New Horizons: Mediterranean Research in the 21st Century 3770558243, 9783770558247

Die Mittelmeerstudien sind in Deutschland ein junges Fach. New Horizons stellt aktuelle und innovative Zugänge zur Medit

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German, English Pages [447] Year 2016

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Table of contents :
NEW HORIZONS: Mediterranean Research in the 21st Century
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Grenzdiskurse in literarischen und filmischen Mittelmeerrepräsentationen
Herausforderungen einer Mediterranisierung nicht-beliebiger Ortlosigkeit. Zum Schreiben der Geschichte von nicht-staatlichen Gemeinschaften und Diaspora im Mittelmeerraum
The Lingua Franca from the Sixteenth to the Eighteenth Century: A Mediterranean “Outside the Walls”?
Méditerranée? Mediterranistische Diskurse um Mittelmeerwelten und -räume aus forschungsgeschichtlicher Perspektive
Vom Mittelmeer zur Subsahara, von Menschen und ğnūn: Spiritualität als Ressource für die Bestimmung von Cultural Areas
„Wallfahrt nach Olympia“. Die Aneignung einer mediterranen Kultur im geisteskulturellen Selbstverständnis des jungen deutschen Kaiserreiches am Beispiel archäologischer Grabungen in Olympia
Mediterranean Connectivity: A Comparative Approach
Mediterranean Environmental History: Research in the Twenty-First Century
The MEDIterranean Sea: Mediterranean Object Histories and Their Counter-Histories
“Sea without Water” – Conceptualizing the Sahara and the Mediterranean
Migration and Colonization: Turbulence, Continuity, and the Practice of Mediterranean Space (11th–5th centuries BCE)
Maritimity: How the Sea Affected Early Modern Life in the Mediterranean World
Kontrast und Konstruktion: Die Produktion von Bildern und Wissen durch Reiseaktivitäten im Mittelmeerraum
Jacqueline Kahanoff: Between Levantinism and Mediterraneanism
Das Mittelmeer im Fokus nationalsozialistischer Diskurse über Geopolitik und Raum. Eine wissensgeschichtliche Perspektive
Taste the Mediterranean. Food, Culture and Heritagisation
Territories of Grace. Past and Future of Mediterranean Trance
Topografischer Index
Namensindex
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New Horizons: Mediterranean Research in the 21st Century
 3770558243, 9783770558247

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NEW HORIZONS

MITTELMEERSTUDIEN

Herausgegeben von

Mihran Dabag, Dieter Haller, Nikolas Jaspert und Achim Lichtenberger

BAND 10

Mihran Dabag, Dieter Haller, Nikolas Jaspert, Achim Lichtenberger (Hg.)

NEW HORIZONS Mediterranean Research in the 21st Century

Wilhelm Fink | Ferdinand Schöningh

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags nicht zulässig. © 2016 Ferdinand Schöningh, Paderborn (Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn) Internet: www.fink.de | www.schoeningh.de Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München Printed in Germany Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn ISBN 978-3-7705-5824-7 (Fink) ISBN 978-3-506-76632-8 (Schöningh)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Mihran Dabag / Dieter Haller / Nikolas Jaspert / Achim Lichtenberger Grenzdiskurse in literarischen und filmischen Mittelmeerrepräsentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Elisabeth Arend Herausforderungen einer Mediterranisierung nicht-beliebiger Ortlosigkeit. Zum Schreiben der Geschichte von nicht-staatlichen Gemeinschaften und Diaspora im Mittelmeerraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Mihran Dabag / Kristin Platt The Lingua Franca from the Sixteenth to the Eighteenth Century: A Mediterranean “Outside the Walls”? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Jocelyne Dakhlia Méditerranée? Mediterranistische Diskurse um Mittelmeerwelten und -räume aus forschungsgeschichtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Andreas Eckl Vom Mittelmeer zur Subsahara, von Menschen und ğnūn: Spiritualität als Ressource für die Bestimmung von Cultural Areas . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Dieter Haller „Wallfahrt nach Olympia“. Die Aneignung einer mediterranen Kultur im geisteskulturellen Selbstverständnis des jungen deutschen Kaiserreiches am Beispiel archäologischer Grabungen in Olympia . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Jan-Marc Henke Mediterranean Connectivity: A Comparative Approach . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Peregrine Horden

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INHALTSVERZEICHNIS

Mediterranean Environmental History: Research in the Twenty-First Century . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 J. Donald Hughes The MEDIterranean Sea: Mediterranean Object Histories and Their Counter-Histories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Erich Kistler “Sea without Water” – Conceptualizing the Sahara and the Mediterranean . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Achim Lichtenberger Migration and Colonization: Turbulence, Continuity, and the Practice of Mediterranean Space (11th–5th centuries BCE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Irad Malkin Maritimity: How the Sea Affected Early Modern Life in the Mediterranean World . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Silvia Marzagalli Kontrast und Konstruktion: Die Produktion von Bildern und Wissen durch Reiseaktivitäten im Mittelmeerraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Meike Meerpohl Jacqueline Kahanoff: Between Levantinism and Mediterraneanism . . . . . . . 361 David Ohana Das Mittelmeer im Fokus nationalsozialistischer Diskurse über Geopolitik und Raum. Eine wissensgeschichtliche Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . 385 Christine Isabel Schröder Taste the Mediterranean. Food, Culture and Heritagisation . . . . . . . . . . . . . 407 Gisela Welz Territories of Grace. Past and Future of Mediterranean Trance . . . . . . . . . . . 427 Martin Zillinger Topografischer Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Namensindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

Vorwort

Die „New Horizons“ gehen auf eine internationale Vortragsreihe des Zentrums für Mittelmeerstudien (ZMS) der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 2013 zurück. Bereits damals war die kollektive und mediale Rede vom Mittelmeerraum als krisengeschütteltem Gebiet zwischen politischem Aufstand, Transitraum zur Flucht und wirtschaftlicher Instabilität nicht mehr neu. Sie hatte ältere Zuschreibungen des Mittelmeeres – als Wiege „abendländischer Zivilisation“, „Ursprung der drei Weltreligionen“, „Entstehungsraum der Demokratie“ u. ä. m. – bereits überlagert und teilweise verdrängt. Es war eines der Ziele jener Vorlesungsreihe, Perspektiven auf den Mittelmeerraum jenseits seiner aktuellen medialen Re-Präsentation als „Massengrab“ und seiner älteren Idealisierungen ein Forum zu geben. Doch was sagen wir nun, zwei Jahre später, angesichts der großen humanitären Katastrophe, die sich tagtäglich neu auf den Fluchtrouten über das Meer ereignet? Angesichts des fundamentalistischen Terrors, der sich bis an die mediterranen Urlaubsstrände ausdehnt? Angesichts der Zerreißprobe der EU vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Auseinandersetzungen, die zur Frage der europäischen Identität werden? Sicherlich erheben die „New Horizons“ nicht den Anspruch, abschließende Antworten auf die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen der Mittelmeerregion oder gar des euromediterranen Projektes zu formulieren – doch ist es kaum möglich, unberührt davon heute den Mittelmeerraum wissenschaftlich in den Blick zu nehmen oder gar über diese Entwicklungen hinwegzusehen. Aus gemeinsamen Diskussionen am ZMS und den verschiedenen dort durchgeführten Veranstaltungen ist das Vorhaben erwachsen, zwei programmatische Publikationen zur Erforschung des Mittelmeeres vorzulegen. Beide Projekte stellen sich explizit den Herausforderungen einer kritischen Auseinandersetzung mit Rahmungen der Forschungen zum Mittelmeerraum, ihrer Geschichte wie den Fragen nach neuen Perspektiven angesichts aktueller Entwicklungen. Der erste Band, das 2015 veröffentlichte „Handbuch der Mediterranistik“ (Dabag u. a., 2015), ist eine systemische Bestandsaufnahme des Zugriffs unterschiedlicher geistes-, sozial- und naturwissenschaftlicher Disziplinen auf den Forschungsgegenstand „Mittelmeerraum“. Es präsentiert einerseits einen Überblick über die Forschungsgeschichte der jeweiligen Disziplin hinsichtlich des Mittelmeerraums und des Mittelmeers und lotet zum anderen die Beiträge der jeweiligen Einzel-

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VORWORT

wissenschaften zur Mediterranistik als einer zu konturierenden Wissenschaft aus. Das Ziel des vorliegenden Bandes, welcher durchaus als eine Fortsetzung des Handbuchs verstanden werden kann, ist es nun, explizit transdisziplinäre Perspektiven zu öffnen. Perspektiven, die ein Denken des Mediterranen und ein mediterranes Denken sichtbar werden lassen, die neue Horizonte einer Beschäftigung mit der Mittelmeerregion aufzeigen, jenseits der aktuell die politischen, gesellschaftlichen aber auch wissenschaftlichen Diskurse bestimmenden Zuschreibungen einer Krisenregion und Risikogrenze Europas. Für ihre Mitarbeit an diesem Projekt und ihre innovativen Beiträge ist vor allem den Autorinnen und Autoren dieses Bandes sowie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der seinerzeit durchgeführten Vortragsreihe zu danken. Dank gebührt auch dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für seine Unterstützung des Zentrums für Mittelmeerstudien und dieser Initiative. Bei der Organisation der Vortragsreihe hat Eleni Markakidou geholfen. In Bochum hat Bernd Lehnhoff die redaktionellen Aufgaben für die Publikation übernommen, der auch für die Erstellung des Registers verantwortlich zeichnet. Die Drucklegung wurde in bewährter Weise von Diethard Sawicki und dem Verlag Wilhelm Fink/Ferdinand Schöningh betreut. Ihnen allen unser herzlicher Dank! Mihran Dabag, Dieter Haller, Nikolas Jaspert und Achim Lichtenberger, Bochum und Heidelberg, Januar 2016

Mihran Dabag / Dieter Haller / Nikolas Jaspert / Achim Lichtenberger „New Horizons“ der Mittelmeerforschung Einleitung

Das Mittelmeer genießt in der historischen und ethnologischen Forschung seit einigen Jahrzehnten eine erhöhte Aufmerksamkeit. Diese erklärt sich aus der Bedeutung, die dem Mittelmeergebiet für die Genese und die kulturellen Dynamiken Europas zugemessen wird. Dieser sich aus dem Interesse Europas ableitende Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Mittelmeer hat zu einer Reihe von Konzeptualisierungen der Mediterranée geführt, welche einerseits eine Fülle an Studien anregten, andererseits aber auch normative Verbindlichkeit erzeugten, wodurch die Forschung in eine gewisse Erstarrung geführt wurde. Mit Fernand Braudels großem mediterranistischen Entwurf La Méditerraneé et le monde méditerranéen à l’époque de Philippe II (1949) wurde ein erstes übergreifendes Konzept der kulturgeschichtlichen Bedeutung des Mittelmeers vorgelegt, das die Einheitlichkeit des Raumes betonte, eine Einheitlichkeit, die nicht nur synchron-geographisch, sondern auch diachron in der longue durée wirkt. Dieses Werk war überaus einflussreich, auch wenn es außerhalb Frankreichs erst der Übersetzungen bedurfte, um eine angemessene Rezeption zu erfahren. Trotz vereinzelter Kritik an einer gewissen Essentialisierung des Meeres auf Kosten seiner Bewohner kann das monumentale Werk Braudels für sich beanspruchen, die Mediterranée schlagartig als Forschungsgegenstand in den Geschichtswissenschaften und affinen Fächern positioniert zu haben. Es erwies sich als derart dominant, dass es rund 50 Jahre dauerte, bis ihm ein ernstzunehmender Gegenentwurf an die Seite gestellt wurde. Peregrine Horden und Nicholas Purcell legten mit ihrer im Jahr 2000 erschienenen, gleichermaßen wirkmächtigen Studie The Corrupting Sea ein neues Modell mediterraner Umwelt- und Kulturgeschichte vor. Mit diesem Werk modifizierten sie das Braudelsche Modell, wenngleich auch sie grundlegend darauf aufbauten. An die Stelle der Einheitlichkeit des Mittelmeerraums tritt nun der Gedanke seiner Fragmentiertheit in kleinere Einheiten, die micro-regions, welche je für sich eigene Charakteristika und Spezialisierungen aufweisen. Dieser Kleinteiligkeit ist allerdings aufgrund der naturräumlichen Disposition eines großen Binnenmeeres eine Dimension von Einheitlichkeit inhärent, denn die Räume sind

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miteinander verbunden und stehen über das Meer in einem engen Austausch. Dieses Phänomen bezeichnen die Autoren als connectivity. Auf diese Weise entsteht innerhalb der Vielgliedrigkeit des Mittelmeerraums doch eine gewisse Einheit, die sogar wieder zur Spezifik des Mittelmeerraums erhoben wird. The Corrupting Sea ist selbstverständlich nicht nur vor dem Hintergrund eines geschärften Verständnisses für die Umwelt und für ökologische Zusammenhänge, sondern auch als eine Reaktion auf die Globalisierung zu verstehen. Gerade die Auseinandersetzungen mit einem übergeordneten Bezugssystem haben zu einer Reihe von lokalen Reaktionen geführt, die in einer Synthese von Lokalem und Globalem münden konnten. Digitale und mediterrane connectivity sind in ihrer Wirkung für die Beteiligten durchaus miteinander vergleichbar. Gerade die differenzierte Betrachtung der Globalisierung, die eben nicht zwingend eine Einheitskultur herbeiführt, sondern lokal unterschiedliche und nur in Kenntnis der im weiteren Sinne lokalen Kulturgeschichte verständliche Ausprägungen ausbildet, ist ein Ausgangspunkt von The Corrupting Sea. Sie ist aber ebenso ein drängendes Gebot der Gegenwart. Das neue Paradigma der connectivity und micro-regions wurde begeistert aufgenommen. Dies geschah auch, weil es sich neben der Globalisierungsdiskussion hervorragend in andere Diskurse einfügte, wie etwa die Auseinandersetzung um das Konzept der Transnationalisierung in den Sozialwissenschaften und die Romanisierungsdebatte in den Altertumswissenschaften. Es dauerte daher nicht lange, bis sich die ersten Sammelbände mit einer kritischen Würdigung von The Corrupting Sea befassten und auf einzelne Probleme des neuen Konzepts hinwiesen (Harris, 2005; Malkin, 2005). Doch trotz mancher Widerstände und Nuancierungen befinden wir uns faktisch weiterhin im Zeitalter des von Horden und Purcell formulierten Paradigmas, an das sich viele gegenwärtige mediterranistische Forschungen methodisch und konzeptionell anlehnen. Sowohl bei Braudel als auch bei Horden und Purcell spielen Geographie, die Landschaft und der Naturraum eine zentrale Rolle für die Konzeptualisierung des Mittelmeerraums. Diese Grundeinstellung machte beide Konzepte in Zeiten des spatial turns und der Herausbildung von area studies für die Kulturwissenschaften äußerst attraktiv, und so erklärt sich in einem gewissen Maß der Erfolg dieses Forschungsimpulses. Einen radikalen Gegenentwurf hat David Abulafia (2011) vorgelegt. Auch Abulafia schreibt eine Geschichte des Mittelmeerraums, doch tritt bei ihm das Meer als Naturraum hinter das Meer als Bühne für handelnde Menschen fast vollständig zurück, so dass eine stark akteursorientierte Geschichte dieser Region präsentiert wird. Faktisch führt dies zu einer radikalen Negation der Bedeutung naturräumlicher Bedingungen des Mittelmeerraums für historische und kulturelle Entwicklungen. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung die Mediterranistik steuern wird, denn eine Synthese von Horden und Purcell einerseits sowie Abulafia andererseits scheint nur schwer vorstellbar.

„NEW HORIZONS“ DER MITTELMEERFORSCHUNG

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Vor diesem Hintergrund einer gewissen Neutralisierung mediterranistischer Konzepte erscheint es uns geboten, aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven heraus neue Anregungen zu liefern und Impulse für die Mediterranistik zu entwickeln. Denn gerade auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Expertise sind wichtige übergreifende Konzeptualisierungen entwickelt werden, wie etwa von dem Frühneuzeithistoriker Braudel (1949), dem Medizinhistoriker Horden gemeinsam mit dem Althistoriker Purcell (2000), dem Mittelalterhistoriker Abulafia (2011) und dem Ethnologen Davis (1977). Offensichtlich steht das Mittelmeer in einer gewissen Tradition, zur Entwicklung von umfassenden Erklärungsmodellen einzuladen. Dabei sind immer wieder Konzepte, die aus einem Fach entwickelt wurden, auf andere übertragen und damit verallgemeinert worden. Um nun unsererseits zu „neuen Horizonten“ aufzubrechen, haben wir darauf verzichtet, eine nur auf Horden und Purcell fokussierte Auseinandersetzung mit dem Konnektivitäts-Paradigma zu unternehmen, auch wenn viele Beiträge des Bandes sich damit implizit oder explizit auseinandersetzen. Es ist vielmehr unser Anliegen, mit den „New Horizons“ die Pluralität mediterranistischer Fragestellungen jenseits von The Corrupting Sea vor Augen zu führen. Denn folgten wir im „Handbuch der Mediterranistik“ (Dabag, Haller, Jaspert und Lichtenberger, 2015) mit seiner Bestandsaufnahme disziplinären Wissens über den Mittemeerraum eher einer Wissenschaftstradition des Gedeihens, Anwachsens und Erneuerns im Sinne des Lateinischen crescere oder des Arabischen tajdīd, so stehen wir im vorliegenden Band stärker in der Tradition des Innovationsparadigmas, das auf das Erschaffen und Gestalten eigener, schöpferischer und origineller Perspektiven im Sinne des Lateinischen creare oder des Arabischen idschtihād abstellt (Lang 2006, Dialmy 2000). Vor allem jene Beiträge in diesem Band, die aus dem Zentrum für Mittelmeerstudien – das sich als erste deutschsprachige Forschungsinstitution einem systematischen Zugriff auf die Mediterranée verpflichtet sieht – heraus erwuchsen, greifen dabei auch auf Ergebnisse der deutschsprachigen Mittelmeerforschung zurück. Sie versuchen damit, dem internationalen Mittelmeerdiskurs die häufig ignorierten deutschsprachigen Beiträge einzuspeisen und so neue Impulse zu setzen. Denn längst haben auch in Deutschland viele geistesund sozialwissenschaftliche Disziplinen das Mittelmeerparadigma aufgegriffen. Diese disziplinäre Vielfalt gehört herausgestellt, denn mit unserer kurzen Vorstellung einflussreicher geschichtswissenschaftlicher Werke soll keineswegs die Bedeutung von Beiträgen anderer Fächer übergangen werden. Gerade die Beiträge dieses Bandes zeigen, wie lebendig eine ethnologische, sprachwissenschaftliche, umweltwissenschaftliche oder politikwissenschaftliche Mediterranistik im 21. Jh. sein kann. Wenn wir aber von „neuen Horizonten“ sprechen, was meinen wir damit? Der Begriff „Horizont“ ist vom Altgriechischen ὁρίζειν abgeleitet, das die Grenze bestimmen oder bilden, begrenzen, trennen, aber auch festsetzen, bestimmen, gar definieren kann (Gemoll u. a., 2007). Naturwissenschaftlich betrachtet gibt

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es verschiedene Definitionen von „Horizont“, neben dem Landschaftshorizont etwa den nautischen, astronomischen und den mathematischen Horizont. Mit kaum einem Naturraum aber dürfte der Begriff stärker verbunden sein als gerade mit dem Meer, auf dem der Horizont den Blick besonders markant zu prägen pflegt. Ausgerechnet an Grenzen zu denken, wenn von „Horizont“ die Rede ist, überrascht nach allgemeiner Verwendung des Begriffs, wird doch „Horizont“ zumeist assoziiert mit einem weiten Ausblick, mit Ferne, dann mit Freiheit und schließlich auch mit Sehnsucht (Koschorke, 1990). Interessanter Weise übersetzte der deutsche Dichter Philipp von Zesen (1619– 1689) den griechischen Begriff ὁρίζων mit „Gesichtskreis“, worunter laut Duden wiederum entweder „überschaubarer Umkreis“, also das, was eine Person unmittelbar selbst visuell erkennen kann, oder „durch Erfahrung und Kenntnisse gewonnener geistiger Horizont“ verstanden werde (Art. Gesichtskreis, in: Duden, 1989, S. 600). Und hier wird die anthropologische bzw. anthropozentrische Dimension deutlich: einen Horizont zu sehen – oder: zu haben – ist vom jeweiligen Blickwinkel abhängig. Ganz nach Hans-Georg Gadamer, der in „Wahrheit und Methode“ den Standpunkt des Betrachters als entscheidend zur Bestimmung eines jeden Horizont bezeichnete, sind Horizonte per Definition variabel (Stegmaier, 2008, S. 191–199). Sie sind „buchstäbliche Grenzlinien, die Sichtbares von Nichtsichtbarem, aber mutatis mutandis auch Hörbares von Nichthörbarem, Sagbares von Unsagbarem oder Gegenwärtiges von Vergangenem und Zukünftigem scheiden.“ So Bernhard Waldenfels in seiner jüngst erschienenen Studie „Hyperphänomene“ (2015, S. 60). Dabei verweist Waldenfels darauf, dass der Horizont nicht zuvorderst als eine Grenzlinie zu begreifen ist, durch die „Regionen voneinander getrennt werden“. Vielmehr konturieren Horizonte Standorte und Ausgangspunkte, „ein Hier und Jetzt im engeren oder weiteren Sinne, wo verschiedene Raumachsen, die Sonderung von Vorder- und Hintergrund sowie eine gestaffelte Nähe und Ferne entspringen.“ (ebd.) Der „Horizont“ als Grenzlinie zwischen dem sichtbaren Teil der Erde und dem Himmel bezeichnet somit zunächst die Begrenzung der Reichweite des Blicks bzw. die durch unseren Standpunkt begrenzte Sicht auf die Landschaft, im metaphorischen Sinne dann den Aspekt einer Limitierung der Perspektiven bzw. die durch die eingenommen Perspektiven limitierten Möglichkeiten von Wissen, Erkenntnis und Diskurs. In erweiterter Perspektive jedoch impliziert der Horizont zugleich die Überschreitung ebendieser Grenze. Denn zum einen ist ihm das Element des Aufbruchs, des Strebens nach eben jener fernen Linie inhärent. Zum anderen entzieht sich der Horizont dabei stets und trotz dieses Bemühens dem Fahrenden, er lockt ihn weiter, dem Unbekannten entgegen. Jede Annäherung an einen Horizont eröffnet damit neue Perspektiven, weil sich die Ausgangslage, also der Standpunkt des Betrachters verändert. Eben dieses explorative Element der Metapher vom Horizont aber fängt das Anliegen der Herausgeber treffend ein. Mit dem Titel der „New Horizons“, der „Neuen Horizonte“, geht nämlich

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der Anspruch einer Grenzverschiebung einher, sicherlich nicht einer „Entgrenzung“ aber doch einer Überschreitung und der Erweiterung des Blickfeldes, der Lesarten und der Sagbarkeiten. Horizonte, so nochmals Bernhard Waldenfels im Anschluss an Edmund Husserl, erweisen sich somit als „Potentialitäten, die nicht unter das Regime eines ‚ich weiß‘ fallen, sondern unter das eines ‚ich kann‘ “ (Waldenfels, 2015, S. 61). Diese Bewegung der Überschreitung und Erweiterung erfolgt dabei im Rahmen dieses Bandes in Form einer großen Bandbreite an Beiträgen und auf der Grundlage interdisziplinärer, innovativer Zugänge zur Mediterranistik. Somit ist ein Band pluraler Perspektiven auf das Mittelmeer und die von ihm geprägten Regionen entstanden, der die Diversität des „mediterranen Mosaiks“ vielleicht widerspiegeln kann, ihr zumindest neugierig und aufgeschlossen begegnen will. Denn gerade in der Pluralität der Perspektiven zeigen die Beiträge des vorliegenden Bandes eine deutliche Erweiterung des Horizontes mediterranistischer Forschung. Diese war bisher zumeist deutlich von der Konkurrenz und dem Gegeneinander insbesondere zweier Paradigmen der area studies bestimmt, die sich in einem Wechsel zwischen raumdeterminierten und raumkonstruktiven Phasen abspielten und dabei mit einander gegenläufigen Bewegungen, einerseits der Definition von Räumen, andererseits der Überwindung von Räumen einhergingen. Eines der zentralen Charakteristika des Ansatzes der „New Horizons“ besteht nun darin, diese beiden Bewegungen zusammenzuführen, sie nicht gegeneinander auszuspielen, nicht die eine Position durch die andere zu ersetzen, sondern ihre Gleichzeitigkeit auszuhalten, ja zu akzentuieren. Dies geschieht im vorliegenden Band unter drei Gesichtspunkten, nämlich der Betrachtung a) des Mediterranen als einer Struktur (Haller, Horden, Hughes, Lichtenberger, Zillinger), b) der Mediterranisierung als eines Prozesses etwa der Angleichung von Mustern der Identifikation in unterschiedliche Regionen (Dabag/Platt, Dakhlia, Kistler, Malkin, Marzagalli, Welz) und schließlich c) des Mediterranismus als eines Ensembles akademischer und/oder politischer Lesarten, Interpretamente, Ideen oder gar Ideologien (Arend, Eckl, Henke, Meerpohl, Ohana, Schröder). Alle drei Perspektiven, die Ulrich Becks (1997) Zugang zur Globalisierung paraphrasieren, reflektieren dabei stets die Frage nach der politischen Gewordenheit des Mediterranen und damit nach den politischen, kulturellen und (zeit) geschichtlichen Umständen, die das Mediterrane je als Motiv wirksam werden lassen. Die einzelnen Beiträge transdisziplinär arbeitender Autorinnen und Autoren lösen den Anspruch des Bandes auf eindrückliche Weise ein. So fragt der Beitrag von Elisabeth Arend nach den Akteuren mediterraner Grenzziehungen in ihren sozio-historischen Kontexten und nach der filmi-

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schen und literarischen Reflexion dieser Diskurse. In einer transkulturell und postkolonial grundierten Perspektive kulturwissenschaftlicher Grenzforschung (border studies) fokussiert sie koloniale wie autochthone Perspektiven auf den westlichen Mittelmeerraum. Als „komplexer Grenzraum“ lasse sich dieser mit dem Modell der contact zone nach Mary Louise Pratt beschreiben, in dem sich Prozesse von Grenzziehungen und Interaktion auf häufig komplexe und widersprüchliche Weise überlagern. Während in der Phase der Dekolonisation und mit Etablierung der nordafrikanischen Nationalstaaten maghrebinische Filme und Literatur sich vom Mittelmeer und der Grenzthematik meist abwendeten und Multikulturalität fokussierten, werden mit Beginn des 21. Jh. erneut kulturelle, religiöse und soziale Grenzdiskurse verhandelt, in denen das Meer angesichts der europäischen Abschottungspolitik zur unüberwindbaren, jedoch „gläsernen“ Grenze (Carlos Fuentes) wird. Mihran Dabag und Kristin Platt nähern sich aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven der Frage an, wie eine Geschichte von nicht-staatlichen Gruppen und Gemeinschaften am Mittelmeer zu schreiben sei. In ihrer Erörterung „Herausforderungen einer Mediterranisierung nicht-beliebiger Ortlosigkeit“ prüfen sie aktuelle historische, soziologische und politikwissenschaftliche Studien hinsichtlich des „Raums“, der für Minderheiten gesehen, vorgesehen – oder auch verweigert wird. Der Beitrag arbeitet Ansätze der Globalisierungsund Transnationalismusforschung auf, aber ebenso Studien unter dem Fokus einer „Wiederentdeckung“ des Raums sowie, in einem detaillierten Überblick, Studien zur Region des Mittelmeers als Kulturraum. Inwiefern nähert sich die moderne, „post-nationale“ Narrativierung eines Mittelmeerraums als pluriverse Kontaktzone überhaupt den eigenständigen Geschichts- und Identitätsbehauptungen von nicht-staatlichen Minderheiten und Diasporagemeinschaften? Inwiefern entfernt sich diese neue Folie auch von den klassischen Anregungen Fernand Braudels, inwiefern dient sie gegenwärtigen politischen (Neu-)Ordnungszielen? An einem kurzen Blick auf Geschichtsvorstellungen der jüdischen und der armenischen Diaspora machen die Autoren auf Argumente der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskurse aufmerksam, die eine Fortschreibung nationaler (nationalstaatlicher) Ausschließungen vermuten lassen. Interpretationsfolien wie „Krise“, „ethnische Identitätspolitik“ oder „Diaspora-Lobbyismus“ belegen eine weiterhin verweigerte Akzeptanz der Geschichte der „Anderen“. Jocelyne Dakhlia stellt in ihrem Beitrag das Konzept der Einheit des Mediterranen anhand einer Fallstudie zur Diskussion. Sie stellt das Phänomen einer mediterranen lingua franca oder langue franque vor, einer Handels- und Verkehrssprache, die den frühneuzeitlichen Mittelmeerraum prägte. Hier stellt sich die Frage, ob und inwiefern diese Sprache eine eigene mediterrane Identität und die Zugehörigkeit zu einer spezifischen kulturellen Gemeinschaft ausdrückte. Diese lingua franca scheint zunächst das häufig bemühte Bild von der „Einheit“ des Mediterraneum zu bestätigen – doch zeigt sich zugleich, dass sie als mögli-

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che Definitionsbasis „des Mediterranen“ oder einer „Mediterranität“ die (fest-) gesetzten Grenzen unserer mental maps verschiebt oder aufweicht: Denn die Verwendung der lingua franca lässt sich weit über die üblichen (Küsten-)Grenzen des Mittelmeers hinaus belegen, etwa im Saharagebiet. Was für eine mediterrane Welt ist dies, so fragt Dakhlia, die wir mit Hilfe historischer Sprachstudien identifizieren; was genau beweist ein solches Phänomen, das etwas vorschnell mit „Mediterranität“ gleichgesetzt wird? Andreas Eckl fragt nach den Konstruktionen und Bedeutungszuschreibungen einer Méditerranée und rekonstruiert die Geschichte und Dynamiken von im weitesten Sinne wissenschaftlichen Diskursen um Mittelmeerwelten und Mittelmeerräume zwischen früher Neuzeit und 20. Jh. Er zeichnet detailliert nach, dass es stets von den Fragestellungen und Untersuchungszeiträumen abhängig ist, ob sich eine Méditerranée als einheitliche oder distinktive Mittelmeerwelt plausibel konstruieren lässt. In konzeptueller Hinsicht gibt es nicht den einen Mittelmeerraum, sondern viele Mittelmeerräume. Und nicht jeder dieser Räume muss auch realiter existent sein. Dieter Haller nimmt in seinem Beitrag das Konzept der Cultural Areas in den Blick, fragt nach den Grundlagen ihrer Definition in wissenschaftlichen Diskursen und zeigt, dass diese zumeist von einer Auffassung bestimmt werden, die Natur und Umwelt zuvorderst als Gegenstände, ggf. sogar als Kreationen menschlichen Handelns und Wissens zu begreifen. Dagegen plädiert Haller dafür, verstärkt auch die Raumkonzepte einheimischer Gemeinschaften und Gesellschaften zu berücksichtigen und die wechselseitige Beeinflussung von Mensch und Naturraum/Umwelt zu reflektieren, etwa den Aspekt eines Zusammenhangs bestimmter Glaubensvorstellungen mit spezifischen Umweltfaktoren. Landschaften sollten „nicht als bloße Container für natürliche Ressourcen“ oder ausschließlich als sozial und politisch genutzte Räume begriffen werden, sondern „als Tableaus, die nichtmenschliche Wesen und Kräfte beherbergen, die den Menschen ihrerseits zum Gegenstande werden lassen“. Exemplarisch untersucht der Beitrag dies an drei Regionen und ihren vielschichtigen Beziehungen: Europa, dem Mittelmeerraum und dem Bilâd-es-Sudan (Subsahara). Jan-Marc Henke beleuchtet die gezielte wie unbewusste Instrumentalisierung allgemein-humanistischer Bildungsideale aus der Zeit von Aufklärung und Romantik zur Entwicklung geisteskultureller Identitätskonzepte im vorwilhelminischen Kaiserreich, die im entscheidenden Kern auf der Aneignung antiker griechischer Geistes- und Kunstkultur basierten. Exemplarisch wird dafür das fast ein Vierteljahrhundert dauernde Ringen des Althistorikers und klassischen Archäologen Ernst Curtius (1814–1896) um die Realisierung archäologischer Ausgrabungen in Olympia im Heiligtum des Zeus Olympios auf der Peloponnes nachgezeichnet. Peregrine Horden unterzieht in seinem Beitrag das von ihm selbst mitentworfene Konzept der „Konnektivität“ hinsichtlich seiner vermeintlich mediter-

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ranen Spezifik einer kritischen Prüfung. Dabei richtet er mittels eines Großräume (Mittelmeerraum, Sahara, Seidenstraße, Europa) miteinander vergleichenden Zugriffs den Fokus auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der in diesen Räumen zu beobachtenden Strukturen und Ausformungen von Konnektivität im Mittelalter. Die noch tentativen Antworten, die Horden formuliert, erstrecken sich auf fünf Bereiche, die womöglich als richtungweisend für zukünftige mediterranistische Forschungen zu betrachten sind: 1) Die Ausbreitung von Nachrichten und die Frage, wie sich die Geschwindigkeit der Ausbreitung mit der räumlichen Richtung veränderte; 2) Informationen über Postrouten und die Verbindung wichtiger Zentren; 3) eine Untersuchung der Bedeutung von Brücken und Zöllen; 4) eine Untersuchung der Verbreitung und Häufigkeit von Hungerkrisen; und 5) die Ausbreitung von Pandemien, die in Verbindung steht mit Mobilität von Menschen und Austausch von Gütern. Donald Hughes macht Aspekte des Klimawandels, insbesondere aber die Ergebnisse einer quantitativen Archäologie in einem umweltgeschichtlichen Ansatz nutzbar, um auf der Basis quantitativer Messungen und daraus abgeleiteter belastbarer Schätzwerte Aussagen in Bezug auf Produktion, Verbrauch, Abholzung, Erosion und Ausbeutung des Bodens treffen zu können. Damit lässt sich ein tieferes Verständnis nicht nur wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Prozesse, sondern auch politik- und herrschaftsgeschichtlicher Entwicklungen gewinnen. Im Aufsatz werden diese Zusammenhänge ausführlich am Beispiel des Laurion, der Silberminen Athens, beleuchtet und der Machtverfall Athens in einem komplexen Strukturgefüge aus Rohstoffbedarf, Ressourcenverknappung und Preisentwicklung kontextualisiert. Erich Kistler nimmt in transregionaler und transepochaler Perspektive die Aspekte kultureller Selbstermächtigung und Identitätssignierung in den Blick, wie sie anhand von Objektgeschichten rekonstruierbar werden. Als Beispiele dienen ihm dabei einerseits das aktuelle Produkt Mekka-Cola als eine gegenhegemoniale Adaption eines westlichen Konsumguts in der islamisch-arabischen Welt, andererseits die Adaption des Stils griechischer Keramik im fünften vorchristlichen Jahrhundert auf Sizilien. Dabei zeigt der Beitrag anhand der gewählten Objektgeschichten exemplarisch die Entstehung trans-mediterraner Konsumräume, die kulturelle Transformationen, identitätsbezogene oder ideologisch programmierte Konflikte und Konfrontationen auslösen können. Ebenso lässt er den sozialen und politischen Wandel in regionalen Bevölkerungsgruppen im Mittelmeerraum und darüber hinaus erkennen. Achim Lichtenberger geht in seinem Beitrag einen ähnlichen Weg wie Peregrine Horden, gelangt jedoch zu anderen Ergebnissen: Exemplarisch überträgt er die seit Braudel für den Mittelmeerraum entwickelten Konzepte auf die Sahara, um so die Möglichkeiten einer Vergleichbarkeit von Meer und Wüste auszuloten. Es zeigt sich dabei, dass insbesondere im Vergleich zu den von Horden und Purcell entwickelten Modellen der Konnektivität und der Mikroregionen durch-

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aus ähnliche Mechanismen von Konnektivität, Kleinräumigkeit, Insularität und Bewegung im Raum vorhanden sind. Auch wird deutlich, dass die von dem jeweiligen Raum (Mittelmeer bzw. Sahara) ausgehenden Dynamiken etwa hinsichtlich des Verhältnisses zu Flüssen in benachbarten Areas vergleichbar sind. Die behutsame Übertragung mediterranistischer Modelle auf andere Räume, die in der Struktur vergleichbare Naturgegebenheiten aufweisen, kann also fruchtbar sein, wobei selbstverständlich immer auch auf die Grenzen des Vergleichs hingewiesen werden muss, da Wasser und Sand eben doch etwas Unterschiedliches sind. Irad Malkin untersucht die Herausbildung einer kollektiven hellenischen Identität in der ersten Hälfte des ersten Millenniums vor Christus. Er diskutiert die Prozesse der Inklusion bzw. Exklusion derjenigen, die „Griechen“ wurden oder eben nicht. Dabei stellt er insbesondere „Kolonisation“ und „Migration“ in ihren Strukturdivergenzen in das Zentrum seiner Überlegung. „Kolonisation“, die im Gegensatz zur „Migration“ eine feste Beziehung zur Herkunftsstadt weiter bestehen lasse, erweise sich dabei nicht zufällig als überaus bedeutsam für die Ausprägung der Poleis (Stadtstaaten). Erst durch Kolonisation sei Staatenbildung möglich geworden, weil durch die Abwanderung nicht-integrierbarer Bevölkerungsteile, die aber miteinander Verbindungen aufrechterhielten, die zurückbleibende Bevölkerung homogenisiert und so in den Stand versetzt worden sei, eine Polis auszubilden. Im Rekurs auf Netzwerktheorien zeigt Malkin somit die Bedeutung der Kolonisation für die Etablierung einer hellenischen Identität, da die einzelnen Kolonien durch den Verbindungsweg Meer miteinander in engem Kontakt und Austausch standen. Silvia Marzagalli fordert bei der Beschäftigung mit dem Mittelmeerraum in der Frühen Neuzeit eine gleichberechtigte Erforschung konfliktreicher und gewaltloser Kommunikationsformen ein, bei der sowohl inter-religiöse wie auch intra-religiöse Austauschprozesse Berücksichtigung finden. Hierfür sei der Netzwerkansatz besonders geeignet, weil er unterschiedliche Ebenen des Austauschs gleichzeitig zu erfassen vermag. Sie verdeutlicht dies in zwei Schritten, deren erster dem Meer als Gefährdungsraum gewidmet ist: Natürliche Katastrophen wie die Pest, aber auch anthropogene Gefahren (Krieg, Razzien, Gefangenschaft) brachten nicht nur Leid, sondern schufen in Ausnahmefällen auch Aufstiegsmöglichkeiten. Vereinzelt bedingten sie sogar die Entwicklung eigener Handlungsformen zur Einhegung von Gewalt (Wachtürme, Diplomatie, merkantile Netzwerke). In einem zweiten Schritt wendet sich die Verfasserin gegen eine im Zuge der Atlantisierung der historischen Meeresforschung dominante Interpretation, wonach der Mittelmeerraum in der Frühen Neuzeit aufgrund der beginnenden Globalisierung maritimer Verflechtungsprozesse eine vergleichsweise periphere oder untergeordnete Rolle eingenommen habe. Jüngere Studien hingegen belegten die dauerhafte Relevanz dieses Raumes, der sogar für den nordeuro-

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päischen und atlantischen Handel essenziell gewesen sei. Intra-mediterrane Karrieren – etwa die der griechischen Kaufleute oder des süditalienischen Handels im 18. Jh. – widerlegen ein undifferenziertes Verfallsparadigma. Meike Meerpohl unterzieht Reiseberichte von der Antike bis Gegenwart einer kursorischen Untersuchung, um die vielschichtigen Prozesse einer „Formierung von Wissen durch Reisen“, sowie die in den Berichten aufscheinenden Rezeptionen von Bedeutungszuschreibungen an das Mediterrane aufzuarbeiten. Mittelmeerwelten und -räume, so zeigt ihre Analyse, lassen sich nicht nur aus historischer, geographischer, geopolitischer, kultureller oder anthropologischer Perspektive konstruieren, sondern auch als mental oder imaginierte (Re-)Präsentationen begreifen. David Ohana beschäftigt sich in einem Beitrag mit dem theoretischen Potential des Werks der Schriftstellerin Jacqueline Kahanoff (1917–1979) für eine Konzeption des Mediterranen. Ohana stellt Kahanoff als Kosmopolitin vor, deren Anliegen zuvorderst der Dialog zwischen „Levante“ und „dem Westen“, zwischen Mittelmeer und Europa gewesen sei. Sie habe den eurozentrisch-pejorativen Blick auf die „Levante“ gewissermaßen autochthon umdeuten und die Levante oder „das Levantinische“ als eigenen Entwurf einer Moderne lesen wollen: als Mosaik oder Prisma vielschichtiger Identitäten und sich überlappender Subkulturen. Gerade die Diversität der Region mache ihre Modernität aus. Diese positive Selbst-Identifikation stellte Kahanoff explizit als Gegenentwurf zu einer „westlich“ ausgerichteten, sich vom „Östlichen“ abgrenzenden kulturellen Elite in der israelischen Gesellschaft vor der Staatsgründung, die Kahanoff bei einem ersten Besuch Palästinas 1937 kennengelernt hatte. Im Zuge der zunehmenden politischen und sozialen Spannungen nach 1948 habe sie, selbst eine „polyphone Stimme“, die „levantinische Option“ als Möglichkeit gesehen, dem Auseinanderdriften der israelischen Gesellschaft bzw. der mediterranen Gesellschaften zwischen Pan-Arabismus und europäisch-aschkenasischem Zionismus entgegen zu wirken. Christine Isabel Schröder nimmt ein in historischer wie systematischer Hinsicht spezifisches, aber in seiner Wirkungsmächtigkeit und der Persistenz seiner Deutungsparadigmen unterschätztes Diskursfeld der Konstruktion des Mittelmeerraums in den Blick: „Das Mittelmeer im Fokus nationalsozialistischer Diskurse von Geopolitik und Raum“. Der Beitrag folgt dabei einem dezidiert wissensgeschichtlichen Ansatz, indem den Strategien, Mustern und Medien einer Generierung und (Re-)Produktion von Wissen über den Mittelmeerraum nachgegangen wird. Einen besonderen Fokus setzt die Autorin auf Aspekte eines „populären Wissens“ sowie auf die Schnittstellen zwischen Wissenschaft, Politik, Öffentlichkeit und Kunst. Dabei zeigt sich, dass die Spezifika eines nationalsozialistischen Wissens über den Mittelmeerraum nicht isoliert stehen im Kontext mediterranistischer Diskurse, sondern an vorgängige Bilder und Deutungen an-

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schließen konnten, diese re-interpretierten und re-aktualisierten und weit über das Jahr 1945 hinaus Bilder des „Mediterranen“ und Konventionen seiner Konstruktion imprägnierten. Gisela Welz fragt nach den Mechanismen einer Formierung des Mediterranen mit Hilfe von Konsumgütern. Dabei fokussiert sie den Aspekt einer „mediterranen Küche“, die als Konzept oder Label von Akteuren in Mittelmeeranrainerstaaten zunehmend dazu verwendet wird, sich selbst, ihre Gesellschaften und ihre Kulturen in Beziehung zu Europa zu setzten bzw. sich in Europa zu verorten. Gerade vor dem Hintergrund der sich vertiefenden ökonomischen Krise in Südeuropa und Nordafrika erscheinen Ernährung und Essgewohnheiten womöglich als wichtige Elemente einer „reflexiven Mediterranisierung“. Letztlich zeigt der Beitrag, dass „mediterrane Küche“ nicht zuletzt als eine invented tradition begriffen werden muss, die in wirtschaftlichen Strategien instrumentalisiert oder als Identitätsmarker akzentuiert wird. Martin Zillinger schließlich wählt Trancen und Trancekulte im Mittelmeerraum als Ausgangspunkte seiner Argumentation. Anders als die meisten historischen Ansätze, die Trancen an der Nordküste des Meeres mit euroasiatischem Schamanismus und Trancen im Süden mit dem subsaharaischen Raum verbinden, betrachtet Zillinger die Mediterranée selbst als einen Raum der Konnektivitäten und der Brüche. Hierbei wendet er sich zum einen der Frage nach den Funktionen und Ausprägungen dieser Kulte im Vergleich zu. Zum anderen untersucht Zillinger die Transformation mediterraner Trancekulturen durch die Globalisierung, der Medialiserung und der Migration, die Trancen aus dem intimen lokalen Rahmen in (halb)öffentliche transnationale Räume transportieren. Die Allgegenwart dieser Entwicklungen führt dabei nicht zur Desintegration des Mittelmeerraumes als seiner spirituellen Landschaft, so Zillinger. Sie stärkt diese sogar, indem sie die Migranten aus dem Mittelmeerraum an die Mediterrannée auf neue Art und Weise anbindet. So vielfältig die in diesem Band gewählten Zugänge und so weiterführend die Befunde auch sind: Diese Aufsatzsammlung kann und soll nicht erschöpfend sein. Neue Horizonte der Mediterranistik aufzuzeigen bedeutet stets, das Potenzial für zukünftige innovative Fragestellungen vor Augen zu haben. In diesem Sinne verstehen die Herausgeber dieses Werk als eine weitere Etappe zu einer umfassenden transdisziplinären Mediterranistik.

Literaturverzeichnis Abulafia, D., 2011: The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. Oxford u. a.: Oxford University Press. Duden, 1989: Deutsches Universalwörterbuch. Mannheim u. a.: Dudenverlag.

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Elisabeth Arend Grenzdiskurse in literarischen und filmischen Mittelmeerrepräsentationen Einleitung Mit nichts anderem als einer Überlegung über die Grenzen des Mediterran beginnt Predrag Matvejević (1993) sein großes Buch über das Mittelmeer. Bereits die Frage, wie viel vom Küstenfestland noch zum Mediterran gehöre und wie folglich dessen Grenzverläufe zu ziehen sein, sei nicht zu beantworten, führt er aus. Auch sei nicht klar, auf welcher Basis deren Bestimmung erfolgen solle, und er fährt fort: Weder in Raum noch in Zeit sind seine Grenzen verzeichnet. Wir wissen nicht, wie und auf welcher Grundlage wir sie bestimmen sollten: Sie sind nicht ethnisch und nicht historisch, nicht staatlich und auch nicht national. Der „mediterrane Kreidekreis“ wird unablässig gezeichnet und wieder gelöscht, Wind und Wellen, Abenteuer und Inspiration erweitern oder verengen ihn nach ihrem Maß. (Matvejević, 1993, S. 17)

Im Anschluss daran ist zu fragen: Wer sind die Akteure, die diese Grenzen definieren, die sie ignorieren oder neu ziehen? Wird das Mittelmeer als Grenze oder, im Sinne Braudels, als Verbindendes verstanden? Und weiter: Was erzählen literarische Texte oder Filme, die rund um das Mittelmeer entstanden sind, von diesen Grenzen? Nehmen sie diese überhaupt wahr? Phantasieren sie deren Errichtung oder Überwindung? Sind sie verstrickt in hegemoniale Projekte der Ausdehnung von Grenzen oder von deren Verteidigung? Vor dem Hintergrund der aktuellen kulturwissenschaftlichen Grenzforschung1 soll dies im Folgenden reflektiert werden. Meine Analyse bewegt sich im 1

Seit den 1980er Jahren haben Thomas A. Wilson und Hastings Donnan ihre interdisziplinär angelegten Forschungen zur Grenze als Border Studies etabliert (Wilson und Donnan 2012); wichtig insbesondere in methodischer Hinsicht sind die Arbeiten Johan Schimanskis (Schimanski 2006, 2007). Der Band von Geisen und Karcher (2003) fokussiert die Grenzproblematik aus kulturwissenschaftlicher Sicht; die Arbeiten von Sabine Hess und Bernd Kasparek (2010) akzentuieren politisch.

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theoretischen Rahmen von Transkulturalität und Postkolonialismus. Aus forschungspragmatischen und Kompetenzgründen beschränke ich meine Untersuchungen auf den westlichen Mittelmeerraum, dessen östliche Grenzen Italien im Norden und Tunesien im Süden bilden. Meine Analyse richte ich insofern postkolonial aus, als ich neben (west)europäischen auch spezifisch maghrebinische Vorstellungen von Grenze in Betracht ziehe und weiterhin Grenzdiskurse nicht ausschließlich von den Metropolen, sondern ebenso von den sog. Peripherien aus anschaue. Dann fasse ich, Walter Mignolos „border-thinking“ folgend, Grenzziehungen und Grenzdiskurse als zentrale Elemente einer „kolonialen Matrix bzw. Kolonialität der Macht“2 (Mignolo, 2012, S. 49 u. ö.) auf, verstehe Grenze jedoch nicht in erster Linie symbolisch, sondern durchaus als Konkretum. Thesenartig folgen im nächsten Abschnitt einige Überlegungen zuerst zur Grenze allgemein, dann zu Grenzkonzepten im Maghreb, anschließend zum Meer und zuletzt zum Mittelmeer als Grenze. Daran schließt sich die Analyse von literarischen und filmischen Grenzrepräsentationen in zwei chronologisch angelegten Abschnitten an.

Grenzdiskurse im (süd)westlichen Mittelmeerraum 1. Westeuropäischen Vorstellungen zufolge ist das Konzept von Grenze seit dem 18. Jh. an Territorialität und Staatlichkeit gebunden; in der Epoche von Imperialismus und Kolonialismus zusätzlich an hegemonial-nationalistische Parameter. Diese werden dominant und drängen auch die in der Romantik (von Jakob Grimm) entwickelte Vorstellung, dass Grenze nicht nur trennend, sondern auch verbindend wirkt (vgl. Rutz, 2010, S. 28), an den Rand. Erst mit der Veränderung der weltpolitischen Landschaft Ende des 20. Jh. sowie der „transnationalen Wende“ in Politik und Kulturwissenschaft auf der Schwelle zum 21. Jh. gewinnt diese Vorstellung mehr Raum. 2. Im Maghreb findet man verschiedene Grenzkonzepte. Dazu gehören zuerst die der berberischen und vorislamischen Kultur. Sie gehen vom „tribu“, dem Stamm aus, der wiederum in kleinere Einheiten unterteilt ist. Die Grenzziehung des „tribu“ ist allenfalls geographisch fundiert, orientiert sich insbesondere an den Größen von Familie und Verwandtschaft. So finden sich z. T. eher unsichtbare Grenzverläufe in den Dörfern, die wiederum über Verwandtschaftsbeziehungen ebenso eng vernetzt wie profun2

„Zur Entkoppelung von der kolonialen Matrix der Macht und der Logik der Kolonialität, die sich in der pensée unique, dieser Monokultur des Denkens ausgebreitet haben, muss man sich in einer G r e n z e p i s t e m o l o g i e und in Alternativen zur Moderne einrichten.“ Mignolo (2012, S. 67); Hervorhebung: E. A.

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de verfeindet waren. Nicht wenige maghrebinische Romane3 zeigen, dass Konflikte sich genau dieser Linie entlang entzünden. Auch im 21. Jh., und trotz bestehender interner Unterschiede, schaffen die „tribu“ eine im gesamten Maghreb existierende Einheit kulturellen Ursprungs, die quer zu den zwischenzeitlich erfolgten staatlichen und nationalen Grenzziehungen angelegt ist. Ein weiterer Aspekt maghrebinischer Grenzvorstellungen ergibt sich aus der historischen Tatsache, dass im Zuge der arabischen Eroberung des Maghreb seit dem 7. Jh. der Islam dort implementiert wird und damit zugleich auch ein insofern neues Konzept von Grenze, als dieses von Religion bzw. Kultur als grenzbestimmenden Größen ausgeht. Grenze bedeutet dann dort Ende des Bereichs der umma, in dem der Islam verbindliche Religion und Kultur ist und in dem (auch) islamisches Recht gilt. 3. Mit dem Kolonialismus wurden seit Mitte des 19. Jh. auch europäische Grenzkonzepte nationalstaatlicher Territorialgrenzen in den Maghreb transportiert und treten dort in politisch wie kulturell höchst folgenreiche Konkurrenz zu den autochthonen Modellen. Der Panarabismus der Moderne bringt mit spezifischen Spielarten eines arabischen Nationalismus weitere Grenzziehungen und ggf. auch -konzepte in diese Region, die auch auf europäische Modelle und koloniale Setzungen rekurrieren. Die Grenzverläufe der zu Nationen gewordenen maghrebinischen Staaten werden nach der Unabhängigkeit auch als Instrumente der Isolation wahrgenommen. 4. Neueren kulturwissenschaftlichen und historischen Forschungen zu Grenzen folgend, werden diese als Konstrukte verstanden (Baltes-Löhr, 2003, S. 83), die sich territorialer, topographischer, natürlicher Gegebenheiten bedienen. Georg Simmel hatte dies mit seiner Formulierung, dass Grenzen nicht primär räumliche, sondern soziologische Tatsachen seien, die sich räumlich formen, bereits angedacht (vgl. Rutz, 2010, S. 23–24). 5. Auch innerhalb der sog. natürlichen bzw. geographischen Grenzen hat das Meer eine besondere Stellung: Anders als ein Fluss hat es vom Auge (meist) nicht zu überblickende Ausmaße. Dies macht es, zusammen mit der Tatsache, dass es unaufhörlich in Bewegung ist und sich weitgehend dem menschlichen Zugriff entzieht, zu einer existenziellen Größe. Moderne, an Staatlichkeit orientierte Grenzziehungen verlaufen nicht am Übergang vom Festland zum Wasser, d. h. am Strand, sondern im Meer selbst. Sie 3

Vgl. dazu die Romane algerischer Autoren wie Mouloud Feraoun z. B. in La terre et le sang (1953), Rachid Mimouni: Le fleuve détourné (1982) sowie L’honneur de la tribu (1989), daneben auch z. B. La mère du Printemps (L’Oum-er-Bia) (1982) des marokkanischen Autors Driss Chraïbi. Dieser Text lässt auch erkennen, in welchem Maße die europäischen Ordnungs- und Grenzvorstellungen bis in die Zeit des frz. Protektorats hinein fremd geblieben sind.

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sind nur kartographisch markiert, nicht aber durch Grenzsymbole (Grenzsteine, Schlagbäume, Mauern) sichtbar; allenfalls durch sekundäre Zeichen (z. B. Patrouillenboote), die jedoch ihrerseits in Bewegung und nicht konstant sind. Insofern entziehen Meere sich einem okzidentalen Grenzdiskurs der Moderne, der die „Grenze zur Linie verdichtet, deren Breite unendlich minimiert gedacht werden muss.“ Ein geschichtsloser oder „bedeutungsfreier“ Raum4 ist das Meer jedoch nicht – im Gegenteil ist es ein Reservoir verschiedenster Bedeutungen: Raum der des Übergangs und der Gefahr sowie, mit Blick auf die Geschichte der Sklaverei, auch ein Raum des Verlusts von Freiheit – ein Raum der Barbarei. 6. Das Mittelmeer ist das Zentrum eines ausgedehnten Grenzraums, in dem sich, neben jeweils kulturspezifischen Elementen, eine Reihe von gemeinsamen kulturellen Merkmalen ausgebildet hat. Im Sinne Mary Louise Pratts (1991) wird dieser mediterrane Grenzraum als Raum der Interaktion, als „Kontaktzone” verstanden.5 Pratt postuliert, dass in Kontaktzonen nicht einseitig Repräsentationen der Metropolen übernommen werden. Neben den kolonialen Asymmetrien gibt es in diesem Grenzraum zugleich auch Interaktionen, die wiederum sich überschneidende[n] Auffassungen und Praktiken generieren. Die Frage, die sich von hier aus stellt ist, ob bzw. wie diese sich in den literarischen und filmischen Repräsentationen ablesen lassen. Weiterhin ist das Mittelmeer als ein Meer, in dem die Ufer z. T. in Sichtnähe oder nur wenige Seemeilen voneinander entfernt liegen, eine wogende Gegenthese zu Grenzdiskursen des Rationalismus, die postulieren, dass „übergängige und indifferente Zonen … scharfen Bestimmungen zu weichen [haben].“ (Baltes-Löhr, 2003, S. 85). Die Frontex-Bestimmungen6 haben den letzten Rest von „Indifferenz“ beseitigt. Das Mittelmeer ist ein komplexer Grenzraum auch insofern, als er nicht nur Staaten trennt bzw. verbindet, sondern ebenfalls Kulturen, darüber hinaus Norden und Süden.7 Nicht zuletzt ist das Mittelmeer eine Grenze zwischen arm und reich. 7. Zwar sind die Länder des Maghreb am Ufer des Mittelmeers gelegen, doch verstehen ihre Bewohner sich weitgehend nicht als Menschen des Meers, sondern des Landes, der Wüste, der Berge, der „terre“. Für sie wie für die Bewohner der europäischen Mittelmeerküsten war das Meer lange Zeit kaum mit Strand und Baden, sondern vor allem mit Gefahr verbunden: Piraten, Angreifer und Kolonisatoren kamen über das Meer, das im Positiven al4

Zur überkommenen Vorstellung der Geschichtslosigkeit des Meeres vgl. Klein und Mackenthun (2003, Einleitung: S. 1ff.); zur Historisierung der See vgl. Dening; ders. mit Hinweis auf Roland Barthes’ Anmerkung, das Meer enthalte, anders als der Strand, keine Botschaft (2003, S. 17). 5 Vgl. Klein und Mackenthun (2003, S. 2ff.), die von der „maritimen Kontaktzone“ sprechen. 6 Zur Grenzregime-Forschung vgl. Hess und Kasparek, 2010. 7 Vgl. dazu auch Dainotto, 2011.

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lenfalls als wirtschaftliche Größe betrachtet wurde (Fischerei, Hafenwirtschaft, Schmuggel und heutzutage auch Tourismus). 8. Literarische und filmische Grenzdiskurse machen ein weites Feld aus, das eine nähere Bestimmung des Corpus erfordert. In der Folge werden nur die fiktionalen Texte / Filme berücksichtigt, die explizit über das Mittelmeer als Grenze bzw. Grenzraum reflektieren, weiterhin die, die Überfahrten über das Meer als zentrales Thema haben. Wichtig sind darüber hinaus solche Schriften, deren Reflexion über den Mediterran in den Kontext der Grenzthematik gestellt werden kann.

Jeux sans frontières: Mittelmeer und Grenze in kolonialen Diskursen8 In der Reihe „Provinciales“, die die französischen und überseeischen Provinzen der Kolonialmacht Frankreich portraitierte, erschien 1953 das Algerien gewidmete Heft. Von Algier aus, so liest man dort, sei es nur ein Katzensprung bis zur südfranzösischen Küste. Alles in allem sei das Land eine „création récente, oeuvre des Turcs parachevée par la France qui lui a donné son nom, précisé ses frontières“ (Clèac’h u. a., 1953, S. 20). Als essentieller Bestandteil kolonialer Politik wird hier das Ziehen von Grenzen genannt – die mit dem Lineal gezogen Grenzverläufe in Algeriens Westen und Osten sowie die ja nach wie vor konfliktträchtige Westsaharagrenze zeugen davon. Koloniale Grenzdiskurse zeichnen sich einerseits dadurch aus, dass neue imperiale Grenzen geschaffen werden; auf der anderen Seite werden bestehende autochthone Grenzen ignoriert, wo diese nicht den Konzepten der Kolonisatoren entsprechen und wo es den politischen Zielen der Kolonialmacht dient. Eine zusätzliche Differenzierung in ideologischer Hinsicht findet sich in französischen, das Mittelmeer betreffenden Schriften, die im ersten Drittel des 20. Jh., der Hochphase des Nationalismus, verfasst worden sind, d. h. der Algerianisten um Louis Bertrand einerseits und andererseits der Autoren aus dem Umfeld der sog. Ecole d’Alger,9 der auch Albert Camus angehörte: Obgleich die politischideologischen Positionen beider Autorengruppen denkbar unterschiedlich sind, stellen sie beide das Mittelmeer nicht als Grenze dar. Bei den Algerianisten ist der Mediterran ein geschlossener homogener Raum, der einzig durch eine europäisch fundierte Latinität definiert und in dem alles Arabische oder Islamische, kurz: alles Autochthone als minderwertig ausgrenzt wird. „Race“ und Kultur fundieren diesen chauvinistischen Entwurf. Anders sehen dies die Autoren der Ecole d’Alger und insbesondere der aus Marseille stammende Gabriel Audisio10: 8

Vgl. dazu auch Borutta und Gekas, 2012. Zu dieser in der Forschung nicht unumstrittenen Bezeichnung vgl. die Beiträge in Dugas, 2008. 10 Vgl. Arend, 2008. 9

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Euphorisch feiern sie die kulturelle Vielfalt des Mittelmeers, beschwören eine gemeinsame Kultur des Lichts und der Brüderlichkeit … und übersehen völlig, dass die koloniale Ordnung keine Gleichheit für die Brüder vorsah und mit harten Grenzziehungen zwischen den indigènes und sujets einerseits sowie den citoyens andererseits unterschied. Der chauvinistischen Vereinnahmung des Mittelmeers für die europäisch-christliche Kultur hält Audisio die Pluralität des Mediterran entgegen. Er postuliert die Existenz e i n e r „communauté d’esprit“ (Sel de la mer, 1936, S. 123), für die er eine übergreifende politische Organisationsform wünscht ( Jeunesse de la Méditerranée, 1935, S. 20). Niemals habe das Mittelmeer seine Anrainer getrennt, sondern diese immer verbunden, ungeachtet der kulturellen Verschiedenheit, die zwischen ihnen herrsche. Sein Versuch, das Mittelmeer als einen grenzfreien multikulturellen Raum zu sehen, war in den 1930er Jahren durchaus nicht vertraut. Beschwörend und poetisch zugleich schreibt Audisio: Non, la Méditerranée n’a jamais séparé ses riverains. Même les grandes divisions de la Foi et ce conflit spirituel de l’Orient et de l’Occident, la mer ne les a pas exaltés, au contraire adoucis en les réunissant au sommet sensible d’un flot de sagesse, au point suprême de l’équilibre. ( Jeunesse, 1935, S. 21)

Der historische Moment für ein Insistieren auf der quasi natürlichen Kraft des Mittelmeers, die Völker zu einigen „pour s’agréger l’un à l’autre aussi naturellement que la vigne à l’olivier se marie“ ( Jeunesse, 1935, S. 23) und nicht zuletzt für den Entwurf einer „patrie méditerranée“ war denkbar ungünstig: Seit dem ersten Weltkrieg konkurrierten im Mittelmeerraum Nationalismen verschiedener Provenienz sowie faschistische Expansionsszenarien, die allesamt bestehende Grenzen neu und strikt ziehen wollten. Aber inwieweit können die Mittelmeer-Reflexionen von Algerianisten und Ecole d’Alger überhaupt als Grenzdiskurse verstanden werden? Die koloniale Ordnung, die der Eingliederung der maghrebinischen Seite des Mediterran zu dem französischen und z. T. spanischen Machtbereich zugrunde lag, war völkerrechtlich sanktioniert; autochthone Grenzen waren damit für politisch-administrative Zusammenhänge inexistent. Das Konstrukt des grenzfreien Mittelmeerraums ist Bestandteil dieses kolonialen Grenzdiskurses. Die Algerianisten denken das Mittelmeer als Grenzraum in Kategorien der Exklusion (alle Kultur und Geschichte, die nicht auf der Latinität basieren, sind aus der mediterranen Kultur ausgeschlossen), Audisio und sein Kreis vielmehr gemäß der Inklusion (das Mittelmeer vereint alle dort angesiedelten Kulturen), auch wenn die Inklusion immer auch einen Exklusions-Anteil hat (vgl. Hahn, 2003, S. 36, Anm. 1711). Dies bedeutet, dass die mediterranistische Inklusion den autochthonen Kulturen die 11

Vor allem bürgerliche Gesellschaften haben, so unterstreicht Hahn (2003, S. 37) gestützt auf Luhmann, die Tendenz zu verschleiern, „dass die betonte Inklusion immer auch eine Exklusionsseite hat“, d. h.: dass hier Grenzziehungen vorgenommen werden.

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Behauptung der kulturell-politischen Autonomie und damit die Möglichkeit, eigene Grenzsetzungen vorzunehmen, versagt. Von hier aus wird deutlich, warum in den maghrebinischen Ländern bis zum heutigen Tag große Vorbehalte gegenüber den mediterranistischen Brüderlichkeitsbeteuerungen der Ecole d‘Alger spürbar sind.12 Trotzdem wurden zu Beginn des 20. Jh. im Maghreb (noch) keine alternativen Modelle zu einer gemeinsamen Kultur jenseits kolonialer Pattern entwickelt, auch wenn der kolonial kontaminierte Mittelmeerdiskurs auf seine Weise dazu beitrug, kulturelle Gemeinsamkeiten zu betonen.

Grenzdiskurse der Zeit der Dekolonisation und Postkolonialität Mit der erreichten Nationalstaatlichkeit Marokkos, Algeriens und Tunesiens und den damit verbundenen völkerrechtlich anerkannten Grenzziehungen tritt die Diskussion um Grenzen erst einmal in den Hintergrund. Literarische Texte und Filme aus dem Maghreb kehren, das ist anderweitig gezeigt worden (Brahimi, 2008, S. 246ff.) und gilt ebenfalls für die romanischen Literaturen, insbesondere Italiens, dem Mittelmeer erst einmal den Rücken zu. Gleich der Politik richten sie den Blick in ihre Länder und arbeiten sich an deren Traditionalismus und Geschichte ab. In den großen Eingangssequenzen sowohl von Assia Djebars (1985) L’amour, la fantasia als auch von Maïssa Beys (2008) Pierre, sang, papier ou cendre wird das Nahen der französischen Flotte über das Meer aus der Perspektive der Bevölkerung von Algier als eine „unerhörte Begebenheit“ erzählt, für die es erst einmal keine Begrifflichkeit gab. Auf der expliziten Erzählebene wird der Beginn der kolonialen Eroberung folglich nicht als Grenzüberschreitung oder –verletzung und das Meer erneut nicht als Grenze konkretisiert. Zu den zahlreichen Paradoxien, die der Kolonialismus generiert hat, gehört auch die, dass die politische wie diskursive Vereinnahmung des Mittelmeerraums der Kolonialzeit eine Lektion vermittelt hat: Wenn der Mediterran von Kolonisatoren in Nord-Süd-Richtung überwunden werden kann, ist dies auch umgekehrt möglich. Als Rachid Boudjedra die Eroberung Gibraltars durch den Berberfürsten Tarik aus dem Jahr 711 in La prise du Gibraltar (1986) als Hintergrund für die 1955 spielende Handlung seines Romans genommen hatte, gab es wenig Verständnis für dieses gewagte Experiment, den Maghreb, der so viele koloniale Herren hat ertragen müssen, als Ausgangspunkt für Kolonisation und somit für 12

Die exklusive Variante findet sich ebenso in italienischen und spanischen „mare nostrum“Diskursen der Ära des Faschismus, die sich bei ihrem Griff nach Afrika des Mittelmeers zu bemächtigen versuchten. Zur Verdeutlichung des Inklusionsparadigmas der Ecole d’Alger kann auf das tunesische Beispiel verwiesen werden: In Tunis war seit der Mitte des 19. Jh. eine italienische Diaspora entstanden, in der intensiv über die Zugehörigkeit des Protektorats Tunesien zur mittelmeerischen Kultur diskutiert (Corriou, 2008, S. 26ff.) und das Mittelmeer als grenzüberschreitender Raum entworfen wurde.

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Grenzüberschreitung zu zeigen. Dieser gegen die doxa gerichtete Text ist ein seltener Beleg für eine literarische Grenzüberschreitung vom Maghreb aus. Marokkanische Texte jener Jahre – zu denken ist an Mohamed Choukri, an Mohamed Khaïr-Eddine oder Tahar Ben Jelloun – imaginieren bis zum Beginn der 1980er Jahre Tanger oder andere marokkanische Küstenstädte nicht als Orte der Grenze, sondern der Multikulturalität.

Errichtung von Grenzen im Mittelmeerraum Auf der Schwelle zum 21. Jh. ändert sich dies, denn das Mittelmeer wird nunmehr vorherrschend, wenn auch mit unterschiedlichen Implikationen, als Raum der Grenze konkretisiert. Zum einen artikuliert sich mit der Arabisierungspolitik der Dekolonisationszeit und der folgenden immer nachdrücklicheren Islamisierung eine deutliche Abgrenzung von Europa, in deren Zusammenhang von Seiten des Maghreb das Mittelmeer als Raum der Grenze Europa gegenüber neu bestimmt wird. Für die Armutsmigranten, die aus Afrika an die maghrebinischen Mittelmeerküsten kommen, ist das Meer die letzte Grenze, die sie von Europa und einem besseren Leben trennt.13 Als Antwort darauf ist mit der Frontex-Politik der EU das Mittelmeer als europäische Außengrenze nachdrücklich und mit allen fatalen Konsequenzen festgelegt worden.14 Auch wenn die Überfahrt nur wenige Seemeilen (12 km) weit ist, wird das Meer zur unüberwindlichen Grenze. Dabei scheint sie erst einmal offen – das Besteigen eines Bootes15 an der marokkanischen, algerischen oder tunesischen Küste ist keinem verwehrt. Die Grenzen werden jedoch entweder auf dem Meer durch Patrouillenboote oder am Ende eben doch bei der Ankunft sichtbar, in Gestalt von Zäunen, Mauern oder Auffanglagern, die die Festung Europa in den spanischen Enklaven und auf Lampedusa errichtet hat.16 13

Vgl. dazu Redouane, 2008b. Vgl. dazu Helmut Dietrich (2012): „Boat-people im Mittelmeer gab es, seitdem die EU um 1990/91 die Visapflicht für alle aus den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten eingeführt hatte. Seitdem hat sich das Mittelmeer in den größten Friedhof Westeuropas in der Nachkriegszeit verwandelt. Mit der neuen High-Tech-Blockade und den zunehmenden Abschiebungen auf Hoher See Richtung Libyen (ab 2004/2005) stieg dann die Zahl toter Boat-people enorm an. 2004 rettete das Frachtschiff Cap Anamur der gleichnamigen Hilfsorganisation 37 Flüchtlinge im Kanal von Sizilien. Das war das erste Signal, dass der Widerstand gegen die Festung Europa mit dem Aufbau eines Rettungssystems im Mittelmeer neu beginnen müsste. Der Versuch wurde damals polizeilich-juristisch zerschlagen, von der europäischen Linken nicht verstanden (denunziert als „humanitäre Show“) und blieb ohne transnationalen oder gar transmediterranen Rückhalt.“, in: http://eipcp.net/transversal/0313/dietrich/de. Aus ethnologischer Sicht zur Grenzproblematik im Mittelmeerraum vgl. Klepp, 2011. 15 Zur Vorstellung von Boot/Schiff als „komplexe Raumstrukturen“, vgl. Klein und Mackenthun, 2003, S. 9. 16 Vgl. Gaudé, 2006, Eldorado, als eine Gruppe von Afrikanern beratschlagt, wie ihnen die Flucht nach Europa gelingen könnte, heißt es: „Si nous nous ruons sur les barrières de Ceuta, de nuit, … ils ne pourront pas nous arrêter. C’est à cela qu’il faut travailler désormais. La bar-

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Die italienische Politik hat (wie die Europas ingesamt) nach wie vor keine adäquate Antwort auf das mit dem Namen der einst beschaulichen Insel nunmehr assoziierte Skandalon der gescheiterten europäischen Migrationspolitik gefunden. Zwar gibt es zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Filmen, die sich mit der Migrationsproblematik befassen,17 davon aber die wenigsten mit der clandestinen Einreise über das Meer. In seinen auf Lampedusa spielenden Film Il respiro (2002), der in der deutschen Version sogar den Namen der Insel als Titel hat, bringt der italienische Regisseur Emanuele Crialese nicht einen Hinweis auf Zäune, Auffanglager und Abschiebung, auf überquellende Friedhöfe oder gar angeschwemmte Leichen ertrunkener Afrikaner ein, sondern rückt den Traditionalismus der insularen Gesellschaft und zugleich in faszinierenden Bildern den Mythos des Mittelmeers ins Bild. Mit Terraferma (2011), einem späteren Film, nimmt er sich dann jedoch der Problematik an und schildert das Aufeinandertreffen einer aus Afrika kommenden und vor der Insel aus dem Meer geretteten mit einer einheimischen Familie. „Gläserne Grenze“ – diese von Carlos Fuentes mit Blick auf die amerikanischmexikanische Grenze geprägte Metapher hat der spanische Autor Juan Goytisolo aufgegriffen, um die Grenze zu bezeichnen, die Spanien und somit Europa gegen die Armutsmigration aus Nordafrika errichtet hat, die zuerst die spanischen Enklaven auf marokkanischem Boden und dann die Küste um Gibraltar erreicht. Abgesehen von dem hochsymbolischen Stellenwert ist diese heilbringende Grenzanlage zwischen Europa und Afrika – ob Mauer, Zaun oder Sicherheitskordon – von geringem Nutzen. Zum einen stürzen sich die angehenden Immigranten lieber von der nahen marokkanischen Küste aus in das manchmal tödliche Abenteuer einer Einreise per Fischerboot, als dass sie sich noch vor einer Überfahrt festnehmen und in die Heimat zurückschicken lassen; zum anderen leben sowohl die Einwohner von Ceuta als auch von Melilla von einem System der offenen Grenzen … (Goytisolo, 2004, S. 111)

Über die in grenztheoretischer Hinsicht spannenden Phänomene der Enklaven Melilla und Ceuta – nationale Grenzziehungen werden ausgesetzt und zugleich nachdrücklich gezogen – kann an dieser Stelle nicht weiter reflektiert werden, fest steht aber: Melilla ist eine Festung, in der Spanien auf marokkanischem Boden seine Grenzen entschlossen verteidigt; auch mit Blick auf die Grenzen zwischen rière qui sépare Ceuta du Maroc fait six mètres de haut. Mais il est des endroits où elle n’en fait que trois. C’est là où nous attaquerons. … Il faut partir à l’assaut de Ceuta comme d’une citadelle. … Il suffit d’un pied posé sur la terre derrière les barbelés, un petit pied pour connaître la liberté.“ (S. 189); zu Crialese vgl. Arend, 2010; Cuttitta, 2012 zum „spettacolo del confine“. 17 Vgl. dazu die Einzelanalysen in den Bänden von Schrader und Winkler, 2013 sowie Berghahn und Sternberg, 2010, die allerdings den Grenzaspekt nicht systematisch ausleuchten und Repräsentation von Migration insgesamt behandeln und keinen Fokus auf das Mittelmeer haben.

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den Kulturen ist die Kopräsenz von Kirche, Moschee und Synagoge in der städtischen Architektur Melillas trügerisch.18 Diese sog. illegale Einwanderung nach Spanien und Italien hat in den Literaturen rund um das Mittelmeer, insbesondere aber in denen des Maghreb, wenn nicht neue Textsorten, so doch spürbare thematische Verdichtungen hervorgebracht. Der Schlepper, der in vielen Texten eine zentrale Rolle spielt, ist eine neue literarische Erscheinung bzw. eine Aktualisierung der Schmuggler-Figur. In sog. patera-Texten, in Romanen oder Filmen, die von den harraga oder clandestini19 erzählen, wird das Überschreiten der Mittelmeer-Grenze in Süd-Nordrichtung zum Gegenstand. Nicht um Eroberung geht es, sondern um Verzweiflung, große Hoffnungen und noch größere Enttäuschungen, nicht selten um die tödlich endende Flucht.

Süd-Nord-Süd-Passagen Eine unerwartete Variation dieses Themas legt Laurent Gaudé, der französische Romancier und Dramatiker, der für seine Texte den italienischen Süden meist als Schauplatz wählt, in seinem Roman Eldorado vor. Erzählt wird die Geschichte des Marinekommandanten Salvatore Piracci, der als „gardien de la citadelle“ (2006, S. 117) an der sizilianischen Südküste Europas Grenzen verteidigt, indem er Flüchtlingsboote aufbringt und zum Festland begleitet, von wo aus die aus dem Meer Geretteten in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Nach vielen Begegnungen mit Flüchtlingen, dem Scheitern ihrer Hoffnungen, für das er auch als „cerbère fidèle“, als getreuer Zerberus der Festung Europa, Verantwortung trägt, stürzt er in eine tiefe Identitätskrise. Er hält die „histoires d’émigration et de frontières“ (2006, S. 73), nicht mehr aus, verbrennt seinen Pass, löst seine bürgerliche Existenz auf und begibt sich auf einem Boot aufs Meer: Il partait là-bas, dans ce pays d’où ils venaient tous. Il allait faire comme eux : passer des frontières de nuit, aller voir comment les hommes vivent ailleurs, trouver du travail, gagner de quoi survivre. (2006, S. 146) […] Il savait bien qu’il allait à contrecourant du fleuve des émigrants. (2006, S. 147)

Auf der anderen Seite des Mittelmeers angelangt, soll er als Schlepper geworben werden, kommt jedoch kurz darauf bei einem Unfall, der viel von einem Selbstmord hat, ums Leben. Nicht nur auf der Ebene des Plots, sondern auch der Struktur macht dieser mythologisch und intertextuell hoch aufgeladene Text die existenzielle Dimension der Grenze deutlich: In einem zweiten Strang wird 18

Vgl. dazu Doppelbauer (2010, S. 180); er analysiert den aus dem Jahr 1930 stammenden Roman Juan Berenguers, Melilla, la codiciada sowie Moisés Salama, Melillenses, 2004, einen rezenten Film mit dokumentarischen Anteilen; passim. 19 Vgl. dazu Redouane 2008a, Richter 2015 (im Druck).

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die Geschichte des Westafrikaners Suleiman und sein Versuch, durch Nordafrika über Ceuta und dann über das Meer nach Europa zu kommen, erzählt. Die Grenzpassage durch die Sicherheitszäune der Enklave wird als Gang durch die Hölle geschildert: „Nous avons traversé l’enfer“ (2006, S. 223). Die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa wird im Romanplot nicht explizit destruiert, aber das Wissen des Lesers über Abschiebungen und restriktive Asylregelungen antizipiert, dass Suleiman und viele andere sich umsonst durch die Todeszone der Grenzanlagen gequält haben. Mit der Komposition des Romans und der Gegenläufigkeit der Passagen ist verdeutlicht, in welchem Maße das Mittelmeer zu einem Raum der Grenze, der Grenzüberschreitung – eine Todeszone – geworden ist: Nichts ist mehr übrig vom Traum der Brüderlichkeit in Licht und Sonne. Der Sündenfall des Kolonialismus mit allen seinen Folgen hat ihm ein blutiges Ende bereitet. Zwar kennt auch die Poesie (Solte-Gresser, 2010) die Verknüpfung des Meeres mit der Todesthematik, in Gaudés Roman und vielen anderen Texten, die von der Überquerung des Meers erzählen, ist der Tod konkret, bar jeder mythisch-mythologischen Dimension. Um die Gegenläufigkeit der Mittelmeerpassagen, die Eldorado zeigt, geht es auch in Exils (2004), dem mehrfach ausgezeichneten Film des franko-algerischen Regisseurs Tony Gatlif.20 Als Roma ist er für die Probleme von Migration und Illegalität in besonderer Weise sensibilisiert. In diesem Film, der viel von einem Road-movie hat, begegnen sich zwei Paare in Andalusien: Schwester und Bruder auf dem Weg von Algerien nach Frankreich, wo sie Bildung und Wohlstand erhoffen; auf der anderen Seite ein aus Paris kommendes Pärchen – er Sohn einer Pieds-noirs-Familie, sie eine beurette – sie sind nach Algerien unterwegs auf der Suche nach ihrer Identität. Während sie als Europäer legal alle Grenzen passieren können, sind die beiden Algerier wie auch die Afrikaner, die sie in einer andalusischen Obstplantage treffen, illegal eingereist und in entsprechend prekären Situationen. Grenze ist demnach nicht gleich Grenze. Ob sie überwunden werden kann oder nicht, hängt davon ab, aus welcher Richtung die Grenzgänger kommen. Nicht nur weil er auf diesen Aspekt aufmerksam macht, ist dieser Film wichtig, sondern auch, weil er mit dem Handlungsort Andalusien einen komplexen Grenzraum ins Zentrum rückt. Dabei unterstreicht er mit Nachdruck die Idee der Kontaktzone, arbeitet aber auch heraus, dass das Bereichernde dieses Kontakts im vor allem im Kulturellen (Musik, Tanz) bzw. im Klima zum Tragen kommt; staatlich-politische Grenzsetzungen bleiben bestehen; deren Verletzung wird mit Härte sanktioniert. Von hier aus kann eine differenzierte Kritik des Konzepts der Kontaktzone formuliert werden.

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Vgl. dazu Arend, 2013.

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Der Mittelmeerraum als prekärer Raum Es zeichnet sich nun ab, dass der Mediterran in literarischen Texten und Filmen zunehmend auch als prekärer Raum konkretisiert wird, und dies insbesondere in zahlreichen literarischen Kriminalromanen. So geht etwa der Sizilianer Andrea Camilleri in verschiedenen Krimis dem Problem der illegalen Einwanderung und dem damit verknüpften Menschenhandel nach. Sein Sizilien ist zwar auch eine Fundgrube kulinarischer Köstlichkeiten, ansonsten aber fest im Griff der Mafia und zusehends von den Folgen der Migration über das Meer betroffen. Jean-Claude Izzos Marseille-Krimis (Winkler, 2005) setzen andere Akzente, indem sie die Verwobenheit des französischen Südens mit Algerien mit dem Maghreb und das Mittelmeer als „mer de voisinage“ zeigen (Marins perdus, S. 145); Marseille wird als Brennpunkt aller mit der Migration verbundenen Probleme und Phänomene vorgeführt. Zwar dominiert in Izzos Texten die Betonung der mediterranen Einheit; in Solea jedoch findet sich die Klage darüber, dass diese Einheit durch die Errichtung einen „limes moderne“ (Solea, S. 88; kursiv im Original) bedroht sei, der den Norden gegen den Süden zu schützen versuche.21 Izzo hat seiner Hauptfigur, dem alternativen Ermittler Fabio Montale, die Kritik an der Politik, die für die Errichtung der „Festung Europa“ verantwortlich ist, mehrfach in den Mund gelegt (vgl. die Figur Mouloud in Total Khéops u. a. Texte). Diese hier nur an zwei Beispielen exemplarisch skizzierten Positionen finden sich auch in anderen Krimis, die in den europäischen Hafenstädten rund um das Mittelmeer spielen, ins Gianrico Carfiglios Bari- oder in Bruno Morchios GenuaGeschichten.22 Dass der Kriminalroman aus einer der in der Auseinandersetzung mit der Grenzfrage eher zurückhaltenden Literaturen der europäischen Mittelmeerseite23 hier hervorsticht, hat wohl damit zu tun, dass die Auseinandersetzung mit Fragen und Problemen der Gegenwart und eben die Transgression bestehender Gesetze oder Regeln das Genre Kriminalroman konstituiert. Selten sind hingegen literarische Zeugnisse im engeren Sinne24 wie die zornigen Texte des in italienischer Sprache schreibenden aus Marokko stammenden 21

Vgl. dazu Burtscher-Bechter, 2008, S. 206–207. Vgl. dazu Winkler 2010, S. 215–16. 23 Vgl. jedoch den 2012 erschienen Roman von Mathias Énard, Rue des Voleurs (Arles: Actes Sud), der die Geschichte eines marokkanischen harraga erzählt: Auf der Suche nach einem besseren Leben und auf der Flucht vor den Islamisten flieht ein junger Mann aus Tanger über das Meer nach Barcelona, wo er erneut mit diesen konfrontiert wird. 24 Auch im 19. Jh. war das nicht anders: Giovanni Vergas großer veristischer Roman I Malavoglia setzt das Mittelmeer zwar als über das Schicksal der Menschen entscheidende Größe in Szene; das Kentern des Fischerboots bringt einer Familie den Ruin und motiviert den gesamten Romanplot; als nahezu rechtsfreier Raum wird es in den Episoden imaginiert, in denen 22

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Mohammed Lamsuni.25 Zwar findet keine explizite dichterische Reflexion über den Mittelmeerraum als Grenze statt, die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der „clandestini“ nimmt jedoch viel Raum in seinen Texten ein. Sich selbst als Dichter bezeichnet er grundsätzlich als „clandestino“ (Lamsuni, 2006, S. 98) und polemisiert in einem Prosagedicht offen gegen die Flüchtlingspolitik von Italiens Rechte, wenn er schreibt: Che cazzo è questo? / La mia legge è contro i vivi. / Eccoli, arrivano morti! / Che clandestino è questo? / Prima spaventano i bambibi, / ora, spaventano le sardine et gli squagli. Non basa che io goveri la terra, / devo anche affrontare il mare? Che muoiano sulle coste della Sicilia o della Puglia! … (Lamsuni, 2006, S. 100)

Zwischen Reportage und Abenteuerroman oszilliert der Text des Journalisten Fabrizio Gatti (2007), der sich in Wallraff-Manier unter dem Namen Bilal mit einer Gruppe von harraga von Dakar aus auf den Weg Richtung MittelmeerGrenze gemacht hat. Mit der Errichtung dieser Grenze entsteht, so analysiert er, eine moderne Form von Sklaverei. Dieser Gedanke wird weiter zu verfolgen sein. Dass die clandestini-Problematik stärker in populäreren als HochkulturTexten behandelt wird, zeigt sich auch beispielsweise in den Texten des italienischen Cantautore Gianmaria Testa, der sich in da questa parte del mare (2006) damit befasst: Di certi posti guardo soltanto il mare / il mare oscuro che non si scandaglia / il mare e la terra che prima o poi ci piglia / e lascio la strada agli altri, […] // ch’è meglio non far rumore quando si arriva / forestieri al caso d’una altra sponda / stranieri al chiuso d’una altra spona / dal mare che ti rovescia come una deriva / das mare severo che pulisce l’onda. an gewissen orten schaue ich nur auf das meer / das dunkle meer das sich nicht erkunden lässt / das meer und die erde / die uns früher oder später einfängt / und ich überlasse die straße den anderen / ich überlasse das weggehen / den anderen […] // es ist besser keinen lärm zu machen / wenn man ankommt / fremde an einem anderen ufer / ausländer an einem anderen ufer gefangen / vom meer das von den Schmuggelaktivitäten eines der Protagonisten erzählt wird. Eine Wahrnehmung als Grenze gibt es jedoch weder bei Verga noch bei dem anderen großen Sizilianer, bei Luigi Pirandello, für den das Meer so gut wie nicht existiert. Carlo Levi richtet ebenfalls seinen Blick ganz ins Inland. Sein Eboli im kampanischen Bergland ist jedoch in anderer Weise ein Ort der Grenze: zwischen der Welt des Nordens und dem archaischen Süden. Insofern markiert Eboli eine symbolische Grenze, die allerdings in fataler Weise konkret war für die „confinati“, die vom faschistischen Regime in die Bergdörfer Süditaliens Verbannten. In Elsa Morantes Romanen wird, das ist aufgezeigt worden, der Mittelmeerraum als „matrice mythique“ (Jorba, 2010, S. 21ff.), im Sinne Braudels als e i n komplexer plurikultureller Raum konkretisiert und durchweg als Archipel gezeigt. Eine wahrnehmbare Grenzreflexion findet sich in diesem Rahmen nicht. 25 Zur italophonen Literatur von aus dem Maghreb stammenden Autoren vgl. Arend, 2009.

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sich auf dich stürzt wie die trift / vom strengen meer das sich die welle abwischt. (Booklet, o. S.)

In der italienischen Kunstdichtung des 20. Jh., bei Montale wie auch bei französischen Lyrikern, spielt hingegen die Grenze keine Rolle; es überwiegt die poetisch-mythologische Reflexion über Zeit, Sterblichkeit, über Schönheit und Unendlichkeit des Meeres.26 In der Erzählliteratur dominiert der Blick in das Land, wo die „integrismi della terra“, wie der italienische Soziologe Franco Cassano es ausgedrückt hat, herrschen – dort entfalten sich alle Konflikte.

Harraga-Repräsentationen Die entscheidende Wende in den Grenzrepräsentationen kommt, das ist ja bereits unterstrichen worden, mit dem Beginn des 21. Jh. und insbesondere in den maghrebinischen Literaturen und Kinos. Ein neues „Genre“ entsteht, die harragaTexte27 und -Filme. Sie werden hier als Texte gelesen, die von der illegalen Grenzpassage in Süd-Nord-Richtung handeln. Zuerst zu dem Wort: Harraga stammt aus dem maghrebinischen Arabisch, heißt wörtlich: die, die Straße bzw. die Papiere verbrennen und meint damit die Praxis der meist jungen Menschen, die den Weg der illegalen Migration antreten, alle offiziellen Spuren ihrer Identität verwischen, indem sie ihre Papiere verbrennen. Auch ohne diese Bezeichnung zu gebrauchen, ging der Marokkaner Ben Jelloun in Partir 28 (2006) dem Phänomen nach. In dem kaleidoskopartig angelegten Text werden verschiedene Migrationsgeschichten erzählt; nach den Namen der Migranten sind die Kapitel des Romans benannt. Sie alle haben nur ein Ziel: Quitter le pays. C’était une obsession, une sorte de folie qui le travaillait jour et nuit. Comment s’en sortir, comment en finir avec l’humiliation ? Partir, quitter cette terre qui ne veut plus de ses enfants … (Partir, 2006, S. 25)

Mit Blick auf die Grenzen-Frage bringt Ben Jelloun einen neuen Aspekt ein, der im Plot zwar nicht ausgearbeitet wird, unsere Reflexion aber nochmals weiter führt: Der Protagonist Azel stellt beim Betrachten des Meers fest, dass dieses einen Mittelpunkt habe, ‚einen grünen Kreis, einen Friedhof. Die Strömung, so sagt er, bemächtige sich der Kadaver ertrunkener harraga und lege sie auf einer Algenbank ab‘. Und weiter heißt es: Il sait que là, dans ce cercle précis, existe une frontière mobile, une sorte de ligne de séparation entre deux eaux, celles calmes et plates de la Méditerranée et celles véhémentes et fortes de l’Atlantique. […] il a fini par sentir l’odeur de la mort … (Partir, 2006, S. 14) 26

Vgl. dazu Solte-Gresser, 2010, wenn auch ohne Hinweis auf die Grenzen-Problematik Vgl. dazu die Beiträge in Redouane, 2008a. 28 Vgl. dazu Gilzmer, 2008.

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Bezeichnender Weise wird hier in direktem gedanklichem Nexus zu Sterben und Tod die Grenze zwischen Mittelmeer und Atlantik angesprochen, zwei nicht nur in ihrer Heftigkeit, sondern auch ihrer Geschichte unterschiedliche Meere. Symbolisch kodiert ergibt sich von dem Atlantik-Hinweis aus auch ein Blick auf die Sklaverei,29 denn die großen Deportationen sind von Afrika aus über dieses Meer gestartet. Die Migration wird damit in den großen historischen Zusammenhang der Sklaverei gestellt, die eine Grenze von existenzieller Dimension errichtete: zwischen freien weißen und unfreien Menschen dunkler Haut. Die Erfindung des „Illegalen“ steht in dieser Linie; die Gesellschaften, die diese produzieren, führen das Skandalon der Sklaverei fort. Es ist in diesem Zitat aber noch ein weiterer Gedanke angelegt: dasselbe Mittelmeer, das zuvor als wogender Friedhof ins Bild gerückt worden war, wird nun als ruhig und glatt bezeichnet. Damit tut sich ein Widerspruch auf, dem mit folgender Überlegung begegnet werden kann: dieses Meer zwischen Europa und Afrika ist, von Stürmen abgesehen, nicht qua natura bereits todbringend, sondern wird dazu durch menschliches Agieren, etwa durch Grenzsetzungen auf dem Meer, beziehungsweise durch das Unterlassen von Handeln, wo dies erforderlich gewesen wäre. Im Text heißt es dazu: … il s’était noyé lors d’une traversée nocturne où les hommes d’Al Afia [ = Name des Schleppers] avaient surchargé le rafiot. Vingt-quatre noyés en cette nuit d’octobre où la tempête fut une excuse à la non-intervention de la Guardia Civil d’Almeria. (Partir, 2006, S. 20–21)

Auf der Handlungsebene erzählt Partir von Korruption und mafiösen Strukturen, von der Ausbeutung der in den Küstenorten wie Tanger Wartenden durch professionelle Schlepper, er erzählt von Desillusionierung und Spielarten des Scheiterns, von den erniedrigenden Erfahrungen als sog. Illegaler, wenn nicht gar als (Sex-)Sklave eines „weißen Mannes“ in Spanien. Der Roman zeigt weiterhin auf, wie im Umfeld der illegalen Migration der Islamismus an Boden gewinnt und ist auch darin von dramatischer Aktualität. Formal fällt die eher schwach gezeichnete Rahmenhandlung auf. Die darüber erkennbare Aussage, dass die harraga den einen verbindlichen Rahmen, der ihr Leben zusammenhalten könnte, eben nicht mehr zur Verfügung haben, wird durch das Schlusskapitel, das den Titel „Revenir“ trägt, ein Stück weit relativiert. In einem Interview hat der Autor versucht, diesem Einwand mit dem Hinweis auf die symbolische Bedeutung dieses Kapitels entgegen zu treten, das, intertextuell gespickt, die Aussage über eine geglückte Rückkehr in der Tat offen lässt. 29

Anhand einer eingehenden Analyse der Figur des Afrikaners Flaubert könnte diese Interpretation weiter gestützt werden, wenn er sich fragt, in welcher Geschichte sein Platz sein könne: In Mme Bovary seien bereits alle Plätze besetzt; es bliebe ihm allerdings immer noch Vom Winde verweht. So wird mit dem amerikanischen Süden als Schauplatz dieses Romans zugleich die Geschichte der Sklaverei aufgerufen. Am Ende der Passage fantasiert Flaubert sich jedoch in die Evasions-Szenarien der Harry-Potter Fictions hinein (Partir, 2006, S. 322ff.). Damit weicht der Roman einer nachdrücklicheren politischen Deutung aus.

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Bei Ben Jelloun nur angedeutet, ist das Misslingen der der Grenzpassage auch in anderen harraga-Erzählungen Thema, genannt sei hier nur Mahi Binebines Roman Cannibales aus dem Jahr 1999.30 Literarisch sind viele dieser Texte keine großen Würfe. Wichtig sind sie in ihrem Versuch, den namenlosen sog. illegalen Migranten zumindest in der Imagination ein Gesicht und eine Geschichte zu geben. Von deutlich anderem Format ist Boualem Sansals großer Roman Harraga (2005),31 der verschiedene literarische Lagen hat, ein Stück historischer Roman, Entwicklungsroman, Krimi und Satire in Einem, der erzähltechnisch komplex ist und hier genauer betrachtet werden soll. Über die Geschichte der jungen Chérifa, die eines Tages, im 6. Monat schwanger, vor der Tür der Kinderärztin Lamia steht, die in Algiers Cashba wohnt, wird nicht nur die harraga-Problematik, sondern auch über das zeitgenössische Algerien differenziert diskutiert und zugleich in die Vergangenheit zurück gegriffen. Trotz ihrer erst 16 Jahre ist Chérifa auf dem Weg in die illegale Migration. Dies verbindet sie mit Lamias Bruder Sofiane, den sie in Oran getroffen und von ihm die Adresse seiner Schwester bekommen hatte. Der erzählerische Kunstgriff besteht darin, Sofiane allein als erzählte Figur im Roman zu verankern. Ob er zwischenzeitlich Algerien verlassen hat, in Europa anoder umgekommen ist, bleibt den gesamten Roman über im Dunkeln. Damit wird erzähltechnisch das Schicksal der harraga abgebildet, d. h. ihr Verschwinden; die Verzweiflung der Schwester spiegelt wider, in welchem Maße der Exodus der Jungen die Gesellschaft traumatisiert – der Text spricht von einem kollektiven Selbstmord (2005, dt. S. 112 / frz. S. 132). Lamia lässt nichts unversucht, um ihren Bruder zu finden und wird unter anderem vorstellig bei dem „Algerischen Verein für Familienhilfe sowie Suche und Wiedereingliederung Notleidender Jugendlicher, die in der Heimlichen Emigration als Verschwunden Gelten, abgekürzt AVFHSWNJHEVG.“ (Harraga, 2005, dt. S. 108 / frz. S. 127). Dieser Verein, von dem es in offenem Sarkasmus heißt, er erwarte gerade eine Delegation der EU und finanzielle Unterstützung von dieser (2005, dt. S. 114), hat seinen Sitz in einem zerfallenden Haus im Zentrum Algiers. Bei allem Sarkasmus ist dies ausgesprochen realistisch, ebenso wie die Beschreibung der Aktivität des Vereins, 30

Im Zentrum steht die Geschichte zweier Cousins, die am Strand von Tanger zusammen mit anderen, Westafrikanern, Algeriern und einer Frau mit ihrem Baby sowie einem Schlepper auf den guten Zeitpunkt für eine Überfahrt nach Spanien warten. Die Schilderung dieses Wartens macht den narrativen Kern des Textes aus, der von dieser Basiszeit aus die Geschichten dieser Figuren sowie weitere Migrationsschicksale erzählt. Einige der Gruppe haben bereits mehrere Fluchtversuche hinter sich; ihre Desillusionierung antizipiert das Scheitern auch dieses Versuchs. Während es den Cousins nicht gelingt, in das bei stürmischer See ablegende Boot zu gelangen, wird die Überfahrt für die anderen zu einer Fahrt in den Tod: „Man fischt jeden Tag ‚Harragas‘ aus dem Wasser“ (Cannibales dt., 1999, S. 186). Vgl. dazu auch Burtscher-Bechter, 2008. 31 Vgl. dazu Brandusa-Steiciuc, 2008.

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der sich in rein bürokratischer Selbstbezüglichkeit ergeht. Algerien, so raisonniert Lamia, sei mit einem Fluch belegt, depuis le temps des Romains qui avaient fait de nous des circoncellions hagards, des brûleurs de fermes, jusqu’à nos jours où faute de pouvoir brûler la route nous vivons inlassablement près de nos valises. … Nous sommes tous de tout temps, des harragas, des brûleurs de routes, c’est le sens de notre histoire. (2005, frz. S. 95) der sich von Jahrhundert zu Jahrhundert fortsetzt, seit der Zeit der Römer, die uns zu verstohlenen Tagelöhnern, zu Brandstiftern gemacht hat, bis heute, wo wir, da wir nicht alle die Straße verbrennen können, rastlos in der Nähe unserer Koffer leben. … Wir sind alle, schon immer Harragas, Straßenverbrenner, das ist der Sinn unserer Geschichte. (2005, dt. S. 79)

In Reflexionen wie diesen entfaltet der Roman seine Tiefe. Anders als die zuvor analysierten Texte wird die Thematik anhand nur weniger Figuren, aber mit der Wucht des Literarischen in ihrer aktuellen Bedeutung, in ihrer historischen wie ihrer universellen Dimension dem Leser vorgeführt. Dabei greift Sansal auch auf die mise en abyme zurück, ein literarisches Spiegelungsverfahren: Ein ganzes Kapitel erzählt davon, dass Lamia eine Arte-Dokumentation über einen Wüstenort im Norden Nigerias anschaut, der fast nur mehr von Frauen bewohnt wird; die Männer sind harraga. Auf einer intradiegetischen Ebene erzählt der Roman den Film nach, z. T. in wörtlicher Wiedergabe von Dialogen, und zeigt zwei junge Männer, die sich ebenfalls auf den Weg nach Norden machen – gänzlich illusionslos. Dabei stößt man unversehens auf die Sklaverei-Spur, wenn einer der Männer über die Schwierigkeiten des Unterfangens spricht: Dann muss man die Bakschischs rechnen und die Sklavenhändler, sie lauern an den Übergängen, die sie ebenso gut kennen wie die Schleuser, dann die Überquerung der Meerenge auf ausgemusterten Feluken […] „Ihr wisst das, und ihr geht?“ „Ja, wir wollen leben (Lachen).“ „Habt ihr Angst?“ Ein bisschen (Lachen).“ (2005, dt. S. 196–197)

Dermaßen authentifiziert wird in diesem Kapitel die Odyssee einer stetig anwachsenden Gruppe auf dem Weg von der Sahara zur Mittelmeerküste geschildert. Bei der Überfahrt von Ceuta nach Spanien ertrinken die zwei jungen Nigerianer. Die Verzweiflung Lamias, die selbst in diesem Film nach einer Spur ihres Bruders sucht, mündet in der Feststellung: „Plötzlich fühle ich mich Harraga im Herzen.“ (2005, dt. S. 210) Damit bestimmt Sansal die klandestine Migration nicht nur als Konkretum, sondern als Seelenzustand der Hoffnungslosigkeit und Unbehaustheit einer ganzen Gesellschaft. Am Ende wird Chérifa es nicht geschafft haben, Algerien zu verlassen; sie stirbt bei der Geburt ihres Kindes. Eine zukunftsweisende Perspektive wird allein darüber aufgebaut, dass Lamia dieses Kind bei sich aufnehmen und ihm damit die Chance geben wird, in emotional und finanziell

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gesicherten Verhältnissen aufzuwachsen. Ob dies ausreicht, damit es nicht den Weg der harraga wird einschlagen müssen, ist fraglich. Dass gute individuelle Bedingungen das „angehaltene[s] Leben[s]“ (2005, dt. S. 210; „d’une vie à l’arrêt“, 2005, frz. S. 239) in den (nord)afrikanischen Gesellschaften kompensieren können, wird durch die Geschichte Sofianes sehr deutlich in Frage gestellt: „Was tun, wenn alle Wege abgeschnitten sind?“ (2005, dt. S. 210). Wie sehr diese illegalen Grenzpassagen die mittelmeerischen Gesellschaften umtreiben, lässt sich nicht nur an den Texten oder Filmen ablesen, die die Auseinandersetzung mit der Problematik in den Vordergrund stellen, wie Merzak Allouache es in seinem Film, Harraga (2010) betitelt, tut, sondern auch dort, wo diese in andere Plots eingeschrieben sind. Allouaches Film ist einem Kammerspiel auf offenem Meer vergleichbar und zeigt verschiedene Formen des Scheiterns von Grenzpassagen. In Algerien hat der Film keinen Platz im offiziellen Kinoprogramm gefunden. Harraga blues nennt der Regisseur Moussa Haddad seinen 2012 produzierten Film, der aus dem Blick auf das Elend der harraga weniger eine kritische Sicht auf das Land ableitet, sondern zum Bleiben zu ermuntern versucht. Die Einschreibung in andere Plots wiederum lässt sich am algerischen Gegenwartsfilm ablesen: Seit den 1990er Jahren werden der Blick über das Mittelmeer bzw. explizit geäußerte Migrationswünsche zu Topoi in vielen Spielfilmen. Bereits 1994 weist Allouache in Bab El-Oued City, einem der ersten Filme, der sich mit dem aufkommenden Islamismus befasst, auf der Ebene der Figuren und des Plots darauf hin: Um den Fängen der Islamisten zu entgehen, bleibt einem jungen Mann nur die Flucht über das Meer; eine legale Einreise nach Frankreich ist nicht möglich. Auch ein anderer der großen algerischen Regisseure, Nadir Moknèche, legt in Délice Paloma (2007) den Traum von der Auswanderung als ein im Hintergrund spielendes Thema an; in Viva Laldjérie (2004) gibt es ebenfalls einen Handlungsstrang, der sich mit den harraga-Plänen eines jungen Mannes befasst, der damit eine junge Frau fasziniert. In beiden Filmen sind es neben der Arbeitslosigkeit die Doppelmoral und Stagnation der Gesellschaft, die die Migrationssehnsucht begründen. So entsteht der Topos der am Ufer stehenden und auf das Meer blickenden Jugendlichen, die vom Aufbruch träumen, um der drückenden Perspektivlosigkeit zu entgehen.

Schlussüberlegungen Das Mittelmeer hat, dies zeigen die Analysen der Maghrebtexte im Zeitabschnitt seit der Dekolonisation, einen doppelten Status: als Raum der Grenze einerseits, zugleich aber auch als Raum, der zumindest so offen ist, dass er eine Bewegung zulässt, die die „integrismi della terra“ ausschließen. Insofern ist das Meer zwischen Afrika und Europa ein Raum der Hoffnung, von der gleichwohl alle wis-

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sen, dass sie trügerisch ist.32 Mit Blick auf die zu Beginn dieses Beitrags angestellten grundsätzlichen Reflexionen über Grenzkonzepte im westlichen Mittelmeerraum ergibt sich folgende Einschätzung: die Texte konkretisieren wenig explizit okzidental-nationale bzw. maghrebinische Grenzkonzepte. Bilder des Meeres vermitteln keine räumlich konkretisierte Grenzdarstellung und sind somit elliptisch; hinter den Plots liegen aber durchaus intensiv geführte Diskussionen um Grenzpassagen. In Sansals Harraga jedoch findet sich im Kontext der Beschreibung des Zugs der harraga, die die Grenze zwischen der Sahara und Marokko erreicht haben, folgende Reflexion: La frontière est enfin là, derrière l’horizon. […] C’est la même terre, le même soleil, les mêmes gens, pratiquant la même religion, la même cuisine, mais l’air est différent, il se laisse respirer. […] Tout le long de la ligne mal fixée par les traités, c’est contrebande et compagnie, pétrole contre kif, sous l’oeil vigilant des deux armées. (2005, frz. S. 235–236 / dt. S. 206–207)

Die Rede ist hier von einer linearen, nationalen, einer künstlichen Grenze. Angesichts eines auf kulturellen Gemeinsamkeiten beruhenden Grenzraums wird sie darüber hinaus als unheilstiftend, da Korruption und neue Asymmetrien generierend beschrieben. Ist dieser Hinweis auf den Grenzraum als Ausdruck eines für den Maghreb bzw. den Mittelmeerraum spezifischen Grenzkonzepts zu verstehen? Angesichts des relativ späten Zeitpunkts der Implementierung des nationalen Paradigmas mit den dazugehörigen Grenzkonzepten im Maghreb ist dies durchaus möglich. Auf jeden Fall wird von hier aus noch einmal deutlich, wie künstlich westliche Modelle von Grenze zumindest für Afrika und den Mittelmeerraum sind, die gleichwohl als politische Instrumente massiv in das Leben der Menschen eingreifen. Jenseits von kulturell differenten Grenzkonzepten oder dem Paradigma der Nation sind Ungleichheit und Armut heute diejenigen Größen, die global und nachhaltig wirkend Grenzen errichten. Die Bedeutung, die die Auseinandersetzung mit den harraga in Literatur und Film des Maghreb hat, unterstreicht, dass diese Grenzen zwischen den nordafrikanischen Ländern und Europa als in hohem Maße einengend empfunden werden, und dies nicht in erster Linie, weil sie national sind, sondern weil die Staaten, die sich hinter diesen Grenzen verschanzen, den Menschen die Freiheit nehmen, über ihre Lebensentwürfe selbst zu entscheiden. Da auf der vertikalen Ebene kein Ausweichen ist, richtet sich das Freiheitsstreben in Richtung Meer. Die Grenze, die das Mittelmeer repräsentiert, wird dadurch, dass sie nicht linear und 32

Verschiedene Szenarien für das Schicksal eines harraga hat Kamel Daoud, Chronist der Tageszeitung Quotidien d’Oran zusammen gefasst: http://www.harraga.net/index.php?option= com_content&view=article&id=647:que-deviennent-les-harraga; vgl. weiter die intensive Diskussion in den algerischen Medien, wie z. B.: http://www.algeria-watch.org/fr/article/ pol/migration/menace_prison.htm.

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nicht durch hoheitliche Zeichen bzw. Symbole am Ufer markiert ist, als durchlässig wahrgenommen. Die untersuchten Texte und Filme sind sich jedoch einig: Diese Wahrnehmung ist falsch. Die Grenze ist da, auch wenn man sie nicht sieht, sie wird bewacht und mit allen Mitteln verteidigt. Die Literaturen und Filme rund um die europäischen Mittelmeerküsten spiegeln einen durchaus politischen Befund, indem sie ein durchaus nicht gleich verteiltes Interesse auf den beiden Seiten des Meeres erkennen lassen: Nur in bestimmten Segmenten gehen die Literaturen der europäischen Mittelmeerseite auf die harraga und die Problematik der Grenzpassagen ein, wobei der Film aufmerksamer ist als die Literatur. Aus dem Maghreb jedoch kommen immer mehr solcher Geschichten, selten mit hoffnungsvollen Ausblicken. Mehr als deutlich wird insgesamt, dass das Mittelmeer weder als ein transkulturell bereicherter Raum noch als Grenze zwischen Nationen oder Kulturen gezeigt wird, sondern als existenzielle Grenze nicht nur zwischen arm und reich, sondern noch grundsätzlicher, als eine Grenze zwischen Räumen, in denen Lebens- und Zukunftsperspektiven entwickelt werden können – oder aber nicht.

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Mihran Dabag / Kristin Platt Herausforderungen einer Mediterranisierung nicht-beliebiger Ortlosigkeit Zum Schreiben der Geschichte von nicht-staatlichen Gemeinschaften und Diaspora im Mittelmeerraum

Vielleicht hat Diaspora tatsächlich mehr mit dem Braudelschen Ochsen gemeinsam, als es die gegenwärtigen Diskurse um globale Migrationen, Transnationalisierung und „Regions in Motion“ vermuten lassen: Jenem mittelmeerischen Ochsen, der zunächst von dem Esel, dann von dem Traktor abgelöst worden sei, „ohne daß sich die Historiker […] mit diesem zu vernachlässigenden Ereignis beschäftigt hätten“. Trotz seiner Langsamkeit und seiner vergangenen Bedeutung für das ökonomische Gesamtsystem sei der Ochse in ganz unterschiedlichen Regionen des Mittelmeeres zu Hause. Dass er nicht gänzlich verschwunden ist, sei jedoch, so Braudel, „eine andere Geschichte“ (Braudel, 2006, S. 398). Tatsächlich wird der Diaspora eine wesentlich größere Langsamkeit oder Trägheit zugeschrieben als transnationalen Migrationsgruppen: sie bleibt gerne an einem Ort, auch wenn sie sich nicht vollständig einlässt auf die Gastgesellschaft, da sie auf ihren Orientierungen an einer realen oder imaginierten Heimat beharrt, bzw. Strukturen und Mechanismen ausgebildet hat, die diese Beharrung bewahren. Während Diasporagemeinschaften als Migrationsgruppen gelten, die sich durch auf Dauer etablierte Bindungen an ein ursprüngliches Herkunftsland oder eine „Mutterorganisation“ charakterisieren lassen, wobei diese bewahrte Bindung zu einer „Aufrechterhaltung von Differenz“ zu den umgebenden Gesellschaften führt (Pries, 2003, S. 28f.), wird ihnen zugleich eine hohe Fähigkeit zur transnationalen Organisation und Mobilisierung zugeschrieben. Mit diesen Aspekten, die den gegenwärtigen Blick auf diasporische Gruppen bestimmen, werden Charakteristika „alter“ Diasporagemeinschaften (Juden, Armenier, Iren, Chinesen, Inder, Griechen) und „neuer“ transnationaler Phänomene verwoben. Gerne wird dabei herausgehoben, dass es sich bei Diasporagruppen um Akteure handelt, die die Herausforderungen der Globalisierung perfekt meistern, da sie die Fähigkeit besitzen, sich selbst Handlungsräume jeweils wieder neu zu erschließen (s. einführend Faist, 2010). Diasporagruppen wirken aus der Sicht nationaler

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Räume grenzüberschreitend; ihr crossing border ist jedoch unvorhersehbar, da sie nicht die grenzüberschreitenden Wege nehmen, die von den Nationalstaaten vorgezeichnet worden sind, sondern eigene Wege suchen. Als Abner Cohen in einer Studie aus dem Jahr 1971 den Begriff der Handelsdiaspora (trade diaspora) einführte, welche er als Netzwerk, „socially independet, but spatially dispersed communities“ beschrieb (Cohen, 1971, S. 267), stand dies am Beginn einer internationalen Forschungsdiskussion, deren Schwerpunkt zweifellos auf den Bemühungen um eine Theoretisierung des Diaspora-Konzepts lag (Dabag und Platt, im Druck). Doch sind in den letzten Jahrzehnten auch bemerkenswerte Einzelstudien entstanden, in denen das Verhältnis von Handel, Raumbewegung, Gemeinschaftsstruktur und Selbstverständnis untersucht worden ist (Goitein, 1967–1993; Le Goff, 2009; Aslanian, 2011; Pöttering, 2013). Die Arbeiten über die mittelmeerischen Gemeinschaften und die Frage nach ihrer sozialen und kulturellen Bedeutung hatte aber auch bereits Fernand Braudel aufgeworfen. Im Rahmen mittelmeerischer Studien zeigte sich jedoch seit Mitte der 1990er Jahre ein Zurücktreten der historischen Beschäftigung mit den Handelsfamilien des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zugunsten eines Interesses an der Netzwerkstruktur selbst. Die historischen Bedingungen von Verfolgung einerseits und religiösen Sonderrechten andererseits, von Handelshäusern und Familienstrukturen, Zerstreuung und Heimatverlust, vor deren Hintergrund die mittelmeerischen Christen (Armenier, Griechen u. a.) und Juden in diasporischen Netzwerken ein Überleben fanden, wurden nun kaum noch als ermöglichende/zu bewältigende Bedingungen mitgedacht. Erörtert wurde hingegen eine besondere „Fähigkeit“ zum diasporistischen Netzwerk, dessen Fundament gerne in Identitätsbestimmungen und Selbstbildern gesehen wurde. Dass die Etablierung von diasporischen Vernetzungen, die Stabilität diasporischer Kommunikation und die Entstehung diasporischer Geschichts- und Identitätsüberlieferung nicht allein historischem Schicksal folge, also nicht allein aufgezwungen, sondern auch gewählt sein könnte, war ein fester Teil der Diskussionen der „Diasporisten“ gewesen, die in den 1920er und 30er Jahren in Deutschland die Frage nach der Zukunft jüdischen Lebens und Denkens stellten. Dabei richteten sich diese Erörterungen vor allem gegen die Denkmuster nationalistischer Politik. „Das Judentum ist, wie jeder echte Glaube, diasporafähig. Diese Fähigkeit, ohne den Besitz der natürlichen Geschlossenheit wirkliche Gemeinschaft sein zu können, ist der Prüfstein, an dem sich die Art der Gemeinschaft erweist“, schrieb Ignatz Maybaum (1934, S. 99). In der Diskussion bestimmter „diasporischer Fähigkeiten“ im Rahmen des in den 1990er Jahre beginnenden Transnationalismus-Diskurses geht es jedoch keineswegs mehr um Fragen der Identitätsbewahrung, sondern um Eigenschaften der Identitätsdurchsetzung; es steht nicht mehr der Zusammenhang von Lebenssicherung (Handel) und Über-

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leben im Fokus, der das wesentliche Interesse der „Diasporisten“ zu Beginn des 20. Jh. gewesen war, hingegen gilt die Aufmerksamkeit den genutzten Handlungsräumen. In der aktuellen Verschiebung der Diskussion über internationale Migration in den Diskurs über Agenden nationaler und internationaler Sicherheit (Adamson, 2006) gelten Diasporagruppen als Risiko: dies insbesondere, da sie ein langes Gedächtnis haben. Diasporagemeinschaften tragen schwierige Vergangenheiten mit sich, von denen sie in den neuen sozialen und politischen Zusammenhängen nicht lassen (s. a. Zolberg, Suhrke und Aguayo, 1989). Diese Vergangenheit ist einerseits Ermöglichung ihrer transnationalen Handlungsfähigkeit, andererseits Basis auch des kritischen Handlungspotentials, das ihnen eigen sei. Nichtstaatliche Minderheiten und Diaspora-Gruppen gelten jedoch nicht allein aufgrund ihres Gedächtnisses gerade im Konfliktfall als Problem, denn auch wenn davon ausgegangen wird, dass ethnische Diversität nicht a priori zu politischer Gewalt führt (Azam, 2001), wird diese doch in politischen Modellen als Indikator mitgedacht. Bedingt ist dies nicht zuletzt dadurch, dass Ansätze der internationalen Peace and Conflict Studies vor allem konstruktivistischen Perspektiven auf Ethnizität folgen (Hanlon, 2006, S. 103f.), ethnische Gruppen als definiert durch askriptive Merkmale betrachtet werden (Horowitz, 1985) und das Beharren von „Primordialisten“ beispielsweise auf Statusregelungen und Minderheitenrechte als hemmend in Friedensprozesse gefürchtet wird (Hanlon, 2006, S. 98; Gurr, 2000). In Bezug auf die diasporischen Identitätsnarrative wird in der Forschungsliteratur gerne betont, dass die „raumüberschreitenden“ Fähigkeiten dieser Gruppen eine Verwurzelung gerade in den Verflechtungen der mediterranen Geschichte hätten. In den aktuellen, zugleich mit als auch gegen Braudel geführten Erörterungen um das Gemeinsame und doch Vielfältige des Mittelmeerraums, die vor allem vor dem Horden-Purcellschen Gedanken der „Konnektivität“ entfaltet werden (Horden und Purcell, 2000), gelten gerade die jüdischen Händler des Mittelalters als paradigmatische Akteure; dies aufgrund ihrer „unusual ability to cross the boundaries between cultures“ (Abulafia, 2011b, S. 646). Die jüdischen und christlichen Händler des Mittelmeerraums haben innerhalb der Geschichte der Mittelmeerregion vor allem als „Pioniere des Kapitalverkehrs“ einen Ort gefunden (wobei ihnen zugeschrieben wird, mit diesem Kapitalverkehr den Aufbau einer eigenen Infrastruktur ersetzt zu haben) (Trivellato, Halevi und Antune, 2014; Trivellato, 2014; Curtin, 1984); sie gelten als „kosmopolit“, weil sie eine Vielzahl von Sprachen beherrschten und mittels eigener Kommunikationswege über weite Regionen des Mittelmeers und der Seidenstraße miteinander in Verbindung blieben (Abulafia, 2011a, S. 226); sie gelten aber auch als Musterbeispiel einer „geschlossenen Gemeinschaft“ (Abulafia, 2011b, S. 645ff.). Die Integration, die die Diaspora-Gemeinschaften in ihrer Rolle als cross border Akteure in die große Geschichte des Mittelmeerraums gefunden haben, ist

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im Übrigen eine der wenigen Integrationen nicht-staatlicher Gemeinschaften in die Universalgeschichte – während eine Vielzahl der Siedlungsgemeinschaften in Mesopotamien oder am afrikanischen Ufer des Mittelmeers gerne vergessen werden. In der Geschichtsschreibung der Handelsstädte – von Genua bis Alexandria, von Konstantinopel bis Algier (Cesarani und Romain, 2006; Arbel, 1995) – wird gerne und häufig an ein Nebeneinander und eine Interaktion verschiedener Kulturen und Identitäten erinnert. Auch wird das Funktionieren eines Alltags unterschiedlicher politischer Loyalitäten deutlich gemacht (Abulafia, 2011a, S. 226). Doch während mit dem historischen Narrativ über die Städte des Mittelmeers Bilder einer pluralistischen, offenen Vielfalt nachgezeichnet werden, erscheinen die Siedlungsgemeinschaften der fremd-„religiösen“, anders-„ethnischen“ Gruppen in Geschichte und Politik zumeist in der Rolle als Konfliktträger. Zu beachten wäre zudem, dass die in den neueren Forschungen über „urban spaces“ dargestellte „Pluralität“ nicht mehr als ein Ergebnis eines „Mosaiks“ oder wenigstens „Nebeneinanders“ erscheint. Auch in Arbeiten über die Städte des Mittelmeerraums geht eine Tendenz dahin, dass jeweils Mehrheitsgesellschaften gesetzt werden, in denen die Rolle der „Minderheiten“ als „Erstbewohner“ und „Stadtgestalter“, als Kulturrepräsentanten und Modernisierer, kaum noch Berücksichtigung findet. Sie wird erst dann sichtbar wird, wenn man die Kultur der urbanen Räume „ethnisiert“: damit ist die Geschichte der nicht-staatlichen Gruppen nicht als Ergebnis eines geschriebenen Erlebens zugreifbar, sondern wird erst über die Operation der ethnischen Ausdifferenzierung beziehungsweise Fragmentierung eines „universalen“ Geschehens und seiner allgemein geglaubten Gültigkeit wieder sichtbar. Dass den Gemeinschaften der A n d e r e n in den Diskursen über globale Lebenswelt somit sowohl eine symbolische als auch eine kritische Stellung zukommt, ist unmittelbar gebunden an drei Entwicklungen, die als globalisierende Transformationsprozesse verstanden werden. Zum einen die Veränderung von R ä u m e n: „realen“ (durch neue Verkehrsmittel und -wege) und „symbolischen“ Räumen (Veränderung der Differenz zwischen Kulturen); „sozialen“ (Veränderungen der Räume von Stadt und Land, damit des Verhältnisses von Zentrum und Peripherie) und „politischen“ Räumen (durch grenzüberschreitende politische Übereinkünfte und Zusammenarbeit). Zum zweiten die Veränderung von O r d n u n g e n: dabei geht die Ausweitung von Ordnungen (insbesondere der Einflusssphäre einzelner nationalstaatlicher Politik) mit neuen Über- und Unterordnungen einher (wenn transnationale Unternehmen nationalstaatliche Ordnungen überschreiten); wobei Zentralisierung und Dezentralisierung, Verdichtung und Diffusion als globalisierungstypische Ambivalenzen angesehen werden, die im gleichzeitigen Nebeneinander neue Handlungsräume (ordnungserodierend) schaffen und (ordnungssichernd) bedingend. Zum dritten wird Globalisierung über eine Veränderung von E i n s t e l l u n g e n diskutiert: Dieser dritte, mit dem Bild der Globalisierung fest verbundene Trans-

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formationsprozess betrifft nicht nur eine den transformierten sozialen Beziehungen folgende Auflösung traditioneller Werte (Heimatregion, Sprache, Religion, Kultur) und die Entstehung neuer Identifikationen aufgrund der transnationalen Ausweitung und Angleichung sozialer, kultureller und politischer Lebenswelten. Einbezogen ist auch der Gedanke affektueller Veränderungen. Die nun an den als offen imaginierten globalen Räume orientierten Ansichten, Identifikationen und Orientierungen werden als virtuell und plurivers, dynamisch und doch auch amorph angesehen. Dass Globalisierung nicht nur als Strukturveränderung diskutiert wird, sondern auch über die Einstellungen zu diesen, darauf hatte bereits Ulrich Beck verwiesen, als er darauf aufmerksam machte, dass es einen „bejahenden“ und einen „verneinenden“ Globalismus gäbe (Beck, 1999, S. 27). Vor diesem Hintergrund ist der Schritt zur Überlegung, wer die „Bejaher“ und wer die „Verneiner“, wer die „Stehengebliebenen“ und wer die „Profiteure“ der Entwicklung sind, eigentlich nicht weit. Die häufigste Assoziation, die der Erörterung der globalisierenden Veränderungen von Alltagswelten und politischen Räumen zugehört, betrifft im Westen die Befürchtung, dass die globalisierenden Transformationsprozesse Wege eröffnet haben für diejenigen, die sich motiviert durch Eigeninteresse nicht allein über ein Außerhalb traditioneller Wege bewegen, sondern sich dadurch auch in einem Außerhalb der (staatlichen) Zugriffsmöglichkeiten befinden. Die diskursiven Formationen von globaler Politik sind im Kern um die Frage zentriert, welche neuen Zonen von Unsicherheit erkannt werden müssen. Dabei geht es primär nicht um einzelne riskante Akteure, sondern eben um „Räume“ und den diesen „Räumen“ eigene Akteursgruppen: neue virtuelle Räume (Internet), geographische Räume (schwache Wirtschaftszonen, fragile states), sozial-kulturelle Räume (die aufbegehrende Vorstadt). Die identifizierten Akteursgruppen tragen die Eigenschaften dieser Räume (die sie nicht gestaltet haben, die sie aber ausfüllen). Ihre Handlungen spiegeln die Grenzen/Nicht-Grenzen der neuen Risikoräume. Den Kern der so identifizierten Bedrohungszone bildet insbesondere das Mittelmeer (Leggewie, 2002, S. 2). Tatsächlich erkennen sozialwissenschaftlich orientierte Arbeiten hinsichtlich des crossing border im politischen Handeln von Diasporagruppen das Problem, dass sich diese als „ethnische Lobby“ organisieren könnten, um als Interessengruppe die Beeinflussung der Weltpolitik zu suchen (Beck, 2000, S. 11). Das crossing border wird auf diese Weise zum criss-cross, das immer auch ein g e g e n in Bezug auf die bestehenden Ordnungen impliziert: „G l o b a l i z a t i o n, on the other hand, denotes the p r o c e s s e s through which sovereign national states are criss-crossed and undermined by transnational actors with varying prospects of power, orientations, identities and networks.” (Shain und Barth, 2003). Das öffentliche Handeln von Diasporagruppen würde jedoch nur auf den ersten Blick als eine Form von „Subpolitik“ erörtert werden, wie Ulrich Beck sie in

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seiner Arbeit Die Erfindung des Politischen beschrieben hat: diese werde von Akteuren betrieben, die „a u ß e r h a l b des politischen Systems auf der Bühne der Gesellschaftsgestaltung auftreten“, wobei sie nicht nur als „soziale und kollektive Akteure“, sondern auch als I n d i v i d u e n um die „Gestaltungsmacht des Politischen konkurrieren“ (Beck, 1993, S. 162). Von Subpolitik lässt sich reden, wenn Netzwerke identifiziert werden können, die aus dem „Untergrund“ der globalen Gesellschaften über transversale Verbindungen versuchen (Beck, 1996, S. 673– 680), eigene Politikinteressen durchzusetzen. Diese eigene Durchsetzung ist ein „selbst in die Hand“ nehmen, das sich vor Eingriffen des Staates oder „Übergriffen selbstgerechter Eliten“1 widersetzt. Subpolitik könne in der Moderne auf allen Feldern politischer Praxis und politischen Denkens entstehen. Somit wird mit Becks „Subpolitisierung“ (Beck, 1993, S. 164) eine Gesellschaftsgestaltung benannt, die von den Akteuren einer Gesellschaft selbst ausgeht und in den gesellschaftlichen Möglichkeitsräumen selbst entsteht (sie ist also nicht als Gesellschaftsgestaltung durch den A n d e r e n gedacht). Im Gegensatz zu dem neuen politischen Raum einer Subpolitik, der in den Gesellschaften der Moderne entsteht und von gesellschaftlichen Akteuren ausgefüllt wird, entwickelt sich, so die Perspektive politikwissenschaftlicher Forschung, diasporische Interessenpolitik in einem nicht mehr räumlich definierten „Zwischen“. Als Träger dieses kritischen, weil raum-negierenden oder -fragmentierenden Zwischen werden in der heutigen politischen Theorie vor allem drei Gruppen benannt: radikalisierte, nationalistische Emigrantengemeinschaften, die politische Veränderungen in ihrer Heimat anstreben, ferner terroristische Gruppierungen – sowie schließlich Diaspora-Gemeinschaften. Die britische Politikwissenschaftlerin Mary Kaldor hatte dies in ihrem verblüffenderweise noch immer häufig zitierten Werk zu „neuen Kriegen“ dicht beschrieben. Unmissverständlich charakterisierte sie das Risiko wie folgt: „Immer schon hat es nationalistische Emigrantenzirkel gegeben, die in Pariser oder Londoner Cafés Pläne zur Befreiung ihres Vaterlandes schmiedeten. Solche Gruppen aber sind mit […] den leichteren Reisemöglichkeiten und der Verbreitung von Telefon, Fax und E-Mail sowohl größer als auch einflussreicher geworden.“ (Kaldor, 2000, S. 135f.). Die Gefahr, die von solchen Gruppen ausgehe, wird an ihre Stellung in einem A u ß e r h a l b staatlicher Strukturen und Räume gebunden und einem horizontal u n d vertikal, transnational u n d national möglichen Handeln erkannt. Die wesentliche Orientierung dieses Handelns bestehe in der Verfolgung identitätspolitischer Interessen. Eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik aus dem Jahr 2003 hatte die klassischen Diasporagemeinschaften der Armenier, Juden und Iren (explizit) benannt, um zu erörtern, dass es sich bei solcher, um Abgrenzung bemühter „blinder Interessenspolitik“, die der Konzentration auf das Eigene folge und unter Nutzung modernster Medien zur konsequenten Ab1

Beck zitiert hier Claus Leggewie; vgl.: Beck, 1993, S. 164.

