaiser begann mit groben Worten: »›Sagt mir, ist mein Bruder so arm, wie alle behaupten?‹ – ›Ja, Sire.‹ – ›Bezahlt er die Bediensteten seines Haushalts?‹ – ›Nein, Sire, schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.‹ … ›Schuldet er ihnen viel?‹ – ›Manchen schuldet er den Lohn eines ganzen Jahres, Sire, anderen sogar noch mehr.‹ … – ›Man sagt, mein Bruder unterhalte einen großen Haushalt.‹ – ›Fürwahr, Sire; ich glaube sogar, er könnte noch größer sein [als man sagt] …‹«

Zum Glück für Salinas wurde die kaiserliche Standpauke an dieser Stelle vom Eintreffen einer dringenden Nachricht unterbrochen, und als die Audienz dann fortgesetzt wurde, hatte Karl sich schon beruhigt: »Mein Bruder ist klug. Ich will nicht, dass er glaubt, ich wollte mich in seine Art der Haushaltsführung einmischen. Lasst ihn tun, was ihm beliebt.«46 Seine Versprechen Ferdinand gegenüber brach Karl, wann immer es ihm passte. »Ich will dafür Sorge tragen, dass Ihr so viel wie möglich erhaltet«, schrieb der Kaiser beschwichtigend im Juli 1525, »weil Ihr so viel mehr verdient habt, denn schließlich seid Ihr verantwortlich für den Sieg« bei Pavia. Außerdem wisse Ferdinand ja, »dass meine Angelegenheiten die Eurigen sind und Eure die meinigen«. Und doch enthüllte derselbe Brief bereits die Grenzen von Karls Dankbarkeit: »Man hat mir geraten, zur Absicherung meiner Position in Italien drei Dinge zu tun«, und » ich habe sie getan«– zwei davon gingen auf Kosten Ferdinands. Karl hatte zum einen mit den Venezianern einen Separatfrieden geschlossen »unter der Bedingung, dass sie mir 120 000 Dukaten zahlen« – und entgegen einem früheren Vorstoß, der Serenissima andere Zugeständnisse abzutrotzen, die Ferdinand zugutekommen sollten. Zum anderen hatte der Kaiser gegen eine Zahlung von 600 000 Du-

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katen der Wiedereinsetzung Francesco Sforzas als Herzog von Mailand zugestimmt  – trotz einer Vereinbarung, der zufolge Ferdinand das Herzogtum erhalten sollte. Kurz gesagt, hatte Karl die Träume seines Bruders verkauft, um seine eigenen Schulden zu bezahlen.47 Zwanzig Jahre später, nachdem die militärische Unterstützung seines Bruders sich bei der Zerschlagung des Schmalkaldischen Bundes als ähnlich entscheidend erwiesen hatte wie einst vor Pavia, handelte Karl ganz ähnlich. Wenn Ferdinand in dieser Situation erwartete, dass sein Bruder ihm das Herzogtum Württemberg übertragen würde, dann hatte er dazu alles Recht der Welt; schließlich hatten 1534 die Truppen des Bundes seine eigenen Garnisonen aus dem Herzogtum vertrieben. Stattdessen verlegte Karl spanische Truppen nach Württemberg und unterstellte das Herzogtum seiner eigenen, direkten Kontrolle. Was aber von allem das Schlimmste war: Im Winter 1550/51 zwang Karl seinen Bruder dazu, den Infanten Philipp als nächsten römisch-deutschen König zu akzeptieren (anstelle von Ferdinands eigenem Sohn Maximilian). Dies führte zu einem katastrophalen Bruch zwischen den Brüdern, den das Haus Habsburg beinahe nicht überlebt hätte (siehe Kap. 14).

Karl, der Charmeur Ein derart rücksichtsloses Verhalten konnte nicht unbemerkt bleiben. »Des Kaisers Natur«, schrieb Gasparo Contarini 1525, »bringt es mit sich, dass er sich um niemanden schert (non sa accarezzare alcuno)«, und ein solch unerbittlicher Egoismus erkläre auch, »warum nur wenige ihn mögen«.48 Hier irrte Contarini. Selbst diejenigen, die Karl immer wieder kränkte und schikanierte, blieben ihm nicht selten treu ergeben. In ihrem letzten Brief, den sie schon im Bewusstsein ihres nahen Todes diktierte, erklärte seine Tante Margarete, ihr einziges Bedauern liege darin, dass »es mir nicht möglich sein wird, Euch noch einmal zu sehen und mit Euch zu sprechen, bevor ich sterben werde«. Eleonore schrieb in einem ihrer letzten Briefe an den Bruder: »Ich für meinen Teil habe niemals eine Entscheidung treffen wollen, ohne mir darin des Wohlwollens Seiner Majestät gewiss zu sein, da ich Euch als meinen Souverän und Vater betrachte.« Auch Maria behauptete: »Gleich nach Gott bedeutet Euer Majestät mir alles.« Und selbst nach Karls Tod blieb Ferdinand ihm gegenüber vollkommen loyal, wie er einem Vertrauten gegenüber äußerte: »Meinen Bruder, den König, habe ich geliebt und verehrt, wie wenn er mein Vater gewesen wäre.«49 Karls größter »Fan« war womöglich seine jüngste Schwester, Catalina. In ihren Briefen nennt sie ihn ihren »treu sorgenden Vater und Herrn«, und jeden Ratschlag, den der Kaiser für seine »Tochter und Schwester« übrig hatte, nahm sie mit Freuden an. Obwohl sie sich nur zweimal begegneten, blieb Karl stets

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ihr Held. 1528 erklärte Catalina, die Lektüre von Karls Brief, in dem er ihr von seiner Herausforderung zum Duell durch den König von Frankreich berichtete, habe ihr »den schlimmsten Schmerz bereitet, den ich jemals empfunden habe, weil ich niemals von etwas hören oder wissen möchte, das auch nur das geringste Risiko für Euer Majestät bedeutet«. Als vier Jahre darauf die Türken in Ungarn einfielen, zweifelte sie nicht daran, dass »Euer Majestät als unser aller gemeinsamer Vater Rettung und Hilfe« bringen werde.50 Und ganz egal, wo er sich gerade aufhalten mochte: Catalina schickte Karl »Carepakete« aus Lissabon, darin Leckereien und andere Geschenke, mit denen sie ihm eine Freude machen wollte: parfümierte Handschuhe und bestickte Taschentücher, Ingwer und Zimt, Marmelade und eingemachte Früchte aus ihrer eigenen Herstellung. Im Jahr 1553 schickte sie eigens jemanden aus ihrem Gefolge nach Brüssel, der sich um das Wohlergehen des Kaisers kümmern sollte; und nach Karls Abdankung und seinem Umzug nach Yuste übersandte sie ihm – abgesehen von der allwöchentlichen Fischlieferung – einen sprechenden Papagei sowie zwei indische Katzen zu seiner Zerstreuung. Außerdem tat sie ihr Möglichstes, um durch ihr Einwirken auf ihren Gatten, König Johann von Portugal, Karls politische Ziele zu befördern.51 Wenngleich die engsten Verwandten des Kaisers also seine treuesten Anhänger waren, waren sie mit ihrer Zuneigung doch nicht allein: Zahlreiche Diplomaten lobten den Kaiser für das Geschick, mit dem er sich in seinem nächsten Umfeld alle Herzen eroberte. Als Karl 1530 gerade zum ersten Mal die Alpen überquert hatte, trat eine alte Frau dicht an sein Pferd heran und bettelte um etwas Geld: Karl »legte seine Hand auf ihr Haupt und sprach ein paar freundliche Worte zu ihr«, bevor er seinen Almosner anwies, sich ihrer Sache anzunehmen. Und als er sich einige Wochen später Augsburg näherte, kamen ihm 140 deutsche Würdenträger entgegen, um ihn willkommen zu heißen. »Da stieg der Kaiser sofort vom Pferd, sprach mit jedem Einzelnen von ihnen und reichte jedem die Hand.« Im Jahr darauf äußerte ein Botschafter in den Niederlanden sein großes Erstaunen über »die absolute Hingabe des ganzen Volkes« an seinen Landesherrn: »Abgesehen von all denen, die ihn verehren und anbeten, als wenn er Gott selbst wäre, gibt es hier nicht einen, der nicht zumindest mit Zuneigung und Lob von Seiner Majestät spräche.« Kurz darauf hielt während der Einsetzungszeremonie seiner Schwester Maria als Statthalterin der Niederlande »der Kaiser eine Ansprache von mehr als einer Stunde Dauer, und er sprach so ergreifend und liebenswürdig, dass er seine Zuhörer beinahe zu Tränen rührte«. Als er geendet hatte, war sein Publikum »ganz und gar einmütig, als wenn sie seine Sklaven geworden wären«.52 Während seines Triumphzuges durch Italien in den Jahren 1535/36 stellte Karl wiederholt sein rhetorisches Talent unter Beweis und zeigte, dass er auch

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sein Publikum zu erobern wusste. Auf diese Weise gelang es ihm, selbst frühere Feinde für sich zu gewinnen. Als eine Gruppe französischer Kriegsgefangener ihm zum Zeichen ihrer Unterwerfung die Hände küssen wollte, lehnte Karl dies ab und »legte ihnen stattdessen mit freundlichen Worten die Hand auf die Schulter und plauderte mit ihnen«. Zehn Jahre später bemerkte ein deutscher Augenzeuge dieselbe Liebenswürdigkeit in Karls Umgangsformen: »Wann immer ich sah, wie der Kaiser aus seinen Gemächern kam und in den Innenhof trat«, wo oft schon irgendwelche Adligen auf ihn warteten, so war Karl »stets der Erste, der den Hut zog, und mit einer freundlichen Geste oder einem freundlichen Blick reichte er einem jeden die Hand«. Wenn der Kaiser dann in seine Räume zurückkehrte, »wandte er sich am Fuß der Treppe noch einmal um, zog seinen Hut, reichte jedem die Hand und sagte ihnen freundlich Lebewohl«.53 Bei Audienzen pflegte Karl »höflich zuzuhören, aufmerksam und mit großer Geduld, und das nicht nur bei Botschaftern, Gesandten und Edelleuten, sondern bei jeder noch so unbedeutenden oder armseligen Person, die sich vor ihm erklären oder ihn um etwas bitten wollte, und er hörte sich an, was sie alle zu sagen hatten, ohne auch nur einmal dazwischenzureden«. Üblicherweise stellte sich Karl zweimal am Tag auf diese Weise zur allgemeinen Verfügung: »Wann immer er aus seinen Gemächern trat, so blieb er stehen und hörte entweder zu oder streckte selbst die Hand aus, um eine Petition entgegenzunehmen, sodass es jedem offensteht, ganz unbefangen sein Anliegen mit ihm zu teilen und jegliche Beschwerde ohne Furcht zu äußern.« Auch nach dem Abendessen »stand er vom Tisch auf und blieb noch einen Moment demütig stehen, indem er mit jedermann ohne Unterschied sprach und ihnen zuhörte«.54 Viele Beobachter priesen auch die Selbstbeherrschung des Kaisers. Im März 1525 erregte Karls gelassene Reaktion auf die Nachricht vom Sieg bei Pavia und der Gefangennahme Franz’ I. die Bewunderung des Botschafters aus Mantua, nach dessen Urteil der Kaiser sich in der Regel »nicht mit Häme an seinen Erfolgen weidet, noch lässt er sich von Misserfolgen entmutigen«. Als er fünf Jahre später vom Tod seines kleinen Sohnes Fernando erfuhr, »ließ der Kaiser nicht das kleinste Zeichen jenes Kummers erkennen, wie ihn Väter, so stoisch sie auch sein mögen, bei solchen Rückschlägen üblicherweise an den Tag legen«. Seinem Bruder, der ihm Trost und Zuspruch spenden wollte, »sagte der Kaiser, dass man daran keinen Anstoß nehmen solle, was Unser Herrgott gewollt und gutgeheißen hat«, und er »schloss dieses Gespräch mit der Bemerkung, dass sowohl seine Gemahlin als auch er selbst im richtigen Alter und in einer tauglichen Verfassung seien, um noch weitere Kinder hervorzubringen«.55 Schließlich fanden auswärtige Diplomaten auch immer wieder zustimmende Worte für Karls maßvolle Ess- und Trinkgewohnheiten. »Er aß stets allein und unter völligem Schweigen«, wie ein venezianischer Beobachter 1530 berichtete. Die Tischdiener

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brachten zwischen 25 und 30 »zugedeckte Schüsseln an seinen Tisch und deckten sie auf, damit er ihnen zeigen konnte, wovon er essen mochte«, und er wählte »10 oder 12 davon aus und nahm von jeder 2 oder 3 Mundvoll, wobei er von einer silbernen Servierplatte aß und seine Hände gebrauchte«. Dazu trank der Kaiser »3 oder 4 Mal Wein aus einem Krug«. Er aß »sehr wenig Brot und keinen Salat«.56 Ziemlich genau um diese Zeit verfasste der kaiserliche Hofprediger und Chronist Antonio de Guevara einen Essay »Über die Physiognomie und die Qualitäten des Kaisers«, ein intimes Porträt, das ganz jener Beschreibung entsprach, die Sancho Cota ein Jahrzehnt zuvor von Karl gegeben hatte (siehe S. 97). Bei Guevara heißt es nun: »Er war von mittlerer Größe, mit großen und schönen Augen, einer Adlernase und rotem Haar … Ein kleiner Bart, ein kräftiger Nacken, große und starke Arme, kleine, raue Hände, wohlgeformte Beine.« Wie auch andere bemerkte Guevara an dem Kaiser nur einen einzigen körperlichen Makel, nämlich »seinen Mund, weil sein Oberkiefer so schlecht auf seinen Unterkiefer passte, dass die Zähne nicht aufeinandertrafen. Dies hatte zwei missliche Folgen: Zum einen konnte man ihn beim Sprechen schlecht verstehen, weil er seine Worte verschluckte; zum anderen machte es jede Mahlzeit für ihn zu harter Arbeit, weil seine Zähne nicht kauen konnten, was er aß, woraus eine schlechte Verdauung und häufige Krankheiten folgten«.57 Contarini äußerte sich ganz ähnlich, nachdem er 1525 sicher von seiner Gesandtschaft nach Spanien zurückgekehrt war: Des Kaisers »Unterkiefer ist so groß und lang, dass er schon nicht mehr natürlich, sondern künstlich erschien« – tatsächlich verwendete er das Wort posticcio, »Prothese«. Kurz darauf ergriff der Kaiser Maßnahmen, um diesen körperlichen Mangel zu kaschieren.58 Ein Augenzeuge, der Karl 1529 in Italien an Land gehen sah, begann seinen Bericht mit der Feststellung, dass zwar »sein Mund immer offen steht«, der Kaiser aber dennoch ganz anders ausgesehen habe als auf seinen jüngsten Porträts, da »Seine Majestät sein Haar nach der italienischen Mode hat schneiden lassen« und »einen spitzen Bart trägt«.59 Wann genau diese kaiserliche »Typveränderung« erfolgte, lässt sich nicht mehr feststellen. Eine 1528 in Aragón geprägte Goldmünze zeigte den Kaiser schon mit Bart, aber noch mit dem langen, glatten Haar, das in Burgund in Mode war (Abb. 16). Seinen neuen Kurzhaarschnitt legte er sich unmittelbar vor der Abreise nach Barcelona zu, und seine Höflinge taten es ihm nach, obgleich „einige von ihnen [dabei] bittere Tränen weinten“.60 Unter normalen Umständen würden die Botschafter an seinem Hof von solch drastischen Veränderungen sofort berichtet haben; allerdings hatte Karl im Januar 1528 den größten Teil des diplomatischen Korps gefangen setzen lassen, wodurch den Botschaftern mancherlei entging. Bei der Ankunft in Italien verlieh dann der Überraschungseffekt seiner Metamorphose zusätzliche Wucht. Als er zu seiner

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Krönung nach Bologna einzog, »waren es sein blonder Bart und sein goldenes Haar, die ihm eine besondere Würde verliehen; sein Haar trug er wie die römischen Kaiser, auf halber Höhe des Ohres geschnitten«. Von einem Burgunderherzog war Karl unversehens zu Kaiser Marc Aurel geworden (Abb. 18).61 Doch Karl hatte Marc Aurel mehr zu verdanken als nur eine schicke neue Frisur – und das hatte mit Guevara zu tun. Der Franziskanerbruder behauptete nämlich – was mit ziemlicher Sicherheit frei erfunden war –, er hätte in einer italienischen Bibliothek den griechischen Urtext von Marc Aurels Memoiren sowie einige seiner Briefe gefunden. Diese übersetzte er zunächst ins Lateinische, später dann auch ins Kastilische, als er in den Jahren nach 1518 als Karls Hofprediger amtierte. Zehn Jahre später erschien in Sevilla die erste gedruckte Ausgabe dieses Werks unter dem Titel Libro áureo de Marco Aurelio (»Goldenes Buch des Marc Aurel«); bis 1550 folgten weitere sechzehn spanische, neun italienische und neun französische Auflagen. So wurde Guevaras »Goldenes Buch« zu einem wahren Bestseller – manche behaupten sogar, es sei im Europa der Renaissance das meistgelesene Buch nach der Bibel gewesen. In seiner weitschweifigen Widmung an Karl bemerkte Guevara: »Ich sehe deutlich, Sire, dass Ihr nur einer seid, aber es stets mit vielen zu tun habt; Ihr seid allein und habt nicht immer Begleitung. Auch sehe ich, dass Euch zahlreiche Aufgaben von allen Seiten in Anspruch nehmen.« Auf diesem endlos einsamen Ozean der kaiserlichen Pflichterfüllung bot Guevara Karl seine Hilfe an. Er wollte ihn davon überzeugen, »dem Beispiel des Marc Aurel zu folgen«, der das ererbte Reich durch eine Mischung von Geduld und Gerechtigkeit vergrößert habe und nicht durch Krieg und Eroberungszüge. In einer erweiterten Fassung des Libro áureo, die 1529 erschien und ebenfalls Karl gewidmet war, verwendete Guevara ganze fünf Kapitel darauf, die Gräuel des Krieges darzustellen, und in drei weiteren Kapiteln befasste er sich insbesondere mit den Übeln von Eroberungskrieg und gewaltsamer Kolonisierung.62 War auch der Widmungsträger von Guevaras Bestseller einer von dessen zahlreichen Lesern? Sein Verfasser erklärte 1525, dass »Seine Majestät, als er einmal an einem Fieber litt, mich bat, ihm doch etwas Gesellschaft zu leisten und irgendetwas zu tun, damit die Temperatur sinke. Also überreichte ich Seiner Majestät den Marc Aurel, obwohl er zu jenem Zeitpunkt noch nicht vollendet und durchgesehen war.« Und die Vorrede zu einem anderen Werk Guevaras, Relox de príncipes (»Fürstenuhr«), äußert den Wunsch, dass »Euer Majestät von Zeit zu Zeit in dieses Buch hineinlesen und vielleicht einige gute Ratschläge finden werden, die Euch von Nutzen sein können«. Auf jeden Fall besaß Karl eine illuminierte Handschrift des Werks – zweifellos ein Geschenk des Autors. Auch befanden sich beide Werke Guevaras bis 1542 in seiner Reisebibliothek; dann deponierte er sie zusammen mit anderen von ihm geschätzten Büchern

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in der Burg von Simancas, wo die Bände den Kernbestand einer kaiserlichen Bibliothek bilden sollten.63 Wenn Karl Guevaras Schriften tatsächlich gelesen hat, dann hat er dies jedenfalls nur sehr selektiv getan. Vielleicht lag ihm ja eine andere Passage im Vorwort des »Goldenen Buches« mehr, in der Guevara in lobendem Ton auf das Beispiel Julius Cäsars zu sprechen kommt und die Hoffnung äußert, dass »jene von uns, die über Euer Jahrhundert schreiben, um die Menschen in künftigen Zeitaltern zu erleuchten, Zeugnis davon ablegen werden, dass Ihr, um den Worten plus ultra gerecht zu werden, die Ihr in Eurem Wappen führt, die Eroberung des ganzen Erdkreises versucht habt«. Die Entscheidung, sich nicht Marc Aurel, sondern Julius Cäsar zum Vorbild zu nehmen, sollte Karl und seine Untertanen noch teuer zu stehen kommen  – und seine Feinde ebenso.64

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TEIL III

»Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang« »Nun kann [Karl] seinen Freunden schreiben, wie [Julius] Caesar seinen Freunden schrieb: Ich kam, ich sah, ich siegte.« Nicholas Wotton, englischer Gesandter am kaiserlichen Hof, September 1543

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9 Der letzte Kreuzfahrer (1532–1536) Der kaiserliche Invalide Am 18. Januar 1532, einen Tag, nachdem der Kaiser Brüssel widerstrebend in Richtung Deutschland verlassen hatte, verfasste er einen Brief an seine Schwester Maria, der ungewöhnlich gefühlsbetont war: »Obwohl ich Euch erst vor Kurzem verlassen habe«, schrieb er, »fühle ich mich gelangweilt und gereizt, hauptsächlich deshalb, weil ich Euch zurückgelassen habe. Ihr könnt Euch sicher sein, dass ich nach einer so guten Zeit des Zusammenseins weder dies noch Euch noch mein Heimatland vergessen werde, wie weit entfernt ich auch immer sein mag.« Zehn Tage später teilte er Maria mit, dass er immer noch darüber »verstimmt sei, so weit fortzugehen von dem, was zu lieben und festzuhalten ich so viele Gründe habe, nämlich Euch und das Land, in dem ich geboren bin und aufgezogen wurde«.1 Karl wollte Langeweile und Einsamkeit durch die Jagd überwinden und war hocherfreut, im Rheinland auf Rotwildrudel von bis zu 500 Tieren zu treffen, doch seine Freude endete jäh, als, da er »im Galopp einen Hirsch verfolgte, die Leine seines Hundes sich um die Beine des Pferdes wickelte. Das Pferd warf ihn ab, und Seine Majestät prallte mit den Füßen gegen einen großen Stein.« Das, so Karl, »verletzte mein Bein ganz erheblich; es ist zwar nicht gebrochen oder ausgerenkt, schmerzt aber sehr«. Er übertrieb nicht: Bei der Öffnung seines Sarges in den 1870er-Jahren offenbarte sich »die unvollkommene Heilung einer Fraktur im Bein, weil die Knochen seitlich wieder zusammengewachsen waren«.2 Damit begannen gesundheitliche Probleme, die fünf Monate andau­ern sollten. Karl weigerte sich, zur Ader gelassen oder purgiert zu werden – Mittel, die damals von den meisten Ärzten für die meisten Krankheiten verschrieben wurden –, und anfänglich schien er sich auch gut zu erholen. Doch als er wieder auf die Jagd ging, schwoll sein Bein an und wurde geschwürig. Der Schmerz ließ ihn nachts nicht schlafen. Manche befürchteten, er würde des Beins verlustig gehen, und seine Ärzte verordneten ihm strenge Ruhe und eine Diät zum Abnehmen. »Die Kur ärgert mich nicht minder als die Krankheit«, wütete Karl, doch die Ärzte wussten den berühmten Patienten richtig einzuschätzen: »Natürlich könnte er sich draußen bewegen«, teilte Dr. Escoriaza der Kaiserin im Vertrauen mit, »doch wenn wir Ärzte Seiner Majestät eine Elle gewähren, wird er, so befürchten wir, eine Meile daraus machen.« Also »haben wir uns darauf geeinigt, ihm Paroli zu bieten, so gut wir es vermögen«.3 Die Möglichkeit einer Amputation ließ Karl schon »an ein Holzbein denken«. »Ich kann nicht leugnen, dass ich Angst bekommen habe«, teilte er Maria mit, »und doch kann ich nicht auf-

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hören, an den Geschwüren zu kratzen.« Für diesen Mangel an Selbstdisziplin zahlte er einen hohen Preis. Wie Escoriaza berichtete, »hat er am ganzen Körper einen Juckreiz und kratzt sich sehr viel, vor allem an den Beinen, und dies Kratzen hat an vielen Stellen seines Körpers zu einem Ausschlag geführt, der bis zum Gesicht geht«, sodass »das linke Auge rot und angeschwollen ist«. Wenn Karl in der Öffentlichkeit auftrat, »trug er ein Stück grünen Stoffs über dem linken Auge«, und privatim beklagte er sich darüber, dass »sie mich mit einer Salbe einreiben, die mich aussehen lässt, als hätte ich den Karnevalskönig beleidigt, weil mein Gesicht mehr schwarz als weiß ist. Ich bin, um Euch die Wahrheit zu sagen, wirklich verärgert, dass so viele Krankheiten zugleich aufgetreten sind.« Sein einziger Trost bestand darin, dass »Seine kaiserliche Majestät auf ärztliche Verordnung hin mit niemandem geschäftliche Dinge verhandelt«, wie ein enttäuschter ausländischer Botschafter festhielt.4 Im Mai glaubte Karl, er habe sich erholt. »Nunmehr stehe ich frühmorgens auf und gehe am Abend früh ins Bett. Meine Hauptmahlzeit nehme ich um 10 Uhr zu mir und esse später nur ein leichtes Mahl.« Auch ging er wieder auf die Jagd, jedoch mit den zu erwartenden Folgen: Nachdem er »drei Stunden im Sattel einen Hirschen gejagt« hatte, bekam er Fieber. Eine Woche später aber war er wieder unterwegs, »zwei Tage lang auf der Jagd«, wobei er »eineinhalb Meilen zu Fuß« zurücklegte, was er »ganz wundersam« fand – doch das Wunder währte nicht lange. Nach der Teilnahme an einer Prozession durch Regensburg spürte Karl, während er »mit einem seiner Höflinge sprach«, »plötzlich einen stechenden Schmerz im Bein«, woraufhin seine Ärzte ihm vorsorglich einen Kuraufenthalt bei nahe gelegenen heißen Quellen verordneten. Dort zu baden, »verschafft mir zwei Vorteile«, bemerkte er scherzend zu seiner Schwester. »Zum einen kann ich mich kratzen, während ich mich erhole, zum anderen kann ich mit Zustimmung der Ärzte meine normale Lebensweise wieder aufnehmen« – also wieder essen und trinken, so viel und so oft er wollte. Außerdem »habe ich jetzt mehr Muße, weil ich niemandem erlaube, hierherzukommen, um sich mit mir zu treffen«. Selbst Nicolas Perrenot de Granvelle, Karls engster außenpolitischer Berater, durfte nur jeden zweiten Tag erscheinen, um wichtige Briefe zu überbringen, Geschäftliches zu erörtern und (wenn möglich) die Unterschrift seines Herrn zu erhalten. Auf die Jagd ging Karl sogar erst Mitte Juli wieder, als er »drei Tage lang einem Bären auf der Spur war«. Seine gesundheitliche Krise klang gerade rechtzeitig ab, um einem weiteren, von Sultan Süleyman persönlich geführten Angriff der Osmanen entgegenzutreten.5

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Teil III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«

Der Erbe Karls des Großen gegen den Erben Alexanders Karl und sein Bruder hatten viel dafür getan, den Angriff zu provozieren. Schon bald nach der Befreiung von Wien im Jahr 1529 hatte Ferdinand einige Städte in Ungarn zurückerobert und mit dem Schah von Persien ein antiosmanisches Bündnis angestrebt: Beides erzürnte den Sultan genauso wie Karls Krönung zum Kaiser. Ein Spion berichtete aus Istanbul, dass Süleyman »immer ruft: ›Nach Rom! Nach Rom!‹, und er verachtet den Kaiser und dessen Titel eines Cäsar«. Stattdessen sorgte Süleyman dafür, »selbst Cäsar genannt zu werden«. Seine Bevollmächtigten gaben bei venezianischen Juwelieren Embleme westlicher Souveränität in Auftrag, darunter eine Tiara mit vier Kronen (die des Papstes hatte nur drei), und setzten einen Propagandafeldzug in Gang, der aus ihrem Herrn den Erben Alexanders des Großen machte. Die Venezianer waren entsprechend beeindruckt und gaben Süleyman bald den Beinamen »der Prächtige«.6 Im April 1532 brach der neue Alexander von Istanbul zu seinem dritten Feldzug donauaufwärts auf, während seine Kriegsflotte dem westlichen Mittelmeer entgegenstrebte. Diese Entwicklung brachte Karl in ein Dilemma. Obwohl es notwendig war, Ferdinand gegen den Sultan zu verteidigen, so gut er es vermochte, konnte er seine Truppen nicht aus Italien abziehen; zu groß war das Risiko eines vielleicht von Frankreich unterstützten Flottenangriffs der Osmanen. Nun war zwar Franz durch die Zahlung eines höchst umfangreichen Lösegelds seiner Mittel für einen neuerlichen Angriff auf Karl beraubt, doch bediente er sich der Diplomatie, um die Macht seines Rivalen zu untergraben. Vor allem betraute er Antonio Rincón (einen nun in französischen Diensten stehenden Comunero) mit dem Geheimauftrag, das osmanische Heer von Ungarn nach Italien umzuleiten. Süleyman empfing Rincón mit allen Zeichen des Wohlwollens, verweigerte aber eine Änderung seiner Strategie. Stattdessen verkündete er eine persönliche Herausforderung. »Der König von Spanien [der Sultan weigerte sich, Karls Kaisertitel anzuerkennen] hat seit Langem proklamiert, dass er gegen die Türken vorgehen will, und nun marschiere ich, dank sei der Gnade Gottes, mit meinem Heer ihm entgegen. Wenn er mannhaft und mutig ist, soll er kommen und sein Heer ins Feld führen, um gegen meine kaiserliche Streitmacht zu kämpfen.« »Der Ausgang«, schloss er, »wird sein, wie Gott es will.«7 Karl nahm die Herausforderung gerne an. Nach der Gesundung schrieb er seiner Schwester Maria: »Ich bin entschlossen, mich der Verteidigung Deutschlands zu widmen«, und »weil ich in allen meinen Angelegenheiten Hoffnung und Kraft in Gott, meinem allmächtigen Schöpfer, finde, dessen unendliche Güte mir stets geholfen hat«, bat er Maria, überall in den Niederlanden für »fromme Prozessionen und Gebete« zu sorgen, um göttlichen Beistand zu

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erlangen. Er selbst kümmerte sich um den irdischen Beistand, indem er in all seinen Herrschaftsgebieten Truppen ausheben ließ (12 000 Deutsche, 10 000 Spanier, 10 000 Italiener und 4000 Niederländer); auch führte er Gespräche, um die deutschen Lutheraner zu bewegen, ihm bei der Verteidigung »unserer Heimat« zu helfen. Schließlich kamen sowohl lutherische als auch katholische Fürsten in Regensburg zusammen, um mit dem Kaiser einen neuen Reichstag abzuhalten: Alle sieben Kurfürsten waren zugegen, ferner mehr als 70 weltliche und kirchliche Herrscher und Delegationen aus 55 Städten, jeweils begleitet von einem ganzen Schwarm von Beratern und Beamten – insgesamt an die 3000 Personen.8 Der Reichstag beschloss unter anderem ein Strafgesetzbuch: die Constitutio Criminalis Carolina, die »Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.«, und musste sich ansonsten mit drei großen Problemen befassen: der religiösen Spaltung in Deutschland, der Notwendigkeit, Kräfte gegen die Türken aufzubieten, und dem Risiko einer Kriegserklärung durch Frankreich. Girolamo Aleandro befürchtete, dass die Entschlossenheit des Kaisers wankend werden könne, denn, »obwohl er gute Absichten hat … ist ihm von Natur aus sehr daran gelegen, seine eigenen Interessen zu fördern«. Insbesondere trug Aleandro Sorge, dass Karl »ohne Erlaubnis des Papstes mit den Lutheranern ein Abkommen treffen könnte«, und bei einer Audienz ließ er sich zu einer unbedachten Mahnung hinreißen: »Als Eure Majestät jünger und ihrer Macht weniger gewiss war, als Ihr auf dem Reichstag zu Worms von so vielen Feinden der Kirche bedrängt wurdet, da hieltet Ihr allein stand, hörtet nur auf Gott und Euer Gewissen, was jenem schönen und heiligen Edikt zur Geburt verhalf, durch das Eure Majestät fortwährenden Ruhm in dieser Welt und die Aussicht auf ewigen Lohn in der nächsten gewann. All das könnte verloren sein, wenn Eure Majestät, da Ihr nunmehr so viel besonnener und Eurer Macht sicherer seid, weil Gott Euch so viele ruhmreiche Erfolge gewährte, in den Gesprächen mit den Lutheranern unvernünftige Zugeständnisse zulassen – ich will nicht sagen: machen – würdet, die der allumfassenden Kirche Schaden zufügten.«

Das brachte Karl in Harnisch. »Das Edikt von Worms war in der Tat gut und geheiligt und vernünftig«, gab er scharf zurück, und »es hätte Wirkung gezeigt, wenn der Papst sich dazu aufgerafft hätte, seine Pflicht zu tun, worum wir ihn damals gebeten hatten! Ebenso nach dem Reichstag von Augsburg. Hätte Seine Heiligkeit das getan, was er mit mir erörterte«  – nämlich ein Generalkonzil einzuberufen –, »wären wir jetzt nicht verpflichtet, ein Abkommen mit den Lutheranern auszuhandeln«. Überrascht von diesem energischen Gegenangriff

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Teil III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«

verließ der Nuntius klugerweise die Audienz und sinnierte: »Wie Salomon sagt: ›Der Könige Herz ist unerforschlich.‹«9 Aleandro erkannte nicht, dass Karl, wiederum von seinem vormaligen Beichtvater ermutigt, bereits »ein Abkommen mit den Lutheranern« ausgehandelt hatte. »Da Ihr Gewalt, das wahre Heilmittel, nicht anwenden könnt«, riet García de Loaysa y Mendoza, sollte der Kaiser die lutherischen Fürsten »als Häretiker leben lassen, sofern sie es unterlassen, ihre Irrtümer bei anderen Christen zu verbreiten«. Karl solle »das bestmögliche Abkommen mit ihnen aushandeln, damit sie Euch gegen die Türken zur Seite stehen … Ihr solltet keine Bedenken haben, sie für Euch zu nutzen, selbst wenn sie Häretiker sind, denn da Euer Herz ohne Sünde ist, werden ihre Irrtümer Euren Erfolg nicht verhindern.«10 Karl folgte dem Rat Loaysas: Im Juli 1532 versprach er den deutschen Lutheranern im sogenannten Nürnberger Anstand (einer Art von Religionsfrieden), dass er das Wormser Edikt bis zur Einberufung eines Konzils durch den Papst aussetzen wolle, woraufhin die Protestanten zusagten, 40 000 Fußsoldaten und 8000 Reiter zu stellen und zu bezahlen, um gegen die Türken vorzugehen. Sogar Luther sagte Lobendes. »Caesar est probus [Der Kaiser ist rechtschaffen]«, teilte er seinen Tischgästen eines Tages mit. »Er ist frumb und still.« Allerdings konnte Luther sich nicht enthalten, anzufügen: »Ich halt, er rede in einem Jahr nicht so viel wie ich in einem Tag.«11 Marco Antonio Contarini, Botschafter der Republik Venedig am Kaiserhof, begriff sofort die Bedeutung dieses Politikwechsels. »Die Türken hatten auf die Lutheraner gesetzt«, bemerkte er, »aber sie werden eine Enttäuschung erleben, denn sie werden schon bald doppelt so viele Soldaten wie versprochen für das kaiserliche Heerlager bereitstellen.« In Regensburg »sieht man fast jeden Tag Infanteriekompanien durch die Stadt marschieren«, dazu »an die 80 Stück Artillerie, die Seine Majestät erworben hat«.12 Mitte August berichtete der Botschafter, dass nun »alles beisammen ist, sodass wir hier zweifellos mehr als 120 000 Mann Infanterie und 20 000 Mann Kavallerie haben« – und, so teilte er begeistert mit, »ich bin mir sicher, dass es seit 800 Jahren keine zwei größeren Heere gegeben hat oder zwei so mächtige Herrscher, die ein solch hohes Risiko eingehen«. Die Verwaltungsaufzeichnungen bestätigen die Zahlen: Eine zeitgenössische Schätzung der für das christliche Heer benötigten Vorräte ging von 114 000 Soldaten, über 74 000 Mann weiterem Personal und mehr als 73 000 Pferden aus. Karl ritt am 23. September in Wien ein »und zeigte der Welt, dass er vor Konflikten nicht zurückscheute«. Einen Monat später trat Süleyman mit seinen Truppen den langen Rückzug nach Istanbul an. Unterdessen konnte die kaiserliche Kriegsflotte unter Andrea Doria, die »für viele Jahre besser ausgerüstet und organisiert war als jede andere Flotte«, den Türken die Festungen von Koroni und Patras in Griechenland entreißen.13

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Karl erkannte, wie viel er glücklichen Umständen schuldete. Die starken Regenfälle, die im Juni und Juli 1532 die ungarischen Flüsse anschwellen ließen, hielten, so schrieb er, den Vormarsch der Osmanen gründlich auf und »erwiesen sich als segensreich, weil wir nun Zeit gewannen, um die Befestigungsanlagen von Wien und anderen Festungen in exponierterer Lage instand zu setzen und zu verstärken und sie mit Vorräten, Artillerie und Munition auszustatten«. 14 Karl hatte auch insofern Glück, als er zwar, um seine teure Armee und Flotte bezahlen zu können, einige Steuern und Abgaben erhöhen musste, der größte Beitrag aber aus Frankreich kam. Im April 1532 wies er seine Frau an, 400 000 Dukaten aus dem französischen Lösegeld »unter größtmöglicher Geheimhaltung« nach Italien zu transferieren, und »wenn Ihr zugeben müsst, dass Ihr einiges an Geld entnehmt, dürft Ihr nicht sagen, wie viel es ist, damit jeder innerhalb und außerhalb von Spanien glaubt, es sei noch alles da«. Zwei Monate später befahl er ihr wiederum »unter Geheimhaltung« noch einmal fast 500 000 Dukaten zu übersenden.15 Trotz all dieser Ausgaben und der Zugeständnisse an die deutschen Lutheraner gelang es Karl nicht, das osmanische Heer zur Schlacht zu zwingen und vielleicht zu besiegen. Immerhin erwies er sich als hervorragender Heerführer, indem er das Feldkommando dem durch drei Jahrzehnte hindurch kampferprobten Pfalzgrafen Friedrich anvertraute und sich ferner auf den Rat erfahrener Militärberater wie Antonio de Leyvas und des Herzogs von Alba, Fernando Álvarez de Toledo, verließ.16 Mehr noch: In seiner Fähigkeit, Streitkräfte beispiellosen Ausmaßes gegen die »Ungläubigen« aufzubieten, schien die Kreuzfahrertradition des Hauses von Burgund durch, die ihren Niederschlag in ebenjenen Ritterchroniken gefunden hatte, mit denen der junge Karl aufgewachsen war. Als der Kaiser am 21. September 1532 in Linz ein Boot bestieg, angetan mit goldbesetztem Mantel und einer wippenden Feder an der Kappe, war er tatsächlich und unverkennbar der mächtigste und erfolgreichste Herrscher, den die westliche Welt seit Karl dem Großen erlebt hatte (Abb. 17).

Zurück nach Spanien Dieser Erfolg beunruhigte den Papst. Zwar sah Clemens  VII. die Notwendigkeit ein, den Rückzug von Süleyman auszunutzen, und meinte, man müsse »ihm auf den Kopf schlagen, dass es ihm nie mehr in den Sinn kommt, die Christenheit so zu bedrohen, wie er es gerade getan hat«. Jedoch fürchtete er den Fall, dass der Kaiser erneut »gegen den Sultan zu Felde zieht«, weil dann »Frankreich sofort in Italien einmarschiert und, wenn es auf keinen Widerstand stößt, nach Belieben verfährt und Seine Heiligkeit in Gefahr bringt«. Er bat deshalb den

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Teil III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«

Kaiser um ein Treffen in Rom zu weiteren politischen Gesprächen. Loaysa war strikt dagegen. Als Beichtvater wie als Berater erklärte er Karl brieflich, »was für Euer Gewissen und Eure Ehre am besten geeignet ist«. Er wies Karl darauf hin, dass »Eure Majestät, selbst wenn Ihr in Italien nur 4 Stunden des Nachts schlaft und die übrige Zeit jeden Tag für jene Angelegenheit verwendet, die abgeschlossen werden muss, damit Italien Frieden findet … werdet Ihr nicht in der Lage sein, Euch vor dem Monat Mai [1533] einzuschiffen«, um Kurs nach Spanien zu nehmen. Loaysa drängte den Kaiser, nur bis Bologna zu reisen, um dort mit dem Papst zu bereden, »was auch immer für Eure Angelegenheiten und für den Frieden Italiens wichtig ist«.17 Zu dieser Überzeugung war auch der Kaiser gelangt. Mitte Oktober veranlasste ihn ein Pestausbruch, Wien zu verlassen, und er machte erst in Villach halt, jener Kleinstadt in den österreichischen Alpen, wohin er zwanzig Jahre später, bedeckt mit Schande, fliehen sollte. Von dort aus führte nur ein Weg nach Bologna: die Route über den Brennerpass und durch venezianisches Gebiet – eine delikate Situation, denn Karl reiste nun an der Spitze von 10 000 kampferprobten Fußsoldaten, 3000 Mann Kavallerie und einem Zug von Geschützen, dazu kam sein Hofgefolge und »6000 oder mehr Frauen und Jungen«. Karl war sich dessen bewusst, dass er vor nur drei Jahren mit der Besetzung der Republik Venedig gedroht hatte, weshalb er jetzt den venezianischen Diplomaten, die ihm ihre Aufwartung machten (und ihren erlauchten Besucher unter Aufsicht halten wollten), erklärte, er sei in friedlicher Absicht gekommen. Er gab, »in sein Reitgewand gekleidet und die ganze Zeit stehend«, eine Audienz, bei der er erklärte, er sei »auf dem Weg nach Spanien«, wolle aber »zuerst mit dem Papst reden« und »ein Bündnis für die Verteidigung Italiens und seiner Staaten [schmieden], das die gegenwärtigen Grenzen aufrechterhalten werde«. Er sage dies »nicht als Kaiser oder als König von Spanien, sondern als König von Neapel und italienischer Herrscher«. Er kündigte an, dass er an Weihnachten wieder in Spanien sein werde.18 Sein Plan zerschlug sich unmittelbar darauf, weil Papst Clemens später als vorgesehen von Rom aufbrach, was Karl wiederum zwang, seinen Aufbruch nach Spanien zu verschieben. So verbrachte er einen weiteren Monat in Mantua, wo (wie die venezianischen Diplomaten an Karls Hof missbilligend bemerkten) »Seine kaiserliche Majestät mit den Adligen auf die Jagd geht, sobald die Sonne eine Stunde lang geschienen hat«. Aber dann »verletzte er sich bei der Jagd auf ein paar besonders große Eber am Zeigefinger der rechten Hand«, wodurch seine Unterschrift unkenntlich wurde. (Los Cobos fügte die Versicherung bei, dass der Kaiser tatsächlich die in seinem Namen ergangenen Anordnungen gezeichnet hatte.)19 Als Beschäftigungstherapie dienten Karl Ball- und Bankettbesuche sowie Spiele im großen Schloss der Gonzaga, und wenn es schneite,

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hatte er »Schlitten im deutschen Stil« vorbereitet, »die den Damen viel Freude bereiteten, weil sie neu und ungewöhnlich waren«. Alle äußerten die Auffassung, dass Karl sich in Mantua »wie zu Hause zu fühlen« schien; er kam »ganz ohne Diener seines eigenen Haushalts« aus, erging sich im Freien »ohne Leibwache und spazierte allein durch Stadt und Land«.20 Diese Streifzüge brachten ihn zu dem Haus von Andrea Mantegna, dessen besondere Bauweise – ein Kubus, der einen kreisförmigen Innenhof umschloss – den Kaiser so beeindruckte, dass er im November 1532 »anordnete, 12 000 Dukaten pro Jahr für die Renovierung des Königsschlosses und des Palastes in Granada auszugeben. Er denke daran, dort in Ruhe und Frieden zu leben, weil es die schönsten Orte auf der Welt sind.« Seine Architekten entwarfen daraufhin das Modell für einen »Palast Karls V.« im italienischen Stil, der im Herzen der Alhambra seinen Platz finden sollte. Im Frühjahr 1533 wurde mit dem Bau begonnen.21 Der Monat in Mantua hinterließ noch eine weitere bemerkenswerte Spur in Sachen Kunst. Porträts waren von Karl seit seiner Kindheit angefertigt worden, aber am Tag, als er die Stadt betrat, ließ der Herzog Tizian zu sich rufen. Das Ergebnis von dessen Tätigkeit war ein wegen seiner Ähnlichkeit viel gerühmtes Porträt des Kaisers, der stehend in voller Länge abgebildet ist. Der Bart verbirgt seine Prognathie, während ein Jagdhund am enorm großen Hosenbeutel schnüffelt. Neben Tizian war noch ein anderer Künstler zugegen: Jakob Seisenegger, Ferdinands Hofmaler, hatte Karl nach Mantua begleitet und schuf dort ein nahezu identisches Porträt des Kaisers, was Diane Bodart zu der plausiblen Vermutung veranlasste, dass der Kaiser beiden Künstlern gleichzeitig Modell gesessen habe, vielleicht zu einem Wettbewerb vergleichbar jenem, den Alexander der Große zwischen Lysipp und Apelles inszeniert hatte.22 Fast ein Jahrzehnt lang standen die beiden Arbeiten im Rang einer Art »offiziellen Porträts«, das alle imitierten, die es auf Ähnlichkeit mit dem Kaiser anlegten (Abb. 19). Clemens kam endlich am 10. Dezember 1532 in Bologna an, Karl erreichte die Stadt drei Tage später. Wie zuvor »logierten Papst und Kaiser in einem Haus«, sodass sie miteinander reden konnten, ohne beobachtet zu werden. Als sie zum ersten Mal aufeinandertrafen, »küsste der Kaiser mit großer Demut und Ehrerbietung den Fuß des Papstes«, und Clemens nahm Karl »in die Arme und küsste ihn auf die Wange«. Danach verbrachte Karl zwei Stunden »mit der Schilderung dessen, was sich seit ihrer Trennung zugetragen hatte«, dann aber (so die Beschwerde des venezianischen Botschafters) »lässt sich, obwohl der Kaiser sich weiterhin nur mit dem Papst trifft, nicht herausfinden, worüber sie diskutieren«. Bei ihren öffentlichen Auftritten zeigten Papst und Kaiser vollkommenes Einvernehmen  – während einer Christmette »segnete [Clemens] das kaiserliche Schwert«, während Karl einen Bibeltext vortrug –, aber »nach

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Teil III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«

der Messe kehrten sie gemeinsam zum Palast zurück«, um ihre geheimen Gespräche wieder aufzunehmen.23 Gleich nach Neujahr verkündete Clemens ein sensationelles Ergebnis dieser Zusammenkünfte: Er werde ein Generalkonzil einberufen, um die anstehenden religiösen Probleme zu lösen, und alle Herrscher über die Christenheit einladen, persönlich teilzunehmen. Sodann ernannte er eine Kardinalskommission, die mit den kaiserlichen Ministern (inklusive Los Cobos und Granvelle) »fast jeden Tag Gespräche« führen sollte, um die Einzelheiten endgültig festzulegen und so die beiden Hauptakteure »von der Mühe zu entbinden, sich persönlich miteinander zu beraten«. Wenigstens ein Beobachter in Bologna erkannte, dass das nur ein Trick war, »um hier die Zeit des Kaisers zu verschwenden, ohne irgendetwas zu entscheiden«, was im Hinblick auf das Konzil von Bedeutung wäre: »Der Papst erklärt, es [d. h. das Konzil] zu wollen, speist aber den Kaiser mit Worten ab und täuscht alle. Die beiden werden sich über Ort und Zeit niemals einig werden. Wäre Karl klug und sähe die unmittelbare Gefahr für ihn und ganz Italien, würde er sich ernsthaft darum bemühen und nicht weiterhin die Hoffnung hegen … dass die Zeit es heilen werde; denn das Gegenteil ist wahrscheinlicher.«

Stattdessen war Karl töricht: Kurz nach seinem Abschied von Clemens versicherte er Ferdinand, dass das Konzil in Bologna, Mantua oder Piacenza zusammentreten und Maßnahmen »zur Ausrottung der lutherischen Häresie und der Bestrafung derjenigen, die sich ihr verschrieben haben«, vorbereiten werde.24 In seinen Erinnerungen räumte der Kaiser reumütig ein, dass Clemens ihn getäuscht hatte: Ihr zweites (und letztes) Treffen, schrieb er, »hatte nicht die von Seiner Majestät erwarteten Auswirkungen«. Warum ließ er sich vom Papst zum Narren halten, so wie er sieben Jahre zuvor sich von Franz zum Narren hatte halten lassen? Ein gemeinsamer Nenner ist schnell gefunden. Der Kaiser brachte »neben seinem Haushalt und seinem Rat« fast 10 000 Mann an Truppen mit, und jede Nacht standen 500 Soldaten vor dem Palast, in dem Papst und Kaiser wohnten, Wache, während 200 weitere im Inneren postiert waren. Angesichts einer so überwältigenden Macht würde Clemens (wie vor ihm Franz) hinterher einfach behaupten, dass die Zugeständnisse unter Druck gemacht worden und daher nicht bindend seien.25 Tatsächlich übertrafen die Zugeständnisse Karls kühnste Träume. Am 24. Februar 1533, dem Geburtstag des Kaisers und nun auch dem Jahrestag der Schlacht von Pavia wie auch seiner Krönung, unterzeichnete Clemens ein geheimes Abkommen – »so geheim, dass nur vier Leute davon wussten« –, in dem er versprach, Franz zum militärischen Beistand im Falle eines weiteren türkischen Angriffs zu überreden; ferner wollte er

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Heinrichs VIII. Gesuch, sich von Katharina von Aragón scheiden zu lassen, ablehnen und ohne Karls Zustimmung keine Verträge schließen. Drei Tage später bewilligte er auch »einen Bund zur Verteidigung Italiens«, der ihn und fast alle anderen italienischen Staaten dazu verpflichtete, keiner ausländischen Macht mit einem Vorwand oder einer Einladung die Gelegenheit zu geben, sich in italienische Angelegenheiten einzumischen, sowie einen Kriegsfonds für gegenseitige Verteidigung im Falle einer Invasion anzulegen.26 Während Clemens den Kaiser mit diesen diplomatischen Tricks ablenkte, verhandelte er mit den Sondergesandten Frankreichs und Englands, die nach Bologna kamen, um mit Nachdruck für den Vorschlag des französischen Königs zu werben, dass sein zweiter Sohn, Heinrich, Herzog von Orléans, die Papstnichte Katharina von Medici heiraten solle und dass Clemens Franz persönlich »nach der Abreise des Kaisers aus Italien« treffen solle. Die Gesandten überbrachten auch einen geheimen Vorschlag: Binnen achtzehn Monaten würde Franz in Italien einmarschieren und das Herzogtum Mailand zurückerobern, das Heinrich von Orléans und Katharina dann als Lehen von Clemens erhalten würden.27

Endlich wieder Familienleben Ohne dass er des Papstes Doppelzüngigkeit bemerkt hätte, verließ Karl Bologna im März 1533, um das Schlachtfeld von Pavia zu besuchen, wo seine Generäle ihm die genaue Stelle zeigten, an der sie Franz zur Kapitulation gezwungen hatten. Auch besichtigte er die Festung von Pizzighettone, wo Franz in Kerkerhaft geschmachtet hatte. Dann kehrte der Kaiser nach Genua zurück, wo die Galeeren von Andrea Doria darauf warteten, ihn nach Spanien zu bringen – die Überfahrt sollte allerdings doppelt so lange wie gewöhnlich dauern. Dem venezianischen Botschafter zufolge »war es nicht möglich, Ruhe zu finden, weder bei Nacht noch am Tag«, weil »jede Galeere, auch die des Kaisers, siebzig oder achtzig Mann mehr als üblich trug, sodass es an Deck schlimm war und schlimmer noch unter Deck«. Es war, kurz gesagt, »die Hölle«. Die letzte Strecke war die schlimmste, denn der Wind frischte auf, als die Galeeren sich der spanischen Küste näherten, und »die Ruderer, allesamt nackt, ruderten zwei Nächte und fast zwei Tage hindurch, bis zur fast tödlichen Erschöpfung«. Sobald die kaiserliche Galeere in Sichtweite der katalanischen Küste gelangte, setzten der Kaiser und eine Handvoll Höflinge, »ohne mehr zu sagen, als das Verbot auszusprechen, ihnen zu folgen«, in einem kleinen Boot zum Festland über und requirierten »in einem nahe gelegenen Dorf, was an Pferden sie finden konnten«. Sie ritten die Nacht hindurch inkognito nach Barcelona, wobei der Kaiser in nur 24 Stunden

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150 Kilometer zurücklegte. Er fand »die Kaiserin im Bett vor, weil sie noch nicht aufgestanden war. Der Kaiser legte sich ebenfalls nieder und blieb bis zwei Uhr mittags im Bett. Dann standen beide auf und aßen zu Mittag.«28 Karl hatte seine Frau angewiesen, ihre beiden Kinder mitzubringen, wenn er an Land gehen und die Eheleute sich wiedertreffen würden. Mehr als sechzig Jahre später konnte sich Philipp II. noch gut an die Aufregung erinnern, die das Wiedersehen bei ihm auslöste. »1533 reiste ich mit der Kaiserin nach Barcelona, um dort auf den Kaiser zu warten.« Und: »Während dieser Zeit in Barcelona wurde ich sechs Jahre alt.«29 Seit der Vater vor vier Jahren aufgebrochen war, hatte der Prinz sich ziemlich verändert und ebenso die Kaiserin. In ihren ersten Monaten als Regentin hatte sie sich bemüßigt gefühlt, »die generelle Meinung ihrer Untertanen und mit der Sache vertrauten Minister« einzuholen, bevor sie eine Angelegenheit Karl zur Entscheidung übergab, aber allmählich gewann sie an Selbstvertrauen. Als ihr Ehemann sie im September 1530 anwies, sich auf eine Seeschlacht im Mittelmeer vorzubereiten, widersprach sie energisch. »Jeden Tag müssen wir mit einem weiteren Mangel umgehen. Wir müssen mit der Vorbereitung der Ausrüstung beginnen, die die Flotte sofort benötigt, weil sie sonst nicht rechtzeitig für die nächste Sommerkampagne bereit ist.« Dem Kaiser gegenüber beklagte sie sich auch, dass er sie zu lange in Ungewissheit lasse: »Ich bitte Eure Majestät anzuordnen, dass zukünftig nicht so viel Zeit verstreicht, ohne dass ich einen Brief erhalte; ich hätte gerne so ungefähr alle zwanzig Tage Nachricht von Euch« – außerdem setzte sie ihm fortwährend zu, er möge heimkommen, weil »ich mehr Grund habe, das zu wünschen, als sonst jemand«.30 Karl verbrachte fast zwei Monate mit seiner Frau in Barcelona, um dann das Fronleichnamsfest in Montserrat zu feiern. Danach traf er sich mit den Cortes von Aragón in Monzón; aber kaum hatte er die Eröffnungsrede gehalten, als auch schon die Nachricht eintraf, die Kaiserin sei »sehr krank und dem Tode nahe«, höchstwahrscheinlich aufgrund einer Fehlgeburt. Nun absolvierte Karl die schnellste Reise seines Lebens: Die 230 Kilometer von Monzón nach Barcelona schaffte er in zwei Tagen, um möglichst rasch bei seiner Frau zu sein, und er verließ sie erst wieder, als sie sich erholt hatte.31 Den Rest des Jahres verbrachte Karl eingebunden »in die Alltagssorgen der Cortes« in Monzón, um danach mit der Kaiserin in Saragossa das Neujahrsfest zu feiern. Dann begab sich das Paar nach Toledo; der Ort wurde bis Mai ihre Hauptstadt. Als die Sommerhitze einsetzte, zogen Karl und seine Frau nordwärts. Die Kaiserin ging mit dem Großteil des Hofes nach Valladolid, während Karl die Städte Altkastiliens bereiste, die bei der Rebellion der Comuneros eine wichtige Rolle gespielt hatten: Segovia, Ávila, Salamanca, Zamora und Toro.32 Er besuchte sogar Villalar, wo die Entscheidungsschlacht stattgefunden hatte,

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und verbrachte einige Zeit an der Universität von Salamanca – nach des Kaisers Worten »die Schatztruhe für die Richter und Magistrate«, die das Königreich benötige. Karl begrüßte zunächst den Bischof, Luis Cabeza de Vaca, der sein erster Lehrer gewesen war. Danach »wohnte er der Messe in der Universitätskapelle bei und lauschte dann einer Debatte« über ein äußerst wichtiges Thema: »Ob ein christlicher Fürst Krieg führen dürfe, um einen geschädigten Verbündeten zu rächen«. Sodann wohnte er Vorlesungen der besten Gelehrten der Universität bei: Francisco de Vitoria über Theologie, Juan Martínez de Silíceo (der schon bald Prinz Philipps Lehrer werden sollte) über Philosophie, weitere über Medizin und Recht. Im Vorlesungsaal ließ sich der Kaiser jedes Mal »gleich nach dem Eintreten auf eine Bank nieder« und hörte zu (obwohl er wenig verstanden haben dürfte, da alle Vorlesungen auf Lateinisch gehalten wurden). Schließlich besuchte er noch die Bibliothek – und hatte so insgesamt vier Stunden wie ein Student zugebracht.33 Dann ereignete sich eine Familientragödie. Während Karl seine Mutter in Tordesillas besuchte, »erlitt die Kaiserin im achten Schwangerschaftsmonat eine Fehlgeburt« – es wäre ein Sohn geworden. Der Chronist Pedro Girón berichtete von diesem tragischen Ereignis. Einige Ärzte, so schrieb er, sahen den Grund darin, dass »sie während der Erholung von ihrer schweren Erkrankung in Barcelona schwanger geworden war und die Ligaturen zu schwach waren«; andere sagten, dass die Kaiserin »stürzte, als sie zu ihrem Sohn, dem Prinzen, ging, und dass der Sturz den Fötus tötete. Die Wahrheit kennt nur Gott.« Wie beim Tod seines Sohns Fernando »ging der Kaiser mit der Fehlgeburt so um, wie es einem christlichen Fürsten geziemt«, und beredete seine Frau, den Verlust als Gottes Willen zu akzeptieren. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran, indem er sich der Jagd und dem Sport widmete, bis das »zu heftig betriebene Tennisspiel« ihm »einen etwas lahmen Fuß« bescherte. Auch nahm er die ehelichen Beziehungen wieder auf: An Weihnachten war die Kaiserin erneut schwanger.34 Unterdessen hatten bedeutsame Entwicklungen die internationale Lage verändert. Heinrich VIII. hatte seine Ehefrau Katharina offiziell verstoßen und Tochter Mary zum Bastard erklärt, außerdem Anne Boleyn geheiratet und sie zur englischen Königin gekrönt. Papst Clemens exkommunizierte Heinrich, der daraufhin drohte, Rom nicht weiter gehorsam sein zu wollen. Nun reiste der Papst nach Marseille, wo er die Trauung seiner Nichte mit dem Herzog von Orléans vornahm. Bei dieser Gelegenheit stimmte er auch mit Franz eine gegen Habsburg gerichtete Politik ab: Die beiden Herrscher einigten sich darauf, die Einberufung eines Konzils zu verhindern (weil ein Konzil Karls Position in Deutschland stärken würde) und ebenso den neuen italienischen Bund zu torpedieren (weil dieser die französischen Pläne zur Eroberung Mailands durchkreuzen würde).

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Über die Demütigung seiner Tante durch Heinrich VIII . konnte Karl nicht hinwegsehen, weshalb er seine Geschwister – Ferdinand in Deutschland, Maria in den Niederlanden, Eleonore in Frankreich, Catalina in Portugal – drängte, es ihm gleichzutun und ihre Unterstützung für Katharina zu bekunden, »weil es nicht nur eine Sache des Gewissens ist, sondern wir angesichts des augenblicklichen Stands der öffentlichen Angelegenheiten in der Christenheit das Urteil und die Verkündung der Kirche unterstützen müssen«.35 Allerdings enthielt Karls Brief zweimal den Hinweis, dass »für den Augenblick (pour maintenant)« noch nichts unternommen werden sollte, weil Clemens und Heinrich die Möglichkeit einer vertraglichen Regelung nicht ausgeschlossen hatten – der Papst verschob die Veröffentlichung seines Exkommunikationsbeschlusses und der König die endgültige Zustimmung zu einer Gesetzgebung, mit der die Bindungen an Rom gekappt würden. Doch im März 1534 beendete der Papst die Pattsituation, indem er Heinrichs Heirat mit Katharina für gültig und ihre Tochter Mary für ehelich erklärte. In einem Brief aus Rom, der die päpstliche Entscheidung verkündete, frohlockte ein kaiserlicher Diplomat, dass nun der Kaiser seinen größten Erfolg errungen habe, denn damit sei der Weg zur Eroberung von England bereitet, jedoch waren Karls spanische Berater weniger begeistert. Als sie drei Wochen später die Nachricht empfangen hatten, drängten sie den Kaiser, Gesandte nach Rom, Paris und London zu schicken, um die wahrscheinlichen Reaktionen auf eine habsburgische Invasion Englands zu erkunden. Ansonsten würden sie »bei einem plötzlichen und einseitigen Vorgehen den Verdacht hegen, dass Eure Majestät die Angelegenheit ohne sie zu erledigen gedenkt«. Darum sollte Karl ankündigen, er wolle auch weiterhin »für den Augenblick« nichts unternehmen, sodass er »mit Rücksicht auf das, was die Zeit und die Ereignisse bringen mögen, wirksamer planen könne«.36 Karl befolgte diesen Rat. Obwohl man in Spanien allgemein voller Abscheu auf Heinrichs neue Königin reagierte, was sich in dem beleidigenden Ausdruck anabolena niederschlug (»Unruhestifterin«, bisweilen auch »Prostituierte«), der in Kastilien sogar heute noch hier und da in Gebrauch ist, tat der Kaiser nichts, um seiner Tante zu helfen.37 In Briefen an seinen Bruder schob er die Untätigkeit auf die »Unruhen und Umtriebe in Deutschland und Italien, die sich seit dem Gipfel von Marseille entzündet und Feuer gefangen haben«. Nicht zuletzt ging es um lutherische Truppen, die – unter Führung Philipps von Hessen und finanziert von Frankreich – das Herzogtum Württemberg besetzt, den von Karl und Ferdinand ins Exil getriebenen Herrscher wieder eingesetzt und die habsburgischen Truppen vertrieben hatten. Erneut blieb eine Reaktion Karls aus, und er gab seinem Bruder den Rat, »durch Hinhalten und Verstellung Zeit zu gewinnen«. Im September wiederholte er

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die Botschaft für Ferdinand: »Ihr würdet gut daran tun, die Vergangenheit zu vergessen oder Euch zu verhehlen«, um den Frieden in Deutschland zu bewahren.38 Der Ratschlag erwies sich als klug: Gerade war eine osmanische Flotte aus 160 Galeeren ins westliche Mittelmeer vorgedrungen und hatte Tunis besetzt, einen spanischen Tributarstaat in Nordafrika, der nur 250 Kilometer von Sizilien entfernt war.

Carolus Africanus Für Sultan Süleyman waren die Niederlagen von 1532 ein Stachel in der Seele, weshalb er nun seine Strategie dem Westen gegenüber neu ausrichtete. Er rief Khair ad-Din Barbarossa nach Istanbul. Dieser hatte seit Langem Algier als Basis benutzt, um von dort aus die Christen im westlichen Mittelmeer mit seinen Galeoten zu tyrannisieren. Nun ernannte Süleyman ihn zum Oberbefehlshaber der osmanischen Flotte. Zwei Jahre später segelte Barbarossa nach Westen und eroberte Tunis. Er zwang den prohabsburgischen Herrscher zur Flucht, während der Sultan seinerseits nach Osten zu einem Feldzug gegen den Schah von Persien aufbrach. Diese Kombination von Herausforderung und Gelegenheit zum Handeln konnte Karl nicht igno­rieren. Ein englischer Diplomat bemerkte: »Tunis ist eine Stadt so groß wie Rom, wo Barbarossa seine Flotte ohne Schwierigkeiten stationieren und fortwährend Spanien und Italien bedrohen kann«, weshalb der Kaiser »entweder stark genug werden muss, um Barbarossas Flotte zum Kampf zu stellen, oder immerfort mobilisieren muss, um sich zu verteidigen«. Karl stimmte dem zu und informierte seine Minister in Italien, dass er Befehl gegeben habe, »die Verproviantierung und andere notwendige Dinge vorzubereiten, sodass wir im nächsten Frühjahr eine große Flotte haben, die in der Lage ist, der unserer Feinde Widerstand zu leisten und sie anzugreifen; und wir werden sie aus dem christlichen Meer verjagen«.39 Im September 1534 starb der Papst. Zwar war Clemens als Verbündeter ein unsicherer Kantonist gewesen, der sich oftmals mit Frankreich verschworen hatte, um die Vorherrschaft der Habsburger in Italien zurückzudrängen, doch Karls Vorgehen gegen die Türken hatte er standhaft unterstützt. Karl war besorgt, dass der folgende Papst die von seinem Vorgänger unterzeichneten Verteidigungsverträge nicht einhalten und Franz dazu ermutigen würde, seine Ansprüche auf Genua und Mailand mit Nachdruck geltend zu machen. Doch dann erklärte Kardinal Alessandro Farnese, nunmehr Papst Paul III., ohne Umschweife, dass er alle bestehenden Bündnisse aufrechterhalten und harte Maßnahmen zur Durchführung der Kirchenreform ergreifen werde. In seinem ersten Konklave kündigte er auch Unterstützung für Karls geplanten Afrikafeldzug

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an und proklamierte einen Kreuzzug. Als er im März 1535 erfuhr, dass Süleyman in Bagdad geblieben war und einen neuen Feldzug in Persien begonnen hatte, erklärte Paul, das sei »eine ausgezeichnete Gelegenheit für den Kaiser, sich nicht nur um alles zu kümmern, was für Afrika benötigt wird, sondern auch ein größeres und ehrenvolleres Unternehmen ins Auge zu fassen« – nämlich die Eroberung von Istanbul. Er drängte Karl, »diese gottgegebene wunderbare Gelegenheit nicht ungenutzt zu lassen«.40 Auch hier waren Karls Räte weniger enthusiastisch. Granvelle sagte für den Fall, dass Karl zu einem Afrikafeldzug aufbräche, eine beunruhigende Eskalation möglicher Katastrophen voraus, weil die Franzosen dann in Italien einfallen würden, um den Anspruch des Herzogs von Orléans auf Mailand zu unterstützen. Danach »fänden sie irgendeinen Vorwand oder eine Entschuldigung, um Neapel« und vielleicht noch andere unabhängige Staaten Italiens zu besetzen. Kardinal Tavera, Präsident des Kronrats und hauptsächlicher Berater der Kaiserin, wenn sie als Regentin fungierte, wies auf die Gefahr hin, die damit verbunden war, »wie so oft schon Fortuna zu versuchen, indem Eure Majestät diese Gebiete [d. h. Spanien] verlässt und sich zur See oder in Ländern, wo Ihr nicht regiert, dem Risiko aussetzt … Einen Krieg zu beginnen ist ein gefährliches, langwieriges und unsicheres Geschäft, wie wir erst jüngst festgestellt haben«, fuhr er fort und fügte unfreundlich hinzu: »Eure Majestät sollten sich daran erinnern, dass Kaiser Maximilian, obwohl er ein so tapferer und kriegserfahrener Fürst war, seine großen Unternehmungen scheitern sah, weil es ihm nicht gelang, Ziel und Zweck den Mitteln anzupassen.« Zum Schluss wiederholte Tavera die Argumente, die er schon gegen ein Duell zwischen Karl und König Franz zum Einsatz gebracht hatte: Karl dürfe nicht »die Wagnisse eines jungen Ritters eingehen, der nichts zu verlieren hat und sich vor niemandem rechtfertigen muss … Sollte Eure Majestät in Gefangenschaft geraten oder ein anderes Unglück Euch befallen«, wie könnte dann »ein Kind in so zartem Alter« wie Prinz Philipp die Regierungsgeschäfte übernehmen?41 Zunächst sah es so aus, als würde der Kaiser diese Warnungen beachten, denn im Februar 1535 versicherte er von Madrid aus seinem Bruder, dass er nur deshalb nach Barcelona reise, »weil ich von dort aus beobachten kann, was Barbarossa tun wird, und ich kann darauf reagieren und auch den Zustand meiner Flotte verbessern«. Er versprach, danach nach Deutschland zurückzukehren. Einige glaubten ihm. Auch wenn die militärischen Vorbereitungen »zum Krieg gegen Barbarossa in Afrika« Pedro Girón beeindruckten, »dachte zu der Zeit niemand daran, dass Seine Majestät persönlich dorthin aufbrechen würde«. Auch Ferdinands Beauftragter in Spanien berichtete zufrieden, dass der Kaiser nur deshalb nach Barcelona gereist sei, »um die Flotte seetüchtig zu machen und Vorbereitungen für eine eventuelle Auseinandersetzung mit Frank-

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reich zu treffen«.42 Dass sie sich irrten, kam durch eine Unachtsamkeit heraus. Am 28. Februar setzte Karl ein neues Testament auf, in dem er explizit festlegte, »dass er sich dazu entschieden hatte, persönlich mit seiner Flotte zu reisen«. Sein Sekretär schickte eine Kopie an Karls Schwester Maria, die diese sensationelle Nachricht prompt Ferdinand mitteilte. Sie fügte hinzu, dass der gute Ruf ihres Bruders Schaden nehmen werde, weil er, »wenn alles bereit gemacht ist, gegen nichts als einen Piraten in den Krieg zieht«.43 Drei Tage, nachdem Karl sein Testament unterschrieben hatte, brach er nach Barcelona auf und ließ seine Frau erneut schwanger und depressiv zurück. Einer Hofdame zufolge war sie »so einsam, wie man nur sein kann. Der Herr möge sich ihrer erbarmen.«44 Drei Monate später gebar die Kaiserin ein weiteres Kind: Johanna. Karl war wie üblich nicht bei ihr. Gerüchte über Karls Absicht, den Feldzug persönlich zu leiten, brachten seine Untertanen auf die Beine, die sich nun in Scharen in Barcelona einfanden. Ein Augenzeuge berichtet: »Die Aufregung und das Verlangen, die Ungläubigen anzugreifen, waren so groß, dass Straßen und Wege sich mit Menschenmassen gefüllt hatten. Väter ermutigten ihre Söhne, an solch einem gerechten Krieg teilzunehmen  … und Frauen erschienen an der Seite ihrer Ehemänner.« Zu den Teilnehmern gehörten Luis de Portugal, der Bruder der Kaiserin, sowie der Herzog von Alba und eine Reihe weiterer prominenter spanischer Adliger. Zeitgenössische Beobachter äußerten sich wohlwollend über die Menge wie auch die Qualität der Schiffe und der Soldaten, die aus allen Himmelsrichtungen nach Barcelona kamen. Ende April langte ein portugiesisches Geschwader bestehend aus mehr als zwanzig Schiffen an, darunter eine Galeone mit 2000 Mann an Bord, angeblich die größte der Welt. Die Portugiesen schlossen sich Kontingenten aus Vizcaya, Andalusien und Málaga an. Eine Galeerenflotte unter dem Kommando von Andrea Doria kam gar aus Genua. »Als sie am Kaiser vorbeisegelten, dippten sie ihre Flaggen dreimal und riefen dazu laut ›Das Reich! Das Reich!‹« Danach ging Andrea Doria an Land, um vor dem Kaiser zu salutieren, woraufhin »beide sich zurückzogen, um im Geheimen Pläne zu schmieden«.45 Der Kaiser traf wichtige Vorkehrungen, um den Frieden in Europa während seiner Abwesenheit zu gewährleisten. Nachdem er den neuen Papst für sich eingenommen hatte, von dem er erwartete, er werde Frankreich daran hindern, irgendeine von Karls Besitzungen anzugreifen, wies er seine Statthalter an, von Angriffen abzusehen – auch von solchen auf Heinrich  VIII. Heinrich von Nassau, Befehlshaber der kaiserlichen Streitkräfte in den Niederlanden, erhielt den Befehl, »in diesem Jahr keine Truppen auszuheben«, weil es »schwierig, wo nicht unmöglich wäre, zwei große Feldzüge zugleich durchzuführen«. Als Nassau protestierte, blieb Karl fest: »Ich verstehe voll und ganz, dass die Sache mit

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England nicht in Vergessenheit geraten darf, aber wir müssen uns der augenblicklichen Lage bewusst sein und uns auf die dringendsten Angelegenheiten konzentrieren.« Ebenso erinnerte er Ferdinand daran, dass es »unsere Absicht und unser Entschluss ist, nirgendwo Krieg zu beginnen, sofern wir nicht dazu gezwungen werden«.46 In Barcelona »ruhte der Kaiser weder nachts noch tags, kümmerte sich um die eine Sache und sorgte für die andere«. Er führte Aufsicht, als die Münzstätten von Barcelona Kronen aus amerikanischem Gold prägten, und er kontrollierte die Herstellung von Piken, Arkebusen und anderem Kriegsmaterial (Abb. 20). Als er hörte, dass sich eine Flotte mit Soldaten und Proviant aus Málaga Barcelona näherte, »ritt er den Montjuïc hinauf, weil man vom Gipfel aus die Segel sehen konnte«.47 Als Nächstes hielt Karl eine allgemeine Musterung seiner Streitkräfte ab, wobei er »in voller Rüstung zwischen seinen Amtsträgern saß«. Als einige Höflinge fragten, wohin es gehe und wer den Feldzug befehlige, entgegnete der Kaiser: »›Forscht nicht den Geheimnissen eures Monarchen nach, aber euren Befehlshaber will ich euch zeigen.‹ Im gleichen Augenblick gab er den Befehl, seine Standarte zu entrollen, auf der er eine fromme und prächtige Kreuzigungsszene hatte hinzufügen lassen, und sagte: ›Hier seht ihr euren General, und mir als seinem Leutnant werdet ihr gehorchen.‹«48

Am 28. Mai besuchte Karl »noch vor der Abenddämmerung das Kloster Montserrat«, wo er »beichtete und die Sakramente empfing, und noch am selben Abend kehrte er nach Barcelona zurück«. Zwei Tage später »erklangen die königlichen Trompeten in der Stadt« und riefen das Heer an Bord. Nachdem er noch einmal die Messe besucht hatte, betrat Karl die Galeere von Andrea Doria. Nachdem er »sich bekreuzigt und die Augen im privaten Gebet gen Himmel gerichtet hatte, bat er Gott um Hilfe«, und die Flotte mit nahezu 250 Schiffen und 27 000 Mann setzte die Segel (Karte 4).49 Akribische logistische Vorbereitungen sorgten dafür, dass Karl nur sechs Tage nach der Ankunft einer weiteren kaiserlichen Flotte von über 125 Schiffen, die Truppen und Kriegsgerät aus Deutschland, den Niederlanden und Italien an Bord hatten, in den Hafen von Cagliari auf Sardinien einlief. Mit der anderen Flotte waren auch viele Adlige angekommen, darunter Ferrante Gonzaga, Bruder des Herzogs von Mantua, und Alfonso d’Avalos, Marchese del Vasto. Diese Männer würden sich im Verlauf des Feldzugs mit ihren iberischen Standesgenossen eng verbünden, um im Herzen der Monarchie einen kraftvollen Kader zu bilden, auf dessen Loyalität Karl sich stets verlassen konnte. Auch wurde der Kaiser von einer handverlesenen kulturellen Entourage begleitet (darunter der Chronist Jean Vandenesse, der Dichter Garcilaso de la Vega und der Schlachten-

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1535

Karte 4: Carolus Africanus (1535 und 1541)

Karl, mit Daten italienisches Kontingent

Genua Saragossa

Madrid

Barcelona Korsika 30. April−30. Mai

2. März

Rom Ostia

Mahon 5. Juni Sardinien

Neapel

Cagliari 10.− 15. Juni

Cartagena

Ankunft der Italiener am 4. Juni

Palermo Trapani 22. Aug. Sizilien Tunis 18. Juni−16. Aug. La Goletta

Algier

1541

Karl, mit Daten italienisches Kontingent spanisches Kontingent

Madrid

Lucca 12.−18. Sept.

Barcelona

Cartagena 1. Dez.

Korsika

Mallorca 13.−17. Okt.

Ibiza 29. Nov. Málaga

La Spezia Genua 21.−28. Sept. 10. Sept.

18.−20. Okt.

Algier 23. Okt./28.−29. Okt.

Sardinien 8. Okt. Menorca 9. Okt.

Rom Bonifacio 29. Sept.−6. Okt.

Neapel

23.−26. Nov. Bougie 1.−23. Nov.

Palermo Tunis

La Goletta

Sizilien

Kap Matifou 1535 und 1541 plante Karl akribisch, wie er seine von Spanien und Italien von1535 Afrikafeldzügevon seiner Afrikafeldzüge In InVorbereitung Vorbereitung seiner und 1541 plante Karl akribisch, wie er seine von Spanien und Italien her her aufbrechenden Streitkräfte zu einer gemeinsamen Operation zusammenführen wollte. Angesichts der gerade im aufbrechenden Streitkräfte zu einer gemeinsamen Operation zusammenführen wollte. Angesichts der gerade im Zeitalter Zeitalter der Segelschiffe mit einem solchen Plan verbundenen Hindernisse und Verzögerungen stellte die erfolgreiche der Segelschiffe mit einem solchen verbundenen Hindernisse und Verzögerungen stellteLeistung die erfolgreiche dar. Vereinigung logistische eine bemerkenswerte Küste afrikanischen vor derPlan der Streitkräfte Vereinigung der Streitkräfte vor der afrikanischen Küste eine bemerkenswerte logistische Leistung dar.

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maler Jan Cornelisz Vermeyen), die nur darauf warteten, Karls Heldentaten zu preisen und in die Welt zu tragen. Diesen Männern und den zahlreichen ausländischen Botschaftern, die in die Streitkräfte eingebunden waren, ist es denn auch zu danken, dass wir den Tunisfeldzug und Karls Rolle darin fast von Stunde zu Stunde verfolgen können. Während die Flotte in Cagliari Proviant an Bord nahm, erörterte der Kaiser mit seinen wichtigsten Ministern die Strategie und betete in diversen Kirchen. Am 15. Juni brach die Flotte, die nun aus mehr als 400 Schiffen mit gut 50 000 Mann bestand, nach Nordafrika auf, wo sie am folgenden Tag ankam. »Der Kaiser wollte unbedingt als Erster an Land gehen«, bemerkte der Fußsoldat Martín García Cerezada in seinem Tagebuch anerkennend, »doch wurde er von seinem Kriegsrat daran gehindert.« Stattdessen segelte die Flotte zur Stätte des antiken Karthago, wo Karl mit seinen Truppen von Bord ging und in Richtung La Goletta, des Hafens von Tunis, marschierte.50 Allerdings war Barbarossa keineswegs unvorbereitet – ein von Franz nach Istanbul entsandter Diplomat hatte in Tunis haltgemacht, um den Korsarenkönig über Karls Vorbereitungen in Kenntnis zu setzen. Doch Barbarossa verließ sich auf die Hitze und die improvisierten Verteidigungsanlagen, die er um La Goletta herum errichtet hatte – das würde die Invasionstruppen schon dezimieren. Infolgedessen versäumte er es, die Landung zu stören, sodass Karl Zeit hatte, sein Lager etwa eine Meile von der Stadt entfernt aufzuschlagen. Der Kaiser brachte fast einen Monat damit zu, »Gräben, Wälle und Bastionen zum Schutz für sein Heer anlegen zu lassen«, wobei er als »General, Hauptmann und Soldat beschäftigt war. Manche nannte er ›meine Brüder‹, andere ›meine Kinder‹«, und auch an den fortwährend stattfindenden Scharmützeln beteiligte er sich. Einmal »ergriff er seine Lanze, rief ›Santiago‹ und ritt zum Kampf gegen die Mohren«; ein anderes Mal sprang er in den Graben, verlangte eine Arkebuse und feuerte dreimal auf den Feind. Als dann »die Zeit für die Eröffnung des Sturmangriffs gekommen war, vervielfachte der Kaiser seine Bemühungen und sorgte mit noch mehr Umsicht für alles Nötige«; demjenigen, »der zuerst La Goletta betritt«, versprach er eine Belohnung. »Er besuchte die Quartiere der deutschen und italienischen Truppen und sprach mit den Soldaten, und als er zu den Spaniern kam, sagte er: ›Ich weiß, dass meine Worte nicht nötig sind, um euren Kampfgeist zu stärken, denn ich weiß, wie entschlossen ihr seid; und ebenso wenig besteht auch nur der geringste Zweifel daran, wer ihr seid. In den anderen Schlachten, die ihr gewannet, habt ihr für mich gekämpft, aber jetzt kämpft ihr für Gott, und ich bin in diesem Feldzug nur sein Leutnant.‹«

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Am 14. Juli, nachdem der Kaiser und sein Gefolge die Messe gehört hatten, begann die Artillerie in den Gräben und auf den Galeeren simultan damit, La Goletta zu beschießen. Nach acht Stunden war eine Bresche geschlagen, durch die Infanterie in die Stadt eindringen konnte, die prompt geplündert wurde.51 An diesem Punkt, erklärte Karl, »entschied mein gesamter Rat, dass wir den Feldzug beenden sollten. Ich solle mich, sagten sie, wieder an Bord begeben, weil ich alles erreicht hätte, um dessen willen ich aufgebrochen war.« Anfänglich »folgte ich als ein neuer Kapitän ihrem Rat«, so wie er es drei Jahre zuvor in Ungarn getan hatte, aber dann überstimmte er seine Generäle und ergriff die Initiative. »Nachdem wir die Angelegenheit weiter erörtert hatten, besann ich mich anders, und so machte ich mich am Mittwoch, dem 20. dieses Monats [Juli], auf nach Tunis.«52 Es war eine unbesonnene Entscheidung, denn zwischen La Goletta und Tunis erstreckten sich zehn Kilometer nackten Sands. Da seinem Heer »Karren für den Gepäcktransport« fehlten, befahl Karl, dass jeder Mann »Essen und Trinken für zwei Tage mitschleppen« sollte. Absehbarerweise wurde das Wasser bald knapp, und sogar Karl musste leiden. Als er bei den Truppen weilte, blickte García Cerezada »auf seinen Mund und bemerkte, dass die Zähne mit schwarzem Staub und Schmutz bedeckt waren  – ziemlich überraschend, wenn man bedenkt, wessen Zähne es waren«.53 Barbarossa hatte seine Truppen vor der Stadt postiert, und als die Artillerie das Feuer auf das herannahende christliche Heer eröffnete, nahm Karl ganz ruhig seinen Platz zwischen den Soldaten ein. Er sprach zu jeder Truppe in deren eigener Sprache. Als ein höherer Offizier ihn auf das Risiko hinwies, »lachte der Kaiser und versicherte ihm: ›Es gibt keinen Grund zur Furcht, weil bislang noch kein Kaiser durch Geschützfeuer getötet worden ist.‹« Nun rückte das kaiserliche Heer vor und konnte den Gegner trotz der Hitze vertreiben. Aber danach »brachen die Sieger vor Durst zusammen«. Da erhoben sich die christlichen Sklaven in der Zitadelle gegen ihre Bewacher, indem sie »›Freiheit!‹ und ›Lang lebe der Kaiser‹ riefen«. Daraufhin drang das Heer in die Stadt ein, befreite alle christlichen Sklaven (20 000 waren es Karl zufolge) und begann mit der Plünderung. Moscheen, Medresen und Privathäuser wurden ausgeraubt, und ein englischer Zeuge beobachtete, wie alle Muslime, »die man dort vorfand, wie Vieh verkauft wurden, auch viele Frauen und Kinder; es war ein erbarmungswürdiger Anblick«.54 »Fortwährend war Karl besorgt und aufmerksam, und seine Anstren­gungen waren eher einem gewöhnlichen Hauptmann angemessen als einem Kaiser«, sodass Karl schließlich völlig erschöpft war. Als der Botschafter aus Ferrara kam, um seine Glückwünsche zu überbringen, fand er den Sieger ausgestreckt »auf seinem Lager, halb bekleidet«. Während er nämlich »im Kampf gegen Barbarossa sich um alles Mögliche von hier bis dort gekümmert hatte, war er unter

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ein Pferd geraten« und hatte sich am rechten Bein verletzt. Am nächsten Tag, als er »die Stadt betrat und persönlich eingreifen wollte, um einige Soldaten daran zu hindern, Unfug zu treiben, glitt er auf nassem Pflaster aus, fiel erneut unter ein Pferd und verletzte sich am linken Bein«. Die erzwungene Ruhe brachte dem Kaiser sein Kriegsglück zu Bewusstsein. Er bekannte, »niemals gedacht zu haben, dass Barbarossa so viele Truppen sammeln konnte« und dass »die Zitadelle so stark befestigt und mit so viel Schießpulver, Kugeln, Salpeter und Proviant versehen war«, dass sie einer langen Belagerung hätte standhalten können. Auch beklagte er sich heftig darüber, dass die von den lokalen Verbündeten versprochene Hilfe ausgeblieben sei. Aber schon bald dachte der Kaiser nicht mehr an die beständigen Gefahren der Kriegführung in Nordafrika, sondern dankte Gott für den Sieg »über einen Feind, der nicht so schwach oder schäbig war, wie wir vermuteten, sondern mächtig zu Land und zur See, und gegen den wir in einer Unternehmung kämpften, die schwierig war und Entschlossenheit verlangte«. Er setzte den von Barbarossa seines Amtes enthobenen früheren Herrscher wieder ein und zwang ihm einen Vertrag auf, der es erlaubte, katholischen Gottesdienst in der Stadt abzuhalten. Dann ging es zurück nach La Goletta, wo seine Ingenieure die Befestigungsanlagen wieder instand setzten und verstärkten.55 Da es erst Mitte August war und Sultan Süleyman weiterhin mit dem Feldzug gegen den Schah von Persien beschäftigt war, griffen einige den Appell des Papstes auf, dass Karl nun größere Dinge in Angriff nehmen sollte. Lope de Soria zufolge, der jetzt kaiserlicher Botschafter in Venedig war, »herrscht die allgemeine Überzeugung, dass Ihr Euch direkt auf den Weg nach Konstantinopel machen solltet«, weil Barbarossa wie auch Süleyman sich in der Ferne befanden. So eine günstige Konstellation, warnte er, »wird es für lange Zeit nicht mehr geben«. Aber der Kaiser blieb unbeeindruckt: »In Anbetracht der Jahreszeit und dessen, was möglich ist«, ziehe er es vor, Tunis zu verlassen, solange er noch im Vorteil sei. »Nachdem wir alles erörtert, abgewogen und durchdacht haben und da wir sehen, dass die dem Segeln günstige Jahreszeit zu Ende geht und viele unserer Soldaten krank oder verwundet sind … haben wir uns der Jahreszeit und den Grenzen des Möglichen gemäß entschieden, mit unserem Heer an Bord zu gehen und unsere Königreiche Neapel und Sizilien zu besuchen.« Also setzte er auf Barbarossas Kopf noch ein Preisgeld aus – »50 000 Dukaten für den, der ihn mir lebend bringt, und 10 000 Dukaten für den, der ihn tot herbeischafft« –, begab es sich wieder auf sein Flaggschiff und ließ am 21. August die Segel für die Fahrt nach Sizilien setzen.56

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Die Ehrenrunde des Siegers Wie ein englischer Diplomat berichtete, erwartete mittlerweile ganz Europa »das Ergebnis des kaiserlichen Unternehmens, denn wenn es fehlschlägt«, werde »die ganze Welt« ihn im Stich lassen. Mehr noch: »Wenn der Kaiser das Leben oder einen Großteil seines Heeres verliert oder den Rückzug antritt«, würden die Franzosen »unter dem Vorwand, Italien gegen Barbarossa zu verteidigen, dort einmarschieren«. Der Korsar seinerseits werde, »sobald sich der Kaiser zurückzieht, in der Lage sein, mit seiner Flotte Genua, die Toskana, Rom, Neapel und Sizilien – die allesamt ungeschützt sein werden – zu schikanieren«. Dem stimmte der Befehlshaber des päpstlichen Geschwaders in La Goletta zu: »Da es Barbarossa nicht an Galeeren, Sklaven und osmanischen Truppen mangelt«, so seine Vorhersage, werde er den Verlust von Tunis »leicht verschmerzen«.57 Diese Prophezeiung sollte sich im darauffolgenden Monat bewahrheiten, als der Piratenkönig die Stadt Mahon auf Menorca plünderte und fast die gesamte Bevölkerung, an die 5000 Menschen, tötete oder versklavte. Trotz seiner hartnäckigen Bemühungen und gewaltigen Ausgaben hatte Karl also sein Ziel – Barbarossa »aus dem christlichen Meer zu vertreiben« – nicht erreicht, wie ihm die Kaiserin schon bald vorhielt. »Die Siege, die unser Herr Eurer Majestät in Tunis verschafft hat, waren für Italien von Nutzen«, schrieb sie mit spitzer Feder, aber in Spanien schmerze die Plünderung von Mahon dadurch »mehr, als sie es zu einer anderen Zeit getan hätte. Man spricht hier von nichts anderem.«58 Der Kaiser wollte diese unangenehme Wahrheit bemänteln, indem er die Ehrenrunde eines Siegers drehte. Während der nächsten acht Monate reiste er über Sizilien und Kalabrien nach Neapel und von dort weiter nach Rom, wobei er seinen Afrikafeldzug überall als einen Erfolg, der die Kräfteverhältnisse grundlegend verändert habe, darstellte und dazu seine Vision eines unter seinem Schutz vereinten Italiens propagierte. Dabei präsentierte er sich selbst als heldenhaften römischen Imperator und christlichen Kreuzfahrer zugleich. Mit dieser Reise bot er erneut seinen spanischen Beratern die Stirn, hatte ihn doch Kardinal Tavera vor seinem Aufbruch gewarnt: »Wenn Ihr nach Italien geht, werden Eure Majestät nicht so stark oder so gut versorgt sein wie in Spanien«, denn dort, in Italien, wäre er »unter Leuten, die Euch nicht so lieben noch gehorchen wie Eure Untertanen hierzulande, und Ihr seid abhängig von Leuten, die ihre eigenen Interessen über den Dienst an Euch stellen – Männer, die versuchen werden, Eure Majestät auszupressen … Sie würden sich nicht darum sorgen, wenn Ihr in Gefahr wäret, weil sie nur daran denken, wie sie das für ihre eigenen Ziele ausnutzen können.«59 Taveras Warnung war durchaus begründet. Viele Angehörige der neapolitanischen Elite hatten während der Belagerung von 1527/28 die Franzosen

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unterstützt, und der sizilianische Adel hatte 1516/17 den Aufstand geprobt, während die Herrschaft vom Haus Trastámara auf die Habsburger überging. In den 1520er-Jahren hatten diverse Adlige versucht, die Insel den Franzosen in die Hände zu spielen. Doch als Karl als erster Monarch seit einhundert Jahren, der Sizilien besuchte, im August 1533 an der Westküste in Trapani an Land ging, wurde er als Held in Empfang genommen. Jede Stadt entlang seiner Route entsandte ihre höchsten Würdenträger, häufig von Jungen und Mädchen begleitet (vielleicht um zu zeigen, dass die nächste Generation mehr Loyalität zeigen würde als die jetzige), um ihn schon vor den Toren zu empfangen. Sie überreichten ihm die Schlüssel der Stadt und teure Geschenke, woraufhin der Kaiser ihre lokalen Privilegien bestätigte und Beutestücke vom Feldzug verteilte, bevor er an der Spitze einer Prozession aus befreiten christlichen Sklaven, muslimischen Gefangenen, Soldaten und Höflingen seinen formellen Einzug in die Stadt vollzog. Er besuchte auch die wichtigsten religiösen Stätten, wodurch sein Zug sich wie eine Pilgerfahrt ausnahm, zumal er in Gold und Weiß gekleidet hoch zu Pferde unter einem Baldachin dahinschritt. Dabei konnte er all die Triumphbögen bewundern, die seinen jüngsten Sieg mit Bildern und Inschriften feierten und den Kaiser mit antiken und biblischen Helden verglichen: mit Jason, Scipio, Augustus, Gideon und David. Eine erinnerungswürdige Inschrift, die ihn zuerst in Palermo und dann in Messina begrüßte, sollte später zum kaiserlichen Motto werden: »A SOLIS ORTU AD OCCASUM« (ein Vers aus Psalm 113: »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«).60 Ferner wohnte der Kaiser Ritterspielen, Turnieren, Theateraufführungen und Inszenierungen antiker Geschichten bei (oftmals zu sehen waren Scipios Sieg über Hannibal und die Zerstörung Karthagos). Regelmäßig ging er auf die Jagd, arbeitete aber auch hart. Einem Chronisten zufolge »gewährte er umstandslos jedem eine Audienz und hörte sich Beschwerden und Klagen an«. Auch »wollte er sich über die Zivilverwaltung informieren und verschaffte sich Kenntnisse über die Rechtsprechung der Magistrate; er besuchte sogar die königlichen Archive«. Der normalerweise unermüdliche Granvelle beschwerte sich darüber, mit den inneren Angelegenheiten der Insel »augenblicklich sehr beschäftigt zu sein«, weil »Seine Majestät davon so in Anspruch genommen ist, dass ich kaum zum Atmen komme«.61 Dank seiner sorgfältigen Kombination von Gebet, Arbeit und Spiel erwies sich Karls Besuch als rauschender Erfolg. Als das Parlament des Königreichs zusammentrat, führte er persönlich den Vorsitz und erhielt Steuern in Höhe von 250 000 Dukaten zugesprochen. Eine jede Stadt, die er besuchte, schien eine Statue oder zumindest eine Büste des siegreichen Souveräns in Auftrag gegeben zu haben (einige stehen immer noch, vgl. Abb. 21). Auch manche anderen Spuren seines Aufenthalts sind erhalten: So bilden die Stadtmauern

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von Messina, die auf Anweisung des Kaisers im »modernen« Stil errichtet wurden, im Wesentlichen noch heute das Grundgerüst der Stadt. Die neue Stadt Carlentini bei Syrakus, die zu seiner Ehre gegründet und nach ihm benannt wurde, zählt mittlerweile 18 000 Einwohner, und die Stadt Nicosia, wo der Kaiser nur einen einzigen Tag verbrachte, hat den Sitz, auf dem er sich niederließ, über die Zeiten hinweg bewahrt und spielt alljährlich den kaiserlichen Besuch nach. Im November setzte Karl zum Festland über. Er reiste durch die Herrschaftsgebiete wichtiger Unterstützer und kam, bis er schließlich Neapel erreichte, an Orten vorbei, die an die einstige Niederlage Hannibals erinnerten. Den Winter über diente ihm Neapel als Hauptstadt, und sein Hof veranstaltete Ritterturniere, Bankette, Jagden, Spiele, Besichtigungen und Dichterwettbewerbe. Einmal zeigte Karl »große Schnelligkeit und Eleganz bei einem Stierkampf«, ein anderes Mal nahm er »zu Ehren seines Siegs in Tunis« an einem Stockspiel teil, wobei er »in ein Mohrenkostüm gekleidet war«. Später »tanzte er, hinter einer Maske verborgen, mit den Adelsfrauen, wobei sich etwas von seiner ernsten Gesetztheit verlor«. Im Februar 1536 war für Karl eigentlich Trauer um Katharina von Aragón – die einen Monat zuvor verstorben war – angesagt, doch nahm er, wie der päpstliche Nuntius säuerlich bemerkte, an einem Festmahl teil, und danach »tanzte er bis zum Morgengrauen und feierte und zeigte damit, wie wenig der Tod der Königin Seine Majestät berührte«.62 Auch in Neapel verband der Kaiser das Geschäft mit dem Vergnügen. In einer Rede vor dem Parlament des Königreichs erklärte er, er sei nicht »einfach nur zu Besuch gekommen, sondern um die Dinge in Ordnung zu bringen und in diesem Königreich für alles sorgen, was für Euch von allgemeinem und besonderem Nutzen sein wird  – nicht nur in solchen Angelegenheiten, die vor allem die angemessene Rechtsprechung und das friedliche Leben der Menschen betreffen, sondern auch im Hinblick auf alle Eure anderen Belange«. Karl hatte Pedro de Toledo zum Vizekönig ernannt, den Onkel des Herzogs von Alba, der durch seine Politik, all jene hinzurichten und exemplarisch zu bestrafen, die mit den Franzosen während deren gescheiterter Invasion gemeinsame Sache gemacht hatten, rasch unbeliebt geworden war. Einige hofften, Karl würde ihn aus seinem Amt entfernen, doch wurden sie enttäuscht  – Toledo blieb Vizekönig bis 1553. Er hielt den Adel und die Städte im Zaum und trieb umfangreiche Steuern ein, mit denen die diversen Projekte des Kaisers finanziert wurden. Zuallererst gewährte das Parlament 500 000 Dukaten »für gegenwärtige und vergangene Ausgaben und eine Million Dukaten verteilt über eine gewisse Anzahl zukünftiger Jahre«. Karl hoffte, die Einnahmen für das ihm von Papst Paul III. gesetzte Ziel – die Eroberung der osmanischen Hauptstadt – verwenden zu können, denn, wie der Staatssekretär des Kaisers festhielt: »In La Goletta, Tunis,

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Bone und Bizerta steht alles zum Besten, und der Sultan hat nicht die Macht, La Goletta zu erobern, aber der Kaiser hat gewiss die Macht, Konstantinopel zu erobern, und ich bete darum, dass Gott ihm gnädig ist, damit wir ihn triumphieren sehen.«63 Im März 1536 nahm Karl seinen Triumphzug wieder auf, nun in Richtung Rom. Ungeachtet der Tatsache, dass die Stadt nur neun Jahre zuvor von kaiserlichen Truppen geplündert worden war, hatte der Papst umfangreiche Vorbereitungen zur Begrüßung des Kaisers getroffen. Dem Dichter François Rabelais zufolge, der in der französischen Botschaft als Arzt tätig war, stellte Paul III. »dem Kaiser seinen halben Palast und 3000 Betten« zur Verfügung und ließ entlang der alten via sacra »über 200 Häuser und drei oder vier Kirchen niederreißen«, damit der neue Cäsar 5000 spanische Veteranen, 400 Kavalleristen und seine Höflinge (zu denen jetzt nicht nur Spanier, sondern auch Adlige aus Sizilien und Neapel gehörten) unter den Triumphbogen von Konstantin, Titus und Septimius Severus hindurch über den Campo dei Fiori und den Tiber zum Petersdom führen konnte, um dort den Papst zu treffen.64 Da er in der Karwoche eingetroffen war, besuchte Karl »klassische und ungewöhnliche Stätten privatim, begleitet nur von einigen Angehörigen seines Hofstaats« (ein merklicher Gegensatz zu seinem demonstrativen Auftreten in Neapel und auf Sizilien), und wie gewöhnlich verbrachte er viel Zeit mit Andacht und Gebet. Er nahm an der Prozession zu Palmsonntag teil, bei der er einen Palmwedel trug, und »mit großer Hingabe wohnt er täglich dem Gottesdienst in der Kapelle von St. Peter bei in Anwesenheit des Papstes und der Kardinäle«. Am Gründonnerstag wusch er dreizehn Armen die Füße, und am Ostersamstag »besuchte er die sieben Kirchen, begleitet von zwanzig Höflingen, aber ohne Leibwache«. Am darauffolgenden Tag nahm er im Petersdom vor einer Menge von 30 000 Gläubigen »bischöflich gewandet« und angetan mit Handschuhen »wie ein Bischof« am Hochamt teil. Während des Gottesdienstes zeigten Papst und Kaiser deutliche Zeichen der Harmonie: Sie erhoben und setzten sich gemeinsam, und wann immer der Papst seine Tiara abnahm und wieder aufsetzte, tat Karl desgleichen mit seiner Kaiserkrone »wie die Kaiser in der alten Zeit«.65 So geriet der Einzug in Rom für Karl zu einer Art Heimkehr, worauf Karl Brandi hingewiesen hat: »Es war für Karl in der Tat wie ein Landen am Ziel. Er hatte nun alle seine Reiche kennengelernt, sich mit ihren Nöten vertraut gemacht und das Seinige getan, zu ihnen in ein Verhältnis zu kommen  … Er hatte die Stände oder Generalstaaten seiner niederländischen Heimat, die Cortes von Kastilien und Aragon, die Kurfürsten, Fürsten und Stände des Deutschen Reiches auf Landes- und

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Reichstagen um sich geschart, zuletzt die Stände von Sizilien und Neapel. Aus allen Ländern waren einige Bevorzugte in seinen hohen Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen …«

Um die kumulative Wirkung so vieler Triumphe sichtbar zu machen, veröffentlichte der Nürnberger Humanist Christoph Scheurl eine Flugschrift, die unter Verwendung von »allerley Welschen und Teutschen Missiven«, also Briefen in italienischer und deutscher Sprache, den Einrit Keyser Carlen in die alten Keyserlichen haubtstatt Rom beschrieb. Auf der Titelseite, unter dem Porträt des Kaisers las man Abners Weissagung an König David: »dass du König über alles sein sollst, was deine Seele begehrt« (Abb. 22).66 Scheurl hätte es besser wissen müssen, brachte die Weissagung doch seinerzeit Abner kein Glück, der kurz darauf von einem Gefolgsmann Davids umgebracht wurde. Auch Karl sollte sie kein Glück bringen.

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10  Jahre der Niederlage (1536–1541) Erneut im Krieg mit Frankreich »Karl, Karl, Cäsar, Cäsar, das Reich, das Reich!« Der begeisterte Chor von Karls Untertanen in Messina am 1. November 1535 ermutigte den Kaiser dazu, für das folgende Jahr seine Rückkehr nach Nordafrika zu planen. Ziel sollte diesmal die Eroberung von Algier sein, doch dann veränderte ein Ereignis, das am nämlichen Tag 1300 Kilometer weiter nördlich stattfand, alles: Es starb Herzog Francesco Sforza von Mailand, ohne Kinder zu hinterlassen. Als die französischen Botschafter in Rom die Nachricht vernahmen, wagten sie die Voraussage, dass »sein Tod durch friedliche oder gewaltsame Mittel ein für alle Mal nicht nur die italienischen Angelegenheiten, sondern die der gesamten Christenheit entscheiden wird«. Da lagen sie fast richtig.1 Da Sforzas Gesundheitszustand schon lange Anlass zur Sorge bereitet hatte, und da Mailand ein Lehen des Heiligen Römischen Reichs war, hatte Karl ein paar vorbeugende Maßnahmen ergriffen. Obwohl er Francesco 1530 vergeben und ihn wieder eingesetzt hatte, waren weiterhin kaiserliche Truppen an einigen Stützpunkten im Herzogtum stationiert; und drei Jahre später arrangierte Karl die Heirat seiner Nichte Christina von Dänemark mit Francesco in der Erwartung, sie werde Kinder gebären, die dem Haus Habsburg treu ergeben sein würden. Anderenfalls würde das Herzogtum letztlich ohnehin dem Kaiser anheimfallen. Da nun Christina beim Tod ihres Gatten kinderlos geblieben war, leisteten die Senatoren von Mailand dem Kaiser sofort »einen Treueeid« und erkannten »Antonio de Leyva als ihren Gouverneur« an, »bis Ihre Majestät neue Anordnungen erließ«.2 Karl war sehr froh darüber, dass »das Herzogtum Mailand uns zugefallen ist, weil es ein kaiserliches Lehen ist«. Er erklärte, es sollten »in unserem Namen dort Ruhe und Frieden herrschen, bis wir weitere Maßnahmen ergreifen, die für sein Wohlergehen und für das Wohl der Christenheit und Italiens am besten geeignet erscheinen«. Anfänglich erwog er drei Optionen: Zum einen könnte er das Herzogtum einem Mitglied der französischen Königsfamilie überlassen, zum anderen es unter direkter kaiserlicher Kontrolle behalten oder es zum Dritten einem verdienstvollen Italiener verleihen.3 Für einen Augenblick schien es auf die dritte Option – die einzige, welche den Status quo hätte bewahren können – hinauszulaufen. Leyva berichtete, dass »wir in den Archiven des Herzogtums ein von Kaiser Maximilian gewährtes Privileg entdeckt haben, demzufolge bei einem Aussterben der legitimen Familienlinie eine illegitime« das Erbe antreten dürfe. Leyva empfahl dem Kaiser die Einsetzung eines außer-

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ehelichen Cousins des letzten Herzogs. Der Kandidat begab sich nach Neapel, um seinen Fall darzulegen, starb jedoch auf dem Weg dorthin unter mysteriösen Umständen.4 Damit blieben nur zwei Optionen übrig: Karl konnte Mailand behalten oder es einem französischen Fürsten verleihen. Leyva, der viel dafür gekämpft hatte, das Herzogtum für Karl zu erwerben, setzte sich nachdrücklich für die erstere Variante ein: »Es hat unserem Herrn gefallen, Mailand in Ruhe und Frieden Eurer Majestät zurückzugeben; und ich bin mir sicher, dass Gott dies nicht ohne Grund getan hat – auch wenn wir ihn im Augenblick nicht zu erkennen vermögen. Eure Majestät wissen besser als ich, was Euch das Herzogtum bedeutet; und erinnert Euch bitte daran, dass es mit Genua verbunden ist, das, wie ich denke, aufgrund seiner Vormachtstellung zur See ebensolche Bedeutung genießt – und wiederum wissen Eure Majestät am besten um die Bedeutung all dessen.«

Allerdings erkannte Leyva auch, dass der Entschluss, Mailand zu behalten, »einen großen Krieg auslösen würde«, in dem der Kampf »härter und bitterer als je zuvor« wäre.5 Karl grübelte über seinen Optionen, während er in Neapel Hof hielt auf dem Weg von Messina nach Rom. Dem Tagebuch eines neapolitanischen Beamten ist zu entnehmen, dass »der Kaiser während seiner Anwesenheit hier nach außen hin (nell’estrinseco) an Belustigungen und Festivitäten teilgenommen hat, während er insgeheim (nell’intrinseco) ernsthafte Vorbereitungen für den Fall, dass Frankreich angreifen sollte, tätigte«.6 Der offenkundigste Ausdruck der geheimen Planungen waren hektische diplomatische Aktivitäten. Der neue Herzog von Florenz, Alessandro de’ Medici, kam nach Neapel, um des Kaisers außereheliche Tochter Margarita zu heiraten (wie es im Vertrag mit Papst Clemens vereinbart worden war; siehe Kap. 8). Er fand dort bereits die Herzöge von Mantua, Urbino und Ferrara vor, desgleichen Gesandte von Papst Paul, aus Venedig und einigen anderen Staaten. Ihr Dilemma lag klar auf der Hand. Mit den Worten von Lope de Soria, der sich einer über dreißigjährigen Erfahrung als spanischer Diplomat in Italien rühmen konnte: »Selbst wenn sie jetzt Eure Majestät für einen Freund halten, werden sie mit der Zeit darüber nachdenken, was sie tun könnten, sollte Eure Majestät die Absicht haben, Italien zu erobern.« Soria zufolge war es Karls Aufgabe, sich selbst als besten Garanten des Friedens in Italien zu präsentieren, Franz dagegen als dessen Hauptbedrohung. Vor allem aber gelte es, Zeit zu gewinnen.7 Karl empfand nicht anders. Maria in den Niederlanden wies genau wie die Kaiserin in Spanien mit Nachdruck darauf hin, dass sie nicht über die Ressourcen für einen weiteren Feldzug verfügten, und im Januar 1536 gab

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der Kaiser seinen Diplomaten Order, die Gespräche mit Franz »nicht abzubrechen« und stattdessen »Zeit zu gewinnen, bis wir nach Rom kommen. Dann können wir sehen, was gemäß dem Verhalten des Königs zu tun ist.«8 So lange musste er indes nicht warten: Im Februar marschierte Franz in die Ländereien des Herzogs von Savoyen ein, der mit der Schwester der Kaiserin verheiratet war. Als Vorwand diente Franz eine Auseinandersetzung um Genf, das versucht hatte, seine Unabhängigkeit von Savoyen zu behaupten. Gegen Ende des Jahres 1535 wollte der Herzog Genf unterwerfen und bat den Kaiser um Militärhilfe. Leonard de Gruyères, Karls Sondergesandter bei der Schweizer Eidgenossenschaft, unterstützte die Anfrage und erinnerte den Kaiser daran, dass es »notwendig ist, von zwei Übeln das kleinere zu wählen, weshalb es meiner Meinung nach besser wäre, im Ausland Krieg zu führen als ihn im eigenen Land zu haben«. Karl und der Kronrat teilten diese Auffassung nicht. »Angesichts der Jahreszeit und der Tatsache, dass die Schweizer nicht gewohnt sind, längere Zeit auf eigene Kosten zu kämpfen«, schätzten sie das Risiko eines Angriffs gering ein.9 Aber da hatten sie sich verrechnet. Genf hatte mit dem Schweizer Kanton Bern, der mit Franz alliiert war, ein Verteidigungsbündnis geschlossen. Im Januar 1536 schickte Bern einen Herold, um Savoyen den Krieg zu erklären. Im Februar schloss Franz sich an, indem er behauptete, dass sein Bündnis mit Bern ihn dazu verpflichte, und im März besetzten französische Truppen Savoyen und fast das gesamte Piemont, womit die Streitkräfte bis an die Grenze von Mailand vorrückten.10 Das war ein klares Versagen des Geheimdienstes. Karls engster Berater, Granvelle, bekannte reumütig: »Wir haben den plötzlichen Einmarsch in Bern nicht vorhergesehen und konnten uns auch nicht vorstellen, dass der König von Frankreich eine solch unglückliche, verurteilenswürdige und empörende Entschuldigung wählen würde, um [Savoyen] anzugreifen.«11 Nun musste Karl reagieren. Eine Zeit lang nährte er die Hoffnung, dass Frankreich nur mobilisiert hätte, »um seine Verhandlungsposition zu verbessern«, aber »falls die Franzosen tatsächlich etwas beginnen sollten, dürfen sie uns nicht unvorbereitet finden«. So hob Karl in der Lombardei, Deutschland, den Niederlanden und Spanien Truppen aus. Desgleichen befahl er, 400 000 Dukaten, »gemünzt aus dem Gold und Silber Perus«, die sich in Sevilla befänden, sofort nach Genua zu schicken, dazu spanische Truppen in einer Stärke von 5000 Mann, wenngleich »mit der Hoffnung, dass es nicht zum Bruch kommt« – sodass wir, schloss Karl hoffnungsvoll, »wie geplant im Sommer den Feldzug gegen Algier unternehmen können«.12 Für kurze Zeit sah es so aus, als könne ein Vorschlag des Papstes den Krieg abwenden: Karls Nichte, die verwitwete Herzogin Christina von Mailand, könnte Franz’ jüngsten Sohn, den Herzog Karl von Angoulême, heira-

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ten, sodass die beiden und ihre Nachfahren das Herzogtum regieren würden. Der Kaiser akzeptierte den Vorschlag unter der Bedingung, dass Angoulême keinen Anspruch auf den französischen Thron erhebe und dass das Herzogtum, wenn er und Christina ohne Nachkommen sterben sollten, an das Reich zurückfallen würde, »wie es für kaiserliche Lehen üblich ist«.13 Franz wies das Angebot zurück und bestand darauf, dass Orléans, sein zweiter Sohn, der nächste Herzog von Mailand sein sollte. Doch ein Brief von Königin Eleonore, »von ihr insgeheim mit eigener Hand geschrieben«, enthüllte, dass Franz seinen öffentlichen Bekundungen zum Trotz de facto die Einsetzung von Angoulême akzeptierte. Törichterweise ließ der Kaiser den Brief unbeachtet und wies stattdessen seinen Gesandten am französischen Hof an, er solle dort verkünden, dass Karl bereit sei, die Einsetzung von Orléans zu erörtern. In einem verschlüsselten Zusatz machte er jedoch deutlich, dass dies eine Lüge war: »Wir wollen Euch absolut klarmachen, dass wir es immer abgelehnt haben und weiterhin ablehnen, Orléans einzusetzen.«14 Der Kaiserin erteilte er die Anweisung, »sich darauf einzustellen, alles zu ertragen, was immer Gott schicken mag und was, wie ich hoffe, uns zum Guten ausschlagen wird, und alles in Spanien mit äußerster Sorgfalt vorzubereiten, damit wir am Ende mit Gottes Hilfe den Franzosen die Köpfe einschlagen können«. Er versicherte seinem Botschafter am französischen Hof, er bereite »den Krieg so außerordentlich gut vor, dass der König von Frankreich entweder gezwungen ist, die Bedingungen, die wir ihm diktieren, anzunehmen, oder dass er es bereuen wird, den Krieg erneut begonnen zu haben«.15 Nach außen hin tat Karl weiter so, als sei alles in Ordnung. Er traf sich regelmäßig mit dem Papst und versicherte ihm, dass »wir mit Freude darüber diskutieren, das Herzogtum Mailand gegen entsprechende Garantien dem dritten Sohn des Königs von Frankreich zu geben«, wofür der Papst im Gegenzug »ein Konzil einberufen und nächstes Jahr in Mantua halten wird«. Aber als ein neuer Botschafter aus Frankreich eintraf mit der einzigen Befugnis, die Einsetzung des Herzogs von Orléans in das Herzogtum Mailand zu erörtern, schlug Karl zu.16 Am 17. April 1536, Ostermontag, versammelten sich der Papst, das Kardinalskollegium und das in Rom anwesende diplomatische Korps in den päpstlichen Gemächern in der Erwartung, sie würden den Kaiser vom Tunisfeldzug berichten hören und seine Bitte um Unterstützung für den Angriff auf Algier entgegennehmen. Stattdessen prangerte Karl über eine Stunde lang »sehr ruhig, ohne Verärgerung zu zeigen und in spanischer Sprache« die Doppelzüngigkeit von Franz an.17 Salinas schreibt darüber: »Die Rede dauerte sehr lange, weil sie einen Bericht über die italienischen Kriege von ihrem Anfang bis in die Gegenwart enthielt; sie rechtfertigte unser Verhalten und schilderte detailliert die Aus-

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schreitungen des Königs von Frankreich.« Zu Beginn zitierte Karl »die weisen Worte von Kaiser Maximilian anlässlich des letzten Friedens, den der König von Frankreich mit ihm schloss. Maximilian sagte: ›Jetzt habe ich zum elften Mal mit dem König Frieden geschlossen, und jetzt wie bei den vorherigen Gelegenheiten tue ich es, weil ich den Wunsch habe, der Christenheit Frieden zu bringen, nicht aber, weil ich glaube, dass der König den Frieden nicht brechen wird – wie er es bei allen vorherigen Gelegenheiten getan hat.‹« Des Weiteren führte Karl all die Vertragsbrüche an, bevor er die Verbindungen anprangerte, die Franz zu Barbarossa und dem Sultan geknüpft hatte. Sodann versicherte er, er habe »immer mit Stolz die uns von Gott verliehene Macht und Größe gegen Heiden und Ungläubige, Feinde unseres heiligen katholischen Glaubens einsetzen wollen«, aber »der König von Frankreich hat beides verhindert: den Frieden der Christenheit und auch den Krieg, den wir gegen die Feinde Gottes geführt haben könnten«. Er bestritt, »dass ich Herrscher der Welt sein will«, und verwies stattdessen auf Franz’ grundlosen Einmarsch in Savoyen und sein Beharren darauf, Mailand zu erwerben – »gleich ob mit Recht oder Unrecht«. Um diese Ungerechtigkeiten zu beheben, werde er, Karl, am nächsten Tag aufbrechen, um sich dem Heer anzuschließen, das er in der Lombardei versammelt habe, und dann in Frankreich einmarschieren, es sei denn, dass »der König von Frankreich mir persönlich auf einem Feld der Ehre zu begegnen wünscht, in voller Rüstung oder nur mit dem Hemd bekleidet und mit Schwert und Dolch bewaffnet, zu Land oder zur See, auf einer Brücke oder einer Insel, an einem bezeichneten Ort oder vor unseren Heeren, oder wo und wie er es wünscht. Mehr will ich nicht sagen, außer dass ich ihm 20 Tage gebe, damit er sich bedenken kann.« Mailand und Burgund sollten der Preis sein, um den die beiden Monarchen kämpfen würden, und der Sieger sollte beide haben.18 Damit warf der Kaiser nicht nur seinem Rivalen den Fehdehandschuh hin, sondern überraschte auch seine Minister. Wiederum Salinas: »Weder Los Cobos noch Granvelle hatten zuvor Kenntnis von der Rede: Seine Majestät handelte aus eigener Initiative. Ich glaube, er wäre zurückhaltender gewesen, wenn ich davon gewusst hätte – zumindest hätte er den Teil über die Herausforderung weggelassen.« Als die anwesenden französischen Diplomaten Los Cobos und Granvelle um Erklärung baten, erwiderten sie, dass »nur der erste Teil ernst genommen werden sollte« – das heißt: Franz sollte die Einladung zum Duell ignorieren.19 Karl allerdings nahm gerade diese sehr ernst: Am 4. Mai fragte er seinen Botschafter in Rom, ob schon eine Antwort eingetroffen sei, denn »die Frist von zwanzig Tagen, die ich dem König von Frankreich gab, um auf die Rede, die ich vor Seiner Heiligkeit hielt, zu antworten, wird am nächsten Sonntag abgelaufen sein«. Franz lehnte schließlich die Herausforderung ab und witzelte, dass ihre

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Schwerter »zu kurz sind, um auf solche Entfernung gegeneinander zu kämpfen«, aber Karl wendete diese unbekümmerte Antwort sogleich in einen Vorteil um, indem er eine Parallele zu der fehlgeschlagenen Herausforderung von 1528 zog: Der König von Frankreich habe »recht, wenn er sagt, dass unsere Schwerter zu kurz sind für eine solche Entfernung. Ich frage mich, ob das der Grund ist, warum er mir in der Vergangenheit – in sehr beleidigenden Worten – nur ein persönliches Treffen anbot, als ich in Spanien war und er in Paris?«20

Karl im Felde Nun verließ der Kaiser Rom, um sich seinem Heer anzuschließen, das sich in der Lombardei versammelte. Wieder war es ihm vergönnt, unter Triumphbögen einherzureiten. In Siena, Florenz und Lucca (alles Hauptstädte unabhängiger Staaten) empfing er großen Zuspruch. Salinas berichtete: »Seine Majestät wurde in diesen Städten mit großer Freude empfangen, einige jubelten ihm aus Liebe zu, andere aus Furcht«, denn »abgesehen vom Hof bringt er 5000 kampferprobte spanische Infanteristen und 300 Ritter zu Pferde mit. Die anderen Straßen sind voller leichter Kavallerie, sodass jetzt überall in Italien Truppen in Bewegung sind.« Salinas bekräftigte auch, dass Karl »große Begeisterung für diesen Krieg zeigt, und ich glaube nicht, dass er sich auf irgendwelche Ablenkungen einlässt, die ihn daran hindern, in Frankreich einzumarschieren«. Stattdessen »verbringt er, während er sein Heer voranführt, Zeit mit Scharmützeln … Er ist in guter Form – besser, als ich ihn jemals erlebt habe.«21 Karl wies die Kaiserin, Maria und Ferdinand an, die entsprechenden Ressourcen zu mobilisieren, damit sie alle gleichzeitig Frankreich angreifen könnten. »Ich weiß nicht, ob der König Frieden oder Krieg will«, teilte er Maria mit, »aber ich möchte auf den Krieg vorbereitet sein, bevor ich verhandle.« Maria stimmte ihm zu und bekannte gegenüber Ferdinand: »Auch wenn ich den Krieg immer gehasst habe, ist es besser, jetzt zu kämpfen, weil ich mir nicht sicher bin, ob die Lage für Seine Majestät zu einem anderen Zeitpunkt so günstig wäre wie jetzt.«22 Am 9. Juni kündigte Karl seinem Bruder an, dass »ich in dem Augenblick, da ich zum Abmarsch bereit bin, dem König von Frankreich einen Herold mit der Kriegserklärung sende«. Er fügte hinzu: »Ich werde tun, was ich kann, um Rache zu üben« – wie üblich nahm Rache einen herausragenden Platz in seinem politischen Repertoire ein –, »und ich hoffe, dass ich ihn mit Gottes Hilfe zu Wasser und zu Lande so energisch angreifen kann, dass er es bereut, den Krieg begonnen zu haben.« Richard Morison, ein gut informierter, in Italien lebender Engländer, sagte einen raschen kaiserlichen Triumph voraus, weil die Franzosen zwar stark begonnen hätten, es aber »kein großer Sieg ist, wenn

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es keinen Widerstand gibt«. Das würde sich ändern, wenn sie auf Leyvas Soldaten träfen, »die jetzt lieber Blut als Wein trinken«.23 Der Kaiser wusste genau, wie er diese blutdürstigen Truppen einsetzen wollte. Er hatte bereits Leyva und Doria aufgefordert, Pläne für den Fall vorzubereiten, dass Franz erneut den Krieg erklären würde, und beide befürworteten eine weitere Invasion der Provence, allerdings mit einer kleinen Änderung: »Als der Herzog von Bourbon [1524] Marseille angriff, musste Frankreich all seine Kräfte aufbieten, um die Stadt zu entsetzen, und wenn wir eine Kriegsflotte eingesetzt hätten, wäre Marseille gefallen«; also müsse Doria diesmal mit seiner Flotte eine Blockade errichten. Die einzig noch offene Frage war, ob Karl persönlich die Operationen leiten sollte, wie er es in Afrika getan hatte. Obwohl Leyva »viele Gründe vortrug, weshalb Seine Majestät französischen Boden nicht betreten sollte«, konnte der Kaiser »sich nicht entscheiden und bat also seinen Kriegsrat, die Angelegenheit zu erörtern. Schließlich entschied sich Seine Majestät nach gründlicher Diskussion des Für und Wider, das Kommando zu übernehmen«, und am 17. Juli 1536 machte er sich auf den Weg nach Frankreich. Er nahm »an der Spitze der spanischen und deutschen Infanterie die schwierigste, aber kürzeste Route«.24 Zunächst ging alles gut. Als Karl die Bergpässe in Angriff nahm, trug er wie schon sein Großvater Maximilian »Soldatenkleidung: Kniehosen, Uniformjacke und Brustpanzer, dazu eine Schärpe aus scharlachfarbenem Tuch, die wir als Erkennungsmerkmal alle tragen«. Einer der spanischen Kämpfer berichtete, dass »wir in schnellstem Tempo (a toda furia) marschierten, beladen wie Ameisen, weil jeder von uns Zwieback und Vorräte für sechs Tage mitschleppte«. Der Kaiser litt mit seinen Soldaten, als »wir mit der Überquerung der Berge begannen  … und jedes Mal um Mitternacht aufbrachen und mit Fackeln marschierten«. Am 25. Juli überquerten sie die Grenze nach Frankreich, da aber Karl »äußerst ermüdet war, weil er sein gesamtes Heer überprüft und in Ordnung gebracht hatte«, durften sich alle drei Tage lang ausruhen. Bei Bummlern und Deserteuren dagegen ließ der Kaiser keine Gnade walten, wie sich bei anderer Gelegenheit zeigte: »Er bemerkte einen Mann, der die Reihen verließ, und folgte ihm. In einem Waldstück stellte er ihn und befahl, ihn zu hängen. Der Mann bat den Kaiser, ihn dieses Mal zu verschonen, aber Seine Majestät lehnte das ab, und so wurde er an einem der Bäume dort gehängt. Das tat der Kaiser, damit zukünftig jeder im Heer seine Befehle befolgen sollte.«25

Unterdessen führte Heinrich von Nassau aus den Niederlanden ein weiteres Heer heran, das zur Somme marschierte. Anfänglich bereitete diese Bedrohung

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Franz erheblich mehr Kopfzerbrechen, denn Paris war von der Somme nur 150 Kilometer entfernt. Er verlegte daher einige Truppen aus der Provence in die Picardie. Die Provence verließ er mit dem Befehl, »so viel Lebensmittel wie möglich aus der Region mitzunehmen und den Rest zu vernichten, sodass kein Heer sich dort verpflegen kann«. Damit schuf Franz eine riesige Falle, der man nur durch Rückzug entkommen konnte.26 Ungeachtet dessen marschierte Karl voran. Er erreichte Aix-en-Provence am 5. August und erklärte sich zum Grafen der Provence und König von Arles – zwei Titel, die schon von seinen kaiserlichen Vorgängern beansprucht worden waren. Vielleicht hoffte er, die Region annektieren zu können, aber Entwicklungen, die anderenorts vor sich gingen, machten ein solches Ergebnis unwahrscheinlich. In Konstantinopel schlossen Franz’ Beauftragte einen formellen Vertrag über eine militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Süleyman, der bis an das Lebensende der beiden Monarchen gültig sein sollte. Der Sultan honorierte den Abschluss sofort, indem er eine Invasion Ungarns in Gang setzte, was Ferdinand daran hinderte, seinem Bruder wie versprochen durch Entsendung einer Expeditionsstreitmacht zu Hilfe zu kommen.27 In den Niederlanden war Maria besorgt wegen der wachsenden Zusammenarbeit »zwischen England, Frankreich und Geldern und der Art und Weise, wie sie allesamt Truppen ausheben«. Sie bat ihren Bruder, ihr die Genehmigung für ein Neutralitätsabkommen mit Frankreich zu erteilen, was der jedoch ablehnte. Stattdessen befahl er ihr, einen Versuch ihres abgesetzten Schwagers Christian von Dänemark zu unterstützen, den Thron zurückzuerlangen. Obwohl ihre Truppen Groningen und Umgebung (die Ommelande) einnahmen, die sie sofort annektierte, ging es gegen die Dänen kaum voran. Schlimmer noch: Gent und andere Städte in der Provinz Flandern weigerten sich, weitere Steuern zu bezahlen, was Heinrich von Nassaus Bemühungen, die Somme zu erreichen, untergrub.28 In der Provence trat ein französischer Herold vor Karl hin und wollte wissen, warum er in das Königreich einmarschiert sei. Der Kaiser antwortete, indem er auf das verwies, was »Euer König sagte: nämlich dass unsere Schwerter für ein Duell zu weit voneinander entfernt wären. Ich bin gekommen, um die Entfernung so weit zu verringern, wie er es wünscht, und bin bereit, ihm von Mann zu Mann oder von Heer zu Heer gegenüberzutreten. Zu diesem Zweck erwarte ich ihn hier in Waffen, wie ich es dem Papst versprochen habe.«29 Doch erneut ignorierte Franz die Herausforderung. Als am 10. August sein ältester Sohn, der Dauphin, starb, rückte eine Beilegung des Konflikts erneut in den Bereich des Möglichen, weil es unwahrscheinlich war, dass die italienischen Herrscher den neuen Dauphin, Heinrich von Orléans, als Herzog von Mailand akzeptieren würden. Aber Franz weigerte sich, zu verhandeln, solange Karl »mit einem

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so großen und mächtigen Heer im Königreich bleibt«. Stattdessen wartete er ab, bis der Hunger die Invasoren zum Rückzug zwang. Der Zeitpunkt kam am 4. September 1536: Nachdem der Kaiser »seit unserer Ankunft sieben- bis achttausend Soldaten durch Krankheit und Hunger« verloren hatte, und »nachdem er unter größter Geheimhaltung Beratungen abgehalten hatte, was nun zu tun sei«, warnte er Heinrich von Nassau, dass er den Rückzug werde antreten müssen.30 Er versprach, den Entschluss erst auszuführen, nachdem er einen zweiten Versuch unternommen hatte, Marseille einzunehmen. Doch scheiterten die kaiserlichen Bemühungen, als Cesare Fregoso, den Franz seinen »Gouverneur von Genua« nannte, eine Gruppe von Exilanten in einem Überraschungsangriff gegen die Stadt führte, womit er Doria und dessen Galeeren zwang, ihre Stellung vor der Küste der Provence aufzugeben und zurückzueilen, um ihre Basis zu verteidigen. Am 12. September brach Karl mit seinem Heer zu einem langen Rückzug auf.31 Als die Franzosen anrückten, fanden sie das verlassene kaiserliche Lager voller »toter Pferde und Soldaten, manche in ihrem Panzer begraben, während Piken und andere Waffen in den Feldern verstreut lagen«, und bei der Verfolgung der Kaiserlichen »konnte man Soldaten und Pferde sehen, zu Haufen aufgetürmt, die Sterbenden zusammen mit den Toten, ein so schreckliches und erbärmliches Schauspiel, dass selbst die entschlossensten und hartnäckigsten Feinde Mitleid empfanden. Wer die Verwüstung sah, musste sich daran erinnern, wie Flavius Josephus die Geschehnisse während der Zerstörung von Jerusalem beschrieb.«32 Dieses herbe Versagen traf Karl tief. Salinas beschrieb ihn als »sehr unzufrieden und in nicht besonders guter Verfassung, woran wohl, wie ich glaube, die jüngsten Strapazen schuld sind. Vielleicht hat er auch einen Anflug von jener Krankheit, die ihn in Regensburg [1532] befallen hatte, denn er hat einen Juckreiz im Skrotum.« Schmerz ist vielleicht auch die Erklärung für Karls extreme Reaktion, als eine französische Garnison von zwölf Scharfschützen und zwei Jungen, die in einem Turm versteckt waren, des Kaisers Freund, den Soldaten und Poeten Garcilaso de la Vega tödlich verwundete. Die Garnison ergab sich schließlich im Gegenzug gegen das Versprechen, man werde sie nicht auf die Galeeren schicken, und der Kaiser hielt Wort – er »erhängte die zwölf Männer und schnitt den Jungen die Ohren ab«.33 Dann ging es so rasch wie möglich nach Genua. Zweifellos hatte Karl seinem Feind Schaden zugefügt – ein Augenzeuge schätzte die Kosten auf drei Millionen Dukaten und ein anderer prophezeite, es werde ein halbes Jahrhundert dauern, bis die Provence sich wieder erholt hätte –, aber der schimpfliche Rückzug und der Verlust des halben Heeres (darunter Leyva und viele jener Veteranen, die »lieber Blut als Wein« tranken) bedeuteten, dass er den Feldzug verloren hatte. Der Rest des

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Heers musste den Winter in und um Genua überstehen und das »in großer Armut, mit Pilzen statt Brot als Nahrung«.34 Viele freuten sich über die Niederlage des Kaisers. In der Provence entstanden ganze Versepen voller Spott und Hohn, und ein französischer Di­plo­ mat machte sich über Karl lustig, weil er einen Feldzug geführt hatte mit »einer Karte der Alpen und der Ebene der Provence in der Hand oder vor den Augen. Er studierte sie so häufig und so intensiv, um seine Pläne und Wünsche voranzutreiben, dass er irgendwann glaubte, er habe das Land im Griff statt nur die Karte.« In Italien spottete Michelangelo, den das Schicksal seiner Heimatstadt Florenz noch immer schmerzte: »Wenn der Kaiser doch nur befohlen hätte, eine Zeichnung vom Verlauf der Rhone anzufertigen, bevor er in die Provence einmarschierte, dann hätte er nicht so schwere Verluste erlitten und auch nicht einen so ungeordneten Rückzug angetreten, noch wäre er in Rom als Krebs porträtiert worden, der rückwärts geht, wenn er vorwärtsgehen will, mit den Säulen des Herkules und dem Motto Plus Ultra.«

Ein anderes Plakat in Rom zeigte statt der Säulen des Herkules einen Fluss, dazu die Inschrift »NON PLVS VLTRA RHODANVS« (»Nicht weiter als bis zur Rhone«). Am hämischsten war wohl ein Bild, das den Kaiser zu Pferde zeigte und dazu das Motto »PLVS RETRO« (»Weiter zurück!«).35 Diese Spöttereien enthielten ein Körnchen Wahrheit: Seit mehr als einem Jahr war Karl mit Lobeshymnen überhäuft worden, die ihn antiken und biblischen Helden gleichsetzten. Vielleicht hatte ihn das zu der Überzeugung gebracht, dass er tatsächlich unbesiegbar und unverletzlich war und eine »wohlgesinnte Fortuna« ihm endlose Triumphe garantierte – und vielleicht hatte ihn das allzu bereitwillig auf hohes Risiko spielen lassen.

Der seltsame Weg zurück zum Frieden Am 15. November 1536 ging Karl, obwohl er »stark verschnupft war und so mit Geschäften überhäuft, dass er sich nicht so rasch, wie manche möchten, mit Angelegenheiten befassen kann«, erneut ein hohes Risiko ein: Er befahl nämlich, dass Dorias Galeeren ihn von Genua nach Barcelona zurückbringen sollten. Diesmal war Fortuna ihm gewogen, und er kam drei Wochen später dort an. Da er seine Familie angewiesen hatte, ihn in Tordesillas zu treffen, ritt er nun durch Spanien, um sie wiederzusehen. »Es gab keine Probleme«, berichtete Salinas, »obwohl er einige Male vom Pferd fiel, wie es gewöhnlich jene tun, die

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überhastet reiten« – ein interessanter Hinweis auf die alltäglichen Gefahren, die dem Reiter auf frühmodernen Wegen drohten. Danach »blieb er sieben Tage in Tordesillas, um sich zu erholen«.36 Aber die Erholungspause war bald vorbei, denn das Jahr 1537 brachte einen ganzen Strom weiterer Rückschläge. Im Januar kamen die Nachrichten, dass Franz die Rechte Karls auf die Grafschaften Flandern, Artois und Charolais, die dieser als Lehen der französischen Krone hielt, für verwirkt erklärt hatte, und dass sein Schwiegersohn, Herzog Alessandro, von Verschwörern, die in Florenz eine profranzösische Republik zu etablieren hofften, ermordet worden war. Als Karl im April die Cortes von Kastilien um finanzielle Unterstützung bat, widersprach eine Gruppe von Vertretern der Städte unter Führung von Juan de Mendoza aus Sevilla lautstark. »Als Seine Majestät erfuhr, was Don Juan gesagt hatte, wurde er wütend und schmähte ihn«, und als die Sitzung der Cortes endete und Mendoza die gleiche Entlohnung verlangte wie die anderen Vertreter, »entgegnete Seine Majestät, um ein Exempel zu statuieren, dass Don Juan nicht bekommen sollte, was er forderte«.37 Der Kaiser tat sein Bestes, um sich über Ostern in Gesellschaft der Familie zu erholen. Auf dem Programm standen allerlei Turniere und Stierkämpfe, an denen er hin und wieder auch selbst teilnahm – als ein Stier Luis de Ávila auf die Hörner nahm, eilte Karl zu seiner Rettung herbei und »traf den Stier mit seinem Lanzenwurf«. Sobald er allerdings »erfuhr, dass die Kaiserin mit Sicherheit schwanger war«, bereitete er sich darauf vor, den Hof wieder zu verlassen. Die Kaiserin protestierte und teilte ihrem Ehemann mit, dass sie »mitkommen würde, und wenn der Bauch ihr bis zum Halse reichte«, aber ihr Bitten war umsonst: Karl reiste im Juli ohne sie nach Aragón, und Isabella war erneut bei der Geburt allein. Sie gebar einen weiteren Sohn, der den Trastámara-Namen Juan erhielt. Er starb ein halbes Jahr später, womit Prinz Philipp erneut der einzige Sohn des Kaiserpaars war.38 Aus Sorge, dass seine Frau bald zu alt sein würde, um ihm Nachwuchs zu gebären, eilte Karl zurück, »ein weiteres Kind zu zeugen«, aber Pedro Girón (der als Hauptverwalter des königlichen Haushalts ein privilegierter Beobachter war) bemerkte mit Erstaunen, dass die Kaiserin diesmal ungeachtet der Anwesenheit ihres Gatten »sehr traurig war und dies mit ihrer Miene und Kleidung auch deutlich sichtbar werden ließ. Sie kleidete sich nämlich schwarz, obwohl der Kaiser zugegen war, was sie sonst nur trug, wenn er fort war.« Sollte dies ein Versuch gewesen sein, in ihrem Gatten Schuldgefühle zu wecken, so schlug er fehl: Nach nicht einmal einem Monat verließ Karl erneut seine frisch geschwängerte Frau.39 Da der Kaiser unbedingt seinen nordafrikanischen Feldzug weiterführen wollte, begab er sich nach Barcelona, um die Friedensgespräche mit Frankreich

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zu beaufsichtigen. Bereits im Oktober hatte er seine Schwester Maria bevollmächtigt, einen lokalen Waffenstillstand auszuhandeln. Das war nicht ohne Bedenken geschehen, weil die von ihr vorgeschlagenen Bedingungen »… bei meinen Untertanen in anderen Königreichen und Herrschaftsgebieten Unmut hervorzurufen imstande sind, wie Ihr Euch vorstellen könnt. Da ich Euch aber vollkommen vertraue und da Ihr besser wisst als ich, wie viel dies meinen Untertanen in den Niederlanden bedeuten wird, da Ihr vor Ort seid und ich so weit weg, bevollmächtige ich Euch, das zu tun, was Euch am besten dünkt, und Ihr könnt versprechen, dass ich es genehmige.«40

Daraufhin bevollmächtigte der Kaiser Los Cobos und Granvelle, nach Salces an der katalanischen Grenze zu reisen und mit ihren französischen Kollegen formelle Gespräche für einen allgemeinen Waffenstillstand zu beginnen. Karl blieb zwar in Barcelona, war aber am Ergebnis höchst interessiert. Als mitten in der Nacht ein Bote aus Salces mit Vertragsbedingungen ankam, »hörte Seine Majestät mich sofort«, und »nachdem er seine Antwort des Längeren« mit Loaysa (immer noch die Stimme von Karls Gewissen) erörtert hatte, »sagte Seine Majestät, er habe über andere Möglichkeiten nachgedacht, doch sei es nicht die Zeit, sie publik zu machen, und er werde es erst dann tun, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen sei – vorher werde er weder seinen Ministern noch seiner Frau ein Wort sagen«. Als Loaysa ihn drängte, wenigstens Los Cobos zu konsultieren, erwiderte Karl, »dass er selbst eine Lösung finden wolle«, und er verbot allen Ministern oder Diplomaten, Salces zu besuchen.41 Der Grund für solche Heimlichkeit wurde offenbar, als Karl einen französischen Gesandten – ebenfalls heimlich – traf. »Wie Ihr sehen könnt«, sagte der Kaiser scharfsinnig, »entstehen alle Schwierigkeiten letztlich aus einem Mangel an Vertrauen.« Obwohl die beiden Monarchen auch weiterhin »einander ihre Wünsche und Absichten über die Minister mitteilen könnten«, glaube er, dass ein direktes Treffen zwischen ihm und Franz »das wahre und beste Mittel sei, um Frieden zu schließen«. Die Monarchen, scherzte Karl, »seien noch nicht so alt, dass sie keinen Hirsch mehr fangen könnten, oder augenblicklich so weit voneinander entfernt, dass sie nicht für eine gute Sache zusammenkommen könnten«. Allerdings erkannte er, dass »angesichts des großen gegenseitigen Misstrauens eine dritte Partei nötig ist, nicht nur, um zwischen ihnen zu vermitteln, sondern auch, um ihre Sicherheit zu garantieren«. Er schlug vor, dass Papst Paul III. diese Aufgabe übernehmen solle.42 Der Papst nahm den Vorschlag an und hielt den Hafen von Nizza für geeignet, weil er zu den wenigen Teilen des Herzogtums Savoyen gehörte, die nicht in französischer Hand und deshalb neutral waren. Karl reiste von Barcelona aus mit einer Galeere an und

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traf am 9. Mai 1538 ein. Er und Franz verbrachten viele Stunden in getrennten Sitzungen mit dem Papst. Nach dreiwöchigen Verhandlungen versprach der Kaiser, Mailand in die Hände von Franz’ jüngerem Sohn, Herzog Karl von Angoulême, zu geben, der nun zum Herzog von Orléans befördert wurde. Er würde eine von Ferdinands Töchtern heiraten, während Franz zusagte, dem Herzog Karl von Geldern seine Unterstützung zu entziehen. Nachdem die beiden Monarchen sich auf einen zehnjährigen Waffenstillstand geeinigt hatten, verließen sie Nizza am 20. Juni. Zwar hatten sie einander nie direkt getroffen, doch beschlossen sie nun, die Erörterungen in einem weniger formellen Rahmen in Aigues-Mortes fortzusetzen, einer Hafenstadt mittwegs zwischen Nizza und Barcelona (was implizierte, dass die Herrscher dort einander gleichberechtigt gegenübertreten würden). Als Franz am 14. Juli sah, dass Karls Galeeren sich näherten, machte er sich, einem Impuls folgend, sofort ohne Eskorte auf den Weg, um seinen Gast zu begrüßen. Karl reagierte gleichfalls impulsiv, »indem er die Leitern zwei Stufen hinabstieg, um den König zu empfangen, sodass sie gemeinsam an Bord gehen konnten«. Sie standen dann auf dem Poopdeck, wo alle Höflinge sie gut sehen konnten, und »umarmten einander lächelnd fünf oder sechs Mal«. Danach verbrachten sie (wie Karl berichtet) etwa zwei Stunden nur zu zweit, wobei »wir geziemende Worte wechselten und unseren wechselseitigen Wunsch bestätigten, gute und wahre Freunde zu bleiben. Wir einigten uns auch darauf, keine Einzelheiten zu erörtern, sondern das unseren Ministern zu überlassen.« Als die Monarchen zum Diner erschienen, waren sie eifrig bestrebt, einander in bescheidenem Benehmen zu überbieten. Zuerst diskutierten sie darüber, wer sich zuerst setzen solle: »›Ihr seid älter‹, scherzte der Kaiser, ›Das gebe ich zu‹, erwiderte der König. ›Älter und törichter.‹« Und während des Essens »versuchte der Kaiser stets, bei jedem Gang selbst erst mit Essen anzufangen, wenn der König angefangen hatte«. Es muss ein langer Abend geworden sein.43 Das Vertrauen, das der französische König zeigte, indem er ganz allein an Bord der Galeere des ehemaligen Feindes ging, beeindruckte Karl, und obwohl die Erinnerung an die ein Jahrhundert zurückliegende Ermordung Herzog Johanns von Burgund nicht verblichen war, setzte er auf Gegenseitigkeit und nahm für den folgenden Tag eine Einladung aufs Festland an. Da aber sorgte er für allgemeines Erstaunen: Als der Dauphin und sein jüngerer Bruder den Kaiser zu begrüßen kamen, fiel der auf die Knie, als er sie umarmte. Das war ein Akt der Selbsterniedrigung, in dem manche eine Bitte um Vergebung für die harte Behandlung des Dauphins während seiner Gefangenschaft in Spanien sahen. Nach einem weiteren umfangreichen Festmahl setzten die beiden Monarchen ihre freundschaftliche Diskussion fort und einigten sich darauf, »nichts zu glauben, zu tun oder zu bewirken, was dem anderen Schaden zufügen könnte«. Außerdem

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wollten sie »Heiratsbündnisse schmieden«, um die Familien weiter zu vereinigen, und koordiniert gegen Lutheraner und Türken vorgehen. Dann tauschten sie Ringe, und Franz erklärte: »Ich verspreche Euch bei meinem Eid als Edelmann, dass ich mich zum Feind all jener erkläre, die es auf Eure Territorien abgesehen haben, wobei ich alle meine Güter in die Waagschale werfe und meine Person der Gefahr aussetze.« Der Kaiser »leistete einen entsprechenden Eid«.44 Am meisten überrascht von diesem diplomatischen Durchbruch waren wohl die beiden Monarchen selbst. Am Abend des 18. Juli schrieb Karl, wieder auf seiner Galeere, an Maria: »Gott hat uns zu dieser Versöhnung und zur Erneuerung unserer Freundschaft inspiriert«, und er wies sie an, alles zu vermeiden, was seine »wahre und vollkommene Freundschaft« mit Franz gefährden könne. Der wiederum setzte am selben Abend seine Botschafter davon in Kenntnis, dass »keine Fürsten jemals so liebevolle Gefühle füreinander empfunden haben wie wir beide«. Er ordnete an, dass »die Angelegenheiten des Kaisers von nun an so betrachtet und geachtet werden müssen, als wären es meine eigenen«.45

Der Kaiser und seine Kritiker Als Karl von Aigues-Mortes nach Spanien zurückkehrte, war er entschlossen, »persönlich« an dem schon seit Langem geplanten Kreuzzug gegen Algier teilzunehmen. Er müsse jedoch, wie er einsah, »seine Absicht vor unseren Untertanen hier geheim halten«, weil diese nicht wollten, dass er schon so bald wieder aufbräche, aber, versicherte er Ferdinand: »Ich fühle mich nicht nur geneigt, sondern verpflichtet, dieses Unternehmen anzugehen, das wichtiger ist als alles andere sowohl für Euch wie auch für mich und für unsere Herrschaftsgebiete.«46 Die Entwicklungen im zentralen Mittelmeer sollten Karls Entschlossenheit bald noch bekräftigen. Im September 1538 traf bei Preveza am Eingang zum Adriatischen Meer eine osmanische Flotte unter Barbarossa auf eine von Andrea Doria kommandierte christliche Seestreitmacht. Doria zog sich schließlich, verfolgt von Barbarossa, zurück, doch im darauffolgenden Monat wurden viele türkische Galeeren das Opfer von Stürmen, und Doria ergriff die Gelegenheit, die Festung von Castelnuovo (dem heutigen Herceg Novi in Montenegro) nach kurzer Belagerung zu erobern. Er stationierte dort 4000 spanische Soldaten als isolierte Garnison.47 Nun berief Karl die Cortes von Kastilien ein, und die lange, in seinem Namen gehaltene Eröffnungsrede führte den Delegierten in allen Einzelheiten sowohl die Errungenschaften der letzten Kriege (die aller außerhalb der Iberischen Halbinsel stattgefunden hatten) vor Augen als auch deren Kosten (mehr als sechs Millionen Dukaten aus in Spanien rückzahlbaren Anleihen). Die Rede

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schloss mit einer Forderung nach weiteren Steuern, um »die Kosten des von ihm geplanten Feldzugs« im Mittelmeergebiet zu decken. Vorgesehen war unter anderem die zeitweilige Einführung einer Verbrauchssteuer (sisa), die von einem jeden zu zahlen wäre. Die 75 versammelten Adligen diskutierten das Thema drei Monate lang, bevor sie zu dem Entschluss kamen, dass »Seine Majestät diese Verbrauchssteuer nicht weiter erwähnen soll noch das Königreich eine Zeit lang verlassen soll«.48 Anfänglich zeigte der Kaiser »weder Gereiztheit noch Ärger, sondern eher eine weise Objektivität«, weil er erkannte, dass die Gegnerschaft »nicht aus Stolz oder Hass ihm gegenüber resultierte, sondern aus Besorgnis um eine mögliche Erschöpfung des Königreichs«. Doch einige Jahre später, als der Historiker Juan Ginés de Sepúlveda »ihm gegenüber zufällig die Cortes von Toledo erwähnte«, erwiderte der Kaiser: »Ich denke an diese Versammlung so wenig wie möglich zurück.« Er lud die Adligen jedenfalls nie wieder ein, an den Cortes von Kastilien teilzunehmen; von da an bestanden die Versammlungen nur noch aus 36 Mitgliedern (je zwei Vertreter aus 18 Städten).49 »Überall sehe ich Himmel, die sich verdunkeln«, bemerkte Salinas klagend. »Ich weiß nicht, wann diese Sonnenfinsternis enden wird noch was aus uns werden wird.« Karl aber schien unbeeindruckt. Er brach auf, um sich »zwölf Tage oder zwei Wochen lang auf der Jagd zu vergnügen«, und anlässlich seiner Rückkehr inszenierte er ein spektakuläres Stockspiel, dem die ganze Familie und eine große Menschenmenge zuschaute.50 Er dürfte auch mit der Kaiserin allein Zeit verbracht haben, denn sie wurde zum neunten Mal schwanger, erlitt aber am 21. April 1539 eine Totgeburt. Karl zufolge hatte sich seine Frau »seit Beginn der Schwangerschaft immer etwas unwohl« gefühlt, und wenngleich es ihr nach der Geburt besser zu gehen schien, starb sie zehn Tage später.51 Dieses unerwartete Ereignis war für Karl eine Tragödie. »Ich empfinde die Angst und Traurigkeit, die Ihr Euch bei so einem großen und furchtbaren Verlust vorstellen könnt« schrieb er an Ferdinand. Kurz danach zog er sich in das außerhalb von Toledo gelegene hieronymitische Kloster La Sisla zurück, wo er die nächsten sieben Wochen in Trauer verbrachte. Die dynastischen Konsequenzen des Todes der Kaiserin blieben Salinas nicht verborgen. Listig rief er Ferdinand (der bis 1527 Karls Erbe gewesen war) in Erinnerung: »Da der Kaiser keine Gemahlin hat und keine Absicht, erneut zu heiraten, besteht die Thronfolge in diesen Königreichen in einem Jungen und zwei Mädchen. Wir wissen nicht, was Gott mit uns allen vorhat, aber als Menschen müssen wir an alle möglichen Zufälle denken.« Er sah voraus, dass »die jüngsten Ereignisse zu einigen Veränderungen« mit Blick auf die kaiserlichen Pläne führen würden. Damit spielte er auf den offenen Widerstand an, der in den Niederlanden zutage trat.52 Karls Schwester Maria hatte für 1538 ein Budget aufgestellt, das ein Einkommen von 233 628 Pfund, Ausgaben in Höhe von 441 184 Pfund und Schulden

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in Höhe von 1 356 381 Pfund (fast 700 000 Dukaten) aufwies. Für diese kritische Lage machte sie die Kosten der Kriege gegen Frankreich und Dänemark verantwortlich und wies warnend darauf hin, dass sie es nicht wagen könne, weitere Steuern zu erheben. Vor allem die Stadt Gent weigerte sich ohnehin schon, auch nur einen Penny mehr zu zahlen – und das trotz eines kaiserlichen Briefs, der die Magistrate ermahnte, dass »wir immer den Glauben und die Hoffnung bewahrt haben, dass Ihr in unserer Abwesenheit danach streben würdet, uns mehr noch als andere zu helfen, beizustehen und zu dienen, da wir auch aus Gent kommen«.53 Wenn die Stadt nicht freiwillig zahlte, drohte der Kaiser, werde er sie dazu zwingen, aber in Gent scherte man sich nicht darum. Die städtische Elite weigerte sich, Steuerforderungen oder Truppen der Zentralregierung zu akzeptieren, und lehnte es sogar ab, sich der von Maria entsandten Delegation anzuschließen, die anlässlich des Todes der Kaiserin kondolieren sollte. Im August 1539 ergriffen die Zünfte die Kontrolle über den Stadtrat und inszenierten bald darauf den Prozess und die Hinrichtung eines Magistratsmitglieds, das angeblich mit den Privilegien der Stadt Schindluder getrieben hatte. Im darauffolgenden Monat schickten sie eine geheime Mission nach Paris, die um militärische Unterstützung ersuchen sollte.54 Ungefähr zur gleichen Zeit erreichte Spanien die Nachricht, dass Barbarossa nach sechswöchiger Belagerung die Garnison von Castelnuovo zur Kapitulation gezwungen und danach den spanischen Kommandanten und fast alle Verteidiger kaltblütig hingerichtet hatte. Immerhin hatte Karl in diesen widrigen Zeitläuften das Glück, dass Franz der in Aigues-Mortes getroffenen Übereinkunft treu blieb. Der König begrüßte den Vorschlag des Kaisers, von Spanien über Frankreich in die Niederlande zu reisen, »damit er den König wieder sehen, mit ihm auf die Jagd gehen und viel Zeit damit verbringen könne, sich mit ihm und seiner Schwester, der Königin [Eleonore], zu erholen«. Eine Zeit lang hielt des Kaisers »große Trauer über den Tod der Kaiserin ihn in Abgeschiedenheit«, aber er konnte die sich verschärfende Krise in den Niederlanden nicht ignorieren, zumal weite Teile Flanderns in offenem Widerstand begriffen waren.55 Maria teilte ihrem Bruder unverblümt mit: »Es geht darum, ob Eure Majestät Herr oder Knecht sein werden«; nur seine sofortige persönliche Intervention, forderte sie, könne Ordnung und Gehorsam wiederherstellen. Auch andere Entwicklungen in Nordeuropa bereiteten Sorge. Nach dem Tod des kinderlos gebliebenen Herzogs Karl erkannten die Stände von Geldern Herzog Wilhelm von Kleve als ihren neuen Herrscher an; und Heinrich VIII. wählte Anna von Kleve, die Schwester des Herzogs, zu seiner vierten Frau. Sie war auch die Schwägerin des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, der den Schmalkaldischen Bund anführte. Ein Bündnis zwischen England und unzufriedenen deutschen Herrschern war eine deutliche Bedrohung der kaiserlichen Interessen.56

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Karl hatte ursprünglich beabsichtigt, Dorias Galeeren nach Barcelona kommen zu lassen, um mit ihnen nach Genua zu reisen, wo er die Vorbereitungen für einen weiteren Einsatz seiner Seestreitmacht gegen die Türken überwachen wollte. Danach sollte es über die Alpen in Richtung Niederlande gehen. Aber im Oktober 1539 musste Karl wegen der sich verschlechternden Lage im Norden seine Pläne ändern. Nun fasste er den Entschluss, direkt durch Frankreich zu reisen, auch wenn damit eine doppelte Täuschung erforderlich wurde. Einerseits musste er diese dramatische Entwicklung dem Papst und den Venezianern, seinen Bündnispartnern in der Heiligen Liga, wie auch seinen Ministern in Italien erklären, aber eben nicht vollständig, wie er gegenüber seinem Sondergesandten dortselbst, Luis de Ávila y Zúñiga, bemerkte: »Obwohl sie alle über diese Entscheidung Bescheid wissen müssen, ist es im Augenblick besser, dass sie nicht mehr erfahren«  – nämlich dass seine Entscheidung nur die Schwäche seiner Position widerspiegelte.57 Andererseits durften auch die Untertanen in Spanien nicht die ganze Wahrheit erfahren, denn Karl fürchtete einen allgemeinen Aufschrei, wenn bekannt würde, dass er vorhatte, sich der Gnade ihres traditionellen Feindes auszuliefern. Daher bat er Franz und dessen Hof, »liebevolle Briefe zu schreiben, die mich zu dieser Reise bereden, ohne zu erwähnen, dass Ihr bereits genau wisst, was ich will«. Er ließ sich auch die Zusicherung geben, dass während seines Aufenthalts in Frankreich keine Staatsangelegenheiten erörtert werden sollten.58 Sobald die von ihm erbetenen Briefe aus Frankreich eintrafen, sorgte Karl, eingedenk der Rebellion, die ihn fast den Thron gekostet hätte, als er Spanien zum ersten Mal verließ, für eine akzeptable Regentschaft. Er benannte seinen Sohn Philipp, der jetzt elf Jahre alt war, als Regenten, stattete aber Kardinal Tavera mit exekutiven Befugnissen aus. Tavera sollte Gouverneur des Königreichs, Präsident des Kronrats und Generalinquisitor in einer Person sein. Außerdem fertigte Karl zwei Listen mit Instruktionen an: Die eine, für seine Minister bestimmt, legte ihre verwaltungsmäßigen Pflichten und Verantwortlichkeiten (sowohl gegenüber dem Kaiser als auch untereinander) fest; die andere war für Philipp als »Hinweis, Einschätzung und Ratschlag« bestimmt. Für den Fall, dass es »Gott gefällt, mich zu sich zu nehmen«, bevor er seine politischen Ziele erreicht habe, »soll besagter Prinz unsere Pläne kennen« und wäre so darauf vorbereitet, den richtigen religiösen, dynastischen und politischen Strategien zu folgen, »damit er in Frieden und Wohlstand leben und regieren kann«. Es sollten noch viele solcher schriftlichen Ratschläge folgen, in denen der Kaiser dem Sohn gegenüber seine innersten Gedanken offenlegte, und dergestalt begannen des Prinzen lange politische Lehrjahre.59 Nachdem der Kaiser Philipp eingeschärft hatte, Gott und die Kirche zu lieben, ermahnte er ihn, den Verwandten die Treue zu halten:

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»Er sollte mit unserem Bruder, dem Römischen König [Ferdinand], und dessen Kindern, unseren Neffen und Nichten, eine gute, wahre, ernsthafte und vollkommene Freundschaft und Einvernehmlichkeit suchen und bewahren wie auch mit den Königinnen von Frankreich [Eleonore] und Ungarn [Maria], mit König und Königin von Portugal [Catalina] und mit ihren Kindern … um die Freundschaft und Einvernehmlichkeit, die zwischen uns existiert und immer existiert hat, fortzusetzen.«

Dann wandte sich Karl drei umstrittenen Themen zu: Frankreich, den Niederlanden und Mailand. Er begriff sie als miteinander verbunden, weil die augenblickliche Freundschaft mit König Franz nur fortbestehen werde, wenn beide Parteien darin übereinkämen, »alle Streitigkeiten und Rivalitäten« betreffend die Niederlande und Mailand »zu beseitigen und auszulöschen« und das Abkommen mit Heiratsverbindungen zu besiegeln. Zwar hatte Karl gerade eben der Heirat des Herzogs von Orléans (vormals Herzog von Angoulême) mit seiner Tochter María zugestimmt und Mailand als Mitgift dreingegeben, doch enthüllte er etwas anderes: Karl und die Kaiserin hatten in ihren Testamenten festgelegt, dass María, »falls wir keinen anderen Sohn haben als besagten Prinzen, so wie es jetzt der Fall ist«, einen von Ferdinands Söhnen heiraten und das Paar dann die Niederlande regieren sollte. Das Thema war durch die Unruhe in den Niederlanden entscheidend wichtig geworden, und die Unruhe selbst erwuchs »aus der Vielzahl der unserem heiligen Glauben entgegenstehenden Sekten, die unter dem Vorwand, Freiheit und eine neue, auf Konsens beruhende Regierungsform zu erlangen, geschaffen wurden. Das könnte dazu führen, dass sie nicht nur für unsere Dynastie, sondern auch für unseren heiligen Glauben vollständig verloren sind.« Daher tat der Kaiser seine Absicht kund, sich nicht an die bisherigen Versprechen zu halten, dass María den Herzog von Orléans heiraten könne, während die Niederlande »an den besagten Prinzen, unseren Sohn, übergehen, und dass er uns dort nachfolgt, wenn es so eingerichtet werden kann«. Dennoch versicherte er Philipp: »Wenn wir die besagten Herrschaftsgebiete auf unsere besagte Tochter und ihren zukünftigen Gatten übertragen, so geschieht es, um diese erwähnten Risiken zu vermeiden – für den großen Nutzen der Christenheit und unseres besagten Sohnes und für den Nutzen, den Frieden und das Wohlergehen der Königreiche und anderen Herrschaftsgebiete, die er erben wird.« Diese gewunden formulierten Vorkehrungen enthielten zwei bemerkenswerte Einsichten: Zum einen war Karl bereit, feierliche Versprechen, die er seinem Bruder gemacht hatte, zu brechen (so, wie er es wieder 1551 in Augsburg tun würde; vgl. Kap. 14); und zum anderen sah er das Risiko einer holländischen Revolte voraus, falls Philipp Spanien und die Niederlande erben sollte (wie es tatsächlich ein Jahrzehnt nach Karls Abdankung geschah).

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Sodann legten die Instruktionen fest, welche Politik Philipp in Bezug auf drei weiteren Staaten – Portugal, Savoyen und England – betreiben solle. Karls Tochter Johanna müsse den portugiesischen Thronerben, Prinz Johann, heiraten, und die Franzosen müssten Savoyen räumen und es dem Herzog zurückgeben. Was England betraf, so müsse Philipp »große Vorsicht walten lassen, um nicht sorglos irgendeiner Sache zuzustimmen, die unserem [katholischen] Glauben zum Nachteil gereichen« und den Protestanten zum Triumph verhelfen könnte. Darüber hinaus sei Philipp durch Familienbande dazu verpflichtet, die Interessen von Mary, der Tochter Heinrichs VIII. und Katharinas von Aragón, zu fördern und »sie zu unterstützen und zu bevorzugen, soweit es Euch möglich ist«. Ein am selben Tag unterzeichneter Nachtrag zum Testament wiederholte die in den Instruktionen festgelegten Arrangements nebst einem Zusatz: Im Falle von Karls Tod sollten seine Minister »das Herzogtum Mailand in die Hände unseres Bruders legen … des Königs der Römer und unseres mutmaßlichen Nachfolgers als Kaiser«. Den Bruder beauftragte er mit der Umsetzung seiner übrigen Wünsche.60 Obwohl weder der Nachtrag noch die Instruktionen Wirklichkeit erlangten, weil Karl am Leben blieb, ließen sie doch einige Gesichtspunkte erkennen, die die spanische Außenpolitik bis zum Ende des Jahrhunderts bestimmen sollten. Da waren vor allem die diversen Notwendigkeiten: gute Beziehungen zum österreichischen Zweig der Familie zu bewahren, gegenseitige Heiraten mit der portugiesischen Königsfamilie zu arrangieren, entweder Mailand oder die Niederlande (oder beide) von Spanien loszulösen, den Herzog von Savoyen in sein Gebiet wieder einzusetzen, den katholischen Glauben hochzuhalten und den katholischen Anwärter auf den englischen Thron zu schützen. Die Dokumente enthüllten aber auch zwei Verhaltensweisen, die die spanische Außenpolitik ein Jahrhundert lang untergraben sollten: die Bereitschaft, feierliche Versprechen zu brechen, und die Abneigung dagegen, irgendein Territorium wieder aufzugeben. So zeigten sich in Karls Instruktionen von 1539 auf eindrucksvolle Weise die Stärken wie auch die Schwächen der Monarchie, die sein Sohn erben würde.

Durch Frankreich in die Niederlande Am 11. November 1539 nahm Karl Abschied von seinen Kindern und begab sich mit einem kleinen Gefolge auf den Weg nach Frankreich. Seine Abreise bewirkte fast universelles Erstaunen. Der erfahrene Diplomat und Historiker Francesco Guicciardini teilte einem Vertrauten mit: »Sogar der Kaiser selbst hätte diese Nachrichten nicht geglaubt, weil man sie einfach nicht glauben konnte.« Und der französische Botschafter in London berichtete: »Die ganze Welt ist erstaunt,

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und ganz besonders sind es die Minister des Königs.«61 Diese Ungläubigkeit lässt sich leicht erklären. Kaum dreizehn Jahre waren vergangen, seit der besiegte Franz nach Spanien gereist war im Vertrauen darauf, dass er die Differenzen mit Karl in Einzelgesprächen würde beheben können. Aber er landete im Gefängnis, wo er unter ständiger Bewachung blieb, und konnte seine Freilassung nur erreichen, indem er zwei seiner Söhne statt seiner in die Gefangenschaft schickte, wo Karl sie schlecht behandeln ließ. Nichtsdestotrotz betrat nun der Dauphin, früher eine von Karls Geiseln, wieder spanischen Boden, um die kaiserliche Reisegruppe zu begrüßen und sie nach Paris zu geleiten, wo Karl am 1. Januar 1540 eintraf. An die 200 000 jubelnde Zuschauer hatten sich eingefunden, um dem Ereignis beizuwohnen. Derselbe Herrscher, der vor nicht einmal zwei Jahren als das Oberhaupt eines Reichs des Bösen verflucht worden war, traf nun überall auf Triumphbögen, Fanfaren und Begrüßungsreden. Es gab indes noch einen weiteren Grund für die Ungläubigkeit: Eine so lange Überlandreise im Dezember und Januar zu unternehmen, könnte als Gipfel der Leichtsinnigkeit angesehen werden, aber erneut war Fortuna dem Kaiser hold – der Winter von 1539/40 war Aufzeichnungen zufolge einer der wärmsten und trockensten in Westeuropa; in manchen Gebieten gab es zwischen Oktober und März keinerlei Niederschläge. Wie gewöhnlich hielt Karl alles für selbstverständlich. »Wir sind so gut behandelt und gefeiert worden und das mit so viel Zartgefühl und Begeisterung, dass kein Wunsch offenblieb«, berichtete er, und »wir verbringen unsere Tage auf der Jagd mit Hunden und Falken, und in den Nächten drehen wir uns im Tanz, bis es Zeit wird, zu Bett zu gehen«.62 Dieser überschwängliche Empfang ist durchaus erklärbar. Zum einen waren die meisten Franzosen nach vielen Jahren des Kriegs und zahlreichen Rückschlägen froh über unwiderlegliche Anzeichen dafür, dass der Friede endlich wieder eingekehrt war; und zum anderen war Franz sorgsam darauf bedacht, seinen Gast mit der Größe und dem Reichtum seines Reichs zu beeindrucken. Den Höhepunkt bildete das Geschenk einer luxuriösen Kleidungsgarnitur im Wert von 40 000 Dukaten anlässlich des Zusammentreffens der beiden Monarchen. Obwohl Karl die Gabe höflich ablehnte und weiterhin »schwarze Gewänder mit einem schwarzen Filzhut ohne Insignien trug, weil er um die Kaiserin trauerte«, dürfte der überwältigende Reichtum Eindruck auf ihn gemacht haben.63 Von Paris reiste der Kaiser weiter in die Niederlande, wobei ihn Franz bis an die Grenze begleitete. Wie vereinbart, kam der König nicht auf das Problem Mailand zu sprechen. Vielmehr verkündete er laut, dass ein Edelmann seine Gäste nicht ausnutze (was er Karl während seiner Gefangenschaft in Spanien vorgeworfen hatte), aber Karl versprach ihm: »Nach der Ankunft unseres Bruders, des Königs der Römer, in Brüssel, und nachdem wir uns mit ihm beraten

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haben, werden wir tun, was zu tun nötig ist« – womit die Übergabe von Mailand an den Herzog von Orléans gemeint war.64 Zunächst jedoch musste Karl sich mit den flämischen Rebellen befassen. Der Kaiser überließ nichts dem Zufall. Bevor er im Februar 1540 in Gent Einzug hielt, verteilte er 3000 deutsche Soldaten »um den ganzen Palast herum, sodass sie sich ohne Schwierigkeiten vereinigen könnten, wenn es notwendig wäre«, und »sie waren alle auf dem Marktplatz versammelt, bis ich ihn an der Spitze meines Gefolges und meiner Garde – fünf Kompanien von Bewaffneten – durchquert hatte«.65 Karl prüfte die Beweise für Verrat durch Bürger von Gent und aus anderen Teilen Flanderns und ließ schließlich mehr als einhundert Männer und Frauen hinrichten, verstümmeln oder verbannen, oft nach Anwendung der Folter. Er konfiszierte auch ihr Eigentum und verhängte ein hohes Strafgeld. Außerdem trieb er all die Steuern ein, welche die Provinzen nicht hatten zahlen wollen, widerrief die Privilegien der Stadt und schaffte lokale Institutionen ab oder schwächte sie und konfiszierte die gesamte Artillerie und andere schwere Waffen. Endlich präsidierte er wie schon in Valladolid nach dem Aufstand der Comuneros einer abschließenden theatralischen Veranstaltung. Am 1. Mai zog er sich in ein Kloster zurück, um den ersten Jahrestag des Todes der Kaiserin zu begehen, und zwei Tage später, nachdem er erneut »alle in der Stadt stationierten Soldaten in voller Bewaffnung auf den Straßen und Kreuzungen« verteilt hatte, sah Karl von einer Bühne aus zu, wie die gesamte städtische Elite in Reih und Glied vor ihm erschien, barhäuptig, mit einer Schlinge um den Hals und nur mit einem Hemd bekleidet. Sie knieten nieder und baten ihn um Vergebung, der Kaiser aber »blickte eine Zeit lang in die Ferne, sprach kein Wort und schien darüber nachzudenken, was die Genter getan hatten und ob er ihnen vergeben sollte oder nicht«, bis Maria ihn drängte, er möge ihnen »zu Ehren und im Angedenken seiner Geburt dort« verzeihen, was er gnädig gewährte. Er legte auch den Grundstein für eine Zitadelle, die an der Stelle errichtet werden sollte, die sein Großvater Maximilian nach einer früheren Revolte ausgesucht hatte.66 Ferdinand stieß in Gent zu seinen Geschwistern, und die drei erörterten offensichtlich die Aufteilung von Karls Besitztümern nach seinem Tod. Dies geschah vor dem Hintergrund des völlig neuen Lösungsansatzes zur Beilegung ihrer Differenzen, den der Kaiser dem französischen König nunmehr vorschlug. Er bot an, die Niederlande seiner Tochter María zu vermachen, die ihrerseits Orléans heiraten würde, und im Gegenzug sollte Franz seine Ansprüche auf Mailand und Savoyen aufgeben wie auch Karl die seinen auf Burgund. Allerdings bestand der Kaiser darauf, dass seine Tochter und sein künftiger Schwiegersohn in den Niederlanden nur seine »Statthalter« wären – Karl würde bis zu seinem Tod ihr Souverän bleiben –, und wenn María ohne Erben stürbe, sollten die Provinzen wieder unter habsburgische Herrschaft fallen. Auch forderte er von Franz

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das Versprechen, ihm bei der Ausrottung des Luthertums in Deutschland behilflich zu sein, Ferdinand bei der Vertreibung der Türken aus Ungarn zur Seite zu stehen, ferner die Hochzeit von Prinz Philipp mit Jeanne d’Albret, der Erbin von Navarra, zu genehmigen und schließlich Orléans mit beträchtlichen Ländereien in Frankreich auszustatten.67 Dieser Vorschlag, der dramatisch von dem früheren abwich, war für Franz völlig unannehmbar – was Karl aber nicht zu bemerken schien. Noch ein Jahrzehnt später schrieb er in seinen Erinnerungen, er habe »dem König von Frankreich brieflich so große Zugeständnisse gemacht, dass es bemerkenswert war, dass er sie nicht akzeptierte und der ersehnte Friede nicht eintrat«. Der Kaiser konnte offenbar nicht richtig einschätzen, wie sehr der Rückzug aus Savoyen Frankreich schwächen und die Heirat von Philipp und Jeanne die spanische Nordgrenze stärken würde; und ebenso wenig, wie Karls Forderung, Orléans solle in Frankreich selbst eine umfangreiche Machtbasis erhalten, der Schaffung einer Apanage für die Herzöge von Burgund ähnelte, die ein Jahrhundert zuvor das Königreich fast zerstört hätte. Die französischen Botschafter am Kaiserhof wiesen warnend darauf hin, dass »die Öffentlichkeit hier weiß, dass der König [Franz] die vom Kaiser gemachten Vorschläge nicht schätzt. Die gewöhnlichen Leute hier glauben, dass die Gespräche abgebrochen wurden, und manche fürchten bereits einen Kriegsausbruch.« Ihr englischer Kollege Thomas Wyatt stimmte dem zu. »Die französischen Angelegenheiten«, schrieb er, »sind so abgekühlt, als wäre das Geschehene nur ein Traum gewesen.« Angesichts dessen wagte er die Vorhersage, dass »die Schenkung von Mailand nicht stattfinden wird, jetzt nicht und niemals nicht«. Vielmehr habe Karl den französischen König so vor den Kopf gestoßen, »dass die Leute denken, er werde die Sache verschieben, bis er bereit ist, statt auf weitere Diskussionen zu hoffen«. Kurz gesagt, hielt Wyatt eine neue französische Kriegserklärung für unvermeidlich. Er hatte recht.68 Obwohl Franz im Mai 1540 vorschlug, »die Dinge einstweilen so zu lassen, wie sie sind«, was Karl akzeptierte, trafen beide Seiten geheime Vorkehrungen zur Veränderung des Status quo. Im Juli informierte der Kaiser seinen Bruder, er müsse »in Anbetracht der öffentlichen Angelegenheiten, Eurer und meiner eigenen, unbedingt nach Spanien zurückkehren«, und zwar sowohl »aufgrund des Standes meiner Beziehungen mit Frankreich« als auch, weil »ich im Falle eines Kriegs diesem nur durch meine Königreiche von Spanien standhalten kann«. Drei Monate später bewerkstelligte Karl erneut eine größere Täuschung. Wenn Mailand »in die Hände von Feinden fiele oder von jemandem, der es nicht zu verteidigen vermag«, sei, so Karl, »ein größerer Krieg« zu befürchten, der »der Christenheit allgemein, wie auch unserem Sohn, unseren Königreichen, Herrschaftsgebieten und Untertanen und unserem Bruder

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Schaden zufügen könnte«. Deshalb stattete der Kaiser Prinz Philipp mit dem Herzogtum als einem kaiserlichen Lehen aus und verfasste einen neuen Nachtrag zum Testament, der seine vorherige Anordnung, dass Mailand direkt an Ferdinand übergehen solle, widerrief. Seinen Bruder, der »unsere Gründe gewiss verstehen wird«, hatte Karl ganz offenkundig von dieser Entscheidung, sein Erbe zu verringern, zuvor nicht in Kenntnis gesetzt.69 Franz wiederum unterzeichnete Sicherheiten im Wert von 5500 Dukaten zugunsten von Antonio Rincón, »seinem Kämmerer und Botschafter in der Levante«. Sultan Süleyman gewährte Rincón eine mehrere Stunden dauernde Audienz – »was bisher keinem Mann je zuteilgeworden war« –, bevor er ihn zurückschickte zwecks genauerer Absprachen, wie der Sultan und sein »guter Freund und Bruder« Franz die Habsburger angreifen würden.70 Unterdessen machte Karl sich einen ungewöhnlich trockenen Sommer zunutze, um die niederländischen Provinzen zu bereisen und seine Autorität nach den flandrischen Querelen wiederherzustellen. Er überredete die Generalstände auch dazu, einer Anzahl von wichtigen wirtschaftlichen, rechtlichen und religiösen Initiativen zuzustimmen, und so verabschiedeten sie allerlei Gesetze zur Regulierung von Insolvenzen, Monopolen, Wucherzinsen und der Währung, zur Überwachung der Amtsführung von weltlichen und kirchlichen Richtern, zur Vereinheitlichung regionaler Gesetzbücher und zur Todesstrafe für alle wegen Häresie Verurteilten. Karl erließ auch abgeänderte Instruktionen für die drei Ratsgremien, die Maria nach seiner Abreise beraten würden, wobei er Anpassungen bei der Mitgliedschaft und den Protokollen vornahm. Wie gewöhnlich behielt er auch die Entwicklungen in seinen anderen Herrschaftsgebieten im Blick, indem er etwa einen Vorschlag von Los Cobos guthieß, ein neues Archiv in der Festung von Simancas anzulegen, in das alle von der kastilischen Zentralregierung aufbewahrten Dokumente überführt werden sollten.71

Der Reichstag von Regensburg Mittlerweile hatte Karl den Entschluss gefasst, nach Spanien über Deutschland zurückzukehren, wo er hoffte, als Vorspiel zu einem zweiten Feldzug nach Afrika alle religiösen Spaltungen beseitigen zu können – wobei er die Schwierigkeiten dieses Vorhabens durchaus erkannte. Seit seiner Abreise aus Deutschland neun Jahre zuvor hatte er – als Gegenleistung für die Unterstützung seines Kampfs gegen die Türken durch die Lutheraner – das Wormser Edikt mit seiner Androhung von Strafen gegen Abtrünnige vom wahren Glauben ausgesetzt und zugestimmt, alle Differenzen zwischen Lutheranern und Katholiken auf

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einem zukünftigen Konzil erörtern zu lassen. Da die Lutheraner aber nicht erwarteten, dass das Konzil zu ihrer Tolerierung führen werde, hatten die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes 1535 dafür gestimmt, dessen Existenz um weitere zwölf Jahre zu verlängern, und sich auch um Beistandsbekundungen ausländischer Herrscher (vor allem der Könige von Dänemark, England und Frankreich) bemüht. Dies hatte freilich zugleich einige katholische Herrscher dazu provoziert, ihren eigenen Verteidigungsbund zu gründen. 1539 erklärten beide Bündnisse, alarmiert durch die Annäherung zwischen Karl und Frankreich, dass sie nicht gewaltsam gegeneinander vorgehen und ihren Mitgliederkreis nicht ausweiten würden. Sie versprachen auch, Theologen zu einer Reihe von »Kolloquien« (oder freundschaftlichen Gesprächen) zu entsenden, die der Kaiser in der Hoffnung, ihre Differenzen beizulegen, arrangiert hatte. Währenddessen suchte Karl »den Rat meines Beichtvaters und studierter Theologen« für die auf dem nächsten Reichstag zur Diskussion anstehenden Themen.72 Der Papst versuchte, die Gespräche auszuhebeln, indem er ein Konzil nach Vicenza in der Republik Venedig einberief und Karl bat, die Diskussion religiöser Themen auf dem Reichstag zu verbieten. Karl aber erwiderte, dass die Lutheraner an keinem Konzil teilnehmen würden, das außerhalb des Reichsgebiets stattfände. Er wies auch darauf hin, dass anders als ein Reichstag ein Konzil keine Gelder zur Verteidigung Ungarns gegen die Türken generieren würde. Auch Luther verwarf die Vorstellung, dass ein Konzil irgendwelche Reformhoffnungen nähren könnte, und gab dem Ausdruck in einer weiteren seiner untemperierten Polemiken, die den Titel Von Konzilien und Kirchen trug. Auch er befürwortete eine Lösung nur für Deutschland. Infolgedessen wurden die Gespräche fortgesetzt.73 Im Januar 1541 hatten die deutschen Theologen beträchtliche Fortschritte gemacht, und Karl ordnete an, dass auf dem nächsten Reichstag, der zu Regensburg eröffnet werden sollte, ein Entwurf diskutiert werden sollte. Auch versuchte er, eine einheitliche katholische Front aufzubauen. Gasparo Contarini, ehemals venezianischer Botschafter an Karls Hof und jetzt Sondergesandter des Papstes auf dem Reichstag, berichtete, der Kaiser habe bei seiner ersten Audienz versichert, dass das gesamte katholische Lager »mit einer Stimme sprechen müsse und sich nicht divergieren lassen dürfe, wenn wir diese Angelegenheit zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollen«.74 Zu diesem Zweck wählte Karl sechs Theologen aus – drei von jeder Glaubensrichtung – und beauftragte sie damit, eine gemeinsame Grundlage zu finden. Ferner bestimmte er, dass Granvelle und Pfalzgraf Friedrich  II. den Vorsitz über ihre Diskussionen ausüben sollten. Am 6. April lauschte der Reichstag »einer langen Erklärung, die all das rekapitulierte, was der Kaiser getan hatte«, seit man zuletzt zusammengetroffen war. Es fanden Erwähnung: die Vertreibung des Sultans aus Ungarn;

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sodann Karls Versuch, den Papst »gemäß seinem auf vorigen Reichstagen geleisteten Versprechen« zur Einberufung eines Konzils zu bewegen; Karls Feldzüge in Nordafrika (zur Verteidigung der Christenheit) und der Provence (zur Wiedereinsetzung des Herzogs von Savoyen, eines Reichsfürsten); seine erfolgreichen Bemühungen um Frieden mit Frankreich; die Wiederherstellung der Ordnung in den Niederlanden. Danach hörte die Versammlung eine Erklärung »im Namen seiner Majestät auf Deutsch (einer Sprache, die der Kaiser nicht fließend spricht)«, worin Karls Doppelziel für den Reichstag kundgetan wurde: Zum einen sollte eine Formel für die religiöse Eintracht im Reich gefunden, zum anderen seine Verteidigung gegen die Türken vorbereitet werden.75 Im Mai konnten sich die Theologen zu allgemeiner Überraschung hinsichtlich der Rechtfertigungslehre einig werden und wandten sich nun dem heiklen Thema der Eucharistie zu. Allerdings verurteilte Contarini das als abwegig, weil über den Gegenstand schon von vorherigen Konzilen entschieden worden sei. Karl widersprach vehement – auch deshalb, weil Sultan Süleyman an der Spitze eines großen Heeres schon wieder auf Ungarn zu marschierte. Dadurch wurde es (wie schon 1532) unbedingt notwendig, den Lutheranern Zugeständnisse zu machen, damit sie Truppen und Steuern beitrugen. Wiederholt gab Karl seiner Enttäuschung darüber Ausdruck, dass man in Rom sein Dilemma nicht begreifen wollte. Als Contarini am 14. Mai um eine Audienz ersuchte, »die Irrtümer der Lutheraner im Hinblick auf die Eucharistie und das Glaubensbekenntnis erklärte«, und dass es »unmöglich sei, eine Übereinkunft zu erzielen, solange sie bei ihrer Einstellung blieben«, hörte Karl »aufmerksam« zu und teilte dann dem Kardinal mit: »Ich hatte meine Pflicht gut erfüllt, denn er selbst war kein Theologe« (vielleicht ein sarkastischer Kommentar, da Contarini, der ehemalige Diplomat, nur vier Jahre lang Priester gewesen war). Sein eigener Mangel an theologischer Ausbildung hielt den Kaiser indes nicht von dem Argument ab, dass »betreffend die Eucharistie der Unterschied zwischen den beiden Seiten nur aus einem Wort bestand: ›Transsubstantiation‹«. Wie schwierig könne es da sein, fragte er, eine für alle annehmbare Definition zu finden? Zwei Wochen später wiederholte Granvelle die Botschaft des Kaisers. »Transsubstantiation« sei »ein subtiler Begriff (una cosa sottile), der nur für die Gebildeten von Bedeutung ist, für die gewöhnlichen Leute aber nicht relevant, denn sie müssen nur wissen, dass der Leib Christi im Sakrament ist und verehrt werden muss«. Granvelle sagte voraus: »Sobald diese Schwierigkeit behoben ist, wird es leicht sein, auch bei den anderen Artikeln zu Übereinstimmung zu gelangen«; wenn aber die beiden Seiten keine Einigung erreichten, »wird ganz Deutschland binnen dreier Monate nach der Abreise des Kaisers lutheranisch sein«.76 Am folgenden Tag, dem 21. Juni 1541, langte Ferdinand in der Morgendämmerung in Regensburg an. Als sein Bruder die Nachricht vernahm, stand

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er auf »und erwartete ihn, im Hemd am Fenster stehend, und nachdem sie sich umarmt und eine kurze Zeit zusammen verbracht hatten, legten sie sich zur Ruhe«. Den Reichstag baten die Brüder dringend um Finanzmittel zur Rettung Budas, das jetzt vom osmanischen Heer belagert wurde, doch die lutheranischen Mitglieder des Reichstags stellten die Bedingung, dass die religiöse Tolerierung weiterhin garantiert werden müsse. Wie üblich bekamen sie ihren Willen: Bei der Schlusszeremonie des Reichstags stimmten beide Gruppen darin überein, alle religiösen Differenzen auf dem nächsten allgemeinen Konzil zu erörtern, das auf deutschem Boden stattfinden sollte, anderenfalls auf einem nationalen Konzil oder (falls nach achtzehn Monaten keins von beiden stattgefunden hatte) auf einem weiteren Reichstag. Bis dahin blieb die vom Nürnberger Anstand garantierte Tolerierungspraxis in Kraft, und der Reichstag beschloss die Finanzierung von Truppen in einer Stärke von 24 000 Mann zur Verteidigung Ungarns. Allerdings kam der Kompromiss zu spät, denn Buda kapitulierte einen knappen Monat später.77

Sturm über Algier Einige Zeitgenossen waren überrascht, dass Karl aus Regensburg nach Italien statt nach Ungarn aufbrach, aber darin schlug sich eine größere Veränderung im Rahmen seiner Gesamtstrategie nieder. Während seines Gipfeltreffens mit dem Papst in Nizza drei Jahre zuvor hatte er einem venezianischen Gesandten erklärt: »Als der Sultan gegen Wien vorrückte, merkten wir, dass es nicht immer möglich ist, ihn nach unserem Willen zur Schlacht zu zwingen; noch dazu verfügt er über so viele Reiter, dass er vorrücken und sich zurückziehen und das Land verwüsten kann, wie es ihm beliebt.« Deshalb, so erklärte Karl, habe er in Ungarn einer Defensivstrategie den Vorzug gegeben, indem er »die Befestigungsanlagen verbesserte und in den Stützpunkten an der Grenze Garnisonen stationierte, jedoch keine Truppen für Feldzüge einsetzte«. Zukünftig werde er den Krieg gegen die Türken zur See führen. Auch habe er, teilte er den Botschaftern mit, »auf meinem Afrikafeldzug gelernt«, dass man, um Erfolg zu haben, eine viel größere Expeditionsstreitmacht brauche. Darum plane er, 60 000 Soldaten auszuheben und seinem Kommando zu unterstellen, dazu 200 Galeeren und »so viele Schiffe wie nötig«, um »Konstantinopel, das auf drei Seiten von Wasser umgeben ist, über die Dardanellen [anzugreifen], was, wie ich hörte, keine Schwierigkeiten bereiten soll«.78 Als Maria das erfuhr, schrieb sie ein angriffslustiges, scharf formuliertes Memorandum, in dem sie Karl auf die mit seinem Vorhaben verbundenen Risiken hinwies:

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»Wenngleich Eure Majestät, was die Ehre und die Anzahl Eurer Herrschaftsgebiete und Untertanen angeht, der erste christliche Fürst ist, ist es nicht Eure Pflicht, die Christenheit ganz allein oder mit nur wenig Unterstützung zu verteidigen, geschweige denn unseren gemeinsamen Feind, noch dazu einen so mächtigen wie die Türken, anzugreifen. Überdies sollte Eure Majestät, selbst wenn Ihr dergleichen tun möchtet, überlegen, ob Ihr stark genug seid, um Erfolg zu haben … Wie gut und christlich das Wagnis an sich auch sein mag, so sollte es nur dann unternommen werden, wenn es Erfolg hat.«

Maria räumte zwar ein, Kriegführung sei »nicht mein Metier«, erinnerte ihren Bruder aber daran, dass »ich vielen Menschen zugehört habe, die mit den Türken vertraut sind« (eine Anspielung auf ihre Zeit als Königin von Ungarn). Sie erinnerte ihn auch an die vielen Fehlschläge während des Tunis­feldzugs: »In welchem Zustand wäret Ihr und Euer Heer gewesen, wenn Barbarossa nicht zur Schlacht herausgekommen wäre?« Dabei liege Tunis »an der Schwelle zu Euren Besitzungen«  – wie würde Karl da erst vergleichbare Probleme im östlichen Mittelmeer bewältigen? Sodann verurteilte Maria Karls Entschluss, persönlich am Feldzug teilzunehmen (die Tatsache, dass ihr Ehemann im Kampf gegen die Türken gefallen war, verlieh ihrem Urteil zusätzlichen Nachdruck). Sie stellte ihm daher die rhetorische Frage: »Wenn Euch irgendein Missgeschick befällt, was wird dann aus Eurer Familie und aus uns, Euren Untertanen und Ländereien, und aus dem gesamten christlichen Glauben, der, wie jeder weiß, vollständig von Eurem Leben und Ruf abhängt? Wie würdet Ihr Euch vor Gott rechtfertigen, wenn solch ein Missgeschick durch Euren eigenen Fehler geschähe?« Oder, ganz brutal formuliert: »Es ist die Aufgabe Eurer Majestät, zu besiegen, nicht aber, besiegt zu werden.« »Selbst wenn der Feldzug so günstig beginnt, dass Eure Majestät vielleicht eine Stadt erobert und vorzurücken beginnt, dann aber die Mittel fehlen, um weiter vorzudringen, bedenkt, was für eine Schande das wäre, was für ein Grund zur Reue. Und wenn Eure Majestät das Gewonnene behalten will, bitte erwägt, was das kosten würde und wie schwer es wäre, angesichts der Entfernungen das Gewonnene zu versorgen und gegen einen so mächtigen Feind zu verteidigen.«79

Vielleicht machten Marias Argumente Eindruck auf Karl; jedenfalls dämpfte er seinen Ehrgeiz und richtete ihn nun auf die Eroberung von Algier, das Barbarossas Operationsbasis und insofern das bevorzugte Ziel von Karls spanischen Untertanen war. Die Strategie war vergleichbar der des Tunisfeldzugs: Zwei Seestreitkräfte, die eine aus Spanien, die andere aus Italien kommend, sollten sich vereinen, und Karl würde beide Kontingente persönlich befehligen. Zwei große

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Unterschiede gab es jedoch: Diesmal würde er mit den Italienern segeln, und die Operation sollte im Herbst stattfinden. Die verhängnisvolle Verschiebung hatte mehrere Gründe. Vor allem zog sich der Regensburger Reichstag viel länger hin, als Karl erwartet hatte. Doch wollte er ihn nicht verlassen, bevor er nicht alle Möglichkeiten, eine Formulierung für ein Einvernehmen zwischen den Religionsparteien zu finden, ausgeschöpft und sich Gelder für Ungarn gesichert hatte. Erst am 28. Juli befahl er seinem Hofstaat, zusammenzupacken, und am nächsten Tag »erschien er vor dem Reichstag in Reitkleidung«, um seine Zustimmung zum Reichsabschied zu geben.80 Dann reiste er mit höchster Geschwindigkeit – bisweilen legte er sechzig Kilometer am Tag zurück – über den Brennerpass nach Cremona in der Lombardei, doch statt zu seiner Flotte zu eilen, nahm er den Weg nach Mailand, wo er eine Woche zubrachte, bis es weiterging nach Genua.81 Dort machte er erneut Station und erörterte mit seinen Beratern, was als Nächstes zu tun sei. Francisco López de Gómara, der mit dem Kaiser reiste, berichtete: »Während der Kaiser in Genua war, erfuhr er aus Briefen seines Bruders, dass Süleyman Buda und ganz Ungarn erobert hatte. Das führte bei seinen Räten zu unterschiedlichen Meinungen bezüglich des Vorhabens, nach Algier zu gehen. Der Marchese del Vasto [der Gouverneur der Lombardei] äußerte, es sei besser, in Italien zu bleiben, damit er Ferdinand Hilfe schicken oder, falls nötig, nach Ungarn zurückkehren und auch Mailand schützen könne, das vom französischen König bedroht werde.«

»Andrea Doria war auch dafür«, fügte Gómara hinzu, »weil es für einen Feldzug an der afrikanischen Küste schon zu spät schien.« Aber der Kaiser wies darauf hin, dass die Gelegenheit gerade einzigartig sei, weil Barbarossa mit seinen Galeeren und dem Sultan donauaufwärts segelte, sodass Algier zu schwach sei, um einem Angriff zu widerstehen.82 Karl schiffte sich am 10. September in Genua ein, hielt aber fast augenblicklich wieder inne und brachte eine Woche mit dem Papst in Lucca zu. Paul wollte ihn davon abbringen, Algier anzugreifen, »weil die Jahreszeit weit vorangeschritten ist und diese Truppen in Ungarn sein sollten«. Karl wiederum drängte den Papst, ein Konzil auf deutschem Boden einzuberufen und den Waffenstillstand mit Frankreich aufrechtzuerhalten, »damit er weiterhin die Christenheit gegen die Türken verteidigen könne«.83 Nach drei Tagen fruchtloser Diskussion und ganze zwei Monate nach dem Abschied von Regensburg machte sich Karl mit seiner Flotte endlich am 28. September auf den Weg, um sich der Expeditionsstreitmacht aus Spanien vor Mallorca anzuschließen (siehe Karte 4).

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Teil III  »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang«

Nun aber erschwerte schlechtes Wetter die Weiterfahrt, und Karl erreichte mit seiner Flotte Mallorca erst am 13. Oktober. Dort gab es erneut einen Aufenthalt, weil Karl »starke Schmerzen in der Brust verspürte«. Er nutzte die erzwungene Ruhezeit, um seine Agenda für das nächste Jahr zu planen. Zuerst sollte es gleich nach seiner Rückkehr ein Zusammentreffen der kastilischen Cortes in Sevilla geben, danach würde er Granada besuchen und den Fortschritt seines neuen Palastes in der Alhambra begutachten, bevor er nach Aragón weiterreiste, »damit der Prinz den Treueeid empfangen konnte«. Als der Infekt in der Brust nicht besser wurde, holte Karl seine engsten Sekretäre, Alonso de Idiáquez und Juan Vázquez de Molina, zu sich und teilte ihnen mit: »Da er an dieser Krankheit sterben könnte – auf See oder nach der Landung in Algier, bevor er den Feldzug beendigt habe – wolle er Instruktionen hinterlassen, wie weiter vorzugehen sei, damit jeder über seine Absichten Bescheid wisse. Daher schrieb er zweimal die Anweisungen auf, unterzeichnete das eine Schriftstück mit ›Carlos‹ [für das italienische Kontingent], das er Idiáquez zur Aufbewahrung überreichte, und das andere unterzeichnete er mit ›Yo el Rey‹ und gab es mir [d. h. Vázquez de Molina für das spanische Kontingent].«

Dieses beeindruckende Beispiel vorausschauenden Planens konnte allerdings die späte Ankunft der Expeditionsstreitkraft aus Spanien (unter dem Kommando des Herzogs von Alba) nicht wettmachen. Die Schiffe verließen die Heimat erst am 30. September und benötigten zwei Wochen, um das 130 Kilometer von Mallorca entfernte Ibiza zu erreichen. Angesichts der späten Zeit im Jahr entschied Karl nun, dass die beiden Flotten direkt nach Nordafrika segeln und ihre Kräfte dort vereinen sollten. Damit ging Karl ein hohes Risiko ein. »Gebe Gott, dass dieser Entscheidung Erfolg beschieden ist«, seufzte Vázquez de Molina.84 Zunächst schien der Schöpfer Karl günstig gesinnt. Die kaiserliche Flotte sichtete Algier am 19. Oktober 1541, einen Tag, nachdem sie Mallorca verlassen hatte. Obwohl raue See eine sofortige Landung verhinderte, kamen die Schiffe aus Spanien vier Tage später an und man begann nun ohne Umschweife mit dem Ausschiffen. Rasch verteilte der Kaiser seine Artillerie rund um Algier und wollte sie – wie seinerzeit beim Angriff auf La Goletta – in Verbindung mit den schweren Geschützen an Bord der Galeeren einsetzen (die außerhalb der Reichweite der stadtseitig stationierten Artillerie operieren und trotzdem die Mauern zum Einsturz bringen konnten). Aber in der Nacht des 24. Oktober erhob sich ein fürchterlicher Sturm. Während der nächsten drei Tage wurden viele von Karls Schiffen durch die rasenden Fluten zerstört; die übrigen mussten auf der Suche nach Schutz ihre Position aufgeben. Derweil wurden die Truppen durch stürmische Winde, ge-

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frierenden Regen und Hagel demoralisiert, denn die Soldaten »waren ohne Zelte und ganz ohne Mäntel oder Umhänge, die sie vor den wütenden Regengüssen hätten schützen können, an Land gegangen«. »Kein Soldat, der nicht im Handumdrehen so nass wurde, als hätte man ihn ins Meer geworfen.« Der Sturm beraubte die Invasoren auch ihres taktischen Vorteils: »Unsere Geschütze funktionierten nicht, weil der Regen Pulver und Zündhölzer durchnässte«, beklagte sich einer der Soldaten, und »wir hatten keine Ahnung, wie man Krieg führt mit Pfeil und Bogen, Armbrüsten, Steinen und anderen Fluggeschossen« – die allesamt von ihren Gegnern höchst wirkungsvoll eingesetzt wurden. Auch Proviant konnte nicht an Land gebracht werden, sodass die Truppen »ohne Brot, Wein, Fleisch, Salz oder irgendetwas anderes« nur überlebten, weil der Kaiser anordnete, die mitgeführten Pferde zu schlachten und zu essen. An die 2000 Tiere wurden getötet. Endlich, am 26. Oktober, ließ der Orkan nach und die Invasoren flohen auf die übrig gebliebenen Schiffe; doch kaum waren sie an Bord gegangen, als sich auch schon ein neuer Sturm erhob, »sodass jedes Schiff segelte, wohin es gerade getrieben wurde, und viele verschlug es in die entgegengesetzte Richtung zu der, die sie hätten nehmen sollen«. Karl konnte sich in den sicheren, befestigten Außenposten von Bougie (dem heutigen Bejaia) retten, wo er ein Fasten anordnete und um besseres Wetter beten ließ, bis am 23. November die Winde abflauten und er die Flotte nach Mallorca zurückbringen konnte. Von dort aus kehrten die meisten Truppen und Schiffe nach Italien heim, während der Kaiser und der Rest der Expedition nach Cartagena aufbrachen, wo sie am 1. Dezember »halbtot« an Land wankten.85

Die Suche nach Sündenböcken Karl wohlgesinnte Teilnehmer des Feldzugs hoben sein persönliches Engagement in sämtlichen Aspekten der Kampagne hervor. Dem Befehlshaber eines Genueser Geschwaders zufolge »ist dies trotz allem der am besten organisierte Krieg gewesen, den er erlebt hat, seit er sich der Sache des Kaisers verschrieb«. Einmal an Land »war der Kaiser«, so Gómara, »überall zu finden« und habe keinerlei Furcht gezeigt. Als er vor den Mauern von Algier zu seinen Männern sprach, »wurden einige von denen, an die er sich wandte, plötzlich von feindlicher Artillerie tödlich getroffen, doch reagierte der Kaiser nicht erstaunt, unterbrach seine Rede nicht und verzog keine Miene, sondern fuhr mit derselben Gelassenheit und Autorität fort, die er auch sonst zeigte«. Und als sich der Sturm erhob, »war er zwar nass, weil Regen sein Hemd durchweichte, und erschöpft von all den Anstrengungen seit der Ausschiffung«, doch »wollte er nicht in sein Zelt gehen und forderte seine Edelleute auf, nicht auszuruhen, bis

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alle Verwundeten in Sicherheit gebracht waren«. Schließlich, als seine Soldaten beginnen mussten, die Pferde zu schlachten und zu essen, »wollte der Kaiser auch davon kosten, und um die anderen zu ermutigen, erklärte er, während er aß, das Fleisch schmecke hervorragend«. Er verhielt sich fortwährend und »nach Meinung aller als ganz ausgezeichneter Kapitän in seinen Bemühungen wie auch in seiner Umsicht« – aber das reichte nicht.86 Der venezianische Botschafter, der den Feldzug begleitete, gab in seiner Wut und Angst, als die Stürme sein Schiff vor Bougie umtosten und lädierten, einzig Karls törichtem Überoptimismus die Schuld an seiner Notlage. »So wie Seine kaiserliche Majestät dieses Unternehmen auf eigene Faust und gegen den Rat aller seiner Vertrauten und engsten Verbündeten plante, so entschied er auch ganz allein, wie er es kommandieren wollte. Dabei machte er einen Riesenfehler«, der zu dem »feigen und ungeordneten Rückzug des Heers aus Algier« geführt habe. Der Botschafter fügte hinzu: »Seine Majestät kann die Schuld für diesen Fehler nicht von sich fortschieben … Alle Spanier und Italiener hier beklagen sich über ihn.« Desgleichen taten die Burgunder: Als Fery de Guyon 25 Jahre später seine Memoiren verfasste, bemerkte er kritisch: »Es war das Ende der Feldzugssaison, dennoch (néantmoins) mussten wir, weil Seine Majestät den Entschluss gefasst hatte«, nach Nordafrika aufbrechen.87 Karl selbst gab für den Fehlschlag zwei Gründe an: zum einen das Treffen mit dem Papst (»diese Konferenz mit Seiner Heiligkeit verzögerte die Einschiffung Seiner Majestät in gewisser Weise«), zum anderen der Beschluss Gottes (»weil Gott über das Wetter bestimmt, schifften wir uns ein«). Anders gesagt: Angesichts dessen, dass das Unternehmen selbst durch seine Intention geheiligt war, und zweifellos ermutigt durch seinen allen Schwierigkeiten zum Trotz errungenen Erfolg in Tunis erwartete Karl gleichsam, dass Gott für gutes Wetter sorgen werde. Muslimische Beobachter gaben ähnlichen Gefühlen Ausdruck: »Gott der Allerhöchste schickte einen gewaltigen Sturm«, der »viele Schiffe auf die Felsen trieb«, schrieb einer; und einem Imam, dessen Gebete angeblich den Sturm entfacht hatten, wurde von da an religiöse Verehrung zuteil.88 Zweifellos hatte der Sturm den Ausgang des Unternehmens entschieden. Wie von Karl vorausgesehen, verschaffte ihm die Abwesenheit Barbarossas und seiner Galeeren einen wichtigen Vorteil, den er so gut wie möglich nutzte, indem er zum einen auf das Überraschungsmoment setzte und zum anderen vorgab, sein Angriff gelte Istanbul. Zwar fürchteten die Verteidiger Algiers durchaus, selbst das tatsächliche Angriffsziel zu sein, und »beschäftigten 400 Christensklaven damit, die Mauern auszubessern, Zusammengebrochenes neu zu errichten und mit Türmen und Kanonen zu versehen« sowie »die Bäume in den Gärten um die Stadt zu fällen, damit der Feind sie nicht als Deckung im Kampf benutzen könne«. Doch wussten sie nicht, wann der Schlag erfolgen würde.

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Nach Ansicht eines algerischen Augenzeugen bestand die größte Schwäche der Stadt darin, dass »im Fall einer amphibischen Streitmacht das Ziel bis drei Tage nach ihrem Aufbruch unbekannt bleibt«, und da die kaiserliche Flotte binnen zweier Tage von Mallorca nach Algier gelangte, waren die Verteidiger nicht angemessen vorbereitet. Daher gelang es ihnen auch nicht, die geordnete Ausschiffung der Invasionstruppen von 40 000 Mann Infanterie und 4000 Mann Kavallerie zu verhindern. Die Männer hatten am Abend des 24. Oktober ihre Positionen eingenommen, ihre Geschütze in Stellung gebracht und die Galeeren nahe der Stadtmauer verankert. Guyon, der sich einer zwanzigjährigen militärischen Erfahrung rühmte, meinte: »Hätte Gott nicht den Sturm geschickt, wäre die Stadt wohl binnen zwei Tagen erobert worden.« Der anonyme Autor eines deutschen Berichts äußerte sich ganz ähnlich: »Die Kundtschafft was / wie inn der statt Algiero / an zwey tausent Pferd / vnd acht hundert Janitzeri / vnnd das die statt nit am vesten sein soll / vnnd wa [wenn] die Unseren Profandt [Proviant] gehabt hetten / sonder zweyfel / man hette die [Stadt] ohn alles mittel gewunnen.«89 Hätte Karl die Möglichkeit des Scheiterns vorhersehen müssen? Schließlich begünstigen die ökologischen Verhältnisse im Maghreb keine größeren Militäroperationen, zumal die immer wieder aufflammenden Scharmützel zwischen Christen und Muslimen die Lebensmittelproduktion dramatisch einschränkten, was die meisten Hafenstädte dauerhaft von Importen abhängig machte. Wenn man 44 000 Männer samt ihren Pferden an Land brachte, musste das die lokalen Ressourcen unvermeidlich strapazieren. Obwohl Karl dafür Vorsorge getroffen und besonders umfangreiche Vorräte mitgenommen hatte, verhinderten die Stürme die Löschung des Proviants, was an Land zu akutem Nahrungsmangel führte. Aber das war nicht das entscheidende Problem. Wie ein Überlebender es formulierte: »Wir wurden einigermaßen vor dem Hunger geschützt, weil der Kaiser erlaubte, die Pferde zu schlachten«, aber »wir fanden kein Mittel, uns gegen den Regen zu wehren«.90 Auch hier war das Risiko vorhersehbar. In den Monaten Oktober, November und Dezember fällt für gewöhnlich in und um Algier der meiste Niederschlag und das häufig als Starkregen. So fielen zum Beispiel im November 2001 binnen 48 Stunden 285 Millimeter Regen, und im September 2012 waren es 227 Millimeter in 50 Stunden. Zwar fehlten Karls Männern, die den Oktobersturm von 1541 erlitten, die Mittel, um den Niederschlag genau zu messen, doch hielten sie fest, dass Regen und Hagel 50 Stunden lang andauerten – also ganz ähnlich wie die Unwetter von 2001 und 2012. Der damals 74 Jahre alte Andrea bemerkte, dass man »solch einen wütenden und schrecklichen Sturm nie zuvor erlebt hatte«. Kein Heer, das auf freiem Feld kampierte, konnte so etwas unbeschadet überstehen.91

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Im Spätherbst in eine Region vorzustoßen, in der ohnehin Ressourcenknappheit herrscht, vervielfachte folglich die Risiken, die mit jeder komplexen amphibischen Operation im Zeitalter der Segelschiffe verbunden waren. Ganz richtig bemerkte Paolo Giovio, nachdem er Karl in Lucca getroffen hatte: »Nie hätte ich gedacht, dass Cäsars Geist, der so überaus kaltblütig ist, sich in den eines Lakaien verwandelt hat, denn er will trotz Doria und Vasto, ganz zu schweigen von Neptun [dem Meeresgott] und Äolus [dem Gott der Winde], Anfang Oktober mit voller Kraft nach Algier segeln.«92 Karls Entscheidung kostete nahezu die Hälfte seines Heers das Leben. Manche Soldaten starben im Kampf, andere an Hunger und Kälte, wieder andere ertranken oder wurden erstochen, wenn sie sich an Land retteten, nachdem ihr Schiff untergegangen war. Die Expedition verlor auch eine Menge an Ausrüstung (darunter 200 Stück Artillerie), fast alle Pferde und über 100 Schiffe (17 davon Galeeren). Viele Überlebende hatten den Verlust ihrer gesamten Habe zu beklagen. (Der englische Botschafter, der als Schiffbrüchiger nur mit dem Hemd am Leib gerettet wurde, hatte nach eigenem Bericht mehr als 700 Dukaten in Waren und Bargeld und dazu das von seinem Souverän geliehene teure Tafelsilber verloren; Hernán Cortés ging seiner Juwelen verlustig.) Karl selbst verlor Teile seines Archivs, und seine Garde musste eine Zeit lang auf Maultieren durch Spanien reisen, »weil wir vor Algier so viele Pferde verloren hatten«. Ein französischer Beobachter bemerkte: »Die gesamten materiellen Verluste belaufen sich auf mehr als vier Millionen in Gold«, ganz zu schweigen von dem ungeheuren Schaden für das Prestige des Kaisers. »Der Kaiser«, so der Beobachter, »wird die enormen Verluste, die er gerade erlitten hat, den Rest seines Lebens nicht vergessen«, habe er doch »bei diesem Unternehmen so viel verloren, dass er für lange Zeit nicht in der Lage sein wird, noch einmal ein Heer auf die Beine zu stellen.« Mithin werde es so schnell keine bessere Gelegenheit geben, den Waffenstillstandsvertrag von Nizza zu brechen und Karl zu zwingen, einen Frieden unter für ihn nachteiligen Bedingungen zu schließen. Dazu brauchte Franz nur einen plausiblen Vorwand.93

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11 Offene Rechnungen I: Geldern und Frankreich (1541–1544) Übelster Mord Am 2. Juli 1541, als Karl sich noch in Regensburg auf die Expedition gegen Algier vorbereitete, gingen Cesare Fregoso und Antonio Rincón mit einem kleinen Gefolge bei Turin im von Frankreich kontrollierten Piemont an Bord zweier Flussschiffe. Ihr Plan war, den Po hinunter nach Venedig zu segeln. Beide reisten als Diplomaten im Dienste Franz’ I., der Fregoso als seinen Vertreter nach Venedig schickte, während Rincón sich nach Istanbul begab, um dort zu erklären, dass sein Herr Sultan Süleymans Bündnisangebot annehme (siehe Kap. 10). Freunde hatten sie vor einem eventuellen Hinterhalt gewarnt, weshalb sie, »um die Spione zu täuschen, all ihren Besitz und ihre Diener auf ein zweites Schiff bringen ließen«, das ein paar Tage vorher aufbrach. Außerdem »schickten sie 10 bis 12 Reiter in Verkleidung los, sodass ein Beobachter denken musste, sie selbst seien es«. Der Täuschungsversuch misslang: Kurz nachdem die beiden Botschafter das Herzogtum Lombardei betreten hatten, wurden sie von spanischen Soldaten ergriffen, entführt und umgebracht. Dann begruben die Mörder die Leichen und verschwanden.1 Karl hatte schon vorher versucht, sich Rincóns zu entledigen. 1532, als er von Istanbul nach Frankreich zurückkehrte, hatten drei Spanier versucht, ihn in Venedig zu ermorden. Als das fehlschlug, setzte Karl ein Kopfgeld auf Rincón aus.2 Doch obwohl seine Spione die französischen Diplomaten fortwährend überwachten, sodass »sie keinen unbewachten Schritt tun konnten«, wies Karl den Gouverneur der Lombardei, Marchese del Vasto, an, Rincón in Ruhe zu lassen, denn »selbst wenn Ihr seiner habhaft werden könntet, wäre das gegen den Waffenstillstand von Nizza, der um jeden Preis bewahrt werden muss; und wenn Ihr ihn schon festgesetzt habt, müsst Ihr ihn sofort wieder freilassen und verdeutlichen, dass er ohne einen Befehl von mir festgesetzt wurde (was die Wahrheit ist) und dass wir, sobald wir davon erfuhren, Befehl gaben, ihn freizulassen.«3 Vasto erhielt diesen Befehl vor der Ermordung Rincóns, war also willentlich ungehorsam. Seine unterwürfige Entschuldigung lautete: »Lieber würde ich tausend Tode sterben, als es zuzulassen, dass diese Angelegenheit Eurer Majestät Ärger einträgt oder einen schlechten Dienst erweist.« Doch er fügte hinzu: »das Einzige, was mich dazu veranlasste, es [d. h. den Mord] zu tun, war das Wissen, dass es zu Eurem Vorteil sein würde.« Um sicherzugehen, dass Karl

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seine Gründe recht verstand, schickte er weitere Details durch einen Kurier zum Kaiser und bat ihn, den Boten an einem Ort anzuhören, »wo nur Eure Majestät hören kann, was er sagt«.4 Die Reaktion des Kaisers auf Vastos flagranten Ungehorsam war von entscheidender Bedeutung, denn der Mord an den Botschaftern musste zum Krieg mit Frankreich führen. Karls Minister machten sich diesbezüglich keine Illusionen. »Angesichts der Auseinandersetzungen in der Vergangenheit und der augenblicklichen Lage der Dinge und da Eure Majestät alles zu vermeiden trachtet, was einen Bruch herbeiführen könnte«, vertraten sie die Auffassung, dass »Eure Majestät die Tat nicht befürworten kann. Nichtsdestotrotz«, fuhren sie in verhängnisvoller Weise fort, »können wir nicht leugnen, dass die Tat gut war und sehr angemessen, um Schlimmeres zu vermeiden.« Insofern solle »die Schnelligkeit, die er [Vasto] gezeigt hat, gelobt werden – doch zur Vermeidung aller Risiken muss dies mit absoluter Geheimhaltung geschehen«. Obwohl der Kaiser den letzten Vorschlag ablehnte, machte er Vasto keine Vorwürfe und desavouierte ihn auch nicht. Diese Unterlassung führte zum Krieg nicht nur mit Frankreich, sondern auch mit den Türken.5 Es muss überraschen, dass Karl die Vertuschung befürwortete, denn (wie in der modernen Politik) richtet die Lüge über eine Tat oder Untat oft mehr Schaden an als die Tat selbst. Der Kaiser war zweifellos in der Lage, den Marchese zurechtzuweisen, wie sich im Jahr darauf zeigte: Als Vasto ankündigte, einen weiteren direkten Befehl ignorieren und seine Streitkräfte aus dem Piemont abziehen zu wollen, weil ihm, wie er behauptete, die Mittel zu ihrem Unterhalt fehlten, erhielt er von Karl einen geharnischten Rüffel: »Wir sind nicht bereit, zu glauben, dass Ihr zu tun gedachtet oder zu tun gedenkt, was Ihr schriebt, sofern Ihr es nicht schriebt, um zu betonen, wie sehr Ihr Geld benötigt; aber sei dem, wie ihm sei, so wollen wir davon nichts hören oder lesen, weil es einem Mann Eures Kalibers, der den Euch von uns gewährten Posten innehat, unwürdig ist, dergleichen zu denken, geschweige denn ihm Ausdruck zu verleihen.«6

Warum hat Karl dem Gouverneur nicht ähnliche Vorhaltungen wegen des Mordes am französischen Botschafter gemacht? Die erhaltenen Quellen lassen vermuten, dass der Kaiser meinte, er könne sich aus der Bredouille herauslügen – und gelogen hat er. Drei Wochen nach der Tat unterzeichnete er einen Brief an seinen Botschafter in Frankreich, in dem er behauptete: »Was immer diesen beiden Personen geschehen ist, so hatten wir nichts damit zu tun.« Weiter versicherte er, dass Vasto ihn zwar über die Gelegenheit, die Gesandten zu verhaften, informiert habe, er jedoch »ihm sagte, dass er nichts tun dürfe, was den

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Waffenstillstand gefährden könnte«. Vielmehr habe er »auf Ersuchen des Königs von Frankreich« einen Sonderermittler nach Mailand geschickt, um Rincón und Fregoso »aufzuspüren und zu befreien«.7 Ein paar Wochen später erbat Vasto die kaiserliche Erlaubnis dafür, die Mörder aus dem Gefängnis, in das er sie gesperrt hatte, entkommen zu lassen; einer der beiden sollte ihm ein schriftliches Geständnis schicken, dass sie auf eigene Faust gehandelt hätten. Hilfsbereiterweise sandte Vasto gleich einen Entwurf dessen mit, was das Dokument enthalten könnte. Der Kaiser hieß diese neuerliche Täuschung nicht nur gut, sondern empfahl, den Entwurf abzuändern: »Wenn Ihr Euch dazu entschließt, die Mörder entkommen zu lassen, und einer von ihnen schreibt Euch das Geständnis, wie wir es besprochen haben«, so wäre es, schrieb er, gut, wenn Vasto hinzufügte, dass sie alles verbrannt hätten »bis auf gewisse Dokumente, die man bei ihnen gefunden hat, die die bösen und verderbten Pläne, die sie ausbrüteten, im Detail offenlegen« – nämlich angebliche Pläne, die Kontrolle über Genua den Händen Andrea Dorias zu entwinden. Des Weiteren schlug Karl vor, »dass die Person, die das Dokument schreibt, von einem Rang sein soll, wie es für eine Person angemessen ist, die in einer solchen Angelegenheit die Verantwortung innehat und der die anderen gehorchen«.8

Rincóns späte Rache Karls Bereitschaft zur Lüge erwies sich als logistische wie politische Katastrophe. In dem Bestreben, zu seiner Streitkraft zu stoßen, die er für den Kampf gegen Algier zusammengestellt hatte, unterbrach er seine Reise von Regensburg und hielt einen feierlichen Einzug in Mailand, wo er und Vasto einander Hochachtung bezeugten. Der Marchese hatte Giulio Romano, einen erstrangigen Künstler und Architekten seiner Zeit, engagiert, um Triumphbögen zu entwerfen und bauen zu lassen (einer war von einer Statue gekrönt, die Karl zu Pferde und in der Kleidung eines römischen Kaisers zeigte, wie er seinen Fuß auf einen Mohren, einen Türken und einen amerikanischen Ureinwohner setzte). Er begleitete seinen Herrn auf Schritt und Tritt, bis schließlich, flankiert von zwei Kardinälen »und all den Herzögen, Fürsten und Adligen seines Hofes, Seine Majestät sich in die Kathedrale begab, um den Sohn des Marchese zur Taufe zu tragen« und sein Pate zu werden. Kurz danach wurden die meisten Triumphbögen durch Starkregen und stürmische Winde zerstört, was manche als Zeichen drohenden Unheils verstanden. Der zehntägige Aufenthalt des Kaisers in Mailand sollte vielleicht dazu dienen, seinem Vertrauen in Vasto Ausdruck zu verleihen, doch er trug zum Scheitern des bevorstehenden Kreuzzugs bei: Viele glaubten, dass Karl Algier erobert hätte,

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bevor die Stürme seine Flotte dezimierten, wenn er nur zehn Tage früher in Nordafrika angekommen wäre.9 Karls Vertuschung erwies sich auch als politische Katastrophe. Seit Nachrichten von der Entführung der beiden Diplomaten eintrafen, »spricht niemand mehr von etwas anderem«, bemerkte der französische Botschafter in Venedig und sah richtig voraus, dass es »wie die Pest sein wird; wenn sie sich ausbreitet, werden andere Krankheiten zur Nebensache«. König Franz – der Rincón kurz vor dessen unglückseliger Abreise an die 10 000 Dukaten ausgezahlt hatte  – fragte Heinrich VIII. »um Rat, was ich in dieser Sache tun soll«, und schickte einen Eilboten zum Sultan, damit dieser »die Wahrheit erfährt über das, was den Gesandten zugestoßen ist«. Franz’ Kanzler rief verärgert aus: »Das war eine Tat, die nicht nur gegen Verträge und Versprechen verstieß, sondern auch gegen internationales Recht, das die Sicherheit von Botschaftern garantiert.«10 Vasto und Karl beteuerten auch weiterhin, von der Mordtat nichts gewusst zu haben, wählten aber ihre Worte mit Bedacht. Der Marchese betonte, er würde niemals »dem von Seiner Majestät erlassenen Befehl, dass weder Rincón noch einer anderen Person auf dem Weg nach Frankreich Schwierigkeiten gemacht werden sollten«, zuwiderhandeln (was bedeutungslos war, weil Rincón von Frankreich kam). Der Kaiser versicherte ausländischen Diplomaten, er habe »niemals den Befehl erteilt, Fregoso und Rincón zu verhaften«, und gab ihnen »sein feierliches Wort, dass seine Amtsträger es nicht gewagt haben würden, eine Sache von solcher Bedeutung und Folgenschwere ohne sein Wissen und seine Erlaubnis in Angriff zu nehmen«.11 Zwar waren diese Behauptungen in formeller Hinsicht wahr, doch zugleich vorsätzlich irreführend – was Franz sehr bald erkannte. Er übte nun Druck auf Karl aus, die Diplomaten freizulassen oder wenigstens ihren Aufenthaltsort preiszugeben, indem er Georg von Österreich (einen von Maximilians zahlreichen außerehelichen Nachkommen und insofern Karls Onkel) bei seiner Reise durch Frankreich festsetzte und einsperrte; das Gleiche geschah einigen spanischen Kaufleuten. Ferner schickte er einen Sonderbeauftragten zum Gipfeltreffen des Kaisers mit Papst Paul in Lucca, um dort die Sache zur Sprache zu bringen. Karl »weigerte sich, dem Gesandten eine Audienz zu gewähren oder die Angelegenheit in seiner Gegenwart erörtern zu lassen«. Der Papst jedoch zeigte weniger Bedenken und »beanspruchte für sich Zuständigkeit, Gerichtsverfahren und Urteilsspruch in Bezug auf diesen Fall«, weil er »die Rechtsprechung innehat über Friedens- und Waffenstillstandsverträge zwischen christlichen Fürsten, und besonders den Vertrag von Nizza«, den er selbst vermittelt hatte. Wie der Kaiser berichtete, bestand Paul darauf, er müsse sich »umgehend mit der Freilassung von Fregoso und Rincón befassen, als wären sie in meiner Gewalt und ich könnte sie dort herausholen!« Bevor er Lucca verließ, leistete Karl noch einen weiteren Meineid »bei der Seele der Kai-

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serin, dass er über den Verbleib von Rincón und Fregoso nichts wusste«, und stimmte widerwillig zu, den diplomatischen Vorfall dem päpstlichen Schiedsspruch zu überantworten.12 Als im Oktober 1541 die verstümmelten Leichen der Botschafter auf Mailänder Territorium gefunden wurden, geriet Franz noch stärker in Rage. Einem Sondergesandten des Papstes erklärte er, er werde »nichts gegen den Kaiser vor dessen Rückkehr aus Algier unternehmen, erwarte dann aber von Seiner kaiserlichen Majestät Genugtuung«. Einem englischen Gesandten zufolge, der die Unterhaltung zufällig mit anhörte, bezeichnete der König sehr deutlich, was er unter »Genugtuung« verstand: »Wenn der Kaiser ihm Mailand mit allen Rechtstiteln gebe, ›dann haben wir bereits Frieden‹; anderenfalls ›gibt es für Friedensgespräche keinen Grund‹.« Als man Franz daran erinnerte, dass Karl stattdessen angeboten hatte, die Niederlande dem Herzog von Orléans zu überlassen, entgegnete der König, er »werde seinem jüngeren Sohn nicht die Mittel an die Hand geben, Krieg gegen das Königreich Frankreich zu führen«. Er wolle »Mailand und sonst nichts« für sich. Dennoch blieb Franz auch dann noch vorsichtig, als er erfuhr, dass Karl seine nordafrikanische Unternehmung überlebt hatte und nach Spanien zurückgekehrt war: Als der Gesandte auf eine Antwort drängte, räumte Franz zwar ein, dass es für ihn kein Problem sei, sofort einen Krieg zu beginnen, doch seien »jetzt so viele Eisen im Feuer, dass die Zeit noch nicht reif ist«.13 König Jakob V. von Schottland war eines dieser Eisen. 1537 hatte er in Paris im Rahmen verschwenderischer Festivitäten zunächst eine von Franz’ Töchtern geheiratet und nach ihrem Tod sich mit Marie de Guise vermählt, einem prominenten Mitglied des Königshofs – womit auch dieser Bund Schottlands fortgesetzte Nähe zu Frankreich garantierte. Eine vergleichbare Strategie setzte Franz ein, um den Herzog von Kleve zu gewinnen. Als Herzog Karl von Geldern 1538 ohne Nachkommen starb, besaß Karl V. einen durch den Vertrag von Gorcum (siehe Kap. 8) untermauerten Anspruch auf die Nachfolge, aber die Vertreter des Herzogtums erkannten stattdessen ihren Nachbarn, Wilhelm von Kleve, als ihren Herrscher an. Maria drängte den Bruder, eiligst in die Niederlande zurückzukehren, indem sie warnend darauf hinwies, dass »es seinen Ruf erheblich schädigen würde, sollte er sie jetzt im Stich lassen«. Karl erwiderte, es sei »die Jahreszeit für Feldzüge schon zu weit fortgeschritten, um gegen Geldern Krieg zu führen, und im nächsten Jahr werde er gegen die Türken kämpfen«. Maria konterte kühn, ein Entschluss, »gegen die Türken zu kämpfen und die Angelegenheiten hier so zu lassen, wie sie gerade sind«, würde »eine große Anzahl Eurer treuen Untertanen hier dazu veranlassen, ihre Zuneigung zu Eurer Majestät zu verlieren«. Der Aufstand in Gent zwang Karl zum Sinneswandel, und nicht lange nach seiner Rückkehr in die Niederlande erschien

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Herzog Wilhelm und suchte um die kaiserliche Anerkennung seines neuen Titels als Herzog von Geldern nach. Er hoffte, dass die Heirat seiner Schwester Anna mit Heinrich VIII. seinem Ansinnen mehr Gewicht verleihen würde, aber Karl wies ihn kurzerhand ab.14 Vielleicht machte seine erfolgreiche Reise durch Frankreich und die Niederlande den Kaiser zu selbstbewusst. Sir Thomas Wyatt, der englische Botschafter an seinem Hof, berichtete, dass Karl während einer Audienz im Dezember 1539 voller Stolz bemerkte, dass der Herzog von Kleve »›mir zu Gefallen sein wird‹ … wobei er die Hand auf die Brust legte, ›und dann hat er an mir einen Souverän, einen Nachbarn und einen Cousin; anderenfalls verliert er alle drei‹«. Einen Monat später während eines Gesprächs über Geldern beobachtete Wyatt an Karl »eine Heftigkeit, die mir neu war. Ich bemerkte seine lautere Stimme, seinen ernsteren Blick und besonders die gebieterische Art, mit der er sprach.« Als Wyatt bei einer weiteren Audienz im Februar 1540 für den Herzog von Kleve eintrat, lächelte der Kaiser lediglich »und schüttelte den Kopf, wobei er das Thema mit einem ›Pst‹ für erledigt erklärte«. 15 Vielleicht ist übermäßiges Selbstvertrauen die Erklärung dafür, dass Karl offensichtlich zwei Nachrichten übersah. Da gab es einmal die Berichte, wonach all die anlässlich seiner Reise durch Frankreich zu seinen Ehren errichteten Triumphbögen, die »nach seiner Abreise zu seinem Angedenken stehen geblieben waren, nun niedergelegt und zerschlagen« wurden. Und da war das Willkommen, das Franz dem Herzog von Kleve bereitete: Die beiden unterzeichneten einen Vertrag, der im Falle eines Angriffs gegenseitige Unterstützung garantierte und es Frankreich erlaubte, im Bedarfsfall Truppen in Kleve auszuheben. Außerdem versprach Franz Herzog Wilhelm die Hand von Jeanne d’Albret, Erbin des Königreichs von Navarra, während der Kaiser auf ihre Heirat mit seinem Sohn Philipp gehofft hatte.16 Im Winter 1541/42 gab es am französischen Hof weitere diplomatische Aktivitäten. Der König empfing Flüchtlinge aus Gent und anderen Orten, die Karl getrotzt hatten, unterschrieb ein »Verteidigungs- und Angriffsbündnis, den Freunden als Freunde, den Feinden als Feinde«, mit Dänemark, schickte Gesandte zu Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und zum König von Schweden, um Bündnisse zu schließen, schloss Verträge mit deutschen Söldnerführern, damit sie Truppen für französische Dienste in Bereitschaft hielten, und autorisierte seinen Botschafter in England, eine Heirat zwischen dem Herzog von Orléans und Mary Tudor vorzuschlagen.17 Und schließlich – was nun wirklich nichts Gutes ahnen ließ – brachte Franz mit Sultan Süleyman Pläne für einen gemeinsamen Feldzug zum Abschluss. Süleyman sollte ein Heer von 60 000 Mann zurück nach Ungarn führen und Barbarossa mit 150 Galeeren ins westliche Mittelmeer schicken. Franz versprach, die türkischen Schiffe mit einer Schwadron Galeeren zu verstärken; die so zusammengestellte Flotte würde in

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einem französischen Hafen überwintern und dann die Habsburger in Spanien und den Niederlanden angreifen. Im Juli 1542 hielt Franz all seine Eisen im Feuer für heiß genug, um an vielen Fronten Angriffe vorzutragen. Zudem gab er seinen Untertanen die Befugnis, sich zu bewaffnen und den Kaiser und seine »Untertanen und Verbündeten« anzugreifen, wo immer sie sich befanden. Die Hauptrechtfertigung für seinen Kriegsaufruf liest sich so: »Der Kaiser hat die Menschheit auf so große, abscheuliche und befremdliche Weise gekränkt und besonders jene, die sich des Titels und Ranges von Fürsten rühmen, dass diese Kränkung niemals vergessen, erlitten oder geduldet werden kann: nämlich dadurch, dass auf Betreiben einiger seiner Minister unsere Botschafter, Cesare Fregoso, ein Ritter unseres Ordens, und Antonio Rincón, heimtückisch und unmenschlich ermordet wurden, als sie in unserem Auftrag auf dem Weg nach Venedig waren  … Hiermit hat der Kaiser gegen den zwischen ihm und mir ausgehandelten Waffenstillstand verstoßen – was allem göttlichen und menschlichen Gesetz ebenso widerstrebt wie dem alten und fest gegründeten Brauch, der seit Erschaffung der Welt bis heute zwischen Königen und Fürsten, Staaten und Republiken festgelegt ist und beachtet wird.«18

Süleyman bediente sich einer ähnlichen Begründung. Schon im August 1541 ließ er Ferdinand wissen, dass dieser »die Freilassung des Botschafters [Rincón], der im Auftrag des Herrschers von Frankreich zu unserer Hohen Pforte unterwegs war und von Eurem Bruder Karl festgenommen und verhaftet worden ist, sicherstellen muss … wenn Ihr nicht den Ruin Eures Landes verursachen wollt«. Der Sultan ließ auch den habsburgischen Botschafter an seinem Hof verhaften und drohte, ihm denselben Frevel anzutun, »wie Karl dem Botschafter Antonio Rincòn antat, der auf dem Weg zu mir war«. Später bezeichnete er seinen Feldzug gegen die Habsburger als Revanche für die »große Beleidigung und Demütigung« durch die Ermordung Rincóns. Dank der Doppelzüngigkeit des Kaisers konnte der ehemalige Comunero noch aus dem Grab heraus in vollem Umfang Rache nehmen.19

Ein weiterer Krieg zwischen Franz und Karl Die französische Kriegserklärung kam für Karl nicht überraschend. Im November 1541 verfasste Nicolas Perrenot de Granvelle, der nach dem Gipfel von Lucca in Italien geblieben war, ein scharfsichtiges Positionspapier zur internationalen Lage, das auf der Annahme beruhte, feindselige Auseinandersetzungen mit den

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Franzosen oder den Türken, wahrscheinlich sogar mit beiden, seien praktisch unvermeidbar. Er sagte voraus, dass die hauptsächlichen Schläge gegen Mailand oder Navarra geführt werden würden, eingeleitet vielleicht von einem Angriff auf die Niederlande »unter der Ägide des Herzogs von Kleve«. Das größte Hindernis für einen wirksamen Gegenschlag sah Granvelle darin, dass »so viele Dinge gleichzeitig an unterschiedlichen Orten vor sich gehen«, sodass Karls Eingreifen überall verlangt werde. Daher müsse der Kaiser »seine Entscheidungen angesichts all dieser Probleme treffen und sich nicht mit nur einem beschäftigen, während er die anderen vernachlässigte«. So würde zum Beispiel die kaiserliche Präsenz in Deutschland »die Deutschen dazu ermutigen, sich gegen die Türken zu wehren, seine Angelegenheiten in Italien und den Niederlanden voranbringen sowie den König von Frankreich und die Lutheraner in die Schranken weisen«, aber wenn Karl zu diesem Zweck Spanien verließe, würde das seine Untertanen dort verärgern, da er doch eben erst zurückgekehrt sei; und »es würde in Neapel und Sizilien Verzweiflung auslösen, wenn Eure Majestät nach Deutschland ginge, anstatt ihnen zu Hilfe zu kommen«. In praktischer Hinsicht schlug Granvelle vor, die Tolerierung der Lutheraner in Deutschland auf gegebenenfalls zwanzig Jahre auszudehnen, wenn sie sich verpflichteten, nicht nur gegen die Türken, sondern auch gegen die Franzosen zu kämpfen. Ebenso trat er für ein Bündnis mit England ein. Heinrich  VIII. war vielleicht ein Häretiker, aber das hinderte Franz und andere katholische Herrscher nicht daran, mit ihm Beziehungen zu unterhalten; überdies (fügte Granvelle listig hinzu) »verhandelt Eure Majestät häufig mit den deutschen Lutheranern, die nicht nur die Autorität des Papstes leugnen, sondern auch wichtige Aspekte der katholischen Lehre verwerfen«. Schließlich beschäftigte er sich mit der Frage, ob es besser sei, abzuwarten, dass Franz die Initiative ergreife, oder einen Präventivschlag zu führen. »Da Eure Majestät von den Niederlanden und Mailand so weit entfernt ist«, sei Besonnenheit angeraten, schloss er, aber zugleich drängte er darauf, die Statthalter in beiden Gebieten mit Finanzmitteln auszustatten, um eine strategische Reserve zu schaffen.20 Karl übermittelte Granvelles Vorschläge seinen spanischen Ministern, die das Papier zustimmend zur Kenntnis nahmen, woraufhin er dessen prinzipielle Empfehlungen in die Tat umsetzte. Im Dezember 1541 informierte er Ferdinand, dass »angesichts der derzeitigen Lage der Dinge zwischen Frankreich und mir« der Bruder den Lutheranern (allerdings nur für die kürzestmögliche Zeit) fortgesetzte Tolerierung gewähren könne, falls sie »als Gegenleistung für militärische Unterstützung im Kampf gegen seinen Feind« entsprechende Garantien verlangten. Am selben Tag versprach der Kaiser seiner Schwester Maria, er werde »eine große Summe Geldes bereitstellen, um sie an Italien, Deutschland und auch die Niederlande auszuzahlen, damit wir für den Notfall, wo immer er

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auftauchen mag, gerüstet sind«, und weitsichtig sagte er voraus, dass die Feindseligkeiten mit einem gemeinsamen Angriff französischer, dänischer und Gelderner Truppen auf Luxemburg beginnen könnten.21 Während Karl einige Tage darauf seine Mutter in Tordesillas besuchte, begann er seine Gegenzüge zu planen. »Wie Ihr wisst«, bekannte er in einem langen Brief von eigener Hand an Maria, »möchte ich Krieg vermeiden«; doch angesichts der mehr als eindeutigen Hinweise darauf, dass Franz »die Absicht hat, mich dort anzugreifen, wo er mir den größten Schaden zufügen kann«, nämlich in Navarra und den Niederlanden, »muss ich mich verteidigen, indem ich seine Pläne durchkreuze«. Im vorigen Sommer habe er Pläne entworfen, »um während der nächsten zwei Jahre alles in meiner Macht Stehende zu tun, Geldern zurückzuerobern und den Herzog von Geldern zu bestrafen«. Er habe »diesen Zeitrahmen gewählt, weil ich meine Angelegenheiten in Ordnung bringen und die Gelder bereitstellen muss, die mir für meine Unternehmungen hier in Spanien fehlen. Wenn aber Frankreich erneut Krieg gegen mich führt, sind diese Pläne alle umsonst.« Vielleicht wäre, fragte sich Karl, »Angriff die beste Verteidigung«: Sollte er etwa nach einem Marsch durch Italien und Deutschland einen Überraschungsangriff auf Geldern wagen? Er suchte dringend Marias Rat in dieser Angelegenheit, weil »ich mich nicht entscheiden kann und mich frage, was ich am besten tun sollte, denn da Monsieur de Granvelle abwesend ist, gibt es hier niemanden, den ich um Rat fragen könnte« – ein entlarvendes Geständnis. »Und wenn ich diese Angelegenheit mit dem Rat hier erörtere, könnt Ihr sicher sein, dass sie meiner Absicht, diese Königreiche zu verlassen, nicht zustimmen, sondern alles tun werden, mich daran zu hindern.«22 Im Mai 1542 hatte er sich entschieden. Er setzte Ferdinand davon in Kenntnis, dass er plane, nach Barcelona zu reisen, »um sich dort nach Italien einzuschiffen«, doch »vermag ich alles in allem nicht zu sehen, wie ich bis zum Ende der Feldzugssaison nach Deutschland kommen könnte«. Er fuhr fort: »Ich habe die Absicht, im nächsten Winter dort anzukommen und einen Reichstag in Speyer abzuhalten, um danach die Rückeroberung von Geldern zu betreiben, falls nötig mit Gewalt.«23 Diesen Plan sollte der Kaiser strikt verfolgen, aber zunächst verhinderte ein weiterer Krankheitsanfall seine Umsetzung. Er litt »so viele Schmerzen in meinem Leib, meiner Flanke und meinem Nacken, dass ich gar nicht glauben kann, dass ein und dieselbe Person all dem ausgesetzt ist. Häufig muss ich einen Gehstock benutzen. Ihr könnt Euch also ein Urteil bilden«, scherzte er in einem Brief an Maria, ob er im kommenden Krieg »als Euer furchtloser Held« taugen werde. »Die Zeit wird mir zeigen, was ich tun muss«, schloss er quasiphilosophisch, »und ich hoffe, dass Gott mich leiten und mir enthüllen wird, wo ich am meisten Gutes ausrichten kann.«24 Zunächst sandte Gott keine besonders

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eindeutigen Zeichen. Die Feindseligkeiten begannen im Juni 1542 damit, dass die Dänen alle Schiffe und Güter, die Untertanen des Kaisers gehörten, beschlagnahmten und dem Herzog von Kleve Truppen und Hilfsgelder schickten, woraufhin der Herzog 14 000 Fußsoldaten, 2000 Reiter und 18 Geschütze mobilisierte. Im nächsten Monat wagte das durch rachebegierige Exilanten aus Gent und anderswo verstärkte Heer einen kühnen Vorstoß nach Antwerpen und forderte die Stadt im Namen der Könige von Frankreich und Dänemark zur Kapitulation auf. Mittlerweile kreuzte eine dänische Flotte vor der Küste von Holland, ein vom Herzog von Orléans geführtes Heer hatte fast ganz Luxemburg erobert, ein weiteres Heer unter dem Kommando des Dauphins war bereit für den Einmarsch ins Artois, Franz bereitete die Belagerung von Perpignan vor, und der König von Navarra mobilisierte Truppen, um seine verlorenen Ländereien zurückzuerobern. Diese bemerkenswerte Koordination von Einzelaktionen traf Karl und seine Minister unvorbereitet. Maria schickte ihm eine warnende Botschaft: »Ich glaube nicht, dass diese Niederlande seit den Kriegen unseres Großvaters, des verstorbenen Kaisers [Maximilian], in solcher Gefahr gewesen sind wie heute, weil wir an so vielen Fronten angegriffen werden, dass ich nicht weiß, wo ich beginnen soll. Das Schlimmste ist, dass unsere Feinde vorbereitet sind, wir aber nicht: Sie haben uns völlig überrascht.«

Rasch ging sie daran, all ihre der Sympathie für die Invasoren verdächtigen Untertanen zu verhaften, zu foltern und hinzurichten, um so die Bildung einer möglichen fünften Kolonne zu verhindern, aber sie legte Karl zugleich nahe, dass nur seine Anwesenheit die Lande seiner Vorfahren retten könne. Das Plädoyer verfing nicht: Solange sich französische Streitkräfte auf spanischem Boden befanden, wagte Karl nicht, die Iberische Halbinsel zu verlassen.25 Im Endeffekt überstand Karl die Krise von 1542 relativ unbeschadet. Der Herzog von Alba sorgte für eine wirksame Verteidigung an der katalanischen Grenze und zwang die Invasoren zum Rückzug, wenn auch in fast letzter Minute. Der englische Botschafter in Spanien notierte: »Obwohl der Kaiser wie ein weiser Fürst und ein erfahrener Mann, der mit dem Schlimmsten rechnet, überall große Vorkehrungen traf, wurde er dennoch von der Anzahl und Unterschiedlichkeit« der Angriffe beinahe überwältigt. Diese Ansicht teilte Karl durchaus und bekannte seinem Bruder gegenüber: »Der König von Frankreich glaubte mich überraschen zu können, indem er das Roussillon ebenso angriff wie Navarra. Er nahm an, alles werde ihm zufallen und dass ich keinen Widerstand leisten könne und dass er nach einem Über-

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raschungsangriff auf Perpignan bis nach Valladolid vorstoßen könne. Ich will Euch die Wahrheit sagen: Wenn sein Heer zu der von ihm vorgesehenen Zeit aufgebrochen wäre, hätte er mich in arge Verlegenheit gebracht, weil ich solch ein Unternehmen nie für möglich gehalten habe … Aber Gott gab mir die Zeit, Perpignan zu befestigen, instand zu setzen und mit Proviant zu versorgen.«

Auch die Niederlande wurden durch französische Inkompetenz gerettet. Sobald Orléans vernahm, dass sein Vater eine größere Schlacht gegen Karl plante, führte er sein Heer nach Süden, wodurch Maria die meisten ihrer Verluste wettmachen konnte. Es war kaum anders als in Spanien: »Die Angriffe, die der König von Frankreich und seine Anhänger gegen die Niederlande geplant hatten, waren so umfangreich und so sorgfältig und im Geheimen geplant worden, dass wir es für ein großes Wunder halten müssen, dass ihre Ausführung hier nicht mehr Schaden angerichtet hat.«26 Nachdem die Krise vorüber war, besuchte Karl Katalonien und Valencia, um die Cortes dort zu überreden, Steuern zuzustimmen und Prinz Philipp als seinen rechtmäßigen Erben anzuerkennen. Danach kehrte er nach Kastilien zurück, um mit seinen drei ehelichen Kindern Weihnachten zu feiern (zum letzten Mal, wie sich herausstellen sollte). Am 15. Januar 1543 dann wies er seine Hofhaltung an, Vorbereitungen zu treffen, um ihn nach Italien zu begleiten, und sechs Wochen später brach er nach Barcelona auf. »Ich kann nicht alles tun und überall sein«, teilte er Ferdinand mahnend mit, also »dürft Ihr nicht auf meine Hilfe rechnen, weil ich genug eigene Probleme habe – tatsächlich zu viele, wie ich fürchte.« Doch fügte er mit starkem Sarkasmus hinzu: »Ich hoffe, schon bald unseren lieben Bruder und Freund, den Allerchristlichsten König [eine Titulatur, die Karl in glücklicheren Zeiten für Franz benutzt hatte], zur Räson bringen zu können.«27 Zu diesem Vorhaben gehörten einige wichtige diplomatische Initiativen. Nach intensiven Verhandlungen erreichten Karls Gesandte in Portugal eine Einigung über die Bedingungen für eine weitere Doppelhochzeit: Die Infantin Johanna wurde mit dem portugiesischen Thronerben Prinz Johann verlobt, und seine Schwester María Manuela würde Prinz Philipp heiraten. Da die Monarchen wegen der zahlreichen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Verlobten einen päpstlichen Dispens benötigten (siehe Abb. 28), kam es zu Verzögerungen, aber König Johann III. (der Ehemann von Karls Schwester Catalina) sagte zu, die Hälfte der Aussteuer seiner Schwester im Voraus zu zahlen. Karl verwendete das Geld umgehend zur Finanzierung seiner Italienreise.28 Auch wandte er sich Heinrich  VIII. zu, einst der Paria der Christenheit, doch nun von Karl wie auch von Franz hofiert. Dabei genoss der Kaiser einige Vorteile. Obwohl Franz in der Öffentlichkeit Begeisterung für eine Heirat zwischen

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seinem jüngeren Sohn und Heinrichs Tochter, Mary Tudor, bekundete, hegte er privatim ernsthafte Zweifel. Auch die enge Verbundenheit des französischen Königs mit Jakob V. von Schottland verärgerte Heinrich gründlich. Dazu kam noch, dass der kaiserliche Botschafter in England, Eustache Chapuys, einen Beamten der französischen Botschaft dazu überredet hatte, beträchtliche Mengen der Korrespondenz seines Herrn zu kopieren und dem Botschafter zu überlassen. Der benutzte das Material, um jegliches Vorgehen der Franzosen zu sabotieren.29 Im Januar 1543 erteilte Karl seinem Botschafter die Befugnis, direkte Verbindung mit Maria und Granvelle aufzunehmen, damit sie gemeinsam »die besten Mittel und Wege zur Verwirklichung unserer Absichten« ausarbeiten konnten. Und im darauffolgenden Monat signierte er einen Vertrag, der alle noch im Raum stehenden Beschwerdegründe beseitigte und beide Monarchen dazu verpflichtete, in Frankreich einzumarschieren, damit Karl sich das Burgund und die Picardie sichern konnte, Heinrich die Normandie und Guyenne.30 Der Kaiser war sich nicht im Klaren darüber, was nun die wirksamste Strategie für die Verbündeten wäre. Derselbe Brief, der Chapuys ermächtigte, mit Heinrich die Bedingungen auszuhandeln, enthielt auch die wenig hilfreiche Information, dass Andrea Dorias Galeeren »uns persönlich dorthin befördern werden, wo immer die Gefahr am größten sein mag, damit wir dem Feind mit aller Macht widerstehen können, doch sind wir zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, Euch mitzuteilen, wohin genau wir selbst gehen werden, weil wir nicht sicher wissen, wie die Pläne des Feindes aussehen«.31 Dennoch zog der Kaiser in Vorbereitung seiner Reise in Barcelona Truppen, Geldmittel, Schiffe und Munition zusammen und begrüßte Adlige und andere Freiwillige, die an seinem nächsten Feldzug teilnehmen wollten. Er unterzeichnete auch Instruktionen für diejenigen, die Spanien während seiner Abwesenheit regieren würden. Die Karwoche verbrachte er zurückgezogen in einem nahe gelegenen Kloster, und am 1. Mai 1543, »nach den Exequien und der Messe für die Kaiserin« (es war ihr vierter Todestag), begab sich Karl an Bord einer Galeere Andrea Dorias und ließ Segel in Richtung Genua setzen.32

Wie man König ist Schon kurz nach dem Aufbruch zwangen widrige Winde die kaiserliche Flotte dazu, zehn Tage in dem kleinen Hafen der katalanischen Stadt Palamós, 130 Kilometer nördlich von Barcelona, zuzubringen. Einige glaubten, Karl warte dort auf Nachzügler, aber der englische Botschafter Edmund Bonner wusste es besser: »Er wollte einerseits der Unzahl von Bittstellern entgehen, die ihm in Barcelona zur Last fielen, und andererseits in Ruhe vor seiner Abreise alle Angelegenheiten

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hier in Spanien regeln und ordnen.« Karl nutzte die »Ruhe«, um einige der längsten Dokumente aufzusetzen, die er je schreiben würde: zwei eigenhändige Papiere mit Ratschlägen für Philipp, der demnächst im Alter von sechzehn Jahren als sein Regent in Spanien fungieren sollte. Im ersten Dokument beginnt Karl bedächtig: »Obwohl ich mich nicht für geeignet halte, Euch angemessene Regeln zu geben, vertraue ich nichtsdestotrotz darauf, dass Gott meine Feder leiten wird, wenn ich Euch sage, was notwendig ist.« Es folgt eine Auflistung von Verhaltensregeln, die ein verantwortlicher Herrscher zu beachten hat: Gott ehren und gerecht regieren, keine Versprechen abgeben, die nachher schwer einzuhalten sind, usw.33 Das zweite Dokument ist die vielleicht bemerkenswerteste politische Analyse, die jemals von einem frühmodernen Herrscher zu Papier gebracht wurde. Zwar haben viele Monarchen ihren Erben schriftlichen Rat zukommen lassen, doch Karl selbst hatte dergleichen nicht erhalten. Allerdings bot angesichts der Größe und Komplexität seines transatlantischen Reichs die Vergangenheit ohnehin kein Modell für die Lektionen, die er nun mitteilen wollte. Der Kaiser betonte: »Ich schreibe und schicke Euch dieses geheime Dokument, das nur für Euch bestimmt ist: Ihr müsst es also geheim und unter Verschluss halten, sodass weder Eure Frau noch eine andere lebende Person es zu Gesicht bekommen.« Hierauf folgte eine pessimistische Einschätzung der Risiken, die mit seiner Reise nach Nordeuropa verbunden waren – einer Reise, »die für meine Ehre und meinen Ruf, für mein Leben und für meine Finanzen die denkbar gefährlichste ist«. Er entschuldigte sich dafür, »die Königreiche und Herrschaftsgebiete, die ich Euch vermache, in solch ex­tre­me Notlage gebracht« zu haben, sodass bei seinem Tod »meine Finanzen in einem Zustand sein werden, der Euch viele Probleme bereiten wird, weil Ihr sehen werdet, wie klein und belastet meine Einkünfte im Augenblick sind«. Wenn er aber, versicherte er hochtrabend, sein Leben bei ihrer Verteidigung verlieren sollte, »werde ich die Genugtuung haben, es verloren zu haben, während ich meine Pflicht tat und Euch half«. Dann legte er die Linien seiner umfassenden Strategie dar, damit sein Sohn, »sollte ich auf dieser Reise gefangen genommen oder aufgehalten werden«, wissen sollte, »was ich zu tun plane«: »Sollte der König von Frankreich meinen Handlungen zuvorkommen und während meiner Seereise gegen mich mobil machen, werde ich mich verteidigen; und da ich die Kosten nicht tragen kann, könnte ich zur Schlacht gegen ihn gezwungen sein und so alles riskieren. Aber wenn ich feststelle, dass er mich nicht angegriffen hat, werde ich ihn via Flandern oder Deutschland angreifen mit der Absicht, gegen ihn zu kämpfen, wenn er es will oder sich dazu gezwungen sieht.

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Um seine Stärke zu vermindern, soll der Herzog von Alba mit den deutschen und spanischen Truppen aus Perpignan und mit den Soldaten, welche die Granden und Prälaten und Städte ausheben, in das Languedoc einmarschieren und die Provence mit den Galeeren von See aus verwüsten und die Dauphiné und das Piemont mit den Truppen, die ich in Italien stationiert habe.«

Es war ein ausgezeichneter Plan, aber, wie Karl bedauernd vermerkte: »Im Augenblick kann dies alles nicht verwirklicht werden, zum Teil, weil die notwendigen Lebensmittel fehlen, zum Teil wegen der Knappheit an Geld und Ausrüstung, zum Teil auch, weil es großen Widerwillen dagegen geben wird, diesen Truppen den Einsatz außerhalb des Königreichs zu gestatten, und schließlich auch, weil meine Galeeren nicht verfügbar sein werden, bis ich weiß, was die Türken vorhaben.« In jedem Fall »besteht das Risiko, das diese Reise für meine Ehre und meinen Ruf darstellt, darin, dass ich etwas sehr Unsicheres unternehme, ohne zu wissen, was es an Nutzen oder Resultaten bringen wird: Die Zeit wird knapp, das Geld ist es bereits, und der Feind ist vorgewarnt und vorbereitet.« Immerhin deutete er eine mögliche Lösung für die finanzielle Krise an. Als er nach der Versammlung der kastilischen Cortes 1538 geschworen hatte, niemals wieder eine Verbrauchssteuer (sisa) zu fordern, hatte er zwar nicht bedacht, dass sein Schwur auch für Philipp als bindend galt. Aber eine Notlage erforderte eben besondere Maßnahmen: »Ich schreibe Euch sofort in groben Umrissen, was getan werden muss, und teile Euch eigenhändig mit, dass es Zeit für Euch ist, Euch als würdig zu erweisen, indem Ihr tut, was Ihr müsst, um Eurem Vater zu helfen, und weil es Euch obliegt, unsere Armut zu beheben. In dieser Hinsicht könnt Ihr standfest sein und mit allen sprechen, im Besonderen wie auch im Allgemeinen, und sie dazu drängen, [zu einer Verbrauchssteuer] ihren Beitrag zu leisten.«

»Mit dem, was aus Indien hereinkommt (wenn es denn kommt), und mit dem, was meine Untertanen anderenorts mir verschaffen werden«, hoffte der Kaiser, werde es seiner kühnen Strategie gelingen, »unsere Feinde so weit niederzustoßen, dass sie uns Raum zur Erholung lassen und damit die Ausgaben aufhören, die sie uns jeden Tag aufzwingen«.34 Nachdem er die Ermahnung, dass sein Rat »nur für Euch bestimmt ist und Ihr ihn daher geheim halten müsst«, wiederholt hatte, widmete sich Karl den Stärken und Schwächen eines jeden seiner Minister, die er sich als Beistand herangezogen hatte, um Spanien zu regieren. Auf deren Ansichten werde sich der Prinz »während meiner Abwesenheit, besonders falls Gott mich während dieser Reise zu sich rufen sollte«, verlassen müssen. Der Kaiser hatte seinen

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Sohn bereits mündlich gewarnt vor den »Animositäten und Allianzen und wahren Kabalen, die sich zwischen meinen Ministern bilden oder bereits gebildet haben, was zu viel Unbehagen bei ihnen führte und uns schlechte Dienste leistete«. Jetzt wiederholte er seine Bedenken  – trotz des Risikos, dass sie eines Tages öffentlich werden könnten (wie es tatsächlich später der Fall war) – sogar schriftlich, weil »sie in der Öffentlichkeit tausend Komplimente und hübsche Nichtigkeiten austauschen werden, privatim aber das genaue Gegenteil tun, weshalb Ihr sehr aufmerksam auf ihr Tun achten müsst«. Karl bereitete Philipp darauf vor, dass jeder höhere Würdenträger »versuchen wird, im Schutz der Dunkelheit zu Euch zu kommen, um Euch zu überzeugen, dass Ihr nur ihm vertrauen sollt«.35 Karl nahm sich zuerst Tavera vor, der sich »Euch in Demut und Frömmigkeit nahen wird. Ehrt ihn und vertraut ihm in Dingen der Moral, denn er wird Euch dafür gute Ratschläge geben. Nötigt ihn, Euch in den Dingen, die er mit Euch erörtert, gut und unparteiisch zu beraten und für verantwortungsvolle Positionen gute, unparteiische Personen auszuwählen. Doch in anderen Dingen gebt Euch nicht allein in seine Hand, jetzt nicht und niemals sonst.« Danach ging es um den Herzog von Alba: Zwar sei er in militärischer Hinsicht »der Beste, den wir im Augenblick in unseren Königreichen haben«, doch hatte Karl ihn aus dem innersten Kreis der Berater des Prinzen ausgeschlossen. Dies war nicht nur geschehen, weil es »am besten ist, keine Granden in die Regierung des Königreichs einzubeziehen«, sondern auch, weil »ich, seit ich ihn kenne, bemerkt habe, dass er sehr ehrgeizig ist und so mächtig wie möglich zu werden trachtet, auch wenn er die Szene kniefällig, ganz und gar demütig und bescheiden betrat; bedenkt also, wie er sich Euch gegenüber aufführen wird, mein Sohn, weil Ihr jünger seid!« Hierauf wandte sich der Kaiser Los Cobos zu. »Er arbeitet nicht mehr so hart wie einst«, beklagte sich Karl. Zwar habe er »bis jetzt wenig Parteilichkeit gezeigt, aber jetzt scheint mir, dass ich einige Anzeichen davon bei ihm bemerke«. Nichtsdestotrotz »kennt er sich aus in allen meinen Angelegenheiten und weiß eine Menge darüber. Ich bin sicher, dass Ihr niemanden finden werdet, der Euch in diesen Dinge von größerem Nutzen sein kann, und ich glaube, er wird diese Aufgabe gut und aufrichtig erledigen.« Daher »wäre es gut, wenn Ihr mit ihm so umgingt wie ich; seid mit ihm niemals allein und verschafft ihm nicht mehr Befugnisse, als seine Instruktionen es zulassen«. Karl schloss: »Seid ihm gewogen, denn er hat mir gut gedient. Ich glaube, dass viele ihm Schlechtes wünschen, aber das verdient er nicht.«36 Ähnlich dachte Karl über Kritik, die gegen Juan de Zúñigas erhoben wurde: »Ihr müsst erkennen, dass all die Leute, die Euch in der Vergangenheit umgeben haben und Euch gegenwärtig umgeben, nachgiebig sind und Euch zu gefallen

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trachten, was Don Juan schroff erscheinen lässt; aber wäre er wie die anderen gewesen, wäre alles nach Euren Wünschen gegangen, und das ist für keinen gut, nicht einmal für ältere Leute, geschweige denn für die Jugend ohne das Wissen und die Selbstbeherrschung, die mit Alter und Erfahrung einhergeht.«

Dennoch, fuhr der Kaiser fort, sei Zúñiga »etwas voreingenommen, hauptsächlich gegen Los Cobos, aber auch gegen den Herzog von Alba … Ich glaube, diese Voreingenommenheit erklärt sich hauptsächlich daraus, dass er von mir nicht so viele Belohnungen erhalten hat, wie er wollte, und denkt, dass Los Cobos ihm nicht geholfen hat« – oder die Belohnungen gar vermindert habe. »Zudem bemisst er die Ungleichheit der Abstammung und die Länge der Zeit in meinem Dienst« – eine Anspielung auf die Tatsache, dass Zúñiga einem prominenten Adelsgeschlecht entstammte und seit 1506 in Diensten Karls stand, während Los Cobos einfacher Herkunft war und Karl erst seit 1516 diente. »Trotz dieser Voreingenommenheiten«, schloss der Kaiser, »werdet Ihr niemanden finden, der Euch besser zu raten weiß und mehr nach meinem Gefallen ist als diese beiden Männer.« »Wenn Ihr etwas wissen wollt über die Außenpolitik unserer Königreiche sowie über Italien, die Niederlande, Deutschland, Frankreich und England, ferner über andere Könige und Machthaber und ihre Regierungen, kennt sich, da bin ich sicher, niemand besser aus und hat im Allgemeinen wie im Besonderen mehr damit zu tun gehabt als Granvelle. Er war mir in diesen Angelegenheiten immer von sehr großem Nutzen, und das ist auch weiterhin so. Er ist gewissenhaft (ich glaube mich darin nicht zu täuschen), und Ihr tut gut daran, ihn zu beschäftigen.«

Karl lobte auch Granvelles Sohn Antoine Perrenot, der im Jahr zuvor in Philipps Anwesenheit zum Bischof von Arras geweiht worden war. »Er ist jung, hat aber gut begonnen. Ich glaube, er wird Euch von Nutzen sein.«37 Viel kritischer äußerte sich Karl über drei weitere hohe Minister. Wenig Gutes wusste er über Silíceo, den früheren Lehrer des Prinzen, zu sagen. »Ihr wisst – und wir alle wissen –, dass er ein guter Mann ist; doch war und ist er bestimmt nicht die für Eure Erziehung am besten geeignete Person. Er war immer zu ängstlich darauf bedacht, Euch zu Gefallen zu sein.« Gegenwärtig »ist er Euer persönlicher Kaplan und Euer Beichtvater. Es wäre nicht gut, wenn er mit Eurem Gewissen so nachsichtig umginge, wie er es mit Eurer Erziehung getan hat.« Der Kaiser empfahl Philipp also, er solle »einen guten Klosterbruder zum Beichtvater bestellen«. Dann ging es um Loaysa, Karls früheren Beichtvater, der nun Erzbischof von Sevilla und Minister mit Zuständigkeit für die ameri-

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kanischen Angelegenheiten war. »Er war hervorragend, was Staatsangelegenheiten betraf, und er ist es im Großen und Ganzen auch heute noch, wenngleich durch seine Krankheiten geschwächt. Wann immer ich seinen Rat suchte, insbesondere bei der Wahl meiner Minister und in anderen persönlichen Angelegenheiten, waren seine Überlegungen hilfreich für mich.« Philipp könnte es »mit ihm versuchen, so wie es Euch geeignet erscheint, denkt aber daran, dass ich den Eindruck habe, dass er jetzt einfach dem folgt, was andere vorgeben. Wenn er den Hof verlassen will, um seine Diözese aufzusuchen, solltet Ihr ihn dazu ermutigen, aber taktvoll und mit Respekt.« Schließlich bewertete der Kaiser noch die Fähigkeiten von Fernando de Valdés, dem Präsidenten des Rates von Kastilien.38 Der sei zwar »ein guter Mann, jedoch, soweit ich sehe, nicht die Art von Mann, die ein solcher Rat benötigt, aber ich finde und kenne keinen, der die Arbeit besser verrichten könnte«. Der Prinz müsse eben die begrenzten Talente von Valdés zu seinem Besten nutzen. So stattete der Kaiser seinen Sohn nicht nur mit einer freimütigen Einschätzung eines jeden Ministers aus, sondern auch mit Ratschlägen, wie er mit jenen umgehen solle, die eigensüchtig oder ineffektiv waren. Auch gab er ihm zu verstehen, wie er einen nicht mehr zufriedenstellend arbeitenden Minister »taktvoll und mit Respekt« loswerden könne. Wie schwierig es für ihn war, diese kritischen Bewertungen zu Papier zu bringen, zeigt sich an den zahlreichen Hinzufügungen und Streichungen – sie sind viel häufiger als in irgendeinem anderen Teil seiner Instruktionen (siehe Abb. 9). Nach fast drei Jahrzehnten Machtausübung erkannte der Kaiser deutlicher als die meisten Staatsmänner die Grenzen des Möglichen. »Ich bin mir wohl bewusst, mein Sohn, dass ich Euch noch viele weitere Dinge sagen könnte und sollte«, aber: »Von denen, die ich sagen könnte, sind manche im Augenblick nicht wichtig, weil ich Euch die gewichtigsten bereits mitgeteilt habe; und sie werden sich notwendigerweise jeden Tag wiederholen. Die Dinge, die ich Euch sagen sollte, sind so undurchdringlich und ungewiss, dass ich nicht weiß, wie ich sie beschreiben sollte oder ob ich Euch ihrethalben überhaupt Ratschläge anbieten sollte, weil sie voller Wirrnisse und Widersprüche sind, sei es aufgrund der Lage der Dinge oder des Gewissens.«

Sollte Karl auf dem Feldzug sterben, müsse Philipp jedenfalls das Folgende tun: »Nehmt guten Rat an, damit Ihr Euren Frieden mit Gott machen könnt, denn ich bin so unentschlossen und durcheinander in Bezug auf das, was ich tun muss, dass jemand in meiner Lage kaum einem anderen in der gleichen Lage zuraten

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kann, was er tun soll. Auch rührt meine Konfusion aus der Zwangslage, in der ich mich befinde. Indem ich darum kämpfe, das zu tun, was ich tun muss, finde ich keine bessere Lösung, als mich in Gottes Hand zu begeben, sodass Er alles so befehlen kann, wie es Ihm am besten dient. Ich werde mit dem zufrieden sein, was immer Er tut und befiehlt.«

Nachdem Karl 48 Seiten im Folioformat vollgeschrieben hatte, las und überarbeitete er beide Dokumente noch einmal, um sie dann mit »Yo el Rey« zu unterschreiben und im Geheimen an seinen Sohn zu schicken. Der herausragende belgische Archivar und Historiker Luis Prosper Gachard feierte Karls Instruktionen als »Monumente der Weisheit und Voraussicht, geboren aus einer gereiften Erfahrung in der Kunst des Regierens und einer tiefen Kenntnis von Menschen und politischen Verhältnissen. Sie allein reichen aus, Karl V. in den ersten Rang der Staatsmänner seiner Zeit zu erheben.« Karl hatte Unterricht in einer Meisterklasse zum Thema »Wie man König ist« gegeben. Botschafter Bonner bemerkte: Zwar werde der Kaiser »für lange Zeit« nicht nach Spanien zurückkehren, weil er »an anderen Orten verweilen muss, insbesondere in Flandern und Deutschland«, doch habe er für die Dauer seiner Abwesenheit in dieser hochriskanten Mission »gute Vorkehrungen für all seine Reiche hier getroffen«.39

Geldern wird zerstört Mit seiner Flotte von 140 Schiffen kam Karl am 25. Mai 1543 in Genua an. Zwar brannte der Kaiser darauf, seine Reise nach Deutschland anzutreten, doch zuvor machte er noch einen Abstecher zu Papst Paul III.: ein weiterer Versuch, ihre Differenzen zu beseitigen. Loaysa hatte zugeraten: »Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass solche Treffen kaum Vorteil bringen und auch die Reputation nicht mehren; dennoch empfehle ich Eurer Majestät, es zu ertragen und sich zu verstellen, um so viel wie möglich vom Heiligen Stuhl zu bekommen.« Das Gipfeltreffen dauerte vier Tage, während derer Karl den Papst vergeblich drängte, Franz wegen seines offen betriebenen Bündnisses mit den Türken den Krieg zu erklären. Der Papst lehnte das mit der Begründung ab, dass in diesem Falle der französische König dem Beispiel Heinrichs VIII. folgen und Rom die Gefolgschaft aufkündigen werde. Mehr Erfolg hatte der Kaiser mit dem Vorschlag, der Papst möge ein Konzil nach Trient an der Südgrenze des Heiligen Römischen Reichs einberufen. Das war ein Ort, den auch seine deutschen Untertanen akzeptieren konnten. Außerdem sagte der Papst zu, 4000 Soldaten auszuheben und zu bezahlen zum Kampf gegen die Türken in Ungarn. Dann bot Paul noch

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sehr zur Überraschung des Kaisers die Zahlung von einer Million Dukaten an, wenn Karl den Papstsohn Pier Luigi Farnese mit Parma und Piacenza, vormals zum Herzogtum Mailand gehörig, investieren würde. Der Papst war der Auffassung, dass das Italien den Frieden bringen würde. Karl versprach, darüber nachzudenken.40 Als der Kaiser sich schon auf die Abreise vorbereitete, kam es noch zu einem Treffen mit Paolo Giovio, dem berühmtesten Historiker seiner Zeit. »Mit lächelndem Gesicht sagte er [d. i. Karl] mir beiläufig: ›Ihr müsst Eure Feder wieder aufnehmen und rasch in Eurer Historia alles niederschreiben, was bis jetzt geschehen ist, denn der bevorstehende Krieg wird Euch vor eine große neue Aufgabe stellen.‹« Etwas bescheidener versicherte der Kaiser seinen niederländischen Untertanen, dass »wir uns entschieden haben, persönlich zu eurer Rettung zu kommen«, damit »wir mit eurer Hilfe und der unseres Schöpfers dafür sorgen, dass unsere Feinde, ob sie wollen oder nicht, euch zukünftig in Ruhe lassen«.41 Anfänglich fand Karl sich von Feinden umgeben, gerade wie er es vorhergesehen hatte. Sultan Süleyman führte ein weiteres riesiges Heer nach Ungarn, eroberte Esztergom (Gran) und Székesfehérvár (Stuhlweißenburg); Barbarossa segelte mit der türkischen Flotte ins westliche Mittelmeer, wo er sich mit den französischen Streitkräften zusammentat, um Nizza zu belagern; französische Truppen marschierten in den Hennegau ein. Der Kaiser entschloss sich, alle diese Bedrohungen zu ignorieren, und führte stattdessen seine spanischen und italienischen Truppen nach Speyer. Dort versammelte er etliche Regimenter kampferprobter deutscher Soldaten, einen Belagerungszug von 120 Geschützen und eine Flottille von Booten und Schaluppen, um »sein ganzes Heer auf dem Wasser [rhein]abwärts zu transportieren«. Damit hatte er die Initiative in der Hand, denn nun konnte er sich entscheiden: Wollte er »mit dem Herzog von Kleve beginnen« oder über die Mosel »nach Luxemburg und von dort aus in Frankreich einmarschieren oder ohne Umweg« in die Niederlande gelangen? Giovanni Batista Ricasoli, der mit Karl reisende florentinische Botschafter, schloss die erste Option aus, weil »es wenig ruhmreich ist, Krieg gegen seinen eigenen Vasallen zu führen, während der ungewisse Ausgang von Kriegen bedeutet, dass die Auseinandersetzung leicht verloren werden kann« – aber Ricasoli irrte sich.42 Karl verließ Speyer mit seinem Heer am 3. August und segelte mit großer Geschwindigkeit flussabwärts bis Bonn, wo ausgeschifft wurde. Dann inspizierte er persönlich sein gesamtes Heer, bevor er gegen Düren marschierte, eine der am besten befestigten Städte im Herrschaftsbereich Wilhelms V. von Kleve. Als Düren sich weigerte, der Aufforderung zur Kapitulation nachzukommen, gab Karl den Befehl, diese »Ungehorsamkeit und Rebellion als Beispiel für andere

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zu bestrafen«. Dem willfahrten seine spanischen und italienischen Truppen nur allzu gern: Nach einem kühnen Angriff schlachteten sie an die 700 Verteidiger ab, der Rest geriet in Gefangenschaft. Der Kaiser ordnete an, dass »diejenigen, die sich am meisten schuldig gemacht haben  – insbesondere diejenigen, die in den Niederlanden unsere Vasallen sind –, bestraft werden«. Hierauf wurden dem Bericht eines Feldzugsteilnehmers zufolge in Anwesenheit des Kaisers »Gefangene erhängt, die man als seine Vasallen identifiziert hatte, und jedem Deutschen wurden die zwei Finger abgehackt, mit denen er dem Kaiser Gehorsam geschworen hatte«.43 Wie bei seinen früheren Feldzügen führte Karl seine Truppen in vorderster Front an. Vor dem entscheidenden Angriff tauchte er mitten unter den Soldaten auf, »voll gepanzert, mit einer golddurchwirkten Tunika, um gut auszusehen und seine Soldaten zu ermutigen sowie um den Hass, den er gegenüber dem Ort empfand, ebenso deutlich zu machen wie die Rache, die er nehmen wollte«. Wenn jemand ihn so sah, »gepanzert und zu Pferde«, und ihn bat, er solle sich doch zurückziehen, um nicht von einer Kanonenkugel getroffen zu werden, »erwiderte Seine Majestät, dass es jetzt nicht an der Zeit sei, seine Männer zu verlassen, auch nicht, wenn eine Kanonenkugel seine Augen träfe«. Der Botschafter Ricasoli spottete: Der Kaiser »dient als General, Oberst, Hauptfeldwebel, alles. Es ist wahrhaft erstaunlich, welche Mühen er auf sich nimmt, um überall in voller Rüstung hinzugehen, ohne Unterlass beschäftigt und bestrebt, jede kleine Sache selbst zu sehen und zu tun. Er ist in dieser Hinsicht so fleißig, dass man ihn bald tadeln wird, weil sein Wunsch, alles zu wissen, den Feldzug verzögern wird.«44 Erneut war der Botschafter im Irrtum. Angesichts des Schicksals von Düren ergab sich eine Stadt nach der anderen, und am 7. September 1543 kam Wilhelm von Kleve, dem sicheres Geleit gewährt worden war, in das kaiserliche Lager, »warf sich auf die Knie und flehte mit gefalteten Händen um Vergebung«. Wie in Gent drei Jahre zuvor blickte der Kaiser finster drein, als er »den Herzog an dessen vergangene Vergehen erinnerte« und für einige Zeit so tat, als würde er härtere Maßnahmen ergreifen. Selbst nachdem Wilhelm die Erlaubnis erhalten hatte, die kaiserliche Hand zu küssen, musste er ein schimpfliches Übereinkommen unterzeichnen, dem zufolge ganz Geldern an Karl fiel. Bald danach schworen die Stände seines neuen Herzogtums dem Kaiser die Treue als Untertanen, während er im Gegenzug versprach, ihre traditionellen Privilegien zu respektieren.45 Nicholas Wotton, einem englischen Diplomaten, der Karl ebenfalls begleitete, schien dies »eines der seltsamsten Dinge, die sich in diesen vielen Jahren ereigneten, denn ich hätte nie geglaubt, dass ein so großes und starkes Land nach dem feigen Ver-

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lust nur einer Stadt ohne einen weiteren Schlag ganz und gar verloren ist, sodass Cäsar [Karl] nun seinen Freunden schreiben kann, wie [Julius] Caesar seinen Freunden schrieb: Ich kam, ich sah, ich siegte.«

Zwar äußerte der neue Cäsar diesen anmaßenden Satz nicht selbst, doch bekannte er gegenüber dem Herzog von Alba: »Ich erfreute mich nicht wenig an dem Sieg über Geldern, den Gott mir gewährte. Ihm sei Dank für den großen Lohn, den ich empfing, da Er mein Fleisch von diesem Stachel befreite.«46 Er hatte tatsächlich allen Grund zur Freude: Der Feldzug hatte die Ostgrenze der Niederlande sicherer gemacht (was weder seinem Vater noch seinem Großvater gelungen war), und »sein Ruf war nun überall hin gedrungen, insbesondere zu den deutschen Fürsten, die bereits zittern, weil er in wenigen Tagen das erreichte, von dem sie hofften, es werde ihn viele Monate kosten«. Dagegen habe der König von Frankreich »in Deutschland, wo er von allen herabgesetzt, getadelt und gerügt wird, jede Glaubwürdigkeit verloren«, weil er seinen Bündnispartner im Stich gelassen hatte. Thomas Wotton schrieb: »Es scheint so, als habe Gott den französischen König geblendet und beabsichtigt, ihn zu strafen. Denn er ist dem Herzog von Kleve nicht zu Hilfe gekommen, obwohl er durch ihn mit einer kleinen Streitmacht dem Kaiser mehr hätte zusetzen können, als er selbst mit einer viermal größeren Macht dazu in der Lage ist.« Jetzt habe Franz »wahrscheinlich den Krieg ganz und gar in den eigenen Grenzen, und sein Land wird zerstört«.47 Aber das Feldzugsleben forderte von Karl seinen Tribut. Er verlor so viel an Gewicht, dass er beim Anlegen seines Panzers diesen »beträchtlich zu weit für ihn fand, ungeachtet dessen, dass er sich ein dickes Wams machte«, das mit Baumwolle gefüllt war und unten drunter getragen wurde. Als er erklärte, er wolle zu seinem Heer, das gerade Landrecies an der französischen Grenze belagerte, um Franz zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen, tat ein zutiefst erschreckter Granvelle sein Bestes, um ihn davon abzubringen. Es sei, wandte er ein, »die gefährlichste Sache, die ich Euch je habe unternehmen sehen, und ich stürbe lieben hundert Tode, als dieser Entscheidung zuzustimmen«. Krieg zu führen »an einem Ort, der so sumpfreich ist, dass selbst die Gesunden häufig sterben«, sei unbesonnen und Karls Entschluss, sein Leben im Kampf zu riskieren, heiße daher »Gott versuchen, und kein Beichtvater oder Theologe würde das gutheißen. Ihr seid kein Fürst mehr, der Wagnisse auf sich nehmen kann, die jungen Männern anstehen«, schloss Granvelle. »Ihr solltet Euch nicht mehr zutrauen, als Eure Gesundheit zulässt. Wenn ein Unglück geschieht (was Gott verhüten möge), wird es all das Gute gefährden und auslöschen, das Ihr hättet bewirken können – und das ohne angemessene Entschuldigung für Gott oder die Welt.« Nachdem Karl seinem engsten Berater unbewegt gelauscht

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hatte, beichtete er, nahm die Kommunion und machte sich auf den Weg zu seinem Heer im Lager vor Landrecies.48 Zunächst konzentrierte sich der Kaiser auf seine Belagerungsartillerie, zu der auch einige Mörser gehörten, die explosive Kugeln in die Stadt schießen konnten (offensichtlich eine Neuerung). Zumindest einer seiner Befehlshaber kritisierte dies als »Zeitverschwendung«, weil die »Festung nicht mit Gewalt erobert werden kann, der Kaiser aber darauf versessen war, den Beschuss zu eröffnen«. Aber Karl, der 36 000 Mann Infanterie und 6000 Reiter befehligte, suchte nun die Schlacht – vielleicht ermutigt durch Loaysa, der ihn drängte, die Franzosen »in einen weiteren Kampf zu locken«, der für sie schlimmer enden werde als damals bei Pavia.49 Als sich die Nachricht verbreitete, dass Franz mit seinem Heer im Anmarsch ist, berief Karl seinen Kriegsrat ein und stellte am 3. November 1543 seine Streitkräfte »in Schlachtordnung auf. Sie rückten über Felder voran, die so flach waren, dass sie einfach gesehen werden mussten« – ganz in der Hoffnung, dass seine »Feinde sich an all ihre Prahlereien darüber, dass sie kommen und ihn finden und gegen ihn kämpfen würden, erinnerten«. Während Karl solcherart die Operation befehligte, geriet er einmal aus der Fassung. »Ein adliger Herr stellte ihm fortwährend Fragen, bis der Kaiser ihm barsch befahl, damit aufzuhören. Der Mann fragte: ›Sind Euer Majestät verärgert?‹ Worauf der Kaiser erwiderte: ›Ja, das bin ich, weil Ihr alt seid und mir dennoch dauernd Fragen stellt!‹« Zweifellos zeigte diese Zurechtweisung, wie hoch der Einsatz war. Wenn die beiden Heere gegeneinander kämpfen würden, schrieb der venezianische Botschafter Bernardo Navagero, »dann wird es das größte Ereignis sein, das unsere Zeit je gesehen hat« – aber am Ende geschah gar nichts. Franz verlor, vielleicht in Erinnerung an Pavia, die Nerven und trat mit seiner Armee im Schutz der Dunkelheit »mit größter Geschwindigkeit« den Rückzug an. Die kaiserliche Streitmacht »jagte hinterdrein, sobald wir die Flucht entdeckt hatten; und der Kaiser selbst zu Pferde war mit dabei«. Aber sie nahmen nur ein paar Soldaten des Feindes gefangen, »von denen der Kaiser all jene zu töten befahl, die Untertanen des Reiches waren«.50 Nun rief Karl den Kriegsrat erneut zusammen und wies darauf hin, dass »das Jahr weit fortgeschritten ist und nun schlechtes Wetter in Aussicht steht«. Zudem sei »das Land ringsum verwüstet und Lebensmittel schwer zu bekommen, sodass es dieses Jahr keine Großtaten mehr geben könne«. Franz hatte sein Heer demobilisiert und »einen Großteil davon in Garnisonen untergebracht«. Karl schlug vor, »es ebenso zu machen, und fragte uns nach unserer Meinung, ob wir das nicht auch für gut befänden«. Alle stimmten zu, doch bevor sich seine Truppen zerstreuten, zog der Kaiser noch in Cambrai ein. Die Stadt war formell ein kaiserliches Lehen, hatte jedoch während des letzten Feldzugs Frankreich den Vorzug gegeben. Karl ordnete daher den Bau einer Zitadelle an. »Ohne dies

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Bauwerk«, informierte er Ferdinand, »wären Cambrai und Umgebung für das Heilige Römische Reich verloren«, wohingegen »die Zitadelle die Autorität des Reichs bewahrt«. Der König von Frankreich hätte Landrecies erobern können, teilte Karl dem venezianischen Botschafter selbstgefällig mit, »doch zwang ich ihn zur Flucht«. Und er fügte hinzu: »Je mehr der König sich als Türke und Lutheraner versucht, desto mehr freue ich mich und hoffe, dass Gott Seine Sache verteidigt.«51

Vorbereitungen Beide Herrscher trafen nun Vorbereitungen für den nächsten Feldzug, wobei die verzweifelte Suche nach Verbündeten ganz am Anfang stand. Franz hatte bereits seine Untertanen gezwungen, den Hafen von Toulon zu räumen, um dort die Mannschaften unterzubringen, die sich auf Barbarossas Flotte von 115 Galeeren und 43 Schiffen befanden. Sie verbrachten also den Winter auf Kosten Frankreichs in Toulon und standen bereit, sich im Frühjahr einem französischen Angriff auf Genua, Neapel oder Sardinien anzuschließen. Allerdings wurde Barbarossa im März 1544 klar, dass sein Gastgeber nicht über die für eine Mittelmeerkampagne nötigen Ressourcen verfügte, weshalb er zwei Monate später mit seiner Flotte nach Istanbul zurückkehrte. Franz’ demonstratives Bündnis mit den Osmanen hatte ihm keine Vorteile gebracht, sondern nur die Ablehnung durch alle anderen christlichen Herrscher, Lutheraner wie Katholiken, eingetragen.52 Dagegen konnte Karl zusammen mit Heinrich VIII. eine beeindruckende Strategie für den kommenden Feldzug auf die Beine stellen. Im Januar 1544 verständigten sich Kaiser und König darauf, »dass der Kaiser mit seinem Heer über die Champagne nach Frankreich einmarschieren und nach Paris vorstoßen soll, während Seine Majestät der König die Invasion über die Somme vorantreibt, die zu der Zeit eine Überquerung leicht ermöglicht, und von dort aus wird er, wie es die Umstände gestatten, gen Paris marschieren«.