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schottung von Kommunikation mit dem Außen diene, um eine spezifische Form eines „Autismus“ handeln würde (Schneckener, 2003, S. 9f.). Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Ulrich Beck selbst die Entwicklung solcher Perspektiven durchaus skeptisch begleitet hatte. Er band die Verschiebung der Gestalt des Immigranten in den Migranten dabei nicht direkt an die Veränderungen sozialer und politischer Strukturen durch Globalisierung oder „Zweite Moderne“, sondern an die Wirkungen dieser Veränderungen: „If it is true, that in Second Modernity borders blur and mingle, then the type of the ‘average (im)migrant’ is the embodiment of the blurring of borders between nations, states, legal orders and their contradictions“ (Beck, 2007, S. 696). In den sich öffnenden, räumlich diffusen Orten der Globalisierung sind Diasporagruppen zur paradigmatischen Verkörperung neuer Konflikte geworden, weil sie mit ihrer spezifischen Struktur von Gemeinschaft, den Wegen ihres sozialpolitischen Handelns und den Formen ihrer Identitätsbestimmung gerade den politischen und sozialen Charakter der neuen Räume spiegeln würden (Bercovich, 2007): internationale und lokale Ebenen verbindend, Medien- und Bildungseliten repräsentierend, auf ihren Loyalitäten beharrend und diese bestimmend in Realität umzusetzen bestrebt, fixiert auf die Konzeption und Durchsetzung von Identitätspolitik, stark in der Propagierung moralischer Argumente. Die Möglichkeit zu solchen Inbezugsetzungen hatte sich im Rahmen der bereits angesprochenen Perspektivveränderungen in der Forschung ergeben. So hatte sich mit dem Beginn der 1990er Jahre der bis dahin vorherrschende Blick einerseits auf die Integrationsprozesse und Integrationskonflikte von Immigranten sowie andererseits auf Identitäts- und Strukturkonflikte des Nationalstaats zunächst hinsichtlich der Frage nach den Gründen für Migrationen umorientiert. Für diese Perspektivverschiebung war sowohl die Beobachtung ursächlich, dass neue Formen der Migration nicht mehr als einmalige Arbeits- oder Fluchtbewegung gesehen werden können (cross-border processes; s. Glick-Schiller, Basch und Blanc Szanton, 1995), als auch die Beobachtung, dass die grenzüberschreitende Arbeitsmigration im System globaler Wirtschaftszusammenhänge ein Strukturcharakteristikum geworden sei. Nicht zuletzt trug die beginnende Diskussion um internationale Sicherheitslagen zu paradigmatischen Diskursverlagerungen bei. Dabei ging die postkolonialistische Erwartung, dass im Rahmen der neuen Migrationsdiskussion ein Blick nicht nur auf das Defizitäre des einzelnen Migranten, sondern auch auf die Selbstbestimmungen einzelner Gemeinschaften gelenkt werden würde und daraus auch den Stimmen aus den Gemeinschaften selbst ein neues Gewicht zukommen könne, nicht auf (Jakubowicz, 2012, S. 5): Bereits wenigstens ein Jahrzehnt vor den heutigen Diskursen kann man die Problematisierung der Risikopotentiale der Migration als festen Bestandteil der Forschung ausmachen. Und deutlich vor den heutigen Diskussionen um eine politische Lösung für die Fluchtbewegungen, die über das Mittelmeer führen, gab es

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das Bild von dem „Aufbruch der Massen“ in die Wohlstandsinseln des Nordens (Nuscheler, 1997, S. 5). Der transnationale Raum der Globalisierung wird gegenwärtig nicht als ein durch Migranten geöffneter verstanden, er wird als ein Raum gesehen, der durch die unvorhersehbaren Bewegungen der Migranten diffus geworden ist. Auch wenn in der Forschung der Terminus „Transnationalismus“ (bzw. Transnationalisierung) einerseits als methodisches Konzept benutzt wird, um Strukturveränderungen der Globalisierung zu bezeichnen, andererseits die Konzepte Transnationalismus (Transnationalisierung), Mobilität (Mobilisierung) und Kosmopolitanismus als Schlüsselkonzepte zur Charakterisierung der „Zweiten Moderne“ Verwendung finden (Portes, Guarnizo und Landolt, 1999; Mazzucato, van Dijk, Horst und de Vries, 2004; Briggs, McCormick und Way, 2008); auch wenn mit „Transnationalisierung“ sowohl die Veränderung nationaler Grenzen als auch die Handlungsräume von Minderheiten beschrieben werden, hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, unter „Transnationalisierung“ eine eher undeutliche, auch kritische Veränderung von Identität, Räumen, Bedeutungen, Kultur- und Handlungsformen zu verstehen. Im Prozess, der zur Transnationalisierung führt, geht es nicht um zusätzliche, nicht um erweiternde Perspektiven, sondern um struktur-neugestaltende Transformationen geo- und sozialpolitischer Räume in „kritische Bereiche“ (Chambers, 2004, S. 429). In den aktuellen Entwürfen von europäischer Außenpolitik wurden ab Mitte der 1990er Jahre, als sicherheitspolitische Erwägungen zunehmend Priorität gewannen (was spätestens mit dem Attentat des 11. Septembers deutlich war), auch Minderheiten eingeschrieben in die vier zentralen Risiken heutiger Weltgemeinschaft: Hegemonialkonflikte, Terrorismus, zerfallende fragile Staaten und Fundamentalismus (Perthes, 2010). Es verlangt im Übrigen Beachtung, dass dies auch noch heute gilt, wo die national-religiöse Bewegung des IS längst deutlich gemacht hat, dass das Risikopotential oder sogar Gewaltpotential, das durch die „fragilen Staaten“ freigesetzt wird, primär nicht die (politische) Mobilisierung von Minderheiten ist. Das riskante Potential besteht hingegen in der Aktualisierung nationalistischer Politik bei staatlichen, sich staatlich organisierenden oder eine Staatsbildung beziehungsweise staatliche Neugestaltung anstrebenden Mehrheiten des Mittelmeerraums – die ja die Mobilisierung von Migrationsgruppen bedingen. Sicherlich haben die Begriffe „ethnische Identitätspolitik“ oder „ethnische Mobilisierung“ bereits seit langem einen Platz in der politischen Theorie. Doch wenn heute verstärkt die Sorge formuliert wird, dass generationenübergreifende Marginalisierungserfahrungen gewaltvoll aufbrechen könnten, findet dies zumeist im Rahmen einer Thematisierung von generellen Strukturcharakteristika globaler Lebenswelt statt (beziehungsweise von Verletzbarkeiten dieser globaler Strukturen). Dass sich nationalistische Mobilisierungen zeigen, die längst überwunden geglaubt worden waren, dass sich neben die „fragilen“ Staaten bisher

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verlässliche Partner der „stabilen“ Staatengemeinschaft stellen, die zu neuer innenpolitischer, Gewalt nicht- ausschließender Machtpolitik tendieren, scheint hingegen selten thematisiert zu werden. Vielleicht, weil diese Tendenzen nicht in das Bild der globalen Welt passt, an die man glaubt. Denn auch wenn immer berücksichtigt wurde, dass durch die globalen Entwicklungen neue Marginalisierungen hervorgerufen und alte verstärkt werden können, sucht man nach Ursachen doch eher in den Systembedingungen selbst: vor allem nach Entwicklungsungleichgewichten, die bedingen, dass bestimmte gesellschaftliche Ebenen vom Globalisierungsprozess „später“ berührt werden. Es scheint, als ob das politische Denken und Handeln in unserer gegenwärtigen „postnationalen“ Welt vor allem damit beschäftigt ist, in Problemlösungsprozessen jene eigene Systemorientiertheit zu betonen und aufrechtzuerhalten, die an der Wende von handlungstheoretischer zu systemtheoretischer Grundlegung politischen Handelns gewonnen worden war. Ganz in der Folge der Prozesse, die von Niklas Luhmann beschrieben worden waren (Luhmann, 2013, S. 133f.), hatte diese neue Grundlegung zu einer Konzentration auf die „Funktionen“ des Systems geführt, wobei sowohl die Diagnose der Funktionsbedingungen als auch der Indikatoren für Instabilitäten von einer Zugehörigkeit im System ausgehen muss. Dies scheint das Risiko mit sich gebracht haben, „alte“ Machpolitik im neuen globalen System zu unterschätzen. Dabei wurde den globalisierenden Entwicklungen stets zugleich das Potential zur „Entschärfung“ wie zur „Entfesselung“ von ethnischer (gruppenbezogener) Gewalt zuerkannt. Warum jedoch gegenwärtige ideologische Nationalismen und räumlich orientierte Macht- und Herrschaftsansprüche weithin lieber mit religiösen Fanatismen gleichgesetzt werden, warum es einsichtiger scheint, an emotional mobilisierte Gruppen zu glauben, als die institutionalisierten Wissenshorizonte sowie Systematik aktueller Gewaltpolitik zu erkennen, kann sicherlich nicht nur mittels einer Analyse der Perspektiven globalen politischen Handelns diskutiert werden. Denn nicht zuletzt ist vor allem das Narrativ der Globalisierung selbst intensiv zu erörtern, dass letztlich doch an der Vorstellung festhält, dass es um Entwicklungen geht, die die gesamte Welt betreffen. Dabei wären vor allem Vorstellungen darüber zu beachten, wer ein legitimer politischer Akteur ist – dieser Akteur ist als fester Baustein globaler Politikverständnisse vor allem jener, der über die politischen Ressourcen verfügt; in einem Weltsystem staatlicher Institutionen handelt es sich eben um den staatlichen Akteur (zugleich „postnational“ in seinen Orientierungen und Handlungsfähigkeiten). Die Frage „Wie schreibt man die Geschichte von Minderheiten“ rührt jedenfalls kaum noch an Grundfragen der Geschichts- und Sozialwissenschaft. Begriffe, wie sie insbesondere aus den Arbeiten der Postkolonialismusforschung abgeleitet werden können, haben bemerkenswerterweise bisher nicht dazu geführt, für vergessene oder unterdrückte Gruppen, für Minderheiten oder MigrantenGemeinschaften einen Platz in der Geschichte der Welt zu definieren: Ein Platz, von dem es aus möglich ist, die Geschichte der nicht-staatlichen Gruppen so zu

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erzählen, dass sie nicht nur als Additiv, als Randnote erscheint, sondern korrigierende Narrative anregt. Netzwerke, Hybridität, Transkulturalität, versprachen als Konzepte, eine Konturierung auch nicht-staatlicher Gruppen innerhalb des Wissens von Geschichte und Politik im 21. Jh. zu ermöglichen. Doch diese Konturierung steht vor zwei Hauptschwierigkeiten: Die eine Schwierigkeit ist darin zu sehen, dass die Geschichte nicht-staatlicher, pluri-lokal zerstreuter Gruppen eine Aufgabe hat, nämlich die Aufgabe der Bewahrung und Bezeugung eigener Überlieferungen – Handlungsorientierungen weist die moderne Universalgeschichte jedoch weit von sich. Die andere Schwierigkeit besteht in den physischen Bedingungen des Schreibens von Geschichte selbst – diese betreffen vor allem die Anforderungen an einen anerkannten Standort in der modernen Wissensgemeinschaft. Dabei bedeutet das Projekt, die Geschichte der transnationalen Gruppen und Gemeinschaften im Mittelmeerraum zu schreiben, zunächst, diese Gruppen z u r ü c k einzuschreiben in eine Geschichte – was a priori eine dritte Schwierigkeit insofern darstellen würde, da die Exklusion aus der Geschichte, die in der Erfindung der Nationen und der Durchsetzung nationaler Historiographien stattgefunden hat, mit Bewegungen der Signifizierung und Stereotypisierung einhergegangen ist, wenigstens mit Bindungen an krisenhafte Ereignisse vollzogen wurde, die für das „Zurück“ nun widerlegt, wenigstens bearbeitet werden müssen. In dem Bemühen um das Schreiben der Geschichte einer vergessenen Gruppe wird es vor allem zu einem Konflikt mit v i e r Kognitionen kommen, von denen Dipesh Chakrabarty eine erste dargestellt hat: nämlich die Übereinkunft, dass geschichtliches Wissen einem Mindestmaß an Rationalität folgen müsse (Chakrabarty, 2010, S. 69). Unter den weiteren Eigenschaften, mit denen wir eine moderne Geschichte denken, wären vor allem die Kognitionen zu berücksichtigen: dass wir von Geschichte erwarten, dass sie einer „Objektivität“ folgt; dass sie eine Verstehbarkeit außerhalb einer Traditionskette, einem Traditionszusammenhang besitzt; sowie nicht zuletzt, dass sie eine Einordnung möglich macht in einen größeren Raum-Zeit-Zusammenhang, eine „große Geschichte“. Aber ist nicht die Herausforderung, die die nicht-staatlichen Gruppen und Gemeinschaften an Europa und an eine europäische Integration herantragen, vielleicht nicht doch eher die Herausforderung einer möglicherweise a n d e r e n Geschichte, dies in Differenz auch zu einer G e g e n - Geschichte? Geht es also nicht doch um eine a n d e r e Geschichte, die mit „anderen“ Ansprüchen und Bedingungen konfrontiert, als nur eine „andere Politik“ zu sein oder ein zusätzlicher Repräsentant d e r Geschichte? Wenn in der vorliegenden Erörterung Aspekte der interdisziplinären Diasporaforschung einbezogen und parallel zur Frage nach den Theoretisierungen und Konzeptualisierungen der Räume und Zeiten des Mittelmeers diskutiert werden, stellen sich die Überlegungen bewusst in die Perspektive, dass ein DiasporaDenken immer auch ein „Für die Diaspora-Denken“ ist, da jede Konzeptualisie-

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rung eben nicht nur eine (Re-)Konzeptualisierung, sondern auch eine Aktualisierung darstellt (Dabag und Platt, im Druck). Dabei soll an das Geschichte-Schreiben des Mittelmeers zunächst die Frage gestellt werden, warum man zur Beschreibung der Migrationen im Mittelmeer stets das Bild von einem verbindenden Meer bedient – und nicht von einem trennenden (wo nur eine Trennung eine Migration ereignen lässt)?

Im Zug der Geschichte der Zivilisation: Falsch sitzend oder in die falsche Richtung blickend? Zivilisationen können sich aneinander vorbei entwickeln, so hat Fernand Braudel in seiner Geschichte des Mittelmeers geschrieben, und es sei fraglich, ob zwischen ihnen eine Kommunikation stets möglich sei. Auch wenn ein Zug vorwärts fahre, hätten die Passagiere trotzdem das Gefühl, der Zug würde sich in die andere Richtung bewegen (Braudel, 1995, S. 825). Sitzen einige auf einem falschen Sitzplatz – oder blicken sie nur in die falsche Richtung? Auch der Historiker und Geschichtstheoretiker Gavriel Motzkin bemühte das Bild eines fahrbaren Mediums. Motzkin suchte über eine Analogie zum Reisebus deutlich zu machen, dass sich „Tradition“ und „Geschichte“ hinsichtlich der Zeiterfahrung unterscheiden: „Der Historiker sitzt ganz am Ende und blickt rückwärts aus dem Heckfenster hinaus. Was er sieht, ist ein trotz Fahrtbewegung immer wieder vervollständigtes Bild dessen, was gewesen ist, und wovon er sich beständig entfernt. Alle Punkte zielen auf einen zentralen Punkt, der perspektivisch als der entfernteste gesetzt wird. Der Traditionalist sitzt vorne und blickt geradeaus. Er sieht, wie sich die Welt ständig zerteilt. Seine Sicherheit gründet in dem Bewußtsein, daß er kontinuierlich in Fahrt ist.“ (Motzkin, 1993, S. 306). Um dieses Bild weiterzuführen: Wenn in dem Motzkinschen Reisebus der Geschichte oder dem Braudelschen Zug der Zivilisation die Historiker und die Politiker vorne sitzen, dann sitzen sie eigentlich schon fast in der Zukunft. Sie betrachten die Vergangenheit, die hinter ihnen liegt, und interpretieren während der Fahrt sich und ihre jeweilige Position immer wieder neu – dies nicht zuletzt, um vorne sitzen bleiben zu können. Hinten sitzen die Angehörige von DiasporaGemeinschaften. Diese spüren die Vergangenheit noch hinter sich. Doch sitzen sie nur scheinbar noch in der Vergangenheit, denn schließlich sind sie in demselben Reisebus und bewegen sich mit derselben Geschwindigkeit vorwärts. Ihr Blick ist während des Reisens nach vorn, nämlich in die Zukunft gerichtet. Während die Passagiere von der Rückbank auf die Zukunft blicken, sind sie fähig, nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart neu zu definieren. Die Passagiere der vorderen Sitze aber verlieren das Gefühl für die Fahrbewegung. Sie imaginieren nicht nur Stillstand, sie fordern auch eine höhere Geschwindigkeit

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des Zuges – und die Übernahme des Steuers. Dies genau ist nämlich die Forderung von Nationalstreben und Nationalismus. Ernst Moritz Arndt hatte in seinen Überlegungen einen „Zeitgenossen“ entworfen, der in seiner Entdeckung der eigenen Eingebundenheit in die Zeit auch die Zeit selbst als Indikator für Entwicklung entdeckt: „Durch den Menschen geht die Zeit, ohne ihn würde sie still stehen“ (Arndt, 1909, S. 52). Arndt diagnostizierte für seine Gegenwart, dass die Zeit verläuft, der Zeitgenosse aber stehen geblieben sei: „Das Zeitalter ist auf der Flucht und führt seine bedeutenden Bilder in einem so schnellen Wechsel vorbei, die Zeitgenossen aber sind die Staunenden und Gaffenden, welche unbeweglich stehen und staunen und nichts begreifen können.“ (Arndt, 1909, S. 54). In dieser Situation forderte Arndt ein Handeln, das die Zukunft einholt: „Erstarrung und Leerheit sind die beiden Hauptzeichen der Gegenwart […],“ so Arndt (1909, S. 76), während die Zeitgenossen „stehen und zagen“ und noch nicht „hinein [wollen] in den feurigen Tod der Verwandlung, damit ihnen wieder Leben werde.“ (Arndt, 1909, S. 58). Zweifellos ist das Muster der „Erstarrung“ in der politischen Literatur bis zum Ersten Weltkrieg eines der häufigsten Diagnosen für Gegenwartskrisen in Deutschland (Treitschke, 1899, S. 30). Wesentlich, und hier vor allem festzuhalten wäre, dass Zeitfortschritt und Entwicklungsfortschritt wenigstens seit dem Beginn des 19. Jh. eine enge Klammer im Denken von moderner Politik und Geschichte bilden. Räumliche und zeitliche Bedingungen von Geschichte sind kaum zu trennen. Darauf ist in der jüngeren Forschung zur „Wiederentdeckung“ des Raums wiederholt aufmerksam gemacht worden (Kaschuba, 2004). Die Klammer von Geschichte, Ort und Zeit ist dabei nie eine statische gewesen, sie hat immer ein „Programm“ impliziert. Wo sie gedacht wurde, wo sie bewusst wurde, ging es um Ambivalenzen: um einen (nationalen) Raum, der der Zeit zurück war; um eine Zeit, die zu schnell verlief oder die eine sozial-politische Entwicklung „verpasst“ hatte; um eine Geschichte, die den Horizont des Raumes und der Zeit noch nicht erfasst habe. Die Geschichte eines Raumes ist im Gegensatz zur Geschichte als Erzählung nie abgeschlossen, sie ist nie Aussage, sie ist Bewegung: sie soll umfassen, integrieren, Wege weisen. Ihre Aufgabe liegt weniger in der Bewahrung von Vergangenem als in der Ordnung der Topographien für eine Geschichtsdefinition, die auch in der Zukunft gültig sein kann. In der aktuellen Forschungsdiskussion begegnet „das Mediterraneum“ bis zur Moderne als raum-zeitliches Kontinuum; als geschichtliche Region, in der die weltbestimmenden Epochen ihre Spuren sichtbar hinterlassen haben; als geographische Region, deren Schichten diese Spuren für archäologische oder geologische Forschungen entdecken lässt; als politische Region und als Region von Konflikten – wobei allen Ebenen eine jeweils paradigmatische Bedeutung zuerkannt wird. Die paradigmatische Bedeutung gilt seit Braudel allerdings nicht mehr für die G e s c h i c h t e der Welt, sondern für die W e c h s e l b e z i e h u n g e n zwischen Individuum und Geographie, Individuum und Kultur. Insbe-

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sondere werden die Konstellationen des Mittelmeerraums als Blickpunkt für die Entwicklungen der Globalisierung betrachtet – obwohl „der Süden“ eigentlich gerade das Paradigma für (vor allem ökonomische) Krisen beschreibt. Die Welt sei heute „ein einziger großer Mittelmeerraum geworden“, schreibt David Abulafia, der das „Fünfte Mediterrane Zeitalter“ definierte (Abulafia, 2013, S. 809ff.). Jean-François Lyotard hatte in seinen Arbeiten zu den postmodernen Bedingungen bereits vorausgesehen, dass die Zukunft als „Krise“ verstanden werden wird und die Form, in der die zukünftige Typisierung von „Krise“ vollzogen werde, nicht nur über das „Ende“ der Menschheit entscheiden werde, sondern auch darüber, wer zu dieser Menschheit als zugehörig betrachtet wird (Lyotard, 1979). Sicherlich hat in jüngerer Zeit vor allem Jean-Luc Nancy auf diese homogenisierende Tendenz der Globalisierung verwiesen. Der Welthorizont, der sich im Prozess der Globalisierung herausbilde, so Nancy in La Création du Monde ou la Mondalisation (Nancy, 2002), zeige seine Umfassendheit nicht zuletzt aufgrund der Ausweitung der neuen Technikwissenschaften, aber er lasse eben Raum nur für e i n e Welt. Damit sei Globalisierung keineswegs eine „Mondialisierung“ – ein Welthorizont, wie ihn David Abulafia als eine Erweiterung auf der Basis eines definierbaren und erkennbaren Raums verstehen wollte. Denn die Globalisierung, die sich weniger durch die Neubestimmung der Zeit-Raum-Verhältnisse von Kulturen und Identität zeige, sondern durch eine Ablösung vom Raum, ein Indifferentwerden des Raumes, wäre, Nancy folgend, keine Neubestimmung des Verhältnisses von Mensch und Raum, sondern eine Neubestimmung der Menschen (im Plural) in einer undifferenzierten und nicht mehr differenzierbaren Sphäre einer unbestimmten Totalität. Während Nancy eine Krise von Sinn und Bedeutung beschrieb, könnte man auf der Basis seiner Überlegungen ein etwas anderes Gewicht mit der Überlegung setzen, dass in der „einen“ Welt ein Verlust von Subjektivität ereignet und ein alleiniges Übrigbleiben von Objektivität. Damit gingen nicht primär die Bedeutung, der Sinn und die Wahrheit verloren, vielmehr wird die Frage nach der Bedeutung gar nicht mehr gestellt. Doch eine Identität ohne Frage nach der Identität verliert alle Eigenschaften, die Identität ausmacht: die generationelle und kulturelle Dynamik, die Veränderbarkeit, die Selbstreflexion – sie folgt damit den Wissensrahmungen nationaler Identität und vervollständigt den westlichen Prozess der Homogenisierung des Denkens. Für Nancy ist das westliche Projekt der Moderne mit der Tendenz verbunden, angesichts des Verschwindens einer anderen Welt, die Idee und die Verantwortung für die Gestaltung zu übernehmen und, damit verknüpft, Alleingeltungsansprüche zu erheben. Für den Rahmen dieser Entwicklung prognostiziert er auch eine Krise – die zweifellos anderen Strukturindikatoren folgt, als sie in einer Problematisierung aus politikwissenschaftlicher Sicht deutlich würden, denn es geht ihm vor allem um Formen des Denkens. Interessant ist aber, dass Nancy trotz der klugen Analyse der Veränderungen von Wissen die Frage nach dem A n d e r e n

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nicht mehr stellt, wie sie bei Lyotard oder Derrida noch eine wichtige Rolle gespielt hatte. So hatte Lyotard darauf aufmerksam gemacht, dass das postmoderne Subjekt, das als „Position“ im Satz beziehungsweise Diskurs begegnet (Lyotard, 1983), als „Ich“ erkannt wird, wenn es einen Namen erhält, ob es durch einen Namen konstituiert wird und mit diesem Namen über die Position angesprochen werden kann (Lyotard, 1983). Jacques Derrida fragte nach dem Schicksal des Zeichens, das nicht mehr zitiert wird, dass selbst für sich glaubt, noch einen Namen zu haben, und doch, ohne zitiert zu werden, von einem Kontext des Wissens getrennt wurde (Derrida, 2004, S. 89). Hier nur mit diesen vereinfachten Schlüsselgedanken zitiert, ist trotzdem zu überlegen, dass die Re-Differenzierung einer anerkannten und bereits geschriebenen (nationalen) Geschichte nicht allein mit dem Problem konfrontiert, eine Fragmentierung gesicherten Wissens zu fördern, sondern eben das Problem bedingt, wer den Namen des Anderen spricht – und wer ihn aussucht. Warum die Frage nach dem Ort, von dem aus man auf die Geschichte einer Region sieht, zunächst zur Frage nach dem Verhältnis von Raum, Zeit und Geschichte sowie dann zur Beobachtung führt, dass der Platz im Zug der Geschichtsbetrachter über die Richtigkeit des Blicks entscheidet, ist fest integriert in unsere modernen Vorstellungen von Welt und Geschichte. Warum die Frage nach dem Ort der Minderheiten in der Geschichte einer Region letztlich zur Frage nach der Autorität führt, die ihren Namen spricht, ist eine Beobachtung, die interessanterweise sowohl in die Geschichte führt, nämlich an den Beginn der modernen Nationalstaaten, als auch mit den Fragen an die Bewältigung globaler Herausforderungen in die Politik der Gegenwart: dies allerdings weniger aufgrund konkreter sozialer oder politischer Umwälzungen, sondern aufgrund von Epochenumbrüchen, die mit Neudefinitionen von Wissen einhergehen.

Kanon, Seide und Salz Forschungen über die Geschichte des Mittelmeerraums haben in der Tradition von Lucien Febvre und Fernand Braudel eine wesentliche Perspektive verfolgt: vor allem den Kaufmann neu einzuschreiben in die Geschichte, dabei nicht nur sein „Anrecht auf Geschichte“ zu verdeutlichen (Le Goff, 2009, S. 11), sondern auch die Entwicklungen gerade der Jahrhunderte des Mittelalters zu beschreiben; dies angesichts der Veränderung vom wandernden zum sesshaften Kaufmann (Le Goff) sowie nicht zuletzt der Ablösung der mittelmeerischen jüdischen und christlichen Händler durch die protestantischen Händlernetzwerke des Netzwerkes (Braudel). Beachtlich ist, dass sowohl Braudel als auch Le Goff die mittelmeerischen Handelsverbindung und Kaufmannsfamilien, deren Bedeutung sich seit dem 11. Jh. nachzeichnen lassen, nicht primär als Vorläufer oder Fundament der kapitalis-

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tischen Moderne sehen, sondern als eigenständige historische Akteure, mit deren Ablösung auch der Verlust einer Zivilisation einherging. Denn auf die Frage, „Was ist das, die mediterrane Welt?“, antwortete Braudel: „Nicht eine Landschaft, sondern unzählige Landschaften, nicht eine Zivilisation, sondern viele Zivilisationen. […] Denn lange schon ist das Mittelmeer Schnittpunkt verschiedener Welten.“ (Braudel, Duby und Aimard, 2013, S. 7f.). In seinen Studien zeichnete Braudel keineswegs eine Verschiedenheit, die sich im Raum zu einer Ganzheit fügt, sondern er beschreibt Ungleichzeitigkeit und Ungleichartigkeit einer „zusammengesetzten Welt“ (Braudel, Duby und Aimard, 2013). Die mediterrane Welt eröffne keinen bisher unbekannten Blick auf die Geschichte unserer Welt, sie eröffne „ein ‘anderes’ Geschichtsverständnis“ (Braudel, Duby und Aimard, 2013, S. 10). Mehrfach betonte Braudel zudem, dass Geschichte nie frei von Gewalt sei (Braudel, 1993, S. xxxiv) und das Geschichte-Schreiben ebenso wie das Geschichte-Machen nicht gelöst sei von einem jeweiligen Selbstverständnis der eigenen Geschichte, Zivilisation (Kultur) und Nation (Braudel, 1993, S. xxxivxl). Warum sein Blick, einen Zusammenhang der Ungleichzeitigkeit zu erkennen, häufig als essentialistisch kritisiert wird, hat möglicherweise genau mit den vorerwähnten Perspektiven zu tun: Nämlich mit der „Toleranz“, die Geschichte, an die man glaubt und die man schreibend bestätigt, als Narrativ zu sehen, das fähig ist, auch den A n d e r e n zu integrieren, wobei nicht gesehen wird, dass der Ort, von dem aus Braudel auf den Zug der geschichtlichen Ereignisse blickt, ein ganz anderer ist. Denn dieser schließt sich zwar zu einem Bild, aber er lässt den A n d e r e n dort, wo er ist (auf der Rückbank). Während Autoren der Gegenwart sich nicht selten darauf begrenzen, die Märkte zu beschreiben und die einzelnen Warenschwerpunkte mit Handelsfamilien und Handelshäusern übereins zu setzen (Salz, Gewürze, Baumwollstoffe, Seidenstoffe, Wein, Waffen zwischen Trabzon und Ceuta, Genua und Alexandria), verstand Braudel die „Vernetzungen“ der Zivilisationen am Mittelmeer2 nicht als Charakteristikum der Geschichte des Mittelmeerraums insgesamt, sondern zunächst als Element (der Kohärenz) einzelner Kulturen. Und während in vielen aktuellen Annäherungen Landschaft und Mensch, Kultur und Individuum in einen Zusammenhang beziehungsweise eine Beziehung gerückt werden, gab Braudel der Geschichte einzelner Gemeinschaften einen Raum. Es ist nicht uninteressant, dass Wolfgang Reinhard anmerkte, dass das Interesse an den maritimen Räumen daher rühre, dass diese als Kommunikationsraum diskutiert werden könnten, wobei „mangels stabiler menschlicher Bewohner und wegen entsprechender Herrschaftsferne“ ein „Überschuss an qualitativem ‘Eigensinn’“ verloren gehe, „mit dem sich Orte und Länder gegen die Reduktion auf Kommunikation sträuben können“ (Reinhard, 2014, S. 36). Etwas anders formuliert: das Interesse an den Perspektiven, die nach dem „spatial turn“ auf Landschaftsräume eröffnet werden können, sei deshalb so besonders inten2

Zu Braudels Verständnis von Zivilisation siehe Braudel, 1993, S. 4ff.

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siv, da es hier nun möglich werde, über Kulturen und kulturelle Errungenschaften zu sprechen, die aufgrund von Kommunikationszusammenhängen entstanden seien – die also eine Erkennbarkeit haben, welche aber nicht mehr als primordial aufscheint. Denn es ist etwas anderes, ob ich über den Menschen in seiner Herausforderung durch mittelmeerische Bedingungen spreche, oder über die Zerstörung der A n d e r e n durch die E i n e n – wobei bereits die Namen durch die Geschichte der Einen definiert sind. Der Beobachtung Reinhards ist daher insbesondere deshalb zuzustimmen, da Reinhard selbst die brisante Relevanz dieser Entwicklung nicht zu bemerken scheint oder ihr jedenfalls nicht Rechnung trägt: denn tatsächlich verweist er darauf, dass die Nationalgeschichten nun ohne das nationale Element geschrieben werden können und eine neue Aneignung der nicht-nationalen Kulturen gelingt – und führt zugleich eben dieses vor, indem er von der „Diaspora der Europäer in Asien und Afrika“ spricht, von der Interaktion von Gütern und Geld, Keuchhusten und Wassermelonen (Reinhard, 2014, S. 46ff.). Damit scheint sich nichts mehr oder weniger als das Ziel der nationalen Idee in der Zeit der Nationalstaatsgründungen zu erfüllen: nicht mehr nur von Grenze zu Grenze bestimmen zu können, sondern über Raum und Volk, Raum und Geschichte, Raum und Zukunft. Insofern wäre die Aktualität der neuen „Raumforschung“ doch nicht zu lösen sein von dem westlichen Eindruck der Bedrohung der gerade erreichten Beherrschung von Raum und Zeit, des Undeutlichwerdens der Räume (durch neue Technologien ebenso wie neue Räume). Das Einschreiben von Geschichte in Räume ermöglicht über Entwicklung zu reden, ohne sich für diese entschuldigen zu müssen, und über Gewalt, ohne die Trennung zwischen Tätern und Opfern (Schlögel, 2011, S. 117f.). Es gelingt, die raumgeschichtliche „Wiedergewinnung“ einer Einheit von Raum und Zeit sogar als „Versöhnungsarbeit“ zu deklarieren (Schlögel, 2011, S. 64). Dies ist somit nichts anderes als eine Bestätigung der „einen Welt“, auf die das Programm der Globalisierung zuläuft, das „den Anderen“ nicht nur aus dem Auge verliert, sondern die Frage nach dem A n d e r e n nicht mehr stellen kann. Dies ist bemerkenswerter Weise gerade nicht, was an Fernand Braudel angeknüpft werden könnte, der das Element der Kommunikation und Vernetzung nicht als Eigenschaft des Raums in seiner Gesamtheit sieht, sondern als kohärenzstiftende Eigenschaft der Händlerkulturen und der Diasporakulturen des Mittelmeerraums. Festzuhalten wäre, dass Braudel die Tatsache der Vernetzung und auch die geschichtliche Notwendigkeit, die Netzwerke stets wieder neu aufzubauen, als Element der Kohärenz sieht (Braudel, 1995, S. 805). Er betonte in seiner Studie über die Geschichte der mediterranen Zivilisationen, dass zum Beispiel die „jüdische Nation inmitten anderer Nationen“, jener „Staat inmitten [anderer] Staaten“ (Braudel, 1995, S. 805), trotz gegenläufiger Meinungen ebenfalls als Zivilisation erkannt werden müsse: „The matter of this civilization was dispersed, scattered,

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like tiny drops of oil, over the deep waters of other civilizations, never truly blending with them yet always dependent on them. So its movements were always the movements of others, and consequently exceptionally sensitive ‘indicators’”. (Braudel, 1995, S. 804). Braudel plädierte dafür, die Diaspora-Gemeinschaften in die Geschichte des Mittelmeers zu integrieren („It is essential then to accept that there are civilizations of the diaspora type, scattering their countless islands in foreign waters, and they are more numerous than one might imagine at first sight” (Braudel, 1995, S. 804)), wobei er aber eben hervorhob, dass diese Integration nicht zu einem Gesamtbild führen müsse, dass diese Integration nicht passen müsse. Im Gegensatz zu heutigen Perspektiven betonte Braudel zudem, dass die „Isolation” der Diaspora-Gemeinschaften nicht eine selbstgewählte Absonderung gewesen sei, sondern geschichtlich durch die politische Übermacht anderer entstand (Braudel, 1995, S. 807). Als Ursache der politischen Feindschaft gegenüber den mittelmeerischen altorientalischen Diasporagruppen sah Braudel vor allem die religiöse Differenz an (Braudel, 1995, S. 807). So erörterte er, dass die jüdische Gemeinschaft keineswegs ein passives Element der mediterranen Geschichte gewesen sei: „it would be wrong to assume that the Jewish attitude was ordinarily peaceful and tolerant. There were unmistakable signs of activity, combative spirit and eagerness to proselytize. The ghetto may have been the prison within which the Jews were confined but it was also the citadel into which they withdrew to defend their faith and the continuity of the Talmud.” (Braudel, 1995, S. 810). Aber er verweigerte sich auch verallgemeinernden Zuweisungen von Wanderfähigkeit oder Kosmopolitismus. Hingegen erinnerte er daran, dass die „Vitalität“ gewisser einzelner Wanderer zumeist nicht die Gemeinschaften insgesamt betroffen hatte und die Diaspora der Armenier und Juden immer auch durch Unfreiwilligkeit und Verfolgung entstanden sei. Die Bewegung der Diaspora-Gemeinschaften sei zunächst und grundsätzlich nicht als Eigenbestimmung erfolgt, sie sei vielmehr und höchstens als ein „Indikator“ für andere Entwicklungen zu sehen (Braudel, 1995, S. 804). Während Juden, Christen und Araber des Mittelmeers im Mittelalter die (nicht wirklich freiwillige) Rolle der kulturellen Mittler eingenommen hätten (Braudel, 1995, S. 811), hatten sie nun Räume an den Rändern der Zentren einzunehmen und wurden ins Bild der kulturell A n d e r e n gedrängt. Man kann den Darstellungen bei Braudel insofern folgen, dass spätestens mit dem 16. Jh. eine entscheidende Wende eingetreten war. Diese Wende wurde weniger durch die kontinuierlich alten und sich ereignenden neuen Vertreibungen bedingt (in Bezug auf die jüdische Gemeinschaft insbesondere die Reconquista), hingegen durch die Ablösung des Handels aus dem Zentrum des Wissens und die Unterbrechung der bisherigen Formen des Wissens- und Kulturtransfers durch neue monopolisierende Institutionalisierungen. Juden und Armenier hatten zum Beispiel den Buchdruck ins Osmanische Reich gebracht und mit ihm ein modernes philosophisches und naturwissenschaftliches Denken. Während

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nun das protestantisch-westliche Denken einerseits, das türkische Denkens andererseits begann, die Traditionen des mittelmeerischen Christentums und Judentums sowie der arabischen Wissenschaft und Philosophie zu verdrängen, wurde die Macht der Netzwerke erkannt: gezielt die Netzwerkbildung der Diasporagemeinschaft unterbunden und die Zentren der alten Handelsnetze neu besetzt. Die diasporischen Gemeinschaften des Mittelmeeres – und dies betrifft nicht allein Juden, Griechen und Armenier – sind nicht zu verstehen ohne die sozialen und politischen Situationen am Mittelmeer und ohne den Merkantilismus; die Bedrohtheit der Diasporen nicht ohne die Veränderung, die, so Braudel, der Protestantismus für das Verständnis des Zusammenhangs von Religion und Zivilisation bedingt habe und für die Ablösung ethnisch-religiöser Gruppen aus den Zentren des Handelns. Die Formen der Lebensbestimmung in den diasporischen Gemeinschaften sind nicht über die Grenzen des Raums – in ihrer jeweiligen Offenheit oder Geschlossenheit – zu beantworten. Sie werden dadurch, dass man sie integriert in die „Geschichte des Mittelmeerraums“ nicht erzählbar, geschweige denn bewahrbar. Denn die Integration bedeutet eine Erzählbarkeit auf der Basis als universal gedachter Rahmungen von Zeit und Raum – doch genau diese Rahmungen wurden von den diasporischen Zivilisationen nicht geteilt. Denn diese sind „langsamer“ oder „schneller“ in Bezug auf den universalen Verlauf der Zeit, sie teilen nicht „größere“ oder „kleinere“ Räume – sie leben einen eigenen (nichtterritorialen) Raum; ihre Geschichtserzählung folgt anderen Zeitverläufen (Goldberg, 2000; Boyarin, 1996, ab S. 160).

Diaspora als Lebensbestimmung Im Jahr 597 v. d. Z. waren die Stämme Israels von den Babyloniern unter Nebukadnezar erobert worden. Die beginnende Herrschaft der Babylonier war mit Zerstörungen der Ansiedlungen einhergegangen, aber auch mit einer umfassenden Verschleppung. Seit diesem Tag, so die Schrift, sollten mehr Juden außerhalb Palästinas gelebt haben, als im Land. Das babylonische Exil gilt insofern als schicksalhaft, da in dieser Periode die entscheidenden Veränderungen begannen, mit denen sich ein Judentum entwickelte, das zum geschichtlichen Ausgangspunkt heutiger jüdischer Tradition wurde. Diese entscheidende Veränderung wurde durch die Konzentration auf die Schrift eingeleitet. Vor dem babylonischen Exil hatte die Überlieferung noch aus einer mehr oder weniger losen Form der Sammlung von Schriftrollen mit weltlichen Gesetzen bestanden; ergänzt durch Glaubensgesetze, Schriftrollen mit geschichtlichen Erzählungen sowie Schriftrollen mit den Sprüchen der Propheten und Psalmen. Im Exil war zunächst eine Welle von Abschriften entstanden. Ferner wurde ein Kanon der

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Gesetze kompiliert. Doch vor allem wurde ein Jahreszyklus gesetzt mit einer Folge neu kodifizierter Gedenk- und Feiertage (Pessach, Schawuot, Jom Kippur). Erst mit dieser Fixierung einer zyklischen Folge wurden die Gesetze zu einer Ordnung, denen zugetraut wurde, das Leben der Gemeinschaft strukturieren zu können. Ohne Frage ist die im babylonischen Exil entstandene Verankerung traditioneller Erzählungen und Schriften in einem Jahreszyklus und dann in einem Schriftkanon der Rahmen auch der modernen jüdischen Identität. Dies betrifft jedoch nicht allein Überlieferung und traditionelles Wissen, sondern auch die sozialen Strukturen der Gemeinschaft. So war mit den Schriftgelehrten eine neue Elite entstanden, die aufgrund ihres Wissens eine Stellung in der Gemeinde beanspruchte; mit den Kaufleuten wuchs eine weitere Elite, die eine starke Interessenpolitik begann; mit den Bediensteten am babylonischen Hof, die die Erfahrung von Religions-, Bildungs- und Überlieferungskonkurrenz in die Gemeinde brachten, wurde die jüdisch-babylonisch Gemeinschaft durch eine weitere soziale Gruppe vor neue Fragen gestellt (siehe einführend Bar-Ilan, 2000). In Mesopotamien waren die Exilierten auf die sumerischen, assyrischen und babylonischen Texte getroffen, die im Verlauf der Zeit intensiv übersetzt wurden. Dabei dauerte das Exil eigentlich nur bis 538 v. d. Z. – doch die ersten Rückkehrer reflektierten die Situation im Land ernüchtert: die jüdische Bevölkerung Palästinas war verarmt und stand weit hinter der Bildung der babylonischen Gemeindemitglieder zurück. Zu dieser Zeit lässt sich in den Schriften erkennen, dass man mit ihnen nicht nur die Hoffnung auf Bewahrung einer Überlieferung und eines Gesetzes verband, sondern auch auf die Bewahrung der Erinnerung an eine geschichtliche und politische Eigenheit. Darüber hinaus aber kam der Schrift nun auch die Aufgabe zu, eine gewisse soziale Solidarität zu sichern und einen bestimmten Bildungsstand zu halten beziehungsweise zu erweitern. Exakte Aufzeichnungen und die Festsetzung eines Kanons3 hatte es bereits in Ägypten gegeben, auch hier von Beginn an mit dem Ziel der Bewahrung. Auch in der griechischen Tradition hatte die Idee einer inneren Struktur, der ein namhaftes Werk zu folgen habe, eine hohe Bedeutung. In der jüdischen Tradition begann mit der Kanonisierung einer heiligen Schrift jedoch nicht eigentlich eine Festschreibung von Gesetz, Geschichtserzählung und Identitätselementen, sondern, was sogar als entgegengesetzte Bewegung lesbar wäre, eine Perspektive der „Differenz“. Zum einen entwickelte sich zwischen 300 und 200 v. d. Z. in einer ersten Phase des Lebens nach dem Gesetz, ein Korpus von Kommentaren.4 Zum 3

Der Begriff Kanon kommt aus dem Sumerischen und bedeutet „Schilfrohr“, figuriert für etwas Gerades, Aufrechtes, Nebeneinanderstehendes. 4 Dabei ist es im Übrigen noch zu eng, berücksichtigt man die Entstehung der Schriftschulen beziehungsweise rabbinischen Schulen, von einer Kontroverse palästinensischen und babylonischen Judentums zu sprechen. Jüngste Forschung zeigen, dass einzelne Bücher auch noch in ganz anderen Regionen entstanden sind. Siehe dazu Leaman, 2006, S. 31.

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anderen entstand eine Geschichts- und Identitätserzählung, die nicht nur nach dem Eigentlichen fragte, sondern diese Frage untrennbar band an eine Erfahrung von „Nähe“ und „Ferne“, die zugleich Geschichte war, wie sie Zukunft sein werde (Funkenstein, 1995, S. 60). Denn das Land Palästina und seine Bevölkerung schien fremd – und zugleich war es das Land, das Gott übergeben hatte, das Heimat war, Herkunft, Versprechen. Bereits in der ersten Zeit des Lebens mit den neu kodifizierten heiligen Schriften formulierte sich die religiöse und historische Erzählung der jüdischen Tradition, die nicht ein Sein erinnert, sondern Perspektiven des Denkens von Sein formuliert. Mit der Exilerfahrung und der Veränderung vom biblischen zum talmudischen Judentum können daher vor allem zwei Veränderungen beschrieben werden. Zum einen entstand eine Gemeinschaft, die einen festen und auf den ersten Blick unflexiblen Kern an Identifikationsmustern hatte: eine Fixierung auf Wissen, Bildung, das Buch, Diskussion und Lehre. Dabei sicherte die Breite der Kommentare, das heißt der beeindruckende Umfang und die dialogische Struktur, dass sich der schriftliche Kanon über die Jahrhunderte eben nicht zu einem starren normativen Schema entwickelte. Man kann die Lehre nicht nachschlagen, man muss sie studieren und diskutieren. Zum anderen entstand in der Reflexion der geschichtlichen Erfahrungen der jüdischen Gemeinschaft, in denen die Nähe zum Eigenen stets ungewiss gewesen war, als Narrativ der Identitätsbestimmung eine Erzählung von der „Ferne“ zum Eigenen. So ist festzuhalten, das sich im babylonischen Exil die Sozialstruktur der Gemeinschaft entscheidend verändert hatte, indem nun neben das erbliche Patriarchat das Rabbinat gestellt war und zugleich jene neuen Eliten der Kaufleute und Gelehrten eine Stellung in der Gemeinde beanspruchten, welche sich in der Folgezeit noch fester etablieren sollte. Nach der Christianisierung des Römischen Reichs und dem Vordringen des Christentums, als die Institutionen des jüdischen Patriarchats zwischen 415 und 429 aufgehoben wurden und der babylonische Talmud ja sogar eigentlich noch gar nicht abgeschlossen war, konnte sogar eine Stabilität des Gemeinschaftslebens erreicht werden. Beendet wurde diese entscheidende sozial-historische und geistesgeschichtliche Periode mit der Kreuzzugsbewegung, dabei markiert die Eroberung Jerusalems 1099 das Ende der rabbinischen Schulen. Die Schrift war nun nicht mehr nur Lehre, sie wurde auch zum Heiligtum und zum Symbol. Auf der Basis dieser (hier äußerst verkürzten und generalisierenden) Darstellung wären erste Eckpunkte benannt, die es ermöglichen könnten, eine Schlüsselepisode der Geschichte jüdischen Lebens zu erzählen. Die Betonung läge dabei auf der Entstehung einer Gemeindestruktur, die auf der Basis konkurrierender Eliten eine soziale Überlebensgewähr findet, ferner auf der Entstehung einer Schrift, die eine dialogische Lesart fordert und die Selbstreflexion erfindet. Daneben bliebe noch die Stellung der Geschichtsschreibung in der jüdischen Geschichte selbst zu beachten.

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Vor allem Yosef Hayim Yerushalmi hat dies äußerst nachdrücklich in seinen Arbeiten getan; in Deutschland ist vor allem seine Studie „Zakhor“ bekannt geworden (Yerushalmi, 1988). Yerushalmi hatte hartnäckig – so auch in einer engagierten Kontroverse mit David Meyers (Meyers, 1995) – darauf aufmerksam gemacht, dass eine moderne Geschichte ü b e r die „Geschichte der Juden“ in ihrem Anspruch objektiver rationaler Entmythologisierung nicht der Aufgabe der traditionellen Geschichtsschreibung nachkomme: denn diese liege ja weder in der Kompilation einer historischen Entwicklung, noch in der Herstellung einer Linearität, sondern in der Bereitstellung eines kodifizierten Narrativs, über das der Einzelne eine eigene Einordnung auch in geschichtlicher Perspektive leisten kann, sich des Vorhandenseins eines geschichtlichen Horizonts versichern kann – obwohl Geschichte selbst längst in den Besitz anderer übergegangen und zu einer Perspektive geworden sei, aus der die Juden fraglos spätestens mit Beginn der Kreuzzüge herausgefallen waren. Eine kritische, historisch-philologische Methode könne, so Yerushalmi, keineswegs das leisten, wozu sie angetreten sei: nämlich ein Verständnis der jüdischen Zivilisation. Tatsächlich steht das Streben nach „historischer Objektivität“ konfliktär zur jüdischen Überlieferung: es setzt einen Monolog gegen den Dialog der Schriften; eine Definition, welche Ereignisse wichtiger sind als andere; eine Übereinkunft bezüglich der Ursachen und Ergebnisse bestimmter Ereignisse; Antworten an die Stelle von Fragen – Festschreibungen, die die Überlieferung nicht kennt. Das „Nein“ zur Arbeit des Historikers bedeutet hier nicht, dem Mythos eine Deutungshoheit zuzusprechen oder die Brücken, die der Historiker zur Vergangenheit schlägt, zu verneinen. Aber es bedeutet, zu erkennen, dass moderne Geschichtsschreibung das jüdische Gedächtnis weder sicher aufschreiben, noch bewahren kann (Yerushalmi, 1988, S. 108), auch dass die moderne Geschichtsschreibung die Überlieferung nicht ersetzt. Es bedeutet vor allem, dass berücksichtigt werden muss, dass moderne Geschichtsschreibung einen gezielten Bruch setzt mit allem vorher gelebten Verständnis von Vergangenheit und dass sie möglicherweise nur mit einem Verrat an der Überlieferung beschritten werden kann. Im Übrigen haben auch Gemeinschaften mit ähnlich einschneidenden Zerstreuungserfahrungen generationenübergreifende Narrative ausgebildet, die auf kodifizierte Überlieferungen einer Geschichte – einer eigenen Geschichte – zugreifen, welche zudem ebenfalls, so in Bezug auf die „traditionelle Geschichte“ der Armenier, bis heute gültig rekonstruiert werden können. Diese Narrative kann man nur auf den ersten Blick als „Gegengeschichte“ verstehen. Der nähere Blick zeigt, dass sie andere Aufgaben haben und anderen Dynamiken, a n d e r e n Zuordnungen von Gegenwart und Vergangenheit antworten. Während sich diese a n d e r e n Ordnungen keineswegs auf die anthropolitische oder kulturwissenschaftliche Vermutung reduzieren lassen, dass Vergangenes als gültig für die Gegenwart geglaubt wird, ist besonders interessant, dass die A n d e r s -

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h e i t der eigenen Geschichtserzählung und der Struktur dieser Geschichtserzählung immer mitgedacht worden ist. So wurde für die armenische Überlieferung ein Ereignis zu einer Leitüberlieferung, das nicht einmal besonders ruhmvoll war, nämlich die zwar tapfer gekämpfte, aber dennoch verlorene Schlacht gegen die Perser im Jahr 451, die sogar mit Feigheit und Verrat in den eigenen Reihen einhergegangen war. Zwar wurde die Entscheidungsschlacht verloren und der armenische Heeresführer Vardan fiel, wie ein großer Teil seiner Männer, doch waren die Armenier ihrem Bekenntnis zum Christentum treu geblieben. An den Kampf gegen das Heer des persischen Königs Jesdgerd erinnert bis heute ein Feiertag (der Festtag „Vardanantz“). Dieser Feiertag ist sogar Teil der kirchlichen Liturgie. Herauszuheben ist, dass die Legende nicht über die Volksliteratur ihre Bedeutung erhalten und behalten hat, sondern durch die Integration in die Geschichtsschreibung. So kann man sie in direkter Anknüpfung an die zentrale Geschichtserzählung lesen, die geschriebene Chronik Geschichte der Armenier des Mönchs Movses Khorenazi aus dem 5. Jh. Khorenazis „Chronik“ war, dies muss man noch hervorheben, als Auftragswerk eine radikale Neukonstruktion. In der „Chronik“ wurde die heidnische Vorgeschichte Armeniens in einer Anknüpfung an die biographische Geschichte der Familie Noahs und die Geschichte Israels entworfen. Über die Erfindung eines Urvaters, jenes Hayk aus dem Stamme Japhets, der nach Freiheit strebte und den Kampf gegen herrschsüchtige Feinde wagte, wurde die Geschichte der Armenier in die Episoden biblischer Geschichte eingeschlossen und Schemata geschafften, die in den nachfolgenden Jahrhunderten stets bestätigt werden sollten. So heißt es im ersten Kapitel der Geschichte der Armenier: „Zwar sind wir ein kleines Land und unsere Zahl ist auf wenige begrenzt und unsere Kräfte sind schwach […] oft werden wir von fremden Mächtigen beherrscht, doch trotzdem sind in unserem Land viele tapfere Taten erfolgt, die es verdienen, geschrieben und erinnert zu werden.“ Die Chronik von Movses Khorenazi war die Basis für die Entstehung von drei wichtigen Orientierungen: Mit ihr wurde die Geschichte der Armenier in einen hebräisch-aramäischen Überlieferungszusammenhang eingeschrieben; es wurde als Grundmuster die Folie von Verfolgung, Zerstörung und eines trotzdem irgendwie Überleben gebildet: ein kleines, verfolgtes, aber tapferes Volkes zu sein. Ferner wurde eine Form entwickelt: denn die Chroniken waren nicht nur Geschichtswerke, sondern ein Kanon, der zur Überlieferung aufforderte dadurch, dass in ihm eingeschrieben war, ein Fragment zu sein und damit auch selbst von Verfolgungen und Zerstörung zu zeugen. Movses Khorenazi stand aber nur am Beginn einer dicht aufeinanderfolgenden Reihe von Geschichtsschreibern, die erst Ende des 18. Jh. von modernen Geschichtswerken ergänzt werden sollten. Die bekanntesten unter ihnen, darunter aus dem 5. und 6. Jh. Ghasar Parpezi, Yesnik Koghbazi oder Yeghische, wurden

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im Übrigen in den Arbeiten der modernen Geschichtsschreiber stets nicht nur als wichtige Primärquelle, sondern auch als Sekundärtexte angeführt. Die Chroniken berichteten vom Bekenntnis zum christlichen Glauben als Episode des Different-Werdens zu den jeweiligen Herrschern und Nachbarn. Man findet keine Geschichten von Herrscherhäusern oder Regierungsperioden in diesen Schriften, auch werden überraschend wenige jeweils zeitgenössische Ereignisse festgehalten. In den Schriften wurde die Geschichte der Wanderungen und Zerstreuungen eines Volkes festgehalten, die Erfahrungen von Verfolgungen und Hoffnungen. Gedacht wird dieser Kanon seit dem 5. Jh. als Avantagan batmuthiun, als „traditionelle Geschichte“. Explizit wurden Form und Schrift als ein Kanon verstanden, der entgegen der Geschichte der (fremden) Herrschenden und der (in den fremden Herrscherchroniken kodierten) Ereignisse stehen werde und stehen müsse. Die „traditionelle Geschichte“ war eine Erfahrungsgeschichte; sie war die Geschichte einer Erfahrung, deren Sinn noch offen war, deren Sinn sich noch zeigen musste. Die „traditionelle Geschichte“ war ein Archiv der Erinnerung an eine Zugehörigkeit und zugleich Symbol einer bestimmbaren Zugehörigkeit. So hießen die Schriften selbst „Geschichte der Armenier“, „Geschichte der Kriege der Armenier“ oder auch einfach nur „Geschichte“. Interessant ist, dass der Begriff der „Geschichte“ (batmuthiun), abgegrenzt wurde zum einen von dem Begriff der Erzählung, vom „Wort“,5 sowie von der Bezeichnung Hischadagaran, wörtlich übersetzt: „Ort der Erinnerungen“. Als Hischadagaran wurden Schriften bezeichnet, die eine Struktur hatten, die enger an dem waren, was man als „Chronik“ verstehen würde, also eine ereignisorientierte Niederschrift. Khorenazi schrieb: „Zwar haben viele Völker Schreiber, […] insbesondere die Perser, bei denen viele Hischadagarans über unser Volk und sein Wirken zu finden sind, […] Du6 hast uns vorgeschlagen, in langer, fruchtbarer Arbeit und mit Korrektheit unsere armenische Geschichte7 zu schreiben: wer von wem stammt, wer welche Werke hervorgebracht hat, welche zu unserem Volk gehören und welche von außen gekommen sind. Um alles dieses mit Zeiten zu versehen, vom Turmbau bis heute.“8 Die „traditionelle Geschichtsschreibung“ war einerseits mit der Aufgabe der Herstellung von Leitlinien versehen worden: zentriert um die Elemente Aufbau, Zerstörung und Überleben. Ein zweites Charakteristikum dieser Geschichte, die man vielleicht als „Legenden-Geschichte“ bezeichnen kann, ist die Konstitution als Zeugenbericht. Die Schreiber hinterließen in den Vorbemerkungen der Chro5

So schrieb Aristakes Lastivertsi (1002–1080/11. Jh.) am Ende des Vorworts seiner „Geschichte“, dass er nun übergehen wolle zum eigentlichen „Beginn der Geschichte (batmuthiun), um mein Wort (pan) verständlich zu machen.“ 6 Die Ansprache richtet sich an einen Prinzen. 7 Hier: „batmuthiun“. 8 Zitat ist gekürzt.

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niken „editorische“ Notizen, mit denen sie ihren subjektiven Standpunkt betonten. Diesen habe der Leser zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn er die Tatsächlichkeit der geschilderten Ereignisse nicht geringer machen würde, auch wenn sich der Autor deutlich um die Nachteile der Subjektivität für die Schilderung des Wahren bewusst sei. Noch Arakel Davrijezi,9 der vielleicht als letzter der traditionellen Geschichtsschreiber angeführt werden kann, hatte für sein 1669 in Amsterdam gedrucktes „Buch der Geschichten“ diese Form gewählt und schrieb: als „Zeuge der Verwüstung Armeniens, der Erniedrigung, der Grausamkeiten der Muselmanen, zerreißt ein schneidender Schmerz mein Herz, und ich habe eingewilligt, davon ein Bild zu zeichnen.“ Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass zu den ersten Anstrengungen der armenischen Aufklärung im 18. Jh. Versuche gehörten, eine moderne Geschichte zu schreiben (Dabag, 1995). So betonte Mikayel Tschamtschian10 im Vorwort zu seiner „Geschichte der Armenier“ (geschrieben zwischen 1784 und 1786), die als erstes modernes Geschichtswerk gilt, dass er entgegen der früheren Geschichtsschreiber nun ein „richtiges“ Bild der Armenier zeichnen wolle, mit neuen, modernen Kriterien der Zeit. Doch auch er stellte die Legenden um Vartan und seine Männer in das Zentrum seines Werks. Es war die schriftliche und mündliche Überlieferung der „traditionellen Geschichte“ und die Heiligung ihrer Schriftsteller, die für die Armenier eine Kontinuierung identifikativer Narrative ermöglichte. Die hier nur äußerst kursorisch verfolgten Darstellungen sollten vor allem darauf aufmerksam machen, dass es nicht ausreicht, wenn wir die Frage nach dem Ort der nicht-staatlichen Gemeinschaften am Mittelmeer stellen, Integrationen nachzuzeichnen in eine merkantile Vergangenheit. Wir bieten eine Geschichte von Kulturkontakten oder Narrative mediterraner Kulturverbundenheit an, eine „Wiederentdeckung“ transnational-kosmopoliter Handlungsräume oder universal-globale „Ambivalenzen“ und „Ungleichzeitigkeiten“ in Geschichts- und Identitätsnarrativen. Fraglos aber haben wir keinen Begriff für die Form von Tradition in den Diaspora-Gemeinschaften, die nicht rückbindet, sondern die sich im Moment, in der sie gelebt wird, verändert und zukunftsorientiert erweist. Fraglos haben wir keinen Begriff für eine Geschichte, die nicht Weltgeschichte ist, und doch Weltgeschichte, die jedenfalls a n d e r e Akteure hat und a n d e r e Fragen stellt, mit denen es jedoch nicht um die Entwicklung einer Geschichte in einer Region geht, sondern um einen sicheren Ort für die Zeugen der Ereignisse.

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Geboren 1590 in Tabriz, gestorben 1670 in Etchmiadzin. Geboren 1738 in Konstantinopel, gestorben 1823.

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Wie schreibt man die Geschichte nicht-staatlicher Gruppen im Mittelmeer? Die Rekonstruktion der Geschichte „ethnischer“ Gruppen und Gemeinschaften am Mittelmeer ist eine Re-Integration in die als geschrieben angesehene Weltgeschichte. Diese kann sicherlich angeknüpft werden an wissenschaftliche Diskussionen zu „Gemeinschaft“ vor dem Hintergrund postkolonialer Identitätsbestimmungen, zur Bedeutung kollektiver Erinnerungen, zu sozialen Dynamiken in urbanisierten Regionen oder zur Entstehung eines Begriffs von Minderheit und der Entwicklung von Minderheitenrechten. Und doch bleiben die nichtstaatlichen Gemeinschaften heute immer in der Spur des „subjektiven“ gegenüber dem „objektiven“, des „rückgebundenen“ gegenüber Fortschritt und Globalisierung, des Beharrens auf Eigenem entgegen einer „Multiplizität“ der globalen Welt. Sicherlich stehen die Diaspora-Gemeinschaften der Juden und Armenier, die hier beispielhaft herangezogen worden sind, dafür, dass das Bewusstsein von Eigenheit und Geschichte für eine Vielzahl migrierter und zerstreuter Gruppen und Gemeinschaften im Mittelmeerraum in unmittelbarer Bindung an die Erfahrungen von Fremdherrschaften, Verfolgung, Eroberung, Verwüstungen, Verschleppungen und Exil entstanden ist. Migrationen und Marginalisierungen sind nicht zu denken ohne die erlebten Brüche in Traditionen und Überlieferungen, sozialen und kulturellen Selbstbestimmungen. Symbole dieses Bruches sind in der jüdischen Gemeinschaft die Schrift selbst oder die Erinnerung an den zerstörten Tempel 70 n. d. Z., in der armenischen Überlieferung vor allem die Ruinenreste der Stadt Ani, mit deren Eroberung und Zerstörung im Jahr 1065 durch die Seldschuken für die Westarmenier das Leben in der Diaspora letztgültig wurde. Sind nicht-staatliche Gemeinschaften vielleicht gar nicht allein aufgrund ihrer „undurchsichtigen“ Vernetztheit als Risiko in globalen Sicherheitsszenarien erkannt worden? Werden sie vielleicht auch als Dissonanz angesehen, weil sie das Narrativ einer globalen Weltgesellschaft insofern stören, da sie gegen das Bild von der dynamischen „Beziehung zwischen Kulturen“ ihre eigene Erinnerung an Gewalt und erzwungene Verschleppungen und Vertreibungen stellen? Ob sich der derzeitige Monolog über das Mittelmeer zu einem Dialog öffnen kann, hängt vielleicht auch davon ob, ob man den aktuellen Gewalterfahrungen und Verfolgungen einen Ort in diesem Narrativ gibt.

Das Mittelmeer als Kulturregion Mit einem Blick auf die bisher in der Forschung angebotenen Erörterungsmöglichkeiten lässt sich die aufgeworfene Frage nach dem W i e des Schreibens der Geschichte von Migranten, Minderheiten oder nicht-staatlichen Gruppen des Mittelmeers ausgehend von der Studie The Corrupting Sea perspektivieren (Horden und Purcell, 2000). Insbesondere wenn man die Region des Mittelmeers als

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Netzwerk von Mikro-Regionen betrachtet, die, jede für sich, einen „mediterranen Mikro-Kosmos“ repräsentieren, würde mit Horden und Purcell eröffnet, einzelne Kulturen in den Blick zu nehmen und nach der Literatur, den Künsten, der Musik, der Architektur zu fragen. Hier könnte das spezifisch Eigene – wenn auch einer Typisierung des spezifisch Mediterranen nachgeordnet – in den Fokus gerückt werden. Das Interesse an den „Kulturen“ des Mittelmeerraums ist ja vor allem mit und durch Fernand Braudel viabel geworden, der es möglich gemacht hat, den Mittelmeerraum als einen sozio-historischen Raum zu denken, basierend auf einer historiographischen Leitkonzeption – fraglos aber auch ohne Berücksichtigung politischen Wissens und politischer Mächteverhältnisse. Dabei ist nicht zu bestreiten, dass das Braudelsche historiographische Modell seinerseits politisches Wissen und politische Vorstellungen mitbestimmt hat. Um Geschichte, Geographie, sozio-ökonomische Entwicklung und Region zusammenzudenken, wurden in jüngerer Zeit Ansätze aus ganz unterschiedlichen Perspektiven vorgestellt. In den Analysen, die sich der „Wiederentdeckung“ des Raumes verschreiben, ist auch dem Konzept der Kultur eine neue Aktualität zugekommen; dies mit der Erwartung, dass „Kultur“ vielfältige Ebenen zeigt, das Verhältnis von dominanten und minoritären Lebensformen auszuwiegen. Vor allem sieben weitere Bilder lassen sich typisieren, beginnt man (a) bei der auf Braudel zurückführbaren Folie mediterraner Mikro-Regionen, die in der Entstehung durchaus aufeinander folgten, auch wenn nicht die eine Entwicklung notwendig die Ablösung einer anderen bedingte, auch wenn das Nebeneinander kaum je eine Gleichzeitigkeit war. (b) So werden auch in der Idee von „Kulturregionen“ Beziehungen von Erde und Menschen, Boden und Geschichte zusammengebunden (Baker, 2003, S. 165). In Arbeiten, die mit dem Konzept des Kulturraums größerräumliche Zusammenhänge von Architektur, Lebensformen, Kult- und Alltagsgegenstände beschreiben, was auch kulturhistorische Annäherungen mit einer Basis in der Archäologie oder Alten Geschichte betrifft, lassen sich heute Lesarten nachzeichnen, wie sie von Alan Baker in der 2003 erschienenen Arbeit Geography and History beispielhaft dargelegt worden sind. Im Rahmen seiner Überlegungen zu „Region“ als Schlüsselkonzept, das im 19. Jh. in enger Verbindung zur Idee des „Raums“ durchgesetzt worden sei (Baker, 2003, S. 156f.), hatte er auf die nicht selten problematischen Verknüpfungen aufmerksam gemacht zwischen geographischen Beschreibungen und historischen Narrationen (Baker, 2003, S. 161). Dies insbesondere, da eine geographische Personalität festgeschrieben werden würde, die mit historischen Entwicklungen, vor allem eben mit „Ursprungserzählungen“ oder „Herkunftsnarrativen“, in einen bedingenden Zusammenhang gesetzt werde. (c) Eine weitere, für Forschungsperspektiven zu typisierende Folie lässt sich mit der zuerst 1992 erschienenen Studie von John Robert McNeill verdeutlichen. In The Mountains of the Mediterranean stellte er eine vergleichende Untersu-

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chung von Regionen der Türkei, Griechenland, Italien, Spanien und Marokko vor (McNeill, 2002). In den einzelnen Untersuchungsabschnitten erörterte er zunächst Aspekte der Vegetation und Agrikultur, woran sich eine Analyse der sozialen und ökonomischen Lebensformen anschloß. So beschrieb er im Kapitel zu den „Vulnerabilitäten“ des Berglebens zunächst, dass sich die Möglichkeit, Schafe auf Weiden zu treiben, nur von April bis September ergeben habe, in Entsprechung auch die Haushalte der Menschen nur wenige Kinder hätten, denn mehr Raum würde für die Schafe und einen guten Hund benötigt (McNeill, 2002, S. 114). Die Assoziation von ökologischen mit sozialen Entwicklungen ist sicherlich längst nicht auf Beiträge aus der politischen Geographie zu begrenzen; diese Inbezugsetzung ist in Features ebenso häufig zu entdecken wie in Analysen der Politikwissenschaften und der politischen Soziologie, in denen generalisierte Aussagen zur Politik und Sozialität menschlichen Zusammenlebens angestrebt werden. (d) Schwer zu bestreiten handelt es sich bei dem Bild der geographischen Einheit um ein Bild mit Tradition: denn es ist vor allem in der Literatur der 1920er bis 1940er Jahre festzustellen. So zeigte sich bei Paul Herre der Mittelmeerraum als geographische Einheit, wobei diese „geographische Einheit“ als „die e i n e entscheidende Voraussetzung für das geschichtliche Dasein der in ihm siedelnden Völker“ anzusehen sei (Herre, 1930, S. 3). Allerdings werde im „Auf und Ab“ des Geschehens ein Mittelmeerraum deutlich, der keineswegs einheitlich ist, sondern von unterschiedlichen Triebkräften und Potentialen bestimmt sei: so dem Schwert der Franken, oder dem Trieb der Germanen nach Land und Staatsgründungen (Herre, 1930, S. 103). Die Verschiedenheiten im Mittelmeer entsprächen den „Rollen in der geschichtlichen Entwicklung“ (Herre, 1930, S. 4), die die Kulturen, Landstriche, Völker jeweils eingenommen hätten, wobei sich im Nebeneinander ein Mosaik sich ergänzender Teile als Gesamtheit schlösse. Die Idee des Mosaik ist aber auch heute in der Human- und Kulturgeographie präsent (vgl. zum Beispiel The Human Mosaic). (e) Von dieser Lesart ist vielleicht doch noch die Perspektive von Alfred Philippson zu unterscheiden, der in seiner Arbeit von 1904 zwischen die Naturgegebenheiten einerseits und den Menschen in seinen sozialen und ökonomischen Gestaltungen von Lebensumgebungen andererseits das Konstrukt der „Kulturzustände“ schob. Damit suchte er periodische Formen von Entwicklung und Wanderungen zu beschreiben (Philippson, 1907, u. a. S. 162, 229), geschichtliche Perioden der Nutzbarmachung von Landbedingungen und geschichtliche Perioden abwechselnder Mächte der Herrschaft sowie der sogenannten „Vermittlung“. Erst diese Form der „Vermittlung“ – Wanderungen und Veränderungen, in Bezug auf welche man moderner vielleicht von „Transfer“ sprechen könnte – hätte den Mittelmeerraum von einer Region der Verkehrs- und der Kul-

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turströme zu einem Raum einer einheitlichen Geschichte werden lassen. So ist bei Philippson die Form der „Vermittlung“ als das Kennzeichnende des Mittelmeerraums zu sehen: „In dem sich hier der Schwerpunkt der Kultur von Land zu Land verschob, von Vorderasien nach Griechenland, von Griechenland nach Italien, fand sie in jedem dieser Länder eine Natur, die sich mehr von der Natur ihres Ursprungslandes entfernte […] So konnte eine zusammenhängende Kulturentwicklung, sich allmählich umformend und sich anpassend an ihren jeweiligen Schauplatz, vom Euphrat und Nil nach Seine, Rhein und Themse führen. Ein unmittelbares Überspringen von der Wüste nach Westeuropa wäre unmöglich gewesen.“ (Philippson, 1907, S. 244). (f) Gegenüber Vorstellungen eines Mosaiks gibt es, dies vor allem im Rahmen sozialwissenschaftlicher Migrations- und Mobilitätstheorien, Vorstellungen von Räumen, in denen Kulturen ihre Heterogenität mitbringen, aber eine Synthese bilden. Die im Rahmen der Migrationsforschung aufgeworfenen Fragen nach Raum und Region gerade zum Aspekt des sogenannten „Kulturraums“ erschöpfen sich nämlich nicht im Bild eines wie auch immer in einem Nebeneinander oder Fortschreiten verknüpften „Mosaik der Kulturen“, sondern prognostizieren – im zeitlichen Ablauf – neue Räume. Diese Vorstellung – sicherlich einer erst im Verlauf einer vertikalen Entwicklung zu erreichenden Synthese – geht einher auch mit der Verschiebung des Blicks von Migrationen hin zum Migranten, und damit nicht zuletzt auch zu potentiell konfliktären Beziehungen. Hemmende Faktoren jener potentiell möglichen Synthese werden in Trägheiten der Gesellschaften in Bezug auf eine Öffnung hinsichtlich multikultureller Elemente gesehen sowie in der Wiederentdeckung abgrenzender Ethnizität bei den migrierten Gemeinschaften (HoffmannNowotny und Imhoff, 1998; Bommes, 2002; Ottersbach und Yildiz, 2004). In dem Zusammendenken von Migration mit globalen Dynamiken von Ressourcenmanagement, Klimawandel oder Bevölkerungsverschiebungen (Hillmann, 2015) werden Räume als soziale Konstrukte verstanden – mit der Besonderheit, dass unterschiedliche Raumvorstellungen als aushandelbar gelten und Interaktionen zwischen sozialräumlichen Handlungsorientierungen und sozialen Identitäten diskutiert werden. (g) Zu einem weiteren Bild, das auch schon angeklungen ist, lässt sich auf Olivia Constables Studie Housing the Stranger in the Mediterranean World aus dem Jahr 2003 verweisen. Die Studie markiert als Schlüsselperiode des Aufbruchs aus der mittelalterlichen Welt des Mittelmeers eine hier entstandene „gemeinsam geteilte Kultur von Handel und Reisen“ (Constable, 2003, S. 368). Diese Kultur habe sich nicht nur in den sozialen und ökonomischen Institutionen verfestigt, zudem nicht allein in Handelspraktiken eine Verankerung gefunden, sondern auch in Verständnissen von Welt, in Verhaltensnormen – und in konkreten sozialen Strukturen wie dem Familiensystem.

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(h) Nicht vergessen werden dürfen die Anregungen von Martin W. Lewis und Kären Wigen (Lewis und Wigen, 1997), insbesondere die in ihrer Untersuchung erarbeiteten vier Formen, mit denen die Verhältnisse zwischen sozialräumlicher Begebenheit und Gemeinschaftsstruktur in Konnektion gedacht wurden. Die beiden Autoren versuchten engagiert, eine „politisch-kulturelle“ Erzählung einer Region zu entwerfen, die den geschichtsphilosophischen Großerzählungen entgegenzusetzen sei, wobei sie an den Beginn ihrer „Raumerzählung“ den Gedanken stellten, dass räumliche Gegebenheiten, spatial structures, einen bedingenden Einfluss auf das kulturelle, soziale und politische Wissen ihrer Bevölkerungen haben (Lewis und Wigen, 1997, S. ix).

Der mediterrane Raum Der von der Politik orchestrierte mediterrane Dialog suchte in den letzten Jahren, die Vorstellung einer kulturellen Gemeinsamkeit und Verbundenheit zu stärken und diese auch mit der Idee gemeinsamer vergangener und zukünftiger Entwicklungen zu assoziieren. Dies hat zu interessanten Verschiebungen geführt, denn die Idee, dass die post-nationale Weltgesellschaft eine verbindende Erzählung bräuchte, scheint sich von den Stichworten des Globalisierungsdiskurses wegzubewegen. Entdeckt worden ist die Rede von globaler Unsicherheit und „Verwundbarkeit“ (Watts und Bohle, 2003), von gemeinsam erfahrenen Krisen und einem gemeinsamen Betroffensein durch soziale, umweltverursachte oder ressourcenbezogene Katastrophen (so kann man auch bereits über die „Kulturgeographie von Unsicherheit“ lesen). Die Erinnerung an die Vergangenheit der Region des Mittelmeers scheint sich für diesen Perspektivwechsel in besonderer Weise anzubieten. Gilt das Mittelmeer doch als symbolischer Ort des Zusammentreffens von Entwicklungen, des Nebeneinanders von Religionen und der Vermischung von Kulturen. Unabhängig davon, ob eine gemeinsame „Kultur“ als Ergebnis perspektiviert oder als Ausgangspunkt heutiger Entwicklungen erörtert wird, scheint die Rekonstruktion der Geschichte einer Region zu ermöglichen, von gemeinsam geteilter Gewalt, von Krieg, Erschütterungen und Katastrophen zu erzählen. Betonung findet dabei ein Gemeinsames, das nicht ausschließen soll, indem alle gleich (weil alle Opfer) sind und es keine Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen Opfern und Tätern gibt, weil es ja nicht um politische Gewalt geht, sondern um ein raumzugehöriges Gewaltphänomen. Beachtet man, wie Nestor Garcia Canclini betont hat, dass die Kulturgeschichtsschreibung nicht bei der Idee der „Kulturbeziehungen“ stehen geblieben ist, sondern dass ein relationship between cultures ein eigenes Bild geworden sei, ein Bild, dass sogar eine Form neuer, globaler Authentizitätserfahrungen verspräche – aus sozialpsychologischer Sicht könnte man eine Kohärenzkonstruktion vermuten –, kann man erkennen, dass dieses Bild sogar eröffnet, die Beschäftigung mit „Kultur“ auf einem Prozess der Detraditionalisierung aufzubauen

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(s. Heelas, Lash und Morris, 1999). Ganz ähnlich scheint es mit der aktuellen Idee des Mediterranen als Narrativ von Katastrophe und Überleben. Vor allem Iain Chambers hat in Mediterranean Crossings Risse in den europäischen Monolog über das Mittelmeer eingezeichnet. Dabei hatte er zunächst überlegt, dass in der vielschichtigen historischen, kulturellen und ökologischen Komplexität des Mittelmeerraums auch Dissonanzen aufgezeichnet werden können: anhand der spezifischen Lokalität eines Raumes, anhand von Fragmenten, die sich nicht in die Geschichte einordnen lassen, aber auch über die Beobachtung, dass die Bindung von kulturellen Elementen an einen Raum immer mit einem Moment des Bedeutungsgewinns hin zum Allgemeinen einhergehe. Chambers Versuch der Dekonstruktion einer mediterranen Erzählung und der Neuintegration mediterraner Verschiedenheiten, bleibt aber vor einem Problem stehen: das der vergessenen Stimmen, der vergessenen Körper. Einerseits hoffte er, dass diese als Schatten in der Geschichte anwesend bleiben können. Andererseits stellte er fest, dass die Spuren ausgeschlossener Erinnerungen und vergessener Leben nur in einer Kartographie zu finden sein werden, die in einem temporalen Außerhalb liegen würde: jedoch einer Zeit, „that is disturbingly always now“. Gerade in dem Erkennen, dass die Geschichte der nicht-staatlichen Gemeinschaften nicht einfach nur eine Geschichte anderer Kulturentwicklungen ist, sondern vor allem auch eine Geschichte von Vertreibung und Verfolgung, wird noch einmal deutlich, dass eine „Integration“ oder „Wiederentdeckung“ zugleich eine Veränderung, eigentlich sogar eine neuerliche Auflösung bedeutet: „The forgotten do not complete the picture; rather, they query the frame, the pattern, the construction and advance what the previous representation failed to register. For this is not simply to propose the heroic space of the counter-narrative that offers the promised homecoming of an alternative history, identity, and autonomous sense. Here, the devisions between the colonizer and the colonized, the hegemonic and the subaltern, the victors and the victims decline into a more disquieting critical complexity that frustrates all unilateral desires to complete the picture. […] The tale is perpetually interrupted or broken, and through the resulting gaps the silenced and the marginalized intercede in the telling of the world“ (Chambers, 2004, S. 59). Kann man eine Geschichte des Schweigens schreiben, die ja eine Geschichte der Verschwiegenen ist? Die Herausforderung wäre dabei ja nicht, die bisher stummen oder verstummten Stimmen zum Sprechen zu bringen, ihnen einen Raum zu geben. Die wesentliche Herausforderung bestünde darin, die Stimmen nicht „anzupassen“, so dass wir verstehen: Womit belassen wir sie dann doch in der Sphäre des Schweigens oder stoßen sie wieder dorthin zurück? Eine solche narrative Operation käme dem alten Verständnis der „Katastrophe“ nah als „Auflösung“ von Entwicklungen. Wo Handlungen ein Ziel haben, einen „Erfolg“, „nämlich es wird etwas bewürkt, das alle weitere Bemühung und Unternehmung über die Sache unmög-

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lich macht“, weil der Friedensschluss „auf einmal alle Unternehmungen des Krieges“ aufhebe, die Reise an einem Ort ankommt, die Geschichte mit einem Ergebnis erzählbar wird, so wie „in der Natur kein Sprung statt hat“ (Sulzer, 1778, S. 158ff.), würde nun eine Geschichte aus unserer Struktur herausfallen oder sie zerbrechen, sie wäre ein katastrophisches Moment in der Geschichtsschreibung, da sie Brüche erfordern würde, die nicht als Brüche beschrieben werden können (Platt, in Vorbereitung). Warum ist es auch in der „Geschichtsschreibung der Räume“ nicht möglich, Marginalisierungen, Gewalt, Verneinungen, einen Ort geben, ohne dass ein Wissenschaftler befürchten muss, dass er seine „Objektivität“ verliert? Das Schreiben der Geschichte marginalisierter Gemeinschaften stößt an unbeliebte Probleme: es untergräbt die als so sicher angenommene Möglichkeit, eine „Ethnie“ definieren zu können anhand der Zuordnung von Sprache, Gebräuchen, Tradition, Herkunft oder auch Abstammung. Es konfrontiert mit Selbstbestimmungen von Gemeinschaften, die man bisher als „ethnische Abgrenzung“ einem Ethnonationalismus zuordnen konnte und als überwindbar geglaubt hatte. Das Schreiben der marginalisierten Gemeinschaften des Mittelmeerraums erfordert zudem nicht allein, die Dissonanz des A n d e r e n zu akzeptieren, es verlangt, die Dissonanzen der Geschichte selbst zurückzuholen in das globale Narrativ; die Klammer von Ethnizität, Sprache, Brauchtum, Überlieferung und Region nicht mehr als universale Formel kollektiver Identität zu sehen; den Einfluss der Politik nationaler Definitions- und Homogenisierungsprozesse in der Gegenwart zu erkennen; sich der Stärke nationaler Narrative im Entwurf und in den Strukturen post-nationaler Politik zu stellen. Nicht zuletzt bedeutet dies, davon abzusehen, die Geschichte der A n d e r e n als Geschichte einer anderen Perspektive zu schreiben, sondern die Aufgabe darin zu erkennen, den Ambivalenzen des Anderen in der Geschichte einen (nicht ambivalenten) Raum einzuräumen: das Risiko eingehend, dass Ambivalenz letztlich als Nicht-Zugehörigkeit verstanden wird oder auch Nicht-Zugehörigkeit bedeutet.

Der mediterrane Andere Die Frage nach dem „Verbindenden“ des Mittelmeers lässt sich als Frage nach Konnektivitäten stellen, aber auch als Frage nach dem Paradigmatischen. Gibt es im Mittelmeerraum politische Strukturen, gibt es kulturelle Besonderheiten, gibt es Spezifika von Identitätsbildungen, die heute besondere Aufmerksamkeit verdienen – dies zudem angesichts der doch so einschneidenden Entwicklungen, die die weltweiten Interdependenzen der Wirtschafts-, Finanz-, Kultur- und Informationssysteme verursachen? Die eine, oben auch bereits angesprochene Vermutung wäre, dass man in der Geschichte des Mittelmeerraums stets aufs Neue pluri-lokale Beziehungen oder Vernetzungen feststellen kann, die sich eben auch in besonderen sozial-politi-

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schen Strukturen zeigen. Die andere, ebenfalls bereits skizzierte Vermutung beträfe die Überlegung, dass dem Mittelmeerraum eine bestimmte Rolle in der Historiographie zuzuerkennen ist, die sich gegenwärtig wieder aktualisiert hat. Der Islamwissenschaftler Peter Mandaville hat in seinen Arbeiten über transnationale muslimische Politik und den globalen Islam (Mandaville, 2001; 2007; Mandaville und James, 2009) kritische Fragen für einen Umgang mit dem Globalisierungsparadigma entwickelt. Dabei machte er wiederholt darauf aufmerksam, dass gerade die historischen Besonderheiten religiöser Gemeinschaften und Diasporen vernachlässigt worden seien und in der Transnationalismus-Forschung zu häufig die nationalstaatlichen Grenzen weitergedacht worden sind. Die nationalstaatliche Organisation, die nationalen Symbolsysteme und Bedeutungszusammenhänge hätten durch Fortschreibung sogar eine neue Stärkung erfahren. Mandaville hatte diskutiert, ob umma, die Idee der Gemeinschaft der Muslime, als transnationale Vergemeinschaftungsform verstanden werden könne, und in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass über die Netzwerke der Globalisierung einerseits ein neues Solidaritätsgefühl, ein neues Erstarken der Idee einer muslimischen Gemeinschaft entstanden sei, sich andererseits aber auch neue Differenzierungen verfestigt hätten. Die Entwicklungen, die Mandaville – zeitlich vor dem sogenannten „Arabischen Frühling“ – vermutete, werden erklärbar, wenn man sie vor dem Hintergrund der widerstreitenden Entwicklungstendenzen globaler Gesellschaften insgesamt diskutiert: denn das neue Erstarken der umma sei auch als Tendenz gerade g e g e n TransnationalisierungsBestrebungen zu erkennen. Die Frage, wie die Wissenschaft sich dem Widerstreit zwischen Ansprüchen und Akzeptanzverweigerungen, Mehrheiten und Minderheiten stellt, der hinter der Differenz von Transnationalisierung und (Re-)Ethnisierung/(Re-)Nationalisierung steht, kann zweifellos nicht an der Postkolonialismus-Forschung vorbeiführen. Sicherlich haben die Ansätze der Postkolonialismus-Forschung seit den 1980er Jahren eine „Migration“ in das akzeptierte Wissen des Westens hinter sich und sie haben durch diese Migration auch eine Art „Bändigung“ erfahren. Aber angesichts dessen, dass wir „Nation“ und „Nationalismus“ fast nur noch über das Stichwort von Benedict Anderson diskutieren, das heißt über die Assoziation „imaginierter Gemeinschaft“, scheint heute die Bedeutung politischer Machtbeziehungen oder des Verhältnisses von politischen Klassen zu politischem und kulturellem Wissen wieder verstärkt erinnert werden zu müssen. Für die Analyse der Lebensverhältnisse „mediterraner Minderheiten“ scheinen vor allem der Gedanke der subalternen Minderheiten, das Konzept der Hybridität oder die Vorstellung von Verschiedenheit hervorgehoben werden zu können. Dipesh Chakrabarty hatte in seiner Analyse Europa als Provinz gerade die Ambivalenzen betont, die entstehen, wenn man eine Geschichte von Minderheiten schreiben will und dafür in die bereits verfügten Konstruktionen eine a n d e -

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r e Eigenheit einzeichnet (Chakrabarty, 2010). Die Geschichte der A n d e r e n, die Geschichte der subalternen Vergangenheiten zu erzählen, verlangt Änderungen der Diskurse, wie eben zum Beispiel eine Auflösung bisher konventionalisierter Raum-Zeit-Zusammenhänge. Für das „Dazwischen“liegende, für das Nicht-Bestimmte, beziehungsweise für die „Nicht-Bestimmten“, hatte Homi Bhabha den Begriff der „Unwohnlichen“ und „Unheimlichen“ genutzt: „unhomely“. Bhabha kennzeichnete die marginalisierten Identitäten über dieses Bild der Unheimlich-Unwohnlichen, um zu betonen, dass Grenzziehungen zwischen Kulturen oder Ethnien nicht g l e i c h verlaufen11 – und es „Systeme von Andersheit“ gibt, die bestehen bleiben und sich stets neu bestimmen können. Mit der Kategorie der Hybridität war der Gedanke angesprochen worden, dass die westlichen Kulturen im Imperialismus und Kolonialismus von den neuen Begegnungen nicht unberührt geblieben seien und in der Zeit des Nationalismus versucht hatten, sich von diesen wieder zu lösen. Darüber hinaus war die Hypothese der grundsätzlichen Hybridität von Kulturen und Identitäten formuliert und die schöpferische Kraft der Hybridität betont worden (Bhabha, 2000). Hybridität wurde in der Folge als ein allgemeines, der westlichen Zivilisation fest zugehörendes Element erkannt (Hall, 1992). Damit wurde es möglich, über die Kategorie der „Hybridität“ darauf aufmerksam zu machen, dass Identität grundsätzlich von Bedeutungszusammenhängen, von Setzungen, Folien oder Narrativen abhängig ist. Dieser Gedanke einer Andersheit, die nicht nur als different, sondern auch als bedrohlich signiert werden kann, findet sich sicherlich wesentlich differenzierter ausgearbeitet in der philosophischen und historischen Forschung über Fremdheitskonstruktionen. Interessant und bemerkenswert aber ist, dass Hybridität auch schon bei Bhabha eigentlich nicht als Konzept taugt, über das die soziale oder historische Position von marginalisierten Minderheiten bestimmt werden könnte. Vor allem zu bedenken wäre, dass gerade die Soziologie in einen Globalisierungsdiskurs mitgegangen ist, der, wie es Paul Gilroy in einen passenden Begriff fasste, als eine Art „Ent-Provinzialisierung“ gedacht war:12 man hatte einen Weg gesucht in einen Universalismus, in einen Kosmopolitanismus, in Systeme, die global gültiges und global verstehbares Handeln versprechen. Dadurch aber wurden Begriffe wie jener der „Hybridität“ i n k o r p o r i e r t, was nicht zuletzt mit neuen Verneinungen einhergegangen ist. Geht es also heute darum, misstrauisch zu bleiben gegenüber politischen Definitionen von Identität, die den globalen Varianten eines europäischen Re-Essentialismus und dem Wiedererstarken der Idee des Nationalstaats folgen? Oder geht es darum, noch einmal dem Gedanken von Homi Bhabha folgend, eine weltweite Gemeinschaft der Unheimlich-Unwohnlichen zu bilden, politischer 11

Jenes „unhomely“ ist nicht nur das, was Zygmunt Bauman als fragmentierte Positionen, als fragmentierte Identitäten bezeichnen würde. S. dazu Bauman, 2000a; 2000b. 12 Gilroy nutzte den Begriff „de-provincializing“; vgl. Gilroy, 2010, S. 621.

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ausgedrückt: muss drängend neben die Vereinten Nationen eine „Union staatenloser Gemeinschaften“ gestellt werden? Aus wissenschaftlicher Sicht scheint es zur Zeit vor allem darum zu gehen, sich gegen die entpolitisierten Beschreibungen der historischen Gesellschaften (und ihrer Akteure) zu wehren, die sich gerade in neuen raumgeographischen und raumgeschichtlichen Studien spiegeln (vgl. auch Freitag, 2014), wenn Interaktionen zwischen Raum, Landschaft und Entwicklung untersucht werden sollen.

Herausforderungen Das Schreiben einer Geschichte von Minderheiten kommt als minoritäre Geschichtsschreibung nicht ohne eine Dekonstruktion des Gültigen aus. Diese Dekonstruktion ist keineswegs nur ein Ausgangspunkt, sie muss als f o r t l a u f e n d e Notwendigkeit erkannt werden. Eigentlich ist sie eine fortlaufende Handlungs- und Verhaltungsform, die den Perspektiven der Minderheiten selbst folgt, Identität stets in Frage zu stellen, um sie leben zu können, Traditionen und Überlieferung stets neu auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Die Notwendigkeit kritischer Dekonstruktion ist nicht durch die disziplinäre Geschichte der Postkolonialismus-Forschung erwiesen worden, in der sich im Gegenteil zeigte, wie dicht es möglich war, Kategorien, die für das A n d e r e gebildet worden waren, in globale oder auch kosmopolitische Beschreibungen von Kultur zu integrieren, jedenfalls in Diskussionen, die eine Objektivierbarkeit erreichten sowie eine Generalisierbarkeit der Aussagen anstrebten und dadurch das dekonstruierende Potential entschärften.13 Solche Inkorporationen sind im Übrigen nicht unbedingt geleitet von einem „Nicht-Lesen-Können“ des A n d e r e n. Sie folgen eher der Sorge globaler Kulturen um mögliche Friktionen, um Unüberschaubarkeit und die Zerstörung von Ordnung. Diese Sorge ist nicht unähnlich der Perspektive, mit der bereits Herbert Spencer gemahnt hatte und die in der politischen Analyse „instabiler Staaten“ (manchmal bizarr) wieder aufscheint: nämlich die Sorge, dass hybride Gesellschaften unorganisierbar und unfähig seien, Stabilität für die Gesellschaftsmitglieder zu gewährleisten (vgl. Young, 2000, S. 19 und 194). Der globale Entwurf von Welt wartet ohne Zweifel auf die Auflösung von Identitäten, ja, propagiert sie gerade – wenn es sich, wie oben diskutiert, um die Identität sogenannter „ethnischer“ Gemeinschaften handelt, denen ein Streben nach der „Wärme der Tradition“ ebenso zugeschrieben wird wie die zugleich „egoistische“ wie „autistische“ Politik. Zwar war mit dem Modell der Transnationalität und der Beschwörung der vielschichtigen Vernetzung neuer sozial-öko13

Dies ist sicherlich besonders deutlich an der Entwicklung, die der Begriff der „Hybridität“ nahm, die heute sogar für ein Sein steht, welches eine moderne, globale, postkoloniale Authentizität verspricht.

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nomischer Räume das Ungültig-Werden nationaler Grenzen beschworen worden. Auch wurde dem globalen Migranten eine Fähigkeit zu transnationalen, globalen Kosmopolitismen zuerkannt. Doch haben „Nation“ und „Staat“ heute sowohl als Funktionseinheit als auch als Identitätsangebot eine Bestätigung und Stärkung erfahren. Gewiss steht das Bild des globalen Migranten eher für Inhaber einer Staatsangehörigkeit und Akteure mit Zugang zu globalen Handlungsrahmen, als für Migranten traditioneller nicht-staatlicher Gemeinschaften – zudem das Modell des globalen, transnationalen Migranten nur schwer mit dem „Flüchtling“ in Verbindung zu bringen ist, der mit einer Fluchtgruppe nach Europa kommt, bestimmt stärker durch die Diffusität seiner Fluchtroute als die Zwischenräumlichkeit seiner Handlungsrahmen. In diesem Zusammenhang sind auch die Veränderungen im Bereich der Diasporaforschung interessant, die zu Beginn der 1990er Jahre neu entstanden ist, wobei mit der Aktualisierung des Diaspora-Konzepts nicht Gemeinschaftsstrukturen im Fokus der Forschung standen, sondern ein durch die globalen Beziehungen neu eröffneter Raum der Mobilität. In der in diesem Zusammenhang erfolgten festen Kopplung von Diasporaforschung und Transnationalismusforschung wurde eher vergessen, dass ein Migrant mit Gepäck kommt. Es scheint tatsächlich lieber übersehen worden zu sehen, dass dieses Gepäck nicht nur aus „Kultur“ und „Tradition“ besteht, die wir leicht als rückbindende Werte identifizieren können, und mit denen wir eine Assimilationserwartung verbinden, sondern auch aus einer Geschichte. Für eine a n d e r e Geschichte hat die globale Welt, die ja „Geschichte“ als integrativ und objektiv glaubt, noch weniger Toleranz, als für eine eigene Kultur. Denn das Identitätsangebot „Raum“, das die globalen Gesellschaften heute erheben, das heißt die Idee einer geteilten Region, wird ja gerade mit dem Narrativ einer gemeinsam geteilter Geschichte legitimiert. Eine „andere“ Tradition scheint in diesen Raum zu passen. Eine „andere“ Geschichte ist integrierbar, wenn sie sich als „Gegen-Geschichte“ erzählen lässt und ihre Entwicklungen, die sich in demselben Raum zu ereignen habe, mit der „Geschichte“ der Region assoziierbar sind. Das Beharren vieler nicht-staatlicher Minderheiten, eine a n d e r e Geschichte zu tragen, fällt jedoch aus dieser Toleranz heraus – dies insbesondere, weil die Trennung zwischen einer Geschichte von Opfern und Tätern keine gültige Differenzierung beim Schreiben der „Geschichte“ globaler Regionen darstellt. Für das Schreiben der Geschichte von Minderheiten im Mittelmeerraum ist zu erkennen, dass sich in unterschiedlichen Gemeinschaften nicht nur a n d e r e Traditionen, Geschichts- und Identitätserzählungen ausgebildet haben, sondern dass diese auch a n d e r e Funktionen erfüllen, welche von westlichen Ordnungen sich unterscheidende Beziehungen eingehen. Für die wissenschaftliche Beschäftigung heißt dies nicht zuletzt, wie eine Akzeptanz für „Identitäten“ bewiesen werden kann, die eben nicht auf einer kulturellen Spezifik konstruiert

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sind, sondern auf einem spezifischen Wissen, auf einer Überlieferung, auf a n d e r e n narrativen Identifikationsangeboten. Somit geht es nicht darum, die „Geschichte“ zu ändern, eigentlich nicht einmal darum, sie neu zu schreiben. Aber es geht um einen neuen Umgang. Es geht um das Gewahr-Werden, dass das Prokrustes-Bett der bisherigen Geschichtsschreibung die sub-alternen Vergangenheiten wenigstens verzerrt. Der Appell hinsichtlich einer Akzeptanz auch des a n d e r e n Narrativs ist im Übrigen weder ein moralischer Appell, noch ein metaphysisches Gedankenspiel, sondern eher eine offene Aufforderung: Begriffe zu akzeptieren, die von den marginalisierten Rändern selbst vorgeschlagen werden; Verfolgungen als Geschehen zu erkennen, die nicht katastrophale Nebenfolgen von Welt-Ereignissen sind, sondern intendierte Politik dieser Welt-Ereignisse waren; eine Geschichte als Geschichte zu akzeptieren, auch wenn sie von Zeugen erzählt wird; Gemeinschaften als Träger von Geschichte zu akzeptieren, auch wenn ihre Erzählung nicht generalisierbar sein will; Identifizierungen als Identität zu akzeptieren, auch wenn diese nicht abgeschlossen, unklar und umkämpft sind. In unserer globalisierten Wissenswelt stehen solche Überlegungen, die darauf Bezug nehmen, dass wir vor die Begegnung mit der Geschichte von nichtstaatlichen Gemeinschaften und Minderheiten in der Region des Mittelmeers (Eziden, Berber, Kopten, Aramäer, Drusen, Beduinen ….) zumeist Experten und Übersetzer einschalten, um das Wissen der jeweiligen Gemeinschaften in unser Wissen zu „übertragen“, vor allem und wiederholt vor der Furcht vor einer Fragmentierung unseres (als objektiv und rational gesetzten) Wissens. Die Ansätze zu Transnationalität in der Politik oder Transkulturalität in der Psychologie suchten für solche Übertragungen Sicherheit zu schaffen. Insbesondere mit dem Angebot neuer Begriffsdimensionen gerade von Kultur wird jedoch jene interessante Trennung erkennbar zwischen der Begegnung mit traditionellem Wissen einerseits und der Begegnung mit dem Träger dieses Wissens andererseits: denn während „traditionelle“ Narrative und Lebensformen im Prinzip als integrierbar gelten (weil kategorisierbar, typisierbar, erkennbar – und eigentlich auch bekannt), betrifft dies den Träger der a n d e r e n Narrative noch lange nicht. Die historischen Diaspora-Gemeinschaften haben jedoch beispielhaft gezeigt, dass es gerade die F r a g e nach der Gültigkeit von Tradition ist, die es ermöglicht, Tradition und Überlieferung weiterzugeben. Dass es jeweils einer Aktualisierung bedarf, um Tradition zu leben, und jedes Leben von Tradition auch die Tradition selbst verändert – eine Beziehung, die zu dem vorherrschenden Blick auf die Festigkeit von Tradition im Widerspruch steht. Und während die Diaspora-Gemeinschaften über Jahrhunderte gelebt haben, keine vergangenheitsfixierten Bindungen aufrecht zu halten, bliebe weiterhin zu beantworten, wie Akzeptanz zu finden wäre sowohl für den einzelnen, global oder transnational reiselustigen Diasporaangehörigen, als auch für die nicht-staatliche Gemeinschaft mit ihrem Anspruch auf einen eigenen Raum der Zeiten und Ge-

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schichten. Warum der Geschichte des Mittelmeerraums dabei eine wichtige, ja paradigmatische Rolle zuerkannt werden kann? Nicht, weil sie zeigt, dass eine „Vielfalt“ der Kulturen nebeneinander möglich ist; vielleicht auch nicht, weil sie verdeutlicht, dass „Minderheiten“ eine tragenden Rolle für die Entwicklung von Humanität, Zivilgesellschaft und Moderne in der Geschichte zukommen kann. Aber doch, weil sie zeigt, dass in politischen Realisationen seit der frühen Neuzeit gerade der als nicht-integrierbar und als Risiko einer Stabilität geltende A n d e r e, der Politik, Kulturen und Gesellschaften teilt, aber eben eine a n d e r e Geschichte und Überlieferung gegen diese setzt, eine Gegenwart hat (wenn auch eine bedrohte Gegenwart). Die heutige Gewalt in Syrien, die nicht erklärbar wird, wenn man sie allein als Realisierung eines fundamentalistischen Islams deutet, zeigt dies nachdrücklich: denn sie ist weit weniger ein Ergebnis einer „Stabilität“ und „Mobilisierungskraft“ von religiösem Hass oder traditioneller Gewalt, sondern beweist nicht zuletzt die Stärke der modernen politischen Kognition, dass eine geschichtsmächtige Identität nur über eine Einheit von Raum, Mensch, Geschichte und Kultur entstehen werde. Die heutigen Orte der Gewalt waren schon einmal Orte von Massaker und Völkermord. Dass eine solche Wiederholung möglich ist, die insofern auch eine Wiederholung ist, da Gemeinschaften noch einmal zum Opfer werden, die auch hundert Jahre zuvor Opfer osmanischer Gewaltpolitik gewesen waren, kann nur problematisiert werden, wenn man die Stärke nationaler Narrative über Bevölkerung und Raum in der heutigen internationalen Politik erkennt. Die aufgeworfene Frage nach den Minderheiten und nicht-staatlichen Gruppen und Gemeinschaften im Mittelmeerraum berührt daher vor allem zwei Ebenen der politischen Diskussion: die eine betrifft die Beziehung von Raum und Geschichte, die andere die Zukunft des globalen Narrativs – und es ist erwähnenswert, dass sich an den Überlegungen zur Integration einer Geschichte der Minderheiten die neue Verwobenheit beider Ebenen zeigt. Die Befürchtung eines „Kampfes der Kulturen“ und die Rhetoriken der zukünftigen Konflikte kulturell-religiöser Fundamentalismen wurden nach dem 11. September stiller (vgl. Albrow, 2007, S. 333), obwohl die Sorge um Wertedifferenzen und Wertekonflikte zwischen dem Westen und dem Islam sowie dem Westen und China bestehen blieb beziehungsweise stärker und handlungsmächtiger wurde. Doch werden diese Differenzen in der jüngeren Zeit weniger als Ambivalenzen zu Modernität und Zivilisation gedacht, denn als eine Friktion, die dem Prozess der Globalisierung selbst eigen ist. Mit dieser Innenverlegung scheinen sich auch die Aspekte, die dem Globalisierungsprozess als zugehörig zuerkannt werden, das heißt jene Aspekte, über die wir Globalisierung definiert haben, verschoben zu haben. Die Prozesse der Globalisierung haben immense soziale Transformationen verursacht. Während Ende der 1990er vor allem Prozesse der Vernetzung, Transformation und Transnationalisierung erörtert wurden – Prozesse, die sich teils gegenläufig, teils komplementär vollziehen –, scheint sich heute ein Blick weniger

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auf die Transformationen und Vernetzungen, als auf Verfestigungen zu richten. Zentrale Aufmerksamkeit gilt dabei den „Krisen“, die eine grundsätzlich ähnliche Architektur haben: sie gefährden das (Welt)System von innen, wobei die Gefährdung vor allem von riskanten Akteuren in das internationale politische System getragen wird. Bereits seit mehreren Jahren werden Migrationsbewegungen als Aufgabe der Sicherheitspolitik beobachtet, entwicklungspolitische Anliegen unter sicherheitspolitischen Aspekten erörtert, humanitäre Katastrophen als Stabilitätsrisiken für Regionen betrachtet. „Wir befinden uns nicht in einem ‘Krieg der Zivilisationen’, sondern in einer inneren Zerrissenheit der einzig(artigen) Zivilsation, welche die Welt im Zuge derselben Bewegung zivilisiert und barbarisiert.“, überlegte Jean-Luc Nancy (2007, S. 36). Im Umgang mit der nach innen gelegten Diversität, die in der Krise als Differenz und Widerspruch deutlich wird, wurden (a n d e r e) Identitäten als traditionell, vormodern und anachronistisch erklärt, Ethnizität in Zeit und Raum ganz neu aufgebrochen und vor ein entpolitisiertes und enthistorisiertes Zugehörigkeitsangebot gestellt. Es war vielleicht doch vor allem die Furcht vor einer neue Zweiteilung der Welt, diesmal zwischen Aufklärung und Fundamentalismus, zwischen dem Westen und der islamischen sowie asiatischen Welt, dass sich das Narrativ der Globalisierung veränderte. Dieses hatte ja Ambivalenzen vorgesehen zwischen Internationalisierung und Regionalisierung, zwischen Vernetzung und Monopolisierung, zwischen Tendenzen der Verschränkung und Entkopplungen, der Zentralisierung und Deregulierung, die jedoch a l l e Regionen der Welt, dies jeweils auch in unterschiedlichen Rhythmen betreffen sollten. Das heutige Angebot einer gemeinsamen Geschichte des 21. Jh. knüpft dabei an gemeinsamen geschichtlichen Erfahrungen an und entwickelte die Idee der gemeinsamen Partizipation an den Entwicklungen eines (gemeinsamen) Raumes. Dieses geschichtliche Angebot führte jedoch, im Übrigen ganz im Sinne des Rahmens, den Carl Schmitt gesetzt hatte, zu einem veränderten Raumbild und damit wiederum zu neuen Ordnungsaufgaben von Geschichte und Wissenschaft (Schmitt, 2001, S. 56f.). Denn die Frage, die nun entstanden war, war jene nach der Geschichte, die zu diesem „neu“entdeckten Raum gehören könnte: ein Problem, das mit Überlegungen angenähert wurde, die man bereits kannte und für die man sogar schon die Antworten wusste. Wurde doch neu erörtert, wer zugehört und wer ein repräsentativer Geschichtsträger sei. Der „Raum“ als Element sei ein „geschichtliches Nichts“, so Schmitt (2001, S. 13), der in seinem Essay aus dem Jahr 1942 eine Perspektive umriss, die in der Tradition westlich-nationalstaatlichen Denkens bis heute rekonstruierbar ist: Die Geschichte eines Raumes werde allein über die Geschichtsmächtigkeit seiner Akteure bestimmt. Dort, wo Ungleichheit heute als globale Struktur verstanden wird, Minderheiten und Diaspora-Gemeinschaften aufgrund transnationaler Vernetzungen in den Verdacht identitätsstrategischer Interessenpolitik geraten, Differenz das Risiko der Friktionen trägt, scheinen politische Radikalismen und politische Ideo-

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logien eher der Weltgesellschaft als zugehörig empfunden zu werden, als jene nicht-staatlichen Gruppen und Minderheiten, die auf der Autorität eigener historischer Erinnerungen bestehen. Denn Fremdheit gilt als Risiko, wenn sie a n d e r s ist, wenn sie nicht räumlich ist, wenn sie auf einer a n d e r e n Geschichte beharrt, wohingegen (a n d e r s n a t i o n a l e) Fremdheit verstanden und sogar akzeptiert wird, wenn sie einen Machtanspruch erhebt und Gewalt ausübt, dort, wo sie sich räumlich definiert. Zygmunt Bauman hat in seiner wertvollen Analyse Community. Seeking Safety in an Insecure World darauf aufmerksam gemacht, dass der globale, wie er sagt, „unbarmherzige Prozeß der Auflösung herkömmlicher Gemeinschaften“ nur e i n e Ausnahme kennen würde: die „ethnischen Minderheiten“ (Bauman, 2009, S. 109). „Menschen“, so Bauman, werden dabei „zu Angehörigen einer ‘ethnischen Minderheit’ erklärt, ohne um ihre Zustimmung gebeten zu sein“ (Bauman, 2009, S. 109). Neben der Definition als ethnische Gemeinschaft eröffne sich keine Alternative. Damit ist eine wichtige Perspektivveränderung beschrieben, denn Differenz ergibt sich nun nicht aufgrund der Eigenschaften einer Gruppe, insbesondere nicht aufgrund der selbst zugeschriebenen Eigenschaften – eine Geschichte, eine Erfahrung, eine Sprache, eine Überlieferung. Es ist der soziale, ökonomische und politische Kontext der nun globalen Lebensrealitäten, der eine Minderheit zur Minderheit macht. Zygmunt Bauman führte herausfordernd eng: die Bewahrung eigener Identität, Geschichte, Kultur wurde kriminalisiert.14 Aufmerksamkeit verlangt dabei, dass diese Zuweisungen von Differenz jahrhundertealte historische Erfahrungen einer Marginalisierung beantworten und die heutige Aufteilung zum Beispiel des Mittelmeerraums zwischen einer christlichen und einer islamischen Sphäre die Randstellung nicht-staatlicher Gruppen noch verfestigt hat. Damit droht in der postnationalen, globalen Gegenwart ein Ausschluss, der eine neue Qualität hat, die sich jedoch als dichte Rekonstruktion bekannter Wissensmuster zeigt. Dieser Ausschluss ist sowohl politisch und kulturell als auch physisch. Dabei ist er direkt gebunden an das Versprechen der Integration, das ein Versprechen von Gleichheit gestaltet ist. Dieses Versprechen der globalen Gleichheit gilt für jene (vgl. auch Dench, 2002), die eine Teilhabe leben an der globalen Erfahrung: es betrifft die Teilhabe an einem Wissenssystem, das jederzeit zurückgezogen werden kann; und die Teilhabe an Ressourcen, die schon längst verteilt sind. Was sich entwickeln kann und absehbar entwickeln wird, und das ist noch einmal die Warnung von Zygmunt Bauman oder auch von Geoff Dench, sind einerseits neue Ghettobildungen, es ist die Errichtung „umzäunter Gemeinschaften“ (Bauman, 2009, S. 174). Diese wären in unmittelbarem Ursachenzusam14

Die „Verteidigung lokaler und ethnischer Autonomie wurde kriminalisiert“; „jede alternative Autorität war ein potentieller Ort der Volksverhetzung“; Bauman, 2009, S. 112.

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menhang zu sehen mit der Relativierung von Individualität und Identität einerseits, der Stärkung und Ausgestaltung globaler Identität andererseits (Bauman, 2009, S. 174), mit der Verneinung von Differenz aufgrund der Deutung als Friktion auf der einen und der Betonung von Übereinstimmung und gemeinsamer Geschichte auf der anderen Seite. Nimmt man die Phasen vor der Jahrtausendwende, in der mit der Globalisierung neue Räume entdeckt wurden, und die Zeit um den 11. September, in der als Antwort auf die Frage, wie begegnet man den neuen fundamentalistischen Konflikten, ohne einen „Kampf der Kulturen“ herauszufordern, eine „Neu“entdeckung eines gemeinsamen globalen Raums entwickelt worden ist, so zeigte sich die „Wiederentdeckung des Raumes“ als Aufforderung an die „Neu“Gestaltung geschichtlicher Erzählungen. Aktualisiert wurden jedoch vor allem nationale Kognitionen, die über Zugehörigkeit und Risiken Auskunft gaben und jenes „Sinnmachen“ erfüllten, das Carl Schmitt als Notwendigkeit einer Geschichtsbestimmung gesehen hatte. Damit wurde der „Anspruch an die Menschheitsgeschichte“, wie er aus der Perspektive der a n d e r e n Geschichte gestellt worden ist,15 noch weiter zurückgedrängt: nämlich die Rolle als Zeuge der eigenen Geschichte einnehmen zu dürfen; eine Geschichte zu leben, die sich eben nicht aufgrund eines „Sinn-Machens“ charakterisieren lässt, welches einen Raum ordnet und Handlungsdimensionen normiert. „Es müsste also in der Menschheitsgeschichte noch eine andere Dimension von Sinn geben als den einer Universalgeschichte. Es müsste also noch eine andere Geschichte geben. […] Und heißt dies nicht auch, dass ein solches Projekt, das so gar nichts mit einem nationalistischen Partikularismus zu tun hat, nicht eine der Möglichkeiten der schwierigen Menschlichkeit des Menschen darstellen könnte?“, forderte Emmanuel Lévinas heraus (Lévinas, 2006, S. 129). Der Blick auf die heutigen Bemühungen, eine Geschichte der Region des Mittelmeers zu schreiben, steht gerade vor diesen Beobachtungen: vor dem NichtVorhandensein akzeptierter Begriffe für die a n d e r e Geschichte sowie vor der Schwierigkeit, die a n d e r e Geschichte auch als Geschichte der A n d e r e n zu erzählen. Die Akzeptanz als „Teil“ der großen Geschichte, und dies zeigt sich nirgendwo deutlicher, als in der gegenwärtigen „Integration“ in die Geschichte bestimmter Regionen, ist kaum etwas anderes als eine neuerliche Löschung.

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Vgl. das Vorwort von Pierre Hayat in: Lévinas, 2006, S. 16.

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Jocelyne Dakhlia The Lingua Franca from the Sixteenth to the Eighteenth Century A Mediterranean “Outside the Walls”?∗

When one reads seventeenth- or eighteenth-century general dictionary definitions or trade dictionary definitions of the Mediterranean lingua franca, they seem to sketch the contours of a world of homogeneous practices, a culturally unified, and unifying, Mediterranean world. Entries in a dictionary written by Antoine Furetière in the late seventeenth century stress the use of the language throughout the circumference of the Mediterranean Sea. In one we read: The langue franche or langage franc is a jargon spoken on the Mediterranean Sea and along the entire coast of Levant. It is composed of French, Italian, Spanish and various other languages (cf. Furetière, 1701, vol. 2.).

And in the entry for the word “language” we read: There is a Franque language that is understood throughout the Mediterranean (Furetière, 1690, p. 417).

All dictionaries of the time make similar mention of the use of the lingua franca and suggest that it extended along the entire Mediterranean coast; the impression left by these entries is of a kind of Mediterranean ontology. And the dictionary consensus seems particularly remarkable given that the other documentary sources available to historians do not give the same unified image of lingua franca practice. Nonetheless, accessible contemporary definitions clearly confirm that the language was used at the scale of the entire Mediterranean – and that it was absolutely essential for business dealings. One thing that makes this languagebased Mediterranean ontology seem particularly firmly rooted is that in most ∗

An earlier version of this paper has been presented at the conference “The Mediterranean Criss-Crossed and Constructed”, organized by W. Granara, M. Herzfeld, C. Kafadar, N. Ben Yehoyada, D. Hershenzon (Center for Middle Eastern Studies, Harvard, April 2011). I would like to thank the organizers and I thank Prof. Jaspert and the Bochum Zentrum für Mittelmeerstudien for giving me the opportunity to improve this paper and discuss it in the Zentrum Seminar.

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etiologies the lingua franca notion itself is identified with the Holy Land and the Latin kingdoms in it – Mediterranean history as fertile, generative origin of all history. However debatable may be the hypothesis that the Mediterranean lingua franca came into being in the Holy Land, it later became a generic notion and was applied to all sorts of similar contact-languages (cf. Aslanov, 2006; foreword by Cerquiglini, 2006). Clearly, then, all the founding, generative power commonly imputed to the Mediterranean was also associated with this language. However, the question of a “Mediterranean identity” based on or involving the lingua franca is necessarily more complex, and the ontological status of such an identity doubtful. The Mediterranean lingua franca is not a creole. It never became anyone’s mother tongue. It was the language of no single group or community, and this in turn means it had none of the generative, creative power of a creole. It was not written, so there is no literature in it. This means that the lingua franca was and remained a transitory language that could not be enriched beyond a certain limit and could not constitute a heritage. Does this mean we have to apply Edouard Glissant’s vision of the Mediterranean to its lingua franca as well? A Mediterranean set under the sign of Unity, convergence; in sum, a unitary power capable of concentration yet dry and infertile – in stark contrast to the archipelization, the creative diffraction, of the shimmering Caribbean Sea (see e.g. Glissant, 1990, p. 46; 1997, p. 729). Even this vision of the Mediterranean world as a unit, however theoretical and abstract it may be, is inaccurate with respect to the lingua franca. Since the sixteenth century at least, the same generic notion and the same term – lingua franca – and variations on the same have been applied to mixed-language phenomena that vary widely by place and period, while definitions of these phenomena also vary by observer, d e s p i t e relatively invariable traits, which indeed was what ensured that observers from the sixteenth century onward were referring to the same language.1 So the “shimmer” is there, but can it denote some kind of Mediterranean-ness, of cultural unity? What Mediterranean world might we identify or prove the existence of on the basis of one phenomenon – the lingua franca – so immediately associated with Mediterranean-ness?

Extensive Mediterranean-ness First of all, it is crucial to recall – though historians are increasingly likely to be aware of this – that the Mediterranean brought into contact more than the societies on its “northern” and “southern” shores: in the centuries that interest us here, geographic areas quite distant from Mediterranean shores were implicated in the general phenomenon of captivity. 1

In addition to Aslanov, 2006 and Mallette (2010; 2014) see Dakhlia, 2008. See also TabouretKeller, 1997.