Beide Monarchen würden bis zum 20. Juni 1544 einmarschieren, jeder an der Spitze eines Heers von 32 000 Mann und 100 Geschützen.53 Franz ahnte nichts von diesen Plänen. Er lenkte seine Elitetruppen so, dass sie erneut versuchen sollten, Mailand zurückzuerobern, und am 14. April 1544 gelang es ihnen tatsächlich, bei Ceresole d’Alba den Truppen von Vasto eine Niederlage zuzufügen. Martin du Bellay, der militärische Statthalter des Piemont, sah schon seine Träume wahr werden: »Hätte der Kaiser gesehen, wie das

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Herzogtum Mailand verwüstet wurde und in Gefahr geriet, verloren zu gehen, vor allem angesichts der mächtigen [frankophilen] Fraktionen im Königreich Neapel, wäre er gezwungen gewesen, seine Streitkräfte neu aufzustellen, um seine Gebiete zu verteidigen, statt die Territorien anderer zu erobern und das Risiko einzugehen, nichts zu gewinnen.« Aber du Bellays Vorstellungen vom Krieg waren überholt. Als der englische Botschafter am Kaiserhof von der Niederlage erfuhr, bemerkte er: »Es sieht so aus, als hätten die Franzosen mehr Ruhm als Gewinn [aus Ceresole] davongetragen, denn ich vermag nicht zu erkennen, dass sie seither auch nur eine Stadt oder Festung eingenommen haben oder dass dergleichen in der Lombardei wahrscheinlich ist.« Karl stimmte dieser Einschätzung zu und sagte dem venezianischen Botschafter: »Ich trauere nur um die armen Soldaten, die in meinen Diensten gestorben sind«, denn »ich hatte die Region stark befestigt und gut ausgerüstet«.54 Der Kaiser spielte damit auf eine Entwicklung in der westlichen Kriegführung an, die später als die »militärische Revolution« der Frühen Neuzeit bekannt wurde: Der Stellungskrieg wandelte sich dahingehend, dass Verteidigung wichtiger wurde als Angriff, was Schlachten weitgehend überflüssig machte. Der Architekt Gian Maria Olgiati hatte bereits um Genua herum eine Kette von Bastionen mit überlappenden Schussfeldern errichtet, bevor er nach Mailand kam, um dort bereits bestehende Befestigungen umzubauen und eine Reihe von sternförmigen Artilleriefestungen zur Verteidigung des Herzogtums neu anzulegen: Alles in allem war er für die Verteidigungsanlagen neuen Stils an fast siebzig Orten in Entwurf oder Bauausführung verantwortlich. Seine um Mailand angelegten Bastionen, die von dem gewaltigen Kastell der Sforza (Castello Sforzesco) dominiert wurden, verteidigten die Stadt bis in die 1790er-Jahre, und das Kastell beherrscht bis heute den Verkehrsfluss der Innenstadt. Die Habsburger ließen auch nördlich der Alpen Artilleriefestungen bauen. In Ungarn fügten italienische Ingenieure den wichtigsten Grenzfestungen Bastionen hinzu, und in den Niederlanden sorgten sie entlang der Grenze zu Frankreich für zahlreiche Verteidigungsanlagen neuen Stils mit gut befestigten Stützpunkten in Reserve. Die nach der Revolte von 1540 errichtete Zitadelle von Gent wies Mauern in einer Länge von 385 Metern und einer Dicke von sieben Metern auf; die Umwallung von Antwerpen, mit deren Bau nach dem Angriff geldrischer Streitkräfte 1542 begonnen wurde, erstreckte sich über fast fünf Kilometer und enthielt neun Bastionen. Auch die französischen Grenzanlagen wurden verstärkt. 1544 arbeiteten mehr als hundert italienische Ingenieure unter Leitung von Girolamo Marini daran, die Verteidigungsanlagen ausgewählter französischer Stützpunkte zu verstärken. Sie konzentrierten sich allerdings auf Festungen entlang der Nordgrenze und einige Außenposten in Italien unter Vernachlässigung der Ost-

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grenze des Königreichs. Ganz ähnlich, wie die Maginot-Linie der 1930er-Jahre nicht nach Belgien hineinreichte, ließen auch die Anlagen neuen Stils des französischen Königs die Champagne aus. Das erwies sich in beiden Fällen als fataler Fehler. Karl entging die Schwäche seines Rivalen nicht, und er suchte sie auszunutzen. Zunächst berief er einen Reichstag nach Speyer ein, um dessen Unterstützung für einen Angriff auf Frankreich zu gewinnen. An dieser Aufgabe scheint Karl zunächst fast verzweifelt zu sein; jedenfalls setzte er den Nuntius davon in Kenntnis, dass »ich in Anbetracht der Schicksalsschläge und Belastungen, die mein Haupt fast stündlich niederbeugen, sterben möchte«  – ein bemerkenswertes Eingeständnis für einen standhaften Katholiken. Aber er blieb beharrlich. Am 23. Mai 1544 konnte er einen Friedensvertrag mit den dänischen Diplomaten unterschreiben, wofür er im Gegenzug versprechen musste, die Sache seines Schwagers Christian II. nicht weiter zu unterstützen. Am 10. Juni versprach er dem Reichstag, dass die religiöse Toleranz im Heiligen Römischen Reich unverändert fortdauern solle, bis »ein allgemeines, freies, christliches Konzil der deutschen Nation« zusammentreten und alle Differenzen beheben werde, woraufhin der Reichstag seinerseits erklärte, dass man »den König von Frankreich für einen ebenso großen Feind der Christenheit halten muss wie den Sultan und gegen ihn wie auch gegen die Türken mit Gewalt vorgehen muss«. Der Reichstag erteilte Karl die Befugnis, 24 000 Mann Infanterie und 4000 Reiter auszuheben, um sie »zum Teil gegen die Türken und zum Teil gegen den französischen König einzusetzen, je nachdem, wie es [dem Kaiser] am besten scheint«.55 Nach diesem Triumph verbrachte Karl drei Wochen in Metz, wo er die Ankunft seiner Belagerungsartillerie und von Verstärkungen erwartete, wozu auch Kavallerie gehörte, die von Herzog Moritz von Sachsen und Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach, zwei prominenten deutschen Fürsten lutherischen Glaubens, gestellt wurde. Angesichts der mit einem Krieg verbundenen Risiken schrieb er einen weiteren Zusatz zu seinem Testament, der die verschiedenen Heiratsverpflichtungen, die er nach dem Treffen mit Franz in Aigues-Mortes eingegangen war, explizit widerrief. Da behauptete er, »die Erfahrung uns beständig gezeigt hat«, dass ein und dieselbe Person nicht Spanien und die Niederlande regieren könne, weil es nun einmal die Notwendigkeit gebe, »von einem Gebiet zum anderen zu wechseln, um die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wozu wir häufig unter Berücksichtigung großer Risiken, Anstrengungen und Ausgaben gezwungen wurden«, bestimmte er, dass seine Tochter María seinen Neffen Maximilian heiraten solle, falls er selbst und Philipp sterben sollten. Beide zusammen würden dann Spanien und seine Nebenterritorien regieren. Seine jüngere Tochter Johanna sollte – »ungeachtet dessen, was wir feierlich mit dem König von Portugal über ihre Heirat mit seinem Sohn,

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dem Prinzen, vereinbart haben« – Maximilians jüngeren Bruder heiraten, und beide würden dann gemeinsam die Niederlande regieren. Vielleicht wegen dieses atemberaubenden Bruchs bereits geleisteter Versprechen sandte Karl eine versiegelte Abschrift seines Kodizills an Los Cobos mit der Anordnung, es ungeöffnet seinem Willen beizulegen; und obwohl er »eine Zusammenfassung der Hauptpunkte« mitschickte, die Los Cobos dem Prinzen zeigen könne, sollte der »sie ihm vorlesen, sodass nur Ihr und er davon wisst«.56 Nun konzentrierte Karl sich darauf, Frankreich zu demütigen. Ungeachtet dessen, dass er Spott geerntet hatte, als er sich bei der Invasion der Provence acht Jahre zuvor auf Landkarten gestützt hatte (siehe Kap. 10), gab er nun eine große Panoramakarte in Auftrag, die Dijon, die burgundische Hauptstadt, ganz links und Paris ganz rechts zeigte, dazu alle größeren Flüsse  – Marne, Seine und Yonne – sowie die Brücken, die sie überquerten (siehe Abb. 23). Zwar sollte Karl keinen der Flüsse überschreiten, aber er kam mit seinem Heer bis auf siebzig Kilometer an die französische Hauptstadt he­ran.57

»Um unsere Feinde niederzustoßen« Karls Feldzug begann im Mai 1544 mit einem Überraschungsangriff, der all jene Orte in Luxemburg zurückeroberte, die im Vorjahr von den Franzosen eingenommen worden waren. Die Sieger wandten sich dann nach Süden in Richtung Champagne und marschierten in Frankreich ein. Damit folgte der Kaiser nicht nur der kürzlich mit Heinrich VIII. vereinbarten Strategie, sondern auch der Route nach Paris, die zwei Generationen zuvor Karl der Kühne von Burgund eingeschlagen hatte (wie es der Augenzeuge Philippe de Commynes in seinen Mémoires, einem Lieblingsbuch des Kaisers, berichtet). Anfänglich kamen Karls Streitkräfte wie die seines Vorfahren rasch voran. Commercy, dessen Widerstandskraft Franz auf drei Wochen geschätzt hatte, kapitulierte bereits nach einem heftigen dreitägigen Bombardement, was dem kaiserlichen Heer erlaubte, die Meuse zu überqueren. Am 4. Juli erreichte es die Marne bei St. Dizier – doch dort stieß es zum ersten Mal auf eine Artilleriefestung, die überdies von Marini persönlich entworfen worden war und nun verteidigt wurde (siehe Karte 5). Der Kaiser war in bester Stimmung – einige sagten, sie hätten ihn »in den letzten zehn Jahren nicht so glücklich, gut aussehend und gesund gesehen wie jetzt« –, andere aber machten sich Sorgen wegen der mit dem Unternehmen

» Im August und September 1544 führte Karl ein Heer von 40 000 Mann und einen Zug Artillerie durch Frankreich, ohne

auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Er zog am Nordufer der Marne von St. Dizier nach dem 70 Kilometer nordöstlich von Paris gelegenen La Ferté-sous-Jouarre und wandte sich dann nach Norden einer von Heinrich VIII. angeführten Invasionsstreitmacht entgegen. Aber schon bei Crépy schloss Karl einen vorteilhaften Separatfrieden mit Frankreich.

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ChâteauThierry 9. Sept.

Troyes

St. Dizier 13. Juli−24. Aug.

Toul 9. Juli

Châlons-sur-Marne 31. Aug. Jâlons Ligny Commercy frz. Lager 12. Juli

Épernay 4. Sept.

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Köln

Metz 16. Juni−7. Juli

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Im August und September 1544 führte Karl ein Heer von 40000 Mann und einen Zug Artillerie durch Frankreich, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Er zog am Nordufer der Marne von St. Dizier nach dem 70 Kilometer nordöstlich von Paris gelegenen La Ferté-sous-Jouarre und wandte sich dann nach Norden, einer von Heinrich VIII. angeführten Invasionsstreitmacht entgegen. Aber schon bei Crépy schloss Karl einen vorteilhaften Separatfrieden mit Frankreich.

Fontainebleau

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Soissons 13. Sept.

Crépy 18.−19. Sept. Laon

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Karte 5: Der Feldzug von 1544

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Cambrai 23. Sept.

La Fertésous-Jouarre 12. Sept.

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Boulogne 14. Sept.

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verbundenen Risiken. »Wenn man alles an Truppen zusammenrechnet, was er in all seinen Herrschaftsgebieten hat«, bemerkte der Botschafter aus Ferrara, »dürften sich die Kosten dieses Kriegs für Seine Majestät auf kaum weniger als 500 000 Dukaten belaufen.« Er fügte zweifellos in Erinnerung an das Fiasko von Algier hinzu: »Eine Verzögerung von zwölf oder zwanzig Tagen oder ein unvorhergesehenes Ereignis können weitreichende Folgen haben.« Sein venezianischer Kollege stimmte dem zu: Jeder vertane Tag »ist von Nachteil für den Kaiser und ein Geschenk für den König von Frankreich … Nur selten entwickeln sich die Dinge wie geplant, und selbst die sorgfältigsten Planungen stoßen immer auf irgendein unvorhergesehenes Hindernis.«58 Das erste Hindernis tauchte schon auf, kurz nachdem Karl St. Dizier erreicht hatte. Da ihn die Sorge über schwindende Vorräte an Munition und Lebensmitteln umtrieb, führte er mit seinen spanischen und italienischen Truppen einen Überraschungsangriff à la Düren durch – doch diesmal wurde er von den Verteidigern zurückgeschlagen und erlitt große Verluste. Vierhundert Kilometer entfernt ging allerdings unterdessen Heinrich VIII. in Calais an Land und schloss sich den englischen und niederländischen Truppen an, die Montreuil und Boulogne belagerten. Damit war Franz gezwungen, Truppen aus Italien abzuziehen und konnte auch St. Dizier nicht entsetzen. Wieder einmal hielt Karl die Trümpfe der Initiative in der Hand. Nachdem der Kaiser mit seinem Kriegsrat erörtert hatte, »was für den Rest des Jahres zu tun sei«, erklärte er am 20. Juli Maria seine Strategie. Zuerst würde er Artillerie und Minen einsetzen, um St. Dizier zur Kapitulation zu zwingen, weil »der Feind sonst mein Heer stören und den Nachschub an Lebensmitteln behindern könnte«; sodann »werden wir, wie geplant, gegen Châlons vorrücken«, das weiter marneabwärts gelegen war. Heinrichs Beteiligung am Feldzug hatte ihn dazu bewogen, »mein persönliches Interesse an diesem Unternehmen, nämlich ins Burgund einzumarschieren, wo ich einige Orte hätte erobern und manche Großtat vollbringen können, beiseitezusetzen«; aber jetzt »könnten wir kein besseres Ziel finden als Châlons«, weil das »den König von Frankreich und seine Untertanen mehr als jeder Angriff an anderer Stelle überraschen und ihm wehtun wird; und das Ziel dieses Heeres ist es immer gewesen, ins Herz des Königreichs vorzustoßen, um unsere Feinde zur Vernunft zu bringen«. Wie gewöhnlich zog Karl auch die Logistik in Betracht und fragte sich insbesondere, »wie lange ich noch in der Lage sein werde, dieses Heer zu bezahlen. Nachdem ich alles erwogen und berechnet habe«, teilte er Maria mit, »denke ich, dass wir bis zum 25. September durchhalten können, aber nicht länger.« Obgleich er (wie die Botschafter an seinem Hof) erkannte, dass »im Krieg alles ungewiss ist«, schloss er fromm, er könne »an nichts anderes denken, das Gott gefiele, und so werden wir mit seiner Hilfe alles tun, was wir können«, um Franz in die Knie zu zwingen.59

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Dank Marinis Meisterschaft im Festungsbau kapitulierte St. Dizier erst am 17. August. Danach brauchten die Sieger einige Tage, um die von ihnen angerichteten Schäden zu reparieren, damit die Stadt dem vorrückenden Heer als Lagerplatz für Lebensmittel und Munition dienen konnte. Diese unerwartete Verzögerung zwang Karl zur Änderung seiner Strategie: Nun plante er, »Châlons auszukundschaften, als wollte ich es belagern, obwohl meine Absicht ist, mit Gottes Segen nach Paris vorzustoßen«. Als Karl entdeckte, dass Franz an die 45 000 Soldaten in einem befestigten Lager bei Jâlons südlich der Marne zusammengezogen hatte, änderte er auch diesen Plan. Er ließ sein Heerlager mitten in der Nacht abbrechen und führte Soldaten und Artillerie im Eilmarsch bei Mondlicht nach Épernay, wo er hoffte, die Marne überqueren und Jâlons aus einer unerwarteten Richtung angreifen zu können. Aber er kam zu spät: Die Franzosen hatten kurz zuvor die Stadt gesichert und die einzig brauchbare Brücke über den Fluss befestigt. Als der Kaiser sechs Jahre später seine Erinnerungen diktierte, ließ er sich auf eine vorsichtige Spekulation über einen möglichen anderen Ausgang der Dinge ein: »Wenn es legitim ist, über Dinge, die hätten geschehen können, ein Urteil abzugeben, könnte man durchaus glauben, dass, wenn es Seiner Majestät gelungen wäre, Épernay an jenem Tag zu erreichen (was nicht ging, obwohl es weniger als drei Meilen [fünf Kilometer] entfernt lag), sodass er und das Heer den Fluss auf der Steinbrücke in der Stadt und auf Bootsbrücken hätten überqueren können … es möglich gewesen wäre, das französische Feldlager auf dem Hügel an einer noch nicht befestigten Stelle anzugreifen, und Gott hätte, was den Sieger angeht, Seine Wahl getroffen.«60

Daraufhin kehrte der Kaiser zu seinem ursprünglichen Plan, marneabwärts nach Paris zu marschieren, zurück. Die ausländischen Diplomaten im Gefolge des Kaisers rätselten darüber, warum die Franzosen keinen Widerstand leisteten: Keine Plänkler belästigten die kaiserliche Streitmacht, wenn die Soldaten ausschwärmten, um zu furagieren und zu plündern; keine Truppen schützten die Ortschaften, die am Wege lagen. Navagero bemerkte dazu: »Wer hätte gedacht, dass die Franzosen die Straße zu ihrem eigenen Verderben so ungeschützt lassen würden?« Der Botschafter aus Mantua, Camillo Capilupo, ein Mann mit beträchtlicher militärischer Erfahrung, hielt fest: »Freunde wie Feinde brannten die Gegend zu beiden Seiten des Flusses nieder, bis das ganze Land in Flammen zu stehen schien. Es war ein furchtbarer Anblick, und selbst das härteste Herz war bewegt.«61 Nicholas Wotton wiederum notierte: Weil »der Kaiser die Erwartungen des französischen Königs getäuscht hat, denn dieser glaubte nicht, dass jener ihm dies

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Jahr so nahe kommen würde«, und weil »wir so gutes Wetter haben, wie wir es nur wünschen können und auf unserem Weg nützliche Dinge in Hülle und Fülle finden«, komme das kaiserliche Heer so rasch voran, dass es selbst größeren Städte nicht mehr gelang, ihre Verteidigung angemessen vorzubereiten, und sie stattdessen widerstandslos kapitulierten. Einmal rief Karl, der mit der Vorhut ritt, eine burgundische Kavallerieeinheit zu sich »und fragte, in welchem Teil des Landes wir uns gerade befanden«. In Rom lagen derweil einem Bericht Giovios zufolge die Nerven blank: »Alle hier sind in erwartungsvoller Spannung mit Schweiß auf der Stirn; und die Unterstützer beider Monarchen halten die Balance zwischen Hoffnung und Furcht«, während sie auf Nachrichten über den Ausgang des Unternehmens warteten.62 Sie mussten nicht lange warten. Als Karl am 12. September mit einigen seiner Truppen bei dem nur siebzig Kilometer von Paris entfernten La Ferté-­sousJouarre angekommen war, schwenkte er plötzlich nach Norden und zwang Soissons zur Kapitulation. Dabei gewann er einen Brückenkopf über die Aisne, das einzige größere Hindernis zwischen ihm und Heinrich – dessen Heer zwei Tage später die Kapitulation von Boulogne erzwang. Jetzt endlich konnten die Verbündeten mit vereinten Kräften nach Paris vorstoßen. Dieser Doppelschlag setzte Franz enorm unter Druck, die Aufnahme von Friedensverhandlungen zu betreiben. Er hatte fast seit Beginn des Feldzugs versucht, den Kaiser zu Verhandlungen zu bewegen, doch war er (wie Karl in seinen Erinnerungen mit Befriedigung bemerkt) »noch viel eher dazu bereit, nachdem er gesehen hatte, wie Seine Majestät mit dem Heer an Châlons vorbeizog«. Der Kaiser spielte auf Zeit, indem er Franz daran erinnerte, dass er mit Rücksicht auf Heinrich keinen Separatfrieden schließen könne. Aber (fügte er selbstgefällig hinzu) »da er so weit ins Innere von Frankreich vorgestoßen war, hatte er nichts davon vernommen, was der König [von England] gerade unternahm, noch hatte er selbst die Möglichkeit, ihm Nachrichten von sich zu senden«. Am 7. September erwirkte Karl für Antoine Perrenot sicheres Geleit, damit er nach Boulogne reisen konnte, um Heinrich die zur Diskussion stehenden Friedensbedingungen mitzuteilen und in Erfahrung zu bringen, »ob er den Krieg fortsetzen wolle und für wie lange? Ob er sein Heer sofort in Marsch setzen wolle? Und wenn ja, welche Route er nehmen werde?« Perrenot trug auch ein geheimes Ultimatum bei sich: Sofern Heinrich nicht »die Absicht hatte, sofort einzumarschieren, sehe ich mich genötigt, mein Heer abzuziehen und die von den Franzosen angebotenen Bedingungen zu akzeptieren«.63 Die großen Töne verbargen ein großes Dilemma. Sollte Karl mit Franz einen Separatfrieden schließen, mit dem er die meisten seiner Ziele erreichte, auch wenn er damit seinen englischen Bündnispartner im Stich ließ, oder sollte er gemeinsam mit Heinrich gegen Paris vorrücken und so Franz zwingen, noch

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weitere Zugeständnisse zu machen? Granvelle trat mit Nachdruck für die erste Alternative ein. Wenn man den Feldzug fortsetze, argumentierte er, würde das bedeuten, noch mehr französisches Territorium zu verwüsten, und dadurch würde man »nichts erreichen, außer dass man die Feindseligkeit des Königs von Frankreich und seiner Untertanen vertieft und fortschreibt«. Außerdem wäre Karl dann verpflichtet, die Garnisonen in den von ihm eroberten Städten zu bezahlen und zu versorgen, anstatt irgendetwas zur Einung der Christenheit als Vorspiel für einen weiteren Kreuzzug gegen die Türken zu unternehmen. Granvelle beschloss seine Einwände mit einem Rat, in dem ein späteres Zeitalter wohl eine gute Dosis Realpolitik gesehen hätte: »Es gibt, Sire, in Staatsangelegenheiten wie auch in anderen Dingen eine Maxime: Man muss der Tatsächlichkeit der Dinge, die zur Erörterung anstehen, Aufmerksamkeit widmen, man muss bestimmen, was möglich ist und was Gott und die Vernunft für erreichbar halten, statt aufgrund persönlicher Erwägungen große Risiken einzugehen, wie es hier der Fall zu sein scheint.« Granvelle gab warnend zu bedenken, dass Heinrich sein Versprechen, nach Paris zu marschieren, niemals einlösen werde; stattdessen werde er heimkehren, sobald er die Verteidigungsanlagen von Boulogne verstärkt hatte. Bevor das geschah, musste Karl einen Separatfrieden schließen.64 Zwei praktische Erwägungen unterstützten diese vernünftige Begründung. Zum einen war zwar das Wetter seit der Einnahme von St. Dizier zumeist freundlich gewesen, doch konnte jeden Augenblick Herbstregen einsetzen und das weitere Vorrücken verhindern. Zum anderen würden die Truppen ohne Soldzahlungen unruhig werden – tatsächlich hatte es schon einen Vorfall gegeben, bei dem einige deutsche Truppen »derart angefangen hatten, zu meutern, dass der Kaiser zwanzig von ihnen in der Marne ertränken ließ und weitere mit Schlägen von eigener Hand« traktierte.65 Ursprünglich hatte Karl ja berechnet, dass das Geld für den Feldzug nur bis zum 25. September reichen würde, und dieses Datum war nicht mehr weit entfernt. Los Cobos wies darauf hin, dass »in ganz Spanien in diesem und im nächsten Jahr keine einzige Dukate aufzutreiben ist«. Loaysa drängte den Kaiser, so schnell wie möglich zu vertraglichen Regelungen zu kommen, »selbst wenn Ihr Euch damit einiger Eurer Rechte begebt«. Und nachdem auch Prinz Philipp betont hatte, dass »wir hier keine Möglichkeit haben, Geld einzutreiben«, versicherte er dem Vater: »Ihr würdet jetzt genauso viel Ehre erlangen, wenn alle Welt sieht, dass Ihr Eurem Feind Frieden gewährt, wenn es doch in Eurer Macht steht, ihn zu vernichten.« Mit Blick auf die Niederlande beklagte sich der Kaiser, dass »er dort zwar genügend Geld hatte, um seine Truppen zu bezahlen, aber keine Möglichkeit, dorthin zu gelangen«.66 Seine Lage schien unhaltbar, bis Franz Nachricht vom Fall Boulognes erhielt und seine Verzweiflung groß genug war, fast alles zuzugestehen, was Karl für

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einen sofortigen Friedensschluss verlangte. Kurz darauf traf Perre­not im kaiserlichen Hauptquartier ein und überbrachte Heinrichs widerwillige Zustimmung zu einem Separatfrieden. Am 18. September versprachen dann in Crépy bei Laon die französischen Bevollmächtigten – die im Namen nicht nur von Franz, sondern auch von seinen zwei Söhnen handelten –, alle Ansprüche auf Neapel und die Niederlande aufzugeben, das Bündnis mit den Türken zu beenden und stattdessen Truppen für einen weiteren Kreuzzug beizusteuern, der unter Führung Karls stattfinden sollte. Ferner sagten sie zu, alle seit dem Waffenstillstand von Nizza getätigten Eroberungen (inklusive Landrecies) zurückzugeben und Geiseln zu stellen als Garanten der Willfährigkeit des Königs von Frankreich. Im Gegenzug versprach der Kaiser, all seine Eroberungen innerhalb Frankreichs zurückzuerstatten und seinen Anspruch auf das Herzogtum Burgund für immer aufzugeben. Auch wiederholte er seinen Vorschlag, dass der Herzog von Orléans entweder Karls ältere Tochter María heiraten könnte, deren Mitgift die Niederlande wären (deren Souverän Karl allerdings bis zu seinem Tod bliebe), oder aber Ferdinands Tochter Anna, deren Mitgift Mailand wäre (was binnen eines Jahres nach Vertragsabschluss wirksam würde). Der Kaiser versprach, sich innerhalb von vier Monaten für eine der Alternativen zu entscheiden, und Franz schwor, Savoyen-Piemont zu räumen, sobald die Transaktion stattgefunden hätte. Auch würde er Orléans mit einer umfangreichen Apanage von Territorien mitten in Frankreich ausstatten.67 Am folgenden Tag unterschrieb Franz einen Geheimvertrag, in dem er Karl und Ferdinand seiner »vollen Unterstützung und Gewogenheit bei der Beilegung und Befriedung der religiösen Zwietracht in Deutschland, wo immer sie erforderlich ist«, versicherte. Er erklärte sich persönlich zum »Feind derer, die die erwähnte Befriedung zu verhindern suchen«, und versprach, »die Unterstützung durch Infanterie und Kavallerie, die wir gegen die Türken versprochen haben, falls notwendig auch gegen die erwähnten Häretiker einzusetzen«. Dazu würde der König eine vollständige Delegation zu einem allgemeinen Kirchenkonzil schicken, das in Trient »oder wo immer der Kaiser will« stattfinden sollte, um die Missstände in der Kirche zu reformieren und das religiöse Schisma zu beenden. Er würde auch die Schweizer Kantone davon überzeugen, alle Territorien, die einmal dem Herzog von Savoyen gehört hatten, einschließlich Genf zurückzugeben. Schließlich versprach Franz noch, dass für den Fall einer Kriegserklärung Heinrichs VIII. an Karl »wir uns öffentlich zum Feind des besagten Königs von England erklären«.68 Karl hatte einen überragenden Sieg errungen. Zehn Wochen lang war er an der Spitze einer Armee von 40 000 Mann und eines langen Zugs Artillerie durch Frankreich marschiert, wobei er fast 300 Kilometer zurücklegte und die Städte und Dörfer entlang seiner Route entweder eroberte und mit einer Gar-

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nison belegte oder brandschatzte und plünderte. Sein Erzrivale hatte nicht die Macht gehabt, ihm Einhalt zu gebieten, und musste ihm schließlich alle Forderungen gewähren. Der Kaiser hatte nicht nur die bei Algier verlorene »Reputation« wiedererlangt, sondern auch das ehrgeizige Ziel erreicht, das er seinem Sohn achtzehn Monate zuvor skizziert hatte: »unsere Feinde so weit niederzustoßen, dass sie uns Raum zur Erholung lassen«.69 Paolo Giovio konnte nicht umhin, dem zuzustimmen. Als er von den öffentlich gemachten Friedensbedingungen des Vertrags von Crépy erfuhr, bekannte er einem Freund: »Ich weiß nicht, ob ich bei diesem Frieden lachen oder weinen soll« – bei einem Frieden, der Feindseligkeiten beenden und also unschuldige Zivilisten am Leben lassen und zudem eine vereinte christliche Front gegen die Türken schaffen würde, während Karls Vermachtstellung in Italien unangetastet blieb. Giovio konnte kaum glauben, dass Franz »für das Herzogtum Mailand mit so viel Geld, Aufwand und Zerstörung 23 Jahre lang fast ununterbrochen gekämpft hatte, um seine Reputation zu wahren, nur um es dann mit einem Federstrich zu opfern«. Sein Versprechen, Geiseln zu stellen, ohne im Gegenzug welche zu erhalten, schien besonders demütigend. »Der einzige Streich«, schrieb Giovio mit einem Schmunzeln, den Karl den Franzosen jetzt noch spielen könne, bestünde darin, »ihre Frauen zu verführen«.70 Aber er kannte die Geheimklauseln des Vertrags nicht: Der nächste Streich des Kaisers würde nicht die Frauen Frankreichs treffen, sondern die Lutheraner Deutschlands.

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12 Offene Rechnungen II: Deutschland und Italien (1545–1548) Die Alternative Nachdem Karl auch diesen Krieg gegen Frankreich gewonnen hatte, musste er jetzt den Frieden gewinnen. Das war nicht einfach, denn kaum war das kaiserliche Heer demobilisiert und die unmittelbare Gefahr damit beseitigt worden, prangerten viele Franzosen den Friedensvertrag von Crépy an – an erster Stelle der Dauphin, der eine rechtliche Beschwerde gegen die im Vertrag vorgesehene Abtretung seiner Ansprüche auf Neapel, Flandern und die übrigen Gebiete einlegte. Übel vermerkte er auch die Bestimmungen zugunsten seines Bruders, des Herzogs von Orléans, der umfangreiche Ländereien in Frankreich wie auch in den Niederlanden oder Mailand erhalten sollte, wodurch ein gefährliches Gegengewicht zur königlichen Autorität entstehen könnte. Karl wiederum bereute die Notwendigkeit, sich von einem Teil seines Imperiums trennen zu müssen, gab diesem Gefühl jedoch keinen Raum, indem er wie sonst auch Ablenkung in Gebeten und Vergnügungen suchte. Am 2. November 1544 schaute er mit seiner Schwester Eleonore und Orléans auf dem Marktplatz von Brüssel zu, wie »60 Bewaffnete, maurisch herausgeputzt, den Juego de cañas zeigten«, ein aus dem Arabischen stammendes Reiterspiel mit Lanzen. Danach zog sich der Kaiser in ein Kloster zurück, »um in Ruhe zu beichten und die Kommunion zu empfangen«, was er an Allerheiligen versäumt hatte. Dann verletzte er sich auf der Jagd am Knie, was ihn dazu zwang, seine Amtsgeschäfte zu tätigen, indem er »auf einem sehr niedrigen Stuhl saß, die Beine in ein schwarzes Tuch gewickelt und so hoch gelegt wie sein Körper«.1 Der Vertrag von Crépy gab Karl vier Wochen Zeit, um über »die Alternative« (wie man die Angelegenheit später nannte) zu entscheiden, ob er nun Mailand oder die Niederlande abtreten wollte, und er nutzte die Zeit, indem er enge Verwandte, Minister und Verbündete um Rat fragte. Heinrich VIII., der als Erster »aus unserer freundlichen und freundschaftlichen Liebe und Zuneigung heraus« Rat gab, war strikt dagegen, die Niederlande wegzugeben. Er bezog sich dabei »auf die großen Belastungen und Kosten, die dem Kaiser durch diese Kriege entstanden sind, sowie die Schäden und Schwierigkeiten, denen seine Untertanen dadurch ausgesetzt waren«. Auch müsse man bedenken, dass die Infantin María »Erbin all dessen sein würde, was der Kaiser besitzt«, für den Fall, dass Prinz Philipp stürbe. Sein Rat lautete daher, Karl solle Orléans gestatten, eine von Ferdinands Töchtern zu heiraten. Außerdem wies er darauf hin, dass es um Mai-

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land als ein kaiserliches Lehen »nach dem Ableben des Kaisers Kontroversen geben könne bezüglich dessen, an wen es fallen solle, und dass es für den Besitzer nur mit unabschätzbaren Belastungen zu halten sei« – anders gesagt war Mailand ein Danaergeschenk.2 Heinrich hatte eine ausgezeichnete Analyse abgeliefert, der viele von Karls Ministern zustimmen konnten. Am 1. November 1544 traf Alonso de Idiáquez, »der wichtigste Mann für den Kaiser, der mit den Angelegenheiten Spaniens befasst ist«, in Valladolid ein, wo er Philipp und dessen Beratern alles erklärte, »was notwendig war, um die Absichten Seiner Majestät« hinsichtlich der Alternative »vollkommen zu verstehen«. Während der Prinz seine Schwester María aufsuchte, um deren Präferenzen zu erkunden, trafen sich die ranghohen Minister »vier bis fünf Mal« während Philipps Abwesenheit, um die Optionen zu erörtern.3 Der Prinz hatte einem Sekretär befohlen, die bei diesen Treffen geäußerte Meinung eines jeden Beraters zu protokollieren, und diese Aufzeichnungen (durchsetzt mit Seufzern, dass einige »eine lange Rede hielten«, andere gar »in solcher Länge sprachen, dass es nicht notwendig ist, alles aufzuschreiben«) zeigten deutlich das Ausmaß der »Animositäten und Allianzen und wahren Kabalen« unter Karls Ministern, die er seinem Sohn vor zwei Jahren beschrieben hatte (siehe Kap. 11). Loaysa sprach als Erster. Wie er feststellte, hatte Karl den Franzosen kürzlich bereits angeboten, ihnen die Niederlande zu überlassen, sie aber »wollten das nicht annehmen«. Mithin schien wenig Sinn darin zu liegen, den Versuch noch einmal zu machen. Da überdies Franz »immer das Herzogtum Mailand vorgezogen hat, war er davon überzeugt, dass die Überlassung der Niederlande keinen dauerhaften Frieden bringen werde, da er etwas anderes wollte«. Kardinal Tavera, der als Nächster sprach, war ähnlicher Ansicht, aber aus anderen Gründen. Schon bald nachdem Karl 1529 die Iberische Halbinsel verlassen hatte, hatte ihn der Kardinal gedrängt, »seine Gedanken auf die Eroberung von Afrika zu richten«, weil »das etwas Bleibendes war und seinen Nachfolgern vermacht werden konnte«, wohingegen »Gewinne in Italien nur von vergänglichem Ruhm sind«. Nun wiederholte er seine Einstellung, dass »kein König von Spanien Mailand halten sollte, weil damit große und kontinuierliche Ausgaben verbunden sind«. Im Gegensatz dazu »wird das, was für Seine Majestät Bedeutsamkeit besitzt und seine Vorrangstellung im Kaiserreich und in Deutschland sichert, der Besitz der Niederlande sein«, weil »sie eine wesentliche Rolle bei der Aufgabe spielen, Frankreich in Schach zu halten«. Dem widersprach der Herzog von Alba, das einzige Ratsmitglied mit praktischer Kenntnis aller Teile des kaiserlichen Reichs in Europa. Er bezeichnete Mailand als »das Tor, durch das wir den Weg von und nach Deutschland und den Niederlanden nehmen und für die Bewahrung jener Staaten sorgen und die Autori-

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tät und den Gehorsam des Reichs aufrechterhalten. Ohne Mailand scheint [das Reich] unregierbar zu sein, und die Königreiche und Staaten Eurer Majestät werden voneinander abgespalten und getrennt sein.«

Der Herzog stützte seine Argumentation mit einer Art Dominotheorie: »Angesichts der Gier und des Ehrgeizes der Franzosen versteht sich von selbst, dass sie, sobald sie sicheren Stand gewonnen haben, versuchen werden, Neapel und Sizilien zu erlangen, und Eure Majestät wird nicht in der Lage sein, Hilfe zu schicken«, denn wer Mailand besitze, kontrolliere Genua, und »von Spanien kann keine Hilfe kommen, weil wir zwischen Katalonien und Neapel keinen Hafen besitzen, der einer Flotte Schutz bieten könnte«. Daher müsse Karl Mailand behalten und die Niederlande hergeben.4 Nachdem Prinz Philipp bei einer Abschlusssitzung der Minister den Vorsitz geführt hatte, fasste er die divergierenden Auffassungen in einem Brief an den Vater zusammen. Fünf Räte folgten Loaysa und Tavera: Karl sollte die Niederlande behalten und den Herzog von Orléans mit Ferdinands Tochter verheiraten, wobei Mailand ihre Mitgift sein würde. Fünf andere stimmten Alba zu: Spanien könne die Niederlande nicht wirksam vor französischen Angriffen bewahren – vielmehr hätten vorangegangene Versuche, das Land zu verteidigen, die für den Schutz Spaniens und der spanischen Besitzungen in Italien zur Verfügung stehenden Ressourcen gefährlich dezimiert –, wohingegen Mailand der Dreh- und Angelpunkt des gesamten Reiches sei. Der Prinz selbst befürwortete die Auffassung der zweiten Gruppe: Er riet seinem Vater, die Heirat von Orléans mit María zu gestatten und ihr die Niederlande als Mitgift zu überlassen.5 Dagegen wehrten sich Karls Minister in den Niederlanden ganz vehement. Maria und ihr Rat bereiteten ein Dossier vor mit dem Titel »Angelegenheiten, die in Bezug auf die Erklärung zu der im Vertrag von Crépy enthaltenen Alternative zu berücksichtigen sind«. Das Dossier bestand der Form nach aus Fragen und Antworten; im Folgenden einige Beispiele: »Welche der niederländischen Adligen sollte der Kaiser in dieser Angelegenheit um Rat fragen, und sollte dies individuell oder kollektiv geschehen?« (Antwort: »Es sollte individuell geschehen, weil es so einfacher ist, die Beratung geheim zu halten.«) »Wäre es möglich, irgendeinen Ausweg zu finden, um Zeit zu gewinnen und die Erklärung zu verschieben?« (Antwort: »Nicht ohne bei den Franzosen den Verdacht zu erwecken, dass der Kaiser wortbrüchig werden könnte.«) »Wenn Seine Majestät sich entschließt, die Heirat seiner Tochter [mit Orléans, mit den Niederlanden als Mitgift] zu gestatten, wie will er dann die Zustimmung seiner Untertanen hier sicherstellen?« (Antwort: »Alle hier würden es vorziehen,

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Untertanen Seiner kaiserlichen Majestät und dero Nachkommen zu bleiben, bei deren Ableben aber Untertanen der Kinder des Königs der Römer [Ferdinand]. Sie würden niemand anderen akzeptieren.«)

Der Rat erinnerte Karl auch daran, dass »er ein Sohn dieses Landes ist, der die große Treue seiner Untertanen hier kennt, wie auch die äußerst umfangreichen Kontributionen, Verluste und Schäden, die sie erlitten haben, ihre prekäre, von Feinden umgebene Lage und die Gefahren religiöser Wirrnis«. Sie baten ihn daher, »sie nicht im Stich zu lassen oder sie aus unseren Händen zu geben, solange wir leben«.6 Karls Untertanen in Mailand traten ebenfalls als Bittsteller auf. Im November 1544 traf eine Delegation ein, »um vom Kaiser zu verlangen, dass er den Staat Mailand nicht an den Herzog von Orléans ausliefert« – zum Teil auch deshalb, weil der Übergang vom Haus Habsburg zum Haus Valois all jene ins Exil zwingen würde, die zuvor den Kaiser unterstützt hatten, während ihre rachsüchtigen Feinde an die Macht kämen. Karl hatte beabsichtigt, nach Deutschland zu reisen, um sein Dilemma mit Ferdinand zu besprechen, aber »meine Gesundheit hat mir nicht gestattet, dass wir uns wie geplant treffen«. Daher verschaffte er sich »brieflich und über einige seiner vertrauenswürdigen Untergebenen« Kenntnis von der Einstellung seines Bruders und vergewisserte sich, dass auch Ferdinand die Zession Mailands befürwortete.7 Dem venezianischen Botschafter Bernardo Navagero zufolge führte das Dilemma zu bitteren Auseinandersetzungen an seinem Hof, was »dem Kaiser große Sorgen bereitete, weil er nicht vertrauens- und wortbrüchig werden möchte, während ihm mit jedem Tag stärker bewusst wird, wie sehr die Erfüllung seiner Versprechen ihm und seinen Nachkommen schaden könnte«. Der Botschafter glaubte, dass der Stress die Gesundheit des Kaisers untergrub. Er erlitt einen weiteren Gichtanfall, der (wie Karl seinem Bruder berichtete) »in meiner linken Schulter begann, bis der ganze Arm schmerzte, und jetzt ist auch meine Hand davon befallen« – woraufhin er begann, den linken Arm in einer Schlinge zu tragen. Als der Schmerz sich bis zu den Füßen ausbreitete, legte er sich ins Bett. Er begann auch eine Kur mit Guajak (lignum vitae), einem Heilmittel für Gicht, das erst kürzlich aus der Karibik eingeführt worden war, aber er bekam davon Gelbsucht, eine Harnleiterinfektion und hohes Fieber, das den Kaiser »schwach und ruhelos machte, weil er fortwährend aufstand und sich wieder hinlegte«. Dennoch konnte er die Entscheidungen nicht endlos aufschieben, und so verkündete er im Februar 1545, dass »wir uns entschlossen haben, das Herzogtum Mailand dem Herzog von Orléans zu geben«, der Ferdinands Tochter heiraten werde.8

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Die Vernichtung der Lutheraner wird vorbereitet In seinen Erinnerungen schreibt Karl, dass der rasche Zusammenbruch Gelderns 1543 »seine Augen geöffnet und ihn auf neue Möglichkeiten aufmerksam gemacht hatte, sodass es nunmehr aussah, als könne der große Stolz der Lutheraner durch Gewalt überwunden werden, und zwar sehr leicht, wenn man die beste Zeit und Strategie wählt«.9 Verschiedene voneinander unabhängige Entwicklungen innerhalb und außerhalb von Deutschland gestatteten es nun dem Kaiser, jene »neuen Möglichkeiten« Wirklichkeit werden zu lassen. Durch die Gründung des Schmalkaldischen Bundes 1531 genossen lutherische Fürsten und Städte einigen Schutz. Die Rechtsgelehrten des Bundes blockierten alle Versuche der kaiserlichen Gerichte, die Handlungsfreiheit auf spiritueller wie weltlicher Ebene (einschließlich der Säkularisierung von Kircheneigentum) einzuschränken, und seine Truppen sorgten für wirksame Verteidigung – und manchmal mehr als das. 1534 vertrieb Philipp von Hessen an der Spitze eines von Frankreich finanzierten Heers die Habsburger aus Württemberg und setzte den früheren Herrscher wieder ein, der schon bald den lutherischen Gottesdienst einführte. Aber 1541 schloss Karl mit Landgraf Philipp einen Vertrag, in dem der Kaiser erklärte: Da »Ihr unsere Zuneigung und Freundschaft gewonnen habt, haben wir Euch alles vergeben und verziehen, was Ihr gegen uns oder unseren Bruder geplant oder getan haben mögt«. Im Gegenzug versprach der Landgraf, kein Bündnis mit einem Feind des Kaisers (Frankreich eingeschlossen) einzugehen, sondern vielmehr ihn im Reichstag und in auswärtigen Angelegenheiten zu unterstützen.10 Im nächsten Jahr nutzte der Landgraf zusammen mit Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen das Bündnis zu seinem Vorteil aus und besetzte die Ländereien des katholischen Herzogs Heinrich II . von Braunschweig-Wolfenbüttel unter dem Vorwand, er habe zwei lutherische Städte bedroht. Allerdings hatten die beiden Fürsten die anderen Mitglieder des Bundes nicht von ihrem Vorhaben unterrichtet, und als sie nach getaner Tat Gelder für ihre Truppen forderten, wurde das von den lutherischen Städten (die für mehr als die Hälfte des Bundesbudgets aufkamen) verweigert. Sie betonten, dass die Okkupation »uns bis jetzt keine Vorteile gebracht hat. Stattdessen haben wir wegen dieser Angelegenheit Schäden und Nachteile hinnehmen müssen, und wir sehen nicht, dass uns in der Zukunft Vorteile daraus entstehen.«11 Karl bot an, das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel »in dritte Hände zu legen«, während die Protagonisten ihre Differenzen beilegten, aber sie weigerten sich. Stattdessen flammten im September 1545 die Feindseligkeiten erneut auf, bis Herzog Heinrich auf das Versprechen hin, man werde »ihn behandeln, wie er es verdiene«, kapitulierte. Prompt ließ der Landgraf seinen Gegner ins Gefängnis werfen,

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verhinderte alle Kontakte mit der Außenwelt und übte Druck aus, damit er zum Luthertum konvertierte.12 Der Krieg mit Braunschweig führte zu einem Bruch zwischen dem Landgrafen und seinem Schwiegersohn, Herzog Moritz von Sachsen, der Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel persönlich versichert hatte, er werde im Falle seiner Kapitulation großzügig behandelt. Zwischen Moritz und Kurfürst Johann Friedrich war es schon längst zum Bruch gekommen. Die sächsischen Territorien waren die größten im Reich nach denen der Habsburger, doch hatte man sie 1485 geteilt: Johann Friedrich führte den Kurfürstentitel und regierte den größeren Landesteil, in dem auch Wittenberg lag, wo Luther lebte und predigte. Johann Friedrichs Cousin Moritz musste sich mit dem kleineren Teil begnügen. Die Rivalität zwischen den beiden fand ihren Höhepunkt 1542, als Johann Friedrich einige Ländereien besetzte, die bis dahin gemeinsam mit Moritz verwaltet worden waren. Dabei vertrieb Johann Friedrich die Amtsträger des Cousins. Da Moritz nicht in der Lage war, dem Kurfürsten Paroli zu bieten, diente er sich den Habsburgern an: 1542 kämpfte er mit Ferdinand in Ungarn gegen die Türken; 1543 und 1544 kämpfte er mit Karl gegen den Herzog von Kleve und gegen Frankreich. Er deutete an, der kaiserlichen Sache noch stärker dienen zu wollen, wenn man ihm Unterstützung gegen den Kurfürsten gewährte.13 Karl hätte es nicht gewagt, diese Auseinandersetzungen zwischen deutschen Lutheranern auszunutzen, hätte es nicht wichtige internationale Entwicklungen gegeben. 1545 führte Franz einen amphibischen Angriff auf England durch, bei dem ein Teil der Isle of Wight besetzt wurde. Im folgenden Jahr dann ließ Sultan Süleyman sein Heer gegen Persien marschieren und schickte seine Flotte in den Indischen Ozean, wo sie die Portugiesen bekämpfen sollte. Damit verlor der Schmalkaldische Bund seine mächtigsten ausländischen »Verbündeten«. Dennoch ordnete Karl an, dass der Reichstag in Worms zusammentreten und einen weiteren Versuch zur Versöhnung zwischen den lutherischen und den katholischen Untertanen des Kaisers unternehmen sollte. Er traf, den schwachen linken Arm immer noch in der Schlinge, am 16. Mai in der Stadt ein. Zwei Tage später gewährte er Kardinal Alessandro Farnese, dem Minister (und Enkel) des Papstes, eine Audienz. Als der Kleriker anfing, sich für vergangene Meinungsverschiedenheiten zu entschuldigen, unterbrach ihn Karl elegant – »Es gibt keinen Anlass, über die Vergangenheit zu reden; wir sollten ein neues Buch öffnen« –, woraufhin Farnese den Zweck seines Geheimauftrags enthüllte: Papst Paul III. war bereit, Karl mit Soldaten und Geld zu unterstützen, wenn er gegen die Lutheraner Krieg führen würde.14 Der Kaiser hatte bereits einen Boten nach Istanbul geschickt und ihm aufgetragen, mit den von Ferdinand und Frankreich entsandten Diplomaten Verbindung aufzunehmen, um einen Handel zu besiegeln, der verhindern sollte,

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dass »all jene, die von unserem heiligen Glauben abgewichen sind und sich Protestanten nennen, den Krieg in Ungarn ausnutzen, um ihre Irrtümer zu verstärken und exorbitante Forderungen zu stellen«, wie sie es bisher getan hatten. Ein paar Tage später informierte er Kardinal Farnese, dass er zwar das Angebot des Papstes begrüße, es aber verbessert werden müsse, ehe er sich zu einem Feldzug verpflichten könne. Einen Monat später lag ein neues päpstliches Angebot vor: Wenn der Kaiser den Lutheranern umgehend den Krieg erklärte, würde der Papst 200 000 Dukaten in bar beitragen und weitere 100 000 in Aussicht stellen; außerdem würde er für eine Streitmacht von 12 000 Mann Infanterie und 500 Mann Kavallerie aufkommen. Zusätzlich versprach Paul III., die Erlaubnis zum Verkauf von Klosterländereien in Spanien im Wert von 500 000 Dukaten zu erteilen, um zur Finanzierung des Kriegs beizutragen.15 Nun beauftragte Karl seine Minister, einen detaillierten Angriffsplan zu entwerfen. Diese kamen jedoch bald zu dem Schluss, dass »die Jahreszeit zu weit fortgeschritten ist, um für diesen Sommer einen Feldzug vorzubereiten«. Im Einzelnen argumentierten sie: »Wir können vor Mitte September kein Heer ausheben, und danach machen Regen und Kälte die Kriegführung schwierig, vor allem in diesem Land. Den Krieg beginnen, ohne ihn zu beenden, aber hieße, unsere Ressourcen zu erschöpfen, ohne Wirkung zu erzielen, und das würde unseren Feinden eine bessere Vorbereitung ermöglichen, sodass sie die Furcht verlieren und noch hartnäckiger werden. Es wäre dann schwierig, unseren Vorteil wiederzuerlangen.«

Karl fügte hinzu: »Auch wenn der Feldzug jetzt unmöglich ist, wäre ich im nächsten Jahr genauso stark daran interessiert.«16 Im August löste der Kaiser den Reichstag auf – der praktisch keine Fortschritte zur Lösung der Religionsfrage in Deutschland gebracht hatte – und segelte rheinabwärts nach Köln, wo er »zur Beruhigung seines Gewissens« Erzbischof Herman von Wied die Leviten las, weil der dem Luthertum zuneigte. Von Köln reiste er nach Brüssel, um den Herzog von Orléans als Herzog von Mailand einzusetzen – aber am 9. September 1545 starb der Herzog plötzlich und unerwartet.17 Fünf Jahre später berichtete Karl in seinen Erinnerungen, dass ihn die Nachricht vom Tod des Herzogs »neun Tage vor Ablauf der im Vertrag von Crépy vereinbarten Frist« erreicht hatte und dergestalt »zu einer so guten Zeit kam, dass es scheinen mochte, als habe Gott dies für seine geheimen Zwecke so arrangiert«. Natürlich trug er diese Auffassung damals nicht öffentlich vor, sondern versicherte Franz, er sei »entschlossen, sein Wort zu halten, ohne ein Jota davon abzuweichen«. Er schlug nun vor, dass Prinz Philipp (dessen Ehefrau María Manuela von Portugal gerade gestorben war) eine französische Prinzes-

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sin heiraten könnte, wobei Mailand dann ihrem Erstgeborenen zufallen sollte. Obwohl Franz dem Vorschlag nicht abgeneigt schien, lehnte er Karls Forderung, die Ländereien des Herzogs von Savoyen zu räumen, ab: Das könne erst nach einer Einigung über die anderen Fragen geschehen. Der Kaiser ließ die Sache auf sich beruhen, denn solange der Krieg zwischen England und Frankreich währte, konnte Franz ihm wenig antun. Stattdessen bestärkte er Gerüchte über Pläne für einen dritten Kreuzzug in Afrika.18 Der Papst nutzte diese Entwicklungen für zwei entscheidende Initiativen. Zum einen belehnte er seinen unehelichen Sohn Pier Luigi Farnese, Herzog von Castro, mit den kaiserlichen Lehen Parma und Piacenza – was er nicht gewagt hätte, wäre der Herzog von Orléans Herzog von Mailand geworden. Der Kaiser erkannte zwar diese Verleihung nicht an, stellte sie aber auch nicht direkt in Abrede, weil er die Unterstützung des Papstes für seinen Feldzug in Deutschland nicht gefährden wollte. Zum anderen rief Papst Paul das lange aufgeschobene Kirchenkonzil zusammen. Es sollte im Dezember 1545 in Trient an der Grenze zwischen Italien und Deutschland eröffnet werden und sich zunächst mit der Neubestimmung der Doktrin befassen, bevor es sich der Frage, wie die Missstände in der Kirche behoben werden könnten, zuwandte. Karl hatte es gerade andersherum gewollt, doch erneut akzeptierte er das Vorhaben des Papstes, um nicht dessen Unterstützung zu gefährden. Als der Kaiser sich auf den Krieg vorbereitete, drängten ihn seine engsten Berater, vorsichtig zu sein. Aus Spanien signalisierte Los Cobos Bedenken über »das Heilmittel, das gegen die deutschen Protestanten zum Einsatz kommen soll: Da sie so zahlreich und hartnäckig sind, wird es große Schwierigkeiten geben.« Prinz Philipp fand es richtig, »Eure Majestät daran zu erinnern, dass Ihr sorgfältig auf das schauen sollt, was Ihr zu tun plant, damit Ihr den Schutz und die Ressourcen besitzt, die für einen günstigen Ausgang erforderlich sind«, nicht zuletzt, weil »Seine Heiligkeit zwar jetzt guten Willen zeigt und Hilfe anbietet, derlei aber bisweilen fehlschlägt, sodass hinterher die Last und Verantwortung für alles allein Eurer Majestät zufällt«. Aus Brüssel beklagte sich Maria: »Die verfluchte Sekte hat sich so sehr ausgebreitet, dass man kaum noch weiß, wo die guten Katholiken eigentlich sind.« Sie erinnerte ihren Bruder daran, dass ein Jahrhundert zuvor Kaiser Sigismund versucht hatte, »die Böhmen [d. h. die Hussiten] durch Gewalt zu besiegen, und zu dem Zweck mehrere Heere gegen sie ins Feld schickte, wobei ihn alle Fürsten Deutschlands unterstützten, aber ohne Erfolg. Am Ende mussten sie sich unverrichteter Dinge zurückziehen.« Und sie fügte hinzu: »Die Hunnen und Vandalen kamen aus genau denselben Landstrichen wie heute die Lutheraner, und sie legten Frankreich, Spanien und Italien in Trümmer, bevor sie nach Afrika übersetzten.« Es wäre also besser, die Lutheraner in Ruhe zu lassen.19

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Philipp, Los Cobos und Maria erwiesen sich als ausgezeichnete Propheten, aber Karl ignorierte ihren Rat. Allerdings ging er mit großer Vorsicht vor. Im Februar 1546 betrat er, nachdem ihm bestätigt worden war, dass der Sultan ein einjähriges Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hatte, wieder deutschen Boden, um den Vorsitz bei einem weiteren kaiserlichen Reichstag in Regensburg zu übernehmen. Begleitet wurde er von einer aus 500 Reitern bestehenden Eskorte – und er forderte alle, denen er unterwegs begegnete, auf, sie sollten »selbst sehen, dass er nur die Entourage mitgebracht habe, die ihn immer begleite, und dass er es vorziehe, die deutschen Probleme durch Frieden und Eintracht statt durch Gewalt und Zwietracht zu lösen«.20 Zwar waren diese Versicherungen völlig falsch, doch konnte Karl auf diese Weise unbehelligt durch Deutschland reisen und informelle Treffen mit diversen lutherischen Fürsten, darunter Philipp von Hessen, abhalten. Die auf uns gekommenen Berichte über dieses Treffen werfen ein bezeichnendes Licht darauf, wie sehr der Kaiser bereit war, auch in Bezug auf kleinere Dinge zu lügen. In seinen Erinnerungen behauptet er: »In den Unterhaltungen des Landgrafen mit Seiner Majestät in Speyer zeigte dieser solch große Unverschämtheit, dass Seine Majestät ihn mit ein paar Worten verabschiedete.« Doch war Seiner Majestät nicht bekannt, dass der Landgraf genaue Aufzeichnungen von ihren Unterredungen angefertigt hat. Und dieser Quelle zufolge teilte Philipp Karl mit, dass er zwar daran zweifle, ob ein Konzil den religiösen Bruch überwinden könne, doch setze er »größere Hoffnung auf eine nationale Versammlung« nur für Deutschland. Dann wandte sich das Gespräch den lutherischen Neigungen des Erzbischofs von Köln zu. Der Kaiser sei dabei, so Philipp, ganz jovial gewesen: »›Wie kann dieser Mann Reformen veranlassen? Er kann kein Latein, und ich habe gehört, dass er nur dreimal in seinem Leben die Messe zelebriert haben soll und nicht einmal das Confiteor [eines der Hauptgebete der Messe] kennt.‹ Darauf antwortete ich: ›Eure Majestät sollen wissen, dass er viele Bücher in deutscher Sprache gelesen hat und ein ausgezeichnetes Verständnis der Religion besitzt.‹ Darauf sagte der Kaiser: ›Reformation heißt nicht, einen neuen Glauben einzuführen.‹«21

Ein anderer Augenzeugenbericht von diesem Treffen bestätigt den herzlichen Ton. Als der Kaiser nach dem Zustand des Schmalkaldischen Bundes fragte, »antwortete der Landgraf etwas rätselhaft«: »›Mein verehrter kaiserlicher Herr, uns fehlt nur eine einzige Person.‹ Der Kaiser fragte vorsichtig, wer das sei, und der Landgraf erwiderte: ›Ich wünschte, dass Eure kaiserliche Majestät sich auch den Gottesfürchtigen anschließt.‹ Das

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brachte beide zum Lachen, und Cäsar sagte: ›Nein, nein, ich werde mich nicht denen anschließen, die sich im Irrtum befinden.‹«

Die von Karl später behauptete »große Unverschämtheit« lässt sich darin allerdings nicht erkennen! Überdies gingen nach dem »mehr als dreistündigen« Gespräch der Kaiser, der Landgraf und ihre Höflinge gemeinsam auf die Jagd. »Wenn man sie so ansieht«, berichtete der florentinische Botschafter, »scheinen sie allesamt glücklich zu sein.«22 Trotz der augenscheinlichen Zuversicht des Landgrafen bereitete ihm der Schmalkaldische Bund viele Sorgen. Er hatte mittlerweile 36  Mitglieder, litt aber »unter zu großer Ausdehnung und mangelnder Dichte«, reichte sein Einzugsgebiet doch von Straßburg bis Pommern und von Konstanz bis Hamburg. Der einzige gemeinsame Nenner war die religiöse Überzeugung der Mitglieder, ohne jede Verstärkung durch »gemeinsame Wirtschaftsinteressen, gemeinsame politische Traditionen oder gemeinsame Probleme in Fragen der regionalen Sicherheit«. Der Bund war »zu groß und darüber hinaus nicht zentralistisch organisiert, sodass er nicht wie ein effektiver Staat in der Art des 16. Jahrhunderts handeln konnte«. Zwei Monate nach dem Treffen mit Karl klagte der Landgraf: »Mittlerweile fehlen uns Geist und Gefühl von einst. Als wir zahlenmäßig noch viel weniger waren, bildeten wir den Bund, nahmen große Steuerlasten auf uns und erreichten mit Gottes Hilfe viele große Dinge als Einzelne wie auch gemeinsam. Aber nun, da Fortuna uns hold und unsere Religion in großer Not ist und eine Schlacht ins Auge fassen muss, sind wir so engherzig und so knauserig mit unserem Geld.«23

Zu ebender Zeit, als dieses Lamento geäußert wurde, hatte Karl Regensburg erreicht, wo er vier Monate lang blieb. Er fand Zeit, auf die Jagd zu gehen (»zu meiner Erholung verbrachte ich 7 oder 8 Tage beim Herzog von Bayern, mit dem ich jagte«) und Barbara Blomberg zu verführen, die neunzehnjährige Tochter eines städtischen Handwerksmeisters; aber nicht alles lief nach Karls Wunsch und Willen.24 Zwar war Luther im Februar 1546 gestorben, doch gewann der neue Glauben weiterhin hochgestellte Persönlichkeiten für sich wie etwa Friedrich  II. (»der Weise«), den Kurfürsten der Pfalz, der einstmals um Karls ältere Schwester gefreit, dann aber dessen Nichte, Dorothea von Dänemark, geheiratet hatte. Ein paar Wochen, bevor sie Karl in Heidelberg empfingen, vertrieben Friedrich und Dorothea den katholischen Klerus aus der Pfalz und brachten stattdessen Lutheraner in ihr Land. Damit waren es nunmehr drei lutherische Kurfürsten, von denen keiner auf dem Reichstag anwesend war. Auch Ferdinand blieb dem Reichstag fern. Er behauptete, er habe zu viel mit seinen eigenen Angelegen-

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heiten zu tun, was Karl in Harnisch brachte. Er forderte, dass sein Bruder binnen drei Wochen zu ihm stoßen solle, weil »die Bedeutung der Angelegenheit, die ich erörtern will, ein Gespräch zwischen uns mehr als notwendig macht … Es kann nicht durch Mittelsmänner oder Briefe geregelt werden.« Karl versprach: »Ihr könnt zu Euren eigenen Angelegenheiten zurückkehren, wenn wir vier oder fünf Tage lang miteinander gesprochen haben« (eine interessante Einsicht in die Bedeutung, die der Kaiser der vollziehenden Diplomatie beimaß), und gab Ferdinand auch einen Hinweis zu der Sache, die er mit ihm erörtern wollte. Der Bruder solle, ordnete er nämlich an, seine »Artillerie überprüfen und reparieren und alle Munition sammeln, derer Ihr habhaft werden könnt«, außerdem solle er die in Ungarn stationierte spanische Infanterie in Bereitschaft versetzen. Der Kaiser schloss den Brief mit einer klassischen passiv-aggressiven Floskel: »Ihr könnt sehen, wie viel die Sache uns bedeutet und dass wir Zeit verschwenden, die nicht wieder eingeholt werden kann. Daher bitte ich Euch um Beeilung; seid so schnell wie möglich hier, weil dies Euch mehr betrifft als jeden anderen.«25 Ferdinand ließ pflichtschuldigst alles stehen und liegen und schwang sich aufs Pferd. Am 28. Mai 1546 traf er in Regensburg ein. Ein paar Tage später überredeten die Brüder den Herzog von Bayern dazu, seine Territorien im Kriegsfall als Operationsbasis nutzen zu können. Außerdem würde er gegen das Versprechen einer Heirat seines Sohns mit einer habsburgischen Prinzessin zu den Kriegskosten beitragen. Moritz von Sachsen brachten sie dazu, bei einem Krieg mit dem Schmalkaldischen Bund neutral zu bleiben.26 Ferner unterschrieb Karl ein formelles Abkommen mit den Vertretern des Papstes, das die Entsendung der versprochenen Truppen und Gelder aus Italien bewirkte, und am 9. Juni erteilte er dem Grafen von Buren die Befugnis, in den Niederlanden 10 000 Mann Infanterie und 3000 Mann Kavallerie für den Dienst im Reich auszuheben, weil »es keinen anderen Weg gibt, mit den hiesigen Problemen umzugehen, als Waffengewalt«, und er setzte Maria von seinem Vorhaben in Kenntnis: »Ich habe den Entschluss gefasst, den Krieg gegen den Kurfürsten von Sachsen und den Landgrafen Philipp von Hessen zu beginnen, weil sie den allgemeinen Frieden gestört und die Gesetze gebrochen sowie durch die Inhaftierung des Herzogs von Braunschweig und seines Sohns und die Einziehung seiner Ländereien die Autorität des Reichs missachtet haben. Obwohl dieser vorgeschobene Vorwand für den Krieg die Protestanten nicht daran hindern wird, ihn für einen Religionskrieg zu halten, könnte er zu ihrer Spaltung beitragen oder zumindest ihre Mobilisierung verzögern und schwieriger machen … Und er könnte wie schon im letzten Krieg [um Braunschweig] [die protestantischen Städte] davon abhalten, Sachsen und Hessen mit Geld zu versorgen.«

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Karl unterzeichnete auch eine Reihe von Briefen an die führenden Reichsfürsten und Städte, in denen er bestätigte, dass »dieser Krieg der Wiedereinsetzung des Herzogs von Braunschweig gilt und nicht der Sache der Religion … und der Unterdrückung von Rebellen«. Eine Woche später signierte er Patente und Instruktionen für die Stabsoffiziere eines neuen Heers, das ihm in Deutschland zu Diensten sein sollte.27 Hatte Karl schon seit Langem den Angriff auf die Lutheraner geplant, obwohl er ihnen wiederholt versichert hatte, er wünsche Frieden? Sir John Mason, der lange Zeit als Diplomat am Kaiserhof gedient hatte, konnte nicht glauben, dass Karl dermaßen lügen würde. Zu Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz bemerkte er: »Ich kann kaum davon überzeugt werden, dass er, der so oft in Rede und Schrift erklärt hat, nichts mehr zu begehren als Frieden und das Wohl und die Ruhe der Christenheit, nun, da aller Streit beigelegt ist und die Dinge in der übrigen Welt gut geregelt sind, einen Aufruhr anfängt und noch dazu gegen sich selbst. Denn ich halte Deutschland für einen Teil von ihm selbst, und alles, was er gegen diese Nation in Bewegung bringt, richtet sich gewissermaßen gegen seine eigenen Eingeweide.«

Friedrich wusste es besser. Als Mason ihn fragte, wen das neue kaiserliche Heer angreifen werde, sagte der Kurfürst: »Die Protestanten, wen sonst?«28 Vier Jahrhunderte später kam Karl Brandi zum gleichen Ergebnis. Er gesteht zwar zu, dass für die von Karl seinen deutschen Untertanen gegebene Versicherung – »Er wünsche Frieden und Einigkeit und würde nur gezwungen zu den Waffen greifen«  – der Satz gelte: »Das war noch immer nicht ganz unwahr.« Aber, fügte Brandi hinzu, es war »[n]och weniger ganz wahr«. Eine andere Auffassung äußerte Manuel Fernández Álvarez: »Wir müssen uns daran erinnern, dass Karl den Krieg wählte, weil er die protestantischen Fürsten nicht für verhandlungswillig hielt, aber die Klugheit machte es erforderlich, dass er seine Gedanken nicht in die Öffentlichkeit trug. Hätte er nämlich in Regensburg den Schmalkaldischen Bund entgegenkommender erlebt, hätte er vielleicht aufgehört, an Krieg zu denken.«29 Möglich, aber das verkennt Ausmaß und Kosten von Karls militärischen Vorbereitungen. Seine Behauptung in den Erinnerungen, dass er sich gleich nach dem Sieg über Geldern zum Krieg gegen die deutschen Lutheraner entschlossen habe, mag ein aus der Rückschau unterlaufener Fehler sein. Aber im Februar 1545 verkündete er im selben Brief, in dem er seinen Sohn über die Entscheidung in »der Alternative« informierte, die den Frieden mit Frankreich festigen sollte, dass er wegen der »dringend wichtigen Angelegenheiten« besonders in Deutschland nicht in der Lage sei,

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nach Spanien zurückzukehren. Ein Jahr später enthüllte er seinem Sohn, dass er die Absicht habe, seine deutschen lutherischen Untertanen zu zermalmen, und zwar mit derselben Strategie, die schon im Krieg gegen Geldern so wirkungsvoll gewesen war: Wenn er »nur irgendein Territorium besetzen und es exemplarisch bestrafen [könne], wie es dies verdient, wird der ganze Rest kapitulieren … Eine Sache von solcher Bedeutung zu Ende zu bringen, wird das Gottgefallen und unsere Reputation erheblich fördern und auch unsere Herrschaftsgebiete sichern, insbesondere die Niederlande.«30 Gewiss könnte man mit Álvarez auf die Unnachgiebigkeit der Lutheraner in Regensburg verweisen, die weitere Verhandlungen nutzlos erscheinen lassen musste, aber dass Karl überhaupt keine Anstrengungen unternahm, noch einen Vorteil aus der günstigen internationalen Lage und seinen kaum verhüllten militärischen Vorbereitungen zu ziehen, lässt darauf schließen, dass ihn Gespräche nicht mehr interessierten. 31

Der Schmalkaldische Krieg Aber Karl hatte sich verrechnet. Im Juni 1546 wiesen diverse prominente Mitglieder des Bundes ihre Bevollmächtigten an, den Reichstag zu verlassen, und sandten Beauftragte nach Frankreich und England, die um finanzielle Unterstützung nachsuchen sollten. Kurz darauf begann die Mobilisierung, und Mitte Juli hatte der Bund 70 000 Mann Infanterie, 9000 Mann Kavallerie und 100 Geschütze bei Donauwörth, nur 130 Kilometer von Regensburg entfernt, versammelt. Ein englischer Diplomat schätzte die Lage ein: »Alle sind hier der Meinung, dass der Kaiser einen gefährlichen Krieg begonnen hat, der seinen Staat stark bedroht, einen Krieg von großer Tragweite.« Sein venezianischer Kollege pflichtete ihm bei: »In Anbetracht von Zeit, Ort und Situation, worin der Kaiser sich befand, war die Entscheidung für dieses Unternehmen die kühnste – oder genauer gesagt: die risikoreichste und gefährlichste –, die er jemals getroffen hat.«32 In seiner halboffiziellen Geschichte der Feldzüge (Kommentare zu den von Karl V., dem Größten [el Máximo], in Deutschland geführten Kriegen) bemerkt Luis de Ávila y Zúñiga: Wenn an diesem Punkt die Truppen der Lutheraner »eingetroffen wären, hätten sie Seine Majestät aus Regensburg und schließlich aus Deutschland vertrieben«. 33 Aber die dezentrale Kommandostruktur des Bundesheers verhinderte, dass die Lutheraner Nutzen aus ihrem Vorteil zogen. Aufgeschreckt durch das einseitige Handeln von Kurfürst und Landgraf beim Angriff auf Braunschweig, bestanden die anderen Mitglieder des Bundes darauf, dass zukünftig alle militärischen Entscheidungen von einem Kriegsrat gefällt werden müssten, dessen zehn Mitglieder von den Städten und den Fürsten nominiert wurden. Dieser Entschluss erwies sich als Kata-

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strophe: Der Rat konnte nicht einmal Einigkeit darüber erzielen, wer als Oberkommandierender fungieren sollte – Johann Friedrich und Philipp von Hessen konkurrierten mit Sebastian Schertlin von Burtenbach, dem Befehlshaber der städtischen Kontingente, einem Veteranen mit umfangreicher Erfahrung. Die beste Strategie für den Feldzug war zwischen ihnen ebenfalls strittig: Der Kurfürst, der einen Angriff auf seine Heimatbasis fürchtete, wandte sich gegen Schertlins Vorschlag, die Alpenpässe zu besetzen und so die Ankunft kaiserlicher Verstärkungen aus Italien zu verhindern, und obwohl Schertlin zunächst obsiegte, rief der Rat seine Truppen zurück, noch ehe sie ihr Ziel erreicht hatten. 34 Karls heikle militärische Lage erklärt seine unbeherrschte Reaktion, als er erfuhr, dass der Papst die Zahlung der versprochenen 200 000 Dukaten aufgeschoben hatte. Er bestellte den Nuntius ein, der ihn »in höchst schlechter Laune« antraf, weil er »angenommen hatte, dass Seine Heiligkeit die ganze Summe umgehend zur Verfügung stellen werde, und da er es nicht tat, sind wir entrüstet, weil das ganze Unternehmen davon abhängt«. Er beschwerte sich heftig darüber, denn ohne diese Gelder sei er »gezwungen, dem Landgrafen die Füße zu küssen«.35 So weit kam es nicht, aber ein paar Tage später floh er aus Regensburg und ritt südwärts nach Landshut, einer befestigten Stadt in Bayern, wo er einen Brief an seinen Sohn aufsetzte, der reinste Erpressung war. Er drängte ihn, umgehend Gelder aufzutreiben und zu schicken, denn: »Wenn wir es nicht schaffen, unser Heer bis wenigstens Ende Oktober im Feld zu halten, wird nicht nur der katholische Glaube gefährdet sein, sondern auch unsere Ehre, unsere Reputation und sogar die Niederlande und Italien. Wir können nicht vorhersehen, wie die Dinge sich entwickeln oder was aus uns persönlich wird und aus denen, die hier mit uns sind, aber wir dürfen nicht alles wegen 300 000 oder 400 000 Dukaten aufs Spiel setzen!«

Karl wandte sich auch an Los Cobos, dem er aber schmeichelte, statt ihm zu drohen. Er gab zu, dass er den Brief an Philipp so formuliert hatte, als fürchte er, dass »Gott mich zu sich nehmen könnte« – und um deutlich zu machen, was auf dem Spiel stand. Im Gegensatz dazu brachte er sein vollständiges Vertrauen darauf zum Ausdruck, dass sein treuer Minister aus Erfahrung wissen werde, was zu tun sei: Auch wenn das Ausmaß der neuen Geldforderungen »Euch ein paar Tränen kosten wird, seid nicht überrascht, denn Ihr wart mit mir schon in vielen vergleichbaren Situationen, und da Ihr mich dort immer herausgeholt habt, wird es Euch, wie ich fest glaube, auch diesmal gelingen«. Schließlich verteidige er die Sache Gottes, »der mich um Seines Glaubens willen und damit ich Ihm diene, hierher geführt hat«.36

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Kaum hatte Karl diese Briefe unterzeichnet, als sich das Glück zu seinen Gunsten zu wenden begann. Schertlins Truppen erreichten Donauwörth am 5. August, völlig erschöpft von ihrem langen und fruchtlosen Marsch gen Alpen und wieder zurück. Sie verlangten jetzt eine Ruhepause von vier Tagen. Der Kriegsrat des Bundes nutzte diese Zeit, um eine formelle Aufkündigung ihrer Treuepflicht Karl gegenüber zu formulieren. Die Begründung lautete, Karl habe sein Versprechen, – die Anhänger des Augsburger Bekenntnisses zu tolerieren, gebrochen. Der Kurfürst meinte, sie sollten Karl gar nicht mehr als »Kaiser« anreden, sondern als »Karl von Gent«. Damit kam er zwar nicht durch, aber das Dokument erreichte seinen Adressaten »in einem gegabelten Stock, denn auf diese Weise erklären sie in Deutschland die Fehde, wenn ein Herrscher einen anderen angreifen will«.37 Als der Herold, der die Herausforderung überbrachte, im Lager des Kaisers eintraf, waren dort gerade am Tag zuvor päpstliche und kaiserliche Verstärkungstruppen aus Italien angekommen (in flagranter Verletzung von Karls Versprechen bei der Wahlkapitulation, niemals ausländische Truppen nach Deutschland zu holen). Der Kaiser verweigerte die Entgegennahme des Briefs und ließ durch den Herzog von Alba, seinen Oberkommandierenden, dem Herold und dessen Pagen mitteilen, dass »die richtige Antwort auf ihre Mission sei, sie aufzuhängen, aber Seine Majestät wolle ihrer beider Leben schonen, um nur die eigentlich Schuldigen zu bestrafen«. Sie kehrten also mit der Abschrift eines kaiserlichen Edikts zurück, in dem die Führer des Bundes als Verräter und Rebellen bezeichnet und ihre Unterstützer mit dem Verlust von Leben und Besitz bedroht wurden.38 Der Kaiser hatte nun das Kommando über 10 000 italienische, 8000 spanische und 16 000 deutsche Soldaten. Er führte die Truppen provokativerweise nach dem kaum sechzig Kilometer von Donauwörth entfernten Ingolstadt in Bayern, kundschaftete höchstpersönlich einen geeigneten Ort für das Lager aus und sorgte auch für einen »Probealarm«, um zu sehen, wie schnell seine Truppen die für sie vorgesehenen Stellungen beziehen würden. Für Graf Stroppiana, den savoyardischen Botschafter, bot diese Übung »einen glänzenden und begeisternden Anblick. Es war auch gut, Seiner Majestät zuzusehen, wie sie gepanzert und behelmt durch das Lager schritt, jede Einheit aufsuchte und die Gräben, die Artillerie und die Stellen, an denen der Feind angreifen könnte, inspizierte.« Karl befestigte das Lager mit Bollwerken und Schutzwällen aus »mit Erde gefüllten Fässern«, wozu er nicht nur Soldaten, sondern auch »Frauen und Kinder, die in großer Zahl im Lager anwesend waren«, heranzog.39 Diese Vorbereitungen wurden am 31. August 1546 der Prüfung im Ernstfall unterzogen, als das lutheranische Heer nur einige Hundert Meter entfernt Stel-

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lung bezog und »mit der gesamten Artillerie einen Beschuss [begann]; und sie feuerten mit solcher Schnelligkeit und Heftigkeit, dass es Kanonenkugeln zu regnen schien«. Fast 1500 Kugeln, manche »größer als der Kopf eines Mannes«, landeten im kaiserlichen Lager. Stroppiana berichtete, dass das Bombardement »mein Herz dreimal so schnell schlagen ließ, während der Kaiser sich furchtlos zeigte. Mehr als 27 Kugeln flogen zwischen den Beinen seines Pferdes hindurch oder dicht an Kopf und Krupper vorbei – noch näher und sie hätten ihn getroffen.« Doch selbst, als der Kaiser »die Kugeln auf ihn zu kommen sah, blieb er unbewegt wie ein Fels und lächelte nur«. Etwas später »stand Seine Majestät in einem Graben, um zu sehen, wann der Feind bereit sei, zu feuern, und während er den Umstehenden zurief, sich zu ducken, blieb er selbst aufrecht stehen«. Stroppiana spekulierte, dass »der Kaiser ohne den besonderen und allmächtigen Schutz, den Gott zu bestimmten Gelegenheiten gewährt, nicht mehr unter den Lebenden weilen würde« (siehe Abb. 24).40 Der Kaiser bagatellisierte seine Courage. »Wir tauschen hier Artilleriefeuer mit unseren Nachbarn und guten Freunden aus«, schrieb er äußerst sarkastisch an Ferdinand. »Die größte Freude würden sie uns machen, wenn sie herkämen und unsere Verteidigungswälle küssten, denn das, so Gott will, würden sie teuer bezahlen.« Ferdinand blieb unbeeindruckt; vielmehr tadelte er seinen Bruder, dass er sein Leben riskiere, von dem der Erfolg des ganzen Unternehmens abhänge, und drängte ihn zur Vorsicht, aber Karl erwiderte: »Die Wahrheit ist, dass wir nicht genug Männer hatten, als wir angegriffen wurden. Das war nicht der Zeitpunkt für mich, anderen ein schlechtes Beispiel abzugeben, und deshalb habe ich das Risiko auf mich genommen.«41 Er versprach jedoch, zukünftig besser auf sich aufzupassen, was ihm der Bund am 4. September durch die Entscheidung zum Rückzug leichter machte. Einige spekulierten, dass die Belagerer sich aufgrund von Wassermangel zurückzogen, andere meinten, sie »wollten den Kaiser dazu verleiten, ihnen zu folgen«. Doch was immer der Grund gewesen sein mag: Die Generäle des Bundes hatten damit ihre beste Siegeschance vertan – und sie wussten es. Schertlin berichtete in seiner Autobiografie, dass, »wenn man meinem Rat gefolgt wäre, das kaiserliche Lager anzugreifen, dies das Ende des Hauses Österreich bedeutet hätte. Der Kaiser hat in seinem ganzen Leben nicht so viel Angst und Sorge ausstehen müssen.« Der Landgraf stimmte dem zu: »Wäre mein Rat befolgt worden«, schrieb er in einem vertraulichen Brief, »hätten wir den Kaiser zur Schlacht gezwungen – aber zu viele Räte, zu viele Köpfe, und zu viele Köche verdarben den Brei«. Er fuhr fort: »Gott der Herr hat uns bei Ingolstadt eine wunderbare Möglichkeit verschafft. Wir hätten sie, wie ich dem Kurfürsten und dem Kriegsrat wiederholt sagte, nur

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nutzen müssen. Wäre es an mir gewesen: Ich hätte den Angriff befohlen, sie aber fürchteten die Wälle und Schanzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bei einem Angriff weniger Verluste erlitten hätten, als wir später durch Krankheit zu verzeichnen hatten.«42

Als das Heer des Bundes den Rückzug antrat und die Verluste sich häuften, geriet der Landgraf in Verzweiflung. Zuerst forderte er die Feinde zu einem Duell – »Wenn Seine kaiserliche Majestät und der Herzog von Alba 1000 Mann Kavallerie ins Feld führten, würde der Landgraf ebenfalls 1000 Mann mitbringen, um gegen sie zu kämpfen« –, und danach verlegte er sich auf Beleidigungen. Als ein italienischer Diplomat einen Vorschlag »Seiner kaiserlichen Majestät« erwähnte, widersprach der Landgraf: »Welche kaiserliche Majestät? Er ist Karl von Gent, so wie ich Philipp von Hessen bin, und wenn Deutschland ihn zum Kaiser wählen konnte, kann es ihn auch wieder absetzen.«43 Der Kaiser ignorierte die Beleidigung erst einmal, obwohl er in puncto zahlenmäßiger Stärke mit seinen Feinden gleichzog, als am 14. September Buren aus den Niederlanden mit 12 000 Mann Infanterie, 5000 Mann Kavallerie und zwölf Feldgeschützen eintraf. Diese bemerkenswerte logistische Großtat zeigte den klaren militärischen Vorteil des Kaisers mit aller Deutlichkeit. Am 9. Juni hatte er Buren befohlen, ein Heer auszuheben, und am 20. Juli begann der Graf seinen Marsch nach Deutschland hinein, wobei zu diesem Zeitpunkt weder er noch Karl wussten, wo das Zusammentreffen sein würde (Buren musste sogar darum bitten, dass »Eure Majestät mir sagen, wer Eure Freunde und wer Eure Feinde sind, damit ich weiß, welchen Weg ich einzuschlagen habe«). Am 23. August setzten die Expeditionsstreitkräfte in geübter Weise nahe Mainz über den Rhein, wo Buren Karls Befehl empfing, donauwärts zu marschieren mitten durch Feindesland. Das zwang seine Soldaten dazu, ihr Lager für den Fall eines Angriffs Nacht für Nacht zu befestigen  – und ein Angriff schien im Bereich des Möglichen zu liegen, denn der Landgraf machte aus seiner Absicht, Buren den Weg abzuschneiden, kein Geheimnis. So sollte entweder »der Kaiser gezwungen werden, sein Schlachtenglück selbst zu versuchen«, oder aber Buren würde »direkt in die Schlächterei« marschieren. Aber Karl schickte ständig geheime Nachrichten darüber, wie das lutheranische Heer am besten zu umgehen sei, sodass Buren seine gesamten Truppen sicher in das kaiserliche Lager vor Ingolstadt bringen konnte. Sie hatten in acht Wochen mehr als 800 Kilometer zurückgelegt.44 Dass der Kaiser die Truppen Burens auf ihrem Weg so genau dirigieren konnte, lag an den »Bildern und Karten, die er mitgenommen hatte. Einige zeigten ganz Deutschland, andere einzelne Provinzen, sodass er die Lage eines jeden

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Ortes wie auch die Entfernungen zwischen Orten und die Lage von Flüssen und Bergen zu bestimmen wusste.« Dennoch akzeptierte er die von Alba vorgeschlagene Strategie der Risikovermeidung: Statt eine offene Feldschlacht zu suchen, sollte das Heer des Bundes durch ständige Scharmützel nach Norden abgedrängt werden und sollten dabei die am Weg liegenden feindlichen Städte erobert werden, bis (so Karls eigene Worte) »eins der beiden Heere gezwungen ist, sich aufzulösen – sei es durch Gewalt, schlechtes Wetter, Hunger oder eine andere Zwangslage«.45 Das Heer der Lutheraner löste sich zuerst auf. Als man im Lager des Bundes erfuhr, dass Moritz und Ferdinand ein Verteidigungs- und Angriffsbündnis geschlossen hatten und die Invasion Sachsens planten, marschierte Johann Friedrich mit seinen Truppen zurück, um die Heimat zu verteidigen, sodass die Bündnispartner nun für sich selbst sorgen mussten. Am 16. November entschied der Kriegsrat des Bundes widerstrebend, dass man das übrige Heer auflösen und sich in die jeweiligen Winterquartiere zurückziehen müsse.46 Jakob Sturm, der Vertreter der Stadt Straßburg, protestierte beim Landgrafen dagegen: Der Rückzug zum jetzigen Zeitpunkt werde es »nicht nur Seiner kaiserlichen Majestät, sondern auch dem Antichrist in Rom« erlauben, die protestantischen Städte und Staaten Süddeutschlands nacheinander zu unterwerfen, »was uns Deutsche unserer Reputation unter den Nationen beraubt und den protestantischen Glauben gefährdet«. Sicher, fragte Sturm, könnten doch die Mitglieder des Bundes oder ihre französischen und englischen Verbündeten genügend Geld bereitstellen, um das lutheranische Heer noch etwas länger zusammenzuhalten? In seiner Antwort aus »unserem Lager« tadelte der Landgraf den Straßburger Vertreter, weil er die militärische Lage nicht begreife. »Wir haben jetzt 2000 Berittene und 8000 Fußsoldaten weniger als vorher«, beklagte sich der Landgraf, »und was noch übrig bleibt, schwindet Tag für Tag dahin: durch Demoralisierung, Krankheit und Desertion«, wohingegen der Kaiser »Verstärkung bekommt und uns jetzt zahlenmäßig überlegen ist«. Und was die Finanzierung angehe, so sei »ein Drittel der versprochenen Gelder noch nicht gezahlt … und aus England und Frankreich haben wir noch keinen einzigen Pfennig gesehen«. Der Landgraf schloss: »Wir können und wollen hier nicht länger bleiben, da wir bis jetzt das Heer nur durch Gebete und Versprechungen zusammengehalten haben.« Er muss diesen Brief wohl signiert haben, als er bereits im Sattel saß, weil er noch am selben Tag »unser Lager« abbrechen ließ und seine Truppen auflöste, wodurch er Württemberg, alle Städte südlich der Donau und selbst seine verwundeten Soldaten ihrem Schicksal überließ.47 Der Kaiser tat sein Bestes, diese Vorteile auszunutzen, wobei ihm das ungewöhnlich günstige Wetter zugutekam. So berichtete ein mit dem kaiserlichen Heer reisender Diplomat: »Seit einhundert Jahren hat es in diesem Land

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zu dieser Jahreszeit nicht mehr so gutes Wetter gegeben (wie sie hier sagen). Manchmal regnet es, und häufig herrscht dichter Nebel, und die Nächte sind immer kalt, aber es gibt keinen Schnee und auch nicht jene Fröste, die Mensch und Tier töten können.«48 Karl litt weiterhin unter Schmerzen. An manchen Tagen reiste er »in einer Sänfte, denn er litt beträchtlich an Gicht«; an anderen Tagen konnte er zwar aufs Pferd steigen, doch »weil sein rechtes Bein schwer von Gicht befallen war, nutzte er ein Stück Stoff als Steigbügel«. Nichtsdestotrotz »kundschaftete er feindliche Stellungen persönlich aus, um nicht aufgrund von Berichten anderer eine falsche Entscheidung zu treffen«, und wo immer ein Kampf möglich schien, »legte er seine Rüstung an und suchte ein Truppenkontingent nach dem anderen auf, sprach mit den Soldaten aller Nationen und sprach ihnen Mut zu, dass sie tapfer kämpften«. Wenn seine Soldaten »sahen, wie er sich so bescheiden unter sie mischte, als wäre er ihresgleichen und ihr Kamerad, rissen sie die Arme empor und riefen laut ›Kaiser: zur Schlacht! Kaiser: zur Schlacht!‹«49 Da nun nach der Auflösung des protestantischen Heers 1546 keine Schlacht mehr stattfand, hatten die lutherischen Herrscher in Süddeutschland keine andere Wahl, als einer nach dem anderen mit Karl ihren Frieden zu machen, ganz so, wie von Jakob Sturm vorhergesagt. Einige ergaben sich, als das kaiserliche Heer anrückte, andere boten Unterwerfung in einer demütigenden öffentlichen Zeremonie an: dem »Fußfall« vor dem Kaiser, der sie gegen Zahlung hoher Entschädigungssummen begnadigte – wodurch (wie ein spanischer Teilnehmer am Feldzug bemerkte) »die Stärke unserer Feinde vermindert wurde, ohne dass wir selbst irgendwelche Einbuße erlitten«.50 Kurfürst Friedrich von der Pfalz, der dem Herzog von Württemberg übereilt militärische Unterstützung gesandt hatte, war der Erste, der klein beigab. Am 17. Dezember »betrat er das Zimmer, in dem Seine Majestät wegen der Schmerzen in den Beinen in einem Sessel saß«, und bat um Vergebung. Einem Augenzeugen zufolge hörte Karl zunächst unbewegt zu, zog dann »einen Brief des Kurfürsten, der abgefangen worden war, aus seiner Tasche und sagte schroff: ›Lest das‹. Er fügte hinzu: ›Geht und erörtert Eure Angelegenheit mit Granvelle‹, woraufhin Friedrich in Tränen ausbrach. Der Kaiser erwiderte: »Cousin: Es hat mich zutiefst verletzt, dass Ihr kürzlich gegen mich Partei ergriffen habt. Ihr seid mein Verwandter, und Ihr seid in meinem Haushalt erzogen worden; dennoch habt Ihr Truppen gesandt, die meinen Feinden dienen sollten gegen mich, und Ihr habt sie viele Tage lang unterstützt. Da wir aber zusammen aufgewachsen sind und Ihr Reue gezeigt habt … bin ich bereit, Euch zu vergeben und zu vergessen, was Ihr mir angetan habt.«

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Ávila bemerkte: »Einen so hervorragenden Edelmann aus einem solch verehrungswürdigen Hause, des Kaisers Cousin, so zu sehen, das weißhaarige Haupt unbedeckt und die Augen voller Tränen«, habe »bei denen, die zugegen waren, großes Mitleid hervorgerufen«. Aber Karl blieb misstrauisch. »Wir müssen sehen, ob seinen guten Absichten ebensolche Taten folgen«, vertraute er Maria an.51 Als Nächster bat Herzog Ulrich von Württemberg um Vergebung. Karl verzieh auch ihm; allerdings musste Ulrich eine Strafe von 300 000 Gulden zahlen (»angesichts der großen Kosten, die Seiner kaiserlichen Majestät durch diesen Krieg entstehen«), alle Geschütze und Munition übergeben und in drei befestigten Städten des Herzogtums kaiserliche Truppen einquartieren »als Garantie für die Einhaltung des Vertrags«. Ulrich zögerte, diese demütigenden Bedingungen anzunehmen, doch schließlich »nahm er die Feder auf und sagte, indem er die Augen himmelwärts wandte: ›Wenn es Gott gefallen hat, dem Kaiser in Deutschland zwei Ernten in ein und demselben Jahr zu gönnen, warum sollte ich dann nicht tun, was Seine Majestät will?‹ Und damit unterzeichnete er.« Der venezianische Botschafter, der diese Szene beschrieb, berichtete, dass dieses weitere Beispiel für »Cäsars Glück« selbst dem normalerweise unerschütterlichen Granvelle Begeisterung entlockte: »Es ist wirklich bedeutsam, dass in dem Moment, da es um die Angelegenheiten Seiner Majestät schlimm steht, sich alles ändert und er wieder Erfolg hat.«52 Ferdinand hatte zwar gehofft, das ein Jahrzehnt zuvor verlorene Herzogtum Württemberg (siehe Kap. 9) zurückzugewinnen, aber Karl versicherte ihm, er habe »viel darüber nachgedacht«, ob er Ulrich vergeben solle, habe es aber »in Anbetracht der Umstände« getan. Schließlich seien der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf noch kriegsbereit, außerdem müsse er »die untragbaren Kosten« bedenken, die »eine Eroberung Württembergs verursachen würde«. Zudem wolle er den Eindruck vermeiden, »dass wir angesichts des weitverbreiteten Neides auf unser Haus Österreich unsere Interessen an vorderster Stelle berücksichtigen«. Und nun, grübelte Karl, »kann ich nicht entscheiden, wie ich den mir von Gott gegebenen Vorteil am besten nutze«. Seine drei langfristigen Ziele blieben unverändert: »die Verbesserung der religiösen Lage in Deutschland«, die »Wiederherstellung unserer Autorität im Reich« und »die Schaffung von Frieden und Einheit«, damit Deutschland sich besser gegen ausländische Angriffe verteidigen könne. Aber wie waren diese Ziele am besten zu verwirklichen? Er fragte seinen Bruder um Rat: Sollte er den Reichstag sofort einberufen und ein Bündnis mit denen eingehen, die anwesend sein würden, gegen jene, die weiter in Waffen standen, oder sollte er zunächst »diejenigen, die noch in Waffen standen, auslöschen und besiegen, um die Autorität und das Ansehen zur Einberufung des Reichstags zu erlangen, und dann die anstehenden Probleme, insbesondere die Religionsfrage, lösen«?53

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Karl bevorzugte die zweite Variante: Es sei notwendig, teilte er Ferdinand mit, Johann Friedrich und den Landgrafen »zu vernichten«, denn »sonst wird es nicht möglich sein, Deutschland zur Vernunft zu bringen und zu befrieden, damit es Gott dient sowie Eurer und meiner Autorität gehorcht«. Ferdinand folgte gehorsam, indem er gemeinsam mit Moritz Kursachsen besetzte. Dann kam die Nachricht, dass Franz I. den noch kriegsbereiten Anführern der Lutheraner endlich Unterstützung angeboten hatte und zu diesem Zweck Truppen aushob. Öffentlich nahm Karl diese Entwicklung auf die leichte Schulter und erinnerte einen französischen Botschafter daran, dass »ich binnen zwei Wochen in Eurem Königreich sein könnte. Ich kenne mehr als einen Weg, um hineinzukommen, und ich weiß auch, wie ich, falls notwendig, dort bleiben kann.« Aber privatim fürchtete er einen Überraschungsangriff des französischen Königs, wie dieser ihn 1542 vorgetragen hatte. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, schrieb er Ferdinand in Anspielung auf sein übliches Dilemma: »Ich habe den Wunsch, rasch und persönlich Euch zu Hilfe zu kommen, während es zugleich unabdingbar ist, dass ich anderswo präsent bin.«54 Am Ende erzwang Johann Friedrich eine Entscheidung, indem er Leipzig belagerte, den Hauptstützpunkt von Moritz; außerdem überredete er einige von Ferdinands Untertanen in Böhmen zur Rebellion. Karl führte nun seine Truppen ostwärts nach Böhmen, und obwohl er krankheitshalber in einer Sänfte oder einem Wagen mit Reiseofen fortbewegt werden musste, rückten die vereinten Streitkräfte von Ferdinand, Moritz und Karl gegen den Kurfürsten vor. Die Verbündeten erblickten das lutheranische Heer auf der östlichen Elbseite am 23. April 1547, gerade als es beim Dorf Mühlberg in Ufernähe sein Lager aufschlug. Da die Lutheraner sich sicher glaubten, schickten sie ihre Artillerie flussabwärts nach Wittenberg und begaben sich zur Nachtruhe. Aber Karl erhob sich um Mitternacht und bereitete alles für einen sofortigen Angriff vor. Im Schutz eines dichten Morgennebels überquerte sein Heer den Fluss, und Karl ritt in voller Rüstung in die Schlacht auf »einem dunklen spanischen Fuchs« mit einer »Schabracke aus rotem Samt mit goldenem Saum«. Über dem Panzer trug Karl »nur eine breite scharlachrote, in Gold gefasste Schärpe«, dazu »eine deutsche Sturmhaube und in seinen Händen ein vergoldetes Schwert sowie eine Halblanze, die fast ein Wurfspeer war« – so, wie er auf Tizians treffendem Reiterporträt dargestellt ist (siehe Abb. 25).55 Der Hinweis auf den Wurfspeer erwies sich als zutreffend, denn die Schlacht bei Mühlberg glich eher einer Jagd. Die lutheranische Streitmacht hatte ihr Lager über mehrere Kilometer ausgebreitet und bot demzufolge wenig Widerstand. Dennoch verbrachte der Kaiser »21 Stunden im Sattel, ohne Pause und in voller Rüstung«. In einem venezianischen Bericht heißt es: »Als er ins Lager zurückkehrte, stieg er vom Pferd und sagte fröhlich: ›Bereitet mein Abendmahl

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zu, denn ich habe den ganzen Tag auf der Jagd verbracht und ich habe dabei einen Eber erlegt – einen sehr fetten Eber.‹«56 Das stimmte – Johann Friedrich war aufgrund seines enormen Leibesumfangs leicht zu erkennen, und Karls Soldaten umzingelten ihn, als er zu Pferde die Flucht antrat. Zu ihrer Überraschung zog der Kurfürst eine Pistole und tötete einen Soldaten; einen weiteren streckte er mit dem Schwert nieder, bis jemand »einen schweren Schwerthieb gegen seine linke Wange« führte, sodass er nicht mehr kämpfen noch fliehen konnte. Er ergab sich also und wurde mit blutender Wunde vor den Kaiser gebracht. »Er machte drei Versuche, vom Pferd abzusteigen, da er jedoch die dabei übliche und notwendige Unterstützung nicht bekam, blieb er aufgrund seiner enormen Fülle im Sattel« und sagte nur: »Allergnädigster Kaiser und Herr, mein Schicksal hat mich hierher gebracht als Gefangenen Eurer Majestät. Ich bitte darum, dass Ihr mich so behandelt, wie es meinem Rang und Namen gebührt.« Der Kaiser erwiderte kalt: »›Jetzt nennt Ihr mich Kaiser, das ist ein anderer Titel als der, den Ihr sonst für mich benutztet!‹ Das sagte er, weil der Kurfürst und der Landgraf während des Feldzugs in ihren Schriftstücken den Kaiser als ›Karl von Gent, der sich für den Kaiser hält‹, bezeichnet hatten.« Karl beendete das Treffen mit dem gleichen ominösen Satz, den der Landgraf an Herzog Heinrich von Braunschweig gerichtet hatte: »Ich werde Euch behandeln, wie es Euch gebührt.«57 Trotz des Braunschweiger Präzedenzfalls  – Herzog Heinrich schmachtete nach wie vor im Gefängnis – nahm Johann Friedrich an, des Kaisers Bemerkung so verstehen zu dürfen, dass man ihn gut behandeln werde. Aber gleich nach dem Sieg sprach sich Karls Beichtvater Pedro de Soto bei einem Treffen des Kronrats für die Hinrichtung des Kurfürsten aus. Alba und Perrenot waren dagegen, weil das Risiko bestand, ihn zum Märtyrer zu machen und den Krieg so nur zu verlängern. Besser wäre es, meinten sie, wenn Karl »ihn am Leben und in seiner Gewalt behielte und ihn im Triumphzug« an allen Orten, die seine Rebellion unterstützt hatten, herumzeigte. Am 10. Mai unterschrieb der Kaiser ein Dokument, worin er den Kurfürsten als Strafe für seinen bewaffneten Aufstand zum Tode verurteilte und all seine Ländereien, Ämter und Güter konfiszierte – ihm aber anbot, sein Leben zu verschonen, sofern die stark befestigte Stadt Wittenberg sich Karl unterwarf, was sie neun Tage später tat.58 Am 25. Mai 1547 kam Karl nach Wittenberg und besuchte (unter anderem) die Schlosskirche, in der Luther begraben lag. Bartholomäus Sastrow, der sich im kaiserlichen Lager vor Wittenberg aufhielt, schrieb in seinen Erinnerungen, Karl und seine Entourage hätten nach der Rückkehr von der Kirche berichtet, »das man ubere Lutheri Begrebnusse Nacht und Tag brennede Lampen hengede unnd Wachskertzen stehende hette, unnd dafür bettede, als in papistischen Kirchen vor der verstorbenen Heiligen reliquiis geschicht«. Dagegen berichtete Sastrow nicht von einem bei dieser Gelegenheit stattgehabten Wortwechsel, der

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später zur Legende wurde. Wie mündlich überliefert wurde, forderte der Herzog von Alba nämlich, die Gebeine des Reformators zu exhumieren und zu entweihen, aber Karl erwiderte: »Lasst sie ruhen bis zum Jüngsten Gericht«, und als Perrenot Albas Vorschlag wiederholte, antwortete Karl bissig: »Ich führe Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Toten.« Zuweilen wurde bezweifelt, dass dieser Wortwechsel tatsächlich stattgefunden hat, aber ein englischer Diplomat, der das kaiserliche Lager besuchte, hat den intensiven Hass auf die Protestanten im Allgemeinen und insbesondere auf Luther festgehalten: »Die spanischen Soldaten hier sagen nichts außer dem einen Wort: Luther, Luther.« Angesichts dessen wäre es geradezu seltsam gewesen, wenn keine Rufe laut geworden wären, sein Grab zu schänden, wo doch Karl in der Stadt war und die Macht hatte, dergleichen zu tun. Aber er verweigerte sich.59 Nachdem Wittenberg kapituliert hatte, hielt Karl sein Versprechen und ließ Johann Friedrich am Leben, verlangte jedoch, dass er seine Kurfürstenwürde und die meisten seiner Ländereien an Moritz abtrat und feierlich schwor, »dass er bis auf Weiteres dem Hof Seiner Majestät oder dem seines Sohns, des Prinzen, in Spanien angehören werde. Seine Majestät würde Ort und Dauer bestimmen.« Während der nächsten fünf Jahre begleitete Johann Friedrich, wie von Alba und Perrenot vorgeschlagen, den Kaiser als dessen Gefangener, um fortwährend an die Folgen einer Rebellion zu gemahnen.60 In den harten Bedingungen spiegelte sich eine dramatische Verbesserung von Karls Gesamtsituation, daheim wie auch im Ausland. Im Januar 1547 starb Heinrich  VIII. und zwei Monate später Franz I., sodass der Kaiser sicher sein konnte, dass zumindest eine Zeit lang von England oder Frankreich nichts zu befürchten war. Die Böhmen, die im März Gespräche mit Johann Friedrich geführt hatten, reagierten hastig auf die Niederlage von Mühlberg, indem sie Ferdinand ihrer Loyalität versicherten. Die Nachrichten vom kaiserlichen Sieg beschleunigten auch den Abschluss eines auf fünf Jahre angelegten Waffenstillstandsabkommens mit Süleyman, das am 19. Juni unterzeichnet wurde. Der Sultan schickte seine Truppen nun gegen Persien, wodurch Karl vor osmanischen Angriffen sicher war.61 Diese Entwicklungen brachten den Landgrafen von Hessen in eine gefährliche Isolation. Zunächst nahm er seine Lage auf die leichte Schulter. Nachdem Philipp die Nachricht von der Schlacht bei Mühlberg vernommen hatte, bemerkte er grimmig, dass Karl vernünftige Bedingungen stellen solle, weil »wir uns sonst, so Gott will, auf eine Weise verteidigen, dass wir noch ein weiteres Jahr durchstehen können«. Einen Monat später forderte er seine Untertanen auf, sich auf einen neuerlichen Feldzug vorzubereiten.62 Anfang Juni jedoch autorisierte er Moritz und den Kurfürsten von Brandenburg (der ebenfalls ein Verwandter war), sich mit Antoine Perrenot und dem kaiserlichen Vizekanzler Georg Seld zu treffen und über seine Kapitulation zu verhandeln. Ihre

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Gespräche führten zu sehr viel besseren Bedingungen, als Johann Friedrich sie erhalten hatte: Der Landgraf musste keine Territorien abgeben und sein Leben wurde verschont. Freilich sollte er eine Entschädigung von 150 000 Gulden zahlen, seine gesamte Artillerie und Munition übergeben und alle Festungen in seinen Herrschaftsgebieten schleifen bis auf eine (die Karl auswählen konnte). Auch müsse er alle seine Bündnisse innerhalb wie außerhalb Deutschlands aufkündigen und alle Gefangenen freilassen, die er während des Krieges gemacht hatte. Im Gegenzug versprachen die Kurfürsten im Namen des Kaisers, dass der Landgraf nicht den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen werde. Sie drängten ihn auch zu einem baldigen Fußfall vor dem Kaiser und sagten ihm, um ihn zu beruhigen, sicheres Geleit zu.63

Immer das Kleingedruckte lesen Nur widerwillig sah der Landgraf ein, dass er wohl keine besseren Bedingungen würde aushandeln können, weshalb er am 19. Juni 1547, nachdem er das mit Perrenot, Seld und den Kurfürsten Vereinbarte ratifiziert hatte, das Zimmer betrat, in dem der Kaiser saß, umgeben von einer »Menge von Menschen, zu viele, als dass man sie hätte zählen können, die alle gekommen waren, um zuzuschauen«. Bevor er jedoch auf die Knie fiel, verweilte der Landgraf »bei den Kurfürsten, mit denen er sprach, und lachte. Das erzürnte den Kaiser gewaltig«, der sich nun weigerte, dem Landgrafen nach dessen Fußfall die Hand zu geben, wie er es mit anderen Gegnern getan hatte. Stattdessen (so der Augenzeuge Bartholomäus Sastrow) »wenkede jm der Keyser mit dem Finger, sahe zorniglich unnd sagte: ›Wöll jch sow dy lachen leeren‹ [›Ich werde dich lehren zu lachen‹]«.64 Der Landgraf nahm diese Drohung offenbar nicht ernst, denn nach seiner Unterwerfung akzeptierte er eine Einladung, mit dem Herzog von Alba zu dinieren, der ihn jedoch umstandslos verhaftete und unter spanische Bewachung stellte. Das versetzte die beiden Kurfürsten in Schrecken, hatten sie doch Philipp dazu beredet, die Bedingungen des Kaisers anzunehmen, und waren persönlich für sein sicheres Geleit eingetreten. Spät am Abend hatten sie daher eine scharfe Auseinandersetzung mit Alba und Perrenot, die bis zwei Uhr nachts dauerte. Die Kurfürsten beschwerten sich lautstark über die Gefangensetzung Philipps, weil das ihre Ehre beleidige. Die beiden Minister entgegneten, dass die Kapitulation, die alle beteiligten Parteien gelesen und gebilligt hatten, nur besagte, dass dem Landgrafen immerwährende Haft erspart bliebe, über einen zeitlich begrenzten Gefängnisaufenthalt sei nichts vermerkt. Als Karl am nächsten Tag von der Auseinandersetzung erfuhr, stellte er sich hinter seine Minister und leugnete auch, jemals von einem sicheren Geleit gewusst zu haben. Das

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versetzte die Kurfürsten noch mehr in Zorn, und sie schickten Botschafter zu Ferdinand (der gerade mit Moritz zusammen einen Feldzug geführt hatte). Sie beschwerten sich, dass sie sicheres Geleit gewährt hatten in der Annahme, Karl habe zugesichert, dass der Landgraf »weder Todesstrafe noch Einkerkerung erleiden werde«.65 Es ist wichtig, zu bestimmen, welche Rolle Karl in dieser Angelegenheit gespielt hat, denn seine Behandlung des Landgrafen sollte wie die Ermordung von Rincón und Fregoso fünf Jahre zuvor zum casus belli werden. Einige Zeitgenossen und viele Historiker vermuteten, dass der Kaiser im Vertragsentwurf mit Vorbedacht die Worte »einiger Gefencknus« wählte, weil man daraus mit einem Federstrich »ewiger Gefencknus« machen konnte. Die Beschuldigung ist einfallsreich, aber nicht überzeugend. Obwohl sich Karl auf Deutsch unterhalten konnte, war er nicht versiert genug für so ein Wortspiel. Georg Seld brachte später während eines Essens im Freundeskreis eine plausiblere Erklärung vor. Er erinnerte sich daran, dass er und Perrenot (beide waren ausgezeichnete Juristen und sprachen fließend Deutsch) die zwei Kurfürsten zunächst mit Getränken traktiert und dann in Abwesenheit von deren Rechtsberatern mit ihnen verhandelt hatten. So sei es den Kurfürsten nicht aufgefallen, dass die von Perrenot vorgeschlagene Formulierung »nit in ewiger Gefencknus halten« Karl durchaus erlaubte, den Landgrafen ins Gefängnis zu stecken, nur eben nicht auf unbegrenzte Zeit.66 Selbst wenn die Formulierung nicht von Karl selbst stammte, so hat er doch ihre Ambiguität ausgenutzt. Am 15. Juni, vier Tage vor Philipps Fußfall, teilte Karl seinem Bruder mit, dass der Landgraf »ausdrücklich einer bedingungslosen Kapitulation zugestimmt hat«. Er fuhr fort: »Zugegebenermaßen verlangten die beiden Kurfürsten ein Versprechen, dass ich ihn nicht bestrafen werde weder an seiner Person noch an seinen Besitzungen, außer wie im Vertrag vorgesehen, und auch nicht durch immerwährende Gefängnishaft; und da sie das Wort ›immerwährend‹ benutzten, akzeptierte ich ihren Vorschlag aus dem Euch bereits bekannten Grund: So kann ich ihn zumindest eine Zeit lang in meinen Händen behalten. Ich habe also die Absicht, ihn als meinen Gefangenen zu nehmen, wenn er kommt, um sich zu unterwerfen. Die Kurfürsten können dagegen nichts einwenden, weil ich das Versprechen, das ich ihnen gab, nicht brechen werde, insofern nämlich ›Gefängnishaft‹ durch den Zusatz ›immerwährend‹ ergänzt wurde.«

Ferner fragte der Kaiser seinen Bruder um Rat, wie er es mit den Bedingungen und der Dauer der Haft halten solle, nachdem der Landgraf alle anderen Bedingungen des Vertrags erfüllt hatte; immerhin bestand ja das Risiko, dass

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Philipp nach seiner Freilassung »bei meiner Abwesenheit aus Deutschland Schlimmstmögliches anrichten könnte«. Ferdinand empfahl die Freilassung, sobald der Landgraf alle vereinbarten Opfer gebracht und angemessene Garantien für sein Wohlverhalten gegeben habe. Damit würde Karl vermeiden, die Kurfürsten vor den Kopf zu stoßen, »die in die Angelegenheit einbezogen wurden; auch werde der Landgraf nicht in Verzweiflung getrieben«. Aber Karl war anderer Auffassung.67 In einem gleich nach dem Fußfall an den Bruder gerichteten Brief argumentierte er, dass der Landgraf im Gefängnis bleiben müsse, weil »ich sonst keine Garantie dafür habe, dass er die Vertragsbedingungen erfüllt. Augenblicklich spielt er auf Zeit, bis ich meine Truppen demobilisiert habe.« Außerdem war der Kaiser jetzt der Ansicht, seine Ehre stehe auf dem Spiel. Die Kurfürsten »haben meine Ehre besudelt, weil sie infrage stellten, dass ich mein Wort halten würde«. Das erzürnte Karl, weil (wie er behauptete) »ich immer besonders sorgfältig darauf geachtet habe, mein Wort zu halten, selbst wenn ich dadurch außergewöhnlich gute Gelegenheiten ausschlug, die mir hätten von Nutzen sein können«. Er setzte also den Bruder von seinem Entschluss in Kenntnis: »Die Sache ist zu weit gediehen, als dass ich einen Rückzieher machen könnte. Wenn ich von meiner Entscheidung, ihn ins Gefängnis zu stecken, abweiche, wird die Welt denken, dass es falsch von mir war, dies zu tun, und dass ich gezwungen wurde, meine Überzeugung aufzugeben.« Er werde abwarten, »ob der Landgraf schnell bereit ist, guten Willen zu zeigen«, und dann über die Dauer seiner Einkerkerung entscheiden.68 Erneut mahnte Ferdinand zur Vorsicht. Zwar stimmte er Karl zu, dass der Landgraf im Gefängnis bleiben müsse, bis er alle seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt habe, danach jedoch »könnte Eure Majestät, wie ich meine, statt die beiden Kurfürsten vor den Kopf zu stoßen, ihn freilassen, sofern es ohne großen Nachteil für Eure Angelegenheiten geschehen kann«. Karl könnte eventuell die Söhne des Landgrafen als Sicherheitsgaranten akzeptieren. Aber Karl wies alle Bitten um Milde zurück und befahl stattdessen seinen spanischen Truppen, Philipp dauerhaft und scharf zu bewachen. Bartholomäus Sastrow bemerkte düster, dass der Kaiser sein Wort »Ich werde dich lehren, zu lachen« »redlich gehalten« habe.69 Später sollte Karl es bereuen, Ferdinands Rat nicht befolgt zu haben, doch anfänglich schien sein Triumph vollständig zu sein. Ein kleiner Trost wurde dem Landgrafen ein paar Tage später zuteil. Als er, umgeben von spanischen Soldaten, in einem Karren weggefahren werden sollte, kam Karl heraus, um sich hämisch an dem Anblick zu weiden. Er »hett ein sammitten Hutt auf, unnd ein schwartzen Mantell mit 2 Finger breit Sammit besetzt«. Doch als ein plötzlicher »Schlachregen« niederging, schlug der Kaiser den Mantel um, »hielt den Hutt under den Mantell unnd lies auff den blossen Kopff regenen. Armer

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Man«, spottete Sastrow, »der etliche Tonnen Golts vorkriegen könte, das sammitten-Hutlein unnd den Mantell aber von dem Regen nicht vorderben, sondern denselben lieber auf das blosse Haupt fallen lassen wölte!«70 Sastrow hatte recht mit seiner Anspielung auf die immensen Kosten des deutschen Krieges. Karl nahm in Spanien auszahlbare Anleihen auf, die sich 1546 auf fast drei Millionen Dukaten beliefen, und im nächsten Jahr noch einmal auf 700 000 Dukaten, während Maria in den Niederlanden weitere 750 000 Dukaten lieh. Dagegen konnte der Kaiser nur die päpstlichen Hilfsgelder (200 000 Dukaten), die Strafzahlungen derer, die sich ihm widersetzt hatten (vielleicht insgesamt 800 000 Dukaten) und den Wert der schweren Artillerie, die er von den lutheranischen Städten und Fürsten konfisziert hatte, aufrechnen. Die Artillerie verteilte er demonstrativ in seinen Herrschaftsgebieten als Zeichen seines Sieges.71 Es blieb nicht die einzige Symbolhandlung. Zwar entließ er viele Teile seines Heers, bevor er nach Augsburg aufbrach, um dort einem neuen Reichstag beizuwohnen, doch behielt er 3000 Mann unter Waffen, »um alle Tore und Plätze der Stadt zu bewachen«. Zudem stationierte er 20 000 Mann Infanterie und 4000 Mann Kavallerie als Garnisonen in Ulm, Württemberg und anderswo »in der Nachbarschaft«, was die Protestanten dazu veranlasste, die Versammlung als »geharnischten Reichstag« zu bezeichnen. Diversen Quellen zufolge soll Karl gleich nach seinem Sieg bei Mühlberg sich gebrüstet haben: »Ich kam, ich sah, und Gott siegte.« Nun wollte er seinen überwältigenden militärischen Vorteil nutzen, um die religiösen und politischen Gegensätze, denen er in Deutschland begegnet war, ein für alle Mal aufzulösen.72

Der geharnischte Reichstag Perrenot zufolge hoffte Karl, auf dem Reichstag »seine Vorhaben schnell erledigen zu können«, fügte aber hinzu: »Tatsächlich glaube ich, dass wir, wenn wir die Verhandlungen beschleunigen wollen, um alles in angemessene Ordnung zu bringen, auf größere Schwierigkeiten stoßen werden, als wir erwarteten.«73 Perrenot sollte recht behalten: Der Reichstag dauerte zehn ganze Monate, vom 1. September 1547 bis zum 30. Juni 1548. Die in seinem Verlauf produzierten Dokumente füllen 2760 Druckseiten. Die kaiserlichen Beamten beabsichtigten die Verabschiedung einer schieren Unmenge von Initiativen zur Festigung der kaiserlichen Autorität in Deutschland: Maßnahmen zur Standardisierung der Rechtsverfahren und des Münzwesens; Stärkung und Verschlankung des Reichskammergerichts; Anerkennung der diversen niederländischen Territorien des Kaisers als Reichskreis; Gründung eines Reichsbunds, der die Unter-

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tanen stärker an die habsburgische Dynastie binden sollte als an das Reich; Beschaffung von Geldern für die Verteidigung Ungarns gegen einen eventuellen türkischen Angriff; Bildung einer Rücklage zur Finanzierung der Mobilisierung eines 27 000 Mann starken Heers »für den Fall, dass irgendjemand zukünftig gegen die Verordnungen und Befehle von Kaiser und Reich rebellieren will«. Höchst umstritten war ihre Vorlage für ein neues Rahmenwerk zur Herstellung der religiösen Einheit im Reich.74 Am Ende sollte der Reichstag entweder diesen Maßnahmen zustimmen oder dem Kaiser gestatten, Sonderkommissionen einzurichten, die sich mit dem Rest beschäftigen würden, aber es ist schwer, festzustellen, welche Rolle Karl bei den Debatten und Entscheidungen eigentlich spielte. Das detaillierte Reisetagebuch seines Kammerdieners Jean Vandenesse verzeichnet die Anwesenheit des Kaisers nur bei einigen größeren öffentlichen Ereignissen im Winter: Am 30. November 1547 nahm er an einem Bankett der Ritter vom Goldenen Vlies teil; an Epiphanias 1548 besuchte er die Messe und »opferte drei Becher mit Gold, Weihrauch und Myrrhe« wie die Heiligen Drei Könige; am 30. Januar rief er die Kurfürsten zusammen, um mit ihnen die Anerkennung der Niederlande als Reichskreis zu erörtern; und am 24. Februar, an seinem Geburtstag, setzte er »in seiner kaiserlichen Robe und auf seinem Kaiserthron« Moritz feierlich als neuen Kurfürsten von Sachsen ein. Vandenesse zufolge war der Kaiser bei anderen feierlichen Anlässen nicht zugegen – nicht einmal bei der Eröffnungszeremonie, bei der Ferdinands ältester Sohn Maximilian ihn vertrat. Allerdings suchten Mitglieder des Reichstags regelmäßig das Haus von Anton Fugger (einem Neffen von Jakob) auf, wo Karl wohnte, um mit ihm direkt bestimmte Angelegenheiten zu besprechen.75 Karl ließ sich nicht häufig in der Öffentlichkeit blicken, weil er krank war. Bisweilen gewährte er Audienzen »im Sitzen, wobei ein Arm den Nacken stützte und die Füße hochgelegt auf einem Stuhl mit Kissen ruhten«. In der Winterzeit suchte er Linderung von seinen Schmerzen, indem er in eine Art Sauna stieg »oder genauer in einen Ofen, worin die meisten Leute eine Viertelstunde verweilen würden, während er dort den ganzen Tag zubringt«.76 Manche Zornausbrüche Karls sind zweifellos auf Schmerzen zurückzuführen. Im Februar 1547 äußerte er einem päpstlichen Diplomaten gegenüber, dass Paul III. die Syphilis habe, und kommentierte: »Wir können nicht umhin, daran zu erinnern, dass man in Italien sagt: Einem jungen Mann kann man verzeihen, wenn er sich die Franzosenkrankheit [Syphilis] holt, aber nicht einem alten.« Als der Diplomat behauptete, davon wisse er nichts und das müsse ganz neu sein, beharrte der Kaiser »auf dem Thema und sagte, es sei eine seit langer Zeit bestehende Krankheit«, und als der Gesandte erneut versuchte, Einwände zu erheben, »verabschiedeten wir uns und sagten, es wäre nun Zeit für die Messe«.77

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Auch ohne Schmerzen hatte Karl zwei Gründe, dem Papst zu grollen. Zum einen hatte der seine Truppen aus Deutschland abgezogen (weil Karl von den besiegten Herrschern nicht die Wiedereinführung des katholischen Gottesdienstes verlangt hatte), und zum anderen hatte er das Generalkonzil von Trient nach Bologna im Kirchenstaat verlegt, was für die deutschen Protestanten – und damit auch für Karl – völlig unannehmbar war. »Wir werden diese Verlegung niemals akzeptieren«, erklärte er seinem Bevollmächtigten auf dem Konzil, und er befahl den Prälaten, in Trient zu bleiben »um Gottes und meines Dienstes willen« (eine arrogante Gleichsetzung, die der Kaiser nunmehr immer häufiger benutzte).78 Die Suche nach einer für alle Deutschen akzeptablen Glaubensformel wollte er wiederbeleben – etwas, was Luther selbst in seiner letzten großen Veröffentlichung empfohlen hatte: »Daneben ward begert, Keis. Mai. wollte bey dem Babst erbeiten, und ein gemein, frey, Christlich Concilium in Deutschen landen anzusetzen und zu halten, oder ein National Concilium machen.« Wie üblich ergriff Granvelle in dieser Angelegenheit die Initiative und stellte im August 1547 dem Papst ein Ultimatum: »Entweder kehrt das Konzil nach Trient zurück, oder es muss ausgesetzt werden, bis wir die Ergebnisse des Reichstags vorliegen haben.«79 Im folgenden Monat änderte sich die Lage grundlegend, als Karls Truppen Piacenza besetzten und dabei Pier Luigi Farnese, den Sohn des Papstes, töteten (siehe unten). Nun erklärte Paul, dass er erst dann das Konzil nach Trient zurückholen werde, wenn der Kaiser Piacenza zurückerstattet habe, worauf Karl mit der Suche nach einer Interimslösung der religiösen Frage nur für Deutschland reagierte.80 Im Februar 1548 trat eine Kommission zusammen, die einen für alle Parteien annehmbaren religiösen Kompromiss formulieren sollte. Ihre Mitglieder waren von Karl, Ferdinand, den sieben Kurfürsten sowie von den im Reichstag vertretenen Fürsten, Prälaten und Städten bestimmt worden. Die katholischen Herrscher machten indes schon bald deutlich, dass sie die von Karl behaupteten kirchlichen Machtbefugnisse nicht anerkannten, und da Karl die Mittel zu ihrer Durchsetzung fehlten, autorisierte er die katholischen Staaten, ihre gegenwärtigen religiösen Praktiken beizubehalten. Dagegen bestand er darauf, dass die protestantischen Herrscher den im neuen Text festgelegten Praktiken zu folgen hatten. Dieser Text wurde als »Interim« bekannt, weil er nur so lange gelten sollte, bis das Generalkonzil dauerhaft verbindliche Entscheidungen treffen würde. Dieser vorläufige Status erklärt die vielen in dem Dokument enthaltenen Widersprüche. So erklärte es zum Beispiel die Heirat von Geistlichen und das Abendmahl in beiderlei Gestalt, zwei der sichtbarsten Symbole der lutheranischen Liturgie, zu »Irrtümern«, die nur zeitweilig toleriert würden, um den Frieden zu wahren; und obwohl es als Bedingungen für die Erlösung Glaube und Gnade bestimmt, nicht aber unbedingt gute Werke, erlaubte es ganz ausdrücklich katholische Rituale, die von den Lutheranern ab-

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gelehnt wurden wie etwa die Heiligenverehrung oder die Totenmesse (die einen Glauben an das Fegefeuer voraussetzte). Der Kirchenhistoriker Nathan Reis vertritt die Auffassung, dass das Interim so viele »Ähnlichkeiten und Echos« der Augsburger Konfession von 1530 enthält, dass das »als Absicht verstanden werden muss. In ihren Redewendungen und der Metaphernwahl bezogen sich die Autoren des Interims selbstbewusst auf zentrale Ausdrücke lutherischen Denkens, die kein entsprechend gebildeter Leser übersehen konnte.« Ebendiese Autoren trennten auch geschickt die Erlösungstheologie von den rituellen Formen der Glaubensausübung, deren Ausgestaltung sie den säkularen Herrschern überließen, die nun das liturgische Procedere ihrer Untertanen im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung kontrollieren konnten (zumindest bis ein allgemeines Konzil anderweitig entscheiden würde).81 Karl entschloss sich, den Inhalt des Dokuments bis zum letzten Moment vor dem Papst und seinen Vertretern geheim zu halten. Am 15. Mai 1548 »bat er zur Mittagszeit alle Fürsten um vier Uhr nachmittags zu sich, weil er die Absicht habe, das Interim öffentlich zu machen«. Antoine Perrenot besuchte den Nuntius »kurz vor vier Uhr« und eröffnete ihm »durch Befehl Seiner Majestät, was das Interim beinhalten werde«. Er versicherte auch, dass »Seine Majestät so lange wie möglich gewartet habe, nun aber die Sache nicht weiter aufschieben könne«. Zur verabredeten Stunde las Vizekanzler Seld in Anwesenheit des Kaisers und des gesamten Reichstags das Dokument vor, das kurz danach auf Lateinisch und Deutsch veröffentlicht wurde.82 Nun begann der schwierige Teil, denn es galt, die Befolgung des Interims zu sichern. Paul III. bot keine Unterstützung an, sondern schickte einen Legaten zum Kaiser, der ihm Vorwürfe machte, weil er »das Interim veröffentlichte, ohne abzuwarten, was der Heilige Stuhl zu sagen hatte«. Bei einer zweistündigen Audienz trug der Legat die Beschwerden vor: Das Interim »entspricht nicht der Lehre und den Gebräuchen der Heiligen Kirche, reguliert aber fast alles im Leben der Christen«. Karl räumte sofort ein, dass »das Interim nicht so vollkommen ist, wie er es sich wünschte, aber die Menschen müssen in kleinen Schritten zum katholischen Glauben und unserer Heiligen Kirche zurückgebracht werden«. Er sei zuversichtlich, dass »ein Generalkonzil und die Autorität des Papstes für das Übrige sorgen und es vervollkommnen werden«. Wenn, fuhr er fort, bis dahin »Deutschland das Interim akzeptiert, wird es auch die Autorität des Papstes und der Kirche akzeptieren – und ihm scheine es so, als verdiene er dafür Danksagungen statt Beschwerden«. Der Legat fragte, ob Karl noch Änderungen vornehmen würde, etwa im Hinblick auf die Messe und die Heirat von Geistlichen, aber der Kaiser erwiderte, dass das nicht möglich wäre, weil der Reichstag vorüber sei.83

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Einige lutheranische Herrscher erwiesen sich als entgegenkommend. Laut Sastrow akzeptierte der Kurfürst von Brandenburg das Interim gegen Zahlung seiner Schulden; der Herzog von Württemberg und der Landgraf von Hessen befürworteten das Dokument in der Hoffnung, ihre Kapitulationsbedingungen verbessern zu können; Kurfürst Moritz hatte Karl bereits versprochen, konform zu gehen, und übte Druck aus auf die Theologen in Wittenberg (die jetzt seine Untertanen waren), damit sie kooperierten. Fast alle gehorchten, doch einige Lutheraner anderenorts verwarfen das Interim. Ihr Anführer war der frühere Kurfürst Johann Friedrich, der auch dann an Luthers Lehre festhielt, als Granvelle und sein Sohn Druck auf ihn ausübten – zuerst deuteten sie an, dass Konformität ihm die Freiheit sichern werde, und als er ablehnte, bekam er Stubenarrest, seine Bücher wurden ihm weggenommen und sein Kaplan auch. Für die Dauer einer Generation blieb die lutherische Kirche gespalten.84 Als das Wetter wärmer wurde, ließ Karl sich wieder in der Öffentlichkeit sehen. Bei der feierlichen Verabschiedung des Reichstags am 30. Juni 1548 führte er den Vorsitz, und fünf Wochen später postierte er seine Soldaten an allen strategischen Punkten in Augsburg, ließ die Stadttore schließen und rief alle städtischen Amtsträger zusammen. In Anwesenheit des Kaisers forderte Seld dann die Versammelten zum Fußfall auf – als Strafe für die Unterstützung des Bundesheers mit Geld und Soldaten – und ließ sie einen neuen Treueeid auf den Kaiser schwören. Sodann verkündete Seld den Entzug der städtischen Privilegien, die Entlassung aller Beamten und die Abschaffung sämtlicher Zünfte (die vordem den Rat gewählt hatten), bevor er eine neue Liste von Amtsinhabern verlas, die nun die Stadt regieren sollten. Es waren fast alles Mitglieder der Oberschicht. Anton Fugger und Bartholomäus Welser, die Bankiers des Kaisers, nahmen zwei der sieben Sitze im neuen Geheimen Rat ein. Ein paar Tage später rückten spanische Truppen gegen Konstanz vor, eine weitere protestantische Stadt, die den Schmalkaldischen Bund mit Soldaten und Geld unterstützt hatte. Die angsterfüllten Magistrate unterwarfen sich Ferdinand, der die Verfassung der Stadt außer Kraft setzte, den katholischen Gottesdienst wieder einführte und dann die Stadt seinem Herrschaftsgebiet einverleibte. Karl überlegte kurz, ob er in Konstanz eine Zitadelle errichten sollte (wie er es in Gent, Utrecht und Cambrai getan hatte), sah dann aber davon ab, weil er fürchtete, dadurch Unruhen im Reich zu provozieren.85 Als Nächstes begab sich der Kaiser nach Ulm, einer weiteren Stadt, die den Schmalkaldischen Bund unterstützt hatte. Auch hier wohnte er einem zeremoniellen Fußfall bei, wonach Seld die Verfassung der Stadt widerrief, die Beamten entließ, die Zünfte abschaffte und eine neue, von Patriziern geführte Regierung einsetzte. Auch befahl er den lutherischen Predigern, das Interim anzunehmen (was er in Augsburg nicht getan hatte), verhaftete die Widerspenstigen und

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zwang die konform gehenden Geistlichen, Weib und Kinder zu verlassen. Lutherische Prediger in Speyer, Worms und anderen rheinischen Städten flohen, um einer ähnlichen Behandlung zu entgehen. 1551/52 kassierten kaiserliche Beamte in 25 süddeutschen Städten die Verfassungen, schafften die Zünfte ab und setzten einen aus Patriziern bestehenden Rat ein.86 Einige Zeitgenossen und viele spätere Interpreten behaupteten, Karl habe aus konfessionellen Motiven gehandelt. »Die Reform der städtischen Verfassungen war ein Vorläufer der Gegenreformation«, schrieb Ludwig Fürstenwerth 1893. Das »eigentliche Ziel« dabei sei »die Bewahrung oder Wiederherstellung des katholischen Gottesdienstes in den Städten« gewesen. Aber das erklärt nicht, warum der Kaiser Schritte unternahm, um nicht nur protestantische, sondern auch katholische Städte in den Griff zu bekommen, von denen einige ihm während des letzten Bürgerkriegs treu ergeben gewesen waren. Der herausragende Historiker Wolfgang Reinhard durchsuchte die von Karl und Ferdinand überkommenen Dokumente nach »irgendeiner Art von offenkundigem Programm«, fand aber keins und schloss daraus: »Es gibt keins, nicht weil es Historikern bisher entgangen ist, sondern weil es niemals eins gegeben hat.« Vielmehr ging es dem Kaiser in erster Linie darum, die Unabhängigkeit der Städte allgemein und die Macht der Zünfte im Besonderen zu beschneiden. Erst in zweiter Linie galt sein Kampf dem Luthertum. Deshalb ähnelte die theatralische Demütigung von Augsburg, Ulm und anderen deutschen Städten so sehr Karls Behandlung von Gent 1540.87 Bartolomeo Cavalcanti, ein Exilant aus Siena, bemerkte ein übergreifendes Muster: »Die Minister des Kaisers haben immer dieselbe Politik verfolgt«, schrieb er 1552. »Immer haben sie versucht, die Bürger zur Uneinigkeit aufzustacheln, um dann Freiheit und Gemeinwohl durch eine oligarchische und tyrannische Regierung zu unterdrücken.« Er dachte dabei nicht nur an Karls Vergehen gegen Städte in den Niederlanden und Deutschland, sondern auch in Italien.88

Offene Rechnungen begleichen in Italien Durch die frühen Erfolge des Schmalkaldischen Bundes fühlten sich einige von Karls Gegnern in Italien dazu ermutigt, seine Herrschaft infrage zu stellen. In Lucca, einem kleinen kaiserlichen Lehen und Rivalen von Florenz, fand sich der Patrizier Francesco Burlamacchi mit einer Gruppe von Exilanten zu einer Verschwörung zusammen, um die Herrschaft der Medici zu stürzen und Lucca, Siena und Florenz zu einer toskanischen Republik zu vereinen. Im August 1546 flog die Sache auf, und Burlamacchi wurde zu lebenslanger Haft in Mailand verurteilt.89 Dann »erlebte Genua am 3. Januar 1547 um Mitternacht fast eine

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Revolution«. Der prominente und populäre Graf Gian Luigi Fieschi, der »das Buch von Niccolò Machiavelli mit dem Titel Der Fürst studiert« hatte, brachte eine Kriegsgaleere mit 200 an Bord versteckten Gefolgsleuten in den Hafen von Genua und lud dann Andrea Doria und dessen Erben Giannettino zu einem Bankett ein mit der Absicht, sie umzubringen und dann die Kontrolle über die Stadt an sich zu reißen.90 Andrea nahm zwar die Einladung an, wurde jedoch krank und konnte nicht erscheinen. Fieschi entschloss sich, trotzdem wie geplant weiterzumachen. Die Hälfte seiner Gefolgsleute besetzte die Stadttore, während die andere Hälfte Dorias Galeeren in der Werft kaperte und die Ruderer befreite. Ihre Jubelschreie erregten Giannettinos Aufmerksamkeit, der erschossen wurde, als er versuchte, die Situation in den Griff zu bekommen. Andrea Doria floh aus der Stadt, die er seit 1528 beherrscht hatte, und Menschenmengen zogen mit dem Ruf »Freiheit! Freiheit!« durch die Straßen. Der Putsch schlug nur deshalb fehl, weil Fieschi in voller Rüstung in das Hafenbecken fiel und ertrank. Gómez Suárez de Figueroa, seit Langem schon spanischer Botschafter in Genua, freute sich: Fieschis Tod »war ein Gottesgeschenk, denn hätte er weitergelebt, wäre alles verloren gewesen«.91 Ein paar Monate später gab es auch in Neapel fast eine Revolution. Der Vizekönig Pedro de Toledo verursachte einen Volksaufstand, als der Papst auf Toledos Ersuchen hin einen Sonderinquisitor ernannte, der die Häresie im Königreich ausrotten sollte. Die örtliche Elite legte sofort Protest ein, den der Vizekönig ignorierte. Im Mai 1547 dann versuchten drei Neapolitaner einen von den Inquisitoren verhafteten Kumpel zu befreien. Der Vizekönig ließ sie hinrichten, was zu großen Demonstrationen führte. Toledo setzte seine spanischen Truppen ein, um die Menge zu zerstreuen, und richtete die Geschütze auf die dicht bevölkerten Stadtviertel der unteren Schichten, »als wäre«, wie ein Chronist bemerkte, »Neapel eine französische oder türkische Stadt und nicht eine, die dem Kaiser gehörte«.92 Wer nach dem kaiserlichen Sieg 1528 ins Exil getrieben worden war, kehrte jetzt zurück, und die Autorität der kaiserlichen Herrschaft stand auf der Kippe, bis im August eine von Andrea Doria aus Genua geschickte Schwadron Galeeren mit 3000 spanischen Soldaten an Bord ankam. Nachdem die Ordnung wiederhergestellt war, hielt Karl es für klug, die Aufständischen bis auf eine Handvoll Rebellen zu begnadigen. Diese zahlreichen Aufstände gegen die habsburgische Hegemonie waren zum einen der Ausdruck einer starken Sehnsucht nach einem Italien, »in dem kein Fürst einem anderen seinen Willen aufzwingen konnte«, und zum anderen Ausfluss einer erstaunlichen Selbstgefälligkeit aufseiten Karls und seiner Minister.93 Fieschi hatte an Fregosos Versuch von 1536, Genua an sich zu reißen, teilgenommen (siehe Kap. 10), doch fünf Jahre später vergab Karl auf Bitten Dorias dem Grafen und gewährte ihm eine Pension. Gerüchte, dass einer von Fieschis

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Verwandten in Paris versuche, die Unterstützung Frankreichs für einen Putsch zu gewinnen, erreichten Genua im Mai 1545, doch nahmen weder Doria noch Figueroa sie ernst. Selbst als sie erfuhren, dass Fieschi vier Galeeren von Pier Luigi Farnese gekauft habe, versicherte Figueroa seinem Herrn: »Ich glaube, es wäre für die Angelegenheiten Eurer Majestät besser, wenn die Galeeren in den Händen von [Fieschi] sind als in denen eines anderen.«94 Diese Sorglosigkeit hätte ins Auge gehen können, denn Karls Beziehung zu Genua beruhte auf der persönlichen Bindung (condotta), die er zwei Jahrzehnte zuvor mit Andrea Doria eingegangen war. Ferrante Gonzaga, der 1546 Statthalter von Mailand geworden war, wies Karl auf das Risiko hin, »dass ein Ort wie Genua, der für die Angelegenheiten Eurer Majestät in Spanien wie auch in Italien so bedeutend ist, von dem Leben eines Achtzigjährigen abhängt, der keinen Plan für die Zeit nach seinem Tod hat – etwas, was jeden Tag eintreten kann«. Er bat um Anweisungen darüber, »was Ihr von uns im Falle von Dorias Tod erwartet«. Am nächsten Tag traten Fieschi und sein Gefolge die Revolution los.95 Fieschis Versagen (ein weiteres Beispiel für »Cäsars Glück«) hatte eine aggressivere kaiserliche Politik zur Folge. Gonzaga führte umgehend 1000 spanische Kämpfer an die Grenze zur Republik Genua und war bereit, falls nötig einzugreifen. Er empfahl die Beschlagnahmung von Fieschis gesamtem Eigentum im Herzogtum Mailand, um zu demonstrieren, was denen drohte, die dem Kaiser die Stirn boten, und schickte einen Boten zu Karl, um »in vollständiger Geheimhaltung (con ogni dissimulatione) festzustellen, was Eure Majestät denken«. Anfänglich fühlte sich der Kaiser hilflos – »Bis wir Einzelheiten darüber erfahren haben, wie es zu diesem Ereignis gekommen ist und was sonst noch geschehen sein mag, haben wir nichts weiter zu sagen«  –, aber einige Tage später, als er darüber nachgedacht hatte, »wie vorteilhaft es wäre, wenn wir jene Stadt und ihre Festungen sichern und kontrollieren könnten« und »uns keine Sorgen darüber machen müssten, dass irgendjemand tun kann, was er will, wenn Doria stirbt«, wies er Figueroa an, einen Vorschlag zur optimalen Sicherung Genuas zu machen, beispielsweise durch die Errichtung einer Zitadelle.96 Zugleich entsprach er Gonzagas Ersuchen, sich aller Lehen Fieschis zu bemächtigen. Karl genehmigte auch ein Vorgehen gegen Pier Luigi Farnese, den neuen Herzog von Parma und Piacenza, weil dieser durch den Verkauf von Galeeren an Fieschi »nicht im Sinne der Förderung unserer Angelegenheiten gehandelt hat«. Darum müsse Gonzaga »mit äußerster Geheimhaltung vorgehen und sehen, ob er einige Edelleute aus dem Gebiet dazu bereden kann«, Farnese zu stürzen. Karl gab sogar einen Zeitrahmen vor: Gonzaga sollte in beiden Städten »Unterstützer gewinnen«, sodass, »wenn sich plötzlich eine gute Gelegenheit etwa in Gestalt eines sede vacante ergibt …, der Plan sofort ausgeführt werden

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könnte«.97 Die Idee, auf eine Sedisvakanz zu warten – das heißt auf den Zeitraum zwischen dem Tod eines Papstes und der Wahl seines Nachfolgers, wenn der Kirchenstaat in Unordnung geriet –, war durchaus sinnvoll: Paul III. war (wie Andrea Doria) fast achtzig, und sein Tod würde seinen Sohn seines Hauptverbündeten berauben. Aber Karl ließ schon bald davon ab. Die Geständnisse von Gefolgsleuten Fieschis, die man gefangen genommen hatte, enthüllten, dass der Papst und sein Sohn den Feinden des Kaisers Unterstützung gewährt hatten. Außer dem verdächtigen Verkauf der Galeeren hatte Pier Luigi offenbar versprochen, 1000 Soldaten von Piacenza nach Genua zu schicken, »bevor irgendwelche anderen Truppen eintreffen und sie vertreiben«. Dem spanischen Botschafter in Rom zufolge »wird der Verdacht, dass die Geschehnisse in Genua vom Papst inszeniert wurden, mit jedem Tag größer«. Doch Karl zögerte mit der Entscheidung, Gonzaga freie Hand zu geben, um »den uns exzellent erscheinenden Plan, Parma und Piacenza zurückzuerobern«, in die Tat umzusetzen. Der Grund für sein Zögern lag in der Möglichkeit, »dass, wenn Ihr entscheidet, den Plan auszuführen, die Lage in Deutschland oder Frankreich es ungelegen macht, gegen Seine Heiligkeit und ihre Interessen vorzugehen, weshalb es besser ist, zu warten«. Deshalb »müsst Ihr, bevor Ihr den Plan ausführt, uns, da ein Aufschub nichts zur Sache tut, konsultieren«, damit »wir je nach Gesamtlage unserer Angelegenheiten Euch davon in Kenntnis setzen können, was das Beste ist«.98 Karl gab seine abwartende Haltung auf, als er erfuhr, dass Farnese versprochen hatte, eine weitere Verschwörung gegen Dorias Herrschaft über Genua zu unterstützen. Diese sollte von einem der Brüder Fieschis sowie von Giulio Cibo Malaspina, Marchese von Massa, angeführt werden. Gonzaga ließ Massa sofort verhaften, und am 13. Juni 1547 brachte er zwei gute Argumente vor, warum der Kaiser umgehend genehmigen sollte, dass die zwei von Gonzaga in Piacenza rekrutierten Verschwörer aktiv würden: Die neue Zitadelle sei bald fertig und werde Piacenza uneinnehmbar machen, und da die Verschwörer vorher handeln müssten, würden sie, wenn Karl nicht Hilfe und Schutz verspräche, sich an die Franzosen wenden. »Wenn wir diese Gelegenheit, die Stadt zurückzuerobern, verpassen«, fügte Gonzaga hinzu, »werden wir wohl für lange Zeit keine zweite bekommen.« Daher schickte er »einen Expresskurier, um Eure Majestät demütig« – demütig! – »zu bitten, sich mit der Schnelligkeit, die die Bedeutung der Sache erfordert, zu entscheiden«. Zwei Wochen später, als seine wichtigsten Feinde in Deutschland sich mit ihm versöhnt hatten oder im Gefängnis saßen, gab der Kaiser seine Zustimmung – knüpfte sie aber an zwei Bedingungen: »Unter keinen Umständen dürft Ihr Hand an die Person« Pier Luigis legen, der ins Exil geschickt werden müsse, und »unter keinen Umständen darf verlauten, dass es auf unseren Befehl hin geschah«.99

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Diese Vorbehalte stürzten Gonzaga in ein unangenehmes Dilemma. Wenn Farnese am Leben bliebe, so fürchtete er, würde er gegen ihn wie auch gegen die Verschwörer auf Rache sinnen; und er zögerte, die Verantwortung »für die Entscheidung selbst zu übernehmen, damit sich nicht wiederholt, was im Falle von Fregoso und Rincón geschehen ist«. Er ersann also eine einfallsreiche List, um den Eindruck zu erwecken, dass weder er noch der Kaiser in die Sache verstrickt waren: Sobald die Verschwörer die Kontrolle über Piacenza erlangt hatten, würden sie die Stadt Karl anbieten – gesetzt den Fall, er könne sie binnen 24 Stunden in Besitz nehmen. Diese Bedingung würde er offensichtlich nicht erfüllen können, woraufhin sie die Freiheit hätten, die Stadt den Franzosen anzubieten. Gonzaga musste nun lediglich mit 400 Berittenen nahe an Piacenza heranrücken, kurz bevor die Verschwörer zuschlugen. Diese List, erklärte er dem Kaiser, »würde es erforderlich machen, dass ich handle, ohne Eure Majestät zu konsultieren, und würde zugleich mein Handeln als Ergebnis von Notwendigkeiten – und nicht als absichtsvoll – rechtfertigen«. Karl erteilte seine Erlaubnis, und am 10. September 1547 gingen die Verschwörer in die Offensive. Sie bemächtigten sich der Stadt, ermordeten dabei Pier Luigi Farnese und traten gleich danach an den Kaiser heran.100 Am nächsten Tag traf die von Gonzaga heimlich gleich jenseits der Grenze stationierte Kavallerie ein, und am 12. September ergriff er im Namen des Kaisers von der Stadt Besitz. Zwar schlug sein Plan, Parma durch einen Überraschungsangriff zu erobern, fehl, aber im folgenden Monat rückten kaiserliche Truppen in Siena ein und begannen mit dem Bau einer Zitadelle.101 Diese Erfolge besiegelten das Schicksal von Karls übrigen Feinden in Italien. Auf Befehl von Gonzaga wurde Francesco Burlamacchi aus Lucca im Februar 1548 in Mailand enthauptet; im Mai folgte ihm Giulio Cibo Mala­spina von Massa aufs Schafott. Gonzaga eliminierte auch zwei von Karls Feinden aus Florenz. Er nahm Piero Strozzi, einen prominenten Exilanten, gefangen und ließ ihn in der heute als Villa Simonetta bekannten Residenz der Gonzagas ermorden. Außerdem schickte er zwei Killer nach Venedig, wo sie Lorenzino de’ Medici erstachen, der elf Jahre zuvor Herzog Alessandro (Karls vormaligen Schwiegersohn) ermordet hatte.102 Nun schien alles nach Karls  Vorstellungen zu laufen, aber der Schein täuschte. Am 2. September 1548 weilte Karl in Speyer, wo er einen Brief an Philipp schrieb, in dem er zunächst seine Erfolge feierte: Er habe »Veränderungen in den Räten« einiger deutscher Städte herbeigeführt »und sie durch andere ersetzt, die gefügiger sein werden«, und er habe »die protestantischen Prediger vertrieben«. Doch dann gestand er überraschenderweise ein, sein Heer jetzt demobilisieren zu müssen, weil »wir unter keinen Umständen die Anzahl von Truppen, die augenblicklich unter Waffen stehen, unterhalten können, denn die Kosten sind

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immens«. Damit war er gezwungen, in die Niederlande zurückzukehren, denn ohne diese Truppen »wollen wir das Risiko nicht eingehen, hierzubleiben [in Deutschland], weil die Sicherheit unserer Person nicht gewährleistet ist und auch, weil wir vermeiden wollen, dass während unserer Anwesenheit etwas geschieht, gegen das keine Abhilfe möglich ist und das also den Verlust unserer Reputation bewirken würde, die wir uns (Gott sei gedankt) kürzlich erworben haben«. Um Kosten zu sparen, schlug er vor, die deutschen Truppen, die im Augenblick in Württemberg in Garnison lagen, zu entlassen und sie durch 2000 Spanier zu ersetzen, die von der örtlichen Bevölkerung bezahlt werden sollten. Einen Monat später wies Ferdinand den Bruder auf zwei weitere Bedrohungen hin. Es gebe immer noch einige lutheranische Staaten im Norden, die »die Unterwerfung unter Eure Majestät verweigern« und auch das Interim nicht akzeptierten. Außerdem bleibe Moritz von Sachsen trotz seiner Erhebung zum Kurfürsten wegen der Gefängnishaft des Landgrafen dauerhaft verärgert. »Weil er ein Hitzkopf ist«, fuhr Ferdinand fort, »sollte er nicht zur Verzweiflung gebracht oder so sehr provoziert werden, dass er mit benachbarten Städten und Herrschern ein Bündnis oder eine Allianz eingeht.«103 Mittlerweile sah sich Karl jedoch noch einer ganz anderen Herausforderung seiner Autorität gegenüber: Ein paar Zehntausend Kilometer entfernt hatten die Konquistadoren von Peru rebelliert. Und einem Höfling zufolge »hat der Kaiser, obschon er manche Rebellionen und Aufstände seiner spanischen Vasallen gegen seine königliche Person erlebt hat, keine Revolte – nicht einmal die in Deutschland – so übel genommen wie den Aufstand in Peru«. Der wurde ebenfalls von einem »Hitzkopf« angeführt: von Gonzalo Pizarro.104

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13  Die Zähmung Amerikas1 Das erste Amerika In der Widmung, die Francisco López de Gómara seinem triumphalistischen Geschichtswerk Hispania Victrix (»Das siegreiche Spanien«) von 1553 voranstellte, konnte Karl lesen: »Das größte Ereignis seit der Erschaffung der Welt ist, abgesehen von der Geburt und dem Tod ihres Schöpfers, die Entdeckung Amerikas.« Weiter heißt es da, keine andere Nation habe »ihre Sitten, ihre Sprache und ihre Waffen so weit verbreitet oder ist so weit zu Lande und zur See gereist wie die Spanier« – und das auch noch in so kurzer Zeit.2 Wie sehr Gómara mit dieser zweiten Behauptung recht hat, lässt sich leicht zeigen. Als Karl zum ersten Mal spanischen Boden betrat, beschränkten sich Kastiliens transatlantische Besitzungen auf ein paar Außenposten auf dem Isthmus von Panama und einige Inseln in der Karibik mit einer Gesamtfläche von etwa 250 000 Quadratkilometern (ungefähr die Hälfte von Spanien) und einer Bevölkerung von vielleicht zwei Millionen indigenen Einwohnern, 5000 Europäern und ein paar Hundert afrikanischen Sklaven. Als der Kaiser vierzig Jahre später abdankte, zählten zu seinen Besitzungen nicht nur die Karibischen Inseln, sondern auch zwei Millionen Quadratkilometer auf dem amerikanischen Festland (viermal die Größe Spaniens) mit etwa zehn Millionen indigenen Einwohnern und 50 000 Europäern, die sämtlich der Krone von Kastilien inkorporiert waren und (zumindest theoretisch) »wie Vasallen unserer Krone von Kastilien« behandelt wurden, »denn genau das sind sie«. Dazu kamen noch mehrere Tausend afrikanische Sklaven.3 Auch die Regierungsaktivitäten nahmen rapide zu. In den 1540er-Jahren erließ der Vizekönig von Mexiko jedes Jahr über 500 Anordnungen (mandamientos) für Beamte und Privatpersonen, die Hälfte davon Spanier; im Jahrzehnt darauf stieg die Anzahl auf fast 800 an.4 Die Organisation der Kirche in der Neuen Welt hielt mit der Entwicklung Schritt: Als Karl den Thron bestieg, gab es vier Bischöfe, die sämtlich dem Erzbischof von Sevilla unterstellt waren; bei seiner Abdankung bestanden zwei unabhängige Kirchenprovinzen mit drei Erzbischöfen und 21 Suffraganen, die alle direkt von der Krone ernannt wurden; hinzu kamen informelle Außenposten der Inquisition, die dem Großinquisitor in Spanien unterstanden. Der auf Lateinamerika spezialisierte Historiker Horst Pietschmann bemerkte in diesem Zusammenhang: »Der Aufbau einer Regierungsstruktur in Amerika war vielleicht das erfolgreichste Unternehmen, das Karl jemals durchführte.« Indes wies Pietschmann auch darauf hin, dass »die umfangreiche Korrespondenz

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des Kaisers mit Familienmitgliedern und engsten Beratern kaum detaillierte Anmerkungen zu Amerika enthält« – allerdings gibt es drei große Ausnahmen.5 Da wäre zuerst das Geld: Schon ein paar Monate nach seiner Proklamation zum König im Jahr 1516 beauftragte Karl seinen Regenten in Kastilien, 45 000 Dukaten »von dem aus Amerika erhaltenen Geld« nach Italien zu schicken, »damit es für unsere Staatsangelegenheiten dort bezahlen kann«. Während seiner gesamten Regierungszeit verwendete er Gold und Silber aus Amerika zur Verwirklichung seiner kaiserlichen Pläne, insbesondere so kostspieliger Unterfangen wie des Tunisfeldzugs von 1535 und der Belagerung von Parma 1551/52 (beide zu großen Teilen mit Schätzen aus Peru finanziert). Noch einige Wochen vor seiner Abdankung (1555) blieb Karl seiner fiskalischen Prioritätensetzung treu, indem er seinen Regenten in Kastilien anwies, alles in Mexiko verfügbare Gold und Silber umgehend nach Spanien verschiffen zu lassen, um damit den Krieg gegen Frankreich zu finanzieren.6 Des Weiteren zeigte Karl sein Leben lang Interesse an exotischer Fauna und Flora, vielleicht angeregt durch die fremdländischen Tiere, die er in seiner Jugend in den Niederlanden gesehen hatte (siehe Kap. 1). So dankte er 1518 aus Valladolid den Beamten der Casa de la Contratación (der Handelskammer in Sevilla, die den gesamten Amerikahandel kontrollierte) für »die Übersendung von zwei amerikanischen Truthähnen und einem Papageien, der König Ferdinand gehörte, worüber wir uns gefreut haben«. Er bat darum, ihm »die Vögel und ähnliche Dinge, die vielleicht aus Amerika kommen, zu schicken; ich werde daran meine Freude haben, weil sie exotisch sind«. Fast vierzig Jahre später äußerte sich Karl von seinem Alterssitz in der Estremadura aus voller Begeisterung über »zwei mit Federn gefütterte Tagesdecken« aus Amerika, die man ihm geschickt hatte, um ihn zu wärmen. Er verlangte daraufhin »Morgenmäntel und Betttücher für sein Schlafzimmer aus dem gleichen Material«.7 Zum Letzten und Dritten zeigte Karl ein anhaltendes Interesse für die Bevölkerung Amerikas. 1518 unterzeichnete er einen Erlass, der einem seiner burgundischen Räte für acht Jahre das Monopol gewährte, »4000 schwarze Sklaven beiderlei Geschlechts aus Guinea oder anderen Teilen Afrikas nach Amerika zu bringen«.8 Ein Jahrzehnt später unterzeichnete er einen weiteren Vertrag, der den Beauftragten der Augsburger Handelsgesellschaft Welser ein ähnliches Monopol einräumte: Über einen Zeitraum von vier Jahren durften 4000 afrikanische Sklaven nach Amerika verschifft werden, und zwar gegen eine Zahlung von 20 000 Dukaten an den kaiserlichen Schatzmeister anstelle von Handelsund Einfuhrzöllen. Der Vertrag sah vor, dass die Sklaven in den Goldminen arbeiten sollten; Aufgabe der Welser sollte es sein, »fünfzig deutsche Bergbaumeister aus Deutschland« nach Amerika zu bringen. Wenn die Gesellschaft ihr Monopol verletzt sah, zögerte sie übrigens nicht, den Übertreter energisch

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vor den königlichen Gerichten zu verklagen. Karl sollte gegen Bezahlung in bar noch viele weitere derartige Lizenzen zur Verschiffung afrikanischer Sklaven nach Amerika gewähren: Betrug im Zeitraum 1511–1515 die Gesamtzahl der Sklaven noch 400, so waren es 1516–1520 schon fast 4000; insgesamt wurden während Karls Regierungszeit über 30 000 Sklaven nach Amerika gebracht.9 Ironischerweise spiegelte diese Zunahme des afrikanischen Sklavenhandels Karls anteilnehmendes Interesse an der indigenen Bevölkerung Amerikas wider. 1517 war er in Spanien eingetroffen, und drei Monate später führte er den Vorsitz über eine Kommission, deren Mitglieder (unter anderem) eine »Anweisung für das Wohlergehen der amerikanischen Indianer«, geschrieben von Bartolomé de las Casas, erörtern sollten. Las Casas verfügte aus seinen Tätigkeiten als Siedler und dann als Missionar in den transatlantischen Kolonien über weitreichende Erfahrungen. Der Dominikaner schilderte drastisch die Ausbeutung der Neuen Welt durch diejenigen, denen ihre Hege und Pflege anvertraut war, und er forderte einen grundlegenden Politikwandel (zu dem auch die Entscheidung gehörte, mit der Verschiffung von Sklaven aus Afrika zu beginnen, weil ja jeder Sklave einen indigenen Amerikaner vor der Ausbeutung bewahren würde). Später behauptete Las Casas, seine Argumente hätten Karl davon überzeugt, »gewisse Dinge anzuordnen, die dem Dienst an unserem Herrn und uns selbst sowie am Wohl Amerikas und seiner Einwohner zum Ruhm gereichen«.10 In anderen Angelegenheiten, die die Neue Welt betrafen, vertraute Karl anfänglich dem Rat seiner zwei »Statthalter«: Le Sauvage und Chièvres. Das erkannte auch Magellan, als er zu Beginn des Jahres 1518 in Valladolid eintraf, um den Monarchen davon zu überzeugen, eine Expedition zu den Molukken, den sagenhaften Gewürzinseln, zu finanzieren. Magellan wollte dabei einer Route folgen, »die die Portugiesen nicht benutzten, durch bestimmte Meerengen, die er kannte«. Um seine Idee zu verdeutlichen, brachte Magellan zum Treffen mit Le Sauvage »einen bemalten Globus mit, der die ganze Welt zeigte«, und »wies ihm die Route, der er folgen wollte, wobei er aber die Meerengen aussparte, damit kein anderer sie nutzen konnte«. Schließlich sprach der Kanzler »mit dem König und Baron Chièvres«, doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass Karl sich Zeit nahm, um den Entdecker (oder seinen Globus) zu sehen.11 Aber im März 1518 unterzeichnete Karl einen Vertrag, in dem er versprach, Magellan mit fünf Schiffen sowie Vorräten und Heuer für die Mannschaften für eine Dauer von zwei Jahren auszustatten, »um die Gewürzinseln zu entdecken«. Er fügte hinzu: »Ich verspreche Euch und gebe Euch mein Wort als König, dass ich jedes Euch gegebene Versprechen halten und erfüllen werde.« Interessanterweise war Magellan damit nicht zufrieden. Karl notierte, dass er »uns bat«, sein Vorhaben »zu bestätigen und gutzuheißen«, was der Monarch dann auch tat, indem er auf eine Formulierung zurückgriff, die frühere Könige von Kastilien benutzt hatten,

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wenn eine möglicherweise angreifbare rechtliche Ermächtigung ausgesprochen werden sollte: »Kraft unseres eigenen Entschlusses, unserer vernunftgeleiteten Abwägung und unserer absoluten königlichen Autorität, die wir in dieser Sache als König und Souverän, der auf dieser Erde keinen weltlichen Herrn über sich anerkennt, zu nutzen wünschen und nutzen werden … erklären wir für aufgehoben und null und nichtig alle Gesetze, Proklamationen, Sanktionen, Gebräuche und Rechte, die dem entgegenstehen oder entgegenstehen könnten …«

Karl wies auch Ferdinand, »unseren teuersten und viel geliebten Sohn und Bruder« (damals auch noch Karls Erbe), sowie alle Adligen und Beamten des Königreichs an, seine Versprechen »auf immer und ewig« zu respektieren.12 Damit war Magellan zufrieden und reiste nach Sevilla – nur um dort herauszufinden, dass die Beamten der dortigen Handelskammer nicht über die 16 000 Dukaten verfügten, die erforderlich waren, um Karls Versprechen zu honorieren. Erst im August 1519 konnte Magellan zu den Molukken aufbrechen.13

Mexiko wird erobert Kaum hatte Karl den Vertrag mit Magellan unterzeichnet, als Diego Velázquez, seines Zeichens Statthalter von Kuba, den Kaiser bat, eine Expedition zu gestatten, die er mit eigenem Geld finanzieren wollte und die das kürzlich von seinen Beauftragten in der westlichen Karibik entdeckte Yucatán (von dem man annahm, es sei eine weitere große Insel) »unserem Joch und unserem Gehorsam unterstellen« sollte. Karl stimmte zu und steuerte aus seinem Arsenal »zwanzig Arkebusen à 18  Kilogramm« für die Expedition bei. Auch autorisierte er den Statthalter, bis zu 200 Soldaten aus den Kolonien der spanischen Karibik zu rekrutieren, um Yucatán »zu entdecken und zu befrieden«. Noch bevor er diese Zugeständnisse erhielt, hatte Velázquez seinen Sekretär, Hernán Cortés, zum Kommandanten einer sehr viel größeren Streitmacht ernannt: Elf Schiffe, beladen mit 600 Soldaten und Seeleuten, vierzehn Geschützen und sechzehn Pferden, machten sich im Februar 1519 von Kuba aus nach Westen auf.14 Als Cortés das Festland erreichte, traf er dort auf einen Überlebenden einer früheren Expedition, der mittlerweile die Landessprache beherrschte und ihm von einem reichen und mächtigen Staat im Landesinneren berichtete. Nachdem Cortés einige Wochen lang auf der Suche nach einem geeigneten Stützpunkt die Küste erkundet hatte, führte er an die 600 Mann an Land und gründete eine Ansiedlung, die aus opportunistischen Gründen »Villa Rica de la Vera Cruz«

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(Reiche Stadt vom Wahren Kreuz) auf »der Insel Yucatán« genannt wurde. Die Offiziere der Flotte wurden der Rat der neuen Stadt und wählten umstandslos Cortés als obersten Magistrat. Im Juni 1519 sandten sie Karl einen langen Brief (von Cortés gebilligt, wenn nicht diktiert), in dem sie behaupteten, dass es »unserer Meinung nach in diesem Land so viel Gold gibt, wie der Schrift zufolge Salomon angehäuft hat für den Tempel« in Jerusalem. Sie stellten auch ein »Musterbeispiel« von 200 lokalen Objekten zusammen, darunter Gold, Silber und Juwelen, und übersandten all dies, begleitet von sechs Totonac-Indianern in ihrer heimischen Kleidung, dem Kaiser. Beigefügt war auch eine von etwa 500 Siedlern unterzeichnete Petition (pedimiento), die Karl bat, Cortés »mit den Ämtern des Konquistadors, Generalkapitäns und obersten Richters dieser Länder« auszustatten, bis Yucatán »endgültig befriedet ist und die eingeborenen Einwohner unter uns aufgeteilt sind. Nachdem er [d. i. Cortés] das Land erobert und befriedet hat, sollte Eure Majestät ihn zum Statthalter ernennen für eine so lange Zeit, wie Ihr es wünscht«. Cortés’ Agenten brachen am 26. Juli zu ihrer Mission nach Spanien auf.15 Cortés hatte Glück beim Timing: Seine Sendung aus Veracruz traf in Spanien ein, kurz nachdem Mercurino Arborio de Gattinara Nachfolger von Le Sauvage geworden war, und zwar als Großkanzler wie auch als für die Angelegenheiten der Neuen Welt verantwortlicher Minister. Gattinara hatte »einen Tisch mit Papier und Schreibpult in seine Gemächer« gestellt, wo er Las Casas alle Briefe und Dokumente zu amerikanischen Angelegenheiten, die Karl erreichten, zu lesen anwies. Dann sollte er »das Wesentliche eines jeden Absatzes in ein bis zwei Sätzen« zusammenfassen »und hinzufügen: ›Zur ersten Frage Eurer Majestät bezüglich des Inhalts antworte ich wie folgt etc.‹« Gattinara legte seinem Herrn einige von Las Casas formulierte Vorschläge zur friedlichen Kolonisierung und Christianisierung des Festlands vor, nach deren Kenntnisnahme »der König anordnete, dass Fray Bartolomé die Sache in die Hand nehmen soll«.16 Dessen Vorstellung aber war das genaue Gegenteil der Forderung, die die Siedler von Veracruz vorgetragen hatten, nämlich dass die neuen Gebiete »befriedet und die eingeborenen Einwohner aufgeteilt« werden sollten. Nachrichten über die Ankunft von Boten und Gütern aus »Nueva España« (»Neuspanien«, so der – hier vielleicht zum ersten Mal – von den königlichen Sekretären benutzte Ausdruck) erreichten Karl in Katalonien, und seine diesbezüglichen Briefe zeigten sein unmittelbares Interesse, aber auch deutliche Anzeichen des Einflusses von Las Casas: »Ich war erfreut, und ich danke Gott, dass zu meiner Zeit (en mi tiempo) ein reiches Land entdeckt wurde, in dem die Einwohner allen Anzeichen nach befähigt sind, getauft und in der christlichen Lehre und unserem heiligen katholischen Glauben unterrichtet zu werden, was mein hauptsächlicher Wunsch und Wille ist.« Der Kaiser befahl, dass

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die Totonac-Indianer extra für sie angefertigte europäische Kleidung tragen sollten (Seide und Goldstoff für die »beiden Anführer«, feine Stoffe für die übrigen). Sie und »all die anderen Dinge« aus Amerika sollten ihm nachgeschickt werden, »wo immer ich sein mag«.17 Schließlich erreichten sie Karl im März 1520 in Valladolid, als er gerade verzweifelt Geld für seine Reise nach England und in die Niederlande aufzutreiben suchte (siehe Kap. 5). Sofort stellte er die Objekte als Beweis für seine neu entdeckte Quelle des Reichtums öffentlich aus – und die Wirkung war elektrisierend. Der Nuntius spekulierte nervös, dass ein mächtiger ausländischer Fürst Tribut und Botschafter geschickt habe, um ein Bündnis zu schmieden, das Karls Autorität in Europa erheblich vermehren werde. Sein venezianischer Kollege berichtete: »Seine Majestät lud mich zu einer Audienz und zeigte mir höchstselbst die Geschenke, die ihm der Herrscher der neu entdeckten Länder übersandt hatte«, darunter »eine große Mondscheibe aus Gold im Umfange von sechs Fuß [ca. 1,80 Meter]«, dazu eine zweite Scheibe aus Silber, Standbilder »von Tieren, geschmiedet und goldverziert«, und Objekte aus Federn von »Papageien und anderen uns unbekannten Vögeln«. Die Totonac-Indianer versicherten dem Botschafter pflichtschuldigst, »dass ihr Land umfangreichste Mengen an Gold und Silber besitzt«.18 Als Karls Minister im Mai in La Coruña auf einen günstigen Wind für die Fahrt nach England warteten, erörterten sie, wie die Interessen ihres Herrn in der Neuen Welt am besten gefördert werden könnten. Statthalter Velázquéz entsandte Delegierte, die beharrlich erklärten, Cortés sei ein Rebell, der wegen Insubordination vor Gericht gestellt, verurteilt und hingerichtet werden müsse, aber der Kronrat weigerte sich, eine Gans zu schlachten, die derart wertvolle goldene Eier legte. Stattdessen empfahl er Karl einen Kompromiss, der die Maximierung der Zuwendungen aus Amerika garantieren sollte: Dokumente wurden aufgesetzt, die Velázquéz die Statthalterschaft in Kuba zusicherten, aber das Festland nicht erwähnten. Dergestalt war Cortés frei, die von den Siedlern in Veracruz geforderte Eroberung und Aufteilung des Binnenlandes in Angriff zu nehmen.19 Karl verließ La Coruña in Begleitung vieler der von Cortés geschickten Dinge, und er stellte sie öffentlich aus, sobald er in Brüssel angekommen war. Auch hier war die Wirkung eine überwältigende. Albrecht Dürer bekannte in seinem Tagebuch: »Und ich hab aber all mein Lebtag nichts gesehen, das mein Herz also erfreuet hat als diese Ding. Dann ich hab darin gesehen wunderliche künstliche Ding und hab mich verwundert der subtilen Ingenia der Menschen in fremden Landen.« Wie schon vor ihm Karl erkannte auch Dürer nicht, dass nur relativ wenige der »wunderlichen künstlichen Ding« von den Menschen stammten, die in den Küstenebenen um Veracruz lebten: Alles andere waren Geschenke von Gesandten, die Montezuma, Oberherrscher des Dreibunds der Stadtstaaten Te-

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nochtitlan, Texcoco und Tlacopan, zu Cortés geschickt hatte. Dieser Dreibund war auch als Aztekenreich bekannt, das die Kontrolle über das Tal von Mexiko (oder Mexiko-Becken) ausübte.20 Kurz nachdem Cortés seine Briefe und Geschenke nach Spanien abgeschickt hatte, führte er 500 Spanier und Hunderte von lokalen Einwohnern von Veracruz ins Landesinnere. Auf dem Weg begegneten ihnen Verbündete wie auch Feinde. Montezuma, der das Näherrücken der Spanier genau beobachten ließ, hieß sie im November 1519 in seiner Hauptstadt Tenochtitlan willkommen und quartierte sie in seinem Palast ein. Vielleicht hegte er die Absicht, sie später gefangen zu nehmen und bei einem religiösen Ritual zu opfern, aber Cortés schlug als Erster zu. Er setzte seinen Gastgeber gefangen und schickte seine Gefährten aus, um die Ressourcen des Reichs in Augenschein zu nehmen und sich anzueignen.21 Trotz wachsender Feindseligkeit seitens der Führer der Azteken und insbesondere der Priester (die von den Invasoren daran gehindert wurden, ihre üblichen gottesdienstlichen Handlungen auszuüben, wozu auch Menschenopfer zur Beschwichtigung der Götter gehörten) trug Cortés’ kühnes Unternehmen reichlich Früchte – bis er erfuhr, dass eine von Velázquéz entsandte Expeditionsstreitmacht in Veracruz gelandet sei mit dem Auftrag, ihn zu arretieren oder zu töten. Nun eilte Cortés unter Zurücklassung einer kleinen spanischen Garnison zur Bewachung von Montezuma und seinen Untertanen zur Küste, wo er fast alle von Velázquéz’ Soldaten für sich gewann. Aber während seiner Abwesenheit rebellierten die Einwohner von Tenochtitlan. Montezuma wurde getötet, und die Europäer und ihre Verbündeten flohen in das über hundert Kilometer westlich gelegene Tlaxcala. Cortés erkannte die Notwendigkeit, Karl diese traumatischen Ereignisse zu erklären, bevor andere ihn diskreditieren konnten. Im Oktober 1520 schrieb er einen langen Brief an seinen Herrn, der alles in ein rosiges Licht tauchte. »Es scheint mir«, schrieb er in unterwürfigem Ton, »dass der beste Name für dieses Land ›Neuspanien‹ ist.« Angesichts seines ungeheuren Reichtums »könntet Ihr Euch dessen Kaiser nennen und das mit nicht weniger Anrecht als Kaiser von Deutschland, das Eure geheiligte Majestät durch die Gnade Gottes bereits regiert«.22 Trotz des imperialen Tons, den der Brief anschlug, konnte Cortés nicht verhehlen, dass Neuspanien verloren war. Normalerweise hätte er für solch katastrophales Versagen mit seinem Besitz und vielleicht auch mit seinem Leben bezahlt, aber die Comu­neros retteten ihn. Solange er in Spanien zugegen war, zeigte Gattinara ein starkes persönliches Interesse an Amerika. Die Aufzeichnungen der Zentralregierung lassen darauf schließen, dass der Kanzler zwischen seiner Ernennung im Oktober 1518 und seinem Aufbruch von La Coruña im Mai 1520 jedes offizielle Dokument, das in die Neue Welt geschickt wurde, las und formell bestätigte. Im Gegensatz dazu

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verzeichnen die Register der vom Kronrat für die amerikanischen Angelegenheiten erlassenen Weisungen zwischen August 1520 und April 1521 überhaupt keine Einträge – eine einmalige Lücke –, und als der Rat seine Arbeit wieder aufnahm, enthielten einige Erlasse (cédulas) an die zuständigen Beamten in Übersee die Beschwerde, man habe »viele Tage lang« keine Briefe erhalten. Die Schuld daran gab man den Comuneros: »Es ist möglich, dass die Briefe abgefangen wurden von den Verrätern, die die Städte hier zur Rebellion veranlasst haben.« Erst im September 1521 konnte der Rat seine Beamten informieren: »Es hat unserem Herrn gefallen, dass alles hier friedlich und einträchtig ist«, und erst ab diesem Zeitpunkt widmete er sich den amerikanischen Angelegenheiten wieder mit der gewohnten Wachsamkeit.23 Während des durch die Comuneros verursachten zentralen Kontrollverlusts über die Vorgänge in Übersee verbündete sich Cortés mit antiaztekischen Kräften im Tal von Mexiko, vor allem mit Tlaxcala. Mit ihrer Hilfe errichtete er eine Blockade gegen Tenochtitlan, die erst im August 1521 endete, als die letzten einheimischen Verteidiger sich in den Ruinen ihrer Hauptstadt ergaben. Cortés belohnte umgehend die Sieger, mittlerweile an die 2000 Europäer, mit encomiendas: dem Recht, von einer bestimmten Gruppe indigener Einwohner Arbeitsdienste und Tribut einzufordern – das war genau jenes Ergebnis, das Las Casas zu verhindern gehofft hatte.24 Auch schickte Cortés dem Kaiser eine weitere Auswahl an Schätzen und machte seine Ansprüche in einem weiteren langen Brief geltend. Die Sendung umfasste nicht nur »Perlen, Juwelen und andere Preziosen im Wert von 100 000 Dukaten«, sondern auch ein Fünftel aller wertvollen Metalle und Steine, die man entdeckt hatte, sowie alle Gegenstände von »königlichem« Rang (Zepter, Gegenstände mit Adlerornamentik, weitere riesige religiöse Räder aus Gold und Silber). Cortés prahlte auch mit der relativen Nähe des Pazifiks, wo »ganz sicher viele Inseln, reich an Gold, Perlen, Juwelen und Gewürzen, zu finden sind« – im Stillen immer vorausgesetzt, dass die Sache weiterhin in seiner Hand blieb.25 Ungefähr zur selben Zeit kehrten die Überlebenden der Magellan-Expedition nach Spanien zurück und verkündeten: »Wir haben die Welt umrundet, indem wir nach Westen losgesegelt sind und aus dem Osten zurückgekommen sind.« Sie brachten »Musterbeispiele von allen Gewürzen« und Erklärungen »des Friedens und der Freundschaft aller Könige und Herren jener Inseln« mit, die diese Gewürze produzierten. Karl berichtete aufgeregt seiner Tante Margarete, die Expedition sei »dorthin gefahren, wo weder Portugal noch andere Nationen je gewesen sind  … und ich habe entschieden, die von besagtem Schiff mitgebrachten Gewürze in die Niederlande zu schicken«, damit ganz Europa sehen sollte, dass er nun in der Lage war, solche Kostbarkeiten zu beschaffen.26

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Die Zähmung Neuspaniens Diese spektakulären Entwicklungen ließen den Kaiser und seinen Kanzler einen näheren Blick auf die neue »goldträchtige« Welt jenseits des Atlantiks werfen. Kurz nachdem Karl 1522 nach Spanien zurückgekehrt war, rief er eine Sonderkommission unter dem Vorsitz von Gattinara ins Leben, die noch einmal die konkurrierenden Ansprüche von Cortés und Velázquéz untersuchen sollte. Ihr abschließendes Urteil (so der Gattinara-Experte Luigi Avonto) »beruhte eher auf Staatsräson als auf strenger Berücksichtigung des Rechts«. Die Kommission sprach jedenfalls Cortés vom Vorwurf der Rebellion frei, empfahl, ihn zum »Statthalter und Generalkapitän von Neuspanien« zu ernennen, und drängte darauf, ihm Waffen, Pferde und Weiteres zu senden, damit die spanische Herrschaft gefestigt und ausgeweitet werden konnte. Die Krone würde ihre direkte Kontrolle auf die königlichen Finanzangelegenheiten beschränken und zu diesem Zweck einen Schatzmeister, einen Aufseher, einen Buchhalter und weitere Beamte ernennen, um die Vermögenswerte in Neuspanien zu maximieren.27 Ein Jahr später überreichte Gattinara dem Kaiser ein umfangreiches Memorandum über die anstehenden Probleme. Es enthielt Empfehlungen, die von den Mitgliedern einer Kommission, bestehend aus lauter vertrauenswürdigen Ministern, abgegeben worden waren. Der erste Punkt betraf »Die Gottesfurcht«. Zwar anerkannte Gattinara, dass der Kaiser »seinem Wesen nach geneigt ist, Gott zu fürchten und zu ehren«, wollte aber »Eure Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge lenken, die, wenn Ihr Euch ihnen widmet, Gott gefallen mögen und ihn noch geneigter machen, Eurer Sache günstig gesinnt zu sein«. Dazu sei es notwendig, »ausreichend qualifizierte Personen in die Neue Welt zu schicken, die Gott Euch offenbart hat«, damit »der christliche Glaube dort verehrt und erhöht werden kann«, ohne die indigene Bevölkerung »zu bedrücken und zu versklaven«. Die Kommission stand einmütig hinter dieser Forderung und empfahl die Gründung eines Rates für die westindischen Länder als Dauereinrichtung, besetzt mit »Personen, die über Kenntnisse und Erfahrungen verfügen und mindestens zweimal wöchentlich zusammenkommen«. Sie akzeptierte auch Gattinaras Empfehlung, dass Karls Beichtvater den Vorsitz des Gremiums übernehmen solle. Im August 1524 ernannte der Kaiser dann García de Loaysa y Mendoza zum Präsidenten des Indienrats (Consejo Real y Supremo de las Indias), der nun alle offiziellen Geschäfte betreffend die Neue Welt regeln sollte. Francisco de Los Cobos wurde der Sekretär und der Kanzler selbst ein Mitglied dieses Rates.28 Einige Monate später sandte Cortés aus Mexiko den nächsten eigennützigen Bericht an den Kaiser, zusammen mit weiteren Musterbeispielen für die Reich-

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tümer, die dem Kaiser nun (dank Cortés’ Bemühungen) zur Verfügung standen. Der venezianische Botschafter bestaunte »einen Vogel aus jenen Ländern, das schönste Ding auf der Welt«, sowie »viele Dinge, aus außergewöhnlich schönen Federn gemacht«. »Jeden Tag bekommen wir etwas Neues zu Gesicht«, bemerkte er abschließend. Karl und seine Minister interessierten sich mehr für Gold als für Papageien. Ihnen waren die 120 000 von Cortés geschickten Goldpesos besonders willkommen, weil sie (wie Gattinara einen englischen Botschafter mit gespielter Untertreibung informierte) »den Kampf gegen die Franzosen in Italien ein wenig unterstützen sollen«.29 Doch am Verhalten von Cortés hatte der neu geschaffene höchste königliche Indienrat einiges auszusetzen. Karl hatte den strikten Befehl erlassen, dass keine indigenen Einwohner gezwungen werden sollten, für die Konquistadoren von Neuspanien zu arbeiten. Vielmehr müsse ihnen gestattet werden, »in Freiheit zu leben« und »nicht mehr Tribut und Dienste als unter Montezuma« zu leisten – aber Cortés schien die Anordnung nicht befolgt zu haben. Karl schrieb vorwurfsvoll: »Persönlich und brieflich habe ich viele Berichte erhalten, die gegen Euch und Eure Verwaltung gerichtet sind.« Er räumte ein: »Manches, was die Leute schreiben und sagen, wird aus Eifersucht und Neid darüber, dass Ihr uns dient, geäußert, aber da ich meiner Verpflichtung nachkommen will, gemäß den Gesetzen und Gebräuchen jenes Landes für Gerechtigkeit zu sorgen«, und auch »zur Entlastung unseres königlichen Gewissens« müsse er drastische Maßnahmen ergreifen.30 Anfänglich spielte Gattinara mit dem Gedanken, dass Karl ankündigen sollte, er plane »eine mächtige Flotte zusammenzustellen und loszuschicken, um den von Cortés entdeckten Ländern wahren Gehorsam beizubringen … damit er von allen dort vorhandenen Reichtümern profitieren könne«. Gattinara glaubte nämlich, dass allein schon die Ankündigung, »ohne tatsächlich eine Flotte hinzuschicken«, Cortés dazu bringen würde, die kaiserlichen Befehle zu befolgen. Dann kam Gattinara etwas Beständigeres in den Sinn – die Verpflanzung einer Institution in die Neue Welt, mittels derer die Krone bereits ihre Beamten in Spanien kontrollierte: Ein Regierungsinspektor (juez de residencia) sollte darüber Bericht erstatten, »wie unsere Beamten in Neuspanien ihre Ämter genutzt und ausgeübt haben«. Insbesondere sollte ein solcher Inspektor, nachdem er sich mit Cortés »und unseren Beamten sowie mit wem auch immer Ihr dazu auswählt, vor allem den Ordensbrüdern, beraten hat«, entscheiden, »welche Methode am besten geeignet ist, um der eingeborenen Bevölkerung von Amerika den Übertritt zu unserem heiligen Glauben zu ermöglichen, was unser hauptsächlicher Wunsch und unsere Absicht ist, und zu garantieren, dass sie gut und gerecht behandelt wird« – Instruktionen, denen erneut deutlich die Vorstellungen von Las Casas zugrunde lagen.31 Als indes die Nachricht eintraf, dass

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der Inspektor kurz nach seiner Ankunft gestorben sei, gefolgt von seinem designierten Nachfolger, versuchte es der Rat mit einem anderen Ansatz. In einem weiteren langen Bericht, den Cortés 1526 an den Kaiser schickte, gab er seinem Wunsch Ausdruck, nach Spanien zurückzukehren und sein Verhalten zu erklären; im Jahr darauf erhielt er dann tatsächlich einen Brief von Loaysa, der ihm nahelegte, »nach Spanien zu kommen, damit er Seine Majestät treffen und kennenlernen könnte«.32 Cortés fand das Angebot unwiderstehlich. Im Mai 1528 traf er in Spanien ein, um seine Kritiker zu widerlegen. Begleitet wurde er von einer Entourage, zu der ein Sohn und ein Neffe von Montezuma, weitere »prominente Männer aus Mexiko, Tlaxcala und anderen Städten« sowie »einige der bedeutenden Konquistadoren« gehörten; ferner etwa vierzig Einheimische, darunter zwölf aztekische Sportler und Ballspieler, die zuvor Montezuma die Zeit vertrieben hatten. »Kurz gesagt«, notierte Gómara, trat Cortés »wie ein großer Herr« auf.33 Zufällig traf der deutsche Künstler Christoph Weiditz zur selben Zeit in Spanien ein. Seine Aquarelle, die er von dem multikulturellen Hof anfertigte, spiegeln den gewaltigen Eindruck, den Cortés und sein Gefolge machten. Weiditz’ Bild des Eroberers trug den Titel: »Das ist der Mann, der fast ganz Amerika für Kaiser Karl V. gewann.« Auch einige der Sportler und Ballspieler, die, wie er schrieb, »Seine kaiserliche Majestät unterhielten«, verewigte er im Bild.34 Cortés hatte mit seiner Taktik Erfolg. Im April 1529 informierte ihn ein königlicher Brief darüber, dass Loaysa und Los Cobos »mich über Euer Ansinnen in Kenntnis gesetzt haben« und dass Karl den Rat angewiesen habe, die nötigen Dokumente auszufertigen. Im folgenden Monat unterzeichnete Karl Urkunden, die Cortés zum Marqués del Valle de Oaxaca machten und ihm »bis zu 23 000 Vasallen mit ihren Ländereien« gewährten, gelegen etwa 500 Kilometer südlich von Mexiko-Stadt. Der Kaiser hob hervor, dass dies eine »unwiderrufliche Verleihung für jetzt und immer« sei, um die Dienste zu belohnen, die der Marqués der Krone seit seiner Abreise aus Kuba zehn Jahre zuvor geleistet hatte (ein rückwirkendes Pardon für seine einstige Insubordination). Karl bekräftigte die Verleihung durch dieselbe Formel, die er schon bei Magellan benutzt hatte, indem er Prinz Philipp (der jetzt sein Erbe war) und alle seine Vasallen anwies, die Schenkung als unverletzbar zu respektieren, »ungeachtet aller Gesetze, die dem entgegenstehen mögen«, weil der Kaiser diese »kraft unseres eigenen Entschlusses, unserer vernunftgeleiteten Abwägung und unserer absoluten königlichen Autorität« für ungültig erklärte.35 Außerdem unternahm Karl erste Schritte zur Bildung von indigenen Gemeinschaften, die voll und ganz vom Gesetz geschützt sein würden. Auf Ersuchen des neuen Marqués und der ihn begleitenden Abordnung aus Tlaxcala befahl der Kaiser nämlich seinen Beamten, »zu untersuchen, welche Rolle die Einwohner von Tlaxcala bei

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der Eroberung von Mexiko gespielt haben, und zu prüfen, ob es richtig wäre, sie, wie sie erbitten, als Belohnung für ihre Unterstützung davor zu schützen, in eine Enco­mienda eingebunden zu werden«.36

Lose Fäden verknüpfen Anordnungen für Amerika zu erteilen, war einfach, ihre Ausführung zu garantieren, schwer. Im November 1527 fasste der Kaiser den Entschluss, eine weitere spanische Institution in die Neue Welt zu transferieren: In Mexiko-Stadt richtete er eine Audiencia ein, ein dem Indienrat direkt unterstelltes Appellationsgericht, ausgestattet mit einem Präsidenten und fünf Richtern. Aber dem Plan war kein Glück beschieden. Einige der Richter brauchten ein Jahr, um nach Mexiko zu gelangen, zwei starben gleich nach der Ankunft, und die Wahl eines Präsidenten dauerte noch länger. Eine Sonderkommission unter dem Vorsitz von Kardinal Tavera, deren Mitglieder aus dem Rat von Kastilien, dem Finanzrat und dem Indienrat rekrutiert wurden, empfahl die Ernennung eines »vernünftigen und klugen Gentilhombre«. Aber ihr erster Kandidat behauptete, er sei zu krank für eine Atlantiküberquerung, und Tavera berichtete angesäuert, es hätten zwar zwei andere »gesagt, sie wollten Eurer Majestät dienen, doch verlangten sie so außergewöhnlich hohe Entlohnungen, dass es jetzt nicht mehr den Anschein hat, als wollten sie wirklich Eurer Majestät zu Diensten sein. Also denken wir mittlerweile an andere Personen.«37 Mit der Erkundung der Länder jenseits von Amerika, auf die Karl nun Anspruch erhob, hatte er gleichfalls keinen großen Erfolg. Bald nach der Rückkehr von Magellans Leuten 1522 unterzeichnete Karl einen Vertrag mit einer Gruppe von Waffenschmieden für die Ausrüstung einer zweiten Flotte, die zu den Gewürzinseln aufbrechen sollte, weil »wir den Wunsch hatten und weiterhin haben, diese Königreiche Spaniens zu vergrößern und ihre Einwohner, unsere Vasallen, zu bereichern« – aber auch, wie er seiner Tante Margarete im Vertrauen mitteilte, »wegen des Nutzens, der mir daraus entstehen könnte«. Er versprach auch, den Bau eines neuen »Gewürzhauses« in La Coruña zu finanzieren, dazu einen neuen Kai und drei Forts zur Verteidigung des Hafens.38 Der Kaiser verschob den Aufbruch der Expedition, weil die Portugiesen protestierten. Ihrer Auffassung nach gehörten die Molukken ihnen, was sie mit dem Verweis auf den Vertrag von Tordesillas begründeten, der eine fiktive Demarkationslinie geschaffen hatte, um die globalen Ansprüche der beiden iberischen Mächte voneinander abzugrenzen. Diesen Meridian zu bestimmen, erwies sich als einfach – Afrika, Asien und Brasilien fielen an Portugal, der Rest von Amerika ging an Spanien –, aber den Gegenmeridian zu lokalisieren, war

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fast unmöglich, weil niemand die genaue Lage und Ausdehnung der Länder zwischen Asien und Amerika kannte. Magellan hatte eine beeindruckende Auswahl an nautischen Instrumenten mitgenommen, um die Demarkationslinie festzulegen, aber es gelang ihm nicht. So schickte Karl 1524 ein Team, bestehend aus Diplomaten, Lotsen und Seeleuten (darunter einige Überlebende der Weltumsegelung), um die konkurrierenden Ansprüche auf einer Konferenz mit den entsprechenden portugiesischen Fachleuten zu erörtern. Als die Konferenz aber nach sechs Wochen ergebnislos abgebrochen wurde, befahl Karl der in La Coruña wartenden Flotte, Magellans Route zu den Gewürzinseln erneut zu folgen. Im gleichen Atemzug billigte er Cortés’ Ansinnen, eine Flotille entlang der amerikanischen Pazifikküste nach Süden zu schicken, um zu erkunden, ob »es dort an der Küste eine Meerenge gibt«, die zu den Gewürzinseln führt.39 Im März 1526, kurz vor Karls Hochzeit mit Isabella von Portugal, erörterte eine weitere Sonderkommission, der diesmal Gattinara und Loaysa angehörten, wie die Ansprüche der beiden iberischen Monarchen miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Vielleicht ermutigt durch die Niederlage und Gefangennahme von Franz I., weigerte sich Karl, seine Ansprüche auf »unsere Inseln in den Molukken« preiszugeben. Stattdessen wiederholte er seinen Befehl an Cortés, von Mexiko aus eine Flotte zu schicken, um seine bereits auf den Inseln befindlichen Untertanen aufzuspüren und mit Verstärkung zu versehen.40 Als der Krieg mit Frankreich erneut aufflammte, war Karl dann gewillt, seinen Anspruch auf die Molukken an Portugal zu verkaufen, doch König Johann spürte, dass er im Vorteil war. Also zog er die Unterhandlungen in die Länge – in der Hoffnung, für sein Geld noch mehr herausschlagen zu können. »Ich denke daran, die Verhandlungen komplett abzubrechen«, schäumte Karl in einem vertraulichen Brief an einen seiner burgundischen Berater im Dezember 1528, »und glaubt mir, obwohl wir Schwäger sind, wird [König Johann] weder Getreide noch Anker oder Waffen oder andere von ihm benötigte Güter aus meinen Reichen bekommen«. Der Kaiser hoffte, dass seine Drohung die Gespräche wieder aufleben lassen und so schnelles Geld bringen würde, »aber wenn ich eine andere Finanzierungsquelle fände, würde ich jegliches Angebot, das er macht, zurückweisen«. In einem seltenen Ausbruch ungezügelten kaiserlichen Zorns fuhr er fort: »[Der Stillstand] hat mich mehr verletzt als alles andere, was mir zustoßen könnte, denn ich habe meine ganzen Pläne darauf gebaut. Nun, da ich es entgleiten sehe, glaube ich, dass das gesamte Gebäude zusammengebrochen ist und es keine Hoffnung auf Wiederaufbau gibt, sodass ich ob meiner Reise [nach Italien] in Verzweiflung gerate. Vielleicht fragt Ihr Euch, ob ich in dieser Sache zuversichtlich und geduldig bin, aber ich kann Euch versichern, dass Ihr diese

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Eigenschaften in mir vergeblich suchen würdet. Ich glaube nicht, dass ich jemals so zornig gewesen bin.«41

Im April 1529 schließlich zwang die doppelte Notwendigkeit, seine Reise nach Italien zu finanzieren und Ferdinand in Ungarn zu unterstützen, den Kaiser zum Nachgeben. Er gab seinen Anspruch auf die Molukken auf und erklärte sich einverstanden, dass jedweder seiner Untertanen, der nach Vertragsabschluss noch in dem Gebiet angetroffen würde, »als Pirat und Friedensverletzer gezüchtigt und bestraft wird«. Im Gegenzug sagte Portugal die sofortige und bare Zahlung von 250 000 Golddukaten zu und stellte 100 000 weitere in Aussicht. Nun hatte der Kaiser genügend Geld, um seine Italienreise zu bezahlen, aber das Gewürzhaus schloss seine Tore für immer. Er hatte die Interessen Spaniens dem dynastischen Vorteil geopfert.42 Neuspanien bescherte dem Kaiser Probleme anderer Art. Er beklagte sich über die vielen unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich dessen, was als Nächstes zu tun sei. Deswegen und, »weil jene Provinzen so weit entfernt sind und ihre Angelegenheiten so ganz anders als die in den hiesigen Königreichen«, beschlich ihn zuweilen ein Gefühl der Verwirrung. Schließlich aber gewann sein Wunsch, für jene Provinzen »das Richtige zu tun« und sein »Gewissen zu entlasten«, die Oberhand und ließ ihn Schritte zur Schaffung einer dauerhaften Machtbalance in Neuspanien ergreifen. Gemäß dem Ersuchen, das die Abordnung aus Tlaxcala im März 1535 an seinem Hof vorgebracht hatte, »versprechen wir und geben unser königliches Wort, dass für jetzt immer die Stadt Tlaxcala und ihr Territorium von uns oder unseren Erben niemals entäußert werden wird«. Stattdessen werde die Stadt dauerhaft »der königlichen Krone von Kastilien inkorporiert«. Karl zahlte sogar einem Hofmaler drei Dukaten für den Entwurf eines Wappens für Tlaxcala.43 Im darauffolgenden Monat ernannte er Antonio de Mendoza nicht nur zum Vizekönig und Statthalter von Neuspanien, sondern auch zum Präsidenten der Audiencia. Karl beauftragte seinen neuen Vizekönig mit drei großen Aufgaben. Erstens müsse Mendoza eine angemessene Unterweisung im christlichen Glauben für die gesamte indigene Bevölkerung garantieren, weil »wir sicher sind, dass dies der beste Weg ist, dafür zu sorgen, dass sie uns lieben und fürchten«. Zweitens müssten die Einkünfte dringend steigen, weil Karl, »wie jeder weiß, im Augenblick umfangreiche Ressourcen zur Verteidigung unseres heiligen Glaubens« in Europa benötige. Dazu müsse Mendoza in Übersee dieselben Steuern auferlegen, wie sie in Spanien erhoben würden (insbesondere die alcabala, eine Art Verkaufssteuer). Steuerbefreiungen seien infrage zu stellen, wobei er vor allem an die der ersten Generation spanischer Siedler (die in den Dokumenten als primeras conquistadores bezeichnet werden) und ihren Familien gewährten Aus-

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nahmen dachte. Drittens und letztens müsse der Vizekönig Cortés in Schach halten, auch wenn dieser vom Kaiser selbst umfangreiche Machtbefugnisse erhalten hatte. Zu diesem Zweck bevollmächtigte Karl Mendoza, »jemand anderen als den Marqués [del Valle] zu ernennen, um Befehle auszuführen, wenn es Gelegenheiten gibt, in denen Euch das wünschenswert erscheint«.44 Diese und andere Maßnahmen brachten Cortés so in Rage, dass er 1540 nach Spanien zurückkehrte, um »die Hand Eurer Majestät zu küssen« und »inständig um Wiedergutmachung der notorischen Provokationen und Ungerechtigkeiten zu bitten, die ich durch Don Antonio de Mendoza erlitten habe«. Zwar versuchte er noch einmal, sich ein geneigtes Gehör zu verschaffen, indem er mit seinen Söhnen am verunglückten Angriff auf Algier teilnahm (und dabei seine Juwelen verlor), doch gelang es ihm nicht. 1544 hielt er sich noch in Spanien auf und füllte drei große Seiten Papier mit seinen aufgestauten Beschwerden: »Heilige, katholische, kaiserliche Majestät! Ich glaubte, dass die Mühen meiner Jugend mir im Alter Ruhe bringen würden, nachdem ich vierzig Jahre ohne Schlaf, mit schlechtem oder wenigstens nicht gutem Essen, ständig mit Waffen in Alarmbereitschaft, immer in Gefahr zugebracht und dabei Leben und Besitz verschwendet habe – alles im Dienste Gottes … während ich den Namen und das Vermögen meines Königs verbreitete und mehrte.«

Allerdings, versicherte Cortés, »ist es schwieriger, mich gegen die Sachwalter Eurer Majestät zu verteidigen, als Feindesland zu erobern«. Aber er schrieb vergebens: Ein Sekretär fing den Brief ab und kritzelte auf die Rückseite »Keine Antwort nötig«. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Karl den Brief jemals sah.45 Cortés verließ Spanien nicht mehr – aber zumindest starb er friedlich im Bett, anders als die Männer, die für Karl ein zweites amerikanisches Reich erwarben.

Das Problem Peru Nachdem die Spanier sich Mexiko gesichert hatten, schwärmten sie aus, um anderswo auf dem amerikanischen Kontinent neue Reichtümer zu finden. Zwei von ihnen, Francisco Pizarro und Diego de Almagro, erkundeten die Küste des heutigen Ecuador, am Rand des Inkastaats – eines Reichs, das dem der Azteken an Größe und Ressourcen gleichkam. Als der Statthalter von Panama ihnen die Erlaubnis für eine weitere Expedition in größerer Stärke verweigerte, kehrte Pizarro nach Spanien zurück, um sich der Unterstützung des Kaisers zu versichern. Im Mai 1529 entsprach Karl der Empfehlung seines Indienrats, dass Peru »besiedelt und Kapitän Pizarro damit beauftragt werden sollte, es für den

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Rest seines Lebens zu bevölkern und zu regieren«. Aber der Kaiser bestand darauf, dass dies friedlich geschehen müsse: »Weil gemäß den verfügbaren Informationen über dieses Gebiet seine Einwohner Verstand und Fähigkeit besitzen, unseren heiligen katholischen Glauben zu verstehen, ist es nicht notwendig, sie mit Waffengewalt zu erobern und zu unterwerfen. Stattdessen sollten sie mit Liebe und Großzügigkeit behandelt werden. Wir geben daher [Pizarro] die Erlaubnis, 250 Mann mitzunehmen.«

Im Dezember 1530 brach Pizarro in Begleitung von Almagro und weiteren ruhelosen Abenteurern von Panama nach Peru auf.46 Wie Cortés zehn Jahre zuvor hatte auch Pizarro eine glückliche Hand beim Timing. Der Inkastaat mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern besaß zwar eine hoch entwickelte Bürokratie und eine hervorragende Infrastruktur von Brücken und Straßen, doch keine klaren Thronfolgeregeln: Starb ein Herrscher, fochten seine männlichen Verwandten einen Kampf auf Leben und Tod miteinander aus, bis einer von ihnen die anderen unterworfen oder umgebracht hatte. Auch nachdem 1527 der Inkaherrscher gestorben war, brach ein heftiger Nachfolgekrieg aus, der fünf Jahre währte, bis die Anhänger seines Sohns Atahualpa dessen Konkurrenten besiegten und gefangen nahmen. Im November 1532 marschierte Atahualpa an der Spitze von 40 000 Kriegern im Triumph nach Cuzco, der Hauptstadt des Reiches. Er hatte fast schon Cajamarca erreicht, als er auf Pizarro traf, der mit 167 Europäern (ein Drittel davon Kavallerie) und einigen Feldgeschützen ebenfalls dorthin unterwegs war. Da Atahualpa sich aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit seines Heers sicher fühlte, war er töricht genug, einer Einladung zu folgen und den zentralen Platz der Stadt zu betreten, wo Pizarro in den umstehenden Gebäuden Geschütze und Soldaten versteckt hatte. Sobald der Inkaherrscher auf dem Platz angekommen war, gab Pizarro »dem Kanonier ein Signal«, mitten in die versammelte Menschenmenge zu feuern. Gleich darauf preschte die Kavallerie herbei, um das allgemeine Durcheinander auszunutzen. Einer der Sieger berichtete: »Keiner von ihnen wehrte sich gegen die Spanier, weil sie großen Schrecken verspürten, als sie [Pizarro] unter ihnen sahen und als die Geschütze unerwartet feuerten und die Pferde auf sie zugeprescht kamen – Dinge, die sie nie zuvor gesehen hatten. Also rannten sie in großer Verwirrung um ihr Leben, statt zu bleiben und zu kämpfen.«

Die Schlacht dauerte nur eine knappe halbe Stunde, und am Ende lagen »2000 eingeborene Amerikaner tot auf dem Platz, von den zahllosen Verwundeten gar

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nicht zu reden«. In Cajarmaca muss jeder Europäer mehr als zehn Gegner in weniger als einer Stunde getötet haben.47 Atahualpa gehörte zu den wenigen Überlebenden. Nach dem Massaker nahmen die Sieger ihm die goldenen Gewänder und die Juwelen ab und steckten ihn in »die gewöhnliche Kleidung der Eingeborenen«. Doch respektierte Pizarro in gewisser Weise seine Rolle als Herrscher und »gestattete« ihm (wie Cortés es mit Montezuma gemacht hatte), Befehle auszugeben (darunter solche zur Hinrichtung der meisten anderen Mitglieder seiner Familie) und alle verfügbaren Edelmetalle für die Zahlung seines Lösegelds zusammentragen zu lassen. Das sollte ihn in dem Glauben bestärken, dass seine Gefängniswärter ihn danach freilassen würden, damit er sein Reich regieren könne. Zwischen März und Juli 1533 kamen mehr als sechs Tonnen Gold und Silber in Cajamarca an, wurden eingeschmolzen und zu Barren geformt. Sobald diese Operation erledigt war, ließ Pizarro Atahualpa durch die Garrotte hinrichten. Auch Pizarro versuchte wie vor ihm schon Cortés, Karls Beifall für seine Initiative zu gewinnen, indem er einen großzügigen Anteil der Beute nach Spanien schickte, darunter kunstfertige Artefakte, wie sie »nie zuvor in Amerika gesehen wurden und sich (wie ich glaube) auch nicht im Besitz irgendeines christlichen Fürsten befinden«. Gewiss könnten sie »Eurer Majestät im Krieg gegen die Türken, die Feinde unseres heiligen Glaubens«, nützlich sein.48 Als sie 1534 ausgestellt wurden, zogen die Schätze aus Peru nicht weniger Aufmerksamkeit auf sich als die zuvor von Cortés aus Mexiko geschickten. Zwei Jahrzehnte später erinnerte sich der Chronist Pedro Cieza de León noch daran, wie aufgeregt er war, als er »jene sagenhaften, in Sevilla ausgestellten Stücke aus dem Schatz, den Atahualpa den Spaniern in Cajamarca versprochen hatte«, erblickte. Karl war weniger begeistert: »Gerne würde ich alles sehen«, teilte er seinen Beamten in Sevilla mit, »aber in Anbetracht der Zeit, die es kosten würde, es herzubringen, wäre es wohl ausreichend, mir einige der ungewöhnlichsten Gold- und Silberarbeiten zu schicken. Der Rest kann in die Münze.« Im Januar 1535 befahl der Kaiser, der dringend Geld benötigte, um den Angriff auf Tunis vorzubereiten, dass das noch verbliebene Gold und Silber auf mehrere königliche Münzstätten verteilt werden sollte, damit es binnen zwei Monaten in Münzen zur Verfügung stünde, um seine Rechnungen zu begleichen.49 Karl wusste, wie er seine Dankbarkeit erweisen konnte. Entgegen seiner bisherigen Politik folgte er nun »den Ratschlägen unseres Rates« und gab seinem Wunsch Ausdruck, »die Konquistadoren und Siedler jener Region, in Sonderheit jene, die dort bleiben wollen, zu belohnen«. Pizarro teilte er mit, dass es mit seiner Einwilligung fortan »dauerhafte Zuteilungen von eingeborenen Einwohnern« in ganz Peru geben werde. Obwohl der Kaiser Pizarro wegen seines Verhaltens in Cajamarca kritisierte – »der Tod Atahualpas hat mich verärgert,

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denn er war ein Souverän« –, lenkte er ein: »Da es Euch notwendig dünkte, sind wir für dieses Mal einverstanden.« 1537 gewährte er dem Untäter »20 000 Vasallen alldort, den Titel eines Marqués« und das Recht, einen Nachfolger »aus der eigenen Familie oder nach Wunsch« zu benennen.50 Trotz dieser umfangreichen Belohnungen war Pizarros Situation in Peru gefährlich geworden. Er verteilte fast das gesamte von Atahualpa erhaltene Lösegeld unter denen, die an der Gefangennahme beteiligt gewesen waren. Er schanzte sich selbst mehr als 40 000 Pesos in Gold und Silber zu, seinen Brüdern mehr als 60 000 Pesos, während Almagro und seine Leute, die nach Atahualpas Gefangennahme eingetroffen waren, nur 20 000 Pesos erhielten, die sie unter sich aufteilen sollten. Das verschärfte die bereits vorhandenen Zwistigkeiten zwischen den Konquistadoren und führte zu einem Bürgerkrieg, der Tausende das Leben kostete, die beiden Anführer eingeschlossen. Pizarros Bruder besiegte 1538 Almagro und richtete ihn hin, aber drei Jahre später trieb eine Gruppe von Almagros Gefolgsleuten den Statthalter in die Enge, und obwohl es Pizarro gelang, zwei der Angreifer zu töten, blieb sein Schwert in einem dritten stecken. Das gab Almagros Sohn die Gelegenheit, ihm die Kehle zu durchbohren. Als Pizarro schon zu Boden gefallen war, brachten die anderen ihm noch mehr als zwanzig Wunden bei – eine demonstrative Tötungsaktion, die für die Fehden im frühmodernen Europa typisch war und nun (wie so vieles andere) ihren Weg in die überseeischen Kolonien fand.51

Die Neuen Gesetze Diese grausigen Ereignisse wurden bald in Europa bekannt. Die von verschiedenen Konquistadoren veröffentlichten Berichte, die die Brutalität der Eroberung Perus in allen Einzelheiten beschrieben, wurden geradezu zu Bestsellern. Der führende Professor der Theologie an der Universität Salamanca, der Dominikaner Francisco de Vitoria, klagte einem Kollegen, dass ihn zwar nur noch wenig schockiere, was er lese, was aber »in Peru geschieht, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren«: »Die Gerechtigkeit jenes Kriegs vermag ich nicht zu erkennen. Von denen, die dabei waren, als die Schlacht gegen Atahualpa stattfand, habe ich erfahren, dass weder er noch sein Gefolge die Christen in irgendeiner Weise beleidigt oder eine Handlung begangen haben, die eine Kriegserklärung notwendig gemacht hätte … Und ich fürchte, dass die folgenden Eroberungen dort noch schlimmer gewesen sind.«52

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Vitorias Befürchtungen waren begründet. Einige Jahre später schilderte Vizekönig Mendoza die entsetzlichen Details der Feindseligkeiten und brüstete sich damit, örtliche Einwohner, die ihm Widerstand leisteten, auf die eine oder andere von drei Arten zu Tode gebracht zu haben: »Man feuerte auf sie mit Geschützen, bis sie in Stücke gerissen waren, oder setzte die Hunde auf sie an oder überließ sie afrikanischen Sklaven, die sie umbrachten.« Er rechtfertigte diese Brutalität nicht nur damit, dass »wir gar nicht umhin können, die Hunde auf sie loszulassen oder auf sie zu schießen, um die Allerschuldigsten von ihnen zu bestrafen und den Übrigen noch mehr Angst einzujagen«, sondern berief sich auch auf einen europäischen Präzedenzfall. Als junger Mann hatte er an der Reconquista von Granada teilgenommen, während derer (daran erinnerte er Karl) »wir viele Muslime, die unseren heiligen Glauben leugneten, geschlagen und gesteinigt haben, und in solchen Fällen haben wir die Gerichte nicht bemüht«. Indigene Einwohner, die der spanischen Brutalität entkamen, fügte Mendoza hinzu, »wurden als Sklaven behandelt« und unter den Siedlern aufgeteilt.53 Angewidert von solchen Berichten veröffentlichte Papst Paul III. 1537 eine Bulle, in der es hieß, dass eingeborene Amerikaner kein »unverständiges Vieh sind, geschaffen, uns zu dienen«, sondern uneingeschränkt Angehörige der menschlichen Rasse, die »ungehindert und legitimerweise ihre Freiheit und den Besitz ihres Eigentums genießen sollen. Sie dürfen in keiner Weise versklavt werden. Sollte das dennoch geschehen, so ist es null und nichtig.« Auch wies er Kardinal Tavera an, Übertreter zu exkommunizieren. Im darauffolgenden Jahr, als die Cortes von Kastilien Karls Forderung einer Gewerbesteuer erörterten, wies der Konnetabel auf eine unheilvolle Parallele zwischen den exorbitanten Kosten der kaiserlichen Politik in Europa und Amerika hin: »Ich denke, es erweist Seiner Majestät, die noch jung genug ist, um sich an diesen Königreichen viele Jahre lang zu erfreuen, einen schlechten Dienst, wenn ihnen eine Steuerlast aufgebürdet wird, die ihre Einwohner binnen weniger Jahre in den Ruin treibt, wie es auch den eingeborenen Einwohnern der Neuen Welt geschieht. Wenn wir mit solcher Geschwindigkeit handeln, werden die Ressourcen dieser Königreiche nach ein paar Jahren erschöpft sein, ganz wie das Gold, das bei den frühen Entdeckungen in Übersee gefunden wurde.«

Anfang 1539 hielt Vitoria in Salamanca eine Reihe von öffentlichen Vorlesungen, die das Verhalten der Konquistadoren gegenüber der indigenen Bevölkerung vernichtend kritisierten. Es kam nicht darauf an, argumentierte er, ob die Spanier einfach nur Befehle der Krone befolgt hatten oder nicht: Sie hatten gegen natürliches und göttliches Recht verstoßen. Auch die Basis für die spanische Herrschaft über Amerika hinterfragte er in seinen Vorlesungen.54

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Karl reagierte äußerst heftig auf diese Kritik. Er verbot die Veröffentlichung der Bulle in Spanien und forderte den Papst auf, sie zurückzuziehen. Im November 1539, kurz bevor er zu seiner Überlandreise durch Frankreich aufbrach, befahl er dem Prior des Dominikanerklosters in Salamanca, wo Vitoria und einige seiner Kollegen lehrten und lebten, »unverzüglich« alle Akademiker einzubestellen, die »unsere Rechte auf die westindischen Länder in Predigten oder Klassenräumen, öffentlich oder heimlich« erörtert hätten, »und sie unter Eid erklären zu lassen, wann und in wessen Anwesenheit sie solches getan haben«. Der Prior müsse dann alle Erklärungen einem Sonderkommissar übergeben, der sie zur Untersuchung dem Gericht vorlegen würde. Ferner »soll außer mit unserer ausdrücklichen Erlaubnis weder jetzt noch auch sonst die Angelegenheit in Predigten oder Diskussionen erörtert, noch Schriften mit solchem Thema gedruckt werden. Ich werde alles, was dem zuwiderläuft, als äußerst schlechten Dienst an mir betrachten.«55 Der spektakuläre Fehlschlag von Karls Algierfeldzug 1541 scheint bei ihm einen Sinneswandel dahingehend hervorgerufen zu haben, dass er nunmehr den Verdacht hegte, Gott habe ihm die Gunst entzogen, weil er es versäumt hatte, den Schutz seiner Untertanen in Amerika zu gewährleisten. Sobald er nach Spanien zurückgekehrt war, unterzog er die in seinem Namen in Neuspanien ausgeübte Politik einer gründlichen Prüfung.56 Der Prozess begann im April 1542, als die Cortes von Kastilien bei ihren Petitionen zur Behebung von Missständen auch Folgendes vortrugen: »Wir bitten Eure Majestät, den in Amerika an den eingeborenen Einwohnern begangenen Grausamkeiten ein Ende zu bereiten, weil so Gott gut gedient und Amerika errettet wird – statt wie jetzt entvölkert zu werden.« Karl reagierte darauf mit der Berufung einer Sonderkommission, bestehend aus dreizehn Experten. Den Vorsitz führte Loaysa (sein einstiger Beichtvater), zu den Mitgliedern gehörten unter anderen Pedro de Soto (sein jetziger Beichtvater) sowie »Prälaten, Edelleute, Ordensbrüder und einige unserer Berater« (darunter Los Cobos und Zúñiga). In Anwesenheit des Kaisers hörte die Kommission Berichte von verlässlichen Zeugen, darunter Theologen wie Vitoria und kürzlich aus Amerika zurückgekehrte Missionare wie Las Casas, der von den unerhörten Grausamkeiten der Spanier in Amerika berichtete. Diese Berichte würden ein Jahrzehnt später den Kern seines »Kurzgefassten Berichts von der Verwüstung der westindischen Länder« (Brevísima relación de la destrucción de las Indias occidentales) bilden. Las Casas behauptete, dass Juan Martínez de Silíceo, Philipps Lehrer, um eine Abschrift seines Berichts gebeten und sie dem Prinzen übergeben habe. Die Kommission formulierte nun die Leyes Nuevas, die »Neuen Gesetze und Anordnungen für die Regierung von Amerika und für die gute Behandlung und Erhaltung der Indios«. Überzeugt und ernüchtert von dem,

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was er bei den Kommissionssitzungen vernommen hatte, setzte Karl im November 1542 seine Signatur unter das Dokument.57 Es begann, was ungewöhnlich war, mit einer kaiserlichen Entschuldigung: »Viele Jahre lang war ich willens und eifrig darauf bedacht, die Angelegenheiten von Amerika gründlich zu studieren, da sie von großer Bedeutung nicht nur für den Dienst an Gott, unserem Herrn, und die Vermehrung unseres heiligen katholischen Glaubens sind, sondern auch für den Schutz und die gute Regierung derer, die dort drüben leben … [Doch] obwohl ich versuchte, Zeit für dieses Vorhaben zu finden, hat es sich der vielen und fortwährenden Regierungsgeschäfte halber, die sich ergaben und die ich nicht vernachlässigen konnte, und auch aufgrund der häufigen, unvermeidlichen Abwesenheit von meinem Königreich als unmöglich erwiesen.«

Nachdem Karl nun also die Kommission für amerikanische Angelegenheiten einberufen hatte, um »die wichtigsten Dinge, die, wie ich erfuhr, nun Aufmerksamkeit erfordern, zu erörtern und sich ihrer anzunehmen, und da ich selbst bei Debatten über diese Dinge zu verschiedenen Gelegenheiten anwesend war und eines jeden Ansicht kennenlernte, habe ich mich entschieden, das Folgende anzuordnen …« Einige der vierzig Klauseln, die folgten, zielten darauf, »die einheimische Bevölkerung zu erhalten und zu vermehren, sie in den Angelegenheiten unseres katholischen Glaubens zu unterweisen und sie als freie Menschen und unsere Vasallen, die sie sind, zu behandeln«. Andere Klauseln schrieben vor, dass die von den indigenen Einwohnern geforderten Abgaben und Arbeitsdienste »so gemäßigt sein müssen, dass sie erträglich sind«. Wieder andere reformierten die Prozesse im Indienrat und installierten in Peru einen Vizekönig und eine königliche Audiencia (ein Berufungsgericht). Auch für Guatemala war eine Audiencia vorgesehen.58 Es waren drei andere Klauseln, die überall in Amerika die Wut der spanischen Siedler erregten. Eine Klausel sah vor, dass alle indigenen Einwohner mit Ausnahme derer, die wegen kriegerischer oder aufrührerischer Aktivitäten versklavt worden waren, dazu alle versklavten indianischen Frauen und Kinder unverzüglich freizulassen seien; auch dürfe zukünftig niemand mehr versklavt werden, »nicht einmal wegen Teilnahme an einer Rebellion«. Eine weitere Klausel verbot die Verleihung von neuen Encomiendas. Verfügt wurde vielmehr: »Wenn ein Encomendero [d. i. der Inhaber einer Encomienda] stirbt, werden jene, die für ihn arbeiten, in Besitzungen der Krone inkorporiert.« Königliche Beamte und kirchliche Institutionen, die Encomiendas verwalteten, erhielten den Befehl, sie sofort aufzugeben. Die dritte umstrittene Klausel bestimmte, dass »jene, die eine führende Rolle in den jüngsten Kriegen« zwischen den Gefolgsleuten von

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Almagro und Pizarro gespielt hatten, »die Arbeit eingeborener Einwohner einbüßen; diese Einwohner werden in Besitzungen der Krone inkorporiert«. Diese Klauseln sorgten schon deshalb für Streit, weil sie einer ganzen Anzahl früherer königlicher Direktiven widersprachen. Diverse in den 1530er-Jahren verfügte Erlasse hatten Gruppen von Konquistadoren die »dauerhafte Zuweisung eingeborener Einwohner« gestattet, was bedeutete, dass beim Tode eines solchen Encomenderos seine ehelichen Kinder oder seine Witwe die Erbschaft antreten konnten. Auch hatten in Befolgung eines ausdrücklichen Befehls Karls von 1534 viele Kolonisten indigene Einwohner versklavt, die des Widerstands beschuldigt wurden, bei Kriegshandlungen gefangen genommen worden waren oder von einem Kolonialgericht eines Verbrechens für schuldig befunden wurden, das normalerweise mit der Todesstrafe geahndet wurde, aber in Zwangsarbeit umgewandelt werden konnte. »All dies«, so gemahnte die Audiencia von Mexiko den Kaiser mit scharfen Worten, »ist von Eurer Majestät, wie Ihr uns sagtet, befürwortet worden.«59 Vielen spanischen Siedlern kamen die Neuen Gesetze wie eine Kriegserklärung vor, und sie reagierten so überwältigend schnell wie feindselig. Im Oktober 1543 schickte Jerónimo López, ein Mitglied des Magistrats von Mexiko-Stadt und einer der »ersten Eroberer«, einen Brief an den Indienrat, der möglicherweise der eloquenteste von allen war. Zuerst kam die Anerkennung: »Einige der Anordnungen Eurer Majestät sind sehr gerecht und hilfreich für den Schutz und die Bewahrung dieses Landes, wie Ihr es wünscht.« Aber dann protestierte López: Werde das Versprechen, die Encomiendas für erblich zu erklären, zurückgenommen, so »kann dieses Land nicht überdauern, sondern wird an die eingeborene Bevölkerung verloren gehen«. Auch sei der Befehl, dass »niemand versklavt werden soll, auch nicht der Aufrührer und Rebell, sehr gefährlich, weil Eure Majestät sie ermutigt, demnächst sich zu erheben, weil sie sehen können, dass Ihr die Bestrafung aufgehoben habt«. Der Kaiser möge sich daran erinnern, dass seine neuen amerikanischen Besitzungen »von der Gegenwart und Macht Eurer Majestät so weit entfernt und abgetrennt sind, dass auf einen jeden Spanier mindestens tausend Eingeborene kommen«. Beim Auftreten von Problemen könne eben »Eure Majestät uns keine Hilfe von Sevilla oder Granada aus senden, weil wir gar nicht die Zeit hätten, sie anzufordern, und Eure Majestät nicht die Zeit, sie uns zu schicken. Ihr müsst stattdessen Eure Reserven hier drüben behalten.« López folgerte: »Wäre dies Land wie die Niederlande, Neapel, Navarra oder Grenada, die Eure Majestät persönlich besuchen kann … wäre es für Euch von Nutzen, hierherzukommen und zu erkunden, wie sich die Dinge zum Besseren wenden lassen, aber wir sind so weit entfernt, dass Eure Majestät weder hier sich umsehen noch

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von dort [d. h. Spanien] aus regieren kann, weil zu der Zeit, da Ihr über ein Heilmittel entschieden habt, sich die Lage bereits wieder verändert haben wird.«

Hierin lag ein zentrales Problem des ersten transatlantischen Reiches: Die Hindernisse der Distanz zwangen Karl, sich auf den Rat von anderen Personen zu verlassen, die jedoch allesamt »ihre Auffassung aus ihrer jeweiligen Perspektive heraus und auf Basis des wenigen, was sie von diesem Land gesehen und gehört haben, vertreten«. Besondere Kritik übte López an den politischen Ratschlägen, die der Kaiser von Ordensbrüdern erhielt, weil »nur wenige von ihnen Erfahrung mit der Verwaltung von Städten und Ortschaften – oder auch nur ihres eigenen Haushalts – haben«. Daher »sprechen sie als Männer, die nicht wissen, wie viel Arbeit und Blutvergießen oder wie viele Tode nötig sind, um ein so riesiges Unternehmen am Laufen zu halten«. Stattdessen »raten sie Eurer Majestät, Schritte zu ergreifen, durch die alles verloren gehen wird und wir mit allem«. Der Kaiser solle daher nur von Männern Rat annehmen, die wissen, wovon sie reden, und insbesondere von Konquistadoren wie López, die »alles mit eigenen Augen gesehen haben«.60 Aber López vergeudete wie zuvor schon Cortés seine Zeit. Loaysa, der Präsident des Indienrats (der den Brief empfing), war Dominikaner wie Las Casas, Soto und Vitoria. Somit war es unwahrscheinlich, dass er die Politik widerrufen würde, zu deren Realisierung er den Kaiser gerade beredet hatte. Aber, um sicherzugehen, wurde López’ Brief abgelegt mit dem rückseitigen Kommentar: »Gesehen: keine Antwort nötig«. Stattdessen ernannte der Rat eines von seinen Mitgliedern, den Priester Francisco Tello de Sandoval, zum Generalinspektor von Mexiko und erteilte Order, er solle sofort aufbrechen und die Neuen Gesetze dort in Kraft setzen. Ferner wurde Blasco Nuñez de Vela, ein Adliger mit großer militärischer Erfahrung in Heer und Flotte, zum ersten Vizekönig von Peru ernannt und mit ebensolchen Befehlen versehen. Der innere Kreis um den Kaiser hatte einen durchschlagenden Sieg errungen – einen Sieg, der um ein Haar die spanische Herrschaft in Amerika beendet hätte.

Rebellion in Peru In Mexiko und Mittelamerika sah Vizekönig Mendoza sofort die mit den Neuen Gesetzen verbundenen Gefahren und wartete mit ihrer rechtswirksamen Verkündung, bis der Kaiser Einwände gehört und erwogen hatte. Ein Siedler in Guatemala hielt 1545 fest: »Die Anordnungen und Neuen Gesetze aus Spanien werden weder beachtet noch befolgt.«61 Nuñez Vela war weniger vorsichtig. Gleich nach seiner Ankunft in Peru im Mai 1544 begann er, wie von den Neuen

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Gesetzen vorgesehen, mit der Beschlagnahmung von Encomiendas im Besitz von königlichen Beamten, Geistlichen und Teilnehmern am Bürgerkrieg zwischen Almagro und Pizarro. Natürlich nahmen die mittlerweile mindestens 5000 spanischen Kolonisten seine Aktivitäten übel auf, und viele von ihnen wandten sich mit der Bitte um Schutz an Gonzalo Pizarro, den Bruder und Universalerben des verstorbenen Konquistadors Francisco, der ein charismatischer Führer aus eigenem Recht war. Zunächst übermittelte Gonzalo im Namen der Städte und Encomenderos von Peru dem Kaiser einen formellen Protest, weil seiner Ansicht nach bestimmte Klauseln der Neuen Gesetze den Fortbestand der spanischen Herrschaft gefährdeten. Er bat daher (wie schon der Vizekönig von Mexiko), den Vollzug der Gesetze auszusetzen, bis der Kaiser die Einwände der Betroffenen angehört hatte.62 Aber anders als Mendoza schenkte Nuñez Vela den Beschwerden der Kolonisten keine Beachtung. Stattdessen führte er sich despotisch auf und erstach einen führenden Beamten der Finanzverwaltung, mit dem er in Streit geraten war. Die Audiencia von Lima erklärte ihn daraufhin für abgesetzt, warf ihn ins Gefängnis und machte Gonzalez zum Statthalter von Peru. Karl weilte in den Niederlanden, als die Nachricht von diesen beunruhigenden Ereignissen eintraf, und so war zuerst Prinz Philipps Regentschaftsrat am Zuge. In der Debatte über eine angemessene Reaktion riet der Herzog von Alba zur sofortigen Entsendung eines Heers, um die Ordnung wiederherzustellen, denn »solch große Missachtung, Tollkühnheit und Gewalt könne nur durch Härte und Zwang behoben oder bestraft werden«. Aber seine Kollegen wiesen darauf hin, dass die Karibik 5000  Kilometer entfernt sei, dass die meisten Soldaten auf der Überfahrt sterben würden und dass Pizarros Flotte zudem den Atlantik kontrollierte, den die königlichen Truppen würden durchqueren müssen.63 Unterdessen spitzte sich die Lage in Peru zu. 1545 gelang Nuñez Vela die Flucht aus dem Gefängnis und die Neuordnung seiner Streitkräfte, aber Pizarro jagte ihm mit 800 Soldaten (einige von ihnen ehemalige Comuneros) nach, besiegte ihn und seine wenigen royalistischen Unterstützer in der Schlacht und tötete ihn. Nun war das ganze Vizekönigreich in offenem Aufstand begriffen. Einem Höfling zufolge kränkte die »Tollkühnheit und Unbesonnenheit« der Rebellen den Kaiser weitaus stärker als der Aufstand der Comuneros, »weil bei ihrer Rebellion in Spanien der Kaiser aufgrund seiner Jugend und Unerfahrenheit in Regierungsgeschäften noch nicht so viel Autorität und Reputation besaß«. Besonders übel nahm Karl die Nachricht auf, dass Gonzalo Pizarro, ein Bürgerlicher, die Absicht hatte, sich zum »König von Peru« zu erklären. »Das Peru-Problem zu lösen«, meinte Los Cobos im August 1545, »ist für uns zur größten Herausforderung seit Langem geworden.«64

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Mittlerweile war eine ganze Flut von Briefen, Memoranden und persönlichen Protestnoten gegen die Neuen Gesetze aus Mexiko eingetroffen. Sie alle drängten den Kaiser zur Beibehaltung der vererbbaren Encomiendas, weil diese Einrichtung zwar nicht vollkommen sei, aber doch die Grundlage für Handel, Gewerbe und auch die Verkündigung des Evangeliums bilde. Sogar die Dominikaner in Neuspanien klagten, dass sie das Land verlassen müssten, wenn sie der Indianer beraubt würden, deren Arbeit ihre missionarischen Bemühungen unterstützte. Daher empfahlen Karls Berater dann auch größere Zugeständnisse, damit man nicht (wie es Juan de Zúñiga formulierte) Amerika noch einmal erobern müsse  – diesmal von den spanischen Kolonisten. Prinz Philipp fasste die Debatte für seinen Vater zusammen: »Alle waren sich darin einig, dass menschliche Mühen und Kräfte nicht ausreichen werden, um Peru zu befrieden und zurückzugewinnen, wenn wir nicht zugleich eine Person von großer Klugheit, Weisheit und Erfahrung zu Verhandlungen ermächtigen.« In einer separaten Botschaft schlug Los Cobos als idealen Verhandlungsführer Pedro de La Gasca vor.65 Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende La Gasca hatte dank eines Stipendiums Recht und Theologie an den Universitäten von Alcalá und Salamanca gehört, wo er bei Vitoria und Silíceo studierte. Danach wurde er Priester, und 1541 ernannte ihn Tavera, der Großinquisitor und Präsident des Kronrats, zum Inquisitor. La Gasca konnte sich mithin der Unterstützung durch Tavera und Los Cobos sicher sein, was ihn die Ernennung sofort annehmen ließ. Aufbrechen nach Peru wollte er aber erst, wenn Karl ihm beispiellose Machtbefugnisse gewährte: Er forderte für sich die Vollmacht, Straferlass gewähren zu können für alle Arten von Vergehen, zivile wie kriminelle, öffentliche wie private; die Vollmacht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen; sowie die Befugnis, auf den königlichen Schatz zuzugreifen, um, falls notwendig, ein Heer auszuheben und auszustatten. Das war mehr als ungewöhnlich, und der Rat »diskutierte und stritt über die Forderungen La Gascas«; doch angesichts der beispiellosen Herausforderung, die eine große transatlantische Rebellion darstellte, rieten sie Karl schließlich dazu, die Forderungen zu akzeptieren.66 Der Kaiser zögerte zunächst, weil ihm bewusst war, dass »die amerikanischen Angelegenheiten so gewichtig und bedeutsam sind, dass wir die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, untersuchen und abwägen müssen«; aber im Herbst 1545 machte er den Siedlern einige wichtige Zugeständnisse. Zwar ging er nicht so weit, die Versklavung der Indianer zu bekräftigen, aber zumindest nahm er »das Gesetz, wonach indigene Einwohner beim Tod eines Encomenderos [d. h. des Inhabers einer Encomienda] zu direkten Vasallen der Krone wurden«, zurück: Von nun an konnten die Witwen und Kinder der ersten Konquistadoren deren Encomiendas erben. »Die Durchsetzung der anderen Verordnungen, die den

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Aufstand verursachten, ist ebenfalls aufgehoben«, beschied Karl und ordnete an, »dass alles in den vormaligen Zustand zurückkehrt«.67 Ferner rief er Nuñez Vela zurück (von dessen Tod er noch nicht wusste) und autorisierte die Entsendung von La Gasca mit der Befugnis, den Vizekönig und die Richter der Audiencia von Lima abzusetzen und nach Spanien zurückzuschicken, »wenn sie sich in irgendeiner Sache fehlerhaft verhalten haben«, und auch »Krieg zu führen gegen Kleriker«, die ihm etwa Widerstand leisteten. La Gasca erhielt sämtliche Vollmachten, die er eingefordert hatte, dazu eine Kopie des königlichen Siegels, mit dem er »vierzig Blankourkunden, auszustellen für Personen, die sich Seiner Majestät gegenüber als loyal erwiesen haben«, beglaubigen konnte. Schließlich erteilte der Kaiser La Gasca noch die Befugnis, »angesichts der langen Reise und der Risiken … diejenige Person zu benennen, die Ihr für die geeignetste haltet«, seine Nachfolge anzutreten. Die kaiserlichen Beamten in Amerika erhielten Anweisung, »Euch mit allem zu versorgen, wonach Ihr verlangt, und alles zu tun, was Ihr fordern mögt«.68 Karl schickte seinem Statthalter auch einen mit guten Ratschlägen gefüllten Brief. »Da kleine Probleme oftmals zu großen führen, die von den Regierungen nicht gelöst werden können«, müsse La Gasca »in jeder Beziehung sorgfältig sein, in Worten wie in Taten … Denn wenn Ihr eine Sache befehlt und eine andere tut, werden die Leute Euch für wankelmütig und inkonsequent halten.« »Versucht nicht, jedes Wort und jede Tat Eurem Urteil zu unterziehen, sondern tut dies nur bei Männern, die unter Anklage stehen. Ihr müsst vorgeben, vom Übrigen nichts zu wissen, denn wenn jedes Vergehen untersucht werden würde, gäbe es nur wenige Personen (oder gar keine), die ungestraft davonkämen.« Wie die geheimen Instruktionen für Philipp drei Jahre zuvor zeigt dieses Dokument, wie viel der Kaiser über die Kunst des Regierens gelernt hatte.69 Im August 1546, als Karl den deutschen Rebellen bei Ingolstadt gegenüberstand, erreichte La Gasca Panama, das er zu seinem Hauptquartier machte, während er den Aufstand in Peru untergrub. Erst im Dezember 1547, als er gegen Cuzco vorrückte, fühlte er sich stark genug, Gonzalo Pizarro der Rebellion und des Verrats anzuklagen. Dabei setzte er dessen Verhalten in scharfen Kontrast zu dem der neuspanischen Siedler: Diese hatten ihre Kritik an den Neuen Gesetzen immerhin »ohne Waffen und Unruhen« vorgetragen, wohingegen Pizarro »nicht damit zufrieden war, es ihnen gleichzutun, sondern sich aufführte wie jemand, der nicht weiß, wer sein König ist«. Nun wurde ihm zum Vorwurf gemacht, – dass er Siedler hingerichtet hatte, die sich gegen ihn gestellt hatten, und dass er die Ressourcen des königlichen Schatzes genutzt hatte, »um die Kosten Eurer Rebellion gegen Seine Majestät« zu bezahlen. La Gasca soll Pizarro gar 20 000 Pesos angeboten haben, »wenn ich nach Spanien zurückkehren und Seiner Majestät empfehlen würde, Euch zum Statthalter zu ernennen … Über

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diesen Bestechungsversuch habe ich herzlich gelacht«, fuhr La Gasca fort, »und darüber, dass Eure Exzellenz glaubt, Seine Majestät würde einen Mann schicken, den man mit Geld bestechen könnte.« La Gasca schloss mit einem grimmigen Gegenangebot: Sollte Pizarro sich weigern, »zu bereuen und zum Dienst an Euren göttlichen und weltlichen Herrschern zurückzukehren, werdet Ihr, wie Ihr bald sehen sollt, Körper und Seele verlieren«.70 La Gasca scherzte nicht. Im April 1548 positionierte er sein 1500 Mann starkes Heer mitsamt elf Geschützen auf einem Plateau außerhalb von Cuzco und forderte so Pizarros Angriff heraus. Die Schlacht blieb mit Blick auf die Stärke der beteiligten Truppen wie auch die Verluste weit hinter der von Mühlberg ein Jahr zuvor zurück (nur ein königlicher Soldat und 45 Rebellen fielen), aber sie erwies sich als genauso entscheidend. Nach einem Artillerieduell  – dem ersten auf dem amerikanischen Kontinent – flohen viele der Rebellen, und da Pizarro »und einige seiner Hauptleute weder kämpften noch flohen«, gerieten sie alle in Gefangenschaft. La Gasca überlegte, »ob wir sie nach Cuzco mitnehmen und ihnen dort den Prozess machen sollten oder gleich hier an Ort und Stelle«. Er kam zu dem Schluss, dass »es besser wäre, sofort zu handeln, weil sonst ihre Flucht zu befürchten war; und auch, weil es schien, dass, solange Pizarro lebte, der Friede hier nicht garantiert werden konnte«. Gonzalo und vier seiner Gefolgsleute wurden noch auf dem Schlachtfeld enthauptet und ihre abgetrennten Köpfe dann mit nach Cuzco genommen, um sie dort dem Spott der Öffentlichkeit preiszugeben.71 Sollte La Gasca Bedenken wegen dieser Entscheidung gehabt haben, verflogen sie schnell, als er in Cuzco entdeckte, dass die Rebellen »das königliche Wappen aus der Standarte entfernt und in einem Kohlebecken verbrannt hatten«. Zudem hatten sie »geplant, Gonzalo Pizarro zum König dieses Landes zu krönen, sobald sie mein Heer besiegt hätten«. Die Bischöfe im Land schickten die vielen Geistlichen, die Pizarro unterstützt hatten, ins Exil – darunter auch Juan Coronel, »ehemals ein Kanonikus aus Quito … der zur Verteidigung und Befürwortung der Rebellion ein Buch mit dem Titel De bello justo schrieb«. Die weltlichen Gerichte verurteilten mindestens fünfzig Pizarro-Anhänger zum Tode, einige von ihnen nach Folterung und Verstümmelung. An die tausend weitere wurden zu geringeren Strafen verurteilt und mussten meist ins Exil gehen. Diese Säuberungen beseitigten – in Kombination mit den »etwa 340 Männern, die Gonzalo Pizarro und seine Anhänger während der Rebellion hingerichtet hatten« – ungefähr ein Drittel der ersten Generation von Konquistadoren sowie den Großteil der Inka-Königsfamilie. Karl kannte wie schon bei den Rebellen von Kastilien und Valencia ein Vierteljahrhundert zuvor keine Gnade: Seinen Richtern in Spanien befahl er, die Angehörigen von Rebellen, die Geld und Güter in die Heimat verbracht hatten, mit gleicher Härte zu behandeln; ihre

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Ländereien, Häuser und anderen Besitztümer wurden bis zu dem Wert dessen, was sie aus Peru erhalten hatten, beschlagnahmt. Karl verfügte sogar die Konfiszierung von Leibgedingen, die Klöstern für die Aufnahme von weiblichen Verwandten gezahlt worden waren.72 Der Friedensbringer La Gasca wurde umgehend zu einer Berühmtheit. Im Januar 1550 wendete sich der Chronist Gonzalo Fernández de Oviedo an La Gasca, um ihm zum Erfolg seines »kaiserlichen Unterfangens« zu gratulieren und unterwürfig um einen detaillierten Bericht zu bitten, den er in seine Historia general y natural de las Indias Occidentales (»Allgemeine und Naturgeschichte der westindischen Länder«) aufnehmen könnte, an der er im kaiserlichen Auftrag arbeitete. Oviedo verkündete, dass sein Werk, das mit der Reise von Kolumbus begann, mit der Befriedung von Peru enden sollte, da die Nachrichten davon dank göttlicher Fügung »rechtzeitig eingetroffen sind, um in meinem dritten Band verewigt zu werden«. La Gasca übernahm die Hauptrolle gleich in zwei Kapiteln.73 Karl war von dem Erfolg seines Mannes ebenfalls beeindruckt: »Wir empfanden große Befriedigung«, äußerte er, nachdem er La Gascas Bericht über die Niederlage Pizarros und die »gerechte Strafe für ihn und seine Anhänger« gelesen hatte. Der Kaiser frohlockte, dass Gott und La Gasca die rechten Bedingungen dafür geschaffen hatten, »den Plan wieder aufzunehmen, den wir immer verfolgt haben: die Erhebung des heiligen katholischen Glaubens und zugleich die Wiederherstellung von Frieden und Gerechtigkeit ohne Gräuel, Raub und Mord, denen unsere Untertanen und Vasallen so grausam ausgeliefert waren«. Darauf kündete Karl an, dass er Antonio de Mendoza zum nächsten Vizekönig von Peru ernannt habe, und erlaubte La Gasca, »mit Gottes Segen nach Spanien zurückzukehren«, wenn er den neuen Amtsinhaber über alles Wichtige in Kenntnis gesetzt habe. Auf der Rückreise sollte er »die größte Menge an Gold und Silber mitbringen, wie Ihr nur könnt – und, da sind wir sicher, auch tun werdet«.74 Erneut übertraf La Gasca die Erwartungen. Als er im September 1550 in Sevilla eintraf, hatte er mehr als zwei Millionen Dukaten Bargeld im Gepäck, eine fabelhafte Summe, die Karl (als er darüber nachsann, wofür er sie ausgeben sollte) mit dem Lösegeld verglich, das König Franz zwei Jahrzehnte zuvor bezahlt hatte. Wieder habe das Geld »meine Reputation erheblich vergrößert und gestattet es mir, all die Pläne zu verwirklichen, die ich im Kopf habe«.75 Dennoch war die ganze Sache bei allem »Glück Cäsars« nur knapp gut gegangen. Lapidar bemerkte Vizekönig Mendoza: »Die von Seiner Majestät und den Herren des Rats ergriffenen Maßnahmen waren heilig und gerecht, doch kann nicht geleugnet werden, dass die ›Neuen Gesetze‹ Seiner Majestät Peru zerstört haben.« Er erinnerte sich (mit mehr als einem Anflug von »Hab ich’s dir nicht gesagt«) daran, dass »ich viele Jahre, bevor Peru rebellierte, ihn [d. i. Karl]

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darauf hinwies, was geschehen würde«. Auch wenn er sich damals »nicht so klar ausdrückte, weil ich dafür hätte büßen müssen: Ich bedaure sehr, dass Seine Majestät, seine Berater und die Ordensbrüder sich zusammentaten, um diese armen Leute hier zu vernichten.«76 Auch La Gasca hielt es für notwendig, das Encomienda-System in Peru nicht nur zu bewahren, sondern sogar noch auszuweiten, indem er seinen Parteigängern Zuteilungen im Wert von über einer Million Dukaten zukommen ließ. Selbst das erwies sich noch als unzureichend: Einige Männer, die von Gonzalo abgefallen waren, aber nur geringe oder gar keine Belohnung dafür erhalten hatten, versammelten sich erneut unter der Fahne des Aufruhrs, die 1553 für kurze Zeit Francisco Hernández Girón in die Hand nahm. Einmal positiv betrachtet, zeigte sich an der Niederlage Pizarros nicht nur die Wirksamkeit von Karls Kontrolle über seine amerikanischen Besitzungen, sondern auch seine Fähigkeit, deren Ressourcen zu koordinieren. Kaum in Panama angekommen, mahnte La Gasca im Dezember 1546 andere königliche Beamte, dass »notwendigerweise alle Teile Amerikas den Befehlen Seiner Majestät gehorchen und seiner königlichen Stimme folgen müssen«. Er fügte hinzu: »Bei einer Angelegenheit von solcher Bedeutung für seine königliche Autorität und seine Interessen« sei es wesentlich, dass ein jeder sich ihm anschließe, »als wäre seine königliche Person selbst anwesend«. Amerika, meinte La Gasca, müsse zeigen, dass »die guten Männer hierzulande ihre Person und ihr Eigentum Seiner Majestät ebenso darbringen, wie sie es in Spanien bei ähnlichen Feldzügen nach Ungarn, Tunis und Algier getan haben«. Seine Rhetorik zeitigte spektakuläre Ergebnisse, insbesondere in Peru, wo Vizekönig Mendoza 192 000 Pesos ausgab, um ein Heer von 600 Soldaten auszuheben, das im Land Dienst tun und von seinem Sohn befehligt werden sollte. Im März 1547 musterte er feierlich die Expeditionsstreitkraft. Dergleichen hatte Amerika noch nicht gesehen.77

»Noch eine goldträchtige Welt« 1520 wurde in La Coruña in Karls Namen eine Rede vor den Cortes von Kastilien gehalten, um zu rechtfertigen, dass er die Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs angenommen hatte. Darin begegnete auch das Versprechen, dass der Erwerb einer »Neuen Welt aus Gold, die nur für ihn gemacht war, weil sie vor unserer Zeit nicht existierte«, Karls spanische Untertanen davor bewahren werde, die gesamten Kosten seiner neuen Verpflichtungen in Mitteleuropa zu tragen. Zumindest in einem gewissen Umfang wurde das Versprechen auch Wirklichkeit. 1523 konnte Martín de Salinas etwa notieren, dass »Schiffe aus Amerika mit 800 000 Pesos in Gold angekommen sind«. Er schloss daraus, dass »es so aussieht, als würde Gott sich der Angelegenheiten Seiner Majestät

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annehmen, weil er sich so gut um sie kümmert«.78 Zehn Jahre später rief ein königlicher Schatzmeister, überwältigt vom Umfang von Atahualpas Lösegeld, das auf der Fahrt nach Spanien gerade Panama passierte, aus: »Da Eure Majestät auf dem Wege des Herrn wandelt, indem sie Ihm dient und die christliche Gemeinschaft und die Kirche unseres heiligen katholischen Glaubens verteidigt, sorgt Er für diesen Beistand und Gunsterweis, um euren Geist und eure Ressourcen zu vermehren, wenn Ihr das heilige Unterfangen vorantreibt, wenn Ihr Krieg führt gegen die Türken, die Lutheraner und andere Feinde des Glaubens.«

1535 konstatierte Salinas in Barcelona erstaunt, dass Karl »die Münzmeister all seiner Königreiche in diese Stadt beordert hat. Er hat das ganze Gold und Silber aus Amerika hierhergebracht, sodass es jetzt zu Münzen geschlagen werden kann.« Er schätzte den Wert auf 500 000 Dukaten. James Tracy erklärt: »Der Tunisfeldzug war nur möglich, weil Francisco Pizarros Eroberung von Peru die Schatzkammer des Kaisers wieder aufgefüllt hatte.«79 Der Hauptteil dieser amerikanischen Reichtümer verdankte sich einer aus Kastilien importierten Steuer, dem sogenannten königlichen Fünftel (quinto real), das den Monarchen das Anrecht auf eben ein Fünftel der im Krieg gegen Feinde des Glaubens gemachten Beute und gleichermaßen auf ein Fünftel des gefundenen Edelmetalls sicherte. Während Karls Regierungszeit stammten mehr als die Hälfte der Einnahmen seiner Schatzmeister in Mexiko und stolze vier Fünftel der entsprechenden Einnahmen in Peru aus dieser Quelle. Die übrigen Einnahmen ergaben sich aus dem Tribut, den die indigenen Einwohner der Krone zahlten, sowie aus Beschlagnahmungen. Bei insgesamt neun Gelegenheiten konfiszierte Karl Gelder, die an Privatpersonen überwiesen werden sollten, wobei er sein Tun durch Täuschung verbarg. Zur Finanzierung eines Feldzugs gegen Frankreich befahl er etwa 1523 seinen Beamten in Sevilla, alles Gold und Silber sowie alle Perlen und Handelsgüter, die Schiffe aus Amerika brachten, zurückzuhalten und zu inventarisieren, ob sie nun für die Krone bestimmt waren oder für »Kaufleute und Privatpersonen«, und zwar »auf eine Weise, dass niemand erfährt, was ich in dieser Sache angeordnet habe«. 1585 gab er für den Fall der Ankunft eines Schiffes »aus Peru oder anderswoher mit einer großen Menge Goldes« Anweisung, ihm »unter Verwendung von Täuschung, oder welcher Methoden auch immer Ihr für richtig haltet, um die Aktion zu verschleiern, durch einen fliegenden Kurier (con correa volante) eine detaillierte Liste zu schicken«. Sollten die Eigentümer des Schatzes protestieren und die Herausgabe ihres Geldes verlangen, müssten die königlichen Beamten sie belügen: »Macht alle glauben, dass es nicht geht, weil es so viel Zeit braucht, das ganze Gold und

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Silber zu Münzen zu schlagen.« Als der Kaiser 1543 seinen Feldzug gegen Geldern und Frankreich vorbereitete, befahl er erneut, dass »Ihr von nun an, wenn ein Schiff oder eine Flotte von Schiffen mit bis zu 80 000 Dukaten oder mehr an Gold ankommt, Gold, Silber und Perlen, bestimmt für einzelne Personen, ohne Ausnahme beschlagnahmen müsst. Dazu benutzt Ihr Lug und Trug nach Belieben, damit niemand erfährt, dass es auf meinen Befehl hin geschieht.«80 In all diesen Fällen erhielten die Personen, die ihr Kapital verloren, Entschädigung in Form von niedrig verzinsten Regierungsanleihen (juros). Zwar rechtfertigte Karl diese Lügen mit der Notwendigkeit, »unsere Reputation und Autorität« zu schützen und »unsere Herrschaftsgebiete zu verteidigen«, aber die wiederholten Konfiskationen zogen hohe wirtschaftliche Folgekosten nach sich. Das zur Bezahlung der kaiserlichen Soldaten oder der Bankiers aus dem Land geschaffte Geld stand für einheimische Unternehmungen nicht mehr zur Verfügung, und die jährlichen Zinszahlungen für die juros verdoppelten sich während Karls Regierungszeit. Dennoch konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Der Chronist Martí de Viciana aus Valencia bemerkte später: »Seine Majestät hat solche Wohltaten aus Amerika erfahren, dass er dank seines Reichtums und der spanischen Soldaten, wann immer er wollte, mehr zu tun vermochte als alle anderen christlichen Herrscher.« So hat Amerika, wie ein späteres Zeitalter rühmend sagen konnte, an diversen kritischen Wendepunkten »Karl wieder groß gemacht«.81

Imperium und Empirie Im Zuge der Optimierung seiner weltweiten Aktivposten musste Karl einige Hindernisse auf dem Weg zu einer effektiven transatlantischen Regierung überwinden. In Europa entwickelte er vier Strategien, um seine verstreut liegenden Herrschaftsgebiete zu kontrollieren: Er besuchte jedes von ihnen so häufig und dann so lange wie möglich; er bevollmächtigte seine nächsten Verwandten, ihn in Zeiten seiner Abwesenheit zu vertreten; er festigte Bündnisse durch Heiratspolitik; und er schuf eine institutionelle Struktur, die auf einer Balance of Power beruhte. Da er die ersten drei Strategien in Amerika nicht benutzen konnte, stützte er sich mit Nachdruck auf die vierte – doch standen dem wie in seinen anderen Herrschaftsgebieten Gruppenbildung und Eigeninteresse oftmals im Weg. 1551 schickte Antonio de Mendoza einen Bericht an Karl, in dem er über seine sechzehnjährigen Erfahrungen als Vizekönig reflektierte. Er beklagte sich darüber, dass die »Männer in Neuspanien sich lieber in die Angelegenheiten anderer einmischen, statt sich um die eigenen zu kümmern«. Tatsächlich »gilt ihr Hauptinteresse der öffentlichen Verwaltung, insbesondere indem sie jeden

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einzelnen Vorgang kritisieren und verurteilen«. Leider, so fuhr der Vizekönig fort, »gibt es viele, die mir Ratschläge geben und mich kritisieren, aber nur wenige, die mir helfen, wenn die Dinge nicht nach Plan laufen«.82 Dieses grundlegende Problem rief ein weiteres hervor. Noch einmal Mendoza: »Eure Majestät hat mich und andere wie mich zu Vizekönigen und Statthaltern berufen, als wir in Bezug auf unsere Posten noch ganz neu und unerfahren waren, und Ihr habt dort Personen zu Richtern ernannt, die zurück in Spanien nicht einmal zu Magistraten berufen würden. Ihr aber betraut sie mit einer neuen Welt, ohne Leitfaden und ohne Vorbereitung.« Die Schlusswendung war bitter: »Was erwarten Eure Majestät, dass hier geschieht, 3000 Meilen entfernt? Alles wird zusammenbrechen, wenn sie sich an Dingen versuchen, von denen sie nichts wissen.«83 Karl war mit diesen strukturellen Problemen vertraut. Frustriert wegen seiner eigenen Unfähigkeit, auf Petitionen von Siedlern in Kuba effektiv zu reagieren, »weil wir keine Informationen oder vollständige Daten über die Siedlungen und ihre Bevölkerung haben«, unterzeichnete er einen Erlass, der forderte: »Ich will über die Häuser, Güter, Erträge und andere Dinge, die wir auf der Insel besitzen, informiert werden.« Der Statthalter erhielt entsprechende Anweisung: »Sobald Ihr dies hier erhaltet, müsst Ihr ein detailliertes Verzeichnis von allem erstellen.« Ein Jahrzehnt später beauftragte er Mendoza, »uns ständig über alles zu informieren, was Ihr seht und tut … in den Gebieten, wo wir nicht residieren«. Der neue Vizekönig sollte zudem »eine Zeichnung oder ein Gemälde der wichtigsten Städte und Häfen« anfertigen lassen, »wodurch ich über Lage und Höhe einer jeden Siedlung und über die Entfernungen zwischen den Siedlungen Kenntnis erlange«, und das Ergebnis dieser Bemühungen nach Spanien senden.84 Karl führte auch Neuerungen bei der weiteren »Informationsverarbeitung« ein. Als er mit dem Indienrat 1626 in Sevilla residierte, gab er bei einem Besuch der dortigen Handelskammer Weisung, die planlose Sammlung von Karten und Dokumenten neu zu organisieren und eine systematische Sammlung geografischer Daten anzulegen, und zwar »in Schrift und Bild, wie es Euch am geeignetsten erscheint, wobei Ihr eine jede Person konsultieren sollt, die Wissen und Erfahrung in der Navigation besitzt«. Auch sollten die Beamten sicherstellen, dass alle Steuerleute, die den Atlantik überqueren, »einen täglichen Bericht von ihrer Reise anfertigen, beginnend in dem Hafen oder Ort, wo die Reise beginnt, und endend, wenn sie nach Sevilla zurückkehren … Sie müssen die Entfernung notieren, die sie jeden Tag zurücklegen, den Kompasskurs und die Breite aller Länder, auf die sie treffen.« Arndt Brendecke schrieb dazu: »Es scheint, als wurden alle Daten in einem einzigen Buch gesammelt, das Informationen von mehr als 150 Steuerleuten enthielt.«85

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Die aus diesen Maßnahmen resultierende Informationsflut bildete wiederum die Grundlage für einen wahren Strom an Gesetzen, mit denen Karl Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung der Neuen Welt regulieren wollte: »Um den Wohlstand von Hispaniola zu mehren, befehlen wir, dass afrikanische Sklaven, die heiraten, sowie ihre Kinder nicht freigelassen werden sollen« (1526); »Falls nötig, sollen in Santo Domingo Bordelle eingerichtet werden« (1526); in den neuen Prägestätten von Mexiko und San Domingo geschlagene Münzen mussten alle »auf der einen Seite Burgen, Löwen und Granatäpfel« zeigen – die Embleme von Kastilien, León und Granada – »und auf der anderen Seite zwei Säulen und ein Spruchband mit der Aufschrift ›Plus ultra‹, was mein königliches Emblem ist« (1544); und so weiter. Als Karl 1556 abdankte, hatte er mehr als tausend Gesetzgebungsakte für seine Besitzungen in der westlichen Hemisphäre erlassen (verglichen mit 700 für Spanien). Einige erwiesen sich als kurzlebig oder wurden später aufgehoben, aber immerhin noch fünfzehn Prozent der Gesetze, die im 1680 gedruckten Gesetzeskodex für Spanisch-Amerika verzeichnet waren, waren von Karl erlassen worden.86 Der Kaiser unterzeichnete auch Tausende Verfügungen für Einzelfälle. 1536 erfuhr er, dass in Nicaragua ein Spanier eine Frau vergewaltigt und sie dann getötet hatte, indem er ihr Haus niederbrannte. Zwar war der Provinzstatthalter »rechtlich gegen ihn vorgegangen, doch habt Ihr ihn nur zu einer Strafzahlung von fünf Pesos verurteilt« – was angesichts der Schwere des Verbrechens völlig unangemessen war. Daher wies Karl den Statthalter an, den Fall neu zu verhandeln. Danach sollte er »einen Bericht über die verhängte Strafe an unseren Rat der westindischen Länder« schicken.87 Zwei Jahre zuvor hatte er die Zahlung von tausend Dukaten autorisiert, mit welchem Geld ein Prototyp des zukünftigen Panamakanals gebaut werden sollte. Das war die Reaktion auf einen Bericht seiner Beamten am Isthmus über »die Nützlichkeit, die Schifffahrt auf dem Fluss Chagre zu verbessern«, und die Notwendigkeit, den Transport von Panama nach Nombre de Dios zu erleichtern.88 Zugleich ist es ein Lehrbuchbeispiel für »sub-imperialism« – eine Antwort auf Initiativen, die von Beamten an der Peripherie des Reichs längst ergriffen waren und der Krone erst hinterher zwecks Billigung übermittelt werden. Ein weiteres bezeichnendes Beispiel stammt aus dem Jahr 1550, als Karl vom Indienrat eine consulta erhielt, die einen Bericht von Vizekönig Mendoza (der aufgrund seiner langjährigen Dienste für höchst vertrauenswürdig galt) übermittelte. In diesem Bericht erinnerte Mendoza an seine bisherigen Gesuche, in Neuspanien eine Universität zu gründen, »in der alle Wissensgebiete gelehrt werden und wo die indigene Bevölkerung wie auch die Kinder der spanischen Siedler gebildet werden können«. Mendoza hatte jetzt »Personen benannt, um den Unterricht in allen Fakultäten beginnen zu lassen, in der Hoffnung, dass Eure Majestät erfreut sein wird, eine Universität

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zu gründen und zu fördern«. Bei der Verfassung der neuen Universität sollten die Universitäten von Salamanca und Alcalá zum Vorbild dienen. Der Rat vermerkte, dass der Klerus vor Ort der neuen Einrichtung sehr gewogen war, und empfahl daher, dass Karl jährliche Hilfsgelder von 1000 Goldpesos zur Verfügung stelle. Das kaiserliche Reskript lautete: »Es sieht so aus, als sollten wir tun, was der Rat empfohlen hat.« Im September 1551 ermächtigte eine königliche Verfügung die Schatzbeamten in Mexiko, der neuen Universität 1000 Goldpesos pro Jahr zukommen zu lassen. Der Lehrbetrieb wurde 1553 aufgenommen, und seither ist die Universität in Betrieb.89 Karl hatte in Amerika bereits eine andere Universität gegründet, ebenfalls als Reaktion auf drängende Anfragen aus der Peripherie des Reichs. 1548 hatten die Dominikaner von Peru, der neuen Provinz des Ordens, um eine Universität nachgesucht, die ihrem Kloster in Lima angeschlossen sein sollte. Sie beauftragten ihren Provinzial, für die kaiserliche Zustimmung zu sorgen. Er wandte sich zunächst an den Stadtrat von Lima, der ihm einen seiner Prokuratoren zur Verfügung stellte (als zweiter fungierte schließlich La Gasca), um den Kaiser zu bereden, dass er eine »Hochschule mit denselben Privilegien, Exemtionen und derselben Verfassung wie die Universität von Salamanca« gründen möge, weil »diese Regionen von Spanien so weit entfernt sind, dass die hiesigen Einwohner große Kosten tragen müssten, wollten sie ihre Söhne zum Studium nach Spanien schicken, weshalb manche mangels Gelegenheit unwissend bleiben würden«. Karl hörte sich persönlich an, was die beiden Abgesandten vorzutragen hatten, und bestimmte dann, dass »3000 Goldpesos aus dem königlichen Schatz für den Unterhalt« der neuen Hochschule angewiesen werden sollten. Auch die Universität von Lima (jetzt: Universidad Nacional Mayor de San Marcos) bildet noch heute Studenten aus.90

Hat sich Karl wirklich um Amerika gekümmert? Es wäre leicht, zu behaupten, dass Karl an diesen und anderen Initiativen für seine amerikanischen Besitzungen keinen großen Anteil hatte, besonders hinsichtlich jener gesetzgeberischen Akte, die er nicht einmal selbst unterzeichnete. So wurden die Urkunden zur Gründung und finanziellen Ausstattung der Universitäten von Lima und Mexiko 1551 ausgefertigt, als der Kaiser sich in Augsburg aufhielt; die eigentlichen Erlasse wurden von seinem Regenten in Valladolid unterzeichnet.91 Doch benötigten diese und ähnliche Maßnahmen die kaiserliche Zustimmung, und einige wurden im Vorfeld höchst sorgfältig geprüft. Zum Beispiel erreichte der Bericht, in dem Antonio de Mendoza Karl beschuldigte, die amerikanischen Angelegenheiten inkonsequent und inkompetent zu hand-

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haben, den Kaiser in Innsbruck im März 1552. »Ich hörte genau zu, als er verlesen wurde«, teilte er seinem Sohn mit, denn er enthalte »wichtige Punkte, die sorgfältiger Überlegung bedürfen«. Er ordnete an, dass alle von Mendoza angeführten Probleme »erörtert und erwogen werden, damit ich im vollständigen Besitz aller Fakten bin, wenn ich meine Entscheidung fälle«.92 Einige Beamten beklagten sich, dass der Kaiser zu häufig in die amerikanischen Angelegenheiten eingreife und, indem er seinen Sinn und damit zugleich die Politik ändere, unnötige Störungen hervorrufe. »Seine Majestät und sein Rat und die Ordensbrüder«, protestierte Mendoza, »verschwenden viel Zeit und Papier und Tinte mit ihrem Hin und Her, mit einander widersprechenden Bewilligungen und mit der täglichen Änderung des Regierungssystems.«93 Beispiele für derartige Inkonsequenz gibt es mehr als genug. So erklärte der Kaiser 1535 feierlich, und bekräftigte es 1541 und 1542, dass »weder wir noch unsere Erben … die Stadt Tlaxcala und ihr Territorium jemals aus dem Besitz unserer Krone entlassen werden«. Aber er brach dieses Versprechen bei mehreren Gelegenheiten, indem er innerhalb der Provinz Landverleihungen an Spanier vornahm, und obwohl die Vizekönige die Proteste der Tlaxcalaner unterstützten, wurden solche Bewilligungen nur selten rückgängig gemacht.94 Ähnlich ging es mit den Neuen Gesetzen, die 1542 erlassen und 1546 teilweise aufgehoben wurden. Karls Anweisungen für Luis de Velasco als Vizekönig von Mexiko aus dem Jahr 1550 legten ihm wiederum nahe, »alles zu beachten, was die Neuen Gesetze vorschreiben, die wir für das rechte Regieren in Amerika erlassen haben«  – doch sollte Velasco, wie schon sein Vorgänger viele Berechtigungen erteilen, die den Söhnen der ersten Konquistadoren erlaubten, von Cortés zugewiesene Encomiendas zu erben, was in klarem Widerspruch zu den Bestimmungen der Neuen Gesetze stand.95 Solche Vorgänge blieben allerdings die Ausnahme: Karl weigerte sich entschieden, Encomiendas »auf immer und ewig« zuzuweisen. Zwar bat er 1553 Prinz Philipp, darüber nachzudenken, »inwiefern sich Geld aus den Encomiendas von Amerika herausholen lässt. Das ist mir immer vielschichtig und schwierig erschienen, weil es so viele widerstreitende Ansichten gibt.« Sein Sohn berief daraufhin eine Kommission von Theologen, um die Angelegenheit zu erörtern. Doch als er dem Vater berichtete, dass die Mitglieder im Verkauf von Titeln mit unbegrenzter Dauer »das einzig wirksame Mittel für die Bewahrung und Befriedung jener Länder« sahen, lehnte Karl das Ansinnen brüsk ab: »Wie Ihr wisst, habe ich diese Maßnahme nie gemocht und immer danach getrachtet, sie zu vermeiden.« Da müsse Philipp schon warten, bis er selbst die Herrschaft über Kastilien und die amerikanischen Kolonien antrete – dann »könnt Ihr machen, was Ihr wollt, und die entsprechenden Anordnungen unterschreiben, weil dann alles Euch gehört und ich meine Skrupel nicht bezwingen muss«.96

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Was aber meinte Karl mit »meine Skrupel«? Ein Gedankenaustausch zwischen Las Casas und Domingo de Soto von 1549 wirft etwas Licht auf die Sache. Las Casas fragte sich, warum der Kaiser so wenig dafür getan habe, in den Kolonien eine gute Regierungspraxis zu etablieren. De Soto, damals Karls Beichtvater, räumte ein, dass ihr Herr und Gebieter zu handeln versäumt habe, aber zum Teil auch deswegen, weil »es schwerfällt, die Angelegenheiten in Amerika in Ordnung zu bringen, weil die Entfernung so groß ist, und besonders, weil diejenigen, die von dort kommen, so Unterschiedliches erzählen, dass man nicht weiß, wem man glauben soll«. Las Casas teilte diese Ansicht und fügte hinzu, dass einerseits Amerika weit entfernt sei, und andererseits der Kaiser »von vielen unterschiedlichen Dingen in Anspruch genommen wird, die ihm viel näher sind«. Eine Lösung zu finden, »bedürfte es der geistigen und körperlichen Kräfte nicht nur eines Mannes, sondern vieler Männer«.97 Dieser Vorschlag zeitigte offenkundig Ergebnisse: Bald danach rief Karl eine Kommission zusammen, »um die geeignetsten Methoden für die Eroberung, Entdeckung und Besiedlung« von Amerika zu erörtern und »den wahren Status der dortigen Untertanen Seiner Majestät zu untersuchen, ohne sein königliches Gewissen in Gefahr zu bringen«. Die Kommission trat in Valladolid (Spaniens Verwaltungshauptstadt) zusammen; es nahmen neun Minister aus den zentralen Ratsgremien daran teil, dazu zwei Bischöfe und vier Theologen (inklusive Domingo de Soto). Im Verlauf von mehreren Wochen hörten und erörterten sie Vorträge von Las Casas und dem Humanisten Juan Ginés de Sepúlveda. Einige Mitglieder der Kommission kannten sich mit Amerika aus, sei es direkt (wie La Gasca und Tello de Sandoval) oder indirekt (der Marqués de Mondéjar, der den Vorsitz führte, war der Bruder von Vizekönig Mendoza, und Soto war an der Auswahl von Missionaren beteiligt gewesen). Im Endeffekt rieten sie Karl, dass die Aneignung weiterer Territorien und Untertanen in Amerika durch direkte Eroberung »das Gewissen Seiner Majestät gefährden« würde, denn »bei diesen Eroberungen werden viele Schäden angerichtet und Sünden begangen«. Las Casas veröffentlichte nun die von ihm vorgetragenen Argumente unter dem Titel Brevísima relación de la destrucción de las Indias occidentales (»Kurzgefasster Bericht von der Verwüstung der westindischen Länder«). Das Bändchen war Prinz Philipp gewidmet in der Hoffnung, er könne »mit besserer Wirksamkeit Seine Majestät davon überzeugen«, zukünftige Gesuche um Fortsetzung missbräuchlicher Praktiken wie der Zuweisung von Encomiendas abzulehnen.98 Karl war schon darauf vorbereitet, die Botschaft zu vernehmen. 1522 legte Jean Glapion sein Amt als Beichtvater nieder, nachdem er vom Papst die Erlaubnis erbeten und erhalten hatte, Missionar in Amerika zu werden. Loaysa, sein Nachfolger, wurde Präsident des Indienrats und blieb es bis zu seinem Tod im Jahr 1546. Auch de Soto hatte die Absicht, als Missionar nach Amerika zu gehen,

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13  Die Zähmung Amerikas

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wurde dann aber Karls Beichtvater und spielte später eine führende Rolle bei den Beratungen der Kommission für amerikanische Angelegenheiten in Valladolid 1550/51.99 Kein Wunder, dass Karl in einigen Dekreten für Amerika behauptete, er habe sie »zur Entlastung unseres königlichen Gewissens« erlassen. Um zwei Beispiele von vielen anzuführen: Die Präambel seiner Anordnungen von 1528 »betreffend die Behandlung von eingeborenen Einwohnern« führte aus, dass die gegenwärtigen Praktiken »ein Vergehen gegen Gott« und ebenso »eine schwere Last für unser königliches Gewissen« seien. Und im Jahr darauf wies er den Indienrat an, »zur Entlastung unseres königlichen Gewissens und zur Bewahrung von Neuspanien« eine geeignete Gesetzgebung vorzuschlagen.100 Karls Minister und Untertanen verstanden es schon bald, seine Skrupel nicht nur zu respektieren, sondern auch auszunutzen. 1530 kleidete ein von Cortés nach Spanien entsandter Sachwalter sein Gesuch in einen Appell an »das königliche Gewissen Eurer Majestät«. Im folgenden Jahr erklärten die Richter der Audiencia von Mexiko, dass die Aussendung weiterer Missionare von wesentlicher Bedeutung für »das Wohl Eures königlichen Gewissens« sei, und 1533 versicherte Cortés, dass »eine Aufteilung des gesamten Staats« zwischen »seinen Eroberern und ersten Siedlern von wesentlicher Bedeutung nicht nur für seine Bewahrung, sondern auch für das königliche Gewissen Eurer Majestät ist«.101 In einem Brief von 1549 an die Magistrate von Arica, einer peruanischen Stadt, die – ungeachtet der Neuen Gesetze – weiterhin indigene Einwohner zur Zwangsarbeit in die Silberminen von Potosí schickte, machte La Gasca ausgezeichneten Gebrauch von dem Gewissensargument. Wie er betonte, war jene Klausel, die es verbot, »eingeborene Einwohner in die Minen zu schicken«, ja nicht aufgehoben worden. Er sah auch keinen Anlass, dies zu ändern, denn »als Seiner Majestät zu Ohren kam, wie all die eingeborenen Einwohner von Hispaniola, Kuba und anderen [karibischen] Inseln gestorben waren, weil man sie in die Minen geschickt hatte, gewann er die Überzeugung, dass er zur Hölle fahren werde, wenn er erlaube, dass damit fortgefahren würde. Daher wird er dem niemals zustimmen.« La Gasca warnte: »Die eingeborenen Einwohner in 250 Meilen entfernte Minen zu schicken, ist eine Sache, die nicht ohne große Kränkung Gottes und des empfindlichen Gewissen Seiner Majestät zu verbergen ist, und es riskiert, seinen Zorn hervorzurufen.«102 Die Praxis muss daher umgehend eingestellt werden. La Gascas Rhetorik war kein Einzelfall. »Im Dienste Gottes und Seiner Majestät« wurde eine häufig genutzte Wendung, um Karls Vision göttlicher Fügung zu rechtfertigen. Seine Beamten bejubelten etwa das von Atahualpa gezahlte Lösegeld als ein Geschenk Gottes, das den Kaiser in die Lage versetze, »Krieg zu führen gegen die Türken, die Lutheraner und andere Feinde des Glaubens«. Ganz entsprechend beschrieb die erste Flugschrift, die in Spanien über

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die Befriedung Perus veröffentlicht wurde, die Gräueltaten, die »dieser Lutheraner, Gonzalo Pizarro«, begangen habe, »der vor den religiösen Angelegenheiten und Glaubensfragen so wenig Respekt hatte wie vor den Angelegenheiten des Königs«. Obwohl es keinen Beweis dafür gibt, dass Pizarro oder irgendeiner seiner Gefolgsleute Sympathien für den Protestantismus hegten, passte es ausgezeichnet zu Karls Vision, ihn als Häretiker zu brandmarken. Um seines »empfindlichen Gewissens« willen wie auch aus materiellen und ideologischen Gründen konnte der Kaiser die Neue Welt einfach nicht ignorieren.103

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Porträt des Kaisers in seinen besten Jahren Der polyglotte Kaiser Es gab einmal, so erinnerte sich 1557 ein venezianischer Botschafter, eine Zeit, in der »Karl von allen oder fast allen Leuten für dumm und faul gehalten wurde, aber dann, plötzlich und unerwartet, wachte er auf und wurde verständig, engagiert und beherzt«. Ein paar Jahre später bemerkte ein altgedienter Minister: »Die Habsburger sind Spätentwickler, wie wir es beim verstorbenen Kaiser gesehen haben.«1 Die spektakulärste späte Entwicklung betraf seine Fremdsprachenkenntnisse. Als er 1517 in Spanien eintraf, waren seine neuen Untertanen entsetzt darüber, dass er nur Französisch sprach und verstand, doch binnen eines Jahres sprach er fließend Kastilisch. 1536 hielt er, nur auf Notizen gestützt, eine Rede auf Spanisch, die über eine Stunde dauerte, und sieben Jahre später füllte er 48 große Folioseiten mit ausführlichen vertraulichen Ratschlägen auf Spanisch für seinen Sohn. Obwohl er dabei ein paar grammatische Fehler machte und zuweilen französische und italienische Lehnwörter und Phrasen benutzte, war der Sinn durchweg klar verständlich.2 Die Fähigkeit des Kaisers, sich auf Italienisch zu verständigen, nahm einen ähnlichen Verlauf. Als er 1529 zum ersten Mal nach Italien kam und ihm Willkommensgeschenke überreicht wurden, »war er nicht in der Lage, den Gebern angemessen zu danken, sodass einer seiner italienischen Höflinge es für ihn tun musste«. Doch acht Jahre später berichtete ein italienischer Botschafter, dass »Seine Majestät mir immer auf Italienisch antwortete, und er versicherte sich stets, dass ich alles verstand, was er sagte«. Die Geläufigkeit, mit der er Italienisch sprach, kam ihm auch im Alter nicht abhanden. Bei einer Audienz mit einem englischen Botschafter »war Seine Majestät zu Beginn heiser«, und der Botschafter »konnte ihn nicht gut verstehen, bis es Seiner Majestät gefiel, Italienisch zu sprechen, und weil er bereitwilliger Italienisch sprach, als er fähig war, die Stimme zu erheben«, wurde der Rest der Audienz in italienischer Sprache geführt.3 Auch Karls Beherrschung des Deutschen verbesserte sich. Bei seiner Krönung in Aachen 1520 hielt ein Botschafter fest, dass Karl einen Dolmetscher benötigte, »weil er noch kein Deutsch kann«; aber schon als er ein paar Wochen später den Reichstag zu Worms eröffnete, »sprach der Kaiser einige kurze Worte auf Deutsch«. Als ihn der polnische Gesandte Jan Dantiszek 1525 bei einer Audienz auf Deutsch ansprach, antwortete Karl allerdings »lächelnd und leicht errötend: ›Ich weiß nicht, wie ich Euch antworten soll: Wenn ich Spanisch spreche, versteht Ihr vielleicht nicht alles, und Deutsch spreche ich selbst nicht fließend.‹« Dantiszek entgegnete unterwürfig: »›Eure Majestät kann [sehr gut] auf Deutsch sagen, was immer ihr beliebt.‹ Danach

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schaute er [d. i. Karl] sich um, ob der Kanzler [Gattinara] zugegen sei, da er es aber nicht war, antwortete er mir wie folgt auf Deutsch – ich habe seine genauen Worte aufgezeichnet, so gut ich mich daran erinnerte …« Dann notierte Dantiszek fast hundert deutsche Wörter eigenwillig, aber durchaus verständlich.4 Als Karl auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 den Vorsitz führte, hielt er seine Ansprachen auf Deutsch, und 1543 auf dem Reichstag zu Speyer antwortete er bei allen Debatten »auf Deutsch«.5 Zu diesem Zeitpunkt, wenn nicht schon früher, sprach und verstand Karl auch Holländisch – vielleicht, weil er sich schon als Junge gewisse Kenntnisse angeeignet hatte, vielleicht auch, weil »er eine Art von Deutsch sprach, die von seinem ›Flämisch‹ kaum zu unterscheiden war«.6 Schließlich beherrschte Karl auch das Lateinische. 1526 berichtete der englische Botschafter, dass der Kaiser »mir nur eine Audienz gewährt, wenn Gattinara zugegen ist, denn er versteht zwar Latein, antwortet aber ungern in dieser Sprache«. Drei Jahre später bei seiner Ankunft in Italien beklagte sich Karl, dass er bei mancher Begegnung lateinische Lobreden zu hören bekam, deren »Rhetorik und elegante Wendungen« er nicht verstand. Er fügte reuevoll hinzu: »Hätte ich auf meinen bewundernswerten Lehrer Adrian [von Utrecht] gehört, bräuchte ich jetzt keinen Dolmetscher, um zu verstehen, was Ihr eben gesagt habt.« 1540 gab er nach Lektüre eines wichtigen Dokuments die gleiche Entschuldigung: »Ich verstand nicht recht, weil es in Latein geschrieben war.« Drei Jahre später ließ er seinen Sohn wissen: »Nichts könnte notwendiger oder universeller sein als die lateinische Sprache. Darum ermutige ich Euch mit Nachdruck, hart zu arbeiten, das Lateinische zu lernen, damit Ihr später keine Angst davor habt, es zu sprechen.« Seinem eigenen Rat folgte er erst während der Belagerung von Metz 1552, als sein Kammerherr, Guillaume van Male, ihm Latein mittels der Vulgata beibrachte – mit dem Ergebnis, dass »der Kaiser bisweilen damit prahlt«.7 Viele Zeitgenossen lobten Karls Sprachtalent. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 bemerkte ein Diplomat anerkennend: »Der Kaiser und sein Bruder sprechen sehr gut, sie antworten fast umgehend und in vielen Sprachen« – er zählte Holländisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch auf –, »sodass es eine Freude ist, sie zwischen verschiedenen Sprachen hin- und herwechseln zu hören.« Zwei Jahre später bewunderten andere Diplomaten, dass der Kaiser »neben Italienisch noch vier andere Sprachen beherrschte – Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Deutsch (wobei er Letzteres schwierig findet)«.8 Und der Kaiser selbst erzählte gern diese scherzhafte Anekdote: »Wenn ich mit Gott rede, pflegte Kaiser Karl V. zu sagen, tue ich es auf Spanisch, weil die Sprache der Spanier mit Ernsthaftigkeit und Majestät auftritt; rede ich mit Freunden, dann auf Italienisch, weil die Sprache der Italiener freundlich klingt;

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will ich verführen, spreche ich Französisch, weil keine Sprache verführerischer klingt; aber wenn ich drohen oder schelten will, spreche ich Deutsch, weil die ganze Sprache bedrohlich, barsch und eindringlich ist.«9

Wie erlangte Karl diese Vielsprachigkeit? Seine formelle Erziehung und Unterrichtung endete, als Adrian von Utrecht 1515 nach Spanien ging. Weitere Lehrer scheint er nicht verpflichtet zu haben, doch wollte man eine Fremdsprache fließend sprechen lernen, brauchte man auch damals schon Hingabe, Wiederholung und Selbstvertrauen.10 Vielleicht bietet der Nachdruck, mit dem er darauf bestand, dass Philipp so viel Latein beherrschen müsse, damit »du später keine Angst davor hast, es zu sprechen«, einen Hinweis. Dantiszeks Bericht beweist, dass der Kaiser, falls nötig auch in der Öffentlichkeit, willens war, zu üben, um sich in einer Sprache zu verbessern. Ein Brief des Humanisten und Diplomaten Girolamo Aleandro von 1531 enthält einen weiteren Hinweis: Der Kaiser war von Sprachen fasziniert. Eines Abends hatte Aleandro sich gerade »neben einer Lampe an einem Tisch« niedergelassen, »um ein Memorandum zu lesen, das ich [auf Hebräisch] geschrieben hatte, als der Kaiser zufällig vorbeikam« und »mich fragte, was das für ein Schreiben sei«. Als Aleandro es ihm sagte, rezitierte Karl »die ersten zwei Verse der Bibel auf Lateinisch und fragte mich, ob ich das auch auf Hebräisch könne. Ich tat es, und Seine Majestät konnte ihre Freude nicht verbergen.« Er bat daraufhin Aleandro, die Verse auch auf Griechisch zu rezitieren, was dieser wiederum tat, und »dann fragte er, ob ich Griechisch schreiben könne, und als ich ihm die Rückseite des Memorandums zeigte, die in griechischer Schrift geschrieben war, sagte er: ›Das ist großartig, etwas ganz Schönes und Wunderbares.‹« Der Gesandte registrierte hocherfreut, »wie viel Gefallen Seine Majestät an der Vielfalt der Sprachen hatte«, und spekulierte, dass er es »von seinem Großvater Maximilian geerbt hatte« (was durchaus plausibel ist).11 Als Erwachsener versuchte Karl auch, sich eine andere Disziplin anzueignen, die in seiner Bildung bisher gefehlt hatte: die Mathematik. Ein Biograf Francisco de Borjas (eines engen Vertrauten des Kaisers, der später heiliggesprochen wurde) berichtet, Karl habe bei seiner Rückkehr nach Spanien 1533 »der Last der Regierungsgeschäfte für ein paar Stunden entfliehen wollen, indem er sich dem Studium der Mathematik widmete«. Da er sich aber bei der Aussicht, »direkt von den Kosmografen zu lernen, etwas verlegen fühlte«, fragte er Borja, »ob er etwas von dieser Disziplin verstehe«. Als der bekannte, dass das nicht der Fall sei, schickte Karl ihn zu den Experten, damit er sie zurate zöge, woraufhin wiederum Borja »zum besseren Verständnis des Kaisers weitergab, was er von dem berühmten Kosmografen Alonso de Santa Cruz und von anderen Mathematikern im

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Dienste des Kaisers erfahren hatte, sodass sie in kaum mehr als sechs Monaten die nützlichsten Grundlagen der Disziplin durchdringen konnten. Sie meisterten die Elemente des Euklid, die Spekulationen des Theodosius, des Apollonius etc. …«12

Bald schon verbreitete sich die Kenntnis von der mathematischen Beschlagenheit des Kaisers. 1543 drängte ein Nürnberger Agent des Handelshauses der Fugger – »weil ich weiß, dass Eure Majestät die Mathematik liebt« – den bekannten Astronomen Peter Apian, ein besonderes Instrument zur Berechnung der Breitengrade zu perfektionieren, das Karl zwei Jahre zuvor in Auftrag gegeben hatte. Er schickte Karl auch ein neues Buch mit einer »erstaunlichen Theorie, die nie zuvor gesehen oder gehört oder auch nur in Gedanken gefasst worden ist: dass die Sonne der Mittelpunkt des Universums ist und keine Umlaufbahn besitzt, was doch alle vorherigen Autoren versichert haben«. Es handelte sich um Nikolaus Kopernikus’ De revolutionibus orbium coelestium.13

Wie gefährlich es ist, das erste Weltreich zu regieren Einige Zeitgenossen beklagten sich darüber, dass des Kaisers Begeisterung für die Mathematik ihn von dringenden Amtsgeschäften abhalte. Ein paar Jahre nach Karls Tod vertraute Ferdinand seinem Arzt an, dass er den Bruder in dieser Hinsicht für »etwas nachlässig« gehalten habe: »Ich fragte ihn mehr als einmal: ›Warum liest Eure Majestät nicht die Petitionen und Dokumente Eurer Untertanen, statt so viel Zeit und freie Augenblicke mit Büchern über Mathematik zu verbringen?‹ Als Antwort lachte er nur und sagte: ›Abends bin ich erschöpft und ausgelaugt vor Sorgen, und da ist es mir nicht mehr möglich, mich mit Amtsgeschäften zu befassen.‹«14

Nichtsdestotrotz befasste sich Karl persönlich mit gewaltigen Mengen an Amtsgeschäften, sogar auf Reisen. 1541 berichtete ein Diplomat überrascht: »Heute habe ich hier eine für seine Majestät gebaute Kammer ganz aus Holz gesehen, die ein Bett, einen Schreibtisch und einen kleinen Sitzplatz enthält. Sie kann abgebaut und in Kisten verpackt werden, die dann von Maultieren transportiert werden.« Karl blieb auch dabei, die besonders heiklen Angelegenheiten in eigenhändig geschriebenen Briefen abzuhandeln. Zweimal wollte er freilich selbst in solchen Fällen nicht zur Feder greifen, wie er Los Cobos einmal entschuldigend mitteilte: »Ich hatte diesen Brief mit eigener Hand verfasst, dann aber ein Tintenfass darüber ausgegossen. Jetzt habe ich keine Lust, den Brief noch ein-

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mal zu schreiben, und habe [Francisco de] Eraso gebeten, ihn zu chiffrieren.«15 Ebenso sorgte er weiterhin dafür, dass er eine Sache gründlich verstand, bevor er eine Entscheidung traf. Ein venezianischer Botschafter bemerkte, dass sich der Kaiser für gewöhnlich »Rat von allen Seiten holte und über jeden Aspekt eines Amtsgeschäfts vier bis fünf Stunden lang sprach, wobei er auf einem Stuhl saß. Dann schrieb er die Gründe nieder, die dafür und die dagegen sprachen, um zu erkennen, was besser war.«16 Im Juni 1546, als der Papst seiner Enttäuschung darüber Ausdruck verlieh, dass der Kaiser den Krieg gegen die deutschen Lutheraner hinauszögerte, erklärte ein erfahrener Diplomat: »Der Gründe dafür, dass Seine Majestät die Sache hinausschiebt, gibt es viele und vielfältige (molte e diverse), der Hauptgrund aber ist, dass er ein solch großes Unterfangen in Deutschland nicht beginnen möchte, ohne zuvor einige der Fürsten dazu gehört zu haben.« Drei Monate später zeigte Karl dieselbe Klugheit in praktischen Angelegenheiten. Der venezianische Botschafter im kaiserlichen Lager berichtete: »Gestern Abend beriet sich Seine Majestät mit dem Kriegsrat bis nach Mitternacht und heute erneut bis zum Mittag; sie erörterten, was zu tun sei«17 (siehe Abb. 26). Da Karl erkannte, dass seine Minister versuchen könnten, ihn zu hintergehen, sorgte er für bestimmte administrative Verfahrensweisen, um gegenzusteuern. Ferrante Gonzaga, der am Kaiserhof groß geworden war und später Vizekönig von Sizilien, Statthalter von Mailand und Befehlshaber des kaiserlichen Heeres wurde, sagte einmal zu Karl, er verbringe zu viel Zeit damit, den Kritikern seiner Minister zuzuhören. »Seine Majestät entgegnete, er habe niemals etwas geglaubt und glaube auch weiterhin nichts, was gegen mich gesagt wurde, aber er wolle eben jedermann anhören, der ihn zu sprechen wünsche« – was, wie Gonzaga bitter anmerkte, »für mich klang wie ›jedermann, der schlecht über mich zu sprechen wünsche‹.« Er gab seinem Agenten bei Hof Natale Musi, daher Order, gegen die ständige Lästerei zu protestieren, aber einer von Karls engen politischen Beratern hielt dagegen: »Wir haben uns immer alle Arten von Beschwerden gegen alle Minister angehört. Das zu verweigern, wäre Tyrannei vonseiten Seiner Majestät und ein Affront gegen menschliches und göttliches Recht.« Als Musi vorschlug, Karl solle »jeden bestrafen, der einen Minister fälschlicherweise beschuldigt«, antwortete sein Gesprächspartner: »Das wäre ganz falsch, denn solch eine Bestrafung würde alle anderen, die eine zutreffende Beschwerde gegen den besagten Minister vorbringen wollen, abschrecken und entmutigen.«18 Tizians berühmtes Porträt des Kaisers von 1548, als er in Augsburg weilte, hat diese Eigenschaft auf brillante Weise verbildlicht: Karls »Adleraugen« (wie Zeitgenossen seinen Blick schilderten) blicken den Betrachter kalt und abschätzend an, suchen nach Anzeichen von Doppelzüngigkeit oder Täuschung (siehe Abb. 27).