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Emmanuel d’Aranda, for example, who was put to work in a bagnio of Algiers in 1640, mentions the presence there of Russian or “Muscovite” “speakers” of the langue franque. Twenty-two other nations also seem to have been represented in these tight quarters, and their members all seem to have communicated in the langue franque.2 In a quite different context – here the sources are business handbooks and dictionaries – it seems that trading activities could only be carried out in lingua franca or with the help of intermediaries who knew it. The English and Dutch traders so strongly present in the Mediterranean in the early modern period also used it quite commonly; examples are legion.3 We could see all of this as a kind of Mediterraneanization of European colonies and disparate individuals, all moving about, led either willingly or unwillingly to live in the Mediterranean area, for many only temporarily (see int. al. Goffman, 1998 and Dursteler, 2006; 2012.). But the language phenomenon is more complex. There is evidence that people were initiated in the practice of lingua franca in Saharan regions far from coast and sea. A number of blacks brought to Algiers as slaves seem to have spoken the langue franque. In the eighteenth century, a wife of a certain prince of Bornou is said to have spoken the lingua franca (Tully, 1819, vol. 2, p. 48). Late in the same century, a French traveller named Desfontaines hired four blacks originally from Ouargla for a trip to Tozeur; one of them spoke the langue franque (La Lande, 1797, p. 574). And in 1709 at the Dutch trading post in the port of Mocka/port and trading post of Mocka it was not unusual to find a Dutchman wearing Turkish dress and speaking the langue franque. (Meusnier de Querlon, 1761, p. 159) Clearly the traditional or generally accepted “borders” of the Mediterranean dissolve when we begin to examine these sorts of accounts. Some western travellers of the early modern period refer to varieties of the lingua franca similar to the langue franque: a dominantly Portuguese one on the shores of India and similar phenomena in Java and Malaysia.4 These comparisons work both to dilute the idea of Mediterranean specifity by revealing how ordinary such phenomena were and to strengthen it because the Mediterranean is always the central reference. At the end of the period we actually find the English language itself described as a lingua franca, not at all because of its familiar role as a vehicular language (lamented so by the French today) but because it was seen as a meager, composite language and therefore similar to “the” langue franque.5 2

Aranda, 1662. Aranda defines the franco as “the language common to Slaves [captives] and Turks, also used between Slaves of one nation and another; it is a language that mixes Italian, Spanish, French and Portuguese, otherwise it would be impossible to command their Slaves, because in our Baing [bagne] [there were] up to 550 Slaves [speaking] twenty-two languages” (p. 21). 3 Greene, 2000; Buti, Janin-Thivos and Raveux, 2013 (cf. Dakhlia, 2013). 4 On the Malay language, see for example the entry “Batavia” in Encyclopédie Méthodique ou par ordre de matières (Paris: Pancoucke, 1809), p. 79. 5 On the langue franque we read: “such jargon can nonetheless take on more substance over

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My point here is that it is important not only to take into account the extension of the lingua franca beyond the geographical “limits” of the Mediterranean, but also to analyze models of contact and mixing. When it comes to that, how can we even speak of the limits of Mediterranean world?6 The British Isles, to return to that example, are one place where research can legitimately be done into the imprint left by the lingua franca. In addition to the presence of English-speaking “Turks” or “Moors,” either captives or former sailors, we know that the English language itself absorbed a great deal from these contacts, or more exactly this presence, during the period. Linguists have long been attentive to the development of varieties of English slang strongly marked by Latin languages, and especially by the lingua franca. Examples are the “cant” and the British slang called “polari” (from the Italian parlare – by way of the lingua franca of course) (cf. Forgues, 1864; Hancock, 1973; 1984; Hayek, 2002). I am no expert on these matters, but it is true that the hypothesis that linguistic Mediterranean-ness is to be found in England has been in circulation for some time now. And at the turn of the nineteenth century, the Irish linguist Wallancey attempted to demonstrate a kinship between Gaelic and the Shilha language of the Berbers, on the basis of how easily he and a Tunisian merchant in Dublin, as well as the merchant’s aged female servant, understood each other (Mahé, 1825, p. 83). More substantively, in the first quarter of the nineteenth century, a Belgian traveller related meeting up with a lingua franca-speaking Moroccan merchant at the London Stock Exchange, noting that it was not unusual in Europe to find such merchants and that they often knew not just the lingua franca but other European languages.7 This example is important because other merchants were represented nationally at the stockmarket and had “gates” or “walks” there where their languages were spoken.8 The lingua franca, on the other hand, because of time, improve, and become a veritable language, more or less methodical and regular, but only on condition that it be spoken exclusively over a long series of centuries, that it be further developed, reshaped, and that it produce a literature. This is what occurred for English, which was conjointly formed from the now vanished idioms of the Angles and Picts [and from] Welsh, Celtic, Gaelic, Latin, Scandinavian languages, German languages (namely Saxon) and French; but regardless of how easy it [English] is to assimilate, how persistently vague its sounds are and how uncertain its pronunciation, English still exhibits its ineffaceable savage nature, which likewise necessarily affects all analogous language forms. In fact, it is no more than a kind of langue franque that has attained the highest degree of perfection within its power” (Henricy, 1858–59, p. 344). 6 “Is Oxford part of the Mediterranean?” asked Alexis d’Hautcourt (2001) in a review of P. Horden and N. Purcell’s The Corrupting Sea, jokingly pointing out that “they sport mustaches there too, and honor is no vain word.”. 7 “I spoke Italian to a Moroccan there who spoke the lingua franca, and we understood each other fairly well; he told me that merchants of Morocco and the Mediterranean coast learned the lingua franca” (Bekaert, 1846, p. 12). 8 “We read: american walk, german walk, deutch walk, french walk, spanish walk, italian walk.

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its very nature could not be recognized as a “national” language and therefore could not be present on the London Stock Exchange, meaning its presence could only be implicit, veiled – similar in this to the activity of Islamic merchants in this part of Europe. In other words, whatever meaning was given to the notion of “national language” at that time and in those contexts, the lingua franca was not considered such a language. Can it be said, then, that a Mediterranean ontology attached to the mere fact of speaking the lingua franca? As has been observed, the language was used to the north and south of the so-called Mediterranean space, but most often in contact between the individuals and groups who denote this space. In 1767, for example, when a Frenchman walking down the street in the Faubourg Saint-Honoré district of Paris saw a man in “Levantine dress,” he spontaneously addressed him in the langue franque, assuming him to be a doctor (medico). The man turned out to be a Greek Cypriot settled in Cairo, and he answered in the same language.9 Knowledge of the langue franque, though not as readily encountered in northern Europe, was still not a rarity. A Greek woman running a cheap restaurant and bar in Paris seems to have made her way through Germany claiming to be a princess and concealing her poor knowledge of Greek by systematically speaking the langue franque – until she was exposed as an imposter by a Greek-speaking Greek (Goudar, 1757, pp. 66–72). Some connection to the Mediterranean or, more vaguely, to the Orient, then, does seem to be inherent in the use of this language. But what was the nature of that connection? Can it be said to express a Mediterranean identity, to correspond to a cultural community that was felt and recognized in western Europe?

The lingua franca and the issue of contact Rather than a culturally unified area, the afore-cited contemporaneous definitions suggest that the Mediterranean of the early modern period was a space of contact and confrontation between Europe and the Islamic world.10 In any case, the circulation of men and women that I have just evoked meant that these were closely, extensively interlaced societies, and this in turn means that the lingua franca could not have been the only language of contact and interacquaintance between these worlds. Consider the example of the Italian-speaking son of a Moroccan diplomat quarantined in Livorno at the end of the eighteenth century: he seems to have learnt Italian “in the hope of being hired to work for his sovereign” (Gorani, 1794, p. 151). When you go there you hear the language of every nation spoken” (Bekaert, 1846, p. 12). Grosley and Maydieu, 1787, p. 289. 10 It will be recalled that in contrast to “Muslim world” the term “Islamic world” refers to all components of these societies, including Christians and Jews. 9

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In this set of circumstances, the lingua franca was only one among several means of communication (see Mallette, 2010). It was of course the vehicular language par excellence in relations between people of Europe and people of Islam (Islam in the sense of Islamic societies, which encompassed more than Muslims), but close attention to exchanges between Europeans and people of Islam and to the languages in which those exchanges took place reveals that Islamic societies were much more likely to master European languages than is commonly acknowledged. What type of contact was this proficiency applied in? It was to be found in relations marked by otherness – hostile otherness in the case of captivity and ransom, but also more peaceful otherness, in the framework of business and travel. Contexts involving what were sometimes extremely vague adversarial relations, or else relations between people who were simply foreign to each other, were situations that called for use of the lingua franca, but only as a preliminary language that would make the initial contact possible. Of course, many exchanges never went beyond communication of this sort, communication in a neutral or neutralized language. In other situations, people more readily used (and learned) the language of the “other” (see Dakhlia, 2008). Does this mean we have to define the Mediterranean as one gigantic “contact zone,” to use Mary-Louise Pratt’s expression (1992)? Probably not in the current sense of that term, i.e., a locus of creativity, of particularly intense inventiveness, situated at the interface between two distinct societies and producing a third term or at least new societal formulas. In any case, the notion of contact zone is just as problematic as “transition period”: both involve retrospective and thus debatable interpretation. The lingua franca, it will be recalled, is not a creole. It does not imply fertile hybridity; the usual metaphor is the biological one: naturalists have long considered hybrids to be a sterile product of cross-breeding.11 I will come back to the question of hybridity, but for the moment let me just point out that while the lingua franca was indeed a contact language, it cannot be said to denote a particular space, a Mediterranean territory dedicated to contact. And to come back to the rather extreme example of English as lingua franca,12 aren’t all languages contact languages to varying degrees, and aren’t they all constructed through processes of mixing and borrowing? Some linguists find the very concept of “contact language” debatable (Canut, 2007). Well the same is true for societies. Lingua francas are often distinguished in linguistic study of creoles as languages that, more than any others, concern the public sphere – as long as they never became mother tongues. In the same line of reasoning, they are defined as “male” languages, mastered by men and not women. The handful of historians who studied the langue franque saw it as a port language used primarily by seagoers and merchants. Only a physically cir11 12

It would be more accurate to say that hybrids are not very fertile, as not all are sterile. See n. 5 above.

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cumscribed contact zone, according to them, was touched by the phenomenon – that is, only coastal cities and areas of maritime interaction (cf. Lombard, 1971, pp. 106, 113). Yet historical evidence on the lingua franca exists that runs counter to this restrictive definition. And in any case, it seems to me we need to think of the contact in question as much more extensive and capillary, not circumscribed to places, social groups or the areas of life those groups were assigned to. First, women and children were also likely to have used the lingua franca. In the Ottoman Regency of Algiers, a Benedictine friar named Haëdo attested to this as early as the late sixteenth century.13 At the other end of the Mediterranean, a traveller named J. Griffiths, in an account of his journey to “Scio,” mentioned that most of the young women in the Greek families that received him spoke with him in the langue franque (Griffith, 1805, p. 240). The lingua franca was undeniably a predominantly coastal and urban phenomenon, but it was not exclusively so. Here let me cite various bits of evidence attesting to its use in the countryside around the Regency of Algiers. A striking example is provided by the Mercedarian priest Antoine Quartier, who, in the hinterland of the port city of Misrata (a city recently in the news) in the Regency of Tripoli became friends with a Bedouin living in a tent with whom he spoke the langue franque and who turned out to be a Morisco. One of the man’s daughters also spoke the langue franque (Quartier, 1690, p. 162). If the lingua franca was used in contact with foreigners, then we have to understand that such contact in fact involved the entire society or nearly, albeit to varying degrees. In the case of Islamic Mediterranean societies of the early modern period, the lasting or transitory presence of Europeans from all parts of the continent including western Europe – Christians and Jews, converts to Islam, persons of all sorts of social statuses performing all sorts of tasks – remains in any case a constant, making it reasonable to assume that these societies had an ongoing familiarity with both European languages and the lingua franca, which was composed for the most part of those same European languages. In fact, taking a more extensive view of contact phenomena means inquiring into a historical motif that has had great historiographical resonance recently: the figure of the mediator or go-between. Historical research in the last decade has been closely attentive to cultural intermediaries, go-betweens, contact-makers, what Natalie Rothman has called “trans-imperial subjects” (Rothman, 2006). The figure of the go-between has of course been given much attention in Americanist research identifying varieties of hybridity or compromise.14 But it seems at least possible that the “clash of civilizations” approach and the September 11 crisis, in “ratifying” the understanding that some societies are necessarily cul13 14

See also Dakhlia, 2008, where this question is discussed in greater depth. I am referring here, of course, to the well-known works of S. Greenblatt; a specific mention for Greenblatt et al., 2009.

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turally remote, radically different, from each other, elicited a reactive desire to prove the contrary, that is, to demonstrate the existence of connections and the ability to establish contact and communicate, via the study of specialized gobetweens assigned the task of putting societies and cultures into communication with each other. This is Natalie Zemon Davis’s stated purpose, but the same one may well underlie the more general movement to explore the question of cultural go-betweens (Davis, 2006). So in a context where postulates about cultural difference were prospering together with assumptions about the incommensurability of cultures, we may reasonably think that it came to seem particularly necessary to reflect on or conceptualize mixed or hybrid intermediate figures, figures of rapprochement but also agents of cultural translation and the activity of translation itself: interpreters, gobetweens, “conveyors” of various sorts, courtisans, renegades, converts. What’s more, these categories often overlapped (see int. al. Schaffer et al., 2009). This move in turn led to greater attentiveness to religious minorities and diaspora communities (Maronites, Greeks, Jews, Armenians), the understanding being that they may have played a special role in producing intermediaries, gobetweens, “conveyors.” Still, it seems to me that also on this point a more extensive reading of the phenomenon might be in order. I would never deny the reality of dynasties of interpreters characteristic of the Ottoman Empire, for example, or the go-between role played by minorities in that empire, or the infinitely complex, labile being of figures like Samuel Pallache (Garcia-Arenal and Wiegers, 2003). But to go back to the activity of translation, for example, we see that the function of translating or interpreting was often performed by occasional interpreters rather than specialists or people meant to exercise it permanently. In other words, the mediation in question was more “capillary” and difficult to get ahold of than we usually think. First, in some cases the presence of an interpreter was linked to matters of protocol, status, or tradition rather than any real need to translate an exchange between people who were foreign to each other. When the Dey of Algiers received Europeans in the first quarter of the eighteenth century, he spoke the langue franque with them even though they had brought their own translator (de Tassy, 1757, p. 166). Often a drogman was required on grounds other than any inability to understand; e.g., for reasons of diplomatic ceremony, solemn dramatization of distance between the parties, procedure for taxing foreigners, spying, etc. Foreigners were forced to hire one (and forced to pay for his services – a form of taxation, surveillance etc. …) Second, interpreters, including professional ones, often used the lingua franca themselves, despite its being a fairly non-versatile language tool, “minimalist” in spirit, and most importantly a tool available to all, if not universally known and wielded.15 Not only did great European Orientalists such as Laurent d’Arvieux 15

The generals in Bonaparte’s Egyptian expedition “had many Catholic Syrians working for

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know and use it, but we find that it often figured as a third language in translation processes. A Bedouin guide in Egypte, for example, would translate from Arabic into lingua franca for his European traveller employer, who would then translate that into his own language if he meant to keep a record of his adventures. These intermediate operations usually were not commented on; when they were mentioned, the substance of the exchanges in lingua franca was not provided to the reader.16 Their literal character is inaccessible to us, but the phenomenon does suggest how widespread the skills applied in these go-between and translation processes were; they do not seem to have been professionalized skills. Communication by means of a third, intermediate medium was thus more likely to occur, more widespread, than what the sources generally seem to suggest. These occasional translators might be former Muslim captives who had made it back from Europe, merchants, a soldier or janissary who had seen a lot of territory, and the like. Should all these individuals be counted as “go-betweens”?17 They probably should, but the implication of doing so is that the figure of the mediator or go-between becomes much more widespread and ordinary: the term comes to apply simultaneously to thousands of fellow citizens in the big privateering and trading cities, among others.18 Verbal mediation operations were so common that they even had their place in marital relations. Antoine Quartier mentions the case of a renegade Italian in the Regency of Tripoli who had converted to Islam. As regularly occurred, the Dey of Tripoli gave him a wife just after the conversion ceremony. Since the woman in question was Russian, he was also given a Slavic “slave” who, because he knew “Slavonic,” was to serve as interpreter between husband and wife.19 What comes through clearly in this series of situations is that there were many types of intermediation, and that intermediation so permeated social life that it may be thought of as so many ordinary, discreet, often traceless instances of inthem as drogmans, stewards and secretaries, and they spoke a little of the langue franque, an Italian jargon” (Correspondance de Napoléon Ier, 1869, p. 26). 16 Consider in passing the case of Jean-Baptiste Duval, a French Orientalist in Tripoli whose guides made fun of him in langue franque when, mounted on an ass, he couldn’t keep from urinating. In recounting the episode the Maronite scholar Gabriel Sionita comically transposed the insults into Latin; see Leboeuf, 1743, vol. 2, p. 515. 17 In Alexandria, for example, simple sailors and porters spoke lingua franca and offered their services to franc travellers; cf. Denon, 1802, vol. 1, p. 23. 18 Concerning the Regency of Algiers, an observer mentioned that in the first year of the French conquest, Jews were particularly likely to use the langue franque, “as well as Cabayles [sic], of whom there were many in the countryside” (Montagne, 1834, p. 53). On “ordinary” mediation, Dakhlia and Vincent, 2011; Dakhlia and Kaiser, 2013. 19 “The Pasha favored him with two crowns a day and six dishes from his table, and had him married to a little Russian, lodged him in the Castle and put two Slaves in his service; one was Slavonic and served as a means of communication with his wife, who only spoke the Turkish language, which the Slav knew and which he explained to his Master in Italian” (Quartier, 1960, p. 118).

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terconnection and interpenetration. These interrelations wove a fabric of mutual knowledge of the other between the two shores of the Mediterranean and far beyond, a weave that was relatively loose in some places, tight in others and that varied over time. When the capture-for-ransom practice came to an end, for example, this limited further yet the phenomenon of female captives (their numbers were already much lower than men’s), though the Greek war of independence in the nineteenth century did result in captivity for some young Ottoman women. Not only do these observations offer us no coherent cultural entity that we might dub “Mediterranean,” but the distinctiveness itself of the cultures and societies busy interrelating in this space or neighboring ones seems highly debatable. Adjacent or neighboring societies shared a good number of common traits; their populations overlapped, despite possible separation from each other in matters of politics or religion. Moreover, these factors of antagonism did not necessarily have greater structuring force than internal oppositions such as those between Sunnites and Shiites or Catholics and Protestants. Far from expressing some full, free-standing Mediterranean identity based on a geographical territory, i.e., the sort of identity we now associate with a single language, the Mediterranean lingua franca actually expressed a void, an empty space or border space between interlocutors who recognized each other as different, as foreigners and even as objective adversaries, yet still communicated with each other. The French officer C. Trumelet expressed this same idea in connection with a later avatar of the langue franque – colonial sabir. The idea of establishing “neutral ground.”20 The lingua franca, then, instated a neutral or relatively neutralized ground for verbal exchange, one that nonetheless did not preclude the use – later, or possibly – of other ways of approaching each other or other means of verbal communication. But while signifying distance and otherness, the lingua franca also enables us to see the continuum that existed between one society and the other via this language tool that was so easy to acquire, so widespread and so ordinary. This other language, which belonged to no one, was also a language in its own right that one could “possess.” I will not discuss here the fundamental compositional asymmetry of it, which shows that the people of Islam who used it were much more familiar with the language of their “other”, i.e., with Latin languages, than Europeans were with the languages of the Orient. Europe gave “specialized” status to knowledge of Oriental languages, making that knowledge a resource of the learned; Islamic societies, on the contrary, made their relation to western languages an ordinary matter – knowledge of western languages was knowledge that 20

“The Franco-Arabic sabir, born of necessity, was established on the basis of a mutual compromise between French and Arabs; it came into being in cities, where relations between the two people were naturally more frequent and closer. To preclude jealousy, they founded their language on neutral ground, that is, the Spanish and Italian languages” (Trumelet, 1863, p. 312, n. 2).

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anyone could have – and they appropriated those languages in pragmatic mode, making them mundane, namely by means of the lingua franca. I n i n t e r f a c i n g w i t h o n e a n o t h e r , then, societies may prove different yet close and continuous; close and yet adversarial, frequently in competition and in conflict with each other (Rothman, 2013). What might remain in this configuration of any “Mediterranean ontology”? In what way can we accurately conceive of the Mediterranean as specific?

The most and the least The problem with the Mediterranean is that definitions of it always overdetermine it. Either it is seen as a generative matrix or foundation, or it is declared a border. In fact, this dual perspective has been present from the earliest Mediterraneanist historiography and the first moves to develop a vision of the Mediterranean in literature; in fact the Mediterranean has been used by Europe to conceive of itself. This comes through quite clearly in today’s so-called EuroMediterranean perspective, expressly conceived to grant Turkey a significant place but one situated o u t s i d e Europe and the European Union, and to ensure that the European Union will be able to continue developing without any threatening intrusion from the South. Likewise we can assume that Henri Pirenne’s primary preoccupation was Europe rather than the Mediterranean, and that his Mahomet and Charlemagne (published posthumously in 1937 but envisioned as early 1922, when he published an article by the same title) was a means of proving the existence of Europe and responding to the trauma of its being rent apart by the Great War (Pirenne, 1922; 1937). With this in mind, it is surprising that the issue of contact in the Mediterranean has so often been conceptualized by historians in terms defined for American, not Mediterranean, contexts.21 In fact, contact between Muslim and Christian societies, or – if we want to go beyond religious factors – between European and Islamic ones, has persistently – and misguidedly, inaccurately – been understood as a “first encounter,” an unprecented confrontation with otherness. Even leaving aside the considerable historiographical impact of a work such as Todorov’s The Conquest of America, it is clear that the 1960s and 70s were a time of Mediterranean “diffraction” – i.e., a time in which the idea of societies as immediately different and distinct was winning credence and gathering strength; also precisely the moment that anthropology initiated its scathing critique of the trite assumptions of “Mediterraneanism.” From the Maghrebin perspective, the inter-war years and the mid-twentieth century had been Mediterraneanist years, a time when demonstrations of a Mediterranean continuum actually amounted 21

A point made by N. Rothman.

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to a somewhat colonialist demonstration. It was in this historiographical context that renegades came to look like technology transmitters and precursors of France’s colonial enterprise – including in Braudel’s thinking.22 Italy too played a part in this history: various contemporary linguistic studies of the lingua franca asserted its strong similarity to Italian, simply annexing it for Italy and identifying the area it was practiced in as a sphere of Italian cultural influence, not to say hegemony (Rossi, 1926; 1928). Then with decolonization in the 1960s, this “continuist” perspective was no longer considered acceptable and societies along the Mediterranean coasts – “North” and “South” – came increasingly to be thought of as distinct entities that were now being restored to themselves, societies whose interconnection (seen as either unfortunate or, as recent pressure groups in France have claimed, “positive in some respects”) had only begun with colonization. In this ideological context, Bonaparte’s Egyptian expedition and the 1830 landing of French troops near Algiers were interpreted by means of the “first encounter” model, analogous to the “conquest of America.” The focus here was on the “ensavaging” of the conquered societies, how they were understood to be and were portrayed as “barbarian,” or else on the development of a sense that otherness could be positive – as with French Orientalism in Egypt, for example.23 Regardless of the approach or focus chosen, historians and other researchers generally paid no attention to the preceding and indeed preliminary centuries of interrelations and mutual “getting to know each other.” On the contrary, the dominant refrain was that these societies were different from, hostile to, and ignorant of each other. Interestingly, it was in 1966 that Braudel published his Grammaire des Civilisations, in which he used expressions similar to “the clash of civilizations” and developed the vision of Islam that Huntington was to make so much of – it should be recalled that he abundantly cited Braudel.24 To put it more neutrally than either of these authors, this historical moment was one in which it was historiographically legitimate to insist on the separation of societies, separation that led to historiographically minimizing the fabric of interdependence in place prior to colonization. The danger was that without that notion of separation, historians would continue to demonstrate a kind of teleology for colonization: that it had been ineluctable. It occurs to me that if the lingua franca did not particularly interest historians then, this was because, among other things, it might have led to demonstrating that Maghrebi societies had become acculturated to Europe quite early on. Once the decolonization era was over, it was crucial to take some distance from what was an excessively national relationship to language and languages, to imagine languages without culture, to imagine them as 22

Cf. Pignon, 1955. See, e.g., Braudel, 1993, vol. 2, p. 536 seqq. On “ensavaged” Algeria, see int. al. Lucas and Vatin, 1975; Dakhlia, 2012. 24 These connections between Braudel’s perception of Islam and the vision of civilizations used by S. Huntington are underlined in Achcar, 2002. 23

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something other than strong vectors of identity. This was what has made it possible to probe properly historical definitions of this territory-less language. And what has the lingua franca revealed to us? We have now left behind the notion of the Mediterranean as a kind of obvious fact, and we are likewise detaching ourselves from the once obvious “facts” of difference and conflict. In the Mediterranean as elsewhere, certain contact situations maximized the experience of difference between societies, or at least the staging, the dramatizing, of that difference. In the early modern period, these were indeed “first encounter” situations; e.g., the arrival of a captive in a hostile milieu, or public embassies receptions with their solemn use of mediators and interpreters. Or else they were literal theater stagings of difference – e.g., comic representations of “the Turk” or “the Franc,” depending on which society was presenting the play. None of these situations precluded a “backdrop” of strong familiarity with the other – mutual familiarity, always based to some degree on the codes in effect in the given locale, “common-places” on the “other side” of a political, religious or cultural border (Dakhlia, 1995) – an interconnection or interlacing that I would qualify as continuity rather than métissage. Why? Whereas métissage implies initial separation and a founding moment of contact, the specificity of the Mediterranean is intense circulation and mutual exchange of a sort that renders meaningless the very notion of “first encounter.” This observation is in no way irenic; it is not meant to mitigate the traumatic nature of various episodes of territorial conquest or their often lasting effects. Indeed, one characteristic of the Mediterranean is the breadth and recurrence of adversarial surrounding relations – relations that were alternately controlled, regulated, or circumvented, relations to which people may well have been subjected against their will. But perhaps this description is already stereotypical? When the question of métissage or hybridity began to take on historiographical resonance within the problematic of “contact,” it was tightly fastened to a fundamentally colonial framework, and the dominant understanding that there had been some initial thrust was illusory, misguided. Reflection on Mediterranean métissage was still caught up in and dependent on a historiography of conquest and colonization. Either it has focused on colonial literature – in the case of Algeria, for example – or it borrowed categories forged in American studies of American conquest; e.g., “middle ground.”25 The risk, as I saw it, was that such thinking would fail to move beyond an excessively “collisionist” vision of contact between individuals or groups from Western Europe and Islam, a vision still informed by the assumption that there were differences between the two that had to be absorbed or compensated for, that certain arrangements would have to be put in place before the “two sides” could talk together. It is hardly my intention to reactively promote the notion of a unified, culturally homogeneous Mediterranean in which people always understood each other. The notion of the Medi25

White, 1991. For a contrasting view see Duval, 2006.

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terranean as a foundation or single block entity is antithetical to what we learn from the history of the lingua franca, among other phenomena. Nor can the Mediterranean be considered a culturally indistinct world. The point of view I am putting forward here, in direct contrast to that of local or micro-variation in what is fundamentally an integrated system, is that these were societies that knew a great deal about each other, that actually lived in some respects on a real cultural continuum, due to the simple fact of their contiguity and the intensity with which they circulated among each other. There is nothing specifically Mediterranean in this, and there is certainly nothing that could be called Mediterranean closure. More generally, societies, even if we choose to understand them by way of such notions as “state” or “nation”, they each have a particular “tone”; each has its singularity, but a singularity that often, when broken down into its component part, gets resolved into a series of traits that are not themselves very specific and can readily be found elsewhere, in other contexts (Subrahmanyam, 1999). The idea here is that the full set of anthropological options invented by societies is ultimately fairly limited. It is how those options get combined that produces rich, specific societal formulas (Dakhlia, 2001). The societies along the Mediterranean coast have neither more nor fewer traits in common with each other than with sub-Saharan societies, for example, or Northern European ones. What gives them their “family resemblance” and what constitutes “the Mediterranean” is the particular intensity of confrontations and interactions in them, but also the differentiations that they may be said to provide the framework for. Those differentiations have given rise to mutual recognition and to more immediate decoding than elsewhere: quick identification of persons, languages, customs, etc. Having many means of “recognizing” the other in no way promises harmony, and the frequency of situations where familiarity went together with a general context of adversarial relations and a general atmosphere of hostility is also perhaps a relatively distinctive “Mediterranean” trait – unless on this point too we are already in the realm of cliché and unfounded historiographical construction. The Mediterranean, then, does not exist as a society, or even as a self-enclosed set of societies, in ontological mode, but rather as an interweaving of mutual knowledge and an ability to identify each other. These were necessarily denser and more likely to be operative in Marseille or Alexandria than in London or Antwerp, for in the latter places they were relayed and intersected by yet other types of mutual knowledge and other Mediterranean-like configurations and other lingua francas (see e.g. Morieux, 2008). (Trans. Amy Jacob)

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Andreas Eckl Méditerranée? Mediterranistische Diskurse um Mittelmeerwelten und -räume aus forschungsgeschichtlicher Perspektive

Méditerranée? Eine Einleitung „‚La Méditerranée existe-t-elle autrement que dans notre imaginaire ?‘, se demande-t-on tant au nord qu’au sud, aussi bien à l’est (Orient) qu’à l’ouest (Occident) de notre bassin commun.“ (Pedrag Matvejević, 1994, S. 25)

Lange Zeit wurde das Mittelmeer in erster Linie als Wassermasse betrachtet, drei Kontinente voneinander scheidend. Erst als es im Laufe des 19. Jh. zunehmend als verbindendes Meer gedacht wird, wird das Konstrukt eines naturräumlichen und kulturgeschichtlichen Einheitsraumes geschaffen, in dem die Wiege der Zivilisation verortet und dem in globaler Hinsicht als einzigem Geschichtswirksamkeit zugeschrieben wird. Einhergehend mit diesem Perspektivenwechsel findet sich seit dem Ende des 19. Jh. in Lexika zunehmend der Begriff ‚Méditerranée‘ als Substantiv, während bis dahin ‚mittelländisch‘ oder französisch ‚mediterranée‘ als Adjektive das Meer qualifizierten (Jansen, 2007, S. 179; Lacoste, 1993, S. 995). Ein dem französischen ‚Méditerranée‘ entsprechendes Substantiv hat sich in der deutschen Sprache nicht herausgebildet. Vielleicht auch deshalb hat ‚Méditerranée‘ als Gallizismus Eingang in die deutsche Wissenschaftssprache gefunden. Am ehesten zu übersetzen ist es mit ‚Mittelmeerwelt‘ oder ‚Mittelmeerraum‘. Anders als ‚Mer méditerranée‘ oder das ‚Mittelländische Meer‘ referiert der Begriff der ‚Méditerranée‘ nicht auf das Meer als solches, sondern auf eine weitergehende Vorstellung von diesem Raum. Er schließt auch die es umgebenden Landmassen mit ein und lädt diesen Raum mit vielfältigen kulturellen und politischen Bedeutungen auf (Godin und Vince, 2012, S. 7). Méditerranée, so Gunther Verheyen, bringt das Konzept vom „Mittelmeer als Kulturraum“, als einem „Ort der kulturellen Einheit“ zum Ausdruck, Méditerranée, das sei der „von Mythen und Repräsentationen besetzte K u l t u r r a u m“ (Verheyen, 2001a, S. 172, Herv. im Orig.).

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Ziel dieser Überblicksdarstellung ist es, nach Konstruktionen und Bedeutungszuschreibungen einer Méditerranée zu fragen und damit Diskurse um Mittelmeerwelten und -räume aus forschungsgeschichtlicher Perspektive zu rekonstruieren. Akademische Studien über den – geographisch oder geopolitisch definierten – Raum reichen bis in das 18. Jh. und weiter zurück. Eine vertiefende akademisch geprägte Auseinandersetzung um die Konzeptualisierung des Mittelmeerraumes als eines wie auch immer gedachten Einheitsraumes, die Füllung dieses Raumes mit fundierten konzeptionellen Inhalten und damit der eigentlichen Beginn der Mediterranistik dagegen sind erst im Laufe des 20. Jh. zu beobachten. Eine Abhandlung mediterranistischer Forschungen sieht sich der Herausforderung gegenüber, Zugriffe, Ansätze und Fragestellungen mit Blick auf einen Forschungsgegenstand darzustellen, dessen Annahme als eigenständige Wissensund Wissenschaftskategorie generell hinterfragbar ist. Von daher ist es notwendig, sich dem Konzept einer ‚Mediterranistik‘ als Wissenskategorie anzunähern und sich mit der Frage zu konfrontieren, was überhaupt unter mediterranistischer Forschung zu verstehen ist. Wesentliches Element hierbei ist die Verortung einer Mediterranistik als Teil von ‚Area Studies‘ und damit einhergehend der Anspruch an mediterranistische Forschung, sich mit dem Mittelmeerraum als solchem und nicht nur mit Teilen desselben zu beschäftigen, und das zunächst ganz unabhängig von der konzeptionellen Bestimmung dieses Raumes. Entscheidend in dieser Perspektive ist die von Yaacov Shavit (1994, S. 318f.) in Bezug auf die Historiographie vorgenommene Unterscheidung von „history of the Mediterranean“ und „Mediterranean history“. Unter ersterer versteht er die Geschichte reziproker Beziehungen der einzelnen Mittelmeerländer zueinander, während ‚mediterrane Geschichte‘ die Homogenität des Raumes zum Inhalt hat und jene Ähnlichkeiten in der Entwicklung der einzelnen Mittelmeerländer darzustellen versuchen müsse, die das direkte Ergebnis von grundlegenden Eigenschaften der Infrastruktur der Mittelmeerwelt seien.1 Zentrales Erkenntnisinteresse für die nachfolgende Analyse mediterranistischer, d. h. einer gesamtmediterranen Perspektive verpflichteter Texte ist die Frage, inwieweit und vor allem auf welcher Grundlage der Mittelmeerraum als ‚Area‘ konstruiert wird. Denn die Betrachtung von Mittelmeerforschung als Teil von ‚Area Studies‘ setzt nicht nur die Gegebenheit oder (imaginierte) Wahrnehmbarkeit eines Raumes ‚Mittelmeer‘ voraus, die konzeptionelle Bestimmung und damit auch Abgrenzung dieses Raumes liegt gleichsam im Zentrum von ‚Area Studies‘ im Allgemeinen und ist damit auch konstitutiv für Mittelmeerforschung im Besonderen (Eckl, 2015). 1

In konzeptionell ähnlicher Weise unterscheiden Peregrine Horden und Nicholas Purcell (2000, S. 2, Herv. im Orig.) zwischen „history in the region“ und „history of it“, also einer sich im Mittelmeerraum abspielenden Geschichte im Gegensatz zur Geschichte des Mittelmeerraumes.

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Das Textkorpus für die Analyse bilden wissenschaftliche Texte, charakterisiert durch die intersubjektive Nachvollziehbarkeit von Aussagen mittels Quellenund Literaturbelegen. Reiseerzählungen mit historischem Abriss wie von Jasper More (1956) oder John Norwich (2006), populärwissenschaftliche Werke wie die historischen Laien-Erzählungen von Ernle Bradford (1971) und Leslie Gilbert Pine (1973) oder die geographisch-landeskundliche Darstellung von Richard Carrington (1971) – um nur wenige Beispiele zu nennen – fallen damit ebenso außerhalb des Rahmens der nachfolgenden Abhandlung wie die zahlreichen künstlerisch-literarisch-philosophisch-politisch-essayistisch-ästhetisierenden Texte, wie etwa manche der Schriften von Albert Camus, André Gide, Paul Valéry, Gabriel Audisio und Jacques Derrida oder, neueren Datums, von Predrag Matvejevic oder Franco Cassano. Das gilt auch für die Schriften von Intellektuellen der arabisch-islamischen Welt, die Anteil haben am französischsprachigen Mittelmeerdiskurs, wie etwa Mohamed Aziza, Tahar Bekri, Abdelwahab Meddeb und Salah Stétié (Tunesien), Mohammed Choukri (Marokko), Edwar alKharrat (Ägypten), Amin Maalouf (Libyen), und Rachid Mimouni (Algerien).2

„Von einem Hauche Mittelländischen Geistes berührt“: Historische Einheit oder Vielfalt? „Das Mittelmeergebiet ist eben eine Einheit in der Mannigfaltigkeit.“ (Otto Maull, 1929, S. 10)

Die Konzeptualisierung des Mittelmeerraumes als (naturwissenschaftlicher) Einheitsraum war vor allem durch die sich als wissenschaftliche Disziplin heranbildende Geographie im Laufe des 19. Jh. fest etabliert worden. Die Frage nach einer ‚Einheit‘ des Mittelmeerraumes als eigenständiger Großregion der Erde schien aus klassisch-geographischer Perspektive spätestens seit Ende des 19. Jh. positiv beantwortbar zu sein.3 Damit war ein Prozess zu einem vorläufigen Ende gebracht, der gerne als ‚Erfindung‘ der Méditerranée beschrieben wird, wenngleich sich die prozesshafte Entwicklung von Ideen und Vorstellungen nur schwerlich mit dem Konzept der ‚Erfindung‘ fassen lässt. Kennzeichnend für diesen Prozess einer „wissenschaftlichen Homogenisierung des Mittelmeerraums“ (Jansen, 2

Für eine Anthologie dieser Texte vgl. Cooke u. a., 2008. Siehe auch die Hinweise in Verheyen 2001a und 2001b, insbes. S. 306f. Hier zu nennen sind auch viele der Autoren der unter der Leitung von Thierry Fabre und Robert Ilbert im Jahr 2000 herausgegebenen Reihe „Les représentations de la Méditerranée“ (Paris, Maisonneuve et Larose). 3 Zu den (klassischen) Diskursen der deutschsprachigen Mittelmeergeographie vgl. Schott, 1977, Ben-Artzi, 2004, Schultz, 2006; 2007 sowie Freund, 2007.

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2007, S. 182) war die Konzeptualisierung des Mittelmeerraumes „als einen einheitlichen, wohl individualisierten Erdraum, der von Natur zum Schauplatz einer unvergleichlichen Kultur und Geschichte geeignet war“ (Philippson, 1904, S. V), und der sich „als große geographische Einheit, als Kulturherd und Schauplatz der Geschichte mindestens drei Jahrtausende hindurch bewährt“ habe (Fischer, 1909, S. 712, hier zitiert nach Schultz, 2007, S. 120). Das Mittelmeer, die „Festlandsmassen der alten Welt […] aufschliessend und einander nahe rückend, nicht sondernd und scheidend“, galt als „das verbindende, belebende, bestimmende Element in dem weiten Ländergebiete, das sich um sein Becken lagert“ (Fischer, 1879, S. 1), als ein „Kulturmeer“ (Schweiger-Lerchenfeld, 1888, S. 3), das als Vermittler zwischen den Kulturen dreier Kontinente fungierte (ebd., S. 1). Der österreichische Historiker Historiker Graf Eduard von Wilczek ist einer von vielen, der im Mittelmeer die „Wiege der Menschheitsideen, […] die Wiege der Humanität im weitesten Sinne“ (Wilczek, 1895, S. 1, 3) zu erkennen meinte. In seiner Abhandlung Der innere geschichtliche Zusammenhang der Mittelmeervölker prägte er für die Einheit des Mittelmeerraumes das Konzept des ‚Mittelländischen Geistes‘, dessen Wirkung, so Wilczek, sich auch die „Araber“ nicht entziehen konnten: „Kaum hatten sich die Araber am Mittelmeere festgesetzt, so wurden sie von einem Hauche Mittelländischen Geistes berührt“ (Wilczek, 1900, S. 34). In der ersten Hälfte des 20. Jh. ist der Mittelmeerdiskurs dominiert von (geo-) politisch-ideologischen Anschauungen einer sich in dieser Zeit formierenden Geopolitik, die den Mittelmeerraum als Schauplatz der Weltgeschichte in Vergangenheit und Gegenwart thematisieren. Sie setzen sich jedoch nicht mit der ihnen zugrunde liegenden Konzeption in wissenschaftlicher Manier auseinander: Das Mittelmeer wird zum historisch-politischen Einheitsraum erhoben und der Raum damit in einen Bedeutungszusammenhang gestellt, der mehr Ausgangspunkt der jeweiligen Betrachtung auf den Raum als selbst Gegenstand der Beschäftigung mit diesem Raum ist. Eine Begründung des Mittelmeerraumes als distinktive Großregion, die – wie noch bis weit in das 20. Jh. hinein – nicht mehr allein klassisch-geographischen Kriterien folgt oder diesen schlicht als kolonial-imperialen Eroberungsraum unter geopolitischen Gesichtspunkten konstruiert, sondern ihn als einheitlichen, von Menschen geschaffenen Kulturraum, als „human unit“ (Sarton, 1936, S. 408) bzw. als „unité humaine“ (Braudel, 1982, Bd. I, S. 211) verstanden wissen will, ist demgegenüber ein konzeptionell sehr anspruchsvolles Anliegen, denn „[w]ährend die physische Einheit des Mittelmeerraums naturgesetzlich begründet ist, entzieht sich seine kulturräumliche Vielfalt einer entsprechenden Kausalität“ (Rother, 1993, S. 16). Zwei Zugänge bei der Suche nach Einheit und damit Distinktivität des Mittelmeerraumes bilden Konstanten mediterranistischer Forschungen: zum einen die historische Perspektive, zum anderen die anthropologische. Letztere wird Ge-

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genstand des nächsten Kapitels sein, während der nachfolgende Abschnitt der Begründung einer Méditerranée in historischer Perspektive als einem von Menschen geschaffenen Kulturraum nachgeht. In dieser Konzeption wird der Einfluss von Klima, Natur und Landschaft auf die Humangeschichte des Raumes nicht geleugnet, aber entscheidend relativiert, indem ihm als zweites wesentliches Element das menschliche Handeln – wenngleich auch in Abhängigkeit von naturräumlichen Aspekten – zur Seite gestellt wird. Zentral für die Bedeutung menschlichen Handels für die Einheit des Raumes ist dabei die Diskussion um die Folgen der islamischen Expansion, die mit dem Namen des belgischen Historikers Henri Pirenne verbunden ist. Pirenne war nicht der erste, der in der islamischen Expansion eine Zweiteilung der Mittelmeerwelt sah. Sehr deutlich etwa wurde die islamische Expansion bereits von den beiden bedeutenden Geographen des Mittelmeerraumes, Alfred Philippson und Theobald Fischer, als „Kluft“ bzw. „Schranke“ bezeichnet (Philippson, 1904, S. 193; Fischer, 1908, S. 404). Und doch ist die Pirenne-These, die zu den meistdiskutierten Geschichtstheorien des 20. Jh. zählt, zu Recht mit seinem Namen verbunden, da er der erste war, der diese These vor allem in seiner Studie Mahomet et Charlemagne (1937) auf eine breite empirische Grundlage stellte.4 Pirenne zufolge blieb die antike wirtschaftliche und dadurch auch kulturelle Einheit des Mittelmeerraumes durch den fortbestehenden Mittelmeerhandel auch nach dem Untergang des Weströmischen Reiches erhalten. Erst die arabische Expansion und Eroberung Syriens (636), Nordafrikas (640–698) und Spaniens (711) habe im westlichen Mittelmeer zu einem Zusammenbruch der Schifffahrt und damit auch des Orienthandels geführt. Indem das Mittelmeer seine Verbindungsfunktion zwischen West und Ost eingebüßt habe, habe der Mittelmeerraum auch seinen Charakter als einheitlichen politischen und kulturellen Lebensraum verloren. „Das Meer, das einst die große Verbindungsstraße war, ist jetzt eine unüberwindliche Schranke. Der Islam hat die vom Mittelmeer bestimmte Einheit gesprengt“ (Pirenne, 1939, S. 158). Pirennes These ist zuvorderst ein Beitrag zur Geschichte (West-)Europas, und nicht des Mittelmeerraumes. Indem seine These aber zur Beschäftigung mit der Frage nach den Folgen der islamischen Expansion für die Einheit des Mittelmeerraumes anregte und zu Widerspruch führte, hatte sie nicht unerheblichen Anteil an der Entwicklung mediterranistischer Forschungen. Ein Beispiel ist der in Belgien geborene und 1915 in die USA emigrierte Wissenschaftshistoriker George Sarton (vgl. Driessen, 1999, S. 56). Basierend auf einer 1933 gehaltenen Vorlesung, in der er sich auch, aber bei weitem nicht nur, mit der These von Pirenne beschäftigte, publizierte Sarton 4

Grundzüge seiner These finden sich bereits in zwei Aufsätzen der Jahre 1922 und 1923 sowie in seiner Studie über das mittelalterliche Städtewesen (1927). Zur Pirenne-These vgl. auch Kölzer (1998) und Lückerath (2003). Die breite Rezeption von Pirennes Studie dürfte nicht unwesentlich dadurch befördert worden sein, dass sie nach der französischen Erstausgabe 1937 kurz darauf auch z. B. in deutscher (1939a) und englischer (1939b) Übersetzung vorlag.

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1936 einen sehr beachtenswerten Artikel mit dem Titel The Unity and Diversity of the Mediterranean World, der von der mediterranistischen Forschung bislang kaum rezipiert wurde.5 Sartons Gedanken und Überlegungen zur Mittelmeerwelt insbesondere in der Zeit vom 8. bis zum 13. Jh. basieren zu einem großen Teil auf arabischsprachigen Quellen. Im Zentrum dabei steht für ihn der Mittelmeerraum als von Menschen gestalteter Kulturraum, Umwelt gilt ihm dabei bis zu einem gewissen Maße als ‚stimulierend‘ (Sarton, 1936, S. 410), aber nicht als entscheidender Faktor in der Geschichte des Raumes, der nach innen und außen durch Kommunikationswege charakterisierbar und abgrenzbar sei:„The Mediterranean was an inclosed world, but not absolutely so. Interior communications were considerably favored, but exterior ones were never excluded“ (Sarton, 1936, S. 413). Entsprechend konzeptualisiert Sarton den Mittelmeerraum vor allem als Austausch- und Kommunikationsraum: „The Mediterranean Sea became to a greater extent than before, a catchment basin and distributing center not only of material wares but of ideas. These ideas were largely Eastern ideas“ (Sarton, 1936, S. 421). Anders als Pirenne sieht Sarton diese Einheit durch die Expansion des Islams nicht zerstört. Die Diffusion ‚orientalischer‘ Kultur in das westliche Mittelmeerbecken habe sich zwar verändert, sei aber keinesfalls zum Erliegen gekommen. Und anders als Pirenne sieht Sarton hier noch eine zweite Entwicklung, die den Charakter dieses Kulturaustausches nachhaltig veränderte: One thing is absolutely certain, the diffusion of oriental culture into the West […]. However, that diffusion was profoundly modified (not by any means stopped) by two great contemporary sequences of events which introduce new barriers and discontinuities and upset the conditions of Mediterranean traffic. These two sequences were the Islamic invasions […] and the growing schism between Greek and Latin Christianity. […] while the Islamic conquests transformed the Mediterranean momentarily into an Arabic or Muslim lake, they did not impede Mediterranean transmissions; they made them if anything easier, especially in the westward direction which was the direction of victory. (Sarton, 1936, S. 438f.)

Für Sarton waren die West- und die Ostkirche zwei Welten, die sich in vielerlei Hinsicht wie etwa in Bezug auf Sprache, politische und kirchliche Vorstellungen, vor allem aber in Hinblick auf ihr Temperament voneinander unterschieden. Nach der muslimischen Invasion der mediterranen Welt sei es deshalb nicht richtig, Europa in zwei antagonistischen Teilen zu denken wie Pirenne, sondern 5

Braudels Mittelmeer führt den Artikel nicht in der Bibliographie, und auch von Horden und Purcell (2000), Tabak (2008) oder Abulafia (2011) ist der Beitrag (deshalb?) nicht referiert – wobei Letzterer generell mit nur wenigen Referenzen auskommt und auf eine Bibliographie gänzlich verzichtet, da – wie es in der deutschen Ausgabe heißt – diese „riesig und formlos“ (Abulafia, 2013, S. 821) wäre.

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in mindestens drei Hauptteilen: katholisches Christentum, orthodoxes Christentum und Islam (Sarton, 1936, S. 440f.). Die eigentliche Zäsur mit Blick auf Austausch im Mittelmeerraum setzt Sarton für das Jahr 1517 mit der türkischen Eroberung Ägyptens und Syriens. Dann, und erst dann habe sich die kommerzielle und kulturelle Achse der Welt verschoben. Auch durch die Eröffnung des Suez-Kanals 1869 habe der Mittelmeerraum nicht wieder den Verlust seiner überlegenen und einzigartigen kulturellen Weltstellung rückgängig machen können: „[T]he Mediterranean never recovered the supreme and unique cultural importance which had been hers prior to the beginning of the sixteenth century. […]. Down to 1517 there was never any discontinuity in the Mediterranean world“ (Sarton, 1936, S. 449f.). Noch mehr als durch Sarton wurde Pirennes Bild des zweigeteilten Mittelmeerraumes durch die Forschungen des Arabisten und Orientalisten Shelomoh Dov Goitein in Frage gestellt, der sich ab 1948 der Erforschung der in der Geniza in Kairo erhaltenen Schriften widmete und seine Ergebnisse in dem fünfbändigen Werk A Mediterranean society. The Jewish communities of the Arab world as portrayed in the documents of the Cairo Geniza publizierte (Goitein, 1967–1988). Die empirische Basis seiner Arbeit bilden etwa 200.000 überwiegend von Juden verfasste Briefe und Urkunden geschäftlichen, aber auch privaten Inhalts, die im Zeitrahmen vom 8. bis zum 13. Jh. entstanden sind. Die Schriftstücke beziehen sich vielfach auch auf Christen oder andere Gemeinschaften und ermöglichen so die Rekonstruktion nicht nur von Aspekten jüdischen Lebens jener Zeit. Die wesentliche Erkenntnis des fünfbändigen Werkes lässt sich in den Worten von Goitein selbst wie folgt wieder geben: However, during the ‚middle‘ Middle Ages, around 1050, the unity of the Mediterranean world was still a fact. This is all the more remarkable, since the European shore of the Mediterranean, including Spain, as well as the African and Asian sides, were split up into many separate political units, often at war with one another. However, despite the many frontiers and the frequent wars, people and goods, books and ideas travelled freely from one end of the Mediterranean to the other. (Goitein, 1966, S. 296f.)

Natürlich, so Goitein, wurden Reisen in erheblicher Weise erschwert durch Piraterie und Kriege, aber eben nicht durch politische Grenzen oder Interventionen. „Perhaps the most significant aspect of the age revealed by the Cairo Genzia is the fact that political boundaries did not interfere with the unity and autonomy of religious or ethnic groups“ (Goitein, 1966, S. 299). Wo immer es möglich war, wurden Reisen auf dem See- und nicht auf dem Landweg unternommen, Goitein schätzt das Verhältnis zwischen Landreisen und Seereisen in den Fällen, wo letztere eine Alternative zu ersteren darstellten, auf 1:50! (Goitein, 1966, S. 301f.). Die zentrale Bedeutung, die dem Mittelmeer als Kommunikationsraum zukam,

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kommt hier deutlich zum Ausdruck. Auf der Basis von Schriftstücken zu Handel, Heirat und religiösen Übereinkommen zeichnet Goitein damit das Bild eines Mittelmeerraumes, der durchzogen ist von Kommunikationsnetzwerken in Form von Reisen und Briefkontakten zu einer Zeit, in der nach Pirenne die Mittelmeerwelt in die zwei einander feindlich gegenüberstehenden Zivilisationen des Christentums und des Islams zerfallen war. Goiteins Werk ist ein Porträt des jüdischen und muslimischen Handels und Lebens im Mittelalter, eine Geschichte der Konnektivität des gesamten Mittelmeerraumes und weit darüber hinaus, die in nicht unerheblicher Weise die These von Pirenne relativiert, im wenigsten für den durch die Geniza-Dokumente abgedeckten Zeitraum. In den unterschiedlichen Thesen von Goitein und Pirenne manifestiert sich auch ein unterschiedliches wissenschaftliches Vorgehen: Denn während Pirenne zwar in breitem Umfang empirische Befunde für die Zeit bis ca. 800 untersucht, schließt er auf Grundlage der Inkompatibilität zwischen Christentum und Islam deduktiv auf die Realität einer zweigeteilten Mittelmeerwelt über den von ihm untersuchten Zeitraum hinaus, während Goitein auf der Grundlage empirischer Befunde seine Thesen induktiv entwickelt. Goiteins Arbeit ist auch insofern ein Korrektiv für Pirennes Arbeit, als sie zeigt, dass Ideologien und Werte nicht ohne weiteres gleichzusetzen sind mit Praktiken und Realitäten: „What arises from Goitein’s work is an important implication that concerns the difference between practice and expressed values: while the two religions were openly inimical, Mediterranean networks kept functioning“ (Malkin u. a., 2007, S. 2). Goitein nahm nicht für sich in Anspruch, die Méditerranée mit neuen Bedeutungszuschreibungen zu versehen, geschweige denn ein neues mediterranistisches Paradigma entworfen zu haben (Horden, 2002, S. 498). Eine originäre Vision historischer Prozesse wird dagegen gemeinhin mit dem Werk des französischen Historikers Fernand Braudel in Verbindung gebracht, durch dessen Opus „das Mittelmeer zu einem regelrechten Paradigma [avancierte], das seitdem zum allgemeinen Grundbestand der Geschichtswissenschaft zählt“ (Jansen, 2007, S. 175). Von vielen als das prägende Werk der internationalen Mittelmeerforschung überhaupt wahrgenommen,6 von manchen sogar als die bedeutendste historische Studie des 20. Jh. bewertet (Piterberg, Ruiz und Symcox, 2010, S. 3), waren und sind Braudels Forschungen zweifelsfrei von sehr großem Einfluss auf die akademische Debatte um die historische Einheit des Mittelmeerraums. Fernand Braudel hatte seine Dissertationsschrift La Méditerranée et le Monde Méditerranée à l’Époque de Philippe II im Jahre 1947 verteidigt und 1949 in erster Auflage publiziert. Die Geschichte des Mittelmeeres in „eine geogra6

„Kaum ein anderer hat unser Bild von der Welt des Mittelmeeres so nachhaltig geprägt“, urteilt etwa Karl Kaser (2007, S. 75), während der britische Historiker David Abulafia Braudels Werk als „one of the most original and influential works of history composed in the twentieth century“ (Abulafia, 2011, S. xxvi) bezeichnet.

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phische, eine soziale und eine individuelle Zeit“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 21) unterscheidend ist das Werk ist in drei Teile untergliedert. Der dritte Teil hat die politischen und militärischen Auseinandersetzungen des späten 16. Jh. zum Inhalt und umfasst die Ereignisgeschichte. Maßgeblich für Braudels Einfluss auf die Mittelmeerforschung sind der erste und der zweite Teil, in denen die Auswirkungen der geographischen Beschaffenheit auf die Humangeschichte im Mittelpunkt stehen (Abulafia, 2003, S. 11). Braudel entwirft eine engere und eine erweiterte Mittelmeerwelt. Die engere Mittelmeerwelt vornehmlich der Geographen, „von der nördlichen Grenze des Ölbaums bis zu jener Linie im Süden, an der die großen Palmenhaine beginnen“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 241) wird von geographischen und klimatischen Faktoren bestimmt. Für Braudel „besitzt das Mittelmeer eine entscheidende, einflussreiche physische Einheit inmitten seiner menschlichen Einheit und auf enger begrenztem Raum als diese: ein Klima, das Landschaften und Lebensweise vereinheitlicht“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 330). Die engere Mittelmeerwelt repräsentiert damit die physische Einheit, während die erweiterte Mittelmeerwelt charakterisiert ist durch die „menschliche Einheit“: „Der Übergang vom Mittelmeer im eigentlichen Sinne, wie es von seinem Klima definiert wird, zum erweiterten Mittelmeer, das seinen entfernteren Einflüssen ausgesetzt ist, bedeutet zugleich einen Übergang von der physischen Einheit zu jener menschlichen Einheit“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 399), die Braudel wie folgt definiert: „Die menschliche Einheit des Mittelmeeres ist eine räumliche Verbindung von Straßen und Städten, Kraftlinien und Kraftpolen. Städte und Straßen, Straßen und Städte sind ein unzertrennliches Ergebnis der Erschließung des Raumes durch den Menschen“ (Braudel, 1990, Bd. I, 401). Zwei Aspekte sind es, die Braudel besonders hervorhebt: Die Erschließung des Raumes mittels Straßen und Wegen einerseits, die von maßgeblicher Bedeutung sind für Handel und Ökonomie, in deren Zentrum die kommerziell aktiven Städte stehen, und andererseits der Beitrag des Menschen bei der Ausgestaltung, ja Schaffung des erweiterten Mittelmeerraumes: „Das Mittelmeer (und damit auch das Erweiterte Mittelmeer) ist so beschaffen, wie die Menschen es gemacht haben“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 242). Erst durch den Menschen und seine Handlungen wird der Mittelmeerraum zur Einheit: Jedenfalls hat es eine endlose Epoche gegeben, in der die Menschen das Meer noch nicht bezwungen hatten. Erst nach und nach trugen die Barken den Sieg davon; sie stellten Verbindungen her und ermöglichten den stufenweisen Aufbau eines kohärenten Ganzen, das zum Mittelmeer der Menschen und der Geschichte wurde. Aber, darüber darf es keinen Zweifel geben, es mußte aufgebaut werden, und zwar von Menschenhand. Obwohl das Binnenmeer nach den Maßstäben unserer heutigen Reisegeschwindigkeit als ein kleiner Wassergraben erscheint, der durch Luftbrücken leicht zu überwinden ist, existiert ein von menschlicher Einheit geprägtes Mittelmeer auch in der Gegenwart nur in dem Maße, in dem es von den Menschen kraft ihres Geschicks, ihrer Arbeit und ihrer Mühe fortlaufend neu er-

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schaffen wird. Nicht die Gewässer verbinden die verschiedenen Regionen des Mittelmeeres, sondern die Völker, die an den Küsten leben. Eine banale Erkenntnis, die jedoch immer wieder betont werden muß – besonders in diesem Bereich, wo zahllose irreführenden Formeln und Bilder den Blick beliebig verstellen (Braudel, 1990, Bd. I, S. 399).

In Anlehnung an Lucien Fabres Satz „Das Mittelmeer ist die Summe seiner Verkehrswege“7 sind es für Braudel in erster Linie die Verkehrsverbindungen, man könnte sagen die Konnektivität des Raumes, durch welche der Raum als „Bewegungs-Raum“ zu einer Einheit geformt wird: Einheit besitzt das Mittelmeer allein durch die Bewegung der Menschen, durch die dafür erforderlichen Verbindungen und Straßen. […] Wichtig ist vielmehr, man begreift, welche Nähe durch ein solches Netz hergestellt wird, was es zu einer kohärenten Geschichte beiträgt, in welchem Maße die Bewegung der Schiffe, der Lasttiere, der Fuhrwerke und der Menschen selbst das Mittelmeer zu einer Einheit macht und ihm unter einem bestimmten Gesichtspunkt trotz lokaler Widerstände eine Gleichförmigkeit verleiht. Der gesamte Komplex des Mittelmeeres ist ein Bewegungs-Raum (Braudel, 1990, Bd. I, S. 400).

Anders als die klimatisch-geographisch definierte und quasi zeitlose géohistoire der engeren Mittelmeerwelt besitzt die erweiterte Welt einen zeitlich beschränkten Charakter einer longue durée, die etwa vom 14. bis zum 17. Jh. reicht. Im Gegensatz zur engeren Mittelmeerwelt verfügt sie über keine festen Grenzen, ihr Umfang ist vielmehr abhängig von der eingenommenen Perspektive. Braudel vergleicht die erweiterte Mittelmeerwelt mit einem Lichtkegel im Zentrum, dessen Licht nach außen hin immer schwächer wird: Um den Ansprüchen der Geschichte gerecht zu werden, muß man das Mittelmeer als eine weite Zone betrachten, die sich in alle Richtungen weit über das Meeresufer hinaus erstreckt. Wir könnten es mit einem magnetischen oder elektrischen Kraftfeld vergleichen oder, um ein schlichteres Bild zu gebrauchen, mit einem erleuchteten Zentrum, dessen Licht nach außen immer schwächer wird, ohne daß sich die Trennungslinie zwischen Licht und Schatten endgültig festlegen ließe. In der Tat, welche Grenze soll man ziehen, wenn es nicht mehr um Pflanzen oder Tiere, um Bodengestalt oder Klima geht, sondern um Menschen, die durch keine 7

Lucien Fabre in: Annales d’histoire économique et sociale, 11. Januar 1940, S. 70, zitiert nach Braudel, 1990, Bd. I, S. 400). Gerade dieser Aspekt wurde von französischen Historikern betont, so z. B. von Maurice Aymard, Schüler Braudels und von 1992 bis 2005 Direktor der Fondation Maison des Sciences de l’Homme, die Braudel selbst bis zu seinem Tod 1985 geleitet hatte: „Weit mehr noch als dem Klima, der Geologie, dem Relief verdankt der Mittelmeerraum seine Einheit einem Netz von Städten und Ortschaften, das sich schon früh bildete und erstaunlich langlebig war. Dieses Netz war für den Raum konstituierend, es war sein Antrieb, sein Lebensquell“ (Aymard, 2006, S. 123).

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Schranken aufzuhalten sind, die alle Hindernisse überwinden. […] Diese Zirkulation von Menschen und sowohl materiellen als auch immateriellen Gütern zieht immer neue Grenzen um das Mittelmeer, schafft immer neue Lichtkegel. Eigentlich müsste man von hundert Grenzen gleichzeitig sprechen: den einen nach den Maßstäben der Politik, den anderen, die der Wirtschaft oder der Zivilisation entsprechen. (Braudel, 1990, Bd. I, S. 242)

Unabhängig davon, wie man das Werk Braudels und seine Wirkung bewertet – nicht nur Lobeshymnen, auch harsche Kritik hat es erfahren, Stefan Troebst etwa sieht darin eine „Falle maritim verräumlichter Selbstreferentialität“ (Troebst, 2007, S. 56) – kann kein Zweifel daran bestehen, dass Braudel den Mittelmeerraum als Gegenstand historischer Studien fest etabliert hat. Zugleich aber, und das ist das Paradoxe an Braudels Wirkung, ist gerade wegen Braudels Werk der akademische historische Diskurs über den Mittelmeerraum zunächst zum Erliegen gekommen. Braudels Méditerranée erweckte den Anschein, dass die geographische und politische Einheit des Mittelmeerraumes unter Philipp II. mit dessen Tode 1598 ein Ende gefunden hatte (Horden und Purcell, 2000, S. 39; Fogu, 2010, S. 2). Braudels Werk führte damit zunächst nicht zu weiteren wissenschaftlichen Beschäftigungen mit dem Mittelmeerraum aus historischer Perspektive. Es entfaltete seine Wirkung jedoch in anderer Richtung, indem es den anthropologischen Diskurs über den Mittelmeerraum auf entscheidende Weise anregte (Driessen, 1999, S. 54).

„Elements of diversity unfortunately disappear“: Anthropologische Mediterranismen „Mediterranean history, yes. Mediterranean social anthropology, not yet, maybe never.“ (J. B. Aceves, 1979, S. 85)

Mehr noch als historiographische Studien konstruieren anthropologische Arbeiten ab den 1960er Jahren einen kulturell einheitlichen und distinktiven Mittelmeerraum, für den das ursprünglich aus der Geographie stammende Bild der „Einheit in der Mannigfaltigkeit“ (Maull, 1929, S. 10) charakteristisch ist. Während Maull dabei aber noch die geomorphologische Gestaltung der Küstensäume auf der einen Seiten und den Einfluss von Meer und Klima auf der anderen Seite im Blick hatte, wird die Metapher von der ‚Einheit in der Vielfalt‘ in den 1960er Jahren zunehmend zu einem Inbegriff der kulturellen Einheit, der gegenüber Aspekte der Vielfalt und Komplexität des Raumes aus dem Blick geraten: „In research into a uniform Mediterranean, elements of diversity unfortunately disappear and should not be forgotten“, mahnt Giovanni Levi (2009, S. 1174).

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Als besonders einflussreich für die spätere Mittelmeeranthropologie gilt André Siegfrieds 1943 zunächst auf Französisch, und dann 1948 auch in englischer Übersetzung veröffentlichte Buch The Mediterranean. In der Tat kann in mancherlei Weise die Studie einer „economic civilisation“ (Siegfried, 1979 [1948], S. 33) des französischen Soziologen, Geographen und Wirtschaftsexperten, die gänzlich auf eine Bibliographie und fast vollständig auf Belege und einen kritischen Apparat verzichtet, als intellektueller Wegbereiter späterer anthropologischer Studien gesehen werden. Mit einer Darstellung von traditionellen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen, industrialisiertem Wirtschaftsleben und Seehäfen, vor allem aber mit einer Analyse des Systems von Eigentum und Besitz will Siegfried den wirtschaftlichen und sozialen Charakter des Mittelmeerraumes darstellen : „It is only when we analyse its system of property and ownership that we really penetrate the economic and social character of the Mediterranean“ (Siegfried, 1979 [1948], S. 128). Nicht nur das Konzept des ‚sozialen Charakters des Mittelmeerraumes‘, auch die essentialistische Zuschreibung in Bezug auf den ‚mediterranen Menschen‘ deuten bereits in die Richtung, die spätere mediterranistische kultur- und sozialanthropologische Studien einschlagen werden. Siegfrieds Charakterisierung der Einzigartigkeit des Mittelmeerraumes mutet stellenweise wie das anthropologische Forschungsprogramm der kommenden Jahrzehnte an: The individuality of this area is determined by a host of things: by specialised conditions of production; by a particular type of trade; by a way of living, which form a certain type of man who remains quite distinct from those who emigrate; by the political nature of the countries on the shores of this sea; by its role as an international highway, although it is so narrowly shut in at each end; and finally by the very fact that a whole civilisation has been born and nurtured here. (Siegfried, 1979 [1948], S. 29)

Nicht aber die (nicht-anthropologische) Studie von Siegfried, sondern die Monographie von Julian Pitt-Rivers’ People of the Sierra aus dem Jahr 1954 gilt in Retrospektive Vielen als Beginn der vom anglophonen Wissenschaftsdiskurs geprägten anthropologischen Forschungen im Mittelmeerraum, wenigstens auf dessen Nordufer (Boissevain, 1979, S. 81; Sweet, 1969, S. xx; Gilmore, 1987, S. 2). PittRivers war es auch, der 1963 als einer der ersten das Konzept von ‚Einheit und Vielfalt‘ als Analysekategorie verwendet. In seiner Begründung für eine Anthropologie des Mittelmeerraumes distanziert er sich zunächst von der Vorstellung einer einheitlichen Kultur des Raumes, und wendet sich dann gegen einen methodischen Nationalismus (freilich ohne diesen schon so zu benennen), bei dem der Nationalstaat und die dominante nationale ‚Kultur‘ als Analyserahmen fungieren. Stattdessen plädiert er für eine Forschungsperspektive der Unterschiede und der Vielfalt:

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The communities of the Mediterranean possess both more similarities between different countries and more diversities within their national frontiers than the tenets of modern nationalism would have us believe. […] A social anthropology of the Mediterranean must start with these diversities rather than with the stereotypes of national ‚culture‘. For behind the diversities there is room to discover continuities which run counter to the varying political hegemonies, observing the exigencies of the ecology or the entrenched conservatism of the local settlement. (Pitt-Rivers, 1963, S. 10)8

Eine panmediterrane Perspektive jedoch wird in frühen anthropologischen Arbeiten noch kaum eingenommen, der Mittelmeerraum entsprechend nicht explizit als kultureller Einheitsraum konzipiert:9 „Rather than attempt to justify any concept of Mediterranean unity I would prefer to consider some of the variables of which the social anthropology of the Mediterranean must take account“, notiert Julian Pitt-Rivers (1963, S. 11). In frühen anthropologischen Studien ist deshalb zumeist die Rede von ‚mediterraner Welt‘ oder von ‚mediterranen Völkern‘. Eine anthropologische Spezialisierung auf den gesamten Mittelmeerraum zu begründen suchte auch John Davis (Bonte, 2012, S. 166). Ähnlich wie Pitt-Rivers benutzt er in People of the Mediterranean (1977) das Konzept ‚Mittelmeerraum‘ dazu, den Blick weg vom Nationalstaat hin zum supranationalen Mittelmeerraum zu wenden. In seiner bisweilen sehr polemischen Besprechung anthropologischer mediterranistischer Arbeiten definiert Davis selbst das Konzept ‚Mittelmeerraum‘ zwar nicht näher und rät sogar davon ab, die Einheit des Raumes zu betonen. Gleichzeitig verweist er jedoch darauf, dass der Mittelmeerraum eine hilfreiche Kategorie für die Analyse gemeinsamer oder doch ähnlicher anthropologischer ‚Relikte‘ sein könne (Davis, 1977, S. 11–15). Phänomene und Prozesse des Kontakts und Austausches im Mittelmeerraum, so Davis, finden ihren Niederschlag als ‚soziale Fakten‘ oder ‚Institutionen‘, die als Relikte im Mittelmeerraum zu finden seien.10 Eine Liste solch möglicher Relikte ist jedoch kurz, wie 8

Ähnlich argumentierte auch der Anthropologe Edward Evan Evans-Pritchard (1965, S. 25): „If we are studying Mediterranean peoples, perhaps we should be less concerned with likenesses between them, the explanation of which may be racial, geographical, psychological and historical; but rather with the differences between them, where a sociological explanation is more likely to be relevant. We ask ourselves how a Greek differs from a Spaniard or an Italian, or a Spaniard from an Italian or a Greek; and then we ask ourselves why?“ 9 Eine Ausnahme hierzu ist der Beitrag von Jane Schneider (1971), dessen zentrales Anliegen sie so beschreibt: „The thesis of this paper is that the Mediterranean does have cultural unity, and that this derives from a particular set of ecological forces“ (Schneider, 1971, S. 2). Ansatzweise eine panmediterrane Perspektive verfolgen neben dem zitierten Beitrag von Schneider noch die Arbeiten von Ernest Gellner (1963), Eric Wolf (1969) und Jeremy Boissevain 1976 (vgl. Boissevain, 1979, S. 81). 10 Gerade dieser Aspekt wird von Davis besonders hervorgehoben: „If there are common characteristics, these must be the product of contact, exchange – they must be created by human interaction“, so Davis (1977, S. 19). Oder an anderer Stelle: „[T]he people of the mediterranean

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er selbst zugesteht: „It is likely that the candidates for such a status are relatively few: collective oath in Morocco and Albania; towers in Italy and the Balkans; perhaps honour – the list is short, and none of the institutions is universal within the Mediterranean nor exclusive to it“ (Davis, 1977, S. 13). Davis sieht im Mittelmeerraum weniger eine diskrete ‚kulturelle‘ Einheit, sondern vielmehr, wie es Jeremy Boissevain (1979, S. 83) formuliert, ein Studienfeld von Interaktion, Handel und Eroberung. Dem damaligen Direktor des European-Mediterranean Study Center an der Universität Amsterdam war diese Konzeption jedoch deutlich zu wenig: The Mediterranean is more than just a field of interaction, commerce, and conquest. […] In spite of his materialist analysis of honour, Davis, in my view, has missed the most obvious materialist parameters that together give the region its distinctive signature: sea, climate, terrain, and mode of production. The sea has facilitated communication, and hence political domination and unity at certain periods and rebellion, relative isolation, and concentration of power at local levels when force was relaxed. The steep mountains to the north and east and harsh deserts to the south have isolated the region from both Europe and Africa. A roughly uniform climate, in conjunction with the peculiar pattern of communication, has fostered the cultivation of similar crops by neighbouring peoples and obliged them to resolve analogous production problems the solution of which is reflected in the social organisation. (Boissevain, 1979, S. 83)

Ähnlich argumentiert auch der US-amerikanische Ethnologe David Gilmore für eine ‚interne Konsistenz‘ und ‚Distinktivität des Mitteleerraumes‘: „It is rather the combination of historical convergence with synchronic parallels in culture, all within a homogeneous environment, that provides both internal consistency and distinctiveness to the Mediterranean area“ (Gilmore, 1982, S. 181). Gilmore betrachtet geographische, ökologische, politische, wirtschaftliche und kulturelle Faktoren als notwendige, aber nicht hinreichende Kriterien für einen distinktiven Mittelmeerraum und führt aus: „In my view, the ‚much heralded unity‘ of the Mediterranean emerges both synchronically and diachronically from an analysis of the unique concurrence of all these multiple factors“ (Gilmore, 1982, S. 184). Begründend und prägend für eine Mittelmeeranthropologie, die gemeinsamen Charakteristika des Mittelmeerraumes nachspürte, waren in erster Linie die Arbeiten von Pitt-Rivers und Peristiany (Pitt-Rivers, 1963; Peristiany, 1965; 1968; 1976; Peristiany und Pitt-Rivers, 1992). Mit Themen wie Familie, Arbeitsteilung der Geschlechter, Verwandtschaftsbeziehungen, Patronage und Gastfreundschaft wurden ab Beginn der 1960er Jahre eine ganze Reihe struktureller Gemeinsamkeiten ausgemacht, die den Mittelmeerraum scheinbar als einen Ort kultuhave been engaged in conquest, commerce, colonialism, connubium and conversation for about five millennia, and it is impossible to imagine that in that period they have not created common institutions“ (Davis, 1977, S. 22f.).

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reller Einheit wahrnehmen ließen (vgl. Gilmore, 1982; Bonte, 2012, S. 168–174). Kein anderes Thema aber stand lange Zeit derart als Garant für die Einheit des Raumes als der sogenannte Scham und Ehre-Komplex, der in der Folgezeit zu einem Topos der Mittelmeeranthropologie avancierte (Brandes, 1987, S. 121; Silverstein, 2002, S. 18, Anm. 1).11 In dem 1965 publizierten Sammelband Honour and Shame. The Values of Mediterranean Society formuliert John Peristiany den ‚Scham und Ehre-Komplex‘ als Charakteristikum kultureller Ordnungsmuster im Mittelmeerraum. Bemerkenswert ist die Wahl des Singulars „Society“ im Untertitel, impliziert sie doch die Möglichkeit einer Differenzierung der ‚mediterranen Gesellschaft‘ gegenüber anderen Gesellschaften. Die Konzepte von Scham und Ehre, so Pitt-Rivers, spielen in allen menschlichen Gesellschaften eine Rolle (Peristiany, 1965, S. 10). Die Besonderheit der ‚mediterranen Gesellschaft‘ jedoch bestehe darin, dass für diese Scham und Ehre nicht lediglich in bestimmten Situationen, sondern permanent von Bedeutung sei (Peristiany, 1965, S. 9). Geschlechtertrennung und die Unterordnung von Frauen werden auch von Louise Sweet (1969) als übergeordnetes Merkmal einer einheitlichen Mittelmeerkultur dargestellt und bilden zusammen mit der Bedeutung von Jungfräulichkeit, sexueller Zurückhaltung der Frauen sowie deren Ausschluss aus dem öffentlichen Raum eine Konstante anthropologischer mediterranistischer Forschung der 1960er und 1970er Jahre zum Komplex um Ehre und Scham. Im Grunde jedoch sind es weniger ‚shame and honour‘, als vielmehr ‚sexuality and gender‘, die als eigentliche Marker einer kulturellen Einheit des Raumes in der anthropologischen Literatur fungieren. So beschreibt etwa John Peristiany ‚mediterrane Familienstrukturen‘ entlang dieser Dichotomie (Peristiany, 1976, S. 2). Das Konzept e i n e r bzw. d e r Mittelmeerwelt und der mit ihm zum Ausdruck gebrachten kulturellen Einheit des Raumes wurde in den 1980er Jahren als ethnozentrische und exotisierende Konstruktion männlicher Anthropologen aus dem Norden dekonstruiert, wobei insbesondere der Scham und EhreKomplex in den Fokus der Kritik geraten ist, die eng mit dem Namen des USamerikanischen Ethnologen Michael Herzfeld und insbesondere mit dessen Studie Anthropology through the Looking-Glass (1987) verbunden ist. Der Mittelmeerraum war nicht die erste ‚Area‘, die sich mit derartiger Kritik konfrontiert sah. Orientalismus-Kritik an ‚Area Studies‘ war schon Mitte der 1970er Jahre als erstes in Bezug auf ‚Middle Eastern Studies‘ formuliert worden (Basedau und Köllner, 2007, S. 107). Herzfeld war auch nicht der einzige, der diese Kritik frühzeitig mit Blick auf mediterranistische Studien formulierte. So haben etwa auch 11

Für eine knappe Darstellung (nicht Kritik) des Scham und Ehre-Komplexes vgl. Gilmore (1987). Vertreter einer Argumentation, die in den Konzepten von Scham und Ehre ein distinktives kulturelles Charakteristika des Mittelmeerraumes sehen, sprechen dabei nicht von einem ‚Komplex‘, sondern von einem ‚Syndrom‘ (z. B. Gilmore, 1982; 1987; Sant Cassia, 1991, S. 7).

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Mitglieder der Southern European Research Group Anfang der 1980er Jahre den Ansatz von Pitt-Rivers als ‚metaphysisch‘ verworfen und das Vorgehen von Davis als ‚atomistisch‘ kritisiert (Bailey u. a., 1981, S. 56). Herzfeld aber war es, der in Anlehnung an Saids Begriff ‚Orientalismus‘ den Begriff ‚Mediterranismus‘ (‚Mediterraneanism‘) prägte. Mediterranistische Literatur, so Herzfeld, sei geprägt von ‚Survivalismus‘,12 Exotismus und Ethnozentrismus. „This demands a reconsideration of how far honor and shame […] are the products of an anthropology embedded in its own cultural and historical origins, rather than that of a set of objectified ‚Mediterranean societies‘“, so Herzfeld (1987b, S. 76).13 Die Mediterranismus-Kritik der 1980er Jahre wirkte als Zäsur anthropologischer Mittelmeerforschung. Bereits die allseits beachtete Studie von Davis (1977) beklagte eindringlich jegliches Fehlen von Vergleichen anthropologischer Forschungsergebnisse. Nicht eine einzige Monographie verglich ihre Ergebnisse mit denen anderer Anthropologen. Die Fachwelt zu Ende der 1970er Jahre war sich darin einig, dass dieser Mangel unbedingt abgestellt werden musste.14 Eine vergleichende Perspektive legte es nahe, den Mittelmeerraum nicht nur als F o r s c h u n g s o b j e k t geteilter kultureller Merkmale, sondern auch als S t u d i e n f e l d für Vergleiche zu konzeptualisieren, wie exemplarisch hier dargestellt von David Gilmore: [S]omething must be done to remedy the utter lack of comparative concern among anthropologists working in the Mediterranean area. Because of its uniform climate and topography and its many historical, cultural, and commercial convergences, the Circum-Mediterranean region offers a uniquely auspicious field for the testing of comparative social science hypotheses: how and why, for example, do people develop different cultural adaptations to similar environments? (Gilmore, 1979, S. 87) 12

‚Survivalismus‘ verweist auf jene Argumentation, derzufolge wie z. B. bei Davis (1977) bestimmte kulturelle Merkmale den Wandel der Zeit überlebt hätten und in wenigen Kontexten noch als Relikte beobachtbar seien, insbesondere in „unverdorbenen Teilen des Mittelmeergebietes“ (Philippson, 1904, S. 198) bzw. in historisch isolierten Gegenden wie auf den Inseln Sardinien und Korsika und zum Teil auch auf dem Balkan, wie etwa Jane Schneider (1971, S. 8) mit Bezug auf die Bedeutung von Abstammung und Sippe als mediterrane Charakteristika argumentiert. 13 Insofern im Rahmen dieses Beitrages Konzeptualisierungen des Mittelmeerraumes, nicht aber deren Dekonstruktion als Mediterranismen im Mittelpunkt stehen, kann an dieser Stelle auf eine weitergehende Darstellung dieser Kritik verzichtet werden, wie sie neben Michael Herzfeld (v. a. 1987a, aber auch 1980; 1984; 1985; 1987b; 2005) und James Fernández (1983) z. B. auch von Unni Wikan (1984), João de Piña-Cabral (1989) und Vanessa Maher (2001) formuliert wurde. Vgl. auch Ribas-Mateos (2005, S. 9) für weitere Belege der MediterranismusKritik, sowie Yamina Dir (2005, S. 71–84) und Thomas Hauschild (2008, S. 71–76) für einen Überblick zur Kritik Herzfelds. 14 Vgl. die Rezension von Davis‘ Buch durch Jeremy Boissevain (1979) und die zahlreichen daran angeschlossenen Kommentare in Current Anthropology, 20 (1), 85–93.

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Damit hatte die Rezeption der Studie von Davis die Entwicklung der mediterranistischen Anthropologie vorgezeichnet – bis dann die Mediterranismus-Kritik die Mittelmeer-Anthropologie weitgehend zum Erliegen brachte. Die des Mediterranismus bezichtigten Autoren propagierten zwar weiterhin den Mittelmeerraum als Raum kultureller Einheit, kaum neue Autoren aber wagten sich an anthropologische Arbeiten mit panmediterraner Perspektive, ja die Beschäftigung mit derartigen Themen galt beinahe als ‚politisch unkorrekt‘ (Sant Cassia, 2003, S. 87). Wiederum war es erst das Werk von Historikern, das Hauschild zufolge anthropologische Mittelmeerstudien nach deren ‚Zerstörung‘ durch die Mediterranismus-Kritik wieder belebte und dazu führte, dass eine „vierte Generation der mediterranen Studien die zur Zwangshaltung erstarrte Dekonstruktion abgeschüttelt“ habe (Hauschild, 2008, S. 74): Die Rede ist von Peregrine Horden und Nicholas Purcell, die in Corrupting Sea ein ganzes Kapitel (Kap. XII) darauf verwenden zu zeigen, dass Scham und Ehre ‚quintessentiel mediterran‘ (Fogu, 2010, S. 4) sei. „The message is that honour and shame are indeed deeply held values across the region: they have not been foisted upon it by anthropological imperialists“, resümieren Horden und Purcell das Kapitel (2000, S. 523). Allerdings, wie William Harris (2005, S. 27) anmerkt, „without clarifying either terms or tense“. Die Wiederbelebung der Mittelmeeranthropologie geht weniger von methodischen, theoretischen oder heuristischen Impulsen dieses Werkes aus, sondern ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ob des Erfolges von Corrupting Sea das Thema der Méditerranée im akademischen Sinne wieder en vogue wurde. Die Mediterranistik erfuhr einen neuerlichen Aufschwung, in dessen Folge auch die Anthropologie wieder den Mittelmeerraum für sich entdeckte – und dort weitermachte, wo sie Ende der 1970er Jahre aufgehört hatte. Wie sich jetzt zeigte, hat die Mediterranismus-Kritik eine Mittelmeer-Anthropologie nicht dauerhaft verunmöglicht, sondern nur vorübergehend zum Erliegen gebracht. Vor allem aber blieb sie ohne nachhaltigen konzeptionellen Einfluss auf diese. „The concept of the Mediterranean as a cultural area has long been contested“ (Herzfeld, 1987), „but at the end of the debate it re-emerges in an altered form, as the concept of a patchwork, as a fragmented unity, as well as a coherent ‚laboratory‘ for anthropological comparison“, so die Ethnologen Thomas Hauschild, Martin Zillinger und Sina Lucia Kottmann (2007, S. 312) über rezente anthropologische Mittelmeerforschungen. Die Vorstellung vom Mittelmeerraum „as a universe for internal comparison“ (Ribas-Mateos, 2005, S. 7) ist in der jüngeren Anthropologie wieder weit verbreitet. Aktuelle Forschungsfragen und daraus abgeleitete Erkenntnisinteressen aber haben sich verändert: Die zentralen Fragen gelten nicht mehr dem Mittelmeerraum als solchen oder den Charakteristika seiner Einheit, sondern der Raum fungiert nur noch als Bezugsrahmen, für den das Bild des Mittelmeerraumes als ‚Laboratorium‘ strapaziert wird, wie beispielsweise von Dionigi Albera

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und Anton Blok (2001) in ihrer Einleitung zu dem fast 1000 Seiten umfassenden Sammelband L’Anthropologie de la Méditerranée: The prospect the Mediterranean region holds can perhaps best be seen as a laboratory which reverberates in an acute fashion the epistemological difficulties with which anthropology as a whole is confronted. Here one can work, explore, and experiment with new forms of discourse and ethnographic authority. (Albera und Blok, 2001, S. 26f.; vgl. auch Albera, 1999, S. 228, und Bauhardt, 2006)

Das heißt aber nicht viel anderes, als dass man von der Anthropologie d e s Mittelmeerraumes Abstand genommen hat und sich nun wieder verstärkt einer Anthropologie i m Mittelmeerraum zuwendet. Albera und Blok sprechen sich für eine Konzeption des Mittelmeerraumes aus, die sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede mit einschließt und damit vergleichende Perspektiven sinnvoll macht. Der Mittelmeerraum verliert seinen Status als Forschungsobjekt und wird stattdessen wiederum zu einem Forschungsfeld: The solution we suggest lies in avoiding the definition of the Mediterranean area as an o b j e c t of study. Instead, we consider it as a f i e l d of study. We are not referring to an object to be defined, but to a wider and significant context to be identified. As a field of ethnological study, the Mediterranean area can then be conceived as a unit of analysis in terms of which we have to phrase our questions and in terms of which we have to answer them. (Albera und Blok, 2001, S. 23, Herv. im Orig., vgl. auch Albera, 1999, S. 227)

Es sei dahingestellt, ob die anthropologische Mediterranistik damit tatsächlich, wie Hauschild, Zillinger und Kottmann (2007, S. 312) meinen, ‚in veränderter Form wiederauftaucht‘, oder ob man darin vor allem den Versuch sehen kann, das Konzept ‚Mittelmeer‘ in irgendeiner Form für anthropologische Forschung zu retten, und sei es nur als (willkürlicher) geographischer Referenzrahmen für vergleichende Studien, um auf diese Weise wenigstens das Kind im Bade zu behalten: „Faut-il jeter la Méditerranée avec l’eau du bain ?“ so fragen Christian Bromberger und Jean-Yves Durand (2001). Unzweifelhaft ist, dass vor dem Hintergrund dieser Entwicklung innerhalb der Anthropologie beispielsweise auch ein Autor wie Thomas Hauschild als Mediterranist wahrgenommen wird, obwohl dessen Arbeiten nur schwerlich die Hürde des ‚of the Mediterranean‘ nehmen dürften (vgl. Anm. 1). Denn der Vergleich zweier ähnlicher Phänomene i m Mittelmeerraum ermöglicht schwerlich eine Aussage ü b e r den Raum. Ebenso wenig, wie es reicht, von einer „basic homogeneity of Mediterranean civilization“ (Brown, 1982, S. 78) zu sprechen, ohne diese zu begründen,15 ist ein intramediterraner Vergleich hinreichend für einen mediterranistischen Ansatz, wenn die 15

Ein anderes Beispiel hierfür gibt Harris (2005, S. 26): „The deep desire some scholars feel to assert the cultural unity of the (present) Mediterranean can be observed in F. H. Stewart, Honor (Chicago and London, 1994), 75, who, although he professes not to believe in the Mediter-

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Wahl des Mittelmeerraumes als Referenzrahmen bzw. als ‚Laboratorium‘ nicht begründet wird und infolgedessen als willkürlich erscheint: „[O]ur comparative effort should not necessarily be limited to the Mediterranean region itself, but can take us outside it“, merken Albera und Blok selbst an (2001, S. 25). Der Versuch einer Begründung würde wieder die Gefahr einer essentialistischen, ethnozentristischen etc. Unausgewogenheit beinhalten, und dies umso mehr, als das Urteil der Southern European Research Group aus dem Jahr 1981 von der „postulated, but undemonstrated entity known as the Mediterranean“ (Bailey u. a., 1981, S. 55) nach wie vor nicht von der Hand zu weisen ist. Dass der Mittelmeerraum schnell in den Verdacht eines willkürlich gewählten Referenzrahmens gerät, wird etwa deutlich an der Arbeit von Thomas Hauschild, der selbst die Methode des Vergleichs wählt, indem er seine in Süditalien gesammelten Beobachtungen in universalen Kontexten verorten will: Das führt mich zum mediterranen Vergleich und zur vergleichenden funktionalen Analyse von Kulturelementen. Mein Ziel ist es, das Studium historisch gewachsener lokaler Kulturen und deren universaler Hintergründe in menschlichen Potentialen und körperlichen Reserven zu beschreiben und dann zu zeigen, wie diese folklorischen ‚Basteleien‘ in einem spezifischen ethnographischen Präsens, innerhalb eines spezifischen Felds historischer und natürlicher Kräfte bestehen oder nicht bestehen. Auf diese Weise werde ich ausgehend von meinen süditalienischen Felddaten auch Daten aus mediterranen islamischen Regionen diskutieren. (Hauschild, 2008, S. 77)

Was aber ist ‚mediterran‘? Und warum ein ‚mediterraner Vergleich‘? Etwas später finden sich Anhaltspunkte dazu. So schreibt Hauschild über das „Feld des Religiösen“, dem sein Interesse gilt und das er mediterran vergleichend verfolgt: „So genannte Magie und so genannte Religion stehen aus dieser Sicht mit menschlichen Universalien und geographischen Grundbedingungen ebenso in Verbindung wie mit spezifischen historischen Hintergründen“ (Hauschild, 2008, S. 79). Zweierlei versucht die Wahl des Mittelmeerraumes als Referenz zu rechtfertigen: „geographische Grundbedingungen“ und „spezifische historische Hintergründe“. Während ersteres an geodeterministische Ansätze gemahnt, bleibt letzteres sehr unspezifisch: wenn mit den spezifischen Hintergründen die jeweils spezifische (und damit sich also von anderen unterscheidende) Vergleichsregion gemeint ist, macht ein ausschließlich mediterraner Vergleich wenig Sinn: Andere Hintergründe finden sich überall auf der Welt. Wenn aber die „spezifischen historischen Hintergründe“ sich in gleicher Weise im gesamten Mittelmeerraum finden lassen und darüber hinaus nicht, dann wäre es hier sehr wünschenswert ranean unity, asserts that ‚it is undoubtedly true the peoples of southern Europe, and especially the rural peoples, resemble in some ways those of the Levant and North Africa more than they do those of northern Europe‘, and then admits that he cannot say in which ways!“.

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und interessant zu erfahren, worin diese bestehen, besteht doch, wie weiter unten zu zeigen sind wird, unabhängig von konkurrierenden Geschichtsinterpretationen Konsens unter allen Historikern, dass die Mittelmeerwelt spätestens seit dem 19. Jh–̇ und in keinen historisch tieferen Ebenen bewegt sich Hauschilds Argumentation – nicht mehr als geschichtlicher Einheitsraum betrachtet werden kann. Es zeigt sich hier das Dilemma einer Disziplin, die sich gegen Mediterranismus-Kritik verwehren, aber zugleich den Mittelmeerraum als Analysekategorie beibehalten will, und sei es nur als geographischen Raum für komparative Fragestellungen. Vielleicht aber ist das in erster Linie gar nicht so sehr ein disziplinäres Dilemma. Vielleicht ist das Problem der mediterranistischen Perspektive geschuldet, und nicht der anthropologischen. Denn ebenso gut könnte man fragen, warum Vergleiche nicht aus dem Mittelmeerraum herangezogen werden sollten? Eine mediterranistische Perspektive im Sinne einer Anthropologie d e s (nicht i m ) Mittelmeerraumes aber lässt sich damit aber nicht begründen. Einen anderen Weg, der Mediterranismus-Kritik zu begegnen, zeigt Henk Driessen auf. „And what about the limits of the supposed Mediterranean ‚unity‘ in a world where the scale and speed of the movement of people, goods, ideas, and meanings has enormously increased since Braudel’s long sixteenth century in spite of rather strict international borders?“, fragt Driessen (1999, S. 58) und setzt der Mediterranismus-Kritik eine kulturelle Realität entgegen: The anthropologist who claims that Mediterranean culture does not exist, neglects that for many different actors ‚Mediterranean‘ is a cultural reality. People use it as an argument for economic cooperation within the region, as a positive self-image (hospitality, warm sociability as opposed to the social coldness of the north), or as a negative stereotype (corruption, clan-mentality). In all these instances such conceptions do influence social actions. (Driessen, 1999, S. 61.)

Das Konzept der Méditerranée ist nicht nur Erfindung oder bloße Einbildung, sondern kann zur sozialen Realität werden, etwa wenn es identifikatorische Qualitäten annimmt wie in dem Plädoyer von Paolo Giaccaria und Claudio Minca: The Mediterranean, whether we like it or not, i s a l w a y s w i t h u s, either as a discourse or as a project; its practices and imaginations impose themselves as a concrete space of mobility and contact, as a both real and metaphorical space where diverse perceptions of otherness are brought together. Despite its divisions and fractures, despite its tourist kitsch and sentimental historicism, despite even its apparent marginalization from the grand designs of (Anglophone?) Western geopolitics, despite the impossibility of ‚containing‘ it within certain and fixed borders, despite all of these constraints, the Mediterranean remains a key referent for those who, from its shores, learn to define themselves through the experience of its uncontainable liquidity. (Giaccaria und Minca, 2010, S. 354, Herv. im Orig.)

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So sehr in dieser Perspektive eine interessante (anthropologische) Fragestellung enthalten ist, ist doch auch sie nicht dazu geeignet, eine Anthropologie des Mittelmeerraumes zu begründen, die der Mediterranismus-Kritik standhalten würde. Die Mittelmeerwelt ist zweifelsohne von Bedeutung im Zusammenhang mit kultur- und sozialanthropologischen Fragestellungen. Die Renaissance anthropologischer Forschungen im Mittelmeerraum seit der Jahrtausendwende hat aber nicht zu einer Anthropologie des Raumes geführt.

„Continuities of form or pattern“: Historiographische Renaissance des Mittelmeerraumes „Der Mittelmeerraum erreicht seine stärkste Einheit im Bereich der Geschichte.“ (Salvatore Bono, 2010, S. 11)

Welche Antworten auf den (scheinbaren) Widerspruch zwischen Einheit und Vielfalt, zwischen einheitlich wirkenden und regional differenzierenden Kräften hält jene Disziplin bereit, die gegenwärtig für sich als einzige aus den Reihen der sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächer beanspruchen kann, den Mittelmeerraum als Studienobjekt und nicht nur als Studienfeld zu thematisieren? Welche Mittelmeerwelten werden in gegenwärtigen historiographischen Arbeiten entworfen? Dieser Frage spürt das nachfolgende Kapitel nach, beginnend mit The Corrupting Sea: A Study of Mediterranean History, der breit referierten Studie von Peregrine Horden und Nicholas Purcell (2000), der ein maßgeblicher Anteil an der Wiederbelegung der Mittelmeer-Anthropologie im Besonderen und der Mediterranistik im Allgemein zugesprochen wird. Nur am Rande sei angemerkt, dass bereits zwei Jahre zuvor mit der unter Leitung von Jean Carpentier und François Lebrun 1998 herausgegebenen Histoire de la Méditerranée eine historiographische Überblicksdarstellung des Mittelmeerraumes erschienen war, chronologisch gegliedert in fünf Kapitel, für die jeweils ein anderer Autor verantwortlich zeichnet.16 In Retrospektive kann darin bereits ein Vorbote der mediterranistischen Renaissance gesehen werden. Die Autoren des Werkes verzichten aber auf große Thesen oder großräumige alternative Geschichtsinterpretationen. Wohl deshalb, und nicht zuletzt auch weil es bislang nur auf Französisch vorliegt, ist das Werk von der internationalen Mediterranistik bislang kaum rezipiert worden und wird beispielsweise auch nicht in der umfangreichen Bibliographie bei Horden und Purcell referiert. 16

Die Beiträge stammen von Alain Tranoy, Elisabeth Carpentier, Bartolomé Bennassar, Dominique Borne und Claude Liauzu.

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Wie kaum ein anderes Werk der Mediterranistik wird Corrupting Sea mit dem Konzept von ‚Konnektivität‘ in Verbindung gebracht. Das Mittelmeer als verbindendes Element ist dabei ein alter Gedanke. Schon der französische Geograph Elisée Reclus bezeichnet das Mittelmeer als „mer de jonction“ (Reclus, 1876, S. 33), und auch sein deutscher Kollege Theobald Fischer beschreibt es als ein Meer, das „diesen ganzen Erdgürtel“ durchdringe, „die einzelnen Teile aufs innigste miteinander“ verbinde und „sie zu einer großen Lebensgemeinschaft“ vereine (Fischer, 1908, S. 43). Horden und Purcell nun thematisieren ‚Konnektivität‘, indem sie die Zugehörigkeit einzelner Orte entlang der Meeresküsten zu einem Netzwerk betonen, das die Ansiedlungen untereinander verbinde. „Mediterranean history as we understand it should above all concern itself with the numerous small localities rather than the few famous ones“, so die Autoren (Horden und Purcell, 2000, S. 5). Mittels Konnektivität in Form intensiver Austauschbeziehungen werden so einzelne ökologische Mikro-Regionen zu interagierenden Teilen eines Ganzen, formt sich aus vielen ökologischen und soziokulturellen Nischen eine Mittelmeerwelt, wird aus Fragmentierung und Vielfalt Einheit: „Under the sign of the microecology, we have tried […] to elaborate a conception of how Mediterranean unity has actually worked – of what has, for so much of its past, made the region a discriminable whole“ (Horden und Purcell, 2000, S. 2).17 Das Kernelement hierfür bildet die Umverteilung in erster Linie von Gütern: „Redistribution, in its commonest image as trade, has been made the key to understanding not just the economy of the Mediterranean but everything else in the region as well“ (Horden und Purcell, 2000, S. 30). Die Einheit der Mittelmeerwelt war so im Verständnis von Horden und Purcell das Ergebnis einer Interaktion zwischen Menschen und ihrer Umgebung. Die Fragmentierung einzelner Küstenregionen hatte die Etablierung separater ökologischer Mikro-Regionen zur Folge, die miteinander zu einem (Handels-) netzwerk verbunden waren, für die die Einfachheit der Verbindungen durch das Meer maßgeblich war.18 Diese Einheit des Mittelmeerraumes auf Grundlage der Konnektivität ökonomischer Mikro-Regionen endet in Corrupting Sea nicht mit dem Tode Philipp II. Der Zeitrahmen des Werks aus der Hand eines Mediävisten und eines Alt-Historikers ist weit gespannt und umfasst von der Antike bis in das 17

Die Konzeption einer Mittelmeerregion bestehend aus vielen ökologisch begründeten und ökonomisch definierten Mikro-Regionen findet sich etwa schon bei Ellen Semple (1931, S. 9). Auch Louise Sweet hatte bereits 1969 als Charakteristika einer distinktiven Mittelmeerkultur der vorindustriellen Zeit die Interdependenz komplementärer Lebensräume benannt, die sich durch Merkmale ökologischer Heterogenität voneinander unterscheiden: auf der einen Seite kleine, weitgehend autonome Stadtstaaten, und auf der anderen Seite das diese umgebende Hinterland (Sweet, 1969, S. vi–xii). 18 Für einen solchen ökologischen Analyseansatz, in dem der Alt-Historiker Alain Bresson (2005, S. 94) ‚den Nukleus eines mediterranistischen Paradigmas‘ sieht („nucleus of a Mediterranean paradigm“), hatte sich bereits David Gilmore 1979 ausgesprochen (1979, S. 88).

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20. Jh. annähernd drei Jahrtausende, wobei der Schwerpunkt aber eindeutig auf der antiken, mittelalterlichen und früh-neuzeitlichen Geschichte liegt. Die Einheit der Mittelmeerwelt besteht paradoxerweise in der geographischen Komplexität, die Reichtum und Vielfalt bedingt und den (Waren-)Austausch untereinander fördert. Für die Gesellschaften entlang des Mittelmeeres, die Teil dieser Handels- und Tauschsysteme und auf diese angewiesen waren, erwies sich dieser Austausch als ‚korrumpierend‘ in einem positiven Sinn, indem er zu Reichtum beitrug. So erklärt sich auch der Titel des Buches The Corrupting Sea: Denn obwohl anders als bei Braudel auch Bergregionen als Teil dieser Netzwerke mit in den Blick genommen werden, war es doch das Meer als flexibelster Kommunikationsweg, das die Gesellschaften in einem positivem Sinne ‚korrumpierte‘. Nun sind es aber nach Horden und Purcell gerade nicht die großen, den Mittelmeerraum mit anderen Regionen der Welt verbindenden Handelswege, die prägend für die Geschichte der mediterranen Welt waren, sondern jene Handelsund Tauschbeziehungen zwischen ökologischen Mikro-Regionen, die der Versorgung mit Gütern wie Getreide, Wein, Öl, Holz und Metallen dienten, für deren Gewinnung die ökologische Vielfalt der Mittelmeerwelt die notwendige Voraussetzung war. „Für Purcell und Horden“, so Abulafia (2003, S. 20), „war es genau diese Notwendigkeit eines lokalen Warentausches innerhalb eines so vielfältigen ökologischen Systems, die die mediterrane Welt der Antike und des Mittelalters miteinander verband.“ Purcell bezeichnete später die dem Werk zugrunde gelegte Konzeption der Mittelmeerwelt als eine „fourfold description of primary production“ (Purcell, 2003, S. 10) oder auch als „fourfold model“ (Purcell, 2003, S. 16), charakterisiert durch distinktive Ordnungen von Risiko, Produktionslogik, topographischer Fragmentierung und Kommunikation (Purcell, 2003, S. 10). Corrupting Sea beschreibt ein ökologisches Funktionsmodell von Mikro-Regionen, bei denen – anders als in Braudels Perspektive einer long durée – regionalgeschichtliche Aspekte und lokale Politiken notwendigerweise eine stärkere Betonung erhalten. Während Corrupting Sea die Einheit der Mittelmeerwelt durch Netzwerke betont, die separate Mikro-Ökologien untereinander verbinden, bleibt in dem Werk, das die Autoren als „human history of the Mediterranean Sea and its coastlands“ (Horden und Purcell, 2000, S. 9) verstanden wissen wollen, offen, was überhaupt unter welchen Gesichtspunkten zum Mittelmeerraum zu rechnen ist. Horden und Purcell begründen das Fehlen von Grenzen implizit mit ihrer Vorgehensweise ‚von innen nach außen‘, bei der die Frage nach den ‚Grenzen‘ nebensächlich scheint: „Volume 1 moves from inside the Mediterranean to outside, beginning with the smallest constituents and their interaction and touching only occasionally on more far-flung links“ (Horden und Purcell, 2000, S. 4). Einen Versuch, die Grenzen dessen zu bestimmen, was sie „Mediterranean“ nennen, unternehmen sie bewusst nicht: „To borrow an evocative concept from mathematics, the Mediterranean is a ‚fuzzy set‘. A certain vagueness should be of the

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essence in the way it is conceived“ (Horden und Purcell, 2000, S. 45). Entsprechend fällt auch ihr Fazit aus: As we have argued throughout, the region is only loosely unified, distinguishable from its neighbours to degrees that vary with time, geographical direction and topic. Its boundaries are not of the sort to be drawn easily on a map. Its continuities are best thought of as continuities of form or pattern, within which all is mutability. (Horden und Purcell, 2000, S. 523)19

In ähnlicher, vielleicht sogar noch ausgeprägterer Weise trifft das auch auf das Werk Mediterranean Crossings: The Politics of an Interrupted Modernity des Kulturwissenschaftlers Iain Chambers zu (2008). Chambers lässt darin die von Braudel und anderen in der Perspektive einer long durée gedachte Einheit der Mittelmeerwelt mit Blick auf die Konnektivität seiner Einzelteile durchaus gelten, wenngleich auch in einem größeren geographischen Rahmen als ihn Braudel seiner Betrachtung zugrunde legte: Mit Verweis auf Silvio Marconi (2003) hält er fest: In the perspective of Braudel’s longue durée, the ‚unity‘ of the Mediterranean could provocatively also be considered […] within the historical conditions of heterogeneous networks that extend from North Africa, the Sahara, and the Sahel (including the Senegal and Niger basin) trough the Middle East to the valley of the Indus and the Indian Ocean, as well as spilling out across the high desert plateaus and steppes of Central Asia. (Chambers, 2008, S. 69)

Für Chambers steht aus Perspektive der Cultural and Postcolonial Studies nicht mehr die Frage nach der Einheit in der Vielfalt im Mittelpunkt seiner konzeptuellen Darlegungen des Mittelmeerraumes: Es ist die Akzeptanz und Anerkennung der Hybridität des Raumes, der eine Zuschreibung in der einen wie anderen Richtung letztlich verbiete, eine Hybridität, die Ausgangspunkt einer Dekonstruktion einzelner Zuschreibungen, der Konstruktion der Méditerranée ist: It is in this arduous combination of communication and difference, of shared encounters and marked distinctions, or resonance and dissonance, that the Mediterranean proposes a multiplicity that simultaneously interrupts and interrogates the facile evaluations of a simple mapping disciplined by the landlocked desires of a narrow-minded progress and a homogeneous modernity. (Chambers, 2008, S. 25)

Chambers sieht im Mittelmeerraum ein ‚Produkt‘ und ‚Konstrukt‘ moderner geographischer, politischer, kultureller und historischer Klassifizierungen 19

An anderer Stelle heißt es hierzu: „It bears reemphasis that the region’s unity and distinctiveness must be conceived in relative, not absolute, terms: neat frontiers, enclosing blatant uniformities, are hardly to be expected“ (Horden und Purcell, 2000, S. 487).

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(Chambers, 2008, S. 12). Sein Interesse gilt denn auch in erster Linie den Brüchen einer hegemonial erzählten bzw. konstruierten scheinbaren Einheit des Mittelmeerraumes: „The complex geopolitical, cultural and historical space of the Mediterranean concentrates our attention on the question of cultural crossovers, contaminations, creolisations, and uneven historical memories“ (Chambers, 2008, S. 28). Und weiter: There is the Mediterranean, the sea itself, not so much as a frontier or barrier between the North and the South, or the East and the West, as an intricate site of encounters and currents. It immediately invokes the movement of peoples, histories, and cultures that underlines the continual sense of historical transformations and cultural translation which makes it a site of perpetual transit. We can return to that history, not so much with the idea of getting the historical record straight as to hear it again in order to listen to its other, repressed rhythms and reasons. (Chambers, 2008, S. 32)

Mediterranean Crossings ist ein Plädoyer dafür, die Mittelmeerwelt nicht als stabilen, homogenen Raum zu verstehen, sondern diesen zu rekonzeptualisieren als transitorischen, sich ständig wandelnden transkulturellen Raum. Chambers ist hier im Einklang mit Nicholas Purcell, der 2003 festhielt: „The borderless, mutable, uncentred Mediterranean turns out not only to be relatively free from the taint of totalitarian or hegemonial conceptualization but even to serve as a suitable foyer for postcolonial investigations“ (Purcell, 2003, S. 22). Deutlich anders konzipiert, weil dezidiert einer historiographischen Perspektive verpflichtet, ist das Werk von Faruk Tabak. Als Neuzeithistoriker ist Tabak einer von wenigen, der sich mit The Waning of the Mediterranean, 1550–1870: A Geohistorical Approach (2008) an eine Historiographie des Mittelmeerraumes gewagt hat. Zuletzt Assistant Professor of Modern Turkish Studies an der Georgetown University in den USA ist seine Monographie in der mediterranistischen Literatur bislang kaum rezipiert, was durch sein frühes Ableben 2008 kurz nach Publikation seines Werkes nur bedingt erklärbar ist. Gerade deshalb verdient das Werk zumindest eine kurze Erwähnung. Tabaks Ausgangspunkt ist einmal mehr Braudel: In all, his [Braudel’s, A. E.] analysis lays down in detail the foundations on which the historical unity, physical and human, of the lands enveloping it were built. Since this unity is considered to have collapsed with the rise of the Baltic and the Atlantic, his line of inquiry has therefore not been fully embraced by the students of the region in their analysis of the developments that reshaped it in the seventeenth and eighteenth centuries. (Tabak, 2008, S. 8)

Tabak nun setzt genau hier an und argumentiert für eine Einheit der Mittelmeerwelt auch über die von Braudel untersuchte Zeitspanne hinweg.

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If the Mediterranean ‚lived and breathed with the same rhythms‘, then the relatively marginal role attached to these rhythms by the historians of the region in their analyses of its eclipse should be brought under scrutiny so that the path ‚individual‘ historiographies should or could take can be determined correspondingly. In other words, the task of recovering these centuries from obscurity should start by restoring the unity of the Mediterranean and the role Genoa and Venice played in unison in preserving that unity and in plotting the ‚general trends‘ and ‚collective destinies‘ that this unity implied rather than assume that the basin’s economic structures became subject to inexorable disintegration. (Tabak, 2008, S. 10)

Der ‚Niedergang‘ der Mittelmeerwelt wird Tabak zufolge erklärt durch drei Entwicklungen: „To reiterate, the temporalities that framed the waning of the Mediterranean and laid out its common destiny were threefold: the secular rhythms of the world-economy, the cycles of hegemony of the world-system, and the ecological pulse of the natural world“ (Tabak, 2008, S. 23). Während sich der Gewürzhandel und der gewinnbringende Anbau von Baumwolle und Zuckerrohr weitgehend außerhalb des Mittelmeerraumes abspielte, sich so das Zentrum der Weltwirtschaft vom Mittelmeer weg hin zu Nordsee und Atlantik verlagerte, und eine kleine Eiszeit die Anbau- und damit auch Siedlungsbedingungen im Mittelmeerraum veränderte, änderte sich, so die Argumentation von Tabak, auch die soziale und wirtschaftliche Geographie des Raumes durch die Einführung neuer Anbauprodukte, allen voran Mais, durch den Rückgang maritimer zugunsten landbasierter Handelsverbindungen und durch eine veränderte Verteilung und Organisation von Landeigentum mit nachhaltigen Folgen für die landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen. Tabak schreibt so eine Wirtschaftsgeschichte, die in ihrem ersten Teil „Of cities of Saints and rich trades“ die nachlassende Bedeutung des Raumes in der Weltwirtschaft betrachtet und im zweiten Teil „Of malarial plains and arboreal hills“ die Geschichte eines ‚großen agrarischen Zyklus‘ (Tabak, 2008, S. 16) im ‚Herbst‘ der Mittelmeerwelt während der mehr als dreihundert Jahre dauernden kleinen Eiszeit von der Mitte des 16. Jh. bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jh. darstellt.20 Tabaks zentrale These geht dahin, dass sich zwar die wirtschaftlichen Strukturen im Mittelmeerraum in dem von ihm untersuchten Zeitraum änderten und damit auch der Rhythmus, in dem die Mittelmeerwelt atmete, sich aber der Rhythmus für den gesamten Mittelmeerraum in gleicher Weise wandelte. Die Mittelmeerwelt atmete in einem zwar anderen, aber nach wie vor einheitlichen Rhythmus, und darin liegt für Tabak die Einheit der Mittelmeerwelt begründet. „It was a different landscape, but one the still shared the same rhythms“, 20

Tabak begründet die Wahl seines Untersuchungszeitraumes so: „The great cycle that was ushered in by the advent of the Little Ice Age in the 1550s was completed, fittingly, by its end in the 1870s, for the simple reason that the return of warmer conditions and decreased climatic variability rendered the reclamation of swamps incomparably easier“ (Tabak, 2008, S. 22).

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so John Wing in seiner Rezension des Werkes (Wing, 2009, S. 547). Dabei wird aber weder die Frage nach den Grenzen des Raumes gestellt, noch wird eine stringente Konzeption der Méditerranée entwickelt. Das zeigt sich bereits daran, dass der naturgeographische Begriff ‚Mediterranean basin‘ die textuelle Darstellung dominiert. Der Fokus der Studie in ‚geohistorischer‘ Perspektive liegt auf den beiden Stadtstaaten Genua und Venedig sowie auf dem Osmanischen Reich im Osten und der Habsburgermonarchie im Westen, während Regionen wie Griechenland, der Balkan und das nördliche Afrika weitgehend außer Betracht bleiben. Nur sehr bedingt wird damit der durch den Titel implizierte Anspruch einer Historiographie des gesamten Mittelmeerraumes eingelöst. Der Kontext der Weltwirtschaft, in dem die Mittelmeerwelt hier verortet wird, erfordert es, auch Regionen außerhalb des Mittelmeerraumes wie etwa den Atlantik und die Nordund Ostsee mit in den Blick zu nehmen, wofür sich dann der Begriff „Greater Mediterranean“ (z. B. Tabak, 2008, S. 10) ohne weitere Erläuterung findet. Tabaks Werk mag somit aus historiographischer Perspektive ein innovativer – wenngleich auch stark verengter – Blick auf den Mittelmeerraum sein, für die hier verfolgte Fragestellung nach Raumdenken und Konzeptualisierung der Mittelmeerwelt ist das Werk insgesamt wenig ergiebig.21 Gleiches gilt für das Werk des britischen Mediävisten David Abulafia. „Eine Geschichte des Mittelmeeres könnte unschwer geschrieben werden im Licht unserer heutigen Kenntnisse von den Höhen und Tiefen der unzähligen Zivilisationen, die an dessen Küsten erblühten“, so Abulafia (2003, S. 12). Mit seinem Werk The Great Sea hat Abulafia diesen Anspruch 2011 einzulösen versucht. Ähnlich wie bei Braudel ist es nicht die ereignisgeschichtliche Dimension, der sein vordergründiges Interesse gilt, denn, so Abulafia, Ereignisse und Entwicklungen wie der Griechische Unabhängigkeitskampf, Jungtürken, Faschismus, die Gründung Israels und anderes hätten zwar den Mittelmeerraum entscheidend geprägt, „erklären selbst aber nicht, wie sich die Interaktion zwischen Mensch und Meer in dieser Region abspielte“ (Abulafia, 2003, S. 14). Abulafia hat sein Verständnis mediterraner Geschichte bereits 2003 formuliert und sich durch die Betonung der menschlichen Dimension deutlich von Braudels und auch Hordens und Purcells Ansatz distanziert: Die Geschichte des Mittelmeeres ist eine Geschichte politischer, kultureller, religiöser und ökonomischer Koexistenz, aber auch eine der Konfrontation zwischen Nachbarn, die sich oft der Macht ihrer ethnischen, ökonomischen und religiösen 21

„The book therefore reconstructs a mechanism based on a limited number of factors, creating a framework in which there is a strong sense of determinism, in which the restructuring of the world market and climatic conditions are the critical forces. […] The book is dominated by an overtly geohistorical reading: human beings do not appear, only the impersonal forces of climate and the consequences of geographical discoveries. […] The Braudelian model is thus emptied, without any trace of social relationship, political strategies, the role of the emerging modern states, or religious conflicts“, so die Kritik von Giovanni Levi (2009, S. 1173).

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Unterschiede bewusst waren. Natürlich dürfen Umweltfragen nicht ausgeklammert werden; für den Historiker sind sie zunächst dahingehend von Bedeutung, als sie die Lebensbedingungen der Bewohner einer Region prägen und zweitens in der Art und Weise, wie es den Menschen gelang, ihre Umwelt zu verändern. Entscheidend ist, dass eine Geschichte der mediterranen Welt eine Geschichte ihrer Menschen sein muss, die ihren Ausdruck in den kommerziellen, kulturellen und religiösen Wechselbeziehungen innerhalb ihrer Grenzen findet. (Abulafia, 2003, S. 26)

Wie kaum ein anderer Mediterranist verfolgt Abulafia damit einen Interaktionsansatz: Die Geschichte des Mittelmeerraumes ist für ihn zuallererst die Geschichte der Interaktionen der an dessen Gestaden lebenden Menschen: [T]he maritime history of the Classic Mediterranean, or any other Mediterranean, ceases to be simply the history of naval encounters between rival powers, of trade and piracy, but becomes the history of human encounters. It is not just the history of what happened on the sea, but the history of the way the inhabitants of the opposing shores of the sea interacted across the sea. In this way we can hope to restore one of the missing elements in the Braudelian Mediterranean: human beings. (Abulafia, 2005, S. 67)

Abulafia, der in The Great Sea mit nur wenigen Belegen auskommt, stellt keine konzeptionellen Überlegungen zum Raum an. Die geographischen Grenzen seines Untersuchungsgegenstandes sind eng gesetzt: „My ‚Mediterranean‘ is resolutely the surface of the sea itself, its shores and its islands particularly the port cities that provided the main departure and arrival points for those crossing it“ (Abulafia, 2011, S. xvii), und ebenso klar scheint das Thema seiner Studie: „it is a history of the people who crossed the sea and lived close by its shores in ports and on islands.“ Der Untertitel seiner Studie A Human History of the Mediterranean kommt nicht von ungefähr: [T]his book concentrates on those who dipped their toes into the sea, and, best of all, took journeys across it, participating directly, in some cases, in cross-cultural trade, in the movement of religious and other ideas, or, no less significantly, in naval conflicts for mastery over the sea routes. (Abulafia, 2011, S. xviii)

Mit Braudel stimmt Abulafia darin überein, dass die Mittelmeerwelt als eine „basic commercial unity“ (Abulafia, 2005, S. 68) aufgefasst werden könne, die sich seit dem 8. Jh. vor Christus mit der Etablierung von dauerhaften Austauschnetzwerken durch Phönizier und Etrusker mit Marktplätzen in Südfrankreich, Spanien und den größeren Mittelmeerinseln herauszubilden begann. Eine Einheit auf der Basis eines kommerziellen Austausches, die auch durch die Konfrontation zwischen Christentum und Islam nicht erschüttert werden konnte (Abulafia, 2005, S. 68–70). Indes steht aber die Frage nach der Einheit in der Vielfalt

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oder nach dem, was den Mittelmeerraum als solchen konstituiert, für Abulafia nicht im Vordergrund seines Interesses. Im Gegenteil: seinen Untersuchungsgegenstand geographisch und thematisch bestimmt habend, erzählt er die Geschichte – oder besser, einen kleinen Teil der Geschichte – der Bewohner dieser Region, für die selbst, so das Fazit von Abulafia, die Frage nach der Einheit der Mittelmeerwelt für ihre jeweilige Lebenswirklichkeit nicht von Bedeutung war (Abulafia, 2011, S. 641). Abulafias Great Sea ist in erster Linie eine Geschichte der Interaktion von Menschen, zuvorderst in Form von Handelsbeziehungen: Denn Kaufleute und Händler waren es in erster Linie, die das Mittelmeer befuhren und überquerten, um die Nachfrage nach Gütern wie Getreide, Salz, Edelmetallen und Luxusartikel zu befriedigen. Und wenngleich sie dabei auch als Mittler und Vermittler zwischen Kulturen fungierten, so ist The Great Sea doch in erster Linie eine Handelsgeschichte. Unabhängig davon, wie die Mittelmeerwelt in einzelnen Studien konzeptualisiert wurde und wird, scheint für Mediterranisten der Gegenwart die so oft diskutierte ‚Einheit‘ eine historische zu sein. So schreiben etwa Horden und Purcell: „[T]he Mediterranean region as a distinct whole is n o t, we think, the indispensable frame-work within which to conceptualize the v e r y r e c e n t history and likely future of its peoples. […] Mediterranean history […] can be deemed to have reached a close“ (Horden und Purcell, 2000, S. 3f., Herv. im Orig.). Im gegenwärtigen akademischen Denken, so Horden und Purcell, könne man keine Einheit mehr erkennen: From whatever theoretical vantage point we view the region it apparently remains ineluctably divided. Indeed, within the whole field of current academic thinking and social policy the only context in which the Mediterranean has been treated as a single entity appears to be that of environmental concern. (Horden und Purcell, 2000, S. 21)

Diese Sichtweise – untermauert durch das Fehlen akademischer Studien, die sie widerlegen würde – legt den Schluss nahe, dass die mediterranistische Forschung mit Blick auf eine wie auch immer geartete ‚Einheit‘ des Raumes an eine Zäsur gelangt ist, von der an wohl noch neue Studien das Wissen um die historische Einheit des Mittelmeerraumes erweitern und vertiefen können, von der an aber der akademische Einheits-Diskurs gleich welcher Disziplin nicht mehr fortgeschrieben werden kann. Und so bietet sich als Schlusswort dieses Abschnitts ein Resümee von Salvatore Bono an, italienischer Historiker und Experte für die frühneuzeitliche Geschichte der Mittelmeerwelt und langjähriger Präsident der Société Internationale des Historiens de la Méditerranée, der in einem Vortrag in Bonn 2010 resümierte:22 22

Salvatore Bono hat mit seinem 2008 verlegten und bislang nur auf Italienisch erschienenen

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Der Mittelmeerraum erreicht seine stärkste Einheit im Bereich der Geschichte. Unter dem Begriff Einheit ist weder eine Homogenität, oder ein Einverständnis über bestimmte Werte und Ereignisse, noch ein friedliches Zusammenleben von Völkern und Kulturen zu verstehen. Bis ins vergangene Jahrhundert lassen sich Homogenität und friedliches Zusammenleben nicht einmal in europäischen Gebieten mit derselben Kultur feststellen. Die Einheit der mediterranen Welt ist charakterisiert durch Kulturen und Völker, die sich im Laufe der Jahrhunderte durch gegenseitige Beziehungen und durch Austausch von materiellem sowie spirituellem Kulturgut: Wissen, Bräuche, Dinge, Wörter, Mythen, entwickelt haben. Die Geschichten der einzelnen Teile der mediterranen Welt haben sich durch eine enge gegenseitige Konditionierung entwickelt. Durch die Anerkennung einer ‚gemeinsamen historischen Erfahrung‘ kommt es zur Würdigung der Vielzahl von Kulturen und Traditionen, die alle gleichermaßen mit selben Verdienst und selber Würde zur geeinigten Geschichte beigetragen haben. Diese Anerkennung schließt jedoch gleichzeitig die tatsächlichen Unterschiede in geografischer, landschaftlicher, demografischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht nicht aus. Dadurch können und sollen Bemühungen entstehen, welche progressive Verbesserungen mit sich bringen, die den Wünschen der betreffenden Bevölkerungen entsprechen. (Bono, 2010, S. 11)

„Everything seems to be in flux“: Mediterranistik als ‚Area Study‘ „Die Grenzen des Mittelmeergebietes sind durchaus offene und, je nach dem Gesichtspunkte der jeweiligen Betrachtung, verschiedene.“ (Alfred Philippson, 1904, S. vii)

Unabhängig von Disziplin oder Erkenntnisinteresse ist die Frage nach der Einheit versus Vielfalt des Raumes und die Bestimmbarkeit seiner Grenzen bis heute eine grundlegende Herausforderung für ‚Area Studies‘ und damit auch für mediterranistische Studien. „Der Mittelmeerraum“, so formulierte es Maull bereits 1929, „ist von altersher ein Gebiet der Raumprobleme und ein Kampffeld gewesen. Zwei Grundtendenzen rangen dabei stets miteinander, die des ZusammenBuch Un altro Mediterraneo. Una storia comune tra scontri e integrazioni ein ambitioniertes Geschichtsnarrativ des Mittelmeerraumes von der Antike bis zur Neuzeit vorgelegt, in der er sich auf der Grundlage eines geopolitischen Verständnisses für das Konzept einer ‚panmediterranen‘ Welt ausspricht, welche unter anderem „all of Europe, with all of its nations whether or not they belong to the union, the entire Arab world, all the way to the Arabian Peninsula“ umfasse (Bono, 2008a, S. 277, hier zitiert in der Übersetzung (!) durch Fogu, 2010, S. 10).

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schlusses des Gesamtraumes und die der Trennung nach mehr den Landschaften und Ländern angepaßten Lebensräumen“ (Maull, 1929, S. 12). Kann eine Mediterranistik als ‚Area Study‘ Antworten auf den (scheinbaren) Widerspruch zwischen diesen „Grundtendenzen“ liefern? „Based on detailed analysis of local phenomena, area studies can help to challenge, test, refine, and develop both local and universalistic concepts and theories – regardless of their disciplinary background and the particular methods involved“ so Matthias Basedau und Patrick Köllner (2007, S. 120). So richtig diese Feststellung auch sein mag, sie ist nicht hinreichend für eine wissenschaftliche Fundierung einer ‚Area‘. Mit Blick auf eine solche sieht sich Mediterranistik als ‚Area Study‘ einer zweifachen Herausforderung gegenüber: den Mittelmeerraum nach innen mit konzeptionellen Inhalten zu füllen, und nach außen gegenüber anderen ‚Areas‘ abzugrenzen. Deutlich gemacht hat dies etwa Yaacov Shavit: A region can be described and defined as a cultural unit when it has c l e a r a n d d e f i n e d b o u n d a r i e s , and when it is organized and acts as a ‚system‘ […]. A cultural system presumes a certain degree of interdependence of its c o n s t i t u e n t p a r t s , which do indeed also show a strong and r e c o g n i z a b l e relationship. Unity in our case exists, or is achieved, when and where continuous and stable patterns of interdependence exist, and this interdependence extends to a range of components. It must be more intensive, stronger and more effective than the mutual dependence existing between the component parts of the particular system and o t h e r cultural systems (or cultural regions). (Shavit, 1988, S. 98, eig. Herv.)

Die Schwierigkeit besteht nun darin, nicht nur die Grenzen zu bestimmen, sondern auch die „constituent parts and components“ des Raumes zu bezeichnen, Interdependenzen aufzuzeigen und letztere auch qualifizierbar zu machen. Gerade die Bewertung von Interdependenzen ist dabei ein noch nicht thematisierter Punkt. Alle Studien, die sich gegen eine Konzeption des Mittelmeerraumes als wie auch immer definierte Analysekategorie aussprechen, wurden in der vorliegenden Darstellung gar nicht thematisiert, da sie per definitionem nicht als mediterranistische Forschungen gesehen werden. Gerade in den südlichen Ländern des Mittelmeerraumes ist der ‚Mythos Mittelmeer‘ und die Vorstellung von einer Einheit des Raumes jedoch kaum anschlussfähig: „For the populations of the southern shore – as opposed to its elites – the somewhat lyrical invocations of a common Mediterranean culture remain largely abstract, if not irrelevant“, so Emmanuel Godin und Natalya Vince (2012, S. 7f.). „Die mediterrane Welt“, so auch der in Algerien geborenen Politikwissenschaftlers Sami Nair, „hat niemals eine Einheit gebildet. Seit jeher sind die Küsten des Nordens und die des Südens miteinander zerstritten; sind es heute noch; werden es zweifellos auch in Zukunft sein“ (Nair, 1992, S. 24, hier zitiert nach Verheyen, 2001b, S. 303).