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Der Kaiser suchte weiterhin in öffentlichen wie privaten Angelegenheiten den Rat und Beistand seines Beichtvaters – auch wenn er nicht immer schätzte oder akzeptierte, was er zu hören bekam. Einmal beklagte er sich bei einem Vertrauten, dass Pedro de Soto, sein Beichtvater von 1543 bis 1547, ihm eröffnet habe, »er wisse nicht, wie [der Kaiser] errettet werden könne, und zweifle stark an seiner Erlösung. Seine Majestät war durch des Beichtvaters Mangel an Zutrauen sehr verletzt.« Diese Auseinandersetzung fand wohl statt, als Karl de Sotos Rat zu einer strengeren Durchsetzung des Interims zurückwies, was zum Rücktritt des Beichtvaters führte. Zwar bot ihm der Kaiser ein Bistum oder wenigstens eine Pension an, wenn er zurückkehrte, doch de Soto lehnte ab und schickte stattdessen die Mahnung, »dass Seine Majestät sich an den spirituellen Rat erinnern sollte, den er ihm erteilt hatte«.19 Vielleicht handelte Karl ja verspätet gemäß de Sotos unangenehmen Ratschlägen, als er 1550 seinen Regenten in Spanien erklärte: »Häufig bin ich von meinen Beichtvätern gedrängt worden, in all meinen Königreichen und Herrschaften das Kredit- und Zinswesen zu verbieten, was mir als Last auf dem Gewissen liegt.« Er fuhr fort: »Mehr als jeder andere möchte ich mich dieses Problems annehmen, wenn dies irgend möglich ist, um diese Skrupel zu besänftigen und den Schaden zu vermeiden« – nämlich den von hohen Zinsraten verursachten Schaden für seine Finanzen. Andererseits war Karl besorgt, dass er seines Kredits verlustig gehen würde, wenn er Zinszahlungen verweigerte. Und dennoch: »Da wir wissen, dass all diese Dinge (und andere, die benannt werden könnten) aufhören müssen, wenn die Sicherheit und Unbeschadetheit des eigenen Gewissens auf dem Spiel steht«, beauftragte er seine Minister, die möglichen Auswirkungen einseitigen Handelns abzuschätzen.20 Mittlerweile hatte Karl einen weiteren Beichtvater verloren, der ebenfalls Domingo de Soto hieß (aber mit seinem namensgleichen Vorgänger nicht verwandt war). Einem spanischen Chronisten antwortete de Soto auf die Frage, warum er nach Spanien zurückgekehrt sei, dass der Kaiser die »armen Petenten« an seinem Hof vernachlässige und den Verkauf verschiedener Privilegien als Geldquelle nutze, ohne auf die Eignung des Käufers zu achten (ob es sich um öffentliche Ämter, die Aufnahme in einen Ritterorden oder Exemtionen von seinen eigenen Gesetzen handelte). Gerüchte über de Sotos Unzufriedenheit drangen offensichtlich an Karls Ohren, denn sechs Monate später beteuerte der ehemalige Beichtvater: »Ich habe zu keiner lebenden Seele über die Gründe für meine Rückkehr gesprochen«, sondern im Gegenteil: »Ich habe in Bezug auf Eure Majestät völliges Stillschweigen bewahrt.« Er dankte Karl dafür, dass dieser ihm »jenen Teil des königlichen Gewissens, das Eurer Majestät mit mir zu teilen gefallen hat«, anvertraut habe – eine höchst interessante Formulierung. Seit der Rückkehr nach Spanien, fügte er hinzu, »habe ich Karl entlastet und die

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Schuld auf mich genommen, indem ich sagte, dass ich Euch einen Rat bezüglich bestimmter Dinge gegeben habe, den Ihr nach vielem Nachdenken und Beraten für nicht möglich erachtetet«.21 Obwohl de Soto diese Dinge nicht benannte, lässt seine Korrespondenz doch gewisse Schlüsse zu. Der Großinquisitor Fernando de Valdés etwa schrieb verschiedentlich an de Soto, er möge dafür sorgen, dass Karl sich pünktlich mit Angelegenheiten, die ihm hinsichtlich des Inquisitionsrats unterbreitet wurden, befasse, und andere Räte taten vermutlich das Gleiche. Bartolomé de Las Casas drängte de Soto, er möge den Kaiser dazu bereden, allen Eroberungen und immerwährenden Zuweisungen von Encomiendas in Amerika (siehe Kap. 13) Einhalt zu gebieten, und andere Personen unternahmen wahrscheinlich vergleichbare Schritte, um Karls Aufmerksamkeit und Gunst zu erlangen.22 Dagegen beklagte sich ein englischer Diplomat 1546, dass der Kaiser häufig »Dinge auf eigene Faust unternimmt, ohne seine Freunde zu konsultieren« (womit in diesem Fall Heinrich VIII. gemeint war). Sechs Jahre später formulierte der päpstliche Nuntius ganz ähnlich: »Der Kaiser ist ein Mann, der seine Angelegenheiten gerne so regelt, wie es ihm gefällt.« Insbesondere schätze er es, »sich Zeit zu nehmen, die Dinge zu durchdenken, in der Hoffnung, seine Ziele ohne Verlust zu erreichen«.23 Viele fanden diese Art der Entscheidungsfindung frustrierend. Als sich die Ritter vom Goldenen Vlies 1546 zu einem förmlichen Kapitel versammelten, äußerten sie viele der nämlichen Beschwerden über ihren Souverän wie bei dem letzten derartigen Treffen fünfzehn Jahre zuvor (siehe Kap. 8): Karl setze sie nicht von wichtigen Entscheidungen in Kenntnis (namentlich seinen beiden Afrikafeldzügen); er »setze sich im Krieg zu häufig der Gefahr aus«, »sei sehr langsam in der Führung der Amtsgeschäfte« und »habe viele Schulden, sodass seine Kreditgeber Anlass hätten, sich zu beschweren«. Wie üblich antwortete Karl »gnädig«, verteidigte sich in der Sache aber energisch. Er erinnerte die Ritter daran, dass seine afrikanischen Feldzüge »unter größter Geheimhaltung durchgeführt werden mussten, um den Feinden keine Gelegenheit zu geben, sie zu verhindern« (er behauptete allerdings, er habe »einige der Ritter, die damals dabei waren, in Kenntnis gesetzt«). »Was die bedächtige Durchführung der Amtsgeschäfte anging, stellte er fest, dass sich das für ihn immer ausgezahlt habe«, und was den letzteren Beschwerdepunkt anging, erklärte der Kaiser, dass er seinen Schatzmeister bereits angewiesen habe, die genaue Höhe der Schulden festzustellen  – zur Vorbereitung ihrer Rückzahlung. Er fuhr fort: »Was alles Übrige angehe, so habe er, wenn er für Verärgerung gesorgt habe, dies aus Unachtsamkeit, nicht aus Bosheit getan, und er schloss, indem er der Versammlung versicherte, dass er in Zukunft besser darauf achten werde, seine Pflichten angemessen zu erfüllen.«24

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Die Tyrannei der Distanz Karl hätte noch eine andere Erklärung für die »Langsamkeit, mit der er die Amtsgeschäfte durchführte«, abgeben können: das Kommunikationssystem, auf dem seine Regierung beruhte. Fernand Braudel war der erste Historiker, der seine Aufmerksamkeit diesem Problem widmete. 1949 schrieb er: »Wenn man die Bedeutung der Entfernung im 16. Jahrhundert begreift – und das heißt: die durch sie verursachten Hindernisse, Schwierigkeiten und Verzögerungen begreift –, dann sieht man die administrativen Probleme, welche die Reiche des 16. Jahrhunderts zu bewältigen hatten, in einem neuen Licht. Vor allem das gewaltige spanische Reich … das eine (für die damalige Zeit) eindrucksvolle Infrastruktur für den Transport zu Wasser und zu Lande umfasste und nicht nur ständiger Truppenbewegungen, sondern auch der täglichen Abfertigung von Hunderten von Befehlen und Berichten bedurfte – Bindeglieder, die so lautlos wie lebensnotwendig waren.«

Braudel behauptete, dass »gut die Hälfte sämtlicher Aktivitäten Philipps II. nur durch die Notwendigkeit, diese Bindeglieder aufrechtzuerhalten, erklärt werden kann«, und dasselbe lasse sich auch über seinen Vater sagen. Für beide war mit Braudels einprägsamer Formulierung Raum »der Staatsfeind Nr. 1«.25 Diese Einschätzung wird durch viele Klagen Karls und seiner Zeitgenossen bestätigt. 1525 teilte etwa ein verärgerter Erasmus aus Basel mit, dass er an einen kaiserlichen Sekretär in Spanien geschrieben habe, aber »ob dieser Brief Euch jemals erreicht hat, konnte ich nicht herausfinden. Uns trennen so viele Gebirge und Ebenen und Meere, dass Ihr in einer anderen Welt zu leben scheint!« Vier Jahre später schrieb ein anderer kaiserlicher Sekretär aus Barcelona warnend an Erasmus: »Bitte sendet uns oder dem Kanzler [Gattinara] nichts, bevor Ihr nicht ausfindig gemacht habt, wo wir uns aufhalten werden, denn unser Zielort ist noch ungewiss.« Pedro de Toledo, lange Jahre Karls Vizekönig von Neapel, scherzte: »Wenn er auf den Tod warten müsste, hoffte er, dass er in einem Brief aus Spanien kommen würde, weil er dann niemals ankäme.«26 Waren diese Klagen übertrieben? Karl und seine Minister verfügten über ein postalisches Netzwerk von beispiellosem Umfang und ebensolcher Raffinesse. 1505 hatte Karls Vater Franz von Taxis zu seinem Hauptpostmeister gemacht und ihn dafür bezahlt, dass er 35 Männer in einem Netzwerk aus Poststationen zwischen Brüssel und der spanischen Grenze zum Einsatz brachte. Im darauffolgenden Jahr unterzeichnete Maximilian einen Vertrag mit von Taxis, um fünfzehn Poststationen auch zwischen Augsburg und Brüssel einzurichten; und ein Jahrzehnt später folgte ein weiterer Vertrag, der für den Briefverkehr zwi-

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schen den wichtigsten Städten in Deutschland, Italien und Spanien feste Lieferzeiten vorsah (zwölf Tage zwischen Brüssel und Toledo im Sommer, vierzehn im Winter etc.). In den 1530er-Jahren waren Angehörige der Familie von Taxis als Postmeister in Augsburg, Brüssel, Innsbruck, Rom und Spanien installiert, während ein weiterer Postmeister Karl häufig auf Reisen begleitete, um überall dort, wo der Kaiser sich gerade aufhielt, für einen effizienten Lieferdienst zu sorgen.27 Einmal wünschte sich Karl, dass seine Kuriere »fliegen könnten«, damit er mit der Entwicklung der Dinge besser Schritt halten könne – und manchmal gelang es ihnen beinahe. 1519 erreichte Karl die Nachricht, dass er in Frankfurt am Main zum römisch-deutschen König gewählt worden war, im mehr als 1300 Kilometer entfernten Barcelona nach siebzehn Tagen »durch Eilkuriere, die auf sehr schnellen Pferden zu fliegen schienen«. Drei Jahre später brauchte ein Kurier für die 1500 Kilometer zwischen Rom und Brüssel nur zwölf Tage, um Karl die Nachricht zu überbringen, dass »Meister Adrian [von Utrecht] zum Papst gewählt worden ist«; 1545 erreichte ein Kurier aus Rom den Kaiser in

Tafel 2: Laufzeiten amtlicher Briefe nach Venedig, 1497–1532 Ursprungsort

Anzahl der Briefe

kürzeste Zeit (in Tagen)

längste Zeit (in Tagen)

»Normalzeit« (in Tagen)

empfangen in »Normalzeit«

Rom

1053



9

4

38%

Neapel

682

4

20

8

38%

Wien

145

8

32

13

22%

Palermo

118

8

48

25

19%

Brüssel

138

9

35

10

17%

Paris

473

7

34

12

13%

Valladolid

124

12

63

23

12%

London

672

9

52

24

12%

Innsbruck

163

4

16

6

10%

Augsburg

110

5

21

12

6%

Die beiden Venezianer Mario Sanudo und Girolamo Priuli verzeichneten in ihren Tagebüchern die Ankunftszeiten von mehr als 10 000 amtlichen Briefen in Venedig und auch, wann und wo sie geschrieben worden waren. Aus diesem Datenmaterial errechnete Pierre Sardella die längste, die kürzeste und die »normale« Laufzeit, die Briefe aus verschiedenen Ursprungsorten benötigten. Seine Ergebnisse zeigten, dass »normal« vor allem für weitere Entfernungen eine bedeutungslose Kategorie war: So kamen von den 124 Briefen aus Valladolid, der Verwaltungshauptstadt von Spanien, nur fünfzehn in der »Normalzeit« von fünfzehn Tagen an – andere benötigten weniger als zwei Wochen und einer brauchte mehr als zwei Monate. Derart unvorhersehbare Kommunikationswege erschwerten die Regierungsplanung. Quelle: Sardella, Nouvelles, S. 56–57.

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Worms – die 1300 Kilometer hatte er in weniger als sechs Tagen bewältigt. Das waren bemerkenswerte Leistungen, und die durchschnittliche Beförderungsgeschwindigkeit stieg von 76 über 125 auf bis zu 220  Kilometer pro Tag. Am Ende von Karls Regierungszeit scheinen Briefe schneller gereist zu sein als alles andere in der frühmodernen Welt.28 Das Problem bestand darin, dass die Briefe nicht mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs waren. Zwar fehlt uns eine systematische Untersuchung dazu, in welchen Rhythmen sich Karls Korrespondenz abspielte, doch bietet Pierre Sardellas Analyse der Laufzeiten von 10 000 Briefen, welche die venezianische Regierung zwischen 1497 und 1532 aus ganz Europa erhielt, eine hilfreiche Orientierung (siehe Tab. 2). Sardella ging es darum, für Briefe, die auf verschiedenen Postrouten nach Venedig gelangt waren, die »Normalzeit« zu ermitteln – also die am häufigsten vorkommende Zeitdauer zwischen Absendung und Empfang. Es kann nicht überraschen, dass der Anteil der Briefe, die in normaler Zeit ankamen, desto höher ausfiel, je geringer die Entfernung war. Aus Innsbruck kam nur einer von zehn Briefen »pünktlich«, aus London, Paris und Valladolid einer von acht, aber einer von fünf aus Palermo und Wien und mehr als einer von dreien aus Neapel und Rom. Dennoch kamen fast zwei Drittel der 1053 Briefe aus Rom in Venedig nicht in Normalzeit an: Manche brauchten weniger als zwei Tage, andere dagegen über eine Woche. Solche Unvorhersehbarkeiten erschwerten der venezianischen Regierung jegliche Planung. Ebendieses Problem muss Karls Regierung noch stärker betroffen haben, weil seine Besitzungen letztlich ein Viertel der Erdoberfläche umfassten. Der Briefwechsel zwischen Karl und Ferdinand in den 1520er-Jahren zeigt, dass ihre Briefe im Durchschnitt vierzig Tage brauchten, um anzukommen; manche benötigten weniger als einen Monat, andere mehr als zwei Monate. Solche Disparitäten beeinflussten den Entscheidungsprozess ganz unmittelbar, weil weder Sender noch Empfänger sicher sein konnten, wann ein Brief eintreffen würde. Selbst eine so entscheidende Kommunikation wie Ferdinands Brief vom 22. September 1526 mit Nachrichten über die fast einen Monat zurückliegende vernichtende Niederlage von Mohács erreichte Karl – in Granada – erst 51 Tage später.29 Das Gleiche passierte selbst auf den geläufigsten Postrouten. Als Karl am 21. September 1558 starb, erreichte die Nachricht von seinem Tod den Sohn in den Niederlanden erst am 1. November. Ein Jahr zuvor beklagte sich ein Bischof in Spanien darüber, dass ein aus Brüssel eingehender Brief so lange unterwegs gewesen war, dass er »zwei- bis dreimal nach Amerika hätte gesendet werden können und trotzdem eher hier gewesen wäre«. Natürlich übertrieb der Bischof: Nur wenige aus Mexiko abgehende Briefe erreichten den Hof in weniger als drei Monaten und die aus Peru brauchten häufig doppelt so lange. Am 20. August 1555 kam ein Kurier aus Peru in Spanien an, der die Nachricht überbrachte, »dass

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der Tyrann Francisco Hernández Girón hingerichtet worden war«. Das war jedoch bereits im Dezember des Vorjahres geschehen – der Brief traf also erst neun Monate danach ein, ungeachtet der Bedeutung der Nachricht.30 Selbst wenn ein Brief in Rekordzeit eintraf, hieß das nicht, dass sein Inhalt sofort zur Verfügung stand. Vor allem sorgte die Chiffrierung häufig für Verzögerungen. 1525 empfingen die englischen Botschafter in Spanien einen kodierten Brief von ihrem König, »woraufhin wir den Brief, der sehr lang war, dechiffrierten, was uns nahezu zwei Tage Arbeit kostete«. Drei Jahre später, als sich während der französischen Belagerung von Neapel die Lage zuspitzte, benötigte der spanische Vizekönig fünf Tage, um den Code eines hochwichtigen abgefangenen Briefes zu knacken. 1546 ließ ein Agent des Grafen Fieschi (in der Schlussphase seiner Verschwörung zur Übernahme von Genua) nachlässigerweise einen chiffrierten Brief zum Teil in Rom zurück, wo er in die Hände des spanischen Botschafters gelangte, der ihn jedoch zum Entschlüsseln nach Florenz schicken musste.31 Es konnte auch zu Verzögerungen kommen, wenn viele Briefe zur selben Zeit eintrafen. 1543 geriet Edmund Bonner, Botschafter Heinrichs VIII. in Spanien und eifrig darum bemüht, die Geschäfte seines Herrn voranzutreiben, an den Rand der Verzweiflung, als eine Galeere aus Genua mit Briefen »in großer Anzahl« eintraf. Die für den Kaiser bestimmten Briefe kamen »aus Flandern von der Regentin [Maria von Ungarn], aus Deutschland von Granvelle und anderen und aus Italien vom Marchese von Guaste [Vasto] und anderen Freunden des Kaisers dort«. Trotz »all meiner Bitten und Mühen« benötigte Bonner mehrere Wochen, um von Karl die Entscheidungen zu bekommen, die er haben wollte.32 James Tracy fand einen treffendes Bild für das Dilemma, das sich aus der Kombination eines Informationsnetzwerks von beispielloser Raffinesse mit einem Reich von beispielloser Größe ergab. »Karl und sein enger Kreis bekamen regelmäßige Berichte über die Angelegenheiten von Dutzenden Königreichen und Fürstentümern in Europa und Übersee und gelegentliche Berichte über viele andere. Die Verbindungen zwischen diesen getrennten Strängen herzustellen, würde eine ungeheuere Anstrengung des Geistes erfordern wie eine gleichzeitige Ausstrahlung auf dreißig oder vierzig verschiedenen Kanälen.«33 Der Kaiser bediente sich diverser Strategien, um diese Ausstrahlung zu bewerkstelligen. Er fuhr fort, Entscheidungen zu delegieren an Minister, denen er vertraute, bestand aber darauf, dass sie ihn mit Nachrichten überschütteten. 1522 hatte er den Plan gefasst, nach Spanien zurückzukehren, wozu er sich von Heinrich VIII. Geld und Kriegsschiffe leihen musste. Also wies er seine Botschafter in England an, »mir zu schreiben, was Ihr Tag für Tag hört, damit wir unsere Reise besser vorbereiten können«. Kaum war er in Spanien angekommen, erinnerte er seine Tante Margarete, die er als seine Regentin in den Niederlanden gelassen hatte, dass »ich

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begierig auf Nachrichten bin, damit ich immer weiß, was dort vor sich geht. Ich bitte Euch deshalb, mich so oft es geht auf dem Laufenden zu halten.« 1525 mahnte er seinen Botschafter in Rom, ihn weiterhin »fortwährend über das zu unterrichten, was geschieht«, und vier Jahre später instruierte er den neuen Botschafter in Genua, »immer sehr sorgfältig darauf bedacht zu sein, uns häufig und auf unterschiedlichen Routen Briefe zu schicken, zu Lande wie auch zu Wasser, und alles [zu vermerken], was Ihr für wichtig haltet, uns mitzuteilen«. Dasselbe verlangte er von Juan de Vega, den er 1543 als Botschafter nach Rom entsandte, und gab im Gegenzug auch selbst das Versprechen: »Wir werden Euch schreiben und mitteilen, welche Angelegenheiten genau Ihr aufmerksam verfolgen sollt, weil sich darin täglich, wenn nicht gar stündlich Änderungen ergeben und wir unsere Ansichten entsprechend ändern müssen.«34 Der Kaiser wies seine Amtsträger auch an, engen Kontakt untereinander zu halten. »Wir sind erfreut, wenn unsere Minister miteinander vollkommen konform gehen und einen guten Austausch von Informationen und Briefen betreiben«, sagte er dem Herzog von Alba, »weil das, wie Ihr wisst, unseren Interessen förderlich ist.«35 Als er 1529 Gómez Suárez de Figueroa zum Botschafter in Genua ernannte, wies er ihn an, seinen Vorgänger, Lope de Soria, der nach langen Jahren dort als Botschafter nach Venedig wechselte, zu konsultieren, »bevor er abreist. Findet mit großer Verschwiegenheit und Diskretion heraus, in welchem Ansehen die führenden Mitglieder der Republik stehen, im Allgemeinen und im Besonderen, wer von ihnen sich stärker oder weniger stark in den Dienst an unserer Sache stellt und von wem er für gewöhnlich Informationen über das Geschehen dort bekommt.« Zehn Jahre später, als Karl Soria aus Venedig abberief, gab er ihm wiederum Anweisung, noch »zwanzig oder dreißig Tage lang nach der Ankunft« seines Nachfolgers dort zu bleiben. Diese Zeit sollte er nutzen, um den neuen Mann »mündlich und schriftlich« zu instruieren und ihm alle relevanten Dokumente auszuhändigen, »damit er besser informiert ist und seine Arbeit besser tun kann«. Auch war Soria gehalten, »die allgemeine Chiffrierung, die wir mit unseren Amtsträgern benutzen«, zu teilen und auch Zeit darauf zu verwenden, »gemeinsam mit ihm Amtsgeschäfte zu erledigen, sodass er sie besser versteht und weiß, wie die Dinge zu handhaben sind«.36

Kriegsherr Der scharfsichtige venezianische Botschafter Bernardo Navagero bemerkte, dass Karl »seine Freude am Kriegführen nicht verbergen kann. Dann ist er glücklich, dann wird er lebendig.« Während er normalerweise »immer sehr feierlich erscheint, will er inmitten des Heers überall sein, alles sehen und überall mit-

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mischen. Dann vergisst er sogar, dass er ein großer Kaiser ist, und verrichtet die Arbeit eines einfachen Hauptmanns.« Navagero fährt fort: »Manche behaupten, dass des Kaisers Wunsch und Wille, an Operationen teilzunehmen, viele Beeinträchtigungen mit sich bringt, weil seine persönliche Anwesenheit dazu zwingt, auf dem Marsch und im Kampf vorsichtiger zu sein und nur jene Operationen durchzuführen, die Aussicht auf Erfolg haben. Wenn aber der Kaiser nicht dabei ist, wären seine Generäle wohl mehr dazu geneigt, kühn das Schicksal herauszufordern, weil sie wissen, dass sie, selbst wenn ein Heer verloren geht, leicht ein neues ausheben können.«

Navagero zufolge »behaupten viele Leute, vor allem die Spanier, dass der Kaiser besser daran täte, nicht selbst am Feldzug teilzunehmen«, und er verwies auf das Beispiel seines Großvaters Ferdinand, der, »ohne Spanien zu verlassen, das Königreich Neapel und viele Städte in Afrika gewann«. Und er fuhr fort: »Tatsächlich hat auch der Kaiser erstaunliche und bemerkenswerte Siege errungen, wenn er die Kriegführung seinen Ministern überließ. Andere aber behaupten, dass angesichts der Art von Armeen, die er befehligt, seine Anwesenheit von größerem Nutzen ist als seine Abwesenheit, und dergestalt waren einige Unternehmungen erfolgreich, die sonst vielleicht fehlgeschlagen wären.«37 Der Botschafter hat die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen Karls Ministern zu diesem Thema akkurat zusammengefasst. Als Erzherzogin Margarete 1529 erfuhr, dass es ihren Neffen nach Italien zog, um seine »Person dem Kriegsglück auszusetzen«, erinnerte sie ihn daran, dass »mein Großvater, Herzog Karl [der Kühne], besiegt auf dem Schlachtfeld starb« – auch wenn Karl, wie sie sarkastisch anmerkte, »ganz sicher diese Geschichte schon häufiger gehört« habe. Auch führte sie das Schicksal des verstorbenen Königs Karl VIII. von Frankreich an, »der gen Neapel ziehen wollte und in jedermann seinen Verbündeten fand«, bis ihm das Geld ausging. Daraufhin »ließen ihn alle im Stich, bis er nur noch über 5000 oder 6000 Mann verfügte, mit denen er bei großer Gefahr für sein Leben kämpfen musste, um nach Frankreich zurückkehren zu können«. Daher bat sie ihren Neffen, er solle das Kämpfen seinen Heeren überlassen, bis alle seine Feinde Frieden geschlossen hätten. Als sechs Jahre später seine Schwester Maria von Karls Plänen für den Tunisfeldzug erfuhr, empfahl sie: »Seine Majestät sollte nicht persönlich anwesend sein, denn viele Dinge, die in seiner Abwesenheit vielleicht riskiert werden, können in seiner Gegenwart nicht versucht werden.«38 Karl selbst war diesbezüglich nicht frei von Zweifeln. Als er erfuhr, dass der Bruder seiner Frau, Prinz Luis von Portugal, bei einem Feldzug gegen den Scherif von Marokko an einem nächtlichen Angriff teilgenommen hatte, äußerte er sich eindeutig:

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»Wir sind ganz und gar dagegen, dass er an irgendwelchen Kampfhandlungen teilnimmt, selbst wenn er über genügend Unterstützung und Waffen verfügt, weil große Risiken damit verbunden sind; insbesondere betrifft das die Größe des Heeres, das der Scherif mit sich führen wird, denn dagegen kann [der Prinz] wenig ausrichten. Besser wäre es, wenn er frei wäre, Entsatz oder andere Aktionen, die vielleicht erforderlich sind, anzuordnen und in die Wege zu leiten.«

Aber Karl ließ seine eigenen Ratschläge unbeachtet. Als er 1544 bei der Belagerung von St. Dizier zu seinen Truppen stieß, übernahm er persönlich das Kommando wie bereits in den beiden Afrikafeldzügen. Seine Begründung lautete so: Weil »fast ein Dutzend unterschiedliche Nationen« in seinem Heer dienten und nicht immer Einigkeit unter ihnen herrsche, »bin ich sicher, dass, wenn ich nicht selbst anwesend bin, niemand sonst sie beherrschen kann«.39 Der Kaiser rühmte sich für seine Fähigkeit, einen Feldzug organisieren zu können. So litt er zwar zu Beginn der Operationen gegen Johann Friedrich von Sachsen an einem »Pissdrang, der mir Tag und Nacht zu schaffen macht« (wahrscheinlich eine Harnwegsinfektion), versah aber am 26. März 1547 seinen Bruder mit einem detaillierten Feldzugsplan. Er versprach, sein Heer am nächsten Tag aus Nürnberg herauszuführen und »mit Gottes Hilfe« Ferdinands Lager bei Eger (dem heutigen Cheb), das 150 Kilometer entfernt war, in neun Tagen zu erreichen: »Schneller kann ich nicht sein, denn es ist für Truppen nicht möglich, mehr als zwei Leugen am Tag zu marschieren. Ihr seid achtzehn Leugen entfernt, das macht also neun Tage.« Tatsächlich marschierte er mit seiner Armee am 5. April in Cheb ein – genau neun Tage später.40

Der Kaiser aus nächster Nähe betrachtet Viele Beobachter waren geradezu obsessiv an der körperlichen Gesundheit des Kaisers interessiert und vermerkten alles Ungewöhnliche. Zeitweise beeindruckte er alle mit seiner körperlichen Stärke und Ausdauer. Einem Augenzeugen zufolge kehrte er nach der Schlacht von Mühlberg 1547 »um ein Uhr nachts in sein Quartier zurück, nachdem er 22 Stunden ohne Unterbrechung im Sattel gesessen hatte«. Vier Jahre danach wusste ein Botschafter zu berichten, Karl sei immer noch ein so eifriger Jäger, dass er »einige Nächte vollständig angekleidet schlief, um gleich im Morgengrauen ausreiten zu können«. Er fügte hinzu: »Falls nötig, ist er körperlich fit genug, um alles tun zu können, was er will.« Der kaiserliche Leibarzt Dr. Cornelis van Baersdorp zeichnete jedoch ein ganz anderes Bild. In seinen Berichten über den Gesundheitszustand des Kaisers, die aus der Zeit nach Mühlberg datieren, ist etwa zu lesen, dass Karl sich eine schwere Erkältung zuzog

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(Mai); unter Magenschmerzen litt, bis ein starkes Abführmittel ihn heilte (»Seine Majestät sagte, er habe dreimal sehr viel Stuhlgang gehabt, wonach er sich viel besser fühlte«, im Juni); von einem Nagetier gebissen wurde (Juli); einige Nächte lang »durch Asthma wachgehalten wurde« (August).41 1550 gab der französische Botschafter Charles de Marillac eine insgesamt pessimistische Einschätzung des kaiserlichen Gesundheitszustands ab. Er versicherte, dass der Kaiser »an drei chronischen Krankheiten leidet, von denen eine jede bisweilen akut wird: zum einen seine Hämorrhoiden, die zu starkem Blutverlust führen«; zum Zweiten »ist er asthmatisch, wobei der Schleim vom Katarrh sich fortwährend auf die Lungen legt, und manchmal quält ihn der Husten so stark, dass es ein Wunder ist, dass er ihn so lange ertragen hat«. Zum Dritten »hat er in Armen, Schulter und Kopf so starke Gicht, dass er im Winter in eine Art Sauna klettert (un poisle, ou pour mieux dire en une fournaise), in der die meisten Leute eine Viertelstunde bleiben würden, während er den ganzen Tag dort zubringt«, um den Schmerz zu lindern. »Dass er immer noch lebt«, schließt Marillac (mit merklichem Bedauern), »ist ein Wunder und den Naturgesetzen zuwider.«42 Karl hätte sich dem angeschlossen. In Briefen an die Verwandtschaft schilderte er seine diversen Gebrechen in allen Einzelheiten, und als er 1550 seine »Erinnerungen« verfasste, verzeichnete er mit an Besessenheit grenzender Akribie Ort und Zeit von siebzehn Gichtanfällen.43 Der Grund dafür ist einfach zu begreifen. Laut Marillac war der Gichtschmerz bisweilen so intensiv, dass der Kaiser »weinte und der Welt Adieu sagte und die letzte Ölung in großer Eile empfing«. Als Karl im Januar 1545 nach einer ungewöhnlich langen Leidensperiode Gent verließ, meinte Navagero: »Alle, die den armen Monarchen sahen, empfanden Mitleid mit ihm, weil er so schwach, blass und hinfällig wirkte. Eingewickelt und geschützt, reiste er in einer Sänfte ab, die er nur unter großen Schwierigkeiten erreichen konnte.« Nach einem weiteren Anfall drei Jahre später fiel einem Florentiner Kollegen Navageros auf, dass ein kürzlich entstandenes Porträt (sehr wahrscheinlich das von Tizian 1548 gemalte) den Kaiser »mit sehr blasser Gesichtsfarbe« zeigte. Wie er meinte, war das »kein Wunder, da er so viele Abführmittel bekommen hatte und auf Diät gesetzt war«.44 Allerdings war »Diät«, wenn es um Karl ging, ein dehnbarer Begriff. Als junger Mann wurde er dafür gelobt, im Essen und Trinken Mäßigkeit walten zu lassen (siehe oben, S. 97), aber als er älter wurde, verfiel er zeitweise der Völlerei. 1548 beklagte sich Dr. Baersdorp darüber, dass er sich manchmal überaß, besonders bei Obst (»fünf Dutzend Kirschen bei einer Mahlzeit«; enorme Mengen an Melone). Zwei Jahre später beobachtete Roger Ascham, wie Karl gierig »gebratenes Hammelfleisch, gebackenen Hasen« und ein Hühnchen verschlang und dazu reichlich trank (»er steckte die Nase fünfmal so lange wie wir ins Glas und trank niemals weniger als ein gutes Viertel Rheinwein auf einen

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Zug«). Marillac hielt den Kaiser gar, »wenn es ums Essen geht, für den zügellosesten Mann der Welt«.45 Aber Bartholomäus Sastrow, normalerweise ein gestrenger Kritiker Karls, erzählte eine andere Geschichte: In den 1540er-Jahren hatte er »jne viellmahl … essen gesehen« und »wie er dan nur drei Druncke uber die Malzeit thete« aus einem »Cristallinen Glaß« – »das drunck er rein auß, das nichts darjn blieb, solt er auch zwei oder mehrmahlen Athem holen«. Zum Essen gehörten zwar immer »iiij Drachten [4 Gänge], in einer yeden 6 Gerichte«, aber wenn die Speisen aufgetragen und die Deckel nacheinander davon abgenommen wurden, geschah Folgendes: »Gegen die, dauon [davon] er nicht begerte, schuttelte er den Kopff, dauon er aber essen wollte, wenckete er mit dem Kopffe, zug dasselbige vor sich, unnd dorffte woll stattliche Posteyden [Pasteten], Wiltbrett unnd wollzugerichte fercula wegtragen lassen, unnd behielt ein Brathfercken, ein Kalberkopff unnd dergleichen; lies sich nichts verschneiten [zuschneiden], braucht auch das Messer nicht viele, sondern schnit so viell Stuckleins Broths, so groß als er zur Reisse in den Mund stach, unnd vom Gerichte, daruon er essen wolltt; an dem Ortte, dar es jme zum besten gefiell, losete er mit dem Messer, sonst brach ers mit den Vingern von einander, zog die Schussel under den Kin.«46

Obwohl Sastrow dem Kaiser bescheinigte, er esse »so naturlich, jedoch reinlich unnd sauber, das man seine Lust daran zu sehende hette«, schlug sich womöglich in Karls feinen Tischmanieren seine Prognathie nieder, die es ihm unmöglich machte, das Essen zu kauen. Eine Reihe von Unfällen verschärfte das Problem. 1550 bewunderte der florentinische Botschafter die Treffsicherheit des Kaisers (»Er ist zweifellos ein erstklassiger Schütze«), berichtete aber zugleich, dass er »eine Arkebuse mit so großer Reichweite« benutzte, »dass es vielleicht zu viel Reichweite war, denn der Rückstoß war so gewaltig, dass er ein paar von seinen Zähnen in Mitleidenschaft zog, die im Kiefer nicht fest verankert waren«. Im Jahr darauf, als Karl sich in und um Augsburg auf einer Art selbst ersonnener Lafette fortbewegte, fiel er einmal herunter und »lockerte die wenigen Zähne, die ihm die Natur noch gelassen hatte«.47 Die extremen Schwankungen im Gesundheitszustand des Kaisers ließen bei einigen Leuten den Verdacht aufkommen, dass er seine Gebrechen übertrieb, um Zeit zu gewinnen oder unangenehme Entscheidungen zu vermeiden. Der englische Botschafter William Paget hatte daran jedenfalls keine Zweifel. Im März 1545 schrieb er: »Ich sah keinen wirklichen Grund dafür, warum er nicht mit einem Botschafter sprechen sollte; denn wie sehr seine Krankheit ihn innerlich belastet, vermag

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ich nicht zu sagen, aber äußerlich wirkte er in seinem Gesicht und in seiner raschen, lauten und lebhaften Sprechweise viel gesünder auf mich, als ich ihn im Sommer erlebt hatte. Und um Euch meine Meinung unumwunden mitzuteilen: Ich glaube wahrhaftig, dass er nicht kränker war als ich, sondern aus politischen Gründen nur so tut.«

Neun Monate später kommentierte Paget ganz ähnlich: »Die Gicht des Kaisers ist für ihn immer von Nutzen.« Nach einer Audienz, bei der Karl »in einem niedrigen Stuhl ruhte und das Bein hochgelegt hatte«, bemerkte der Botschafter, dass »einige vermuten, dass er nur vorgibt, krank zu sein«.48 Die Wahrheit kam erst ans Tageslicht, als Karls nackter Körper in den 1870er-Jahren den Blicken der Öffentlichkeit preisgegeben wurde (siehe Abb. 39). Ein damaliger Betrachter mochte zwar noch seine »Korpulenz« und »seine breite Brust und breiten Schultern« konstatieren, aber als ein modernes Labor später ein abgetrenntes Fingerglied untersuchte, ergab die Analyse, dass Karl an starker Gicht gelitten hatte. Wie sich herausstellte, hatten »massive Gichtknoten die distalen Interphalangealgelenke [die äußeren Fingergelenke] völlig zerstört und sich auf das umgebende Weichteilgewebe ausgedehnt«. Höchstwahrscheinlich waren die anderen Gelenke des Kaisers ebenso befallen, und so kann nicht verwundern, dass er über chronische Schmerzen klagte und Linderung in einer Sauna suchte.49 Die Zeitgenossen verfolgten auch die Schwankungen in Karls Verhalten aufmerksam. Sastrows Aufzeichnungen aus den 1540er-Jahren belegen, dass Karl seine Mahlzeiten in Anwesenheit von »Schalcksnarren« einnahm, »die allerlei Possen reissen konten, er kerte sich aber nichts daran, möchte etwan, wan sie etwas gar Kurtzweiliges sagten, mit einem halben Lachlin den Munt vorziehen [verziehen]«.50 Aber der Kaiser hatte durchaus Sinn für Humor und riss manchmal Witze auf eigene Kosten. Als er 1538 eine persönliche Unterredung mit Franz I. arrangieren wollte, hob er einem französischen Gesandten gegenüber hervor, wie wichtig es sei, »alles dafür zu tun, Vertrauen herzustellen, weil bisweilen ein einziges Wort viel bewirken kann, vorausgesetzt (hier lächelte er), man ist nicht bissig; und obwohl Seine Majestät häufig den Mund geöffnet hat, könnt Ihr sicher sein, dass ihm zur Bissigkeit die Zähne fehlen«. Auf einer Audienz ein Jahrzehnt später hatte der florentinische Botschafter gerade ein Dokument zusammengefasst vorgetragen, als Karl ihn bat, den ganzen Text vorzulesen, damit er sicher sei, alles verstanden zu haben. Der Botschafter geriet in Verlegenheit, »weil ich niemals meine Brille tragen musste, wenn ich Seiner Majestät etwas vortrug, und ich versuchte, dem zu entgehen. Aber er fing an zu lachen und sagte: ›Hier gibt es noch andere, die darauf angewiesen sind‹, wobei er auf sich deutete.«51 Auch bei anderen Gelegenheiten verhielt Karl sich wohlwollend.

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Als Thomas Wyatt 1537 dem Kaiser seine erste Aufwartung machte, empfing der ihn »freundlich … ohne Prunk und Wichtigtuerei, sondern mit nüchternen und zurückhaltenden Worten wie ein Weiser«. Als er erfuhr, dass Heinrich VIII. ein Sohn und Erbe, Eduard, geboren worden war, erging er sich »redlich und lange in Freude und Gelächter, wie ich es bei ihm niemals so herzlich und freundlich gesehen habe«.52 1543 berichtete der spanische Exilant Francisco de Enzinas, dass Karl jeden Tag nach dem Mittagessen »aufstand und, auf seinen Stock gestützt, eine lange Zeit« damit zubrachte, die versammelten Bittsteller anzuhören, »als hätte er nichts anderes zu tun, als sich anzuhören, was wir ihm zu sagen hatten«. Als Enzinas an der Reihe war, überreichte er dem Kaiser seine Übersetzung des Neuen Testaments »in unsere spanische Sprache. Worauf Seine Majestät fragte: ›In das Kastilische?‹« Nachdem Enzinas das bejaht hatte, bekannte er, das Buch Karl gewidmet zu haben, und bat um eine exklusive Verkaufslizenz. »Eurer Bitte wird stattgegeben«, entgegnete der Kaiser und fügte klug hinzu: »Vorausgesetzt, es enthält nichts Verbotenes.« Dann »ging er in einen Nebenraum« und nahm das Buch mit.53 Gelegentlich jedoch war Karl nicht so freundlich. 1551 benutzte er während einer Audienz mit dem französischen Botschafter »äußerst scharfe Worte« und »schüttelte drohend die Faust, als er zu ihm sagte: ›Macht Eurem König klar, dass wir keinen feindseligen Akt dulden werden‹« – weder gegen ihn selbst noch gegen seine Verbündeten. Ein paar Tage zuvor hatte er einen englischen Gesandten angeherrscht: »Ich werde es nicht dulden«, dass Mary Tudor »schlecht behandelt wird … Reicht es nicht, dass meine Tante, ihre Mutter, von dem König, der jetzt tot ist, schlecht behandelt wurde? Muss meine Cousine jetzt noch schlimmer von den Räten herumkommandiert werden?«54 Einige Leute meinten, dass solche Ausbrüche die wahren Gefühle des Kaisers verrieten. Marillac bemerkte im selben Jahr 1551: »Wenn man die Sache aus der Nähe betrachtet, wird deutlich, dass er sich für die Menschen immer nur insoweit interessierte, als sie ihm von Nutzen sein konnten.« Dabei berief er sich auf Karls rücksichtslosen Umgang mit seinem Schwager, Christian von Dänemark, mit seiner Tante Katharina von Aragón und vor allem mit seinem Bruder Ferdinand.55 1552 gelangte ein Gesandter an Karls Hof zu einem ganz ähnlichen Schluss: »Der Kaiser ist seinem Wesen nach gut und auch ein guter Christ«, schrieb er, »doch scheint es mir, dass er so geizig und knapp an Geld und allem anderen ist, das für ihn und seine Interessen von Nutzen sein könnte«, dass man »nicht allzu viel Vertrauen und Zuversicht in seine Freundschaft setzen sollte, es sei denn, er sieht darin einen unmittelbaren Nutzen für sich.«56 Der Straßburger Reformator Martin Bucer (kein Freund des Kaisers) fasste die diversen Paradoxa in Karls Wesen auf brillante Weise zusammen, nachdem er ihn auf dem Reichstag zu Speyer 1543 beobachtet hatte. Einem Kollegen

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schrieb er: »Der Kaiser ist ein Mann von scharfem Verstand, der seine Pläne mit größter Entschiedenheit verfolgt.« Er sei »kaiserlich in Wort und Tat, Aussehen, Gestik, Begabungen, überhaupt allem. Sogar, die ihn seit Langem kennen, sind erstaunt, an ihm so viel Begeisterung, Geneigtheit, Entschlossenheit und Majestät zu sehen.« Er wagte eine Voraussage: »Der Kaiser könnte eine Menge erreichen, wenn er nur wie ein deutscher Kaiser und ein Diener Christi handeln würde.« Bucer und seine protestantischen Glaubensgenossen sollten bald erfahren, dass Karl auch eine Menge erreichen konnte, wenn er wie ein mittelalterlicher Kaiser handelte und Häretiker verfolgte.57

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TEIL IV

Niedergang »Du musst dich selbst fragen …« »Ich muss gar nichts: Ich bin der König!« Joffrey Baratheon, Erster seines Namens; Wortwechsel zwischen Cersei Lannister und ihrem Sohn, Game of Thrones, Staffel 3, Episode 2 (2013)

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14  Paterfamilias (1548–1551) Das Liebesleben des Kaisers I: drei außereheliche Töchter Im Jahr 1530 versicherte ein mantuanischer Diplomat, dass Karl »jeder Frau, die mit ihm schläft, bis zu zwei Dukaten die Nacht schenkt«. 1548 behauptete ein venezianischer Gesandter, dass des Kaisers »Ärzte und jene, die ihn gut kennen, sagen, dass er von Natur aus Sinnesfreuden sehr zugetan war und immer noch ist und viele Frauen geliebt hat«. Und dessen Nachfolger erklärte 1557, dass Karl »an jedem Ort, den er besuchte, reichlich den geschlechtlichen Freuden frönte mit Frauen aus der Unterschicht ebenso wie mit solchen aus der Oberschicht«. Da keiner dieser Diplomaten seine Quelle offenbarte, könnte man ihre Behauptungen leicht als anzügliches Geschwätz abtun – wäre da nicht die Tatsache, dass Karl vier außereheliche Kinder anerkannte, von denen zwei von jugendlichen Bediensteten empfangen wurden (Tafel 3).1 Gegen Ende des Jahres 1521 verführte Karl während eines sechswöchigen Aufenthalts auf dem Schloss zu Oudenaarde in den Niederlanden eine der Bediensteten, Johanna van der Gheynst. Als Johanna niederkam, war Karl längst nach Spanien zurückgekehrt; aber er hinterließ Instruktionen, dass seine Tochter nach seiner Tante Margarete benannt, nach Brüssel gebracht und am Hof erzogen werden sollte. Im Gegenzug für ihr Einverständnis, das Kind herzugeben, gewährte Karl Johanna eine bescheidene Jahresrente und arrangierte für sie eine Ehe weit über ihrem sozialen Stand; und als er zwanzig Jahre später von ihrem Tod erfuhr, übertrug er die Rente auf ihre ehelichen Kinder.2 Erzherzogin Margarete zeigte reges Interesse an ihrer Großnichte und Namensvetterin. Sie kaufte ihr Geschenke, unterwies sie im Reiten und in der Jagd und lud sie gelegentlich zu höfischen Veranstaltungen ein. Karl spielte mit dem Gedanken, »meine Bastardtochter, die in den Niederlanden lebt«, mit einem italienischen Prinzen zu verheiraten – zuerst mit dem Sohn des Herzogs von Ferrara, dann mit dem Erben von Mantua und schließlich mit Alessandro de’ Medici, dem Neffen des Papstes –, um sie auf diese Weise für sich zu gewinnen. Im Jahr 1529 gewährte er seiner Tochter das Recht, den Familientitel »von Österreich« zu benutzen, und gab eine Legitimitätserklärung ab. Als er zwei Jahre später nach Brüssel zurückkehrte, traf er sie schließlich zum ersten Mal. Bald darauf willigte

» Kaiserin Isabella durchlebte neun Schwangerschaften, aber nur drei ihrer Kinder überlebten sie, und von diesen wiede-

rum brachten nur zwei mehr als einen Erben hervor: Maria, die neun Kinder zur Welt brachte, und Philipp II., der von vier Ehefrauen nur zwei Kinder hatte, die ihn überlebten. Karl zeugte außerdem vier außereheliche Kinder, von denen zwei in ein Kloster eintraten (Tadea und Juana); eines heirate nie, zeugte aber mindestens zwei außereheliche Kinder (Gerónimo, später bekannt als Don Juan); und das andere (Margarita) gebar Zwillinge, von denen ein Sohn im Kindesalter starb.

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(Mutter Maria)

Don Carlos 1545–1568

Mary Tudor 1516–1558

(2)

Maria Manuela 1527–1545

(1)

Philipp II. 1527–1598

Neun Kinder

Maximilian II. von Österreich 1527–1576

Maria 1528–1603

Isabella von Portugal 1503–1539

1 Totgeburt

plus

Fernando 1529–1530

Sebastian 1554–1578

Johann (Manuel) von Portugal 1537–1554

Johanna 1535–1575

Johanna 1573–1630

Don Juan de Austria 1547–1578 Mutter Barbara Blomberg gest. 1597

Gerónimo später

außereheliche Nachfahren

Anna 1568–1629

3 Totgeburten

plus

Johann 1537

Kaiserin Isabella durchlebte neun Schwangerschaften, aber nur drei ihrer Kinder überlebten sie, und von diesen wiederum brachten nur zwei mehr als einen Erben hervor: Maria, die neun Kinder zur Welt brachte, und Philipp II., der von vier Ehefrauen nur zwei Kinder hatte, die ihn überlebten. Karl zeugte außerdem vier außereheliche Kinder, von denen zwei in ein Kloster eintraten (Tadea und Juana); eines heirate nie, zeugte aber mindestens zwei außereheliche Kinder (Gerónimo, später bekannt als Don Juan); und das andere (Margarita) gebar Zwillinge, von denen ein Sohn im Kindesalter starb

Carlo Farnese 1545–1549

Ottavio Farnese, Herzog von Parma 1524–1586

(2) 1538

Alessandro de᾽ Medici, Herzog von Florenz 1511–1537

Alexander Farnese 1545–1592

Mutter unbekannt

Mutter

Orsolina della Peña

Mutter

Johanna van der Gheynst

(1) 1536

Juana 1523–1530

Tadea 1523–nach 1562

Margarita 1522–1586

Karl V. 1500–1558

Tafel 3: Der Stammbaum von Karl V. und Isabella

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Teil IV  Niedergang

er auf Ersuchen von Papst Clemens VII. ein, dass »meine sehr liebe und heißgeliebte Tochter« in Rom wohnen solle, und unterrichtete ihre Gouvernante darüber, was »Margarita« (so ihr spanische Name) lernen sollte und wie sie sich zu verhalten habe. Im Jahr 1536 fand die Vermählung der Dreizehnjährigen mit Alessandro de’ Medici, inzwischen Herzog von Florenz, unter persönlicher Anwesenheit des Kaisers in Neapel statt. Aber der Verbindung war kein Glück beschieden: Ein Jahr später ermordete ein unzufriedener Verwandter Alessandro.3 Obwohl die junge Witwe anfing, ihre Briefe mit »traurige Margarita« zu unterschreiben, kostete sie ihre neue Freiheit aus, bis Karl einschritt. Im Januar 1538 informierte der Kaiser ihren Kämmerer (den er bestimmt hatte), ihm sei »zu Ohren gekommen, dass die Herzogin [Margarita] manchmal auf die Jagd geht und zwei, drei oder auch vier Tage fernbleibt«, und befahl ihm, »sie auf welche Art auch immer davon abzuhalten. Wenn sie auf die Jagd gehen will, muss sie jede Nacht nach Hause kommen.« Im folgenden Monat akzeptierte Karl den Vorschlag von Papst Paul III., dass sein Enkel, Ottavio Farnese, Margarita heiraten solle, und kurz danach fand in der Sixtinischen Kapelle die Zeremonie statt.4 Auch diesem Bund war kein Glück beschieden. In der Hochzeitsnacht konnte der vierzehnjährige Ottavio die Ehe nicht vollziehen, und danach weigerte sich Margarita, mit ihm zu schlafen. Sie schrieb ihrem Vater einen ungezogenen Brief, in dem sie sich über diese unbefriedigende Situation beklagte, sodass Karl sich veranlasst sah, »den ersten Brief, den ich Euch mit eigener Hand geschrieben habe«, zu verfassen. Nachdem er ihre Ausdrucksweise kritisiert hatte, »die Ihr gegenüber keinem Christen gebrauchen solltet, vor allem nicht gegenüber mir, da ich Euer Vater bin«, machte er sich denselben passiv-aggressiven Tonfall zu eigen, den er im Briefverkehr mit ihm nahestehenden Personen regelmäßig benutzte: »Bislang habe ich keinen Zwang angewendet, noch würde ich es wollen. Ich ziehe es vor, Euch hinsichtlich dessen, was Ihr tun solltet und müsstet, als Vater zu ermahnen, und ich hoffe und vertraue darauf, dass meine Ermahnung, mein Rat und meine Bitten sich als nützlicher erweisen werden als all der Zwang und die Drohungen, die andere hätten anwenden können.« Er schloss mit der Hoffnung, dass Gott »Euch leiten, führen und veranlassen wird, alles zu tun, was Ihr solltet, und auch, was Ihr mir und Euch selbst schuldet als die gute Tochter, die Ihr seid; und ich verspreche, dass Ihr mich immer als guten Vater empfinden werdet«. Augenscheinlich antwortete Margarita mit weiteren Klagen über ihren Gemahl, denn ein paar Wochen später schrieb Karl mit eigener Hand einen weiteren Brief. Diesmal entschuldigte er sich, dass er ihr, hätte er »diese Dinge am Anfang gewusst«, diese Ehe nicht aufgezwungen hätte; aber nun, fuhr er fort, »würde ich meine Pflichten als guter Vater nicht erfüllen oder das Vertrauen rechtfertigen, das Ihr in mich gesetzt habt, wenn ich Euch nicht ermahnte und dazu anhielte, zu tun, was Euch geziemt, um Eurer

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Ehre und Eurem Gewissen zu genügen« – nämlich mit Ottavio »als Eheweib zu leben«.5 Trotzdem gab der Kaiser sich alle Mühe, die Klagen seiner Tochter aufzugreifen: Als er 1541 nach Algier aufbrach, nahm er ihren Ehemann mit und behielt ihn zwei Jahre lang in seinem Gefolge. Damit waren die ehelichen Schwierigkeiten des Paares vorläufig gelöst. Als die beiden sich wiedertrafen, »schlief Herzog Ottavio zum ersten Mal mit seiner Dame und ejakulierte viermal«, so eine gut informierte Quelle. Und im August 1545 brachte Margarita Zwillinge zur Welt. Karl »zeigte große Freude, als er sich [nach seinen Enkeln] erkundigte und wissen wollte, wie schwer und groß sie seien und ob sie sich in irgendeiner Weise voneinander unterschieden«.6 Zwei Jahre später schlug der Kaiser abermals einen anderen Ton an, nachdem er herausgefunden hatte, dass Ottavio an Syphilis erkrankt war: Jetzt tat er »alles, was er konnte, um zu verhindern, dass die Herzogin angesteckt wurde«. Margarita wollte keine weiteren Kinder mehr gebären, und sie und Ottavio fügten sich widerstrebend Karls Forderung, den mittlerweile einzigen überlebenden Zwilling Alessandro zur Erziehung nach Spanien zu schicken.7 Karl verführte auch Orsolina della Penna aus Perugia, die »sehr schöne« Witwe eines Adligen, als sie 1522 an seinem Hof in den Niederlanden weilte. Sobald der Kaiser erfuhr, dass Orsolina schwanger war, schickte er sie zurück nach Italien, wo sie ihre Tochter, Tadea, zur Welt brachte. Das Kind wurde den Nonnen eines benachbarten Konvents anvertraut, aber acht Jahre später, kurz vor seiner Krönung zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, forderte Karl Tadea auf, ihn in Bologna zu treffen. Nachdem er sie öffentlich als seine Tochter anerkannt hatte, »ließ er an ihrem rechten Bein ^  «. Das heißt, unterhalb des Knies ein Zeichen anbringen, und zwar ein   I H  S seine Tochter wurde mit einem dauerhaften Mal versehen, das abgekürzt für den Namen Jesus stand – und das wahrscheinlich mithilfe eines scharfen Instruments. Es war eine außergewöhnliche Maßnahme.8 Tadea kehrte in ihren Konvent zurück, bis Karl sie 1532 erneut für einen kurzen Besuch nach Bologna kommen ließ und sie anschließend zurückschickte, wobei er die Anweisung mitgab, »sie weder ihrer Mutter noch sonst irgendjemandem zu übergeben, bis Seine Majestät darüber verfügt«. Zweifellos wollte er sie (wie Margarita) als dynastische Schachfigur benutzen und war daher wütend, als Orsolinas Halbbrüder in das Kloster einbrachen, Tadea gewaltsam entführten und sie zwangen, einen örtlichen Adligen zu ehelichen. Der Kaiser schrieb Orsolina einen vorwurfsvollen Brief, beruhigte sich aber bald wieder: »Obwohl wir sehr wütend auf Sie waren, werden gnädige Frau trotzdem Dankbarkeit gegen uns empfinden, weil wir zusammen mit dem Überbringer 3000 Goldescudos schicken, die zum Vorteil und Nutzen unserer Tochter aufgewendet werden sollen.« Nach dem Tod ihrer Mutter und ihres Ehemanns ging Tadea 1550

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nach Rom und wurde Nonne, aber als sie erfuhr, dass Karl abgedankt hatte und nach Yuste gezogen war, bat sie brieflich um seine Erlaubnis, nach Spanien kommen zu dürfen. Nachdem sie keine Antwort erhalten hatte, schickte sie 1562 einen Boten zu Philipp II ., der dieselbe Bitte überbrachte zusammen mit Dokumenten, die ihre erlauchte Abstammung bewiesen. Mit typischer Gefühllosigkeit hatte Karl es versäumt, Philipp zu informieren, dass er noch eine weitere Halbschwester hatte, sodass der König nun wahrscheinlich zum ersten Mal von ihrer Existenz erfuhr. Mit ähnlicher Gefühllosigkeit archivierte Philipp ihre Bitte und rührte keinen Finger für Tadea.9 Karls dritte außereheliche Tochter wurde 1523 in Valladolid geboren. Wahrscheinlich war sie die Frucht einer Liaison mit der Tochter eines verbannten venezianischen Adligen.10 Der Kaiser schickte die Mutter und das Baby, das Juana hieß, sogleich in das Augustinerinnenkloster Madrigal de las Altas Torres in Ávila, wo die Priorin, María de Aragón (eine außereheliche Tochter Ferdinands des Katholischen und somit Karls Tante), sich um die beiden kümmerte. Im folgenden Jahr berichtete die Priorin, das Kind habe »einen wundervollen Körper für sein Alter, und vor etwa einem Monat fing es an zu laufen, wenn man es an den Ärmchen nahm«, um demonstrativ hinzuzufügen: »Jeden Tag sieht es dem Kaiser ähnlicher.« Außerdem erklärte die Priorin, die Mutter des Kindes sei »sehr traurig, weil Seine Majestät nie an das Kind gedacht hat oder sich erkundigt hat, wie es ihm geht, seit er Juana hierherschickte.« Sie bat um einen Besuch von Karl, wenn er das nächste Mal seine Mutter in Tordesillas besuche, das nicht weit entfernt lag. Aber Juana ertrank offensichtlich 1530 im Brunnen des Klosters und wurde in Madrigal begraben, ohne ihren Vater je kennengelernt zu haben.11 Solange er verheiratet war, scheint Karl sich seiner promiskuitiven Gewohnheiten enthalten zu haben, aber die Versuchung war selten fern. Als er 1531 für seine Schwester Maria als Regentin der Niederlande einen Hofstaat einrichtete, benannte er als eine ihrer Kammerfrauen »die junge Witwe Egmont« und rechtfertigte seine Wahl gegenüber seinem Bruder Ferdinand in verräterischer Ausführlichkeit: »Um Euch zu beweisen, dass ich mich nicht von der Zuneigung zu jungen Frauen habe hinreißen lassen, habe ich die Ernennung bis jetzt hinausgezögert, wo ich im Begriff stehe abzureisen, sodass niemand fälschlicherweise behaupten oder denken kann, dass ich es in böser Absicht getan habe. Ein so schlechter Ehemann bin ich nicht.«12 Karls Beichtvater, García de Loaysa, war sich da offenbar nicht so sicher, wenn er ihn rügte: »Lasst Euch nie von Eurer sündhaften Wollüstigkeit beherrschen.« Mehrere Beobachter sprachen ebenfalls von des Kaisers offenkundiger »Zuneigung zu jungen Frauen«. Als daher im Jahr 1530 »sechzig hiesige Frauen, junge und alte, schöne und reizlose«, erschienen, um Karl in Innsbruck willkommen zu heißen, »schüttelte er ihnen

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allen die Hand und gab den jüngeren einen Kuss«. Als Karl fünf Jahre später feierlich in Neapel Einzug hielt, räumte er freimütig ein, dass er gern flirtete. »Jedermann weiß um die Anziehungskraft der Stadt und um die Schönheit und Liebenswürdigkeit der Frauen, die dort leben«, erzählte er seinen Höflingen und gestand ein: »Ich bin nicht anders als andere Männer, und ich wollte ihre Gunst erlangen. Am Morgen meiner Ankunft rief ich meinen Barbier, damit er mich faconierte, rasierte und parfümierte. Er stellte einen Spiegel vor mich hin. Ich sah mich an und entdeckte [ein paar graue Haare]  … Erschrocken und erstaunt fragte ich: ›Was ist das?‹ Mein Barbier erwiderte: ›Zwei oder drei weiße Haare.‹ Dabei waren es mehr als ein Dutzend. ›Entfernt diese Haare‹, befahl ich ihm, ›und lasst kein einziges stehen.‹«

»Und wisst Ihr, was dann geschah?«, fragte der Kaiser rhetorisch. »Kurz danach, als ich mich erneut im Spiegel betrachten wollte, stellte ich fest, dass für jedes weiße Haar, das entfernt worden war, drei neue erschienen waren; und hätte ich diese entfernen lassen wollen, wäre ich im Nu so weiß gewesen wie ein Schwan.«13 Trotz der weißen Haare nutzte der Kaiser während seines Aufenthalts in Neapel über den Winter 1535/36 (glaubt man einem Mitglied seines Gefolges) »die Feste, um alle Damen und vornehmen Frauen Neapels kennenzulernen«. Vor allem die Herzogin von Salerno sah er täglich, und eines Abends bei einem Maskenball »bat er mit Nachdruck einmal, zweimal und ein drittes Mal, ihre Hand küssen zu dürfen«. Um ihre Gunst zu gewinnen, gewährte er alles, worum sie ihn ersuchte (einschließlich ihrer Bitte, er möge einen verurteilten Mörder begnadigen – ein schrecklicher Fehler, über den er später Bedauern äußerte).14 Zwei Jahre später auf einem Maskenball in Barcelona »redete und lachte der Kaiser nicht weniger als andere vornehme Herren. Es geschah, dass er einer Dame, mit der er sich unterhielt, sagte, dass er der Kaiser sei, und seine Maske abnahm, damit sie ihn erkennen würde, und der Dame dann sagte, sie solle so tun, als ob sie ihn nicht kennte, und ihn behandeln wie jeden anderen Mann von Stand.« Gerüchte über die »Maskerade« erreichten bald den Hof, und der Sekretär der Kaiserin, Juan Vázquez de Molina, machte seinem Onkel, Los Cobos, Vorhaltungen wegen dessen Teilnahme. Er erwiderte: »Was man über mein Erscheinen um Mitternacht sagt, ist eine Lüge«, gab aber dann zu, dass er dreimal maskiert ausgegangen sei, einmal »mit dem Kaiser. Und da Seine Majestät Gefallen daran findet, hat der Tratsch nicht viel Gewicht.« Doch gewiss lastete der Tratsch auf der Kaiserin. Karl hatte sie abermals zurückgelassen, schwanger und – laut einer ihrer Kammerfrauen – »sehr verbittert, weil er wegging«.15

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Das Liebesleben des Kaisers II: ein außerehelicher Sohn Der Tod seiner Gemahlin gab Karl einmal mehr Gelegenheit, seinem Hang zum Flirten nachzugeben. Während seines Aufenthalts in Regensburg zwischen April und August 1546, als er mit dem Reichstag verhandelte und Vorbereitungen zum Angriff auf die deutschen Lutheraner traf, verführte er Barbara Blomberg, ein junges Mädchen, das genauso alt war wie sein Sohn Philipp. Barbara war die Tochter eines Gürtlers und außerdem mit dem Wirt des Gasthofes verwandt, in dem Karl abgestiegen war, sodass sie kommen und gehen konnte, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen. Am 24. Februar 1547, Karls Geburtstag, brachte sie seinen Sohn zur Welt, den sie Gerónimo nannte. Er sollte später als Don Juan de Austria bekannt werden.16 Karls anfängliche Reaktion glich seinem Verhalten nach der Geburt von Margarita – er sorgte dafür, dass das Kind von seiner Mutter getrennt und nach Brüssel gebracht wurde –, aber während er sich über »meine kleine Bastardtochter« gefreut hatte und sie als dynastische Schachfigur benutzte, hielt er die Existenz seines Sohnes geheim. Im Jahr 1550 zwang er François Massi, einen seiner Musiker, eine eidesstattliche Erklärung des Inhalts zu unterzeichnen, dass der kaiserliche Kammerdiener Adrian du Bois ihn ermächtigt habe, seinen außerehelichen Sohn nach Spanien zu bringen, »weil Adrian nicht will, dass seine Frau davon weiß«, und ihn dort bis auf Weiteres zu erziehen. Die eidesstattliche Erklärung ist nur bekannt, weil Karl eine Abschrift einem geheimen Kodizill zu seinem Testament beifügte, das 1554 ohne Zeugen verfasst und unterschrieben wurde. Darin gab er zu, dass er – und nicht Adrian du Bois – der Vater sei: »Als ich nach dem Tod der Kaiserin in Deutschland war, zeugte ich mit einer unverheirateten Frau einen natürlichen Sohn. Sein Name ist Gerónimo.« Er verfügte, dass eidesstattliche Erklärung und Kodizill bis nach seinem Tod versiegelt und geheim bleiben sollten – zweifellos, weil er sich schämte, als Mann von 46 Jahren eine Affäre mit einem jungen Mädchen gehabt zu haben.17 Einstweilen sorgte der Kaiser dafür, dass Doña Magdalena de Ulloa, die Gattin seines Kampfgefährten Luis Méndez de Quijada, die Erziehung seines heimlichen Sohnes auf ihrer Burg in Villagarcía de Campos, fünfzig Kilometer entfernt vom Hof in Valladolid, beaufsichtigte. Er blieb dort bis 1558, als der Kaiser Quijada befahl, Gerónimo zu veranlassen, in der Nähe von Yuste zu leben. Karl traf seinen Sohn nur einmal, bevor er starb, lehnte es aber ab, ihn anzuerkennen. So blieb es seinen ehelichen Kindern überlassen, selbst herauszufinden, dass sie noch einen Bruder hatten (Kap. 15). Barbara Blomberg wurde von Karl etwas besser behandelt. Sie heiratete später Hieronymus Kegel, einen kleinen kaiserlichen Beamten, dem der Kaiser »in Anbetracht gewisser guter Dienste, die er dem Kaiser geleistet hat, und um seine Unkosten zu decken, während er auf irgendeine angemessene Stellung von Sei-

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ner Majestät wartet«, 100 Pfund bewilligte. Kurz danach erhielt Kegel außerdem eine Jahresrente von 100 Gulden, verbunden »mit der Verpflichtung, in den Niederlanden zu wohnen und, wann immer gewünscht, der Regentin [Maria] aufzuwarten und ihre Befehle auszuführen«. Barbara und ihr Gatte machten Brüssel zu ihrem ständigen Wohnsitz, wo sie drei Kinder großzogen.18 Obwohl Barbara und Karl zwischen 1553 und 1556 beide in Brüssel lebten, sah sie ihn wahrscheinlich (wenn überhaupt) nur ein einziges Mal aus der Ferne. Dennoch gedachte der Kaiser, als er auf dem Totenbett lag, ihrer liebevoll und wies einen getreuen Ratgeber an, der kaiserlichen Privatschatulle »600 Kronen in Gold« zu entnehmen – ein beträchtliches Geschenk – und ihr die Summe auszuhändigen. Dann verlor er das Bewusstsein und starb am nächsten Tag.19

Die Erziehung des Erben Das besondere Augenmerk Karls galt stets seinem Sohn und Erben: Prinz Philipp. Für seine Geburt blieb er bei der Kaiserin, ein einmaliges Ereignis, und er wies Vorschläge zurück, der Knabe solle einen traditionellen Namen des Hauses Trastámara erhalten wie etwa Fernando oder Juan. Stattdessen nannte er ihn nach seinem Vater, den er kaum gekannt hatte, Philipp. Einem Gesandten zufolge »war der Kaiser so froh und hat so viel Freude an seinem neuen Sohn, dass er nichts anderes tut, als Festlichkeiten zu organisieren« (Kap. 7). Als Karl 1529 nach Italien in See stach, ließ er zwei eheliche Kinder zurück, Philipp und María (geboren 1528). Kurz nach seiner Abreise brachte die Kaiserin einen weiteren Sohn zur Welt, Fernando, der jedoch ein Jahr später starb. Eine weitere Tochter wurde 1535 geboren während der Abwesenheit des Kaisers in Afrika: Johanna. Auf seinen Reisen zwischen 1529 und 1533 versuchte der Kaiser drei Bewunderer von Erasmus als Lehrer des Prinzen zu gewinnen – Francisco de Bobadilla y Mendoza, der an der Universität von Salamanca lehrte; Joachim Viglius van Aytta aus Friesland, Professor der Rechte an der Universität von Padua; und Juan Luis Vives, einer der führenden Humanisten seiner Zeit, der in den Niederlanden lebte –, aber obwohl alle drei ihm später in anderen Funktionen dienen sollten, nahm keiner das Angebot an. Daher berief Karl eine kleine Kommission, die einen Lehrer auswählen sollte. Von fünfzehn Kandidaten blieben am Ende drei übrig. Einer von ihnen war Juan Martínez del Guijo, gewöhnlich bekannt unter der latinisierten Version seines Familiennamens, Silíceo, ein 48 Jahre alter Priester von bescheidener Herkunft, der in Paris studiert und Bücher über Philosophie und Mathematik veröffentlicht hatte, bevor er Professor für Philosophie in Salamanca wurde. Dort erlebte ihn der Kaiser im Juni 1534 in Vorlesungen. Im Juli desselben Jahres berief er ihn zum Hauslehrer seines Sohnes.20

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Ein Jahr später richtete Karl einen eigenen Hofstaat für Philipp ein und beauftragte Juan de Zúñiga y Avellaneda y Velasco, einen der Felipistas, die 25 Jahre zuvor in die Niederlande gekommen und in seinen Dienst getreten waren, mit dessen Führung. Der Kaiser organisierte dabei den Hofstaat seines Sohnes nicht nach dem Vorbild des burgundischen Zeremoniells wie seinen eigenen, sondern suchte stattdessen die Hofhaltung seines Onkels Johann (Juan), des letzten gebürtigen Prinzen von Kastilien, nachzuahmen. Zúñiga wies er an, sich bei den noch lebenden Mitgliedern von dessen Hof ausführliche Informationen über den Zuschnitt desselben zu beschaffen. Einer, der ihm früher angehört hatte – der Historiker Gonzalo Fernández de Oviedo –, kam für eine Befragung an Karls Hof und wurde später ersucht, alles aufzuschreiben, woran er sich erinnern könne, weil der Kaiser wünschte, dass sein Sohn »auf die gleiche Weise wie der Prinz, sein Onkel, erzogen und betreut werde«. Philipp sollte »ein echter Prinz von Kastilien« werden.21 Fortan umfasste das Gefolge des Prinzen ausschließlich männliche Bedienstete – der Kaiser stellte etwa vierzig ein –, und Zúñiga oder sein Stellvertreter schliefen nachts in Philipps Kammer und ließen ihn tagsüber nicht aus den Augen. »Ich bin nur dann nicht da«, erklärte Zúñiga, »wenn ich Euer Majestät schreibe« oder wenn der Prinz »im Unterricht ist oder mit seiner Mutter an einem Ort weilt, den ich nicht betreten darf.«22 Dass Zúñiga vom Unterricht des Prinzen ausgeschlossen blieb, war kasti­ lische Tradition, denn »der Prinz sollte von zwei Personen in unterschiedlichen Gegenständen unterwiesen werden: einem Lehrer, der ihn in Literatur und gutem Benehmen unterrichtet, und einem Erzieher, der ihn in militärischen und ritterlichen Übungen unterweist«.23 So war es Silíceo, der den Prinzen und sechs seiner Pagen im Lesen, Schreiben und Beten unterrichtete – obgleich der Lernfortschritt langsam war, weil der Lehrer sehr viel Nachsicht übte. Im Februar 1536 informierte Silíceo Karl, dass er die lateinischen Aufgaben des Prinzen »für einige Tage ausgesetzt« habe, denn »die Anfangsgründe sind schwierig«. Und vier Jahre später, als der Prinz dreizehn war, meldete Silíceo, dass »wir gerade erst mit dem lateinischen Aufsatz begonnen haben«.24 Silíceos lockerer Unterrichtsstil und seine feindliche Einstellung gegenüber dem Humanismus trugen kaum dazu bei, dem Prinzen geistige Anregungen zu vermitteln. Ende 1538 enthielt seine Bibliothek gerade einmal sechzehn Bücher, die mit Ausnahme einer »kaiserlichen Ahnentafel« und von drei Werken über spanische und lateinische Grammatik durchweg der Gattung der Andachts- und Erbauungsliteratur zuzurechnen waren. Überdies handelte es sich, wie José Luis Gonzalo Sánchez-Molero anmerkt, bei »vielen Büchern, die zwischen 1535 und 1541 zur Erziehung des künftigen Philipp II. verwendet wurden, um Handschriftenbände«, woraus folgt, dass er – wie sein Vater zwei Jahrzehnte zuvor – »anscheinend nach den ästhetischen und kulturellen Kriterien des vorigen Jahrhunderts lernte«.25

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Mehr Erfolg hatte Silíceo mit der Förderung von Philipps religiöser Hingabe. Sogar der strenge und fromme Zúñiga war beeindruckt, als er im Frühjahr 1535 das Amt des Erziehers übernahm, und vermerkte, dass »die Gottesfurcht dem Prinzen in einer Weise im Blut liegt, wie ich dergleichen noch nie bei jemandem seines Alters gesehen habe«. Binnen Kurzem erstand der Prinz mehrere religiöse Werke, darunter drei kleine, aber prächtig gebundene liturgische Werke, die offenbar an seinem Gürtel hängen oder auf seinem Nachttisch liegen sollten, außerdem ein Stundenbuch und ein schön illuminiertes Taschenrosarium (ein Gebetbuch).26 Ab 1535 widmete Philipp seine Vormittage meistens dem Gebet, und auf die Andacht folgten (wenn er gesund war) Unterrichtsstunden in Gesellschaft der Söhne von Zúñiga, Los Cobos und Francisco de Borja. Im August jenes Jahres war der Achtjährige so glücklich, als er vom Sieg seines Vaters bei Tunis erfuhr, dass er »beschloss, Euer Majestät einen Brief von eigener Hand zu schreiben« – doch solche freiwilligen Ausflüge in die Welt des Lesens und Schreibens blieben selten. »Er lernt sehr gut, sobald er keinen Unterricht hat«, murrte Z ­ úñiga.27 Der unerwartete Tod der Kaiserin im Jahr 1539 veranlasste Karl, wichtige Veränderungen im Leben seiner Kinder zu verfügen. Seinen Töchtern befahl er, zunächst in die Stadt Arévalo in Altkastilien und dann nach Ocaña südlich von Aranjuez zu ziehen, wo sie weitab vom Rummel des Hofes aufwachsen konnten. Fortan kontrollierte Karl ihr Leben sowohl direkt (obgleich er angeblich zu beschäftigt war, um offizielle Briefe zu beantworten, fand er doch Zeit, Anweisungen zu verfassen, die den Aufenthaltsort seiner Töchter änderten) als auch indirekt (indem er Philipp seine Anordnungen für sie durchsetzen ließ wie etwa sein Vorhaben, María 1544 mit dem Herzog Charles von Orléans zu verheiraten und vier Jahre später mit Maximilian, siehe Kap. 11).28 Nach Marías Heirat verfügte Karl, dass Johanna fern von ihren Geschwistern an Orten leben müsse, die so klein und abgelegen waren, dass kein Edelmann von Rechts wegen die Ehre beanspruchen konnte, ihr einen Besuch abzustatten. Am Ende schickte er sie nach Aranda del Duero, einer ungesunden Stadt, wo sie sich um seinen Enkel Don Carlos kümmern sollte, der zehn Jahre jünger war als sie. María verweigerte der Kaiser die Erlaubnis, ihre Schwester zu besuchen, und als er (die inzwischen fünfzehnjährige) Johanna 1550 nach Toro schickte, verbot er ihr ebenfalls, unterwegs haltzumachen und ihre Schwester zu sehen. Im darauffolgenden Jahr gestattete er Johanna nur widerstrebend, María und Maximilian zu besuchen, bevor sie nach Deutschland abreisten, aber sie sollten sich nie wiedersehen.29 Auch seinen Sohn kontrollierte Karl genau. Nach dem Tod der Kaiserin vergrößerte er den Umfang von Philipps Hofstaat und beförderte Zúñiga zum Obersthofmeister (mayordomo mayor), der gleichzeitig weiter als Erzieher des

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Prinzen fungierte. Enttäuscht, weil es Silíceo nicht gelang, seinem Sohn Latein beizubringen, beauftragte Karl zwei Jahre später Zúñiga, Pardo de Tavera und Los Cobos, als Kommission zusammenzutreten und einen geeigneten neuen Hauslehrer vorzuschlagen. Sie empfahlen den in Katalonien erzogenen Juan Cristóbal Calvete de Estrella und merkten an, dass er nicht nur »ein sehr gelehrter Mann« sei, sondern auch von »reinem Blut« (limpio de sangre: das heißt, er hatte keine jüdischen oder muslimischen Vorfahren). Wie erwartet stellte Karl ihn dann auch an, »um den Prinzen und alle seine Pagen in Grammatik zu unterrichten«. Kurz darauf berief er noch drei weitere Lehrer: Honorato Juan aus Valencia sollte ihn in Mathematik und Architektur unterrichten, Juan Ginés de Sepúlveda aus Córdoba in Geschichte und Geografie und Francisco de Vargas Mexía aus Toledo in Theologie. Obwohl alle vier Lehrer Spanier waren (wenn auch aus unterschiedlichen Regionen), war jeder von ihnen viel in Europa herumgereist und konnte sich einer kosmopolitischen Weltanschauung rühmen, die den Horizont des Prinzen und seiner Mitschüler erweitern würde.30 Im Gegensatz zu Silíceo begeisterte sich Calvete für humanistische Gelehrsamkeit. Binnen Jahresfrist hatte er 140 Bücher für den Prinzen erworben und damit den Umfang seiner Bibliothek mehr als verdoppelt. Im Jahr 1542 nahm Karl seinen Sohn mit nach Navarra, Aragón, Katalonien und Valencia. Hauptzweck der Reise war es, sicherzustellen, dass die einzelnen Königreiche Philipp als Thronfolger anerkannten, aber Calvete, Juan und Sepúlveda – die alle Philipp und seinen Vater begleiteten – ergriffen jede Gelegenheit, ihn über all die Unterschiede in Sprache, Kultur und Geschichte seiner künftigen Untertanen zu unterrichten. Der Prinz bewunderte antike Ruinenstätten, Münzen und Inschriften entlang der Reiseroute, traf einen Gesandten des Schahs von Persien und einen Bruder des kongolesischen Königs und erhielt von Bartolomé de Las Casas eine mit einer Widmung versehene handschriftliche Kopie seines Kurzgefassten Berichts von der Verwüstung der westindischen Länder (siehe Kap. 13). Als die Nachricht eintraf, dass die Franzosen Perpignan belagerten, die zweitwichtigste Stadt Kataloniens, leitete Sepúlveda die am Hofe geführte Debatte darüber, wie die Stadt am besten entsetzt werden könne. Es war das erste Mal, dass Philipp mit Fragen militärischer Strategie in Berührung kam. Darüber hinaus unterwies Karl seinen Sohn während der gesamten Reise und auch nach ihrer Rückkehr nach Madrid in der Regierungskunst. Zweifellos wollte er solche Unterrichtsstunden zur festen Einrichtung machen, aber sein Aufbruch im Jahr 1543 zu direkten militärischen Operationen gegen Frankreich und Geldern verhinderte jede weitere kaiserliche Unterweisung und hielt ihn davon ab, über Philipps Verheiratung zu wachen. Im September 1542 hatte Karl »den König von Portugal um die Hand seiner ältesten Tochter gebeten«, María Manuela, weil »das Alter des Prinzen, meines

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Sohnes, es mehr als notwendig macht, seine Verheiratung zu arrangieren, um die Dynastie fortzusetzen«. Weil die Prinzessin nicht nur die Tochter seiner Schwester Catalina, sondern auch die Nichte der verstorbenen Kaiserin war, musste Karl vom Papst gleich mehrere Dispense erbitten, um »jeden einzelnen Fall von Blutsverwandtschaft und Verschwägerung, der zwischen dem Prinzen und der Prinzessin besteht«, zu erfassen (Abb. 28).31 Dies verzögerte die Hochzeit, sodass Karl sich bemüßigt sah, die ehelichen Pflichten seines Sohnes in Schriftform darzulegen. Das Ergebnis waren die »Anweisungen an seinen Sohn Philipp aus Anlass seiner Verheiratung und seiner Bestellung zum Regenten in Kastilien und Aragón« vom 4. Mai 1543, worin er fast vier Seiten dem Thema Sex widmete. »Mein Sohn, so Gott will, werdet Ihr Euch bald verheiraten«, begann der Kaiser und warnte, dass Geschlechtsverkehr im Alter von sechzehn Jahren »schädlich zu sein pflegt sowohl für das Wachstum des Körpers als auch für seine Kräftigung: Er pflegt oftmals eine solche Schwäche zu hinterlassen, dass er das Erzeugen von Kindern stört und ans Leben geht.« Er hatte seinen Sohn bereits befragt, um sicherzugehen, dass er noch unberührt war (»Weil ich ganz überzeugt bin, dass Ihr mir die Wahrheit über Eure Vergangenheit gesagt habt und dass Ihr mir Euer Wort [keusch zu leben] bis zum Zeitpunkt Eurer Verheiratung erfüllt«); nun verlangte er, dass der Prinz nach der Hochzeit ebensolche Zurückhaltung übe. »Und so bitte und beschwöre ich Euch inständigst, dass Ihr Euch, nachdem Ihr die Ehe vollzogen habt, unter irgendeinem Vorwand entfernt und nicht so bald zurückkommt und nicht zu oft, um sie zu sehen, und wenn Ihr zurückkehrt, so sei es nur für kurze Zeit.«32 Karl untermauerte dieses erstaunliche Ansinnen sowohl mit Pathos (sollte ein zu intensives Liebesleben den Prinzen umbringen, »würden Eure Schwestern und ihre Männer Euch beerben – bedenkt nur, welch mageren Trost mir das in meinem hohen Alter spenden würde!«) als auch mit Maßnahmen, um das Wohlverhalten des jungen Paares zu erzwingen. Er schickte seine Anweisungen an Zúñiga und befahl dem Prinzen: »Ihr sollt sie lesen in seinem Beisein, damit er Sorge trage, Euch an die darin enthaltenen Dinge zu erinnern jedes Mal, wenn es ihm nötig zu sein scheint.« Und um »sicherzustellen, dass in der Sache keine Fehler passierten«, gab er Zúñiga »den Auftrag, dass er darin, auch wenn es Euch unangenehm ist, nicht unterlasse, alles das zu sagen und zu tun, was an ihm liegt, damit Ihr so handelt. Und ich bitte Euch, mein Sohn, dass Ihr Euch nicht über ihn ärgert und dass Ihr es ihm nicht übel nehmt, was er tut.« Am allerdemütigendsten war, dass er Francisco de Borja und seine Gattin anwies, »dass sie es ebenso halten mit der Prinzessin«, sobald María Manuela in Spanien eintreffe, »und dass sie dieselbe von Euch fernhalten bis auf die Zeiten, die für Euer Leben und für Eure Gesundheit zuträglich sind«. Eine effektivere Methode, bei einem knapp Sechzehnjährigen einen sexuellen Komplex zu erzeugen, ist schwer vorstellbar.33

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Philipp wird erwachsen In der Rückschau datierte Philipp den Beginn seiner persönlichen Herrschaft von dem Tag an, als sein Vater Spanien verließ. Im Jahr 1574 erinnerte er einen Minister: »Ich begann im Jahr 1543 zu regieren«, und zwei Jahre später lehnte er eine vorgeschlagene Änderung seines Verwaltungsstils ab, weil »ich seit fast 33 Jahren mit öffentlichen Angelegenheiten zu tun habe«.34 Das stimmte. Obwohl der Kaiser ursprünglich beabsichtigt hatte, dass sein Sohn lediglich »die Verfügungen und anderen Dokumente, seinen Hofstaat betreffend«, unterzeichnete und ansonsten tat, wie ihm geheißen, stellte er bald fest, dass er sich verrechnet hatte. Im Oktober 1543 fügte Karl am Ende eines Briefes, mit dem er seinen Sohn anwies, Geld zur Unterstützung seines Krieges in Frankreich zu schicken, ein eigenhändig geschriebenes Postskriptum hinzu, das einer Erpressung nahekam: »Mein Sohn: Ich bin mir sicher, wenn Ihr lest, was ich hier geschrieben habe, und seht, wie sehr es mich berührt, dann werdet Ihr alles tun, was ein treu ergebener Sohn verpflichtet ist zu tun, um Euren Vater in dieser Situation nicht im Stich zu lassen … Versäumt es nicht, mir die Soldaten und das Geld zu schicken, um die ich gebeten habe.« Knapp zwei Wochen später griff der Kaiser erneut zur Feder, um den Druck aufrechtzuerhalten: »Mein Sohn«, säuselte er nach einer weiteren Bitte um Soldaten und Geld aus Spanien, »einmal mehr bitte ich Euch, mir zu zeigen, was für ein treu ergebener Sohn Ihr seid.« Der Prinz blieb ungerührt. Bestärkt von seinen Ratgebern, die fürchteten, dass steuerlicher Druck Unruhen auslösen könnte, antwortete er im Februar 1544 – vier Monate später! – und erklärte ausführlich, warum er vorhatte, nichts zu tun: »Ich bitte Euer Majestät so aufrichtig, wie ich nur kann, das, was ich sage, in demselben Geist aufzufassen, in dem ich es schreibe. Ich trachte nicht danach, die ehrgeizigen Pläne Eurer Majestät einzuschränken, die das Ergebnis Eures kaiserlichen Wagemuts sind, sondern Euch an den gegenwärtigen Stand der Dinge zu erinnern, die Not, in welcher sich die Christenheit befindet, die Erschöpfung Eures Königreichs, den Schaden, der aus großen Kriegen folgt (wie gerechtfertigt sie auch sein mögen), und die Gefahr, in der wir uns befinden, angesichts feindlicher Flotten in Reichweite und weniger Mittel, ihnen Widerstand zu leisten.«

Alle Kriege zu beenden, sei die einzige realistische Strategie, betonte ­Philipp, »wenn Euer Majestät eine nicht wiedergutzumachende Katastrophe abwenden wollen«.35 José Luis Gonzalo Sánchez-Molero hat behauptet, dass Philipp in diesem Brief »zum ersten Mal seine politischen Ansichten offenlegte« – und zweifel-

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los erzürnten sie Karl zutiefst.36 Was auch für einige andere Entwicklungen gilt. Im Februar 1545 schickte der Kaiser Zúñiga einen langen Brief voller Vorhaltungen über seinen Sohn, der inzwischen fast achtzehn war. Er beklagte sich über »kleine Dinge, die in meiner Abwesenheit angefangen haben«, und gestand zwar zu, dass viele dieser »kleinen Dinge« nicht wieder abgestellt werden könnten, aber dennoch: »es wäre besser, wenn er nicht so spät zurückkehrte, wenn er auf die Jagd geht«, oder wenn er seine Studien nicht vernachlässigte. Andererseits galt: »Da er jetzt verheiratet ist und mit Staatsangelegenheiten beschäftigt und aus dem Alter heraus, wo es sich lohnen würde, ihn zu drängen, mehr zu tun, als er aus eigenem freien Willen zu tun beabsichtigt, scheint mir, dass ihm erlaubt sein sollte, zu tun, was er will. Wir sollten ihm nicht so sehr zusetzen, dass er über alles ärgerlich wird.«

Mit mehr Sorge erfüllten den Kaiser einige der anderen »kleinen Dinge«, als da wären »das liederliche Verhalten und die mit Aufstehen und Zubettgehen, mit An- und Auskleiden vergeudete Zeit« oder »die mangelnde Aufmerksamkeit, die er Andachtsübungen und Beichten erweist«, aber vor allem, »was im Haus [des Spaßmachers des Prinzen] geschah« – aber einmal mehr unternahm er nichts.37 Karl hatte schweren Herzens eingesehen, dass seine Abhängigkeit von der Unterstützung aus Spanien seine väterliche Autorität einschränkte. Just an dem Tag, an dem er seine Klage an Zúñiga schrieb, schickte der Kaiser Philipp eine weitere Bitte um Geld: »Glaubt mir: Wenn diesmal das Unmögliche nicht möglich wird, so kann ich meine verschiedenen Unternehmungen nicht aufrechterhalten«, denn ohne die Geldmittel, die nur Philipp aufbringen konnte, »werde ich ins Hintertreffen geraten«. Karl konnte es sich einfach nicht leisten, seinen Sohn zu verstimmen. Sobald María Manuela schwanger war, machten überdies Warnungen vor den Risiken von Sex in jugendlichem Alter Witzen über die Tüchtigkeit des Prinzen Platz: »Viele Glückwünsche zu ihrer Schwangerschaft: Ihr habt Euch besser geschlagen, als ich erwartete, weil ich dachte, Ihr würdet dazu noch ein weiteres Jahr brauchen!« Fortan mischte sich der Kaiser weniger oft in das Privatleben seines Sohnes ein, und Zúñiga ließ er wissen, dass »wir Euch weniger schreiben werden als zuvor, weil dieser arme alte Sünder nicht mehr tun kann. Und mit meinem Sohn werde ich es genauso halten.«38 Philipp gewann an Unabhängigkeit, als die »älteren und reifen Männer«, die sein Vater berufen hatte, um ihn anzuleiten, von der Bildfläche verschwanden. Zúñiga, sein »treuester Rat« und Mäßiger seines Liebeslebens, starb 1546, und Karl bestimmte keinen neuen Erzieher. In demselben Jahr starb auch der altgediente Kardinal Tavera, der zeitweilig die Regentschaft über Spanien

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innegehabt hatte; der Herzog von Alba reiste ab, um in Deutschland zum Kaiser zu stoßen; und Francisco de Los Cobos wurde von Krankheit gezwungen, sich auf seine Güter zurückzuziehen, wo er bald darauf starb. Im Juni 1546 fügte sich Karl offiziell in das Unvermeidliche: Als Auftakt zur Einsetzung Philipps als Herzog von Mailand unterzeichnete Karl eine Deklaration, dass sein Sohn fortan »mündig und frei von unserer väterlichen Kontrolle« sein werde.39 Von diesem Zeitpunkt an suchte Karl das Verhalten Philipps hauptsächlich durch Korrespondenzen zu beeinflussen, aber wie er es bei der Kaiserin getan hatte, diktierte er fast alle seine Briefe einem Sekretär und fügte nur gelegentlich von eigener Hand ein Postskriptum hinzu. Vielleicht erklärt dies, warum seine Briefe an seinen Sohn (wie früher an seine Gattin) kühl wirken im Gegensatz zu seinen Briefen an die Geschwister Maria und Ferdinand, die vielfach von seiner Hand stammen und häufig intime Details enthalten oder sogar Witze auf seine Kosten. Etwas Ähnliches ließe sich in den etwa 500 erhaltenen Briefen, die Karl seinem Sohn schrieb, schwerlich finden. Im August 1545 diktierte er sogar seine tröstenden Worte zum Tod von Philipps Gemahlin, während seine persönliche Trauer in einem Brief an Los Cobos Ausdruck fand: »Cobos: Da es Gott gefallen hat, mich und meinen Sohn auf diese Weise zu prüfen, gibt es wenig zu sagen und viel zu bedauern; aber in allen Dingen müssen wir Seinen Willen akzeptieren, und genau das tue ich. Arbeitet mit meinem Sohn zusammen daran, dass auch er es akzeptiert, und tröstet ihn.«40

Sicherung der Nachfolge I: eine Blaupause für das Reich Nachdem er seine letzten europäischen Feinde niedergeworfen hatte, wendeten sich Karls Gedanken der Zukunft all seinem angesammelten Besitz zu. An Weihnachten 1547 informierte der Kaiser von Augsburg aus seinen Sohn, dass »wir beschlossen haben, dass Ihr so schnell wie möglich hierherkommen sollt«. María sollte ihren Bruder begleiten und der sollte »jetzt, da wir die Bedingungen ausgearbeitet haben« für ihre Verheiratung mit Maximilian, die Einwilligung seiner Schwester erwirken. Ein paar Wochen später erfuhr Karl, dass seine Tochter den Wunsch geäußert habe, in Spanien zu bleiben, und er schickte deshalb eindringlichere Anweisungen. »Ich bin mir sicher«, ließ Karl seinen Sohn wissen, dass María »mir gehorchen wird, da es nur recht ist, weil ich angesichts meiner Liebe zu ihr mehr als irgendjemand sonst auf ihr Wohlergehen und ihr Glück achten muss.« Sollte es aber Widerstand geben, müsse Philipp sie »zur Vernunft bringen und ihr ausführlich die Gründe erklären, warum sie nichts anderes tun kann«. Wie bei der »Alternative« vier Jahre zuvor erwartete Karl, dass seine Tochter sich für das übergeordnete Wohl der Dynastie opfern werde.41

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Am 18. Januar 1548 stellte der Kaiser ein langes politisches Grundsatzpapier für seinen Sohn fertig, das gelegentlich auch als das »Große Politische Testament Kaiser Karls V.« bezeichnet wird. Ihn trieb dabei die Furcht (ebenso wie fünf Jahre zuvor bei seinen geheimen Instruktionen), dass er sterben könnte, bevor er Philipp in eigener Person seine Vision darlegen konnte. »Da sich mir während der vergangenen Mühen wieder gewisse Schmerzen bemerkbar gemacht haben und ich mich in der Folge in Lebensgefahr befunden habe und da ich nicht weiß, was mit mir nach Gottes Willen geschehen könnte, schien es mir angezeigt, Euch Ratschläge zu geben für den Fall meines Todes.« Im Gegensatz zu den geheimen Anweisungen von 1543 fand dieses Dokument weite Verbreitung. Mindestens 28 handschriftliche Kopien sind erhalten – eine davon fand sich unter den Papieren Granvelles, was nahelegt, dass Karl seinen ersten Minister bei ihrer Abfassung hinzuzog –, und im Jahr 1606 druckte Sandoval in seiner halboffiziellen Historia de la vida y hechos del Emperador Carlos V (»Geschichte des Lebens und der Taten des Kaisers Karl V.«) den vollständigen Text ab.42 Wie er es in seinen Anweisungen von 1539 und 1543 getan hatte, begann der Kaiser, indem er Philipp ermahnte, »Euer ganzes Dasein und Wohl auf die unendliche Güte Gottes [zu] stellen und Eure Wünsche und Handlungen seinem Willen [zu] unterwerfen«. Die Verteidigung des katholischen Glaubens müsse er daher zu seiner ersten Pflicht machen. Sodann riet er ihm, den Krieg zu meiden, da die »Reiche, Länder und Herrschaften, die Ihr erben werdet, von vergangenen Kriegen, die ich zu ihrer Verteidigung und zur Bewahrung vor Unterdrückung zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten zu führen gezwungen war, wie jeder weiß, ermattet und ausgezehrt sind«. Mit einer Spur von Selbstgefälligkeit verwies er anschließend darauf, »dass ich sie durch große Mühen und dank Seines mächtigen Schutzes, für den Er gelobt sei, bewahren und verteidigen, ja sogar um reiche und wichtige Länder vermehren konnte«. Deshalb sei es jetzt vordringlich, eine Zeit des Friedens zu gewährleisten, damit seine Vasallen sich in dieser Zeit erholen könnten. Allerdings liege »die Vermeidung und Abwendung eines Krieges nicht immer in der Hand desjenigen … der dies wünscht, wie es mir oft ergangen ist, und da es für diejenigen noch schwieriger ist, die im Besitz vieler und großer Reiche, Länder und Herrschaften sind, die weit voneinander liegen, so wie Gott sie mir in seiner großen Güte gegeben hat und die ich Euch zu übergeben hoffe, wenn Er es will, hängt dies ab vom guten oder bösen Willen der Nachbarn und anderer Machthaber.«

Daher müsse Philipp – falls nötig – immer bereit sein, zu kämpfen, um zu bewahren, was ihm gehöre.

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Hierauf gab Karl einen Überblick über die Verteidigungsfähigkeit der einzelnen Territorien, wobei er sich auf die Herausforderungen konzentrierte, denen sein Sohn sich gegenübersehen könnte. »Vernunft und Erfahrung der Vergangenen«, begann er, hätten jedoch »gezeigt, dass es, wenn Ihr die Haltung der anderen Fürsten und den Stand der öffentlichen Angelegenheiten zu kennen nicht bemüht seid, wenn Ihr nicht versucht, Freundschaft und Verständigung auf allen Seiten aufrechtzuerhalten, es für Euch schwierig, um nicht zu sagen unmöglich sein wird, ungestört zu leben und den Angriffen entgegenzutreten und sie abzuwenden, die gegen Euch und Euere Erbländer unternommen werden könnten; umso mehr, da sie, wie ich schon gesagt habe, entfernt voneinander liegen und bei vielen, wenn auch grundlos, Misstrauen erregen«.

Daher müsse Philipp »die größte Freundschaft und das festeste Vertrauen« in Ferdinand, Karls Bruder und designierten Nachfolger als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, setzen. Einerseits sei sein Onkel Ferdinand ein wertvoller Ratgeber; andererseits werde sich seine Unterstützung als Kaiser als unabdingbar sowohl für Philipps Herrschaft über Norditalien und die Niederlande als auch für sichere und reibungslose Verbindungen zwischen diesen Ländern erweisen. Sodann müsse Philipp stets gute Beziehungen zum Papst pflegen  – wenngleich der Kaiser wie in seinen früheren schriftlichen Ratschlägen für Philipp zugab, dass dies leichter gesagt als getan sei. »Was den gegenwärtigen Papst [Paul III.] angeht, so kennt Ihr sein Verhalten mir gegenüber«, klagte Karl; und obwohl er die Hoffnung ausdrückte, dass ein Wechsel des Pontifex die Dinge zum Besseren wenden werde, machte er zwei Bereiche aus, die weiter für Konflikte sorgen würden: die päpstlichen Ansprüche auf die Lehnshoheit über Neapel und Sizilien und das königliche Patronat über die spanische Kirche. Er riet seinem Sohn deshalb, künftigen Inhabern des Heiligen Stuhls »mit der Ergebenheit eines treuen Sohnes der Kirche« zu begegnen »und ohne den Päpsten einen gerechten Grund zur Klage über Euer schlechtes Verhalten zu geben, damit es auf diese Weise zu keiner Beeinträchtigung und zu keinem Schaden für die Vorrechte, das Gemeinwohl und die Ruhe jener Königreiche komme«. Philipp dürfe nichts hergeben, nicht einmal dem Oberhaupt der katholischen Kirche. Nun ging Karl seine Beziehungen zu den bedeutenden unabhängigen Staaten in Italien durch. Die Republik Venedig habe sich Spanien zwar früher widersetzt, vermerkte er, aber durch den Vertrag von 1529 seien alle vorangegangenen Differenzen ausgeräumt. Sein Sohn müsse sich an die Bestimmungen dieses Vertrags halten und habe »weder Auseinandersetzungen noch Forderungen zu

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fürchten … wenn Ihr Euch bereit zeigt, mit ihnen [den Venezianern] immer gute Freundschaft zu halten, und wenn Ihr ihnen als guten Verbündeten Hilfe leistet, wo immer Ihr es könnt«. Was den Herzog von Florenz betraf, so merkte Karl an, dass »seit der Zeit, in der ich ihn in seinem Staat eingesetzt habe«, nämlich im Jahr 1537, Cosimo de’ Medici »sich mir und meinen Angelegenheiten immer als guter Freund erwiesen« habe. »Und ich glaube, dass er diese Freundschaft mit Euch fortsetzen wird in Anbetracht der guten Dienste, die ich ihm oft geleistet habe.« Außerdem sei der Herzog »ein Mann von Verstand und Urteilskraft und hält sein Land in guter Ordnung«, weshalb es umso wichtiger sei, dass »Ihr seinen guten Willen bestärkt und alle seine Angelegenheiten fördert«. Auch »dem Herzog von Mantua dürft Ihr dasselbe Vertrauen entgegenbringen, das ich seinen beiden Onkeln, dem Kardinal und Don Fernando, entgegenbringe«. Weiter äußerte er sich zuversichtlich, dass die Republiken Lucca und Siena ihre traditionell prokaiserliche Haltung beibehalten würden, weil ihr übergeordnetes politisches Ziel der Erhalt des allgemeinen Friedens in Italien bleibe. Die Republik Genua sei Spaniens wichtigster Verbündeter in Italien, zum einen wegen ihrer wirtschaftlichen Verbindungen mit verschiedenen habsburgischen Herrschaftsgebieten, zum anderen, weil sie von Neapel, Sizilien, Sardinien und Spanien aus den Zugang zur Lombardei, nach Deutschland und den Niederlanden erlaube. Philipp müsse daher sein Möglichstes tun, die Autorität von Andrea Doria und seinen Verbündeten zu erhalten und zu stärken, und ihnen zu Hilfe eilen, wann immer sie auf Schwierigkeiten stießen (so wie Karl es im Jahr zuvor getan hatte, siehe Kap. 12). Nur über zwei italienische Herrscher äußerte der Kaiser sich besorgt. Der Herzog von Ferrara, Ercole II. d’Este, hatte Renée de France, die einstige Verlobte Karls, geheiratet, und obwohl er jüngst vorbildliche Loyalität gezeigt habe (indem er beispielsweise ein Kontingent zur Unterstützung der kaiserlichen Armee gegen den Schmalkaldischen Bund entsandte), riet der Kaiser seinem Sohn mit Blick auf die französische Verbindung: »Spiele also mit ihm auf Zeit und beachte diesen Rat und beobachte seine Haltung.« Außerdem gab er den Ratschlag, mit Argusaugen über den neuen Herzog von Parma, Ottavio Farnese, zu wachen. Obwohl die Herzogin, seine Tochter Margarita, »mir doch immer gehorcht und sich meinem Willen gebeugt« habe, fürchtete Karl, dass seine Entscheidung, Piacenza zu behalten, Probleme bereiten könnte. Er versicherte Philipp, dass es viele Gründe gebe, »warum Ihr Piacenza behalten dürft und müsst, das von Rechts wegen und vernünftigerweise Euch gehört«  – aber trotzdem solle sein Sohn »dem Papst ein Angebot machen, die Situation nochmals zu durchdenken und zu prüfen, in der Absicht, eine Übereinkunft zu erreichen«.43 Venedig, Florenz, Mantua, Lucca, Siena, Genua, Ferrara und Parma waren nur die größten von fast 300 unabhängigen Staaten in Norditalien. Die meisten

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übrigen befanden sich in den Händen lokaler Dynastien, und Karl hatte ein ausgeklügeltes und kompliziertes »System« geschaffen – vielleicht das erste der Frühen Neuzeit –, das darauf abzielte, das spanische Übergewicht dort zu wahren. Positiv zu vermerken ist, dass der Kaiser manchmal benachbartes Territorium abtrat, eine Ehe mit einer habsburgischen Prinzessin arrangierte oder ein Mitglied der herrschenden Dynastie auf prestigeträchtige Posten in der Monarchie berief (wie er es im Falle von Ferrante Gonzaga, dem Bruder des Herzogs von Mantua, getan hatte). Mitglieder anderer italienischer Fürstengeschlechter hatte er an seinem Hof zu Gast, wo ihnen großzügige Bewirtung zuteilwurde und sie dazu ermuntert wurden, die Welt mit den Augen der Habsburger zu sehen. Ihnen und anderen bot Karl Pensionen, Geschenke, Ämter und Ehrungen, die in einer Ritterschaft im Orden vom Goldenen Vlies gipfelten, verbunden mit dem Recht, vom Kaiser »mein Cousin« genannt zu werden. Karl riet Philipp, ebenso zu verfahren. Die Serie von Aufständen der jüngsten Zeit in Italien hatte gezeigt, dass der Diplomatie durch Gewalt Nachdruck verliehen werden musste. In Sizilien, Neapel und vor allem in Mailand hatte Karl modernste Befestigungsanlagen errichten lassen und in jeder Feste einen gut ausgebildeten tercio (Kampfverband) spanischer Infanterie und einige Reiterkompanien stationiert. Außerdem unterhielt er mehrere Galeerengeschwader, um das westliche Mittelmeer zu schützen. »Obwohl es notwendig sein wird, zu sparen, was Ihr könnt, je nach dem Stand Eurer Schulden und der Not Eurer Staaten, so wäre es trotzdem zu verantworten, immer einige spanische Truppen in Italien zu unterhalten«, warnte der Kaiser. Denn »dies wird das beste Mittel sein, neuen Krieg und Übergriffe auf das Land zu verhindern«. Aus demselben Grund müsse Philipp auch die Galeerengeschwader beibehalten, die alle bedeutenden Häfen im spanischen Mittelmeer schützten. Wie gewöhnlich empfand Karl die Franzosen als die größte potenzielle Sicherheitsbedrohung. Denn er habe »immer alles Mögliche getan … um mit dem verstorbenen König Franz im Frieden zu leben, und ich habe viele Handlungen zu diesem Zweck unternommen, viele Friedensverträge abgeschlossen, die er nie eingehalten hat, wie bekannt ist, außer für die Zeit, in der es ihm unmöglich war, den Krieg wieder anzufangen, oder wenn er auf eine günstige Gelegenheit wartete, um mir heimlich zu schaden«. Zweifellos, sinnierte er, würden die Franzosen ihre Bemühungen fortsetzen, die Territorien und Rechte wiederzuerlangen, die aufzugeben er sie durch die Verträge von Madrid, Cambrai und jetzt Crépy gezwungen habe; aber Philipp müsse standhaft sein und »sichergehen, dass die genannten Verzichtleistungen immer ausdrücklich bestätigt werden und in Kraft bleiben; gebt in keinem Punkt nach, damit dies alles

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erhalten wird und mit gutem Recht und begründetem Anspruch bei Euch verbleibt. Wenn Ihr aber auch nur in einem Punkt nachgeben würdet, dann hieße dies, den Weg freizumachen, um alles infrage zu stellen … Da es nun so ist, wäre es am besten und nützlichsten, das Ganze zu bewahren, um nicht eines Tages gezwungen zu sein, die Reste verteidigen zu müssen und auch sie noch in Gefahr zu bringen. Wenn Eure Vorgänger mit Gottes Hilfe Neapel, Sizilien und Flandern gegen die Franzosen zu verteidigen wussten, dann müsst auch Ihr hoffen, dass Er Euch helfen wird, sie zu erhalten, wenn Ihr sie erben werdet, und dass sie mit gutem Recht bei Euch bleiben werden, wie gesagt wurde.«

Philipp müsse auch versuchen, die Franzosen zu zwingen, sämtliche Territorien zu räumen, die sie besetzt hätten, darunter jene seiner Verbündeten (besonders des Herzogs von Savoyen), »sodass alle sehen und wissen, dass Ihr Euch so verhalten habt, wie es Eure und ihre Sicherheit verlangt«. Andere internationale Fragen handelte der Kaiser schneller ab, wobei er mehrere in früheren Instruktionen getroffene Aussagen wiederholte. Sein Sohn müsse »mit Portugal in gutem Einvernehmen leben«. Außerdem ermahnte er ihn: »Haltet auch immer Freundschaft mit den Engländern und achtet die Verträge, die ich mit dem verstorbenen Vater [Heinrich VIII.] des jetzigen Königs [Eduard VI.] geschlossen habe.« Mit Schottland solle er ein Handelsabkommen treffen, und er müsse den mit dem gegenwärtigen König von Dänemark geschlossenen Vertrag einhalten, »ohne in den Streit zwischen König Christian [II., dem im dänischen Aufstand 1523 vertriebenen Ehemann seiner verstorbenen Schwester Isabella] und unseren Nichten einzugreifen«. Um ungerührt fortzufahren, Philipp möge sein Möglichstes tun, »eine gute Behandlung für König Christian zu erreichen, jedoch ohne ihn in die Lage zu versetzen, wieder Krieg anzufangen und Flandern Schaden zuzufügen, wie er es schon getan hat«. Schließlich wandte der Kaiser sich der Frage zu, wie seine eigenen Herrschaftsgebiete in Zukunft am besten zu regieren wären. Auch wenn Ferdinand ihm als Kaiser nachfolgte, fragte Karl sich, ob er seine übrigen Länder und Herrschaften in Europa aufteilen solle. Die Idee war nicht neu. Sein Vater Philipp hatte Karl und Ferdinand 1505 in seinem Testament zu gemeinsamen Erben gemacht mit der Folge, dass jeder über einen Teil der Länder herrschen sollte, in deren Besitz Philipp gelangt war. Eben weil die österreichischen Erbländer »teilbar sind«, vermutete auch ein Jahrzehnt später Cisneros’ Bevollmächtigter an Karls Hof, dass, wo »Gott ihm ein so reiches Erbe gewährt hat, zu dem noch mehr hinzukommt, er es sich mit seinem Bruder teilen wird«.44 Diese Teilung fand in den Jahren 1521/22 statt, aber seitdem hatte Karl wichtige neue Herrschaftsgebiete in den Niederlanden und in Italien erworben. Ersteres sei »gut befestigt und wird nach meinen Plänen noch weiter ausgebaut. Alle dortigen

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Herrschaften sind uns so wohl gesinnt und treu, wie man es sich nur wünschen kann« – aber wäre Philipp wegen seiner Verpflichtungen in Spanien und Italien überhaupt in der Lage, sie effektiv zu regieren, »da Ihr in diesen Ländern weder selbst wohnen noch sie oft besuchen könnt«? Wäre es vielleicht besser, die Niederlande der Tochter des Kaisers, María, und ihrem zukünftigen Gemahl Maximilian anzuvertrauen? Doch weil es »eine so große und wichtige Sache« war, konnte Karl noch keinen Entschluss fassen. »Deshalb wollte ich in dieser Frage bis zu Eurem Kommen keine Entscheidung fällen, damit Ihr dann selbst diese Länder gesehen, ihre Bedeutung ermessen, die Haltung der Bevölkerung erkundet und den Erzherzog Maximilian kennengelernt und mit ihm gesprochen habt … Also wird sich schließlich alles bei Eurer Ankunft entscheiden, wenn es Gott gefällt.« Karl schloss mit einer Betrachtung Spanisch-Amerikas, wobei er Philipp ermahnte: »So müsst Ihr ein Auge darauf haben und Euch immer vergewissern, ob die besagten Franzosen nicht etwa beabsichtigen, eine Armada dorthin zu schicken.« Wenn sie es versuchten, müssten sie aufgehalten werden. Selbst ohne eine französische Herausforderung sei es unerlässlich, dass sein Sohn eine strenge Kontrolle über alle Kolonialbeamten ausübe, »sonst könnte es geschehen, dass sie absoluter regieren und die Untertanen verzweifeln würden«. Darüber hinaus sei »es von allergrößter Wichtigkeit, dass Ihr Entschlossenheit und Achtung darauf verwendet, zu erfahren und zu verstehen, wie die Dinge dort stehen, und dass Ihr sie festigt aus Pflichtbewusstsein gegenüber Gott und damit Ihr den gebührenden Gehorsam findet, damit das genannte Indien gerecht regiert, aufgerichtet und bevölkert werde. Dafür müsst Ihr die Unterdrückung durch die Eroberer und durch andere, die dort Ämter haben und Macht ausüben, die sie zum Vorwand für ihre bösen Absichten nahmen und nehmen, abstellen, um den Indianern Schutz und die nötige Erleichterung zu verschaffen.«

Vor allem müsse Philipp das Encomienda-System überprüfen, denn »was die Abgaben der Indios anbetrifft, gab es in dieser Frage unterschiedliche Informationen und Ratschläge; es wurde viel geredet, viele verschiedene Gesichtspunkte und Meinungen wurden geäußert«. Dies war eine Untertreibung – während der Kaiser diese Instruktionen niederschrieb, befand sich Peru, wie Philipp genau wusste, in offenem Aufruhr –, aber Karl zog es vor, mit dieser Herausforderung seiner Autorität umzugehen, indem er sich stattdessen auf die Stabilität Neuspaniens konzentrierte, womit im Umkehrschluss klar wurde, was seiner Ansicht nach auch anderswo funktionieren könnte.45 Das »Große Politische Testament« des Kaisers schöpfte aus seiner Regierungserfahrung während der vorangegangenen dreißig Jahre, in denen er oft nach der

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Methode von Versuch und Irrtum gehandelt hatte. Es markierte einen Fortschritt gegenüber seinen Instruktionen für Philipp aus dem Jahr 1543, in denen er zugestand, dass er »keine Eignung fühle, Euch die rechten Anweisungen zu geben«, weil es »viele andere Dinge gibt, die gesagt werden könnten, und da es unmöglich ist, an alles zu denken, und da es auch, wie man sagt, mehr Fälle gibt als Gesetze«. Jetzt, nachdem er alle seine europäischen Feinde bezwungen hatte, strahlte er Selbstvertrauen aus. Oder wie es Horst Pietschmann scharfsinnig formulierte: »Karl ging es nicht in erster Linie um die Art der Probleme, vor denen er stand, oder um irgendwelche Detailfragen, sondern darum, wie man sie so löste, dass die Vorrangstellung des Souveräns unangetastet blieb. Angesichts der gewaltigen Zahl an Problemen, denen er sich gegenübersah, bestand die einzig vernünftige Art des Regierens darin, sich der althergebrachten Institutionen zu bedienen und sicherzustellen, dass diese Institutionen stets in den Händen von Personen waren, denen er vertrauen konnte.«46

Karls »Großes Politisches Testament« bot daher nicht nur einen ungeschönten Überblick über den aktuellen Zustand seines Reiches und seiner Probleme, sondern lieferte auch eine Blaupause für den Umgang mit künftigen Problemen, deren Beschaffenheit nicht vorauszusehen war. Es ist kaum vorstellbar, dass irgendein anderer Herrscher im Europa der Renaissance ein ähnliches Dokument (ganz zu schweigen von einem besseren) verfasst hätte.

Sicherung der Nachfolge II: die Niederlande Nur drei Monate später wich Karl erstmals stark von dem in seinem »Großen Politischen Testament« dargelegten Plan ab. Er reagierte damit auf Befürchtungen, dass in Abwesenheit sowohl Philipps als auch Marías von Spanien »Granden in die Regierung eintreten könnten«, was bei seinen Untertanen »zu Unmut führen würde«. Zur Regentin ernennen wollte er weder seine Tochter Johanna, die er mit dreizehn Jahren für zu jung hielt, noch ihre ältere Schwester María allein, »weil es für die Erledigung der Geschäfte niemals gut ist – und ich es auch niemals hinnehmen kann –, Frauen an der Regierung teilhaben zu lassen, solange sie nicht verheiratet sind«. Stattdessen »wäre es besser, wenn Prinz Maximilian, mein Neffe, nach Spanien geht und die Ehe vollzieht, die vereinbart worden ist« – und danach als Regent zusammen mit María dort bliebe. Philipp müsse in Spanien verweilen, bis Maximilian eintreffe, und ihn dann »in allem unterrichten, was er Eurer Meinung nach wissen sollte … über die

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Granden und andere edle Herren, die an den Hof kommen, und über die Räte und Minister, mit denen er zu tun haben wird« – mit anderen Worten, er müsse sein Sohn Maximilian dieselbe Art von vertraulichem Rat angedeihen lassen, wie er ihn selbst fünf Jahre früher in den geheimen Instruktionen des Kaisers erhalten hatte.47 Bald nach seiner Rückkehr nach Brüssel im September 1548 nahm der Kaiser eine zweite bedeutsame Änderung des Plans vor. Seine Untertanen »zündeten auf dem Marktplatz als Zeichen der Freude Feuerwerkskörper und führten mehrere Stücke in ihrer Sprache auf. Danach nahmen alle Geistlichen an einer hochlöblichen und schönen Prozession teil, um Gott für den Sieg Seiner Majestät in Deutschland und seine gute Gesundheit zu danken.«48 Bewegt und beeindruckt von dieser Demonstration, befahl Karl nun seinem Sohn, sich mit ihm in den Niederlanden zu treffen statt in Deutschland. Nachdem er die kastilischen Cortes von einer Steuererhöhung zwecks Deckung der Kosten von Marías Mitgift und seiner eigenen Reise in die Niederlande überzeugt hatte, und nachdem er Maximilian und María in die Geheimnisse der Regierung eingeweiht hatte, reisten der Prinz und ein großes Gefolge nach Barcelona ab, wo eine Galeerenflotte wartete, um sie nach Genua zu bringen. In Brüssel fürchtete derweil Karl, »dass Tausende von Stunden vergehen würden, ehe er seinen Sohn wiedersehen und seine Gesellschaft genießen könnte, und seine Zuneigung hinderte ihn daran, an irgendetwas anderes zu denken – so sehr, dass er ungewöhnlich großzügig geworden ist und den durch seinen Sohn aufgelaufenen Kosten keine Beachtung schenkt«. Im Laufe der nächsten paar Monate »schickte Seine Majestät, ergriffen von seiner väterlichen Zuneigung, vier bis sechs Männer, die Schritt für Schritt berichten sollten, wo sein Sohn war und wann er wahrscheinlich eintreffen würde«.49 Angesichts der zahlreichen in jüngster Zeit vom Kaiser und seinen Amtsträgern in Italien verübten aggressiven Akte (Kap. 12) löste die Ankunft des Prinzen ebenso sehr Furcht wie Spannung aus – und sein Verhalten trug anfangs wenig zur Beruhigung bei. In Genua unterstützte er jene, die den Bau einer Zitadelle befürworteten, und als der Herzog von Ferrara und andere mit prächtigen Geschenken erschienen, »ermutigte der Prinz keinen von ihnen über die Maßen, woraufhin er in ganz Italien den Ruf der Unverschämtheit erlangte«.50 Nach seiner Ankunft in Trient ruhte der Prinz sich ein wenig aus und empfing eine Abordnung angesehener Deutscher, Lutheraner wie Katholiken, mit Moritz von Sachsen an der Spitze, die zu seiner Begrüßung erschienen: Unbeeindruckt von dieser ersten Begegnung mit Protestanten, vergnügte Philipp sich gemeinsam mit ihnen bei ausgedehnten Fress- und Saufgelagen. Von Trient ritt er quer durchs Reich nach Brüssel, wo er am 1. April 1549 mit seinem Vater zusammentraf, den er seit sechs Jahren nicht gesehen hatte.

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Obwohl Karl in seinem »Großen Politischen Testament« seinem Sohn versprochen hatte, dass er in der Frage seines Nachfolgers in den Niederlanden »bis zu Eurem Kommen keine Entscheidung fällen« werde, hatte er bereits zwei wichtige vorbereitende Maßnahmen getroffen. Er überzeugte den »geharnischten Reichstag« zu Augsburg, die von ihm regierten siebzehn Provinzen der Niederlande, ererbte und erworbene gleichermaßen, als eigenen (burgundischen) Reichskreis anzuerkennen.51 Dieser Schritt vergrößerte die Befugnisse der Zentralregierung in Brüssel in zwei wichtigen Punkten. Zum einen befreite er die Niederlande von den Reichsgesetzen einschließlich der religiösen Kompromisse, welche die Blüte des Luthertums in Deutschland ermöglicht hatten; und zum anderen verpflichtete er die deutschen Reichsstände zur Verteidigung der Niederlande, sollten diese angegriffen werden. Außerdem traf Karl die folgenschwere (und katastrophale) Entscheidung, dass Philipp ihm sowohl in den Niederlanden als auch in Spanien nachfolgen würde, und überredete die Ständeversammlungen (Staaten) der einzelnen Provinzen, seinen Sohn als rechtmäßigen Erben anzuerkennen und zu vereinbaren, dass sie sich – ungeachtet ihrer besonderen Privilegien – fortan alle nach denselben Erbfolgeregeln richten und denselben Souverän wählen würden, damit sie für immer vereint blieben. Bald nach Philipps Ankunft unternahm Karl mit ihm eine »Huldigungsreise« durch die wohlhabendsten südlichen Provinzen – Flandern, Artois, Hennegau und Brabant –, wo die lokalen Machthaber feierlich schworen, den Prinzen als ihren nächsten Souverän anzuerkennen. Wohin sie auch kamen, begegneten Vater und Sohn Allegorien in Form von Triumphbögen oder auch von Theaterstücken, die übertriebene Behauptungen aufstellten. Einige verglichen Karl und Philipp mit David und Salomo oder mit Atlas und Herkules; andere betonten, dass göttliche und weltliche Waffen ihnen zu obsiegen erlaubten, auch wenn sie von mächtigen Feinden umgeben seien. Philipp seinerseits bewies wiederholt sein ritterliches Geschick, wenn er etwa in Gent an einem Stockspiel, in Antwerpen an einem Lanzenstechen und in und um Marias Palast in Binche an ausschweifenden Festivitäten teilnahm. Letztere zählen zu den wenigen Ereignissen aus Karls Leben, derer heute noch gedacht wird, weil nämlich an jedem Fastnachtsdienstag Männer (die »Gilles«) in exotischen Kostümen, die von den 1549 getragenen inspiriert sind, durch die Straßen von Binche marschieren.52 Bei der Rückkehr nach Brüssel hatten die Beziehungen zwischen Vater und Sohn sich verschlechtert. Einige Niederländer hatten es abgelehnt, den neuen Treueid zu schwören, teils »weil sie nicht von einem Ausländer regiert werden wollten« – und insbesondere nicht von einem Spanier –, »aber viel mehr noch, weil die schwierige Persönlichkeit des Prinzen, der sich keine Mühe gibt, sie wertzuschätzen, ihnen Angst macht«. Wie ein Gesandter vermerkte: »Weder

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gutes Zureden Seiner Majestät, der es ihm gegenüber jeden Tag erwähnt, noch die verhalteneren Mahnungen Granvelles haben die Einstellung des Prinzen gebessert.« Vielleicht brachten diese Spannungen Karl dazu, in Brüssel zu bleiben, während der Prinz und Maria noch die wichtigsten nördlichen Städte besuchten. Jedenfalls hatte sich das Verhältnis nach ihrer Rückkehr offenkundig wieder zum Besseren gewendet: Während der jährlichen Messe am Andreastag, die von den Rittern des Ordens vom Goldenen Vlies besucht wurde, bemerkte derselbe Gesandte am 30. November 1549, dass »der Prinz seinen Platz verließ und sich neben Seine Majestät setzte, und sie verbrachten den gesamten Gottesdienst im Gespräch miteinander … sodass es den Anschein hat, als hätten sie die Meinungsverschiedenheiten beigelegt, die Ursache ihres Missvergnügens waren«.53 Vertreter der vom Kaiser erworbenen Herrschaftsgebiete gesellten sich nun in einer allgemeinen Ständeversammlung (Generalstaaten) zu jenen aus seinen erblichen Besitzungen, und gemeinsam bekräftigen alle erneut ihren Eid, Philipp als rechtmäßigen Erben anzuerkennen. Der Prinz verbrachte die nächsten sieben Monate in Brüssel mit Feiern, Tanzen, Jagen und Lanzenstechen. Zugleich erhielt er von seinem Vater Anweisungen »in Angelegenheiten von Bedeutung: Der Kaiser ließ ihn in sein Gemach kommen, wo er jeden Tag zwei bis drei Stunden verbrachte, teils im Rat und teils nur mit dem Kaiser, der ihn allein unterwies.«54

Gebieter über die Geschichte Nachdem sie feierlich des elften Todestages der Kaiserin gedacht hatten, verließen Karl und sein Sohn im Mai 1550 Brüssel, um mit einem weiteren Reichstag zusammenzutreffen. In Köln ging die kaiserliche Reisegesellschaft an Bord von Rheinschiffen »mit schönen Glasfenstern, mit Sitzen aus Tannenholz, so traulich wie sonst ein Haus«, sodass »niemand merkte, ob sie fuhren oder stillstanden«.55 Während sie im Laufe der nächsten zwei Wochen flussaufwärts fuhren, »machte der Kaiser sich in seiner freien Zeit an die Niederschrift seiner Reisen und Feldzüge« auf Französisch. Seinem Sekretär Guillaume van Male zufolge, einem Humanisten aus Brügge, »ist das Werk erstaunlich geschliffen und elegant, und der Stil zeugt von einem starken Geist und großer Wortgewandtheit«. Gönnerhaft fügte Male gar hinzu: »Ich hätte nie gedacht, dass der Kaiser solche Eigenschaften besitzt, weil er mir selbst sagte, dass er bei seiner Erziehung wenig gelernt habe und dass er einfach auf seine Gedanken und seine Taten vertraue.«56 Karl setzte das Vorhaben auch nach seiner Ankunft in Augsburg fort. »Nicht ein Tag vergeht«, berichtete ein Gesandter, »ohne dass der Kaiser zwei oder drei Stunden damit zubringt, mit eigener Hand zu schreiben,

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um seine Taten zu verewigen, unterstützt von Guillaume van Male.« Am Ende umfassten seine »Lebenserinnerungen« 150 handschriftliche Seiten.57 Warum machte Karl sich die Mühe? Im Jahr 1557 fragte der Kaiser Francisco de Borja, der in Yuste zu Besuch weilte: »Glaubt Ihr, es ist ein Zeichen von Eitelkeit, wenn ein Mann über seine eigenen Taten schreibt?« Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, »teilte er mit, dass er eine Chronik aller seiner Feldzüge verfasst habe  … getrieben weder vom Verlangen nach Ruhm noch von Eitelkeit, sondern von dem Wunsch, die Wahrheit kundzutun – weil die Geschichtsschreiber unserer Zeit, deren Werke er gelesen habe, sie verschleiert hätten, entweder aus Unkenntnis oder aus Parteilichkeit und Voreingenommenheit.«58

Vielleicht erklärt dies den Entschluss des Kaisers, seine Erinnerungen in der dritten Person niederzuschreiben und viele private Details auszulassen  – darunter seine gesamte Kindheit. Obwohl er erwähnt, dass er 1513 mit seinem Großvater Maximilian Heinrich VIII. getroffen habe, bei welcher Gelegenheit »unter anderem die Freilassung des Erzherzogs [Karl] besprochen und vereinbart wurde«, setzt die Schilderung erst ein, nachdem die Provinzialstaaten der Niederlande ihn zwei Jahre später »als ihren Herrn empfingen«. Sie endet mit seiner Rückkehr nach Brüssel im Sommer 1548.59 Stilistisch zerfällt das Werk in zwei Teile. Bis zur Eroberung von Geldern liefert Karl eine prägnante Darstellung der Ereignisse, getragen offenbar von dem Bewusstsein, seine Pflichten als Souverän unter großem persönlichen Einsatz ordentlich erfüllt zu haben. Mit Zahlenmaterial wird nicht gespart: So hält Karl fest, wie oft er mit den Königen von England und Frankreich zusammentraf (jeweils dreimal), wie oft er Tante und Schwester zu Regentinnen in den Niederlanden ernannte (Margarete dreimal, Maria fünfmal), den Atlantik und das Mittelmeer befuhr (dreibzw. achtmal), Gichtanfälle erlitt (siebzehn seit 1528) usw.60 Mit Erreichen des Jahrs 1543 aber ändern sich Tempo wie Inhalt der »Lebenserinnerungen« stark: Aus dem Reisebericht wird nun ein Tagebuch der kaiserlichen Feldzüge, und den nächsten fünf Jahren widmet Karl doppelt so viel Raum wie den vorangegangenen dreißig. Detailliert berichtet er über seine Rolle in den Feldzügen gegen Frankreich und den Schmalkaldischen Bund und liefert Begründungen für getroffene wichtige Entscheidungen, und zwar sowohl eigene (was wäre geschehen, wenn er 1544 die Marne-Brücke bei Châlons erobert hätte?) wie auch solche seiner Feinde (er benennt sechs Fehler, die die Anführer der Lutheraner in Deutschland zwischen März 1546 und April 1547 begangen hätten und die »dank Gottes Beistand für die kaiserliche Sache« das »totale Verderben« seiner Feinde herbeigeführt hätten).61

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Dieser Stilwechsel gehörte zu einer breiter angelegten Kampagne Karls und seines Gefolges, die Geschichte zu seinen Gunsten umzuschreiben. Im Jahr 1548 erreichte ein Exemplar einer schmeichelhaften Geschichte Kaiser Maximilians aus der Feder des sevillanischen Humanisten Pedro Mexía Karl in Augsburg, und »er, sein Beichtvater Domingo de Soto und andere führende Höflinge lasen sie mit solcher Befriedigung«, dass Karl Mexía beauftragte, eine ähnliche Darstellung seiner eigenen Herrschaft zu verfassen.62 Zwei Jahre später beendete Paolo Giovio, vielleicht der am meisten gefeierte europäische Geschichtsschreiber der damaligen Zeit, seine Universalgeschichte (Historiarum sui temporis libri XLV) und schickte Karl eine Abschrift des Kapitels über den Tunisfeldzug, »damit es von Euer Majestät genau geprüft und verbessert werden kann, bevor ich es an den Verlag schicke«. Unterwürfig versprach Giovio, »es zu ändern, zu ergänzen und zu kürzen, wie es Euer Majestät hervorragendem Gedächtnis und unfehlbarem Urteil am besten erscheint«. Zweifellos zu seiner Überraschung nahm der Kaiser die Aufforderung wörtlich und gab das Manuskript zur Beurteilung Luis de Ávila y Zúñiga weiter (ein Veteran jenes Feldzugs, der Karl im weiteren Verlauf noch im Kontakt zu anderen Historikern als vermittelnde Instanz diente). Dem Florentiner Gesandten an Karls Hof zufolge »begehrt Seine Majestät den Ruhm so sehr, dass ihm scheint, Giovio habe seine Leistungen geschmälert« und »versuche ständig, sie herabzumindern«, während Karl seine Taten »über das tatsächliche Maß hinaus gepriesen« sehen wollte. Ávila schickte Giovio daher eine Liste mit Änderungen, die »den selbstlosen Mut des Kaisers und die Art, wie er sich der Gefahr ausgesetzt hatte, hervorhoben«, um zu gewährleisten, dass sein »Name und Ruhm nicht durch den Nebel der Leidenschaft verschleiert werden«. Da das Buch in Florenz veröffentlicht werden sollte, bat Ávila außerdem Herzog Cosimo, »sicherzustellen, dass Giovios Fehler korrigiert werden, und der Veröffentlichung erst zuzustimmen«, wenn die Änderungen ausgeführt worden seien. Aber obwohl Giovio eine Handvoll sachlicher Fehler berichtigte, weigerte er sich, an seiner Sichtweise auf Karl etwas zu ändern.63 Erfolgreicher war Karl bei der Zensierung eines anderen Geschichtswerkes, das ihn ärgerte, Francisco López de Gómaras Hispania Victrix (»Das siegreiche Spanien«), eine allgemeine Geschichte der westindischen Länder mit allen Entdeckungen und bemerkenswerten Ereignissen bis zum Jahr 1551, erschienen im August 1553 in Medina del Campo. Darin stellte Gómara nicht nur die Eroberung Mexikos als beinahe ausschließliche Leistung von Hernán Cortés dar, sondern beschuldigte auch Karl, Amerika zu vernachlässigen: »Viel mehr hätte entdeckt, erobert und bekehrt werden können, wenn Euer Majestät nicht so sehr damit beschäftigt wäre, anderswo Kriege zu führen.« Diesmal bediente Ávila sich seines Protegés van Male, der Pedro de La Gasca bat, einen detaillierten

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Bericht über die wichtigsten Ereignisse bei der Befriedung Perus vorzulegen und insbesondere Fehler bei Gómara zu korrigieren. Drei Monate später verfügte ein königlicher Erlass, dass Hispania Victrix »weder verkauft noch gelesen und auch keine weiteren Exemplare mehr gedruckt werden dürfen; und die bereits in Umlauf befindlichen müssen einkassiert und zum Indienrat gebracht werden«. Königliche Beamte befragten alle Buchhändler nach Exemplaren des Werkes, die durch ihre Hände gegangen waren: »von wem sie sie erworben und an wen sie sie verkauft hätten und zu welchem Preis, weil Seine Majestät Bescheid wissen muss«.64 Ávila selbst kam schlecht weg in den »Lebenserinnerungen« des Kaisers. Obwohl Karl Einzelheiten aus Ávilas Kommentar zum Schmalkaldischen Krieg (Comentario de la Guerra de Alemaña) ohne Danksagung weiterverwendete, stellte er die Ereignisse zuweilen in völlig anderem Licht dar  – einem Licht natürlich, das hauptsächlich auf ihn strahlte. Der vielleicht unerhörteste Fall betraf den Herzog von Alba: Normalerweise bezeichnete Karl ihn (wenn er ihn denn überhaupt erwähnte) nur als »seinen Kommandeur« und rechnete sich jede bedeutende Aktion als eigenen Verdienst an  – so auch die Entdeckung der entscheidenden Furt über die Elbe kurz vor Mühlberg, die sowohl Ávila (ein Augenzeuge) als auch Karl selbst (in seinem ersten Bericht über den Sieg) zweifelsfrei Alba zuschrieben. Und obwohl Karl die Verbündeten nannte, deren Unterstützung er geschickt mobilisiert hatte – den Grafen von Buren und die niederländischen Truppen, Ottavio Farnese und das päpstliche Kontingent, Moritz von Sachsen und (wenn auch erst fast am Ende der Schilderung) »den König, seinen Bruder« –, war er selbst immer der Star.65 Wie Richard L. Kagan anmerkte, »führte Karl die Aufsicht über etwas, was man heute als Werbeagentur bezeichnen würde«. Nach der Schlacht bei Mühlberg gaben der Kaiser und seine Anhänger zahlreiche literarische und künstlerische Werke in Auftrag, die ihn als den führenden Streiter der Christenheit darstellten. Karl ließ Tizian nach Augsburg kommen, der dort mit der Arbeit an gleich zwei denkwürdigen Porträts begann: der Kaiser, siegreich im Krieg und klug im Frieden (siehe Abb. 25 und 27).66 Kurz darauf gab der Kaiser bei dem Bildhauer Leone Leoni eine Reihe heroischer Skulpturen in Auftrag (Statuen, Büsten und Reliefs in Bronze und Marmor), darunter sieben von ihm selbst, jeweils drei von Philipp und der Kaiserin und zwei von Maria. Das größte Stück ist eine lebensgroße Statue des Kaisers, der eine Rüstung trägt, die abgenommen werden konnte, sodass sein nackter Körper zum Vorschein kam. Karl steht wachsam über seinen besiegten Feinden, jederzeit bereit, falls erforderlich wieder zu den Waffen zu greifen (Abb. 29). Maria beauftragte unterdessen Willem de Pannemaker, eine Reihe gewaltiger Bildteppiche nach Entwürfen von Vermeyen zu weben, um die Erinnerung an den siegreichen Tunisfeldzug zu bewahren (siehe

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Abb. 20); und Karls Gesandter in Venedig beaufsichtigte nicht nur die Veröffentlichung von Ávilas Comentario, sondern auch von einer Serie von Stichen, die an die jüngsten Triumphe des Kaisers erinnerten.67 Nicht immer waren es der Kaiser und seine Minister, die Bildnisse in Auftrag gaben. Manche Buchbinder in den Niederlanden stempelten ihre Arbeit mit einem Porträt ihres Souveräns (oft in Rüstung) und seinem Wahlspruch »Plus Oultre«; Rathäuser und sogar einige Kirchen schmückten sich mit Statuen und Porträts von ihm. Im Jahr 1521 bat Anna Büschler, die »eigensinnige und ungehorsame« Tochter des Bürgermeisters von Hall, einen ihrer heimlichen Liebhaber, der damals auf dem Reichstag zu Worms weilte, »mir ein Bild vom Kaiser malen zu lassen, nicht hübscher und nicht hässlicher, als er ist, denn das wär viel wert«. Viele ihrer Landsleute sammelten Spielfiguren und -steine (und benutzten sie zweifelsohne auch), die das kaiserliche Konterfei trugen, um Schach oder Dame zu spielen (die Popularität beider Spiele stieg während der Herrschaft Karls, Abb. 30).68 Leoni sah im Jahr 1550 einen »fantastischen Schmuckstein« mit Porträts von Caesar und Augustus, der ihn auf die Idee zur Schaffung einer herrlichen Onyxkamee brachte, die auf der Rückseite die Kaiserin und auf der Vorderseite Philipp und Karl zeigt. Der Kaiser trägt eine Lorbeerkrone und seine Mühlberger Rüstung: einmal mehr eine Erinnerung daran, dass er sich im Krieg ebenso wie im Frieden auszeichnete und dass er einen würdigen Nachfolger gezeugt hatte (Abb. 31).69

Sicherung der Nachfolge III: Deutschland Der Kaiser verfasste seine »Erinnerungen« zumindest teilweise mit dem Ziel, seinen Bruder zu beeindrucken. Wiederholt betonte er, wie sehr er Ferdinand unterstützt und seine Interessen gefördert habe, sowohl direkt (indem er seine Wahl zum römisch-deutschen König sicherstellte; indem er Truppen und Geld schickte, um seine Besitzungen gegen die Türken zu verteidigen) als auch indirekt (indem er den Papst zwang, ein allgemeines Konzil einzuberufen, das in erster Linie dazu dienen sollte, Deutschland religiösen Frieden zu bringen; indem er den Schmalkaldischen Bund zerschlug). Er befahl van Male, das Werk vom Französischen ins Lateinische zu übersetzen und zur Veröffentlichung vorzubereiten, aber daraus wurde nie etwas – vielleicht wegen der Feindschaften, die der Familiengipfel hervorrief, den Karl nach Augsburg einberufen hatte, um die Nachfolge in seinen verschiedenen Herrschaftsgebieten zu besprechen: in Italien, wo seine Investitur Philipps als Herzog von Mailand Ferdinands Hoffnungen auf den Erwerb des Gebiets zunichtemachte; in den Niederlanden, wo er sein Versprechen gebrochen hatte, Maximilian und Maria zu seinen Nachfolgern zu machen; in Spanien, wo Ferdinand, sollte Karl vor seiner Mutter ster-

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ben, Philipp die Rolle des Mitsouveräns von Kastilien streitig machen könnte; und vor allem im Heiligen Römischen Reich.70 Jakob Sturm aus Straßburg war augenscheinlich der Erste, der Karls großen Plan erahnte. Im Dezember 1547 vermeldete er vom »geharnischten Reichstag« Gerüchte, »der Kaiser werde nach Straßburg kommen«. Und »Philipp soll kommen und zum römischen König gewählt werden … er soll dem Kaiser im Reich folgen«. Vier Monate später griff der venezianische Gesandte die Geschichte auf, und im Juni 1548 berichtete der Nuntius in Augsburg nicht nur, dass »viele vermuten, Seine Majestät wolle seinen Sohn zum römischen König wählen lassen und damit die Kaiserwürde in seiner Familie bewahren«, sondern auch, dass viele dagegen seien. Dennoch, fügte er sarkastisch hinzu, »macht Seine Majestät mit seiner gewohnten Autorität und Ernsthaftigkeit weiter«, gegenteiligen Auffassungen »schenkt er wenig Beachtung«. Die Kurfürsten erhielten sogar, fuhr er fort, »während er sie früher mit großer Feierlichkeit empfing, heute selten eine Audienz – und wenn doch, müssen sie zuerst eine Stunde oder länger in seinem Vorzimmer warten«. Der Nuntius berichtete auch von einem Wutausbruch des Erzherzogs Maximilian eines Abends beim Essen: »Dass er ein guter Deutscher sei, und er werde niemals jemand anderen als einen echten Deutschen als Kaiser tolerieren.« Und er wetterte gegen die Idee, dass »den Spaniern einfallen könnte, Deutschland zu regieren«.71 Ferdinand entschied sich, alle diese Anzeichen zu ignorieren – bis zum Frühjahr 1549, als er sich gegenüber Maria über etwas echauffierte, »das mir vollkommen unglaublich erscheint«. Es ging dabei um Gerüchte, dass »man am Hofe des Prinzen Philipp, meines Neffen, und im Reich offen sagt, dass mein Herr, der Kaiser, mit mir die Übertragung von Amt und Titel des römischen Königs auf den Prinzen besprochen hat«. Er stritt ab, dass ein solches Gespräch stattgefunden habe, und fügte hinzu: »Ich kann nicht glauben, dass so etwas Seiner Majestät in seinen Gedanken oder Träumen eingefallen sein könnte oder jemals einfallen würde, weil ich ihn für so einen guten Bruder halte – und nicht nur Bruder, sondern auch für meinen wahren Vater.« Maria beruhigte Ferdinand, solche Geschichten seien unnützes Geschwätz – obschon sie ominös hinzufügte: »Ich bin mir absolut sicher, dass Seine Majestät eine solche Angelegenheit mit Euch nur in eigener Person entscheiden würde.«72 Die Sache ruhte ein weiteres Jahr, weil Karl, Philipp und Maria in den Niederlanden weilten, Ferdinand in Österreich und Maximilian in Spanien. Aber kurz bevor der Kaiser und sein Sohn im Mai 1550 nach Augsburg aufbrachen, schrieb Maria Ferdinand einen Brief »in der gänzlichen Zuversicht, daß dieser Brief nur für euch allein seyn werde«. Darin teilte sie ihm mit, »was ich habe wahrnehmen können von dem Willen Sr. Maj. und des Prinzen über diese Sache« und »was ich lieber euch mündlich sagen möchte, wenn ich gekonnt«, wie sie ergänzte.

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Sodann bestätigte sie, kurz gesagt, sämtliche Gerüchte, die sie zuvor geleugnet hatte. Was den Prinzen Philipp betreffe, begann sie, »so sehe ich ihn sehr geneigt darnach zu streben, sich des Kaiserthumes nach Euch zu versichern, sehr große Gründe anführend (donnant des raisons très grandes), daß es ihm nothwendig scheine, für Aufrechterhaltung unseres ganzen Hauses; – der Kaiser findet dabey mehr pro und contra, weßhalb er noch unterlassen hat, sich zu entschließen, biß er euch sehen wird, um dann gemeinschaftlich zu beschließen, was das heilsamste seyn wird für unser Haus, und das Gemeinwohl der Christenheit.«

Sie betonte auch die Notwendigkeit, sich Maximilians Mitwirkung zu versichern, weil sein Widerstand gegen Philipp »Aussaat seyn könnte für dauernde Feindschaft und Eifersucht, woraus nur das Verderben Beider hervorgehen könnte«. Und sie schloss, indem sie Ferdinand daran erinnerte, wie viel er Karl schulde, vor allem »die Wohlthat … daß er in dieser Würde euch seinem eigenen Sohn vorgezogen hat« – nämlich als römisch-deutscher König. Jetzt sei es an der Zeit, diese Wohltat zu vergelten und Philipp Vorrang vor Ferdinands eigenem Sohn einzuräumen.73 Es war eine geschickte, offenbar mit dem Segen des Kaisers ausgearbeitete Argumentation, aber sie bedeutete einen Bruch von Karls – oft wiederholtem – Versprechen gegenüber seinem Bruder, dass Maximilian ihm nachfolgen werde. Tief verletzt durch diese brüske Forderung, wollte Ferdinand seinen »wahren Vater« jedoch nur ungern vor den Kopf stoßen, sodass er nach Augsburg kam und vorschlug, Philipp und seine Nachfolger könnten stattdessen ständige Reichsvikare (Stellvertreter) in Italien werden. Das war ein vernünftiger Vorschlag, der Philipp weit mehr bot, als er am Ende bekam. Aber Karl lehnte ab und wiederholte seine Forderung, dass Ferdinand die Kurfürsten überreden müsse, Philipp zu seinem unmittelbaren Nachfolger zu wählen, vielleicht als zweiten Koadjutor. Ferdinand sah Unheil voraus: »Wenn wir verfrüht und mit gewaltsamen und ungeeigneten Mitteln zu gewährleisten suchen, dass unsere Dynastie das Reich behält«, warnte er Maria, »werden wir es verlieren und unseren Feinden eine Möglichkeit eröffnen, es zu erlangen.« Eine Änderung der Nachfolgeordnung »kann anderen, die mächtig sind und dem Reich näher als Spanien, Stoff zum Nachdenken geben«. Daher, fuhr er besorgt fort, »hoffe ich, wir werden zurechtkommen«, ohne die vorzeitige Wahl Philipps zum römisch-deutschen König zu erörtern: »Meiner Ansicht nach wäre das aus vielen Gründen das Beste – und darunter ist nicht der geringste, dass ich glaube, dass sie unmöglich zu erwirken wäre und

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dass schon sie vorzuschlagen vielerorts und in vielerlei Weise Feindseligkeit und Widerstand auslösen würde, was ich für meinen Teil gerne vermeiden würde. Sollte sie vorgeschlagen werden, werdet Ihr, denke ich, feststellen, dass ich Euch die Wahrheit gesagt habe: dass es besser gewesen wäre, wenn sie nie in Vorschlag gebracht worden wäre.«74

Karl war nicht einverstanden und befahl stattdessen Maria, alles stehen und liegen zu lassen und herbeizueilen, um gemeinsam mit ihm Ferdinand zu überzeugen, denn »der Punkt, der in Augsburg geregelt werden muss, wiegt schwerer als alle anderen Erwägungen«. Kurz vor ihrer Ankunft entfiel durch den Tod Granvelles am 27. August 1550 eine wichtige Stimme der Mäßigung, und obwohl Karl Perrenot anwies, die Arbeit seines verstorbenen Vaters zu übernehmen, fehlte ihm dessen Autorität.75 Das Verhältnis zwischen den Brüdern verschlechterte sich rapide, bis Ferdinand an einem Abend im November verkündete, dass er in Anbetracht von Gerüchten über einen weiteren osmanischen Einfall in Ungarn abermals vom Reichstag Hilfe verlangen werde. Karl unterbrach seinen Bruder mehr als einmal mit dem Einwand, dass die Lage Ungarns, das keinesfalls in unmittelbarer Gefahr schwebe, es nicht rechtfertige, sich über den Reichstag Gelder zu beschaffen, die er für seine eigenen Zwecke in Deutschland verwenden wollte – aber Ferdinand blieb unnachgiebig. Er erklärte, dass sein Gewissen und seine Ehre ebenso wie die Notwendigkeit, seine eigenen Besitzungen zu schützen, ihn nötigten, deutschen Beistand für einen neuen Feldzug in Ungarn zu mobilisieren. Daraufhin wurde Karl wütend, und er schalt seinen Bruder, weil »Ihr ständig alles, was Ihr tun wollt, als eine Sache des Gewissens und der Ehre rechtfertigt«. Außerdem behauptete er, dass Ferdinand den Löwenanteil aller früheren vom Reichstag beschlossenen Steuern erhalten habe, »während ich nichts bekam; doch trotzdem wollt Ihr alles für Euch selbst. Am Ende«, so Karl zu Ferdinand, »müssen wir festlegen, wer Kaiser ist: Ihr oder ich.« Und er drohte, seinem Bruder offen entgegenzutreten, sollte er weiterhin Geldmittel vom Reichstag verlangen. Ferdinand stürmte aus dem Zimmer.76 Nachdem er Maria von diesem erbitterten Wortwechsel berichtet hatte, schmollte Karl, dass »nichts, was der verstorbene König von Frankreich [Franz I.] mir getan hat«, mich »so sehr [berührt hat] wie die Art und Weise, wie der König, unser Bruder, mich behandelt. Worüber ich mich am meisten ärgere«, sei, dass, »wenn wir zusammen sind, ich kein Zeichen von Reue oder Scham bei ihm sehe. Mir bleibt daher nichts anderes übrig, als mein Vertrauen in Gott zu setzen und Ihn zu bitten, meinem Bruder Verstand und Weisheit und mir Kraft und Geduld zu gewähren.« Er bat vergeblich. Die Brüder weigerten sich, miteinander zu sprechen.77 Nun bestellte Karl Maria wieder nach Augsburg, wo sie nach wochenlanger, hitziger Diskussion im März 1551 eine Vereinbarung

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zwischen den Brüdern vermittelte. Die kaiserliche Nachfolge sollte zwischen den beiden Linien des Hauses Habsburg wechseln: Ferdinand würde im Kaisertum nachfolgen, versprach aber, die Reichsbefugnisse über Italien an Philipp zu delegieren (Reichsvikariat) und die Wahl seines Neffen zum römisch-deutschen König zu betreiben; dann würde Philipp als Kaiser die Wahl Maximilians zu seinem Nachfolger sicherstellen und während seiner Abwesenheiten von Deutschland Maximilian zu seinem Regenten ernennen. Außerdem versprach der Prinz, Ferdinand und Maximilian im Reich und in Ungarn zu unterstützen und es zu unterlassen, sich in Reichsangelegenheiten einzumischen – es sei denn, er würde von Ferdinand darum ersucht. Außerdem sollte er eine von Ferdinands Töchtern heiraten.78 Obwohl Maximilian den Familienverträgen von 1551 widerwillig seine mündliche Zustimmung gab, weigerte er sich, sie zu unterzeichnen, und klagte, »die übliche Vorgehensweise« seines Onkels (und jetzigen Schwiegervaters) habe darin bestanden, »alle stets zu überragen und bei seinen Bundesgenossen die Zügel stets kurz zu halten, damit er sie kontrollieren konnte«. Ferdinand unterzeichnete die Vereinbarung zwar, blieb aber verärgert. Einige Jahre später erinnerte er sich, dass er Karl vor den »Schwierigkeiten, Aufständen und Unruhen, die dies im Reich auslösen könnte«, gewarnt hatte, »und dass er nicht obsiegen werde«. Nachdem jedoch der Kaiser darauf bestanden hatte, dass wir uns »seinem Willen beugen, mussten wir tun, was wir getan haben (hubimos de hacer lo que se hizo); und kurz danach stellten wir fest, dass ich ein besserer Prophet gewesen war, als wir uns gewünscht hätten, denn als die deutschen Fürsten hinter unseren Plan kamen, griffen sie gegen Seine Majestät zu den Waffen.«79 Die Familienverträge gefährdeten sämtliche der schwer erkämpften Erfolge Karls seit Mühlberg. Wie Roger Ascham feststellte, gab es im Sommer 1551 »nur wenige Prinzen im ganzen Imperium«, aber »ihnen hat der Kaiser einige recht ordentliche Unfreundlichkeiten erwiesen. Fürwahr, Ferdinand, sein Bruder, Maximilian, sein Neffe … haben dies übel vermerkt.« Aber Karl und sein Sohn schienen das zu übersehen. Überzeugt davon, dass sie triumphiert hatten, verließ Philipp im Mai 1551 Augsburg, um seine Regentschaft in Spanien wieder aufzunehmen, und kurz darauf reiste auch Karl ab – vielleicht, wie Richard Morison (Aschams Nachfolger als englischer Gesandter) scharfsinnig behauptete, weil er empfand, wie alle »Väter empfinden, und eine Zeit lang dem Haus fern sein wollte, in dem er und sein Sohn so lange gewesen und nun voneinander getrennt waren«. Philipp sollte seinen Vater mehr als vier Jahre nicht wiedersehen, und bis dahin war die habsburgische Welt eine andere geworden.80

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15 Die letzten Feldzüge des Kaisers (1551–1554) Der Kaiser und die Einheit der Christenheit Auf seiner Reise von Augsburg nach Süden machte Philipp in Trient Station, um einen der bemerkenswertesten Erfolge Karls zu besichtigen: die zweite Tagungsperiode des allgemeinen Kirchenkonzils. Die Ermordung von Pier Luigi Farnese im Jahr 1547 hatte die Beziehungen zwischen Farneses Vater, Papst Paul III., und dem Kaiser vergiftet und die weitere Zusammenarbeit auf dem Konzil verhindert; aber Paul starb zwei Jahre später. Papst Julius III. erklärte kurz nach seiner Wahl im Februar 1550, dass das allgemeine Konzil entweder in Trient erneut zusammenkommen könne oder, »falls dieser Ort ungünstig erscheint, irgendwo tiefer in Deutschland« an einem Ort, der dem Kaiser genehm sei. Karl war hocherfreut: Julius hätte nichts tun können, »was wir mehr schätzen würden«, informierte der Kaiser seinen Gesandten in Rom, und er beeilte sich, die neue Gelegenheit zu nutzen, um seine langfristigen religiösen Ziele zu erreichen. Freilich konnte er sich den Hinweis nicht verkneifen, dass die abweichenden religiösen »Auffassungen in Deutschland heute zahlreich und unterschiedlich sind«, was eine Aussöhnung erschwere, die »vor einigen Jahren noch hätte bewerkstelligt werden können, als die Meinungsverschiedenheiten sich auf ein paar Streitpunkte beschränkten und die einzelnen Auffassungen weniger Anhänger hatten«. Karl bestand darauf, dass den deutschen Lutheranern »zu jedem Thema, das sie vorzuschlagen belieben, Gehör geschenkt werden muss«, damit sie sich später »nicht von dem Konzil mit der Begründung zurückziehen können, sie würden nicht angehört«.1 Umso wütender war er, als er feststellen musste, dass die Bulle zur Einberufung des Konzils die Lutheraner nicht namentlich erwähnte, und er unterzeichnete einen von Prinz Philipp, Antoine Perrenot und dem Herzog von Alba bezeugten beglaubigten Protest. Vorläufig hielt er die Note allerdings geheim und schickte stattdessen Briefe an alle Prälaten und an ausgewählte Theologen in seinen verschiedenen Herrschaftsgebieten und forderte sie zur Teilnahme an dem Konzil auf. Dank dieser Bemühungen machten Karls Untertanen mehr als die Hälfte der Konzilsteilnehmer aus. Francisco de Toledo, der kaiserliche Gesandte, nutzte diesen zahlenmäßigen Vorteil so geschickt aus, dass (dem Papst zufolge) in Rom schon ein Witz die Runde machte, wonach »das Konzil von Trient eigentlich das Konzil von Toledo« sei.2 Anfangs akzeptierte der Kaiser Julius’ Forderung, das Konzil müsse zuerst die ausstehenden Probleme der Glaubenslehre lösen, weil viele Katholiken

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eine Klärung der Frage herbeisehnten, was denn nun der rechten Lehre entspreche und was häretisch sei. Aber er bestand darauf, dass das Konzil diesmal (im Gegensatz zur ersten Tagungsperiode) der Reform von Missständen einige Aufmerksamkeit widmete, »um die Skandale aus der Welt zu schaffen und abzustellen, die sich in der Kirche entwickelt haben, denn anders zu handeln, bedeutet unweigerlich, dass die Irrtümer um sich greifen und die Ketzer sie weiter kritisieren werden«. Karl fuhr fort: »So wie es nicht unsere Absicht ist, die Autorität Seiner Heiligkeit herabzusetzen … so sollte Seine Heiligkeit nicht versäumen, sein Bestes zu tun, um die Missstände abzustellen, denn genau daraus sind diese Probleme in Deutschland erwachsen.« Kurz nachdem er dies geschrieben hatte, reiste Karl mit kleinem Gefolge im November 1551 nach Innsbruck, das weniger als 200  Kilometer von Trient entfernt liegt. Nicht zuletzt wollte er dadurch sicherstellen, dass die Versammlung sich zumindest mit einigen »der Missstände, die den Ärger der Gläubigen erregen«, beschäftigte, »denn genau das sind wir Gott und der Welt schuldig«.3 Anfang 1552 trafen einige lutherische Theologen in Trient ein. Der Kaiser sah in ihrer Teilnahme »das einzige Heilmittel für die Übel, welche die Kirche plagen«, und bemühte sich unermüdlich darum, dass man sie anhören würde. Daher geriet er in Zorn, als Julius drohte, das Konzil auszusetzen, sollten die Lutheraner sprechen. »Ich will nichts hören von einer Suspension«, fuhr er Diego Hurtado de Mendoza an, seinen Gesandten in Rom: »So etwas sollte nicht vorgeschlagen, geschweige denn vereinbart werden, weil es augenscheinlich meinen Ruf schädigen würde, der mit dem Dienst an Gott gleichbedeutend ist« – eine erstaunliche Behauptung. Der Kaiser bestand darauf, dass sein Gesandter dem Papst persönlich Folgendes mitteilte: »Sollten Seine Heiligkeit und seine Vertreter etwas anderes tun, und es kommt zu irgendeiner Störung, so muss klar sein … dass es nicht der Fehler Seiner Majestät war, sodass er vor Gott wie vor der Welt frei von Schuld ist.« Julius blieb unbeeindruckt von diesem passiv-aggressiven Gepolter: »Wir sind uns sicher, dass Seine Majestät in allen seinen Ansichten bewundernswert vernünftig ist und Wohlwollen gegen uns hegt«, ließ er seinen Legaten in Trient wissen, aber »wie alle anderen muss er die uns unmittelbar von Gott gegebene Macht respektieren«.4 Karl blieb optimistisch. »Da diese Angelegenheiten von Zeit und Umständen abhängen«, erinnerte er Mendoza Ende Februar 1552, müsse der Gesandte ihn ständig auf dem Laufenden halten, damit er »von Zeit zu Zeit, je nachdem, wie die Dinge anderswo erscheinen«, Änderungen an seinen Plänen vornehmen könne. Karl ahnte nicht, dass ein paar Wochen später gewisse »Umstände« – in Gestalt einer feindlichen deutschen Armee – nicht nur die Teilnehmer des Konzils zur Flucht aus Trient veranlassen und damit den letzten bedeutsamen Versuch zur Aussöhnung von Lutheranern und Katholiken beenden würden,

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sondern auch den Kaiser zwingen würden, aus Innsbruck zu fliehen, um der Gefangennahme durch seine eigenen Untertanen zu entgehen.5

Nemesis Im Jahr 1553 registrierte Roger Ascham, der sich einige Zeit an Karls Hof aufgehalten hatte, mit Überraschung, dass der Kaiser, der drei Jahre zuvor »mit sich und der ganzen Welt im Einklang« gewesen war, »kurz danach so viele Feinde hatte, dass er nicht wusste, was er tun sollte«. Verantwortlich für diese bemerkenswerte Verschlechterung machte er die »großen Wirrungen von Bündnissen, Misshelligkeiten, Plünderungen, Kriegen, verschiedenen Schicksalswenden und sehr schwerwiegenden Zerrüttungen; alle diese Desaster erschwert durch Undankbarkeit, Verrat, Niedertracht, Begierde, Habgier, Ehrgeiz, Tyrannei und Feindschaft gegen Gott, während die Freiheit vertrieben, das Recht verletzt, die Religion besudelt und Gott selbst verachtet wurde«.6 In den internationalen Angelegenheiten begannen die »Desaster« im März 1550, als die Regenten für Eduard VI. von England – darauf bedacht, sich im Ausland Frieden zu erkaufen – einwilligten, Boulogne an Frankreich zurückzugeben, alle ihre Truppen aus Schottland abzuziehen und Mary, der Königin von Schottland, die Heirat mit dem französischen Thronerben zu erlauben. Auf die Kunde von den Neuigkeiten hin zeigte sich der Kaiser »auffallend nachdenklich und schien beunruhigt«, weil »dieser Frieden nicht nur ohne ihn, sondern auch gegen seine Erwartung geschlossen wurde, weshalb er sich einbildet, dass sein Ruf stark geschädigt sei – wie er es in der Tat ist, sowohl in Deutschland (Almain) als auch in Italien«. Der Friede mit England sicherte außerdem die westliche Flanke Heinrichs II. von Frankreich, während er sich anschickte, Rache für seine vierjährige Gefangenschaft in Spanien in den 1520er-Jahren und für die demütigenden Bedingungen des Friedens von Crépy zu üben. »Der König«, so ein venezianischer Gesandter, »kann seinen Hass auf den Kaiser nicht verhehlen, und er wünscht ihm jedes Übel, das man seinem Feind nur wünschen kann. Keine Medizin, ausgenommen der Tod oder die Vernichtung seines Feindes, kann diesen Zustand heilen.«7 Karl, der nichts von diesen Entwicklungen ahnte, hatte seine Position bereits geschwächt, indem er Andrea Doria und seiner Flotte die Erlaubnis gab, Mahdia zu erobern. Die nordafrikanische Hafenstadt diente Dragut als Hauptquartier, dem mittlerweile mächtigsten Korsaren der Berberei, der seinen Lebensunterhalt mit dem Plündern von Schiffen aus dem habsburgischen Neapel und Sizilien bestritt. Als im September 1550 die Nachricht von Dorias Erfolg eintraf, schwelgte der kaiserliche Hof in »größtem Jubel« und veranstaltete ein

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Turnier, an dem Prinz Philipp teilnahm. Aber der besiegte Dragut segelte nach Istanbul und erbat die Hilfe des Sultans gegen die – wie er behauptete – nackte habsburgische Aggression. Karl schrieb dem Sultan und bat beinahe flehentlich darum, diese Aktionen als Maßnahmen gegen die nordafrikanische Piraterie zu betrachten und nicht als Verstöße gegen den vor drei Jahren zwischen ihnen geschlossenen Waffenstillstand. Aber weil der Kaiser sich weigerte, seine Eroberungen wieder herauszugeben, führte Dragut 1551 eine gewaltige osmanische Flotte erst gegen Mahdia und dann gegen Malta. Als beide Operationen scheiterten, startete er einen Überraschungsangriff auf den christlichen Außenposten Tripolis, der zu Bedingungen kapitulierte, die von dem französischen Gesandten beim Sultan ausgehandelt worden waren (der sich an Bord der türkischen Flotte befand).8 Ascham hielt Karls Aggression im Mittelmeer für einen katastrophalen Fehler, weil, »nachdem der Türke einmal als offener Feind des Kaisers offenbart war, viele niederträchtige Männer allmählich mutiger wurden und aus der Deckung kamen, um offen nach Abhilfe für ihre persönlichen Verletzungen zu suchen; und weil Frankreich an der Seite jedes Mannes stand und jeden ermutigte und unterstützte, der irgendeinen Grund hatte, sich durch den Kaiser gekränkt zu fühlen«.9 Dazu gehörte Ottavio Farnese, der Herzog von Parma, Karls Schwiegersohn, der die Hoffnung aufgab, Piacenza jemals wiederzuerlangen, das nach der Ermordung seines Vaters (Kap. 12) durch kaiserliche Truppen unter Ferrante Gonzaga, dem Gouverneur von Mailand, besetzt worden war. Im Juni 1551 besuchte Prinz Philipp auf dem Rückweg nach Spanien in Begleitung Gonzagas Piacenza und begab sich dann nach Parma, wo er zum ersten Mal mit seiner Halbschwester Margarita und ihrem Gemahl zusammentraf. Obwohl der Besuch reibungslos verlief, erklärte Papst Julius kurz darauf Ottavio zum Aufrührer und verkündete, dass »unsere Sache in allen Dingen dieselbe ist wie die Seiner kaiserlichen Majestät«. Der Herzog schlug zurück, indem er einen Vertrag unterzeichnete, der seine Besitzungen unter französischen Schutz stellte, und kurz darauf verwüsteten Heinrichs Truppen einen Teil des Kirchenstaates und besetzten mehrere Festungen im Piemont. Gonzaga bat den Kaiser, ihm aus Deutschland Verstärkungen zu schicken, damit er die Belagerung von Parma betreiben könne.10 Angesichts der Bedeutung von Parma für die Sicherheit des Herzogtums Mailand (zu dem es einst gehört hatte) kam Karl der Bitte gerne nach. Außerdem sei es ihm, wie er seinem Bruder erklärte, »unmöglich, die spanischen Truppen, die gegenwärtig in Festungen in Württemberg in Garnison liegen, weiter zu unterhalten, da sie bereits so viel zu der unerträglichen Last meiner Ausgaben beigetragen haben«. Überzeugt davon, dass das Interim und die Familienverträge seinen Einfluss auf Deutschland gesichert hatten, befahl Karl daher im Okto-

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ber 1551 den spanischen Garnisonstruppen, die Alpen zu überqueren; einige altgediente deutsche Einheiten folgten ihnen.11 Damit hatte Karl einen weiteren katastrophalen Fehler begangen, denn mehrere lutherische Staaten in Norddeutschland widersetzten sich ihm. Im Februar 1550 schloss Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg mit einigen seiner protestantischen Nachbarn ein Defensivbündnis »zur Erhaltung der wahren Religion augsburgischer Konfession sowie zum Schutze der deutschen Freiheit«. Magdeburger Drucker veröffentlichten fast 150 Bücher und Pamphlete, die das Interim verurteilten, was der Stadt (wenngleich nur unter Protestanten) den Titel »Unseres Herrgotts Kanzlei« einbrachte. Obwohl Moritz von Sachsen in Karls Namen eine Armee aushob, um Magdeburg zu belagern, blieben seine Bemühungen halbherzig.12 Karl übersah die Bedeutung dieser Entwicklungen, teils weil er sich zeitweilig in Brüssel aufhielt und Augsburg, wohin er einen weiteren Reichstag einberufen hatte, erst im Juli 1550 wieder erreichte. Zu seinem Glück übersah auch Heinrich II. ihre Bedeutung. »Es gibt nur wenige in Deutschland, in die wir viel Vertrauen setzen können«, klagte er, »und ich sehe kaum eine Möglichkeit, die Situation zu verbessern – wegen der Zwistigkeiten, die unter ihnen bestehen, und der Tatsache, dass ihre Herzen so geschwächt sind, dass ich keine Chance sehe, dass sie sich über irgendetwas einig werden.« Der König entdeckte nur zwei Hoffnungsschimmer: Da war zum einen der Zwist zwischen Karl und seinem Bruder über »die kaiserliche Sukzession, der die Dinge ein wenig anstoßen könnte – obwohl ich kaum eine Chance dafür sehe, weil ich glaube, dass der Kaiser sich so gut um seine Angelegenheiten kümmert, dass er dort keinen Ärger stiften wird« – und da war zum anderen die Ankunft eines geheimen Abgesandten Moritz’ von Sachsen in Frankreich.13 Der neue Kurfürst hegte einen mehrfachen Groll. Wie andere deutsche Lutheraner fühlte Moritz sich von dem wiedereinberufenen Trienter Konzil bedroht. Obwohl er auf Ersuchen des Kaisers Vertreter entsandte, bestanden diese darauf, dass alle in ihrer Abwesenheit getroffenen früheren Entscheidungen als hinfällig zu betrachten seien. Natürlich weigerte sich Karl. Auch der Plan, Philipp zum römisch-deutschen König wählen zu lassen, befremdete Moritz – aber ebenso die anderen Kurfürsten  –, weil die Regelung der kaiserlichen Nachfolge im Voraus (wie es 1530/31 geschehen war) den Wahlcharakter des Kaisertums untergrub. Einmal mehr weigerte sich Karl, zuzuhören. Am ärgerlichsten schließlich war die fortgesetzte Gefangenschaft von Moritz’ Schwiegervater, Philipp von Hessen. Anfangs versuchte Moritz, die Freilassung des Landgrafen zu erreichen, indem er die Freundschaft mit Karls Verwandten pflegte. Im Jahr 1549 besuchte er Prag, wo Ferdinand zufolge »die unerledigten Zwistigkeiten zwischen dieser

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Krone von Böhmen und dem Haus Sachsen sehr vorteilhaft für uns und sehr zu meiner Zufriedenheit beigelegt wurden«. Der neue Kurfürst jagte und zechte auch mit Prinz Philipp von Spanien und überredete ihn, »von seinem Vater die Auslieferung des Landgrafen« zu erbitten, aber Karl weigerte sich. Ascham hielt dies für einen weiteren schwerwiegenden Fehler: »Die Leute könnten sagen, dass es nicht die klügste Handlung war, die der Kaiser jemals ausführte, dem Prinzen dieses Gesuch abzuschlagen; denn wäre der Prinz zum Überbringer der beiden Fürsten [Hessen und Sachsen] aus der Gefangenschaft gemacht worden, hätte er dadurch in ganz Deutschland so viel Gunst gewonnen, dass er ohne jeden Zweifel zum Koadjutor des römischen Königs, seines Onkels, und später zum Kaiser gemacht worden wäre.«14

Stattdessen setzte Karls Kanzlei eine geheime »Declaratio super captivitate landtgravii« auf, in der der Landgraf zu »zehn Jahren ununterbrochener Gefangenschaft« verurteilt wurde – was Karl selbst durchstrich und auf »fünfzehn Jahre« erhöhte. Faktisch kam dies einer lebenslangen Freiheitsstrafe gleich, da der Gefangene inzwischen 64 Jahre alt war.15 Im Dezember 1550 setzte der Landgraf mithilfe von Verschwörern in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden einen Plan zur Flucht aus seinem Gefängnis in Mecheln ins Werk, der in einer Schießerei mit seinen spanischen Wachen gipfelte. Der Ausbruch scheiterte, aber diese Infragestellung von Karls »Jurisdiktion in unseren ererbten Provinzen und der Versuch, den Hauptmann seiner Wachen und jene, die bei ihm waren, zu töten«, erzürnten den Kaiser so sehr, dass er seine Amtsträger anwies, den Landgrafen zu bedrohen: Wenn er »Euch nicht freiwillig die Wahrheit sagt, werden wir ihn mit Gewalt dazu bringen«. Die Strategie ging auf. Der Landgraf brach in Tränen aus und nannte seine Bundesgenossen (von denen viele ihm bald im Gefängnis Gesellschaft leisteten), woraufhin Karl seine Verbringung in eine fensterlose Zelle anordnete, wo er künftig ohne Geld, Diener und Kontakt zur Außenwelt bleiben sollte. Moritz, der zu dem Schluss kam, dass Karl seinen Schwiegervater niemals freilassen werde, handelte ein geheimes Abkommen mit dem Herzog von Mecklenburg und dessen Verbündeten aus, in dem sie gelobten, die Freilassung des Landgrafen zu erreichen und außerdem »die Freiheiten Deutschlands zu verteidigen« – gegebenenfalls durch ein Bündnis mit Frankreich.16 Im Oktober 1551, als die spanischen Garnisonstruppen gerade aus Württemberg abzogen, um Parma zu belagern, unterzeichneten Moritz und seine norddeutschen Verbündeten einen geheimen Bündnis- und Beistandspakt mit dem König von Frankreich, da »die Röm. Kai. M. [Karl V.] in viel wege practicirt, heimlich und zum theil offentlich furo und furo dahin trachtet, wie sie nit allein

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die chur- und fursten, sondern auch die graven, hern, vom adel, erbare stett, und gemeine underthanen unsers hochgelibten vatterlands, der Teutschen nation, von iren alten liberteten und freiheiten, zu einem solchen viehischen, untreglichen und ewigen servitut, wie in Hispania und sonsset gesehen wirdet, dringen möchte …« Heinrich II. verpflichtete sich, eine monatliche Summe zum Unterhalt einer Bündnisarmee beizusteuern, die für »die alte teutsche libertet und freiheit unsers gelibten vaterlands der Teutschen nation«, den lutherischen Kultus und die Freilassung des Landgrafen kämpfen sollte; ferner versprach er, die französischsprachigen Reichsstädte Metz, Toul und Verdun in Lothringen einzunehmen. Außerdem »wirdet vor guet erachtet … das I. M. ein sonder feur in den Niderlanden anzunde, uf das der veind an vielen ortten leschen und sein macht theilen musse«. Im Gegenzug sicherten die deutschen Verbündeten zu, Heinrich dabei zu helfen, alle Territorien wiederzugewinnen, die Frankreich an Karl verloren hatte, und seine Wahl zum nächsten Kaiser zu unterstützen.17

Gruppendenken Es erwies sich als unmöglich, eine so umfassende Verschwörung geheim zu halten, und viele von Karls Amtsträgern übermittelten seinem Hof Warnungen – aber erstaunlicherweise hörte dort niemand zu. Ein Teil des Problems lag in einer Denkweise, die eine spätere Epoche als »Gruppendenken« bezeichnen würde: die Erzeugung eines falschen Anscheins von Einmütigkeit unter Entscheidungsträgern durch Unterbinden jeder Äußerung von Widerspruch, während die Diskussion zugleich in eine Richtung gelenkt wird, die Uneinigkeit auf ein Minimum reduziert. Das Problem war nicht neu. Schon einer der Emissäre Margaretes von Österreich nach Deutschland, der 1519 Karls Wahl zum römisch-deutschen König in die Wege leiten sollte, erkannte die Gefahr. »Um Euch die Wahrheit zu sagen«, vertraute er Margarete an, »die Herren hier wagen nicht, zu sagen oder zu schreiben, was sie denken, aus Angst, das Missfallen des Königs zu erregen« – um sie im nächsten Atemzug zu bitten, seine abweichenden Ansichten für sich zu behalten. Dass Karl sich auf Zusammenfassungen eingehender Berichte verließ und nicht auf die Originale zurückgriff, verschärfte das Problem, weil die Minister in seinem Gefolge damit die Möglichkeit hatten, Themen zu unterdrücken, die ihnen nicht behagten. So übermittelte im Jahr 1544 García de Loaysa in einem Brief Glückwünsche zu dem kaiserlichen Sieg über Kleve und bat dann »Eure Majestät, Schritte zum Frieden zu unternehmen, auch wenn es bedeutet, einige Eurer unzweifelhaften Rechte zu verlieren«. Aber Karl las den Brief nie und vertraute stattdessen auf einen Auszug, der ihm von einem Sekretär vorgelesen wurde – und der den Ratschlag,

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eine gütliche Vereinbarung zu treffen, wegließ.18 Im Jahr 1551 hatte der Kaiser laut Ascham »viele Eisen im Feuer, und jedes für sich vermag ihn ausreichend zu beschäftigen: der Türke zu Wasser wie zu Lande, die Franzosen, die ihm überall auf dem Schoß sitzen«, dazu Magdeburg und die anderen Zentren des Widerstands in Norddeutschland. Dabei, fuhr er fort, habe Karl sich irreleiten lassen, »geblendet von der allzu hohen Meinung über seine eigene Klugheit, nur das gutheißend, was ihm gefiel, und jeden Rat anderer schnell verschmähend (diese eigensinnige Haltung ist allen großen Geistern ebenso gewöhnlich eigen, wie sie ihnen schadet)«.19 Der Kreis von Ministern, die Karl zurate zog, war geschrumpft. Im Jahr 1545 meinte ein Höfling, dass »Seine Majestät sich entschlossen hat, seine Angelegenheiten nur noch mit Monsieur de Granvelle zu besprechen, den er als gewissenhaft und äußerst besonnen befunden hat«. Drei Jahre später berichtete der Nuntius, dass Antoine Perrenot, der Bischof von Arras, gemeinsam mit seinem Vater Granvelle die Geschäfte des Kaisers jetzt an sich gerissen habe: »Sie kümmern sich um alles, und solange eine Angelegenheit nicht durch ihre Hände gegangen ist, wird nichts erledigt, weil Seine Majestät nur die drittwichtigste Person an diesem Hof ist« – eine bemerkenswerte Aussage. Der Nuntius erklärte ferner, dass »dies ein Hof ist, wo man Geschenke machen muss, andernfalls wird keine Angelegenheit erfolgreich erledigt«. Er verwies auf das Beispiel des Herzogs Cosimo von Florenz, der (so behauptete der Nuntius) Granvelle und dessen Sohn mit Geschenken bearbeitete und daher »an diesem Hof alles erreicht, was er will«. Sein venezianischer Kollege äußerte sich konkreter. Er behauptete, dass Cosimo Granvelle 15 000 Kronen pro Jahr als reguläre Rente zukommen ließ, dazu Zuschläge für spezielle Anliegen, und dass »Granvelle mit den ganzen Gaben von Personen in Deutschland, Spanien und den Niederlanden jedes Jahr 100 000 Kronen erhielt«.20 Es wäre ein Leichtes, diese Anschuldigungen als gehässigen Klatsch abzutun, aber Cosimos Buchführung war so exzellent, dass die Historiker viele Bestechungen dokumentieren können. So schickte der Herzog beispielsweise Anfang 1543 Granvelle warme Sachen für sein Bett und sein Schlafzimmer, »weil ich weiß, dass Ihr Euch in die kalten Gefilde Deutschlands begebt«. Zwei Jahre später sandte er ihm mehrere Kisten Süßwein, ein von Agnolo Bronzino gemaltes Altarbild und einen Ingenieur, der die Sümpfe auf Granvelles Gütern trockenlegen sollte und dessen Gehalt Cosimo »drei oder vier Monate oder, falls nötig, noch länger« zahlen würde. Im Jahr 1547 schickte der Herzog Granvelle einige Bettdecken aus rotem Satin, verbunden mit der Bitte, ihm zum Vorzugspreis von 25 000 Kronen die Ortschaft Pontremoli zu verkaufen, die von dem Genueser Aufrührer Fieschi, dem Grafen von Lavagna, konfisziert worden war.21

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Diejenigen, die etwas von Karl wollten oder brauchten, scheinen das von Granvelle betriebene korrupte System toleriert zu haben, aber nach seinem Tod im Jahr 1550 beklagten sich manche bitter über die Habgier seines Sohnes Antoine. Während Granvelle stets »verstanden hatte, wie wichtig es war, gegenüber den Ministern Seiner Majestät niemals respektlos zu sein«, übte Antoine Perrenot laut Ferrante Gonzaga zwischen 1551 und 1553 in 23 Einzelfällen Kritik an Gonzagas Handlungsweise als Gouverneur von Mailand. Das betraf mal seine Einnahme Piacenzas (»die er als Ursache aller Rückschläge ansieht«) und mal seinen vergeblichen Versuch, Parma zu erobern (»der 1,5 Millionen Golddukaten gekostet hat«), sodass »er gegenwärtig, selbst wenn ich Cäsar oder Hannibal wäre, nicht zufrieden mit mir wäre«.22 Wer anderer Meinung war als Granvelle und sein Sohn, sah sich bald an den Rand gedrängt oder abgesetzt – ein weiterer wesentlicher Aspekt des Gruppendenkens. Nicht einmal der kaiserliche Beichtvater war davor gefeit. Im August 1548 schloss Granvelle einen Kompromiss mit den lutherischen Predigern Augsburgs, der ihnen gestattete, ihre Pfründen zu behalten, vorausgesetzt, sie billigten und beachteten das Interim. Pedro de Soto, der Karl stets gedrängt hatte, gewaltsam gegen die deutschen Lutheraner vorzugehen, erhob Einspruch gegen diese Maßnahme und verlangte stattdessen einen kaiserlichen Erlass, der den Predigern ihre Pfründen nahm, sofern sie nicht ihren Irrtümern abschworen und in allen Belangen der katholischen Lehre folgten. Der Kaiser befahl Granvelle, eine Kommission aus Ministern und Theologen (darunter de Soto) zu berufen, um die Angelegenheit zu erörtern, und mit Ausnahme des Beichtvaters waren sich alle einig, dass »Seiner Majestät die Mittel fehlten, einen solchen Erlass durchzusetzen«. De Soto protestierte am nächsten Tag bei Karl, und als der Kaiser an der Mehrheitsentscheidung festhielt, gab der Beichtvater seine Stellung auf und bestand darauf, sofort in ein Kloster nach Spanien zurückzukehren, wobei er (zumindest laut Granvelle) »mehrere unverschämte Dinge« sagte. Karl verlor auf diese Weise eine wichtige Quelle unabhängigen Rats.23 Einige glaubten, der Kaiser verliere den Bezug zur Realität. Sein Neffe und Schwiegersohn Maximilian, der ihn auf dem Feldzug in Sachsen und später beim Augsburger Reichstag aus der Nähe erlebt hatte, aber auch aus der Ferne während seiner Regentschaft in Spanien, hielt für Karls größten Fehler »die Hartnäckigkeit und Unbeugsamkeit, die er normalerweise an den Tag legt, wenn er sich mit seinen eigenen Angelegenheiten befasst«. Perrenot äußerte eine andere Beschwerde. »Ich finde Seine Majestät lethargischer, als angebracht ist«, klagte er gegenüber Maria: »Seine Majestät gibt in allem die Hoffnung auf, eine Lösung zu finden, und was auch immer ihm vorgeschlagen wird, seine Antwort lautet stets: ›Man muss die

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am wenigsten schlechte Lösung für jedes Problem finden …‹ Wenn ihm nahegelegt wird, dass wir die Engländer, die Venezianer, die deutschen Fürsten und andere umwerben und das Wohlwollen von Leuten gewinnen sollten, scheint er so wenig Wert darauf zu legen, weil er sie alle derart geringschätzt.«24

Auf dem Tiefpunkt der Herrschaft In Kombination mit der gänzlichen Inanspruchnahme des Kaisers und seiner Umgebung durch andere Dinge führte das Gruppendenken dazu, dass Deutschland vernachlässigt wurde, insonderheit die potenzielle Gefahr, die Moritz von Sachsen darstellte. »Obwohl ich mich nicht allzu sehr auf seinen guten Willen verlasse«, informierte Perrenot Maria (eine derjenigen, die Warnungen vor einer sich formierenden Verschwörung gegen Karl ernst nahmen), »glaube ich nicht, dass [Moritz] es wagen würde, offen gegen Seine Majestät vorzugehen, weil  … er zu ängstlich ist, um ein großes Unternehmen durchzuführen, zu arm, um große Kosten zu tragen, und zu unbeliebt in Sachsen. Außerdem fürchtet er, dass wir Herzog Johann Friedrich freilassen könnten, der, so gebrochen er auch ist, trotzdem – dank seiner Beliebtheit in der Region – [Moritz] mühelos fortjagen könnte.«25

In ihrer Antwort betonte Maria, dass »wir viele Feinde und Missgönner haben, aber nur wenige Freunde und Gönner«, und wiederholte, dass »alle sich einig sind, dass Kurfürst Moritz Kontakte in Frankreich hat«, ebenso »mit all jenen in Deutschland, die Seiner Majestät feindlich gesinnt sind«. Sie drang daher darauf, dass ihr Bruder von Augsburg aus nach Norden ins Kerngebiet Deutschlands ziehen solle, um die Situation dort besser kontrollieren zu können.26 Doch zum wiederholten Mal weigerte sich Karl, zuzuhören: Stattdessen wendete er sich Richtung Süden nach Innsbruck und isolierte sich damit weiter von den Entwicklungen im Reich. Aschams Analyse glich der von Maria: Karl habe in der Tat sehr viele seiner deutschen Freunde und Sympathisanten vergrämt. Exemplarisch nannte Ascham Luis de Ávilas kürzlich erschienenen Comentario zum Schmalkaldischen Krieg (Kap. 12), der das Verhalten mehrerer deutscher Fürsten – darunter Kurfürst Friedrich von der Pfalz (der sich bei Karl persönlich über seine Darstellung in dem Buch beschwerte), der Brandenburger Markgraf Albrecht Alcibiades (der so wütend war, dass er Ávila zum Duell forderte) und der Herzog von Bayern (der »freundlicher zu den verbündeten Fürsten wurde, als er andernfalls vielleicht gewesen wäre«) – herabsetzte oder kritisierte. Obwohl ein

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Höfling auf kurze Sicht »seinem eigenen Fürsten zu Gefallen sein mag«, überlegte Ascham, »kann er ihm am Ende möglicherweise doch so sehr schaden, wie Luis de Ávila dem Kaiser, seinem Herrn, mit der Abfassung dieses Buches schadete«, weil dem Kaiser später, »wenn er Freunde am nötigsten brauchte, ihre Herzen und ihre Hände« fehlen würden.27 Vielleicht wurde Karl bei der Ankunft in Innsbruck am Heiligabend durch seine Tochter María und ihre beiden Kinder abgelenkt. Es waren die ersten seiner Enkelkinder, die er persönlich kennenlernte. Dem Florentiner Gesandten zufolge erhob sich der Kaiser, sobald er Marías ansichtig wurde, »von seinem Platz, nahm seinen Hut ab und schritt lächelnd auf sie zu«. Er »küsste überaus zärtlich ihr Gesicht, und dann fingen beide zusammen an, zu lachen«. Später küsste er seine Enkelkinder »viele Male, was zeigte, wie sehr sie ihn erfreuten und beglückten«. Bald nach Neujahr gesellte sich, »um die Freude des Kaisers noch zu steigern«, Ferdinands jüngere Töchter zu ihm, »und so vergnügten sie sich in ihrer Abgeschiedenheit«. Doch das geschah nicht ohne einen Preis: Verärgert merkte der Nuntius an, dass der Kaiser und seine Minister »den Geschäften keine Aufmerksamkeit schenken, die an diesem Hof ungeheuer langsam und mit vielen Verzögerungen abgewickelt werden«.28 Ferner bedauerte der Nuntius, dass zwar »Seine Majestät, wie es gute Gladiatoren tun, stets Rat entgegennimmt«, bevor er Entscheidungen treffe, aber dennoch »seine Angelegenheiten durch so wenige Hände gehen«. Kurz: Auch weiterhin herrschte am kaiserlichen Hof Gruppendenken.29 Am Neujahrstag 1552 verharmlose Perrenot einen eingegangenen Bericht, wonach Wagenkolonnen mit französischem Gold auf dem Weg nach Deutschland beobachtet worden seien, während »ich, was den Bund zwischen Sachsen, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg und Pommern betrifft, Euch verspreche, dass es nichts ist (che non è niente)«. Drei Wochen später wies Perrenot erneut die Gerüchte über Verschwörungen und ausländische Bündnisse zurück, ebenso die Nachricht, dass Moritz sich weigere, nach der Kapitulation Magdeburgs seine Armee zu demobilisieren, weil, wie er voller Überheblichkeit erklärte, der Kurfürst keinen Grund habe, mit dem Kaiser zu brechen – und selbst wenn er es täte, würden weder Moritz noch seine vermeintlichen Verbündeten »den Verstand oder die Mittel besitzen«, einen erfolgreichen Aufstand durchzuhalten. Karl fand noch am 26. Februar 1552 an Moritz’ Verhalten »nichts Schwerwiegendes zu tadeln« und »konnte keinen Grund sehen, gegen ihn vorzugehen«. Just an diesem Tag jedoch fand Maria in Brüssel in einigen abgefangenen Briefen von Moritz an seine deutschen Verbündeten unumstößliche Beweise für die Verschwörung. Die Schreiben enthielten Einzelheiten über das Komplott und Weisungen zur Aushebung von Truppen. Per Eilboten schickte sie die kompromittierende Korrespondenz an ihren Bruder.30

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Dies brach endlich den Bann. Karl zeichnete nun Briefe an die Städte und Fürsten Deutschlands, in denen er sie drängte, die Angebote der protestantischen Kriegsfürsten zurückzuweisen. Ferdinand bat er, Moritz mit dem Versprechen zu beschwichtigen, dass er den Landgrafen freigeben und ausstehende Schulden bei den lutherischen Herrschern begleichen werde – aber das war ein leeres Versprechen, weil seine Staatskasse leer war. »Der Teufel hole diesen Krieg um Parma«, klagte er gegenüber seiner Schwester. »Er hat mich ruiniert, weil ich das ganze Geld, das aus Amerika gekommen ist, gebraucht habe, um ihn zu finanzieren, und jetzt ist fast alles weg.«31 Zwei lutherische Armeen, eine befehligt von Moritz und die andere von Albrecht Alcibiades, marschierten jetzt nach Süden, und fast jede Stadt auf ihrer Route öffnete ihnen die Tore. Überall setzten die Fürsten sogleich die Magistrate und die lutherischen Prediger wieder ein, die Karl abgesetzt hatte. Am 4. April zogen sie im Triumph in Augsburg ein. Ein paar Tage später öffnete Metz seine Tore den Franzosen, und seine Magistrate erkannten den »in seiner Unterkunft in der Stadt weilenden« Heinrich II. als »Beschützer und Verteidiger teutscher Libertät« an.32 Der Kaiser war nun bankrott und isoliert. »Ich kann nicht einen Groschen auftreiben«, erklärte er Maria traurig, »oder irgendjemanden, der mir einen leihen will, oder einen Mann in Deutschland, der bereit scheint, mir Unterstützung zuzusichern.« Sogar an der Loyalität seines Bruders zweifelte er: »Da diese Unruhen so umfassend sind und in Anbetracht der Tatsache, dass die uns durch Ferdinand beschafften Nachrichten über die gegenwärtigen Ereignisse derart vage sind, und weil er uns weder Hilfe angeboten hat noch Rat, was wir tun sollen« – ein äußerst ungerechter Vorwurf –, »beginnen wir uns zu fragen, ob er nicht vielleicht in irgendeinem geheimen Einvernehmen mit den Urhebern der Verschwörung steht, das ihn weniger besorgt um unsere Belange macht.«33 Am schlimmsten war, dass Innsbruck weit weg von Karls Machtbasen lag, sodass Verstärkungen ihn nur schwer erreichen konnten. Er bat seinen Sohn, Geld und Truppen aus Spanien zu schicken, äußerte sich aber konfus bezüglich ihres Bestimmungsortes: Der Vormarsch der französischen Armee nach Deutschland schnitt ihn von den Niederlanden ab, doch stieße er in Wien zu Ferdinand, wäre er seinem Bruder verpflichtet und würde mithin die durch die Familienverträge zugesicherten Vorteile gefährden. So kam der Herrscher über die Hälfte der Welt schweren Herzens zu dem Schluss, dass er nur sicher sein konnte, wenn er an Ort und Stelle in Innsbruck bliebe – obwohl er sich auch dort so unsicher fühlte, dass er den Text seiner »Erinnerungen« an seinen Sohn schickte, »um das Risiko zu vermeiden, ihrer verlustig zu gehen. Sorgt dafür, dass sie sicher und ungeöffnet verwahrt werden.«34 Der Fall von Augsburg verschlechterte Karls Situation dramatisch. Als er die Neuigkeit erfuhr, analysierte er für Ferdinand seine missliche Lage: »Wenn ich

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hier noch länger bleibe, werde ich gewiss eines Morgens in meinem Bett gefangen genommen«, doch würde er über die Alpen fliehen, »so halte ich es für ausgemacht, dass ganz Italien sich sofort empören würde, und die Niederlande wären auf Gedeih und Verderb Frankreich ausgeliefert«. »Dies wäre«, schloss der Kaiser verbittert, »die größte Demütigung und Schmach, die ein Fürst jemals empfangen hat.« Daher »habe ich, im Vertrauen auf Gott und mich in Seine Hände gebend, beschlossen, mich lieber für einen alten Narren halten zu lassen, als in meinem hohen Alter alles zu verlieren, ohne alles zu tun, was ich vermag – und vielleicht mehr, als meine Gebrechen und Leiden mir zu tun nahelegen. In Anbetracht der Lage, in der ich mich in diesem Moment befinde, und der bereits erwähnten Hindernisse und angesichts dessen, dass ich entweder eine große Demütigung erdulden oder aber mich in große Gefahr begeben muss, habe ich den Weg der Gefahr gewählt, weil die Abhilfe dann in Gottes Hand liegen wird. Ich werde nicht hier ausharren, um mich demütigen zu lassen.«

Er habe vor, Innsbruck heimlich zu verlassen in der Absicht, die Niederlande zu erreichen, wo er sicher wäre. »Wenn es Gott gefällt, mir einen glücklichen Ausgang zu gewähren, so hoffe ich, wird es zum Besten sein; und sollte Er anders verfügen, werde ich zufriedener sein, wenn ich meine Tage entweder in Tod oder Gefangenschaft beschließe und dabei tue, was ich vermag, als länger in größerer Behaglichkeit zu leben. Möge Gott in die Wege leiten, was für Seinen Dienst am besten ist.«35 Karls Vertrauen in die Vorsehung erwies sich als unangebracht. Obwohl er es schaffte, seinen Palast unbemerkt zu verlassen, war er noch keine achtzig Kilometer in Richtung Niederlande gereist, als er erfuhr, dass Moritz’ Streitkräfte ihm den Weg versperrten. Besorgt kehrte er daher nach Innsbruck zurück und verstärkte nochmals seine Bitten um Beistand aus Spanien. Als ihm klar wurde, dass Moritz’ Absicht »sein wird, gegen mich zu marschieren mit dem Ziel, mich aus Deutschland zu vertreiben«, bat er Phil­ipp, ihm »ohne eine Minute zu verlieren« so viele spanische Truppen wie möglich zu schicken, »und vor allem nicht zu vergessen, Geld zu schicken, weil man sehen kann, wie es sich sowohl auf unsere Ehre und unseren Ruf als auch auf die Bewahrung der Länder, die Gott uns gegeben hat, auswirkt«  – der Gebrauch des Wörtchens »uns« diente hier einmal mehr als Wink mit dem Zaunpfahl, dass alles, was Karl verlor, auch Philipp verlieren würde.36 Der Kaiser beschloss nun, seinen Stolz hinunterzuschlucken und Zuflucht in Wien zu suchen, aber (so klagte er) Ferdinand »wiederholt in vielen Briefen, dass ich unter keinen Umständen zu ihm kommen solle, weil es ihn ins Verderben stürzen und seine Angelegenheiten

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zunichtemachen würde, und dass er meinen von dort keinerlei Beistand leisten könne«. Die ihm im Jahr zuvor aufgezwungenen Familienverträge boten Ferdinand wenig Anreiz, für das Erbe seines Neffen zu kämpfen.37 Stattdessen versuchte Ferdinand, neutral zu bleiben. Er reiste zunächst in Moritz’ Hauptquartier, um herauszufinden, was er wollte, und dann nach Innsbruck, um festzustellen, zu welchen Zugeständnissen Karl bereit war. Doch das Beste, was Karl anzubieten hatte, war die Freilassung des Landgrafen von Hessen zwei Wochen nach Demobilisierung der Truppen der Aufrührer und die Übertragung der Entscheidung darüber, »durch welche friedlichen Mittel die spaltige Religion verglichen werden könne«, an einen Reichstag, wo allerdings die katholische Mehrheit nach wie vor den Ausschlag gäbe. Moritz und seine Armee rückten deshalb weiter vor und kämpften sich über den Alpenpass, der zwischen ihnen und Innsbruck lag. In Sandovals Historia findet sich eine imaginierte Szene des Augenblicks, als Karl am 19. Mai die bestürzende Nachricht von Moritz’ Vormarsch erhielt. »Es blieb nicht einmal Zeit, die Einrichtungsgegenstände und Kleidungsstücke des Kaisers zusammenzuraffen. Er brach um Mitternacht auf, und einige behaupten, es sei so knapp gewesen, dass, kaum war er zur einen Tür raus, Moritz’ Soldaten schon zur anderen hereinstürmten.«38 Sandoval mag leicht übertrieben haben, aber Karls Demütigung hätte kaum größer sein können: Er musste nach Süden über den fünfzig Kilometer entfernten Brenner fliehen, um Sicherheit zu finden. »Wir ritten fast die ganze Nacht bei Wind und Regen und in der tiefsten Dunkelheit, die die Welt je gesehen hat«, jammerte ein Gesandter; und als die kaiserliche Reisegesellschaft endlich »eine kleines und unwohnliches Dorf« erreichte, musste man »ein paar Bettlaken« requirieren, »in denen Seine Majestät schlafen konnte, weil sein Gepäck noch nicht eingetroffen war«. Fünf Tage und 300  Kilometer später erreichte Karl – »in einer Sänfte und von der Gicht geplagt« – mit seinem Gefolge die verhältnismäßige Sicherheit Villachs, einer abgeschiedenen Stadt in dem zu Innerösterreich gehörenden Herzogtum Kärnten, wo man die nächsten zwei Monate verbringen würde.39 Tammaso di Stroppiana, der savoyische Gesandte, resümierte das strategische Dilemma, vor dem Karl nun stand. Er müsse nicht nur »die Schmach seiner Flucht aus Innsbruck« sühnen, indem er seine Autorität in Deutschland wiederherstellte, sondern auch auf »die Dreistigkeit der Franzosen und ihre [territorialen] Gewinne reagieren«, andernfalls »er große Gefahr läuft, sowohl aus Deutschland als auch aus seinen Erblanden hinausgejagt zu werden«. Schlimmer noch, falls Heinrich II . »sämtliche Ressourcen Frankreichs und einen Gutteil derjenigen Deutschlands, Polens und der Türken gegen den Kaiser aufbieten sollte und in Italien Ärger macht, kann er sowohl Italien als auch die Niederlande verlieren. Sein einziges Mittel«, schloss Stroppiana

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energisch, »ist, den französischen Hahn zu kastrieren und ihn zum Kapaun zu machen.«40 Karl pflichtete dieser kühnen Analyse gewiss bei, aber er musste Zeit gewinnen. Er schickte daher seinen Bruder zurück, um mit Moritz, jetzt in Passau, zu verhandeln – mit der Instruktion, Zeit zu schinden, bis Truppen und Geld aus Spanien eintrafen. Doch die Gefahr einer französischen Intervention verleitete Ferdinand zum Ungehorsam, und er bot stattdessen weitreichende Zugeständnisse an: dauerhafte Glaubensfreiheit für alle lutherischen Herrscher und ihre Untertanen; die sofortige Freilassung des Landgrafen von Hessen; keine weitere Verpflichtung für deutsche Fürsten, gegen Frankreich zu dienen; und die Zusicherung, dass alle politischen Beschwerden gegen den Kaiser durch eine Versammlung verbündeter Herrscher beigelegt würden. Ferdinand versprach sogar, dass, sollte Karl diese Artikel nicht befolgen, er und sein Sohn Maximilian ihm den Krieg erklären würden. In einem eigenhändigen Postskriptum zu diesen Zugeständnissen riet »Euer sehr bescheidener und gehorsamer Bruder (Vre treshumble et tresobeisant frere)« Karl eindringlich zur vollumfänglichen Annahme dieser Artikel, sofern er nicht bereit sei, einen uneingeschränkten Krieg zu führen.41 Karl traute seinen Augen kaum, als er diese Schriftstücke las, und verfasste eine wütende Antwort. Obwohl »ich nicht beabsichtige, Krieg gegen die Lutheraner zu führen, und ich gegenwärtig auch nicht über die Mittel dazu verfüge«, fand er ihre Bedingungen – vor allem die Forderung, er möge dauerhafte Toleranz gewähren – »exorbitant«: »Ich kann die Zügel nicht akzeptieren, die sie mir anlegen wollen … Ich müsste versprechen, danach nie mehr gegen Ketzerei vorzugehen, obwohl eine Zeit und ein Anlass kommen könnten, wo mein Gewissen mich zwingen würde, genau dies zu tun … Wie ich Euch so oft geschrieben und gesagt habe, werde ich niemals, für nichts auf der Welt, in etwas einwilligen, das meiner Pflicht und meinem Gewissen widerstrebt.«

Die von ihm verlangten religiösen Zugeständnisse würden, wie er herausstellte, »die von den beiden letzten Reichstagen gefassten Beschlüsse rückgängig machen ohne Beteiligung derjenigen, die davon betroffen sein werden. Dies kann und darf ich nicht tun, insbesondere nicht in einer für sie so wichtigen Sache.« Vor allem, fuhr Karl fort, würden die Zugeständnisse »das Interim und alles, was mit enormen Kosten und Mühen in Glaubensangelegenheiten erreicht worden ist«, für nichtig erklären. Er beteuerte, dass er nicht von Stolz getrieben sei, »denn wenn es nur um Demütigung ginge, würde ich diese leicht ertragen, um Frieden zu haben … Das Problem ist, dass mit der Demütigung, die über-

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wunden werden kann, eine Gewissenslast einhergeht, die ich nicht aushalten kann. Und daher kann ich den Vertrag nicht annehmen.«42 Stattdessen willigte Karl ein, »mich mit allen Sicherheiten, die sie wünschen, zu verpflichten, dass ich in Religionsangelegenheiten alles akzeptieren werde, was auf dem nächsten Reichstag beschlossen werden mag« – das heißt, sein Gewissen erlaubte ihm, ein weiteres vorübergehendes Zugeständnis zu machen, aber kein endgültiges. Wie er es schon viele Male getan hatte, erteilte er Ferdinand (»weil Ihr nahe an den Ereignissen seid«) die Vollmacht, in seinem Namen zu verhandeln. Allerdings schloss er diesmal einen Vorbehalt ein, »den ich Euch jetzt mitteile, auf dass Ihr künftig darauf Bezug nehmt: dass ich nicht wünsche oder mich darauf verstehe, gezwungen zu sein, irgendwelche Zugeständnisse zu berücksichtigen, die über die oben angezeigten hinausgehen. Und in diesem Sinne, je exorbitanter sie sind, desto besser, denn ich habe die Absicht, die Verruchtheit [der Kriegsfürsten] und die Gründe, warum ich mich angesichts des angewendeten Zwangs nicht [durch Einwilligung zum jetzigen Zeitpunkt] für verpflichtet halten möchte, dem nächsten Reichstag zu unterbreiten.«

Dies war genau die List, die Karl so entrüstet hatte, als Franz I. sie anwendete, bevor er 1526 den Vertrag von Madrid unterzeichnete. Darüber hinaus drängte der Kaiser in einem eigenhändigen Postskriptum seinen Bruder, die Beratungen so lange wie möglich auszudehnen, denn »Zeit ist der größte Vorteil auf unserer Seite: Zeit, um unsere Feinde zu schwächen und meinen Truppen zu ermöglichen, sich zu sammeln – alles, was ich brauche, sind fünfzehn bis zwanzig Tage.« Zwei andere Briefe aus derselben Zeit geben Aufschluss über die Belastbarkeit des Kaisers unter extremer Gefahr. Nachdem er erfahren hatte, dass Marías und Maximilians erstes Kind, in das er im vergangenen Winter in Innsbruck ganz vernarrt gewesen war (»trotz eines Fingers an meiner rechten Hand, der mich quält«), gestorben war, schrieb er von eigener Hand eine Kondolenznote, um Ferdinand daran zu erinnern, dass »wir am Ende akzeptieren müssen, was Gott gewährt«, gefolgt von einem Gebet, dass »Gott Euch helfen wird, mit den gegenwärtigen Problemen fertigzuwerden, wie es Sein heiliger Dienst und das Gedeihen Eurer eigenen Angelegenheiten erfordern«. Anschließend schrieb er an Maximilian einen ähnlichen eigenhändigen Beileidsbrief (der die Anrede »mein Sohn« verwendete und unterschrieben war mit »Euer guter Vater, Carolus«): »Gelobt sei Gott für alles, was Er tut. Wir müssen Seinen Willen akzeptieren und Ihn gleichzeitig bitten, über jene von uns zu wachen, die übrig bleiben, und uns zu segnen.« Trotz privater und politischer Rückschläge blieb Karl überzeugt, dass Gott seine Interessen und die seiner Familie befördern werde.43

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Ein paar Tage später informierte Karl Maria, dass er bereit sei »Deutschland zu verlassen und die Kaiserkrone [Ferdinand] zu übergeben« sowie ihn zu ermächtigen, die von den lutherischen Fürsten verlangten Zugeständnisse zu machen, weil »er sagt, dass sein Gewissen es ihm erlauben wird, während mein Gewissen mir das Gegenteil sagt«. Aber noch ehe ein Kurier mit dem Brief aufbrechen konnte, bot sich Karl die Möglichkeit, nach Innsbruck zurückzukehren – ein Schritt, der (wie er Maria sagte) »manche ermutigen und andere erstaunen« würde. Die Machtverhältnisse hatten sich dramatisch zu seinen Gunsten verschoben: Der Herzog von Alba näherte sich an der Spitze von 5000 spanischen Infanteristen, begleitet von »vielen vornehmen Herren, die sich entschieden hatten, ihren persönlichen Reichtum im Dienste Seiner Majestät auszugeben«. Mit sich führten sie auch »zwei Millionen Dukaten, zu Münzen geprägt oder bereit, geprägt zu werden«, die aus Peru herbeigeschafft worden waren. Und allerorten hoben seine Leutnants Truppen aus, die ihm dienen sollten. Wie der mit ihm reisende Nuntius erkannte, konnte Karl sich jetzt »nicht nur verteidigen, sondern auch seine Feinde angreifen und sich rächen«.44

Der Kaiser schlägt zurück »Die Ankunft des Herzogs von Alba mit seinen Spaniern und dem Geld hat unsere Stimmung außerordentlich gehoben«, schrieb ein Mitglied von Karls Gefolge. »Der Kriegsrat tritt jetzt im Gemach des Herzogs zu langen und ausführlichen Besprechungen zusammen.« Außerdem verbesserte das Eintreffen dieser Verstärkungen Ferdinands Verhandlungsposition, und eine Woche später trafen er und Moritz in Passau eine vorläufige Vereinbarung: Im Namen seines Bruders sicherte Ferdinand allen, die zu den Waffen gegriffen hatten, bedingungslosen Pardon zu, versprach die sofortige Freilassung Phil­ipps von Hessen und Johann Friedrichs von Sachsen sowie die Einberufung eines Reichstages, um in der Glaubensfrage zu einer dauerhaften Lösung zu kommen und alle Fälle von angeblichem Machtmissbrauch durch den Kaiser und seine Bevollmächtigten seit Mühlberg zu thematisieren. Die protestantischen Kriegsfürsten ihrerseits willigten ein, ihre Truppen entweder binnen zehn Tagen zu demobilisieren oder zur Verteidigung Ungarns zu entsenden. Moritz führte seine Männer beinahe augenblicklich gegen die Türken, während Karl »hoch zu Ross« in Innsbruck einzog, wobei er sich »mit seiner Arkebuse auf seinem Sattel rüstiger zeigte als gewöhnlich«. Der Kaiser, der noch vor einem Monat »alt und niedergedrückt von seinen vielen Gebrechen« gewirkt hatte, gebot nun über 68 000 Soldaten in Deutschland, zu denen weitere 41 000 in den Niederlanden und 24 000 in Norditalien kamen. Was würde er mit ihnen anfangen?45

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Eine Möglichkeit war ein Feldzug in Italien, wo die erfolgreiche Trotzhaltung Parmas Karls Fähigkeit, seinen Willen durchzusetzen, infrage gestellt hatte. Aber im Juli 1552 lehnte Venedig Frankreichs Bündnisangebot ab, was beinahe alle anderen italienischen Herrscher veranlasste, ebenfalls ihre Neutralität zu wahren. Nur die Republik Siena schlug alle Bedenken in den Wind – mit dem Ruf »Frankreich, Freiheit und Sieg« verjagten die Bürger der Hauptstadt die spanische Garnison. Doch Karl kam zu der Überzeugung, dass seine Minister in Italien genug Macht besaßen, um zu verhindern, dass die »Infektion« sich auf andere Teile der Italienischen Halbinsel ausbreitete. Also verkündete er: »Wir haben beschlossen, uns vorläufig in erster Linie darum zu kümmern, eine Lösung für die Angelegenheiten Deutschlands zu finden, von dessen Befriedung der Erfolg unserer Angelegenheiten weitestgehend abhängt.«46 Diese Entscheidung führte zur schlimmsten strategischen Katastrophe von Karls Herrschaft: der Belagerung von Metz. Zum Glück für Historiker ist es aufgrund der Vielzahl erhaltener Quellen – vor allem der Korrespondenz des Kaisers selbst und der an seinem Hof akkreditierten Gesandten – möglich, seinen Weg in das Desaster zu rekonstruieren. Obwohl der Passauer Vertrag im größten Teil Deutschlands den Frieden wiederherstellte, sah Karl sich nach wie vor zwei mächtigen Feinden gegenüber. Albrecht II . Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach nahm an der Spitze von etwa 12 000 Mann Trier ein, verwüstete angrenzende katholische Länder und bedrohte das habsburgische Herzogtum Luxemburg; und die Franzosen ließen eine mächtige Garnison in Metz zurück. Die kaiserliche Armee marschierte nun in zwei Abteilungen rheinwärts: Karl, einmal mehr in voller Rüstung, ritt an der Spitze des Hauptkontingents, das allabendlich in den Unterkünften logierte, die am selben Morgen von der Vorhut unter dem Herzog von Alba freigemacht worden waren. Nuntius Camaiani berichtete (mit einer Mischung aus Bewunderung und Verärgerung), dass er ihr Ziel nicht erahnen könne; und wenngleich er im September merkte, dass Karl vorhatte, den Rhein bei Straßburg zu überqueren, blieb er unsicher, ob das letztendliche Ziel Trier oder Metz wäre. Obwohl »fast alle Höflinge hier glauben, dass Seine Majestät beabsichtige, sein Bestes zu tun, um Metz aus den Händen der Franzosen zurückzugewinnen«, sorgte der Nuntius sich wegen der Risiken, die mit einem Feldzug zu dieser späten Zeit des Jahres einhergingen, wo längere Regen- und Kälteperioden unausweichlich waren. Nichtsdestotrotz war ihm klar, dass die Rückeroberung von Metz oder die Ausschaltung von Albrecht Alcibiades »den Ruf Seiner Majestät steigern wird« – vor allem, wenn der Kaiser persönlich daran teilnahm.47 Karl war bereits zu demselben Schluss gelangt. Als seine Ärzte ihn warnten, dass »er nicht an dem Feldzug teilnehmen dürfe, weil es ihm nicht nur an der nötigen Gesundheit fehle, sondern er auch mehr Pro-

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bleme schaffen würde, als wenn er nicht dabei wäre«, erwiderte der Kaiser, »dass er unter allen Umständen entschlossen sei, weiterzumachen«. Seinen Sohn informierte er außerdem: »Obwohl es Hindernisse gibt, weil die Jahreszeit weit vorangeschritten ist, und wegen der anderen Probleme, die gewöhnlich bei solchen großen Unternehmungen auftreten, wollen wir hoffen, dass Gott alles in Seiner Hand halten wird und mich leiten und einen erfolgreichen Ausgang herbeiführen wird. Zumindest werde ich alles meinerseits Mögliche tun und dabei meine eigene Person (wann immer es zweckmäßig oder erforderlich ist) nicht schonen.«48

Trotz seiner augenscheinlichen Zuversicht hegte Karl einige Bedenken. Bereits im Juni prophezeite er, dass eine französische Armee »in der Nähe der Grenze zu Luxemburg lauern« werde, »um während der Fertigstellung der Befestigung von Metz unsere Truppen auf Distanz zu halten«. Und drei Monate später sorgte er sich, vielleicht in Erinnerung an seine eigene Erfahrung bei Ingolstadt: Sollten die Franzosen in Metz die modernen Verteidigungsanlagen »einmal vollenden, dann braucht man nichts mehr zu hoffen hinsichtlich einer Rückgewinnung«. Ferner werde die Stadt, »wenn sie in den Händen der Franzosen bleibt«, diesen »den Weg offenhalten, umgehend in Deutschland bis zum Rhein vorzugehen«, und außerdem »mir durch diesen Landstreifen den sicheren Zugang aus dem Gebiet hier oben in die Grafschaft Burgund abschneiden«. Daher sei Eile geboten. Karl räumte ein, dass »die Schwierigkeiten der Lebensmittelversorgung und darüber hinaus die fortgeschrittene Jahreszeit, die Menge von Leuten, die sie dort haben, und zu all dem noch die große Anhäufung von Vorräten, die sie vorgenommen haben, um sich an Ort und Stelle zu versorgen, den Geldmangel, an dem ich leide … alles nicht daran denken lässt, sie aufzureiben und sie zu zwingen, sich aus Mangel an Lebensmitteln zu ergeben«. Daher bat er Maria »sehr inständig«, alle zurate zu ziehen, »die den Platz kennen und ihn noch in frischer Erinnerung haben«, damit sie erklärten, ob Metz »mit Gewalt« eingenommen werden könne. Falls nicht, »lassen Sie mich wissen … was ich in dieser fortgeschrittenen Jahreszeit noch unternehmen soll, um die Feinde wirksamer zu schädigen und zu versuchen, irgendetwas mit der Truppe, die ich anführe, und mit den entsprechenden Streitkräften, die Sie dort oben haben, anzufangen«. In jedem Fall müsse sie Sappeure schicken (nebst »Riegeln, Hacken, Äxten und den anderen zu ihrem Handwerk gehörenden Werkzeugen … in Anbetracht dessen, dass eine Anzahl davon im Einsatz zerbrochen wird und dass man manchmal im Bedarfsfall die Arbeit von den Soldaten machen lässt«), ferner sämtliche Artilleristen, die sie entbehren könne (»denn im Zusammenhang mit der besagten Artillerie braucht man immer Leute«), sowie Ingenieure (»um

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mich mit ihnen darüber zu verständigen, was zu tun sein wird … um durch die Errichtung von Werken, die man nach dem Rat hierauf spezialisierter Techniker für zweckmäßig befinden würde, die Stadt einzunehmen«).49 Angesichts der zahlreichen von ihrem Bruder aufgelisteten Nachteile riet Maria ihm, wie vorherzusehen war, Metz unbehelligt zu lassen und stattdessen irgendwo in größerer Nähe zu den Niederlanden und zu sicheren Winterquartieren anzugreifen. Ebenso vorhersehbar brachte Karl in seinen Gegenargumenten die göttliche Vorsehung ins Spiel  – und bediente sich dabei fast derselben Rhetorik, die er benutzt hatte, um seine Beharrlichkeit bei dem Algier-Unternehmen ein Jahrzehnt zuvor zu rechtfertigen. »Meiner Ansicht nach haben wir keine andere Handlungsoption, denn wenn wir dieses Unternehmen aufgeben, werde ich meine Armee auflösen müssen, nachdem ich so viel Geld aufgewendet habe, ohne irgendetwas zu erreichen. Ich habe daher beschlossen, noch mehr aufzuwenden und abzuwarten, was uns zu geben Gott gefällt, statt aufzugeben, ohne das Schicksal zu versuchen (sans essayer la fortune).«50 Besonders unbedacht erscheint der Entschluss in Anbetracht der militärischen Einschätzung durch Camaiani. »Zahlenmäßig entspricht die Stärke der kaiserlichen Armee der bei jedem anderen Unternehmen«, gestand der Nuntius zu: »Aber was die Verfassung und Qualität der Soldaten betrifft, ist die Mehrzahl des deutschen Fußvolks sehr minderwertig: schlecht bewaffnet und ohne militärische Erfahrung. Zum spanischen Fußvolk gehören die ausgezeichneten Veteranen, die bei der Belagerung von Parma dienten, aber die Mehrzahl derjenigen, die gerade erst aus Spanien eingetroffen sind, ist ebenfalls sehr minderwertig, und es gibt so viele, die krank sind … Die Reiterei ist der unseres Feindes zahlenmäßig unterlegen.«

Camaiani stimmte Karl zu, dass, »wenn diese Armee dieses Jahr irgendetwas erreicht, dann wird es mehr dem gewohnten Glück des Kaisers geschuldet sein als irgendetwas anderem«.51 Eine Zeit lang begünstigte das Schicksal abermals Karl. In den Niederlanden eroberten seine Truppen Hesdin, wodurch Heinrich II. gezwungen war, Soldaten und Ressourcen vom östlichen ins nördliche Grenzgebiet seines Königsreichs zu verlegen. In Deutschland überredete Alba Abrecht Alcibiades, den Passauer Vertrag anzunehmen und sich ihm bei der Belagerung von Metz anzuschließen. Karl beklagte die Notwendigkeit, sich mit dem verhassten »Pfaffenfresser« zu verbünden – »Wir wären froh, dies nicht tun zu müssen, sodass wir ihn bestrafen könnten, wie er es verdient« –, aber er setzte sich schweren Her-

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zens über sein Gewissen hinweg, weil ohne Albrecht Alcibiades’ Soldaten »wir angesichts der Größe dieser Stadt nicht in der Lage wären, ihre Belagerung zu vervollständigen, sodass jederzeit Entsatz hineingelangen könnte«. Karls Sekretär Francisco de Eraso, der mit dem Kaiser reiste, war ebenfalls pessimistisch: »Metz zu belagern«, meinte er, »war besser, als gar nichts zu tun«, weil die Kritiker sich sonst nur darüber lustig machen würden, dass »diese gewaltige Armee lediglich zusammengezogen worden sei, um Seine Majestät in die Niederlande zu eskortieren«.52

»Die beste Belagerung, die es je gab« Am 23. Oktober 1552 fingen die Kaiserlichen an, rings um Metz Gräben auszuheben, aber der Kaiser blieb nicht unmittelbar vor Ort. Laut Eraso hatte Dr. Baersdorp bereits im vorherigen Monat »gemahnt, dass Seine Majestät unter keinen Umständen zu den Gräben gehen dürfe, weil seine Gesundheit es nicht erlauben würde, und dass seine Anwesenheit größere Schwierigkeiten verursachen würde«, aber der Kaiser »sagte ihm, dass er – komme, was wolle – entschlossen sei, das Risiko einzugehen«. Erst als er sich Metz näherte, änderte er seine Meinung, denn »meine Gicht bereitete mir so starke Schmerzen, dass ich heute im Bett bleiben musste«. Er beschloss daher, sich nach Thionville zu begeben, das dreißig Kilometer nördlich lag, »wo ich mit weniger Unannehmlichkeit leben kann als im Lager und mich schneller erholen kann«.53 Seine Truppen vor Metz ertrugen weit mehr als »Unannehmlichkeiten«. Die französische Garnison hatte den Sommer über dicke, mit Basteien gespickte Befestigungswälle errichtet und sämtliche Gebäude außerhalb der Mauern abgerissen, wodurch die Stadt zu einer Artilleriefestung wurde. Der Befehlshaber des niederländischen Kontingents in der kaiserlichen Armee zeigte sich davon durchaus beunruhigt, denn »ich habe noch nie einen Mann getroffen, der es selbst gesehen hätte oder davon gehört hätte, dass solcherart verteidigte Städte im Sturmangriff genommen worden wären«. Es dauerte nicht lange, da beklagte er sich über »die Angriffe, die Tag für Tag von den Verteidigern, beherzten Kämpfern, die ihr Handwerk verstehen, vorgetragen werden«.54 Nach einem Monat des Stillstands sorgte Karl sich, »weil die Dinge nicht gut gelaufen sind, dass mein Ruf darunter leidet, als wäre ich persönlich vor Ort gewesen, denn immerhin war ich in der Nähe. Außerdem könnte ich mich, wenn ich dort wäre, vielleicht einiger Dinge annehmen.« Daher erhob er sich von seinem Krankenlager in Thionville und reiste nach Süden, wo er »mit heiterer und zufriedener Miene« in dem Lager vor Metz eintraf. Begleitet von Alba und Albrecht Alcibiades ritt er am 22. November »um die Gräben und Batterien, und er

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sah gut aus auf seinem Pferd«. Am folgenden Tag begab er sich in die Gräben, um einen Beschuss zu leiten, der so heftig war, »dass man den Donner der Geschütze noch hinter Straßburg hören konnte«, das 200 Kilometer entfernt liegt.55 Dennoch brachte ein einwöchiger Beschuss nur 25 Meter der Ringmauer zu Fall, und seine Truppen weigerten sich, einen Angriff zu starten, weil die Geschütze der Verteidiger auf den Bastionen, die die Lücke beherrschten, unversehrt geblieben waren. »Um nicht ständig bedauern zu müssen, nicht alles irgend Mögliche versucht zu haben, um bei diesem Unternehmen zu obsiegen«, brachte Karl daraufhin unter den Mauern platzierte Schwarzpulverminen zur Explosion, aber wie das Artilleriefeuer führten sie zu nichts. Einige hielten das ohnehin für vergebliche Mühe, »weil Metz nicht durch Minen erobert werden kann«, und sie verübelten dem Kaiser »eine mangelnde Bereitschaft, sich anders zu entschließen, die man auch Halsstarrigkeit nennen könnte«. Eine Woche später kehrte Karl nach Thionville zurück, und dem venezianischen Gesandten zufolge »begannen jetzt sowohl der Hof als auch die Armee offen jegliche Hoffnung zu verlieren, die sie bezüglich der Einnahme von Metz gehegt haben mochten«.56 Ein Jahrzehnt später bezeichnete der französische Soldat und Schriftsteller Pierre de Bourdeille, Seigneur de Brantôme, den kaiserlichen Eroberungsversuch von Metz als »die beste Belagerung, die es je gab« – aber die Männer in den Gräben dachten anders darüber. »Die Soldaten können der Kälte nicht trotzen, die sie tötet wie Fliegen; und die Übrigen fliehen, so weit sie können, weil sie weder Nahrung noch Futter auftreiben können«, schrieb der savoyardische Gesandte, während sein englischer Kollege klagte, dass »ich seit meiner Geburt nicht mehr solche Kälte gespürt habe, wie sie hier dieses Weihnachten herrschte«. Perrenot konnte sogar noch zwanzig Jahre später »in meinen Beinen die Kälte spüren, die ich vor Metz erlebt habe«.57 Auch Karl litt. Von seinem Krankenbett in Thionville beklagte er sich gegenüber Maria bitter, »dass ich so wenig esse, dass ich allmählich glaube, Hunger kann einen Menschen nicht umbringen. Sie müssen wissen, dass ich all das überflüssige Fleisch verloren habe, das ich zuvor hatte, und dass mir die erforderliche Kraft fehlt für das Geschäft (mestier), welches ich gegenwärtig betreibe« – nämlich die Kriegführung. »Ich höre die Messe im Bett und stehe nur zum Mittagessen auf, und die Kälte und meine Schwäche zwingen mich, nach vier oder fünf Uhr wieder zu Bett zu gehen.« Während er ruhte, las ihm Guillaume van Male Passagen aus klassischen Werken vor, meist aus dem Jüdischen Krieg von Josephus (eine Geschichte voller erfolgreicher Belagerungen) oder aus dem Alten Testament, hier vor allem dem Buch Daniel und den Psalmen (voller Tapferkeit und letztendlichem Triumph im Angesicht der Not). Karl stellte sogar selbst ein Buch zusammen, »das aus schönen Texten aus den Psalmen besteht, die er ausgewählt

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hat«. La Gasca, der Befrieder Perus und mittlerweile Bischof von Palencia in Spanien, hielt es »für sehr fromm und für ein Zeugnis der ehrwürdigen und frommen Absicht Seiner Majestät«.58 Offensichtlich genügte es nicht, um den Schöpfer zu besänftigen: Während die Hauptarmee des Kaisers ohnmächtig vor Metz lag, blockierten die Franzosen Hesdin. Das gab für Karl den Ausschlag: »Gnädige Frau, meine gute Schwester«, schrieb er Maria, »die französischen Aktionen gegen Hesdin können bedeutende Folgen zeitigen, und nachdem ich alles Mögliche gegen diese Stadt [Metz] versucht habe, ohne irgendein Anzeichen, dass wir in der Lage sein könnten, sie einzunehmen, habe ich mich, um nicht noch mehr Männer sinnlos durch Krankheit zu verlieren und um Hesdin entsetzen zu können … endlich entschlossen, diese Belagerung aufzuheben.« Alba verheimlichte den Rückzug geschickt, und um elf Uhr am Vormittag des Neujahrstages 1553 verließ die kaiserliche Armee geräuschlos die Gräben.59 Die unbesiegten Verteidiger entrollten Spruchbänder und gaben Medaillen aus, die Karls Motto parodierten: Sie zeigten einen an die Säulen des Herkules geketteten Adler und den Leitspruch NON ULTRA METAS, der eine doppelte Bedeutung hatte: »Nicht über Metz hinaus« und »Bis hierher und nicht weiter«.60 Dem venezianischen Gesandten zufolge hatte die Belagerung »25 000 Soldaten das Leben gekostet, nicht eingerechnet Jungen, Frauen, Marketender und andere, und 25 000 Pferde«; und Stroppiana berichtete, dass die »Sterblichkeit auf der kaiserlichen Seite weit höher war als angegeben: Es sind keine Höflinge mehr übrig, weil alle tot sind oder im Sterben liegen.« Noch mehr Soldaten wurden der Gnade der Franzosen überlassen, weil sie zu krank oder zu schwer verwundet waren, um transportiert zu werden. Alba ließ auch »Rüstung, Geschütze, Piken, Schwerter und andere Waffen sowie eine unendliche Menge an Bagage und die meisten ihrer Zelte« zurück und warf beim Rückzug weitere dreißig Geschütze mit ihren Lafetten in den Fluss.61 Es hätte noch schlimmer ausgehen können. Nur sechzig Kilometer entfernt und 75 Jahre früher hatte die törichte Entscheidung, im Winter Nancy zu belagern, zu der katastrophalen Niederlage und dem Tod Herzog Karls des Kühnen von Burgund geführt – ein Präzedenzfall, der dem Kaiser wohlbekannt war. Immerhin hatte er zwei Jahre zuvor die Exhumierung der sterblichen Überreste seines Vorfahren aus ihrem bescheidenen Grab in Nancy und ihre triumphale Überführung auf habsburgisches Territorium angeordnet.62 Obwohl der Kaiser die Belagerung von Metz lebend überstand, provozierte er sogleich großen Streit unter seinen Ministern, indem er befahl, »dass, da er nicht das Geld hatte, um die deutschen Truppen zu bezahlen, der Herzog [von Alba] sie mit Worten beschwichtigen und die Besoldung in Trier versprechen solle. Der Herzog erwiderte, dass er sich nicht darauf verstehe, Wunder zu

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vollbringen«, und schlug vor, Karl solle die Aufgabe »jenen Ministern« übertragen – gemeint war Perrenot –, »die ihm geraten hatten, mit der Belagerung von Metz fortzufahren, aber nicht, wie sie es hätten tun sollen, das dazu nötige Geld und Material beschafft hatten … Dies verursachte große Konfusion unter seinen Ministern« – und während sie stritten, eroberten die Franzosen Hesdin zurück.63

Der Kaiser in der Enge Sämtliche Pläne Karls waren gescheitert. Parma, Siena und Metz hatten sich ihm erfolgreich widersetzt, Hesdin hatte er verloren, und er hatte eingewilligt, die Tolerierung für die deutschen Lutheraner zu verlängern. Ganz nebenbei hatte seine beispiellose und zeitlich über alle Maßen ausgedehnte Mobilisierung seine Finanzen ruiniert. James Tracy hat errechnet, dass die vom kastilischen Schatzamt im Laufe des Jahres 1552 unterzeichneten D ­ arlehensverträge »sich auf die bei Weitem größte Summe für ein Regierungsjahr Karls beliefen« – 3,7 Millionen Dukaten –, während die nächsthöchste Summe – 2,2 Millionen Dukaten – gleich im Folgejahr 1553 anfiel. In den Niederlanden stiegen die Ausgaben der Staatskasse sprunghaft von 1,3 Millionen Pfund im Jahr 1550 auf fast sechs Millionen im Jahr 1552 und auf noch mehr im Jahr 1553 – ebenfalls die höchsten Summen der ganzen Herrschaftszeit.64 Außerdem hatte sich der Kaiser seine Gesundheit ruiniert. Am Weihnachtsabend 1552 berichtete van Male, dass sein Herr ständig »über Darmbeschwerden und Durchfall klagte«, aber dennoch unbedingt »eiskaltes Bier, das die ganze Nacht draußen in der Kälte stand«, trinken wolle. »Er ist seit einiger Zeit süchtig nach diesen Unmäßigkeiten und kann nicht davon lassen.« Van Male warnte, dass »niemand, nicht einmal jemand, der kräftig und bei guter Gesundheit ist, es überleben könnte, im Winter vor Tagesanbruch eiskaltes Bier zu trinken – und schon gar nicht jemand in seinem Alter, mit seiner Gesundheit, geschwächt von Krankheit, Reisen und harter Arbeit«. Er klagte auch, dass Karl ständig »Austern verschlang – die er roh, gekocht und gebraten verzehrt – und fast alle Arten von Meeresfischen«, dies alles ungeachtet der Tatsache, dass »ich jeden Tag vor dem Morgengrauen höre, wie er vor Schmerzen ächzt und stöhnt«. Eine Woche später vermerkte Dr. Baersdorp, dass Karl, obwohl »sein Magen und seine Hämorrhoiden besser sind«, seinen Appetit verloren habe und sich »von Eiern und Suppe ernährt«. Botschafter Richard Morison schrieb nach einer Audienz im Januar 1553, dass er Karl niemals »so nahezu verbraucht, niemals so tot im Gesicht, seine Hand niemals so mager, fahl und blass« gesehen habe. »Seine Augen, die voller Leben zu sein pflegten, wenn der ganze Rest sich der Krank-

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heit gebeugt hatte, waren nun schwer und trübe und nahezu tot in ihrem Ausdruck, wie ich es niemals gesehen habe.«65 Der Kaiser brauchte mehr als einen Monat, um wieder nach Brüssel zu gelangen, eine Entfernung, die er früher in einer Woche zurückgelegt hatte. Diesmal hielt er Einzug in die Stadt, gebettet »in eine offene Sänfte, den Blick stets gen Himmel gerichtet«. »Seine Majestät ist sehr schwach«, so Stroppiana, »und hat weder am Essen noch am Trinken Freude. Er leidet starke Schmerzen, ohne eine bestimmte Krankheit zu haben. Sein Zustand macht mich sehr besorgt.«66 Dennoch träumte Karl von Rache. Im Februar 1553 erschien er trotz seiner Gebrechen vor den Generalstaaten der Niederlande, um sie zu bitten, neue Steuern im Wert von 1,5 Millionen Dukaten zu bewilligen, aber zuerst ließ er eine Tirade gegen den französischen Verrat vom Stapel. König Heinrich habe Teile des Reiches besetzt, »um dort die Macht zu ergreifen und sie unter dieselbe grausame Servitut zu zwingen, in welcher er sein eigenes Königreich hält«. Auch habe er Aufruhr in Deutschland geschürt; vor allem aber habe er die Türken ermuntert, sowohl im Mittelmeerraum als auch in Ungarn anzugreifen. Erschöpft von diesen Anstrengungen, zog Karl sich anschließend in seine Gemächer im Coudenberg-Palast zurück, wo er die nächsten vier Monate verbrachte und sich (so der venezianische Gesandte) »über alles und jeden beklagte«.67 Der Kaiser scheint einen psychischen und physischen Zusammenbruch erlitten zu haben. Laut Nicholas Nicolay, einem niederländischen Rat, hatte sich die Arthritis »auf alle Glieder, Gelenke und Nerven seines Körpers ausgebreitet«, und das kühle Wetter verschlimmerte wie gewöhnlich die Schmerzen. Dazu beeinträchtigte ihn der Katarrh so sehr, dass er, »wenn er ihn hat, nicht sprechen kann, und wenn er spricht, er von seinen Dienern nicht gehört oder kaum verstanden werden kann«. Schließlich »sind seine Hämorrhoiden angeschwollen und schmerzen ihn so sehr, aber sie können nicht ohne große Schmerzen und nur unter Tränen wieder hineingedrückt werden«. Die Kombination dieser Leiden, so Nicolay weiter, habe die Stimmung des Kaisers niedergedrückt, sodass er, statt liebenswürdig und umgänglich zu sein, »wie er es früher war«, traurig und grüblerisch geworden sei und »oft heftig weint und viele Tränen vergießt, als wäre er ein Kind … Seine Majestät will weder etwas hören von Geschäften noch die wenigen [Papiere] unterzeichnen, die vorbereitet wurden.« Karl weigerte sich, Audienzen zu geben oder in der Öffentlichkeit zu erscheinen, und einen altgedienten Minister, Louis de Praet, verbannte er aus seiner Gegenwart, »weil er darauf beharrte, mit ihm über Geschäfte zu reden«. Als Antoine Perrenot sich beschwerte, dass er für seine zahlreichen Dienste viel öffentliche Schmähung, aber wenig Entschädigung empfangen habe, und ein einträgliches Amt begehrte, zog er regelrecht vom Leder: »Was das betrifft, was Ihr über andere sagt, dass sie Belohnungen für Dienste erhalten hätten, während Ihr

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nichts bekommen habt, so läge es angesichts der Menge an Aufgaben, die Ihr bewältigt, müsste ich Euch für jede einzelne belohnen, nicht in meiner Macht, Euch zufriedenzustellen.« Nicolay behauptete, dass Karl sich jetzt »Tag und Nacht mit dem Stellen und Synchronisieren seiner Uhren beschäftigte … Nachts, da er nicht schlafen kann, wenn er will, weckt er oft seine Kammerdiener und andere und befiehlt ihnen, Kerzen und Fackeln anzuzünden und ihm zu helfen, ein paar Uhren auseinander- und anschließend wieder zusammenzubauen. Viele Tage hat er damit zugebracht und verbringt er noch damit, die Psalmen Davids zu lesen und die Kommentare dazu.«

Laut Nicolay hatte Maria die Regierung der Monarchie übernommen, um eine Katastrophe zu verhindern, aber allen war klar, dass dies nur eine vorübergehende Maßnahme sein konnte.68 Auf Marias Beharren hin, wahrscheinlich ohne dass der Rest des Hofes davon wusste, unterschrieb Karl am 2. April 1553 einen Brief an seinen Sohn. Darin befahl er ihm, in die Niederlande zurückzukehren, um »einen Ruf zu erlangen und Euch bekannt zu machen, sodass die Welt einschließlich Eurer Feinde sieht, dass Ihr ihnen nicht die Gelegenheit gebt  – wie sie vielleicht erwarten –, irgendetwas zu unternehmen«. Der Kaiser glaubte, dass sich dies am besten bewerkstelligen ließe, wenn Philipp persönlich einen erfolgreichen Feldzug gegen die Franzosen anführte, aber da die Niederlande nicht mehr zahlen könnten, »müsst Ihr eine Summe Geldes mitbringen, die so groß ist, dass diese Provinzen damit angemessen unterstützt werden können. Dies ist die einzige Abhilfe für die gegenwärtige Situation«, und zugleich würde auch die Notwendigkeit entfallen, »die Provinzen gleich bei Eurer Ankunft um neue Steuern zu bitten, was, da sie derart ausgelaugt sind, Euch nicht nur ihre Zuneigung kosten wird, sondern sie auch veranlassen wird, sich doppelt über die Opfer zu ärgern (wie es Untertanen oft tun), die Ihr ihnen abverlangt«. Daher prüfte Karl, »weil die Situation so verzweifelt ist«, eine Reihe fragwürdiger Mittel, um in Spanien die Gelder aufzutreiben, die er benötigte. Er schlug den Verkauf von Ritterwürden für jeweils 2000 Dukaten vor (außer an Juden, Muslime und Comuneros); er bat den Papst um die Erlaubnis, mehr Kirchenbesitz zu veräußern; und sogar die Diskussion darüber, »was wir von den Encomiendas in Amerika erheben können«, war kein Tabu mehr. In der Zwischenzeit, erklärte Karl, beabsichtige er, »nach Deutschland zurückzukehren, um Ende Juni einen Reichstag abzuhalten«, vorausgesetzt, »meine Gesundheit und meine anderen Verpflichtungen erlauben es«. Von dort wollte er dann »im Herbst zuerst nach Italien und von dort nach Spanien reisen«. Er fuhr fort:

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»Ich hätte Euch sehr gerne hier, bevor ich abreise, damit ich mit Euch über die Dinge sprechen kann, die mir wichtig scheinen, und um von Euch persönlich die Dinge zu erfahren, die über den Zustand [Spaniens] nicht niedergeschrieben werden sollten. Ich glaube nicht, dass diese Provinzen [d. h. die Niederlande] in einer Zeit wie dieser ohne die Anwesenheit von einem von uns beiden gelassen werden sollten, und daher möchte ich, dass Ihr, solange ich in Deutschland bin, hier die Stellung haltet.«69

Anschließend wandte sich Karl dem Liebesleben seines inzwischen 26-jährigen Sohnes zu und erging sich in detaillierten Ratschlägen, wie er es schon ein Jahrzehnt früher getan hatte: »So viel Zeit ist vergangen seit dem Tod der Prinzessin [María Manuela], dass ich glaube, es ist ebenso passend wie notwendig, dass Ihr Euch wieder verheiratet, sowohl angesichts Eures Alters als auch angesichts der Erben, die Gott Euch, wie ich hoffe, schenken wird.« Wie gewöhnlich schien eine Cousine die perfekte Wahl zu sein, nämlich María, die Tochter von Karls Schwester Eleonore und des verstorbenen Königs Manuel von Portugal. Sie war jetzt zweiunddreißig und eine der reichsten Frauen in Europa. Dennoch »sieht es so aus, als stehe ein großes Hindernis dieser Angelegenheit im Wege«, und zwar, dass als Teil der Augsburger Familienverträge Philipp versprochen hatte, eine andere Cousine zu heiraten, eine von Ferdinands Töchtern. Obwohl Karl feierliche Versprechen brechen konnte, wann immer es ihm passte, und es auch tat, machte er sich diesmal Sorgen. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass, sollte sein Sohn »die Eheverpflichtung nicht erfüllen, [Ferdinand] behaupten wird, dass alles zusammenhänge« – und sein Versprechen brechen würde, Philipps Nachfolge als Kaiser zu organisieren. »Dennoch«, fuhr er fort, »haben wir zugestimmt, dass die Heirat nach Eurer Wahl [zum römisch-deutschen König] stattfinden soll, für die wenig Hoffnung besteht, solange sich Deutschland in solcher Unordnung befindet. Bis sich das ändert, kann ich nicht empfehlen, dass Ihr das Reich annehmt, auch wenn es Euch angeboten würde.« Karl wies seinen Sohn daher an, Ferdinand ein Ultimatum zu stellen: »Ihr seid jetzt im heiratsfähigen Alter, und aus diesem Grund – aber auch, um unsere Untertanen zu erfreuen – solltet Ihr nicht festgelegt sein oder daran gehindert, es zu tun; und da die Vereinbarung über Eure Heirat mit einer seiner Töchter an Eure Wahl geknüpft ist, solltet Ihr ihn bitten, entweder Schritte zu unternehmen, damit dies geschieht, oder Euch andernfalls freizustellen zu heiraten, wen immer Ihr wollt.« Weil, abgesehen von Ferdinands Töchtern, »wir nirgendwo sonst eine passende Partie für Euch sehen können«, drängte der Kaiser seinen Sohn, seine Verhandlungen mit Lissabon möglichst bald zum Abschluss zu bringen, damit er die Ehe vollziehen könne, bevor er sich von seiner Gemahlin verabschiede und in die Niederlande komme.70 Gehorsam entsandte Philipp im Juni 1553

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einen Vertrauten, Ruy Gómez de Silva, um mit seiner Tante (und früheren Schwiegermutter) Catalina und deren Ehemann, König Johann III. von Portugal, die Heiratsbedingungen endgültig festzulegen. Unterdessen zwang militärischer Druck vonseiten Frankreichs Karl, einen weiteren Feldzug in den Niederlanden zu führen, statt nach Deutschland zu reisen, wie er vorgehabt hatte. Diesmal triumphierte er. Zunächst entsandte er einen erfahrenen Feldherrn, den Grafen Roeulx, um Thérouanne, eine stark befestigte französische Enklave in den Niederlanden, zu erobern. Weil er erkannte, dass »wir unser Ziel niemals erreichen, sofern wir nicht einen grausamen Krieg führen«, feuerte Roeulx’ Artillerie während der dreiwöchigen Belagerung im Schnitt 800 Schuss pro Tag (verglichen mit 300 pro Tag vor Metz), und er brachte fünf Schwarzpulverminen zur Explosion, um die benommene Garnison zur Übergabe zu zwingen. Schon vor ihrer Kapitulation hatte der Kaiser verfügt, dass die Stadt »sofort gebrandschatzt und dann dem Erdboden gleichgemacht werden wird. Nicht nur die weltlichen Gebäude werden zerstört werden, sondern auch die Kirchen, die Klöster und die Hospitäler. Nicht eine Spur ihrer Mauern wird übrig bleiben.« Er hielt Wort. Laut François de Rabutin, einem feindseligen französischen Kommentator, war der Kaiser, als er vom Fall Thérouannes erfuhr, »so erfreut, als wäre es Konstantinopel gewesen«. Im Laufe der nächsten zwei Monate legten weitere Schwarzpulverminen dann tatsächlich die Stadt in Schutt und Asche. Obwohl der Verlauf der aus der Zeit vor 1553 stammenden Befestigungen heute durch Bäume gekennzeichnet ist, gibt es im Innern nur Felder: Von der Stadt und ihrer Kathedrale sind keine Spuren mehr übrig. Die Sieger belagerten anschließend Hesdin, und laut Rabutin »hielten sie jede Stunde, Tag und Nacht, den heftigsten Beschuss aufrecht, an den sich irgendein Lebender erinnern konnte«. Nachdem die Garnison kapituliert hatte, setzten die Kaiserlichen auch hier Minen ein, um die Stadt zu zerstören.71 Dann traf die Nachricht ein, dass Heinrich II. persönlich die Belagerung von Cambrai in Angriff genommen hatte. Wieder einmal zeigte sich der Kaiser der Situation gewachsen. Noch am 28. Mai fand der Nuntius Karl »so schwach, dass ihm der Wille fehlte, zu sprechen«, und selbst Maria und ihren Ministern sei es kaum gelungen, ihm »auch nur ein einziges Wort in einer Woche« zu entlocken. Aber ein paar Tage später verriet Perrenot, dass »wir versuchen, Seine Majestät für ein Erscheinen in der Öffentlichkeit herzurichten, wobei wir ihn manchmal ankleiden, als ob er gesund wäre, und ihn manchmal sein Schwert und seinen Mantel tragen lassen. Wir bringen ihn auch dazu, lauter und energischer zu sprechen, als er es aufgrund seiner Kraftlosigkeit und Schwäche normalerweise tut. Kurz, wir bemühen uns nach besten Kräften, ihn ansehnlicher und lebhafter erscheinen zu lassen (più bella et vivace).«

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Die »Schönheitskur« scheint funktioniert zu haben, denn nach Karls erster Audienz seit dem Rückzug von Metz, am 9. Juni 1553, berichtete der Nuntius, dass »sein Gesicht zwar die seit vielen Jahren bei ihm gewohnte Blässe zeigt«, aber jetzt »waren seine Augen lebhaft und strahlend«, und »er hört und spricht mit derselben Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit wie immer«. Auch das Naturell des Kaisers war unverändert geblieben: Als der Nuntius ein französisches Friedensangebot übermittelte, merkte Karl an, dass Heinrich II. genau wie sein Vater sei  – stets versuche er, bereits entschiedene Streitpunkte wieder aufzugreifen, und verbünde sich »trotz seines Titels ›Allerchristlichster König‹ mit Türken, sodass man keinem Versprechen, das er möglicherweise mache, trauen könne«. Deshalb, fuhr Karl fort, »glaubte er, es sei besser, den Krieg weiterzuführen, weil er dadurch nichts verlieren könne, und selbst wenn er verlieren sollte, wäre ihm das lieber, als ermordet zu werden, wenn er es am wenigsten erwartete«.72 Getrieben von seinem »tiefen Hass auf den König von Frankreich und seiner Furcht, dass wegen des Mangels an guter Führung seiner Armee irgendein Missgeschick widerfahren könnte«, beschloss Karl im August, selbst ins Feld zu ziehen, »auch wenn es hart sein wird für seinen Organismus, da er sein kleines Wohnhaus seit sieben vollen Monaten nicht verlassen hat«. Begleitet von Maria, die sich um ihn kümmerte, reiste er nach Mons und schloss sich von dort aus seiner Armee im Feld an, bis König Heinrich sich zurückzog. Um das zu feiern, verbrachte der Kaiser daraufhin einen ganzen »Tag auf der Eberjagd«, und »sein Zeitvertreib an diesem Tag gefiel ihm so gut«, dass er »dasselbe am folgenden Tag noch einmal« tat.73 Die Freude über Entwicklungen auf der anderen Seite des Ärmelkanals trug zweifellos zu der bemerkenswerten Erholung des Kaisers bei. Eduard VI., König von England und Irland, starb am 6. Juli 1553, und obwohl er (auf Anordnung seiner Räte) eine »Devise for the Succession« unterzeichnet hatte, die seine protestantische Cousine Lady Jane Grey zu seiner Nachfolgerin bestimmte, fand sie nur wenige Unterstützer. Nach ein paar Tagen der Ungewissheit besiegte Eduards katholische Halbschwester Mary Tudor Janes Anhänger und bestieg den Thron. Beinahe sofort wandte sich die neue Königin, die mit ihren 37 Jahren noch unverheiratet war, um Rat an Karl, ihren Cousin und früheren Verlobten, und ließ durchblicken, dass sie ein erneutes Heiratsangebot wohlwollend erwägen würde. Der Kaiser nutzte diesen unverhofften Glücksfall, unterstützt von Maria und Perrenot, geschickt aus. Karl behauptete, dass ihm die Kraft fehle, Königin Mary selbst zu ehelichen, und bot stattdessen seinen Sohn an. Sorgfältig legte er ihr die Vorteile dar: Sie bekäme einen »Gemahl, der in Kriegszeiten das Kommando übernehmen und andere Aufgaben erfüllen könnte, die für Frauen nicht angemessen sind«, wie etwa die Vorbereitung einer Invasion Schottlands, die »es dem Königreich England unterwerfen würde«, und eines

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Feldzugs zur »Rückeroberung der Guyenne, die sich zu Unrecht im Besitz derer befindet, die sie heute innehaben, und vielleicht sogar des Königreichs Frankreich«. Der Besitz der englischen Krone würde Philipp außerdem in die Lage versetzen, sowohl Spanien als auch die Niederlande effektiv zu regieren, selbst wenn er nicht römisch-deutscher König würde. Zugleich würde die Schaffung eines neuen angloniederländischen Staates, der von dem Erben Philipps und Marys regiert werden sollte, die habsburgische Vorherrschaft über den Ärmelkanal und die Nordsee dauerhaft sichern und auf diese Weise »die Franzosen in Schach halten und zur Vernunft bringen«.74 Nichtsdestotrotz hielt sich Mary Tudors Begeisterung für die Ehe in Grenzen. Ein paar Tage nach ihrer Thronbesteigung ließ sie den Gesandten Karls, Simon Renaud, wissen, dass sie immer alleinstehend gewesen sei und die Liebe nie erlebt habe. Als Frau, fuhr Mary fort, verspüre sie nicht den Wunsch, ihren Status zu ändern, aber als Königin verstehe sie, dass für das Wohl ihres Reiches eine Ehe und ein Kind jetzt unerlässlich seien. Verlegen »lachte sie nicht nur einmal, sondern mehrere Male«, als sie diese unvertrauten Themen mit Renard besprach, und äußerte die Hoffnung, dass, wen auch immer Karl »für sie [als Ehemann] vorschlug und ins Spiel brachte, er ein Katholik sein würde; dass sie Gelegenheit erhalten würde, ihn zuerst kennenzulernen; und dass er nicht zu jung sein sollte«. Als das Gespräch sich Philipp als möglichem Bewerber zuwandte, erwiderte die Königin, dass sie gehört habe, er sei schon María von Portugal versprochen, dass er zudem zwölf Jahre jünger sei als sie und dass »Seine Hoheit außerdem gerne in Spanien bleiben und seine anderen Herrschaftsgebiete regieren wolle«. Renard übermittelte ihre Bedenken Karl, der sich beeilte, darauf einzugehen. Marys »Wunsch, ihren zukünftigen Ehemann [im Voraus] zu sehen«, erklärte er, »sei schwer zu entsprechen«, weil »kein ihr im Rang ebenbürtiger Prinz gerne das Risiko eingehen würde, dorthin zu reisen und abgewiesen zu werden«. Stattdessen schickte er ihr ein schmeichelhaftes Porträt ihres Verehrers von Tizian, das drei Jahre zuvor in Augsburg entstanden war, und versicherte ihr, dass Philipp nach ihrer Eheschließung häufig in England weilen werde.75 Fast war es zu spät. Schon hatte ein Kurier Philipps Hof verlassen, um dessen endgültiges Einverständnis mit den Bedingungen seines Ehevertrags mit María von Portugal zu überbringen, als ein Expressbote von Karl eintraf, der seinem Sohn befahl, stattdessen Mary Tudor zu heiraten. Der Prinz rief seinen Kurier zurück, sodass die Einverständniserklärung nie ihren Bestimmungsort erreichte, und erteilte stattdessen seinem Vater die Vollmacht, in seinem Namen eine englische Partie auszuhandeln.76 Es folgten harte Verhandlungen zwischen Marys Räten und Karls Abgesandten unter Führung von Renard, die erst von Erfolg gekrönt waren, als man ihr »die Vorteile erläuterte, in deren Genuss Eng-

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land käme, wenn das Königreich – durch ihre Kinder – mit den Niederlanden vereinigt wäre«. Im Oktober 1553 benachrichtigte Renard Philipp triumphierend, dass Mary Tudor sich entschieden habe, ihn zu heiraten, sodass »es ratsam wäre, wenn Euer Majestät sich in französischer und lateinischer Konversation übte«.77 Der Kaiser hätte gern gehabt, dass Stellvertreter den Bund für die Eheleute eingingen, sodass er sofort wirksam würde, aber nach dem Willen der Engländer »sollte die Trauung feierlich in Gegenwart beider Ehegatten vollzogen werden«. Karl verlangte deshalb, dass sein Sohn »zwei Vollmachten« schickte, »aufgesetzt nach den beigefügten Entwürfen, damit wir verwenden können, welche auch immer erforderlich ist, ohne Zeit zu vergeuden«. Einmal mehr fügte sich der Prinz – aber mit beträchtlichen Vorbehalten. Am 4. Januar 1554 zeichnete er vor einem Notar eine Urkunde, die erklärte, dass er »die besagten Artikel anerkennen, genehmigen und beeiden« werde, »damit seine Eheschließung mit der durchlauchtigsten Königin von England stattfinden kann, aber dies bindet oder verpflichtet weder ihn und seine Besitzungen noch seine Erben und Nachfolger, irgendeinen von ihnen zu erfüllen oder anzuerkennen, vor allem jene nicht, die sein Gewissen betreffen«.78 Der Prinz hatte kaum eine andere Wahl, als zu akzeptieren, was die Engländer an Heiratsbedingungen anboten, weil er nun die Brücken sowohl zu Ferdinand als auch zu María von Portugal abgebrochen hatte – aber der Kaiser behandelte beide gebrochenen Versprechen mit seiner gewohnten Unbekümmertheit. Als ein portugiesischer Abgesandter in Brüssel eintraf und »seinem Unmut Luft machte … sagten wir ihm, was nötig war, ohne die Angelegenheit weiter rechtfertigen oder diskutieren zu wollen«. Karl riet seinem Sohn, dasselbe zu tun, »denn wenn diese Angelegenheiten vorbei sind, ist es am besten, sich zu verstellen«.79 Nachdem er die englische Partie erfolgreich arrangiert hatte, scheint Karls Interesse an öffentlichen Angelegenheiten wieder geschwunden zu sein. Laut einem Gesandten unterzeichnete er im Dezember 1553 kaum offizielle Schriftstücke, »und obwohl er ein paar Audienzen abgehalten hat, sind sie reine Formalitäten, weil jene, die kommen, angewiesen sind, nicht über Geschäfte zu sprechen … Einige Minister haben zu Tricks gegriffen, um ihn dazu zu bringen, viele Anliegen anzuhören und abzuzeichnen, aber eigentlich funktioniert nichts.« Eraso (der dem Kaiser ständig aufwartete, was ihm beträchtliche Einblicke in die Gemütsverfassung seines Herrn verschaffte) warnte Philipp vor der heiklen Situation, mit der er rechnen musste. Karl wirkte nun entschlossen, »sich von allen Geschäften abzuwenden, und sein Ziel scheint es tatsächlich zu sein, nach Spanien zu gehen«. Jedoch »gibt es Anzeichen, dass, sollte es Gott gefallen, Seine Majestät abzuberufen, hier alsbald Gefahren erwachsen würden,

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wenn Euer Hoheit nicht anwesend wäre«. Karl selbst machte seinen Sohn auf seine angeschlagene Gesundheit aufmerksam: »Ich hatte kürzlich einen Rückschlag, und die Schmerzen von meiner Gicht breiten sich allmählich aus, sodass ich jetzt in meiner ganzen linken Seite mehr Schmerzen habe, als ich mir wünschen würde, und dazu einige, wenn auch weniger starke in meinem rechten Arm«. Kurz danach entschuldigte er sich erneut, dass »ich fünf Wochen im Bett verbracht habe, geplagt von der Gicht und anderen Leiden, und daher nicht in der Lage war, Geschäfte abzuwickeln«. Er ließ seinen Sohn wissen: »Ich weiß sehr wohl, dass es besser wäre, wenn ich nach Spanien zurückkehren würde, bevor Ihr abgereist seid, und ich möchte es auch wirklich; allein meine Gesundheit gestattet mir nicht, zu reisen, und selbst wenn ich es könnte, wäre es unmöglich, rechtzeitig eine Flotte zusammenzubekommen … Es erscheint mir daher das Beste, dass ich abreise, nachdem Ihr eingetroffen seid und nachdem ich mit Euch die Angelegenheiten [der Niederlande] besprochen habe und veranlasst habe, was dort zu tun ist. Also werde ich alles tun, was ich kann, um, so Gott will, im nächsten August oder September abreisen zu können.«80

Karl wohnte jetzt in einem kleinen Haus in dem Park, der den königlichen Palast in Brüssel umgab. Zu seinen Räumlichkeiten »gelangt man über eine Treppe von zehn oder zwölf Stufen«, und dann gab es da ein Vorzimmer, das »auf seinen Empfangsraum und sein Schlafzimmer geht, keiner der beiden Räume größer als 24 Fuß im Quadrat«, während ein Korridor sein Schlafgemach mit einer kleinen Kapelle verband, wo er betete. Der einzige Schmuck im öffentlichen Bereich waren sein Wappen und sein Motto, »Plus ultra«, die an prominenter Stelle an Wänden und Fenstern zu sehen waren. Wie ein Nuntius (etwas unglaubwürdig) versicherte, war es »ein kleines Haus, nicht größer und nicht besser als die Unterkunft eines Kartäusers«.81 Ein anderer päpstlicher Diplomat berichtete, dass »Seine Majestät in dem kleinen Wohnhaus einen Teil seiner Zeit neben einer Uhr verbringt, die sämtliche Planetenbewegungen anzeigt«. Damit meinte er die achtseitige, federgetriebene astronomische Uhr, die als »Mikrokosmos« bekannt war – ein Werk des Giovanni Juanelo Turriano aus Cremona, den Karl als den »Fürsten der Uhrmacher« pries. Die Uhr war »rund, fast zwei Fuß breit und ein klein wenig höher«, angetrieben von ungefähr 1800 Zahnrädern, »und zeigte sämtliche Bewegungen der Planeten und alles, was wir über Astrologie wissen«.82 Ein Anwalt aus der Provinz, der im April 1554 den kaiserlichen Hof besuchte, vermerkte die allgemeine Aufregung, als die Uhr und ihr Erfinder aus Italien eintrafen: »Ihre Neuartigkeit veranlasste den Kaiser, einen solchen Wirbel zu machen, dass es Euch erstaunen würde, und er hatte mehr Freude an der Uhr als an allem anderen.« Karls Besessenheit von Chronometern

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wurde zu dieser Zeit zur Zielscheibe des Spotts. So beschwerte er sich eines Tages bei seinem Majordomus, Baron Monfalconetto, dass das ihm servierte Essen immer fade und unappetitlich sei, »worauf der Baron erwiderte: ›Ich weiß einfach nicht, wie ich Euer Majestät erfreuen kann, es sei denn, ich versuche, ein neues Gericht für Euch zu kreieren: Uhrensuppe.‹ Darüber lachte der Kaiser lauter und länger, als irgendjemand es je zuvor erlebt hatte.«83 Die andauernde Abwesenheit des Kaisers von Spanien im Verein mit seiner Vernarrtheit in Uhren, seiner angeschlagenen Gesundheit und seinen Verpflichtungen anderswo ermöglichte es dem Prinzen Philipp, viele Entscheidungen in Eigenregie zu treffen. Wie ein Adliger es salopp ausdrückte: »Ich bitte Euer Hoheit, eine Antwort auf die Eingabe zu genehmigen, die ich Euch in Madrid überreichte, denn wir alle wissen, dass Ihr sämtliche Staatsangelegenheiten abwickeln könnt, ohne die Erlaubnis aus Deutschland abzuwarten« – das heißt: ohne Karl hinzuzuziehen.84 Philipp bewies den Wahrheitsgehalt dieser Aussage auf spektakuläre Weise, als er sich anschickte, im Frühjahr 1554 nach England abzureisen. Der Kaiser war strikt gegen die Einsetzung seiner Tochter Johanna als Regentin und warnte Phil­ipp: »Ihr wisst, dass die Prinzessin sehr hochmütig ist, und ich habe gehört, dass ihr Hof schlecht geführt wird.« Doch der Prinz überredete sie, nach dem Tod ihres Gatten, des portugiesischen Thronerben, nach Kastilien zurückzukehren, und verbrachte dann mehrere Tage mit ihr (wie er seinen Vater kühl informierte), »um sie über Angelegenheiten in Kenntnis zu setzen, die sie wissen muss«, bevor sie als Regentin die Macht übernahm. Nachdem er in dieser Schlüsselfrage seinen Kopf durchgesetzt hatte, wählte Philipp sorgfältig die Mitglieder des Ratsgremiums aus, das Johanna zur Seite stehen sollte, einmal mehr die Vorschläge seines Vaters geflissentlich übergehend. Schließlich erließ er Instruktionen für seine Schwester, die sich über Karls Anweisungen ausdrücklich hinwegsetzten. Johanna »darf kein Schriftstück unterzeichnen außer solchen, die von den durch mich bezeichneten Sekretären abgefasst wurden«; sie müsse ihm Abschriften ihrer gesamten Korrespondenz mit Karl zukommen lassen; und sie müsse ihn zurate ziehen, bevor sie irgendwelche wichtigen Entscheidungen Spanien, Spanisch-Italien oder Spanisch-Amerika betreffend fälle.85 Endlich, am 13. Juli 1554, verließ Philipp Spanien, um Mary Tudor zu heiraten und anschließend in den Niederlanden die Macht von Karl zu übernehmen. Seine Schatztruhen waren gefüllt mit Bargeld, um einen weiteren Feldzug in den Niederlanden zu finanzieren, und unter seinem Befehl segelte eine Flotte, die groß genug war, um jeden feindlichen Versuch zu verhindern, ihn etwa abzufangen. Nach all den Verzögerungen brauchten die Schiffe nur sieben Tage, um von La Coruña nach Southampton zu gelangen, wo englische und niederländische Gesandte Philipp erwarteten. Die Engländer brachten ihm Grüße und

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Geschenke von seiner zukünftigen Braut, die Niederländer brachten Karls Verzicht auf seinen Anspruch auf Neapel zugunsten seines Sohnes, der damit am Vorabend seiner Hochzeit König aus eigenem Recht wurde. Außerdem machte sich ein Sonderkurier auf den Weg, um Mary die Serie von Wandteppichen zu überbringen, die zum Gedenken an die Eroberung von Tunis 1535 entstanden waren und »die zu den schönsten Arbeiten zählen, die in unserer Zeit hergestellt worden sind«.86 Dies waren liebenswürdige Gesten vonseiten des Kaisers, der seinem Sohn dazu noch eine Abschrift des neuen letzten Willens schickte, den er vor Kurzem aufgesetzt hatte. Karls Testament, geschrieben auf Spanisch, wenngleich unterzeichnet in Brüssel, bietet einen faszinierenden Überblick darüber, was den Kaiser beschäftigte, als seine Herrschaft sich dem Ende zuneigte.87 Zuerst kamen die frommen Verfügungen: Für seine Seelenruhe sollten 30 000 Messen innerhalb eines Jahres gelesen werden, und sein Leichnam müsse nach Granada überführt und in der königlichen Kapelle neben seiner Gemahlin, seinem Vater und den Katholischen Königen beigesetzt werden – anders als in seinen früheren Testamenten erwähnte Karl jetzt Brügge oder Dijon nicht mehr, ein Zeichen, wie sehr in seiner imperialen Vorstellung Spanien die Niederlande und Burgund verdrängt hatte. Er ermahnte Philipp, stets die Gerechtigkeit zu wahren, Witwen und Waisen zu beschützen und die katholische Kirche zu ehren; und »besonders trage ich Euch auf, das heilige Amt der Inquisition zu fördern«. Es folgte eine Reihe sehr viel konkreterer Verpflichtungen. Die Summe von 30 000 Dukaten müsse in der Festung Simancas hinterlegt werden, in einer verschlossenen Truhe, für die nur Karl den Schlüssel haben sollte, um drei wohltätige Anliegen zu finanzieren, die ihm am Herzen lagen: erstens »Christen freizukaufen, die in den Ländern der Ungläubigen gefangen gehalten werden … vorzugsweise solche, die auf Feldzügen gefangen genommen wurden, wenn ich selbst zugegen war«, zweitens arme Jungfrauen mit Brautgaben auszustatten und drittens die Bedürftigen zu unterstützen. Karl befahl seinem Sohn, die Mitgiften zu zahlen, die er seinen Töchtern María und Johanna versprochen (aber nie gezahlt) hatte, und auch das Geld und den Schmuck zu verteilen, die beiden im Testament ihrer Mutter vermacht worden waren (aber keine von ihnen jemals erhalten hatte). »Damit unser Gewissen entlastet ist«, müsse sein Erbe nicht nur sämtliche ausstehenden Schulden Karls bezahlen, sondern auch die seines Vaters Philipp, seiner Tante Margarete und aller seiner vier Großeltern (mehr Verpflichtungen, als Karl selbst zu erfüllen versäumt hatte). Außerdem sollte er 10 000 Dukaten auftreiben, »die verteilt werden sollen in gute Werke für die Seele Ihrer Hoheit«, nämlich Königin Johannas, die nach wie vor zurückgezogen in Tordesillas lebte und mit der Philipp gemeinsam herrschen müsse »in derselben Form und Ordnung, wie ich es getan habe und tue«. Darüber hinaus müsse der junge König

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eine wichtige Klausel in dem soeben mit England geschlossenen Ehevertrag beachten: Sein Sohn von María Manuela, Don Carlos, »muss von der Nachfolge in unseren niederländischen Besitzungen ausgeschlossen werden«. Ferner müsse Philipp Mailand behalten und verteidigen, zum einen, weil »jedes Mal, wenn es von jemandem beherrscht wurde, der keine anderen Staaten besaß«, in Italien Krieg ausgebrochen sei, und zum anderen wegen »der ungeheuren Summen, die es unsere Königreiche Kastilien und Aragón gekostet hat, das Herzogtum zu behalten, und der großen Zahl unserer Vasallen und Untertanen aus allen Gegenden, die gestorben sind oder ihr Blut vergossen haben« zu seiner Verteidigung. Hingegen müsse Philipp »sofortige Schritte unternehmen, um offen und ehrlich zu entscheiden, ob Gerechtigkeit und Vernunft die Rückgabe« des Königreichs Navarra, das 1512 von Ferdinand II. von Aragón (dem Katholischen) erobert und annektiert worden war, »oder ein Angebot zur Genugtuung oder Entschädigung an eine dritte Partei« erforderten. Der Kaiser befahl Philipp, seine außereheliche Tochter Margarita »zu ehren und zu fördern« (wenngleich »er nicht verpflichtet ist, mehr für sie zu tun, es sei denn, er möchte es«). Aber obwohl Karls neues Testament 49 Seiten umfasste, erwähnte es zwei andere noch lebende außereheliche Kinder nicht: Tadea, die damals als Nonne in Rom lebte, und Gerónimo (später Don Juan de Austria). Stattdessen verfasste und unterzeichnete der Kaiser am selben Tag ein gesondertes Kodizill über den Letzteren – mit dem Vorbehalt, dass »niemand dieses Dokument öffnen darf, ausgenommen der Prinz« (oder, sollte Philipp vor ihm sterben, Don Carlos). Karl verriet darin nicht einmal den Aufenthaltsort des Jungen, sondern teilte seinem Sohn (oder Enkel) lediglich mit, dass, »wenn Ihr nicht wisst, wo dieser Gerónimo ist«, er das bei Karls Personal in Erfahrung bringen könne. Karl wollte gerne, dass der Junge »Mitglied eines strengen religiösen Ordens wird«, aber »wenn er ein weltliches Leben bevorzugt, so wünsche und verlange ich, dass er ein regelmäßiges Einkommen von 20 000 oder 30 000 Dukaten im Jahr erhält«, was den Einkünften eines Grafen oder Markgrafen entsprach.88 Diese großzügige Regelung bürdete Philipp eine weitere finanzielle Verpflichtung auf – ganz zu schweigen von der Existenz eines Halbbruders, der ihn permanent an die Unkeuschheit seines damals 46-jährigen Vaters mit einem jungen Mädchen in Philipps Alter erinnern würde. Dass der Kaiser all dies Philipp nicht persönlich mitteilte, war ein Zeichen großer moralischer Feigheit. Stattdessen schickte er seinem Sohn »zusammen mit meinem letzten Willen ein Dokument auf Latein, durch das ich ihm all meinen Besitz und meine Herrschaftsgebiete vermache, damit er sie ab dem darauf angegebenen Datum als seine eigenen verwalten und behandeln kann«.89

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Des Kaisers letzter Feldzug Wie bei seinen früheren Testamenten und Kodizillen handelte Karl aus Furcht vor dem möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Tod – diesmal auf dem Feldzug. Der englische Gesandte am kaiserlichen Hof schrieb am 4. Juni (zwei Tage, bevor Karl sein Testament unterzeichnete): »Der Kaiser ist in sehr guter körperlicher Verfassung und in der Lage, zwei oder drei Stunden am Tag zu laufen«, und eine Woche später bescheinigte er ihm, dass er »in diesen vier Jahren nicht kräftiger war, als er in diesem Augenblick ist«. Tatsächlich war er so »kräftig«, dass er, als er »seinen Harnisch anprobierte, feststellte, dass das Korselett und ein Wildlederwams, die er darunter trägt, ihm enger saßen als gewöhnlich, um drei Fingerbreit, also ist er korpulenter, als er war«. Natürlich klagte Karl weiter über seine Gesundheit. Eine Audienz mit dem Florentiner Gesandten am 9. Juni eröffnete er, »indem er mir von seinen Unpässlichkeiten erzählte und besonders von den Schmerzen, die ihm seine Hämorrhoiden bereiteten und nach wie vor bereiten. Als er sich dann plötzlich erinnerte, dass dasselbe Leiden mir in der Vergangenheit sehr viele Beschwerden verursacht hatte, und da ihm schien, dass ich jetzt gut aussah, wollte er, dass ich ihm einige Details anvertraute.« Karl überwand auch diese Erschwernis: »Er kann sich jetzt selbst rüsten und sitzt in seinem Park manchmal drei Stunden am Stück im Sattel.«90 Karl hatte nicht vorgehabt, einen weiteren Feldzug zu führen, aber Heinrich II. fiel persönlich in die Niederlande ein und eroberte die gerade erst erbaute Festung Mariembourg, »was zum gegenwärtigen Zeitpunkt äußerst gefährlich ist, weil es ein Ort ist, von dem aus er leicht in das Herzogtum Brabant einfallen kann. Es gibt hier keine Festung, die ihn aufhalten könnte«, informierte Karl seinen Sohn. Obwohl sein Feldheer den Franzosen unterlegen war, beschloss Karl dennoch, persönlich das Kommando zu übernehmen – und er erwartete, dass Philipp sich ihm anschloss. »Plane, hierherzukommen«, schrieb er, wobei er kühl hinzufügte: »Sobald Ihr (mit Gottes Segen) Eure Hochzeit mit der Königin [Mary Tudor] gefeiert und die Ehe vollzogen habt, verlasst sie nach sechs oder acht Tagen.«91 Am 7. Juli 1554 verließ der Kaiser in seiner offenen Sänfte Brüssel, begleitet von führenden Adligen und bejubelt von den Bürgern. »Als er aufbrach, sagte er, dass, wenn die Franzosen kämpfen wollten, er willens sei, den Krieg zu beenden«, und zwar in einem einzigen Streich. Damit und indem er den persönlichen Oberbefehl über seine Armee übernahm, setzte der Kaiser sich über »seine Räte und alle anderen Männer hinweg«, die versucht hatten, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Sie konnten gar nicht genug »die Stärke seiner Feinde, das bisherige Unvermögen seiner Armee, ihnen entgegenzutreten, die Gefahr, dass sie die Verbindungen zwischen ihm und dieser Stadt [Brüssel] ab-

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schnitten, die Risiken für ihn selbst, seinen Besitz und für alle diese Länder« betonen, sollte er eine Niederlage erleiden. »Doch gab es kein Heilmittel, sondern [Karl] wollte vorwärts und befahl ihnen, sie sollten marschieren, sans plus replique.« Der englische Gesandte Sir John Mason fürchtete das Schlimmste und erinnerte sich, dass Karls »Starrsinn ihm oftmals äußerst hinderlich war, besonders einmal zu Lande bei Metz und ein anderes Mal zu Wasser bei Argell [Algier]«. Er warnte, »dass dieses Unternehmen gefährlicher ist als sie beide«.92 Anfangs schien der Pessimismus des Gesandten gerechtfertigt. Karl konnte die Franzosen nicht daran hindern, mehrere Orte zu erobern, die »sämtlich à l’antiqua gebaut sind, ohne irgendwelche Verteidigungsanlagen der Art, wie sie für die Kriege der jetzigen Zeit erforderlich sind« – darunter Binche, wo sie Marias prächtigen Palast niederbrannten.93 Kurz danach meuterten einige seiner eigenen Truppen, aber Karl wendete das Blatt zu seinen Gunsten, indem er ihnen mutig entgegenritt. »Seiner Gewohnheit gemäß schüttelte er allen deutschen Obristen und Hauptleuten die Hand und grüßte den ganzen Rest, indem er den Kopf neigte.« Dann wandte er sich an die Meuterer, hörte sich ihre Beschwerden aufmerksam an und sprach wie folgt zu ihnen: »Meine Soldaten, sich in derart undisziplinierter Weise an mich zu wenden, ist nicht angemessen, weil es euch, eure Hauptleute und eure Nation entehrt, und es macht mir wenig Ehre. Ich bin verärgert, dass euch Unrecht geschehen ist, aber wann auch immer in der Zukunft etwas Ähnliches passiert, lasst es mich durch euren Obristen und eure Hauptleute wissen. Ich werde nicht versäumen, Gerechtigkeit zu schaffen. Ich werde euch ein guter Kaiser und ein guter König sein. Was das Unrecht betrifft, von dem ihr behauptet, dass es euch widerfahren sei, so werde ich Maßnahmen ergreifen, um herauszufinden, was geschehen ist, und ich werde nicht versäumen, jene zu bestrafen, die gefehlt haben.«

»Daraufhin kehrten die Meuterer zu ihren Pflichten zurück«, und Karl »schlief im Lager« unter seinen Soldaten »und ritt herum und kümmerte sich um alles«. Bei einer allgemeinen Musterung seiner Armee »erschien er zu Pferde in voller Rüstung, womit er die Stimmung aller hob«. Einem Kavalleristen zufolge »währten die Rufe ›Lang lebe der Kaiser‹ eine Stunde und waren so laut, dass der König von Frankreich sie in seinem Lager gehört haben muss«. Als Gerüchte über einen französischen Überraschungsangriff die Runde machten, »ließ Seine Majestät seine Armee in Schlachtordnung Aufstellung nehmen und ritt die Reihen auf und ab, vorneweg ein großes rotes Banner, unter dem Schlagen der Kesselpauken«.94 Dank des Geldes, das die Flotte seines Sohnes gebracht hatte, um seine Armee mit Proviant zu versorgen und zu verstärken, erlangte Karl einen Vorteil und

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zwang die Franzosen zum Rückzug aus Binche. Er verfolgte sie mit »solcher Schnelligkeit«, dass er »an einem einzigen Tag 21 Meilen marschierte, und doch konnte er sie nie einholen«. Am 4. August hielt der enttäuschte Kaiser einen Kriegsrat ab, um zu entscheiden, »was mit unserer Armee beim gegenwärtigen Stand der Dinge bewirkt werden kann; und wir beschlossen, in Frankreich einzufallen und dieselbe Zerstörung anzurichten, die sie hier angerichtet hatten«. Aber wo? Nachdem mehrere alternative Ziele diskutiert worden waren, gestand Karl seinem Sohn schwächlich ein: »Wir können keine Entscheidung treffen, weil alles davon abhängt, was unsere Feinde tun werden.« Der einzige Punkt, in dem er und seine Räte übereinstimmten, war, dass Philipp jetzt »unter keinen Umständen« England verlassen und zu seinem Vater stoßen solle, weil »es wahrscheinlicher ist, dass Ihr Ansehen einbüßt, statt es zu erlangen … und es ist so wichtig, dass Ihr Euch bei Eurem ersten Feldzug, wo Ihr die Welt beeindrucken solltet, einen Namen macht«. Er erteilte seinem Sohn daher die Erlaubnis, mehr als »sechs oder acht Tage« zu bleiben, um die Gesellschaft seiner neuen Braut zu genießen.95 Eine Woche später belagerten die Franzosen Renty, abermals eine solche Stadt, der »Verteidigungsanlagen der Art, wie sie für die Kriege der jetzigen Zeit erforderlich sind«, fehlten. Sie hofften, dass Karl eine Schlacht riskieren würde, um die Stadt zu entsetzen. Stattdessen rückte er geschickt vor, ohne seine Truppen einem Angriff auszusetzen, während Renty weiter Widerstand leistete, und am 14. August zog sich Heinrich widerstrebend »im Schutz der Nacht und eines dichten Nebels am folgenden Morgen« zurück. Dabei »büßte er außerordentlich an Ansehen ein, weil sie ihren Angriff [auf Renty] aufgeben mussten und nicht wagten, auf etwas zu warten, das zu suchen sie oft geprahlt hatten«, nämlich eine Schlacht. Der Rückzug endete erst, nachdem sie wieder in Frankreich waren.96 Mason hegte keinen Zweifel hinsichtlich der Bedeutung dieses Sieges und Karls persönlicher Rolle bei dessen Erringung. »Der Kaiser hat in diesen 9 oder 10 Tagen, in denen er seinen Feind verfolgte, großen Mut und nicht weniger Geschick im Krieg bewiesen; aber sehr viel bemerkenswerter« sei, dass er die französische Hauptarmee aufspürte und herausforderte »gegen den Rat und die Überzeugung des wesentlichen Teils aller seiner Hauptleute, was, wenn er es nicht getan hätte«, dazu geführt hätte, dass die Niederlande in einem Ausmaß verwüstet worden wären, »an das man sich noch lange danach erinnert hätte. Durch seine einzigartige Klugheit und seinen ungebrochenen Mut« habe er seine Feinde entscheidend zurückgeschlagen. Im Gegensatz dazu hätten die Franzosen mit ihrem Feldzug, abgesehen vom »Brandschatzen und Verheeren [aller] möglichen armen Leute, was leicht zu bewerkstelligen und ebenso leicht zu rächen war«, nichts erreicht.97

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Karl schrieb den günstigen Ausgang wie gewöhnlich göttlichem Einschreiten zu. Am 15. August, dem Tag nach dem französischen Rückzug, schrieb er seinem Sohn (der noch in England weilte): »Mein Sohn, Gott hat dies gelenkt, wie Er es bei meinen Angelegenheiten stets zu tun pflegt. Wenn es Fehler gegeben hat, so sind es meine, aber dennoch hat Er sie besser abgestellt, als wir gehofft hatten.« Sein Brief vom selben Tag an den Herzog von Alba (der sich als Berater Philipps ebenfalls in England aufhielt) war weniger optimistisch: »Herzog, Ihr könnt Euch vorstellen, wie ich mich fühle … Obwohl einige gestern sagten, dass wir uns zurückziehen sollten, was große Risiken mit sich gebracht hätte, veranlasste Er stattdessen den Feind, sich zurückziehen. Obendrein ist Renty, von dem wir fürchteten, dass es verloren wäre, gerettet worden.« Aber nun, erklärte Karl, seien seine Tage des Kämpfens vorbei: »Obwohl ich mich im Moment besserer Gesundheit erfreue, als ich erwartete, bin ich nicht kräftig genug, um die Art von gesundheitlichen Rückschlägen auszuhalten, die ich im letzten und in diesem Jahr erlitten habe.« Auch Maria teilte er mit, dass »ich in solch einer Verfassung bin, dass ich fürchte, zusammenzubrechen«, sodass »ich so weit wie möglich vermeiden muss, im Felde zu stehen«.98 Zwei Tage später verabschiedete er sich zum letzten Mal von seiner Armee, und zwei Wochen später informierte er Philipp: Da »es Gott gefallen hat, die Angelegenheiten zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen, wodurch einiges von dem Ansehen, das verloren gegangen war, wiedererlangt wurde«, und da Philipp »nun so nahe ist«, wünsche er, dass sein Sohn die Führung von ihm übernehme. Karl hoffte, dass die Übergabe der Macht im Januar 1555 stattfinden könne, wenn »wir einige Zeit zusammen verbringen und uns vergnügen können«, möglichst auch in Gesellschaft von Mary, »wo immer Ihr möchtet. Dann, nachdem ich Euch meinen Segen gegeben habe, werde ich Euch verlassen und meine Reise fortsetzen« – nämlich zurück nach Spanien.99 Es klang alles zu schön, um wahr zu sein. Und das war es.