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Jene Arbeiten aber, die sich für eine Einheit des Raumes aussprechen und dabei nicht nur auf der Grundlage induktiver Verfahren, durch nicht belegte Behauptungen und Bedeutungszuschreibungen, sondern auch auf empirischer Basis argumentieren, so wie etwa Pirenne, Braudel oder Goitein für ihre jeweiligen Untersuchungszeiträume, beleuchten naturgemäß nur jene Punkte empirisch, die als Belege für ihre jeweilige Konzeption der Einheit des Raumes gelten können, also beispielsweise Handelsverbindungen, nicht aber jene Aspekte, die ihre Konzeption in Frage stellen, also z. B. das Fehlen von Handelsverbindungen. In diesem Sinne sind dies keine ergebnisoffenen Studien. Problematisch ist dieses Vorgehen durch das Fehlen eines Kriteriums anhand dessen eine Aussage getroffen werden kann, wann bestimmte empirische Belege als ausreichend für eine bestimme Konzeptualisierung des Raumes angesehen werden können. Wie muss die Qualität und Quantität etwa von Handelsbeziehungen beschaffen sein, damit Handelskontakte als charakteristisch bewertbar sind? Auf diese Fragen kann es keine endgültige Antwort geben, und so werden letzten Endes für die Annahme einer ‚Area‘ oder dessen Ablehnung immer Bewertungen, Interpretationen und Bedeutungszuschreibungen maßgeblich bleiben. Denn die Begründung des Mittelmeerraumes als einer ‚Area‘ ist weniger das Ergebnis, als die Vorbedingung mediterranistischer Forschung, die notwendigerweise immer Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten des Raumes betont: „If we wish to contribute to improving and disseminating knowledge of Mediterranean history […] we are also contributing to the affirmation that the Mediterranean ‚exists‘ as an integral whole, where people, states and civilisations lived and continue to live a common historical experience.“ (Bono, 2004, S. 583) Die Intensität der wie auch immer gearteten Gemeinsamkeiten und Verbindungen, die eine ‚Area‘ als ein ‚integrales Ganzes‘ konstituieren, kann sich indes nur aus einem Vergleich mit außerhalb der ‚Area‘ liegenden Beobachtungen ergeben. Eine intermediterrane Perspektive allein ist hierfür nicht ausreichend, es bedarf des Blicks auf oder über die Grenzen des Raumes hinweg. Ähnlich wie Shavit (1988, S. 98), der die Notwenigkeit ‚klarer und definierter Grenzen‘ betont, weist darauf etwa auch William Harris in Bezug auf den Mittelmeerraum hin: A stronger meaning of Mediterranean ecological unity depends on whether local economies are solidly c o n n e c t e d to the wider Mediterranean (and disconnected from other parts of the world?). If a great many people who lived on the Mediterranean’s shores at any particular time were autarkic fishermen or pastoralists or farmers, then the Mediterranean was not in this sense a unit“ (Harris, 2005, S. 23, Herv. im Orig.).23 23

In ganz ähnlicher Weise argumentiert auch Johann Arnason: „But in contrast to some other regions analysed by traditional historians, the Mediterranean cannot be seen as a civilizational unit: the ties that bind its parts together have to do with patterns of interaction across cultural boundaries, and d e m a r c a t i o n f r o m n e i g h b o u r i n g a r e a s – not always

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Neben der inhaltlichen Konzeptualisierung ist damit die Abgrenzbarkeit des Raumes von zentraler Bedeutung für ‚Area Studies‘, wie hier von Nicholas Purcell formuliert: If our model – if any model – of Mediterranean distinctiveness is to be helpful, the Mediterranean must have some definition in the spatial sense – and edge, or at least a zone of transition, between the places for which comparisons and deductions of the sort we propose may be justified and neighbouring zones in which they would be more difficult. (Purcell, 2003, S. 11)

Lange Zeit schien es naheliegend, große kontinentale Landmassen zur Grundlage von ‚Areas‘ zu machen: ‚South-Eastern Studies‘, ‚Middle Eastern Studies‘, ‚African Studies‘, ‚Latin American Studies‘ etc. Der Gefahr von Essentialisierungen dieser Räume suchte man durch eine kleinteiligere Organisation zu entrinnen. Die Argumentation war einfach: Da beispielsweise Afrika in kultureller Hinsicht nicht homogen sei, sondern große Unterschiede aufweise, müsse es mehrere kulturelle ‚Areas‘ in Afrika geben. So heißt es etwa in der Einleitung einer UNESCOTagungspublikation von 1985 über eine Expertensitzung vom Oktober 1978: While recognizing the cultural u n i t y of Black Africa, the experts who met at Yamoussoukro declared that ‚particular attentions should be paid to the myth of the uniformity of African culture, reflecting a tendency to regard the continent as a single cultural territory, and therefore failure to appreciate the rich d i v e r s i t y of cultures which have a common historical foundation‘. By the very fact of rejecting this myth we assert the existence of cultural areas in Africa. (UNESCO, 1985, S. 10, eig. Herv.)24

Dieses Beispiel mag ausreichend sein zu zeigen, welch zentralen Stellenwert die Diskussion um ‚unity‘ und ‚diversity‘ auch in anderen ‚Area Studies‘ einnimmt. Eine wie auch immer erklärbare ‚unity‘ (in diesem Fall historisch, im Falle des Mittelmeerraumes lange Zeit eher geodeterministisch) dient als Begründung der ‚Area‘, während man mit dem Konzept von ‚diversity‘ der phänomenologischen Komplexheit der ‚Area‘ gerecht zu werden sucht. Dass man damit das Problem nicht gelöst, sondern nur auf einer kleineren Maßstabsebene angesiedelt hatte, schien man sich nicht bewusst zu sein. Wohl aber, dass die Grenzen zwischen den einzelnen ‚Areas‘ verschwimmen: „[I]t is often difficult in such areas to determine where one cultural area finishes and another begins“ (UNESCO, 1985, S. 11). along the same lines – must be based on degrees of connectivity. (Arnason, 2001, S. 119, eig. Herv.) 24 Ähnlich wurde von dem Anthropologen João de Piña-Cabral in Bezug auf den Mittelmeerraum argumentiert. Er stellte das Konzept vom Mittelmeerraum als kultureller ‚Area‘ in Frage und plädierte statt dessen für kleinere Analyseeinheiten: „My suggestion is that we start from the level of subregional comparison and work our way towards wider and wider levels of comparison“ (Piña-Cabral, 1989, S. 404).

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Wie aber ist es um den Wert eines Raumes als heuristisches Konzept und analytisches Instrument beschaffen, wenn sich dieser Raum nicht nur nicht eindeutig abgrenzen lässt, sondern die in der Praxis unumgängliche Begrenzung auf einen geographischen Rahmen der Untersuchung bis zu einem gewissen Grade sogar willkürlich ist?25 In einer Ära der Post-Ismen sind wissenschaftliche Diskurse nicht von konkreten Bildern und starren Konzeptionen geprägt. Im Gegenteil: „Everything seems to be in flux“, so Ian Morris (2003, S. 39) in seiner kritischen Analyse neuer Ansätze der vormodernen historischen Mittelmeerforschung als Antwort auf die Folgen der Globalisierung und daraus abgeleiteter Theorien. Mit Konzepten wie ‚fuzzy set‘, ‚vagueness‘, und ‚mutability‘ fügt sich auch Corrupting Sea (Horden und Purcell, 2000, S. 45, 523) nahtlos in das Paradigma gegenwärtiger mediterranistischer Studien ein. Alles scheint in Fluss zu sein, oder, wie Morris es ausdrückt: „Where the old model emphasized static cells, rigid structures, and powerful institutions, the new one sees fluidity and connectedness“ (Morris, 2003, S. 31). Der Althistoriker Dieter Timpe (2004) hat die Rede vom Mittelmeerraum als heuristischem oder analytischem Instrument mit Entschiedenheit zurückgewiesen: es fehle an Grenzen, innerer Einheit und prägender Kraft, und, da man es immer nur mit Singularitäten zu tun habe, fehle der Maßstab zum Typischen. Gerade aber diese „fluidity“ (Morris, 2003, S. 31), die „uncontainable liquidity“ (Giaccaria u. Minca, 2010, S. 354) oder „fluidity of cultural figurations“ (Driessen, 1999, S. 58), die Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit des Mittelmeerraumes, das Fehlen klarer Grenzen und die Unmöglichkeit einer vereinheitlichenden Charakterisierung des Raumes kann auch als Grund dafür gesehen werden, warum die Méditerranée als heuristisches Konzept und analytisches Instrument sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, wie Uwe Walter (2007, S. 1049) argumentiert: „das Fehlen benennbarer und unstrittiger Grenzen der Mittelmeerregion lässt diese als Gegenstand gerade attraktiv erscheinen, weil geographische, zeitliche und disziplinäre Grenzen obsolet erscheinen.“ In jüngsten Ansätzen wird die Unbestimmbarkeit der Grenzen des Mittelmeerraumes als ‚Area‘ nicht mehr als Herausforderung, sondern vielmehr als Vorzug gedeutet. So gab es etwa im Rahmen einer groß angelegten Initiative zur Umstrukturierung und Revitalisierung von ‚Area Studies‘ in den USA zum Millenniumsende an der Duke University eine „Oceans Connect“ Initiative mit vier Arbeitsgruppen, deren eine sich mit dem Mittelmeer beschäftigte. Deren Herangehensweise wird so beschrieben: Viewing the Mediterranean Sea as a kinetic space of economic, social, and cultural dialogue, participants seek to develop a more open epistemology that ties essential 25

So merkt etwa der Geograph Jacques Bethemont zurecht an: „De toute évidence, la définition de l’espace méditerranéen implique souplesse et même subjectivité : telle région peut être totalement intégrée à l’espace méditerranéen, telle autre région ou tel pays ne le sera que dans telle ou telle perspective économique, sociale ou politique“ (Bethemont, 2001, S. 10, zitiert nach Bono, 2008b, S. 25).

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features to a particular region, they propose a more fluid approach, envisioning the basin as an interregional arena through the prisms of movement, exchange, and transformation. (Lewis u. Wigen, 1999, S. 197)

Auch Thierry Fabre von der Maison Méditerranéenne des Sciences de l’Homme in Aix-en-Provence, Koordinator des Ramses2-Netzwerkes, hält fest: The Mediterranean is not a readily encompassable entity or aggregate. It is complex, multifaceted, and more often than not elusive; like the horizon, it is always out of reach. […] Creolization and polyphony, taken from the spheres of literature and music, are potentially helpful metaphors for gaining an understanding of at least part of its multifaceted and constantly changing cultural reality. (Fabre, 2002, S. 15f.)

Dieser Sichtweise schließt sich auch Irad Malkin, Mitherausgeber der Mediterranean Historical Review an: „Involving patterns that transcend national frameworks and structures that question conventional periodization and promote emphasis on networks of exchange, the Mediterranean provides a multilevel prism through which to view history“ (Malkin, 2005, S. 2). Der Mittelmeerraum, so Malkin, sei ein Konzept, das in besonderer Weise für die Beschäftigung mit Fragen und Aspekten von Globalisierung geeignet sei, weil es auf lokaler, regionaler und globaler Ebene angesiedelt sei und so die Bedeutung von Netzwerken für die Beschreibung und Analyse von Wirtschaft und Gesellschaft das Raumes betone: Within this mind-set Mediterranean paradigms become attractive because of their ‚exchange‘ systems, their dezentralized points of observation, and their fluctuating categories, in which ‚subjects‘ and ‚objects‘ keep changing places and roles. Mediterranean paradigms also call into question hierarchies of time, especially the ‚origins‘ approach according to which beginnings provide the meaning for what follows. (Malkin, 2005, S. 2)

Mit dem Konzept von ‚Fluidität‘ liegt gegenwärtigen mediterranistischen Forschungen ein Ansatz zugrunde, wie er Braudel und der Historiographie seiner Zeit noch fremd war. Während Braudel im Vorwort der Erstausgabe noch die rhetorische Frage aufwarf, wie das Mittelmeer aus Perspektive des Historikers überhaupt zu bestimmen sei und mahnend anfügte: „Wehe dem Historiker, der glaubt, diese Vorfrage stelle sich nicht, das Mittelmeer sei keine Persönlichkeit, die erst zu bestimmen wäre, sondern längst bestimmt, klar und unmittelbar zu erkennen und zu fassen, indem man es entlang der punktierten Linie seiner geographischen Umrisse aus der allgemeinen Geschichte herausschneidet“ (Braudel, 1990, Bd. I, S. 16), spricht sich Karl Kaser 60 Jahre später dafür aus, dass nicht die Kategorie eines geographischen Raumes von heuristischem Wert sei und forschungsleitend sein sollte, sondern primär die Forschungsfrage selbst und das

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daraus resultierende Erkenntnisinteresse: „Raumdenken verengt den Blick und führt mitunter zu problematischen Essentialisierungen“ (Kaser, 2007, S. 95). Und dennoch: Wer über den Mittelmeerraum als solchen arbeitet und schreibt, verfolgt damit ipso facto bereits ein Konzept einer wie auch immer gearteten Abgrenzbarkeit des Raumes. Inwieweit ein solches Konzept überzeugend darstellbar ist, ist nicht zuletzt auch eine Frage der disziplinären und erkenntnisleitenden Perspektive: In politischer, handelsgeographischer oder naturräumlicher Hinsicht etwa lässt sich eine (historische) Einheit des Raumes mehr oder weniger plausibel konstruieren, dessen Annahme an ganz bestimme Fragestellungen gebunden ist. Wie das gegenwärtige Ringen um den Erhalt des Mittelmeerraumes als anthropologisches Forschungsthema zeigt, ist dies offenkundig sehr viel problematischer, wenn Bewohner des Raumes im Fokus des Erkenntnisinteresses stehen. Noch in der zweiten Hälfte des 20. Jh. war die Vorstellung eines kulturell homogenen Mittelmeerraumes vorherrschend, basierend auf den scheinbar ‚vereinenden‘ Themenbereichen von Ehre und Scham, Gastfreundschaft, Familienfreundschaften, Verwandtschaft, Patronage, Jungfräulichkeit und Keuschheit. Derartigen kulturell-vereinheitlichenden Konzeptualisierungen begegnete man mit massiver Kritik, die sich aus unterschiedlichen Richtungen speiste: Sie wurden als ‚mediterranistisches Konstrukt‘ einer essentialisierenden Mediterranistik bewertet, es wurden wirtschaftliche und geopolitische Diskontinuitäten und Brüche des Mittelmeerraumes betont, und die Nützlichkeit bzw. Anwendbarkeit des Konzepts ‚Mittelmeerraum‘ vor dem Hintergrund von Europäisierung, Globalisierung und Islamisierung in Frage gestellt (Ribas-Mateos, 2005, S. 7ff.) Einfacher bei der Konzeptualisierung des Mittelmeerraumes scheint es die Historiographie zu haben, allerdings mit einer wichtigen Einschränkung: Es ist die alte und mittelalterliche Mittelmeerwelt, die sich als ‚Einheitswelt‘ darstellen lässt, denn, so Ribas-Mateos, der Mittelmeerraum ist in dieser Perspektive keine Region, sondern ein Universum, ein Planet: „The idea of convergence is quite well understood by historians, because the Mediterranean was not a region but a universe, a planet“ (Ribas-Mateos, 2005, S. 25). Die historischen Erzählungen der Mittelmeerwelt von Pirenne, Braudel, Goitein, Horden und Purcell, Tabak oder Abulafia berühren nicht oder nur am Rande die Neuere oder Neueste Geschichte. „Wie hilfreich ist das Mittelmeer als ein intellektuelles Konstrukt?“ so fragt William Harris im Vorwort zu dem von ihm herausgegeben Sammelband Rethinking the Mediterranean und fügt hinzu: „For those of us who study the a n c i e n t w o r l d or the M i d d l e A g e s, the questions are particularly pressing“ (Harris, 2005, S. v, eig. Herv.).26 26

In diesem Zusammenhang ist auch der wichtigste Historikerstreit Spaniens im 20. Jh. zu sehen, der implizit um Fragen einer mediterranen kulturellen Einheit bzw. Vielfalt geführt wurde. Im Zentrum dabei stand die Auseinandersetzung darüber, wie Elemente arabischen, ber-

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Horden und Purcells Feststellung wurde bislang – wenigstens in historiographischer Hinsicht – nicht widerlegt: During the twentieth century, the Mediterranean region itself has also to a considerable extent been disintegrated [….] the Mediterranean region as a distinct whole i s n o t, we think, the indispensable framework within which to conceptualize the very recent history and likely future of its peoples. […] the very ‚modern‘ periods and topics […] belong not in a history of the Mediterranean but in some other analysis. (Horden und Purcell, 2000, S. 3f., Herv. im Orig.)

Die oben angeführten Argumentationslinien gegen eine Einheit des Mittelmeerraumes aus anthropologischer Perspektive scheinen auch mit Blick auf die jüngere Geschichte des Raumes zu erklären, warum sich hier einheitliche Konzeptualisierungen nicht formulieren lassen: Zu heterogen und zu komplex, zu facettenhaft ist die Mittelmeerwelt der jüngsten Vergangenheit, als dass sich hier ein geschichtliches Einheitsbild überzeugend konstruieren ließe. Die Abgeschlossenheit der Alten und Mittelalterlichen Mittelmeerwelt, oder, in den Worten von Ribas-Mateos, der Mittelmeerraum als Planet, ermöglichte es, diesen als einheitlichen, da in sich geschlossenen, Geschichtsraum zu betrachten. Spätestens Prozesse der Globalisierung – und damit die verstärkte Einbindung des Mittelmeerraumes in einen globalen Kontext – brechen dieses Geschichtskonstrukt auf. Vielleicht aber ist und war das Konstrukt eines einheitlichen Raumes auch zu allen Zeiten irreführend, wie Abulafia nahelegt: It is tempting to try to reduce the history of the Mediterranean to a few common features, to attempt to define a ‚Mediterranean identity‘ or to insist that certain physical features of the region have moulded human experience there (as Braudel strongly argued). Yet this search for a fundamental unity starts from a misunderstanding of what the Mediterranean has meant for the peoples who have inhabited its shores and islands, or have crossed its surface. Rather than searching for unity, we should note diversity. At the human level, this ethnic, linguistic, religious and political diversity was constantly subject to external influences from across the sea, and therefore in a constant state of flux. (Abulafia, 2001, S. 641)

Während Abulafia so die Suche nach einer „Mediterranean identity“ oder „fundamental unity“ als von falschen Annahmen geleitet sieht (Abulafia, 2011, S. 641), scheint Purcells Streben nach der Begründung einer „distinctiveness of the Mediterranean“ (Purcell, 2003, S. 11) bzw. nach „the region’s unity and distinctiveness“ (Horden und Purcell, 2000, S. 487) insofern mit der Gefahr einer Essentialisierung des Raumes einherzugehen, als es sich bei diesen Bemühungen um die Suche nach der Essenz des Raumes, nach jenen Phänomenen handelt, die „most berischen, muslimischen und jüdischen Lebens, die sich im Mittelalter mit der katholischen Kultur verbunden hatten und während der Reconquista zurückgedrängt worden waren, in das nationale spanische Narrativ zu integrieren sind (vgl. z. B. Baumeister, 2007).

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Mediterranean“ (Purcell, 2003, S. 11) sind. Jenseits aber solch tendenziell essentialisierender Herangehensweisen ist die Bestimmung und Abgrenzung des Raumes nicht primär eine konzeptionelle Herausforderung, sondern vielmehr eine analytische Aufgabe. Es ist die Verwendung des Singulars, die essentialistischen Zugängen eigen ist und zugleich irreführend. Es wird stets von Fragestellung und Untersuchungszeitraum abhängig sein, ob sich eine Méditerranée als einheitliche oder distinktive Mittelmeerwelt plausibel konstruieren lässt. In konzeptueller Hinsicht gibt es nicht den e i n e n Mittelmeerraum, sondern v i e l e Mittelmeerräume. Und nicht jeder dieser Räume muss auch realiter existent sein. Denn Mittelmeerwelten und -räume lassen sich nicht nur aus historischer, geographischer, geopolitischer, kultureller oder anthropologischer Perspektive konstruieren. Portugali etwa beschreibt den Mittelmeerraum als „cognitive map“ und argumentiert, dass der Raum gerade deshalb eine Einheit bzw. „a viable researchable entity“ sei, weil es ein „distorted image“ davon gebe, also weil die Vorstellung und die Realität (aber welche?) auseinanderklafften (Portugali, 2004, S. 18). Wie immer man geneigt sein mag, die Fragen nach der Einheit in der Vielfalt und nach den Grenzen des Raumes und damit auch nach den Fundamenten einer Mediterranistik zu beantworten: Am Ende scheint es konsensfähig zu sein, dass es sich beim Mittelmeerraum um einen, wie es Wolfgang Kaiser formulierte, „durch Mobilität und Zirkulation von Gütern, Menschen, Ideen und Praktiken gekennzeichneten, offenen Begegnungs- und Handlungsraum mit vielfältigen Orientierungen“ handelt (Kaiser, 2008, S. 250). Nicht notwendigerweise um mehr, aber auch keinesfalls um weniger. Für eine Mediterranistik, die sich nicht nur mit dem konzeptionellen Rahmen ihrer Forschung auseinandersetzt, sondern diesen auch mit Inhalten zu erschließen sucht, eröffnet sich hier ein weites und reiches Betätigungsfeld. Denn, wie John L. Myres (1944, S. 52) in gerade nicht essentialisierender Weise notiert: „But short of a planetary convulsion, there will always be a Mediterranean, with characteristic mode of life and outlook.“ Oder, wie Paolo Giaccaria und Claudio Minca (2010, S. 354, Herv. im Orig.) es formulieren: „The Mediterranean, whether we like it or not, i s a l w a y s w i t h u s , either as a discourse or as a project“.

Literaturverzeichnis Abulafia, D., 2003: Das Mittelmeer – ein vieldeutiger Begriff, in: D. Abulafia, Hrsg.: Mittelmeer. Kultur und Geschichte. Stuttgart: Belser, S. 11–31. –, 2005: „Mediterraneans“. In: W. Harris, Hrsg., Rethinking the Mediterranean. Oxford: Oxford University Press, S. 64–93. –, 2011: The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. New York: Oxford University Press. –, 2013: Das Mittelmeer. Eine Biographie. Frankfurt: Fischer. Aceves, J. B., 1979: Comment. Current Anthropology, 20(1), S. 85.

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Dieter Haller Vom Mittelmeer zur Subsahara, von Menschen und ğnūn Spiritualität als Ressource für die Bestimmung von Cultural Areas∗

In den Jahren 1793/94 wurde im revolutionären Frankreich zuerst der Culte de la Raison und später der Culte de l’Être Suprème eingeführt, um die französische Gesellschaft zu entchristianisieren und die Spiritualität zu rationalisieren. Kirchen wurden in Tempel der Vernunft umgewidmet. Viele Orte in Deutschland, insbesondere an Flüssen, Seen oder Teichen, behausen Nixen, Nöcke und Wasserjungfrauen – am bekanntesten sind wohl die Loreley am Rhein, die Geister vom Mummelsee und Die schöne Lau am Blautopf im schwäbischen Blaubeuren. Diese Orte sind gefährlich, weil dort junge Männer von den Nixen in die Tiefen gezogen werden. Die moderne Wissenschaft hat diese Geister vertrieben und die Gefahr durch Unterwasserfelsen, Untiefen und gefährliche Strömungen hinwegerklärt. Die Geister leben aber weiter als drollige Ikonen, die in Form von Salzstreuern, Schlüsselanhängern oder Kühlschrankmagneten die Tourismusindustrie befördern. Bis zur Mitte des 20. Jh. war Süditalien nicht nur ein Land, das von Heiligenkulten geprägt war, sondern auch von magischen Praktiken und vielerlei Geistwesen, etwa dem Geist der Tarantel. Mit dem Einfluss des italienischen Modernismus in der Basilikata, Apulien und insbesondere im Salento, verschwanden diese Kulte; Filmaufnahmen von Ernesto de Martino und Gianfranco Mingozzi,1 die diese festhielten, werden als Zeugen einer verschwundenen Vormoderne gezeigt, als entstammten sie dem Monstrositätenkabinett des Jahrmarktes. Im Jahr 2008 zerstören Bulldozer im Zuge eines städtebaulichen Transformationsprozesses einen magischen Felsen in Tanger, einem Ort, an dem sich Mädchen und Frauen trafen, um dem lokalen Geistwesen Lalla Jamila zu huldigen. Heu∗

Für hilfreiche Kommentare und Hinweise danke ich Abdellatif Bousseta, Steffen Wippel, Christoph Sandmann, Tina Otten, Ellinor Zeino und Ferdaouss Adda, sowie den CoOrganisatoren und Teilnehmern der Konferenz «Die Wüste als Meer» – Die Sahara als Verbindungsraum zwischen Subsahara-Afrika und Mittelmeer. Internationale Konferenz, 31.10. – 01.11.2014, Marrakesch, Marokko. Besonderer Dank an Bernd Lehnhoff für die redaktionelle Bearbeitung. 1 https://www.youtube.com/watch?v=wmbXOdI1yhE [letzter Zugriff: 03.12.2014]; https://www.youtube.com/watch?v=BpBeGTA1I-s [letzter Zugriff: 03.12.2014].

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te befindet sich an der Stelle der einstmals von Wassersirenen bewohnten Küste eine nützliche Umgehungsstraße. 2012 attackieren islamistische Rebellen der Ansar Dine die Moschee von Timbuktu und schänden Heiligengräber in Mali – für die Rebellen, die einen reinem Islam des Buches zum Sieg verhelfen möchten, gilt der dortige Volksislam (wie auch der in anderen subsaharischen muslimischen Gegenden) als unislamisch, da er von magischen Praktiken, Heiligenkulten und Geistwesen geprägt ist. All diese Miniaturen sind Ausdruck der Transformation von spirituellen Landschaften und Orten im Namen der Reinheit, der Vernunft oder des wahren Glaubens, und der Zerstörung und Austreibung von Geistwesen. In diesem Text wende ich mich den Cultural Areas zu, insbesondere den Grundlagen, die in der akademischen Diskussion herangezogen werden, um diese zu definieren. Ich möchte argumentieren, dass diese, sofern sie sich auf das geographische und das topographische Moment beziehen, auf eine Auffassung von Natur und Umwelt zurückgreifen, die diese als Gegenstände menschlichen Wissens und Handelns fasst. Selten fließen in die akademischen Diskussionen einheimische Klassifikationen von Räumlichkeit ein, die ich mit Crumley (1994, S. 6) als Landschaften bezeichnen möchte. Crumley versteht unter Landschaften die materielle Manifestation der Beziehung zwischen Menschen und Umwelt. Dies impliziert – anders als der herkömmliche Umweltbegriff – nicht nur, dass der Mensch sich die Umwelt zum Objekt macht, sondern ebenso, dass die Umwelt sich den Menschen zum Objekt macht, indem sie auf ihn einwirkt, auf ihn zugreift. Jüngst haben Botero u. a. (2014) den Zusammenhang zwischen Umweltfaktoren und den Glaubensformen herausgearbeitet, nachdem der Glauben an moralisierende Gottheiten mit harschen ökologischen Gegebenheiten zusammenhängt. Landschaften können daher nicht als bloße Container für natürliche Ressourcen wie etwa Energie, Bodenschätze und landwirtschaftliche Produkte verstanden werden, auch nicht nur als Räume, die sozial und politisch genutzt werden – etwa in der Migration, der Staatenbildung oder der Kriegsführung – sondern ebenso als Tableaus, die nichtmenschliche Wesen und Kräfte beherbergen, die den Menschen ihrerseits zum Gegenstande werden lassen. Wenn man diesen Aspekt mit in die Frage nach der Definition von Cultural Areas einbezieht, gelangt man zu spirituellen und affektiven Auffassungen von Natur und Umwelt, ja zur Verflochtenheit des Menschen mit seiner Umwelt. In vielen Regionen wird die gefühlsmäßige Qualität der Bindungen zwischen Menschen und Gottheiten und Geistern (Kramer, 1987, S. 62) in entsprechenden Besessenheitsund Tranceritualen nicht nur temporal, sondern auch räumlich aktualisiert. Die Transformation von Landschaften in Natur und Umwelt gibt daher immer auch Auskunft über die Veränderung des Glaubens an Geistwesen – und darüber hinausgehend über die Stellung des Menschen im Kosmos. Mein Text wendet sich den Beziehungen zwischen Europa, dem Mittelmeerraum und dem Bilâd-es-Sudan (Subsahara) über solche Landschaften zu. Über

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den Mittelmeerraum stehen Europa und Afrika in Verbindung – am deutlichsten wird das wohl im Maghreb, der seit prähistorischer Zeit auf vielfältige Weise mit Westeuropa verbunden ist (Frobenius, 1933, S. 105). Es besteht eine „deutliche Beziehung“ zwischen der Feldbildkunst in Cantabrien und Südspanien zu den Felsbildstilen Marokkos und des Fezzan (Frobenius, 1933, S. 54), so dass Frobenius gar von einer „Kulturprovinz des Westens“ spricht (Frobenius, 1933, S. 114). Blickt man auf Besessenheitskulte wie die Bori der Haussa und die Kulte der marokkanischen Sufibruderschaften der Tidschaniya (Fall, 2015), der Ḥamādša und der Gnawa (Mauss, 1980, S. 9), sowie auf Heilungspraktiken, andere religiöse Kulte und den Geisterglauben ganz allgemein, dann wird man gewahr, dass die mediterranen Ufer lange mit dem subsaharischen Afrika verbunden waren. So verknüpfte De Martino den apulischen Tarantelkult mit „influences which we may generically call ‚Afro-Mediterranean‘, especially with the rapid expansion of Islam (…),” (DeMartino, 2005, S. 178; dazu: Colazzo, 2008, S. 27) argumentiert ähnlich und auch Crapanzano (2005, S. xii) verweist auf “überzeugende Parallelen” zwischen dem Tarantismus und dem ğnūn–Kult der marokkanischen Sufibruderschaften. Und in Spanien transformiert sich der islamische ğinn zum duende, der sich etwa im Stierkampf im Körper des Stiers bzw. des Toreros, oder im Flamenco in der Stimme des Sängers manifestieren kann. Somit inspirieren die ğnūn – wie die spanischen duende oder die Musen – auch häufig die Dichter (García Lorca, 2007; Rouzel, 2014, S. 239). In vielen Regionen Marokkos und der Subsahara haben sich Auffassungen von der Objekthaftigkeit des Menschen erhalten, die dem ausschließlich anthropozentrischen Menschenbild der europäischen Aufklärung zutiefst widersprechen, ja die immer schon als Gegenspieler der Aufklärung empfunden wurden, die es durch modernistische Reinigungsrituale in den Wissenschaften, der Politik und der Religion zu purifizieren galt: der Austreibung der Geister. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass ich mich – wenn ich von „Europa“ und den „Europäern“ spreche – auf die v. a. in der Aufklärung verankerten Idealvorstellungen und Selbstbilder des rationalen Individuums beziehe, und dass es auch in Europa sowohl in historischer2 wie in gegenwärtiger Zeit Traditionen gibt, die den Menschen als Objekt von außen lokalisierten spirituellen Kräften begreifen. Freilich sind es genau diese Traditionen, die von den Kräften der Kirche und der Aufklärung gleichermaßen aufs Bitterste bekämpft und im besten Fall als Ausdruck des Aberglaubens diskreditiert wurden/werden.3 2

Vgl. die griechischen Bacchanalien oder die mittelalterliche Tanzwut (Veitstanz) (Winkle, 2000b). Auch hier versuchten religiöse Spezialisten, die Besessenen zu exorzieren „oder (…) in ein Narrenkistlein“ zu sperren. http://u01151612502.user.hosting-agency.de/malexwiki/ index.php/Veitstanz [letzter Zugriff: 15.11.2014]. 3 Warneken, 2006. Vgl. auch Winkle, 2000a, S. 244, wonach „die alten vorchristlichen Götter und mythologischen Zwittergestalten (Kentauren, Satyre und Sirenen) zu einem Heer von Teufeln, Kobolden, Werwölfen und Hexen herabgesunken“ waren, unter dem Einfluss der Kirche.

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Der Austreibung der Geister haben sich nicht nur Kirche und Aufklärung in Europa, sondern auch andere Formen der Modernisierung wie die technologische und die wahabitisch/salafistische Modernisierung, denen ich mich in diesem Text zuwenden werde, verschrieben.4 Ich möchte diese Prozesse insbesondere am Beispiel zweier Geistwesen beleuchten, mit denen ich bei den Ḥamādša während meiner einjährigen ethnologischen Feldforschung (2013/2014) in Tanger/Marokko in Kontakt kam: Aïsha Qandisha und Lalla Jamila. Während Aïsha Qandisha im marokkanischen Volksglauben und in der ethnologischen Literatur weithin als mächtigste Dämonin (ğinnīya, weiblicher ğinn) bekannt ist, handelt sich bei Lalla Jamila um eine lokal begrenzte weibliche Wesenheit. Unabhängig von den unterschiedlichen Charakteristika und den Ursprüngen, die den beiden Geistwesen zugeschrieben werden, verschmelzen die beiden Dämoninnen für Viele meiner Tanjawiinformanten.

Spirituelle Landschaften und rationale Culture Areas Dies führt mich zu meinem ersten Argument: Konzepte von Kultur und Kulturräumen sind meistens Angebote, die von Wissenschaftlern, Historikern und anderen Politikern entworfen werden – sie decken sich oftmals nicht mit den Vorstellungen derjenigen Menschen, die wir Ethnologen im Regelfall untersuchen, mitunter widersprechen sie diesen sogar. So ist beispielsweise die Debatte um den Mittelmeerraum als Kulturraum häufig an die Interessen wissenschaftlicher und politischer Akteure gebunden, im 19. Jh. etwa an die französischen Saint-Simonisten, jüngst an die Initiativen der EU um eine Union pour la Mediterranée. In der deutschen Wissenschaftstradition versuchte der Völkerkundler Adolf Bastian als Erster, „jene geographischen Regionen zu identifizieren, innerhalb derer ein besonders starker Austausch von Kulturgütern stattfand. In Anlehnung an Bastians ›geographische Provinzen‹ prägte Frobenius hierfür den Begriff ›Kulturkreise‹“ (Haller, 2012, S. 84ff.). Auch bei den Kölner Diffusionisten spielen Raumbeziehungen eine zentrale Rolle: „Bei Graebner etwa steht der Gedanke Pate, dass die menschliche Erfindungsgabe begrenzt sei. Treten in verschiedenen Kulturen Ähnlichkeiten auf, legt dies eine Diffusion, also eine Übernahme aus anderen Kulturen oder Regionen nahe. Dabei diffundieren Kulturelemente nie alleine, sondern immer zusammen mit einer Reihe anderer Elemente (Kulturkomplex); ist dieser für »ein 4

Die Purifikation spiritueller Landschaften durch technokratische und missionarische Modernisierer ist nicht auf den nordwestafrikanischen Raum beschränkt. Vgl. Allerton, 2009 für Südostasien und Schielke (2008, S. 540) über Ägypten: „The aim of “civilizing” mulids is not specific to the state, nor is it shared by all state actors. Especially among the urban middle classes, a determined opposition to mulids, articulated in terms of both modernity and Islamic authenticity,is widespread (for middle-class modernism and piety).“

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bestimmtes Gebiet charakteristisch und in der Hauptsache darauf beschränkt« (Graebner, 1911, S. 133), könne man von einem ›Kulturkreis‹ sprechen“ (Haller, 2008, S. 110–111). „Die Entwicklung des Raumgedankens verlief in der amerikanischen Cultural Anthropology, heute die einflussreichste Ethnologie, etwas anders – auch wenn dort der Gedanke einer Verknüpfung von Raum und Kultur über den berühmtesten Schüler Bastians und Gründervater der amerikanischen Disziplin, Franz Boas, eingepflanzt wurde. (…) Für Clark Wissler, den bedeutendsten Vertreter der Culture-Area Studies, basiert die Grundidee auf der Annahme, dass alle spezifischen Abläufe in ›primitiven‹ Kulturen regionaler Art seien und sich über eine Gruppe von Stämmen erstreckten“ (Haller, 2008, S. 113): „Taken up, one by one, these procedures for any such group will be found to coincide in distribution, within the variations peculiar to the phenomenon.“ (Wissler, 1927, S. 886). Für Wissler konnte sich eine Culture-Area auf dreierlei Weise bestimmen, wobei ich hier auf die g e o - / t o p o g r a p h i s c h e Z u o r d n u n g abstelle: Grundannahme ist hier, dass sich die unterschiedlichen Stämme in der Region mit denselben natürlichen Gegebenheiten anpassen müssen und dabei dieselben oder ähnliche Bewältigungsstrategen, beispielsweise z. B. eine ähnliche Subsistenzweise oder ähnliche religiöse Praktiken, entwickeln. Auf diese Weise entstand etwa zur Klassifikation der nordamerikanischen Indianerstämme eine Karte der Cultural Areas, die sich nicht – wie etwa bei Frobenius (1933) – überlappen, sondern in additiver Weise aneinander reihen. Bezüglich des Mittelmeerraumes als Cultural Area herrscht in der akademischen Debatte häufig eine krude und unreflektierte Verneigung vor dem Orientalismuskonzept Edward Saids; diese beherrscht auch den Diskurs um mediterrane Landschaften. Als ein Beispiel aus Vielen möchte ich den kretischen Archäologen Christos Hadziiossif (2011) heranziehen, nachdem „the history of the landscape as a modern way of viewing, experiencing, and representing the environment, and the history of the ‘Mediterranean’ as a concept and as an object of science, art, and ideology in modern times“. Für Hadziiossif „it is almost a commonplace, that the Mediterranean has been invented by the ‘North’ (…) as an object of desire.“ Es gibt keinen Grund, den Mittelmeerraum nicht auch als ein Konstrukt nördlichen Begehrens, seien sie nun akademischer, künstlerischer oder sinnlicher Art, zu bezeichnen. Gleichwohl wäre es eine Fortführung der Entmächtigung südlicher Akteure, alleine auf den Norden als Generator des Südens abzustellen: auch von südlichen Philosophen, Künstlern, Literaten, Wissenschaftlern und Politikern werden Versionen und Visionen des Südens, des Mittelmeerraumes und seiner Landschaften entworfen.5 5

Es seien nur einige Beispiele erwähnt: der libanesische Phoenizianismus der 1930er und 40er Jahre; der ägyptische Pharaonismus, wie er von Taha Hussein skizziert wurde; das Mare Notrum des italienischen Faschismus: Ortega y Gassets Theorie über Andalusien; Albert Ca-

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Aus ethnologischer Perspektive wäre es ein großer Fehler, ausschließlich auf die Entwürfe nördlicher wie südlicher Wissenschaftler, Künstler und Politiker zu schauen, wollte man Cultural Areas bestimmen: auch der normale Mann auf der Straße hat Vorstellungen davon, was mediterran ist und was nicht. Lokalbevölkerungen verfügen über vernakuläre Theorien vom Mediterranen und Praktiken im Umgang mit dem Mediterranen. Wenn wir auf das Thema der Tagung, in deren Kontext dieser Text entstanden ist, verweisen – nämlich der Übertragung von Kategorien, die im maritimen Bereich entwickelt wurden, auf Wüstengegenden – dann sollten wir auf die Vorstellungen jener abstellen, die in diesen Bereichen dauerhaft leben oder womöglich beide Bereiche aus eigener Anschauung kennen. Doch bei den Bewertungskriterien des geographischen Moments handelt es sich nach wie vor in der Regel um analytische Kategorien der Forscher; die Frage, wie die Untersuchten selbst die Topographie bewerten, welche Bedeutung sie ihr zuschreiben, mit welchen Kräften sie diese beseelt erachten – also the natives’ point of view über Natur und Umwelt, erfolgte in der Ethnologie erst mit der hermeneutischen und phänomenologischen Wende seit den 1960er Jahren. Aber um es vorweg zu nehmen: in die Frage nach Kulturräumen hat sie bis heute kaum Eingang gefunden (Haller, 2004; Herzfeld, 2005). Allerdings wurden die Konzepte von Natur und Umwelt insbesondere durch das Konzept der Landschaft – das wurde schon mit dem Beispiel von Hadziiossif angedeutet – herausgefordert. Landschaft bezieht sich auf die materielle Manifestation der Beziehung zwischen Menschen und Umwelt (Crumley, 1994). Sie bezeichnet zum Einen jenes topographische und geographische Tableau, das von Menschen genutzt und gelesen wird, dem sie Bedeutung zuschreiben, an das sie sich erinnern und mit dem sie interagieren (Hirsch und O’Hanlon, 1995). Europäer würden dieses Tableau Natur oder Umwelt nennen – Forscher, die sich mit der Thematik auseinandersetzen, vertreten selbst häufig einen ökologischen Ansatz, der auf den behutsamen Umgang mit Ressourcen abzielt (Crumley, 1994; Kinsley ,1995). Viele andere Kulturen der Welt aber vollziehen nicht dieselbe klare Trennung in erkennendes Subjekt und erkennbares Objekt, weshalb der Begriff der Landschaft hier eher angebracht ist – den er umfasst zum Anderen auch die Vorstellung (oder Existenz) von Kräften und Wesenheiten, die an spezifischen Plätzen wie Bäumen, Flüssen oder Felsen hausen (oder in Heiligenschreinen (vgl. Hening, 2012) beheimatet sind) und sich den Menschen zum Objekt machen – spirituelle Wesenheiten wie die ğnūn.

mus’ Vision des mediterranan Humanismus und in der Gegenwart Recep Tayeb Erdogans Vision des Neoosmanismus.

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Die Aufklärung, die Ethnologie und die Geister Dies führt mich zu meinem zweiten Punkt: der ontologischen Herausforderung des anthropologischen Menschenbildes durch die Geister – und durch die Ethnologie. Europäer trennen zwischen Kultur und Natur, sie sind zutiefst von der Überzeugung geprägt, dass der Mensch ein erkennendes Subjekt und die Umwelt ein zu erkennendes Objekt sei – eine Vorstellung, die im Christentum verankert und in den modernen Säkularismus übergegangen ist.6 In Hegels Enzyklopädie heißt es: “Den Europäer interessiert die Welt; er will sie erkennen, sich das ihm gegenüberstehende Andere aneignen, in den Besonderungen der Welt der Gattung, das Gesetz, das Allgemeine, den Gedanken, die innere Vernünftigkeit sich zur Anschauung bringen. Ebenso wie im Theoretischen strebt der europäische Geist auch im Praktischen nach einer zwischen ihm und der Auſsenwelt hervorzubringenden Einheit; er unterwirft die Auſsenwelt zu seinen Zwecken mit einer Energie, welche ihm die Herrschaft der Welt gesichert hat.“7 Frobenius (1933, S. 186) verlagert diese Trennung zwischen dem handelnden Menschen und der zum Objekt gemachten Umwelt, die er hyperboräisch nennt, in die Prähistorie. Dies betrifft auch den Umgang mit dem Spirituellen: auch wenn der Geisterglaube als ein akzeptables Forschungsobjekt betrachtet wird, so ist man der Überzeugung, dass Geister keine Subjekte sein und als tatsächliche Wesenheiten nicht existieren können.8 Nahe liegen dann psycho6

„In early Christianity, as Benson Saler (1977) has argued, there is a basis for making the distinction, given assumptions about the creator and creation. Natural law, as distinct from revelation, posits that God created a world with universal rules, though God is also capable of intervening—and one cannot often be sure which is happening, since even the Catholic Church takes a long time to certify miracles and saints. One thus has the basis for conceptions of a law- like natural and a supernatural. This conception was important for the early scientists, and to a large extent led to the scientific revolution in the West (Braudel, 1994). The premise of God was largely dropped by many later scholars, and we now find Western academia, though not the public as a whole, dominated by a secularist framework that had its roots in theistic conceptions of the universe“ (Stewart, 2001, S. 325). „Thus, secularists largely hold this distinction, but often end up discounting the supernatural, thinking it implausible“ (Jindra, 2003, S. 160). 7 zit. in Kramer und Rees, 2005, S. 202¸ vgl. auch http://www.hegel.de/werke_frei/startfree. html [letzter Zugriff: 20.11.2014]. 8 Exemplarisch und durchaus typisch siehe Evanz Wentz schon im Jahre 1911, S. 475: „I conceive the various beings, fairies, brownies, Iruntarinia, Djinns, or what you will, to be purely mythical. I a m i n c a p a b l e o f b e l i e v i n g t h a t t h e y a r e a c t u a l e n t i t i e s, who carry off men and women; steal and hide objects (especially as the Iruntarinia do); love or hate, persecute or kiss human beings; practise music, vocal and instrumental; and in short ‘play the pliskies’ with which they are universally credited by the identical workings of the human fancy.“ (Hervorhebung durch den Vf.). Vgl. auch Lohmann, 2003, S. 180: „The universality of spiritual experience indeed reveals that there is objective truth to the supernatural. That truth, however, is that the ‘spirits’ are found inside all our heads and not outside

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Abb. 1: Touristenattraktion: Der Geist vom Mummelsee, 1964 (Foto: Dieter Haller).

logische Erklärungen (z. B. Evans Wentz, 1911; Crapanzano, 1981, S. 27), die den Geisterglauben auf problematische Gemütsbewegungen oder auf Geistes- und Nervenkrankheiten (vgl. Winkle, 2000 a, b, c) reduzieren, oder funktionale wie „[e]s entstehen aus den Toten die Gespenster, aus der Natur die Geister, die der Mensch sich zu Hilfskräften macht“ (Frobenius, 1933, S. 186). Ins Extreme getrieben ist diese Aktions- und Akteurszentriertheit nicht nur in den Sozialwissenschaften, die auf agency, social engineering, politics of und rational choice abheben, sondern auch insbesondere im US-amerikanischen Menschenbild, in dem Machbarkeit im Zentrum steht: „the universe is mechanistically conceived, man is its master“ (Du Bois, 1955, S. 1234; s. a. Beeman, 1986). In Europa steht der Mensch nach 300 Jahren der Modernisierung, der Aufklärung und der Säkularisierung alleine im Zentrum des Weltbildes.9 Diese Strömungen haben dazu geführt, den Glauben an Geistwesen und belebte Natur ent9

any of them.“ Frobenius schreibt dies im Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten. In ihnen sieht er eine Rückkehr zum deutschen Wesen, das er als von Mystik und „Hingabebereitschaft“ (1933, S. 31) gekennzeichnet sieht. Die Aufklärung mit ihren Prinzipien des Rationalismus, Realismus und Materilismus bezeichnet er als „Lebensgefühl der Westvölker“ und daher den Deutschen als wesensfremd (1933, S. 30). Die Mystik der romanischen Völker „hat sich niemals von der Scholastik zu trennen vermocht und lediglich in einer ‚psychologischen Theorie des mystischen Andacht‘ kulminiert“ (1933, S. 30).

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weder auszutreiben, oder – im Kapitalismus – in das Reich der Kunst (z. B. Wagners Rheintöchter), Drolligkeit (wie die Loreley, die Geister vom Mummelsee und Die schöne Lau) oder der Angstvisionen (Horrorfilme) zu verweisen, während er in der DDR als „Instrument imperialistischer Manipulation, die die wahren Verhältnisse verschleiere“ gesehen wurde „und den Interessen der Kapitalisten diene“ (Füßler, 2014). Die Welt wurde entzaubert, wie es Max Weber einmal formulierte. Entzauberung und Wiederverzauberung hängen jedoch zusammen: weil diese Entzauberung unsere Kultur zutiefst grundiert, machen sich viele Menschen auf, um sich das Spirituelle auf individuelle Weise anzueignen – das ist nicht erst in der Gegenwart so – wie denken an Fantasyspiele, New Age Esoterics, den Besuch bei Wochenendschamanen oder die Konversion zu religiös-charismatischen Bewegungen – sondern lässt sich auch in früheren Epochen feststellen.10 Wer aber ernsthaft an diese Kräfte glaubt und sich von ihnen mitbestimmt fühlt, wird in den Behuf der Psychotherapie verwiesen. Das exklusiv anthropozentrische Menschenbild wird auf der gesellschaftlichen Ebene kaum herausgefordert. In so unterschiedlichen Kulturen wie bei brasilianischen Amazonasindianern (Viveiros de Castro, 2004), den sibirischen Tuwinern (Oelschlaegel, 2013), australischen Aborigines (Kinsley, 1995, S. 22–34), dem japanischen Shintoismus (Eller, 2007) oder auch dem marokkanischen Volksislam steht der Mensch ebenfalls im Zentrum des Weltbildes – anders als in Europa steht er dort aber nicht alleine, er ist eingebettet in einen Kreis von Tieren, Pflanzen, Naturerscheinungen, Geistwesen und Göttern. In diesen Kulturen trennt man nicht – so wie im Abendland, zwischen Natur und Kultur, so dass die Auffassung, bei Geistwesen und Göttern handle es sich um übernatürliche Wesenheiten, nur im Westen entstehen konnte (Saler, 1977, S. 33f.). Insofern könnte man bezüglich der Amazonasindianer, der Tuwiner und der Anderen im Abgrenzung zum theozentrischen Weltbild des Christentums und zum anthropozentrischen Weltbild der Anthropologie und der Moderne von einem phäno- oder kosmozentrischen Weltbild sprechen. (Nur) aus europäischer Perspektive ist dies Kennzeichen vormoderner Gesellschaften, da diese die klare moderne Trennung in erkennendes Subjekt und erkennende Objekte nicht zu vollführen vermögen. Vor allem im afrikanischen und im islamischen Menschenbild erfährt der Mensch, wenn wir Kramer folgen, der auf Lienhardt (Lienhardt, 1961, S. 151, zit. bei Rees, 2005, S. 403) zurückgreift – im Gegensatz zum europäischen Weltbild – passio: er wird (auch) zum Objekt von Geistern und Gottheiten; Frobenius, der dies (allerdings für alle Menschen) 10

Vgl. Francisco de Goyas Stich „El sueño de la razón produce monstruos“; Reiner Stach, Kafkabiograph, versteht den Boom des Geistersehens in der Zwischenkriegszeit als dunkle Seite des Modernismus: Ulrich Rüdenauer, 2014: Kafka, die frühen Jahre – Jetzt schon ein Klassiker. Deutschlandfunk/Büchermarkt vom 08.12.2014 http://www.deutschlandfunk.de/ kafka-die-fruehen-jahre-jetzt-schon-ein-klassiker.700.de.html?dram:article_id=305598 [Letzter Zugriff 08.12.2014].

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bereits früher formuliert hat spricht von der „Fähigkeit, ergriffen zu werden vom Wesen der Erscheinungen“ (Frobenius, 1933, S. 25). In den Wissenschaften stellt die Anthropologie den Menschen – und ausschließlich diesen – ins Zentrum ihres Interesses. In diesem Weltbild ist es nicht vorgesehen, die Möglichkeit der Existenz von Geistwesen auch nur in Betracht zu ziehen, dies widerspräche dem Glauben an die menschliche Vernunft, an die Entscheidungs- und Handlungsautonomie. Die Wahrheit liegt im Inneren des Menschen verborgen, weshalb sie im Christentum mit den Methoden der Beichte und in den meisten Wissenschaften mit dem Fokus auf die Selbstzeugnisse ans Lichte gebracht werden muss (vgl. Foucault, 1983). Überträgt man das psychoanalytische Dreiinstanzenmodell auf die marokkanische Kosmologie der Ḥamādša und der Gnawa, dann entspricht das Über-Ich der göttlichen Wahrheit des Quran und der daraus abgeleiteten gesellschaftlichen Ordnung, dem Es entsprechen die ğnūn und das Ich muss Wege finden, sich mit diesen externen Kräften ins Vernehmen zu setzen. In der Psychoanalyse dagegen sind Über-Ich, Ich und Es im Individuum verankert – die Aufgabe der Aufklärung war es, diese drei Instanzen im Inneren des Menschen zu verankern; ironischerweise ist das anthropozentrische Weltbild ungewollt, jedoch wahrhaft religiös, weil es im Wortsinne des religere die drei Stadien wieder aneinander anbindet. Dieser Vorstellung ist die Idee des Erleidens und Erduldens, viel grundsätzlicher noch die des Widerfahrenwerdens und des Ausgesetztseins, zutiefst fremd; es herrscht vielmehr der Imperativ der Selbstoptimierung der Selbstvervollkommnung, der Selbstverwirklichung. Lienhardt prägte den Begriff der passio, um die Gegenstandshaftigkeit des Menschen im afrikanischen (und durch das Konzept des baraka auch im muslimischen) Weltbild zu bezeichnen. Hier setzt die Ethnologie an, sie nimmt all das „Vormoderne“ ernst, was seit Beginn der Aufklärung dem westlichen Selbstbild widerspricht: passio, Spiritualität, Hexerei, Magie, nichtrationale Erklärungsmuster, nichtmoderne Lebensweisen. Sie tut dies nicht aus trotziger Widerspenstigkeit gegen eine dominierende Wirklichkeitsauffassung, sondern auf der Grundlage der Erfahrung von Formen der Daseinsbewältigung durch fremde, nichtwestliche Kulturen. Das ist der Stachel der Ethnologie, wie Rottenburg (2006, S. 119) unter Rückgriff auf Waldenfels (1998) schreibt, „das Paradox des schlechthin Fremden (…). Der besondere Auftrag der Ethnologie lautet, möglichst getreue Darstellungen des Fremden zu liefern. Macht sie sich aber an diese Arbeit, überkommt sie gelegentlich der abgründige Zweifel, ihren Auftrag systematisch zu verfehlen. Auf der einen Seite erscheint es nämlich höchst fragwürdig, wie absolut Fremdes oder strikt Heteronomes – (…) Alienität – überhaupt erreicht, geschweige denn begriffen werden kann.“ Es scheint jedoch, dass die Ethnologie durch die Beschäftigung mit diesen aus aufgeklärter Perspektive abseitigen Gegenständen selbst in Gefahr gerät, ihren Kredit als wissenschaftlich reputierte Disziplin zu riskieren. An dieser Stelle ist es angebracht darauf zu verweisen, dass schon der Vorläufer der heutigen Ethno-

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logie, die deutsche Völkerkunde und hier insbesondere die Kulturmorphologie mit ihrem Fokus auf Wesenhaftigkeit, Ergriffenheit und Intuition von ihren angelsächsischen Schwesterdisziplinen, der britischen Social Anthropology und der amerikanischen Cultural Anthropology, und von der Ethnosoziologie11 als weitgehend unwissenschaftlich und rein spekulativ abqualifiziert wurde – weil sie sich diesen Realitäten zuwandte. Dabei ist die Suche der Cultural Anthropologists nach dem „Wesen“ der Suche der Eingeborenen nach Geistwesen gar nicht so fremd. Auch dort wurden Individuen wie in der Völkerkunde lange Zeit als Marionetten ihrer Kultur betrachtet, sie werden dort vom Supraorganischen (oder vom Paideuma) genauso geritten wie die Besessenen von ihren Geistwesen, etwa die Tarantati von den Taranteln oder die Anhänger der Sufibruderschaft der Ḥamādša von den ğnūn. Die Modernisierung der Völkerkunde exorzierte die Suche nach dem Wesenhaften – insbesondere nach 1945, wo diese Interessen als Ausdruck des deutschen Sonderweges und vor allem der bösen Zeit galten. Oder, wie bereits Frobenius (1933, S. 26) formulierte, „[D]ie begriffsstarken Menschen waren alles, die ergriffenheitsbedingten kaum verwendbar …“ Mit der Expansion Europas nach Übersee gerieten auch die dortigen Welten der passio zwischen die Mahlsteine der Modernisierung. Unter Modernisierung verstehe ich mit Rottenburg (2006) jene Reinigungsarbeit, die die Praxis der Vermischung zum Verschwinden bringt – was nicht nur die westlichen Versuche betrifft, ihre Versionen von Funktionalität, Rationalität, Fortschritt und handlungsautonomen Individuen zu verbreiten, sondern sich auch auf andere Weise gewanden kann. Insofern ist der Umgang der Ḥamādša und der Gnawa mit der Welt der ğnūn nicht nur für westliche Modernisierer problematisch, sondern auch für salafistische/wahabitische Modernisierer – wenngleich aus anderen Motiven; sie „verurteilen den mystischen Zugang zur Religion als häretisch und unislamisch und versuchen ihn zu unterdrücken” (Zeino-Mahmalat, 2014, S. 35). Für sie handelt es sich bei den Sufis, die sich der Welt der ğnūn zuwenden, um politische,12 aber auch um spirituelle Konkurrenten, Politik und Spiritualität stehen in einer offensichtlichen Verbindung. Diese Verbindung beleuchtet sowohl die Spiritualisierung der Landschaft als auch die akademischen Konzepte von Cultural Areas neu: während die gegenwärtige marokkanische Außenpolitik ver11

So stellte der wichtigste Ethnosoziologe, Wilhelm E. Mühlmann den Rang wissenschaftlicher Erkenntnis der Frobenius‘schen Kulturmorphologie generell in Abrede (Mühlmann, 1968, S. 223). 12 Z. B. der tunesische Premierminister „Rachid Ghannouchi, leader of Ennahdha, the Islamist party heading the government coalition after the first free elections in October 2011, proved to be hostile to Sufism. Ghannouchi had never viewed Sufism favourably, joking in an interview, ‘On this I fully agreed with Bourguiba, even if for very different reasons’, and arguing that the veneration of Sufi sheikhs is neither compatible with democracy nor with Islam.33 The main direct challenge to the Sufis, however, has come from Salafism. The vandalism and ravaging of zawaya have increased in frequency and scope since 2011, with Salafis identified as the perpetrators on several occasions (International Crisis Group, 2013, S. 4).“ (Werenfels, 2013, S. 12).

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sucht, die traditionalen Formen des Islam in Nord- und Westafrika mit ihren Sufibruderschaften, ihren Heiligengräbern und ihren mystischen Traditionen zu stärken und damit auf die Idee einer mediterran-subsaharischen Kulturzone zurückgreift, beabsichtigen salafistisch/wahabitische Modernisierer in Nord- und Westafrika, die Sufibruderschaften als irrgläubig zu denunzieren und die Kultstätten der traditionalen Formen des Islam – die Heiligengräber beispielsweise – zu zerstören und zu schänden. Damit etablieren Bewegungen wie Ansar Dine in Mali über Boko Haram in Nigeria, die die bori-Kultur im Norden des Landes verfolgen, bis zu der Sufischreine zerstörenden (NN, 2012) Ansar-Al Sharia in Libyen, den Muslimbruderschaften in Ägypten, Al-Shabaab in Somalia und ISIS in Syrien nicht, wie sie vorgeben, einen traditionellen, sondern einen modernen, von Geistwesen, Heiligenschreinen und Mystizismen bereinigten islamischen Kulturraum.

Die ğnūn des Maghreb Viele marokkanische Versionen des Islam unterscheiden sich von islamischen Strömungen in den meisten anderen arabischen Ländern durch einen starken Volksglauben, in dem die Verehrung von Heiligen und Heiligengräbern, die SufiBruderschaften, magische Praktiken und der Glaube an ğnūn (Geistwesen) weit verbreitet sind. Diese Merkmale teilt Marokko mit dem subsaharischen und westafrikanischen Islam. Besonders Aïsha Qandisha, die mächtigste ğinnīya des Maghreb, spielt eine zentrale Rolle. Im Koran13 wird die Existenz der ğnūn bezeugt – dort sind sie Kreaturen, die aus rauchlosem Feuer vor der Schöpfung des Menschen (aus Erde) geschaffen wurden (Streck, 2006, S. 38). Der Ethnopsychologe Nathan bezeichnet die ğnūn als präislamische Dämonen, bzw. als Dämonen präislamischer Bevölkerungen (Nathan, 2000), die nach der Islamisierung in die neue Religion integriert wurden. Es gibt muslimische, christliche, jüdische und heidnische ğnūn, männliche und weibliche, sie pflanzen sich fort und gründen untereinander oder auch mit Menschen Familien, und sie können sterben. Am Tag des Jüngsten Gerichtes wird über Menschen und ğnūn gleichermaßen geurteilt.14 Ğnūn sind weder gut noch böse, sondern sie sind egoistisch und leicht reizbar, sie werden von ihren eigenen Begierden geleitet. Darin ähneln sie, wenn wir Mauss (1980, S. 9-10) glauben, den iskoki (Bori-Geistern) der Haussa (Andersson, 2002, S. 5), aber auch 13

Z. B. Sure 72 (Sūrat al-Jinn), sowie in Sure 15: 26 (Sūrat al-Hijr), wonach die ğnūn aus nar assamum (arabisch: nar = Feuer; assamum = heißer Wind/Sturm) erschaffen sind. 14 Auch im Christentum sind die Dämonen göttliche Kreaturen, die in die Hölle verwiesen werden können – so erbitten sie in Markus 5, 9 und in Lukas 8, 30, dass Christus sie nicht in die Hölle schicke.

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den Trickstern der nordamerikanischen Indianer und den griechischen Daimones (vgl. Müller, 2010, S. 314ff.). Darin unterscheiden sie sich aber von den inhärent bösen Zar-Geistern Ägyptens und des Sudan. In vielen afrikanischen Kulturen gelten das bewohnte und bebaute Land als von Geistwesen der Moral und der Ordnung bewohnt, die Wildnis dagegen als Landschaft, in der Alterität erfahren werden kann (Kramer, 1987, S. 10). Die ğnūn unterscheiden sich von diesen dadurch, dass sie sowohl in der kultivierten als auch in der wilden Landschaft leben, ganz besonders jedoch im Grenzsaum dazwischen. Sie leben daher in der Nähe der Menschen und nicht notwendigerweise nur in der Wildnis. Mit den Zar-Geistern teilen sie die Vorliebe für den Aufenthalt in Gewässern.15 Wie die Zar-Geister kann man sie als illegale Halbgeschwister der Menschen bezeichnen, die den Kontakt mit den Menschen nicht scheuen und ihn manchmal sogar suchen - aber der Kontakt ist für beide, Menschen und ğnūn, gefährlich: erstere können die ğnūn nicht sehen, für letztere jedoch sind die Menschen sichtbar. Daher können ğnūn die Menschen heimsuchen und schlagen (madroub) oder sogar von ihnen Besitz ergreifen (maskoun) und sie reiten (mamlouk), die Menschen dagegen können ğnūn unbeabsichtigt schädigen oder sogar töten. Da der Kontakt für beide gefährlich ist, muss er auf irgendeine Weise unterbunden oder gebannt werden. In den meisten Strömungen des Islam werden Menschen, die von einem ğinn heimgesucht oder besessen werden, an fqihs (Koranspezialisten) verwiesen, die durch die Lesung der Schrift versuchen, die Geister aus dem Körper der Betroffenen zu vertreiben, zu exorzieren. Man könnte fqihs daher mit katholischen Priestern und aufgeklärten Akademikern gleichermaßen vergleichen, die versuchen, den Aberglauben mit den Mitteln der Dogmatik bzw. der Logik und Rationalität auszutreiben. Daher sind Spezialisten, die andere Umgangsweisen mit den Geistwesen pflegen, immer in der Gefahr, von Puristen ebenso wie von Rationalisten verfolgt zu werden.16 Die Ḥamādša versuchen im Gegensatz zu den meisten islamischen Traditionen nicht, die ğnūn auszutreiben, sondern sich mit ihnen zu adorzieren, zu versöhnen, sie zu integrieren, ihre schädigende Wirkungsweise abzufedern, “[to] transform the afflicting spirit into a protective one” (Crapanzano, 2005, S. xii). Dies geschieht in Trancen und Ritualen der Besessenheit. Dieser Umgang ähnelt denen der Tarantisti in Apulien, die ebenfalls versuchen, den schädigenden Biss der Spinne zu integrieren, er ähnelt auch den Ethnologen, die die mögliche 15

Nathan, 2000 : „Zar : En Egypte et au Soudan, bien qu’on le comprenne, on n’utilise presque jamais le mot djinn , mais plutôt ‘afritt ou zar – le afritt se distinguant du djinn par sa localisation. Il ne s’agit pas, comme le djinn , d’un être des jardins, mais d’un être aquatique puisqu’il se cache de préférence dans les tourbillons du Nil. Il est sans doute constitué du limon, d’où son nom, sans doute parent de ‘affar, « poussière ».” 16 So wurde der Zar-Kult in Zeiten des Fundamentalismus, etwa während der Mahdiya-Periode im 19. Jhd. und nach 1989 verboten (Streck, 2006, S. 38). Auch die Bori-Kulte in Nordnigeria wurden mit Einfürung der Sharia um 2000 untersagt. http://de.wikipedia.org/wiki/Bori_ (Hausa) [Letzter Zugriff: 01.12.2014].

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Abb. 2: Tarantelschrein in Galatina/Salento, 2009 (Foto: Dieter Haller).

Existenz von anderen Realitäten nicht von vorneherein in Abrede stellen, sondern sich ihnen zuwenden und sie durch das Erklären zu bannen versuchen. Ğnūn sind17 zumeist nicht namentlich bekannt, in der Regel spricht man von ihnen in unpersönlicher Weise. Allerdings gibt es einige Ausnahmen, etwa Sidi Hammou und Lalla Mira. Die namentlich bekannteste ğinnīya ist allerdings Aïsha Qandisha, und in Tanger auch Lalla Jamila. Schon Crapanzano (1981, S. 174) stellte fest, dass die Position von Aïsha Qandisha im marokkanischen Dämonenuniversum niemals fixiert worden sei. Aïsha Qandisha wird meistens als ğinnīya bezeichnet, die den Menschen in unterschiedlicher Gestalt erscheinen kann. Einige Versionen des Aïsha-Mythos (Crapanzano, 1981,S. 70) betonen dagegen, sie sei ursprünglich eine Sklavin von Sidi Ali († ca. 1720) (Crapanzano, 1981, S. 47), dem Gründer der Sufibruderschaft der Ḥamādša, gewesen. Aber meistens gilt sie als ğinnīya. Einige Informanten in Tanger erzählen, dass Aïsha Qandisha von den Gnawa – einer anderen Sufibruderschaft – nach Marokko gebracht wurde. Der Name Gnawa geht möglicherweise auf die Namen Guinea (Kapchan, 2007, S. 18¸ Chlyeh, 1998, S. 17) oder Ghana (Chlyeh, 1998, S. 17) zurück. Mein 17

Anders als beispielsweise die Geister des Zar-Kultes.

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Freund Ba Bilal, ein Instrumentenbauer und Gnawi, wird als „echter“ Gnawi anerkannt, weil er eine schwarze Haut hat und von „echten“ Sklaven abstammt. Sein Haus ist überall als Dar Bambara18 bekannt. Seine Beziehung zu den Geistwesen des Südens gilt als „echter“ als die der anderen Gnawi (vgl. a. Kapchan, 2007, S. 23). Aïsha Qandisha selbst wird manchmal auch als Aisa Sudaniya oder als Aisa Gnawiya19 bezeichnet. Andere Informanten waren davon überzeugt, dass Aïsha Qandisha – egal ob sie nun ausschließlich ein Geistwesen ist oder auch eine Sklavin gewesen war, aus dem „Sudan“ (einer Bezeichnung nicht für das Staatsgebiet des Sudan, sondern ganz allgemein für den subsaharischen, schwarzafrikanischen Raum) nach Marokko gebracht wurde, und zwar von Sidi Ali. Während meine Informanten und die meisten Wissenschaftler (Streck, 2006, S. 40; Crapanzano, 1981, S. 69–70; Zillinger, 2013, S. 115; Kapchan, 2007, S. 17; Ralet, 2005 ) den Ursprung von Aïsha Qandisha und den Gnawa im „Sudan“ lokalisieren, wird eine konkurrierende Verortung von Westermarck vertreten. Für ihn ist Aïsha Qandisha identisch mit der antiken ostmediterranen Göttin Astarte. Westermarck glaubt, dass sie von den Phöniziern nach Marokko gebracht wurde.20 Wahrscheinlich verschmelzen in der Figur der Aïsha Qandisha sudanesische und mediterrane Einflüsse, die sich in Marokko mit dem Volksglauben an ğnūn verbinden, der sich wiederum aus koranischen, präislamisch-berberischen und subsaharischen Quellen wie den senegalesischen rab21 speist.22 Wie der Glaube an Aïsha Qandisha und der marokkanische Glauben an ğnūn ganz allgemein, so verbinden auch die Trägergruppen dieses Glaubens, die Sufibruderschaften, den Mittelmeerraum mit dem subsaharischen Afrika. So ist beispielsweise der im 18. Jh. gegründete Tidschaniya-Orden von Beginn an eng mit dem marokkanischem Herrscherhaus verbunden und (…) [konnte] sich von Marokko aus über die westliche Sahara in ganz Westafrika ausbreiten. Die Grabstätte von Ahmed al-Tidschani in Fez ist bis heute eine bedeutende Pilgerstätte für Tidschaniya-Anhänger, insbesondere für Pilger aus dem Senegal” (ZeinoMahmalat, 2014, S. 35). 18

Ähnlich Kapchan, 2007, S. 20. Entscheidend war dabei die maghrebinische Dynastie der Saadier, die in der Mitte des 16. Jh. das Reich Songhai am Nigerbogen mit den Städten Timbuktu und Gao eroberten. Bis zum Ende des 17. Jh. wurden die marokkanischen Sultane formal als Herren von Songhai anerkannt. 20 Monfouga-Nicolas (1972) erwähnt, dass nach Arthur Tremearne (1914) “one has to look for the origins of the Haussa Bori spirits in circummediterranean cults such as B’aal, Astarté and link them to rites of temple prostitution“ (zit. bei Fermi, 2001). 21 Ich schließe mich hier Mueller (2013) an, die ğnūn der (quranisch)-islamischen Welt und rab den „Senegalese traditional beliefs“ zuordnet. 22 Demerghem (1954, S. 260–261) verweist darauf, dass die ğnūn des Sudan bei ihrer Ankunft in Nordafrika arabische und berberische ğnūn vorfanden, mit denen sie verschmolzen (zit. bei Chlyeh, 1998, S. 40. 19

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Abb. 3: Schrein der Aïsha Qandisha in der Zaouia der Ḥamādša in Tanger, 2013 (Foto: Dieter Haller).

Gegenwärtig erlebt der Sufismus in Nordafrika nicht nur eine spirituelle Renaissance, sondern erfährt – nachdem er seit der Entkolonialisierung eine eher geringe Rolle spielte – zunehmend auch politische Bedeutung. Dies betrifft sowohl Entwicklungen innerhalb der nordafrikanischen Länder selbst23 als auch zwischenstaatliche (Wippel, 2012, S. 1205ff.) und transsaharische Prozesse. „In this arena, regime efforts at authoritarian upgrading merged with political realism and have been expressed in a soft power approach in which Sufism and Sufi actors have been attributed an important role. Maghrebi leaders have turned to transnational Sufi actors to expand their states’ economic and political networks in Africa, to bolster power plays with their neighbours, to mediate and mend fences during and after conflicts, to influence diaspora communities in the West, and to export a particular brand of Islam“ (Werenfels, 2013, S. 6). So wurde beim Staatsbesuch von König Mohamed VI in Mali im September 2013 vereinbart, „500 malische Imame in Marokko ausbilden zu lassen.“24 23

Werenfels (2013, S. 1ff.) bemerkt, dass dies von den Politikwissenschaften entweder von einer top-down Perspektive, „as a function of authoritarian regime strategies in response to challenges posed by political Islam“, oder wie im Kontext des „revival of spirituality, the appeal of traditional or new age Sufism“ behandelt wird. Werenfels selbst fokussiert auf die Sufis als Akteure mit eigenen Interessen: „Sufi actors taking advantage of expanded room to manoeuvre have, whether deliberately or not, moderated, diluted, altered, distorted, foiled, or enhanced the effects of top-down policies.“ (2013, S. 3). 24 Zeino-Mahmalat, 2014, vgl. auch Fall, 2015.

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Die Lebenswelten der Menschen und die der ğnūn sind voneinander getrennt, sie überschneiden sich aber und berühren sich zu manchen Zeiten (in der Zeit vor der Dämmerung, in der tiefen Nacht) und an manchen Orten: ğnūn leben im Meer oder unter der Erde, in fließenden Gewässern und am Rande des kultivierten Landes, in Ruinen und in von Menschen verlassenen Orten. Gärten – jenena (ägypt.) oder gharsa (marokkan.) – gelten als Paradies für die ğnūn (Nathan, 2005, S. 27). Da sie besonders im Grenzsaum zur Welt der Menschen leben, sind bestimmte Örtlichkeiten besonders geeignet für den Kontakt beider Spezies: Müllhaufen, Hamams, Toiletten, Küchenspülen, Mühlen, Bäche – fließende Gewässer.25 Während meiner Forschung in Tanger bin ich nie auf die Auffassung gestoßen, dass die ğnūn in der Wüste selbst, in der Sahara, leben.26 Dies ist umso erstaunlicher, als dass Wüstenbewohner wie etwa die Tuareg an die Allgegenwart der ğnūn (vgl. Friedl, 2006) glauben und die Wüste gar als „Land der ğnūn“ (Kal tenere – those of tenere) (Monaghan u. a., 2007, S. 48; Youssouf u. a., 1976, S. 800) bezeichnen. Anscheinend ziehen aber auch die ğnūn der Tuareg Quellen und Oasen den Stein- und Sandwüsten als Lebensraum vor, die Tuareg nennen die Geister daher auch häufig kɛlɛsuf (Jene im Gebüsch) (Casajus, 1984, S. 226). Allerdings unterscheiden sich die Geistwesen der Tuareg von den ğnūn der Marokkaner dadurch, dass erstere Ahnengeister sind (Casajus, 1984, S. 226), letztere jedoch nicht. Darüber hinaus könnte man annehmen, dass eine Weltgegend, deren geologische Entwicklung sich noch bis etwa 1500 v. Chr. durch Vegetation und Besiedlung auszeichnete, eben kein bahr bila ma (Meer ohne Wasser) war, sondern ein bahr maa ma (Meer mit Wasser), eine gharsa bzw. jenena (Garten), und daher als mit Wadis durchzogener aufgegebener Ort bevorzugt mit den ğnūn assoziiert werden könnte. Ich muss jedoch eingestehen, dass meine Kenntnis der Sahara als spirituelle Landschaft noch nicht ausreicht, um belastbare Aussagen über Geistwesen in der Wüste zu machen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit Felsbildern könnte hier Erhellung über eine mögliche kulturelle Kontinuität zwischen der einst grünen und nun sandigen Sahara als einem Lebensort für ğnūn bringen.27 Aus Sicht meiner Tanjawi-Informanten und daher ethnologisch relevant ist jedenfalls die Beobachtung, dass ğnūn an den Rändern der menschlichen Lebenswelt beheimatet sind – nicht jenseits davon in der Wüste. Für die meisten Marokkaner spielt die Wüste in dieser Hinsicht keine Rolle: für Marokkaner des Binnenlandes wird Aïsha Qandisha eher mit Erde, fließenden Gewässern (vgl. Zil25

Über die Begegnung zwischen Mensch- und Geisterwelt an Wasserstellen etwa bei den Kalabari (Kramer, 1987, S. 60) und in Melanesien (Kaufmann, 1996, S. 48) 26 Allerdings sind die ğnūn nach Sure 15 aus feurig heißem Wind erschaffen. Lediglich Rhani (2008, S. 174) erwähnt, dass Aïsha Qandisha auch manchmal Moulat l-khalyan (Aïsha der Wüste oder der Leere) genannt werde. 27 Eine erste Spur in diese Richtung habe ich bei Smith gefunden; Smith (2005, zit. bei Smith, 2006, S. 7) interpretiert Rinderdarstellungen „’Fire ritual’, Uan Derbaouen, Tassili n’Ajjer, from Colombel“ als ğnūn.

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Abb. 4: Felsen von Lalla Jamila, Tanger, vor 2008 (Foto: http://auto.img.v4.sky rock.net/1686/13271686/ pics/2431565503_1.jpg).

Abb. 5: Felsen von Lalla Jamila kurz vor dem Abriss (Foto: google earth, panoramio 108045223).

linger, 2013, S. 48), Sümpfen oder Gärten assoziiert, Marokkaner von der Küste stellen sie sich häufig als Meeressirene vor. Und so verschmilzt Aïsha Qandisha – die ja in unterschiedlicher Form erscheinen kann – in Tanger manchmal mit weiblichen Meeresgeistern, ganz konkret mit Lalla Jamila. Lalla Jamila ist nicht nur der Name für eine Landmarke, einen konkreten Felsen an der Meeresküste von Mershan, sondern der Name für ein Geistwesen, eine Person und einen Kult, der sowohl von muslimischen wie von jüdischen28 Frauen ausgeübt wurde. Wie für Aïsha Qandisha, so gibt es auch über Lalla Jamila verschiedene, sich widersprechende Geschichten. Für Westermarck (1968, S. 293, 392) ist Lalla Jamila ganz unzweifelhaft eine Erscheinungsform von Aïsha Qan28

Ben Ami, 1990, S. 114. Ben Ami nennt als weitere Quelle: Voinot, L., 1948: Pèlerinages judéomusulmans du Maroc. Paris: Larose, S. 39–40.

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disha. Einige meiner Informanten, etwa der m9addem der Ḥamādša, bezeichnen Lalla Jamila viel allgemeiner als unsichtbares Wesen, als ğinnīya, die vor allem von Frauen, manchmal aber auch von Männern, Besitz ergreift. Der Fels allerdings sei lediglich der Ort, an dem man ihr huldige – ihre Existenz sei nicht an die Existenz des Felsens gebunden, wie andere ğinnīyat könne sie in vielfältiger Form erscheinen, etwa die Form von Menschen annehmen oder auch von Katzen (Feldforschungsnotizen 27.11.2014). Andere halten Lalla Jamila für eine weiße und wunderschöne Meeressirene,29 die die jungen Männer Tangers mit ihrer Schönheit in ein frühes und nasses Grab lockt – ähnlich wie die Loreley und die schöne Lau in Deutschland. In dieser Erklärung ist die ğinnīya durchaus existentiell am Landschaft gebunden: die Küste von Mershan ist voller Sirenen,30 insbesondere an der Mündung des Judenflusses (Oued Lihoud), am Küstenabschnitt unter der Felssiedlung Bouknadel und bei einzelnen Felsen wie eben jenem von Lalla Jamila. Einige sagen, das Verschwinden dieser Felsen habe die Sirenen vertrieben, andere sagen, die Sirenen seien noch immer da. Für die Schriftsteller Choukri und Boraki31 und für meine Informantin Ferdaouss allerdings ist Lalla Jamila weder ein Geist noch eine Dämonin, sondern eine Frau, die sich in einen Mann verliebt hatte und sich diesem hingab, ohne ihre sieben Brüder um Erlaubnis zu fragen. Daraufhin wurde sie verflucht und sie „verschwand“ an jenem Felsen, der heute ihren Namen trägt. Belegt ist durch die Aussagen meiner Informanten, dass Frauen – insbesondere unverheiratete Mädchen – dorthin gingen, sie begaben sich in die Kaverne des Felsens, die von Meerwasser durchspült wird, und erbaten dort von Lalla Jamila den Segen für die Erfüllung ihres Liebesglücks oder ihrer Fruchtbarkeit (Tafersiti, 2013, S. 28; Erkoreka, 1991, S. 168). Manche erzählen, sie hätten gesehen, wie Mädchen sich dort nackt ausgezogen und mit Meerwasser benetzt hätten.32 Manche 29

Westermarck (1968, S. 392) spricht davon, dass die Meeressirene Aïsha Qandisha sei. Michaux-Bellaire, 1921, S. 330: „Plus à l‘est, au bas de la Qaçba, au bord de la mer, on voit Sidi Bou Qnadel et Sidi Hammou ; de l’autre côté de la ville, un rocher qui avance dans la mer, visà-vis de la rue de la Plage, porte le nom de Moulay Abdelqader : les femmes le blanchissaient à la chaux et allaient lui demander des enfants.“ 31 „Lalla Jamila war eine Jungfrau, die verflucht wurde, weil sie die Liebe eingegangen war, ohne den Segen ihrer sieben Brüder einzuholen. Weil sie sich der Überwachung dieser sieben Wächter der Jungfernschaft entwand, wurde sie bestraft. Heute ist Lalla Jamila ein Felsen, der sich aus dem Meer erhebt. Die Frauen kommen dorthin um bei Ebbe zu beten, sie bitten sie, vor Gott für sie einzustehen. Es ist der Ort an dem man die Liebe erhalten kann, die man nicht erlebte; das Glück, das einem nicht widerfuhr; die Kinder, die man nicht bekam. Man gibt dort Weihopfer, Tüchlein die mit Menstruationsblut befleckt sind, Kajal, Zucker, Orangenblütenwasser und man entzündet dort Kerzen. Seitdem schützen die Brüder die Stadt.“ (Übersetzung durch den Autor). Vgl. auch ALM, 2010: „’Lalla Jamila’ ist der Name eines Felsens der in der Vergangenheit von den alten Bewohnen Tangers verehrt wurde. (…) Der Ort, an dem sich der Fels befand, wurde von vielen Frauen und jungen Mädchen besucht, um Gnade/Segen (baraka) zu erbitten“ (Übersetzung durch den Vf.). 32 Feldforschungsnotizen 03.11.2014; vgl. Rhani (2008, S. 179ff) der über ähnliche Reinigungsri-

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Mädchen kämen auf Anraten von Verwandten zum Felsen, andere auf Geheiß eines fqih; wenn sich beispielsweise ein Mädchen sexuell mit einem Jungen eingelassen hat, der nur sein Vergnügen suchte ohne ernste Absichten, dann wird es von einen fqih so behandelt, dass sie wieder wie eine Jungfrau erscheint (t‘9af ),33 um ihre Aussichten auf einen Ehemann nicht zu gefährden. Danach schickt der fqih sie mit Kräutern zum Felsen, die sie dort verbrennen soll (Feldforschungsnotizen 27.11.2014); einig sind sich die Informanten darin, dass die Frauen und Mädchen dort Opfergaben wie Kerzen, Henna und Rauchsubstanzen darboten, manchmal einen Hahn oder auch Unterwäsche. Danach mussten die Frauen den Felsen siebenmal34 umrunden.35 Der Felsen, an dem bis 2008 die Segnung durch Lalla Jamila erbeten wurde, existiert heute nicht mehr. Er wurde im Zuge der von König Mohamed VI angestoßenen Modernisierungsvorhaben, die darauf ausgerichtet sind, die Stadt und den Norden Marokkos ganz allgemein in eine neue und blühende ökonomische Zukunft zu führen, pulverisiert und dem Bau einer Umgehungsstraße, der die Altstadt mit Oued Lihoud verbindet, geopfert. Die Küste von Mershan und Bouknadel wurde nachhaltig transformiert, und nur wenige spirituelle Felsen, wie etwa die Felsen von Ghanam (7ajra d Ghanam) im gleichnamigen Garten (gharsa d’Ghanam) oder der Fels von Sidi Hammou, dem Ehemann von Aïsha Qandisha, befinden sich heute noch an Ort und Stelle (Feldforschungsnotizen November 2014). Die meisten anderen wurden unter nur geringem öffentlichen Einspruch (Tafersiti, 2005) wie der Felsen von Lalla Jamila dem Fortschritt geopfert und beseitigt, ohne – wie etwa in Dakar/Senegal36 oder Reykjavik/Island – rituelle Spezialisten (ndeppkat bzw. Elfenbeauftragte) vor der Bebauung eines Ortes zu Rate tuale im Kontext der Kultur um Aïsha al-Bahria und Sidi Daoud in Ben Yeffou berichtet, bei denen ebenfalls Unterwäsche überlassen wird. 33 Feldforschungsnotizen 27.11.2014. T‘9af bedeutet „être noué“, zugenäht (Rhani, 2008, S. 183). 34 Die heilige Zahl 7 im Islam kommt hier gleich zweimal vor, und die Umrundung erinnert an die Umrundungen der Ka’aba durch die Pilger in Mekka. Erzählungen von den sieben Brüdern und der einen Schwester gehören zum Repertoire marokkanischer Folkloregeschichten. Vgl. Bushnaq (1986, S. 119–124) The Girl Who Banished Seven Youths, zit. bei Maier, 1996, S. 231. 35 Man kann sie leicht auf die Bearbeitung weiblicher Bedürfnisse in einer patriarchalischen Gesellschaft reduzieren – so wie dies etwa im Theaterstück Lalla Jamila (Ben Bouchta, 2004) geschieht. Darin haben sich Frauen zum Felsen geflüchtet, um fern von Männern zu leben. Die Reduktion auf die Genderfrage greift m. E. jedoch zu kurz, da Lalla Jamila auch von Männern Besitz ergreift, so wie das gemeinhin allen ğnūn und ğinnīyat möglich ist. 36 Mueller, 2013, S. 61: „As Dakar continues to develop, the locations of xamb become formative in determining how this growth occurs. For example, before a building is constructed, an ndeppkat or marabout will often be invited to assure the contractor that a xamb did not previously occupy the site. As Dakar becomes more cosmopolitan“, „on détruit ces lieus [xamb] pour construire des bâtiments, des routes. Finalement les djinns qui habitent dans ces lieus sont furieux a l’intérieur de la maison” (Ndoye, 2012).

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Abbildung 6: Felsen von Ghanam, Tanger, 2014 (Foto: Dieter Haller).

zu ziehen, um zu eruieren, ob dieser von Geistwesen bewohnt wird. Nicht nur die Küstenzonen Tangers, auch Teile der Altstadt und der angrenzenden Viertel der Ville Nouvelle sind der urbanistischen und der architektonischen Modernisierungsvorhaben Tanger-Ville und Tanger-Metropole, die von König Mohamed VI angestoßen wurden, ausgesetzt. Ironischerweise wird der Küstenabschnitt an der neuen Umgehungsstraße bald jene Diskotheken und Nachtclubs beherbergen, die sich momentan noch in der großen Sandbucht von Tanger befinden; von dort sollen diese weichen, da der Strand nach den von König Mohamed VI angestoßenen Modernisierungsvorhaben Tanger-Ville und Tanger-Metropole zu einer luxuriösen Touristendestination umgewandelt werden soll. Vielleicht wird Lalla Jamila dadurch ja auf unerwartete Weise wieder dem einen oder anderen jungen Tanjawi auf der Suche nach Rausch, Sex und Spaß begegnen.

Fazit Die Welt der Geister wird nicht nur in Marokko von unterschiedlichen Strömungen bekämpft: von aufklärerischen, technologischen und religiösen Reinheitsbewegungen. In Tanger ist er vor allem von zwei Seiten her unter Beschuss geraten: durch die o. a. technokratischen Modernisierungsvorhaben Tanger-Ville und Tanger-Metropole und durch wahabitisch/salafistischen Versionen des Islam, für die nicht der Glaube an die Geister, sondern der integrierende Umgang mit ih-

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nen durch die Sufibruderschaften und den marokkanischen Volksglauben Teufelszeug darstellt. Sowohl die königlichen als auch die arabischen Modernisierer transformieren den mediterranen Charakter der Stadt. Lokale Aktivisten, die sich dem Schutz des kulturellen Erbes Tangers verschrieben haben, befürchten, dass der Geist der Stadt genauso ausgetrieben und exorziert wird wie die Geister von Lalla Jamila und die anderen Wassergeister von den Küsten Mershans. Ich möchte nicht zu pessimistisch enden, da ich als Ethnologe an die longue durée alter Strukturen und kultureller Muster glaube, unabhängig von den vielfältigen Versuchen, diese zu Modernisieren und zu Standardisieren. Hauschilds (2008) Reserventheorie hat hier einen möglichen Weg gewiesen: alte Formen verschwinden meist nicht unwiederbringlich, sondern dämmern häufig am Rande der offiziellen und modernen Welt dahin, bis sie in Zeiten der Not oder auch der Notwendigkeit wieder entdeckt und revitalisiert werden können. Wie der apulische Tarantismus, der mit der Modernisierung Süditaliens in den 1950er Jahren verschwand und lange Zeit als ausgestorben galt, der aber in den 1990ern durch Künstler und Therapeuten wieder entdeckt wurde, so dass er heute wieder eine Form der kulturellen Daseinsbewältigung spielen kann, so mag auch Lalla Jamila wiederentdeckt werden, vielleicht durch lokale Künstler. Das Theaterstück Lalla Jamila des Dramaturgen Zoubir Ben Bouchta (2004) könnte ein erster Schritt dorthin sein. Was hat all dies mit der Frage nach Kulturarealen zu tun? Was mit dem Zusammenhang Europas mit dem Mittelmeer, der Sahara und dem subsaharischen Raum? Was können uns spirituelle Landschaften lehren? Während in Europa insbesondere seit der Aufklärung der Glaube an Geister nachhaltig und weitgehend an Boden verlor – was sich u. a. in der Entspiritualisierung, Utilitarisierung und Kommodifizierung von Landschaft zeigt – hat sich dies bis heute in Marokko und in den subsaharischen Kulturen erhalten. Aber auch dort wird in der Gegenwart die Spiritualität von Landschaften als möglicher Grundlage eines gemeinsamen Identifikationsraumes für Nord und Süd herausgefordert, und zwar aus zweierlei Richtungen: dem technokratischen Modernismus und dem wahabitisch/salafistischen Islam. Beide transformieren lokale Lebensformen, Formen der Daseinsbewältigung, der Gesellung und der Glaubenswelt auch dadurch, indem sie sie naturalisieren und ihre gereinigten Versionen der Realität in der Gestaltung von Landschaften ausdrücken. Die Austreibung des Glaubens in der Aufklärung und der Sieg der Vernunft; die Umwandlung der Loreley, der Mummelseegeister und der schönen Lau in drollige Tourismusembleme; die Zuweisung des Tarantelkultes in eine vormoderne Vergangenheit; die Anschläge von Ansar Dine auf den Volksislam in Mali und die Zerstörung von Heiligengräber durch die Asawad-Milizen; die Zerstörung des Felsens von Lalla Jamila – sie haben unterschiedliche Ursachen und sind unterschiedlichen Motiven geschuldet. Aber sie alle sind darauf ausgerichtet, Geister und Spiritua-

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lität zu zerstören und damit auch deren Verbindungen und Routen im Namen von Vernunft, technischer Machbarkeit oder Wahrheit. Dadurch werden differente, nicht miteinander verknüpfte Kulturareale ins Leben gebracht; Areale, die separieren, einen aufgeklärten Norden von einem abergläubischen Süden; eine technokratische Welt des Westens von einer religiösen Welt des Islam; eine europäische Welt von einer panarabischen Welt, die von Tanger zum Golf und von dort nach Somalia und Dakar reicht. Die konnektive Wende, die im neuen Millenium zaghaft in die Area Studies37 Eingang gefunden hat, kann grundiert und die Kulturareale können wieder miteinander verbunden werden, indem wir auf die gemeinsamen Beziehungen zwischen ihnen abstellen. Der Blick auf spirituelle Welten könnte dazu ein wichtiger Schritt sein, ein Blick auf Geistwesen, die wir teilen. Und die uns teilen oder uns beißen wie die Taranteln, oder uns reiten wie die ğnūn.

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So stellen etliche Zentren und Netzwerke, die in den Jahren ab 2010 vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Fortführung des Förderschwerpunktes „Stärkung und Weiterentwicklung der Regionalstudien (area studies)“ gefördert werden, explizit auf den Aspekt der Konnektivität ab, etwa das Zentrum für M;ittelmeerstudien (Bochum), das Centre for Area Studies (Leipzig) und das „Research Network Crossroads Asia“.

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Jan-Marc Henke „Wallfahrt nach Olympia“ Die Aneignung einer mediterranen Kultur im geisteskulturellen Selbstverständnis des jungen deutschen Kaiserreiches am Beispiel archäologischer Grabungen in Olympia

Einleitung Die Aneignung des vermeintlich „Mediterranen“ bzw. von Elementen oder Aspekten „mediterraner“ Kulturalität ist in den mittel- und nordeuropäischen Gesellschaften des 21. Jh. zu einem festen Bestandteil des öffentlichen Lebens geworden. Dabei zeigt sich eine zumeist sehr unscharfe Wahrnehmung der Inhalte, die unter diesem „Label“ zusammengeführt werden. In der Regel evoziert der Ausdruck Vorstellungen einer „südeuropäischen“ „gesunden“ Ernährung und damit oft verbundenen „prämodernen“ und als entschleunigt empfundenen Lebensweise, die nicht selten aus den subjektiven pseudoauthentischen Erfahrungen der eigenen Urlaubsreisen resultieren (dazu u. a. den Beitrag von G. Welz in diesem Band). Auch ein entsprechend hergeleitetes Wohnumfeld – Farben, Möbel, Accessoires – werden mit „mediterraner Kultur“ verbunden. Dieses vom Tourismus und Handel aufgenommene und weiterentwickelte Bild erhebt das „Mediterrane“ zum Lifestyle, wodurch es zu einem Bestandteil mittel- und nordeuropäischer Kultur wird. Zu einer unspezifischen Konfiguration spanischer, südfranzösischer, zumeist aber italienischer wie griechischer und seit jüngerer Zeit auch türkischer Kulturelemente verunklärt und reduziert, geschieht diese Adaption vielmehr als Modifikation. Diese wird zu einem sehr wesentlichen Teil von den Lebens- und Denkgewohnheiten der adaptierenden Kultur infiltriert, so dass sich am Ende – lediglich als willkürlich ausgewähltes Beispiel – ein griechisches Restaurant mit „mediterraner“ Küche findet, in dem nur selten ein „authentisch“ griechisches Gericht, wie es in seinem Heimatland üblich wäre, auf der Speisekarte steht. Diese popularisierte Form des „Mediterranen“ berücksichtigt nur selten die geisteswissenschaftliche Konzeptualisierungen hinter diesem Begriff und schon gar nicht die gesamte kulturelle Diversität des Mittelmeerraums. Vielmehr wird das „Mediterrane“ auf südeuropäische und im begrenzten Umfang anatolische Komponenten beschränkt, was im deutschsprachigen Raum natürlich u. a. mit

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der Entwicklung des Tourismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, aber auch demographischen Veränderungen verbunden werden kann. Gerade für Italien und Griechenland als Urlaubsziele und Ausdruck „mediterraner“ Kultur mögen zusätzliche, heute eher unterbewusst zum Tragen kommende Ideologiemuster hineinspielen, die in Adaptionsprozessen wurzeln, welche noch deutlich vor der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Mittelmeerraum als spezifischen kulturellen Interaktionsraum und dem Diskurs über eine Konzeptualisierung des „Mediterranen“ stattfanden. Man könnte sie daher als „protomediterran“ bezeichnen. So ist es symptomatisch – um bei dem oben genannten Beispiel des griechischen Restaurants zu blieben –, dass die Gerichte zumeist den Namen griechischer Reiseziele, vor allem aber antiker griechischer Götter, Heroen, Stätten, Staatsmänner oder Philosophen tragen, die dem Besucher immerhin kursorisch bekannt sind. Mit einer Kapodistiras- oder Kollokotronis-Platte dürfte kaum einer der Restaurantgäste in Deutschland eine Assoziation verbinden. „…, das Land der Griechen mit der Seele suchend …“ (Goethe, Iphigenie auf Tauris 1, 1) gehört zu den bekanntesten Versen Johann Wolfgang von Goethes und ist sicherlich paradigmatisch für diese „protomediterranen“ Adaptionsformen einer Mittelmeerkultur in den deutschen Gesellschaften jener Zeit – nicht zuletzt dadurch, weil hier auch eine psychisch-emotionale Sphäre zum Ausdruck kommt. Der Beitrag beleuchtet allerdings weniger die Entwicklung allgemeinhumanistischer Bildungsideale und Werte in den Epochen von Aufklärung und Romantik. Vielmehr geht es um deren gezielte wie unbewusste Instrumentalisierung zur Entwicklung geisteskultureller Identitätskonzepte in Preußen, die im entscheidenden Kern auf der Aneignung antiker griechischer Geistes- und Kunstkultur basieren. Exemplarisch wird dafür das fast ein Vierteljahrhundert dauernde Ringen des Althistorikers und klassischen Archäologen Ernst Curtius (1814–1896) um die Realisierung archäologischer Ausgrabungen im Heiligtum des Zeus Olympios (Olympia) auf der peloponnesischen Halbinsel nachgezeichnet, das mit dem Beginn des Projektes im Oktober 1875 endete (Marchand, 1996; Kalpaxis, 2002; Klinkhammer, 2002). In diesem Zusammenhang war es Curtius gelungen die Olympia-Grabung als erstes staatlich gefördertes Prestigeprojekt des jungen deutschen Kaiserreiches gegen bedeutsame Kritiker – u. a. Otto von Bismarck – durchzusetzen. Für dieses Ziel musste Curtius zunächst eine intensive Überzeugungsarbeit leisten, die sich nicht zuletzt in seinen überlieferten Reden und Schriften darstellt. Hierin betonte er fortlaufend einen besonderen, über allgemeineuropäische Kulturkonzepte hinaus gehenden, identitätsimmanenten Bezug der deutschen Geistes- und Kunstkultur zur griechischen Antike, der sich offenbar im Rahmen der deutschen Nationalstaatsbildung durch die Reichsgründung zum Bestandteil einer nationalen Identitätsideologie verfestigte. Auch wenn diese Vorstellung zu ihrem wesentlichen Teil auf dem humanistischen Gedankengut der vorangegangenen Epochen beruhte, gab ihr Curtius nicht zuletzt

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im Rahmen der mit großer Insistenz verfolgten Durchsetzung des Olympia-Projekts eine sehr eigene Prägung. Der Beitrag zeichnet diesen Weg in Curtius’ Reden und Schriften nach, wobei der hier zugrunde liegende geistesideologische Diskurs der deutschen Aufklärung und Romantik mit ihren philhellenistischen Strömungen insoweit vorab umrissen wird, als er für den ideellen Stellenwert der Olympia-Grabung in der Allgemeinheit und bei seinem Urheber Ernst Curtius von Bedeutung war. In diesem Zusammenhang gilt es gleichermaßen die allgemeinen Paradigmen in Curtius’ Sichtweise auf die antike griechische Kultur zu skizzieren, da sie konstitutiv für seine Vorstellung von Olympia als wichtiges Forschungsprojekt waren. So ist der Fokus auf die Konstruktion eines zwar im Kern wissenschaftlichen Wissens gerichtet, das im Zuge seiner Popularisierung aber in eine breitere Öffentlichkeit getragen und dort zur Schaffung eines geisteskulturellen Selbstverständnisses genutzt wurde. Das Olympia-Projekt stand in Curtius’ Anstrengungen zur staatlich geförderten Erforschung der antiken griechischen Kultur aber nicht isoliert. Wie ein Blick in die Reichstagsprotokolle von 1872 zeigt (VdR, 1872), scheinen sie in logischer Konsequenz zu seinem Bild über die aus der Aneignung antiker griechischer Geisteskultur erwachsende Befähigung und Verpflichtung der deutschen Altertumswissenschaften zur Erforschung der klassischen Antike, essenziell mit der Gründung einer Außenstelle des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen verknüpft. Dieses sollte als Koordinationspunkt und Basis zukünftiger überregionaler Forschungsprojekte im östlichen Mittelmeerraum dienen, worin sich natürlich auch der zu dieser Zeit entbrennende Konkurrenzstreit der europäischen Großmächte um die Erforschung des Altertums offenbarte, der auch außenpolitisches Kalkül zeigte. Mit Blick auf die orientalischen Stätten als „Wiege der Zivilisation“ und Schauplatz des Alten und Neuen Testaments lagen die Forschungsobjekte mehrheitlich in den geopolitischen Interessensgebieten der um dortigen Einfluss ringenden Kolonialmächte bzw. wurde ihre Erforschung durch den Kolonialismus überhaupt erst möglich (Bruch, 2002; Klinkhammer, 2002, S. 31–36). In diesem Zusammenhang spielte das antike Griechenland1 zwar nicht in Bezug auf die ostmediterranen-orientalischen Wurzeln der christlichen Religiosität des modernen europäischen Abendlandes eine fundamentale Rolle, allerdings in Bezug auf dessen geistig-philosophischen Ursprung, wodurch Griechenland grundsätzlich als zum europäischen Kulturraum dazugehörig erkannt wurde (Maras, 2012, S. 85; Kalpaxis, 2002, S. 20–21). Somit erhielt Olympia im Zuge der deutschen Reichsbildung und Entwicklung zum Nationalstaat sowie dessen geisteskulturellen Selbstverständnisses eine anfänglich wohl nicht geahn1

Dabei kann man von der Antike bis zur griechischen Nationalstaatsgründung von 1821, wie es u. a. Malkin (2003) betonte, nur bedingt von einem gemeinschaftlichen griechischhellenischen „Volksverständnis“ mit Bezug auf ein fest umrissenes geographisches Territorium „Griechenland“ sprechen.

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te „kulturpolitische“ (zur Problematik der Verwendung dieses Begriffs für das 19. Jh. s. Bruch, 2002) Dynamik und Signalstellung. Wie sehr Curtius’ Sichtweisen verinnerlicht bzw. auch im nationalen Selbstverständnis der interessierten Öffentlichkeit verankert waren, scheint sich z. B. in dem 1879 von dem deutschen Maler, Kunstschriftsteller und Feuilletonist Ludwig Pietsch (1824–1911) publizierten Reisebericht – Wallfahrt nach Olympia – widerzuspiegeln (Pietsch, 1879, S. 4–6). Hier finden sich viele der wesentlichen von Curtius fortwährend bemühten Argumentationsstränge, in populistisch-propagandistischer Wortwahl wiederholt und führen das Resultat dieser bereits damals schon bewusst als Adaption fremder Kulturelemente beschriebenen Prozesse besonders eindringlich vor Augen. Die hier angesprochene Thematik ist bereits an anderer Stelle wissenschaftlich ausführlich aufbereitet worden. Der vorliegende Beitrag schöpft daher im Wesentlichen aus der vorhandenen Forschungsliteratur und resultiert nicht aus eigenen Forschungen des Autors. Daher führt der Beitrag die in ihm behandelte Problematik nicht breit aus, sondern möchte lediglich einzelne Aspekte aus dem Blickwinkel kultureller Adaptionsprozesse heraus aufgreifen.

Die Rolle der antiken griechischen Kultur und die Bedeutung Olympias im vormärzlichen Deutschland – ein Abriss Bereits Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), einer der ersten maßgeblichen Gelehrten der Aufklärung bzw. für die Konstituierung des humanistischen Bildungsideals und „Vater der deutschen Archäologie“, „ersehnte“ Ausgrabungen in Olympia (Leifer, 1963, S. 271). Und auf ihn dürfte sich der einleitend erwähnte Künstler und Schriftsteller Ludwig Pietsch – wie viele andere Verfechter des Olympia-Projekts – bezogen haben, wenn er die Realisierung der Grabungen in seinem diesbezüglichen Reisebericht schließlich mit den Worten kommentierte: …, und die Seele geschwellt und erfüllt von jenem Glück, das wir geniessen, wenn die Verwirklichung unserer abenteuerlichsten sehnsüchtigen Träume, wenn Erfüllung, die schönste Tochter des grossen Vaters, endlich zu uns niedersteigt!(Pietsch, 1879, S. 49)

Zwischen 1755 und 1768 hielt sich Winckelmann in Italien auf – überwiegend in Rom –, wo er die antike griechische Kunst studierte, die dort in Form antiker römischer Kopien verlorener griechischer Originale präsent war. Er fasste seine Beobachtungen in seiner ersten wichtigen Veröffentlichung Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst zusammen. Mittels der Unterstützung durch Kardinal Alessandro Albani wurde

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Winckelmann 1763 von Papst Clemens XIII. zum Aufseher der Altertümer in Rom und Umgebung ernannt. Mit der Veröffentlichung seiner Schrift Geschichte der Kunst des Altertums 1764 leistete Winckelmann den ersten fundamentalen Beitrag für die Entwicklung der archäologischen Wissenschaft. In Winckelmanns Vorstellung kannten die antiken Griechen weder den menschlichen Leib verformende und an seiner natürlichen Entfaltung hindernde Kleidung noch die Gestalt beeinträchtigende Krankheiten. Das gesamte Streben hätte dem Ideal der perfekten Schönheit von Körper und Geist gegolten, was seinen vorbehaltlosen Widerhall in der Kunst und insbesondere der Plastik gefunden habe. Letztere übertrage geistige Werte in visuelle Formen. Mit Hilfe einer genauen Studie der Skulpturenoberfläche könnten diese Ideen und Gedanken in die Seelen der Betrachter Eingang finden und ihn formen. Demnach war es auf Grund seines innewohnenden intellektuellen Geistes vollkommener als das natürliche, reale Vorbild. Auf diese Weise sah er in der griechischen Kunst die Inkarnation der reinen, echten und vor allem freien menschlichen Natur (Marchand, 1996, S. 9. 11. 12).2 Angeregt durch den Reisebericht des Pausanias aus der ersten Hälfte des 2. Jh. n. Chr., rückte Olympia seit der Renaissance in das Blickfeld unterschiedlicher Gelehrter. Dabei ruhte das Hauptinteresse allerdings vorrangig auf der athletischen Komponente der heiligen Spiele und weniger auf künstlerischen oder philologischen Aspekten. Für die Philosophie Winckelmanns erschien der Ort jedoch in all seinen Facetten besonders reizvoll. Auf der einen Seite sah er in Olympia sein Ideal der athletischen Förderung körperlicher und geistiger „Schönheit“ bzw. Bildung verwirklicht. Auf der anderen und vermutlich weitaus bedeutsameren Seite bezeugten Pausanias Beschreibungen zahlreiche Skulpturen und Inschriften berühmter antiker Künstler, Politiker und Athleten. Im Gegensatz zur damals noch dicht besiedelten Athener Akropolis, für die der Großteil ihrer einstigen Ausstattung mit Ausnahme der Parthenon- und Erechtheionskulpturen wohl als verloren geglaubt werden musste, war Olympia von mächtigen und nicht überbauten Schwemmschichten bedeckt. Daher schienen die Aussichten eine große Menge antiker Hinterlassenschaften aufzudecken besonders gut. Dabei mag der Erhaltungszustand der von Winckelmann mehrmals zwischen 1758 und 1767 besuchten Städte Pompeji und Herculaneum überhöhte Erwartungen für Olympia geweckt haben. 2

Neben diesem philosophischen Zugang definierte und schied Winckelmann aber vor allem die grundlegenden Stile antiker Kunst und begründete die Notwendigkeit minutiöser Objektstudien. Mit dieser Ausrichtung gab Winckelmann der deutschsprachigen Archäologie ihre lang anhaltende substantielle Ausrichtung auf die Stilforschung, in der die Gattung der Plastik bis heute eine fundamentale Rolle einnimmt. Da Winckelmann die Entwicklung seiner Stile in das Gerüst der antiken Ereignisgeschichte einhängte und die historisch-politischen Epochen mit den unterschiedlichen Stilformen verband, übertrugen sich seine ästhetischen Kunstempfindungen auf die gesamte antike Lebenswelt. Somit vollzog Winckelmann eine Art „Ästhetisierung der Geschichte“ (Maras, 2012, S. 19–20).

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Die weitere geistesgeschichtliche Entwicklung sei hier insoweit auf den Aspekt komprimiert, als dass im Zuge der griechischen Unabhängigkeitskriege und des auflebenden Philhellenismus gerade im postnapoleonischen Deutschland der Spätromantik die griechische Kultur und auch Olympia vermehrt zum Ideal des gebildeten und politisch interessierten wie auch enttäuschten Bürgertums avancierte. So erhielt der demokratische Gedanke mit seiner Ableitung aus dem antiken griechisch-attischen Staatswesen nicht nur ein „fiktives“ Leitbild in einer mediterranen Vergangenheit, vielmehr bekam er in Verbindung mit den nationalstaatlichen Vorstellungen einen „realen“ Handlungsraum an den Küsten des Mittelmeers selbst. Wie Maras (2012, S. 78–88) herausstellte, boten die zahlreich in den 1820er Jahren gegründeten philhellenischen Vereine ein Ventil für die seit dem Wiener Kongress deutlich zurückgewiesenen liberalen und nationalstaatlichen Bestrebungen, indem der von den Vereinen unterstützte griechische Freiheitskampf die Gründung eines griechischen Nationalstaates zum Ziel haben sollte. In diesem Rahmen erschien das panhellenische Heiligtum Olympia als Symbol bürgerlich-demokratischer und im deutschen Raum auch föderal-nationalstaatlicher Ideale. Hier trafen sich die verschiedenen griechischen Stämme zu gemeinsamen friedlichen Wettkämpfen, was trotz aller Zersplitterung als Ausdruck eines nationalen Identitätsbewusstseins und tiefen Zusammengehörigkeitsgefühls interpretiert und stilisiert wurde. In den Vereinen engagierten sich überwiegend Akademiker und niedrigere Geistliche gefolgt von Beamten, Industriellen und Kaufleuten sowie Angehörigen anderer freier Berufe. Es galt sich als bürgerliche Mitte gegen den Adel auf der einen und das Kleinbürgertum sowie die Unterschicht auf der anderen Seite abzugrenzen, auch wenn die Vereine allen Schichten formell offen standen. Die bürgerlich-demokratische Geisteshaltung schlug sich besonders im Vereinswesen und seinen Prinzipien nieder, die sich an antiken Vorbildern orientierten. Dazu gehörten die freie Zielsetzung und Freiwilligkeit der Mitgliedschaft, die grundsätzliche Gleichheit aller Mitglieder auch bei der Besetzung der Vorstände sowie die allgemeine Entscheidungsfindung durch das Abstimmen aller Mitglieder nach dem Mehrheitsprinzip. Damit besaßen die Vereine – wie Maras (2012, S. 83) explizit betonte – eine starke Modernisierungskraft, indem sie die Integration breiter Bevölkerungsschichten förderten und somit eine gemeinschaftliche Interessenartikulation und Identitätsbildung ermöglichten. Signifikant war auch die große Medienpräsenz der Vereine, womit sie nicht nur ihre Anliegen in eine breite Öffentlichkeit trugen, sondern auch die öffentliche Kontrollierbarkeit der Vereinsbeschlüsse – wohl ebenfalls nach attisch-demokratischem Vorbild – in Form von Rechenschafts- und Aktivitätsberichten verfolgten. Die Überregionalität der Vereine und somit des bürgerlichen Engagements unterstützte ferner den Nationalstaatsgedanken im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus artikulierten die Vereine auch die solidarische Auffassung einer gesamteuropäischen Völkerfamilie und Schicksalsgemeinschaft, für die das

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zu befreiende Griechenland auf Grund der Bedeutung seiner antiken Kultur für die europäische Gesellschaft ein unverzichtbarer Teil sei. Allerdings ging es im übertragenen Sinne vielmehr um eine „Befreiung“ der aus der überlieferten antiken Geschichtsschreibung bekannten Stätten oder auch der aus Philosophie, Lyrik und bildnerischen Kunst entwickelten humanistischen Werte und Ideale, als um die in ihrer Lebensrealität zumeist völlig unbekannte neugriechische Bevölkerung. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der umfangreichen zumeist französischen und englischen Reiseliteratur (zusammenfassend Maras, 2012, S. 4–35). Seit der zweiten Hälfte des 18. Jh. erschienen zahlreiche Berichte von Reisen in das unter osmanischer Herrschaft stehende antike griechische Kernland. Im Vordergrund standen u. a. das Aufsuchen der aus der antiken Literatur bekannten Landschaften und Stätten sowie der je nach Anliegen mit unterschiedlichen Maßstäben vorgenommenen Dokumentation der erhaltenen Monumente. In Bezug auf Olympia besuchte so z. B. der britische Reisende Richard Chandler seit 1766 mehrmals das Heiligtum und führte kleinere Untersuchungen durch. Die französische „Expedition scientifique de Moreé“, erreichte Olympia 1829 gemeinsam mit den französischen Truppen zur Unterstützung des griechischen Freiheitskampfes. In wenigen Wochen legte die Expedition Teile des Zeustempels frei und brachte einige seiner Metopen nach Paris in den Louvre (Kalpaxis, 2002, S. 21). Nicht selten offenbarte sich eine gewisse Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung der Reisenden wie auch der späteren philhellenischen Freiheitskämpfer an einen Widerhall des kulturellen Erbes im sozialen Lebensumfeld der neugriechischen Bevölkerung und den tatsächlich angetroffenen Verhältnissen, die nicht selten desillusionierend gewesen zu sein scheinen (so u. a. Liedtke, 2011, S. 35-39). Sich an den fast schon doktrinären Glauben „klammernd“, dass die kreierten antiken Ideale auf irgendeine Weise in der zu befreienden „griechische Nation“ überlebt haben und somit revitalisierbar sind, wurden die gemachten Negativerlebnisse oftmals durch die aktuellen politischen Verhältnisse als von außen durch andere Staatswesen oder Akteure verschuldet erklärt sowie die von den Reisenden als rückständig empfundenen Charaktereigenschaften zu Rudimenten des antiken griechischen Geistes verklärt (Maras, 2012, S. 27–28). Es ist bezeichnend, dass von den maßgeblichen Gelehrten der deutschen Aufklärung und Romantik keiner nach Griechenland reiste. Vielmehr wurden die französischen und englischen Publikationen ins Deutsche übersetzt. Der deutsche Philhellenismus fußte, wie oben bereits angedeutet, vor allem auf dem Studium der antiken Schrift- und Bildquellen als geistig-ideeller und „seelischer“ Wertekanon. Auf diese Weise war Olympia zumindest teilweise mit vormärzlichem und kontrasystemischem Gedankengut aus den Zeiten von Philhellenismus und Spätromantik verbunden, die nach 1815 sowie 1848/49 und endgültig mit der Reichsgründung von 1871 zurückgedrängt worden waren. Somit passte das Projekt trotz des nationalen Einheitsgedankens laut Klinkhammer (2002, S. 33. 42– .

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43) nicht mehr in die imperialistische Ideologie der Ära Bismarcks, für die es keinen direkten politischen Nutzen zu bringen schien, weshalb es nicht zuletzt vom Reichskanzler selbst stark angefeindet wurde.

Ernst Curtius und seine Sichtweise auf das antike Griechenland als Grundpfeiler deutscher Kunst- und Geisteskultur. Die Konstruktion einer deutschen „Heimat“ am nordöstlichen Mittelmeer Den ausschlaggebenden Teil für die späte Verwirklichung der Grabung leistete daher – wie bereits erwähnt – zweifelsfrei das unermüdliche Engagement des Projekturhebers Ernst Curtius. Dabei gingen seine Anstrengung weit über das etwaige Akquirieren ausreichender Geldmittel und das Bewirken einer Grabungsgenehmigung in Griechenland hinaus, was alleine schon eine ansehnliche Leistung gewesen wäre (Kalpaxis, 2002). Vielmehr gelang es Curtius, die OlympiaGrabung als erstes staatlich gefördertes Prestigeprojekt des jungen deutschen Kaiserreiches auch gegen bedeutsame Antagonisten, wie Otto von Bismarck, durchzusetzen. Dass er die maßgeblichen Unterstützer innerhalb der Öffentlichkeit und der politischen Kreise fand, mag zu einem wichtigen Anteil mit seinen guten Beziehungen zum Kaiserhaus – zwischen 1844 und 1850 war er Tutor des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (der spätere Kaiser Friedrich III.) – besonders aber seinen intensiv rezipierten Schriften zusammenhängen. So ist wohl nur schwer von der Hand zu weisen, dass Curtius – trotz aller späteren Kritik – den Blick der deutschen Öffentlichkeit auf die antike griechische Kultur im Allgemeinen wie auch in ihrer Rolle als fundamentales Element moderner deutscher Kunst- und Geisteskultur und vor allem das Bild von Olympia in der zweiten Hälfte des 19. Jh. entscheidend mit geprägt haben dürfte. Von besonderer Bedeutung für die Vermittlung seiner Ansichten waren neben Curtius’ ausgefeilten Vorträgen und Reden die zwischen 1857 und 1867 von ihm veröffentlichten drei Bände Griechische Geschichte. Auch wenn Curtius’ verklärte idealisierte Darstellung der antiken griechischen Kultur von seinen Kollegen und Nachfolgern als Widerhall vormärzlicher Geistesströmungen kritisiert und als phantastisch, schwärmerisch und ohne politisches wie ökonomisches Verständnis geschrieben stark angefeindet wurde (Christ, 1996, S. 124–125 mit Anm. 7–12), darf sein Anteil an der zeitgenössischen Meinungsbildung nicht unterschätzt werden. Die bis zur wilhelminischen Ära erschienenen sechs Auflagen bezeugen einen äußerst weiten Rezipientenkreis, der Curtius’ Sichtweise übernommen hatte. In diesem Zusammenhang verstand es Curtius schließlich auch, eine breite an die Popularisierung und Inszenierung von Wissenschaft langsam herangeführte Öffentlichkeit (Boden und Müller, 2009; Samida, 2011a) an der Diskussion um das Projekt

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und schließlich auch an diesem selbst teilhaben zu lassen. So wurde die Grabung durch eine gezielt breit angelegte Medienpräsenz von einem großen Publikum verfolgt (Sösemann, 2002), dessen Aufmerksamkeit ohne das von Curtius geförderte Interesse sicher weniger umfassend und anhaltend gewesen wäre. Wie Karl Christ herausstellte, kann Curtius entgegen seinen Kritikern unter keinen Umständen als unpolitische Person charakterisiert werden. Vielmehr besaß er ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis, das auch seine politischen Ansichten leitete. Mäßigung, Selbstbeherrschung und Bescheidenheit, vor allem aber Versöhnung und Ausgleich stellten für Curtius ein privat wie politisch anzustrebendes Ideal dar (Christ, 1996, 130–134). Dieses sah er in der antiken griechischen Kultur und besonders in der Polis Athen verwirklicht. Dabei hatte Curtius trotz vormärzlicher Verklärungstendenzen – gerade aber auch eben durch die Märzrevolution von 1848/49 abgeschreckt – wohl niemals zur Abschaffung der Monarchie tendiert, lediglich zu deren Reformierung (siehe z. B. Curtius, 1875, S. 330; Curtius, 1903, S. 366-367). So war schon das homerische Königtum für Curtius von Gott – in diesem Falle von Zeus – gegeben und legitimiert. Der König war nicht nur Mittelpunkt des Staatslebens, sondern auch Wacher und Förderer aller kulturellen Werte, zu denen auch die Künste zählten (Curtius, 1874, S. 123– 124). Eine Schlüsselstellung zu Curtius’ Verständnis nahm u. a. seine Wertschätzung von historischen Persönlichkeiten wie Solon, Lykurg und vor allem Perikles ein, die die Versöhnung und den gerechten Ausgleich zwischen den Gesellschaftsschichten verfolgten und das Volk weitsichtig geleitetet hätten. Dabei beruhte die Akzeptanz der dominierenden politischen Gestalt für Curtius auf allgemeiner Einsicht des gesamten Volkes. So wurde Perikles bei Curtius zum König inmitten der Republik und seine Ära eine Monarchie des Genius und der Höhepunkt der athenischen Geschichte (Curtius, 1875, S. 209. 303. 314; Christ, 1996, S. 131). Schließlich idealisierte Curtius sogar das Sklaventum in Griechenland zu einer fast schon „freiwilligen“ Unterordnung von Angehörigen kulturell vermeintlich unterentwickelter Stämme (Curtius, 1874, S. 178). Das Harmoniebedürfnis von Versöhnung und Ausgleich gipfelte bei Curtius schließlich in der „Versöhnung der alten und neuen Welt“, in der er das letzte Ziel der antiken griechischen Kultur erkannte. Wenn wir also den Geist der Alten uns aneignen, ohne der Untreue gegen unser Volk und Vaterland schuldig zu werden; wenn wir uns frei machen von der Herrschaft eines willkürlichen Zeitgeschmacks, ohne uns gegen die Forderung und Bewegungen der Gegenwart abzuschließen, wenn wir in der Schule der Alten den geistigen Blick geklärt, den Wahrheitssinn geschärft, die menschlichen Anlagen frei und allseitig entwickelt haben, und wir dann im Vollbesitze hellenischer Bildung dem Christenthum huldigen, als der göttlichen Ordnung, in welcher nicht nur das Gesetz des alten Bundes, sondern auch alles Frühere, das von Gott stammt seine Erfüllung findet: so wird jene große Aufgabe, auf welche als letztes Ziel die

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inhaltreiche Geschichte der hellenischen Cultur hinweist, die wahre Versöhnung der alten und neuen Welt, allmählich vollzogen werden. (Curtius, 1875, S. 77)

Für das Olympia-Projekt ist über dieses zunächst rein sozialpolitisch und gesellschaftlich erstrebenswerte Ideal hinaus Curtius’ Achtung der griechischen Kunst und deren Rolle für die deutsche Kultur von ausschlaggebender Relevanz. In jener sah er die künstlerisch-materielle Inkarnation aller der genannten Werte von Harmonie und Maßvollem (Christ, 1996, S. 132. 135–136; Curtius, 1874, S. 25). Der Hellenen ganze Nationalität war aber auf die Kunst angelegt; das Schöne, als die in die Sinnlichkeit tretende Offenbarung des Guten, war ihnen ein Lebensbedürfniß, das sie nicht ruhen ließ, an sich und um sich die Idee der Schönheit darzustellen; darum war die Kunst ein so wesentlicher Theil ihres Lebens und Strebens, dessen Verständniß ohne sie unmöglich ist. Sie ist das verklärte Abbild, das bessere Selbst des Volks. Denn im geselligen und öffentlichen Leben da zeigen sich die Griechen – wer wollte das aus blinder Schwärmerei läugnen? – so unzuverlässig, eitel, leichtfertig und neuerungssüchtig; in ihrem Kunstleben dagegen wie ernst und beharrlich, wie klar und vernünftig, treu sich selbst und dem überlieferten Gesetze! Daher der erziehende Einfluß der Kunst, daher ihre Kraft, den Menschen in seinen Neigungen zu läutern und aus den niederen Sphären der Sinnlichkeit emporzuheben. Das Unsittliche sollte für die Kunst nicht da sein und ihre Schönheit keine höhere Bedeutung haben, als die Seelen zum Guten und Göttlichen hinzuziehen. Darum verschmähte sie täuschenden Sinnenreiz; sie war enthaltsam und keusch, wie die Natur bestrebt mit den geringsten Mitteln den Zweck zu verwirklichen, vom inwohnenden Gesetze ganz erfüllt und darum durch und durch wahr und echt. (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 86)

Mehr noch als das, betonte Curtius einen pädagogisch-spirituellen Wert der griechischen Kunst. Anderer Völker Geschichte, Literatur und Kunst kann man sein Leben lang studieren und man bleibt innerlich doch, was man gewesen ist; in das hellenische Kunstwesen kann sich Niemand mit wahrer Hingabe versenken, ohne eine umbildende Kraft an sich zu erfahren. Darum macht die klassische Bildung, mag sie auf dem Wege wissenschaftlicher Forschung oder bildlicher Anschauung erworben sein, eine durchgreifende Scheidung in der menschlichen Gesellschaft. (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 89)

Mit dieser Anschauung folgte Curtius der Philosophie Winckelmanns, kritisiert ihn allerdings auch entschieden, indem er seine Anschauungen als zu emotional gelenkt beschrieb. Die tatsächlichen Bildungsgesetze wären ihm verschlossen geblieben, wodurch er die antike griechische Kunst nicht in das Leben der modernen Öffentlichkeit einführen konnte (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s

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Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 91). Dieses Einführen der Kunst in das Leben der Deutschen bzw. in die deutsche Kultur sah Curtius erst in den Jahren nach Winckelmann beginnen. In seinen Worten schlägt sich der oben bereits angesprochene Geist des deutschen Philhellenismus paradigmatisch nieder, indem er das spezielle Verbundenheitsgefühl der deutschen Philhellenen auf eine „seelisch-künstlerische“ Verwandtschaft zu den antiken Griechen zurückzuführen scheint, bei der die künstlerischen Leistungen der deutschen Kultur auf den griechischen Errungenschaften der Antike aufbauen. Somit hatte die „Versöhnung der alten und neuen Welt“ im deutschsprachigen Raum für Curtius scheinbar schon begonnen. Seit sich die Kunst des Mittelalters erschöpft hat, sehen wir in unserer Poesie alles Große an das Alterthum sich anschließen; ja den seltnen Vorzug einer zwiefachen Zeit klassischer Schöpfungen verdankt unser Vaterland der geistigen Berührung mit dem Alterthum, und innigste Verschmelzung des hellenischen und deutschen Geistes bezeichnet nach unser Aller Einverständniß den Höhepunkt unserer Litteratur. Die unverwelklichsten Lorbern schlingen sich um die Gedichte Goethe“s, welche man eben sowohl hellenisch wie deutsch nennen könnte, und anstatt daß das Ursprüngliche und Nationale in dieser Verbindung erdrückt wäre, finden wir gerade in der hellenisch angeregten Zeit zum ersten Male wieder den vollen und tiefen Inhalt unsers inneren Lebens in die Poesie hineingetragen und den zerrissenen Zusammenhang mit unserer germanischen Vorzeit wiederhergestellt. Durch Homer sind wir zu den Nibelungen gekommen, die Hellenen haben uns zu uns selbst und zur Natur zurückgeführt. … Eine solche Verbindung einheimischer und hellenischer Kunst ist nur bei den Deutschen vollzogen worden. Andere Litteratueren haben sich auch unter die Gesetzgebung der Helenen gestellt, aber sie haben todte Formeln und abstrakte Regeln von ihnen zu gewinnen gesucht, und sich dem Buchstaben derselben in blindem Gehorsam unterworfen. Daraus ist eine Sklaverei geworden, deren Joch der aufstrebende Volksgeist zerbrechen mußte, und die Folge davon ist auch auf dem Gebiete der Kunst ein Schwanken zwischen Despotismus und Anarchie gewesen. Unser Volk hat den Geist der Alten, wie wir es so treffend auszudrücken vermögen, sich zu eigen gemacht; er ist unser Saft und Blut geworden. (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 90–91)

Mit diesen Worten hob Curtius die deutsche Geistes- und Kunstkultur – wenn auch zunächst einmal nur auf dem Gebiet der Literatur – über die anderen europäischen Nationen. Durch ein völlig durchdringendes Verständnis für das antike griechische Kunstschaffen und somit den kulturellen Geist der Griechen, trete die deutsche Geistes- und Kunstkultur über das Stadium eines bloßen Nachahmens und Kopierens hinaus zu einer eigenen schöpferischen Kraft. Dieses neue Potential gewann seine besondere Stärke nach Curtius aber nicht auf Grund einer Interferenz oder Verdrängung eigner kultureller Prägungen durch antike griechi-

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sche Formen, sondern auf Grund einer Symbiose aus beidem. Wie bei einer familiären Verbindung von Elternpaaren und deren Kindern konstruierte Curtius somit ein geistige Form von „Blutsverwandtschaft“ zur mitteleuropäisch-germanischen als auch mediterran-griechischen Kultur des Altertums3. Diese Vorstellung bot natürlich Raum für ein besonderes ideell-emotionales aber auch kulturelles Verbundenheitsgefühl mit Griechenland. Und so lässt sich auch der Ausruf innerhalb seiner oft zitierten Olympia-Rede von 1852 verstehen, mit der er zum ersten Mal die Notwendigkeit von Grabungen in Olympia öffentlich betonte. Was dort in der dunklen Tiefe liegt, ist Leben von unserem Leben. Wenn auch andere Gottesboten in die Welt ausgezogen sind und einen höheren Frieden verkündet haben, als die olympische Waffenruhe, so bleibt doch auch für uns Olympia ein heiliger Boden und wir sollen in unsere, von einem reineren Lichte erleuchtete Welt herübernehmen den Schwung der Begeisterung, die aufopfernde Vaterlandsliebe, die Weihe der Kunst und die Kraft der alle Mühsale des Lebens überdauernden Freude. (Olympia. Ein Vortrag im wissenschaftlichen Vereine zu Berlin am 10. Januar [1852] gehalten; Curtius, 1882, S. 156)

Curtius’ oben geschilderte Worte symbolisieren die fundamentale Anschauung einer deutschen Kunst- und Geisteskultur, die sich als Erbe des antiken „Hellenentums“ begreifen wollte, wodurch das antike Griechenland zu einem wichtigen identitätsstiftenden Element im deutschen Volksbewusstsein aufstieg. und,a. mit Olympia fanden diese Empfindungen – wie schon in Verbindung mit dem oben angesprochenen vormärzlich-philhellenischen Gedankengut – ein „visualisierbares“ Symbol. Dieser empfundene geistige „Erbschaftsanspruch“ scheint unterschwellig, wie sich unten noch zeigen wird, auch einen gewissen Anspruch auf die materiellen Hinterlassenschaften in Griechenland evoziert zu haben, zumindest ein gewisses Anrechtsempfinden auf dessen örtliche Erforschung. Denn gegenüber der Literatur sah Curtius für die Wiedergewinnung und klar als „Aneignung“ bezeichnete Nutzbarmachung der bildenden Künste des antiken Grie3

In der bereits 1882 gemeinsam mit Curtius verfassten populärwissenschaftlichen OlympiaPublikation sprach Adolf Bötticher in Bezug auf die Auseinandersetzung mit dem klassisch griechischen Altertum schließlich von einer zweiten Heimat: Es will mir scheinen, als sei es möglich, auf kürzerem und geraderem Wege schon jetzt die Kenntniss von dem thatsächlich Gewonnenen (der Ausgrabungen) und eine Vorstellung von den Hoffnungen, welche sich daran knüpfen, in weitere Kreise zu tragen, Kreise, in denen die Beschäftigung mit dem Leben und der Kunst der classischen Zeit eine liebgewohnte ist, vielleicht auch solche, deren Angehörige ihren Fuss zum ersten Male auf den Boden des Alterthums setzten: Denn es ist eine oft bestätigte Wahrnehmung, dass es auch ihnen bei diesem Schritte zu Muthe wird, als ob sie eine zweite Heimath beträten, so bekannt dünkt sie der Kreis der Gestalten, bei denen sie doch niemals zuvor verweilt haben. (Bötticher, 1886, S. 4).

Auch wenn Bötticher mit diesen Worten auf eine Vertrautheit durch das grundsätzliche Rezipieren antiker Texte innerhalb der schulischen und universitären Ausbildung sowie im Alltag der gehobenen Bürgerschicht Bezug nahm, sollte die Wortwahl „zweite Heimat“ die oben beschriebene Konnotation vermutlich zumindest unterschwellig evozieren.

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chenlands noch ein erhebliches Defizit, das durch zukünftige Arbeiten, zu denen er vor allem das Olympia-Projekt zählte, erst noch zu beseitigen sei. Diese Aneignung ist aber nicht vollendet, die Einwirkung des Alterthums keine geschlossene. Was wir in der Poesie unsers Volks als eine vollendete Thatsache nachweisen können, ist im Gebiete der bildenden Kunst kaum begonnen. (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 91) So ungeduldig der Geist nach Fortschritt drängt, eine gesunde Fortentwickelung ist nicht möglich, wenn wir das Vermächtniß des Alterthums von uns weisen, und soll der Weg, den Schinkel gebahnt hat, wirklich die Entwicklungsbahn deutscher Kunst werden, so liegt uns eine zwiesache, unabweisbare Aufgabe vor. (Die Kunst der Hellenen (An Schinkel’s Geburtstag, 13. März 1853); Curtius, 1875, S. 93)

Mit dem Wunsch erstmalig systematische Ausgrabungen in Olympia durchzuführen verfolgte Curtius eine vielschichtige Informationsgewinnung, die u. a. einen wichtigen Beitrag zu der oben angesprochenen „Aufgabe“ leisten sollte. Es mag einige Gründe neben der symbolischen Bedeutung des Ortes gegeben haben, warum sich Curtius für Olympia als hoffnungsvolle Ausgrabungsstätte entschied. Die Rolle Olympias als bedeutendstes panhellenisches Heiligtum, die reichen Ortsbeschreibungen des Pausanias und die Tatsache, dass diese Stätte nicht überbaut war, boten für Curtius’ Anliegen rein sachlich im Sinne einer KostenNutzen-Rechnung betrachtet wohl die besten Erfolgsaussichten. Darüber hinaus mag für Curtius aber ein zusätzlicher Aspekt getreten sein, der Olympia nämlich eng mit seinem Ideal Athen verband. Athen war damals die hohe Schule griechischer Kunst; was auf seiner Akropolis gebaut und gebildet worden war, verdunkelte alle früheren Schöpfungen. Dorthin wandten sich also die Behörden von Elis, und auf ihren Ruf eilte Phidias herbei, von seinem Schülern und attischen Werkmeistern begleitet, um seine gereifte Kunst in Olympia zu bewähren. Mit ihm und Panainos, seinem Verwandten, wurde über Alles, was sie am Tempel übernommen hatten, ein Vertrag abgeschlossen; im Einverständniß mit ihm ordnete Panainos den malerischen Schmuck in der Umgebung des Tempelbildes; Alkamenes und Paionios füllten die Giebelfelder mit Gestalten der Götter und Heroen; er selbst, der König der Kunst, widmete seine ganze Kraft der höchsten Aufgabe seines Lebens, den Nationalgott der Hellenen, unter dessen Führung sie zu dieser Höhe des Ruhms und des Glücks gelangt waren, an seiner würdigsten Stätte zu verherrlichen. (Olympia. Ein Vortrag im wissenschaftlichen Vereine zu Berlin am 10. Januar [1852] gehalten; Curtius, 1882, S. 135-136)

Demnach hoffte Curtius auf bedeutende Funde attischer Kunst namhafter bzw. legendärer Künstler und stellte diese der Öffentlichkeit auch deutlich in Aussicht.4 4

Diese Hoffnung wurde allerdings nicht erfüllt. Mit Ausnahme der Nike des Paionios und des

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Bereits 1853 erteilte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. Curtius die Genehmigung zu ersten Verhandlungen mit der griechischen Regierung, welche auf Grund des Krimkriegs zwischen 1853 bis 1856 und der darauf folgenden politischen Instabilität in Griechenland schnell ausgesetzt werden mussten (Marchand, 1996, S. 82). Der offizielle „Stein des Anstoßes“ innerhalb der preußischgriechischen Verhandlungen lag allerdings in der gegen griechisches Recht verstoßenden Forderung der preußischen Regierung, die ergrabenen Bildwerke antiker Kunst Griechenland abkaufen und nach Berlin ausführen zu können5. 1855 Hermes des Praxiteles brachte die Grabung keine weiteren namhaften Werke der stark idealisierten Hochklassik ans Licht. So erscheint Curtius Vortrag zum vierten Jahr der Ausgrabungen fast schon wie eine „Rechenschaft“ für dieses vermeintliche Defizit (Curtius, 1882, S. 157– 172). Dabei benutzte Curtius, nachdem er bereits die Erkenntnis positiviert hatte, dass die Altis weniger „weitläufig“, „großartig“ und „prächtig“ war als erwartet (Curtius, 1882, S. 160), ausgerechnet die „Bastionsfigur“ Winckelmann – dessen Traum er mit der Freilegung Olympias 1852 noch verwirklicht sehen wollte – um die Öffentlichkeit auf den Anblick der eben nicht dem bisher postulierten Ideal entsprechenden großen Menge an Funden vorzubereiten. Freilich ist auch das S e h e n eine Kunst, die gelernt sein will, und nur die Grundbedingung des Verständnisses ist, nämlich die unbefangene Hingabe und den Ernst der Betrachtung, der sich hütet durch vorschnelles Urtheilen sich den Eindruck zu zerstören. Stellt doch schon der Altmeister deutscher Kunstwissenschaft, Winckelmann, als ersten Grundsatz auf: „Suche nicht die Mängel und Unvollkommenheiten in den Werken der Kunst zu entdecken, bevor du das Schöne finden gelernt hast. Wir haben ja den Boden der Altis nicht in d e r Absicht geöffnet, um lauter mustergültige Kunstwerke zu heben, die nach Idee und Ausführung gleiche Bewunderung in Anspruch nehmen. Ein Archiv der G e s c h i c h t e wollten wir aufschließen und uns gerade davon überzeugen, wie man außerhalb Athens gebaut und gebildet hat. Unsere Kenntniß griechischer Kunst war zu einseitig auf athenische Denkmäler gegründet. Ist es nicht ein Fortschritt der Erkenntniß, wenn wir sehen, wie dort gearbeitet wurde, wo so ausnahmsweise glückliche Verhältnisse, wie die des perikleischen Athens, nicht vorhanden waren? Aber die Funde aus Olympia dienen nicht bloß dazu, die Denkmäler der Akropolis in ihrer einzigartigen Beschaffenheit klarer an das Licht zu stellen. Die Meister von Athen sind ja bei Peloponnesiern in die Schule gegangen und, was bis jetzt gefunden ist, bildet schon eine wesentliche Ergänzung der Kunstgeschichte vor und nach den Zeiten Phidias. (Das vierte Jahr in Olympia. Vortrag im wiss. Verein, Februar 1879; Curtius, 1882, S. 160-161)

Mit dieser Darstellung rückte Curtius das Verständnis für die Werke in eine höhere intellektuelle Sphäre jenseits des Winckelmannschen Ideals, die sich erst durch das „wahre“ Durchdringen von Winckelmanns Kernauffassungen erschließe. Schließlich rettete Curtius die Funde Olympias für die „Unbelehrbaren“, indem die Einmaligkeit der hochklassischen Kunst durch den „Olympia-Kontrast“ noch augenscheinlicher würde. Am Ende drehte Curtius sein 1852 entworfenes Bild also einfach um, womit er auf meisterhafte Weise die Funde in Olympia zurück in das „Boot der Hochklassik in Athen“ holte. So beleuchten die Funde aus Olympia eben nicht die 1852 in Aussicht gestellte Zeit des Phidias, sondern davor und danach. Demnach schufen sie überhaupt erst die Voraussetzung für das Verständnis hochklassischer Schöpfungen in Athen. 5 Auch der 1821 erstmals gegründete griechische Nationalstaat knüpfte an das Erbe der antiken griechischen Kultur an und begriff sich in logischer Konsequenz als deren Nachfolger. Für den damals sprachlich wie religiös heterogenen griechischen Raum wurde dieser Bezug zum maßgeblichen Identitätsstifter und vor allem verlieh er die Legitimation zum aufgeklärten Europa zu gehören (Kalpaxis, 2002, S. 20–21). Diese auf deutscher Seite zum Teil, auf griechischer Seite fast vollständig auf der Antike ruhenden Identitätskonzepte bargen zwangsläufig ein erhebliches ideologisches Konfliktpotential im Umgang mit den materiellen Hinterlassen-

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erhielt Curtius eine Professur an der Universität von Göttingen und kehrte erst 1867 als Professor für Archäologie an der Universität von Berlin in die preußische Hauptstadt zurück. Auf Anregung des neuen preußischen Königs Wilhelm I. reichte er seinen Antrag 1868 erneut ein, der auf entschiedenen Widerstand des Premierministers Otto von Bismarck stieß. Bismarck vertrat die Meinung, Preußen solle kein Geld für wissenschaftliche Leichtfertigkeiten ausgeben bei denen noch nicht einmal ein materieller Profit in Form neuer Antiken für die Berliner Museen in Aussicht stünde (Marchand, 1996, S. 82). Als politisches Argument gegen das Olympia-Projekt gab er zu bedenken, dass neue Verhandlungen die aktuelle griechische Regierung gegenüber ihrer nationalistischen Opposition schwächen würden. Doch im Juli 1869 unternahm der preußische Bildungs-, Außenund Kriegsminister neue Sondierungen (Marchand, 1996, S. 82). Die Gespräche scheinen damals zunächst ausschließlich mit dem seit 1863 amtierenden griechischen König Georg I. ohne Einbeziehung der griechischen Behörden geführt worden zu sein (Kalpaxis, 2002, S. 23). Schließlich besuchte Kronprinz Friedrich Wilhelm auf seiner Reise zur Eröffnungszeremonie des Suezkanals im Oktober schaften und deren Schutz. Bereits 1827 verbot die dritte Nationalversammlung die Ausfuhr von Antiken. 1834 wurden sämtliche Antiken gesetzlich zum Nationalgut erklärt. Im Laufe der folgenden Jahre wurden u. a. Organisationen wie der archäologische Dienst als Schutzund Aufsichtsbehörde oder 1837 die Etaireia – die Archäologische Gesellschaft in Athen (Η Εν Αθήναις Αρχαιολογική Εταιρεία) – gegründet, die Forschungs- im Wesentlichen Grabungsprojekte durchführte, was natürlich auch den Anspruch auf eine eigene Rolle innerhalb der wissenschaftlichen Erforschung ausdrückte (Kalpaxis, 2002, S. 21–22; Klinkhammer, 2002, S. 35). Allerdings konnten diese sehr ehrgeizigen Ambitionen auf Grund der enormen Menge an Antiken und innerer Auseinandersetzungen der beteiligten Personen wie politischen Parteiungen im Wesentlichen kaum erfüllt werden (Kalpaxis, 2002, S. 22). Unter diesen Gesichtspunkten waren ausländische Anträge für archäologische Grabungen in Griechenland von innergriechischen Konflikten begleitet und wurden zu einem nicht unwesentlichen Teil für innerpolitische Auseinandersetzungen instrumentalisiert, für die die griechische parlamentarische Verfassung breite Fläche bot. Dem gegenüber war das noch nicht stabilisierte Griechenland außenpolitisch von der militärischen Stärke und dem Engagement der europäischen Mächte abhängig, wodurch Entscheidungen zu einer politischen Zerreißprobe werden konnten. So scheinen sich die ersten Anfragen der preußischen Regierung, die für die griechische Situation im europäischen Mächteverhältnis noch keine ausschlaggebende Dimension besaß, 1853/54 auf Grabungen in Olympia gegen französische Interessen gerichtet zu haben. Durch die Aktivitäten der oben bereits erwähnten „Expedition scientifique de Moreé“ von 1829 beanspruchte Frankreich, das sich mit der Gründung der École française d’Athènes 1846 bisher als einziges europäisches Land institutionell in Griechenland engagierte, gewissermaßen ein Sonderrecht für Olympia. Bereits 1829 sah sich Ioannis Kapodistrias durch politisches Kalkül dazu geleitet, das Ausfuhrverbot von Antiken durch einen neuen Beschluss der griechischen Nationalversammlung aufzuweichen. Dadurch wurde es möglich, Frankreich, das gegenüber Großbritannien willens war, ein griechisches Staatsgebiet über die Grenzen der Peloponnes hinaus in Erwägung zu ziehen, die Ausfuhr der bis dahin gefundenen Metopen des Zeustempels von Olympia zu genehmigen, was am Ende zu einem Skandal in Griechenland führte. Auch ein französischer Aufbaukredit stand zu dieser Zeit zur Debatte (Kalpaxis, 2002, S. 20– 21).

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1869 Athen, wo er im Sinne seines Tutors Curtius demonstrativ Abstand von den Methoden Lord Elgins nahm, aber gegen Curtius’ Anliegen einer Fundteilung ein preußisch-griechisches Gemeinschaftsprojekt unter Einhaltung des griechischen Rechts vorschlug (Weil, 1897, S. 109; Marchand, 1996, S. 82; Klinkhammer, 2002, S. 36–37).6 Für die Zeitdauer des deutsch-französischen Krieges von 1870 bis 1871 ruhten die Anliegen des Olympia-Projektes erneut. Daher bestieg Curtius 1872 abermals das Rednerpult und gab einen weiteren mitreißenden Vortrag über die Rolle des Staates für die Förderung von Wissenschaft, Bildung und Kunst, welcher offensichtlich perfekt auf die neuen politischen Umstände der Gründung des deutschen Kaiserreiches zugeschnitten war. Hier begründete er den Erfolg der antiken griechischen Poleis auf der Überzeugung, dass „in der Bildung der Bürger die Macht der Staaten ruhe“ (Die öffentliche Pflege von Wissenschaft und Kunst. Vortrag 22. März 1872; Curtius, 1875, S. 118). Ein Machtanwuchs des Staates benötige daher auch eine gesteigerte Bildung seiner Bürger. Besonders im antiken Athen wäre daher die freie und nicht staatlich geförderte Ausbildung als beste Vorbereitung ihrer Bürger angesehen worden. Von der freien Ausbildung der Staatsbürger des klassischen Griechenlands spannte Curtius den Bogen über eine von den hellenistischen Herrschern und schließlich den römischen Kaisern erkannte staatliche Förderungspflicht der Wissenschaft und Bildung. Am Ende resümierte er: Die griechische Cultur ist bei uns so wenig zu Hause, wie in den Ländern der Diadochen und deshalb kann sie nicht so, wie im Mutterlande geschah, sich selbst überlassen bleiben. Vielmehr müssen nach dem ruhmreichen Vorgange der Ptolemäer, Pergamener und Rhodier auch unsere Staaten ihre Ehre darin suchen, Wissenschaft und Kunst als eine Grundlage ihres eigenen Verstandes auf alle Weise zu pflegen und dort, wo die Kräfte Einzelner nicht ausreichen, mit öffentlichen Mitteln freigebig einzutreten. (Die öffentliche Pflege von Wissenschaft und Kunst. Vortrag 22. März 1872; Curtius, 1875, S. 126)

Abermals charakterisierte Curtius die Übernahme griechischer Kulturelemente als einen bewussten Aneignungsprozess. Dieser müsse im eigenen Interesse vom Staat freigebig gefördert werden. Diese Freigebigkeit sah Curtius nun bereits mit altruistischer Tendenz im Sinne einer Wissenschaft um ihrer selbst willen, mit dem gemeinnützigen Ziel die Bildung des Volkes bzw. der Bürgerschaft einer Nation zu fördern – ein Wesenszug, der in den hellenistischen Königreichen und dem römischen Kaiserreich konträr zum neuen deutschen Kaiserreich nicht existiert habe. 6

Mit dieser Übereinkunft schuf der Kronprinz einen Präzedenzfall für alle zukünftigen archäologischen Projekte bis heute (dazu vor allem Kalpaxis, 2002; Klinkhammer, 2002, S. 39–43).

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Also soll der Staat, wie ich es ausdrücken möchte, zu Wissenschaft und Kunst sich öffentlich b e k e n n e n, und zwar nicht im Sinne der Höfe von Alexandreia und Pergamon, welche bei der Pflege derselben immer noch etwas Anderes im Auge hatten, fremdartige Ziele verfolgten und sich selbst verherrlichen wollten, vielmehr in dem e c h t h e l l e n i s c h e n Sinne, der das Gute um seiner selbst willen liebt, in dem Sinne, der in Kunst und Wissenschaft nicht einen Luxus sieht, welcher nach Befriedigung der eigentlichen Staatsbedürfnisse auch einige Berücksichtigung verdiene, sondern die edelste Seite des Volkslebens, welche ohne schweren Schaden nicht verabschäumt werden dürfe, einen Quell unerschöpflicher Lebenskraft und das unentbehrliche Gegengewicht gegen das ruhelose Jagen nach Besitz und Genuß. …, und der Staat kann nicht umhin, die Arbeit der Gedanken, an welcher in verschiedenster Form die Besten seiner Angehörigen Theil nehmen, als seine edelste Kraftquelle anzuerkennen. Denn er ist sich bewußt, daß diese Arbeit das Volk gesund erhält und seine Leistungsfähigkeit ununterbrochen steigert, während träge Genußsucht an seinem Marke zehrt und jede Staatsgemeinschaft unvermeidlich zu Grunde richtet. (Die öffentliche Pflege von Wissenschaft und Kunst. Vortrag 22. März 1872; Curtius, 1875, S. 128-129)

Damit offenbarte Curtius sein Verständnis des neuen deutschen Kaisers als Oberhaupt eines Nationalstaates, der sich gemeinsam mit dem Staatsapparat als gewissenhafter Führer eines Volkes und dessen Staates versteht. In Anknüpfung an das von Curtius dargestellte klassisch griechische Ideal einer wechselseitigen Bedingung staatlichen Machtzuwachses und bürgerlicher Bildungssteigerung könne die Förderung der Wissenschaft nicht sekundär erfolgen, sondern müsse vielmehr ein primäres Ziel der Staatsführung sein. Da in der Rückgewinnung der antiken griechischen Kultur, zu deren Erbschaftsantritt allein die deutsche Geiste- und Kunstkultur berufen sei, ein wichtiger Schlüssel guter Bildung läge, fiele den Altertumswissenschaften natürlich eine besonders vom Staate zu fördernde Pflicht zu, womit Curtius schließlich – knapp aber wirkungsvoll – zum Olympia-Projekt überleitete. Die g e s c h i c h t l i c h e Forschung ist um so schwieriger geworden, je massenhafter das Erbgut sich angesammelt hat, welches wir anzutreten berufen sind. Um so nothwendiger ist die umfassende Sammlung aller schriftlichen und bildlichen Denkmäler der Vergangenheit, die Aufräumung des Schutts, welcher den Boden der alten Cultur deckt, aber auch – die Aufdeckung des Verschütteten. … Zeigt denn nicht jedes Jahr von Neuem, wie viel von dem Vermächtnisse des Alterthums noch in der Tiefe des Bodens ruht, über den man so gedankenlos hinwegging, und zwar nicht nur unter der Aschendecke der Vulcane, sondern auch unter Erde und Kies, womit Flüsse, wie der Alpheios, die anliegenden Tempelhaine vorsichtig zugedeckt haben? Ist es recht, daß wir edle Werke des menschlichen Geistes im Schoße der Erde liegen und verderben lassen? … Hier sind bei richtigem

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Zusammenwirken der dem Staat verfügbaren Kräfte mit mäßigem Aufwande die wichtigsten Ergebnisse zu erzielen, hier bieten sich auch unserm Staate die ruhmvollsten Friedenswerke dar. (Die öffentliche Pflege von Wissenschaft und Kunst. Vortrag 22. März 1872; Curtius, 1875, S. 127)

Mit der „Aschendecke der Vulcane“, die dem Auditorium die fundreichen und gut erhaltenen Vesuvstädte Pompeji und Herculaneum ins Gedächtnis rufen sollte, sowie der „vorsichtig“ – also relativ zerstörungsarm – mit Erde überdeckten Altis stellte Curtius seinem Publikum einen hohen Erhaltungszustand der Monumente und somit einen reichen und sicheren wissenschaftlichen Ertrag des Olympia-Projektes in Aussicht, der obendrein noch mit „mäßigem“ staatlichen Aufwand also geringen Kosten zu erzielen sei. Am Ende führte Curtius beide Stränge – die staatliche Förderungspflicht der Wissenschaften wie der Künste und das Olympia-Projekt – in dem Gedanken eines gesamtnationalen Anliegens und einer kollektiven Verpflichtung von Staatsführung und Bürgerschaft als Nation zusammen. …, es ist die Aufgabe des Volkes, die Werthschätzung der geistigen Güter fortdauernd zu heben, und wenn ein Krieg, der um die Unabhängigkeit des Landes geführt wird, nicht anders gelingen kann als durch eine freithätige Betheiligung des gesammten Volkes, so noch viel weniger der Aufgabe des Friedens. …, und wir können Ihm (dem König) … keinen besseren Dank darbringen, als daß wir, wie die Athener nach den Perserkriegen, unsern Eifer erhöhen, um die Güter des Friedens, um deren willen Er in den Kampf eingetreten ist, in vollen Ehren zu erhalten und nach Kräften zu mehren. (Die öffentliche Pflege von Wissenschaft und Kunst. Vortrag 22. März 1872; Curtius, 1875, S. 130–131)

Mit diesem Schlussappell setzte Curtius einen besonderen Akzent. So betonte er die Reichsgründung nicht als bloßen bürokratischen Akt einer politischen Elite, sondern als Leistung der gesamten Bevölkerung. Indem er die zukünftig ebenso kollektiv zu leistenden „Friedenswerke“ – wozu auch das Olympia-Projekt zählte – mit der Blüte Athens nach den Perserkriegen verglich, übertrug er den schon in der Antike kreierten Topos der Perserkriege als historische Fortführung des sich bereits in der Gigantomachie, Amazonomachie und Iliupersis mythischhistorisch ereigneten Kampfes zwischen Okzident und Orient, Ordnung und Chaos bzw. ungebildetem Barbarentum und gebildetem Hellenentum auf den deutsch-französischen Krieg, womit er offenbar erneut an das griechische geisteskulturelle Erbe und die daraus resultierenden Ansprüche und Erwartungen appellierte. Anstatt eines wissenschaftlichen Abenteuers des direkt beteiligten Personenkreises – wie es u. a. die Grabungen von Heinrich Schliemann waren – avancierte das Olympia-Projekt zu einem gesamtdeutschen Anliegen, mit dem

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sich jeder einzelne Bürger allein schon auf Grund des steuerfinanzierten Grabungsetats identifizieren sollte und konnte.7 Dieser Aspekt wurde neben dem 7

Bereits im April 1873 reichte das Reichskanzleramt des neuen deutschen Kaiserreiches einen Vertragsentwurf für das Olympia-Projekt ein, der auf den 1869 erfolgten Absprachen zwischen Georg I. und Friedrich Wilhelm basierte, allerdings nur von dem Verbleib eines „großen Teils“ der Funde in Griechenland sprach. Neben weiteren Punkten wurde dieser Passus von der durch die Archäologische Gesellschaft eingerichteten Kommission abgelehnt. In dem neuen im August 1873 von deutscher Seite eingereichten Vertragsentwurf änderte man die Formulierungen, hielt sich die Möglichkeit Antiken nach Berlin auszuführen aber weiterhin offen. Nun sprach man des Weiteren von einem deutsch-griechischen Gemeinschaftsprojekt, das zunächst auf Olympia beschränkt bliebe, doch mit dem Einvernehmen beider Regierungen auf andere Gebiete Griechenlands ausgedehnt werden könne (so zumindest in dem von Bötticher 1886, 65 abgedruckten Vertrag), womit man theoretisch an jeder beliebigen Stelle in Griechenland hätte aktiv werden und Ansprüche hätte erheben können (Kalpaxis, 2002, S. 23–24). Frankreich und auch Russland sahen darin ihre Interessen verletzt, noch dazu, da die derzeitige Regierung unter Epaminondas Deligiorgis auf Grund der russisch gestützten südslawischen Expansionsversuche nach Makedonien den Vertrag auch gegen die Einwände der Archäologischen Gesellschaft unterstützte (Vakalopoulos, 1985, S. 151–152). Auch das Verhältnis zu Frankreich war bereits seit 1867 durch das französische Ausscheiden aus dem kretischen Unabhängigkeitskrieg und dem Verbleib Kretas im Osmanischen Reich (Vakalopoulos, 1985, S. 149–151) sowie die seit 1871 andauernden und beinahe militärische Ausmaße annehmenden Streitigkeiten um die seit 1864 von dem italienisch-französischen Konsortium Roux-Serpieri betrieben Silberminen im attischen Laurion abgekühlt. Im August 1873 machte Heinrich Schliemann, der es verstand, durch stetige Medienberichte eine gewisse Präsenz in der an die Popularisierung von Wissenschaft als Spektakel langsam herangeführten Öffentlichkeit zu erhalten, den bereits Monate zuvor geschehenen Fund seines medienwirksam als Priamosschatz getauften Goldhortes bekannt, was ihn und die TrojaGrabung mit einem Schlag in den zentralen Fokus einer internationalen Öffentlichkeit rückte (Samida, 2011b, S. 249-250. 260-263). Da Schliemann unter dem berechtigten Verdacht der vertragswidrig ausgeführten Goldfunde aus Troja zunächst keine Grabungserlaubnis mehr im Osmanischen Reich erhielt, suchte er dringend nach neuen Betätigungsfeldern und reichte einen Konkurrenzantrag auf Grabungen in Mykene, aber auch in Olympia bei den griechischen Behörden ein. Allerdings war sein Stand auf Grund des genannten Vorfalls auch in Griechenland zu dieser Zeit schlecht, doch befeuerte der Antrag immerhin die griechische Opposition (Klinkhammer, 2002, S. 37; Samida, 2009, S. 142–143). In seinem Antrag versprach er nämlich gleich die Errichtung eines Museums zur Ausstellung der Neufunde, aber auch der Funde aus Troja in Griechenland. Schliemann erhielt schließlich nur die Genehmigung für Mykene. Im Februar 1874 stürzte die Regierung unter Deligiorgis und wurde durch eine Minderheitsregierung unter Dimitrios Vulgaris ersetzt. Beinahe unverzüglich überbrachte die persönliche Gesandtschaft von Curtius als Spezialbevollmächtigter des Deutschen Reiches und dem Architekten Friedrich Adler im März König Georg I. ein privates Schreiben des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, das Georg bewegen sollte, den Vertrag zur Unterzeichnung zu bringen. Offenbar geschah dieses dann auch gegen alle Bedenken der Archäologischen Gesellschaft im April 1874 (Bötticher, 1886, S. 64; Marchand, 1996, S. 84), was zu weiteren Empörungen in Griechenland führte. Tatsächlich mussten sowohl das griechische wie das deutsche Parlament den Vertrag offenbar noch ratifizieren, bevor er seine Rechtsgültigkeit erhielt (Kalpaxis, 2002, S. 26; Bötticher, 1886, S. 68). Die Ratifizierung durch den deutschen Reichstag erfolgte gemeinsam mit der Genehmigung eines vorläufigen Grabungsetats von 57.000 Vereinstalern

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Ideal des Altruismus und des geisteskulturellen Erbes auch nach der Grabung u. a. durch die bereits 1882 gemeinsam mit Curtius verfasste populärwissenschaftliche Olympia-Publikation durch Adolf Bötticher fortlaufend hervorgehoben.8 Die Ausgrabungen in Olympia, die erste grosse Friedensarbeit des neuerstandenen Deutschen Kaiserreiches, ein Unternehmen, zu dem ja jeder Deutsche als Reichsbürger sein Scherflein beigetragen hat, erfreuten sich von Beginn an einer so lebhaften Theilnahme in den weitesten Schichten, dass es wie eine Pflicht erscheinen muss, von dem geleisteten Rechenschaft abzulegen. (Bötticher, 1886, S. 4)

Wie einleitend erwähnt, unterstützte Curtius neben seinen Anstrengungen um die Verwirklichung des Projektes zu dieser Zeit auch die Eröffnung einer unabhängigen Athener Zweigstelle des gerade in eine Reichsanstalt umzuwandelnden noch im Herbst 1874. Dieses scheint man in Griechenland wohl nicht ganz zu Unrecht abermals in Richtung einer unlauteren Zusage oder Absprache zwischen der Regierung Vulgaris und dem Deutschen Reich gewertet zu haben (Kalpaxis, 2002, S. 26). Das Gesetz, das den Vertrag legitimierte, wurde im März 1875 ohne die vorgeschriebene Mehrheit verabschiedet und vom König ratifiziert. Kurz darauf fiel die Regierung Vulgaris. Auch wenn die Nachfolgerregierung unter Charilaos Trikoupis die meisten mehrheitslos verabschiedeten Gesetzte annullierte, blieb der Olympia-Vertrag rechtskräftig und wurde im November 1875 noch einmal parlamentarisch bestätigt (Bötticher, 1886, S. 69; Kalpaxis, 2002, S. 26). Zu dieser Zeit hatten die Grabungen in Olympia bereits seit einem Monat begonnen. Der für eine Dauer von zehn Jahren abgeschlossene Vertrag (Bötticher, 1886, S. 65-67) wies die Grabung als Gemeinschaftsprojekt beider Regierungen aus und umfasste elf Artikel. Die starke Kritik der Archäologischen Gesellschaft, die zu dieser Zeit auch die Funktion des Antikendienstes ausübte, dürfte mehrere Artikel betroffen haben. So bestimmten beide Vertragsparteien und nicht der Antikendienst jeweils einen Kommissar, die die Ausgrabungen nach den Bestimmungen des Vertrages und der Landesgesetzte zu überwachen hatten. Gemäß dem Fall, dass einer der Kommissare Einspruch gegen die Grabung einlegte, behielten sich beide Regierungen eine gemeinschaftliche letzte Entscheidungsgewalt darüber vor, was einer völligen Entmachtung des Antikendienstes gleichkam. Ferner sollten sämtliche Funde zwar in den Besitz des griechischen Staates übergehen, dieser konnte sich allerdings das Recht vorbehalten, antike Duplikate „in Würdigung der Opfer, welche das Deutsche Reich dem Unternehmen bringt“ an dieses abzutreten. Somit bestand weiterhin eine Grauzone, durch die Antiken nach Berlin hätten gebracht werden können. Die mögliche Ausdehnung der Grabung auf andere Gebiete Griechenlands wurde bereits oben genannt. 8 1881 wurde die Ausgrabung beendet. Schon 1882 erschien Böttichers Olympiabericht, der bereits 1886 in zweiter Auflage gedruckt wurde. Allein bis 1879 erbrachte die Grabung die enorme Fundmenge von über 1028 Steinskulpturen, 7444 Bronzen, 2094 Terrakotten, 696 Inschriften und 3039 Münzen (Marchand, 1996, S. 87). Der immense wissenschaftliche Wert der Funde ist heute unbestritten und wurde auch von Curtius sofort erkannt. Zum damaligen Bedauern wurden allerdings kaum maßgebliche Werke der Hochklassik gefunden. Stattdessen beleuchtet die große Objektmenge auf einmalige Weise die Genese des frühen Heiligtums und seines Kultes wie auch seine Entwicklung in römischer Zeit. In dieser Hinsicht konnte „Winckelmanns Traum“ in Olympia also nicht erfüllt werden. Zwischen 1890 und 1897 wurden die Ergebnisse der Olympia-Grabung in fünf Bänden unter dem Titel Olympia, die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung publiziert.

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preußischen archäologischen Instituts in Rom – das heutige Deutsche Archäologische Institut. So reichte der Abgeordnete Friedrich Kapp nur zwei Monate nach Curtius’ Vortrag am 17. Mai 1872 einen diesbezüglichen Antrag vor dem Reichstag ein, der sich als Synthese der Argumentationsstränge liest, die Curtius in seinen Reden und Schriften ausführlich bemühte (VdR, 1872, S. 443–444; Bruch, 2002, S. 9–10). Der Franzose und Engländer arbeitet für den Glanz und den Ruhm seines Volkes so zu sagen aus dem Ganzen und Vollen heraus; der deutsche Gelehrte dagegen verrichtet, weniger blendend aber tiefer, die solide Hausarbeit und bereitet selbst das anscheinend geringste wissenschaftliche Material gewissenhaft ausbeutend, den Boden vor, auf dem sich ein kräftiger Bau später errichten läßt. … …; allein ich fühle gedrungen es als das unsterbliche Verdienst deutscher Forscher und Gelehrter hier zu betonen, daß sie das, was von Griechenland gedichtet und gedacht worden ist, zum geistigen Eigenthum nicht blos unserer Nation, sonder der ganzen gebildeten Welt zu machen gewußt haben. … Hier, meine Herren, soll nun der Staat durch die Errichtung eines archäologischen Instituts (in Athen) die Arbeiten der deutschen Gelehrten fördern und ergänzen; hier soll er ihnen durch die That den Dank abstatten für ihre uneigennützige Hingebung, die sie im Dienste der Wissenschaft unserm Vaterlande und der ganzen gebildeten Welt bewiesen haben. … Die klassische Alterthumskunde kann einmal den Zusammenhang mit dem griechischen Boden nicht entbehren, und auch unserer heimatlichen Wissenschaft werden Sie nur dann genügen, wenn Sie ihr eine heimische Stätte in Griechenland gründen. (VdR, 1872, S. 443) Es kommt also darauf an, diese Tendenz (das rastlose Jagen nach äußeren Gütern und Erfolg) möglichst dadurch (in der deutschen Nation)unschädlich zu machen, daß wir unser altes geistiges Erbgut mit aller Energie vertheidigen und erweitern. Es gilt für uns gegen diese rohen Tendenzen ein starkes geistiges Gegengewicht, einen Sammelpunkt zu schaffen, von dem aus die Lehre unseres Volkes und die, welche es werden wollen, erobernd weiter gehen können und unserer Nation neue Schätze und immer neue Kräfte zuführen. (VdR, 1872, S. 444)

Noch plakativer als zuvor wurde in Kapps Antrag der Altruismus deutscher Geisteswissenschaften betont, was gerade in Bezug auf die Eröffnung der Außenstelle in Griechenland und die dort in Zukunft angedachten Projekte auch eine besondere Prägnanz besaß. Denn bisher stolperten die Verhandlungen zum OlympiaProjekt über den Wunsch der deutschen Seite, Funde für die Berliner Museen auszuführen. Durch die Zusage des Kronprinzen von 1869, das griechische Antikengesetz zu achten, war dieses Anliegen für Olympia und alle zukünftigen Aktivitäten der geplanten Außenstelle in Griechenland selbst – ganz im Gegensatz zum Osmanischen Reich (Panteleon, 2015, S. 56–64) – auch so gut wie ausgeschlossen (S. 198 Anm. 6. 202 Anm. 8). Es war gerade dieser Punkt, den die politischen Gegner in Deutschland monierten. Hier dürfte auch der im Antrag unterschwellig formulierte Alleinstellungsanspruch der deutschen Nation vor allen

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anderen Großmächten bei der Befähigung zu einer adäquaten Erforschung des Altertums auf eine positive Haltung der Abgeordneten abgezielt haben, die sich durch das antike geistige Eigentum ergeben würde. Diesem natürlichen Potential stellte Kapps Antrag das Vorgehen der Großmächte England und Frankreich gegenüber, die er vor allem als eigennützig deklassierte. Konträr wurden die Forschungsleistungen der deutschen Wissenschaft nun grundsätzlich auf das Wohl und die Wissensvermehrung der gesamten Menschheit bezogen. Gemeinsam mit den von Kapp im weiteren Verlauf eindringlich gemachten Feststellungen, dass die deutsche Altertumswissenschaft alle bisher verfügbaren Quellen ausgewertet habe und neue Quellen daher vor Ort gewonnen werden müssten, diese jedoch einer dramatisch fortschreitenden Vernichtung anheimfielen, suggerierte er schließlich eine besondere Handlungspflicht und Verantwortung der deutschen Nation zur sachgemäßen Bergung und Sicherung dieser Quellen, die sich abermals aus der geisteskulturellen Identität der Deutschen erwachsen würde (VdR, 1872, S. 444). Dabei folgte Kapp auch Curtius’ Auffassung von dem moralischen und leistungssteigernden Nutzen einer gebildeten Bürgerschaft für den Staat, die den Staat wiederum zur Förderung von Bildung- und einer freien Wissenschaft verpflichten würde. Alles, was wir vom Staate verlangen, besteht darin, daß er in seinem eigenen Interesse sowohl, wie in dem der Wissenschaft nur den Boden ebnen, nur die Grundlage schaffe, aus der unsere wissenschaftlichen Kräfte sich selbstständig und frei bewegen und bethätigen können. Nach dem Kriege scheint es mir, ist es unsere erste Aufgabe, daß wir die gewonnenen glorreichen Erfolge und Resultate im Frieden geistig befestigen und uns innerlich sammeln, heben und stärken, und daß wir jenen Geist der weisen Mäßigung, der treuen Pflichterfüllung und der wissenschaftlichen Arbeit pflegen, der allein die großen Kulturvölker auf der Höhe ihrer Mission erhält. (VdR, 1872, S. 443–444)

Am Ende rief er seinem Auditorium die antik-griechischen Wurzeln der deutschen geisteskulturellen Identität in Form von Erinnerungsapellen an die eigene schulische Ausbildung ins Gedächtnis, wodurch er seine Inhalte – ganz nach Cutius“ Vorgehen – von einer übergeordneten abstrakten Ebene in die eigene Erfahrungswelt der Abgeordneten geschickt herunterbrach (VdR, 1872, S. 444). Dadurch, dass Kapp mit Curtius’ Worten argumentieren konnte, zeigt sich die allgemeine Zustimmung in den breiteren Kreisen des deutschen Bildungsbürgertums zu dieser Form des eigenen nationalen Identitätsverständnisses und die verklärt romantisierende Zuwendung der Deutschen zu Griechenland und seinen Bewohnern als Konstrukt einer ideell-kulturellen Appropriation.

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Aspekte deutsch-nationaler Identitätsauffassungen im Bericht über Ludwig Pietschs Reise nach Olympia von 1879 Auf die erfolgreiche Verinnerlichung dieser ideologischen Konzepte auf Grundlage der Adaption antiker griechischer Geistes- und Kunstkultur dürfte auch der von dem deutschen Maler, Kunstschriftsteller und Feuilletonist Ludwig Pietsch 1879 veröffentlichte Bericht seiner Griechenlandreise hindeuten, die er im Auftrag der Herausgeber der beiden Berliner Tageszeitungen „Vossische“ und „Schlesische Zeitung“ im April 1876 unternommen hatte. Auch wenn er unterschiedliche Ziele auf der Peloponnes ansteuerte und abschließend der griechischen Hauptstadt Athen seinen Besuch abstattete, lag der Fokus seiner Reise vorwieglich auf der Besichtigung der seit Oktober 1875 begonnenen Grabungen in Olympia, die – wie oben bereits erwähnt – durch eine bis dato singuläre Medienpräsenz von einer breiten Öffentlichkeit verfolgt werden konnten (Sösemann, 2002). Pietsch ergänzte daher seinen Reisebericht durch einen kurzen Abriss über die neuesten Ergebnisse der zweiten und dritten Grabungskampagne. Die besondere ideelle Stilisierung dieser Grabungen äußerte sich nicht zuletzt in der religiösen Metapher, die Pietsch im Titel seiner Publikation gebrauchte: „Wallfahrt nach Olympia im ersten Frühling der Ausgrabungen“ Durch die Umschreibung seiner Reise als Wallfahrt wird die überhöhte Wahrnehmung der Grabungen und des Ortes in der damaligen Öffentlichkeit deutlich, die hauptsächlich durch die Akzeptanz der beschriebenen Identitätskonzepte zu verstehen sein dürfte. Demnach bestand natürlich auch für Pietsch diese besondere „Heiligkeit“ weniger in der antiken religiösen als vielmehr in einer intellektuell idealisierten Sanctitas philosophischer, wissenschaftlicher sowie politischer vor allem aber künstlerisch-ästhetischer Werte, wie sie Curtius in seinen Reden und Schriften kontinuierlich hervorgehoben hatte. Dazu gehörten insbesondere auch die von ihm hergestellten politisch-kulturellen Verbindungen des Projektes mit der Reichs- und Nationalstaatsgründung und seiner Stilisierung zum ersten weltweit wahrnehmbaren Exempel für das geisteswissenschaftliche Potential und die Größe der geeinten Nation (u. a. Klinkhammer, 2002, S. 32– 33; Sösemann, 2002, S. 71–72). Die Regierung des neuen Deutschen Reichs darf sich mit gerechtem Stolz rühmen, während der erst so kurzen Lebensdauer desselben viele grosse und glorreiche Thaten, Unternehmungen, Arbeiten durchgeführt zu haben. Der Neid der Einen, der Zorn und Aerger der Anderen hat am besten für den Werth und die Bedeutung des Geleisteten gezeugt. Diese Arbeiten und dies ganze Unternehmen der Ausgrabungen zu Olympia aber ist eins von den wenigen, überhaupt möglichen, welche auch des Feindes Neid und Verstimmung selbst durch den glücklichsten Erfolg nicht erwecken können und dennoch der Macht, von welcher sie

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ausgegangen, welche ihren Gedanken gefasst und dessen Ausführung bewerkstelligt hat, zu untersterblichem Verdienst und Ruhm gereichen. Wohl ist das neue Deutschland nicht mehr jenes Volk von Träumern, romatischen Poeten, „Denkern und Kritikern“, als welches das unsere ehedem von den Stimmführern jener praktischen Nationen verherrlicht wurden, die sich so lange in die wirkliche Welt theilten und es sehr gern gesehen hätten, wenn die Deutschen ewig nur in ihrem Himmel, ihrem Wolkenreich der Poesie und Philosophie zu leben vorzögen. Aber der politische Realismus und die gewaltige historische Praxis, in welcher es das neue Deutschland nun ihnen Allen zum Mindesten gleich thut, hat ihm den alten schönen Idealismus, die Fähigkeit des hingebenden uneigennützigen Enthusiasmus für rein geistige Zwecke und Aufgaben nicht zu rauben vermocht. Den besten Beweis dafür hat es durch das Unternehmen dieser olympischen Ausgrabungen und besonders durch die Art des Vortheils, den es dabei für sich suchte, gegeben. … Jede Ausgrabung solcher Art, welche von Angehörigen eines Culturstaates, sei es im Auftrage der Regierung desselben, sei es aus eigener Initiative und mittelst eigener Privatkraft und Mittel, auf dem Boden eines fremden Landes bisher veranstaltet wurde, hatte ausser dem wissenschaftlichen Zweck, ja oft auch noch vor demselben, den: den Unternehmer, den Privatmann oder die Regierung seiner Heimath um das reale Resultat seiner Mühen und Arbeiten, um seine Funde zu bereichern; des ersteren Kasse, des Staates Museen zu füllen. Hier fiel noch jederzeit Fundrecht und Schatzgräberrecht zusammen, da bekanntlich die kostbarsten und wichtigsten Schätze dieser Art gar nicht einmal erst durch die Mühe des Ausgrabens erobert wurden. Man erwarb sich eben, wie es Lord Elgin gethan, von der barbarischen Regierung eines antiken Culturlandes, einer alten Heimathstätte der Künste, mit geringen Schwierigkeiten das Raubrecht, die Vollmacht, sich anzueignen, was und wo man es finden würde, hoch über der Erde an alten Tempelwänden, Giebeln und Gebälken so gut wie tief unter dem Schutt der Jahrtausende. Man grub nicht nur das Verloren-Geglaubte aus der Tiefe des Bodens, sondern zerstörte brutal, rücksichtslos das noch von der Zeit und der Barbarei selbst Geschonte, wenn es die architektonische Fassung für die besonders erwünschten köstlichsten Schätze der plastischen Kunst oder der Malerei bildet; brach diese heraus, holte sie herunter von der Höhe, für die sie geschaffen waren, und bedauerte wohl nur den Verlust am eigenen Raubgewinn, wenn bei dieser gewaltsamen Operation noch ein gutes Theil der erstrebten Beute selbst zu Grunde ging, wie es dem britischen Tempelräuber von Athen mit dem Skulpturenschmuck des Parthenon ergangen ist. Die deutsche Regierung giebt im Gegensatz zu diesem überall gebräuchlich gewesenem Raubverfahren zum ersten Mal das schöne Beispiel der Ausgrabungen auf fremdem Boden nur um der Sache, um der Wissenschaft, der Cultur- und Kunstgeschichte und der Kunst willen. Sie resignirt auf die Befriedigung der reellen derben Gewinnsucht, des Eigennutzes, der Besitzlust. Sie nimmt die Mühe und die Kosten auf sich; sie stellt die erprobten wissenschaftlichen Kräfte zur Leitung dieser Tiefbauarbeiten, zur Schürfung der Edelmetalle der Kunst und Schönheit, sie besoldet die Arbeiter. Aber das, was diese ans Licht

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fördern, stellt sie der Besitzerin des klassischen Bodens, der griechischen Regierung zu. Einzig das Recht, die Gipsabgüsse der gefundenen Werke zu nehmen, wahrt sie sich für einige Jahre. Und einzig den schönen Ruhm erstrebt sie: Licht und Klarheit in kunstwissenschaftliche Fragen gebracht zu haben, an welchen sich theoretische wie die technisch-praktische Forschung Anderer vor ihr so lange vergeblich gemüht hat; und dem von der Vernichtungsarbeit von anderthalb Jahrtausenden über einer undendlich reichen Welt von Kunstschönheiten und Herrlichkeit gehäuften ungeheuern Grabhügel das entzogen, es dem Tage und der Welt zur Freude und Lehre zurückgegeben zu haben, was er an Resten und Zeugnissen derselben in seinem finstern Schoss verbarg. – Wenn in Bezug auf irgend etwas, was das Deutsche Reich gethan und vollbracht hat, so ist auf die hier bekundete Art von Idealismus und seine praktische Bethätigung der frohe nationale Stolz am Platz. (Pietsch, 1879, S. 4–6)

Natürlich bleibt zu bedenken, dass Pietsch als Feuilletonist mit der Wahl der Inhalte und deren Ausformulierung auf die spezifischen – wie Sösemann (2002, S. 67) es zu Recht nannte – „atmosphärischen“ Lesebedürfnisse seiner Klientel Rücksicht nehmen musste, was viele seiner sehr kraftvollen Ausdrücke mit erklären mag. Dennoch offenbarte mit seinen Worten eine besondere Propaganda, die sich Curtius’ Argumentationen bediente. Dabei wird besonders deutlich, dass die von Curtius bemühten Argumentationsstränge auf bestimmte, für politisch besonders gut nutzbare Aspekte fokussiert sind, wobei das Olympia-Projekt eine besondere Stilisierung erfuhr. So ließ Pietsch keinen Zweifel daran erkennen, dass die Grabung von den politisch Verantwortlichen nicht im allgemeinen Konsens gefördert worden sein könnte, im Gegensatz zu der tatsächlich geleisteten langen Überzeugungsarbeit zu deren Verwirklichung. Auch von den ersten Versuchen, Antiken ausführen zu können, fehlte jede Spur. Stattdessen kolportierte Pietsch das offensichtlich zum fundamentalen Bestandteil eines deutsch-nationalen Identitätskonzeptes verfestigte Bild eines staatlich-nationalen wie wissenschaftlichen Altruismus“ zum Wohle der gesamten Menschheit. Zwischen den Zeilen lässt sich Pietschs sehr ausführliche Darstellung wohl auf das Gegensatzpaar „egoistisches und verantwortungslos-unkoordiniertes Raubverfahren alter Kolonialmächte und Laien“ gegen „altruistische und verantwortungsvoll-systematische Wissenschaftsmethodik einer geeinten deutschen Nation mit Nutzen für die gesamte Menschheit“ reduzieren. Dabei weisen atmosphärisch-pathetische Ausdrücke wie „die barbarische Regierung eines antiken Culturlandes“ als Charakterisierung des Osmanischen Reiches, „Raubrecht“ oder „der Tempelräuber von Athen“ in Bezug auf Lord Elgin als Paradigma für ein britisches Selbstverständnis in eine sehr populistische Richtung, die im Umkehrschluss den Nationalstolz – wie Pietsch selbst am Ende zugab – im Leser aufflammen lassen sollten, da das Deutsche Reich eben völlig andere Vorgehensweisen und aus seiner Sicht „edlere“ Anliegen verfolgt habe. Es

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ist klar, dass sich hier u. a. der oben bereits genannte Konkurrenzstreit kulturellwissenschaftlicher Aktivitäten der Großmächte niederschlug, in den das Deutsche Reich neu eingetreten war und nun vehement seinen Platz suchte (Bruch, 2002; Klinkhammer, 2002, S. 31–36). Das von Curtius betonte geisteskulturelle antike griechische „Erbe“, das daraus erwachsene Potential zu dessen Erforschung sowie dessen Bedeutung für die Bevölkerung und den Staat werden von Pietsch mit keinem Wort erwähnt. Allerdings scheinen diese Ansichten bei Pietsch auch ohne konkrete Nennung impliziert gewesen zu sein. Denn seine ausführliche Darstellung des Altruismus in Bezug auf die staatliche Förderung der Altertumswissenschaften und des nun wirkungsvoll als „kostspielig“ bezeichneten Olympia-Projektes (Bötticher, 1886, S. 3 bezifferte die Gesamtkosten der von 1875 bis 1880 dauernden Grabung mit „nahezu 800.000 Mark“), machten nur Sinn, wenn er einen breiten Rückhalt dafür in der Öffentlichkeit annehmen konnte. Dieser Rückhalt dürfte auf der grundsätzlichen Verinnerlichung dieses geisteskulturellen Selbstverständnisses einer Adaption antiker griechischer Geistes- und Kunstkultur und damit auch deren „einzig berechtigter Erbe“ zu sein beruht haben. Für dieses Selbstverständnis könnte es symptomatisch gewesen sein, dass Pietsch die griechische Regierung in Zusammenhang mit dem „bereitwilligen“ Belassen der ausgegrabenen Antiken in Griechenland eben nicht als „Erbin“ oder Nachfahrin der antiken griechischen Kultur bezeichnete, sondern lediglich als „Besitzerin des klassischen Bodens“.

Fazit In Ernst Curtius Verständnis bildete die Rückbesinnung auf die antike griechische Kultur den wesentlichen Grundstock der deutschen Kunst- und Geisteskultur des 19. Jh. Auch wenn ähnliche Ansichten zum grundlegenden europäischen Selbstverständnis gehörten, in dem die antike griechische Kultur als allgemeineuropäisches Erbe begriffen wurde, erhob Curtius die deutschsprachigen Gemeinschaften und schließlich das neu gegründete deutsche Kaiserreich auf eine besondere Weise über die anderen europäischen Nationen heraus. Ihm attestierte er das alleinige und vollständige Verständnis, besonders aber die tiefgreifende Verinnerlichung griechischer Geisteskultur im Rahmen eines bewussten Adaptionsprozesses. Daraus leitete er einen alleinigen Erbschaftsanspruch ab, der die neu zusammengeschlossene Nation als einzige zum adäquaten Umgang mit den antiken Überlieferungen befähigen und zu weiteren Adaptionsprozessen verpflichten würde. Schließlich sei die Aneignung im Wesentlichen nur auf dem Gebiet der Literatur, nicht aber der bildenden Künste wie auch der Architektur geschehen. Hier sollte das Olympia-Projekt einen maßgeblichen Beitrag leisten. Da er aus dem von ihm aus der Antike entwickelte Modell des an die Bildung seiner Bürger gekoppelten Staatswohl eine Bildungsförderungspflicht des Staates durch

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seine Institutionen ableitete, stellte er diese Adaptionsprozesse in einen systematischen staatlichen Auftrag. Über diesen ergab sich nach Curtius in logischer Konsequenz auch die Förderung der Olympiaforschung mit staatlichen Geldern und nach dem altruistischen Prinzip einer unabhängigen Wissenschaft. Die Verinnerlichung dieses geisteskulturellen Selbstverständnis zeigt sich somit als Produkt der Adaption einer mediterranen Kultur lange vor der modernen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Mittelmeerraum als spezifischen kulturellen Interaktionsraum und einer Konzeptualisierung des „Mediterranen“.

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Peregrine Horden Mediterranean Connectivity: A Comparative Approach The title of this volume promises new horizons. Yet mine in what follows are in some senses old. Therefore I should begin by explaining how research in progress, of which I here offer a sketch, relates to, or more accurately does not relate to, the new horizons of Mediterranean scholarship as currently conceived.

Changing horizons It is always a mistake to predict the demise of your subject. In retrospect one of the less clairvoyant dicta in The Corrupting Sea (hereafter CS) is its prediction of “the end of the Mediterranean” (Horden and Purcell, 2000, p. 39). But that really was how it seemed in the early 1990s when the book was first drafted. The political economists, sociologists, ecologists, and anthropologists whom Purcell and I had been reading since the late 1980s did not seem to think that “the Mediterranean” had any great future as a distinct field of study (2000, pp. 19–21). Indeed, all the relevant disciplines seemed to have ignored or turned away from “the Mediterranean” as a category. Historians were reading, or at least citing, Foucault. Microhistories were preferred to grand regional syntheses. In anthropology, “area studies” and “culture areas” had rightly fallen into disrepute, as products of a ColdWar mentality. The field was held by the “anti-Mediterraneanism” of J. PiñaCabral and M. Herzfeld, for whom “the Mediterranean” was a category as crude, self-serving and politically odious as “the Orient” (2000, pp. 486–487). Meanwhile, the linguistic/cultural “turn” militated against the materialism seen to be inherent in regional work of the kind we were pursuing. If one really wanted geographical history of the Mediterranean, none the less, then it was supposed that Braudel had already supplied it. Thus to look again at the Mediterranean as a single, distinctive s p a c e for comparative history was more unusual in the early 1990s than it is now, decades on. How quickly and utterly the scene has changed. Look only at the proliferation of journal or periodical titles with the word “Mediterranean” in them. Why that should have been so is matter for discussion in another place. But there is a question worth asking here. In all this exponential growth, what exactly has the Mediterranean become? I detect four ways in which the sea and its region are

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being pressed into service in historical scholarship (see further Horden forthcoming). The first is as a fig leaf – for what seems less alluring; much smaller than the Mediterranean and part of it in only a very limited way; what is “arid” in the sense of being remote, spatially, conceptually, from anything to do with the sea. The second is another descendent of the nineteenth-century “romantic Mediterranean” (of which Braudel was the last great exponent). It is the maritime Mediterranean. “The Mediterranean” as a region may be only a figure within a set of discourses, touristic or academic. But the sea is there as an unbroken stretch of water, and people cross it, because of or in spite of wind, current, and coastline. It is that ensemble of Mediterranean-wide crossings, of people, and their technologies, goods, cultures, and ideas that makes Mediterranean history, across millennia. The Great Sea: A Human History of the Mediterraneean is in one sense David Abulafia’s riposte to CS (Abulafia, 2011). There is no trifling with environmental determinism: this puts human beings centre stage. It tells their stories in a continuous narrative, which starts at the very beginning and goes up to yesterday. There is little attention to the ecology of Mediterranean lands: the watery environment is all. Solved are the problems of regional definition (where does the Mediterranean stop?). Everything that matters in truly Mediterranean history is, on this view, transmarine. All the political, economic and cultural history is seen in terms of long-distance maritime contact. Even fishermen do not qualify for proper discussion. They do not go right across the sea but set out from and return to base. The third current approach I detect rehabilitates the Mediterranean as a “culture area” – in suitably post-modern form, with no implications of homogeneity. In its less cautious manifestations, this approach relies on invoking the whole when only some small part is meant. It flirts also with the hyper-maritime because it tends to emphasize movement (in this region, mostly movement by sea) over locality – connectivity over ecology, in Horden-Purcell terms. And I have argued elsewhere that its characteristic concept, hybridity or some equivalent, is problematic (Horden, 2011). Yet, at its best, this approach does promote a fertile comparativism, in literary studies, in art or architectural history, rupturing the straitjacket of ‘national’ traditions in scholarship and showing how liberating a Mediterranean-wide panorama can be (see e.g. the contributions of Hilsdale, Kinoshita and Mallette to Horden and Kinoshita, 2014). The approach I put last of the four is the exception to what seems to be a general drift from nature to culture in the focus of Mediterranean studies. This is the Horden-Purcell ecological approach, descendent of that of Braudel. The ultra-executive summary of CS is: Mediterranean history = fragmentation + connectivity. My focus here is connectivity. As a term of art in the field, connectivity seems to have been given wide currency by CS. Some reviewers of that book pointed to the political overtones that the word had already gained, and a range

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of other meanings have since been adduced, not least in information technology and neuroscience. Ultimately the term originated (by around 1960) in mathematical graph theory. Yet Horden and Purcell actually borrowed the term from locational analysis in human geography, inspired by the way it had already been taken up by some archaeologists (Horden, 2012, p. 27). Its initial geographical application was apparently to the analysis of regional road networks, with the measure of connectivity being the ratio between the number of edges (lines) and the number of vertices (nodes) in the network. Thus, any space that can be modelled by one line joining two nodes is – trivially – connective. CS uses connectivity, however, in a way that involved much more than ‘joining up the dots’. It becomes a shorthand for quite intense connectivity. Connectivity is a crucial ingredient in the summary of the Mediterranean environment and the way humanity has interacted with it. As Horden-Purcell see it, the Mediterranean is overall a zone of intense topographical fragmentation, overlaid by a kaleidoscope of human ‘microecologies’, which are in turn densely interconnected. Connectivity describes the way microregions cohere, both internally and one with another. Throughout much of Mediterranean history, this coherence has been more than a matter of fixed routes, whether planned in defiance of nature (as with Roman roads) or prompted by geography. Indeed, the point of bringing a then relatively unusual term into the discussion of the Mediterranean past was, in the first place, to get away from the idea that communications are, like graph theory, a matter of nodes and straight lines, or that they are, in some deterministic way, the product of geography or climate. Routes there of course have been, over water and land. But roads, tracks, mountain paths, shipping lanes, and river channels should all, according to The Corrupting Sea, be envisaged as particular instances of a much broader phenomenon – the p o t e n t i a l l y all-round, sometimes n e a r l y frictionless communication between Mediterranean microregions. Thus sea travel has not, in pre-modern times, been as constrained by wind, current, and season as has often been made out – nor as uniformly fearful and hazardous. There was much confident ‘hors piste’ sailing – and in winter too. Nor should the difficulties of overland transport be exaggerated, even over mountain ranges in severe weather. Indeed, an additional advantage of thinking in terms of connectivity may be to help us avoid (unthinkingly) privileging certain forms of communication. To put it another way, the determining capacity of the environment was weak. The choice of lines or corridors of communication could not, in the majority of cases, simply be predicted by studying a physical map. Mediterranean microregions ‘connect’ in many ways. They connect in the movements of peoples and goods and information. Some of these movements will have involved well-trodden tracks and their nautical equivalents. Others will have been more variable; hence the poor predictive power of maps. But microecologies connect by mutual visibility and audibility as well. So we must reckon

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with lines of sight and lines of sound as well as shifting terrestrial or maritime networks. Connectivities may thus be genuinely all-round. They may also be far-reaching. Thanks to seaborne contacts – not to be emphasized unduly but still of course vital to Mediterranean peoples – a given microregion may be more intensely connected to another one a hundred miles away than to its geographical neighbour. The high levels of connectivity characteristic of much of the region’s history help define the Mediterranean. If we could only plot all the connections, we would find that the Mediterranean region possesses unity and distinctiveness, partly in virtue of being an area of n e t introversion. That is, connectivity between microregions has generally been more intense around and across the sea’s coastlands than between those coastlands and their continental neighbours. That sort of judgement could, however, be substantiated only by comparison – comparison across and around the Mediterranean, but also, always, beyond it, to show what is genuinely, peculiarly Mediterranean and what is not. We need to compare what is now being thought about the Mediterranean to the burgeoning historiography of oceans (Miller, 2013, with rich bibliography). We need to compare it with other inland seas and other fragmented regions (Abulafia, 2005). And we need to compare it with its neighbouring continents. As a programme this is far easier to set out than to carry through. CS treated the Mediterranean history from the inside looking out: the net introversion of the ensemble of microecologies. Its sequel in progress takes larger systems and sees if they change, and if so how, as they sweep across the Mediterranean. These systems are climate, settlement, demography, and disease, and finally global links with other big areas – some of them possible analogues to the Mediterranean, as real or virtual “middle seas.” So we are testing supposed Mediterranean frontiers, finding them under some headings but not under others; and we are trying to see where and why the Mediterranean is a more appropriate geographical frame than the continental or religiously or culturally delimited alternatives. Hence the need we perceive for a comparative study of connectivity on a very large scale. That would in part return the concept to its materialistic, geographical origins, breaking its current monopolizing by historians of Mediterranean art and culture. The project was prompted in particular by the way in which historians and anthropologists of the Sahara have taken up the term, with specific reference to CS (Scheele, 2012; McDougall and Scheele, 2012). They have done so in reaction against an older tendency to treat the desert as a blank on the map, sealike in its homogeneity, merely the medium for the transport of luxuries northwards – luxuries such as gold and peacock feathers. The Sahara thus forms my first case study. I shall then look to Asia and Europe. The period in question is very broadly pre-modern, but with an emphasis on medieval evidence.

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The Sahara Have communications in the Sahara been as similar to those of the Mediterranean as the use of the term connectivity along with explicit reference to CS might suggest? Let us keep to the pre-modern world, defined, as far as Saharan transport and communications are concerned, by the camel, which dominated from about the first century CE, if not earlier (what follows draws on Horden, 2012). The first comparative point to make is that there is no Mediterranean equivalent to this dominance of transport, and indeed of human mobility in general, over such a long period, by one species – a species that is almost always, for obvious reasons of safety, moved about in groups. The comparison of relative ‘fluidity’ or mutability of lines of communication is harder. Where could the direction of travel be potentially more all-round than in the central Sahara, in which open ground may stretch to the horizon in all directions? Certainly there were no fixed routes in the Sahara, and in their absence there was always some choice of itinerary for caravans. Indeed, caravans could hardly take the same route twice in quick succession, since they relied on the availability of pasture on the way – and this pasture varied from year to year, or even month to month, and needed time to recuperate after a major caravan had moved over it. Smaller groups of camels, or even occasional solitary travellers, were even more flexible, and depended primarily on the availability of water; but they also had to rely on networks of protection that changed over time, and that hence curtailed their actual freedom of movement. Access to wells was more often than not a political matter, rather than one of infrastructure. Wells might remain under the control of those who had dug them. More importantly, they were easily filled in by those who had an interest in disrupting travel. The danger of raiders was always very real: and the time it took to haul the water required to refresh a major caravan – often several days – made travellers vulnerable to attack. Freedom of movement was thus curtailed, but less by the environment than by those who lived in it. Regular patterns of movement along well-defined routes – as imagined by colonial geographers – were by definition impossible. Moreover, camels are really not like ships. Although strikingly resilient to the hardships of climate, and able to carry heavy loads for several days without requiring fodder or water, they remain most efficient for distances that can be covered in a month or less. Moreover, camels have provided a basis for Saharan livelihoods beyond their function as beasts of burden: ships cannot be milked for daily sustenance, nor do they breed. Transport lay mostly in the hands of the camel owners, whose primary aim was to keep them alive as long as possible. Consideration of the camels’ seasonal dietary needs and ability to recuperate hence often outweighed the imperatives of swift and flexible travel.

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Further, the type of camel used determined to a great extent the kind of terrain that could be traversed, and the distance that could be covered. Camels bred in and for the mountainous terrain of the Hoggar, for instance, were badly adapted to sand dunes, and the converse applied. Hence, although travel was theoretically unrestricted and all-round, to be sustainable it had to form part of larger socioecological patterns. These did not determine its exact course, but they did limit individual freedom of movement. All this suggests that the regime of connectivity as sketched for the Mediterranean in CS has to be significantly modified to fit the Sahara. Once we move up to the level of long-distance exchange, however, the resemblance of sea to desert world may be closer. In the Mediterranean region, the landscape can be dominated by long straight roads, pre-eminently Roman ones – the assertion of power over terrain symbolising as well as facilitating military dominance. And there can be fairly straight crossings over the open sea, to a lesser extent in defiance of nature, that is, wind and current, but facilitated in navigational terms by the relatively small areas of the sea from which no coastline is visible. More commonly, though, there has been coastal cabotage by sea and comparable short-hand transport over land. In the Sahara the regional level of movement is reflected in the geography of oases. But it is also constrained by the desirability of not pushing camels beyond their limit, and beyond areas known to transporters and considered to be safe. So the map of regional movements is much simpler and more predictable than that which could be envisaged for the Mediterranean. Even so, it is far from the simple north-south ‘corridor’ implicit in many scholarly accounts.

The Silk Road From desert to steppe. The next macro-region with which I think it is instructive to compare the Mediterranean under the heading of connectivity is the so-called Silk Road, a label I shall carry on using but with implied inverted commas. Some similarities are immediately striking – not only between the two, but between Silk Road and Sahara. Both the Mediterranean region and the Silk Road are inventions of nineteenth-century German geography – the Silk Road by the German traveller and geographer Ferdinand Freiherr von Richthofen in a lecture of 1877 (Hansen, 2012, pp. 7–8), the Mediterranean as a region, an ensemble of maritime lands and not just sea, by several other geographical luminaries, also German. Both Mediterranean region and Silk Road have been victims of romanticizing – the latter nowadays perhaps even more than the former (as with the musical ‘Silk Road Project’ led by the cellist Yo-Yo Ma and his ensemble). For both areas there is debate about how old the region is and when it declined or disappeared. Of both areas, histriography has privileged long distance exchanges, principally of luxuries, in one direction especially: East-West for the Silk Road

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and to a considerable extent the Mediterranean, as against the Sahara’s supposed South-North axis. Both Silk Road and Sahara conjure images of long strings of laden camels padding between oases. An essay of 1915 by yet another German geographer, August Hermann, translates as ‘The Silk Roads from China to the Roman Empire’ – the first use of the term in the title of a work, and stressing its essential role as connecting opposite ends of Eurasia (Millward, 2013, p. 6). The trans-Asia connections did not in fact flourish until after the Roman empire had disappeared from the western Mediterranean and been weakened in the East. A volume linking that period to the perhaps anachronistically-labelled phenomenon of ‘incipient globalization’ is memorable for bringing within one frame both Byzantine silver in England and Byzantine coins found in China, many with holes drilled to make them into pendants (Harris, 2007). But the Silk Road is both more and less than such a historiography implies. It is in a sense less in that it was never the single homogeneous trunk route that von Richthofen confidently drew across his map of 1876–7. It was rather a multiplicity of shifting, overlapping paths over a variety of environments. The Silk Road was not a road. Nor was silk its primary economic focus. Pleas have been made, for example, for the ‘musk routes’ as an alternative (Akasoy, Burnett and YoeliTlalim, 2011). The ammonium chloride routes would do just as well, and if one wanted a ‘good’ that could be truly an emblem of the whole vast area, then the dumpling would serve better than raw silk (Hansen, 2012, pp. 5, 11). Dumplings mean wheat, and serve also as a reminder of the importance of interconnections between the nomadic and the sedentary throughout Silk Road history and in every direction (Christian, 2000), not just East-West, and not just involving empires (for all the achievement of the Mongols in bringing about the apogee of central Asian integration). As with the Sahara, so with the Silk Road, the great space needs filling in with characteristic local detail, and the version of that detail that I found most persuasive in all the literature of this area is Valerie Hansen’s: Few individuals traversed all of Central Asia, covering the distance of some 2,000 miles (3,600 kms) between Samarkand and Chang’an … . Most travellers moved on smaller circuits, travelling a few hundred miles (500 km) between their home town and the next oasis and no further. Because goods were traded locally and passed through many hands, much of the silk road trade was a trickle trade [or a local “petty trade”]. Long-distance caravans with hundreds of animals are rarely mentioned anywhere in the historical record – and usually only when states exchanged emissaries (Hansen, 2012, p. 10, italics added).

This characterization is true both to the local documentation that Hansen privileges in her discussion as against the more predictable evidence of goods arriving at or departing from the Chinese and Mediterranean termini and to the possibilities of the ecology. It is easy, faced with all the grand generalizations one reads about the hypermobility of people and goods along the Silk Road, to forget just

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how long and difficult was the sort of journey now associated with the name of Marco Polo. On such a route or set of routes, trans-continental trade as against more localized interactions between one oasis and another, and between nomad and sedentary, could have only a limited place (Hansen, 2012, p. 119). If that argument be accepted, its ramifications for some current debates will be two-fold. First, it has some bearing on the question of the periodization of the Silk Road into roughly a Roman phase, a late Antique phase and a Mongol phase, with little before, after or in between. It would produce a picture akin to that offered in CS, in which (so its critics maintained) major turning points were flattened out – and continuity overstressed. Yet Hansen’s image of interlocking medium-range networks of exchange (of goods of all kinds, cultural as well as material) is closer to that of Scheele for the Sahara than to the Mediterranean of CS. Secondly, there are implications – yet to be worked out – for how we envisage the areas in which one set of routes links up with another: in this case where the Mediterranean and the Silk Road interlock. There are many versions of such an area on offer. Some seem too large to tell us much – the West Asian hinge, a vast mountain-ringed area with the Tigris and Euphrates at its centre for example (Fowden, 1993; Purcell, 2013). Another similar candidate is the Levantine façade of Asia on the Mediterranean and the Red Sea. These seem like enormous black boxes – junction boxes perhaps, inside which we long to peer so as to ascertain exactly what happens when Mediterranean systems or networks of communications interlock with Asian ones. More promising is the Black Sea and its region though consideration of that alone will not answer all the questions about the Mediterranean and Asia we might want to pose. Clearly, the Black Sea can no longer be seen simply as the Mediterranean’s backyard (Braudel, 1972, p. 110; Özveren, 2001; Gülden and Mitchell, 2007; Ivanova, 2013), an occasional extension of it into which Mediterranean colonizers – principally Italian merchants – travelled. Despite its history of domination by often distantly-based powers it has a history of its own. Bratianu’s (1944) notion of the turntable is an arrestingly different metaphor. This might be a way of envisaging what it has been like to move from Asian to Mediterranean networks of movement and connection. But we are still essentially being confronted with a ‘black box’, if of a smaller size. We need places. Di Cosmo (2010, 2013), has profitably stressed that the Venetian/Genoese outposts of Caffa and Tana should be seen not in one-way terms as western outgrowths but as a confluence of Italian and Mongol interests. The social and political history of such places is thus going to be important (see also Ciocîltan, 2012). Both during the short period of their complete unification of the Silk Road and after, in the era of more fragmented control, the Mongols had a strong interest in facilitating trade both to supply their warrior aristocracies and as a source of tax revenue. The Italian city-states advanced from the Mediterranean to the

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Black Sea so as to ensure a state-controlled supply of cereals and grain from the Pontic region, should other supply lines be constricted. But, as states, they progressed no further, leaving it to individual merchants acting in a private capacity to penetrate Silk Road networks. On the shores of the Black Sea and the Sea of Azov, we see, for a time, the junction of two kinds of network: a predominantly maritime, Mediterranean type, dealing with bulk supplies, and (the other type) the end point of a more Sahara-like set of interlocking noodles of no more than 500 kms in East-West extent that, at the Black Sea end predominantly brought in luxuries. Tana and Caffa had their day by the later fourteenth century. They cannot stand for a long-term history. It is in the nature of such interfaces between networks that are themselves highly mutable, if each in different ways, that they should change in intensity and location. Also characteristic of Mediterraneantype networks especially, is that apparently obscure places should, quite suddenly, for a time assume importance. Current unpublished work by Antony Eastmond has for instance drawn attention to Akhlat on the shores of Turkey’s Lake Van, now known only to archaeologists, and that only through the large cemetery that is all of the settlement to survive. In the early to mid-thirteenth century, this seeming backwater was very well placed near the conjunction of several caravan routes traversing Anatolia and linking the Mediterranean and the Caucasus, yet another corridor between that sea and Asia.

Europe My final exercise in comparing connectivities must, obviously, look north. How communicable was ‘northern’ Europe by comparison with the Mediterranean region? The very imprecision of the designation ‘northern’ points straightaway to the problems with the question. In other directions, deserts and mountain areas or steppes set up broad ecological contrasts that offer at least a preliminary orientation for comparative discussion. There is no such contrast to the North. The problem does not lie so much with the old unproductive questions of whether Portugal should be part of the Mediterranean or where Mediterranean France gives way to northern France or how much of a frontier the Alps or Balkans have set for the Mediterranean. CS attempted to provide some general answer to such questions by stressing the combination of connectivity and microecology over a fragmented landscape – a combination which will have varied by period as well as by geography and thus cannot be answered one way or the other regardless of the passage of time. By far the greater problem is that the histories of ‘Mediterranean’ and ‘northern’ Europe (however we might eventually define them) have been thoroughly and comprehensively entangled since at least Roman times – the geography of Roman Europe and of the Roman road erasing any distinction

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we draw from the time of the laying of those roads until their falling into disuse outside Italy and Spain in the twelfth century. Suppose we sidestep such difficulties for the moment, what then? There is a literature on what used to be called – though no longer in these post-colonial, politically more sensitive times – ‘the European miracle’ (Jones, 2003). This had the lasting merit of asking how Europe ‘worked’ as a continent, such that its overall economy might have thriven, and at some point ‘diverged’ from those of other economic powerhouses (Pomeranz, 2000, pp. 33–34 for the transport aspect). This body of work stresses European environmental diversity (but then the Mediterranean is diverse!), Europe’s lack of substantial inland lakes or seas, the broadly North-South direction of its major rivers, the legacy of the Roman road system, and so forth. Jared Diamond (1997) has controversially attached significance to Europe’s East-West orientation as a continent and thus to its relative environmental and climatic uniformity (so much for diversity). The difficulty here, as with all such attempts to characterise the geographical basis and the infrastructure of the European economy is that it ignores altogether any regional differences such as those between West and East, or between North and South. Has that distinction then any geographical basis? I hypothesize that it has, and that the distinction relates to discriminable regimes of connectivity. And I close this short paper on an even more generalized and conjectural note by describing some of the approaches I am currently adopting to try to identify and even calibrate broad contrasts, not say between Mediterranean and Northern France, but between the Mediterranean regime of connectivities (as described in Corrupting Sea) and those significantly found in pre-modern (particularly medieval) times further north, especially in the economically more developed western Europe. One could for example look at the spread of news and how the speed of its diffusion changed with direction. Braudel attempted as much in Civilization and Capitalism (1981, pp. 427–428), and his maps show the speed with which letters and news was received in Venice and changing patterns in the contours of that speed. That is, one can see which parts of Europe were most in touch with Venice and how their configuration changed over time. In 1500 Venice was best in touch with Paris, Vienna and (much nearer) Augsburg; London seems remote. By 1700 Antwerp is more communicable than Paris, southern Germany and Austria are more distant than they had been; and yet Copenhagen, Warsaw, Brest and Lisbon are well within reach of efficient communications. If only we had the data to construct a series of such maps for each century since Antiquity, based on a number of centres, not just a Mediterranean one such as Venice, we would have an ultra-scan of European and Mediterranean communications. Another approach would be to collect information on preferred courier or postal routes and speeds as showing how well and in which direction the major centres were joined up. Yet this would not give us characteristic patterns of the

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movement of people and goods that we could use to compare Europe and the Mediterranean (Pounds, 1994, p. 390). One major cultural overall difference between the Mediterranean and the North lies in the relative importance of bridges and tolls. It is impossible to read very far in the historiography of transport and communications in Europe without encountering the politics of bridge building and maintenance and of the control of the passage of goods (Ryerson, 1999; Spufford, 2002; Scales, 2012, pp. 103– 105). Not that the northern Mediterranean has ever been short of lasting perennial rivers that have required bridging. But the building or support of bridges as a form of piety may, I suspect, be far more emphasized in northern than in Mediterranean Europe: in northern France or Germany, say, by comparison with Spain or the Balkans (let alone the Maghreb) (though compare Brodman, 2009, p. 121, for a contrary view). Italy may well be an exception here, with its officials charged, in the later Middle Ages, with road and bridge maintenance (Geltner, 2013). Yet I believe this contrast broadly holds and hope to test that belief in future work. A further area to investigate is the geography and frequency of famine (Jordan, 1996). Famine is not – or not only – caused by food shortages of course, but by lack of ‘entitlement’ to food. Yet even with all the other variables taken into account, famine has something to do with transport of supplies and the material obstructions to easy movement. It is striking that the ‘great famine’ of the 1320s was a northern European phenomenon. Does that fact have to do with climate and agriculture and the politics of supply – or does it reflect the greater arterial sclerosis of (northern) European transport by comparison with the easier communications of the Mediterranean? Perhaps the most telling map of how well joined-up the Mediterranean was by comparison with northern Europe in pre-modern times is that provided by the spread of pandemic. Whatever the biological identity of the Black Death (a matter not nearly settled despite recent claims) there is no doubting the rapidity of its spread in the later 1340s. The disease cannot have moved so rapidly across Europe, within two years killing half to as much as two-thirds of the population, if it was airborne to any significant extent. Its diffusion must relate to the movements of people and goods. The map provided by Benedictow (2004, pp. 18–19) rests on a very large number of local studies and is probably as accurate a report as we can expect. It is noteworthy that once the disease has arrived in the Mediterranean from the steppes (a long-delayed aftershock of the Mongol empire?) it traverses first the region of Constantinople and the southern tip of the Balkan peninsula, all the major Mediterranean islands from Cyprus to Mallorca and the maritime hubs of Dubrovnik, Venice, Genoa, Pisa and Marseilles. It moves inland all the way round the Mediterranean, to the northern Balkans, northern Spain, southern France, the Seine valley, and southern England. The Loire valley, southern Spain, and northern England are reached only later. Again this is

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a Mediterranean-centred map of communications, like Braudel’s of Venice. And many variables will have been involved in the plague’s diffusion. But we do once again begin to see in the map of plague a proxy for those parts of northern Europe that were most in touch with one another and, very vividly, the greater communicability of Mediterranean coastlands and islands.

Conclusion? There I shall leave the matter for the moment. There are as yet no grand conclusions to be drawn, at least with any precision. But I hope these examples have been sufficient to show that there is ‘mileage’ in the comparative study of connectivity on a continental scale and that the Mediterranean retains its distinctiveness when such ‘new horizons’, African, Asian and European, are added to the innumerable ways in which we can profitably study it.

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Ryerson, K. L., 1999: Commerce and communications. In: D. Abulafia, ed.: The new Cambridge medieval history, vol. V, c. 1198–c. 1300. Cambridge: Cambridge University Press, pp. 58–70. Scales, L., 2012: The shaping of German identity: authority and crisis, 1245–1414. Cambridge: Cambridge University Press. Scheele, J., 2012: Smugglers and saints of the Sahara: regional connectivity in the twentieth century. Cambridge: Cambridge University Press. Spufford, P. 2002: Power and profit: the merchant in medieval Europe. London: Thames and Hudson.

J. Donald Hughes Mediterranean Environmental History Research in the Twenty-First Century Introduction A benefit of environmental history is that it enables historians to pay attention to the forces of the physical and biological world, the impacts upon the Earth by human activities, and the formative influences of human ways of thinking about nature. These, at least, are three aspects of environmental history. This approach is uniquely valuable for Mediterranean history, since the geographical delimitation of the region depends on environmental factors. The determining feature is a sea and surrounding littoral lands on three continents, sharing a broadly defined climate and native vegetation. The climate, with its two-season pattern of cool moist winters and hot dry summers, verging on the tropics but not a classic tropical regime, characterizes this region over a larger geographic extent than any similar manifestations in the New World and the Southern Hemisphere. In addition to associations such as garigue, maquis, and forest types, the presence of olive cultivation has often been suggested as a distinctive limit of the Mediterranean zone, combining biology with human activity. Among the subjects that have attracted research by environmental historians are the changes produced by human economic activities, and the reciprocal effects of those changes on Mediterranean societies. These economic activities include the development of human settlements, agriculture and pastoralism, exploitation of wildlife, forestry, and extractive industries. The conceptualizations of the natural world that originated in the Mediterranean region are of widespread importance in world culture, since some of the most influential religions, philosophical systems, and artistic traditions are rooted there. Butler controversially speculated about The Tyranny of Greece Over Germany, and equally choleric writers have examined the tyranny of Greece, and of Rome as well, over France, England, and America (Butler, 1935). It was probably Charles Astor Bristed (1820–74) who recorded the rumor that a founding father advocated the adoption of Greek as an official language for the American Republic (Bristed, 1814; see also Bristed, 1855.). Would this have helped us to listen sooner to Plato’s warning of the effect of deforestation on erosion and desiccation (Plato, Critias 111 B–D)?

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I will be primarily concerned with the period on which I have done most of my work, that is, the Mediterranean world in classical Greek and Roman times. Our image of the classical environment has changed over the past few years, and it is reasonable to reflect on the most rewarding veins of new information that research has chosen and will choose to mine in the twenty-first century.

Climate Change First, work on the reconstruction of past climate change will undoubtedly continue at a good pace due to the contemporary interest in global warming and in comparisons with earlier epochs (Hughes, 2010). Also, when historical environmental changes are noted, the question often arises as to whether they are the results of climatic alterations. In order to understand the effects of changing climate on civilizations, and the possible reciprocal effects of the actions of human societies on climate, it would be necessary to know the timing and magnitude of changes in such factors as temperature, rainfall, and the paths of weather systems. Even though is not yet possible to give a complete account of climatic changes in the ancient period, climatologists have been making progress toward that goal, and are attaining more nuanced judgments at the decadal and even the annual scale. Detailed weather records are extremely rare in ancient writings, so we have to depend on proxy evidence such as tree rings, pollen sampling, ice cores, cave formations, shells, corals, and seabed sediments. Integration of data from these various archives has made sharper focus possible in what is still a general picture. This may help us distinguish between climatic and anthropogenic causes in economic and societal transformations. It is not yet possible to give a complete account of the climatic changes that occurred in the ancient Mediterranean. As three scholars (T. M. L. Wigley, M. J. Ingram, and G. Farmer) working on this problem reported in 1981, “Prior to about AD 500 the data allow only the broadest of generalisations to be made: time resolution is relatively poor and only scattered sites are represented, often in locations far from civilizations contemporary with the data” (Wigley, Ingram and Farmer, 1981, p. 16). Research in historical climatology continued, however, and the data attained higher resolution in the decades since that comment was made. It still has validity, however. A valuable analysis of the present state of knowledge of climate changes during the Roman Empire is offered by a distinguished international panel of twelve authors headed by Michael McCormick of Harvard in the Autumn 2012 issue of the Journal of Interdisciplinary History (McCormick et al., 2012). As they note, “Today climate science uses a formidable and expanding array of new methods to measure pre-modern environments, and to open the way to exploring how environments shaped the human experience – and vice versa …” (McCormick et al.,

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2012, pp. 169–170). They posit an integrated view of Roman and post-Roman environmental conditions, using a number of these methods and using them to test hypotheses about the causes of the rise and fall of Rome. The data sets they examine comprise Greenland ice cores, fluctuations in solar radiation, cave formations from Austria and Turkey, tree-ring series from central Europe and Asia, Alpine glacier advances and retreats, volcanic activity, varve records from European and western Asian lakes, archaeological reports, and written documents. To these, for the first time in this connection, they add the surviving records of high and low floods on the river Nile. The picture that emerges in their account represents remarkable stability during early Imperial times, that is the prosperous first and second centuries, followed by great variability whose ups (warm and wet) and downs (cold and dry) coincide possibly too well with the economic and social fortunes of the late Empire and its aftermath. Further, the authors distinguish between the eastern and western halves of the Empire, making the case that better climate in the East helps to explain “the success of the eastern Roman Empire as the western Empire dissolved into new polities; future research will surely resolve the chronology and clarify this issue” (Mc Cormick et al., 2012, p. 205). Conscious of the need for more data, they call for future research: “The findings surveyed in this article… will need considerable amplification and revision …. Further improvements will certainly accrue with the accumulation of more high-resolution scientific proxy data from crucial but under-documented areas of the Roman Empire and its successor societies.” (Mc Cormick et al., 2012, p. 205). They call for future research to synthesize observations into “a framework that is both dynamically consistent from the climatic perspective and historically rigorous.” (Mc Cormick et al., 2012, p. 206). The authors present a convincing argument, but they are the first to admit that much of their data comes from locales outside the Mediterranean. For example, Greenland is far from the Mediterranean and reflects global trends that may not always correspond to regional conditions, although evidence of Mediterranean volcanic eruptions and emissions from Roman lead/silver smelting has been found in the ice there. One would like evidence from the region itself, and this is being found in ice cores from Alpine glaciers, where many records of the past are being erased by a melting trend that has accelerated recently. Sometimes the melting uncovers artifacts and human remains that also give information on climate, vegetation, and animal life in the distant past. The most noted example is the body of “Ötzi”, the so-called Iceman, found on a high ridge between Italy and Austria and dated around 3300 BCE, complete with clothing, weapons, and other artifacts (Spindler, 2001). Similar discoveries can be expected. Much of the dendroclimatological evidence adduced by the authors derives from northeastern France and Germany. Annual tree ring widths depend on the limiting climatic conditions, but these may be temperature, rainfall, and other factors, so it may be difficult to make judgments about which kinds of climatic

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change are involved. In the Mediterranean area, the most important limiting factor is most often precipitation; in northern Europe temperature is more often the critical factor. Consequently, climatic judgments made from studies in Central or Western Europe, and even more problematically from China, may not necessarily apply to the Mediterranean zone. Much the same can be said of the Nile flood data, interesting as such but reflecting not the climate of Egypt, but the climate of Ethiopia, where 85 percent of the river volume originates. The Egyptian breadbasket of Rome possibly varied in its productivity independently of the weather in the eastern Mediterranean basin, not to mention Italy. The raw data available from pollen studies in the Mediterranean are so plentiful as to be intimidating. The job of organizing them and making them available is proceeding, and continued research could well produce regional vegetation maps for successive periods, allowing better resolution in studies of agriculture and forestry. It may also enable further critical investigation of the Ruddiman hypothesis that anthropogenic effects on climate change began with agriculture and reflected the changing fortunes of human societies (Ruddiman, 2005). The idea that human activities can change climate is not new; Theophrastus gave examples of the effects of cultivation and drainage on temperature.1 Twenty-first-century research will enhance our understanding of ancient climatic variations and their influences on human societies. The continued development of more sophisticated tools for climate study, including computer models, databases, and other technological aids, will certainly advance studies of Mediterranean environmental history.

Quantitative Archaeology A second major theme of research for environmental historians in the twentyfirst century will continue to be accessing and integrating archaeological reports, especially those using the newer quantitative methods and landscape archaeology. Previously unexplored sites increasingly emerge as a result of commercial and touristic construction, particularly near the coasts and in urban centers as foundations for hotels and office buildings uncover materials that can be studied and possibly preserved. Metro construction produces discoveries, some of which have been kept in situ for display underground. More importantly, the new archaeology pays attention to materials that may have been ignored in the past such as wood species, slag, soil analysis, etc. For environmental conclusions, it is particularly important to have quantitative measures and good estimates in order to deal with factors such as production, consumption, deforestation, erosion, and soil exhaustion. 1

Theophrastus, De Causis Plantarum 5. 14. 2-3, 5.

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A key example is the question of deforestation. Since deforestation is a function of the relative rates of tree removal compared with reestablishment and rates of growth, quantitative evidence is highly valuable. Loss of forests has been one of the most notable and widespread effects of human activity on the natural environment in Mediterranean history, but controversial because historians have been hampered by lack of dependable data. As a result, disagreements such as those between John McNeill, who judges that there were major losses of forest cover (McNeill, 1992), compared to A. T. Grove and Oliver Rackham (2003), who believe there was little or no deforestation during classical antiquity. Archaeology has already given some help in this matter, as the following may illustrate.

The Example of Laurion Interest is reviving in Laurion, the complex of silver mines that enabled the Athenian general Themistocles to build the fleet with which he defeated Persia in 480 BCE, and provided the material for the Athenian coinage, the “owls” that became a standard medium of exchange in Greece and beyond. Building the Parthenon required 469 talents of silver over 15 years, most of which came from Laurion. Prodigious silver production began with the discovery of a rich ore vein in 483. The figure reported by the Aristotelian Constitution of Athens (Athenaion Politeia 23.1) is 100 talents, equal to 2.6 metric tons, enough to make 600,000 drachmas worth of coins. While the written source cannot be taken at face value, evidence from investigation of the sites offers some support for figures of this magnitude. The numerous, very well-preserved monuments at Laurion, along with the debris found there represent all the stages of ancient mining and smelting activity and provide an excellent source of quantitative information for research on ancient technology and the social and economic history of Athens. There are now over a thousand vertical shafts and 140 km of galleries dating from the Classical period. I have crawled into some of them with a TV crew. That the operations resulted in deforestation is clear; in ancient Greece heat energy for metallurgy derived from combustion of wood or charcoal, and metallurgy constituted the largest consumer of fuel wood. Fossil fuels were not used. The question of forest loss in quantitative terms needs to be addressed. Statistics are scarce in ancient records, but not absent, and archaeological evidence such as slag deposits exists, so it would be possible to estimate within limits. Wood and charcoal were required at each stage of the process from mining ore to striking the owl coins. Wood was used for tools. Tunnel props, often of olive wood, were used but not commonly, because gallery tunnels were only 60– 100 cm high and 60–90 cm wide, and water seepage was rare. Wood fires were set to heat rock faces, which were doused with water or vinegar, loosening them for the picks. Workers sorted and split rocks. At this stage, silver was a tiny portion of the ores, averaging one to 429 parts lead.

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The next step was the washery, where a stream of water carried off lighter waste material, about 60 percent of the mass. The scarce water was recycled, becoming polluted with toxic chemicals. Smelting consumed a great quantity of charcoal, because it is more efficient than wood in generating heat. A furnace was filled with alternating layers of ore and charcoal, the weight of charcoal about 2⁄3 to as much as equal that of the ore. When temperature reached 750ºC, smelting began. Silver melts at 960ºC, lead at 327ºC, so lead vapor entered the air. Strabo, speaking of Roman silver mines, said furnaces had tall chimneys to disperse vapor and spare the men (Geography 3.2.8, C146), but Laurion lacked these. The liquid lead-silver mix flowed out of the furnace, reacting with oxygen to form lead oxide, which blew away and polluted the environment. Slag was skimmed off, containing about half the remaining lead. The charcoal used at this stage implies a huge amount of wood. Charcoal is made by burning wood in an oxygen-poor chamber, in a pit or above ground in a pile covered with earth. Seven tons of wood yield one ton of charcoal (Olson, 1991). The final separation of silver from lead was done by refining. After smelting, the lead-silver mix was placed in a cone-shaped cupel lined with wood ash or bone ash, the bone ash produced in a wood fire. Cupellation required a temperature between 810º–950ºC; anything higher will cause the silver to “spirt off.” The lead oxidizes and is absorbed into the lining, and the silver remains as a virtually pure button. Heat was provided by wood. Silver from cupellation went to the mint, where blanks were heated to avoid cracking, using more charcoal. Then what was the extent of deforestation caused by mining and metallurgy at Laurion? Looking at an average year, 2.6 tonnes of silver would have required cupellating 156 tonnes of lead-silver after smelting, since the ratio of silver to lead at that stage was 1:60. That much lead-silver entailed smelting 1,115 tonnes of ore. To smelt this amount required 743–1,000 tonnes of charcoal. Even with the lower figure, other uses of charcoal raise it to at least 817 tonnes. Since one tonne of charcoal was obtained from 7 tonnes of wood, the amount of wood required is 5,203 tonnes. Greek forest on average contains 1.166 tonnes per hectare, according to a Greek Forest Research Institute study. Not all of this would be available for charcoal production or fuelwood. At most, one tonne could be used, assuming the forest was clearcut. Therefore the wood could be supplied by deforesting about 52 sq km. Cumulative deforestation over 160 years would be 8,476 sq km. Some wood was provided by coppice. Trees suitable for coppice, mainly oak and beech, were only one-third of forest available. If half of these were used for coppice, on a cycle of 20–30 years, the land required would be 216 sq km, equal to 5.7 percent of the area of Attica. This would reduce divestiture to 6,933 sq km. However, the near-ideal conditions for coppice in northwestern Europe do not occur in Greece. Cattle, goats and other herbivores commonly enter these woods.

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Goats find small trees and shrubs delectable, and climb to get what they cannot otherwise reach. Next, regrowth of cutover land must be allowed for. Timber species may grow from seed, or can be replanted. The theoretical cutting cycle is 80 years for pine and 120–180 years for oak and beech. That is, over 160 years there might be two crops of pine and 1–1.5 of broadleaved species. However, this assumes full regeneration, and is unrealistic. The same species may not come back; evergreen oak regularly replaces deciduous oak. After forest removal, the vegetative cover often reverts to maquis, a brushland ecosystem, and under less favorable conditions, to low-growing garigue. When trees are cleared from a mountainside, the limestone-based soil erodes at a rate 50 times greater than on forested slopes. A study of sediments in Greece by Curtis Runnels gives evidence of episodes of deforestation and erosion. “In each period the soil that forms above the [erosional] deposits is thinner, less developed and less able to support vegetation” than in the earlier periods (Runnels, 1995). At higher elevations, the soil was stripped away, and only the rocky substrate remained. His evidence suggests a period of deforestation and erosion in the 5th and 4th centuries. Plato in the Critias described this exactly: What now remains compared with what then existed is like the skeleton of a sick man, all the fat and soft earth wasted away, and only the bare framework of the land being left. But at that time the country was undamaged, and had much forest-land in its mountains, of which there is evidence even to this day; For there are some mountains which now have nothing but food for bees, but they had trees no long time ago, and rafters from those felled there to roof the largest buildings are still sound. It was enriched by yearly rains from Zeus, and did not lose it, as now, by flowing from the bare ground into the sea; but the soil it had was deep, and it received the water, storing it up in the retentive loamy soil; and let water flow down from high ground to the low ground of every district, providing abundant springs to feed streams and rivers. Even now there are still shrines, left over from the old days at sites of former springs, as evidence of the truth of this account of the land.2

Mount Hymettos is an example of what Plato was describing. A mountain on the east side of Athens more than 1000 m high, 22 km long, and 6 km wide, it is visible 2

Plato, Critias 111b–d, Robin Waterfield, translator, Plato: Timaeus and Critias, Oxford: Oxford University Press, 2008, adapted.

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from everywhere in the city. I visited it in 1959, 1988, and 2011. Forested in early Classical times, it was bare in the mid-twentieth century, the prevailing vegetation being low-growing spiny plants. Reforestation succeeded on lower slopes, but rocky parts above 500 m, denuded of soil, required blasting pits in the rock, filling them with soil, and planting conifer seedlings. The young trees reached only 2.5 m before dying or exhibiting desiccation due to lack of soil and water. I conclude that regrowth of forest was not possible over much of the territory. Therefore, the proportion treated in a sustainable way with replanting and care of natural regrowth cannot have been over 50 percent, a generous estimate. If so, the cumulative deforestation would be reduced to 3,466 sq km. This is close to the total area of Attica, 3,808 sq km. However, Attica was not fully forested, having been subjected to felling over preceding centuries. Probably 25 percent cover remaining is reasonable. Therefore Attica, even if every tree was cut, could provide only 952 sq km of the forest needed. Not all of Attica was deforested, since relict forests survived and sacred groves remained in addition to whatever coppice and sustainable plantations there may have been. The other wood, at least 80 percent, had to come from somewhere else. Silver mining did not cause all the deforestation, however. Athens had a major pottery industry, exporting vases around the Mediterranean, and olive oil, the most important export, was sold in large amphorae. So was Attic wine. These vessels had to be fired in kilns. Athenians heated their homes with charcoal. Wood was needed for cooking fires. Demands for fuel gave woodcutters profitable work; Phainippos made 12 drachmas a day by selling 6 donkey loads of wood.3 Wood was needed for construction; marble temples had wooden roofs requiring good-sized beams. The navy and merchant fleet needed timber for hundreds of ships. Ships’ masts had to be tall and strong; appropriate trees, rare in Attica, were imported from the north. Ancient writers were aware of wood shortage and the search for supply. Thucydides has Brasidas, the Spartan commander, urge his ship crews not to hold back “for the sake of saving timber.”4 He notes that the Athenians regarded the loss of Antandros, with “every facility for shipbuilding and nearby Mount Ida with an abundance of timber,” as important enough to gather a force and retake it in weeks.5 He says Alcibiades told the Spartans that obtaining timber was a reason the Athenians mounted the armada to invade Sicily.6 Where did the wood come from? Overland transportation was slow and expensive, so inland forests, especially on high mountains, were spared the worst exploitation. Some came from islands and coastlands in the Athenian-dominated 3

Demosthenes, Phaenippus 42.7 (1040–41); Forbes, 1996, p. 85. Thucydides, 4.11.4; Strassler, 1998, pp. 29–30. 5 Thucydides 4.52.3, 4.75.1; Strassler, 1998, pp. 251, 263–4. 6 Thucydides 6.90.3; Strassler, 1998, p. 413.

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Aegean. The furnaces of Laurion were relocated near the coast, and a port for barges was constructed. As J. E. Jones noted, “The coastal position of these furnaces reflect the deforestation of Laurion by then and dependence on foreign fuel.” (Jones, 1982). Theophrastus cites sources for timber in Macedonia, Thrace, Asia Minor, and the south shore of the Black Sea. Wood came from Cyprus, Sicily and southern Italy. So the ripple of deforestation that began at Laurion spread out like a tsunami to the Mediterranean coasts. The result was a timber shortage reflected in rising prices and a decline in Athens’ power. As Paul Gilding exclaimed, “If you cut down more trees than you grow, you run out of trees.” (Gilding, 2011).

Environmental History as Instrumentum Vocale The concluding point is the converse of those that preceded, namely that the value of climatic science and archaeological science to environmental history is undeniable. Now let us consider the value of environmental history to Mediterranean research in the twenty-first century. In the Mediterranean, as much as any other part of the Earth, the landscape is the product of human intentions and human labor. This is true whether we consider the process of historical change to be the destruction of nature or the creation of a second nature. It was Cicero who praised the effects of human efforts such as agriculture, forestry, and hydrology, concluding: “Finally, by means of our hands we endeavor to create as it were a second world within the world of nature.”7 Following Cicero’s line of thought, however, it is critical to observe that this second world does not follow human laws, but continues to operate according to natural principles, and humans have to deal with the effects, intended or not, of the changes they have made in the environment. To paraphrase Karl Marx, men make their own landscape, but they do not make it just as they please.8 There are in nature neither rewards nor punishments (that is the human way of looking at it), there are consequences (that is nature’s way.) While it might sound self-serving for an environmental historian to insist that other historians need to be aware of the publications of environmental history, although I do think so, that is not the entirety of the argument that I would like to make. Rather, it is in addition that I suggest that environmental history is not just another subfield of history, but a powerful supplement to the historical method itself. That is, it is a cognitive conceptual tool that is readily available to all historians. As Ellen Stroud notes in an article making a similar claim, “If other historians would join us in our attention to the physical, biological, and 7 8

Cicero, De Natura Deorum 2. 13. Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, Kap. 1. Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften, 1. New York, 1852.

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ecological nature of dirt, water, air, trees, and animals (including humans), they would find themselves led to new questions and new answers about the past.” (Stroud, 2003). That is, if environmental history is a tool, it is one of those classed by Varro as instrumentum vocale, an articulate tool.9 As everyone knows, in that passage Varro meant slaves, and if I imply that environmental history may act as a slave, a “speaking tool” for other historians, I intend it. One does not have to be an environmental historian by profession to write environmental history; indeed some of the best examples have been written by geographers and others outside the field. I have heard Jared Diamond say that he is an environmental historian, and that is all right by me. The only credentials we ask for are not particular degrees, but useful books and articles that speak for themselves. Those who use this tool will discover that humans do not have all the speaking parts in the drama of history. Nor is the environment merely a painted stage setting, but includes dynamically changing forces like the wind and rain that might disrupt the planned script in an ancient outdoor theater. Environmental history is interested in natural influences and impacts, while being aware that the damage caused by, for example, a volcanic eruption is in large part due to human decisions such as the location of homes, construction of roads that might be escape routes, and plans for evacuation and relief measures. Vesuvius is a case in point, in ancient times and in the present, when the plans are inadequate even with the ancient experience as fully known as any historical event (Hughes, 2013). Human efforts affecting the natural environment, and the reciprocal impacts on human societies, form a major part of environmental historical studies of the Mediterranean and elsewhere. An example would be deforestation that opens highlands to erosion, exacerbating floods and silting up river mouths and harbors. Clearing forts in the Tiber watershed and the successive construction of new harbor basins at Ostia is a renowned instance. Other activities requiring attention include use of natural resources in industry, the creation and maintenance of urban centers and other human settlements, agricultural decline and soil exhaustion, and threats to biodiversity such as habitat loss and hunting and fishing and their threats to biodiversity. Finally, the extant texts are of unique value in providing insight into prevailing attitudes toward the environment in ancient times. They are, of course, skewed towards the educated classes who knew how to write, and the quality of their information must be subjected to historical source criticism. One might think this archive had been thoroughly searched by generations of scholars, but such is not the case, since they did not do so with our subject in mind. This line of evidence, compared and collated with the studies already mentioned, can elucidate their meaning in regard to human-environmental relationships. 9

Varro, De Re Rustica 1. 17. 1.

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Conclusion In the remaining decades of the twenty-first century, consideration of these issues seems unlikely to recede; rather, it is more likely that integration of history and science will continue to be productive of insights. How could it be otherwise? Human history is ineluctably part of the history of the landscape. Historians of human affairs may well come to the realization that nature actually existed and demands integration into their narratives. The result will be a contextual understanding of the course of human events in relation to the total landscape (Green, 2004, p. 180).

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Erich Kistler The MEDIterranean Sea Mediterranean Object Histories and Their Counter-Histories∗ What do Mecca-Cola cans and the fragments of a 2500-year-old earthenware vessel from western Sicily have in common? The first hold the anti-cola drink that was launched in Paris by the Franco-Tunisian entrepreneur Tawfik Mathlouthi in the run-up to the Iraq War in 2002, declaring a consumer and culture war on the Coca-Cola Company, the icon of US capitalism. The other, the earthenware vessel from western Sicily,1 is a local adaption of a Greek wine-mixing vessel dating from circa 500 BC, found in the heart of the indigenous interior on Monte Iato, approximately 30 kilometres south-west of Palermo. This receptacle, which in Greek is known as a kratér, symbolises the gaiety of the banquet or symposium and the politics of successful networking with Greek guests-friends. The decor, on the other hand, comprising painted lines and w-shaped emblems, is a conscious articulation of local tradition and authenticity (Fig. 1). As much as these two objects and their histories may differ both temporally and culturally, they owe their materialisation as objects to identity-related consumer habits that stem from a “double consciousness”. In the case of Mecca Cola, this arises from “Being both Muslim and Western” and in the case of the krater from Iato, it is rooted in “Being both indigenous and Greek”. These dual mindsets, which can be termed “both-and” states of mind, can thus be understood as ambivalent spheres of identity, which can also turn corresponding object histories in the opposite direction, like the coastlines of the Mediterranean and their undulating and animated surfaces. Accordingly, two Mediterranean object histories are concealed behind Mecca Cola and the krater of Monte Iato, both of which are deeply rooted in the Mediterranean’s colonial and post-colonial past – and which ultimately express opposing reactions (to it) in object form. They consequently embody the counter-histories mentioned in the title, which symbolically shed light on the so-called “both-and histories” of prevailing discourses ∗

I should like to express my warmest thanks to the organizers for the invitation to participate and for their kind hospitality during my stay in Bochum. Special thanks are due to Christoph Ulf who read the entire text and gave much helpful commentary and hints at literature. 1 ‘Dipinta’ [matt painted] krater K 10769; L.: 30.5 cm, W.: 34.5 cm, H.: 21.8 cm.

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Fig. 1: Left: Mecca Cola cans (http://www.dizzyfrinks.com/mecca-cola. Right: The Dipinta-Krater K 10769 from the Late Archiac House on Monte Iato in Western Sicily (© Institute of Archaeologies, Innsbruck).

and identity processes through objectifications. Not only that, but these two examples will show that these consumption and identity-related “both-and histories” are specific to the Mediterranean. After all, they are rooted, on the one hand, on the geography of this semi-enclosed sea and the ecology of the Mediterranean region which according to Horden and Purcell are decentralised and fragmented. This colourful tapestry of linguistically, culturally and religiously different groups is interwoven with shared bodies of knowledge, technologies, fashions and goods, creating a trans-Mediterranean web that connects the coasts around the Mediterranean (Horden and Purcell, 2000). This ambivalent experience of the Mediterranean Sea as a separating but also connecting medium, that gives rise to these fundamental types of identity formations, will be examined in slightly more detail in the first section of the following. This basic experience of the Mediterranean as a Janus-like identity-giving entity helps us outline the cognitive map on which, in the second and third sections, the two object histories of Mecca Cola and the indigenous krater of Monte Iato can be charted as opposing consumption and identity histories. The fourth and final section will present an opportunity to take stock and to consider the extent to which focusing on Mediterranean object histories and their counter-histories can open up new perspectives that make the “world of things” and thus material cultural studies fertile ground for studying the Mediterranean region.

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Fig. 2: Reconstructed map of the world of Hecataeus (FGrH 1 F 302c; http://en.wikipedia.org/wiki/Heca taeus_of_Miletus#/media/File:Hec ataeus_world_map-en.svg).

The MEDIterranean Sea as a Janus-like identity-giving entity The Mediterranean is that well-known water mass separating the three land masses that were later to be called Europe, Asia and Africa. This geographical fact evokes – both in the Mediterranean region and in the imagination of its inhabitants – an archetypal empirical knowledge of the land, which can be understood as an identity-establishing “either-or” in that individuals see themselves either as Europeans, Asians or Africans – depending on the continent into which they were born. These are rhizome-like allocations of identity which appear to grow from the ground of each continent of origin. They are rooted in a (retrospectively imagined) cultural history of the continent, in which tradition, climate and the assumption of biological and cultural continuity are interwoven to create a feeling of belonging and a sense of home that is bound to a locality. Thus, the differences to the “other”, through which one’s “own” is constituted and articulated ex negativo, are defined as the “constitutive outside”, on the other side of the sea, on the “other” continent. This process of forming ethnicity and identity, which emanates from experiencing the Mediterranean as a sea separating continents, first becomes tangible in the Mediterranean world through the ancient Greeks. Translated into a world view, this process is visible in Hecataeus of Miletus’ description of the world around 500 BC. In his view, the earth consisted of a round disc with an inland sea, surrounded by the two land masses of Europe and Asia, which in turn were encircled by the Oceanus (Hecataeus FGrH 1 F18b, F26; see: Bertelli, 2001; Harris, 2005, pp. 15–16). Hecataeus’ home polis, Miletus, is located at the heart of his map of the world (Fig. 2). The decision to place his own origins at the geographical centre of the earth links in with Herodotus’ conviction that Ionia, the

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landscape in which Miletus is embedded, “possesses the most pleasant climate in the known world” (Herodotus 1, 141, 4). All other locations, he believed, were afflicted with cold and precipitation or heat and drought (Herodotus 1, 142, 1–2). In places, Herodotus connects these three climatic zones with the concept of a climate theory, according to which soft countries could only produce soft, flabby men. He held the view that a country could not give forth both delicious fruit and warrior-like men (Herodotus 9, 122, 3; see: Prontera, 2001; Prontera, 2009). In the pseudo-Hippocratic treatise “On Airs, Waters and Places”, which is likely to have been penned shortly before Herodotus’ “Histories”, this “country of flabby men” is located on the continent of Asia (De aeribus aquis locis 20; see: Backhaus, 1976, p. 182; Bäbler, 1998, pp. 169–170; Wenskus, 2000, p. 174, pp. 180–181). The postulated gulf between the warrior-like Greeks and the cowardly and unmanly Asians, which had become embedded as a pictorial stereotype in Athenian vase painting during and shortly after the Persian wars (Muth, 2008; Hölscher, 2013, pp. 39–40), was romanticised as a fact determined by climatic zones (Kistler, 2010a, pp. 96-100). In the world view held by the Greeks, the continent of Asia became a symbolic typography that paved the way for the geo-cultural mapping of the “constitutive outside” (Stäheli, 2004, pp. 237–238; see also Bichler, 2013). The disparagement of Asia on the basis of such a climatic zone theory with a view to absolutising Europe2 as the rhizome of the topos of civilisational superiority links in with the archaic-classical Greek ideology of the right measure, which is defined by the “not too much” and “not too little”, or in other words, by the golden mean (Kistler, 2010a, pp. 90–102). This doctrine of the “golden mean” appears or is at least mentioned in the archaic lyrics of the 7th and 6th centuries BC as aristocratic etiquette that will enable the “beautiful and good man” (kalos kai agathos) to rise above the mediocrity of ignorant philistines (Kistler, 2004, pp. 156–167; Hammer, 2004; Hall, 2007, pp. 45–48; Kistler, 2010a, pp. 124–127; Hall, 2014, p. 168, p. 172, pp. 200–205). Hecataeus, Herodotus and Pseudo-Hippocrates apply this doctrine ethnologically to the Mediterranean region known at the time, representing as it did their primary geographical horizon of experience. This environment-based topos, which links the ideological “golden mean” to a geographically and climatically balanced centre, is systemised in the mid-4th century BC by Aristotle’s “mesotes-doctrine” whose political aim is to create a community of “men of the mean”, the mesoi and metrioi (Aristotle, Politics, 1295b). The Aristotelian “Doctrine of the Mean” depicts the Greeks as brave, intelligent, free, capable of forming the best state and of ruling the world; this is because they are situated in the “golden mean” between climatic extremes. By contrast, Aristotle describes the inhabitants of hot Asia as being on the phlegmatic and servile side, though clever and artistic, whereas the inhabitants of the 2

As a continent Europe is only named within a specific geographic and mythical discourse; for Herodotus europa is just part of Thrace by the Hellespont – he and Thucydides contrast “Hellas” with Asia (as Asia Minor).

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northern and western zones are brave on account of the cold climate but lack intelligence, craftsmanship and artistry (Aristotle, Politics, 1327b20–32; see Evrigenis, 1999; Frank, 2005; Kistler, 2010a, pp. 95–97). When Rome became the centre of power in the 1st century BC the pleasant moderate climatic zone naturally shifted to the west, coming to rest, according to Vitruvius, in the heart of the Italian peninsula (Vitruvius, De Architectura, 6, 1, 10; see: Champion, 2004, p. 79, Kistler, 2010a, pp. 94–95). Based on the rationale of climate theory, when civilisational superiority shifted to Central Italy, it was necessarily accompanied by the geographical decentralisation of Greece and its topographic displacement to the east. Thus, from the perspective of the new ruling powers in Rome, the Greeks became the “Graeculi” who were tainted by the east and wore the same face as the ‘emasculated’ Asians (Dubuisson, 1991). Around 1400 years later, the ‘Greeks’, among which many “Slavs from the Balkans” now dwelt (Curta, 1991, pp. 120–189), are described on the cognitive world map of Abd al-Rahman Ibn Khaldun, whose new “golden mean” is North Africa, as inhabitants of a northern extremity (Fig. 3) which from a humoral pathological viewpoint made them as deficient as the blacks in the south of Africa, or so he believed: “It has even been reported that most of the Negroes of the first zone dwell in caves and thickets, eat herbs, live in savage isolation and do not congregate, and eat each other. The same applies to the Slavs” (Ibn Khaldun, translated by Rosenthal, 1981, p. 59). Very much to the detriment of the ‘Greeks’, Aristotle’s meso-centric model for explaining the world is used by Ibn Khaldun as an environment-based topos for the sultanates of the Hafsid dynasty in Tunisia, the Zayyanid dynasty in Algeria and the Marinid dynasty in Morocco. Seen from the North African perspective, which had just assumed a position at the centre of the then (Arabic) world order, the south-western Mediterranean world including Spain, southern France and Sicily formed the northern boundary of the socalled moderate climatic zone, in which the “sciences, arts, architecture, fashion, feasts, fruits, animals and everything that was created in this… moderate climate, are characterised by balance” (Ibn Khaldun translated by Rosenthal, 1981, p. 58; see also Boia, 2005, pp. 32–33; Fromherz, 2010; Cazzato, 2012, pp. 18–20; Dove, 2014, pp. 6–8). Ibn Khaldun’s geo-political world map is turned upside down in the fifth book of “Les six livres de la Republique” (1576) by Jean Bodin, in which the perspective of the ruling powers shifts to Western Europe. Accordingly, the most favourable region producing the ideal human is situated in France, whereas Africa – like in ancient Greece – is once again assigned to the hot south (Gates, 1967; Fink, 1988, 28; Boia, 2005, pp. 33–38). In the “Miscellaneous Essays” by William Temple dating from 1690 the mesocentric line of argument surrounding the optimum environmental conditions moves further to the north-west (Zacharasiewicz, 1977, pp. 471–500). And in “Nature of Man”, dating from 1711, Richard Blackmore places the countries to

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Fig. 3: Al-Idrisi’s world map, 1100–1166 AD (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/d/db/Al-Idrisi%27s_world_map.JPG).

the south and east of England in the climatic margins which, he says, explains why their “peoples” are physically and morally deficient (Zacharasiewicz, 1977, pp. 478–479, pp. 518–520; Boia, 2005, pp. 41–65). Thus, it fully corresponds to the inner logic and coherence of the civilisation-defining “Doctrine of the Mean” when 16th and 17th century French and English travellers to Greece believe they have found themselves in the humid and sleepy south which has been orientalised and “feminised” under Turkish rule (Gallant, 2002; Herzfeld, 2005, pp. 59– 63; Said, 2005, pp. 269–271, pp. 280–282; Giaccaria and Minca, 2011, p. 351).