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16  Rastloser Ruhestand (1555–1558) Doppelherrschaft Am 9. Oktober 1554 kehrte Karl nach Brüssel zurück, einmal mehr siegreich. Laut Sir John Mason passierte er »die Hauptstraße in seiner Sänfte … zur nicht geringen Erleichterung der Zuschauer, ihn nach so großer Mühsal in einem so guten Zustand zu sehen«. Bald war er ausreichend bei Kräften, um wieder auf die Jagd zu gehen, und bei einer Audienz einen Monat später fand Mason ihn »sehr vergnügt an einem Tisch sitzend« vor. »Sein Gesicht, das früher etwas voller war, als es natürlicherweise hätte sein sollen, wirkt jetzt wieder sehr natürlich; seine Gesichtsfarbe hat sich sehr gebessert; seine Arme gehorchen ihm … Er war so lebhaft, so viel kraftstrotzende Gesundheit habe ich bei ihm seit Langem nicht erlebt.« Dieser Zustand war nicht von Dauer. Ende November klagte ein Minister, dass »sich so viele arme Leute in den Straßen beschweren, dass sie auf die Unterschrift des Kaisers warten – etwas, das Seine Majestät in wenig mehr als einer Stunde erledigen könnte«. Aber bei einer Audienz am Weihnachtsabend fand Mason den Kaiser abermals »in recht guter Verfassung und in einer Stimmung, wie man sie bei ihm seit zehn Jahren nicht besser beobachtet hat«. Karl hob an zu »einem großen Vortrag über den Unterschied zwischen dem Regieren mit Strenge und dem Regieren auf eine solche Art, dass der Fürst und seine Untertanen einander verstehen und wertschätzen können«.1 Karl war nicht der Ansicht, dass sein Sohn diesen Unterschied verstand. Kurz nach Philipps Ankunft in England berichtete zwar ein Kurier, dass der Prinz »die Königin bei Laune hält und es versteht, ihre Fehler zu übersehen … Was seine Behandlung der hiesigen Adligen betrifft, so räumen sogar sie selbst ein, dass kein König von England jemals so rasch jedermanns Wohlwollen errungen habe.« In Brüssel ging dieses »Loblied auf unseren Herrn« bei seinem Sekretär Eraso ein, der die guten Neuigkeiten sofort Karl überbrachte, der »mit großem Vergnügen zuhörte und Gott vielmals für all Seine Gunsterweise dankte«  – bevor er gehässig hinzufügte: »Der König hat sich offenbar ganz schön geändert!«2 Karls Zutrauen in Philipps soziale und politische Kompetenzen war so gering, dass er im September Eraso mit Instruktionen nach England schickte. Die Botschaft an Philipp lautete, dass Karl zwar »niemals aufhöre, Gott zu danken, dass die Königin so glücklich und zufrieden ist«, ihm jedoch Klagen zu Ohren gekommen seien, dass sein Sohn seinen englischen Untertanen nur selten Gehör schenke. Wie er gehört habe, »sind sie unzufrieden, weil sie so oft sehen, wie Spanier ein und aus gehen [um Euch zu sprechen]«.3

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Solche Kritik verebbte erst, nachdem Mary Tudor bekannt gegeben hatte, dass sie schwanger sei. Sie bestand darauf, dass ihr Gemahl bleiben müsse, um sie zu unterstützen, wenn ihre Niederkunft nahte. Karl bearbeitete Botschafter Mason jetzt mit unverblümten Fragen wie etwa: »Wie geht’s mit dem Bauch meiner Tochter voran?« – worauf der antwortete, dass die Königin nichts gesagt hätte, wenn sie nicht sicher sei, aber von sich aus hinzufügte, dass »ihre Kleidungsstücke sehr glatt [d. h. eng] werden. ›Ich habe nie Zweifel an der Sache gehabt‹, sprach [der Kaiser], ›vielmehr, dass Gott, der für sie so viele Wunder gewirkt hat, auch dies durch den Beistand der Natur für sein gutes und höchst ersehntes Werk vollkommen machen würde. Und ich garantiere‹, sprach er, ›dass es ein Junge wird.‹« Mason versicherte, dass jedes gesunde Kind ein Segen wäre, weil »wir dadurch wenigstens einige Gewissheit erlangen werden, wen Gott qua Erbfolge mit der Regierung unseres Besitzes betrauen wird.« Stürbe die Königin hingegen, warnte er Karl, »ohne Nachkommenschaft, müsste das Königreich wohl ebenfalls sterben. ›Zweifelt nicht‹, sprach er, ›Gott wird für beide Sorge tragen: mit Nachkommenschaft und auch anderweitig.‹«4 Während der gesamten Schwangerschaft schickte Philipp eine Flut von Anordnungen an seine Amtsträger in Spanien und Italien – und weil Karl (nach Auskunft des venezianischen Gesandten in Brüssel) dasselbe tat, »klagen alle Personen, die irgendwelche Geschäfte abzuwickeln haben, dass sie von den Ministern keine Entscheidungen bekommen können, und zwar weder die des Kaisers noch die des Königs« – weil niemand wusste, auf wen er hören sollte.5 Vor allem in der wichtigsten politischen Frage, der Beendigung des Krieges mit Frankreich, versuchte Philipp seinen Vater auszustechen. Dabei arbeitete er eng mit Reginald Pole zusammen, dem englischen Kardinal, der von Papst Julius III. ermächtigt worden war, den Frieden in der gesamten Christenheit zu befördern und insbesondere England mit Rom auszusöhnen. Im November 1554 informierte Philipp seinen Vater, dass (dank der Bemühungen Poles) soeben ein französischer Abgesandter in London eingetroffen sei, mit einem Ersuchen, England möge als Vermittler in dem Konflikt zwischen Heinrich II. und Karl fungieren. England stimmte zu, und Philipp behauptete (wenig glaubwürdig), dass »die Königin und ich keine Zeit hatten, Euer Majestät zurate zu ziehen«. Sofort wurde in der Nähe von Calais ein Ort speziell für die Konferenz vorbereitet »mit einem eigenen Zelt, ausgestattet mit prächtigen Wandteppichen, in der Mitte eines Feldes für jede Nation«. Hier trafen sich die Delegierten beider Seiten mit Pole als Vertreter des Papstes und mit englischen Ministern als Repräsentanten Phil­ipps und Marys.6 Karl erklärte sich widerstrebend bereit, an den Gesprächen teilzunehmen, wenngleich er beharrlich behauptete, dass er nicht in den Krieg eingetreten sei, weil er »irgendeinen Wunsch gehabt hätte, seine Grenzen zu erweitern, die Gott

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ihm in ausreichender Größe gewährt habe, sondern zur Verteidigung dessen, was natürlicherweise seine Grenzen seien«. Die Unterhandlungen waren noch kaum vorangekommen, als Julius’ Tod im März 1555 die Friedensinitiative in verhängnisvoller Weise gefährdete.7 Zwei Monate später wurde Gian Pietro Caraffa Papst und nahm den Namen Paul IV. an. Der neue Pontifex – ein offener Feind nicht nur Karls, dessen Regierung über seine Heimat Neapel er für korrupt und tyrannisch hielt, sondern auch von Pole, den er für zu nachsichtig gegenüber der Ketzerei hielt – tönte, dass die habsburgischen »Besitztümer wie ein altes Haus sind, das einstürzt, sobald ein einzelner Stein entfernt wird; wenn wir hier in Italien ihm einen leichten Stoß versetzen, wird alles in Trümmer gelegt werden«. Die Nachricht von Pauls Wahl erreichte die Friedenskonferenz am 2. Juni, und vier Tage später reiste die französische Delegation ab. Nun begann der Papst, einen Angriff auf Karl zu planen, der durch Frankreich und mehrere feindliche italienische Staaten vorgetragen werden sollte, unterstützt von der osmanischen Flotte.8

Der lange Abschied In Brüssel gab Karl kaum noch Audienzen und versuchte dem politischen Geschäft möglichst aus dem Weg zu gehen. Als der Florentiner Gesandte ihm im Mai 1555 einen Brief von Herzog Cosimo überbrachte, sagte der Kaiser ihm, er werde ihn jetzt nicht lesen, sondern mitnehmen. Schließlich »sei jetzt bald Essenszeit und der Brief beinhalte verzwickte Angelegenheiten. Er werde morgen eine Zusammenfassung des Schreibens lesen und dann entscheiden, was zu tun sei.« Obwohl Karl einem französischen Besucher zufolge nach wie vor »kenntnisreich und kompetent in öffentlichen Angelegenheiten war«, verlasse er sich fast vollständig auf Perrenot, »der seine Empfehlungen seinem Sohn und seinem Rat übermittelt«.9 Was Perrenot nicht vermochte, war, seinem Herrn die Kälte vom Leib zu halten. Obwohl mehrere Öfen aufgestellt wurden, verschlimmerte sich die Gicht des Kaisers, als die Temperaturen sanken, sodass er den ganzen Winter hindurch »sehr krank und leidend« war. Am 1. April 1555 empfing er Mason »im Bett liegend« zu einer Audienz, und nach der Hälfte der Zeit »hielt er inne, (augenscheinlich) ein wenig des Sprechens müde«. Ein paar Tage später brach er bei der Verabschiedung von Ferrante Gonzaga, der ihm ein Vierteljahrhundert gedient hatte, in Tränen aus und bekannte, seine Leiden machten ihn »dieser Welt überdrüssig, wobei er seine von der Gicht verkrüppelten Hände vorzeigte und sagte, dies sei die schlimmste Zeit seines Lebens«. Bis zum Georgstag (23. April) hatte er sich ein wenig erholt und beging an diesem Tag »in seinem Audienzzimmer sehr feierlich« seine Mitgliedschaft im Hosenbandorden. Dabei sann er »über

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das Alter des Ordens nach und die lange Zeit, die er demselben nun schon angehörte; also sei er, wie er sagte, nun sein ältestes Mitglied, weil er seit mindestens 44 Jahren Ordensritter sei«. Mason prophezeite, dass »er bei diesem frühlingshaften Wetter … wahrscheinlich von Tag zu Tag immer gesünder werden wird«.10 Diese Voraussage erwies sich als zu optimistisch. Ein Besucher aus Portugal berichtete, dass des Kaisers »Zähne schrecklich aussehen, weil sie schwarz sind«. Und Fray Cipriano de la Huerga, Professor an der Universidad Complutense in Alcalá, stellte die rhetorische Frage: »Wer hat unseren Kaiser so sehr verändert, dass wir ihn kaum wiedererkennen?« Um dies im Detail auszuführen: »Wer hat sein Haar vor der Zeit grau werden lassen? Wer hat all die frühzeitigen Falten verursacht und seine lebhaften Augen traurig gemacht? Wer hat das Fleisch um seine Zähne schwinden lassen und seine Beine und Hände durch Gicht gelähmt?« Cipriano hatte keinen Zweifel, woher die Erschöpfung des Kaisers rührte: von seinem »Verlangen, Gottes Herde in Deutschland zu befreien, indem er Stahl und Feuer ebenso nutzte wie den Balsam von Gottes Wort«.11 Während Karl sehnsüchtig die Geburt seines englischen Enkelkindes erwartete, damit Philipp endlich den Ärmelkanal überqueren und zu ihm stoßen konnte, ritt er gelegentlich auf einem Maultier durch den königlichen Park (mit einem Pferd kam er nicht mehr zurecht) und sah sich die exotischen Tiere in dem angrenzenden Tiergarten an, wie er es als Junge getan hatte. Er sprach selten mit jemandem außer mit Perrenot, seinen Schwestern Maria und Eleonore und den Bediensteten seines Hofstaats. Dennoch wurden in jenem Frühjahr zwei heikle Probleme gelöst. In Spanien starb im April 1555 seine Mutter, Königin Johanna, im Alter von 75 Jahren. Obwohl Karl gelobte, zu ihrem Gedenken für den Rest seines Lebens Trauerkleidung zu tragen, wurde er jetzt endlich alleiniger Herrscher von Spanien und Sizilien, und Philipp würde seinen Titel nicht teilen müssen, wie noch im Testament des Kaisers vorgesehen.12 In Deutschland hatte der Tod Moritz von Sachsens im Jahr 1553 (er starb an seiner schweren Verwundung in der Schlacht bei Sievershausen) die politische Temperatur gesenkt und die Regelung der ausstehenden religiösen Meinungsverschiedenheiten erleichtert. Doch Karl wollte in diesem Prozess keine Rolle mehr spielen. Im Jahr 1552 hatte er widerstrebend die Tolerierung der Lutheraner bis zum Zusammentritt des nächsten Reichstages gebilligt. Jetzt informierte er Ferdinand: Obwohl »Gott weiß, dass ich wegen der Anteilnahme und der Zuneigung, die ich dem heiligen Reich und der deutschen Nation entgegenbringe, und der Rücksicht, die ich auf die Aufrechterhaltung Ihrer Position und der Stellung unseres Hauses Österreich zu nehmen habe … wünschen würde, die besagte Abhilfe zu schaffen und persönlich einzuschreiten«, habe er dennoch Hemmungen »in Rücksicht auf die Religion«. Er ermächtigte daher seinen Bruder, einen weiteren Reichstag in Augsburg einzuberufen. Dort sollte Ferdinand »in meiner ­Abwesenheit als römischer König

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auftreten und zwar so, wie Sie handeln würden, wenn ich in Spanien wäre«. Als Karl erfuhr, dass der Reichstag eine dauerhafte Tolerierung der Lutheraner anstrebte, berief er sich auf »meine anhaltende Abneigung, mich in dieser religiösen Frage stärker zu engagieren«, und delegierte eine endgültige Entscheidung »an Sie und Ihre Minister, die vor Ort sind«. Am 25. September 1555 unterzeichnete Ferdinand den Augsburger Religionsfrieden, der das Recht der einzelnen deutschen Herrscher anerkannte, den katholischen oder den lutherischen Glauben rechtmäßig auszuüben und ihn ihren Untertanen aufzuerlegen (das später als »cuius regio, eius religio« bekannte Prinzip). Auf den Einsatz von Gewalt, um ihre Ziele in Glaubensangelegenheiten zu erreichen, sollten die Landesherren verzichten und allen Untertanen, die aus religiösen Gründen auswandern wollten, den freien Abzug gestatten.13 Inzwischen war klar geworden, dass Mary Tudor ihren gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz nicht schwanger war. Philipp verließ England, kehrte am 8. September nach Brüssel zurück und ritt direkt zu dem kleinen kaiserlichen Wohnhaus, wo sein Vater »ihn so liebevoll umarmte und küsste, dass ihm die Tränen in die Augen traten«. Sie hatten einander vier Jahre nicht gesehen. Karl »wies alle seine Minister an, [Philipp] über sämtliche seit seiner Abreise aus Augsburg [im Jahr 1551] bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt verhandelten öffentlichen Angelegenheiten zu informieren«. Danach verbrachten die beiden Monarchen jeden »Vormittag und Nachmittag jeweils zwei Stunden zusammen«, und manchmal saßen sie, wenn sie sich um Geschäfte kümmerten, »mit einer Dokumentenablage vor sich« an einem Tisch. Zwei Wochen später unterzeichnete Karl eine Proklamation, in der er verkündete, dass er alle seine Herrschaftsgebiete in den Niederlanden an Philipp abtreten werde, und die Ständeversammlungen der einzelnen Provinzen aufforderte, »eine ausreichende Zahl von Delegierten« auszuwählen, die sich in Brüssel versammeln und der Übergabe der Macht beiwohnen sollten.14 Für die Zukunft nichts Gutes verhieß, dass der Kaiser die Zeremonie verschieben musste, weil zwei Provinzen sich weigerten, Deputierte zu entsenden – mit der Begründung, dass eine rechtsgültige Übertragung der Souveränität nur innerhalb ihrer eigenen Grenzen stattfinden könne. Außerdem versäumten zwei weitere es schlicht, überhaupt jemanden zu entsenden. Schlussendlich jedoch kamen in Brüssel etwa tausend Männer zusammen, stellvertretend für die Elite der habsburgischen Niederlande, um an dem bis dahin größten und am buntesten gemischten Treffen der Generalstände teilzunehmen. Bevor er zu der Versammlung sprach, rief Karl ein letztes Mal die Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies zusammen und informierte sie über seine Absicht, seinem Sohn nicht nur seine Besitztümer, sondern auch seine Stellung als Oberhaupt und Souverän des Ordens abzutreten. Er forderte die Ritter auf, ihren Gehorsam auf Phil-

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ipp zu übertragen, und ermahnte seinen Sohn eindringlich, sie stets anzuhören und ihren Rat zu befolgen.15 Am Freitag, dem 25. Oktober 1555, um halb drei Uhr nachmittags bestieg Karl sein Maultier und ritt von seinem Wohnhaus zum Brüsseler Palast. Eine Stunde später betrat er, gefolgt von Maria, Philipp und den Rittern des Ordens vom Goldenen Vlies, zum letzten Mal gemessenen Schrittes die große Halle, gestützt an einer Seite auf einen Stock, an der anderen von Prinz Wilhelm von Oranien. Er trug »ein Wams aus einfachem schwarzen Tuch, ein Barett, wie es Anwälte tragen, und die doppelten Insignien des Goldenen Vlieses«. Als Zeichen des Respekts »erhoben sich alle Deputierten, als die königliche Gruppe eintrat«, und dann erläuterte ein Rat, warum der Kaiser beschlossen habe, abzudanken und sich nach Spanien zurückzuziehen. Nach der liebenswürdigen Erwiderung eines der Delegierten stand Karl wackelig auf, »und nachdem er seine Gedanken gesammelt hatte, setzte er seine Brille auf und blickte auf ein Blatt Papier, das er in der Hand hielt, auf das er sieben Seiten geschrieben hatte«.16 Dann sprach er zu seinen Untertanen. Mit einem feinen Sinn für Geschichte begann er seine Ausführungen mit dem Hinweis: »Einige von Euch werden sich erinnern, dass am letztvergangenen fünften Januar vierzig Jahre seit dem Tage vergangen waren, wo ich hier in demselben Raume, fünfzehn Jahre alt, von meinem Großvater väterlicher Seite, dem Kaiser Maximilian, die Obergewalt über die belgischen Provinzen empfing.« Sodann lieferte er einen chronologischen Abriss aller seiner »großen Reisen« seitdem: »Auf den Feldzügen, die ich unternommen habe, theils um Krieg zu beginnen, theils um Frieden zu stiften, bin ich neunmal nach Deutschland, sechsmal nach Spanien, siebenmal nach Italien, viermal nach Frankreich, zweimal nach England und zweimal nach Afrika gekommen und habe damit vierzig grosse Reisen gemacht, die weniger wichtigen Besuche, die ich im Laufe der Zeit meinen verschiedenen Staaten abgestattet habe, nicht mit eingerechnet. Ich habe achtmal das mittelländische Meer, zweimal die spanische See durchschifft; der Reise, die ich von Spanien aus nach den Niederlanden, wie Ihr wisst, aus sehr ernsten Gründen unternahm, will ich jetzt nicht gedenken.«

Danach zählte Karl all seine Feldzüge »zur Verteidigung dieser Staaten und meiner anderen Königreiche« wie »zur Bewahrung des Reiches und zum Nutzen der Religion« auf. Aber jetzt, wo er »in sich nicht mehr die Kraft verspüre, welche die Regierung so vieler Staaten erfordere, und in dem Wissen, dass sein Sohn fähig sei, bedeutsame Verpflichtungen zu tragen, wünsche er, den Rest seines eigenen Lebens dem Dienst Gottes zu widmen und diese Staaten, wie er es getan hatte und mit den übrigen tun würde, an seinen Sohn

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a­ bzutreten.« An diesem Punkt »schien sein Herz überwältigt von Trauer, und seine Schluchzer hinderten ihn am Sprechen, während ihm Tränen über die Wangen liefen« – vielleicht, dachte Mason, »ausgelöst durch den Anblick der ganzen Gesellschaft, die vor ihm das Gleiche getan hatte, gab es doch meiner Ansicht nach in der ganzen Versammlung nicht einen Mann«, der während »seiner Rede nicht reichlich Tränen vergoss«. Schließlich, »nachdem er wieder etwas zu Atem gekommen war, setzte er abermals seine Brille auf und sagte, auf die Notizen in seiner Hand blickend: ›Meine Sehkraft und mein Gedächtnis sind nicht mehr, was sie einmal waren, und ich fühle mich zunehmend zu schwach und kraftlos, um die Aufgaben zu übernehmen, die erforderlich sind, um Sie und dieses Land zu beschützen. Dies ist der Hauptgrund, warum ich beschlossen habe, nach Spanien zurückzukehren – nicht, damit ich länger leben kann, denn das liegt in Gottes Hand.‹« Karl schloss, indem er alle Anwesenden eindringlich ermahnte, den katholischen Glauben als die alleinige Religion zu achten und zu wahren. »Welche Unbill entstehen könnte, wenn darin abgewichen werde, könnten sie durch ihre Nachbarn lernen« (das heißt von dem religiösen Streit in Deutschland). Und sie sollten stets seinem Sohn »als ihrem natürlichen Herrn« gehorchen.17 Mehr als eine halbe Stunde im Stehen zu sprechen, hatte den Kaiser erschöpft, und während er in seinen Sessel sank, erhob sich Philipp und bat seinen Vater (auf Spanisch), zu bleiben und noch ein wenig länger zu herrschen, damit er, Philipp, »von ihm durch Erfahrung solche Eigenschaften, wie sie für eine solche Regierung am nötigsten sind, erlernen« könne. Dann setzte er sich ebenfalls und sprach, an die Versammlung gerichtet, die einzigen französischen Worte, die von ihm bekannt sind: »Meine Herren, obwohl ich hinreichend Französisch verstehe, beherrsche ich es noch nicht flüssig genug, um zu ihnen zu sprechen. Was ich sagen möchte, werden Sie vom Bischof von Arras [Perrenot] hören.«18 Philipps Versäumnis, die Sprache seiner Untertanen zu erlernen – ebenso wie seine Entscheidung, zu sitzen, während er zu ihnen sprach, statt zu stehen, wie es das burgundische Zeremoniell verlangte –, sorgte für unnötige Enttäuschung, die Perrenot nach Kräften zu zerstreuen suchte. So betonte er ausführlich, der König habe nicht gewollt, dass sein Vater abdankte, und versicherte den Zuhörern, dass Philipp so lange in Nordeuropa bleiben werde, wie nötig sei, um Frieden und Wohlstand zu sichern. Danach werde er, wie sein Vater, wann immer erforderlich zurückkehren (ein kluges Versprechen, das der König nicht halten sollte). Die Zeremonie endete mit dem Verlesen von Karls formeller Proklamation, die seine gesamte Herrschergewalt in den Niederlanden seinem Sohn übertrug und mit den Worten schloss: »Wir setzen hierdurch mit unserer uneingeschränkten und absoluten Macht alle Gesetze, Verfassungen und Gewohnheiten außer Kraft, die dem widersprechen oder ihm hinderlich sein könnten, weil es uns so gefällt.«

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Dann befahl der Kaiser, seine persönlichen Siegel zu zerbrechen, so wie jene von Margarete und Maximilian bei seinem eigenen Herrschaftsantritt in demselben Raum vierzig Jahre zuvor zerbrochen worden waren. Und damit endete »zwischen sechs und sieben Uhr diese wichtige Zeremonie, und der Kaiser begab sich unverzüglich durch den Park zu seinem kleinen Wohnhaus« (Abb. 32).19 Trotz des ganzen Pomps und der allseitigen Ergriffenheit wurden bei dieser Zeremonie lediglich die Herrschaftsgebiete und Titel des Kaisers in den Niederlanden übertragen. Karl beabsichtigte, nach Spanien zurückzureisen, bevor er seine Rechte über Kastilien und Aragón und deren ausländische Territorien (die Länder der Neuen Welt, Sardinien und Sizilien) abtrat, aber im November »verschlimmerte sich die Gicht des Kaisers derart«, dass »er außerstande war, mit seinen eigenen Händen zu essen«, und »wegen Fieber das Bett hütet«. Im folgenden Monat konnte Karl die vorbereiteten Übergabedokumente nicht unterzeichnen, »weil die Hand des Kaisers bandagiert war«.20 Am Neujahrstag 1556 erholte Karl sich schließlich. Er beichtete und empfing das Abendmahl, und zwei Wochen später, am 16. Januar 1556, bestellte er seinen Sohn und eine kleine Schar von Höflingen in sein Wohngemach, wo er »fast eine Stunde sprach«: »Mit seinen ersten Worten dankte er Gott, dass er sich endlich in einem Zustand befinde, der ihm erlaube, seine Verpflichtungen zu erfüllen, gegen ihn [d. h. Philipp] und gegen seine Vasallen, seine Resignationen zu vollziehen … Er wisse, dass es in einigen Gegenden viel Geraune gegeben habe, weil die Ausführung seiner Absichten sich so lange verzögerte; dass er sich aber bei der Durchführung seines Entschlusses lieber Langsamkeit vorwerfen ließe, als irgendetwas in unüberlegter Eile zu tun … Dann zählte er wie beim Abtreten der Souveränität über diese Provinzen in derselben Reihenfolge und eine nach der anderen sämtliche Expeditionen und Unternehmungen auf, die er im Laufe seines Lebens unternommen hatte, und zeigte auf, dass sie alle von Notwendigkeit veranlasst waren und nicht von Neigung, und er empfahl dem König seine treuen und tapferen Vasallen, wobei er ihn ermahnte, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sie ihren Verdiensten entsprechend zu respektieren.«21

Sodann übergab er seinem Sohn eine Kassette, die »viele Testamente sowohl auf Latein als auch auf Kastilisch und viele Instruktionen enthielt«, und anschließend unterzeichnete er notarielle Abdankungsurkunden für Kastilien und seine überseeischen Besitzungen, dann für die Krone von Aragón und schließlich für Sizilien. Außerdem unterzeichnete Karl eine Resignation auf seinen Kaisertitel, aber auf Ferdinands Bitte hin machte er dieses Dokument nicht öffentlich. Stattdessen übertrug er Philipp das ständige Generalvikariat (vicarius generalis imperii) über ganz Italien.22

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Karls Lebensgeister erholten sich weiter. Drei Tage nach der Abdankungszeremonie berichtete der venezianische Gesandte Federico Badoer, dass er »heiterer wirkte als seit langer Zeit, wobei er mehrmals sagte, dass er Gott danke, der ihn nach der Resignation auf alle seine Länder die seelische Ruhe erleben lasse, auf die er wahrhaftig gehofft habe«. Und »er sagte mehrere drollige Sachen zu seinen Kammerherren, die er fragte, wie sie ihn künftig anreden würden«. Nachdem er aufgehört habe, Kaiser zu sein, schloss er, »würde er gerne Don Carlos de Austria genannt werden«. Auch seinem Neffen (und Schwiegersohn) Maximilian versicherte er, dass »ich mich viel besser fühle und sehr glücklich bin, jetzt wo ich [auf alle Titel] verzichtet habe«.23 Im März 1556 fand Badoer den Kaiser »bei sehr guter körperlicher Gesundheit und in seinen Augen und Bewegungen munterer, als ich ihn jemals zuvor erlebt habe«. Er war auch gesprächiger. Karl erzählte ihm: »Was meine Entsagung von der Macht betrifft, so leistete ich diese aus freien Stücken und getreu einem lang gehegten Wunsch, und ich bin sehr zufrieden damit; denn ich bin sowohl durch Alter als auch durch Krankheit geschwächt, und es war an der Zeit, dass mein Sohn die Sorgen der Regierung nicht länger vertagte. Ich war niemals zu irgendeinem Zeitpunkt begierig darauf, diese Lasten zu tragen, und ich habe mich schon lange auf diesen Schritt gefreut. Die Menschen mögen nun sehen, wie weit das stimmte, was von vielen gesagt wurde: dass ich mich zum Herrscher der Welt machen wollte. Ein solcher Gedanke, versichere ich Euch, ist mir nie in den Sinn gekommen und wäre es selbst dann nicht, wenn die Sache nur mit Worten statt mit Taten erreichbar gewesen wäre.«

Dann hob er seine von der Gicht verkrüppelten Hände und fuhr nach einer Pause fort: »Jetzt habe ich nur noch einen Gedanken: wie ich mein restliches Leben so frei von Sorge und Schmerz, wie ich kann, verbringe; und ich habe den Wunsch, mich an einen Ort zurückzuziehen, wo ich es im Dienste Gottes beschließen möge.«24

Eine von dem Admiral Gaspard de Coligny angeführte französische Delegation, die den kürzlich zwischen den Monarchen geschlossenen Waffenstillstand ratifizieren sollte, hinterließ ebenfalls ein anschauliches Kurzporträt Karls aus dieser Zeit. Anfangs nahm ihre Mission keinen guten Verlauf, weil jede Seite die andere vorsätzlich kränkte: Zu Colignys Gefolge gehörten taktloserweise die Söhne des verstorbenen Cesare Fregoso (Kap. 11), während Philipp die große Halle des Brüsseler Palastes, wo er die Delegation empfing, mit Bernard van Orleys Wand-

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teppichen geschmückt hatte. Dieses »monumentalste Landschaftspanorama, das im 16. Jahrhundert ersonnen wurde« (und das folglich unmöglich zu ignorieren war), feierte die Niederlage der Franzosen bei Pavia und zeigte »die Geschichte der Gefangennahme des verstorbenen großen Königs Franz« (siehe Abb. 14). Vermutlich waren die französischen Delegierten erleichtert, als sie Karls kleines Wohnhaus betraten, wo der Kaiser sie wegen seiner Gicht sitzend empfing. Seine Kleidung war schlicht, er trug »einen kurzen knielangen Rock, wie er von Bürgern getragen wird, hergestellt aus Florentiner Serge, dazu ein schwarzes Wams nach deutscher Art und einen Hut« (Abb. 33). Admiral Coligny übergab zunächst einen persönlichen Brief von Heinrich II ., aber weil er »fester versiegelt war als gewöhnliche Briefe«, konnten Karls arthritische Finger ihn nicht öffnen, und er reichte ihn schweren Herzens Perrenot. Dann blickte er auf und sagte »mit liebenswürdigem Lächeln« zu Coligny: »Was würdet Ihr über mich sagen, mein Lord Admiral? Wirke ich wie ein kühner Ritter, bereit, im Turnier zu kämpfen und eine Lanze zu brechen, wo ich kaum einen Brief öffnen kann?« Aber dann begannen wieder die Kränkungen. »Ich habe gehört«, bemerkte Karl, »dass Euer König schon grau zu werden beginnt«, und fügte hinzu, dass »es erst ein paar Tage her zu sein scheint, dass er als junger Prinz in Spanien war, ein Junge ohne die Spur eines Bartes« – eine taktlose und unnötige Anspielung auf Heinrichs Kerkerhaft in Pedraza de la Sierra. Sodann fragte Karl, als er des berühmten französischen Hofnarren Brusquet ansichtig wurde: »Erinnert Ihr Euch an die Sporenschlacht?« Er meinte die Schlappe der französischen Streitmacht in der Schlacht bei Guinegate 1514 – aber diesmal verrechnete er sich. »Aber ja, Sire«, konterte Brusquet, »ich erinnere mich gut daran: Das war die Zeit, als Ihr diese schönen Rubine und Karfunkel bekamt, die Ihr in Euren Fingern versteckt habt« – eine Anspielung auf Karls verkrüppelte Hände. Daraufhin »lachten alle anderen schallend, und dann sagte der Kaiser: ›Ich werde mich mit Sicherheit immer an die Lektion erinnern, die ich von Euch gelernt habe: Mach dich nie über jemanden lustig, der ein Narr zu sein scheint.‹«25 Vielleicht verbesserte dieser Sparringskampf Karls Laune, denn kurz danach berichtete der Florentiner Gesandte, dass »jeder, der Seine Majestät sieht, sagt, dass er besser aussieht, als er in den vergangenen vier Jahren aussah, mit sehr lebhaften Augen und einem großartigen Sinn für Humor«. Im Juni 1556 schrieb Mason, dass »der Kaiser so gesund und munter auf einem Maultier reitet, wie er in diesen sieben Jahren nicht ausgelassener sich gezeigt hat«.26 Dennoch schob Karl seine Reisepläne weiter auf. Zuerst behauptete er, dass ihm das Geld fehle, um die Gehaltsrückstände der Mitglieder seines Hofstaats zu begleichen, die in den Niederlanden bleiben würden; als Nächstes erklärte er, das Wetter im Ärmelkanal und in der Nordsee sei zu gefährlich; dann trafen Gerüchte ein, dass Papst Paul vorhabe, sowohl Karl als auch seinen Bruder für abgesetzt zu

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erklären, weil der Letztere auf dem jüngsten Reichstag »eingewilligt hatte, dass Deutschland gemäß dem [lutherischen] Augsburger Bekenntnis leben könne, und der Kaiser zugestimmt hatte«. Als er dies hörte, machte Karl »seinem Ärger mit dem heftigsten Wutanfall Luft« und ließ »jeden Tag, ohne die für das Treffen anberaumte Stunde abzuwarten«, den Staatsrat sich »in seiner Gegenwart« versammeln. »Sein ganzer Vortrag drehte sich um päpstliche Angelegenheiten, immer in sehr wütendem Ton«, und seinen Ministern erteilte er Anweisung, dass »›das und das getan werden muss‹ (bisogna far così e così), wobei er stets ein Beispiel aus seinen eigenen Erfahrungen mit früheren Päpsten anfügte und wie er sich ihnen gegenüber verhalten hatte« – verhängnisvolle Vergleiche, hatten doch seine Truppen Rom geplündert.27 Ferdinand und Maximilian schafften es ebenfalls, Karls Abreise hinauszuzögern. Im November 1555 hatte er ihnen geschrieben, dass es »ein großer Trost für mich wäre«, sie beide in Brüssel zu sehen »und Geschäfte zu besprechen, bevor ich zu meiner Reise nach Spanien aufbreche«. Ferdinand lehnte rundweg ab – die Brüder sollten sich niemals wiedersehen –, und obwohl Maximilian und María die Einladung annahmen, verzögerte Geldmangel ihre Reise, und sie erreichten Brüssel erst am 18. Juli 1556.28 Im Laufe der nächsten Tage trafen sie sich mehrere Male mit Karl, um seine Abdankung als Kaiser zu besprechen. Sie überredeten ihn, Ferdinand zu erlauben, den besten Zeitpunkt und Ort für die Einberufung eines Kurfürstentages auszuwählen, auf dem die Kurfürsten Karls Abdankung annehmen und Ferdinand als Nachfolger anerkennen sollten. Bis dahin würde Karl weiter offiziell als Kaiser herrschen, jedoch nicht regieren. Am nächsten Tag verließ er Brüssel, und »man sah ihn weinen, während er sich mehrere Male umdrehte, um auf die vertrauten Mauern zurückzublicken, die er nun für immer hinter sich ließ«.29 Karl reiste nicht allein. Obwohl er seinen Hofstaat von mehr als 750 auf lediglich 150 Personen verkleinert hatte, wobei er viele Bedienstete auszahlte und andere in den Dienst seines Sohnes oder seines Bruders gab, hatten seine beiden Schwestern beschlossen, ihn zu begleiten. Eleonore lag vor allem daran, ihre Tochter María wiederzutreffen, die sie seit ihrer Abreise aus Portugal vor mehr als dreißig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Daher wollte sie nach Spanien zurückkehren (»das sie nach eigenem Bekunden lieber mag als die Niederlande«). Maria von Ungarn dagegen war ihrer älteren Schwester während des Jahrzehnts, das beide zusammen in den Niederlanden verbracht hatten, sehr nahegekommen. Nun fürchtete sie, dass, wenn Eleonore und Karl abreisten, »ich mich allein in einem Land befände, dass ich aufs Neue kennenlernen müsste, weil sich mein Lebensstil sehr von dem unterscheiden würde, den ich gewohnt bin«. Obwohl sie nie in Spanien gewesen war, ersuchte Maria deshalb um Erlaubnis, ihren Bruder und ihre Schwester zu begleiten, was ihr auch ge-

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währt wurde.30 Im August begaben sich alle drei nach Gent, wo Karl sich von Philipp und seinen niederländischen Ministern verabschiedete. Anschließend gewährte er ausgewählten ausländischen Diplomaten, angefangen mit dem Florentiner Gesandten, eine letzte Audienz. Obwohl dem Kaiser »das Sprechen große Mühe bereitete, sodass er kaum die Worte artikulieren konnte«, erklärte er: »Botschafter, meine Abreise ist unvermeidlich. Ihr könnt gewiss sein, dass, wenn der König, mein Sohn, die Probleme der Welt nicht lösen kann, ich es auch nicht schaffen würde, wenn ich hierbliebe.« Er schrieb all diese »Probleme« der »Scheinheiligkeit und Boshaftigkeit des Papstes« zu, wobei er selbstgefällig ergänzte, dass »der Papst alt ist und also nicht mehr allzu lange leben kann« (womit er sich irrte).31 Das kaiserliche Gefolge reiste von Gent aus per Sänfte und Barkasse nach Vlissingen in Zeeland, wo eine Flotte von mehr als fünfzig Schiffen die Reisegruppe erwartete. Als der Kaiser seine Barkasse verließ, musste er »unter beiden Armen gestützt« werden, und einige Zuschauer beteuerten, dass »man noch nie einen Fürsten mit einem so bleichen Gesicht gesehen hatte, so dünn und schwach, mit verkrüppelten Händen und schwacher, gebrochener Stimme. Es schien, als ob nur noch sein Geist erhalten sei.« Wie auf seiner ersten Reise nach Spanien vier Jahrzehnte zuvor besuchte Karl, während er auf günstigen Wind wartete, die Halbinsel Walcheren (diesmal in einem kleinen Wagen). Am 13. September ging er an Bord seines Flaggschiffs, wo er eine besondere, siebzehn Fuß im Quadrat große Kajüte bezog, gefolgt von zwanzig Höflingen, von denen jeder seine eigene Kabine hatte. Unter ihnen waren Guillaume van Male, »der ihm alles Mögliche vorliest«, und Juanelo Turriano »mit den Uhren, die er für den Kaiser gebaut hat«. Aber ein Sturm zwang die Flotte bald zur Umkehr. Auf diese Nachricht hin ritt Philipp nach Zeeland und es gelang ihm, mit seinem Vater auf dessen Schiff nochmal »eineinhalb Stunden zu sprechen«, bevor eine Barke ihn zurück nach Vlissingen brachte. Am 17. September setzte die kaiserliche Flotte erneut Segel, und diesmal trug der Wind sie in die Nordsee. Karl sollte weder seinen Sohn noch seine Heimat jemals wiedersehen.32

Die letzte Reise Dem Papst zufolge war Karls Entschluss, sich in das Hieronymitenkloster Yuste am Rand der spanischen Sierra de Gredos zurückzuziehen, »das Merkwürdigste, was man je erlebt hat«. Der Kaiser selbst lieferte drei unterschiedliche Lesarten darüber, wann und wie seine Entscheidung in dieser Sache gefallen war. Als sein früherer Höfling Francisco de Borja das Kloster von Yuste besuchte, fragte der Kaiser ihn:

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»›Erinnert Ihr Euch, was ich Euch 1542 in Monzón sagte: dass ich mich zur Ruhe setzen und genau das tun würde, was ich getan habe?‹ ›Ich erinnere mich sehr gut, Sire‹, erwiderte Vater Francisco. ›Nun, Ihr könnt gewiss sein‹, sagte der Kaiser, ›dass ich es außer Euch und Soundso niemandem erzählt habe‹, und er nannte den Namen eines bekannten Edelmannes.«

Bruder José de Sigüenza vom Orden der Hieronymiten wiederholte diese Geschichte und fügte hinzu, dass Karl 1542 nicht nur die Entscheidung traf, sich zur Ruhe zu setzen, sondern auch den Ort dafür bestimmte und einige »gelehrte und umsichtige Männer« entsandte, »um Gebäude, Standort, Erscheinungsbild und Ausstattung des Hieronymiten-Klosters in Yuste zu begutachten, und sie brachten ihm einen ausführlichen Bericht über alles«.33 Im September 1554 unterbreitete Karl in einer vertraulichen Mitteilung an seinen Sohn einige alternative Fakten. Er bestätigte, »dass ich vor mehreren Jahren beschloss, mich zur Ruhe zu setzen und mich zurückzuziehen, und ich wartete lediglich, bis Ihr an Alter und Erfahrung in öffentlichen Angelegenheiten zugenommen hattet … und ich glaubte, es dieses Jahr tun zu können, sobald Ihr eingetroffen wart und geheiratet hattet, und aus diesem Grund ließ ich Wohnräume am Kloster von Yuste anbauen.« Dann habe der Ausbruch des Krieges mit Frankreich zu einer Verzögerung geführt, aber jetzt »erkenne ich, dass ich nicht zu tun vermag, was mein Gewissen mir befiehlt und was meine Untertanen und Vasallen von mir erwarten« – weshalb er sich entschlossen habe, abzudanken. Achtzehn Monate später, kurz bevor er Brüssel tatsächlich verließ, nannte Karl, »eine Hand auf seine Brust legend«, in einer Audienz dem vatikanischen Gesandten einige weitere Details: »Spätestens seit meinen Siegen über den Herzog von Sachsen und den Landgrafen von Hessen [im Jahr 1547] habe ich daran gedacht, diese Renunziation zu vollziehen.« Er behauptete, dass er damals angefangen habe, die erforderlichen Dokumente aufzusetzen, und sie stets bei sich getragen habe, aber nichts weiter unternommen habe bis 1554, als »ich im Felde bei Renty stand und beschlossen hatte, dem König von Frankreich eine Schlacht zu liefern«. Da habe er erkannt, dass, »wenn die Schlacht stattgefunden und ich sie durch böses Geschick verloren hätte, wie es angesichts der Unterlegenheit meiner Streitkräfte denen des Königs gegenüber durchaus hätte geschehen können, ich entweder getötet oder gefangen genommen worden wäre, und es hätte keine Hoffnung bestanden, dem einen oder anderen dieser Risiken zu entgehen. Dann wäre mir, hätte man mich getötet, mein Sohn als Erbe aller meiner Länder nachgefolgt; und wenn ich in die Hände meiner Feinde gefallen wäre, so wäre ich bestrebt gewesen, [Philipp]

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die Kosten zu ersparen, mich als Souverän freizukaufen, sondern bloß als Privatmann.34

Anfang 1558 stellte Karl gegenüber einem portugiesischen Gesandten, der ihn in Yuste besuchte, seinen Entschluss zum Rückzug in das Kloster wieder anders dar. Er wiederholte, dass er »nach dem Ende des deutschen Krieges« 1547 ernstlich darüber nachgedacht habe, wobei »er einräumte, dass er es damals hätte tun sollen, weil er dadurch nicht an Reputation verloren hätte, anders als das gegenwärtig aufgrund späterer Ereignisse der Fall sei«. Aber nun behauptete er, dass er erstmals schon nach seinem siegreichen Tunisfeldzug 1535 an Abdankung gedacht habe, obwohl er damals nichts unternommen habe, weil sein Sohn zu jung gewesen sei.35 Jedes dieser drei Narrative ist plausibel. Bedenkt man Karls Vertrautheit mit Olivier de la Marches Le Chevalier délibéré – dessen Icherzähler ebenfalls vorhatte, sich in ein Kloster zurückzuziehen – und den Abdankungswunsch seines Großvaters Maximilian, traf der Kaiser vielleicht sogar noch früher den grundsätzlichen Beschluss, sich eines Tages seiner Bürde zu entledigen. Ein zeitgenössisches Dokument behauptete gar, dass »er diesen Schritt seit seiner Kindheit geplant hatte«.36 Doch was auch immer er früher gedacht oder beabsichtigt haben mochte, er unternahm nichts, bis er im Juni 1553 eine Verfügung unterzeichnete, wonach dem Ordensgeneral der Hieronymiten 3000 Dukaten bezahlt werden sollten, »aufzuteilen auf bestimmte Dinge, die wir angeordnet haben«. Aus einer eigenhändigen Notiz für seinen Sohn geht hervor, dass diese Zahlung ausdrücklich »für den Bau eines Hauses direkt am Kloster von Yuste« bestimmt war, »das geeignet wäre, dass ich als Privatperson (persona particular) mit den allernötigsten Dienern und Amtsträgern dort leben kann«.37 Außerdem wies der Kaiser seinen Sohn an, das Kloster persönlich in Augenschein zu nehmen. Diesem Wunsch kam Philipp im Mai 1554 nach und gab anschließend seine Zustimmung. Unmittelbar danach »trafen nach und nach die Materialien für die Gemächer ein, die Seine Majestät in Yuste in Auftrag gegeben hatte«. Der kaiserliche Architekt Luis de Vega inspizierte die Stätte und entwarf Pläne, aus denen hervorging, dass »es innerhalb des Klosters einen großen Raum gibt, der den Novizen als Dormitorium dient. Wenn er in der dargestellten Weise unterteilt wird, könnten wir ein Wohn- und ein Schlafgemach schaffen, und vom Bett aus hätte man Blick auf den Hochaltar« in der Kirche. Der Kaiser war einverstanden.38 Karl trug auch die Dinge zusammen, die er vorhatte, mitzunehmen. Im Jahr 1551 bestellte er Tizian zu sich nach Augsburg, wo er ein gewaltiges Gemälde mit dem Titel Die Trinität in Auftrag gab (später bekannt als Das Letzte Gericht). Karl habe immer beabsichtigt, »es hinter dem Altar eines Klosters aufzuhängen, in dem er seine letzten Tage verbringen würde«, so der Maler. In dem Bestands-

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verzeichnis der für seine letzte Reise ausgewählten Gemälde stand Die Trinität an erster Stelle (Abb. 34).39 Karl gab noch weitere Gemälde und Kopien von Gemälden bei niederländischen Künstlern in Auftrag: Im Jahr 1555 bezahlte er Jan Vermeyen dafür, einen »Schmerzensmann genau wie den, den Tizian geschaffen hat«, zu malen. Das Bild wurde auftragsgemäß an den Kammerherrn des Kaisers geliefert, wo es sich zu 24 anderen Gemälden gesellte, darunter religiöse Werke und Porträts seiner Lieblingsverwandten – zu denen die Kaiserin und Philipp (gemalt von Tizian) zählten, seine Schwiegertochter Mary Tudor (gemalt von Antonio Moro oder, wie das kaiserliche Inventar wenig glaubhaft behauptete, von Thomas More) und die Kinder von Maria und Maximilian – und auch mehrere Bildnisse des Kaisers selbst in verschiedenen Lebensaltern.40 Das Bestandsverzeichnis der »silbernen und vergoldeten Gegenstände und anderen Güter«, die Karl auf seiner Reise begleiten sollten, begann mit dem Inventar seiner privaten Kapelle: ein Abendmahlskelch und andere für die Messfeier unerlässliche Gegenstände, Gewänder für die Priester, Antependien für den Altar, Mess- und Gebetbücher, Kreuze und Kruzifix (darunter ein »vergoldetes Kreuz mit einem Kruzifix mit Unserer Lieben Frau und Johannes dem Täufer auf den Seiten und in der Mitte am Fuß des Kruzifixes die Wappen Seiner Majestät«). Als Nächstes kamen Haushaltsgegenstände, die von »zwei kleinen silbernen Blumenvasen für das Gemach Seiner Majestät« bis zu einem »silbernen Pisspott (ung pispot d’argent)« reichten; sodann weitere Gold- und Silberwaren, die von seinen Barbieren, seinen Apothekern, seinen Köchen und den Dienern, die seine Mahlzeiten auftrugen, benutzt wurden; und eine Liste der Uhren, die Karl mitnehmen wollte, darunter der von Turriano konstruierte »Mikrokosmos«, zwei weitere große Uhren (eine von ihnen zeigte alle 24 Stunden an) und »drei kleine runde Taschenuhren«.41 Wie im Jahr 1517 bei seiner ersten Reise nach Spanien wählte Karl einige Bände aus seiner Bibliothek aus, die ihn auf seiner Reise begleiten sollten, aber diesmal waren es überwiegend gedruckte Bücher, keine Handschriften: französische und spanische Ausgaben von Olivier de la Marches Fürstenspiegel (Le chevalier délibéré / El Caballero determinado), den Comentario von Ávila und Julius Cäsars Commentarii de bello Gallico auf Toskanisch (vielleicht als Hilfe bei der Überarbeitung seiner Memoiren gedacht), Peter Apians gewaltiges Astronomicum Caesareum, verschiedene große Landkarten und Stadtansichten (oft von Orten, die er besucht hatte), die er an die Wände hängen wollte, außerdem Messbücher, Psalter und Bibeln (darunter möglicherweise eine in französischer Sprache) sowie Andachts- und Trostbücher, die meist auf den Tod vorbereiten sollten. Zur Mitnahme bestimmt waren nur wenige illuminierte Handschriften neben den zwischen 1531 und 1547 von Simon Bening und anderen illustrierten

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»Statuten des Ordens vom Goldenen Vlies«, welche die Wappen von 214 Rittern zeigten, früheren und gegenwärtigen. Insgesamt gingen fünfzig Bände mit auf die Reise, die alle in einer einzigen Kiste verstaut wurden.42 Karl verbrachte auch viele Stunden in spiritueller Vorbereitung. Im Januar 1556 informierte er seinen Neffen Maximilian, der Verzicht auf alle seine Titel lasse ihm die »Freiheit, mein Gewissen zu erforschen und zu reinigen«; und einem Mönch in Yuste zufolge »versammelte er etwa ein Jahr, bevor er die Niederlande verließ und nach Spanien kam, fünf gelehrte Theologen und Anwälte, denen er seine sämtlichen Angelegenheiten und alle seine verbliebenen Zweifel und Bedenken anvertraute«. Karl selbst bestätigte dies. Nicht lange nach seiner Ankunft in Spanien protestierte Bruder Juan Reglá, der Hieronymit, den Karl zu seinem Beichtvater auserkoren hatte: »›Sire, ich fühle mich weder geeignet, noch besitze ich die nötigen Gaben, die erforderlich sind, um Euch zu dienen‹  … Worauf Seine Majestät antwortete: ›Hört, Bruder Juan, Ihr habt nichts zu fürchten. Ich habe ein ganzes Jahr mit fünf gebildeten Männern in den Niederlanden verbracht, also ist mein Gewissen rein. Was jetzt noch bleibt, sind die Angelegenheiten, die Tag für Tag anfallen.‹ Als er dies hörte, gab Bruder Juan seine Vorbehalte auf.«43 Wie schon 1517 überraschte Karls Ankunft auch 1556 viele in Spanien. Als die Nachricht im Kloster von Yuste eintraf, war der Ordensgeneral der Hieronymiten »hocherfreut, weil damit viele Zweifler widerlegt waren, die das Kommen Eurer Majestät für zu schön hielten, um wahr zu sein«. Die Zentralregierung hatte den Zweiflern offenbar Glauben geschenkt, denn trotz Briefen von Philipp am 23. Juli und 11. August, die bestätigten, dass der Kaiser sich »mit dem ersten guten Wetter« einschiffen werde, fand der nichts bereit und praktisch niemanden vor Ort, um ihn zu empfangen, als er am 28. September in Laredo anlegte. »Seine Majestät ist sehr verärgert über das Versäumnis, da so viele notwendige Dinge nicht verfügbar sind«, schrieb sein Sekretär Martín de Gaztelú: kein »Priester, um für ihn die Messe zu lesen«, keine Ärzte und »kein Beamter des Postdienstes«. Vor allem »hat niemand ihm einen Brief geschrieben oder zu ihm geschickt, um zu sehen, wie es ihm geht« – was alles zusammen Karl »einige sehr verächtliche Worte sagen« ließ.44 Zu allem Übel regnete es unaufhörlich. Als Luis Quijada, der an der Spitze des kaiserlichen Hofstaats stehen sollte, am 5. Oktober Laredo erreichte, fand er alle »deprimiert und ernüchtert« vor, da sie nicht wussten, »was aus ihnen werden sollte«. Angesichts der »schlechten Straßen und schlimmen Unterkünfte« und der Schwierigkeit, in Landstrichen, die selten Überschüsse produzierten, Verpflegung aufzutreiben, teilte Quijada das königliche Gefolge auf, und er selbst »reiste allein neben Seiner Majestät« in seiner Sänfte »mit nur einem Magistrat und fünf Wachen«. Sie reisten den Übrigen eine Tagesreise voraus, und (grummelte er) »ich schäme mich, zu sehen, wie wenige wir sind«.

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»Wenn ich sehe, wie viel Begleitschutz wir haben, dann sieht es so aus, als wären er und ich als Gefangene unterwegs«, fügte er hinzu.45 Am 21. Oktober schließlich erreichte der Kaiser Valladolid, wo er zum ersten Mal seinem Enkel und Namensvetter Don Carlos begegnete, der jetzt elf Jahre alt war. Karls letzte Reise nach Spanien ähnelte seiner ersten noch in anderer Hinsicht: Während er unterwegs war, fanden anderswo entscheidende Ereignisse statt. Noch bevor der Kaiser aus Brüssel abreiste, ließ der Papst im Juli 1556 den kaiserlichen Postmeister in Rom verhaften und foltern und beschlagnahmte seine Post. Zwei Monate später, während Karl durch den Ärmelkanal segelte, erging Paul IV. sich in einer Tirade über die Niedertracht des Hauses Österreich und seiner Unterstützer, nicht ohne daran zu erinnern, dass der von seinem Vorgänger Paul III. geleistete militärische Beistand »den Kaiser zum Herrn über Deutschland gemacht« habe. Karl habe daraufhin, »um den Papst zu belohnen, dessen Sohn ermorden lassen und ihn einer Stadt beraubt« (Piacenza). Noch weiter in die Vergangenheit ausgreifend (Paul IV . hatte ein sehr langes Gedächtnis für Kränkungen und Herabsetzungen), verurteilte der Papst »den beim ersten Aufkommen der lutherischen Sekte vom Reichsregiment gefassten Entschluss, dass sie gefördert werden müsse, weil sie den Kaiser zum Herrn über Rom machen werde«. Einen Monat später, kurz bevor Karl nach Valladolid kam, denunzierte ihn der Papst öffentlich gegenüber den venezianischen Gesandten als »diabolisch (indiavolato), seelenlos (senza anima), nach dem Blut von Christen dürstend – ein Schismatiker, dazu geboren, die Welt zu zerstören«. Nachdem er sich derart in Rage geredet hatte, schilderte Paul, wie Karl alle von ihm regierten Staaten zugrunde gerichtet habe: die Niederlande, Mailand, Spanien und vor allem Neapel. Und er prophezeite, dass, »wenn wir verschlungen werden, Ihr Venezianer ein Beilagensalat (una insalata a costoro) sein werdet … Täuscht Euch nicht, diese Kaiserlichen streben danach … sich zu Herren Italiens zu machen« – und letztendlich zu Herren der Welt. Kurz danach ließ der Papst ein gerichtliches Verfahren gegen den Kaiser und dessen Sohn wegen Aufruhrs einleiten.46 Karl war das vollkommen gleichgültig. Als Quijada in Laredo zu seinem Herrn stieß, berichtete er erstaunt, dass der Kaiser »so sehr bestrebt ist, sich aus den öffentlichen Angelegenheiten zurückzuziehen, dass er über Geschäfte weder sprechen noch davon hören oder diesbezüglich in Aktion treten will«. Und obwohl Karl in Valladolid mit seiner Tochter Johanna, der Regentin, und Juan Vázquez de Molina (Neffe und Nachfolger von Los Lobos als Staatssekretär) einige Staatsangelegenheiten besprach, verabschiedete er sich am 4. November von ihnen ebenso wie von seinen Schwestern und seinem Enkel und verbot jedermann mit Ausnahme einer Entourage von etwa hundert Köpfen, ihn weiter zu begleiten. Nachdem er Simancas passiert und die Nacht in Medina del Campo verbracht hatte, verließ er die Poststraße (was bedeutete,

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Endlich Ruhe Was Karl jedoch nicht ignorieren konnte, war die Kälte. Als der Winter nahte, »begann er die Kälte nachts zu spüren, und da es in unseren Nachtquartieren keine Kamine gab, transportierten wir eigenhändig einen schönen eisernen Ofen und schickten den Jungen, der sich darum kümmerte, voraus zu unserer Unterkunft, damit er sein Schlafgemach vorwärmte«.48 Karl litt auch noch in anderer Hinsicht. Laut Quijada war die Straße in die Sierra de Gredos »die schlimmste, auf der ich je gereist bin«, sodass »die Maultiere die kaiserliche Sänfte nicht tragen konnten, ohne dass die Gefahr bestand, dass sie irgendwelche Abhänge hinabstürzte. Daher blieb am Ende nur übrig, dass ein paar Männer aus der Gegend über drei Leugen hinweg »Seine Majestät auf ihren Schultern trugen«, bis der Kaiser das Schloss der Grafen von Oropesa in Jarandilla erreichte, das nur vierzehn Kilometer von Yuste entfernt lag. Dort musste er zunächst bleiben, weil seine Gemächer im Kloster noch nicht fertig waren.49 Nach nur einer Nacht in Jarandilla beklagte sich Karl über seine Zimmer und bestand darauf, in andere umzuziehen »mit einem Korridor, der an sein Schlafgemach angrenzt, wo den ganzen Tag die Sonne scheint und man einen schönen Blick auf die Obstgärten und das Grün hat« – nicht, dass er viel von der Sonne sah, weil »der Nebel sich nie hob« (tatsächlich »konnte man einen Menschen auf zwanzig Schritt Entfernung nicht sehen«). Quijada beschwerte sich, dass »es hier wirklich kalt und sehr feucht ist«. Dann begann es für 27 Tage ununterbrochen zu regnen, wobei nach Quijadas Meinung »hier in einer Stunde mehr Regen fällt als in Valladolid an einem Tag«. Außerdem seien Lebensmittel knapp und teuer, sodass zwar »Seine Majestät wohlauf ist, aber der Rest von uns hasst es hier wirklich«.50 Während ihrer vier Monate in Jarandilla klagten Gaztelú und Quijada unablässig über den Regen, die Langeweile, die Forderungen ihres Herrn nach »Leckerbissen«, die nur in ganz anderen Gegenden Spaniens zu haben

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waren  – Rebhühner, Austern, Würste, Oliven, Granatäpfel und Anchovis –, und über die gesundheitsschädlichen Folgen seiner Völlerei. Sir William Stirling-Maxwell übertrieb nur leicht in The cloister life of the emperor Charles V, als er schrieb: »[Quijada] bestätigte den Empfang der guten Sachen aus Valladolid niemals, ohne ein paar düstere Vorahnungen nachfolgenden Unheils hinzuzufügen; und zusammen mit einer Bestellung übermittelte er manchmal den Hinweis, dass es viel besser wäre, wenn keine Möglichkeit gefunden würde, sie auszuführen. Wenn der Kaiser eine herzhafte Mahlzeit verzehrte, ohne dass sie schlimme Folgen zeitigte, nahm der Majordomus dies jubelnd zur Kenntnis … und er stellte sich zwischen seinen Herrn und eine Aalpastete, wie er sich zu anderen Zeiten zwischen den Kaiser und die Spitze einer maurischen Lanze geworfen hätte.«51

Weihnachten 1556 erlitt der Kaiser einen schweren Gichtanfall und verbrachte zwei Wochen im Bett – seine rechte Hand »ist jetzt nur noch zum Zähneputzen gut« –, aber zwei Monate später reiste Karl, begleitet von 51 Bediensteten und acht Maultieren, in seiner Sänfte nach Yuste, nachdem er seine übrigen Diener ausgezahlt und entlassen hatte, damit sie nach Hause zurückkehren konnten.52 Nach dem Besuch eines Gottesdienstes in der Kapelle traf er die 38 in Yuste lebenden Mönche und unternahm einen Rundgang durch das Kloster. Dann betrat er seine eigenen Gemächer, die an der sonnigen Südseite des Konvents errichtet worden waren. Hier hatte er vor, den Rest seines Lebens zu verbringen. Die Tatsache, dass der Kaiser nur neunzehn Monate nach seiner Ankunft im Februar 1557 starb, hat unsere Vorstellung von Yuste verfälscht. Charles Clifford, ein englischer Reisender, der 1858 »zwei Tage und Nächte an diesem einsamen und unwirtlichen Ort« verbrachte und die ersten Fotos von dem Kloster machte, verkündete, dass Yuste »die letzte Ruhestätte dieses bedeutenden Monarchen« gewesen sei, »der sich hier von den störenden Sorgen der aktiven Regierung abschirmte und in strenger klösterlicher Abgeschiedenheit auf das Ende vorzubereiten suchte, das seine lange und glänzende Laufbahn bald beschließen musste, wie seine abnehmende Gesundheit nur allzu deutlich ankündigte«. Dies ist der klassische Fall eines Rückschaufehlers. Wie der Kunsthistoriker Antonio Perla betonte: »Karl wollte einen Palast, in dem er sich zur Ruhe setzen konnte, nicht einen, in dem er sterben würde; einen Ort der Erholung, umgeben von Pflanzen, künstlichen Seen und verschiedenen Tieren.«53 Die Arbeiten zur Vergrößerung und Verbesserung der Wohngebäude begannen bald nach der Ankunft des Kaisers und unter seiner persönlichen Leitung. Obwohl keine Pläne erhalten sind und die Stätte im 19. Jahrhundert ver-

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fiel, lassen sich die wesentlichen Veränderungen aus den erhaltenen Berichten in Verbindung mit einer detaillierten Skizze rekonstruieren, die 1567 angefertigt wurde, als das neue Gebäude noch unversehrt war (Abb. 35). Die Baumeister fügten zwei komplette Flügel an: Das Untergeschoss des Ostflügels umfasste die kaiserlichen Küchen (ein Brand hatte die alten schwer beschädigt) mit einem neuen Quartier für Quijada darüber; das Untergeschoss des Südflügels beherbergte die Apotheke und die Vorratskammer des Kaisers, darüber lagen Unterkünfte für seine Ärzte und weitere Personen. Im Außenbereich ordnete Karl den Bau einer »kleinen Klause namens Bethlehem« an, etwa hundert Meter von seinem Palast entfernt. Dorthin begab er sich gelegentlich zur Entspannung. Außerdem ließ er eine Rampe anlegen, damit er in einer Sänfte von seinem Wohnbereich im Obergeschoss zu seinen Gärten und Fischteichen und wieder nach oben getragen werden konnte. Auch der Außenbereich erfuhr eine Verschönerung: »Südlich der [kaiserlichen] Gemächer liegen zwei Teiche mit einem Springbrunnen dazwischen, der in ein Becken mit blauen Kacheln fließt, das Seine Majestät mit Schleien bestückt hat. Fenster umgeben das ganze Bauwerk, was zu seinen angenehmsten und schönsten Merkmalen gehört, und durch sie strömt der Duft der Zitronen-, Apfel- und Orangenbäume … Östlich von seiner Wohnung liegt ein großer Patio mit einem Springbrunnen in der Mitte.«

»Seine Majestät«, schrieb Quijada, »verbringt viel Zeit damit, die Anlage eines Gartens mit funktionierenden Springbrunnen zu beaufsichtigen.«54 Vor Anbruch des ersten Winters in Yuste überwachte Karl auch noch die Arbeiten zur Installation einer großen metallenen Sauna, die eigens aus Deutschland hergebracht worden war, in den kaiserlichen Gemächern. Es war eine eindrucksvolle Konstruktion, die Bauberichte sprechen von »zwölf eisernen Kreuzen, um das Glas zu halten, das in die Fenster der Sauna eingebaut wird«. Erwähnt werden auch »ein Tisch aus Walnussholz, um darauf in der Sauna die Bücher Seiner Majestät abzulegen«, und »ein kleines Schreibpult«. Und wie er es einige Jahre zuvor in Augsburg getan hatte, verbrachte Karl die meisten Wintertage an diesem warmen Ort.55 Quijada sorgte dafür, dass die Palastapotheke stets die Kräuter, Balsame, Salben und sonstigen Dinge vorrätig hatte, denen heilende Kräfte zugeschrieben wurden (wie etwa Horn vom Einhorn und »zwei Armreife, die Knochen enthalten, von denen es heißt, sie seien gut gegen Hämorrhoiden«). Der Barbier hielt allerlei Parfums bereit (um den Gerüchen aus der Küche und den Toiletten entgegenzuwirken) sowie die erforderlichen Gerätschaften (meist aus Gold und Silber), um die kaiserlichen Zähne, Ohren und Zunge zu reinigen und die

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kaiserlichen Finger- und Zehennägel zu schneiden. Karl umgab sich mit Einrichtungsgegenständen und Zierrat von schlichter Eleganz. Quijada rief er mit einer kleinen silbernen Glocke, die mit seinem Wahlspruch »Plus ultra« verziert war. »Um in einem kleinen Buch die Dinge zu notieren, an die er sich erinnern wollte«, benutzte er eine goldene Schreibfeder. Und in seinen Gemächern gab es »zwölf Wandbekleidungen von feinem schwarzen Zeuge … vier Thürvorhänge (antepuertas) von schwarzem Zeuge; sieben Teppiche (alfrombras), vier türkische und drei von Alcaraz«. Nicht ahnend, dass sein Ende nahe war, ergänzte Karl weiter Dinge. So trafen am 4. Juli 1558 »drei Lieferungen Kleidungsstücke zusammen mit den Büchern Seiner Majestät« in Yuste ein. Als später, nach seinem Tod, die Gegenstände aus seinem persönlichen Besitz bei einer Auktion verkauft wurden, waren zu ihrem Transport mehr als sechzig Maultiere notwendig, und der Gesamtwert der Sachen belief sich auf fast 20 000 Dukaten.56 Fray Hernando del Corral, ein Augenzeuge, verfasste eine »kurze und zusammenfassende Geschichte, wie Kaiser Karl V., unser Herr, beschloss, in dem Kloster San Jerónimo de Yuste Zuflucht zu suchen«, worin er ein ganzes Kapitel dem Thema »Wie Seine Majestät seine Tage einteilte und womit er sich den Tag über beschäftigte« widmete. Jeden Morgen, schrieb Corral, »sobald seine Gemächer geöffnet wurden, trat sofort Juanelo [Turriano] ein, um die Planetenuhr [den Mikrokosmos] nachzusehen und aufzuziehen, die der Kaiser bei sich auf einem Anrichttisch stehen hatte«. Nachdem er gegangen war, »kam Bruder Juan Reglá, sein Beichtvater, herein, um mit ihm zu beten«. Bruder José de Sigüenza lieferte in seiner zwei Generationen später entstandenen Historia de la Orden de San Jerónimo eine etwas andere Darstellung. Nun hieß es, dass »jeden Morgen, sobald das kaiserliche Gemach sich öffnete«, Reglá eintrat, nicht Turriano, und nach gemeinsamen Gebeten »erläuterte er die Mysterien, die in dem Stundenbuch gezeigt wurden, damit die erhabenen Gedanken, die seine Seele am Morgen erfüllten, den ganzen Tag andauern konnten«. Falls es sich bei dem Stundenbuch um die prachtvolle französische Handschrift aus Karls Sammlung handelte, die zusammen mit anderem Beutegut aus dem Zelt Franz’ I. bei Pavia stammte (und die sich heute in der Spanischen Nationalbibliothek in Madrid befindet), so könnten freilich durchaus weniger erhabene Gedanken im Spiel gewesen sein: Der Kaiser hätte gewiss besondere Freude daran gehabt, Bilder zu betrachten, die einst für seinen besiegten Rivalen geschaffen worden waren.57 Nach seinen täglichen Gebeten betraten, wie Corral berichtet, die Barbiere und Wundärzte des Kaisers seine Gemächer, »zusammen mit Dr. Mathys, und sie taten alles, was nach den derzeitigen Unpässlichkeiten Seiner Majestät erforderlich war. Derweil erledigten seine Be-

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diensteten ihre Aufgaben, sodass alles bis 10 Uhr vormittags fertig war, wenn alle, die Seiner Majestät bei Tisch aufwarten sollten, einschließlich des die Aufsicht führenden Edelmanns ihre Mahlzeit einnahmen. In dieser Zeit kleidete Seine Majestät sich an, und wenn das erledigt war, beendeten die anderen ihre Mahlzeit und gingen mit Seiner Majestät die Messe hören, und dann gingen diejenigen, die ihn angekleidet hatten, zu Tisch. Während Seine Majestät die Messe hörte, deckten die dafür vorgesehenen Bedienten den Tisch und machten alles fertig, sodass seine Majestät speisen konnte, sobald er die Messe gehört hatte.«

Karl hatte oft Gesellschaft beim Essen. Statt der Spaßmacher, die ihn ein Jahrzehnt früher in Augsburg während der Mahlzeiten unterhalten hatten, »sprachen, während Seine Majestät aß, Dr. Mathys und Guillaume van Male über bestimmte Themen, denn sie waren beide klug und sehr belesen: manchmal über Geschichte, ein andermal über Krieg … Bei anderen Gelegenheiten ließ Karl Bruder Juan Reglá kommen, während er aß, und sagte ihm, er solle ein Werk des heiligen Bernard [von Clairvaux] oder irgendein anderes erbauliches Werk mitbringen, und nach der Mahlzeit pflegte der Mönch ein wenig vorzulesen, bis Seine Majestät schläfrig wurde, wenn es Schlafenszeit war, oder ansonsten, bis es Zeit für eine Predigt oder eine Lesung war.«

Im nächsten Kapitel schildert Corral, »wie der Kaiser den Tag verbrachte«. Sonntags, mittwochs und freitags hörte er um drei Uhr nachmittags eine Predigt und an den anderen Tagen eine »Lesung aus der Bibel (normalerweise aus dem Paulusbrief an die Römer)«, umgeben von »den in feierlichem Ernst versammelten Mönchen in ihren Kutten«. Außerdem wurden »auf Anordnung Seiner Majestät in diesem Kloster jeden Tag vier Messen gelesen«: jeweils eine für seine Mutter und seinen Vater, eine »um acht Uhr morgens für die Kaiserin« und die vierte für Karl selbst  – »die Seine Majestät jeden Tag hörte, wenn auch manchmal ziemlich spät, wenn Seine Majestät nicht gut geschlafen hatte«. Weitere Messen wurden für seinen Sohn Philipp gelesen, aber auch für »die Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, die starben, während Seine Majestät in Yuste weilte«. Jeder Donnerstag begann mit »einer gesungenen Messe mit viel Musik« – allerdings schickte Karl, »da es Seiner Majestät schwerfiel, so früh aufzustehen«, normalerweise einen Kammerherrn zu seiner Vertretung, während er selbst von seinem Schlafgemach aus zuhörte.58 Der Prior des Klosters Yuste erinnerte sich später, Karl habe so gerne Chorandachten gehört, dass er sich manchmal einmischte. Eines Tages kam eigens »ein Altist aus Plasencia, der sehr gut war«, um für ihn zu singen, aber der Kaiser äußerte sein Missfallen und schickte dem Prior eine Nachricht, die ihn

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aufforderte, »den Sänger aus dem Chor zu entfernen«. Ein andermal, als er dem Chor lauschte, »brummelte er, wenn irgendjemand einen Ton nicht traf: ›Hurensohn! Der Mann lag daneben.‹«59 Sandoval wiederholte diese Geschichte und fügte (wie in einigen anderen Fällen) Details aus seiner eigenen Erfahrung hinzu. Einmal sei etwa ein Chorsänger aus der Kathedrale von Sevilla »namens Guerrero, den ich kannte« – nämlich Francisco Guerrero, später ein gefeierter Komponist –, nach Yuste gekommen. »Er überreichte dem Kaiser einen Band mit Motetten, die er komponiert hatte, und mit Messen. Seine Majestät wies den Chor an, eine der Messen für ihn zu singen, und nach der Messe rief er seinen Beichtvater zu sich und sagte ihm: ›So ein Hurensohn (hideputa), dieser Guerrero ist ein ausgefuchster Dieb! Diese Passage stammt von Soundso (fulano) und diese Passage von jemand anderem.‹ Darob standen all die Sänger staunend da, weil sie nichts davon erkannt hatten, bis sie noch einmal hinsahen.«60

Karl verbrachte auch Zeit in Yuste damit, seine Leistungen für die Nachwelt ins rechte Licht zu rücken. Von Zeit zu Zeit arbeiteten er und van Male an den Memoiren des Kaisers, und im April 1557 gab er Juan Ginés de ­Sepúlvedas Bitte um ein Gespräch statt, sodass der Historiker einige Details in seiner Biografie des Kaisers klären konnte. Laut Sepúlveda versprach der Kaiser: »Wenn Ihr irgendetwas von mir wissen wollt, fragt einfach, und ich werde Euch eine Antwort nicht verweigern.« Luis de Ávila zeigte Sepúlveda während seines Besuchs eine Ausgabe der Kommentare über den Zustand der Religion und des Staates unter Kaiser Karl V. (De statu religionis et rei publicae Carolo V Caesare commentarii), die kürzlich in Straßburg von Johannes Sleidan, dem offiziellen Geschichtsschreiber des Schmalkaldischen Bundes, veröffentlicht worden waren. Später schickte Ávila ein Exemplar an Sepúlveda und »versicherte mir, dass es mir bei der Überarbeitung dessen, was ich über die Ereignisse in Deutschland geschrieben hatte, zugutekommen werde«. Zwei Monate vor seinem Tod bestand Karl darauf, dass, sollten Sepúlveda oder der Chronist Florián de Ocampo »sterben, bevor ihr Werk gedruckt ist (weil sie beide alt sind), dafür Sorge getragen werden müsse, dass es veröffentlicht wird und nicht verloren geht«.61

Ein grantiger alter Mann Karl war nicht nur bestrebt, die Vergangenheit zu kontrollieren, sondern auch die Gegenwart. Corral behauptete, dass in Yuste »Seine Majestät immer bei den Predigten und Lesungen anwesend war, außer wenn er wichtige Briefe von sei-

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nem Sohn, König Philipp, oder seiner Tochter, Prinzessin Johanna, erhielt. Zu diesen Zeiten ließ er ausrichten, dass wir nicht auf ihn warten sollten, weil er beschäftigt sei.« Auch Gaztelú berichtete einem Kollegen, dass »Seine Majestät erfreut war«, wenn er neueste Nachrichten über auswärtige Angelegenheiten hörte, »und wenn Kuriere eingetroffen sind, fragt er sie, was sie sonst noch wissen, um auf allen möglichen Wegen Informationen zu bekommen«. Fast 250 Briefe über Staatsgeschäfte, die Karl in Yuste unterzeichnete, sind erhalten. Das heißt, Karl unterschrieb während seines dortigen Aufenthalts alle zwei Tage mindesten einen Brief.62 All dies könnte den Eindruck vermitteln, wie María José Rodríguez-Salgado formulierte, dass der Kaiser »die Politik seines Sohnes weiterhin beeinflusste, ja bestimmte«. Doch kann sie zeigen, dass »dies einfach nicht der Fall ist«, indem sie zahlreiche Initiativen aufführt, mit denen Karl versuchte, Ereignisse zu gestalten, aber scheiterte.63 Er bemühte sich etwa, die konkurrierenden Ansprüche auf Navarra zu klären, wie er es zu Beginn seiner Herrschaft im Vertrag von Noyon und seitdem oft versprochen hatte, aber Johanna und ihr Regentschaftsrat in Valladolid machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Er bemühte sich auch nach Kräften, seine Nichte María von Portugal, Eleonores Tochter, nach Kastilien zu locken, aber König Johann III. weigerte sich; und als Johann starb, wodurch Johannas minderjähriger Sohn Sebastian sein Nachfolger wurde, versuchte Karl zu erreichen, dass Johanna zur Regentin von Portugal ernannt wurde, aber seine eigene Schwester Katharina (Johanns Witwe) überlistete ihn und wurde selbst Regentin. All diese Initiativen (und weitere) beinhalteten den Austausch zahlreicher Briefe und den Besuch von bevollmächtigten Vertretern und Gesandten in Yuste – aber sie erreichten nichts. Auch bei Philipp verlor der Kaiser seinen Einfluss. Allerdings bat sein Sohn ihn bald nach seinem Umzug nach Yuste, ein weiteres Mal die Verantwortung für Spanien zu übernehmen: »So bitte ich Euer Majestät in aller Demut und Nachdrücklichkeit einzuwilligen, in Aktion zu treten und mir dabei nicht nur mit Euren Empfehlungen und Eurem Rat zu helfen und beizustehen, was der größte Gewinn ist, den ich haben könnte, sondern auch mit Eurer eigenen Anwesenheit und Autorität, indem Ihr Euer Kloster verlasst und Euch an welchen Ort auch immer begebt, der für Eure Gesundheit und die Erledigung öffentlicher Angelegenheiten am besten geeignet ist … denn das Schicksal von allem hängt von Euren Entscheidungen ab.«

Außerdem bat er »Euer Majestät, mir Eure Meinung zu übermitteln, betreffend den Krieg und die Frage, wo und wie ich diesen Feldzug am besten durchführen und an ihm teilnehmen kann, um die großartigsten Ergebnisse zu erzielen«.64

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Wie erwartet, bombardierte Karl seinen Sohn mit den erbetenen Ratschlägen, aber Philipp hörte schon bald auf, etwas darauf zu geben. Im November 1557 beunruhigte eine Meldung, dass französische Truppen aus Italien heimkehrten, den Kaiser. »Wenn der Feind feststellt, dass Ihr demobilisiert habt«, warnte er Philipp, »entschließt er sich vielleicht, seine Streitkräfte zu bündeln und in diesem Winter einen Versuch zu unternehmen, einige der Plätze zurückzuerobern, die er verloren hat – oder ein paar neue zu gewinnen.« Sein Sohn solle über den Winter eine große Streitmacht unter Waffen halten, damit »Ihr diese Truppen einsetzen könnt, um den Feind mit größerer Zuversicht herauszufordern und ihn daran zu hindern, irgendeines dieser Ziele zu erreichen«. Aber Philipp bekam den Brief nie zu Gesicht: Gelangweilt von den oftmals weitschweifigen und egozentrischen Schreiben seines Vaters, las er nur die von Eraso angefertigten Zusammenfassungen. Und in diesem speziellen Fall versah der Staatssekretär den Brief mit dem Zusatz »Hier ist nichts zu antworten« und unterschlug Karls Einsichten zu »den Punkten und Themen, die der Kaiser Euer Majestät gegenüber in seinen Briefen vom 8. August, 17. und 22. September und 15. November anspricht«.65 Als die aus Italien abgezogenen französischen Truppen im Januar 1558 die englische Enklave Calais angriffen, sah Philipp ohnmächtig zu, wie sie sich ihrer binnen drei Wochen bemächtigten. Auch viele seiner früheren Minister schenkten Karl keine Beachtung mehr. Im April und Mai 1557 versuchte er Fernando de Valdés, dem ehemaligen Präsidenten des Rates von Kastilien, den er insgeheim als »nicht die Sorte Mann, die ein solches Ratsgremium braucht«, abqualifiziert hatte, eine Anleihe abzupressen, um die Armee seines Sohnes in den Niederlanden zu bezahlen (Kap. 11). Obwohl Karl Valdés später für den erzbischöflichen Stuhl von Sevilla nominiert hatte und das Erzbistum eines der wohlhabendsten in ganz Spanien war, weigerte der Erzbischof sich rundweg, die Kriegsanleihe bereitzustellen, »was uns nicht wenig erstaunte, da wir Euch gefördert haben und Ihr die Erträge dieser Diözese so lange genossen habt«. Wenn der Erzbischof nicht sofort zahle, schnaubte der Kaiser, »wird der König nicht zögern, an Euch ein Beispiel zu statuieren, und ich werde ihn unterstützen« – aber Valdés spielte auf Zeit.66 Die Nachricht, dass ein ranghoher Würdenträger im Herbst 1557 viel Zeit »bei dem Kaiser in Yuste« verbracht hatte, kommentierte einer seiner Amtsbrüder so: »Mit ihm zu verhandeln, heißt, mit einem Toten zu verhandeln.« Als ein paar Monate später Anweisungen aus Yuste eintrafen, wurde damit nach Auskunft eines Ratgebers des Regenten so verfahren: »Wir erklären dem Kaiser unsere Gründe für die Umsetzung seiner Wünsche, aber eigentlich tun wir gar nichts« – ein klassisches Beispiel für die von habsburgischen Beamten überall befolgte Maxime »Ich gehorche, führe aber nicht aus (obedezco pero no cumplo)«.67

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Im Laufe der Zeit äußerte Karl sich immer unverblümter zu öffentlichen Angelegenheiten. Er verhehlte weder seine Enttäuschung darüber, dass Philipp bei der eindrucksvollen Niederlage der Franzosen bei Saint-Quentin nicht zugegen gewesen war (»Er ist verärgert, das sein Sohn nicht in der Schlacht war«), noch seine Missbilligung der Papst Paul IV . gewährten großzügigen Bedingungen (»der Friede machte ihn wütend, weil er ihn für eine Schande hält«).68 Johanna ließ er wissen, sollte Oran verloren gehen, »möchte ich nicht in Spanien oder Amerika sein, sondern an irgendeinem Ort, wo ich die Nachricht nicht erfahren würde«. Und gegenüber Philipp klagte er, dass der Verlust von Calais »etwas ist, das mir mehr Kummer und Sorge bereitet hat, als es irgendetwas anderes könnte«.69 Die Nachricht, dass Beamte der Casa de la Contratación in Sevilla seine ausdrücklichen Anweisungen missachtet hatten, das gesamte mit der letzten Flotte aus Amerika eingetroffene Münzgeld in die Niederlande zu schicken, löste einen besonders heftigen Wutanfall aus. »Wenn ich nur gesund genug dafür wäre«, schimpfte Karl, »würde ich selbst nach Sevilla gehen und herausfinden, woher diese Verruchtheit kommt. Ich würde mir jeden einzelnen Beamten der Casa de la Contratación vorknöpfen und sie so traktieren, dass ich dieser Sache schon auf den Grund käme.« Dann, »nachdem man sie verhaftet hätte, würde ich sie ins Gefängnis werfen und sie in Ketten am helllichten Tag [auf die Festung] nach Simancas bringen, um sie zu beschämen, und ich würde sie dort nicht in eine Zelle oder in den Turm stecken, sondern in das Verlies«.70 Niemand schenkte dem Beachtung. Einer der Ratgeber des Regenten bemerkte gelassen zu einem Kollegen, dass »wir aus Yuste mit Weisungen bombardiert werden«, sie enthielten »Dinge, über die man weinen, und Dinge, über die man lachen« müsse. »Eines der Dinge, die mich zum Lachen brachten«, fuhr er fort, sei die Forderung gewesen, dass »der Rat die Beamten der Casa de la Contratación hängen solle«, denn »für eine solche Tat würde in diesem Königreich kein Mensch die Verantwortung übernehmen«. In diesen und anderen Angelegenheiten ignorierten Karls frühere Minister ihn einfach, weil niemand »die von Unserem Herrn, dem Kaiser, verlangten extremen Maßnahmen auf sein Gewissen laden möchte«.71 Die Entdeckung lutherischer Zellen in Valladolid, Sevilla und anderswo in Spanien führte zu einer weiteren Flut erboster Weisungen aus Yuste. Karl drängte Johanna, das bisher übliche Verfahren aufzugeben, wonach Häretikern, die ihren Irrtum gestanden, »ihr erstes Vergehen vergeben wird, vorausgesetzt, sie zeigen eine gewisse Reue«. Stattdessen solle sie »gegen sie vorgehen wie gegen Aufständische, Aufwiegler, Empörer und Unruhestifter des Staates,  … sodass sie kein Mitleid beanspruchen können«. Dann, »sobald Ihr die Wahrheit ermittelt habt, verbrennt die Widerspenstigen bei lebendigem Leib und schneidet denen die Köpfe ab, die ihre Schuld zugeben«. Seinen Brief beschloss er

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wie folgt: »Glaubt mir, meine Tochter, wenn dies nicht von vornherein bestraft und abgestellt wird, um einem solch großen Übel Einhalt zu gebieten, ohne irgendjemanden auszunehmen, so glaube ich nicht, dass der König oder irgendjemand sonst in der Lage sein wird, es später zu tun.« Er schickte Philipp eine Abschrift dieser unverblümten Botschaft und setzte in einem eigenhändigen Postskriptum eine ähnlich düstere Warnung hinzu: »Ihr könnt Euch vorstellen, wie sehr diese üble Angelegenheit, die sich hier entwickelt hat, mich schockiert hat. Werft einen Blick auf das, was ich Eurer Schwester zu dem Thema geschrieben habe. Ihr müsst ihr schreiben und Ihr müsst das ganze Problem mit Strenge und mit brutalen Strafen bekämpfen.«72 Solche leidenschaftlichen Ausbrüche von einem Mann, der sich angeblich in ein Kloster zurückgezogen hatte, um Ruhe zu finden, mögen rätselhaft erscheinen. Rodríguez-Salgado hat Karl in Yuste mit Shakespeares König Lear verglichen – ebenfalls ein Herrscher, der seine Macht aufgegeben hatte und seine Kinder nicht länger zu Gehorsam zwingen konnte –, und sie vermerkt scharfsinnig, dass die kaiserlichen Wutausbrüche gewöhnlich durch die Erinnerung an etwas ausgelöst wurden, das entweder Karls Pläne durchkreuzt hatte oder ihn hatte ohnmächtig erscheinen lassen.73 So erinnerte ihn das Versäumnis, sich Saint-Quentin und die Trotzhaltung des Papstes zunutze zu machen, an sein eigenes Versäumnis, sich Pavia und die Plünderung Roms zunutze zu machen. Das Risiko, Oran zu verlieren, gemahnte ihn an den katastrophalen Algierfeldzug. Die Entdeckung, dass Beamte in Sevilla seine Anweisungen zur Beschlagnahme von Reichtümern ignoriert hatten, machte ihn wütend, »weil, als ich in ähnlichen Nöten war und mir das Wasser bis zum Hals stand, die Beamten dort machten, was sie wollten; und wenn eine große Schiffsladung Geld ankam, berichteten sie mir nie davon«. Und als schließlich in Spanien lutherische Zellen entdeckt wurden, brachte ihn das teils deswegen so in Harnisch, weil »es in meiner Gegenwart geschieht« und »jetzt, wo ich gekommen bin, um mich zurückzuziehen und … auszuruhen, um unserem Herrn zu dienen«, aber auch, weil es ihn daran erinnerte, dass »ich deswegen in Deutschland so viel Arbeit und Ausgaben erlitten und erduldet und einen so großen Teil meiner Gesundheit damit verloren habe« – nämlich mit dem vergeblichen Versuch, das Luthertum auszurotten.74 »Meine Gesundheit«: Während Karl derart wütete, litt er beinahe ständig unter Schmerzen. In fast jedem Brief, den Mitglieder seines Gefolges in Yuste schrieben, wird irgendeine Unpässlichkeit erwähnt, die dem Kaiser das Leben zur Qual machte. Manchmal gab er sich fatalistisch, beispielsweise als er Quijada einmal erzählte: »Wisst Ihr, wie ich mich fühle? Ich würde es bedauern, wenn ich keinen Gichtanfall hätte, denn wenn der mir keine Schmerzen bereitet, dann wird etwas anderes es gewiss tun. Da ich auch Asthma oder irgendeine

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andere Krankheit bekommen könnte, die mir mehr Beschwerden verursachen würde, wäre ich um einen Gichtanfall nicht böse.« Vier Monate später beschied er einem seiner Ärzte, dass »von seinen vielen schmerzhaften Krankheiten er normalerweise jene vorzieht, die er am besten aushält«.75 Gelegentlich konnte der Besuch alter Freunde seine Stimmung heben. Sein Gefolge bemerkte die Freude, die es ihm machte, sich mit Francisco de Borja (der ihn zweimal aufsuchte) und Luis de Ávila zu unterhalten (»der, weil er in Plasencia wohnte, oft herkam, um die Hände Seiner Majestät zu küssen«), und wie sehr er die Gesellschaft seiner Schwestern Eleonore und Maria genoss. Freude bereitete ihm auch die erste Begegnung mit seinem Sohn aus der Liaison mit Barbara Blomberg, der damals noch Gerónimo genannt wurde. Karl hatte ihn Quijada und dessen Gemahlin, Magdalena de Ulloa, anvertraut, die sorgfältig über seine Erziehung auf ihrer abgelegenen Burg in der Nähe von Valladolid wachten, bis Quijada im Juli 1558 auf Karls Wunsch seine Gattin »und die Übrigen (y lo demas)« (gemeint war Gerónimo) herbrachte, damit sie in der Nähe von Yuste wohnten. Magdalena »brachte den Jungen« noch im selben Monat in den Palast. Bei dieser Gelegenheit war Gerónimo zweifellos als Page verkleidet, denn der Kaiser bestand weiter darauf, dass die Existenz seines Sohnes »geheim bleiben sollte bis zur Ankunft« Philipps.76 Weil Karl Magdalena »und die Übrigen« ausdrücklich gebeten hatte, in der Nähe zu wohnen, erhoffte er zweifellos weitere Besuche. Sehr wahrscheinlich gab er Anweisung, dass sein jüngerer Sohn »unterrichtet werden und die Dinge lernen sollte, die seinem Alter und seiner Stellung gemäß sind«, damit er bereit wäre, am höfischen Leben teilzunehmen, sobald Philipp nach Spanien zurückkehrte. Aber der Tod machte diese Pläne zunichte. Wenn der Junge das Kloster das nächste Mal betrat, würde er neben Quijada stehen, während die Mönche seinen verstorbenen Vater feierlich zu Grabe trugen.77

Letzte Tage »Drei Betthimmel aus feiner Seide in drei Säcken, anzubringen unter den Vorhängen, gegen die Stechmücken.«78 Dieser Eintrag im Bestandsverzeichnis der Besitztümer des verstorbenen Kaisers in Yuste, zusammengestellt eine Woche nach seinem Tod, ist der einzige zeitgenössische Hinweis auf die wahre Ursache seines Ablebens: Plasmodium falciparum, der gefährlichste Malaria-Erreger, der Menschen infiziert, übertragen durch den Biss einer infizierten Anophelesmücke. Obwohl die ranghohen Angehörigen von Karls Entourage – Quijada und Gaztelú, Mathys und Baersdorp  – allesamt besessen waren von seiner Gesundheit, konzentrierten sie sich die meiste Zeit entweder auf seine Gicht oder »sein normales Leiden«, chronische Hämorrhoiden, sowie auf die

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möglichen Heilmittel (im Winter 1556/57 beteiligten sich Experten aus Italien, den Niederlanden und Spanien an der Suche nach einem Kräuterheilmittel gegen Hämorrhoiden). Darüber hinaus überwachten sie seinen Zustand, indem sie genau protokollierten, was er jeden Tag aß und trank, wie viel er schlief und wie lange er jede Nacht wach war, außerdem Menge und Aussehen der durch jede kaiserliche Öffnung ausgeschiedenen Substanzen.79 Bereits im Februar 1558 wirkte Karl schwächer. Ávila berichtete, dass »ich den Kaiser im Bett und höchst kraftlos vorfand mit sehr ungesunder Gesichtsfarbe und ohne den Wunsch, zu essen«. Zwei Monate später klagte einer seiner Ärzte, dass »er im Laufe eines ganzen Tages selten mehr als fünfzehn oder zwanzig Schritte macht«, wodurch seine Füße »etwas taub« würden »mit wunden Stellen«.80 Die Situation verschlimmerte sich weiter, als die Augusthitze den Kaiser veranlasste, »bei offenen Fenstern und Türen zu schlafen«. Quijada klagte, dass einer seiner Diener gestorben war, »dreizehn oder vierzehn weitere [waren] krank, darunter ich selbst. Ich hatte ein paar Mal Fieber« – verursacht vermutlich ebenfalls durch Bisse von Stechmücken, die den Himmeln aus feiner Seide entgingen und durch die offenen Fenster und Türen hereinflogen.81 Corral glaubte, dass Karl am 31. August 1558 eine plötzliche Vorahnung seines eigenen Todes gehabt habe, weil »Seine Majestät heute verlangte, aus dem Raum seiner Gemächer, der nach Westen geht, herausgebracht zu werden«. »Während er dort in einem Sessel saß, befahl er, das Porträt der Kaiserin herauszubringen. Nachdem er es eine Weile angestarrt hatte, befahl er, auch Das Gebet im Garten herauszubringen, und er verbrachte lange Zeit in seiner Betrachtung und im Nachdenken. Schließlich bat er um Das Letzte Gericht, und während er es anschaute, wandte er sich, am ganzen Körper zitternd, an Dr. Mathys und sagte: »Doktor, ich fühle mich unwohl.«82

Am folgenden Tag verspürte Karl »ein starkes Frösteln, das sich von seinem Rücken zu seinen Seiten und seinem Kopf hin ausbreitete«, bis ihm nach drei Stunden »allmählich heiß wurde, verbunden mit heftigen Kopfschmerzen«. Laut Dr. Mathys »konnten wir erkennen, dass dieses neue Fieber Seiner Majestät Furcht einjagte, weil er sofort sein Testament überprüfen wollte«. Aber noch bevor er dies tun konnte, »verlor Karl das Gedächtnis, sodass er sich an nichts erinnern konnte, was an diesem Tag geschah«. Als er sich wieder erholte, bekam er rasenden Durst, und obwohl seine Höflinge versuchten, seine Flüssigkeitsaufnahme zu beschränken, »verlangt er ständig, dass wir ihm Wasser geben«. »Niemals«, fügte Quijada hinzu, »habe ich ihn ohne Jacke bekleidet gesehen außer heute, als er nur das Hemd trug und nur mit einer Überdecke die Brust bedeckte … Es

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war so heiß, dass er sich das ­Jäckchen und die Leinensocken auszog.« Er stellte fest, dass »der ganze Körper Seiner Majestät ziemlich gelb aussieht«.83 Am 9. September ordnete Karl an, »ihm die Abschrift seines Testaments, die wir hier haben, vorzulesen, um zu sehen, ob irgendetwas hinzugefügt oder gestrichen werden müsse. Dann verfasste er ein Kodizill.« Es begann mit einer Aufforderung an seinen Sohn, die Ketzerei auszurotten, zusammengefasst in einer Randbemerkung, die lautete: »Lutheraner sind streng zu bestrafen.« Sodann verfügte Karl, dass sein Leichnam in der Klosterkirche beigesetzt werden sollte (obwohl er Philipp ermächtigte, seine letzte Ruhestätte zu bestimmen – vorausgesetzt, sein Körper läge neben dem der Kaiserin). Wenn er in Yuste bliebe, sollte sein Sohn »ein Altarretabel aus Alabaster oder Marmor« beschaffen, auf dem Karl und seine Familie dargestellt sein sollten, »wie sie auf Tizians Gemälde Das Letzte Gericht erscheinen«. Darüber hinaus wies er Philipp an, eine Reihe weiterer »Zuwendungen und Pensionen« zu zahlen, diesmal an jene, die ihm in Yuste gedient hatten. Dann nahm er zum letzten Mal seinen Stift zur Hand und schrieb »Carlos«, was ihm beinahe so schwerfiel wie seine erste Unterschrift fünfzig Jahre zuvor (siehe Abb. 2).84 Die körperliche Verfassung des Kaisers verschlechterte sich nun rapide, er war jetzt »schwach und sehr müde«. Quijada schlug vorsichtig vor, dass »angebracht sein könnte, zu überlegen, was wir tun müssen, sollte Gott wünschen, dass diese Krankheit so weit voranschreitet, dass sein Leben in Gefahr sein könnte«. Seine Umsicht erwies sich als wohlbegründet. Im Laufe der nächsten zwei Wochen erlitt der Kaiser eine kräftezehrende Folge von Schüttelfrost, Krämpfen, Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen und Durchfall; er aß nicht und er klagte beständig über die Schmerzen. Am 19. September »konnten wir Seine Majestät mehr als 22 Stunden nicht dazu bringen, zu sprechen«, und er »sagte später, dass er sich an nichts erinnern könne, was gestern geschah«.85 Am 20. September schien es Karl etwas besser zu gehen, und seine Gedanken wandten sich Barbara Blomberg zu. Obwohl die beiden sich seit ihrer ein Jahrzehnt zurückliegenden Affäre allem Anschein nach nicht getroffen hatten, ließ Karl jetzt Quijada kommen und wies ihn an, einem Sonderkurier »600 Goldkronen aus seiner Privatschatulle zu geben und sie zu verwenden, um eine Rente in Wert von 200 Gulden jährlich für die Person zu kaufen, die er benennen werde«. Als Quijada Philipp dieses rätselhafte Geschenk erklärte, ließ er keinen Zweifel daran, dass der Kaiser von »der Mutter der Euer Majestät bekannten Person« gesprochen hatte, nämlich Gerónimo.86 Anscheinend war das Geschenk die letzte Handlung des Kaisers. Noch am selben Tag traf Bartolomé Carranza in Yuste ein, den Phil­ipp als Erzbischof von Toledo nominiert und nach Spanien zurückgeschickt hatte, um seinem Vater einige vertrauliche Papiere zu übergeben.

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Starb der Kaiser als Lutheraner? Trotz der extremen Rhetorik am Ende seines Lebens – er werde die spanische Inquisition auf die Lutheraner loslassen, drohte der Kaiser – hatte Karl ihnen mitunter seine Gunst bezeigt. Bis zum Erscheinen der Schrift De captivitate Babylonica ecclesiae (»Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche«) scheint er – wie auch einige Angehörige seines Gefolges (darunter sein Beichtvater Jean Glapion) – eine gewisse Sympathie für Luthers Kritik gehegt zu haben. Schon 1525 hatte er gemutmaßt, dass sich vielleicht irgendwann herausstellen werde, »dass Martin Luther doch das Richtige getan hat« (Kap. 7). Im Jahr 1530 leitete Karl feierlich jenen Reichstag, auf dem ein lutherischer Vertreter das Augsburger Bekenntnis verlas, und später billigte er die vorläufige Tolerierung der deutschen lutherisch gesinnten Herrscher. Obwohl er die Lutheraner 1546 angriff, ernannte er kurz danach zwei Männer zu seinen Kaplänen und Hofpredigern, die man später wegen Ketzerei verurteilen würde (Constantino Ponce de la Fuente und Agustín Cazalla), und schlug einen weiteren, Juan Gil (meist Dr. Egidio genannt), als Bischof von Tortosa vor. Die kleine kaiserliche Bibliothek in Yuste umfasste Werke mehrerer Autoren, die später wegen Ketzerei verurteilt wurden (nicht nur Abhandlungen von Constantino, sondern auch von Bruder Luis de Granada und Erasmus; Constantinos Buch wurde nach dem Tod des Kaisers unverzüglich der Inquisition übergeben und Granadas an Ort und Stelle verbrannt). Außerdem besaß Karl vermutlich eine Bibel in Landessprache, ebenso wie seine Schwestern Maria und Eleonore und auch Dr. Mathys. Im Mai 1558 erklärte Mathys, dass »er mit Erlaubnis Seiner Majestät eine französische Bibel aus den Niederlanden mitgebracht hatte«, und fragte bei der Inquisition an, ob er sie »behalten und lesen« dürfe. Die Inquisitoren lehnten ab, und daher »verbrannte ich sie in Anwesenheit des Beichtvaters Seiner Majestät« im darauffolgenden Monat. Sollte Karl ebenfalls eine französische Bibel besessen haben, so verbrannte Mathys sie wahrscheinlich zusammen mit seiner eigenen, denn im Post-mortem-Bestandsverzeichnis von Karls Besitztümern tauchte keine auf. Jedenfalls »traf die Häresie im eigenen ­Gepäck des Kaisers in Yuste ein«, wie José Luis Gonzalo Sánchez-Molero trocken bemerkte.87 Möglicherweise hatte Karl auf seinem Totenbett eine weitere gefährliche Begegnung mit der Ketzerei. Als Teil einer Kampagne, mit der er beweisen wollte, dass Erzbischof Carranza lutherische Neigungen hatte, trug der Großinquisitor Fernando de Valdés eidliche Aussagen von zwanzig Personen zusammen, die die letzten Stunden des Kaisers miterlebt hatten, was diese Stunden zu den am besten dokumentierten seines ganzen Lebens machte. Einige fanden, Karl habe Carranza recht frostig empfangen – vielleicht aufgrund von Gerüchten, dass er der Ketzerei verdächtigt werde. Auf jeden Fall

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waren seine ersten Worte vorwurfsvoll: »Spät kommt Ihr, oh, lange habt Ihr auf Euch warten lassen, Erzbischof.« Aber dann wurde er munterer, und »später fragte er: ›Wie geht es meinem Sohn?‹« Der Erzbischof antwortete: »Gut, Euer Majestät zu Diensten.« Als Nächstes fragte der Kaiser: »Was macht man mit den Ketzern von Valladolid?«, worauf Carranza erwiderte: »Jetzt geht es um sonst nichts als um die Gesundheit Eurer Majestät.« Und »nachdem dieses Wort gesprochen worden war, hatte der Kaiser die Augen geschlossen und sich in sein Kissen zurückgelegt.«88 Carranza zog sich zurück, aber ein paar Stunden später rief Karls Gefolge ihn erneut herbei, weil ihr Herr dem Tod nahe schien. Der Kaiser fragte »nach dem Bildnis des gekreuzigten Christus … das er für diesen kritischen Augenblick schon seit Langem, seit dem Tod seiner Gattin, bereitgelegt hatte; indem er seine Augen auf ihn [Jesus] richtete als Mittel, wie es schien, gegen die Anfechtung des Satans, bat er um Verzeihung für all seine Sünden und empfahl gläubig den Geist seinem Schöpfer«.89 Carranza las nun Psalm 130 »Aus tiefster Not«, und als Karl ihn bat, aufzuhören, beruhigte ihn der Erzbischof: »Eure Majestät setze ihr ganzes Vertrauen auf das Leiden Christi, unseres Erlösers. Alles Übrige ist lächerlich (todo lo demás es burla)«.90 Das klang in den Ohren mehrerer Personen, die um das Bett des Kaisers versammelt waren, wie Luthertum – und als die Inquisition später gegen Carranza wegen Häresie vorging, sollten sie in diesem Sinn Zeugnis ablegen –, aber falls Karl es bemerkte, ließ er sich nichts anmerken. Stattdessen stabilisierte sich sein Puls, und er ruhte bis tief in die Nacht, bevor er unter neuerlichen Krämpfen litt. Carranza eilte zurück und bot ihm das Kruzifix, das die Kaiserin im Sterben gehalten hatte. Ihre Hände berührten sich, während der Erzbischof ihm zusprach: »Mit Jesu Hilfe brauchen Sie sich nicht zu fürchten, noch soll Sie der Teufel mit der Erinnerung an Ihre Sünden verwirren, was er in dieser Situation zu tun pflegt. Setzen Sie Ihre Hoffnung in jenen, der für sie die Sünden bezahlte, denn Eure Majestät als katholischer Christ hat seinen schuldigen Teil schon getan; nach dem Empfang der kirchlichen Sakramente kann ihm nichts Übles mehr passieren.« »Nach seinen schwachen Gesten zu urteilen«, die an dieser Stelle zu beobachten waren, »glaubten einige, diese Worte trösteten Seine Majestät«, aber Carranza wollte mehr. Als ein Edelmann sich neben ihn »ans Fußende des Bettes Seiner Majestät« setzte und sagte: »›Ich bin erstaunt über die Gelassenheit eines sterbenden Mannes, der so viele Dinge getan hat‹, erwiderte der Erzbischof: ›Solche Zuversicht gefällt mir gar nicht.‹« Trotzdem erteilte Carranza ihm die letzte Absolution (ohne eine weitere Beichte – noch ein Regelverstoß, der von anderen prompt vermerkt und später gegen den Erzbischof verwendet wurde), und um zwei Uhr am Morgen des 21. September flüsterte Karl: »Helft mir, ich sterbe.« Mit Carranzas Unterstützung ergriff er mit der einen Hand eine Kerze und mit der anderen das Kruzifix seiner Gattin, »das er

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hochhielt, bis es seine Lippen erreichte«. Nach fünf Krämpfen »tat er einen tiefen Atemzug und sagte: ›Jetzt ist es Zeit‹, und nach zwei oder drei weiteren Atemzügen übergab er seine Seele Gott.«91

Von Tod und Fingern Der Rhythmus und die Heftigkeit von Karls Krämpfen hatten seine Ärzte zu dem Schluss geführt, dass er an »einem sehr starken doppelten Dreitagefieber litt«. Daher intensivierten sie ihre Kur aus Aderlässen und Abführmitteln, womit sie ihren Patienten jedoch nur weiter schwächten. Die eigentliche Ursache seines Leidens konnten sie nicht identifizieren, geschweige denn eine wirkungsvolle Behandlung ersinnen. Was kaum überraschend ist: Der Parasit Plasmodium, der Malaria verursacht, wurde erst 1880 entdeckt; und die Wirksamkeit der Fieberrinde (Chinarinde) gegen Malaria war zwar 1558 bekannt, aber dieses Wissen blieb auf die Quechua-Untertanen des Kaisers im fernen Peru beschränkt. Gewissheit darüber, was den Tod Karls verursacht hatte, erhielt man erst 2004, als ein Ärzteteam klinische Tests an einem abgetrennten Glied von einem Finger Karls durchführte, die »Malaria-Parasiten in großen Mengen« ergaben. Das Team hielt seine Mikroskopaufnahmen für ein »Musterbeispiel der Tropenmedizin oder der Medizingeschichte: Fossile Parasiten waren deutlich sichtbar.« Es ließen sich sogar »zwei Generationen von Parasiten« erkennen, was bewies, dass der Kaiser einen doppelten Malaria-Anfall durch den Erreger Plasmodium falciparum erlitten hatte.92 Karl zog sich die tödliche Krankheit mit ziemlicher Sicherheit erst nach seiner Ankunft in Yuste zu, einer Region, die »bis in die jüngste Zeit eines der besonders malariaverseuchten Gebiete Spaniens blieb«. Laut Dr. Julián de Zulueta, der als Spezialist für die Krankheit die klinischen Tests leitete, könnte Karl erst im August 1558 infiziert worden sein: »In einer Studie zur Malaria-Anfälligkeit der Region wurde in der unmittelbaren Nachbarschaft des Klosters von Yuste eine hohe Dichte von Anopheles atroparvus, dem Hauptüberträger der Krankheit in Spanien, gefunden … Die Zeit des Jahres, in der der Kaiser in Yuste erkrankte, das Ende des Sommers und der Beginn des Herbstes, entspricht der Zeit, zu der P. falciparum in Spanien am meisten verbreitet war.«93

Karls Entscheidung, Fischteiche und einen Springbrunnen in unmittelbarer Nähe seiner Gemächer anzulegen, schuf die perfekte Brutstätte für Stechmücken und deshalb den perfekten Inkubator für die Krankheit, die ihn im Alter von 58 Jahren tötete.

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17  Der Kaiser in Legende und Geschichte Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen. Manchmal fielen mir die Augen, wenn kaum die Kerze ausgelöscht war, so schnell zu, dass ich keine Zeit mehr hatte zu denken: »Jetzt schlafe ich ein.« Und eine halbe Stunde später wachte ich über dem Gedanken auf, dass es nun Zeit sei, den Schlaf zu suchen … im Schlafen hatte ich unaufhörlich über das Gelesene weiter nachgedacht, aber meine Überlegungen waren seltsame Wege gegangen; es kam mir so vor, als sei ich selbst, wovon das Buch handelte: eine Kirche, ein Quartett, die Rivalität zwischen Franz dem Ersten und Karl dem Fünften. Marcel Proust, In Swanns Welt, Frankfurt am Main 1979, S. 11

Seine verstorbene heilige Majestät Ein paar Stunden nach Karls Tod schrieb Luis Quijada (der ihm 37 Jahre gedient hatte), dass »der bedeutendste Mensch, der jemals gelebt hat oder jemals leben wird, soeben in Christi Armen gestorben ist«. Er fügte hinzu: »Ich kann nicht glauben, dass er tot ist.« Mit dieser Weigerung stand er nicht allein. Nicht nur Quijada, auch Luis de Ávila und Martín de Gaztelú »schrien auf und weinten, schlugen sich ins Gesicht und schlugen mit dem Kopf gegen die Wand; sie schienen sich von ihrem Verstand verabschiedet zu haben, wie sie es angesichts des Schmerzes, den sie beim Anblick ihres toten Herrn empfanden, auch tatsächlich getan hatten«. Sechs Monate später sprach in den Niederlanden Karls Bibliothekar Willem Snouckhaert van Schouwenburg schon im Titel seiner unterwürfigen Biografie Kaiser Karls V. von dessen sanctitas oder »Heiligkeit«: De republica, vita, moribus, gestis, fama, religione, sanctitate imperatoris caesaris augusti quinti Caroli, maximi monarchae.2 Die Idee war nicht neu. Die lebenden Bilder, mit denen im Jahr 1515 Karls Einzug in Brügge gefeiert wurde, verglichen ihn mit Christus (Kap. 3 und Abb. 7). Es gab Skulpturen, die ihn als einen der Heiligen Drei Könige darstellten, und sogar Prophezeiungen befassten sich mit ihm. Eine besonders bemerkenswerte, ebenfalls aus dem Jahr 1515, besagte, dass der junge Prinz die Engländer und die Italiener besiegen werde, dass er Rom durch Feuer zerstören und Jerusalem erobern werde. »Niemand wäre in der Lage, ihm zu widerstehen«, fuhr die Prophezeiung fort, »denn Gottes Arm wäre mit ihm, und er würde … die Universalherrschaft über die Erde erringen.«3 Im Jahr 1532 sah sich Karl mit zwei Menschen konfrontiert, die für sich in Anspruch nahmen, der Messias zu sein. Einer von ihnen war Sultan Süleyman I., der nun anfing, einen der päpstlichen

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Tiara ähnlichen Prunkhelm mit vier Kronen zu tragen, der die Herrschaft des letzten Weltregenten symbolisierte, und den Titel Sahib-kiran, »Welteroberer«, benutzte. Süleyman beflügelte historische Werke und Prophezeiungen gleichermaßen, die ihn sowohl mit seinem Namensvetter Salomo als auch mit Alexander dem Großen verglichen. Wieder andere priesen ihn als einen Mudschaddid, einen »Erneuerer«, jene eschatologische Figur, die in jedem Zeitalter auftritt, um die islamische Gemeinschaft zu »erneuern«. Derweil gewährte Karl, während er sich auf den Kampf gegen den Sultan vorbereitete, Salomon Molcho eine Audienz, einem portugiesischen Konvertiten zum Christentum, der zum Judentum zurückgekehrt war und sich selbst beschnitten hatte. Er kam mit »einem hebräischen Banner nebst Schild und Schwert, die im Namen des hebräischen Gottes geweiht waren« und die er zu benutzen gedachte, wenn er »all die Juden zum Krieg gegen die Türken« führen würde. Laut dem Nuntius Aleandro (der Molcho ebenfalls traf und sofort eine Abneigung gegen ihn empfand) »hörte Seine Majestät ihm zwei Stunden lang höchst aufmerksam zu und fragte ihn nach vielen Dingen«, offensichtlich beeindruckt vom Charisma des Besuchers. Aber am folgenden Tag änderte Karl seine Meinung und ließ ihn verhaften. Molcho wurde nach Italien geschickt, wo er auf dem Scheiterhaufen brannte.4 Bald danach erlangte »unser großer König Karl V.« in Teilen Mexikos einen halbgöttlichen Status, weil er vielen indigenen Gemeinschaften »als Erster Herrschaftsgewalt und Erbvermögen gewährte«, und in ihren (Stadt-)Gründungsurkunden sagten sie in einem Atemzug ihm und der Heiligen Dreifaltigkeit ihren Dank.5 In Spanien bemerkten die Mönche von San Lorenzo de El Escorial, als sie im Jahr 1654 kurz vor der Überführung Karls in das neue Pantheon der Könige seinen Sarg öffneten, dass der Leichnam des Kaisers »69 Jahre nach seinem Tod noch unversehrt war«. Sie folgerten, dass »ein derart bedeutungsvolles Zeichen das Werk einer höheren Macht sein müsse, und weil es sich auf natürliche Weise zugetragen hatte, sei es eines dieser seltenen Vorkommnisse, welche die Grenzen der natürlichen Welt überschreiten« – mit anderen Worten: ein kleines Wunder. Ein Jahrhundert später berichtete ein Reisender, der Karls Grab in dem Pantheon besuchte, dass »die hiesigen Mönche ihn für einen Heiligen halten«.6

Totengedenken Als die Nachricht von Karls Tod sich verbreitete, gedachte man in aufwendigen Trauerfeierlichkeiten seines Lebens und seiner Leistungen. Laut Gregorio Leti fand an über 2400 Orten eine kirchliche Prozession statt und wurde ein Katafalk zu Ehren des verstorbenen Kaisers errichtet – 527 in Spanien, 328 in Neapel, 292 im Kirchenstaat und so weiter –, und vielerorts war »das Menschengewühl so

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groß, dass es schien, als hätte sich die ganze Welt versammelt«.7 Eigens gedruckte Flugschriften schilderten die Gedenkfeiern in Valladolid (wo Karls Enkel Don Carlos der Haupttrauernde war) und in Brüssel (wo sein Sohn Philipp residierte), die beide im Dezember 1558 stattfanden, sowie in Augsburg (wo sein Bruder Ferdinand Regie führte über »eine große Totenfeier«) am 24. Februar 1559, Karls Geburtstag.8 Nicht zuletzt, weil sie aus unterschiedlichen Bestattungstraditionen schöpften, unterschieden sich diese Veranstaltungen erheblich voneinander. So entwarf Juan Calvete de Estrella für die Begräbniszeremonie in Valladolid einen kunstvollen Katafalk. Er zeigte die Demütigung der deutschen Lutheraner im Jahr 1547, Karls Eroberungen in Amerika und Afrika, die Einnahme der Städte Thérouanne und Hesdin aus französischer Hand sowie Szenen aus Le chevalier délibéré. Unterhalb des Mottos ANIMO INVICTO (»unbesiegter Geist«) fand sich eine Darstellung Ingolstadts mit den zwei einander gegenüberliegenden Feldlagern. In einem davon erschien der Kaiser im Eingang seines Zeltes in voller Rüstung inmitten zahlloser Kanonenkugeln, die vom Feind abgefeuert wurden und zu seinen Füßen und in der Nähe seines Zeltes einschlugen. Seine Miene war fest und mannhaft, ohne eine Spur von Furcht, vielmehr ermunterte und ermutigte er seine Männer.«9 Gewiss waren dies die Leistungen, die auch Karl selbst ausgewählt hätte (Abb. 37). Im Gegensatz dazu enthielt das zur Erinnerung an die Brüsseler Zeremonie veröffentlichte Buch lediglich einen kurzen Begleittext (der Übersetzungen in fünf Sprachen erleichterte) zu 34 aufwendigen (und in einigen Exemplaren handkolorierten) Doppelseiten, die Philipp und die Ritter vom Orden des Goldenen Vlieses zeigten, wie sie in einer Prozession vom Coudenberg-Palast durch die Straßen Brüssels zur Kathedrale St. Michael und St. Gudula schreiten, wo Karl vier Jahrzehnte zuvor zum König von Kastilien, Aragón, Neapel und Sizilien ausgerufen worden war (Abb. 36). Nach dem anschaulichen Bericht, den Richard Clough, ein englischer Augenzeuge, lieferte, folgte das Ritual genau der Tradition: »Nach dem Gottesdienst ging ein Adliger zu dem Leichenwagen (soweit ich erkennen konnte, war es der Prinz von Oranien). Als er vor dem Leichenwagen stand, schlug er mit seiner Hand an die Truhe und sagte: ›Er ist tot.‹ Nachdem er eine Weile reglos dagestanden hatte, sagte er: ›Er wird tot bleiben.‹ Und dann, nach einem kurzen Moment des Innehaltens, schlug er noch einmal dagegen und sagte: ›Er ist tot, und an seiner Stelle ist ein anderer emporgestiegen, größer, als er je war.‹«

Anschließend trat einer der Ritter vor, und in einer dramatischen Geste zogen seine Ordensbrüder ihm die Kapuze zurück, und zum Vorschein kam Philipp,

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der die Prozession durch die Straßen von Brüssel zurück zum Palast führte. »Es war gewiss ein Anblick, der es wert war, 100 Meilen zurückzulegen, um ihn zu erleben«, schrieb Clough bewundernd. »Ich glaube, so etwas wurde noch nicht gesehen.«10 Mag Gregorio Leti auch die Zahl der Totenfeiern für Karl in Europa übertrieben haben, überging er doch die in Amerika veranstalteten. In Lima begann der Vizekönig von Peru, als er im Juli 1559 erfuhr, »dass Seine Majestät tot ist«, augenblicklich mit den Vorbereitungen, wobei ihm als Vorbild die Katafalke für die verstorbenen Mitglieder der königlichen Familie dienten, die er in Spanien gesehen hatte. Am 11. und 12. November 1559 erwies eine Prozession von etwa 250 Menschen dem Verstorbenen an dem schlichten hölzernen Katafalk, der mit Flaggen und Schilden geschmückt war, welche die kaiserlichen Besitzungen symbolisierten, die letzte Ehre. Auch wenn das offizielle Protokoll der Feierlichkeiten handschriftlich blieb, weil es in Lima noch keine Druckerpresse gab, bildeten sie nach einer Generation der Eroberung, des Chaos und des Bürgerkriegs ein beeindruckendes Symbol der Integration der Stadt und des Vizekönigreichs in die spanische Monarchie.11 Weit prachtvollere Exequien fanden am 30. November 1559 in Mexiko statt. An diesem Tag, dem Andreastag, hatte Karl gewöhnlich ein Bankett für Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies gegeben. Vor einer Menge von schätzungsweise 40 000 Menschen schritt der Vizekönig an der Spitze einer Prozession zu einem Katafalk, der auf Latein und Spanisch die Taten des verstorbenen Herrschers rühmte, vornehmlich jene, die er in Amerika vollbracht hatte. Ein Chor sang die Motette Circumdederunt me von Cristóbal de Morales, der Karl 1536 begegnet war – ein treffendes Beispiel für die transatlantische Kultur, die unter dem Kaiser blühte. Neun der 22 gemalten Szenen auf dem Katafalk enthielten direkte Verweise auf die Eroberung. Ein Bild zeigte »Ferdinand von Kastilien« (statt richtig: Ferdinand von ­Aragón), wie er vor dem Papst kniet und »mit beiden Händen eine Neue Welt empfängt«. Auf einem anderen waren Moctezuma und Atahualpa zu sehen, die »Kaiser dieser Neuen Welt«, wie sie vor Karl knien »mit heiteren Gesichtern, an denen abzulesen war, dass sie froh waren, besiegt worden zu sein«. Eine dritte Darstellung feierte die Tatsache, dass »der Kaiser in Mexiko eine Universität geschaffen hatte, um die einheimische Bevölkerung zu unterweisen und zu erziehen«. Die Konstruktion war so angemalt, dass sie wie Tezontle aussah, das heimische rote Lavagestein, welches für den Wiederaufbau von Mexiko-Stadt verwendet wurde. Weitere lokale Bezüge deutet eine Zeichnung des Katafalks an, auf der ein Skelett zu sehen ist (in der aztekischen Überlieferung begleitete ein Skelett den toten Herrscher in die Unterwelt). Die Kombination von Elementen aus der kolonialen wie der präkolonialen Überlieferung offenbarte, dass zwar Spanier den Katafalk entworfen hatten und uns

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eine Beschreibung von ihm hinterließen, die Malereien aber das Werk von indigenen Studenten des Colegio de Santa Cruz de Tletelolco waren.12 In Spanien ließen die Testamentsvollstrecker des Kaisers die 30 000 Messen lesen, die er für seine Seele erbeten hatte, und begannen mit der Verteilung der 30 000 Dukaten in Gold, die er in einer verschlossenen Truhe in der Festung von Simancas deponiert hatte, um Vermächtnisse an Kriegsgefangene, arme Jungfrauen und Bedürftige auszuzahlen (Kap.15). Tatsächlich ist es möglich, die Zahlungen zu den einzelnen Zwecken nachzuverfolgen: Viele kastilische Klöster schickten Zertifikate mit genauen Angaben zu Anzahl und Häufigkeit der von ihnen gehaltenen Messen. Die Beamten, die man zum Freikauf von Gefangenen nach Nordafrika entsandte, führten ebenfalls genau Buch. Und mehrere Bischöfe schickten Listen derjenigen, die sie für würdig und arm genug erachteten, um von der kaiserlichen Großzügigkeit zu profitieren.13 Als weit schwieriger erwies sich die Begleichung der anderen Vermächtnisse Karls. Im Juli 1559 stellte Philipp den Testamentsvollstreckern seines Vaters 80 000 Dukaten zur Verfügung, aber es stellte sich bald heraus, dass Karl weit mehr schuldete – und nicht nur seinen eigenen Bediensteten, sondern auch den Gläubigern seiner Eltern und Großeltern, »weil er große Kriege geführt und viel Geld ausgegeben hatte, seit er geschworener König von Kastilien und Aragón war«, und deshalb nicht über die finanziellen Mittel verfügt hatte, ihre Vermächtnisse zu erfüllen. Die Testamentsvollstrecker erinnerten Philipp daran, dass »sechzehn Monate vergangen sind, seit Seine kaiserliche Majestät starb, doch nicht ein Groschen ist ausgegeben worden, um die in seinem Testament niedergelegten Verpflichtungen abzugelten«  – aber sie schrieben vergeblich. Als sie im Jahr 1579 erneut mehr Geld verlangten, um die Gläubiger des Kaisers auszuzahlen, erwiderte der König herablassend: »Ich wäre gewiss liebend gerne imstande, das sofort zu erledigen, aber es gibt so viele andere Verpflichtungen und so wenig Geld für sie.« Stattdessen schlug er vor: »Es wäre gut, herauszufinden, ob von den Vermögenswerten Seiner Majestät noch irgendetwas übrig ist, wovon seine Schulden bezahlt werden könnten.«14 Auf solche Weise sollten sich die Bemühungen dieser und nachfolgender Exekutoren, sämtliche Schulden des Kaisers zu bezahlen, noch bis weit ins 17. Jahrhundert hinein fortsetzen.

Der lange Schatten des Kaisers Philipps Erwiderung versinnbildlichte seine zwiespältigen Gefühle für seinen Vater. In der Öffentlichkeit zeigte er stets tiefen Respekt. Im Jahr 1572 gab er grünes Licht für die Erschaffung einer Trauergruppe aus sieben Figuren (seine Eltern und ihre beiden früh verstorbenen Söhne sowie seine Tanten Eleonore und

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Maria und seine Schwester María). Das Ergebnis waren die von Pompeo Leoni und seinem Atelier gegossenen vergoldeten Bronzestatuen in Überlebensgröße, die heute neben dem Hochaltar in El Escorial knien, als hätten sie sich den Mönchen im immerwährenden Gebet angeschlossen. Rosemarie Mulcahy hielt sie für »die eindrucksvollsten Grabskulpturen in der europäischen Kunst«.15 Zwei Jahre später gab Philipp 318 Dukaten für die Überführung von Karls Leichnam aus Yuste in den Escorial aus, und er widmete mehrere Stunden der Entscheidung, wie die Inschrift auf dem Sarg des Kaisers lauten sollte. Als der König im Jahr 1577 verschiedene Baumaßnahmen am königlichen Alcázar von Sevilla vornehmen ließ, gehörte dazu auch eine Reihe herrlicher Kachelbilder (azulejos), mit denen der Hochzeit seiner Eltern gedacht werden sollte, die dort vor 51 Jahre stattgefunden hatte. Und am 20. und 21. September 1584 stellte ein Minister fest, dass Philipp seine Schreibarbeit vernachlässigt hatte, »weil er gestern die Vesper besuchte und heute an Gottesdiensten zum Jahrgedächtnis an seinen Vater teilnahm«.16 Privat zeigte der König weniger Enthusiasmus. So stellte er niemals die prachtvolle, lebensgroße Bronzestatue Karls V. als römischer Kaiser zur Schau, die 1549 bei Leone Leoni in Auftrag gegeben worden war (Abb. 29). Sie blieb stattdessen in der Madrider Werkstatt, wo sie entworfen und gegossen worden war. Und Tizians großes Gemälde Kaiser Karl V. in der Schlacht bei Mühlberg (Abb. 25) ließ er im Depot des Madrider Alcázar. Weniger ambivalent war Philipps Haltung gegenüber dem väterlichen Erbe, wenn es um die Kunst des Regierens ging. Als er im Jahr 1574 glaubte, er müsse Spanien verlassen, suchte er nach Karls Anweisungen »aus der Anfangszeit meiner Regierung im Jahr 1543«  – in der Erwartung, »in dem Rat, den der Kaiser damals in seiner eigenen Handschrift für mich niederlegte«, eine nützliche Orientierungshilfe zu finden.17 Augenscheinlich lernte der König auf politischem Feld noch mehr von seinem Vater, etwa, wie man dem Papst passiv-aggressive Briefe schrieb. Als Pius V. im Jahr 1569 seine Wünsche zu ignorieren schien, wies Philipp den spanischen Gesandten in Rom an: »Wenn Ihr allein seid, werdet Ihr in meinem Namen Protest erheben, dass jeder dadurch und durch die Weigerung Seiner Heiligkeit, mir zu glauben und [entsprechend] zu handeln, verursachte Schaden auf seinem Gewissen und nicht auf meinem lasten wird« – eine Ausdrucksweise, die dem Kaiser zweifellos gefallen hätte.18 Gefährlicher war, dass Philipp auch die umfassende messianische Vision seines Vaters erbte. Beide Herrscher glaubten, dass Gott sie damit betraut habe, seine Absichten für die Welt zu verwirklichen, und dass er ihnen eigens besonderen Schutz gewährt habe, damit sie diese Ziele auch erreichten (obschon der Weg dorthin lang, unklar und steinig sein konnte). Beide Herrscher glaubten daran, dass Gott bei Bedarf jede Kluft zwischen Mitteln und Wegen mit einem Wunder überbrücken würde – eine Gewissheit, die sie verleitete, törichte Risiken

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einzugehen. Dreißig Jahre nach Karls katastrophaler Entscheidung, gegen den Rat seiner Experten den Angriff auf Algier unbeirrt fortzusetzen, befahl Philipp 1571 – wiederum gegen den Expertenrat – den schwierigen amphibischen Angriff auf England, weil »mein Herz so daran hängt und ich so überzeugt bin, dass Gott, unser Erlöser, ihn bereitwillig zu Seinem eigenen Anliegen machen muss, dass ich nicht davon abzubringen bin«. Und 35 Jahre nach der ebenso desaströsen Entscheidung des Kaisers, Metz zu belagern, befahl Philipp im Jahr 1587 der Armada, gegen England zu segeln, obwohl »wir uns des Risikos völlig bewusst sind, das wir eingehen, wenn wir im Winter eine große Flotte über den Kanal schicken, ohne einen sicheren Hafen«. Seinen Befehlshabern versicherte er, dass »Gott gutes Wetter schicken wird, weil alles um Seiner Sache willen geschieht«.19 Schließlich fiel es beiden, Vater und Sohn, schwer, ihren Stolz zu schlucken und eine Niederlage einzuräumen, wenn ein solches Eingeständnis ihre »Reputation« gefährden konnte. Karl beschloss, mit der Belagerung von Metz weiterzumachen, denn »wenn wir dieses Unternehmen aufgeben, werde ich meine Armee auflösen müssen, nachdem ich so viel Geld ausgegeben habe, ohne irgendetwas zu erreichen. Ich habe daher entschieden, noch mehr zu investieren, und warte ab, was Gott gefällt, uns zu geben, statt aufzugeben, ohne zu sehen, was das Schicksal bringt.« Sein Sohn handelte nach derselben Logik, als er sich daranmachte, den niederländischen Aufstand zu unterdrücken: »Ich hege keinen Zweifel, dass, wenn die Kosten des Krieges [in den Niederlanden] weiter auf ihrem gegenwärtigen Stand bleiben, wir nicht in der Lage sein werden, ihn durchzuhalten; aber es wäre eine große Schande, wenn wir, nachdem wir so viel investiert haben, jede Chance verlören, mit ein paar wenigen weiteren Aufwendungen vielleicht alles wiederzuerlangen.«20 Karls Vision prägte noch lange danach das strategische Denken. Mindestens 28 handschriftliche Kopien des »Großen Politischen Testaments« von 1548 sind erhalten. Der spanische Gesandte in Savoyen hatte im Jahr 1600 offenbar eine davon vor sich liegen, als er seinen Souverän, Philipp III., daran erinnerte, »was Seine Majestät der Kaiser in den Anweisungen, die er dem verstorbenen König, unserem Herrn [Philipp II.], gab, über die Pläne der Franzosen und das Misstrauen, das man jedem mit ihnen geschlossenen Frieden entgegenbringen muss, sagte«. Er konnte nicht genug betonen, dass dieser auf den Prinzipien göttlicher Vorsehung beruhende Rat weiterhin galt. Sechs Jahre später druckte Prudencio de Sandoval in seiner erfolgreichen Historia de la vida y hechos del Emperador Carlos V (»Geschichte des Lebens und der Taten des Kaisers Karl V.«) Karls Ratschläge an Philipp in voller Länge ab. Fortan konnte jeder sie lesen, bewundern und sich zur Richtschnur machen.21 Der Kaiser tauchte posthum mancherorts und in mancherlei Zusammenhängen wieder auf. Lope de Aguirre, der »grausame Tyrann«, der in Peru viel

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Unterstützung fand, als er 1561 eine Rebellion anführte, richtete seine förmliche Kriegserklärung an »König Philipp, Spanier von Geburt, Sohn des unbesiegbaren Karl«. Alarmiert durch die schnelle Ausbreitung des Protestantismus in den Niederlanden ermahnte ein paar Jahre später der unnachgiebige Augustinermönch Lorenzo de Villavicencio Philipp eindringlich, dass »die heiligen Gebeine des Kaisers, Eures Vaters, Klage führen und sein Geist Gottes Strafe für Euch verlangen wird, wenn Ihr den Verlust dieser Provinzen zulasst, ohne die Spanien nicht in Sicherheit leben kann«. Positiver waren zwei ellenlange Versepen, mit denen in den 1560er-Jahren Jerónimo Sempere und Luis Zapata de Chaves die Taten Karls besangen (La Carolea, 1560, und Carlos famoso, 1566). Und Luis de Ávila y Zúñiga fügte der Marmorbüste des Kaisers im »Karl-Salon« seines Palastes in Plasencia die triumphalistische Inschrift hinzu: Karl V Das genügt, denn Die ganze Welt weiß den Rest.22

Im Jahr 1568 bat der Graf von Olivares, der Karl auf dem Tunisfeldzug begleitet hatte und jetzt seine Bildersammlung in Sevilla ausbauen wollte, den Herzog von Parma, Ottavio Farnese, »mir ein Gemälde des Kaisers zu besorgen, wie er in voller Rüstung die Elbe überquert, denn es ist nicht gerecht, dass diejenigen, die ihm dienten, kein Exemplar eines so schönen Bildnisses haben sollen. Ich glaube, Tizian besitzt die Originalkopie davon, und da er nicht weit von Eurer Exzellenz entfernt lebt, beauftragen Sie ihn bitte, eine Kopie für mich anzufertigen.« In seinem Postskriptum behauptete er, dass »die ganze Welt die Pflicht hat, sich der Taten eines so tapferen Fürsten und glücklichen Kaisers zu erinnern«. Und als Philipp im Jahr 1570 für seinen Bruder, Don Juan, Ratschläge dazu zusammenstellte, wie die aufständischen Morisken von Granada niederzuwerfen seien, endete er mit den Worten: »Ich sage Euch das als jemand, der Euch liebt und möchte, dass Ihr in allem erfolgreich seid, denn Ihr seid unseres Vaters Sohn.« Im Jahr 1588 sanken dann vor den Küsten Schottlands und Irlands mehrere Schiffe der spanischen Armada, die schwere Geschütze an Bord hatten, die einst von Gregor Löffler aus Augsburg gegossen und nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes beschlagnahmt worden waren. Jedes einzelne davon wies Karls kaiserliche Insignien auf (Abb. 38). Im darauffolgenden Jahr nahm Alonso de Ercilla, der als Junge eine Zeit lang in Karls Umfeld verbracht hatte, fünfzehn Hinweise auf »Karl den Großen« und »den großen Kaiser, den unbesiegbaren Karl«, in sein Versepos über die Eroberung des Gebietes auf, das heute Chile ist: La Araucana.23 Auch nach dem Tod derer, die ihn persönlich gekannt hatten  – Barbara Blomberg starb 1597, Philipp II. 1598, Karls Tochter María 1603 –, zog der Kaiser

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weiterhin wohlwollende Kommentare auf sich. Im Jahr 1604 pries Gerónimo de Mendieta in seiner Geschichte der Evangelisierung Mexikos »den höchst frommen Kaiser Karl V. unsterblichen Angedenkens«. Als Prudencio de Sandoval zwei Jahre später in seiner Historia Karls Beisetzung in Yuste schilderte, hielt er fest, dass diejenigen, die ihn kannten, »viele Tränen vergossen, als sie in beerdigten«, und fügte hinzu: »und sie hatten allen Grund dazu, denn auch ich, der ich von seinem Leben nur wusste, was ich darüber gelesen hatte, vergoss Tränen«. Im Jahr 1611 lautete Sebastián de Covarrubias Eintrag zu Karl in seinem Tesoro de la lengua castellana, o española, einem Wörterbuch des Spanischen: »Wir hatten fünf Kaiser dieses Namens, und der fünfte war Karl, Herrscher der Welt.« Kurz danach trat der Kaiser zweimal in Miguel de Cervantes’ Don Quijote in Erscheinung (als der »unbesiegbare Karl der Fünfte« wegen seiner Eroberung der Festung La Goletta bei Tunis 1535 und als der »große Kaiser Karl der Fünfte« anlässlich seines Rombesuchs im darauffolgenden Jahr). Im Jahr 1638 lenkte der Conde-Duque de Olivares, erster Minister Philipps IV., das Augenmerk seines Herrn auf den baufälligen Zustand der »königlichen Gemächer« in Yuste. Er bat um die Ernennung zum Hüter des dortigen »kaiserlichen Palastes«, um ein entsprechendes Restaurierungsprogramm zu beaufsichtigen, das dem ersten und einzigen Bewohner der Räumlichkeiten ein würdiges Denkmal setzen sollte. Olivares kopierte später viele der Besonderheiten von Yuste in dem Palast- und Klosterkomplex, den er auf seinem eigenen Besitz in Loeches errichtete.24 Auch in den Niederlanden blieb das Ansehen des Kaisers im Volk hoch dank solcher Werke wie De heerlycke ende vrolycke daeden van keyser Carel den V. (»Die heldenhaften und vergnüglichen Taten Kaiser Karls V.«). Dieses erstmals 1675 auf Französisch und Holländisch erschienene Buch präsentierte den Kaiser als »den würdigsten Helden«, den man sich nur zum Vorbild nehmen könnte. Und beim Durchforsten der Legenden, Anekdoten, Märchen und Rätsel in holländischer Sprache kamen 1999 tatsächlich rund 160 Titel über den »guten alten Karl« zusammen.25 Öffentliche Denkmäler zu Ehren des Kaisers entstanden noch lange nach seinem Tod – wie etwa die lebensgroße Statue, die 1630/31 in Palermo errichtet wurde (Abb. 21). Der Dominikaner Tommaso Campanella schlug in seiner Abhandlung über Größe und Bedeutung der spanischen Monarchie gar vor, eine Statue von Karl am Südpol zu errichten – als Zeichen dafür, dass seine Herrschaft die gesamte Welt umspannt hatte: wahrhaftig plus ultra.26 Ebenso bemerkenswert ist, dass spätestens ab den 1590er-Jahren handschriftliche Kopien in italienischer, deutscher und englischer Sprache von einem Dokument in Umlauf waren, das den Titel trug: »Die letzten Instruktionen, die Kaiser Karl der Fünfte vor seinem Tod seinem Sohn Philipp gab«. Um 1750 existierten dann mindestens fünfzig handschriftliche Exemplare und zwei Druckausgaben des Textes.

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Allesamt waren sie Fälschungen oder basierten auf Fälschungen – der Kaiser hat ein solches Schriftstück nie verfasst. Aber der Ruhm seiner Lebensleistungen in Kombination mit der weiten Verbreitung seiner echten Anweisungen erzeugte augenscheinlich eine beinahe mythische Autorität, die es lohnenswert machte, Karls Namen einem Dokument anzuheften, das von jemand anderem geschrieben worden war.27 Anscheinend galt dasselbe auch noch im 20. Jahrhundert. Das faschistische Regime des Generals Francisco Franco ermunterte die spanischen Historiker, Karl als bedeutenden Einiger und als Inbegriff spanischer Werte zu sehen: Im Jahr 1942 gründete die Universität Valladolid ein »Seminar zur Geschichte des Reiches«, dessen Aufgabe die Veröffentlichung relevanter Dokumente aus dem Archiv von Simancas sein sollte. 1958 dann organisierte ein »Hundertjahrkomitee« Gedenkkonferenzen, beaufsichtigte die Instandsetzung der Paläste Karls V. in Yuste und Granada und inszenierte am 21. September im Escorial ein Jahrgedächtnis, dem Franco persönlich beiwohnte. Ein bedeutender Absolvent des »Seminars zur Geschichte des Reiches«, Manuel Fernández Álvarez, wurde ein begeisterter Förderer der »europäischen Vision Karls V.« und stilisierte den Kaiser zum »großen Vorläufer der politischen Einheit des christlichen Europas«.28 Damit stand er nicht allein. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle hielt 1962 eine Rede, in der er den Kaiser unter diejenigen einreihte, die »den alten Traum der Einheit« Europas verfolgt hatten. Und drei Jahre später veröffentlichte Vicomte Charles Terlinden den reich illustrierten Band Carolus Quintus. Charles Quint, empereur des deux mondes. Das Buch erlebte neunzehn Auflagen und wurde in sieben Sprachen veröffentlicht. Eine deutsche Ausgabe erschien 1978 in Zürich: Carolus Quintus. Kaiser Karl V., Vorläufer der europäischen Idee. Terlindens Sichtweise des Kaisers als eines Wegbereiters des vereinten Europas überzeugte augenscheinlich die Regierungen von Belgien und Spanien. Beide gaben nämlich in den 1980er-Jahren (als es so aussah, als würde der Écu und nicht der Euro die europäische Gemeinschaftswährung werden) Écu-Münzen mit dem Bildnis Karls aus. Die Münzen zeigten Karl, wie Tizian ihn dargestellt hatte: zu Pferde bei Mühlberg, wo seine spanischen Truppen den deutschen Lutheranern eine vernichtende Niederlage zufügten – ein seltsam polarisierendes Motiv, das hier für die Europäische Union ausgewählt wurde. Und noch im Jahr 1994 hielt Enrique Barón Crespo, der vormalige Präsident des Europäischen Parlaments, einen Vortrag mit dem Titel »Das Europa Karls V. und das Europa von Maastricht«. Darin behauptete er, dass Karl »ein Europa schuf, das im Wesentlichen mit der Europäischen Gemeinschaft von heute übereinstimmte mit Ausnahme von Frankreich« – eine so erhebliche Ausnahme, dass sie die Parallele ab absurdum führte.29

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Der Kaiser und seine Kritiker De Gaulle, Terlinden und Barón Crespo, sie alle ignorierten die Mahnung von Peter Rassow aus dem Jahr 1958: »Wer will eine gescheiterte Persönlichkeit als ideellen Führer anerkennen? Der historische Karl eignet sich nicht zur Galionsfigur für das Schiff der Europabewegung.« Sie ignorierten ebenso die zeitgenössische Kritik an Seiner verstorbenen heiligen Majestät. In Italien etwa verspottete eine in kalabrischem Dialekt verfasste »Farce« (ein Possenspiel) die Stippvisite des Kaisers in der Stadt Cava de’ Tirreni (zwischen Salerno und Neapel) im Jahr 1536. In »Der Empfang des Kaisers in Cava«, dessen Einwohner auf der Bühne oft als dumme und streitlustige Bauerntölpel dargestellt wurden, trat der Kaiser als tedeschino (»deutsches Kerlchen«) auf, dem »Mit Geld geht alles« auf der Stirn geschrieben stand und das eine beachtliche Geringschätzung für seine Untertanen zeigte. So beleidigte er die Bürger, indem er sich weigerte, die lokalen Delikatessen zu probieren (eine Wurst und ein Glas Wein) und den zahlreichen lokalen Reliquien seine Verehrung zu erweisen (zu denen angeblich ein halbes Ohr von Balaams Esel gehörte und ein Nieser aus der Nase Christi höchstpersönlich, der in einer Phiole aufbewahrt wurde).30 Einige französische Autoren gingen noch weiter und stellten Karl als existenzielle Bedrohung dar. Der Chronist Claude Haton, der kurz nach dem Tod des Kaisers schrieb, behauptete, dass »Frankreich ihn mit Recht seinen Attila nennen könnte, mit anderen Worten: seinen großen Feind und Verfolger«. Die meisten Protestanten empfanden genauso. John Knox erinnerte sich in seiner History of the Reformation in Scotland mit Stolz daran, dass er – während er sich 1554 als Flüchtling in Deutschland aufhielt – den Kaiser »nicht weniger einen Feind Christi, als Nero je einer war«, genannt habe, weil er »die Götzenverehrung unterstützt und befördert«.31 Auch in Spanien hatte der Kaiser durchaus Kritiker. Ginés de Sepúlveda lastete in seiner in den 1560er-Jahren vollendeten Historia de Carlos V dem Kaiser an, zu viele Kriege geführt (»manche davon, weil sie zur Verteidigung notwendig waren, während andere, wenngleich für eine gerechte Sache geführt, weniger notwendig waren«) und durch deren Kosten seine Untertanen arm gemacht zu haben. Weitere Kritikpunkte betrafen seine Sturheit (»wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hatte, war es sehr schwierig, ihn davon abzubringen«), die Gewohnheit, Befreiungen von den Gesetzen gegen Geld zu verkaufen, die Konsultation mit zu wenigen Staatsmännern in seinen späteren Jahren und Karls Weigerung, nach seinem 50. Geburtstag Staatsangelegenheiten noch umgehend zu erledigen, »denn er litt an Melancholie«. Wie zu erwarten, verweigerte Philipp II. Sepúlvedas Text die Druckgenehmigung.32 Im Jahr 1611 veröffentlichte dafür Antonio Daza, ein in Valladolid lebender Franziskaner, eine Geschichte seines Ordens, in der er auch mehrere Traumbilder

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von Mitbrüdern wiedergab. Darunter war eine Vision, die der Mönch Gonzalo Méndez in seiner Zeit als Prediger in Guatemala gehabt hatte. Darin hatte er die Seele des verstorbenen Kaisers »vier Jahre nach seinem Tod«, das heißt im Jahr 1562, ins Paradies aufsteigen sehen. Nach Dazas Ansicht hatte Gott Karl so lange im Fegefeuer schmachten lassen, »weil er Luther nicht bestrafte, als er ihn hätte kriegen können« – nämlich auf dem Reichstag zu Worms. Wobei »Cäsars Glück« anscheinend auch im Reich der Vorstellungskraft obsiegte: Kurz nach dem Tod seines Namensvetters Karls des Großen war von Traumbildern berichtet worden, wonach er in der Hölle schmorte und »ein Tier an seinen Genitalien zerrte«.33 Wie vorauszusehen, standen die meisten protestantischen Autoren späterer Zeiten dem Kaiser feindselig gegenüber. Als der schottische Philosoph und Historiker David Hume erfuhr, dass sein Kollege William Robertson beabsichtigte, eine Biografie Karls zu schreiben, wendete er ein, dass deren »Held, der die einzige Verbindung ist, von keinem großen Interesse« sei. Außerdem seien, »obschon einige Teile der Geschichte unterhaltsam sein mögen, viele unergiebig und wertlos; und das Ganze scheint nicht sehr viel Charme zu haben«. Robertson blieb trotzdem dabei und hatte Erfolg: Seine dreibändige History of the reign of the Emperor Charles V, veröffentlicht 1769, wurde bald ein Standardwerk, mit Übersetzungen ins Deutsche (1770/71), Französische (1771), Russische (1775–1778), Italienische (1836), Arabische (1842) und schließlich Spanische (1846). Der Autor hatte sich eine Vorauszahlung von 3 500 Pfund für das Buch gesichert – eine unerhörte Summe –, und die Veröffentlichung »besiegelte seinen Ruf als der führende Historiker in Europa«. Robertson rühmte in seinem Werk die »umsichtige und wohlüberlegte Sorgfalt«, die Karl »jedem Thema, welches seine Betrachtung erheischte«, gewidmet habe, erkannte aber zahlreiche »Fehler in seinem politischen Charakter«. Insbesondere sei »sein Ehrgeiz unersättlich« gewesen und habe er »ständige Kriege« geführt, »die nicht nur seine Untertanen erschöpften und bedrückten, sondern ihm auch wenig Muße ließen, der Innenpolitik und der Verbesserung seiner Reiche Aufmerksamkeit zu schenken«. Vor allem aber habe er sich Dinge vorgenommen, »die so verwickelt und schwierig waren, dass er, wenn er glaubte, seine Macht sei ihrer Ausführung nicht gewachsen, oft auf niedere, seiner überragenden Talente unwürdige Listen zurückgriff und gelegentlich auf Pfaden von der Rechtschaffenheit abwich, wie sie einem großen Fürsten nicht zur Ehre gereichten«. Robertsons negative Einschätzung schlug sich sogar im Register nieder: Der Eintrag für »Karl V.« enthielt Verweise auf das »grausame«, »ungerechte« und »hochmütige« Benehmen des Kaisers, auf seine »Heuchelei« (drei Nennungen), den »berauschenden Einfluss des Erfolgs auf seinen Verstand« und natürlich auf »seine intolerante Bigotterie«.34

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Zu der Zeit, als Robertson schrieb, waren die staatlichen Archive den Gelehrten noch verschlossen, aber auch als die Dokumentensammlungen zugänglich wurden, trug dies anfangs wenig dazu bei, das Bild des Kaisers aufzubessern. Die deutschen Pioniere der archivgestützten Geschichtswissenschaft, Leopold von Ranke und Hermann Baumgarten (beide Söhne von lutherischen Pastoren), sahen Karl in erster Linie als einen Anachronismus, dessen Bemühungen, einen supranationalen Staat zu schaffen und der Ausbreitung des Protestantismus Einhalt zu gebieten, zum Scheitern verdammt waren. Ihr schottischer Zeitgenosse Sir William Stirling-Maxwell sparte nicht mit Metaphern, als er sein Urteil über Karl fällte: »einer der langweiligsten Schreiber, die jemals die Feder politischer oder diplomatischer Korrespondenz führten … Selbst im Wortstreit wird seine Lebhaftigkeit beengt und gelähmt durch den Zaun der Vorsicht und Zurückhaltung, der seinen Weg stets absichert. Sehr selten nur geschieht es, dass irgendein Funke menschlicher Empfindung oder Leidenschaft seine ermüdenden Aufzeichnungen über die täglichen Plagen der Macht … über selbstsüchtige Intrigen und schändliche Rivalitäten und über all die verstaubten Pläne eines Strebens, welches sich nie über den Stammbaum von Habsburg erhebt, erleuchtet.«35

Auch französische Historiker fanden vieles auszusetzen am Kaiser: Verglichen mit Franz I., schrieb Jules Michelet in seiner einflussreichen Histoire de France, sei Karl »ein blasser Bücherwurm, gelehrt und eloquent, aber ein schlechter Schreiber und ein sich selbst genügender Redner ohne Grazie« gewesen. Kaum weniger kritisch äußerten sich die meisten italienischen Historiker, wenn sie darauf herumritten, dass der Kaiser »die Freiheit von Florenz und Siena auslöschte, Mailand eroberte, Venedig an den Rand drängte, Genua vor seinen Karren spannte, Rom plünderte und den Päpsten hilfreich zur Seite sprang, wenn es darum ging, jede einzelne Stimme, die sich gegen die bestehende Ordnung erhob, zum Schweigen zu bringen«. Wie Giuseppe Galasso im Jahr 2001 feststellte, blieb damit nicht viel übrig, was an Karl gefallen konnte.36 Viele spanische Historiker sahen ihren ersten habsburgischen Herrscher als einen »im Ausland geborenen Monarchen, stolz und unversöhnlich, der Inbegriff eines absoluten Königs«. Gewöhnlich konzentrierten sie sich (wenn sie sich überhaupt mit Karls Zeitalter beschäftigten) auf seine Zeitgenossen – seine Mutter, Königin Johanna, Kardinal Cisneros, die Konquistadoren, die führenden Comuneros –, womit Karl »eine zweitrangige Figur« wurde. Von den 265 Aufsätzen zum 16.  Jahrhundert, die im Bulletin der spanischen Königlichen Akademie der Geschichte zwischen 1877 und 1901 erschienen sind, befasste sich nicht einer direkt mit Karl V. Am vielsagendsten war ein Erlebnis, das der Foto-

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graf Charles Clifford hatte, als er in den 1850er-Jahren Yuste besuchte. Nachdem er per Maultier von dem Dorf Cuacos »durch große Eichenwälder« gereist und »über Gebirgspfade geklettert war, die nur den Bauern der Umgebung bekannt waren und von ihnen benutzt wurden«, fand er »trostlosen Verfall und zerbröckelnde Mauern« vor: »Alles ist Feuchtigkeit, Zusammenbruch und Verfall« bei »völliger Geringschätzung und Vernachlässigung aller Reparaturen«. Als man Clifford anbot, »unser Bett im Gemach des Kaisers einstreuen zu lassen«, lehnte er ab, »weil ich keine Lust hatte, mit den derzeitigen Bewohnern, den Fledermäusen und Nachtvögeln, die in die verwüstete, ihres Dachs beraubte Kirche flatterten, über das Mietverhältnis zu streiten«.37 Wenig hatte sich ein Jahrhundert später geändert, als Manuel Fernández Álvarez über dieselbe Route wie Clifford von Cuacos nach Yuste reiste. Der Anblick »des Klosters und der kaiserlichen Gemächer, die gänzlich in Trümmern lagen«, erzeugte in ihm »ein Gefühl großer Trauer um eine untergegangene Welt – manchmal wunderbar, manchmal wirr –, die inmitten all der Verheerung kaum auszumachen war«. Aber inzwischen war die Wiederherstellung dieser untergegangenen Welt in vollem Gange. Zunächst veröffentlichte Karl Brandi nach drei Jahrzehnten der Forschung über den Kaiser zwischen 1937 und 1941 eine bahnbrechende, zweibändige Biografie, die »beinahe ausschließlich auf einer neuen und gründlichen Auswertung der besten und unmittelbarsten Quellenzeugnisse beruht«. Zugegebenermaßen hegte Brandi einige Vorbehalte hinsichtlich seines Gegenstands, und er eröffnete seine Biografie mit dem lapidaren Urteil: »Es gibt historische Persönlichkeiten von übermenschlicher Schöpferkraft, die aus elementarer eigener Energie gestalten und Jahrhunderten die Gesetze des Denkens oder des Handelns vorschreiben. Von dieser Art war Karl V nicht.« Nichtsdestotrotz, fuhr Brandi fort, wurde »Karls spannungsreiches Leben … trotz alledem innerlich zur Einheit gebracht durch den dynastischen Gedanken, der in ihm stärker als irgendwo in der Weltgeschichte lebendig und wirksam geworden ist, ihm selbst als Mensch und Herrscher die tiefsten sittlichen Antriebe gab, aber auch die schwersten Versuchungen bereitete.«38

Wie in Brandis Beurteilung Karls V. zwischen den Polen von eigener Schöpferkraft und dem Wirksamwerden von Prinzipien sind viele Staatsmänner an der Gegenüberstellung von Akteur und Struktur gemessen worden. Man kann dazu auch die Metapher von »Fuchs und Igel« heranziehen, die just im Jahr der Geburt des künftigen Kaisers von Desiderius Erasmus von Rotterdam, später zeitweilig Karls Hofrat, berühmt gemacht wurde: »Ein Fuchs weiß viele Dinge, aber ein Igel eine wichtige Sache.« Will meinen: Igel haben eine fokussierte Weltsicht

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und starke Überzeugungen, die sie auf alle Situationen anwenden, während Füchse pragmatischer sind und ihre Ansichten den jeweiligen Gegebenheiten anpassen. Oder kurz: Igel sind überzeugungsgesteuert, Füchse evidenzgesteuert. Für Brandi war Karl der Inbegriff eines Igels. Aber was ist mit der grundsätzlicheren Frage: Hätte irgendjemand, ob Fuchs oder Igel, sein Erbe mit größerem Erfolg regieren können als Karl? Wie sah die Bilanz seiner Herrschaft aus?39

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Epilog: Die Bilanz der Herrschaft Geschichte kann niemals auf einen einzigen Eintrag in einem Hauptbuch reduziert werden … Die Geschichte Karls V. muss die Summe aller möglichen Erklärungen seines Lebens, seiner Leistungen und seiner Zeit sein. Entscheidend ist, dass nichts aus der Buchhaltung ausgespart wird, ob Geld, Handlungen, Absichten, Gewissheiten oder Glück. Fernand Braudel (1958)1

Noch einmal zu Cäsars Glück Gegen Ende des Jahres 1550 versuchte der altgediente französische Diplomat Charles de Marillac seinem Herrn »die Ursachen für die Größe« des Kaisers zu erklären, die damals gerade im Zenit stand. Zuerst konzentrierte er sich auf das Negative: »Die erste und wichtigste Ursache« für Karls Erfolg, behauptete Marillac, »war, dass diejenigen, mit denen er zu tun hatte, Fehler begingen«. Er fing mit seinen eigenen Landsleuten an, denen er  – ohne Einzelheiten zu nennen – anlastete, dass »wir uns zurückzogen, wenn wir hätten vorrücken sollen, und zu schnell handelten, wenn wir hätten abwarten sollen«. Beispiele sind leicht zu finden: Hätte Franz sich während der Belagerung von Pavia 1525 nicht so unbedacht verhalten, ist schwer vorstellbar, dass die kaiserliche Armee sich lange in der Lombardei hätte halten können; hätte er dem Schmalkaldischen Bund 1546 militärischen Beistand angeboten, ist schwer vorstellbar, dass Karl die deutschen Lutheraner hätte besiegen können; und so weiter. »Die zweite Ursache seiner Größe«, fuhr Marillac fort, sei Karls Fähigkeit gewesen, »für Zwietracht unter Verbündeten zu sorgen, indem er jene auf seine Seite brachte, die ihm wohlgesinnt waren«, und »unter seinen Feinden Zweifel an der Loyalität zu säen, sodass ihre Bereitschaft, ihn anzugreifen, abnahm« (er nannte den Herzog von Bourbon, Andrea Doria »und tausend andere« im Fall Frankreichs). Drittens, behauptete Marillac, habe Karl auch deshalb triumphiert, weil er »die Welt glauben macht, dass er ein frommer, gerechter und ehrenhafter Fürst sei, damit ihm leichter Vertrauen entgegengebracht werde«. Im Ergebnis führe dies dazu, dass, »sollte eine seiner Handlungen doch einmal für falsch gehalten werden, die Schuld auf seine Minister fällt, ohne dass der Verdacht aufkommt, ein frommer Fürst wie er könnte der Urheber sein«. Das aber, fuhr der Gesandte wütend fort, »ist wahrhaft scheinheilig«. Beispiele nannte er zuhauf: Karls stillschweigende Duldung der Plünderung Roms; sein Festhalten an Navarra, Mailand, Piacenza und Utrecht; die Unterdrückung der florentinischen Republik;

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die Errichtung von Zitadellen in Siena und Cambrai; oder die Art, wie Karl seine eigenen Verwandten – etwa Christian von Dänemark und Katharina von Aragón – ihrem Schicksal überließ.2 Der Gesandte vereinfachte freilich allzu sehr: Obwohl diese negativen Faktoren gewiss zum kaiserlichen Erfolg beitrugen, profitierte Karl auch von positiven Einflüssen, vor allem Glück. Marillacs Florentiner Amtskollege, der fast gleichzeitig ebenfalls eine Beurteilung des Kaisers abgab, hob genau dies hervor: »Solcherart ist Cäsars Glück, dass es ihm erlaubt, jede Schwierigkeit zu überwinden und die Feindschaft und Fallstricke seiner Rivalen zu meistern und außerdem jedes Gefühl von Niedergeschlagenheit zu besiegen, wenn seine Angelegenheiten in einem schlechten, gar verzweifelten Zustand zu sein scheinen.«3 Zweifellos hatte der Gesandte die zahlreichen politischen und militärischen Situationen im Sinn, in denen das Schicksal Karl zu begünstigen schien, angefangen mit Pavia und kulminierend in jener Serie von Fehlern seiner Feinde, die ihm den Sieg über die überlegenen lutherischen Streitkräfte bescherte (Kap. 12). Aber da war noch mehr. Auf biologischer Ebene wirkte sich eine Folge von Eheschließungen, Geburten und Todesfällen zwischen 1488 und 1509 (in welchem Jahr auch noch das einzige Kind starb, das Ferdinand von Aragón mit Germaine de Foix hatte) dahingehend aus, dass der junge Herzog von Luxemburg am Ende als alleiniger Erbe von vier bisher unabhängigen Reichen dastand. Wären die Dinge irgendwo anders ausgegangen, wäre Karl der Herrscher über ein kleineres Gesamtreich geworden. Im Jahr 1545 bewahrte ihn dann der Tod des Herzogs von Orléans davor, entweder Mailand oder die Niederlande abzutreten, wozu der Frieden von Crépy ihn verpflichtet hätte. Außerdem rettete Glück Karl gleich mehrmals das Leben. Während des Gipfels in Nizza 1538 betrat er mit seinen Höflingen eine Brücke, die vom Ufer zu der Galeere führte, mit der seine Schwester Eleonore soeben angekommen war, »und während sie sich umarmten«, brach die Brücke zusammen und alle fielen ins Meer. Beide Monarchen »wurden klatschnass, konnten aber rasch gerettet werden«. Im darauffolgenden Jahr begab sich der Kaiser, als er Amboise in Frankreich besuchte, zu Pferde in einen primitiven Aufzug, der verschiedene Geschosse der Burg miteinander verband und von Fackeln und Kerzen erhellt wurde. Die ganze Vorrichtung ging in Flammen auf, aber Karl blieb unverletzt.4 Karls Lebensführung setzte ihn regelmäßig Gefahren aus, aber er überstand alles beinahe ohne eine Schramme. So geriet er kurz nach der Eroberung von Tunis 1535 zweimal unter ein Pferd, wurde getreten und an beiden Beinen verletzt (Kap. 9). Als er zwei Jahre später in größter Eile von Barcelona nach Tordesillas ritt, wo er seine Familie treffen wollte, stürzte er, wie ein Gesandter berichtete, »einige Male vom Pferd, wie es gewöhnlich jenen passiert, die überhastet reiten«. Weniger Glück hatte Karl 1532, als sein Pferd ihn bei der Jagd

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abwarf. Er landete mit den Füßen voran so hart auf einem Felsen, dass er mit dem lädierten Bein für den Rest seines Lebens leicht hinkte – aber immerhin entging er dem Schicksal seiner Großmutter, Maria von Burgund, und seines Schwiegersohns, Prinz Johann von Portugal, die beide durch einen Sturz vom Pferd starben.5 Karl hatte außerdem das Glück, die wiederholte Teilnahme an Kriegen zu überleben, obwohl er sich in Tunis, Algier, Düren, Ingolstadt und anderswo feindlichem Feuer aussetzte. Zu den Herrschern in seinem Umfeld, die im Kampf starben, gehörten sein Urgroßvater Karl der Kühne, Herzog von Burgund, und sein Schwager Ludwig II . von Ungarn. Ein anderer Schwager (Christian von Dänemark) geriet in Kriegsgefangenschaft und verstarb in der Haft. Von Karls Feldherren starb Bourbon im Gefecht, während sowohl Philibert als auch Renatus (René) von Orange ihren im Kampf erlittenen Verwundungen erlagen – Letzterer wurde von einer Kanonenkugel getroffen, »während er auf dem Platz saß, wo normalerweise der Kaiser saß«.6 Auch seine vielen Turniere überlebte Karl und mindestens einen Attentatsplan: Im Jahr 1546 »versprachen drei Italiener dem König von Frankreich, dass sie den Kaiser binnen vier Monaten töten würden«. Im darauffolgenden Jahr trat er meuternden Truppen entgegen, die mit geladenen und schussbereiten Feuerwaffen »entweder Geld oder Blut!« von ihm forderten, und ein betrunkener Soldat feuerte seine Arkebuse auf Karl ab; aber er kam beide Male unverletzt davon.7 Andere hatten weniger Glück: Eine Gruppe von Protestanten lockte 1547 den königlichen Sekretär Alonso de Idiáquez bei einem Ritt durch Sachsen in einen Hinterhalt und ermordete ihn; und 1559 tötete ein Unfall beim Tjost seinen Erzrivalen Heinrich II . von Frankreich. Natürlich hätte das Glück Karl noch häufiger noch mehr beistehen können: wenn beispielsweise König Franz in Pavia getötet worden wäre, wie es leicht hätte geschehen können, und er einen Nachfolger im zarten Alter von nur sechs Jahren hinterlassen hätte; wenn Großkanzler Gattinara ein paar Monate länger gelebt hätte, um auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 zwischen Katholiken und Lutheranern zu vermitteln; wenn die Päpste Leo oder Clemens ein allgemeines Konzil einberufen hätten, um die Missstände in der Kirche abzustellen und Klarheit in der Glaubenslehre zu schaffen, wie es das zweite Konzil von Trient später tun würde; wenn Karl seine Truppen ein paar Tage früher in Algier ausgeschifft und die Stadt erobert hätte, bevor die Stürme seine Truppen und seine Flotte dezimierten; wenn Mary Tudor (Maria I.) so lange gelebt hätte wie ihre Schwester Elisabeth und erst 1587 gestorben wäre (oder auch nur so lange wie ihre Mutter Katharina und 1567 gestorben wäre) statt 1558, sodass die Zeit ausgereicht hätte, England vollständig zu rekatholisieren – all diese alternativen Ergebnisse hätten Karl ermöglicht, noch viel mehr zu erreichen.

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Wie man Dinge schlimmer macht Karl hätte auch mehr erreichen können, wenn er einige selbst zugefügte Wunden vermieden hätte. Im Jahr 1551 klagte Graf Wilhelm von Nassau, Bruder und Erbe von Karls Günstling Heinrich III. von Nassau (»mon Henry«), gegenüber einem Freund, dass »jene, die den Wunsch haben, dem Kaiser zu dienen, nun Spanier sein müssen. Angehörige unserer Nation [d. h. Deutsche] akzeptiert er nur im Notfall und um seine Agenda voranzutreiben«.8 Es wäre ein Leichtes, diesen Vorwurf als voreingenommen abzutun – schließlich hatte der Graf sich unlängst die kaiserliche Gunst verscherzt, indem er den Schmalkaldischen Bund unterstützte –, aber Karls eigene Handlungsweise bestätigte ihn. Nachdem Jean Glapion 1522 aus seinem Dienst ausgeschieden war, wählte Karl ausschließlich Spanier als seine Beichtväter aus. 1522/23 vertraute er seine drei illegitimen Töchter Niederländern an, 1550 seinen illegitimen Sohn, den künftigen Don Juan, aber einem Spanier. Und er sorgte dafür, dass sein Erbe Philipp als »echter Prinz von Kastilien« heranwuchs.9 Dieselbe Hinwendung zu Spanien zeigte sich in den öffentlichen Angelegenheiten. Im Jahr 1523 stellten englische Diplomaten fest, dass Karl nun jeden Tag »die großen Herren (great lords) Spaniens« konsultierte, während sie »vor dieser Zeit nie zu einer Beratung hinzugezogen wurden«. Ein Jahrzehnt später stammte Karls innerer Kreis von Ratgebern mehrheitlich von der Iberischen Halbinsel. Wie übrigens auch der Großteil seiner Finanzmittel: Im Jahr 1540 vertraute er seinem Bruder an, dass die Ressourcen der Niederlande erschöpft seien und er dort »nicht mehr Geld beschaffen« könne, um seine Projekte zu finanzieren – jetzt »kann ich nur noch von meinen spanischen Königreichen unterhalten werden«. Dieses Ungleichgewicht verstärkte sich im Laufe der Zeit: In den 1550er-Jahren lieh sich der Kaiser viermal so viel Geld in Kastilien wie in den Niederlanden, um seine Kriege zu bezahlen.10 Auch was den Mangel an deutschen Ratgebern Karls betraf, lag Wilhelm von Nassau richtig. Obwohl mehrere Verwandte des Kaisers bedeutende deutsche Fürsten heirateten – seine Nichten ehelichten den Kurfürsten von der Pfalz und die Herzöge von Kleve und Bayern –, versäumte es Karl, ein Netzwerk aus Herrschern zu schaffen, die sich für die Förderung seiner politischen und religiösen Agenda in Deutschland engagierten. Ebenso versäumte er es, einen Stab aus fähigen Ministern aufzubauen. Deshalb fand er Ende 1541, als er sich um die Beilegung der religiösen Spaltungen in Deutschland bemühte und sein deutscher Sekretär Obernberger erkrankte, »hier niemanden, der meine Instruktionen ins Deutsche übersetzt«. Dadurch war er gezwungen, seinem Chefunterhändler »ein unterschriebenes leeres Blatt« zu schicken, »damit die besagten Instruktionen später eingetragen werden können«. Der Preis für dieses Versäumnis wurde bald offenkundig. Im Mai 1542 beschwerte sich Ferdinand, dass

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Karl Dokumente unterzeichnet hatte, die den Lutheranern auch in den Ländern katholischer Herrscher Toleranz gewährten. Als Karl eine Erklärung für dieses beispiellose Zugeständnis verlangte, beteuerte Obernberger, dass »die Dokumente ihn unterschriftsreif erreicht hätten, gebilligt von jenen Mitgliedern des Rates, die damals mit ihnen befasst waren. Daher«, erklärte Karl wiederum seinem Bruder, »habe ich im Vertrauen darauf, dass sie so waren, wie sie sein sollten, und weil sie auf Deutsch waren, unterschrieben, ohne sie zuerst zu lesen.« Leider, fuhr er fort, »kann ich diese Zugeständnisse nicht widerrufen, weil ich keine Abschrift von ihnen besitze«. Und ohnehin habe er noch immer keinen Sekretär zur Verfügung, »der in der Lage ist, auf Latein oder Deutsch zu schreiben«. Was Wunder, dass so viele von Karls politischen Maßnahmen und Strategien im Heiligen Römischen Reich scheiterten.11 In regelmäßigen Abständen sah Karl sich mit weiteren Unzulänglichkeiten seiner Minister konfrontiert. Im Jahr 1520 entschuldigten sich seine Gesandten in England, der eine Spanier, der andere Niederländer, weil sie vertrauliche Mitteilungen an ihn in Klarschrift geschrieben hatten: »Obwohl wir Eure Anweisung erhalten haben, dass alle wichtigen Angelegenheiten verschlüsselt werden sollen, wissen wir im Moment nicht, wie das geschehen soll, und unser Sekretär kann nicht Französisch lesen.« Acht Jahre später enthob Karl den Sekretär des Staatsrates, Jean Lalemand, wegen des Verdachts auf Hochverrat und Korruption seines Amtes, aber von den kaiserlichen Vertretern im Ausland trafen weiterhin Depeschen in Verschlüsselungen ein, die nur Lalemand kannte, sodass der Kaiser »nur auf die Passagen, die wir verstehen können«, zu antworten vermochte. Er schickte Lalemand eine dringende Nachricht »und bat ihn, mir eine Abschrift des Chiffrierschlüssels zu schicken«. Aber auch, nachdem diese eingetroffen war, schaffte Karl es, die Namen seiner diplomatischen Vertreter in Rom zu vergessen und diktierte deshalb eine Nachricht an »Soundso und Soundso, meine Botschafter«, sprich: Die Namen seiner Gesandten waren ihm Jacke wie Hose.12 All dies waren Versehen und Unterlassungen, aber Karl trug auch selbst aktiv dazu bei, dass die Dinge sich verschlimmerten. Seine Weigerung, Fehler oder Irrtümer zu vergeben und zu vergessen, die seinem Beichtvater Jean Glapion 1521 auffiel, schuf viele Probleme. Im Jahr darauf informierte Gattinara einen Gesandten, dass ihr Herr »Rache will für den Schaden und das Unrecht«, die ihm von den Franzosen zugefügt wurden. Und noch dreißig Jahre später, als Karl mit einer gewaltigen kaiserlichen Armee durch Deutschland zog, erkannte der Nuntius, dass der Kaiser jetzt »nicht nur sich selbst verteidigen, sondern auch seine Feinde angreifen und Rache nehmen« könne.13 Für Horst Pietschmann waren es »die Konfrontation mit Luther und das Zerbrechen der Glaubenseinheit im Verbund mit dem Comuneros-Aufstand«, die Karls Entschlossenheit zugrunde

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lagen, Aufrührer bezahlen zu lassen – auch wenn er sich durch seine Strenge zahlreiche unversöhnliche Feinde machte. Die doppelte Widersetzlichkeit seiner Untertanen in den Jahren 1520/21 »hatte eine solche Wirkung auf den jungen Kaiser, dass sie ihn zu einer heftigen Reaktion veranlasste, als er sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien und Amerika mit den realen oder mutmaßlichen Freiheiten von Städten und mit religiöser Heterodoxie konfrontiert sah«. Karl hätte Pietschmann zugestimmt. Im Jahr 1522 erklärte der Kaiser seine Absicht, die Anführer der Comuneros »auf eine exemplarische Weise« zu bestrafen, »derer man sich für alle Zeiten erinnern wird«. Und selbst noch dreißig Jahre später verhängte er weiterhin Strafen gegen die »Söhne und Enkel« der ehemaligen Aufrührer. Als er 1531 von Ausschreitungen und Plünderungen in Brüssel erfuhr, befahl er seiner Schwester Maria, »die niederträchtigen Meuterer auf eine Weise zu bestrafen, dass andere es zur Kenntnis nehmen werden«. Als sie gegen seine Härte protestierte, erwiderte er: »Ihr mögt denken, dass ich ohne gebührenden Grund Rache nehme, aber ich leiste keine Abbitte.« Des Aufruhrs Verdächtige wurden daher noch vier Jahre lang weiter verhaftet, verurteilt und hingerichtet, oft nach vorheriger Folter.14 Sogar gegen Menschen, die nicht seine Untertanen waren, konnte Karl schwere Strafen verhängen. So geschah es etwa den jungen französischen Prinzen, die König Franz ihm als Sicherheit für die Umsetzung des Vertrags von Madrid überlassen musste: Im Jahr 1529 ordnete Karl an, dass seine jugendlichen Geiseln weder auf die Jagd gehen noch irgendwelche Besucher aus Frankreich empfangen dürften; dazu ließ er sie schäbige Kleidung tragen. Seine Tante Margarete sah sich zu der vorwurfsvollen Bemerkung veranlasst, dass »man junge Prinzen wie sie, die nichts Unrechtes getan haben, nicht für das feindselige Verhalten ihres Vaters bezahlen lassen darf«. Ein paar Jahre später billigte Karl den Justizmord an einem Rebellenführer eiskalt mit den Worten: »Ein toter Mann führt keinen Krieg.«15 Auch durch Egoismus  – oder das, was andere als Egoismus empfanden  – schuf Karl sich selbst Probleme. Kurz bevor er die Niederlande zum letzten Mal verließ, konstatierte ein Gesandter, dass »Seine kaiserliche Majestät das Nehmen dem Geben vorzog«. Ganz ähnlich hatten andere Karls Verhalten auch schon in früheren Jahren seiner Herrschaft kommentiert. So hielt der englische Botschafter an Karls Hof im Jahr 1539 den Kaiser für »ebenso klug wie gewieft«, stets darauf bedacht, »heile Schienbeine zu behalten, statt sie sich zum Vergnügen eines anderen zu brechen, außer es stünden dadurch sehr große garantierte Ehre und außerdem sehr viel Profit zu erwarten«. Fünf Jahre später stellte ein französischer Minister die rhetorische Frage: »Mag der Kaiser allzeit leben, aber was bedeutet seine Freundschaft? Ihn kümmert nicht, ob Freund, Vater und alle zusammen untergehen, so[lange] sein unstillbares Verlangen zu herrschen nur befriedigt wird … Er ist ein gieriger Mensch.« Noch prägnanter

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war, was Paul III. 1547 in einer Audienz behauptete: »Ihre Majestät ist ein undankbarer Mensch, der sich seiner Freunde nur erinnert, wenn er sie braucht.«16 Vor allem aber manövrierte Karl sich selbst in ernsthafte Probleme, indem er Lügen erzählte – ein Vorwurf, den er zweifellos abgestritten hätte, versicherte er doch seinem Bruder Ferdinand einmal, dass »ich immer außerordentlich achtgegeben habe, mein Wort zu halten, auch wenn ich dadurch ausgezeichnete Gelegenheiten zu einem persönlichen Vorteil verpasst habe«.17 Trotzdem gibt es reichlich Zeugnisse dafür, dass er wiederholt log, wenn ihm das in den Kram passte, und das selbst engen Verwandten gegenüber (beispielsweise indem er eine fiktionale Welt um seine Mutter errichtete). Im Jahr 1541 schwor er feierlich »bei der Seele der Kaiserin, dass er nichts über den Verbleib von Rincón und Fregoso wusste«, obwohl er Schritte unternommen hatte, um die Urheber der Mordtat an den beiden Diplomaten vor jeglichen rechtlichen Konsequenzen zu schützen. Ein Jahrzehnt später verlängerte Karl insgeheim das Strafmaß Philipps von Hessen um weitere fünfzehn Jahre, obwohl er versprochen hatte, ihn nicht zu lebenslanger Haft zu verurteilen. Da der Landgraf schon 46 Jahre alt war, bedeutete dies, dass er wahrscheinlich im Gefängnis sterben würde. Im Jahr 1547 bestritt er, vorab von der Eroberung Piacenzas aus der Hand Pier Luigi Farneses, des Sohnes Papst Pauls III., gewusst zu haben, die doch von seinem Statthalter in Mailand, Ferrante Gonzaga, eingefädelt worden war, weigerte sich aber hernach dennoch, die Stadt Farneses Erben Ottavio zurückzugeben. Derlei Lügen hatten Folgen. Franz nutzte die Ermordung seiner Gesandten, um seine Kriegserklärung an Karl zu rechtfertigen; die andauernde Inhaftierung des Landgrafen trug dazu bei, seinen Schwiegersohn, Moritz von Sachsen, in den Aufstand zu treiben; Paul weigerte sich, das Konzil von Trient erneut einzuberufen, bis Karl Piacenza an Ottavio zurückgab. Einige dieser Lügen hatten zudem ein langes Nachleben. In dem 1552 erschienenen Band seines Romanzyklus Gargantua und Pantagruel verurteilte François Rabelais die Inhaftierung Philipps von Hessen durch Karl als einen verräterischen Akt. Im Jahr 1576 bezeichnete Jean Bodin »die gemeine und niederträchtige Ermordung von Fregoso und Rincón« in seinen Sechs Büchern über den Staat als eine schändliche Verletzung internationalen Rechts – und viele Autoren, die über internationales Recht schrieben, sollten sich seiner Kritik anschließen. Noch als 1799 zwei französische Diplomaten auf dem Weg zu einer Friedenskonferenz in Österreich ermordet wurden, stellte die französische Regierung das Verbrechen als »erschreckende Fortsetzung der Serie von Abscheulichkeiten« dar, »mit denen das Haus Habsburg Europa fassungslos gemacht hat, seit Karl V. den Präzedenzfall lieferte, indem er sich über die Gesetze stellte und die Ermordung der Gesandten anordnete, die der König von Frankreich nach Venedig und Konstantinopel geschickt hatte«.18

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Die drei Revolutionen des frühen 16. Jahrhunderts Obwohl diese selbst zugefügten Wunden Karl schwächten, verblasste ihre Wirkung vor den Herausforderungen, die aus den drei Revolutionen des frühen 16. Jahrhunderts  – einer militärischen, einer religiösen und einer administrativen – erwuchsen. Die Entwicklung der Artilleriefestung, eines ineinandergreifenden Systems aus sternförmigen Bastionen und Vorposten außerhalb der befestigten Mauern – man sprach von alla moderna und à la manière moderne –, revolutionierte die Kunst der Landkriegführung in Europa. Solcherart befestigte Orte kapitulierten gewöhnlich erst nach einer vollständigen Blockade durch Armeen von bisher beispielloser Größe. Steven Gunn hat geschätzt, dass in den 1550er-Jahren »Streitkräfte von 40 000 Mann und mehr in einem Gebiet operierten, das in den 1520er-Jahren Armeen unterhalten hatte, die nur ein Viertel so groß waren«. Eine Artilleriefestung durch Blockade zur Aufgabe zu zwingen, dauerte normalerweise Wochen, wenn nicht Monate, und der Erfolg von Feldzügen stand und fiel künftig mit Belagerungen.19 Karl wurde 1529 zum ersten Mal mit dieser Wahrheit konfrontiert. Ein paar Jahre zuvor hatte die Republik Florenz in Erwartung einer Belagerung bestehende Türme und Tore zu winkeligen Bastionen umgestaltet, indem die mittelalterlichen Mauern mit mächtigen Erdaufschüttungen verstärkt und außerhalb der Mauern Forts errichtet wurden, um Schwachstellen abzudecken. Das militärische Patt, das durch diese Initiativen erzeugt wurde, brachte Karls Kommandeur bei der Belagerung von Florenz, Fürst Philibert von Orange (Oranien), in Harnisch. In eigenhändigen Briefen klagte er wiederholt, dass der Mangel an Geschützen, Männern und Geld das Ergebnis der Belagerung gefährde. Im Oktober 1529 wies der Prinz, der sich selbst als »den verzweifeltsten Mann auf der Welt« bezeichnete, Karl darauf hin, dass, »wenn Ihr die Stadt wirklich haben wollt, Ihr sie haben könnt, aber nicht mit den wenigen Truppen, die ich hier habe, denn  – bitte glaubt mir  – ich würde Jahre brauchen, um die Sache zum Abschluss zu bringen. Wenn Ihr den Sieg jetzt wollt, müsst Ihr sofort 10 000 oder 12 000 Mann schicken, um die Belagerungswerke auf der anderen Seite des Flusses fertigzustellen, samt einer guten Geschützmannschaft.«20 Er übertrieb nicht. Florenz harrte elf Monate aus. Artilleriefestungen sollten auch Karls Feldzug im Jahr 1544 scheitern lassen (Saint-Dizier brachte seine Invasion Frankreichs mehr als einen Monat lang ins Stocken) und seine Strategie in den Jahren 1551 und 1552 sabotieren, als die Belagerungen von Parma und Metz scheiterten. Der Unterhalt der großen Armeen, die erforderlich waren, um eine Artilleriefestung zu bezwingen, schuf ein weiteres Problem: organisierte Disziplin-

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losigkeit. So klagte der Fürst von Orange während der Belagerung von Florenz: »Eure ganze Armee ist wegen Geldmangels zur Meuterei bereit … Wenn Gott kein Wunder wirkt, wie Er es gewöhnlich tut, und Ihr keine Abhilfe schafft, halte ich eine allgemeine Meuterei für ausgemacht.« Andere teilten die Besorgnisse des Prinzen. Das aufsässige Verhalten der kaiserlichen Truppen in Italien veranlasste den Herzog von Ferrara, den Kaiser zu informieren, dass »wir es nicht wagen, gerade jetzt den Oberbefehl über so eine ungehorsame und unbändige (exfrenato) Armee anzunehmen«. Ferrara war klug: Die spanischen Truppen in der Lombardei hatten kurz vor ihrem Sieg bei Pavia gemeutert, und Tausende Soldaten nach ihnen sollten in den Jahren 1537/38 in Italien abermals meutern (nach dem gescheiterten Provence-Feldzug), desgleichen in Deutschland 1547 (nach dem Sieg über den Schmalkaldischen Bund) und in den Niederlanden 1533 (nach der Belagerung von Metz).21 Die Artillerie trug während Karls Herrschaft auch zu einem Wandel in der Seekriegführung bei. Im Mittelmeer setzten geruderte Galeeren jetzt enorme Mittschiffsgeschütze entweder gegen Ziele an Land ein (wie 1535 bei La Goletta) oder gegeneinander (wie 1538 bei Preveza). Gleichzeitig nahm die Operationsreichweite von Galeerenflotten sehr stark zu. Der Vizekönig von Sizilien bemerkte 1557 wehmütig, dass »die Dinge heute anders sind, als sie vor dreißig oder vierzig Jahren waren. Damals sprachen wir über die Türken, als würden wir über die Antipoden sprechen, aber heute kommen sie so nahe und sie sind so vertraut mit den Angelegenheiten der Christenheit, dass, was in Sizilien geschieht, genauso schnell in Konstantinopel bekannt ist wie in Spanien; und es ist normal, dass ihre Flotte jedes Jahr an dieser Insel vorbeisegelt.«22

Auch im Atlantik wurde die Seekriegführung komplexer, als unter Segeln stehende Kriegsschiffe (dank der Erfindung der Geschützpforte) anfingen, auf ihren unteren Decks schwere Geschütze aufzustellen. Im Jahr 1545 lieferten sich die Galeonen von Franz und Heinrich VIII. ein Artillerieduell, als eine französische Expeditionsstreitmacht versuchte, auf der Isle of Wight zu landen; und 1585 half der Beschuss durch spanische Galeonen vor der Küste, die auf dem Sandstrand bei Gravelines in der Falle sitzenden Franzosen zu besiegen. Diese Entwicklungen trieben die Kosten von Seeoperationen in die Höhe. Im Gegensatz zu Infanterie- oder Kavallerieregimentern konnten Kriegsschiffe – ob Galeonen oder Galeeren – nicht zu Beginn eines Feldzugs mobilisiert und an seinem Ende demobilisiert werden. Herrscher mussten entweder selbst eine stehende Marine unterhalten oder eine andere Person finden und mit Geldmitteln ausstatten, die es für sie tat. Im Jahr 1522 gelangte der Kaiser nur über den At-

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lantik nach Spanien, weil Heinrich VIII. ihm Schiffe der Royal Navy lieh. Und in den Jahren 1529, 1535, 1541 und 1543 war ihm die Überquerung des Mittelmeers nur möglich, weil die von Andrea Doria unterhaltene Galeerenflotte ihn eskortierte. James Tracy hat errechnet, dass diese Neuerungen in der Kriegführung zu Lande und zur See die Kosten von Karls Feldzügen von durchschnittlich 430 000 Dukaten jährlich in den 1530er-Jahren auf 900 000 Dukaten in den 1540er-Jahren mehr als verdoppelten, und in den 1550er-Jahren wurde das Kriegführen nochmal teurer. Überdies erbrachten unverhoffte Glücksfälle, die in den 1530er-Jahren noch fast die Hälfte der kaiserlichen Militärausgaben gedeckt hatten (vor allem das französische Lösegeld und die Ausbeute aus dem Azteken- und dem Inkareich), in den 1540er-Jahren nur mehr weniger als ein Fünftel und in den 1550er-Jahren noch weniger. Dadurch war Karl genötigt, sich Kredite von Bankiers zu beschaffen und Privatvermögen seiner Untertanen zu beschlagnahmen. Zurückzahlen konnte er die auf diese Weise entstehenden Staatsschulden indes nicht. Die Finanzberater Philipps II. errechneten ein paar Monate nach seiner Thronbesteigung, dass der neue König in seinen verschiedenen Herrschaftsgebieten mehr als zehn Millionen Dukaten schuldig war und dass seine sämtlichen Einnahmen für die nächsten vier Jahre bereits für ihre Rückzahlung verplant waren. Kurz danach geriet das königliche Schatzamt zum ersten Mal in der spanischen Geschichte mit seinen Verpflichtungen in Rückstand und wandelte hochverzinsliche Kredite zwangsweise in Anleihen mit niedrigem Zins um.23 Karls Kriege brachten auch stets nicht unerhebliche Opportunitätskosten mit sich: Wenn der Kaiser persönlich ins Feld zog, wie er es zwischen 1532 und 1554 für mindestens 600 Tage tat, fand er kaum Zeit für andere Dinge. Wie ein Diplomat, der auf Karls letztem Feldzug in seinem Gefolge mitreiste, verärgert feststellte, »kümmert sich Seine Majestät in Kriegszeiten nicht um andere Geschäfte«.24 Die von Martin Luther ausgelöste religiöse Revolution beanspruchte ebenfalls in regelmäßigen Abständen Karls ganze Aufmerksamkeit. Die veröffentlichten Acta der einzelnen Reichstage vermitteln eine gewisse Vorstellung davon, wie viele Stunden von religiösen Debatten beansprucht wurden: Nach einer einfachen Seitenzählung »machten Diskussionen mit und über Luther« in Worms mehr als ein Viertel der Gesamtverhandlungen des Reichstags aus. Die Debatte über religiöse Zugeständnisse in Regensburg 1532 nahm beinahe genauso viel Zeit in Anspruch, und die Ausarbeitung einer für Lutheraner wie Katholiken gleichermaßen annehmbaren Glaubensformel auf dem Reichstag zu Augsburg in den Jahren 1547/48 belief sich auf ein Achtel der Gesamtverhandlungen.25 Hin und wieder intervenierte der Kaiser persönlich (wie er es in Worms 1521 tat), manchmal ließ er die Debatten über sich ergehen (wie er es in Augsburg 1530

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tat, während das lutherische Glaubensbekenntnis vorgetragen wurde). Daneben verbrachte er hinter den Kulissen viele Stunden bei Festgelagen und auf der Jagd zusammen mit den führenden deutschen Fürsten – in dem Bemühen, ihre Unterstützung für seine religiöse Agenda zu gewinnen. Auch Gipfeltreffen mit dem Papst und Audienzen mit seinen bevollmächtigten Vertretern widmete er kostbare Zeit, ebenso dem Schreiben eigenhändiger Briefe, in denen er um die Unterstützung Roms für seine religiösen Initiativen warb. Karls Bemühungen, Luther und seine Anhänger zum Schweigen zu bringen, scheiterten zu einem guten Teil deshalb, weil osmanische Vorstöße donauaufwärts ihn wiederholt zwangen, als Gegenleistung für den militärischen Beistand der lutherischen Reichsfürsten religiöse Zugeständnisse zu machen. Die Anführer der lutherischen Partei erkannten ihren Vorteil glasklar: So informierte Landgraf Philipp von Hessen Luther 1529, da seine und seiner Mitstreiter »Hilf nit die geringst, sunder mit den hochsten und vornehmbsten ist«, sprich: die Habsburger ihrer zur Abwehr der Türken dringend bedurften, »so bedenken wir, wo wir uns einhellig entschlussen und uns in kein Hilf bewilligten oder begeben, es versicherte uns dann zuvor die K. M. den Frieden und daß sie uns bei dem Evangelio unbedranget bleiben lassen wollt«.26 Diese Strategie nötigte Karl zu einer Reihe von Zugeständnissen, die es dem Luthertum ermöglichten, nicht nur in jenen Herrschaftsgebieten zu gedeihen, in denen es bereits Fuß gefasst hatte, sondern auch auf weitere auszugreifen. Erst der Abschluss eines fünfjährigen Waffenstillstands mit dem Sultan 1547 erlaubte dem Kaiser, die gewaltsame Überwindung der Glaubensspaltung Deutschlands zu versuchen. Karl stand bei der Regierung seines Reiches auch vor beispiellosen administrativen Herausforderungen. In seiner bemerkenswerten Studie über das höchste Amt in den Vereinigten Staaten und seine Tücken, The impossible presidency, behauptet Jeremi Suri, dass große Staaten manchmal zu komplex werden, als dass ein Einzelner sie noch steuern könne. Seine zentrale These lautet, dass Franklin D. Roosevelt, der in Amerika »das Nachkriegs-Präsidentenamt schuf«, auch »der Letzte war, der es beherrschte«: »Das Problem für Roosevelts Nachfolger war zu viel Macht, zu viel Verantwortung und zu viel Versuchung. Roosevelt war der letzte bedeutende Präsident, weil das Amt noch klein genug war, sodass er es – mit Mühe und Not – kontrollieren konnte. Nach ihm überstieg der stetige Zuwachs an präsidentieller Macht die Kapazität der Exekutive … [bis] zu Beginn des 21. Jahrhunderts die unmenschlichen Anforderungen des Amtes es unmöglich machten, als Präsident erfolgreich zu sein … Der Druck, schnell und global zu reagieren, ließ wenig Raum zum Nachdenken über und zum kreativen Umgang mit Politik.«

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Kurz, das oberste Regierungsamt war zur »unmöglichen Präsidentschaft« geworden.27 Die erhaltenen Quellen legen eine Parallele zwischen Karl und Roosevelt nahe: Auch der Hauptarchitekt des Habsburgerreiches war zugleich »der Letzte, der es beherrschte«. Faktisch regierte er ein unmögliches Reich. Obwohl zu Karls feierlichem Einzug als Graf von Flandern in Brügge im Jahr 1515 allerlei Gepränge gehörte, womit auf die verschiedenen Länder angespielt wurde, die er vielleicht noch erben könnte, bereitete nichts ihn oder den Rest Europas auf die Flut von Herrschaftsgebieten vor, die während der nächsten Jahre unter sein Zepter fielen. Im Jahr 1516 vermerkte Erasmus, dass »man nach Prinz Karl geschickt hat, damit er in mehreren Königreichen (neun oder zehn, wie es heißt) die Macht übernimmt« – was sich auf Spanien und Italien bezog. Vorausschauend (obschon vergeblich) fügte er hinzu: »Ich bete, es möge gut ausgehen für unser Land und nicht nur für den Prinzen.«28 Bald schon fügte Karl das Heilige Römische Reich und das aztekische Herrschaftsgebiet hinzu und schuf dadurch einen transatlantischen Staat von noch nie da gewesener Größe, dem seine Statthalter im weiteren Verlauf das Herzogtum Mailand, mehrere Provinzen in den Niederlanden und viele weitere Länder in Amerika, darunter das Inkareich, einverleiben sollten. Während Karls Herrschaftszeit wuchs überdies die Bevölkerung all seiner europäischen Territorien – die des Königreichs Neapel verdoppelte sich sogar. Die Größenordnung dieser Entwicklungen machte es Karl unmöglich, sich beim Regieren von der jüngeren Vergangenheit inspirieren zu lassen – nicht einmal Karl der Große hatte derart ausgedehnte Territorien kontrolliert –, und das Fehlen von Präzedenzfällen hilft, die scheinbar willkürliche Art seiner Entscheidungsfindung zu erklären. Karl blieb nichts anderes übrig, als durch Versuch (und manchmal Irrtum) zu lernen. Damit stand er nicht allein. In seinem bahnbrechenden Buch von 1953 nannte Geoffrey Elton die ungeheure Zunahme der Zentralregierungsaktivität in England während der Herrschaft Heinrichs VIII. die »Tudor-Revolution in der Regierung«. In ihrem Zentrum standen die administrativen Neuerungen von Thomas Wolsey und Thomas Cromwell, die nacheinander als erste Minister Heinrichs amtierten. Das Phänomen hatte vier Jahrhunderte zuvor bereits die Aufmerksamkeit von Steven Vaughan erregt, eines englischen Kaufmanns und Diplomaten in den Niederlanden. Vaughan verglich 1534 Cromwells Arbeitspensum mit dem von Jean Carondelet, dem »ersten Rat des Kaisers hierzulande«, und prophezeite, dass »der ausgezeichnete Geist und Verstand« beider Minister »aufgrund der dauernden Mühsal getrübt« werde, welche die steigende Flut öffentlicher Angelegenheiten verursache. Dadurch wären sie dann »weniger fähig und geneigt, die mit den Angelegenheiten des Fürsten und anderen Dingen verbundene lange Mühsal durchzustehen«, während das Risiko steige, dass sie der »Tod vor [ihrer] Zeit ereilt«.29

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Gattinara hätte Vaughan entschieden zugestimmt – wenngleich er zweifellos gemeckert hätte, dass Karls verwaltungstechnische Gewohnheiten die »Mühsal« seiner Minister unnötig steigerten. In einer verbitterten Denkschrift klagte der Großkanzler 1523, dass »ich mich, seit ich in Euren Dienst getreten bin, geplagt habe, Eure Angelegenheiten in die rechte Ordnung zu bringen, und Euch mehrere Schriftstücke mit Ratschlägen zu dem Thema unterbreitet habe«, aber »es war nie möglich, Euch zu veranlassen, sich damit zu befassen (ne fut jamays possible de vous reduisre a y entendre)«. Offenbar schenkte der Kaiser auch diesem Schriftstück keine Beachtung, denn kurz danach verfasste Gattinara ein neues, noch freimütigeres. »Mein Herz ist voller Bedauern, dass es so lange dauert, den Großteil der wichtigen Angelegenheiten zu entscheiden, die täglich anfallen, sodass entweder die Situation sich geändert hat oder die Gelegenheit verpasst ist«, begann er. »Ich kann mir nicht vorstellen, woher diese Schwäche stammt, es sei denn, Euer Majestät will den Methoden des verstorbenen Kaisers Maximilian folgen, der ebenfalls zu lange brauchte, um zu einer Entscheidung zu kommen, und die Ausrede benutzte, dass ihm das nötige Geld fehle. Aber wegen des ganzen Geldes, das Euch zur Verfügung steht, kann Euer Majestät nicht die gleiche Ausrede benutzen.« Karls gefährliche Saumseligkeit, behauptete Gattinara, rühre nicht von fehlenden Mitteln her, sondern von dem Versäumnis, die ihm reichlich zur Verfügung stehenden Mittel effektiv einzusetzen.30

Messianischer Imperialismus und die Grenzen des Möglichen Gattinara verknüpfte in seinen Denkschriften die träge Entscheidungsfindung seines Herrn mit dessen messianischem Imperialismus. Dem Kanzler zufolge zog der Kaiser es vor, »alles ungelöst zu lassen, in der Erwartung, dass Gott stets Wunder in Euren Angelegenheiten vollbringen wird, wie Er es bis jetzt getan hat; aber das ist sehr gefährlich, denn indem man alles Gott überlässt, kann man Ihn durchaus verärgern«. Karl gab abermals nichts darum. Während des Tunisfeldzugs von 1535 behauptete er mehr als einmal, dass er lediglich als Gottes Stellvertreter fungiere und auf den Schöpfer baue, der schon einen erfolgreichen Ausgang der Dinge in die Wege leiten werde. Im Herbst 1541 setzte er seinen Angriff auf Algier gegen den Rat seiner Experten beharrlich fort, »weil das Wetter in Gottes Händen liegt«. Und auch im Herbst 1552 entschied er, Metz zu belagern, weil »Gott alles in Seiner Hand halten und mich leiten und einen erfolgreichen Ausgang herbeiführen wird«. In regelmäßigen Abständen wandte Karl sich an seine Beichtväter (und gelegentlich an eine besondere Kommission aus Theologen), um sich rückzuversichern, dass seine Handlungen und Bestrebungen sich göttlicher Gunst erfreuten, und seine Ratgeber enttäuschten ihn selten. Sein

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Beichtvater Loaysa versprach ihm einmal, dass »ich mehr denn je glaube, dass Euer Majestät alle augenblicklichen Schwierigkeiten überwinden wird und dass Gott Euch all Eure Feinde zu Füßen legen wird. Ferner, weil es Gottes Wille ist, dass Eure Siege sich erst nach der Überwindung von Hindernissen einstellen, muss Euer Majestät geduldig sein und mit fröhlichem Herzen voranschreiten.« Bei anderer Gelegenheit ruderte Loaysa, nachdem er eine Handlungsalternative vorgeschlagen hatte, zurück und versicherte Karl, »selbst wenn Euer Majestät hartnäckig gegenteiligem Rat folgt (was ich bedauern würde, weil ich keinerlei Vorteil darin sehen kann), wäre ich getröstet durch meine Überzeugung, dass Euer Majestät in ihrem Bestreben von Gott geleitet wird, und wir Übrigen nicht wissen, wovon wir reden«. Bei derartiger Bestärkung überrascht es nicht, dass Wunder einen integralen Bestandteil der strategischen Kultur im habsburgischen Spanien bildeten.31 Karls messianische Vision blieb nicht ohne Folgen. Dass der Kaiser offenkundig in göttlicher Gunst stand, förderte auf einer grundsätzlichen Ebene seine Selbstgerechtigkeit und Inflexibilität und konnte zu Leichtsinn und übertriebenem Selbstvertrauen verleiten. Antoine Perrenot prahlte einmal damit, dass »in verzweifelten Situationen, gerade wenn man es am wenigsten erwartet, etwas passiert, das Seine Majestät rettet«. Aber diese Wahrnehmung erzeugte eine gefährliche Rückkoppelungsschleife, weil die vermeintlichen Wunder der Vergangenheit die Erwartung verstärkten, dass trotz aller Hindernisse weitere Wunder folgen würden.32 Notfallpläne erübrigten sich damit quasi von selbst: Wenn Gott für den Kaiser kämpfte, dann konnte jeder Versuch, planerische Vorkehrungen für ein potenzielles Scheitern zu treffen, geradezu als Ausdruck von Kleingläubigkeit verstanden werden. Entsprechend gering war die Bereitschaft, auf derlei Überzeugungen gestützte Strategien aufzugeben oder auch nur anzupassen, wenn sie zu Schwierigkeiten führten – was den Feinden des Kaisers Zeit verschaffte, ihre Mittel zu koordinieren, um Karls strategische Ziele zu vereiteln. Obwohl er also auf Wunder vertraute und auf Personen, die dieses Vertrauen noch bestärkten, beherzigte Karl während des größten Teils seiner Herrschaft den Rat des Erasmus aus dem Jahr 1517: »Ein Prinz, der dazu aufgefordert wird, über so viele Königreiche zu herrschen, sollte keines Mannes eifrig dargebotenen Rat verschmähen und sollte dann daraus alles auswählen, was zu befolgen er für am besten erachtet.« Drei Jahrzehnte später räumte Graf Wilhelm von Nassau ein, dass der Kaiser seine Minister durchaus »ohne Ansehen von Familie oder Vermögen oder Landbesitz, sondern nur nach Erfahrung und früheren Leistungen« ausgewählt habe. Zur Veranschaulichung hätte er die Karrieren von Adrian von Utrecht, Francisco de Los Cobos, Pedro de La Gasca und vieler anderer anführen können, die durch ihre Verdienste aus relativer Unbedeutend-

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heit zu einer prominenten Stellung im kaiserlichen Dienst aufstiegen.33 Klugerweise delegierte Karl auch viele wichtige Entscheidungen an seine Statthalter an der Peripherie des Reiches, eine Praxis, die früh ihren Anfang nahm: Im August 1516 schickte Karl, verwirrt von widersprüchlichen Berichten über die Lage in Kastilien, aus Brüssel gleich zwei Bündel mit Instruktionen an Kardinal Jiménez de Cisneros, seinen dortigen Vertreter, »damit Ihr sie nach Eurem Ermessen und Eurer Klugheit nutzen könnt«. Die Entscheidung, wiederholte Karl, »liegt bei Euch«. Ebenso verzichtete er 1531 ausdrücklich auf die bisherigen Einschränkungen der Befugnisse, die er seinem Bruder als seinem Statthalter in Deutschland übertragen hatte: Ferdinand könne sie »in Angelegenheiten von großer Wichtigkeit« außer Betracht lassen, wann immer »Zeit und Umstände« ihm nicht erlaubten, zuerst den Kaiser zurate zu ziehen.34 Gewöhnlich hatte Karl Erfolg, wenn er die Grenzen des Möglichen anerkannte. Im April 1532 entschied er, dass »unser Plan für das Jahr lautet, für die Verteidigung der Christenheit zu sorgen und den Türken Widerstand zu leisten, weil wir einsehen, dass es unmöglich sein wird, so bald in die Offensive zu gehen«. Als seine Schwester Maria im darauffolgenden Jahr aufbegehrte, sie könne all die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehe, nicht bewältigen, antwortete Karl beschwichtigend, dass »auch ich all diese [negativen] Gedanken hatte und noch ein paar andere, aber nachdem ich sie verjagt hatte, habe ich oft festgestellt, dass ich die Mittel hatte, um mich besser schlagen zu können und mit den Aufgaben fertigzuwerden, vor denen ich stand«. Und er fügte hinzu: »Manchmal muss man einfach beharrlich bleiben und tun, was möglich ist, weil niemand verpflichtet ist, das Unmögliche zu tun. Gott will nicht, dass die Menschen sich zu Tode schinden.« Wie es seine Gepflogenheit war, brachte Karl dasselbe Argument in demselben Brief später erneut an: »Ich kann Euch darin guten Rat geben, weil ich Erfahrung habe. Ich will nicht sagen, dass ich alles tue, was ich sollte – und ich glaube, dass nur wenige das tun oder das tun können –, aber wir sollten das Beste tun, was unsere natürliche Stärke vermag. Gott verlangt von uns nicht, mehr zu tun, als möglich ist.«35 Am letzten Tag seiner Begegnung mit der französischen Königsfamilie in A ­ igues-Mortes 1538 sagte Karl zu dem Dauphin: »Sire, Sie und mein Sohn dürfen nicht so dumm sein, wie Ihr Vater und ich es gewesen sind.« Und am folgenden Tag verschob er widerstrebend den Mittelmeerfeldzug, den er im Verbund mit Venedig und dem Papsttum geplant hatte, denn »obwohl ich Kaiser bin, kann ich nur tun, was menschenmöglich ist, weil ich nur ein Mensch bin«. Im Jahr 1542 informierte er Ferdinand, dass »die Dringlichkeit einiger öffentlicher Angelegenheiten bedeutet, dass ich tun muss, was möglich ist, nicht, was ich will«.36 Der Kaiser meinte, was er sagte. Im Jahr 1535 gab er andere Vorhaben auf, um all seine Ressourcen und seine Aufmerksamkeit auf den Tunisfeldzug zu

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verwenden, weil »wir uns an die gegenwärtige Situation anpassen und uns auf die dringlichsten Angelegenheiten konzentrieren müssen«. Als er 1552 erkannte, dass ihm die Finanzmittel fehlten, um im nordafrikanischen Mahdia, das zwei Jahre zuvor unter großem Trara erobert worden war, eine Garnison zu unterhalten, befahl er, die Befestigungsanlagen der Stadt zu schleifen und sie aufzugeben. Und als drei Jahre später der Florentiner Gesandte Karls erklärten Plan, sich nach Spanien in den Ruhestand zu begeben, anzweifelte, »erwiderte Seine Majestät: ›Ja, es stimmt: Das ist nach wie vor meine Absicht. Aber bei großen Vorhaben können von einer Stunde zur nächsten Dinge eintreten, die einen zwingen, aufzugeben, was zu tun man beschlossen hat.‹«37 Was Worte betraf, so legte Karl den gleichen Realismus an den Tag wie gegenüber Taten. Als Maria sich beklagte, von den niederländischen Adligen in verletzender Weise kritisiert zu werden, erwiderte Karl, dass »mir derartige Vorwürfe so vertraut sind, dass ich ihnen gar keine Beachtung schenke«. Und als der englische Gesandte bei einer Audienz Beschwerde über die feindseligen Kanzelreden gegen seinen Herrn einlegte, die von spanischen Geistlichen gehalten würden, erinnerte ihn Karl: »Auch gegen mich führen die Prediger ständig das Wort, sobald es einen Anlass gibt.« Das lasse sich nicht unterbinden. Als der Gesandte unbeirrt weiterprotestierte, erwiderte Karl: »Könige sind nicht die Könige von Zungen, und wenn Männer Anlass zu Gerede geben, wird über sie geredet. Da gibt es kein Mittel.«38 Unerwünschtes Lob ignorierte Karl ebenso wie Kritik. Während der Krönungsfeierlichkeiten in Bologna 1530 eröffnete ihm Paolo Giovio, Historiograf und päpstlicher Zeremonienmeister, »mit lauter Stimme: ›Heute, unbesiegbarer König, seid Ihr zur Krone von Konstantinopel berufen‹« – aber, berichtete Giovio bedauernd, »darauf lächelte Seine Majestät nur«. Fünf Jahre später, nach der Eroberung von Tunis, ignorierte Karl abermals Aufforderungen, gegen Konstantinopel zu segeln, und erklärte, dass er »im Einklang mit der Jahreszeit und den Grenzen des Möglichen« verfahren werde.39

Das imperiale Repertoire Henry Kissinger, von 1969 bis 1975 Nationaler Sicherheitsberater und von 1973 bis 1977 Außenminister der USA, hat es so formuliert: »In der Retrospektive scheinen alle erfolgreichen politischen Bemühungen vorausbestimmt gewesen zu sein. Die politischen Führer behaupten gern, den Erfolg vorausgesehen zu haben, und schreiben das, was gewöhnlich mit einer Serie von Improvisationen beginnt, ihrer klugen Planung zu.« Die Historiker Jane Burbank und Frederick Cooper sind derselben Ansicht. »Nicht alle Imperien waren gleich«, schreiben sie in ihrer eindrucksvollen Studie Imperien der Weltgeschichte, »sie schufen,

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übernahmen und überlieferten unterschiedliche Herrschaftsrepertoires.« Außerdem war »ein imperiales Repertoire … weder eine Trickkiste, in die man aufs Geratewohl griff, noch eine vorgegebene Herrschaftsformel. Angesichts täglich neuer Herausforderungen improvisierten Imperien, hatten aber auch ihre Gewohnheiten.«40 Der diffuse Charakter von Karls Imperium verstärkte die Notwendigkeit, zu improvisieren, weil  – wie Helmut G. Koenigsberger 1958 (im 400.  Todesjahr des Kaisers) bemerkte – Karl »kein Alexander oder Napoleon war, die ihr Reich erobert hatten, sondern der erbliche und rechtmäßige Herrscher jedes seiner Staaten, deren Gesetze und Gebräuche er zu bewahren geschworen hatte«. Dies bedeutete, dass der Kaiser oft reagieren musste, statt zu agieren – und ganz besonders musste er auf die Prioritäten jenes Herrschaftsgebiets Rücksicht nehmen, in dem er seinen Aufenthalt nahm.41 Während er zwischen 1522 und 1529 in Spanien gebunden war, obsiegte gewöhnlich die subimperiale Agenda der Iberischen Halbinsel, wohingegen zwischen 1543 und 1556, als er zwischen Deutschland und den Niederlanden pendelte, Karl oft Angelegenheiten den Vorzug gab, die seinen dortigen Statthaltern und Untertanen wichtig waren. Die Konkurrenz zwischen mehreren subimperialen Agenden konnte den Kaiser enorm unter Druck setzen. Ein Beispiel dafür ist die »Alternative« der Jahre 1544/45, als die regierenden Eliten Mailands, der Niederlande und Spaniens unvereinbare Ratschläge gaben, welchen Teil seines Imperiums Karl an Frankreich abtreten solle (Kap. 12). Seine wankelmütige Haltung zur Versklavung der amerikanischen Ureinwohner in Reaktion auf die unterschiedlichen Absichten von Mönchen und Kolonisten ist ein anderes Beispiel (Kap. 13). Doch ungeachtet der Notwendigkeit zu Improvisation, Neuerung und Kompromiss umfasste Karls imperiales Repertoire dennoch ein Standardschema, das aus vier Kernelementen bestand: Dynastie, Ritterlichkeit, Reputation und Glaube. Das dynastische Engagement des Kaisers lässt sich leicht veranschaulichen: Ständig suchte er nach Wegen, Land wieder in seinen Besitz zu bringen, das einst seinen Vorfahren gehört hatte, vor allem den Herzögen von Burgund. Im Frieden von Madrid hatte Karl 1526 die Restitution der gesamten Erbschaft verlangt, und obwohl er drei Jahre später im Damenfrieden von Cambrai auf die meisten seiner Forderungen verzichtete, versicherte er 1534 seiner Schwester Eleonore, Königin von Frankreich, dass er »daran festhalten werde, das Herzogtum Burgund wiederzuerlangen, das Teil unseres historischen Erbes ist und uns wichtiger als Mailand«. Im Jahr 1539 folgerte ein englischer Diplomat aus Karls Ausführungen über seine große Strategie, dass »er Geldern in seinem Herzen mehr bedenkt als Mailand oder ganz Italien«. Im darauffolgenden Jahr stellte der Kaiser dann Frankreich verlockend »den Verzicht auf alle unsere Rechte und Ansprüche auf das Herzogtum Burgund« in Aussicht, »obschon sie vor

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dem Gesetz wohl und angemessen begründet sind« – gerade so, als wären sie noch etwas wert.42 Karls Anhänglichkeit an Burgund schloss die Treue zu dessen ritterlichen Werten ein. Er glaubte, dass politische Probleme durch Duelle gelöst werden könnten; dass es sich lohnte, für das Lächeln einer Dame ins Turnier zu ziehen; und dass er eines Tages an der Spitze eines Kreuzzugs Konstantinopel für die Christenheit wiedergewinnen könne. Wie Loaysa 1532 vermerkte, »liebt Ihr die Ehre tausendmal mehr als Leben und Reichtum«. Als acht Jahre später Heinrich VIII. die sofortige Auslieferung eines Engländers und vermeintlichen Verräters verlangte, antwortete Karl wütend, dass, selbst wenn er persönlich ein Gefangener »im Tower von London« wäre, er »nicht darein einwilligen würde, meine Ehre und mein Gewissen zu belasten«, indem er einen treuen Diener opfere. Kurz danach äußerte er seinem Beichtvater gegenüber, dass »ein Mann an dem Tag, an dem er seine Ehre verliert, sterben sollte – weil er nun nutzlos ist«.43 Schließlich erwies er zeitlebens dem burgundischen Ritterorden vom Goldenen Vlies seine Verehrung. In seinen »Erinnerungen« machte Karl Angaben zu jedem Ordenskapitel, dem er vorstand, und eine illuminierte Handschrift der Statuten gehörte zu den wenigen Werken, die er mit nach Yuste nahm.44 Auch die Reputation liebte Karl »mehr als Leben und Reichtum«. Seine Selbstanalyse aus dem Jahr 1525 beschäftigte sich geradezu zwanghaft mit der »Wahrung meines Rufs« und sorgte sich vor allem um eines: »Da die Zeit verfliegt und wir alle sterben müssen, will ich nicht von dieser Welt scheiden, ohne etwas Denkwürdiges zu hinterlassen« (Kap. 6). Nachdem er Spanien 1529 verlassen hatte, hielt er – ungeachtet des Lippenbekenntnisses zu den Schwierigkeiten, vor denen seine Regentin, die Kaiserin, stand (»Ich bin mir der Probleme, die in jenen Königreichen existieren, wohl bewusst …«)  – diejenigen Schwierigkeiten, vor denen er selbst stand, stets für vorrangig. Denn »meine Ehre und mein Leben stehen auf dem Spiel«, sodass das Versäumnis, ihm die Truppen und Gelder zu schicken, die er verlangte, »meine Person, meine Herrschaftsgebiete und meinen Ruf einem großen Risiko und großer Gefahr aussetzen würde«. Es war ein plumper Versuch, die Kaiserin (und ihre Berater) persönlich für jedes Leid und Unglück verantwortlich zu machen, die ihm widerfuhren.45 Im Jahr 1543 versicherte er seinem Sohn und Erben, dass alles, »was ich getan habe, notwendig war, um meine Ehre zu schützen«, und verriet, dass er vorhatte, seine Feinde »um meiner Ehre und meines Rufs willen« anzugreifen, und »daher breche ich zu so einem ungewissen Unternehmen auf« (Kap. 11). Als Karl sich im darauffolgenden Jahr anschickte, in Frankreich einzufallen, warnte er seine Minister in Spanien: Wenn sie ihm nicht unverzüglich Geld schickten, werde »dies nicht nur die großen Summen gefährden, die bislang ausgegeben wurden, sondern auch unseren Ruf, worüber wir uns am

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meisten ärgern würden«. Im Jahr 1551 erklärte er, sich »so sehr eingelassen« zu haben auf die Belagerung von Parma, »dass wir sie nicht ohne großen Ansehensverlust aufgeben könnten«. Ein Jahr später bestand er darauf, dass den lutherischen Theologen gestattet werden müsse, auf dem Konzil von Trient zu sprechen, weil alles andere »augenscheinlich meinen Ruf gefährden würde, der gleichbedeutend ist mit dem Dienst an Gott«. Und er begab sich persönlich in die Gräben rings um Metz, weil »die Dinge dort nicht gut liefen, sodass meine Reputation auf dem Spiel stand«.46 Schlussendlich ist es einfach, den festen Glauben Karls und seine Bedeutung für die politischen Entscheidungen des Kaisers zu dokumentieren. Sein ganzes Leben lang hielt er tägliche Andachten ab und alljährlich zu Ostern wie auch nach seiner Abdankung zog er sich in ein Kloster zurück. Er löste das Versprechen ein, das er gegeben hatte, nachdem er Luther auf dem Reichstag zu Worms 1521 entgegengetreten war: »Deshalb habe ich mich entschlossen, alles in dieser Sache daranzusetzen: meine Königreiche und Herrschaften, meine Freunde, meinen Leib, mein Blut, mein Leben und meine Seele«, um die Häresie zu bekämpfen, »denn es wäre eine große Schande  … wenn zu unserer Zeit nicht allein Häresie, sondern [schon] Häresieverdacht oder eine Minderung der christlichen Religion nach uns bleibt in den Herzen der Menschen, zu unserer und unserer Nachfolger ewigen Unehre«. Als der englische Botschafter 1540 bei einer Audienz die Freilassung einiger englischer Kaufleute erbat, die von den Inquisitoren Toledos festgenommen worden waren, weigerte Karl sich rundheraus, denn »ich kann die Inquisition nicht behindern. Dies ist eine Sache, die unseren Glauben berührt«, und fügte hinzu: »Ich versichere Euch, ich werde meine Inquisition nicht ändern«  – meine Inquisition!47 Die Furcht des Kaisers, »dass er zur Hölle fahren würde, wenn er die Fortsetzung einer [gegebenen] Praxis zuließe«, veranlasste ihn darüber hinaus, bestimmte politische Maßnahmen zu verwerfen, obwohl sie ihm bedeutende Vorteile gebracht hätten – insbesondere den deutschen Lutheranern dauerhafte Toleranz zu gewähren und den amerikanischen Kolonisten ihre Encomiendas auf ewig zu bewilligen. Im Jahr 1554 wies er »zur Entlastung unseres Gewissens« seinen Sohn an, er möge überprüfen, ob die Besetzung von Piacenza und Navarra für gerecht gelten könne. Im darauffolgenden Jahr behauptete er schließlich, dass er sich zur Abdankung entschlossen habe, »weil ich weiß, dass ich nicht erfüllen kann, was ich meinem Gewissen schulde«.48

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Selbst ist der Mann Karls Politik wies sein ganzes Leben lang ein weiteres Kernelement auf: die feste Überzeugung, dass er allein die Probleme lösen konnte, vor denen sein Reich stand. Zwar äußerte er gelegentlich Zweifel und Bedenken – nicht nur in seiner Selbstanalyse von 1525 (»Bis jetzt habe ich nichts getan, was mir Ehre einbringt«) und seinen Anweisungen von 1543 (»dass ich an eine so ungewisse Sache herangehe, von der ich nicht weiß, welche Frucht daraus entsteht«), sondern auch 1552 bei seiner Flucht aus Innsbruck (»Gott mag mir zürnen« und wolle ihn vielleicht strafen für seinen Stolz, der ihn seine Lebenserinnerungen hatte niederlegen lassen). Aber letztlich waren solche Zweifel relativ selten.49 Das Selbstvertrauen des Kaisers zeigte sich am deutlichsten in seinem Rückgriff auf »exekutive Diplomatie«: persönliche Treffen mit anderen Monarchen, um offene Streitigkeiten beizulegen. Zu diesem Zweck kam er viermal mit Heinrich VIII., zweimal mit Clemens VII. und dreimal mit dessen Nachfolger Paul III. zusammen. Mit Franz I. traf er sich ebenfalls dreimal (obwohl diese Begegnungen kaum zählten, weil Franz in den Jahren 1525/26 Karls Gefangener in Madrid war). Nicht jeder war einverstanden mit dieser »exekutiven Diplomatie«. So erhob 1519 Chièvres Einspruch gegen die persönliche Teilnahme an einem Treffen, zu dem der französische König eingeladen hatte – mit der Begründung, dass der burgundische Herzog Johann Ohnefurcht ermordet worden war, als er ein Jahrhundert zuvor eine ähnliche Einladung angenommen hatte. In den Jahren 1525/26 drängte Gattinara seinen Herrn, nicht direkt mit Franz zu verhandeln, solange der in Gefangenschaft sei. Und 1543 spöttelte Loaysa nach einem päpstlichen Gipfel: »Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass aus diesen Begegnungen wenig Vorteil oder Ansehen erwächst« – aber der Kaiser blieb beharrlich. Obwohl Monarchen »einander ihre Wünsche und Absichten weiterhin durch ihre Minister kundtun« mochten, glaubte er, dass ein Treffen von Angesicht zu Angesicht »das wahre und beste Mittel war«, offene Fragen zwischen ihnen zu regeln.50 Obwohl Karl die Gipfeldiplomatie irgendwann aufgab, blieb er ein Reisender. Zwischen 1529 und 1550 war er beinahe ständig unterwegs, wobei er Tausende von Kilometern zurücklegte (siehe Karte 1). María José Rodríguez-Salgado hat vermutet, dass Karl seine Reisen genoss, erlaubten sie ihm doch, »seinen bedrängten Regenten und Statthaltern stets als der Ritter in schimmernder Rüstung [zu erscheinen]. Wie ein Chronist es ausdrückte, wurde seine Anwesenheit ebenso sehnsüchtig erhofft, wie ausgedörrtes Land sich nach Regen sehnt. Getragen wurde Karl von der allgemeinen Überzeugung, dass seine Anwesenheit oder allein seine Zeit die quälendsten Probleme lösen würde. Die Verantwortung war beträchtlich, aber ebenso auch das Gefühl von Leistung

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und Verdienst. Adrenalinbefeuert pflegte er von der innenpolitischen Krise zum Krieg zu eilen und wieder zurück.«

Dieses Urteil scheint zu streng. Denn, wie Horst Rabe und Peter Marzahl betont haben: »Herrschaft war noch kein abstraktes Konzept« zu Karls Zeiten, »keine Gesamtheit an Rechten und Pflichten, die problemlos delegiert werden konnten.« Vielmehr »bedeutete Herrschaft die konkrete und persönliche Demonstration von Macht und Autorität. Deshalb schwächte die Abwesenheit eines Herrschers potenziell seine Autorität oder gefährdete sie gar«, während »die reale Anwesenheit des Herrschers ein politisches Faktum von höchster Bedeutung blieb. Arrangements, die den Herrscher auf die eine oder andere Weise ersetzten, waren allzu oft unsicher und blieben unzureichend.«51 Karl selbst hat niemals bezweifelt, dass seine körperliche Anwesenheit den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg seiner Unternehmungen ausmachte. Im Februar 1529 informierte er seine spanischen Untertanen, dass er Spanien verlassen und sich nach Italien begeben müsse, weil »meine dortigen Vertreter mir raten, dass nur meine Anwesenheit die Situation retten« und gewährleisten könne, dass »die Christenheit und das, was Gott mir gegeben hat, nicht zu meinen Lebzeiten untergehen«. In kurz danach »von der königlichen Galeere im Hafen von Barcelona« geschriebenen Briefen wiederholte er, dass es unmöglich wäre, »die laufenden Kriege und die Probleme, vor denen die Christenheit steht, ohne unsere Anwesenheit [in Italien] zu beenden«. Zwei Jahre später ließ er die Kaiserin wissen, dass er in den nördlichen Regionen bleiben müsse (statt nach Spanien zurückzukehren, wie sie verlangte), weil ansonsten »all das Böse, das geschieht, mein Fehler wäre, und ich glauben würde, dass es geschah, weil ich nicht genug getan habe«.52 Paradoxerweise brachte das Hin- und Hereilen »von der innenpolitischen Krise zum Krieg und wieder zurück« weitere Vorteile. Erfolgreiche politische Führer müssen zwischen all ihren Terminen und Verpflichtungen Zeit zu Besinnung und Kreativität finden, und das Reisen erlaubte Karl, dieser Erfordernis gerecht zu werden. Seine geheimen Instruktionen für seinen Sohn aus dem Jahr 1543 bieten einen seltenen Einblick in diesen Prozess. Der Kaiser schiffte sich am 1. Mai auf seiner Galeerenflotte in Barcelona ein, aber am folgenden Tag zwang ihn schlechtes Wetter, in dem kleinen Hafen von Palamos Zuflucht zu suchen. Zwischen diesem Tag und dem 6. Mai verfasste und überarbeitete er, befreit vom normalen Druck der Geschäfte, auf 48 Blättern detaillierte Ratschläge für Philipp – allein und von eigener Hand. Karls häufige Jagdausflüge gingen mit ähnlichen Vorteilen einher: Abgesehen davon, dass sie ihn körperlich gut in Form hielten (bei einer Audienz 1547 lobte der Nuntius dem Kaiser gegenüber, dass zwei Wochen »Jagd und Landluft uns gutgetan und uns geholfen haben,

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unsere Farbe und Kraft wiederzugewinnen«), verschafften sie ihm Zeit, über die anstehenden Probleme nachzudenken und wie sie am besten zu lösen wären. Wenngleich ein administrativer Nutzen aus seinen Freizeitaktivitäten schwer zu dokumentieren ist, kann es kein Zufall sein, dass Karl oft eine ganze Reihe von Entscheidungen traf, unmittelbar nachdem er von der Jagd zurückgekehrt war.53 Da er niemals allein reiste oder auf die Jagd ging, boten die Außenaktivitäten ihm zudem gute Gelegenheiten, engere Bande zu Mitgliedern seines Gefolges zu knüpfen und sie für sich einzunehmen.

Charisma schaffen In seiner bahnbrechenden Studie über die Rolle der Ideologie für den Fortbestand des Römischen Reiches – ein Thema, das Karl und seine Minister faszinierte – vertritt Clifford Ando die These, dass die von Augustus und seinen Nachfolgern ausgeübte Macht in bemerkenswertem Maße auf persönlichem Charisma beruhte: Die Kaiser manipulierten Botschaften und Medien, um einen Konsens unter den Mitgliedern der Elite zu erreichen, der deren Selbstwahrnehmung als Beteiligte an dem imperialen Unternehmen und nicht bloß Untertanen unterstützte.54 Auch Karl nutzte sein persönliches Charisma, um quer durch sein Reich Konsens herzustellen. Wie Augustus setzte er ebenfalls bei seiner Familie im weiteren Sinne an, indem er nicht nur seine Geschwister, Nichten und Neffen begünstigte, sondern auch Angehörige seines Haushalts. In den Niederlanden gewährte er seiner ersten Amme, Barbe Servels, ebenso eine Pension wie den Müttern von zweien seiner außerehelichen Kinder, Johanna van der Gheynst und Barbara Blomberg, und verschaffte Familienangehörigen von ihnen Anstellungen. In Spanien ließ er seinen ersten Lehrern öffentlich Ehre zuteilwerden: Im Jahr 1519 bewilligte er Juan de Anchieta ein jährliches Gehalt auf Lebenszeit »wegen der vielen ausgezeichneten Dienste, die besagter Juan für uns geleistet hat«, obwohl er damals schon »zu alt« war für den Dienst bei Hofe. Und 1523 ernannte er Luis Cabeza de Vaca zum Bischof der Kanaren, versetzte ihn 1530 nach Salamanca und machte bei einem Besuch in der Stadt vier Jahre später viel Aufhebens um ihn.55 Solche Hulderweise konnten bei den Adressaten lebenslange Ergebenheit erzeugen. Der geniale Erfinder aus Cremona, Juanelo Turriano, »sagte dem Kaiser eines Tages, dass er ihm mehr verdanke als seinen leiblichen Eltern, weil die ihm lediglich ein kurzes Leben geschenkt hätten, wohingegen der Kaiser ihn unsterblich machen werde«. Im Jahr 1548 erfuhr der Graf von Buren, Befehlshaber des niederländischen Kontingents, das zwei Jahre zuvor den Rhein überschritten hatte, um bei Ingolstadt zu Karl zu stoßen, dass er nur noch ein paar

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Stunden zu leben habe. Sofort schickte er nach seinen engsten Mitstreitern im kaiserlichen Gefolge und ließ seine schönsten Kleider und die Insignien des Goldenen Vlieses holen. Dann verlangte er nach einem »schönen Pokal« (vielleicht jenem, den Karl ihm geschenkt hatte, mit einer Abbildung der Rheinüberquerung), trank auf die Gesundheit seines Herrn, hielt eine Rede, in der er ihm für alle seine Gunsterweise dankte, und »schrieb mit eigener Hand zwei ganze Blätter an den Kaiser«, bevor er starb. Im Jahr 1550 versicherte Bruder Domingo de Soto, zurück in Spanien nach achtzehn Monaten als Beichtvater in Karls Diensten, Karls Sekretär Francisco de Eraso, »dass ich nie im Leben so tiefe Liebe (tan entranable amor) empfunden habe, wie ich sie [für den Kaiser] empfinde«, und dass »die Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit seines Umgangs mir ein unendliches Verlangen eingeben, ihn wiederzusehen und ihm zu dienen«. Zwei Jahre später versicherte Soto Eraso, dass die Nachricht von der Flucht des Kaisers aus Deutschland »in mir wahrlich den großen Wunsch geweckt hat, hinzugehen und mit ihm zu sterben, wenn meine Reise nur irgendetwas Gutes bewirken würde«.56 Manche stellten Karl als Vorbild für andere hin. Im Januar 1552 lehnte Perrenot die Bitte eines spanischen Bischofs, das Konzil von Trient verlassen und heimkehren zu dürfen, weil er halb gelähmt sei vor Gicht, mit der Begründung ab, dass »Seine Majestät selbst an mehreren Krankheiten leidet, vor allem Gicht, und er glaubt, dass ein Kranker ein Heilmittel finden kann, wo immer er gerade sein mag«. Im darauffolgenden Oktober während der Belagerung von Metz lehnte Maria die Bitte Wilhelms von Oranien ab, seine Einheit an der französischen Grenze »wegen des schlechten Wetters« verlassen zu dürfen; stattdessen solle er »dem Beispiel Seiner Majestät und so vieler vortrefflicher Adliger, die bei ihm sind, folgen, die trotz des widrigen Wetters im Feld bleiben«.57 Karls Bemühungen, kaiserliches Charisma auszustrahlen, fielen auf umso fruchtbareren Boden, als viele seiner Untertanen seine Werte und seine Ansichten teilten. In Amerika führten die von den spanischen Konquistadoren verfassten Chroniken im Schnitt alle tausend Wörter dreimal Gott ins Feld: Gott spendete ihnen Kraft, Mut, Trost, Inspiration, Beistand, Hilfe, Sieg und Gesundheit. Er erlöste, schützte, belohnte, sah voraus und verzieh. Er führte, rettete, wünschte und lenkte. Die einzigen Begriffe, die in den Chroniken der Conquista noch häufiger verwendet wurden, waren »Krieg«, »Gold« und vor allem »der König« (oder Äquivalente wie »Seine Majestät« oder »der Kaiser«), die achtmal alle tausend Wörter begegnen. In Europa drängte Gattinara seinen Herrn ständig, Gott an die erste Stelle zu setzen, und gab selbst ein eindrucksvolles praktisches Beispiel: Im August 1517, kurz bevor Karl aus den Niederlanden nach Spanien abreiste, begab sich sein künftiger Kanzler in das Kartäuserkloster Scheut, eine herzogliche Stiftung vor den Mauern von Brüssel, und verbrachte dort

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zurückgezogen sieben Monate in Erfüllung eines Gelübdes. Selbst abgebrühte Handelsherren und Bankiers begannen ihre Geschäftsbriefe in Jesu Namen und mit dem Zeichen des Kreuzes, streuten häufige »so Gott will« in den Inhalt ein und schlossen mit »der Herr sei mit Euch«. Fery de Guyon, ein Söldner aus Burgund, nannte in seinen Mémoires die aus vielerlei Nationen bunt zusammengesetzten Armeen, in denen er diente, »des Kaisers Männer« und behauptete, dass sie niemals glücklicher seien, als wenn sie »die Ungläubigen« bekämpften. Guyon widmete mehrere Seiten »einem der besten Turniere, die ich je gesehen habe« (veranstaltet vom Marqués del Vasto in Mailand), hielt aber auch Einzelheiten über die Pilgerreise fest, die er mit drei Gefährten vom kaiserlichen Hof nach Santiago de Compostela unternahm und die ihn »unterwegs Zeuge vieler ausgezeichneter frommer Taten« werden ließ.58 Viele Zeitgenossen sahen in Karl auch eine Art Superhelden. In Spanien versicherten ihm die Cortes von Kastilien 1523, dass, »was aus dem Mund Eurer Majestät kommt, aus dem Mund Gottes kommt, der Euch hier an Seine Stelle gesetzt hat«. Drei Jahre später bekräftigten einige kastilische Untertanen, obgleich sie eben Kunde von dem osmanischen Sieg bei Mohács erhalten hatten, dass »Eure kaiserliche Majestät nicht nur Herr der christlichen Religion, sondern der ganzen Welt ist«. Und im Jahr 1528 bat ein spanischer Vasall den Schöpfer, Karls Sache »auf ewig« zu schützen und zu segnen und »Euch zum Herrn der Welt zu machen«, während ein unterwürfiger Diplomat in Rom gar behauptete, dass manche Menschen »nicht mehr an Gott glauben, sondern an Euer Majestät«.59 In Italien nahm Ludovico Ariosto in sein berühmtes Versepos Orlando furioso (»Der rasende Roland«), das zur Zeit Karls des Großen spielt, die Prophezeiung auf, dass »am linken Strand des Rheines wird entstehen / Aus Aragons und Östreichs edelm Blut / Ein Heldenfürst, wie keiner ward gesehen / … / Und unter diesem Kaiser soll auf Erden / Nur eine Herd’, ein Hirt gefunden werden.« In den Niederlanden hätte die Rhetorikkammer in Leiden mit ihrem Wettbewerbsbeitrag zu der Frage »Wer hat die vortrefflichsten und gewaltigsten Siege errungen?« den internationalen Preis für Speichelleckerei gewinnen können. Die Antwort lautete selbstverständlich »Karl V.«, und in ihrem Versdrama traten Jupiter mit seinem Adler, Herkules mit seinen Säulen und Jason mit dem Goldenen Vlies in Aktion – aber Karl übertrumpfte sie alle.60 Viele teilten andere zentrale »Glaubenssätze« ihres Herrn, darunter die Überzeugung, dass nur Karls Anwesenheit sie vor der Katastrophe bewahren könne. Im Jahr 1548 erklärten die Cortes von Kastilien, dass »die Anwesenheit unseres Königs und natürlichen Herrn hier von solcher Wichtigkeit ist, dass alle anderen Mittel weniger Gewicht haben«. Sechs Jahre später hielt ein Anwalt aus Arras dafür, dass das Erscheinen seines Souveräns zu Pferde und an der Spitze seiner Armee »jedermann ermutigte«, der ihn sah, und »zum Rückzug

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der Franzosen beitrug«.61 Manche teilten auch Karls langen Atem darin, sich uralter Ungerechtigkeiten und Verletzungen zu erinnern und auf Rache zu sinnen: Als die französische Garnison von Hesdin 1553 kapitulierte, stellte derselbe Anwalt aus Arras befriedigt fest, dass zu den Gefangenen der Enkel von »Monsieur Robert de La Marck« gehörte, »dessen Missachtung des Kaisers den Krieg im Jahr 1521 auslöste«.62 Andere entdeckten überall die Gefahr von Häresie und prangerten sie an. Der spanische Bischof von Venezuela warnte 1535, dass »Euer Majestät keinen Deutschen erlauben sollte, hierherzukommen«, vor allem nicht »denen von niederem Stand, weil wir festgestellt haben, dass einige davon in dieser Provinz den Auffassungen des Ketzers Martin Luther gefolgt sind«. Obwohl er nur einen Namen nannte, hatte der Bischof doch eine Entwicklung erkannt, die wahrscheinlich die Aufmerksamkeit des Kaisers erregen würde.63 Wieder andere schützten ihr Gewissen vor, um schwierige politische Entscheidungen zu begründen: Im Jahr 1537 bat Karls Statthalter in der Lombardei ihn, seine Steuerforderungen gegen das Herzogtum abzumildern, »um mein Gewissen zufriedenzustellen«, und ein Jahrzehnt später bat sein Nachfolger in seinem Testament um Rückzahlung der im Namen des Kaisers aufgenommenen Kredite »zwecks Entlastung der Seele des Erblassers«.64 Als Karl sich einer ähnlichen Rhetorik bediente, durfte er daher darauf hoffen, dass sein Adressatenkreis dafür empfänglich sein würde.

Eine globale Schachpartie In einem Aufsatz über Karl aus dem Jahr 1966 forderte Fernand Braudel seine Historikerkollegen auf, sich den Kaiser mitten in »einer langen, einer schwierigen Partie auf dem komplizierten Schachbrett der Welt« vorzustellen. »Also versuchen wir … uns an die Stelle des Spielers zu versetzen.« Es sei, betonte Braudel, »eine Schachpartie, die in nichts den gewohnten Regeln folgt«, weil Karls Gegner, auswärtige wie innere, viele seiner Züge bestimmten und oft seine Wahl erzwangen, wohin er gehen, was er aufwenden und wie er angreifen würde. Nach Braudels Einschätzung sah Karls Bilanz zum Zeitpunkt seiner Abdankung so aus: Im Mittelmeerraum war er weitgehend gescheitert; gegen Frankreich hatte er weder gewonnen noch verloren; in Italien und auf dem amerikanischen Kontinent hatte er klar gewonnen und anscheinend auch in England und in den Niederlanden; und er hatte mehr schlecht als recht dafür gesorgt, dass sein Sohn seine deutschen Probleme nicht erben würde. Trotzdem warnte Braudel: »Die Politik ist wie die Webarbeit Penelopes: Sie wird niemals fertig.« Zwei Monate nach Karls Tod war Philipp nicht mehr König von England, aber sechs Monate später schloss Frankreich einen schmachvollen Frieden und versank im Bürgerkrieg.65

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Michèle Escamilla gehört zu den wenigen in der historischen Zunft, die sich seit Braudel an eine Bilanz von Karls Herrschaft gewagt haben. Im Jahr 2000 schlug sie vor, »weil eine umfassende globale Bewertung offenbar überaus schwierig bleibt, eine Reihe von Bewertungen je nach Region zu versuchen«. Wir wollen ihren Vorschlag aufgreifen und mit den Niederlanden anfangen, wo Karls Herrschaft begann und endete. Die ständigen Steuerforderungen des Kaisers und die kriegsbedingten Verwüstungen erschöpften die Ressourcen und entfachten Aufstände. Aber der stückweise Erwerb von Provinzen im Osten seines ererbten Besitzes sorgte für politische Geschlossenheit und verbesserte die Verteidigungsfähigkeit. Ohne habsburgische Mittel zu ihrer Verteidigung wären die burgundischen Niederlande der französischen Aggression gewiss unterlegen und hätten ihre Unabhängigkeit verloren. Stattdessen können heute alle drei modernen Beneluxstaaten sich auf Karl als ihren Gründer berufen.66 Das deutsche Staatengebilde veränderte sich in der Zeit zwischen Karls Wahl zum römisch-deutschen König und seiner Abdankung dramatisch, was (wie Friedrich Edelmayer angemerkt hat) vor allem dem »Religionsproblem« geschuldet war: »Alle anderen Probleme, vor denen das Reich während dieser 36 Jahre stand, rührten entweder von der lutherischen Reformation her oder hingen mit ihr zusammen« – mit einer Ausnahme freilich. Gemeint ist die Entscheidung des Kaisers von 1530/31, die Wahl seines Bruders Ferdinand und nicht die seines eigenen Sohnes Philipp zum römisch-deutschen König und damit zu seinem Nachfolger als Kaiser zu unterstützen. Das war ein Vorbote der Teilung seiner Herrschaftsgebiete, und nach erbitterten Diskussionen über die Nachfolge in den Jahren 1550/51 verwandelte Ferdinand Deutschland mit Erfolg in ein mehrkonfessionelles Staatengebilde, in dem ein fragiles Gleichgewicht zwischen den rivalisierenden Blöcken herrschte: das weltweit erste seiner Art.67 Auch Italien erlebte im Lauf von Karls Herrschaft einen dramatischen Wandel. Die von Gattinara 1529 ausgehandelten Friedensverträge beendeten die internen Kriege, die den Norden der Italienischen Halbinsel über Jahrzehnte heimgesucht hatten, und schoben außerdem französischen Ansprüchen auf Neapel einen wirkungsvollen Riegel vor. Sechs Jahre später annektierte der Kaiser das umstrittene Herzogtum Mailand, wobei dessen einheimische Dynastie unterging, und verfügte schließlich, dass es zusammen mit Spanien und dem übrigen spanischen Italien an seinen Sohn Philipp übergehen sollte. Alles in allem sicherten diese Erfolge den Spaniern für ein Jahrhundert die Kontrolle über die Italienische Halbinsel und für einen noch längeren Zeitraum die über Süditalien. Spanien und insbesondere Kastilien erfuhren durch Karl ebenfalls eine Umgestaltung. Als erster Monarch seit westgotischen Zeiten herrschte er über ganz Spanien und spielte folglich eine entscheidende Rolle beim Vorantreiben

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des von seinen Vorgängern aus der Trastámara-Dynastie begonnenen Vereinigungsprozesses. Dabei galt ihm unmissverständlich Kastilien als »das erste unter unseren Königreichen«. In ökonomischer Hinsicht erwiesen sich die Folgen als katastrophal. Juan Manuel Carretero Zamora hat errechnet, dass die von Kastilien gezahlten Steuern sich während Karls Herrschaft verdreifachten. In der Summe waren das elf Millionen Dukaten, die fast vollständig »bei den augsburgischen, genuesischen und niederländischen Bankiers landeten, die sie zur Aufnahme der Anleihen verwendeten, mit denen Karl eine Politik finanzierte, die oftmals den Interessen jener zuwiderlief, welche die Rechnungen bezahlten«. Dazu hinterließ der Kaiser noch riesige Schulden, die seinen Sohn zwingen sollten, unmittelbar nach seiner Thronbesteigung den Staatsbankrott zu erklären.68 Der Ruf des Kaisers nach einem strengen Vorgehen gegen Häresie (Kap. 16) veränderte Spanien nachhaltig. Zwei Wochen vor Karls Tod unterzeichnete seine Regentin eine Proklamation, die nicht nur »den Druck oder Besitz eines jeden von der Heiligen Inquisition verbotenen Buches« unter Strafe stellte, sondern auch »den Druck irgendeines Buches ohne Lizenz« oder dessen »handschriftliche Verbreitung«. Im darauffolgenden Jahr gab Großinquisitor Valdés einen Katalog verbotener Bücher heraus, der fast 700 Titel aufführte, fast die Hälfte davon in Landessprachen. Auf der Liste standen sowohl Werke von Jean Glapion, Bartolomé Carranza und Francisco de Borja  – allesamt Mitglieder von Karls innerem Kreis – als auch »sämtliche Predigten, Briefe, Traktate, Gebete und alle Handschriften, welche die Heilige Schrift oder die Sakramente wiedergeben oder erörtern«.69 Das durch diese Maßnahmen in Kastilien erzeugte Klima der Angst und Unsicherheit veranlasste mehrere Autoren, deren Werke nun auf dem Index auftauchten, zur Flucht – darunter Borja, der vor Kurzem noch Königin Johanna in Tordesillas und Karl in Yuste Trost zugesprochen hatte. Der künftige Heilige floh 1559 nach Portugal und durchquerte dann, als er zwei Jahre später nach Rom zitiert wurde, inkognito Spanien, voller Angst, dass er Carranza ins Gefängnis folgen könnte.70 Die Flut von Festnahmen und Anklagen in den Jahren 1558/59 kommentierte ein Vertrauter Philipps II. so: »Bald werden wir nicht mehr wissen, wen wir einen Christen und wen wir einen Häretiker nennen sollen.« Fortan, meinte er, »ist es besser, zu schweigen«.71 Obwohl diese strengen Maßnahmen die Ausbreitung des Protestantismus in Spanien unterbanden – häretische Werke fanden kaum Verbreitung; und obwohl die Inquisition ihre eifrige Verfolgung von Protestanten in Aragón und Kastilien fortsetzte, waren fast ausschließlich Ausländer betroffen –, verhinderten sie auch viel geistige Innovation. In Spanisch-Amerika schließlich maßregelte Karl, obwohl er eine gewisse Verantwortung für den dramatischen Rückgang der einheimischen Be-

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völkerung in den Jahrzehnten nach dem ersten Kontakt trägt, schonungslos die Männer, die ein Imperium für ihn erkämpft hatten, darunter Hernán Cortes und die Brüder Pizarro: Sobald sie triumphiert hatten, drängte er sie entweder an den Rand oder beseitigte sie und verschaffte sich selbst dauerhaften Zugriff auf die Ressourcen des Kontinents, die zur Finanzierung seiner dynastischen Ziele in Europa genutzt werden sollten. Außerdem erließ er Gesetze, die der indigenen Bevölkerung des amerikanischen Kontinents einen gewissen Schutz boten gegen ihre potenziellen Kolonisatoren, und finanzierte Schulen, um ihnen einen freien Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

Ein vergifteter Kelch Karls größtes Versagen lag anderswo. Wie Sir Thomas Wyatt 1538 feststellte, war der Kaiser sich durchaus darüber im Klaren, dass seine Herrschaftsgebiete »weit auseinanderliegen«, hoffte aber dennoch, »da er sie bislang mit Anstrengung und Mühe regiert hat, sie zu erhalten, und dass sein Sohn (oder die, denen er sie hinterlassen wird), wenn sie sie behalten, lernen werden, fleißig zu sein, eingedenk dessen, dass sie sie von Gott haben und dass in einem solchen Fall Sein Wohlwollen wirken wird« – mit anderen Worten: Er hoffte, dass mit Fleiß und göttlicher Gunst sein Reich nach seinem Tod unversehrt fortbestehen würde.72 Karls ehrgeizige Zielsetzung übersah zwei Faktoren. Erstens besitzt charismatische Autorität, wie schon Roms Kaiser festgestellt hatten, »von Natur aus den Fehler, dass ihr Inhaber gerade wegen seiner eigenen außerordentlichen Veranlagung keinen echten Erben haben kann«. Und Karls Erbe erwies sich als Enttäuschung. Prinz Philipp verstimmte auf seiner Huldigungsreise 1548/49 viele der Verbündeten und Untertanen seines Vaters, und einige Monate lang redeten er und Karl nicht miteinander (Kap. 14). Dasselbe passierte erneut, nachdem Philipp König von England geworden war (Kap. 15). Teils war der Kaiser selbst schuld an der Enttäuschung, weil seine unermüdliche Einmischung in alle Angelegenheiten des Prinzen in diesem Merkmale einer obsessiven (oder, wie Freud gesagt hätte, »analen«) Persönlichkeit förderte, die schlecht geeignet war, ein Weltreich zu regieren. In den 1560er-Jahren sollte Philipps unflexible Haltung größere Aufstände wichtiger Untertanengruppen sowohl in Spanien als auch in den Niederlanden provozieren, und in den 1570er-Jahren führte er die meiste Zeit Krieg an zwei Fronten.73 Eine zweite geradezu naturhaft vorkommende Schwäche rührte von Karls beharrlicher Politik eines »Heiratsimperialismus« (matrimonial imperialism) her. Der Kaiser erlangte die meisten seiner europäischen Herrschaften infolge von Endogamie: Verwandtenehen über mehrere Generationen hinweg zwischen

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ein paar wenigen Herrscherhäusern. Obwohl diese Praxis seinem Sohn ermöglichte, Spanien und Portugal zu vereinigen, brachte sie auch langfristige Nachteile mit sich. Verwandtenehen hatten den dynastischen Genpool bereits vor Karls Geburt reduziert: Maria von Burgund hatte nur sechs Urgroßeltern statt der normalen acht, und ihr Sohn Philipp heiratete seine Cousine dritten Grades Johanna, Tochter von Ferdinand und Isabella, die selbst zahlreichen Verwandtenehen zwischen den Zweigen des Hauses Trastámara entstammten. Doch selbst zusammengenommen ergab dies für Karl nur einen »Inzuchtkoeffizienten« von 0,037. Erst seine eigene Heirat mit einer Doppelcousine und die Wiederholung dieser Konstellation in der Ehe seines Sohnes Philipp führten zu einem dramatischen Anstieg. Mit nur sechs Ururgroßeltern statt der normalen sechzehn kam Philipps Sohn und Erbe Don Carlos auf einen Inzuchtkoeffizienten von 0,211 – fast wie bei einem Kind, das einer Verbindung zwischen Bruder und Schwester oder zwischen einem Elternteil und seinem Kind entstammt (0,25).74 Historiker wie Pedro Mexía und Prudencio de Sandoval sahen in Karls »Abstammung« völlig zu Recht seinen größten Aktivposten, aber weder sie noch Karl fragten sich offenbar auch nur einen Moment lang, ob die Tatsache, dass aus mindestens fünf von Isabellas Schwangerschaften kein gesundes Kind hervorging, nicht vielleicht die geminderte Fruchtbarkeit widerspiegelte, die häufig mit der Heirat zwischen sehr engen Verwandten einhergeht. Eine Krise in der eigenen unmittelbaren Familie der Kaiserin sorgte für eine abschreckende Warnung: Vier der Kinder König Johanns III. und vier seiner Geschwister (darunter die Kaiserin) starben zwischen 1537 und 1540, womit als sein Erbe Prinz Johann übrig blieb, der im Alter von drei Jahren, »obwohl er recht gut hört und versteht, noch nicht sprechen kann. Es heißt hier, dass er bald anfangen werde, zu sprechen, falls er überlebt«. Aber »er ist so schwach«, dass es den Anschein hatte, als würde María Manuela die Nachfolge antreten. Und wie gingen die Häuser Habsburg und Avis diese Krise an? Indem sie die Heiraten María Manuelas und des Prinzen Johann jeweils mit einem doppelten Cousin beziehungsweise einer Cousine arrangierten, nämlich mit Karls Kindern Philipp und Johanna. Beide Paare bekamen nur je ein einziges Kind – Don Carlos bzw. König Sebastian I. –, die wiederum ohne direkte Nachkommen starben.75 Die wenigen Zeitgenossen, die auf die Gefahren solcher Inzucht hinwiesen, wurden ignoriert. Im Jahr 1568 weigerte sich Papst Pius V., Philipp II. den erforderlichen Dispens zu gewähren, damit er seine Nichte Anna von Österreich, die Tochter seiner Schwester María und ihres gemeinsamen Cousins Maximilian, heiraten konnte. Unverblümt ließ der Papst ihn wissen, dass »wir gesehen haben, dass diese Ehen ersten Grades immer schlechte Ergebnisse zeitigen« – eine unverblümte Anspielung auf Philipps Entscheidung vom Anfang des Jahres, seinen Sohn Don Carlos wegen seiner »natürlichen Defekte« einzusperren.

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Aber der König scherte sich nicht darum und heiratete Anna trotzdem. Nur eines ihrer Kinder überlebte das Kindesalter: der künftige König Philipp III.76 Als zwei Generationen später über eine mögliche Ehe zwischen Ludwig XIV. von Frankreich und seiner Doppelcousine Maria Teresa von Spanien diskutiert wurde, berichtete ein Diplomat, dass »das Gespräch sich Jagdhunden zuwandte, und ich sagte mit einem Lächeln, dass unsere Herren bereits eng miteinander verwandt seien und dass Jäger begriffen, dass man Stammbäume mischen müsse, wenn man kräftige Hunde wolle«. Doch zum wiederholten Mal wurden solche Vorbehalte in den Wind geschlagen: Die Ehe wurde geschlossen, und nur eines der sechs Kinder des Paares erreichte das Erwachsenenalter.77 Über diese hohen biologischen Kosten hinaus schuf der Heiratsimperialismus schwerwiegende politische Probleme. Einerseits lagen manche der durch Inzest erworbenen Territorien weit weg vom Zentrum der Regierung und besaßen ihre eigenen andauernden strategischen Rivalitäten und politischen Agenden, andererseits stellte die Gesamtkonfiguration von Karls Imperium eine passive, aber dennoch spürbare Bedrohung für manch einen Nachbarn dar. So hat der polnische Historiker Władysław Pociecha behauptet, dass die Wahl Karls zum römisch-deutschen König im Jahr 1519 den Punkt markierte, »ab dem die Wahrung des Machtgleichgewichts in Europa zum bestimmenden Problem westlicher Politik wurde«, weil die habsburgische Hegemonie für die internationale Gemeinschaft unannehmbar gewesen sei. Die politische Geschichte Westeuropas habe sich daher während der nächsten zwei Jahrhunderte um Versuche gedreht, die verschiedenen von Karl angesammelten Territorien wieder voneinander zu trennen.78 Viele zeitgenössische Beobachter waren derselben Meinung wie Pociecha. Nachdem Thomas Wolsey von der kaiserlichen Besetzung der Lombardei nach dem Sieg bei Pavia 1525 erfahren hatte, wies der Kardinal darauf hin, dass Frankreich nun »von drei Seiten umringt ist und sozusagen in der Mitte der Länder des Kaisers liegt«. Folglich wären die Franzosen, wann immer Karl oder seine Nachfolger sich zum Angriff entschlössen, »gezwungen, sich an den besagten drei Seiten zur Wehr zu setzen«. In den nächsten zwei Jahrhunderten zielte die französische Politik darauf ab, sich dem als solchen empfundenen habsburgischen Würgegriff zu entwinden.79 Auch das Papsttum fühlte sich von Karls Herrschaftsgebieten eingekreist: im Westen von Sardinien, im Süden von Neapel und Sizilien, im Norden von Mailand und anderen kaiserlichen Lehen. Nicht nur hatten kaiserliche Truppen in den Jahren 1526 und 1527 die päpstliche Hauptstadt erobert; Rom war normalerweise auch auf Getreideexporte aus Sizilien angewiesen; und der Handel des Kirchenstaates, ob zu Lande oder zur See, war nun der Gnade der umgebenden habsburgischen Stützpunkte ausgeliefert. Die päpstliche Unterstützung für Karls Kreuzzüge gegen die Ungläubigen, sei

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es im Mittelmeer oder in Ungarn, oder auch gegen die Ketzer in Deutschland blieb daher meist verhalten, weil weitere kaiserliche Erfolge den Druck des Hauses Habsburg auf Mittelitalien verstärken konnten. Aber was sollte Karl tun? Die aus der umsichtigen Heiratspolitik seiner Vorfahren resultierenden unerwarteten Geschenke konnte er kaum ablehnen. Die einzige ernsthafte Debatte über den Tausch von Land gegen Frieden – die Alternative von 1544 – ergab, dass weder seine Untertanen noch seine Ratgeber sich darauf einigen konnten, welche Territorien eingetauscht werden sollten. Vielleicht wies der Kaiser deshalb vier Jahre später in seinem »Großen Politischen Testament« seinen Sohn an, niemals irgendeine seiner Besitzungen preiszugeben, denn »wenn Ihr aber auch nur in einem Punkt nachgeben würdet, dann hieße dies, den Weg freizumachen, um alles infrage zu stellen … Da es nun so ist, wäre es am besten und nützlichsten, das Ganze zu bewahren, um nicht eines Tages gezwungen zu sein, die Reste verteidigen zu müssen und auch sie noch in Gefahr zu bringen.«80 Royall Tyler, einer der modernen Biografen des Kaisers, sah andere schädliche Folgen der Kaiserwahl: Karl lieh sich zunächst unbekümmert Geld, um seine Wahl zum römisch-deutschen König zu befördern, und setzte danach ungeheure Summen in Deutschland ein, um Lutheraner und Türken zu bekämpfen, doch »die Mittel, die ihm zur Lösung seiner Probleme zur Verfügung standen, waren immer zu gering, um einen Sieg oder einen diplomatischen Erfolg auszunutzen«. Deshalb fragte Tyler rhetorisch: »Schulden und Ketzerei – Ketzerei und Schulden! Wie hätte er sie vermeiden können?«81 Aber noch einmal: Was sollte Karl tun? Keines der beiden großen Probleme, die sich ihm in Deutschland stellen würden – die Ausbreitung des Protestantismus und das Vorrücken der Türken –, war zum Zeitpunkt seiner Wahl offenkundig. Kein Herrscher über das römisch-deutsche Reich hatte sich bisher je internationalen Bedrohungen durch Türken und Franzosen und zugleich einer innenpolitischen Herausforderung durch die Lutheraner gegenübergesehen, wie es Karl nach 1521 widerfuhr.