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Retrospectively, the meso-centric model for explaining the world emerges as an ideology of identity, designed to corroborate the community of “men of the golden mean” and their moderate lifestyle in urban civilian communities as the superior form of civilisation and existence. It evolved in the Greece of the 7th to the 5th centuries BC, emanating from the increasing surges of migration in the Mediterranean region, which brought in their wake close inter-cultural encounters with non-Greek living environments along the Mediterranean coastlines. This gave rise to explorations of the world which ultimately defined the “too much” or “too little” relative to other countries, which served to glorify Greece as the geographic and climatic “golden mean” and perfect place to become an ideal human being (Guenzel, 2000; Harris, 2005, pp. 16–17). From the emic perspective of the Greeks, this geo-cultural model for explaining the world and claiming superiority was experienced as an oceanographic and geographic reality thanks not least to Greece’s location in the heart of the Mediterranean (Bichler, 2013, esp. pp. 80–84). It was not until the centre of power shifted away from Greece – initially to Rome, then to North Africa and finally to Central and Northern Europe – that the meso-centric rationale of the superior civilisation, which was associated with the right to world rule, was increasingly decoupled from its natural topographical and nautical experiential context. It increasingly became a purely cartographic topos, which served as a geo-cultural technique for absolutizing one’s own value and thus also the creation of ethnic absolutisms (Parker, 2006; Cazzato, 2012, pp. 23–26; Purtschert, 2012). According to Paul Gilroy this centres around a “reductive, essentialist understanding of ethnic and national difference which operates through an absolute sense of culture so powerful that it is capable of separating people off from each other and diverting them into social and historical locations that are understood to be mutually impermeable and incommensurable“ (Gilroy, 1993, p. 65). As an identity-linked counter-principle Gilroy contrasts the identity-based absolutisation of the self – which germinates in the soil and then remains deeply rooted within it as the nation – with the “middle passage” of his “Black Atlantic” (Gilroy, 2004, p. 13). Home to coalescence and movement, this passage can be understood as the de-territorial flow of Black Cultures across the Atlantic. According to Gilroy, this chequered, hybrid and trans-local home bred the first social dynamic for an historical memory of a Black History on the Atlantic. The Black Atlantic thus becomes a diaspora: an identity-giving horizon of experience and history that feeds on the circulation of peoples, ideas and things that were transported and sold along the “middle passage” (Gilroy, 2004, pp. 16–17). It was and still is the “detours, turns and journeys” (Gilroy, 2004, p. 17) that shape identities, giving people a taste of other cultures that are linked to one another by the “middle passage”, that being the passage across the sea. Gilroy asserts that this gives rise to a hetero-cultural way of life which in turn generates a “double consciousness”. This fluid state of “being both one and the other” is ultimately

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the counter-current that underwashes the land-bound ethnic absolutism of the “either-or” from the sea (Gilroy, 2004, pp. 16–17). The Mediterranean has fulfilled the same function as the Atlantic ever since its discovery as a transportation resource in the 3rd century BC and as an everchanging trans-continental and trans-cultural sea passage, helped by fair winds and currents (Chambers and Curti, 2008, pp. 388–389; Chambers, 2010, p. 4, pp. 10–11). Moreover, the geographical distances to be covered are far shorter in the Mediterranean with its many islands than in the great oceans, meaning that its “wet pathways” (hygra keleutha: Odyssey 9, 134) were used more frequently and with greater density. This transforms its surface into an historical space of experience and memory for “travelling cultures” and identities, the articulation and stimuli of which roll like waves from one coastline to another (Clifford, 1992). This constant remoulding of identities and cultural patterns across the passages of the Mediterranean ultimately constitutes an identity-shaping logic, which is contrary to the dominant idea of ethnic absolutism, which in its turn pushes for historically established affiliation defined by culture, ethnicity, nationality and territory (Matvejevic, 1999, p. 10; Horden and Purcell, 2000; Chambers, 2004; Chambers, 2008, p. 149; Giaccaria and Minca, 2011, pp. 345–347; Cazzato, 2012, pp. 22–23). The passages of the Mediterranean counter this with a Janus-faced participation in both the European and the African and/or Asian cultures. This hetero-cultural “both-and” is visible as a “double consciousness” in the biographies of all those actors who have “dipped their toes into the Sea” (Abulafia 2011, p. xviii). After all, a journey across the sea goes hand in hand with the experience of spatial dislocation, causing one’s own habitual views and identity-based meanings to be irritated and, in some cases, completely reconstituted. Homer’s Odyssey in the 7th century BC is the first work to carry the “psychography” (Friedmann, 1990) of such an ‘irritated’ stray into the Mediterranean world of experience between Terra Cognita and fabulous foreign climes. This epos archetypically describes the suffering, sense of loss and separation from home. All this continues on the “wet pathways” of the sea until Odysseus regains his former, land-bound identity as the young King of Ithaca, an identity he almost lost on his travels as a resourceful and cunning hero and “destroyer of cities” (Hölscher, 1990, pp. 72–73). The sole survivor of a shipwreck, Odysseus wakes up on the shores of the island of Scheria, his self-confidence in tatters. He is alone, powerless and naked and has just a few fragmentary memories of his past heroic life (Odyssey 6, 127–134). He arrives at the court of the strange Phaiakians who take him in. There he recounts his Mediterranean life story, which contains tales of violence, death and personal disaster as well as accounts of foreign cities, peoples and their customs from the ‘totality’ of the epic singer (Odyssey 6, 127– 245; 8, 15–175; 11, 363–369). By reeling off his story, Odysseus finally retrieves his name and thus his own identity which, however, has since become diasporic and in many aspects is contrary to his former identity as the young King of Ithaca

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(Segal, 1962; Schwinge, 1993, pp. 125–158; Kistler, 1998, pp. 116–122; Montiglio, 2003). All this makes Odysseus the archetype of the wanderer across the passages of the sea who experiences cracks in his identity due to diasporic dislocation (Malkin, 1998; Lane Fox, 2008). Odysseus and the Odyssey are therefore a metaphor for all ‘transmediterrani’, who carry in their cultural baggage an identity-related ambivalence between ethnic absolutism and continental identities, thus hovering between the European, African and Asian. In their efforts and struggle for social recognition, on both sides of the Mediterranean, they subvert the geopolitical notion of ‘Iron Curtains’ between Europe, Africa and Asia. These ‘transmediterrani’ bring a diversity of stimuli from the sea which lead to counter-histories, counter-discourses and self-dialogues within the established cultures and peoples located on the continental land masses. This starts to erode the notion of ethnic absolutism which at least around its margins becomes permeable to the ambivalence of this “double consciousness” and of hetero-cultural life worlds. In the self-perception of the ‘transmediterrani’, this is not experienced as fluid hybridity but as cultural participation in two or several ethnic absolutisms which are lived situationally and often in relation to certain milieus and are used studiously and specifically to generate social acceptance. They mostly go against the grain of the “dominant view” held by the continental land mass, that is, against the ethnic absolutism of the “either-or”, thus leading to trans-local or trans-Mediterranean counter-identities that uphold the “both-and”. This double-pronged ambivalence in which the Mediterranean emerges as an opposing identity-giving feature is only abrogated in exceptional historical circumstances where ethnic absolutism is puffed up into cultural hegemony and covers large expanses, if not the entire Mediterranean basin, as was the case, for example, during the rule of the Roman emperors or the Third Republic of France (Woolf, 1990; Woolf, 2003; Singaravélou, 2008; Clancy-Smith, 2010; Borutta, 2011). With the exception of such imperial phases, however, the Mediterranean world as a cognitive realm of experience has been (and still is) shaped over three millennia of European identity history by a “double consciousness” which “between the local and the global, challenges the coherence of all national perspectives and points to the spurious invocation of ethnic particularity to enforce them and to ensure the tidy flow of cultural output into neat, symmetrical units” (Gilroy, 1993, pp. 196–197). How these intermediate worlds can be apprehended and charted using the histories of Mediterranean objects and their counter-histories on a map of the Mediterranean region and its neighbouring countries as identity-based consumptionscapes, will be demonstrated using Mecca Cola and the indigenous krater of Iato as examples. The aim is to proceed anachronistically because Mecca Cola can be described very “thickly” in terms of its identity-related opposition thanks to the abundance of available newspaper reports, interviews on You-Tube, Twitter

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Fig. 4: Etiquette of the Mecca-Cola (http:// www.muslim-markt.de/ boykott/ images/ mec cacola.jpg).

and scientific publications (Kistler, 2013a). It is not until the complexity of object histories is fully understood as a means of consumption and of communicating identity that we can appreciate the quintessence and explanatory potential of the second example, which is far less well documented in the world of language and text, but as an identity-based object history runs analogously to the first in terms of the mechanisms of opposition at play.

Mecca Cola, Euro Islam and the Arab Spring “Ne buvez plus idiot – buvez engagé : Buvez Mecca Cola” (Fig. 4). “Don’t drink idiotically, drink with conviction: drink Mecca Cola!” November 2002, the year Mecca Cola appeared on the market, also marked the beginning of the “Cola jihad” (Farah, 2004). Born the son of an Imam in Tunisia, the inventor of Mecca Cola, Tawfik Mathlouthi, migrated to France, where he studied law. He subsequently ran a consultancy for Islamic companies and established in 1992 a political radio station, Radio Méditerranée, which was transmitted by satellite as far as the Maghreb states (Mönninger, 2003). Mathlouthi is thus a typical FrancoTunisian, who in terms of his identity is a “both-and” who says of himself: “I’m proud to be an Arab and Muslim […] at the same time, I’m French and a Republican and I support Laicism and the peace policies of President Chirac” (Mönninger, 2003).

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Mathlouthi’s ambivalent identity ultimately stems from France’s colonial and post-colonial past. It is a well-known fact that into the 1950s North Africa constituted the extended southern arm of France and the Franco-Mediterranean Empire which embraced the western Mediterranean as a French inland water. After the Second World War and the subsequent wars of independence in the North African colonies and Protectorates, the southern Mediterranean Muslims who had fought alongside France were resettled in social housing in the suburbs of France’s major cities. These banlieues were soon dominated by a Franco-Maghreb majority culture, which in the early 1980s gave rise to the “mouvement beur”. The main objective of this North African, post-migrant youth movement was and still is to achieve “legal and social equality as well as the right to cultural diversity”. This evolved into a “culture beur” that attempts to combine their newly found French identity with elements of their parental Maghrebian culture (Hüser and Schüssler, 2010, p. 307, p. 312). The balance in Mathlouthi’s credo between “being both French and Maghrebian” should be seen against this backdrop and can be understood as an ambivalent experience of awareness. This is, on the one hand, typically Mediterranean whilst on the other, it is deeply rooted in France’s colonial involvement in the “Méditerranée”, in the same way that it became uprooted again in the postcolonial period that followed. This Franco-Maghrebian “both-and” thus encompasses a trans-local ambiguity, which as a result of the socio-cultural dynamic of an identity-based memory defined by the colonial and post-colonial period in the western “Mediterranée”, participates both in the history of France and in the culture of North Africa. Mathlouthi bases the branding of his Mecca Cola on precisely this (post)colonial ambivalence between Africa and Europe. Like the original on which it is based, i.e. Coca Cola, it is an authentic trademark of modernity and successful entrepreneurship, which stands in the way of a radical Islamism from the desert. At the same time, however, Mecca Cola calls for a return to a lifestyle that conforms with Islam. The word “Mecca” consciously coquets with the word “Coca”, that is, the “essence of capitalism” in bottles. This is counter-figuratively contrasted with Mecca as the spiritual centre of Muslim religiosity. This intention is accentuated by the colour green, the colour of the Prophet, which has been consciously added to the Mecca Cola label (Ram, 2005, pp. 53–54; Ammann, 2004, p. 19). Moreover, it complies with the tradition and language of Islamic purity laws by suggesting on the label: “Please do not mix with alcohol!” (Ammann, 2004, pp. 18–19). In doing so, Mecca Cola implicitly decries the use or abuse of fizzy drinks from the Coca-Cola Company for mixing long drinks and alcopops. Accordingly, Mecca Cola also presents and sells itself as a Euro-Islamic rejection of the intoxication and hedonism of western secular consumer societies (Mesching and Stuhr, 2005, pp. 147–149). As a consequence, the label on the Mecca Cola bottles states: “Ishrab Multazim: drink faithfully”! (Boubekeur, 2005b, p. 12)

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Mathlouthi cleverly uses the Mecca Cola branding to evoke the image of an Islamic entrepreneur who is following in the footsteps of the Prophet Muhammed as a large-scale merchant (Polke-Majewski, 2007). From a Muslim point of view this makes him morally responsible as a producer (Ammann, 2004, p. 19). Mathlouthi does not use the Koranic term zakât for the religious obligation to give alms amongst Muslims, but he refers instead to his “charity business”. Accordingly, he complies with this obligation by donating 20 per cent of the proceeds from the sale of Mecca Cola to various homeless organisations in Europe and school children in Palestine (Ammann, 2004, pp. 17–18; fig. 5). Given that 20 per cent of the proceeds go to the needy, Muslim consumers will think they are performing a good deed by drinking and enjoying every drop of Mecca Cola (Boubekeur, 2005b, p. 13). Mecca Cola thus advances to the icon of a “cool Islam” or “Pop Islam”, which according to Julia Gersbach and Amel Boubekeur is enjoying considerable success through its charitable commitment and the trend emerging among urban Muslims in the middle and upper echelons of Western Europe to consume solely Muslim-compliant brands (Boubekeur, 2005a and b; Gerlach, 2006). In his study “Cola and Islam” Ludwig Amann (2004, p. 2) succinctly states: “If you drink Mecca Cola, you’re Muslim and modern”. By consuming Mecca Cola, the culturalistic and often politically conflictive stance of “being either Muslim or Modern” is consequently broken down and turned into a Janus-like “both-and”. As a result, states Amel Boubekeur, traditional authorities and their general affinity to an anti-west, political Islam have been radically called into question (Boubekeur, 2005a and b). At the same time, however, “Cool Islam” (Boubekeur, 2005b, p. 13) is also directed against the culturalistic explanatory models used by the western media, which all too frequently claim that the problems encountered by Muslim migrants and their children stem solely from their Islamic religiosity and ‘oriental’ culture (Bahners, 2011). Coincidentally, or perhaps not, it was Hamburg – the city in which Mecca Cola was first launched in Germany back in 2003 – which oversaw the formulation and signing of a joint contract for a Euro-Islamic societal model based on the “bothand” in November 2012. This agreement guarantees that religious rites that are central to the Muslim faith can be practised by right and are thus protected by the federal state. In return, the Muslims “respect and fully accept the validity of the state’s laws”.3 Retrospectively, Mecca Cola is much more than just an entrepreneurial success story drawing on the post-colonial, identity-related experience of a French Tunisian. Within a short space of time, Mecca Cola blossomed into a trademark that symbolises a Euro-Islamic culture that attempts to unite democratic life in western societies with a commitment to Islam that, from a consumer’s point of 3

http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article111021153/Ein-historischer-Tag-fu er-die-Stadt-und-Deutschland.html [Accessed 2 April 2014].

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view, is entirely ethical. Mecca Cola cans and bottles therefore delimit a fluid identity-forming consumptionscape whose historical memory is firmly rooted in the Muslim Maghreb but also permeated with the principles and values of the 5th Republic of France, enabling it to be expanded trans-nationally from Spain to England (Kistler, 2013, esp. pp. 342–345). How does this trans-locality shape up on the opposite side of the Mediterranean – in the non-western countries of North Africa, where the history of Mecca Cola has its colonial origins? The sales figures for 2005 are enough to make anyone sit up and listen. In this particular year, Mecca Cola achieved higher sales on the Arabian Peninsula and in North Africa than it did in Europe (Chiemelie, 2013 ). This is surely partly linked to the then Arabian boycott of all Israeli and US products.4 However, this does not explain the whole truth. Pop Islam, which is exemplified by Mecca Cola as a neo-Muslim consumptionscape, is not only a West European invention. Pop Islam also stems from the “Movement of new preachers” (Gerlach, 2009, p. 122), which was propagated above all by the Egyptian Amr Khaled long before the invention of Mecca Cola and was sponsored by the Mecca Cola Company for some time (Boubekeur, 2005a). Khaled started out in 1997/98 as a religious autodidact in the mosques and youth clubs around Egypt. There he preached an Islam that is compatible with the life of an ambitious young person in a modern society and he encouraged people via satellite television to take their lives into their own hands. In 2002 the government in Cairo banned him from making public appearances (Gerlach, 2006, p. 37.). This prompted Amr Khaled to resettle in London, taking with him his version of a popular grass-roots Islamism for young self-confident Muslims. During this period, he aligned his vision even more closely to life in western societies (Gerlach, 2006, p. 37; Bayat, 2007, pp. 151–155; Gerlach, 2009, pp. 111–112; Bayat, 2010, pp. 134–135, p. 219). With the fall of Hosni Mubarak the westernised and European version of Pop Islam returned to Egypt, which culminated in September 2012 in the establishment of a new political party known as the “Egypt Party”,5 which was founded on the initiative of Amr Khaled (Gerlach, 2009, pp. 120–122). Just before then, in July 2012, the inventor of Mecca Cola, Tawfik Mathlouthi, announced on OUMMA-TV, that he intended to establish a democratic Muslim party in Tunisia.6 Promptly in December of the same year, OUMMA-TV, which was keen to fuel the debate on the integration and representation of Islam in Europe and the Francophone world, nominated him Muslim Personality of the 4

Douthat 2004, p. 47: „For every Frontier Province, countless consumers around the globe start expressing their anti-Americanism by buying Mecca-Cola instead of Coke […].“ 5 http://www.albawaba.com/muslim-preacher-shares-plans-egypts-future-aucs-cairo-reviewglobal-affairs [Accessed 2 April 2014]. 6 Twafik Mathlouthi: «Je vais lancer un parti démocratic en Tunisie» [online]. Available at: http://oummatv.tv/13241/tawfik-mathlouthi-vais-lancer-un-parti-democrate-musul [Accessed 4 April 2014].]

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Year in 2012. The broadcasting company said this nomination was based on the fact that Mathlouthi had invented Mecca Cola as a political and ethical Muslim brand and had fearlessly fought the Ben Ali dictatorship in Tunisia through his radio station Radio Méditerranée.7 With hindsight it is certainly safe to say that Mathlouthi and his Mecca Cola did not trigger the Arab Spring. However, they both returned to the coasts of North Africa where they are now also advocating a western-Muslim “both-and” stance. In the object history of Mecca Cola, an identity-forming consumptionscape emerges that is trans-Mediterranean and, irrespective of its actors in Western Europe and North Africa, stands for a common socio-cultural milieu which aims to combine a western identity with an Islamic way of life. The creation of such a trans-Mediterranean milieu as a common consumptionscape and ideological landscape is by no means determined by Twitter or YouTube, as the media would have us believe (for example: Bayat, 2010, p. 219). It is rather typically Mediterranean. The second example will illustrate this point although it requires a leap back in time away from today’s network society to the Mediterranean world of the 5th century BC.

Western Sicilian adaptations of Greek kraters, the politics of trans-Mediterranean hospitality and the oligarchic coup of 411 BC in Athens The object history behind the indigenous krater on Monte Iato dating from around 500 BC starts long before its actual biography as an object,8 going right back to the ‘Dark Ages’ in Greece during the 10th to the 8th centuries BC. At that time and in the subsequent age that saw the creation of urban civilian communities or so-called poleis, this wide-mouthed bulbous receptacle was raised to the ideological centre of a purportedly ‘Greek’ drinking and social culture. Drinking wine in moderation was an imperative of ‘Greek’ culture. It was not acceptable 7 8

http://oumma.com/15201/elisez-personnalite-musulmane-de-lannee. [Accessed 4 April 2014]. The example of such pre-modern products of high symbolic and prestigious value, to which people liked to ascribe a long chain of transactions and owners from different ethnic and cultural milieus, allows us to highlight the difference between the concepts of an object’s history and counter-history, and an object’s biography or cultural biography (Hoskins, 2006; Kistler, 2010b; Jung, 2012). In contrast to object biography, object history is not just about the ‘life story’ of an object; it goes further by including the consumption history of a product, such as Coca-Cola, which can be understood only when seen against its counter-products such as Pepsi and Mecca Cola. In the case of the object history of the ‘krater”, it is consequently about the consumptionscape of this type of wine-mixing receptacle as a product that served to shape identity and enabled self-aggrandisement in early Greece; it is also about the reactions and counter-productions this led to when these products came into contact with non-Greeks and people with dissenting views.

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Fig. 5: Attic red figure Hydria of the Painter of Nikoxenos, about 500 BC (drawing from Lisserrague, 1990).

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Fig. 6: Dipinta-Kraters (K 10769, K 19201, K 23761, K 24509) from the debris of the Banquet-Rooms of the Late Archaic House on Monte Iato (© Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

to lose control of oneself as a result of drinking too much alcohol! In a nutshell: the secret to a cultivated appreciation of wine lay in moderation; this is what distinguished the Greeks as a civilised people from the wild barbarians who were said to drink wine with no respect and with open mouths. To do justice to the imperative of moderate consumption, the Greeks developed the krater, permitting them to mix the wine with water so as to make it less inebriating (Fig. 5; see: Pellizer, 1990; Luke, 1994; Kistler, 1998, pp. 85–146; Hammer, 2004; Rabinowitz 2009, pp. 138–144; Kistler, 2010a, pp. 120–127; Kistler and Mohr, 2015). On an identity-forming level, the krater’s moderating function soon came to be regarded as a symbolic guarantor for a moderate and cultivated banquet. This applied both to social gatherings among aristocratic friends and warriors (hetairoi) and the hospitable gatherings with allies and friends who had travelled from afar. Such distant partners were often of foreign ethnic provenance, as is immediately corroborated by a glance at the then ethnically and culturally fragmented Mediterranean world. This made it necessary to have in place a regulated and ordered ritual for the symposium that complied with standards that were widely accepted across the Mediterranean so as not to run the risk of fuelling the potential for conflict inherent in such foreign ethnic and cultural encounters through misconduct and the excessive consumption of wine (Slater, 1990; Henderson, 1999 and 2000; Rabinowitz, 2009, pp. 135–137; Kistler, 2014a, pp. 186–188). A good example of the failure of such a foreign cultural encounter within the social confines of a symposium is the Blinding of the Cyclopes Polyphemus, as recounted in Book 9 of the Odyssey: On the Island of the Cyclopes, Odysseus and his companions stumble across the cave of the giant Polyphemus who just happens to be out on their arrival. The hero’s companions are eager to raid the cave and leave. Odysseus, however, insists on waiting inside the cave and asking its dweller for the right to hospitality and thus also guest gifts. In anticipation of the parting gifts, the Greeks help themselves to the absent resident’s stores. On his

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return, Polyphemus fails to observe the divine right to hospitality, incarcerates his uninvited guests in his cave and starts killing and eating them in pairs. (Odyssey 9, 105–564). In a desperate attempt to escape from this mortal danger, Odysseus uses his well-known powers of cunning, as portrayed on 7th century vases from Athens, Laconia and Etruria. The giant Polyphemus lives beyond the realms of civilisation and therefore fails to appreciate the correct way of consuming Dionysus’ gift, simply drinking the Greeks’ wineskins dry. The drunken cyclops is then overcome by a deep sleep, giving Odysseus the opportunity to gouge out the giant’s only eye and escape from the cave unseen by crawling underneath the bellies of the sheep that are likewise imprisoned in the cave (Dougherty, 2001, pp. 134–140; Giuliani, 2003, pp. 96–114). The Blinding of Polyphemus, illustrated on kraters and the symbol of moderate indulgence in wine, showed every onlooker at a banquet or feast that violating or perverting the right to hospitality would be divinely punished by fate taking an unlucky course. The pictorial account of the Blinding of Polyphemus on banqueting utensils dating from the late 8th to the early 5th centuries BC, which was also painted in non-Greek workshops such as in Metaponto and Caere, indicates that this depiction not only moved geographically but that its message was also conveyed from the Greek mainland to central Italy. The trans-Mediterranean spread of the ‘Blinding of Polyphemus’ not only reflects an acculturation process but also a common trans-local consumptionscape in which wine as a gift from Dionysus was drunk to seal the right to hospitality among equals in strange lands (Kistler 2014a, 186–188). This ideascape of consumption and object histories as a social milieu that observed the right to hospitality and civilised symposia also stretched as far as the east coast of Sicily in the 8th century BC when the first Greek settlements appeared there (Rabinowitz 2009, pp. 144–149). In the late 7th century and early 6th centuries BC the coast of western Sicily was also included following the foundation of Greek settlements in Selinunte, Himera und Acragas (Rabinowitz, 2009, pp. 149–156). This gave rise in the western Sicilian interior to intensified contact between the Greeks in the coastal cities and the ruling clans in the hinterland and interior, leading to guest-friendships or even alliances forged through marriage. These Greco-indigenous connections meant that it was not long before Greek kraters found their way into the homes and cult centres of the indigenous elite of western Sicily as symbolic pledges for received and indebted hospitality (Luke 1994, esp. pp. 24–26). Probably as a consequence of these hospitality gifts, it became possible in the indigenous interior to increase status by acquiring Greek kraters of this kind, being that they were coveted prestige and vanity items (Antonaccio, 2004, pp. 78; Hall, 2004, pp. 44–45; Rabinowitz, 2004, pp. 346–347; Isler, 2009, pp. 144–151;).

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The arrival of Greek kraters in the interior of western Sicily and the politics of the Greek culture of hospitality and symposia did not mean that the indigenous rulers and their families were automatically and simultaneously hellenised, as was long assumed. This is especially demonstrated by the many kraters dating from the 6th and early 5th centuries BC that were made at inland potteries (Rabinowitz, 2004, pp. 351–353, pp. 362–371). Particularly in the case of western Sicily, these local workshops included this new kind of receptacle in their traditional repertoire but as Matthias Hoernes has clarified, they adapted this novel cultural artefact and symbol of trans-Mediterranean networking strategies as much as possible to local traditionalism (Hoernes, 2015). The dictate of local adaptation was mirrored by the 16 matt-painted kraters from the banqueting rooms on the upper storey of the late-archaic house on Monte Iato, in that despite being Greek in shape, their decor is purely curvo-linear and thus in keeping with the tradition and formal design language of the local population (Fig. 6). This indigenous manifestation of local authenticity paradoxically occurred in an architectural and socio-cultural ambiance that had embraced a high level of Hellenisation. Accordingly, the late-archaic house with its prestigiously furnished banqueting rooms, two storeys, tiled roof and generous dimensions is an example of Greek high-tech architecture that was otherwise to be found only in the major cities and centres of worship (Figs. 7 and 8: Kistler, 2015). A comparison with the residential complex belonging to an indigenous ruling family on the neighbouring Monte Maranfusa clearly accentuates the gulf between the prestigious sophistication of Greek architecture and the local way of life and forms of subsistence (Fig. 9). In keeping with the new colonial Greek living environment and in contrast to Maranfusa, the late-archaic house marked a move away from the traditional seating arrangements for symposia. Instead, in the habit of an elegant symposiast, guests would recline on ornate klinai, as befitted the haut culture of the elites along the Mediterranean coastlines in around 500 BC (Fig. 8). This location also yielded a surprisingly large number of exquisite black and red-figure fragments from the workshops of Athens that, at least in number, are without compare throughout the Sicilian interior (Fig. 10). In addition, these Attic imports, featuring sometimes almost naturalistic scenes from the everyday and mythological world of Athens, were found within the banqueting services in the upper storey of the late-archaic house together with the 16 kraters in ceramica dipinta9 as their functional centre, where wine tinctures were blended with water and/or additional aromatic ingredients prior to consumption. The tendency to preserve traditional decors on the dipinta kraters demonstrates all this far more clearly than a conscious act of local-indigenous consumer resistance. It was not as though they were incapable, it was more that they did not want to adopt the decorations; indeed, this is patently indicated by the skilful geometric repres9

I-K 299, I-K 308, I-K 577, K 10769, K 13011, K 18583, K 18823, K 16786, K 19201, K 19206, K 23376, K 23698, K 23761, K 24509, K 26020.

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Fig. 7: Isometric reconstruction of the Late Archaic House on Monte Iato, from north to south (Kistler, 2014a; © Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

Fig. 8: Reconstruction drawing: cross section of the two storey banqueting tract of the Late Archaic House, Monte Iato (Kistler, 2014a; © Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

Fig. 9: Reconstruction of the ruler dwelling on Monte Marafusa, 6th to early 5th century BC (Spatafora, 2003).

Fig. 10: Dipinta-Ceramics and Greek Imports from the debris of the banquet rooms of the Late Archaic House (Trenkwalder, 2015; © Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

Fig. 11: Synopsis of the ceramics from the deposit on the ceremonial square immediately in front of the entrance side to the banquet rooms of the Late Archaic House (© Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

Fig. 12: Fragment of the attic red-figured Nicostehenic Pyxis I-K 1058 around 500 BC (© Institute of Archaeologies, University of Innsbruck).

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entations of animals and human figures on the contemporaneous dipinta jugs, which were firmly embedded in local traditional tastes and were found amidst the rubble of the late-archaic house together with the dipinta kraters and the figuratively decorated imported pottery from Athens (Hoernes, 2015). The same identity-based resistance to Greek influence as that expressed by the 16 dipinta kraters, is evident in the substantial find made on the festival ground immediately in front of the entrance to the banqueting rooms of the late-archaic house (Kistler et al., 2015). Of particular interest here are the fragments of ceramic that were found there. They are selected fragments of incised ceremonial vessels which, as we all know, preceded the matt-painted pottery, dating as it does from the late 7th and early 6th centuries BC (Fig. 11). The fragment I-K 1058 of a redfigure nicosthenic pyxis from Athens (Fig. 12), which which was situated in the middle of the layer directly beneath the main deposit, showed that the intentional shattering of this centuries-old incised pottery did not take place until the early 5th century. Selected fragments of this ancestral pottery were then ritually buried together with bones from the sacrificed cattle, stags, goats and sheep and an earthenware votive horn in the sacrificial pit on the festival ground in front of the banqueting house (Forstenpointner and Weissengruber, 2015). Interestingly, not a single fragment of a Greek imports was located amongst these ceramic sacrificial residues. This suggests that the colonial (Greek) influence was excluded from the exaggerated observance of religious traditions among the local population (Kistler et al., 2015). The re-enactment and return to a pre-colonial or pre-Greek world of ancestors and forebears in the forecourt of the late-archaic house stands in stark contrast to the strong cultural presence of the Greek colonial influence within the banqueting rooms of its upper storey (Figs. 7, 8 and 10). This apparent paradox evidently conceals a conscious “both-and” strategy in that the indigenous population adopted and adapted to the standards and semantics of Greek hospitality rules whilst indicating authenticity and loyalty towards their own ancestry and people as expressed by their local traditional decoration (see also: Antonaccio, 2010, pp. 46–50). A perfect example of this “both-and” approach is given by the historical character Ducetius. According to Diodorus, he was a descendent of a prominent Sicel family and, shortly before the mid-5th century BC, he had united local clans under his leadership in the eastern and central Sicilian interior. He thus succeeded in creating an inland counterweight to Greek Syracuse which repeatedly and with varying degrees of success had tried to gain the upper hand in eastern and central Sicily (Jackman, 2006, esp. pp. 39–42; Fragulaki, 2013, p. 295; Giangiulio, 2010, pp. 18–19). With a view to stabilising and securing the continuation of his interior network of alliances, Ducetius established in 453/2 BC a sacred political centre at Palike, which had been a natural place of worship among the Sicels since the 8th

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century BC due to the volcanic activity in the area. Following initial military successes, Ducetius was defeated in a battle against the Siracusans in 451 BC. He was forced to flee but rather than returning to his own cult and power centre at Palice, he ventured into the political heartland of his enemies, where he asked for asylum at the altar in the agora of Syracuse. After a counsel, attended by the most powerful families of Syracuse, he was exiled to Corinth. He did not, however, stay there for very long. In 448/7 BC he was instructed by Apollo’s oracle at Delphi to leave for the northern coast of Sicily. Together with a group of Greek settlers and loyal Sicels, he went on to establish the colony of Kale Akte, where he died in 440 BC. At least the Ducetius portrayed by Diodorus (11, 76 – 12, 30) represents the archetype of the indigenous ruler who understood how to conduct himself successfully in both cultural settings – both in the interior world of the Sicel clans and in the world of Greek artistocrats (Jackman, 2006, p. 42). The same must also have been true for the later Sicel king Archonidas, who was considered a philos or friend of the Athenians and was thus officially a guest of the Athenian civilian community (IG I3 228; see Jackman, 2006, p. 42). Hospitable trans-Mediterranean connections with Athens appear to have been the pre-requisite for the west Sicilian delegation from Elymian Segesta to appear and speak before the Athenian Assembly in the winter of 416/5 BC, which ultimately paved the way for the Athenian expedition to Sicily in the years that followed (Brice, 2013; Fragoulaki, 2013, pp. 298–316). It is well known that these far-reaching connections between Athens and the local elites in Sicily ended in a humanitarian and military disaster in 413 BC (Thucydides 7, 75–84). Lesser known or considered is the flipside of these trans-Mediterranean guest friendships, which within oligarchic circles at the other end in Athens had led to the emergence of an identity-linked alternative which counterposed the dominant view of the Greek-Barbarian antithesis as was still staged in 410 BC in Timotheos’ “Persians” (Hodern, 2002; Huber, 2002). Fragment DK 87 B 44 by Antiphon the sophist is a wonderful example of such an opposing concept of identity: “We have thereby become barbarian toward each other, when by nature (physis) we are all born in all respects equally capapble of being both Barbarian and Greeks. We can examine those attributes of nature that are nessecary in all humans and are provided to all to the same degree, and in respects none of us is distinguished as barbarian or Greek” (translated by Gagarin, 2002, p. 66). In Antiphon’s fragment we encounter the same credo of a cultural-political “both-and” among equal members of the elite, as witnessed through the characters of Ducetius and Archonidas at the other end of the connecting line of transMediterranean hospitality in the indigenous interior of Sicily. It would naturally be all too tempting to agree with Michael Gagarin’s assumption that the sophist Antiphon was the very same Athenian who, according to Thucydides (8, 68), was a driving force behind the oligarchic coup of 411 BC, which consequently

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abrogated its democratic constitutional form for the first time since the establishment of Athenian democracy 100 years earlier (Gagarin, 2002, pp. 73–52). If this assumption were correct and the politician Antiphon and the sophist Antiphon were one and the same, then the Mediterranean experience of the cultureconnecting “both-and” went hand in hand with an identity-shaping counterconcept as early as the 5th century BC, which briefly led to the overruling of the dominant view and to political revolution.

Conclusion It is quite clear that the two examples of Mecca Cola and the indigenous krater of Monte Iato leave no room for generalising observations. This would require a series of additional Mediterranean object histories and counter-histories which would allow scientific fine-tuning and validation by means of tertium comparationis (plus x). Even so, Mecca Cola and the krater of Monte Iato may have hinted at the potential rewards of a more systematic approach to tracking the production and consumption histories of such goods which turn inside out and help to habitualise identity-shaping processes by tackling them in the ‘right’ way. In contrast to literary representations of the Mediterranean and its inhabitants which – though perhaps not purely fictional – are certainly discursively exaggerated such object-based, identity-expressing icons have the great advantage that, though silent, they are actually real, physical objects. Similar to a crime scene it is possible to examine them for clues in the context and location in which they were used, helping us draw conclusions about their past and their progression, i.e. the identity-related articulation of their production and consumption (Mullins, 2011, pp. 135–139). This allows us to define converging and diverging consumptionscapes (or habitus: see Knapp and van Dommelen, 2008), which shed light on the externalised processes of specific identity formations in terms of their geographical reach (Kistler and Mohr, 2015). By increasing the quantity of such identity-forming objects per unit of analysis, the density of consumption becomes measurable, which in turn allows their dominance or marginality within a specific living environment to be determined. Moreover, their location either together with or apart from other items from the repertoire of local everyday culture brings to light the figuration of consumption indicative of specific social milieus within a local group or society (van Dommelen and Rowlands, 2012, esp. pp. 21–24). Linking in with the two examples presented here, the trans-Mediterranean consumptionscapes of Mecca Cola and the dipinta krater of Iato know neither ethnic nor national boundaries in their identity-specific function of the “bothand” and they therefore lead us through the social milieu of elite groups with

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intercultural orientations. In this context, elites should be defined in the broadest sense – that is, as people who stand out from their local surroundings because of their special qualities which, however, do not have to go hand in hand with any corresponding margin of power (Ulf, 2007, pp. 317–318). Such elites are repeatedly the kind of actors who emerge from behind these Mediterranean object histories and their counter-histories (Antonaccio, 2010; van Dommelen and Rowlands, 2012, p. 40; Kistler, 2014b). They thus create trans-Mediterranean consumptionscapes which can trigger cultural transformation, identity-related, ideological confrontation as well as social and political change within regional population groups around the Mediterranean and beyond (Giaccaria and Minca, 2010, esp. p. 355). These objects histories represent tangible material stimuli that are all too easily overlooked amidst the noise and roar of war, politics, religion and scientific debate. This is why, above all with respect to their counter-histories as “both-and” identity- and consumptionscapes, these trans-Mediterranean object histories subvert the “iron curtains” between Europe, Africa and Asia which, from a modern-day perspective, fragment the connecting Mediterranean region into cultural ethnic “either-or” areas and thus help to portray the political strategy behind the “Fortress Europe”10 as an economic and identity-dependent necessity (Chambers, 2008, pp. 25–32). We often lose sight of the linking nature of the Mediterranean as an inland sea and thus as a basic resource of connectivity which makes this geographical mega space an opposing identificatory feature in the everyday world relative to the sea (Chambers, 2008, p. 68). All that remains visible is the identity-based rhizome of former Greek meso-centrism which continues to place Europe and its extension to the west at the ideological centre of the world, and which only too often has been projected in the realms of archaeology, ethnology and historiography onto the cultural layers and cultural groups along the coasts of the Mediterranean as a solely linear historical development (Chambers, 2008, p. 14, p. 131; Giaccaria and Minca, 2010, pp. 358–360; Lozny, 2011; Cazzato, 2012).

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Achim Lichtenberger “Sea without Water” Conceptualizing the Sahara and the Mediterranean∗

The Mediterranean at one time was simply “the Great Sea” and the Sahara “the Great Desert”.1 Both areas were unimaginably vast for pre-modern humans: the Mediterranean covered some 2.5 million km2, the Sahara more than 9 million km2 (Fig. 1). Both areas bordered on densely inhabited lands with which they were related. Although little or not inhabited, the spaces of the Sahara and the Mediterranean were used for travel and trade and offered oases and islands with urgently needed fresh water and supplies. They were both barriers and bridges between worlds which they potentially connected.2 But this is only one side of the story. The Mediterranean and the Sahara were not only spaces around which other spaces assembled; they were also two large spaces that were interrelated and both cannot be seen and understood without the other. The aim of the present paper is to discuss, from the viewpoint of a classical archaeologist, whether concepts that were developed for understanding the history and archaeology of the Mediterranean can be applied to the Sahara. Is it possible to transfer such Mediterranean concepts to the Sahara? In what respect can the Sahara indeed be compared to the Mediterranean, to the middle sea? At the same time, I want to pinpoint some aspects of the relationship between the two areas. This will be undertaken with special regard to the structural comparability of the two areas. But first we have to start with the basic question, in what respect can a desert be compared to a sea.



Thanks are due to David Mattingly, Andrew Wilson, Erwin Ruprechtsberger, Brent D. Shaw and the Bundesarchiv for permission to reproduce figures for the article. An abbreviated French version of this article will be published in Haller, Lichtenberger and Reifeld, 2015. 1 On the Mediterranean as “the Great Sea” cf. Abulafia 2011, p. XXIII. On the Sahara as “the Great Desert” cf. Gießner 1984, p. 23. 2 Cf. Zartman, 1963, pp. 10–13; Mitchell, 2005, p. 135; Scheele and McDougall, 2012, pp. 4–7.

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ACHIM LICHTENBERGER

Fig. 1: Satellite image of the Mediterranean and Africa (http://upload.wikimedia.org/ wikipedia/en/2/21/Africa_satellite_orthographic.jpg).

The Sahara, a “sea without water” Baḥr bilā māʾ, sea without water, is one of the Arabic designations for the Sahara.3 The term seems to be absurd, because usually we compare things that are similar. Desert and sea however appear to be opposites, one has little or no water, the other consists of water. Thus, there must have been other tertia compara3

Braudel, 1979, vol. I, pp. 247-8; Gießner, 1984, p. 12.

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tionis that suggest such a comparison. And indeed, these are readily apparent. The enormous size, the prima vista uniformity and monotony, sand and water, and the inhospitality to permanent sojourn and settlement justify comparing a desert with a sea. But this is only a superficial impression, an impression that is also only partly true. However, we will see that there are less superficial elements in the comparison of desert and sea. These are more structural and they make clear that it is indeed enlightening to compare the two. Already in antiquity the Sahara was compared to the sea (cf. Fantar, 2015). Diodoros of Sicily (1st century BCE) describes the Sahara as “being uncultivated and lacking springs of water, (…) in appearance like a sea”.4 Sallust (1st century BCE) also has this marine connotation, when he writes about the Sahara: “in those lands a storm often causes no less delay than on the sea; for when the wind rises on those level and barren plains, it sweeps up the sand from the ground and drives it with such violence as to fill the mouth and eyes.”5 The marine terminology that is applied to the Sahara can also be traced through other examples. The most obvious term is “ship of the desert” to mean camel (see Boubrik, 2015). And indeed, trade caravans cross the desert like ships and, after the domestication of camels in the 1st millennium BCE, these animals could be used for much longer distances between oases than donkeys. Similar “technical” or “cultural” innovations in the construction of ships also facilitated sea travel in the Mediterranean. But, as Peregrine Horden made clear, the comparison of ships with camels also has its limitations, since camels are not objects and they provide much more than do these vessels: “ships cannot be milked for daily sustenance, nor do they breed”.6 On the other hand, camels had to adapt to the landscape, they were moved around in groups and their range of operation was much more restricted than that of ships on the sea. In trans-Saharan trade different camels were used, e.g., for the area north of Fezzan than south of Fezzan, they had to be changed, because they were adapted to different landscapes (cf. Wilson, 2012, p. 413–4; Schörle, 2012, p. 64). In the Mediterranean we also have short- and mid-distance trade but ships, being very flexible, could also cross large distances and this is an important difference between the two types of vessels (cf. also Horden, 2012, p. 30). The notion of ships in the desert was however so strong that a German engineer in the late 1920s and early 1930s planned to construct real ships for the desert, but this idea – although he even constructed a model – was of course never realized (Fig. 2) . Another marine term connected to the Sahara is the name of the Sahel, the southern border zone of the Sahara. Sāḥil is the Arabic word for “coast, shore“ (cf., e.g., Völger, 1984, p. 254; Mitchell, 2005, p. 135), and it takes its name from 4

Diod. III, 50, 1 (translation by C. H. Oldfather). Sallust, bell. Jugh. LXXIX, 6 (translation by J. C. Rolfe). 6 Horden, 2012, p. 30. On the limitations of comparing ships and camels see also Austen, 2012, pp. 59–61. 5

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Fig. 2: top: miniature model of the “Wüstenschiff” constructed by the German engineer Bischoff (Bundesarchiv no. 102-12485); bottom: Drawing of the “Wüstenschiff” (Bundesarchiv no. 102.13577).

the landscape and vegetation that differ greatly from that of the Sahara. Due to the different climate and availability of water, the Sahel was rich in vegetation and for the traveller from the North, from the arid Sahara, this sight evoked a coast of the “desert sea”, the impression of a coastline delimiting the sand of the desert. So again, we find evidence of marine terminology. All such marine terminology applied to the Sahara was not necessarily Mediterranean. It referred to the sea in general and we do not know what kind of real experience the people using this terminology had with the sea. Did people familiar with the sea invent these terms or were they used by people only loosely acquainted with the sea. We also do not know whether these people had a specific sea in mind, and if so, which. Although I would tend to assume that it was the Mediterranean, we cannot rule out that they compared it to the Red Sea or even the Atlantic. Even if we are not sure which sea the people had in mind, we know at least from antiquity that some people from outside did not associate the Sahara with romantic notions about the sea. For the Romans the Sahara was simply Libya deserta, uninhabited Libya.7 This is an explicit terrestrial approach to imagining this area.8 7 8

Verg. A 1, 384; Verg. G. 3, 291; Front. Strat. 1, 7, 7; Vulg. Isa 52, 9. Desanges, 1989, pp. 35–36. On the modern topos of the Sahara being an empty space cf. Bisson, 2003, pp. 57–59; Scheele and McDougall, 2012, pp. 1–4.

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Conceptualizing and defining the Mediterranean In the academic field of area studies, the Mediterranean has received much attention over the last decades. There are two seminal works that considerably stimulated the study of Mediterranean history and cultural history, and these books gave rise to a new academic field, “Mediterranean Studies”. One of the founding fathers of this discipline was Fernand Braudel, who in 1949 published the first edition of his Habilitation thesis that was later translated into several languages: “La Méditerranée et le monde méditerranéen à l’époque de Philippe II” (Braudel, 1979). In his book, which was expanded into three volumes, Braudel divides history into three different layers and in doing so, he explicitly takes into account the natural environment and its effects on historical processes. The historical layers are time layers and characterized by the pace of change and development. The fastest changing level is the level of “histoire événementielle”. This is the level on which political decisions and events take place, a short-term history which is clearly made by people. The second level is the level of the “longue durée”. This is the level on which history takes place much more slowly and features and structures from the past continue. Social, economic, religious and cultural conditions have a strong impact on structures and this leads to only gradual change and much continuity. The last level of history is the “histoire quasi immobile” or “géohistoire”. This is the historical level of conditions that hardly change, like the climate and geography, in our case the desert character of the Sahara or the sea character of the Mediterranean. Here only very slow changes can be observed, but they happen, and in the Sahara, for example, periods in which the climate was more humid might have made it possible for prehistoric people to cross the desert in a corridor from south to north (Osborne et al., 2008) or more humid conditions resulting in extensive settlement in the Sahara between 8500 BCE and 5300 BCE (Kuper and Kröpelin, 2006). This last level, the level of “géohistoire” is particularly relevant for cross-disciplinary Mediterranean studies and it might serve as a model for conceptualizing the Sahara. It provides us with a model or at least a description of what the Mediterranean is and what kind of natural framework it sets for historical processes. Braudel strongly argues for the unity of the Mediterranean, for an area with similar natural conditions, similar vegetation and agriculture, and similar economic strategies. He also saw the sea as a given means of communication and of establishing contact, resulting in a certain cultural homogenization. One characteristic of the pre-modern Mediterranean is, for example, the cultivation of olives and grapevines. These products at the same time demarcate Braudel’s geographical limits of the Mediterranean. A similar criterion is used to set the geographical limits of the Sahara: Braudel sees the cultivation of the date palm in the oases of the Sahara as delineating the borders of the desert and defining the Sahara.9 9

Braudel, 1979, vol. I, pp. 246–7. On this delimitation cf. Scheele and McDougall, 2012, p. 13.

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Although Braudel also distinguished between Mediterranean regions, he drew a picture of a uniform Mediterranean, and this is what stimulated a fruitful debate about the Mediterranean. The unity of the Mediterranean met with opposition because it essentializes a vast area which in reality is much more complex and heterogeneous. We can observe a similar discussion about unity and diversity in the context of defining the Sahara. Sometimes there are essentializing tendencies when speaking of “the Sahara” as a homogenous entity, but there are also other voices which forcefully argue the case for a complex diversity of subareas, or even of several Saharas.10 Clearly it is impossible to claim a geographic and climatic unity of the Sahara, since it has many different landscapes and regions with distinct conditions, resulting in different social structures and economic strategies. A further advancement in conceptualizing the Mediterranean was achieved by Peregrine Horden and Nicholas Purcell in “The Corrupting Sea. A Study of Mediterranean History” from the year 2000.11 This monumental study was stimulated by Braudel but does not argue the case for a Mediterranean unity but rather for complexity and fragmentation. In their opinion the ancient and medieval Mediterranean was characterized by “micro-regions”. These “micro-regions” were economically and culturally specialized, had their own distinctive approach to risk management and were thus very different from each other. However, they were also related with each other and connected through the sea. This phenomenon is termed by Horden and Purcell “connectivity”. The “connectivity” is provided by the Mediterranean with its coasts, harbors and islands. Of course this connectivity is not simply given but rather man-made, since people need to actively implement it. This new model of Horden and Purcell with different “micro-regions” is an important step forward, since it helps us to understand both the superficial cultural homogeneity of the ancient Mediterranean and at the same time its local and individual character. Connectivity is always potential and not compulsory. This model helps to describe that, for example, the Imperium Romanum imposed cultural hegemony on local Mediterranean societies. But this cultural hegemony was not absolute, and local communities could select which elements they wanted or what they found attractive. This shaped a Mediterranean area in which objects and ideas were available by way of trade and communication and local communities, and especially its elites, had a considerable degree of choice. On the other hand the specialization of “micro-regions” resulted in self-confident local identities. We will see that although such a model can also be partly applied to the Sahara, there are also some differences.

10

Gießner, 1984, pp. 12–15, esp. p. 14. Cf. also the chapters on the different sub-regions in Göttler, 1984, pp. 132–280; Holl, 2004, pp. 1–3. 11 Horden and Purcell, 2000. See also the substantial review by Shaw, 2001.

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Fig. 3: Africa as a series of island environments (Shaw, 2005, p. 98 fig. 3).

Looking at the Sahara as a mediterraneanist Of course Braudel, Horden – Purcell and others recognized that the Sahara as an area can be compared to the Mediterranean and that similarly structured exchange and trade mechanisms can be detected: sea and desert both facilitate and hinder contact.12 Braudel emphasized the emptiness of the Sahara and its function as an area of transit (Braudel, 1979, vol. I, pp. 244–269). But he did not push the comparison with the Mediterranean too far. Horden and Purcell in their “Corrupting Sea” also observed that some elements might be compared, and they especially referred to insularity. They pointed to the fact that there were also “virtual” islands and they saw Cyrenaica as one such island enclosed by desert and sea (cf. Horden and Purcell, 2000, pp. 65–74). This subject was later elaborated by Brent D. Shaw (2005) (Fig. 3). Such virtual islands also exist within the Sahara, a topic we will come back to shortly. The most explicit comparison between the Mediterranean and the Sahara was made by David Abulafia; he speaks of “neighboring Mediterraneans” and “the Saharan Mediterranean Desert” (Abulafia, 2005, pp. 75–6). Abulafia’s main points of comparison are medieval Jewish trade networks around the Sahara which he compares to Mediterranean trade networks. Abulafia sees the Sahara as a contact zone: “The Sahara was a true Mediterranean in the sense that it brought very different cultures into contact, and across open spaces they brought not merely articles of trade but ideas, notably religious ones, and styles of architec12

Horden 2012. Cf. also on the comparison with the Mediterranean: Scheele and McDougall, 2012, pp. 4–7, esp. pp. 6 and 12–3; Schörle, 2012, pp. 58–60. Without explicit comparison with the Mediterranean cf. Austen, 2012.

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ture appropriate to the Muslim culture they implanted on the northern edges of Black Africa” (Abulafia, 2005, p. 75). But Abulafia also emphasizes differences between the two Mediterraneans when he notes that, for example, in areas dominated by Tuareg nomads the Sahara was not an “open sea”, since very special knowledge was needed to navigate and the security situation was fragile. But of course the Mediterranean also knew piracy (Jaspert and Kolditz, 2013). In the following I want to touch upon two features of the Mediterranean and the Sahara which deserve special attention: islands and rivers.

Islands An important aspect when looking at Mediterranean characteristics is the concept of insularity.13 Islands have a specific status within the Mediterranean. On the one hand they are secluded islands, they are isolated, self-contained spaces, but on the other hand their positioning in the middle of the sea and the harbors that they provided also made them important nodes in Mediterranean trade networks. Oases are sometimes compared to islands (Mitchell, 2005, p. 135; Horden, 2012, p. 25; Schörle, 2012, p. 67), since they provide conditions under which it is possible to live in the desert. But this comparison is not 100% accurate as there are also important differences. While islands were formed naturally, oases are highly artificial, requiring water management and cultivation techniques.14 Without such maintenance they would turn to desert. Another striking difference between islands and oases is that oases are never economically independent. They have always relied on imports and grown mainly dates for export. Single oases have little variety in crop production and thus can hardly be compared to islands in the Mediterranean. To find something comparable we need to look for larger areas with more complex production and social organization. Such virtual islands within the Sahara which also developed a characteristic civilization can be compared to larger Mediterranean islands such as Sardinia, Sicily, Cyprus or Crete which had distinct cultural profiles that differed considerably from other Mediterranean cultures, although they were influenced by them. These island civilizations can only be understood against a specific Mediterranean background. Cyrenaica has already been mentioned as one such virtual island, although it is a special case, lying at the edge of the Sahara and bordering on the Mediterranean. Another such Saharan island is part of the Fezzan region in southwest Libya, which over the last few years has been the subject of an impressive field project 13

On Mediterranean insularity cf. Shaw, 2001, pp. 425–426; Lätsch, 2005; Constantakopulou, 2007. 14 Cf. in this context Bisson, 2003, pp. 189–232; Horden 2012, pp. 34–5; Schörle, 2012, p. 60.

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Fig. 4: Saharan trade routes in antiquity (Wilson, 2012, p. 412, fig. 1).

by David Mattingly (Fig. 4).15 In antiquity the civilization called the Garamantes evolved in Fezzan. Their capital Garama was situated in one of the few larger areas of the Sahara that permitted permanent settlement. It was one of the lower-lying regions with several oases, an archipelago as it were, if we want to keep the island terminology. This Saharan kingdom was surrounded on all sides by the desert, but was connected via trade routes with other areas and it controlled not only part of the trade between sub-Saharan Africa and the Mediterranean, but also East-West routes.16 This civilization, which flourished in the first four centuries CE, relied on the foggara system of water supply, underground irrigation channels that used ground water resources (cf. Mattingly, 2003, pp. 351–354; Wilson, 2012, pp. 420–423). This water supply enabled the Garamantes to establish permanent settlements in the oasis belt. Economically, the Garamantes not only played the role of middlemen in the trade in commodities passing through their 15

In the following on the Garamantes cf. Mattingly, 2003; 2007; 2010; 2013. See also Ruprechtsberger, 1997; Mitchell, 2005, pp. 140–146. 16 For the trade cf. the excellent summaries and critical evaluations by Wilson, 2012; Gatto and Mori, 2012 and Schörle, 2012. We also have literary evidence for travel on this route, the earliest Hdt. 4,181–185 (for that see Liverani, 2000 who relates the account of Herodotus on a route from the lower Nile to the Niger Bend). In the 1st century CE we hear of the Romans Septimius Flaccus and Iulius Maternus who went further south of Garama to Lake Chad. Cf. for that Ptol. 1, 8, 5–6 (cf. Desanges, 1989, pp. 36–40).

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kingdom but were also engaged in the production of salt and the sale of agricultural produce. They grew not only dates but also cotton, grapes, cereals and other fruits. The Garamantes also practiced metallurgy and produced jewelry and exported carnelian stones.17 Some products such as salt were exported to the South, others such as textiles to the North. It is remarkable that the trans-Saharan route, of which the Fezzan was part, terminated in Punic North Africa and thus was directly connected to one of the most important and oldest trade systems in the Mediterranean, namely that of the Phoenicians.18 It should be noted that the Garamantian trade system between the Punic North African Mediterranean and sub-Saharan Africa had two destinations on the continent: Lake Chad and the Niger Bend. Both routes seem to have been controlled by the Garamantes. Not only trade contacts but also military conflicts existed between the Mediterranean and the Garamantes: In 21/20 BCE the Romans under L. Cornelius Balbus, proconsul of Africa Proconsularis, marched into the Fezzan and defeated the Garamantes.19 But the Garamantian kingdom was obviously not occupied or provincialized by the Romans (Mattingly, 2003, p. 355). With the Garamantian civilization we can see two characteristic aspects of insularity. On the one hand, we can observe seclusion with a very specific and characteristic civilization that can easily be distinguished from other civilizations. But, on the other hand, we see a strong connectivity with other regions. This connectivity is based on the trade routes through the Sahara and it is easy to trace, for example, the movement of Mediterranean goods. This can best be observed from Garamantian tombs and burial customs. When looking at the tombs we can see that very specific Garamantian customs were observed, especially the offering tables, hand-and-horn stelae and the contracted burial (Fig. 5) (Fontana, 1995; Ruprechtsberger, 1997, pp. 61–65; Mattingly, 2003, pp. 206–213. 224-232). These features can be clearly seen as something that is specific to and characteristic of Garamantian culture (although individual elements are influenced by Phoenicia). But we can also see much stronger and direct influences from the Mediterranean. The most famous example is the tomb in the Watwat area southwest of Garama (Fig. 6) (Mattingly, 2007, pp. 106–108 UAT 001). It is an aedicule type tomb with a mix of Ionian and Corinthian columns and is clearly influenced by Mediterranean architectural vocabulary and concepts. Also, burial goods were imported and we find Roman lamps, pottery and other objects in Garamantian 17

Cf. Mattingly, 2003, pp. 355–362. On metallurgy see also Holl, 2004, pp. 110–137; Mattingly, 2007, pp. 448–462, on jewelry pp. 469–480. 18 For Phoenician interests in the Sahara and sub-Saharan Africa cf. Huß, 1989, pp. 2–9; Lipiński, 2004, pp. 204–217. It needs to be mentioned that carnelian gemstones which according to Pliny n.h. 5, 25. 30 came from the Garamantes were known as “Carthaginian stones” hinting at Punic middlemen which traded them in the Mediterranean. Cf. for that also Géroudet, 1995; Wilson 2012, p. 423. 19 Plin. n.h. 5, 26–7. On the expedition of Balbus cf. Desanges, 1957.

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Fig. 5: Model of a Garamantian tomb with stone circle, contracted burial, offering table and hand-and-horn stele (Ruprechtsberger, 1997, p. 45 fig. 66)

Fig. 6: Watwat-Mausoleum. Left: east face before restoration (photo: Charles Daniels, with permission from Society for Libyan Studies archive at University of Leicester. Mattingly, 2007, p. 106 fig. 10.2). Right: reconstruction, looking north (drawing: Charles Daniels/Fazzan Project, with permission from Society for Libyan Studies archive at University of Leicester. Mattingly, 2007, p. 106 fig. 10.4)

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Fig. 7: Garama, tomb 15 with imported Mediterranean pottery (photo: Charles Daniels, with permission from Society for Libyan Studies archive at University of Leicester. Mattingly, 2007, p. 125 fig. 11.24).

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tombs (Fig. 7).20 These objects came as direct imports and they only partially and to certain extent only superficially influenced local material culture. The Roman pottery and lamps, for example, did not inspire local artisans, but the architectural sculpture such as simplified Ionic columns were adopted by local workshops and workmen from Tripolitania.21 Some coarse wares were imported from Tripolitania and only some handmade pottery was produced locally (Mattingly, 2007, p. 309). The latter does not display Mediterranean influences but is firmly rooted in a West African tradition (Gatto, 2010). Thus, we can see that a selective adoption of Roman (or Mediterranean) culture took place and the quality of this kind of cultural influence was probably dependent on the specific connectivity provided by the natural landscape of the Sahara, a connectivity which is similar to that in the Mediterranean. It is generally assumed that especially the local elite was the promoter of such Mediterranean imports, but the amount of Roman/ Mediterranean material in the Fezzan underlines that the quantity of objects was considerable and that also broader strata of society participated in these goods (cf. Wilson, 2012, pp. 417–419; Schörle, 2012, p. 70). It is remarkable that Roman goods hardly seem to have reached sub-Saharan Africa, indicating that the nature of the trade was not long-range but short- and mid-distance.22

Rivers An aspect which has not yet received due attention in Mediterranean studies are rivers and their relation to the Mediterranean. It is obvious that some large Mediterranean rivers, such as the Nile, the Tiber and the Rhone, were important routes of trade and fostered cultural exchange. Marseille at the mouth of the Rhone, was founded as early as the 7th century BCE by Phocaea, an important city in Ionia, modern-day Turkey.23 Massalia (Marseille) served as a base for the tin trade with the hinterland, and later on Roman cities developed along the river. The river served as a viable connection to the sea. The same is true of the Nile which even connected the Sahara with the Mediterranean. Starting from this river, trade routes led to the Mediterranean in the North and the Sahara in 20

Sigillata: Mattingly, 2007, pp. 331–335; amphorae: ibid., pp. 336–363; lamps: Mattingly, 2010, pp. 167. 223. 228. 238. 249. 257. 263. 278. 289. 294. 327–331. See also the bronze sculpture: Mattingly, 2013, pp. 97–8. 21 Cf. e.g. the tomb at Watwat and further monuments with such architectural decoration: Mattingly, 2010, p. 158; 2013, pp. 267–285. See also the now not localized Roman bath building at Garama: Mattingly, 2013, p. 285 and further technological innovations from the Mediterranean: Wilson, 2012, pp. 427–8. 22 Wilson, 2012, p. 419; Schörle, 2012, pp. 67–8. But see also the skeptical article by Magnavita, 2015. 23 On Massalia cf. Hermary, Hesnard and Thréziny, 1999.

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the South. In the case of the Nile the river was of course not only a means of transport, but its banks and delta were also areas of arable land. The same applies in the Sahara with the river Niger on the desert’s southwestern margin.24 Medieval Timbuktu, a city on the great bend of the river, was at the southern end of trans-Saharan trade routes to the Mediterranean (Fig. 4). Again, we can see that the Sahara like the Mediterranean was connected to neighboring regions by another geographical communication system, namely a large river. Contact between the regions can be traced through the trade in black slaves into the Mediterranean.25 Again, it is remarkable that the earliest literary evidence for this trade route links it with Punic Carthage in the 4th century BCE, hinting at a connection with the Mediterranean Phoenician trade network.26 It would be worth looking in more detail and in a comparative way at the rivers connected to the sea or the desert between the Mediterranean and the Sahara.

Final remarks When reflecting on the Sahara and the Mediterranean a perspective is needed that on the one hand compares two areas as areas, as self-contained spaces, and on the other hand does not see these areas in isolation but in relation to each other. Clearly, both are systems in their own right but they are also sub-systems within a larger system.27 Applying concepts and models from the Mediterranean to the Sahara such as those by Braudel and Horden and Purcell can help us to better understand the desert. The Mediterranean was a fragmented area with many “micro-regions”. This is one reason why in its long history it was politically united only for a short time under the Imperium Romanum. Rome had all the shores of the Mediterranean under its control for nearly 400 years (Abulafia, 2011, p. 208 and passim). But in Mediterranean history this was the exception. The “shores” of the Sahara, too, were attributable to the desert’s fragmentation and the quality of “connectivity” which did not result in total hegemony never politically united. Only Islam was able to create a culturally homogenous area in the Sahara for some time (cf. Austen, 2012, pp. 119–172). But the fragmentation and the “connectivity” of the Sahara, as in the Mediterranean, resulted in counter movements and heterogeneity. The unity of both areas was always very fragile. 24

On the role of the Nile and Niger in the Sahara cf. Mitchell, 2005, pp. 6–8; Austen, 2012, pp. 17–19. 25. 25 On the ancient slave trade, especially from Africa, cf. Wilson, 2012, pp. 432–435. Interestingly, only few Roman coins were found during fieldwork in Garama (Mattingly, 2007, pp. 463–4.). Coins were probably only used as material in the production of jewelry and not for circulation. 26 The first evidence relates to Mago of Carthage who was said to have crossed the Sahara three times. – Aristot. frg. 103 (= Athenaios 2, 22). Cf. for this Huß, 1989, p. 7. 27 Cf. for this also Mitchell 2005.

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The Sahara was to some extent an area of passage, a passage between settled regions. This does not diminish the importance of this area (and it should not be forgotten that there was also a lot of traffic into the Sahara28 and that people lived there), but it makes it comparable to the Mediterranean. The sea was also not settled and although products from the sea are an important factor in the ancient economy, the sea itself was not the key area, but rather what was beyond it, i.e. the coasts and the hinterland. Rivers and “islands” played a vital role in both systems, the Sahara and the Mediterranean, with rivers connecting the two regions either directly, like the Nile, or indirectly, like the Niger, being the end (or the start) of a trade route through the Sahara to the Mediterranean.

Bibliography Abulafia, D., 2005: Mediterraneans. In: W. V. Harris, ed.: Rethinking the Mediterranean. Oxford: Oxford University Press, pp. 64–93. –, 2011: The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. London: Penguin. Austen, R. A., 2012: Sahara. Tausend Jahre Austausch von Ideen und Waren. Berlin: Wagenbach. Bisson, J., 2003: Mythes et réalités d’un désert convoité. Le Sahara. Paris: L’Harmattan. Boubrik, R., 2015: Le temps des chameaux. In: D. Haller, A. Lichtenberger and H. Reifeld, eds.: « Mer sans eau ». Le Sahara, espace liant l’Afrique subsaharienne à la Méditerranée. Rabat: (in press). Braudel, F., 1982: La Méditerranée et le Monde Méditerranéen à l’Époque de Philippe II. 5th ed. 1982, [1949], 2 Bde, Paris: Colin. German ed.: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. (3 vols.) Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1990. Constantakopoulou, Ch., 2007: The Dance of the Islands. Insularity, Networks, the Athenian Empire and the Aegean World. Oxford: Oxford University Press. Desanges, J., 1957: Le triomphe de Cornelius Balbus (19 av. J.-C.). Revue Africaine, 101, pp. 5–43. –, 1989: Rom und das Innere Afrikas. In: H. Duchhardt, J. A. Schlumberger and P. Segl, eds.: Afrika. Entdeckung und Erforschung eines Kontinents. Köln et al.: Böhlau, pp. 31–50. Fantar, M. F., 2015: Le Sahara, terre de vie et d’osmose ethnoculturelle. In: D. Haller, A. Lichtenberger and H. Reifeld, eds.: « Mer sans eau ». Le Sahara, espace liant l’Afrique subsaharienne à la Méditerranée. Rabat: (in press). Fontana, S., 1995: I manufatti romani nei corredi funerari del Fezzan. Testimonianza dei commerci e della cultura dei Garamanti (I-III sec. d. C.), in: P. Trousset, ed.: L’Afrique du nord antique et médiévale. Productions et exportations africaines. Actualités archéologiques. Nancy: Éditions du CTHS, pp. 405–420. 28

Especially the slave trade of the Garamantes was also needed to run the irrigation system and thus many of the slaves were brought into the Sahara and not to the Mediterranean. Cf. for this Wilson, 2012, pp. 434–5 and also Scheele and McDougall, 2012, p. 10.

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ACHIM LICHTENBERGER

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Irad Malkin Migration and Colonization Turbulence, Continuity, and the Practice of Mediterranean Space (11th–5th centuries BCE)

Significant discoveries were made during the past twenty years in Network Theory. Particularly relevant to historians are the discoveries concerning dynamics of decentralized networks that result in self-organization of complex systems. Random links may transform into an overall connectivity of points, which now function as nodes in a system; in my book, A Small Greek World, I tried applying Network Theory to understand the evolvement and formation of ancient Greek civilization, consisting as it did of “nodes” of city states and colonies spread over the coasts of the Mediterranean and Black Sea with maritime space as their common area of connectivity. Both the practice of maritime space, consisting mostly of activity by Phoenicians, Greeks, and Etruscans (with various degrees of mixture among them), and the “objective,” independent, and rapid dynamics of networks qua networks (the fast diminishing number of degrees of separation, the rapid pace, and a greater varieties of content “flows” moving along network lines) contributed significantly to the formation, crystallization and rise of ancient Greek civilization. In network terminology it was a “Small Greek World,” where the degrees of separation among nodes kept diminishing in number, regardless of actual physical distances. I also suggest that the very awareness of Hellenic collective identity emerged due to the networks that “pulled together” the very same Greeks who were actively migrating and settling in ever widening horizons (Malkin, 2011). The starting point of a Small Greek World is the observation that Greek civilization came into being at the very time when the Greeks were splitting apart, colonizing in ever more distant shores. Greek civilization took its form during the first half of the first millennium BCE when Greeks were migrating and founding new settlements and apoikiai (independent city states that were founded as colonies), reaching as far as the western Mediterranean and the eastern Black Sea. Physical divergence, I claim there, went hand in hand with convergence of Hellenic collective identity. A network approach goes a long way to explain this. Drawing somewhat on Social Network Analysis, but especially on notions borrowed from the physics of networks, I have tried to identify the “pulling”

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forces that eventually made a Greek speaking resident in Cyrene in Libya similar not to his immediate Libyan neighbor, but to another Greek speaker living, say, in Massalia (Massilia, modern Marseille), at a distance of hundreds of maritime miles. On a larger scale one may go as far as to claim that “pan-Mediterranean” forces and interactions shaped an ancient Mediterranean with several city-state cultures. These included Phoenician, Etruscan, Greek, and Roman city-states that were in essence different from the multi-ethnic mega-empires of the Near East with their centralized, hierarchical political structures. Putting aside our distaste for his racist implication, we note that Aristotle interpreted this difference as the distinction between the free human being who lives to his full potential (the citizen of a city state, a polis, usually – but not always – a Greek) and the slavish barbarian.1

Maritime considerations for the choice of settlement sites In Cicero’s beautifully articulated phrase (de Rep. 2. 9) “The shores of Greece are like hems stitched onto the lands of barbarian peoples,” what is salient is the maritime perspective, the impression that maritime space was huge in contrast to relatively tiny terrestrial one. Clearly, the sea seems the center of “Greece” and the point of view for observing its shores is a boat. In Homer’s Odyssey, Odysseus recommends settling an offshore empty island, facing the land of the Cyclopes, because the Cyclopes have no ships with which men visit each other’s cities. (See more below). Clearly, for those interested in ancient Mediterranean migrations and colonization the view from the sea is the natural one to adopt (cf. Horden and Purcell, 2000, p. 101.). This perspective and the practice of preferring settlement on offshore islands and promontories were conducive for the formation of vastly spaced maritime networks. This is the correct perspective insofar as it follows the pattern of foundations on offshore islands and mainland promontories. Small Greek World studies the Mediterranean mostly from the perspective of the Archaic period (mideighth to the beginning of the fifth century), with an emphasis on the foundation of cities and emporia, a process known as Greek colonization. However, in geographical terms, since already the eleventh century, the sites chosen for settlement were selected with maritime considerations of access and connectivity in mind. This seems to be a consistent criterion for settlement activities ever since the collapse of Mycenaean civilization and thus characterizes also the “period of migrations” that preceded the colonization of the eighth century BCE. In short, during some six centuries Greeks (if we can call them that in the eleventh century) were choosing precisely the same type of sites while apparently applying 1

Aristotle, Politics I 1.5–6 1252b5 seqq.

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Fig. 1: Phoenician, and Etruscan settlements (Malkin, 2011, p. 4, fig. 1.1).

Fig. 2: Random links and networks: the formation of a small world. Each node in the diagram on the left is connected to its four nearest neighbors. The addition of a few random links (right) drastically reduces the degree of separation among all the nodes, increasing the connecticity of the entire system. (B. Lehnhoff after Malkin, 2011, p. 28).

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the same kind of maritime perspective and outlook. This continuity in perspective and active choices needs to be looked at to understand the infrastructure of the Greek maritime networks. Beyond the initial, one-off choice of settlement sites I shall also discuss continuity in the practice of space that went on for centuries. To do this I shall also observe the orientation of the chôra, the agricultural hinterland. Where the use of the land was that of a true hinterland, namely serving a society oriented to the sea and eventually enmeshed in its networks, we also observe continuity in the development and reciprocal sharing in Hellenic commonalities. Where we note a practice of space that is oriented inland, as was the case with the Philistines, we also see people cut off from Mediterranean networks and eventually excluded from belonging to an overarching ethnic identity, as did happen with the Greeks. The Philistines might have become Greek (a distinct possibility) but their practice of space set them off on a different route, ending in assimilation.

Migration and colonization: continuities of the practice of space A common text-book theme is the distinction between two types of Mediterranean mobility that resulted in permanent Greek settlements: migration and colonization.2 The first is a “Phaiakian type” (see below), namely, an exodus of an entire community and settlement overseas. The second involves a mother city (metropolis) that is not evacuated, and a group of colonists (apoikia) who end up founding a new settlement (also called apoikia). The following is the conventional chronological framework for the first six centuries of Greek migration and city foundations: Ca 1200–1150 until ca 800–750: Dark Ages (Migrations) ca 750 until 480: Archaic period (Colonization) Thucydides too had two categories in mind, although he defines them differently: In his introductory archaiologia (Hornblower, 1991, esp. pp. 37–41). he reflects on ancient times and chooses the Trojan War as the starting point for periodization of migration and settlement. He too speaks of two phases: first, the more turbulent kinesis of mass invasions, such as those of the Boiotians and Dorians that resulted in conquest and violent displacements. ἐπεὶ καὶ μετὰ τὰ Τρωικὰ ἡ Ἑλλὰς ἔτι μετανίστατό τε καὶκατῳκίζετο, ὥστε μὴ ἡσυχάσασαν αὐξηθῆναι. 2

Osborne, 1998 considers “colonization” too as “migration.” His categories, however, are nebulous. See my objections in Malkin, 2002; 2003; in press [a].

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Even after the Trojan war Hellas was still engaged in removing and settling, and thus could not attain to the quiet which must precede growth. (Thuc. 1. 12).

Second, when things settled or quieted down (hesychia, “quiet,” seems an important factor for Thucydides) we get mother cities and colonies, as well as “growth” and the disappearance of piracy. The newer cities, he comments a little earlier in the archaiologia, were now built directly on the coast because navigation had become safer (Thuc. 1. 7). In this phase we no longer see wanderings en masse, but a home community that remains in place. (Thuc. 1. 12. 4) This is almost the same distinction made by modern scholarship except Thucydides categorizes the Ionian Migrations (Dark Age) rather as colonization, with a mother city (Athens) that is not abandoned and the Ionian cities as Athens’s colonies (ibid.). Moreover, he sees the settlements in the western Mediterranean by “Peloponnesians” (which we would categorize in the later period) as colonies of the same type. In other words, for Thucydides the history of Greek colonization (metropolis-apoikia) started already with the Ionian Migrations. By contrast, modern scholarship usually regards “colonization” as a qualitatively new phenomenon: no exodus, but migrants setting out from mother cities that remained in place. Eighth-century Greek colonization belongs to the world of the newly rising city-states. As some (myself included) have claimed, it was eighth-century colonization and the practice of founding new cities that contributed significantly to the general rise of the polis (Malkin, 1987, ch. 8). How justified is this distinction between eras of migration and colonization? What would it mean for the history of the practice of Mediterranean space and its implications? Can we point out some transition from the former to the latter? In other words, was this an evolutionary process, with marked aspects of continuity or was the “Renaissance of the eighth century” characterized precisely in a break from en masse migration to more orderly, polis-type settlements (Morris, 2009)? The question is wide-ranging and here I would like to concentrate on the implications of one aspect of continuity within these two categories and its implications. The trouble is we know so little about the history of settlements during the Dark Age. It appears (below) that sites were settled, abandoned, resettled, raided, conquered, and settled yet again, and so on. We cannot even be sure about the ethnic identity (if that is a relevant issue) of the groups involved. However, we can be sure of the Greek identity of the relevant sites by the eighth and seventh centuries BCE. Also, the eighth century did know significant changes, among which was the rise of the polis. It is important then to first enhance the resolution of the term “migration” and its historiographical significance. The mindset and outlook of historians seem to keep shifting between the extremes of change vs continuity, process vs event. Migration, especially when perceived as disorganized, inconsistent movement of individuals and small groups

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over long periods, obviously leans to a vision of history that is evolutionary and processual. By contrast, colonization implies pre-defined and self-aware groups of settlers, aware too of common action and, specifically, of founding a new settlement. Tempo, not time, is here of the essence, since that is what makes something happening an “event.” In other words, is Greek colonization to be viewed more as a series of “events,” punctuating time (i.e., when things happen sufficiently fast for them to be perceived as unitary) or a process (Little, 2012)? My own approach is that the looser term “migration” can always be applied, but it always needs qualification, since the term is equally applicable to mobility of individuals, small groups, or entire political communities.3 In the second half of the eighth century we begin to observe an overlap with colonization in its conventional sense: the island of Pithekoussai (established ca 750 BCE) gives the impression of a large mixed settlement (an entrepôt for migration, not just of Greeks, combined with artisanal and commercial functions) whereas its contemporary Kyme already gives the appearance of an organized political community (Ridgway, 1992; Coldstream, 1994; d’Agostino, 2009). In my view the new polis-aspects of the eighth century and the foundation of new city states achieved the effect that Fernand Braudel attributed to Mediterranean cities in general: cities are like “electric transformers,” he says,4 charging with current the nodes of the network. By analogy, a qualitative historical change took place following the eighth century marked by the rise and dissemination of polis frameworks and the actual foundation of numerous new cities. The point to mark here is the continuity, in both periods, in the choice of maritime sites and in the ensuing practice of space. It is not always a continuity in terms of who possessed this or that site (we see more fluctuations in the Dark Age) but in the priorities for choice of settlement sites and their function. It is this consistency that made it possible for the nodes of settlements, partly established already in the Dark Age, to enhance their connectivity exponentially with the rise of the polis, while encouraging such a rise through direct imitation and mutual influences. Let observe in some more detail how these criteria were expressed.

From ship to shore The first explicit expression of a Greek maritime perspective combined with an assessment of the merits of a maritime settlement site is to be found in an oftenquoted passage from the ninth book of the Odyssey, when Odysseus tells of his arrival at the land of the Cyclopes. 3 4

General account: Graham, 1982. Braudel, 1972, vol. 1, p. 479. In general, Horden and Purcell somewhat diminish the role of cities, a point answered by Fentress and Fentress, 2001, pp. 212–13.

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οὐ γὰρ Κυκλώπεσσι νέες πάρα μιλτοπάρῃοι, οὐδ᾽ ἄνδρες νηῶν ἔνι τέκτονες, οἵ κε κάμοιεν νῆας ἐυσσέλμους, αἵ κεν τελέοιεν ἕκαστα ἄστε᾽ ἐπ᾽ ἀνθρώπων ἱκνεύμεναι, οἷά τε πολλὰ ἄνδρες ἐπ᾽ ἀλλήλους νηυσὶν περόωσι θάλασσαν: οἵ κέ σφιν καὶ νῆσον ἐυκτιμένην ἐκάμοντο. For the Cyclopes have at hand no ships with vermillion cheeks, nor are there shipwrights in their land who might build them well-benched ships, which should perform all their wants, passing to the cities of other men, as men often cross the sea in ships to visit one another – craftsmen, who would have made of this island also a fair settlement (9.125ff. Trans. Murray, LCL).

It is impossible to date the passage, least of all to claim that this might be a “late” passage in the text since it conforms to what Greek colonists actually did after the eighth century. Odysseus’s description may be equally applied to sites settled during the Ionian Migration and to those established as colonies in later periods.5 Much has been said about this passage, especially noting the bi-polar contrasts with the Cyclopes’ “anti-society,” a negative image of a human one (Heubeck and Hoekstra, 1989, ad loc.). What merits more emphasis is the reciprocity implied in what, contrary to the Cyclopes, men do, namely, move on the water and “visit” each other’s cities. It is the first such explicit observation in our sources of maritime networking activities, as well as an image of an ideal settlement site, an offshore, empty island, facing a rich land one might hope to “tap.” In the Odyssey the sea seems the place of relative safety; it is also a back-up system in case of failure and emergency, illustrated by the Odyssey’s mythical Phaiakians who, fleeing the Cyclopes, sailed away over the water and founded Scheria where they eventually gave shelter and help to Odysseus. Historically, we may compare the well-known cases of the Kolophonians who fled the Lydians for Italy, and, facing the Persian invasion of Asia Minor (545 BCE), the citizens of Teos and Phokaia evacuated to Phanagoria (northern Black Sea), Abdera (Thrace), and Alalia (Corsica).6 With the same ship-to-shore perspective of Odysseus, Greeks kept applying the same criteria for the choice of settlement sites (off-shore islands, promontories, and river-mouths) also during the colonization period. The Odyssey’s goatisland (Clay, 1980) displays a potential for future settlement; it says nothing about abandoning one’s home. By contrast, as noted, the Odyssey also tells of migration-colonization of the exodus-type: the Phaiakians who fled the Cyclopes (cf. 5 6

On this and other aspects relating to Odysseus see Malkin, 1998. Strabo 6. 1. 14 C264 speaks of the colonists as “Ionians … in flight from the dominion of the Lydians”; specifically Teians, aside from those who went to Abdera?) founded Phanagoreia in the Black Sea. See Demand, 1990, pp. 39–41. For the exceptional circumstances of naming a city after a living founder (Phanagoras) see Malkin, 1986. Kolophonians: Aristotle fr. 584 (Rose); Timaios FGrHist 566 F 51 (= Ahenae. 523c). Hdt. 1. 163 seqq. (Phokaia).

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Dougherty, 2001, chs. 5–7). Yet the detailed description of what they founded at Scheria resembles very much an ideal colony of a later type, perhaps mixed with images of fabulous Eastern cities, such as Tyre (Scheria is quintessentially maritime; Odyssey 6.1 seqq.). Moreover, the activities of the founder, Nausithoos, are basically the same as those of the later, Archaic oikistes (Graham, 1983, ch. 3; Malkin, 1987, ch. 3): dividing up the plough land, making sanctuaries for the gods (compare the temene reserved by the Archaic oikistes), “building houses” (compare the Archaic practice of allocating kleroi, plots of land in the city and others in the country) and a “wall,” an “ideal” element for the contours of the city (walls are actually a late phenomenon in the western colonies; on the other hand, Old Smyrna in Asia Minor seems to present the earliest fortification wall built in the ninth century) (Nicholls, 1958–1959; Akurgal, 1983). The Phaiakians therefore present at once close similarities with later practices, yet the framework of Scheria’s foundation is that of mass migration. The Iliad too seems to reflect a time of raids and movement, with shifting powers and control. If Troy (without the mythical framework) were simply added to the list of twenty three places and cities raided and conquered by Achilles (such as Skyros and Lesbos),7 to which we may add the raid by Odysseus on Ismaros (and the one in the lying tale about the raid on Egypt), what we see is an Aegean marked by constant shifting of power and territorial possession. In narrative terms, the logic of the post-Troy Nostoi is the return home. Yet what is left open is the question of, say, Lesbos and the other conquered sites: were these supposed to have been abandoned like Troy supposedly was after its destruction? But this is not the poet’s concern. In short, it is an image of fluctuating possession of sites, with change of control but not change priorities. Yet the poet is silent on this issue. What seems certain is that the Iliad presents an Aegean in trouble. Thucydides speaks of the great kinesis (turbulence) after the Trojan War, yet he does so from a mainlander’s point of view (his examples are the invasions of Boiotians and Dorians to mainland Greece).8 We need to forget for a moment the position of the Trojan War as the start of the spatium historicum in ancient thought (Fornara, 1983). In terms of representation, when we read Homer neither from the point of view of his heroes nor from that of later Greek historiography, but examining what he says about general conditions, it would seem that turbulence in the Aegean did not start after the Trojan War but that the Trojan War itself was part of it. As in the Iliad, traditions about the Ionian Migration also involve a theme of turbulence, of Greeks taking over settlements from other Greeks (keeping in mind that at the time they probably had not been too concerned about, or even aware of, their common Hellenicity). That is how Mimnermos (seventh century) 7 8

Il. 10 328–9. I am currently (in progress) examining in detail such implications in Homer. Thuc. 1.2 seqq. with Hornblower, 1991, pp. 37–41.

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describes the settlement of Kolophon and the attack on Smyrna: “we,” he says, came (supposedly during the Dark Age, according to our categories) from Pylos to Kolophon and violently (with hybris) subdued the local inhabitants (Mimnermos F9 West). So far this signifies a self-aware, common, constitutive historical action consisting in emigration (Pylos), migration (to Kolophon) and conquest. Then, from Kolophon, “we” kept on going, he says, against “Aiolian Smyrna,” namely against a city that had already been settled by other (Aiolian) Greeks.9 In the Archaic period we observe such things actually happening: the Athenians, for example, will have similarly conquered Sigeion (from Aiolian Greeks) and settled it in the seventh century. Earlier still, the Corinthians were reputed to have expelled the Eretrians from Corcyra at the end of the eighth century.10 Taking over lands and islands, yet fearful of losing them to yet other groups of raiders/immigrants is apparent also in the physical remains. Among all the traditions about the post Trojan migrations, the Dorians hold a special place both in ancient traditions and in modern scholarship. In terms of material remains, one of the curious phenomena in some Dorian islands is the apparent sense of ongoing threat (cf. Lemos, 2002, p. 193): for example, in contrast to Akrotiri, the unfortified seaside site of Thera (modern Santorini) during the Bronze Age, Dorian Thera (settled in the early to mid-eighth century) is built on an imposing, fortified high location with difficult access, which totally dominates the countryside. In fact, the existence of seventh-century Cyclopean walls in some islands begs the question: what was the nature of the threat? Was it local or external? Might the Dorians have been like the Crusaders who chose precisely such sites (cf. Kal’at Namrud) because they were a small minority dominating a local population? Or was the threat that of other raiders and migrants, such as the threat certainly felt by the Aiolians of Smyrna by the settlers of Kolophon? In any case, in terms of turbulence, it seems that Thucydides had the right idea when he established “quiet” (hesychia) or “quieting down” as the criterion for distinguishing between the eras of mass migrations (turbulence) and colonization (more settled conditions). However, the difference between Thucydides and modern scholarship is that the latter does not accept his chronological dividing line (he regards the Ionian migration in terms of colonization, with Athens as a metropolis). In my view the sending out of apoikoi (colonists) since the later eighth century, was an integral part of state-formation: communities at home could homogenize and become poleis precisely when elements that could not integrate in the newly formed political communities were encouraged to leave while being recognized 9

“… leaving Pylos, the city of Neleus, we came on our ships to longed-for Asia and with overwhelming force we settled in lovely Colophon, the instigators of harsh aggression; and setting out from there, from the river …, by the will of the gods we captured Aiolian Smyrna.” Cf. Asheri, 1997. 10 Sigeion: Herodotus 5. 94. 1, Strabo 13. 1. 38–39. Corcyra: Plut. Mor. 293.A.8. For non-Greek Liburnians expelled by Corinthians see Str. 6.2.4; App. BC 2. 6. 39.

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Fig. 3: Mediterranean Gaul and the Gulf of Lion (Malkin, 2011, p. 145, fig. 5.2).

as kin (Malkin, 1994). The “right of return” to colonies only emphasizes the reciprocity involved in the process (Malkin, in press [a]).On the other hand, this social and political difference between the times of turbulence and those of hesychia is not expressed among the criteria for choice of settlement sites: we keep seeing the same offshore islands, promontories and river mouths. This consistency in priorities for the same kind of sites, especially their maritime accessibility, enabled both those that were settled early, during the “turbulent” Dark Age, and those settled later (colonies), to be enmeshed in a common Greek-Wide-Web that was dependent precisely on this maritime orientation of connectivity.

Terrestrial hinterlands and the sea Aside from consistent choice of the same type of settlement sites during some six centuries of migration and colonization, we note a consistency with the size, use, and orientation of the hinterland, the chôra of each particular polis. The size of the hinterland of such settlements, located mostly by the sea, b o t h in the Dark Ages and in the Archaic period, is often similar: a small, narrow chôra, expanding or contracting within relatively narrow limits. For example, the chôra of Phokaia in Asia Minor was insignificant, but its harbor was excellent. Similarly, the harbor of its daughter colony Massalia (founded ca 600) was superb; Massalia’s chôra extended along the coast and new “Massaliot” settlements kept being founded.

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Yet throughout some six centuries, down to its conquest by Julius Caesar in the mid-first century BCE, the chôra kept an average width (as measured from the coastline) of not more than between five and fifteen km.11 In sum, we note two major aspects of continuity in the history of Greek settlements during both the Dark Ages and the Archaic periods: a ship-to-shore perspective, consistent choices of maritime sites, and the size and orientation of colonial chôrai. What marks the earlier period of turbulence (above), the eleventh through most of the eighth century, indicates consistency in priorities and goals: acquiring sites chosen with maritime criteria in mind. To be sure, places were changing hands, but the same type of site was privileged. In contrast, following the later eighth century, the more “settled conditions” to which both Thucydides and modern scholars refer, signify both stabilization of existing frameworks in the Aegean and Asia Minor, less competition for the same sites, and colonization in new areas (the Central Mediterranean and the Black Sea) at sites of the same nature, which probably relieved pressure on already-occupied sites. We also see consistency not only in the average size of the chôra, but also in its orientation: such chôrai usually developed along the coast, or “sideways,” rather than away from a coast, further and further inland (cf. Bats, 1992). We can see this orientation even with the chôrai of islands, such as Thasos or Samos (Constantakopoulou, 2007, pp. 229–253, n. 30 seqq.). Aside for the island itself their chôra was a peraia, namely, land taken by an island on the mainland opposite. Advancing inland was made with a view to the sea and the island as the center “in the back.” With coastal colonies like Massalia we note a huge extension of its influence and settlement “sideways,” all along the French Riviera and the Bay of Lion (Catalonia). Massalia was conservatively Greek and the westernmost Greek city to have a treasury at Delphi.12 Her identity was Greek and her orientation – there is no doubt about that – was a maritime one throughout her history with a growing “sideways chôra” and new foundations on the coast (Hodge, 1998). It is my view that only those settlements that show both a continuity in the choice of advantageously maritime sites, and consistency in the practice of terrestrial space and its coastal orientation, eventually came to share in Greek networks, i.e., in Greek civilization. What might have happened when the reverse was true?

11

Strabo 4. 1. 4. Akurgal, 1956; Morel, 1992; Özyigit, 1994; Hermary, Hesnard, and Tréziny, 1999; Morel, 2006. 12 Treasury: Diod. Sic. 14.93.4; Appian Italica 8.1.3; Lawrence, 1996, pp. 95–97; Arafat and Morgan, 1994, p. 127; Villard, 1960, pp. 90–91. For the excavation report, see Demangel and Daux, 1923, pp. 50–78.

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Philistines and the mixed Greeks of Gelonos What happens when orientation changes from an extension along the coast into the deep hinterland? A good illustration is provided in an evocative passage in Herodotus (4. 108) who recounts the story of Gelonos, a city among the Budini in the Black Sea area. His description of a movement of Greeks who left their coastal residence to move into the hinterland relate to changes in lifestyle, language, religion, city dwelling, ethnic contrasts, and collective naming. He describes Greeks who had left the coastal emporia (trading stations) to settle among non-Greeks inland: Unlike other Greek cities Gelonos is built entirely of wood, even its temples “of the Greek gods (hellenikôn theôn) are furnished in the Greek way (Hellenikôs) with images, altars, and shrines of wood.” Herodotus adds that “These people were originally Greeks (Hellenes), who, being driven out of the [coastal] emporia, came to the Budini … They speak a language half Greek, half Scythian” (4. 109) (cf. Asheri, 2007, p. 658). A movement “too deeply” into the hinterland seems equated here with the loss of Hellenicity. These are just “half Greeks” (Casevitz, 2001). In the case of the Gelonoi they started out as Greeks. But what happened in earlier periods, when Greeks were being formed as Greeks though the very processes that found them spread along Mediterranean coasts? In Mediterranean terms hinterlands and their orientation may tell us a lot. Let us return to the period that follows 1200 BCE, in which we place also the Aeolian, Ionian, and Dorian migrations (or “wanderings,” in German scholarship). A variety of “Sea peoples,” raiders, migrants, and others are reported in ancient Near eastern sources. We find a variety of names of various groups,13 e.g., the Shardana, not all necessarily indicating ethnic distinctions. The name “Achaians” may be attested in Hittite documents of the Bronze Age and raiding “Yaunã” are mentioned in Near Eastern sources (Sancisi-Weerdenburg, 2001); these were apparently people who originated in Ionia (perhaps Greeks, but since “Ionia” is not a Greek word, they could have merely come from the region “Ionia”).14 Among the Sea Peoples one usually includes a group known as Philistines whose origin seems to be the Aegean. They settled in southern Palestine, just shy of Phoenicia.15 The question now arises: why did other Aegean migrants who settled in the Aegean islands, on the coasts of Asia Minor and even in Cyprus, evolve into Greeks (i.e., the Greeks we know following the eighth century) and others, who might have, did not? We know hardly anything about some of the other groups mentioned in Near Eastern sources, but relatively more about the Philistines. The 13

This is not the central topic of this paper. For a thougth-provoking account see Cline, 2014. See for a thorough discussion Hall, 2002. 15 Special thanks are due to Assaf Yasur-Landau of Haifa University and Seymour Gitin, Director of the F. W. Albright Institute for Archeological Research, Jerusalem, and to Israel Finkelstein of Tel Aviv University, for their comments and help in a field that is new to me. Responsibility for the text that follows remains of course mine.

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Fig. 4: Philistia during Iron Age I (with thanks to Bunimovitz and Lederman, 2011, p. 364, fig. 1).

question relates to the co-optative forces of mutual influences that took place during the Dark Ages in the Aegean circle and mainland Greece, which created the basis of Greek civilization in the early Archaic period. The point to notice is who eventually went their own way in contrast to those who did share in the developing commonalities of language, cult, modes of social and political organization, and in applying the same criteria for the division of space. Some of these forces, such as growing maritime connectivity, are observable to us; some were probably also self-aware, as were religious festivals, oracular centers, and formal religious associations (amphiktyonies). Most would agree that Philistines had an Aegean origin, and that they were migrating and settling around the late 12th or the 11th centuries as part of the great upheaval that followed the collapse of Mycenaean and some Near Eastern civilizations and also formed the context of the “Ionian” and of other migrations.16 Some 16

Cretan origins seem to be the consensus among biblical authors: Amos (9. 7) and Jeremiah (47. 4) speak of Kaphtor, identified with Crete; cf. Akkadian Kaptaru and the Egyptian Kefteu. However, Egyptian origins are spoken of in the Philistines came from Egypt Genesis 10. 13– 14; 1 Chron 1. 11–12. See Vercoutter, 1956; Kitchen, 1973, p. 54. Cf. Finkelberg, 2005, p. 156. The origin of the Philistines is much debated. De Vaux, 1978, pp. 503–507; Singer, 1988; Finkelstein, 2002, p. 150–155 (discussion also Cyprus and Anatolia) with Finkelstein, 1995; 1996. See now the magisterial research by Yasur-Landau, 2010. Cf. Dothan and Dothan, 1992; Dothan, 1998;

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Philistine migrants may have arrived by sea, others by coastal land routes. Yet both in terms of their material culture, and certain aspects of their religion and political terminology (e.g., the Seranim),17 they seem “Aegean.” As happened with the Aegean migrants to Cyprus and Asia Minor the Philistines might have become Greek, except they did not. Settling on the coast, their settlements evolved into important city states (Gaza, Ascalon, and Ashdod). This is also what happened to the migrants who reached the shores of Asia Minor during the Dark Ages, except that the latter kept in touch with, and were invigorated by, the maritime networks that crystallized their commonalities and defined their identity as Greeks. Instead of merging and assimilating with their hinterland neighbors the “Ionians,” were “pulled” to the sea and became more Greek during the process. The Philistines, by contrast, lost their maritime orientation and over a few centuries were acculturated into the region, adopted some of its cults, and acquired a Semitic language.18 It seems that they did not evolve into Greeks since they had arrived too early and went to settle too far: they reached shores that were simply too distant to be integrated in what later became Hellenic maritime networks that first centered on the Aegean. Most importantly, unlike the Phokaians in the western Mediterranean, the Philistines chose to advance inland. Their two hinterland foundations, the city states of Gath and Ekron, were founded later than the coastal cities of Gaza, Ashkelon, and Ashdod. However, both Gath and Ekron eventually eclipsed the coast in terms of size and wealth (although Gath had been destroyed ca 835).19 We do not hear of much maritime activity by Philistines (neither Gaza, nor Ascalon, nor Ashdod is a great port), in marked contrast to their immediate neighbors along the coast to the north, the Phoenicians. Like the Ionians who contended with the Lydians in the hinterland, the Philistines needed to deal with the Egyptians to the south and the various empires (notably the Assyrian) to the east. Directly facing them were Israelites. The stories of the Old Testament, to be found mostly in the books of Judges (the Samson cycle) and 1Samuel (David and Saul),20 reveal a Middle Ground consisting in a variety of contacts and perspectives of the kind that is absolutely inaccessible to us in the world of Greek colonization, where all we have is the Greek view. By way of analogy to Greek colonization, a few examples from the Samson Cycle may illustrate the types of interactions among hinterland people and those Drews, 1998. For Asia Minor and Cyprus: Iacovou, 1999; Vanschoowinkel, 2006. Yasur-Landau, 2001, pp. 312–13, 343 contra Finkelstein, 2002, pp. 136–7. On seren and its relation to tyrannos see Cuny, 1922; Pintore, 1983; Garbini, 1991. For other points Gitin, 2010. 18 For the seventh-century Philistine inscription from Ekron (Tel Miqneh) Dothan and Gitin, 1993; Gitin, Dothan and Naveh, 1997; Sasson, 1997; Naveh, 1998. 19 2 Kings 12.17 tells of Haza’el king of Damascus, who campaigned in the Shephelah (ca 835 BCE) and conquered the city of Gath. See, however, 2 Chron. 26.6 (first half of the eighth century). Cf. Finkelstein 2002, p. 141. 20 Finkelstein 2002 with references to the chronological debate and preferring to place the relevant episodes in the late eighth or seventh centuries. 17

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advancing from the coast.21 They may also illustrate the kind of forces, economic and political, “pulling” the coastal settlers further inland. The Samson cycle indicates a supposed bi-polar contrast between Hebrews and Philistines, an “us/ them” confrontation (“the uncircumcised Philistines”) (Eriksen, 1993). On the other hand reciprocal middle grounds of mutual familiarity and contact are apparent: the Israelite Danites (of the “tribe of Dan”) frequent Philistine cities for their wine, women, and iron, and hope for inter-marriage. Samson especially wishes to join a Philistine band of youths (me’re’im), marries a Philistine woman at Timna (a frontier town neighboring Samson’s own, Tsor’a) and expects to move home to his father in law. Timna seems to have been a secondary Philistine foundation, furthest inland. The context may be the early seventh century since Timna may seems to have changed hands after the Assyrian conquest and King Sennacherib’s campaign in 701. It appears predominantly Philistine mostly in the seventh century, but not earlier in the eighth. Similarly, the archaeological data seems to indicate that having been reduced from its earlier Iron Age I size, Ekron became a major Philistine city again in the seventh century with a huge olive oil industry.22 Thus Assyrian favors played also a role in forming an inland direction for the Philistines. In the biblical account we see Samson and his parents descending from the hills and directly arrive at the rich vineyards and orchards of the Philistines (the distance between Timna and Tsor’a is less than three km), reminding us of the enormous wealth that wine and olive could bring from the hinterlands and especially the archeologically attested, flourishing olive industry at hinterland Ekron. “City states, wine, and olive” are also characteristic of Greek colonists, again indicating how close the Philistine and the Greek colonial situations could be. In short, unlike what happened to Greeks (and probably too to Phoenicians) historically contingent exploitation of agricultural riches and political and military interests changed the orientation of the practice of space by Philistine settlers. It had become mostly terrestrial. Samson moves freely in Philistine areas. He also visits a prostitute in Gaza and later marries Delilah, who lives in the middle ground area of the Sorek river valley. The Sorek flows along some 70 km, from the hills of Jerusalem through the Shephelah, the region of the Philistines. It thus links the Israelite hinterland and the Philistine country, forming a geographical middle ground between the two. This may explain why Delilah is not expressly called a Philistine (cf. Zakovitch, 1982, p. 168, n. 7); she might have been Canaanite or even a Hebrew, expressing the ambivalence of colonial contact zones. The comparison between Philistine and Greek orientation of their respective hinterlands, namely the difference between advancing inland at a “right angle” 21 22

I analyse these in detail in Malkin, in press [b]. Cf. Galpaz-Feller, 2006. Joshua 15.10. Kelm and Mazar 1995; cf. Ofer, 1994. I am grateful to S. Gitin for these observations.

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away from the coastline vs advancing “sideways,” is also the difference between a Mediterranean “pull” (Greeks) and a hinterland one (Philistines). This difference will have impacted the development of their respective ethnic and cultural orientations. What about actual distance as a factor? I stated above that the settlers who became Philistines had settled too far eastward to have been able to retain their Mediterranean contacts with the Aegean. But this is not a self-evident argument and standing alone it might collapse by the Phoenician analogy: the Phoenicians lived on the same coast as the Philistines, yet distance did not hinder them from reaching Carthage and Gibraltar (Aubet, 2001). On the other hand, unlike the Philistine hinterlands, the Phoenician ones in the Levant were not very large; Tyre and Phokaia are comparable in that respect. Again, the difference in size and orientation of such chôrai expresses the difference between maritime- and land-orientations, which in and of themselves impacted the different formation of Greek and Philistine collective, ethnic identity.

Recapitulation • Having marked the conventional distinction between “Dark Age Migra-

tions” and “Archaic Colonization,” I noted two salient aspects of physical and geographical continuity through both periods: First the choice of settlement sites with a ship-to-shore perspective and a maritime space as a back-up system: hence the choice of islands, offshore islands, and promontories. • The second is continuity in the orientation and use of the chôra and prac-

tice of terrestrial and maritime space: Where we see consistent continuity in both, namely both in the choice of maritime settlement sites and in the “sideways” orientation of chôrai we also note continuity in the practice of space: an orientation towards the sea and its dynamic connectivity that allow for Greek commonalities to emerge. • Where we find continuity only in one and not the other we notice a discrete

ethnic development, cut off from Mediterranean networks. With the Philistines we find only one of the two: like Greeks, they first established three settlements on the coast and then two major ones further inland. Like the Greek ones, those settlements too seem to have become city states. However, unlike the Greeks, we find discontinuity with the practice of space: a break with the wider expanses of the Mediterranean, possibly because in Philistia the direction of much maritime traffic was along the coast (contacts with Egypt), not away from it; moreover, its ports are not too great.

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• Factors pulling the Philistines inland:

(a) Attraction of agricultural wealth (land for cereals, wine, and olive). (b) Near Eastern politics and the military power of empires, notably the Assyrians. These observations allow us to form the right questions about the formation of collective identities during the first half of the first millennium BCE and the processes of inclusion and exclusion for those who became Greek and those who did not. Many of those migrants and settlers for whom the main practice of space remained maritime, whose chôrai were mostly coastal-oriented, and whose perspective of seeing the world as interconnected through water, became the Greeks we know in the Archaic period; those who lost touch with the sea as an area of connectivity and whose extension of initial coastal settlement went further and further inland, as happened with the Philistines, did not. Over the centuries, the latter became assimilated. Once formed, however, Greek identity too would not necessarily remain stable. It could be modified as we saw in the case of Gelonos, or even lost as happened with some Greek communities in south Italy (especially those with hinterland orientation) who, within some three centuries after their foundation, became absorbed in other local cultures (Asheri, 1999). By contrast, those Greek communities which over the centuries shared in the maritime networks of the Small Greek World enhanced their commonalities with other Greeks living hundreds of miles apart while remaining distinct from their immediate, non-Greek, territorial neighbors. That is not, of course, the only factor or the sole explanation for the complex issue of the relationship between the Mediterranean and the emergence of the salient characteristics of Greek civilization. But applying a Mediterranean-network approach to issues of change and continuity, with a special consideration to both the choice and the use of settlement sites and their territories, may take us a long way to understanding the practice of space during the first half of the first millennium BCE and its implications for the rise of Greek civilization.

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Silvia Marzagalli Maritimity How the Sea Affected Early Modern Life in the Mediterranean World

“The ship has been the primary enabler of much of world history” (Finamore, 2004, p. 1)

Despite its relative size compared to other maritime areas, the Mediterranean is recognized as an important part of world geo-politics: 36 per cent of the resolutions of the United Nations Security Council concern this region (Le point, 2010). Since Antiquity, the sea and the regions surrounding it have been at the core of intense exchanges of people, goods and ideas. It is therefore no surprise that the Mediterranean has attracted considerable scholarly attention. Mediterranean studies are a lively segment of area studies – though area studies themselves are increasingly contested – and no less than ten journals of Mediterranean studies are currently published in Europe. Most of them were created in the 1990s and 2000s, although the Cahiers de la Méditerranée have been published in Nice since 1970 (Bono, 2011). A number of research centers on the Mediterranean and a few Mediterranean studies networks have been founded over the past decades, and the recent establishment of the Zentrum für Mittelmeerstudien in Bochum perfectly illustrates both the wide political and scientific acknowledgement of the pertinence of taking the Mediterranean as an object of enquiry for social sciences and the existence of a general need to better understand this complex area and its past. As is often the case, historians – consciously or not – look at the history of the Mediterranean from their own contemporary concerns. In reaction to Samuel Huntington’s book (1996), which was translated into French in 1997, Italian in 2000 and German in 2002, historians have stressed the web of interconnections and cross-cultural collaborations between Muslims and Christians in order to deconstruct the ideological position accentuating and essentializing an allegedly intrinsic and irreducible conflictuality among the different civilizations surrounding the Mediterranean Sea. Incidentally, Huntington proposes an interpretation which re-invigorates Henry Pirenne’s influential conviction that the decisive break-up in Europe and in the Mediterranean was provoked by Islam and not

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so much by the German invasions of the Roman Empire, an assumption which has influenced generations of scholars since the 1920s–1930s (Pirenne, 1922; 1937). In contrast to these clashing views, Historians of medieval and early modern history have generally reinforced Braudel’s (1949) conception of the Mediterranean as a space for circulation. This position entails the risk of over-accentuating the allegedly harmonious coexistence of different faiths and cultures in an idealized past – which Xavier Luffin and Monique Weis (2013) have recently labelled as a “myth”. It is time to present a more nuanced picture of the early modern Mediterranean, conceiving it as a space of exchange a n d of conflictuality, and as an arena for international competition a n d collaboration. Some of these interactions and conflicts are indeed cross-cultural. Others are not. Focusing on Christian versus Muslim relations and interrelations is an important part of Mediterranean history, but not the only relevant one. On the one hand, inter-Christian or inter-Muslim interrelations were just as important in many instances for contemporaries as cross-cultural relations, and on the other hand, early modern Mediterranean history became increasingly a part of a wider, world history, in which Mediterranean people interacted with, or were more and more affected by, the non-Mediterranean world. By avoiding the limitations of a narrow focus on cross-cultural exchanges, and by adopting a network approach that includes giving multi-scalar attention to historical phenomena and experiences, it is possible to counter most of the biases introduced by area study perspectives. Network approaches represent a growing tendency in history which has been theorized and applied inter alia to the Mediterranean. After the fall of the Roman Empire, the Mediterranean Sea became a space in which no sovereignty was universally recognized by contemporary actors, thus opening up the possibility for us to apprehend it as a “space of relations”, as Damien Coulon and Dominique Valérian (2010, p. 13) suggested. These two medieval historians insist on the fact that, in apprehending the Mediterranean from the 6th to the 16th centuries, a network approach centered on merchants, diplomats, consuls, religious orders – to which we can add, in the 18th century, freemason networks – is a good way of avoiding a “binary logic of relations (Islam – Christianity) which is still given precedence in the current analysis of political and religious relations in the Mediterranean” (Coulon and Valérian, 2010, p. 10). When talking about Mediterranean history, I conceive it as the history of the Mediterranean and not as the history of the countries surrounding the Mediterranean (Horden and Purcell, 2000). In doing so, my approach is maritime, and the sea is at its core. Maritime history can be broadly defined as the “history of human interactions with the sea” (Finamore, 2004, p. 1). In discussing Mediterranean “maritimity”, I will thus try to assess what the sea meant for the inhabitants of the regions surrounding the Mediterranean in early modern times, how

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it affected the configuration of societies and international relations, and how it allowed integration into a larger world. Since ancient times, this broad area seems to have been characterized by the relevance of the sea and the density of the interconnections and circulation between the lands (terrae) that shared this ‘sea in the middle’ (medi-). Contrary to other seas and oceans, the etymology of the Mediterranean points to the surrounding lands. However, despite the existence of a noun to designate this maritime surface, the conception of the Mediterranean as a unit is not self-evident, and we are all perfectly aware that the very notion of the Mediterranean as such is a cultural construct. Anne Ruel (1991) has clearly demonstrated in a pioneering paper that the term ‘Mediterranean’ as a substantive is a relatively recent invention. As Salvatore Bono – one of the most prominent and recognized scholars of the Mediterranean who has promoted the study of the Mediterranean as a space of relations over the past 50 years – simply puts it: “The Mediterranean, as we conceive it today, is an invention which is not a hundred and fifty years old” (Bono, 2008, p. 15). Indeed, the use of the term implies the conceptualization of this area as a unit, which has been best expressed for the 16th century by Fernand Braudel in his seminal work on the Mediterranean and the Mediterranean World of Philipp the II, first published in French in 1949 (Braudel, 1949). Whatever we might think about the specific issue of the unity of such an object of analysis, the historiography on the Mediterranean over the past 20-30 years has been particularly rich and, despite the increasing reticence about area studies, the quality of the research and conceptualization of Mediterranean Studies is high, and deserves our attention. In this, I fully agree with Michael Herzfeld, who in a recent brilliant essay states that the very fact that the Mediterranean is used as a category of analysis “constitutes an important reason for treating the idea of regional unity with the respect due to a research object even if we continue to harbour doubts about its utility as an analytic tool” (Herzfeld, 2005, pp. 45–46). The unity of the Mediterranean as an object of history has, in fact, been questioned since Braudel, among others by Horden and Purcell (2000), who contested that such unity existed in ancient and medieval times. This might also be partially true for the 16th, 17th and 18th centuries, and some historians think it appropriate to distinguish the Mediterranean in two major parts (Eastern and Western basins) or in three, adding a central Mediterranean basin. In discussing interconnectivity and relations in the Mediterranean, however, I do not believe that we necessarily need to adopt a firm position on the essential or contingent nature of the Mediterranean as such. As Rodolfo Ragionieri and Ottavia Schmidt di Friedberg wisely put it in the introduction to their book on cultures and conflicts, “it is proper to conceive the definition of the Mediterranean area as a variable dependent on the problem we want to take into consideration” (Ragionieri and Schmidt di Friedberg, 2003, p. 15). Analyzing what the sea meant for those who lived around its rims, leads to different perceptions of space: for a fisherman,

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the experience of the Mediterranean was probably limited to a day-long navigation, although he certainly had a perception of the dangers that might come from more distant rims of the sea. For merchants in Marseille, who were increasingly involved in Atlantic trade, the Mediterranean might have been nothing more than one of several possible markets, where Smyrna was as distant in time as Saint Petersburg or, with good winds, Santo Domingo. While some Marseille merchants invested more in trade with the West Indies than with the Levant, others spent a considerable part of their lives in Smyrna and traded mainly with the Levant (Carrière, 1973). In conceiving economic perceptions of the Mediterranean, we should keep in mind the variety of individual paths and the interdependency of the complementary economic layers that they produced. The same is true on the political level: the implications of the existence of maritime borders and of a maritime surface over which nobody had hegemonic control except for short periods of time, led to a constellation of constantly recomposing alliances in which Mediterranean actors and informal networks could play. I will not discuss any further the connotations and the implications that recourse to the concept of the Mediterranean entail in our present world – nor, to put it more explicitly, will I discuss the validity of Philippe Dugot’s remark that “the Mediterranean is first and foremost a European idea” (Dugot, s. d., BiblioMonde). As the expression of an ideologically orientated vision of the past and of the present, such a “European idea” can provoke the same kind of reluctance in the southern part of the Mediterranean, though for different ideological reasons than the use of Atlantic history as an operational research concept has caused among some continental Western European scholars (Marzagalli, 2008). I will instead conceive the sea as a potential resource and as a space of encounters, on which people, ideas, goods and diseases circulated, whether voluntary or not, in a more or less dense web of intertwined interrelations. My aim is to show how different scales of interacting networks across the sea produced a constantly evolving interconnectivity which shaped power relations, economy, and people’s lives in early modern times. The first part of this section deals with the Mediterranean Sea perceived as a source of danger for the surrounding population and shows how the implementation of protection shaped not only space and societies, but also international relations and power relations around the Mediterranean. The second part questions the alleged marginalization of the Mediterranean in a globalizing world and presents the ongoing revision both of the peripheral role of the Mediterranean parallel to the rise of the Atlantic economy, and of the subordinate role of Mediterranean actors in Mediterranean trade.

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The Mediterranean: when danger comes from the sea The early modern Mediterranean was a densely populated and comparatively highly urbanized area. For surrounding populations, the sea represented both a resource – providing fish, job opportunities, and allowing the cheap transport of agricultural and industrial goods – and a danger. The danger came from diseases and from human beings. Both provoked the development of defensive strategies which deeply impacted upon everyday life and landscapes.

The danger of infection. Plague in the Mediterranean The diffusion of the Black Death in the mid-14th century, which reached Western Europe from the Black Sea through the Genoese of Caffa, exemplifies the kind of unexpected consequences that increased connectivity between the shores of the Mediterranean could provoke, even if the consequences of infection spreading over land were just as dramatic. Although contemporaries did not know what exactly caused the disease, they understood its consequences all too well, and rapidly observed that coming into contact with sick people and with goods from infected areas proved fatal. Ships and infected sailors arriving from the Levant, where outbreaks of the plague were frequent, were a potential source of danger, and as little could be done once an epidemic had started, contemporaries acted to prevent disease by exerting a control over incoming ships. Rigorous protective and preventive measures against the plague were first organized in Ragusa and Venice in the late Middle Age. By the 17th century, quarantine and lazarettos had become an integral part of maritime life in the Mediterranean, both for crews and travelers. Similar control systems were set up on the entire northern rim of the Inner Sea. Ports adopted an increasingly efficient prevention system based on the control of ships and passengers coming from areas in which plague was endemic (Panzac, 1986). Four ports – namely Alexandria, Istanbul, Smyrna and Tunis – to which Western European merchants were strongly connected, were the ports of departure of two-thirds of the ships recorded in the 18th century as being plague-stricken (Panzac, 2010, p. 62). This prevention system required high levels of international cooperation – achieved by communication between Health offices and intensive consular action – as well as the acceptance by all concerned actors of the legitimacy of state and municipal health authorities’ control over the movement of goods and people. It also required a cultural disposition, which was not at that time part of the Ottoman Empire culture, to believe that humans could overcome what others might perceive as fate or an expression of God’s will that believers should accept with humility. Prevention through bills of health, quarantine and lazarettos proved more and more effective as time passed, as the case of Marseille shows. Although on average

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during the 18th century twice in three years a ship arrived at Marseille after having experienced plague casualties on board, and despite the fact that once in five years there were plague casualties in Marseille’s lazaretto itself, only in one instance – namely in 1720 – did the authorities fail to prevent the diffusion of the disease outside the lazaretto (Panzac, 2010, pp. 60–61). This prevention system came at a cost. In most instances quarantine doubled the time of transport, increased costs and thus reduced profitability. However, the cost of transgressing control regulations was much higher, as Marseille experienced in 1720: the pressures exerted on the local Health authorities by the owner of a plague-affected ship whose cargo was bound for the fair in Beaucaire, resulted in over 50,000 casualties in the city itself – that is half of its population – and a total stillstand of business and trade for more than two years (Carrière, 1968). Apart from the occasional failure, the implementation of prevention measures at given ports contributed to the structuring of long-distance trade in those ports as they were well-equipped to handle plague-affected ships. This was the case, after Ragusa and Venice, in Marseille, Genoa, Livorno and Malta, which developed as staple places. Conversely, trade was diverted away from poorly equipped ports, so that the quarantine system did much to shape the economic hierarchy, although at the same time it reflected such a hierarchy. The occurrence of plague in Ottoman ports, where such health controls were not in place, had dramatic effects on their population and trade. In the 18th century, the disease is recorded two years out of three in Istanbul, and one year out of two in Egypt, although its endemic character generally prevented such dramatic mortality rates as those experienced in Europe (Panzac, 1985). Transport times in the age of sail made plague prevention systems a peculiar Mediterranean feature. As a matter of fact, most of the ships leaving a Levant port with plague on board were no longer infectious by the time they arrived in a Northern port of the Mediterranean. It was only in the late 18th century, when direct trade between the Levant and Northern Europe became faster, that British (Booker, 2007) and Swedish authorities1 showed some concern about the eventuality of plague being introduced by crew arriving from the Inner Sea. Mediterranean experience in dealing with plague consistently contributed to 19th-century European debates on the means to prevent the spreading of yellow fever and cholera. 1

The Swedish consul at Marseille, François Philip Fölsch, was worried about the risk of infection to Swedish crew members coming into contact with Algerian privateers on their way back to Stockholm: “Votre Excellence appréciera dans sa sagesse le degré du danger et celui des précautions que l’administration pourra juger à propos d’employer, avant d’admettre librement dans les ports les équipages des navires qui ont eu de semblables visites, je me dois borner à vous observer que ce fléau existant dans Alger est dans le cas de se répandre plus facilement que de partout ailleurs, à cause des essaims de corsaires qui sortent de cet endroit et vont même assez loin du détroit“, Riksarkivet (Stockholm), Diplomatica Gallica 512, Marseille, 16 March 1787, consul Fölsch to the Swedish Chancellor.

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The danger of warfare, raids and captivity Beside the dangers of pandemic disease, the Mediterranean Sea conveyed anthropogenic hazards. The beginnings of early modern history were characterized by intense hegemonic competition in the Mediterranean opposing the Spanish and the Ottoman empires, with former powers such as Venice and rising states like France playing in the game. Warfare was frequent, and contemporary perceptions of actions which were legitimate in times of war included the capture of enemy cargo, ships, crew and passengers. Whereas crossing the Alps, the Balkans or the Pyrenees to access Southern Europe and the Mediterranean proved a harrowing experience for armies and goods, maritime routes were far more accessible and cheaper. The sea therefore represented the most obvious transport means for people and goods, and consequently the element in which most captures occurred. Although privateering in the Mediterranean can be traced back to Ancient times, or even to the Bronze Age (Jaspert and Kolditz, 2013), the risk of humans being the main targeted booty is a special feature of late medieval and early modern Mediterranean history. The persistent danger of capture was due to the absence of hegemonic control over the Mediterranean by a single state. Although late 16th-century Spain had important interests in the Mediterranean, the building of the Spanish Empire in the Americas and the discovery of its silver mines on the one hand and Spanish involvement in Northern Europe, Portugal and Lombardy on the other diverted Madrid’s interests from an exclusive Mediterranean focus. The Ottoman Empire, by contrast, expanded just as much around the Mediterranean rims as in Asia and Africa. Its failure to assert its supremacy at sea in the 1580s provoked the emergence of relatively autonomous politics by the Barbary regencies, which resolutely embraced privateering against Christianmanned ships in the 17th century as a constitutive element of their social, economic and political structures. In the absence of a hegemonic power, the local and dynastic interests of early modern states surrounding the Mediterranean created a complex and constantly changing picture of trust and mistrust, alternating warfare, truces, temporary alliances and more or less lasting peace treaties – a situation which continued until the 19th century – although competing interests also created a space for collaboration and economic exchange. Persisting warfare made the danger from the sea a concrete reality for every generation which lived around the Mediterranean in early modern times. Fleets have been used since Antiquity by belligerent states to transport troops in order to conquer (or ‘liberate’) foreign lands. Islands, which could only be conquered by sea, experienced long blockades aimed at depriving inhabitants of external assistance and food. Ports were blockaded too, and populations, when not driven to starvation and decimated by disease as in British-blockaded Genoa in 1800,

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suffered in many war-related instances from a temporary stagnation of port activities. Such events also occurred in other parts of the world. A peculiar feature of the early-modern Mediterranean was the effective endemic raiding aimed at capturing people who were then enslaved. Both Muslim and Christian societies had pushed the boundaries of the area inhabited by people not to be enslaved, since slaves did not belong to the same religious community as their masters, although neither abolished slavery as such. Religious war was seen to justify the enslavement of the others. This happened both at sea, through privateering, and on shore, through planned raids. Father Dan reported from Algiers in 1634 – a golden age for privateering and raiding – that the city had at that time a fleet of 600 vessels and around 36,000 slaves. Although the corso reached a peak in the mid-17th century, raids on the coasts around Nice, for instance, occurred until the 1780s. According to Salvatore Bono’s recent estimates, “from the 16th to the 19th century at least 2 million slaves from the Muslim Mediterranean world entered European countries, while a million European slaves and at least double that number of black slaves crossed over (directly or indirectly) into the Islamic world – giving a total of 5 million” (Bono, 2010, p. 105). If we accept these estimates, we should first of all reverse the current picture according to which the Barbary States were the most effective actors in raiding and enslaving people from the other rim of the Mediterranean, as the Christian corso was twice as dramatic. Secondly, if we compare these figures with those of the transatlantic slave trade – with 12 million Africans deported in the same time span to the Americas – we can better appreciate the relevance of Mediterranean slave markets, although it is necessary to stress that African slaves’ living conditions in the Americas were generally much harsher than on the Mediterranean rims, just as the chances to be freed differed radically: the economy of the corso of the Barbary States relied on ransoming (Kaiser, 2008). The two phenomena, however, are not independent, and Antonio de Almeida Mendes (2007) has convincingly shown how the Iberian slave trade to the new World was deeply rooted in the realities of the Mediterranean, an element which we can add to ongoing reflections on Mediterranean interconnectivity to the wider world. Recent historiography has paid increased attention to narratives and biographical sketches of those who were captured and sold. A few hundred autobiographical records exist, and if Bartolomé and Lucile Bennassar (1989) drew scholarly attention to the phenomenon of renegades, many other documents are still unexplored in archives (Moureau, 2008; Ghazali, Boubaker and Maziane, 2013; Bono, 2011). The analysis of different sources relating the everyday life experience of enslaved captives demonstrates that the Muslim world offered a much wider variety of situations, from hard work on behalf of the state to a position of power at the court – with half of the 22 governors of Algiers listed by Diego de Haedo at the beginning of the 17th century being Christians who had converted to Islam.

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For these converts, a brilliant career was possible, among other things at sea, as a raider. Between 1550 and 1650 “a considerable number of the corsairs, and sometimes their majority – especially among the rais – was made up of new converts” (Loualich, 2010, p. 70). Non-converted Christians could also rise to interesting positions: in 1785, Algerian corsairs seized for the first time two American-flagged ships off the Portuguese coast. Christine Sears has recently retraced their stories: Taken back to Algiers, the twenty-one crewmembers were thrown into Algerian prisons, called bagnios. In Algiers, the[y] joined a cosmopolitan, urban population with whom they interacted regularly. They communicated freely with one another, with Western consuls and merchants, and sent and received mail and newspapers. Some American slaves used their autonomy to forge and foster connections with American and European diplomats, statesmen, and businessmen, while others did so with Algerian leaders. (Sears, 2010, p. 207)

One of these men, sailor Cathcart, was able to climb the social ladder and become, in 1794, the Chief Christian Secretary, the highest Algerian post open to Western slaves. After the ratification of the treaty between the United States and Algiers in 1795, Cathcart was rescued and appointed as American consul to Tunis. Not all his fellows were as lucky as he, and by the time the United States redeemed their enslaved sailors, half of the crew of the two ships captured in 1785 had died in captivity. This example illustrates the impact of privateering on contemporary curricula vitae. Some captives converted to Islam, others adapted to local customs. Such cross-cultural permeability caused, among other things, the concern of the Spanish Inquisition, providing historians with a myriad of sources (Ghazali, Boubaker and Maziane, 2013). The endemic existence of the corso deeply affected the representation of the rims on both sides of the Mediterranean, and well beyond. As Magnus Ressel (2012) has shown for the Hanseatic cities, the Netherlands and Denmark, they led merchants, maritime societies and public authorities to adopt different solutions to deal with the risk of capture. Historians have looked at the phenomenon from other points of view as well. Income from privateering was of fundamental importance in Algiers and shaped the economy of the city and surrounding lands – with rais investing massively in real estate. It has been argued that the profitability of privateering diverted capital from other lucrative maritime activities such as trade, but it can also be stressed that European reluctance to let Muslim merchants play in cross-Mediterranean trade is a more accurate explanation of the scant presence of Muslim merchant shipping in Mediterranean trade. Privateering certainly affected politics and Algiers’ reorientation of her international concerns “towards the protection and consolidation of Algiers’ maritime interests, the safety of sailors and of navigation, and the issue of the freedom of navigation” (Loualich, 2010, p. 74).

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The Barbary and Christian corso created a situation of endemic warfare in the Mediterranean resting on a religious background but having major economic, cultural and political effects.

Structuring protection against human agents The corso deeply affected life on the Mediterranean rims. Although some raids were massive, most of the actions consisted in the crews of one or two ships disembarking and capturing a handful of local peasants, isolated people in the fields, or heedless children. Local communities could spot the approach of a suspicious vessel and alert the population through a signaling system. Not only were major cities protected from maritime attacks by a system of fortresses, but the coasts and the island shores were covered by a dense system of watch-towers – at sightdistance from each other – which allowed news of an approaching danger to be spread quickly enough to allow the local population to gather and defend itself. Fortifications and watch-towers are one of the still visible consequences of the endemic fear that early modern Mediterranean people experienced because of the maritime borders. Another fundamental consequence of the corso was the development of a cross-cultural diplomacy which evolved over time from bilateral relations into a complex international system. Once it became clear that neither a coalition of Christian powers nor the Ottoman Empire would acquire complete control over the Mediterranean Sea, diplomacy could be deployed. From the 16th century onwards, the Ottoman Empire ratified peace treaties with individual Christian states, and granted them trade privileges in Ottoman cities. This however, did not protect ships, cargoes and crew against privateering at sea. Between 1516 and 1574, successful privateers – such as Barbarossa, son of a Greek who converted to Islam, or the Turk Turgut Reis – managed to assert their power in Tunis, Tripoli and Algiers and put their territories under the powerful protection of the Ottoman Empire. However, they enjoyed substantial autonomy. The economy of their territories relied extensively on privateering and ransoming. Trade in cereals and manufactured goods between the Southern and the Northern rims of the Mediterranean could however reinforce the domination of Maghreb capitals on their hinterland. European powers for their part were pushing to increase their trade and to sail undisturbed. This common drive to pacify – at least partially – international relations led in the course of the 17th century to the ratification of peace treaties between the Barbary Regencies and those countries whose shipping was becoming dominant in the Mediterranean – namely France (1605 Tunis; 1628 Algiers), the Netherlands (1617 Algiers; 1622 Tunis) and England (1622 Algiers; 1662 Tunis). Other European states adopted a similar policy in the course of the 18th century. In accordance with Muslim law, such an agreement had to be renegotiated after the

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death of the Barbary authority who had signed it. Temporary tensions could also lead to their revocation, so that the situation was relatively unstable. Negotiations occurred in some instances after a naval war or a demonstrative bombing of the Barbary State capital, such as the ones France carried against Algiers in 1682, 1688 and 1689. In other instances, attacks against Algiers turned into a dramatic defeat for the attacking forces, as in 1775 when Spanish forces tried to subdue the Dey. Most treaties foresaw freedom of navigation at sea in exchange for the payment of a tribute and/or annual gifts. Such agreements implied the codification of a system allowing the captains of merchant, Navy and privateering ships to recognize each other as friends. The system was based on passes which Christian and Muslim captains took with them when sailing in Mediterranean and Southern European waters (Panzac, 1999). Although the intensity of privateering diminished in the second half of the 17th century, the Barbary States were however constantly at war with some Christian countries. On the one hand, those European countries which were at peace with them enjoyed a comparative advantage compared to those who did not, and had an interest in the persistence of a Barbary threat which discouraged potential competitors. On the other hand, no peace was possible between Muslim States and the Knights of Malta and other Christian military orders fighting against Muslim ships, such as the Order of Santo Stefano in Leghorn. This factor contributed to driving inter-Ottoman maritime trade in the Mediterranean into the hands of Christian ships and sailors, a situation which Europeans welcomed. Daniel Panzac (2004) showed the importance of Christian-Muslim agreements, mostly negotiated in Christian consulates in the Ottoman Empire through Greek, Armenian or Jewish brokers, for the maritime transport of goods within the Ottoman Empire. They procured an essential source of revenue for Christian captains and crew, and had a major impact on local communities such as SaintTropez, as Gilbert Buti (2010) has recently shown. It has been argued that this situation drove the Ottoman Empire into a dependency path by depriving its economy of a consistent part of maritime revenues, notably shipping, with the remarkable exception of Greeks who were generally able to sail without being molested by the Maltese. Also, historians have mostly interpreted treaties imposed by France, England and the Dutch on Barbary States in the 17th century as the warning signs of European hegemonic ambitions in this area that would lead to 19th-century colonization. In studying the activities of a French consul in Tunis at the end of the 18th century, Christian Windler (2002) challenged the pertinence of state-centered approaches to diplomacy and stressed the importance of individual actors who were able to bend positions and play a key role as local intermediaries between different cultural habits and practices. The 2011 ERC Advanced Grant coordinated by Wolfgang Kaiser (ConfigMed-‘Mediterranean reconfigurations: Intercultural trade, com-

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mercial litigation and legal pluralism in historical perspectives’) offers new insight on the nature of cross-cultural relations from the 16th to the 19th centuries and contends that they were European-driven. Recent historiographical tendencies invite us not to read Early Modern Mediterranean power relations in the light of 19th and 20th century developments and European supremacy. Without dismissing the importance of cross-cultural diplomatic relations in structuring Mediterranean trade, it seems to me that it might be worthwhile to look closer at their implications for inter-European relations as such. The development of international relations in the 18th century created a relatively stable system which consisted of six great powers and a large number of small states which often stayed neutral during the great powers’ wars (Malmborg, 2001; Scott, 2006). If France, Great Britain, Spain, Austria, Russia and Prussia were frequently involved in war, this process conversely produced for many 18thcentury European states such as Sweden, Denmark-Norway, the Netherlands, the Hanseatic cities, Portugal, Ragusa, Venice, the Kingdom of Naples, Tuscany and Genoa, but also for the Ottoman Empire and the United States, a policy of neutrality favorable to the expansion of their shipping and trade. This situation might be conceived as the product of mutual interests. Collaboration between actors in different countries largely crossed national divides and bypassed international struggles, a factor which raised concern at the time. In the words of the British High Court of Admiralty judge James Marriott (1759), merchants formed a kind of “separate Republic of themselves, independent of the several Governments under which they live”. The capacity of merchant networks to divert trade and adapt to shifting situations – whether these were due to plague or war or crop failure – shaped contemporary perceptions. This capacity was the result of the impossibility for any given power to control the sea. This insight is therefore one of the contributions that maritime historians can make to the understanding of diplomacy and international relations in early modern Europe. Also, 18th-century debates on neutrality and the projects of perpetual peace which were then elaborated can possibly be better understood by grasping the underlying mechanisms of international cooperation which were at work during warfare periods. The two-century old experience of the coexistence of warfare and commerce in the Mediterranean world and its complexity in terms of the coexistence of different norms make this region particularly interesting.