Erfolg ist niemals endgültig Antoine Perrenot erinnerte einmal einen ausländischen Gesandten daran, dass sein Herr, auch wenn er vielleicht »gelegentlich knapp bei Kasse« sei, weil »er über so viele Reiche herrscht, darunter Peru«, den König von Frankreich jederzeit ausstechen könne, »der bloß ein Königreich hat«.82 Das stimmte zwar, doch übersah Perrenot bei seiner Prahlerei einen entscheidenden Punkt: Obwohl Karl tatsächlich jeden seiner Feinde einzeln besiegen konnte  – den

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Papst 1526 und 1527, den Sultan 1532 und 1535, Frankreich 1529 und 1544, die deutschen Protestanten 1547 –, schlossen sich die Besiegten früher oder später zu einer feindlichen Allianz zusammen, die Karl erneut zum Kriegführen zwang. Der Kaiser mag erwartet haben, dass der Sieg bei Pavia zu einem günstigen Frieden führen würde, der ihm erlauben würde, sich nach Deutschland zu begeben, um die Anhänger Martin Luthers mit Stumpf und Stiel auszurotten, und dann nach Ungarn weiterzuziehen, um die Streitkräfte der Christenheit gegen die Türken zu führen. Aber stattdessen schloss Frankreich die antihabsburgische Liga von Cognac mit dem Papst, England und mehreren italienischen Staaten und verbündete sich schließlich sogar mit dem osmanischen Sultan. Früher oder später machte ein Machtgleichgewicht jeden der Siege Karls zunichte. Viele Jahre später gedachte der lutherische Magistrat Bartolomäus Sastrow in seinen Lebenserinnerungen des »Kaisers Caroli Glucks oder Unglucks«, wobei er das Umschlagen vom einen ins andere auf die Religionspolitik des »geharnischten Reichstags« von 1547/48 zurückführte: »Gleichwohl meine Kinder vermane ich, gute Acht zuhaben vund mit Fleisse zuerwegen, das Seiner Key. Mt. Keyserliche Hocheit bis auf diesen Reichstag inklusive gewachsen, zugenommen vund auff die oberste Staffel gestigen ist. Aber noch in werendem Reichstag, als er in Allem seinen Willen geschafft, nach seinem Gefallen erhalten, aber wieder seine schrifftliche vund mundtliche Zusage auff allen gehaltenen Reichsverhandlungen vund Abscheiden gehandelt, darin er ausdrucklich versprochen, gelobt vund zugesagt, das er wegen der Augsburgischen Confession Religion niemandes mit Kriegesgewalt, noch durch andere Wege beschweren, sonder allein etliche Ungehorsame straffen wollte … Wie dan Sein Key. Mt. dem Bapst allen gueten Willen bezeigte, damit er den auf seine Seite bringen vund zur Hande haben mochte, den er höher vund ime furtreglicher zu sein erachtede, als ein gnedigen Gott zu haben. Dan er sich vberredet, das er mit sollichem Beystande D. Luthers Veste Burg sturmen, erlegen vund gar verwusten konnte. Darauf hatt sich des Keysers grosses Gluck ins Ungluck verwendet, in dem, was er angriff, nicht ausfuren konte, sonder darin bestecken vund alles den Krebsgang gehen, sonderlich in der strengen Execution des Interims, erleiden moste, was zu Passow, vund furnemblich auf dem Regensburgischen Reichstage Anno 55. auf disse Meinung geschlossen.«

Karl selbst grübelte eines Tages in Yuste darüber, dass er »nach dem Ende des deutschen Krieges« hätte abdanken sollen, denn dann »hätte er dadurch nicht an Ansehen verloren, anders als es wegen der nachfolgenden Ereignisse jetzt der Fall sei«.83

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Da waren sich der lutherische Bürgermeister und der katholische Kaiser ausnahmsweise einmal einig: Bis 1548 hatte Karl sowohl in Europa als auch in Amerika einen Erfolg nach dem anderen erzielt. Leicht übersieht man die Größe des Geleisteten und die Widrigkeiten, die entgegenstanden. Im Mai 1532, während Karl sich von seinem Sturz vom Pferd erholte und Vorbereitungen traf, um gegen seine Feinde – die deutschen Lutheraner wie auch die türkische Armee und Flotte – zu kämpfen, schrieb Loaysa: »Ich bitte Euer Majestät, heiter zu sein und nicht niedergedrückt durch die Größenordnung der Probleme, die Euch umgeben. Weil sie sehr schwierig sind und das Vermögen menschlicher Kraft übersteigen, mögt Ihr gewiss sein, dass Eure guten Absichten und Euer fester Glaube glorreich über sie triumphieren werden.«84 Kurz danach erhob sich der Kaiser von seinem Krankenbett und überwand alle unmittelbaren Schwierigkeiten. Warum also gelang ihm das nach 1550 nicht mehr? Einige Zeitgenossen hielten das Scheitern für unausweichlich. Im Frühjahr 1542 nach dem katastrophalen Algierfeldzug des Kaisers suggerierte ein französischer Staatsmann seinem englischen Kollegen in Form von rhetorischen Fragen, dass Karl ein dem Untergang geweihtes Reich regierte: »England ist ein immerwährendes Königreich und ebenso Frankreich. Unsere Herren, ihre Kinder, ihre Nachfolger mögen auf ewig herrschen; wir sind unter einem Himmelsstrich und von einer Gesinnung, wir gehen einander zur Hand. Der Kaiser ist nur einer, und wenn er tot ist, wird vielleicht irgendein Deutscher (Almayn) Kaiser, ich weiß nicht, wer. Es stimmt, Spanien ist ein Königreich, aber was ist das allein? … Und was Italien angeht, wenn der Kaiser tot ist, wer wird Herr sein?«85

Keine diese Voraussagen traf ein. Spanien allein genügte, um Philipp II. zum mächtigsten Herrscher seiner Zeit zu machen. Und obwohl der Kaiser es versäumte, alle seine Herrschaftsgebiete seinem Sohn zu übergeben, wie er es gewünscht hatte, verblieben sie alle unter habsburgischer Herrschaft. Zwar vereitelten die zunehmende Verengung des verfügbaren Genpools und die Herausbildung eines gegenläufigen Machtgleichgewichts Karls Ambitionen letztlich, und doch hätte ein besseres Management die Zersplitterung seines Reiches verzögern können – vor allem, wenn er die Politik der Dezentralisierung fortgesetzt hätte, die seinen früheren Erfolgen zugrunde lag. Stattdessen ignorierte oder verwarf er nach 1548 Ratschläge, die ihm nicht gefielen, und akzeptierte nur noch Meinungen und Gewissheiten, die seine eigenen Ansichten untermauerten. Gruppendenken durchdrang alle höheren Ebenen der kaiserlichen Regierung. Im September 1551 informierte Diego Hurtado de Mendoza, der kaiserliche Gesandte in Rom und normalerweise ein Mann von entschieden

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unabhängigen Ansichten, den Kaiser über potenzielle Gefahren für das allgemeine Konzil in Trient, wozu er auch das Risiko zählte, dass die deutschen Lutheraner Gewalt gegen das Konzil einsetzen könnten. Mendoza schloss dies nicht gänzlich aus – »gewiss ist es möglich, weil alles möglich ist« –, aber »wir können davon ausgehen, dass es unmöglich ist, weil die Autorität Eurer Majestät in Deutschland so groß ist, größer denn je zuvor, weil den Lutheranern die Anführer fehlen«. Dies war exakt die Botschaft, die der Kaiser und seine unmittelbare Entourage hören wollten, und so schenkten sie ihr Glauben, obwohl sie sich (zu ihrem Pech) als falsch herausstellte.86 Gruppendenken, verstärkt durch die Überzeugung, dass entweder Cäsars Glück oder ein Wunder stets das Unmögliche möglich machen würde, beraubte Karl seines Vorteils in Deutschland und untergrub in verhängnisvoller Weise die Integrität seines Reiches. Johan Huizinga behauptete 1945: »Die ganze politische Laufbahn Karls V. bedeutete – wenn man sie im Abstand einiger Jahrhunderte sieht – kaum etwas anderes als eine Reihe von Glücksfällen in den Anfängen seiner Regierung, denen sogleich zahllose Fehler, Irrtümer, Kurzsichtigkeiten und Misserfolge folgten.« Fünfzig Jahre später verwarf John Robertson dieses Urteil rundheraus: »Die Monarchie Karls V. lieferte eine neue Blaupause für die europäische Politik. Moderne Historiker betonen gern die Grenzen, die einer wirkungsvollen Machtausübung gesetzt waren«, aber »der schiere Umfang seiner Erbschaft machte Monarchie in einem Ausmaß möglich, wie man es seit dem Römischen Reich nicht mehr erlebt hatte.«87 Durch eine Kombination aus Glück und überlegenen Ressourcen gelang es Karl, seine internationale Stellung zu wahren und auszubauen. Von den drei »jungen mächtigen Prinzen«, die 1515 den Anschein erweckt hatten, »endlos Krieg« zu führen – Karl, Heinrich und Franz –, blieb allein Karl übrig. 1554, sieben Jahre nach dem Tod seiner beiden Rivalen, führte er seine Armee in einem letzten erfolgreichen Feldzug gegen Frankreich – und sein Sohn wurde König von England. Scheitern ist relativ, ebenso wie Erfolg. Trotz seiner gescheiterten Ambitionen übte Karl größere Macht über einen längeren Zeitraum aus als irgendein anderer europäischer Herrscher vor oder nach ihm, und die Ausdehnung seiner Herrschaftsgebiete zu beiden Seiten des Atlantiks war völlig beispiellos. Nach solchen Kriterien – wie er sie selbst vielleicht gewählt hätte, um danach beurteilt zu werden – wogen seine Erfolge sein Scheitern jedenfalls bei Weitem auf. Aber warum sollten wir die bevorzugten Kriterien des Kaisers übernehmen? Fernand Braudel hat 1972 vor den Risiken gewarnt, denen der Biograf einer herausragenden Persönlichkeit des 16. Jahrhunderts stets ausgesetzt ist: »Wenn wir über ihn oder sie schreiben, werden wir nicht unbewusst zu viel über uns selbst, über unsere eigene Zeit schreiben? Erasmus, wie Marcel Bataillon ihn

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Teil IV  Niedergang

porträtiert, ähnelt Marcel Bataillon. Ich selbst habe mehr als vierzig Jahre in Gesellschaft Philipps II. verbracht. Ich habe versucht, darauf zu achten, Distanz zu diesem vielschichtigen Menschen zu wahren, aber ich stelle zunehmend fest, wie ich versuche, ihn zu entschuldigen, zweifellos in der Hoffnung, ihn zu verstehen und ihn dadurch wieder lebendig zu machen.«88

Habe ich ebenfalls versucht, Karl zu entschuldigen, in der Hoffnung, ihn besser zu verstehen und ihm dadurch wieder Leben einzuhauchen? Habe ich immer angemessene Distanz zu meinem Gegenstand gewahrt? Im Gegensatz zu seinem Sohn Philipp, der einen Großteil seines Lebens zurückgezogen in seinem Arbeitszimmer verbrachte, genoss Karl das Rampenlicht. Er selbst war der Urheber einer Vielzahl von Quellen zu seiner Person, und noch mehr Zeugnis haben andere gegeben – eine Fülle an Material, anhand dessen er beurteilt werden kann. Und auch, wenn seine persönlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten nach den Maßstäben des 21. Jahrhunderts sein Bild trüben, hatten die Zeitgenossen des Kaisers doch sicher darin recht, ihn für einen außerordentlichen Menschen zu halten, der Außerordentliches leistete.

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Anhänge Dieses Buch stützt sich auf zwei Quellen, deren Stichhaltigkeit in Zweifel gezogen wurde: die Memoiren des Kaisers und ein kaiserliches Fingerglied. Obwohl beide sich nicht mit völliger Klarheit bis zu Karl zurückverfolgen lassen, spricht das verfügbare Beweismaterial doch für ihre Echtheit. Hingegen halte ich eine dritte Quelle über den Kaiser für nicht authentisch, die andere als echt angesehen haben, nämlich ein weiteres Exemplar von »letzten Instruktionen«, verfasst für seinen Sohn Philipp im Jahr 1556. Desgleichen spreche ich mich gegen die von Manuel Fernández Álvarez und anderen Historikern aufgestellte Behauptung aus, Karl habe während seines ersten Aufenthalts in Spanien in den Jahren 1517– 1520 ein außereheliches Kind gezeugt. In den nachfolgenden Anhängen begründe ich diese Entscheidungen im Einzelnen.

Anhang I: Die Memoiren des Kaisers Irgendwann zwischen 1620 und 1791 erwarb die französische königliche Bibliothek in Paris ein Manuskript mit dem Titel »Historia do invictissimo Emperador Carlos Quinto, rey de Hespanha, composta por su Majestade Cesarea, como se vee do papel que vai em a seguinte folha, traduzida da lingoa francesa e do proprio original em Madrid anno 1620«. Es enthält 68 in einer akkuraten Handschrift beschriebene Blätter mit am Rand angebrachten inhaltlichen Zusammenfassungen in einer anderen Handschrift. Behandelt werden die Jahre von 1515 bis 1548. Geschrieben ist das Werk in der dritten Person, wie die Commentarii Julius Cäsars (und wie die Autobiografien Gattinaras und anderer Persönlichkeiten der Renaissance). Es erhielt ursprünglich die Signatur BNF Fonds français 10,230 und wird heute als BNF Ms. Port. 61 geführt. In digitalisierter Form kann es abgerufen werden unter http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b10036839z. Aber ist es echt? Im Jahr 1559 erklärte Willem Snouckaert van Schouwenburg, Karls Bibliothekar und einer seiner ersten Biografen, kategorisch, »dass unser Kaiser Karl wie Christus, Sokrates und Alexander niemals selbst Kommentare zu seinen Taten verfasst hat«. Und noch 1989, als er seine Edition von BNF Ms. Port. 61 veröffentlichte, warnte Vicente Cadenas y Vicent, dass angesichts »so vieler Zweifel« kein Historiker »diese Übersetzung eines Dokuments, dessen Glaubwürdigkeit nicht bewiesen werden kann« als authentisch akzeptieren sollte. Insbesondere »das Wasserzeichen des Papiers entspricht keinem aus Spanien oder Portugal bekannten«, und »die Ankunft des Bandes in Paris ist geheimnisumwittert, sodass niemand weiß, wie er in die königliche Bibliothek gelangt ist«.1 Diese Einwände sind alle leicht widerlegt. Das Wasserzeichen des für Ms. Port. 61 verwendeten Papiers ähnelt einem bekannten Zeichen aus Perpignan, der zweitgrößten Stadt Kataloniens, aus dem Jahr 1595; und der Band gelangte wahrscheinlich 1668 in die königliche Bibliothek von Frankreich, zusammen mit anderen Handschriften aus der Sammlung des Kardinals Mazarin, des wichtigsten Ratgebers von Karls Urenkelin, der Regentin Anna

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628 Anhänge von Österreich. Mit Sicherheit befand sich das Manuskript bereits dort, bevor es 1791 Eigentum der französischen Republik wurde, denn es trägt königliche Stempel.2 Der bedeutende Bibliograf Benito Sánchez Alonso hat vermutet, das Manuskript sei 1620 in Madrid für Manuel de Moura, 2.  Marquês de Castelo Rodrigo, angefertigt worden und zusammen mit anderen von Mazarin erworbenen Stücken aus der Castelo-Rodrigo-Sammlung in die königliche Bibliothek von Frankreich gelangt.3 Snouckaert van Schouwenburgs Behauptung, dass Karl »niemals selbst Kommentare zu seinen Taten verfasst« habe, wird schlüssig widerlegt durch einen Brief, den der Kammerherr des Kaisers, Guillaume van Male, im Juli 1550 schrieb: »In seiner freien Zeit, während wir rheinaufwärts fuhren« im vergangenen Monat, »machte sich der Kaiser daran, seine Reisen und Feldzüge vom Jahr 1515 bis jetzt niederzuschreiben«. Zwar habe er selbst, so van Male weiter, seinen Herrn mit einigen »Texten und Vorschlägen« versehen, der Kaiser habe jedoch größtenteils aus dem Gedächtnis geschrieben und noch im selben Jahr in Augsburg seine Autobiografie überarbeitet – wiederum unterstützt durch van Male.4 José Luis Gonzalo Sánchez-Molero sah die kaiserlichen Lebenserinnerungen als Teil eines »großen autobiografischen Unterfangens«, das möglicherweise den schon von seinem Großvater Maximilian betriebenen Selbstüberhöhungsprojekten nachempfunden war (S. 56–58 oben) oder vielleicht dazu gedacht war, die professionellen Geschichtsschreiber anzuleiten, von denen Karl hoffte, dass sie sein Leben niederschreiben würden.5 Eine am Anfang von BNF Ms. Port. 61 eingefügte Notiz auf Spanisch hält fest, dass Karl seine Memoiren 1551 mit nach Innsbruck nahm, sie aber im darauffolgenden Frühjahr seinem Sohn in Spanien schickte, als er fürchten musste, dass eine lutherische Armee sich seiner und seines Besitzes bemächtigen könnte.6 Der Kaiser mag beabsichtigt haben, die Arbeit an seinen Lebenserinnerungen in Yuste wiederaufzunehmen, enthielt seine kleine Bibliothek dort doch mehrere historische Werke und zählten zu seinen wenigen Besuchern zwei Historiografen, Juan Ginés de Sepúlveda und Luis de Ávila y Zuñiga. Wenn dies so war, dann durchkreuzte der plötzliche Ausbruch seiner letzten Krankheit seine Pläne. Auf jeden Fall hatte der Kaiser in Yuste sein Manuskript wieder bei sich, denn van Male empörte sich bitterlich darüber, dass »Luis Quijada ihm die Memoiren, die er mit Seiner Majestät verfasst hatte, beinahe mit Gewalt wegnahm«, als Karl im Sterben lag. Das Post-mortem-Bestandsverzeichnis von Karls Besitztümern erwähnt »einen Ordner aus schwarzem Samt mit Schriften, die Guillaume van Male gehören, darin einige wichtige versiegelte Papiere, die Luis Quijada genommen hat, um sie Seiner Majestät [Philipp II.] auszuhändigen«. Vielleicht befanden sich die Memoiren darunter.7 Der spanische Antiquar Ambrosio de Morales, der für Philipp II. arbeitete, erwähnte die Memoiren in einem Brief von 1564. Darin rühmte er den verblichenen Kaiser, der es »trotz der Kriegsfurie selbst zuwege gebracht hat, eine höchst bewundernswerte, gewissenhafte und zusammenhängende Geschichte seiner Taten zu schreiben« – eine Formulierung, die implizierte, dass Morales das Werk gesehen hatte. Philipp vertraute die Memoiren irgendwann seinem Sekretär Francisco de Eraso an, denn 1569 informierte Juan Páez de Castro, ein Protegé van Males und königlicher Chronist, einen Kollegen, dass »ich Seine Majestät bat, er möge mir gestatten, nachzuschauen, was der Kaiser zur Rechtfertigung seiner Kriege und insbesondere des deutschen Kriegs [von 1546/47] geschrieben hatte. Er erwiderte, er sei einverstanden, und sagte mir, ich solle mit Eraso sprechen.«8 Möglicherweise wanderten die Memoiren nach Erasos Tod in den El Escorial, denn ein Verzeichnis von Hand-

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Anhang II: Das Nachleben des Körpers Karls V.

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schriften mit Bezug zu Karl, die sich im frühen 17. Jahrhundert im Besitz der Bibliothek des Klosters befanden, enthielt den Titel »Seine Geschichte, geschrieben auf Französisch«; aber danach geriet der Originaltext von Karls Memoiren aus dem Blickfeld.9 Er befand sich offenbar 1620 in Madrid, als eine portugiesische Übersetzung in Auftrag gegeben wurde; aber anschließend gerieten beide Fassungen aus dem Blickfeld, bis 1860 der belgische Gelehrte Joseph Kervyn de Lettenhove bei einem Forschungsaufenthalt in Paris zufällig auf den portugiesischen Text stieß und eine französische Übersetzung anfertigte, die zwei Jahre später veröffentlicht wurde. Obwohl durch zahlreiche Fehler entstellt, erschien Kervyns Text umgehend in englischen, spanischen und deutschen Übersetzungen.10 Im Jahr 1913 druckte Alfred Morel-Fatio in seiner Historiographie de Charles-Quint eine Transkription des portugiesischen Originals ab, ergänzt um eine weit bessere französische Übersetzung, eine gelehrte Einleitung und zahlreiche Anmerkungen. Im Jahr 1958 veröffentlichte Manuel Fernández Álvarez aus Anlass des 400. Jahrestages von Karls Tod eine spanische Übersetzung des portugiesischen Textes mitsamt einer hilfreichen Einführung (wieder abgedruckt in CDCV, IV, S. 459–567). Und 1989 veröffentlichte Cadenas y Vicent in Las supuestas »Memorias« eine Fotokopie von jedem Blatt des portugiesischen Originals mit einer spanischen Übersetzung auf der gegenüberliegenden Seite nebst einer Einführung, die die Echtheit des Textes in Zweifel zog. Aber trotz der Versicherung von Cadenas y Vicent, dass BNF Ms. Port. 61 »selbst der leisesten Garantie seiner Glaubwürdigkeit entbehrt«, sieht es so aus, als sei das Manuskript genau das, was es zu sein behauptet: eine im Jahr 1620 in Madrid angefertigte Übersetzung ins Portugiesische der von Karl mit ein wenig Zutun van Males im Sommer und Herbst 1550 auf Französisch verfassten Erinnerungen. Ich habe deshalb in dieser Biografie ausgiebig davon Gebrauch gemacht. Alfred Morel-Fatio gab 1913 der Hoffnung Ausdruck, dass die Originale sowohl der Memoiren als auch der geheimen Anweisungen Karls an seinen Sohn vom 6. Mai 1543 eines Tages gefunden würden. Sein zweiter Wunsch wurde ein Jahrhundert später wahr, als ich HSA Ms. B 2955 als die originalen handschriftlichen Anweisungen identifizierte. Vielleicht wird auch sein erster Wunsch eines Tages Wirklichkeit, aber bis dahin müssen sich Historiker Karls V. auf BNF Ms. Port. 61 stützen.11

Anhang II: Das Nachleben des Körpers Karls V.12 Karl V. starb am 21. September 1558 im Hieronymitenkloster von Yuste in der spanischen Sierra de Gredos und wurde in dem dortigen Konvent begraben, so wie er es gewünscht hatte. Sechzehn Jahre später ließ Philipp II. den Leichnam seines Vaters in ein Mausoleum für seine Dynastie überführen, das in der neuen Palast- und Klosteranlage von San Lorenzo de El Escorial in der Nähe von Madrid geschaffen worden war. Im Jahr 1654 wollten die Mönche gerade die kaiserliche Leiche ehrfurchtsvoll aus dem »alten Sarg« in einen »neuen aus abgelagertem Holz« in dem soeben fertiggestellten Pantheon der Könige umbetten, als sie »eines Anblicks, Cäsars würdig«, gewahr wurden: »eine bemerkenswerte Sache, ewigen Staunens würdig: Sein Körper war unversehrt, 69 Jahre nach seinem Tod; und so vollkommen, dass selbst bei näherem Hinsehen die heldenhafte Natur seines Körpers makellos wirkte: sein festes Antlitz, dessen Physiog-

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630 Anhänge nomie die großartige Intelligenz widerspiegelte, mit der der Himmel ihn beschenkt hatte; eine breite Stirn, geeignet, all diesen Lorbeeren Platz zu bieten; seine Augen geöffnet; voll sein Bart, der die Feinde der Kirche so viele Male erzittern ließ; seine Brust kräftig und stark, äußeres Zeichen seines unbesiegbaren Heldenmuts und seines tapferen Herzens; seine unbeugsamen starken Arme, die den Glauben verteidigten.« Tatsächlich waren »alle seine Körperteile so frei von Fäulnis, dass selbst die Nägel an seinen Füßen und Händen (die im Leben sehr unter Gicht gelitten hatten) völlig unversehrt waren«. Der unbeschädigte Leichnam des Kaisers »bewog manche, ihn für einen Heiligen zu halten«.13 Im 21. Jahrhundert bot Julián de Zulueta y Cebrián, ein Spezialist für Tropenkrankheiten (vor allem Malaria) mit einem starken Interesse für Geschichte, eine alternative Erklärung für den unbeschädigten Zustand des kaiserlichen Leichnams an. Er hob hervor, dass Karl Ende September starb, genau zu der Zeit, wenn an Orten wie »Jabugo die Schinken in Höhlen weggeschlossen werden«, wo – wie in der kleinen Krypta in Yuste, die den kaiserlichen Sarkophag beherbergte – jeden Winter die Temperatur unter den Gefrierpunkt fällt. Karls Leichnam wurde faktisch »haltbar gemacht« wie ein Schinken. Im Jahr 1574, als sein Sohn ihn nach El Escorial überführen ließ, hatte er sich in eine Mumie verwandelt.14 Im Jahr 1654 blieb der Sarg eine Weile geöffnet, sodass »jeder ihn sehen konnte«. Aber danach (mit einer Ausnahme im Jahr 1809, als eindringende französische Soldaten das Grab kurz öffneten) ruhte die Mumie des Kaisers friedlich, bis sie unmittelbar nach Spaniens Glorreicher Revolution von 1868 zur Touristenattraktion wurde. Am 9. Dezember 1870 lud die spanische Regierung Angehörige des diplomatischen Korps und deren Familien ein, von Madrid nach El Escorial zu kommen und sich den kaiserlichen Sarkophag anzusehen, der nun offen war. Der britische Botschafter, Sir Arthur Layard, schilderte seine Eindrücke von jenem Tag: »Der Leichnam ist in weißes Leinen und rote Seide gehüllt. Auf dem Kopf sitzt eine Mütze aus weißem Leinen, bestickt mit Gold. Ein oder zwei anwesende Personen gaben vor, dass sie die Charakteristika aus Tizians Porträt erkennen könnten, aber das schien mir eine Übertreibung zu sein. Das einzige Merkmal, das diese Ähnlichkeit aufweist, ist das Kinn, das sehr charakteristisch ist (wie Sie an der Fotografie erkennen werden) und voll und ganz österreichisch. Es ist von einem kurzen roten Bart bedeckt. Für eine Mumie ist der Körper gut erhalten. Die Hände und Füße sind klein und zart.« Ein anderer Beobachter bemerkte »die unvollkommene Heilung einer Fraktur im Bein, weil die Knochen seitlich wieder zusammengewachsen waren« – beinahe sicher die Folge des kaiserlichen Sturzes im Jahr 1532 (S. 302). Layard wies anlässlich seines Besuchs den Madrider Maler Vicente Palmaroli y Rodríguez an, eine »Skizze in Öl« anzufertigen, die später fotografiert und als Ansichtskarte vertrieben wurde (Abb. 39).15 Achtzehn Monate später besuchte der Schriftsteller Pedro Antonio de Alarcón y Ariza »auf Bitten der schönen Damen Madrids, die den Sommer dort verbrachten«, die zwanzigste »öffentliche Ausstellung der Leiche des Kaisers«. Nach dem Abstieg in das Pantheon der Könige »sahen wir mit eigenen Augen die offene Grabnische Karls V. und davor auf einem eigens zu diesem Zweck konstruierten Leichengerüst einen Sarg, dessen Deckel durch eine

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Glasscheibe ersetzt worden war«, sodass des Kaisers »kräftige Mumie von Kopf bis Fuß, vollkommen nackt, aber perfekt erhalten, obgleich etwas verschrumpelt« gut zu sehen war. Alarcón y Ariza bemerkte vor allem »die hohe und sehr mächtige Thoraxhöhle, seine breiten und ausladenden Schultern, seinen charakteristischen Schädel mit den für das Haus Österreich typischen Gesichtszügen einschließlich seines offenen Mundes und vorstehenden Kinns, verursacht durch seine mandibuläre Prognathie«. Er betonte, dass »dies kein Skelett war, sondern Fleisch, überzogen von dunkler Haut, auf der man noch ein paar Wimpern und Augenbrauen sehen konnte sowie seinen Bart und einen gepflegten Haarschopf«.16 Im Herbst 1871, als kein Glas den Sarg bedeckte, verbrachte der Maler Martín Rico y Ortega mehrere Tage damit, den kaiserlichen Leichnam zu zeichnen. Auch er hinterließ eine detaillierte Beschreibung dessen, was er sah: »Ich bemerkte, dass sein voller Bart, um seinen Mund ordentlich rasiert, noch immer von dunkelbrauner Farbe war und nicht angegraut, fast weiß, wie auf den Porträts von ihm zur damaligen Zeit zu sehen.« Er klagte, dass »ich niemals solchen Schwierigkeiten begegnet bin und mit so vielen Hindernissen und Beeinträchtigungen gearbeitet habe, wie als ich diese Zeichnung anfertigte, weil, abgesehen von der Position, in der ich ausharren musste – eine Haltung, die meinen Körper in ein perfektes ›C‹ verwandelte –, die Entfernung zwischen meiner Position und meinem Gegenstand nur 30 Zentimeter betrug«. Ein auf seinen Vorlagen beruhender Stich erschien im Januar 1872 in dem Journal La ilustración de Madrid.17 Ricos unbequeme Bemühungen, ein genaues Bild des Kaisers einzufangen, klärten zusammen mit Palmarolis Gemälde zumindest eine Frage hinsichtlich seiner Physiognomie. Die Kunsthistorikerin Diane Bodart hat angemerkt, dass mit zunehmendem Alter Karls immer weniger Leute jene mandibuläre Prognathie erwähnten, die in seinen jungen Jahren vielerorts Anlass zu Kommentaren gegeben hatte, während Künstler wie Tizian sie so gut »versteckten«, dass manche Zweifel hegten, ob sie überhaupt existierte. Palmarolis Gemälde klärt die Sache: Der Unterkiefer des Kaisers stand tatsächlich extrem vor.18 Im Jahr 1936 sah Julián de Zulueta, damals ein im Pariser Exil lebender Republikaner, »ein während des [Spanischen] Bürgerkriegs aufgenommenes und in der internationalen Presse veröffentlichtes Foto, auf dem ein Milizionär halb scherzhaft den mumifizierten Kaiser zu knuddeln schien. Die Mumie hatte die Augen offen und wirkte, als wollte sie jeden Moment sprechen.«19 Fünfzig Jahre später las Zulueta von einer neuen Technik, die Mumien rehydrierte, um klinische Tests an ihnen durchzuführen, und erinnerte sich sowohl an das Foto, das den Leichnam des Kaisers als Mumie zeigte, als auch an Gerüchte, dass Karl an Malaria gestorben sei. Zulueta bat daher König Juan Carlos um die Erlaubnis, den kaiserlichen Leichnam im Pantheon der Könige untersuchen zu dürfen. Die Erlaubnis wurde verweigert, aber im Jahr 2005 erhielt Zulueta von einem Insider aus dem spanischen Patrimonio Nacional den Hinweis auf die Existenz »eines kleinen Fingers des Kaisers, der außerhalb des Sarkophags in einem Kästchen in der Sakristei von San Lorenzo de El Escorial aufbewahrt wird«. Die Beschaffung des Fingers sei einem Besucher des kaiserlichen Sarkophags nach der Revolution von 1868 gelungen. Diese bemerkenswerte Behauptung wird untermauert durch einen Nachruf auf Martín Rico, der folgende Geschichte wiedergibt: Zu der Zeit, als Rico sich im Escorial aufhielt und jeden Tag das Pantheon aufsuchte, wurde der für die Verwahrung des Schlüssels zuständige Beamte seiner ständigen Bitten um Einlass überdrüssig. Also »vertraute er ihn Rico an, der ihn in seinem Haus ließ, wenn er ihn nicht brauchte. Ein Fremdenführer, der von dieser Gewohnheit wusste, kam

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632 Anhänge zu Ricos Haus und bat im Namen eines Ausländers« – eines Ausländers: natürlich! –, »der unbedingt die Mumie des Kaisers sehen wollte, um den Schlüssel und bekam ihn.« Während Karls Körper also auf dem Leichengerüst in seinem Sarg lag, ungeschützt durch Glas, machte sich der Besucher, wie es aussieht, den nachlässigen Schutz zunutze, »um einem der Museumswärter 20 Reales zu bieten für ein Stück vom Kaiser. Der Wärter langte mit einer Hand in den Sarg und löste ein Glied von einem Finger ab.«20 Nach einem anderen Zeugnis gelangte der Finger am 14. September 1870 – also vor den Besuchen von Layard, Palmaroli, Alarcón und Rico – auf unbekannte Weise in den Besitz des Marqués de Miraflores und seiner Schwester, der verwitweten Marquesa de Martorell. Am 31. Mai 1912 gaben die beiden ihn König Alfonso XIII. zurück unter der Versicherung, dass das Fingerstück »unbeabsichtigt in unsere Hände kam, denn wir haben niemals versucht, es uns anzueignen oder es zu behalten«. Alfonso schickte den Finger zurück nach El Escorial, wo der Prior ihn, statt das Grab erneut zu öffnen, in einem verschlossenen roten Kästchen in der Sakristei aufbewahrte.21 Beflügelt von dieser Information, bat Zulueta König Juan Carlos um die Erlaubnis, den Finger zu untersuchen, und diesmal erhielt er sie. Im Jahr 2005 kehrte er in den Escorial zurück, begleitet von Dr. Pedro Alonso, dessen Labor im Institut d’Investigacions Biomèdiques August Pi i Sunyer (IDIBAPS) in Barcelona zu einem Impfstoff gegen Malaria forschte. Zulueta erinnerte sich später daran, wie der Prior von San Lorenzo das rote Kästchen »mit dem in Spezialpapier gewickelten Finger« öffnete: »Nicht das normale Papier, das wir zum Maschineschreiben benutzen. Der Prior wickelte das Papier ab und zog sich weiße Handschuhe über, um das Objekt mit größerem Respekt zu berühren.« Der mumifizierte Finger, der immer noch in gutem Zustand war, reiste »in einem Leichenwagen, eskortiert von der Guardia Civil«, nach Barcelona, und die dort angestellten Tests ergaben »große Mengen von Malaria-Parasiten – so große, dass sie einen Kaiser getötet hatten«. Ein weiterer Befund lautete auf schwere Gicht.22 Danach kehrte der abgetrennte kleine Finger in das verschlossene rote Kästchen in der Sakristei von San Lorenzo de El Escorial zurück, wo er heute als Patrimonio Nacional # 10044506 firmiert. Aber stammt der abgetrennte Finger in dem verschlossenen roten Kästchen tatsächlich von einer kaiserlichen Hand? Ein Beweisstück spricht gegen diese Zuschreibung. Rico beschrieb nämlich 1871 in einem Brief an den Maler Mariano Fortuny Karls Leichnam und behauptete bei dieser Gelegenheit, dass »die drei Jahrhunderte, die vergangen sind, seit er begraben wurde, kaum eine Spur an ihm hinterlassen haben; und im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht gelesen oder gehört haben, kann ich Ihnen versichern, dass er nach wie vor unversehrt ist und dass ihm nichts, absolut nichts fehlt«.23 Offenbar wollte Rico eine damals zirkulierende Geschichte widerlegen, wonach irgendein Teil der kaiserlichen Anatomie fehle; und da der Marqués de Miraflores später erklärte, der Finger habe sich seit September 1870 in seinem Besitz befunden, hatte Rico vermutlich diesbezügliche Gerüchte im Sinn. Interessant ist, dass Rico den Kaiser zwar aus verschiedenen Blickwinkeln zeichnete, aber keine Zeichnung seine linke Hand vollständig zeigt: Die Darstellung des linken kleinen Fingers endet stets genau am letzten Gelenk. Könnte Rico möglicherweise gerade für den Fall so darauf beharrt haben, dass die Leiche unversehrt geblieben sei, dass jemand vermutete, er habe dem Abtrennen eines Fingerglieds Vorschub geleistet? DNA-Tests würden die Echtheit des Objekts klären, aber das Forschungsinstitut in Barcelona erhielt nicht die Genehmigung, sie durchzuführen, und daher kann das abgetrennte

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Anhang III: Die letzten Instruktionen an Philipp II.

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Glied von einem kleinen Finger in dem verschlossenen roten Kästchen endgültig weder der Leiche in dem Sarkophag noch einer anderen Person mit nachweislich habsburgischen Genen zugeordnet werden.24 Dennoch stützen drei Überlegungen die Vermutung. Obwohl der Marqués de Miraflores nicht verriet, wie er zu dem Finger gekommen war oder woher er wusste, dass er von einer kaiserlichen Hand stammte, war er doch ein angesehener Höfling, und seine Schwester hatte für die Königin wie für die Königinwitwe als Trauzeugin fungiert: Die beiden hätten die Rückgabe des Fingers an das Königshaus nicht in die Wege geleitet, wenn sie nicht überzeugt gewesen wären, dass er von Karl V. stammte. Auch der Prior von San Lorenzo de El Escorial schenkte 1912 offensichtlich dieser Zuschreibung Glauben, da er den Finger ja in ein Kästchen legte und in der Sakristei verwahrte. Am überzeugendsten von allem sind aber die von dem Forschungsinstitut in Barcelona aus dem rehydrierten mumifizierten Finger gewonnenen Indizien: Die Tests der Forscher wiesen nach, dass der kleine Finger von einer Person stammt, die an schwerer Gicht litt, die einen doppelten Malaria-Anfall erlitt, der sich mit ziemlicher Sicherheit als tödlich erwies, und deren Leiche mumifiziert war. Alle drei Merkmale passen auf Karl. Dieselbe Kombination kann natürlich auch auf andere Leichen zutreffen, aber die Chancen sind gering. Daher schließe ich mich der Auffassung von Julián de Zulueta und seinen Kollegen an, dass sie einen Finger untersuchten, der von einer kaiserlichen Hand abgetrennt wurde.

Anhang III: Die letzten Instruktionen an Philipp II.25 »Der Rat Karls des Fünften, Kaiser von Deutschland und König von Spanien, an seinen Sohn Philipp den Zweiten bei seiner Resignation von der Krone Spaniens« ist sowohl auf Englisch (London 1670) als auch auf Französisch (Berlin 1699) gedruckt worden. Außerdem sind eine deutsche, mindestens 25 italienische und wenigstens 23 englische handschriftliche Fassungen erhalten. Mit zwei Ausnahmen gehören die Manuskripte zu einer von drei Gruppen: jene, die vierzig Blatt oder weniger umfassen; jene, die zwischen vierzig und achtzig Blatt umfassen; und jene (darunter beide gedruckten Texte), die weit länger sind und aus zwei Teilen bestehen.26 Eine der beiden Ausnahmen ist der Ragionamento de l’imperatore fatto, quando rinontio tutti suoi regni et stati al re, suo fi giuolo im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Das Dokument schildert ein Treffen, das am 16. Januar 1556 um vier Uhr nachmittags in Anwesenheit führender Adliger und Minister in dem kleinen Wohnhaus des Kaisers im königlichen Park in Brüssel stattfand und bei dem Karl seinem Sohn eine Schachtel übergab, die viele Testamente auf Latein und Kastilisch sowie zahlreiche Instruktionen enthielt nebst dem Siegel, das er für ein Dokument benutzt hatte, in dem er erklärte, dass, sollten die Franzosen ihn auf dem Feldzug gefangen nehmen, Philipp alle Lösegeldforderungen ablehnen solle.27 Der größte Teil des Treffens wurde vom Verlesen der verschiedenen offiziellen Dokumente in Anspruch genommen, durch die die Königreiche Kastilien, Aragón und Sizilien an Philipp abgetreten wurden; nach jedem Dokument erklärte Karl: »Ich stimme zu und bestätige«, und dann fügten er und mehrere der Anwesenden ihre Unterschriften hinzu. Nach der Schilderung des anonymen Autors drückte Karl sein Bedauern darüber aus, dass er nicht sechs Jahre früher abgedankt hatte, als seine Angelegenheiten noch in besserer Ordnung waren, und sagte: »›Jeder kann drei Dinge tun: protestieren …‹, aber dann hielt er eine Weile inne

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634 Anhänge und sagte, dass er sich an die zwei anderen Dinge nicht erinnern könne.« Hierauf sprach das Dokument verheißungsvoll von »den vielen weiteren höchst vernünftigen Dingen«, die Karl sagte, »die Staunen und Mitgefühl auslösten in Anbetracht dessen, dass der mächtigste Mann auf der Welt mit solcher Demut sprach« – nannte aber keine Einzelheiten.28 Vielleicht sind diese »höchst vernünftigen Dinge« in dem anderen Sonderfall der Überlieferung zusammengefasst: dem einzigen bekannten spanischen Text in Zusammenhang mit Karls letzten Instruktionen, ein einzelnes Blatt mit dem Titel »Punkte, die der Kaiser Karl V. ruhmreichen Angedenkens seinem Sohn König Philipp übergab, als er nach Spanien abreiste, betreffend die beste Art, zu regieren«.29 Die »Punkte« sind so kurz gefasst, dass sie für sich genommen wenig Sinn ergeben würden. Es kann sich daher nur entweder um Stichpunkte handeln, die der Kaiser aufschrieb, bevor er seinen Sohn traf (eine Methode, derer er sich bedient hatte, als er in den Jahren 1529/30 Papst Clemens traf – siehe Abb. 13 – und als er erst wenige Monate zuvor seine Abdankungsrede für seine niederländischen Besitzungen hielt: S. 584–585), oder um Notizen, die jemand machte, als die beiden Monarchen sich trafen – vielleicht am 16. Januar 1556. Obwohl undatiert, scheinen diese beiden Dokumente echt zu sein. Von den im Ragionamento genannten Personen weiß man aus anderen Quellen, dass sie an dem Treffen am 16. Januar teilnahmen, bei dem die Übergabe der Testamente und die Unterzeichnung der Abdankungsakte tatsächlich stattfanden. Karl kann aus diesem feierlichen Anlass durchaus eine Rede gehalten haben, und die »Punkte« können sich durchaus auf das beziehen, was er bei dieser Gelegenheit sagte. Wir finden die Anrede vos (»Euch«), die Karl normalerweise verwendete, wenn er das Wort an seinen Sohn richtete; und die meisten der »Punkte« wiederholten ohnehin bereits in früheren Instruktionen erteilte Ratschläge. Die einzigen Ausnahmen sind der Vorschlag, dass »es erforderlich sein wird, ein Verzeichnis zu führen, das die Namen guter Beamter enthält«, um sicherzustellen, dass der Sohn nur die Verdienstvollen belohne, und die Anordnung: »Vertreibt die Mauren aus Euren Königreichen« – etwas, wozu Gattinara den Kaiser vor mehr als drei Jahrzehnten gedrängt hatte.30 Vielleicht also vermittelte Karl seinem Sohn eine letzte Lektion über »die beste Art und Weise des Regierens«, bevor sie im September 1556 Abschied voneinander nahmen, aber wenn er es tat, dann tat er es mündlich – und dies ist das einzige erhaltene Zeugnis.31 Dasselbe Vertrauen kann nicht auf die beiden anderen Manuskripte, die die letzten Instruktionen des Kaisers zu enthalten vorgeben, ausgeweitet werden. Das Fehlen eines Originals ist ohne Belang, weil dasselbe auch für ähnliche Dokumente von zweifelsfreier Echtheit gilt wie etwa Karls »Großes Politisches Testament« von 1548, seine Memoiren und (bis 2009) seine geheimen Aufzeichnungen von 1543. Das Hauptproblem liegt in dem Stil einschließlich der Anrede »Mein liebster Sohn«, während Karl sonst ausnahmslos die nüchterne Form »Mein Sohn (hijo)« benutzte, und in der Fülle klassischer Verweise (die in Karls anderen Schriften selten begegnen). Zudem sind die glaubwürdigen Passagen zumeist Plattitüden, wie man sie in vielen frühneuzeitlichen »Ratschlägen eines Vaters für seinen Sohn« findet; keiner der ausführlichen politischen Ratschläge bezieht sich auf Ereignisse nach 1553; und viele der Daten und Ereignisse sind schlicht falsch.32 Der früheste datierte Text der letzten Instruktionen stammt vom 20. August 1592, eine Generation nach der Abdankung des Kaisers, und findet sich in einer italienischen Handschrift, die König Jakob VI. von Schottland von seinem italienischen Hauslehrer, Giacomo Castelvetro, überreicht wurde. Bestimmt hielt Jakob sie für echt, denn er benutzte sie sechs

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Anhang III: Die letzten Instruktionen an Philipp II.

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Jahre später als Vorlage, als er den Basilicon Doron entwarf, ein politisches Testament für seinen eigenen Sohn. Für echt hielt sie auch John Pemberton, der eine spanische Ausgabe des Basilicon Doron erstellte – er verknüpfte sogar ausdrücklich die beiden Abhandlungen: »So wie die Instruktionen Karls V. für seinen Sohn Philipp in die meisten Sprachen und recht gut ins Englische übersetzt wurden, so mögen diese auf Englisch gehaltenen Instruktionen Eurer Majestät ohne Minderung ins Spanische übertragen werden, und ich hoffe, ohne dass sie ihre Wirkung verlieren.«33 Pembertons Annahme, dass ein spanisches Original existiere, ist vermutlich auf Lord Henry Howard zurückzuführen, einen Höfling Königin Elisabeths I. und Minister König Jakobs. Howard verfasste mehrere Versionen einer angeblichen englischen Übersetzung, die er der Königin überreichte. Ein Text nahm für sich in Anspruch, »eine Kopie der letzten Instruktionen« zu sein, »die der Kaiser Karl der Fünfte vor seinem Tod seinem Sohn Philipp gab, übersetzt aus dem Spanischen«; ein anderer behauptete, es handele sich um »Kaiser Karls V. politische Instruktionen bei seiner Resignation der Krone Spaniens für seinen Sohn Philipp II. Übersetzt aus dem Spanischen«.34 Die Angabe, dass die Instruktionen bei Karls Abdankung als König von Spanien ausgehändigt worden seien, legt nahe, dass Howard möglicherweise tatsächlich ein Original verwendete, da sie zu den beiden echten Dokumenten passen; und glaubwürdig erscheint auf den ersten Blick auch seine Behauptung, dass »diese kurze Abhandlung zuerst in spanischer Sprache verfasst wurde und zufällig in meine Hände kam« – aber Howard hat nie behauptet, dass seine Arbeitsgrundlage ein spanisches Original war.35 Wahrscheinlicher dürfte sein, dass er einen italienischen Text übersetzte. Da Howard seine Übersetzung vermutlich im Dezember 1592 der Königin überreichte, plünderte er möglicherweise Castelvetros Text: Schließlich verbrachte Castelvetro auf seinem Weg nach Schottland Zeit in England, und er und Howard bewegten sich in denselben Kreisen.36 Also verfertigte Castelvetro entweder das Original aus den zahlreichen Kurzfassungen des italienischen Textes von Karls letzten Instruktionen, oder aber er kopierte einen Text, der bereits existierte (keiner der ähnlichen erhaltenen italienischen Texte ist datiert, sodass einer oder mehrere von ihnen früher geschrieben worden sein könnten; aber keiner geht unmittelbar zurück auf irgendetwas von Karl selbst Geschriebenes). Howard suggerierte, dass eine längere Fassung der Instruktionen existiert habe: Der Widmungsbrief zu seiner englischen Übersetzung informierte Königin Elisabeth, dass »diese Abhandlung nur die Kurzfassung eines größeren Werke gewesen zu sein scheint, worin die Grundsätze der Regierung von diesem durch und durch erfahrenen Herrscher ausführlicher verbreitet wurden«; und er klagte, dass »es nicht möglich ist, durch jedwede Mühe eine Anschauung davon zu vermitteln, entweder weil die Zeit, das Grab so vieler würdiger Monumente, darüber hinweggegangen ist, oder weil der König von Spanien (wie manche versichern) es besonderer Verwendung vorbehalten hat, wie die Römer es mit den Sybillinischen Orakeln taten«.37 Vielleicht existierte einer der längeren erhaltenen italienischen Texte bereits im Jahr 1592, als Howard sein Manuskript Königin Elisabeth überreichte. Auf jeden Fall existierten einige von ihnen ein Jahrhundert später, als Antoine Teissier, Rat und Historiograf des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, zur Erbauung des kurfürstlichen Sohnes eine französische Übersetzung veröffentlichte. Teissier behauptete, er habe einen italienischen Text verwendet, der in den Besitz Königin Christinas von Schweden gelangt sei und später sehr teuer von »Monsieur *** [sic]« erworben worden sei, der »ihn dem Übersetzer zur Verfügung stellte, der ihn vom Italienischen ins Französische übertrug, weil Seine

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636 Anhänge Durchlauchtige Hoheit die zweite Sprache besser versteht als die erste«.38 Teissier unterteilte die Instruktionen in je einen eigenen Abschnitt über das Regieren in Friedenszeiten und in Kriegszeiten. Einige weitere Fassungen – wie etwa die um 1740 für die Kinder des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August III. angefertigten deutschen und italienischen Texte – bestanden formal aus zwei Teilen und breiteten sich auf über hundert Seiten aus.39 Obwohl die Herrscher von Brandenburg und Sachsen ebenso wie Jakob VI. von Schottland und »Monsieur ***« allesamt glaubten, dass die von ihnen in Auftrag gegebenen Texte echt seien, kann man dem Urteil von E. W. Mayer aus dem Jahr 1919 schwerlich widersprechen, dass sämtliche italienischen Fassungen der »letzten Instruktionen« Karls auf einer Fälschung beruhen, was bedeutet, dass all ihre Übersetzungen ebenfalls auf einer Fälschung beruhen. Auch wird man Karl Brandi darin zustimmen müssen, dass die Kombination aus dem Status des Kaisers und dem weiten Umlauf von Kopien seiner anderen (echten) Instruktionen, vor allem seines »Großen Politischen Testaments« von 1548, eine beinahe mythische Autorität verlieh. Diese Autorität machte es lohnenswert, Karls Namen einem Dokument anzuheften, das von jemand anderem geschrieben worden war, und sie machte es (im Lauf der Zeit) ebenso lohnenswert, neues Material hinzuzufügen. Wer auch immer diese »letzten Instruktionen« verfasste, Karl V. war es nicht.40

Anhang IV: »Infantin Isabella von Kastilien, Tochter Seiner Majestät des Kaisers«41 Im Jahr 1536 machte Germaine de Foix, Witwe Ferdinands des Katholischen und Gemahlin Fernandos, des Herzogs von Kalabrien, in ihrem Testament ein bedeutendes Vermächtnis: »Item vererben und hinterlassen wir die Kette aus 133 großen Perlen, die das Beste ist, was wir besitzen, der durchlauchtigsten Infantin Isabella von Kastilien, Tochter Seiner Majestät des Kaisers, meines Sohnes und meines Herrn, wegen der großen Liebe, die wir für Seine Hoheit empfinden.« Germaine starb ein paar Tage später, und der Herzog von Kalabrien schickte eine Abschrift ihres Testaments an Kaiserin Isabella, »damit Euer Majestät die letztwillige Verfügung über die Perlen sehen kann, die sie der Durchlauchtigsten Infantin hinterlassen hat«.42 Im Jahr 1998 lenkte Jaime de Salazar in einem Aufsatz mit dem Titel »Sobre una posible hija« die Aufmerksamkeit auf diese beiden Dokumente und behauptete, dass die Infantin Isabella von Kastilien die Frucht einer Liaison zwischen dem Kaiser und Germaine sei. Manuel Fernández Álvarez übernahm diese Identifikation sowohl in Felipe II y su tiempo (S. 811–812) als auch in Carlos V. El César (S. 98–99), aber weder er noch Salazar führten irgendwelche Beweise an, abgesehen von Germaines Testament und dem Begleitbrief des Herzogs von Kalabrien. Zwar hatte König Ferdinand in der Nacht, bevor er starb, seinen Enkel in einem Brief gebeten, »stets Sorge dafür zu tragen, Ihrer durchlauchtigen Majestät, meiner liebsten und viel geliebten Gemahlin, zu helfen und beizustehen«, aber Inzest mit der eigenen Stiefgroßmutter scheint unwahrscheinlich, selbst für einen Habsburger. In einem Aufsatz mit dem Titel »Una calumnia gratuita« tat Vicente de Cadenas y Vicent Don Manuels Behauptung als »geistige Selbstbefriedigung« ab (S. 626–627) und bestritt, dass eine Infantin Isabella von Kastilien jemals existiert habe; aber dann änderte er seine

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Anhang IV: »Infantin Isabella von Kastilien, Tochter Seiner Majestät des Kaisers«

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Meinung. In einem weiteren Aufsatz mit dem Titel »Aclarada la calumnia del académico y catedrético Manuel Fernández Álvarez« vertrat Cadenas y Vicent kurz darauf die These, dass Isabella eine Nachfahrin der letzten Trastámara-Könige von Neapel gewesen sei, die 1550 verstarb. Demnach wäre »von Kastilien« ein Irrtum gewesen und »Tochter« hier lediglich als eine auf alle weiblichen Verwandten des Kaisers angewendete Höflichkeitsform zu verstehen. Im Jahr 2012 bot Pere María Orts i Bosch in einem Aufsatz mit dem Titel »Margarida o Isabel« eine andere Identifikation an, wonach Germaine ihre Perlen Karls außerehelicher Tochter Margarita von Parma hinterlassen habe, ungeachtet der Tatsache, dass Margarita niemals eine »Infantin von Kastilien« war (sie war sogar niemals in Spanien). Alle diese Behauptungen sind falsch. Rosa Ríos Lloret hat in ihrer Biografie Germana de Foix zu Recht darauf hingewiesen, dass das Testament der Königin lediglich beweise, dass Karl eine Tochter namens Isabella hatte, die 1536 am Leben war (wenngleich sie in keiner anderen Quelle erwähnt wird). Es identifizierte nicht ihre Mutter.43 Die Tatsache, dass der Herzog von Kalabrien das Vermächtnis seiner verstorbenen Frau an die Kaiserin schickte und nicht an Karl, legt indes nahe, dass die Infantin kein außereheliches Kind war – andernfalls hätte der Herzog dem Kaiser sicher heimlich geschrieben. Wer also war sie? Ein Eintrag in einer auf Französisch verfassten Ahnentafel Karls bietet einen Hinweis. Karl und seine Gemahlin Isabella, hier »Isabeau von Portugal«, hatten laut der Tafel »vier Kinder, nämlich Philipp, Fernando (der im Kindesalter starb), Isabeau und Johanna«. Die Bestätigung, dass der Name »Isabeau« kein Irrtum war, kommt von Francesc Joan, einem Chronisten aus Valencia, der in seinem Llibre de memòires die Geburten sämtlicher Mitglieder der königlichen Familie verzeichnete, und zwar mit dem Namen, unter dem sie in Valencia bekannt waren. So notierte er im Jahr 1527 den Namen von Karls Erben als »Felipe Juan« (und nannte ihn weiterhin so bis 1555) und vermerkte im darauffolgenden Jahr die Geburt einer Schwester, »Doña Isabel«.44 Da Germaine 1536 Vizekönigin von Valencia war, übernahm der Notar, der ihr Testament aufsetzte, zweifellos den dort gebräuchlichen Namen für die ältere Tochter des Kaisers. Deshalb vermachte Germaine »wegen der großen Liebe, die wir für Seine Hoheit empfinden«, ihre schönste Halskette der durchlauchtigsten Infantin, die in Kastilien als María und in Valencia als Isabella bekannt war. Bestätigt wird diese Identifikation durch das Inventar der Wertsachen, die Kaiserin Isabella bei ihrem Tod 1539 hinterließ und die 1551 unter ihren drei überlebenden Kindern aufgeteilt wurden. Das ausführliche Dossier enthält einen Brief, den Karl seiner Tochter María schickte, damals Königin von Böhmen und Regentin in Spanien, mit der Bestimmung: »Item ist es unser Wille, dass Ihr, die Königin von Böhmen, die 133 Perlen der Königin Germaine bekommen sollt.« Dies ist offensichtlich das Schmuckstück, das in Germaines Testament der »Infantin Isabella von Kastilien« hinterlassen wurde. Da das Inventar jede einzelne Perle auf 45 Dukaten taxierte, war die Kette aus 133 großen Perlen in der Tat ein prachtvolles Vermächtnis – und sie kann noch heute in einem Porträt Marías bewundert werden, das um 1557 entstand und sich in Schloss Ambras befindet.45 Der Kaiser zeugte keine Tochter namens Isabella, weder mit Königin Germaine noch mit sonst jemandem.

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Dank Am 1. April 1841 machte sich William Hickling Prescott an sein nächstes historisches Projekt: die Eroberung von Mexiko. »Ich beabsichtige, etwa eintausend Seiten von eigener Hand zu verfassen«, vertraute er seinem Tagebuch an, und zwar mit einer Geschwindigkeit von »vier Druckseiten per diem, will sagen: wenn ich schreibe. Wenn man von zwei Lesetagen ausgeht, die auf jeden Schreibtag kommen, so erhalte ich einen Band mit 450 Druckseiten per annum, das wären 1 ¼ Druckseiten per diem, aufs ganze Jahr gerechnet.« Prescott hielt sich an seinen strapaziösen Plan und konnte im August 1843 das Manuskript seiner History of the conquest of Mexico in den Druck geben. Für meine sehr viel kürzere Biografie Karls V. habe ich sehr viel länger gebraucht, nicht nur, weil mir Prescotts eiserne Schreibdisziplin abgeht, sondern auch, weil ich einer Versuchung nicht widerstehen konnte, der allzu viele Biografen zum Opfer fallen: »Ich verlor mich vollkommen in dem, was man bei diesem Vorhaben die ›Spurensicherung‹ nennen könnte: dem Zusammenfügen von einander entsprechenden Indizien, die so beispielsweise zuvor unbekannte Ereignisse und Handlungsweisen ans Licht brachten oder Charakter und Motive der Handelnden in ein neues Licht rückten. Ich erlebte jene wahrlich erhebenden Momente, die alle Verfasser von historischen Biografien kennen, wenn sie gleichsam die Hand oder das Antlitz der Person ihres Interesses zu berühren scheinen.«1 In jungen Jahren habe ich einmal fast »die Hand oder das Antlitz« Karls V. berührt. Bei seinem ersten Zusammentreffen mit dem Kaiser im Jahr 1550 hatte der englische Humanist Roger Ascham den Eindruck, jener »ähnelte in etwa dem Pfarrer von Epurstone [sic]. Er hatte einen langen Schlafrock aus schwarzem Taffet an und trug auf dem Kopfe eine pelzverbrämte Nachtkappe, über die nach deutscher Art eine Spalte hinlief wie ein großer Hosenlatz.«2 Das Dorf Epperstone liegt nur wenige Kilometer von Nottingham entfernt, wo ich aufgewachsen bin, und am Sonntagnachmittag sind meine Eltern und ich oft durch dieses Dorf spaziert – dabei ist mir allerdings nie irgendein besonderer Hosenlatz aufgefallen, kein kleiner und kein großer noch irgendeine andere Spur von Karl V. Stattdessen stieß ich erstmals 1957 auf den Kaiser, als ich mich zu einem Schüleraustausch drei Wochen lang in Belgien aufhielt. Meine damalige Gastfamilie stammte aus Binche, und sie besuchten mit mir die Ruinen des prächtigen Palastes, in dem vier Jahrhunderte zuvor Karls Schwester Maria ein rauschendes Fest zu seinen Ehren veranstaltet hatte. Zehn Jahre später verbrachte ich drei Monate in Belgien, um für meine Doktorarbeit herauszufinden, warum es den Spaniern nicht gelungen war, den niederländischen Aufstand niederzuschlagen; dabei blieb Karl V. jedoch (obgleich Spanier wie Niederländer sich oft auf ihn beriefen) nur eine Randfigur. Im Zeitraum zwischen diesen beiden Belgienreisen stieß ich auf Helmut G. Koenigsberger. Als Student las ich seine Aufsätze über Karl V. – rückblickend eine weise Entscheidung, da Koenigsberger (was ich freilich nicht wusste) als externer Gutachter an meinem Universitätsexamen mitwirken sollte, und im Rahmen der Prüfungsarbeit über »Europa seit 1494« stellte er die folgende Frage: »Waren die Ressourcen, die Karl V. zur Verfügung standen, für die Bedarfe seines Reiches ausreichend?« (ein Rätsel, an dessen Lösung ich mich seither abgearbeitet habe). Persönlich haben wir uns 1966 kennengelernt, und damals wie auch später habe

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ich in meinen Gesprächen mit »Helli« über Karl V. viel gelernt; eines davon ist sogar aufgezeichnet und von Sussex Publications veröffentlicht worden. Beim Anhören dieser alten Aufnahme wird mir wieder bewusst, welch scharfsinnigen Gelehrten wir mit seinem Tod im Jahr 2014 verloren haben. Wie sehr wünschte ich, ich hätte ihm noch ein Exemplar dieses Buches überreichen können.3 Tatsächlich »berührt« habe ich »die Hand oder das Antlitz« des Kaisers dann erst im Dezember 2009, als ich gerade im Lesesaal der Hispanic Society of America an einem anderen Projekt arbeitete. Dabei wurde mir klar, dass das HSA-Manuskript B 2955, mit dem ich gerade zugange war, die lange verschollenen eigenhändigen Instruktionen Karls enthielt, die er im Mai 1543 für seinen Sohn Philipp niedergeschrieben hatte. Noch an Ort und Stelle beschloss ich, diese Biografie zu schreiben. Ich danke den äußerst fachkundigen Handschriftenkuratoren der HSA, die mich damals wie seitdem immer willkommen geheißen haben: Mitchell Codding, Patrick Lenaghan und John O’Neill; aber auch Bethany Aram, Rachael Ball, Richard Kagan und David Lagomarsino. Sie alle haben mir beim Entziffern und Interpretieren der Instruktionen mit Rat und Tat zur Seite gestanden. 2014 haben Rachael und ich dann eine kritische Edition der Handschrift in spanischer und englischer Sprache veröffentlicht.4 Wie alle anderen Historikerinnen und Historiker auch, die sich mit Karl V. beschäftigen, stehe ich tief in der Schuld von Karl Brandi (1868–1946). Im Lauf einer gut fünfzigjährigen Universitätskarriere hat Brandi mehr als achtzig Bücher zu einer Vielzahl von Themen veröffentlicht – von Karl dem Großen bis zum Ersten Weltkrieg –, hat sage und schreibe 122 Dissertationen betreut oder begutachtet und noch dazu das erste gemeinschaftliche Forschungsprojekt zu Karl V. ins Leben gerufen, bei dem zehn Historiker mitwirkten (meist ehemalige Doktoranden von ihm an der Universität Göttingen). Zwischen 1930 und 1941 hat dieses »Göttinger Projekt« rund 23 000 Dokumente aus Karls Regierungszeit ausfindig gemacht, etliche davon auch für den Druck aufgearbeitet und zudem detaillierte Beschreibungen jener Archivbestände vorgelegt, in denen die Spuren der kaiserlichen Regierungsgeschäfte zu finden waren. All dies füllte die Reihe der Berichte und Studien zur Geschichte Karls V., die insgesamt zwanzig Lieferungen umfasste. Am Ersten Weltkrieg hatte Brandi als Offizier in einer Landwehreinheit teilgenommen (und das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse erhalten). Seine Erfahrungen beim Militär haben Brandi wichtige Einblicke in Kommandostrukturen, Logistik und Taktik verschafft, von denen seine Darstellung des Kaisers im Felde nur profitieren konnte.5 Aber der Kaiser Karl und der Historiker Karl Brandi hatten noch mehr gemeinsam: Ganz so, wie Karl V. bei Streitigkeiten mit seinen Herrscherkollegen diese nicht selten zu einem klärenden Duell aufforderte, verhielt sich mitunter auch Brandi. Als ein akademischer Kollege Brandis den damals 65-Jährigen in aller Öffentlichkeit kränkte, konterte der mit der Frage, »ob er geneigt sei, mir mit der Waffe in der Hand Genugtuung zu geben«. Der Kollege lehnte, wie einst Franz I., dankend ab.6 Im Jahr 1937 legte Brandi den ersten Band seiner großen Biografie vor: Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches, die inzwischen acht Auflagen erlebt hat und in fünf Sprachen übersetzt worden ist.7 Vier Jahre darauf folgte der zweite Band, Kaiser Karl V. Quellen und Erörterungen, in dem die Quellen, die auf jeder einzelnen Seite des Vorgängerbandes angeführt sind, beschrieben, analysiert und oft genug auch transkribiert werden. Dieser Ergänzungsband ist zwar 1967 noch einmal aufgelegt, jedoch nie aus dem Deutschen übersetzt worden.

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640 Anhänge Brandis Veröffentlichungen über den Kaiser waren so zahlreich, und sein Urteil war so sicher, dass einem eine weitere Passage aus dem Tagebuch W. H. Prescotts in den Sinn kommt, das dieser führte, während er an seiner History of the conquest of Peru arbeitete. »Nimm dich bloß vor Robertson in Acht!«, ermahnt sich Prescott da selbst – gemeint ist William Robertsons History of the reign of the Emperor Charles the Fifth (»Geschichte der Regierung Kaiser Karls V.«), die gut achtzig Jahre zuvor erschienen war. »Auch nicht einen Blick hineinwerfen, bevor nicht der Gegenstand in meinem Geiste vollständig Gestalt angenommen hat und in Sprache gekleidet ist.«8 Aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts stellt Robertson – der keinerlei Archivstudien betrieben hat – keine große Bedrohung mehr dar; aber während ich selbst über Karl V. zu schreiben anfing, lernte ich eines sehr bald: »Nimm dich bloß vor Brandi in Acht!« Ich bemühte mich, seine Biografie des Kaisers nicht eher zu konsultieren, als ich mein entsprechendes Kapitel – zumindest in seinen groben Zügen – schon niedergeschrieben hatte. Und dann kam es oft, wie es kommen musste: Brandi lieferte entweder Material, das mir selbst entgangen war, oder aber eine brillante Analyse, die bekannte Dokumente in einem ganz neuen Licht erscheinen ließ. Mal für Mal hieß es dann für mich, zurück an die Arbeit zu gehen und meinen Text nachzubessern (natürlich nicht, ohne in einer Anmerkung festzuhalten, woher mir dieser Geistesblitz zugeflogen war). Nach Brandi verdanke ich in wissenschaftlicher Hinsicht Gustav Bergenroth (1813–1869) am meisten, der in den 1860er-Jahren Material für eine Biografie Karls V. sammelte. Grundlage seiner Anstrengungen war dabei das, was Bergenroth selbst als die »wahren Staatspapiere« Karls V. bezeichnete: »die Depeschen und Instruktionen an die Gesandten, Minister, Berater etc. und die von diesen empfangenen Depeschen«.9 Diese Herangehensweise führte Bergenroth in zahlreiche Archive und Bibliotheken in ganz Europa, wo bis zu zehn Kopisten für ihn Abschriften derjenigen Dokumente anfertigten, die er für sein Vorhaben als bedeutsam einschätzte. Außerdem entschlüsselte er selbst mehrere Hundert Dokumente, für die kein Chiffrierschlüssel vorlag (wodurch seine Abschriften brauchbarer sind als die Originale). Zum Zeitpunkt von Bergenroths Tod im Jahr 1869 blieb seine Biografie Karls V. unvollendet, doch die Abschriften, die er gesammelt hatte, füllten 20 000 Folioseiten, von denen die allermeisten in einer einzigen chronologischen Folge geordnet sind. Das gibt heutigen Forschern eine einmalige Gelegenheit, gleichsam den »administrativen Puls« von Karls Weltreich zu fühlen.10 Eine Archivreise in den 1860ern war nichts für Zartbesaitete. Ein englischer Besucher, der Bergenroth an seiner spanischen Wirkungsstätte aufsuchte, meldete, in Simancas sei »alles äußerst primitiv und ursprünglich, so ungeniert wie zu Adams Zeiten. Man findet dort keine Annehmlichkeiten des Lebens … [und] nur das stärkste Verlangen, der Geschichte zu dienen, [kann] jemanden dazu bringen, sich mit diesen Strapazen abzufinden. Mr. Bergenroth übertreibt nicht, wenn er seine Existenz hier als Einsiedlerleben bezeichnet ...« Während seines Aufenthalts in Simancas zog Bergenroth sich denn auch die Typhuserkrankung zu, an der er schließlich sterben sollte.11 Als ich selbst dort 1966 zum ersten Mal meinen Forschungen nachging, hatte sich natürlich alles vollkommen gewandelt, und den dortigen Archivaren zufolge (die jeden Schritt und Tritt genau beäugen, den los señores investigadores in ihren Mauern tun) habe ich seitdem mehr als 2000 Dokumentenbündel oder -bände konsultiert. Ohne das unglaublich forscherfreundliche Archivmanagement, das in Simancas gepflegt wird, hätte das vorliegende Buch niemals geschrieben werden können, und ich danke insbesondere den Archivarinnen und Archivaren Ricardo Magdaleno Redondeo,

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Asunción de la Plaza, José Luis und Julia T. Rodriguez de Diego und Isabel Aguirre Landa; den eifrigen bedeles, die jene 2000 Bündel und Bände aus den Magazinen herbeigeschafft haben (meist nur Minuten, nachdem ich um sie gebeten hatte); und natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Reproabteilung, die für mich unzählige Kopien auf Mikrofilm, Kopierpapier und neuerdings auch in digitaler Form angefertigt haben. Auch den fachkundigen Kuratoren anderer Sammlungen bin ich zutiefst dankbar, vor allem Juan Manuel Calderón vom Archivo Ducal de Alba (Madrid); Leopold Auer und David Fliri vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Wien); Ernest Persoons, Hugo de Schepper und Lucienne van Meerbeeck vom Algemeen Rijksarchief (Brüssel); Hervé Passat von den Archives Départementales du Nord (Lille); Pierre-Emmanuel Guilleray und Henry Ferreira-Lopes von der Bibliothèque Municipale d’Étude et de Conservation (Besançon); Michael St. John-McAlister von der British Library (London); Clay Stalls und Bill Frank (†) von der Huntington Library (San Marino, Kalifornien) sowie, wie eingangs erwähnt, Mitchell Codding, John O’Neill und Patrick Lenaghan von der Hispanic Society of America (New York). Archivrecherchen sind nicht billig, und ich danke den Stiftungsverantwortlichen des National Endownment for the Humanities (die mir für mein Vorhaben 2014/15 ein Stipendium als Senior Fellow gewährt haben) sowie der Historischen Fakultät und dem Mershon Center der Ohio State University für ihre Großzügigkeit. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Bethany Aram für ihre so wichtige Unterstützung während meines »Recherche-Endspurts« in Spanien, die im Rahmen ihres spannenden Forschungsprojekts HAR2014-62260-P über »Comercio, conflicto y cultura en el istmo de Panamá. Una artería del imperio y la crisis global, 1513–1671)« erfolgte, gefördert vom spanischen Ministerium für Wirtschaft und Wettbewerb (MINECO) in den Jahren 2015–2018. Überaus dankbar bin ich auch David Lincove, Brian Miller und Tonya Johnson von der Bibliothek der Ohio State University: David, der zuständige Fachbibliothekar, hat jedes einzelne Buch angeschafft, das ich mir gewünscht habe, und eine institutionelle Subskription von ODNB und SPO unterstützt, zwei ganz zentralen Ressourcen für meine Arbeit; Brian und Tonya aus der Fernleihabteilung haben alle Bücher und Aufsätze beschafft, die ich bestellt habe (oft genug als digitale Kopie binnen 24 Stunden). Ihre Hilfe war für das Gelingen dieses Projekts von entscheidender Bedeutung, nicht zuletzt, weil meine Mobilität inzwischen so eingeschränkt ist, dass ich nicht mehr so viel reisen und in Bibliotheksregalen stöbern kann. Noch vielen anderen Freunden und Kollegen gebührt mein Dank, die mir bei der Beschaffung und Interpretation von Quellenmaterial geholfen haben: Bethany Aram in Brüssel, Lille und Sevilla; Fernando Bouza Álvarez, Alberto González Martínez, José Luis Gonzalo Sánchez Molero, Santiago Martínez Hernández und Felipe Vidales del Castillo in Spanien; Sheilagh Ogilvie und Hamish Scott in Großbritannien; Lucien Bély, Indravati Félicité und Sanjay Subrahmanyam in Frankreich; Annemarie Jordan Gschwend in Österreich; Arndt Brendecke und Franz Mauelshagen in Deutschland; Sebastiaan Derks, Raymond Fagel, Dries Raeymacker, Hugo Soly und Steven Thiry in den Niederlanden; Maurizio Arfaioli, Michael Levin, Andrea Ottone und Michele Rabá in Italien; Clara García Ayluardo in Mexiko; Richard Kagan in den Vereinigten Staaten und Cameron Jones in Peru. Annemarie Jordan Gschwend, Hilary Macartney und Patrick Lenaghan möchte ich außerdem dafür danken, dass sie mir in ikonografischen Fragen weitergeholfen haben. James Estes und Saskia Limbach wiederum haben einige »deutsche Aspekte« meines Projekts für mich erhellt. Und

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642 Anhänge Christine Meyer hat mir ganz wesentlich geholfen, mich in der Sammlung »Politische Korrespondenz Karls V.« an der Universität Konstanz zurechtzufinden. Auf den letzten Metern vor der Veröffentlichung dieses Buches war es ein großes Glück für mich, dass Bethany Aram, Maurizio Arfaioli, Ruth MacKay und James Tracy das ganze Manuskript kritisch gelesen und kommentiert haben; dass Byron Hamann und Robert Sargant die Druckfahnen gegengelesen haben; dass Kate Epstein mir mit Rat zur Seite stand; und dass Robert Baldock, Percie Edgeler, Rachael Lonsdale, Marika Lysandrou, Clarissa Sutherland und mein Korrektor Richard Mason von der Yale University Press mich durch die letzten Phasen vor der Drucklegung geleitet haben. Dieses ist das (bislang) vierte Buch, das Robert bei mir in Auftrag gegeben hat, und voller Freude erinnere ich mich an seine vorbildliche Geduld und seine fachliche Kompetenz. Schließlich danke ich meiner Familie für ihre Geduld und Unterstützung. Der Autor und Biograf James Atlas hat das jämmerliche Los treffend in Worte gefasst, das der Familie eines Biografen zuteilwird – war er selbst doch geradezu besessen von »jemandem, der eigentlich nicht ganz tot, aber auch nicht ganz lebendig ist«, von jemandem, der »Unmengen meiner Zeit, Kraft und Aufmerksamkeit verschlang«.12 Auch der Kaiser und ich verneigen uns deshalb tief vor meiner Partnerin Alice Conklin, meinen Kindern Susie, Ed, Richard und Jamie (allesamt Simancas-Veteranen) und meinen Enkeln Cameron, Sienna und Cordelia (die noch zu jung sind, um habsburgische Handschriften zu entziffern, aber ja reichlich Zeit zum Lernen vor sich haben). Bei ihnen allen möchten wir Abbitte tun für alle Vernachlässigung, die während der vergangenen neun Jahre empfunden wurde oder tatsächlich vorgekommen ist. Geoffrey Parker Columbus (Ohio), am 30. November 2018, dem Andreastag, einem Datum von besonderer Bedeutung für Karl V. und auch für mich selbst

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer

Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich

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Vertrag von Tordesillas (07.06.): Portugal und Kastilien vereinbaren die Aufteilung der neu entdeckten Gebiete außerhalb Europas

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England, Schottland und Amerika

Erzherzog Philipp von Österreich und die Infantin Isabella von Kastilien und Aragón heiraten (20.10.) Johann, Infant von Kastilien, heiratet Erzherzogin Margarete von Österreich (03.04.) und stirbt (04.10.) Infant Miguel, Thronerbe von Aragón, Kastilien und Portugal, wird geboren (23.08.)

Karls ältere Schwester Eleonore wird geboren (15.10.)

Karl, Herzog von Luxemburg, Infant Miguel stirbt (19.07.), wodurch Philipp und Johanna wird in Gent geboren (24.02.) die Thronerben von Kastilien und Aragón werden Karls Schwester Isabella wird Prinz Arthur Tudor, Fürst von Wales, heiratet Karls Tante geboren (18.07.); Johanna und Philipp segeln nach Spa- Katharina von Aragón (14.11.) nien (31.10.), Karl und seine Schwestern bleiben in der Obhut ihrer (Stief-)Urgroßmutter Margarete von York Prinz Arthur stirbt (02.04.) Karls Bruder Ferdinand wird Philipp kehrt in die Niedergeboren (10.03.) lande zurück (Okt.); Margarete von York stirbt (23.11.) Königin Isabella von Kastilien Johanna kehrt in die Niederstirbt (26.11.) und wird von lande zurück (Mai) und wird Johanna und Philipp beerbt in ihren Gemächern festgesetzt (Nov.); der Krieg zwischen Philipp und Herzog Karl von Geldern beginnt

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644 Anhänge Spanien, Italien und das Mittelmeer 1505

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Ferdinand von Aragón heira- Erste Begegnung Karls mit tet Germaine de Foix (19.10.) seinem Großvater Maximilian; Luis Cabeza de Vaca folgt auf Juan de Anchieta als Karls Erzieher; Karls Schwester Maria wird geboren (15.09.) Philipp und Johanna brechen Philipp kehrt nach Kastilien zurück (12.07.), wird zum nach Spanien auf (Jan.); die König ausgerufen und stirbt Generalstaaten der Nieder(25.09.); Königin Johanna wird lande erkennen Karl als ihren Herrn an (15.10.) in Tordesillas eingesperrt Karls jüngste Schwester Ca- Margarete von Österreich talina wird geboren (14.01.) wird Kaiser Maximilians Regentin in den Niederlanden sowie Vormund Karls und seiner Geschwister (April); erster öffentlicher Auftritt Karls als Herrscher der Niederlande bei den Trauerfeierlichkeiten für Philipp (Juli) Karl erkrankt an den Pocken (Okt.); Maximilian besucht die Niederlande (Nov. 1508 – März 1509) Geburt und Tod des einzigen Karl wird Ritter des HosenKindes Ferdinands mit Gerbandordens (Feb.); Guillaume maine de Foix (Mai) de Croÿ, Seigneur de Chièvres, wird Karls Kammerherr, Adrian von Utrecht sein Erzieher

Maximilian in den Niederlanden (Frühjahr) Maximilian und Heinrich VIII. Wahl Giovanni de’ Medicis zum Papst (09.03., als schlagen die Franzosen bei Leo X.); Niccolò Machiavelli Guinegate (16.08.); Karl untervollendet Il Principe (»Der nimmt seinen ersten StaatsFürst«), das bis zu seiner Ver- besuch und ist bei Heinrichs öffentlichung 1532 in AbSiegesturnier dabei (Okt.) schriften zirkuliert

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England, Schottland und Amerika

»Handschuhehe« zwischen Karl und der Prinzessin Mary Tudor, Tochter Heinrichs VII. von England (Juli)

Heinrich VIII. besteigt den englischen Thron (21.04.) und heiratet Katharina von Aragón (11.06.)

Die Engländer fügen den Schotten bei Flodden Field eine vernichtende Niederlage zu (09.09.)

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1514

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Sieg Franz’ I. bei Marignano (13./14.09.); französische Truppen besetzen Mailand und Genua

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Ferdinand von Aragón stirbt (23.01.); Kardinal Cisneros und der Regentschaftsrat erkennen Karl als König von Kastilien an (03.04.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Maria verlässt die Niederlande in Richtung Wien (April); bei einem Jagdunfall tötet Karl zum ersten Mal einen Menschen (Juni) Ludwig XII. stirbt (01.01.), sein Nachfolger wird François de Angoulême (als Franz I.); Mündigsprechung Karls (05.01.); Jean le Sauvage wird Großkanzler (17.01.); Verlobung Karls mit Prinzessin Renée von Frankreich; Isabella bricht zu ihrer Hochzeit mit Ludwig II. von Böhmen und Ungarn auf (Juli); Karl entsendet Adrian als Botschafter nach Spanien zu Ferdinand (Sept.) In Brüssel ersinnt Karl sein Motto »Plus ultra« und wird zum König von Kastilien und Aragón ausgerufen (14.03.); Erasmus veröffentlicht seine Schrift Institutio Principis Christiani (»Die Erziehung eines christlichen Fürsten«), die Karl gewidmet ist (Mai); Karl schließt mit Frankreich den Vertrag von Noyon (13.08.) und leitet zum ersten Mal ein Kapiteltreffen des Ordens vom Goldenen Vlies (Okt./Nov.); Francisco de Los Cobos wird königlicher Sekretär

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England, Schottland und Amerika Mary Tudor weist Karl ab (30.07.) und heiratet Ludwig XII. (13.08.)

Katharina von Aragón bringt die Prinzessin Mary Tudor zur Welt (18.02.)

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Niederlande, Frankreich England, Schottland und und das Heilige Römische Amerika Reich Letzter Besuch Maximilians in Karls Tante María von Araden Niederlanden (Jan.–Mai); gón, Königin von Portugal, stirbt (07.03.); Karl und Eleo- Karl zwingt Eleonore zum Abnore kommen in Spanien an bruch ihrer Romanze mit dem Pfalzgrafen Friedrich (Aug.) (20.09.) und besuchen ihre und reist mit ihr übers Meer Mutter Johanna und ihre Schwester Catalina (04.11.); nach Spanien (07.09.); Martin Cisneros stirbt (08.11.); Karl Luther veröffentlicht seine 95 und Eleonore begegnen ihrem Thesen (31.10.) Bruder Ferdinand zum ersten Mal (19.11.) Nichtangriffsvertrag von LonKarl trifft mit den Cortes von don (Okt.) Kastilien zusammen (März), schickt Ferdinand in die Niederlande (April) und trifft die Cortes von Aragón (Mai); Großkanzler Le Sauvage stirbt (07.06.) und Mercurino Arborio de Gattinara folgt ihm nach (08.10.); Eleonore wird zu ihrer Verheiratung mit König Manuel nach Portugal geschickt (Okt.) Hernán Cortés segelt von Kaiser Maximilian stirbt Karl bricht während eines Kuba nach Yucatán und sen(12.01.); Karl wird zum röGottesdienstes bewusstdet Karl eine erste muestra misch-deutschen König gelos zusammen (Jan.), leiwählt (28.06.); habsburgische seiner Funde (Juli); die Expetet ein Kapitel des Ordens vom Goldenen Vlies in Barce- Truppen besetzen Württem- dition Ferdinand Magellans verlässt Sevilla in Richtung lona (März), erhält die Nach- berg der Molukken (10.08.); Cortés richt von seiner Wahl zum zieht in Tenochtitlan ein und römisch-deutschen König trifft den Aztekenherrscher (06.07.) Montezuma (08.11.)

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1520

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl geht in Vlissingen an Karl erhält in Valladolid die Land (01.06.); Franz I. und muestra, die Hernán Cortés geschickt hat (März), trifft in Heinrich VIII. treffen sich Santiago und La Coruña mit auf dem Camp du Drap d’Or den Cortes von Kastilien zu- (»Feld des goldenen Tusammen (April/Mai) und se- ches«, 7.–24.06.); Karl und gelt aus La Coruña nach Eng- Heinrich treffen zusammen land, wobei er Adrian von (12.–14.07.); Luthers SchrifUtrecht als Regenten zurück- ten werden nach ihrer Verlässt (20.05.); in Kastilien be- urteilung durch Leo X. in ginnt der Aufstand der Comu- Löwen verbrannt (08.10.); neros (Mai), in Valencia der Karl wird in Aachen zum rex Germanías-Aufstand (Juli); Romanorum gekrönt (23.10.) Süleyman der Prächtige wird Sultan des Osmanischen Reiches (01.10.) Die Comuneros werden bei Luther wird von Leo X. exVillalar geschlagen (23.04.); kommuniziert (03.01.); Franz Leo X., Heinrich VIII. und I. verspricht Karls Feinden seine Unterstützung (Feb.); Karl schließen ein Bündnis Krieg zwischen Karl und gegen Frankreich (Mai); Leo Franz bricht aus (01.04.); X. stirbt (01.12.); König Manuel von Portugal stirbt und Karl stellt Luther auf dem Eleonore von Österreich wird Wormser Reichstag zur Rede (17./18.04.) und verhängt die Witwe; auf dem portugiesischen Thron folgt Johann III. Reichsacht über ihn (26.05.); Ferdinand heiratet Anna Ja(13.12.) giello von Ungarn (26.05.); Chièvres stirbt (28.05.); Süleyman erobert Belgrad (29.08.); Karl legt Helm und Rüstung an und bricht mit seinem Heer zu seinem ersten Feldzug auf (02.09.)

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England, Schottland und Amerika Karl geht in Dover an Land (26.05.), trifft mit Heinrich VIII. zusammen und segelt in die Niederlande (31.05.); Montezuma wird getötet (28./30.06.); Cortés und seine Unterstützer fliehen aus Tenochtitlan (Noche triste, 30.06./01.07.)

Magellan erkundet eine Inselgruppe, die später »Philippinen« genannt wird; auf einer der Inseln wird er getötet (27.04.); Cortés und seine Verbündeten belagern Tenochtitlan (10.05.– 13.08.) und nach der Einnahme der Stadt beginnen die spanischen Eroberer, sich des Aztekenreichs zu bemächtigen; Geheimvertrag von Brügge zwischen dem Kaiser und England (25.08.)

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Adrian von Utrecht wird zum Papst gewählt (09.01., als Hadrian VI.); französische Niederlage bei Bicoca (29.04.); Karl legt wiederum in Spanien an (16.07.); Karls Beichtvater Jean Glapion stirbt (22.09.); Karl erlässt eine Generalamnestie für die meisten Comuneros (01.11.)

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Die Osmanen erobern Rhodos (01.01.); Ursulina della Penne bringt in Bologna Karls Tochter Tadea zur Welt (23.01.); Fra Garcia de Loaysa wird Karls Beichtvater (Mai); Karls illegitime Tochter Juana kommt in Valladolid zur Welt (Juni?); Hadrian VI. stirbt (14.09.); Giulio de’ Medici wird zum Papst gewählt (19.11., als Clemens VII.); Karl führt einen Feldzug nach Navarra (Winter) und ernennt den Herzog von Bourbon zu seinem »ersten Stellvertreter« in Italien (Dez.) Karl richtet den Indienrat ein und ordnet Regierung und Finanzverwaltung neu; erfolgloser Einfall kaiserlicher Truppen unter der Führung des Herzogs von Bourbon in der Provence (Juni–Sept.); Franz fällt im Herzogtum Mailand ein (Okt.); Clemens VII. schließt ein Bündnis mit Frankreich und Venedig (Dez.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl setzt sein erstes Testament auf (22.05.), segelt von den Niederlanden nach England, dann weiter nach Spanien (26.05.); seine Tante Margarete lässt er als Regentin zurück; Johanna van der Gheynst bringt in oder bei Oudenaarde Karls Tochter Margarita zur Welt (Juli)

Christian II. von Dänemark wird abgesetzt (Jan.); er und Isabella bitten um Karls Schutz

Der Bauernaufstand in Süddeutschland bricht aus (Sommer); Franz bestimmt seine Mutter Luise von Savoyen zur Regentin von Frankreich und bricht zu einem Feldzug nach Italien auf (Okt.)

England, Schottland und Amerika Aufenthalt Karls in England (26.05.—07.07.), wo er mit Heinrich VIII. ein »Großes Vorhaben« gegen Frankreich vereinbart. Außerdem soll er Heinrichs Tochter Mary heiraten, sobald diese zwölf Jahre alt ist; Herzog Charles de Bourbon schließt sich dem »Großen Vorhaben« an (Aug.); die Überlebenden von Magellans Expedition erreichen Sevilla (08.09.); Karl willigt ein, in La Coruña ein »Haus für den Gewürzhandel« zu gründen, und ernennt Cortés zum Gouverneur und Generalkapitän von Neuspanien Englische Invasion Frankreichs (Aug.–Dez.)

Karl bewilligt zwei Expeditionen auf die Molukken: eine aus La Coruña und eine aus Mexiko

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1525

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Bauernaufstände in weiten Catalina heiratet König Johann III. von Portugal (10.02.); Teilen Deutschlands niedergeschlagen (Sommer) Sieg des kaiserlichen Heeres bei Pavia, Franz wird gefangen genommen (24.02.); Franz wird als Gefangener nach Madrid gebracht (Aug.) Franz unterzeichnet den Ver- Isabella von Dänemark stirbt trag von Madrid (14.01.); Karl (19.01.); Franz I. kehrt nach Frankreich zurück (17.03.), heiratet Isabella von Portugal (11.03.); Franz kehrt nach bricht seine Versprechen Frankreich zurück und lässt Karl gegenüber und ruft zuseine beiden Söhne als Gei- sammen mit dem Papst, Florenz und Venedig die Heiseln in Spanien (17.03.); Bilige Liga von Cognac gegen schof Acuña von Zamora in die Habsburger ins Leben Simancas gefoltert und getötet (24.03.); Truppen Karls (22.05.); König Ludwig von Ungarn wird bei Mohács geund der Colonna nehmen schlagen und getötet (26.08.); Rom ein (Sept.) Wahlen Ferdinands zum König von Böhmen (24.10.) und Ungarn (17.12.) Der Herzog von Bourbon wird bei der Erstürmung Roms durch die Kaiserlichen getötet (06.05.); Rom wird geplündert (Sacco di Roma, 06.–16.05.); Gattinara nimmt sich eine Auszeit vom Kaiserhof (Mai–Okt.); Prinz Philipp wird geboren (21.05.); Ausrufung der Republik Florenz (Juni)

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England, Schottland und Amerika Karl löst seine Verlobung mit Heinrichs Tochter Mary (Juni)

Englisch-französischer Vertrag von Amiens (18.08.); Karl richtet eine Audiencia in Mexiko-Stadt ein (Nov.)

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Im Namen der Liga von Cognac erklären die Herolde Frankreichs und Englands Karl den Krieg; der Kaiser lässt alle Gesandten der Liga festnehmen (22.01.); Seeund Landblockade Neapels durch Kräfte der Liga (Feb.– Aug.); Karl fordert Franz zu einem Duell heraus (18.03.); Geburt der Infanta María (21.06.); Andrea Doria tritt in Karls Dienste (19.07.); die Truppen der Liga von Cognac beenden ihre Belagerung Neapels und ergeben sich bei Aversa (27.08.); Doria nimmt Genua ein (12.09.); Margarete von Österreich zwingt den Herzog von Geldern, die Provinzen Utrecht und Overijssel an Karl abzutreten (03.10.) Karl setzt sein zweites Testament auf (03.03.); Antonio de Leyva schlägt ein weiteres französisches Heer in der Lombardei (21.06.); Karl schließt mit Papst Clemens den Vertrag von Barcelona (29.06.), besteigt ein Schiff nach Italien (27.07.), landet in Genua (12.08.), belagert Florenz (Sept.) und zieht in Bologna ein, um Clemens zu treffen (05.11.); Geburt des Infanten Fernando (22.11.); Karl schließt Frieden mit Venedig und dem Mailänder Herzog Francesco Sforza und schließt einen Bund zur Verteidigung Italiens (29.12.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich

England, Schottland und Amerika Cortés kehrt nach Spanien zurück (Mai) und trifft mit Karl zusammen

Pizarro wird autorisiert, Peru zu erobern (24.05.); Friedensschluss zwischen Karl und Heinrich VIII. (05.08.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl trifft mit seiner Tochter Tod Gattinaras (05.06.); Los Tadea zusammen (Jan./Feb.); Cobos und Nicholas Perrenot de Granvelle werden Clemens krönt Karl in BoloKarls wichtigste Berater; gna mit der Eisernen Krone Karl eröffnet den Reichsder Langobarden (22.02.) tag zu Augsburg (15.06.) und sowie zum römisch-deuthört die Verlesung der Conschen Kaiser (24.02.); Karls illegitime Tochter Juana stirbt fessio Augustana (25.06.); in Madrigal; eine Belagerung nach vollständiger Zahlung kaiserlicher und päpstlicher des Lösegeldes kehren die Truppen zwingt die Republik französischen Prinzen nach Frankreich zurück (01.07.); Florenz zur Aufgabe (Aug.) und Karl stellt die Herrschaft Eleonore von Österreich heider Medici wieder her (Okt.) ratet Franz I. (07.07.); im Augsburger Reichstagsabschied verurteilt Karl die lutherische Lehre (19.11.); Margarete von Österreich stirbt (30.11.) Wahl Ferdinands zum römisch-deutschen König (05.01.); Karl zieht in Brüssel ein (25.01.); der hessische Landgraf Philipp der Großmütige und Kurfürst Johann von Sachsen gründen den Schmalkaldischen Bund lutherischer Reichsstände (27.02.); Karl bestimmt seine Schwester Maria, Königinwitwe von Ungarn, zu seiner Regentin in den Niederlanden, der drei Ratsgremien zur Seite stehen (Sept./Okt.), und hält ein Kapitel des Ordens vom Goldenen Vlies in Tournai (Dez.)

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England, Schottland und Amerika Francisco Pizarro und Diego de Almagro brechen zu einer Expedition von Panama nach Peru auf (27.12.)

Heinrich VIII. erklärt sich selbst zum »höchsten Oberhaupt der Kirche von England auf Erden« (11.02.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl verlässt Brüssel in RichKarl zieht mit einem Heer über den Brenner nach Italien tung Deutschland (17.01.), erleidet einen Jagdunfall (Okt.) und zu weiteren Gesprächen mit Papst Clemens und eine Reihe von gesundheitlichen Rückschlägen nach Bologna ein (13.12.); (25.02.–Juli), wird von Sulpostume Veröffentlichung tan Süleyman zur Schlacht von Machiavellis Il Principe herausgefordert (12.07.), (»Der Fürst«) schließt den Frieden von Nürnberg (23.07.), der den lutherischen Fürsten Toleranz im Gegenzug für militärische Unterstützung gewährt; das osmanische Heer zieht sich aus Ungarn zurück (Okt.) Karl schließt ein Bündnis zur Verteidigung Italiens (24.02.), verlässt Bologna (28.02.) und besteigt in Genua ein Schiff nach Spanien (10.04.); Karl stößt in Barcelona wieder zu seiner Familie (22.04.)

Pizarros prendas treffen in Spanien ein (Jan.); Karl besucht die Universität Salamanca (Juni); die Kaiserin bringt einen Sohn tot zur Welt (29.06.); Clemens VII. stirbt (25.09.); Alessandro Farnese wird zum Papst gewählt (13.10., als Paul III.)

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Landgraf Philipp von Hessen marschiert mit lutherischen Truppen nach Württemberg ein, vertreibt die habsburgischen Garnisonen und setzt Herzog Ulrich wieder ein (April–Juni)

England, Schottland und Amerika Pizarro nimmt bei Cajamarca den Inkaherrscher Atahualpa gefangen (16.11.) und schickt Karl prendas

Heinrich VIII. verstößt Katharina von Aragón, heiratet Anne Boleyn (25.01.) und wird vom Papst exkommuniziert; Pizarro lässt Atahualpa hinrichten (26.07.); Elizabeth Tudor wird geboren (07.09.); Pizarro nimmt Cuzco ein (15.11.) Papst Clemens bekräftigt erneut die Gültigkeit der Ehe Heinrichs VIII. mit Katharina von Aragón (März); Heinrich löst die englische Kirche daraufhin von Rom

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1535

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Karl setzt sein drittes Testament auf (28.02.), verlässt Spanien (28.05.) und erobert Tunis (16.06–20.08.); Geburt der Infantin Johanna (24.06.); Karl richtet für den Prinzen Philipp eine eigene Hofhaltung ein (Juni) und bricht zu einer »Siegesrunde« durch Sizilien und das Königreich Neapel auf (21.08.–02.11.); der Korsar Barbarossa plündert Mahón auf Menorca (Sept.); Herzog Francesco Sforza von Mailand stirbt (01.11.) und Leyva nimmt das Herzogtum für Karl in Besitz Karl wohnt in Neapel der Heirat seiner Tochter Margarita mit dem Herzog Alessandro de’ Medici von Florenz bei (18.01.), zieht in Rom ein (05.04.), fordert Franz I. erneut zum Duell (16.04.) und zieht mit einem Heer nach Frankreich (25.07.); Germaine de Foix stirbt (15.10.); geschlagen zieht Karl sich nach Genua zurück (28.10.) und segelt von dort nach Barcelona (15.11.) Herzog Alessandro de’ Medici wird ermordet (06.01.); Geburt des Infanten Juan (19.10.) Karl bricht nach Nizza auf (12.02.); der Infant Juan stirbt (29.03.); Sieg der Osmanen über eine christliche Flotte vor Prevesa (28.09.); Margarita heiratet Ottavio Farnese, einen Enkel Papst Pauls III. und zukünftigen Herzog von Parma (04.11.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich

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England, Schottland und Amerika Karl unterstellt Tlaxcala der kastilischen Krone (13.03.) und ernennt Antonio de Mendoza zu seinem ersten Vizekönig von Neuspanien (25.04.)

Franz besetzt Savoyen und Piemont (Feb./März) und handelt ein Bündnis mit Sultan Süleyman aus (April); Karl fällt in der Provence ein (Juli), muss sich aber im Sept./Okt. nach Italien zurückziehen

Katharina von Aragón stirbt (07.01.); Heinrich VIII. lässt Anne Boleyn hinrichten (19.05.) und heiratet Jane Seymour (30.05.)

Geburt des Prinzen Edward Tudor (12.10.); Königin Jane Seymour stirbt (24.10.) Die Brüder Pizarro besiegen In Nizza treffen Karl und Almagro und lassen ihn hinFranz mit dem Papst zusammen (09.05.–20.06); Her- richten (08.07.) zog Karl von Geldern stirbt (30.06.) und seine Untertanen erkennen Herzog Wilhelm von Kleve als seinen Nachfolger an; Karl und Franz treffen in Aigues-Mortes zusammen (14./15.07.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Der Genter Aufstand beginnt (17.08.); Karl zieht auf dem Weg in die Niederlande durch Frankreich (Nov.) und trifft mit Franz zusammen (10.12.)

Die Kaiserin bringt einen weiteren Sohn tot zur Welt (21.04.) und stirbt (01.05.); Karl ernennt Philipp zum Regenten (05.11.) und verfasst die ersten »Instruktionen« für seinen Sohn, bevor er in die Niederlande aufbricht (11.11.) Karl bewilligt die Einrichtung Karl betritt Paris im Triumph eines Regierungsarchivs in (01.01.), zieht an der Spitze der Festung Simancas (Sept.) seiner Truppen in Gent ein (14.02.) und lässt die Anführer der Aufständischen bestrafen (03.05.) Der Marqués del Vasto, Karls Karl führt den Vorsitz beim Reichstag in Regensburg Statthalter in Mailand, ver(23.02.–29.07.) und bricht anlasst die später von Karl gebilligte Ermordung der fran- nach Italien auf (29.07.); die zösischen Gesandten Antonio Osmanen schlagen die habsburgischen Belagerer von Rincón und Cesare Fregoso Buda in die Flucht und be(03.07.); Karl trifft in Lucca mit Paul III. zusammen (15.– setzen den größten Teil 18.09.), bevor er seine Trup- Ungarns pen bei einem erfolglosen Angriff auf Algier anführt (23.–28.10.) und nach Spanien zurückkehrt (01.12.) Während Karl sich zu einem Dänemark und der Herzog von Kleve erklären Karl Treffen mit den Cortes von den Krieg (Juni); FrankAragón in Monzón aufhält (Juni–Sept.), erwägt er seine reich schließt sich ihnen an (10./12.07.); gemeinsam greiAbdankung und den Rückzug in ein Kloster; die franzö- fen die Alliierten die Niedersische Belagerung von Perpi- lande, Katalonien und Navarra an gnan scheitert (Sept.)

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England, Schottland und Amerika Francisco de Vitoria hält an der Universität Salamanca seine Relectio de Indis (Jan.)

Cortés kehrt nach Spanien zurück (Juni); Heinrich VIII. heiratet Anna von Kleve (06.01.), verstößt sie (09.07.) und heiratet Catherine Howard (28.07.) Verbündete Almagros ermorden Pizarro (26.06.); Catherine Howard wird hingerichtet (23.11.)

Karl verbündet sich mit Heinrich VIII. zu einem Angriff auf Frankreich und Schottland (11.02.) und unterzeichnet die Neuen Gesetze, um encomiendas in Neuspanien abzuschaffen; englische Truppen schlagen die Schotten bei Solway Moss (24.11.); Jakob V. von Schottland stirbt (14.12.) und seine Erbin, Mary Stuart, flieht nach Frankreich

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1543

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl marschiert durch Karl bricht per Schiff nach Genua auf (01.05.) und stellt Deutschland, greift Kleve an und erobert Düren im Sturm in Palamos geheime, hand(24.08.); französisch-osmanischriftliche Instruktionen sche Truppen plündern Nizza für den Prinzen Philipp zu(06.09.); Herzog Wilhelm von sammen, den er als Regenten zurücklässt (04./06.05.); Kleve lenkt ein und überlässt Karl das Herzogtum Geldern in Busseto trifft er mit Paul (07.09.); Karl rückt auf LandIII. zusammen (20.–23.06.); recies vor und fordert Franz Philipp heiratet seine Cousine María Manuela von Por- zur Schlacht, der sich jedoch tugal (14.11.); der Korsar Bar- zurückzieht (03.11.) barossa und eine osmanische Flotte überwintern in Toulon Französischer Sieg über ein Karl führt den Vorsitz beim kaiserliches Heer unter Vasto Reichstag zu Speyer (Feb.– bei Ceresole d’Alba (14.04.) Juni), der Gelder für einen Krieg gegen Frankreich bewilligt; Karl fällt in Frankreich ein, erobert Saint-­Dizier (17.08.) und schließt den Frieden von Crépy, der zahlreiche französische Zugeständnisse beinhaltet (so die geheime Zusage, dem Kaiser gegen die deutschen Lutheraner beizustehen), soll jedoch im Gegenzug entweder Mailand oder die Niederlande an Franz’ Sohn Herzog Charles d’Orléans abtreten (18./19.09.) Die Nachricht vom Aufstand Karl gibt seine Entscheidung in Peru erreicht Spanien bekannt, das Herzogtum Mai(Mai); Don Carlos wird geland an Charles d’Orléans boren (08.07.); María Manuela abzutreten (01.02.), dieser von Portugal stirbt (12.07.); stirbt jedoch (09.09.), was es Paul III. bietet an, Karl Geld Karl erlaubt, Mailand und die Niederlande zu behalten; der und Truppen zum Kampf gegen die Lutheraner zu sen- hessische Landgraf und der sächsische Kurfürst schlagen den (Juni) und setzt seinen Herzog Heinrich von BraunSohn Pier Luigi als Herzog von Parma und Piacenza ein; schweig in der Schlacht, nehmen ihn gefangen und Eröffnung des Konzils von beschlagnahmen seine TerriTrient (13.12.) torien (Okt.)

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England, Schottland und Amerika Karl ernennt Blasco Nuñez Vela als seinen ersten Vizekönig von Peru (28.02.); Heinrich VIII. heiratet Catherine Parr (12.07.)

Nuñez Vela erreicht Peru (Mai); Aufstand der encomenderos in Peru unter der Führung von Gonzalo Pizarro (Aug.)

Los Cobos empfiehlt, mit der Befriedung Perus Pedro de La Gasca zu betrauen (30.06.); französische Truppen landen auf der Isle of Wight (21.07.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Karl sendet Philipp seinen Karl hält ein Kapitel des Or»Emanzipationsbrief« (30.06.) dens vom Golden Vlies in Utrecht (Jan.); Martin Luther stirbt (18.02.); Karl reist zum Reichstag nach Regensburg (Feb.–Juni), verführt dort Barbara Blomberg und mobilisiert Truppen in Deutschland, Italien und den Niederlanden, vorgeblich um den Herzog von Braunschweig wieder in sein Recht zu setzen (Juni); der Landgraf von Hessen, der Kurfürst von Sachsen und andere Anführer des Schmalkaldischen Bundes machen mobil und unterzeichnen einen Fehdebrief, in dem sie sich von Karls Herrschaft lossagen; das Bundesheer beschießt das Heer Karls in seinem Lager vor Ingolstadt (31.08.–04.09.); das Bundesheer zieht ab (04.09.) und löst sich auf (22.11.); Friedrich von der Pfalz und Ulrich von Württemberg unterwerfen sich Karl (Nov./Dez.)

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England, Schottland und Amerika Der Vizekönig von Peru, Nuñez Vela, unterliegt den Aufständischen und wird hingerichtet (18.01.); Pedro de La Gasca verlässt Spanien in Richtung Peru (März); Frankreich und England schließen Frieden (06.06.); La Gasca erreicht Panama (Aug.)

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1547

Fieschi führt eine Revolution in Genua an (02./03.01.); Paul III. verlegt das allgemeine Konzil von Trient nach Bologna (März); Unruhen in Neapel gegen die Einführung der Inquisition (Mai–Aug.); Los Cobos stirbt (17.05.); Waffenstillstand auf fünf Jahre zwischen Karl und Süleyman (19.06.); Herzog Pier Luigi Farnese wird in Piacenza ermordet (10.09.) und kaiserliche Truppen besetzen die Stadt; Cortés stirbt (02.12.)

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Kaiserliche Agenten ermorden in Venedig Lorenzino de’ Medici, der seinerseits Herzog Alessandro ermordet hatte (26.02.); Karls Tochter María heiratet Ferdinands Sohn Maximilian und beide werden gemeinsam als Regenten in Spanien eingesetzt (Sept.); Philipp verlässt Spanien gen Genua und reist durch Oberitalien weiter nach Deutschland

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Barbara Blomberg bringt in Regensburg Karls Sohn Gerónimo zur Welt, später als Don Juan de Austria bekannt (24.02.); Paul III. zieht seine Truppen aus Deutschland ab (Feb.); Franz I. stirbt (31.03.), Heinrich II. folgt ihm auf dem Thron; bei Mühlberg schlägt Karl den Kurfürsten von Sachsen und nimmt ihn gefangen (24.04.), seine Territorien und Titel muss er abgeben; auch der Landgraf von Hessen ergibt sich dem Kaiser (19.06.) und wird gefangen gesetzt; Karl entsendet spanische Garnisonen nach Württemberg, führt den Vorsitz beim »geharnischten Reichstag« von Augsburg (eröffnet am 01.09.) und fordert Philipp und María auf, zu ihm nach Deutschland zu kommen (25.12.) Karl übersendet Philipp sein »Politisches Testament« (18.01.); Karl weist Philipp an, nach Maximilians Eintreffen und Heirat mit María in Spanien zu ihm nach Brüssel zu kommen (9. April); der Reichstag von Augsburg nimmt das »Augsburger Interim« an (15.05.) und erklärt die Niederlande zu einem eigenen Reichskreis (30.06.); Karl beginnt auf seiner Rückreise in die Niederlande mit der »Säuberung« der Magistrate deutscher Städte (Aug.)

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England, Schottland und Amerika Heinrich VIII. stirbt (28.01.), ihm folgt Eduard VI. auf dem Thron; La Gasca landet in Peru und rückt auf Cuzco vor (Juni); die Engländer schlagen die Schotten bei Pinkie (10.09.)

La Gasca besiegt die aufständischen encomenderos vor Cuzco (08.04.), lässt Gonzalo Pizarro hinrichten (10.04.) und führt Säuberungen gegen die Aufständischen und ihre Familien durch

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658 Anhänge Spanien, Italien und das Mittelmeer 1549

Das Konzil von Trient/Bologna wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt (17.09.); Paul III. stirbt (10.11.)

1550

Giovanni del Monte wird zum Papst gewählt (07.02., als Julius III.); Karl setzt sein viertes Testament auf (19.05.); Karls illegitimer Sohn Gerónimo wird nach Spanien geschickt (Juni); in Valladolid tritt die Junta de Indias zusammen, um über das königliche Vorgehen in Amerika zu beraten (Aug.–Sept.); habsburgische Kräfte erobern Mahdia und andere Hafenstädte in Nordafrika (Sept.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Philipp stößt in den Niederlanden zu Karl (01.04.), begibt sich mit ihm auf eine Rundreise durch die südlichen Regionen und besucht Festlichkeiten, insbesondere in Binche (21.–31.08.); durch die Pragmatische Sanktion wird die Unteilbarkeit (auch) der 17 habsburgischen Provinzen der Niederlande festgeschrieben (04.11.) Karl reist zusammen mit Philipp nach Deutschland und beginnt mit der Arbeit an seinen Memoiren (Juni), er führt den Vorsitz beim Reichstag von Augsburg; Nicolas Perrenot de Granvelle stirbt (27.08.); erbitterter Streit mit Ferdinand über die Erbfolge im Reich

England, Schottland und Amerika

Im Vertrag von Boulogne versöhnt sich England mit Frankreich und Schottland (24.03.); Karl ernennt Antonio de Mendoza zum Vizekönig von Peru und Luis de Velasco zum Vizekönig von Mexiko (April); La Gasca trifft mit 2 Millionen Dukaten aus Peru in Spanien ein (Sept.)

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer 1551

Die Junta de Indias tritt wiederum in Valladolid zusammen (April/Mai); Philipp reist von Augsburg über Trient nach Spanien (Mai–Juli); Herzog Ottavio Farnese schwenkt auf die Seite Frankreichs um und ein kaiserlich-päpstliches Heer beginnt mit der Belagerung von Parma und La Mirandola (Juli); die Osmanen nehmen Tripolis ein (15.08.)

1552

Die Infantin Johanna heiratet den Prinzen Johann von Portugal (11.01.); Ende des »Parmakrieges« (25.06.); erfolgreicher Aufstand gegen die französische Besatzung in Siena (26.07.); Karl weist seine Garnison an, die Befestigungsanlagen von Mahdia zu schleifen und die Stadt aufzugeben (Sept.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich In Augsburg unterzeichnen Ferdinand und Philipp einen Familienvertrag über die Erbfolge im Reich (09.03.); das Konzil von Trient nimmt seine Beratungen wieder auf, allerdings besteht Karl auf der Einladung auch von Lutheranern (01.05.); auf Karls Betreiben hin Abänderung der Stadtverfassungen von 25 süddeutschen Städten (Okt.); Heinrich II. und eine Gruppe lutherischer Reichsfürsten unter der Führung Moritz’ von Sachsen unterzeichnen den Vertrag von Lochau (05.10.); Karl kommandiert die spanischen Garnisonen in Württemberg zur Belagerung von Parma ab (Okt.) und zieht mit seinem Hof nach Innsbruck (Nov.) Lutherische Truppen besetzen Augsburg (04.04.); Metz erkennt Heinrich II. als seinen Herrn an (21.04.); Konzil von Trient abermals ausgesetzt (Mai); Karl flieht von Innsbruck nach Villach (19.05.), willigt ein, den hessischen Landgrafen und den sächsischen Kurfürsten freizulassen und den Passauer Vertrag zu ratifizieren, wodurch der Fürstenkrieg beendet wird (15.08.); Karl stößt bei Augsburg zu seinen Truppen (20.08.), marschiert quer durch Deutschland und belagert Metz (23.10.)

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England, Schottland und Amerika Karl stiftet Hochschulen in Mexiko und Peru (Mai)

Bartolomé de Las Casas veröffentlicht in Sevilla seine Brevíssima relación de la destrucción de las Indias (»Kurzgefasster Bericht von der Verwüstung der westindischen Länder«)

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660 Anhänge Spanien, Italien und das Mittelmeer 1553

Karl weist seinen Sohn an, die Verhandlungen zu seiner Heirat mit Eleonores Tochter Maria von Portugal einzustellen (Aug.)

1554

Prinz Johann von Portugal stirbt (02.01.); die Infantin Johanna bringt den Prinzen Sebastian zur Welt (20.01.) und kehrt nach Kastilien zurück; Philipp instruiert Johanna, die als Regentin von Spanien dienen soll, und reist nach England ab (13.07.); Karl dankt zu Philipps Gunsten als König von Neapel ab (24.07.)

1555

Julius III. stirbt (23.03.); Königin Johanna, Karls Mutter, stirbt (12.04.); Siena ergibt sich einem florentinisch-kaiserlichen Eroberungsheer (17.04.); Marcello Cervini wird zum Papst gewählt (09.04., als Marcellus II.) und stirbt (01.05.); Gian Pietro Caraffa wird zum Papst gewählt (23.05., als Paul IV.); osmanische Truppen erobern Bougie (Aug.)

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Die kaiserlichen Truppen brechen ihre Belagerung von Metz ab (01.01.); Karl erreicht Brüssel (06.02.), spricht vor den Generalstaaten (13.02.) und zitiert Philipp in die Niederlande; ein kaiserliches Heer belagert und zerstört die von Frankreich gehaltenen Städte Thérouanne und Hesdin (Juni) Karl gibt der Heiratsvereinbarung für Philipp und Mary Tudor seine Zustimmung (04.01.); Karl setzt seinen fünften (und tatsächlich letzten) »Letzten Willen« mit geheimem Kodizill auf (06.06), verlässt Brüssel und stößt zu seinen Truppen (07.07.), mit denen er Renty Entsatz verschafft und die Franzosen zum Rückzug zwingt (14.08.); am 09.10. kehrt er im Triumph nach Brüssel zurück Philipp kehrt nach Brüssel zurück (08.09.); Ferdinand unterzeichnet den Augsburger Religionsfrieden (25.09.), der den Lutheranern im Heiligen Römischen Reich die Tolerierung ihres Glaubens garantiert; Karl dankt zugunsten Philipps als Herrscher der Niederlande (25.10.) sowie als Oberhaupt des Ordens vom Goldenen Vlies (26.10.) ab

England, Schottland und Amerika Eduard VI. von England stirbt (06.07.) und Mary Tudor folgt ihm auf dem Thron; Karl drängt Philipp, Mary zu heiraten (30.07.); Francisco Hernández Girón beginnt einen Aufstand in Peru (12.11.)

Mary schlägt die Wyatt-Verschwörung nieder (03.02.) und lässt ihre Schwester Elizabeth gefangen setzen; Philipp heiratet Mary Tudor (25.07.), wird Prinzgemahl und lässt sich in England nieder; Versöhnung Englands mit Rom; in Peru wird Hernández Girón in der Schlacht besiegt (08.10.) und hingerichtet)

Philipp verlässt England mit Ziel Niederlande (04.09.)

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Chronologie Spanien, Italien und das Mittelmeer

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1558

Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Paul IV. exkommuniziert Karl Karl dankt zugunsten Philund Philipp und erklärt ihnen ipps auch als König von Siden Krieg (Sept.); Karl landet zilien, Aragón und Kastilien bei Laredo (28.09.) und reist ab (16.01.) und ernennt Philipp zum Reichsvikar in Italien; nach Jarandilla Waffenstillstand von Vaucelles mit Frankreich (Feb.–Juli); Karl und seine Schwestern Eleonore und Maria brechen aus den Niederlanden nach Spanien auf (17.09.) Karl bezieht seine Gemächer Philipps Heer siegt bei in Yuste (03.02.); Philipp fleht Saint-Quentin über die Franseinen Vater an, Yuste zu ver- zosen (10.08.) und marschiert lassen und erneut die Rein Frankreich ein (Sept./Okt.) gierung Spaniens zu übernehmen, was dieser ablehnt (23./24.04.); Philipp erlässt sein erstes Decreto, durch das sämtliche Zahlungen aus der kastilischen Staatskasse eingestellt werden (Mai); Johann III. von Portugal stirbt (11.06.) und nominell folgt sein junger Enkelsohn Sebastian auf dem Thron; Karls Schwester Catalina wird als Regentin eingesetzt; Paul IV. schließt Frieden (14.09.) Eleonore von Österreich stirbt Karls Abdankung als römisch-deutscher Kaiser (25.02.); Luis Quijada bringt Gerónimo nach Yuste zu sei- wird von den Kurfürsten annem Vater Karl (Juli); eine os- genommen (14.03.); Ferdinand folgt seinem Bruder als manische Flotte plündert Ciutadella auf Menorca (Juli); Kaiser nach, verweigert jeKarl überarbeitet sein letztes doch Philipp den Titel eines Testament (09.09.); Karl stirbt Reichsvikars in Italien; Philipps Heer schlägt die Fran(21.09.); Maria von Ungarn zosen bei Gravelines (13.07.); stirbt (18.10.); Trauerfeierlichkeiten für Karl in Spanien Trauerfeierlichkeiten für Karl in den Niederlanden (Dez.) und Italien (Dez.)

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England, Schottland und Amerika

Philipp kehrt nach England zurück (18.03.–06.07.); England erklärt Frankreich und Schottland den Krieg (07.06.)

England verliert Calais an die Franzosen (07.01.); Mary Tudor stirbt (17.11.), auf dem Thron folgt ihr ihre Halbschwester Elizabeth (Elisabeth I.); Trauerfeierlichkeiten für Karl in London (Dez.)

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662 Anhänge Spanien, Italien und das Mittelmeer

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Niederlande, Frankreich und das Heilige Römische Reich Trauerfeierlichkeiten für Karl Paul IV. stirbt (18.08.); Giovanni Angelo de’ Medici wird in Augsburg (24.02.); mit dem Frieden von Cateau-Cambrézum Papst gewählt (25.12., sis endet die Auseinanderals Pius IV.); Philipp kehrt setzung zwischen Habsburnach Spanien zurück und lernt dort seinen Halbbruder gern und Valois (03.04.); Gerónimo kennen, den er als Philipp ernennt seine Halb»Don Juan de Austria« an sei- schwester Margarita zu seiner Regentin in den Niedernem Hof willkommen heißt landen und reist per Schiff (Sept.) nach Spanien (Aug.)

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Karls Tochter Tadea, inzwischen Nonne in Rom, erbittet die Erlaubnis, nach Spanien reisen zu dürfen (12.10.); Ferdinand sichert seinem Sohn Maximilian die Wahl zum römisch-deutschen König (24.11.)

England, Schottland und Amerika Mit dem Frieden von Cateau-Cambrésis enden die Auseinandersetzungen zwischen England und Schottland sowie England und Frankreich (03.04.); Trauerfeierlichkeiten für Karl in Lima (11./12.11.), Mexiko-Stadt (30.11.) und an anderen Orten im spanisch beherrschten Amerika

Gonzalo Méndez, ein Franziskanermönch in Guatemala, hat eine Vision, in der er Karls Seele aus dem Fegefeuer ins Paradies aufsteigen sieht

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Abkürzungen Biblioteca de Liria, Madrid, Archivo de la Casa de los Duques de Alba Archives départementales du Nord, Lille

AA ADN B

Archives civiles, Série B (Chambre des Comptes de Lille)

Archivo General de Indias, Sevilla

AGI IG Justicia Lima México Patronato

AGNM Mercedes AGPM AGRB Audience Gachard MD

Indiferente General  Papeles de Justicia  Audiencia de Lima  Audiencia de México  Patronato Real 

Archivo General de la Nación, Mexiko-Stadt Instituciones coloniales: Mercedes 

Archivo General del Palacio Real, Madrid, Sección histórica  Archives Générales du Royaume/Algemene Rijksarchief, Brüssel Papiers d’État et d’Audience/Papieren van Staat en Audientië  Collection Gachard/Collectie Gachard Manuscrits divers/Handschriftenverzameling 

Archivo General de Simancas, Simancas (Valladolid) 

AGS CC CJH CMC CS CSR E GA PR

Cámara de Castilla Consejos y Juntas de Hacienda Contaduría Mayor de Cuentas  Contaduría del Sueldo Casas y Sitios Reales Negociación de Estado Guerra Antigua Patronato Real 

Archivo Histórico Nacional, Madrid 

AHN Inquisición

Sección de Inquisición 

AHN Nobleza Frías

Sección Nobleza del Archivo Histórico Nacional, Toledo

AHR AMAE ANF Série J Série K ANTT

American Historical Review  Archivo del Ministerio de Asuntos Exteriores, Madrid Archives Nationales de France, Paris, Archives de l’Ancien Régime 

CC

Archivo de los duques de Frías (bis 1987 auf der Burg der Herzöge von Frías in Montemayor, Córdoba) 

Trésor des Chartes  Monuments historiques 

Arquivo Nacional da Torre do Tombo, Lissabon Corpo cronológico 

Archivio di Stato Archivio di Stato, Florenz

AS ASF MdP SDO

Mediceo del Principato  Signori, Dieci di Balia e Otto di Pratica. Legazioni e commissarie, missive e response

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664 Anhänge ASMa AG CE

ASMo CDA

ASP CF GG

Archivio di Stato, Mantua  Archivio Gonzaga: Corrispondenza estera  Archivio di Stato, Modena  Cancellaria ducale: ambasciatori  Archivio di Stato, Parma  Carteggio Farnesiano  Archivi di Famiglie e di Persone: Gonzaga di Guastalla 

Archivio di Stato, Turin 

AST LM

B&S

BAE BAV Vat. Lat. BCRH BH BHO BIHR BKK BL Addl. Ms. Cott. Ms. Eg. Ms. Harl. Ms. BMECB Ms. Granvelle BNE Ms. BNF Dupuy F. f. Ms. Esp. Ms. Port. BNMV BNP

BR Ms. BRAH

Lettere di ministri

Berichte und Studien zur Geschichte Karls V. (Reihe von 20 Beiträgen, die von Karl Brandi und seinen Schülern zwischen 1930 und 1942 in den Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse veröffentlicht wurden; siehe auch die Bibliografie) Biblioteca de Autores Españoles Biblioteca Apostolica Vaticana, Vatikanstadt, Handschriftensammlung Codex Vaticanus Latinus

Bulletin de la Commission Royale d’Histoire Bulletin Hispanique British History Online Bulletin of the Institute of Historical Research Brandi, K., Kaiser Karl V: Quellen und Erörterungen (München 1941) British Library (vormals British Museum Library), London, Department of Western Manuscripts  Additional Manuscripts  Cotton Manuscripts  Egerton Manuscripts  Harleian Manuscripts 

Bibliothèque Municipale d’Étude et de Conservation, Besançon  Collection Manuscrite Granvelle

Biblioteca Nacional de España, Madrid, Colección de Manuscritos  Bibliothèque Nationale de France, Paris, Section des Manuscrits  Collection manuscrite Dupuy  Fonds français Manuscrit espagnol  Manuscrit portugais 

Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig, Handschriftensammlung  La Bibliothèque Nationale à Paris. Notice et extraits des manuscrits qui concernent l’histoire de la Belgique, hg. v. L. P. Gachard, 2 Bde. (Brüssel 1875–77) Biblioteca Real (vormals Biblioteca del Palacio Real), Madrid, Colección de Manuscritos  Boletín de la Real Academia de la Historia 

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Abkürzungen BRB Ms. BSLE Ms. BZ CADMA MDE

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Bibliothèque Royale de Belgique/Koninklijke Bibliotheek, Brüssel, Cabinet des Manuscrits/Handschriftenkabinett del Real Biblioteca Monasterio de San Lorenzo de El Escorial, Colección de Manuscritos  Biblioteca de Zabálburu, Madrid, Handschriftensammlung  Centre des Archives Diplomatiques du Ministère des Affaires Étrangères, La Courneuve (vormals Archives du Ministère des Affaires Étrangères)  Mémoires et documents: Espagne

Correspondance du Cardinal de Granvelle, hg. v. E. Poullet und C. Piot, 12 Bde. (Brüssel 1877–96) CDCV Corpus Documental de Carlos V, hg. v. M. Fernández Álvarez, 5 Bde. (Salamanca 1973–81) CLC Cortes de los antiguos reinos de León y de Castilla, 7 Bde. (Madrid 1861–1903)  CMH Correspondance de Marie de Hongrie avec Charles-Quint et Nicolas de Granvelle, hg. v. L. Gorter-van Royen und J.-P. Hoyois, 2 Bde. (Löwen 2009–18) CODOIN Colección de Documentos Inéditos para la historia de España, 112 Bde. (Madrid 1842–95) CODOIN … América Colección de Documentos Inéditos relativos al descubrimiento, conquista y organización de las antiguas posesiones de América y Oceania, 42 Bde. (Madrid 1864–84) CODOIN ... Ultramar Colección de Documentos Inéditos relativos al descubrimiento, conquista y organización de las antiguas posesiones españoles de Ultramar, 25 Bde. (Madrid 1885–1932)  CR Corpus Reformatorum, hg. v. K. G. Bretschneider u. a., bislang 101 Bde. (Halle 1834 ff.) CSPF Calendar of State Papers, Foreign Series, of the reign of Edward VI, 1547–1553, hg. v. W. B. Turnbull (London 1861) CSP Milan Calendar of State Papers and Manuscripts in the Archives and Collections of Milan, 1385–1618, hg. v. A. B. Hinds (London 1912)  CSPSp Calendar of Letters, Despatches, and State Papers, relating to the negotiations between England and Spain, preserved in the archives at Vienna, Simancas, Besançon, Brussels, Madrid and Lille, hg. v. G. A. Bergenroth, P. de Gayangos u. a., 13 Bde. (London 1862–1954)  CSPSp Supplement Supplement to volume I and volume II of Letters, Despatches, and State Papers, relating to the negotiations between England and Spain, preserved in the archives of Simancas and elsewhere, hg. v. G. A. Bergenroth (London 1868) CSPSp Further Further Supplement to Letters, Despatches, and State Papers, relating to ­Supplement the negotiations between England and Spain, preserved in the archives at Vienna and elsewhere, 1513– 1542, hg. v. G. Mattingly (London 1947)  CSPV Calendar of State Papers and Manuscripts relating to English Affairs existing in the archives and collections of Venice, hg. v. H. F. Brown u. a., 38 Bde. (London 1864–1947)  CCG

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666 Anhänge CWE EHR FBD GRM

The Collected Works of Erasmus: The Correspondence, hg. v. W. K. Ferguson, J. Estes u. a., bislang 18 Bde. (Toronto 1974–2018)  English Historical Review G. Parker, Felipe II. La biografía definitiva (Barcelona 2010) Retraite et mort de Charles-Quint au monastère de Yuste. Lettres inédites publiées d’après les originaux conservés dans les archives royales de Simancas, hg. und eingel. v. L. P. Gachard, 2 Bde. (Brüssel 1854–56) Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien

HHStA Länderabteilungen: Belgien-Niederländisches Departement Belgien Repertorium DD Belgien DD Belgien PA Belgien Repertorium P Abteilung A Belgien Repertorium P Abteilung B Belgien PB Belgien Repertorium P Abteilung C Begien PC Handschriften  sammlung Hs. Blau Handschrift Blau HMC Historical Manuscripts Commission HR Historical Research (vormals Bulletin of the Institute of Historical Research)  HSA Hispanic Society of America, New York, Handschriftensammlung Altamira Handschriften aus der Sammlung Altamira der HSA B Handschriften aus der Hauptsammlung der HSA Handschriften, die die HSA von Karl Hiersemann erworben hat HC Hunt Huntington Library, Art Collections and Botanical Gardens, San Marino (California)  HA Hastings Manuscripts  PL Pizarro–La Gasca Collection  IVdeDJ Instituto de Valencia de Don Juan, Madrid KB Koninklijke Bibliotheek, Den Haag KFF Die Korrespondenz Ferdinands I. Die Familienkorrespondenz, hg. v. W. Bauer u. a., bislang 5 Bde. (Wien 1912–2015) LCK Correspondenz des Kaisers Karls V., aus dem königlichen Archiv und der Bibliothèque de Bourgogne zu Brüssel, hg. v. K. Lanz, 3 Bde. (Leipzig 1844–46) LG Correspondance de l’empereur Maximilien Ier et de Marguerite d’Autriche, sa fille, gouvernante des Pays-Bas, de 1507 à 1519, hg. v. A. J. G. Le Glay, 2 Bde. (Paris 1839) L&P Henry VIII Letters and papers, foreign and domestic, of the reign of Henry VIII, hg. v. J. S. Brewer, J. Gairdner und R. H. Brodie, 21 Bde. (London 1872– 1920), überarb. u. ergänzte Neuauflagen der ersten beiden Bände LWB Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 4: Briefwechsel, 18 Bde. (Weimar 1930–85) LWS Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 1: Schriften, 56 Bde. (Weimar 1883–1929)

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Abkürzungen LWT MHE MÖStA NBD

ODNB ÖNB PEG RAH Ms. Muñoz Salazar RTA

RVEC

SCJ SLID SP SPO TNA TRHistS

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Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 2: Tischreden, 6 Bde. (Weimar 1912–21) Memorial Histórico Español  Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Nuntiaturberichte aus Deutschland. Nebst ergänzenden Aktenstücken, Erste Abteilung 1533–1559, hg. v. W. Friedensburg, L. Cardauns u. a., 17 Bde., mit zwei Ergänzungsbänden zu den Jahren 1530–32 (Gotha 1892–1981) Oxford Dictionary of National Biography (Oxford 2004; Online-Ressource: www.oxforddnb.com) Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Handschriftensammlung Papiers d’État du Cardinal de Granvelle, hg. v. C. Weiss, 9 Bde. (Paris 1841–52) Real Academia de la Historia, Madrid, Colección de Manuscritos  Colección manuscrita Muñoz  Colección manuscrita Salazar y Castro

Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., hg. v. A. Kluckhohn u. a., 20 Bde. (Gotha und München 1893–2009) Rodríguez Villa, A., El Emperador Carlos V y su corte según las cartas de don Martín de Salinas, embajador del Infante don Fernando, 1522– 1539 (Madrid 1903) Sixteenth Century Journal Sánchez Loro, Domingo, La inquietud postrimera de Carlos V, 3 Bde. (Cáceres 1957–59)  State papers, published under the authority of His Majesty’s Commission. King Henry the Eighth, 5 Teile in 11 Bänden (London 1830–52) State Papers Online (Online-Ressource: https://www.gale.com/uk/primary-sources/state-papers-online) The National Archives (vormals The Public Record Office), Kew, London  Transactions of the Royal Historical Society 

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Hinweise zu Datierung und Zitaten Die Datierungspraxis des frühen 16. Jahrhunderts stellt den heutigen Historiker vor gleich mehrere Herausforderungen. Nach dem Oster- oder Paschalstil, der zu Karls Lebzeiten in weiten Teilen des nördlichen Europas gebräuchlich war, fiel der Jahresanfang auf das Osterfest (und damit von Jahr zu Jahr auf ein anderes Datum). Nach dem in Italien und Spanien weitverbreiteten Circumcisionsstil hingegen begann das Jahr am 1. Januar, dem Fest der Beschneidung des Herrn (Circumcisio Domini), in Venedig wiederum am 1. März. Karl V. wurde am 24. Februar 1500 geboren, wenn man den Circumcisionsstil zugrunde legt; da Ostern in jenem Jahr jedoch erst auf den 19. April fiel, geben die meisten Dokumente aus Venedig, Frankreich, den deutschen Territorien, England und den Niederlanden seinen Geburtstag mit 24. Februar 1499 an. Diese Abweichung zwischen den Kalendern betrifft freilich nur die Zeit zwischen dem 1. Januar und dem Osterfest, und manch ein Briefschreiber, der den Paschalstil benutzte, fügte seiner Datumsangabe deshalb eigens den Vermerk »vor Ostern« hinzu (die Venezianer ergänzten manchmal »m. v.« für more veneto). Andere – und darunter solche, denen wir wichtige Informationen über Karl verdanken – verwendeten in ihrer Korrespondenz nicht stets ein und denselben Kalender. Margarete von Österreich folgte in der Regel dem Osterstil, wechselte aber zum Circumcisionsstil, wenn der Empfänger ihres Briefs in Spanien saß. Ihr Vater Maximilian datierte seine Briefe oft nach dem Kalenderstil, der an dem Ort galt, wo er sich gerade aufhielt. Nicht selten ließen jedoch beide, Vater wie Tochter, die Angabe von Ort und Datum in ihren Briefen ganz einfach weg – und infolge solcher Nachlässigkeit sind manche Briefe allein über inhaltliche Indizien datierbar. Bedauerlicherweise hat der französische Archivar André Le Glay, der einen Großteil der Korrespondenz zwischen Maximilian und seiner Tochter mit großem Können entziffert und veröffentlicht hat, etwa ein Drittel davon falsch datiert. So berichtet Margarete ihrem Vater beispielsweise in einem Brief, geschrieben »am Pfingstmontag«, Karl habe nur wenige Stunden zuvor bei der Jagd mit seiner Armbrust einen Mann getötet. Ohne seine Entscheidung zu begründen, datiert Le Glay den Brief ganz selbstbewusst in den »Mai 1513« und druckt ihn zusammen mit anderen Briefen aus jenem Monat ab. Fast alle späteren Historiker haben Le Glays Datierung widerspruchslos übernommen, obwohl Andreas Walther schon vor langer Zeit gezeigt hat, warum Margarete ihren Brief am 5. Juni 1514 geschrieben haben muss. Sofern nicht anders angegeben, folge ich in der vorliegenden Biografie stets den Datierungen, wie sie Walther aufgelöst hat, und gebe sämtliche Daten im (ja auch heute noch gebräuchlichen) Circumcisionsstil an: Demnach wurde Karl am 24. Februar 1500 geboren und tötete zum ersten Mal einen Mann am 5. Juni 1514.1 Die Berichte italienischer Diplomaten, die in diesem Buch eine so große Rolle spielen, machen die Sache noch einmal komplizierter, denn in Italien maß man die Tageszeit in 24 Stunden, deren Nullpunkt eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang lag – der an jedem Tag des Jahres folglich um Punkt »ore 2330« stattfand. So berichtete etwa der venezianische Botschafter in Brüssel 1521, Karl habe am 4. Juli um »etwa 21 Uhr« seinen Palast verlassen, um König Christian von Dänemark willkommen zu heißen, und sei »eine halbe Stunde des Nachts« zurückgekehrt. Am Abend darauf notierte der erschöpfte Botschafter, die beiden Monarchen hätten nach dem Essen mit dem Tanz begonnen, obwohl »es bereits 2 Uhr in der Nacht ist, und noch immer sind sie damit zugange«. Da in Brüssel die Sonne im Juli gegen 22 Uhr unserer heutigen Zählung untergeht, trugen sich die Ereignisse, von denen der Bot-

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Hinweise zu Datierung und Zitaten

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schafter berichtet, gegen 19:30 Uhr beziehungsweise 23 Uhr am 4. Juli zu, und er verfasste seinen Bericht darüber gegen 0:30 Uhr am 6. Juli.2 Wer aus Dokumenten des 16. Jahrhunderts zitieren will, steht ebenfalls vor ganz eigenen Herausforderungen. Da wäre zunächst die Rechtschreibung: Selbst wenn Satzbau und Vokabular im Großen und Ganzen vertraut erscheinen, können die vielen Abkürzungen und manchmal bizarren orthografischen Varianten den Sinn stark verunklären. Jason Powell hat ausgerechnet, dass die 24 erhaltenen Briefe des Dichters und Diplomaten Sir Thomas Wyatt – zumeist entstanden zwischen 1537 und 1540, also während seiner Zeit als englischer Botschafter am Kaiserhof – rund 30 000 Wörter umfassen, »darunter 3380 Abkürzungen. Das bedeutet, dass auf je 8,43 Wörter in Wyatts eigenhändiger Prosa eine Abkürzung kommt.«3 Ein ähnliches Zahlenverhältnis dürfte auch die Briefe Karls und anderer europäischer Zeitgenossen kennzeichnen (wenn jemand das gern überprüfen möchte: nur zu!). Was die Rechtschreibung betrifft, so enthält ein und dasselbe Dokument nicht selten diverse verschiedene Schreibungen ein und desselben Wortes. Und dann wäre da noch ein gewisser Wiederholfaktor: Kein Briefschreiber des frühen 16. Jahrhunderts gab sich mit einem einzigen Wort zufrieden, wo er oder sie auch zwei oder drei verwenden konnte – so ergeben sich zuweilen ermüdende Aneinanderreihungen von Synonymen. Karl schrieb beispielsweise davon, etwas »anordnen und befehlen« zu wollen; er »reiste und war unterwegs«; etwas sollte »heimlich und im Verborgenen« geschehen – und so weiter. Solche wiederholenden Formulierungen sind im vorliegenden Buch beibehalten worden, ebenso die originale Orthografie (bei deutschsprachigen Quellen); Abkürzungen wurden dagegen stillschweigend aufgelöst. Welcher Leser ein besonderes Interesse an den Originalzitaten aus englischen oder spanischen Quellen hat, findet diese in der entsprechenden Sprachausgabe dieses Buches: Emperor: A New Life of Charles V (New Haven, Conn.: Yale University Press, 2019) beziehungsweise Carlos V: una nueva vida del emperador (Barcelona: Editorial Planeta, 2019).

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Hinweise zu den Quellen Die Geschichtsschreibung zur Regierungszeit Karls V., schrieb Benito Sánchez Alonso in seinem 1952 erschienenen Standardwerk Fuentes de la historia española e hispanoamericana (»Quellen der spanischen und lateinamerikanischen Geschichte«), sei »von allen Epochen die interessanteste« – zugleich jedoch »außerordentlich umfangreich und verworren«. Sodann führte er rund 2500 Quellen in zehn verschiedenen Sprachen auf, die sich auf »Spanien in der Zeit von 1516 bis 1556« bezogen. Seit 1952 ist die historische Fachliteratur natürlich nochmal deutlich umfangreicher und verworrener geworden – mit Blick auf Spanien und Lateinamerika, aber auch die anderen Teile von Karls Weltreich. Und selbst die historiografischen Beiträge über verschiedene nationale Perspektiven auf Karl in dem hervorragenden Band The histories of Emperor Charles V, der 2005 erschienen ist, bedecken zwar fast 300 Seiten, behandeln aber nur Werke, die in diversen europäischen Ländern und im früheren Osmanischen Reich entstanden – ohne die lateinamerikanische Sicht auf Karl zu berücksichtigen.1 Die wichtigsten Primärquellen zu Leben und Herrschaft Karls V. lassen sich in sechs breit gefasste Kategorien einteilen: I. Quellensammlungen, II. Ego-Dokumente, III. Verwaltungsarchive, IV. Diplomatische Archive, V. Chroniken und Geschichtswerke, VI. Kulturelle Zeugnisse.

I. Quellensammlungen Insgesamt sieben Quellensammlungen – vier gedruckte und drei handschriftliche – liefern eine Fülle von Informationen über Karl V. und die Welt, in der er lebte.

1. KARLS REISEN Manuel de Foronda y Aguilera brachte annähernd fünfzig Jahre damit zu, alle ihm verfügbaren Quellenbestände zu durchforsten, um für jeden einzelnen Tag (und jede einzelne Nacht) im Leben Karls V. nachzuweisen, wo der Kaiser sich aufhielt und (falls möglich) was er dort tat. Im Jahr 1914 veröffentlichte der unermüdliche Historiker das endgültige Ergebnis seiner Arbeit. Zwei andere Zusammenstellungen von Vicente de Cadenas y Vicent – Diario del emperador Carlos V und Caminos y derroteros – bieten mehr und zugleich weniger als das Werk Forondas: Einerseits enthalten sie Hinweise auf zahlreiche wichtige Geschehnisse, die für Karl bedeutsam waren, obwohl er sie nicht persönlich miterlebte (und die deshalb bei Foronda fehlen); auf der anderen Seite jedoch unterschlagen sie die umfangreichen Hinweise auf Archivalien, die Foronda liefert. Zurzeit arbeiten Alain Servantie und andere am Aufbau einer Website unter dem Titel »Itinera Carolus V Imperator/The European Routes of Emperor Charles V/Las Rutas del Emperador«, die unter der Adresse http://www.itineracarolusv.eu/ abgerufen werden kann.2

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2. DAS PROJEKT »POLITISCHE KORRESPONDENZ KAISER KARLS V.« AN DER UNIVERSITÄT KONSTANZ In den 1960er-Jahren begannen Horst Rabe und sein Team an der Universität Konstanz damit, Fotokopien der politischen Korrespondenz Karls V. aus Archiven und Bibliotheken in Österreich, Belgien und Spanien zu sammeln. Bis zum Jahr 2000 hatten sie auf diese Weise über 120 000 Schreiben an oder von Karl zusammengetragen, die fast 1500 unterschiedlichen Konvoluten entstammten und in niederländischer, französischer, deutscher, italienischer, lateinischer oder spanischer Sprache verfasst waren. Die Konstanzer Forscher vergaben für jedes einzelne Dokument eine laufende Nummer zur Identifizierung, erstellten ein Register, das die Suche nach Datum und Korrespondent ermöglicht (Rabe, Karl V., politische Korrespondenz), und gaben einen Überblick über die gesamte Sammlung (Rabe, »Die politische Korrespondenz«). Die Fotokopien der vielen Zehntausend Briefe, die in der Universitätsbibliothek Konstanz aufbewahrt werden, sind in Schuber sortiert, je nachdem, aus welchem Archiv, welcher Korrespondenzreihe und welchem Konvolut (span. legajo, liasse) sie stammen. Jedem Schuber sind für gewöhnlich zwei Verzeichnisse seines Inhalts vorangestellt: Eines führt die enthaltenen Dokumente nach ihrer laufenden Nummer im Schuber auf, das andere nach der Foliozählung ihres ursprünglichen archivalischen Zusammenhangs. Die wichtigsten Details zu sämtlichen Schriftstücken – wie Absender, Empfänger, Ausstellungsort, Datum, Archivangaben und Überlieferungsform (chiffriert, eigenhändig, Konzept usw.) – finden sich auch in der Online-Datenbank POLKAweb unter http://karl-v. bsz-bw.de/. Indem alle erhaltenen Briefe chronologisch geordnet und nummeriert wurden, lässt sich der ungleichmäßige Fluss von Dokumenten in Karls Kanzlei nachvollziehen und damit der »Puls« seines Imperiums messen – ganz so, wie der Kaiser es selbst auch tat. Das allein stellt bereits eine staunenswerte historische Rekonstruktionsleistung dar.3

3. DIE TRANSKRIPTIONEN GUSTAV BERGENROTHS FÜR EINE GESCHICHTE KARLS V. Nachdem er in Europa und Kalifornien ein bewegtes Leben geführt hatte, verbrachte Gustav Bergenroth ein ganzes Jahrzehnt damit, in europäischen Archiven und Bibliotheken Dokumente aufzuspüren und zu studieren, die er als Quellen für seine geplante Geschichte Karls V. heranziehen wollte. Zeitweise beschäftigte Bergenroth bis zu zehn Kopisten, die Dokumentabschriften für ihn anfertigten, und zum Zeitpunkt seines frühen Todes im Jahr 1869 – er war bei seinem Aufenthalt in Simancas an Typhus erkrankt – hatte er fast 20 000 Seiten Kopien zusammengetragen. Kurz darauf bot Bergenroths »enger Freund« Paul Friedmann diese »Sammlung Karl V.« dem Britischen Museum in London für 1500 Pfund Sterling zum Kauf an, und der Kurator der Handschriftenabteilung (die British Library war damals noch nicht aus dem Museum ausgegliedert) bat den angesehenen Historiker Lord Acton, die Unterlagen auf ihren Wert zu schätzen. Wie Acton bedauernd schrieb, war zwar Bergenroths »gewaltiger Spürsinn für das Wichtige und Unbekannte seiner Fähigkeit, das Gefundene auch zu nutzen, weit überlegen« – aber dennoch hielt er die Sammlung für »in hohem Maße würdig, unter die Schätze des Museums aufgenommen zu werden«. 1870 bewilligte das Kuratorium des Britischen Museums den Ankauf. Heute bieten die 26 dicken Foliobände der Bergenroth-Sammlung, die in bunt gemischter, aber chronologischer Folge Abschriften aus verschiedenen Archiven enthalten und unter der Signatur BL Addl. Ms. 28,572–28,597 in der

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672 Anhänge British Library verwahrt werden, eine einmalige Gelegenheit, die Welt mit den Augen Karls V. zu betrachten.4 Schon kurz nach dem Ankauf stellten die Bibliothekare des Britischen Museums allerdings fest, dass Friedmann ihnen elf weitere Bände vorenthalten hatte. Als er später auch diese zum Kauf anbot, lehnte das Museum ab, und im Jahr 1896 machte Friedmann sie der Königlichen Bibliothek in Berlin (der heutigen Staatsbibliothek) zum Geschenk. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie von der Jagiellonischen Bibliothek (Biblioteka Jagiellońska) in Krakau angekauft und unter der Signatur Ms. Hisp. Fol. 27–37 in deren Bestand aufgenommen. Die ersten sechs dieser Bände enthalten weitere Transkriptionen, die für Bergenroth angefertigt worden waren, in thematischer Gruppierung (Ms. Hisp. Fol. 29 enthält Abschriften von Dokumenten aus diversen Sammlungen, die Karls Verhältnis zur spanischen Inquisition betreffen; in Ms. Hisp. Fol. 30 finden sich Abschriften von Karls Korrespondenz über das Konzil von Trient und so weiter). Die restlichen Bände enthalten Bergenroths eigene Auflistung aller Dokumente, die er konsultiert und transkribiert hatte (also sowohl der Londoner als auch der Krakauer Bestände), geordnet nach Archiv und Bestand.5 Alle elf Bände sind digitalisiert worden und können online eingesehen werden: http://info.filg.uj.edu.pl/ fibula/pl/manuscripts/5/

4. KARLS HOF Im Jahr 2000 veröffentlichte ein Team um den Historiker José Martínez Millán von der Autonomen Universität Madrid (Universidad Autónoma de Madrid, UAM) eine fünfbändige Studie über den Hof und die Herrschaftspraxis Karls V. Die ersten beiden Bände enthalten Aufsätze zu diesen Themen; die restlichen Verzeichnisse und Kurzbiografien zu zahlreichen Amtsträgern und Bedienten des kaiserlichen Haushalts.6 Alle fünf Bände können online eingesehen werden: https://dialnet.unirioja.es/servlet/libro?codigo=4519

5. DER KAISERLICHE BESITZ Im Jahr 2010 transkribierte und veröffentlichte ein internationales Expertenteam um Fernando Checa Cremades so gut wie alle erhaltenen Inventare, die von Karl, seinen Geschwistern und anderen nahen Verwandten erhalten sind. Diese Verzeichnisse enthalten detaillierte Angaben darüber, was die betreffende Person zu verschiedenen Zeitpunkten in ihrem Leben besessen hat. Den Inventaren der einzelnen Familienmitglieder ist jeweils ein informativer Essay in englischer und spanischer Sprache vorangestellt.7

6. KARLS RÜCKZUG NACH YUSTE Die Zeit von Karls letztem Aufenthalt in Spanien (September 1556 bis September 1558) ist die am besten dokumentierte Periode seines gesamten Lebens. Unmittelbar nach dem Tod des Kaisers verfasste der Prior des Klosters von Yuste, Martín de Angulo, auf die Bitte von Karls Tochter Johanna hin eine kurze Darstellung unter dem Titel Vida y fin que ha tenido la cesárea, sacra y real majestad de nuestro señor Don Carlos, en este monasterio de San Jerónimo de Yuste.8 Einige Jahrzehnte später schrieb der Mönch Hernando del Corral eine (ungeachtet ihres Titels) sehr viel detailliertere Historia breve y sumaria de cómo el emper-

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ador Don Carlos V, nuestro señor, trató de venirse a recoger al monasterio de San Jerónimo de Yuste, die mit der Abdankung des Kaisers einsetzt und mit der Umbettung seiner sterblichen Überreste in ein neues Kloster der Hieronymiten, San Lorenzo el Real de El Escorial, endet. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt jedoch auf den letzten neunzehn Monaten im Leben Karls, die er in den kaiserlichen Gemächern beim Kloster von Yuste verbrachte.9 Der ungleich bekanntere Nachfolger dieser beiden Autoren, Bruder José de Sigüenza, war ein schamloser Plagiator, der sich für den zweiten Teil seiner 1600 veröffentlichten Historia de la Orden de San Jerónimo ausgiebig bei Angulo und Corral bediente – wenn auch mit einigen subtilen Ergänzungen und Kürzungen. Prudencio de Sandoval tat im letzten Teil seiner Historia de la vida que el emperador Carlos V rey de España hizo retirado en el monasterio de Iuste desgleichen. Neben der Korrespondenz des Kaisers, den Korrespondenzen zahlreicher Mitglieder seines Gefolges und den geprüften Rechnungsbüchern seines Haushalts wird im Archiv von Simancas auch das Inventar seiner Besitztümer aus der Zeit in Yuste aufbewahrt. Viele dieser Quellen erschienen in den 1850er-Jahren erstmals im Druck, was wohl mit den Vorbereitungen zum 300. Todestag des Kaisers zusammenhing. Manche wurden von zwei Archivaren aus Simancas, Tomás und Manuel González, transkribiert, andere von ihrem Nachfolger Manuel García González, der dem belgischen Archivar und Historiker Louis Prosper Gachard zuarbeitete.10 In den Jahren 1957/58 veröffentlichte Domingo Sánchez Loro beinahe die gesamten erhaltenen Quellen aus den letzten beiden Lebensjahren des Kaisers in drei Bänden mit zusammen fast 2000 Seiten. In Band III findet sich eine tagesgenaue Rekonstruktion von »Retiro, estancia y muerte de Carlos V en Yuste«, die aus den Dokumenten des Archivs von Simancas zusammengestellt wurde, die Tomás González transkribiert hatte. In mehr als 500 Fußnoten sind Textstellen aus den entsprechenden Primärquellen beigefügt.11 Die letzte Krankheit des Kaisers kann dank dieser Quellen beinahe minutengenau rekonstruiert werden; dazu kommen noch die beeideten Aussagen der zwanzig Zeugen, die um Karls Totenbett versammelt waren. Diese Aussagen hat die Inquisition zusammengetragen als Teil des Verfahrens gegen den Erzbischof von Toledo, Bartolomé Carranza, dem Häresie vorgeworfen wurde. José Ignacio Tellechea Idígoras, der unermüdlich über Carranza gearbeitet hat, hat die zwanzig Aussagen in drei verschiedenen Zusammenhängen publiziert: zuerst in BRAH 143 (1958), S. 155–227, dann zusammen mit anderen Dokumenten in Fray Bartolomé Carranza. Documentos históricos (1962–1994) und schließlich in einem eigenen Band unter dem Titel Así murió el emperador (»So starb der Kaiser«, 1995).

7. KARLS SCHULDEN Der Quellenbestand AGS CSR legajos 128–180, auch bekannt als Descargos de Carlos V, umfasst 52 Archivboxen mit Rechnungen und handschriftlichen Petitionen an Karls Testamentsvollstrecker. Die Verfasser? Menschen, die behaupteten, der verstorbene Kaiser habe ihnen noch Geld geschuldet, insgesamt über 500 000 Dukaten. Unter den Schuldnern waren Amtsträger und Bediente des kaiserlichen Haushalts oder deren Erben (so etwa die Witwe von Francisco de Los Cobos, die erst das Testament ihres verstorbenen Gatten vorlegen musste, damit man ihr die Lohnrückstände aus dessen Tätigkeit als Karls erster Sekretär ausbezahlte), aber auch Barbara Blomberg, die Mutter von Don Juan de Austria (die noch 1597 um die Auszahlung des ihrem Sohn geschuldeten Geldes nachsuchte). Die unter-

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674 Anhänge schiedlichen Geschichten all dieser Leute werfen ein ganz besonderes Licht auf die Welt des Kaisers. Ein Register mit den Namen sämtlicher Bittsteller, die in der Sammlung genannt werden, wurde 1898 zusammengestellt und kann in der Sala de los Investigadores im Archiv von Simancas eingesehen werden.12 Dennoch bleiben alle diese Quellensammlungen unvollständig. Denn Foronda nahm zwar Handschriftenbestände in ganz Spanien sowie in Lille in Augenschein; andernorts verließ er sich jedoch weitgehend auf bereits gedrucktes Material. Die Forscher an der Universität Konstanz klammerten alles Material aus Karls frühen Jahren ganz bewusst aus (die frühesten Briefe des Kaisers, die in ihrer Sammlung enthalten sind, datieren vom Juni 1517) und übersahen viele andere Dokumente, die sich in Privatbesitz befinden. Bergenroth trug Abschriften von vielen – aber keineswegs von allen – wichtigen Manuskripten zusammen, die mit Karl zu tun haben. Checa Cremades und sein Team ließen ein Teilinventar von Karls erster Reise aus den Niederlanden nach Spanien im Jahr 1517 unberücksichtigt.13 Und in den Registereinträgen zu den Descargos de Carlos V fehlen jegliche Angaben zu den betreffenden Dokumenten; ohnehin berücksichtigt der Bestand ausschließlich Karls Schuldner in Kastilien, nicht jedoch an anderen Orten.

II. Ego-Dokumente Im Jahr 1958 prägte der niederländische Historiker Jacob Presser den Begriff »Ego-Dokumente«, um damit »all jene historischen Quellen zu bezeichnen, deren Nutzer mit einem ›ich‹ – oder gelegentlich (etwa bei Cäsar oder Henry Adams) mit einem ›er‹ – konfrontiert wird, das in diesen Texten kontinuierlich als schreibendes und beschreibendes Subjekt gegenwärtig ist«.14 In der Folge hat die Geschichtswissenschaft, insbesondere im Bereich der europäischen Frühen Neuzeit, wichtige methodologische Bemühungen unternommen, um mit den Problemen fertigzuwerden, die derartige Dokumente unweigerlich aufwerfen – etwa der Frage, wie mit Erinnerungen umgegangen wird, die so schmerzlich oder peinlich sind, dass die Verfasserinnen und Verfasser sie entweder gar nicht berichteten oder sie – bewusst oder unbewusst – beim Niederschreiben redigierten. Zwar scheint keiner von Karls Zeitgenossen die Gespräche des Kaisers bei Tisch festgehalten zu haben (wie man es etwa bei seinem Bruder Ferdinand oder bei Martin Luther tat); aber immerhin verfasste Karl eine Autobiografie, hielt politische Grundsatzreden auf der Grundlage eigenhändiger Notizen, die erhalten geblieben sind, und verfasste zahllose Instruktionen, Positionspapiere und Briefe, in denen er sein Innerstes nach außen kehrte. Um noch einmal Federico Chabod zu zitieren: »Vermutlich hat uns kein anderer Herrscher in der Geschichte so viele eigenhändig verfasste Schriftstücke hinterlassen wie Karl V.«15

1. AUTOBIOGRAFIEN Auf seiner Fahrt den Rhein hinauf verfasste Karl 1550 – mit der Unterstützung seines Hofmeisters Guillaume van Male – »Memoiren« in der dritten Person, die sein öffentliches Wirken und Auftreten in den Jahren zwischen 1515 und 1548 abdecken (siehe Anhang I). Auch zwei Angehörige von Karls innerstem Kreis verfassten Lebenserinnerungen, in denen der

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Kaiser eine gewisse Rolle spielt: Sein Großvater, Kaiser Maximilian, führte Regie bei der Erstellung einer illustrierten Autobiografie in vier Teilen: Theuerdank (1505–1516), Der Weißkunig (1510–1517), Freydal (1512–1516) und Historia Friderici III et Maximiliani I (1515/16). Sonderausgaben aller vier Teile machte er seinem Enkel Karl zum Geschenk (siehe Kapitel 2).16 Kurz bevor er im Juli 1529 mit dem Kaiser von Barcelona nach Italien segelte, verfasste auch Karls Großkanzler Mercurino Arborio de Gattinara eine Autobiografie – ebenfalls in der dritten Person. Carlos Bornate hat 1915 dieses Dokument publiziert, dessen lateinischer Text in Gattinaras eigentümlicher, sauberer Handschrift ursprünglich 47 großformatige Folioseiten ausfüllte, versehen mit vielfachen Korrekturen, und er hat der Edition zum besseren Verständnis einige Denkschriften und Briefe beigegeben (Bornate, »Historia«). Fast ein ganzes Jahrhundert später hat Rebecca Ard Boone im Anhang ihrer Studie über den Großkanzler eine englische Übersetzung von dessen Autobiografie publiziert, die auch viele (aber nicht alle) von Gattinaras gelehrten Anmerkungen enthält (Boone, Mercurino). Wie schon Bornate voll Bitterkeit bemerkte, ist »[Gattinaras] Stil wortreich und weitschweifig«, und er »begräbt seine Argumente bisweilen unter endlosen Satzkaskaden und unnötig langen Abschweifungen«, sodass der Leser (mit den Worten Manuel Rivera Rodríguez’) bei der Lektüre von Gattinaras Autobiografie »das Gefühl bekommt, einem Monolog ausgesetzt zu sein«. Dennoch enthält dieser Text etliches Material, das nirgendwo sonst zu finden ist.17

2. INSTRUKTIONEN Wie andere Herrscher seiner Zeit auch, so verfasste Karl detaillierte schriftliche Anweisungen, wann immer er jemanden beauftragte, eine komplexe Aufgabe zu übernehmen – ob diplomatischer, militärischer, administrativer oder persönlicher Natur. Manche dieser Instruktionen wurden öffentlich gemacht; andere waren geheim. So setzte Karl etwa vor seiner Abreise aus Spanien im Mai 1543 Dutzende von Dokumenten auf, in denen er seinen Statthaltern für die Zeit seiner Abwesenheit genaue Anweisungen erteilte und diese mit seiner Unterschrift bestätigte. Dazu gehörten auch zwei Sätze von Instruktionen für seinen Sohn Philipp, die Karl eigenhändig niederschrieb und die jeweils mehr als zwanzig Seiten umfassten. In dem zweiten Dokument, das ausschließlich für Philipps Augen bestimmt war, belehrte der Kaiser seinen Sohn nicht nur darüber, wie er in seiner Abwesenheit regieren sollte, sondern wies ihn auch auf die Stärken und Schwächen seiner diversen Ratgeber und Untergebenen hin.18

3. POSITIONSPAPIERE Im Jahr 1551 bemerkte der venezianische Botschafter Mario Cavalli, dass Karl, wenn er vor einer komplizierten Entscheidung stand, vorzugsweise »die Gründe niederschrieb, die dafürsprachen, wie auch jene, die dagegensprachen, um zu erkennen, welche Wahl die vernünftigere sei«. Viele dieser introspektiven »Denkschriften« des Kaisers sind erhalten geblieben, angefangen bei seiner Reflexion über das Dilemma vom Februar 1525, die er mit folgender Begründung versah: weil »ich meine Meinung [die Gründe dafür und dagegen] vertraulich niederschrieben wollte, obwohl sie ja niemand besser kennt als ich«.19 Manche der eigenhändigen Briefe des Kaisers an seinen Bruder dienten einem vergleichbaren Zweck,

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676 Anhänge so etwa der eigenhändige Brief vom Januar 1530 zur »Lage des Reiches«, der vierzehn teils stark überarbeitete Blätter im Folioformat in Anspruch nahm und den Karl ausdrücklich verfasste, damit »es uns als eine Denkschrift dienen kann, wenn wir wieder beisammen sind, und ich werde Euch alles Notwendige zu dem erklären, was ich geschrieben habe«.20

4. REDEN Manch einer hielt Karl für wortkarg – Luther scherzte 1532: »Ich halte, er redet in eim jar nicht ßo viel als ich in einem tage«  –, aber wir wissen heute, dass der Kaiser durchaus auch gesprächig sein konnte. Wir wissen dies vor allem deshalb, weil die zahlreichen Botschafter an seinem Hof festhielten (nicht selten Wort für Wort), was der Kaiser bei seinen Audienzen von sich gab (siehe unten). Außerdem erschienen manche von Karls förmlicheren Ansprachen auch im Druck (so etwa, wenn er in einem seiner Herrschaftsgebiete die Ständeversammlung eröffnete oder wenn er eingehend auf die Kritik antwortete, die bei den Kapitelversammlungen des Ordens vom Goldenen Vlies gegen ihn vorgetragen wurde).21 Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Zeitgenossen Karls öffentlichen Reden, beispielsweise seiner Tirade gegen den Papst und das Kardinalskollegium im April 1536 in Rom, die über eine Stunde dauerte; oder seiner Abdankungsrede vor den Generalstaaten der Niederlande im Oktober 1555 in Brüssel. Und obwohl Karl bei beiden Gelegenheiten auf der Grundlage von Notizen sprach – und nicht einen ausformulierten Redetext vortrug –, berichteten hinterher doch zahlreiche Ohrenzeugen darüber, was der Kaiser (ihrer Meinung nach) gesagt hatte. Am ausführlichsten waren jene Berichte, die von den anwesenden Botschaftern an die Regierungen ihrer Herkunftsländer gesandt wurde). Da die Botschafter bei solchen Gelegenheiten zudem buchstäblich »in der ersten Reihe saßen«, ist auch davon auszugehen, dass sie tatsächlich alles Entscheidende gehört und gesehen hatten.22 Andere hatten weniger Glück – und vermutlich ist der Bericht eines spanischen Augenzeugen von Karls Abdankung hierfür typisch: »Von dem, was geschehen ist, kann ich lediglich berichten, was ich gesehen habe, denn es waren so viele Menschen zugegen, dass man nichts hören konnte.« Irgendwo weit hinten im Saal machten dennoch einige der Anwesenden Notizen, die später allen Umständen zum Trotz auch publiziert wurden.23 Ein solcher Zeuge war der Holländer Pontus Heuterus (Pontus de Huyter): Im Jahr 1598 druckte er in seinem Werk Über die Niederlande und Österreich eine (lateinische) Version der Rede, die Kaiser Karl 43 Jahre zuvor in Brüssel gehalten hatte. Seine Fassung weicht jedoch ganz entscheidend von der detailliertesten erhaltenen Version ab, die vermutlich von Antoine Perrenot auf Grundlage von Karls eigenen Notizen erstellt und unter dem folgenden Titel veröffentlicht wurde: Receuil [sic] de ce que l’empereur dit de bouche aux estatz generaulx de pardeça le xxve d’octobre 1555 … noté par quelque bon personnaige estant à ladicte assamblée.24 Bedauerlicherweise beruht die bekannteste Fassung – die von Prudencio de Sandoval im letzten Band seiner Historia von 1606 überliefert wird – nicht auf jenem Receuil, sondern auf der Heuterus-Fassung. Und deshalb unterlaufen auch all jenen, die sich auf Sandoval verlassen (wie etwa Fernández Álvarez, Carlos V: el César, S. 782–788), dieselben Fehler, die schon Heuterus unterlaufen sind. Um nur ein einziges Beispiel zu nennen: Heuterus, Sandoval und Fernández Álvarez behaupten allesamt, Karl hätte bei seiner Abdankung gesagt: »Meine innig geliebte Mutter, die kürzlich verstorben ist, war nach dem Tod meines Vaters ganz von Sinnen, sodass sie niemals imstande war, die Regierungsgeschäfte zu führen« – eine ganz

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außerordentliche Aussage. Glaubt man jedoch dem Receuil, so sprach der Kaiser lediglich davon (was auch wesentlich plausibler wäre), dass er 1517 nach Spanien gereist sei, »um der Königin, seiner Mutter, (die kürzlich verstorben ist) in ihrer Unpässlichkeit beizustehen«.

5. BRIEFE Im Jahr 1892, da hatte er schon zehn Jahre lang an seiner Geschichte der Regierungszeit Karls V. gearbeitet, schrieb Hermann Baumgarten: »... das allerwichtigste ist die Herausgabe der vollständigen Korrespondenz Karls V.« – aber Briefe sind nicht gleich Briefe. Lyndal Roper hat in ihrer bewundernswerten Studie über die Korrespondenz Martin Luthers (die in gedruckter Form achtzehn Bände füllt) darauf hingewiesen, dass Briefe im 16. Jahrhundert »in etwa so genutzt wurden wie E-Mails heute: Man leitete sie bereitwillig weiter, und sie genossen sozusagen halböffentlichen Status.« Und wie auch Luther hatte Karl zumindest bei manchen seiner Briefe die Möglichkeit einer Veröffentlichung schon beim Schreiben im Sinn  – so etwa, wenn er 1528 den französischen König Franz I. zum Duell herausforderte. Von den sonstigen Briefen des Kaisers waren viele chiffriert, damit niemand außer dem eigentlichen Adressaten sie lesen konnte; wieder andere Briefe schrieb Karl eigenhändig, ja manchmal versiegelte und adressierte er sie sogar selbst – alles ganz ausdrücklich, damit selbst seine Minister nicht erführen, was er geschrieben hatte.25 Viele Briefe sind in mehreren Abschriften überliefert, aber auch diese sind nicht alle gleich: Sekretäre fassten eingehende Briefe und andere Schriftstücke nicht selten zusammen und lasen diese Zusammenfassungen dann dem Kaiser vor, wobei sie an den Seitenrändern in Notizen festhielten, wie der Kaiser in den dort angesprochenen Punkten jeweils weiter zu verfahren wünschte. Anschließend setzten sie einen Brief als Antwortschreiben auf. Diese Entwürfe überarbeitete der Kaiser dann unter Umständen noch (oft durch mündlich geäußerte Änderungswünsche, während ihm der Entwurf noch einmal vorgelesen wurde). Mit Blick auf den Entscheidungsfindungsprozess des Kaisers liefern die kommentierten Zusammenfassungen und Briefentwürfe daher oft mehr Belegmaterial als seine bloße Korrespondenz. In einem halben Dutzend verschiedener Archive und Bibliotheken lagern fast 100 000 Briefe, die Karl mit seinen Geschwistern Ferdinand und Maria wechselte. Marias Korrespondenz bis zum Jahr 1533 ist bereits in einer modernen Edition erschienen; weitere Bände sollen folgen. Die Korrespondenz Ferdinands mit seinen Familienangehörigen – darunter Karl – ist in bislang fünf Bänden mit insgesamt 1536 Briefen veröffentlicht worden. Der vorerst letzte Band enthält neben deutsch- und englischsprachigen Regesten der Briefe auch eine Einleitung in beiden Sprachen. Zwar sollen noch weitere Bände erscheinen, doch hat der Hauptherausgeber der Familienkorrespondenz, Christopher Laferl, bereits gewarnt, dass in dieser Reihe, deren erster Band schon 1912 erschien, bislang nur rund ein Viertel der erhaltenen Briefe publiziert worden ist: »Um 7800 Briefe bei dem jetzigen Editionstempo, d. h. circa 14 Briefe pro Jahr, zu bearbeiten, würden dafür noch ungefähr 558 Jahre benötigt werden.« Woraus er mit grimmigem Humor schlussfolgerte: »Die Familienkorrespondenz Ferdinands I. könnte dann endlich im Jahr 2558, rechtzeitig zum Tausendjahrgedenken des Todes Karls V., abgeschlossen werden.«26 Auch mit seiner Frau wechselte Karl vertrauliche Briefe, von denen sich aus seiner Feder aber wohl keine erhalten haben. Aus den 114 Briefen der Kaiserin an ihren Mann, die

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678 Anhänge zwischen 1528 und 1538 entstanden sind und im Druck vorliegen, spricht nur sehr wenig Zuneigung und eheliche Intimität, auch wenn darin immer wieder auf andere persönliche Schreiben angespielt wird, die jedoch nicht überliefert sind.27 Zwei von Karls erhaltenen Briefen aus dem Jahr 1536 an Ursolina de la Penna, die ihm vierzehn Jahre zuvor eine Tochter geboren hatte, waren fraglos persönlicher Natur, allerdings betrafen sie »unsere Tochter Tadea« und waren in französischer Sprache von einem kaiserlichen Sekretär verfasst worden. In dem einen enthaltenen italienischen Satz wurde die Adressatin aufgefordert, mit dem Schreiben zum örtlichen Priester zu gehen, »solltet Ihr nicht verstehen, was ich Euch geschrieben habe«. Karl selbst fügte dem Schreiben nur seine Signatur hinzu.28 So etwas wie den leidenschaftlichen Liebesbrief, den der Pfalzgraf Friedrich 1517 Karls Schwester Eleonore (»Ma Mignonne«) geschrieben hatte, sucht man in der Korrespondenz des Kaisers vergeblich. (Auch Friedrichs Brief hat nur deshalb die Zeitläufte überdauert, weil Karl ihn an sich riss, las und anschließend nach Spanien mitnahm, um ihn im Archiv von Simancas zu deponieren.)29 Eine ähnliche Leidenschaftslosigkeit lässt sich für die Korrespondenz Karls mit seinem Sohn und Erben feststellen: Von den 500 erhaltenen Briefen, die Karl zwischen 1543 und 1558 an Philipp schrieb – und denen er oft eigenhändige Nachschriften anfügte –, strahlt kein einziger väterliche Wärme aus. Karl war zweifellos imstande, seinen Kindern gegenüber auch private Probleme anzusprechen – so etwa im Austausch mit seiner Tochter Margarita. Aber seine sechzig Briefe an sie gingen verloren, als Soldaten der deutschen Wehrmacht im Jahr 1943 einen großen Teil der Bestände im Staatsarchiv von Neapel vernichteten. Nun sehr wenige dieser Briefe waren zuvor schon im Druck erschienen.30 Im Gegensatz dazu haben persönliche Briefe, die Karl mit anderen Mitgliedern seines engsten Kreises austauschte, durchaus überlebt: Sowohl von Höfler als auch Gachard haben die Korrespondenz publiziert, die Adrian von Utrecht (beziehungsweise Papst Hadrian VI.) zwischen 1516 und 1523 mit seinem illustren früheren Schüler führte. Aude Viaud hat 45 Briefe publiziert, die Karls jüngste Schwester Catalina ihm zwischen 1528 und 1532 geschrieben hat (und der Sammlung gleich noch eine hervorragende Einleitung beigegeben, die unterstreicht, wie wichtig derartige Briefwechsel für den Familienzusammenhalt im Haus Habsburg waren).31 1530 entsandte Karl seinen Beichtvater García de Loaysa y Medoza als Sondergesandten nach Rom, und über die folgenden drei Jahre hinweg bombardierte Loaysa den Kaiser geradezu mit Briefen, in denen er ihm Unmengen an vertraulichen Ratschlägen erteilte, die sich nicht selten auf ebenso vertrauliche Angelegenheiten bezogen, über die die beiden Männer in den 1520er-Jahren miteinander gesprochen hatten. Zwei Ausgaben von Loaysas Briefen an Karl erschienen beinahe gleichzeitig, aber die Entwürfe zu einigen Antworten Karls (in AGS E 1558/56–96) sind bis heute noch nicht publiziert (von englischen Regesten in CSPSp, IV/2 einmal abgesehen).32 Obwohl der Mönch Pedro de Soto den Kaiser dann von 1542 bis 1548 als dessen Beichtvater begleitete, wissen wir diesmal nur von seiner Rolle bei den Friedensverhandlungen mit Frankreich und als Kriegstreiber gegen die deutschen Lutheraner.33 Von Pedros Nachfolger als kaiserlichem Beichtvater in den Jahren 1548–50, Domingo de Soto, sind sehr viel mehr Briefe überliefert, und in Beltrán de Heredías Biografie des Dominikaners sind sie auch mitsamt einem hilfreichen Kommentar abgedruckt. Diese Dokumente sind nicht zuletzt deshalb aufschlussreich, weil (wie Soto in einem seiner Briefe an Karl behauptete) »niemand die Christenseele Eurer Majestät so gut kennt wie ich«.34 Zu den weiteren erhaltenen Briefbeständen, aus denen persönliche Details von Karls Biografie ersichtlich werden, gehören etwa die zwischen seiner Tante Margarete und seinem

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Großvater Maximilian in den Jahren 1506–1519 gewechselten Briefe (siehe auch weiter unten S. 690–691), medizinische Berichte seiner Leibärzte (Fernando de Escoriazas spanische Briefe an die Kaiserin aus den Jahren 1530–1532, Cornelis van Baersdorps französische Briefe an Maria von Ungarn aus den Jahren 1548–1552, Henri Mathys’ Briefe auf Latein und in gebrochenem Spanisch an Juan Vázquez de Molina aus den Jahren 1556–1558) sowie 34 »vertrauliche Briefe« in lateinischer Sprache, die Karls Kammerherr Guillaume van Male in den Jahren 1550–1553 an einen Kollegen schrieb.35 Francisco de Borja, einer der engsten Ratgeber des Kaisers und späterer Jesuit, teilte Pedro de Ribadeneyra den Inhalt seiner Gespräche mit Karl im Kloster von Yuste mit, und Ribadeneyra verwendete sie später in seiner Vita des später heiliggesprochenen Jesuitengenerals (eine Darstellung, die Sandoval übernahm und noch ausschmückte).36

III. Verwaltungsarchive Zum Zeitpunkt seiner Abdankung bestand in jedem von Karls Herrschaftsgebieten ein zentrales Archiv. Außerdem erwarben auch diverse Bibliotheken Teilbestände aus Karls Verwaltungsarchiven, die oft zusammen mit anderen Unterlagen abgelegt wurden. Die folgenden, nach Ländern gruppierten Bestände sind für die Beschäftigung mit dem Leben Karls V. die wichtigsten:

1. ÖSTERREICH (a) Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien (HHSta) Das HHSta, heute eine Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs, bewahrt (wie sein Name schon vermuten lässt) Dokumente auf, die mit den österreichischen Herrscherhäusern, ihrer Hofhaltung und ihren Regierungsgeschäften zusammenhängen; dazu kommen Sammlungen zu anderen Territorien, die unter habsburgischer Herrschaft standen. Ein E-Guide zu den Beständen ist in Arbeit unter http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1. Mit Blick auf die Biografie Karls V. sind vier Bestandsgruppen von besonderem Interesse: −− Habsburgisch-Lothringische Hausarchive: Hausarchiv, Familienkorrespondenz, darin vier Kästen mit Karls Korrespondenz der Jahre 1534–1555. −− Länderabteilungen: Belgien-Niederländisches Departement, darin die umfangreiche Verwaltungskorrespondenz sowohl Karls als auch Marias (ein großer Teil dieser Bestände wurde im 18. Jahrhundert aus Brüssel nach Wien geholt); siehe Belgien PA, Belgien PC sowie Belgien DD-B. Rab, »Stückverzeichnis« (neun Teile) liefert grundlegende Informationen zu 7165 Dokumenten in der Serie Belgien PA 1–PA 35/1 (Briefe der Jahre 1480–1542). −− Diplomatie und Außenpolitik vor 1848, Staatenabteilung Großbritannien (England), Diplomatische Korrespondenz 1–17, enthält Karls Korrespondenz mit seinen Statthaltern in den Niederlanden und seinen Botschaftern in England zwischen 1505 und 1555. Englischsprachige Regesten zahlreicher Dokumente aus dieser Abteilung sind in CSPSp

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680 Anhänge publiziert worden. Leider entsprechen die dort angegebenen Signaturen nicht mehr dem heute im HHStA verwendeten Ordnungssystem. Zum Beispiel findet sich Karls Brief an den Botschafter Eustache Chapuys vom 14. März 1542, dessen Inhalt in CSPSp VI/1, S. 480–483 zusammengefasst wird und der dort die Signatur Länderabteilungen Belgien PC, Faszikel 233, Blätter 9–18 trägt, heute unter Staatenabteilung England, Diplomatische Korrespondenz, Faszikel 9, Blätter 3–7.37 −− Handschriftensammlung: Handschriften Blau 595 und 596/1–2, enthaltend drei Register mit Kopien von Karls Briefen an seinen Bruder Ferdinand (1524–48, 1548–51 beziehungsweise 1551–58). In den 1930er-Jahren veröffentlichten Karl Brandi und seine Mitarbeiter eine Art Leitfaden zu den relevanten Beständen des HHStA, der unter dem Titel »Die Überlieferung der Akten Karls V. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien« in dem Band Berichte und Studien zur Geschichte Karls V. [B&S] erschien und in vier Teile gegliedert ist: I. »Die Burgundische Kanzlei« (Karls Korrespondenz mit seiner Tante Margarete und seiner Schwester Maria: B&S, IV, S. 241–277); II. und III. »Die Kabinettskanzlei des Kaisers« (Korrespondenz mit den österreichischen Erblanden und auswärtigen Mächten: B&S, V, S. 18–51 und VII, S. 229–259); IV. »Die deutsche Reichskanzlei Karls V.« und »Die österreichische Kanzlei« (B&S, XI, S. 513– 578). Seit den Tagen Brandis hat das HHStA viele Signaturen verändert, was die Verwendung seiner Listen erschwert; aber für einen Überblick über das Vorhandene taugen sie noch immer. Voltes Bou, Documentos, liefert in chronologischer Abfolge kurze Beschreibungen von Dokumenten im HHStA, die Spanien betreffen. Karl Lanz, Monumenta Habsburgica, Bd. I, versprach eine vollständige Edition von Karls Briefen und Staatspapieren im Bestand des HHStA, aber leider sollte dieser erste Band (der 170 Dokumente enthält) auch der letzte bleiben: Aktenstücke und Briefe zur Geschichte Kaiser Karls V. (1513–1521).38 Die Briefsammlung zu Karl V. an der Universität Konstanz enthält Fotokopien der meisten Briefe an den oder von dem Kaiser, die im HHStA aufbewahrt werden (siehe oben); und von Bucholtz, Geschichte der Regierung Ferdinand des Ersten, Bd. IX, »Urkunden-Band«, bringt Auszüge aus zahlreichen Dokumenten (darunter auch viele Briefe, die Ferdinand und sein Bruder wechselten), die in den vorangegangenen Bänden zitiert wurden. Dieser Urkunden-Band kann online eingesehen werden unter: http://reader. digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10015425.html

(b) Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) In den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek finden sich zahlreiche Stücke, die einmal Karl V. gehört haben oder in einem sonstigen Bezug zu ihm standen. Ich nenne nur vier Beispiele zusammen mit ihrer Provenienz: −− Codex 1859: Dieses mit 76 Miniaturen ausgestattete Stundenbuch in lateinischer und französischer Sprache erhielt Karl als Geschenk von seiner Tante Margarete (aus dem Jesuitenkolleg in Wiener Neustadt; die Jesuiten hatten es von Erzherzog Leopold Wilhelm, dem Statthalter der habsburgischen Niederlande, erhalten):39 −− https://search.onb.ac.at/primo-explore/fulldisplay?docid=ONB_alma21295847820003338&context=L&vid=ONB&lang=de_DE −− Codex 2591: Das illustrierte Originalmanuskript der »Solemnelle entrée faicte sur l’advenement de Charles Archidux d’Autriche en Bruges, 1515« von Remy du Puys ist

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1619 aus dem Erbe des Kaisers Matthias (eines Großneffen Karls V.) in die Bibliothek gekommen: http://data.onb.ac.at/rec/AC13947423 −− Codex Vindobonensis Palatinus 9363: Diese Sammlung enthält lateinische Dokumente aus der Reichskanzlei, die sich mit der Gefangenschaft Johann Friedrichs von Sachsen und des hessischen Landgrafen Philipp in den Jahren 1547–1552 befassen. Eine detaillierte Darstellung findet sich unter http://www.vhmml.us/research2014/catalog/detail. asp?MSID=19262. −− Codex Vindobonensis S. N. 1600: Der Band vereint die Cartas de relación, die Karl aus Mexiko von Hernán Cortés erhielt, mit vielen weiteren wichtigen Dokumenten über die Amerikas aus den 1520er-Jahren, die an König Ferdinand gingen. Siehe die Faksimile-Ausgabe: Cartas de Relación de la Nueva España, hg. v. C. Gibson (Graz 1960).

2. BELGIEN Karl verbrachte beinahe die Hälfte seines Lebens auf dem Gebiet des heutigen Belgiens und unternahm mehrere Anläufe, um die dortige Zentralregierung zu straffen und zu stärken (vor allem durch die Schaffung der drei neuen Ratsgremien im Jahr 1531 sowie eines eigenen »deutschen« Staatssekretariats im Jahr 1548). Einige Archive sind in Kriegen und bei Bränden verloren gegangen: Das Archiv des Rates von Brabant wurde während der Bombardierung von Brüssel durch französische Truppen im Jahr 1695 ein Raub der Flammen; ein Brand im königlichen Palast zerstörte 1731 beinahe das gesamte Archiv des Finanzrats. Andere Archive befanden sich an Orten, die nicht im heutigen Belgien liegen (insbesondere ADN Chambre des Comptes in Lille, heute in Frankreich), oder wurden nach Wien verbracht, als die habsburgische Herrschaft in den Niederlanden im 18. Jahrhundert abrupt zu Ende ging. Nach der belgischen Unabhängigkeit 1830 bemühte sich die belgische Regierung darum, »abgängige« Dokumente wieder ins Land zu holen (vor allem diejenigen, die nach Wien gebracht worden waren), und förderte die Veröffentlichung derjenigen Quellenbestände, die sich noch im Land befanden. Auch wurden Finanzmittel bereitgestellt, damit belgische Archivare Auslandsreisen unternehmen konnten, um relevante Quellen aufzuspüren und zu transkribieren. Die Ergebnisse dieser Recherchen wurden ebenfalls publiziert (als ein Beispiel wären die Werke L. P. Gachards zu nennen, die in der Bibliografie des vorliegenden Bandes aufgeführt sind).

(i) Brüssel (a) Archives Générales du Royaume / Algemene Rijksarchief, Brüssel (AGRB) −− Chambre des Comptes / Rekenkamer: Im burgundischen Staat war die Rechnungsprüfung der diversen Amtsträger dezentral organisiert. Die Brüsseler Rechnungskammer war folglich nur für bestimmte Mitglieder der Zentralregierung zuständig (die Unterlagen zu den restlichen befinden sich in ADN, siehe unten), außerdem für die Amtsträger des Herzogtums Brabant sowie einige aus der Grafschaft Flandern; Details bei Janssens, »Fuentes flamencas«, S. 200. −− Collection Gachard / Collectie Gachard: Louis Prosper Gachard (1800–1885) wurde 1822 Archivar und war von 1831 bis zu seinem Tod als Leiter des AGRB tätig. Über die Jahre unternahm er zahlreiche Archivreisen in das europäische Ausland, forschte dort

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682 Anhänge nach Dokumenten, die für die belgische Geschichte von Bedeutung waren, edierte und publizierte diese Quellen. Im Jahr 1842 titulierte ihn ein belgischer Kollege als »den Kaiser der Archive« – was wohl nur leicht übertrieben war (und vielleicht mit einer Prise Neid gewürzt).40 Zwar brachte Gachard im Laufe seines langen Lebens Tausende Seiten Quellenmaterial bis zur Druckreife (siehe die Bibliografie des vorliegenden Bandes); aber in seinem schriftlichen Nachlass finden sich dennoch Notizen, Regesten und unveröffentlichte Transkriptionen aus zahlreichen weiteren Manuskripten, von denen manche inzwischen verloren sind (so enthalten etwa die Nummern AGRB Collectie Gachard 565, 569 und 572 seine Notizen zu Dokumenten mit Belgienbezug im AS Neapel; die Originale sind 1943 zerstört worden). Außerdem findet sich in der Sammlung Material, das Gachard für seine Veröffentlichungen zusammengetragen hat (z. B. AGRB Collectie Gachard 628–637 mit Material für seine geplante Biografie Karls V.).41 Wellens, Inventaire, liefert einen Leitfaden zur Sammlung Gachard; siehe die Nummern 467–840 mit Material zum Leben Karls V.42 −− Papiers d’État et d’Audience / Audientië: Dieser umfangreiche Teilbestand enthält Unterlagen sowohl des Staatsrates als auch des Geheimen Rates unter Karl, einschließlich eines großen Teils seiner Korrespondenz mit seiner Tante Margarete und seiner Schwester Maria sowie mit Granvelle, aber auch die Korrespondenz Marias aus ihrer Zeit als Statthalterin der Niederlande; siehe Janssens, »Fuentes flamencas«, S. 204– 205. −− Secrétairerie d’État allemande / Duitse Staatssecretarie: Hier ist ein Großteil von Karls Korrespondenz mit den deutschen Fürsten, Heerführern und Institutionen des Reiches archiviert (vor allem Schriftwechsel mit dem Reichstag und dem Reichskammergericht). In den 1840er-Jahren hat Karl Lanz 1009 Dokumente aus Brüssel in LCK publiziert sowie 100 weitere in Staatspapiere; viele dieser Quellen entstammten dem Bestand der Secrétairerie d’État allemande.43

(b) Bibliothèque Royale de Belgique / Koninklijke Bibliotheek van België, Brüssel (BRB) Die Handschriftensammlung der BRB enthält Stücke aus Karls Bibliothek, die noch aus seiner Zeit als Herzog von Burgund stammen, aber auch zahlreiche spätere Zugänge, so etwa den ältesten persönlichen Brief, der von Karl erhalten ist: ein eigenhändiges Schreiben an seinen Vertrauten Graf Heinrich von Nassau (»mon Henri«) aus dem Jahr 1518 – einer von ganz wenigen Briefen, in denen Karl sich zu seinem Liebesleben äußert (Abb. 8). Dieses Dokument erwarb die BRB 1892 bei einer Auktion als Bestandteil der Autografensammlung, die Johannes van Vollenhove zusammengetragen hatte, der Hauskaplan des Statthalter-Königs Wilhelm III. der Niederlande (und dieser hatte das Archiv von »mon Henri« geerbt).44 Van den Gheyn, Catalogue, VII, S. 278–290 und 418–432, beschreibt Dokumente aus dieser Sammlung, die mit Karl zu tun haben, doch sind seit der Veröffentlichung jenes Katalogs mehrere davon in das AGRB gewandert: so zum Beispiel BRB Ms. 16068–72, »Recueil de documents relatifs à Marguerite d’Autriche 1515–1530« (van den Gheyn, VII, S. 430–432), das nun als AGRB Audience 41bis geführt wird.

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(ii) Mons Archives de l’État, Mons Charles de Croÿ, Fürst von Chimay (1455–1527), war einer von Karls Taufpaten und sein erster Kammerherr. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts befanden sich im Archiv seiner Nachfahren auf Schloss Beaumont im Hennegau noch immer einige Dokumente, die einen Bezug zum Kaiser aufwiesen. 1838 veröffentlichte Émile Gachet ein knappes Inventar der Sammlung, und sieben Jahre später legte Louis Prosper Gachard eine detailliertere Beschreibung des Bestandes vor. Beide verzeichnen ein »Registre tenu par le seigneur de Boussu des somes reçues et payées par lui, par le commandement de l’Empereur«, das vom 1. Januar 1530 bis zum 31. Januar 1532 geführt wurde. Karl prüfte dieses Rechnungsbuch des Herrn von Boussu am Ende eines jeden Monats und zeichnete es ab.45 Einige der Unterlagen, die früher auf Schloss Beaumont verwahrt wurden, befinden sich heute im Staatsarchiv von Mons, Dossier famille de Caraman-Chimay. Dazu existiert ein Inventar von P.-J. Niebes, Inventaire des archives de Chimay. Château de Beaumont (2013, online verfügbar), in dem die von Gachet aufgeführten Bestände mit ihren heutigen Signaturen im Archiv von Mons verknüpft werden. Leider befindet sich das oben genannte »Registre« nicht darunter. Das Schloss Beaumont wurde 1931 verkauft, und ein Teil seines Archivs wurde nach diesem Zeitpunkt veräußert – jedoch vor 1986, denn in diesem Jahr erwarb das AGRB den Rest: Auch damals fehlte das »Registre« schon. Vermutlich befindet es sich inzwischen als besonderes Prunkstück in irgendeiner Privatbibliothek; ich habe es leider nicht aufspüren können. Doch was ist mit Karls persönlichen Ausgaben in anderen Jahren? Es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass ausschließlich für die Jahre 1530–1532 ein solches Register geführt worden sein soll. Allerdings erwähnen weder Gachet noch Gachard irgendwelche ähnlichen Aufstellungen aus der Zeit vor 1530 oder nach 1532, und somit fallen sie wohl unter die quälende Kategorie der »unbekannten Unbekannten« (siehe unten).46

3. DEUTSCHLAND Die Website http://www.manuscripta-mediaevalia.de enthält Einträge zu 90 000 Handschriften in deutschen Bibliotheken, von denen etliche bereits digitalisiert worden sind. Wenn man in das Suchfeld »Personenname« den Terminus »Kaiser Karl V.« eingibt, erhält man 187 Treffer. Zwischen 1873 und 1896 sind unter der Herausgeberschaft August von Druffels vier Bände Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts … Beiträge zur Reichsgeschichte 1564–1555 erschienen (den vierten Band hat Karl Brandi vollendet). Die Bände enthalten (mitunter sehr ausführliche) Exzerpte aus Dokumenten der wichtigsten deutschen Archive, ergänzt durch Quellen aus den Beständen von HHStA und AGS. Der inhaltliche Fokus liegt auf den Beziehungen zwischen Karl V. und seinen deutschen Untertanen während des letzten Jahrzehnts seiner Regierung. Siehe auch den Abschnitt zu den Deutschen Reichstagsakten weiter unten.

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684 Anhänge 4. ITALIEN (i) Mailand und Neapel Die für Karls wichtige Herrschaftsgebiete in Ober- und Unteritalien maßgeblichen Archivbestände sind größtenteils 1943 zerstört worden: Im August jenes Jahres vernichteten britische Luftangriffe weite Teile der Bestände im AS Mailand; im September setzten deutsche Truppen die wichtigsten Bestände im AS Neapel in Brand (darunter dessen umfangreiche Sammlung von Dokumenten zur Geschichte der Farnese, die im 18. Jahrhundert aus Parma nach Neapel gebracht worden war). Einige wichtige Teilbestände sind erhalten geblieben (so etwa AS Mailand Autografi, Mappen 220–230, in denen zahlreiche Briefe an den Statthalter von Mailand aufbewahrt werden); und Kopien mancher Dokumente, die 1943 zerstört wurden, sind an anderen Orten erhalten, darunter die Korrespondenz des Mailänder Statthalters Vasto mit Karl in den Jahren 1540–1542 (S. 687) und Gachards Notizen aus dem AS Neapel (S. 681–682). Andere Quellen sind schon vorher publiziert worden. Beispielsweise zitiert Chabod, Lo stato, ganz ausgiebig aus den Beständen von AS Mailand; und in CSP Milan, S. 381–588, finden sich englische Zusammenfassungen von Dokumenten aus Karls Regierungszeit aus denselben Beständen.47 Gachard, Carte Farnesiane, hat aus dem AS Neapel zwei eigenhändige Briefe Karls an seine Tochter Margarita über deren Eheprobleme publiziert; und die NBD enthalten Auszüge aus Briefen desselben Bestandes, die von päpstlichen Nuntien am Kaiserhof an den Kardinal Farnese gesandt wurden, der von 1538 bis 1549 als »Chefdiplomat« des Heiligen Stuhls amtierte. Dennoch gilt: Die meisten Dokumente aus den 1943 zerstörten Archiven sind unwiederbringlich verloren.

(ii) Parma Durch alliierte Luftangriffe wurde 1944 der Palazzo della Pilotta, in dem das Archivio di Stato von Parma (ASP) untergebracht ist, schwer beschädigt. In den Jahren darauf haben die Archivare ihr Bestes gegeben, um die geretteten Dokumente so weit wie möglich zu rekonstruieren. Erhalten ist etwa die offizielle Korrespondenz der Herzöge Pier Luigi und Ottavio Farnese, in den Beständen Carteggio Farnesiano interno (chronologisch geordnet) beziehungsweise Carteggio Farnesiano estero (chronologisch nach Provenienzen geordnet: »Genova«, »Roma«, »Spagna« usw.), und ebenso der Briefverkehr ihres Erzfeindes Ferrante Gonzaga, des kaiserlichen Höflings und Heerführers, Vizekönigs von Sizilien und Statthalters von Mailand, in ASP Archivi di Famiglie: Gonzaga di Guastalla und ASP Racolta Ronchini.

5. MEXIKO Archivo General de la Nación, Mexico D. F. (AGNM) Die ersten vier Register des Bestandes AGNM Libros de Mercedes (unter dem angemessenen Titel Libros de Gobierno), ergänzt durch drei Bände in anderen Sammlungen, enthalten in chronologischer Folge viele Anordnungen (mandamientos) der zwei von Karl ernannten Vizekönige von Neuspanien: Antonio de Mendoza (1535–1550) und Luis de Velasco (1550–1564). In den Worten von Peter Gerhard, der die vier Bände für die Jahre 1548 bis 1553 analysierte und einen Index dazu erstellte: »Wir haben hier ein tageweises Verzeichnis aller Geschäftsvorgänge am vizeköniglichen Hof in Mexiko während einer Periode von übergreifender Bedeutung unter Beteiligung von Menschen aller sozialen Schichten und aller Regionen.«48 Für

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keinen anderen Teil von Karls Reich ist etwas Vergleichbares überliefert, was die Bedeutung dieser Bände noch vergrößert. Hier folgt die vollständige Reihe in chronologischer Ordnung: * AGNM Civil 1271: Abschriften von 92 Anordnungen, erlassen Dezember 1537 bis September 1538 und März 1550.49 * AGNM Mercedes I: Abschriften von fast 500 Anordnungen, erlassen März bis Oktober 1542. * AGNM Mercedes II: Abschriften von mehr als 750 Anordnungen, erlassen Januar 1543 bis April 1544. * AGNM Mercedes III: Abschriften von fast 800 Anordnungen, erlassen März 1550 bis Mai 1551. * Library of Congress, Washington (D. C.), Kraus Ms. 140: Abschriften von etwa 800 Anordnungen, erlassen November 1550 bis Mai 1552. * Newberry Library Chicago, Ayer Ms. 1121: Abschriften von etwa 800 Anordnungen, erlassen Mai 1552 bis Dezember 1553. * AGNM Mercedes IV: Abschriften von über 200 Anordnungen, erlassen März 1554 bis September 1556. Einige Anordnungen zitieren den Text des königlichen Befehls, der zur Umsetzung aufforderte, und mehr solcher Befehle wurden abschriftlich in AGNM Cédulas reales duplicadas I aufgenommen mit einer Laufzeit von April 1548 bis November 1566. AGNM Hospital de Jesús umfasst das Archiv einer Institution, die Hernán Cortés gegründet hatte und die sowohl seine sterblichen Überreste als auch viele seiner Schriften beherbergt. AGI enthält viele weitere Dokumente, die das Vizekönigtum betreffen (siehe unten). Sembolini Capitani, La construcción, Grafik 3 und Karte 10, verwendet die in den frühen Libros de Gobierno registrierten Anordnungen, um die ständige geografische Ausdehnung der vizeköniglichen Autorität in Neuspanien darzustellen. Martínez, Documentos cortesianos, druckt praktisch alle Cortés betreffenden Dokumente aus der Zeit zwischen 1518 und 1547, die sich gegenwärtig in AGNM und AGI befinden.

6. PERU Das Archivo Arzobispal, Lima, Sección histórica, Papeles importantes, enthält Abschriften von über dreißig Anordnungen, die von Karl für Peru erlassen wurden, aber die Mehrzahl der Dokumente aus seiner Herrschaftszeit, die das Vizekönigtum betreffen, werden in AGI oder der Huntington Library aufbewahrt (siehe unten).

7. SPANIEN Seit 1992 stellt das Portal de Archivos Españoles (PARES) online Tausende von Dokumenten aus der Regierungszeit Karls V. aus diversen spanischen Archiven zur Verfügung, sodass jemand in (zum Beispiel) Columbus, Ohio, sie – ohne Leseausweis und gebührenfrei – ausfindig machen, lesen und drucken kann, und das unabhängig von den Öffnungszeiten der Archive, in denen die Originale lagern.50 Die wichtigsten für uns relevanten Archivbestände sind die folgenden:

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686 Anhänge (i) Simancas (Valladolid) Archivo General de Simancas (AGS) Nach 1540 war Karl bestrebt, die königliche Festung in Simancas zum Aufbewahrungsort für die Dokumente der spanischen Regierung zu machen, die sich damals im acht Kilometer entfernten Valladolid befand. Auch als ihr Sitz sich nach Madrid verlagerte, blieben die Archive in Simancas. Die Hauptbestände mit Material aus Karls Regierungszeit sind: * Consejos y Juntas de Hacienda: Briefe und Dokumente, gerichtet an den König »en manos del secretario de Hacienda«, sowie consultas, die der Rat für Finanzen an Karl schickte, manchmal versehen mit einem königlichen Reskript. Für geprüfte Rechenschaftsberichte derer, die Regierungsgelder auszahlten oder Regierungskredite zur Verfügung stellten, siehe vier weitere AGS-Bestände: Contaduría Mayor de Cuentas, Contaduría del Sueldo, Contadurías Generales und Drección General del Tesoro. * Estado: Dokumente des Staatsrats, geografisch untergliedert nach den einzelnen europäischen Ländern, die vom spanischen König regiert wurden (Aragón, Kastilien, »Flandern«, Mailand, Neapel, Sizilien usw.) bzw. von anderen Herrschern regiert wurden (England, Frankreich, Deutschland, Portugal, Rom, Savoyen usw.), plus »Armadas y Galeras« (über die Mittelmeerflotte) und »Despachos diversos« (beinhaltend Register der ausgehenden Korrespondenz des Staatssekretärs). * Guerra Antigua: Dokumente, mit denen der Kriegsrat befasst war, betreffend die Verteidigung Spaniens zu Land und zur See sowie nordafrikanische Garnisonen. * Junta de Obras y Bosques: 1545 gegründete Junta, die für öffentliche Bauten und Anlagen zuständig war. Ihre Dokumente sind heute aufgeteilt zwischen AGS Casas y Sitios Reales (CSR) und AGPM Sección histórica (siehe unten). AGS CSR enthält auch Rechnungsberichte für die Haushalte von Mitgliedern der Königsfamilie, einschließlich der Register von Philipps Haushalt als Prinz von Asturien ab 1535 (AGS CSR 36). AGS CSR legajos 128–180 enthalten die Descargos de Carlos V: siehe oben. * Patronato Real: Sammlung von 92 legajos, enthaltend Dokumente, denen die Zentralregierung besondere Bedeutung beimaß, z. B. Testamente, Verträge und Instruktionen. Die Sammlung ist komplett online über PARES verfügbar. Viele AGS-Dokumente aus Karls Regierungszeit sind im Druck erschienen. Manuel Danvila y Collado, Historia critica (MDE, XXXV–XL), hat an die 4000 Dokumente aus dem AGS publiziert, die sich auf die Rebellion der Comuneros beziehen; allerdings enthalten die gedruckten Texte viele Transkriptionsfehler (vielleicht weil Danvila mit Abschriften aus dem 19. Jahrhundert arbeitete statt mit den Originalen aus AGS PR).51 Von Höfler, »Zur Kritik und Quellenkunde«, veröffentlichte 750 Dokumente (ganz oder teilweise) aus dem AGS, datierend von 1521; Maurenbrecher, Karl V., druckte fast 100 »Akten aus dem spanischen Staatsarchiv von Simancas«, die des Kaisers Deutschlandpolitik zwischen 1530 und 1555 betrafen; mehr Material wurde publiziert in: von Döllinger, Dokumente, in CODOIN und in CDCV (siehe unten). CSPSp veröffentlichte umfangreiche Zusammenfassungen vieler AGS-Dokumente auf Englisch, wobei der Text jedoch häufig von den Transkriptionen übernommen wurde, die von oder für Gustave Bergenroth gemacht worden waren, und nicht von den Originalen (alle Bände von CSPSp sind über BHO in digitaler Form einsehbar).

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Trotz alledem bleibt die Mehrheit der relevanten Dokumente des AGS weiterhin unveröffentlicht. Laiglesia, Estudios, III, S. 75–82, bietet eine hilfreiche Übersicht über das Material zu Karl in Patronato Real und in den Abschnitten des Estado, für die ein veröffentlichter Katalog existiert, aber es fehlen bei ihm der Bestand Estado K (Dokumente des Staatsrats betreffend Frankreich, die zwischen 1812 und 1941 in den französischen Archives Nationales untergebracht waren) und in Estado die Nummern 8334–8343 (zumeist Dokumente, die im 19. Jahrhundert aus spanischen Archiven gestohlen worden waren und bis 1941 im Besitz von CADMA verblieben: S. 546 unten).52 Hasenclever, »Die Überlieferung«, listete in den 1930er-Jahren alle in diesen Sammlungen enthaltenen Dokumente aus der Regierungszeit Karls V. auf: B&S, X, S. 437–469. Zusätzlich verzeichnete Looz-Corswarem »Die römische Korrespondenz Karls V.« (B&S, XIII, S. 109–190), die sich in den Archiven von Simancas und Madrid (Biblioteca Nacionál, Biblioteca Real, Real Academia de la Historia) befand, geordnet nach Jahren (immer zuerst die Briefe an und dann die Briefe von Karl). Looz-Corswarem, »Die Korrespondenz Karls V. mit Philipp und mit der Regentschaft in Spanien (1539–1556)«, B&S, XV, S. 227–268, schöpfte aus dem AGS, geordnet wiederum nach Jahren (erst die Briefe an Karl, dann die von Karl).

(ii) Madrid (a) Archivo de la Casa de los Duques de Alba (AA) Caja 4 enthält Karls Briefe an den 3. Herzog von Alba aus den 1540er- und 1550er-Jahren sowie dessen Antworten (Letztere veröffentlicht in Berwick y Alba, Epistolario, I). Zwei andere wichtige Bestände von AA sind publiziert worden: die Briefe von Gutierre Gómez de Fuensalida, dem spanischen Botschafter am burgundischen Hof von 1500 bis 1509 (Berwick y Alba, Correspondencia), und der Briefwechsel des Marchese del Vasto, des Statthalters von Mailand, mit dem Kaiser von 1540 bis 1542 (Berwick y Alba, »Correspondencia«; allerdings sei darauf hingewiesen, dass die von Karl an Vasto aus Regensburg und Innsbruck geschriebenen Briefe, die in dem Beitrag auf 1542 datiert werden, tatsächlich 1541 geschrieben worden sind).

(b) Archivo General del Palacio Real, Madrid (AGPM) Sección histórica, Cédulas reales, 1–3, enthalten Registerabschriften aller von der Junta de Obras y Bosques zwischen 1545 und 1556 herausgegebenen Erlasse in chronologischer Reihenfolge.

(c) Biblioteca Nacional de España (BNE) Die Sección de manuscritos ist ein Sammelbestand, der viele wichtige Stücke (darunter auch wieder Sammlungen) von oder über Karl enthält. Zum Beispiel: * Ms. MR43/283 (zuvor Ms. 283), »Descripció de parte de Francia por donde entró el emperador« ist jene große Landkarte, die offensichtlich in Auftrag gegeben wurde, um Karl bei der Vorbereitung seines Einmarsches in Frankreich 1544 zu unterstützen (Abb. 23 in diesem Band). * Ms.917, »Registrum epistolarum Caroli V imperatoris et hispaniae regis et aliorum« enthält Abschriften von 292 Briefen in lateinischer Sprache, die zwischen 1518 und 1523 von der kaiserlichen Kanzlei ausgefertigt wurden.53

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688 Anhänge * Ms. 5578 und 5938 enthalten Vorschläge von Juan Páez de Castro dazu, wie eine Geschichte des Kaisers geschrieben werden könnte. * Ms. 18634/58 ist eine consulta, die Francisco de Los Cobos an Karl schickte, während der sich für die Karwoche 1531 zurückgezogen hatte. Karl antwortete mit dem denkwürdigen Vorwurf: »Man kann nicht beides gleichzeitig: beichten und so viel schreiben.«54 Laiglesia, Estudios, III, S. 87–99, kategorisierte diese und weitere Karl betreffende Manuskripte der BNE unter thematischen Gesichtspunkten (»Alcabalas«, »Alianzas y tratados« usw.). Viele Manuskripte sind digitalisiert worden und können online gelesen werden unter: http://www.bne.es/es/Colecciones/Manuscritos/ 1899 erwarb die BNE die Bibliothek von Pascual de Gayangos, die viele wichtige Manuskripte mit Bezug zu Karl und seiner Entourage enthielt, darunter sieben Bände Korrespondenz, die einmal Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle gehört hatten: jetzt Ms. 20,209– 20,217; viele davon sind digitalisiert und online zugänglich. Roca, Catálogo, beschreibt die Gayangos-Sammlung der BNE, die von Historikern wenig genutzt worden ist.

(d) Biblioteca Real (BR, ehemals Biblioteca del Palacio Real) Laiglesias, Estudios, III, S. 415–416, führt einige Manuskripte der BR auf, die Karl betreffen, bleibt aber wenig detailliert. Auch lässt er die bedeutendste Sammlung aus: den Nachlass von Antoine Perrenot, Kardinal Granvelle, dem leitenden Minister von Karl und Philipp II. Bei seinem Tod 1586 in Madrid hinterließ er ein Archiv, das die Papiere seines Vaters Nicolas Perrenot wie auch seine eigenen enthielt. Heutzutage sind vielleicht 100 000 ihrer erhaltenen Briefe in Archiven von Schweden bis Sizilien und von Österreich bis Amerika verstreut, geschrieben in Hunderten unterschiedlicher Handschriften und in sieben Sprachen (Holländisch, Französisch, Deutsch, Griechisch, Italienisch, Lateinisch und Spanisch). Ein großer Teil von Perrenots Archiv – an die 14 000 Briefe – gelangte 1806 in die Manuskriptsammlung der BR. Diese Briefe liegen nun gebunden in mehr als 100 Bänden vor: II/2188, II/2192–2194, II/2201, II/2203–2204, II/2206, II/2210, II/2248–2325 und II/2549, sowie Teile von II/2229– 2233 und II/2238. Dokumente aus den 1550er-Jahren sind besonders zahlreich und wichtig.55 Zusätzlich enthalten BR Ms. 1960 und 1960bis Schriftstücke La Gascas über die Befriedung von Peru (BR Ms. 409 enthält Abschriften derselben Dokumente).

(e) Real Academia de la Historia (RAH) Laiglesia, Estudios, III, S. 101–413, listet Manuskripte in der RAH auf, die Karl betreffen. Die entsprechende Sammlung – Salazar y Castro – ist chronologisch geordnet. Der durchsuchbare Katalog der Sammlung ist online verfügbar und enthält eine detaillierte Beschreibung jedes Dokuments, geordnet nach Band und Blattangabe. RAH Salazar y Castro A-17 bis A-44 sind besonders wichtig; sie enthalten Karls Briefwechsel mit seinen Amtsträgern in Italien im Zeitraum von 1521 bis 1529 in chronologischer Anordnung. RAH hat auch das Archiv von Lope de Soria erworben, einem von Karls hochrangigen Diplomaten in Italien. Ibarra y Rodríguez und Arsenio de Izaga, »Catálogo«, beschreiben die Sammlung: RAH Ms. 9/1951–1954. Die ersten zwei Bände enthalten fast 100 originale Briefe von Karl an Soria zwischen 1523 und 1538 (bisweilen gibt es Duplikate in Salazar y Castro). Zusätzlich enthält RAH Ms. 9/4817 (ehemals Muñoz A-83) Notizen und Entwürfe zu Briefen

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Karls an den Herzog von Sessa, seinen Botschafter in Rom, 1522–1526, oftmals mit Anmerkungen von Kanzler Gattinara (dem der Band offenbar einmal gehörte): Details in Catálogo de la colección de Don Juan Bautista Muñoz, I (Madrid 1954), S. 205–216. Looz-Corswarem, »Die römische Korrespondenz«, bietet eine nützliche Aufstellung des Briefwechsels zwischen dem Heiligen Stuhl und dem spanischen Königshof, soweit in Simancas und Madrid archiviert (siehe oben).

(iii) El Escorial (Madrid) Real Biblioteca del Monasterio de San Lorenzo de El Escorial (BSLE) Laiglesia, Estudios, III, S. 83–85, merkt an, dass im Katalog der spanischen Manuskripte der Bibliothek 303 Handschriften verzeichnet sind, die Karl betreffen. Viele von ihnen wurden von den königlichen Chronisten Florián de Ocampo, Bernabé de Busto und Juan Páez de Castro zusammengestellt. Außerdem enthält das Pantéon de los Reyes Karls mumifizierte Leiche (für Details siehe Anhang II).

(iv) Sevilla Archivo General de Indias (AGI) Das AGI enthält die große Mehrzahl der Dokumente, mit denen der Indienrat befasst war. Wie beim AGS sind Dokumente, die die Regierung für besonders wichtig erachtete (Verträge, Konzessionen, päpstliche Bullen) in Patronato eingeordnet. Der entwaffnend Indiferente General genannte Bestand enthält viele der vom Rat an den König geschickten consultas. Die Korrespondenz des Rates mit königlichen Beamten und anderen Adressaten in den Amerikas ist geografisch organisiert (AGI México, Perú usw.); Justizangelegenheiten (inklusive jener von der Visita produzierten Schriftstücke, die die Amtstätigkeit von Antonio de Mendoza, dem ersten Vizekönig von Neuspanien, überprüften) befinden sich in AGI Justicia.

(v) Sant Cugat del Vallés Arxiu Nacional de Catalunya (ANC) ANC Fons Arxiu del Palau-Requesens, lligalls/legajos 35–100, enthalten Dokumente von Juan de Zúñiga y Avellaneda, Prinz Philipps Statthalter, inklusive seiner Korrespondenz mit Karl, das meiste davon veröffentlicht von March, Niñez (March war so prüde, aus einigen Dokumenten Passagen zu entfernen). Lligalls/legajos 118–157 der Sammlung enthalten Dokumente, die von Mencía de Mendoza, Marquesa von Zenete, und ihren Ehemännern, Graf Heinrich von Nassau und Ferdinand von Aragón, Herzog von Kalabrien, hinterlassen wurden.56 Bofarull y Sans, Predilección, hat 131 in katalanischen Archiven aufbewahrte Briefe vollständig abgedruckt (einige in katalanischer Sprache). Sie sind von Karl und seinen Regenten an katalanische Beamte und Institutionen adressiert.

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690 Anhänge (vi) Toledo Archivo Histórico de la Nobleza (AHN Nobleza) In Toledo wurde 1993 ein eigenes Archiv zur Aufnahme der Familienarchive des spanischen Adels eingerichtet, und kurz darauf wurden die ersten Sammlungen aus dem AHN hierher migriert. 2018 enthielt das AHN Nobleza die Archive von fast 260 Adelsfamilien. Viele davon sind digitalisiert und können über PARES eingesehen werden. Korrespondenz mit Karl ist immer wieder in den Beständen enthalten. Außerdem besitzen die Archive und Bibliotheken zweier anderer Länder wichtige Dokumentensammlungen aus Karls Regierungszeit: Frankreich und die USA.

8. FRANKREICH (i) Lille Archives départementales du Nord (ADN) Die ADN enthalten die Mehrzahl der Dokumente, die Karls erste siebzehn Jahre betreffen, als er in den Niederlanden residierte, ferner viele relevante Materialien bis zum Jahr 1530. Ursächlich dafür sind zwei Umstände: a) Die Herzöge von Burgund schufen vier Chambres des Comptes, um die Finanzen ihrer diversen Herrschaftsgebiete zu prüfen (in Brüssel, Dijon, Lille und Den Haag). Die Rechnungsprüfer in Lille befassten sich nicht nur mit regionalen Finanzangelegenheiten, sondern auch mit jenen der Zentralregierung inklusive der höchst umfangreichen Register, in denen der Receveur Général des Finances seine alljährlichen Abrechnungen zusammenfasste. Die Rechnungslegung folgte stets denselben Kategorien und wurde von Akten begleitet, die die originalen Anweisungen und Empfangsbestätigungen enthielten. Das Inventaire sommaire des Archives Départementales antérieures à 1790. Nord: Archives civiles, Série B: Chambre des Comptes de Lille, Bde. 1–8, bietet den besten Zugang zu dieser Sammlung (viele Einträge beinhalten lange Zitate). Jedes Dokument in dem Bestand besitzt eine eigene numéro d’immatriculation; die Belegangaben in diesem Band haben daher die folgende Form: ADN B 2170 (72,193), was bedeutet: ADN Archives Anciennes Série B, liasse2170, numéro d’immatriculation 72,193. Zitate aus Registern in der Serie behalten ihre ursprüngliche Blattzählung, nur habe ich die römische Nummerierung durch arabische Ziffern ersetzt: »folio vixxxij (= six-vingts douze) wird zu »folio 132«. b) Der Bestand Lettres missives der ADN beinhaltet die Briefe, die von der Kanzlei Margaretes von Österreich, Herzoginwitwe von Savoyen und Regentin der Niederlande, empfangen und ausgefertigt wurden. Die meisten betreffen den Zeitraum zwischen 1507 und 1530. Insgesamt handelt es sich um etwa 20 000 Briefe (die Mehrzahl betrifft Margaretes eigene Herrschaftsgebiete in der Franche-Comté [Freigrafschaft Burgund] und in Savoyen). Nach ihrem Tod gelangten sie in die Archive der Chambre des Comptes in Lille, und in den 1840er-Jahren wurden sie reorganisiert und in zwanzig Register zusammengebunden. Bisher sind mehr als tausend Briefe Margaretes, viele von ihnen aus der mit

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ihrem Vater Maximilian geführten Korrespondenz über Karl, in den folgenden Sammlungen im Druck erschienen (geordnet chronologisch nach Erscheinungsjahr): Godefroy, Lettres du roi Louis XII; Mone, »Briefwechsel«; Le Glay, Correspondance; van den Bergh, Gedenkstukken; Chmel, Urkunden; Gachard, Lettres und Correspondance de Marguerite; Kreiten, Der Briefwechsel; Walther, Die Anfänge und »Review of Kreiten«; und Bruchet und Lancien, L’itinéraire.57 Die Lettres missives stellen den Historiker vor drei Probleme. Zum einen ist etwa die Hälfte der Briefe entweder gänzlich undatiert oder es fehlt zumindest die Jahresangabe, und die frühen Herausgeber irrten vielfach in der Datierung. Zum Zweiten schrieben etliche Briefschreiber sehr hastig (in Maximilians Fall bisweilen sogar in berauschtem Zustand), was bei der Transkription nahezu unlösbare Probleme darstellen kann. Und zum Dritten fehlt vielen Entwürfen zu Margaretes Briefen zumindest bis 1517 ein Adressat (wobei die Anrede für gewöhnlich einen Hinweis bietet: »Treschier et bien aimé« weist darauf hin, dass der Brief an Botschafter oder sonstige Amtsträger gerichtet war; »Mon cousin« bedeutet, dass der Adressat ein blutsverwandter Fürst oder ein Ritter des Goldenen Vlieses war, und »Mon très redoucté seigneur et père« kann sich nur auf Margaretes Vater beziehen). Im Zweifelsfall habe ich die vorgeschlagenen Datierungen, Adressaten und Lesarten akzeptiert, die Andreas Walther in seinem 1908 erschienenen »Review of Kreiten«, S. 268–284, vorgeschlagen hat.58

(ii) Paris Diverse Archive und Bibliotheken in Paris enthalten Dokumente, die Karl betreffen; siehe die Liste in Hasenclever, »Die Überlieferung der Akten Karls V. in Pariser Archiven und Bibliotheken«. Die wichtigsten Sammlungen sind in folgenden Institutionen zu finden:

(a) Bibliothèque Nationale de France (BNF; vormals Bibliothèque Royale, Bibliothèque Impériale, danach Bibliothèque Nationale de Paris) Die Manuskriptsammlung der Bibliothek enthält viele von der französischen Regierung herrührenden Dokumente, die Karl betreffen (vor allem in Fonds français und Collection Dupuy), wie auch viele andere Stücke, die seitens der Franzosen gesammelt oder konfisziert wurden (besonders in Manuscrits Espagnols und Manuscrits Portugais). Laiglesia, Estudios, III, S. 417–421 listet alles relevante Material auf, das in BNF Ms. Esp. enthalten ist. Der Online-Katalog http://archivesetmanuscrits.bnf.fr/ark:/12148/cc7296x bietet Beschreibungen von Manuskripten in den diversen Sammlungen der BNF, geordnet nach Sprachen, mit Links zu denjenigen Manuskripten, die digitalisiert vorliegen. Wenn man »Charles-Quint« in das Feld »Refine« eingibt, erhält man Details zu Hunderten von Manuskripten über den Kaiser, die online eingesehen werden können. Um ein Beispiel zu geben: Man geht in der Sprachenauswahl auf »Portugais«, wählt »61« und kann dann online den einzig überlieferten Text der »Erinnerungen« des Kaisers lesen (mehr zu diesem Dokument in Anhang I). Gachard, BNP, bietet Beschreibungen von und einige Auszüge aus Dokumenten in der Bibliothek, die die Geschichte Belgiens betreffen; am Ende jedes Bandes gibt es ein hilfreiches Verzeichnis in chronologischer Ordnung (I, S. 530–534, und II, S. 580–586, listen Dokumente aus Karls Regierungszeit auf). Bd. II, S. 36–114, fasst die Depeschen französischer Diplomaten am Kaiserhof zusammen: Fragmente der Depeschen von La Roche-Beaucourt

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692 Anhänge (1518–1519, fünfzehn Briefe) und Vély (1535–1536, sieben Briefe), sowie drei von Marillac geführte Korrespondenzregister (1548–1550).59

(b) Centre des Archives Diplomatiques du Ministère des Affaires Étrangères, La Courneuve (CADMA, vormals Archives du Ministère des Affaires Étrangères) Im 19. Jahrhundert gelang es Melchior Tirán, einem französischen Beamten auf Inspektionsreise durch die spanischen Archive, dort zahlreiche Dokumente zu entwenden und sie CADMA zu übergeben (einige wurden später in die Archives Nationales überführt). Als Francisco Franco im Oktober 1940 Adolf Hitler traf, bat er ihn, die besiegten Franzosen zur Rückgabe der Dokumente zu zwingen, was dann auch geschah. CADMA fertigte vor der Rückgabe noch Fotokopien an, die zusammen mit ein paar Originalen und Dokumenten aus nichtspanischen Quellen in dem Bestand MDE verblieben. Die gegenwärtig darin enthaltenen Bände sind beschrieben unter: https://www.diplomatic.gouv.fr/IMG/pdf/md-espagne-1-369.pdf60

(iii) Besançon Bibliothèque Municipale d’Étude et de Conservation, Besançon (BMECB) 1694 erwarb die Bibliothèque Municipale der Stadt Besançon von dem Erben von Nicholas und Antoine Perrenot de Granvelle einen Bestand von 82 Bänden, die hinfort die Collection manuscrite Granvelle bildeten. Die ersten sechs Bände, »Mémoires de ce qui s’est passé sous le ministère du chancelier et du cardinal de Granvelle«, betreffen die Regierungszeit Karls (PEG druckte über 700 Dokumente aus dieser Quelle, wenn auch nicht immer vollständig). 1992 erwarb die Bibliothek weitere zehn Bände Granvelle-Papiere aus dem Archiv des Marquess of Downshire (die Trumbull-Papiere).61 Die BMECB hat mittlerweile praktisch die ganze Sammlung Granvelle gescannt und online zugänglich gemacht, zusammen mit einem Index für jeden Band und Hotlinks zu den einzelnen Dokumenten: http://memoirvive. besancon.fr.62 Einige Stücke sind sensationell wie etwa die Transkription eines geheimen Zusatzes zu Karls Testament, der seinen außerehelichen Sohn, den zukünftigen Don Juan d’Austria, betrifft und 1554 signiert wurde (BMECB Ms. Granvelle V/265–268; siehe Kap. 15), und die diversen Positionspapiere, die von und für Nicolas Perrenot abgefasst wurden. Die Sammlung beginnt 1530, als Perrenot der wichtigste außenpolitische Berater des Kaisers wurde, und endet mit seinem Tod 1550. Die Veröffentlichung der Granvelle-Papiere begann bereits im späteren 16. Jahrhundert, und die jüngste Edition – Grata, Des lettres pour gouverner – bietet eine hilfreiche Zusammenstellung früherer Ausgaben von Antoines Korrespondenz sowie den Text all seiner Briefe aus zwei Bänden der Trumbull-Papiere: 149 Briefe in italienischer Sprache, die zwischen August 1551 und Februar 1552 mit 53 Personen gewechselt wurden. Die meisten seiner Korrespondenzpartner waren eher unbedeutende Personen – Soldaten, Juristen, Drucker, Kaufleute, Geistliche –, die in Burgund, Deutschland, Lothringen, den Niederlanden, Spanien und Italien untergeordnete Posten bekleideten. In ihren Briefen ging es zumeist um weniger bedeutsame Angelegenheiten, aber ihre relative Unbekanntheit erwies sich paradoxerweise als unerwartete Stärke, weil die Alltagsroutine der Briefinhalte das umfangreiche Netzwerk sichtbar werden lässt, das Perrenot und seinem Vater half, Karls Entscheidungen zu beeinflussen. Eine weitere umfangreiche Sammlung von Granvelle-Papieren findet auf S. 544 Erwähnung.

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9. VEREINIGTE STAATEN VON AMERIKA Zwei Cousins namens Archer und Henri Huntington liebten Spanien und erbten genügend Geld, um viele Objekte ihrer Begierde zu erwerben und auch noch einen geeigneten Aufbewahrungsort für ihre Sammlung zu stiften.

(i) New York City The Hispanic Society of America (HSA) Zwar besitzt die HSA nur relativ wenige Dokumente, die von Karl stammen oder an ihn gerichtet sind, doch zwei davon sind außerordentlich bedeutsam: * Ms. B 2954: Sammlung von 11 Briefen (Autographen oder Holographen), die 1525–1531 zwischen Karl und anderen Herrschern gewechselt wurden. Erworben hat sie der Gründer der HSA, Archer M. Huntington, um 1900. * Ms. B 2955: Die originalen eigenhandschriftlichen Anweisungen, die Karl im Mai 1543 seinem Sohn sandte, wurden 1906 von Huntington erworben; siehe Ball und Parker, Cómo ser rey. Ein Typoskript »Reference List Charles V« steht im Leseraum zur Verfügung. Dort sind diese und weitere Stücke der Sammlung beschrieben und ihre Signaturen vermerkt.

(ii) San Marino (Kalifornien) The Huntington Library, Art Collections and Botanical Gardens (Hunt) Der Aufstand der Siedler in Peru 1544–1548 soll Karl mehr zu schaffen gemacht haben als irgendeine andere Revolte (siehe Kap. 13), und durch einen glücklichen Zufall existiert eine einzigartige Sammlung von Dokumenten, die es den Historikern erlaubt, die Entstehung und Niederschlagung dieses Aufstands zu rekonstruieren. Nach der Niederlage und Hinrichtung von Gonzalo Pizarro erwarb Karls Statthalter, Pedro de La Gasca, Pizarros Archiv und vertraute es nach seiner triumphalen Rückkehr nach Spanien zusammen mit vielen eigenen Dokumenten Juan Cristóbal Calvete de Estrella an, den La Gasca damit beauftragte, eine Chronik seiner Heldentaten zu schreiben (Calvete de Estrella, Rebelión, verfasst 1565–1567, aber erst im 19. Jahrhundert veröffentlicht). 1925 ersteigerte Henry E. Huntington dann auf einer Auktion eine Sammlung von nahezu tausend Dokumenten La Gascas, die im Folgenden in zehn Kästen zu einer einzigen chronologischen Ordnung neu zusammengestellt wurden: Hunt PL 1–946. Die Bibliothek besitzt auch eine Kopie der Sammlung auf Mikrofilm und einen Band mit Transkriptionen aus dem 19. Jahrhundert, für den es einen Index als Typoskript gibt: »Pizarro-La Gasca transcription volumes: Table of Contents«. Englische, nicht immer exakte Zusammenfassungen wurden im Auktionskatalog von 1925 mit dem Titel From Panama to Peru veröffentlicht. 1964 publizierte Juan Pérez de Tudela Bueso mit seinen Documentos relativos ein weiteres Set von Abschriften des 19. Jahrhunderts von Originalen, die sich nun in der Huntington Library befinden: RAH Mss. 9-9-5-1830 und 1831 (ehemals in der Colección Muñoz).63 Die Nutzung dieser wichtigen Sammlung wird durch zwei Faktoren erschwert:

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694 Anhänge (a) Die Mikrofilme und Transkriptionen wie auch die in der RAH befindlichen Abschriften folgen derselben eigenwilligen Ordnung, die Pérez de Tudela seinerseits von der Sammlung der Abschriften übernommen hatte. Dagegen sind die Originale (Hunt PL 1-946) und die übersetzten Auszüge in From Panama to Peru strikt chronologisch geordnet. Zwar können die Texte durch die in beiden veröffentlichten Werken angegebene Blattzählung kollationiert werden, doch wird die Aufgabe weiter dadurch erschwert, dass Bd. I der RAH-Texte – und also die Documentos relativos – dem Bd. II der Huntington-Sammlung – und also den Texten in From Panama to Peru – entspricht und vice versa. So findet man die englische Zusammenfassung von Gonzalo Pizarros erstem Brief an den Kaiser (August 1544), in dem Pizarro die Neuen Gesetze kritisiert, in From Panama to Peru, S. 17– 20 (aus Huntington Bd. I, Bl. 455–460 der originalen Paginierung), und in Documentos relativos, II, S. 383–395 (aus RAH Ms. 9-9-5-1831, Bl. 455–460). Das Originaldokument ist jetzt Hunt PL 623. (b) Zwar erhielt Pérez de Tudela von der Huntington Library einen Mikrofilm der Originale, den er zur Verbesserung seiner Transkriptionen benutzte, doch ließ Documentos relativos viele Originale aus, insbesondere Huntington Bd. I, Bl. 784–920, die den überwiegenden Teil der Korrespondenz La Gascas mit Karl und dem Indienrat im Zeitraum von 1545 bis 1551 enthalten. Ein achtseitiges Typoskript »Preliminary inventory« dieser Auslassungen ist im Leseraum der Huntington Library einsehbar.64 Außerdem hinterließ Karl bei allen seinen Reisen eine breite Spur von Dokumenten – und er besuchte im Laufe seiner Regierungszeit über tausend unterschiedliche Orte, manche davon mehrmals. Zum Umfang des verfügbaren Materials siehe Vincenzo Salettas sorgfältige und nahezu 200 Druckseiten füllende Rekonstruktion aus lokalen Quellen zu der triumphalen »Ehrenrunde« des Kaisers, die ihn zwischen Juli 1535 und Juli 1536 von Trapani auf Sizilien bis nach Savigliano nahe der französischen Grenze führte.65

IV. Diplomatische Archive Im Vorwort zum dritten und letzten Band seiner Geschichte Karls V. schreibt Hermann Baumgarten, dass zwar Leopold von Ranke eine Generation früher mit seiner Arbeit in den neuerdings zugänglichen diplomatischen Archiven Venedigs bewundernswerte Standards für die historische Forschung etabliert habe, doch »wenn er heute im Wiener Archiv säße, würde er vor allem Karl und die Seinigen selbst hören. Neben den Korrespondenzen des Kaisers, seiner Geschwister, Räte und Gesandten sinken die venezianischen Relationen und Depeschen zu einer Quelle zweiten Ranges herab.«66 Das ist unfair. Karls einzigartige Bedeutung zog umfangreiche internationale Aufmerksamkeit auf sich. Das begann mit Gutierre Gómez de Fuensalida, einem Sonderbotschafter, den Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón im Jahr 1500 entsandten, nicht zuletzt, um etwas über Gesundheit und Temperament jenes Enkels zu erfahren, der ihnen einmal nachfolgen würde. Aufgrund des Registers seiner Depeschen im Alba-Archiv besitzen wir mehrere detaillierte Beschreibungen von Karl als Kleinkind (siehe Kap. 1). Fuensalida gehörte zu einer exklusiven Berufsgruppe, weil residierende Botschafter damals noch eine Seltenheit waren. 1512 drängten englische Diplomaten Heinrich VIII., am

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Hof von Maximilian einen ständigen Vertreter zu unterhalten, weil »ein Brief schnell überflogen und leicht [weggeworfen und] vergessen ist, während die Anwesenheit eines von Euren Botschaftern ihn zwingen [könnte], sich zu erklären«.67 Die Zahl der residierenden Botschafter an den europäischen Fürstenhöfen nahm beständig zu, und das Gleiche galt für die Frequenz ihrer Depeschen. Bereits 1476 ermahnte der Herzog von Mailand seinen Gesandten am Hof Herzog Karls von Burgund (das war der Urgroßvater des Kaisers): »Ich fordere und erwarte von Euch ganz ausdrücklich, dass Ihr mir bei Strafe des Todes jeden Tag schreibt«, und ein halbes Jahrhundert später taten viele Botschafter genau das.68 Zur Zeit von Karls Abdankung weilten über einhundert Diplomaten unterschiedlichster Couleur an seinem Hof. Sie kamen vom Papst, aus England, Ferrara, Florenz, Frankreich, Mailand, Mantua, Polen, Portugal, Venedig – und auch von seinem Bruder Ferdinand. Sie hatten Zehntausende Depeschen verfasst, in denen sie nicht nur die Worte und Taten des Kaisers beschrieben, sondern auch Ereignisse, Menschen und Orte – alles aus der Vorzugsperspektive, die der Hof bot. Einem erfahrenen Minister Heinrichs VIII. zufolge sollten Botschafter »ausgewählte, erfahrene Männer« sein, die den Herrscher, an dessen Hof sie akkreditiert waren, von solcher Nähe aus zu beobachten wussten, dass sie ihm »auf den Grund seines Magens blicken« und »die Tiefe seines Herzens spüren« konnten. Allerdings begannen, worauf Elizabeth Gleason hinwies, manche Botschafter ihre Laufbahn schon in jungen Jahren. Der Venezianer Gasparo Contarini zum Beispiel schrieb anfänglich »wie ein Neuling und überlud seine Berichte mit nebensächlichen Einzelheiten«. Doch während er zwischen 1521 und 1525 in fast 400 Briefen vom Hof Karls berichtete, wurde er zunehmend scharfsinniger, urteilssicherer und immer besser informiert.69 Die Botschafter waren besonders darauf bedacht, nichts auszulassen, was bei den Audienzen vor sich ging, »um auf solche Weise sich zu merken und festzuhalten: die Gespräche, Verhandlungen und Kommunikationen, die dort stattfanden, sowie deren Beständigkeit, Manier und Vehemenz mit den exakten Worten und Antworten«. Selbst wenn Karl »so viele Worte gebrauchte, um alles zu erklären«, dass ein Botschafter sich nicht alles hatte merken können, schrieb er dennoch »die ganze Konversation auf, soweit ich mich daran erinnern konnte«.70 Überliefert sind mehrere Hundert Berichte darüber, wie Karl bei Audienzen auftrat (Kleidung, Gestik, Gesichtsausdruck, Teint), und einige sind sehr lebendig. Die Depeschen von Sir Thomas Wyatt, einem bedeutenden Poeten, der von 1537 bis 1540 am Hof Karls als englischer Diplomat tätig war, gehören – so sein erster Herausgeber – »zu den lebhaftesten und anschaulichsten Texten, die ich kenne. Sie stellen uns den Kaiser vor Augen, wir sehen ihn in jedem seiner Blicke und Gesten und spüren in allem, was er sagt und tut, jene Raffinesse der politischen Kühnheit, die ihn so bemerkenswert machte.« Dennoch sollten wir – in den Worten seines jüngsten Herausgebers – uns daran erinnern, dass Wyatt und andere Diplomaten häufig »gute Geschichten erzählten, Humor gebrauchten oder faszinierende Porträts von Orten und Charakteren zeichneten« nicht nur, aber zumindest auch »mit dem Ziel, ihre Fehler dahinter verblassen zu lassen«. Doch welches Motiv sie auch immer verfolgt haben mögen – die Karl begleitenden Botschafter lieferten einzigartig lebendige Porträts des Kaisers, wie er lachte und die Stirn runzelte, ihren »Bericht mit gebieterischen und schneidenden Worten« unterbrach und »den Kopf schüttelte und mit einem ›Pst!‹« dazwischenfuhr, wenn er etwas hörte, das ihm missfiel.71 Damals wie heute konnte ein gewitzter Botschafter die »politische Kühnheit« des Kaisers durch geschicktes Fragen übertreffen. Nachdem im Dezember 1543 Heinrich VIII. und

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696 Anhänge Karl übereingekommen waren, gemeinsam in Frankreich einzumarschieren, erhielt Nicholas Wotton, Wyatts Nachfolger am Kaiserhof, ein paar Monate später die Anweisung, herauszufinden, ob der Kaiser sein Versprechen einzuhalten beabsichtigte, und, falls ja, wann und wo er zuschlagen werde. Daher stellte Wotton Granvelle eine Fangfrage: »›Wie ich glaube, werden wir nun bald dieses raue Land [Deutschland] verlassen und wieder in das heitere und angenehme Brabant ziehen.‹ Aber Granvelle durchschaute mich sofort und begriff sehr wohl, dass es weder die Rauheit dieses Landes noch das Angenehme von Brabant war, das mich diese Frage stellen ließ, und er sagte: ›Ah! Ihr sollt mir diese Frage nicht stellen, weil ich Euch nicht antworten werde.‹« Granvelle versicherte Wotton lediglich, dass der Kaiser »beabsichtigt, seinem Rat zu folgen und in Frankreich einzumarschieren und diesen Weg zu verfolgen, den der König ihm einzuschlagen geraten und empfohlen hat«. Wotton übermittelte Heinrich diese Antwort in der Hoffnung, dass »sie für mich zwar dunkel ist, aber Eurer Hoheit vielleicht einzuleuchten vermag«. Das war in der Tat so, denn die beiden Monarchen waren darin übereingekommen, »dass der Kaiser mit seinem Heer über die Champagne in das Gebiet von Frankreich einmarschiert und dann nach Paris vorstößt«. Granvelles Bestätigung, dass sein Herr an dem vereinbarten Plan festhalten werde, mag Wotton »dunkel« vorgekommen sein, doch für Heinrich war sie eindeutig genug. Beide Monarchen marschierten wie geplant ein paar Monate später in Frankreich ein.72 Wie alle Quellen haben auch diplomatische Depeschen ihre Beschränkungen. Viele Botschafter gaben ihrer Enttäuschung über den Mangel an verlässlichen Informationen Ausdruck, weil Karl sich weigerte, sie zu empfangen, wenn er krank war oder wenn er »während des militärischen Ernstfalls sich nicht mit Alltagsgeschäften abgibt« oder wenn er versuchte, eine totale Nachrichtensperre zu verhängen. So verkündete er im September 1552, kurz vor der Belagerung von Metz, dass »keinem Vertreter, Sekretär oder Diener irgendeines Botschafters gestattet werden soll, zu schreiben oder zu berichten«, was in Karls Lager geschah. Alle wurden in das 200 Kilometer entfernte Speyer verbannt. Weitgehend isoliert von dem Souverän, bei dem sie akkreditiert waren, mussten die Diplomaten dort fast fünf Monate lang ausharren.73 Bisweilen fielen die Botschafter auf falsche Nachrichten herein, die sie weiterberichteten. Ein englischer Gesandter in den Niederlanden »bereute das Schreiben« einiger seiner jüngsten Briefe, weil »hier solche Schwärme von Lügen herumfliegen, dass man am besten gar nichts schreibt«. Und als der aufmerksame polnische Botschafter Jan Dantiszek 1519 am Hof Karls ankam, verglich er sich mit einem Studenten im ersten Semester an der Universität. Vier Fakultäten machte er aus: »die erste lehrt einen Geduld, die zweite bietet Unterweisung in Misstrauen, die dritte in Täuschung und die vierte und größte bringt einem das Lügen bei«. Der Hof, so Dantiszek, »ist eine hervorragende Schule, um all diese Fähigkeiten zu vervollkommnen«.74 Zum Glück schufen all die Studenten der Diplomatie am kaiserlichen Hof einen solchen Überfluss an Quellen, dass es den Historikern normalerweise gelingt, das Wahre vom Falschen zu scheiden. So gewährte Karl zum Beispiel im September 1526 den Botschaftern dreier Signatarmächte der feindlichen Liga von Cognac – Frankreich, dem Heiligen Stuhl und Venedig – eine gemeinsame Audienz, und gleich danach schrieben die Diplomaten Be-

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richte für ihre Herren. Da sie alle in dem übereinstimmten, was Karl gesagt hatte, scheint ihre Verlässlichkeit gesichert zu sein.75 Am allerwenigsten gelang den Botschaftern offenbar, exakte Informationen darüber zu liefern, wann und wo bestimmte Ereignisse stattfanden – etwas, das anhand anderer Quellen zu dokumentieren sich als überraschend schwierig herausstellen kann. So ist etwa strittig, wann und wo Karl zum ersten Mal jenen Schatz und die anderen Geschenke, eingeschlossen einige indigene Amerikaner, die ihm Hernán Cortés aus Veracruz geschickt hatte, zu Gesicht bekam. Aber aus den Depeschen des Nuntius und des venezianischen Botschafters geht eindeutig hervor, dass dies Anfang März 1521 in Valladolid geschah (siehe oben, Kap. 13). Die Botschafter fertigten auch Abschriften wichtiger Dokumente für ihre Herren an, und in einigen Fällen sind nur diese Abschriften auf uns gekommen. So fehlt uns der originale Text von Karls zorniger Verurteilung Martin Luthers auf dem Wormser Reichstag von 1521, die er am Abend nach ihrem einzigen Aufeinandertreffen verfasste. Aber Thomas Spinelly, der Gesandte Heinrichs VIII., der mehr als ein Jahrzehnt an Karls Hof residiert hatte und mit dem Kaiser durch Spanien, die Niederlande und Deutschland gereist war, bewahrte eine Abschrift des Originals, das Karl mit eigener Hand auf Französisch niedergeschrieben hatte. Diese Abschrift wird in den National Archives in England aufbewahrt und kommt dem eigenhändigen Original so nahe, wie Historiker es sich nur wünschen können.76 Die Botschafter kannten auch die Enttäuschung, wenn sie erleben mussten, wie Staatsoberhäupter persönlich zusammentrafen, um politische Probleme in direkten Verhandlungen zu lösen. Nach achtzehn Monaten Krieg teilte zu Beginn des Jahres 1538 Karl einem französischen Diplomaten mit, dass er und Franz zwar fortfahren könnten, »ihre Wünsche und Absichten einander über ihre Gesandten mitzuteilen«, dass er, Karl, aber glaube, dass ein Treffen von Angesicht zu Angesicht »das wahre und beste Mittel sei, den von ihnen ersehnten Frieden herbeizuführen«. Schon bald fanden zwischen Karl und Franz zwei Gipfeltreffen statt, das erste in Nizza mit dem Papst als Vermittler, das zweite in Aigues-Mortes zwischen den Monarchen allein. Kein Diplomat war bei ihren Unterredungen zugegen.77 Es war auch üblich, dass Monarchen eigenhändig geschriebene Briefe wechselten, die zuweilen Angelegenheiten erörterten, die sie vor den Augen der Diplomaten zu verbergen trachteten. Karl schrieb zahlreiche Briefe an Franz (den er 1525/26, 1538 und 1539/40 traf), an Heinrich VIII. (dem er 1513, 1520 und 1522 begegnete), an Hadrian VI. (den er bereits gut kannte), an Clemens VII. (mit dem es 1529/30 und 1532/33 Gipfeltreffen gab) und an Paul III. (Gipfeltreffen in den Jahren 1538, 1541 und 1543).78 Ansonsten aber bieten die Tausende von Depeschen, die von Diplomaten am Hof Karls versendet wurden und sich in den Archiven und Bibliotheken von England, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Portugal, Skandinavien und der früheren unabhängigen Staaten von Deutschland und Italien erhalten haben, eine unschätzbar wertvolle Quelle für den Kaiser und die Probleme, denen er sich gegenübersah. Die hauptsächlichen Serien sind die folgenden:

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698 Anhänge 1. ENGLAND (i) The National Archives, Kew (TNA, ehemals the Public Record Office) Die Reihe State Papers enthält, unterteilt nach Regierungszeiten, (unter anderem) Briefwechsel zwischen der Zentralregierung und ihren Diplomaten im Ausland: * State Papers 1 (246 Bände): eine unorganische Sammlung öffentlicher und privater Briefe, Memoranden und sonstiger Dokumente aus der Regierungszeit Heinrichs VIII. (1509–1547) zu auswärtigen und inneren Angelegenheiten, im 19. Jahrhundert durchgehend chronologisch geordnet ohne Berücksichtigung der Provenienz. * State Papers 2 (20 Bände): eine unorganische Sammlung öffentlicher und privater Briefe, Memoranden und sonstiger Dokumente von 1516 bis 1539 im Folioformat; im 19. Jahrhundert durchgehend chronologisch geordnet ohne Berücksichtigung der Provenienz. * State Papers 68 (15 Bände): Briefe und sonstige Dokumente aus der Regierungszeit Edwards VI. (1547–1553), die ausländische Staaten und Calais betreffen; in chronologischer Ordnung, erst für das Ausland, dann für Calais. * State Papers 69 (13 Bände): Briefe und Dokumente, betreffend ausländische Staaten aus der Regierungszeit von Mary (1553–1554) sowie Philipp und Maria (1554–1558), in chronologischer Ordnung. Viele Dokumente in TNA SP sind auch über CSP, L&P Henry VIII, SP und SPO zugänglich; Einzelheiten siehe unten.

(ii) The British Library, London (BL, vormals British Museum Library) a) Cotton Manuscripts Sir Robert Cotton (1571–1631) begann mit dem Sammeln von Manuskripten im Alter von achtzehn Jahren und besaß schließlich die vielleicht wichtigste Manuskriptsammlung, die jemals eine Privatperson in Großbritannien zusammengetragen hat. Er arrangierte sie in einer Reihe von Bücherschränken, die mit Büsten der zwölf römischen Kaiser und seiner zwei Gemahlinnen geschmückt waren. 1702 schenkte Cottons Enkel die Sammlung »der britischen Nation«, und 1753 gelangte sie in die Bibliothek des neu eröffneten British Museum (jetzt British Library), die Cottons einzigartiges Ordnungssystem (Galba A.1-E. XIV; Vespasian A.1-F. XVII usw.) beibehielt. BL Cotton Mss. enthält heute mehr als 1400 Manuskripte, viele davon aus dem früheren 16. Jahrhundert und viele aus dem State Paper Office fortgeschafft. In den 1990er-Jahren katalogisierte ein Team der Universität Sheffield die ganze Sammlung neu und stellte neue Beschreibungen der Inhalte zur Verfügung: http://www.hrionline.ac.uk/cotton/cotframe.htm

b) Additional Manuscripts Andere Manuskriptsammlungen der BL enthalten ebenfalls zahlreiche Dokumente von oder über Karl. Am besten lassen sie sich auffinden über die BL-Website »Explore archives and manuscripts«: http://searcharchives.bl.uk. Gibt man »Emperor Charles V« in die Option »Advanced Search« ein, erhält man Zugang zu mehr als 600 Objekten, von einzelnen Urkunden (z. B. Addl. Charter 74,946 – Karls Ernennung von Johann Obernberger zu seinem Sekretär für die deutsche Sprache im Jahr 1538) bis zu ganzen Bänden (z. B. Addl. Ms. 28,706 –

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ein Band mit 114 Folioseiten über die Hochzeiten von Karls Kindern Philipp und Johanna mit ihren portugiesischen Verwandten, gesammelt von Karls Sekretär Alonso de Idíaquez, der die Verbindung 1542/43 ausgehandelt hat). BL Addl. Mss. 28,572–28,597 enthalten Transkriptionen Tausender Dokumente, die Karl betreffen und in europäischen Archiven von oder für Gustave Bergenroth angefertigt wurden (siehe oben). Diverse Tools erleichtern den Zugang zu diesen Sammlungen. Der erste Rang gebührt den State Papers Online (SPO), einem kommerziellen Unternehmen, dessen Dienste nur über eine subskribierende Institution zugänglich sind (Diarmaid MacCulloch sprach von »einer der großen wissenschaftlichen Errungenschaften der Moderne«). Wenn man in SPO »Browse manuscripts« aufruft, erhält man online Zugang zu allen Bänden in TNA SP und zu den Bänden in BL Cott. Ms., die zuvor zu diesem Bestand gehörten. Die Auswahl erfolgt über die Archivsignatur (TNA SP 1/220, unter Verwendung der den Manuskripten aufgedruckten Nummer; BL Cotton Ms. Galba B.VI, unter Verwendung der neuesten Nummerierung usw.).79 SPO bietet über »Browse Calendar« auch einen Online-Zugang zu folgenden wichtigen gedruckten Quellen: * State Papers, published under the authority of His Majesty’s Commission … King Henry the Eighth, Bände 6–11 (»Part V: foreign correspondence«): vollständige Transkriptionen fast der gesamten offiziellen Korrespondenz englischer Diplomaten im Ausland zwischen 1473 und 1547, aufbewahrt in TNA SP 1 und SP 2. * Letters and papers, foreign and domestic, of the reign of Henry VIII, 21 Bände, manche in mehreren Teilen: Zusammenfassungen aller von der Regierung Heinrichs VIII. produzierten Dokumente, die sich jetzt in TNA SP 1 und 2 sowie in BL Cott. Mss. und anderen Sammlungen und in zahlreichen gedruckten Quellen befinden. Jeder Eintrag enthält eine häufig mit längeren Zitaten versehene Inhaltsangabe. Der ursprüngliche Herausgeber, J. S. Brewer, katalogisierte zuerst alle die Regierungszeit Heinrichs VIII. betreffenden Materialien, indem er sie in eine durchgehend chronologische Reihung brachte – keine leichte Aufgabe, da die Dokumente unterschiedlicher Herkunft waren und mehrheitlich keinen Jahresvermerk trugen, sodass »die Chronologie nur durch eine genaue und umfassende Untersuchung der gesamten Korrespondenz aus internen Hinweisen erschlossen werden konnte –, lange bevor irgendein Versuch unternommen wurde, ihre Inhalte in einem Register zusammenzufassen«.80 Brewer veröffentlichte die ersten vier Bände der Reihe, während sein Assistent, James Gairdner von den TNA, das Projekt nach Brewers Tod zu Ende führte, in späterer Zeit seinerseits von einem weiteren Archivar, R. H. Brodie, assistiert, der zudem eine »zweite, revidierte und beträchtlich vermehrte Auflage« des ersten Bandes in zwei Teilen publizierte, die die Jahre 1509–1514 umfasst. Diesen gelehrten Herausgebern gelang es bisweilen, Wörter zu lesen, die mittlerweile komplett unlesbar sind, und Dokumente ausfindig zu machen, die in der Folge verlegt wurden. * Calendars of State Papers, Foreign Series (CSPF), für die Regierungszeit von Edward und Mary. Auch hier besteht eine enge Korrelation zwischen den Registern und TNA SP 68 und 69: Beide Archivreihen sind gemäß den Eingangsnummern des Registers geordnet. Den Herausgebern sind nur wenige wichtige Manuskripte entgangen wie etwa »A diary iournall of the actions in France done by Henry 8th in the 5 yeare of his raigne«, in dem John Taylor, Clerk of the Parliaments, auf Lateinisch einen Bericht über den Feldzug von 1513 ver-

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700 Anhänge fasste. Hier ist auch eine Beschreibung von Karl auf seinem ersten Gipfeltreffen mit anderen Staatsoberhäuptern enthalten (BL Cott Ms. Cleopatra C.1, # 4, Bl. 92). Zwar verknüpft SPO die Registerzusammenfassungen über Links mit den Originaldokumenten, doch ist die Treffsicherheit nicht immer gegeben, weil L&P Henry VIII und SPO die originale Blattzählung für BL Cotton Mss. benutzen, nicht die aktuelle. Man muss daher den gescannten Band heranziehen, um das Originaldokument und seine gegenwärtige Signatur zu lokalisieren. Umgekehrt boten die meisten Einträge in State Papers und L&P entweder veraltete oder gar keine Signaturen für Dokumente in TNA, aber bei SPO nutzte man einen speziellen, von TNA zur Verfügung gestellten Schlüssel zur Identifizierung der Originaldokumente. Daher beinhalten die von SPO gescannten Texte aus L&P Henry VIII den Link »Browse Manuscript«, der direkt zu dem zusammengefassten Objekt führt und seine gegenwärtige Signatur ebenso vorhält wie einen weiteren Link zu Scans des jeweiligen Dokuments. Damit wird SPO zu einer hervorragenden Online-Ressource für die Regierungszeit Karls V.

2. FRANKREICH Im ausgehenden 19. Jahrhundert veröffentlichten französische Archivare Zusammenfassungen der Depeschen von drei Gesandten Franz’ I. und Heinrichs II . am englischen Hof, die im CADMA aufbewahrt werden: von Castillon und Marillac aus den Jahren 1537– 42 (Kaulek, Correspondance) und von Selve aus den Jahren 1546–49 (Lefèvre-Pontarlis, Correspondance). Gachard, BNP , bietet in der BNF nützliche Zusammenfassungen der erhaltenen Depeschen von französischen Gesandten an Karls Hof mitsamt Signaturen, aber bislang ist nichts davon veröffentlicht worden; siehe Details oben.

3. DEUTSCHLAND Nur ein deutscher Herrscher unterhielt einen ständigen Vertreter an Karls Hof: sein Bruder Ferdinand (der bis zur Geburt des Prinzen Philipp 1527 auch Karls Erbe war). Ein Verzeichnis von 400 Briefen, geschrieben von Martín de Salinas zwischen 1522 und 1539, wurde in RVEC veröffentlicht, allerdings unter Auslassung von »Privatangelegenheiten und wirtschaftlichen Maßnahmen, die ohne historischen Wert sind«.81 Salinas erkannte schon früh die Bedeutung der neuen Länder, die Hernán Cortes für Karl erlangt hatte, und er bestärkte Ferdinand nicht nur darin, direkt mit dem Eroberer Mexikos zu korrespondieren, sondern fertigte auch Abschriften wichtiger Dokumente über Amerika an und schickte sie an seinen Herrn. Nach und nach übernahm Salinas’ Neffe Alonso Gamiz die Aufgaben seines Onkels: AGS Estado 641bis enthält Briefe, die Ferdinand und Gamiz einander zwischen 1542 und 1556 schrieben (1983 auf einer Auktion erworben), weitere Briefe befinden sich im Archivo Familiar Gamiz im Archivo Histórico Provincial de Álava (erworben 1998; zugänglich über PARES, indem man in das einfache Suchfeld »Alonso de Gamiz« eingibt; viele Briefe sind digitalisiert).

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4. ITALIEN (i) Florenz Archivio di Stato (ASF) Obwohl die florentinische Republik und später Herzog Alessandro de’ Medici, Karls Schwiegersohn, einen residierenden Botschafter am kaiserlichen Hof unterhielten, sind nur wenige ihrer Depeschen erhalten. Im Gegensatz dazu sind aus der Zeit ab 1537, als Cosimo Herzog von Florenz geworden war, in der Reihe ASF Mediceo del Principato (MdP) Depeschen in Hülle und Fülle vorhanden, wobei die meisten Dokumente sich in den Bänden der Unterabteilung Germania: Corte Imperiale finden.82 Viele Depeschen von Averado Serristori aus den Jahren 1537– 38 und 1541 wurden von seinem Nachfahren veröffentlicht: Serristori, Legazioni. Viele diplomatische Depeschen aus der Reihe ASF MdP wurden aufgearbeitet und in das online verfügbare Medici Archive Project (MAP) eingespeist. Mit Nutzernamen und Passwort kann man sich einloggen, oben im Hauptmenü in dem einfachen Suchfeld »Habsburg Karl V« eingeben und die Suche starten. Rechts erscheinen dann alle Personen mit diesen Elementen im Namen. Man wählt den Namen des Kaisers aus, und sein Profil erscheint links. Man kann nach dem Einloggen aber auch direkt diesem Link folgen: http:// bia.medici.org/DocSources/src/peoplebase/SharePerson.do?personId=253 So gelangt man zum Profil des Kaisers. Wenn man an diesem Punkt auf die »More info«-Schaltfläche klickt, erscheinen mehr als 569 mit Karl V. zusammenhängende Dokumente (die Zahl ist zusammen mit dem MAP ständig am Wachsen). Jeder Eintrag enthält eine Transkription und zumindest eine teilweise englische Übersetzung. Obwohl das Projekt als Datenbank zur materiellen Kultur begann und seinen Fokus nicht auf Politik oder Militärwesen richtet, enthält es dennoch faszinierende Details – wie etwa eine Beschreibung des tragbaren Büros aus Holz, das 1541 konstruiert wurde, um Karl auf seinen Reisen zu begleiten, damit er sich auch unterwegs um öffentliche Angelegenheiten kümmern konnte.83 Weil das MAP zurzeit die Medici-Archive digitalisiert, ist zudem der vollständige Text vieler Dokumente mit Bezug zu Karl V. online verfügbar. Obwohl mit dem Kaiser zusammenhängende Dokumente überall im ASF verstreut sind, gibt es doch eine bemerkenswerte Ausnahme: MdP: Carteggio Universale filza 329 besteht vollständig aus Briefen und Diplomen, die Karl zwischen 1530 und 1556 an Herzog Cosimo schickte. Dieser Bestand wurde komplett digitalisiert und ist entweder über die Suchfunktion oder den Link http://bia.medici.org/DocSources/src/volbase/ShareVolume.do?summaryId=890 zugänglich.

(ii) Vatikanstadt Archivio Segreto Vaticano (ASV) Die Korrespondenz des päpstlichen Diplomaten Girolamo Aleandro aus den Jahren 1520–21 ist zweimal publiziert worden: von Balan, Monumenta, und kurz darauf von Brieger, Quellen. Brieger korrigierte die meisten der von Balan vorgeschlagenen Datierungen für Aleandros Briefe, veröffentlichte noch viele weitere und stellte eine Konkordanz zwischen den beiden Publikationen zur Verfügung (Quellen, xiv–xv), aber Balan stellte gelegentlich bessere Lesarten bereit. Serassi, Delle lettere, veröffentlichte viele Depeschen des Nuntius Baldassare

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702 Anhänge Castiglione aus Spanien 1525–27. Die Depeschen der päpstlichen Nuntien in Deutschland zwischen 1533 und 1556, die meisten von ihnen im ASV, wurden in den siebzehn Bänden der NBD: Erste Abteilung veröffentlicht. Karl spielt eine bedeutende Rolle in den Bänden VI und VII (1540–44), VIII–IX (1545–49), XII–XIV und XVI (1550–56) sowie in zwei wichtigen Ergänzungsbänden, die die Legation von Lorenzo Campeggio und die Nuntiatur von Girolamo Aleandro in den Jahren 1530–32 abdecken. Zusätzlich veröffentlichten Pastor, »Correspondenz«, Dittich, »Nuntiaturberichte« und Schultze, »Dreizehn Depeschen«, Depeschen päpstlicher Bevollmächtigter beim Reichstag zu Regensburg 1541. Zum direkten Briefverkehr zwischen Karl und den Päpsten Hadrian und Clemens siehe Gachard, Correspondance de Charles- Quint et d’Adrien, beziehungsweise Vañes, »Cartas«.

(iii) Mantua Archivio di Stato (ASMa) Das Archivio Gonzaga: Corrispondenza estera enthält Depeschen von mantuanischen Diplomaten am kaiserlichen Hof. Offenbar gab der Herzog viele davon an Venedig weiter, weil Sanuto sie  – oder Teile davon  – in seine Diarii übertrug. Aber gab der Herzog die ganze Depesche und nur die Depesche weiter? Nur ein direkter Vergleich der beiden Texte kann diese Frage klären.

(iv) Modena Archivio di Stato (ASMo) Cancellaria ducale: ambasciatori, Unterreihe »Alemagna«, »Italia« und »Spagna«, enthält Depeschen der Diplomaten, die von den Herzögen von Ferrara an Karls Hof entsandt wurden.

(v) Turin Archivio di Stato (AST) Französische Truppen fielen 1536 in das Herzogtum Savoyen ein und zwangen Herzog Karl und seinen Erben, Prinz Emanuel Philibert, zur Flucht, die bis nach dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 andauern sollte. Da Hilfe seitens des Kaisers die einzige realistische Chance bot, die Franzosen zu vertreiben, unterhielt der Herzog einen ständigen Gesandten am kaiserlichen Hof: Jean-Thomas de Langosco, Graf von Stroppiana, lieferte in seinen Depeschen an den Herzog und den Prinzen sehr viele Details – nicht zuletzt, weil Stroppiana laut einem anderen (neidischen?) Diplomaten »im Schlafgemach des Kaisers schläft«.84 Die Originale befinden sich im AST Lettere di ministri: Vienna, mazzi 2, 3 und 4. Greppi, »Extraits«, veröffentlichte französische Zusammenfassungen von vielen Depeschen für die Jahre 1546–59 (mit Abschriften vieler italienischer Originale in den Anmerkungen).

(vi) Venedig Jeder venezianische Gesandte verfasste nach der Rückkehr von seiner diplomatischen Mission eine Relazione, und ab 1524 hatte er seinen Bericht dem Senat vorzulesen und ihn zwei Wochen später in schriftlicher Form einzureichen. Es handelte sich dabei um umfangreiche Dokumente: Gasparo Contarini brauchte 1525 nach 52 Monaten am Hof Karls V. mehr

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als drei Stunden, um seine Relazione zu verlesen, und sein Text umfasste über 60 Druckseiten.85 Inhaltlich ging es immer wieder um dieselben Themen: Geografie und Ressourcen; der Wohlstand von Städten und Adligen; die jüngere Geschichte; der Charakter, das Erscheinungsbild und die Gesundheit des Herrschers, seiner unmittelbaren Familie und seiner wichtigsten Ratgeber. Dank dieser Gepflogenheit können Historiker auf intime Porträts des Kaisers in verschiedenen Lebensaltern zurückgreifen – von Vincenzo Quirini 1506, Francesco Corner 1521, Gasparo Contarini 1525, Niccolò Tiepolo 1532, Bernardo Navagero 1546, Alvise Mocenigo 1548, Marino Cavalli 1551 und Federico Badoer 1557.86 Im 19. Jahrhundert veröffentlichte Eugenio Alberi die Relazioni der meisten venezianischen Gesandten (aber offenbar in willkürlicher Reihenfolge); und ein Jahrhundert später begann Luigi Firpo, viele Berichte, geordnet zuerst nach Ländern und dann nach Datum, erneut zu veröffentlichen, zusammen mit ein paar weiteren, die anderswo abgedruckt waren. Die Bände II und III (Germania 1506–1554 und Germania 1557–1654) und IX (Spagna 1497–1598) enthalten die von den Gesandten bei Karl V. verfassten Relazioni. Mit Ausnahme derjenigen von Quirini und Corner sind alle online verfügbar auf http://www.bibliotecaitaliana.it.87 Darüber hinaus schickten die venezianischen Gesandten ebenso wie von anderen Herrschern entsandte bevollmächtigte Vertreter regelmäßige Depeschen an ihre heimische Regierung. Auszüge daraus tauchen in zwei gedruckten Quellen auf: im CSPV (verfügbar in digitaler Form über BHO) und in den Diarii von Marino Sanuto: siehe http://onlinebooks. library.upenn.edu/webbin/metabook?id=sanudodiary Sanuto konnte bereits einige historische Werke vorweisen, als er 1496 beschloss, eine Chronik seiner eigenen Zeit zusammenzustellen, indem er bis kurz vor seinem Tod im September 1533 jeden Tag relevante Materialien sammelte sowie venezianische Dokumente und Debatten erfasste, die er für wichtig hielt. Die politische Elite der Republik erkannte den Wert seines Unternehmens und erteilte ihm die Sondergenehmigung, Archive zu durchforsten, um seine Diarii auf dem neuesten Stand zu halten. Sanuto selbst prahlte, dass »ich die Wahrheit nicht nur über die Stadt, sondern über die ganze Welt gesehen und verstanden habe, und ich kann behaupten, dass kein Autor in der Lage sein wird, eine gute Geschichte der neueren Zeit in Angriff zu nehmen, ohne meine Diarii zurate zu ziehen«.88 Sein Material sollte 58 große gedruckte Bände füllen, angeordnet (entsprechend Sanutos Plan) nach dem Jahr, Monat und Tag, an dem ein Dokument in Venedig eintraf. Dies mag Historiker verwirren, die versuchen, einem bestimmten »Faden« der Korrespondenz zu folgen, weil Depeschen von Diplomaten an verschiedenen Orten, die dasselbe Ereignis beschrieben, in ungleichem Tempo eintrafen, aber Sanuto zeigt damit den an Venedig interessierten Historikern, was die Regierung wusste und wann sie es wusste, und ermöglicht es wieder anderen, deren Interesse der Kommunikation gilt, die Geschwindigkeit von Kurieren in offiziellen Angelegenheiten zu ermitteln (siehe Tafel 2). Etwas Ähnliches existiert für keine andere Regierung. Rawdon Brown, der die frühen Bände des CSPV herausgab, benutzte statt der Originale oft Sanutos Transkriptionen von eingehenden Depeschen, allerdings bevor die Veröffentlichung der Diarii Band und Seitenzahl der Originale bereitstellte, die von den Verweisen in dem veröffentlichten Text abweichen, was es schwierig macht, hier einen Abgleich durchzuführen. Außerdem unterliefen Brown einige Transkriptionsfehler.89 Die Depeschen von vier venezianischen Gesandten an Karls Hof wurden im Ganzen oder teilweise veröffentlicht: von Höfler, »Depeschen« für Quirino; Cicogna, Delle Inscrizioni, VI, für Andrea Navagero; Gachard, Trois années, für Bernardo Navagero (aus einem Verzeich-

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704 Anhänge nis seiner Korrespondenz in ÖNB); Stirling-Maxwell, Notices, für Badoer. Zwei weitere Verzeichnisse diplomatischer Depeschen sind erhalten: BNMV Ms. Italiani Clase VII, cod. 1009, enthält Contarinis Briefe von Karls Hof, 1521–25; BAV Vat. Lat. 6753 enthält die seines Nachfolgers, Andrea Navagero, 1525–28. Turba, Venetianische Depeschen, bietet Zusammenfassungen und Auszüge der von Gesandten am kaiserlichen Hof geschickten Depeschen, heute im Archivio di Stato von Venedig, ab 1538.

5. POLEN Johannes von Höfen, ein Humanist und Dichter aus Danzig (daher sein latinisierter Name Johannes Dantiscus, auf Spanisch Dantisco und auf Polnisch Dantiszek), diente in den Jahren 1518–19, 1522–23 und 1525–32 als Gesandter König Sigismunds I. von Polen (als Sigismund II. Großfürst von Litauen) an Karls Hof. Vielleicht aus Langeweile (eine wiederkehrende Klage in seinen Briefen) füllte Dantiszek seine Depeschen mit Schilderungen von Orten, Völkern und Ereignissen und lieferte auf diese Weise mehr Informationen als die meisten Diplomaten. Er korrespondierte auch mit Cortés und anderen über Amerika und sammelte Materialien aus der Neuen Welt, die er nach Polen schickte.90 Viele der offiziellen Depeschen Dantiszeks wurden in Gorski, Acta Tomiciana, veröffentlicht, den von seinem Sekretär gesammelten und aufbewahrten Unterlagen des polnischen Staatsmannes Piotr Tomicki. Die ersten dreizehn Bände sind online verfügbar: http://www.wbc.poznan.pl/publication/32217. Viele der erhaltenen 6000 Briefe (größtenteils auf Latein und Deutsch), geschrieben von und an Dantiszek, sind ebenfalls als durchsuchbarer Volltext verfügbar: Corpus of Joannes Dantiscus’ texts and correspondence (http://dantiscus.al.uw.edu.pl/?menu=clat&f=clat). Im Jahr 1994 veröffentlichten Fontán and Axer, Españoles y polacos, eine spanische Übersetzung von über vierzig diplomatischen Depeschen Dantiszeks von Karls Hof (sowie viele andere faszinierende Schriftstücke, darunter seine Korrespondenz über Amerika).

6. PORTUGAL Die Häuser Österreich und Avis unterhielten enge familiäre Bindungen: König Manuel I. heiratete zwei von Karls Tanten und dann seine Schwester Eleonore; Karl heiratete die Schwester Johanns III., der wiederum Catalina de Austria heiratete; deren Sohn, Prinz Johann, heiratete Karls Tochter Johanna, und Karls Sohn Philipp heiratete die Schwester des Prinzen, María Manuela. Diese Verbindungen brachten mit sich, dass die portugiesischen Gesandten am kaiserlichen Hof sich besondere Mühe gaben, Karls Verhalten zu beschreiben – vor allem gegenüber Nachkommen des Hauses Avis. Siehe zum Beispiel die Depeschen von 1526/27, als das kaiserliche Paar noch »sehr verliebt und sehr glücklich« war, veröffentlicht von Braamcamp Freire, »Ida«. Diese Depeschen stammten aus ANTT CC, einer im Gefolge des durch das Lissaboner Erdbeben von 1755 verursachten Chaos geschaffenen Reihe, in der die meisten erhaltenen Dokumente in einfacher chronologischer Folge nach dem Datum ihrer Abfassung angeordnet wurden ohne Rücksicht auf Herkunft, Adressaten oder Empfangsdatum. ANTT CC, Teil I, maço 21 (1517) bis maço 103 (1558), enthalten (neben vielen weiteren Dokumenten) Depeschen, die vom Kaiser und von Diplomaten an seinem Hof empfangen wurden. https://digitarq.arquivos.pt/details?id=3767259 bietet eine kurze Beschreibung aller Dokumente in der Reihe.

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V. Chroniken und Geschichtswerke Die letzte Gruppe wichtiger Dokumente zu Karl sind die von Protagonisten erarbeiteten Chroniken. In den Niederlanden fungierten Jean Molinet (1475–1507), sein Neffe Jean Lemaire des Belges (1507–12), Remy du Puys (1515–16) und Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim (1530–32) alle als Chronisten (indiciaire) am burgundischen Hof, aber sie veröffentlichten nicht allzu viel Historisches. Paradoxerweise publizierte Karls Bibliothekar Willem Snouckaert van Schouwenburg, obwohl niemals offiziell zum Chronisten ernannt, 1559 eine 300-seitige Biografie des Kaisers. Bis 1563 waren drei weitere Auflagen erschienen, und zwei weitere folgten in den 1590er-Jahren.91 In Kastilien dienten Karl neun Gelehrte als königliche Chronisten: Antonio de Nebrija (1509–22), Peter Mártir de Anglería (1520–26), Bernardo Gentile (1523–26), Antonio de Guevara (1525–45), Juan Ginés de Sepúlveda (1536– 73), Florián de Ocampo (1539–58), Bernabé de Busto (1546–57), Pedro Mexía (1548–51) und Juan Páez de Castro (1556–68). Alle diese Männer hatten eine humanistische Ausbildung und verfügten über einen Universitätsabschluss, aber nur drei (Mexía, Ocampo und Sepúlveda) besaßen frühere Erfahrung mit dem Verfassen historischer Werke. Sie alle scheinen zu viel Zeit auf Recherchen (oder mit der Arbeit an anderen Projekten) und nicht genug Zeit auf das Schreiben verwendet zu haben.92 Morel-Fatio, Historiographie de Charles-Quint, Teil I (1913), bietet eine hervorragende Einschätzung zu der Arbeit der einzelnen spanischen Chronisten, auch wenn inzwischen in mehreren Fällen neuere Editionen erschienen sind. So wurde aus dem Manuskript von Santa Cruz’ Crónica del emperador Carlos Quinto eine Druckvorlage von fast 4000 Seiten erstellt und zwischen 1920 und 1925 in fünf Bänden in Madrid veröffentlicht. Eine kritische Ausgabe von Mexías Chronik erschien 1945. Zwischen 1953 und 1957 veröffentlichte José López de Toro eine vierbändige spanische Übersetzung der Briefe von Peter Mártir. Eine vollständige Ausgabe von Giróns Geschichte kam 1964 heraus. Und eine prachtvolle Ausgabe von Sepúlvedas Historia de Carlos V mit der ursprünglichen lateinischen Fassung und einer spanischen Übersetzung auf gegenüberliegenden Seiten erschien in sechs Bänden zwischen 1995 und 2010.93 Von den offiziellen Chronisten interviewte nur Sepúlveda Karl und bat ihn, seine Beweggründe und Ansichten zu bestimmten Episoden darzulegen. Auch fügte er eine äußerst kritische Einschätzung des Kaisers in seinen letzten Lebensjahren hinzu (Buch XXX) – aber seine Historia erschien erst in den 1780er-Jahren im Druck.94 Drei weitere Chronisten brauchten kein persönliches Gespräch, weil sie den Kaiser bereits gut kannten: Guevara war sein Kaplan, Girón fungierte als sein Alcalde de Casa y Corte (der Magistrat, der dafür zu sorgen hatte, dass die Disziplin am spanischen Hof gewahrt wurde), und Santa Cruz unterrichtete Karl in Mathematik und begleitete ihn auf Reisen.95 Weitere zeitgenössische Historiografen, die persönliche Aufzeichnungen über ihre Zeit mit dem Kaiser hinterließen, waren die nachfolgend aufgeführten (in chronologischer Reihenfolge): 1. Jean Vandenesse führte ein Tagebuch über Karls Schritte und Maßnahmen von 1506 bis 1551, das ausführliche Schilderungen von mehreren wichtigen Ereignissen enthält. 2. Sancho Cota tat dasselbe von 1510 bis zum Oktober 1518, als er mit Eleonore nach Portugal abreiste. 3. Laurent Vital führte tagtägliche Aufzeichnungen über das Leben an Karls Hof zwischen Juni 1517, als er mit Karl die Niederlande verließ, und April 1518, als er mit Ferdinand zurückkehrte.