The Mediterranean: a gateway to interconnectivity Geographically speaking, globalization, defined as the worldwide integration of expanding markets (Held, McGrew, Perraton and Goldblatt, 1999), has often

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been told as the story of the rise of the North Atlantic empires and the emergence of a hegemonic, archetypal Anglo-Saxon market economy, or examined in the framework of the debate on the effectiveness of European primacy compared to Asia (Pomeranz, 2000; de Vries, 2010; Acemoglu, Johnson and Robinson, 2005). Connections and interdependencies between the Atlantic and other maritime areas are seldom at the core of historical scrutiny (Greene and Morgan, 2005). Scholars’ interest in overseas trade has marginalized analyses of more traditional trade and markets, and shifted attention toward colonies and empires. In adopting a maritime approach, we can partially counter some of the bias of a perspective focusing almost exclusively on territorial states and national/colonial policies. The maritime dimension of trade can best be apprehended from the sea, by looking at the interactions among shipowners, merchants and captains. In doing so, we can better grasp the resources which economic actors mobilized to adapt to a changing environment leading to globalization and test the hypothesis that it was their adaptability that produced globalization. This perspective might prove particularly fruitful in apprehending the Mediterranean because in this area no major dominant power emerged since the fall of the Roman Empire, and the struggle between the Ottoman and the Spanish Empire in the 16th century concerned two empires which had major interests in other areas of the world as well. The Mediterranean World was connected to other European and Atlantic powers at a time when the core of the World economy was shifting to the Atlantic world. It has been argued that these interconnections were dominated by Northern, Atlantic powers and interests, but recent historiography has challenged this assumption, offering a fresh look at interdependency paths between the Mediterranean and the Atlantic worlds. In order to understand the relevance of the ongoing historiographical revision on Mediterranean trade it is useful to briefly recall the traditional historiographical conception of the early modern Mediterranean.

The invasion of the Northerners, or a marginalization of the Mediterranean in the World economy Authoritative scholars such as Braudel (1949) and Wallerstein (1974–1989) imposed an image of a long-lasting, ineluctable decline affecting this area since the late 16th century, parallel to the ‘Rise of the Atlantic Economies’ (Davis, 1973). The primacy of Northern Europe has since been conceived as seminal to the rise of Western economies and to industrialization (De Vries and van der Woude, 1997; van Zanden, 2009). In short – and over-simplifying –, Braudel pointed to the increased presence of British and Dutch/Flemish ships in the Mediterranean since the 1570 and asserted that the Northerners invaded the Mediterranean and were able to mono-

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polize within a few decades the most lucrative Mediterranean trades. Moreover, their cheap textile production dealt a serious blow to the high-quality production of Italian cities. Overall, the position of the Italian economy and merchants, who once dominated the European economy and banking, weakened, and the Mediterranean economy gave long-lasting signs of decline, which was paralleled by political and cultural crisis. The representation of Spain – with a black legend of decline constructed by its enemies since the 17th century – perfectly illustrates this conception of historical evolution affecting Southern Europe. As far as the Ottoman Empire is concerned, a growing consensus in Europe about its debility since the end of the 17th century opened the debate over its spoils among contemporary European powers. Contrasting this inglorious picture of the state of Mediterranean powers, historians – notably in the Anglo-Saxon world – have stressed the rise of the Atlantic economies, and celebrated the entrepreneurship of the protestant, Atlantic world, and its expansion overseas. Despite the fact that the Spanish Empire in the Americas lasted longer than the French and British empires, notwithstanding the fact that access to the Spanish Empire was the main reason for war in the 18th century, ignoring the late but fundamental conversion of Cuba to a world sugar producer at a time when other countries were abolishing the slave trade and slavery, the persistent image of the expansion of 18th-century trade rests on the idea of the superiority of north Atlantic economies. This, in turn, paved the way for the explanation of 19th-century British industrial superiority. After the Dutch and English “invasion” of the Mediterranean in the late 16th century – which has been interpreted as one of their first steps in this glorious upward path to the conquest of world markets – other Northerners penetrated into the Inner Sea and, according to Braudel, gained similarly dominant positions. As a matter of fact, the number of Swedish and Danish ships sailing into the Mediterranean grew considerably in the course of the 18th century, before the captains of the United States arrived as late-comers in the game at the end of the century (Müller, 2004; Andersen, 2000; Marzagalli, McCusker and Sofka, 2008).

An increasing unease with the decline/Northern invasion thesis This narrative that condemns the Mediterranean world to a peripheral and subordinate role is beginning to be questioned (Fusaro, Heywood and Omri, 2010; Bartolomei and Marzagalli, 2011). A growing number of case studies on specific aspects of Mediterranean shipping and maritime trade identify elements which no longer fit into the dominant interpretative framework. We can stress three aspects which give cause for increasing discomfort with the traditional interpretation of the Mediterranean as a peripheral area dominated by Atlantic interests. First, the presence of an increasing number of non-Mediterranean vessels and their governments’ concern in maintaining favorable conditions for their ship-

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ping and trade in this area point to the persistent relevance of this region for Northern European and American interests. Just to take two examples, the Mediterranean salt trade was crucial for agriculture and fishing industries in the Baltic region (Carlén, 1997), and half of Swedish salt imports came from the Mediterranean; moreover, Mediterranean freight and commerce were essential for the balance of trade of the Thirteen Colonies and later of the United States, and generated consistent profits, such as for the Scandinavians (McCusker, 2010; Müller, 2004). The Western Mediterranean, thus, can be best conceived as an essential area for Northern European and Atlantic economies in an age of globalization and for the expansion of shipping, rather than as a marginalized area condemned to inexorable decline. Secondly, the pervasive idea of the marginalization of the Mediterranean in relation to Northern European economies and the alleged poor or limited performance of Mediterranean actors is questioned by recent historiographical findings that point, among other things, to the rise of Greek-owned shipping in Western Europe (Harlaftis, 1996 and 2010), to the growing participation of Genoese and Neapolitans in Marseille trade (Carrino and Salvemini, 2006; Lo Basso, 2009), and to the strong presence of Mediterranean actors in some trades with the Americas – such as of Marseille shipowners in the West Indies or of Genoese in Cadiz and Rio de la Plata (Carrière, 1973; Brilli, 2008). This contrasts sharply with the traditional image of a domination of Atlantic shipping in Mediterranean and extra-Mediterranean trade. Finally, by insisting too much on the marginalization of Southern Europe, it becomes difficult to explain the success stories of the industrialization of Catalonia, Marseille or northwestern Italy – although the question of Southern European industrialization is out of focus here both because of its chronology and because its character is not specifically linked to the subject of maritimity. As a matter of fact, maritime connections between Northern Europe and the Southern Mediterranean are gravely understudied and deserve closer scrutiny (de Vries and van de Woude, 1997, p. 488), especially as shipping has recently been defined by Richard Unger (2011, pp. 3–44) as the critical factor in economic growth from 1350 to 1850. We have already mentioned the importance of Mediterranean trade in fostering Atlantic diplomacy – with Russia entering into the game in the second half of the 18th century – notably with regard to the Barbary States. Without contesting the essential role of Atlantic actors in the early-modern Mediterranean, future historical agenda should better assess the involvement of Mediterranean actors in Mediterranean trade, conceiving the possibility of a multi-scale approach in which different scales of trade correspond to different groups of actors. Such an approach does not necessarily need to eliminate power relations and political factors, contrasting dominant Atlantic history approaches

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which over-emphasize the free play of the invisible hand among collaborating individuals and groups of people (Marzagalli, 2008). A Mediterranean focus makes it possible to enlighten another part of the story of globalization and to depict a different narrative, centered on integration and complementarities among individual and institutional players interacting with each other, well beyond bilateral relations and state-determined or national/colonial interpretative frames, without leaving power relations out of the picture. The Western Mediterranean, in particular, can be conceived as a complex system in which movements and exchanges took place between complementary areas and ports through a wide range of intermediaries who came from different parts of the world. Trade and shipping in this region was relatively unregulated in comparison with colonial trade and Northern Europe. In stressing the complexity and multiplicity of actors in this area, which goes beyond interactions between Christians and Muslims (Hess, 1978; Kaiser, 2008), it is possible to provide an original understanding of the rise of “free” markets for shipping services, maritime labor and commodities, as a result of individual actors’ activities. The ERC starting grant coordinated by Maria Fusaro is exploring the relevance of sailors’ wages in structuring 17th century shipping in the Mediterranean, as part of the explanation of the success of Dutch and English merchants in some trades, but also of the persistence of Mediterranean shipping in other specific trades. In a context of weak states, actors moved across state regulations – taxation, restrictions or interdiction of specific trades or itineraries –, taking advantage of state protection whenever this proved beneficial (Greene, 2002). But merchant networks – which represent the governance form on which trade relied in the Early Modern World – did not rest solely on people who were subject to the same sovereign power. As economic historians and socio-economists have stressed over the past decades, they were structured across national boundaries by kinship, confession and ethnicity (Ben-Porath, 1980; Landa, 1981; Israel, 2002). Recent historiography has suggested, however, that merchants’ success depended on actors’ capacity to transcend mono-confessional and ethnic networks, and this feature was particularly evident in the Mediterranean (Molho and Ramada Curto, 2003; Trivellato, 2009). Cross-cultural and cross-religious trade increased over time, because interactions could rely on other mechanisms of trust and control (Trivellato, Halevi and Antunes, 2014). By the 18th and early 19th centuries, additional mechanisms of monitoring and sociability were in place, enabling collaboration and facilitating circulation, such as for instance Masonic affiliation (Beaurepaire, 2003; Beaurepaire and Pellegrinetti, 2006). It was this capacity for adaptation which allowed consumption of new goods to increase far beyond population growth, despite the frequency of warfare in the period between 1715, after the emergence of a new balance of power between Bourbon Spain and France on the one side and Great Britain on the other, and 1815, when a new phase started, determined by the Pax Britannica which com-

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pleted Britain’s rule over the sea, and characterized by the industrial Revolution, at a time when relations between European states, North Africa and the Ottoman Empire were being drastically redefined (e.g. the French occupation of Algiers in 1830) (De Vries, 2008).

The Invasion from the East, or the creativity of Mediterranean maritime entrepreneurship revisited This overall increase in trade over the long 18th century was the result of the intertwining of multiple scales of trades, linking the three continents around the Mediterranean to Northern Europe and the Americas. The conclusions of two case studies – one on Greek shipping, the other on Tyrrhenian trade – illustrate concretely that our perception of the participation of Mediterranean people in Mediterranean trade has moved away from the decline thesis. In both cases, we are dealing with informal, non-state protected networks or with actors who could not rely on a strong state protection to back their interests at the international level. Our tendency to apply contemporary frames to the past has possibly led historians to over-emphasize the success-story of those actors who, like the French or the British, could count on states who negotiated the conditions of their presence in the game at an international level, and to overlook the importance of a daily, less visible and less-prestigious local and regional trade which, in the Greek case, evolved into a lasting strong position on the international shipping markets.

The ‘eastern invasion’ by the Greeks In 2004, Gelina Harlaftis started a major research project aiming to reconstruct Greek-owned fleets and Greek shipping in the Mediterranean from the 17th to the 20th century. Her research team has, among other things, built a database of the voyages of Greek captains from 1720 to 1821 by looking at Health office registers in all major Mediterranean ports as well as port records in London and Amsterdam. In the light of this data, she disputes that the northern invasion “took over Mediterranean trade from the fleets of the main Italian cities” and believes instead that “in the seventeenth century, the largest part of it remained in the hands of local Mediterranean merchant fleets” (Harlaftis, 2010, pp. 223–224). Looking at the 18th century, when the Black Sea trade was integrated into the Mediterranean one, she demonstrates how the Greek-run ships benefitted from European conflicts to expand trade not only to the Western Mediterranean, but also to Northern Europe and sporadically as far as Montevideo – an area where local shipping was almost entirely in the hands of the Genoese (Brilli, 2008; 2011). The progressive extension of Greek trading areas since the 17th century clearly counters the dominant decline theory of Mediterranean actors in shipping and

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trade: 80 per cent of Greek-run ships sailed under Ottoman colors, the rest under an impressive number of European flags, although in order to secure this shipping, these ‘Ottoman’ captains probably used different flags and sets of papers in the course of their caravanning trade, generally avoiding problems in Malta as Christians.

The increasing shipping of Italian actors in regional Mediterranean trade Another major research project run in Bari by Biagio Salvemini collected an impressive amount of data on the entrances in Marseille between 1710 and 1840 of ships coming from Southern Italy. The original idea was to substantiate the dependency path of the Mezzogiorno by analyzing the structure of its trade to a major, industrializing port in France. The data collected on 21,000 voyages, however, opened new interesting perspectives as far as shipping and trade growth are concerned (Salvemini and Visceglia, 1994; Carrino and Salvemini, 2006). One of the major results of the project was to show the important growth of infra-Mediterranean shipping: between 1710–1750 and 1763–1792, the number of ships entering Marseille from southern Italian ports increased fourfold – a factor which far exceeded population growth. Olive oil, soda and cereals represented the major southern Italian export to Marseille and their share in volume of trade increased from one-half to approximately two-thirds of the total incoming cargo. But two other elements are even more interesting for us. First, this trade was not confined to major Italian ports, but included places on the shores with very rudimental, or no port infrastructure at all. As a matter of fact, in many instances cargo was taken on board on an uninhabited shore, where captains would meet with people who came from the villages on higher ground – a typical defensive strategy against maritime raids. This fact points to the increasing integration of local production into a widening world, in which connections were exclusively maritime ones. The number of places where cargo arriving in Marseille was loaded increased from 76 to 164 between the two above-mentioned time-spans. Trade became thus more and more decentralized and the share of the top 5 ports decreased from 58 per cent to one-third of total departure points. This almost completely non-institutionalized trade allowed greater flexibility between demand and supply, where the decisive interconnections were handled by Tyrrhenian actors. If the French dominated the connections with the major ports of the Kingdom of Naples, the inhabitants of the Republic of Genoa had a firm hold on the rest. Luca Lo Basso (2009) demonstrated how a small maritime village on the Genoese coast like Laigueglia almost monopolized trade and shipping to some villages in Calabria. Inventive family and community credit systems allowed local captains to make consistent profits by frequently changing partnerships, which generally lasted one shipping campaign only. Neapolitan subjects, however, were not cut off the play, and while the share of the Genoese increased from 12 to 24 per cent of the total that of the Neapolitans grew from 18 to 33 per cent.

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Conclusions By putting all these elements in a broader perspective, it is possible to suggest that the process which was taking place in the early modern Mediterranean world consisted in a systemic adjustment to demand growth in the age of European economic and political expansion. The result was increased integration of the Mediterranean in a globalizing world. This process required, first, the setting of an international frame in which trade was possible, although antagonistic interests were at play to provide specific groups with comparative advantages, and this resulted in endemic conflictuality. Warfare was an economic opportunity in itself for local actors, both because enslaved enemies could be lucratively ransomed, and because it opened up room for maneuver for neutral states and for those groups who benefitted from their diaspora networks, such as Greeks, Jews, and Armenians, which allowed them to adapt more easily to the necessity of changing peace-time credit and goods flows. Within this frame, contemporaries organized interconnected networks of local, regional, international and extra-Mediterranean links. My present hypothesis is that whereas major lucrative trade among the big ports might have been partially dominated by Atlantic actors – although it should be kept in mind that half of the Levant trade with Western Europe was in Marseille’s and Languedoc’s hands – infra-Mediterranean connections were largely handled by Mediterranean actors. These actors, however, were not cut off from Atlantic trade, and in fact, Marseille was second only to Bordeaux in the French West Indian trade, whereas, as mentioned before, early 19th-century Rio de la Plata shipping and retail trade was dominated by Genoese, whilst Greek merchants were rising to a dominant position in the international shipping business. Moreover, the Mediterranean world transmitted cultural and socio-economic patterns to the wider world – be it the consumption of coffee or the slave business. We are only starting to perceive the complementarity of maritime ties which linked local economies around the Mediterranean shores to a wider world, at the same time as they contributed to structuring power relations and dependency paths. In order to build a global picture, we will need to collect more data over the long term and to process them from this fresh historiographical perspective which places the sea, and the connections it enables, at the very center of the analysis.

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Meike Meerpohl Kontrast und Konstruktion Die Produktion von Bildern und Wissen durch Reiseaktivitäten im Mittelmeerraum

„Das ist das Angenehme auf Reisen, daſs auch das Gewöhnliche durch Neuheit und Überraschung das Ansehen eines Abenteuers gewinnt.” Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)

Einleitung Zu Beginn des 21. Jh. ist der Mittelmeerraum1 in seiner Gesamtheit weltweit die führende Tourismusdestination. In den 29 touristischen Zielländern2 der Mittelmeerregion wurden 2011 306 Millionen internationale Tourismusankünfte verzeichnet, so dass die Mittelmeerregion als einheitliche Touristendestination etwa 31% des Weltmarktes innerhalb der Tourismusbranche einnimmt (UNWTO, 2011). Grund dafür sind laut Lonely Planet Reiseführer Golden sun-kissed beaches, dreamy seascapes, ancient ruins and awe-inspiring art – the Mediterranean Europe is a visual and sensual feast. Visit once and you’ll be hooked for life (Lonely Planet, 2011 S. 3). 1

Die Definition des Mittelmeerraumes oder der Mittelmeerregion ist umstritten. Geologen definieren ihn anders als Geographen, Historiker anders als Biologen, Politikwissenschaftler anders als Ethnologen (Kaser, 2007, S. 78–84). In diesem Beitrag bezieht sich der Mittelmeerraum aus touristischen Perspektive auf die Definition der Welttourismusorganisation (UNWTO) und schließt 29 Länder ein (UNWTO, 2011). 2 Im touristischen Kontext werden zu den Mittelmeerländern folgende Länder gezählt: Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Libanon, Libyen, Palästina, Syrien, Andorra, Zypern, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Malta, Monaco, Portugal, San Marino, Slowenien, Spanien, Albanien, Bulgarien, Türkei, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien, Montenegro.

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Aber ist die Vielfältigkeit des Mittelmeerraumes die einzige Motivation für die derzeitig weit verbreiteten Reiseaktivitäten in diesem Raum, die laut Reiseführer nach einem Besuch lebenslang abhängig macht? Dieser Beitrag will sich der Mittelmeerregion als Reiseraum annähern und verschiedene Reiseaktivitäten in diesen Raum darstellen. Hierbei soll auf das Reisen im Allgemeinen und Reisen im Mittelmeerraum im Speziellen eingegangen werden. In diesem Beitrag soll beispielhaft aus dem Kontext einer Konstruktion von Bildern, Berichten und Beschreibungen zwischen Fakt und Phantasie der Aspekt der Wissensproduktion über den Raum beleuchtet werden. Da Reisen im Mittelmeerraum eine lange Tradition haben, kann dieser Beitrag nur auszugsweise auf einige Aspekte eingehen, um einen Überblick über verschiedene Prozesse innerhalb der Formierung von Wissen durch Reisen zu liefern, und wird dabei einige Perspektiven unberücksichtigt lassen müssen.

Bekanntes und Unbekanntes: Reisen zwischen Eigenem und Fremden Reisen werden aus verschiedenen Motivationen heraus unternommen und können aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Der Begriff „Reisen“ wird für verschiedene Formen der Ortsveränderung verwendet. Es ist weniger die Distanz, um die es geht, sondern vielmehr ein Verlassen der vertrauten alltäglichen Umgebung, das in der Regel durch die Rückkehr zum Ausgangspunkt abgeschlossen wird. Der Aufbruch kann unterschiedliche Gründe haben: klimatische, ökonomische, militärische, politische, religiöse, individualpsychologische, medizinische Gründe, die den temporären Ortswechsel veranlassen und die den Menschen aus seiner gewohnten Umgebung und aus seinem alltäglichen Zusammenhang herausreißen, indem er sich in einen anderen Kontext begibt (Wetzel, 1991, S. 10–11). Das Bedürfnis, eine Ortsveränderung vorzunehmen und dabei dem Fremden zu begegnen, ist fest in der Geschichte der Mittelmeerregion verankert. Es ist der Drang, in die weiteste Ferne zu reisen, mit letztlich immer demselben Ziel, sich zu bereichern und sich im Spiegel des Fremden selbst zu finden und abzugrenzen (Frank, 2011, S. 53). In der Geschichte des Reisens ist zu erkennen, dass in der Beschreibung das Fremde unterschiedliche Formen annahm und sich zwischen Monster und Unmensch, Kuriosum und Exotikum, Faszinosum und Bereicherung bewegte, wodurch eine Vielzahl von utopischen Idealbildern hervorgebracht wurde (Frank, 2011, S. 75). Reisen war einst ruhmvolles Unterfangen, folgte einer Vision und hatte Prestige, denn der Aufbruch früherer Reisen, wie bei Handelsreisen und Kriegszügen, war in erster Linie materiell oder auch psychisch motiviert (Frank, 2011, S. 27). Andere Reisen dagegen, besonders in der Gegenwart, werden vielmehr durch einen allgemein unzufriedenen Zustand von Vereinsamung, Langeweile, Stress und Zwängen motiviert, so dass Reisen in die-

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sen Fällen auch etwas Fluchtartiges an sich haben können und ein Reisender häufig das Ziel hat, sich vom Alltäglichen zu entfernen. Dieser Art des Reisens liegt meist eine Sehnsucht zugrunde, ein Verlangen nach Gegenwelten, nach etwas Fremden. Wenn die Unzufriedenheit in der eigenen Gesellschaft groß ist, funktioniert das Geschäft mit dem Sehnsuchts-Tourismus besonders gut und die Lebenswelt wird während der Reise durch eine fremde Welt kurzerhand ausgetauscht (Frank, 2011, S. 37). Der Suche nach dem Fremde liegt häufig eine Suche nach dem guten alten Verlorenen oder nach dem unbekannten Besseren zugrunde (Wetzel, 1991, S.12). Viele Reiseunternehmungen dienen heute dem Zweck, an Orte zu reisen, die als heile Welt oder als „letzte Paradiese“ mit Geheimtipps vermarktet werden (Verigou und Hackenberg, 2012; Schmidt und Leue, 2012; Fischer und Ott, 2013). Der Antrieb ist hierbei nicht die Sehnsucht nach dem Neuen und Fremden, sondern eine Nostalgie und ein „Heimweh“ nach etwas Altem (Wetzel, 1991, S. 13). Anderen Reisemotivationen liegt die Sehnsucht nach einem einfacheren Leben zugrunde, die sich aus einer allgemeinen Frustration und dem Wunsch nach einer Erholung vom alltäglichen Stress generiert. Dann finden Reisen vielfach statt, um sich in der Begegnung mit dem Fremden selbst zu finden. Dies ist eine relativ rezente Erscheinung, die aber zunehmend Zulauf und Nachahmer findet (Wetzel, 1991, S. 14; Kerkeling, 2006; Coelho, 2007; MacLaine, 2001). Aber die Erfahrung in der Fremde und damit die Entfernung von dem Eigenen und dem Vertrauten muss nicht immer angenehm sein, denn Reisen kann auch etwas Verunsicherndes mit sich bringen und mit Trennungsängsten, Heimweh oder Kontrollverlust einhergehen, so dass Reisen zu „Kulturschocks“ werden können, wie Cora Alice DuBois3 den schockartigen Gefühlszustand beschrieb, in den Menschen verfallen können, wenn sie einer fremden Kultur begegnen (DuBois, 1960; Oberg, 2006, S. 146). Auch wenn frühe wirtschaftlich bedingte, politisch-militärische Reisen einen anderen Charakter hatten als Reisen, die heute von einer Überflussgesellschaft unternommen werden, so haben sie doch auch Ähnlichkeiten (Wetzel, 1991, S. 11). Gemeinsam ist ihnen der Aufbruch aus dem Bekannten zu etwas Unbekannten, die Neugier auf das Andere, die Spiegelung des Fremden im Eigenen und die Rückkehr in die vertraute Lebenswelt, bei dem gleichzeitig noch etwas erworben wird. Während der Vergnügungsreisende heute etwas ersteht, nimmt auch der Geschäftsreisende ein touristisch-kulturelles Beiprogramm in Anspruch. So lange Menschen reisen und unterwegs sind, unabhängig von Form oder Motivation, stellt sich immer die gleiche Frage: was sind die Gründe für das Unterwegssein, was bewegt die Reisenden unterwegs und was am Ziel? Wie gestaltet sich ihre Reaktion auf das Fremde und Ungewohnte und welchen Standpunkt nimmt der Reisende dem Fremden gegenüber ein (Ganz-Blättler, 2000, S. 1). Da die Reiseformen vielfältig sind, ihnen verschiedene Motivationen zugrunde lie3

Cora Alice DuBois (1903–1991) war eine US-amerikanische Kulturanthropologin und Professorin an der Harvard University.

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gen und unterschiedliche Arten einer Begegnung mit dem Fremden stattfinden – von der eigenen Identitätssuche im Spiegel des Fremden bis zu Reisen, bei denen Elemente einer kolonialen Eroberung zugrunde liegen – wird jede Reise von dem Reisenden individuell erlebt und aus seinem spezifischen Blickwinkel eventuell auch beschrieben (Wetzel, 1991, S. 16). Denn so unterschiedlich wie die Menschen sind, so unterschiedlichen gestalten sich Reiseberichte, die im Laufe der Geschichte erstellt wurden.

Bilder und Berichte: Historische Reisen in Mittelmeerraum als Grundlage der Wissensproduktion Ein kurzer Blick auf die Reiseaktivitäten in der Mittelmeerregion macht deutlich, dass diese Region seit Jahrtausenden mit einem Netz an Reise- und Handelsrouten überspannt ist; bereits 3000 v. Chr. zog Ägypten Reisende und Händler an, die alten Griechen reisten nach Phönizien und zum Schwarzen Meer sowie nach Sizilien und Marseille. Einige der ältesten Kulturen haben sich an den Küsten entlang des Mittelmeeres entwickelt, wozu arabische, byzantinische, karthagische, ägyptische, griechische, phönizische und römische Imperien und Reiche gehören. Bewohner solcher Reiche und Imperien unternahmen Reisen mit den unterschiedlichsten Zielen und Motiven, so dass das Mittelmeer schon zu frühen Zeiten für wichtige Handels- und Reiserouten benutzt wurde und Nord und Süd, Ost und West verband. Zu den ältesten Reisenden zählen Händler, Pilger sowie Krieger, für sie war Reisen Mittel zum Zweck, war Beruf oder Berufung, lebensnotwendig oder lebenserhaltend und im Fall einer Flucht auch lebensrettend. Die größte Gruppe früherer Reisender machten neben Gesandten und politisch motivierten Reisende, Händler und Kaufleute aus. Ihre Motivationen waren materielle Gründe und wenn sie Unbekanntem begegneten, reduzierten sie das Fremde auf Bekanntes. Sie zogen aus, um Geschäfte zu machen und nicht um das Fremde zu erfahren, aber dennoch waren sie wohl die ersten, die dem Fremden aufgeschlossen gegenüber standen, denn sie mussten auf fremde Personen und Kulturen eingehen, wenn sie ihnen Waren verkaufen und neue erwerben wollten. Neben den Kaufleuten waren es die Gelehrten, die von zuhause auszogen, um Wissen an verschiedenen Orten zu akkumulieren (Wetzel, 1991, S. 15). Hier sind vor allem auch Gelehrte wie Ibn Battuta oder Ibn Khaldun aus der islamischen Welt zu nennen (Grün, 2007; Ibn Khaldun, 2011). Diese Reisenden kamen in der Regel nach ihrer Unternehmung wieder zuhause an, während Flüchtlinge und Exilierten gezwungen wurden zu reisen, so dass die Reise in diesen Fällen meist ein Verlassen der Heimat für immer bedeutete (Wetzel, 1991, S. 19). Die verschiedenen aufeinander folgenden Imperien und Staaten, die im Mittelmeerraum entstanden und zerfielen, machten diese Region mit ihren

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Hinterlassenschaften aber auch zu der, wie wir sie heute als touristische Sehenswürdigkeiten vorfinden. Nur zu Zeiten der Römer, die über Jahrhunderte die gesamte Mittelmeerregion unter ihrer Herrschaft hatten, kann diese Region als eine politische Einheit wahrgenommen werden. Die Bezeichnung „Mare Nostrum“ (unser Meer bzw. das bekannte Meer), macht die Besitzansprüche deutlich. Nach Zerfall des römischen Reiches zerfiel die Mittelmeerregion in viele Reiche und Herrschaftsverbände und über die Jahrtausende hinweg wurden Konflikte zwischen Gruppen, Staaten und Nationen über das Mittelmeer hinweg ausgetragen. Aber nicht nur Konfliktlinien verliefen über das Wasser hinweg, sondern auch Handelsrouten, die umkämpft waren, denn die Kontrolle der Seewege versprach Macht und Einfluss (Ludmer, 2002, S. 3–4). Die Mittelmeerregion besteht heute aus einem geopolitischen Mosaik, das sich aus einer Vielzahl an Teilen zusammensetzt, die häufig in Opposition zueinander gesehen wurden oder noch werden. Gründe dafür können in den Reiseerfahrungen und Hinterlassenschaften bereits früher Reisenden gefunden werden, da sie bereits Bilder und Vorstellungen über das Meer und die Region hatten; viele dieser Bilder kursieren bis heute. Die lange Tradition des Reisens und des Unterwegsseins in der Mittelmeerregion bildet durch die Geschichte hindurch somit eine wichtige Grundlage für unterschiedliche Prozesse der Formierung von Wissensbeständen über diese Region (Cerretti, 2012, S. 314).

Reiseberichte Auch wenn für Krieger, Flüchtlinge, Kaufleute und Diplomaten weder die Reise an sich noch das Fremde oder ein mögliches Erleben auf der Reise bedeutend war, sondern ihr Ankommen und das Wiederheimkehren, so hatte auch ihr Reisen Nebeneffekte und trug zu einer Wissensproduktion über die Region bei. Ihre Reisebeschreibungen legten die Grundlage für folgende Berichte und wirkten sich auf spätere Mittelmeerbilder aus. In solchen Texten waren die Reisen dann oft von Neugier, Wissensdrang und Forschergeist geprägt. So berichteten Kaufleute, Krieger, Pilger, Reisende und Touristen von dem, was ihnen auf ihren Reisen begegnete, was fremd und abstoßend war, von dem Erstrebenswerten und dem Bewunderten. Sie hinterließen Beschreibungen, Bilder und Berichte, die sie für die Daheimgebliebenen schrieben. Spätere Reisende zogen hieraus ihre Informationen und gründeten darauf ihre Vorstellungen über das, was sie auf ihrer Reise erwarten könnten und nutzten dies als Grundlage für ihre anschließenden Berichte. Bestimmte Bilder, Vorstellungen und Erwartungen verfestigten sich in derartigen Rezeptionsprozessen. So sagen die Berichte weniger über das Fremde in der Ferne als über den Verfasser und den Leser selbst aus. Die Beschreibungen sind aus dem Blick des individuellen Reisenden geschriebene Darstellungen, die auf Grundlage seiner Vorstellung, seiner Lebenswelt und seiner definierten

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Grenzlinie zwischen Eigenem und Fremden erstellt wurden (Agai, 2010, S. 15). Zugleich sind Reiseberichte somit Quellen und literarische Zeugnisse eines Kulturkontaktes, da sie Auskunft über die Bilder vom Selbst und des Anderen geben, auch wenn sie häufig Ausdruck von Reproduktion, Illusion und Stereotypen sind (Agai, 2010, S. 13).

Pilgerberichte Die Wurzeln jener Reiseberichte, die häufig als Reiseführer dienten, reichen bis in das 3. vorchristliche Jahrhundert zurück. Bereits die griechischen Periegesen erfüllten die Aufgabe eines Herumführers, wie z. B. die Werke von Polemon von Ilion4 oder Herakleides Pontikos5 (Krämer, 2004; Frateantonio, 2009, S. 142– 156). Bereits in frühen Beschreibungen von Reisen lässt sich die Verbindung von Reisedarstellung mit der Beschreibung von Reiseabenteuern finden, wie zum Beispiel in Homers Odyssee (Hölscher, 1988), die als bekanntestes und ältestes Werk der Weltliteratur von den Unbequemlichkeiten und Strapazen maritimer Reisen berichtet (Hofrichter, 2004, S. 55) oder in dem mittelalterlichen Abenteuerbuch von Herzog Ernst (Sowinski, 1998). Zu den Vorfahren unserer heutigen Reiseführer über die Mittelmeerregion gehören die Pilgerberichte des Mittelalters. Diese vereinen vielfach die Funktionen von Reisehandbuch oder Reiseführer mit Beschreibungen von Erlebnissen während der Pilgerunternehmung (Dorninger, 2003, S. 2). Da sich an den Küsten des Mittelmeeres Judentum, Christentum und Islam verbreitet hatte, war die Region wie keine andere von den Begegnungen und der wechselseitigen Beeinflussung sowie den Konflikten zwischen den drei monotheistischen Weltreligionen geprägt (Schenk und Winkler, S. 12–13). Im Mittelalter gehörten Pilgerreisen zum festen Bestandteil des religiösen Lebens, so dass die Menschen aus allen Religionen zu den verschiedenen religiösen Stätten pilgerten. Für Juden und Christen lagen die wichtigsten Zentren mit Jerusalem und dem Heiligen Land im Mittelmeerraum. Bei der Beschreibung des Heiligen Landes griffen die Reisende auf antike Itinerarien, biographische Angaben, überlieferte Berichte und natürlich die heiligen Schriften zurück und nutzen diese für ihre eigenen Darstellungen. Die Kreuzzüge trugen noch weiter zur Steigerung des Interesses am Heiligen Land bei. Nach dem Ende der Kreuzfahrerstaaten waren die Franziskaner die ersten Vertreter der katholischen Kirche, die sich im Heiligen Land, in der Region Palästina niederließen. Von den Sultanen Ägyptens wurde ihnen die Erlaubnis zur Betreuung verschiedener heiliger Stätten des Christentums übertragen, woraufhin organisierte Pilgerreisen ins Heilige Land zunahmen. So berichteten z. B. die niederrheinischen Adeligen 4 5

Polemon von Ilion, geboren um 200 v. Chr. war ein griechischer Autor und Perieget. Herakleides Pontikos, geboren um 390 v. Chr. war ein griechischer Philosoph.

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Arnold von Harff6 und Hans Tucher7 über das Heilige Land und das Katharinenkloster auf dem Sinai in detaillierten Reiseberichten (Dorninger, 2003; S. 3; Pascher, 1978; Brall-Tuchel, 2008). Weitere wichtige Wallfahrtsorte der Christen im Mittelmeerraum waren aber auch Rom und Santiago de Compostela sowie Ephesos oder der Mosesberg auf der Sinaihalbinsel. Ähnlich wie für das Heilige Land gab es auch Pilgerführer für Rom oder Santiago. Vorformen dazu sind bereits im Frühmittelalter bekannt; aus der ersten Hälfte des 12. Jh. sind die „Mirabilia urbis Romae“ überliefert, die sich vor allem auf antike Stätten konzentrieren und seit dem 14. Jh. durch die „Indulgentiae Urbis Romae“ ergänzt wurden (Miedema, 2003). Einer der berühmtesten Pilgerführer des Mittelalters ist jedoch ein Führer für die Reise nach Santiago de Compostela. Er findet sich im fünften Buch des „Liber Sancti Jacobi“, einer Sammelhandschrift aus der Mitte des 12. Jh. (Dorninger, 2007, S. 3; Herbers, 1986). Auch die Pilgerwege der Muslime in Richtung Mekka führten an der Küsten Nordafrikas entlang des Mittelmeeres. Der Wunsch eine Pilgerreise zu unternehmen war in allen Bevölkerungsschichten vorhanden, die Motive allerdings waren unterschiedlich. Es war die Suche nach dem Heil der Seele, die Vergebung von Sünden, Dank- oder Bußwallfahrten sowie die Hoffnung auf die Heilung von Krankheiten, die die Pilger auf den Weg brachten. Auch Geschäftsinteressen wurden damit verbunden. So war die Pilgerfahrt im Mittelalter eine allseits akzeptierte Form des Reisens und in Berichten schrieben Pilger über ihre Unternehmung und ihre Erfahrungen auf der Reise (Donner, 2011; Brall-Tuchel, 2008). Die verschiedenen Pilgerberichte zerlegten die Mittelmeerregion somit in Pilgerstätten und Wallfahrtzentren und schilderten einerseits den Weg dorthin sowie andererseits die Sehenswürdigkeiten vor Ort. Dabei blieb die Grenze zwischen Pilgerführer, Pilgerbericht und Reisebericht oft fließend (Dorninger, 2003, S. 3). Im Spätmittelalter war bei Pilgerreisen der Weg über das Mittelmeer vorgeschrieben, so dass z. B. auch Ritter Arnold von Harff den Seeweg nutzte (Knop, 2008). Der übliche Reiseweg der Pilger ins Heilige Land führte von Venedig an der dalmatinischen Küste entlang über die Inseln Rhodos, Kreta und Zypern nach Jaffa.

Reisebericht des Entdeckungsreisenden Marco Polo Ein wichtiger Reisebericht stammt von einem sehr berühmten Reisenden des Mittelalters, von Marco Polo (1254–1324), der in seinen Reisebeschreibungen („Il Milione“) neben einem allgemeinen Interesse für das Fremde, auch ein Verständnis für die fremde Kultur erkennen lässt und brauchbare Informationen für Kaufleute aufführte (Wetzel, 1991, S. 18; Polo und Guignard, 2003). Sein Reisebericht wurde als Unterhaltungslektüre zum Bestseller und diente Kaufleuten, 6

Ritter Arnold von Harff (1471–1505) unternahm Reisen zu den drei bedeutendsten Pilgerzielen des christlichen Mittelalters, Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela und berichtete ausführlich über seine Reisen. 7 Hans Tucher (1428–1491) war Oberhaupt des Tucherschen Handelshauses.

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Forschern und Seefahrern als Handbuch. Selbst Christoph Kolumbus hatte ein Exemplar von „Il Milione“ mitgenommen, als er 1492 den Seeweg nach Indien suchte; er hoffte von den Erfahrungen Marco Polos im Umgang mit den Völkern des Fernen Ostens profitieren zu können. Auch wenn Polos Werk vielfach als Märchensammlung bezeichnet wurde, so hatte es für nachfolgende Zeitalter aufgrund der Fülle von geographischen und ethnographischen Angaben jedoch einen hohen Wert für eine Wissensproduktion über Asien sowie die Mittelmeerregion, denn in dieser Zeit erlangte dieser Raum als erste Region der Erde eine relativ exakte Vermessung und kartographische Darstellung (Schenk und Winkler, 2007, S. 12). Dies war bedeutend, denn zu jener Zeit ging es im Mittelmeer neben den religiösen Interessen vor allem um wirtschaftliche Interessen, da die militärische Beherrschung des Meeres der jeweiligen Partei den ertragreichen Handel mit Ägypten und dem gesamten Nahen Osten garantierte. Die Handelsrepubliken Genua und Venedig stritten um die Vorherrschaft im Mittelmeer, für sie war das Meer Aktions- und Wirkungsfeld (Kurowski, 1983).

Bildungsreisen Bereits frühere Reisende und Gelehrte, wie Ibn Battuta, Ibn Jubayr8 oder Cyriacus von Ancona9 bedienten sich in der Mittelmeerregion Dynamiken der Repräsentation der fremden Welt. Am Ende des Mittelalters dominierten die persönlichen Impulse immer mehr gegenüber dem Aspekt der Frömmigkeit. Bis ins 16. Jh. waren es in erster Linie noch Pilgerreisen, die die Reisenden in ferne Regionen lockten. Ab dem 16. und 17. Jh. gingen diese allmählich in Bildungsreisen über (Frank, 2011, S. 64). Eine Besonderheit der Bildungsreise waren die Kavaliersreisen, auch als Grand Tour bezeichnet, bei denen junge Adelige ausgedehnte Auslandsreisen antraten, um sich in ihren Kreisen zu etablieren (Knoll, 2006). Junge Aristokraten begaben sich nach ihren Studien auf eine große Reise, womit ihre Ausbildung endgültig abgeschlossen werden sollte. Die jungen Adeligen brachen zu mehrmonatigen Reisen an die sonnigen Küsten Südeuropas auf, um dort ihre Bildung zu Sprachen, Kultur und Geschichte zu vervollständigen (Leibetseder, 2004; Babel, 2005). Zumeist wurden diese Reisen von den Söhnen der Adelshäuser durchgeführt, doch es gab auch einige Töchter aus höherem Hause, die sich auf die große Reise begaben. Die Grand Tour wurde als Initiationsritual und als Ergänzung der Persönlichkeitsbildung angesehen, bevor die Adeligen öffentliche Ämter übernahmen (Pieper, 2008, S. 4). Der Brauch dieser Reise zog im Folgenden weitere Kreise, so dass später auch Söhne aus dem besseren Bürgertum diese Reise unternahmen. Ihre Ziele lagen neben normsetzenden französischen Hof in erster Linie in der Mittelmeerregion, vor allem in Italien und Spani8

Ibn Jubayr (1145–1217) reiste als arabischer Geograph und Reiseschriftsteller nach Mekka über Sardinien, Sizilien, Kreta, Ägypten, Irak und Syrien. 9 Cyriacus von Ancona (Ciriaco d’Ancona, 1391–1455) bereiste als ein italienischer Kaufmann und Humanist vor allem die Region der heutige Türkei und Griechenland.

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en sowie im Heiligen Land (Withey, 1998). Neben literarischen und malerischen Interessen waren es durchaus auch erotische Erwartungen, die die jungen Aristokraten mit in den Süden brachten, allerdings häufig unerfüllt blieben (Imorde und Wegerhoff, 2012, S. 9; Baum, 2012, S. 31). In der Fremde sonderten sich die Adeligen jedoch häufig ab und blieben unter sich, nahmen den heimischen Komfort in zahlreichen Koffern und auf patenten Kutschen mit, um die Fremdheit zu bewältigen (Imorde und Wegerhoff, 2012, S. 7). Die Reiseberichte während der Grand Tour spiegeln daher auch Desillusionierung und Enttäuschung wieder und beinhalten Hinweise auf Unreinheiten, Unpässlichkeiten und Unannehmlichkeiten. Insgesamt bestehen sie vielfach aus Vorurteilen und reflektieren eine Lebenswelt zwischen Erwartung und Wirklichkeit (Imorde und Wegerhoff, 2012, S. 9). Die Grand Tour ist die erste Form des Reisens, die als Tourismus verstanden wird, da sie im Vergleich zu anderen Reisen Freizeitmotive beinhaltete (Brilli, 2001; Freller, 2007). Das Interesse der jungen Aristokraten galt vor allem Gebäuden und der Sprache. In Italien wurde 1738 die erste moderne Ausgrabungsstätte eröffnet, wo Karl von Bourbon, König von Neapel, in Herculaneum (ital. Ercolano), einer antiken Stadt in Kampanien am Golf von Neapel, systematische Ausgrabungen durchführen ließ (Corti, 1978). Neben Besuchen in Ausgrabungsstätten sowie von Baudenkmälern aus Antike, Mittelalter und Renaissance, suchten die jungen Adeligen europäische Kunststädte auf und hielten Vorsprachen an europäischen Fürstenhöfen. Den Ausgrabungen in Italien folgten Ausgrabungen in Ägypten, im Heiligen Land und in Griechenland, so dass die kulturelle Vielfalt des Mittelmeers nach und nach mit Spitzhaken und Schaufeln freigelegt wurde (Bathendier und Walter, 2010, S. 9). Besonders die Tagebücher der Adeligen, die teils noch als unveröffentlichtes Material in Archiven liegen, dienten als Element der Wissensproduktion.

Annäherung und Aneignung: Aushandlung zwischen dem Eigenen, dem Fremden und dem Verbindenden Ende des 18. Jh. begann das Interesse an Ägypten und dem östlichen Mittelmeer größer zu werden. Als 1798 Napoleon mit 350 Schiffen Kurs auf den Nahen Osten nahm, hatte er 100 Gelehrte an Bord, die die Expedition nach Ägypten begleiteten (Arndt, 1978; Néret, 2007). Mit der Expedition ging es den Franzosen darum, den Engländern den Seeweg nach Ostindien abzuschneiden und wirtschaftliche Überlegenheit im Mittelmeerraum zu erlangen. Napoleons Expedition legte aber auch die Grundlage für eine Ägyptenbegeisterung. Im Prozess einer Wissensgenierung war beispielsweise der Fund des Steins von Rosette in Ägypten von besonderer Bedeutung, denn er ermöglichte Jean-François Champollion 1822 die Entzifferung der Hieroglyphen (Andrews, 1999). Europas Leidenschaft für Kulturelemente aus dem östlichen Mittelmeerraum zeigt sich in architekto-

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nischen Stilen mit Stuckverzierungen und Hufeisenbögen und in der Mode mit schillernden Farben. So finden sich für orientalisch erachtete Formen und Stile auch bei der Weltausstellung 1888 in Barcelona, inspiriert von Kurvenbögen und Arabesken aus arabischen Bauwerken (Bathendier und Walter, 2010, S. 15). Diese Ägyptomanie und die Begeisterung für alles Altägyptische hielten bis zu Beginn des 20. Jh. an (Seipel, 2000). 1833 rückte Ägypten noch näher nach Europa, denn im Hafen von Toulon kam der französische Hochseedampfer aus Alexandria an, der den aus Luxor stammenden Obelisken über das Mittelmeer brachte, um den Place de la Concorde in Paris mit der Schmucksäule zu schmücken (Porterfield, 2000). Als 1869 der Suezkanal von Ismael Pascha eröffnet wurde, erklärte dieser, dass Ägypten nun zu Europa gehören würde, und veranstaltete hierzu ein großes Fest mit Gästen und Würdenträgern aus aller Welt. Mit der Eröffnung des Suezkanals ließen sich dort erstklassige Hotels, Banken und Schifffahrtsgesellschaften nieder (Bathendier und Walter, 2010, S. 258; Lesseps, 1888; Birk, 1925). Port Said und Suez lockten daraufhin mit internationalem Flair und schienen laut Meyers Reisebuch von 1902 Alexandria Konkurrenz gemacht zu haben: Durch seine Lage an der Mündung des Sueskanals hat Port Saïd einen bedeutenden Aufschwung genommen und ist ein beachtenswerter Konkurrent von Alexandrien geworden, besonders im Transitverkehr. Die großen europäischen Schiffahrtsgesellschaften haben hier eigne Anlagen und Vertretungen. (Meyers Reisebuch, 1902, S. 144)

Die Schifffahrt über das Mittelmeer war Ende des 19. Jh. nicht mehr vom Wind abhängig, sondern planbar, so dass das Zeitalter der Dampfturbinen und der Vergnügungsreisen auf dem Mittelmeer begann. Vermehrte Reisen in die Region zeigten das Interesse an der östlichen Mittelmeerregion. Die Fahrt von Marseille nach Algier dauerte drei Tage, nach Konstantinopel eine Woche (Pemsel, 2002). Ab 1889 verband auch der Orient-Express Paris mit Konstantinopel, das er in 63 Stunden erreichte; die Schiffsreise von Venedig dauerte dagegen eine Woche (Bathendier und Walter, 2010, S. 185). Ende des 19. Jh. legte ein Netz an Schifffahrtslinien übers Mittelmeer die Grundlage für Kreuzfahrten. Besonders Marseille wurde zum Ausgangspunkt für Reisen in den östlichen Mittelmeerraum (Bathendier und Walter, 2010, S. 16), aber auch von Triest oder Venedig fuhren die Wohlhabenden nach Alexandria, Beirut oder Konstantinopel (Bathendier und Walter, 2010, S. 10). 1867 gingen in New York 64 Passagiere an Bord des ausgemusterten Kriegsschiffs „USS Quaker City“ mit dem Ziel des Mittelmeeres. Die Seereise hatte viele Unterbrechungen mit kurzen Landaufenthalten an den Küstenstädten des Mittelmeeres, man besuchte die Weltausstellung in Paris, steuerte auf einer Extratour durch das Schwarze Meer nach Odessa und hatte gegen Ende der Reise einen Besuch der ägyptischen Pyramiden auf dem Programm. Höhepunkt der Reise war die Exkursion ins Heilige Land. An Bord befand sich auch Marc Twain,

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der eine Reisechronik hinterließ (Walker, 1974; Steinbrink 1991). In seinem Buch brachte Twain seine Verachtung für das Osmanische Reich zum Ausdruck; besondere Aufmerksamkeit erlangten seine Beschreibungen über Palästina, das er als dreckig, primitiv, heruntergekommen und armselig beschrieb. Dieses Buch war Twains erfolgreichstes Werk zu seinen Lebzeiten und eine der meistgelesenen Reisebeschreibungen überhaupt. Seine Aufzeichnungen erschienen anfangs als Fortsetzung in amerikanischen Zeitungen, wurden erst später zu einem Buch zusammengefasst und gingen in die Entstehung von Wissensbeständen, Bildern und Vorstellungen über das Mittelmeer mit ein (Twain 1875; 1990). Neben Reisebeschreibungen gehörten bei den zunehmenden Freizeitreisen immer mehr auch die Reiseführer ins Gepäck, um keine der historischen Sehenswürdigkeiten auszulassen. Sie beschrieben ausgewählte Orte und Sehenswürdigkeiten, die während der Schiffsreise besucht werden konnten und plädierten dafür, dass durch die Schifffahrtslinien das Mittelmeer nun nichts mehr Trennendes, sondern etwas Verbindendes habe: Seit die Riesendampfer mit großer Geschwindigkeit und Sicherheit die Ozeane durchqueren, bilden diese nicht mehr eine trennende Schranke, sondern ein Bindeglied, welches die Völker der Erde inniger miteinander verbindet. (Odrich, 1907, S. 1).

Neben den Reiseführern erlangte auch die Reisefotographie einen Aufschwung. Zu den ersten Pionieren gehörte der französische Schriftsteller Gérald de Nerval, der 1843 eine vollständig Daguerreotypie-Ausrüstung10 mit auf seine Unternehmungen nahm und seine Berichte über diese Reise in Zeitschriften als Reisereportagen und -impressionen veröffentlichte, so dass den Daheimgebliebenen nicht nur Texte über die entfernten Regionen, sondern auch Bilder zugänglich gemacht wurden (Greilich, 2009; Roubert, 1998). Vermehrt wurde die mehrfarbige Postkarte an die Daheimgebliebenen verschickt und 1888 entwickelte George Eastman den ersten tragbaren Fotoapparat, die Kodak, so dass auch der Fotoapparat zu einem wichtigen Bestandteil einer Reise wurde (Mulligan, 2012). Individuelle Vorstellungen über das Meer und die Region wurden von nun an auch in Bildern festgehalten und weitergegeben. Im Jahr 1841 unternahm der Brite Thomas Cook einen Tagesausflug und begründete damit den Beginn der Pauschalreise. 1855 veranstaltete er die erste Europareise und 1869 organisierte er die erste Kreuzfahrt auf dem Nil. Ferner erfand er Hotelgutscheine (Vouchers) und Reiseschecks, die sich fern von der Heimat in Geld umtauschen ließen (Simmons, 1973–74, S. 18). Damit begann der Tourismus breitere Formen anzunehmen. 1909 schrieb der französische Marineoffizier und Schriftsteller Pierre Loti, dass die Cook-Pauschaltouristen in den ägyptischen Tempeln den Orten ihren 10

Daguerreotypie ist ein Fotografie-Verfahren des 19. Jh., das von dem französischen Maler Louis Jacques Mandé Daguerre zwischen 1835 und 1839 entwickelt wurde.

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Reiz und das Gefühl von Einsamkeit in der Wüste genommen hätten (Bathendier und Walter, 2010, S. 11; Loti, 1922). Die Mittelmeerregion wurde somit immer vertrauter, aber gleichzeitig immer mehr zum Gegenbild des trüben Nordeuropas, zu einem vertrauten Raum, von dem Abschied nehmen schwer zu fallen schien: Doch nun heißt es Abschied nehmen vom Meere und seinen paradiesisch schönen Ufern. Bald werden nordische Tannen und Kiefern an die Stelle seiner Pinien und Zypressen treten. (Neubert, 1905, S. 109).

Sehnsucht und Sinnlichkeit: Exotisierung des Mythos „Orient“ Neben den Reiseberichten begründeten Dichter mit ihren Schreibfedern den Orientalismus,11 der die Kunst und Literatur jener Zeit beeinflusste (Bathendier und Walter, 2010, S. 9). Nach der expansiven Phase des osmanischen Reiches und im Kontext der sich verstärkenden Herrschaftsbestrebungen europäischer Mächte über die islamische Welt im 18. und im 19. Jh. verbreitete sich eine verklärte Sicht über den „Orient“.12 Es folgten Maler, die Gemälde mit Abbildungen populärer Phantasien über Harem und Hammam13 produzierten, wodurch der östliche Mittelmeerraum als „Orient“ mit bestimmten Bildern und Vorstellungen belegt und so zu einem romantischen Gegenbild des nordeuropäischen Lebensüberdrusses gemacht wurde. Für Romantiker fing der „Orient“ bereits in Südeuropa an, wo die Nasriden das Emirat von Córdoba in Andalusien errichtet hatten, wo sie bis 1031 herrschten und vor allem die Alhambra als bedeutende Stadtburg auf dem Sabikah-Hügel von Granada als Überrest des maurischen Stils und der islamischen Kunst hinterließen. Dennoch bereicherten im 19. Jh. und noch bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jh. vor allem die Malereien von verschleierten Haremsdamen und erotisch-exotischen Odalisken die Phantasien der Europäer und prägten ein spezifisches Orientbild. Das Orientbild, das durch Pilger, Reisende, Gelehrte, Literaten und Maler nach Europa gebracht wurde, transportiert eine spannungsreiche Beziehung zwischen dem Eigenem und Fremden, es bewegt sich zwischen Faszination und 11

Orientalismus wird in der Kunst mit Darstellungen und Abbildungen von europäischen Künstlern assoziiert, die nahöstliche Motive meist romantisiert darstellten. Orientalismus erlebte einen Bedeutungswandel durch die 1978 erfolgte Publikation des Buches „Orientalism“ von Edward Said, in der er einen eurozentrischen, westlichen Blick auf die Gesellschaften des Nahen Ostens verdeutlicht und ein Überlegenheitsgefühl gegenüber den Kulturen des Nahen Ostens, dem „Orient“ darstellt. 12 In der westlichen Welt wird der Begriff „Orient“ mit einer fremden und andersartigen Kultur assoziiert und wird häufig als Synonym für „arabische Welt“ oder „Naher Osten“ verwendet. Doch es gibt keine einheitliche Definition, was unter „Orient“ verstanden wird, weder für einen geographischen Raum, noch für Eigenschaften und Werte (Hauser, 2001, S. 1233). 13 Türkisches bzw. arabisches Dampfbad, Bestandteil der arabischen Bade- und Körperkultur.

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Schrecken und beschreibt einen Ort des Staunens und der Angst. Auch in den Reisetexten von Hermann Hesse und Armin Wegner wird der „Orient“ paradox und anmutend dargestellt, so dass die Reisetexte sich zwischen Fakt und Fiktion belaufen (Samsami, 2011, S. 18). Das Grundmuster davon ist bereits in mittelalterlichen Reiseberichten verankert, in denen konstruierte Bilder von einer fremden Lebenswelt erzählten (Pataki, 2010, S. 172). In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurden Reisen zwischen Orient und Okzident leichter, schneller und preiswerter, so dass mehr Reisen dorthin unternommen wurden und Reiseberichte über den östlichen Mittelmeerraum zunahmen (Agai, 2010, S. 13). Aber dieses Grundmuster von bestimmten Klischees, Illusionen und Stereotypen hielten sich auch dann noch (Pataki, 2010, S. 173). Durch sie entstanden mehr und mehr sich festsetzende Stereotype in den Vorstellungen von einem „Orient“, die mit einseitigen Fokussierungen und „typisch orientalische“ oder „typisch europäische“ Generalisierungen ergänzt wurden. Besonders das Orientbild, das durch Kunst- und Literaturgattungen vermittelt wurde, bestand aus Stereotypen, die im Spannungsfeld zwischen Eigenem und Fremden hervorgebracht wurden. Es bestand aus Haremsdarstellungen, Nacktheit und Erotik. Denn auf den Malereien saßen in den prunkvollen Palästen schöne Haremsdamen auf kostbaren Teppichen, die mit ihrem Bauchtanz die Blicke der Besucher auf sich zogen. Vor den malerischen Palästen tummelte sich in den Vorstellungen der westlichen Betrachter das exotische Leben auf Basaren voller Gewürze und edler Stoffe (Lemaire, 2010; Diederen, 2010). All diese Bilder trugen zu einer konstruierten Vorstellung von einem faszinierenden und verlockenden „Orient“ bei, in der die Dichotomie zwischen Eigenem und Fremden immer eine Grundkonstante bildete (Pataki, 2010, S. 171). Ursprünglich war der östliche Mittelmeerraum kein Reiseziel aufgrund seiner exotisch-erotischen Qualitäten und seines Gegenbildes, die anfänglichen Reisen in den östlichen Mittelmeerraum dienten vielmehr der Sicherung des christlichen Weltbildes und führten zu den Zentren antiker Macht und christlicher Religion. Erst im 19. Jh. änderte sich diese Motivation (Wetzel, 1991, S. 17). Für die Reisenden war es dann vor allem die ungestillte Sehnsucht nach Exotik, die den „Orient“ so anziehend machte. Die Region des östlichen Mittelmeeres erschien als ein imaginärer Zufluchtsort der Europäer, deren sinnliche Vorstellungen nicht erfüllt wurden, so dass eine Zivilisationsmüdigkeit die konstruierte Welt eines „Orients“ in noch schillernderen Farben erscheinen ließ. Diese Darstellungen, die sich zwischen fremd und anziehend anordneten, waren aus westlichen Träumereien und Bildern über Jahrhunderte entstanden, führten zu einer Konkretisierung und Weitergabe von Bildern, verankerten Vorstellungen und Wissen über die Region und legten somit die Grundlage für einen Mythos „Orient“. Bereits Goethes Reisen waren dafür musterbildend, auch er begegnete dem Fremden nicht in seiner Wirklichkeit, sondern schaute nur das an, was in sein Bild passte, er hatte ganz bestimmte Vorstellungen von seiner Antike. Auch seine Reise nach Italien war eine gewisse Flucht und eine Suche nach dem, was ihm

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bereits aus Büchern bekannt war (Wetzel, 1991, S. 21). Goethe reiste mit seinem „west-östlicher Divan“, seiner Gedichtsammlung, die 1819 erschien, poetisch in den Orient. Seine Werke wurden durch den persischen Dichters Hafis inspiriert und trugen wesentlich zu einer stereotypen Vorstellung von der exotischen Lebensart des östlichen Mittelmeerraums bei und bildete ein spezifisches Orientbild. Goethe sah den „Orient“ als die Ursprungsregion der Dichtung; viele Dichter in aller Welt ließen sich durch die Geschichten von 1001 Nacht bezaubern, aber vielleicht keiner so wie Goethe (Mommsen, 2006; 1967, S. 457). Wer den Dichter will verstehen, Muſs in Dichters Lande gehen; Er im Orient sich freue, Daſs das Alte sei das Neue. (Goethe, 2005, S. 242)

Reiseberichte wurden zu Führern, wahrgenommene Bilder und bestimmte Vorstellungen von früheren Reisenden, Literaten und Dichtern setzten sich in den Köpfen der folgenden Reisenden fest und produzierten vorgeformte Bilder auf ein Neues. Da der Reisebericht meist als Wirklichkeitsbericht betrachtet wurde (Agai, 2010, S. 14), reisten Reisende in Gedanken schon mal voraus und stellten sich vor, was sie zu erwarten hatten und ordnen die erlebten Lebenswelten in ihr Vorstellungsmuster ein (Frank, 2011, S. 15). Dem Auskosten exotischer Anreize schienen dabei keine Grenzen gesetzt zu sein. Denn die Popularität des kulturell Fremden, seine faszinierte Beschauung und naive Idealisierung, seine Instrumentalisierung als Attraktion und Verkaufsschlager, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bekannteste Beispiele sind das verklärte Bild des edlen Wilden, der Trend des Orientalismus, bis hin zu den Völkerschauen im späten 19. Jh. (Kohl, 1981; Dreesbach, 2005). Aber auch im 21. Jh. hat das Exotische nichts an seiner Anziehungskraft verloren und der Produktion von Bildern sind keine Grenzen gesetzt (Frank, 2011, S. 17; Bernard, 2011; Kramer, 2009; Said, 2012; Schnepel, 2011; Attia, 2009). Die lange Tradition von Reiseberichten, Geschichten und Märchen hat dazu geführt, dass das Bild vom „Orient“ bis heute noch von verschiedenen Stereotypen geprägt ist und sich immer noch zwischen Bewunderung und Ablehnung erstreckt. Da eine Leserschaft an Stereotype gewöhnt ist, wundert es nicht, dass sich Stereotype bis heute halten. Auch in der Werbung wird das exotisch-erotische Orientbild heute noch verwendet und bekommt einen Platz neben neuen Stereotypen, die von einer politischen und ökonomischen Krisenregion in Südeuropa, im Nahen Osten und Nordafrika sowie religiös-fundamentalistischen Eiferern geprägt sind (Al Mahadin und Burns, 2007). Daher ist es wohl wahrscheinlicher, dass sich die Stereotype auch in Zukunft halten, als dass sich Nordländer und ihre Nachbarn an der östlichen und südlichen Mittelmeerküste vorurteilsfrei begegnen werden (Schubert, 2004, S. 63). So war und ist der „Orient“ in den Be-

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schreibungen und in verschiedenen Formen der Wissensgenese das Gegenüber Europas, das Gegenbild und das Andere (Pflitsch, 2003, S. 13).

Lust und Leidenschaft: Idealisierung des Mittelmeeres Aber jene Nordeuropäer, die sich eine Reise in den Nahen Osten nicht leisten konnten, fuhren weiterhin nach Italien, Griechenland oder Frankreich, wo sie das Vertraute suchten. Nicht nur der östliche Mittelmeerraum, sondern auch der Süden Europas wurde durch Reiseberichte, Gedichte, Romane, Dramen, Opern und Malereien mit Bildern belegt, in denen sich Abwehr und Faszination abwechselten (Baumeister, 2007, S. 35). Vor allem die Faszination aus westlichem Ursprungsmythos, historischem Kulturraum sowie Freizeit- und Erholungsmöglichkeit sind der Grund, dass dort in nur wenigen Jahrzehnten aus den bescheidenen Fischerdörfern modische Ferienorte für elitäre Sommerfrischler aus der ganzen Welt geworden sind, die sich hier zur Saison einfanden (Götsch, 2002). Der Lordkanzler Lord Brougham14 ließ sich 1838 an der Côte d‘Azur eine Villa bauen und gilt als der Urheber des Tourismus an der französischen Riviera. Als die Grafschaft Nizza 1850 zu einem Teil Frankreichs wurde, stieg die Region zur Wintermetropole Europas auf, denn immer mehr Engländer überwinterten an der Küste und Ärzte verschrieben Sonne und frische Meeresluft. In Nizza wie an anderen Mittelmeerstädten verkehrten fortan die Reichen Europas (Hachtmann, 2007, S. 83), zu denen ab 1864 der russische Zar, die Kaiserin Elisabeth von Österreich und Königin Viktoria neben viele anderen gehörten. Zur Zeit des zweiten Kaiserreiches kamen in Frankreich Kurorte am Meer in Mode und die Form des Verreisens mit einem längeren Verbleiben an einem Ort setzte sich durch. Denn durch die Entwicklung der Eisenbahn war massenhaftes Reisen möglich geworden, sie verband Orte am Meer mit Metropolen und ermöglichte berufstätigen Männern an den Wochenenden zu ihren Familien in die Ferienhäuser am Meer zu fahren (Bathendier und Walter, 2010, S. 97). Die männlichen Gäste gingen sportlichen Aktivitäten wie Tennis, Golf und Autorallys nach. Ende des 19. Jh. wurde die Côte d‘Azur zum internationalen Tennismekka. Das Jahr 1911 war die Geburtsstunde der Rally Monte Carlo, ein Autorennen der Superlative mit Teilnehmern aus ganz Europa, die sich zum Finale in Monaco einfanden (Bathendier und Walter, 2010, S. 98; Robson, 2007). Auch Italien wurde als Freizeitdestination aufgesucht, dort fand die europäische Oberschicht an der Riviera ein zivilisiertes und bildbehaftetes Italien vor, während sie in Genua ein anderes Mittelmeer antrafen, eine Stadt mit engen und stinkenden Gassen, wie der Schriftsteller Lucien Solvay sie beschrieb (Bathendier und Walter, 2010, S. 99). 14

Landlord Henry Peter Brougham (1778–1868) war Schriftsteller, Anwalt, Wissenschaftler und Mitglied der britischen Regierung.

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Der Süden und vor allem Frankreich und Italien sind seit dem 16. Jh. Anziehungsregionen für die Nordländer, wie bereits der deutsche Titel eines bekannten Reiseführers der Renaissance von Georg Kranitz von Wertheim („Delitiae Italiae“) feststellte (Kranitz von Wertheim, 1599). Die Kavaliersreisen des 16. und 17. Jh. wurden immer mehr zu Vergnügungsreisen, welche Erlebnisse beinhalteten, die zuhause nicht möglich waren. Hier stand häufig trotz zahlreicher Enttäuschungen das „leichte und lustige Leben des Südens“ im Vordergrund, das auch für die Mehrheit der heutigen Mittelmeertouristen den dominanten Zweck ihrer Reisen in den Süden bildet. Diese Sehnsucht, den gesellschaftlichen und psychischen Zwängen zu Hause zu entkommen, hält bis heute an (Wetzel, 1991, S. 22). Reiseplakate versprachen früheren Reisenden die Erfüllung ihrer Sehnsucht und suggerierten, dass man dort, wo man war, nicht glücklich ist, sondern dass das Glück am Meer zu finden sei. Daran hat sich bis heute nichts geändert (Thiele, 2012, S. 6–8). Diese Sehnsucht wird in Reiseführern, Beschreibungen, Dichtung und Liedern sichtbar und wird mit Erotik, Sinnlichkeit und Lebensgenuss aufgefüllt. When it comes to spectacular scenery and shimmering seascapes, few areas can rival the Mediterranean. Its coastline is a magical mix of silky beaches, dreamy coves and precipitous cliffs, all lapped by lukewarm waters in a thousand shades of blue (Lonely Planet, 2011, S. 18). (…) lovers of fine food and drink will be in seventh heaven. (Lonely Planet, 2011, S. 18). Mediterranean Europe is a dream destination for architecture buffs. Ancient temples stand alongside hulking Gothic churches, majestic mosques, baroque piazzas and avant-garde museums. (Lonely Planet, 2011, S. 19).

Der Mittelmeerraum wird somit zum Mythos verklärt, zur Gegenwelt des industriellen und bürgerlichen Zeitalters mit seinen ökonomischen und moralischen Zwängen. Je drückender die Künstler des 19. Jh. die Zwänge ihrer eigenen Gesellschaft empfanden, desto weiter reisten sie in ihre Gegenwelten. Chateaubriand, Nerval und Flaubert reisten über Italien und Griechenland in den Nahen Osten. Dort verbanden sie Pilgerreisen zu den christlichen Heiligtümern und antiken Stätten mit unchristlichen sinnlichen Sehnsüchten, harmonisierten und idealisierten Sinnlichkeit und Irrationales. Goethe beschrieb Italien sowie die Region des östlichen Mittelmeerraumes ebenfalls als Orte der Sehnsucht (Goethe, 1977). Hier wurden Bilder zu sinnlichen Harems, einem erotischen Orient und mythischen, poetischen Orten produziert (Wetzel, 1991, S. 23). Die Entdeckung neuer fremder Lebensformen führte dazu, dass Reisende immer mehr nach einer Verwirklichung der Bilder suchten und an immer entferntere exotische Orte reisten. Im Gegensatz zu weit entfernten exotischen Reisezielen, bietet der Mittelmeerraum aber auch eine abgeschwächte Exotik in den Ländern des Nahen Osten und in Nordafrika (Wetzel, 1991, S. 24). Noch abgeschwächter ist die Gegenwelt in Spanien, wo die Araber nur ihre Spuren hinterlassen haben. Reisende begannen

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Elemente ihrer Sehnsüchte mehr und mehr nach Nordeuropa zu transportieren, was sich in „mediterranen“ architektonischen Stilen, Essen, Garteneinrichtungen und Lebensstilen wiederfindet, Knierbein bezeichnet diesen Prozess als „Mediterranisierung“ Nordeuropas (Knierbein, 2010, S. 49). Die spezifische Attraktivität des Mittelmeerraumes liegt somit wahrscheinlich eher an der Heterogenität als an der Homogenität, an den unterschiedlichsten Angeboten, deren Mischung diesen Raum konkurrenzlos macht. Denn im Mittelmeerraum findet der europäische Reisende aus seinem Blickwinkel eine Mischung aus dem nahen Fernen und dem fernen Nahen. In der Nähe liegen interessantes Historisches und exotische Facetten, die vertraute Heimat ist aber stets in der Nähe. Es ist vielleicht die wohldosierte Verfremdung und die Diversität des Mittelmeerraums, die diesen Reiseraum so attraktiv macht und für die verschiedenen Zielgruppen ein Produkt bildet, für Bildungs- wie für Entspannungssuchende gleichermaßen (Wetzel, 1991, S. 25). For many people the Mediterranean’s main appeal is the promise of summer sun and long, lazy days on the beach. Each year up to 200 Million visitors pour into the region, making the world’s top destination. (…) Alongside great natural beauty, the Mediterranean boasts an unparalleled cultural legacy. Spanning 14,000 years, this priceless patrimony provides a thrilling window onto the region’s long and dramatic past. (Lonely Planet, 2011, S. 2).

So ist, wie bereits Hochstetter Anfang des 20. Jh. beobachtete, (…) das Mittelmeer das ‚Touristenmeer par excellence‘ geworden, das alljährlich von vielen Tausenden von Reisenden besucht und befahren wird. Die verschiedenartigsten Wünsche der Vergnügungs- und Erholungsreisenden finden hier ihre Erfüllung. Wer Stärkung für seine Gesundheit sucht, wer eine einzig schöne Natur auf sich wirken lassen, wer kunst- und kulturgeschichtliche Studien treiben will, wer dem Sport jeglicher Art sich hingeben will – allen bietet das Mittelmeer mit seinen Küstenländern die reichste Auswahl. (Hochstetter, 1909, S. 7–9)

Fakt und Fiktion: Gegenwärtiger Tourismus zwischen Einheit und Vielfalt Über die Zeit hinweg haben sich die Formen des Reisens und des Tourismus zum weltweit größten wirtschaftlichen Sektor gewandelt und umfangreiche Auswirkungen sind auf physikalische Landschaften und beteiligte Bevölkerungsgruppen in den verschiedenen Mittelmeerländern zu verzeichnen. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Aufkommen des Massentourismus wurde die Mittelmeerregion durch die unterschiedlichen Landschaften und verschiedenen Küstenabschnitte, das milde Klima und die zahlreichen historisch bedeutsamen

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Stätte zu einem signifikanten Tourismusmagneten (Apostolopoulos, 2000, S. 5). Bahn- und Busreisen sowie die individuelle Motorisierung brachten in den 1950er Jahren vermehrt Urlauber an die Mittelmeerküsten, so dass in den 60er Jahren an den verträumten Seebadeorten Hotelbauten entstanden und Charterflüge ab 1963 auch die tunesische Küste erreichten. In den 80er Jahren eroberte der Massentourismus dann Spanien, Portugal, Marokko, Griechenland und die Türkei, so dass die Mittelmeerregion immer mehr vom Tourismus überschwemmt wurde (Wagner, 2011, S. 174). Das hat sich auch zu Beginn des 21. Jh. nicht geändert, denn die Mittelmeerregion bleibt die weltweitführende Tourismusdestination mit einem knappen Drittel aller weltweiten Touristenankünfte (Zopounidis, Baourakis und Niklis, 2010, S. 286). Die vorwiegend saisonalen Besucher der Mittelmeerregion kommen zu 81% aus Europa und nur zu 6% aus dem Nahen Osten, zu 6% aus Nordund Südamerika, zu 5% aus Asien und dem Pazifik und zu 2% aus Afrika. Werden die Hauptzentren des Tourismus in der Mittelmeerregion betrachtet, so liegen Frankreich, Spanien, Italien, die Türkei und Griechenland an der Spitze. Die europäischen Mittelmeeranrainerstaaten empfingen 2011 insgesamt 88% der Touristenankünfte (UNWTO, 2011). An diesen Zahlen wird deutlich, dass sich der Tourismus im Mittelmeerraum in erster Linie auf die europäischen Länder konzentriert und es überwiegend Europäer sind, die dort ihre Urlaubstage verbringen. Dennoch begann die über 40 Jahre führende Tourismusdestination in den letzten Jahren einige Marktteile zu verlieren, zugunsten von Regionen wie dem Pazifik oder Südostasien (Apostolopoulos, 2000, S. 7). Aber trotzdem bleibt im Mittelmeerraum, wo Gemeinsamkeiten und Diversitäten nebeneinander koexistieren, der Tourismus Anfang des 21. Jh. einer der führenden Wirtschaftszweige der Region, der zahlreiche Arbeitsplätze zur Verfügung stellt und Möglichkeiten einer wachsenden Wirtschaft bietet. Um allerdings seinen Status innerhalb der weltweiten touristischen Landschaft bewahren zu können, muss auch der Tourismus in der Mittelmeerregion sich an den kontinuierlichen Wandel anpassen (Daus, 2000). Dazu gehört, dass für zukünftiges Wohlergehen in der Mittelmeerregion viele touristische Produkte überdacht, angepasst und weiterentwickelt werden, Industrie und Markt an nachhaltige Entwicklungen voran getrieben und strategische Allianzen etablieren werden. Fernen müssen politische Instabilitäten, Terrorismus und Fundamentalismus überwunden werden, welche in den letzten Jahrzehnten den Mittelmeertourismus immer wieder getroffen haben (Apostolopoulos, 2000, S. 289). 2011 war ein besonderes Jahr für den Mittelmeertourismus, da verschiedene Länder eine historische politische Wende erlebten und der Wind des sogenannten „Arabischen Frühlings“ den Tourismus teils zum Erliegen brachte, so dass der Nahe Osten 2011 ein Minus von 31% und Nordafrika von 10% verzeichnen musste. Aber trotz der touristischen Einbrüche wird die Mittelmeerregion auch in Zukunft eine wichtige touristische Destination bleiben. Spekulationen für zukünftige Tourismusentwicklungen errech-

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nen, dass die 300 Millionen Besucher von 2011 auf 500 Millionen Besucher 2030 ansteigen werden (UNWTO, 2011). Die Vermarktung von natürlichen, kulturellen und historischen Ressourcen sowie alternative Reiseformen werden zweifelsohne für diesen Trend benutzt werden. Hier werden vor allem die südlichen Mittelmeerländer gefordert sein, innovative Planungsstrategien zu entwickeln, um den Tourismus nach den Umbrüchen in verschiedenen arabischen Ländern wieder zu beleben und durch spezifische Managementpläne die diversen physischen und kulturellen Landschaften auch in Zukunft nachhaltig zu bewahren (Weigert, 2012, S. 213; Berriane, 1999, S. 73–74; Benoit, 2005). Wie sich allerdings die Beziehung zwischen Mittelmeertourismus, sozioökonomischer Entwicklung und kulturellem Wandel in Zukunft gestalten wird, hängt von der Tourismusindustrie, der lokalen, regionalen und nationalen Wirtschaft, den politischen sowie ökologischen Entwicklungen ab und wird sich in unterschiedlichsten Facetten zeigen (Apostolopoulos, 2000, S. 10). Aber der Tourismus sollte nicht nur als Wirtschaftszweig gesehen, sondern sollte auch als Instrument der Interaktion und Vernetzung genutzt werden. Hierbei wäre es wünschenswert, dass festgesetzte Bilder, Vorstellungen und Stereotype aufgeweicht werden und eine vorurteilsfreie, neutrale Annäherung geschieht, so dass ein paritätischer und äquivalenter Austausch, Vernetzung und Kooperation zwischen den Nachbarn der Mittelmeerregion in Zukunft zustande kommen kann. Es sollte dabei erkannt werden, dass der Mittelmeertourismus aus einem Mosaik besteht, auch wenn er hin und wieder als Einheit wahrgenommen wird (Apostolopoulos, 2000, S. 284). Aber die Frage nach einer Einheit im Mittelmeerraum aus touristischer, politischer, ökonomischer, historischer oder kultureller Perspektive im Vergleich zu einer heterogener Region beschäftigte die wissenschaftliche Welt bereits in der Vergangenheit und Diskussionen dazu werden weiterhin geführt (Apostolopoulos, 2000, S. 3; Braudel, 1990; Lowenthal, 2008; Schäfer, 2007). Fünf afrikanische, fünf asiatische und elf europäische Länder besitzen eine Küstenlinie zum Mittelmeer und sind damit Ziel im Tourismus. Insgesamt leben 426,1 Millionen Menschen in diesen Ländern, die sich in acht linguistische Gruppen und drei Hauptreligionen aufteilen. Die bewohnten Landflächen variieren von kleinen Inselstaaten wie Malta von 360 km² bis zu Algeriens umfangreichen 2,4 Millionen km² (Apostolopoulos, 2000, S. 3). Wie könnte diese Vielfalt als Einheit zusammengefasst werden? Oder ist es gerade diese Vielfalt, die die Einheit ausmacht? Thomas Mann (1875–1955) schrieb „das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit“ (Mann, 1994, S. 46). Erlebnisse sind vielfältig und werden in ihrer Gesamtheit als Einheit von Reiseerfahrungen eines Menschen zusammengefasst. Aus einer touristischen Perspektive heraus könnte die Mittelmeerregion daher vielleicht als Erlebnisregion beschrieben werden, in dem dieser Raum ein Meer, eine Klimazone, eine Landschaft und eine Lebensart ist, in der unterschiedliche Erfahrungen gemacht werden und doch gleichartige Bilder und Vorstellungen weitertransportiert werden. Denn schöne Bilder prägen die Vorstellungen,

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machen Lust auf Urlaub und rufen eine unerfüllte Sehnsucht hervor, wie z. B. Asensio (2000) in seinem Buch „LebensArt am Mittelmeer. Länder, Leute, Lifestyle“ sowie viele andere Autoren zeigen (Lewis, 1997; Rehm-Wolters, 2012; Haig, 2000; Drexel, 2001; Schleifer, 2007). Die Vorstellung alleine scheint viele sehnsuchtsgeplagte Reisende jedoch nicht zu befriedigen, sie folgen stattdessen Oskar Wildes Feststellung: „Die Vorstellung ist wundervoll, aber noch wundervoller ist das Erlebnis!“, so dass zahlreiche Reisende dazu die Mittelmeerregion bevorzugen.

Fazit: Kontrast und Konstruktion: Erfindung des Mittelmeerraums Frühere Reiseaktivitäten im Mittelmeerraum sind in gegenwärtige Reise- und Tourismustrends übergegangen, deren Ausformungen, Stile und Motivationen in Beziehung zu den Diskursen früherer Zeiten stehen (Frank, 2011, S. 75). Denn wenn man die Bilderwelten untersucht, mit denen frühere Reisende und die heutigen Touristen stimuliert werden, so entdeckt man, dass die ehemalige ehrwürdige Reise der Grand Tour und der moderne Tourismus nicht so weit auseinander liegen. Der Blick des gegenwärtigen Touristen ist bereits vor der Reise von symbolhaften Bildern aus dem Reiseprospekt, von Werbeplakaten, Medien, Internet oder Freunden geprägt; damals waren es Bilder aus Reisebeschreibungen, Galerien oder Pilgerberichten. Diese Szenerien rufen eine bestimmte Erwartungshaltung des zu Erlebenden hervor und führen dazu, dass die Wahrnehmung des Reisenden vorstrukturiert wird. Urry nennt dies den „tourist gaze“, der sich in einen romantischen und in einen kollektiven Blick unterteilt und die entworfenen Erwartungen zu erfüllen sucht (Pagenstecher, 2003, S. 1; Urry, 1992; Urry und Larsen, 2011). So wird in den Köpfen ein spezifisches Mittelmeer-Portrait kreiert, das ein Tourist auf seiner Reise wiederzufinden hofft: heute ist es türkisblaues Meer, Olivenbäume, Strand und der Mythos von einem unbeschwerten Leben im Süden (Frank, 2011, S. 79). Auch der Reisende vergangener Zeiten hatte seine ganz spezifischen Vorstellungen, der vor allem auf den populären Szenarien der griechischen Kultur basierte. Sein romantischer Blick und die idealisierende Bewunderung der antiken Stätten etwa wurden zu einem großen Teil von den Bildern ausgelöst, die im literarischen Diskurs der Epoche verbreitet waren. Nach der Reise produzierte der frühere Reisende mit seinen Beschreibungen die vorherrschenden Vorstellungen vom Mythos Mittelmeer. Vor allem die Konzentration auf das materielle Erbe wie Städte, Denkmäler, Architektur, Kunst und archäologische Überreste, hat eine grundsätzliche Rolle in der rezenten und kolonialen Erfindung des Mittelmeeres gespielt (Giaccaria und Minca, 2011). Altertümlichkeiten und Erbe waren eines der Hauptziele für europäische Reisende, die in den Süden aufbrachen (Pemble, 1987). Daneben hatten Forscher und Wissenschaftler einen Anteil an der wissenschaftlichen Erfindung des Mittelmeeres (Bourguet u. a.,

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1998; Scarpocchi, 2012, S. 213–14). Die kollektive Konstruktion des Mittelmeers ist ein Beispiel dafür, wie die Erfahrung des Fremden skizziert wird. Die mediterrane Welt fungierte im nordeuropäischen Reisediskurs zum einen als verkehrte Welt sowie als Exotikum und zum anderen als Spiegel der eigenen Vergangenheit. Die griechische Lebenswelt erschien somit fern und fremd, aber auch vertraut, da die griechische Antike in idealisierter Form als Wurzel der europäischen Kultur wahrgenommen wurde. Romantische Reisebeschreibungen à la Goethe beeinflussten den Mythos Mittelmeer ebenfalls (Pagenstecher, 2003, S. 1). Bei all der Romantisierung und Mystifizierung übersahen die Reisenden manches Mal vielleicht bewusst die gegenwärtige Realität und das konkrete Leben der dort lebenden Menschen. Alles kreiste um die antike Vergangenheit, die der Reisende überall wiederzufinden versuchte. Die Idealisierung des Mittelmeers als idyllischer, pittoresker Reiseraum mit seinen Anfängen in den romantischen Reisebeschreibungen des 18. Jh. wirkt bis heute nach und beeinflusst die von Tourismusindustrie und Medien verwendeten populären Inszenierungen (Frank, 2011, S. 80). Nicht umsonst ist der Mittelmeerraum weltweit die größte Touristendestination, wo heute der Massentourismus die Bildungs- und die Pilgerreisen ablösen. Besonders Italien lag im Interesse der früheren europäisch Reisenden, sie fuhren zu den Zentren vergangener weltlicher Macht. Die Kavaliersreisen der jungen Adeligen suchten neben dem Abschluss einer umfangreichen Bildung in Italien auch das Abenteuer, aber fanden jenseits der Alpen häufig nur ein verschattetes Paradies vor, da den Enttäuschungen meist Täuschung voraus ging und das Italienbild der damaligen Zeit mit der Realität vor Ort kollidierte (Imorde und Wegerhoff, 2012, S. 9). Zur Zeit der Renaissance hatten geschichtsträchtige Städte wie Konstantinopel, Genua, Venedig und Barcelona als wirtschaftliche und kulturelle Zentren Bedeutung und vielfach auch Vorbildfunktion (Apostolopoulos, 2000, S. 5). Und während früheren Reisenden Griechenland und Italien als Exotikum diente, gilt heute häufig der südliche und östliche Mittelmeerraum als kontrastiertes Gegenstück zu Europa, das ähnlich wie Griechenland als die Ursprungsregion der europäischen Kultur und der christlichen Religion angesehen wird (Frank, 2011, S. 206). Über die Jahrhunderte hinweg beeinflussten Reiseberichte und Beschreibungen die Vorstellungen über das Meer, die Region und die Lebensarten, reflektierten Sehnsüchte, Fremdes und Erstrebenswertes, stellten Gegensätzliches und Vertrautes dar und bildeten ein Konstrukt aus Fakt und Fiktion. In diesen Dynamiken folgten Reisende auf ihren unterschiedlichsten Wegen in den verschiedenen Zeiten den detaillierten Beschreibungen, suchten nach der Erfüllung ihrer Träume und Sehnsüchte sowie nach der Bestätigung bereits vorhandener Bilder und transportieren ihre Erfahrungen an folgende Reisende weiter. In den verschiedenen Beschreibungen des Mittelmeerraumes, der seit jeher Handels-, Reise- und Verkehrsraum, ein Ort des Austausches von Gütern und

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Ideen sowie Projektionsfläche von Vorstellungen, Ideologien und Allegorien war, finden sich nicht nur Sehnsüchte sondern auch binäre Gegensätzen und zu unterschiedlichen Zeiten stellen andere Regionen eine Gegenwelt und das Fremde dar. In den durch die Reisen hervorgebrachten Darstellungen der Mittelmeerregion aus Vergangenheit und Gegenwart zeigt sich die Art und Weise, wie die Welt des Mittelmeeres wahr genommen wurde und wie mentale Landkarten noch heute gezeichnet sind. Insgesamt haben die Entstehung und Weitergabe von Bildern, Vorstellungen und Erfahrungen durch die unterschiedlichen Reisenden in der Vergangenheit massiv dazu beigetragen, die Dynamiken der Wissensformierung über die Mittelmeerregion zu beeinflussen und nachhaltig zu prägen. Der Prozess von Konstruktion, Reproduktion und Manifestation bestimmter inkorporierter Wissenskomponente hält bis heute an und wird die Region auch in Zukunft mit Ideologien sowie Allegorien belegen. So ist es wahrscheinlicher, dass die bereits in der Historie verankerten Generalisierungen, Idealisierungen und Verklärungen in den Darstellungen des Mittelmeeres beharrlich auch in neueren Beschreibungen und Berichterstattung weitergetragen werden, statt objektive, differenzierte und vorurteilsfreie Bilder in der Illustration und der Vermarktung des Mittelmeeres als Reiseraum Eingang erhalten werden. Die kontrastierenden und konstruierten Bilder haben in der Vergangenheit die Produktion von Wissen über den Mittelmeerraum durch die verschiedenen Reiseaktivitäten erheblich mitbestimmt und werden auch in Zukunft einen beträchtlichen Einfluss darauf haben. Bis jetzt hat man in der neuen Welt kein solches Mittelmeer entdeckt, wie es in Europa, Asien und Afrika eines gibt … J. Acosta (1552): Histoire naturelle des Indes, S. 94 (zit. nach Braudel, 1990, Bd. 1, S. 5).

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David Ohana Jacqueline Kahanoff Between Levantinism and Mediterraneanism

Between East and West The writer and essayist Jacqueline Kahanoff (1917–1979) could serve as an imaginary speedometer to gauge the speed at which the ship of the Mediterranean identity of the Israelis has sailed. In the nineteen-fifties and sixties, it was a refreshing Levantine breeze in the hegemonic western-secular-socialist intellectual climate that prevailed in Israel at that time. At the end of the nineteen-nineties it was connected to the Mediterranean renaissance resulting from the winds of peace emanating from the Oslo Agreements between Israel and the Palestinians (1993) and the Barcelona Agreement between the European countries and the countries of the Mediterranean (1995). In the second decade of the twenty-first century, Kahanoff had a new efflorescence with the publication of her works in English, the extension of academic research on her writings, and the emergence of an intellectual and cultural debate about her contribution to the discourse on the Mediterranean identity, the Levantine space, the feminist consciousness, immigration, post-colonialism, multiculturalism and transnationalism. Her legacy was especially debated by the “Mediterraneans” and the “Levantines”. The former saw her as a reinforcement, particularly in her promotion of a hybrid identity and dialogue between east and west, between Europe and the Levant; while the latter saw her as one of the original thinkers who, very early on, proposed the Levantine identity as the sole possiblity for the Israelis to become integrated into the area. Some of the recent interpreters of Kahanoff, wishing to explain the concept “Levant” in her writings, stress the oriental aspect of her thinking to the point of making it the sole basis of her argument. In so doing, these scholars disregard her main idea, which is the importance of a dialogue between the Levant and the west, or the encounter between the Mediterranean and Europe. Unlike the “new school” which sees Kahanoff as a thinker who proposes an eastern orientation to the riven Israeli society, a critical reading of the essays she wrote from the end of the nineteen-fifties in newspapers and journals in Israel and elsewhere (some of which have been collected in two volumes) reveals a systematic theory

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of a universal nature which is not necessarily concerned with a particular social sector or ethnic group. Kahanoff’s theory of identity was rooted first and foremost in the Mediterranean space in which Israel is situated, a space that serves as a bridge between east and west. In this, she joined major Israeli intellectuals who formulated cultural options of spacial identity presented to Israeli society in the nineteen-fifties, such as a modern western identity, the Canaanite option of Hebrew nativism, the option of the “Semitic space”, and a few other options. Kahanoff’s Mediterranean proposal was before her time, and today it seems the most reasonable option that serves as a minimal common denominator for the growing social tensions and increasing sectorialization in Israel. Multiculturalism is not the solution in Israel today; it is the problem. In the period of State hegemony that characterized Israel until the beginning of the nineteen-seventies, greater cultural pluralism and social openness were needed, but since then, many troubled waters have flowed beneath the bridges until the point has been reached that between the Ashkenazis and Sephardis, the religious and the secular, the hawks and the doves, there is no common foundation on which to work out the points of agreement and the possibility of dialogue. Kahanoff’s writings did not emerge out of a void, nor did they come out of Israel. Until the age of twenty-four, she had lived in the British colonial society in Egypt, and, in her words, “It can be said with some certainty that the Egyptianborn Jews of my generation felt deeply ambivalent about belonging or not belonging.” Jacqueline Shochat was born in Cairo in 1917, her father was the offshoot of a well-established family of merchants from Iraq and her mother was of Tunisian origin. She grew up in an upper-class Jewish community whose cosmopolitan make-up permitted studies in French, writing in English and conversations in Arabic. Her life in this society of multiple identities gave her the vision of a homeland without boundaries in which the individual was, as David Hollinger said, “simultaneously a member of several different communities” (Hollinger, 1995, p. 86). Kahanoff grew up with people like herself, a medley of religions, peoples and cultures, “in an Egypt with a British High Commissioner and a Turkish aristocracy and a Jewish bourgeoisie and Italian commerce and Sudanese servants and Greek intellectuals and French culture and Egyptian nationality” (Kahanoff, 1978). Already on her first visit to Palestine in 1937, Kahanoff felt a stranger to the indigenous society and the inward-looking Jewish community: “The arrogance of the guides and of most of the people who showed us their kibbutzim, their inability to suppose that their achievements would speak for themselves, the superior tone they always adopted when making comparisons with other peoples – all this made us laugh and was also irritating” (ibid, p. 9). Silvie, her companion on the journey, added that the Hebrew children had a distorted view of things and narrow horizons: “They all said exactly the same. It was so boring!” This first encounter was a preparatory negative experience for the young Kahanoff,

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who already in her youth in Egypt loathed parochial nationalism (Alcalay, 1993, pp. 71–72). The next stages in her biography took her to France and the United States during the Second World War. At the age of twenty-four she emigrated to the United States and began to study journalism and literature at Columbia University in New York. Her stay in New York in the Columbian milieu of immigrants, exiles and intellectuals gave birth to a first novel, Jacob’s Ladder (Shohet, 1951), and short autobiographical novellas which won her prizes, including one offered by The Atlantic Monthly (Shohet, October 1946). In her travels in the New World, she felt alien to the homogeneity brought about by American capitalism, and her stories, as she said, were intended to introduce some colour into the one-dimensional landscape. In the first story she wrote outside Egypt, “Cairo Wedding,” all the boundaries between the generations, between classes, between the sexes and between Western and Eastern traditions were crossed. Kahanoff’s answer to Israel’s “provinciality” and “ethnic nationalism” was to formulate a Levantine model which she said was a symbiosis of cultures or a “Levantine cosmopolitanism” (Starr, 2000). In 1946 she returned to Egypt, but three years later she travelled with her sister to Paris. In 1954 she immigrated to Israel, spent two years in an absorption center in Beersheva and then went to live in Bat Yam, where Israeli intellectuals often gathered in the living-room of her home. Her essays were published in various journals in Israel, especially in Keshet under the editorship of Aharon Amir, who also translated her from English and edited her only collection of essays, MeMizrach Shemesh (“From East the Sun”). About a year later, in 1979, she passed away. Thirty years after her visit to the country, in the series “Writers Interview Themselves,” Kahanoff gave her own understanding of the expression “Levantine”: “I think Israelis of European origin give the term ‘Levantine’ the demeaning significance it is given in Europe. Agents of the colonial powers tended to idealize the hapless native and deny the value of the Levantine … but there is no reason why we in Israel should ipso facto accept this European assessment of the Levantine any more than we accept its assessment of the Jew.” The Israelis had an “added value” due to the multi-cultural experience they had accumulated: “We have returned to our roots here in the Levant after we have gained – and at what price! – an abundance of experience throughout the whole world: historical, political, scientific, social experience. And we have adapted to the modern world without losing our specific identity. We have activated something latent on the strength of the Levantine experience” (Kahanoff, 4.10.1967). Ten years after writing this and two years before her death, Kahanoff, reviewing Fausta Cialente’s book The Levantines, described the heroine of the book, Daniela, as “an illegitimate child of mixed Greek-Jewish-Italian origins, who described herself as ‘sensa luogo’ which, translated literally, means ‘placeless’.” This

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lack of national identification – and simultaneously belonging to many places – left its mark on the members of the minorities in the Mediterranean region (Cialente, 1972). The stages of her life and the cultural sources from which she drew, enriched Kahanoff’s identity and writings, and gave her a refreshing, critical perspective, full of vitality, on Israeli society in its initial decades.

The Levantine Option Levantinism as a geocultural synthesis emerged in the eastern Mediterranean during the twentieth century when the colonial presence of the French and the English brought about a dialectical fusion of cultures, rich combinations of language and unique literary encounters. The roots of Levantine culture date from the late Middle Ages, but already at the start of the modern era the Levant began to be a defined geographical area where the European west was involved commercially, militarily and culturally with certain Mediterranean countries such as Egypt and Lebanon. The colonialist encounter was preceded by the orientalist ideas of the western elites about an imaginary east. In the late nineteen-fifties, Kahanoff presented the Israeli cultural elite with a radical theory of cultural identity equally appealing to all Israeli communities: Levantinism. She formulated her theory in a series of articles entitled “The Levantine Generation” published in the journal Keshet in 1959. There Kahanoff described the historical connotations of the concept “Levantinism”, its cultural ramifications and the yet unrealized options it provided. In a collection of articles in English she prepared for publication – Kahanoff died in 1979, having published the only collection of her articles that appeared in her lifetime: Me-mizrah shemesh (Sun From the East) the previous year – she described her guiding principles. On rereading them, one finds it extraordinary to see how much her analysis, which proposed a “mosaic of the Levant” made up of different local narratives and not an all-embracing ideology, anticipated the contemporary Mediterranean theses of Peregrine Horden and Nicholas Purcell in their book, The Corrupting Sea: A Study of Mediterranean History (2000). What they tried to do was “to post-modernize Braudel”: that is to say, to change “the Braudelian meta-narrative Mediterranean” into “local and varied narratives”. Horden and Purcell wrote: During the twentieth century, the Mediterranean region itself has also to a considerable extent been disintegrated, and to the network of its microecologies radically recognized, by the involvement of its coastal nations in the credit economies, political alliances, technologies and communications networks of the North and West or the Far East (Horden and Purcell, 2000, p. 3). The distinctiveness of Mediterranean history results from the paradoxical coexistence of a milieu of relatively easy seaborne communications with a quite unusually

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fragmented topography of microregions in the sea’s coastlands and islands (ibid., p. 5).

In the same way, Kahanoff proposed examining the “stubborn local subcultures and the multi-layered identities of the Levant’s people. It is not exclusively western or eastern, Christian, Jewish or Moslem.” In all her articles, stories and interviews Kahanoff stressed the variety, the many-sidedness and continuity of the Levant: Because of its diversity, the Levant has been compared to a mosaic – bits of stone of different colors assembled into a flat picture. To me it is more like a prism whose various facets arc joined by the sharp edge of differences, but each of which, according to its position in a time-space reflects or refracts light. Indeed, the concept of a continuum is contained in the word Levant as in the word miizrah, and perhaps the time has come for the Levant to reevaluate itself by its own lights, rather t.han sec itself through Europe’s sights, as something quaintly exotic, tired, sick and almost lifeless (Kahanoff, 1978, Preface).

Kahanoff did not view modernity as a purely western phenomenon, as Marx, Weber, Durkheim and other western thinkers saw it, but as varied cultural possibilities for people in the modern era to create their own independent way of life. Here she anticipated S. N. Eisenstadt’s concept of “multiple modernities”. In the year 2000 he wrote: In different periods of their development, (they gave) rise to multiple institutional and ideological patterns. Significantly, these patterns did not constitute simple continuations in the modern era of the traditions of their respective societies. Such patterns were distinctively modern, though greatly influenced by specific cultural premises, traditions and historical experiences. (…) The idea of multiplied modernities presumes that the best way to understand the contemporary world (…) is to see it as a story of continual constitution and reconstitution of a multiplicity of cultural programs (Eisenstadt, 2000, pp. 1–29).

This anticipation of the multicultural outlook and early recognition of manysidedness did not come to Kahanoff from a fashionable postmodernist climate of opinion or a Zeitgeist emanating from the academic world. Her cultural baggage was derived from a retrospective autobiographical perspective which began with Egyptian colonialist society in the early twentieth century. In her childhood and youth in Cairo in the nineteen-twenties she felt that pluralism and universality are not contradictory, but the opposite: they are two sides of the same coin: “When I was a small child, it seemed natural that people understood each other although they spoke different languages, and were called names – Greek, Moslem, Syrian, Jewish, Christian, Arab, Italian, Tunisian and Armenian” (Kahanoff, 2011, p. 1).

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This “generation of Levantines”, as she called them, imbibed the influence of many waves of immigration from southern Europe, especially Italy and Greece, and from the Mashrek and Iraq, together with British rule and French culture in a Moslem country torn between traditionalism and modernity, between a dynastic monarchy and a modern centralized regime, between nationalism and the desire for a regional federation. Modernity was therefore not identified, as it is by many scholars, with the European Enlightenment and the industrial and French revolutions. It was the attempt of many societies, including some outside the western world, to find lifestyles and means of adaptation whereby people of different cultures could form themselves and make their own way between the conservatism of the past and present-day modernity. In this connection, Tiziana Carlino claims that the Levant is a form of adoption of modernity, a way of fusing several modernities, a combination of different meta-narratives (Carlino, 2006, pp. 1– 12). The cultural heterogeneousness of the Levant reflects, more than anything else, its cosmopolitan character, or in the words of Aharon Amir, Kahanoff’s translator into Hebrew, describing the Levant, “Cosmopolitanism of the Mediterranean. A colorful hybrid made of Jews, Italians, Greeks and Copts” (Kahanoff, 1978, Preface). Levantinism as Kahanoff’s home landscape became the basis of a systematic, well-formulated and deeply inspiring world-outlook. And what in fact i s the Levant? There are as many interpretations of the concept as there are interpreters, but here I will look at the Kahanoff scholars who connect the idea with her. Tiziana Carlino says that the Levant, as a geographical area, is identified with part of the Mediterranean. In modern times, Levantines have been Europeanizing people engaged in commerce with the northern Mediterranean, cosmopolitans of the colonial world who spoke many languages. Kahanoff, in Carlino’s opinion, saw the Levant as a geographical space with actual cultural and not merely symbolic characteristics (Carlino, 2006). As a result of her experience of emigration to France and the United States, and influenced by western intellectuals like Albert Camus and Claude Lévi-Strauss, Kahanoff formulated the idea of a Levantine culture as a hybrid identity that could serve as an alternative to the contradiction-ridden reality of Israel. Levantinism was proposed as a possible form of rapprochement between controversial issues like religiosity, rationality, progress and Middle Eastern culture. The modernistic Levant proposed by Kahanoff in opposition to the western cultural hegemony that prevailed in Israel until the nineteen-seventies comprised definite elements of modernity: an aspiration to universality, a commitment to progress, a vision of the future, the hope of equality. In her Egyptian colonialist education she absorbed modernistic principles from Marxist ideology, feminist teachings, the revolutionary tradition and the history of national movements. The Levantine figure parallel to Kahanoff, said Carlino, is the Italian woman writer Fausta Cialente who lived in colonialist Egypt and published the novel Ballata Levantina (Carlino, 2006). The protagonist of the novel, Daniela, was an

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orphan raised by her grandmother Francesca, an Italian mistress who had a child – Daniela’s mother – by a wealthy Jew from Alexandria. Daniela, a typical Levantine, is very reminiscent of Kahanoff: she commands several languages, leads a cosmopolitan existence, has had a European education in an Islamic country, and has independent characteristics and a feminist consciousness. Her doubts of whether Egypt is truly her country show a sense of alienation from the land in which she lives. The ending of the novel is mysterious: Daniela disappears close to the Nile. Her disappearance signifies the end of the colonialist era. She may have drowned, and thus her memory was obliterated like that of other Levantine authors. An obsessive concern with identity – cultural, national, feminist – is common to Kahanoff and Cialente, and both of them chose a literary medium to express their hybrid self-awareness. A different post-colonialist reading suggests a combination of Levantinism and modernity at a time when Levantines were regarded “as both agents of colonial modernity and as victims of territtorial nationalism. In the course of the twentieth century, the Levant went from being a symbol of intercultural mediation to a stereotype of devious dual loyalties and social transgression” (Monterescu, 2011, p. 26). Daniel Monterescu made an anthropological categorisation of the Jewish Levant through the person of Kahanoff. He first diagnosed a characteristic, seen in Kahanoff, of a cosmopolitan liminality that blurred the imperial and cultural boundaries of the Jew and Arab. Modern nationalism saw this as a danger and made the liminality into a stereotype of rootlessness. The second characteristic he diagnosed was a rejection of historical identity in the form of Arab peoplehood or Jewish peoplehood, and an affinity with the Levantine qualities of mixture and mutation and cultural compounds. The third characteristic related to the concept of the “foreigner” as defined by Georg Simmel and Albert Memmi: the first communities expelled from Egypt and North Africa were foreign communities seen as victims of “national purification.” The fourth characteristic was exemplified in Kahanoff’s promotion of hybridity, an idea that challenged a confined, organic conception of nationhood. How did Monterescu see the Levantine? The Levantine, characterised “by categorical transgression and restless mobility, is a ’fishy’ type inhabiting the shores of the Mediterranean since the early modern period.” The Levantine in popular culture represents a stereotype of “the other”, moving between East and West, changing allegiances, not a real human being but a cultural object labelled as the member of an ethnic minority within the pure nation, a stranger who does not belong and the subject of a colonial power. The Levantine is viewed as threatening and dangerous by the national and imperial imagination. The Levantines, products of transnational migration, were not an immanent part of the nationstates, and the Mediterranean space gradually became their home. The cosmopolitan Levantines crossed national lines, engaging in boundary-crossing activities such as commercial and cultural mediation. In this respect, Kahanoff per-

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sonifies the rise and fall of the cosmopolitan Levantine generation. She extended the limits of the Israeli discourse on ethnicity, multiculturalism and hybridity in the area. In Monterescu’s opinion, the aggressive nativism of the “Sabra”, the product of Zionist nationalism, was an imitation of the normative option of the Jewish immigrants, the Levantine “foreigners.” The “foreigner” was not the immigrant who is here today and gone tomorrow but the one who is here today and will stay here tomorrow. The foreigner is a “marginal man,“ a cultural hybrid, who is sacrificed on the altar of national purity – “blind nationalism,” as Kahanoff called it (Monterescu, 2011, pp. 23–40). Levantinism, explains Gill Z. Hochberg in her article “The Mediterranean Option: On the Politics of Regional Affiliation in the Current Israeli Cultural Imagination,” appears in Kahanoff not only as a hybrid of East and West or as a call for an acceptance of cultural pluralism, but as “a rethinking of culture as such by regenerating a discourse suspicious of claims of cultural purity and ‘authenticity ,” (Hochberg, 2011, p. 54). The decision of the advocates of the “Meditteranean option” to adopt Mediterraneanism – a concept that Kahanoff, in Hochberg’s opinion, never used – was a by-product of the rejection of the Levantine option, a forgetfulness of the past of the region and the abandonment of Kahanoff’s postcolonial project. Levantinism is depicted as having a history of violence and as lacking a tradition of colonial minority groups such as the Jews, the Copts and the Greeks, while Mediterraneanism is identified with the glorious past of the Hellenic civilization, liesure tourism, poetic inspiration and a flourishing economy. From that point of view, Kahanoff does indeed go beyond cultural pluralism to a rethinking of culture itself. In a later article, “Permanent Immigration: Jacqueline Kahanoff, Ronit Matalon and the Impetus of Levantinism,” Hochberg declared that Kahanoff’s aim in her series of articles was to replace the colonial connotations of the term “Levant” with a radical new cultural and sociopolitical meaning. For her, Levantinism was not only, in Hochberg’s words, “the experience of hidden self and loss of language but also the way out of this state of loss” (Hochberg, 2004, p. 222). Kahanoff, in this interpretation, found colonialist oppression in Israeli-Jewish society: the “internal colonialism” of the Ashkenazi (European Jew) towards the Mizrahi (Jew from Arab countries), “’a complex illness’ based on racism and phobia” (ibid., p. 223). Kahanoff wished to cure this colonialist sickness by reclaiming “Levantinism”, transforming this concept, which had previously signified a lack of authenticity and cultural stability, into a positive cultural force with therapeutic power. Hochberg claimed that as Kahanoff found the geographical definition of the “Levant” constricting, she broadened it to include the temporal dimension. She challenged the geographical formulation and applied it to history as well. By bridging the glorious civilizations of the past and recent European colonialism, the Levant laid a basis for a cultural encounter between east and west. There

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are differences of opinion concerning the geographical borders of the modern Levant. It is identified with the countries of the eastern Mediterranean, but it can also include Iran, Iraq, Yemen and Libya, and in different contexts Turkey, Greece, Cyprus and the Mashrek. As a temporal bridge between cultures of different eras, the Levant gave rise to cultural fusions that reflected “the necessity of living, not a nostalgia”. Hochberg sees Kahanoff’s Levantinism as an area of literary production, cultural dialogue and creative cooperation transcending national, linguistic and geographical frontiers. Her Levant is a time-related cultural concept, a live political and cultural force, and is not conceived in nativistic-spatial terms. As further evidence, Hochberg cites Shlomo Elbaz and Mikaél Elial, the editors of the journal Levant 1991, who saw a similarity between the Levantine option and the Andalusian school: that is to say, it is a model of interpretation, a way of writing, reading and thinking, an area of literary creativity giving rise to “surprising meetings” like that of Amos Oz and the Moroccan-French writer Tahar Ben-Jelloun, or Palestinian Israelis writing in Hebrew like Naim Araidi, Atalha Mansour, Muhammad Watad, Salman Massalha and Anton Shammas (today one could add Sayed Kashua). Such manifestations not only represent a reality that crosses ethnic, religious, linguistic and national lines, but they break down the barriers between east and west, the Middle East and Africa, Arabs and Jews. Thus, a cultural conception of the Levant is offered as an alternative to the existing national, geographical and ethnic options. Another intellectual who supports the idea of the Levant as a cultural space rather than a geographical one is Edward Said, who suggested the possibility of a productive interplay of “nationalism” and “exile”, as “home is always more than a territorial location.” (Said, 1983, p. 8). “Home” and “place” are broader concepts than as perceived by the nationalist outlook (25). In Jewish thought, the parallel concept to “home as territory” is that of “the text as home” (Ohana, 2003a, pp. 59–75). In his book After Jews and Arabs – Remaking Levantine Culture, Ammiel Alkalay opposes “the modern myth of the Jew as pariah and wanderer (that) has ironically translated into the postmodern myth of the Jew as ’other’, an other that collapses into the equation: writing = Jew = Book. ( … ) the Jew was native, not a stranger but an absolute inhabitant of time and space.” (Alcalay, 1993, p. 1). Alcalay distinguishes between the European intellectuals and writers – and Kafka with his preoccupation with law is one example – who deal with the abstract, and the Levantine writers with their “concrete and sensual attachment to the fact and memory of a native space.” Alcalalay sees the Levantine Jew as the native Jew “at home”, who lives in his natural eastern environment and is able to share that space with the Muslims. Hochberg links Alcalay’s spacial conception with those of Hannan Hever and myself. Hever asserts that “the spacial reality of the Mizrahi Jew, unlike that of the Ashkenazim ( … ) is local”, and I am quoted as saying that the writing the Mediterranean Jew “is a natural son to his surroundings (…) and

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cultural origins” (Hochberg, 2004, p. 225). Hochberg sees the spacial approach of Alcalay, Hever and myself as liable to degenerate into an ideology of national aggression. Dolly Ben-Habib wrote: “Kahanoff’s blindness to the situation of the Arab women laboring under the dual burden of military occupation and internal colonialism reveals the limits of the vision the Israeli national collective (…)” (Ben Habib, 1994). Deborah Anne Starr contributes to this critique by saying that the late success of Kahanoff’s Levantinism is due to “a particularly relevant paradigm in its attempt to undermine persisting hegemonic, unitary national discourses.” (Starr, 2000). These critiques seek to appropriate Kahanoff for their political purposes by turning her into the mother of the oriental Israelis. A more balanced and sympathetic profile of Kahanoff is proposed by Alexandra Nocke in her book The Place of the Mediterranean in Modern Israeli Identity: “In her unique vision of Israel as an integral part of the Mediterranean of Levantine world, she promotes an open, pluralistic society in the Levant.” The aura surrounding Kahanoff, explains Nocke, transfers a nostalgia for a world of cultural coexistence to the harsh realities of the Israeli present. Kahanoff revaluated “Levantinism” by describing it as a model of a rich multiculturalism and a long cultural heritage. Nocke concludes: “The Levant is being rehabilitated and presented as an alternative, even conciliatory way to approach the different existing maps of the region” (Nocke, 2009). Kahanoff deliberately constructed a myth of Levantinism to serve as a model of inspiration for Israel’s emerging Mediterranean society. Towards the end of her life, when she gathered her articles together in order to publish them in English with a comprehensive critical perspective on her past writings, she expressed her belief that Levantinism was a “mythical dimension”. For her, Levantinism was not only a territorial “mythical space”, but also a “mythical time”, or, in her words, as a “psycho-historical time”. The mythical reconstruction of a culture requires a departure from present, continuous time and space (Kahanoff, 2005, p. 14). Every great cultural myth requires a starting-point to which one looks at the present time to gain spiritual force or something to relate to. “Mythical time” is complete, harmonious time, while present time is partial, defective time. Modern Levantinism, according to Kahanoff, embraces not only the “mythical spaces” of different cultural narratives, but also the “mythical times” of numerous cultures and religions. The calendars of the various religions, for example, express philosophies of history, hierarchies of values, and a view of the infidel, the “other”, and in this way a fixed image of enemies and “others” is created. What Kahanoff proposed with her modern perspective was the simultaneous adoption of the various points of time and space of the Levant made up of different viewpoints, relationships and cultural dimensions. Thus, the Levant is revealed as a rich mosaic, a mirror in which many angles are reflected, a fertile and creative kaleidoscope which is not restricted to a one-dimensional ideology of east

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or west. Her constant stress on the eastern part of the Mediterranean as the Levant shows that she saw this area as the cultural space that made possible a living dialogue of east and west. At the end of her introduction to her projected collection of essays in English, Kahanoff confessed that her articles reflected a certain ambivalence about a past that was not entirely free from the outlook of the period between the two World Wars, or the dilemmas of an immigrant from an oriental country who was none too enthusiastic about her process of absorption (Kahanoff, 1968). Her gaze, she wrote, was focused on the past rather than the future. The 1967 war, however, had brought Israel back to the Levant as a force that could change the old order. She hoped it would be a positive force, a modern and progressive one. The 1967 war changed Kahanoff’s perspective on Israel and the Levant. After the founding generation which came from eastern and central Europe, a new generation had been born in the country. It looked at the Levant differently from its parents. The territories conquered in the war also produced an unmediated contact between Israelis and Palestinians. This was Kahanoff’s view when she wrote her articles, which had an optimistic conciliatory flavor together with a modern outlook. Human beings had made history, and they could therefore make a different history. It was the generation before the intifadas and the massive enterprise of colonialist settlement. As a result, Kahanoff could hope that Israel had changed its approach to the Levant, that it was integrating into its surroundings and would not be too preoccupied with the Jewish aspect as it had been in the past. Perhaps she should have known already then that the narcissistic Jewish attitude of the first settlers that found its fulfillment in the conquest of the territories would not give birth to a modern Levantinism but would cause the conflict to increasingly degenerate into a fundamentalist national and cultural confrontation. Kahanoff did not delude herself that the pluralistic alternative she proposed would prevent future wars, but at the same time her gaze was directed towards the Braudelian longue durée (long term): “In the long run, it might help Israel integrate in the Levant.” The Levantine option is not only a cultural possibility but a concrete political proposal. In place of pan-Arabism on the one hand and Zionism on the European-Ashkenazi model on the other, Kahanoff proposed a political culture of the Levant, the essence of which was “live and let live”. The reconstruction of the Levant, the product of the old encounter between Byzantium, Islam and Judaism, could help to redefine the relationship of the Israelis to the political and cultural space in which they reside (Kahanoff, 1968). The Levant was characterized by exchanges of intellectual goods and mutual influences and affinities resulting from conquests, alliances, expulsions, discoveries and wanderings on the eastern shore of the Mediterranean Basin. According to Kahanoff, the culture of ancient Greece penetrated Egypt, Asia Minor and Palestine. There was a meeting of Jews and Greeks in the Hellenistic culture of Alexandria, and that dialectical encounter formed the intellectual basis of Chris-

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tianity and western civilization. Greek, the language of civilization, was dominant in the Levant long after Greece became a province of the Roman empire, and the Greek Byzantine Empire became the center of the civilized world after Rome fell to the barbarians of the north. The Byzantine empire adopted Christianity, and Greek became the liturgical language of the eastern churches. Kahanoff continued to trace the Levantine “mythical time” that existed in the Levantine “mythical space” up to the Alexandria of the time of her youth (Kahanoff, 1968, Preface). Kahanoff saw herself as belonging to that generation of Levantines whose assignment, but also whose privilege it was to spread European culture to the rest of the world. For her, and for other Levantine women, the truth lay beyond religion or western civilization (Kahanoff, 1959). In one of the articles published in Memizrah shemesh, “Europe From Afar,” she wrote that the philosophy course in the French Lycée was bon ton among the members of the minorities in colonialist Cairo. It was fashionable to know the names of famous philosophers, but Kahanoff confessed, “We never read any of the works mentioned in our schoolbook. It was one of the mysteries of Levantine culture: whoever read the books that made these people so famous?” (Kahanoff, 1959). She had the impression they were speaking of something they knew nothing about, and though they never admitted it, they disliked her for her knowledge. The writer who aroused the most resentment in her, and who perhaps represented western rationalist thought, was Darwin. The following provocative passage was omitted by Aharon Amir when he translated Kahanoff’s article: “If Darwin were right, then the Nazis were right. There was a master race, and when it had destroyed all mankind it could only destroy itself. The last man would die, triumphantly asserting his domination over the devastated earth.” Amir continued his translation only from this point: “How could our professors, good socialists most of them, waste our time on Darwin? What was there I didn’t understand.” To Darwin, Kahanoff added Nietzsche: both of them led to the swastika. She predicted that not only the Jews would be crucified on this symbol, but Christian Europe itself. She thought the Levantines should be selective in their use of the European heritage: they should take out the poison and emphasize “thou shalt not kill”. Secularism was an important principle of modern Levantinism for Kahanoff. The following sentence is taken from the original manuscript of “Europe From Afar”: “We had a religious approach to the problems of our day, transposed to the secular world, for we despised the stale old beliefs.” Amir took liberties and condensed this complex sentence as follows: “At the same time, I despised religion.” Kashanoff’s secularism did not mean atheism, and in all her writings she was respectful of the Jewish religion as of all other religions, and one also finds in her writings a basic belief in an omnipotent God. Kahanoff treated the hope of national independence in Egypt and the attempt to liberate the country from British colonialism with great skepticism. She was critical of the Egyptian elite for its

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superficiality in wanting to obtain the modern luxuries without doing the hard work of building a new society: “We compared this to the situation in Palestine, a place where they were building a new society from the foundation, at the same time as in Egypt they were beginning at the top floor in the hope that the foundations could be built on it” (Kahanoff, 2011, pp. 100–113). In the modern Levant that Kahanoff envisaged, feminism was a cornerstone. With a critical retrospective glance, she followed the stages of her awakening up to the crystallization of her egalitarian gender consciousness. She wrote candidly of the patriarchal structure that her mother attempted to bequeath to her. When she asked to be allowed to work independently, her mother answered: “You can’t. People would think your father was ruined” (Kahanoff, 2011). In a later article, “Greetings to the Little Woman”, Kahanoff suggested that the message of the movement for women’s liberation was perhaps the idea that in the future women would no longer have to bear children and bring them up (Kahanoff, 1978, pp. 283–85). Perhaps fertility itself would be unnecessary in the humanity of the future. Unusually for her, Kahanoff followed her conclusions ad absurdum in the hope of arriving at a radical analysis and of opening up possibilities that religion at that time did not provide. This may possibly have been an ironic essay critical of the women’s liberation movement: “Almost without knowing it, the women’s liberation movement prepares women spiritually and intellectually for the day in which their traditional role will not only be ineffective but will even be a stumbling-block to evolution and progress.” The right to free abortion and the possibilities of lesbianism may anticipate the day when woman’s biological functions will no longer be needed. It may be that women in their traditional roles of companions and mothers will in the future be completely unnecessary. Kahanoff had gone a long way until she could arrive at a radical thought like this. Her path to feminism began in the nineteen-forties. The title of Kahanoff’s essay, “Ambivalent Levantine,” a meaningful expression of her complex perspective, was unfortunately rendered by her Hebrew translator Aharon Amir as “Black on White.” Here, in a short paragraph she conveys the essence of the Mediterranean worldview, whose starting point is in the dialogue between, and the mutual enhancement of the east and the west: I am a typical Leventine in that I appreciate what I inherited from my oriental origins and what is now mine of western culture, I find in this cross-fertilization, called disparagingly in Israel “Leventinization,” an enrichment and not an impoverishment. It is from this vantage point that I wish to try to define the complex interrelated malady of both Israel’s Sepharadic (Jews of Oriental/Middle Eastern origin) and Ashkenazi (East European) communities (Kahanoff, 2011, pp. 193–212).

Kahanoff produces a socio-historic genealogy of the Jewish Diaspora, which went its separate ways east and the west. Part went into the Christian-western world, part to the Levantine-Muslim: only in Israel did these two streams join one river.

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Each of the Jewish diasporas was influenced by the cultural and national character of their respective geographical surroundings. Thus, the eastern Jews came to Israel without technological proficiency, professional expertise, and lacking western culture’s capitalist impetus. At the same time they were influenced by their traditional surroundings in many other spheres: social organization, the individual’s relationship with the general public, their practices of worship and their philosophy of meekly accepting god’s judgment. Kahanoff’s Levantine option was not proposed in a vacuum. The Levant, both as a geographical space in which Israel was situated and as a cultural entity, was disregarded by the Israeli elites who were reared in the west, in Europe or the United States. The first expression of this attitude – an expression that was virtually racist – appeared in a series of articles by the journalist Aryeh Gelblum in the newspaper Ha’aretz in 1949 on the subject of the great wave of immigration that took place at that time. In these articles, Gelblum displayed a patronizing attitude which viewed the oriental immigrants as “Levantines” who represented the wretched, primitive culture of undeveloped countries, and as dangerous elements that could lower the cultural level of Israeli society to that of its enemies. If the Israelis were fated to live in the Levant, they should at least protect themselves from its inhabitants and the negative culture they represented; (Gellblum, 1949).

Mediterranean Israel The Mediterranean option has almost disappeared from the discourse surrounding Israelism. The Hebrew literary historiographies, which are known to be exercises in canonization, fixed the boundaries of the “republic of letters” which contributed so much to the shaping of Israeli society. The writers, poets and essayists within this territory were given their due of attention, and those who were excluded from it were regarded as “others”. The voice of many of the “others” such as Arabs and orientals was not heard directly but was heard via the citizens of the republic. The citizens spoke and the “others” were heard. But the Mediterraneans were not even recognized as “others” but were thrust beyond the margins of the discourse. A dominant or hegemonic culture necessarily creates some “other”, in contrast to which or in opposition to which it defines itself. It also results in a disappearance or an absence. A classic example of this historiographical absence was Jacqueline Kahanoff and the Mediterranean option. The ideology of the melting-pot wished to make the Zionist outlook and the settling ethos with its native secular outlook and modern Western orientation into an Israeli identity with clearly-defined limits. In contrast to this, the Mediterranean option offered a broadened Israeli identity with cultural mobility, a connection with tradition, many voices and intellectual and linguistic interchange. The early appearance of Kahanoff’s polyphonic voice was in contradiction to the

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hegemonic Israeli culture – eurocentric, secular, socialist and masculine – in the country’s first two decades. Her essays and short stories were liminal in that they disregarded borders, blurred polarities such as east-west, hegemonic-“other”, and possessed a hybrid quality of reciprocity, stratification, variety, lack of dogmatism, and played down the “oppositional” (Bhabha, 1990). Kahanoff’s biographical distress did not remain unresolved but found a solution in the Mediterranean option she proposed to the Israeli society in process of formation. She has played an active role in the debate on Israel’s Mediterranean identity. As a precursor or as an intellectual personage, Kahanoff may become a criterion for an understanding of the different forms of identity in Israel’s culture-in-the-making, of questions of East and West and the intermediate areas, and of the place of Israel in the Mediterranean geo-cultural space. Kahanoff’s identification with Israel’s Mediterranean image is so self-evident that she has been called “the bringer of the Mediterranean spirit” (Sheleg, 1996), “the First Lady of the Mediterranean” (Barezki, 1996) and “the representative of the Mediterranean idea” (Bronowski, 1996). Those who see Jacqueline Kahanoff as the representative of Mediterranean culture are immediately confronted with one of the major sources of the Mediterranean idea in Israel. The advocates of the Mediterranean option, claim those who oppose it, are attempting to evade the issue of Israel’s proximity to the Arab states and the Palestinians, and to escape into a pleasant neighbourly relationship with the Europeans. But this escape, say the critics, has no basis in reality. It is an evasion of the basic problems of Israel and its neighbours/adversaries. Those who reject this criticism, for their part, claim that the Mediterranean option is a real cultural and political possibility which can therefore serve as a basis for a dialogue with our neighbours. This option offers a new and fresh perspective that is not dependent on the basic assumption of two contending sides. The validity of this option is contingent on the idea that there is a closeness and a rich fabric of geo-cultural affinities between the peoples living in the Mediterranean Basin – affinities with a vital political significance which can facilitate the creation of a broad dialogue and regional channels of communication, and thus to some degree can moderate the Israeli-Arab dispute. This dispute is often said to be insoluble, and it is possible that this negative verdict may be due, amongst other things, to a disregard of the general Mediterranean context, of the things that are common to the heritage of all the peoples of the region and of the widely different geopolitical interests these peoples have. Unlike the constricting old-new Middle Eastern option, this new option does not regard the Mediterranean as a “confrontational” space, the arena of a conflict between Jews and Arabs. But this option is by no means confined to the external relationships between the peoples. It is interesting to consider the degree to which Kahanoff’s early views on Mediterranean culture – one which she saw as a “cross-influence” and “cross-mutation” of East and West, forming a “dynamic unity” – resemble those of the his-

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torian Joshua Prawer. In his article, “Jews, Christians and Muslims in the Mediterranean Basin,” Prawer described Mediterranean culture as a symbiosis of the cultures formed on the shores of the Mediterranean: Mediterranean culture is a synthesis or confection of religions and cultures that were formed on the shores of the sea or close to them, and that influenced each other until there was a kind of symbiosis, a cohabitation, a sometimes uncomfortable but always productive symbiosis of these cultures (Prawer, 1990, pp. 5–10).

Kahanoff described Israel’s Mediterranean option in similar symbiotic terms: Israel’s situation is unique, because this process of cross-influence and cross-mutation takes place in the same country, which is Levantine with regard to its geographical position between East and West, and because of the mixture of its population. For that reason, it can fuse the two main elements in its composition into a dynamic and productive unity, like the outstanding Levantine cultures of the past – Byzantium and Islam – which were also a fusion of inhabitants and cultures, as Western Europe also was in its formative period (Kahanoff, 1978, p. 53).

The public discussion of the Mediterranean identity of Israeli society began in 1995, with the founding of the “Forum for Mediterranean Cultures” at the Van Leer Institute in Jerusalem. In the heat of this discussion, parallels were made between Jacqueline Kahanoff and Albert Camus. In his article, “False Mediterranean Harbour,” the essayist Meron Benvenisti compared Kahanoff – to whom the opening evening of the Forum was devoted – with Camus, and quoted from Kahanoff’s works and from “the nice but worthless writings of the young pied noir on Mediterraneanness” (Benvenisti, 1996). Benvenisti saw the Mediterranean option as an escape from the Middle East. Benvenisti said that Camus and Kahanoff made us see the essential point. The promotion of a “Mediterranean culture” is an escape from the true option, which the mature Camus advocated and fought for, and whose failure broke his heart. This was the possibility that the various communities in Algeria could coexist and establish cultural links between them; the hope that cross-fertilisation, intimate coexistence and a sense of belonging to the common homeland would prove stronger than than militant tribalism and seclusion in national ghettoes. The conclusion Benvenisti drew from this analogy was clear: despair of the possibility of coexistence, escape to a purely cultural form of cross-fertilisation, and on a deep level, a pessimistic acknowledgement of the correctness of the deterministic philosophy of the school of the pessimistic thinker Carl Schmitt, which postulated an eternal opposition of “friend” and “foe”. Benvenisti claimed that under the pretext of “reverting to the original, regional basis,” an attempt had been made by intellectuals, writers and artists to fabricate a cultural approach which was detached, unrealistic and cut off from the local life and culture – an

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attempt, in short, to see value in Levantinism. In his opinion, the choice of Kahanoff by the academic director of “The Forum for Mediterranean Culture” was no accident: A forgotten Egyptian-Jewish writer, Jacqueline Kahanoff, is being touted as a model personage “who was ahead of her time.” The atmosphere of Lawrence Durrell’s Alexandrian Quartet, which celebrated the life of a “cosmopolitan community” which moved in its own circles among a sea of children with which it had no social or cultural connection, and whose whole identity was borrowed, has become a source of inspiration for the new Israeli cultural identity (Benvenisti, 21.3.1996).

The literary critic Nissim Calderon also sees points of similarity between Kahanoff’s Mediterranean approach and that of Camus. Both, he says, see a real possibility of a multiplicity of cultures, and for that reason the Israelis would do well to return to Kahanoff and Camus as they give an exact account of cultural pluralism (Calderon, 1996). Camus belonged to a minority group in Algeria just as Kahanoff belonged to a minority group in Egypt. The Jews in Egypt lived in different conditions from those of the million French in Algeria, but at the same time a critical distance was common to both Kahanoff and Camus. Kahanoff called this distance “Levantine” and Camus called it “Mediterranean”. In his article “A trip in the Mediterranean,” Calderon explained that in the places where Kahanoff and Camus lived, movement was a necessity (Calderon, 1996). Immigrants traveled from place to place in the Mediterranean, intellectuals excelled in “trading” facts. Thus, Kahanoff’s and Camus’s procedure was distinguished by a cultural pluralism, not a relativism in which all is permitted. Neither of them made an idealization of the place they came from: they in person experienced the contradictions that the Mediterranean region contains. Who like them is able to personify the idea of cultural pluralism? An Israeli poet and translator that saw a connection between Kahanoff and Camus was Aharon Amir, who translated Kahanoff’s essays from English and began to publish them in Keshet, a journal that he edited. This was her main outlet, although she also used to publish in the literary sections of newspapers and monthlies in Israel and the United States. In his introduction to the book Me-Mizrach Shemesh (“From East the Sun”), the sole collection of her essays, Amir wrote: Jacqeline Kahanoff, essayist, writer and critic, was in the cultural landscape of our country the outstanding representative of the “generation of the Levantines” at its best, that colourful cosmopolitan stratum of the Mediterranean intelligentsia which perhaps began more than two and a half millennia ago – in Canaan which was over the sea and in Greece which was over the sea – and which we are perhaps returning to in our time. This statum is one of which pluralism is the heart and soul, for which openness and tolerance are the elixir of life, for whom bridging

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and compromise, assimilation and fertilization are perhaps a mission, a decree of fate or an existential command (Kahanoff, 1978, p. 7–8).

It was the readers of Keshet that began to develop the myth of Kahanoff, whose personal, expressive writing was a great novelty. Amir saw in it something oriental and ultra-refined, expressed in a Western intellectual idiom better than that of the Westerners who came out of the European shtetl. And together with that, sensitivity, cultural broadmindedness and human tenderness. She had a yearning to identify with the Israeli experience, and at the same time kept her oriental identity-card. After more than three decades, when Kahanoff had become an inaliable asset of Israeli culture, Amir pointed out that “her pent up but intense aspiration to a cultural, human, social roof over her head in this country” (Amir, 1996). had finally been realized. In addition to Kahanoff, Amir also translated Camus. In the mid nineteen-fifties, Amir helped to set up the “Tsohar” publishing house. By this means, he sought to change the literary order of priorities in the country, to diminish the influence of the Anglo-Saxon world on Israeli culture and to bring the reader closer to the Mediterranean Basin. Amir saw the Mediterranean as the arena of conflicts, hostility and armadas, but also as a sea of pleasantness. He seized on Camus as someone who perceived the fanaticism that existed in the Mediterranean countries, but also sought the “sense of proportion” of ancient Greece and tried to find a balance between religious differences, ethnic tensions and national confrontations (Ohana, 1998, p. 21–29). According to the Israeli author Sami Michael, Camus was the product of the Mediterranean as a sea of escape: of the despairing, of poor Frenchmen who emigrated to Algeria in the nineteenth century in order to find redemption. “The Mediterranean region produced Moses, Mohammed and Jesus, who failed to make peace in their area. It is a sea of wars and conquests more than a sea of peace and trade.” The Israeli author Dan Tsalka is less unambiguous than Sami Michael. He sees the Mediterranean as a sort of snare. On the one hand, it is the classical sea, Mare Nostrum (Our Sea) of the Romans, the sea of wandering and return home, and on the other hand fascism and other such evils sprang up on its shores. Camus, thinks Tsalka, had an intellectual tendency to create heroes, philosophical figures who could express his longings and desires – that is to say, a kind of humanism which had a certain and poetic force associated with the Mediterranean (Ohana, 2012, p. 211). A cultural critic who made great efforts to bring the Mediterranean aspects of Kahanoff and Camus to the notice of the Hebrew reader was the essayist, translator and journalist Yoram Bronowski. Bronowski always presented the “Mediterranean option” as a suitable one for the Israelis. Me-Mizrach Shemesh (the collection of Kahanoff’s essays) represented for him “an idea of culture”, which Kahanoff called “Levantinism” (Bronowski, 1978). The use of this provocative epithet was meant to contradict the usual associations of this term in the Western Israeli culture which were the opposite of culture, a lack of authenticity and

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even something caricatural. Levantinism was a mishmash of cultures which came into being in the Eastern Mediterranean for hundreds of years when elements of European culture came together with scraps of Arab, Turkish, Jewish, Greek, Egyptian culture, and so on. Kahanoff represented the Levantine culture as having the right to a full, authentic independent existence, although one that was not without problems. Levantinism, said Bronowski, echoing Kahanoff, is a culture in process of being born, it is a cultural configuration which will come into being after a prolonged encounter between Europe and the East. This cultural encounter takes place over a long period, but only in the post-colonial era does it begin to constitute a truly new culture. A true culture is always heterogenous in its beginnings, made up of contradictory and even opposing elements, and it is not surprising if the members of the initial generations have difficult problems of identity. Years after Bronowski wrote this piece on Kahanoff, he read Camus’s Le premier homme (The First Man), and wrote that the book “was apparently intended to be a lament for the death of a culture, and perhaps also for the death of a certain option – the Mediterranean option.” Bronowski believed that the readers of Camus in Israel would see an analogy between the Algerian problem and the question of the territories in Israel: “In the public debate in Israel, the memory of the Algerian War of Independence has been brought up again and again in recent years, and the episode of France severing ties with its old colony. Many suggested to Prime Minister Yitzhak Rabin that he should take France’s President, Charles de Gaulle as his model. When one compares an exodus from the occupied territories with France’s departure from Algeria, and becomes better acquainted with the attitude of the French to the events of thirty years ago, it is difficult not to be drawn into vexing thoughts” (Bronowski, 1994). The Israeli author A. B. Yehoshua connected Kahanoff’s Levantinism with Israel’s evolving Mediterranean identity: Within the crystallizing Israeli identity she opened a window for us to peer at worlds unknown to us: not oriental folklore but the intellectual Levant. Kahanoff gave depth and force to the scorned concept “Levantine” and was also sober and critical in her attitude towards it. We felt closed in and besieged, and she transmitted openness, aroused hope that after the peace there will be someone to talk to (Barezki, 15.3.1996).

The Israeli author Haim Beer was of a similar opinion: She set a surprising new dish on the small Israeli table. She did not preach, but she gave you to understand that Ashkenazi pride was based on error, that the Levantine option is much better than what we have to offer. She presented a world whose beauty lay in its complexity – French, English, Mediterranean, Judaism,

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oriental aristocracy. In her personality and in her writings, she proposed connections we were not aware of, a possible model for life in the region. Not one of self-effacement and servility and not one of pride. Only afterwards did we read Cavafy, Durrell, etc. (ibid.).

In 2011, a collection of articles, Mongrels or Marvels: the Levantine Writings of Jacqueline Kahanoff, edited by Deborah A. Starr and Sasson Somekh, appeared for the first time in English. The editors set off Kahanoff’s early vision of a revival of “the Levant as a geographic entity comprising many genuinely native peoples and cultures” (Kahanoff, 2011, p. xxiii) against the Zionist vision of the creation of a new people with a new Israeli identity. The editors quoted the words of Yaira Ginossar: Kahanoff “caused a revolution in the term from a shameful word to a possible description of honor for people who exist in two cultures” (Kahanoff, 2011, p. xxiv). After the Six-Day War in 1967, Kahanoff broadened her vision of the Levant to that of a cosmopolitan society which embraced the whole region. The editors concluded that “although Kahanoff devoted a great deal of effort to unmasking legacies of European imperialism and internal forms of colonialism within Israeli society, she never recognized her own colonising tendencies towards Arab-Islamic culture. Her social model is derived from a notion of a Levantine subculture composed primarily of minorities that served as a bridge between East and West but had little direct contact with the majority culture outside their milieu.” Kahanoff belongs to the intellectual current of writers, thinkers and cultural critics who are characterized by the Mediterranean idea. The purveyors of this idea that I call “Mediterranean humanism” did not refer themselves as an aesthetic or intellectual “school”. These authors, including Albert Camus, Albert Memmi, Tahar Ben-Jelloun, Jorge Semprún, Najib Mahfouz and Edmond Jabès, were opposed to all kinds of racism, violence, colonialism, and political radicalism (Ohana, 2003b, p. 59–75). They fought for anti-racism stemming from their tolerance of the “other” and their acceptance of the foreign and the different. Theirs was a multicultural outlook that affirms dialogue as a form of human activity. Kahanoff, like these other writers, rebelled against the Western tradition that wanted to create a new man; instead, she emphasized the concrete problems of the Mediterranean societies, using Israel as a case-study. Kahanoff was referring to a literature that moved between borders, that embodied immanent tensions both in the lives of the writers themselves and in the subjects they wrote about. Kahanoff, as we said, was of Tunisian and Iraqi extraction, grew up in a Jewish community in a cosmopolitan British society in Egypt, went to a French high school, conversed with governesses in English and with servants in Arabic. In the formative years of her life, she was in the national society of France and the pluralistic immigrant culture of the United States, and in Israel in its early days when there was a cultural-political hegemony. These cultural changes could have destroyed the identity and creativity of many writers, but in

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Kahanoff’s case they served as an abundant source of vitality and interiorisation of many national, class and cultural perspectives. Her ideas move between the frontiers of the universal (the cosmopolitan) and the Levantine, the Levantine and the Israeli, the Israeli and the Jewish and the Jewish and the Muslim (Ohana, 2003b, pp. 29–55). This liminality which characterized Kahanoff was not only expressed in the wanderings of her life and her spiritual wanderings, but also in her deep affinity with cultures which were outside Israel’s hegemonic discourse in those years. Kahanoff was perhaps more than anything else, in almost all respects “both outside and inside”, a Jewish intellectual who was an “outsider as insider”, to use the expression of the historian George Mosse (Mosse, 2000). At the same time, Kahanoff always sought a place that would be a home, a place where her polyphonic identity would find rest, where East and West would have a fruitful meeting. The biographical and spiritual stages on the path to her identity did not cause a tear in her personality but gave rise to a Mediterranean outlook combining various places in a kind of multi-locational culture. Kahanoff reached the conclusion that this Mediterranean outlook only stood a chance if one was planted in the firm soil of one’s own place. As a promoter of the Mediterranean idea Kahanoff branched out or deviated from the prevalent confrontational or oppositional reality towards a broad, rich and polyphonic mesh of geopolitical cultural elements. Her grasping of Israel together with her biographical and creative journey on the threshold made Kahanoff the herald and initiator of a different cultural possibility, far more extensive than that offered in her time, and also, perhaps, than is being offered now.

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Christine Isabel Schröder Das Mittelmeer im Fokus nationalsozialistischer Diskurse über Geopolitik und Raum Eine wissensgeschichtliche Perspektive∗ „Stehen wir […] am Neubeginn einer zweiten Mittelmeerepoche?“ So fragt der Publizist Edmund Schopen (1882–1961) in seinem 1937 erschienenen Werk Weltentscheidung im Mittelmeer (1937, S. 5). Die politischen Ereignisse der 1930er Jahre in der Mittelmeerregion erscheinen ihm als Zeichen einer neuen Ära des Mittelmeers und verdienten die Aufmerksamkeit des deutschsprachigen Lesepublikums. Die „Mittelmeerfrage“ sei „zugleich die Frage Europas“ (Schopen, 1937, S. 6–7). Wenige Jahre später, als der Zweite Weltkrieg auch in die Mittelmeerregion getragen worden war, bestätigt der Geograph Georg Niemeier (1903–1984) Schopens Voraussage in seinem Schulungsmaterial für den NSD-Studentenbund und betont die Bedeutung des Mittelmeeres als „Teil des gesamteuropäischen, ja des in seinen Auswirkungen heute über die ganze Erde reichenden Kampffeldes“ (Niemeier, 1941, S. 1). Während diese Zitate, die exemplarisch für die Produktion von Wissen vom Mittelmeer während des „Dritten Reichs“ stehen, dem Mittelmeer und der Auseinandersetzung mit ihm eine spezifische Relevanz für ihre Zeit zuordnen, scheint dieses Wissen vom Wissen über das Mittelmeer heute nicht existent; in der heutigen historiographischen wie populären Beschäftigung mit dem Mittelmeer und seiner Region klafft eine signifikante Wissenslücke: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg tauchen in den verschiedenen Erzählungen von „den Deutschen“ und „ihrem“ Mittelmeer, ihrer „Sehnsucht nach dem Süden“ weitgehend nicht auf.1 Nachdem sich die (deutschsprachige) wissenschaftliche Wissensproduktion lange auf (wenige) militärhistorische Darstellungen beschränkt hat, gibt es allmählich neuere Publikationen, die die Kriegsverbrechen der „Achse“ und die Schoah thematisieren und somit auch die soziokulturellen Folgen des Krieges und der Schoah thematisieren (z. B. Klinkhammer u. a., 2010; Bernhard, ∗

Jürgen Ebach gewidmet. Ich danke Medardus Brehl und Manuel Borutta für die kritische Lektüre und die hilfreichen Anmerkungen. 1 Vorherrschend bleibt die Erzählung, die Deutschen hätten erst durch die Möglichkeiten des „Wirtschaftswunders“ den Mittelmeerraum entdeckt und touristisch erobert. Vgl. dagegen zum „Reisefieber” der 1930er Jahre: Spode, 2003, insb. S, 112–130. Zur literarischen Konfiguration des ‚Südens’ als Sehnsuchtsraum vgl. Richter, 2009.

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2012; Gentile, 2012; Fleischer, 2006; Jacobs, 2008; Schminck-Gustavus, 2011). Allerdings sind hier weder ‚mediterrane’ Aspekte noch wissensgeschichtliche Perspektiven berücksichtigt. Zwar ist in verschiedenen Aufsätzen die Konstruktion eines mediterranen Raumes im wissenschaftlichen Diskurs der sogenannten klassischen deutschen Geographie beleuchtet worden (vgl. Ben-Artzi, 2004; Schultz, 2006; Schultz, 2007), wie auch einzelne disziplinen- oder themenzentrierte Einzelstudien etwa zur Epoche nach 1945 oder zur spezifischen Reisepraxis „gen Süden“ erschienen sind (u. a. Dir, 2005; Crowley, 2011; Imorde und Wegerhoff, 2012; Vögle, 2012; Zern, 2014).2 Eine umfassendere Geschichte des d e u t s c h e n Wissens vom Mittelmeer und seinem Raum –zumal mit Fokus auf die Zeit des Nationalsozialismus – fehlt jedoch bislang.3 Dabei bietet eine wissensgeschichtliche Herangehensweise die Möglichkeit, über reine Institutionengeschichte oder die Beschäftigung mit Elitediskursen hinauszugehen und nach der (interdiskursiven) Zirkulation von Wissen in weiteren gesellschaftlichen Kontexten zu fragen, vor allem im Hinblick auf den Zusammenhang von Wissen, Machtpositionen und die (Vor-)Strukturierung von Handlungen durch Diskurse. Der vorliegende Beitrag stellt die Grundlagen und ersten Ergebnisse eines Forschungsprojektes am Zentrum für Mittelmeerstudien der Ruhr-Universität Bochum vor, das sich vor allem an den Ansätzen des Züricher Zentrums Geschichte des Wissens (ZGW) orientiert.4 Ziel ist es, Wissen oder Wissensbestände zu historisieren, zu kontextualisieren, Wandelbarkeiten, Brüche und Kontinuitäten, aber vor allem auch das Machtvolle von Wissen aufzuzeigen: Wann und wie wird ein spezifisches Wissen mit Bedeutung aufgeladen, mit Handlungen, Politiken verknüpft? Wie also formierte sich der Diskurs um das Mittelmeer und seinen ‚Raum’ zwischen 1933 und 1945? Welches Wissen vom Mittelmeer zirkuliert im nationalsozialistischen Deutschland? Was soll den „Volksgenossen“ des „Dritten Reichs“ als relevantes Wissen über die mediterrane Welt erscheinen? Wie verhält sich die Produktion wissenschaftlichen Wissens vom Mittelmeer zu dem, was die ‚Öffentlichkeit’ oder die ‚Allgemeinheit’ w e i ß ? Welchen Stellenwert, welchen 2

Zur Tourismusgeschichte vgl. auch den Beitrag von M. Meerpohl in diesem Band. Zum allgemeinen Forschungsstand der Mediterranistik innerhalb der Neuen und Neuesten Geschichte und verwandter Disziplinen s. Borutta und Lemmes, 2013. 3 Eine Ausnahme stellt Gregor Meierings Aufsatz (Meiering, 2000) dar, der einen – leider nur auf Französisch erschienenen – Überblick über die Epochen und Konjunkturen deutscher Entwürfe des Mediterraneums inklusive der Jahre 1933–1945 bietet. Allerdings kommt Meiering zu dem Schluss, dass die Versuche des NS, das Mittelmeer als strategisch-geopolitischen Raum zu entwerfen, begrenzt geblieben seien. Verglichen mit der Expansion nach Osten, die Meiering heranzieht, stimmt dies zwar, innerhalb des Bezugsrahmens eines deutschen Mittelmeerdiskurses ist diese Behauptung jedoch nicht zutreffend. 4 http://www.zgw.ethz.ch/ (letzter Zugriff am 5.8.2014). Vgl. grundlegend Sarasin, 2011. Eine Einordnung der verschiedenen Ausprägungen von „Wissensgeschichte“ hauptsächlich in der schweizerischen und deutschen Forschungslandschaft bietet Speich Chassé und Gugerli, 2012.

DAS MITTELMEER IM FOKUS NATIONALSOZIALISTISCHER DISKURSE

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Ort hat das Mittelmeer in Entwürfen von ‚Geopolitik’ und ‚Raum’, die in expansive und gewaltvolle Politiken eingebunden sind? Im Folgenden werden zunächst die Fragen von ‚Wissen’, Wissensproduktion und ‚populärem’ Wissen im spezifischen Kontext des Nationalsozialismus erörtert, bevor ein kursorischer Überblick über die Quellenlage geboten wird sowie über die Perspektiven und Fragen, die sich aus den Quellentypen ergeben. Eine erste Vertiefung skizziert die Stellung des Mittelmeers im deutschen Diskurs um ‚Geopolitik’ und ‚Raum’. In einem zweiten Schritt wird diese Perspektive entlang des Faktors ‚essentielles Wissen’ in Konversationslexika zugespitzt.

Das Wissen vom Mittelmeer im Nationalsozialismus: Quellen und Perspektiven Sehr konzentriert formuliert, lässt sich das, was als „wahr“ und „wirklich“ gewusst wird, als Ergebnis soziokultureller Prozesse fassen (vgl. Titzmann, 1989; Ort, 1992; Brehl, 2007, S. 54–60). Mit Siegfried Jäger gesprochen, meint Wissen „alle Arten von […] Bedeutungen, mit denen jeweils historische Menschen die sie umgebende Wirklichkeit deuten und gestalten“ (Jäger, 2001, S. 81). „Ein Wissen“ bezeichnet also eine in spezifischen Diskurszusammenhängen wahre Aussage und umfasst all jenes, was innerhalb eines Diskurses sagbar ist. Dies ist der Ausgangspunkt auch für eine historiographische Analyse von ‚Wissen’ im Nationalsozialismus bzw. von „nationalsozialistischem Wissen“.5 Ferner geht es jedoch um unterschiedliche Dimensionen von ‚Wissen’ und ihre spezifische Herstellung und Wirkungsweise bzw. -macht. Für die Re/Konstruktion des zu untersuchenden Quellenkorpus’ wird zunächst nach dem Lexem „Mittelmeer“ und verwandten Begriffen (mittelländisches Meer, mediterran, vgl. unten) in publizierten wie nicht-publizierten Quellen gesucht. Die Perspektive ließe sich auf andere als Textmedien, v. a. visuelle, ausweiten, hier geht es jedoch um die textuelle Wissensproduktion und -distribu5

Vielleicht denkt man hier zunächst an das Stichwort „Propaganda“. Dieser Aspekt kann hier nicht ausreichend erörtert werden; nur so viel zur Klärung: Der Begriff „Propaganda“ wird heute häufig in einer Weise gebraucht, der sich nicht unbedingt mit der zeitgenössischen Verwendung deckt. Zwar gibt es auch in der ersten Hälfte des 20. Jh. einen pejorativen Gebrauch des Wortes. „Propaganda“ bezeichnet zeitgenössisch, also auf der Ebene der Quellenaussagen, zunächst einmal eine spezifische Gattung der Generierung und Verbreitung weltanschaulicher, meist staatlich distribuierter ‚Information’ – also eine spezifische Form von ‚Wissen’ und ‚Wissensverbreitung’. Dieses Wissen ist hochgradig, um nicht zu sagen absolut, normativ innerhalb eines Wissenssystems. Gerade deshalb ist es nicht nach heute gängiger Praxis als irrelevant, weil ideologisch kontaminiert und verfälscht, abzutun, sondern als eine solche Norm zu analysieren und in seinen Kontexten zu verorten (vgl. auch Gries, 2005). Unter „Propagandistischem Wissen“ ließe sich daher ein in der Gattung „Propaganda“ generiertes (und publiziertes) Wissen fassen, z. B. vom NS-Propagandaministerium herausgegebene Schriften oder die spezifische Wissensproduktion der Propagandatruppen der Wehrmacht (vgl. unten).

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tion und ihre entsprechende diskursive Authentifizierung und Sanktionierung. Entlang des so erstellten Quellenkorpus lassen sich nun verschiedene Felder oder Segmente vom Wissen über das Mittelmeer unterscheiden bzw. in Beziehung setzen: wissenschaftliches, militärisches bzw. soldatisches, allgemeines oder populäres sowie lexikalisches Wissen. Unter „wissenschaftlichem Wissen“6 wird hier das Wissen begriffen, das im Rahmen des gesellschaftlich gültigen d. h. diskursiv geregelten Systems ‚Wissenschaft’ und seinen Institutionen erzeugt und im entsprechenden wissenschaftlichen Diskurs geäußert, also etwa textlich produziert/publiziert wird.7 Diese Dimension eines Wissens vom Mittelmeer lässt sich entsprechend zunächst disziplinär erfassen, also besonders die geographischen Teildisziplinen, Geschichtsinsbesondere die Altertumswissenschaften, Orientalistik, aber auch Wirtschaftsund Politikwissenschaften. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass geographische und politologische Arbeiten ab Ende der 1920er Jahre sich beinahe ausschließlich auf dem Feld der Geopolitik bewegen, die, wie weiter unten gezeigt werden wird als eigene Disziplin oder Diskursfeld betrachtet werden kann. 6

Vgl. hierzu auch die Überlegungen des Bakteriologen und Wissenschaftstheoretikers Ludwik Fleck (2012). In diesem Werk von 1935 analysiert Fleck die „Struktur der modernen abendländischen Wissenschaft“ (ebd. S. 147). Zentral sind seine Begriffe Denkkollektiv und Denkstil. Das Denkkollektiv sei eine „Gemeinschaft der Menschen, die im Gedankenaustausch oder in gedanklicher Wechselwirkung stehen“ (ebd. S. 54). Ein Denkkollektiv sei somit der „Träger geschichtlicher Entwicklung eines Denkgebietes, eines bestimmten Wissensbestandes und Kulturstandes, also eines besonderen Denkstils“ (ebd. S. 54–55). Den Denkstil „charakterisieren gemeinsame Merkmale und Probleme, die ein Denkkollektiv interessieren; der Urteile, die es als evident betrachtet; der Methoden, die es als Erkenntnismittel anwendet. Ihn begleitet eventuell ein technischer und literarischer Stil des Wissenssystems.“ (ebd. S. 130). Flecks Überlegungen sind somit den Foucaultschen Entwürfen von Diskurs(segmenten), Wissensfeldern und Aussagenanalyse sehr nahe. 7 D. h. wissenschaftliches Wissen ist das, was innerhalb der zeitgenössischen Wissenschaft als wissenschaftlich anerkannt wird. – Diese Aussage verwehrt sich im Vorhinein der Bezeichnung „pseudowissenschaftlich“, die häufig tendenziös benutzt wird, um ein wissenschaftliches Wissen, das heute als widerlegt gilt oder in stark ideologisierten Kontexten entstanden ist, explizit zu depotenzieren. Eine solche Depotenzierung ist jedoch unhistorisch und vor allem nicht notwendig, wenn eine genaue Historisierung und Kontextualisierung dieser geschichtlichen Gestalt wissenschaftlichen Wissens geleistet wird. Dies gilt insbesondere für die Fragen um die völkischen Wissenschaften allgemein und die sozialdarwinistische Rassenkunde insbesondere. Selbstverständlich sind diese Teil menschenverachtender ideologischer Konstrukte. Sie entsprechen jedoch den Regeln des zeitgenössischen biopolitischen Dispositivs, dessen Bestandteil auch der wissenschaftliche Diskurs ist. Wenn diese Wissenschaft in Anführungszeichen gesetzt oder als „pseudowissenschaftlich“ bezeichnet wird, wird die Wirkungsmacht normativen Wissens unterschätzt und seine soziohistorischen Kontexte verkannt. Nicht zuletzt wird damit ein Wissenschaftsbegriff aufrechterhalten, der – wie neuere Forschungen zum Wissenschaftsbetrieb im Nationalsozialismus belegen – unhistorisch eine „reine“ weil angeblich unpolitische, nahezu weltabgewandte Wissenschaft projiziert und dann vor den Problemen forscherbiographischer Ambiguitäten und „unangenehmer“ disziplinärer Kontinuitäten steht.

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Zu den Medien, in denen wissenschaftliches Wissen produziert/publiziert wird, gehören vor allem wissenschaftliche Monographien und Artikel in Fachzeitschriften, zum Teil auch Bild- und Kartenmaterial. Ein besonderes Genre in diesem Diskursfeld sind im Kontext der NS-Zeit die sogenannten Kriegsvorträge – eine Art Ringvorlesungen oder Studium generale während des Krieges –, die aufgrund der Auswirkungen des Krieges auf den Universitätsbetrieb ein gewissermaßen ‚essentielles‘ wissenschaftliches Wissen für verschiedene Disziplinen oder Teildisziplinen übergreifend zusammenfassten und als solche in kleineren Schriften publiziert wurden. Hier sticht eine Schriftenreihe der Bonner Universität hervor, die während des Zweiten Weltkriegs ein doch umfangreiches Programm an Kriegsvorträgen veröffentlichte. In einer Reihe mit dem bedeutungsvollen Titel Das Mittelmeer als europäischer Schicksalsraum wurden zehn Vorträge v. a. aus der Alten und Mittelalterlichen sowie der Kunstgeschichte, der Philosophie, Zoologie und Medizin gefasst. Die Bonner Kriegsvorträge8 geben ein eindrückliches Beispiel dafür, wie durch paratextuelles Verfahren (Gerard Genette) in spezifisch betitelten Schriftenreihen Wissen auf besondere Weise geordnet wird. Mit der Benennung einer Reihe, also dem Paratext ‚Reihentitel‘, wird den einzelnen Publikationen eine Ausrichtung gegeben und die Publikation in einen größeren Zusammenhang eingeordnet (vgl. Genette, 1989). Die jeweilige Einzelpublikation steht nicht mehr für sich allein, sondern sie ist Teil eines größeren Komplexes, dem wiederum eine spezifische, publikumsrelevante Bedeutung und Zielrichtung beigemessen wird. Andernfalls würde man im Falle der Bonner Reihe zum Beispiel nicht unbedingt bei einem Vortrag namens „Alexander der Große“ (Oertel, 1943) oder „Die Geschichtsphilosophie Giambattista Vicos“ (Rüfner, 1943) zuerst an deren Relevanz für das Mittelmeer als „Schicksalsraum“ Europas denken; umgekehrt sind diese Vorträge und Publikationen unter dieser Überschrift konzipiert worden. Dass dieser Titel für eine Ringvorlesung in Kriegszeiten gewählt wurde, zeigt aber vor allem, welche Bedeutung dem Mittelmeer tatsächlich zugemessen wurde.9 Ein besonderes Diskursfeld stellt das ‚militärische Wissen‘ vom Mittelmeerraum dar. Zum einen ist es häufig Teil der wissenschaftlichen Wissensproduktion, und zwar seit der Nutzung der geographischen Wissenschaften im Rahmen militärischer Planung und Unternehmen, insbesondere aber seit der Etablierung der sogenannten Wehrwissenschaften.10 Zum Teil handelt es sich teils um ein 8

Weitere Reihen präsentieren wissenschaftliches Wissen, häufig auch mit Mittelmeerrelevantem Bezug, etwa unter dem Titel „Wissenschaft im Kampf für Deutschland“ oder „Europa und die Kolonien“. 9 Eine den Bonner Kriegsvorträgen ähnliche Reihe, die eine Region zu einem besonderen, sogar ‚schicksalhaften’ Gegenstand macht, hat sich nicht gefunden. 10 Diese wurden seit dem Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik, besonders von dem Geographen Ewald Banse (1883–1953), entwickelt – sie stehen als Verknüpfung zwischen dem Feld des militärischen Wissens vom Mittelmeerraum und den wissenschaftlich-disziplinären Mittelmeerdiskursen.

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spezielles „Geheimwissen“, das nicht der Öffentlichkeit zugedacht ist, sondern zwischen Staats-, Militärführung und Soldaten zirkuliert. Dieses Wissen findet sich im Archivmaterial der Wehrmacht gesammelt, u. a. der Kriegswissenschaftlichen Abteilung der Luftwaffe, die etwa Studien, besonders zur Kriegsführung, in Auftrag gab und als Ausbildungsmaterial für junge Offiziere als Verschlusssache herausgab. Zum anderen rückt das spezifische ‚soldatische Wissen‘ in den Blick: Was mussten, was konnten Soldaten über den Mittelmeerraum wissen? An publiziertem Quellenmaterial sind vor allem die sogenannten Tornisterschriften der Wehrmacht und Feldpostausgaben verschiedener Verlage relevant, z. B. Hefte der „Schlag nach“-Reihe ursprünglich des Bibliographischen Instituts Leipzig, die vom Oberkommando der Wehrmacht für die Soldaten herausgegeben wurde.11 Hier findet sich u. a. das Heft „Schlag nach über das Mittelmeer“12 und weitere Mittelmeer-bezogene Schriften. Die „Truppenbetreuung“ in Form von informativen und unterhaltenden Frontzeitungen und -illustrierten, aber auch die Vermittlung journalistischer Informationen über das Kriegsgeschehen in die ‚Heimat’ oblag auch an der Mittelmeer-Front den Propagandaeinheiten der Wehrmacht (vgl. u. a. Meyer, 1999; Rother und Prokasky, 2010; Uziel, 2008; Vossler, 2005). Die Produktion von Wissen durch diese offizielle Propaganda-Institution steht zwischen militärischem, populärem und spezifisch soldatischem Wissen, da die Propagandatruppen sowohl für die Kriegsberichterstattung zuständig waren, die dann der Öffentlichkeit in Presse, Film und Funk als normatives Wissen präsentiert wurde.13 Daran schließt sich die Frage an, welches Wissen vom Mittelmeer von der ‚Front’ in die ‚Heimat’ transportiert wird und welche Bilder und Erzählungen in spezifisch soldatischen Publikationen kursieren. Publiziertes wie unpubliziertes Quellenmaterial (sowie dessen Vergleich) gibt Aufschluss über dieses Wissen und seine Anschlüsse an weitere Diskurssegmente. Neben dem wissenschaftlichen Wissen steht das ‚allgemeine Wissen‘, also das Wissen, das in der ‚Öffentlichkeit’ zirkuliert und nicht den Sanktionen und Regeln des wissenschaftlichen Fach- oder Expertenwissens unterworfen ist. Dieses dem wissenschaftlichen Wissen gegenübergestellte Wissen wird hier ‚populäres 11

Die Hefte der „Schlag nach!“-Reihe tragen den Untertitel „Wissenswerte Tatsachen, Übersichten und Tabellen nebst einer mehrfarbigen Übersichtskarte“ und wurden für kriegsrelevante Gebiete in der Reihe „Tornisterschriften des OKW“ für Soldaten herausgegeben – mit dem Hinweis „Nur für den Gebrauch innerhalb der Wehrmacht“. Nach Ländern und Regionen kategorisiert enthielten sie große, bunt gedruckte Faltkarten, die auch einzeln herausnehmbar bzw. zu erwerben waren. Zum Teil haben Hefte und Karten den Aufdruck „Nicht sammeln, sondern weitergeben!“ Zu den Hintergründen dieser an Soldaten gerichteten Publikationen vgl. Bühler und Bühler, 2002; Prodöhl, 2007; 2011, S. 129–144. 12 Schlag nach über das Mittelmeer. Tornisterschrift des Oberkommandos der Wehrmacht, Abt. Inland; 11. Leipzig: Bibliographisches Institut 1940. 13 So lautete offizielle Bezeichnung der Propagandaeinheiten der Luftwaffe „Kriegsberichterkompanien“.

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Wissen‘ genannt.14 Darunter sei all das verstanden, was im öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs als gültiges Wissen verhandelt und verbreitet wird.15 Dies umfasst zum einen („populärwissenschaftliche“) Sachliteratur, zum anderen Belletristik; als Drittes umfasst es jedoch auch die interdiskursive Verschmelzung beider Genres. Die Auswahl und Analyse der Quellen stehen unter den Leitfragen: Was weiß ‚die Gesellschaft‘ eigentlich vom Mittelmeer? Welche Wissensbestände werden verhandelt und welche Wissenselemente werden in welche Kontexte gestellt, bearbeitet und tradiert? Welche Bilder werden dabei erzeugt, auf welche Bilder, Texte, Narrative wird zurückgegriffen? Populäres Wissen vom Mittelmeer und von den mediterranen Gebieten wird v. a. in Erlebnisberichten von Reisen und Reiseführern vermittelt, in journalistischen Reportagen, auch in Kriegsreportagen, politischen Sachbüchern16 und der 14

Vgl. auch hierzu wiederum Fleck (2012), der populäres Wissen bzw. populäre Wissenschaft als eine von vier denksozialen Formen definiert, zugleich die größte d. h. einflussreichste Ebene menschlichen Wissens (ebd., S. 148). Die anderen drei denksozialen Formen – Zeitschriften, Handbuch- und Lehrbuchwissenschaft – bilden die Kategorien fachmännischen Wissens. Fleck kategorisiert diese, in dem er diese denksozialen Formen als Medien oder Genres spezifischer Wissensproduktion verschiedenen Milieus oder Funktionen zuordnet: der „spezielle Fachmann“ (Zeitschrift), die „allgemeinen Fachmänner“ (Handbuch) sowie die „Einweihung in die Wissenschaft nach besonderen pädagogischen Methoden“ (Lehrbuch) (ebd., S. 147–8). Dieses fachmännische Wissen bildet den „esoterischen Kreis“ des Wissens, den Fleck nicht unbedingt abgegrenzt, sondern erweitert und komplementiert sieht durch den „exoterischen Kreis“ der populären Wissenschaft. Die Vertreter dieser denksozialen Form seien die „gebildeten Dilettanten“ (ebd., S. 147–8). Das Besondere am populären Wissen ist seine Zirkularität – Fleck spricht von einem „verwickelte[n] Gebilde“ (ebd., S. 149), von einem „Zirkel intrakollektiver Abhängigkeit des Wissens“ (ebd., S. 150). Aus dem fachmännischen Wissen entstehe das populäre, indem gewissermaßen komplexe Aussagen vereinfacht und zugänglich gemacht werden (wir sprechen heute von „Wissenstransfer“). Dann aber bilde, so Fleck, das populäre Wissen wiederum „die spezifische öffentliche Meinung und die Weltanschauung und wirkt in dieser Gestalt auf den Fachmann zurück“ (ebd., S. 150). 15 Zum Teil wird in der Forschung zwischen „populärem“ und „popularisiertem“ Wissen unterschieden. ‚Populäres Wissen‘ steht dabei eher für Allgemeinwissen als auch für das, was mit englisch common knowledge oder auch common sense gemeint ist. ‚Popularisiertes Wissen‘ ist dem gegenüber das Ergebnis einer Popularisierung von wissenschaftlichem Wissen als eines Aushandlungsprozesses, der wiederum gesellschaftlich-historisch zu verorten ist. Popularisierung meint dabei v. a. den medialen bzw. medientechnischen Prozess etwa auch der Verbildlichung und Distribution von Wissen in einen „populären“ Markt. Vgl. Müller, 2009, S. 36. Die Begriffe sind dabei jedoch aufeinander bezogen und in ihrem wechselseitigen Verhältnis zu untersuchen. Festzuhalten ist, dass ‚Wissenschaft‘ und ‚Öffentlichkeit‘ sich in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander entwickelt haben und ‚die Öffentlichkeit‘ an der Konfiguration ‚wissenschaftlichen‘ Wissens beteiligt war und ist – etwa indem sie Anerkennung verschafft oder vorenthält. Vgl. Nikolow und Schirrmacher, 2007, S. 11. Grundlegend zur Popularisierung von Wissen in Deutschland: Daum, 2002. Vgl. außerdem: Blaseio, 2005; Boden und Müller, 2009; Huber und Schiewer 2010; Nikolow und Schirrmacher, 2007; Samida, 2011. 16 Zwischen journalistischer (Reise-)Reportage und „allgemeinverständlichem“, populärem po-

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Gattung der Bildbände und Fotobücher, die seit den 1920er Jahren enorm gewachsen war und auch als „Schaubücher“ bekannt wurden. Wie die große Zahl der populären Sachbücher erschienen die Bild- und Fotobücher häufig in Reihen wie „Orbis Terrarum“.17 Unter den Sachbüchern, die das Mittelmeer thematisieren, ist die Reihe „Weltgeschehen“ des Goldmann-Verlags zentral mit Titeln wie Edmund Schopens eingangs zitierter Schrift Weltentscheidung im Mittelmeer (1937). Diese Reihe thematisiert also das Weltgeschehen aus Perspektive des nationalsozialistischen Deutschland, wobei der Fokus auf dem Mittelmeergebiet und dem Nahen Osten liegt. Ein großes, eigenständiges Feld, das im Hinblick auf die Generierung und ReProduktion populären Wissens vom Mittelmeer und seiner Region zu untersuchen ist, stellt der Bereich der literarischen Produktion und der Belletristik dar. Hier interessieren vor allem der Aspekt der Interdiskursivität, der etwa anhand des 1940 von Werner Benndorf herausgegebenen Mittelmeerbuchs deutlich wird: Es handelt sich hierbei um eine nach Ländern geordnete Anthologie deutscher Texte, in der Prosa und Lyrik, Reisereportagen ebenso wie geopolitische Einschätzungen gemeinsam präsentiert werden (Benndorf, 1940). Ein weiterer spezifischer Zweig populärer Wissensproduktion über das Mittelmeergebiet wird durch ein Teilsegment der Kriegsliteratur konstituiert, die das Mittelmeer als Erinnerungsraum des Ersten Weltkrieges entwirft: Hier handelt es sich um ein Genre, dessen Publikationen in Kontinuität zum Ersten Weltkrieg und zur Nachkriegszeit der Weimarer Republik stehen.18 Titel wie Stürme im Mittelmeer (Glodschey, 1939), Balkanflieger (Heydemarck, 1935) oder Wölfe der Meere (Wiedemeyer, 1941), die zwischen 1933 und 1945 veröffentlich wurden, präsentieren das Mittelmeer als Erfahrungsraum des ‚Kriegserlebnisses’ der Soldaten des Ersten Weltkrieges. Die Heldenerzählungen vom U-Boot- und Luftkrieg in der Mittelmeerregion werden Teil des kollektiven Gedächtnisses vom Ersten Weltkrieg und konfigurieren – zumal häufig explizit an „die deutsche Jugend“ gerichtet – den Erwartungs- und Handlungshorizont für zukünftige Flieger- oder U-Boot-Einsätze im Mittelmeer.19 Diese Publikationen setzen sich mit dem Zweiten Weltkrieg fort, zum Teil in neuen Veröffentlichungen, zum Teil in Neuauflagen der beliebten Kriegsliteratur (etwa Henze, 1941). litischem Sachbuch stehen z. B. die auch international erfolgreichen Bücher der deutschen Journalistin Margret Boveri (1900–1975), etwa Boveri, 1936. 17 Das spezifische Genre der Bildbände und ihrer Reihen ist kürzlich in dem von Manfred Heiting und Roland Jaeger herausgegebenen Band Autopsie. Deutschsprachige Fotobücher 1918 bis 1945 erstmals umfassend dargestellt und untersucht worden (2012). 18 Die Anschlussmöglichkeit bzw. -fähigkeit zeigen hier wiederum die Reihen, etwa „Ullsteins Kriegsbücher“ des Ersten Weltkriegs oder „Bunte Bücher“, die seit den frühen Dreißigern typische Reiseschaubücher wie Auszüge aus Goethes Italienreise oder Max Dauthendeys Griechenlandreise veröffentlicht, allmählich daneben aber auch militärische Erlebnisberichte von Ludwig Dinklage und Georg Heydemark. 19 Vgl. etwa zum deutschen „Fliegermythos“ insbesondere durch den Erfolg der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg: Schüler-Springorum, 2010, insbes. S. 38–60, 242–251.

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Zwischen wissenschaftlichem und populärem Wissen – und gewissermaßen mit einer Scharnierfunktion – ist das ‚lexikalische‘ oder ‚enzyklopädische Wissen‘ zu verorten. Bei den Konversations-Lexika und „allgemeinverständlichen“ Enzyklopädien handelt es sich um 1. gesammeltes Wissen, das möglicherweise, je nach Spezifizierung, ganz unterschiedliche Wissensbestände zusammenbringt und so einen spezifischen neuen ‚Wissensraum‘ schafft; 2. um ein Wissen, dem der Wert des ‚Essentiellen‘ beigemessen wird, das also das „wirklich wichtige“ Wissen präsentiert; und 3. um ein Genre, das gezielt die Lücke zwischen wissenschaftlichem Expertenwissen und populärem Interesse bzw. Allgemeinwissen füllen will und daher eine bestimmte Qualität und Autorität für sich beansprucht (vgl. zum Thema auch Michel u. a., 2007; Prodöhl, 2007; Tomkowiak, 2002). Zudem lassen sich besonders anhand der sogenannten Konversationslexika die Entwicklung von Begriffen und ihre Bedeutungszuweisung, Konjunkturen und Brüche spezifischer Wissensbestände aufzeigen, wenn verschiedene Ausgaben über einen längeren Zeitraum in den Blick genommen werden. So auch zum Lexem „Mittelmeer“, wie es unten ausführlich besprochen wird.

Geopolitik und Raum des Mittelmeers Die Geopolitik wird ab Mitte der Dreißiger Jahre mit zahlreichen Publikationen das zentrale Feld des Wissens vom Mittelmeer (etwa Bessler, 1942; Grühl, 1937; Hiltebrandt, 1940; Hummel, 1938; Hummel und Siewert, 1936; Jantzen, 1941; Niemeier, 1941; Schmidt, 1942). Laut Meyers Lexikon (Meyer 1938) bezeichnet der Begriff die „Lehre von den geogr[aphischen] Bedingtheiten politischer Vorgänge“.20 Diese Lehre wurde im Anschluss an den schwedischen Politikwissenschaftler Rudolf Kjellén (1864–1922), dem Schöpfer des Wortes „Geopolitik“, und an Friedrich Ratzels (1844–1904) Politische Geographie bzw. Anthropogeographie u. a. von Karl Haushofer (1869–1946), Erich Obst (1886–1981) und Otto Maull (1887–1957) zu einem eigenständigen Wissenschaftszweig entwickelt, der 20

Art. Geopolitik, in: Meyer 1938, Bd. 4, Sp. 1265. Der Begriff „Geopolitik“ hat einen signifikanten Bedeutungswandel durchgemacht: Nach 1945 verschwand der Begriff als völkisch bzw. nationalsozialistisch ideologisiert weitgehend aus dem deutschen Begriffsrepertoire. Geopolitik wird, wenn die Begriffsgeschichte vor 1945 gemeint ist, als gefährlicher Irrweg bzw. als „Modeerscheinung“ (Klaus Kost) in der Entwicklung der Geographie und ihrer Teil- und Nachbardisziplinen eingeordnet. Seit einigen Jahren hat „Geopolitik“ im öffentlichen wie im wissenschaftlichen Diskurs jedoch eine Renaissance erfahren mit eben jener Bedeutungsverschiebung, die vermutlich dem Einfluss internationaler, v. a. englischer und amerikanischer Diskurse auf Politik und Politikwissenschaften geschuldet ist: Unter Geopolitik wird (im Verständnis von „Geo“ als „Erde/erdumfassend“) eine Form von „großräumiger“ bzw. „Raum übergreifender Politik“ verstanden bzw. eine politische Strategie oder Position, die eine globale Perspektive oder Auswirkungen hat. Vgl. zur Geschichte der Geopolitik Kost, 1988; Köster, 2002; Sprengel, 1996; Zeilinger u. a., 2001.

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den Staat als „geographischen Organismus“ (Kjellén) bzw. den „Boden als organischen Bestandteil des Staates“ begreift und „dessen Aufgabe die Untersuchung der in der Gestaltung und Ausstattung der Erdräume begründeten Bedingtheit politischer Vorgänge ist“.21 Geopolitik wolle und müsse, so Haushofer, das „geographische Gewissen des Staates werden“ (Haushofer, 1928, S. 27). Sie versteht sich als das Wissen um den ‚Raum’ als ‚Lebensraum‘. Der geopolitische Diskurs ist somit selbst bereits als Interdiskurs angelegt, nämlich als Verschränkung von Geographie, Geschichte und Politik und damit von Wissenschaft und Politik.22 Es werden darüber hinaus auch Wissensbestände von Wirtschaft und Anthropologie bzw. Ethnologie mit historischem und militärischem Wissen zusammengeschlossen. Auf diese Verquickung verweisen bereits die plakativen Titel der einschlägigen Schriften, die Begriffe wie „Schicksalsraum“, „Entscheidungsraum“, „Kampfraum“ etc. führen und das für die Geopolitik zentrale Konzept des ‚Raums‘23 mit Lexemen verbinden, die auf eine historische, existentielle Notwendigkeit verweisen. Tatsächlich kommt es, wie weiter unten erläutert werden wird, erst in den dreißiger Jahren zu einer Verwendung des Lexems „Mittelmeerraum“ im lexikalischen Wissen.24 Vor dem Hintergrund der angeführten Überlegungen zur Popularisierung von Wissen, zur Normierung und Tradierung von Allgemeinwissen und dem Genre der Enzyklopädien als Distributions- und Kanonisierungsinstanz authen21

Art. Geopolitik, in: Meyer 1938, Bd. 4, Sp. 1265. Vgl. Art. Geopolitik, in: Brockhaus 1930, Bd. 17, S. 188. Hier wird Geopolitik als „Grenzwissenschaft zwischen der Staatenkunde, Geschichte und Geographie“ charakterisiert. 22 Von besonderem Interesse sind daher spezifische Formate der Veröffentlichung und Popularisierung von Wissen: Die Frage nach der Funktion von Wissen in spezifischen gesellschaftlichen Kontexten führt etwa zur Frage nach basalem, elementarem oder eben allgemeinen Wissen wie es in Lexika und Enzyklopädien gesammelt und produziert wird. Im Bereich der geopolitischen Konzeptionen des Mittelmeergebiets interessieren daher auch hier wiederum spezifische Buchreihen wie der Reihe „Weltgeschehen“ im Leipziger Goldmann-Verlag. 23 Nach nationalsozialistischer Definition ist der „[…] konkrete R. […] das eigentl. Tätigkeitsfeld des Menschen, aus dem heraus ihm auch bis zu einem gewissen Grade (aber bei weitem nicht ausschließlich; ↑ Milieu) sein ↑ Schicksal begegnet, der sein Tun gelingen läßt oder hemmt, ja der Inbegriff möglicher menschl. Wesensentfaltung ist, soweit sie leiblich vermittelt und sichtbar wird. Umgekehrt findet aktive R.gestaltung und R.durchdringung durch die Völker statt. Das gilt bes. vom (geo-)polit. R. (↑ Geopolitik), in erster Linie vom Lebensraum oder Daseinsraum eines Volkes, dessen Sicherung vom polit. Führer ein ganz bes. starkes R.gefühl verlangt. Der Großstädter krankt oft am Mangel an konkretem R.-gefühl; der Bauer lebt unbewußtselbstverständlich in ihm; dem Juden scheint es völlig abzugehen. […] das Zusammen von R. und Leben wird durch Palágyi und Klages, der R. im geschichtlich-polit. Sinne durch Spengler und die ↑ Kulturkreislehre, bes. Frobenius, und die moderne Geopolitik gewürdigt. Das Problem der wirkl. Bedeutung des R. für die menschl. Existenz wird aber erst durch die Idee von ↑ Blut und Boden zugänglich. […]“ (Art. Raum, in: Meyer 1942, Bd. 9, Sp. 101–102). Vgl. dazu den entsprechenden Artikel im Großen Brockhaus, 1933, Bd. 15, S. 415–417, s. unten S. 398 Anm. 32. 24 Erstmals (im Titel) in einer Monographie verwendet scheint der Begriff „Mittelmeerraum“ bei Herre (1909), dann jedoch erst wieder in ab ca. 1936.

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tischen Wissens bietet es sich an, einen Blick in die achte, 1936 bis 1942 erschienene Auflage des Meyer zu werfen, dem einzigen Konversationslexikon, das als sogenanntes Großlexikon vollständig unter einer nationalsozialistischen Redaktion entstand.25 Zum Vergleich wird die Darstellung des Mittelmeers im Konkurrenzwerk des Verlages F. A. Brockhaus herangezogen, dem Großen Brockhaus in seiner 15. Auflage, die von 1928 bis Anfang der Dreißiger Jahre erschien und somit als Kompendium des a l l g e m e i n e n W i s s e n s der Weimarer Republik gelesen werden kann. Der Eintrag „Mittelmeer“ in der achten Auflage von Meyers Lexikon von 1939 umfasst etwas mehr als fünf Spalten (Art. Mittelmeer, in: Meyer 1939, Bd. 7, Sp. 1468–1473). Im Vergleich zur sechsten Auflage von 1908, dem Großen Meyer, ist das zwar ein etwas geringerer Umfang, doch lässt sich insgesamt eine Steigerung des Umfangs der Artikel seit Mitte des 19. Jahrhunderts feststellen – dies ist signifikant für die komprimierte Wissensdarstellung in Lexika –, vor allem jedoch eine strukturelle und inhaltliche Entwicklung. Der Meyer von 1939 bietet erstmals einen deutlich gegliederten Artikel über das „Mittelmeer“, aber auch überhaupt erstmals den Eintrag unter diesem Lemma. Zuvor, bis zur siebten Auflage von 1909, hieß es „Mittelländisches Meer“. Ebenso ist es bei dem großen Konkurrenzwerk, dem Brockhaus, der in seiner 15. Auflage von 1932 erstmals das Mittelmeer unter jenem Stichwort beschreibt und der ebenfalls erstmals eine deutliche Strukturierung des Artikels bringt.26 Diese Struktur ist sowohl beim Brockhaus als auch beim Meyer eindeutig an Aufbau und Gliederung geographischer Landeskunden27 orientiert und folgt ei25

Vgl. zur Geschichte der beiden Verlagshäuser Brockhaus und Bibliographisches Institut („Meyers Lexikon“) während des Nationalsozialismus: Keiderling, 2013. Zwar brachte auch F. A. Brockhaus ein weiteres allgemeines Nachschlagewerk während des Nationalsozialismus heraus, das „Allbuch“ (1936–1938), das unter der Zensuraufsicht der „Parteiamtlichen Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums“ (PPK) stand. Dieses bestand jedoch zum einen nur aus vier Bänden; zum anderen hatte der altehrwürdige Brockhaus eine Art Sonderstatus in der NS-Literaturpolitik, die ihm mehr Freiräume verschaffte. Dies bedeutete, dass zwar einige weltanschaulich zentrale Artikel von der PPK direkt verfasst bzw. begutachtet und zensiert wurden, der Brockhaus-Redaktion in anderen, als weniger wichtig erachteten Fällen aber Freiheiten zugestanden wurden. Dies lässt sich übrigens gerade am Mittelmeer-Artikel erahnen. Während dessen wurde der „Braune Meyer“ in direkter und vollständiger Zusammenarbeit mit der PPK konzipiert und geschrieben, vgl. Keiderling, 2013, S. 79–91. 26 Art. Mittelmeer, in: Brockhaus 1932, Bd. 12, S. 629–631. In den ersten beiden Auflagen ist der Artikel des Meyer übrigens im Wesentlichen nahezu identisch mit dem Text der BrockhausAusgaben von 1885 und 1894: vgl. Art. Mittelländisches Meer, in: Meyer 1865, Bd. 11, S. 630 mit Art. Mittelländisches Meer, in Brockhaus 1885, Bd. 11, S. 775–776 sowie Art. Mittelländisches Meer, in: Brockhaus 1894, Bd. 11, S. 943–944. 27 Landeskunden sind das Textmedium der sich um 1900 ausdifferenzierenden geographischen Teildisziplin Länderkunde. Die Landeskunde erscheint meistens als Monographie, aber nicht nur. Auch einzelne Aufsätze in Fachzeitschriften oder Lexikonartikel sind landeskundlich entworfen. Als Wegbereiter der Methodik und Darstellung gilt (den Zeitgenossen) v. a. Ferdinand von Richthofen. Die Struktur der geographischen Landeskunden ist als textliche Re-

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nem gewissermaßen „schöpfungsperspektivischen“ Schema: der Blick richtet sich von ganz unten, der Geologie und in diesem Fall der geologisch-tektonischen Entstehungsgeschichte des Meeres über die physische Geographie, d. h. der Hydrographie und des Klimas, hin zu Flora und Fauna bis schließlich zum Menschen, wobei die physische Geographie des Mittelmeers den Großteil des Lexikonartikels einnimmt. Nach einer Wiedergabe seiner verschiedenen Namen28 und einer knappen Definition als „größtes Binnenmeer der Alten Welt, zw. Europa, Asien und Afrika“ folgen die Abschnitte „Gliederung“, „Entstehung“, „hydrographische Erforschung“, „Mittelmeerklima“, „Pflanzenwelt“, „Tierwelt“, schließlich „Mittelmeerländer“. Der letzte Abschnitt zu den „Mittelmeerländern“ ist im Grunde wiederum eine knappe Landeskunde in sich (also: Geologie, Klimatologie, Wirtschafts- und Verkehrsgeographie) mit abschließender geopolitischer Skizze zur aktuellen Lage. Eine in den Text eingelassene, fast halbseitige Karte veranschaulicht außerdem die aktuelle politisch-geographische Lage. Sie stellt das Mittelmeer umgeben von den Küsten Nordafrikas im Süden bis hin zu den Ländern Nordeuropas dar. Neben italienischen, spanischen, französischen und britischen Flottenstützpunkten sind deren „Lebens- und Interessenlinien“ eingezeichnet, die längste und am deutlichsten hervorgehobene ist die britische. Diese „Kraftlinien“ oder „Lebenslinien“ sind ein zentraler Topos des deutschen GeopolitikDiskurses.29 Sie verbildlichen im Text wie auf der Karte ein naturbedingtes politisches Agieren und erzeugen anschauliche Plausibilität. Während in den vorigen Abschnitten von „mediterranen Unterregionen“ oder der „Mittelmeerregion“, etwa in Bezug auf die Tierwelt, oder einfach von „Gebieten“ die Rede war, begegnet nun am Ende des Artikels im Abschnitt „Mittelmeerländer“ das erste Mal in der Meyerschen Begriffsgeschichte des Mittelmeeres der Begriff „Raum“. Dieser wird direkt als ein „so umgrenzter Raum“ Präsentation der Landschaften in einer vertikalen Struktur angelegt: Von der geologischen Darstellung der Bodenverhältnisse ausgehend, beschreibt der landeskundliche Text „aufsteigend“ die klimatischen Bedingungen, dann die Vegetationszonen. Es folgt die Darstellung der (wilden, dann der Nutz-)Tiere und schließlich der Menschen, wobei der geographische Blick in den kolonialen Landeskunden zunächst eine ethnologische Betrachtung der „Eingeborenen“ vornimmt, um dann in einer nicht-ethnologischen, sondern wirtschaftsgeographischen Darstellung des wirtschaftlichen Lebens und der Infrastruktur (in kolonialen Landeskunden: der „Weißen“) zu gipfeln. Es ist also von einem hierarchischen Aufbau der Landeskunden zu sprechen, der zwar zunächst den fachwissenschaftlichen Blick der geographischen Disziplin widerspiegelt, dabei jedoch durchaus mit zivilisatorisch-kulturellen Ordnungsvorstellungen korreliert. Vgl. etwa den vertikalen Aufbau einer Landeskunde bei dem Geographen Alfred Philippson (1922). Vgl. Wardenga, 2004. 28 „Mittelmeer (Mittelländisches Meer, Europäisches oder Romanisches Meer, im Altertum Mare internum, später Mare Mediterraneum, türk. Ak Denis ‚Weißes Meer’, in der Seemannssprache Mittlandsee) […]“, Art. Mittelmeer, in: Meyer 1939, Bd. 7, Sp. 1468. 29 Zur „Veranschaulichungsleistung“ der Geopolitik, insbesondere der geopolitischen Kartographie, vgl. Köster, 2002, S. 153–164

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(Art. Mittelmeer, in: Meyer 1939, Bd. 7, Sp. 1472). eingeführt – Grenze und Raum werden somit unmittelbar zusammen gedacht, der Raum von seinen Grenzen her entworfen, nämlich von den angrenzenden Ländern her. Dieser Raum sei nur durch sein einheitliches Klima […] und Pflanzenkleid eine geogr[aphische] Einheit, während die Bewohner rassisch, kulturell, rel[igiös] und wirtschaftlich sehr ungleichartig sind. (Art. Mittelmeer, in: Meyer 1939, Bd. 7, Sp. 1472)

Nach einem kurzen wirtschafts- und verkehrsgeographischen Überblick wird der Topos des Mittelmeers als Raum zwischen (klimatogeographischer) Einheit und (rassisch-anthropologisch-kultureller) Zersplitterung aufgegriffen und in seiner geopolitischen Dimension charakterisiert: Das M.gebiet ist aber auch reich an politisch-geographischen Problemen und Gegensätzen. Die weitgehende Zerstückelung und die verwickelte Oberflächengestalt begünstigen die Entstehung vieler kleinräumiger Staaten, die unter sich wenig Zusammenhang hatten und nur durch das Röm. Reich 400 Jahre hindurch zu einer staatl. Einheit zusammengefaßt werden konnten.30 Heute liegen um das M. und das Schwarze Meer 10 Staaten (Spanien, Frankreich, Italien, Südslawien, Griechenland, die Türkei, Ägypten, Bulgarien, Rumänien und die Sowjetunion), zwei Frankreich und England überwiesene Mandatsländer (Syrien, Palästina) und mehrere Kolonialgebiete (Ital.-Libyen; frz.: Tunesien, Algerien, Marokko; Span.-Marokko). Den größten Einfluß, der aufgrund seiner Mittellage von Italien beansprucht wird, übte jedoch bisher Großbritannien aus. Obwohl es an sich kein M.staat ist, bleibt es bestrebt, durch seine als Eingangs- und Durchgangsstellen außerordentlich bedeutsamen Stützpunkte Gibraltar, Malta, Zypern und SuësKanal die Längsachse des M., die große Schlagader des Weltseeverkehrs und den kürzesten Weg zum engl. Besitz in Südasien und Ostafrika zu beherrschen. (Art. Mittelmeer, in: Meyer 1939, Bd. 7, Sp. 1473)

Mit dieser Betonung einer Zersplitterung des Mittelmeeres bzw. des mediterranen ‚Raumes’ weicht der Eintrag in Meyers Lexikon von 1939 deutlich von den früheren ab.31 Einen deutlichen Kontrast bildet aber vor allem der oben genannte 30

Offensichtlich erfüllt das Römische Reich nicht die Kriterien einer „langen Dauer“, wie sie im „Dritten Reich“ gedacht wird, vgl. Schopen, 1937, S. 11: „Im letzten Jahrhundert vor Christus wurde Cäsar der Schöpfer eines Römischen Imperiums […]. Der Mittelmeerkulturkreis mit römischem Staatskörper und hellenistischer Seele war geschaffen. Zu Rom thronte der Imperator Augustus des zivilisierten Erdkreises, in dem die Idee des völkerumspannenden Staates sich gottgleich verkörperte. Die geopolitische Natürlichkeit dieses gewaltigen, auf der Raumidee, nicht auf dem Volkstum aufgebauten, organisch gewachsenen Staates schien unzerstörbar. Nur ein knappes Halbjahrtausend hat dieses Imperium nach seiner Vollendung gedauert.“ [Hervorhebung C. I. S.] 31 In der dritten Auflage 1877 bis zur sechsten Auflage 1908 heißt es etwa, dass das „Mittelländische Meer schon im frühen Altertum in Bezug auf Kultur u. Verkehr zum vermittelnden Glie-

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Große Brockhaus, der, wie bereits angesprochen, kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in seiner 15. Auflage erschienen war. Diese führt, wie bereits erwähnt, erstmals das Lemma „Mittelmeer“ und eine völlig neue Strukturierung des Artikels im landeskundlichen Stil. Der Brockhaus weist somit strukturell und thematisch durchaus große Analogien zum Meyer von 1939 auf, unterscheidet sich aber auf den Ebenen des Inhalts und der Diktion signifikant von ihm. Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff „Raum“ im Brockhaus-Artikel völlig fehlt.32 Zwar ordnet der Brockhaus das Wissen über das Mittelmeer und sein Gebiet ebenfalls nach dem geopolitischen Paradigma, indem er ein Unterkapitel „Geopolitische Bedeutung und Verkehr“ aufführt. Im auffallenden Unterschied zum Meyer steht im Brockhaus auch unter dem geopolitischen Paradigma die ‚Einheit’ des Mittelmeers und seine Funktion als Verbindung, ja als personifizierter „Vermittler“ im Vordergrund d. h. sie wird zuvorderst betont, wenn auch deutlich entlang eines kolonialen wirtschaftsgeographischen Diskurses.33 Durch de der drei Weltteile“ geworden sei, die es „physisch auseinander“ halte. Es habe sich ein „allgemeiner Völkerverkehr“ entwickelt, „an seinen Ufern spielte die Weltgeschichte zu den Zeiten der Juden, Phöniker, Karthager, der Küstenvölker Kleinasiens, vor allem aber der Griechen und Römer […].“, hier: Art. Mittelländisches Meer, in: Meyer 1888 , Bd. 11, S. 692, ebenso: Meyer 1877, Bd. 11, S. 624; Meyer 1896, Bd. 12, S. 395; Meyer 1908, Bd. 13, S. 919. 32 Auch der Große Brockhaus führt in seiner 15. Auflage die Einträge „Raum“ und „Geopolitik“, diese sind jedoch auch deutlich anders gefüllt. Der Eintrag „Geopolitik“ im Großen Brockhaus (1930) lässt sogar eine gewisse kritische Distanz zur Karriere des Konzepts verlauten: „[…] Bes. die Zeit nach dem Weltkrieg hat die G. als selbständige Wissenschaft gefördert und vertieft. Die neueren Geopolitiker betrachten die G. ausschl. als die Lehre von der Raumgebundenheit polit. Vorgänge ohne Rücksicht auf die in rein mensch. Verhältnissen beruhenden Ursachen polit. Vorgänge […].“ (Art. Geopolitik, in: Brockhaus 1930, Bd. 17, S. 188). Der 1933 erschienene Raum-Artikel, der zwar um einiges ausführlicher ist, als der spätere im Meyer, kennt keine geschichtsmächtige oder politische Aufladung des Raum-Begriffs, keine Verknüpfung mit dem menschlichen ‚Schicksal’ oder Offenbarung einer ‚Weltanschauung’ durch und im Raum. Hier ist „Raum“ vielmehr „im allgem. Sprachgebrauch Ausdruck für das Nebeneinander der Dinge, ferner die Welt oder Teile der Welt, insofern sie als unausgefüllt und aller Dinge völlig entleert sowie zeitlicher Veränderung unberührt betrachtet wird […].“ Unter „Raumanschauung“ wird die räumliche Wahrnehmung durch die Sinnesorgane erläutert und ganz basal festgestellt: „Wir erleben alle Dinge als räumlich und im R. befindlich und können sie auch nur als solche denken.“ Ein großer Abschnitt bespricht die Dimension ‚Raum‘ in der Physik; schließlich werden unter „Geschichtliches“ objektivistische, realistische, subjektivistische und idealistische Traditionen zur Philosophie des Raumes angeführt. Der Artikel endet mit dem Ausblick: „In der Gegenwart bahnt sich eine Wiederbelebung der objektivistischen Raumtheorie in der Phänomenologie, der Kultur- und Geschichtsphilosophie an.“ (Art. Raum, in: Brockhaus 1933, Bd. 15, S. 415–417). Diese zu nennen und zu erörtern, erscheint dem Brockhaus Anfang der Dreißiger Jahre offenbar als für das allgemeine Wissen irrelevant. 33 Der Abschnitt „Geopolitische Bedeutung und Verkehr“ beginnt mit den Worten: „Nach seiner Lage ist das M. der Vermittler zwischen Orient und Okzident, zwischen dem gewerbefleißigen Abendlande und den rohproduktenreichen Tropen und Monsungebieten und deren alter Kultur; durch seine stark gegliederten Küsten und seinen Inselreichtum wurde es der Lehrmeister des Abendlandes auf dem Gebiete der Schiffahrt.“ (Art. Mittelmeer, in: Brockhaus 1932, Bd. 12, S. 631).

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den regen Verkehr über das Mittelmeer habe dieses „durch ganze Zeitperioden hindurch die umliegenden Länder trotz ethnischer und religiöser Verschiedenheit zu einer kulturellen oder sogar staatlichen Einheit zusammengefasst.“

Zusammenschau und Ausblick Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das „deutsche“ Mittelmeer oder Mittelmeer-Gebiet bzw. die -Region im 19. Jh. im lexikalischen Wissen als ‚Einheit’ erfunden und erst durch die geopolitische Brille des Nationalsozialismus fragmentiert wird. Dagegen erscheint der geopolitische Fachdiskurs vielstimmiger. So beschwört gerade ein prominenter Sprecher mediterraner Geopolitik, Hans Hummel, die geographisch-politische Einheit des Mittelmeerraums, die Grundlage seiner Argumentation ist, warum gerade Italien das Recht auf Vorherrschaft im Mittelmeer habe.34 Die geopolitische Perspektive der Zersplitterung des Mittelmeers dagegen beweist eine bemerkenswerte Kontinuität über 1945 hinaus. Ein Blick in das lexikalische Wissen der jungen BRD zeigt zwar eine völlige strukturelle Neuordnung oder Neu-Konstruktion des Mittelmeers: So listet die 16. Auflage des Großen Brockhaus (1952–1957), die als erstes größeres Nachschlagewerk der Nachkriegszeit zum Verkaufsschlager wurde (Keiderling, 2013, S. 102), neben dem Eintrag „Mittelmeer“ die Artikel „Mittelmeerländer, Mittelmeergebiet“ und e r s t m a l s „Mittelmeerraum“ auf (vgl. Art. Mittelmeer, in: Brockhaus 1955, Bd. 8, S. 68; Art. Mittelmeerländer, ebd., S. 68–69; Art. Mittelmeerraum, ebd., S. 69). Hier ist der Artikel „Mittelmeer“ gegliedert in Entstehung und Gliederung, Klima und physikalische Verhältnisse sowie Wirtschaft. Der Eintrag „Mittelmeerländer“ zählt die Anrainerstaaten auf, bezieht sich dann aber auf das Klima, die Vegetation und Tierwelt der Region. Der Artikel „Mittelmeerraum“ schließlich 34

„Eingepreßt zwischen die Festlandräume Mitteleuropas, Südosteuropas, des Orients und Afrikas, im Nordwesten dem maritimen Raum Westeuropas benachbart, haben Mensch und Natur dem Mittelmeerraum sein eigenständiges Gepräge gegeben, einen einheitlichen Lebensraum geschaffen, der als gleichberechtigtes Glied neben die anderen Großräume der Welt tritt und seine Lebensrechte zu verteidigen weiß. […] Alle wirklichen Mittelmeervölker sehen sich heute in ein gemeinsames politisches Schicksal gepresst. Neben allen natürlichen Kräften einheitlicher Lebensgemeinschaft erwächst ihnen aus den großen politischen Fragen, dem Verhältnis zu Europa, zum Orient, jene Zwangskameradschaft, die schon so oft auch im Völkerleben die engsten Bande geschlungen hat. Der Mittelmeerraum hat die Möglichkeiten seiner Zukunft erkannt, die in der Festigkeit dieser Kameradschaft liegen. Er betrachtet bereits die wesentlichen politischen Fragen als abgeschlossen oder mindestens geklärt und wendet sich den inneren Problemen zu, die die drei großen Unterteilungen des Völkerlebens bilden, die völkischen, die wirtschaftlich-sozialen und die weltanschaulichen Fragen.“ (Hummel, 1938, S. 11 und 55–56. Vgl. Schultz, 2006, S. 177).

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definiert diesen als „die → Mittelmeerländer, die seit der Frühzeit wirtschaftlich und kulturell in Beziehung standen“, und behandelt im Anschluss die geschichtliche Entwicklung. Gegliedert ist der Artikel in „Vorgeschichte und Frühgeschichte“, die auf 67 Zeilen (ca. eine Spalte) archäologisches Wissen über materielle Kultur wiedergeben, sowie in „Geschichte“. Dieser Absatz behandelt zu zwei Dritteln (27 Zeilen) die Vormoderne und beginnt mit dem Satz: „Die erste See- und Handelskolonialmacht im M. waren die Phöniker“ (Art. Mittelmeerraum, in: Brockhaus 1955, Bd. 8, S. 69). Im weiteren Textverlauf wird dann u. a. die Expansion des Islams als „Einsturm“35 und der darauf folgende „Glaubenskrieg“ beschrieben. Die Geschichte des Mittelmeers beginnt demnach als Kolonialgeschichte; der Mittelmeerraum wird von Beginn an als kolonialer Raum und als Raum kolonialer Begehrlichkeiten und Machtverhältnisse entworfen. See-Macht und KolonialMacht bzw. Machtstellungen sind nun die Schlüsselbegriffe des lexikalischen Wissens vom (historischen) Mittelmeerraum – interessanter Weise liest sich dies im Kontext der vorhin vorgestellten Quellenbestände so, als seien diese Inhalte geopolitischer und kolonialer Diskurse, die zuvor noch nicht so sprachlich explizit in die Lexika eingegangen waren, nach dem Ende des Nationalsozialismus die Paradigmen lexikalischen Wissens geworden. Im letzten Absatz mit seinen 13 Zeilen zur Neuzeit werden nur knapp die Wende durch den Suezkanal, Großbritanniens „Interesse“ und „Seeherrschaft im Mittelmeer“ und die Ereignisse der „neuesten Zeit“ – das Erstarken der Türkei, die Gründung des Staates Israel, die Arabische Liga und die sich ankündigende Dekolonisation – erwähnt, die den Mittelmeerraum „wieder in das weltpolit. Blickfeld“ rückten.36 Der Artikel schließt mit den Worten: „Wichtige Positionen sind nach dem 2. Weltkrieg in engl. und amerikan. Händen.“ Erster und Zweiter Weltkrieg bleiben unerwähnt bzw. unerzählt – im lexikalischen NachkriegsWissen des Brockhaus um das Mittelmeer existieren diese Epochen nicht.37 Der Abschnitt zur „Geschichte“ des Mittelmeerraums präsentiert das Mittelmeer bzw. den Mittelmeerraum also im Deutungsrahmen zunächst kolonialer Begehrlichkeiten und in der historischen Entwicklung als eines „Kampfes der Zivilisationen“ bzw. akzentuiert generell Macht- und Herrschaftsverhältnisse im Sinne einer Geschichte großer Völker und stetiger Auseinandersetzung, was so 35

„Über die Straße von Gibraltar stürmte der Islam 711 nach Europa vor; […].“, Art. Mittelmeerraum, in: Brockhaus 1955, Bd. 8, S. 69. 36 Die Literaturangaben bestehen übrigens ausschließlich aus archäologischen und altertumsbezogenen Werken. 37 Keiderling (2013, S. 100–107) verweist auf die biographischen Kontinuitäten zum Nationalsozialismus, die sich in der Redaktion des Brockhaus’ von der Nachkriegszeit bis in die Siebziger Jahre wiederfinden. Demnach befanden sich unter den Autoren und in der Redaktion einige „(Minder-)Belastete“ wie ehemalige Dozenten an der NS-Ordensburg Sonthofen.

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in den vorigen Ausgaben (beider Lexika) nicht gegeben war. Textlich und inhaltlich ist der Mittelmeerraum durch die unterschiedlichen Lemmata wieder auseinanderdividiert. Neu ist der Schwerpunkt auf die archäologische Forschung und auffallend ist, dass unter den Lemmata nicht unbedingt das verhandelt wird, was man (nach Lektüre der vorangegangenen Auflagen) erwartet: Der Eintrag „Mittelmeer“ behandelt nur das, was i m M e e r ist oder geschieht, hier kommt allerdings auch menschliches Handeln (Wirtschaftsethnologie) zur Sprache. Unter „Mittelmeerländern“ wird etwa nicht, wie zuvor, die politisch-geographische oder geopolitische Situation der Länder rund ums Mittelmeer definiert, sondern hier wird nun präsentiert, was a n L a n d geschieht – allerdings unter Ausklammerung der Menschen. Das Lemma „Mittelmeerraum“ ist dann schließlich, und das kann als Kontinuität geopolitischen Denkens gelesen werden, der textuelle Ort menschlichen Handelns: Unter diesem Eintrag werden zunächst ausführlich menschliche Hinterlassenschaften, wenn auch als im Grunde als eine Geschichte der Objekte, dargestellt, bevor dann das Wirken des Menschen im ‚Raum‘ der Geschichte, im ‚Geschichtsraum‘ repräsentiert wird. Während in diesem Lexikonartikel aus der Nachkriegszeit eine sprachliche Lücke klafft, mit der die Ereignisse des Ersten und Zweiten Weltkrieges unerwähnt bleiben, lässt sich eine deutliche Kontinuität festhalten: die lexikalische Tradierung des Wissens über den R a u m des Mittelmeeres. Wenn nun in Kontextualisierungen des „spatial turn“ immer wieder darauf verwiesen wird, dass das Raum-Paradigma (aus den Wissenschaften) nach 1945 verschwunden sei und seit eben jenem „spatial turn“ eine Renaissance erlebe – im (lexikalischen) Mittelmeer hat der deutsche Raum seine Karriere beibehalten. Aber es ist nicht allein eine sprachliche Lücke die sich hier abzeichnet. Mit dieser sprachlichen Lücke ging – auch dies wird bereits am Großen Brockhaus von 1955 deutlich – lange Zeit eine erst in jüngster Zeit partiell geschlossene, signifikante Lücke im kollektiven Gedächtnis einher, mehr noch: dem allgemeinen Wissensbestand der deutschen Nachkriegszeit ist eine Lücke, ein Wissensmangel, eingeschrieben, der programmatisch für die Wissensgeschichte des Mittelmeers im „deutschen“ 20. Jh. sein wird. Denn zu den Dingen, die bis heute im allgemeinen deutschen Wissensraum kaum gewusst werden, gehören der Zweite Weltkrieg am Mittelmeer, die Kriegsverbrechen und die Schoah, die die Deutschen und ihre Verbündeten im mediterranen Gebiet begingen. Dies ist umso frappierender, da die Mittelmeerländer nach wie vor zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen gehören und Bilder vom Mittelmeer als Traum einer dolce vita im ‚Süden’ in den Sehnsuchtserzählungen einen festen Platz einnehmen. Eine Wissensgeschichte des Mittelmeers im Nationalsozialismus will nicht nur eine Lücke im allgemeinen Wissen füllen, sondern vielmehr dem Nicht-Wissen um die Ausmaße und Konsequenzen der deutschen Geopolitik entgegentreten.

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CHRISTINE ISABEL SCHRÖDER

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Gisela Welz Taste the Mediterranean Food, Culture and Heritagisation

In 2010, the Mediterranean Diet was declared cultural heritage. The United Nation’s cultural organisation UNESCO decided to include the eating habits of Mediterranean societies in its list of unique cultural expressions. Items on this list are considered to belong to humanity’s patrimony and to deserve special protection as “intangible” cultural heritage.1 The title was not awarded to the culinary heritage of any individual society, but is inclusive of all food cultures of the circum-Mediterranean area. Indeed, the assumption that all societies of this region exhibit marked similarities in terms of agricultural products and food patterns is widely accepted and not limited to the UNESCO award. Rather, wellknown scholarly definitions have utilized the cultivation of certain fruits as a criterion for spatially delineating the Mediterranean region. Most anybody engaging with the literature on Mediterranean history and culture is familiar with the Braudelian notion of the Mediterranean being coterminous with the area where vines and olives have been planted and harvested for thousands of years. The link between food culture and the denomination “Mediterranean”, then, is of long standing. Still, the recent inclusion of the Mediterranean Diet in a roster of heritage items considered to be the legacy of all mankind, raises a number of timely questions – questions that anthropology appears to be particularly wellplaced to tackle. Anthropologists have both contributed to and interrogated the discursive construction of “the Mediterranean” during the second half of the 20th century when Southern Europe and the regions of north Africa and Near East also became area specializations within the larger framework of anthropological research. More importantly, though, anthropology as a discipline pays attention to how social actors make sense of the world by dividing it up into 1

The “Representative List of Intangible Cultural Heritage of Humanity” is one of the instruments that UNESCO developed to draw attention to the cultural heritage of mankind. It is legislated by the Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage (2003), a transnational treaty signed and ratified by 158 states. The concept of “intangible”, i.e. immaterial heritage has been the source of much academic debate, questioning the divide that it erects between material and immaterial cultural artifacts. For critical perspectives from anthropology, see Bendix, Eggert and Peselmann 2012, Kirshenblatt-Gimblett 2006.

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spatial units imbued with particular meanings. For anthropologists, the circumMediterranean region is a construction, created by way of discursive as well as by practical cultural operations, enlisting materiality and metaphor to weave together social imaginaries, people, and the physical environment in a potent symbolic artefact. In the case of the Mediterranean, food has been deployed as a major element in this construction for a long time, most probably for thousands of years. Food research within anthropology, of course, does not tire to point out that not only do human societies differ in terms of agricultural products, food staples and eating habits, but indeed, mankind has been particularly inventive when it comes to devising ways of producing, preparing, storing and ingesting nutrition. Anthropologists consider food items and food practices to be important sites for the creation, negotiation and contestation of culturally specific meanings. Anthropological research on food-related practices emphasizes the social agency of consumption, viewing it as an exemplary arena “for cultural production and class differentiation, a location of resistance or complicity” (Paxson, 2006, p. 202). As boundary markers, differences in culinary culture are taken to be expressive of social divides. Cuisines are also deployed as potent symbols of national identities, leading to forms of “gastronationalism”.2 Historians Alexander Nützenadel and Frank Trentmann assert that “food consumption plays a crucial role in the construction of local and national identities and in the changing self-understanding of social groups”, adding that “foodstuffs […] raise sensitive questions of authenticity. Of course, many of these claims to authenticity are products of what Hobsbawm and Ranger in a different context called ”invented tradition” ” (Nützenadel and Trentmann, 2008, pp. 1 and 13). More often than not, nation states have successfully deployed heritage preservation as an instrument of identity politics, in order to create a homogenised national culture. Heritage production indeed is a modern phenomenon, deeply rooted in both the political economy of capitalism and the emergence of the modern nation state (Eriksen 2004). Any claim to ethnic ownership of a food product or a recipe is always the outcome of social constructions that privilege discursive and symbolic evidence of a groups’ social and territorial integrity through history. When addressing the political dimensions of food, anthropologists today are also paying close attention to its integration into contemporary processes of economic globalization. Tourism and gastronomy, the transnational sourcing of food that is being sold to consumers worldwide and the effect of global competition on local agricultural production are important topics of the contemporary anthropology of food. At the beginning of the 21st century, food production and consumption exhibit conflicting trends of global homogenization and the insistence on local specificity. Is the inclusion of the Mediterranean Diet into the UNESCO list, then, an attempt to salvage and protect traditions that are threatened by modernisation and global change? Anthropologists point out that heritage is 2

De Soucey 2012 See also Mintz 2003, Mennell 1985.

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not something that exists prior to preservation efforts. Rather, it is produced by heritagisation that selects out specific elements from a cultural repertoire to be venerated and preserved. Heritage is also about an intentional engagement with or enlisting of history in the service of contemporary society’s interests.3 As such, “tradition making” is always a politicized process.4 Ultimately, heritage emerges from the interplay of scholarly expertise, cultural economies, material technologies, and bureaucratic practices, implemented both by national governments and transnational organisations. UNESCO’s listing of so-called intangible heritage, and its inclusion of the Mediterranean Diet, is a prime example of this.

The Mediterranean as a Culture Area: Concepts and Contestations The team of experts who prepared the application to UNESCO’s pertinent committee asserted that “although the existence of Mediterranean values or of a Mediterranean identity may be debatable, it is clear that the relationship with food, gastronomy and thus the land of the people of this region is a consistent link and one which is further strengthened by cultural attachment to the family, sharing and sociability. Food and the flavours of local fare are a language common to the peoples of the various countries on the Mediterranean shores: they are rarely indifferent to what is served on their plate.”5 The experts assumed that central values of Mediterranean cultures – hospitality, conviviality, a keen sense of simple pleasures and the good life that they are thought to embody – are transmitted by food and food-related practices. For them, the Mediterranean diet does not only refer to food items and nutrition practices, but is also about ethics, social relations, atmospheres and experiences. The term Mediterranean Diet implies that there are important shared characteristics that all Mediterranean cultures exhibit and that set them apart from those of other regions of the world. The UNESCO title, then, is based on the assumption that the Mediterranean is a unified region of a considerable homogeneity within, and singular distinctiveness, when compared with other regions. This notion of the Mediterranean as a culture area had been prominent in the humanities in the second half of the 20th century, fostering inclusive perspectives on northern and southern shores of the sea. During the 1960s, Southern Europe emerged as a new field for anthropological research. British-trained social anthropologists and US-American cultural anthropologists conducted ethnographic studies of small-scale rural communities, often in marginal areas.6 These were construed as being virtually un3

See Herzfeld, 2004; Macdonald, 2012; 2013. Sharon Macdonald points out that it makes no sense to distinguish between traditions invented for political or economic reasons and those that are deemed to simply be transmitted from generation to generation. See Macdonald, 2013, p. 30 seqq. 5 CIHEAM Mediterra Introduction, 2012, p. 22. 6 Studies were conducted primarily in Spain, Italy, Greece, Portugal, and the south of France

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touched by modernization. The studies intended to reconstruct the traditional social order of these rural communities, and its basis in religion, kinship ideals, and gender norms. “This body of work erected a sharp divide between the cultures of northern and southern Europe, by separating modern societies from communities which were of interest precisely because they could be considered pre-modern. Yet, by the 1960s, even remote communities in Southern European societies were hardly untouched by modernity” (Papadakis, Peristianis and Welz, 2006, p. 16). Their integration into modern nation states and the European economy, if still incomplete, had been set in motion decades earlier. For this reason, ethnographers went to great lengths to discover isolated communities where “the way of life […] had remained in many important respects exactly as [it] had been for hundreds of years,” as British social anthropologist Juliet du Boulay put it (1974, p. 2) who spent two years as a participant observer in an isolated Greek mountain village in the 1960s.7 Ethnographers choosing to work in Southern Europe took pains to make Mediterranean countries appear at least as archaic and tradition-bound as fieldwork sites in Melanesia or sub-Saharan Africa. After World War II, anthropologists increasingly encountered obstacles when doing fieldwork in Africa, Southeast Asia, Latin America and the Pacific, finding themselves less then welcome in newly independent post-colonial states. It was no coincidence that Europe and the circum-Mediterranean area acquired considerable attractiveness for anthropological research just then. However, as these areas were considered more easily accessible, they also lacked some of the cachet and competitive edge that non-European areas had for ethnographic work. Anthropologist working in the regions adjoining the Mediterranean Sea, in Spain, Italy, southern France and Greece primarily, but also in Algeria and Morocco, Egypt and Turkey, to name the settings of the most well-known monographs of that time, were trying to compile evidence of a shared social ethos that constituted the Mediterranean as a unified and fairly homogenous culture area, but also in North Africa and parts of the Near East. US-American- and British-trained anthropologists made up the majority of researchers who published mostly in English-language venues, rivalled only by a sizeable contingent of French ethnologists. For an overview, see Albera, Blok and Bromberger, 2001; Giordano, 2012. Initially, only few of the anthropologists working in Southern Europe came from Southern Europe. This changed by the 1980s. By the 1990s, in many southern European countries, anthropology became a well-established discipline, revolutionizing and often replacing older research programmes of nationalist folklore studies. See Herzfeld, 1987. 7 She wanted to find out about “the values and attitudes which are derived from a long tradition and which even in present times sustain the villagers in a sense of purpose and destiny” (du Boulay, 1974, p. 3). Her beautifully written and remarkably detailed account of a marginal rural community in 1960s Greece did convey the hold of tradition on people’s values and actions, but it managed to do so precisely because the village chosen as a field site was an artificial isolate and had been deserted by a sizeable portion of its population. Those who could not emigrate for lack of other opportunities carried on the established way of life that the anthropologist recognized and indeed celebrated as “tradition”.

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in spite of religious and linguistic diversity.8 Modernity or rather, its absence, was pivotal for what has been called the anthropological invention of the Mediterranean (Goddard, Llobera and Shore, 1994). The traits ascribed to circumMediterranean traditional cultures included “amoral familism”, causing aggressive competition for political and economic gain between rival kinship groups, coupled with a total disregard for the common good. Moreover, patron-clientrelationships as the dominant mode of social integration which in turn prevented social relations from becoming impersonal and abstract were considered typical. Anthropologists also assumed that in societies throughout southern Europe and north Africa, the dual value orientation of “honour and shame” was prevalent, at least in those areas where modernization had not taken hold. Honour was defined by anthropologists as the publicly negotiated reputation of men, ascribed to an individual as the result of successful strategies of dominance in competition with other men. Public discourse as the local arena of honour required calculated presentations of male autonomy and aggression as well as of female chastity and subservience. Anthropologists assumed that these patterns emerged as functional in the past, when successive foreign rulers and exploitative indigenous elites oppressed local populations. And more often than not, the assumed persistence of these modes of conduct and value orientations well into the second half of the 20th century served well to explain the presumed economic backwardness of the affected regions.9 These ascribed traits were only rejected when a new generation of anthropologists working in the Mediterranean10 started to examine the underlying assumptions from the 1980s onward.11 However, this also meant that the earlier 8

To be fair, it needs to be stated that Mediterranean anthropology was also riven by debate, with the outer boundaries of the region and the assumption of its interior homogeneity remaining bones of contention. Differences in agricultural modes of production, the historical development of statehood, and the institutions of religion produced doubts over the assumed cultural unity. See Giordano, 2012. 9 Rather than unequal integration into European and global markets, the apparent paradox of “modernisation without development” of Southern European regions was attributed to this so-called cultural lag. 10 Recent years have seen a marked increase of studies on topics at odds with earlier foci of Mediterranean studies, taking their cues from modern lifestyles, urbanization, and the rise of consumer society, the dramatic increase of immigration from non-Western countries into Southern Europe, and the impact of EU regulation in a number of policy fields such as environmental protection, agricultural production and consumer rights. In spite of these changes, it appears as if Mediterraneanists have been slower to abandon the community study approach than other comparable orientations and schools, and held on much longer to a focus on rural, often marginal village communities that were more often than not conceptualized as microcosms of traditional culture. See Driessen, 2011 for an informative overview. 11 Yet, clientelism, familism and aggressive masculinity remain important points of reference in the popular imagination, outside but also within Southern Europe (see Römhild, 2009), and gained new credibility in the context of the EU accession of southern European countries: Greece in 1981, Spain and Portugal in 1986, Malta and Cyprus in 2004, when it coalesced in

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emphasis on the Mediterranean as an area of cultural commonality that joined northern and southern shores gradually faded away. The term Mediterranean Anthropology increasingly was employed to denote a research interest in southern European countries only. In his insightful historiography of anthropological engagement with the cultures of southern Europe, Henk Driessen explains that the EU accession of Greece, Spain and Portugal also seems to have contributed to the strengthening of Europeanist affiliations in anthropology, to the detriment of on inclusive and encompassing pan-Mediterranean perspective. The Anthropology of Europe and its regional specialization on the European south eclipsed the earlier Mediterranean Anthropology and lent itself to conceptualizations of the Mediterranean Sea as separating rather than joining the cultures of Europe, North Africa and the Near East. Only more recently, the Mediterranean Sea is re-conceptualized in anthropology again, as a historically constituted space of interactions, exchange and connectivity rather than a divide. As a consequence, anthropologists’, historians’, and archaeologists’ conceptualizations of the Mediterranean region have shifted, towards seeing it no longer as sharply bounded, but rather as a “fluid and open region”, inviting scholarly inquiries into issues that “cut across spatial entities” and are “expressions of interconnectivity” within and between regions (Driessen, 2011, pp. 45–46). In spite of these developments, the 2010 application for the UNESCO title for the Mediterranean Diet makes claims for “the Mediterranean people in general” and is based on the assumption that there is indeed a clear-cut set of traits that jointly make up the Mediterranean culture area, and, by implication, the Mediterranean culinary system. How plausible is the assertion that food patterns in the Mediterranean are defined by shared elements that, while allowing for a considerable degree of variation, are similar across societies?

Historical Evidence for Shared Mediterranean Food Patterns The Mediterranean Diet application to UNESCO is evidence of how influential the longue durée-perspective of French historian Fernand Braudel continues to be, bolstering the idea of a shared Mediterranean culture based on “the olive” and “the vine”. In a popularized version, it appears to enjoy plausibility among lay audiences as well. The first volume of Braudel’s economic and social history of the Mediterranean area (1996) succeeded in mapping the primordial distribution of subsistence patterns throughout southern Europe, taking into account those environmental conditions that remained unchanged over centuries or even thousands of years. This approach clearly was taken up by the applicants for the the political discourse of northern and southern Europeans into a so-called Mediterranean syndrome that prevented these countries from an efficient uptake and implementation of European Union policies.

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UNESCO title. In the 2012 issue of the agronomic journal “Mediterra”, the authors of the UNESCO application reproduced many of the earlier assumptions on the formation of the Mediterranean: “In this case the olive tree seems to be the great common denominator and boundary although it still presents limitations, such as for example the maximum level at which olives are grown. Making the limits of these groves coincide with those of the Mediterranean has been a frequent option, taken by historians, anthropologists or writers” (Reguant-Aleix, 2012, p. 30 ). But to what extent can we talk of one Mediterranean diet from a historical point of view, and how much evidence is there for it today? “The Mediterranean culinary system has been defined through the following group of ingredients, condiments and procedures: as a staple, the cereals, especially wheat, but also barley, rye, millet and spelt, and pulses: beans, chickpeas, broad beans and lentils; among the secondary ingredients, few meats, especially lamb and kid meat, fish on the coast and a wide range of vegetables and fruits mostly imported throughout history. As condiments, among the fats, olive oil, suet and lard […], and a long list of aromatic herbs and spices, including thyme, oregano, rosemary, cumin, coriander, rue, basil, parsley, mint, nutmeg, pepper, saffron, clove and cinnamon,” asserts Isabel González Turmo (2012, p. 121), a social anthropologist of the University of Sevilla, who was one of the specialists preparing the application to UNESCO. These “authentic’ Mediterranean food staples, but also the social settings where they are produced, marketed and consumed – village fairs, taverns, urban markets – figure prominently in the documentation that was submitted to UNESCO as part of the application. Here, the “Mediterranean diet’ is considered to encompass all culinary systems of circumMediterranean regions as well as the ecological and technological systems of manenvironment relations that were historically generated in this area, as “the Mediterranean has been a permanent laboratory for mankind to show the ability to adapt and disseminate foods” (Gonzalez Turmo, 2012, p. 117). Indeed, ecological anthropology and archaeology suggest that around the Mediterranean Sea, since prehistory, innovations in culturally learned practices of foraging, agriculture, and animal husbandry interacted with meteorological and soil conditions as well as water supplies to create patterns of subsistence that were well adapted to the climatic region and the vegetation zones of the circumMediterranean lands and the islands. These varied however between coastal and inland areas, between mountains and lowlands, and individual landscapes within the framework of larger bio-geographical areas. The resulting, often quite smallscale differentiation is best captured in the French concept of terroir. “Terroir” presupposes “specific rural space possessing distinctive physical characteristics […] seen as the product of the interaction between a human community and the place in which it lives” (Cégarra and Verdeaux, 2005, p. 22). Ethnobiologists and geneticists point out that the patterns of resource management and the cultural knowledge that made them possible resulted in the co-evolution of regional

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biodiversity, landscape formation, and human physique. Human geneticists also suggest that the physical properties and health dispositions of contemporary populations have been shaped epigenetically by past nutritional patterns. Food, then, from the very beginning of history was always incorporating both the organic and the cultural, entailing biological as well as symbolic properties. Yet, numerous food staples today known as Mediterranean have come from elsewhere. This holds true for antiquity, and also of course for later periods of colonial expansion. Economic historians and anthropologists emphasize the fact that none of the emblematic cuisines of southern Europe would have its present shape without considerable input from overseas products that were introduced to agricultural production in Europe from the 15th century onward. Most prominently, fruits, vegetables, and grains originating from the Americas were transformed into genuinely European staples, such as potatoes, tomatoes, and maize.

Modernisation and social change Cultural historians and sociologists have contributed much to our understanding of the changes in nutrition and culinary practices of European populations since medieval times. It was not until the second half of the 19th century that periodic food shortages and widespread malnutrition in Europe became a thing of the past. Throughout Europe, but less so in the south, agricultural productivity only started to increase in the 19th century, partly because of technological innovations and scientific knowledge, partly because of economic and political changes, such as the abolition of serfdom and land reforms. Food production increasingly relied on elaborate socio-technical systems, integrating means of transportation such as railways and steam ships and new preservation technologies such as canning and refrigeration. While the processes of mechanization and rationalization of food production did not proceed with equal pace in all parts of Europe, and did not have the same effects everywhere, on the whole, as most social historians readily assert, the pre-modern axes of food cultural differences – namely the contrast between the nutritional patterns of rural and urban populations, and the regional variations of available food products – started to diminish during the 19th century. Instead, the construction of national cuisines led to an assertion of difference that was also economically exploitable in tourism and gastronomy (Welz, 2012). Also, the year-round availability of industrially produced, packaged and branded food and the integration of European agricultural products into global markets increasingly severed the link between local diet and local farm products. In southern Europe as well, this process was complete by the second half of the 20th century. Carole Counihan’s ethnographic study of the abandonment of domestic

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bread baking on the Italian island of Sardinia since World War II is one of many anthropological case studies exemplifying this process (Counihan, 1997). In Sardinia, local grain cultivation had decreased and finally been given up when the economic situation and national agricultural policies made subsistence farming untenable by the 1960s. The social ties that before had been created and maintained by the collective bread baking of local women and also by the habitual exchange of bread between households became weaker and gradually ceased altogether when individual households resorted to consuming store-bought bread.

Healthy Food: The Invention of the Mediterranean Diet American nutritionist Marion Nestle claims that “the basic observation that underlies current interest in Mediterranean diets is this: adults living in certain regions bordering the Mediterranean sea display rates of chronic diseases that are among the lowest in the world and life expectancies that are among the highest” (Nestle, 1995, p. 1313S). The first epidemiological study of Mediterranean nutrition patterns had been conducted by US-American scientists funded by the Rockefeller Foundation at the invitation of the Greek government in the early 1950s. The dietary practices that researchers found on the Greek island of Crete, where only seven percent of the energy in the food supply was being contributed by foods of animal origin, were the basis of what was later coined as the Mediterranean Diet. Also the fact that olive oil was prevalent in the Cretan diet made it a model for the Mediterranean diet. Based on research conducted since the 1950s, the American physiologist Keys (1959) published several widely acclaimed books “about the diet of common people in Greece, Italy and along the Mediterranean coasts of France and Spain. Known as the Seven Countries Study, it was the result of more than 25 years of cross-national studies on the subject of diet-cholesterol-coronary diseases and became a bestseller” (Reguant-Aleix, 2012, p. 42). Before, the European Economic Community the forerunner of today’s European Union, had commissioned another study, which compared regions in southern Italy with northern European areas during the early 1960s. Its results confirmed the positive impact of the prevalent food patterns in southern Europe. (Palma and Padilla, 2012) The Mediterranean Diet became a benchmark for a balanced diet when, in 1992, the United States Department of Agriculture (USDA) published the so-called Food Guide Pyramid as an educational tool. The Food Pyramid, promoting moderation in the intake of animal proteins, especially red meats, and advocating vegetables, greens and fruit instead, has become a widespread tool also in European countries’ public health education, serving to promote supposedly healthy eating habits. (Bauer et al., 2010) Anthropologists and historians have pointed out that nutrition guidelines like the Food Pyramid are an important instrument of modern nation states” biopolitics of health.

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Transnational Movements: Migration, Tourism, Consumption So, decades before the Mediterranean Diet acquired the status of protected heritage, it was invented as an exemplary model for healthy food patterns by USAmerican and northern European experts. They had abstracted the ideal Mediterranean food patterns from empirical research in southern Europeans countries after World War II. Yet, shortly after, modernisation set in in many circumMediterranean societies and people gradually stopped adhering to these patterns which, after all, had in many cases been a manifestation of poverty and scarce resources. Another important factor that contributed to changes in culinary practices and nutrition in Mediterranean countries in the 20th century was the increase in transnational mobility since World War II. New links were forged between southern and northern Europe with labour migration and tourism. Increased mobility between the societies of northern and southern Europe, with labour migrants from the Mediterranean areas settling in northern European countries, introduced their food preferences and thereby created new culinary options for their host societies. At the same time, northern European tourists were sampling the cuisines of southern Europe. More often than not, what restaurants in the tourism destination areas served, however, was far removed from the considerably more modest, vegetable and pulses-dominated home cooking of locals in the destination areas. Ethnologist and cultural historian Orvar Löfgren (1999) in his study on the Mediterranean “in the age of the package tour” suggests that while each country of southern Europe and indeed, each individual destination area of the circumMediterranean region claimed to be unique, their intention was to offer commodities and services that consumers can easily associate with what is being marketed as typically Mediterranean. Not just historical architecture, linguistic diversity and culinary traditions, but topography, climate and the natural environment were rendered Mediterranean by deploying an internationally standardized vocabulary and imagery. Löfgren’s study of the cultural history of Mediterranean tourism suggests that the infrastructures of tourism and its economic logic all contributed to a marked trend towards homogenization. The industrialization of the tourism economy not only made destination areas around the Mediterranean Sea – and elsewhere – look alike. Rather, the tour operators, the transportation providers, and the accommodation sector that make up the infrastructure of Mediterranean tourism have become coordinated by selling package holidays. Indeed, the so-called tourist cuisine, an assemblage of standardized meals that stem from different destinations areas, is a cultural artefact created by and for tourism. Also indicated above, among the resident populations in many circum-Mediterranean societies, food consumption patterns have been undergoing a marked transformation since the second half of the 20th century. Empirical studies con-

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ducted by nutrition scientists and medical researchers show that everyday food practices have been progressively moving away from the so-called Mediterranean diet. Instead of a preponderance of wheat-based products, vegetables and pulses and a strong reliance on olive oil, the consumption of meat figures prominently now, and the inclusion of industrialised, pre-fabricated products in the daily food patterns has increased markedly. Also, consumption of olive oil is declining in most areas of the Mediterranean (Padilla and Parma, 2012). Obesity, especially among children, and food-related metabolic conditions such as diabetes and cardio-vascular disorders, are much on the rise in most southern European countries. Some critics claim that southern European consumption patterns have been massively subverted by US-American models and see much evidence for an ongoing “Mcdonaldization” (Ritzer, 1993) that ultimately will lead to a levelling of cultural difference.12 It is important to note that the move to have the Mediterranean diet declared intangible cultural heritage occurred at a point in time when the food practices that are being enshrined by the UNESCO declaration are on the decline in these countries.

The UNESCO Application: Promoting the Mediterranean Diet The inclusion of the nutritional model of the Mediterranean diet into the UNESCO’s registry as a cultural good worthy of safeguarding had been initiated in 2004. A Barcelona-based non-governmental foundation dedicated to the furthering of the Mediterranean Diet took charge. The initiative was been subsequently picked up and pursued with great energy by four countries, namely Spain, Italy, Greece and Morocco. By this time, the European Union had already been expanding its sphere of influence, couched in a language of partnership and neighbourliness, reaching south of its boundaries. But the UNESCO application was not an EU-driven initiative. Rather, all four countries involved were members of a circum-Mediterranean supranational organisation and network of institutions called CIHEAM, which is the acronym for “Centre international des hautes études agronomiques méditerranéennes”. This International Centre for Advanced Mediterranean Agronomic Studies was founded at the joint initiative of the OECD and the Council of Europe in 1962 under an agreement signed by the governments of seven southern European countries: France, Greece, Italy, Portugal, Spain, Turkey and Yugoslavia. CIHEAM is involved in training and teaching as well as research and knowledge dissemination. Any country in the Mediterranean can join. During the 1980, the countries of the Maghreb became 12

In response, there has been a rise of food activism, especially in France and in Italy under the banners of the “slow food” movement that is ostensibly opposed to the levelling effects of American-type modernization and seeks to create new market opportunities for “endangered” foods and small-scale producers.

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members, in the 1990s also Lebanon and Albania joined. Thus, CIHEAM is a forerunner of the later efforts of the European Union, to link countries on the northern and southern shores of the Mediterranean Sea and to also include the Near East and the Balkans. Unlike the Barcelona Process initiated in 1995 and the subsequent creation of the Euromed area, CIHEAM is not an European Union initiative. Specialised in disseminating expertise in fields like crop biology, soil science, agricultural technologies, rural development and food chemistry, it is a transnational organisation engaged in knowledge and technology transfer in agricultural science between EU countries and their non-EU neighbours. Its gravitational centre appears to be Francophone, with the General Secretariat of the organization located in Paris. Incidentally, the same thing can be said of UNESCO. So the Mediterranean Diet heritage designation emerges as to some extent connected to French interests, or least facilitated by the predominance of the French language in both organisations. As mentioned earlier, the term Mediterranean Diet, however, is a US-American invention coined for cold-war Europe. Under the auspices of Paris-based supranational organisations, then, the governments of four Mediterranean states – Spain, Italy, Greece, and Morocco – and their agricultural ministries spearheaded and funded an effort that was also supported by non-governmental organisations, universities and research institutions. What was their interest? The applicants to UNESCO stated that their intention was to implement “measures with the aim of preserving the Mediterranean diet and avoiding possible erosions which may affect it at a national, regional, and local level” (Gonzalez Turmo, 2012, p. 121). They considered the traditional culinary system of the Mediterranean countries to be threatened, partly because of the changing consumption patterns already mentioned. But much more so, their intention was to counteract the impact of the global “agro-food” economy which as they pointed out, increasingly leads to the abandonment of land, decrease of crops, and disappearance of traditional professions and techniques in Mediterranean countries. This is what they set out to defend, in order to save small-scale, regionally based agricultural production in their countries, and to highlight its special assets in competition with multinational value-chained production networks. However, even though these four countries applied to UNESCO and each one of them proposed an exemplary village or small town to serve as showcases and cultural sites for the Mediterranean Diet, the inscription of the Mediterranean diet on the UNESCO list reverberates even in those countries that were not members of the initial applicant group.

Heritage Designation as a Political Tool Today, there is a “Mediterranisation’ of food fashions to be observed globally. The experts who were involved in the application to UNESCO speak of a dis-

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turbing paradox. Exports of Mediterranean products are increasing, while domestic consumption of the same products in their countries of origin is decreasing. Even though these foods are still being associated with their Mediterranean origins, they are becoming stronger as economic assets in other parts of the world. For instance, Australia’s production of olive oil is soaring. What is the effect of the UNESCO heritage inscription? Will the small-scale local producers in agriculture and artisanal food processing in the Mediterranean countries benefit? The applicant countries and especially the communities involved invested high hopes in the process for marketing their products and attracting tourists. Many of the contributors to the “Mediterra” journal issue mentioned above, documenting the UNESCO application, were somewhat more cautious about the long term effects of drawing attention to the Mediterranean diet. Yet, they also considered the heritage designation for the Mediterranean diet an effective political tool to counteract the expanding influence of “agro-food multinationals’ (Palma and Padilla, 2012, p. 133). As I mentioned at the outset, “The Mediterranean diet’ was included in the list of “Intangible Cultural Heritage’ under the auspices of UNESCO in 2010.13 The award of the title was the result of many years of research and lobbying by experts and governments. Yet, one may well ask why apply to UNESCO? Why use the instrument of heritage preservation when the objectives had as much to with rural economies and sustainable agriculture? Barbara Kirshenblatt-Gimblett, an expert on heritage designation, contends that “world heritage is first and foremost a list.[…] The list is […] the most visible, least costly, and most conventional way to “do something” – something symbolic – about neglected communities and traditions. Symbolic gestures like the list confer value on what is listed. “(KirshenblattGimblett, 2006, p. 165) It is useful to look more closely at what precisely the UNESCO’s title means and to engage with anthropologists’ work that is critical of the effects of heritage designations. With the Mediterranean diet, an assemblage of traditional food practices, skills and knowledges was included in the roster of the most important cultural achievements of humanity. The UNESCO’s definition of intangible heritage is infused with a normative notion of folklore and its link to collectivities and territories, such as the nation. The Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage went into effect in 2006. Before, only “tangible” heritage, that is, monuments, historical architecture, and unique natural sites could be protected. Heritage listings, and the institutions and institutional practices that produce them, function as part of Western-dominated “regimes of recognition” (Skrydstruk, 2009). Rather than preserving something unchanged, they regulate and even invent traditions. 13

The documentation can be found as “Nomination File No. 00394 for Inscription on the Representative List of the Intangible Cultural Heritage” on UNESCO’s website http://www. unesco.org/culture/ich/RL/00394 [Accessed 15 December 2014].

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The designation of heritage is “all about change”, anthropologist Vladimir Hafstein emphasizes. Other critics of the intangible heritage designation by UNESCO have also claimed that it reifies the dynamic relationship between materiality and knowledge: “Heritage […] is a category of things, and an instrument of classifying the world”. The major function of heritage interventions is “to mobilize people and resources, to reform discourses, and to transform practices” (Hafstein, 2007, p. 75). Many if not most heritage interventions not only intend to venerate and celebrate heritage objects, but also have an economic dimension. Either directly, by giving added value to a cultural good that can be marketed and fetch a higher price, or indirectly, by enhancing the attractiveness of sites for tourist consumption. Heritage listings not only valuate, but also valorize the objects or practices, as Kirshenblatt-Gimblett (2006) emphasizes. So, the UNESCO declaration is an instance of cultural production that in itself deserves anthropological scrutiny, as it exemplifies new patterns of transnational governance that aspire to regulate culture, and engage in the production, not merely the preservation, of heritage. This patrimonial regime (Hafstein, 2007) generates heritage as a competitive asset of societies and entire regions who then proceed to market what is considered unique about them.

Heritagisation and Commodification Obviously, it pays off to elevate food customs and products to the status of heritage. In an increasingly globalized world that appears to sever the links between transnationally available products and their places of origin, food items may be strategically enhanced by the deployment of geographical knowledges, as human geographers Ian Cook and Philip Crang asserted. They conceptualized food as a simultaneously placed and dis-placed artifact in the modern world. Tourism and gastronomy cater to consumers’ desire to differentiate specific food items “from the devalued functionality and homogeneity of standardized products, tastes and places” (Cook and Crang, 1996, p. 132). Food products with a proven origin, produced by small-scale enterprises and farms according to traditional recipes, can fetch high prices. Actually, in southern Europe, many artisanal foods stuffs, produced in rural households and small family-run businesses, have become almost extinct because of the small scale of production and markets. They are today at risk to disappear altogether when the older generation of producers abandons production and no successors take over. Some products – especially dairy and meat products such as cheese, sausages, and hams – have only survived because they made the transition to semi-industrial or even industrial food production. They are no longer produced in peasant households, but in factories. Thus, vernacular food in the sense of traditional local food systems often ceased to exist decades ago. At best,

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“one item in an older farming or culinary system […] has been selected out by the market, [while] the rest of the local system is largely abandoned and unlamented” (Pratt, 2007, p. 298). Today, most artisanal products marketed in Mediterranean countries have been “generated out of sustained commercial activity, state regulatory systems, and international trade agreements” (ibid.), as Pratt asserts. In this, the European Union took a particularly strong role. In 1992, the European Union decided to establish a quality label system for the protection of geographically specific food products. “The creation of a legal framework makes it possible to establish and protect the relationship between a product and a place by reserving the use of a particular name.” (Bérard and Marchenay, 2007, p. 9) This was supposed to have a positive effect on niche markets for artisanal food products and to safeguard the diversity of food traditions, thereby increasing the EU’s competitiveness in global markets. Internally within southern Europe, conflicts ensued between member states over the right of producers to use particular food product designations. Some of the most-publicised of those concerned cheese products such as the Italian regional specialty parmeggiano and the Greek feta cheese (see DeSoucey, 2010). Conflicts less well known than these played out in the international arena, but more indicative of the effects of the EU’s quality label programme on regional food producers, were conflicts over market shares and authenticity claims that have occurred within member states of the European Union and that have been studied by ethnologists and anthropologists. Research conducted in Italy on the conflicts surrounding taleggio cheese and the lardo di collonata show that producers outside the very localities designated as the origin of a particular product repeatedly tried to usurp the product name or attempted to influence the application process for a quality label in such a way as to leave the door open for producers other than those with whom the product originated.14 In many areas, smallscale producers increasingly are forced to compete with big companies. These manage to produce protected food products in an industrial fashion more cheaply, eventually pushing the small-scale producers out of the market.15

Packaging Rurality for Consumption The UNESCO list, but also the EU’s quality label system attempt to strengthen the economic viability of some food traditions that otherwise would disappear. Moreover, local artisanal food production has acquired a stronger role in attempts to slow down or even turn around the demise of rural areas in many 14

Indepth studies of these conflicts were done by Grasseni, 2005; Leitch, 2000. See also Welz, 2013. 15 In Italy, some of these conflicts have been solved with the aid of marketing initiatives and social movements such as Slow Food. See Brunori, 2006; Feagan, 2007 for an assessment.

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southern European countries that suffer from population decline, desertification, and the loss of economic opportunities and infrastructure. Indeed, the reform of the EU’s Common Agricultural Policy in 2013 includes options for funding small-scale entrepreneurs who will cultivate endemic plant species or rear livestock varieties that are indigenous to the area. Small-scale artisanal food processing is also rewarded within the framework of the Rural Development Plans that are legislated for in the EU’s agricultural policy and target disadvantaged inland and mountain areas. The EU’s regional development policies also support rural tourism initiatives throughout southern European countries. Increasingly, agro-tourism programmes and enterprises adopt traditional food culture as an important marketing ploy and as a value-added experience to be sold to tourists. Olive oil tastings, participation in the vine harvest, invitations into village kitchens for bread baking or cheese making are becoming commodities in their own right, organized by state tourism organisations and private sector agencies that market cultural events and so-called “experiential tourism”. In many areas, regional and local tourism boards develop thematic routes focussing on food culture and annual festivals. Sociologists criticize that rural areas “become managed by market strategies and established as attractions in which the environmental qualities and the cultural aspects become commodities” (Figueiredo and Raschi, 2011, p. 4). Profit is supposed to be generated by rural tourism, by gastronomy, by nature-oriented leisure activities, and by food-production and -processing. Contrary to earlier development policies that aimed to increase agricultural productivity for export, now, consumers for these new services and products will have to be imported into the rural areas, be it as tourists from abroad or weekend soujourners from the urban centres. Indeed, not just tourist apartments, hiking trails, or traditional sausages are being marketed, but the rural area and the ideal of rurality that it is supposed to embody are becoming a product to be sold, on domestic as well as international markets.

Conclusion Initially, this section touched upon the historical trajectory of the formation of the “Mediterranean”, also addressing the question of whether there is a shared culinary system throughout the Mediterranean. The Mediterranean Diet – as a scientific model of healthy nutrition – is increasingly at odds with what is actually produced, consumed, cooked, and eaten today in circum-Mediterranean countries. Also, southern European and north African agricultural products are less and less competitive on the world market. However, a globally prevalent imagery of the Mediterranean and its food cultures appear to endow food products with

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value-adding qualities, such as its health-promoting capacities and its appeal to the simple and rustic life.16 The case study of the heritagisation of the Mediterranean diet lent itself to an inquiry of how traditional food customs of local origins and scale are being celebrated and marketed by utilizing a globally recognized policy instrument, the UNESCO heritage list. To categorize a whole range of national cuisines and regional food traditions as elements of a somewhat unified “Mediterranean diet” in itself is a instance of transnationalisation and a response to pressures from the global economy, especially for Mediterranean agriculture to become more viable. At the same time, heritage designation is also an instance of regulatory power being brought to bear on local social practices. Even though the motivation of heritagisation is to salvage cultural elements from commodification, the UNESCO list emerges as an instrument designed to construct the Mediterranean for consumption. By its very heritage status, it is made into a special kind of commodity, to be consumed not only without but also within the Mediterranean area. The interpellation “Taste the Mediterranean” in the title of this chapter implies that food is refashioned to serve a conduit for experiencing the Mediterranean. However, throughout the circum-Mediterranean area, social actors have begun to appropriate the Mediterranean label in order to position themselves and their societies within or in relation to the European arena.17 Food may well become an important element of “reflexive Mediterranisation” (Römhild, 2009), perhaps even more so with the deepening economic crisis of many southern European and north African countries. In the end, the Mediterranean diet emerges as an “invented tradition” that is economically instrumental, but, as anthropologists contend, also serves as the wellspring of a new Mediterraneanist imagination.18 16

The UNESCO listing, however, is not only concerned with agricultural products and the historically generated cuisines of the societies of the circum-Mediterranean region, but with a whole way of life, oral traditions, social practices, festivities, rituals and cultural knowledge. Commensality, the way of sharing food and enjoying conviviality around a joint table, is hailed as an emblem of Mediterranean cultures, not least among cultural elites in Mediterranean countries themselves. According to the text of the UNESCO application for the Mediterranean diet, the “shared group meal’ is representative of the Mediterranean nutritional system because it embodies in particular these social practices that are cited as central for the Mediterranean diet, “favouring neighbourliness, sharing, and conviviality”. 17 The Mediterranean diet was again inscribed in November 2013 on the Representative List of the Intangible Cultural Heritage of Humanity. In addition to the original communities and countries who had applied for the 2010 inscription, also one community per country applied from Cyprus, Croatia, and Portugal. With the 2013 inscription, the emphasis shifted somewhat towards highlighting local customs, especially traditional festivals, connected with food practices. In this, the inscription became more in line with the type of cultural expressions that are usually included into the List. The initiative for the inscription appears to have come from Portugal, in the new application, CIHEAM did not take an active role. See http://www.unesco.org/culture/ich/en/RL/00884 [Accessed 12 December 2014]. 18 New research projects have been incepted on the subject, most recently in the Alimed research

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Martin Zillinger Territories of Grace The Past and Future of Mediterranean Trance

Trance – a Mediterranean Category Trance has been described for all times and religious contexts across the Mediterranean basin. Trance practices have been traced to Stone Age paintings in caves in southern France and northern Spain, ascribed to divination practices in Babylonia (clay tablets from Mari, 2nd millennium BCE), and related to early Phoenician records (Ras Shamra tablet, 1st millennium BCE). While there is ample documentation of incantations, divination, and the use of amulets and badges to ward off the attacks of gods and spirits in ancient Mediterranean religions (see Johnston, 2004), Euripides’ Bacchae provides a detailed description of both the fascination with and the public controversies over trance in ancient Greece. Encounters with the divine are at the core of the three monotheistic religions, but even if Christianity in particular has strong roots in ancient mystery cults (Burkert, 1987), their social organizations and theological aspirations have produced a pronounced ambiguity toward ecstatic practices and trance states. Mystical experiences and the “communal encounter” (Rouget, 1985) with the divine have stimulated a long tradition of theological reflection on their nature and significance; at the same time, however, they have triggered objections from religious reform movements and fierce attempts to control the fluid articulations of these experiences in religious practice. The treatment of trance and trancelike states by writers such as Plato (ascribing to ecstatic states 〈theia mania〉 a special form of knowledge and artistic inspiration) and Aristotle (emphasizing the importance not of knowledge, but of affect in ecstatic rituals) has exercised the imagination of biblical scholars, folklorists, and anthropologists alike. Observed, described, and analyzed within a EuroMediterranean tradition, the problem commonly described as the hermeneutical circle arises: how can we describe trance outside the Western idioms of ecstasy and possession, which have affected the representation of trance in societies worldwide? Inspired by the “imaginary ethnography” (Kramer, 1977) of classicists of the th 19 century, scholars, artists, and intellectuals from northwestern Europe set off

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into rural areas and to the Mediterranean to explore the strange and mysterious world of comparative mythology in situ. With the work of Lang (1884) and Frazer (1890), the “ethnographic” comparison of “savage” rituals and peasant customs became the new anthropological method of Folklore Studies (see Dorson, 1968). These authors shared a fascination with the mystery cults of late antiquity with influential figures like Creuzer (1819), Nietzsche (1872), and Rohde (1894). In addition, the depiction of Mediterranean trance practices and possession rituals by European artists (Delacroix), the performance of North African trance experts at world’s fairs (compare Jones, 2