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706 Anhänge 4. Francesillo de Zúñiga, »offizielles Klatschmaul des spanischen Hofes (chismógrafo official de la corte Española)«, begleitete Karl zwischen 1517 und 1529 und hatte ab 1522 das Amt des Hofnarren inne. Nachdem er in Ungnade gefallen war, verfertigte Zúñiga eine skurrile Darstellung des Lebens bei Hofe die beinahe sofort überall handschriftlich kursierte und voller bissiger Kommentare über die Hofgesellschaft war. Die Schärfe seiner Spitzen lässt sich an der Tatsache ermessen, dass eines der Zielobjekte seines Spottes ihn 1532 erdolchen ließ.96 5. Martín García Cerezada, Tratado, ist ein Bericht über die Feldzüge des Kaisers aus der Sicht eines Fußsoldaten in Karls Diensten zwischen 1522 und 1545 mit ausführlichen Schilderungen (oftmals von Tag zu Tag) jener Zeiten, in denen er »als Augenzeuge« den Kaiser beim Einsatz an der Spitze seiner Truppen beobachtete. 6. Fery de Guyon aus der Franche-Comté begann seinen Dienst in Karls Armeen 1523 als Page und stieg 1539 zum »Bogenschützen der Garde« auf, was ihm Gelegenheit gab, seinen Souverän aus nächster Nähe zu beobachten. In einigen Teilen seiner Mémoires (die er offenbar nach 1566 für seine Familie verfasste) ist Guyon vollkommen abwesend, aber in anderen Teilen spielt er als Protagonist eine wichtige Rolle und liefert einzigartige Details über die Logistik der großen Feldzüge Karls, darunter auch kritische Anmerkungen über »unseren Kaiser« aus der Sicht eines jüngeren Offiziers.97 7. Luis de Ávila Zúñiga verfasste, basierend auf seinen Erlebnissen an Karls Seite, einen schmeichlerischen Comentario zum Schmalkaldischen Krieg, den er 1548 veröffentlichte. Darüber hinaus beaufsichtigte er in seiner Funktion als kaiserlicher proto-cronista die Arbeit der anderen Historiografen.98 8. Karl ist die zentrale Figur in der zweiten Hälfte von Paolo Giovios Delle Istorie del suo tempo, die mit dem Jahr 1547 abschloss und 1552 erstmals veröffentlicht wurde. Abgesehen von ausführlicher Lektüre sammelte Giovio Informationen, indem er Interviews führte (manchmal persönlich, häufiger per Brief), und zwar sowohl mit Karl und seinen Statthaltern als auch mit seinen Feinden (Giovio befragte einige Muslime, die in Tunis gefangen genommen und 1536 vom Kaiser nach Rom gebracht wurden; und im August 1547 schickte er Fragenkataloge an Johann Friedrich von Sachsen und den Landgrafen von Hessen, die beide im Gefängnis schmachteten, um zu erfahren, warum ihr Aufstand nach ihrer Ansicht gescheitert war).99 Außerdem stützte er sich auf seine persönliche Erfahrung, die auf seinen Treffen mit Karl 1529, 1536, 1541 und 1543 beruhte.100 9. Im Jahr 1555 brachte Johannes Sleidan sein Werk De statu religionis et reipublicae Carolo V Caesare commentarii heraus, das zuerst auf Latein erschien, aber schon bald in mehrere Landessprachen übersetzt wurde. Sleidan rühmte sich am Beginn, dass »dieses mein Werk vollständig auf Dokumenten beruht, die mit größter Sorgfalt gesammelt wurden«, aber als offizieller Historiker des Schmalkaldischen Bundes sammelte er Dokumente über Religion und öffentliche Angelegenheiten und nicht über Karl. Daher maß er dem jüngsten Krieg in Deutschland fünfzig Seiten zu, aber nur sechs Zeilen dem Tunisfeldzug. Sleidan schrieb praktisch nichts über das Erscheinungsbild des Kaisers oder seine innersten Gedanken. Obwohl Karl das Werk, wie zu erwarten, missfiel, lieferte Sleidan wichtige Einsichten über die deutschen Politik des Kaisers und ihre Gegner.101 10. Francisco López de Gómara verfasste seine Annalen Karls V. in den Jahren 1557/58, wobei einige Passagen nicht fertig ausgearbeitet wurden, sondern notizenhaft blieben. Der Autor hatte Karl auf dessen Algierfeldzug begleitet und war möglicherweise Augenzeuge weiterer Ereignisse, was seiner Darstellung große Lebendigkeit verleiht.102

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11. Obwohl Florián de Ocampo nur fünf von geplanten 84 Kapiteln seiner Chronik veröffentlichte, hinterließ er einige Notizbücher voll mit relevantem Material hinsichtlich der Verhältnisse in Spanien: BNE Ms. 9936 und 9937. Sie decken die Jahre 1521–43 und 1550–58 ab und wurden beide aus BSLE Ms V-II–4, »Relación de cosas sucedidas en la Cristianidad desde 1510 hasta 1558« kopiert und von Páez und vielleicht Busto annotiert. 12. Das Leben von Fray Prudencio de Sandoval, geboren um 1551, überschnitt sich nur knapp mit dem des Stars seiner Historia de la vida y hechos del Emperador Carlos V, die erstmals in den Jahren 1604–06 erschien. Entsprechend machte er ausführliche – oft wortwörtliche – Anleihen bei den von Gómera, Guevara, Mexía und Santa Cruz verfassten Chroniken. Wenn er erklärt, viele der in seiner Historia zitierten Dokumente gelesen oder in Händen gehalten zu haben, erinnert uns das jedoch zu Recht daran, dass er Zugriff auf zahlreiche staatliche Unterlagen hatte, darunter auch solche, die heute verloren sind – und wo die Originale erhalten sind, bestätigen sie, dass Sandoval seine Quellen korrekt zitierte.103

Daneben taucht Karl in vielen anderen zeitgenössischen Darstellungen auf, über die er keine Kontrolle hatte. So begegnet er etwa in den Memoiren des Bartolomäus Sastrow aus Stralsund, der den Kaiser bei vielen Anlässen in den 1540er-Jahren beobachtete; in der Istoria d’Italia von Francesco Guicciardini, die 1534 endete; und in der Biografie Friedrichs II. von der Pfalz, die Thomas Hubert (auch bekannt als »Leodius«) verfasste, der ab 1522 bis zum seinem Tod 1555 als Friedrichs Sekretär und Sondergesandter fungierte. Hubert protokollierte viele Gespräche, die er mit seinem Herrn über Mitglieder der kaiserlichen Familie führte (unter anderem über Karls Schwester Eleonore, um deren Hand Friedrich 1517 und noch einmal 1522 warb), und zitierte Dokumente aus dem pfälzischen Archiv.104 Karl erscheint auch in den zahlreichen Chroniken, die seinen verschiedenen Feldzügen gewidmet wurden: Voigt, »Die Geschichtsschreibung«, lieferte sorgfältig recherchierte bibliografische Beiträge über den Zug nach Tunis und den Schmalkaldischen Krieg, die noch immer nützlich sind. Norman, Tempête, gab eine Sammlung ausgewählter christlicher und muslimischer Texte über das Fiasko von Algier heraus.

VI. Kulturelle Zeugnisse 1. BAUWERKE Alle vier Paläste in den Niederlanden, die Karl als Residenz dienten, sind zerstört worden. In Gent wurde 1685 sein Geburtszimmer im Hof ten Walle (später zu seinen Ehren in »Prinsenhof« umbenannt) zu seinem Andenken mit Fresken ausgestattet, die seine großen Taten zeigten, aber das Herrenhaus brannte 1835 ab. Der Keizershof in Mecheln, wo Karl den größten Teil seiner Jugend verbrachte, wurde in ein Kloster umgewandelt, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts abgerissen wurde (heute restauriert). Der gewaltige herzogliche Palast in Brüssel, Schauplatz vieler Schlüsselereignisse wie der Erklärung von Karls Volljährigkeit 1515 und seiner Abdankung vierzig Jahre später, wurde 1731 durch Feuer fast vollständig zerstört. Ausgrabungen in jüngerer Zeit haben Spuren mehrerer Anbauten freigelegt, die unter der Herrschaft des Kaisers entstanden. Von dem kleinen Haus im Park des Palastes, wo Karl zwischen 1553 und 1556 wohnte, ist nichts mehr übrig, weil es 1778 abgerissen wurde.105

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708 Anhänge Nur zwei von Karls Palästen sind mehr oder weniger unversehrt erhalten, beide in Spanien. Während seines Besuchs in Mantua 1532 gab Karl den Renaissancebau im Herzen der Alhambra von Granada in Auftrag, und obwohl er mehr als einmal Pläne zur Rückkehr dorthin machte, hat er ihn tatsächlich nie gesehen.106 Im Gegensatz war Karl an der Planung eines anderen bedeutenden Bauvorhabens selbst beteiligt: der Gemächer in Yuste, wo er die letzten neunzehn Monate seines Lebens verbringen sollte. Die Anbauten wurden nach seinem Tod Teil des Klosters, aber 1809 brandschatzten und plünderten französische Truppen die Stätte, und bald nachdem das Kloster 1837 aufgegeben worden war, fiel der gesamte Komplex in Trümmer. Kurz vor dem 400. Jahrestag von Karls Tod begannen im Jahr 1958 ernsthafte Restaurierungsarbeiten, die zwischen 1999 und 2002 erfolgreich abgeschlossen wurden.107

2. DARSTELLUNGEN IN MALEREI UND SKULPTUR Karl und seine Entourage hatten ein genaues Auge auf die bildlichen Darstellungen des Reiches durch Maler, Bildhauer, Graveure und andere Künstler. Wohlfeil, »Retratos«, Checa Cremades, Carlos V, und vor allem Burke, »Presenting«, bieten hervorragende Überblicke. Erhaltene Bildnisse reichen von den durchgehend lebensgroßen Gemälden, bekannt als »Staatsporträts« (siehe Abb. 19), über Glasmalereien und figürliche Darstellungen in Holz (Abb. 15) und Bronze (Abb. 21 und 29) bis zu Münzen und Medaillen (Abb. 16 und 17), Wandteppichen (Abb. 20), Kameen (Abb. 31) und Miniaturen (Abb. 33). Sogar Spielfiguren und -steine konnten propagandistisch genutzt werden und das Konterfei des Kaisers und seiner Familie tragen (Abb. 30).108 Viele Bildnisse wurden dank des Drucks in großen Mengen unters Volk gebracht, und dasselbe galt für die feierlichen Einzüge des Monarchen in die großen Städte seines Reiches, die 1515 in Brügge anfingen (Abb. 7 und Kap. 3 oben). Sie erreichten ihren Höhepunkt in den 1549 anlässlich der Reise Karls und seines Sohnes durch die Niederlande errichteten Triumphbögen, die in Calvete de Estrella, El felicíssimo viaje, abgebildet sind. Jacquot, Fêtes et cérémonies, enthält viele Beispiele, und es erscheinen immer neue Studien über einzelne feierliche Gedenkakte wie etwa Borrás Gualis, La imagen triunfal, über den im spanischen Tarazona geschaffenen eindrucksvollen Fries zur Erinnerung an Karls Kaiserkrönung in Bologna 1530. Viele von Karls Ministern erwarben Porträts und andere Memorabilien, die sie an ihren verstorbenen Herrn erinnern sollten (oder wollten sie zumindest erwerben: siehe den unerfüllten Wunsch des ersten Grafen von Olivares, sich eine Kopie von Tizians Gemälde »Karl V. in der Schlacht bei Mühlberg« zu verschaffen, in Kap. 17). Es war mit ziemlicher Sicherheit Luis de Ávila y Zúñiga, den manche für einen Günstling des Kaisers hielten, der Karl überredete, sich nach Yuste zurückzuziehen, das in der Nähe seines eigenen Palastes in Plasencia lag. Dort schuf er ein regelrechtes »Karlsmuseum«, geschmückt mit Freskendarstellungen der großen Schlachten des Kaisers (als Ávila ihm das Fresko zu Renty beschrieb, wendete Karl ein, es sei nicht korrekt) und voller Erinnerungsstücke, die ihm der Kaiser geschenkt hatte, darunter eine Marmorbüste von Pompeo Leoni aus dem Jahr 1555. Der Palacio de Mirabel in Plasencia kann noch heute einen Salón de Carlos V vorzeigen, aber die Sammlungsstücke werden dort möglichweise nicht mehr lange bleiben: Die Leoni-Büste aus der Sammlung wurde 2017 bei einer Auktion für 400 000 Euro zum Verkauf angeboten, das Angebot dann aber wieder zurückgezogen.109

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3. MUSIK Der junge Karl wurde in Mecheln an mehreren Instrumenten unterrichtet, und im Lauf seines Lebens hörte er eine Menge gute Musik. Offenbar hörte er auch wirklich aufmerksam zu, denn er erkannte, dass einige Motetten von Francisco Guerrero, die für ihn in Yuste aufgeführt wurden, auf Kompositionen von anderen beruhten (Kap. 16). In ihrer ausgezeichneten Studie über Musik an Karls Hof räumte Mary Tiffany ein, dass »sich keinerlei persönliche Beteiligung an der Förderung von Musik und Musikern feststellen ließ«, aber es gebe überzeugende Beweise dafür, dass bestimmte Kompositionen mit besonderen Ereignissen verbunden waren (der Kaiserkrönung in Bologna, der Eröffnung eines Reichstags, dem Tod der Kaiserin usw.).110 Die beste Einführung in das Thema bleibt der lange und gut belegte Aufsatz von Ignace Bossuyt, Professor für Musikwissenschaft an der Alten Universität Löwen, »Charles V. A life story in music«, der Karls politische Laufbahn im Licht der Musik nachzeichnet. Natürlich existieren auch schöne Aufnahmen vieler Werke von Komponisten, die Karl bekannt waren (Josquin des Prés, Peter Alamire, Juan de Anchieta, Luis de Narváez, Jean Courtois, Francisco Guerrero, Nicholas Gombert, Cristóbal de Morales usw.). Manchmal haben Karlophile sogar das Glück, dass Musik, wie einst für den Kaiser aufgeführt, im Konzert wiederbelebt wird. So brachte beispielsweise im Oktober 2018 am Trinity College, Hartford (Connecticut), das Ensemble Origo eine Teilrekonstruktion der Musik zur Aufführung, die bei Karls Krönung in Bologna am 24. Februar 1530 gesungen wurde.

VII. Gedruckte Primärquellen Der belgische Historiker und Archivar Louis Prosper Gachard, der mehr Dokumente über den Kaiser veröffentlicht hat als irgendjemand davor oder seitdem, bemerkte nur eine einzige chronologische Lücke in der schriftlichen Überlieferung: »Die Geschichte interessierte sich erst für [Karl], nachdem er zu glänzen begann«, klagte er 1842: »Es wäre einfach faszinierend zu wissen, wie ein Prinz, der die Welt mit der Kunde von seinem Ruhm und seiner Macht erfüllen sollte, erzogen wurde. Vor allem wäre es faszinierend, Schritt für Schritt die Entwicklung des Verstandes zu verfolgen, der fast ein halbes Jahrhundert lang einen so beachtlichen Einfluss auf das Schicksal Europas ausüben sollte. … Aber leider scheint es nicht so, als wären die Quellen erhalten.« Ausnahmsweise einmal irrte sich Gachard: Im Jahr 2011 veröffentlichte Anna Margarete Schlegelmilch eine 650-seitige Studie, die auf einer überwältigenden Auswahl an Quellen in sieben Sprachen beruht, unter dem Titel Die Jugendjahre Karls V. Lebenswelt und Erziehung des burgundischen Prinzen. Ihre akribischen mehrsprachigen Recherchen bewiesen, dass durchaus Material zu Karl, bevor »er zu glänzen begann«, in erstaunlichen Mengen erhalten geblieben ist.111 Für den Rest von Karls Leben sind gedruckte Quellensammlungen, die ihr Material aus nur einem Archiv (AGS, ASV) oder dort nur aus einer Quellengattung (die venezianischen Relazioni) schöpfen, oben in den Beiträgen zu den einzelnen Archiven aufgeführt. Einige wichtige Veröffentlichungen beinhalten aber Dokumente aus vielen Quellen, insbesondere die folgenden:

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710 Anhänge 1. SPANIEN CODOIN, eine Reihe aus 112 Bänden, enthält viele Dokumente von oder über Karl aus spanischen Archiven (Laiglesia, Estudios, III, S. 61–73, führt sie in alphabetischer Reihenfolge auf). CLC, Bände IV und V, veröffentlichte Dokumente, die von den kastilischen Cortes unter der Herrschaft Karls ausgefertigt wurden (heute online verfügbar: https://biblioteca-digital. jcyl.es/es/consulta/registro.cmd?id=16930). Faksimile-Ausgaben der Testamente von Ferdinand dem Katholischen und Karl wurden 2016 und 1983 von J. M. Calderón Ortega beziehungsweise von M. Fernández Álvarez und J. L. de la Peña veröffentlicht. Der Ehrenplatz unter den in Spanien veröffentlichten gedruckten Quellen gebührt dem CDCV. Im Jahr 1956 erhielt Manuel Fernández Álvarez die Anweisung: »Álvarez, die Hundertjahrfeier für Karl V. rückt näher, und wir müssen etwas tun.« Seitdem, so erinnerte sich Don Manuel, »habe ich mich der Sache gewidmet, Material über den Kaiser zusammenzutragen.«112 Dank großzügiger Forschungsstipendien für Recherchen im Ausland und einem Druckkostenzuschuss von 500 000 Peseten erschienen die 2800 Seiten des CDCV in fünf Bänden zwischen 1973 und 1981. Sie enthalten 825 Dokumente (fast alle in vollständigem Abdruck), eine spanische Übersetzung der Memoiren des Kaisers sowie Gesamtregister.113

2. DEUTSCHLAND Im Jahr 1893 erschien der erste Band der Deutschen Reichstagsakten, jüngere Reihe: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. (RTA ), der die Vorgänge im Vorfeld von Karls Wahl zum römisch-deutschen König dokumentiert (1516 – Juli 1519). Band II (1896) behandelt den Zeitraum von seiner Wahl bis zum Ende des Reichstags zu Worms (Juli 1519 – Mai 1521). Beide Bände enthalten sowohl die maßgeblichen Depeschen ausländischer Gesandter als auch interne Dokumente. Wie Henry Cohn angemerkt hat, war damit »alles für ungültig erklärt, was davor geschrieben worden war« – doch von Historikern außerhalb Deutschlands sind sie seitdem nur wenig genutzt worden.114 Von den anderen Zusammenkünften, denen Karl persönlich vorstand, veröffentlichte RTA Band X (1992, 1602 Seiten in drei Teilen) Dokumente vom Regensburger Reichstag 1532, Band XV (2001, 2404 Seiten in vier Teilen) die Akten aus Speyer 1544, Band XVI (2003, 1740 Seiten in zwei Teilen) die aus Worms 1545, Band XVII (2006, 596 Seiten) die aus Regensburg 1546, Band XVIII (2006, 2760 Seiten in drei Teilen) die aus Augsburg 1547/48, und Band XIX (2005, 1681 Seiten in drei Teilen) die aus Augsburg 1550/51. Die gegenwärtig in Vorbereitung befindlichen Bände werden die anderen Reichstage abdecken, bei denen Karl den Vorsitz führte: Augsburg 1530 (IX ) und Regensburg 1541 (XIV ). Ihr Fehlen kann teils durch die von Förstemann, Urkundenbuch, veröffentlichten Quellen kompensiert werden. Von Druffel und Brandi, Briefe und Akten, Bände II –IV , haben viele Dokumente zur Reichsgeschichte der Jahre 1546–55 veröffentlicht. Kohler, Quellen, veröffentlichte 120 wichtige Dokumente über Karl, alle in modernes Deutsch übersetzt. Die Mehrzahl stammt aus gedruckten Primär- und Sekundärquellen (siehe die Liste auf S. XV–XXII). Nur wenige der Quellen waren ursprünglich auf Deutsch verfasst, aber die Nr. 10 ist eine faszinierende Ausnahme: Die »Wahlkostenabrechnung des Johann Lukas« für das Jahr 1520 über die Zahlungen im Auftrag Karls zur Sicherung seiner Wahl zum römisch-deutschen König.115 Kohler zitiert und erörtert jedes Dokument in seiner bewundernswerten Biografie Karl V.

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Im Jahr 2001 begann die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz mit der Digitalisierung ihres Projekts Regesta Imperii, ein chronologisches Verzeichnis sämtlicher belegter Aktivitäten der römisch-deutschen Könige und Kaiser sowie der Päpste bis ins Jahr 1519 in Form von Regesten (mehr als 140 000 sind gegenwärtig verfügbar). Seitdem wurde auch ein umfangreicher verlinkter Schrifttumsnachweis (RI-Opac) hinzugefügt, der sich unter anderem durch die Erschließung unselbstständigen Schrifttums auszeichnet. Gegenwärtig sind mehr als zwei Millionen Titel erfasst. Für ein Beispiel siehe den Sammelband von Boone und Demoor, Charles V in context, zu dem das Inhaltsverzeichnis angegeben wird und woraus ein Beitrag online verfügbar ist: http://opac.regesta-imperii. de/lang_en/anzeige.php?sammelwerk=Charles+V+in+context.+The+making+of+a+European+identity&pk=973091

3. BELGIEN Die Quellenveröffentlichungen zu Karls Herrschaft beinhalten sechs umfangreiche Bände, die sämtliche Erlasse seiner Regierung wiedergeben (Receuil des Ordinnances), sowie ein zehnbändiges Geschichtswerk, das sich auf Material aus belgischen Archiven stützt (und viel daraus zitiert): Henne, Histoire du règne de Charles- Quint en Belgique.

4. ITALIEN Kurz nach dem Erscheinen der henneschen Geschichte begann Giuseppe de Leva ein ähnliches Werk für Italien zu publizieren, das Material aus einer eindrucksvollen Anzahl ausländischer und italienischer Archive und Bibliotheken abdruckte und die Zeit bis 1552 abdeckte: Storia documentata di Carlo V.

VIII. Sekundärliteratur Tausende von Biografien Karls sind in mindestens einem Dutzend Sprachen erschienen, die ersten bereits zu Lebzeiten des Kaisers. Mehr als hundert erschienen bis 1600. Im Jahr 1956 meinte Royall Tyler, dass unter allen verfügbaren Werken der »Ehrenplatz« der von Karl Brandi veröffentlichten Biografie Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreichs gebühre. Der erste Band erschien 1937 und wurde bald in viele Sprachen übersetzt. Brandi hatte 1907 mit der Arbeit an einer Biografie Karls begonnen in der Absicht, die unvollendete dreibändige Studie von Hermann Baumgarten abzuschließen. Aber später entschloss er sich, ganz von vorn anzufangen, und während eines Großteils der nächsten drei Jahrzehnte arbeitete er sich durch Primär- und Sekundärquellen hindurch. Im Jahr 1941 veröffentlichte Brandi einen Begleitband, Kaiser Karl V. Quellen und Erörterungen, der die auf jeder Seite der deutschen Ausgabe seiner Biografie angeführten Quellen kommentiert und oft auch teilweise transkribiert (ergänzt durch einen Aufsatz in B & S, XIX, S. 161– 257, »Aus den Kabinettsakten des Kaisers«, der einige Dokumente von herausragender Bedeutung enthält, die Brandi erst nach der Veröffentlichung seiner Biografie entdeckte).116 Manche mögen Brandi kritisieren, weil er politischen und religiösen Entwicklungen in Deutschland so viel Platz einräumt und ökonomischen und sozialen Fragen so wenig oder

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712 Anhänge weil er so wenige Dokumente aus den Archiven von Lille und aus Spanien heranzog, aber seine Biografie – vor allem, wenn man die beiden Bände nebeneinander liest, wie von ihm beabsichtigt – behauptet weiter den Ehrenplatz. Sie setzt nach wie vor den Standard, an dem alle anderen Werke über Karl sich messen lassen müssen.117 Eine Fülle von Biografien erschien um 1958, dem 400. Jahrestag von Karls Tod, nebst 67 Vorträgen, die in verschiedenen Sprachen auf vier internationalen Konferenzen gehalten wurden: Kohler, Carlos V./Karl V., S. 403–404, bietet sämtliche Einzelheiten. Eine weitere Welle von Studien über den Kaiser erschien um 2000 zu seinem 500. Geburtstag. Vor allem die »Sociedad estatal para la conmemoración de los centenarios de Felipe II y Carlos V.« finanzierte im Jahr 2000 fünf internationale Tagungen und sechs Ausstellungen und veröffentlichte die dazugehörigen Protokolle (275 Einzelbeiträge) und Kataloge sowie zahlreiche Monografien und Quellen Karl betreffend – insgesamt 25 000  Druckseiten. Blockmans und Mout, The world, S. 1–11 und 337–347, liefern sämtliche Einzelheiten. Auch Belgien feierte Karls 500. Geburtstag: Der 286-seitige Bericht der flämischen »Charles V Commission« führte die diesbezüglichen Aktivitäten einzeln auf, welche die Kommission im Jahr 2000 unterstützte, und enthielt eine Liste mit 38 relevanten Veröffentlichungen.118 Chaunu und Escamilla, Charles, S. 1133–1160, bieten einen ausgezeichneten Überblick über Publikationen ab dem Jahr 2000, und spätere Veröffentlichungen können über drei Online-Ressourcen recherchiert werden: durch Eingabe von »Karl V« in die Suchmaske des Online-Katalogs der deutschen Nationalbibliothek: https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118560093, durch Eingabe von »Carlos V«, »Karl V« und »Charles-Quint« in Dialnet.unirioja.es und durch Zugriff über das »Carlos Quinto«-Portal in der Biblioteca Virtual Cervantes.119

IX. Die Abwesenden In seiner ausgezeichneten Studie über Biografien und ihre geradezu vom Sujet besessenen Autoren stellte James Atlas fest: »Man könnte niemals alles zu Papier bringen. Die Geschichte würde stets unfertig bleiben. Es war das Risiko des Gewerbes … Die Biografie wie die [psychiatrische] Analyse bleibt unvollkommen; der Gegenstand wie der Patient bleibt unbekannt.«120 Doch es gibt zwei Arten von Unbekannten: die, von denen man weiß, und die übrigen.

1. DIE BEKANNTEN UNBEKANNTEN Der Krieg hat viele Dokumente vernichtet, die von, für oder über Karl verfasst wurden. Das Archiv der Staaten von Brabant wurde 1695 zerstört, als die Franzosen Brüssel mit Beschuss belegten. Im Jahr 1914 zerstörten vorrückende deutsche Truppen die Archive von Löwen und Ypern. Im Jahr 1943 brannten deutsche Truppen auf ihrem Rückzug das Archiv von Neapel nieder. Andere Dokumente gingen durch Schiffbruch verlustig. Im Jahr 1542 entschuldigte Karl sich bei einem Botschafter, dass er ein paar wichtige Papiere nicht finden könne, weil sie im vorigen Jahr »auf dem Algierfeldzug verloren gegangen« seien.121 Schlimmer war, dass »alle Papiere des Kaisers und des Königs, unseres Herrn, seit dem Jahr 1540« bis 1559 zugleich mit dem sie befördernden Schiff im Meer versanken, als Philipp II. von den Nieder-

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landen zurück nach Spanien reiste, »und mit ihnen verloren wir eine wichtige Quelle über die vergangenen Ereignisse«.122 Ein weiterer wichtiger Verlust betrifft die handschriftlichen Mitteilungen Karls an seinen Bruder: Kurz nach Karls Tod ordnete sein Bruder an, ihre gesamte Korrespondenz seit 1522 in spezielle Register zu übertragen: HHStA Hs. Blau 595, 596/1–2 und 597/1–3. Obwohl seine Archivare »ihre Abschriften mit den Originalbriefen abglichen«, ließen sie die handschriftlichen Nachträge des Kaisers systematisch nach ein paar Worten weg, vielleicht weil Ferdinand sie für zu heikel hielt. Wir wissen, was Karl mit eigener Hand anfügte, wenn auch das Original des entsprechenden Briefes erhalten ist, aber was den Rest betrifft, wissen wir nur, dass etwas – vermutlich etwas Wichtiges – fehlt.123 Viele erhaltene Dokumente wahren zumindest einen Teil ihrer Geheimnisse vor den Forschern. Manche ergaben selbst für Zeitgenossen wenig Sinn: Der erste Minister Heinrichs VIII., Thomas Cromwell, klagte einmal, die von einem Gesandten an Karls Hof geschickten Briefe seien »so obskur, dass es für jeden schwer war, dieselben zu verstehen«. Selbst wenn die Syntax klar ist, sind die erhaltenen Dokumente in einer verwirrenden Vielzahl von Handschriften geschrieben, von denen einige schier unzugänglich sind. Einer der Herausgeber von The Family correspondence of Ferdinand I stellte resigniert fest, »dass es in jeder Historikergeneration jemanden geben sollte, der in der Lage ist, die zwischen Ferdinand I. und seinen Geschwistern ausgetauschten Briefe herauszugeben – Briefe, die manchmal extrem schwer zu entziffern sind«. Karl selbst war einer der schlimmsten Übeltäter. Seine Schwester Maria machte ihm gelegentlich Vorhaltungen wegen der Unlesbarkeit seiner Briefe: »Wenn ich so sagen darf, waren ein oder zwei Wörter so schlecht geschrieben, dass ich sie nicht richtig lesen konnte und nicht sicher sein kann, ob ich sie korrekt gedeutet habe.«124 (Siehe Abb. 8 und 9 mit Beispielen aus spanischen und französischen Schriftstücken für Karls schwierige Handschrift.) Aber weil der Kaiser einfach erwartete, dass die Empfänger schon in der Lage sein würden, zu lesen, was er schrieb, müssen auch die Historiker sich weiter beharrlich darum bemühen. Viele einst lesbare Dokumente sind später beschädigt worden. Mehrere Bände der Handschriftensammlung Sir Robert Cottons wurden durch Feuer versengt, bevor sie die British Library erreichten, sodass die Randbereiche der Depeschen vieler englischer Diplomaten an Karls Hof unlesbar geworden sind. Ein Vulkanausbruch in Guatemala 1541 löste ein Hochwasser aus, das die koloniale Hauptstadt mit den meisten Dokumenten zerstörte und den Rest beschädigte. Und so weiter. Außerdem wurden viele Dokumente in einem Code geschrieben, für den kein »Klartext« erhalten ist, entweder weil der Empfänger so vertraut damit war, dass er den Text im Kopf verschlüsseln und entschlüsseln konnte, oder weil der Schlüssel nicht erhalten geblieben ist. Im Jahr 1516 erhielt Kaiser Maximilian von seiner Tochter mindestens einen Brief, »den Ihr mit eigener Hand verschlüsselt habt«; und ein Jahrzehnt später versicherte Karl seinem Bruder, dass »ich selbst entschlüsselt habe, was Ihr mir in Eurem Brief vom 9. Mai schriebt« – zwei Beispiele unter vielen.125 Gustave Bergenroth stieß allein in Simancas auf etwa fünfzig unterschiedliche Codes und leistete eine »ungeheure Arbeit, die meiner Gesundheit abträglich war«, als er versuchte, sie zu entschlüsseln – bis er unerwartet im Archiv auf eine Box stieß, die zahlreiche Schlüssel enthielt. Manche waren »mir beim seitenweisen Entziffern von Nutzen; andere waren nur hilfreich, um ein paar Zeilen zu lesen«. Aber dank seiner Mühen sind von oder für Bergenroth transkribierte Dokumente heute in voller Länge lesbar, während die Originale in den Archiven umfangreiche noch chiffrierte Passagen

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714 Anhänge enthalten. Für die Inangriffnahme des verbliebenen Rests bietet Stix, »Die Geheimschriftenschlüssel«, hilfreiche Schlüssel für 24 Codes, die von Karls Kanzlei verwendet wurden.126 In einigen Fällen wissen wir nur, dass uns Informationen fehlen, weil ein Briefschreiber immerhin so viel verkündete, als dass eine bestimmte Angelegenheit zu wichtig oder zu heikel sei, um sie niederzuschreiben. So informierte Maximilian einmal Margarete, dass er einem Sonderkurier »unsere Pläne mündlich dargelegt« habe; dieser könne sie dann »mit größerer Verschwiegenheit und Freimütigkeit darüber verständigen, was zu tun wir uns entschlossen haben«. Ein andermal kündigte Margarete Kardinal Wolsey an, dass ihr Sonderkurier ihm ihre Pläne persönlich darlegen werde, »weil dies Angelegenheiten sind, die besser mündlich als in schriftlicher Form übermittelt werden«. Karls Regent in Spanien übermittelte heikle Informationen ebenfalls durch zuverlässige Boten, weil »die Angelegenheiten hier viel schlimmer stehen, als ich in meinen Briefen ausdrücken kann«.127 Auch Karl bestand gelegentlich darauf, heikle Geschäfte mündlich abzuwickeln. Im Jahr 1528 informierte er den Grafen von Haro, dass »es notwendig ist, dass Ihr hierherkommt, damit ich Euch ein paar wichtige Dinge meinen Dienst betreffend sagen kann« (mit ziemlicher Sicherheit ging es darum, den Grafen zum Wächter der als Geiseln gehaltenen französischen Prinzen zu bestellen und entsprechend zu instruieren). Zwei Jahrzehnte später ließ er seinen Bruder wissen, dass »die Bedeutung dieser Angelegenheit es mehr als erforderlich macht, dass wir sie zusammen persönlich besprechen … Sie kann nicht durch dritte Parteien oder in Schriftform erledigt werden.« Er fasste ins Auge, »vier oder fünf Tage miteinander zu reden«. (Die in Rede stehende »Angelegenheit« war der geplante Krieg gegen die deutschen Lutheraner.)128 Obwohl Karl selbst eine außerordentliche Menge zu Papier brachte, ergriff letztendlich auch er manchmal Maßnahmen, um Staatsangelegenheiten geheim zu halten. Im Jahr 1515 schickte er seinen Lehrer Adrian von Utrecht von Brüssel »nach Spanien, um den König von Aragón in einigen wichtigen geheimen Angelegenheiten, die nicht erklärt werden müssen, zu sprechen«. Diese Formulierung taucht so oder ähnlich seine ganze Herrschaft hindurch immer wieder in den Unterlagen seiner niederländischen Regierung auf: Vierzig Jahre später zahlte sein Kämmerer in Brüssel einem Minister 500  Pfund »für einige wichtige Angelegenheiten den Dienst Seiner Majestät betreffend, die nicht näher beschrieben werden müssen«, und ein anderer erhielt 50 Pfund, »von ihm auf einige geheime Angelegenheiten aufzuteilen, von denen Seine Majestät nicht wünscht, dass sie näher beschrieben werden«.129 Gelegentlich befahl Karl auch die Vernichtung heikler Unterlagen. Als 1536 Krieg mit Frankreich unmittelbar bevorstand, wies er seinen Gesandten am französischen Hof an, »die Notizen und anderen Papiere in Eurem Besitz, die nicht gesehen werden dürfen, zu verbrennen«. Sieben Jahre später leitete er die geheimen Anweisungen, die er seinem Sohn Philipp am Vorabend eines weiteren Krieges mit Frankreich schickte, mit den Worten ein: »Ich schreibe und sende Euch dieses geheime Dokument, das nur für Euch allein bestimmt ist. Ihr sollt es deshalb geheim halten und unter Verschluss, sodass weder Eure Frau noch irgendein anderer es sieht.« Der Kaiser wiederholte diese strenge Ermahnung am Schluss noch einmal: »Und da wir alle sterblich sind, so vergesst nicht für den Fall, dass Gott Euch zu sich rufen sollte, dafür zu sorgen, es in solche Verwahrung zu geben, dass es mir versiegelt zurückgegeben wird, oder lasst es in Eurer Gegenwart verbrennen.«130

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2. DIE UNBEKANNTEN UNBEKANNTEN Die Historiker haben Glück gehabt, dass die geheimen Anweisungen von 1543 nicht verbrannt wurden, weil der Kaiser sie allein verfasste und keine Abschriften anfertigte. Einige andere »geheime Angelegenheiten, von denen Seine Majestät nicht wünscht, dass sie näher beschrieben werden«, lassen sich mit ein wenig Glück und Einfallsreichtum rekonstruieren, weil Sekretäre normalerweise einen Entwurf, eine Abschrift oder eine Notiz von ausgehenden Briefen aufbewahrten oder auch Zweit- oder sogar Drittausfertigungen schickten, von denen mindestens ein Exemplar erhalten ist. Trotzdem werden zwangsläufig einige Lücken unbekannt bleiben. Die Verzeichnisse von Karls Privatausgaben (S. 683–684 oben) erhellen das Problem: Wir wissen, dass ein solches Verzeichnis für die Jahre 1530–32 einmal existierte, weil es, obwohl heute verloren, im 19. Jahrhundert inventarisiert wurde. Aber andere Bände deckten möglicherweise den Zeitraum vor 1530 und nach 1532 ab und sind seitdem spurlos verschwunden. Die Historiker wissen es nicht. Das Problem der »unbekannten Unbekannten« ist besonders gravierend im Fall der Politik- und Militärgeschichte, wie Robert Cano feststellte, als er seine monumentale Biografie des US-Präsidenten Lyndon B. Johnson verfasste. Caro begann 1975 mit der Arbeit, zwei Jahre nach dem Tod Johnsons, als »die meisten seiner Zeitgenossen noch lebten« und für Interviews verfügbar waren. Dies erwies sich als entscheidender Vorzug. Obwohl schriftliche Quellen über den 36. Präsidenten der Vereinigten Staaten in einem Ausmaß erhalten sind, das Biografen Karls V. einschüchtert (die Johnson Baines Library & Museum in Austin, Texas, enthält 34 000 000 Dokumente), lassen sie dennoch viele Dinge im Dunkeln. Aber Caro konnte ja die Personen befragen und tat es auch, die Johnson persönlich gekannt hatten, »und wenn die Bedeutung eines Dokuments in der Library nicht klar war, so machten sie es oft klar«. Dennoch kam es zu Enttäuschungen, weil Caro bald feststellen musste, dass nicht alle Interviews den gleichen Wert hatten. »Man versteht erst Jahre später wirklich, wie Macht funktioniert«, klagte er, »wenn die Leute eher bereit sind, in Interviews zu reden. Dann fängt man wieder von vorn an und sieht, was wirklich passiert ist.«131 Im Fall Karls V. ist dies keine Option – obwohl Vicente de Cadenas y Vicent in seinen Entrevistas con el Emperador Carlos V (»Interviews mit Kaiser Karl V.«) einen beherzten Versuch unternahm. Cadenas y Vicent, der zuvor schon viele Quellen zu Karl veröffentlicht hatte, nutzte dabei all sein Wissen, um »den Kaiser« auf mehr als tausend Fragen eine (meist kurze) Antwort geben zu lassen, deren Plausibilität der Autor mit Belegen und Auszügen aus realen Dokumenten untermauerte. Obwohl Cadenas y Vicent betonte, seine Leser mit den Interviews nur unterhalten zu wollen, brachten seine Fragen doch viele Probleme auf den Punkt, auf die jeder Biograf des Kaisers gerne eine Antwort hätte. Da wir nun aber aus untadeliger Quelle wissen, dass Karls Seele sich im Jahr 1562 auf dem Weg vom Fegefeuer ins Paradies befand, werden wohl zum Leidwesen der Historiker einige der Unbekannten unbekannt bleiben.132

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Anmerkungen Vorwort 1 Dixon, »Charles V«, S. 105–106 (Dixon behauptete außerdem – fälschlicherweise –, der Kaiser habe »keine persönlichen Reflexionen hinterlassen«); Kleinschmidt, Charles, xv. 2 Brandi, Kaiser Karl V., S. 14; Chabod, Carlos V, S. 128 (basierend auf einer Vorlesung, die erstmals in den Jahren 1938/39 gehalten wurde); Braudel, Karl V., S. 77; Blockmans, Emperor, S. 1–2. Man beachte die erlesene Traditionslinie: Brandi half Chabod bei dessen Forschungen (Chabod, Lo stato, »Prefazione«); Chabod half Braudel; Braudel inspirierte Blockmans. 3 Ich danke Claudia Möller Recondo und Alain Servantie für ihre Hilfe bei der Berechnung von Karls Reisebewegungen. Siehe auch die Tabelle zu den Aufenthaltsorten des Kaisers in Anatra, »Itinerarios«, sowie das Diagramm bei Vilar Sánchez, Carlos V, S. 401. 4 AGNM Mercedes I und II (heute mit den Signaturas servibles 15792 und 15793), in denen jedes »expediente« als cédula gezählt wird; Ruiz Medrano, Mexico’s indigenous communities, S. 112 (noch unterstrichen durch ein Gespräch mit Lidia Gómez García in Mexiko 2015 über Karls »Gottgleichheit«). 5 Dolce, Le vite, Bl. 525v, behauptete, El cortesano sei eines der wenigen Bücher gewesen, die Karl gründlich gelesen habe; und im Jahr 1533 setzte er seine Unterschrift unter ein Privileg für den Druck einer spanischen Übersetzung. 1516 bemerkte Erasmus von Rotterdam in seiner Schrift über Die Erziehung eines christlichen Fürsten (die er Karl gewidmet hatte) ganz ähnlich: »So oft [der Fürst] in der Öffentlichkeit erscheint, soll er durch seinen Gesichtsausdruck, seinen Gang und vor allem durch seine Art, zu reden, das Volk erheben, eingedenk, dass alle seine Worte und Taten von der gesamten Öffentlichkeit beobachtet und beurteilt werden.« 6 Lutz, »Karl V.«, S. 181; ASF MdP 4301/179, Ricasoli an Herzog Cosimo von Florenz, aus dem kaiserlichen Heerlager, 30. August 1543. Siehe auch Firpo, Relazioni, II, S. 465–466, Bericht des Bernardo Navagero, venezianischer Botschafter, Juli 1546: Karl »kann das Vergnügen nicht verbergen, das der Krieg ihm bereitet. Im Krieg ist er glücklich, da wird er lebendig.« 7 Plutarch, Fünf Doppelbiographien, S. 9. 8 Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 130, Karls geheime Instruktion an den Prinzen Philipp, 6. Mai 1543. 9 Reiffenberg, Lettres, S. 28–33, van Male an Louis de Praet, 11. November 1552 (Latein). 10 Als Beispiel für die immensen »Papierberge«, die ein einziger kaiserlicher Besuch hinterlassen konnte, betrachte man nur das Quellenmaterial zu den drei Tagen, die Karl 1538 in Aigues-Mortes verbrachte – in Le Person, »A moment of ›resverie‹« –, und multipliziere es mit dem Faktor 1000. 11 Virginia Woolf an Vita Sackville-West, 3. Mai 1938, Gesammelte Werke. Briefe 2: 1928–1941, S. 387–388. (Woolf hatte den Auftrag erhalten, eine Biografie des Künstlers und Kunstkritikers Roger Fry zu verfassen.) 12 BNE Ms. 5578/77–99v, »Méthodo para escribir la Historia por Dr Juan Páez de Castro, chronista de el emperador Carlos V, a quien le dirige«, Abschrift. Das Original, das sich einst in der BSLE befand, scheint inzwischen verschwunden zu sein. Esteban, »De las cosas«, hat eine fehlerhafte Transkription dieses Dokuments abgedruckt, das damals unter der Signatur BNE Ms. Q-18 geführt wurde. De Courcelles, Escribir, S. 316–328, behauptete zwar, eine neue Transkription vorzulegen, verwendete jedoch noch immer die (schon nicht mehr aktuelle) Signatur Q-18 und beging exakt dieselben Fehler wie Esteban. Das Dokument ist zwar nicht datiert, aber in einem Brief, den Páez de Castro am 12. Juli 1556 aus Brüssel schrieb, ist die Rede davon, »was ich in meiner Geschichte schreiben muss«: Domingo Malvadi, Bibliofilia, S. 430–431. Zu diesem Zeitpunkt hatte Páez de Castro dem Kaiser, der sich noch immer in den Niederlanden aufhielt, vermutlich schon einen Entwurf vorgelegt. 13 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, II, S. 544–547, Pedro de La Gasca an einen cabildo in Peru (Arica?), 28. September 1549. 14 Smith, Erasmus, S. 34–35; Bataillon, »Charles-Quint«, S. 91. 15 BNE Ms. 5578/87v–88, »Méthodo para escribir la Historia«. Zwei neuere Studien zu Páez de Castro sind: Domingo Malvadi, Bibliofilia, und von Ostenfeld-Suske, »Juan Páez«. 16 Sanuto, I diarii, LV, Sp. 68–69, Abschrift eines Briefes aus Brüssel, 7. Oktober 1531; SLID, II, S. 136 (Hernando del Corral); Neefe, Tafel-Reden, S. 2–3, wo Ferdinands Gespräche mit seinem Leibarzt aus den Jahren 1563/64 wiedergegeben werden. 17 CDCV, III, S. 667, Karl an Philipp, 13. März 1554. 18 Clark, Die Schlafwandler, S. 17–18. Ich danke Mary Sarotte, die mich auf diese Passage aufmerksam gemacht hat.

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19 GRM, I, S. 405–407, Luis Quijada an Juan Vázquez de Molina, 26. September 1558 (fünf Tage nach Karls Tod); AGS E 874/17–18, Juan de Vega, kaiserlicher Botschafter in Rom, an Karl, 19. Februar 1547; von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 366–370 (Charles de Marillacs Bericht von seiner Gesandtschaft im Jahr 1550). 20 Cartwright, Gustave Bergenroth, S. 153–155, Bergenroth an David Douglas, 1. August 1866; Brandi, Kaiser Karl V., S. 537. 21 In CSPSp, V/1, S. viii, verwechselt Gayangos Antoine Perrenin, Karls Staatssekretär 1525–1538, mit Antoine Perrenot de Granvelle und schreibt in den Teilen der Calendars, die er bearbeitet hat, immer wieder (fälschlicherweise) Briefe des Erstgenannten dem Letzteren zu. 22 Scribner, The German Reformation, S. 2–4, liefert einen hilfreichen Überblick zum Bedeutungswandel der Begriffe »Protestant, protestantisch« und »Reformation«. Nach Scribners Auffassung hat Leopold von Ranke den Begriff »Reformation« als Erster in seiner heutigen, breit gefassten Bedeutung gebraucht. Dabei übersieht er allerdings John Knox, der zwischen 1559 und 1571 ein Werk mit dem Titel The history of the Reformatioun of Religioun within the realme of Scotland verfasste, in dem er »the Protestants of the Realm« verteidigen wollte: Knox, History, »Preface«. Beispiele für Karls eigene (und unterschiedslose) Verwendung der Begriffe »protestans«, »lutheriens« und »les desuoyez de la foy« in ein und demselben Brief finden sich in LCK, II, S. 486–491, Karl an Maria, 9. Juni 1546.

1 Vom Herzog von Luxemburg zum Infanten von Kastilien (1500–1508) 1 Mexía, Historia, S. 4–5 (der angibt, er schreibe im Jahr 1548). Hieronymus Gelweiler, ein Humanist aus dem Elsass, und Pietro Mareno, ein päpstlicher Notar, stimmten darin überein, dass Karl von dem biblischen Erzvater Noah abstamme; der italienische Dichter Ludovico Ariosto, ein wahrer Bestsellerautor seiner Zeit, führte die Abstammung des Kaisers gar auf den trojanischen Helden Hektor zurück; der Mönch Prudencio de Sandoval eröffnete seine Biografie Karls mit einer Genealogie, die – über 119 Generationen – dessen Abstammung von Adam belegen sollte: Burke, »Presenting«, S. 418. 2 Der Vers basiert auf Ovids Heroides, XII, 84 (»Bella gerant alii: Protesilaus amet«), und wurde in den 1480er-Jahren dem ungarischen König Matthias Corvinus zugeschrieben. 3 Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 154, Karls Instruktionen an Philipp, 6. Mai 1543. Weber, »Zur Heiratspolitik Karls V.« liefert noch immer die beste Analyse zu der Frage, wie der Kaiser seinen »Heiratsimperialismus« betrieb – vor allem Frankreich gegenüber. 4 AGS E K 1482/14, Maximilian an die Katholischen Könige, 23. Juni 1495. Zum weiteren Kontext siehe Angermeier, »Der Wormser Reichstag 1495«. Cauchies und van Eeckenrode, »›Recevoir madame l’archiduchesse‹«, S. 263–266, haben die beste Darstellung zur Vorgeschichte der spanischen Doppelhochzeit vorgelegt. Kohler, Carlos V, S. 28, weist darauf hin, dass Maximilian nur zwei legitime Nachkommen hatte und mit seiner Entscheidung, beide an das Haus Trastámara zu verheiraten, seine Handlungsoptionen erschöpft gewesen seien. 5 ADN B 2165/205, Zahlung an »une saige femme de la ville de Lille nommée Ysabeau«, September 1499; ADN B 2169/58v und 136v, Zahlungen an George de Dôle, der Gent am 1. Februar 1500 »à extrême diligence« verließ, sowie an »deux religieux de l’abbaye d’Anchin«, die den Ring in »la ville de Gand [brachten,] où ilz avoient séjourné par l’espace de quinze jours entiers, actendant la délivrance de madicte dame«. In dem Spielfilm Juana la Loca (Mad Love) von 2001 – den ein Kritiker als einen »Nackenbeißer für Intellektuelle« bezeichnet hat – kommt eine spektakuläre Nachstellung von Karls Geburt auf einem Abort vor; aber Schlegelmilch, Die Jugendjahre, S. 22 Anm. 15, verwirft diese Geschichte als pure Erfindung. Schade. 6 Van Salenson, Die warachtige geschiedenisse, sig. B, Gedicht von Lieven Bautkin, Strophe 2 (Bautkin schrieb »een paeyeselick prince«, womit sowohl der Frieden, paix, als auch das Osterfest, paas, zu ihrem Recht kommen); AGRB Gachard, 611, unfol., Philipp an die Stadt Ieper, 24. Februar 1500. Tondat, »De Geboorteplaats«, behauptet zwar, Karl sei in der Stadt Eeklo geboren, die rund zwanzig Kilometer von Gent entfernt liegt; dagegen sprechen jedoch nicht nur die zahlreichen Dokumente, die Philipp im Verlauf des Februars 1500 in Gent unterzeichnet hat, sondern auch andere Quellen wie etwa Bautkin. 7 ADN B 2169/62v–63, Zahlung an Gillart Michiel, chevaucheur, abgeschickt am 25. Februar 1500; Gachard, Lettres inédites de Maximilien, I, S. 105 Anm., Maximilians Antwort an Margarete, undatiert, aber aus dem März 1500 (Streit über den Namen); Rodríguez Villa, Juana la Loca, S. 43–45, Villaescusa an die Katholischen Könige, 28. März 1500 (Streit über den Titel). 8 Zurita, Historia, IV, iii, ergänzt noch die Anekdote aus den Anales von Isabellas Ratgeber Lorenzo Galíndez de Carvajal (CODOIN, XVIII, S. 297; die Königin spielt auf die Bibelstelle Apg 1,26 an); Gachard, Lettres inédites de Maximilien, I, S. 105 Anm. 9 Strøm-Olsen, »Dynastic ritual«, S. 36.

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718 Anhänge 10 AGRB Audience 22/133–135, Urkunde des Erzherzogs Philipp, 1. Februar 1500, in spanischer Sprache (was in der Überlieferung des burgundischen Hofs sehr selten ist). 11 Blockmans, »Autocratie ou Polyarchie?«, S. 282 Anm. 1, Regentschaftsrat an Maximilian, 15. Oktober 1483. Gent hatte sich in den 1450er-Jahren bereits gegen Herzog Philipp den Kühnen erhoben und sollte 1539/40 auch Karl V. die Stirn bieten. 12 Inventaire Sommaire, VII, S. xcvii–xcviii, Philipps Anweisungen für seinen Haushalt vom 2. März 1497. In Philipps Fall ist keine förmliche Mündigsprechung überliefert, aber Cauchies, Philippe, S. 84–86, hat plausibel dargelegt, dass seine Minderjährigkeit im Juli 1493, kurz nach seinem 15. Geburtstag, geendet haben muss, denn um diese Zeit begann er, Dokumente mit seinem eigenen Namen zu unterzeichnen (wenn er auch bis 1495 noch als »Prokurator« Maximilians handelte). 13 Firpo, Relazioni, VIII, S. 33, Quirinos abschließender Bericht, 1506; Berwick y Alba, Correspondencia, S. 332, Fuensalida an Ferdinand von Aragón, 5. März 1505; Cauchies, Philippe, S. 225, Maximilian an Phil­ipp, undatiert, aber aus dem Zeitraum September–Dezember 1496; von Höfler, »Depeschen«, S. 147–148, 160–161 und 215–217, Quirino an den Dogen von Venedig, 31. August 1505, 21. September 1505 und 15. Mai 1506. 14 La Marche, Mémoires, III, S. 315–317. (La Marche greift an dieser Stelle zu einem Wortspiel: »Croÿ«, »Glaube«, war der Familienname von zwei führenden Ratgebern Karls: Chimay und Chièvres.) 15 La Marche, Mémoires, I, S. 163, und III, S. 318. Ich folge Millar, »Olivier«, Kap. 3, in seiner Datierung der »Einleitung« zu den Mémoires in die Jahre 1488–1491. Cauchies, »›Croit conseil‹ et ses ›ministres‹«, nennt und erläutert die einzelnen Mitglieder des Beraterkreises. 16 ADN B 2170 (72,017) und B 2171 (72,193), Zahlungsanweisung Philipps mit Datum vom 4. August 1500 zugunsten von Liberal Trevisan, »conseiller et phisicien de monseigneur l’archiduc«, sowie Trevisans Quittung vom 6. August 1500. 17 BKK, II, S. 72, Karl an Maria von Ungarn, 24. Dezember 1540 (Unterstützung für Barbes Sohn); van der Elst, Basilicae Bruxellensis, II, S. 43 (Barbes Grabmal); Rodríguez Villa, Juana la Loca, S. 43–45, Villaescusa an die Katholischen Könige, 28. März 1500 (Barbes Herkunft). 18 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 138, 182 und 190, Fuensalida an die Katholischen Könige, 4. August 1500 sowie 22. März und 27. August 1501. 19 ADN B 2169/149, Zahlung Philipps in Höhe von 123 Gulden an den Eilboten aus Spanien; Cauchies, »›No tyenen‹«, S. 121, Philipp an die Katholischen Könige, 11. August 1500. 20 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 181, Fuensalida an die Katholischen Könige, 22. März 1501. In der Geschichtswissenschaft herrscht Uneinigkeit, was das Datum der Abreise des Erzherzogs betrifft; jedoch hält ADN B 2177/1v, die erste Abrechnung Simon Longins als »Maître de la chambre aux deniers« für Karl und seine Schwestern, fest, dass deren Eltern am 31. Oktober 1501 »partirent au matin de la ville de Malines ou ilz laissèrent messeigneurs ses enffants«. 21 Rodríguez-Salgado, »Charles V and the dynasty«, S. 28. 22 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 203, 259, 265 und 300, Fuensalida und Kollegen an die Katholischen Könige, 19. Januar, 15. Juli, 16. August und 1. November 1504. Eine Einordnung von Johannas Verhalten zu jener Zeit findet sich bei Aram, Juana, Kap. 3. 23 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 286–287, Ferdinand an Fuensalida, 26. September 1504 (am 15. Oktober wiederholte der König seine Warnung und versprach, etwaige Neuigkeiten vom Tod seiner Gattin einem »fliegenden Boten« anzuvertrauen: ebd., S. 292); ebd., S. 314, Fuensalida an Ferdinand, 3. Dezember 1504; BRB Mss. 7386–7394/17v, »La nouvelle d’icelle mort vint à Monseigneur l’Archiduc en sa ville d’Anvers le 11 décembre [1504]«. Zu dem stürmischen Verhältnis zwischen Philipp und dem Herzog Karl von Geldern (so etwa Gelderns gebrochenem Versprechen, Philipp nach Spanien zu begleiten) siehe Struick, Gelre, S. 58–76. 24 ADN B 2191/355, 359–360, 370v–371, 380–381 und 393–394, Abrechnung des Generaleinnehmers Longin für das Jahr 1505, Zahlungen für den Schmuck der St.-Gudula-Kathedrale zum Trauergottesdienst, 14.–15. Januar; für die Turnierspiele am 4. und 11. September; sowie für »drei große Bankette, die zu Brüssel am 4., 7. und 11. September 1505 gegeben wurden«; ADN B 2193 (74,099), Zahlungsanweisung für »le deul de feue la royne despaigne«, Trauerkleidung für Johanna und ihre Kinder, 6. Januar 1505; BRB Mss. 7386–94/17–25 und Mss. 16381–16390/45–51, Berichte von den Trauerfeierlichkeiten (eine wunderbare Beschreibung findet sich bei Aram, Juana, S. 79–81). 25 ADN B 2181/42v–43 und 136, Abrechnung des Generaleinnehmers Longin für das Jahr 1503, Zahlungen an »den Wärter der beiden Straußenvögel« und »den Wärter des papegay«, den »mein Herr aus Spanien bestellt hat«, sowie für den Bau und die nötige Beheizung »eines großen Käfigs für den papegay«; ADN B 2189 (73,620), Zahlung für »Bewachung und Futter für vier Kamele und zwei Pelikane, die mein Herr hat aus Spanien kommen

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lassen«, 3. Januar 1504; AGRB Audience 22/186–187v, Zahlungen an den Wärter des »papegay, de l’ostriche, et des gélines d’inde«, 1504; ADN B 2193 (74,065), Zahlung »pour ramener les bestes et oiseaux d’Espagne à Bruxelles«, 28. August 1505; ADN B 3462 (121,649), Zahlungsanweisung an den Hufschmied »pour le cheval que le roy des Romains donna au prince, et aussi faire regarnir le cheval que le Comte Palatine donna au prince«, 30. September 1505. Weitere Details aus Vera y Figueroa, Epítome, S. 21–22. 1521 besuchte Albrecht Dürer das königliche Löwengehege in Gent und fertigte Skizzen der Löwen an: Dürer, Diary, S. 87 mit den Abbildungen 18–19. Im Jahr 1549 bewunderte ein italienischer Reisender, der nach Mecheln gekommen war, »l’ucello già di Massimiliano imperatore … col becco largo e lungo« (also wohl einen der Pelikane): Brizio, »›The country‹«, S. 77. 26 ADN B 2195 (74,346), Quittung über 100 Gulden, abgezeichnet von Anchieta, »Maistre d’escole de monseigneur le prince de Castille et de mesdames Lyénor et Isabella«, 26. September 1505; ADN B 2181/124v–125 und 135, Zahlungen an Martin Bourgeois, April 1503, und an Jehan Loupez, Dezember 1503; Berwick y Alba, Correspondencia, S. 309, Fuensalida an die Katholischen Könige, 18. November 1504. Siehe auch Schilling, »L’education«, S. 5–6, und Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 41–42. 27 RAH Salazar A-10/35 (vormals Bl. 42), Karl an Ferdinand, Januar 1504, analysiert bei Rassow, »La primera firma«. Karl sollte seinen ersten Erzieher nicht vergessen: Bei einem Aufenthalt in Barcelona 1519 gewährte er Anchieta, der inzwischen ein bedeutender Komponist geworden war, eine großzügige Rente (Details zu Anchietas Leben und Werk finden sich bei Preciado, Juan de Anchieta). 28 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 101–102 (Nr. 515), Brief an Luis Hurtado de Mendoza, 13. Januar 1513 (über Vaca); ADN B 3462 (121,649), Zahlung von 5 Gulden und 10 Schilling an »un escraignier de Malines qui a fait bancq atout des armoyres et une table pour aller le prince et mesdames ses soeurs à l’escolle«, 30. September 1505. 29 Chmel, Urkunden, S. 253, Chimay an Maximilian, 9. September 1506 (auf das Drängen des Kaisers hin, »qu’il apprendra le Brabanchon«); ADN B 3462 (121,621), Zahlung an Evrard Sparcke für »plusieurs drogheries, médecines et autres espiceries … pour mesdits seigneur et dames durant leur maladies«, 31. Juli 1505; und ADN B 2195 (74,333), Quittung mit der Unterschrift von Jacques de Rubbe, »maistre cururgien«, 12. September 1505. Zu Karls späteren Niederländischkenntnissen siehe oben S. 452. 30 Von Höfler, »Depeschen«, S. 112, Quirino an den Dogen von Venedig, Kleve, 8. Juni 1505; ADN B 2193 (74,137), Ernennung Chimays zum »gouverneur et premier chambellan de nostredit filz le prince«, 13. Oktober 1505; Gachard, Voyages, I, S. 461 (»Deuxième voyage«, aus der Feder eines Angehörigen von Philipps Gefolge) und 491–493, Philipps Ernennung Chièvres’ zum Generalstatthalter, 26. Dezember 1505. 31 Cauchies, Philippe, S. 265–267, Testament Philipps, Brügge, 26. Dezember 1505. Zum damaligen Zeitpunkt hatte Philipp lediglich zwei Söhne, Karl und Ferdinand, aber die Formulierung des Testaments ließ die Möglichkeit einer mehrfachen Teilung offen, sollte Philipp noch weitere Nachkommen zeugen. 32 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 461, Fuensalida an Ferdinand von Aragón, London, 5. Juli 1508, mit dem Bericht über eine ausführliche Audienz beim englischen König; Firpo, Relazioni, VIII, S. 34, Bericht des Vicenzo Quirino, 1506. 33 Gachard, Voyages, I, S. 452–453, »Deuxième voyage«; Fagel, »Un heredero«, S. 118. 34 Chmel, Urkunden, S. 257, Berghes an Maximilian, 5. Oktober 1506. 35 Ebd., S. 258–260, Rat an Maximilian, Mecheln, 7. Oktober 1506. 36 Gachard, Voyages, I, S. 455, »Deuxième voyage«. Fagel, »Un heredero«, S. 121–122, analysiert die proenglischen und profranzösischen Lager, die sich unter Maximilians Regentschaft herausgebildet hatten. 37 Laurent, Recueil, I, S. 4, Maximilian an den Rat, 27. Oktober 1506, seine ersten Anweisungen, nachdem die Nachricht von Philipps Tod ihn erreicht hatte. 38 Ebd., I, S. 8–9, Patent Maximilians vom 18. März 1507. 39 Chmel, Urkunden, S. 253 und 260–267, Chimay an Maximilian, Mecheln, 9. September und 7. Oktober 1506; AHN Nobleza Frías 22/91, Karl an den Conde (Grafen) von Oropesa, 7. Februar 1508. 40 Lemaire des Belges, Chronique, S. 49. 41 ADN B 3510 (123,922), Urkunde Margaretes, 10. Juli 1507 (analysiert bei Wijsman, »Philippe le Beau«, S. 62–65, der den besagten Band ganz vorsichtig als BSLE Vitrina 14 identifiziert hat); Lemaire des Belges, Chronique, S. 113, 127, 129. 42 Lemaire des Belges, Chronique, S. 129, 131. 43 Cauchies, Jean Lemaire des Belges, Le carnet, S. 55–56. 44 ADN B 18,862 (31,117), Margarete an Thomas Boleyn, undatiert, aber aus dem Frühjahr 1513. Siehe auch HMC, 15th Report, Appendix, Part II, S

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720 Anhänge 45 Dürer, Schriftlicher Nachlass, S. 106 (Eintrag für den 6. Juni 1521). 46 Checa Cremades, Inventarios, III, S. 2391 (»Il a necessité d’y mettre une serrure pour le fermer, ce que madame a ordonné faire«); und Eichberger, Leben mit Kunst, Wirken durch Kunst, S. 417–418, sowie dies., »Margarete of Austria«, S. 2353. Eichberger, »A noble residence«, gibt eine lebhafte Rekonstruktion des Hofs von Savoyen gegenüber dem Keizershof. Strelka, Der burgundische Renaissancehof, beschreibt das kulturelle Umfeld von Margaretes Hof und dessen Einfluss. Als Karl in den Jahren 1535 und 1548 den Haushalt seines Sohnes organisierte, entschied er sich auch dort für den prachtvollen burgundischen Stil, den Margarete in Mecheln zur Vollendung gebracht hatte. 47 Van den Bergh, Correspondance, II, S. 87–88, Karl an Margarete, 6. Oktober 1513; BKK, II, S. 75–76, Eleonore an Margarete, undatiert; Altmeyer, Isabelle d’Autriche, S. 43, Isabella an Margarete, 7. August 1515. 48 Bruchet und Lancien, L’itinéraire, S. 336, Margarete an Maximilian, 1507 (bis zu seinem Tod im Jahr 1540 sollte Witte Eleonores Beichtvater bleiben: Moeller, Éléonore, S. 182–183); ebd., S. 348, Margarete an Chièvres, September 1511; und 365, Margarete an Mary Tudor, die Schwester Heinrichs VIII., 23. Februar 1514 (und nicht etwa an Maria von Ungarn, wie bei van den Bergh, Correspondance, II, S. 88–89, behauptet). Siehe auch Mary Tudors Antwort an »Ma bonne tante« in Sadlack, The French queen’s letters, S. 163–164 (das Datum dort muss daher der 13. April 1514 sein). 49 Bruchet und Lancien, L’itinéraire, S. 375, Margarete an Maria von Ungarn, Februar 1518; Jordan Gschwend, »Ma meilleure sœur«, S. 2569. 50 Gachard, »Particularités«, II, S. 129, Beschwerde Chimays an Maximilian, 28. September 1508, Absatz 1 (Datum nach Gachard, »Notice des archives de M. le duc de Caraman«, S. 202); LGC, I, S. 129–130 und 172, Maximilian an Margarete, 27. April und 30. Juli 1509. 51 LGC, I, S. 202–203, 424–425, und II, S. 260, Margarete an Maximilian, 29. Oktober 1509, 16. Juni 1514, sowie Ende Juli 1510. 52 Gachard und Piot, Collection, I, S. 461, aus dem »Bericht« über Philipps zweite Spanienreise, den wohl der Oberhofmeister des Königs, Philippe Dale, im Jahr 1507 verfasst hat; BNF Ms. Esp. 318/24, Karl an Ferdinand von Aragón, 26. Oktober 1508; BL Cott. Ms. Galba B/III f.109, Karl an Mary Tudor, 18. Dezember 1508 (siehe Abb. 3 in diesem Band). Ein weiteres Beispiel für Karls schreckliche »Klaue«, das aus demselben Jahr stammt, bietet seine eigenhändige Nachschrift zu AHN Nobleza Frías 22/91, Karl an den Conde (Grafen) von Oropesa, 7. Februar 1508. Im Gegensatz dazu lässt die eigenhändige Anrede und Grußformel in BNE Ms. 20210/14/4, Karl an Ferdinand, 12. Juni 1510, zumindest eine gewisse Verbesserung bei Karls (Schön-)Schreibfertigkeit erkennen. 53 CMH, I, S. 384–389, Maria an Karl, 3. August 1532, eigenhändige Notiz; Pardanaud, »Plaider«, S. 197. 54 ADN B 2185/162, Abrechnung des Generaleinnehmers Longin für das Jahr 1504, Zahlung an »Frère Erasme, Rotterdamensis, religieulx de l’ordre de Saint-Augustin«, Oktober 1504; CWE, II, S. 77–79 (Nr. 179), Erasmus an Nicholas Ruistre, Februar 1504. Erasmus, The education, S. 111–145, bringt Auszüge aus dem Panegyricus in englischer Übersetzung. Mesnard, »L’expérience politique«, S. 47–48, weist darauf hin, dass Erasmus dieses Werk überarbeitet und noch einmal neu veröffentlicht hat; es muss ihm also einiges bedeutet haben. 55 ADN B 2185/227v–228 und 230v, Abrechnung des Generaleinnehmers Longin für das Jahr 1504 (Zahlungen an den Buchbinder und an Bosch); sowie ADN B 2191/294v und 297, Abrechnung Longins für das Jahr 1505 (Zahlungen für Musiker, Akrobaten und das Aktgemälde). 56 Gairdner, Letters, I, S. 301–303, Maximilian an Heinrich VII., 14. September 1506; Gairdner, »The ›Spouselles‹«, S. 15 und 31 (auf den S. xi–xii zeigt Gairdner überzeugend, dass Karls Brief, der in L&P Henry VIII, I. ii, S. 1108, auf 1513 datiert wurde – Abb. 3 im vorliegenden Band –, in Wahrheit schon 1508 entstanden sein muss); ADN B 3351, Patent mit Datum vom 27. Februar 1509. Cauchies, Philippe, S. 144–151, liefert einen hervorragenden Überblick über die frühen Heiratsverhandlungen für Karl; Sadlack, The French queen’s letters, S. 28–30 und 44–48, stellt Marys Perspektive dar. 57 Cauchies, Jean Lemaire des Belges, Le carnet, S. 63–64 (»l’empereur joua ledit jour les joustes«) und 99 (Margarete, Karl und seine Schwestern schauten am 18. Februar 1509 »den steeckspele op den merct« zu). 58 Laurent, Recueil, I, S. 79–81, Patent Maximilians vom 18. März 1509; Wiesflecker-Friedhuber, Quellen, S. 172–175, Zyprian von Sernstein an Paul von Liechtenstein, 3. April 1509; Walther, Die burgundischen Zentralbehörden, S. 93, Jean Marnix an Margarete, 9. Juni 1508. 59 Pirenne, Histoire, III, S. 74; LGC, II, S. 431 n., undatierter Entwurf (in Gattinaras Hand), in dem die von Margarete angestrebten Befugnisse aufgeführt sind, sowie ebd., I, S. 122–125, Maximilian an Margarete, undatiertes, eigenhändiges Schreiben (das aus dem April 1508 stammen muss und offenbar eine Antwort auf Gattinaras Entwurf darstellt). Maximilians Französisch (das ja nicht seine Muttersprache war) stellt den Leser in diesem Brief vor ganz besondere Herausforderungen: »i me semble, veu que je suis mainbour et grand-père de mes enfans, que je retieng quelque chose avecq vous, pour vous gouverner, et pour nostre reputation«.

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60 Kreiten, Der Briefwechsel, S. 246–248, Margarete an Maximilian, undatiertes, eigenhändiges Schreiben (muss Anfang 1508 entstanden sein); ADN B 2211 (75,365), Zahlungsanweisung über 8000 Gulden für Chimay, da Chièvres nun als »premier chambellan« amtiert, 27. April 1509; ADN B 2210/398, Ankauf von passendem Bettzeug im November 1509; PEG, I, S. 92, Karl an Cisneros und Adrian, 7. September 1517. 61 Walther, Die burgundischen Zentralbehörden, S. 93, Jean Marnix an Margarete, 9. Juni 1508; Reiffenberg, Histoire de l’Ordre, S. 279–280, Protokoll eines Kapiteltreffens der Ordensritter, 22. November 1508; Gossart, Charles-Quint et Philippe, S. VIII und 48–49, »Règlement de la maison du future roi d’Austrasie« (undatiert, aber von Mitte Dezember 1510). 62 BNE Ms. 20212/67/1, Margarete an Ferdinand, 2. August 1508.

2 Ein Prinz als Waisenknabe (1509–1514) 1 Michelet, Histoire, S. 146 (»Celle-ci est le vrai grand homme de la famille, et, selon moi, le fondateur de la maison d’Autriche«). 2 Walther, Die burgundischen Zentralbehörden, S. 96, Maximilian an Margarete, Dezember 1510. 3 Bruchet und Lancien, L’itinéraire, S. 335 und 338, Memorandum von Margaretes eigener Hand, 1507, und Margarete an Maximilian, April 1509. 4 LGC, I, S. 122–125 und II, S. 204–207, Maximilian an Margarete, April 1508 und August 1510, beide eigenhändig (Daten nach Walther, »Review of Kreiten«, S. 271). 5 Kreiten, Der Briefwechsel, S. 249–250, Maximilian an Margarete, 29. April 1508, eigenhändig (auch abgedruckt in van den Bergh, Correspondance, I, S. 98–99, allerdings unter dem falschen Datum und mit einigen Lesefehlern); LGC, I, S. 271–272 und 274–275, Margarete an Maximilian, 21. Mai 1510, sowie seine Antwort vom 31. Mai 1510. 6 Boom, Marguerite, S. 100, Eleonore an Margarete, undatiert, aber während Maximilians Besuch 1508/09 entstanden. Daten für die Besuche berechnet nach von Höfler, »Depeschen«, S. 137–138 und 142–144, Quirini an den Dogen von Venedig, 11. und 24. August 1505 (erster Besuch), und von Kraus, »Itinerarium Maximilian I«, sowie Foronda, Viajes (restliche Daten). 7 LGC, II, S. 12–14 und 182–183, Maximilian an Margarete, 20. und 23. Juni 1512 sowie 23. Juli 1513; ADN B 2210/429, Zahlung 86 Gulden »en comptant« an Maximilian und Karl, 24. Februar 1509 (»Largesse!«); ADN B 3351/10–12v, Abrechnung des Didier Boisot, Kämmerer des Haushalts von Karls Schwestern, Zahlungen für deren Reisen mit Maximilian im Juni 1512. Weitere Details nach Moeller, Éléonore, S. 64–65. 8 LGC, II, S. 13, Maximilian an Margarete, 22. Juni 1512 (der Hirsch); Thomas, Gesammelte Schriften, I, S. 161–170 und II, S. 1602–1607 (das Kriegsspielzeug, von dem manches heute im Kunsthistorischen Museum in Wien zu sehen ist). 9 ADN B 2218/337, Abrechnung des Generaleinnehmers Micault für das Jahr 1511, Zahlung (auf Anweisung Maximilians) an Pierre Alamire (Pieter van den Hove), »escripvain des livres de la chappelle domestique de monseigneur« und ein Komponist von Rang, für »deux gros livres de parchemin plains de messes de musique … donné à Madame de Savoye sa fille pour son nouvel an«. 10 Wiesflecker, Kaiser Maximilian, I, S. 389 (»als völliger Burgunder«) und 228–247, »Das burgundische Erlebnis«. 11 Ebd., III, S. 370, und IV, S. 414. Siehe oben S. 488 zu Karls Klage im Jahr 1548. 12 Wiesflecker, Kaiser Maximilian, II, S. 40–41 (der »große Kriegsplan« von 1496); Walther, Die Anfänge, S. 218–219, Maximilian an Karl, September 1513. 13 Silver, Marketing Maximilian, S. 3, reproduziert eine Zeichnung, in der zu sehen ist, wie der Verfasser Josef Grünpeck ein Exemplar der Historia Friderici et Maximiliani – unter den wohlwollenden Blicken des Kaisers – dessen Enkelsohn überreicht. Die prächtig illuminierte Handschrift, die für Karl angefertigt wurde (und auch Marginalien von dessen Hand enthält), befindet sich heute im HHStA Hs. Blau 9, Cod. 24; das Exemplar des Theuerdank, das Karl von Maximilian erhielt, befindet sich in BSLE X-I–9. 14 LGC, II, S. 335–338 und 245, Maximilian an Margarete, 1. Januar und 2. März 1516 (Daten nach Walther, »Review of Kreiten«, S. 286). 15 Wiesflecker, Kaiser Maximilian, I, S. 176 Anm. 6–7, und V, S. 518 (der Kaiser mit Spieß in den Jahren 1485, 1504 und 1505); Lhotsky, Festschrift, I, S. 77 (Aachen). 16 Gunn, War, S. 247, Zitat aus einer Rede Maximilians vor den Generalstaaten der Niederlande im Jahr 1499. 17 Boone, »From cuckoo’s egg«, S. 90 (die Zitadelle von Gent); Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., III, S. 229 (Zitat aus dem Weißkunig, dort S. 72–73) und V, S. 204 (»Finanzchaos«).

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722 Anhänge 18 Burke, »Presenting«, S. 411; Silver, Marketing Maximilian, S. 110. Im Gegensatz zu Maximilian scheint Karl niemals die Möglichkeit in Betracht gezogen zu haben, selbst Papst zu werden: siehe LGC, II, S. 37–39, Maximilian an Margarete, 18. September 1511 (Datum nach Walther, »Review of Kreiten«), ein ganz außergewöhnlicher Brief mit der Signatur »Maximilianus, futur pape«. 19 Maximilian, Der Weißkunig, S. 72 (Kap. 26) und 117–122 (Kap. 57–59). Der gesamte zweite Teil des Werkes gilt der Prinzenerziehung. 20 Maximilian, Der Weißkunig, S. 89–90 (Kap. 40). 21 Chmel, Urkunden, S. 253, Chimay an Maximilian, 9. September 1506; LGC, II, S. 176, Maximilian an Margarete, 7. Juli 1513. Maximilian ließ seinen Worten Taten folgen: 1498 »proposa fort élégamment, par l’espace de heure et demye, en lengaige thiois« vor den Generalstaaten der Niederlande (Molinet, Chroniques, V, S. 106). Schlegelmilch, Die Jugendjahre, S. 176–184, vermittelt einen guten Eindruck von den doch eher begrenzten Sprachkenntnissen des jungen Karl. Zu seinen Sprachkenntnissen in späterer Zeit siehe oben S. 451–453. 22 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/194, Erzbischof von Armagh und Lord Berners an Heinrich VIII., Saragossa, 17. September 1518; BL Cott. Ms. Vitellius B. XX/218, Tunstal an Heinrich VIII., dechiffriert, Februar 1521; GRM, II, S. 414, Dr. Mathys an Juan Vázquez, 30. Mai 1558. 23 LGC, I, S. 35–36 und II, S. 115–116, Margarete an Maximilian, Dezember 1507 sowie Anfang 1514. 24 Gachard, Correspondance de Charles, S. XVII, Karl an seine Gesandten in England, 21. Januar 1522. Siehe auch Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 39–40. Karl ernannte seinen vormaligen Tutor im Laufe der Jahre zum Bischof einer ganzen Reihe reicher (und damit einträglicher) Diözesen, darunter Salamanca, wo er Cabeza de Vaca 1534 einen Besuch abstattete: siehe unten Kap. 9. 25 Verweij, De paus, S. 5 (Zitat); ADN B 3465 (121,766), Auflistung aller Angehörigen von Karls Haushalt sowie von deren Sold mit Stand vom 4. April 1512 (darunter »Maistre Louis de Vacques« und »Maistre Adrien Florency«). Weitere Details nach Stone, »Adrian of Utrecht and the university«. 26 Siehe zu Adrian von Utrecht: Stone, »Adrian of Utrecht as a moral theologian«, und Schlegelmilch, Die Jugendjahre, S. 251–317; sowie Strelka, Der burgundische Renaissancehof, mit weiteren Details zu den humanistischen Netzwerken rund um den Mechelner Hof. 27 Danvila, Historia, II, S. 624–629, Adrian an Karl, 4. Dezember 1520; ebd., III, S. 31–41, Adrian an Karl, 16. Januar 1520; LCK, I, S. 60–62, Adrian an Karl, Saragossa, 3. Mai 1522, eigenhändig. Adrians Verwendung des Wortes »croy« in seinem Tadel an die Adresse von Karls (allzu leichtgläubigen) Ratgebern war vermutlich ein Wortspiel, das auf den frankophilen Guillaume de Croÿ, Seigneur de Chièvres, abzielte. Fagel, »Adrian«, S. 45, listet die erhaltenen Briefe auf, die Adrian zwischen Juni 1520 und Juni 1522 (dem Zeitpunkt seiner Papstwahl) an Karl geschrieben hat; LCK, I, und Gachard, Correspondance de Charles, enthalten Briefe, die enstanden, nachdem aus Adrian von Utrecht Papst Hadrian VI. geworden war. 28 Danvila, Historia, I, S. 376–386, II, S. 515–516, und III, S. 31–41, sowie Gachard, Correspondance de Charles, S. 252–253, Adrian an Karl, 25. und 30. Juni 1520, 28. November 1520, 16. Januar 1521 und 17. Januar 1522 (meine Hervorhebung): nur fünf Beispiele von vielen. Siehe auch LCK, I, S. 58–62 Karl an Adrian, 7. März 1522, eigenhändig, ein herzlicherer Brief, in dem Karl sich an Adrians Warnungen vor der Tücke der Franzosen erinnert, die sein Lehrer ihm »vor einer Weile gesagt [hatte], als ich Euer Schüler war [estant vostre escolier]«. 29 Snouckaert van Schouwenburg, De republica, S. 34; ADN B 2268 (79,071), »Aucunes livres que le roy ordonne porter avec luy«, Auszug aus einem Inventar von Wertgegenständen, die Karl nach Spanien mitnehmen wollte, 30. Juni 1517. Inventaire Sommaire, IV, S. 350–351, liefert eine Transkription der Buchtitel (mit einigen Fehlern); Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 74–77, und Regia biblioteca, I, S. 240–241, befassen sich mit den Chroniques de Iherusalem abrégés. Laurent Vital hielt fest, dass während der Schiffsreise »aulcuns se mectoient à lire des chronicques« (Gachard, Collection, III, S. 69). 30 Huizinga, Herbst des Mittelalters (Ausgabe München 1924), S. 43–45. Wijsman, »Philippe le Beau«, S. 82–87, beschreibt die Bücher, die Philipp nach Spanien mitnahm; Debae, La bibliothèque, hat den Bestand von Margaretes Bibliothek rekonstruiert. 31 Chastellain, »Chronique«, S. 364–365 und 368–369 (enstanden 1468); L’État de la Maison du duc Charles de Bourgogne, dit le hardi (entstanden 1474), in La Marche, Mémoires, IV, S. 1–94. 32 La Marche, Le chevalier déliberé – eine zweisprachige Ausgabe. 33 Reiffenberg, Lettres, S. 15–16, Guillaume van Male an Louis de Praet, Augsburg, 13. Januar 1551: »Caesar maturat editionem libri, cui titulus erat gallicus, Le chevalier délibéré. Hunc per otium a se ipso traductum … ad numeros rithmi hispani … cum non solum linguam, sed et carmen et vocum significantiam mire expresserit«. Der Kaiser beauftragte Hernando de Acuña damit, seine Übersetzung in spanische Verse zu vervollständigen und zu veröffentlichen: El cavallero determinado (Antwerpen, 1553), mit Widmung an Karl V. Speakman Sutch und Prescott, »Translation as transformation«, bemerken, dass in der spanischen Übersetzung die Katholischen

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Könige, Philipp I. und Maximilian der Reihe von Herrschern hinzugefügt werden, die der Tod besiegt habe. In dem Inventar, das nach Karls Tod in Yuste angelegt wurde, nennt der erste Eintrag in der Aufstellung der Bücher »un libro de cavallero determinado en lengua françesa« und der fünfte Eintrag eine Handschrift der spanischen Übersetzung: Checa Cremades, Inventarios, I, S. 525. Bei Checa Cremades, »El caballero y la muerte« werden alle 19 Illustrationen reproduziert. 34 Powell, The complete works, I, S. 127, »Note of remembraunce by Sir Thomas Wiat«, Dezember 1538; Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 654–655, Soto an Karl, 25. August 1552 (mit der Erinnerung an ein Gespräch aus Sotos Zeit als kaiserlicher Beichtvater in den Jahren 1548–1550). 35 Chabod, Carlos V, S. 12, mit einer Vielzahl bezeichnender Beispiele auf den S. 17–38. 36 March, Niñez, I, S. 227, Zúñiga an Karl V., 25. August 1535. 37 Chytraeus, Chronicon, S. 561 (Latein) und 110 (Deutsch), mit einer Paraphrase der »Aufzeichnungen«, die Cranachs Cousin 1556 niederschrieb und die bei Lüdecke, Lucas Cranach, S. 84–88, abgedruckt sind (vgl. insbesondere S. 86). Für seine Hilfe bei der Interpretation dieser Passage bin ich Patrick Lenaghan zu Dank verpflichtet. Valentin Sternenboke hielt 1609 in seiner Historia eine abweichende Fassung des Wortwechsels fest, die auf Cranachs Sohn zurückgeht (abgedruckt bei Lüdecke, Lucas Cranach, S. 89–91). Das Porträt vom Februar oder März 1509, das sich einst in Karls Mechelner Gemächern befunden haben muss, ist leider nicht erhalten. 38 Leti, Vita del invitissimo imperadore, I, S. 55; Maximilian, Der Weißkunig, S. 328 (Kap. 20). 39 Illescas, Segunda parte, Bl. 196v–197. 40 LGC, I, S. 241–242, Maximilian an Margarete, 28. Februar 1510 (Datum nach Walther, »Review of Kreiten«, S. 271). ADN B 2224/342–343, führt Zahlungen auf, die im Juni 1512 an Jäger geleistet wurden, die beinahe 100 Meter an »Jagdnetzen … entrollten und aufrollten … als [Karl] mit dem Kaiser auf die Jagd ging«. 41 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 300–301, Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 12. Februar 1518; BL Cott. Ms. Galba B III, Bl. 36v, Wingfield, Young und Boleyn an Heinrich VIII., 29. Juni 1512; LGC, II, S. 155–156, Margarete an Maximilian, undatiert, aber vom 5. Juni 1514 (siehe Walther, »Review of Kreiten«, S. 282). 42 Moeller, Éléonore, S. 61–65, beschreibt den jährlichen »Veranstaltungskalender« bei Hof; ADN B 2210/ 379 und 2224/430, Abrechnungen des Generaleinnehmers Micault für die Jahre 1509 und 1512 (Neujahrsgeschenke). 43 ADN B 2224/342–3, Abrechnung des Generaleinnehmers Micault für das Jahr 1512. 44 ADN B 2210/398, Zahlung im November 1509 (»pour le petit narre fol«); Brodie, L&P Henry VIII, II/2, S. 1442 (aus »The king’s book of payments«, Juli 1509, von Heinrich VIII. abgezeichnet). In den 1540er-Jahren erzählte der Hofnarr Witze, während Karl seine Mahlzeiten zu sich nahm: siehe oben S. 467. 45 Zu »Jehannin le paintre« siehe ADN B 2242/306, Abrechnung des Generaleinnehmers Micault für das Jahr 1515. Zu Bredeniers siehe ADN B 2218/107, B 2224/191v–192 und B 2227/169–170v, Abrechnungen Micault für die Jahre 1511, 1512 und 1513; ADN B 2250, Quittungen für 1515, meine Hervorhebung; sowie Burbure, »Bredeniers«, Sp. 922–923: ADN B 2222/126. 46 Bossuyt, »Charles«, S. 88–90 (zu Margaretes Liederbuch mit insgesamt 58 Kompositionen, heute BRB Ms. 228) und 132–133 (zu Mille regretz, das schon 1538 als »La canción del emperador« bekannt war). Siehe auch Ferer, Music and ceremony, S. 216–217. Darbietungen der »Canción del emperador« mit diversen Instrumenten finden sich auf YouTube, etwa https://www.youtube.com/ watch?v=cWxDG-f8OQc (Vihuela, ein spanisches Saiteninstrument der Frühen Neuzeit) und https://www.youtube.com/watch?v=QYruB57dJ60 (Orgel und Zink). 47 BL Cott. Ms. Galba B III/33 und 35v, Wingfield und Young an Heinrich VIII., 19. und 27. Juni 1512 (zusammengefasst in Brodie, L&P Henry VIII, I/1, S. 572–575); LGC, II, S. 260–261 und 265, Margarete an Maximilian, 16., 20./21. und 25. Juni 1514 (Daten nach Walther, »Review of Kreiten«, S. 271). 48 Pleij, De sneeuwpoppen van 1511, beschreibt die eindrucksvollen Skulpturen aus Eis und Schnee; Dürer, Schriftlicher Nachlass, S. 47 (Eintrag für den 27. August 1520) und Abb. 75 (eine Skizze von »diergarten und dis lust hinden aws dem schloss« in Brüssel.) 49 Brodie, L&P Henry VIII, I/2, S. 1046, Zahlungen für Wimpel, die Karl bei dem »königlichen Turnier« von Tournai verwenden sollte; ebd., S. 1053–1054, die »Opfergaben« (Kollekte) Heinrichs VIII. für den 16. Oktober 1513 »mit Madame Margarete und dem Prinzen von Kastilien«. 50 Brodie, L&P Henry VIII, I/2, S. 1047–1048, Heinrich VIII. an Papst Leo X., 12. Oktober 1513, und 1049–1050, Proklamation Heinrichs, Lille, 15. Oktober 1513; Walther, Die Anfänge, S. 210–211, Zahlung an den Pfalzgrafen unter Verweis auf Patente Karls und Maximilians, 1. Februar 1514. Sowohl Walther, Die Anfänge, S. 117–119, als auch Fagel, »Un heredero«, S. 129–130, befassen sich mit der Neuregelung von Karls Haushalt, die am 19. Oktober 1513 in Kraft trat. 51 Brodie, L&P Henry VIII, I/2, S. 1080, Spinelly an Heinrich VIII., Gent, 15. November 1513.

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724 Anhänge 52 BL Cott. Ms. Galba B.III/15, Dr. William Knight an Kardinal Wolsey, Mecheln, 2. Mai 1514, eigenhändig. Ferdinand von Aragón stimmte dem zu und drängte Maximilian, »die Heirat des Prinzen noch aufzuschieben« und »ihn nicht vor der Zeit mit seiner Braut zu vereinen«: AGS E 635/11, Ferdinand an seinen Botschafter am Kaiserhof, April 1514, Entwurf. 53 Walther, Die Anfänge, S. 233, Instruktionen Margaretes für Louis Maroton, 6. Juli 1514. Die Details von Heinrichs Vorbereitungen entnehme ich Brodie, L&P Henry VIII, I/2, S. 1159–1162 und 1194. 54 Details nach Brodie, L&P Henry VIII, I/2, S. 1325, 1341 und 1351. 55 BL Cott. Ms. Galba B.III Bl. 218v, Wingfield an den Herzog von Suffolk, Mecheln, 20. Mai 1514 (leider sind einige andere Passagen, die womöglich auch relevant sein könnten, durch Brandschäden unlesbar geworden). 56 LGC, I, S. 245–248 und 383, Maximilian an Margarete, 16. März 1510 und 30. April 1514. 57 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 157–159 und 162–164 (Nr. 539 und Nr. 542), an Luis Hurtado de Mendoza, 2. Juni 1514 (über den frühen Tod des Infanten Johann) und 13. November 1514 (über den frühen Tod Ludwigs XII.). 58 Le Glay, Négociations, I, S. 595, Philippe Dalles an Margarete, Paris, 3. Januar 1515 (am Ende sollte Karl 1536 die portugiesische Prinzessin heiraten). Diese Demütigung vergaß Karl jedoch nicht: 1530 äußerte er gegenüber einem päpstlichen Legaten, »dass Königsheiraten seiner Meinung nach nur selten die gewünschten Erfolge hervorbrächten«, und verwies dabei »auf meinen eigenen Fall, denn ich wurde mit der Schwester des Königs von England verlobt, als sie schon im heiratsfähigen Alter war, ich jedoch noch nicht« (NBD, 1. Ergänzungsband 1530–1531, S. 132–139, Campeggio an Salviati, 23.–24. August 1530). 59 Walther, »Review of Kreiten«, S. 266, Margarete an Maximilian, [29]. November 1512, eigenhändig (offenbar kamen Margarete doch noch Zweifel an einigen dieser Beschwerdepunkte, die sie durchstrich); LGC, I, S. 504–507, Margarete an Maximilian, [28]. März 1513 (Datum nach Walther, »Review of Kreiten«). 60 Le Glay, Négociations, I, S. 550–552, Beersel an Margarete, 16. September 1513. 61 Berwick y Alba, Correspondencia, S. 193–194, Fuensalida an die Katholischen Könige, 27. Dezember 1503. Zu einer wichtigen Lektion, die Beersel seinem illustren Schützling erteilte, siehe oben S. 193. 62 Reiffenberg, Histoire de l’Ordre, S. 382–393, Bericht des Laurent du Blioul, Greffier (Sekretär) des Ordens vom Goldenen Vlies (Blioul verwendet den burgundischen Kalender, dessen Jahresbeginn auf dem Ostertermin lag; die Geschehnisse, die er beschreibt, sind also zwischen Januar und März 1514 zu datieren). Ebd., S. 300–302, das Protokoll der ersten Kapitelversammlung des Ordens, nachdem Karl dessen neuer Großmeister geworden war; diese Aufzeichnungen aus dem November 1516 belegen, wie sehr Karl an der Rehabilitation Don Juans gelegen war. 63 CDCV, IV, S. 486 (Karls »Erinnerungen«); LGC, II, S. 234 und 247–250, Margarete an Maximilian, 14. März und 28. April 1514; Walther, Die Anfänge, S. 233, Instruktionen Margaretes für Louis Maroton, 6. Juli 1514. 64 Laurent, Recueil, I, S. 307–308, Patent Maximilians, 23. Dezember 1514, unter Verweis auf eine frühere Einberufung, die nicht erhalten ist. 65 GRM Introduction, S. 3 Anm. 1 (Karls Rede); BL Cott. Ms. Galba B.III/313–16v, Spinelly an Heinrich VIII., 29. Januar 1515 (wo genauer ausgeführt wird, dass Chièvres Maximilian 100 000 Gulden dafür versprochen hatte, »den Prinzen für mündig zu erklären«). 66 Keniston, Memorias, S. 50. Karl bewahrte die Bruchstücke des Siegels offenbar auf, wie daraus hervorgeht, dass ein Inventar seiner Besitztümer aus dem Jahr 1536 »Ung cachet de l’Empereur Maximilien, d’argent blancq, le quel est cassé et martellé« aufführt (Checa Cremades, Inventarios, I, S. 141). Vierzig Jahre nach Maximilians Tod sollte auch Karls eigene Herrschaft mit demselben Ritual (und an demselben Ort) zu Ende gehen.

3 Ein schwieriges Erbe (1515–1517) 1 Laurent, Recueil, I, S. 309, Karl an den Großen Rat von Mecheln, 8. Januar 1515. Van den Bergh, Correspondance, II, S. 113–114, hat eine identische Anordnung an den Rat von Flandern veröffentlicht: Karl muss auch den restlichen Institutionen seiner niederländischen Herrschaftsgebiete ganz ähnliche Anweisungen erteilt haben. 2 Gachard, Voyages, II, S. 55 (Vandenesse, »Journal des voyages«); Du Puys, La tryumphante entrée (mit der »Zugabe« auf S. 12). Eine prachtvolle, französischsprachige Handschrift mit Du Puys Bericht (womöglich ein Widmungsexemplar für Karl selbst) befindet sich heute als ÖNB Codex 2591 in Wien. De triumpe gedaen te Brugghe binner ter intreye van Caerle, eine niederländische Textausgabe, die am 25. Juni 1515 in Antwerpen veröffentlicht wurde, befindet sich in KB 225 G 11. 3 Laurent, Recueil, I, S. 378, Verordnung Karls an den Magistrat von Brügge, 13. April 1515; der Text beginnt mit den Worten »De par le prince« und endet mit der Formel »Car tel est nostre plaisir«; Gachard, Analectes, V (»14e série«), S. 11, Karl an den Magistrat von Valenciennes, 13. Januar 1515; und Gachard, Analectes, I (»2e série«), S. 50–52, Ernennung Le Sauvages zum »Grand Chancelier«, 17. Januar 1515.

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4 Laurent, Recueil, I, S. 337–338, Anweisung mit Datum vom 28. März 1515; Gachard, Voyages, II, S. 491–501, »Ordonnance de Charles … pour le gouvernement de sa maison«, 25. Oktober 1515; Walther, Die burgundischen Zentralbehörden, S. 109 Anm. 1, Margarete an Maximilian, 1. März 1515. 5 LGC, II, S. 284, Margarete an Maximilian, 28. Januar 1515 (Datum nach Walther, »Review of Kreiten«, S. 282); BL Cott. Ms. Galba B.III/ff. 319–326, Spinelly an Heinrich VIII., 6. Februar 1515 (siehe auch Bl. 313–316v, Spinellys Brief vom 29. Januar 1515, in dem er Margaretes Klage wiedergibt, »die Welt habe schließlich derartigen Erfolg gefeiert, dass sie nun ganz den Meinungen des Lord Chevers [d. i. Chièvres] folgen müsse«. 6 LGC, II, S. 276–277, Margarete an Maximilian, 18. März 1515; van den Bergh, Correspondance, II, S. 117–127, Mémoire Margaretes an Karl und seinen Rat, 20. August 1515. 7 Walther, Die Anfänge, S. 238–239 und 135 Anm. 4, Maroton an Margarete, Innsbruck, 4. und 17. Februar 1515, mit Berichten über Gespräche mit dem Kaiser. 8 Gachard, Analectes, I (»3e série«), S. 168–170, Karls Zahlungsanweisung über 150 000 Gulden für Maximilian sollte dessen Ausgaben zur Verteidigung der Niederlande während der Zeit von Karls Minderjährigkeit erstatten und dienten außerdem »pour consenter nostre émancipation«; diese Summe kam noch zu den 50 000 Gulden »par an qu’il a et prend ordinairement de noz deniers de par deçà«, Brügge, 7. Mai 1515; und Gachard, Analectes, V (»17e série«), S. 465–470, Karls Zahlungsanweisung vom 22. November 1516. 9 Walther, Die Anfänge, S. 243, Maximilian an Margarete, eigenhändig, Mai 1515 (meine Hervorhebung); van den Bergh, Correspondance, II, S. 133–136, Maximilian an Margarete, 18. Januar 1516. 10 Le Glay, Négociations, I, S. 593–596, Philippe Dalles an Margarete, Paris, 3. Januar 1515. 11 Gachard, Analectes, I (»2e série«), S. 53–55, Karls Auftrag an Heinrich von Nassau und andere, 19. Januar 1515; Le Glay, Négociations, II, S. 2–8, Instruktionen vom selben Tag, »ainsi conclu et ordonné par monseigneur en son conseil«; Verweij, De paus, S. 166–168, Karl an Heinrich von Nassau und andere, 5. März 1515. 12 TNA SP 1/10/49, Robert Wingfield an Heinrich VIII., Innsbruck, 7. Februar 1515; Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, I, S. 147–172, Frieden von Paris, 24. März 1515; Doussinague, El testamento, S. 432–433, Karl an Ferdinand, 16. Mai 1515. 13 L&P Henry VIII, II/1, S. 25–27, Suffolk an Heinrich VIII., Anfang Februar 1515, und 73–74, Suffolk an Wolsey, 5. März 1515. Offenbar war es Marys ausdrückliche Absicht, eine Neuauflage ihrer Verlobung mit Karl unter allen Umständen zu vermeiden: Lieber wollte sie, wie sie behauptete »in Stücke gerissen … als nach Flandern verheiratet werden«: Sadlack, The French queen’s letters, S. 102–103. 14 L&P Henry VIII, II/1, S. 447–451, Stile an Heinrich VIII., Madrid, 1. März 1516. Zurita, Los cinco libros, Bl. 405, vermerkt ebenfalls, dass »die meisten Granden von Kastilien große Zufriedenheit und Freude zeigten«, als ihnen die Nachricht von Ferdinands Tod zu Ohren kam. 15 Doussinague, La política, S. 483–511, betont das starke »kreuzfahrerische Element« in Ferdinands Außenpolitik – eine Eigenheit, die auch die Außenpolitik seines Enkels Karl aufweisen sollte. 16 AGS PR 56/27–2, »Scriptura que otorgó el Rey don Felipe para no consentir que gobernase la reyna doña Juana«, Benavente, 28. Juli 1506, Original (AGS PR 56/27–1 ist eine Abschrift von Ferdinands Fassung der Vereinbarung, abgedruckt in Gachard, Voyages, I, S. 543–544). Gachard, Voyages, I, S. 438–443 (»Deuxième voyage«), betont Philipps militärische Überlegenheit und druckt die öffentlich bekannt gegebenen Klauseln des Vertrages ab. 17 AGS PR 56/30, Ferdinands »protesta«, Villafáfila, 27. Juli 1506, Original. 18 AGS PR 56/31, Ferdinand an einen unbekannten Korrespondenten, Aranda del Duero, 5. Juli 1506 (der Tag der Zusammenkunft), bestätigt durch von Höfler, »Depeschen«, S. 239, Quirini an den Dogen von Venedig, 7. Juli 1506. 19 Zurita, Los cinco libros, Bl. 159. Martínez Millán, La Corte, I, S. 110–111, liefert eine scharfsinnige Analyse des »partido felipista«. 20 Von Höfler, »Depeschen«, S. 149–151 und 239–240, Quirini an den Dogen von Venedig, 5. September 1505 und 7. Juli 1506 (Quirini behauptete, dass Cisneros, der einzige Augenzeuge, ihm verraten habe, was Ferdinand bei dem geheimen »raxonamenti« zu Philipp gesagt hatte); Berwick y Alba, Correspondencia, S. 461–462, Fuensalida an Ferdinand, London, 5. Juli 1508, mit dem Bericht von seiner Audienz bei Heinrich VII. 21 CSPSp Supplement I, S. 143, Mosen Ferrer an Cisneros, 6. März 1516. Die betreffende Formulierung war »dar cuerda«: Gustave Bergenroth, ebd., S. xlii, hat die Vermutung geäußert, damit sei die Folter Johannas auf einer Streckbank gemeint; aber Schläge, mit einem Strick etwa, erscheinen plausibler. 22 CODOIN, XVIII, S. 350, die »Anales« des Lorenzo Galíndez de Carvajal, mit der Aussage, dass »viele glaubten«, der »Trank (potaje)« habe Ferdinand umgebracht.

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726 Anhänge 23 Calderón Ortega, Testamento, druckt die verschiedenen Fassungen von Ferdinands Testament ab; CSPSp, II, S. 118–121 und 185–188, die Instruktionen Ferdinands an Pedro de Quintana, 21. Mai 1513, und an Juan de Lanuza, 20. Dezember 1513 (zur Aufteilung des Erbes). 24 AGS E 1004/60, Chièvres an Ferdinand, 3. Juli 1515, Französisch; RAH Salazar A-16/6, Patent Karls, 17. September 1515, Abschrift; ADN B 2249 (77,795) Quittung mit der Unterschrift des »Adrien Florency, dit d’Utrecht« über seine Reisespesen, 1. Oktober 1515. Indem er Adrian nach Spanien schickte, erlangte Chièvres einen weiteren Vorteil: Schüler und Lehrer waren nun getrennt. 25 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 211–213 (Nr. 565), Brief an den Marqués (Markgrafen) von Mondéjar, Guadalupe, 22. Januar 1515 (recte 1516); kurz zuvor hatte Mártir de Anglería von Ferdinands letztem Testament und Tod erfahren. Leonardo de Argensola, Primera parte, S. 8–9, druckt den Wortlaut des Testaments ab. 26 Fagel, »Adrian«, S. 28, Brief an Floris van Egmont, 13. Dezember 1515. 27 Calderón Ortega, Testamento, S. 36–38, letztes Testament Ferdinands von Aragón, 22. Januar 1516. Siehe CODOIN, XVIII, S. 342–351, die »Anales« des Lorenzo Galíndez de Carvajal, der als Augen- und Ohrenzeuge die hitzige Diskussion zwischen Ferdinand und seinen Räten über die endgültige Formulierung des Testaments miterlebt hatte. L&P Henry VIII, II/2, S. 447–451, John Stile an Heinrich VIII., Madrid, 1. März 1516, liefert eine akkurate Zusammenfassung der Testamentsbestimmungen. 28 CODOIN, XVIII, S. 354–357, die »Anales« des Lorenzo Galíndez de Carvajal; Martínez Millán, La Corte, I, S. 100 und 158 zu dem Coup d’État. 29 Gachard, Analectes, I, S. 177–178, Karl an den Magistrat von Mecheln, 10. Februar 1516; Spielman und Thomas, »Quellen«, S. 21–22, Karl an Ferdinand, 15. Februar 1516. 30 Gachard, »Mémoire«, S. 30, Manrique an Cisneros, 8. März 1516; Martínez Millán, La Corte, III, S. 256–257 (zur Biografie Manriques); Keniston, Memorias, S. 42 (eine Liste mit mehr als fünfzig Exilierten). 31 Keniston, Memorias, S. 78–79; CODOIN, XVIII, S. 368 Anm. 2, Karl an die Chancillería von Granada, Brüssel, 21. März 1516. 32 CODOIN, XVIII, S. 363–368, Kronrat an Karl, Madrid, 4. März 1516. 33 Gayangos und La Fuente, Cartas, S. 109, Cisneros an López de Ayala, 12. April 1516 (beschreibt die Zeremonien, bei denen in Toledo und Madrid »das Banner des Königs aufgepflanzt« wurde); L&P Henry VIII, II/1, S. 486–488, John Stile an Heinrich VIII., 3. April 1516. Weitere Details nach Aram, Juana. 34 BL Cott. Ms. Galba B. VI/27–28v, Spinelly an Heinrich VIII., Brüssel, 24. April 1516; La Fuente, Cartas, S. 212, Diego López de Ayala an Cisneros, Brüssel, 28. Juli 1516. 35 Cedillo, El cardenal Cisneros, II, S. 425–426, Karl an Cisneros, 31. Oktober 1516. Keniston, Francisco de Los Cobos, Kap. 1–2, gibt eine glänzende Darstellung vom Aufstieg Los Cobos’. Siehe unten Kap. 11 zu Karls Einschätzung im Jahr 1543. Giménez Fernández, Bartolomé de Las Casas, taufte die beiden rivalisierenden Parteien der Spanier an Karls Hof auf den Namen »partido felipista« beziehungsweise »partido fernandino«. 36 Gachard, »Mémoire«, S. 28, Manrique an Cisneros, 8. März 1516; Spielman und Thomas, »Quellen«, S. 25–26 und 28–29, Karl an Ferdinand, Brüssel, 22. April und 10. Oktober 1516. 37 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, I, S. 409–430, Vertrag von Noyon, 13. August 1516. Das Urteil Karl Brandis – »Es liegt auf der Hand, dass der Vertrag ›ein täuschender Schein‹ war«, Kaiser Karl V., S. 63 – erscheint allzu harsch: Immerhin erlaubte der Vertrag es Karl, sich Spanien zu sichern, während Franz seine Position in Italien festigen konnte, ohne dabei eine Einmischung seines Rivalen fürchten zu müssen. 38 BL Cott. Ms. Galba B.V/73–81, der Graf von Worcester, Cuthbert Tunstal, und Robert Wingfield an Heinrich VIII., Mecheln, 12. Februar 1517 (zwei Briefe). 39 Gachard, »Mémoire«, S. 28–29. Manrique an Cisneros, 8. März 1516. 40 Struick, Gelre, S. 244–266, zu den anstrengenden Verhandlungen zwischen Burgund und Geldern in den Jahren 1517/18 einschließlich der Möglichkeit, auf dem Heiratsweg zu einer Einigung zu gelangen. 41 Gayangos und La Fuente, Cartas, S. 138 und 159, Cisneros an Diego López de Ayala, seinen persönlichen Gesandten an Karls Hof, 12. August und 27. September 1516 (Wort für Wort wiederholt am 14. Oktober, S. 171). 42 Reiffenberg, Histoire, S. 293–335, Darstellung der 18. Kapitelversammlung des Ordens; Gachard, Voyages, III, S. 19–25 (Bericht Vitals). 43 Cedillo, El cardenal Cisneros, III, S. 575–578, Karl an Cisneros, 21. April 1517; CWE, IV, S. 270–273 (Nr. 543), Erasmus an Thomas Morus, Antwerpen, 1. März 1517. 44 Walther, Die Anfänge, S. 246–247, Louis Maroton an Margarete, Hagenau, 12. Dezember 1516. 45 BL Cott. Ms. Galba B.V/209–11v, Graf von Worcester an Heinrich VIII., Antwerpen, 26. April 1517, Nacherzählung einer Unterhaltung mit Matthäus Schinner (oder Scheiner), Kardinalbischof von Sitten (Sion) im Wallis

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und vertrauter Minister des Kaisers; ADN B 2267/297, Zahlungsanweisung mit Datum vom 26. November 1517 über 125 Gulden für »deux verrieres« in Lier: Diese Fenster können noch heute in der Kirche St. Gummarus bewundert werden, wo einst Karls Eltern geheiratet hatten. Wiesflecker, Kaiser Maximilian, IV, S. 381, weist auf die Kühle dieses Zusammentreffens von Großvater und Enkel hin; Von Kraus, »Itinerarium«, S. 313–316, hält Maximilians Reisewege in den Niederlanden fest, darunter auch den Abstecher nach Zeeland vom 1. bis 7. Mai 1517. 46 Gachard, Voyages, III, S. 27–32 (Bericht Vitals); L&P Henry VIII, II/2, S. 1109, Schuldbrief Karls, Königs von Spanien, zur Rückzahlung des besagten Darlehens, 18. Juli 1517; Keniston, Memorias, S. 145, hält Karls Versprechen fest, »de bolver y los visitar dentro de cuatro años«. Seine finanziellen Bedarfe hat Karl keineswegs übertrieben dargestellt: ADN B 2267, die Abrechnung seines Generaleinnehmers für das Jahr 1517, weist Ausgaben aus, die rund dem Dreifachen der üblichen Jahresausgaben entsprechen. 47 Gachard, Analectes, I, S. 9 (»4e série«), S. 353–356, Ernennung Heinrichs von Nassau zum »chef et capitaine-général de l’armée«, Middelburg, 12. Juli 1517; Laurent, Recueil, I, S. 578–581, Instruktionen an den Geheimrat, 23. Juli 1517. 48 Fagel, »Het Bourgondische hof«, S. 79–135, »Estat et ordonnance de l’ostel du roy«, 21. Juni 1517; ADN B 2268 (79,089), Zahlungsanweisung über Friedrichs Sold, 19. Februar 1517. 49 Keniston, Memorias, S. 144 (Sancho Cota komponierte die Klagegesänge für Eleonore und ihre Hofdamen). 50 ADN B 3462 (121,649) Zahlung an Adrian de Beaumarais, um »faire regarnir le cheval que le Comte Palatin donna au prince«, 30. September 1505. Siehe LGC, II, S. 240–241, Margarete an Maximilian, um den 28. Juni 1514 (Datum nach Walther), über Karls gestärkten Appetit; und Thomas, Annalium, S. 50, der mit Blick auf jene Zeit behauptet: »Caroli nutritor nominabatur Fredericus«. 51 Thomas, Annalium, S. 53, gibt einen kurzen Überblick über das Liebesverhältnis des Paares, und Moeller, Éléonore, S. 205–214, spekuliert darüber, wann und wo die gemeinsamen Schäferstündchen stattgefunden haben könnten. Friedrich selbst erklärte im August 1517, dass »nunmehr über zwei Jahre vergangen waren, seitdem er der edlen Dame Madame Eleonore von Österreich gestanden, erklärt und beteuert hatte, dass er sie heiraten wolle« (Moeller, Éléonore, S. 337–339). 52 Moeller, Éléonore, S. 327, druckt Friedrichs eigenhändigen Brief an Eleonore sowie auf den S. 337–339 das Protokoll von der Vernehmung des Paares am 16. August 1517. 53 Thomas, Annalium, S. 58, vermutlich auf der Grundlage dessen, was Friedrich ihm einige Jahre später selbst erzählte, aber bestätigt durch BL Cott. Ms. Galba B.V/338–339, Tunstal an Wolsey, Middelburg, 27. August 1517, also eine Woche nach den Geschehnissen mit der Erläuterung: »der König selbst fand [Friedrichs Brief] am Busen von Lady Elianor«. Weitere Details nach Moeller, Éléonore, S. 337–339, notariell beglaubigtes Protokoll, 16. August 1517. 54 BL Cott. Ms. Galba B.V/338–9, Tunstal an Wolsey, Middelburg, 27. August 1517, eigenhändig, und Bl. 348–350v, Spinelly an Heinrich VIII., Middelburg, 28. August 1517, eigenhändig. 55 La Fuente, Cartas, S. 130–134, Varacaldo an López de Ayala, Aranda del Duero, 11. September 1517.

Porträt des Kaisers als junger Mann 1 Keniston, Memorias, S. 142. Vgl. das ganz ähnliche Porträt des jungen Karl Karl in Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 101–102 (Nr. 515), Brief an Luis Hurtado de Mendoza, 13. Januar 1513. 2 Di Beatis, The travel journal, S. 89–90; Sanuto, I diarii, XXIII, Sp. 11, Brief von Giovanni Badoer, 23. Oktober 1516; ders., XXX, Sp. 324, abschließender Bericht des Francesco Corner, 6. Juni 1521. 3 Di Beatis, The travel journal, S. 90; Gachard, Collection, III, S. 261–262 (Vital); Sanuto, I diarii, XXVIII, Sp. 488, Corner an die Signoria, Santiago de Compostela, 12. April 1520. 4 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 157–159 (Nr. 539), Brief an Luis Hurtado de Mendoza, 2. Juni 1514 (siehe auch die oben auf S. 65 zitierten Quellen); BL Cott. Ms. Galba B.V/202–206, Worcester, Tunstal und Wingfield an Heinrich VIII., Antwerpen, 19. April 1517, mit dem Bericht über eine Unterhaltung mit Margarete von Österreich. 5 CWE, V, S. 6–13, Erasmus an Thomas Morus, um den 10. Juli 1517: »non placet Hispaniae«. 6 BNP, II, S. 66–67, La Roche-Beaucourt an den Großmeister von Frankreich, 8. Januar 1519. 7 Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 347–348 (Nr. 633), Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 12. Januar 1519; Crouzet, Charles Quint, S. 21–25, analysiert diese Episode. Er merkt an, dass sie sich an Epiphanias, dem Fest der Erscheinung des Herrn (dem »Dreikönigstag«), ereignete, und vermutet psychische Ursachen. In Buch XXX, Kap. 35 seiner Historia de Carlos V, erklärt Juan Ginés de Sepúlveda (der Karl noch selbst gekannt hatte), bis zu seiner Heirat habe der Kaiser am »morbus comitiali«,einer Epilepsie also, gelitten. 8 Di Beatis, The travel journal, S. 90; Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 325, letzter Bericht Corners, 6. Juni 1521.

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728 Anhänge 9 L&P Henry VIII, II/2, S. 94–95, Knight an Wolsey, 16. Februar 1517; KFF, I, S. 70–71, Ferdinand an Karl, 25. Juni 1523, nachdem er auf einige Dokumente in der Handschrift seines Großvaters gestoßen war, »par lesquelz declaire ainsi qu’il ne peult souvenir les bastars qu’il a delaissé«. Seinen zwei Enkeln trug er aber dennoch auf, sich um sie alle gebührend zu kümmern. 10 . BRB Ms. II-2270, Karl an Heinrich von Nassau, 22. Januar 1518, eigenhändig (abgedruckt bei Gossart, Charles-Quint: roi d’Espagne, S. 217–220); Gachard, Collection, III, S. 159 (Vital); BL Cott. Ms. Vespasian C.I/121–124, Spinelly an Heinrich VIII., Valladolid, 7. Januar 1518 (Spinelly fügte ein »gentle« ein und machte die »Frau« damit zur »Dame« und Hofdame); Morgan, Ireland 1518, S. 13–15, über Vitals Karriere und seine Chronik. 11 Keniston, Memorias, S. 73. Cota gibt zwar kein Datum an, schreibt jedoch vom »Prinzen Don Carlos«, was bedeutet, dass dieser Vorfall sich vor Karls Proklamation als König von Kastilien im März 1516 ereignet haben muss. Und dieses Detail wiederum ist von Bedeutung, weil daduch klar wird, dass die berichtete Begebenheit früher stattfand als alle anderen bekannten Verwendungen des Mottos, die in den beiden überaus gelehrten (und reich bebilderten) Aufsätzen von Earl Rosenthal, »Plus Ultra« und »The invention«, aufgeführt werden. 12 Viele Experten, Rosenthal eingeschlossen, haben behauptet, die Devise entstamme Marlianos Rede vor der Kapitelversammlung des Ordens vom Goldenen Vlies am 28. Oktober 1516 (vollständig abgedruckt bei Freher, Rerum, III, S. 146–149). Bataillon, »Plus oultre«, S. 23–27, merkt an, dass diese Zuschreibung erst 1830 auftaucht, und legt (obwohl ihm Cotas mögliche Beteiligung gar nicht bekannt sein konnte) eine atemberaubende Gelehrsamkeit an den Tag, um nachzuweisen, dass die Historiker wohl eher an anderer Stelle nach dem Ursprung des Mottos suchen sollten. 13 Raoul Le Fèvre, der Hofkaplan Philipps des Guten, machte dem Herzog im Jahr 1464 eine Handschrift des Recoeil des histoires de Troyes zum Geschenk. Das Werk erfreute sich schon bald auch weit über den burgundischen Hof hinaus einer enormen Beliebtheit: 25 Handschriften und fünf frühe Drucke sind bekannt; die englische Übersetzung war sogar das erste Buch, das jemals in englischer Sprache gedruckt wurde. Le Fèvre erklärte, eine der beiden Säulen des Herakles trage die folgende warnende Inschrift: »Ne passe oultre pour quérir terre/ Ne pour loingz royaulmes conquerre./ Plus en Occident t’en yras/ Et moins de terre trouveras.« 14 Gachard, Voyages, III, S. 264–269. 15 Ebd., S. 67–87 (Vital); Di Beatis, The travel journal, S. 90; Sanuto, I diarii, XXIV, Sp. 272, Hironimo de la Vedoa an den Dogen, Brüssel, 4. Mai 1517; ebd., XXV, Sp. 306 und 326–327 sowie XXVII, Sp. 70–71, Corner an die Signoria, 24. Februar 1518, 8. März 1518 und 25. Februar 1519. 16 Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 325, letzter Bericht Corners, 6. Juni 1521; CWE, V, S. 6–13 (Nr. 597), Erasmus an Thomas Morus, um den 10. Juli 1517, und 72–75 (Nr. 628), Erasmus an Beatus Rhenanus, 23. August 1517; Gachard, Voyages, III, S. 266 (Vital). 17 Gachard, »Mémoire«, S. 23, Manrique an Cisneros, 8. März 1516; Sanuto, I diarii, XXIV, Sp. 89, Bericht des Dr. Marin Zorzi, 17. März 1517; CSPV, II, S. 420, Botschafter Marco Minio an die Signoria, 16. September 1517, leitet den Bericht zweier Diplomaten weiter, die gerade von Karls Hof zurückgekehrt waren; BL Cott. Ms. Vitellius B.XX/55, Richard Pace an Wolsey, 17. Mai 1517. 18 Gachard, Voyages, III, S. 12–14; Du Bellay, Mémoires, I, S. 58. 19 Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 155, Karls Instruktionen, 6. Mai 1543. Friedrich war 1482 geboren, Heinrich 1483.

4 Vom König von Spanien zum rex Romanorum (1517–1519) 1 L&P Henry VIII, II/1, S. 486–488, John Stile an Heinrich VIII., 3. April 1516; Walther, Die Anfänge, S. 160 Anm. 4, Viceroy Cardona an Margarete, 27. März 1516; Aram, Juana, S. 109, »Escritura otorgada por el lugar-teniente del Justicia de Aragón«, 12. März 1516; CDCV, I, S. 58, Vizekönig Moncada an Karl, 12. April 1516; Gayangos und La Fuente, Cartas, S. 264–269, Cisneros an Karl, 18. März 1517, Antwort auf »einen eigenhändigen Brief Eurer Hoheit, in welchem ihr mich von Eurer königlichen Hoheit Wünschen hinsichtlich des Krieges in Afrika in Kenntnis setztet«. 2 Leonardo de Argensola, Primera parte, S. 65–66. 3 Gayangos und La Fuente, Cartas, S. 264–269, Cisneros an Karl, 18. März 1517. Zu dem Drohbrief, den im Juni 1517 ein Zusammenschluss von Städten unter der Führung von Burgos auf den Weg brachte, siehe Pérez, La revolución, S. 108–109. 4 Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 113–115; ADN B 17,876, Chambre des Comptes von Lille an Karl, 14. Juli 1517, mit Abschriften über Johannas Ausgaben der Jahre 1501 und 1505. 5 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/111–113, Spinelly an Heinrich VIII., 29. September 1517. 6 Gachard, Collection, III, S. 89–95.

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7 BL Cott. Ms. Galba B.V/369, Karl an Margarete, 1. Oktober 1517, Abschrift; Gachard, Collection, III, S. 97–120 (Vital). 8 Sämtliche Details in diesem und dem folgenden Absatz entnehme ich Vitals Tagesberichten in Gachard, Voyages, III, S. 97–130. Mit der Satellitenansicht von Google Maps kann man sehr schön das anspruchsvolle Gelände begutachten, auf dem der königliche Tross seinen Weg von San Vicente nach Reinosa zurücklegen musste. Der Website TripAdvisor zufolge ist es allerdings »äußerst unwahrscheinlich, dass jemand zu Fuß durch Kantabrien reisen wird« – unwegsam, wie es nun mal ist. Offenbar hat man bei TripAdvisor noch einigen Nachholbedarf in Sachen habsburgischer Geschichte. 9 Hess, »The Ottoman conquest«, S. 55. 10 Keniston, Memorias, S. 146 (Bericht des Sancho Cota, Eleonores Sekretär); und Gachard, Collection, III, S. 135 (Bericht des Laurent Vital; eine Zeile, die in dem Originaldokument fehlt, habe ich aus BNF Bl. f. 5627/65–66 ergänzt). 11 Gachard, Collection, III, S. 136. 12 Aram, Juana, S. 120. 13 CSPSp Supplement, S. 166–169, Denia an Karl, 30. Juli 1518, und 396–401, Infanta Catalina an Karl, 19. August 1521. 14 Ebd., S. 202–204 und 197–200, Denia an Karl, undatiert, aber aus den Jahren 1520 beziehungsweise 1519, beide eigenhändig. Johanna erfuhr die Wahrheit erst im August 1520, als eine Gruppe von Karls Ministern, die befürchteten, Johanna könnte sich auf die Seite der Comuneros schlagen (und die keinen blassen Schimmer von der fiktionalen Welt hatten, die für Johanna mit Karls Einverständnis geschaffen worden war), nach Tordesillas kam, um die Königinmutter »von vielen Dingen [in Kenntnis zu setzen], die seit dem Tod des Katholischen Königs in ihren Reichen vorgefallen waren«. Damit war das Geheimnis gelüftet (ebd., S. 204–205, notariell beglaubigter Bericht von einer Audienz bei Johanna am 23. August 1520). 15 Ebd., S. 154–156, Denia an Karl, undatiert, aber aus dem Jahr 1518. Siehe ebd., »Introduction« mit Bergenroths Erklärung. Weitere Beispiele für Karls hartherzigen Umgang mit seiner Mutter oben S. 269. 16 Aram, La reina Juana, S. 340–343, Karl an Denia, 30. Oktober 1518; Aram, Juana, S. 221 Anm. 54, Karl an Beltrán de Fromont, stellvertretender Haushofmeister, und Guillem Punçon, Gewandmeister, 28. April 1519; CDCV, I, S. 82–83, Karl an Denia, 14. Januar 1520. Siehe auch CSPSp Supplement, S. 257–260, Karl an Adrian, 26. September 1520 (mit einer umfassenden Vollmacht für Denias Handeln). 17 CDCV, I, S. 75–78, Karl an Cisneros und Adrian, 7. September 1517 (auch abgedruckt in PEG, I, S. 89–100); La Fuente, Cartas, S. 135–141, 151 und 174–177, Bischof von Ávila an López de Ayala, 23. September, 25. September und 22. Oktober 1517. 18 Sandoval, Historia, I, S. 112; Spielman und Thomas, »Quellen«, S. 29–34, Karl an Ferdinand, 7. September 1517 (auch in CDCV, I, S. 71–74, von einer Abschrift) und 26. Oktober 1517; CDCV, I, S. 79–80, Karl an Cisneros, 27. September 1517. 19 La Fuente, Cartas, S. 139, Bischof von Ávila an López de Ayala, 23. September 1517, mit Cisneros’ Ratschlägen. CDCV, I, S. 64–69, mit dem Text eines weiteren Dokuments mit Ratschlägen, die Cisneros offenbar um dieselbe Zeit für Karl niedergeschrieben hat; allerdings lassen die zahlreichen inneren Widersprüche des Dokuments (das nur in einer späteren Abschrift vorliegt) Zweifel an dessen Authentizität aufkommen. 20 Bietenholz, Contemporaries, I, S. 367, s. v. Croÿ, nennt Details zu Guillaumes Beförderungen. CWE, V, S. 72–75 (Nr. 657), Erasmus an Beatus Rhenanus, 23. August 1517, bemerkt, Croÿ sei inzwischen, »wie man mir sagt, Koadjutor des Erzbischofs von Toledo«. 21 Gachard, Collection, III, S. 138–139; CWE, V, S. 164–171 (Nr. 694), Erasmus an Willibald Pirckheimer, 2. November 1517, mit leichten Korrekturen auf der Grundlage des Originaltexts in Erasmus, Opus, III, S. 116. 22 Keniston, Memorias, S. 148 (siehe auch S. 151, wo Cota die Meinung äußert, Alfonso habe die Cortes von Aragón gegen ihren neuen König aufgebracht); Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 285–287 (Nr. 602), Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 10. November 1517 (also gerade einmal zwei Tage nach Cisneros’ Tod). Martínez Millán, La Corte, I, S. 158–166, beschreibt die mühselige Regentschaft Alfonsos in Aragón, die womöglich auch Karl befremdete. 23 Gachard, Voyages, III, S. 141 (Catalina), 144 (Begräbnis), 149 (Orden), 151 (Einzug). Sanuto, I diarii, XXV, Sp. 128–129, Botschafter Corner an die Signoria, 19. November 1517, betont ebenfalls die Prachtentfaltung bei jener Gelegenheit. 24 CLC, IV, S. 260–284, Auflistung der 88 Beschwerden der Cortes aus dem Jahr 1518 mit Karls Antwort zu jedem einzelnen Punkt.

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730 Anhänge 25 Walter, Die Anfänge, S. 209 Anm. 5, Laurent Gorrevod an Margarete, 28. Mai 1518; Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 306–308 (Nr. 613), Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 15. März 1518. Berichte von Gelegenheiten, bei denen Karl persönlich mit Botschaftern gesprochen hat, finden sich etwa in BNP, II, S. 45 und 59, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, 15. Mai und 25. November 1518. 26 Santa Cruz, Crónica, I, S. 182–183; Keniston, Memorias, S. 151 (Cota gibt ausdrücklich an, Karl habe seinem Bruder keinerlei Vorwarnung zukommen lassen); BNP, II, S. 42, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, April 1518. 27 Gachard, Collection, III, S. 179–181 (Widerstand des Klerus) und 234–235 (»libelles diffamatoires«); Pérez, »Moines«, S. 98 Anm. 8, Karl an den Präsidenten der Kanzlei von Valladolid, Saragossa, 16. Mai 1518; Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 298–300 (Nr. 608), Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 12. Februar 1518. 28 BL Cott. Ms. Vespasian C.I /196 und 181, Berners an Wolsey, 18. September und 26. Juli 1518. Zum Rohrstockspiel, juego de cañas im heutigen Spanisch, einem kämpferischen Reiterspiel ursprünglich arabischer Herkunft, das von einem »dscherid« genannten Wettkampf im muslimischen Granada abgeleitet war, siehe Fuchs, Exotic nation, S. 89–102. 29 BL Cott. Ms. Vespasian C.I /S. 181, 203 und 232, Berners an Wolsey, 26. Juli, und an Heinrich VIII., 8. Oktober 1518, sowie Erzbischof von Armagh an Wolsey, 17. Dezember 1518, alle aus Saragossa. 30 Martínez Millán, La Corte, I, S. 177; der Abschnitt wurde von Rivero verfasst. 31 Sanuto, I diarii, XXV, S. 242–243, 306, 326–327, Corner an die Signoria, 11. und 14. Januar, 24. Februar sowie 8. März 1518; Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 306–308 (Nr. 613), Brief an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 15. März 1518; BNP, II, S. 40 und 49, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, April und 25. Oktober 1518. 32 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/226, Armagh an Wolsey, 6. Dezember 1518; Sanuto, I diarii, XXVI, Sp. 223–224, Corner an die Signoria, 6. Oktober 1518. Gattinaras Lob für Chièvres findet sich in den abschließenden Empfehlungen seines Memorandums aus dem Juli 1519: Bornate, »Historia«, S. 413. 33 BL Addl. Ms. 18,008, »Ad Divum Carolum Maximum, Regem Catholicum, Mercurini Arboriensis di Gattinaria … Oratio supplicatoria«, analysiert bei Boone, Mercurino, Kap. 2, dem ich meine Übersetzungen entnehme. Im selben Jahr widmete Erasmus Karl seine Institutio principis christiani, aber es scheint unwahrscheinlich, dass der Widmungsträger diese auch gelesen hat. 34 BNP, II, S. 67, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, 22. Januar 1519. 35 Keniston, Memorias, S. 152. 36 So lautet der eingängige Titel einer populären Darstellung: Günter Ogger, Kauf dir einen Kaiser: Die Geschichte der Fugger, erstmals erschienen 1978. 37 Von Druffel, Beiträge, I, S. 673, Gerhard Veltwyk an Karl V., Juli 1551, gibt den Bericht des inzwischen zum pfälzischen Kurfürsten avancierten Friedrich wieder – und zwar darüber, was Maximilian einmal gesagt habe, »ung jour, après la guerre que luy et les Anglois firent ensemble contre roi Louis de France« im Jahr 1513. Die Idee, abzudanken, war noch eine weitere Anregung, die Karl später aufgreifen sollte. 38 Cohn, »Did bribery«, S. 1; ANF série J 995A pièce 7, Beglaubigungsschreiben des Trierer Kurfürsten, 18. November 1516; ANF série J 952 pièce 1, »PRomsse de l’ambassadeur de Brandenbourg«, 27. Juni 1517; Knecht, Franz, S. 72. Mignet, Rivalité, S. 120–123, befasst sich mit den Vereinbarungen, die mit Trier und Brandenburg getroffen wurden, gibt jedoch für einige entscheidende Dokumente falsche Daten an. 39 Chmel, »Review of Lanz«, S. 186–193, Instruktionen an Jakob Villinger, Maximilians Schatzmeister, [17]. August 1517; RTA, I, S. 71 Anm. 4, Karl an Maximilian, 12./13. November 1517. 40 RTA, I, S. 73 Anm. 2, Karl an Villinger und andere Minister an Maximilians Hof, 8. März 1518, und 75 Anm. 1, Chièvres an denselben, 15. April 1518; Le Glay, Négociations, II, S. 125–33, Maximilian an Karl, 18. Mai 1518. Mignet, Rivalité, S. 122–123, gibt den Wortlaut der Vereinbarungen wieder, die die einzelnen Kurfürsten mit Franz getroffen hatten. 41 Mone, »Briefwechsel«, Sp. 13–14, Maximilian an Karl, 24. Mai 1518. Beispiele dafür, wie Karl denselben passiv-aggressiven Kommunikationsstil späterhin einsetzte, finden sich unten in den Kap. 8 und 15. 42 RTA, I, S. 81 n 2, Villinger an Chièvres, 28. Mai 1518. 43 Walther, Die burgundischen Zentralbehörden, S. 203–204, La Chaulx an Margarete, 24. Juli 1518 (mit der Präzisierung, dass die Initiative zur Dezentralisierung von Chièvres ausgegangen sei), und Margarete an Maximilian, 25. Oktober 1518; Laurent, Recueil, I, S. 656–657, Anordnung Karls, 24. Juli 1518. 44 Gachard, Rapport, S. 149, Courtewille an Karl, 27. Mai 1518 (mit Zitat aus Karls Brief vom 1. Mai).

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45 BNP, I, S. 57, La Roche-Beaucourt an Franz, Saragossa, 20. November 1518. Gesamtsumme der Verbindlichkeiten aus Mone, »Briefwechsel«, Sp. 407–409, »Estat de l’argent«; und Gachard, Rapport, S. 151–155, Maximilians Instruktionen an Courtewille, Augsburg, 27. Oktober 1518. Núñez Contreras, Un registro, S. LXX–LXXI, führt beinahe ein Dutzen Bittbriefe auf, die Karl im Dezember 1518 und Januar 1519 nach Rom sandte, um die Krönung seines Großvaters zu erwirken. 46 Le Glay, Négociations, II, S. 189–193, Zevenbergen an Margarete, Augsburg, 1. Februar 1519; Mone, »Briefwechsel«, Sp. 283–285, Heinrich von Nassau an Margarete, Bonn, 23. März 1519; RTA, I, S. 169–175 und 198–200, Franz an seine Gesandten, Ende Januar und 7. Februar 1519; ANF série J 952 pièce 10, Leo X. an Franz, 12. März 1519. Siehe auch Laubach, »Wahlpropaganda«, S. 210–225, zu den Argumenten, die von französischer Seite gegen die Wahl Karls vorgebracht wurden. Zu Friedrichs unglücklichem Werben um Eleonore siehe oben Kap. 3. 47 Le Glay, Négociations, II, S. 253–262, Margarete und ihr Rat an Karl, 20. Februar 1519 (zur Drohung, Ferdinand nach Deutschland zu schicken – und zwar »le premier dimanche de quaresme prochain«, was 1519 der 13. März gewesen wäre – siehe S. 257). 48 RTA, I, S. 352–358, Karl an Margarete, 5. März 1519, chiffriert; Le Glay, Négociations, II, S. 303–310, Karls Instruktionen an Monsieur de Beaurain, 5. März 1519. 49 Gachard, Rapport, S. 173, Margarete an Heinrich von Nassau, 13. März 1519; RTA, I, S. 358 (»Ensieuvez ce que vous escrips cy-dessus, car autrement n’auroie cause me contenter«). 50 KFF, I, S. 11, Karl an Ferdinand, 5. März 1519, eigenhändig; Le Glay, Négociations, II, S. 303–310, Instruktionen an Beaurain (der den Auftrag erhielt, sowohl Ferdinand als auch Margarete Karls Sicht der Dinge darzulegen), 5. März 1519. 51 Le Glay, Négociations, II, S. 316–327, Margarete und ihr Rat an Karl, 9. März 1519; Gachard, Rapport, S. 155–156, Margarete an La Chaulx, 18. Januar 1519. 52 RTA, I, S. 633, Karl an den pfälzischen Kurfürsten, 2. Mai 1519 (mit einem weiteren Beispiel: ebd., S. 747). 53 Mone, »Briefwechsel«, Sp. 17 und 118–119, Maroton an Margarete, 21. Januar 1519, und Friedrich an Margarete, 2. März 1519 (»ma fasceuse lettre«); Le Glay, Négociations, II, S. 278, Paul Amerstorff an Margarete, 25. Februar 1519. Zu Karls Eilfertigkeit in dieser Situation siehe Mone, »Briefwechsel«, Sp. 132–133, Jean Marnix an den Grafen von Hoogstraeten, 16. März 1519 (Pension in Höhe von 2500 Gulden), und 403, Le Sauch an Margarete, 26. April 1519 (Karls eigenhändige Briefe sind angekommen); sowie Le Glay, Négociations, II, S. 333–340, Karls Instruktionen an Le Sauch, 13. März 1519 (»ayons desjà escript par deux fois de nostre main bonnes et gracieuses lettres« an Friedrich). 54 RTA, I, S. 220–221, Jakob Fugger an Brandenburg, 12. Februar 1519, eigenhändig. Weitere Details nach von Pölnitz, Jakob Fugger, II, Kap. 18, und Häberlein, Die Fugger, Kap. 2. 55 Mignet, Rivalité, S. 174–175, Mainz an Brandenburg, 1. März 1519 (nach einer Abschrift für Margarete); Mone, »Briefwechsel«, Sp. 124, Heinrich von Nassau an Margarete, 11. März 1519, mit einem Zitat des Grafen von Königstein; RTA, I, S. 317–319, Margarete an Zevenbergen, 28. Februar 1519. Laubach, »Wahlpropaganda«, S. 225–38, beschreibt ebenfalls Karls Charmeoffensive. 56 Mignet, Rivalité, S. 188, Joachim von Moltzan an Franz, 26. Februar 1519 (der Bittbrief an Franz, der noch mehr Geld schicken soll, schließt mit der eindringlichen Aufforderung, dies cito, cito, cito zu tun: »rasch, rasch, rasch«!). 57 RTA, I, S. 734–735, Karl an Margarete, 31. Mai 1519. Cohn, »Did bribery«, S. 25–27, bringt starke Argumente dafür vor, dass die Würde am 27. Juni 1519 (also am Tag vor Karls Wahl) dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen angetragen wurde, dieser jedoch ablehnte. 58 BL Cott. Ms. Vitellius B.XX/161–162v, Richard Pace an Wolsey, Frankfurt, 3. Juli 1518, eigenhändig. Diese Zahl – 1,5 Millionen Gulden – entspricht in etwa dem Doppelten der normalerweise genannten Gesamtsumme von 852 189 Gulden; allerdings beruht letztere ausschließlich auf den Abrechnungen von Karls deutschem Einnehmer, Johann Lucas, die in Teilen bei Kohler, Quellen, S. 63–70, abgedruckt sind. Dort finden ausschließlich Ausgaben Berücksichtigung, die innerhalb der deutschen Territorien getätigt wurden – Geldzahlungen an die Kurfürsten, Aufwendungen für Truppen usw. Ausgaben an anderem Ort – wie etwa die Kosten für Truppenmobilisierungen in den Niederlanden – fließen hier nicht ein. 59 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/257–260, Spinelly an Wolsey, 9. März 1519, eigenhändig (meine Hervorhebung). 60 Boone, Mercurino, S. 91–92, Gattinaras Autobiografie. Siehe auch Crouzet, Charles Quint, S. 29, mit einer ähnlichen Begründung, die Karl selbst zugeschrieben wurde, »en débat en soy mesme s’il debvoit accepter son élection ou s’en excuser«. Zur späteren Verwendung des »Arguments von der Eskalation potentieller Katastrophen« am spanischen Hof siehe Parker, The Army of Flanders, S. 109–111. 61 Le Glay, Négociations, II, S. 194–202, Margaretes Instruktionen an Jean Marnix, Februar 1519. Zu der besondere Bedeutung des Begriffs »Reputation« für Karl siehe Hatzfeld, »Staatsräson«.

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732 Anhänge 62 BL Cott. Ms. Vespasian C.I /247–254, Spinelly an Wolsey, 20. Februar 1519; Bruchet und Lancien, L’itinéraire, S. 380, Margarete an Karls Agenten, April 1519. Häberlein, »Jakob Fugger«, S. 73–78, hat das Team von Mitarbeitern identifiziert und vorgestellt, das in Deutschland so gut zusammenarbeitete; Reiffenberg, Histoire, S. 346–353, beschreibt die Kapitelversammlung des Ordens vom Goldenen Vlies in Barcelona. 63 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/196, Berners an Wolsey, 18. September 1518; BNP, II, S. 63 und 71, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, November 1518 und 20. Februar 1519; Sanuto, I diarii, XXVII, Sp. 1–543 (Zitat in Sp. 71). 64 Laurent, Recueil, I, S. 682–684, Verordnung des Königs, 1. Juli 1519 (erlassen auf Grundlage von »nostre certaine science, propre mouvement, auctorité et pleine puissance«, eine Formel, die zuvor schon in Spanien zur Anwendung gekommen war), und ebd., S. 687–689, Margaretes Annahme sowohl ihrer neu gewonnen Autorität als auch gewisser Einschränkungen derselben (zuvorderst die Verpflichtung, vor politischen Entscheidungen ihre Ratgeber und bei wichtigen Ernennungen zuerst Karl zu konsultieren), mit Datum vom 28. Juli. Lanz, Aktenstücke, I, S. 92–103, und Gachard Analectes, V (»16e série«), S. 306–311, drucken diese entscheidenden Dokumente ebenfalls ab. 65 Bornate, »Historia«, S. 405–413, Dokument mit Ratschlägen vom 12. Juli 1519 (zu der Angewohnheit, beim Ankleiden zu arbeiten, siehe S. 412). Siehe auch ebd., S. 414–420, ein weiteres Dokument mit Ratschlägen Gattinaras aus dem Oktober und November 1519, das Karl vorgelegt wurde, »weil es scheint, dass Euer Majestät keine der Maßnahmen und Hilfen ergriffen hat, die ich [in Barcelona] vorschlug«. Den größten Teil der Ratschläge ignorierte Karl auch diesmal: Martínez Millán, La Corte, I, S. 184–186 (Datum nach S. 186 Anm. 261). 66 Brandi, Kaiser Karl V., S. 69. 67 Gachard, Rapport, S. 164–165, Margarete an Zevenbergen, 28. Februar 1519. Hier irrte Margarete jedoch: Karl hatte Zevenbergens Namen in dem Glauben unterschlagen, dass dieser Deutschland verlassen hätte, um eine Stellung bei den Eidgenossen anzutreten. Man beachte, dass Margarete Zevenbergen drängte, nichts zu sagen oder zu tun, was »dazu führen könnte, dass Ihr im Ansehen des Königs sinkt oder die Ehre und die glänzende Reputation einbüßt, die Eure Klugheit, Euer Fleiß und Eure Geschicklichkeit Euch eingetragen haben«. 68 Gachard, Rapport, S. 162, Zevenbergen an Margarete, 18. Februar 1519; Le Glay, Négociations, II, S. 359–363, Jean Marnix an Margarete, 22. März 1519; Mone, »Briefwechsel«, Sp. 127–128, Heinrich von Nassau an Margarete, 14. März 1519. 69 CWE, III, S. 239, Erasmus an Karl, März 1516, Vorrede zu seiner Prinzenerziehung. 70 Sanuto, I diarii, XXVII, Sp. 581, Corner an die Signoria, 28. Juli 1519 (das Fehlen einer Partei bemerkte Corner: der Venezianer selbst). 71 Ebd., Corner an die Signoria, 28. Juli 1519.

5 Vom Frieden über Aufruhr zum Krieg (1519–1521) 1 BL Cott. Ms. Vespasian C.I/257–260, Spinelly an Wolsey, 9. März 1519, eigenhändig, chiffriert mit dechiffriertem Text; BL Cott. Ms. Vespasian C.III/158–175v, Tunstal, Wingfield und Sampson an Heinrich VIII., 2. Juni 1525; BNP, II, S. 70, La Roche-Beaucourt an den Großmeister, 20. Februar 1519. 2 RTA, I, S. 366–370, Marnix an Margarete, 7. März 1519, eigenhändig; Boone, Mercurino, S. 92 (»Autobiografie«); Crouzet, Charles Quint, S. 29 (Karls Beweggründe). 3 TNA SP 1/10/49, Robert Wingfield an Heinrich VIII., Innsbruck, 7. Februar 1515. 4 Le Glay, Négociations, II, S. 166–169, Philibert Naturelli an Margarete, 24. Oktober 1518; BL Cott. Ms. Vespasian C.I/261–262v, Spinelly an Wolsey, Barcelona, 20. März 1519. Karl dürfte die in den 1470er-Jahren formulierte Vorhersage in La Marche, Mémoires, I, S. 197, vertraut gewesen sein, dass die Leidenschaften, die durch den Mord an Herzog Johann im Jahr 1419 erregt worden waren, sich niemals wieder beruhigen würden. Siehe Crouzet, Charles Quint, S. 124–125, und Huizinga, Herbst des Mittelalters, S. 32–34, zu dem im Europa der Renaissancezeit weitverbreiteten »Gefühl allgemeiner Unsicherheit«. 5 Du Bellay, Mémoires, I, S. 95; Florange, Mémoires, I, S. 257. 6 Sanuto, I diarii, XXVII, Sp. 416–417 und 514–515, Corner an die Signoria, 2. und 29. Juni 1519, über die Zahlung und Briefe. 7 Lanz, Aktenstücke, S. 108–113, Karls Instruktionen an Bernardo de Mesa und Jean de le Sauch, 12. Dezember 1519 (meine Hervorhebung). Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 371, Corner an die Signoria, Aachen, 23. Oktober 1520, berichtet, dass Karl »non parla anchora molto promptamente lo idioma aleman«. 8 RTA, I, S. 864–76, druckt die Wahlkapitulation ab, die Karls »Commissarien und Gewalthaber« am 3. Juli 1519 (sechs Tage nach der Wahl) in Frankfurt unterzeichneten. Kohler, Quellen, S. 53–58, druckt den größten Teil des Textes ebenfalls ab.

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9 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, II, S. 299–341 und 351–356, Vereinbarungen, die zwischen dem 1. und 8. Oktober 1518 in London geschlossen wurden, sowie ebd., S. 565–575, Verabredung eines persönlichen Treffens sowie eines »armatorum congressus« vom 10. Januar 1520, die am 26. März 1520 ratifiziert wurde. 10 Boone, Mercurino, S. 94; Sanuto, I diarii, XXVIII, Sp. 246–248, Corner an die Signoria, 22. Januar 1520; Santa Cruz, Crónica, I, S. 221. 11 Mártir de Anglería, Epistolario, IV, S. 14–15 (Nr. 663), an Gattinara, 24. Februar 1520, und 17–18 (Nr. 665), an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, »aus der aufständischen Stadt Valladolid«, 14. März 1520. Siehe auch Pérez, La revolución, S. 147–8, zu den Unruhen vom 4. März 1520. 12 Sanuto, I diarii, XXVIII, S. 488, Corner an die Signoria, Santiago, 12. April 1520. Rekonstruktion von Karls Reisewegen nach Foronda, Viajes. 13 Boone, Mercurino, S. 94 (Gattinara verfasste seine Memoiren in der dritten Person); Danvila, Historia crítica, III, S. 31–41, Adrian an Karl, 16. Januar 1521. 14 CLC, IV, S. 293–298, Reden von Mota und Karl, 31. März 1520. 15 Caroli Romanorum regis recessuri adlocutio in conventu Hispaniarum, zitiert nach der Übersetzung in Headley, The emperor, S. 10–11. Diese Flugschrift erschien in Rom und Augsburg auf Latein sowie in Leipzig auf Deutsch. Headley, »The Habsburg world empire«, S. 52–53 und 72 Anm. 28, bringt triftige Argumente dafür vor, dass die Formulierung sowohl der Rede als auch des im Druck veröffentlichten Textes als »eine Gemeinschaftsarbeit« von Karls Ministerteam betrachtet werden sollte. 16 Carretero Zamora, Gobernar, S. 397–398; Mártir de Anglería, Epistolario, IV, S. 19–20 (Nr. 666), an die Marquéses (Markgrafen) von Los Vélez und Mondéjar, 5. April 1520. 17 Gachard, Correspondance, S. 237–242, Verordnung Karls und Johannas (diese Formulierung wurde bis zu Johannas Tod 1555 in Kastilien stets verwendet), 17. Mai 1520. Zur Vorgeschichte von Karls Berufung auf seine »absolute königliche Gewalt«, siehe Sánchez Agesta, »El ›poderío real absoluto‹«, sowie Owens, »By my absolute royal authority«, Kap. 2. Siehe auch unten Kap. 13. 18 Sanuto, I diarii, XXVIII, S. 488, Corner an die Signoria, La Coruña, 9. und 23. April 1520. 19 Pérez, La revolución, S. 150, Manifest der Mönche von Salamanca, und S. 232, Brief an den König von Portugal. 20 Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 225–254, »Ordine di lo abochamento del Serenissimo re d’Ingaltera, con la Cesarea et Catholica Maestà et con il Cristianissimo re«, unter Verwendung größerer Textmengen aus ebd., XXVIII, Sp. 595–597, Corner und Surian an die Signoria, 27. Mai 1520, sowie XXIX, Sp. 73–74, Bericht des Lodovico Spinelli, 12. Juli 1520. 21 Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 225–254, »Ordine«. 22 Bornate, »Historia«, S. 424–425, Geheimvertrag zwischen Heinrich und Karl, Canterbury, 29. Mai 1520, ratifiziert zu Calais, 14. Juli 1520 (Lanz, Aktenstücke, S. 179–181; Zusammenfassung in englischer Sprache in CSPSp, II, S. 312). Siehe auch Gwyn, »Wolsey’s foreign policy«, S. 762. 23 Viciana, Libro quarto, S. 11–17, Zitat aus einer Rede von Joan Llorenç, einem prominenten Vertreter der Zünfte von Valencia. 24 Ebd., S. 126–127, sowie poderes Karls an Diego Hurtado de Mendoza, Conde (Graf) von Mélito, 4. Mai 1520. 25 Maldonado, La revolución comunera, S. 76; Mexía, Historia, S. 89; Santa Cruz, Crónica, I, S. 165–166. 26 Sowohl Danvila, Historia, als auch Martínez-Peñas, Las Cartas, drucken die Briefe des Kardinals ab, entweder ganz oder in Teilen (bei Martínez-Peñas in modernisierter Schreibung); beiden unterlaufen jedoch Fehler in der Transkription. Digitale Scans von 105 Originalen (im Umfang von insgesamt 546 Folioblättern) sind inzwischen über PARES verfügbar. Die betreffende Sammlung trägt den Titel »Correspondencia de Florencio Adriano de Utrecht« und die Signatur »AGS Patronato Real, leg. 2«. Ich zitiere grundsätzlich nach Danvilas Transkription; wo diese Fehler aufweist, zitiere ich nach dem Original. 27 Danvila, Historia, I, S. 373–376, II, S. 515–516, und III, S. 31–41, Adrian an Karl, 25. Juni und 28. November 1520 sowie 16. Januar 1521. Pérez, La revolución, S. 121, erklärt, »der Hof« habe sich »in Spanien aufgeführt wie in einem eroberten Land«, und führt in seinem Unterkapitel »La codicia de los flamencos« (S. 121–126) auch zahlreiche Beispiele hierfür an. 28 Danvila, Historia, I, S. 373–381, II, S. 660–662, und III, S. 11–17, Adrian an Karl, 25. Juni 1520 (zwei Briefe), 15. Dezember 1520, und 16. Januar 1521 (»Funkstille« vonseiten des Königs seit einem Brief vom 7. November 1520). Die in die Originale dieser Briefe hineingekritzelten Zusammenfassungen und Kommentare stammen nicht etwa von Karl oder seinen Ministern, sondern von Historikern des 19. Jahrhunderts.

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734 Anhänge 29 AGS PR 2-I-2 (Abb. 5–9), Adrian an Karl, 25. Juni 1520. 30 Danvila, Historia, III, S. 31–41, Adrian an Karl, 16. Januar 1521 (Karl sollte noch zwei weitere Jahrzehnte brauchen, bis er es einsah: »Einzig und allein meine spanischen Königreiche können mich stützen«: vgl. unten Kap. 10); AGS PR 2/395–396 (Abb. 347–349), Adrian an Karl, 3. April 1521 (meine Hervorhebung). Die Drohung des Adels ähnelt jener der Städte Kastiliens aus dem Jahr 1517, als diese ankündigten, sich notfalls auch ohne königliche Vollmacht versammeln zu wollen: vgl. Kap. 4. 31 Pérez, La revolución, S. 314. 32 BL Cott. Ms. Galba B.VI/191–195, Spinelly an Wolsey, Brüssel, 27. Juni 1520, »um fünf Uhr des Nachmittags«; AGS PR 2-I-2 (Abb. 5–9), Adrian an Karl, 25. Juni 1520, einschließlich der Vorschläge der Stadt Toledo an die anderen Städte, über die am 8. Juni in den Cortes abgestimmt worden war (siehe Pérez, La revolución, S. 169–170). 33 Pérez, La revolución, S. 174 Anm. 56, hält diesen Fehler mit Blick auf Pero Laso de la Vega fest. 34 Gayangos und La Fuente, Cartas, S. 225–226, »Quejas contra el consejo real«, von Cisneros diktiert, 28. September 1517; Danvila, Historia, I, S. 386–388, Instruktionen des Condestable an Pedro de Guevara, seinen Gesandten an Karls Hof, 24. Juni 1520. 35 BL Cott. Ms. Galba B.VI/199–200 und 204–209, Spinelly an Wolsey, 6. und 27. Juli 1520. 36 BL Cott. Ms. Galba B.VI/227–228v, Spinelly an Wolsey, undatiert (aber vom 6. September 1520). Spinelly bemerkte, dass Chièvres, dessen Rat Karl normalerweise befolgte, sich »in keiner kleinen Ratlosigkeit« befand wegen »des allgemeinen Murrens gegen seine Person; und ich für meinen Teil glaube, dass er nicht ein noch aus weiß, ob er gehen soll oder bleiben, denn Spanien ist ihm auf immer verloren«. 37 CDCV, I, S. 83–84, Karls poder an seine Statthalter, Mecheln, 22. September 1520; BL Cott. Ms. Galba B.VI/ 360–361v, Spinelly an Wolsey, 19. September 1520, mit (indiskreten) Zitaten des Gerichtsbedienten Hanneton, der an der betreffenden Ratssitzung (bei der die Anschuldigungen erhoben worden waren) teilgenommen hatte. Margarete hatte als Prinzessin eine Zeit lang in Kastilien gelebt und unterhielt noch zahlreiche Kontakte dorthin. 38 L&P Henry VIII, III/2, S. 1574–1577, Spinelly an Wolsey, 24. Januar 1521. Sanuto, I diarii, XXIX, S. 561 und 581, Corner an die Signoria, 11. Januar 1521, behauptete dasselbe (Karl hatte bereits Robert de Croÿ nominiert, der seinem Bruder als Erzbischof von Cambrai nachfolgen sollte). Siehe Pérez, La revolución, S. 316–349, zu Acuña und dem Kampf um den Bischofssitz von Toledo im Jahr 1521. 39 Mártir de Anglería, Epistolario, IV, S. 161–165 (Nr. 722) an Los Vélez, 7. Juni 1521. 40 Ebd., IV, S. 86–89 (Nr. 696) an Los Vélez und Mondéjar, Valladolid, 13. November 1520, mit einem beigelegten Brief von Marliano an Mártir de Anglería, Aachen, 20. Oktober 1520. 41 Ebd., IV, S. 102–104 (Nr. 703) an Marliano, Valladolid, 29. November 1520. Marliano war noch ein weiterer »Ausländer«, dem Karl ein spanisches Bistum (Tui) anvertraut hatte. Laut Espinosa, The empire, S. 61–65, hat der Klerus von Toledo aus Zorn darüber, dass ihnen ein Fremder als Erzbischof vorgesetzt worden war, den Aufstand in der Stadt begonnen. 42 CDCV, I, S. 106, »Capitulaciones matrimoniales de Carlos V e Isabel«, 24. Oktober 1526: »50 000 cruzados in Gold, die König Manuel ihm zur Zeit der Comuneros von Kastilien geliehen hatte«. 43 Danvila, Historia, II, S. 777–785, Edikt Karls V., Worms, 17. Dezember 1520, proklamiert zu Burgos, 22. Februar 1521. 44 Details nach RTA, II, S. 95–100, einschließlich dem Text von Karls Eid, mit dem er schwor, sich an die Wahlkapitulation zu halten; Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 370–379, Corner an die Signoria, Aachen, 23. Oktober 1520; und Dürer, Schriftlicher Nachlass, S. 61. Auch gleich nach seiner Proklamation als Herzog von Burgund im Jahr 1507 hatte Karl zum Zeichen seiner neu gewonnenen Autorität einige seiner Gefolgsleute zu Rittern geschlagen: siehe oben S. 39. 45 Volpi, Opere, S. 282–285, Baldassare Castiglione an Kardinal Bibiena, Köln, 2. November 1520 (der Schluss eines schönen Augenzeugenberichts von der Krönung); Keniston, Francisco de Los Cobos, S. 57 (der neue Stil); CDCV, IV, S. 489–490 (Karls »Erinnerungen«). 46 LWS, VI, S. 174–178, Verurteilung von Luthers Werken durch die Löwener Theologen, 7. November 1519, sowie Adrians Reaktion darauf, 4. Dezember 1519. Die beiden Dokumente wurden im Februar 1520 zusammen publiziert. 47 RAH Salazar A-45/7–9, Manuel an Karl, Rom, 12. Mai 1520 (Abschrift des teilchiffrierten Originals: ebd. A-19/386–389). Zweifellos erhielt Karl diesen Brief erst nach seiner Abreise aus Spanien. Zum Werdegang Manuels, der ein prominenter Felipista war, siehe Martínez Millán, La Corte, III, S. 264–269, sowie oben Kap. 2. 48 Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung, eröffnete mit einer Ansprache an Karl (»Der allerdurchläuchtigsten grossmächtigsten kaiserlichen Majestät«).

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49 Laurent, Recueil, I, S. 620–621, Verordnung vom 5. März 1518; Redondo, »Luther«, S. 113 (andere Anhänger) und 115–117 (Aussage des Juan de Vergara vor der Inquisition von Toledo, Sommer 1533). Erasmus stimmte Vergara zu und erklärte, dass inzwischen »sogar der Kaiser Luthers Lehre mit Wohlwollen gegenübersteht« (CWE, X, S. 452–460 (Nr. 1526), Erasmus an Herzog Georg von Sachsen, 12. Dezember 1524). In der Forschung sind vielfach zwei Briefe mit Datum vom 31. August beziehungsweise 25. Oktober 1520, die Alfonso de Valdés von Karls Hof an Peter Mártir geschrieben hat, als verlässliche zeitgenössische Belege dafür angesehen worden, wie man Luther am Kaiserhof eingeschätzt habe; jedoch gibt es unzweifelhafte Belege (vor allem Erwähnungen von Ereignissen, die erst deutlich später geschehen sollten), dass beide Texte erst einige Monate nach ihrem vorgeblichen Entstehungsdatum geschrieben – oder zumindest stark überarbeitet – wurden: siehe Tubau, »Alfonso de Valdés«, S. 23 Anm. 19, sowie Egido, »Carlos«, S. 226–227. 50 Hillerbrand, »Martin Luther«. In der Bulle ging es ausschließlich um Werke, die Luther in den Jahren 1518 und 1519 veröffentlicht hatte, vor allem um seine 95 Thesen. 51 CWE, VIII, S. 68–74 (Nr. 1153), Erasmus an Godschalk Rosemondt, Löwen, 18. Oktober 1520. 52 Ebd., S. 77–79 (Nr. 1155) und 105–108 (Nr. 1166), Erasmus an Johann Reuchlin, Köln, 8. November 1520, und an einen unbekannten Gönner, Löwen, Dezember 1520. Mencke, Scriptores, II, Sp. 604, druckt Einträge über die Ereignisse vom 4./5. November 1520 aus dem Tagebuch Georg Spalatins ab, der als Friedrichs Ratgeber amtierte; Erasmus, Erasmi opuscula, S. 329–337, veröffentlicht die Axiomata Erasmi pro causa Martini Lutheri, die auch seinen Rat an Friedrich enthalten. 53 RTA, II, S. 466–467, Karl an Friedrich, 28. November 1520; Brieger, Quellen, S. 16–22, Aleandro an Kardinal Medici (den späteren Clemens VII.), Worms, 14.–15. Dezember 1520. Luttenberger, »La política«, S. 46–49, betont, dass die kaiserliche Obrigkeit Luther gegenüber ganz bewusst »eine in Ambiguität gründende Strategie« verfolgte – zumindest so lange, bis Luther in Worms persönlich auftrat. Egido, »Carlos«, S. 240, argumentiert, diese Strategie sei »in Ermangelung einer anderen Lösung« gewählt worden. 54 Sandoval zufolge sagte Karl den Mönchen im Kloster von Yuste, es sei »ein Fehler gewesen, Luther nicht zu töten«, und dass er »nicht verpflichtet gewesen wäre, den [Luther] gegebenen Geleitbrief auch zu respektieren«, da jener ein Ketzer gewesen sei, und Ketzern gegenüber müsse man sein Wort nicht halten; doch dabei hatte der Kaiser offenbar vergessen, dass er den Geleitbrief nicht Luther, sondern dem Kurfürsten Friedrich ausgestellt hatte und dass ein Bruch dieser Zusicherung zu heftigem Aufruhr im Reich geführt haben würde (Sandoval, Historia, »Historia de la vida que el emperador … hizo … [en] Iuste«, Buch X). 55 RTA, II, S. 477–494, Bericht des Kanzlers Brück (den Aleandro als einen Lutheranissimo bezeichnete) von seinen Treffen mit Glapion im Februar 1521; sowie Brieger, Quellen, S. 63–65 und 131–142, Aleandro an Medici, 18. Februar und 13. April 1521, mit der Beschreibung eines Besuchs von Glapion und Paul von Armersdorff, Karls Kammerherrn, bei Ulrich von Hutten und Martin Bucer, um mit diesen eine mögliche Klärung der »Lutherfrage« zu diskutieren. Wie Luttenberger, »La política«, S. 48–49, bemerkt hat, ist es »kaum vorstellbar«, dass Glapion bei dieser Gelegenheit ohne Wissen und Einwilligung von Karls innerstem Kreis gehandelt haben könnte. 56 Brieger, Quellen, S. 89–95, Aleandro an Kardinal Medici, Worms, 8. März 1521, meine Hervorhebung (auch abgedruckt in Balan, Monumenta, S. 130–134, mit abweichenden Lesarten und unter dem Datum vom 19. März 1521). Zu dem Geheimvertrag zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl siehe Barillon, Journal, II, S. 176–177, und Mignet, Rivalité, I, S. 232–233. Redondo, »Luther«, S. 112, nennt Beispiele dafür, wie Juan Manuel, Karls Botschafter in Rom, die Besorgnis Papst Leos mit Blick auf Luther ausnutzte, um Zugeständnisse für seinen Herrn zu erpressen. Tubau, »Alfonso de Valdés«, S. 25–26, schließt sich Aleandros Einschätzung an, dass die einflussreichsten Ratgeber, die Karl zum Reichstag begleiteten – Chièvres, Gattinara, Marliano und Valdés –, Luther allesamt unterschätzt hätten. 57 L&P Henry VIII, III/1, S. 428–430, Spinelly an Wolsey, Worms, 2. Februar 1521; RTA, II, S. 156–168, mit Details zu Karls Austausch mit Teilnehmern des Reichstags. 58 RTA, II, S. 526–527, Karl an »de[n] ersamen unsern lieben andechtigen doctor Martin Luther, Augustiner Orden«, Worms, 6. März 1521; Redondo, »Luther«, S. 118, Aussage Vergaras aus dem Jahr 1533. 59 RTA, II, S. 632–638, »Relación de lo que pasó a el emperador en Bormes [Worms] con Lutero, año de 1521« (anonym, aber aus der Perspektive von »el emperador mi señor« verfasst); Brieger, Quellen, S. 144–149, Aleandro an Medici, 17. April 1521. 60 RTA, II, S. 555, »Doctoris Martini Lutheri Oratio coram Caesere Carolo«. 61 Dieser und der folgende Absatz beruhen auf RTA, II, S. 533–594, diverse Berichte in lateinischer und deutscher Sprache (insbesondere 555, »Doctoris Martini Lutheri Oratio coram Caesere Carolo«), sowie 632–638, »Relación«; Brieger, Quellen, S. 149–155, Aleandro und der Nuntius Caracciolo an Medici, 19. April 1521; RTA, II, S. 879–882, Corner und Contarini an die Signoria, 28. April 1521; sowie CSPV, III, S. 116–117, Contarini an Mateo Dandolo, 26. April 1521.

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736 Anhänge 62 Zu Karls eingeschränktem Verständnis des Deutschen wie des Lateinischen zu jener Zeit siehe Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 371–372 (in Aachen benötigte Karl einen deutschen Dolmetscher), und Balan, Monumenta, S. 249, Aleandro an Kardinal Medici, 26. Mai 1521 (über Karls Unwillen, lateinische Dokumente zu lesen). Ich danke James Tracy, der mich darauf hingewiesen hat, dass viele Theologen (und so anfangs auch Luther) ein ökumenisches Konzil als die höchste kirchliche Autorität ansahen: Die Autorität des Papstes infrage zu stellen, war die eine Sache; die Autorität von Konzilien abzulehnen, war etwas ganz anderes. 63 RTA, II, S. 632–638, »Relación«. Brieger, Quellen, S. 153, Aleandro und der Nuntius Caracciolo an Medici, 19. April 1521, wo diese drastische Trotzgeste ebenfalls berichtet wird: als »Martino uscitò fuora della sala Cesarea, alzò la mano in alto more militum Germanorum, quando exultano di un bel colpo di giostra« (meine Hervorhebung). 64 LWB, II, S. 307–310, Luther an Karl, 28. April 1521, mit dem Vermerk Spalatins: »Hae literae Caesari non sunt redditae, quod in tanta vi procerum ne unus quidem esset, qui redderet«. Luther ging später dazu über, sich nicht mehr für sein Auftreten zu entschuldigen, sondern vielmehr mit seinem Auftritt in Worms zu prahlen: siehe seine »Tischgespräche« zu diesem Thema im September 1533 und im Herbst 1536 (LWT, III, S. 284–289 Nr. 3357b und 343–344 Nr. 3474); sowie im Sommer 1540 (LWT, V, S. 65–68, Nr. 5342a). 65 RTA, II, S. 594–596, druckt die Quelle aus einer französischen Abschrift ab, die am Abend oder in der Nacht vom 18./19. April 1521 »fait de ma main« und an Heinrich VIII. gesandt wurde (TNA SP 1/22/9). Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 214–216, bringt eine italienische Übersetzung; RTA, II, S. 636, »Relación«, enthält eine spanische Fassung (siehe auch Sandoval, Historia, Buch X, Kap. 10). 66 Oberman, »The impact«, S. 21. Zahlen nach Moeller, »Luther«, S. 240, der schätzt, dass zum Zeitpunkt von Luthers Tod 682 seiner Werke entweder einzeln oder als Teil von Sammelwerken im Druck erschienen waren (in insgesamt 3897 Auflagen; manche Titel waren in zehn Landessprachen übersetzt worden. LWS, VII, S. 814–887, liefert vollständige bibliografische Informationen zu den Veröffentlichungen der fraglichen Rede im Druck. 67 RTA, II, S. 632–638, »Relación«; Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 210–214, Contarini an Mateo Dandolo, Worms, 26. April 1521, Latein (englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 116–117). 68 Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 210–214, Contarini an Mateo Dandolo, Worms, 26. April 1521; Mártir de Anglería, Epistolario, IV, S. 161–165 (Nr. 722), an den Marqués (Markgrafen) von Los Vélez, 7. Juni 1521, mit einer Abschrift von Alfonso de Valdés’ Brief an ihn aus Worms, 13. Mai 1521. 69 Gachard, Correspondance, S. 244–246, Adrian an Karl, 9. April 1521, Französisch, eigenhändig; Laurent, Recueil, II, S. 71–72, Verordnung vom 20. März 1521. Siehe auch Danvila, Historia, III, S. 581–583, Adrian und der Rat an Karl, 12. April 1521, mit der Warnung, dass Luthers (und lutheranische) Schriften bereits in spanischer Sprache im Umlauf waren, was womöglich für Ärger sorgen werde, »da sich mehrere Städte des Königreiches in Aufruhr befinden«. 70 RTA, II, S. 640–649, deutscher Text des Wormser Edikts, 8. Mai 1521. 71 Balan, Monumenta, S. 232–234 und 240–247, Aleandro an Kardinal Medici, 22. [recte 18.] und 24. Mai 1521. 72 Ebd., S. 248–255, Aleandro an Kardinal Medici, 26. Mai 1521. Laurent, Recueil, II, S. 73–83, Edikt vom 8. Mai 1521, ist eine niederländische Fassung des Wormser Edikts – aber Aleandro erklärte, dieser Text stehe für eine Veröffentlichung in den Niederlanden nicht vor Juli zur Verfügung: Balan, Monumenta, S. 271–273, Aleandro an Kardinal Medici, 16. Juli 1521. 73 BL Cott. Ms. Caligula D.VIII /46–47, Wingfield an Fitzwilliam und Jerningham (Heinrichs Gesandte in Frankreich), Worms, 29. Mai 1521 (dechiffrierter Text des Originals BL Cott. Ms. Caligula E. III/33–v). 74 Gossart, Notes, S. 55; Lanz, Aktenstücke, S. 135–145, Le Sauch an Chièvres, London, 7. April 1520. 75 RTA, II, S. 893–895, Corner und Contarini an die Signoria, Worms, 4. Mai 1521; Sanuto, I diarii, XXX, S. 324–346, Bericht Corners, 6. Juni 1521; CWE, VIII, S. 153–154 (Nr. 1184), Erasmus an Guillaume Budé, 16. Februar 1521. 76 Sanuto, I diarii, XXX, S. 61–63, Corner an die Signoria, 14. März 1521; Brieger, Quellen, S. 214–218, Aleandro an Medici, 18. Mai 1521 (mit der Feststellung, dies sei »der vierzehnte Tag von Chièvres’ Fieber« gewesen). 77 Balan, Monumenta, S. 248–255, Aleandro an Kardinal Medici, 26. Mai 1521; BNMV Ms. Italiani, Classe VII, cod. 1009/22v–23, Contarini an die Signoria, 28. Mai 1521. 78 Du Bellay, Mémoires, I, S. 58; CDCV, I, S. 75–78, Karl an Cisneros und Adrian, 7. September 1517 (auch abgedruckt in PEG, I, S. 89–100). 79 Balan, Monumenta, S. 248–255, Aleandro an Medici, 26. Mai 1521; BL Cott. Ms. Galba B.VII/29–31, Wingfield und Spinelly an Wolsey, 19. Juni 1521 (meine Hervorhebung); Powell, The complete works, I, S. 127, »Note of remembraunce by Sir Thomas Wiat«, Toledo, Dezember 1538.

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Anmerkungen

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80 BL Cott. Ms. Galba B.VII/102–103, Karl an Wolsey, 7. August 1521; BNMV Ms. Italiani, Classe VII, cod. 1009/82, Contarini an die Signoria, 22. August 1521; TNA SP 1/23/28, Wolsey an Heinrich VIII., 28. August 1521, eigenhändig, »To the king’s grace, ys owne hands onely« (mit einigen Fehlern abgedruckt bei Burnet, History, III. ii, S. 11–12). 81 RTA, II, S. 729–743, Reichsabschied, und 659–661, Wormser Edikt gegen Luther, beide mit Datum vom 26. Mai 1521; Sandoval, Historia, Buch X, Kap. 14. 82 Sandoval, Historia, Buch V, Kap. 2.

6 Dem Fiasko von der Schippe (1521–1525) 1 L&P Henry VIII, II/2, S. 1293–1294, Spinelly an Heinrich VIII., 20. Mai 1518; Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 166, Antonio Giustinians Bericht an den Senat nach seiner Gesandtschaft nach Frankreich, 7. September 1520; Barrillon, Journal, II, S. 178, gibt die Sichtweise von Barillons Herrn, dem französischen Kanzler Duprat, wieder. 2 Guicciardini, Istoria d’Italia, S. 193, 187 (Eintrag für das Jahr 1518, verfasst zwischen 1537 und 1540). 3 Górski, Acta Tomiciana, V, S. 68–70, Dantiszek an Sigismund, 29. Juni 1519 (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 142); Ellis, Original letters, erste Folge, I, S. 154–156, Thomas Boleyn, englischer Botschafter in Frankreich, an Heinrich VIII., 4. Juli 1519. 4 Barrillon, Journal, II, S. 151–162, Franz an den Grafen von Carpi, 31. Januar 1520, Paschalstil (entscheidende Passagen abgedruckt in RTA, II, S. 114–118, dort allerdings unter dem Datum 1. Januar 1521). 5 ANF série K 82/1bis, Urkunde mit Franz’ Signatur zugunsten La Marcks und seiner Kinder, 14. Februar 1521; den Begünstigten werden über 10 000 Kronen in bar sowie noch einmal 16 000 Kronen in jährlichen Pensionen zugesprochen; Barrillon, Journal, II, S. 177; RTA, II, S. 829–831, Tunstal an Wolsey, 22. März 1521; Brandi, Kaiser Karl V., S. 126. 6 RTA, II, S. 812–815, Tunstal an Wolsey, 6. März 1521 (meine Hervorhebung). 7 Sanuto, I diarii, XXX, Sp. 61–63, Corner an die Signoria, 14. und 16. März 1521; Barrillon, Journal, II, S. 181, Aussage des Philippe Naturel, 1. April 1521, und Brief Carpis an Franz, Rom, 17. Mai 1521; Dumont, Corps, IV, Supplément, S. 96–99, »Tabulae Foederis stabiliter inter Carolum V Romanorum Imperatorem & Leonem X Pontificem Maximum contra Gallos«, 8. Mai 1521. 8 Ruscelli, Delle lettere, I, Bl. 93–95, Lorenzo Aleandri de’ Galeazzi an seinen Vater, Brüssel, 3. Juli 1521 (englische Zusammenfassung in L&P Henry VIII, III/2, S. 559–561); Sanuto, I diarii, XXXI, Sp. 504–506, »Edictum imperiale contra regem Gallum«, Antwerpen, 12. Juli 1521; L&P Henry VIII, III/2, S. 1579–1580, Fitzwilliam an Wolsey, 6. August 1521. 9 Lanz, Staatspapiere, S. 1–9, »Gutachten« Gattinaras, 30. Juli 1521 (auch abgedruckt bei Le Glay, Négociations, II, S. 473–482; deutschsprachige Zusammenfassung in Lanz, Aktenstücke, S. 231–233; englische Zusammenfassung in L&P Henry VIII, III/2, S. 588–590). 10 Lanz, Aktenstücke, S. 236–242, »Sur ce que fera l’empereur durant cest hyuer«, mit den Meinungen von neun Ratgebern, gefolgt von Gattinaras Empfehlung und Karls abschließendem Beschluss. 11 Sanuto, I diarii, XXXI, Sp. 318–319, Contarini an die Signoria, 16. August 1521; BL Cott. Ms. Galba B.VII/109–119, Geheimvertrag von Brügge, 25. August 1521, Original unterzeichnet von Wolsey und Margarete (nach einer Abschrift abgedruckt bei Lanz, Aktenstücke, S. 244–67; englische Zusammenfassung in CSPSp, III, S. 365–371, und L&P Henry VIII, III/2, S. 620–621). Russell, »The search«, S. 174–175, dokumentiert die inoffiziellen Treffen Karls mit Wolsey. 12 Lanz, Aktenstücke, S. 323 und 325, Karl an Gattinara, am 15. und noch einmal »Mitte« September 1521. Dunham, »Henry VIII’s whole council«, S. 41, hat für diese Phase von Wolseys Diplomatie die Formel pageant politics (etwa: »Politik des Spektakels«) geprägt. 13 Weert, »Cronycke«, S. 88; Lanz, Aktenstücke, S. 399, Karl an Gattinara, Mitte Oktober 1521; und ebd., S. 441–443, Margarete an Berghes, 14. oder 15. November 1521, eigenhändige Notiz, in der festgehalten ist, »was ich [den Kaiser] heute sagen hörte«. 14 L&P Henry VIII, III/2, S. 760–761, Vertrag zwischen England, dem Kaiser und dem Papst, 24. November 1521; Lanz, Aktenstücke, S. 496–500, Karl an seine Gesandten in England, 13. Dezember 1521. 15 Gachard, Correspondance de Charles, S. 24–25, Karls Instruktionen an Lope Hurtado de Mendoza, seinen Gesandten am Hof Hadrians VI., 25. Januar 1522; LCK, I, S. 58–60, Karl an Hadrian, 7. März 1522. 16 Laurent, Recueil, II, S. 167–9, Verordnung Karls, durch welche Margarete zu seiner Regentin in den Niederlanden ernannt wird, 15. April 1522. Bauer, Die Anfänge, S. 239–264, zu den Vereinbarungen, die Karl und Ferdinand in Worms (April 1521) und Brüssel (30. Januar und 7. Februar 1522) trafen.

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738 Anhänge 17 PEG, I, S. 252–256, Testament Karls V., Brügge, 22. Mai 1522 (ein kurzes Dokument, in dem jegliche Vorkehrungen für eine Thronfolge jenseits von Ferdinand fehlen). Zum Testament seines Vaters siehe oben Kap. 1. 18 CWE, IX, S. 64–68, Erasmus an Jean Glapion, Karls Beichtvater, 21. April 1522; BL Cott. Ms. Galba B.VII/5–6, Wingfield und Spinelly an Wolsey, 11. Februar 1522. Andere, ähnliche Beschwerden finden sich etwa in BL Cott. Ms. Galba B.VI/188–190, Spinelly an Wolsey, 19. Juni 1520; Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 665–666, Corner an die Signoria, 8. Februar 1521; ebd., LIV, Sp. 501, Tiepolo an die Signoria, 1. Juli 1531; und LV, Sp. 258, Tiepolo an die Signoria, 30. November 1531. 19 BL Cott. Ms. Galba B.VII/12–13, Wingfield und Spinelly an Wolsey, 3. März 1522; BNMV Ms. Italiani Classe VII cod. 1009/195, Contarini an die Signoria, 5. März 1522. 20 BL Cott. Ms. Galba B.VII/305, Wingfield und Spinelly an Wolsey, 14. April 1522 (der Brief, der solchen Anstoß erregte, war von den kaiserlichen Botschaftern in England am 6. April abgesandt worden und enthielt die Bedingungen der französischen Seite für einen Waffenstillstand: CSPSp Further Supplement, S. 113–116); BL Cott. Ms. Galba B.VIII/33–34, Karl an Wolsey, 15. April 1522, eigenhändig (Abschriften in AGRB Audience 370/37 und HHStA Belgien DD Abt. B fasz. 4); BL Cott. Ms. Vespasian C.II/187, Karl an Wolsey, 18. August 1523, eigenhändig (das Zeichen taucht außerdem in Cott. Ms. Titus B.I/336 auf). Die europäischen Herrscher hatten schon mindestens seit den 1450er-Jahren solche Geheimsymbole verwendet, um ihre Briefe zu beglaubigen: siehe Ilardi, »Crosses and carets«. 21 BL Cott. Ms. Galba B.VII/321, Wingfield und Spinelly an Wolsey, 15. Mai 1522. 22 Piot, »Correspondance politique«, S. 80–83, Gattinara an Barroso, 13. Januar 1522 (Bitte um ein portugiesisches Darlehen); HHStA Belgien PA 2/2/13–14, »Ce que le sieur de La Chaulx debvra dire et declarer à nostre sainct père, sans le comuniquer en Angleterre«, undatiert, aber vermutlich vom 15. Januar 1522, Notiz Gattinaras (von der englischen Krone gestellte Bedingungen). 23 Gachard, »Charles-Quint«, S. 540, Karl an La Chaux, 9. Juni 1522; CSPSp, II, S. 434–436 und 438–440, Vertrag und Geheimvertrag von Windsor, 16. und 19. Juni 1522; CSPSp Further Supplement, S. 69–73, Botschafter in England an Karl, 5. März 1522 (Latein); CSPSp, II, S. 442, Urkunde Karls vom 20. Juni 1522, mit dem Versprechen, Heinrichs Darlehen über 150 000 Dukaten zurückzuzahlen. Siehe auch Robertson, »L’entrée de Charles-Quint à Londres en 1522«. 24 RVEC, S. 55–59, Salinas an Salamanca, Palencia, 10. August 1522; CSPSp Further Supplement, S. 142–143, Karl an Heinrich, Palencia, 11. August 1522. 25 HHStA Belgien PA 2/2/15–16, zusätzliche Instruktionen an Lachaulx, 17. Januar 1522, Notiz Gattinaras über die Regierung Kastiliens nach (H)Adrians Abreise; Danvila, Historia, V, S. 198–201, Admiral an Karl, August 1522; Gachard, Correspondance de Charles, S. 104–107, Hadrian an Karl, 5. August 1522. Siehe Pérez, La revolución, S. 567–585, über das frühe Stadium der Repressalien. In seinen Memoiren behauptete Gattinara, er selbst sei damals einer von wenigen gewesen, die »für Milde eintraten«: Boone, Mercurino, S. 98. 26 BNMV Ms. Italiani Classe VII, Cod. 1009/66v–67, Contarini an die Signoria, Gent, 30. Juli 1521, Zitat aus einem Gespräch mit Glapion. Diese Unterredung dürfte mindestens zwei Monate zuvor stattgefunden haben, denn zu jenem Zeitpunkt erwähnte Aleandro sie in einem Brief an Kardinal de’ Medici vom 26. Mai 1521: Balan, Monumenta, S. 248–255. 27 RVEC, S. 55–59 und 62–66, Salinas an Salamanca, 10. August und 1. September 1522; HHStA Belgien PA 2/4/68, Karl an Margarete, 25. August 1522; Pérez, La revolución, S. 588 (Zitat aus Mexía, Historia, I, S. 320), 585 (Gesamtzahl der Verurteilungen) und 628 (Strafen). 28 RVEC, S. 73–83, Salinas an Salamanca, 4. November 1522. Danvila, Historia, V, S. 239–251, druckt die Liste der exceptuados ab; Pérez, La revolución, S. 474–492 und 585–595, hat diese Personengruppe und ihren Besitz genauer unter die Lupe genommen (Zitat auf S. 477). 29 Pérez, La revolución, S. 592–594 (Kollektivstrafen) und 650–665 (Reparationen). 30 Viciana, Libro quarto, S. 546–556, mit zusätzlichen Daten nach García Cárcel, Las Germanías, S. 141–142, sowie Ríos Lloret und Vilaplana Sánchis, Germana de Foix, S. 40–49. 31 RAH Salazar A-45/25, Manuel an Karl, 31. Dezember 1520; RVEC, S. 66–71 und 221–226, Salinas an Salamanca, 7. September 1522 und 2. Oktober 1524, sowie 155–157, Salinas an Ferdinand, 16. Dezember 1523; Gachard, Correspondance de Charles, S. 171–172, Karl an Sessa, 10. Januar 1523, mit der Drohung. 32 Causa formada, S. 54–59; RVEC, S. 308–314, Salinas an Ferdinand, 27. März und 8. April 1526; CSPSp, III/1, S. 614, »Bishop Acuña’s confession«. Siehe auch Pérez, La revolución, S. 629–633: »Apéndice: la ejecución de Acuña«, sowie oben S. 206 (zu den spirituellen Konsequenzen der Exekution für Los Cobos, Ronquillo und andere).

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33 CDCV, I, S. 375–379 und 482, Karl an die Kaiserin, 9. August 1532 und 5. März 1536 (über Gonzalo de Ayora); CDCV, III, S. 472–473, Karl an Philipp, 18. September 1552. Pérez, La revolución, S. 565–680, hat den Schicksalen einzelner Comuneros nachgespürt. 34 Gachard, Correspondance de Charles, S. 94, Hadrian an Karl, 19. Juni 1522. 35 Anon., Cartas de Indias, S. 482, Cristóbal Vaca de Castro de Charles, Cuzco, 24. November 1542; Charrière, Négociations, I, Franz an den Botschafter Dinteville, 25. Januar 1532. Rincóns Genueser Mitstreiter waren Cesare Cantelmo und Cesare Fregoso. Rincóns Anwesenheit als französischer Agent in Polen erschließe ich aus LCK, I, S. 98–113, Jean Hannart an Karl, 13. März 1524; seine Anwesenheit in England aus TNA SP 1/53/144, Rincón an Wolsey, undatiert, aber aus dem April 1529; und seine Anwesenheit in Ungarn aus Setton, The papacy, III, S. 312–322. Vereinzelt sind in der historischen Forschung Zweifel daran laut geworden, dass Rincón tatsächlich eine Comunero-Vergangenheit hatte; im Jahr 1530 erklärte der spanische Botschafter in Venedig jedoch ganz unzweideutig: »Rincón ist einer von den Comuneros aus Medina del Campo«: AGS E 1308/58–59, Rodrigo Niño an Karl, 18. Juni 1530. 36 Gachard, Voyages, II, S. 66–67 (Vandenesses »Tagebuch«). CSPSp Further Supplement, S. 148–149, Karl an seine Botschafter in England, 5. September 1522, erwähnt ebenfalls Bourbon und sein »Großes Vorhaben«. Crouzet, Charles de Bourbon, Teil III, liefert eine brauchbare Orientierung zu dem Gerichtsverfahren und der Verschwörung. 37 TNA SP 1/26/51–56, Instruktionen an Sir Thomas Boleyn und Dr. Richard Sampson, unterzeichnet von Heinrich VIII. (undatiert, aber vom 25. September 1522); CSPSp Further Supplement, S. 190–194, Karl an seine Gesandten in England, 8. Februar 1523. 38 CLC, IV, S. 334–351, druckt Gattinaras Eröffnungsrede ab, die dieser am 14. Juli 1523 hielt (BKK, II, S. 153–154, druckt die fehlenden Teile aus dem Entwurf); ebd., S. 354–358, Petition der Cortes und Karls Antwort, 15. Juli 1523. 39 CLC, IV, S. 363–402, Auflistung von Beschwerden nebst den jeweiligen Erwiderungen Karls, 24. August 1523. 40 BL Cott. Ms. Vespasian C.II/106–120, Boleyn und Sampson an Wolsey, Valladolid, 8. und 18. März 1523; RVEC, S. 122–130, Salinas an Salamanca, 2. Juli, und an Ferdinand, 14. August 1523. 41 TNA SP 1/28/181–193, Wolsey an Sampson und Jerningham, 30. August 1523. Zu dem englischen Feldzug siehe Gunn, »The duke of Suffolk’s march«. 42 Barrillon, Journal, II, S. 151–162, Franz an den Grafen von Carpi, 31. Januar 1521. 43 CSPSp Further Supplement, S. 286–289, Karl an Louis de Praet, Pamplona, 15. November 1523. 44 Claretta, Notice, S. 84–92, »Deuxième représentation de Mercurin de Gattinara à l’empereur«, in italienischer Sprache; Passagen aus dem französischen Original finden sich bei Bornate, »Historia«, S. 311 Anm. 4. BKK, II, S. 152–153, legt überzeugend dar, dass Gattinara dieses Dokument im April oder Mai 1523 verfasst haben muss. 45 Brandi, »Aus den Kabinettsakten«, S. 181–222, vollständiger Abdruck der »Denkschrift« nach dem Manuskript in HHStA Belgien PC 68/3–30. Brandi argumentiert plausibel, dass der Text Anfang Dezember 1523 entstanden sein müsse: S. 215 Anm. 1. Gossart, Charles-Quint, Appendix D, und »Notes«, S. 110–119, mit dem Abdruck einer gekürzten Version aus AGRB. Martínez Millán, La Corte, I, S. 216–217 Anm. 422–424, bringt einen großen Teil von Gattinaras Original aus AS Vercelli, wenn auch mit einigen Fehlern. 46 Sanuto, I diarii, XXXV, Sp. 365, Contarini an die Signoria, 11. November 1524; RAH Ms. 9/4817/171–184, Karl an Sessa, 14. Dezember 1523. 47 Clemens unterzeichnete den Vertrag am 12. Dezember 1524 und setzte Karl davon am 5. Januar 1525 in Kenntnis (RAH Salazar A-34/3, Brief Clemens’ an Karl); Venedig zog am 10. Januar 1525 nach, bemühte sich jedoch, den Vertragsschluss geheim zu halten – wenn auch Karl natürlich die Wahrheit bald herausfand (Setton, The papacy, III, S. 226 und 228). 48 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/55–7, Tunstal, Wingfield und Sampson an Wolsey, Toledo, 2. Juni 1525 (die Zusammenfassung in L&P Henry VIII, IV/1, S. 616, wird den schneidenden Formulierungen des Originals nicht gerecht – gesprochen bei einer Audienz von Karl selbst, der damit Wolsey zitierte. Rodríguez-Salgado, »Buenos hermanos«, S. 450–453, liefert einen hervorragenden Überblick über die unglückselige politische Strategie, die Heinrich VIII. und Wolsey in den Jahren 1524/25 verfolgten. 49 Sanuto, I diarii, XXXVI, Sp. 419, und XXXVII, Sp. 661, Contarini an die Signoria, 18.–23. März 1524 und 10. Januar 1525; CSPSp, II, S. 691, Karl an seine Botschafter in Rom, 10. Januar 1525; Górski, Acta Tomiciana, VII, S. 172–179, Dantiszek an Sigismund, 7. Februar 1525 (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 165–170); Boone, Mercurino, S. 100 (Gattinaras »Autobiografie«).

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740 Anhänge 50 AGS E K 1639 Nr. 95, Karl an den Herzog von Bourbon, 14. August 1524, Abschrift; KFF, I, S. 250–253, Karl an Ferdinand, 4. Februar 1525; RAH Ms. 9/4817/239–244, Karl an seine Botschafter in Rom, 19. Dezember 1524 (Entwurf teilweise von Gattinaras Hand). 51 L&P Henry VIII, IV/1, S. 347–350, Sampson an Wolsey, 30. Oktober 1524; Brandi, »Eigenhändige Aufzeichnungen«, S. 256–260, Original (undatiert, aber ganz bestimmt verfasst, bevor die Nachricht vom Sieg bei Pavia Karl am 10. März 1525 erreichte; vielleicht lieferte auch das Eintreffen von Clemens’ Brief vom 5. Januar den Anstoß, in dem dieser mitteilte, dass er ein Bündnis mit Frankreich, Florenz, Ferrara und Venedig geschlossen habe). Vgl. ähnliche Aussagen in Briefen Karls aus derselben Zeit in PEG, I, S. 427–441. 52 TNA SP 1/33/113–114, Pace an Heinrich VIII., 26. Januar 1525. 53 Ruscelli Delle lettere, I, Bl. 147v, Giovanni Matteo Giberto an Girolamo Aleandro, Rom, 19. Februar 1525; RAH Salazar A-34/150–163, Sessa an Karl, Rom, 24. und 25. Februar 1525 (Sessa fügte sogleich hinzu: »Ich flehe Euer Majestät an, mir meine Kühnheit zu verzeihen, die ja nur aus dem Übermaß an Zuneigung entspringt, das ich für Euer Majestät empfinde, und aus der treuen Gefolgschaft, die ich Euch schulde«). 54 CODOIN, IX, S. 481–485, Marqués (Markgraf) von Pescara an Karl, undatiert, aber vom 25. Februar 1525; Brandi, »Nach Pavia«, S. 185–187, Lannoy an Karl, 25. Februar 1525 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 150–151, nach einer unvollkommenen Abschrift); RAH Salazar A-34/133–134, Lannoy an Sessa, 21. Februar 1525, Abschrift. 55 Valdés, Relación, sig. A iiiv–A iv, mit Zitaten aus Meldungen, die Karl von den Siegern von Pavia erhielt; Champollion-Figeac, Captivité, S. 129, Franz an Luise von Savoyen, undatiert, aber vermutlich vom 25. Februar 1525. 56 BL Cott. Ms. Vitellius B.VII/75–77, Russell an Heinrich, Mailand, 11. März 1525, Abschrift; Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 47–48, Foscari an die Signoria, 13. März 1525. Champollion-Figeac, Captivité, S. 85–88, führt die französischen Gefangenen und Opfer der Schlacht bei Pavia auf. In französischen Quellen wird der gefangen genommene Henri d’Albret (Heinrich II.) als »König von Navarra« bezeichnet; bereits seit 1512 nahmen jedoch die spanischen Herrscher diesen Titel für sich in Anspruch. Entsprechend bezeichnen spanische Quellen Henri als »Sohn des Königs« – will heißen: Sohn des letzten Königs aus dem Haus Albret, dessen Legitimität auch in Spanien anerkannt wurde. 57 Rodríguez Villa, Italia, S. 10, Lope de Soria an Karl, 26. Februar 1525. Nur für den Fall, dass sein Herr den entscheidenden Punkt übersehen sollte, wiederholte Soria diesen noch einmal in einer Nachschrift: »Es war dies ein edler Sieg, den Euer Majestät nun benutzen kann, um Recht und Gesetz zu schaffen (poner ley) und Euren Vorrang in der ganzen Christenheit ein für alle Mal zu beweisen.«

7 Ein ungenutzter Sieg (1525–1528) 1 Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 205–207, Giacomo Suardino an den Markgrafen von Mantua, 15. März 1525 (englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 415–417). Fernández de Oviedo, »Relación«, S. 407, gibt an, der Eilbote sei am 3. März eingetroffen; in sämtlichen anderen Quellen ist jedoch vom 10. März die Rede. 2 Brandi, »Nach Pavia«, S. 185–187, Lannoy an Karl, 25. Februar 1525 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 150–152, nach einer unvollkommenen Abschrift). 3 Valdés, Relación, sig. A vijv; Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 205–207, Suardino an Mantua, 15. März 1525 (mit Zitat dessen, was Sampson ihm gesagt hatte); Ellis, Original letters, erste Reihe, I, S. 260–267, Sampson an Wolsey, 15. März 1525. Vgl. die ähnlichen Berichte anderer Diplomaten über Karls Bescheidenheit, als ihm die Nachricht vom Sieg bei Pavia übermittelt wurde: Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 203–205, Contarini an die Signoria, 12. und 14. März 1525 (englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 413–415); Górski, Acta Tomiciana, VII, S. 188–200, Dantiszek an König Sigismund, 16. März 1525 (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 171–172); Serassi, Delle lettere, I, S. 146–148, Castiglione an Piperario, 14. März 1525. 4 Lanz, Aktenstücke, S. 322, Karl an seine Diplomaten bei der Konferenz von Calais, 15. September 1521. 5 BNMV Ms. Italiani Classe VII, cod. 1009/410, Contarini an die Signoria, 6. Februar 1525, berichtet von den kaiserlichen Indiskretionen bei einer Audienz mit Giovanni Corsi, der am Kaiserhof sowohl Florenz als auch den Heiligen Stuhl vertrat (was den provokanten Kommentar Karls über Luther erklären mag – der Kaiser wollte mit seinen »bemerkenswerten Worten« dem Papst offenbar einen Schuss vor den Bug verpassen). 6 RAH Ms. 9–4817/249–252, Karl an Sessa, 9. Februar 1525, Notiz (die abschließende Formulierung ist durchgestrichen; englische Zusammenfassung in CSPSp, II, S. 699–701). 7 Redondo, »La comunicación«, S. 260, Karl an Germaine de Foix, 10. März 1525; Villar García, »Cartas«, S. 69, Karl an Rodrigo Mexía, 12. März 1525; Valdés, Relación, sig. A vijv–A viij. 8 BL Cott. Ms. Vitellius B.VII/75–77, Sir John Russell an Heinrich VIII., Mailand, 11. März 1525 (mit Fehlern abgedruckt in Ellis, Original letters, 2nd series I, S. 297–303).

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9 BNE Ms. 20214/52/9, Sessa an Karl, 26. Februar 1525, »a iiij horas de noche«, eigenhändig; KFF, I, S. 273–276 und 277–281, Ferdinand an Karl und Instruktionen an Salinas, Innsbruck, 14. März und 2. April 1525 (auch in LCK, I, S. 154–156 und 683–690). Ferdinand zitierte den Tadel, den einer von Hannibals Generälen dem Sieger von Cannae entgegenschleuderte: »Vincere scis, Hannibal; victoria uti nescis« – »Siegen, das kannst du, Hannibal; aber den Sieg nutzen, das kannst du nicht!« (Livius, Römische Geschichte (Ab urbe condita), 22,51). Zur fraglichen Zeit war Ferdinand bereits der Erbe und designierte Nachfolger seines Bruders. 10 Górski, Acta Tomiciana, VII, S. 188–200, Dantiszek an Sigismund, 16. März 1525, ein Zitat Gattinaras (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 173). 11 Brandi, »Nach Pavia«, S. 195–211, Positionspapier, das Gattinara für Karl verfasste; undatiert, dem Kaiser jedoch vorgelegt zwischen 10. März (als die Siegesnachricht eintraf) und 25. März 1525 (als Karl Dokumente unterzeichnete, durch die Vorschläge seines Kanzlers in die Tat umgesetzt wurden). 12 Champollion-Figeac, Captivité, S. 149–159, Karls Instruktionen an seine Gesandten am Hof Luises von Savoyen, 28. März 1525; Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 267–270, Karl an Lannoy, 27. März 1525. Seinem Bruder sandte der Kaiser eine ganz ähnliche Botschaft: KFF, I, S. 277–281, Karl an Ferdinand, 25./26. März 1525. 13 PEG, I, S. 265–266, Karl an Lannoy, undatiert, aber vermutlich am 26. März 1525 verfasst (vgl. ähnliche Formulierungen in LCK, I, S. 157–159, Karl an Monsieur de Praet, seinen Botschafter in England, 26. März 1525). 14 PEG, I, S. 263–265, Karl an Luise, undatiert, aber vom 25. März 1525, gefolgt von ihrer Antwort (Datum nach Champollion-Figeac, Captivité, S. 136 Anm. 2); TNA SP 1/34/153 Sampson an Wolsey, Toledo, 2. Mai 1525, eigenhändig. Obwohl der Bericht von Beaurain (Karls Gesandtem) offenbar nicht erhalten ist, teilte dieser am 10. April 1525 Margarete von Österreich mit, Luise zeige »keinerlei Anzeichen dafür, dass sie irgendetwas aufgeben wolle«: Le Glay, Négociations, II, S. 598–599. 15 LCK, I, S. 161–162, Lannoy an Karl, 3. und 6. Mai 1525; TNA SP 1/35/17–18, »Ce que don Hughe de Montcade … a dit à l’empereur notre seigneur que le Roy de France luy avoit divisé pour la paix« (aus Moncadas spanischen Notizen ins Französische übersetzt; vgl. die Wiedergabe des Textes bei Champollion-Figeac, Captivité, S. 170–173). 16 BL Cott. Ms. Vitellius B.VII/146–149, John Clerk an Wolsey, Rom, 14. Juni 1525 (mit Clemens’ Zitat über Franz’ »eloquens«); Rodríguez Villa, Italia, S. 52, Nájera an Karl, 7. Mai 1525. Siehe auch Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 278–279, Lannoy an Karl, 27. April 1525: »das, was [Franz] am meisten wünscht, ist, mit Euch zu sprechen«. Manche hegten den Verdacht, es sei Lannoys Einfall gewesen, Franz nach Spanien zu bringen; jedoch sagte ein Minister des Königs später unter Eid aus, dass Franz »procura envers le vis-roy de Neapel d’estre mené en Espagne, et jusques à bailler ses propres gallères pour luy conduyre«: Champollion-Figeac, Captivité, S. 432–433, Aussage des Philibert Babou, 18. Dezember 1525. 17 BNE Ms. 20212/43/9, Leyva an Karl, 7. Juli 1525; BNE Ms. 20214/52/10, Sessa an Karl, 12. Juli 1525. 18 Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 284–287, Karl an Lannoy, 15. Juni 1525. Bisweilen ist vermutet worden, Karl habe schon im Voraus gewusst, dass Franz nach Spanien kommen werde; wie dieser Brief jedoch beweist (der fünf Tage vor dem Eintreffen der Nachricht an seinem Hof verfasst wurde), hatte der Kaiser keinerlei Kenntnis von Lannoys Vorstoß. Siehe auch RAH Ms. 9/4817/261, Karl an Sessa, 8. Juni 1525, mit der Anweisung an den Botschafter, Lannoy zur besten Verhandlungstaktik dem Papst gegenüber zu konsultieren – daraus spricht deutlich die Annahme, der Vizekönig halte sich noch in Italien auf. 19 BL Cott Ms. Vespasian C.III/107–127, Tunstal und Sampson an Heinrich, 2. Dezember 1525, mit dem Bericht von ihrer Audienz bei Karl am 19. Oktober. Siehe auch BAV Vat. Lat. 6753/18, venezianische Gesandtschaft an die Signoria, 13. Juni 1525, wo die folgende Äußerung eines von Karls für die Niederlande zuständigen Ministern wiedergegeben wird: »Burgund gehört Seiner kaiserlichen Majestät so sicher wie Euch das Hemd, das Ihr am Leibe tragt; aber der König Ludwig XI. von Frankreich hat es auf hinterlistige Weise besetzt.« In den Jahren 1544/45 sah sich Karl mit einer ähnlichen Entscheidung konfrontiert: Sollte er einen Teil seines Erbes opfern? Oder eher eine relative »Neuerwerbung«, die jedoch von strategischem Wert war? Siehe dazu unten Kap. 12. 20 BAV Vat. Lat. 6753/29v–30 und 69v, venezianische Gesandtschaft an die Signoria, 10. Juli und 5. Oktober 1525 (Franz wusste mit Sicherheit über die Liebesbriefe Bescheid, denn im Jahr 1519 zitierte er sie bei seinen Versuchen, Friedrich für seine Sache zu gewinnen: siehe oben S. 125); Serassi, Delle lettere, II, S. 9, Castiglione an den Erzbischof von Capua und päpstlichen Staatssekretär, Madrid, 9. Dezember 1525, Nachschrift (über Bestechung); BAV Vat. Lat. 6753/97, Navagero an die Signoria, 11. Dezember 1525 (zu dem missglückten Fluchtversuch in Maskerade: englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 508). 21 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, IV, S. 88–92, »Première protestation« Franz’, 16. August 1525, offiziell angenommen am 22. August.

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742 Anhänge 22 Fernández de Oviedo, »Relación«, S. 418 (ein Augenzeugenbericht); Górski, Acta Tomiciana, VII, S. 328, Dantiszek an Sigismund, 1. November 1525 (»Pereant illi, qui inter nos dissidia ista fecerunt. Istene est juvenis tam deformis ut monstrum et sine ingenio balbutiens?«; spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 180). Franz litt offenbar an einem Abszess, der auf sein Gehirn drückte: Sobald dieser geplatzt war, erholte er sich wieder (BAV Vat. Lat. 6753/62v–67, Navagero an die Signoria, 24. September 1525: »una appostema in la testa«). 23 BAV Vat. Lat. 6753/70v, Navagero an die Signoria, 10. Oktober 1525. 24 BAV Vat. Lat. 6753/84v, Navagero an die Signoria, 4. November 1525. Franz bestätigte später, dass er sich dieser List bedient hatte, und erklärte einigen Diplomaten gegenüber »beinahe höhnisch (quasi irridento)«, dass bei seinem Aufenthalt in Madrid »die Ärzte dem Kaiser sagten, ich litte an der Schwindsucht, und dass es also ein guter Tausch wäre, mich gegen meine Söhne einzuhandeln«. Und mit einem boshaften Lächeln fügte Franz hinzu: »Dass er das glauben sollte, konnte mir nur recht sein«: CSPV, V, S. 613–615, venezianische Gesandtschaft in Frankreich an die Signoria, 17. Februar 1531. 25 Champollion-Figeac, Captivité, S. 363–369, »Les moyens de paix baillés par le conseil de l’empereur«, 9. Oktober 1525, und Franz’ Zurückweisung vom folgenden Tag; ebd., S. 384, Franz an Karl, undatiert, aber beinahe definitiv auch vom selben Tag; sowie ebd., S. 416–425, Patent vom November 1525 (der genaue Tag ist nicht angegeben). Siehe auch Le Glay, Négociations, II, S. 650–652, de Praet an Margarete, Lyon, 22. Dezember 1525, leitet die Nachricht weiter, Franz sei »fest entschlossen, eher im Kerker zu bleiben als nach Burgund zurückzukehren«. 26 BAV Vat. Lat. 6753/29v, Contarini, Navagero und Priuli an die Signoria, 10. Juli 1525 (»che il re come si sapea da ognuno havea havuto et havea di molto mal francese«). 27 27 Boone, Mercurino, S. 109–10 (»Autobiografie«); Sanuto, I diarii, XLV, Sp. 616–618, Suardino an Mantua, 12. Dezember 1525; Bornate, »Historia«, S. 318 Anm. 1, 478–479 und 482–483, Navagero an die Signoria, 11. Dezember 1525, 29. Januar und 8. Februar 1526; Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 289–291, Karls Anweisung an Lannoy, 16. Dezember 1525, vermeldet die Zustimmung von fünf namentlich genannten Ratsmitgliedern; der Kanzler befindet sich jedoch nicht darunter. Castiglione, der bemerkte, dass Gattinara »seinen Unwillen entweder nicht verbergen kann oder es nicht möchte«, hat das Wortgefecht zwischen dem Kaiser und seinem Kanzler bei der Ausarbeitung des Vertrages festgehalten: Serassi, Delle lettere, II, S. 29–33, Castiglione an Capua, 24. März 1526. 28 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, IV, S. 165–178, Zweite Protestation, 13./14. Januar 1526. Obgleich Karl ein solches Vorgehen als niedriges, eines Mannes von Stand unwürdiges Verhalten verurteilen sollte, hatte doch zwanzig Jahre zuvor Ferdinand der Katholische haargenau denselben Rechtskniff angewandt und eine notariell bezeugte »Protestation« niedergelegt, als Karls Vater ihm unter Drohungen Zugeständnisse abpresste (Kap. 3); und 25 Jahre später sollte Karl desgleichen tun, als seine deutschen Gegner ihn zu Zugeständnissen zwangen (Kap. 15). 29 Gachard, Captivité, S. 66–70, auf der Grundlage von Sandoval, Historia, Fernández de Oviedo, »Relación«, sowie eines Protokolls der diversen Zeremonien, das vom Staatssekretär des Kaisers, Jean Lallemand, angefertigt wurde (das ritterliche Ehrenwort des Königs ist auf den S. 66–68 abgedruckt); Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, IV, S. 178–219, Vertrag von Madrid, 14. Januar 1526. 30 Sanuto, I diarii, XLI, Sp. 36–8, Suardino an Mantua, 5. Februar 1526; LCK, I, S. 192, Karl an Luise, 16. Februar 1526 (auch abgedruckt in Le Glay, Négociations, II, S. 654–655, sowie, mit einer englischen Übersetzung, bei Bradford, Correspondence, S. 216–218). 31 TNA SP 1/34/118–119, Wolsey an Tunstal und Wingfield, 3. April 1525; BL Cott. Ms. Vespasian C.III/158– 175v, Tunstal, Wingfield und Sampson an Heinrich VIII., 2. Juni 1525; KFF, I, S. 305–311 und 322–326, Karl an Ferdinand, 25. Juni 1525, und die Antwort vom 1. September 1525; L&P Henry VIII, IV/1, S. 621, Karls Ultimatum, das in London am 7. Juni 1525 einging. 32 CDCV, I, S. 100–15, Heiratsvertrag, unterzeichnet am 17. Oktober 1525; RAH Ms. 9–4817/272–274, Karl an Sessa, 31. Oktober 1525, Entwurf mit Korrekturen Gattinaras (englische Zusammenfassung in CSPSp, III/1, S. 419–423); RAH Salazar A-36/176–178, Sessa an Karl, 13. November 1525 (mit der Behauptung, Clemens habe teils deshalb auf Zeit gespielt, weil er Karl zuvor seinen Dispens zur Heirat mit Mary Tudor erteilt hatte und Heinrich nun nicht vor den Kopf stoßen wollte); CSPSp, III/1, S. 461–463, zwei Fassungen des päpstlichen Dispenses, 13. November 1525, die bei Karl jedoch erst am 8. Februar 1526 eingingen. 33 Fernández Álvarez, Carlos V, S. 329–338, vermerkt Karls Neigung zur Prokrastination; BAV Vat. Lat. 6753/80, Navagero an die Signoria, 28. Oktober 1525; CDCV, I, S. 100–115, Heiratsvertrag vom 17. Oktober 1525, in dem eine Mitgift von 900 000 Dukaten vermerkt ist, abzüglich der nie gezahlten Mitgift für Karls Schwester Catalina (die im Jahr zuvor den König Johann III. von Portugal geheiratet hatte) und abzüglich der 50 000 Dukaten, die Portugal während des Comuneros-Aufstandes als Darlehen zur Verfügung gestellt hatte.

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34 Sanuto, I diarii, XLI, Sp. 171 und 342–345, Suardino an Mantua und Zuan Negro an seinen Vater, beide vom 15. März 1526. Gómez-Salvago Sánchez, Fastos, hält den Festzug des Traumpaares durch Sevilla – und dessen immense Kosten – fest. 35 RVEC, S. 308–314, Salinas an Ferdinand, 27. März 1526; Serassi, Delle lettere, II, S. 33–35, Castiglione an Capua, 30. März und 9. April 1526; RAH Ms. 9–4827/299–300, Karl an Sessa und an Clemens, 30. März 1526; BAV Vat. Lat. 6753/169, Navagero an die Signoria, 8. April 1526. Siehe auch BL Cott. Ms. Vespasian C.III/239–41v, Lee an Wolsey, Sevilla 15. April 1526, mit der beifälligen Beobachtung, dass »seit der Hochzeit und noch vor Ostern [Karl] sich geduldig der heiligen Kommunion enthalten hat«. 36 Causa formada, S. 61, Los Cobos an Ronquillo, 28. März 1526. Karl empfing seine Absolution am 30. April 1526 (BAV Vat. Lat. 6753/182, Navagero an die Signoria, 1. Mai 1526), aber Clemens ließ noch eine Verzögerung von beinahe einem ganzen Jahr folgen, bevor auch die Bußstrafe gegen Los Cobos aufgehoben wurde (»weil man sagt, er sei der Erste gewesen, der Euer Majestät zu Eurem späteren Vorgehen gegen den Bischof geraten habe«) und auch Ronquillo und seine Mitstreiter die Absolution erhielten: Rodríguez Villa, Memorias, S. 226–228, Sekretär Pérez an Karl, Rom, 26. Juni 1527; und Serassi, Delle lettere, II, S. 142–143, Castiglione an Capua, 13. März 1527. 37 KFF, I, S. 376–80, Karl an Ferdinand, 30. März 1526; RVEC, S. 308–314, Salinas an Ferdinand, 27. März 1526; Sanuto, I diarii, XLI, Sp. 342–345, Zuan Negro an seinen Vater, Sevilla, 15. März 1526; Serassi, Delle lettere, II, S. 29–33, Castiglione an Capua, 24. März 1526. 38 Braamcamp Freire, »Ida«, S. 609–612, Antonio de Azevedo Coutinho an den Conde (Grafen) von Vimiosa, 16. März 1526, und 616, Marqués (Markgraf) von Vila Real an Antonio Carneiro, 17. März 1526; Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 293–294, Karl an Lannoy, März 1526 (mit der Erklärung dafür, dass seine Hand momentan zu schwach sei, um einen eigenhändigen Brief zu schreiben); ASF SDO 58/21, Domenico Canigiani an den Achterrat, 7. April 1526; Serassi, Delle lettere, II, S. 64–71, Castiglione an Kardinal Salviati, 8. September 1526 (»troppo diligenza circa l’essere buon marito«). 39 Hauser, Le traité, S. 150–153 »Mémoires délibérés au conseil du Roy touchant le traité de Madril [sic]«, Bayonne, 17. März 1526; HHStA Frankreich: Varia, Konv. D/1, 1526, 14/1 Bl. 84–90 und Konv. E, 1526 Bl. 24–29, Französischer Kronrat an Louis de Praet, Bayonne, 20. März 1526; Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 298–299, Karl an Lannoy, 27. März 1526. 40 CWE, XII, S. 266–267 (Nr. 1731), Karl an Erasmus, 4. August 1526 (Latein), Notiz. 41 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/273–273v, Lee an Heinrich, 30. September 1526; Górski, Acta Tomiciana, VIII, S. 335–264, Dantiszek an Sigismund, 12. Oktober 1526 (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 186). 42 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/239–241v, Lee an Wolsey, Sevilla, 15. April 1526, dechiffriertes Original; BL Cott. Ms. Caligula D.IX/183–185, Taylor an Wolsey, 4. April 1526, berichtet, was Franz ihm bei einer Audienz in der Vorwoche gesagt hatte. Siehe auch Le Glay, Négocations, II, S. 656–658, »Explications du roi« darüber, warum er den Vertrag nicht ratifiziert hatte, 2. April 1526. 43 Guicciardini, Istoria, III, S. 402 (aus Buch XVI, Kap. 6, verfasst zwischen 1537 und 1540); BAV Vat. Lat. 6753/183–187, Navagero an die Signoria, 14. Mai 1526. Siehe auch Castigliones Behauptung, Franz habe die meisten Angehörigen von Karls Gefolge mit Geld bestochen: vgl. oben S. 201. 44 HSA Ms. B 2954/8, Luise an Karl, um den 31. Januar 1526 (ein Versprechen, das in HSA Ms B 2954/7 wiederholt wird, Luise an Karl, um den 15. Februar 1526), sowie Champollion-Figeac, Captivité, S. 517–518, Franz an Karl, San Sebastián, März 1526, alle eigenhändig. 45 Guicciardini, Istoria, III, S. 405; Serassi, Delle lettere, II, S. 9 und 35–39, Castiglione an Capua, 9. Dezember 1525, Nachschrift, und 26. April 1526. 46 L&P Henry VIII, IV/1, S. 881–882, Ghinucci und Casale an Wolsey, Rom, 7. Februar 1526 (mit einem Zitat Clemens’); BL Cott. Ms. Galba B.IX/3–4, Wingfield an Wolsey, Antwerpen, 9. Februar 1526, mit von Wolsey diktierten Marginalien. 47 TNA SP 1/37/212, Wolsey an Luise von Savoyen, undatiert (aber vom 20. März 1526), französisch, Abschrift; BL Cott. Ms. Caligula D.IX/172–178, Heinrichs Instruktionen an Sir Thomas Cheyne, seinen Gesandten in Frankreich, undatiert (aber vom 22. März 1526). 48 HSA Ms. 2954/1–2, Karl an Franz und Luise, März–April 1526, beide eigenhändig, als Antwort auf deren kurz zuvor eingegangene Briefe, in denen sie zu gehorchen versprachen; Guicciardini, Opere inediti, IV, S. 6–8, Guicciardini an Gambara, den päpstlichen Sondergesandten in England, Rom, 21. April 1526, gibt Clemens’ Perspektive wieder. 49 Le Glay, Négociations, II, S. 660–664, Lannoy an Karl, 16. und 25. Mai, sowie an Margarete, 18. Mai 1526.

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744 Anhänge 50 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, IV, S. 238–252, Bündnisakte der »Sainte Ligue«, Cognac, 22. Mai 1526. Sanuto, I diarii, XL, Sp. 613–614, Navagero an die Signoria, 11. Dezember 1525, mit der von England geforderten Gesamtsumme. 51 LCK, I, S. 217, Clemens an Karl, undatiert (aber vom 23. Juni 1526), vermutlich unvollständig; BAV Vat. Lat. 6753/183–187, Navagero an die Signoria, 14. Mai 1526. 52 HHStA Belgien PA 65/4/122–131v, Moncada und Sessa an Karl, 20./24. Juni 1526. 53 Rodríguez Villa, Memorias, 16–18, Lope de Soria und Lope Hurtado de Mendoza an Karl, 20. und 28. Juni 1526. 54 Ebd., S. 20–21, Pérez an Karl, 9. September 1526; Sanuto, I diarii, XLII, Sp. 582–583, Suardino an Mantua, 9. August 1526; Bornate, »Historia«, S. 489–496, Gattinaras »Relación« an den Kronrat nebst Antwort. 55 LCK, I, S. 213–216, Karls Instruktionen an Moncada, Granada, 11. Juni 1526, meine Hervorhebung. 56 Rodríguez Villa, Memorias, S. 18–19, Pérez an Karl, 9. Juli 1526. 57 KFF, I, S. 407–421, Karl an Ferdinand, 27. Juli 1526, Entwurf mit umfangreichen Korrekturen; Bornate, »Historia«, S. 503, »Discorso del gran Cancelliere« (undatiert, aber unmittelbar vor dem 27. Juli 1526 entstanden, da Karl ganze Passagen aus diesem Dokument in seinem Brief an Ferdinand von jenem Datum zitiert: Brandi, »Eigenhändige Aufzeichnungen«, S. 248). 58 RVEC, S. 323–327, Salinas an Ferdinand, 4. August 1526. 59 Rodríguez Villa, Memorias, S. 41–42, Karl an den Sekretär Pérez in Rom, 16. November 1526. Vgl. oben Karls Instruktionen an Moncada vom 11. Juni 1526. 60 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/257–266, Lee an Heinrich, 7. September 1526; Serassi, Delle lettere, II, S. 64–85, Castiglione an Kardinal Salviati und an Capua, beide mit Datum vom 8. September 1526. BAV Vat. Lat. 6753/203v–215, Navagero an die Signoria, 6. September 1526, bringt ebenfalls eine Zusammenfassung des Wortwechsels, obwohl er gestehen muss, dass »ich es damals nicht verstanden habe, denn ich verstehe nur ein wenig Französisch, aber später haben einige Ratsmitglieder es mir erklärt«. Die Audienz fand am 17. August statt. In seinen »Erinnerungen« stellte Karl die Unterredung rückblickend als eine förmliche Herausforderung durch Frankreich, England, Venedig und den Papst dar: CDCV, IV, S. 493. 61 CSPSp, III/I, S. 905–922, Karl an Clemens, 17. September 1526; LCK, I, S. 219–221, Karl an Clemens, 18. September 1526; Serassi, Delle lettere, II, S. 90–92, Castiglione an Capua, 20. September 1526. BKK, II, S. 178–179, bietet eine Gegenüberstellung der zwischen Karl und Clemens öffentlich ausgetauschten Schriftstücke und der Entwürfe, die derweil von Gattinara, Valdés und anderen ausgearbeitet wurden. 62 Headley, The emperor, Kap. 5, nimmt eine eingehende Analyse der Schrift Pro Divo Carolo eius nominis Quinto Romanorum Imperatore invictissimo, pro felice semper Augusto, Patrepatriae und ihrer Verbreitung vor. 63 KFF, I, S. 486–492, Karl an Ferdinand, 23. November 1526 (auch in LCK, I, S. 224–228); CDCV, I, S. 117–119, consulta des Staatsrates darüber, was angesichts der Nachricht von der Schlacht bei Mohács zu tun sei; undatiert, aber kurz nachdem Ferdinands Brief am 13. November angekommen war, teilte Karl seinem Bruder mit, dass er schon frühere Nachrichten von der vernichtenden Niederlage erhalten, diesen jedoch keinen Glauben geschenkt hatte (vgl. L&P Henry VIII, IV/2, S. 1153, Lee an Heinrich, 1. November 1526, mit einem vollständigen Bericht). 64 BAV Vat. Lat. 6753/232, Navagero an die Signoria, 2. Dezember 1526, mit indiskreten Mitteilungen des Nuntius über seine jüngste Audienz (englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 620–623). Serassi, Delle lettere, II, S. 125–127, Castiglione an Capua, 2. Dezember 1526, lässt diese selbstkritischen Bemerkungen weg. 65 RAH Salazar A-40/147–8, Pérez an Karl, 14. Februar 1527. 66 KFF, II/1, S. 26–28 Karl an Ferdinand, 6. März 1527. RAH Salazar A-40/212–20, Nájera an Karl, Rom, 3. März 1527, erwähnt, dass der Herzog von Bourbon auf der »strada Romana andando hazia Bolonia« unterwegs gewesen war. 67 AGS E 847/180–181, Francisco de Salazar an Gattinara, 18. Mai 1527. 68 Rodríguez Villa, Memorias, S. 165–167, Soria an Karl, 25. Mai 1527; KFF, II/1, S. 81–83 und 85–88, Ferdinand an Karl, 30. und 31. Mai 1527. 69 BL Cott. Ms. Vespasian C.IV/166–168v, Lee an Wolsey, 27. Juni 1527 (beschreibt eine Audienz beim Kaiser zwei Tage zuvor). Siehe auch Górski, Acta Tomiciana, IX, S. 216–217, Dantiszek an Sigismund, 17. August 1527, gibt Karls Behauptungen bei derselben Audienz mit ähnlicher Verblüffung wieder (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 201–206). 70 ASF SDO 58/49, Domenico Canigiani an den Achterrat, Valladolid, 31. Mai 1527.

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Anmerkungen

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71 HHStA Belgien PA 66/3/281, Karl an Bourbon, 7. Juni 1527, Notiz, meine Hervorhebung. (Mignet, Rivalité, II, S. 330–331, und später Rodríguez Villa, Memorias, S. 203, zitieren beide Teile dieses Briefs, verbinden dabei jedoch Passagen miteinander, die im Original getrennt sind, und geben ein falsches Datum an.) Aus mehreren anderen Quellen geht hervor, dass der Kaiser geplant hatte, sein Heer Rom einnehmen, aber nicht plündern zu lassen und den Papst gefangen zu nehmen: (a) Karl selbst widerrief den Waffenstillstand, den Lannoy mit dem Papst geschlossen hatte (Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 319–320, Karl an Lannoy, 12. Mai 1527); (b) am selben Tag behauptete Navagero, Karl habe dem Herzog von Bourbon befohlen, Rom anzugreifen (BAV Vat. Lat. 6753/260v–263v, an die Signoria, 12. Mai 1527); (c) HHStA Belgien PA 94/446, Gattinara an Karl, 28. Mai 1527, ein Brief aus Palamos an der katalanischen Küste, erklärt, dass »ich hierbleiben werde, sollte vor meinem Aufbruch [nach Italien] sichere Nachricht darüber eintreffen, dass der Papst in Barcelona angekommen ist«; (d) Charvet, Lettres et documents, S. 131–2, Agrippa von Nettesheim an Bourbon, Lyon, 30. März 1527, teilt mit, dass der Herzog bereits seinen Plan verraten habe, »jene stolzen Mauern [von Rom] nach ein paar Tagen Belagerung niederzureißen«, eine Enthüllung, die sich einem gewissen Eustache Chapuys verdankt, der als Kurier zwischen Bourbon und Karl im Einsatz war (ebd., S. 132–134) – noch ein weiteres Indiz dafür, dass Bourbon damit ganz nach Karls Anweisungen vorging; (v) Don Juan Manuel teilte dem Florentiner Botschafter mit, dass Karls Rat »viele Male darüber diskutiert [hatte], was mit Seiner Heiligkeit geschehen solle – ob man ihn hierherbringen oder in Italien lassen solle –, und viele waren der Meinung, er solle hierhergebracht werden« (ASF SDO 58/52, Canigiani an den Achterrat, 12. Juli 1527). Rodríguez Villa, Memorias, S. 202–203, liefert sogar noch weitere Beweise für Karls Mitwirkung am Sacco di Roma. 72 Halkin und Dansaert, Charles de Lannoy, S. 321–327, Karls Instruktionen an Lannoy, 30. Juni 1527, und an Veyré, 21. Juli 1527. 73 LCK, I, S. 248–256, Veyré an Karl, Neapel, 30. September 1527. 74 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, V, S. 87–99, Vertrag von Amiens, 18. August 1527 bekräftigte die Bedingungen früherer Verträge, die im August 1525 in The More (in Hertfordshire), einem Palast Heinrichs VIII., sowie im April 1527 in Westminster geschlossen worden waren. 75 LCK, I, S. 235–248, Leyva an Karl, 20. Juli 1527, mit mehreren Nachschriften bis zum 4. August. 76 RAH Salazar A-41/1–3, Instruktionen des Hernando de Alarcón an Alonso Gayoso, seinen Gesandten an Karls Hof, Rom, 1. Dezember 1527 (abgedruckt bei Rodríguez Villa, Memorias, S. 229–234, dort allerdings mit dem falschen Datum Juni 1527); Muratori, Delle antichità, II, S. 341–352, »Capitoli della Lega … per la liberazione d’esso Papa Clemente«, 15. November 1527. 77 BAV Vat. Lat. 6753/283, Navagero an die Signoria, 1. August 1527 (englische Zusammenfassung in CSPV, IV, S. 81); KFF, II/1, S. 119–123, Karl an Ferdinand, 8. September 1527. 78 Fernández Álvarez, Felipe II y su tiempo, S. 621–622, Karl an die Magistraten von Úbeda und Barcelona, 21. und 23. Mai 1527; RVEC, S. 359–60, Salinas an Ferdinand, 29. Mai 1527. 79 RVEC, S. 363–371 und 387–389, Salinas an Ferdinand, 19. August und 23. November 1527. 80 BL Cott. Ms. Vespasian C.IV/145–152, Ghinucci, Poyntz und Lee an Wolsey, 17. Juli 1527; und BAV Vat. Lat. 6753/295–297v sowie 300, Navagero an die Signoria, 25. Oktober und 17. November 1527 (englische Zusammenfassung in CSPV, IV, S. 102–105). Siehe auch BL Cott. Ms. Vespasian C.IV/94–96v, Ghinucci an Wolsey, 16. April 1527: Karl »visus est ultra solitum tristis, turbatus et asper«. 81 Boone, Mercurino, S. 127 (zur »Autobiografie« siehe das Original in Bornate, »Historia«, S. 355). 82 Górski, Acta Tomiciana, X, S. 61–65, Dantiszek an Sigismund, 29. Januar 1528, mit einem Zitat aus Cicero, De inventione, I, S. 71. Der Schlüsselbegriff des lateinischen Originals ist »diffidatio« (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 207–210). 83 Ebd., Dantiszek an Sigismund, 29. Januar 1528; PEG, I, S. 310–321, »Declaration de Guerre«, 22. Januar 1528 (Zitat auf S. 319–320). 84 Sanuto, I diarii, XLVIII, Sp. 149–150, Zuan Negro, Sekretär des venezianischen Botschafters, an seinen Vater, 1. Juni 1528; RAH Salazar A-42/80, Karls Urkunde für den Gouverneur von »Cerdeña und Rossellon« (Sardinien und Roussillon), 22. Januar 1528, Notiz. Zur herzlosen Behandlung der Prinzen siehe Pascual Barroso, Dos niños príncipes. 85 KFF, II/1, S. 176–85, Karls Instruktionen an den Baron Montfort, seinen Gesandten bei Margarete und Ferdinand, 31. Januar 1528. 86 Arfaioli, The black bands, S. 36 und 99–100 (mit einem Zitat aus Giovio, Delle historie). Belege dafür, dass seine Gegner Karls strategische Prioritäten zu jener Zeit durchaus erkannt hatten, finden sich in KFF, II/1, S. 148–152, Karl an Ferdinand, 21. November 1527, Abschrift eines eigenhändigen Briefs: Wenn sowohl Mailand als auch Neapel sich »en eminent peril« befinden, »j’aime mieulx secourir et remedier en Naples, qu’est du patrimoine de noz predecesseurs, que non pas ledit Millan que n’est de nostre heritage«.

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746 Anhänge 87 Sanuto, I diarii, XLVII, Sp. 26–27, Ludovico Ceresara an den Markgrafen von Mantua, 25. Februar 1528; ebd., XLVII, Sp. 389, Pompeo Colonna an Lorenzo Campeggio, Gaeta, 1. Mai 1528. Arfaioli, The black bands, S. 198–203, enthält die beste Darstellung der Schlacht und ihrer Auswirkungen. 88 PEG, I, S. 349–350, Karl an Jehan de Calvymont, Botschafter »estant à présent à Poza en Castille«, 18. März 1528. 89 PEG, I, S. 350–359, »Audience de congé«, die Franz Nicolas Perrenot de Granvelle gewährte, 28. März 1528 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 265–270), sowie ebd., S. 372–374, schriftliche Herausforderung Franz’, die in französischer und spanischer Sprache zugestellt wurde. 90 Bornate, »Historia«, S. 362 (Boone, Mercurino, S. 131, mit der fehlerhaften Übersetzung von »Catellanis« als »Kastilier« statt richtig »Katalanen«); RVEC, S. 392–398, Salinas an Ferdinand, 4. Februar 1528. García Martínez, »Estudio«, S. 130–131, bemerkt, dass der valencianische Chronist Martí de Viciana für das Jahr 1528 beinahe die Hälfte seiner Ausführungen zu Reichsangelegenheiten der ritterlichen Herausforderung an Franz widmete: »ein eindeutiger Beweis dafür, dass diese Angelegenheit die Zeitgenossen stark interessierte«. 91 RVEC, S. 404–410, Salinas an Ferdinand, 8. Juli 1528. 92 AGS E 8815/24–26, consulta des Kronrats an Karl, 20. Juni 1528, und Bl. 29, Tavera, Präsident des Rats, an Karl, 12. Juni 1528. Dieser Band enthält 42 Briefe mit Ratschlägen, die einzelne Adlige, Städte und Kirchenobere Kastiliens (sowie der Rat von Kastilien) an Karl sandten; fast alle sind eigenhändig; CODOIN, I, S. 47–95, druckt die meisten ab. Villar García, »Cartas«, S. 85, Karl an Rodrigo Mexía, S. 79–81, 10. November 1528, lässt erkennen, dass der »Meinungseinholungsprozess« in dieser Sache noch sehr viel breiter angelegt war und Räte, führende Kleriker und Adlige einschloss, dazu »noch andere Herren (caballeros), denen wir es mitgeteilt haben«. 93 PEG, I, S. 384–387, Herzog von Infantado an Karl, 20. Juni 1528. Die Kaufleute waren voller Missbilligung, denn sie betrachteten den Einsatz des Zweikampfs zur Entschiedung von Staatsangelegenheiten als »etwas vollkommen Unerhörtes und wahrlich zweier solcher Fürsten unwürdig«: CWE, XIV, S. 258–261 (Nr. 2024), Schets an Erasmus, Antwerpen, 14. August 1528. 94 LCK, I, S. 405–411, schriftliche Herausforderung Karls V., sowie Instruktionen an seinen Herold »Bourgogne«, 24. Juni 1528; BMECB Ms. Granvelle I/149, Karl an Baron Montfort, 19. Juli 1528, eigenhändige Nachschrift. (»N’obliez d’amener Colman avec estouffe et ouvriers, si d’auenture il me failloit combattre«. Vermutlich sollten Helmschmied und seine Leute eine der Rüstungen, die sie bereits für Karl angefertigt hatten, nur noch »anpassen«; zur Herstellung einer gänzlich neuen Rüstung wäre die Zeit zu knapp gewesen.) Bond, »Costume albums«, S. 72–87, stellt Helmschmids Reise an den Kaiserhof im Jahr 1529 dar. 95 BNF Bl. f. 3001/15, Franz an Anne, Herzog von Montmorency, Fontainebleau, 28. Juli 1528.

8 Der Held der westlichen Welt (1528–1531) 1 ASMa AG CE Napoli e Sicilia 810/125, Lautrec an den Markgrafen von Mantua, »aus dem Feldlager vor Neapel«, 1. Juni 1528. Ich danke Maurizio Arfaioli für den Hinweis auf dieses Dokument. 2 Robert, »Philibert de Châlon«, XXXIX, S. 174–181, Karl an den Fürsten von Orange, 19. Juli 1528; Cadenas y Vicent, El Protectorado, S. 85–88, Vereinbarung mit Doria, am 19. Juli geschlossen, am 10. August vom Kronrat bestätigt und tags darauf von Karl unterzeichnet und damit in Kraft gesetzt (englische Zusammenfassung in CSPSp, III/2, S. 765–768). Anscheinend hatte Karl seine volle Autorität erst einmal zuvor in solcher Weise delegiert: und zwar an seine »Commissarien und Gewalthaber« bei seiner Wahl zum römisch-deutschen König im Jahr 1519. 3 Sanuto, I diarii, XLVIII, Sp. 478–480, »Capitoli et conventione afirmati« zwischen dem Fürsten von Orange und dem Markgrafen von Saluzzo, Aversa, 30. August 1528. 4 Arfaioli, The black bands, S. 165. Arfaiolis Bericht von der Belagerung (»See Neapel, then die«: ebd., S. 115–162) ist der beste, den wir haben. 5 CDCV, IV, S. 495 (»Erinnerungen«); Salonia, Genoa’s freedom, S. 141; Keniston, Memorias, S. 171 (Sancho Cota). Zu Dorias anderen Motiven siehe Pacini, La Genova, S. 42–45. 6 KFF, I, S. 277–281, Karl an Ferdinand, 26. März 1525; BAV Vat. Lat. 6753/264–265v, Navagero an die Signoria, 23. Mai 1527; Firpo, Relazioni, III, S. 60, Bericht des Federico Badoer, Februar 1557; ASF MdP 4301/209–213, Ricasole an Herzog Cosimo, 27. September 1543; Bornate, »Historia«, S. 545–548, Leyva an Karl, 7. Januar 1529. 7 AGS E 848/64–65, Praet und Mai an Karl, Rom, 12. August 1529; NBD, 2. Ergänzungsband 1532, S. 102–107, Aleandro an Sanga, 25. März 1532; NBD, XIII, S. 116–121, Nuntius Camaini an Kardinal del Monte, 16. September 1552, chiffrierte Nachschrift (meine Hervorhebungen in sämtlichen Zitaten). Eine breitere Betrachtung der Rolle der »Fortuna« im Leben der Menschen in Renaissance und Früher Neuzeit liefern Buttay-Jutier, Fortuna, sowie Crouzet, Charles de Bourbon, S. 154–162 und 191–199. Ich danke Maurizio Arfaioli dafür, dass er mir die große Bedeutung der »Fortuna Caesaris« ins Gedächtnis gerufen hat.

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Anmerkungen

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8 Boone, Mercurino, S. 132 (Gattinaras »Autobiografie«, die offenbar seine eigenhändigen Instruktionen an den Fürsten von Orange zitiert, 29. Dezember 1528: »Wenn es Gott gefällt, uns den Sieg zu verleihen … dann lasst uns diesen Erfolg nicht verlieren, wie wir es mit früheren Siegen getan haben«: HHStA, Belgien PA 66/4/379–382v); RAH Salazar A-43/184–189, Alonso Sánchez an Karl, 21. September 1528. 9 AGS E 848/36, Mai an Karl, Rom, 11. Mai 1529, mit dem Bericht von seiner Audienz am 24. April (in Teilen abgedruckt, wenn auch nicht ohne Fehler, bei Heine, Briefe, S. 520–521); LCK, I, S. 296–298, Karl an Clemens, April 1529, Abschrift eines eigenhändigen Originals; AGS E 848/14, Mai an Karl, Rom, 8. Juni 1529 (Bericht von Clemens’ Deklaration). 10 Dumont, Corps, IV/2, S. 1–7, »Tractatus confoederationis inter Carolum V … & Clementem VII«, Barcelona, 29. Juni 1529; AGS E 848/5–6, Brief Clemens’ VII., 6. August 1529; L&P Henry VIII, IV/3, S. 2583–2584, englische Gesandte in Rom an Wolsey, 16. Juli 1529. Gattinara wurde durch Clemens’ Deklaration vom 13. August 1529 zum Kardinal erhoben. 11 PEG, I, S. 427–432, Karls Instruktionen an Baron Balançon, September 1528, Abschrift eines eigenhändigen Originals; KFF, II/1, S. 295–308 und 335–346, Karls Instruktionen an Baron Montfort, 8. und 28. November 1528 (das zweite Schreiben ersetzte das erste); Sanuto, I diarii, L, Sp. 279–281, Botschafter Malatesta an den Markgrafen von Mantua, 24. Februar 1529; RVEC, S. 424–430, Salinas an Ferdinand, 3. April 1529. Zu den Bemühungen seiner spanischen Minister, Karls Reise nach Italien zu sabotieren, siehe oben S. 261–262. 12 Sanuto, I diarii, L, Sp. 63–64, Brief von Giovanni Battista Grimaldi an das Haus Grimaldi in Genua, 10. Februar 1529. CDCV, I, S. 137–154, druckt diverse Urkunden und Instruktionen ab, die Karl am 8. März 1529 unterzeichnet hat. Leider ist keine Abschrift des Testaments erhalten, das er an jenem Tag ebenfalls unterzeichnete: Wir wissen davon nur, weil seine Tante Margarete in einem Brief den Erhalt einer Abschrift erwähnt. Es ist unmöglich, ein genaues Datum für die Schaffung oder Reform der meisten Ratsgremien zu benennen, da Karl sie nicht selten mehrfach umgestaltet hat: siehe zum Beispiel Carlos Morales, El consejo, S. 25–34, zur schrittweise erfolgten Umgestaltung des Finanzrates zwischen Mitte 1522 und dem 16. Januar 1525, als Los Cobos alle Mitglieder des Rates einen Eid schwören ließ. Espinosa, The empire, S. 281, bietet ein brillantes Organigramm der kaiserlichen Zentralregierung zu jener Zeit. 13 RAH Salazar A-44/37–41, Karl an Leyva, 16. Februar 1529, stark überarbeiteter Entwurf in Gattinaras Hand. 14 AGS E 267/161–163, »Traslado de los capítulos que se enviaron a Don Ugo de Moncada, y después de su fallecimiento al príncipe de Oranges« in Neapel, ursprünglich datiert auf den 19. April, aber am 16. Mai 1529 überarbeitet. Karl sandte vergleichbare Instruktionen auch an Leyva und andere Gesandte in der Lombardei. 15 Boone, Mercurino, S. 136, Gattinaras »Autobiografie«, offenbar verfasst, als Karl und er gerade in Barcelona warteten; Headley, »The emperor«, S. 35 Anm. 20, mit dem Zitat aus einer deutschen Flugschrift: »Keyser/Keyser/for uber/for uber/herre der weldt!«. 16 Sanuto, I diarii, LI, Sp. 399–403, »Raporto«, 20. August 1529; Boom, »Voyage«, S. 62. Ein kurzer Blick auf den Eintrag »Austria, Carlo di« im Register von Sanuto, I diarii, Bd. 50, der den Zeitraum März–Juni 1529 umfasst, lässt bereits erkennen, dass die venezianischen Botschafter geradezu besessen waren von der Frage, wann (oder ob) Karl nach Italien kommen würde und welche Konsequenzen dies haben würde. 17 KFF, II/I, S. 315–317, Karl an Ferdinand, 4. November 1528 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 291–292, und Le Glay, Négociations, II, S. 675–676); RAH Salazar A-44/37–41, Karl an Leyva, 16. Februar 1529 (allerdings mit einer Nachschrift, die eine Woche später entstand und erklärt, dass, falls Leyva in Italien auf Franz treffen sollte, »wir uns vielleicht mit seiner Herausforderung befassen könnten«). HSA B 2854, Karl an Heinrich VIII., 31. Oktober 1528 (Entwurf in AGS E 16/285), ist einer dieser Briefe, die an Könige und Fürsten gesandt wurden. 18 L&P Henry VIII, IV/2, S. 1918, Vertrag von Hampton Court, 15. Juni 1528 (Zusammenfassung); Dumont, Corps, IV/1, S. 514–515, Vertrag von Gorcum (Gorinchem), 3. Oktober 1528 (Teilabdruck). 19 Gachard, »Charles Quint«, S. 567 Anm., Karl an Margarete, 15. Oktober 1528; BL Cott. Ms. Galba B.IX/220– 221, Karls Ernennung Margaretes zu seiner »procuratrix générale, spéciale et irrévocable« bei den Friedensverhandlungen, 8. April 1529, notariell beglaubigte Abschrift (Text abgedruckt in Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, V/2, S. 253–254, gefolgt von der entsprechenden Ermächtigung Luises von Savoyen durch Franz vom 2. Juni 1529). 20 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, V/2, S. 221–256, und Dumont, Corps, IV/2, S. 7–17, Frieden von Cambrai, 5. August 1529, mit dem Einschub des Vertrags von Madrid (der jedoch nicht abgedruckt ist). 21 AGS GA 2/29–30, Karl an die Kaiserin, Genua, 30. August 1529; Le Glay, Négociations, II, S. 693–697, Praet an Granvelle, 31. August 1529. 22 Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, V/2, S. 276–278, und Dumont, Corps, IV/2, S. 52–53, »Protestation« Franz’ gegen den Frieden von Cambrai vor dem Parlement von Paris, 16. November 1529.

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748 Anhänge 23 AHN Nobleza Frías C.457 D.43, »Sentencia del Condestable« gegen Juan de Jalón, der den Prinzen bei ihrem Fluchtversuch hatte helfen wollen, 28. Mai 1529 (Jalón wurde am folgenden Tag hingerichtet); AHN Nobleza Frías C.23 D.26, Karl an den Condestable von Kastilien und Markgrafen von Berlanga, Palamos, 1. August 1529; CDCV, I, S. 186, Margarete an die Kaiserin, 15. Dezember 1529; AGS GA 2/29–30, Karl an die Kaiserin, 30. August 1529; sowie AHN Nobleza Frías C.23 D.27, die Kaiserin an Berlanga, 27. September 1529 (gibt die Anweisungen ihres Gatten wortgetreu weiter). 24 AGS CMC 1a/590/1, in der »Cuenta de Álvaro de Lugo« über das »Lösegeld, das für die Söhne des Königs von Frankreich gezahlt wurde«, sind die zusätzlich geforderten Münzen genannt. Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 344–345, Andrea Corsoni an Guido Rangon, Bayonne, 2. Juli 1530, erwähnt die »schier endlose Prüfung« der Münzen vor der Freilassung der Geiseln. Wer heute Pedraza de la Sierra einen Besuch abstattet, versteht sofort, weshalb Heinrich II. seine Gefangenschaft dort weder vergessen noch vergeben sollte. 25 KFF, II/2, S. 484–489, Karl an Ferdinand, Voghera, 5. September 1529; und 473–476, Ferdinands Instruktionen an den Grafen Noguerol, Linz, 18. August 1529 (auch abgedruckt in CDCV, I, S. 159–161). 26 CWE, XVIII, S. 19–22 (Nr. 2481), Erasmus an Bernard Boerio, 11. April 1531. Sechs Jahrzehnte später erweiterte der portugiesische Chronist Diogo do Couto das Bild von den »Zwillingen« noch, indem er behauptete, Süleyman habe »seine Herrschaft über das Reich der Osmanen an demselben Tag angetreten, an dem der unbesiegbare Kaiser Karl V. gekrönt wurde« – dabei trat Süleyman seine Herrschaft am 1. Oktober 1520 an, während Karls Krönung zum römisch-deutschen König am 23. Oktober stattfand: Lima Cruz, Diogo do Couto, I, S. 191–192 (década VIII, libro III Kap. 1). Ich danke Sanjay Subrahmanyam und Jane Hathaway für diese Informationen. 27 LCK, I, S. 66–68, Karl an La Chaulx (seinen Sondergesandten in Rom), und BKK, II, S. 151, Karl an Margarete, beide aus Palencia, 25. August 1522. 28 Gachard, »Charles Quint«, S. 573, Karl an Margarete, 23. September 1529; KFF, II/2, S. 499–509, Karls Instruktionen an Noguerol, der zu Ferdinand zurückreiste, 23. September 1529. 29 AGS E 1555/130 und 131, Karl an de Praet und Mai, 16. und 20. September 1529; AGS E 848/7, Karls Instruktionen an den Erzbischof von Bari (der auf dem Weg zum Papst war), 9. Oktober 1529. 30 Gachard, »Charles Quint«, S. 575 Anm. 1, Karl an Margarete, 16. November 1529. Siehe auch AGS E 1454/171, Gattinara an Karl, 1. November 1529, geschrieben unmittelbar nachdem die guten Nachrichten aus Wien eingetroffen waren: »Da die Türken sich nun zurückgezogen haben, wodurch Eurer Majestät Reise nach Deutschland weniger dringlich erscheint«, solle der Kaiser zunächst »die Angelegenheiten Italiens ordnen«. 31 Details nach Giordano, Della venuta, S. 24–37 (»Carlo, Carlo, Imperio, Imperio, Vittoria, Vittoria!«), und Sanuto, I diarii, LII, Sp. 180–1, Gasparo Contarini an die Signoria, Bologna, 5. und 6. November 1529 (auch in CSPV, IV, S. 234–235). Sanuto, I diarii, LII, Sp. 182–199, enthält noch weitere Augenzeugenberichte des »Triumphzugs«. Stirling-Maxwell, Entry, druckt und kommentiert eine Serie von 16 zeitgenössischen Illustrationen zu Karls Einzug in Bologna, die zuerst 1530 veröffentlicht wurden. Im Jahr 1515 hatten auch Franz und Leo X. Tür an Tür gewohnt, als sie nach der Schlacht bei Marignano in Bologna zusammentrafen. 32 Alberì, Relazioni, 2. Folge, III, S. 255–274, Bericht des Gasparo Contarini, 4. März 1530 (Zitate auf den S. 264 und 269); AGS PR 16/96, »Las cosas que Su Magestad ha de tener memoria para hablar y suplicar a Su Santidad son las siguientes«, undatiert, aber vom Ende des Jahres 1529 (BKK, II, S. 248–249, druckt den Text ohne Karls Anmerkungen, dafür aber mit einigen Fehlern ab; CSPSp, IV, S. 239, liefert zwar eine Zusammenfassung, die jedoch einige grobe Ungenauigkeiten aufweist und die falsche Archivsignatur für das Original nennt). Cadenas y Vicent, Doble coronación, S. 96, Clemens an Karl, 29. Oktober 1529, lässt noch ein weiteres Gesprächsthema erkennen, denn der Papst verspricht darin, dass »wir weitere persönliche Absprachen darüber treffen werden«, wie die Türken am besten anzugreifen seien. Ebd., Teil XI, führt die Daten der geheimen Treffen zwischen Papst und Kaiser auf. 33 Laurent, Recueil, III, S. 3–4, päpstliche Urkunde zur Einwilligung, Bologna, 20. Februar 1530; Dumont, Corps, IV/2, S. 53–58, Bündnisvertrag, und Sanuto, I diarii, LII, Sp. 422–432, Karls Verträge mit Sforza und mit den Venezianern, beide Bologna, 23. Dezember 1529. Florenz lehnte eine solche Einigung vorerst ab, weil seine republikanische Führung eine Wiedereinsetzung der Medici-Herrschaft strikt ablehnte. 34 BL Addl. Ms. 28,579/288–291, Los Cobos an die Kaiserin, 28. Dezember [1529]; Sanuto, I diarii, LII, Sp. 308–309, Brief von Federico, Sekretär des päpstlichen Legaten in Venedig, an seinen Herrn, 20. [recte 26.] Dezember 1529. 35 KFF, II/2, S. 549–563, Karl an Ferdinand, Bologna, 11. Januar 1530, Notiz mit eigenhändigen Korrekturen (auch abgedruckt in LCK, I, S. 360–373). Sämtliche folgenden Zitate sind diesem Dokument entnommen. 36 AGS E 1454/170, Gattinara an Karl, 29. Oktober 1529. (CSPSp, IV, S. 319–320, behauptet, Gattinara habe Kaiser Friedrich Barbarossa gemeint; dies ist jedoch nicht korrekt: siehe Sanuto, I diarii, LII, Sp. 622–624, »Copia de una lettera« über die Krönung Friedrichs III. im Jahr 1452 – er ist der Friedrich, den Gattinara im Sinn hatte.)

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Anmerkungen

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37 Details nach Stirling-Maxwell, The procession (wo Illustrationen Hogenbergs zu jenem Anlass nachgedruckt sind). Weitere Details nach Boom, »Voyage«, S. 92, sowie den Quellen, die bei Cadenas y Vicent, Doble coronación, Teil IX, abgedruckt sind. 38 Sanuto, I diarii, LII, Sp. 603–679 (Bl. 423–448 seiner alljährlichen Zusammenstellung); und Borrás Gualis, La imagen triunfal (insbesondere das »Repertorio iconográfico« auf den S. 247–375). 39 Borrás Gualis, La imagen triunfal, S. 32–34 (vorgeschlagene, aber nicht umgesetzte Projekte); Bodart, Tiziano, S. 209, Botschafter Leonardi an den Herzog von Urbino, 18. März 1530, berichtet von der Beschwerde seines Amtskollegen aus Mantua (ebd., S. 61–65, analysiert Bodart diese Aussage, die womöglich nur ein Ausdruck der Enttäuschung darüber gewesen sei, dass Karl dem Markgrafen von Mantua nicht die gebotene Ehre erwiesen hatte; allerdings schließt Bodart mit der Bemerkung, dass noch andere Beschwerden über den »extremen Geiz« des Kaisers die Behauptungen des Botschafters durchaus glaubhaft erscheinen ließen); RVEC, S. 483–485, Salinas an Ferdinand, 28. März 1530. 40 RVEC, S. 492–494, Salinas an Ferdinand, 24. April 1530. Bodart, »Algunos casos«, S. 18, druckt eine Inschrift dieses Monuments ab (das offenbar nicht erhalten ist). Soly, Charles, S. 488, bildet immerhin eine Replik aus Bergkristall von der in Mantua errichteten Nachahmung der Trajanssäule ab. 41 LWB, II, S. 306–310 (Nr. 401) für die lateinische Fassung; deutsche Fassung der zitierten Passage auf S. 316, Luther an Karl, 28. April 1521 (ein ähnlicher Brief vom selben Datum ging in deutscher und lateinischer Sprache an die »Kurfürsten, Fürsten und Reichsstände«, siehe ebd., S. 310–318, Nr. 402); Laurent, Recueil, II, S. 578–583, Verordnung vom 14. Oktober 1529 (auf der Liste der verurteilten »Reformatoren« standen auch John Wyclif und Jan Hus, die beide schon seit mehr als hundert Jahren tot waren; womöglich war Karl der Ansicht, bei Ketzern könne man gar nicht vorsichtig genug sein); Förstemann, Urkundenbuch, I, S. 1–9, das »Reichstag Ausschreiben« Karls V., Bologna, 21. Januar 1530. 42 LWB, V, S. 366–370 (Nr. 590), Justas Jonas an Luther, 18. Juni 1530, und Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 318–319, Paxin Berecio an Thomas Tiepolo, 16. Juni 1530, beschreibt die Prozessionen. Der »Protest« wurde bei einem Treffen lutheranischer Fürsten am 19. April 1529 eingelegt. 43 Boone, Mercurino, S. 69. 44 Heine, Briefe, S. 355–357, Loaysa an Karl, 6. Juli 1530 (auch abgedruckt in CODOIN, XIV, S. 36–39). Nieva Ocampo, »El confesor«, S. 661–662, belegt die Rivalität zwischen Gattinara und Loaysa; Martínez Pérez, El confesor, S. 207–238, und Lehnhoff, Die Beichtväter, S. 34–59, haben Loaysas Lebensweg nachgezeichnet. Es erscheint erwähnenswert, dass der Botschafter Salinas schon ein ganzes Jahr zuvor Granvelles Potenzial erkannt hatte, ein mächtiger Minister zu werden; er hatte seinem Herrn daraufhin empfohlen, sich um Granvelle zu bemühen: RVEC, S. 435–437, Salinas an Ferdinand, 22. Juni 1529. 45 Heine, Briefe, S. 357–359, Loaysa an Karl, 18. Juli 1530 (auch abgedruckt in CODOIN, XIV, S. 43–45). 46 NBD, 1. Ergänzungsband 1530–1531, S. 60–61 und 63–74, Campeggio an Salviati, 14. und 26. Juni 1530; LWB, V, S. 383–384 (Nr. 1598), Andreas Osiander an Luther, 21. Juni 1530. (Osiander schrieb seinen Brief auf Latein, wechselte jedoch ins Deutsche, um Karls begütigende Worte an den Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach wiederzugeben: »Cesarem respondisse, Nicht kopf abhauen! Nicht kopf abhauen!”) 47 CWE, XVI, S. 343–345 (Nr. 2333), Simon Pistoris an Erasmus, Augsburg, 27. Juni 1530; LWB, V, S. 453–459 (Nr. 1633), Luther an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, 9. Juli 1530; Spalatin zitiert bei Roper, Der Mensch Martin Luther, S. 426. 48 Heine, Briefe, S. 359–362, Loaysa an Karl, 31. Juli 1530 (auch abgedruckt in CODOIN, XIV, S. 52–55); CR, II, Sp. 245–246, Brenz an Isenmann, 4. August 1530 – siehe jedoch die abweichende Einschätzung in LWB, V, S. 426–429 (Nr. 1618), Jonas an Luther, um den 30. Juni 1530: »Satis attentus erat Caesar«, während die Confessio Augustana verlesen wurde. 49 Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 384 und 504–505, Marco Antonio Magno an Marco Contarini, 20. Juli 1530 (zu dem Festmahl) und 9. August 1530 (zu den Drohungen); sowie ebd., Sp. 474–475, Paxin Berecio und Niccolò Tiepolo an Thomas Tiepolo, 7. und 10. August 1530. Magno zufolge schrieb Karl seine Antwort auf Französisch; sie sei dann ins Deutsche übersetzt und so vor dem Reichstag verlesen worden. 50 Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 428–429, Benedeto de Rani an Francesco di Contissi da Faenza, 2. August 1530; Heine, Briefe, S. 377–378, Loaysa an Karl, 8. Oktober 1530 (auch abgedruckt in CODOIN, XIV, S. 88–91); AGS E 1558/62, Karl an Loaysa, 20. Oktober 1530, Notiz (wobei die letzte, etwas heftige Formulierung durchgestrichen und durch das Folgende ersetzt wurde: »Außerdem ist diese Situation überaus ungünstig«); Förstemann, Urkundenbuch, II, S. 715–725 und 839–841, Reichsabschied, Augsburg, 13. Oktober und 19. November 1530. 51 Roper, Der Mensch Martin Luther, S. 437–438. 52 CDCV, I, S. 247–250, Karl an Clemens, undatiert (aber vom 20. Oktober 1530), Abschrift eines eigenhändigen Originals, die von Pedro de la Cueva überbracht wurde; AGS E 849/6, La Cueva an Karl, Rom, 17. November 1530.

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750 Anhänge 53 AGS CMC 1a/590, »Cuenta de Álvaro de Luna«, Zahlungsanweisung Augsburg, 4. August 1530, über 200 000 Dukaten an Ferdinands Sonderbeauftragten (CDCV, I, S. 256–259, Karl an die Kaiserin, 6. Dezember 1530, erläutert die Gründe hierfür); Lanz, Staatspapiere, S. 50–53, berechnet die wahrscheinlichen Kosten der Wahl, undatiert (aber von Ende 1530). Kohler, Antihabsburgische Politik, S. 132–159, führt die gesamten Zahlungen über annähernd 500 000 Gulden an die Kurfürsten auf. 54 Sanuto, I diarii, LIV, Sp. 268–272, Sigismondo de la Torre, mantuanischer Botschafter, an den Herzog, 11. Januar 1531. 55 Gachard, Analectes Belgiques, I, S. 378–379, Margarete an Karl, 30. November 1530; Dumont, Corps, IV/2, S. 73, Kodizill zu Margaretes Testament, 28. November 1530. 56 Gachard, Collection de documents, I, S. 293–294, Karl an den Grafen Hoogstraeten, 3. Dezember 1530, und 296–299, Hoogstraeten und der Erzbischof von Palermo an Karl, 8. Dezember 1530. 57 CMH, I, S. 15–20, Karl an Maria, 3. Januar 1531, eigenhändig (auch abgedruckt bei Gachard, Analectes Belgiques, I, S. 381–386). Karl entschuldigte sich dafür, sie nicht bei ihrem gemeinsamen Aufenthalt in Augsburg um ihre Unterstützung gebeten zu haben, aber hier irrte der Kaiser offenbar: In der Zusammenfassung dieses Briefs durch die Königin ist die Rede von »les ofres que luy ay faites à Augsburg« (ebd., S. 20); außerdem bemerkte Maria Ferdinand gegenüber, als sie von Margaretes Tod gehört hatte: »J’ay en bonne memoire l’ofre que ay fait tant à l’empereur que à vous« – in Augsburg – »que vous voroie servir et obéir« (KFF, II/2, Maria an Ferdinand, 26. Dezember 1530, meine Hervorhebungen). 58 AGS E 496/94, Escoriaza an die Kaiserin, Brüssel, 29. Januar (mit rückseitiger Aufschrift »1530«, aber offenbar aus dem Jahr 1531); Sanuto, I diarii, LIV, Sp. 430–432, La Torre an den Herzog von Mantua, 26. April 1531. 59 AGS E 8335/109, Maria von Ungarn an Philipp II, 4. September 1558, Abschrift, mit einer Rückschau auf die Lage im Jahr 1531; Tracy, Emperor, S. 90, zitiert die Beschlüsse der Staaten von Holland vom 29. März 1531. 60 KFF, III/2, S. 280–295, Karl an Ferdinand, 1. Oktober 1531. Ich danke James Tracy für den Hinweis, dass »hauteur« hier wohl am besten mit »Souveränität« übersetzt werden sollte. Karl behauptet auch, manche seiner Beamten »cryent le murdre sur moy« – eine drastische Aussage – und beschließt seinen Brief folgendermaßen: »Ich wollte diese Einzelheiten nicht durch irgendeine andere Hand als die meine zu Papier bringen lassen, noch sie irgendwem sonst als allein Euch mitteilen. Ich bitte Euch daher dringlich, diesen Brief an einem Ort aufzubewahren, wo ihn kein anderer zu Gesicht bekommen kann.« 61 CMH, II, S. 28–33, Karl an Maria, 1. Februar 1533. Laurent, Recueil, III, S. 236–254 und 260–279, enthält die zahlreichen Ernennungen und Instruktionen bezüglich der Regentschaft über die Niederlande, die Karl zwischen dem 27. September und dem 7. Oktober 1531 unterzeichnete. Henne, Histoire, V, Kap. 18, unterzieht Karls Leistungen in den Niederlanden in den Jahren 1531/32 einer Gesamtschau. 62 KFF, III/1, S. 89–100, 129–135 und 152–156, Karl an Ferdinand, 3. April, 16. und 21. Mai sowie 14. Juni 1531, alle eigenhändig (auch abgedruckt in LCK, I, S. 429–436, 456–457 und 479–484); Sanuto, I diarii, LIV, Sp. 501, Tiepolo an die Signoria, 1. Juli 1531, und 566–568, La Torre an den Herzog von Mantua, 7. August 1531. 63 NBD, 1. Ergänzungsband 1530–1531, S. 399–404, Aleandro an Salviati und Sanga, 14. November 1531 (zwei Briefe); KFF, III/1, S. 152–156 1 und 183–190, sowie III/3, Karl an Ferdinand, 14. Juni und 7. Juli 1531 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 479–484 und 490–494), sowie 3. Januar 1532, alle eigenhändig.

Porträt des Kaisers als Renaissancefürst 1 Reiffenberg, Histoire, S. 375–376, ein Protokoll der Beratungen bei der 20. Kapitelversammlung des Ordens, die im Dezember 1531 in Tournai stattfand; das Schriftstück wurde vom Sekretär des Ordens angefertigt. 2 Brandi, »Aus den Kabinettsakten«, S. 190–192, Dokument mit Ratschlägen Gattinaras vom Jahresende 1523, mit Kommentaren des Kronrates und von Karl (Gossart, Notes, S. 100–119, druckt dieses wichtige Dokument ebenfalls ab, allerdings nach einer unvollkommenen Abschrift); Boone, Mercurino, S. 112–113 (aus Gattinaras »Autobiografie« über das Jahr 1526); BAV Vat. Lat. 6753/260–263v, Navagero an die Signoria, 12. Mai 1527. 3 Lanz, Aktenstücke, S. 441–443, Margarete an Berghes, 14. oder 15. November 1521, eigenhändige Notiz; BNMV Ms. Italiani, Classe VII, cod. 1009/399, Contarini an den Zehnerrat, 4. Dezember 1524, teilt den Bericht eines Spions über Karls Austausch mit dem Nuntius mit. 4 AGRB MD 156/126, La Roche an Margarete, 17. Januar 1524; CMH, I, S. 89–92, Karl an Maria, 18. Februar 1532, eigenhändig (der zurückgewiesene Kandidat, Jean de Le Sauch, hatte tatsächlich seinen eigenen Kopf: siehe oben S. 167). Cauchies, »›No tyenen‹«, S. 128, merkt an, dass in den 1520er-Jahren praktisch all die Personen starben, die Karl hätten zügeln können: Chièvres und Marliano im Jahr 1521, La Roche 1524, Lannoy 1527, Gorrevod 1529 sowie Lachaulx, Margarete und Gattinara im Jahr 1530. 5 CWE, IX, S. 441–452, Erasmus an Udalricus Zasius, [23. März] 1523; BL Cott. Ms. Vespasian C.II/106–120, Boleyn und Sampson an Wolsey, 8. und 18. März 1523.

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Anmerkungen

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6 Serassi, Delle lettere, II, S. 11–17, 29–33, Castiglione an den Erzbischof von Capua (und päpstlichen Staatssekretär), 19. Januar und 24. März 1526 (mit der weiteren Bemerkung, Karl sei »hartnäckig in seinen Auffassungen«); CWE, XV, S. 255–261, Valdés an Erasmus, 15. Mai 1529. Valdés wurde von den Anschuldigungen freigesprochen und Karl verbannte stattdessen seinen Hauptankläger, den Staatssekretär Jean Lallemand. 7 BMECB Ms. Granvelle I/151–155, Karl an Montfort, 16. November und 23. Dezember 1528, beide eigenhändig, sowie ebd., Bl. 172–177, Instruktionen an Balançon, September 1528, Abschrift eines eigenhändigen Schreibens (mit einigen Fehlern abgedruckt in PEG, I, S. 427–447). Stirling-Maxwell, The chief victories, S. 76–77, druckt ein Faksimile des ersten Briefes zusammen mit einer mangelhaften Transkription ab. Karl ernannte Perrenin 1528 zum Staatssekretär. 8 BMECB Ms. Granvelle I/153–160, Karl an Montfort, 23. Dezember 1528 und 24. Januar 1529, beide eigenhändig (mit einigen Fehlern abgedruckt in PEG, I, S. 441–447). 9 Alberì, Relazioni, 2. Folge III, S. 255–274, Bericht des Gasparo Contarini, 4. März 1530 (Zitate auf den S. 269–270); Walser, »Spanien und Karl V.«, S. 167–173, Tavera an Karl, Januar 1535 (meine Hervorhebung); Firpo, Relazioni, II, S. 203–204, Bericht des Niccolò Tiepolo, 23. August 1533. 10 Gachard, »Notice des archives de M. le duc de Caraman«, S. 243–244, beschreibt Aufzeichnungen des Barons Boussu aus der Zeit vom 1. August 1530 bis zum 31. Januar 1532, die von Karl am Ende eines jeden Monats persönlich abgezeichnet wurden (dieses Rechnungsbuch scheint nicht erhalten geblieben zu sein). 11 CMH, I, S. 12–13, Karl an Maria, Augsburg, 18. Juni 1530, eigenhändig; KFF, IV, S. 240–246, Karl an Ferdinand, Galapagar, 28. Mai 1534. 12 Checa Cremades, Inventarios, I, S. 104–129 (eine Liste der 653 Bücher, die Karl im Mai 1536 besaß); Dolce, Le vite (1561), Bl. 525v. Im Jahr 1533 erteilte Karl die Druckerlaubnis für Los quatro libros del Cortesano … traducidos en lengua castellana por Boscán (Barcelona, 1534); 1550 erlaubte er, »weil wir ja zu unserer Erholung bisweilen aus einem Buch mit den Discorsi des Niccolò Machiavelli lesen«, die spanische Übersetzung auch dieses Titels (Howard, Discursos). Diego Gracián widmete dem Kaiser gleich mehrere seiner Plutarch-Übersetzungen: Morales Ortiz, Plutarco, S. 199–200. 13 Reiffenberg, Lettres, S. 14–16, van Male an Praet, 13. Januar 1551, erklärt, Karl habe im Jahr zuvor Le chevalier délibéré ins Spanische übersetzt; Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 253–262, befasst sich mit dem Stundenbuch. 14 Firpo, Relazioni, III, S. 52–53. Bericht des Federico Badoer, Juni–Juli 1557; Sandoval, Historia, III, S. 565–566 (über die Abendgebete). 15 1598 bat Philipp darum, dass man ihm die Truhe mit dem Kruzifix und der Geißel seines Vaters zeigen möge. Ein Mönch im Escorial bemerkte Blutspuren daran und fragte den König, ob sie von ihm stammten. Philipp verneinte dies und erklärte, es sei das Blut seines Vaters: Sigüenza, Historia, S. 184–185. Einige Jahre darauf eröffnete auch Sandoval jenen Abschnitt seiner Historia, der »Virtud católica y cristiana del emperador« überschrieben ist, mit derselben Anekdote, gibt als Gewährsmann jedoch den königlichen Kammerdiener Juan Ruiz de Velasco an. 16 Boone, Mercurino, S. 135 (die »Autobiografie«); Poumarède, »Le voyage«, S. 265, zitiert eine Beschwerde des Botschafters von Ferrara, den zu empfangen Karl sich weigerte; BAV Vat. Lat. 6753/181v–183, Navagero an die Signoria, Sevilla, 1. Juni 1526. 17 BNE Ms. 18,634 Nr. 58 (vormals Bl. 260–262), »Lo que el Comendador Maior scrivió a Su Magestad desde Gante con Ydiáquez, estando Su Magestad en Grumendala, [Groenendaal] y su respuesta.« Dieses Dokument ist zwar nicht datiert, jedoch lässt sich aufgrund interner Indizien feststellen, dass Los Cobos es während der Karwoche verfasst haben muss; und das einzige Jahr, in dem Karl und er sich zu Ostern gemeinsam in den Niederlanden befanden, war das Jahr 1531. Los Cobos schrieb am »Dienstag«, also am 4. April 1531; Karl teilte in seiner Antwort mit, er stehe kurz vor seinem Aufbruch nach Löwen, und wie Foronda, Viajes, gezeigt hat, traf er dort am 13. April ein. Er dürfte somit am 11. oder 12. April 1531 geantwortet haben. Sanuto, I diarii, LIV, Sp. 384–385, der mantuanische Botschafter an den Herzog, Gent, 4. April 1531, berichtet, dass Karl gerade nach Groenendaal gekommen war und dort eine Woche bleiben wolle. CDCV, I, S. 260–263, druckt diese faszinierende consulta ab, jedoch mit etlichen Transkriptionsfehlern und ohne festes Datum. 18 CWE, IX, S. 137–141, Erasmus an Pierre Barbier, [14. Juli] 1522, belegt Erasmus’ Kontakte zu Glapion (siehe auch CWE, IX, S. 64–68, Erasmus an Glapion, [21. April] 1521, der einzige von mehreren solcher Briefe, der erhalten ist). Godin, »La société«, S. 344–359, und Lippens, »Jean Glapion«, XLV, S. 50–57 und 66–69, enthalten Zusammenfassungen seiner Fastenpredigten aus den Jahren 1520 und 1522. Bujanda, Index, S. 186–187, vermerkt für das Jahr 1546 ein Verbot der niederländischen Übersetzung eines Buches über Pilgerfahrten, »gemaect by broeder Jan Glappion vander minrebroeder oorden, der Keyserlijcker maiesteyt Biechtvader« (meine Hervorhebung).

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752 Anhänge 19 RVEC, S. 347–355, Salinas an Ferdinand, 11. März 1527. 20 Heine, Briefe, S. 381–382, 450–453 und 494–495 bzw. 54, 171 und 239 (deutsche Übersetzung); Loaysa an Karl, 16. Oktober 1530, 2. Oktober 1531 und 8. Mai 1532 (der zweite Brief ist ebenfalls abgedruckt in CODOIN, XIV, S. 221–223). 21 Heine, Briefe, S. 350–352 bzw. 6 (deutsche Übersetzung), Loaysa an Karl, 26. Mai 1530 (auch in CODOIN, XIV, S. 25–28). 22 Heine, Briefe, S. 403–405, 462–465 und 444–445 bzw. 94, 190 und 159–160 (deutsche Übersetzung), Loaysa an Karl, 20. Dezember 1530, 1. September 1531 (auch in CODOIN, XIV, S. 203–205), und 9. November 1531 (auch in CODOIN, XIV, S. 242–247). 23 AGS E 25/211, Loaysa an Karl, 7. März 1532; Heine, Briefe, S. 495–500, derselbe an denselben, 17. Mai 1532. 24 Heine, Briefe, S. 390–395 bzw. 240–241 (deutsche Übersetzung), Loaysa an Karl, 30. November 1530 (auch in CODOIN, XIV, S. 104–111); CODOIN, XIV, S. 134–136, derselbe an denselben, 27. März 1531; Heine, Briefe, S. 494–495, derselbe an denselben, 8. Mai 1532. 25 AGS E 1558/60 und 66, Karl an Loaysa, 2. August 1530 und 16. Februar 1531. Mehr zu Loaysa findet sich bei Nieva Ocampo, »El confesor«. 26 CMH, I, S. 399–401, Karl an Maria, 13. August 1532, eigenhändig. 27 Rodríguez-Salgado, »Charles V and the dynasty«, S. 56. 28 Gachard, Collection, III, S. 136 (Bericht Vitals). Checa Cremades, Inventarios, S. 890–893 (von Miguel Ángel Zalama) und 3017–3018 (von Annemarie Jordan Gschwend), belegt Karls schlimmes Verhalten aus zeitgenössischen Zeugnissen: im Jahr 1524, heißt es, Karl »mandó sacar muchas joyas de oro e joyas e piedras que estaban en la cámara de la reina nuestra señora … y de allí tomó lo que su majestad quiso, así para su majestad como para la reina de Portugal [Catalina]« (S. 891–892). Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 160–163, bemerkt, dass nach 1524 viele von Johannas Büchern in Catalinas Besitzverzeichnissen auftauchen. Zwei Jahre darauf wiederholte Karl dieses Vorgehen: Er entwendete Wandteppiche und andere Objekte aus der (bereits stark ausgedünnten) Sammlung seiner Mutter und überreichte sie seiner Frau als Hochzeitsgeschenke. 29 Tamalio, Ferrante, S. 213–218, Pandolfo di Pico della Mirandola an Isabella d’Este, 7. November 1524. 30 HHStA Belgien PA 2/2/1–12, Karls Instruktionen an Monsieur de Lachaulx, 15. Januar 1522; KFF, I, S. 322–326 und 366–368, Karl an Ferdinand, 1. September 1525 und 2. Februar 1526. 31 CDCV, I, S. 292–294, Karl an Isabella, 13. Juni 1531 (der Kaiser schrieb diese Worte noch nicht einmal selbst, sondern sie wurden in einem offiziellen Schreiben übermittelt, das Los Cobos aufgesetzt hatte, zusammen mit einer Auflistung der politischen Probleme, aufgrund deren der Kaiser auf absehbare Zeit nicht nach Spanien würde kommen können); AGS E 30/113, Tavera an Karl, 24. Juni 1535. Zu der tiefen Verzweiflung, in die der Tod ihres Sohnes Fernando Isabella stürzte, siehe RVEC, S. 499–502, Salinas an Ferdinand, 14. September 1530. 32 CDCV, I, S. 186, Margarete an Isabella, 15. Dezember 1529 (meine Hervorhebung). 33 CMH, I, S. 221–222 und 447–448, Karl an Maria, 7. Mai und 4. September 1532, eigenhändig. Mazarío Coleto, Isabel, veröffentlicht Briefe der Kaiserin an ihren Gemahl. Sie stellt fest (auf S. 102–103), dass in Anbetracht interner Verweise auf sonstige Korrespondenz »nicht allzu viele Briefe aus dieser Korrespondenzreihe fehlen können«; Karls eigenhändige Briefe (so wie etwa jener, für dessen Abfassung er im September 1532 zwei ganze Stunden benötigte, der aber nicht erhalten zu sein scheint) sind allerdings nicht dabei. Im Archiv von Simancas ist dagegen eine Vielzahl von Briefen und anderen Dokumenten über Patronatsangelegenheiten erhalten. Alvar Ezquerra, »El gobierno«, analysiert 1099 erhaltene Urkunden, die die Kaiserin in den Jahren 1531 und 1532 ausgestellt hat, und weist auf die vielfältigen Belege für Karls »Einmischung« in ihre Entscheidungen hin. 34 Mazarío Coleto, Isabel, S. 99–101 und 262, Isabella an Karl, 25. Januar 1530; BL Cott. Ms. Vespasian C.XIII/258, John Brereton an Wriothesley, Valladolid, 23. Juni 1537. Wir wissen nur deshalb vom Geschenk der Kaiserin, weil ein englischer Diplomat festhielt, die Obrigkeit von Saragossa habe »darauf bestanden, den Überbringer zu durchsuchen«. Derselbe Diplomat berichtete auch, dass das Geschenk, wie sich bei näherer Untersuchung herausstellte, »kaum eine Handvoll Dukaten wert war« – aber ist es nicht immer der gute Wille, der zählt? 35 Rodríguez-Salgado, »Charles V and the dynasty«, S. 74. 36 AGS E 644/107, Karl an Juan Hurtado de Mendoza, 21. August 1547. Details zu den letzten Tagen des Kaisers finden sich unten in Kap. 16. 37 Tamalio, Ferrante, S. 259–263, Pandolfo di Pico della Mirandola an Isabella d’Este, 9. August 1526 (Karl begab sich jeden Abend auf einen Ausritt, »und nach der Rückkehr besucht Seine Majestät seine Schwester«); HHStA Belgien PA 2/2/1–12, Karls Instruktionen an Monsieur de Lachaulx, 15. Januar 1522; GRM, II, S. 365, Karl an Philipp, 31. März 1558. Zu Eleonores geheimem Brief an Karl aus dem Jahr 1536 siehe Kap. 10.

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Anmerkungen

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38 Piot, »Correspondance«, S. 109–110, Karl an Eleonore, 18. Dezember 1522; GRM, II, S. 334–335, Karl an Quixada, 19. März 1558 (meine Hervorhebung). Zu Eleonore und Friedrich siehe oben Kap. 3 sowie Moeller, Éléonore; zu den Heiratsverhandlungen mit dem Herzog von Bourbon und Franz I., siehe oben Kap. 8. Eleonores Gefühle ob der erzwungenen vierjährigen Trennung von Franz können aus einigen indiskreten Bemerkungen erschlossen werden, die die Schwester des Königs einige Jahre später machte: Franz, sagte sie einem Botschafter, beklage sich darüber, dass, »wenn er bei [Eleonore] liege, er nicht schlafen könne; und wenn er nicht bei ihr liege, so schlafe er besser, als je einer geschlafen hat. Ich sprach: ›Madame, was mag der Grund sein?‹ Sie erwiderte: ›Sie ist im Bett sehr heißblütig und will immerzu umschlungen werden‹ …« (L&P Henry VIII, VI, S. 308–311, Lord Norfolk an Heinrich VIII., 19. Juni 1533). 39 Brandi, »Die Testamente«, S. 104–105, Karls Kodizill, unterzeichnet am 21. Juni 1544, Absatz 9; CMH, I, S. 15–20, Karl an Maria, 3. Januar 1531, eigenhändig. Gorter-van Royen, »María«, S. 197–198, zu dem Kontrast zwischen den Befugnissen Marias und jenen Isabellas. 40 CMH, I, S. 399–401, Karl an Maria, 13. August 1532; Sanuto, I diarii, LVIII, Sp. 71–72, Giovanni Bassadonna (Botschafter in Mailand) an die Signoria, 14. April 1533 (gibt Granvelles Darstellung vom Fehler des Kaisers und dessen Lösung wieder); Dumont, Corps, IV/2, S. 96–98, Heiratsvertrag zwischen Christina und Sforza, Barcelona, 10. Juni 1533. 41 CMH, II, S. 244–261, 282–285 und 293–294, Karl an Maria, 31. Juli 1533; Maria an Karl, 25. August 1533, sowie seine Antwort vom 11. September 1533 (die beiden letzteren in LCK, II, S. 87–89). Cartwright, Christina, druckt zahlreiche eigenhändige Briefe Christinas an ihren Mann ab, die für die kurze Dauer ihrer Ehe eine herzliche Zuneigung zwischen den beiden erkennen lassen. Als Christina 1537 in die Niederlande zurückkehrte, wusste ein Botschafter zu berichten, sie sei »Witwe und Maid zugleich« (SP, VIII, S. 6–7, John Hutton an Thomas Cromwell, 9. Dezember 1537). Vier Jahre später arrangierte Karl ihre Heirat mit dem Herzog von Lothringen, dem sie drei Kinder gebar. Sie starb 1590. 42 AGS E 8335/109, Maria an Philipp, 4. September 1558, Abschrift für Karl (GRM, I, S. 341–352, druckt diesen Brief von einer schlechteren Abschrift und unter dem falschen Datum 7. September); GRM, II, S. 495–499, Garcilaso de la Vega an Philipp, 7. September 1558; GRM, I, xliv, Karl an Johanna, 27. August 1558 (mit einer Wiedergabe des offenbar nicht erhaltenen Briefes, den er an Maria gesandt hatte, um deren Widerstand zu überwinden. Ich habe die Rede in der 3. Person in die 1. Person umgewandelt.) 43 CDCV, I, S. 79–80, Karl an Cisneros, 27. September 1517; Keniston, Memorias, S. 151; Fagel, »Don Fernando«, S. 270, Ferdinand an Karl, Februar 1519. 44 KFF I, S. 407–421, Karl an Ferdinand, 27. Juli 1526. 45 KFF I, S. 216–219 und 250–253, Karl an Ferdinand, 7. September 1524 und 4. Februar 1525. 46 RVEC, S. 667–684, Salinas an Ferdinand und den Sekretär Castillejo, 6. Dezember 1535. Laferl, »Las relaciones«, S. 112–114, liefert weitere Beispiele für Tadel Karls an die Adresse seines Bruders. 47 KFF, I, S. 312–317, Karl an Ferdinand, 20. Juli 1525 (mit einer Nachschrift vom 31. Juli). Als Sforza ein Jahrzehnt später starb, annektierte Karl das Herzogtum Mailand – Ferdinands Hoffnungen wurden wieder einmal zerschlagen. 48 Firpo, Relazioni, II, S. 120–121, Bericht Contarinis, 16. November 1525. Siehe auch die eher negative Beurteilung von Contarinis Vorgänger, Vicenzo Quirino, aus dem Jahr 1506: siehe oben S. 35. 49 Gachard, Analectes Belgiques, I, S. 378–379, Margarete an Karl, 30. November 1530; GRM, II, S. 113, Eleonore an Karl, November 1556; PEG, IV, S. 469, Maria an Karl, August 1555; Neefe, Tafel-Reden, S. 2–3, gibt Unterhaltungen mit Ferdinand in den Jahren 1563/64 wieder. Im Testament von Karls Stiefgroßmutter Germaine de Foix beschwor diese 1536 ebenfalls »el sobrado amor que tenemos« für »la Magestad del Emperador, mi señor e hijo«: AGS PR 29/59, notariell beglaubigte Abschrift. 50 Viaud, Lettres, S. 107 und 176, Catalina an Karl, 21. August 1528 und 31. Januar 1532. 51 Details nach Checa Cremades, Inventarios, III, S. 3018–3019 (von Jordan Gschwend). Catalina scheint sich dem Kaiser nur ein einziges Mal widersetzt zu haben: Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 1557 sorgte sie dafür, dass sie selbst (und nicht Karls Tochter Johanna) Regentin von Portugal wurde (siehe Kap. 16). 52 Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 215–216 und 318–319, Paxin Berecio an Thomas Tiepolo, Innsbruck, 9. Mai 1530, und Augsburg, 16. Juni 1530; ebd., LIV, Sp. 384–385, La Torre an den Herzog von Mantua, 4. April 1531; ebd., LV, Sp. 68–9, Abschrift eines Briefes aus Brüssel, 7. Oktober 1531. 53 García Cerezada, Tratado, S. 133; Sastrow, Herkommen, II, S. 629 (eine abweichende Übersetzung findet sich in Social Germany, S. 272). 54 Firpo, Relazioni, II, S. 212, Bericht Tiepolos, 23. August 1533; Sanuto, I diarii, LII, Sp. 209–210, »L’ordine del mangiar de l’imperatore« (undatiert, aber aus den Jahren 1529/30).

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754 Anhänge 55 Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 205–207, Suardino an Mantua, 15. März 1525; ebd., LIII, Sp. 505, Camillo Ghilini an den Herzog von Mailand, 28. Juli 1530. Vielleicht hat Ghilini hier übertrieben: Los Cobos berichtet, Karl habe »diesen Verlust zutiefst empfunden« und »stets ein Bildnis des verstorbenen Infanten bei sich getragen«: AGS E 635/89, Los Cobos an die Kaiserin, 1. August 1530. 56 Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 95–96, Antonio Zorzi an seinen Bruder, Vicenza, 30. März 1530; ebd., LII, Sp. 209–210, »L’ordine del mangiar de l’imperatore« (undatiert, aber aus den Jahren 1529/30). 57 Santa Cruz, Crónica, II, S. 37–40. Redondo, Antonio, S. 330, hat gezeigt, dass Santa Cruz diese ganze Passage aus der unveröffentlichten Crónica entnommen hat, die Guevara zwischen 1527 und 1536 verfasste. 58 Firpo, Relazioni, II, S. 83–150, letzter Bericht Contarinis, 16. November 1525. Siehe auch Bodart, »Il mento ›posticcio‹«, sowie die ganz ähnlichen Beobachtungen bei Sanuto, I diarii, XXXVIII, Sp. 203–205, Contarini an die Signoria, 26. März 25; und LVII, Sp. 212–214, Bericht des Marco Minio und anderer Diplomaten an die Signoria, undatiert, aber aus dem November 1532. 59 Sanuto, I diarii, LI, Sp. 369–372, Brief aus Genua an den »Kardinal von Mantua« (Ercole Gonzaga), 17. August 1529. 60 Sanuto, I diarii, LI, Sp. 369–372, Brief aus Genua an den „Kardinal von Mantua“ (Ercole Gonzaga), 17. August 1529; López de Gómara, Guerras de mar, S. 127‑128, liefert einen Augenzeugenbericht von diesem Haarschnitt („yo vi algunos que lloraban“). 61 Giordano, Della venuta, S. 35 (aus einer zeitgenössischen Cronaca). Giordano, Della venuta, Tafel XII, bildet Medaillen ab, die zum Andenken an die Krönung geschlagen wurden; alle zeigen Karl mit einem Bart und kurzem, lockigem Haar. Bodart, »Algunos casos«, druckt Bildnisse Karls aus jener Zeit ab und analysiert sie; Civil, »Enjeux et stratégies«, S. 107–108, vergleicht die schriftlichen Beschreibungen von Karls Aussehen um 1530 mit den erhaltenen Porträts aus jener Zeit. 62 Guevara, Libro áureo (Ausgabe von 1528), Prolog. Ganze 52 Kapitel des Libro áureo fanden sich unter den 144 Kapiteln des Relox de príncipes wieder, sodass beide Schriften im Grunde zu einem einzigen Werk verschmolzen. Teil III, Kap. 3–4 und 12–16 befassen sich mit der Kriegführung. 63 Guevara, Libro áureo (Ausgabe von 1528), Prolog (das Widmungsexemplar des Libro áureo trägt heute die Signatur BSLE Ms. g-II-14; die Widmung enthält einen wahrlich bizarren Fehler, denn dort ist von »don Carlos sexto« die Rede); Guevara, Relox de príncipes (Ausgabe von 1529), Prolog; Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 176–177, zu der Verbringung der Bestände nach Simancas (in einem Abschnitt, der sich mit »Guevara, dem Lieblingsautor Karls V.« befasst). 64 Guevara, Libro áureo (Ausgabe von 1528), Prolog. Redondo, Antonio, S. 693–694, zitiert Passagen aus Karls Instruktionen an seinen Sohn aus den Jahren 1543 und 1548, die gewissen Abschnitten des Relox ähneln, und nimmt sie zum Beleg dafür, dass der Kaiser Guevara nicht nur gelesen, sondern auch intensiv rezipiert hatte; jedoch sind alle fraglichen Passagen sehr allgemein gehalten und finden sich in dieser oder einer ähnlichen Form in unzähligen Fürsten- und Prinzenspiegeln der damaligen Zeit.

9 Der letzte Kreuzfahrer (1532–1536) 1 CMH, I, S. 41–42 und 57–60, Karl an Maria, 18. und 28. Januar 1532, beide eigenhändig. 2 Sanuto, I diarii, LV, Sp. 597, Tiepolo an die Signoria, 25. Februar 1532; CMH, I, S. 89–92, Karl an Maria, 18. Februar 1532, eigenhändig; Vilar Sánchez, Carlos V, S. 397–399 (Beschreibung der Leiche des Kaisers). 3 CMH, I, S. 110–112 und 126–128, Karl an Maria, 8. und 12. März, eigenhändig; CDCV, I, S. 334–335, Escoriaza an die Kaiserin, undatiert (aber vom 6. April 1532); Sanuto, I diarii, LV, Sp. 658–659 und 671, der Botschafter von Mantua an den Herzog, und venezianische Botschafter an die Signoria, Regensburg, 5. und 12. März 1532. 4 CMH, I, S. 151–157 und 211–217, Karl an Maria, 14. März und 3. Mai 1532, eigenhändig; Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 109–110, Tiepolo und Contarini an die Signoria, 18. April 1532, und 364–365, Contarini am 21. Mai 1532; Beltrán de Heredía, Cartulario, II, 450–451, Escoriaza an die Kaiserin, 22. April 1532. 5 Pocock, Records, II, S. 259–262, Augustus Augustinus an Thomas Cromwell, Regensburg, 16. Mai 1532; Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 250 und 261–263, Contarini an die Signoria, 3. und 11. Mai 1532; CMH, I, S. 221–222, 295–299 und 347–350, Karl an Maria, 7. Mai, 19. Juni und 15. Juli 1532, alle eigenhändig. 6 CSPV, V, S. 619–621, Giovanni Antonio Venier an den Dogen, 8. Mai 1531, berichtet über eine Audienz mit König Franz. Necipoglu, »Suleiman«, beschreibt Süleymans venezianische Tiara und andere Insignien. 7 Von Gévay, Urkunden, I, Tl. V, S. 87–89, Süleyman an Ferdinand, Esseg (Osijek), 12. Juli 1532, Lateinisch mit fehlerhafter italienischer Übersetzung – letztere auch in Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 784–785, aus einer von Rincón nach Venedig gebrachten Abschrift. 8 CMH, I, S. 281–282, Karl an Maria, 12. Juni 1532, Notiz. RTA, X, S. 149–155, erörtert die zeitweilige Übervölkerung von Regensburg während des Reichstags.

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Anmerkungen

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9 NBD, 2. Ergänzungsband 1532, S. 102–107 und 179–186, Aleandro an Sanga, 25. März und 30. März/23. April 1532 (berichtet von einer Audienz mit Karl am 20., wechselt dabei von der dritten in die erste Person). 10 CODOIN, XIV, S. 201–202, Loaysa an Karl, 31. Juli 1531 (auch in Heine, Briefe, S. 369–370, dort aber unter dem falschen Datum 1530); AGS E 25/207, »Relación de las cartas«, von Loaysa an Karl, 8. Juni 1532; CDCV, I, S. 375–379, Karl an die Kaiserin, 9. August 1532 (mit Nachrichten vom »Nürnberger Anstand«, dem mit den Lutheranern am 27. Juli geschlossenen Frieden). Mehr als ein Jahr früher hatte Karl seinen Bruder angewiesen, »den Lutheranern und anderen Abweichlern vom [katholischen] Glauben Zugeständnisse anzubieten, damit sie eher geneigt und willens sind, die Türken zurückzuschlagen«: KFF, III/I, S. 49, Karl an Ferdinand, 4. März 1531. 11 LWT, II, 182 (# 1687) und III, 233 (# 3245), zwei Quellen zum selben Tischgespräch im Juni/Juli 1532. 12 Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 656–657, 717–718, 757–759, 812–813, Contarini an den Dogen, 18. Juli und 2., 4. und 10. August 1532. 13 Ebd., Sp. 864–865 und 989–990, Contarini an den Dogen, 17. August und 16. September 1532, und Sp. 1023–1024, Musterung der kaiserlichen Flotte, 1. September 1532; Turetschek, Die Türkenpolitik, S. 364–368, »Überblick über das Kriegsvolk des Kaisers, König Ferdinands und des deutschen Reiches«, 16. August 1532. 14 CDCV, I, S. 375–379, Karl an die Kaiserin, 9. August 1532. 15 CDCV, I, S. 345–348, Karl an Álvaro de Lugo und an die Kaiserin, 6. April 1532; ebd., S. 361, Karl an die Kaiserin, 11. Juni 1532; AGS CMC 1a/590, »Cuenta de Álvaro de Lugo«. Tracy, Emperor, S. 149–154, Einzelheiten zu Karls Finanzierung des Feldzugs von 1532. 16 Contarini verzeichnete einigermaßen detailliert die Ratschläge, die Karl von Antonio de Leyva (nur Scharmützel, keine Schlacht) und dem Herzog von Alba (das Lager abbrechen, ehe die Vorräte erschöpft sind) erhielt (und akzeptierte): Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 865–867 und 989–990, Briefe vom 21. August und 16. September 1532. 17 NBD, 2. Ergänzungsband 1532, S. 559–580, Kardinal Ippolito de’ Medici an Karl, Wien, Ende September 1532; Heine, Briefe, S. 512–515, Loaysa an Karl, Rom, 31. Oktober 1532. Zu einem früheren Zeitpunkt im Oktober kritisierte Loaysa Karl wegen seiner Entscheidung, den Sultan bei dessen Rückzug nicht zu verfolgen, was »Gott zum Ruhm und Euch zur Ehre« gereicht hätte (Heine, ebd., S. 510, Brief vom 5. Oktober 1532); während Ferdinand erklärte: »Der Verlust einer solch guten Gelegenheit, Gott zu dienen«, bereitete »mir solchen Schmerz, dass ich nicht weiß, welch zukünftige Freude ausreichen wird, ihn vergessen zu machen« (KFF, III/3, S. 628, Ferdinand an Maria, 21. Oktober 1532). 18 Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 165–166, venezianische Gesandtschaft mit Karl an die Signoria, 28. Oktober 1532, und 171–172, Beschreibung der kaiserlichen Streitmacht durch die Podestà von Conegliano am folgenden Tag. 19 Ebd., Sp. 284–286 und 309–310, Contarini und Basadonna an den Rat der Zehn und die Signoria, 24. November und 1. Dezember 1532. Foronda, Viajes, S. 368, gefolgt von vielen anderen (z. B. Keniston, Francisco de Los Cobos, S. 153), behauptete, dass Karl nur die Nacht vom 7. November 1532 in Mantua verbrachte und in Bologna am 13. November eintraf, aber das stimmt nicht: Er blieb einen Monat lang in Mantua und kam erst am 13. Dezember nach Bologna. 20 Sanuto, I diarii, LVII, Sp. 332–335, Contarini an die Signoria, 7. und 18. [recte 8.] Dezember 1532. 21 Ebd., Sp. 308–309, Contarini und Basadonna an die Signoria, Mantua, 27. November 1532. Rosenthal, The palace, S. 57 und 266–267, zeigt, dass die Arbeiten am neuen Palast im Mai 1533 begannen; das Budget betrug 50 000 Dukaten, zahlbar über einen Zeitraum von sechs Jahren. Brothers, »The Renaissance reception«, S. 91–92, und Tafuri, Interpreting, Kap. 6, bemerkten die Ähnlichkeiten zwischen Karls Palast in Granada und der Architektur von Mantua, schienen sich der Tatsache aber nicht bewusst zu sein, dass der Kaiser den Bau noch während seines Aufenthalts in der Stadt beginnen ließ. Rosenthal, »The house«, S. 343, wies darauf hin, dass »das Haus von Andrea Mantegna der erste Renaissancebau einer ›villa retonda‹« war. 1532/33 war es ein Teil des »Palazzo della Pusterla« der Gonzagas, sodass Karl es gesehen haben muss. 22 Bodart, »Frédéric Gonzague«, S. 28. Weitere Künstler, die den Kaiser zu dieser Zeit porträtierten, waren etwa Parmigianino, Vermeyen, Amberger und Behaim. 23 TNA SP 1/71/154–155, Botschafter Nicholas Hawkins an Heinrich VIII., 24. Dezember 1532, eigenhändig; Sanuto, I diarii, LVII, Sp. 368–369, 383–385 und 388, Marco Antonio Venier (Botschafter beim Heiligen Stuhl) an die Signoria, 16., 18., 21. und 26. Dezember 1532; TNA SP 1/74/18–19v, John Hacket an den Herzog von Norfolk, und Januar 1533. Zu den erörterten Themen siehe Kap. 8. 24 Pocock, Records, II, S. 365–366, Clemens an Heinrich, 2. Januar 1533; L&P Henry VIII, VII, S. 7, Clemens an Franz, 2. Januar 1533, mit einer Begründung für das Konzil (auch an Heinrich VIII. geschickt); ebd., S. 70– 72, Augustus Augustinus an Cromwell, 13. Februar 1533; KFF, IV, S. 89–92, Karl an Ferdinand, 4. März 1533. 25 CDCV, IV, S. 500, Karls »Erinnerungen«, TNA, SP 1/71/154–155, Hawkins an Heinrich, 24 Dezember 1532. 26 PEG, II, S. 1–19, Geheimvertrag zwischen Karl und Clemens, 24. Februar 1533, und Verteidigungsbund,

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756 Anhänge 27. Februar 1533 (Sanuto fertigte eine Abschrift an, auch wenn Venedig sich dem Bund nicht anschloss: I diarii, LVII, Sp. 600–610). 27 Hamy, Entrevue, CCLXXXV–CCXCVI, Franz’ Anweisungen an die Kardinäle Grammont und Tournon, 10. November 1532, und CCLXXX–CCLXXXI, Franz’ Projekt für einen Geheimvertrag mit Clemens, eigenhändig, März 1533. 28 Sanuto, I diarii, LVIII, Sp. 196–199, Contarini an die Signoria, 26. und 29. April 1533, liefert einen detaillierten Bericht über die Höllenreise auf den Galeeren (wobei er bitter bemerkte, dass Segelschiffe dieselbe Reise in vier Tagen bewältigten); Girón, Crónica, S. 30, berechnete die von Karl im Bett seiner Frau verbrachten Stunden. 29 AHN Inqusición libro 101/695–697, Licenciado Hernando Arenillas de Reynoso an Philipp II., 4. Dezember 1594, mit Reskript. 30 Mazarío Coleto, Isabel, S. 292–295, 262, 301–305 und 329–331, die Kaiserin an Karl, 16. September 1530, 25. Januar 1530, 12. Januar und 16. Dezember 1531. Weitere Beispiele für die wachsende Unabhängigkeit der Kaiserin in ebd., S. 119–138. 31 TNA, SP 1/176/174–174v und 1/78/1, Hawkins an Heinrich VIII. 11. Juni und 16. Juli 1533; Sanuto, I diarii, LVIII, Sp. 472–474, Contarini an die Signoria, 23./24. Juni 1533; Foronda, Viajes, 371, n. 1 (Karls Reisegeschwindigkeit). 32 RVEC, S. 545–547, Salinas an Castillejo, 12. Oktober 1533. Girón, Crónica, S. 41–44, und Foronda, Viajes, S. 388–390 (Karls Reiseroute). 33 González de Ávila, Historia, S. 475–476; Girón, Crónica, S. 42–44, berichtete über die Debatte; BL Cott. Ms. Vespasian CXIIIf/327–328v, Mason an Starkey, 3. Juli 1534, hielt das Thema der Vorlesungen fest. 34 RVEC, S. 604–607 und 614–617, Salinas an Ferdinand, 15. Juli und 4. September 1534; BNE Ms. 3825/337 (zeigt Eingriffe des Herausgebers, siehe auch Girón, Crónica, S. 44). Da Prinzessin Johanna am 23. Juni 1535 geboren wurde, dürfte die Schwangerschaft im Oktober oder November 1534 begonnen haben. 35 KFF, IV, S. 121–125, Karl an Ferdinand, 23./28. Mai 1533. 36 BL Addl. Ms. 28,586/191, Dr. Ortiz an Karl, 24. März 1434; und BL Addl. Ms. 28,586/223, »Los puntos que se consultaron con su Magestad en Toledo a xij de Abril 1534 para responder a Roma sobre la sentencia de Ingleterra«. 37 Einem Mitteilungsblatt vom 14. Dezember 1536 zufolge hatten »alle großen Männer« Spaniens Karl um die Erlaubnis gebeten, »auf ihre Kosten ein Heer zusammenzustellen, um nach England zu segeln und dort die der Königin Katharina, seiner Tante, angetanen Kränkungen zu rächen« (TNA, SP 1/238/162). Salvador, »El hablar«, S. 80–81, verzeichnet einige beleidigende Verwendungen von »anabolena« im Spanien des 20. Jahrhunderts; und eine hölzerne »tarasquilla«, eine Darstellung der verstorbenen Königin, sitzt immer noch auf dem furchteinflößenden Drachen, der während der alljährlichen Fronleichnamsprozession durch die Straßen von Toledo gezogen wird. Erinnerte Karl sich vielleicht daran, dass er Anne Boleyn begegnet war, als er sich ein Jahr lang in Mecheln aufhielt (Kap. 2)? 38 KFF, IV, S. 227–236 und 314–322, Karl an Ferdinand, 24. April und 3. September 1534. Dennoch ist Brandi (Kaiser Karl V., S. 275) zweifellos beizupflichten, wenn er es als Rätsel bezeichnet, dass »die kaiserliche Politik, die um Mailand ein Menschenalter lang kämpfte, den Verlust [von Württemberg] so leicht hinnahm«. 39 TNA, SP 1/86/48–49, Sir Gregory Casale an Lord Rochford, Rom, 15. Oktober 1534; CDCV, I, S. 405–406, Karl an Soria, 4. September 1534. 40 Poumarède, »Le voyage«, S. 267, päpstlicher Staatssekretär an Nuntius Poggio in Spanien, 4. März 1535. 41 PEG, II, S. 206–221, »Arraisonement sur ce à quoy le roy de France parsiste pour parvenir à establissement de paix”, von Granvelle, Oktober 1534 (siehe Kap. 4 zu früheren Argumenten, die auf der Eskalation möglicher Katastrophen beruhten); Walser, »Spanien«, S. 167–171, consulta von Tavera, undatiert, aber Mitte Januar 1535, eigenhändig. Der Kardinal hatte im Rat von Kastilien seit 1524 den Vorsitz geführt. 42 KFF, V, S. 161–172, Karl an Ferdinand, 3. Februar 1535; Girón, Crónica, S. 49; RVEC, S. 631–632, Salinas an Ferdinand, 21. Februar 1535 – wobei er aber auch bemerkte, dass Los Cobos »seit Verkündigung der Abreise nicht gelächelt hat«, und sich über den Grund wunderte (ebd., S. 632–634, an Castillejo, am selben Tag). 43 KFF, V, S. 211–212, Maria an Ferdinand, 12. April 1535, meine Hervorhebung (siehe Ferdinands zornerfüllte Antwort, weil Karl ihn hintergangen hatte: ebd., S. 223–227). Das Testament ist nicht überliefert. Karl schickte auch an Maria eine Abschrift seiner Anweisungen für die Kaiserin als Regentin von Kastilien, datiert vom 1. März 1535, aber es heißt dort, dass er nach Aragón reise, nicht nach Afrika: CDCV, I, S. 408–419. 44 March, Niñez, II, S. 224, Doña Estefanía de Requesens an ihre Mutter, Madrid, 3. März 1535. 45 BNE, Ms. 1937/102v und 104v, aus Alonso de Sanabrias Comentarios y guerrade Túnez. Girón, Crónica,

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Anmerkungen

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S. 56, erstellt eine Liste der Adligen, ebenso BL Cott. Ms. Vespasian C.XIII/334 »Die Adligen aus Spanien wie aus Italien, die mit dem Kaiser zur Eroberung der Stadt Tunis in Afrika aufbrachen«. 46 AGS E 1458/102–108, »Lo que se consultó en Barcelona«, April 1535; LCK, II, S. 177–179, Karl an Nassau, 10. Mai 1535, und Brief an Ferdinand, 3. Februar 1535. 47 BNE, Ms. 1937/103v, Sanabria, Comentarios, BL Cott. Ms. Vespasian C.VII, 43–44, »Anno 1535. La Armada que o emperador leva de Barcelona«. 48 García Cerezada, Tratado, II, S. 7–8. Licenciado Arcos, ein weiterer Augenzeuge, lieferte einen ganz ähnlichen Bericht desselben Ereignisses in seiner Conquista de Tunez por el emperador Carlos (BNE, Ms. 19,441/33) 49 BNE, Ms. 1937/108, aus Sanabrias Comentarios (der Autor, ein Franziskaner, widmete Karls Frömmigkeit besondere Aufmerksamkeit); die Gesamtgröße aus TNA SP 1/239/188, »Minuta de l’armata e gente Cesariane« 50 García Cerezada, Tratado, II, S. 21. Die Flotte passierte Ghar el Mehl (früher unter den Namen Utica und Porto Farina bekannt) und segelte weiter. 51 Ebd., II, S. 24, 37, 43; BNE, Ms. 1937/150v-151 (Sanabria); TNA SP 1/97/32–33, Peter Rede an Geoffrey Loveday, 27. September 1535 (ein besonders lebhafter Bericht). 52 Gachet, »Expédition«, S. 37–40, Karl an Maria, 26. Juli 1535 (Sanabria bemerkte auch, dass in der Nacht nach der Plünderung von La Goletta »en el consejo de guerra secreto ouo diversidad de opiniones«: BNE Ms. 1937/160v). 53 Foucard, Ferrara, S. 24–30, Alfonso Rosetti an den Herzog von Ferrara, 22. Juli 1535; Guyon, Mémoires, S. 61–62, García Cerezada, Tratado, II, S. 58. 54 Giovio, Delle historie, S. 377 (Buch XXXIV: eine von Vasto beigesteuerte Anekdote, die zur Glaubwürdigkeit des Zeugen beiträgt); Guyon, Mémoires, S. 63–64; TNA SP 1/97/32–33, Rede an Loveday, 27. September 1535. Siehe auch die in Nordman (Tempête, S. 253–256) zitierten Berichte über die Plünderung. 55 Foucard, Ferrara, S. 28–29, Rossetti an Ferrara, 22. Juli 1535; Gachet, »Expédition«, S. 37–40, Karl an Maria, 26. Juli 1535. PEG, II, S. 368–377, druckt Auszüge aus dem Vertrag zwischen Karl und Müley Hassan, 6. August 1535. 56 AGS E 1311/20–23, Soria an Karl, 21. Mai 1535; CDCV, I, S. 441–444, Karl an Soria, »data en nuestra galera, cerca de La Goleta de Túnez«, 16. August 1535; LCK, II, S. 200, Karl an Jean Hannart, 16. August 1535; BL Cott. Ms. Nero B.VII/115, Bernardino Sandro an Thomas Starkey, Venedig, 19. August 1535.. 57 TNA SP 1/94/173–178v, Sir Gregory da Casale an Thomas Cromwell, Ferrara, 27. Juli 1535, arg beschädigte italienische und lateinische Texte, vermehrt durch die englische Übersetzung in L&P Henry VIII, VIII, S. 439–440; Charrière, Négociations, I, S. 272–275; Virginio Orsini, Graf von Anguillara, an »Monsenor Pietro«, La Goletta, 28. Juli 1535. 58 Mazarío Coleto, Isabel, S. 410–411, die Kaiserin an Karl, 24. September 1535. Vidal »La defensa«, S. 562– 580, beschreibt den Verlust von Mahon und die Folgen. 59 Walser, »Spanien«, S. 167–171, consulta von Tavera, undatiert, aber von Mitte Januar 1535, eigenhändig. 60 Morales Foguera, »El viaje«, S. 100, 106 (Psalm 112,3 in der Vulgata lautet: »a solis ortu usque ad occasum laudabile nomen Domini«). 61 Rosso, Istoria, S. 63 (über Karl in Neapel); Di Blasi, Storia, S. 174 (über Karl in Palermo); L&P Henry VIII, IX, S. 146, Granvelle an Eustace Chapuys, Palermo, 26. September 1535. 62 Rosso, Istoria, S. 66, 70; Poumarède, »Le voyage«, S. 282, Fabio Arcella an den Staatssekretär Ricalcati, 5. Februar 1536 (Arcella schrieb: »si stette in danze e festa fin alle X hore«, eine damals in Italien gebräuchliche Zeitangabe, die zehn und eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang bedeutete). Karl hatte die Nachricht vom Tod seiner Tante am 27. Januar empfangen. 63 Cernigliaro, Sovranità, S. 299, Karls Eröffnungsrede vor dem Parlament von Neapel am 8. Januar 1536; CDCV, I, S. 469–473, Karl an die Kaiserin, 18. Februar 1536; Gilliard, »La politica«, S. 229, Antoine Perrenin an Leonard de Gruyères, Sondergesandter für die Schweiz, 31. Dezember 1535. 64 Rabelais, Lettres, S. 33–64, an Geoffroy d’Estissac, 30. Dezember 1535 und 28. Januar 1536; KFF, V, S. 452–458, Karl an Ferdinand, 18. April 1536. 65 L&P Henry VIII, X, S. 265–274, Richard Pate an Heinrich VIII. Rom, 14. April 1536; Cadenas y Vicent, Discurso, S. 35–37; RVEC, S. 714–719, Salinas an Castillejo, 22. April 1536. 66 Brandi, Kaiser Karl V., S. 308; Scheurl, Einritt, Titelseite mit Zitat 2. Samuel 3,21.

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758 Anhänge 10 Jahre der Niederlage (1536–1541) 1 Scheurer, Correspondance, II, S. 140–144, Jean du Bellay und Hémard de Denonville an Franz I., Rom, 12. November 1535. 2 AGS E 1368/105, Gómez Suárez de Figueroa an die Kaiserin, Genua, 13. November 1535. SP, VIII, S. 6–7, John Hutton an Thomas Cromwell, Brüssel, 9. Dezember 1537, berichtet, dass Christina von Mailand, jetzt 16 Jahre alt, nach Brüssel als »Witwe [und] Jungfrau (mayd)« zurückgekehrt sei. Die Befürchtungen ihrer Tante Maria über die Folgen allzu jungen Heiratens (siehe Kap. 8) hatten sich also nicht erfüllt. Chabod, Storia, S. 6–9, beschreibt die Schritte, die Karl und seine Minister 1534/35 unternahmen, um sich Mailand zu sichern, falls Francesco Sforza kinderlos sterben sollte. 3 CDCV, I, S. 451, Karl an die Kaiserin, Neapel, 18. Januar 1536; AGS E 1180/86, Leyva an Karl, Mailand, 27. November 1535; RVEC, S. 667–671, Salinas an Ferdinand, 6. Dezember 1535, nach einem Treffen, bei dem Granvelle »seine Auffassung für und gegen drei Optionen« in Bezug auf das Schicksal von Mailand mitteilte. Die »Auffassung«, auf die Salinas sich bezog, ist sicherlich Granvelles »Discours fait incontinent après le trespass du duc François-Marie Sforce sur la disposition de l’estat de Milan«, abgedr. in PEG, II, S. 395–410. 4 AGS E 1180/86, Leyva an Karl, 27. November 1536. Zum Tod von Giovan’Paolo Sforza am 12. Dezember 1535, vielleicht durch Gift, siehe Leva, Storia, III, S. 153, und Scheurer, Correspondance, II, S. 141 Anm. 5 BKK, II, S. 254–255, Leyva an Karl, 2. Dezember 1535; BL Cott. Ms. Nero B.VII/113, Bernardino Sandro an Thomas Starkey, Venedig, 14. November 1535. 6 Rosso, Istoria, S. 65. 7 AGS E 1311/11 und 34–37, Soria an Karl, 22. August 1535 (siehe ein vergleichbares Urteil zu Venedigs zweideutiger Haltung gegenüber Karl in Sorias Brief vom 9. August 1535; AGS E 1311/40–42). RAH Salazar A-40/446–447, Soria an Karl, 25. Mai 1527, bemerkte, dass »ich 28 Jahre lang in Italien gewesen bin«. 8 PEG, II, S. 427, Karl an Hannart, 23. Januar 1536. Siehe auch Mazarío Coleto, Isabel, S. 430, die Kaiserin an Karl, 4. Dezember 1535, und LCK, II, S. 657, Maria an Karl, 8. Februar 1536, beide beklagen sich über Geldmangel. 9 Gilliard, »La politica«, S. 233, Gruyères an Granvelle, 22. Dezember 1535; AGS E 1024/26, »Lo que ha sido acordado, so el buen placer de Su Magestad, en lo que toca a los negocios de estado generalmente y a otros particulares deste reyno« von Neapel, 31. Dezember 1535 (fehlerhafte englische Übersetzung in CSPSp, V, S. 304–308, fälschlicherweise auf den 26. Dezember 1536 datiert). 10 L&P Henry VIII, X, S. 40, »Copie de la deffiance et lettres patentes mandées au duc de Savoye par ung herault d’armes, de la part de la seigneurie de Berne«, 27. Januar 1536; Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, VIII, S. 18–22, Mobilisierung von Heer und Etappe, und »Pouvoir« zur Invasion und »Rückeroberung« von Bresse, Bugey und Valromey, beide auf den 11. Februar datiert; ebd., S. 65, das Edikt zur Inkorporation dieser Gebiete in Frankreich, März 1536. 11 PEG, II, S. 445–450, »Mémoire remis à l’empereur su la question de la guerre et de la paix«, undatiert, aber März 1536. Im Versagen des Geheimdienstes spiegelten sich zum Teil Gruyères absurd überoptimistische Berichte aus der Schweiz wider, die darauf beharrten, dass »hier alles ereignislos verläuft, ohne Anzeichen von besorgniserregenden Vorkommnissen« (Gilliard, »La politica«, S. 231, Gruyères an die Kaiserin, 22. Dezember 1535); und zum Teil explizite Versicherungen von Franz, er würde »nichts gegen den Herzog von Savoyen versuchen oder in Angriff nehmen« (LCK, II, S. 226, Karl an Hannart, 17. April 1536). 12 CDCV, I, S. 455–464, Karl an die Kaiserin, 1. Februar 1536. 13 Leva, Storia, III, S. 163–164, unter Anführung der »Minuta de las condiziones que se dieron al papa del parte de Su Magestad cerca de tratar del estado de Milan para el duque de Angouleme, en Roma, año de 1536«. 14 PEG, II, S. 414–418 und 431–436, Karl an Hannart, 14. Dezember 1535 (Zusammenfassung von Eleonores Geheimbrief) und 21. Februar 1536 (mit »ung billet apart ziffré«). 15 CDCV, I, S. 473–476, Karl an die Kaiserin, 20. Februar 1536, eigenhändig; PEG, II, S. 443, Granvelle an Hannart, 30. März 1536. 16 CDCV, I, S. 485–490, Karl an die Kaiserin, 18. April 1536. Leva, Storia, III, S. 164–165, argumentiert plausibel, dass die Ankunft des französischen Botschafters Vély mit Vollmacht ausschließlich zur Abtretung Mailands an Orléans den Anlass zu dieser Rede des Kaisers gegeben habe. 17 Cadenas y Vicent, Discurso, S. 35–37, zeitgenössischer Bericht. 18 RVEC, S. 712–714, Salinas an Ferdinand, 22. April 1536, fasste die Rede zusammen und schickte »einen Text, der in Umlauf gebracht und, falls notwendig, auch gedruckt werden kann«. Das war wahrscheinlich die von Morel-Fatio, »L’espagnol«, S. 212–214, veröffentlichte Version (wieder abgedruckt in Cadenas y Vincent, Discurso, S. 61–63). Siehe auch den Text in LCK, II, S. 223–229, Karl an Hannart, seinen Botschafter in Frankreich, 17. April 1536; und die aus dem Gedächtnis rekonstruierte Version der französischen Botschafter in Rom: Charrière, Négo-

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ciations, I, S. 304, Macon (der kein Spanisch verstand) und Vély an Franz, 19. April 1536 (beide wiederabgedruckt in Cadenas y Vicent, Discurso, und in Rassow, Die Kaiser-Idee, Beilage 4 und 5). Die Botschafter vermerkten, dass sich der Kaiser bei seiner Rede auf Notizen stützte (»lisoit en ung billet qu’il avoit à la main«), genau wie bei seiner Abschiedsansprache 1555 (Kap. 15). 19 RVEC, S. 712–714, Salinas an Ferdinand, 22. April 1536; Charrière, Négociations, I, S. 304, Macon und Vély an Franz, 19. April 1536. 20 AGS E 1564/40, Karl an den Grafen von Cifuentes, 4. Mai 1536 (siehe auch PEG, II, S. 459, Karl an den französischen Botschafter Vély, 7. Mai 1536, der dieselbe Frage stellt); Du Bellay, Mémoires, II, S. 402–412, Franz an Paul III.; Recueil d’aucunes lectres, unfol., Karl an Paul III., 19. Mai 1536. 21 RVEC, S. 707–709, Salinas an Castillejos, 21. Mai 1536 (und nicht 31. März, wie vom Herausgeber angegeben); und ebd. 726–730, Salinas an Ferdinand, 30. Mai und 10. Juni 1536. 22 LCK, II, S. 658–659, Karl an Maria, 2. März 1536; KFF, V, S. 495–499, Maria an Ferdinand, 25. Mai 1536. 23 KFF, V, S. 514–520, Karl an Ferdinand, 9. Juni 1536; TNA SP 1/103/120–121, Richard Morison (später englischer Botschafter bei Karl) an Thomas Starkey, 12. April 1536. 24 AGS E 1367/46–47, Gómez Suárez de Figueroa an Karl, 8. Juli 1534, übermittelt die Ergebnisse separater Gespräche mit Doria und Leyva (Abschrift bei f. 48); RVEC, S. 751–755, Salinas an Ferdinand, 17. Juli 1536. Zur Debatte um die Vorzüge von Karls Teilnahme siehe BL Addl. Ms. 28, 589/3–5v, »Las difficultades que occuren que ay en la pasada de Su Majestad en Francia«, 13. Juli 1536. In Sherer, Warriors, S. 60, findet sich eine ausgezeichnete Karte von dem Feldzug. 25 RVEC, S. 756–772, Salinas an Castillejo und an Ferdinand, 17. Juli 1536, 4. und 5. August 1536; García Cerezada, Tratado, II, S. 151, 157–158. 26 Decrue, Anne de Montmorency, S. 271, Montmorency (der die Verteidigung der Provence geleitet hatte) an Franz, 1. August 1536. 27 KFF, I, S. 99, Karl an Ferdinand, 23. Januar 1524 (mit dem Vorschlag, Arles, die Provence und die Dauphiné zurückzugewinnen); Leva, Storia, III, S. 169 (zur Frage, ob Karl 1536 beabsichtigte, die Provence zu annektieren). Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, VIII, S. 29–37, dort das Protokoll, auf das sich Franz und Süleyman im Februar 1536 einigten; Setton, The papacy, IV, S. 401 Anm. 20–21, zeigt die Authentizität des Protokolls. 28 LCK, II, S. 657–667, Zusammenfassung des Briefwechsels von 1536 zwischen Karl und Maria. 29 García Cerezada, Tratado, II, S. 160. 30 PEG, II, S. 480–481, »Substanz« eines Berichts des päpstlichen Nuntius, ca. 11. August 1536; BNF F. f. 3008/144, Montmorency an M. de Humières, 2. September 1536 (Verluste); LCK, II, S. 248–252, Karl an Nassau, 4. September 1536. 31 Über Fregoso 1536 siehe Pacini, La Genova, S. 588–590. 32 BNF, Ms. Dupuy 265/297, Jean de Breton, königlicher Sekretär, an Jean du Bellay, Arles, 20. September 1536; Du Bellay, Mémoires, II, S. 299, von Martin du Bellay, der betonte: »Ich schreibe, was ich sah.« 33 RVEC, S. 772–786, Salinas an Castillejo, 14. September 1536; García Cerezada, Tratado, II, S. 195–198; Cienfuegos, La heroyca vida, S. 64. Ein Beispiel für die gefühlsmäßig enge Bindung des Kaisers an den Dichter in BNE Ms. 20212/7/2, Garcilaso de la Vega an Karl, Genua, 20. Mai 1536, unterschrieben nur mit »Garcilasso« (einer seiner letzten Briefe). 34 Decrue, Anne de Montmorency, S. 286 (Einschätzung des Schadens durch den venezianischen Botschafter); Bourrilly, Histoire, I, S. 295 (Voraussage von Honoré de Valbelle von Marseille); Guyon, Mémoires, S. 71. 35 Du Bellay, Mémoires, III, S. 118–119; Holanda, De la pintvra, S. 181–182 (berichtet von einer Unterhaltung mit Michelangelo); Bourrilly, »Charles-Quint«, S. 277–280 (Freude in Paris und Rom). 36 RVEC, S. 789–799, Salinas an Ferdinand, 14. November 1536 und 18. März 1537. 37 Birón, Crónica, S. 99–100. Zu den Folgen des Mordes an Herzog Alessandro siehe Kap. 12. 38 March, Niñez, II, S. 337, Doña Estefania de Requesens an ihre Mutter, 18. Mai 1537; RVEC, S. 794–799 und 820–822, Salinas an Ferdinand, 18. März 1537, und an Castillejo, 18. November 1537; Girón, Crónica, S. 110. 39 Girón, Crónica, S. 125. 40 HHStA Belgien PA 27/5227, Karl an Maria, 6. Oktober 1537. 41 Rassow, Die Kaiser-Idee, S. 431–432,. Idiáquez an Los Cobos und Granvelle, und an Los Cobos allein, 15. Januar 1538. Der für gewöhnlich gut informierte Botschafter Serristori aus Florenz beklagte sich darüber, dass Karl das gesamte diplomatische Korps über seine Absichten »im Dunklen (al bujo)« lasse: Serristori, Legazioni, S. 47–48, Bericht an Cosimo, 29. Dezember 1537.

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760 Anhänge 42 Rassow, Die Kaiser-Idee, S. 433–437, »Las pláticas que el emperador passó con el señor de Pressiu por la misma forma y palabras syn dejar nada«, gesendet von Idiáquez an Los Cobos und Granvelle, Februar 1538. 43 BNF F. f. 3015/123 »Double des lettres«, abgesandt von Aigues-Mortes, wahrscheinlich an Kardinal du Bellay, 15. Juli 1538; TNA SP 3/17/49-v, Bericht von Sir Francis Bryan, englischer Botschafter in Frankreich, 16. Juli 1538; LCK, II, 284–289, Karl an Maria, 18. Juli 1538. 44 Le Person, »A moment«, S. 20 (aus einem Augenzeugenbericht); LCK, II, S. 284–289, Karl an Maria, 18. Juli 1538; TNA SP 3/17/49-v, Bericht von Sir Francis Bryan, englischer Botschafter in Frankreich, 16. Juli 1538; RVEC, 869–871, Licenciado Gamiz an Ferdinand, 18. Juli 1538, ein weiterer Augenzeugenbericht, der eine fast identische Schilderung des Austauschs von Schwüren und Ringen bietet. Heinrich von Orléans wurde 1536 nach dem Tod seines älteren Bruders Dauphin; beide waren von März 1526 bis Juni 1530 Gefangene Karls in Spanien gewesen. Über ihre harte Behandlung siehe Kap. 8. 45 LCK, II, S. 284–289, Karl an Maria, 18. Juli 1538; Kaulek, Correspondance, S. 69–70, Franz an Châtillon, 18. Juli 1538. 46 AGS E 867/64, Karl an den Marqués (Markgrafen) von Aguilar, seinen Botschafter in Rom, 7. September 1538; BKK, II, S. 273, Karl an Ferdinand, 22. September 1538. 47 Preveza und seine Bedeutung wird von Guilmartin, Gunpowder, S. 42–56, erörtert (mit einer ausgezeichneten Karte auf S. 49); ferner in Colin Heywoods Rezension von Guilmartin in Bulletin of the School of Oriental and African Studies, XXXVIII (1975), S. 643–646, wo auch osmanische Quellen zur Schlacht zitiert werden. 48 CLC, V, S. 46–95, enthält ein Transkript der Debatten, wonach nur fünf der adligen Herren dem Herzog von Alba bei der Befürwortung der neuen Steuer folgten. 49 Sepúlveda, Historia, XVIII, S. 18 (laut dem Chronisten fand die Unterhaltung »in Madrid ein paar Jahre später« statt, was nur heißen kann: im Winter 1542/43). Siehe die vortreffliche Diskussion der Cortes von Toledo in Fortea Pérez, »Las ultimas Cortes«, S. 245–260, aber vgl. auch oben S. 356 zu Karls Befehl an Philipp 1543, falls notwendig in seinem eigenen Namen eine Verbrauchssteuer zu fordern. 50 RVEC, S. 879, Salinas an Ferdinand, 28. Oktober 1538; und 887–895, an Castillejo, 26. November 1538 (zwei Briefe); ebd., S. 897, Salinas an Ferdinand, 4. Februar 1539 (zwei Monate später, erneut, »el emperador se va a holgar a la caza por algunas días«; ebd., S. 903–906, Salinas an Ferdinand, 18. April 1539). 51 BKK, II, S. 288, Karl an Ferdinand, 21. April 1539. RVEC, S. 903–906, Salinas an Ferdinand, 18. April 1539, konstatiert, dass »en este mes de Mayo que viene, entra [die Kaiserin] en el noveno mes de su preñado«, mithin hatte sie im September des Vorjahrs empfangen. 52 BKK, II, S. 289, Karl an Ferdinand, 2. Mai 1539; RVEC, S. 913–915, Salinas an Ferdinand, 3. Mai 1539. 53 AGRB Audience 868/110114v, »Estat« der Ausgaben, »procédent des guerres de France, de Dennemarcke et d’Overyssel«; Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 617, Karl an den Magistrat von Gent, 31. Januar 1538. 54 Arnade, »Privileges«, bietet eine ausgezeichnete kurze Darstellung der Revolte von Gent und weist darauf hin, dass die Magistrate den »Rederijkskamern«, einer Art von literarischen Gesellschaften oder Zünften, sogar erlaubten, Schauspiele mit unverhüllt lutherischen Themen aufzuführen. 55 Ribier, Lettres, I, S. 368–370, Botschafter Tarbes an Montmorency, 6. Februar 1539; RVEC, S. 920–924, Salinas an Ferdinand, 11. Juli und 7. August 1539. 56 Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 625, Maria an Karl, 9. Juni 1538; SP, VIII, S. 203–205, Stephen Vaughan an Heinrich VIII., Brüssel, 19. November 1539: eine brillante Analyse der Situation; er sieht drei Gründe, die Karl das Risiko eingehen ließen, durch Frankreich in die Niederlande zu reisen: »die Meuterei gewisser Städte in diesen Gebieten«, Heinrichs »Bündnis … mit dem Haus von Kleve, das ihm ziemliche Magenschmerzen bereitet«, und seine »Konföderation (wie sie es hier nennen) zwischen Seiner Majestät und den Deutschen«. Vaughan sagt dann (richtig) voraus, dass Karl, nachdem er seine innenpolitischen Gegner erledigt habe, sich »gegen Geldern« und danach gegen die deutschen Lutheraner wenden werde. 57 AGS PR 45/46–47, Karls Anweisungen für Luis de Ávila y Zúñiga, 24. und 26. Oktober 1539. (Beide Dokumente nennen Luis de Zúñiga, aber die folgende Korrespondenz zeigt, dass der Gesandte Luis de Ávila y Zúñiga war.) 58 Gachard, Relation, S. 249–251, Los Cobos und Granvelle an Francois Bonvalot, kaiserlicher Botschafter in Frankreich, 27. September 1539. In Gachard, Relation, S. 258–262 sind die Einladungsbriefe von Franz und anderen, datiert vom 7. Oktober 1539, abgedruckt; Paillard, »Voyage«, 517–518, listet alle Absender auf. 59 In CDCV, II, S. 32–55, Abdruck der Anweisungen für Philipp, sowie für Tavera und Los Cobos, beide datiert vom 5. November 1539, mit einem französischen Text der ersteren in PEG, II, S. 549–561. Manuel Fernández Álvarez trug das plausible Argument vor, dass Karl die Anweisungen für Philipp auf Französisch formulierte, vielleicht mit Hilfe von Granvelle, und dass die spanische Version eine fehlerhafte Übersetzung ist.

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60 PEG, II, S. 542–548, Kodizill datiert vom 5. November 1539, französische Abschrift des lateinischen Originals, mit zwei signierten Abschriften in Spanisch – die sämtlich wie das von Karl 1535 abgefasste Testament offensichtlich nicht erhalten sind. 61 Guicciardini, Opere inedite, X, S. 324–325, Brief an Roberto Pucci, Florenz, 29. November 1539; Kaulek, Correspondance, S. 143–144, Marillac an Franz, London, 14. November 1539. Zu Karls Gefolge gehörten der Herzog von Alba und Luis de Ávila. 62 Gachard, Relation, S. 653–658, Karl an Tavera, Paris, 6. Januar 1540, und »Relation du voyage«. Wetter, »The year-long unprecedented European heat and drought of 1540«, S. 357, und »Supplementary Information«, dokumentiert die Wärme und die Abwesenheit von Schnee und Regen im Winter 1539/40. 63 ASF MdP 4297/7, Alessandro Giovanni Bandini an Agnolo Niccolini, 7. Dezember 1539, aus Loches, vom Tag des Zusammentreffens von Karl und Franz. Paillard, »Voyage«, und Knecht, »Charles V’s journey« bieten nützliche Überblicke (Knecht S. 154 enthält eine Karte mit Karls Route). 64 Gachard, Relation, S. 662–663, Karl an Tavera, 21. Januar 1540. BL Addl. Ms. 28,592/1–2, Granvelle an Los Cobos, 6. Januar 1540, bestätigt, dass »es keine Diskussion über Heiraten oder andere Amtsgeschäfte gab«. 65 Gachard, Relation, S. 668, Karl an Tavera, Gent, 14. Februar 1540. 66 Henne, Histoire, VII, S. 62–65 und 88–95 (Liste der in Gent und anderen Orten Flanderns Bestraften); Gachard, Relation, S. 156–160, aus einem zeitgenössischen Bericht über die »amende honorable« am 3. Mai 1540. Die Unterwerfung wird alljährlich im Juli in den Straßen von Gent als Teil der »Gentse Feesten« von Neuem inszeniert. Boone, »From cuckoo’s egg«, bemerkt, dass Karl den Standort der Zitadelle festlegte, nachdem er die Pläne studiert hatte, die für Karl den Kühnen 1469 sowie für Maximilian 1492 angefertigt worden waren. Siehe Recueil des ordonnances, IV, S. 170–191 zu den Edikten, die Gent verurteilten (30. April 1540), S. 198 und 200 zu den Edikten, die die Zitadelle betrafen (5.–6. Mai 1540), sowie S. 206–207 und 211–216 zu jenen, die Oudenaarde (Juni 1540) und Kortrijk (17. Juli 1540) wegen Rebellion verurteilten. SP, VIII, S. 339–341, Dr. Wotton an Thomas Cromwell, 30. April 1540, vermerkt das Gedenken an die Kaiserin. 67 PEG, II, S. 562–572, Karls Anweisungen für Bonvalot, Gent, 24. März 1540. 68 CDCV, IV, S. 509 (»Erinnerungen«); Ribier, Lettres, I, S. 514–516, die Botschafter de Selva und Hellin an Montmorency, Gent, 11. April 1540; Powell, The complete works, I, S. 246–259, Wyatt an Cromwell, Gent, 5. und 12. April 1540 (»jetzt nicht und niemals nicht« aus dem Lateinischen übersetzt). 69 PEG, II, S. 597–599, Karl an Bonvalot, 9. Juni 1540; Karl akzeptiert Franz’ Vorschlag »de laisser ainsi les choses pour maintenant«; und S. 599–604, Kodizill zu Karls Testament, 28. Oktober 1540; NBD, VI, S. 338–341, Karl an Ferdinand, 2. Juli 1540 (siehe S. 148: 1521 äußerte Adrian von Utrecht eine identische Sichtweise). Dumont, Corps, IV/2, S. 200–202, druckt das Dokument ab, mit dem Karl seinen Sohn mit Mailand belehnt, 11. Oktober 1540. 70 Catalogue des Actes, IV, S. 106 (Nr. 11,485–486), Bürgschaften für Rincón, 1. Mai 1540; Setton, The papacy, III, S. 456 (türkisches Original). 71 Recueil des ordonnances, IV, S. 229–230, 232–238 und 240–253, Edikte, erlassen von Karl im Oktober 1540; AGS E 49/81–85, Los Cobos (Alkalde von Simancas) an Juan Vázquez de Molina, 26. Juni 1540 (Anweisung an seinen Neffen, sicherzustellen, dass der Kaiser »la orden para que se haga en Simancas« für ein neues Archiv unterzeichne); AGS CC 247/1, königliche Anweisung, Brüssel, 16. September 1540. 72 NBD, VI, S. 319–323, Karl an Ferdinand, Brüssel, 9. Juni 1540, teilt dem Bruder den Rat seines Beichtvaters Pedro de Soto mit. 73 Martin Luther, Von den Conciliis und Kirchen (Straßburg 1539). 74 Schultze, »Dreizehn Depeschen«, S. 150–156, Contarini an Kardinal Farnese, 13. März 1541. 75 CSPV, V, S. 96–98, Francesco Contarini an die Signoria, Regensburg, 6. April 1541. 76 Schultze, »Dreizehn Depeschen«, S. 159–161, Gasparo Contarini an Kardinal Farnese, 18. März 1541 (das Wesen der Eucharistie »era già stato determinato« durch das Vierte Laterankonzil 1215); Pastor, »Correspondenz«, S. 388–390, Contarini an Farnese, 15. Mai 1541; Dittich, »Nuntiaturberichte«, S. 465–472 und 620–623, Morone an Farnese, 29. Mai und 21. Juni 1541. 77 CSPV, V, S. 105–106 und 107–108. Francesco Contarini an die Signoria, 22. Juni und 26. Juli 1541. Tatsächlich gelang es den Protestanten mittels eines Taschenspielertricks, durch den Rezess von Regensburg mehr zu gewinnen als durch den Nürnberger Anstand (siehe Kap. 9). 78 Turba, Venetianische Depeschen, I, S. 67–76, Tiepolo, Corner, Contarini, Venier und Mocenigo an den Dogen, Nizza, 24. Mai 1538. 79 Lanz, Staatspapiere, S. 263–268, Memorandum von Maria, [10.] August 1538. Siehe auch Marias Brief an Karl vom selben Tag zu demselben Thema: LCK, II, S. 289–290.

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762 Anhänge 80 ASF MdP 652/256, Agnolo Niccolini an Lorenzo Pagni, 1. August 1541. Später fand er heraus, dass der von ihm unterzeichnete Reichsabschied sich von jenem unterschied, den seine Minister befürwortet hatten, und den Lutheranern umfangreiche Zugeständnisse machte. 81 Gachard, Collection, II, S. 189–190, Journal von Jean Vandenesse für den August 1541, zeigt, dass Karl das nur 150 Kilometer von Genua entfernte Cremona am 18. August erreichte. Dann wandte er sich nordwärts nach Mailand. 82 Nordman, Tempête, S. 451. Hinweise dafür, dass Karl meinte, ein Angriff auf Algier würde den Druck auf Ungarn vermindern, siehe ebd., S. 239–240. Siehe auch Guyon, Mémoires, S. 87, dort eine andere Bewertung der späten Terminierung des Feldzugs durch einen Augenzeugen. 83 CDCV, IV, S. 511 (»Erinnerungen«); Friedensburg, »Aktenstücke«, S. 38–42, zwei Dokumente über »Dinge, die in Lucca erörtert werden müssen«, eins vom päpstlichen Nuntius, der mit Karl reiste (und die »cose private et particolari« auflistete), das andere von Granvelle. 84 AGS E 53/67–68, Vázquez de Molina an Los Cobos, 15. Oktober 1541. Die beiden Anweisungen sind, wie es scheint, nicht überliefert, ähnelten aber möglicherweise dem Feldzugsplan, den Karl seinem Sohn im Mai 1543 unterbreitete (siehe. Kap. 11). 85 Nordman, Tempête, S. 493 und 495 (Magnalotti), S. 356–357 und 381–383 (Nicolas Durand de Villegaignon), und S. 225–227 (christliche und muslimische Quellen zur Anzahl der verzehrten Pferde); Sandoval, Historia, S. 347; Guyon, Mémoires, S. 90; CDCV, IV, S. 512. 86 ASF MdP 4298, unfol., Alessandro Giovanni Bandini an Herzog Cosimo, Bougie, 4. November 1541 (zitiert Giannettino Doris); Nordman, Tempête, S. 456 (Gómara), 493 (Antonio Magnalotti) und 358 (Villegaignon); Guyon, Mémoires, S. 92; und »P. P.«, »L’expedition«, S. 187. 87 Turba, Venezianische Depeschen, I, S. 434–436, Francesco Giustiniani an den Rat der Zehn, Bougie, 10. November 1541; Guyon, Mémoires, S. 87 (néantmoins). 88 CDCV, IV, S. 511 Anm. 105, Karl an die Cortes von Kastilien, 1542; und ebd. S. 511 (»Erinnerungen«); Nordman, Tempête, S. 564, zitiert einen algerischen Augenzeugen, und S. 212–213 den Imam; ebd., S. 248–260, überzeugende Argumente dafür, dass der Erfolg von Tunis Karl »in Versuchung brachte«, übereilt zu handeln. 89 Nordman, Tempête, S. 178; Guyon, Mémoires, S. 91; Anon., Warhafftige und gewise newe Zeytung, unfol. 90 Nordman, Tempête, S. 381–383, Villegaignon an du Bellay, 25. Oktober 1541. 91 Ebd., S. 497, Antonio Magnalotti, der Doria zitiert. 92 Giovio, Opera, I, S. 269–271, Giovio an Kardinal Pio di Carpi, 17. September 1541. 93 CSPSp, VI/2, S. 105, Karl an Eustache Chapuys, seinen Botschafter in England, 12. August 1542 (mit der Entschuldigung, dass er nur wenige relevante Dokumente finden konnte, »ayant esté les aultres perdues an voyage d’Algey«); CDCV, II, S. 453–458, Karl an Prinz Philipp, 17. März 1546 (Maultiere statt Pferde); Charrière, Négociations, I, S. 522–524, »Rapport d’un agent à François Ier sur l’expédition d’Alger«, Dezember 1541.

11 Offene Rechnungen I: Geldern und Frankreich (1541–1544) 1 Einzelheiten aus AGS E 638/106, Vasto an Karl, 7. Juli 1541, Abschrift; AGS E 1374/167, Vasto an Los Cobos, 6. Juli 1541, und pag. 238, Gómez Suárez de Figueroa an Karl, 8. Juli 1541; Ruble, Le mariage, S. 149–151, Charles de Boisot an Maria von Ungarn, 12. August 1541; Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 361–363, Guillaume Pellicier, französischer Botschafter in Venedig, an Georges d’Armagnac, französischer Botschafter in Rom, 23. Juli 1541; und ebd. S. 434–438, Pellicier an Franz, 6. Oktober 1541. 2 Sanuto, I diarii, LVI, Sp. 781, Eintrag vom 20. August 1532, verzeichnet die Anwesenheit von »drei Spaniern, die [Rincón] ermorden wollten«, in Venedig. 1541 bezeugten Vasto wie auch Heinrich VIII., dass Karl eine »grosse recompense à ceulx qui le luy livreroient« Rincón angeboten habe: Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 349–353, Pellicier an Franz, 9. Juli 1541 (zitiert Vasto); und Kaulek, Correspondance, S. 326–328, Marillac an Franz, 12. August 1541 (zitiert Heinrich). 3 Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 349–353, Pellicier an Franz, 9. Juli 1541; Alba, »Correspondencia«, S. 83–86, Karl an Vasto, Regensburg, 23. Juni 1541. 4 Alba, »Correspondencia«, S. 119–120, Vasto an Karl, 9. Juli 1541; AGS E 638/106, Vasto an Karl, 7. Juli 1541, mit Nachschrift am 9. Juli (unvollständige Abschrift in Alba, »Correspondencia«, S. 117–119). Der Bote war Pirro Colonna, von Vasto am 5. Juli nach Regensburg geschickt. 5 AGS E 52/359, »Lo que paresce que se deve screvir al marqués del Gasto«, consulta, vorbereitet für Karl von Sekretär Idiáquez, undatiert, aber Mitte Juli 1541, meine Hervorhebung; Alba, »Correspondencia«, S. 93, Karl an Vasto, Regensburg, 19. Juli 1541 (nicht 1542, wie der Text behauptet).

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6 Alba, »Correspondencia«, S. 93–94, Karl an Vasto, 20. Juli 1542 (siehe auch den gleichermaßen vorwurfsvollen Brief, der eine Woche früher geschrieben wurde: ebd., S. 91–93). 7 LCK, II, S. 315–318, Karl an Bonvalot, 23. Juli 1541; NBD, VII, Contarini an Kardinal Farnese, 2. August 1541; Alba, »Correspondencia«, S. 120–121, Karls Auftrag für Charles de Boisot, 23. Juli 1541. Siehe auch Ruble, Le mariage, S. 149–151, Boisot an Maria, 12. August 1541, berichtet von seiner Mission. 8 Alba, »Correspondencia«, S. 94–96, Karl an Vasto, 8. August 1541 (die gedruckte Version datiert den Brief auf 1542, bezieht sich aber auf einen weiteren Brief, der »gestern von Innsbruck« geschickt wurde, und Karl weilte am 6. und 7. August 1541 in Innsbruck; 1542 war er das ganze Jahr über in Spanien). Dieser Brief war ein klarer Beweis dafür, dass der Kaiser den Mord an den Botschaftern vielleicht nicht selbst befohlen hatte, aber sicher die Tat befürwortete und sein Bestes tat, um den Haupttäter zu schützen. Zu Fregosos Rolle als Anführer der exilierten Doria-Gegner von Genua siehe Pacini, La Genova, S. 591–593. 9 Albicante, Trattato del’intrar in Milano; der vierte und letzte Stich zeigt den Triumphbogen. Siehe auch Mitchell, The majesty, S. 175–176; und Venturelli, »L’ingresso trionfale«. Chabod, Storia, S. 412, erwähnt die heftigen Stürme. 10 Catalogue des Actes, IV, S. 198 (Nr. 11914) und 203 (Nr. 11935), Geldanweisungen an Rincón: Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 353–354 und 379–380, Pellicier an d’Armagnac, 9. und 30. Juli 1541; Kaulek, Correspondance, S. 322–323, Franz an Botschafter Marillac, 26. Juli 1541; und LCK, II, S. 324–326, Bonvalot an Karl, 3. August 1541 (der Kanzler sprach vom »droit de la société des hommes«). 11 AGS E 1374/167, Vasto an Lox Cobos, 6. Juli 1541; Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 398–403, Pellicier an Franz, 22. August 1541. 12 Tausserat-Radel, Correspondance, I, S. 439–441, Pellicier an Hauptmann Polin, 6. Oktober 1541; LCK, II, S. 326–327, Karl an Maria, 26. September 1541; Giovio, Opera, I, S. 269–271, Giovio an Kardinal Pio di Carpi, 17. September 1541. 13 Lestocquoy, Correspondance, S. 99–102, Niccolò Ardinghello an Kardinal Farnese, 1. und 3. Dezember 1541; SP, VIII (Teil V, Bd. 3), S. 639–644, Botschafter William Paget an Heinrich VIII., 7. Dezember 1541 (wiederholt, was Franz Ardinghello auf Französisch mitgeteilt hatte, hier übersetzt); Lestocquoy, Correspondance, S. 95–98, Nuntius Capodiferro an Farnese, 27. Dezember 1541. 14 LCK, II, S. 683–684, Maria an Karl und seine Antwort, Juli 1538, und 289–290, Maria an Karl, 10. August, 1538. SP, VIII, S. 307–315, Wotton an Heinrich VIII., 9. und 15. April 1540, und an Cromwell, 27. April 1540, hier viele Einzelheiten zu den Bemühungen des Herzogs von Kleve. 15 Powell, The complete works, I, S. 163–170, 182–201 und 201–212; Wyatt an Heinrich VIII., 12. Dezember 1539, 7. Januar und 3. Februar 1540. 16 SP, VIII, S. 374–376, Pate an den Herzog von Norfolk, 4. Juli 1540; Dumont, Corps, IV/2, S. 196, Vertrag zwischen Frankreich und Kleve, 17. Juli 1540. 17 Dumont, Corps, IV/2, S. 216–217 und 228–230; Verträge zwischen Frankreich und Dänemark, 29. November 1541, sowie Frankreich und Schweden, 1. Juli 1542; SP, VIII, S. 635–644, Paget an Heinrich VIII., 21. November und 7. Dezember 1541 (siehe »Articles agreed upon by certain capitaines of Almayn, entreteined by the French king«, auf S. 640 Anm. 1); Kaulek, Correspondance, S. 327–331 und 347–351, Marillac an Franz, 12. August und 12. Oktober 1541. Franz unterschrieb weitere Vollmachten für Marillac, um die Bedingungen für die Heirat am 10. Februar 1542 endgültig festzulegen: ebd., S. 388. 18 PEG, II, S. 628–631, »Cry de la guerre ouverte«, 12. Juli 1542 (englische Übersetzung in CSPSp, VI/2, S. 62–63; Guiffrey, Cronique, S. 392–396, druckte dasselbe Dokument von einer anderen Abschrift, datiert 10. Juli 1542); Kaulek, Correspondance, S. 431, Anweisungen für L’Aubespine, 8. Juli 1542, beinhaltet die Kriegserklärung. Ein Jahr später berief sich Franz immer noch auf den Mord an seinen Botschaftern, um die Forderung neuer Steuern für seinen Krieg gegen Karl zu rechtfertigen: BL Eg. Ms. 38, Anweisung (mandement) für die Erhöhung der taille in Quercy, 31. August 1543. 19 Williams, »Re-orienting«, S. 21–22; Süleyman an Ferdinand, 12./21. September 1541, und Jerome Laski an Ferdinand, November 1541; Kaulek, Correspondance, S. 340–341, Rustem Pascha an Laski, übermittelt an Franz durch einen Beauftragten in Belgrad, 18. August 1541, und wiederum übermittelt an Botschafter Marillac in England. Zum umfangreichen Nachleben des Mordes an Fregoso und Rincón, der bis in die 1790er-Jahre eine cause célèbre blieb, siehe oben S. 598. 20 Friedensburg, »Aktenstücke«, S. 45–57, Granvelles Positionspapier mit dem Anfang »Affinque l’empereur so puisse mieulx determiner et mander son intencion«, Siena, 28. November 1541. Der Minister hatte offensichtlich Abschriften von Briefen erhalten, die Karls Geschwister an den Kaiser adressiert hatten (z. B. Árpad, »Kiadatlan«, S. 490–493, Ferdinand an Karl, 20. Oktober 1541; und BKK, II, S. 434 und Stich Nr. 6, Granvelles Rat, wie auf Marias Briefe vom 15. Oktober 1541 zu reagieren sei).

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764 Anhänge 21 Árpad, »Kiadatlan«, S. 497–499, Karl an Ferdinand, und BKK, II, S. 430–433, Karl an Maria, beide datiert auf den 29. Dezember 1541. 22 HHStA Belgien PA 32/1/7–10, Karl an Maria, Tordesillas, 26. Januar 1542, ein stark korrigierter Entwurf, zu meisten Teilen eigenhändig (Reinschrift, vielleicht für Maria dechiffriert, in Belgien PA 32/1/11–14). Karl erwähnte den Plan zur Rückeroberung von Geldern, »den ich entwarf, als ich Deutschland verließ«, also im Juli 1541. Schon im November 1539 sagte ein englischer Diplomat voraus, dass Karl, wenn er erst einmal von Spanien in die Niederlande gereist sei, zuerst »die Meuterei gewisser Städte in diesen Gebieten« unterdrücken werde, um dann Geldern und danach die deutschen Protestanten anzugreifen: SP, VIII, 203–205, Stephen Vaughan an Thomas Cromwell, Brüssel, 19. November 1539. 23 Árpad, »Kiadatlan«, S. 514–518, Karl an Ferdinand, 10. [nicht 19.] Mai 1542. 24 HHStA Belgien PA 32/4/332–334v, und BKK, II, S. 323, Karl an Maria, 13. Mai und 10. Juni 1542, beide eigenhändig. 25 HHStA Belgien PA 32/3/242–247v, Maria an Karl, 30. Juni 1542, Notiz, »tout en cyffre forte« geschickt. 26 SP, IX, S. 157–163, Bonner an Heinrich VIII., 9. September 1542; HHStA, Hs. Blau 596/1/38–40v, Karl an Ferdinand, 9. Oktober 1542, Registerabschrift; LCK, II, S. 364–367, M. de Praet an Karl, 24. September 1542. 27 HHStA, Hs. Blau 596/1/44–45, Karl an Ferdinand, 3. November 1542, eigenhändig, Registerabschrift (veröffentlicht mit einigen Irrtümern in Árpad, »Kiadatlan«, S. 537). 28 BL Addl. Ms. 28,S. 706 enthält all die wichtigen Dokumente betreffend den portugiesischen Heiratsvertrag; HHStA Belgien PA 38/2/183–187v, Karl an Maria, 12. April 1543, erwähnt die Vorauszahlung von 150 000 Dukaten aus der Mitgift für seine zukünftige Schwiegertochter, welche Gelder Karl für seine Reise aus Spanien zu verwenden gedachte. 29 Beispiele für die Spionagetätigkeit von Jehan de Hons in CSPSp, VI/1, S. 341–343 und VI/2, S. 8–9, Chapuys an Karl, 16. Juli 1541 und 7. Mai 1542. Zu seiner Identität ebd., VI/2, S. 427, Chapuys an Maria, 5. Juli 1543. Wie David Potter scharfsinnig bemerkte: »Es ist ein Rätsel, woher de Hons die Zeit nahm, so viele chiffrierte Botschaften seines Herrn abzuschreiben« (Potter, Henry VIII, S. 67–68). 30 CSPSp VI/2, S. 236–238, Karl an Chapuys, 23. Januar 1543; Rymer, Foedera, XIV, S. 768–780, Vertrag zwischen Karl und Heinrich »contra Franciscum cum Turcha confoederatum, de guerra indicenda & Franciae invadenda«, 11. Februar 1543 (römischer Kalender). 31 CSPSp VI/2, S. 236–238, Karl an Chapuys, 23. Januar 1543. 32 SP, IX, S. 355–360 und 374–376, Bonner an Heinrich, 15. April und 14. Mai 1543. 33 SP, IX, S. 374–376, Bonner an Heinrich, 14. Mai 1543; Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 149–159, woraus diese und alle anderen Zitate aus den Instruktionen vom 4. und 6. Mai genommen sind. 34 Dass der Kaiser hier von »uns« und »unser« spricht, ist bemerkenswert: Zum vielleicht ersten Mal sieht er sich und seinen Sohn als eine Art Team. 35 Dass diese Warnung gerechtfertigt war, enthüllt Tellechea Idíagoras in Fray Bartolomé, I: Wie das Zeugnis von über fünfzig Höflingen während der Appellationsphase des Prozesses gegen Bartolomé Carranza (1559– 1562) zeigt, gab es Fraktionsbildungen unter Karls Ministern. 36 Der Kaiser benötigte für seine Bewertung von Los Cobos mehr Platz als für jeden anderen. Hinsichtlich der Fehler des Staatssekretärs informierte Karl seinen Sohn: »Ich habe ihn gewarnt, und ich glaube, dass er sich bessern wird.« 37 Antoine Perrenot (1517–1586), nach 1561 Kardinal Granvelle, diente dem Kaiser und seinem Sohn in Deutschland und den Niederlanden bis 1564 und in Italien von da an bis 1579. Danach kehrte er nach Madrid zurück, wo er in den Staatsrat berufen wurde. Karls Voraussage – »Er wird Euch von Nutzen sein« – sollte sich bewahrheiten. 38 Fernando de Valdés y Salas (1488–1568) diente als Präsident der Kanzlei von Valladolid (1535–1539) und des Rates von Kastilien (1539–1546); von 1546 bis zu seinem Tod war er Erzbischof von Sevilla und Großinquisitor. Er hatte Karl 1520/22 nach England, nach Deutschland und in die Niederlande begleitet; siehe Colón de Carvajal, »Don Fernando de Valdes«. Siehe Kap. 15 über seine spätere Zusammenarbeit mit dem Kaiser. 39 Bibliographie nationale de Belgique, III (Brüssel 1872), Sp. 666, Gachards Eintrag zu Karl; SP, IX, S. 355–360, Bonner an Heinrich VIII., 15. April 1543. 40 AGS E 60/193–194, Loaysa (ein Zeitzeuge schon der »Gipfeltreffen« von Papst und Kaiser in Bologna 1530 und 1533) an Karl, 28. September 1543, eigenhändig; AGS PR 16/75, Karls Anweisungen für Juan de Vega, seinen neuen Botschafter beim Papst, 5. Juli 1543, mit einem vollständigen Bericht dessen, was er mit Paul III. in Busseto erörtert hatte. Chabod, Storia, S. 84–87, diskutiert das Angebot des Papstes, Karl Mailand abzukaufen, unter Hinweis darauf, dass der Kaiser gerade 150 000 Dukaten von Herzog Cosimo von Florenz als Gegenleistung für zwei Festungen, die von kaiserlichen Truppen besetzt waren, akzeptiert hatte.

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41 Giovio, Delle Istorie, S. 693 (Buch XLIII; in Busseto im Juni 1543); Gachard, »Notice historique«, S. 45–46, Karl an die Stände von Flandern, 13. Juni 1543 (HHStA Belgien PA 38/3 enthält Notizen von zwölf ähnlichen Briefen. 42 SP, IX, S. 450–452, Nicholas Wotton an Heinrich, Brüssel, 21. Juli 1543, eigenhändig; ASF MdP 4301/104– 110 und 141, Ricasoli an Herzog Cosimo, Speyer, 2. August 1543, und Mainz, 11. August 1543. 43 SP, IX, S. 484–487, Bonner an Heinrich, Köln, 24. August 1543; Gachard, Analectes historiques, I, S. 246–257, Karl an Philipp, 25. September 1543; Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 97. Arfaioli, »A clash of dukes«, hält fest, dass Düren zwar keine Artilleriefestung war, aber seine Befestigungsanlagen teilweise modernisiert worden waren (wie die von Florenz 1529/30 und Metz 1552). 44 Brantôme, Oeuvres, II, S. 4; Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 96; ASF MdP 4301/179, Ricasoli an Herzog Cosimo, aus dem kaiserlichen Lager, 30. August 1543. 45 ASF MdP 4301/182, Ricasoli an Herzog Cosimo, aus dem kaiserlichen Lager, 12. September 1543; PEG, II, S. 669. 46 SP, IX, S. 505–507, Wotton an Heinrich, 9. September 1543 (zitiert Cäsar auf Lateinisch); AA 4/95, Karl an Alba, 27. Oktober 1543, eigenhändig als Nachschrift (Abschrift f. 46). 47 ASF MdP 4301/182–185, Ricasoli an Herzog Cosimo, 12. September 1543; SP, IX, S. 505–507, Wotton an Heinrich, 9. September 1543; PEG, II, S. 678–682, Karls Anweisungen für Baron Chantonnay, seinen Sondergesandten zu Heinrich VIII., um eine gemeinsame anglokaiserliche Invasion Frankreichs »im nächsten Jahr« vorzuschlagen, 12. September 1543. 48 SP, IX, S. 522–525, Sir John Wallop, Befehlshaber der englischen Expeditionsstreitkraft, an Heinrich, 21. Oktober 1543, nachdem er am vorherigen Tag Karl aufgesucht hatte; Gachard, Analectes historiques, II, S. 216–219, Granvelle an Maria, 29. Oktober 1543 (setzt den Bericht von der Rede des Ministers in die erste Person). 49 ASF MdP 4301/280–281, Ricasoli an Herzog Cosimo, 27. Oktober 1543, zitiert den Marchese von Marignano (»batteria era una obstinatione di Sua Maestà«); SP, IX, S. 527–529 und TNA SP 1/182/39–41, Wallop an Paget, 22. und 26. Oktober 1543 (beschreibt sehr detailliert die »artificial boulets«, die, von den Mörsern abgeschossen, »Feuer auf allen Seiten spuckten« (was darauf schließen lässt, dass sie eine neue Erfindung waren); AGS E, 60/193–194, Loaysa an Karl, 9. September 1543, eigenhändig. 50 Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 105–106 (der Vormarsch) und 109 (der Rückzug); Gachard, Trois années, S. 22, Navagero an die Signoria, 2. November 1543; SP, IX, S. 538–542, Wallop an Heinrich, 6. November1543. 51 SP, IX, S. 538–542, Wallop an Heinrich, 6. November 1543; ebd., 543–545, Wallop an Paget, 7. November 1543, mit einer Nachschrift am 10. November; HHStA Hs. Blau 596/1/57, Karl an Ferdinand, 19. November 1543; Gachard, Trois années, S. 23, Navagero an die Signoria, 28. November 1543, mit einem Zusatz, den sein florentischer Kollege belauschte: ASF MdP 4301/357, Ricasoli an Herzog Cosimo, 10. Dezember 1543. Siehe auch Gachard, Analectes historiques, II, S. 34–38, Karl an Maria, 4. und 5. November 1543. 52 Isom-Verhaaren, »Barbarossa«, S. 419, zitiert einen Brief von Barbarossa an Süleyman, 22. März 1544. 53 TNA SP 1/182/157–164, »Articles concluded between the viceroy [Gonzaga] and the king’s highness commissioners for ye invasion of France«, stark korrigierter Entwurf in verschiedenen Handschriften, hauptsächlich aber der von Paget (Teile auf Französisch), undatiert, aber am 4. Januar 1544 an Wallop geschickt; SP, IX, S. 576–581. Siehe auch AGS E 806/79, Chapuys an Prinz Philipp, 18. Januar 1544, der die Bedingungen, auf die man sich geeinigt hatte, zusammenfasst und auf den neuesten Stand bringt. 54 Du Bellay, Mémoires, IV, S. 236; TNA SP 1/187/86–88., Wotton an Heinrich, 7. Mai 1544; Gachard, Trois années, S. 36–37, Navagero und Morosini an die Signoria, 26. April 1544, nach einer Audienz bei Karl. 55 ASF MdP 4301/464, Ricasoli an Herzog Cosimo, 1. März 1544, dechiffriert, zitiert den Nuntius; PEG, III, S. 21–25, Antwort des Reichstags auf den Vorschlag des Kaisers, Speyer, 10. Juni 1544. Zu den Verhandlungen mit Dänemark siehe Bregnsbo, »Carlos V«, S. 494–495. 56 Brandi, »Die Testamente«, S. 96–107, Kodizill, am 21. Juni 1544 durch Zeugen beglaubigt und signiert, sodann versiegelt an Ferdinand gesandt; AGS E 500/73, Karl an Los Cobos, 7. Juli 1544. 57 BNE MR/43/2283, »Descripció de parte de Francia por donde entró el emperador«, 56x107 cm, undatiert, von 1544. 58 ASFMdP 4301/503, Ricasoli an Herzog Cosimo, 14. März 1544; Rozet und Lembey, L’invasion, S. 545–546, Botschafter Hieronymo Feruffino an den Herzog von Ferrara, 7. Juli 1544; ebd., S. 539, Feruffino an den Herzog von Ferrara, 23. Juni 1544; ebd., S. 666–668, Navagero an die Signoria, 22. Juni 1544. Rozet und Lembey, L’invasion, S. 511–743, mit Auszügen aus fast 200 Feldzugsbriefen von Gesandten aus Venedig, Ferrara und Mantua an ihre Regierungen. SP, IX und X enthalten die Briefe des englischen Botschafters.

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766 Anhänge 59 HHStA Belgien PA 40/3293–298, Karl an Maria, 20. Juli 1544. Karl beschloss seinen Feldzug in Cambrai am 23. September, zwei Tage früher als geplant. 60 HHStA Belgien PA 40/3/363–368, Karl an Maria, 31. August 1544; CDCV, IV, S. 522 (»Erinnerungen«). Rozet und Lembey, L’invasion, S. 574–576, Feruffino an Ferrara, 4. September 1544, und 638–648, Camillo Capilupo an die Regenten von Mantua, 19. September 1544; beide enthalten ausgezeichnete Berichte über den Marsch bei Mondschein. 61 Rozet und Lembey, L’invasion, S. 713–715, Navagero an die Signoria, »16 leagues from Paris«, 6. September 1544; ebd., S. 638–648, Capilupo an die Regenten von Mantua, 19. September 1544. 62 TNA SP 1/192/36 Wotton an Paget, 6. September 1544; Guyon, Mémoires, S. 109; Giovio, Opera, I, S. 348– 350, Giovio an Kardinal Farnese, 23. September 1544. Frankreichs militärischer Zusammenbruch 1544 erfolgte fast so schnell und vollständig wie der von 1940, als ein anderer Feind überraschend von Osten her angriff. 63 CDCV, IV, S. 523–524 (»Erinnerungen«); Rozet und Lembey, L’invasion, S. 574–576, Feruffino an Ferrara, 4. September 1544; von Druffel, »Kaiser Karl V.«, S. 266–270, Karls Anweisungen für Perrenot, 7. September 1544. 64 AGS E 64/95, Los Cobos an Karl, 17. September 1544; BMECB Ms. Granvelle III, 166–168, Granvelles Ratschlag, Frieden zu schließen, undatiert, Karl am 14. oder 15. September 1544 übermittelt, ein stark bearbeiteter Entwurf (Text in PEG, III, S. 26–29, ohne die Bearbeitungen zu kennzeichnen). Granvelles Analyse war richtig: Kurz nachdem Heinrichs Truppen Boulogne eingenommen hatten, plante der König auch schon seine Rückkehr nach England. 65 Rozet und Lembey, L’invasion, S. 577–578, Feruffino an Ferrara, 11.-14. September 1544. 66 AGS E 64/95, Los Cobos an Granvelle, 17. September 1544; AGS E 64/197, Loaysa an Karl, 5. Januar 1544; CDCV, II, S. 282–284, Philipp an Karl, 28. September 1544 (eine interessante Wiedergabe der Ansichten von Theologen der Schule von Salamanca, wonach die Sieger die Besiegten nicht vernichten, sondern ihnen Frieden anbieten sollten); CDCV, IV, S. 523–524 (»Erinnerungen«). 67 Dumont, Corps, IV/2, S. 279–287, Vertrag von Crépy, 18. September 1544. 68 Hasenclever, »Die Geheimartikel«, S. 420–422, Text am 19. September 1544 signiert. 69 HHStA Hs. Blau 596/1/69v-72, Karl an Maria, 19. September 1544, Registerabschrift (Teile gedruckt in: von Druffel, »Kaiser Karl V.«, S. 270–271). 70 Giovio, Opera, I, S. 352–354, Brief an einen »Freund«, Rom, 14. Oktober 1544; Zimmermann, Paolo Giovio, S. 197.

12 Offene Rechnungen II: Deutschland und Italien (1545–1548) 1 SP, X, S. 178–187 und 202–207, Hertford, Gardiner und Wotton an Heinrich, 7., 9. und 17. November 1544. 2 SP, X, S. 71–72, Heinrich an Wotton [15.] September 1544 (also kurz vor dem Friedensvertrag geschrieben): Gachard, Trois années, S. 43, Chapuys und Corrières an Karl, 16. September 1544, mit derselben Botschaft. Heinrich irrte sich nur darin, dass, wie er meinte, »die Niederlande, die unzweifelhaft und fraglos als Erbe an die Nachfolger des Kaisers fallen … ohne große Mühe zu kontrollieren sind«, wenn sie an Spanien gebunden blieben. 3 TNA SP 1/194/39–40, Wotton an den Kronrat, 21. Oktober 1544 (beschreibt Idiáquez und seine Mission), CDCV, II, S. 300–301, Philipp an Karl, 14. Dezember 1544 (nicht der 24., wie es ebd., S. 311, heißt). 4 Chabod, »Milan o los Paises Bajos?«, S. 244–251, »Los puntos que se apuntaron por los del consejo de Estado en las dos comunicaciones que se tuvo sobre la alternativa que ofreció Su Magestad«, undatiert, November 1544.Chabod lieferte auch eine brillante Analyse der Debatte, die er im sich wandelnden Kontext der kaiserlichen Großstrategie verortete: ebd., S. 211–244. 5 CDCV, II, 299–311, Philipp an Karl, 14. Dezember 1544 (falsch datiert auf den 24. Dezember). Wie von Karl im Mai 1543 vorausgesagt, schlug sich Los Cobos auf die Seite von Alba, Zuñiga auf die von Tavera: Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 117. 6 PEG, III, S. 67–87. »Ce que l’on doibt considérer sur la déclaration de l’alternative contenue au traité de Crespy« gefolgt von »Discours et arraisonnement des considérations que l’on peult prendre sur l’Alternative«, undatiert, vor dem 17. Februar 1545, als Karl seinen Sohn davon in Kenntnis setzte, dass »las personas mâs principales y aceptas a Nos destos Stados« ihre Präferenz bezüglich der Alternative »dado per scripto« hatten: CDCV, III, S. 336–343, 17. Februar 1545. 7 SP, X, S. 236–237, Wotton an Heinrich VIII., 27. November 1544; AGS E 872/129, Karl an Juan de Vega, undatiert, 17. Februar 1545 (mit Anweisung, den Papst zu unterrichten). 8 Dumont, Corps, IV/2, S. 288, druckt Karls Erklärung. Weitere Einzelheiten bei Gachard, Trois années, S. 68–69 und 71, Navagero an den Dogen, 22. Januar und 27. März 1545; ASF MdP 4302, unfol., Ricasoli an Herzog Cosimo,

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14. und 22. Februar, 1., 6. und 22. März 1545; PEG, III, S. 55–58, Karl an Ferdinand, 1. Februar 1545; CDCV, III, S. 336–343, Karl an Philipp, 17. Februar 1545. Gachard, Voyages, II, S. 306 (Vandenesses Tagebuch), bemerkt, dass der Kaiser zwischen dem 10. Februar und dem 15. März 1545 auch »palo de Indias« einnahm; siehe auch die lebhaften Berichte über Karls Krankheit in ASF MdP 4302, unfol., Ricasoli an Herzog Cosimo, 3. und 23. Januar und 8. Februar 1545 – gerade als der Kaiser mit der Alternative rang. 9 CDCV, IV, S. 527 und 538. Im Sommer 1543 informierte Granvelle den Nuntius, dass Karl die deutschen Lutheraner angreifen werde, sobald er Geldern und Frankreich besiegt habe: NBD, VII, S. 441–444, Poggio an Farnese, 10. Juli 1543. 10 Lenz, Briefwechsel, III, S. 91–96, druckt den Vertrag zwischen Karl und dem Landgrafen, 21. Juni 1541. 11 Close, »City-states«, S. 214–215, Ulm an andere Städte im Bund, 18. Juni 1544. 12 Winckelmann, Politische Correspondenz, III, S. 504–507, Jacob Sturm an Straßburg, Speyer, 18. März 1544, verweist auf den Vorschlag des Kaisers, Braunschweig »in eine dritte Hand« zu geben. RTA XVI, S. 1474–1494, dokumentiert die Versuche des Reichstags, das Problem Braunschweig zu lösen; Brady, Protestant politics, S. 260–272, bietet eine klare und konzise Darstellung des Kriegs mit Braunschweig. 13 Brandenburg, Politische Korrespondenz, I, S. 564–566, Christoph von Carlowitz’ Bericht an Moritz über sein Treffen mit Granvelle, 28. Februar 1543; HHStA Belgien PA 37/1/120–123, Granvelle an Karl, 1. Mai 1543, berichtet über seine Gespräche mit Carlowitz. 14 Maurenbrecher, Karl V., S. 37*–40*, Karl an Philipp, 16. Februar 1546; Gachard, Trois années, S. 83–84, Navagero an den Dogen, 20. Mai 1545. 15 LCK, II, S. 435–445, Anweisungen für Gerhard Veltwyck, 22. Mai 1545; NBD, VIII, S. 170–177, Fabio Mignanello an Kardinal Santa Fiora, 28. Mai 1545, und S. 231–236, der Kardinal von Augsburg an Farnese, 6. Juli 1545. 16 AGS E 641/2, »Relación de los negocios que embía el secretario Idiáquez« an Los Cobos, undatiert, ca. 20. Juni 1545, mit der Aufforderung, das Dokument »nach Lektüre zu verbrennen« (zum Glück für die Historiker ist Los Cobos der Aufforderung nicht nachgekommen: englische Übersetzung in CSPSp, VIII, S. 225–227). NBD, VIII, S. 221–226, Nuntius Verallo an Farnese, 1. Juli 1545, erwähnt, dass Granvelle »mi mostrò una carta con piú di cinquanta capituli, tutti concernenti la impresa«, Gegner der Lutheraner zu sein. Er wollte die Karte mit Karl diskutieren; NBD, VII, S. 685–686, Granvelle an Maria, 8. Juli 1545, berichtet vom Entschluss, die Sache aufzuschieben. RTA, XVII, S. 1201–1375, enthält die religiösen Debatten in Worms, bei denen Ferdinand eine führende Rolle einnahm, bis Karl am 16. Mai eintraf. Danach trat Granvelle als hauptsächlicher Sprecher des Kaisers auf. 17 NBD, VIII, Mignanello und Verallo an Farnese, 9. Juli 1545 (»non per altro che per esser Sua Maestà quanto a Dio sicura in Conscientia«). Gachard, Trois années, S. 98, gibt Einzelheiten zu Karls unwirschem Gespräch mit dem Erzbischof an. 18 CDCV, IV, S. 529–530 (»Erinnerungen«); TNA SP 1/208/38–40, Fray Gabriel de Guzmán an Karl, 20. September 1545, berichtet über seinen Auftrag, Franz zu beruhigen; SP, XI, S. 19–20, Mont an Heinrich VIII., Frankfurt, 17. Januar 1546, übermittelt die Gerüchte über den afrikanischen Feldzug (denen er nicht glaubt). Siehe auch PEG, III, S. 186–204, Granvelles Argumente für die Bewahrung des Friedens trotz des Todes von Orléans. Er bediente sich der Parallele, dass der Vertrag immer noch auf festen Füßen ruhte, selbst »wenn Gott einem Erdbeben erlaubte, eine der zur Rückgabe vorgesehenen Städte zu zerstören«. 19 CSPSp, VIII, S. 229, Los Cobos an Karl, undatiert, 3. September 1545; CDCV, II, S. 418–422, Philipp an Karl, 3. September 1545; BKK II, S. 356–357, Maria an Granvelle, undatierte Notiz, gegen Ende 1545. Marias Rat kann natürlich von den Lutheranern an ihrem Hof und ihrem Kontakt mit Luther selbst (in den 1520er-Jahren) beeinflusst sein. 20 CDCV, II, S. 453–458, Karl an Philipp, 17. März 1546. 21 CDCV, IV, S. 532 (»Erinnerungen«); von Druffel, Briefe, III, S. 1–24, »Protokoll der Verhandlung des Landgrafen Philipp mit Kaiser Karl zu Speier«, 28. und 29. März 1546 (Teile davon ebenfalls gedruckt in RTA, XVII, S. 64–78). 22 Bernays, Urkunden, IV, S. 93 Anm. 1, Sebastian Erb an Heinrich Bullinger, 1. Mai 1546 (Lateinisch, aber in Deutsch für die indirekte Rede); NBD, VIII, S. 623–624, Serristori an Herzog Cosimo von Florenz, 29. März 1546. 23 Brady, Protestant politics, S. 273 und 276; Lenz, Briefwechsel, II, S. 437–446, Landgraf Philipp an Martin Bucer und Jacob Sturm, 15. Mai 1546. 24 CDCV, II, S. 471–474, Karl an Philipp, 20. Mai 1546. Zu Barbara Blomberg vgl. Kap. 14 und 16. 25 HHStA, Hs. Blau 596/1/103–104, Karl an Ferdinand, 18. April 1546. 26 Zu Einzelheiten siehe LCK, II, S. 648–652, Geheimvertrag, unterzeichnet von Karl, Ferdinand und dem Herzog von Bayern, 7. Juni 1546; und Brandenburg, Politische Korrespondenz, II, S. 660–664, Geheimvertrag, unterzeichnet von Karl, Ferdinand und Moritz, 19. Juni 1546.

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768 Anhänge 27 Kannengießer, Karl V, S. 199–201, Karl an Buren, 9. Juni 1546; LCK, II, S. 486–491, Karl an Maria, 9. Juni 1546; SP, XI, S. 219–221, Thirlby an Paget, Regensburg, 15. Juni 1546; AGS CMC 1a/1455, Berichte von García Portillo, Patente in Regensburg unterzeichnet, 21. Juni 1546. 28 SP, XI, S. 223–227, Mason an Paget, 25. Juni 1546, berichtet von einem Treffen mit Friedrich in Heidelberg. Zu Masons Dienst am Kaiserhof siehe ODNB, s. v. 29 Brandi, Kaiser Karl V., S. 451; CDCV, IV, S. 531, Anm. 144. 30 CDCV, II, S. 336–343, und Maurenbrecher, Karl V, S. 37*–40*, Karl an Philipp, 17. Februar 1545 und 16. Februar 1546 (drei Briefe). Ein Beispiel für Planung im Voraus in CSPSp, VIII, S. 183–184, Juan de Vega an Philipp, Rom, 20. Juli 1545. 31 Zu den fehlgeschlagenen Verhandlungen auf dem Reichstag zu Regensburg 1546 siehe die Dokumente in RTA, XVII, S. 433–489. Siehe auch die kompromisslose Begründung für den Krieg, die Karl von seinem Beichtvater Pedro de Soto im Februar 1546 übermittelt wurde; gedruckt in Maurenbrecher, Karl V, S. 29*–32*; englische Übersetzung in CSPSp, VIII, S. 353–356. 32 TNA SP 1/123/100–103, Vaughan an den Kronrat, Antwerpen, 12. August 1546; Firpo, Relazioni, II, S. 605, Bericht von Mocenigo, 1548. Mariotte, »Charles Quint«, S. 379, nannte die Entscheidung des Kaisers, die Feindseligkeiten zu eröffnen, noch bevor er seine Streitkräfte zusammengezogen hatte, »un coup de poker«. RTA, XVII, S. 484–489, druckt die Briefe der Mitglieder des Bundes, die ihre Prokuratoren vom Reichstag zurückriefen; Brady, Protestant politics, S. 299, verzeichnet die Mitglieder des Bundes, die 1546 mobilmachten, und ebenso ihren Beitrag zum Krieg. 33 Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 10v. 34 Firpo, Relazioni, II, S. 610, Bericht von Mocenigo, detailliert zu der fatalen Kommandostruktur des Bundesheers. Ein für Karl im Mai oder Anfang Juni ausgearbeiteter Feldzugsplan schätzte die dezentrale Kommandostruktur des Bundes als größten Vorteil des Kaisers am Vorabend des Krieges ein: Friedensburg, »Am Vorabend«, S. 142–143. 35 NBD, IX, S. 158–166, Verallo an Kardinal Farnese, 30./31. Juli 1546; BL Addl. Ms. 28,595/42–44, Karl an Juan de Vega, 31. Juli 1546. 36 CDCV, II, S. 489–492, Karl an Philipp, 10. August 1546; AGS E 73/239, Karl an Los Cobos, 11. August 1546, dechiffrierter eigenhändiger Brief. 37 Núñez Alba, Diálogos, S. 48 (Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 13, liefert eine vergleichbare Darstellung). RTA, XVII, S. 567–574, druckt den »Absagebrief«, datiert vom 11. August 1547, der von acht Fürsten und den Vertretern von fünf Städten unterschrieben ist; Sleidan, De statu, S. 533 (Buch XVII) berichtet das Zögern des Kurfürsten, Karl als »Kaiser« anzureden; HHStA Hs. Blau 596/1/104–106, Karl an Ferdinand, 17. August 1546 (Teilabdruck in: von Druffel, Briefe, I, S. 14–15), berichtet, dass die Erklärung »sur ung baston fendu« ankam, »qu’est la forme de défiance que l’on a accoustumé user en Allemaigne«, bekannt als Fehdebrief. Spanische Quellen sprechen von »desafio«. 38 Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 13 (vergleichbare Darstellung in Núñez Alba, Diálogos, S. 48). RTA, XVII, S. 552–562, druckt das Edikt, datiert vom 20. Juli 1546, veröffentlicht aber erst am 14. August. Von Druffel, Des Viglius van Zwichem Tagebuch, S. 54, berichtet: »Advenit Italicus exercitus« am 13. August, und »Litterae ab lantgravio cum trompeta, quibus renunciabant jus vasallagii et fidelitatis« am 14. August. 39 Greppi, »Extraits«, S. 123–124, Stroppiana an den Herzog von Savoyen, 6. September 1546; Turba, Venetianische Depeschen, I, S. 662–663, Mocenigo an den Dogen, 1. September 1546. Núñez Alba, Diálogos, S. 72–78, verwies ebenfalls auf die Bastionen und »cavaliers«, die zur Verteidigung des Lagers errichtet waren. Auch die lutheranischen Befehlshaber bemerkten, wie der Kaiser Tag und Nacht sein Lager befestigte (»hat kaiser sich anfahen erst recht verschantzenn, bei tag und nacht«): Schertlin von Burtenbach, Leben, S. 46. Siehe die Karte der Belagerung in Schüz, Der Donaufeldzug, S. 39. 40 Greppi, »Extraits«, S. 125–131, Stroppiana an den Herzog von Savoyen, 6. September 1546; Mugnier, »Les faictz«, S. 279–280; 21; Núñez Alba, Diálogos, S. 60. 41 HHStA Hs. Blau 596/1/106–107v und 108v–109v, Karl an Ferdinand, 2. und 19. September 1546, Nachschriften als eigenhändige Briefe (teilweise veröffentlicht in: von Druffel, Beiträge, I, S. 19 und 21). Auch andere warfen Karl vor, sein Leben zu riskieren, wo doch »von seiner Person allein das Schicksal der Christenheit abhängt«: Greppi, »Extraits«, S. 127, Stroppiana an den Herzog von Savoyen, 6. September 1546. Selbst Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 31v, bezweifelte, dass es weise sei, wenn der Kaiser »se ponga en estos peligros como vn capitan o soldado particular«. 42 NBD, IX, S. 226 Anm. 4, Serristori an Herzog Cosimo, 4. September 1546 (Motive der Lutheraner für den Rückzug); Schertlin von Burtenbach, Leben, S. 46; Möllenberg, »Die Verhandlung«, S. 49–50, und Duller, Neue Beiträge, S. 60–61, Philipp von Hessen an seine Frau Margareta, 11. und 21. September 1546, beide eigenhändig.

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43 Mogen, Historia, S. 291–292 § 89 (aus dem Tagebuch des landgräflichen Sekretärs); Turba, Venetianische Depeschen, I, S. 673–677 und II, S. 66–67, Mocenigo an den Dogen, 7./8. September und 24. Oktober 1546 (die Beleidigungen des Landgrafen wurden von einem im protestantischen Lager festgehaltenen Diplomaten berichtet). 44 Kannengießer, Karl V., S. 207–209, Buren an Karl, Roermond, 24. Juli 1546 (Kannengießer bietet eine ausgezeichnete Darstellung dieser Operation, dazu Transkriptionen von Karls Korrespondenz mit Buren). SP, XI, S. 256–259, Carne an Paget, 27. August und 14. September 1546, gibt einen lebendigen Bericht davon, wie Buren mit seinem Heer den Rhein durchquerte; ebd., S. 299–300, Wotton an Paget, 17. September 1546, schätzt die Risiken ein. 45 Busto, Geschichte, S. 112; CDCV, IV, S. 550 (»Erinnerungen«). Zur wechselnden Stärke der beiden Heere siehe die Zahlen in Schüz, Der Donaufeldzug, S. 88–94. 46 Brandenburg, Politische Korrespondenz, II, S. 872–877. Verteidigungs- und Angriffsbündnis zwischen Ferdinand und Moritz, Prag, 14. Oktober 1546; Hortleder, Der Römischen Keyser, II, S. 506–508, »Abschiedt zu Giengen gemacht, den 16 Novembris 1546«, betreffend »Abzug und Winterlager« des Bundesheers. 47 Bernays, Urkunden, IV/1, S. 494–497, Sturm an den Landgrafen, 21. November 1546, und des Landgrafen Antwort am nächsten Tag, mit handschriftlichen Korrekturen. Zum Feldzug siehe Schüz, Der Donaufeldzug. Die Darstellung beruht auf persönlicher Erkundung des Terrains wie auch auf gedruckten Quellen nebst sieben Karten; ferner Crouzet, Charles Quint, Kap. 15. 48 SP, XI, S. 350–351, Thirlby an Paget, Dillingen, 21. November 1546. 49 Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 35–36; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 10–14 und 19–22, Mocenigo an den Dogen, 22. und 27. September 1546 (zitiert Karls Leibarzt, Cornelis van Baerdorp); Mugnier, »Les Faitcz«, S. 290–291 (Eintrag vom 4. Oktober 1546). 50 Núñez Alba, Diálogos, S. 173–174. Soly, Charles, S. 305, dort ist ein Gemälde von Matthias Gerung von 1551 abgebildet, das Karl zeigt, wie er die fünf Jahre zuvor erfolgte Unterwerfung von Lauingen entgegennahm. 51 Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 61v-62v; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 125–126, Mocenigo an den Dogen, 19. Dezember 1546; von Druffel, Briefe I, S. 26–28, Karl an Maria, 23. November 1546. Zu Karls früheren Unterhandlungen mit Kurfürst (ehemals Pfalzgraf) Friedrich siehe Kap. 2, 3 und 4. 52 Dumont, Corps, IV/2, S. 326–327, Vertrag zwischen Karl und Herzog Ulrich, 3. Januar 1547; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 151–152 und 156–160, Mocenigo an den Dogen, 29. Januar und 2. Februar 1546. 53 LCK, II, S. 524–527, Karl an Ferdinand, 9. Januar 1547 (Abschrift in HHStA, Hs. Blau 596/1/117–119v). Vier Jahre später enthüllte Maximilian einem venezianischen Diplomaten indiskreterweise, wie sehr Ferdinand es seinem Bruder übelgenommen hatte, dass er ihm Württemberg vorenthielt: Friedensburg, »Karl V.«, S. 72–81, Giovanni Michele an den Rat der Zehn, Dezember 1551. 54 LCK, II, S. 529–531, Karl an Ferdinand, 2. Februar 1547 (Abschrift in HHStA, Hs. Blau 596/1/126–127v); von Druffel, Briefe, I, S. 39–46, Karl an St. Mauris, 19. Januar 1547; LCK, II, S. 539–541, Karl an Ferdinand, 19. Februar 1547 (Abschrift in HHStA, Hs. Blau 596/1/131–133v). Siehe auch LCK, II, S. 34–37, Maria an Karl, 10. Januar 1547, warnt vor einem Überraschungsangriff der Franzosen »wie 1542«. Glagau, »Landgraf Philipp«, S. 37–44, dokumentiert die Verhandlungen zwischen Frankreich und Hessen. 55 Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 85. Crouzet, Charles Quint, Kap. 16, bietet den besten modernen Bericht über den Feldzug. 56 Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 234–242, Mocenigo und Lorenzo Contarini an den Dogen, 25. und 26. April 1548. 57 ASP CF 510/1, »Avvisi mandati da Mr. Valerio Amano«, 25. April 1547; Mugnier, »Les Faictz«, S. 341–342; Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 90v; Núñez Alba, Diálogos, S. 210. Siehe auch die Beschreibung dieses Vorfalls in Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 242–243, Mocenigo und Contarini an den Dogen, 27. April 1547. Sastrow, Herkommen, II, S. 16, schreibt den schicksalsschwangeren Satz Ferdinand zu, aber Sastrow selbst war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im kaiserlichen Lager angekommen; andererseits kennen wir nur von ihm die Begrüßungsworte des Kurfürsten: »Allergnedigster Keyser und Herr«. Crouzet, Charles Quint, Kap. 18, bietet eine gute moderne Darstellung von Karls Triumph an der Elbe. 58 Kohler, Quellen, S. 373–375, veröffentlicht die Debatte im Kronrat; Dumont, Corps IV/2, S. 332, druckt das Todesurteil, das Karl über Johann Friedrich verhängte, 10. Mai 1547. Siehe auch von Druffel, Briefe, I, S. 58, Perrenot an Maria, »aus dem Feld des Sieges an der Elbe«, 25. April 1547: »Soweit ich weiß, will Seine Majestät jetzt Johann Friedrich den Kopf abschneiden.« 59 TNA SP 1/226/152, Christopher Mont an Walter Bucler, 24. November 1546; Sastrow, Herkommen, II, S. 22. Junghans, »Kaiser Karl«, S. 102, zitiert den Wortwechsel, der zuerst 1707 von Johann Georg Neumann, einem Theologieprofessor zu Wittenberg, zusammen mit anderen Quellen (aber nicht den Zeugnissen von Mont und

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770 Anhänge Sastrow) gedruckt wurde. Junghans schloss, dass wir die mündliche Überlieferung zu dem Vorfall akzeptieren können. Ein berühmtes Gemälde des Ereignisses, geschaffen 1845 von Adolf Friedrich Teichs, hängt in der Lutherhalle in Wittenberg. Siehe ebd., S. 34–35 zu einem weiteren Schnappschuss eines gütigen Kaisers, während er die Kapitulation von Wittenberg erwartet. 60 Benavent Benavent und Bertomeu Masiá, El secuestro, S. 41–47, »Articulos acordados con el prisonero Juan Federico de Saxonis debaxo de los quales es emperador a moderado la pena que avía meresçido por aver sido rebelde«, Halle, 19. Mai 1547. 61 Petritsch, »Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag«, S. 68–70, druckt den Text des in Istanbul am 19. Juni 1547 geschlossenen Abkommens, das von Karl am 1. August 1547 ratifiziert wurde; Pánek, »Emperador«, S. 143–148, deckt die böhmische Dimension des Schmalkaldischen Kriegs ab. 62 Glagau, »Landgraf Philipp«, S. 42. Philipp an Moritz von Sachsen, 30. April 1547; von Rommel, Philipp, III, S. 231–232, Philipp an den Regentschaftsrat, 28. Mai 1547. 63 Von Rommel, Philipp, III, S. 248–253, druckt die auf den 19. Juni 1547 datierten Kapitulationsbedingungen. An diesem Tag wurden sie von Philipp unterzeichnet, aber fast sicher bereits am 3. oder 4. Juni ausgearbeitet. Siehe auch einen spanischen Text in Benavent Benavent und Bertomeu Masiá, El secuestro, S. 50–52, »Capitulación dada al Landgrave de Hessen sobre su libertad, sumisión y perdón«. 64 Preuschen, »Ein gleichzeitiger Bericht«, S. 148 (ein an den Kurfürsten von Mainz geschickter anonymer Bericht, in dem es heißt, Philipp habe »mit den Churfürsten etwas geredt vnnd gelechelt«); Sastrow, Herkommen, II, S. 29–30, behauptet, dass der Landgraf »lachede gar schimpfflich« und dass der Kaiser ihm drohte, er werde ihn lehren zu lachen. Siehe auch die Berichte in NBD, X, S. 24–27, Nuntius Verallo an Kardinal Farnese, 20. Juni 1547; und LCK, II, S. 585–595, Perrenot an Maria, 20. und 21. Juni 1547. 65 LCK, II, S. 585–595, Perrenot an Maria, 20. und 21. Juni 1547, und »Touchant de prinse du landtgraue« (spanische Übersetzung in Benavent Benavent und Bertomeu Masiá, El secuestro, S. 52ff.); Brandenburg, Politische Korrespondenz, III, S. 443–445, Moritz’ Anweisungen an seine Gesandten, die zu Ferdinand abgingen, 21. Juni 1547. 66 Stumpf, Baierns politische Geschichte, I, Tl. 2, S. 287 Anm., Selds Bericht »ubers Fursten von Baiern Tafel« von Perrenots List beim Treffen mit den Kurfürsten im Juni 1548 (korrektes Datum von Mariotte, »Charles-Quint«, S. 401). Von Rommel, Philipp, III, S. 235–236, druckt beide Varianten – »einiger« und »ewiger« – in seiner Ausgabe des Textes über die Unterwerfung des Landgrafen. Die Täuschung wurde 1552 in Rabelais, Les cinq livres, Buch IV, am Ende von Kap. 17 erwähnt: Pantagruel segelte vorbei an »les isles aussi de Enig et Euig, des quelles par avant estoit advenue l’estafillade au Langrauff d’Esse« (die zwei Wörter im Original in gebrochener Schrift, veröffentlicht während der Landgraf im Gefängnis war). Roger Ascham berichtete dieselbe Geschichte im Juli 1553: Giles, The whole works, III, S. 51–52. Issleib, Aufsätze, S. 258–264, bietet eine ausgezeichnete Analyse der Frage, ob Karl tatsächlich vorhatte, zu täuschen. 67 HHStA Hs. Blau 596/1/144v-45, Karl an Ferdinand, Halle, 15. Juni 1547, Registerabschrift (Teilabdruck in Issleib, Aufsätze, S. 458 Anm. 88, und in: von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 427–428); HHStA Hs. Blau 597/2/251v253, Ferdinand an Karl, 17. Juni 1547, mit der interessanten Beobachtung, dass es zu gefährlich sei, Johann Friedrich in Deutschland zu behalten, weshalb er unter spanischer Bewachung nach Tirol und von dort nach Spanien verbracht werden sollte (Teilabdruck in Issleib, Aufsätze, S. 460 Anm. 89, und von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 428–429). 68 HHStA Hs. Blau 596/1/148v-151, Karl an Ferdinand, 28. Juni 1547, Registerabschrift. (Siehe auch die stark korrigierte Notiz in HHStA Belgien PA 5/2/70–75, die zeigt, mit welcher Sorgfalt Karl seinen Berichtsentwurf abfasste. Teilabgedruckt in von Druffel, Briefe, I, S. 63–68, und in: von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 429–433, allerdings mit einigen Transkriptionsfehlern und dem falschen Datum.) 69 HHStA Hs. Blau 597/2/254v-255v, Ferdinand an Karl, 14. Juli 1547 (Teilabdruck in: von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 433–434); Sastrow, Herkommen, II, S. 48. 70 Sastrow, Herkommen, II, S. 31. 71 Tracy, Emperor, S. 223–228; AGS CMC 1a/1189, Berichte von Alonso de Baeza, und CMC 1a/1491, Berichte von García Portillo. Mehrere schwere Kanonen, gegossen vor 1546 von Gregor Löffler (Augsburg), segelten 1588 mit der Armada; siehe Kap. 17. 72 Busto, Geschichte, S. 185 (Ávila y Zúñiga, Comentario, S. 92, berichtet dieselbe Anekdote). Truppenaufstellungen aus NBD, X, S. 377–380, Santa Croce an Farnese, 15. Juni 1548. 73 LCK, II, S. 599–602, Perrenot an Maria, 11. Juli 1547. 74 Rabe, Reichsbund, ist immer noch die klassische Studie zum »geharnischten Reichstag« von 1547/48, aber siehe auch Press, »Die Bundespläne«, S. 71–85. RTA, XVIII, veröffentlichte die relevanten Dokumente, einschließ-

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lich der 108 Artikel des Reichsabschieds vom 30. Juni 1548 (S. 2651–2694). Mehr zur Schaffung des burgundischen Reichskreises in Kap. 14. 75 Gachard, Voyages II, S. 349–371, druckt Vandenesses Tagebuch aus dem Zeitraum vom 1. September 1547 bis zum 30. Juni 1548, siehe die relevanten chronologischen Einträge. Rabe, Reichsbund, S. 197, bemerkt, dass Maximilian am 1. September 1547 bei der feierlichen Eröffnung des Reichstags in der Residenz der Fugger den Vorsitz führte, obwohl Karl anwesend war. 76 NBD, X, S. 76–79, Nuntius Verallo an Kardinal Farnese, 11./12. August 1547; ebd., S. 185–189, Mignanelli an Farnese, 4. November 1547; ASF MdP 3101a/1085, Francesco di Paolo Vinta an Herzog Cosimo, 2. April 1548; von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 370–371, »Sommaire de l’Ambassade de feu monsieur de Vienne vers l’empereur Charles V, en l’année 1550«. Karl nahm eine deutsche Sauna mit nach Yuste, siehe Kap. 16. 77 AGS E 644/77, Karl an Diego de Mendoza, 11. Februar 1547. 78 AGS E 643/32, Karl an Francisco de Toledo, 11. April 1547. Zu Philipps II. Verwendung derselben Formel siehe FBD, Kap. 5. 79 LWS, LIV, S. 208, in Wider das Babstum zu Rom vom Teuffel gestifft (Wittenberg 1545); AGS E 644/99, Granvelle an Mendoza, 29. August 1547. 80 Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 212–217 und 221–230, zeigt, wie sehr Piacenza das Schicksal des Generalkonzils wie auch die Beziehungen zwischen Heiligem Stuhl und Kaiser bis zum Tod von Paul III. bestimmte. 81 Rein, »Faith and empire«, S. 51, übersetzt aus dem Interim, und 54. Meine Zusammenfassung des Interims verdankt Reins Analyse viel. RTA, XVIII, 1910–1948, druckt den lateinischen Text des Dokuments, dessen vollständiger Titel vielsagend ist: Der Römischen Keyserlichen Maiestat Erklärung, wie es der Religion halbe, imm heyligen Reich, biss zü Ausstrag dess gemeynen Concilii gehalten warden soll, auff dem Reichsstag zü Augspurg, den XV Maij im M.D.XLVIII Jar publiciert und eröffnet und von gemeynen Stenden angenommen. Interessanterweise behielt Philipp II. bis zu seinem Tod die von Maria geerbte Abschrift des Interims in seinem Schreibtisch. Sie befindet sich jetzt in der Bibliothek San Lorenzo de El Escorial 102-III-43. 82 NBD, X, S. 327–333, Nuntius Sfondrato an Kardinal Farnese, Augsburg, 16. Mai 1548. In einem Brief an Maria, geschrieben am selben Tag, äußerte Perrenot sich freimütiger: »Da der Papst nicht das getan hatte, was er hätte tun sollen, blieben wir beharrlich« (ebd., S. 329 Anm. 1). 83 NBD, XI, S. 15–18, Bertano an Farnese, Augsburg, 2. August 1548 (die Audienz hatte am Morgen stattgefunden). 84 Sastrow, Herkommen, II, S. 335–346, die Sichtweise eines Augenzeugen. NBD, XI, 29–32, Bertano an Farnese, 10. August 1548, bestätigt die harte Behandlung Johann Friedrichs. 85 Naujoks, Kaiser Karl, S. 57–58 (Augsburg); Dobras, »Karl V«, S. 215–221 (Konstanz). 86 Naujoks, Kaiser Karl, S. 61–64 (Ulm); Sastrow, Herkommen, II, S. 345–347 (der Autor bereiste dieselbe Route wie Karl ein paar Tage später). Siehe Naujoks, Kaiser Karl, S. xxii und 169–199, zu den 25 Städten, deren Verfassungen Karl neu ordnete. 87 Fürstenwerth, Verfassungsänderungen, S. 101, 34; Reinhard, »Governi stretti«, S. 160; von Druffel, Briefe, I, S. 180–182, Karl an Ferdinand, 10. Dezember 1548. Der Umgang mit Gent versetzte einige deutsche Städte in Alarmbereitschaft: Die Magistrate von Straßburg beschlossen 1540, »sich das Beispiel von Gent zu Herzen zu nehmen. Wir sollten in jeder Hinsicht vorsichtiger sein« (zitiert nach Brady, Protestant politics, S. 354). 88 Cavalcanti, Trattati, S. 231, aus einem Traktat für Heinrich II. von Frankreich, verfasst 1552, aber erst 1571 gedruckt (der Schlüsselbegriff darin lautete »governi stretti i tirannici«). 89 Einzelheiten in Hewlett, »Fortune’s fool«. Burlamacchi galt später als heldenhafter Vorkämpfer der italienischen Einheit, siehe Carlo Minutoli, Il primo martire dell’unità italiana (1844), und die Statue, die 1863 in Lucca ihm zu Ehren aufgestellt wurde. 90 Levin, »A failure of intelligence«, S. 20; Pacini, La Genova, S. 595 (Fieschis Studium von Machiavellis Fürst). 91 Ha-Kohen, Sefer divre ha-yamin, II, S. 421–432; Spinola, »Documenti«, S. 30–32, Figueroa an Prinz Philipp, 6. Januar 1547. Auch Fieschi sollte später wie Burlamacchi als Vorkämpfer der italienischen Einheit gesehen werden, siehe die Einleitung von Kardinal de Retz zur Neuausgabe eines Werks über ihn, La congiura (1655/1990). 92 Castaldo, Historia di Napoli, S. 113. Hernando Sánchez, Castilla, S. 311–312, zeigt, dass die Inquisition ihre Tätigkeit aufnahm, als der Vizekönig seinen Bruder, einen hohen Inquisitor in Rom, um die Beschaffung eines päpstliches Breves bat – und nicht, wie Sandoval und andere Historiker behaupteten, aufgrund eines Gesuchs von Karl. 93 Vigo, Uno stato nell’ impero, S. 14, zitiert Guicciardini (»dove non ci fusse principe che potesse dare le leggi agli altri”).

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772 Anhänge 94 Siehe Pacini, La Genova, S. 596–597, über Fieschis Opposition gegen Karl und Doria 1536 und seine Begnadigung 1541; und S. 603–604, Figueroa an Karl, 7. Dezember 1545 und 7. Mai 1546. 95 Spinola, »Documenti«, S. 11–13, Gonzaga an Karl, 2. Januar 1547. 96 Spinola, »Documenti«, S. 40–44, Gonzaga an Karl, 9. Januar 1547; ebd., S. 47–48 und 55–57, Karl an Figueroa, 10. und 14. Januar 1547; AGS PR 45/71, Gonzageas Anweisungen für Juan Gallego, seinen Emissär an Prinz Philipp, über »hazer una fortaleza en la ciudad [Genua]«, S. 1548. 97 Spinola, »Documenti«, S. 57–60, Karl an Gonzaga, 14. Januar 1547. 98 Ebd., S. 64–65, Juan de la Vega an Karl, 17. Januar 1547; ebd., S. 121–123, Karl an Gonzaga, 11. Februar 1547. 99 Bertomeu Masiá, La Guerra secreta, S. 458–459, Gonzaga an Karl, 13. Juni 1547; Podestà, Dal delitto, S. 90 Anm. 34, Karl an Gonzaga, 28. Juni 1547. Podestà, Dal delitto, S. 166–173, zeigt, dass die tatsächliche Arbeit an der Zitadelle erst im August 1547 begann, als Geld für das Projekt aus Rom eintraf. Podestà hält Gonzagas Besorgnis für voreilig. Allerdings war der Statthalter in Mailand und hatte keinen Zugang zu den Finanzunterlagen, die Podestà heranzog. Stattdessen verließ sich Gonzaga ebenso wie Karl auf das Hörensagen – und was er hörte, beunruhigte ihn stark. 100 AGS E 1193/31, Gonzaga an Karl, 12. Oktober 1547; Bertomeu Masiá, La guerra secreta, S. 459–461, Gonzaga an Karl, 10. und 23. Juli 1547; Podestà, Dal delitto, S. 101, Karl an Gonzaga, 24. Juli 1547. Die Furcht der Verschwörer vor Rache war begründet: Agenten von Farnese brachten schon bald zwei von ihnen um, und die übrigen lebten in ständiger Furcht vor ebensolchem Schicksal. 101 AGS E 1465/248, Gonzaga an Karl, Piacenza, 12. September 1547, beschreibt die Einnahme der Stadt, als ob Karl nichts davon wüsste; AGS E 1193/31, Gonzaga an Karl, 12. Oktober 1547, verkündet seinen Plan, Strozzi zu »amazzare«, »valendome dei ministri del duca de Fiorenza«; Brizio, »The country«, S. 55, über die Zitadelle von Siena. 102 Zu den diversen 1548 von Gonzaga arrangierten Justizmorden siehe dall’Aglio, The duke’s assassin. 103 CDCV, FII, S. 659–662, Karl an Philipp, 2. September 1548; von Druffel, Briefe, I, S. 170–171, Ferdinand an Karl, 15. Oktober 1548 (Moritz »a la teste chaulde«). Karl rühmte sich später, »dejando en tres fortalezas del Estado de Württemberg 2000 españoles de presidio«: CDCV, IV, S. 567 (»Erinnerungen«). 104 Calvete de Estrella, Rebelión, I, S. 101–102.

13 Die Zähmung Amerikas 1 Wenn Karl und seine Zeitgenossen auf die Neue Welt Bezug nahmen, verwendeten sie normalerweise den von Columbus eingeführten Begriff »las Indias«. In diesem Buch benutze ich für gewöhnlich »Amerika«, wobei es Ausnahmen gibt wie etwa den »Indienrat« (Consejo Real y Supremo de las Indias), das Ratsgremium für die amerikanischen Angelegenheiten der Krone. 2 Gómara, Hispania Victrix, Widmung. Karl war nicht beeindruckt, sondern befahl, das Buch zu verbieten; siehe dazu Kap. 14. Brading, The first America, S. 44–50, bietet eine ausgezeichnete Analyse des Werks und seiner Rezeption. 3 Konetzke, Colección, I, S. 216–220, aus den Neuen Gesetzen, 20. November 1542. Zu den Bevölkerungszahlen, ob Europäer oder Indigene betreffend, im frühen 16. Jahrhundert in Amerika gibt es höchst unterschiedliche Schätzungen. Ich halte mich an die Angaben bei Newson, »The demographic impact«, und Boyd-Bowman, »Patterns«, sowie in den dort zitierten Quellen. 4 Zahlen aus Sembolini Capitani, La construcción, S. 71, 185–186 und 314, berechnet nach Angaben in den Libros de gobierno, die von den ersten Vizekönigen geführt wurden (Einzelheiten siehe oben, S. 684–685). 5 Pietschmann, Alemania, S. 109; ders., »Carlos V y la formación«, S. 469; ders., »Carlos V y América«, S. 265. 6 Cedillo, El cardinal Cisneros, II, S. 268, Karl an Cisneros, 28. Juni 1516; AGNM Mercedes IV/331v-332-v, Befehl von Vizekönig Velasco, Mexiko, 10. April 1556, zitiert eine Anordnung von Prinzessin Johanna, der Regentin von Kastilien. 4. September 1555. 7 Giménez Fernández, Las Casas, II, S. 77, Karl an die Casa de la Contratación, 25. Februar 1518; SLID, III, S. 234–236 (»Retiro, estancia y muerte«). Siehe auch ebd., S. 235 Anm. 183, Quijada an Vázquez de Molina, 12. November 1556, der Karls Lob der Tagesdecken und seinen Wunsch nach mehr davon weitergibt. 8 AGI IG 419/7/78, Erlass an Laurent de Gorrevod, Saragossa, 18. August 1518; AGI IG 420/8/37–38, Erlass an Adam de Vivaldo, Tomás de Forne »und Kompagnons«, 24. Januar 1519. Karl gewährte einigen anderen ebenfalls die Berechtigung zum Import von Sklaven: z. B. AGI IG 419/7/110, Lizenz für den Marqués (Markgrafen) von Astorga, Saragossa, 24. September 1518, wodurch er die Erlaubnis zum Transport von 400 Sklaven erhielt, hundert davon während der Gültigkeitsdauer von Gorrevods Monopol, die übrigen danach.

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9 AGI IG 421/12/296–297, Vertrag mit Enrique Ehinger und Jerónimo Sayler, Burgos, 12. Februar 1528; AGI Justicia 1169/4/2, ein Fall, der vom Fiskalprokurator des Indienrats gegen Übertreter des Welser-Monopols vorgebracht wurde, Februar 1530 – August 1533. Zahlen aus http://www.slavevoyages.org/assessment/estimates. 10 Las Casas, Historia, IV, S. 368; Giménez Fernández, Las Casas, II, S. 90–91, königlicher Erlass vom 13. Januar 1518. Ebd., II, S. 57–60, erörtert dieses Dokument, das in «pleno Consilio Indiarum a XI de Diziembre de DXVII años« Gegenstand der Beratung war (also in einer Sitzung, bei der Giménez Fernández zufolge Karl den Vorsitz führte). 11 Las Casas, Historia, IV, S. 377 (Las Casas behauptete, im Zimmer des Kanzlers gewesen zu sein, als Magellan mit dem Globus hereinkam). Karl hatte offensichtlich die Vorteile eines Globus erkannt, als die überlebenden Erdumsegler zurückkehrten. Da schickte er seinem Bruder nämlich »una palla, dove è pinto tutto el ditto viaggio« (Morsolin, »Francesco Chiericati«, S. 231, Chiericati an Isabella d’Este, Nürnberg, 10. Januar 1523); und im nächsten Jahr nahmen seine Unterhändler bei der Junta de Badajoz zu den Verhandlungen mit Portugal über den Gegenmeridian gleich zwei Globen mit: Brendecke, Imperio, S. 164–169. 12 Fernández de Navarrete, Colección, IV, S. 116–121, »Capitulación y asiento” zwischen Karl und Magellan, 22. März 1518, Abschrift. Für die Präzedenzfälle aus Kastilien siehe Owens, By my absolute royal authority«, Kap. 2. Für das erste Beispiel, das Amerika einbegreift, siehe Nader, The Book, S. 265–267, die Katholischen Könige an Kolumbus, 23. April 1497. 13 AGI Patronato 34 ramo 2, Magellan an Karl, Sevilla, 24. Oktober 1518, eigenhändig (gedruckt in Fernández de Navarrete, Colección, IV, S. 124–127, aber ohne den bedeutsamen Zusatz: »Recibida y proveydo en vj de noviembre«). Wäre Magellan erst im Jahr darauf eingetroffen, als für Karl und seine Minister die Finanzierung der Reise nach Deutschland höchste Priorität besaß, hätte sein Gesuch um finanzielle Unterstützung wahrscheinlich kein Gehör gefunden. 14 CODOIN … América, XXII, S. 38–46, Vertrag mit Velázquez, 13. November 1518. Martínez, Hernán Cortés, S. 131–141, bewertet die widersprüchlichen Angaben über die Größe von Cortés’ Expedition. Ob er aber nun zwölf Schiffe befehligte oder nur elf – die Größenordnung war in jedem Fall eine andere als bei den beiden vorherigen Expeditionen, die von Velázquez ausgesandt worden waren und nur aus drei oder vier Schiffen bestanden hatten. 15 Cortés, Cartas, S. 65, »Carta de Relación« des Stadtrats von Veracruz an Karl und Johanna, 10. Juli 1519; AGI México, 95/1, »Pedimiento que hiso Francisco Aluares Chico, procurador desta Villa Rica de la Vera Cruz«, 20. Juni 1519 (mit einigen Unterschieden transkribiert von Schwaller und Nader, The first letter). Die Präsenz der Petition im AGI deutet darauf hin, dass sie Karl über jene Emissäre zuging, die ihm auch die »Carta de Relación« brachten, auf die die Petition sich bezieht. Russo, »Cortés’s objects«, beschreibt den »Mustersatz« an Objekten (muestra) aus dem Jahr 1519 und bemerkt, dass das große Goldrad den »königlichen Fünften« darstellte, während alles Übrige Geschenke der Konquistadoren »über den Fünften hinaus« waren. 16 Las Casas, Historia, V, S. 95, 98, erörtert und datiert von Giménez Fernández, Las Casas, II, S. 742–753. 17 AGI IG 420/8/173–175, Karl an die Casa de la Contratación und an die Boten aus Veracruz, Molins del Rey, 5. Dezember 1519, Registerabschriften, mit einem Vermerk von Los Cobos, »Sobre la Nueva España«. Siehe Ramos, Hernán Cortés, S. 175–176 und 199 Anm. 22 und 25, über die Identität der sechs jungen Totonacs (vier Männer und zwei Frauen), und Giménez Fernández, »El alzamiento«, über Karls persönliches Interesse an ihnen. 18 Cosenza, »Copia litterarvm«, Valladolid, 7. März 1520; Sanuto I diarii, XXVIII, Sp. 375–376, Cornaro an die Signoria, 6. März 1520. Cortés, Cartas, S. 71–76, behauptet, dass Karl die Auswahl »en Valladolid en la Semana Santa en principio des mes de abril« erhalten habe, aber das ist unmöglich, weil Karl 1520 die Karwoche in Galizien verbrachte, nicht in Valladolid. Das Zeugnis von Cosenza, Corner und anderen beweist, dass Karl die Geschenke »en principio del mes de marzo« erhielt. Siehe Ramos, Hernán Cortés, S. 178–193, zu einem erfolglosen Versuch, Ort und Datum allein aus Regierungsdokumenten zu bestimmen. 19 Giménez Fernández, Las Casas, II, S. 790–810, beschreibt die Debatten, die zwischen dem 12. und 19. Mai 1520 im Rat über Amerika geführt wurden; auf S. 794–799 die Erklärung von La Coruña vom 17. Mai 1520. 20 Dürers Tagebucheintrag vom 27. August 1520, zitiert nach: Dürer, Schriften und Briefe, S. 65. Nur wenige Objekte aus der Geschenksendung sind noch vorhanden; zwei davon stammen aus der Gegend von Veracruz, nämlich die »dos libros de los que acá tienen los yndios«, jetzt ÖNB, Codex Vindobonensis Mexicanus I, und BL Codex Zouche-Nutall. 21 Ich akzeptiere die Auffassung von Matthew Restall, dass Montezuma geplant haben könnte, Cortés und seine Männer gefangen zu nehmen (Restall, When Montezuma, S. 144–148). Abgesehen von den vorgetragenen Gründen, hatte Atahualpa in Peru dreizehn Jahre später zweifellos einen vergleichbaren Plan: Pogo, »The Anonymous«, S. 246. 22 Cortés, Cartas, S. 80 und 181, Cortés an Karl, 30. Oktober 1520.

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774 Anhänge 23 Giménez Fernández, Las Casas, II, S. 1182 und 1103 Anm. 3785, zitiert Erlasse datiert 11.–14. April 1521, und für Diego Colón und andere spanische Beamte, 6. September 1521. Ebd., II, S. 1254–1286, zu dem Zeichen (señal) Gattinaras auf jedem Erlass, der amerikanische Angelegenheiten betrifft. Pérez’ Einschätzung in La revolución, S. 667, dass »die Ereignisse in Kastilien, wie es scheint, keine Nachwirkungen in Amerika hatten«, teile ich bei allem Respekt nicht. 24 Cortés, Cartas, S. 182; der Schlussteil von Cortés’ zweitem Brief ist in der ersten gedruckten Ausgabe enthalten. Sanuto, I diarii, XXXIII, Sp. 501–503 und 557, Contarini an die Signoria, 24. September und 24. November 1522, verdeutlicht, dass die Nachrichten vom Verlust Tenochtitlans in Spanien zur selben Zeit ankamen wie die Nachrichten von der Rückeroberung. 25 Cortés, Cartas, S. 275, Cortés an Karl, 15. Mai 1522; Haring, »Ledgers«, S. 175, verzeichnet die Summen, die von Schatzmeister Julián de Alderete nach Spanien geschickt wurden. Ein französisches Geschwader brachte die Schiffe auf und nahm sich der Ladung an, nicht aber des relevanten Registers, sodass Karl wusste, was Cortés zu liefern imstande war; siehe Johnson, Cultural hierarchy, S. 113 und 117–119. 26 AGI Patronato 48/20, Juan Sebastián El Cano an Karl, Sevilla, 6. September 1522, Abschrift; LCK, I, S. 73, Karl an Margarete, 31. Oktober 1522. 27 Avonto, Mercurino, S. 47–51, über die Kommission (Zitat S. 49); CODOIN, I, S. 97–100, und CODOIN … América, XXVI, S. 59–70, Karl an Cortés, 15. Oktober 1522 (drei Erlasse); AGI IG 415/2/451–463, Registerabschriften der »im Oktober 1522 nach Neuspanien abgesendeten« Anordnungen. 28 Brandi, »Aus den Kabinettsakten«, S. 183–186; Liste mit Ratschlägen von Gattinara, November–Dezember 1523, mit einzelnen Voten von Gattinara, Gorrevod, Lachaux, La Roche, Nassau und Hernando de Vega (dem einzigen Spanier in der Kommission) und Reskripten von Karl; AGS Quitaciones de Corte S. 20, nómina von Loaysa, 4. August 1524. 29 Libros de Antaño, VIII, S. 368–376, Navagero an Giovanni Battista Ramusio, Toledo, 12. September 1525; BL Cott. Ms. Vespasian C.III/158–175v, Tunstal, Wingfield und Sampson an Heinrich VIII., 2. Juni 1525, Bericht über ihr Treffen mit dem Großkanzler. 30 CODOIN … Ultramar, IX, S. 214–226, Anweisungen für Luis Ponce de León, 4. November 1525; CODOIN, I, S. 101–102, Karl an Cortés, 4. November 1525 (Antwort auf dessen »Carta de Relación« vom 15. Oktober 1524). 31 Bornate, »Historia«, S. 458–476, »Consigli del gran cancellier all’Imperatore«, September 1525, eigenhändige Notiz (Zitat S. 460); CODOIN … Ultramar, IX, S. 214–226, Anweisungen für Luis Ponce de León, 4. November 1525 (Avonto, Mercurino, S. 93–97, erörtert diese und eine zweite Anweisung desselben Datums). 32 Gómara, Hispania Victrix, Buch 192, über »Cómo vino Cortés a España«, beinhaltet den Text von Loaysas Brief. Am 5. April 1528 signierte Karl einen Erlass, der Cortés die Befugnis erteilte, zu kommen (Martínez, Documentos, III, S. 11–12), aber da Cortés Veracruz Mitte April verließ, traf der Erlass erst nach seiner Abreise ein. 33 Gómara, Hispania Victrix, Buch 192. Van Deusen, »Coming to Castile«, erzählt die Lebensgeschichten zweier einfacher indigener Amerikaner, die Cortés 1528 nach Spanien begleiteten und dann dort blieben. 34 Germanisches Nationalmuseum Ms. 22,474, S. 1–14 (indigene Amerikaner), 77 (Cortés) und 83 (Doria). Die überaus schönen Malereien sind nur online verfügbar: http://dlib.gnm.de/item/Hs22474/213/html; siehe auch die Diskussion in Cline, »Hernando Cortés«. 35 AGI Patronato 16/2/8, Karl an »gouernador don Hernando Cortés marqués del Valle«, 1. April 1529 (unvollständig und fehlerhaft abgedruckt in CODOIN … América, XII, S. 379–380); AGI IG 737/1, Karl an den Indienrat, 24. Mai 1529, mit der Anweisung, die relevanten Dokumente vorzubereiten; AGI Patronato 16/2/13, 14 und 15, königliche Erlasse, datiert vom 6. Juli 1529, notariell beglaubigte Abschriften (ebenso in AGI México 1088/1 Bl. 23–27, gedruckt in CODOIN … América, XII, S. 291–297 und 380–386; und Martínez, Documentos, III, S. 49–61). Martínez, Hernán Cortés, S. 505–510, listet die Ortschaften auf, die Cortés 1529 übertragen wurden, und notiert, wo sich Unterschiede zu seinen Wünschen ergaben. 36 AGI México 1088/1/38–39, Karl an die Audiencia von Mexiko, 10. August 1528. 37 AGI IG 737/4, Tavera an Karl, 10. Dezember 1529. Der zukünftige Vizekönig, Antonio de Mendoza, gehörte zu denen, die »so außergewöhnlich hohe Belohnungen« forderten. 38 Cadenas y Vicent, Carlos I, S. 261–271, »Capitulación con los armadores sobre la dicha Specería«, 13. November 1522 (bezieht sich auf die Expedition unter García Jofré de Loaysa zur Kolonisierung der Gewürzinseln, die La Coruña 1525 verließ); LCK, I, S. 73, Karl an Margarete, 31. Oktober 1522. 39 Brendecke, Imperio, S. 164–169; Cortés, Cartas, S. 325, »Carta de Relación« an Karl, 15. Oktober 1524. 40 Fernández de Navarette, Colección, V, S. 440–441, Karl an Cortés, 20. Juni 1526. Cabrero Fernández, »El empeño«, S. 1093 (weist auf den fehlgeschlagenen Vertrag von Sevilla hin). 41 BMECB Ms. Granvelle, I, S. 153–155, Karl an Baron Montfort, 23. Dezember 1528, eigenhändig (abgedruckt mit einigen Fehlern in PEG, I, S. 441–444).

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42 Cabrero Fernández, »El empeño«, chronologische Darstellung des verzweifelten Aushandelns der Vertragsbedingungen in Saragossa, druckt den endgültigen, von Gattinara und Loaysa am 22. April 1529 unterzeichneten Text. 43 AGI Patronato S. 275/20, Karl an die Audiencia von Mexiko, Madrid, 13. März 1535 (Gibson, Tlaxcala, S. 229, behauptet auf der Grundlage einer Abschrift im AGNM, dass es sich um den 13. Mai 1535 handelt, doch die Abschrift im AGI zeigt deutlich den 13. März); AGI IG 422/16/201, königlicher Erlass zur Bezahlung von Diego Rodríguez de Narváez, 12. Mai 1535. 44 AGI IG 415/2/352–364, Entwurf von Anweisungen für Mendoza, 25. April 1535 (rückseitig notiert »dezima«), und 14. Juli 1536 (rückseitig notiert »Duodezima«, mit vielen Anmerkungen). CODOIN … América, XXIII, S. 423– 445 und 454–467, und Hanke, Los virreyes, I, S. 21–38, druckten diese Dokumente, aber ohne die Anmerkungen. Merluzzi, »Con el cuidado«, S. 158–165, erörtert Karls diverse Anweisungen für Mendoza im Detail. 45 BNE Ms. Res. 261/70, Cortés an Karl, Madrid, 26. Juni 1540; AGI Patronato 16/1/19, Cortés an Karl, 3. Februar 1544 (rückseitig »no ay que responder« mit der Initiale von Francisco de Eraso). 46 AGI IG 737/1, Karl an den Indienrat, Barcelona, 24. Mai 1529 (derselbe Brief kündigte Cortés die Gewährung eines Adelstitels und von Ländereien an); Porras Barrenechea, Cedulario, I, S. 18–30, königliche Erlasse, 26. Juli 1529. 47 Einzelheiten aus Pogo, »The anonymous« (Cristóbal de Mena), S. 242; und Xérez, Verdadera relación, S. 91–92 und 96. 48 Libro primero de Cabildos, III, S. 127, Hernando Pizarro an Karl, Sevilla, 14. Januar 1534. 49 Cieza de León, Primera parte (1553), Bl. 234 (Tl. I, Buch 94); Libro primero de Cabildos, III, S. 127–128, Karl an die Casa de la Contratación, 21. Januar 1534; Medina, La imprenta, I, S. 163–170, »Relación del oro del Perú que recibimos«, Februar 1534, und Karl an die Casa de la Contratación, 30. Januar 1535. 50 CODOIN … Ultramar, 2. Serie X, S. 160–167; ebd., XV, S. 113, und AGI Patronato 90A/1/10, königliche Erlasse für Pizarro, 8. März 1533, 21. Mai 1534 und 10. Oktober 1537. 51 Maples, »The death«, zeigt auf brillante Weise, wie die Berichte von Pizarros Ermordung 1541 mit den Verletzungen am Skelett, das er 1984 untersuchte, zusammenpassen. 52 Vitoria, Relectio de Indis, S. 137–139, Vitoria an Fray Miguel de Arcos, 8. November 1534. 53 AGI Justicia 259/225–26v, »Descargos del Virrey«, Mexiko, 30. Oktober 1546, descargo 38, Antwort auf Vorwürfe, indigene Einwohner während des Krieges brutal behandelt zu haben. (Ich danke Bethany Aram für die Verifizierung dieser Quellenangabe.) Martínez, Hernán Cortés, S. 135, erörtert den Brauch des »aperreamiento«, begleitet von einem verstörenden Bild der Praktik aus einer indigenen Quelle. 54 Hanke, The Spanish struggle, S. 73 (päpstliche Bulle); Sandoval, Historia, III, S. 70 (Buch 24, Kap. 8: Der Konnetabel von Kastilien); Vitoria, Relectio de Indis, S. 99. Vitoria schrieb die Relectio 1538 und gab sie im Januar 1539 heraus. Zuerst wurde sie 1557 in Frankreich veröffentlicht. Erinnerte sich Karl daran, während seines Besuchs der Universität Salamanca 1534 einen Vortrag von Vitoria gehört zu haben? 55 Pereña Vicente, »El emperador Carlos V«, S. 385–386; Vitoria, Relectio de Indis, S. 152–153, Karl an den Prior von San Esteban, 10. November 1539. Am nächsten Tag reiste er nach Frankreich ab. 56 Pereña Vicente, »El emperador Carlos V«, S. 379, und Fernández Álvarez, Carlos V: el César, S. 641–643, beide behaupten eine Verbindung zwischen Algier und den Neuen Gesetzen. Sie zitieren zwar keine Quellen, doch scheint die Idee plausibel zu sein. 57 Danvila y Collado, El poder civil, V, S. 313, Petition 94 der Cortes von Kastilien, Valladolid, April 1542; Las Casas, Brevissima relación, Bl. 3–3v, behauptet, dass Silíceo, Philipps ehemaliger Beichtvater, »siendo obispo de Cartagena, me las pidió e presentó a Vuestra Alteza«. Pereña Vicente, »El emperador«, S. 393, brachte überzeugende Beweise vor, dass seine Freunde wie auch seine Feinde darin recht hatten, in Las Casas den »Paten der Neuen Gesetze« zu sehen. 58 CODOIN, LXXVI, S. 340–355, Text der Neuen Gesetze, unterzeichnet vom Kaiser in Barcelona am 20. November 1542, doch erst im Juli 1543 in Sevilla veröffentlicht. Karls Entschuldigung stand in der Präambel: ebd., S. 340–341. 59 CODOIN … Ultramar, 2. Serie X, S. 86–93, Privileg der Kaiserin für den Statthalter von Santa Marta, 4. April 1531; CODOIN … América, XLI, S. 198–204, königlicher Erlass, 26. Mai 1536; Paso y Troncoso, Epistolario, IV, S. 60–61, die Audiencia von Mexiko an Karl, 8. Oktober 1543. 60 Ebd., S. 60. Paso y Troncoso, Epistolario, IV, S. 64–75, López an den Kaiser »en su consejo«, Mexiko, 25. Oktober 1543. Siehe auch die vergleichbare Kritik von Tomás López Medel, Colonización, S. 62–80, López Medel an die Regenten Maximilian und Maria, 25. März 1551. 61 Cortijo Ocaña, Cartas, S. 60–65, Gómez Díaz de la Reguera an Alonso Díaz de la Reguera, San Salvador (vormals Guatemala, jetzt Haupstadt von El Salvador), 1. August 1545.

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776 Anhänge 62 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, II, S. 383–395, Gonzalo Pizarro an Karl, undatiert (möglicherweise 2. oder 3. August 1544), und 193–197, 199–203, derselbe an den Cabildo von Lima und an Blasco Nuñez Vela, 2. August 1544, und an die Audiencia von Lima, 3. August 1544. (Englische Zusammenfassungen in From Panama to Peru, S. 17–25.) 63 Calvete de Estrella, Rebelión, I, S. 97–99. Obwohl Calvete seine Untersuchung auf Geheiß von La Gasca 1565–1567 schrieb, war er zur Zeit der Debatte der Lehrer des Prinzen und infolgedessen ein wichtiges Mitglied seines Hofes: es gibt keinen Grund, die Wahrhaftigkeit seines Berichts anzuzweifeln. CDCV, II, S. 398, Philipp an Karl, 30. Juni 1545, bestätigt die Hauptpunkte der Debatte im Rat, die in jenem Monat stattfand. 64 Calvete de Estrella, Rebelión, I, S. 101–102; Hampe Martínez, Don Pedro, S. 77, Los Cobos an La Gasca, 29. August 1545. Zur Präsenz ehemaliger Comuneros unter den Rebellen in Amerika siehe Calvete de Estrella, Rebelión, I, S. 280, und S. 182–184 oben. Pietschmann, »Carlos V y la formación«, S. 446–454, vergleicht die Revolte von Pizarro mit jener der Comuneros. 65 CDCV, II, S. 398–399, Philipp an Karl, und Hampe Martínez, Don Pedro, S. 76, Los Cobos an Karl, beide am 30. Juni 1545. 66 Calvete de Estrella, Rebelión, I, S. 110, Ratsdebatten über die Forderungen von La Gasca. Man vergleiche die ablehnende Haltung des Rats im Jahr 1529, als es darum ging, für den neuen Posten des Vizekönigs von Mexiko Kandidaten zu empfehlen, die »außergewöhnlich hohe Entlohnungen« verlangten, siehe S. 424 oben. 67 AGS E 641/10, Karl an Los Cobos, Worms, 2. August 1545; Konetzke, Colección, I, S. 236–237, Karl an die Audiencia von Neu-Spanien, Mecheln, 20. Oktober 1545; RAH Ms. 9/4846/66, Karl an den Indienrat, undatiert, möglicherweise Februar 1546. 68 CODOIN … América, XXIII, S. 507–519, Karls Anweisungen für La Gasca, Venlo, 14. Februar 1546. Siehe auch BR Ms. II/1960 Nr. 12/85–93, La Gascas Abschrift von dem Konzept der Anweisungen, mit seinen handschriftlichen Kommentaren zu jeder Klausel, woran sich seine nicht verhandelbaren Forderungen zeigen. Merluzzi, »Mediación«, S. 96–97, fasst die Befugnisse zusammen, die schließlich gewährt wurden. 69 CODOIN, XXVI, S. 274–284, Dokument mit Ratschlägen, wie La Gasca sich verhalten sollte, undatiert und ohne Ortsangabe (wahrscheinlich Venlo, 14. Februar 1546, wie die Anweisungen), und fälschlich Philipp II. zugeschrieben. Hampe Martínez, Don Pedro, S. 84–88, erörtert diese Dokumente fachgerecht. 70 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, I, S. 375–384, La Gasca an Gonzalo Pizarro, Jauja, 16. Dezember 1547 (auch veröffentlicht in CODOIN, XLIX, S. 260–276 (englische Zusammenfassung in From Panama to Peru, S. 439–444). 71 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, II, S. 401–421; La Gasca an Los Cobos, 3. Mai 1548. 72 Ebd., II, S. 401–421 und 258–277, La Gasca an Los Cobos, 3. Mai 1548, und an den Indienrat, 26. September 1548 (CODOIN, XLIX, S. 359–427, veröffentlicht dieselben Briefe, einige davon mit anderen Datierungen; englische Zusammenfassung in From Panama to Peru, S. 474–482 und 486–488). Angaben zur Bestrafung derjenigen, die sich Gonzalo Pizarro nicht entgegengestellt hatten, stammen von Anthony, »Intimate invasion«, Kap. 6, der zurzeit besten Darstellung. 73 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, II, S. 607–609, Fernández de Oviedo an La Gasca, 3. Januar 1550 (auch in From Panama to Peru, S. 517). 74 Hunt PL 122, Karl an La Gasca, 26. Februar 1549 (in Pérez de Tudela Bueso, Documentos, ist ein Brief ausgelassen). 75 CDCV, III, S. 250–255, Karl an María, Augsburg, 30. Dezember 1550, und 243–246, Karl an Maximilian und María, 20. Oktober 1550. 76 AGI Patronato 180/7, »Parecer del virrey don Antonio cerca de los seruicios personales«, und CDCV, III, S. 255–257, »Relaçión de don Antonio de Mendoça«, beide undatiert (1550). Zu anderen Beispielen für »Cäsars Glück« siehe Kap. 8. 77 Saville, »Some unpublished letters«, Faksimile von Brief Nr. 2, La Gasca an die Audiencia von Guatemala, 15. Dezember 1546. Aiton, Antonio de Mendoza, S. 175–176, dokumentiert die mexikanische Expeditionsstreitkraft, die als Reaktion auf La Gascas Appell für Peru ausgehoben wird. 78 CLC, IV, S. 293–298, Rede vor den Cortes von La Coruña, April 1520; RVEC, S. 146–150, Salinas an Ferdinand, 4. Oktober 1523. In einem auf den 16. Dezember 1523 datierten Brief korrigiert Salinas die ursprüngliche Zahl von 800 000 pesos de oro auf 180 000 nach unten. 79 Porras Barrenechea, Las relaciones, S. 38–40, Licenciado Espinosa an Karl, Panama, 21. Juli 1533; RVEC, S. 645–652, Salinas an Castillejo, 11. Mai 1535; Tracy, Emperor, S. 155. 80 García-Baquero González, »Agobios carolinos«, S. 313–314, königliche Erlasse vom 3. September 1523, 22. und 30. Januar 1535 und Januar 1543, meine Hervorhebung. Zahlen aus Haring, »Ledgers«. Laut García-Baquero

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Anmerkungen

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González, »Agobios carolinos«, S. 313–314, verfügte Karl acht solche Beschlagnahmungen, aber Carretero Zamora, Gobernar, S. 382, kommt auf neun. 81 Viciana, Libro tercero, S. 324 (geschrieben ca. 1564). Zahlen aus Tracy, Emperor, S. 111. 82 Hanke, Los virreyes, I, S. 38–57, »Relaçión, apuntamientos y avisos que por mandado de Su Majestad di a Luis de Velasco« von Mendoza, 1551/52. 83 CDCV, III, S. 255–257, »Relaçión de don Antonio de Mendoça«, undatiert (1550; ebenso abgedruckt in Hanke, Los virreyes, I, S. 57–58). Siehe denselben Vorwurf bei Jerónimo López 1543, zitiert S. 434–435 oben. 84 CODOIN …Ultramar, I, S. 354–361, königlicher Erlass an den Statthalter von Kuba und dortige Beamte, 9. November 1526; AGI IG 415/2/352–364, Anweisungen für Mendoza, 25. April 1535 und 14. Juli 1536. 85 Brendecke, Imperio, S. 184–185, mit Zitaten aus königlichen Erlassen datiert vom 20. Juni und 6. Oktober 1526 sowie 16. März 1527. 86 CODOIN …Ultramar, IX, S. 239–246, königliche Verfügungen vom 11. Mai und 21. August 1526; Cadenas y Vicent, Carlos I, S. 258–259, königlicher Erlass zur Münzprägung, 6. Juni 1544. Konetzke, Colección, I, 68–338 (Nr. 31–243), druckt die von Karl verfügte Sozialgesetzgebung bezüglich Amerikas; Cadenas y Vicent, Carlos I, S. 299–512, druckt alle Gesetze in der Recopilación de Leyes de los Reynos de las Indias, die zwischen 1516 und 1556 erlassen wurden; Pérez Bustamente, »Actividad legislativa«, analysiert die Gesetze und berechnet ihre Gesamtzahl. Bonal Zazo, »Disposiciones Carolinas«, gibt einen Überblick über Karls Gesetzgebung für Spanien. 87 Konetzke, Colección, I, S. 175–176, königlicher Erlass für den Statthalter von Nicaragua, 9. September 1536. 88 AGI Patronato 193/18/213–233, Dossier über »lo del río de Chagres«, einschließlich eines königlichen Erlasses für Francisco de Barrionuevo, Statthalter von Tierra Firme (undatiert, Januar 1534). Ich danke Bethany Aram für den Hinweis auf diese Quellenangabe. 89 AGI IG 737/63, »Lo que resulta para consultar a Vuestra Magestad lo que scriven los del consejo de Indias«, Mitte November 1550 (undatiert, aber die consulta erwähnt den kürzlich, am 8. November 1550, erfolgten Tod von Licenciado Villalobos, Finanzbeamter des Rates, wurde also bald danach verfasst); AGI México 1089/4/419v-423v, drei königliche Erlasse datiert Toro, 21. September 1551, betreffend die neue »estudio y universidad« in Mexiko. Beweise dafür, dass die Maßnahme Wirkung zeigte, in Gerhard, Síntesis, S. 63, mandamiento 253, in dem der Vizekönig am 20. November 1553 anordnete, dass dem Prior des örtlichen Dominikanerklosters 100 Pesos Salär für die vorherigen sechs Monate aufgrund seiner Tätigkeit als Professor der Theologie zu zahlen seien, da er »an jedem Tag lehrte, für den er vorgesehen war«. 90 Lee, Libros de Cabildos, IV, S. 258, Instruktionen für die Prokuratoren, 23. Januar 1550; AGI Lima 566/6/368–368v und 382v-383, Erlass für die Audiencia von Lima, 1. Mai 1551, und Gründungsurkunde für eine neue Universität in Mexiko, 12. Mai 1551, beide in Valladolid signiert. 91 Auf der Website der Universidad Nacional Mayor de San Marcos heißt es, dass die Gründungsurkunde am 12. Mai 1551 in Valladolid signiert wurde, entweder von Karl (der in Augsburg war) oder von Johanna (die sich in Tordesillas aufhielt). Tatsächlich war sie mit »La reyna« unterzeichnet, ein Titel, der damals von Karls Tochter María, Königin von Böhmen und Regentin von Spanien, verwendet wurde. 92 CDCV, III, S. 403–404, Karl an Philipp, März 1552. (Der Kaiser widmete der möglichen Bedrohung seiner transatlantischen Besitzungen durch Portugal besondere Aufmerksamkeit, und ebendiesem Problem schenkte auch Mendozas »Relaçión« – siehe die nächste Anmerkung – viel Aufmerksamkeit: ein zufälliges Zusammentreffen, das beide Dokumente auszeichnet.) 93 CDCVIII, S. 255–257, »Relaçión de don Antonio de Mendoça« (auch gedruckt in Hanke, Los virreyes, I, S. 57–58, mit einer wichtigen Korrektur: »mudar« statt »mandar«). 94 AGNM Mercedes II/257, »Provisión del rey para la libertad de los de Tascala«, 29. März 1541, erneut 4. April 1542. Gibson, Tlaxcala, S. 80–82, erörtert die inkonsequente Gesetzgebung. 95 Hanke, Los virreyes, I, S. 131, Anweisungen für Velasco, 16. April 1550; AGNM Mercedes III/102 (expediente 253), mandamiento zugunsten des Sohns des verstorbenen Sebastián Rodriguez, 18. Juli 1550, eine von vielen derartigen Anordnungen. 96 CDCV, III, S. 577–592, Karl an Philipp, 2. April, mit einer Nachschrift, datiert vom 27. April 1553; Kamen, Felipe, S. 60–61, zitiert einen Meinungsaustausch über indigene Einwohner vom September 1554. 97 Bataillon, »Pour l’epistolario«, S. 384–387, Las Casas an Soto, Mai 1549, bezieht sich auf vorangegangene briefliche Wortwechsel. 98 Las Casas, Brevissima relación, Bl. 3–3v (Widmung) und Bl. 63v-64 (»Sumario« der Argumente von Fray Domingo de Soto); Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 645, Maximilian und María, Regenten, an Soto, 7. Juli und 4. August 1550; Castilla Urbano, »La Superación«, S. 41, Consejo Real an Karl, 15. Dezember 1554. Castilla Urbano bietet die konziseste Darstellung der Arbeit der Kommission, die sich in Valladolid August–September 1550 und April–Mai 1551 traf. La Gasca nahm nur an der zweiten Sitzungsperiode teil.

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778 Anhänge 99 Lippens, »Jean Glapion«, XLV, S. 39–41 (Glapion starb noch vor seiner Abreise aus Spanien); Castet, Annales, VIII, S. 225 (verweist auf Glapions Bemühungen, eine Gruppe franziskanischer Missionare zusammenzustellen und von den Niederlanden nach Amerika zu führen); Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, Tl. II, enthält mehrere Briefe von und an Soto über amerikanische Angelegenheiten. 100 Konetzke, Colección, S. 113–120, »Ordenanzas«, ausgegeben am 4. Dezember 1528, und 131–132, »Consulta del consejo«, 10. Dezember 1529. Siehe weitere Beispiele von 1525 und 1535 auf S. 421–422 und 426–427 oben sowie in Konetzke, Colección, S. 103–106 (1528: Anordnung von Karl und Johanna »queriendo en esto descargar nuestras conciencias reales«), 130–131 (1529: Anordnung, ausgegeben »para descargo de nuestras conciencias«); usw. 101 Martínez, Documentos, III, S. 136 (Petition von Francisco Nuñez an Karl, Mai 1530) und 266–277 (Relación der Audiencia an Karl, 1531), und IV, S. 62–77 (Relación von Cortés an Karl, 1533). Weitere Beispiele von Cortés in ebd., S. 132–135 (1535), 190 (1539), 210–215 (1540), 243–245 (1543), 257–270 (1544) und 328 (Testament von Cortés, Klausel XXXVII, 12. Oktober 1547). 102 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, II, S. 544–547, La Gasca an die Magistrate von Arica, 28. September 1549, Notiz. Zwar hat La Gasca den Empfänger dieses bemerkenswerten Briefes voller Hinweise auf Karls »delicada consciencia« nicht genannt, doch schließe ich auf Arica, weil es genau die im Brief genannten 170 Leugen bzw. umgerechnet etwa 250 Meilen von Potosí entfernt liegt. 103 Espinosa an Karl, Panama, 21. Juli 1533 (S. 442 oben); Este es vn traslado, Bl. 4 (mit Dank an Danielle Anthony für den Hinweis auf diese seltene Flugschrift).

Porträt des Kaisers in seinen besten Jahren 1 Firpo, Relazioni, I, S. 336, Bericht von Giovanni Micheli, 13. Mai 1557 (teilweise englische Übersetzung in CSVP, VI/2, 1043–1085); BMECB Ms. Granvelle, 8/189, Gonzalo Pérez an Antoine Perrenot de Granvelle, 19. Februar 1564 (Notizen in AGS E 525/81), mit dem Versuch, die langsame Entwicklung von Karls Enkel, Don Carlos, zu entschuldigen. 2 Ball und Parker, Cómo ser rey, Anweisung vom 6. Mai 1543. Mehr zu diesem Dokument in Kap. 11 und Abb. 9, zu seinen sprachlichen Einschränkungen 1517/18 siehe Kap. 4. 3 Sanuto, I diarii, LII, Sp. 302–307, Brief von Hironimo Bontempo, Bologna, 25. November 1529; ASF MdP 4296/57v, Alessandro Serristori an Herzog Cosimo, 16. Oktober 1537 (»Sua Maestà nelle riposte che mi faceva sempre parlò in lingua Toscana«); TNA SP 68/11 Nr. 611, Dudley und Morison an den Kronrat, 25. Januar 1553. MacCulloch, Thomas Cromwell, S. 27–28 und 587–588, bemerkt, dass viele Minister Heinrichs VIII., darunter Richard Morison, fließend Italienisch sprachen. 4 Sanuto, I diarii, XXIX, Sp. 371–372, Corners Bericht über die Krönung in Aachen (»perchè lei non parla anchora molto promptamente lo idioma aleman«); L&P Henry VIII, III/1, S. 428–430, Spinelly an Wolsey, 2. Februar 1521; Górski, Acta Tomiciana, VII, S. 197, Dantiszek an König Sigismund, Madrid, 16. März 1525, Lateinisch, aber mit Karls deutschen Worten in der für deutsche Texte üblichen Frakturschrift (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 172). 5 Lenz, Briefwechsel, II, S. 225–232, Martin Bucer an Heinrich Bullinger, 23. Dezember 1543 (Karl »germanica respondebat«). Zum eigenwilligen Deutsch des Kaisers auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 siehe S. 250. 6 Sastrow, ein Augenzeuge, zeichnete Karls in niederdeutscher oder holländischer Sprache 1547/48 gemachte Bemerkungen auf: »Wel, Carlevitz, how zal het nu wel worden?« (an Christoph von Carlowitz, kurfürstlicher Rat von Herzog Moritz von Sachsen); »Wel, ik zal u leeren lachgen« (an den Landgrafen von Hessen); und »Vesali, gy zult naar Carlevitz gaan, die zal leswat schik zyn; ziet, dat gy hem helpt« (Andreas Vesalius war Karls Leibarzt und zugleich einer der bedeutendsten Anatomen seiner Zeit); siehe Sastrow, Herkommen, II, S. 16, 29–30 und 84. Weinrich, »Sprachanekdoten«, S. 185, vertritt die Ansicht, dass Karls Niederdeutsch und Holländisch praktisch miteinander austauschbar waren (er zitiert jedoch keine Quelle); de Grauw, »Quelle langue«, S. 158, bemerkt, dass Karl im Umkreis seines Palastes in Mecheln »Brabançon« sprechen gehört habe (und Maximilian ihn ermunterte, es zu lernen; S. 53–54 oben). 7 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/227–231, Lee an Wolsey, 21. März 1526; Illescas, Segunda parte, S. 197–198 (zitiert vielleicht eine Anekdote, die sich zuerst in Giovio, Delle Historie, Buch XXVII, fand; Giovio gab an, das Geschehen habe sich ereignet, als Karl 1529 nach Genua kam); NBD, V, S. 193, Nuntius Poggio an Paul III., 20. April 1540 (zitiert Karl anlässlich einer Audienz); Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 151, Anweisungen vom 4. Mai 1543; Reiffenberg, Lettres, S. 76–78, van Male an Praet, 23. November 1552 (van Male benutzte das griechische Wort für »prahlt«). 8 Sanuto, I diarii, LIII, Sp. 384, Marco Antonio Magno an Marco Contarini, 20. Juli 1530; ebd. LVII, Sp. 212–214, Bericht von Marco Minio und anderen Botschaftern, November 1532, nach achtzehn Tagen »sempre cavalcando

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con la Cesarea Magestad«. Die Beweise widersprechen der kategorischen Behauptung von Alfred Morel-Fatio, dass Karl »niemals in der Lage war, neunzig Minuten lang Italienisch zu sprechen« und »kein Deutsch verstand«: Morel-Fatio, »L’espagnol«, S. 218. 9 Fabrizi d’Acquapendente, De Locutione, S. 23, gibt zwei Versionen dieser Anekdote wieder und behauptet, dass die eine von einem »Deutschen« stammte. Damit scheint die Anekdote zum ersten Mal im Druck aufzutauchen, da aber Fabrizi 1533 geboren wurde und seinen kurzen Traktat über die Sprache zuerst 1601 veröffentlichte, muss er sie durch Hörensagen erfahren haben. Spätere Versionen dieser Anekdote tauchten an verschiedenen Orten Europas auf Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch auf; Einzelheiten in Buceta, »El juicio«, S. 11–14, und Weinrich, »Sprachanekdoten«, S. 182–183. 10 Zwar hat Erasmus betont, dass Herrscher Sprachen lernen müssen – siehe Pollnitz, »Old words«, S. 146–147 –, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass Karl dem Beachtung geschenkt hätte. 11 NBD, 1. Ergänzungsband 1530–1531, S. 414, Aleandro an Kardinal Salviati, 19. November 1531. Anfänglich kam bei Aleandro Nervosität auf, weil einige seiner Zeitgenossen behaupteten, er sei Jude; also »antwortete ich lächelnd, dass ich Seine Majestät nicht erzürnen wollte wie die Lutheraner, wenn ich ihm sagte, dass es sich um hebräische Schrift handele«. Zu Maximilians Beharren auf Sprachkenntnissen siehe Kap. 2. 12 Cienfuegos, La heroyca vida, S. 47–49 (beruht zum Teil auf Ribadeneyra, Vida, Bl. 11v-12). Siehe auch S. 295 zu Karls Besuch der Universität von Salamanca zur selben Zeit. 13 Bataillon, »Charles-Quint«, S. 257–258, Nicholas Curtz an Karl, Nürnberg, 21. März 1543. Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 331–332, spekuliert über das weitere Schicksal des Instruments von Apian und des Buches von Kopernikus. 14 Neefe, Tafel-Reden, S. 2–3, berichtet von seinen Unterhaltungen mit Ferdinand 1563/64 (Dank an Annemarie Jordan Gschwend für diesen Hinweis). 15 ASF MdP 652/355, Agnolo Niccolini an Lorenzo Pagni, 25. Juli 1541; AGS E 73/239, Karl an Los Cobos, 11. August 1546, dechiffriert. Man vergleiche auch Karls eindrucksvollen Schreibtisch aus dem Jahr 1532, der zurzeit im Victoria and Albert Museum (London, # 11–1891) zu sehen ist. Beschrieben wird er von Jordano, »The plus oultra writing cabinet« und Rosenthal, »Plus Ultra«, S. 226–227. Bisweilen sorgte Karls Beharren auf der Abfassung eigener handschriftlicher Briefe für Verzögerungen, siehe z. B. CMH, I, S. 551–553, Granvelle an Maria, 16. November 1532; Granvelle erklärt, dass Karl einen Sekretär angewiesen habe, einige Briefe an Maria und die Kaiserin vorzubereiten, »aber er hat die Unterzeichnung aufgeschoben, weil er immer wieder hoffte, er könne an Euch beide eigenhändig schreiben«. Da Karl dazu aber nicht die Zeit gefunden hatte, musste nun Granvelle erklären, warum andere bestimmte Nachrichten früher als Maria erfuhren. 16 Firpo, Relazioni, II, S. 829, Bericht von Marino Cavalli, 1551, nach drei Jahren Aufenthalt am kaiserlichen Hof. 17 NBD, IX, S. 71–73, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg an Kardinal Farnese, 9. Juni 1546; Turba, Venetianische Depeschen, I, S. 673–677, Mocenigo an den Dogen, 7./8. September 1546. Der Botschafter schrieb, der Rat habe sich »fino alle 5 hore di notte« getroffen, was gemäß der in Venedig üblichen Zeitrechnung fünfeinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bedeutete. In Ingolstadt geht die Sonne Mitte September – denn der 8. September war nach dem gregorianischen Kalender der 18. September – kurz nach 19 Uhr unter, also bedeutete »5 hore di notte« kurz nach Mitternacht. 18 ASP GG busta 43, unfol., Gonzagas Anweisungen für Gonzalo Girón, 20. Dezember 1553, Abschrift; und ebd., Musi an Gonzaga, 13. Dezember 1553, Abschrift, Bericht einer Unterhaltung mit Juan de Figueroa. 19 Tellechea Idígoras, Así murió, S. 96, Aussage von Francisco de Toledo vor der Inquisition; er berichtet eine Indiskretion seines Bruders, des Grafen von Oropesa; NBD, XI, S. 72–73, Bertano an Farnese, 13. August 1548. Mehr über diesen Austausch in Kap. 15; und zu Sotos Rat, Johann Friedrich von Sachsen hinzurichten, siehe Kap. 12. Maurenbrecher, Karl V., S. 29*–32*, veröffentlicht die einzig erhaltenen schriftlichen Ratschläge Sotos für Karl, eine aggressive Analyse vom Februar 1546 »über die deutsche Unternehmung«. Siehe auch den kurzen Artikel über Soto von Carro, »Influencia«. 20 CDCV, III, S. 177–178, Karl an María und Maximilian, 25. Januar 1550. Während der Kaiser seinen Zahlungsverpflichtungen stets nachkam, verkündete Philipp II. keine sechs Monate nach seiner Thronbesteigung als König von Kastilien die Einstellung aller Zinszahlungen und die zwangsweise Umwandlung ausstehender Darlehen in niedrig verzinste Schuldverschreibungen. 21 BNE Ms. 9937/23–23v, Notizen von Florián de Ocampo für seine Chronik, Januar 1550; Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 642–644, Soto an Karl und an Francisco de Eraso, Salamanca, 1. Juli 1550, beides eigenhändige Briefe. Die Soto zugeschriebene Kritik am wahllosen Verkauf von Rechtstiteln war wohlbegründet, siehe S. 530 oben.

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780 Anhänge 22 Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 636–637, Valdés an Soto, 16. April 1549 (einer von mehreren vergleichbaren Briefen); Bataillon, »Pour l’epistolario«, S. 384–387, Las Casas an Soto, Mai 1549, bezieht sich auf vorangegangene Briefwechsel. Siehe auch Lehnhoff, Die Beichtväter, S. 71–75. 23 Lefèvre-Pontalis, Correspondance, S. 10, Selve an Franz I., 10. Juli 1546, zitiert Kanzler Wriothesley; NBD, XII, S. 235–238, Nuntius Camaiani an Kardinal del Monte, 12. März 1552. Siehe S. 179 und 261–263 zu früheren Beispielen für die Nichtbeachtung, die Karl seinen Ministern und Verbündeten schenkte. 24 Reiffenberg, Histoire, S. 415–417, Bericht vom Kapitel des Ordens, das im Januar 1546 in Utrecht abgehalten wurde (Utrecht war wie Tournai ein von Karl erworbenes Territorium). Der Bericht ist knapper als gewöhnlich, was auf Unvollständigkeit schließen lassen könnte: ebd., S. VIII. 25 Braudel, La Méditerranée, S. 320–321 und 326. Braudel sagte mir einmal, dass er »Distance: public enemy number one« als Übersetzung von »L’espace: ennemi numéro 1« der Version der englischen Ausgabe (»Distance, the first enemy«, Bd. I, London 1972, S. 355) vorziehen würde. 26 CWE, XI, S. 54–56 (# 1554), Erasmus an Lallemand, 24. Februar 1525; CWE, XV, S. 265–267 (# 2198), Valdés an Erasmus, Juli 1529; CCG IV, S. 558, Granvelle an Morillon, 11. Mai 1573. 27 ADN B 2177, Register von Simon Longin für 1502, unfol., u. a. Zahlungen an Franz von Taxis unter den »menus voyaiges et messageries«; Alcázar Molina, »La política postal española« S. 227–229 (über den Vertrag von 1516); Behringer, Im Zeichen des Merkur, S. 65–98; Pettegree, The invention, S. 17–18 und 169. 28 LCK, II, S. 361, Karl an Ferdinand, 11. Januar 1530; Mártir de Anglería, Epistolario, III, S. 364–365 (# 643). an die Marqueses von Los Vélez und Mondéjar, 15. Juli 1519; BNMV, Ms. Italiani, Classe VII, Cod. 1009/164v, Contarini an die Signoria, Brüssel, 22. Januar 1522; Behringer, Im Zeichen des Merkur, S. 81 (der Kurier verließ Rom am 17. Juni 1545 um »ore 20« und kam in Worms am 23. Juni um »ore 11« an). 29 KFF, I, S. xxviii–xxx, und II/1, S. ix–xii. Strohmeyer, Die Korrespondenz, S. 61–66, zeigt, dass Briefe, die in den 1560er-Jahren zwischen den österreichischen und den spanischen Habsburgern gewechselt wurden, 19 bis 85 Tage brauchten, um beim Empfänger anzukommen. 30 RAH Salazar A-60/125, der Bischof von Osma an Perrenot, 1. Februar 1557; Fagel, De Hispano-Vlaamse Wereld, S. 317. 31 SP, VI, S. 451–476, Tunstal und Sampson an Heinrich VIII, 11. August 1525 (Heinrich hatte die Briefe am 3. Juli unterzeichnet); LCK, I, S. 270, der Fürst von Orange an Karl, 14. Juni 1528; AGS E 874/8, Vega an Karl, 8. Februar 1547. 32 SP, IX, S. 355–360, Bonner an Heinrich VIII., 15. April 1543. 33 Tracy, Emperor, S. 109. 34 Lanz, Aktenstücke, S. 496–500, Karls Anweisungen für seine Botschafter in England, 13. Dezember 1521; HHStA Belgien PA 2/4/68, Karl an Margarete, 25. August 1522, Abschrift; RAH Ms. 9/4817/247, Karl an seine Botschafter in Rom, 10. Januar 1525, Notiz; AGS PR 17 Nr. 35, Karls Anweisungen für Figueroa, Februar 1529; AGS PR Nr. 75, Karls Anweisungen für Juan de Vega, 4. Juli 1543 35 AA 4/95, Karl an Alba, 27. Oktober 1543, eigenhändig. 36 AGS PR 17 Nr. 35, Karls Anweisungen für Figueroa, Februar 1529; PR 45 Nr. 21, Karls Anweisungen für Soria, 19. April 1529. Von Sorias Archiv hat sich viel erhalten und zeigt den Umfang seiner Korrespondenz mit anderen kaiserlichen Amtsträgern und Untertanen in Italien: siehe Ibarra y Rodriguez und Arsenio de Izaga, »Catálogo«, und Pizarro Llorente, »Un embajador«. Siehe auch BNE Ms. 20214/62, eine Sammlung von siebzehn lateinischen Briefen Sorias an den jungen Antoine Perrenot, als er Student in Padua war, 1538/39. 37 Firpo, Relazioni, II, S. 465–466, Bericht von Navagero, Juli 1546. Einige Botschafter bemerkten, dass Karl seine »Ernsthaftigkeit« auch verlor, wenn er sich an Turnieren und anderen sportlichen Übungen beteiligte. Sepúlveda, Historia de Carlos V, Buch XXX, Kap. 24, versichert, dass der Kaiser »sich in der Schlacht Risiken aussetzte, wie es kein Souverän oder General tun sollte«. 38 LCK, I, 300–308, Margarete an Karl, 26. Mai 1529 (Karl der Kühne starb 1477 in der Schlacht, und Karl VIII. von Frankreich, mit dem Margarete einst verlobt gewesen war, erlitt in der Schlacht von Fornovo 1495 eine vernichtende Niederlage); KFF, V, S. 211–212, Maria an Ferdinand, 12. April 1535. Zu Marias Kritik an Karls Risikobereitschaft in der Schlacht siehe oben Kap. 9. 39 HSA B 2032, Karl an Lope Hurtado de Mendoza, seinen Botschafter in Portugal, 30. August 1549 (wobei er passenderweise vergaß, dass er beim Tunisfeldzug Luis zu seinem stellvertretenden Befehlshaber ernannt hatte); SP, IX, S. 683–693, Paget und Wotton an Heinrich VIII., 2. Juni 1544 (Karl hatte während des Tunisfeldzugs ebenso argumentiert). 40 HHStA Hs. Blau 596/1139v-140v, Karl an Ferdinand, 21. und 26. März 1547, eigenhändige Nachschriften. Heeresbewegungen aus Forondo, Viajes, S. 589.

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Anmerkungen

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41 García Fuentes, »Testigo«, S. 93, aus der Chronik von Bernabé de Busto, ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Cosimo, 8. Juni 1551; De Witte, »Cornelis«, S. 184–188, Briefe an Maria von Ungarn, April‑August 1548 (bizarrerweise bestand De Witte darauf, dass Baerdorp seine Briefe an Kaiserin Isabella adressierte, die 1539 gestorben war; de facto schrieb er an Maria). 42 Von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 370–371, »Sommaire de l’Ambassade de feu monsieur de Vienne vers l’empereur Charles V, en l’année 1550«. Karl nahm eine deutsche Sauna mit nach Yuste, siehe Kap. 16. 43 Morel-Fatio, Historiographie, S. 171, listet die siebzehn Gichtanfälle auf, die Karl zwischen 1528 und 1550 plagten und von denen er in seinen »Erinnerungen« berichtet. 44 Gachard, Trois années, S. 69, Navagero an die Signoria, 18. Januar 1545; ASF MdP 3101A/1085, Francesco di Paolo Vinta an Herzog Cosimo, 2. April 1548 (aus Mailand, daher die Aufmerksamkeit für das Auftauchen eines Porträts statt für den Porträtierten. 45 De Witte, »Cornelis«, S. 187–188, Briefe an Maria von Ungarn, 10. Juli und 7. August 1548; Giles, The whole works, I, ii, S. 267–268, Roger Ascham an Edward Raven, Augsburg, 29. Januar 1551; Von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 370–371, »Sommaire« von Marillac, 1550/51. 46 Sastrow, Herkommen II, S. 86–88, hat Karl während seiner Mahlzeiten in Brüssel und während der Reichstage zu Augsburg, Speyer (zweimal) und Worms beobachtet. Frühere Beobachtungen zu Karls Tischmanieren S. 267 oben. Das Rijksmuseum Amsterdam (BK-NM-562–566) besitzt ein Reisebesteck (eine Gabel und vier Messer), das 1532 in Italien für Karl angefertigt wurde; vielleicht ist es das von Sastrow erwähnte. 47 ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Cosimo, 22. Juli 1550 (»certo è excellentissimo imberciatore«); Reiffenberg, Lettres, S. 19–21, van Male an Praet, 9. Juni 1551. 48 SP, X, S. 319–321, und TNA SP 1/212/42, Paget an Petrie, 1. März und 16. Dezember 1545; NBD, VIII, S. 68–70, Verallo an Kardinal Farnese, 9. Februar 1545, meine Hervorhebung. 49 Alarcón, Viajes, S. 66–69 (Beschreibung vom September 1872); Ordi, »The severe gout«, S. 519. Siehe auch Anhang II. 50 Sastrow, Herkommen, II, S. 88. Im Hotel Adelshof in Halle können echte Karlophile genau das Menü genießen, das Karl serviert wurde, als er 1541 und dann wieder 1546 in dem großen Haus logierte: Ozment, The bürgermeister’s daughter, S. 145. Wenn man ganz genau wie der Kaiser speisen möchte, sollte man freilich seine eigenen »Schalcksnarren« mitbringen. 51 Rassow, Die Kaiser-Idee, S. 433–436, »Las pláticas que el emperador passó con [el embajador francés] por la misma forma y palabras«, von Idíaquez, 1538; ASF MdP 4306/71, Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 28. Juni 1548. 52 BL Cott. Ms. Vespasian, C.XIII/258, John Brereton an Wriothesley, Valladolid, 23. Juni 1537; Nott, The works, II, S. 518–523, »Sir Thomas Wyatt’s memorial«, November 1537. 53 Enzinas, Mémoires, I, S. 205–207, beschreibt die Audienz vom 25. November 1543, bei der er dem Kaiser ein Exemplar von El nvevo testamento … dedicado a la Cesarea Magestad. Habla Dios überreichte. Er hatte Glück: Zwei Wochen zuvor hatte Karl Enzinas Übersetzung als häretisch verboten, erkannte nun aber nicht, dass der Autor vor ihm stand (Enzinas, Mémoires, I, S. 642–644). Auch Sastrow berichtet, dass Karl jeden Tag nach dem Mittagessen »sich in ein Ecke des Gemachs nach dem Fenster [stellete], dar mochte ein yeder kommen, ubergeben supplicationes oder berichten mundtlich; dem sagt er vorth, wo er Bescheit bekommen sollte« (Sastrow, Herkommen, II, S. 88). 54 ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Cosimo, 29. Juni 1551; CSPF Edward VI, S. 137–138, Dr. Wotton an den Kronrat, 30. Juni 1551. Zu weiteren »äußerst scharfen Worten«, die Karl 1548 bei einer Audienz fallen ließ, siehe oben S. 403–404. 55 Von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 366–370, Marillacs Bericht an seine Botschaft, 1550. Man vergleiche die identische Schlussfolgerung, die Botschafter Thomas Wyatt 1538 zog: »Der Kaiser beachtet die Menschen nicht, solange er sie nicht braucht« (Brigden, Thomas Wyatt, S. 374, übersetzt aus Wyatts Beschwerde einem italienischen Botschafter gegenüber). 56 NBD, XII, S. 198–200, Camalani an Papst Julius, 22. Februar 1552. 57 Lenz, Briefwechsel, II, S. 225–232, Bucer an Bullinger, 23. Dezember 1543, Lateinisch.

14 Paterfamilias (1548–1551) 1 Bodart, Tiziano, S. 209, Gesandter Leonardi an den Herzog von Urbino, 18. März 1530; Firpo, Relazioni, II, S. 541 (Mocenigo) und III, S. 55 (Badoer). Zu der falschen Behauptung, dass Karl eine vierte illegitime Tochter zeugte, siehe Anhang IV.

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782 Anhänge 2 Crutzen, »L’origine«, S. 159–162, führte Karls Verfügung an, die Johanna am 1. August 1522 eine Jahresrente von 25 Pfund bewilligte, zweifellos kurz nachdem sie niedergekommen war; seine Verfügung vom 31. Oktober 1542, gleich nach Johannas Tod, mit der die Rente auf ihre Töchter übertragen wurde; und ein Gesuch um Geld, das zwei von Johannas Geschwistern 1559 Margarita, inzwischen auch bekannt als Margarete von Parma und frischgebackene Regentin der Niederlande, unterbreiteten und in dem sie ihre Nichte daran erinnerten, dass sie »arme Leute aus guter Familie« seien, die »ihren Lebensunterhalt mit dem Weben von Wandteppichen verdienten«. 3 KFF, I, S. 474–478, Karl an Ferdinand, 4. Oktober 1526 (über einen Plan, »ma bastarde qu’est en Flandres« mit dem Prinzen von Ferrara zu vermählen); AGS PR 45/18, Instruktionen an Leyva und Caracciolo, 27. Juni 1529 (die sie Mantua anboten); AGS PR 45/84, in Barcelona unterzeichneter Ehevertrag, 23. Juni 1529; RAH Ms. Salazar A-44/135, Karls Verordnung, die Margarita legitimierte, 9. Juli 1529. 4 AGS E 867/3 und 6, Karl an Lope Hurtado de Mendoza, 2. Januar 1538, und an den Marqués de Aguilar, 3. Februar 1538. 5 Gachard, Correspondance de Marguerite, II, S. v–vii, Karl an Margarita, 11. April und 15. August 1540, beide eigenhändig. Margaritas Briefe an Karl sind offensichtlich verschwunden, aber der englische Gesandte bekam zufällig mit, wie kaiserliche Höflinge »von einer Scheidung sprachen« – nämlich zwischen Margarita und Ottavio: Powell, The complete works, I, S. 242, Thomas Wyatt an Thomas Cromwell, Gent, 2. April 1540. 6 Giovio, Pauli Iovii opera, I, S. 312–313, Giovio (der mit dem Kaiser reiste) an Nicolas Raynce und Girolamo Angleria, 7. Juni 1543 (»Il bel duca Ottavio chiavò in Pavia quattro volte la prima notte la sua Madama«); NBD, VIII, S. 520–526, Nuntius Dandini an Kardinal Farnese, 5.–6. Januar 1546 (über Karls Interesse an den Zwillingen). 7 AGS E 644/101, Karl an Diego Hurtado de Mendoza, 19. September/7. Oktober 1547 (über die »Krankheit des Herzogs von Camarino«). zu Margaritas späterem Werdegang siehe d’Onofrio, Il carteggio intimo; de Iongh, Madama; und Steen, Margaret. Im Erwachsenenalter wurde Alessandro Farnese einer der erfolgreichsten Generäle Spaniens. 8 Das Original lautet »le yzo hazer una señal nela pierna derecha«. Was bedeutete das Wort »señal«? Zwei Jahre zuvor beklagte Karl, dass spanische Siedler die freien amerikanischen Ureinwohner »hierran de una señal en el rostro«, um anzuzeigen, dass sie Sklaven waren (und er versuchte, die Praxis zu begrenzen): Konetzke, Colección, I, S. 109–111, königlicher Befehl vom 20. November 1528, ausgegeben »nach Konsultation mit mir, dem König«. Die Bedeutung ist hier eindeutig brandmarken, und also ließ Karl seine Tochter möglicherweise brandmarken (und nicht bloß tätowieren). 9 AGS E 142/135, »Breve Relación del caso de la Señora Orsolina de la Peña«, Philipp II. 1562 vorgelegt von Camillo Enobarbo, zusammen mit Belegen, zu denen f. 134 gehörte (zwei eigenhändige Briefe Karls an Orsolina della Peña, 13. und 19. April 1536, auf Französisch und Italienisch) und f. 142 (Doña Tadea an Philipp II., 12. Oktober 1562). Unvollständige Abschriften dieser Dokumente erschienen in CODOIN, LXXXVIII, S. 512–521. Vgl. hierzu Gossart, »Deux filles«. 10 BNMV Ms. Italiani, Classe VII, cod. 1009/408v, Gasparo Contarini an den Zehnerrat, 28. Januar 1525 (er erwähnt »la fiola de la Maestà Cesarea, la qual hebbe in Vagliadolid ja 18 mesi«). Zu Girolamo da Nogarola und dem geheimnisvollen kaiserlichen Geschenk von »due milia [scudi] per maritare una sua figliuola« im Mai 1524 siehe Cicogna, Delle Inscrizioni, VI, S. 240–241. 11 AGS E 5/231, Priorin María de Aragón an Heinrich III. von Nassau, 28. März 1524, eigenhändig (teilweise abgedruckt in CODOIN, LXXXVIII, S. 510–511). Díaz del Valle y de la Puerta, Historia del reyno de León, II, Teil 1., f. 86, behauptet (ohne eine Quelle zu nennen), dass »otra hija del César fue doña Juana de Austria que murió de edad de 7 años en el año de 1530, siendo novicia en el convento de Augustinos en la villa de Madrigal donde yaze«. Zurdo Manso und Cerro Calvo, Madrigal, S. 40, behaupten (ebenfalls ohne eine Quelle zu nennen), dass Juana 1530 »murió ahogada en el pozo del convento«. Ich danke Ruth MacKay und Felipe Vidales del Castillo, dass sie das Schicksal Juanas mit mir erörterten. 12 KFF, III/2, S. 223–233, Karl an Ferdinand, 29. Juli 1531, eigenhändig. Trotz seiner Bekundung, dass er »im Begriff stehe abzureisen«, blieb Karl mehr als fünf Monate in den Niederlanden. 13 CODOIN, XIV, S. 16–17, Loaysa an Karl, 8. Juni 1530; Sanuto, I diarii, LIII, Kol. 208–210, Brief von Zuan Francesco Masardo, Innsbruck, 5. Mai 1530; Ribier, Lettres, II, S. 633–637 (auch abgedruckt in Cimber and Danjou, Archives curieuses, 1e série, III, S. 296–306), Karls Erinnerungen an eine Audienz im Jahr 1556, protokolliert von einem anonymen französischen Augenzeugen. 14 Rosso, Istoria, S. 70; Poumarède, »Le voyage«, S. 283, Gesandter Alfonso Rossetti an Ercole II. d’Este, 1. März 1536; Cosentini, Una dama, S. 66–80 (sein Bedauern verzeichnet auf S. 76).

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Anmerkungen

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15 Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 17–19; Keniston, Francisco de Los Cobos, S. 204, Vázquez an Los Cobos, 13. Februar 1538; March, Niñez, II, S. 345, Doña Estefanía de Requesens an ihre Mutter, 23. März 1538. Der Kaiser hatte sich seiner Gemahlin am 27. November 1537 in Valladolid wieder angeschlossen und verließ sie erneut am 21. Dezember. 16 Panzer, Barbara, Kap. 2, behauptet, dass Barbara Karl möglicherweise auffiel, als er in Geisling bei Regensburg, wo ihre Eltern Grund besaßen, auf die Jagd ging, und dass sie ihn später im Gasthof »Zum goldenen Kreuz« in Regensburg besuchte (siehe Tafel 5 in ihrem Buch). Ozment, Die Tochter des Bürgermeisters, Kap. 2 (»Die Liebschaften«), zeigt auf, wie leicht sich im damaligen deutschen Reich heimliche Affären entwickeln konnten. 17 BMECB Ms. Granvelle V/423–424, von Karl unterschriebenes Kodizill, 6. Juni 1554, das die von Massi am 13. Juni 1550 unterschriebene eidesstattliche Erklärung enthält (1624 angefertigte Abschriften der Originale). PEG, IV, S. 495–500, druckte beide Texte ab, ließ aber die vom Kopisten gemachten Beschreibungen und Anmerkungen weg. Die genaue Schilderung des Kaisers hinsichtlich der Empfängnis und Geburt von Gerónimo legt nahe, dass dieser das einzige nach dem Tod der Kaiserin gezeugte außereheliche Kind war – oder zumindest das einzige, das 1554 noch lebte. Zu weiteren Informationen über das Kodizill siehe Kap. 15. 18 Gachard, Études, 9–10 und 21 (vom Schatzamt der Niederlande 1551 ausgestellte Verfügungen zugunsten von Hieronymus Kegel Piramus), und 14 (Angaben über Barbaras Haushalt im Jahr 1571). Es gibt keine erhaltenen Dokumente, aus denen hervorginge, wann Barbara Hieronymus heiratete, aber der Zufall, dass ihr Sohn denselben Namen erhielt wie sein Stiefvater, legt nahe, dass Barbara ihren zukünftigen Ehemann kannte, bevor Karl den Jungen zeugte. 19 GRM, II, S. 506–507, Quijada an Philipp, 12. Oktober 1558 (der geheime Geldüberbringer war Ogier Bodart, der das Dokument beglaubigt hatte, das François Massi 1550 ermächtigte, Gerónimo in Obhut zu nehmen). Zu weiteren Informationen über Barbaras trauriges Leben bis zu ihrem Tod im Jahr 1597 siehe Lafuente, »La madre«, Lozano Mateos, »Noticias«, und Panzer, Barbara. 20 Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 198–241, beschreibt die Auswahl eines Hauslehrers. Karl unterschrieb Silíceos Titel als maestro am 1. Juli 1534, ein paar Tage nachdem er ihn in Vorlesungen erlebt hatte: March, Niñez, I, S. 104. Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 237, gibt an, dass die Kaiserin ihren Gemahl nach Salamanca begleitete und daher wahrscheinlich eine Rolle bei der Auswahl von Silíceo spielte, aber in Wirklichkeit reiste sie von Segovia direkt nach Valladolid (Girón, Crónica, S. 43). 21 Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 242–256 (zur Auswahl Zúñigas); Fernández de Oviedo, Libro de la Cámara Real, S. 1–3. 22 March, Niñez, I, S. 230, Zúñiga an Karl, 11. Februar 1536 – worin er erklärt, warum er nicht anwesend war, als Philipp bei einer Prügelei zwischen zwei von seinen Pagen verletzt wurde. Martínez Millán, La Corte, II, S. 100, macht Angaben über die Größe des Hofstaats. 23 Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 243, zitiert Francisco de Monzón, Libro primero del espejo del prinçipe christiano (Lissabon, 1544). 24 March, Niñez, I, S. 68–70, 72, Silíceo an Karl, 25. Februar 1536 und 19. März 1540. Siehe auch die Klagen von López de la Cuadra Anfang 1543 dass »Seine Hoheit in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr als 15–20 Tage darauf verwendet hat, schreiben zu lernen«, und »in den vergangenen fünf Monaten nur fünf Stunden Latein studiert hat«: Martínez Millán, La Corte, II, S. 143 Anm. 724. 25 Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 258–259. 26 March, Niñez, I, S. 230, Zúñiga an Karl, 9. Februar 1536. Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 260–273, schildert Philipps religiöse Bildung und identifizierte das Rosarium als das von Simon Bening illuminierte, das sich heute in der Chester Beatty Library in Dublin befindet (ebd., S. 266–267). 27 March, Niñez, I, S. 227, Zúñiga an Karl, 25. August 1535 (Zúñiga hatte Karl ab 1506 gedient, als der künftige Kaiser erst fünf Jahre alt war, was der Parallele, die er da zog, Überzeugungskraft verlieh). 28 Martínez Millán, La Corte, II, S. 129–146, ist aufschlussreich hinsichtlich der Bemühungen des Kaisers, Philipp und seine Schwestern dauerhaft voneinander zu trennen. Für ein Beispiel siehe CDCV, II, S. 229, Karl an Philipp, Metz, 6. Juli 1544 – das heißt, gerade als er seine Invasion Frankreichs begann, fand der Kaiser noch Zeit, das Leben seiner Kinder bis ins Kleinste zu regeln.. 29 Karls Behandlung seiner Töchter stand in starkem Kontrast zu den liebevollen und fürsorglichen Briefen, die Philipp II. seinen Töchtern in den 1580er-Jahren schrieb, siehe Parker, Imprudent king, S. 167–170. 30 AGS CSR 106/470–1, Albalá an »el bachiller Christobal de Estrella«, 4. Februar 1541. Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La educación, S. 499–572, zeichnet von jedem Lehrer ein bewundernswertes biografisches Porträt.

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784 Anhänge 31 HHStA Ms. Blau 596/1/45v–46, Karl an Ferdinand, 4. November 1542; BL Addl. Ms. 28,706/1–16, enthalten die wichtigsten Dokumente die portugiesische Eheschließung Philipps betreffend, die am 23. September 1542 an Karls Gesandten in Lissabon geschickt wurden. Selbst dann konnte die päpstliche Bulle noch nicht alle Fälle von Blutsverwandtschaft erfassen, und Karl musste sich eine weitere beschaffen, »suppliendo el efecto de la dispensación que se concedió quando os casastes con la princesa«: CDCV, II, S. 636–639, Karl an Philipp, 8. Juli 1548. 32 Kohnle, Das Vermächtnis Kaiser Karls V., S. 48 ff., Karl an Philipp, 4. Mai 1543 (alle nachfolgenden Zitate stammen aus diesem Dokument). Dass er seine Tochter Margarita oder seine Nichte Christina schon in jugendlichem Alter dem sexuellen Vollzug aussetzte, kümmerte Karl nicht (siehe oben). 33 Der normalerweise fügsame Borja weigerte sich, den haarsträubenden Befehl des Kaisers auszuführen, weil er fürchtete, dass »de mi yda se podría rescrescer algo de que Vuestra Magestad fuesse deservido«. Er und die Herzogin blieben deshalb zu Hause, bis Philipp und seine Gemahlin die Ehe längst vollzogen hatten: siehe Sanctus Franciscus Borgia, II, S. 460–464 und VI, S. 609–611, Francisco de Borja, Herzog von Gandía, an Karl, Philipp und Los Cobos, alle am 2. Oktober 1543. 34 BZ 144/39 und Riba García, Correspondencia, S. 25–26, Mateo Vázquez an Philipp II., mit Antwortschreiben, 28. Dezember 1574 und 21. März 1576. 35 CDCV, II, S. 172–173 und 183, Karl an Philipp, 27. Oktober und 15. November 1543, und 189–193, Philipp an Karl, 4. Februar 1544, Notiz. 36 Gonzalo Sánchez-Molero, Felipe II. La mirada, S. 124. 37 March, Niñez, I, S. 323–326, Karl an Zúñiga, 17. Februar 1545. 38 CDCV, II, S. 332 und 343, Karl an Philipp, 13. Januar und 17. Februar 1545; March, Niñez, I, S. 324, Karl an Zúñiga, Brüssel, 17. Februar 1545, alle mit eigenhändigem Postskriptum. 39 Gonzalo Sánchez-Molero, El aprendizaje, S. 166; druckt einen Teil des Dokuments, das Philipp in einer privaten Investiturzeremonie am 16. September 1546 vorgelegt wurde. 40 CDCV, II, 407, Karl an Philipp, 2. August 1545, Postskriptum; AGS E 641/11–12, Karl an Los Cobos, 3. August 1545, mit Postskriptum von eigener Hand. 41 AGS E 644/20, Karl an Philipp, 25. Dezember 1547; CDCV, II, S. 564–569, Karls Instruktionen an Alba [18. Januar 1548]. 42 Kohnle, Das Vermächtnis Kaiser Karls V., 18. Januar 1548, sämtliche nachfolgenden Zitate sind dieser Ausgabe entnommen. Granvelles Abschrift, bei der es sich um einen früheren Entwurf zu handeln scheint, ist abgedruckt in PEG, III, S. 267–318. Möglicherweise benutzte Karl einen von Granvelle erstellten Entwurf als Grundlage, wie das anscheinend auch bei den Instruktionen von 1539 der Fall war (Kap. 10); vielleicht arbeitete er aber auch allein wie bei den Instruktionen von 1543 (Kap. 11). Da kein Original erhalten zu sein scheint, kann man es unmöglich mit Sicherheit sagen. 43 In dem Text in Granvelles Archiv (und auch im Text des »Großen Politischen Testaments«, der in Kohnle, Das Vermächtnis Kaiser Karls V., S. 69–97, abgedruckt ist) fehlt der Abschnitt über Pier Luigi Farnese und Piacenza, vielleicht hat Karl ihn also selbst hinzugefügt (CDCV, II, S. 576 Anm. 691). Paul III. war Ottavios Großvater und hatte daher eine vorgefasste Meinung zu diesem Thema. 44 Gachard, »Mémoire«, S. 29, Manrique an Cisneros, 8. März 1516. Siehe auch den gescheiterten Teilungsplan, der Karl 1519 von Margarete von Österreich und ihrem Rat vorgeschlagen worden war, siehe Kap. 4 oben. 45 Pietschmann, »Carlos V y la formación«, S. 440–444, und ders., »Carlos V y América«, S. 267–275, liefert eine ausgezeichnete Analyse der drei Abschnitte von Karls »Großem Politischen Testament«, die sich mit Amerika beschäftigen. Es ist die einzige bedeutende Überlegung des Kaisers zu den dortigen Angelegenheiten. Bemerkenswerterweise sparte er zwei andere wichtige Fragen aus: Spaniens »gerechten Anspruch«, zu regieren, und kirchliche Angelegenheiten. 46 Pietschmann, »Carlos V y la formación«, S. 444–445. 47 CDCV, II, S. 612–615, Karl an Philipp, 9. April 1548. Der Kaiser rechtfertigte seine Entscheidung teils mit dem »gesunden Menschenverstand und der Besonnenheit«, mit der Maximilian auf dem Augsburger Reichstag »die Angelegenheiten des Reiches an meiner statt regelt«. 48 ASF MdP 4307, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 28. September 1548. 49 ASF MdP 4307, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 9. November 1548 und 6. April 1549. 50 BL Eg. Ms. 2148/16v, Bericht über den »Einzug des Prinzen von Spanien« in Mantua von Thomas Hoby, einem Augenzeugen. 51 RTA, XVIII, S. 2082–2176, dort abgedruckt die Debatten auf dem Reichstag von März bis Juni 1548 über den »Burgundischen Vertrag«. Wortlaut des Vertrags in: Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 392–398.

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Anmerkungen

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52 Kohler, Karl V., S. 328 (»Huldigungsreise«); Frieder, Chivalry, S. 133–158, schildert und analysiert »les fêtes de Binche«. Im Jahr 2003 wurde der jährliche Karneval in Binche von der UNESCO in die Liste der »Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit« aufgenommen. 53 ASF MdP 4307, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 28. Juni 1549; und MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 7. Dezember 1549. 54 Firpo, Relazioni, II, S. 831, Bericht von Marino Cavalli, 1551. 55 Giles, The whole works, I/2, S. 255, Roger Ascham an Edward Raven, 29. Januar 1551 (er beschreibt die Fahrgastkähne, die den Rhein befuhren). 56 Reiffenberg, Lettres, S. 12–13, van Male an Louis de Praet (seinen Patron), 17. Juli 1550. Verschiedentlich ist behauptet worden, dass der Kaiser seine Lebenserinnerungen van Male diktierte, aber sein Brief sagt ganz klar, dass Karl »scriberet in navi«. Morel-Fatio, Historiographie, S. 160, behauptet, dass Karl mit dem Schreiben seiner Erinnerungen aufhörte, als er am 18. Juni Mainz erreichte, aber das scheint nicht fundiert zu sein: Er schiffte sich am 14. Juni in Köln ein und reiste auf seinem Binnenschiff rheinaufwärts, bis er am 23. Juni Speyer erreichte (Foronda, Viajes, S. 617–618). Zu den »Lebenserinnerungen« siehe auch Anhang I. 57 Reiffenberg, Lettres, S. 12–13, van Male an Louis de Praet, 17. Juli 1550; Zimmerman, »The publication«, S. 89, Bernardo de’ Medici, Bischof von Forlì, an Herzog Cosimo, Augsburg, 19. Dezember 1550. 58 Ribadeneyra, Vida, S. 109v–110. Leider nennt Ribadeneyra kein Datum und macht nur die wenig hilfreiche Angabe, dass diese Unterhaltung an »no sé qual de las vezes que estuvo el padre Francisco en Iuste con el emperador« stattfand. Der wahrscheinlichste Anlass dürfte der Dezember 1557 gewesen sein, als der künftige Heilige zwei volle Tage zu Besuch beim Kaiser weilte: GRM, I, S. 235. 59 CDCV, IV, S. 486: Ich zitiere durchweg aus dieser Fassung. 60 Morel-Fatio, Historiographie, S. 170–171, führt die verschiedenen »numérotages« in den »Erinnerungen« Karls auf. 61 CDCV, IV, S. 532, schildert »la primera falta o yerro« von »los de la Liga de Schmalkalden«, und ebd., S. 560, stellt die »sexta falta y error« heraus. 62 Pacheco, Libro de descripción, Nr. 84. Mexía schloss seine im April 1547 veröffentlichte Historia Ymperial mit der Aufforderung, jemand möge eine würdige Geschichte Karls schreiben. Er machte sich sofort an seinen neuen Auftrag, wobei er Dokumente aus der Biblioteca Colombina in seiner Geburtsstadt Sevilla benutzte, war aber, als er starb, erst bis zum Jahr 1530 gekommen. 63 Giovio, Pauli Iovii opera, II, S. 170–171, Giovio an Karl, 14. August 1550; ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici, Bischof von Forlì, an Cosimo, 8. November, 1., 9. und 19. Dezember 1550, und 9. Januar 1551 (einige teilweise veröffentlicht in Zimmerman, »The publication«, S. 87–90). Zu weiteren Informationen über Karl und seine Historiografen siehe Kagan, Clio, Kap. 2; zu Ávilas Arbeit als protocronista siehe Gonzalo Sánchez-Molero, »Acerca«, S. 177–178, und ders., El César, S. 275–283. 64 Pérez de Tudela Bueso, Documentos, I, S. 207–209, La Gasca an van Male, Palencia, 23. August 1553, mit einer Antwort auf das Ersuchen um Details; Gómara, Hispania Victrix (der Druck »acabáse a veinte días del mes de agosto« 1553; im Jahr davor war in Saragossa eine frühere Fassung gedruckt worden); Pérez Pastor, La imprenta, S. 94–97, real cédula (königlicher Erlass) vom 17. November 1553, gefolgt im Februar 1554 von Stellungnahmen der Sevillaner Buchhändler. 65 LCK, II, S. 562, Karl an Maria, 25. April 1547; CDCV, IV, S. 559, erwähnt die gegensätzlichen Darstellungen des Geschehens an der Furt bei Ávila und in Karls »Erinnerungen«. 66 Kagan, »La propaganda«, S. 213–214, stellt die Früchte zusammen, die in den Jahren 1548/49 aus den kaiserlichen Werbeaktivitäten resultierten. 67 Plon, Leone Leoni, S. 370–372, Leoni an Perrenot, 14. August 1555, mit Angaben über den Fortschritt bei seinen verschiedenen Aufträgen; Sepponen, »Imperial materials«, Anm. 5, nennt ihre Standorte im Jahr 2014. 68 Ozment, Die Tochter des Bürgermeisters, S. 52 und 78, Anna Büschler an Erasmus, Schenk von Limpurg, damals in Worms, 9. Mai 1521. In der Kunstkammer des Wiener Kunsthistorischen Museums befindet sich ein weiterer Stein aus einem Damespiel, der Karls Konterfei trägt und in den 1540er-Jahren in Augsburg hergestellt wurde (Inv.-Nr. KK_3853). Gunn, War, S. 250, gibt einen Überblick darüber, welche Medien verwendet wurden, um Karls Bild in den Niederlanden zu verbreiten. 69 Plon, Leone Leoni, S. 362–363, Leoni an Perrenot, 1550. Ando, Imperial ideology, insb. Kap. 7 und 8, liefert glänzende Ausführungen dazu, wie die römischen Kaiser (die Karl als Vorbilder dienten) sich durch eine Vielzahl von Medien nach außen darstellten. 70 Reiffenberg, Lettres, S. 12–13, van Male an Praet, 17. Juli 1550, Postskriptum (über das Vorhaben eines lateinischen Textes). Morel-Fatio, Historiographie, S. 172–173, argumentiert überzeugend, dass Ferdinand der Hauptadressat für die »Lebenserinnerungen« war.

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786 Anhänge 71 Bernays, Urkunden, 2. Abteilung, IV/2, S. 822 und 826, Jakob Sturm und andere an die Magistrate von Straßburg, 15. und 31. Dezember 1547; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 412–414, Mocenigo und Badoer an die Signoria, 19. April 1548; NBD, X, S. 377–380, Kardinal Santa Croce an Kardinal Farnese, 15. Juni 1548. AGS E 1199/26, Granvelle an Alba, 19. Oktober 1548, mit der Mitteilung, die Feinde des Kaisers würden das Gerücht verbreiten, dass »der Prinz kommt, um zum König von Italien und römischen König gemacht zu werden«. 72 Von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 726–728, Ferdinand an Maria, 29. März 1549, und S. 729–730, Marias Antwort, 13. April 1549. Ich orientiere mich hier an der ausgezeichneten Erörterung der Frage, wann und warum Karl seine Meinung zur kaiserlichen Sukzession änderte, in Rodríguez-Salgado, »El ocaso«, S. 53–57. 73 Von Bucholtz, Geschichte, IX, S. 495–497, Maria an Ferdinand, 1. Mai 1550. Hier zitiert aus: Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 401–403. Philipps »sehr große Gründe« sind wahrscheinlich die von Lanz abgedruckten: Staatspapiere, S. 450–461, »Denkschrift über die Succession in der Kaiserwürde«. 74 Von Druffel, Briefe und Akten, III, S. 161–165, und Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 793 Anm., zwei Briefe von Ferdinand an Maria, der erste undatiert und der zweite am 19. Juli 1550 abgeschickt. 75 CSPSp, X, S. 156–157, Perrenot an Maria, 16. August 1550; PEG, III, S. 448, Perrenot an Renard, 2. September 1550. 76 LCK, III, S. 12, Ferdinand an Karl, 14. Dezember 1550, und S. 15–21, Karl an Maria, 16. Dezember 1550 (Karls Bericht über den erbitterten Wortwechsel erscheint hier in direkter Rede). Rodríguez-Salgado, »El ocaso«, S. 57–58, liefert eine knappe Darstellung des Streits. 77 LCK, III, S. 15–21, Karl an Maria, 16. Dezember 1550; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 508–510, Mocenigo und Badoer an die Signoria, 15. Februar 1551. 78 Von Dollinger, Dokumente, S. 168–177, und von Druffel, Briefe und Akten, III, S. 196–201, hier abgedruckt die zahlreichen von Philipp und Ferdinand in Augsburg am 9. März 1551 unterzeichneten Schriftstücke, von denen viele von Maria aufgesetzt wurden. CSPSp, X, S. 245–246, hier abgedruckt die abschließende Vereinbarung in englischer Übersetzung. 79 Friedensburg, »Karl V.«, S. 76–81, Giovanni Michele an den Rat der Zehn, Dezember 1551, mit einem Bericht über Maximilians Indiskretionen; CODOIN, XCVIII, S. 24–28, Ferdinand an den Bischof von Aquila, Gesandter Philipps II., 22. Juli 1558, in einem Brief, in dem er das Versprechen bricht, seinen Neffen als Reichsvikar in Italien einzusetzen. Edelmayer, »Carlos V«, und Laubach, »Karl V.«, haben die komplizierten Nachfolgedebatten in Augsburg meisterhaft analysiert. 80 Giles, The whole works, III, 9, Ascham, A report; TNA SP 68/7 Nr. 358, Morison an den englischen Kronrat, 26. Mai 1551. Vandenesse berichtete ferner, dass »die Trennung von Vater und Sohn schwer war«: Gachard, Voyages, II, 463.

15 Die letzten Feldzüge des Kaisers (1551–1554) 1 Gutiérrez, Trento, I, S. 74–80, 107–110 und 290–295, Karl an Diego Hurtado de Mendoza, 18. März und 30. Oktober 1550 und 19. April 1551 (Entwurf). Karl hatte die Päpste seit 1524 gedrängt, ein allgemeines Konzil in Trient einzuberufen: RAH Ms. 9/4817 f. 216–25v, Karl an Sessa, 18. Juli 1524. 2 Gutiérrez, Trento, I, S. 132–135, Protest, 3. Januar 1551; ebd., III, S. 22–29, zu den Briefen mit dem Aufruf zur Teilnahme; Buschbell, Concilium Tridentinum, XI/2, S. 771–777, Julius an seinen Legaten in Trient, 16. Januar 1552, über den Witz. 3 Gutiérrez, Trento, I, S. 425–428, und II, S. 63–77, Karl an Toledo, 8. Oktober 1551 und 5. Januar 1552 (CSPSp, X, S. 431–435, enthält eine vollständige englische Übersetzung des letzteren Briefes). 4 Gutiérrez, Trento, II, S. 240–246, »Resultan los puntos que se han consultado a Su Magestad«, undatiert, aber Februar 1552; Buschbell, Concilium Tridentinum, XI/2, S. 771–777, Julius an seinen Legaten in Trient, 16. Januar 1552. Gutiérrez, Trento, III, S. 397–398, würdigt Karls Leistung, dass es ihm gelang, zumindest einige lutherische Staaten – darunter Brandenburg, Württemberg und Straßburg – zu überreden, offizielle Delegationen nach Trient zu entsenden. 5 Gutiérrez, Trento, II, S. 281–291, Karl an Diego Hurtado de Mendoza, 27. Februar 1552, Protokoll (CSPSp, X, S. 457–464, enthält eine vollständige englische Übersetzung des letzteren Briefes). Philip II. sollte eine ähnliche Parallele zwischen seinen Interessen und denen Gottes ziehen: FBD, S. 225. 6 Giles, The whole works, III, S. 10, Aschams Report; Vos und Hatch, Letters, S. 236, Ascham an Cheke, 7. Juli 1553. Siehe die ähnliche Einschätzung des französischen Gesandten Marillac etwas früher, zitiert auf S. 592–593. 7 Tytler, England, I, S. 301–307, Sir John Mason an den Kronrat, 29. Juni 1550; Rymer, Foedera, XV, S. 211–217, Vertrag von Boulogne, 24. März 1550; Alberì, Relazioni, Reihe I, Bd. 2, Abschlussbericht von Giovanni Capello, 1554.

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Anmerkungen

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8 ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Cosimo, 29. September und 3. Oktober 1550 (über die »festa maxime« an Karls Hof zur Feier der Eroberung von Mahdia); LCK, III, S. 9–11 und 55–7, Karl an Suleiman, 31. Oktober 1550 und 8. März 1551. Abgesehen von Mahdia (damals die Hauptstadt eines Gebiets, das in etwa deckungsgleich war mit der ehemaligen römischen Provinz Africa), eroberte Doria auch Monastir und Susa im heutigen Tunesien; zu den Einzelheiten der Unternehmungen siehe Alonso Acero, »Cristiandad«, und ders., »El norte de África«. 9 Giles, The whole works, III, S. 14, Aschams Report. 10 PEG, III, S. 504–510, Anweisungen von Julius für den Bischof von Imola, 31. März 1551; Dumont, Corps, IV, Teil iii, S. 26–27, Geheimvertrag zwischen Heinrich II. und Farnese, 27. Mai 1551. Philips Besuch wird erwähnt in AGS E 646/53, Karl an Philipp, 9. Juli 1551. 11 LCK, III, S. 68–71, Karl an Ferdinand, 15. August 1551; AGS CMC 1a/1231, Berichte von García Portillo, Zahlungen im Oktober 1551 an die »ynfantería y caballería spañola que quedó en guardia y presidio de las tres fuertes del ducado de Wirtemberg … al tiempo que salieron de las dichas fuertes de Wirtemberg … para baxar en Italia al cerco de Parma« und an drei Kompanien deutscher Garden unter dem Grafen Nassau. Zur kaiserlichen Wertschätzung des strategischen Werts von Parma siehe CDCV, II, S. 128, Karl an Philipp, 19. Juni 1543, und S. 576, sein Politisches Testament von 1548. 12 Issleib, Aufsätze, S. 714; Vos und Hatch, Letters, S. 132–138, Ascham an Cheke, 11. November 1550, mit einer Beschreibung von Karls lutherischen Widersachern; Rein, The Chancery of God, und Moritz, Interim und Apokalypse, ausführlich über den Widerstand in Magdeburg. Den Ehrennamen Magdeburgs – »Unseres Herrgotts Kanzlei« – verewigte Wilhelm Raabe in seiner gleichnamigen historischen Erzählung, die 1862 erstmals erschien. 13 Von Druffel, Briefe und Akten, I, S. 474–476, Heinrich an Marillac, seinen Gesandten am kaiserlichen Hof, 10. August 1550. 14 Ebd., I, S. 234–237, Ferdinand an Karl, 21. Juni 1549; LCK, II, S. 622–626 und 637–638, Moritz an Philipp, 27. Januar 1549 und Antwort vom 31. August 1549; Giles, The whole works, III, S. 57, Aschams Report. Issleib, Aufsätze, S. 494–497, dokumentiert die Bemühungen von Moritz und anderen, den Prinzen unter Druck zu setzen, damit er die Freilassung des Landgrafen erbat, was in Karls Weigerung gipfelte, 10. April 1549. Die Haft des Landgrafen war nicht billig: Die 300 spanischen Soldaten, die den Landgrafen bewachten, kosteten Karl zwischen 1547 und 1552 67 000 Dukaten (AGS CMC 1a/1519/V, Zahlung an Diego de Torralva). 15 Turba, »Verhaftung«, S. 228–231, die hier abgedruckten Erklärungen gegen Philipp von Hessen und gegen Johann Friedrich von Sachsen (verurteilt zu »Gefangenschaft für den Rest seines Lebens«) stammen aus ÖNB Codex Vindobonensis Palatinus 9363, einem Band voller Dokumente zu der Gefangenschaft der beiden lutherischen Anführer. 16 LCK, III, S. 60–67, Karl an Viglius, 17. März 1551, und Viglius’ Antwort, 25. März 1551. Benavent Benavent und Bertomeu Masiá, El secuestro, S. 82–99, hier abgedruckt auch Dokumente betreffend den erfolglosen Fluchtversuch des Landgrafen. Siehe auch Mariotte, Philippe, S. 273–275. 17 Dumont, Corps, IV, Teil iii, S. 31–33, Abrede von Lochau, 5. Oktober 1551, von Heinrich in Chambord ratifiziert, 15. Januar 1552 (deutscher Text in: von Druffel, Briefe und Akten, III, S. 340–350). Weber, »Le traité«, bietet eine ausgezeichnete Darstellung der langwierigen Verhandlungen, die zum Vertrag von Chambord führten. 18 Gachard, Rapport, S. 171, Marnix an Margarete, 12. März 1519; AGS E 64/197, Loaysa an Karl, 5. Januar 1544, mit »puntos« auf der Rückseite, die Notizen zu Karls Antworten enthalten. 19 Giles, The whole works, I/2, S. 313, Ascham an den Rektor und die Mitglieder des St John’s College, Cambridge, Augsburg, 12. Oktober 1551; und III, S. 19–20, Aschams Report, geschrieben im Juni/Juli 1553 (siehe auch Briefe von Karls anderen Ministern aus dieser Zeit, die sich weigern, die Gerüchte über eine drohende Katastrophe zu glauben, zitiert in: von Druffel, Briefe und Akten, I, S. 854 Anm. 1). Lutz, Christianitas afflicta, S. 72–84, erörtert die mangelhafte Entscheidungsfindung am kaiserlichen Hof zu dieser Zeit; Janis, Groupthink, analysiert das umfassendere Phänomen. 20 NBD, VIII, S. 717, Bericht über das Gespräch des Nuntius mit dem Kardinal von Augsburg, 8. Juni 1545; NBD, XI, S. 48–54, Pietro Bertano, Bischof von Fano, an Kardinal Farnese, Augsburg, 29. Juli 1548; ebd., S. 563–4, Marino Cavalli an den Rat der Zehn, Augsburg, 21. August 1548 (also weniger als einen Monat nach Bertanos Enthüllungen). 21 Ermittlung der Fundstellen durch das Medici Archive Project: Doc IDs # 3820 (1543), # 2367 (1545), und # 4480 (1547). Ich danke Maurizio Arfaioli für ihre Weitergabe. 22 ASP GG b 43, unfol., Natale Musi an Gonzaga, 13. Dezember 1553, und Gonzagas Anweisungen an Gonzalo Girón, seinen Gesandten bei Karl, 20. Dezember 1553, beide befassen sich mit der Kritik an Gonzaga während der vorangegangenen zwei Jahre.

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788 Anhänge 23 NBD, XI, S. 73 Anm. 1, Granvelle an Maria, 15. August 1548. De Soto setzte sich in dieser Sache schließlich durch: Karl beharrte später tatsächlich darauf, dass lutherische Prediger in den Städten entweder ihrem Glauben abschwören oder aus dem Amt scheiden müssten (siehe oben Kap. 12). Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 231, behauptet, dass Granvelle Pedro de Soto und achtzehn Monate später auch seinen Nachfolger als kaiserlichen Beichtvater, Domingo de Soto, aus seiner Stellung drängte. Juan Ginés de Sepúlveda, Historia de Carlos V, Buch XXX, Kap. 36, vermerkt, dass Karl nach dem Tod von Los Cobos und Granvelle seine Entscheidungen nur mit »sehr wenigen« besprach. 24 NBD, XVI, S. 121–124, Martinengo an Kardinal del Monte, 29. März 1552; Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 831 Anm. 1, Perrenot an Maria, 17. November 1551. Siehe auch NBD, XII, S. 28–30, Bertano an Julius III., 8. Juni 1551, der klagt, wie schwierig es sei, bei Karl eine Audienz, ganz zu schweigen von einer Entscheidung, zu bekommen, weil er so viel Zeit auf der Jagd verbringe. 25 Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 830 Anm. 3, Perrenot an Maria, 14. Juni 1551. 26 LCK, III, S. 78–83, Maria an Perrenot, 5. Oktober 1551. Karl reiste am 2. November von Augsburg nach Innsbruck ab. 27 Giles, The whole works, III, S. 9 und 28–30, Aschams Report (der leider endet, als Moritz seinen Marsch auf Innsbruck beginnt). Von Druffel, Briefe und Akten, I, S. 674, Gerhard Veltwyk an Karl V., Juli 1551, der über Friedrichs Wut auf Ávila berichtet. 28 NBD, XII, S. 155–160, Nuntius Camaiani an del Monte, 27. Januar 1552. Karl hatte seine Tochter seit 1543 nicht gesehen; die Enkelkinder, die er traf, waren die zweijährige Anna, die später seinen Sohn Philipp heiraten sollte, und der neun Monate alte Ferdinand, der im darauffolgenden Jahr starb. María war außerdem schwanger (ihr Sohn Rudolf, der künftige Kaiser Rudolf II., wurde im Juli geboren), und sie blieb bis zum 11. Februar 1552 bei ihrem Vater in Innsbruck. 29 ASF MdP 4313 # 44, Pandolfini an Herzog Cosimo, 28. Dezember 1551; NBD, XII, S. 143–146, Camaiani an del Monte, 12. Januar 1552. 30 Grata, Des lettres, S. 258–260, Perrenot an Niccolò Belloni, 1. Januar 1552; von Druffel, Briefe und Akten, II, S. 54–59, Perrenot an Viglius, 24. Januar 1552; Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 834 Anm. 1, Perrenot an Maria, 27. Januar 1552, und Karl an Maria, 26. Februar 1552. 31 LCK, III, S. 98–106, Instruktionen an M. de Rye, 3. März 1552, mit einer Liste der Zugeständnisse, die Karl nun zu machen bereit war; von Druffel, Briefe und Akten, II, S. 70–71, Karl an Maria, 28. Januar 1552, Postskriptum von eigener Hand. 32 Dumont, Corps, IV, Teil iii, S. 33–34, Eid der Stadt Metz, 21. April 1552. 33 Gachard, »Charles-Quint«, Sp. 838 Anm. 2, Karl an Maria, 21. März 1552; LCK, III, S. 107–108, geheime Instruktionen an M. de Rye, 3. März 1552. 34 Fernández Álvarez, Política mundial, S. 306–317, Instruktionen an Juan Manrique de Lara, 28. März 1552, und AGS E 90/7–9, weitere Instruktionen am 29. März 1552; CDCV, IV, S. 485, Karl an Philipp, [29.] März 1552 (Fernández Álvarez erschließt Datum und Art der Übermittlung aus ebd., S. 471). 35 LCK, III, S. 159–162, Karl an Ferdinand, 4. April 1552, eigenhändig. Karls Anweisung, dass sein Sekretär diesen Brief erst auf den Weg bringen dürfe, nachdem er Innsbruck verlassen hatte, zeigte, wie sehr er seinem Bruder inzwischen misstraute. 36 CDCV, III, S. 420, Karl an Philipp, 9. April 1552; Fernández Álvarez, Política mundial, S. 306–317, Instruktionen an Juan Manrique, 28. März 1552. Beide Boten erreichten Philipp zur selben Zeit. 37 Gachard, »Charles V«, Sp. 838 Anm. 6, Karl an Maria, 15. April 1552. 38 Brandi, Kaiser Karl V., S. 507; Sandoval, Historia, II, S. 534. 39 NBD, XIII, S. 1 Anm. 1, der Gesandte von Savoyen an den Herzog von Ferrara, 22. Mai 1552; AST LM Vienna, 2/348, Stroppiana an Emanuel Philibert von Savoyen, 20. Mai 1552. Der Florentiner Gesandte berichtete, dass »der Kaiser Innsbruck in solcher Eile verließ, dass ich kaum Zeit hatte, zu packen«, und dann »die ganze Nacht ritt und vier Stunden nach Sonnenaufgang« in Sterzing angekommen sei: ASF MdP 4314/134, Pandolfini an Herzog Cosimo, 20. Mai 1552. Der Überlieferung zufolge floh der Kaiser aus Innsbruck in der geschlossenen Feldzugssänfte, die sich heute in der Real Armería in Madrid befindet. 40 Greppi, »Extraits«, S. 219–220, Stroppiana an Emanuel Philibert, Villach, 30. Mai 1552. 41 LCK, III, S. 300–303 und 305–308, Ferdinand an Karl, Passau, 27. und 28. Juni 1552. 42 Ebd., S. 318–329, Karl an Ferdinand, 30. Juni 1552 (bei von Druffel, Briefe und Akten, II, S. 645–650, findet sich eine andere Fassung desselben Briefes, gefolgt von einer Liste der Zugeständnisse, die Karl zu machen bereit war: ebd., S. 650–655). Sämtliche Zitate im nächsten Abschnitt stammen aus diesem Brief. Zu weiteren

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Anmerkungen

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Einzelheiten der Diskussion um diesen Vertrag siehe Greppi, »Extraits«, S. 227–228, Stroppiana an Emanuel Philibert, 10. Juli 1552. 43 LCK, III, S. 329, Karl an Ferdinand, 30. Juni 1552, eigenhändiges Proskriptum; von Druffel, Briefe und Akten, II, 658, Karl an Maximilian, Villach, 1. Juli 1552, eigenhändig. 44 BNE Ms. 7915, unfol., Raimundo de Tassis an Perrenot, Madrid, 9. Juni 1552; von Druffel, Briefe und Akten, II, S. 681–687, Karl an Maria, Lienz, 16. Juli 1552; NBD, XIII, S. 20–22, Camaiani an del Monte, 5. Juli 1552 (meine Hervorhebung). 45 AGS E 647/30, Luis de Orejuela an Gonzalo Pérez, Brixen, 28. Juli 1552; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 536–539, Marc’Antonio Damula an die Signoria, Innsbruck, 4. August 1552. Von Druffel, Briefe und Akten, III, S. 532–535, hier abgedruckt Karls Ratifizierung des Vertrags von Passau, München, 15. August 1552. 46 CDCV, III, S. 478, Karls Instruktion an Figueroa, [6.] September 1552 (zu diesem Datum siehe Anm. 48 unten). 47 NBD, XIII, S. 107–111, Camaiani an del Monte, Esslingen, 9. und 11. September 1552. Der Florentiner Gesandte hob hervor, dass Karl »in voller Rüstung ritt«: ASF MdP, 4314, unfol., Pandolfini an Cosimo, 13. September 1552. 48 AGS E 90/97–8, Eraso an Philipp, 27. September 1552; CDCV, III, S. 478, Karls Instruktion an Figueroa, seinen Abgesandten bei Philipp, [6.] September 1552. Fernández Álvarez, ebd., datierte das Dokument auf den 18. September, aber Lutz, Christianitas afflicta, S. 106, hat als Datum überzeugend den 4., 5. oder 6. September vorgeschlagen. 49 AGS E 648/85, Karl an Ferrante Gonzaga, 28. Juni 1552; Brandi, »Karl V. vor Metz«, S. 26–30; Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 423–427, Karl an Maria, 23. September 1552. 50 LCK, III, S. 512–513, Karl an Maria, 13. November 1552, eigenhändig; AGS E 90/97–8, Eraso an Philipp, 27. September 1552. 51 NBD, XIII, S. 92–96 und 116–120, Camaiani an del Monte, 22.–23. August und 16. September 1552, beide verschlüsselt. 52 CDCV, III, S. 542, Karl an Philipp, 25. Dezember 1552, worin er erklärt, warum und wie er Metz belagerte; AGS E 90/97–8, Eraso an Philipp, 27. September 1552. Der Florentiner Gesandte vermerkte, dass Karl »nicht wollte, dass Albrecht Alcibiades ihm die Hand küsst«, aber Alba überzeugte ihn von der Notwendigkeit: ASF MdP, 4314, unfol., Pandolfini an Cosimo, 23. November 1552. 53 AGS E 90/97–8, Eraso an Philipp, 27. September 1552; Zeller, Le siège, S. 105–106, Karl an Maria, 21. Oktober 1552. 54 GRM Introduction, S. 28 Anm. 1, Bossu an Maria, 23. Oktober und 21. November 1552; Le Petit, La grande chronique, II, S. 208. 55 CDCV, III, S. 543, Karl an Philipp, 25. Dezember 1552; ASF MdP, 4314, unfol., Pandolfini an Cosimo, 29. November 1552. Siehe auch Zeller, Le siège, S. 126–127, Karl an Maria, 14. November 1552, mit einer Kritik an »jenen, die sagen, dass ich meinen gesamten Ruf aufs Spiel setze, wenn ich nicht obsiege«. 56 Zeller, Le siège, S. 145–146, Karl an Maria, 11. Dezember 1552 (über die Minen); NBD, XIII, S. 395–402, Bericht von Camaianis Sekretär über seine heimliche Besichtigung der Belagerungswerke rings um Metz, 20. November – 12. Dezember 1552; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 578–580, Damula an die Signoria, 20. Dezember 1552. 57 Brantôme, Oeuvres complètes, IV, S. 89 (»Ç’a été le plus beau siège qui fût jamais«); Greppi, »Extraits«, S. 233–234, Stroppiana an Savoyen, 31. Dezember 1552; TNA SP 68/11 Nr. 604, Richard Morison an den Kronrat, Januar 1553; CCG, IV, S. 554, Perrenot an Morillon, 18. März 1573. 58 Zeller, Le siège, S. 153–154, Karl an Maria, 20. Dezember 1552; Reiffenberg, Lettres, S. 76–78, van Male an Praet, 23. November 1552 (ebd., S. 44–45, ders. an dens., 5. Mai 1551, erwähnt ebenfalls, dass der Kaiser »immer wieder die Psalmen Davids liest, die ihn inspirieren«); Pérez de Tudela Bueso, Documentos, I, S. 207–209, La Gasca an van Male, 23. August 1553, mit dem Kommentar zu dem kürzlich aus den Niederlanden erhaltenen Buch des Kaisers. 59 Zeller, Le siège, S. 154–155, Karl an Maria, 22. Dezember 1552 (er wusste noch nicht, dass Hesdin am 18. Dezember kapituliert hatte). Dieselbe Begründung nannte er seinem Sohn: CDCV, III, S. 553, Karl an Philipp, 25. Dezember 1552. 60 Zeller, Le siège, S. 258–263, und Rosenthal, »Plus Ultra«, S. 216, zu den Festmedaillen. 61 Greppi, »Extraits«, S. 238, Stroppiana an Savoyen, 10. Februar 1553; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 590–592, Damula an die Signoria, 11. Februar 1553; Rigault, »Une relation inédite«, S. 302.

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790 Anhänge 62 Linas, Translation, und Finot, »Compte«, dokumentierten die Überführung der Gebeine des Herzogs von Nancy nach Luxemburg im Jahr 1550 (und im Jahr 1562 weiter nach Brügge). 63 Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 587–589, Damula an die Signoria, 23. Januar 1553 (mit Details zur Zusammensetzung der gegnerischen Fraktionen an Karls Hof). 64 Berechnungen für Spanien bei Tracy, Emperor, S. 240–245; Summen für die Niederlande aus ADN B 2482, 2493, und Henne, Histoire, X, S. 87, Abrechnungen des Generalkämmerers Robert de Bouloingne für 1550, 1552 und 1553. Siehe auch Braudel, »Les emprunts«. 65 Reiffenberg, Lettres, S. 89–92, van Male an de Praet, 24. Dezember 1552; GRM Introduction, S. 30 Anm. 1, Cornelis van Baersdorp an Maria, 30. Dezember 1552; TNA SP 68/11 Nr. 604, Morison an den Kronrat, Januar 1553, eigenhändig. 66 Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 590–592, Damula an die Signoria, 11. Februar 1553; Greppi. »Extraits«, S. 237, Stroppiana an Savoyen, 4. Februar 1553. Ein Florentiner Gesandter fürchtete ebenfalls, dass Karl bald sterben würde: ASF MdP, 4314, unfol., Bartolomeo Concini an Herzog Cosimo, 5. und 10. Januar 1553. 67 Henne, Histoire, X, S. 13–17, dort abgedruckt Karls Rede vom 13. Februar 1553; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 603–607, Damula an die Signoria, 19. Mai 1553. 68 AGS E 98/274–5, Denkschrift von Francisco Duarte, im September 1553 an Philipp geschickt, aber über einen langen Zeitraum zusammengestellt unter Einbeziehung eines mündlichen Berichts von »NN« – Nicholas Nicolay –, der ebenfalls undatiert ist, aber sicher abgeschlossen vor Juni, als Duarte die Niederlande verließ; Turba, Venetianische Depeschen, II, S. 603–607, Damula an die Signoria, 19. Mai 1553 (über Praet); PEG, III, S. 639–641, Karl an Perrenot, 20. April 1553. 69 CDCV, III, S. 577–592, Karl an Philipp, 2. April 1553, mit einem auf den 27. April datierten Postskriptum – offensichtlich das Datum, an dem Karl den Brief dem Herzog von Alba anvertraute, weil der Prinz genau darauf antwortete; ebd., S. 592–595, Philipp an Karl, 18. Mai 1553. Alle Zitate in diesem und im folgenden Absatz stammen aus diesem Brief. 70 CDCV, III, S. 583–584, Karl an Philipp, Brüssel, 2. April 1553. 71 Martens, Militaire architectuur, S. 225, Roeulx an Maria von Ungarn, 5. April 1553; ebd., S. 283–284, Befehl Karls V., 19. Juni 1553; Rabutin, Commentaires, I, S. 199 (zu Thérouanne), und 203 (zu Hesdin). 72 NBD, XIII, S. 259–261 und 269–278, Bischof von Imola an den Papst, 28. Mai, 8. und 10. Juni 1553 (im zweiten Brief wird Perrenot zitiert). Zweifellos wusste Karl von einem geplanten Attentatsversuch im Jahr 1546: Henne, Histoire, VIII, S. 298, Brief von Roeulx an Maria. 73 NBD, XIII, S. 298–299, Imola an den Papst, 29. August 1553, verschlüsselter Zusatz; TNA SP 69/1/69, Bischof Thirlby an den Kronrat, 10. September 1553, und SP 69/1/113, Thirlby und Mason an Königin Mary, 10. Oktober 1553. Zum Feldzug von 1553 siehe Martens, Militaire architectuur, Kap. 5. 74 AGS E 1498/6, unbetiteltes Schriftstück von Ende 1554, das beginnt mit »Al tiempo que falesció el Rey Eduardo«; PEG, IV, S. 108–116, Karl an Renard, 20. September 1553, worin er die Argumente darlegt, die gegenüber Mary und ihrem Rat zugunsten der »spanischen Partie« angeführt werden sollen. 75 PEG, IV, S. 77–78 und 97, Renard an Perrenot, 15. August und 8. September 1553; Gachard, Voyages, IV, S. 99, die Gesandten in England an Karl, 16. August 1553, mit Berichten über ihre Audienz bei Mary; ebd., S. 105, Karl an seine Gesandten in England, 22. August 1553; und PEG, IV, S. 113–115, Karl an Renard, 20. September 1553. 76 Gachard, Voyages, IV, S. 12, 11./15. September 1553 (der Bote war Diego de Azevedo, der »vom Kaiser kam, nachdem er zuvor Königin Mary von England besucht und gesprochen hatte«); CSPSp, XI, S. 177–178, Philipp an Karl, 22. August 1553, Notiz von eigener Hand, mit der er auf die Briefe des Kaisers vom 30. Juli 1553 antwortete. Erst nachdem dieser Brief am 11. September in Brüssel eingetroffen war, begannen ernsthafte Eheverhandlungen: PEG, IV, S. 102–104, Perrenot an Renard, 13. September 1553. Rodríguez-Salgado, Changing face, S. 77–79, schrieb die seltsame Geschichte des nicht abgelieferten Briefes vom 8. August 1553 auf, in dem Philipp versprach, seine Cousine María von Portugal zu heiraten. 77 PEG, IV, S. 108–116, Karl an Renard, 20. September 1553, mit der Anweisung, das äußerst wichtige Zugeständnis zu machen, dass Don Carlos nicht die Niederlande erben würde; CSPSp, XI, S. 326, Renard an Philipp, 29. Oktober 1553, worin er ihn drängt, die Sprachen besser zu lernen. (Ironischerweise konnte der Prinz diesen wichtigen Brief auf Französisch nicht selbst lesen und so mussten seine Sekretäre eine spanische Übersetzung für ihn anfertigen.) 78 CDCV, III, S. 636–639, Karl an Philipp, 16. und 26. Dezember 1553; CODOIN, III, S. 451–453, Karl an Philipp, 21. Januar 1554; AGS E 807/36–2, »Escriptura ad cautelam«, 4. Januar 1554. 79 CDCV, III, S. 667, Karl an Philipp, 13. März 1554.

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Anmerkungen

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80 ASF MdP 4316, unfol., Pandolfini an Herzog Cosimo, 31. Dezember 1554; AGS E 90/147–8, Eraso an Philipp, 12. Dezember 1553, Notiz; CDCV, III, S. 641–644, Karl an Philipp, 30. Dezember 1553; CDCV, III, S. 645–646, Karl an Philipp, 19. Januar 1554. An demselben Tag klagte der Sekretär Diego de Vargas, dass Karls Minister »alle verwirrt waren, weil er seit vier oder fünf Monaten keinem von ihnen Antwort gegeben hat«: AGS E 508/13, Vargas an Philipp, 19. Januar 1554. 81 NBD, XIII, S. 298–299, Nuntius Imola an Kardinal del Monte, 24. Juni 1553. Für andere Beschreibungen von Karls Wohngebäude (oft als seine »casita« oder sein »casino« bezeichnet) siehe Ribier, Lettres, II, S. 633–637; GRM Introduction, S. 77–79; und Heymans, Le palais du Coudenberg, S. 196. 82 NBD, XIV, S. 62–64, Nuntius Muzzarelli an Monte, Brüssel, 5. Mai 1554; Zanetti, Janello, S. 53, Karls Privileg zugunsten von Juanelo, 7. März 1552. Zanettis Katalog einer in Cremona (Turrianos Geburtsstadt) veranstalteten Ausstellung präsentiert faszinierendes Material über den »Fürsten der Uhrmacher« und sein Werk. 83 Morales, Las antigüedades, Sp. 91v–94v (der Eintrag zum »Mikrokosmos« war der längste zu einem zeitgenössischen Werk in dem gesamten Buch); Thieulaine, »Un livre«, S. 179; Firpo, Relazioni, III, S. 54–55, Bericht von Badoer, Frühjahr 1557 (»pottaggio di relogi«). 84 Fernández Álvarez, Felipe II y su tiempo, S. 761, Graf von Buendía an Philipp, 2. September 1552. 85 CDCV, IV, S. 40, Karl an Philipp, 30. April 1554, und S. 46, Philipp an Karl, 11. Mai 1554, und S. 109–110, Philipps Instruktionen an Johanna, 12. Juli 1554. Näheres zu dem Verfahren, durch das Johanna Regentin wurde, bei Rodríguez-Salgado, Changing face, S. 86–88. 86 TNA SP 69/4/147, Mason an Königin Mary I. Tudor, Brüssel, 20. Juni 1554. 87 AGS PR 29/10, fünftes und letztes Testament Karls V., Brüssel, 6. Juni 1554 (veröffentlicht in CDCV, IV, S. 66–98, hier sind auch mehrere Irrtümer und Auslassungen in dem von Sandoval, Historia, II, S. 639–656, veröffentlichten Text vermerkt). Fernández Álvarez, Carlos V, S. 761–779, liefert eine ausgezeichnete Analyse dieses Dokuments, wobei er (unter anderem) darauf aufmerksam macht, dass es den letzten Willen Isabellas der Katholischen anführte (und ausschließlich ihren). 88 BMECB Ms. Granvelle, V/265–8, Kodizill zu Karls Testament, 6. Juni 1554, geschrieben »in derselben kaiserlichen Handschrift«, 1624 von dem verloren gegangenen Original hergestellte Abschrift (teilweise abgedruckt in PEG, IV, S. 495–496). Obwohl der Kaiser sein Testament an diesem Tag im Beisein von drei Notaren und sieben Zeugen unterschrieb, verfasste und unterzeichnete er das Kodizill allein und verwendete sein »kleines Sekretsiegel«. Mehr darüber, wie Karl seine vier außerehelichen Kinder und deren Mütter behandelte, in Kap. 14 oben. 89 AGS PR 55 Nr. 30, Instruktionen von Karl an Eraso, Béthune, 1. September 1554, Notiz, die das »allgemeine Dokument auf Latein« erwähnt (das anscheinend nicht erhalten ist), das »ich in Namur aufsetzte« (laut Foronda, Viajes, hielt sich der Kaiser zwischen dem 27. Juli und dem 2. August 1554 in Namur auf). Bei der Abdankungszeremonie am 16. Januar 1556 übergab Karl seinem Sohn eine Kassette, die alle seine noch vorhandenen Testamente enthielt: Mayr, »Die letzte Abdankung«, S. 156–158, »Ragionamento«. 90 TNA SP 69/4/119, S. 127 und 153, Mason an Mary Tudor, 4., 11. und 26. Juni 1554; ASF MdP 4317, unfol., Pandolfini an Cosimo, 10. Juni 1554 (es muss eine lange Audienz gewesen sein, aber zum Glück sparte der Gesandte in seinem Bericht das Geheimnis der vom Kaiser bevorzugten Hämorrhoiden-Behandlung aus, »weil es wirklich nicht wichtig ist«); CSPV, V, S. 516–517, Damula an die Signoria, 30. Juni 1554. Auch dem Nuntius fiel auf, dass Karl jetzt jeden Tag im Park ritt: NBD, XIV, S. 58–62 und 79–82, Girolamo Muzzarelli, Erzbischof von Consa, an del Monte, 5. Mai und 15. Juni 1554. 91 CDCV, IV, S. 98–102, Karl an Philipp, 29. Juni 1554, Notiz. 92 NBD, XIV, S. 93–94, Muzzarelli an del Monte, 8. Juli 1554; TNA SP 69/4/165, Mason an Sekretär Petrie, 10. Juli 1554. Der Nuntius berichtete auch, dass Karls Kriegsrat gegen seine Strategie war (NBD, XIV, S. 90 Anm. 1, Muzzarelli an del Monte, 6. Juli 1554); ebenso der Florentiner Gesandte (ASF MdP 4317, unfol., Pandolfini an Cosimo, 4. Juli 1554). 93 TNA SP 69/5/18, Mason an den Kronrat, 13. August 1554, mit der Bemerkung, dass der Feldzug ganz anders gewesen wäre, wenn »es zwei Kastelle von Mailand gewesen wären«. 94 ASF MdP, 4317, unfol., Pandolfini an Cosimo, 22. Juli 1554 (mit dem Zusatz: »Dies zeigt, wie sehr er es genießt, bei der Armee zu sein«); NBD, XIV, S. 97 Anm. 8 und S. 100–102, Muzzarelli an del Monte, 15. und 22. Juli 1554; Thieulaine, »Un livre«, S. 185, 191; Anon., »Dagverhaal«, S. 282–283, 286. 95 TNA SP 69/5/2, Mason an Mary Tudor, 2. August 1554; AGS E 508/187, »Lo que vos, Mos de Obremon, gentilhombre de nuestra cámara, hauéys de hazer en Inglaterra«, »del campo«, 4. August 1554, Notiz. 96 Salignac, Le voyage, sig. Giv, Teil eines Berichts über den Feldzug von einem französischen Augenzeugen; Gachard, »L’abdication«, S. 882 Anm. 2, Maria an den Bailli (Vogt) von Brabant, 17. August 1554.

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792 Anhänge 97 TNA SP 69/5/18, Mason an den Kronrat, 13. August 1554. Der Gesandte wusste, wovon er sprach, da er mit Unterbrechungen zwanzig Jahre an Karls Hof gedient hatte, siehe ODNB, Stichwort »Sir John Mason«. 98 AGS E 508/194, Karl an Philipp und an Alba, »de nuestro exército cerca de Renti«, 15. August 1554, Mariä Himmelfahrt, derselbe Brief mit jeweils anderem eigenhändigem Postskriptum, beides Abschriften. (CDCV, IV, S. 121–122, datiert diese Briefe irrigerweise auf den 25. August); Gachard, »L’abdication«, S. 883 Anm. 1, Karl an Maria, 16. August 1554. 99 AGS PR 55 Nr. 30, Instruktionen von Karl an Eraso, Béthune, 1. September 1554, Notiz.

16 Rastloser Ruhestand (1555–1558) 1 TNA SP 69/5/58, Mason an Königin Mary Tudor, Brüssel, 10. Oktober 1554; NBD, XIV, S. 140 Anm. 6, Nuntius Muzzarelli an Kardinal del Monte, 14. Oktober 1554 (Karl »ging gestern auf die Jagd«); Tytler, England, II, S. 456, Mason an Philipp und Mary Tudor, 9. November 1554; AGS E 508/235–6, Sekretär Diego de Vargas an Philipp, 30. November 1554; Tytler, England, II, S. 462–466, Mason an den Kronrat, 25. Dezember 1554. (Die kursiv gedruckte Passage schrieb Mason auf Französisch und fügte – zum Leidwesen der Historiker – hinzu: »den ich weglasse, weil er [d. h. der Vortrag] zu lang wäre, um ihn aufzuschreiben«.) 2 CODOIN, III, S. 531–536, Ruy Gómez an Eraso, 12. August 1554, und Antwortbrief, 29. November 1554 (Philipps Kommentare auf Erasos Rückantwort zeigen, dass der Prinz selbst die gehässigen Worte seines Vaters gelesen hatte). 3 AGS PR 55 Nr. 30 und Nr. 27 ff., S. 124–127, Instruktionen Karls an Eraso, 1. September 1554 (nur Nr. 30 ist datiert, aber offenbar nahm Eraso auch die undatierten Instruktionen in Nr. 27 mit). 4 Tytler, England, II, S. 451–457, Mason an Philipp und Maria Tudor, 9. November 1554. 5 CSPV, VI/1, Badoer an die Signoria, 3. Januar 1556. CDCV, IV, S. 118–232, dort abgedruckt eine Auswahl der konkurrierenden Korrespondenz von Karl und Philipp mit Johanna. 6 CDCV, IV, S. 127–130, Philipp an Karl, London, 16. November 1554; Morel-Fatio, »Une histoire«, S. 30–31. 7 TNA SP 69/6/67–9, Mason an Königin Mary Tudor, 11. April 1555. 8 Pastor, History of the popes, XIV, S. 130, Bericht des venezianischen Gesandten nach einer Audienz bei Paul IV., Juli 1555. Lutz, Christianitas afflicta, S. 374–398, bietet eine ausgezeichnete Darstellung dieser Entwicklungen. 9 ASF MdP 4318 unfol., Pandolfini an Herzog Cosimo, 31. Mai 1555; Ribier, Lettres, II, S. 633–637 (März 1556). 10 TNA SP 69/6/67–9, Mason an Königin Mary Tudor, 11. April 1555; CSPV, VI/1, S. 39–41, Badoer an die Signoria, 6. April 1555; TNA SP 69/6/75, Mason an den Kronrat, 26. April 1555 (mit einigen Fehlern abgedruckt in Tytler, England, II, S. 466–468). In Wirklichkeit hatte Karl die Insignien des Ordens im Februar 1509 erhalten, vor 46 Jahren (siehe Kap. 1). 11 Jordan Gschwend, »Verdadero padre«, 3,030–1, Anna de Andrade an Catalina, Karls jüngste Schwester und Königin von Portugal, Brüssel, 15. August 1554; Bataillon, »Charles-Quint«, S. 402, wo er aus Cipriano de Huergas Kanzelrede in Alcalá am 19. April 1556 zitiert. Sepúlveda, Historia de Carlos V, Buch XXX, Kap. 25, behauptet: »im Alter von fünfzig fielen ihm allmählich die Zähne aus«. 12 Aram, Juana, S. 277–278, berichtet von einem Seufzer der Erleichterung unter Philipps Höflingen auf die Nachricht vom Tod seiner Großmutter hin. Stirling-Maxwell, Notices, S. 27, schreibt, dass ein Erlass des Kaisers vom Januar 1556 den anderen erlaubte, wieder Seide zu tragen, während er selbst, wie er darin erklärte, für seine Mutter bis zu seinem Tod Trauerkleidung tragen wollte. 13 LCK, III, S. 622–628 und 681–683; Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 453–459. Karl an Ferdinand, 8. [richtig 10.] Juni 1554 und 19. September 1555 (Karl schrieb, dass er beschlossen habe, »de non me plus enveloper en ce point de religion« – eine sehr dezidierte Aussage). RTA, XX/4, S. 3012–3158, hier sind alle 144 Artikel des Reichsabschieds abgedruckt, der am 25. September 1555 ausgefertigt wurde und dessen Kern den Religionsfrieden betrifft. Tüchle, »The peace«, bietet einen ausgezeichneten Überblick über den Augsburger Religionsfrieden. 14 CSPV, VI/1, S. 186–188, Badoer an die Signoria, Brüssel, 14. September 1555; NBD, XIV, S. 302–304, Muzzarelli an Paul IV., 15. September 1555; Gachard, Analectes Belgiques, S. 70–72, Karl an den Statthalter von Hainaut, 26. September 1555. 15 Gachard, »L’abdication«, S. 891–894, zu den säumigen Provinzen (Hainaut und Geldern; Overijssel und Drenthe), und S. 901 und 923–948 zu den übrigen. Siehe auch den Bericht über diese Ereignisse in CSPV, VI/1, S. 214–216 und 218–220, Badoer an die Signoria, Brüssel 16. und 23. Oktober 1555; und GRM Introduction, S. 82 Anm. 3 zur Gesamtzahl (»Mehr als 1000 Menschen waren in der großen Halle«). Le Petit, La grande chronique, II, S. 235, hier abgedruckt Karls Rede aus diesem Anlass.

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Anmerkungen

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16 Gachard, Analectes Belgiques, S. 77–79, der einen Augenzeugen zitiert; ASF MdP 4319/240v, Ricasoli an Herzog Cosimo, 22./26. Oktober 1555; SLID, III, S. 142 Anm. 111, »Escrito de Corte«. Andere Augenzeugen vermerkten, dass der Kaiser »mist ses lunettes« und »zekere rolleken« hielt, als er sprach, siehe GRM Introduction, S. 87 Anm. 1, und CSPV, VI/1, S. 221–224, Badoer an die Signoria, 26. Oktober 1555. 17 Ansprache und Ereignisse rekonstruiert aus Gachard, Analectes Belgiques, S. 87–91, »Receuil de ce que l’empereur dit de bouche aux estatz generaulx«, mit ziemlicher Sicherheit von Perrenot aus den »Notizen« erstellt, die Karl benutzte (ich habe die erste Person Singular verwendet); Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 466–468 (Auszüge aus der Ansprache Karls); Le Petit, La grande chronique, II, S. 236; Stirling-Maxwell, Notices, S. 14–19, Badoer an die Signoria, 26. Oktober 1555; und Kervyn de Lettenhove, Relations politiques, I, S. 4–7, Mason an Petrie, 27. Oktober 1555, mit einem »Vermerk« zu den Geschehnissen. Andere Details aus ASF MdP 4319/240v, Ricasoli an Herzog Cosimo, 22./26. Oktober 1555; SLID, III, S. 142 Anm. 111, »Escrito de Corte«; sowie der spanische Cancionero und die »Ypern-Handschrift«, zitiert in GRM. Zu den Schwierigkeiten, diese und andere Berichte über die Zeremonie miteinander in Einklang zu bringen, siehe S. 676. 18 GRM Introduction, S. 98, hier abgedruckt ein Bericht von Joachim Viglius über »jedes Wort, das der König sprach«. Sir John Mason vermerkte missbilligend, dass »der König selbst nicht gut in einer geziemenden Sprache zu den Leuten sprechen konnte«: Kervyn de Lettenhove, Relations politiques, I, S. 6. PEG, IV, S. 486–489, hier abgedruckt Karls Abdankungsakte als Herrscher der Niederlande, Brüssel, 25. Oktober 1555. 19 Gachard, Analectes Belgiques, S. 102–106, Patent, 25. Oktober 1555. Da am Ende der Zeremonie alle erschöpft waren, leisteten Philipp und die Generalstaaten erst am folgenden Tag die gegenseitigen Eide: ebd., S. 79–80. 20 CSPV, VI/1, S. 242–243 und 288–289, Badoer an die Signoria, 11. November und 22. Dezember 1555. 21 Stirling-Maxwell, Notices, S. 28–33, Badoer an die Signoria, 16. Januar 1556 (zusammengefasst in CSPV, VI/1, S. 317–318). Siehe auch den zeitgenössischen Bericht über die Zeremonie, abgedruckt bei Mayr, »Die letzte Abdankung«, S. 156–158. Benutzte Karl für diese Ansprache dieselben Notizen? Die Quellen schweigen. 22 GRM Introduction, S. 110–142, mit Details zu den einzelnen Abdankungserklärungen; AGS PR 45/9, Karls Ernennung Philipps zu seinem Generalvikar in Italien, 16. Januar 1556. Obstruktion durch aragonesische Beamte zwang Karl zu einer zweiten Resignation auf diese Krone im Juli 1556, und selbst dann wurde Philipp erst formell als König anerkannt, als er sich 1564 persönlich dorthin begab: Buyreu Juan, La corona de Aragón, S. 85–90. 23 CSPV, VI/1, S. 321–322, Badoer an die Signoria, 19. Januar 1556; Rodríguez-Salgado, »Los últimos combates«, S. 97, Karl an Maximilian, Januar 1556. 24 Stirling-Maxwell, Notices, S. 14–19, Badoer an die Signoria, 31. März 1556 (zusammengefasst in CSPV, VI/1, S. 394–395). 25 Ribier, Lettres, II, S. 633–637 (auch abgedruckt in Cimber und Danjou, Archives curieuses, 1e série, III, S. 296–306), Augenzeugenbericht von der französischen Gesandtschaft im März 1556; CSPV, VI/1, S. 389–390, Badoer an die Signoria, 28. März 1556 (Fregosos Kinder); Paredes, »The confusion« (die Wandteppiche). Zweifellos erinnerte Karl sich an die rührenden Strophen 330–333 gegen Ende des von Olivier de la Marche 1483 verfassten Fürstenspiegels Le chevalier délibéré, die den unaufhaltsamen Verlust körperlicher Funktionen thematisieren, der mit dem Alter einhergeht: La Marche, Le chevalier délibéré, S. 283–285. 26 ASF MdP 4319/528, Ricasoli an Herzog Cosimo, 31. März 1556; Kervyn de Lettenhove, Relations politiques, I, S. 43, Mason an Peter Vannes, 29. Juni 1556. 27 CSPV, VI/1, S. 468–471, Badoer an die Signoria, 31. Mai 1556. 28 LCK, III, S. 693, Karl an Ferdinand, 3. November 1556. Ebd., III, S. 698–699 und 702–703, Karl an Ferdinand, 5., 16. und 28. Mai 1556, voller Klagen über die Verzögerungen. 29 Badoer bemerkte die Tränen, als Karl Brüssel verließ: Stirling-Maxwell, Notices, S. 51–52. Zu dem fast 600 Tage währenden kaiserlichen Interregnum siehe Neuhaus, »Von Karl V. zu Ferdinand I.«. Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 480–482, druckt die kaiserliche Instruktion für die Abdikationsgesandtschaft zu Ferdinand I. und zu den Kurfürsten, datiert auf den 3. August 1556, in der Ferdinand die Verwaltung des Reiches übertragen wird, während Karl den Titel behält. 30 PEG, IV, S. 469–480, Maria an Karl, undatiert, wahrscheinlich Ende August 1555 (ein faszinierender Brief). Gerüchte, dass Maria vorhatte, sich gemeinsam mit ihrem Bruder nach Spanien zurückzuziehen, waren schon lange bei Hof umgegangen: NBD, XIV, S. 176–177, Muzzarelli an Monte, 18. November 1554, der von »discorsi de speculativi« berichtet. 31 ASF MdP 4320/152–3, Ricasoli an Herzog Cosimo, 29. August 1556. Der Gesandte fügte hinzu: »Ich war erstaunt, dass er mir so lange vertraute.« Paul IV. war gerade achtzig geworden; er sollte Karl um fast ein Jahr überleben.

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794 Anhänge 32 CSPV, VI/1, S. 622–624, Badoer an die Signoria, 16. September 1556; BNF F. f. 16,121/295–316, »Discours de l’embarquement de l’empereur«, erstellt von einem Bevollmächtigten des französischen Botschafters am 30. Oktober 1556. Siehe auch SLID, III, S. 169 Anm. 137, Einträge aus dem Logbuch, das der Kommandant von Karls Flotte, Luis de Carvajal, führte. 33 AGS E 883/15, Juan Manrique de Lara an Prinzessin Johanna, Rom, 1. April 1556 (der Papst sagte, dies »hera la más rrara cosa que se havía visto«); Ribadeneyra, Vida, f. 98v (gestützt auf das, was Borja »selbst mir einige Jahre später erzählte«, wobei er hinzufügt, dass entgegen der anfänglichen Geheimhaltung Karl Borja bei ihrem Treffen sagte: »Jetzt, wo ich Ernst gemacht habe, könnt Ihr darüber sprechen«); Sigüenza, Historia, II, S. 148 (der behauptet, dass Karl diese Inspektion von Yuste »mehr als zwölf Jahre« vor dem Besuch des Prinzen Philipp 1554 anordnete – mit anderen Worten 1542 oder früher). Der »Soundso« war mit Sicherheit Luis de Ávila y Zúñiga, der seinen Wohnsitz in Yuste in der Nähe des Konvents hatte, den er gut gekannt haben dürfte (anders als Karl). Ávila war also wahrscheinlich einer der von Sigüenza erwähnten »gelehrten und umsichtigen Männer«. 34 AGS PR 55/30, Instruktionen für Francisco de Eraso darüber, was er Philipp sagen müsse, 1. September 1554; Stirling-Maxwell, Notices, S. 28–33, Badoer an die Signoria, 16. Januar 1556 (zusammengefasst in CSPV, VI/1, S. 317–318), in beiden ist die erste durch die dritte Person Singular ersetzt. 35 Mignet, Charles- Quint, S. 188 Anm. 1, Lorenzo Pirez de Tavora an Johann III., Yuste, 15. Februar 1558. 36 Anon., La renunciación, erster Artikel (eine 1556 veröffentlichte zweiseitige Flugschrift, die die Angabe macht: »desde su niñez tuuo propósito de lo hacer así«). Karl V. hatte das Werk de la Marches in den Jahren 1550/51 aus dem Französischen ins Spanische übersetzt: Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 314–315, und Checa Cremades, »El caballero«. 37 GRM Introduction, S. 40–41, Karls Verfügung für García de Castro, 30. Juni 1553, und für Philipp, 17. Dezember 1553 (Gachard behauptet, dass beide Dokumente 1554 geschrieben wurden, nicht 1553, aber das ergibt keinen Sinn, weil die Mönche in Yuste die 3000 Dukaten tatsächlich am 25. Juni 1554 erhielten). Pizarro Gómez, »El monasterio«, S. 97–99 und 103, zur ersten Phase der Bauarbeiten, die 1539 begannen, dem Todesjahr der Kaiserin: ein verlockender Hinweis darauf, dass Karl möglicherweise bereits überlegte, sich nach Yuste zurückzuziehen. 38 GRM, II, S. 4 (Corral); GRM Introduction, S. 163–164, Bruder Juan de Ortega an Karl, 9. August 1554. Dieselbe Raumaufteilung sollte später auch Philipps Räume im Escorial kennzeichnen. 39 Checa Cremades, »Venezia«, S. 140, Tizian an Kardinal Farnese, 16. Januar 1567; Checa Cremades, Inventarios, I, S. 265, auf den 18. August 1556 datiertes Bestandsverzeichnis (»Premièrement de la Trinité, faicte par Tisiane, en grande forme, sur toile«). 40 ADN B 2510/636, Bericht des Generalkämmerers Robert de Bouloingne für 1555 (Vermeyen); Checa Cremades, Inventarios, I, S. 266 und 299, die Inventare von 1556 und 1558: Porträt der »rreyna de Ynglaterra« von »Tomás Moro«. Sowohl in Mancini, »Los últimos cuadros«, als auch in Baker-Bates, »The ›cloister life‹«, finden sich Reproduktionen und Besprechungen der religiösen Gemälde, die Karl mit nach Yuste nahm. 41 Checa Cremades, Inventarios, I, S. 261–265 (»Inventario de vajillas, pinturas y objetos litúrgicos«, Brüssel, 18. August 1556), und 597–598 (Post-mortem-Inventar von Karls beweglichem Gut). Zanetti, Janello, darin Abbildungen »kleiner runder Taschenuhren«, ähnlich jenen, die Karl mitnahm. 42 Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 311–337, befasst sich mit den Büchern, die Karl nach Yuste mitnahm, und dem Umstand, dass sie überwiegend um die »ars moriendi« kreisten (Le chevalier délibéré fiel in diese Kategorie). Allerdings merkt er an, dass der Kaiser in Yuste auch andere Bücher lesen konnte, die Besucher mitbrachten, und dass er dies auch tat. Ebd., I, S. 263–294 zu den Büchern, die 1543 im Kronarchiv im Kastell von Simancas deponiert wurden. Der Band »Estatutas« befindet sich heute in IVdeDJ, Signatur 26-I-27 (ein Faksimile erschien 1998). 43 Rodríguez-Salgado, »Los últimos combates«, S. 97, Karl an Maximilian, Januar 1556; GRM, II, S. 8 und 19 (aus Corrals »Historia breve«). Reglá war Karl 1551 aufgefallen, als der Kaiser ihn zum Konzil von Trient entsandte, damit »aya allí letrados de la corona de Aragón«: AGS E 646/49, Karl an María, 9. Juli 1551. 44 GRM, I, S. 4, Bruder Juan de Ortega an Juan Vázquez de Molina, Yuste, 5. Oktober 1556, und S. 5–6, Gaztelú an Vázquez de Molina, Laredo, 6. Oktober 1556. SLID, III, S. 166–167 und Anm. 130, 131, hier abgedruckt Philipps Briefe über die Vorbereitungen. 45 GRM, I, S. 7–11, Quijada an Vàzquez de Molina, 6. und 8. Oktober 1556. 46 CSPV, VI/1, S. 638–640, Giovanni Michiel an die Signoria, 22. September 1556, und S. 631–633, Bernardo Navagero an die Signoria, 19. September 1556; CSPV, VI/2, S. 719–723, Navagero und Pebo Capella an die Signoria, 20. Oktober 1556. Zu Pauls rechtlichen Schritten gegen den Kaiser in den Jahren 1556/57 siehe Tellechea Idígoras, »Lo que el emperador no supo«. Paul hatte als päpstlicher Diplomat an Karls Hof in den Niederlanden

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(1516/17) und in Spanien (1518/19) gedient und behauptete später, er habe demissioniert, »weil er Karls Tyrannei nicht ertragen konnte«: CSPV, VI/1, S. 700–704, Navagero und Capella an den Dogen, Rom, 12. Oktober 1556, nach einer Audienz. 47 GRM, I, S. 6–7, Quijada an Vázquez de Molina, Laredo, 6. Oktober 1556; SLID, III, S. 232 (»Retiro, estancia y muerte«); GRM, II, S. lxvii Anm. 1, Karl an den Hof von Alcaudete, 6. September 1557 (zusammen mit weiteren Beispielen für Karls Weigerung, sich noch mit öffentlichen Angelegenheiten zu befassen). Zum Gebrauch der Wendung »en mi tiempo« durch den Kaiser siehe GRM, I, S. 300, und II, S. 485–486. 48 SLID, III, S. 234–236 (»Retiro, estancia y muerte«). Siehe auch S. 414 zu Karls Lob für Bettzeug aus amerikanischen Federn, das man ihm geschickt hatte, damit er es warm haben sollte. 49 GRM, I, S. 39–43, Quijada an Vázquez de Molina, und Gaztelú an denselben, Jarandilla, 14. und 15. November 1556; SLID, III, S. 236. Siehe auch SLID, I, Karte gegenüber S. 144, »Itinerario de Carlos V, desde Bruselas a Yuste«. 50 GRM, I, S. 41–51, Gaztelú an Vázquez de Molina, 15., 18. und 20. November 1556, und Quijada an denselben, 18. und 20. November 1556, lauter Briefe voller Klagen. Gaztelú erwähnte die 27 Regentage in einem späteren Brief: GRM, II, S. 145 Anm. 1, an Vázquez de Molina, 28. Dezember 1557. 51 Stirling-Maxwell, The cloister life, S. 50. 52 GRM, I, S. 84–86, Quijada an Vázquez de Molina, 6. Januar 1557. 53 Clifford, Photographic scramble, S. 19 (mit Dank an Patrick Lenaghan für diesen Hinweis); Perla, »Anton van den Wyngaerde«, S. 35 (derselbe Beitrag datierte die Zeichnung überzeugend auf 1567). 54 GRM, II, S. 13 (Hernando del Corral); GRM, II, S. 264–265, Quijada an Johanna, 31. Oktober 1557 (Karl der Gärtner). Weitere Informationen von Perla, »Una visita«, und ders., »Anton van den Wyngaerde«. 55 GRM, I, S. 234–235, Quijada tan Vazquez de Molina, 27. Dezember 1557 (die Sauna); Martín González, »El palacio«, XXIII, S. 39–40 (Bauberichte). 56 Angaben aus Checa Cremades, Inventarios, I, S. 281–834, Post-mortem-Inventar von Karls persönlichen Gegenständen; Martín González, »El palacio«, XXIII, S. 51 (17 500 Dukaten plus den Wert jener Dinge, die in Philipps Besitz übergingen); und Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V., S. 485. 57 Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 324–325, zitiert Sigüenza und identifiziert das Stundenbuch vorläufig als BNE Ms. Vit/24/3, online verfügbar auf http://bdh- rd.bne.es/viewer.vm?id=0000051953&page=1. 58 GRM, II, S. 22–26. Sigüenza übernahm Corrals Darstellung später fast wörtlich in seine Historia (ohne das kenntlich zu machen): GRM, II, S. vi–x, und SLID, II, S. 233–237 Anm., zu den Abweichungen. 59 SLID, II, S. 35, aus »Vida y fin«, verfasst von Prior Martín de Angulo (»Oh, hideputa bermejo! Aquél erró«). 60 Sandoval, Historia, »Historia de la vida que el emperador Carlos V rey de España hizo retirado en el monasterio de Iuste«, Buch VII, meine Hervorhebung. Francisco Guerrero (1528–1599) präsentierte vermutlich seine Sacrae cantiones vulgo moteta, 4 et 5 vocum (Sevilla 1555). Im Besitz von Karls Tochter Johanna befand sich bei ihrem Tod ein Exemplar davon, das sie vielleicht von Karl geerbt hatte. 61 Sepúlveda, Historia de Carlos V, VI, S. CIV (Sepúlveda an van Male, 1. Juni 1557, über Sleidan) und 155–156 (Buch XXX: 31, zu dem Gespräch); GRM, I, S. 308–310, Karl an Vázquez de Molina, 9. Juli 1558. Siehe Anhang I unten zu Karls Memoiren. 62 GRM, II, S. 25 (Corral); GRM, I, S. 89–90, Gaztelú an Vázquez de Molina, 16. Januar 1557. Cadenas y Vicent, Carlos, S. 97, vermerkt 237 erhaltene Briefe. 63 Rodríguez-Salgado, Changing face, S. 132. 64 Kervyn de Lettenhove, Relations politiques, I, S. 54–59, Philipps Anweisungen an Ruy Gómez, 2. Februar 1557 (geändert von der dritten in die erste Person Singular). 65 AGS E 128/326, Karl an Philipp, Yuste, 15. November 1557, mit eigenhändigem Postskriptum; und E 128/317, »Relación de cartas del emperador a Su Magestad«. Eraso versah beide Dokumente mit einem Zusatz. 66 GRM, II, S. 186–187 und 195–196, Karl an Valdés, 18. Mai und 2. Juni 1557 (siehe den Rest der erbitterten Korrespondenz auf S. 188–203). Karl hatte Valdés für Sevilla nominiert, nachdem Loaysa 1546 gestorben war; Valdés lieh am Ende 50 000 Dukaten statt der verlangten 150 000. 67 BNE Ms. Caja 18,667/90, Sekretär Vargas an Juan de Vega, 4. November 1557, Abschrift (der Besucher war Ruy Gómez da Silva); CODOIN, XCVII, S. 335–339, ein anonymer Würdenträger, mit ziemlicher Sicherheit Gutierre López de Padilla, an Ruy Gómez, Valladolid, 4. Januar 1558. 68 GRM, I, S. 170, Quijada an Vázquez de Molina, 4. September 1557; ebd., I, S. 218, Gaztelú an denselben, 23. November 1557.

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796 Anhänge 69 CDCV, IV, S. 296–297, Karl an Johanna, 31. Januar 1557; und S. 415, Karl an Philipp, 31. März 1558, eigenhändiges Postskriptum. Obwohl Oran verschont wurde, eroberte und plünderte im Juli 1558 eine französisch-türkische Flotte Ciutadella auf Menorca – »die größte Katastrophe, welche die spanische Monarchie im 16. Jahrhundert im Mittelmeerraum erlitt« –, aber Karl starb wahrscheinlich, bevor er davon erfuhr: Vidal, »La defensa«, S. 586–587. 70 CDCV, IV, S. 309–311, Karl an Johanna, 1. April 1557, Kopie des eigenhändigen Briefes; GRM, I, S. 148–149, Gaztelú an Vázquez de Molina, 12. Mai 1557 (der von einer Schimpfkanonade des Kaisers berichtet). 71 CODOIN, XCVII, S. 335–339, ein anonymer Würdenträger, mit ziemlicher Sicherheit Gutierre López de Padilla, an Ruy Gómez, Valladolid, 4. Januar 1558. 72 Tellechea Idígoras, Tiempos Recios, IV, S. 329–332, Karl an Johanna, und AGS E 128/1, Karl an Philipp, beide aus Yuste am 25. Mai 1558 (teils abgedruckt in Kohler, Karl V., S. 362). Ironischerweise umfasste trotz dieses Eifers Karls Bibliothek in Yuste auch einige von der Inquisition verurteilte Werke. Näheres dazu bei Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 322–324, dessen unfreundlicher (aber zutreffender) Schluss lautet, dass die Häresie »im eigenen Gepäck des Kaisers« in Yuste eintraf. 73 Rodríguez-Salgado, Changing face, S. 211; und »Los últimos combates«, S. 104. 74 Kohler, Karl V., S. 362, Karl an Johanna, 25. Mai 1558, meine Hervorhebung. 75 GRM, II, 120–3, Quijada an Vázquez de Molina, 6. Dez. 1557; SLID, III, 544, Mathys an Philipp, 1. Apr. 1558 76 GRM, II, S. 22 (Bruder Hernando del Corral berichtet von dem Besuch des künftigen Don Juan in einem Kapitel, das hervorhebt, wie wenig Besucher Karl zuließ). Der einzige andere Augenzeuge, der den Besuch von Doña Magdalena vermerkte (»die von Seiner Majestät gebeten worden war, ihn zu besuchen«), erwähnte Gerónimo nicht, weil ihm die wahre Identität des Jungen offenbar nicht bekannt war: GRM, II, S. 454–455, Gazteltú an Vázquez de Molina, 19. Juli 1558. 77 GRM, I, S. 449–450, Quijada an Philipp, 13. Dezember 1558, worin er seinem Herrn darlegt, wie er Gerónimo zu erziehen beabsichtige, bis Philipp zurückkehre, und erklärt, Karl habe gewollt, dass »dies bis zur Ankunft Eurer Majestät geheim bleibt und wir danach tun sollten, was auch immer Euer Majestät anordnen mögen«. (Natürlich hatte Karl angenommen, dass er bei Philipps Rückkehr noch am Leben wäre.) Corral behauptete, dass der künftige Don Juan de Austria während der gesamten Exequien nahe bei Quijada stand (GRM, II, S. 54–55). Der historische Roman von Uslar Pietri, La visita en el tiempo, beginnt damit, wie der elfjährige Don Juan Quijada und anderen dabei zusieht, wie sie ein Bestandsverzeichnis der Habe des verstorbenen Kaisers zusammenstellen, von dem er noch nicht weiß, dass er sein Vater ist. (Ich danke José Luis Gonzalo Sánchez-Molero für diesen Hinweis.) Im Jahr 1563 wurden einige dieser Gegenstände »für den Gebrauch Don Juans de Austria« erworben: Checa Cremades, Inventarios, I, S. 558–562. 78 Checa Cremades, Inventarios, I, S. 288, »Inventario Postmórtem«, begonnen am 28. September 1558. 79 Zu dem Kräuterheilmittel für die kaiserlichen Hämorrhoiden siehe die in GRM, I, S. 121–125 und 144–146 sowie II, S. 109–110 abgedruckten Briefe. García Simón, El ocaso, Kap. 6, zur Litanei des Kaisers über seine gesundheitlichen Probleme in Yuste. 80 GRM, II, S. 314–315, Ávila an Vázquez de Molina, 28. Februar 1558; SLID, III, S. 544, Mathys an Philipp, 1. April 1558 (aus dem Lateinischen übersetzt). 81 GRM, II, S. 470–472, Quijada an Vázquez de Molina, 9. August 1558 (»por el gran calor que haze y él [Karl] siente, duerme ventanas y puertas abiertas«). 82 GRM, I, S. lxxxix–xc, »Historia breve« von Corral, wieder abgedruckt in SLID, II, S. 125. Obwohl Sigüenza die Geschichte in seiner Historia ausschmückte (SLID, II, S. 249–250), stützte er sich zweifellos auf Bruder Hernandos Darstellung. Eine Inschrift in Yuste erinnert daran, dass »der Kaiser hier unten saß, als er am 31. August 1558 um vier Uhr nachmittags erkrankte« (Fernández Álvarez, Carlos V: el César, S. 846 Anm. 20). 83 GRM, I, S. 331–336, Dr. Mathys an Vázquez de Molina, 3. und 4. September 1558, und Quijada an Vázquez de Molina und Johanna, 4. September 1558 (zwei Briefe); ebd., I, S. 353–354, Mathys an Vázquez de Molina, 8. September 1558; ebd., I, S. 370–373, Quijada an Philipp, 17. September 1558 (auch in Kohler, Karl V., S. 363). 84 AGS PR 29/11, »Codicillo original que otorgó el emperador Don Carlos«, 9. September 1558 (abgedruckt in Sandoval, Historia, II, S. 657–661, aber ohne die zahlreichen beigefügten eidesstattlichen Erklärungen, Zusätze und Unterschriften anzuzeigen). 85 GRM, I, S. 365–366 und 377, Quijada an Vázquez de Molina, 14. und 18. September 1558, beide eigenhändig; und ebd., S. 374–375, Mathys an Vázquez de Molina, 18. September 1558. SLID, III, S. 633–675, veröffentlichte einen tageweisen Bericht über die letzten drei Wochen des Kaisers, zusammengestellt von dem Archivar Tomás González aus den vorhandenen Quellen in Simancas (siehe S. 672–673 oben). 86 GRM, II, S. 506–507, Quijada an Philipp, 12. Oktober 1558.

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Anmerkungen

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87 GRM, II, S. 413–414, Mathys an Vázquez de Molina, 30. Mai und 19. Juni 1558; Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 323–324. Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 346, behauptet, dass Karl eine französische Bibel besaß, die vor seinem Tod verbrannt wurde; und auf S. 344 legt er dar, dass zur kaiserlichen Bibliothek in Yuste ein Werk von Erasmus gehörte (seine Precatio dominica), obwohl die ältere Forschung dies durchweg bestritten hat. Zu Dr. Egidio, von Karl gefördert und verteidigt von Domingo de Soto, siehe Luttikhuizen, Underground Protestantism, S. 188–199; zu Constantino, der Philipp II. auf seiner Bildungsreise 1548 und später auch nach England begleitete, siehe ebd., S. 200–211. 88 Tellechea Idígoras, »Carlos V«, S. 51–52, und ders., Así murió, S. 79–80, Aussage von Bruder Luis de San Gregorio, Augenzeuge bei dem Gespräch. Johanna hatte ihren Vater gewarnt, »sich vorzusehen«, wenn er Carranza traf, weil Valdés zufolge einige der in Valladolid inhaftierten Lutheraner den Erzbischof belastet hatten (AGS E 128/393–5, Johanna an Karl, 8. August 1558, mit eigenhändigem Einschub – eine höchst ungewöhnliche Praxis). Don Francisco de Toledo sagte später aus, dass »er gehört hatte, dass Seine Majestät [Carranza] eigentlich nicht dort haben wollte«: Tellechea Idígoras, Así murió, S. 93–94; Kohler, Karl V., S. 364. 89 Tellechea Idígoras, Así murió, S. 14–15, zitiert eine – später gestrichene – Passage aus Carranzas unveröffentlichtem Manuskript De recta spe filiorurm Adae, in der der Erzbischof Karls Todeskampf schildert; Kohler, Karl V., S. 367. Bei dem Gemälde handelte es sich wahrscheinlich um Vermeyens Schmerzensmann. 90 Tellechea Idígoras, Así murió, S. 67 und 69, Aussage von Bruder Francisco de Ángulo, Augenzeuge des Gesprächs; Kohler, Karl V., S. 366. 91 GRM, I, S. 385–386 and 405–407, Quijada an Vázquez de Molina, 21. und 26. September 1558, und S. 408– 411, Quijada an Philipp, 30. September 1558; Tellechea Idígoras, Así murió, 70, 61–62 und 94–96, Aussagen von Bruder Francisco de Ángulo, Bruder Marcos de Cardona und Francisco de Toledo (der auch etwas berichtete, das er von seinem Bruder, dem Grafen von Oropesa, gehört hatte). Tellechea Idígoras, Así murió, S. 51–101, hier abgedruckt sämtliche eidesstattlichen Erklärungen der Augenzeugen. Großinquisitor Valdés ließ Carranza 1559 verhaften, und er sollte die nächsten siebzehn Jahre im Gefängnis verbringen, während zuerst spanische und dann römische Inquisitoren nach Beweisen für Ketzerei suchten. FBD, S. 330–348, bietet einen Überblick über diesen »Jahrhundertprozess«; Kohler, Karl V., S. 363–367. 92 Ordi, »The severe gout«, Zitat von S. 519; Zulueta, »The cause«, S. 109; und Zulueta, Tuan nyamok, S. 336–343. Zur Echtheit des abgetrennten Fingers siehe Anhang II unten. 93 Zulueta, »The cause«, S. 107; ders., Tuan nyamok, S. 342–343.

17 Der Kaiser in Legende und Geschichte 1 Marcel Proust, In Swanns Welt. Aus dem Französischen übersetzt, Frankfurt am Main 1979; Der junge Marcel schlief wahrscheinlich ein über Jules Michelets Buch für Kinder, François Ier et Charles-Quint 1515–1547 (Paris 1887). 2 GRM, I, S. 405–407, Quijada an Vázquez de Molina, 26. September 1558; SLID, II, S. 136 (Corral); Snouckaert van Schouwenburg, De republica, erstmals im Mai 1559 in Gent zur Veröffentlichung zugelassen und häufig nachgedruckt. 3 Marín Cruzado, »El retrato«, S. 123, verzeichnet drei unterschiedliche Darstellungen Karls V. als einer der Heiligen Drei Könige; Archivo Municipal de Zaragoza, Box 7775, Papst Leo X. an Ferdinand von Aragón, 1. November 1515 (mein Dank an Bethany Aram, dass sie mir von diesem erstaunlichen Dokument erzählte). Checa Cremades, Carlos V, S. 163–171, bietet einen ausgezeichneten Abriss über »Das Image des Kaisers als neuer Messias«. 4 NBD, 2. Ergänzungsband 1532, S. 424–428, Aleandro an Sanga, 21. August 1532, und S. 441–444, Aleandro an Papst Clemens, 1. September 1532. Zu weiteren Informationen über Karl und Molcho (hebräisch Schlomo Locho, ursprünglich Diogo Pires) siehe Lenowitz, The Jewish Messiahs, S. 103–123 (Abb. 5.2 auf S. 106 zeigt Molchos Banner und Gewand), und Fraenkel-Goldschmidt, The historical writings, S. 187–199 und 323–324 (Josel von Rosheims Bericht). Zu Karls messianischen Zeitgenossen siehe Parker, »The place«, S. 167–173. 5 Menegus Bornemann, »Los títulos«, S. 225–230, druckt die grundlegenden Rechtstitel von Ocoyoacac, einer Stadt an der Straße von Mexico City nach Toluca, worin »unser großer König Karl V.« eine wichtige Rolle spielte. Siehe auch Ruiz Medrano, Mexico’s indigenous communities, S. 112–124 und 175–178. 6 Los Santos, Descripción, S. 167–168 und 176; [Caimo], Lettere, II, S. 32–53, Brief aus der Klosterresidenz El Escorial am 22. August 1755. Für mehr Informationen zur kaiserlichen Leiche siehe Anhang II unten. 7 Leti, Vita, IV, S. 412–413 (Gesamtzahlen) und 463 (Zitat). Auernhammer und Däuble, »Die Exequien«, S. 154–157, und Schraven, Festive funerals, Tab. 2.1, bieten unvollständige Listen der Trauergottesdienste für Karl. Thomas, Gesammelte Schriften, I, S. 435–436, führt die Veröffentlichungen seit 1743 auf, die die »große Totenfeier« in Augsburg erwähnen; den Anfang macht ein zeitgenössischer handschriftlicher Bericht mit Illustrationen: ÖNB Ms. Codex 7566.

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798 Anhänge 8 Calvete de Estrella, El tvmvlo (Valladolid); La magnifiqve et svmptvevse pompe fvnèbre (Brüssel); Anon., Aigentliche unnd wahrhaffte Beschreibung, und Thomas, Gesammelte Schriften, I, S. 433–452 (Augsburg). 9 Calvete de Estrella, El tvmvlo, f. 6v. Abella Rubio, »El túmulo«, enthält drei Rekonstruktionen der von Calvete beschriebenen Bilder; Redondo Cantera und Serrão, »El pintor portugués«, dokumentieren die Dauer von Calvetes Arbeit an dem Katafalk. Zu den Totenfeiern in anderen spanischen Städten siehe Bouza Brey, »Las exequias« (Santiago de Compostela); Checa Cremades, »Un programa« (Alcalá de Henares); und Noguiera, »Les répercussions«, S. 211–213. Sandoval, Historia, II, S. 620–637, veröffentlichte eine ausführliche Schilderung der Exequien in Brüssel und in Rom (4. März 1559). 10 Burgon, Life and times, I, S. 254–255, Richard Clough an Thomas Gresham, 2. Januar 1559. Zur Zeremonie von 1516 siehe Kap. 3 oben. 11 Rose, »La hija pródiga«, schildert die Gedenkfeier in Lima und behauptet (S. 129 Anm. 1), dass Potosí und vielleicht Cuzco und Quito ebenfalls Begräbnisfeierlichkeiten veranstalteten. 12 Cervantes de Salazar, Túmulo Imperial, S. 191, 195 (Zusammenfassung in Peset Reig, »Fundación«, S. 552–553, mit einer Analyse der Texte in Sanchis Amat, »Los poemas«). Die Ausgabe dieses Werkes in der Biblioteca de la Universidad Complutense de Madrid enthält eine vollständige Ansicht des Katafalks (andere Ausgaben geben nur einen Teil wieder): siehe http://alfama.sim.ucm.es/dioscorides/consulta_libro. asp?ref=B22329791&idioma=0. Olton, »To shepherd«, mit Wiedergabe und Besprechung der Abbildung des Katafalks in dem 1562 vollendeten Tlatelolco-Codex. Bossuyt, »Charles«, S. 160, vermerkt die Verbindung zu Morales. 13 Aguirre Landa, »Viejos y nuevos«, S. 41–44, beschreibt den Inhalt von AGS CSR 180, 134 bzw. 142. Varela, La muerte, S. 85 und 145, vermerkt, dass das Testament der Katholischen Könige bescheidenere 10 000 Messen verlangte, wohingegen der letzte Wille Philipps IV. 100 000 und der Philipps V. gar 200 000 Messen forderte. 14 AGS CSR 133 Akte 11, f. 108 (die Gesamtschulden überstiegen 200 000 Dukaten); f. 129, real cédula (königliche Urkunde) vom Juli 1559; und f. 113, Consulta de descargos und Philipps Reskript, 11. Februar 1579. 15 Mulcahy, Philip II, S. 50. Pérez de Tudela, »El cenotafio«, mit einer vorzüglichen Beschreibung der Figurengruppe im Escorial und wie sie dorthin gelangte. Vielleicht in der Hoffnung, dass der Auftrag zu seinen Lebzeiten abgeschlossen werden könnte, verkleinerte Philipp die Trauergruppe von sieben auf fünf Personen, indem er seine beiden kleinen Brüder ausschloss. 16 CCG, XI, S. 277–278, Juan de Idiáquez an Kardinal Granvelle, El Escorial, 22. September 1584. Siehe CODOIN, VII, S. 90–118 (»Memorias« von Bruder Juan de San Jerónimo) und Varela, La muerte, S. 27–28, zur Überführung von Karls Leiche in den Escorial. Die azulejos von 1577/78 in der Sala Cantarera des Alcázar waren in den Jahren 2015–2017 für Besucher zugänglich. 17 BZ 144/39, Mateo Vázquez an Philipp und Reskript, 28. Dezember 1574 (zum Kontext siehe Kap. 11 oben). Zu weiteren Beispielen für den Einfluss des Kaisers auf seinen Sohn siehe Tellechea Idígoras, Fray Bartolomé, I, S. 319–321, Befragung Philipps durch die Inquisition, 11. Januar 1560, sowie Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 26–27. 18 Fernández Terricabras, »La reforma de las Órdenes«, S. 193, Philipp an Luis de Requesens, Mai 1569, meine Hervorhebung. Zu weiteren Beispielen siehe FBD, Kap. 5 und 8. 19 Parker, »The place of Tudor England«, S. 205, Philipp an den Herzog von Alba, 14. September 1571 (Teil einer Diskussion über Philipps Versuche in den Jahren 1569–1571, Elisabeth zu stürzen); AGS E 165/2–3, Philipp an Erzherzog Albert, 14. September 1587. 20 LCK, III, S. 512–513, Karl an Maria, 13. November 1552, eigenhändig; BZ 144/61, Vázquez an Philipp, und Reskript, 31. Mai 1575. Mehr zu derartigen Kontinuitäten bei Parker, »Incest«. 21 Plaisant, Aspetti e problemi, S. 111, Mendo Rodríguez de Ledesma an Philipp III., 14. September 1600. 22 AGI Patronato 29/13, Kriegserklärung Aguirres, 1561; AGS E 531/91, Bruder Lorenzo de Villavicencio an Philipp II., 6. Oktober 1566. Die Inschrift unter der Büste (von Leone und Pompeo Leoni) lautet im Original: »CAROLO QUINTO/ ET E ASSAY QUESTO PERCHE SE/ SA PER TUTO IL MONDO IL RESTO«. http://plasenciahistorica. blogspot.com/2009/07/busto- de- carlos- v.html. 23 ASP CF 127 [Spagna 4], unfol., Graf von Olivares an Ottavio Farnese, Herzog von Parma, 2. November 1568; BNE Ms. 20210/69/20, Philipp an Don Juan, 3. März 1570, eigenhändig; AGS CS 2a/280/1485–6, 1519–20, 1532–3, 1540–1, 1646–7 und 1655–6 beschreiben Geschütze, gegossen von »Gregorio Lefer« oder »de la fundición de Alemaña« und in den Jahren 1587/88 auf Schiffe der Armada verladen. Ich danke Colin und Paula Martin für ihre Hilfe bei der Identifizierung der verlorenen Löffler-Kanonen. 24 Mendieta, Historia, S. 470 (Buch IV, Kap. 29); Covarrubias, Tesoro de la lengva castellana, f. 202v; Sandoval, Historia, II, S. 618 (Buch XXXII, Kap. 17); Cervantes, Don Quijote, Buch I, Kap. 39, und Buch II, Kap. 8; Elliott, »Monarquía«, S. 699, Gesuch von Olivares, Juni 1638; Ponce de León, »La arquitectura«, über die Nachahmung von Yuste in Loeches.

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25 De Grieck, De heerlycke ende vrolycke daeden, Einleitung; Lox, Van stropdragers, passim. 26 Campanella, De monarchia, S. 98–99. 27 Brandi, »Die politischen Testamente«, S. 277–286 (die »letzten Instruktionen«). Für eine ausführlichere Diskussion dieser Fälschung siehe Anhang III unten. Richard Kagan erinnerte mich daran, dass Karl V. auch in den Hollywoodfilm Die Spur des Falken von 1941 vorkommt. 28 Einzelheiten aus Peiró Martín, En los altares, S. 167–186, zitiert Fernández Álvarez, Evolución del pensamiento histórico en los tiempos modernos (Madrid: Editora Nacional, 1974), S. 127. Dessen Sichtweise war auch 1999 unverändert: Fernández Álvarez zog in seiner Biografie das Fazit: »Carlos V, el único emperador del Viejo y Nuevo Mundo: un hombre para la Europa del año 2000« (Carlos V. El césar, S. 853). 29 De Gaulle, Discours, S. 428 (aus einer am 3. Juli 1962 gehaltenen Rede); Terlinden, Carolus Quintus (1975), reich illustriert dank eines Zuschusses der Banque de Paris und der Niederlande; Barón Crespo, »La Europa« (Vortrag, gehalten auf einer Konferenz zu Karl und Europa, meine Hervorhebung). Im Jahr 2018 erhielt Barón Crespo von der Stiftung Europäische Akademie von Yuste den »Europapreis Karl V.« für die Förderung der europäischen Einigung. 30 Rassow, »Das Bild«, S. 15, meine Hervorhebung; Torraca, Studi, S. 104–116 und 543–570. Der Text von »La ricevuta dell’imperatore alla Cava« tauchte erstmals in einer Handschrift der »Farse cavaiole« aus dem frühen 17. Jahrhundert auf, dürfte aber mehrere Jahre früher entstanden sein. Zu Einzelheiten über Karls Durchreise durch Cava am 22. November 1535 und ihren Kosten siehe Saletta, »Il viaggio«, Teil II, S. 86–88. 31 Hatons Mémoires, hier zitiert nach Potter, »Emperor Charles«, S. 138 Anm. 18; Knox, The history, S. 79, zitiert »A faithful admonition of Johne Knox to the professours of God’s truthe in England« (1554). In demselben Werk wird die »boshafte Mary« Tudor mit Isebel gleichgesetzt. 32 Sepúlveda, Historia de Carlos V, Buch XXVI:88, Buch XXVII:34 und der größte Teil von Buch XXX kritisieren den Kaiser. Obwohl Florián de Ocampo (wie Sepúlveda) seine Geschichte Karls nie veröffentlichte, führte auch er in den 1550er-Jahren Notizbücher über die Ereignisse, die viele Klagen darüber enthalten, dass die Zentralregierung eine für Kastilien schädliche Politik verfolge: BNE Ms. 9937, »Noticias de varios sucesos«. 33 Daza, Quarta parte, Buch II Kap. 36 (S. 137–138, auch in Sandoval, Historia, II, S. 637–639 und SLID, II, S. 63–66: Méndez offenbarte seine Vision erst 1582 auf dem Totenbett); Ganz, »Charlemagne in Hell« (mein Dank an Fritz Graf für diesen saftigen Hinweis). 34 Burton, Life, II, S. 84–85, Hume an Robertson, ca. 1760; Robertson, The history, III, S. 276–280 (Beurteilung) und 518–526 (Registereintrag für »Karl V.«). Auf der positiven Seite stellte Robertson als Erster fest, dass unter Karls Herrschaft ein neues politisches System in Europa entstand, das durch die Vorstellung eines Kräftegleichgewichts gekennzeichnet war. Einzelheiten dazu, wie Karl seinen ersten schottischen Biografen reich machte, in ODNB unter dem Stichwort William Robertson. 35 Von Ranke, Deutsche Geschichte; Baumgarten, Geschichte Karls V.; Stirling- Maxwell, The cloister life, S. 260. Siehe auch das im Vorwort zitierte negative Urteil Gustave Bergenroths. 36 Michelet, Histoire, S. 263 (»Bücherwurm« mutet seltsam an, wenn man bedenkt, wie wenig Zeit Karl auf das Lesen verwandte); Galasso, »La storiografia«, S. 155–156. 37 Peiró Martín, En los altares, S. 111–113; Clifford, Photographic scramble, S. 18–19 (veröffentlicht um 1860, mit den frühesten bekannten Fotografien von Yuste). Noch nachdem Miguel de Unamuno 1908 Yuste besucht hatte, klagte er in ähnlichen Worten über den schwierigen Weg von Cuacos und über die Trostlosigkeit des Ortes, als er das Kloster erreichte: Unamuno, Obras completas, VI, S. 277–282, »Yuste«. 38 Fernandez Álvarez, Carlos V. El Cásar, S. 849 (wo er seinen ersten Besuch in Yuste »1955 oder 1956« schildert); Brandi, Kaiser Karl V., S. 11, 13 (»Karls Persönlichkeit und weltgeschichtliche Stellung«). 39 Erasmus, Adagia (Paris 1500, zahlreiche Neuauflagen), S. 87–91 (Sprichwort 1-V-18: »Multa novit vulpes, verum echinus unum magnum«).

Epilog Die Bilanz der Herrschaft 1 Braudel, »Les emprunts«, S. 200. 2 Von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 400–418, »Sommaire de l’Ambassade de feu monsieur de Vienne vers l’empereur Charles V, en l’année 1550«, hier der Abschnitt mit dem Titel »Des pars bonnes ou mauvaises qui sont en l’empereur«. Marillac hatte als französischer Gesandter 1539–1543 in England und 1547–1551 an Karls Hof gedient. ASF MdP 3464/29–70, Serristori an Herzog Cosimo, 17. September 1547, mit einem treffenden Beispiel für Marillacs Theorie von den vorteilhaften Auswirkungen des frommen Rufs, in dem der Kaiser stand: Serristori behauptete nämlich, dass Karl nichts mit der kürzlich erfolgten Ermordung von Pier Luigi Farnese zu tun haben könne (Kap. 12), »weil er ein so christlicher und katholischer Fürst ist«.

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800 Anhänge 3 ASF MdP 4308, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, Augsburg, 19. Januar 1551. 4 Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 34 (beinahe ertrunken); Gachard, Voyages, II, S. 156 (zwei Quellen zu dem Vorfall in Amboise, 14. Dezember 1539). Buttay-Jutier, Fortuna, S. 391 und 419–420, über eine unveröffentlichte Abhandlung von Girolamo Borgia aus dem Jahr 1544, die Karls »sehr günstiges Schicksal« analysiert. 5 RVEC, S. 794–799, Salinas an Ferdinand, 18. März. 1537; Vilar Sánchez, Carlos V, S. 397–399 (zu der Verletzung, die er sich bei seinem Sturz 1532 zuzog). 6 Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 195 (Fürst Renatus von Orange wurde 1544 während der Belagerung der Stadt Saint-Dizier getötet). 7 Henne, Histoire, VIII, S. 298 (Brief von Roeulx an Maria, 1546, über den Attentatsversuch); Sastrow, Herkommen, II, S. 52; Greppi, »Extraits«, S. 145, Stroppiana an den Herzog von Savoyen, 24. August 1547 (über den betrunkenen Soldaten). Attentäter beseitigten mehrere von Karls Feinden, darunter sowohl Pier Luigi Farnese und Lorenzino de’ Medici als auch Rincón und Fregoso. 8 Michaud und Poujoulat, Nouvelle collection … Vieilleville, S. 113–115, »Entretien de M de Vieilleville avec le comte de Nassau« in 1551. Der Nassauer Graf war vor allem besorgt, dass sein Sohn, Prinz Wilhelm von Oranien, »niemals beim Kaiser Gunst erlangen wird«, weil er kein Spanier war. Er irrte sich. 9 Im Einzelnen vertraute er seine Kinder folgenden Personen an: Margarete gab er in die Obhut eines Höflings namens André de Douvrin; Tadea übergab er »Joanna Borgognona« (die Tadeas schwangere Mutter von Karls Hof nach Italien begleitete), Johanna Heinrich von Nassau und Gerónimo Luis Quijada: siehe Kap. 14 zu weiteren Einzelheiten. Zu Karls Anliegen, sein Sohn solle ein »verdadero príncipe de Castilla« werden, siehe FBD, Kap. 1. 10 BL Cott. Ms. Vespasian C.II/105–6, Thomas Boleyn und Richard Sampson an Wolsey, 8. März 1523; NBD, VI, S. 338–341, Karl an Ferdinand, Brügge, 2. Juli 1540 (»je ne puis estre soubstenu sinon de mes royaulmes d’Espaigne«); Braudel, »Les emprunts«, S. 195 (»un pour les Pays-Bas, quatre pour la Castille«). Im Sommer 1556 bestätigte Philipp II., dass Spanien seit 1551 elf Millionen Dukaten in bar oder als Kredit in die Niederlande transferiert hatte, um für die Kriege seines Vaters zu bezahlen: AGS E 513/114, nicht betiteltes Schriftstück, das beginnt mit »La magestad del rei nuestro señor hoyó«. 11 HHStA Belgien PA 35/1/256–66, Karl an Granvelle, [28.] Dezember 1541; HHStA Hs. Blau 596/1/7 und 11, Karl an Ferdinand, 8. März und 10. Mai 1542. Kohler, Karl V., S. 129–134, führt die deutschen Minister auf, die Karl dienten, und gibt eine Einschätzung zu ihnen. 12 Lanz, Aktenstücke, II/1, S. 128–129, Elna und Le Sauch an Margarete, London, 19. März 1520; AGS E 1555/103, Karl an Miguel Mai, 16. Mai 1529 (er entschuldigt sich, dass er auf sieben seiner Briefe nicht antworten könne, weil ihm der richtige Chiffrierschlüssel fehle); AGS E 1555/130, Karl an »Fulano y fulano, mis embaxadores«, 16. September 1529. Siehe auch AGS E K 1485/6, Granvelle an Los Cobos, 6. Januar 1540, worin er sich bei seinem Kollegen dafür entschuldigt, dass er nicht »in seiner eigenen Handschrift« schreiben könne, »weil ich nicht [Spanisch] schreiben kann«; und AGS E 638/88, eine gemeinsame consulta von Los Cobos und Granvelle vom Februar 1532, wobei Ersterer auf Spanisch und Letzterer auf Französisch schrieb. Karl antwortete jedem Minister in seiner eigenen Sprache. 13 Glapion zitiert auf S. 181 oben; Piot, »Correspondance politique«, S. 80–83, Gattinara an Barroso, kaiserlicher Botschafter in Portugal, 13. Januar 1522; NBD, XIII, S. 20–22, Camaiani an del Monte, 5. Juli 1552 (meine Hervorhebung). 14 Pietschmann, »Los problemas«, S. 54, 59; HHStA Belgien PA 2/4/68, Karl an Margarete, 25. August 1522; CMH, I, S. 410–417 und 461–463, Karl an Maria, 21. August und 20. September 1531, beide eigenhändig. Henne, Histoire, VI, S. 23–34, mit Einzelheiten zur Verfolgung der Aufrührer und Plünderer. Zu Maßnahmen gegen die Nachfahren der Comuneros im Jahr 1552 siehe S. 182–183 oben. 15 AGS GA 2/29–30, Karl an die Kaiserin, 30. August 1529; CDCV, I, S. 186, Margarete an die Kaiserin, 15. Dezember 1529 (Margarete behielt recht: Der jüngere Prinz wurde als König Heinrich II. zu Karls unversöhnlichem Feind; siehe Kap. 15 oben); Serristori, Legazioni, S. 18, Serristori, florentinischer Gesandter, an Herzog Cosimo, 2. Oktober 1537, gibt unter Berufung auf Granvelle die Haltung des Kaisers Filippo Strozzi gegenüber wieder als: »Uomo morto non fa guerra«. Kurz darauf wurde Strozzi tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. 16 CSPSp, VI/1, S. 540–542, Badoer an die Signoria, 25. Juli 1556; L&P Henry VIII, XIV/2, S. 285–288, Edmund Bonner an Thomas Cromwell, 30. Dezember 1539; TNA SP 1/170/23–33, Paget an Heinrich VIII., 19. April 1542, mit einem Postskriptum vom 22. April, in dem er den Admiral von Frankreich zitiert; AGS E 874/17–18, Juan de Vega an Karl, 19. Februar 1547 (er berichtet über eine Audienz beim Papst). 17 HHStA Hs. Blau 596/1/148v–51 Karl an Ferdinand, 28. Juni 1547, Registerabschrift. Fernández Álvarez glaubte dem Kaiser und hielt »su respeto a la palabra dada« als eine von Karls größten Tugenden hoch (Carlos V. El César, S. 853). Aber dieses Buch ist voller Beispiele dafür, dass Karl wissentlich Lügen erzählte oder seine Minister bewog, in seinem Namen Lügen zu erzählen. Siehe zum Beispiel die zahlreichen Instruktionen an seine

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Minister in Sevilla, Frachtgut zu beschlagnahmen, das Einzelpersonen gehörte, und diesbezüglich zu lügen: S. 442–443 oben. 18 Poumarède, »Le ›vilain et sale assassinat‹«, S. 7–8 (er führt Blaise de Monlucs 1590 veröffentlichte Commentaries an sowie ein Manifest des französischen Direktoriums vom 7. Mai 1799), und S. 38–43 (wo er auf die Behandlung der Morde durch Bodin, Gentili, Grotius, Wiquefort, Vattel und andere Experten für internationales Recht eingeht). Williams, »Re-orienting«, S. 24–26, vermerkt, dass Giovio in seiner History of his own times (1552/53) ausführlich auf die Morde einging, was kaiserliche Apologeten wiederum veranlasste, Karl zu Hilfe zu kommen. 19 Gunn, War, S. 27. Siehe auch die Äußerungen von Militärexperten über den Unterschied zwischen der Belagerung einer Stadt, die »à l’antiqua« befestigt war, und einer Artilleriefestung in Kap. 15 oben. Siehe auch Parker, Die militärische Revolution, Kap. 1. 20 Machiavelli (mit Pedro Navarro), »Relazione di una visita fatta per fortificare Firenze« (April 1526); Robert, »Philibert«, XL, S. 19–20 und 277–279, Châlon an Karl, 25. September und 25. Oktober 1529, eigenhändig. Der Prinz wurde eine Woche vor der Kapitulation im Kampf getötet. Blockmans behandelt diese Briefe in »Logistics«, S. 38–43, und noch einmal in Emperor, S. 140–146. 21 Robert, »Philibert«, XL, S. 282–284, Châlon an Karl, Oktober 1529, eigenhändig; Rodríguez Villa, Memorias, S. 258–259, Ferrara an seinen Gesandten am kaiserlichen Hof, 2. August 1527; Sherer, »All of us«, S. 903 (Karte der Meutereien von 1537/38) und 912 (Etikette); Sastrow, Herkommen, II, S. 50–55 (Sastrows Augenzeugenbericht darüber, wie die Meuterer 1547 in Augsburg Karl persönlich entgegentraten); Thieulaine, »Un livre«, S. 147–148 (die Meuterei der Garnisonen von Cambrai, Douai und Saint-Omer 1553). 22 PEG, V, S. 165, Juan de Vega an Philipp II., November/Dezember 1557, mit »puntos«, die sein Nachfolger als Vizekönig von Sizilien wissen sollte. 23 Tracy, Emperor, S. 182 (Tabelle 8.1) und 247 (Tabelle 11.2); AGS E 513/114, unbetiteltes Dokument, das mit »La magestad del rei nuestro señor hoyó« beginnt und die Schulden des Königs in den einzelnen Herrschaftsgebieten im Sommer 1556 genau aufführt; AGS E 8340/85, das »Decreto de suspensión« vom Mai 1557. 24 NBD, XIV, S. 82–83, Nuntius Muzzarrelli an Kardinal del Monte, 18. Juni 1554. 25 RTA, II (212 S.), X (250 S.) und XVIII (314 S.) Die Berechnungen werden erleichtert durch die Entscheidung der Herausgeber, die Acta nach Themen, nicht nach Daten zu ordnen. Die RTA für die Reichstage zu Augsburg (1530) und Regensburg (1541) sind noch nicht veröffentlicht, aber die religiöse Diskussion spielte auf den Agenden beider Versammlungen eine wichtige Rolle. 26 LWB, V, S. 197–199, Philipp von Hessen an Luther, 9. Dezember 1529. 27 Suri, The impossible presidency, S. 192, 289. 28 CWE, II, S. 193–196 (# 413), Erasmus an John Fisher, 5. Juni 1516. Siehe auch Kap. 3 oben. 29 TNA SP 1/87/81–3, Vaughan an Cromwell, Brüssel, 7. Dezember 1534, eigenhändig. Vaughan versicherte Cromwell loyal, dass weder Carondelet »noch der erste Rat irgendeines Fürsten in der Christenheit die Hälfte der Geschäfte, nicht einmal ein Zehntel [abwickelte], die Ihr erledigt habt«. Zu Vaughans Laufbahn siehe den Eintrag zu seiner Person in ODNB. Gunn, Grummit und Cools, War, liefern einen ausgezeichneten Abriss dazu, wie die militärische Revolution die Arbeitsbelastung von Regierung und Verwaltung auf allen Ebenen vergrößerte. In Saint-Omer beispielsweise (das mustergültige Aufzeichnungen hinterlassen hat) betrafen in den 1540er-Jahren »zwei Drittel der Korrespondenz des Magistrats militärische Angelegenheiten«. 30 Claretta, Notice, S. 69–84, »Première représentation de Mercurin de Gattinara à l’empereur« (Claretta datiert das Dokument auf 1526, obwohl Gattinara zweimal erwähnt, dass er seit viereinhalb Jahren als Kanzler dient. Da er den Amtseid im Oktober 1518 ablegte, muss er die Remonstranz im April 1523 verfasst haben); ebd., S. 84–92, »Deuxième représentation de Mercurin de Gattinara à l’empereur«, auf Italienisch, mit Passagen aus dem französischen Original in Bornate, »Historia«, S. 311 Anm. 4 (obwohl das Dokument undatiert ist, behauptet BKK, II, S. 152–153, überzeugend, dass Gattinara es im April oder Mai 1523 abfasste). 31 Claretta, Notice, S. 69–92; CDCV, IV, S. 511 (Karls Memoiren); CDCV, III, S. 478, Karls Instruktion an Figueroa, [6.] September 1552; Heine, Briefe, S. 494–495, Loaysa an Karl, 8. Mai 1532, und S. 445–447, ders. an dens., 12. September 1531. 32 Von Druffel, Briefe, II, S. 835–838, Perrenot an Maria, aus dem »Lager vor Metz«, 16. Dezember 1552 (eine falsche Hoffnung in diesem Fall). Zur messianischen Vision Philipps II., die der seines Vaters durchaus ebenbürtig war, siehe Parker, Grand Strategy, S. 99–102; und Parker, »The place«. 33 CWE, V, S. 108–113 (# 657), Erasmus an Heinrich VIII., 9. September 1517; Michaud und Poujoulat, Nouvelle collection … Vieilleville, S. 113–115, »Entretien de M de Vieilleville avec le comte de Nassau« in 1551. Siehe Martínez Millán, La Corte, III, für Biografien der meisten Räte Karls.

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802 Anhänge 34 Cedillo, El Cardenal, II, S. 334–336, Karl an Jiménez de Cisneros, 30. August 1516; KFF, III, S. 25–41, Karls Instruktionen an Ferdinand, 16. Januar 1531. Die vorangegangenen Kapitel enthalten zahlreiche Beispiele dafür, dass Karl Entscheidungen delegierte. 35 PEG, I, S. 603, Karls Instruktionen an Baron Balançon, Regensburg, 3. April 1532; CMH, II, S. 257–258, Karl an Maria, 31. Juli 1533 (dasselbe Argument zweimal in ein und demselben Dokument). 36 Gayangos, Relaciones de Pedro de Gante, S. 48 (Aigues-Mortes); Brigden, Thomas Wyatt, S. 439, der Karls Erklärung bei einer Audienz am 11. März 1539 zitiert; HHStA Hs. Blau 596/1/27–35v, Karl an Ferdinand, 11. August 1542. 37 LCK, II, S. 177–179, Karl an den Grafen von Nassau, 10. Mai 1535 (zum Kontext siehe Kap. 9 oben); Alonso Acero, »El norte de África«, S. 397–398 (zum Kontext siehe Kap. 15 oben); ASF MdP 4320/152, Ricasoli an Herzog Cosimo, 29. August 1555. 38 CMH, II, S. 129, Karl an Maria, 8. April 1533 (ein interessantes Dokument, wiedergegeben als Faksimile und in einer Transkription); Powell, The complete works, I, S. 197–198, Sir Thomas Wyatt an Heinrich VIII., 7. Januar 1540 (auch abgedruckt in SP, VIII, S. 219–232). 39 Baronius, Annales, XXXII, S. 125 (Giovio bei Karls Krönung zum König der Lombarden); Flaminio, Oratio, f. III (nach der Kaiserkrönung); LCK, II, S. 200, Karl an Jean Hannart, 16. August 1535. Siehe auch die identische Botschaft in CDCV, I, S. 441–444, Karl an Soria, 16. August 1535. In der Euphorie, die auf die Eroberung von Tunis folgte, glaubten mehrere Zeitgenossen tatsächlich, Karl könne Konstantinopel einnehmen: siehe Giovio, Pauli Iovii opera, I, S. 165, Giovio an Herzog Francesco Sforza, 14. September 1535 (»Gebe Gott, dass der Papst im Sommer 1536 die heilige Messe in der Hagia Sophia in Konstantinopel feiern kann«); und Gilliard, »La política«, S. 229, Sekretär Antoine Perrenin an Leonard de Gruyères, 31. Dezember 1535 »Der Kaiser hat die Macht, Konstantinopel zu erobern, und ich bete, dass Gott ihm die Gnade gewähren wird, dort zu triumphieren«). 40 Kissinger, Memoiren 1968–1973, S. 184; Burbank und Cooper, Imperien, S. 18. 41 Koenigsberger, »The empire«, S. 350–351. 42 PEG, II, S. 123–124, Karls Instruktionen an Noircarmes, Juni 1534; Powell, The complete works, I, S. 168, Wyatt an Heinrich VIII., 12. Dezember 1539; PEG, II, S. 566, Karl an M. de Bonvalot, seinen Botschafter in Frankreich, 24. März 1540. 43 Loaysa im Jahr 1532, zitiert auf S. 267 oben; BL Harl. Ms. 282/297v, Sir Thomas Wyatt an Heinrich VIII., 7. Januar 1540 (in Karls Reaktion auf Heinrichs Forderung, Robert Brancetour auszuliefern, heißt es bei Powell, The complete works, S. 193–194, »change myn honour«, »meine Ehre ändern«, aber das Original lautet eindeutig »charge«, »belasten«); Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 654–655, Soto an Karl, 25. August 1552, er erinnert ihn »an etwas, das ich Euer Majestät sagen hörte«, vermutlich während er in den Jahren 1548–1550 als kaiserlicher Beichtvater diente. Mehr über diese Kontinuitäten bei Chabod, Carlos V, S. 26–38. 44 Gonzalo Sánchez- Molero, Regia biblioteca, I, S. 259–262, zu diesem Band, für dessen Buchmalereien Karl 1537 Simon Bening 452 Pfund bezahlte. 45 Jover Zamora, Carlos V, S. 411–412, Karl an die Kaiserin, 18. Mai 1536. Rodriguez-Salgado, »The art of persuasion«, S. 71–78, führt weitere Beispiele für diese gegen die Kaiserin und Maria gerichtete Erpressung auf höchster Ebene an. 46 »Karls V. geheime Aufzeichnungen für seinen Sohn Philipp vom 6. Mai 1543«, zitiert aus Kohnle, Vermächtnis, S. 54; AGS E 640/80, Karl an Vázquez de Molina, Metz, 6. Juli 1544; CSPSp, X, S. 327, Karl an Maria, 9. Juli 1551; Gutiérrez, Trento, II, S. 240–246, »Resultan los puntos que se han consultado a Su Magestad«, undatiert, aber Februar 1552; CDCV, III, S. 543, Karl an Philipp, 25. Dezember 1552. Zu weiteren Beispielen für die Bedeutung der Reputation für Karl und dafür, wie sie sich im Lauf der Zeit veränderte, siehe Hatzfeld, »Staatsräson«. 47 RTA, II, S. 594–596, Abschrift von Karls Erklärung »fait de ma main« in der Nacht vom 18. auf den 19. April 1521; deutsche Übersetzung zitiert aus Kohler, Quellen, S. 74; SP, VIII, S. 219–232, Wyatt an Heinrich VIII., Paris, 7. Januar 1540, eigenhändiger Entwurf. Trotz dieser Behauptung konnte Karl gelegentlich »meine Inquisition ändern« und tat es auch. Brigden, Thomas Wyatt, S. 423–425, vermerkt in zwei Fällen Karls Intervention; und in den Philipp 1556 erteilten Ratschlägen drängte Karl den Sohn, »darauf zu achten, dass die Inquisition richtig betrieben wird und dass sie nicht als Vorwand benutzt wird, jemandem zu schaden« – kaum eine eindeutige Billigung (Merriman, »Charles V’s last paper«, S. 491). 48 La Gasca über Karls Furcht vor der Hölle, zitiert auf S. 449–450 oben; Rodríguez-Salgado, »El ocaso«, S. 71– 73, führt dieses Beispiel und andere spätere Beispiele an, die zeigen, wie Karls Gewissen die Politik diktierte. Lutz, »Karl V«, S. 153, hält »Gewissen« und »Skrupel« für »zwei Leitmotive« von Karls Staatskunst, aber natürlich gab es Ausnahmen: 1543/44 kämpfte Karl in einem Bündnis mit dem als Häretiker verdammten Heinrich VIII.; mit Moritz von Sachsen und anderen lutherischen Herrschern verbündete er sich sowohl damals als auch 1546/47 und mit Albrecht II. Alcibiades 1552.

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49 CDCV, IV, S. 485, Karl an Philipp, 1552. Siehe Kap. 6 zu seinen Selbstzweifeln im Jahr 1525 und Kap. 11 zu jenen im Jahr 1543. 50 AGS E 60/193–4, Loaysa an Karl, 9. September [1543], von eigener Hand, zu übergeben unmittelbar »in die Hände Seiner Majestät«; Rassow, Die Kaiser- Idee, S. 433–437, »Las pláticas que el emperador passó con [el embajador francés]«, geschickt von Idiáquez an Los Cobos und Granvelle, Februar 1538. In den 1520er-Jahren betrieb Karl auch »persönliche« Diplomatie, indem er seine eigenhändig geschriebenen Briefe mit einem besonderen Zeichen versah, um auf Dinge hinzuweisen, »an denen mein Herz hängt«: siehe Kap. 6 oben. 51 Rodríguez-Salgado, »Charles V and the dynasty«, S. 80–81; Rabe und Marzahl, »Comme représentant«, S. 79 (S. 80 zu dem bemerkenswerten Scheitern der ersten Versuche Karls, Dinge zu delegieren: in den Niederlanden 1517–1520, in Deutschland 1519/20 und in Spanien 1520/21). 52 Villar García, »Cartas«, S. 81–85, Karl an Rodrigo Mexía, 20. Februar und 28. Juli 1529 (zweifellos gingen ähnliche Briefe an sämtliche Vasallen Karls); CDCV, I, S. 292–294, Karl an die Kaiserin, 13. Juni 1531. 53 AGS E 644/102, Karl an Diego Hurtado de Mendoza, 7. Oktober 1547. Für ein weiteres Beispiel, wie Karl die durch Seereisen erzwungene Muße ausnutzte, um Pläne zu schmieden, diesmal 1541 auf Mallorca, siehe S. 338 oben. 54 Ando, Imperial ideology, xiii, S. 27, und vor allem Teil 2, wo »Charisma« eines der am häufigsten gebrauchten Wörter ist. 55 Preciado, Juan de Anchieta, Einleitung (königlicher Erlass vom 5. August 1519); González de Ávila, Historia, S. 474–480 (Cabeza de Vaca). Für mehr zu Servels siehe Kap. 1 oben und zu Jeanne siehe Kap. 14 oben. 56 Garibay, »Memorias«, S. 420–421; ASF MdP 4307, unfol., Bernardo de’ Medici an Herzog Cosimo, 30. Dezember 1548, und Brantôme, Oeuvres, I, S. 313–318, beide berichten vom Tod Burens am 23. Dezember 1548; Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 643–644 und 655, Soto an Eraso, 1. Juli 1550 (sechs Monate nach der Rückkehr nach Spanien) und 25. August 1552. Zu Beispielen für Karls Fähigkeit, »Publikum zu begeistern«, siehe S. 278 oben. 57 Gutiérrez, Trento, II, S. 117–118, Perrenot an den Bischof von Segorbe, 19. Januar 1552, Notiz; Gachard, Correspondance de Guillaume le Taciturne, I, S. 40–41, Maria an Wilhelm von Oranien, 27. Oktober 1552. 58 Grunberg, »Le vocabulaire«, S. 18–21; Headley, »The Habsburg world empire«, S. 47 (Herzog Philipp der Gute und seine Sohn Karl hatten den Konvent in Scheut 1456 gegründet); Lapèyre, Une famille, S. 127–137, »Le marchand devant Dieu«; Guyon, Mémoires, S. 78 (freilich nahmen an dem Turnier 1500 Krieger auf jeder Seite teil, und die Sieger »plünderten und brandschatzten« ein nachgebautes Schloss), 84, 94. Hingegen überging Guyon Karls Behandlung von Gent 1540, deren Augenzeuge er war, denn »würde ich das alles erzählen, würde ich zu weitschweifig werden«. 59 CLC, IV, S. 354–356, Petition der Cortes, 15. Juli 1523; Espinosa, The empire, S. 257, mit Zitaten aus Briefen der Magistrate von Calahorra und Valladolid an Karl, 7. und 8. Dezember 1526; Villar García, »Cartas«, S. 77, Rodrigo Mexía an Karl, Juni 1528; RAH Salazar A-43/176–7v, Juan Pérez an Karl, 19. September 1528. Siehe auch die ähnlichen Wünsche, die von Karls Ministern geäußert wurden: Kap. 9 oben. 60 Ariost, Der rasende Roland, 15. Gesang, Vers 25–26 (Ariost traf Karl 1532, als der Kaiser Mantua besuchte, und überreichte ihm ein Exemplar seines Werkes, wofür Karl ihn zum poeta laureatus, zum »lorbeergekrönten Dichter«, erhob); Meertens, »Een esbatement«. 61 CLC, V, S. 355–357, Petition der Cortes, 25. April 1548, auf die Nachricht hin, dass Karl seinen Kindern Philipp und María befohlen hatte, ihn in Deutschland zu treffen; Thieulaine, »Un livre«, S. 185 und 191, Einträge für August 1554. Auch Karls Regenten behaupteten regelmäßig, dass nur seine Anwesenheit die Katastrophe abwenden könne, aber sie waren natürlich befangen: Wenn Karl anwesend war, konnten sie nicht verantwortlich gemacht werden, wenn trotzdem eine Katastrophe passierte. 62 Thieulaine, »Un livre«, S. 179 (der Anwalt hatte recht: zur Rolle von Robert de La Marck, Herr von Sedan, im Jahr 1521 siehe S. 172). 63 RAH Muñoz 80/101v, Bischof Bastidas von Venezuela an Karl, 20. Januar 1535. Charles hatte dem Handelshaus der Welser aus Augsburg die Rechte zur Erkundung und Entwicklung Venezuelas übertragen, und sie entsandten mehrere Hundert Kolonisten, darunter Philipp von Hutten, den Cousin eines prominenten Aufrührers gegen Karl, Ulrich von Hutten. Über ihn ist mehr bekannt als über die meisten anderen Konquistadoren, siehe Schmitt und von Hutten, Das Gold. Siehe auch die Unterstellung in einer spanischen Flugschrift, wonach Gonzalo Pizarro Lutheraner war, in Kap. 13 oben. 64 Chabod, Storia, S. 261 und 302–303, zitiert aus einem Brief von Caracciolo an Karl, Juni 1537, und aus dem Testament des Marqués del Vasto, 28. März 1546.

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804 Anhänge 65 Braudel, »Karl V. Die Notwendigkeit des Zufalls«, S. 220, 222. Braudel vergaß vielleicht, dass Penelopes schlaue Strategie, nachts aufzutrennen, was sie tagsüber gewebt hatte, irgendwann ein Ende fand: Vier Jahre nachdem sie erfahren hatte, dass Odysseus tot war, »da verrieten mich Mägde, die Hündinnen sonder Empfindung! / Und mich trafen die Freier, und schalten mit drohenden Worten. / Also mußt’ ich es nun, auch wider Willen, vollenden« (Homer, Odyssee, 19.150–158, übers. von Johann Heinrich Voß, Hamburg 1781). 66 Escamilla, »Le règne«, S. 6–7. Wiesflecker, Kaiser Maximilian, V, S. 179–191, und Cauchies, Philippe, S. 54, kommen beide zu dem Schluss, dass die burgundischen Niederlande ohne habsburgische Ressourcen nicht unabhängig geblieben wären. 67 Edelmayer, »El Sacro Imperio«, S. 169–176. Eine Zeit lang betrachtete Ferdinand den Augsburger Religionsfrieden als eine weitere Interimsvereinbarung und ging davon aus, dass weitere Kolloquien zu einer einvernehmlichen Glaubensformel für alle christlichen Konfessionen führen würden; aber der erste Dialog 1557 in Worms scheiterte, weil die Lutheraner sich nicht einmal untereinander einig werden konnten; siehe Liebing, »Frontière infranchissable«. 68 Bofarull y Sans, Predilección, S. 64–66, Karl an den Vizekönig von Katalonien, 2. Januar 1533; Carretero Zamora, Gobernar, S. 162–163 und 402. 69 Tellechea Idígoras, Tiempos Recios, IV, S. 374–377, »Lo que el consejo de la Inquisición demanda al Rey«, Juni 1558; und S. 436–442, Johannas pragmática von Valladolid, 7. September 1558, die einen Großteil der Forderungen der Inquisition berücksichtigte. Fernández Terricabras, »De la crisis«, S. 56–59, beschreibt die in Kastilien 1558/59 ergriffenen Maßnahmen zur Kontrolle der Häresie; Bujanda, Index, führt die im Index von 1559 verbotenen Bücher einzeln auf. 70 Aram, Juana, Kap. 6, zu den drei ausgedehnten Besuchen Borjas bei Königin Johanna in Tordesillas 1554/55; zu seinen Besuchen in Yuste 1557/58 siehe Kap. 16 oben. 71 Tellechea Idígoras, Tiempos Recios, IV, S. 953–954, 995–96, Feria an Bischof Quadra (sein Nachfolger als spanischer Botschafter in England), Mechelen, 4. Dezember 1559 und 21. Januar 1560. Fernández Terricabras, »De la crisis«, mit einer glänzenden Erörterung des in Spanien 1558/59 geschaffenen Cordon sanitaire. Er merkt an, dass der Prozess, obwohl der Rhythmus der Verfolgung unter der Krone Aragón langsamer und anfangs weniger spürbar war, irgendwann ganz Spanien erfasste. 72 Powell, The complete works, I, S. 128, »Note of remembraunce by Sir Thomas Wiat«, Toledo, Dezember 1538. 73 Ando, Imperial ideology, S. 27. Siehe auch Kap. 14, 15 und 16 oben zu den angespannten Beziehungen zwischen Karl und Philipp. Siehe Parker, Imprudent king, S. 370–371, zur »analen« Persönlichkeit des Prinzen. 74 Álvarez, »The role«, erklärt, wie jeder einzelne Inzuchtkoeffizient berechnet wurde. Weber, »Zur Heiratspolitik Karls V.«, bietet die beste Analyse des kaiserlichen Heiratsimperialismus, unter besonderer Bezugnahme auf Frankreich, begleitet von eindrucksvollen Diagrammen. 75 Deswarte-Rosa, »Espoirs«, S. 270 und 293–294, zitiert Briefe von Luis de Sarmiento, dem spanischen Botschafter in Lissabon, an Karl, 23. Oktober 1539, und an Los Cobos, 21. Januar und 21. März 1540 (eigene Hervorhebung). 76 Tellechea Idígoras, El Papado y Felipe II, I, S. 199–202, Pius V. an Philipp II., undatiert, von eigener Hand (Philipps Antwortschreiben, das den Einwand zurückwies, behauptete, Pius habe ihn mit einem auf den 20. Dezember 1568 datierten Brief geschickt). 77 Acta Pacis Westphalicae, Reihe II B 5/1, S. 390–391, Servien an Lionne, 21. Januar 1647. Ludwig heiratete Maria Teresa 1660. 78 Pociecha, Polska, S. 5. 79 TNA SP 1/37/212 Wolsey an Luise von Savoyen, undatiert (aber vom 20. März 1526), französische Abschrift. 80 CDCV, II, S. 579–580; Kohnle, Das Vermächtnis Kaiser Karls V., S. 81, Karls »Großes Politisches Testament«, Januar 1548. Zwar trat Karl 1529 seine Rechte an den Molukken gegen einen große Summe Bargeld an Portugal ab, behielt sich aber die Option vor, sie irgendwann in der Zukunft zurückzukaufen; und 1543 erwog er ernsthaft das Angebot des Papstes, ihm Mailand abzukaufen, lehnte aber schließlich ab. 81 Tyler, Kaiser Karl V., S. 287, 292. 82 CSPV, V, S. 519, Damula an die Signoria, 8. Juli 1554, worin er Perrenot zitiert. 83 Sastrow, Herkommen, II, S. 647–648, geschrieben in den 1590er-Jahren; Mignet, Charles-Quint, S. 188 Anm. 1, Karls Kommentar gegenüber einem portugiesischen Gesandten im Februar 1558. 84 Heine, Briefe, S. 494–495, Loaysa an Karl, 8. Mai 1532. 85 TNA SP 1/170/23–33, Paget an Heinrich VIII., Chablis in Burgund, 19. April 1542 mit einem Postskriptum vom 22. April, worin er den Admiral von Frankreich zitiert.

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86 Gutiérrez, Trento, I, S. 411–414, Mendoza an Karl, Rom, 27. September 1551. Zu den parallelen Ansichten Perrenots und zu den katastrophalen Folgen siehe Kap. 15. 87 Huizinga, Wenn die Waffen schweigen, S. 69 (offensichtlich interessierte Karl Huizinga nicht – auch in Herbst des Mittelalters wird er nur drei Mal erwähnt); Robertson, »Empire and union« (ein erstmals 1995 veröffentlichter Aufsatz), S. 14. 88 Braudel, Les écrits, II, S. 395, aus einem 1972 gehaltenen Vortrag (nicht enthalten in der deutschen Ausgabe von Braudels Schriften zur Geschichte 2, Stuttgart 1993). Er bezog sich auf Marcel Bataillon (1895–1977), den Autor von Érasme et l’Espagne, recherches sur l’histoire spirituelle du XVIe siècle, erstmals 1937 erschienen, und von vielen anderen Werken über den holländischen Humanisten und seinen Kreis.

Anhänge I bis IV 1 Snouckaert van Schouwenburg, De republica, S. 137; Cadenas y Vicent, Las supuestas »Memorias«, S. 361–362. 2 Ich danke M. Olivier Wagner, Archivar und Paläograf der BNF, für seine Bestätigung dafür, dass das Wasserzeichen von Ms. Port. 61 Briquet Nr. 5704 ähnelt und dass die Handschrift einst Mazarin gehörte. 3 Sánchez Alonso, Fuentes, II, S. 44, Nr. 4806. BNF Ms. Port. 15, 16 und 23 und Ms. Esp. 166 sind allesamt Moura-Handschriften. Ich danke Fernando Bouza, dass er mich darauf aufmerksam machte. 4 Reiffenberg, Lettres, S. 12–13, van Male an Louis de Praet, 17. Juli 1550. In CDCV, IV, S. 361–381, räumte Fernández Álvarez mehrere Missverständnisse bezüglich der Handschrift aus dem Weg, darunter von Rankes Behauptung (Deutsche Geschichte, VI, S. 73–80, »über die autobiographischen Aufzeichnungen Kaiser Karls V.«): »Die erste Niederschrift war spanisch.« Zu der Frage, ob Karl seine Memoiren selbst schrieb oder sie diktierte, siehe S. 785 Anm. 56. 5 Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 294–392, und Regia biblioteca, I, S. 303–304 und 328–331. 6 Fernández Álvarez, CDCV, IV, S. 471 Anm. 36, behauptet überzeugend, dass Karl seine Memoiren im März 1552 einem Geheimkurier anvertraute, Juan Manrique. 7 PEG, VI, S. 290, Perrenot an Philipp, 7. März 1561; Checa Cremades, Inventarios, I, S. 291, Eintrag im Bestandsverzeichnis von Karls Besitz in Yuste (wo es heißt, die Schriften gehörten »Guillermo Miguel Lineo«, das heißt »Malineo«, die Form von »van Male«, die von den meisten seiner spanischen Zeitgenossen verwendet wurde). Gonzalo Sánchez-Molero, El César, S. 363, weist darauf hin, dass historische Werke in Yuste vorhanden waren, und nimmt dies als Beweis dafür, dass der Kaiser vorhatte, weiter an seinen Memoiren zu arbeiten. 8 Gonzalo Sánchez-Molero, Regia biblioteca, I, S. 328, Morales an Jerónimo Zurita, 20. November 1564; Domingo Malvadi, Bibliofilia Humanista, S. 449–451, Páez de Castro an Zurita, 30. Januar 1569. Offenbar starb Páez, bevor es ihm gelang, das Manuskript zu sehen. Zu den Verbindungen zwischen Páez und »Malineo« siehe ebd., S. 542, eine posthum dem König ausgehändigte Notiz aus Pàez’ Unterlagen: »Otro cuaderno en que hay diversos dichos y particularidades de las condiciones y costumbres del emperador referidas al doctor Páez por Guillermo Malineo.« 9 Gonzalo Sánchez-Molero, El Cesar, S. 295. 10 Kervyn de Lettenhove, Commentaires. Das Manuskript wurde anschließend als BNF F. f. 10,230 katalogisiert. CDCV, IV, S. 461–481, bietet weitere Einzelheiten über das Manuskript und seine verschiedenen Ausgaben. 11 Morel-Fatio, Historiographie, S. 168 Anm.1. Gelehrte Erörterungen der Memoiren finden sich auch in Brandi, »Die politischen Testamente«, S. 286–293; Fernández Álvarez, »Las ›Memorias‹ de Carlos V«; Kagan, »La propaganda«; und Gonzalo Sanchez-Molero, El César, S. 283–302 und 360–364. Zu ihrem Inhalt siehe Kap. 14 oben. 12 Ich danke Almudena Pérez de Tudela, Felipe Vidales del Castillo und Patrick Lenaghan, dass sie mich auf mehrere maßgebliche Werke zu diesem Thema aufmerksam machten und mich an ihren Erkenntnissen teilhaben ließen. 13 Los Santos, Descripción breue, S. 167–168 und 176; [Caimo], Lettere, II, S. 32–53, Brief aus dem Escorial, 22. August 1755. Varela, La muerte, S. 18–19, vermerkt, dass Karls Vater 1506 einbalsamiert wurde, ebenso seine Mutter 1555; das Wissen, um dem kaiserlichen Leichnam die gleiche Behandlung zuteilwerden zu lassen, war also verfügbar, hätten jene, die sein Totenbett umstanden, dies für erforderlich gehalten. 14 Zulueta, Tuan nyamok, S. 338–339; Salomone, »Se busca malaria«. 15 Stirling-Maxwell, The cloister life [Ausgabe von 1891], S. 408 Anm. 2, Layard an Stirling-Maxwell, 17. Mai 1871; Thausing, »Die Leiche«; Vilar Sánchez, Carlos V, S. 397–399 (das verletzte Bein). 16 Alarcón y Ariza, Viajes, S. 66–69.

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806 Anhänge 17 »El emperador Carlos V, copiado del natural en 1871«, La ilustración de Madrid. Revista de política, ciencias, artes y literatura, III, Nr. 49 (13. Januar 1872), S. 11, Rico an Mariano Fortuny, El Escorial, 18. Dezember 1871. Dieselbe Ausgabe veröffentliche auf S. 9 den Stich. 18 Bodart, »Il mento ›posticcio‹«. 19 Zulueta, Tuan nyamok, S. 336. Aller Wahrscheinlichkeit nach zeigte die Fotografie, die Zulueta inspirierte, nicht die Mumie Karls V. Obwohl er sie in der internationalen Presse in Paris sah, stammte sie vermutlich aus Spanien, aber eine Suche in den großen spanischen Tageszeitungen (El Liberal, La Libertad, La Voz, El Sol, El Heraldo de Madrid, Estampa, Crónica, El Socialista, Mundo Obrero und CNT) zwischen Juli und Dezember 1936, dem Zeitraum von Zuluetas Aufenthalt in Paris, ergab keine Anhaltspunkte für einen Übergriff auf das Pantheon der Könige und kein Foto von der Entweihung der kaiserlichen Mumie. Eine Suche im Archiv eines französischen Fotografen, der 1936 in Madrid lebte und Bilder und Informationen nach Frankreich schickte, blieb ebenfalls ergebnislos (Archivo Deschamps, aufbewahrt im Archivo de la Memoria Histórica, Salamanca). Im Jahr 2016 bestätigte ein Interview mit zwei Augustinerpriestern, die 1936 als Studenten im Escorial gewesen waren, dass republikanische Milizeinheiten den Escorial zwar angriffen, viele Priester verschleppten und sie in Paracuellos de Járama erschossen, das Pantheon indes nicht entweihten. Folglich kann das Foto, das Zulueta sah, nicht die Mumie Karls V. gezeigt haben. Vielleicht veröffentlichte die internationale Presse damals ein Foto eines Milizionärs mit einer Mumie, das an einem anderen Ort gemacht wurde, wo tatsächlich Gräber entweiht wurden, und druckte entweder die falsche Bildunterschrift, oder aber Zulueta erinnerte sich falsch an die Bildunterschrift. Jedenfalls erwies der Irrtum sich als fruchtbar, weil er Zulueta davon überzeugte, dass er beweisen könne, dass Malaria den Kaiser getötet hatte. 20 Salomone, »Se busca malaria«, zitiert eine Mitteilung von Pedro Larrea an die Generaldirektion des Patrimonio Nacional im Dezember 2004; Zulueta, Tuan nyamok, S. 341, schreibt, dass ein hoher Beamter des Patrimonio Nacional ihm von dem abgetrennten Fingerglied erzählte, als er sich in einer »exposición de retratos« im Prado das Porträt der Familie Karls V. ansah – und der Prado veranstaltete eine solche Ausstellung zwischen Oktober 2004 und Februar 2005; Beruete, »Martín Rico«, S. 540–541. 21 Patrimonio Nacional, Nr. 10044506, enthält einen Brief an Alfonso XIII., am 31. Mai 1912 unterschrieben von dem Marqués de Miraflores und der verwitweten Marquesa de Martorell, samt einer Erklärung, dass sie am 14. September 1870 in den Besitz des Fingers gelangt seien. Ich danke Pilar Benito García für die Erlaubnis, diese Stücke zurate zu ziehen. 22 Zulueta, Tuan nyamok, S. 339–343. Die Ergebnisse erschienen in Ordi, Zulueta u. a., »The severe gout«, und Zulueta, »The cause of death«. 23 Rico y Ortega, Artikel in La ilustración de Madrid, S. 10–11, Brief an Fortuny, 18. Dezember 1871, eigene Hervorhebung. 24 Salomone, »Se busca malaria«, berichtet, dass das New England Journal of Medicine, das die Ergebnisse der Tests veröffentlichte, um eine DNA-Analyse bat, »pero los investigadores no obtuvieron permiso para ello«. Das ist bedauerlich, wenn man bedenkt, dass im Jahr 2014 ein perfektes Matching mitochondrialer DNA zwischen den kürzlich auf dem Grundstück eines Mönchsklosters in Leicester ausgegrabenen Skelettresten und einem lebenden Nachfahren des Hauses Plantagenet zweifelsfrei bewies, dass es sich um das Skelett von König Richard III. von England handelte. 25 Ich danke Daniel C. Anderson, Paul Hammer, David Lagomarsino, Linda Levy Peck, Mary Robertson, Mía Rodríguez-Salgado, Andrew Thrush und Vanessa Wilkie, dass sie mich an ihren Erkenntnissen teilhaben ließen, die mir bei der Abfassung dieses Anhangs halfen. 26 Die gedruckten Texte sind Anon., The advice, und Teissier, Instructions (mit zwei späteren Ausgaben, veröffentlicht in Den Haag 1700 und 1788). Mayer, »Das politische Testament«, befasst sich mit dreizehn italienischen handschriftlichen Texten, die er in den Archiven und Bibliotheken Roms fand, und zitiert ausführlich aus einem von ihnen, aber er ignorierte mindestens zwölf weitere in schottischen, englischen, französischen, deutschen, amerikanischen und anderen italienischen Bibliotheken. 27 Mayr, »Die letzte Abdankung«, S. 156–158, veröffentlichte das Dokument aus dem HHStA Hs. 630/89–90. Das Dokument ist auf den 16. Januar 1555 alter Art datiert. Zu weiteren Informationen über diese Dokumente siehe Kap. 15 oben. 28 Der venezianische Gesandte lieferte einen ausführlichen Bericht über die Rede des Kaisers an diesem Tag, siehe S. 551 oben. 29 RAH Ms. 9/5949/12 (früher Varios de Historia Sign. Est 27, gr. 5a, E., Nr. 134, Bd. I, f. 12), »Puntos que enbió el emperador Don Carlos de gloriosa memoria al rey Don Phelipe su hijo quando dio su vuelta a Spaña. De la manera que mejor se havía de gobernar«, abgedruckt von Merriman, »Charles V’s last paper«, S. 491. 30 Brandi, »Aus den Kabinettsakten«, S. 183–184, Papier mit Ratschlägen von Gattinara, November–Dezember 1523. Unter anderem empfahl Gattinara Karl, die Muslime und Ungläubigen aus seinen Königreichen zu

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vertreiben, worauf Karl erwiderte, dass dies nicht der rechte Zeitpunkt sei, der Kanzler möge aber Vorschläge machen, welche Vorbereitungen notwendig seien, um dieses Ziel zu erreichen, und ihm später davon berichten. 31 Sollte Karl seinem Sohn 1556/56 tatsächlich ein Papier mit Ratschlägen übergeben haben, so stand er damit nicht allein: siehe die von Houssiau, »Comment gouverner«, erwähnten Schriftstücke. 32 Mayer, »Das politische Testament«, S. 476–487, listet die Fehler ausführlich auf. 33 National Library of Scotland Ms. Adv. 23.I.6, »Ragionamento di Carlo V Imperatore tenuto al re Philippo suo fi giuolo … riscritto l’anno MDXCII«; Craigie, The Basilicon Doron, II, S. 64–66 (»Die literarischen Vorläufer des Basilicon Doron«) und 171–173 (über Pemberton). 34 Die Titel von Hunt HA Papers Box 15 (8A), bzw. BL Lansdowne Ms. 792, Nr. 1, eigene Hervorhebung. Alle bekannten Kopien, vollständige und unvollständige, werden beschrieben in http://www.celm- ms.org.uk/authors/ howardhenryearlofnorthampton.html, entries HoH 28–HoH 51. 35 Hunt, HA Correspondence 6909, Howards Widmungsbrief an Elisabeth, f. 1v. 36 Ich danke Paul Hammer, der mich darauf aufmerksam machte, dass Howard und Castelvetro beide zum politischen Kreis von Penelope Devereux, verheiratete Lady Rich, gehörten, und für den Hinweis, dass Howard Elisabeth seine Übersetzung im Dezember 1592 überreichte, weil er ihr gegenüber nämlich äußerte, er habe »zwölf Jahre der Abgeschiedenheit vom Trost Eurer heiteren Blicke« erduldet – und sie hatte ihn im Dezember 1580 inhaftieren lassen: E-Mails von Hammer an Parker, 20. August und 2. September 2014. 37 Hunt, HA Correspondence 6909, Howards Widmungsbrief an Elisabeth, f. 2v. 38 Teissier, Instructions, »Avertissement« (unfoliiert). Der Kronprinz war der künftige König Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688–1740). 39 Stübel, »Die Instruktion Karls V.«, druckt den deutschen Text ab und vermerkt, worin er von Teissier abweicht. 40 Mayer, »Das politische Testament«, S. 491–494; Brandi, »Die politischen Testamente«, S. 277–286. 41 Ich danke Bethany Aram, José Luis Gonzalo Sánchez-Molero, Annemarie Jordan Gschwend, Ruth MacKay und Felipe Vidales del Castillo für ihre Hilfe bei diesem Anhang. 42 AGS PR 29/59, notariell beglaubigte Kopie des Testaments von Germaine de Foix, 28. September 1536, aus Kalabrien an die Kaiserin geschickt, zusammen mit einem auf den 18. Oktober 1536 datierten Brief. Das Original befindet sich im Archivo del Reino de Valencia, Clergat, Caixa 1824, Nr. 25. 43 Ríos Lloret, Germana, S. 114. 44 BNE Ms. 1758, Anon., »Voyages de l’empereur«, f. 15, der letzte Eintrag in einer Ahnentafel, die mit Pharamond anfängt; Llibre de memòries de la Ciutat i Regne de València, eine handschriftliche Geschichte Valencias (Francesc Joan verfasste die Einträge für die 1530er-Jahre – ich danke José Luis Gonzalo Sánchez-Molero für diesen Hinweis). 45 AGS PR 30, Nr. 19, »Inventario de las joyas, plata y recámara de la emperatriz«, ff. 1v–2, Karl an María, Augsburg, 24. April 1551. Checa Cremades, Inventarios, II, 2258, veröffentlichte den Text einer anderen Kopie von Karls Brief im 1555 verfassten »Libro de partiçyon que se hizo de la rrecámara que fue de la emperatriz«. Ich danke Annemarie Jordan Gschwend, dass sie den von María in einem von einem niederländischen Künstler um 1557 geschaffenen Gemälde getragenen »hilo de perlas« identifizierte: Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. GG_1042.

Dank 1 Gardiner, The literary Memoranda, II, S. 69–70, Prescotts Tagebucheintrag vom 1. April 1841; Temple, A sort of conscience, S. 2. Temple beabsichtigte, seine Biografie von Edward Wakefield und dessen Brüdern »binnen drei bis fünf Jahren abzuschließen, vollendete sie aber erst nach elf. Ich habe die Zeit unterschätzt, derer es bedurfte, um eine ganze Familie zu erforschen und über sie zu schreiben.« Im Jahr 1999 hat Manuel Fernández Álvarez Ähnliches von seiner Beschäftigung mit Karl V. berichtet: Alles hatte 1942 mit seiner Doktorarbeit zu der Frage begonnen, woran das Bündnis, das Spanien und England 1553 geschlossen hatten, letztlich zerbrach. Sein Blickfeld erweiterte sich 1956, als man ihn um einen passenden Beitrag zur Vierhundertjahrfeier des Todes Karls V. bat. 1999 legte er dann schließlich seine ambitionierte Biografie vor – genau rechtzeitig zur Fünfhundertjahrfeier von dessen Geburt (Carlos V: el César, S. 21–22). 2 Giles, The whole works, I.ii, S. 267–268, Ascham an Edward Raven, 29. Januar 1551. Pfarrer von Epperstone war damals Christopher Wansforth. Er, Ascham und Raven hatten alle drei am St. John’s College in Cambridge studiert, was die Bemerkung erklären mag. Ich danke John Morrill und Tracey Akehurst dafür, dass sie diesen Punkt für mich erhellt haben. Dt. Übers. nach Alfred Katterfeld, Roger Ascham, sein Leben und seine Werke (Straßburg 1879), S. 143–144. Roger Ascham spricht im Original von einem codpiece, also einer Schamkapsel, wie sie in der Herrenmode der Renaissance angesagt war.

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808 Anhänge 3 Koenigsberger und Parker, »Charles V«. Koenigsbergers Prüfungsfrage war vermutlich inspiriert von Tyler, The emperor, S. 285: »Die Mittel, die ihm zur Bewältigung der an ihn gestellten Anforderungen zur Verfügung standen, waren stets zu wenig, um einen militärischen Sieg oder diplomatischen Erfolg tatsächlich ausnutzen zu können.« 4 Ball und Parker, Cómo ser rey. 5 Siehe beispielsweise Brandis Darstellung von Karls Belagerung von Metz – in der dortigen Garnison hatte Brandi selbst 1917/18 als »erster Adjutant der Festung« Dienst getan (Brandi, »Karl V. vor Metz«, S. 1) – oder auch, wie einfühlsam Brandi von dem Schrecken schreibt, den das Graben von Minen und Gegenminen mit sich bringt (Brandi, Kaiser Karl V., S. 517–518). Auch in seinem letzten, 1945 gehaltenen Vortrag, abgedruckt in Plassmann, Karl Brandi, S. 39–43, griff Brandi auf seine Erfahrungen als »Frontkämpfer des ersten Weltkrieges« zurück. Ericksen, Complicity, S. 62–74, diskutiert den Einfluss von Brandis Militärdienst auf seine patriotische Gesinnung und seine politischen Ansichten vor und nach dem Aufstieg Hitlers. 6 Ericksen, Complicity, S. 91, aus einem Brief Brandis vom Januar 1934. Bei dem fraglichen Kollegen handelte es sich um den Althistoriker Ulrich Kahrstedt (1888–1962), ebenfalls Professor in Göttingen. Brandi brachte seine Herausforderung unverzüglich vor, »noch im Ornat«. Das deutsche Zitat und die gesamte Episode findet sich bei Wolfgang Petke, »Karl Brandi und die Geschichtswissenschaft in Göttingen«, in: Hartmut Boockmann (Hg.), Geschichtswissenschaft in Göttingen. Eine Vorlesungsreihe (Göttingen 1987), S. 287–320. 7 Nicht alle diese Übersetzungen waren auch gelungen; siehe die herbe Kritik an den Mängeln der 1939 erschienen französischen Fassung in Bataillon, »Le Charles-Quint de Karl Brandi«, S. 300–302. Die englische Übersetzung von C. V. Wedgwood etwa ist wesentlich verlässlicher. 8 Gardiner, The literary Memoranda, II, S. 145, Prescotts Tagebucheintrag vom 23. April 1845 (Hervorhebung im Original). Im Jahr 1856 lieferte Prescott dann »Eine Darstellung von des Kaisers Leben nach seiner Abdankung« für Robertsons Geschichte: siehe dort I, S. iii–vi, und III, S. 331–510. Zu Robertsons negativer Bewertung Karls V., siehe oben S. 588. 9 Cartwright, Gustave Bergenroth, S. 153, Bergenroth an David Douglas, 1. August 1866. Übers. nach Naumann, El Caballero Gustavo Bergenroth, S. 228. 10 Ausführlicher zu Bergenroths Transkriptionen und seinem bewegten Leben im Allgemeinen siehe oben S. 671–672. 11 Cartwright, Gustave Bergenroth, S. 89, Anm. 1, J. S. Brewer an Lord Romilly, Valladolid, 21. August 1861. Übers. nach Naumann, El Caballero Gustavo Bergenroth, S. 156. 12 Atlas, The shadow, S. 31.

Hinweise zu Datierung und Zitaten 1 Vgl. Le Glay, Correspondance, II, S. 155–156, mit Walther, »Review of Kreiten«, S. 282. Schlegelmilch, Die Jugendjahre, S. 96 Anm. 256, bestätigt das von Walther genannte Datum. Cheney, Handbook of dates, S. 83–161, bietet einen immerwährenden Kalender nach dem Osterstil. 2 Talbot, »Ore italiane«; Sanuto, I diarii, XXXI, Sp. 80–82, Gasparo Contarini an den Dogen, 6. Juli 1521, »um zwei Uhr des Nachts«. Da Karl und all seine europäischen Zeitgenossen den julianischen Kalender verwendeten, muss man zur korrekten Berechnung des Sonnenuntergangs zehn Tage hinzurechnen: Der Zeitpunkt des Sonnenuntergangs am 4. Juli 1521 entspricht dem Zeitpunkt vom 14. Juli nach jetziger Zeitrechnung. 3 Powell, The complete works, I, S. xxi.

Hinweise zu den Quellen 1 Sánchez Alonso, Fuentes, II, S. 1 (siehe S. 36–165 zu Werken über »España en el período 1516–1556«); Dixon und Fuchs, The histories. Im Jahr 2001 hat Kohler, »Una mirada«, einen hilfreichen Überblick über die Quellen zum Leben Karls V. vorgelegt. 2 Foronda y Aguilera, Estancias y viajes, online verfügbar unter http://www.cervantesvirtual.com/bib/historia/ CarlosV/5_3_foronda_1.shtml. Gould, »The adventure«, liefert eine wunderbare Würdigung Forondas und seiner Werke. Vilar Sánchez, Carlos V, S. 400–401, abweichend zu Karls Aufenthaltsorten. 3 Siehe den Überblick unter http://karl-v.bsz-bw.de/einl.htm, der auch einen Link zur POLKAweb-Website enthält. Um POLKAweb zu verwenden, muss man den Button »Gesamtsuche« anklicken. Um Briefe zu finden, die Karl (beispielsweise) 1543 versandt hat, gibt man »Karl« als »Absender« an und trägt bei »Datum« ein: »01.01.1543 bis 31.12.1543«. Diese Suche liefert 362 Treffer; die Briefe werden in chronologischer Folge angezeigt. Wenn man die einzelnen Einträge anklickt, werden die jeweiligen Details angezeigt. 4 BL Department of Manuscripts Departmental Archive, »Papers regarding purchase and acquisition of manuscripts, 1871–1873«, Bl. 1–4, John Dahlberg Acton an J. Winter Jones, 12. August 1869, und Paul Friedmann an Ed-

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ward Bond, 14. Juni 1869. Die Bl. 1–95 desselben Bestandes enthalten die Korrespondenz der Jahre 1869–1871 zwischen den Bibliothekaren des Britischen Museums und Bergenroths Erben und Rechtsnachfolgern über das weitere Schicksal der Sammlung. Cartwright, Gustave Bergenroth, erzählt Bergenroths Lebensgeschichte und bringt auch einige Briefe, in denen von seiner geplanten Biografie Karls V. die Rede ist. 5 BL Department of Manuscripts Departmental Archive, »Papers regarding purchase and acquisition of manuscripts, 1871–1873«, Bl. 446–457 enthält den (wütenden) Briefwechsel zwischen dem Museum und Friedmann bezüglich der elf von diesem einbehaltenen Bände. Rzepka, Historia kolekcji, S. 121–122, liefert eine knappe Beschreibung der Krakauer Sammlung. Weitere Bände mit Transkriptionen Bergenroths – die jedoch nicht alle mit Karl V. zu tun haben – finden sich in TNA PRO 31/11 (14 Bände mit Abschriften aus spanischen Archiven, von denen die meisten in CSPSp publiziert worden sind; TNA PRO 31/11/11 enthält die Schlüssel zur Dechiffrierung); und BNE Ms. 18550/2 (376 Blätter mit Transkriptionen Bergenroths, von denen die meisten in CSPSp publiziert sind). 6 Martínez Millán, La Corte. 7 Checa Cremades, Inventarios, Bd. I enthält neun Inventare Karls und eines seiner Mutter; Bd. II enthält neun Inventare der Kaiserin; Bd. III enthält Inventare von Karls Tante Margarete (22 Stück) und seinen Geschwistern Eleonore (zwei Stück), Isabella (sieben Stück), Ferdinand (vier Stück), Maria (ebenfalls vier) und Catalina (fünf Inventare), dazu Register für alle drei Bände. 8 SLID, II, S. 21–69. 9 SLID, II, S. 71–154 (GRM, II, S. 1–69, bringt denselben Text, wobei Gachard dessen Verfasser nicht identifizieren konnte). In den 1620er-Jahren schrieb der Mönch Luis de Santa María A la cassa y monasterio Ymperial de St Hr.mo. de Yuste. 1999 erwarb das Kloster von Yuste eine Abschrift dieser Handschrift, die im 19. Jahrhundert entstanden ist, und gab davon ein Faksimile heraus (Madrid 2000); die Passagen zu Karl V. scheinen jedoch die entsprechenden Stellen bei Corral wiederzugeben. 10 Stirling-Maxwell, The cloister life (1852), Pichot, Charles-Quint (1854), und Mignet, Charles-Quint (1854), haben allesamt auf der Grundlage von Quellentranskriptionen gearbeitet, die González im Archiv von Simancas angefertigt hat und die 1844 vom Direktor des CADMA, Mignet, für sein Archiv erworben wurden. Gachard, Retraite et mort (3 Bde., 1854–1856), verwendete Transkriptionen derselben Dokumente (meist mit Belgienbezug), die für ihn in Simancas von García González und dessen Mitarbeitern angefertigt wurden. 11 Sánchez Loro, La inquietud postrimera de Carlos V (1957/58), Teil der Reihe »Publicaciones de la Jefatura Provincial del Movimiento«. Obwohl seine Begeisterung für das faschistische Franco-Regime Sánchez Loro sowohl zu Fehl- als auch zu abscheulichen Werturteilen verleitet hat, stellt seine Trilogie eine solide wissenschaftliche Leistung dar, die größere Beachtung verdient hätte. 12 AGS CSR legajos 128–180. Aguirre, »Viejos y nuevos«, S. 40–44, hat die bislang beste Beschreibung dieses wichtigen, aber vernachlässigten Bestandes vorgelegt. 13 ADN B 2268 (79,071) enthält die letzten beiden Abschnitte einer Pergamentrolle, die sämtliche Gegenstände aufführte, die aus »la chambre de nos joyaulx à Bruxelles« entfernt wurden »selon qu’elles sont comprinses en vostre inventaire pour nous en servir en nostre prochain voyaige d’espaigne«, von Karl unterzeichnet am 30. Juni 1517. 14 Dekker, Egodocuments, S. 7. Siehe auch die hervorragenden Beiträge zu dieser Thematik in einer Sondernummer von German History, 28,3 (2010). 15 Neefe, Tafel-Reden Ferdinands und seines Leibarztes; LWT umfasst sechs Bände mit Luthers sogenannten »Tischreden«. Vgl. die übereinstimmenden Ansichten Chabods und anderer Historiker zu diesem Punkt, S. 7 oben. 16 Vgl. den Überblick über die kaiserlichen Projekte zur »Selbstvermarktung« und die daran Beteiligten in Silver, Marketing Maximilian, S. 37–40. 17 Bornate »Mémoire«, S. 394; Rivera Rodríguez, Carlos V, S. 25. Brandi, Kaiser Karl, II, S. 42–45, benennt und diskutiert die zum damaligen Zeitpunkt (1941) verfügbaren Quellen zu Gattinara. Erst 1981 wurde das Privatarchiv des Kanzlers, das sich heute im AS Vercelli befindet, der Forschung zugänglich gemacht; es bildet die Grundlage der Studien von Headley, The emperor; Boone, Mercurino; und Rivera Rodríguez, Carlos V. 18 Laiglesia, Estudios, I, S. 41–92, hat ein Dutzend Instruktionen publiziert, die Karl im Mai 1543 abgezeichnet hat. Zu den zwei Dokumenten mit Ratschlägen siehe Kap. 11 sowie Ball und Parker, Cómo ser rey. Zu den mysteriösen »letzten Instruktionen« an Philipp, die Karl seinem Sohn angeblich 1555 oder 1556 zukommen ließ, siehe Anhang III. 19 Firpo, Relazioni, II, S. 829, Bericht des Marino Cavalli, 1551; Brandi, »Eigenhändige Aufzeichnungen«, S. 256–260.

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810 Anhänge 20 KFF, II/2, S. 549–563 (auch abgedruckt in LCK, I, S. 360–373), Karl an Ferdinand, 11. Januar 1530, Entwurf. Schon Contarini hat die Vermutung geäußert, dass derartige Briefe Karl als ein Mittel der politischen Planung gedient haben: Alberì, Relazioni, 2. Folge, III, S. 269–270, Bericht des Gasparo Contarini, 4. März 1530. 21 LWT, II, 182 (Nr. 1687) und III, 233 (Nr. 3245), eine Bemerkung Luthers aus dem Juni oder Juli 1532. Carretero Zamora, Gobernar, S. 59–76, analysiert die diversen razonamientos, die den Cortes von Kastilien von Karl (oder in seinem Namen) vorgebracht wurden; Reiffenberg, Histoire, druckt die Aufzeichnungen der Ordensritter. Santa Cruz, Crónica, II, S. 454–458, publiziert ein razonamiento, das – wie er behauptet – Karl seinem Rat am 16. September 1528 vorgelegt hatte, um die Entscheidung für seine Italienreise zu rechtfertigen. Rassow, Die Kaiser-Idee, S. 11ff., nahm dies für bare Münze und machte es zur Grundlage eines regelrechten »Programm[s] von 1528«; Brandi dagegen hielt das Dokument – aus stilistischen Gründen – für eine Fälschung: BKK, II, S. 195–196, sowie »Eigenhändige Aufzeichnungen«, S. 229–235. Zwar hat Beinert, »Kaiser Karls V. Rede«, später dafür argumentiert, dass der von Santa Cruz gedruckte Text authentisch sei; ich finde die Argumente Brandis jedoch überzeugender und verwende die Quelle deshalb nicht. 22 Siehe die diversen Berichte über die römische Rede etwa bei Morel-Fatio, »L’espagnol«, und Cadenas, Discurso; zur Abdankungsrede Karls siehe die Berichte von Federico Badoer an die Signoria von Venedig, 26. Oktober 1555 (abgedruckt bei Stirling-Maxwell, Notices, S. 14–19, und teilweise auch in CSPV, VI/1, S. 221–224, wo auch der entschlüsselte Text einer chiffrierten Passage gebracht wird); von Giovanni Battista Ricasoli an den Herzog Cosimo von Florence, ebenfalls 26. Oktober 1555 (ASF MdP 4319/237–241, in Teilen abgedruckt bei von Ranke, Deutsche Geschichte, V, S. 380); und von Sir John Mason an den Staatssekretär Petrie, 27. Oktober 1555, einschließlich einer »Notiz« zu dem Ereignis (abgedruckt bei Kervyn de Lettenhove, Relations politiques, I, S. 4–7). 23 SLID, III, S. 142 Anm. 111, »Escrito de Corte de la cesión que Su Majestad ha hecho« (ebd., II, S. 635–638, findet sich sogar noch ein weiterer Bericht von einem spanischen Augenzeugen). 24 Heuterus, Rerum Belgicarum, Buch XIV; ›Receuil‹ abgedruckt bei Gachard, Analectes Belgiques, S. 87–91. Es existieren mehrere Abschriften: siehe GRM Introduction, S. 88 Anm. 1, sowie Gachard, »L’abdication«, S. 908 Anm. 1. 25 Baumgarten, Geschichte, III, S. vi; Roper, »›To his most learned and dearest friend‹«, S. 285 (Roper merkt an, dass, »weil Luther so viel geschrieben hat, … seine Briefe die Reformationsgeschichtsschreibung entscheidend geprägt [haben]«: ebd., S. 283). Karl selbst hat seinen Briefwechsel mit Franz veröffentlicht in Apologie de Charles-Quint (1535: analysiert bei Gachard, »Lettre«, S. 306–309). Als Beispiel für einen eigenhändigen Brief Karls an einen seiner eng vertrauten Minister, bei dem der Kaiser auch die Adressierung und Versiegelung selbst vorgenommen hat, damit die anderen Minister den Inhalt nicht erführen, siehe BMECB Ms. Granvelle, I, S. 153–155, Karl an den Baron Montfort, 23. Dezember 1528 (vgl. S.262); sowie die geheimen Instruktionen an Philipp mit Datum vom 6. Mai 1543. 26 Laferl, »Las relaciones«, S. 115; CMH (2 Bde.) und KFF (ursprünglich nach dem Eingangsdatum geordnet, an dem Ferdinand die Briefe erhielt, sodass ein von Karl früher geschriebener Brief hier durchaus später einsortiert sein kann; Ferdinand kannte den Inhalt früherer Briefe mitunter noch nicht, als er seine Antwort verfasste). Spielman und Thomas, »Quellen«, haben eine Serie von zwölf Briefen publiziert, die Karl 1514–1517 an Ferdinand geschrieben hat; von Bucholtz, Geschichte, IX, bringt Auszüge aus zahlreichen Briefen, die Ferdinand mit seinen Geschwistern gewechselt hat; auch LCK enthält etliche der wichtigeren Briefe, die Karl, Ferdinand und Maria untereinander ausgetauscht haben; bei Árpad, »Kiadatlan«, sind Briefe mit Ungarnbezug abgedruckt, die Karl und Ferdinand einander zwischen Oktober 1541 und November 1542 geschrieben haben. 27 Mazarío Coleto, Isabel. Das Kaiserpaar sandte einander auch Sonderboten, die nur dafür zuständig waren, den Partner über den Gesundheitszustand des jeweils anderen auf dem Laufenden zu halten. 1956 hat Royall Tyler seinem Bedauern darüber Ausdruck verliehen, dass »während des oder nach dem Zweiten Weltkrieg das Material verloren gegangen ist, das Fritz Walser für eine Edition von Karls Briefwechsel mit seiner Kaiserin gesammelt hatte« (The emperor, S. 356). Dieses Material ist auch danach nie wieder aufgetaucht. 28 AGS E 142/134 und 134bis, Charles an Ursolina de la Penna, Rom, 13. und 19 April 1536. Mehr zu Ursolina und Tadea in Kap. 14. 29 Moeller, Éléonore, S. 327, druckt den Text des Liebesbriefs ab, der sich inzwischen in AGS E K 1483, B2 # 3 befindet, und weist auf den doppelt ironischen Umstand hin, dass dieser Brief heute zwar von jedermann gelesen werden kann, nachdem er durch halb Europa gereist ist (von Zeeland, wo er geschrieben wurde, 1517 nach Spanien; von dort 1812 nach Paris und 1942 wieder zurück), dass er jedoch von derjenigen Person, für die er eigentlich bestimmt war, niemals zur Kenntnis genommen werden konnte – weil Karl ihn zwischen den Brüsten seiner Schwester hervorzog, bevor diese die Chance gehabt hatte, ihn zu öffnen. 30 Gachard, Correspondance de Marguerite, II, S. ii–xiii und lvii–lix, bringt den vollständigen Text von Karls Briefen (zwei davon eigenhändig) der Jahre 1539, 1540 und 1556 sowie Zusammenfassungen der meisten anderen. Keiner der Briefe Karls an seine Kinder lässt dieselbe heitere, aber doch tiefe Zuneigung erkennen, wie sie

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aus den Briefen Philipps II. an seine von ihm getrennten Töchter aus den Jahren 1580–1583 spricht: vgl. Bouza, Cartas. 31 Gachard, Correspondance de Charles; von Höfler, »Monumenta Hispanica I: Correspondenz des Gobernadors von Castilien … mit Kaiser Karl V. im Jahre 1520«; Viaud, Lettres. 32 Heine, Briefe (Briefe an Karl aus den Jahren 1530, 1531 und 1532, abgedruckt im spanischen Original mit kritischem Apparat), sowie CODOIN, XIV, S. 1–234, und XCVII, S. 213–284 (Briefe an Karl und Los Cobos aus den Jahren 1530 und 1531, darunter auch einige Briefe an Karl, die bei Heine fehlen). Zu Loaysas Karriere siehe Nieva Ocampo, »El confesor«; Martínez Pérez, El confesor, Kap. 4; und Lehnhoff, Die Beichtväter, S. 34–59. 33 Maurenbrecher, Karl V, S. 29*–32*, druckt Soto’s »parescer« an Karl »sobre la empresa de Alemania« ab. Siehe auch Carro, »Influencia«; Martínez Pérez, El confesor, Kap. 9; und Lehnhoff, Die Beichtväter, S. 65–71. 34 Beltrán de Heredía, Domingo de Soto, S. 207–236, und S. 615–655 (Soto an Karl, 25. August 1552, ein Trostbrief, nachdem er von der Flucht des Kaisers aus Villach erfahren hatte, findet sich auf den S. 654–655). Siehe auch Lehnhoff, Die Beichtväter, S. 71–75. 35 Aus Escoriazas Briefen zitiere ich in den Kap. 8 und 9; De Witte, »Cornelis«, bringt 13 Briefe von Baersdorp, 11 davon aus Augsburg im Jahr 1548 (allerdings schrieb Baersdorp nicht an die Kaiserin, wie de Witte mehrfach behauptet – diese war bereits 1539 verstorben –, sondern an Maria); Mathys’ Briefe sind in GRM greifbar; Reiffenberg, Lettres, druckt van Males 34 Briefe an Louis de Praet ab. 36 Ribadeneyra, Vida del P. Francisco de Borja (1592; auch in der siebenbändigen Ausgabe der Schriften von oder über den Heiligen findet sich einiges über Karl: Sanctus Franciscus Borgia); Sandoval, Historia, »Historia de la vida … Iuste«, Bücher XII–XV. 37 Dies hat mir der Archivar am HHStA David Fliri in einer E-Mail vom 23. Juli 2018 bestätigt. 38 In den ersten beiden Bänden des CSPSp, zu den Jahren 1520–1525, fehlen die Dokumente aus dem HHStA, aber im Further Supplement, das Garrett Mattingly 1947 herausgegeben hat, sind englische Zusammenfassungen dieser Quellen enthalten (mit Ausnahme derjenigen, die bereits bei Lanz, Aktenstücke und Briefe, abgedruckt sind, weil eine Zusammenfassung hierfür bereits in L&P Henry VIII vorlag). In demselben Band finden sich auch Kurzfassungen vieler Dokumente, die früher einmal im Bestand des HHStA waren, später jedoch in das AGRB zurückgekommen sind. Siehe die Details in CSPSp Further Supplement, S. vii. 39 Die Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz hat 1976 ein Faksimile veröffentlicht (Codices selecti, LVII). Ein sehr ähnliches Stundenbuch, das 1533 für Karl angefertigt wurde und womöglich eine Kopie des Wiener Exemplars darstellt, findet sich in der Bibliothek der Morgan Library and Museum, Ms. M.491; sämtliche Illustrationen hieraus können online angesehen werden: http://corsair. themorgan.org/cgi-bin/Pwebrecon. cgi?DB=Local&Search_Arg=%22ms+m.491%22+ ica&Search_Code=GKEY^&CNT=50&HIST=1 40 Aerts, »L’âge«, S. 579–580 (eine Auflistung von Gachards Archivreisen und deren Früchten) sowie S. 590 (Zitat Reiffenbergs). 41 Aerts, »L’âge«, S. 595 (Liste der Quellenbände – fast ausschließlich zu Themenfeldern der Politik oder Diplomatie –, die Gachard zwischen 1830 und 1885 vorgelegt hat). Gachard, Carlos V (2015), ist eine spanische Übersetzung seines langen Essays über den Kaiser in der Biographie Nationale de Belgique (1872) mitsamt einer Würdigung Gachards und seines Lebenswerks von Gustaaf Janssens. 42 Zu Gachards bemerkenswerter, sechs Jahrzehnte überspannender Karriere als Archivar und Historiker siehe https://dutchrevolt.leiden. edu/dutch/geschiedschrijvers/Pages/Gachard.aspx; Wellens, »Études«; Aerts, »L’âge« (mit einigen kritischen Worten zu Gachards Eigenart, Bestände ohne Rücksicht auf die Provenienz chronologisch neu zu ordnen); sowie zuletzt den Eintrag im Nationaal Biografisch Woordenboek, XXII, S. 311–345. 43 Janssens, »Fuentes flamencas«, S. 201 Anm. 41, äußert sich zu der Schwierigkeit, den heutigen Aufenthalt der von Lanz abgedruckten Dokumente ausfindig zu machen, und gibt einige Hinweise dazu. 44 BRB Ms. II-2270, mit einigen Lesefehlern abgedruckt bei Gossart, Charles-Quint, S. 217–220. Zur Provenienz siehe De Nederlandsche Spectator, Jg.1894, S. 175 (Nr. 22 vom 2. Juni 1894, S. 1), mit dem Hinweis auf die Auktionsankündigung des Dokuments. Zu seinem Inhalt siehe oben S. 99. 45 Gachet, »Extrait«, S. 269, und Gachard, »Notice«, S. 243–244. 46 Vermutlich befindet sich das »Registre« nicht in dem Teil der Sammlung, der in Chimay verblieben ist, denn bei E. Dony, »Les archives du château de Chimay. Recueil d’analyses, textes et extraits«, BCRH, 86 (1922), S. 11–162, wird es nicht aufgeführt. Mein Dank gebührt Wim Blockmans, Claude de Moreau de Gerbehaye, PierreJean Niebes, John O’Neill und Steven Thiry, die mich auf meiner (leider erfolglosen) Suche nach dem »Registre« unterstützt haben. 47 Ein vorzügliches Beispiel für die Auswertung von Dokumenten des AS Mailand zu Karls Regierungszeit, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben, liefert Rabà, Potere e poteri. CSP Milan kann in digitalisierter Form über BHO genutzt werden.

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812 Anhänge 48 Gerhard, Sintesis, S. 12. Gerhard bietet eine Analyse der 2911 Erlasse in jenen vier Bänden, die den Zeitraum von 1548 bis 1553 abdecken – AGNM Civil 1271, AGNM Mercedes III, Kraus Ms. und Ayer Ms. –, wobei er eine Unterscheidung nach 29 geografischen Gebieten und sechs Themen vornimmt. Das mag hilfreich sein für den Historiker, der sich für die koloniale Frühzeit von Mexiko interessiert, nicht aber für eine Einschätzung von Umfang und Verlauf der täglichen Regierungsgeschäfte. 49 O’Gorman, »Mandamientos«, veröffentlicht Transkriptionen aller 92 in diesem Band registrierten Anordnungen. Fünf Erlasse zitierten ein königliches Dekret. Im Jahr 1550 setzte Mendoza bis zu elf Erlasse pro Tag in Kraft. 50 Um diese wunderbare Quelle zu nutzen, gibt man PARES (Portal de Archivos Españoles) in den Browser ein und wählt die Option »Búsqueda Sencilla«. Unter »Buscar« gibt man beispielsweise »Testamento Carlos V« und die Daten »1554« bis »1558« ein; von den angezeigten dreizehn Treffern in vier Archiven wählt man »Archivo General de Simancas, Patronato Real« und klickt von den fünf angezeigten Dokumenten auf das letzte: »Testamento del emperador Carlos V, 6 June 1554«. Unabhängig von Zeit und Ort kann man nun alle 100 Blatt des Dokuments online lesen und all das ausdrucken, was einen interessiert. 51 Danvila, Historia, I, S. 10–16, gab seine Bemühungen offen zu, die von ihm dann veröffentlichten AGS-Transkriptionen nach Madrid umzusiedeln, um so nicht nur paläografische Herausforderungen zu vermeiden, sondern auch die Notwendigkeit, etwa ein Dorf aufsuchen zu müssen, »wo ein Besucher kaum eine anständige Unterkunft finden wird«. 52 AGS Estado K, die Frankreich betreffenden Dokumente des Staatsrats sind häufig genutzt worden. Im Gegensatz dazu hat man Dokumente, die ihrer Bedeutung halber aus anderen Beständen entwendet wurden und sich jetzt in AGS E 8334–8343 befinden, größtenteils vernachlässigt. 53 Núñez Contreras, Un registro, veröffentlicht eine hilfreiche Zusammenfassung des Inhalts jedes einzelnen Briefs. 54 BNE Ms. 18,634 Nr. 58 (vormals Bl. 260–262), »Lo que el Comendador Mayor scrivió a Su Magestad desde Gante«, undatiert, aus der zweiten Aprilwoche 1531. CDCV, I, S. 260–263, veröffentlicht diese faszinierende consulta, aber mit zahlreichen Transkriptionsfehlern und ohne festes Datum. 55 Moreno Gallego, »Letras misivas«, S. 45–49, trägt das plausible Argument vor, dass die Sammlung in den 1630er-Jahren in Besançon vom Grafen von Gondomar erworben wurde und 1806 mit dem Rest der Sammlung Gondomar in die BR gelangte. Die meisten Dokumente sind digitalisiert worden, können aber gegenwärtig (2018) nur in der Bibliothek selbst genutzt werden. 56 1921 übergab der letzte Abkömmling der Familie Requesens deren Archiv dem Jesuitenorden von Katalonien. 2011 gelangte es in die ANC. 57 Für ADN Lettres missives gibt es drei Findmittel: einen gedruckten Katalog von Bruchet, der online zugänglich ist, sowie zwei nur vor Ort nutzbare Kataloge, davon der eine nach Korrespondenzteilnehmern, der andere nach dem Datum geordnet. 58 Siehe oben meine »Hinweise zu Datierung und Zitaten« für Näheres zu den Datierungsproblemen. Walther betonte die Notwendigkeit einer neuen kritischen Edition der gesamten Korrespondenz zwischen Vater und Tochter mit korrekten Datierungen und Transkriptionen; bedauerlicherweise ist jedoch noch niemand diesem Aufruf gefolgt. 59 Die zwei Register der Korrespondenz des Botschafters Marillac aus den Jahren 1548/49 sind in BNP, II, S. 88–105 analysiert und jetzt online zugänglich: BNF F. f. 3098–3099 (vormals Mss. 8625–8626), mit Abschriften (ebenfalls online) unter BNF Cinq Cents de Colbert 397–398 und Clairambault 343. Marillacs diplomatische Korrespondenz für das Jahr 1550, analysiert in BNP, II, S. 106–114, befindet sich jetzt in der BNF NAF 7060 (vormals Ms. Brienne 89) Sie steht noch nicht online zur Verfügung. 60 Zwei detaillierte Kataloge dieser Dokumente wurden erstellt, als sie sich noch in Paris befanden: Daumet, »Inventaire«; und Paz, Catálogo. Zu einigen Details über Tirán und die von ihm aus spanischen Archiven entwendeten Dokumente, die in die ANF wanderten, siehe https://francearchives.fr/en/facomponent/56390733ecade52ac4b13529b82e7009b51887b9. Die Boxen mit Dokumenten, die von CADMA nach Simancas zurückgebracht wurden (jetzt AGS E 8334-8343), trugen den Stempel des deutschen Militärbefehlshabers in Frankreich, dem alle Zollbeamten freien Grenzübergang gewährten mussten, unter dem Datum 16. Oktober 1941. 61 Gutiérrez, Trento, III, S. 6–10, beschreibt diese Bände. 62 Moreno Gallego, »Letras misivas«, bietet die bislang beste Erklärung für die weite Streuung der Papiere des Kardinals. Van Durme, »Les Granvelle«, gibt einen hilfreichen Überblick über die Familie Granvelle und ihre Tätigkeit für Karl.

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63 Die New York Public Library, Obadiah Rich Collection, Mss. 79–82, enthält Transkriptionen einiger, aber nicht aller RAH-Dokumente sowie weitere Materialien zu Pizarro-La Gasca, die nicht in RAH vorhanden sind: siehe Brownrigg, Colonial, S. 70–85. CODOIN, XLIX und L geben ebenfalls viele Dokumente im Druck wieder, die sich auf La Gascas Befriedung von Peru beziehen, und Saville, »Some unpublished letters«, veröffentlicht fünf wichtige Briefe von La Gasca an die spanischen Behörden in Guatemala, die zeigen, mit welcher Geschicklichkeit er die Ressourcen der gesamten Hemisphäre mobilisierte, um Pizarros Aufstand niederzuschlagen. Zu La Gasca siehe auch S. 544. 64 Ich danke Clay Stalls und dem verstorbenen Bill Frank, den Kuratoren der California and Hispanic Collections der Huntington Library, für ihre Hilfe bei der Erstellung des Abschnitts über die Pizarro/La Gasca-Dokumente. 65 Saletta, »Il viaggio«. Ich danke Claudia Möller Recondo für ihre Hilfe bei der Rekonstruktion der Reisebewegungen des Kaisers. Siehe auch Karte 1, S.13. 66 Baumgarten, Geschichte, III, S. v-vi. Er fährt fort: »… das allerwichtigste ist die Herausgabe der vollständigen Korrespondenz Karls V.« Amen. 67 BL Cott. Ms. Galba B.III Bl. 57, Young und Boleyn an Heinrich VIII., Brüssel, 3. November 1512, Registerabschrift. 68 Senatore, »Uno mundo de carta«, S. 274, Galeazzo Maria Sforza an Giovan Pietro Panigarola, 21. März 1476. Senatores Titel ist der Beschwerde eines Mailänder Botschafters aus dem Jahr 1448 entlehnt, dass die multilaterale Diplomatie seines Herrn »uno mundo de carta« schaffen werde: Ein Jahrhundert später war seine Vorhersage wahr geworden. 69 Muller, Letters, S. 81–91, Stephen Gardiners Anweisungen für Edmund Bonner, der an Karls Hof geschickt wurde, 20. August 1538; Merriman, Life and Letters, II, S. 92–94, Thomas Cromwell an Thomas Wyatt, 10. Oktober 1537; Gleason, Gasparo Contarini, S. 34–37. Contarini war von 1521 bis 1525 als venezianischer Botschafter an Karls Hof tätig, diente 1529/30 beim Gipfeltreffen von Bologna als Botschafter des Papstes und 1541 als päpstlicher Legat auf dem Reichstag zu Regensburg; somit war er gut dazu in der Lage, den jungen mit dem gereiften Kaiser zu vergleichen. 70 Merriman, Life and Letters, II, S. 116, Thomas Cromwell an Thomas Wyatt, 22. Februar 1538; Turba, Venetianische Depeschen, I, S. 240, Mocenigo an den Dogen, Toledo, 22. November 1538. Siehe auch ebd., S. 67–76, ein gemeinsamer Bericht vom diplomatischen Gipfel in Nizza, 24. Mai 1538, »per oratores quinque« (die am französischen, kaiserlichen und päpstlichen Hof akkreditiert waren) nach ihrer langen Audienz mit Karl abgesandt. Der Bericht enthielt »tutto il ragionamento di Sua Maestà con l’ordine et parole istesse quanto più fedelmente havemo potuto«, weil diese »di somma importantia« waren, wie die Diplomaten erkannten. De Vivo, »Archives of speech«, betont den Wert solcher Aufzeichnungen. 71 Nott, The works, II, S. xii; Powell, The complete works, I, S. 76–77 (Diplomaten, die ihre Fehler hinter Detailreichtum verbergen) und 204–212, Wyatt an Heinrich VIII., 3. Februar 1540 (Karl, wie er unterbricht, lacht und den Kopf schüttelt). Brigden, Thomas Wyatt, Kap. 11–14, bietet einen wunderbaren Bericht über die Welt eines Botschafters an Karls Hof. Wyatt suchte Zuflucht im Schreiben von Gedichten (mit Titeln wie »Tagus, fare well«), um sich das Elend des Lebens in Spanien erträglich zu machen; siehe Powell, »Thomas Wyatt’s poetry«. 72 SP, IX, S. 638–647, Wotton an Heinrich VIII., Speyer, 9. April 1544 (meine Hervorhebung); TNA SP 1/182/157– 164, »Articles concluded between the viceroy and the king’s highness commissioners for ye invasion of France«, undatiert (31. Dezember 1543) 73 . NBD, XIV, S. 82–83, Nuntius Muzzarelli an Kardinal del Monte, 18. Juni 1554 (der Kaiser ganz in Anspruch genommen von »questi tumulti di guerra«); NBR XIII, S. 259–261, Nuntius Imola an Julius III., 28. Mai 1553 (Karl war vier Monate lang zu krank gewesen, um Audienzen zu gewähren); ebd., S. 116–120, Nuntius Camiani an Monte, 16. September 1552, und Giles, The whole works, I/2, S. 334–336, Ascham an Morison, 1. Oktober 1552 (Verbannung nach Speyer). Dennoch war es einfacher, eine Nachrichtensperre zu verkünden als durchzusetzen: NBD, XIII, S. 395–402, druckt einen detaillierten Bericht des Sekretärs des Nuntius nach einem geheimen zwölftägigen Besuch im kaiserlichen Lager vor der Belagerung von Metz. 74 TNA SP 1/225/145, Stephen Vaughan an Staatssekretär Paget, Antwerpen, 6. Oktober 1546; Górski, Acta Tomiciana, V, S. 80–81, Dantiszek an Piotr Tomicki, Barcelona, 17. August 1519, Lateinisch (spanische Übersetzung in Fontán und Axer, Españoles y polacos, S. 143–144). Der Botschafter rechnete sich gute Leistungen in der ersten »Fakultät« an und versicherte, er erhalte täglich Lehren in der zweiten, doch »hat niemand in den anderen beiden Erfolg ohne vorherige Eignung«. 75 BL Cott. Ms. Vespasian C.III/257–266, Lee an Heinrich VIII., 7. September 1526; BAV Vat. Lat. 6753/203v-215, Navagero an die Signoria, 6. September 1526 (englische Zusammenfassung in CSPV, III, S. 601–606); Serassi, Delle lettere, II, S. 57–71, Castiglione an Capua, 8. September 1526. Die Depeschen des französischen Botschafters sind nicht erhalten.

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814 Anhänge 76 TNA SP 1/22/9, indossierte „Abschrift des kaiserlichen Briefs“. Zu Spinellys Karriere und geheimdienstlichem Netzwerk siehe Behrens, „The office“. 77 Rassow, Die Kaiser-Idee, S. 433–437, »Las pláticas que el emperador passó con el señor de Pressiu«, von Idíaquez an Los Cobos und Granvelle geschickt, Februar 1538. Weitere Details in Kap. 10. 78 HSA B 2954 ist eine ausgezeichnete Sammlung von eigenhandschriftlichen Briefen, die zwischen Karl, Heinrich VIII., Franz I. und dessen Mutter (und Regentin) Louise von Savoyen in den 1520er-Jahren gewechselt wurden; Gachard, Correspondance de Charles, hat ihre Briefe veröffentlicht; Vañes, »Cartas«, veröffentlichte 63 Briefe von Karl an Papst Clemens VII. 79 MacCulloch, Thomas Cromwell, S. xxiii. Ich habe die aufgedruckte Nummerierung gewählt, wenn ich Dokumente aus TNA SP zitiere, und die neueste Nummerierung, wenn ich Dokumente aus der BL Cotton Ms. zitiere, weil dies dem Gebrauch in SPO entspricht. 80 L&P Henry VIII, V, S. i-viii, James Gairdners Bericht über Brewers Leistung. 81 RVEC, 6. Der von der RAH im Jahr 1801 erworbene Band ist gegenwärtig Ms. 9–5492. 82 Archivio Mediceo del Principato. Inventario Sommario, hg. von M. del Piazzo (Rom 1951), S. 145–155: »Germania. Corte Imperiale«. 83 ASF MdP 652/355, Botschafter Niccolini an Pagni, Regensburg, 25. Juli 1541 [Bia, Doc ID# 22385]. 84 NBD, VIII, S. 717, Bericht eines päpstlichen Diplomaten in Worms, 8. Juni 1545: Stroppiana »dorme in camera della Maestà Cesarea«. 85 Sanuto, I diarii, XL, Sp. 285–286, berichtete, dass am 14. November 1525 Contarini, »gekleidet in schwarzen Samt … dreieinhalb Stunden« damit zubrachte, dem Senat seine Relazione vorzulesen, und zwar »mit einer Stimme, die so leise war, dass man sie kaum hörte«. Nur Venedig verlangte von seinen Gesandten, nach jeder diplomatischen Mission einen derartigen »Abschlussbericht« vorzulegen. Ein paar toskanische Diplomaten taten es ebenfalls, aber es wurde nie gängige Praxis. 86 Andrea Navagero lieferte anscheinend keine Relazione ab, zweifellos, weil Karl ihn verhaften und einsperren ließ; siehe Kap. 8 oben. 87 Alberì, Relazioni; Firpo, Relazioni. Gleason, Gasparo Contarini, S. 34–38, bietet eine kurz gefasste Beschreibung der Gattung. 88 Leva, »Marino Sanuto«, S. 117. 89 Ein kleines Beispiel: In CSPV, III, S. 160–161, Contarini an die Signoria, 16. Juli 1521, heißt es, der Gesandte und Karl »berieten sich beinahe zwei Stunden lang«; doch sowohl in Sanutos Text als auch in Contarinis Registerkopie heißt es »quasi hore 3« (Sanuto, I diarii, XXI, Sp. 318–320; BNMV Ms. Italiani Clase VII, cod. 1009/75–7). Dennoch enthalten einige von Browns Abschriften im CSPV Entschlüsselungen von Passagen, die im Original kodiert sind, für die aber der Schlüssel heute verloren ist, sodass Browns Fassungen mehr Informationen bieten als das Original. 90 Fontán and Axer, Españoles y polacos, S. 324, Krysztof Szydlowiecki an Dantiszek, 27. April 1530, er dankt ihm für die Übersendung eines Porträts von Cortés und merkt an, dass König Ferdinand ihm ein »Buch mit den Cartas de Relación« geschenkt habe, zweifellos eine Kopie des ÖNB Codex Vindobonensis S. N. 1600 (siehe S. 680–681 oben). 91 Angaben zu den Auflagen von Snouckaert aus Pettegree und Walsby, Netherlandish books, II, 1231, #28103–#28110. Snouckaert hinterließ ein Archiv: siehe http://www.gahetna.nl/collectie/archief/pdf/NLHaNA_1.10.76.ead.pdf, S. 36. Siehe auch die Einträge zu den einzelnen Chronisten in der Bibliografie. 92 Redondo, Antonio, S. 304, und Druez, »Perspectives«, S. 86, stellen beide die sich überschneidenden Ernennungen von Karls Chronisten grafisch dar. 93 Für die vollständigen Publikationsangaben der Chroniken siehe die entsprechenden Einträge hinten in der Bibliografie. Morel-Fatio veröffentlichte nie weitere Fortsetzungen seiner Historiographie, aber zu Aktualisierungen siehe Chabod, Carlos V, S. 142–148; Kagan, Clio, Kap. 2; Chaunu und Escamilla, Charles, S. 1134–1139; und die ausführlichen Studien von García Fuentes, »Bernabé de Busto«, und Cuart Moner, »Juan Ginés«. 94 Morel-Fatio, Historiographie, S. 61–66, und Cuart Moner, »Juan Ginés«, S. 359–363, merken an, dass Sepúlveda Material aufnahm, das ihm direkt von Karl zur Verfügung gestellt wurde (zum Beispiel über die Cortes von Kastilien und das Treffen mit Franz I. in Aigues-Mortes 1538), aber auch seine eigenen Eindrücke aus der Zeit, als er den Kaiser in den Jahren 1542/43 begleitete, sowie Informationen, die er von anderen Augenzeugen bekam (etwa von Antonio de Fonseca über das Niederbrennen von Medina del Campo 1520 oder von einem Diener, der 1541 auf seinen Befehl hin Karl nach Algier begleitete). 95 Beinert, »Kaiser Karls V. Rede«, Redondo, Antonio, S. 303–349, und Civil, »Enjeux«, untersuchen ausführlich die von Guevara abgeschriebenen Passagen bei Santa Cruz. Morel-Fatio, Historiographie, S. 102–103, zitiert einen Brief von Santa Cruz, der eine Unterhaltung mit Karl 1556 auf dem Weg nach Yuste dokumentiert.

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96 Mariscal, »A clown«, S. 67. Zwei Ausgaben dieses eigentümlichen Werkes erschienen in den 1980er-Jahren; zu Einzelheiten siehe in der Bibliografie unter »Zúñiga«. 97 Siehe Delsalle, »Un homme«, mit einigen Angaben über Guyon und seine Mémoires. 98 Siehe Einzelheiten in Gonzalo Sánchez-Molero, »Acerca de los Hechos del Emperador«. 99 Zimmerman, »The publication«, S. 59–61; Giovio, Pauli Iovii opera: II, Epistularum pars altera, S. 105, Giovio an den Kurfürsten von Sachsen und den Landgrafen von Hessen, 29. August 1547. 100 Im Jahr 1562 erschien seine Geschichte in zwei unterschiedlichen spanischen Übersetzungen, was fünf Jahre später eine feindselige Replik auslöste, El antijovio: Cuart Moner, »Jovio en España«. 101 Mignet, Charles-Quint, S. 282–283 (Karl nannte sowohl Sleidan als auch Giovio Lügner); Sleidan, De statu, Sign. Aiii. Sepúlveda, Historia de Carlos V, VI, S. CIV–CVII, Sepúlveda an van Male, 1. Juni 1557, worin er berichtet, dass er von Luis de Ávila ein Exemplar von Sleidans Buch erhalten habe »mit Versicherungen, dass es brauchbar sei für die Überarbeitung dessen, was ich über die Ereignisse in Deutschland geschrieben habe«, ein Beleg dafür, dass das Werk beinahe sofort am kaiserlichen Hof bekannt wurde. Sleidans Werk landete 1558 auf dem Index verbotener Bücher. Zu weiteren Informationen über den Autor und seine Commentarii siehe Kess, Johann Sleidan, insb. Kap. 5. 102 Gomara, Annals, eine zweisprachige Ausgabe in Spanisch und Englisch. Der Herausgeber, R. B. Merriman, behauptete, dass Gómara dieses Werk, das Karl auf Schritt und Tritt anpreist, ausdrücklich verfasste, um eine Rücknahme des Verbots seiner früheren Historia de las Indias zu erreichen. 103 Redondo, Antonio, S. 303–349, untersuchte fachkundig die Überschneidungen zwischen Guevara, Santa Cruz und Sandoval. 104 Thomas, Annalium, 1624 posthum veröffentlicht, mit einer deutschen Übersetzung vier Jahre später. Zu der gescheiterten Liebesheirat siehe Kap. 3 oben. 105 Fagel, »Carlos de Luxemburgo«, S. 30 und 63 Anm. 2, führt diese Stätten unter Beifügung von Abbildungen auf. Zu den Ausgrabungen am Coudenberg-Palast und zu dem Park, der ihn umgab, siehe Heymans, Le palais du Coudenberg, S. 195–196 und 209. Durch Zufall überstand die »Kapelle Karls V.« den Brand, wurde aber 1775 abgerissen. 106 Rosenthal, The palace, und Tafuri, Interpreting, Kap. 6. 107 Details in Checa Cremades, Monumentos restaurados; Baker-Bates, »The ›cloister life‹«; und Martín González, »El palacio«. 108 Siehe zum Beispiel den prächtigen Satz von neunzehn hölzernen Spielsteinen, jeweils mit einem Porträt auf der einen Seite und einer Beschriftung auf der anderen, abgebildet in Haag, Frauen, S. 82. 109 Luis Zapata de Chaves, der in den 1580er-Jahren über Karl schrieb, behauptete, dass »Cobos in Staatsangelegenheiten sein Günstling war und Don Luis de Ávila in seinen Privatangelegenheiten«: Gayangos, Miscelánea, S. 185. Zum Museo Carolino siehe Gonzalo Sánchez-Molero, »Acerca de los Hechos del Emperador«, S. 436–438; und Marcks, »Die Antikensammlung«. Zu dem abgebrochenen Verkauf siehe http://www.hoy.es/ plasencia/bustocarlos-palacio-20171212220145-nt.html. 110 Ferer, Music, S. 240. Siehe auch S. 24, 161–166 und 182–201, wo sie einige Kompositionen mit bestimmten Ereignissen verknüpft. 111 Gachard, »Particularités«, S. 128–129 (wieder abgedruckt in Gachard, Études, II, S. 352–353); Schlegelmilch, Die Jugendjahre. 112 CDCV, IV, S. 11, Teil eines aufschlussreichen Berichts darüber, wie jener Historiker, der das Projekt ins Rollen brachte, Cayetano Alcázar, »mir behilflich war, während so viele mich im Stich ließen«. Er wiederholte die Geschichte in Fernández Álvarez, Carlos V. Un hombre, S. 11. 113 CDCV hat bewusst Dokumente ausgelassen, die bereits in bedeutenden Sammlungen veröffentlicht waren: nicht nur in CODOIN, sondern auch in der LCK (mit 1009 Dokumenten aus Brüssel) und in den PEG (739 Dokumente aus Karls Herrschaftszeit, fast alle aus Besançon). Peiró Martín, En los altares, S. 174–175 und 184–185, liefert interessante Details zur Erarbeitung des CDCV durch den »falangista de juventud y ocasión Manuel Fernández Álvarez«. 114 Cohn, »Did bribery«, S. 2. 115 Aus B. Greiff , »Was Kayser Carolus dem Vten die Römisch Künglich Wal cost im 1520«, Jahresbericht des historischen Kreis- Vereins in Schwaben und Neuburg, XXXIV (Augsburg, 1868), S. 9–50 (auch als Sonderdruck veröffentlicht). 116 Tyler, Kaiser Karl V., S. 369–370; BKK, II, S. 28–29; Dixon, »Charles V«, S. 106–108. Chabod, Carlos V, S. 152, zählt Brandis Biografie ebenfalls zu den besten. Siehe auch seinen langen Aufsatz über »Carlos V en la obra de Brandi« (ebd., S. 577–606) und seine Einführung in die italienische Ausgabe von Brandis Biografie (ebd.,

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816 Anhänge S. 607–629). Royall Tyler (1884–1953), der vier Sprachen fließend sprach und in drei weiteren bewandert war, diente in beiden Weltkriegen (im Ersten in der US-Infanterie und im Zweiten im US-Nachrichtendienst), arbeitete für den Völkerbund und die Vereinten Nationen und gab zwischen 1913 und 1954 die letzten fünf Bände des CSPSp heraus – alles Aktivitäten, die viele Einblicke in die Person Karls und die Probleme, vor denen er stand, boten. Für eine sorgfältige Betrachtung der Biografien von Brandi, Tyler und anderen siehe Galasso, »L’opera«. 117 BKK, II, S. 196, gab Brandi zu: Ein Dokument im RAH, Madrid, das von einem früheren Historiker zitiert wurde, »ist mir unbekannt geblieben«. Es ist bezeichnend, dass die verschiedenen in B&S veröffentlichten Archivführer die ADN auslassen. Für weitere Informationen zu Brandi und seinen Arbeiten über Karl siehe Plassmann, Karl Brandi, und S. 691–692 oben. 118 Simons, Keizer Karel; Fagel, »A broken portrait«, S. 77–78. 119 Möller Recondo, »Carlos V«, S. 375–380, mit genaueren Informationen zur Website der Biblioteca Virtual Cervantes. 120 Atlas, The shadow, S. 327. 121 CSPSp, VI/2, S. 105, Karl an Eustache Chapuys, 12. August 1542; Brandi, »Die politischen Testamente«, B&S, II, S. 259 Anm 1, Perrenot an Ferdinand, 9. Mai 1557 (Dokumente aus der kaiserlichen Kanzlei, die »etliche fur Algers verloren wordten«). 122 Vargas-Hidalgo, Guerra y diplomacia, S. xi, »Informe« von Gabriel de Zayas, 4. Oktober 1592. Siehe auch Gachard, Correspondance de Marguerite, I, S. ii Anm. 3, Courtewille an Viglius, 23. Dezember 1559. 123 HHStA Hs. Blau 595/188 und 596/1/277 halten beide fest, dass das Register »a esté collationé en l’an 1558 et trouvé concorder avec les lettres originalles«. Head, »Configuring«, S. 504–506, vermerkt, dass das Erstellen solcher Register bei den habsburgischen Archivaren in den 1520er-Jahren zur üblichen Praxis wurde. 124 TNA SP 1/88/162, Richard Pate an Cromwell, 11. Dezember 1534; KFF, V, S. 11, Herwig Wolfram zitierend; CMH, I, S. 384–389 und 447–448, Maria an Karl, 3. August und 4. September 1532. 125 Walther, Die Anfänge, S. 246, Maximilian an Margarete, 7. Dezember 1516, Abschrift; KFF, II/1, S. 96–97, Karl an Ferdinand, 1. Juli 1527 (Ferdinands Brief vom 9. Mai ist verloren, was bedeuten kann, dass Karl ihn vernichtet hat). 126 CSPSp, I, S. xiii–xv. Im Jahr 2018 begann das spanische CNI, moderne Techniken der Geheimschriftenanalyse auf Dokumente des 16. Jahrhunderts anzuwenden; den Anfang machten die vom Gran Capitán in Neapel an König Ferdinand in Spanien geschickten Briefe. 127 Kreiten, Der Briefwechsel, S. 248–249, Maximilian an Margarete, 29. April 1508, von eigener Hand; BL Cott. Ms. Galba B.V/241, Margarete an Wolsey, Gent, 12. Mai 1517 (»car ce sont choses que pourroit mieulx a dire de bouche que par lettre«); Danvila, Historia, II, S. 489, Adrian an Karl, 31. August 1520. 128 AHN Nobleza Frías C.23 D.5, Karl an den Grafen von Haro, 19. August 1528; HHStA Hs. Blau 596/1/103–4, Karl an Ferdinand, 18. April 1546, Registerkopie. 129 ADN B 2249 (77,795), Quittung, unterschrieben von »maistre Adriaen Florencii«, 1. Oktober 1515; ADN B 2510/608 und 621, Bericht des Generalkämmerers Bouloingne für 1555 (eigene Hervorhebung). 130 PEG, II, S. 460–461, Karl an Botschafter Hannart, 25. Mai 1536, Notiz; Ball und Parker, Cómo ser rey, S. 86 und 133; Kohnle, Das Vermächtnis Karls V., S. 52, 67, »Karls V. geheime Aufzeichnungen für seinen Sohn Philipp vom 6. Mai 1543«. 131 Caro, The years of Lyndon Johnson. The path to power, S. 776–777; Caro, The years of Lyndon Johnson. Master of the Senate, S. 1052–1053; und ein Gespräch mit Caro in der NPR-Sendung »Fresh Air« am 13. Mai 2013, http://www.npr.org/books/authors/151439873/robert- a- caro. Zu einem frühen Beispiel für die »unbekannten Unbekannten« siehe MacCulloch, Thomas Cromwell, S. 1–3, der den auffälligen Mangel an ausgehenden Briefen in Cromwells eigenem Archiv damit erklärt, dass »ein so gewaltiger Verlust im Ausgangskorb nur das Ergebnis absichtlicher Vernichtung sein kann«. Zu einer Parallele im 20. Jahrhundert siehe Clark, Die Schlafwandler, S. 12: »Die serbischen Organisationen, die mit dem Attentat zu tun hatten, waren extrem verschwiegen und hinterließen so gut wie keine schriftlichen Spuren. Dragutin Dimitrijević, der Chef des serbischen Militärgeheimdienstes, ein zentraler Akteur bei der Verschwörung gegen Franz Ferdinand in Sarajevo, verbrannte in regelmäßigen Abständen alle seine Unterlagen.« 132 Cadenas y Vicent, Entrevistas; Daza, Quarta parte, S. 137–138 (zur Vision von Bruder Gonzalo Méndez siehe Kap. 17).

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Literatur Über Karl V. ist so viel geschrieben worden, dass eine vollständige Bibliografie ein eigenes Buch füllen würde. Auf den folgenden Seiten sind daher ausschließlich gedruckte Titel verzeichnet, die für diese Biografie Verwendung fanden.

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818 Anhänge Ball, R. und G. Parker, Cómo ser rey. Las Instrucciones secretas de Carlos V en mayo de 1543. Edición crítica (Madrid 2014). Barillon, Jean, Journal de Jean Barrillon, secrétaire du Chancelier Duprat 1515–1521, hg. v. P. de Vaissière, 2 Bde. (Paris 1897–99). Baronius, Cesare u. a., Annales ecclesiastici denuo et accurate excusi, 37 Bde. (Paris und Bar-leDuc 1864–83). Bauer, W., R. Lacroix, C. Laferl, C. Thomas und H. Wolfram, Die Korrespondenz Ferdinands I. I. Familienkorrespondenz, bislang 5 Bde. (Wien 1912–2015: Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, XI, XXX, XXXI, LVIII, XC und CIX). Beatis, Antonio de, The travel journal of Antonio de Beatis: Germany, Switzerland, the Low Countries, France and Italy, 1517–1518 (London 1979: Hakluyt Society, 2. Folge, CL). Beinert, B., »El Testamento Político de Carlos V de 1548. Estudio crítico«, in: Carlos V. Homenaje de la Universidad de Granada (Granada 1958), S. 401–438. Beinert, B., »Kaiser Karls V. Rede im Staatsrat vom September 1528. Zum Quellenwert der Reden bei Santa Cruz«, Jahrbuch für Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Lateinamerikas 4 (1967), S. 127–161. Beltrán de Heredía, V., Cartulario de la Universidad de Salamanca (1218–1600), II (Salamanca 1970). Benavent Benavent, J. und M. J. Bertomeu Masiá, El secuestro que ordenó Carlos V: introducción, documentos inéditos y notas (Valencia 2012). Bergh, L.P.C. van den, Correspondance de Marguerite d’Autriche, gouvernante des Pays-Bas, avec ses amis, sur les affaires des Pays-Bas de 1506–1528, 2 Bde. (Leiden 1845–47). Berichte und Studien zur Geschichte Karls V., 20 Lieferungen (Göttingen 1930–42); siehe unter Brandi, Hasenclever, Looz-Corswarem, Stix und Walser. Bernays, J., H. Gerber u. a. (Hg.), Urkunden und Akten der Stadt Strassburg. Zweite Abteilung: Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation, 5 Bde. (Straßburg 1882–1935). Bertomeu Masiá, M. J., La guerra secreta de Carlos V contra el papa. La cuestión de Parma y Piacenza en la correspondencia del cardenal Granvela. Edición, estudio y notas (Valencia 2009). Berwick y Alba, Herzogin von, Documentos escogidos del Archivo de la Casa de Alba (Madrid 1891). Berwick y Alba, Herzog von, Correspondencia de Gutierre Gómez de Fuensalida, embajador en Alemania, Flandes e Inglaterra 1496–1509 (Madrid 1907). Berwick y Alba, Herzog von, »Correspondencia de Carlos V con el marqués del Vasto, gobernador del Milanesado (años 1540–1542)«, BRAH 88 (1926), S. 71–145. Berwick y Alba, Herzog von, Epistolario del III duque de Alba, 3 Bde. (Madrid 1952). Bofarull y Sans, F. de, Predilección del emperador Carlos V por los catalanes: memoria documentada (Barcelona 1895). Boom, G. de, »Voyage et couronnement de Charles-Quint à Bologne«, BCRH, CI (1936), S. 55–106. Borgia, Francisco, siehe Sanctus Franciscus Borgia, Cienfuegos und Ribadeneyra. Bornate, C., »Mémoire du chancelier de Gattinara sur les droits de Charles-Quint au duché de Bourgogne«, BCRH, LXXVI (1907), S. 391–533. Bornate, C., »Historia vite et gestorum per dominum magnum cancellarium (Mercurino Arborio di Gattinara), con note, aggiunte e documenti«, in: Bornate, Miscellanea di storia italiana, 3. Folge, XVII (XLVIII) (1915), S. 231–585.

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820 Anhänge Busto, Bernabé de, Geschichte des Schmalkaldischen Krieges, hg. v. Otto Adalbert Graf von Looz-Corswarem (Burg 1938: Texte und Forschungen im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften I); siehe auch García Fuentes. Cadenas y Vicent, V. de, El Protectorado de Carlos V en Génova: la ‚condotta‘ de Andrea Doria (Madrid 1977). Cadenas y Vicent, V. de, Discurso de Carlos V en Roma en 1536 (Madrid 1982). Cadenas y Vicent, V. de, Entrevistas con el Emperador Carlos V (2. Aufl., Madrid 1983). Cadenas y Vicent, V. de, Doble coronación de Carlos V en Bolonia, 22–24/II/1530 (Madrid 1983). Cadenas y Vicent, V. de, Carlos I de Castilla, señor de las Indias (Madrid 1988). Cadenas y Vicent, V. de, Las supuestas ‚Memorias‘ del Emperador Carlos V (Madrid 1989). Cadenas y Vicent, V. de, Diario del emperador Carlos V. Itinerarios, permanencias, despachos, sucesos y efemérides relevantes de su vida (Madrid 1992). Cadenas y Vicent, V. de, Caminos y derroteros que recorrió el emperador Carlos V: noticias fundamentales para su historia (Madrid 1999). Cadenas y Vicent, V. de, Carlos de Habsburgo en Yuste, 3-II-1557–21-IX-1558 (3. Aufl., Madrid 2000). Cadenas y Vicent, V. de, »Un documento «A barras derechas” de Carlos V«, Hidalguía 294 (2002), S. 685–712. [Caimo, N.], Lettere d’un vago italiano ad un suo amico, 2 Bde. (Mailand 1761–68). Calderón Ortega, J. M., Testamento del Rey Fernando el Católico, 22 de enero de 1516. Original conservado en la Fundación Casa de Alba (Madrid 2016). Calendar of Letters, Despatches, and State Papers, relating to the negotiations between England and Spain, preserved in the archives at Vienna, Simancas, Besançon, Brussels, Madrid and Lille, 13 Bde., hg. v. G. A. Bergenroth, P. de Gayangos u. a. (London 1862–1954). Calendar of State Papers, Foreign Series, of the reign of Edward VI, 1547–1553, hg. v. W. B. Turnbull (London 1861). Calendar of State Papers, Foreign Series, of the reign of Mary, 1553–1558, hg. v. W. B. Turnbull (London 1861). Calendar of State Papers, Foreign Series, of the reign of Elizabeth, 23 Bde., hg. v. J. Stevenson u. a. (London 1863–1950). Calendar of State Papers and Manuscripts in the Archives and Collections of Milan, 1385–1618, hg. v. A. B. Hinds (London 1912). Calendar of State Papers and Manuscripts relating to English Affairs existing in the archives and collections of Venice, 38 Bde., hg. v. H. F. Brown u. a. (London 1864–1947). Calvete de Estrella, Juan Cristóbal, El felicíssimo viaje del muy alto y muy poderoso Príncipe don Phelippe (Antwerpen 1552; hg. v. P. Cuenca, Madrid 2001). Calvete de Estrella, Juan Cristóbal, El tvmvlo imperial, adornado de Historias y Letreros y Epitaphios en prosa y verso latín (Valladolid 1559). Calvete de Estrella, Juan Cristóbal, Rebelión de Pizarro en el Perú y vida de don Pedro Lagasca, hg. v. A. Paz y Melía, 2 Bde. (composed 1565–67; Madrid 1889). Campanella, Tommaso, De monarchia hispanica discursus (Amsterdam, 1640). Canestrini, G. und A. Desjardins, Négociations diplomatiques de la France avec la Toscane, 6 Bde. (Paris 1859–86). Caroli Romanorum regis recessuri adlocutio in conventu Hispaniarum (Rom 1520). Castet, Silvestre, Annales des Frères Mineurs composées en Latin abbregées & traduites en François, VIII (Toulouse, 1682).

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822 Anhänge documents publiés par la Société savoisienne d’Histoire et d’Archéologie, 2. Folge, 12 (1898)), S. 245–344. Colección de Documentos Inéditos para la historia de España, 112 Bde. (Madrid 1842–95). Colección de Documentos Inéditos relativos al descubrimiento, conquista y organización de las antiguas posesiones de América y Oceania, 42 Bde. (Madrid 1864–84). Colección de Documentos Inéditos relativos al descubrimiento, conquista y organización de las antiguas posesiones españoles de Ultramar, 25 Bde. (Madrid 1885–1932). Correspondance du Cardinal de Granvelle, hg. v. E. Poullet und C. Piot, 12 Bde. (Brüssel 1877–96). Cortes de los antiguos reinos de León y de Castilla, hg. v. M. Colmeiro, 7 Bde. (Madrid 1861–1903). Cortés, Hernán, Cartas de relación (hg. v. M. Hernández, Madrid 1985). Cortijo Ocaña, A. und A., Cartas desde México y Guatemala (1540–1635). El proceso Díaz de Reguera (Bancroft Library Ms. 92/83z) (Cáceres 2003). Cosenza, Johannes, Erzbischof von, »Copia litterarvm reverendissimo domini Ioannis Archiepiscopi Consentini apvd Cesaream Maiestatem nuntij apostoloici«, in: Provinciae sive regiones in India occidentali noviter repertae in vltima navigatione (o.O. 1520). Covarrubias Orozco, Sebastián de, Tesoro de la lengva castellana, o española (Madrid 1611). Craigie, J. (Hg.), The Basilicon Doron of King James VI, 2 Bde. (Edinburgh 1944, 1950: Scottish Texts Society, 3. Folge, XVI, XVIII). Danvila y Collado, M., El poder civil en España. V: Documentos e ilustraciones (Madrid 1885). Danvila y Collado, M., Historia crítica y documentada de las Comunidades de Castilla, 6 Bde. (Madrid 1897–1900: Memorial histórico español, XXXV–XL). Daumet, G., »Inventaire de la Collection Tirán«, BH 19 (1917), S. 189–199; 20 (1918), S. 36–42 und 233–248, sowie 21 (1919), S. 218–230 und 282–295. Daza, Antonio, Quarta parte de la chrónica general de nuestro padre San Francisco y su apostólica orden (Valladolid 1611). Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., hg. v. A. Kluckhohn u. a., 20 Bde. (Gotha und München 1893–2009). Díaz del Valle y de la Puerta, Lázaro, Historia del reyno de León y principado de Asturias, II Teil 1 (1665: Abschrift in BL Egerton 1878). Dittich, F., »Nuntiaturberichte Giovanni Morone’s vom Reichstage zu Regensburg, 1541«, Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 4 (1883), S. 395–472, 618–673. Dolce, Lodovico, Le vite di tutti gl’imperadori romani da Giulio Cesare fino a Massimiliano, tratte per M. Lodovico Dolce dal libro spagnolo del Signor Pietro Messia (Venedig 1561, Ndr. 1664). Dolce, Lodovico, Vita dell’inuittiss. e gloriosiss. Imperador Carlo Quinto (Venedig 1561). Dollinger, J.J.I. von, Dokumente zur Geschichte Karl’s V., Philipp’s II. und ihrer Zeit aus spanischen Archiven (Regensburg 1862). D’Onofrio, G. I., Il carteggio intimo di Margherita d’Austria, duchessa di Parma e Piacenza. Studio critico di documenti farnesiani (Neapel 1919). Druffel, A. von, Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts, mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus. Beiträge zur Reichsgeschichte 1546–1555, 4 Bde. (München 1873–96; Mitherausgeber von Bd. 4 war Karl Brandi). Druffel, A. von (Hg.), Des Viglius van Zwichem Tagebuch des Schmalkaldischen Donaukriegs (München 1877). Du Bellay, Martin und Guillaume, Mémoires de Martin et Guillaume du Bellay, hg. v. V.-L. Bourrilly und F. Vindry, 4 Bde. (Paris 1908–19).

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824 Anhänge Faminio, Giovanni Antonio, Oratio ad Carolum quintum Romanorum imperatorem (Bologna 1531). Fernández Álvarez, M., Corpus Documental de Carlos V, 5 Bde. (Salamanca 1973–81). Fernández Álvarez, M. und J. L. de la Peña (Hg.), Testamento de Carlos V (Madrid 1983). Fernández de Navarrete, M., Colección de los viages y descubrimientos que hicieron por mar los españoles desde fines del siglo XV, con varios documentos inéditos concernientes a la historia de la marina castellana y de los establecimientos españoles en Indias, 5 Bde. (Madrid 1829–59). Fernández de Oviedo, Gonzalo, »Relación de lo sucedido en la prisión del rey de Francia, desde que fue traído en España«, CODOIN 38, S. 404–530. Fernández de Oviedo, Gonzalo, Libro de la Cámara Real del Prinçipe Don Juan e offiçios de su casa y serviçio ordinario (1548; hg. v. S. Fabregat Barrios, Valencia 2006). Finot, J., »Compte des sommes dépensées pour le transport des restes mortels de Charles-le-Téméraire de Nancy à Luxembourg, en 1550«, Bulletin du comité travaux historiques et scientifiques: section d’archéologie, 1884/3, S. 293–303. Firpo, L. (Hg.), Relazioni di ambasciatori veneti al Senato. I. Inghilterra (Turin 1965). Firpo, L. (Hg.), Relazioni di ambasciatori veneti al Senato. II. Germania 1506–1554 (Turin 1970). Firpo, L. (Hg.), Relazioni di ambasciatori veneti al Senato. III. Germania 1557–1654 (Turin 1970). Firpo, L. (Hg.), Relazioni di ambasciatori veneti al Senato. VIII. Spagna 1497–1598 (Turin 1981). Fisher, H. A. L., siehe Sastrow, Bartolomäus. Florange, Robert de la Marck, Sieur de, Mémoires du Maréchal de Florange, dit le jeune adventureux, hg. v. R. Goubaux und P.-A. Lemoisne, 2 Bde. (Paris 1913–24). Fontán, A. und J. Axer, Españoles y polacos en la Corte de Carlos V. Cartas del embajador Juan Dantisco (Madrid 1994); siehe auch Górski. Foronda y Aguilera, M., Estancias y viajes del emperador Carlos V desde el día de su nacimiento hasta él de su muerte (2. Aufl., Madrid 1914; mit kleineren Einschränkungen online verfügbar unter http://www.cervantesvirtual.com/bib/historia/CarlosV/1542.shtml). Förstemann, K. E. (Hg.), Urkundenbuch zur Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, 2 Bde. (Halle 1833–35). Foucard, C., Relazioni dei duchi di Ferrara e di Modena coi re di Tunisi: cenni e documenti raccolti nell’Archivio di Stato in Modena (Modena 1881). Freher, Marquand, Rerum Germanicarum Scriptores Varii, qui, praemissis quibusdam superioris saeculi, sub Carolo V. Imp. memorabiliter acta potissimum complectuntur, III (Straßburg 1717). Friedensburg, W., »Am Vorabend des Schmalkaldischen Krieges. Denkschrift aus der Umgebung Kaiser Karls V.«, Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 2 (1897), S. 140–151. Friedensburg, W., »Karl V. und Maximilian II. (1551). Ein venetianischer Bericht über vertrauliche Äusserungen des Letzteren«, Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 4 (1902), S. 72–81. Friedensburg, W., »Aktenstücke zur Politik Kaiser Karls V. im Herbst 1541«, Archiv für Reformationsgeschichte 29 (1932), S. 35–66. From Panama to Peru. The conquest of Peru by the Pizarros, the rebellion of Gonzalo Pizarro, and the pacification by La Gasca. Epitome of the original signed documents (London 1925). Gachard, L. P., Analectes Belgiques: ou recueil de pièces inédites, mémoires, notices, faits et anecdotes concernant l’histoire de Pays-Bas, I (Brüssel 1830). Gachard, L. P., Collection de documents inédits concernant l’histoire de la Belgique, I (Brüssel 1832).

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Literatur

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Gachard, L. P., »Lettre à M. Gerlache«, BCRH 2 (1838), S. 305–324. Gachard, L. P., Rapport à Monsieur le Ministre de l’Intérieur sur les différentes séries de documents concernant l’histoire de la Belgique qui sont conservés dans les archives de l’ancienne chambre des comptes de Flandres à Lille (Brüssel 1841). Gachard, L. P., »Particularités et documents inédits sur Philippe de Commines, Charles le Téméraire et Charles-Quint«, Trésor national: recueil historique, littéraire, scientifique, artistique, commercial et industriel, II (1842), S. 121–131 (wiederabgedruckt in: Gachard, Études et notices historiques concernant l’histoire des Pays-Bas, II, S. 343–356). Gachard, L. P., »Mémoire adressé au cardinal d’Espagne, le 8 mars 1516, par l’évêque de Badajoz«, BCRH 10 (1845), S. 6–35. Gachard, L. P., »Notice des archives de M. le duc de Caraman, précédée de recherches historiques sur les princes de Chimay et les comtes de Beaumont«, BCRH 11 (1845), S. 109–256. Gachard, L. P., Relation des troubles de Gand sous Charles-Quint, par un anonyme; suivie de trois cent trente documents inédits sur cet événement (Brüssel 1846). Gachard, L. P., Correspondance de Guillaume le Taciturne, prince d’Orange, 6 Bde. (Brüssel 1847–57). Gachard, L. P., Lettres inédites de Maximilien, duc d’Autriche, roi des Romains et empereur, sur les affaires des Pays-Bas, 2 Bde. (Brüssel 1851–52). Gachard, L. P., »Notice historique et descriptive des archives de la ville de Gand«, Mémoires de l’Académie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique 27 (1853), S. 1–162. Gachard, L. P., »Sur les Commentaires de Charles-Quint«, Bulletin de l’Académie Royale des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique 21,1 (1854), S. 502–507. Gachard, L. P., »L’abdication de Charles-Quint«, Bulletin de l’Académie Royale des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique 21,2 (1854), S. 880–942. Gachard, L. P., Retraite et mort de Charles-Quint au monastère de Yuste. Lettres inédites publiées d’après les originaux conservés dans les archives royales de Simancas, Einleitung und 2 Bde. (Brüssel 1854–56). Gachard, L. P., Analectes historiques, 5 Bde. (Brüssel 1856–71: Bd. 1 enthält Analectes, Reihen 1–4; Bd. 2 enthält Reihen 5–7; Bd. 3 enthält Reihen 8–10; Bd. 4 enthält Reihen 11–13; Bd. 5 enthält Reihen 14–17). Gachard, L. P., Correspondance de Charles-Quint et d’Adrien VI (Brüssel 1859). Gachard, L. P., La captivité de François Ier et le traité de Madrid: étude historique (Brüssel 1860; auch abgedruckt in Bulletin de l’Académie royale de Belgique, 2. Reihe, IX). Gachard, L. P., Trois années de l’histoire de Charles-Quint, 1543–1546 d’après les dépêches de l’ambassadeur vénetien Navagero (Brüssel 1865). Gachard, L. P., Correspondance de Marguerite d’Autriche, duchesse de Parme, avec Philippe II, 2 Bde. (Brüssel 1870). Gachard, L. P., La Bibliothèque Nationale à Paris. Notice et extraits des manuscrits qui concernent l’histoire de la Belgique, 2 Bde. (Brüssel 1875–77). Gachard, L. P., Études et notices historiques concernant l’histoire des Pays-Bas, 3 Bde. (Brüssel 1890). Gachard, L. P. und C. Piot, Collection des voyages des souverains des Pays-Bas, 4 Bde. (Brüssel 1876–82). Gachet, E., »Extrait de l’inventaire des titres et papiers autrefois déposés aux archives du château à Boussu et actuellement au château de Beaumont«, BCRH 2 (1838), S. 258–285.

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826 Anhänge Gachet, E., »Expédition de Charles-Quint contre Tunis en 1535«, BCRH, VIII (1844), S. 7–54. Gairdner, J. (Hg.), Letters and papers illustrative of the reigns of Richard III and Henry VII, 2 Bde. (London 1861–63). Gairdner, J. (Hg.), »‚The Spouselles‘ of the princess Mary, daughter of Henry VII, to Charles prince of Castile, A D 1508«, Camden Miscellany 9 (London 1893: Camden Society, New Series, LIII). Galíndez de Carvajal, Lorenzo, Anales breves del reinado de los Reyes Católiocos, in: CODOIN 17, S. 227–422. García Cerezada, Martín, Tratado de las campañas y otros acontecimientos de los ejércitos del Emperador Carlos V en Italia, Francia, Austria, Berbería y Grecia desde 1521 hasta 1545 por Martín García Cerezada, cordovés, soldado en aquellos ejércitos, hg. v. G. Cruzada Villaamil, marqués de la Fuensanta del Valle, 3 Bde. (Madrid 1873–76). García Fuentes, J. M., »Testigo de Mühlberg«, Chronica nova 6 (1971), S. 79–94. García Fuentes, J. M., »Bernabé de Busto, cronista de Carlos V«, in: Castellano Castellano und Sánchez-Montes González, Carlos V, I, S. 177–193. García Martínez, S., »Estudio preliminar«, in: Martí de Viciana, Crónica de la ínclita y coronada ciudad de Valencia (Valencia 1983), S. 24–222. Gardiner, C. H. (Hg.), The literary memoranda of William Hickling Prescott, 2 Bde. (Norman, OK 1961). Garibay y Zamalloa, Esteban de, »Memorias de Garibay«, in: P. de Gayangos (Hg.), Memorial histórico español, VII (Madrid 1854). Gattinara, Mercurino Arborio di, siehe Boone und Bornate. Gaulle, C. de, Discours et messages, III: Avec le renouveau, mai 1958 – juillet 1962 (Paris 1970). Gayangos, P. de, siehe Calendar of State Papers. Gayangos, P. de und V. de la Fuente (Hg.), Cartas del Cardenal Fray Francisco Jiménez de Cisneros dirigidas á Don Diego López de Ayala (Madrid 1867). Gerhard, P., Síntesis e índice de los mandamientos virreinales, 1548–1553 (Mexiko-Stadt 1992). Gévay, A. von, Urkunden und Actenstücke zur Geschichte der Verhältnisse zwischen Österreich, Ungern und der Pforte im XVI. und XVII. Jahrhunderte, aus Archiven und Bibliotheken. I, part V: Gesandtschaft König Ferdinands I. an Sultan Suleiman I. 1531–1532 (Wien 1838). Gheyn, J. van den, Catalogue des Manuscrits de la Bibliothèque Royale de Belgique, VII (Brüssel 1907). Giles, J. A. (Hg.), The whole works of Roger Ascham, now first collected and revised, with a life of the author, 3 Bde. (London 1864–65). Giordano, Gaetano, Della venuta e dimora in Bologna del sommo pontefice Clemente VII per la coronazione di Carlo V. Imperatore, celebrate l’anno MDXXX. Cronaca con note ed incisioni (2. Aufl., Bologna 1842). Giovio, Paolo, Delle Istorie del suo tempo, di Mons. Paolo Giovio da Como, vescovo di Nocera tradotte da M. Lodovico Domenichi, 2 Bde. (Venedig 1572; lateinische Ausgabe: Florenz 1550–52). Giovio, Paolo, Pauli Iovii opera, hg. v. G. G. Ferrero u. a., 9 Bde. (Rom 1956–87). Girón, Pedro, Crónica del emperador Carlos V, hg. v. J. Sánchez Montes, Vorwort von P. Rassow (Madrid 1964). Godefroy, Jean, Lettres du roi Louis XII, et du cardinal George d’Amboise. Avec plusieurs autres lettres, mémoires & instructions écrites depuis 1504 jusques et compris 1514, 4 Bde. (Brüssel und Den Haag 1712–13). González de Ávila, Gil, Historia de las antigüedades de la ciudad de Salamanca: vidas de sus obispos y cosas sucedidas en su tiempo (Salamanca 1606).

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Literatur

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Górski, Stanisłav, Acta Tomiciana: Epistole. Legationes. Responsa. Actiones. Res Geste; Serenissimi Principis Sigismundi, Ejus Nominis Primi, Regis Polonie, Magni Ducis Lithuanie, Russie, Prussie, Masovie Domini, hg. v. W. Pociecha u. a., 18 Bde. (Posen und Warschau 1852–1999); siehe auch Fontán, A. Gorter-van Royen, L. und J.-P. Hoyois (Hg.), Correspondance de Marie de Hongrie avec CharlesQuint et Nicolas de Granvelle. I: 1532 et années antérieures (Löwen 2009). Gorter-van Royen, L. und J.-P. Hoyois (Hg.), Correspondance de Marie de Hongrie avec CharlesQuint et Nicolas de Granvelle. II: 1533 (Löwen 2018). Grata, G., Des lettres pour gouverner: Antoine Perrenot de Granvelle et l’Italie de Charles-Quint dans les manuscrits Trumbull (Besançon 2014). Greppi, G., »Extraits de la correspondance diplomatique de Jean-Thomas de Langosco, comte de Stroppiana, et de Claude Malopera, ambassadeurs du duc de Savoie à la cour de CharlesQuint: 1546– 1559«, BCRH, 2. Folge, 12 (1859), S. 117–270. Grieck, Jan De, De heerlycke ende vrolycke daeden van keyser Carel den V; Les actions heroiques et plaisantes de l’empereur Charles V (Antwerpen 1675). Guicciardini, Francesco, Opere inedite di Francesco Guicciardini, hg. v. G. Canestrini, 10 Bde. (Florenz 1857–67). Guicciardini, Francesco, Istoria d’Italia, 4 Bde. (Mailand 1882). Gutiérrez, C., Trento: un concilio para la union (1550–1552), 3 Bde. (Madrid 1981). Guyon, Fery de, Mémoires de Fery de Guyon, écuyer, bailly général d’Anchin et de Pesquencourt, hg. v. A. L. P. de Robaulx de Soumoy (Brüssel 1858). ha-Kohen, Joseph, Sefer divre ha-yamin le-malkhe sarfat u-malkhe vet Otoman ha-Togar (Venedig 1554), ins Englische übers. v. C. H. F. Bailloblotzky als The chronicles of Rabbi Joseph ben Joshua ben Meir, the Sphardi, 2 Bde. (London 1835–36). Halkin, L.-E. und G. Dansaert, Charles de Lannoy, vice-roi de Naples (Brüssel 1934). Hamy, A., Entrevue de François Premier avec Henry VIII à Boulogne-sur-Mer, en 1532. Intervention de la France dans l’affaire du divorce, d’après un grand nombre de documents inédits (Paris 1898). Hanke, L. (Hg.), Los virreyes españoles en América durante el gobierno de la casa de Austria. México I (Madrid 1976: BAE, CCLXXIII). Hasenclever, A., »Die Geheimartikel zum Frieden von Crépy von 19. September 1544«, Zeitschrift für Kirchengeschichte 45 (1926), S. 418–426. Hasenclever, A., »Die Überlieferung der Akten Karls V. in Pariser Archiven und Bibliotheken«, B&S 10 (1933), S. 437–469. Heine, G., Briefe an Kaiser Karl V., geschrieben von seinem Beichtvater in den Jahren 1530–1532 (Berlin 1848). Heuterus, Pontus, Rerum Belgicarum et Austriacarum libri XV [1598], in: Heuterus, Opera historica omnia; Burgundica, Austriaca, Belgica (3. Aufl., Löwen 1651). Historical Manuscript Commission: Fifteenth Report, Appendix, Part II: The Manuscripts of J. Eliot Hodgkin (London 1897). Höfler, C.R. von, »Monumenta Hispanica I: Correspondenz des Gobernadors von Castilien, Grossinquisitors von Spanien, Cardinals von Tortosa, Adrian von Utrecht mit Kaiser Karl V. im Jahre 1520«, Abhandlungen der königlichen böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, VI. Folge, 10. Band: Classe für Philosophie, Geschichte und Philologie Nr. 4 (Prague 1881), S. 3–90.

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828 Anhänge Höfler, C.R. von, »Monumenta Hispanica II. Spanische Regesten von 1515 bis Ende 1520«, Abhandlungen der königlichen böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, VI. Folge, 11. Band: Classe für Philosophie, Geschichte und Philologie Nr. 5 (Prague 1882), S. 1–98. Höfler, C.R. von, »Zur Kritik und Quellenkunde der ersten Regierungsjahre Kaiser Karls V. III Abteilung. Das Jahr 1521, nach den authentischen Correspondenzen im Archive zu Simancas zusammengestellt«, Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Classe 33 (Wien 1883), S. 1–206. Höfler, C.R. von, »Kritische Untersuchungen über die Quellen der Geschichte Phillipps des Schönen, Erzherzogs von Oesterreich, Herzogs von Burgund, Königs von Castilien«, Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 104 (1883), S. 169–256. Höfler, C.R. von, »Antoine de Lalaing, seigneur de Montigny, Vincenzo Quirino und Don Diego de Guevara als Berichtserstatter über König Phillipp I. in den Jahren 1505, 1506«, Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 104 (1883), S. 433–510. Höfler, C.R. von, »Depeschen des Venetianischen Botschafters bei Erzherzog Philipp, Herzog von Burgund, König von Leon, Castilien, Granada, Dr. Vincenzo Quirino 1505–1506«, Archiv für österreichische Geschichte 66 (1885), S. 45–256. Holanda, Francisco de, De la pintvra antigva (1548; spanische Ausgabe 1563, hg. v. E. Tormó, Madrid 1921). Hortleder, Friedrich, Der Römischen Keyser- vnd Königlichen Maiesteten, auch deß Heiligen Rö[mischen] Reichs geistlicher und weltlicher Stände ... Handlungen und Auszschreiben, Send-Brieffe/Bericht/ Unterricht/Klag- vnd Supplication-Schrifften ... Von den Vrsachen deß Teutschen Kriegs Kaiser Carls deß V. wider die Schmalkaldische Bunds-Oberste/Chur- und Fürsten/Sachsen und Hessen (Weimar 1618). Howard, K. D. (Hg.), Discursos de Nicolao Machiaueli. Juan Lorenzo Ottevanti’s Spanish translation of Machiavelli’s Discourses on Livy (1552) (Tempe 2016). Ibarra y Rodríguez, E. und G. Arsenio de Izaga, »Catálogo de los documentos del archivo de Lope de Soria, embajador del emperador Carlos V«, BRAH 98 (1931), S. 363–416. Illescas, Gonzalo de, Segunda parte de la historia pontifical y cathólica, en la qual se prosigven las vidas y hechos de Clemente Quinto y de los demás pontífices sus predecessores hasta Pio Quinto (1564; 5. Aufl., Barcelona 1606). Inventaire sommaire des Archives Départementales antérieures à 1790. Nord: Archives civiles, Série B: Chambre des Comptes de Lille, hg. v. C. Dehaisnes, J. Finot und M. Bruchet, 9 Bde. (Lille 1863–1908). Janssens, G., »Fuentes flamencas para el reinado de Carlos V en los Países Bajos«, in: Castellano Castellano und Sánchez-Montes González, Carlos V, I, S. 195–207. Kannengiesser, P., Karl V und Maximilien Egmont, Graf von Büren: ein Beitrag zur Geschichte des schmalkaldischen Krieges (Freiburg 1895). Kaulek, J. (Hg.), Correspondance politique de MM. de Castillon et de Marillac, ambassadeurs de France en Angleterre (1537–1542) (Paris 1885). Keniston, H. (Hg.), Memorias de Sancho Cota (Cambridge, Mass. 1964: Harvard Studies in Romance Languages, XXVIII). Kervyn de Lettenhove, J., Commentaires de Charles-Quint (Paris 1862; in diverse Sprachen übersetzt als The autobiography of the Emperor Charles V. Recently discovered in the Portuguese language by Baron Kervyn de Lettenhove, London 1862; Aufzeichnungen des Kaiser Karl’s des Fünften. Zum ersten Mal herausgegeben von Baron Kervyn van Lettenhove, Leipzig 1862; und Comentarios del emperador Carlos V, Madrid 1862).

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Literatur

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830 Anhänge Lemaire des Belges, Jean, Le carnet de notes d’un chroniqueur: août 1507–février 1509, hg. v. J.-M. Cauchies (Brüssel 2008). Lenz, M. (Hg.), Briefwechsel Landgraf Philipp’s des Grossmüthigen von Hessen mit Bucer, 3 Bde. (Stuttgart und Leipzig 1880–91). Leonardo de Argensola, Bartolomé, Primera parte de los Anales de Aragón que prosigue los del Secretario Gerónimo Zurita desde el año MDXVI (Saragossa 1630). Lestocquoy, J. (Hg.), Correspondance des nonces en France Capodiferro, Dandino et Guidiccione, 1541–1546. Légations des cardinaux Farnèse et Sadolet et missions d’Ardinghello, de Grimani et de Hieronimo da Correggio (Paris und Rom 1963). Leti, Gregorio, Vita del invitissimo imperadore Caroli V, Austriaco, 4 Bde. (Amsterdam 1700). Letters and papers, foreign and domestic, of the reign of Henry VIII, hg. v. J. S. Brewer, J. Gairdner und R. H. Brodie, 21 Bde. (London 1872–1920). Leva, G. de, Storia documentata di Carlo V in correlazione all’Italia, 5 Bde. (Venedig 1863–94). Libro primero de Cabildos de Lima, descifrado y anotado por Enrique Torres Saldamando, con la colaboración de Pablo Patrón y Nicanor Boloña, 3 Bde. (Lima 1888). Libros de Antaño, VIII. Viajes por España de Jorge de Einghen, del Barón León de Rosmithal de Blatna, de Francesco Guicciardini, y de Andrés Navajero, hg. v. A. M. Fabié (Madrid 1879). Lima Cruz, M. A. (Hg.), Diogo do Couto e a Decada Oitava da Asia (c. 1600; Lissabon 1993). Linas, Ch. de, Translation des restes de Charles le Téméraire de Nancy à Luxembourg, Manuscrit d’Antoine de Baulaincourt, Roi d’Armes de la Toison d’Or (Nancy 1855). Linden, H. vander, »Articles soumis à Charles-Quint par son chancelier Gattinara concernant l’office de la chancellerie en 1528 [recte 1526]«, BCRH 100 (1937), S. 265–280. Looz-Corswarem, Graf O. A., »Die römische Korrespondenz Karls V. in Madrid und Simancas«, B&S 13 (1935), S. 109–190. Looz-Corswarem, Graf O. A., »Die Korrespondenz Karls V. mit Philipp und mit der Regentschaft in Spanien (1539–1556) im Archiv zu Simancas«, B&S 15 (1935), S. 227–268. López de Gómara, Francisco, Hispania Victrix. Primera y segunda parte de la Historia General de las Indias con todo el descubrimiento y cosas notables que han acaecido dende que se ganaron hasta el año de 1551. Con la conquista de México y de la Nueva España (2. Aufl., Medina del Campo 1553). López de Gómara, Francisco, Annals of the Emperor Charles V, hg. v. R. B. Merriman (Oxford 1912). López de Gómara, Francisco, Guerras de mar del Emperador Carlos V, hg. v. M. A. de Bunes Ibarra und N. E. Jiménez (Madrid 2000). López Medel, Tomás, Colonización de América. Informes y Testimonios 1549–1572, hg. v. L. Pereña u. a. (Madrid 1990: Corpus Hispanorum de Pace, XXVIII). Los Santos, Francisco de, Descripción breue del monasterio de S. Lorenzo el Real del Escorial, vnica marauilla del mundo (Madrid 1657; 2. Aufl. 1667). Lozano Mateos, E., »Noticias documentales sobre Bárbara Blomberg«, Altamira: revista de estudios montañeses 1 (1968–71), S. 15–138. Lüdecke, H., Lucas Cranach der Ältere im Spiegel seiner Zeit: aus Urkunden, Chroniken, Briefen, Reden und Gedichten (Berlin 1953). Luther, Martin, Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 1: Schriften, 56 Bde. (Weimar 1883–1929). Luther, Martin, Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 2: Tischreden, 6 Bde. (Weimar 1912–21).

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Literatur

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Luther, Martin, Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Abteilung 4: Briefwechsel, 18 Bde. (Weimar 1930–85). Machiavelli, Niccolò, »Relazione di una visita fatta per fortificare Firenze [1526]«, in: S. Bertelli (Hg.), Niccolò Macchiavelli: Arte della guerra e scritti politici minori (Mailand 1961), S. 289– 302. Machiavelli, Niccolò, Discursos de Nicolao Machiaueli, dirigidos al muy alto y poderoso señor don PHILIPPI principe de España nuestro señor (Medina del Campo 1552); siehe auch Howard, K. D. Maldonado, Juan, La revolución comunera. El movimiento de España, o sea historia de la revolución conocida con el nombre de Comunidades de Castilla (lateinische Erstausgabe 1545; spanische Übersetzung hg. v. V. Fernández Vargas, Madrid 1975). Mancini, M. (Hg.), Tiziano e le Corti d’Asburgo nei documenti degli archivi Spagnoli (Venedig 1997). March, J. M., Niñez y juventud de Felipe II: documentos inéditos sobre su educación civil, literaria y religiosa y su iniciación al gobierno (1527–1547), 2 Bde. (Madrid 1941–42); siehe auch Requesens, Estefanía de. Martínez, J. L. (Hg.), Documentos cortesianos, 4 Bde. (Mexiko-Stadt 1990–93). Mártir de Anglería, Pedro, Epistolario de Pedro Mártir de Anglería (spanische Übersetzung hg. v. José López de Toro, 4 Bde., Madrid 1953–57: Documentos inéditos para la historia de España, IX–XII). Martyr de Angleria, Peter, Opus epistolarum Petri Martyris Anglerii Mediolanensis (1530; Amsterdam 1670). Maurenbrecher, W., Karl V. und die deutschen Protestanten 1545–1555, nebst einem Anhang von Aktenstücken aus dem spanischen Staatsarchiv von Simancas (Düsseldorf 1865). Mayer, E. W., »Das politische Testament Karls V. von 1555«, Historische Zeitschrift 120 (3. Folge 24, 1919), S. 452–494. Mayr, J. K., »Das politische Testament Karls V.«, Historische Blätter, herausgegeben vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien 1 (1921), S. 218–251. Mayr, J. K., »Die letzte Abdankung Karls V. (16. Jänner 1556)«, B&S 3 (1931), S. 143–158. Medina, J. T., La imprenta en Lima (1584–1824), I (Santiago de Chile 1904). Mencke, Johann Burkhard, Scriptores rerum Germanicarum, praecipue Saxonicarum: in quibus scripta et monumenta illustria, pleraque hactenus inedita, tum ad historiam Germaniae generatim, tum speciatim Saxoniae Sup. Misniae, Thuringiae et varisciae spectantia, 3 Bde. (Leipzig 1728–30). Mendieta, Gerónimo de, Historia ecclesiástica indiana, hg. v. J. García Icazbalceta (Mexiko-Stadt 1880). Merriman, R. B., »Charles V’s last paper of advice to his son«, AHR 28,3 (1923), S. 489–491. Merriman, R. B. (Hg.), Life and letters of Thomas Cromwell, 2 Bde. (Oxford 1902). Mexía, Pedro de, Historia del Emperador Carlos V, por el magnífico caballero Pedro Mexía, veintecuatro de Sevilla, hg. v. J. de Mata Carriazo (Madrid 1945). Michaud, J. und J. J. F. Poujoulat (Hg.), Nouvelle collection des mémoires pour servir à l’histoire de France, 1ère série IX: Vieilleville, Castelnau, Mergey, La Noue (Paris 1838). Mogen, Ludwig G., Historia captivitatis Philippi Magnanimi, Hassiae Landgravii (Frankfurt und Leipzig 1766). Molinet, Jehan, Chroniques, hg. v. J.-A. Buchon, 5 Bde. (Paris 1827–28). Möllenberg, W., »Die Verhandlung im schmalkaldischen Lager vor Giengen und Landgraf Philipps Rechenschaftsbericht«, Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 38 (1904), S. 31–62.

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832 Anhänge Mone, F. J., »Briefwechsel über die Kaiserwahl Karls V«, Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit 5 (Karlsruhe 1836), Sp. 13–37, 118–36, 283–98 und 396–411. Monluc, Blaise de, Commentaires, hg. v. J. Courteault (Paris 1911). Morales, Ambrosio de, Las antigüedades de las ciudades de España (Alcalá de Henares 1575). Morel-Fatio, A., Historiographie de Charles-Quint (Paris 1913). Morel-Fatio, A., »Une histoire inédite de Charles-Quint par un fourier de sa cour (Hugues Cousin)«, Mémoires de l’Institut National de France. Académie des Insciptions et Belles Lettres 39 (1914), S. 1–40. Morgan, H., Ireland 1518: Archduke Ferdinand’s Visit to Kinsale and the Dürer Connection (Cork 2015). Morsolin. B., »Francesco Chiericati, vescovo e diplomatico del secolo decimosesto«, Atti dell’Academia Olimpica di Vicenza 3 (1873), S. 121–237. Mugnier, F., »Les faictz et guerre de l’Empereur Charles-Quint contre la Ligue de Smalkade (1546– 1547)«, Mémoires et documents publiés par la Société savoisienne d’histoire et d’archéologie 40 (1901), S. 238–368. Muller, J. A. (Hg.), The letters of Stephen Gardiner (London 1933). Muratori, Lodovico Antonio, Delle antichità Estensi ed Italiane, 2 Bde. (Modena 1727–40). Nader, H. (Hg.), The Book of Privileges issued to Christopher Columbus by King Fernando and Queen Isabel, 1492–1502 (Los Angeles 1996: Reportium Columbianum, II). Naujoks, E. (Hg.), Kaiser Karl V. und die Zunftverfassung. Ausgewählte Aktenstücke zu den Verfassungsänderungen in den oberdeutschen Reichsstädten (1547–1556) (Stuttgart 1985: Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, A 36). Navagero, Andrea, siehe Cicogna. Neefe, Johannes, Des allerdurchleuchtigsten Römischen Keysers Ferdinand des Ersten denkwürdiger Tafel-Reden (Dresden 1674). Nichols, J. G. (Hg.), Literary remains of King Edward the Sixth. Edited from his autograph manuscripts, with historical notes and a biographical memoir (London 1857). Nordman, D., Tempête sur Alger: l’expédition de Charles Quint en 1541 (Paris 2011). Nott, G. F. (Hg.), The works of Henry Howard, earl of Surrey, and of Sir Thomas Wyatt, the elder, 2 Bde. (London 1815–16); siehe auch Powell, J. Núñez Alba, Diego, Diálogos de la vida del soldado (Salamanca 1552; Ndr. hg. v. A. M. Fabié, Madrid 1890). Núñez Contreras, L., Un registro de Cancilleria de Carlos V: el manuscrito 917 de la Biblioteca Nacional de Madrid. Estudio, edición, traducción y notas (Madrid 1965). Nuntiaturberichte aus Deutschland. Nebst ergänzenden Aktenstücken, Erste Abteilung 1533– 1559, hg. v. W. Friedensburg, L. Cardauns u. a., 17 Bde., mit zwei Ergänzungsbänden über die Jahre 1530–32 (Gotha 1892–1981). O’Gorman, E., »Mandamientos del virrey don Antonio de Mendoza«, Boletín del Archivo General de la Nación 6 (1935), S. 2–22, und 10 (1939), S. 213–311. Ordonnances des rois de France. Règne de François Ier, 9 Bde. (Paris 1902–92). »P. P.«, »L’expédition espagnole de 1541 contre Alger«, Revue Africaine 202 (1891), S. 177–206. Pacheco, Francisco, Libro de descripción de verdaderos retratos de ilustres y memorables varones (1599; Sevilla 1999). Pacheco de Leiva, E., La política española en Italia. Correspondencia de don Fernando Marín, abad de Nájera, con Carlos V. I. 1521–24 (Madrid 1919).

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Literatur

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Páez de Castro, Juan, siehe Esteban, E. Papiers d’État du Cardinal de Granvelle, hg. v. C. Weiss, 9 Bde. (Paris 1841–52). Paso y Troncoso, F. del u. a. (Hg.), Epistolario de Nueva España, 1505–1818, 16 Bde. (Mexiko-Stadt 1939–42). Pastor, L., »Die Correspondenz des Cardinals Contarini während seiner deutschen Legation (1541), aus dem päpstlichen Geheim-Archiv«, Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 1 (1880), S. 321–392 und 473–501. Paz, J., Catálogo de documentos españoles existentes en el Archivo del Ministerio de Asuntos Extranjeros de París (Madrid 1932). Pérez de Tudela Bueso, J., Documentos relativos a don Pedro de La Gasca y a Gonzalo Pizarro, 2 Bde. (Madrid 1964: Archivo Documental Español, XXI–XXII). Pérez Pastor, C., La imprenta en Medina del Campo (Madrid 1895). Pettegree, A. und M. Walsby (Hg.), Netherlandish books: Books published in the Low Countries and Dutch books printed abroad before 1601, 2 Bde. (Leiden 2011). Pinchart, A., Archives des arts, sciences et lettres. Documents inédits, 3 Bde. (Gent 1860–81). Piot, C., »Correspondance politique entre Charles-Quint et le Portugal de 1521 à 1522«, BCRH, 4e série 7 (1879), S. 11–110. Plon, E., Leone Leoni, sculpteur de Charles-Quint, et Pompeo Leoni, sculpteur de Philippe II (Paris 1887). Plutarch, Fünf Doppelbiographien, übers. v. K. Ziegler (Darmstadt 1994). Pocock, N., Records of the Reformation: The divorce 1527–1533, 2 Bde. (Oxford 1870). Pogo, A., »The Anonymous La Conquista Del Perú (Seville, April 1534) und the Libro Vltimo Del Svmmario Delle Indie Occidentali (Venice, October 1534)«, Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences 64,8 (1930), S. 177–286. Porras Barrenechea, R., Cedulario del Perú, siglos XVI, XVII y XVIII, 2 Bde. (Lima 1944–48: Colección de documentos inéditos para la historia del Perú, I–II). Porras Barrenechea, R., Cartas del Perú, 1524–1543 (Lima 1959: Colección de documentos inéditos para la historia del Perú, III). Porras Barrenechea, R., Las relaciones primitivas de la conquista del Perú (Lima 1967). Powell, J. (Hg.), The complete works of Sir Thomas Wyatt the Elder, I (Oxford 2016); siehe auch Nott, G. F. Preuschen, E., »Ein gleichzeitiger Bericht über Landgraf Philipps Fußfall und Verhaftung«, in: J. R. Dieterich (Hg.), Philipp der Großmütige. Beiträge zur Geschichte seines Lebens und seiner Zeit (Marburg 1904), S. 144–154. Rabe, H., Karl V., politische Korrespondenz: Brieflisten und Register, 20 Bde. (Konstanz 1999). Rabe, H., P. Marzahl, G. Rill, H. Stratenwerth und C. Thomas, »Stückverzeichnis zum Bestand Belgien PA des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien«, MÖStA 29 (1976), S. 436–493, 30 (1977), S. 346–397, 32 (1979), S. 267–305, 33 (1980), S. 284–345, 34 (1981), S. 345–400, 35 (1982), S. 365–403, 36 (1983), S. 283–328, 37 (1984), S. 377–447, 39 (1986), S. 307–371. Rabelais, François, Lettres écrites d’Italie par François Rabelais (Décembre 1535–Février 1536), hg. v. V. L. Bourrilly (Paris 1910). Rabutin, François de, Commentaires des dernières guerres en la Gaule Belgique (Paris 1823: Collection complète des mémoires relatifs à l’histoire de France, XXXI). Rassow, P., »La primera firma del Emperador Carlos V,« Investigación y progreso, 1,8 (1927), S. 57–58.

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834 Anhänge Recueil d’aucunes lectres escriptures par lesquelles se comprend la vérité des choses passées entre la majesté de l’empereur Charles cinquième et François roi de France (Antwerpen 1536). Recueil des ordonnances des Pays-Bas, Deuxième série, 1506–1700: Règne de Charles Quint, 1506–1555, hg. v. C. Laurent, J. Lameere und H. Simont, 6 Bde. (Brüssel 1893–1922). Reiffenberg, Frédéric, Baron de, Histoire de l’Ordre de la Toison d’Or, depuis son institution jusqu’à la cessation des chapitres généraux, tirée des archives même de cet Ordre (Brüssel 1830). Reiffenberg, Frédéric, Baron de, Lettres sur la vie intime de l’Empereur Charles-Quint, écrites par Guillaume van Male, gentilhomme de sa chambre (Brüssel 1843). Requesens, Estefanía de, Cartes íntimes d’una dama catalana del s. XVI. Epistolari a la seva marre la comtessa de Palamós, hg. v. Maite Guisando (Barcelona 1987). Retz, Jean-François-Paul de Gondi, Kardinal, La congiura del conte Gian Luigi Fieschi, hg. v. C. de Marchi (Palermo 1990). Riba García, C. (Hg.), Correspondencia privada de Felipe II con su secretario Mateo Vázquez 1567–91 (Madrid 1959). Ribadeneyra, Pedro de, Vida del P. Francisco de Borja, que fue duque de Gandía, y después religioso y III. General de la compañía de Iesús (Madrid 1592). Ribier, Guillaume, Lettres et mémoires d’estat des roys, princes, ambassadeurs et autres ministres, sous les règnes de François I, Henry II et François II, 2 Bde. (Paris 1666). Rico y Ortega, Martín, Unbetitelter Artikel und Stich in La ilustración de Madrid. Revista de política, ciencias, artes y literatura, 3, No. 49 (13. Januar 1872), S. 9–11. Rigault, J., »Une relation inédite du siège de Metz en 1552«, Annales de l’Est, 5. Folge, 3 (1952), S. 293–306. Robert, U., »Philibert de Châlon, prince d’Orange (1502–30). Lettres et documents«, BRAH 39 (1901), S. 5–288, 337–381, 433–446, sowie 40 (1902), S. 15–40, 273–321, 369–418 und 465– 497. Roca, P., Catálogo de los manuscritos que pertenecieron a D. Pascual de Gayangos existentes hoy en la Biblioteca Nacional (Madrid 1904). Rodríguez Raso, R., Maximiliano de Austria, gobernador de Carlos V en España. Cartas al emperador (Madrid 1963). Rodríguez Villa, A., Memorias para la historia del asalto y saqueo de Roma en 1527 por el Ejército Imperial, formadas con documentos originales, cifrados é inéditos en su mayor parte (Madrid 1875). Rodríguez Villa, A., Italia desde la batalla de Pavía hasta el Saco de Roma. Reseña histórica escrita en su mayor parte con documentos originales, inéditos y cifrados (Madrid 1885). Rodríguez Villa, A., El Emperador Carlos V y su corte según las cartas de don Martín de Salinas, embajador del Infante don Fernando, 1522–1539 (Madrid 1903). Rosso, Gregorio, Istoria delle cose di Napoli sotto l’Impero di Carlo V, scritta per modo di Giornali da Gregorio Rosso (Neapel 1770: Raccolta di tutti i più rinomati scrittori dell’ istoria generale del regno di Napoli, VIII). Ruscelli, Girolamo, Delle lettere di Principi, le quali o si scrivono da principi o a principi o ragionano di principi, 3 Bde. (Venedig 1562–81). Rymer, Thomas, Foedera, conventiones, literae, et cujuscunque generis acta publica, inter reges Angliae et alios quosvis imperatores, reges, pontifices, principes, vel communitates, ab ineunte sæculo duodecimo, viz. ab anno 1101, ad nostra usque tempora, 20 Bde. (London 1727–29).

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Literatur

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Rzepka, A., R. Sosnowski und P. Tylus, Historia kolekcji rękopisów romańskich z byłej Pruskiej Biblioteki Państwowej w Berlinie, przechowywanych w Bibliotece Jagiellońskiej w Krakowie – studium ogólne/The history of the collection of Romance manuscripts from the former Preussische Staatsbibliothek zu Berlin, kept at the Jagiellonian Library in Kraków – the overall study (Kraków 2011). Salenson, Gerardt van, Die warachtige geschiedenisse van allen gheleefweerdighe saken vanden alder onuerwinnelijsten ende alder moghensten Keyser van Roomen Carolus de vijfste van dien name, coninck van Spaengnien (Gent 1564). Salignac, Bertrand de, Le voyage du Roy au Pays-Bas de l’Empereur en l’an MDLIIII (Paris 1554). Sánchez Alonso, B., Fuentes de la historia española e hispanoamericana: ensayo de bibliografía sistemática de impresos y manuscritos que ilustran la historia política de España y sus antiguas provincias de ultramar, 3 Bde. (3. Aufl., Madrid 1952). Sánchez Loro, D., La inquietud postrimera de Carlos V, 3 Bde. (Cáceres 1957–58). Sancho de la Hoz, Pedro, »Relación de lo sucedido en la conquista y pacificación de estas provincias de la Nueva Castilla«, in: E. de Vedia (Hg.), Historiadores primitivos de Indias, II (Madrid 1853), S. 125–258. Sanctus Franciscus Borgia, Quartus Gandiae Dux et Societatis Iesu Praepositus Generalis Tertius 1510–1572. Monumenta Borgia, 7 Bde. (Rom und Valencia 1894–2007). Sandoval, Prudencio de, Historia de la vida y hechos del Emperador Carlos V (1604–6), hg. v. Carlos Seco Serrano, 3 Bde. (Madrid 1955: BAE, LXXX–LXXXII). Sansovino, Francesco, Il simolacro di Carlo Quinto imperadore (Venedig 1567). Santa Cruz, Alonso de, Crónica del emperador Carlos Quinto, compuesta por Alonso de Santa Cruz, hg. v. R. Beltrán y Rózpide und A. Blázquez y Delgado-Aguilera, 5 Bde. (Madrid 1920–25). Sanuto, Marino, I diarii di Marino Sanuto, hg. v. F. Stefani, G. Berchet und N. Barozzi, 58 Bde. (Venedig 1879–1903). Sastrow, Bartolomäus, Bartholomäi Sastrowen Herkommen, Geburt und Lauff seines gantzen Lebens: auch was sich in dem Denckwerdiges zugetragen, so er mehrentheils selbst gesehen und gegenwärtig mit angehöret hat / von ihm selbst beschriben aus der Handschrift herausgegeben und erläutert, hg. v. G. C. F. Mohnike, 3 Bde. (Greifswald 1823–24); gekürzte Übersetzung ins Englische: Social Germany in Luther’s time, being the memoirs of Bartholomew Sastrow, hg. v. H. A. L. Fisher (Westminster 1902), nachgedruckt als Bartholomew Sastrow, being the memoirs of a German Burgomaster (London 1905). Saville, M. H., »Some unpublished letters of Pedro de La Gasca relating to the conquest of Peru«, Proceedings of the American Antiquarian Society 27 (1917), S. 336–357. Schertlin von Burtenbach, Sebastian, Leben und Thaten des weiland wohledlen und gestrengen Herrn Sebastian Schertlin von Burtenbach durch ihn selbst deutsch beschrieben, hg. v. O. Schönhuth (Münster 1858). Scheurer, Rémy (Hg.), Correspondance du cardinal Jean du Bellay, 7 Bde. (Paris 1969–2016). Scheurl, Christoph, Einritt Keyser Carlen in die alten keyserlichen haubtstatt Rom, den 5 Aprilis 1536 (Nürnberg 1536). Schmitt, E. und F. K. von Hutten (Hg.), Das Gold der Neuen Welt. Die Papiere des Welser Konquistadors und Generalkapitans von Venezuela Philipp von Hutten 1534–1541 (Hildburghausen 1996). Schultze, V., »Dreizehn Depeschen Contarini’s aus Regensburg an den Cardinal Farnese (1541)«, Zeitschrift für Kirchengeschichte 3 (1878/79), S. 150–184.

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836 Anhänge Sepúlveda, Juan Ginés de, Historia de Carlos V, hg. v. E. Rodríguez Peregrina und B. Cuart Moner, 6 Bde. (Obras completas de Juan Ginés de Sepúlveda, vols I, II, X, XII, XIII und XIV: Pozoblanco 1995–2010). Serassi, Pierantonio, Delle lettere del conte Baldessar Castiglione, ora per la prima volta date in luce, 2 Bde. (Padua 1769–71). Serristori, L., Legazioni di Averardo Serristori, Ambasciatore di Cosimo I a Carlo Quinto e in corte di Roma (1537–1568) (Florenz 1853). Sigüenza, José de, Historia de la Orden de San Jerónimo, hg. v. J. Catalina García, 2 Bde. (Madrid 1600, Ndr. Madrid 1907–1909). Sigüenza, José de, La fundación del Monasterio de El Escorial (Bd. 3 seiner Historia de la Orden de San Jerónimo, Madrid 1605, Ndr. Madrid 1988). Sleidan, Johannes, De statu religionis et reipublicae Carolo V Caesare commentarii (1555; Straßburg 1612). Snouckaert van Schouwenburg, Willem (alias Gulielmus Zenocarus a Scauwenburgo), De republica, vita, moribus, gestis, fama, religione, sanctitate imperatoris caesaris augusti quinti Caroli, maximi monarchae, libri septem (Gent 1559). Social Germany, siehe Sastrow, Bartolomäus. Spielman, D. C. und C. Thomas, »Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands in Spanien. Bisher unbekannte Briefe Karls V. an seinen Bruder (1514–1517)«, MÖStA 37 (1984), S. 1–34. Spinola, M., L. T. Belgrano und F. Podestà, »Documenti ispano-genovesi dell’archivio di Simancas«, Atti della Società ligure di storia patria 8 (1868), S. 1–291. State Papers, published under the authority of His Majesty’s Commission. King Henry the Eighth, 5 Teile, 11 Bde. (London 1830–52). Stirling-Maxwell, W., Notices of the emperor Charles V in 1555 and 1556: selected from the despatches of Federigo Badoer, ambassador from the republic of Venice to the court of Bruxelles (London 1856). Stirling-Maxwell, W. (Hg.), The chief victories of the emperor Charles V, designed by Martin Heemskerck in M.D.L.V (London und Edinburgh 1870). Stirling-Maxwell, W. (Hg.), Entry of the Emperor Charles V into Bologna on the 5th of November MDXXIX (Florenz, London und Edinburgh 1875). Stirling-Maxwell, W. (Hg.), The procession of Pope Clement VII and the emperor Charles V after the coronation at Bologna on the 24th February MDXXX, designed and engraved by Nicolas Hogenberg (Edinburgh 1875). Stix, F., »Die Geheimschriftenschlüssel der Kabinettskanzlei des Kaisers«, B&S 14 (1935), S. 207– 226, und 16 (1937), S. 61–70. Strohmeyer, A., Die Korrespondenz der Kaiser mit ihren Gesandten in Spanien. I. Briefwechsel 1563–1565 (Wien und München 1997). Stübel, B., »Die Instruktion Karls V. für Philip II. vom 25. Oktober 1555, deutscher Text«, Archiv für österreichische Geschichte 93 (1905), S. 181–248. Stumpf, A. S., Baierns politische Geschichte, I (München 1816–17). Tamalio, R., Ferrante Gonzaga alla corte spagnola di Carlo V, nel carteggio privato con Mantova (1523–1526). La formazione da ›cortegiano‹ di un generale dell’Impero (Mantua 1991). Tausserat-Radel, A. (Hg.), Correspondance politique de Guillaume Pellicier, ambassadeur de France à Venise (1540–1542), 2 Bde. (Paris 1899).

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Verzeichnis der Karten, Tafeln und Abbildungen

Karten Karte 1: Karls »große Reisen« (1515–1556) Karte 2: Die habsburgischen Niederlande Karte 3: Die europäischen Herrschaftsgebiete Karls V. Karte 4: Carolus Africanus (1535 und 1541) Karte 5: Der Feldzug von 1544

13 72 131 301 369

Tafeln Tafel 1: Die Abstammung Karls V. und seiner Geschwister Tafel 2: Laufzeiten amtlicher Briefe nach Venedig. 1497–1532 Tafel 3: Der Stammbaum von Karl V. und Isabella

24 459 473

Abbildungen 1. Junge Habsburger beim Schulunterricht, ca. 1510. Faksimile eines Holzschnittes im »Weißkunig«; illustriert von Hans Burgkmair. © Quagga Media UG/akg-images. 2. Karls erste Unterschrift, 1504. Real Academia de la Historia, Madrid, Salazar y Castro Ms. A-10 f. 35 (ehemals f. 42). Mit freundlicher Genehmigung der Königlichen Akademie der Geschichte/Real Academia de la Historia. 3. Karls erster Brief auf Französisch, 1508. British Library, London, Cotton Ms. Galba B/III f. 109, Karl an Mary Tudor, 18. Dez. 1508. © The British Library Board/Scala, Florence. 4. Kampfsport für Jungen, ca. 1514. (a) Hans Burgkmair, Der Weisskunig, Holzschnitt, etwa 1512/17 © akg-images. (b) Kunsthistorisches Museum, Wien, Hofjagd- und Rüstkammer/ Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, Inv. 81, 82. © akg-images/Album. 5. Eine glückliche Familie, 1511. Illustration aus einem Chorbuch von Pierre Alamire. Museum: Hof von Busleyden, Mechelen, Belgien. © akg-images/Album. 6. Der entschiedene Ritter begegnet dem Tod. Biblioteca Nacional de España, Ms. 1475, El caballero determinado, f. 126, Kupferstich von Arnold Nicolai. © Biblioteca Nacional de España. 7. Karls zeremonieller »Einzug« in Brügge als Graf von Flandern, 1515. Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Codex 2591: ›Le tryumphante et solomnelle entrée faicte sur le joyeulx advenement de … Charles prince des Espagnes … en la ville de Bruges‹, f. 41r. 8. In einem eigenhändigen Brief an seinen Freund, Graf Heinrich von Nassau, schüttet Karl sein Herz aus, 1518. Bibliothèque Royale, Brüssel, Ms. II-2270, Karl an Heinrich von Nassau, 22. Jan. 1518, Holograf, erste und letzte Seite. © Bibliothèque royale de Belgique/Koninklijke Bibliotheek van België. 9. Karls geheime Aufzeichnungen für Prinz Philipp, Palamos, 6. Mai 1543. © akg-images/Album. 10. Karl schreibt beinahe Deutsch, 1519. Karl an den Kürfürsten der Pfalz, Barcelona, 2. Mai 1519. © akg-images/Album.

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864 Anhänge 11. Mary Tudor trägt eine juwelenbesetzte Brosche mit dem Schriftzug »the emp[er]our«, 1522. © Heritage Images/Fine Art Images/akg-images. 12. Eine Ritterrüstung für Karl, 1525. Armería Real, Madrid, No. de Inventario 19000265. A19. © akg-images/Album/Oronoz. 13. Die kaiserliche Agenda für ein Treffen mit Papst Clemens VII. in Bologna, 1529. Archivo General de Simancas Patronato Real 16/96, ›Las cosas que Su Magestad ha de tener memoria para hablar y suplicar a Su Santidad son las siguientes‹. © Archivo General de Simancas. 14. Franz I. wird in der Schlacht von Pavia gefangen genommen. Bildteppich nach Karton von Barend van Orley, Brüssel um 1528/31, Nr. 6 der Serie von 7 Bildteppichen zur Schlacht von Pavia. © akg-images/Erich Lessing. 15. Karl und seine Großeltern in Brügge, 1531. Renaissancezaal, Paleis van het Brugse Vrije, Brügge. © akg-images/Bildarchiv Monheim. 16. Johanna und Karl als Könige von Aragón, 1528. Bibliothèque Nationale de France, Paris, Département des monnaies, médailles et antiques, Espagne 33/44. © Sarah Bauwens. 17. Kaiser Karl stellt Sultan Süleyman in den Schatten, 1532. Medaille aus Bronze, Inv. Nr. 1906, 1103, 1453, Department of Coins and Medals, London, British Museum. © akg-images. 18. Karl mit Buch und Handschuhen, Porträt von Christoph Amberger, 1532. Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Inv. 556. © Heritage Images/Fine Art Images/akg-images. 19. Karl, porträtiert von Jakob Seisenegger und Tizian, 1532/33. (a) Kunsthistorisches Museum, Wien. © akg-images/Pictures From History. (b) Museo del Prado-Pintura, Madrid. © akg-images/Album/Oronoz. 20. Vor der Einschiffung nach Tunis mustert Karl sein Heer in Barcelona, 1535. Darstellung in Wasserfarben von Jan Cornelisz Vermeyen. © akg-images/Erich Lessing. 21. Statue von Karl auf der Piazza Bologni in Palermo, 1535/1630. Von Scipione Li Volsi. © akg-images/Picture From History/David Henley. 22. Karls triumphaler Einzug in Rom, 1536. Christoph Scheurl, Einritt Keyser Carlen in die alten keyserlichen haubtstatt Rom (Nürnberg, 1536), Frontispiz. 23. Karte von Ostfrankreich, 1544. Biblioteca Nacional de España, Ms. MR/43/283, ›Descripció de parte de Francia por donde entró el emperador‹. © akg-images/Album. 24. Karl wird in seinem Lager vor Ingolstadt belagert, September 1546. Luis de Ávila y Zúñiga, Comentario del illustre Señor don Luis de Ávila y Zúñiga, comendador mayor de Alcántara, de la guerra en Alemaña (Antwerpen, 1550), Ausziehplan f. 21v. © The Princeton Theological Seminary Library. 25. Karl in der Schlacht bei Mühlberg, 1547. Museo del Prado, Madrid. © Heritage Images/Fine Art Images/akg-images. 26. Karl und sein Kriegsrat, 1545. Holzschnitt, 1546. © akg-images. 27. Karl in Augsburg, Porträt von Tizian, 1548. Alte Pinakothek, München, Inv. Nr. 632. © akg-images/Erich Lessing. 28. Anforderung von Dispensen für Prinz Philipps inzestuöse erste Heirat, 1543. British Library, London, Additional Ms. 28,706/52 ›Los parentescos que hay entre el príncipe de Castilla don Phelipe … y la señora Infanta de Portugal‹. © The British Library Board/Scala, Florence. 29. Karl besiegt den Furor, Skulptur von Leone und Pompeo Leoni, 1549–1564. Museo del Prado, Madrid. © akg-images/Album. 30. Karl spielt Dame. Victoria and Albert Museum, London, A.513–1910. © Victoria and Albert Museum, London.

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Verzeichnis der Karten, Tafeln und Abbildungen

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31. Karl und Philipp, von Leone Leoni. Metropolitan Museum of Art, New York, The Milton Weil Collection, 1938 [38.150.9]. © akg-images/Science Photo Library/METROPOLITAN MUSEUM OF ART. 32. Karl dankt ab, 1555. Kupferstich von Franz Hogenberg, aus: Michael Aitsinger, De leone belgico (…), Köln 1583, spätere Kolorierung. © akg-images. 33. Karl nach der Abdankung, 1556. Ölgemälde auf Pergament auf Karton, private Sammlung. 34. Das Letzte Gericht, von Tizian, 1551–1554. Museo del Prado, Madrid. © Heritage Images/Fine Art Images/akg-images. 35. Der kaiserliche Wohnkomplex im Kloster Yuste. Zeichnung von Antoon van den Wyngaerde, Albertina, Wien. © akg-images/Album. 36. Trauerfeierlichkeiten für Karl in Brüssel, 1558. Biblioteca Nacional de España, E. R. 2901 no 15: Frans Hogenberg, Sucesos de Europa (Amberes, 1559), # 15 ›Cortejo fúnebre de Bruselas‹. © Biblioteca Nacional de España. 37. Trauerfeierlichkeiten für Karl in Valladolid, 1558. Juan Cristóbal Calvete de Estrella, El túmulo imperial (Valladolid, 1559), Faltdruck nach f. 37. © akg-images/Album/Oronoz. 38. Eine Kanone deutscher Lutheraner, von Karl konfisziert und später von der Spanischen Armada verwendet. AGS Mapas, Planos y Dibujos V-18, Zeichnung einer Kanone für Philipp II., 1587, nachgezeichnet von Colin Martin vier Jahrzehnte später. (Mit freundlicher Genehmigung von Colin Martin). 39. Karl in seinem Sarkophag, 1870. Postkarte, private Sammlung. Foto © Ken Welsh/Bridgeman.

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Personenregister Acton, Lord (Historiker) 671 Acuña, Antonio de (Bischof von Zamora und Comunero-Anführer) 151–152, 154, 182, 265, 649 Admiral von Kastilien, Fadrique Enríquez de Velasco (Mitregent von Kastilien) 180 Admiral von Frankreich, siehe Coligny, Gaspard de Adrian von Utrecht (Adrian Florensz Boeyers) (Karls Erzieher, Statthalter von Kastilien, Generalinquisitor und später Papst Hadrian VI.) 54–57, 59–60, 83–85, 102, 113, 142, 144, 148–152, 154–155, 165, 170, 176–177, 180, 182–183, 188, 452–453, 459, 605, 644–645, 647–648, 678, 697, 702, 715 Aguirre, Lope de (aufständischer Kolonist in Peru) 583 Alarcón y Ariza, Pedro Antonio de (Reiseschriftsteller) 630–631 Alba, Fernando Álvarez de Toledo, 3. Herzog von 289, 299, 307, 338, 352, 356–358, 363, 377–378, 390, 392–393, 397–399, 436, 462, 486, 499, 505, 521–522, 524–525, 527, 543, 687 Albrecht II. Alcibiades (Markgraf von Brandenburg-Kulmbach) 367, 514, 516, 522, 525 Albrecht von Brandenburg (Erzbischof und Mainzer Kurfürst) 122, 128–129 Albret, Henry d’ (König von Navarra) 89, 166, 172, 192, 352 Albret, Jeanne d’ (Königin von Navarra) 331, 348 Aleandro, Girolamo (Humanist und päpstlicher Diplomat) 156–161, 166, 168, 233, 247, 249, 257, 287–288, 453, 578, 701–702 Alexander der Große 10, 135, 242, 286, 291, 578, 608, 627 Alfonso XIII. (König von Spanien) 632

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Alfonso de Aragón (Erzbischof von Saragossa) 83, 114–115, 118 Almagro, Diego de (spanischer Kolonist in Peru) 427–428, 430, 434, 436, 651, 653–654 Amberger, Christoph (Maler) 756, 865 Anchieta, Juan de (Erzieher und Komponist) 32–33, 44, 613, 644, 709 Ando, Clifford (Historiker) 613 Angoulême, Karl, Herzog von (später Herzog von Orléans) 45, 312–313, 322, 327 Anna von Kleve (Königin von England) 325, 654 Anna von Österreich (Erzherzogin, Königin von Spanien) 620–621, 627–628 Anna von Österreich (Infantin von Spanien, Königin von Frankreich) 348 Anna Jagiello (Königin von Ungarn und Böhmen, Gemahlin Ferdinands I.) 173 Anne de Bretagne (Herzogin, Königin von Frankreich) 64 Apian, Peter (Geograf) 454, 558 Aram, Bethany (Historiker) 82, 639, 641–642 Arfaioli, Maurizio (Historiker) 227, 231, 641–642 Ariosto, Lodovico (Dichter) 615 Aristoteles (Philosoph) 55–56 Ascham, Roger (englischer Humanist und Diplomat) 465, 504, 507–508, 510, 512, 514–515, 638 Atahualpa (Inkaherrscher) 428–430, 442, 449, 580, 652 Augustus (römischer Kaiser) 57, 306, 500, 613 Aurel, Marc (römischer Kaiser) 281–282 Austria, Don Juan de siehe Don Juan de Austria Ávalos y de Aquino, Alfonso de siehe Vasto, Alfonso de Ávalos y de Aquino

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Personenregister

Ávila y Zúñiga, Luis de (kaiserlicher Vertrauter, Historiker und Feldherr) 326, 388, 396, 498–500, 514–515, 558, 566, 571–572, 577, 584, 628, 706, 708 Aytta, Joachim Viglius van siehe Viglius van Aytta Badoer, Federico (venezianischer Diplomat) 552, 703–704 Baersdorp, Cornelis van (Leibarzt Karls) 464–465, 525, 528, 571, 679 Balançon, Gérard de Rye, Seigneur de 262 Ball, Rachael (Historikerin) 639 Barbarossa, Khair Ad-Din (osmanischer Admiral und Herrscher über Algier) 297–298, 302–305, 314, 323, 325, 336–337, 340, 348, 361, 365, 653, 655 Barón Crespo, Enrique (Politiker) 586– 587 Bataillon, Marcel (Hispanist) 625–626 Baumgarten, Hermann (Historiker) 589, 677, 694, 711 Beatis, Antonio di (päpstlicher Diplomat) 97, 101 Beersel, Henri de Witthem, Herr von 35, 67–68, 193, 227 Bellay, Guillaume du (französischer Diplomat) 139 Bellay, Martin du (französischer Diplomat) 102, 365–366 Bening, Simon (Maler) 558 Bergen, Jean de Glymes, Herr von 26, 37, 45–46 Bergenroth, Gustav (Historiker) 17, 111, 640, 665, 671–672, 674, 686, 699, 714–715 Berners, John Bourchier, Baron (englischer Diplomat) 117 Blockmans, Wim (Historiker) 713 Blomberg, Barbara (Mutter Don Juans de Austria) 385, 473, 478, 571, 573, 584, 613, 656–657, 673

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Bobadilla y Mendoza, Francisco de (Humanist) 479 Bodart, Diane (Kunsthistorikerin) 291, 631 Bodin, Jean (politischer Philosoph) 598 Boleyn, Anne (Königin von England) 41, 295, 652–653 Bonner, Edmund (englischer Diplomat und später Bischof von London) 354, 360, 461 Borja, Francisco de (hl. Franz von Borja; kaiserlicher Ratgeber und Jesuit) 17, 453, 481, 483, 497, 555, 571, 618, 679 Bosch, Hieronymus (Künstler) 41, 45 Bossu (oder Boussu), Jean de Hénin-Liétard Graf von (Höfling und Heerführer) 683 Bourbon, Charles de (Herzog, Connetable von Frankreich) 184–185, 187–192, 196–199, 202–204, 214, 217–222, 238, 272, 316, 592, 594, 648–649 Bourdeille, Pierre de, Seigneur de Brantôme (Autor und Soldat) 526 Brancetour, Robert (englischer Diplomat in kaiserlichen Diensten) 803 Brandi, Karl (Historiker) 7, 17, 134, 173, 308, 387, 590–591, 636, 639–640, 664, 680, 683, 710–713 Braudel, Fernand (Historiker) 7, 458, 592, 616–617, 625 Bredeniers (oder Bredemer), Henry (Musiker) 62 Bronzino, Agnolo di Cosimo (Künstler) 512 Brück, Dr. Gregor (sächsischer Kanzler) 158 Brusquet (französischer Hofnarr) 553 Bucer, Martin (Reformator) 19, 468–469 Burbank, Jane (Historikerin) 607 Buren, Maximilian von Egmont, Graf von 386, 392, 499, 613 Burlamacchi, Francesco (italienischer Patrizier) 407, 411 Büschler, Anna (Bürgermeistertochter aus Schwäbisch Hall) 500

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868 Anhänge Cabeza de Vaca, Luis (Karls Erzieher und späterer Bischof) 33, 44, 55, 94, 295, 613, 644 Cadenas y Vicent, Vicente de (Historiker) 627, 629, 636–637, 670, 716 Calvete de Estrella, Juan Cristóbal (Erzieher und Historiker) 482, 579, 693, 708 Camaiani, Pietro (päpstlicher Diplomat) 522, 524 Campanella, Fra Tommaso 585 Capilupo, Camillo (italienischer Diplomat) 371 Cárdenas (aufständischer Kolonist in Chile) 183 Carranza de Miranda, Fray Bartolomé (Erzbischof) 573–575, 618, 673 Carretero Zamora, Juan Manuel (Historiker) 143, 618 Cäsar, Julius (römischer Staatsmann und Feldherr) 57, 282–283, 363, 558, 627 Castelo Rodrigo, Manuel de Moura, Marques de 628 Castelvetro, Giacomo (Humanist und Erzieher) 634–635 Castiglione, Baldassare (Autor und päpstlicher Diplomat) 9, 207, 210, 216–218, 261, 264, 702–703 Catalina de Austria (Königin von Portugal, Karls jüngste Schwester) 18, 24, 34, 38, 91, 115, 122, 128, 142, 269, 277–278, 296, 327, 353, 483, 532, 644, 646, 649, 661, 678, 704 Cavalcanti, Bartolomeo (italienischer Autor) 407 Cazalla, Agustín (kaiserlicher Hofprediger) 574 Cervantes Saavedra, Miguel de (Soldat und Autor) 585 Chabod, Federico (Historiker) 7, 59, 674, 684 Chapuys, Eustache (kaiserlicher Diplomat) 354, 680 Chastellain, Georges (Chronist) 58 Chièvres, Guillaume de Croÿ, Seigneur de 34, 36–38, 40, 46–47, 61, 63–64,

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69, 74, 76, 83, 89–90, 92–93, 95–96, 101–102, 110, 113–114, 116, 118–120, 122–124, 138–142, 145, 147, 152–153, 155, 158–159, 167–170, 255, 260, 415, 611, 644, 647 Chimay, Charles de Croÿ, Fürst von 26, 34, 43, 46, 683 Christian II. (König von Dänemark, Karls Schwager) 24, 268, 273, 317, 367, 468, 491, 593–594, 648, 668 Christina (Königin von Schweden) 635 Christina von Dänemark (Herzogin von Mailand, Karls Nichte) 15, 24, 273–274, 310, 312–313 Cieza de León, Pedro (Chronist) 429 Cisneros, Francisco Jiménez de (Kardinal) 80–81, 84–88, 90–91, 96, 106–107, 110, 113–114, 150, 491, 589, 606, 645–646 Clark, Christopher (Historiker) 16 Claude de France (Tochter Ludwigs XII., Verlobte Karls) 45 Claude de France (Tochter Franz’ I., Verlobte Karls) 89 Clemens VII., Giulio di Giuliano de’ Medici (Papst) 15, 18, 188, 200, 211–214, 216–220, 222–224, 233–234, 242–243, 245–246, 252–253, 289–293, 295–297, 311, 474, 594, 611, 634, 648, 650–652, 697, 702 Clifford, Charles (Fotograf) 562, 590 Clough, Richard (englischer Diplomat) 579–580 Cobos, Francisco de los (Staatssekretär) 87–88, 119, 146, 206, 248–249, 265, 290, 292, 314, 321, 332, 357–358, 368, 373, 383–384, 389, 421, 423, 432, 436–437, 454, 477, 481–482, 486, 605, 645, 651, 655, 657, 673, 688 Coligny, Gaspard de (Admiral von Frankreich) 552–553 Colonna, Pompeo (Kardinal) 214, 216, 649 Commynes, Philippe de (Chronist) 368

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Personenregister

Contarini, Gasparo (venezianischer Diplomat und später Kardinal) 168, 188, 193, 242–243, 263, 277, 280, 333–334, 695, 703–704 Contarini, Marco Antonio (venezianischer Diplomat) 288 Cooper, Frederick (Historiker) 607 Corner, Francesco (venezianischer Diplomat) 99, 101, 118, 136, 167, 703 Coronel, Juan (Priester und Aufständischer in Peru) 439 Corral, Fray Hernando del 564–566, 572, 672–673 Corsi, Giovanni (florentinischer Diplomat) 741 Cortés, Hernán (Konquistador) 342, 416–423, 425, 427–429, 435, 447, 449, 498, 619, 646–648, 650, 654, 657, 681, 685, 697, 700, 704 Cota, Sancho (Dichter und Tagebuchschreiber) 97–98, 100, 114, 116, 280, 705 Cotton, Sir Robert (Altertumsforscher und Sammler) 698, 714 Couto, Diogo do (Chronist) 749 Covarrubias, Sebastián de (Lexikograf) 585 Cranach, Lucas (Künstler) 60 Cromwell, Thomas (englischer Geistlicher) 603, 714 Croÿ, Adrien de (Graf von Roeulx) 532 Croÿ, Charles de, Fürst von Chimay siehe Chimay, Charles de Croÿ Croÿ, Guillaume de (Kardinal, Erzbischof von Toledo und Chièvres’ Neffe) 40, 113–115, 152 Croÿ, Guillaume de, Seigneur de Chièvres siehe Chièvres, Guillaume de Croÿ Croÿ, Robert de (Erzbischof von Cambrai) 735 Dantiszek (Dantiscus), Jan (polnischer Diplomat) 225, 451–453, 696, 704 Daza, Fray Antonio 587–588 Denia, Bernardo de Sandoval y Rojas, Marqués de 111–112, 120

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Dolce, Lodovico (Biograf) 264 Don Carlos, Fürst von Asturien 473, 481, 539, 560, 579, 620–621, 655 Don Juan de Austria (Gerónimo, illegitimer Sohn Karls) 18, 472–473, 478, 539, 571, 573, 585, 657–658, 661–662, 673 Doria, Andrea (Genueser Admiral und Patrizier) 218, 227, 230–232, 237, 288, 293, 299–300, 316, 318–319, 323, 327, 337, 342, 345, 354, 408–410, 489, 507, 592, 601, 650 Doria, Giannettino (Genueser Patrizier) 408 Dorothea von Dänemark (Prinzessin, Nichte Karls) 24, 273–274, 385 Dragut (Barbareskenkorsar) 507–508 Dürer, Albrecht (Künstler) 41, 63, 124, 155, 418 Eck, Dr. Johannes (katholischer Theologe) 160–162, 164 Edelmayer, Friedrich (Historiker) 617 Eduard VI. (König von England und Irland) 468, 491, 507, 533, 657, 660 Egidio siehe Gil, Juan Eleonore von Österreich (Königin von Portugal und Frankreich, Schwester Karls) 15, 24, 28–29, 32–33, 38, 42, 44, 49, 64, 94–97, 107, 110, 114–116, 120, 125, 127–128, 153, 180, 187–188, 199, 201–204, 210, 238, 240, 269, 271–272, 274, 277, 296, 313, 325, 327, 376, 531, 547, 554, 567, 571, 574, 581, 593, 608, 643, 646–647, 651, 660–661, 678, 704–705, 707 Elton, Geoffrey (Historiker) 603 Enzinas, Francisco de (Protestant) 468 Erasmus, Desiderius (Humanist) 14, 44–45, 55–56, 92, 98, 101, 114, 135, 157–158, 167, 178, 208, 240, 261, 265, 458, 479, 574, 590, 603, 605, 625, 645, 666 Eraso (Erasso), Francisco de (kaiserlicher Sekretär) 455, 525, 535, 544, 568, 614, 628

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870 Anhänge Ercilla, Alonso de (Kolonist und Dichter) 584 Escamilla, Michele (Historiker) 617, 713 Escoriaza, Fernan López de (Leibarzt Karls) 255, 284–285, 679 Eyck, Jan van (Maler) 41 Farnese, Alessandro siehe Paul III. (Papst) Farnese, Alessandro (Kardinal) 381–382, 684 Farnese, Ottavio (Herzog von Camerino und später von Parma, Schwiegersohn Karls) 473–474, 489, 499, 508, 584, 598, 653, 659, 684 Farnese, Pier Luigi (Herzog von Parma) 361, 383, 404, 409–411, 505, 598, 657, 684 Ferdinand I. (König von Böhmen und Ungarn, römisch-deutscher König, Karls Bruder) 15, 19, 24, 30, 38, 47, 49, 76, 83–85, 88, 93, 110, 112–113, 115–118, 120, 125–126, 130, 134, 153, 166, 170, 173, 177, 181, 189, 196–197, 203, 205, 215–216, 218, 220, 224, 226, 234–235, 240, 244–247, 253–257, 264, 270, 272, 275–277, 286, 291–292, 296–300, 315, 317, 322–324, 327, 330–332, 335, 337, 349–351, 353, 365, 374, 376, 378–379, 381, 385–386, 391, 393, 395–396, 400–401, 403–404, 406–407, 412, 414, 416, 426, 454, 460, 464, 468, 476, 486, 488, 491, 500–504, 509, 515–521, 531, 535, 547–548, 551, 554, 579, 595, 598, 606, 617, 643, 645–647, 649, 651, 657–662, 674, 677, 680–681, 695, 700, 705, 714 Ferdinand der Katholische (König von Aragón, Großvater Karls V.) 16, 19, 22, 24, 29, 31, 33, 38, 47, 63–64, 68, 76, 78–87, 89, 98, 106, 110–114, 117, 130, 146, 171, 186, 463, 476, 539, 580, 593, 620, 636, 644–645, 694, 710 Fernández Álvarez, Manuel (Historiker) 387, 586, 590, 627, 629, 636–637, 676, 710

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Fernández de Córdoba, Luis (Herzog von Sessa) siehe Sessa, Luis Fernández de Córdoba Fernández de Oviedo, Gonzalo (Chronist) 440, 480 Fernando (Ferdinand) von Österreich (Sohn Karls) 268, 270, 279, 295, 473, 479, 637, 650 Ferrara, Ercole von Este, Herzog von 234, 472, 489, 494, 600 Fieschi, Gian Luigi, Graf 407–410, 461, 512, 657 Figueroa, Gómez Suárez de (spanischer Diplomat) 408–409, 462 Flavius Josephus (römisch-jüdischer Geschichtsschreiber) 318 Florange, Seigneur de  siehe La Marck, Robert de Florenz, Herzöge von siehe Medici, Alessandro de’; Medici, Cosimo de’ Foix, Germaine de (Königin von Aragón und Vizekönigin von Valencia) 24, 80, 99, 182, 593, 636–637, 644, 653 Foix, Odet de siehe Lautrec, Odet de Foix Franco Bahamonde, Francisco (General und Diktator) 586, 692 François (Dauphin von Frankreich) 76, 645 Franz I. (König von Frankreich) 18, 24, 45, 76–78, 89–90, 120–122, 125, 128, 130, 135, 137–141, 143, 145, 159, 170– 174, 183–184, 187, 189–192, 196–204, 207, 209–213, 217–219, 222, 224–225, 227–230, 237–240, 249, 271–272, 279, 286, 292–293, 295, 297–298, 302, 311–314, 316–318, 320–323, 325–327, 329–332, 342–343, 346–353, 360, 363– 365, 367–368, 370–375, 377, 381–383, 396, 398, 425, 440, 467, 490, 503, 520, 553, 564, 577, 589, 592, 594, 597–598, 600, 611, 625, 639, 645, 647–651, 653–655, 657, 677, 697, 700 Fregoso, Cesare (Genueser Patrizier) 15, 231, 318, 343, 345–347, 349, 400, 408, 411, 552, 598, 654

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Personenregister

Friedrich II., der Weise (Pfalzgraf, später Kurfürst) 32, 40, 64, 70, 94–96, 102, 120–121, 125, 127, 129, 170, 201, 272, 274, 289, 334, 385, 387, 394, 514, 646, 656, 678, 707 Friedrich III. (römisch-deutscher Kaiser) 18, 245 Friedrich III., der Weise (Kurfürst von Sachsen) 157–158 Fuensalida, Gutierre Gómez de (spanischer Diplomat) 27–31, 687, 694 Fugger, Anton (Bankier) 403, 406 Fugger, Jakob (Bankier) 127–128 Galasso, Giuseppe (Historiker) 589 García Cerezada, Martín (spanischer Soldat) 302–303, 706 Gasca, Pedro de la (Friedensstifter in Peru, später Bischof) 437–441, 446, 448–449, 499, 526, 605, 655–658, 688, 693–694 Gattinara, Mercurino Arborio de (Großkanzler) 119–120, 130, 132, 134, 137, 139–142, 152, 155, 158, 169, 174–176, 179, 185, 187–189, 196–198, 200, 203– 204, 215, 217, 220, 225, 228, 233–234, 237, 243, 245, 248–249, 259–260, 417, 419, 421–422, 425, 452, 458, 594, 596, 604, 611, 614, 617, 627, 634, 646, 649, 651, 675, 689 Gaulle, Charles de (französischer General und Staatsmann) 586–587 Gaztelú, Martín de (Sekretär Karls) 559, 561, 567, 571, 577 Georg, Herzog von Sachsen 71 Georg von Österreich (Erzbischof, Onkel Karls) 346 Gerónimo (illegitimer Sohn Karls) siehe Don Juan de Austria Gheynst, Johanna van der (Mutter Margaritas von Parma) 472–473, 613, 648 Gil, Juan (Dr. Egidio) (spanischer Anhänger Luthers) 574 Giovio, Paolo (Historiker) 233, 342, 361, 372, 375, 498, 607, 706

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Girón, Pedro (Magistrat und Chronist) 295, 298, 320, 705 Glapion, Jean (kaiserlicher Beichtvater) 158, 181, 194, 265–266, 448, 574, 595–596, 618, 648 Glymes, Jean de (Herr von Bergen) siehe Bergen, Jean de Glymes Gómara siehe López de Gómara, Francisco Gómez de Silva, Ruy (Höfling) 532 Gonzaga, Ferrante (Höfling, Vizekönig von Sizilien und Statthalter von Mailand) 300, 409–411, 455, 490, 508, 513, 546, 598, 684; siehe auch Mantua, Federico II Gonzaga Gonzalo Sánchez-Molero, José Luis 480, 484, 574, 628, 641 Gossaert, Jan (Maler) 41 Gouffier, Artus (Großmeister von Frankreich) 139 Granada, Fray Luis de 574 Granvelle, Nicholas Perrenot de (im Text »Granvelle« genannt) (kaiserlicher Minister) 18, 248–249, 285, 292, 298, 306, 312, 314, 321, 334, 349–351, 354, 358, 363, 373, 394–395, 404, 406, 461, 487, 496, 503, 512–513, 651, 658, 682, 696 Grey, Lady Jane (Königin von England) 533 Gruyeres, Leonard de (kaiserlicher Diplomat) 312 Guerrero, Francisco (Musiker) 566, 709 Guevara, Fray Antonio de (kaiserlicher Hofprediger, Chronist und Autor)  280–282, 705, 707 Guicciardini, Francesco (Historiker) 171, 209–210, 328–329, 707 Guise, Marie de (Königin von Scotland) 347 Guyon, Fery de (Soldat und Chronist) 340–341, 615, 706

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872 Anhänge Hadrian VI. (Papst) siehe Adrian von Utrecht Hannibal (karthagischer Heerführer) 197, 306–307, 513 Hans (Prinz von Dänemark, Neffe Karls) 24, 268, 273 Haton, Claude (Chronist) 587 Heinrich (Graf von Nassau) 93, 99, 102, 127, 132, 135, 259, 299, 316–318, 595, 682, 689 Heinrich (Herzog von Braunschweig) 380–381, 397, 655 Heinrich II. (König von Frankreich, zuvor Herzog von Orléans und Dauphin) 240, 293, 317, 507–509, 511, 516, 518, 524, 529, 532–533, 540, 542, 545, 553, 594, 657, 659, 700 Heinrich VII. (König von England) 35, 37, 45–46, 82, 644 Heinrich VIII. (König von England und Irland) 18, 24, 41–42, 62–65, 69, 78, 89–90, 93, 107, 129, 138, 140, 143–145, 170, 174–175, 179–180, 184–185, 187–189, 196, 205, 212–213, 218, 222, 234, 238, 243–244, 269, 293, 295–296, 299, 325, 328, 346, 348, 350, 353–354, 360, 365, 368–370, 372–374, 376–377, 398, 457, 461, 468, 491, 497, 600, 603, 609, 611, 625, 644, 647–655, 657, 694–699, 714 Helmschmied, Kolman (Plattner und Harnischmacher) 229 Herkules (griechisch-römischer Heros und Gott) 100, 319, 495, 527, 615 Hernández Girón, Francisco (Konquistador und Aufständischer) 441, 461, 660 Hogenberg, Franz (Künstler) 866 Honorato Juan (Humanist und Erzieher) 482 Howard, Henry (englischer Dichter und Höfling) 635 Huerga, Fray Cipriano de 547 Huizinga, Johan (Historiker) 57, 625 Hume, David (Philosoph und Historiker) 588 Hurtado de Mendoza, Diego (spanischer Diplomat) 506, 624

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Idiáquez, Alonso de (Staatssekretär) 338, 377, 594, 699 Illescas, Gonzalo (Chronist) 60 Isabella (illegitime Tochter Karls?) 636– 637 Isabella (Königin von Dänemark, Schwester Karls) 24, 29–34, 38, 62, 65–66, 94, 206, 268, 273, 491, 643, 648–649 Isabella die Katholische (Königin von Kastilien, Großmutter Karls) 19, 22, 24, 25, 29–31, 79, 82, 86–87, 113–115, 130, 620, 643, 694 Isabella von Portugal (römisch-deutsche Kaiserin und Königin von Portugal, Karls Gemahlin) 24, 186, 205–208, 224, 235, 260, 269–271, 320, 425, 472–473, 636–637, 649 Jakob V. (König von Schottland) 347, 354, 654 Jakob VI. (König von Schottland) 634– 636 Jiménez de Cisneros, Francisco siehe Cisneros Johann (Kurfürst von Sachsen) 252–253, 266, 651 Johann (Prinz von Portugal) 328, 353, 594, 620, 659–660, 704 Johann III. (König von Portugal, Schwager Karls) 24, 278, 353, 425, 532, 567, 620, 647, 649, 661, 704 Johann Friedrich (Kurfürst von Sachsen) 325, 348, 380–381, 389, 393, 396–399, 406, 464, 514, 521, 681, 706 Johann Ohnefurcht (Herzog von Burgund) 59, 138, 177, 202, 611 Johanna (Königin von Aragón und Kastilien, Karls Mutter) 16, 22–25, 28–31, 33–36, 38, 43, 63, 79–84, 86–87, 92, 106, 110–112, 115, 118, 120, 130, 151, 169, 203, 269, 538, 547, 589, 618, 620, 643–644, 646, 660 Johanna (Prinzessin von Portugal, legitime Tochter Karls) 270, 299, 328, 353, 367–368, 479, 481, 493, 537–538, 560, 567, 569, 620, 637, 653, 659–660, 672, 699, 704

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Personenregister

Juan (Infant von Kastilien, Sohn von Ferdinand und Isabella) 23, 66, 480, 653 Juana (illegitime Tochter Karls) 472–473, 476, 648, 651 Juan Carlos (König von Spanien) 631– 632 Julius III., Giovanni del Monte (Papst) 505–506, 508, 545–546, 658, 660 Karl (Herzog von Geldern) 31, 36–37, 39, 63, 65, 77, 90–91, 172, 197, 238, 322, 325, 347, 643, 650, 653 Karl VIII. (König von Frankreich) 23, 37, 463 Karl der Große (Kaiser) 40, 47, 50, 52, 57, 154–155, 286, 289, 584, 588, 603, 639 Karl der Kühne (Herzog von Burgund) 25–26, 36, 39, 58, 100, 171, 197, 210, 368, 527, 594 Katharina von Aragón (Königin von England) 18, 24, 63, 144, 223, 234, 244, 293, 295–296, 307, 328, 468, 593–594, 643–645, 652–653 Kegel, Hieronymus 478–479 Kervyn de Lettenhove, Baron (Historiker) 629 Kissinger, Henry (amerikanischer Diplomat) 607 Kleinschmidt, Harald (Historiker) 7 Knecht, Robert (Historiker) 121 Knox, John (Reformator und Historiker) 587 Koenigsberger, Helmut G. (Historiker) 608, 638 Kopernikus, Nikolaus (Mathematiker und Astronom) 454 Lalemand, Jean (Staatssekretär) 596 La Marck, Robert de 172–174, 197, 616 Lannoy, Charles de (Vizekönig von Neapel) 188, 191, 193, 196–200, 203–204, 207, 209, 211–212, 217–219, 222, 227 Las Casas, Fray Bartolomé de 415, 417, 420, 422, 432, 435, 448, 457, 482, 659

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Lautrec, Odet de Foix, Seigneur de 222– 223, 227, 230–231 Layard, Sir Arthur (britischer Diplomat) 630, 632 Lemaire des Belges, Jean (Historiker) 39, 705 Leo X., Giovanni de’ Medici (Papst)  78, 156, 162, 170, 172, 188, 644, 647 Leonardo de Argensola, Bartolomé (Chronist) 106 Leoni, Leone (Künstler) 499–500, 582 Leoni, Pompeo (Künstler) 582, 708 Leti, Gregorio (Historiker) 60, 578, 580 Leyva, Antonio de (General und Statthalter von Mailand) 199, 223, 233, 235–236, 289, 310–311, 316, 318, 650, 653 Loaysa y Mendoza, Fray García de (Erzbischof von Sevilla, Beichtvater und Ratgeber Karls) 214, 248–252, 266–268, 288, 290, 321, 358, 360, 364, 373, 377–378, 421, 423, 425, 432, 435, 448, 476, 511, 605, 609, 611, 624, 648, 678 Löffler, Gregor (Augsburger Kanonengießer) 584 López, Jerónimo (spanischer Kolonist) 434–435 López de Gómara, Francisco (Chronist) 337, 413, 498, 706 Ludwig (König von Böhmen und Ungarn) 24, 66, 173, 216, 254, 594, 645, 649 Ludwig XII. (König von Frankreich)  36– 37, 45, 64–66, 76, 78, 80, 90, 184, 645 Ludwig XIV. (König von Frankreich) 621 Luis (Prinz von Portugal) 299, 463 Luise von Savoyen (Regentin von Frankreich) 184, 197–198, 210–211, 238, 648 Luther, Martin (Reformator) 11, 19, 109, 124, 155–166, 169–170, 182, 195, 215, 222, 247–250, 264, 266, 288, 333, 381, 385, 397–398, 404, 406, 574, 588, 596, 601–602, 610, 616, 623, 646–647, 656, 674, 676–677, 697 Lutz, Heinrich (Historiker) 9–10

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874 Anhänge Machiavelli, Niccolo (Staatsmann und politischer Schriftsteller) 264, 407, 644, 652 Magellan, Ferdinand (Seefahrer und Entdecker) 415–416, 423, 425, 646–648 Malaspina, Giulio Cibo (Markgraf von Massa) 410–411 Maldonado, Juan de (Chronist) 147 Male, Guillaume van (Humanist und Kammerherr Karls) 11, 452, 496–497, 499–500, 526, 528, 555, 565–566, 628–629, 674, 679 Manrique, Alonso (Bischof von Badajoz und später von Córdoba) 85–86, 88–90, 94 Mantua, Federico II. Gonzaga, Markgraf und später Herzog von 246, 300, 311, 489 Manuel (König von Portugal) 24, 95, 120, 154, 179, 271–272, 531, 646–647, 704 Manuel, Don Juan (Höfling und kaiserlicher Diplomat) 68, 155, 159,173 Marche, Olivier de la (Chronist) 28, 58–59, 166, 557–558 Margarete von Österreich (Erzherzogin von Österreich und Herzogin von Savoyen, Tante Karls V.) 18, 21, 23–26, 29–30, 34, 37–43, 46–50, 52, 55, 57, 60–65, 67–71, 74–76, 92–93, 102, 108, 116, 119, 124–129, 132–133, 135, 137, 152, 170, 174, 177, 181, 189, 224, 238–239, 241– 242, 253–254, 256, 260, 269–270, 275, 277, 420, 424, 461, 463, 472, 497, 511, 538, 551, 597, 643–644, 648, 650–651, 668, 678, 680, 682, 690–691, 715 Margarete von York (Urgroßmutter Karls) 26, 30, 34, 55, 100, 643 Margarita (Herzogin von Florenz und später von Parma, illegitime Tochter Karls) 18, 234, 253, 311, 472–475, 478, 489, 508, 539, 637, 648, 653, 662, 678, 684 Maria (Herzogin von Burgund) 18, 22, 24, 26, 50–51, 131, 177, 594, 620

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Maria (Königin von England und Irland, Verlobte und spätere Schwiegertochter Karls) 24, 62, 64–66, 78, 96, 98, 140, 175, 204–205, 348, 354, 468, 472–473, 533–535, 537, 540, 545, 548, 558, 594, 644–645, 660–661 Maria (Königin von Ungarn, Schwester Karls) 18, 24, 31, 34–35, 38, 42, 44, 66, 76, 94, 173, 216, 254–256, 264, 270, 272–275, 277–278, 284, 286, 296, 299, 311, 315, 317, 321, 323–325, 327, 330, 336–337, 347, 350–354, 370, 377, 383–384, 386, 395, 402, 461, 463, 476, 478–479, 486, 493, 497, 499, 501–504, 513–514, 516, 521, 523–524, 526–527, 530, 532–533, 543, 547, 554, 571, 574, 581, 597, 606–607, 614, 638, 644–645, 651, 657, 661, 677, 679–680, 682, 714 María Manuela von Portugal (Fürstin von Asturien, Karls Nichte und Schwiegertochter) 353, 382, 473, 482–483, 485, 531, 539, 620, 655, 704 María von Aragón (Königin von Portugal, Tante Karls) 24, 95, 581, 646 María von Aragón (Priorin von Madrigal de las Altas Torres, Tante Karls) 476 María von Spanien (Königin von Böhmen und später römisch-deutsche Kaiserin, Tochter Karls) 18, 229, 327, 330–332, 367, 374, 376, 473, 481, 492–495, 515, 538, 584, 637, 650, 657 Marillac, Charles de (französischer Diplomat) 465–466, 468, 592–593, 692, 700 Marini, Girolamo (Architekt und Militäringenieur) 366, 368, 371 Marliano, Luigi (kaiserlicher Rat, Bischof von Tuy) 100, 114, 119, 152–154, 168 Marnix, Jean (kaiserlicher Rat) 135 Maroton, Louis (kaiserlicher Rat) 74, 127 Mártir de Anglería, Pedro (Humanist und kaiserlicher Rat) 98, 107, 115–118, 141, 143, 152–153, 705 Martorell, Genoveva Barcisa de Samaniego y Pando, verwitwete Marquesa de 632 Mary Stuart (Königin von Schottland) 654

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Personenregister

Mary Tudor (Tochter Heinrichs VII.) 42, 45–46 Mary Tudor (Tochter Heinrichs VIII.) siehe Maria (Königin von England und Irland) Marzahl, Peter (Historiker) 612 Mason, Sir John (englischer Diplomat) 387, 541–542, 544–547, 550, 553, 574, 679 Massi, François (kaiserlicher Höfling) 478 Mathys, Corneille Henri (Leibarzt Karls) 564–565, 571–572 Maximilian I. (römisch-deutscher Kaiser, Großvater Karls) 18, 21–28, 32–33, 37, 40, 42–43, 45–55, 60–71, 74–78, 81–83, 92–94, 98–99, 102, 111, 113–114, 120–126, 128, 130–132, 34, 163, 173, 193, 238, 298, 310, 314, 316, 330, 346, 352, 453, 458, 497–498, 549, 551, 557, 604, 628, 644, 646, 668, 675, 679, 691, 695, 714–715 Maximilian II. (König von Böhmen und später römisch-deutscher Kaiser; Neffe und Schwiegersohn Karls) 24, 277, 367–368, 403, 473, 481, 486, 492–494, 501–502, 504, 513, 519–520, 552, 554, 558–559, 620, 657, 662 Maxwell, William Stirling siehe Stirling-Maxwell, William Mayer, E. W. (Historiker) 636 Medici, Alessandro de’ (Herzog von Florenz, Schwiegersohn Karls) 234, 311, 472–474, 653, 701 Medici, Cosimo de’ (Herzog von Florenz) 489 Medici, Giovanni de’ siehe Leo X. Medici, Giulio de’ siehe Clemens VII. Medici, Katharina de’ (Nichte von Clemens VII. und Gemahlin Heinrichs II.) 293 Medici, Lorenzino de’ (Attentäter) 411, 657 Memling, Hans (Maler) 41 Méndez, Fray Gonzalo (Missionar und Träumer) 588, 662

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Mendieta, Fray Gerónimo de (Historiker) 585 Mendoza, Antonio de (Vizekönig von Mexiko und später Peru) 426–427, 431, 435–436, 440–441, 443–448, 653, 658, 684, 689 Mendoza, Diego Hurtado de siehe Hurtado de Mendoza, Diego Mendoza, Juan de (Prokurator der Cortes von Kastilien) 320 Mercurino siehe Gattinara, Mercurino Arborio de Mexía, Pedro (Chronist) 22, 147, 498, 620, 705, 707 Michelangelo (Künstler) 319 Michelet, Jules (Historiker) 48, 589 Miraflores, Honorio de Samaniego y Pando, Marqués de 632–633 Molcho, Solomon (selbst ernannter Messias)  578 Moncada, Hugo de (kaiserlicher Diplomat und Vizekönig von Neapel) 199, 211, 213–214, 216, 227 Mondéjar, Marqués de (Präsident des Indienrates) 116, 448 Monfalconetto, Baron (Majordomus Karls) 537 Montezuma (Aztekenherrscher) 418–419, 422–423, 429, 646–647 Montfort, Guillaume, Baron 262 Morales, Ambrosio de (Historiker) 628 Morales, Cristóbal de (Komponist) 580, 709 Morel-Fatio, Alfred (Hispanist) 629, 705 Morison, Richard (englischer Diplomat) 315, 504, 528 Moritz (Herzog und später Kurfürst von Sachsen) 367, 381, 386, 393, 396, 398, 400, 403, 406, 412, 494, 499, 509–510, 514–519, 521, 547, 598, 659 Moro, Antonio (Künstler) 558 Morus, Thomas (englischer Geistlicher und Autor, später heiliggesprochen) 56 Mota siehe Ruiz de la Mota, Pedro Musi, Natale (italienischer Diplomat) 455

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876 Anhänge Nassau, Grafen von siehe Heinrich; Wilhelm; siehe auch Oranien, Wilhelm von Navagero, Andrea (venezianischer Botschafter) 202, 212, 223–224, 232, 260, 704 Navagero, Bernardo (venezianischer Botschafter) 364, 371, 379, 462–463, 465, 703–704 Nicolay, Nicholas (kaiserlicher Rat) 529– 530 Nuñez Vela, Blasco (Vizekönig von Peru) 435–436, 438, 655–656 Obernberger, Johann (kaiserlicher Sekretär) 595–596, 698 Ocampo, Florián de (Chronist) 566, 689, 705, 707 Olgiati, Gian Maria (Militäringenieur) 366 Olivares, Enrique de Guzmán, 2. Graf von 584 Olivares, Gaspar de Guzmán, Conde-Duque de 585 Oranien, Wilhelm von 579, 614 Orange, Philibert von Châlon, Fürst von 594, 599 Orange, Renatus (René) von Châlon, Fürst von 594 Orléans, Heinrich, Herzog von siehe Heinrich II. (König von Frankreich) Orley, Bernard van (Maler) 41, 552–553 Páez de Castro, Juan (Historiker) 12, 14, 17, 628, 688–689, 705 Paget, William (englischer Diplomat) 466–467 Palmaroli y Rodríguez, Vicente (Maler) 630–632 Pannemaker, Pieter de (Teppichweber) 41 Pannemaker, Willem de (Teppichweber) 499–500 Paul III., Alessandro Farnese (Papst)  17, 297–298, 307–308, 311, 321, 337, 346, 360, 381–383, 403–405, 410, 431, 474, 488, 505, 560, 598, 611, 652–655, 657–658, 697

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Paul IV., Gian Pietro Caraffa (Papst)  546, 553, 560, 569, 660–662 Pavie, Michel de (Beichtvater) 55 Penna, Orsolina della (Mutter von Karls illegitimer Tochter Tadea, aus Perugia) 475, 678 Perla, Antonio (Historiker) 562 Perrenin, Antoine (Staatssekretär) 262 Perrenot de Granvelle, Antoine (im Text »Perrenot« genannt) (Bischof von Arras und später Kardinal) 18, 358, 372–374, 397–400, 402, 405, 503, 505, 512–515, 526, 528–529, 532–533, 546–547, 550, 553, 605, 614, 622, 676, 688, 692 Philibert II. (Herzog von Savoyen) 38 Philipp II. (König von Spanien, Sohn Karls V.) 11, 15, 23, 58–59, 102, 208, 224, 228, 232, 235, 272, 274, 277, 294–295, 298, 320, 326–328, 331–332, 348, 353, 355–359, 367, 373, 376–378, 382–384, 411, 423, 432, 436–438, 447–448, 453, 458, 472–473, 476, 478–496, 499–505, 508–510, 517, 530–531, 534–535, 537–540, 542–545, 547–552, 555–559, 565, 567–571, 573, 579, 581–585, 587, 595, 601, 612, 616–620, 624, 626–629, 633–635, 637, 639, 649, 653–662, 675, 678, 686–689, 698–700, 704, 714–715 Philipp III. (König von Spanien) 583, 621 Philipp der Großmütige (Landgraf von Hessen) 252, 296, 380, 384, 386, 389, 392, 399–401, 521, 598, 602, 651–652, 681 Philipp der Gute (Herzog von Burgund) 58–59, 100, 178 Philipp der Kühne (Herzog von Burgund) 57, 177 Philipp der Schöne (Herzog von Burgund, Erzherzog von Österreich und König von Kastilien; Vater Karls V.) 22–38, 44–45, 49, 58, 67, 73, 79–83, 85, 90, 92, 94, 97–98, 102, 115, 126, 146, 203, 238, 491, 538, 643–644 Pietschmann, Horst (Historiker) 413, 493, 596–597

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Personenregister

Pirenne, Henri (Historiker) 46, 48 Pius V., Antonio Ghislieri (Papst) 582, 620 Pizarro, Francisco (Konquistador) 427– 430, 434, 436, 442, 619, 650–654 Pizarro, Gonzalo (Konquistador) 412, 436, 438–441, 450, 619, 653, 655, 657, 693–694 Plutarch (antiker griechischer Autor)  10 Pociecha, Władysław (Historiker) 621 Pole, Reginald (englischer Kardinal, Erzbischof von Canterbury) 545–546 Polybios (Historiker) 264 Ponce de la Fuente, Constantino (Prediger) 574 Poupée, Charles de la (Herr von La Chaux) 61 Praet, Louis de (kaiserlicher Rat) 529 Prés, Josquin des (Komponist) 32, 62, 709 Prescott, William Hickling (Historiker) 638, 640 Proust, Marcel (Schriftsteller) 577 Puys, Remy du (Chronist) 680, 705 Quijada, Luis Méndez de 17, 478, 559–564, 570–573, 577, 628, 661 Quirini, Vincenzo (venezianischer Diplomat) 81, 703 Rabe, Horst (Historiker) 612, 671 Rabelais, François (Schriftsteller) 308, 598 Rabutin, François de (Soldat)  532 Ranke, Leopold von (Historiker) 589, 694 Rassow, Peter (Historiker) 587 Reglá, Juan (Karls letzter Beichtvater) 559, 564–565 Renard, Simon (kaiserlicher Diplomat) 534–535 Renée von Frankreich (Prinzessin, Verlobte Karls) 66, 77, 89, 121–122, 199, 489, 645 Ricasoli, Giovanni Battista (florentinischer Diplomat) 361–362

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Rico y Ortega, Martín (Künstler) 631–632 Rincón, Antonio (Comunero und französischer Diplomat) 15, 183, 286, 332, 343, 345–347, 349, 400, 411, 598, 654 Robertson, John (Historiker) 625 Robertson, William (Historiker) 588–589, 640 Rodríguez-Salgado, María José (Historiker) 30, 268, 271, 567, 570, 611 Rojas, Antonio de (Präsident des Rates von Kastilien) 150 Romano, Giulio (Künstler) 345 Ronquillo, Rodrigo (spanischer Amtsträger)  182–183, 206 Roper, Lyndal (Historikerin) 252, 677 Roosevelt, Franklin Delano (US-Präsident) 602–603 Rudolf II. (römisch-deutscher Kaiser) 789 Ruiz de la Mota, Pedro (Bischof von Badajoz) 94, 142, 146 Sachsen, Kurfürsten von siehe Friedrich III., der Weise; Johann Friedrich; Moritz Salazar, Jaime de (Genealoge) 636 Salinas, Martín de (Diplomat) 181, 186, 224, 228, 276, 313–315, 318–319, 324, 441–442, 700 Sampson, Richard (englischer Diplomat) 190, 194 Sandoval, Fray Prudencio de (Historiker) 169, 487, 518, 566, 583, 585, 620, 673, 676, 679, 707 Sandoval y Rojas, Bernardo de, Marqués de Denia siehe Denia, Bernardo de Sandoval y Rojas Santa Cruz, Alonso de (Chronist) 116, 147, 453, 705, 707 Sanuto, Marino (Historiker) 133, 246, 702–703 Sardella, Pierre (Historiker) 459–460 Sastrow, Bartolomäus (Bürgermeister von Stralsund und Chronist) 397, 399, 401–402, 405, 466–467, 623, 707

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878 Anhänge Sauvage, Jean le (Großkanzler) 73, 76, 89–90, 92–93, 116, 119, 415, 417, 645–646 Savoyen, Luise von siehe Luise von Savoyen Schertlin von Burtenbach, Sebastian (General) 389–391 Scheurl, Christoph (Humanist) 309 Sebastian I. (König von Portugal) 473, 567, 620, 660–661 Seisenegger, Jakob (Maler) 291 Seld, Georg (Humanist und Reichsvizekanzler) 398–400, 405–406 Selim I. (osmanischer Sultan) 109 Sempere, Jerónimo (Dichter) 584 Sepúlveda, Juan Ginés de (Historiker) 324, 448, 482, 566, 587, 628, 705 Servels, Barbe (Karls Amme) 28, 613 Sessa, Luis Fernández de Córdoba, Herzog von 195, 199–200, 213, 689 Sforza, Francesco (Herzog von Mailand) 188, 212, 224–225, 234, 236, 240–243, 273–274, 277, 310, 650, 653 Sigüenza, Fray José de 556, 564, 673 Silíceo, Juan Martínez del Guijo (Kardinal) 295, 358, 432, 437, 479–482 Sleidan, Johannes (Historiker) 566, 706 Snouckaert van Schouwenburg, Willem (kaiserlicher Bibliothekar und Chronist) 57, 627–628, 705 Soria, Lope de (kaiserlicher Diplomat) 192, 213, 220, 304, 311, 462, 688 Soto, Domingo de (kaiserlicher Beichtvater) 448, 498, 614 Soto, Pedro de (kaiserlicher Beichtvater) 397, 432, 435, 456–457, 513, 678 Spinelly, Thomas (englischer Diplomat) 64, 96, 99, 130, 149–151, 697 Stile, John (englischer Diplomat) 79, 87, 106, 136 Stirling-Maxwell, William 562, 689 Strøm-Olsen, Rolf (Historiker) 26 Stroppiana, Giovanni Tommaso de Langosco, Graf 390–391, 518, 527, 529, 702

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Strozzi, Piero (Italiener im Exil) 411 Sturm, Jakob (Reformator und Magistrat) 393–394, 501 Süleyman der Prächtige (osmanischer Sultan) 215–216, 240–241, 244, 285–286, 288–289, 297–298, 304, 317, 332, 334, 337, 343, 348–349, 361, 381, 398, 577–578, 647, 652–653, 657 Tadea (illegitime Tochter Karls) 16, 472–473, 475–476, 539, 648, 651, 662, 678 Tavera, Juan de (Kardinal) 263, 270, 298, 305, 326, 357, 377–378, 424, 431, 437, 482, 486 Teissier, Antoine (Autor und Speichellecker) 635–636 Tello de Sandoval, Francisco (Priester und königlicher Inspektor in Mexiko) 435, 448 Terlinden, Charles (Historiker) 586–587 Tiepolo, Niccolo (venezianischer Diplomat)  263, 703 Tirán, Melchior (Archivdieb)  692 Tizian (Tiziano Vercellio) (Maler) 246, 271, 291, 396, 455, 465, 499, 534, 557–558, 573, 582, 584, 586, 630–631, 708 Toledo, Francisco de (kaiserlicher Diplomat und später Vizekönig von Peru) 482, 505 Toledo, Pedro de (Vizekönig von Neapel) 307, 408, 458 Trevisan, Liberal (Leibarzt Karls) 28, 43 Tunstal, Cuthbert (englischer Diplomat) 96 Tyler, Royall (Historiker) 622, 711 Ulloa, Doña Magdalena de 478, 571 Ulrich (Herzog von Württemberg) 395, 652, 656 Valdés, Alfonso de (Karls lateinischer Sekretär) 165, 196, 217, 261 Valdés Salas, Fernando de (Erzbischof von Sevilla, Präsident des Rates von Kastilien und Generalinquisitor) 160, 359, 457, 568, 574, 618

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Personenregister

Vandenesse, Jean (Chronist) 300, 403, 705 Vargas Mexía, Francisco de (Humanist) 482 Vasto, Alfonso de Ávalos y de Aquino, Marchese del (Statthalter von Mailand) 300, 337, 342–346, 365, 461, 615, 654–655, 684, 687 Vaughan, Stephen (englischer Diplomat) 603–604 Vázquez de Molina, Juan (Staatssekretär) 338, 477, 560, 679 Vega, Garcilaso de la (Dichter und Soldat) 300, 318 Vega, Juan de (kaiserlicher Botschafter in Rom und Vizekönig von Sizilien) 462 Vega, Luis de (kaiserlicher Baumeister) 557 Velasco, Luis de (Vizekönig von Mexiko) 447, 658, 684 Velázquez, Diego (Statthalter von Kuba) 416, 418–419, 421 Vergil (Dichter) 9 Vermeyen, Jan Cornelisz (Künstler) 41, 302, 500, 558 Veyré, Philibert de (kaiserlicher Diplomat) 222 Viciana, Martí de (Chronist) 147, 182, 443 Viglius van Aytta, Joachim 479 Villavicencio, Fray Lorenzo de 584 Villinger, Jakob (kaiserlicher Generalschatzmeister) 123–124, 132 Vital, Laurent (Tagebuchschreiber und Höfling) 99–101, 107–108, 114–115, 117, 705 Vitoria, Fray Francisco de 295, 430–432, 435, 437, 654 Vives, Juan Luis (Humanist) 56, 479

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Weiditz, Christoph (Künstler) 423 Weyden, Rogier van der (Künstler) 41 Wied, Hermann von (Erzbischof von Köln) 382 Wilhelm der Reiche (Graf von Nassau); siehe auch Oranien, Wilhelm von 595, 605 Wilhelm der Reiche (Herzog von JülichKleve-Berg, kurzzeitig auch Herzog von Geldern) 325, 347–348, 361–362, 653, 655 Witte, Bruder Jean de (Beichtvater) 42 Witthem, Henri de siehe Beersel Wolsey, Thomas (Kardinal und Lordkanzler Heinrichs VIII.) 138, 141, 144–145, 167, 169, 174–176, 179, 187, 194, 210–211, 603, 621, 715 Wotton, Nicholas (englischer Diplomat) 283, 362–363, 371, 696 Wyatt, Thomas (englischer Diplomat und Dichter) 331, 348, 468, 619, 669, 695–696 Zapata de Chaves, Luis (Dichter) 584 Zevenbergen, Herr von (kaiserlicher Diplomat) 134–135 Zulueta y Cebrián, Julián de (Arzt) 576, 630–633 Zúñiga, Francesillo de 706 Zúñiga, Luis de siehe Ávila y Zúñiga, Luis de Zúñiga y Avellaneda, Juan de (Höfling, Erzieher und Majordomus des Infanten Philipp) 59, 85, 88, 94, 146, 357–358, 437, 480, 483, 485, 689

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1. Junge Habsburger beim Schulunterricht, ca. 1510. Ein Bild von Karl und seinen Geschwistern in der Schule gibt es zwar nicht, dafür aber diesen Holzschnitt von Hans Burgkmair, der dem autobiografischen Bericht ihres Großvaters Maximilian über seine Schulzeit beigefügt war. Der Holzschnitt, über dessen Entstehung der Kaiser persönlich wachte, könnte durchaus den Raum abbilden, den Maximilian zu sehen bekam, wenn er seine Enkel in Mecheln besuchte.

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2. Charles’s first signature, 1504. In January 1504, not quite four 2. Karls Unterschrift, 1504. Anyears old,erste the prince allegedly geblich soll derletter Prinzbegging im Januarhis 1504 mit dictated this noch nicht ganz vier Jahren grandfather Ferdinand todiesen allow Brief diktiert haben, in dem den Großvater his mother Joanna (‘laerprincesa’) to return tobittet, the Netherlands, Ferdinand seiner, Karls, Mutter but no child his age could Johanna (»la of princesa«) die Rückkehr have such a complex in diecomposed Niederlande zu erlauben. Jedoch document (let alone a foreign hätte kein Kind seinesin Alters ein Dokulanguage). He could not even ment so anspruchsvollen Inhalts (dazu sign it himself without help: noch in einer Fremdsprache) formulieren the initial ‘C’ of ‘Carlos’ (at the können. of Karlthe hätte es nicht einmal ohne bottom page) is reversed Hilfehezuwrote unterschreiben gewusst: and the remaining five Die Initiale without »C« von »Carlos« letters lifting his(unten quill auf der Seite) the ist page, verkehrt herum copying geschrieben, from probably aund ‘model’ prepared his tutor. sind die übrigen fünfbyBuchstaben zu Papier gebracht, ohne die Feder abzusetzen – vermutlich hat Karl dabei eine von seinem Lehrer erstellte Vorlage »abgemalt«.

3. Charles’s first letter in French, 3. Karls erster Brief Französisch, 1508. Although someauf erudite 1508. Obwohl einige gelehrte scholars have assigned the dateKöpfe den to Brief das both Jahr 1513 1513 thisinletter, the datieren wollten, zeigen immature handdie andnoch the unreife contentHandshow that signed this schrift wieCharles auch der Inhalt, dass Karl love letter to Princess diesen Liebesbrief an Mary Prinzessin Mary Tudor goodfrüher husband, Tudor‘Your fünf Jahre mit »Euer guter Charles’ five years earlier. Ehemann Karl« signiert hat.

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4. Martial sports for boys, c. 1514. Maximilian’s autobiography, Der Weiss Kunig (meaning both ‘The white king’ and ‘The wise king’), includes a woodcut that shows how the future emperor learned about war as a boy by playing with toy jousting knights and practising with a miniature cannon, a bow and a crossbow – precisely the toys that he gave to his grandson Charles. Two toy jousting knights from the imperial collection – perhaps the ones given by Maximilian – survive in a Vienna museum.

4. Kampfsport für Jungen, ca. 1514. Maximilians Autobiografie Der Weißkunig (mit den zwei Bedeutungen der »weiße« und der »weise« König) enthält diesen Holzschnitt, der zeigt, wie der zukünftige Kaiser schon als Junge den Krieg kennenlernte, indem er mit Spielzeugrittern Turniere abhielt und mit Miniaturkanone, Bogen und Armbrust das Schießen übte. Genau solche Spielzeuge machte er später auch seinem Enkel Karl zum Geschenk. Die zwei Spielzeugritter aus der kaiserlichen Sammlung – vielleicht die von Maximilian geschenkten – befinden sich heute in einem Wiener Museum.

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5. Eine glückliche Familie, 1511. Dieses Frontispiz eines illuminierten Hymnars, das Maximilian 1511 seiner Tochter Margarete schenkte, zeigt den Kaiser unter dem habsburgischen Doppeladler, während Margarete und Karl zu seinen Füßen auf Stühlen sitzen. Im Vordergrund sieht man die Enkelinnen Eleonore (mit einem geöffneten Buch), Isabella und María (mit dem Rücken zum Betrachter).

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6. Der entschiedene Ritter begegnet dem Tod. Karl V. war von Olivier de la Marches in Versen gefassten Fürstenspiegel über das Rittertum am burgundischen Hof so fasziniert, dass er 1551 damit begann, das Werk aus dem Fran6. The resolute knight meets Death. Charles V was so impressed by Olivier de la Marche’s fantasy zösischen (Le chevalier délibéré, 1483) ins Spanische zu übersetzen. Als er sich nach Yuste zurückzog, gehörte das about knights at the court of Burgundy that in 1551 he began to translate the verse epic from illustrierte Manuskript wie ein Exemplar der gedruckten spanischen dieSpanish er mitnahm. French into Spanish,ebenso and took both the illustrated manuscript andAusgabe a copyzuofden theDingen, printed

edition with him to his retirement home at Yuste.

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7. Karls zeremonieller »Einzug« in Brügge als Graf von Flandern, 1515. Remy du Puys gestaltete diese schöne Handschrift als his Geschenk für Karl,‘entry’ besorgte auchas eine gedruckte Version für breitere Öffentlichkeit. Das 7. Charles makes ceremonial toaber Bruges count of Flanders ineine 1515. Remy du Puys created erste Bild der Folge zeigt drei Engel, die dem jungen Prinzen eine Krone, ein Wappen und die Stadtschlüssel präthis handsome manuscript presentation copy for Charles, but also oversaw a printed version for the sentieren – eine Anspielung auf die Heiligen Drei Könige,shows die seinerzeit Christuskind Geschenke darbrachten. general public. The first pageant in the sequence threedem angels presenting the young prince with a crown, a coat of arms and the keys of the city, just as the three Wise Men had brought gifts to the Christ child.

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8. Charles unbuttons himself in a holograph note to his friend, Count 8. In einem eigenhändigen Brief seinen Henry of Nassau, 1518. The newanking of Castile, at Tordesillas with Freund, Grafmiserable Heinrich von Nassau, schüttet his mother, sledging in the Karl sein Herzdespite aus, 1518. Dem neuen König von snow and courting a possible paramour, Kastilien geht es in Tordesillas bei seiner Mutter missed his friends and fährt his familiar nicht besonders gut. Zwar er Schlitten im lifestyleund back in the Netherlands – and Schnee macht einer Dame den Hof, doch especially ‘mon Henri’.ververmisst er the denaddressee: aus den Niederlanden trauten Lebensstil und seine Freunde – vor allem aber den Adressaten: »mon Henri«.

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9. Karls geheime Aufzeichnungen für Prinz Philipp, Palamos, 6. Mai 1543. Der Kaiser mahnte seinen Sohn, er solle »seine Angelegenheiten stets mit vielen erörtern und sich nicht einer einzigen Person verbunden oder verpflichtet fühlen«. Vielleicht erinnerte sich Karl in diesem Moment daran, auf welche Weise Chièvres ihn einst kontrolliert hatte. Die Unmenge an Zusätzen und Korrekturen, zwischen den Zeilen und an beiden Rändern, zeigt, wie sehr der Kaiser bei der Bewertung seiner Minister mit sich rang (in diesem Fall geht es um »den Kardinal von Toledo« – Tavera – am Rand und um den Herzog von Alba im Text selbst).

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10. Karl schreibt beinahe Deutsch, 1519. Karls Wunsch, zum römischen König gewählt zu werden, brachte ihn dazu, jedem einzelnen Kurfürsten eigenhändig (»manu propria«) einen Brief in deutscher Sprache zu schreiben. Doch zwang seine Unkenntnis des Deutschen ihn, den Text buchstabenweise von einer Vorlage zu übernehmen – ganz so, wie er es als Kind getan hatte, als er anfing, Spanisch zu schreiben.

11. Mary Tudor trägt eine juwelenbesetzte Brosche mit dem Schriftzug »the emp[er]our«, 1522. Wie Karls Gesandte in England berichteten, zeigte die »kleine Prinzessin« (sie war acht Jahre alt) kurz vor seinem Besuch ihre Reize, indem sie »auf ihrem Busen eine goldene Brosche trug, besetzt mit Juwelen, die den Namen Eurer Majestät bildeten, welchselbigen Namen sie am Sankt Valentinstag angenommen hatte … was ein gutes Zeichen zu sein scheint«. Tatsächlich blieb Mary unverheiratet, bis sie 32 Jahre später mit Karls Sohn Philipp die Ehe schloss.

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12. Eine Ritterrüstung für Karl, 1525. Kolman Helmschmied aus Augsburg schmückte diesen um 1525 für den Kaiser angefertigten Ganzkörperplattenpanzer mit den Initialen »KD« für »Karolus Divus« (»Karl der Göttliche«). Wenn drei Jahre später Franz I. von Frankreich Karls Herausforderung zum Duell angenommen hätte, wäre der Kaiser wohl in dieser Rüstung angetreten. Vielleicht hätte dann Helmschmied, den Karl extra zu sich nach Spanien rufen ließ, noch einige Verbesserungen vorgenommen.

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13. Discussion points drawn up for Charles before one of his meetings with Pope Clement VII in Bologna, 1529. ‘The matter of the queen of England’ (KatherineAgenda of Aragon) 13. Die kaiserliche für ein was the first item for discussion, Treffen mit Papst Clemens VII. in and the fifth was ‘Changes to the Bologna, 1529. Als erster Punkt sollte brief of absolution for the matter »die Sache der Königin von England« [read: sack] of Rome’, accompanied (Katharina von Aragón) zur Diskussion by several proposals for extracting stehen, from, als sechster Punkt folgten anwealth and extending royal gestrebte »Änderungen Breve der Abjurisdiction over, the im church solution der römischen in Spain.inCharles madeSache« some(womit der Sacco di (in Roma gemeint war). Dazu annotations lighter coloured traten diverse Vorschläge, wie man aus ink). der Kirche in Spanien Reichtum ziehen und die königliche Rechtsprechung über sie ausdehnen könnte. Karl selbst fügte einige Anmerkungen hinzu (in hellerer Tinte).

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14. Franz I. wird in der Schlacht von Pavia gefangen genommen. Abgebildet ist einer von sieben Gobelins, die zur Erinnerung an jenen Sieg in Auftrag gegeben wurden, den Karls Truppen an dessen 25. Geburtstag, dem 24. Februar 1525, bei Pavia errangen. Überreicht wurden ihm die Gobelins sechs Jahre später, als er in die Niederlande zurückkehrte. Im Hintergrund bricht die spanische Infanterie aus den Wäldern hervor und greift die französische Kavallerie an, während im Vordergrund Franz I. vom Pferd gezogen wird (die Fleur-de-Lys sind deutlich zu sehen).

15. Karl und seine Großeltern in Brügge, 1531. Im Jahr 1528 beauftragte das Brügger Freiamt (eine Kastellanei der Grafschaft Flandern) Lanceloot Blondeel mit dem Entwurf für ein Monument zu Ehren Karls V., das im Justizpalast von Brügge seinen Platz finden sollte. Blondeel benötigte drei Jahre für den eindrucksvollen Kaminaufsatz aus Eiche, Marmor und Alabaster mit lebensgroßen Statuen des Kaisers und seiner Großeltern: Maria und Maximilian auf der rechten, Ferdinand und Isabella auf der linken Seite. Die drei männlichen Figuren tragen überdimensionierte Hosenbeutel, was offenbar daran erinnern soll, dass die vier Erbreiche durch Heirat, nicht durch Krieg vereint wurden.

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16. Joanna and Charles, monarchs of Aragon, 1528. This magnificent 16. Johanna Karl alsmay Könige von 100 escudosund gold coin be the Aragón, 1528. Auf dieser prächtigen Goldfirst image of Charles with a beard münze im Werthe von 100 Escudos könnte – although still wears his hair Karl zum ersten Malinmit abgebildet shoulder length theBart Burgundian sein, auch wenn er appears sein Haarasnach burfashion. Joanna a nun, gundischer Mode immer noch schulterlang albeit with a crown as a reminder trägt. Nonne thatJohanna she andist heralsson weredargestellt, joint rulers of Aragon as zu well as of Castile. aber gekrönt, um daran erinnern, dass sie und ihr Sohn gemeinsam die Herrschaft über Aragón und auch Kastilien innehatten.

17. Kaiser Karl stellt Sultan Süleyman in den Schatten, 1532. Auf dieser Bronzemedaille drängt Karl, unterstützt von einem Engel, den Sultan in den Hintergrund – sehr wahrscheinlich sollte das Stück an seinen Triumph in Ungarn 1532 erinnern. Die Inschrift lautet: » Du, o glücklicher Cäsar, bist auserkoren, plus ultra voranzurücken / Des Kaisers Schwert trenntCharles vom Rumpfe des Gegners Haupt.« 1532. Charles, supported by an angel, dominates 17. Emperor eclipses Sultan Suleiman,

the sultan in this striking bronze medal, almost certainly minted to commemorate his Hungarian triumph in 1532. The inscriptions reads: ‘You are destined, o fortunate Caesar, to advance plus ultra / The imperial sword will remove the opposing head’.

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18. Karl mit Buch und Handschuhen, Porträt von Christoph Amberger, 1532. Dieses Bildnis ist eines von wenigen, das den Kaiser mit einem Buch darstellt. Wie von Augenzeugen beschrieben, trägt Karl hier »sein goldenes Haar« kurz geschnitten, dazu einen blonden Bart, der den vorstehenden Unterkiefer jedoch kaum verbergen konnte. Die Hand, mit der Karl eine Stelle im Buch markiert, ist behandschuht, so als wollte er den Text demnächst fortlegen, um auf die Jagd zu gehen.

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19. Karl, porträtiert von Jakob Seisenegger und Tizian, 1532/33. Während seines längeren Aufenthalts in Mantua und Bologna im Winter 1532/33 hat Karl offensichtlich zwei berühmten Künstlern Modell gestanden: zum einen Tizian, dem Lieblingsmaler des Herzogs von Mantua, und zum anderen Jakob Seisenegger, dem Hofmaler von Karls Bruder Ferdinand. Für Letzteren war der Hund, der in beiden Porträts so hervorsticht, »ain grosser englischer wasserhundt«.

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20. Vor der Einschiffung nach Tunis mustert Karl sein Heer in Barcelona, 1535. Der Künstler Jan Cornelisz Vermeyen begleitete Karl auf dem Tunisfeldzug und erhielt den Auftrag, zwölf Gobelins als Erinnerung an das Ereignis zu gestalten. Auf diesem Bild (dem zweiten) sehen wir den Kaiser gerüstet zu Pferd, den Kommandostab eines Generals in der Hand und eine Art Baseballkappe auf dem Kopf. Am Tisch daneben sitzen die Schreiber, die Einzelheiten der Musterung notieren. Karl wirkt eher wie ein Logistiker als wie ein Krieger. Das im Hintergrund abgebildete Kloster Montserrat, wo der Kaiser vor Beginn des Feldzugs sein Gebet verrichtete, soll den Betrachter an die religiöse Intention des Vorhabens erinnern.

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21. Statue von Karl auf der Piazza Bologni in Palermo, 1535/1630. Diese mächtige, von Scipione Li Volsi geschaffene Bronzestatue aus dem Jahr 1630 zeigt den Kaiser in römischer Gewandung und mit einem Lorbeerkranz. In der linken Hand hält er den Kommandostab, während er mit der rechten schwört (ein Jahrhundert zuvor), die Gesetze und Privilegien des Königreichs Sizilien zu bewahren.

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22. Karls 22. triumphaler Einzug in Rom, 1536. Das Frontispiz einer Flugschrift, die den feierlichen »Einrit Keyser CarCharles enters Rome in triumph, 1536. The frontispiece to a pamphlet celebrating len in die alten Keyserlichen am 5. April 1536 feiert, Wochen später von Christoph Charles’s solemn haubtstatt entry into Rom« ‘the ancient imperial capital,veröffentlicht Rome’ on 5 drei April 1536, published at threeder weeks later bywird Christoph Scheurl. It included the Vulgate text of II Samuel Scheurl inNuremberg Nürnberg. Unter Abbildung Abners Verheißung an David aus dem 2. Buch Samuel 3,21 bemüht, 3:21,alles Abner’s promise towas David: ‘Thou reign over all that thine ’ Scheurl dass »du über regieren sollst, deine Seelemayest begehrt«. Scheurl bedachte wohlheart nicht,desireth. dass Abner kurz danach evidently forgot that David’s henchmen murdered Abner soon afterwards. von einem Gefolgsmann Davids ermordet wurde.

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23. Karte von Ostfrankreich, 1544. Dieses umfangreiche Panorama (54 x 107 cm) zeigt Frankreich, wie Karl es von Metz aus gesehen haben könnte, zusammen mit den Routen, die zu drei möglichen Zielorten führten: von Troyes nach Dijon auf der linken Seite; von Troyes nach Paris (unterhalb des Hügels von Montmartre) auf der rechten Seite; und von Dijon nach Paris via Auxerre und Sens in der Mitte. Deutlich zu sehen ist der Verlauf der Flüsse Marne, Yonne und Seine, und auch die wichtigsten Brücken sind verzeichnet – entscheidende Hinweise für ein Heer auf dem Marsch.

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24. Karl wird in seinem Lager vor Ingolstadt belagert, September 1546. Nach Auskunft von Luis de Ávila, einem Augenzeugen, der später eine Chronik verfasste, währte die Beschießung des kaiserlichen Lagers vor Ingolstadt volle neun Stunden und ließ den Boden schwanken wie bei einem Erdbeben. Karl aber blieb entschlossen neben der kaiserlichen Standarte stehen. Das machte ihn zu einem leichten Ziel für seine Feinde – und zu einer Inspiration für seine eigenen Truppen.

25. Karl in der Schlacht bei Mühlberg, 1547. Während seines Aufenthalts in Augsburg gab Karl bei Tizian ein riesiges Gemälde in Auftrag, um seinen kürzlich errungenen Sieg zu feiern. Auf dem Bild wirkt der Kaiser siegesgewiss, unermüdlich und entschlossen. Er ist als Offizier der leichten Kavallerie dargestellt, ausgestattet mit kurzer Lanze und Radschlosspistole, und trägt die üblichen roten Insignien des habsburgischen Militärs über einer von Helmschmied gefertigten Rüstungsgarnitur, deren Brustplatte die Jungfrau mit Kind zeigt – römische, deutsche und christliche Bildelemente sind in einem Werk vereint. Anders als auf den Pavia-Gobelins (siehe Abb. 14) sind hier keine Feinde zu sehen: Zweifellos wollte Karl als großmütiger, auch für die deutschen Lutheraner akzeptabler Herrscher erscheinen, denn immerhin ging es gerade um deren Zustimmung zu einer vorläufigen Regelung der Religionsfrage (dem Augsburger Interim).

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26. Karl und sein Kriegsrat, 1545. Der Kaiser war kriegsbegeistert. Dieser zeitgenössische Holzschnitt zeigt ihn, wie er unter einem Baum sitzt, seinen Generälen zuhört und Befehle erlässt. Einer der Befehlshaber ist Graf Reinhard zu Solms, der mit Karl in Deutschland und in Frankreich gekämpft hatte (er war für den Beschuss von St. Dizier zuständig, der die Stadt zur Kapitulation zwang). Im Hintergrund ist seine Heimatstadt, das hessische Lich, zu sehen.

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27. Karl in Augsburg, Porträt von Tizian, 1548. Ganz in Schwarz gekleidet mit dem Goldenen Vlies als einzigem Glanzpunkt, strahlt der Kaiser Ruhe, Würde und unterkühlte Größe aus. Tizian verbrachte 1548 mehrere Monate in Augsburg, begleitet von einem ganzen Mitarbeiterstab, der ihn bei der Ausführung mehrerer kaiserlicher Aufträge unterstützte. Möglicherweise war Anton Fugger der Auftraggeber dieses Porträts, und vielleicht erscheint Karl deshalb eher als Bankkunde denn als siegreicher Krieger – auch die Prominenz des Datums im Bild könnte es erklären. (Dass der Kaiser im Stadtpalast der Fugger residierte, kennzeichnete den Beginn eines neuen Zeitalters.)

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28. Anforderung von Dispensen für Prinz Philipps inzestuöse erste Heirat, 1543. Die Heiratspraxis zwischen 28. Procuring all the necessary dispensations for Prince Philip’s incestuous first marriage, 1543. den königlichen Häusern vonthe Aragón, Portugal hatte über mehrere Generationen hinweg zu so vielen Intermarriage between royalKastilien house ofund Aragon, Castile and Portugal over several generations Fällenpresented von »Blutsverwandtschaft« geführt, dass Karl zwar die vier hauptsächlichen Verwandtschaftsgrade so many cases of ‘consanguinity’ and ‘affinity’ that even after listing the four principal auflistete, von denen jeder einzelne einenwould besonderen päpstlichen Dispens erforderte, es considered aber für ratsam hielt, noch ‘kinships’ , each of which need specific papal dispensation, Charles it advisable to einen obtain ‘a more general to cover additional case of incest mightabzudecken, have overlooked. »allgemeineren« Dispens zu one’ erwirken, um any jeden möglichen weiteren Fallthat vonheInzest den er vielleicht übersehen hatte.

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29. Karl besiegt den Furor, Skulptur von Leone und Pompeo Leoni, 1549–1564. Die massive Bronzestatue zeigt Karl in der Rüstung eines römischen Kaisers, über den Furor triumphierend. Der Furor – die römische Versinnbildlichung des Krieges – ist zwar in Ketten gelegt, hält jedoch eine brennende Fackel in der Hand, die das Feuer des Krieges erneut entfachen könnte. Aber Karl bleibt wachsam und gefasst, ganz im Sinn der Tugenden, die zwei Jahrzehnte zuvor Antonio de Guevara, sein Kaplan und Chronist, in seinem Buch über Mark Aurel hervorgehoben hatte. Die Rüstung ist übrigens Stück für Stück abnehmbar, sodass (für die Interessierten) des Kaisers nackter Körper sichtbar wird.

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30. Charles played at draughts. The popularity 30. Karl spielt Dame. Im 16.  Jahrof games of skill, such as hundert wurden strategische Spiele chess and draughts with wie und mit ihrem theirSchach military andDame chivalric Hintergrund der Militär- und associations,aus increased Ritterwelt immercentury. beliebter. Diein the sixteenth ThisSpielstein piece of pear ser auswood, geschwärztem painted black andvermutlich probablyin den Birnenholz wurde made in Augsburg in the 1540er-Jahren in Augsburg her1540s, contains gestellt. Er zeigta gesso ein Gipsporträt portrait of Charles with von Karl und trägt die am Rand umCAROLVS IMPERATOR CAROLVS laufende Inschriftthe carved around border.IMPERATOR . Sehr wahrscheinlich No doubt it originally gehörte er zu einem part Set von Stücken. formed of a32set of thirty-two pieces.

31. Charles and Philip by Leone Leoni. Leone Leoni saw a combined image of Julius Caesar and his adopted son Augustus in 1550, inspiring him to carve an onyx cameo that portrayed Charles and his son on one side and the empress on the other. The artist’s surviving correspondence shows that he completed his ‘capriccio’ in just three months, and that the emperor ‘received it with the greatest admiration’.

31. Karl und Philipp, von Leone Leoni. 1550 sah der Künstler ein Doppelporträt von Cäsar und seinem Adoptivsohn Augustus, was ihn zu dieser Onyxkamee inspirierte, die Karl und Philipp auf der einen und die Kaiserin auf der anderen Seite zeigt. Aus Leonis Briefwechsel geht hervor, dass er sein »capriccio« in nur drei Monaten vollendete – und dass der Kaiser es »mit größter Bewunderung annahm«.

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32. Karl dankt ab, 1555. Frans Hogenbergs Kupferstich von 1569/70 zeigt verschiedene Stadien der Abdankungszeremonie in der großen Halle des Königspalastes zu Brüssel am 25. Oktober 1555: Oben rechts, umgeben von üppigen Tapisserien, dankt Karl seiner Schwester Maria für ihre Dienste als Regentin, etwas darunter übergibt er seine Besitzungen an Philipp und verlässt dann die Halle (»Carolus«). Im Zentrum zerbricht derweil ein Amtsträger Karls Herrschersiegel, und Dr. Maes steht bereit, im Namen der Generalstaaten eine Rede zu halten.

33. Karl nach der Abdankung, 1556. In diesem Simon Bening zugeschriebenen Miniaturporträt trägt der Kaiser »einen Rock aus Florentiner Serge, wie er von Bürgern getragen wird, dazu ein schwarzes Wams nach deutscher Art« und einen schwarzen Hut – ganz so, wie es die französischen Diplomaten beschrieben, die Karl im März 1556 in Brüssel aufsuchten. Es ist dies vielleicht das letzte zu Lebzeiten gefertigte Porträt Karls, der drei Monate später nach Spanien ging und dann keine Porträts mehr in Auftrag gab.

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34. Das Letzte Gericht, von Tizian, 1551–1554. Der ursprüngliche Auftrag des Kaisers bezeichnete dieses riesige Gemälde als »Die Trinität«, aber als Karl in Yuste ankam, nannte er es »Das Letzte Gericht«. Zeigt es doch ihn und seine engsten Verwandten – die Kaiserin und Philipp, seine Schwestern Eleonore und Maria – kurz nach seinem Tod, alle in weißes Leinen gehüllt und um Gottes Gnade bittend. Dass Karls Bruder Ferdinand auf dem Bild fehlt, obwohl er zugegen war, als der Kaiser in Augsburg das Werk in Auftrag gab, dürfte kein Zufall sein.

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35. Der kaiserliche Wohnkomplex im Kloster Yuste. Philipp II. beauftragte den holländischen Künstler Anton van den Wyngaerde, eine Reihe von spanischen »Ansichten« festzuhalten, und 1567 besuchte der Künstler zu diesem Zweck das Hieronymitenkloster Yuste. Im Mittelpunkt seines Interesses stand der Palast des Kaisers, der an die Klosterkirche angrenzte und über die (heute noch bestehende) Rampe auf der linken Seite zugänglich war. Deutlich sichtbar sind die Gärten und Anbauten, die für Karl entstanden waren.

36. Trauerfeierlichkeiten für Karl in Brüssel, 1558. Am 29. Dezember 1558 bewegte sich der Trauerzug für den Kaiser vom königlichen Palast zur Kathedrale St. Gudula, wo Karl vier Jahrzehnte zuvor zum König von Kastilien, Aragón, Neapel und Sizilien proklamiert worden war.

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37. Trauerfeierlichkeiten für Karl in Valladolid, 1558. Juan Cristóbal Calvete de Estrella hatte ab 1533 in Karls Diensten gestanden und konnte daher für den Entwurf des Katafalks in Valladolid, damals die Verwaltungshauptstadt Spaniens, auf seine Kenntnisse über den Monarchen zurückgreifen. So baute er in den Katafalk etwa Szenen aus Karls Lieblingsbuch Le chevalier délibéré (siehe Abb. 6) ein. Calvete veröffentlichte eine detaillierte Beschreibung seines Werks, dazu eine Illustration, die deutlich erkennen lässt, dass sich auf der zweiten Ebene des Katafalks drei Szenen aus dem Buch befanden.

38. Eine Kanone deutscher Lutheraner, von Karl konfisziert und später von der Spanischen Armada verwendet. Unter der feindlichen Artillerie, die der Kaiser nach seinem Sieg im Schmalkaldischen Krieg 1547 konfiszierte, waren viele Stücke, die von Gregor Löffler für Augsburg gegossen worden waren. Vierzig Jahre später verteilte Philipp II. mindestens neun Löffler-Kanonen auf die Schiffe der Armada, darunter auch diese 1538 gegossene Kanone mit einem Gewicht von mehr als 2700 Kilogramm. Fast alle davon, auch die hier gezeigte, gingen mitsamt den Schiffen vor den Küsten von Schottland und Irland unter.

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39. Karl in seinem Sarkophag, 1870. Nach des Kaisers Tod 1558 wurde seine Leiche zunächst in Yuste in einer

39. Charles in his sarcophagus, 1870. The emperor’s body lay in a crypt at Yuste between his death in Krypta zur Ruhe gebettet, bevor sein Sohn sie 1574 nach El Escorial überführte. Im Winter fiel die Temperatur in 1558 and 1574, when his son moved it to El Escorial. Each winter the temperature in the crypt fell der Krypta aufthe unter null Grad, wodurch Leichnam ähnlich wurde wie die berühmten below zero,regelmäßig which had effect of ‘curing’ theder corpse rather like »konserviert« the famous Jabugo hams cured, Jabugo-Schinken, oft jahrelang caves. in hochAgelegenen Die Palmaroli »Skizze in Öl« vonthe Vicente Palmaroli often for years, indie high-altitude ‘sketch inHöhlen oils’ byreifen. Vicente while sarcophagus entstand, nachdem Sarkophag für Besucher geöffnet worden war. Späterclearly wurdeshows sie abfotografiert lay open to visitors,derlater photographed and published as a postcard, Charles’s und als Postkarte vervielfältigt. Man and siehthis deutlich Karls chest. mandibuläre Prognathie und seinen mächtigen Brustkorb. mandibular prognathism powerful

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GEOFFREY PARKER

»MEISTERHAFT«

Geoffrey Parker ist einer der renommiertesten Altmeister zur Geschichte der Frühen Neuzeit. Er lehrte in Cambridge und in den USA an der Yale University und der Ohio State University. Für seine Forschungen wurden Parker zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen und Mitgliedschaften zugesprochen: Er ist u. a. Fellow der British Academy, Mitglied der Real Academia de la Historia, der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften und des Ordens von Alfonso X.

Kein Fürst vor und nach ihm vereinte mehr Titel auf sich. Karl V. erschuf, erhielt und erweiterte das erste und langlebigste transatlantische Großreich der Geschichte. Er herrschte über Spanien, Deutschland, die Niederlande, halb Italien und große Teile Mittel- und Südamerikas. Sein Leben und seine Leistungen sind so überwältigend wie vielfältig. Der Ausnahmehistoriker Geoffrey Parker nähert sich Karl V. multiperspektivisch und entschlüsselt so die rätselhafte Persönlichkeit eines der größten Kaiser der Geschichte. »Ein wunderbares Porträt: faktengenau und trotzdem spannend erzählt, sachkundig ohne belehrenden Zeigefinger, ganzheitlich ohne zu zerfasern – ein Buch, bei dem die Lust zu Lesen nicht nachlässt.« Prof. Volker Reinhardt, Universität Fribourg

Der

Kaiser GEOFFREY PARKER

© Jo McCulty

WALL STREET JOURNAL

Der

wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-4008-5

Der Historiker Geoffrey Parker betrachtet das überwältigende Leben Karls V. aus mehreren Perspektiven und zeigt so die verschiedenen Facetten der Persönlichkeit des Kaisers: Parker zeichnet das Porträt eines vielsprachigen, multikulturellen Fürsten als junger Mann, des Kaisers als Idealausprägung des Renaissancefürsten, des vielfachen Königs und Herrschers Europas und darüber hinaus den Kaiser als Mythos und legendäre Gestalt. So entsteht das neue internationale Standardwerk zu einer der zentralen Figuren der europäischen Geschichte am Beginn der Neuzeit.

Die vielen Gesichter Karls V.

Kaiser Umschlagabbildung: Karl V., Kupferstich von Giovita Garavaglia (1790–1835). © akg-images. Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg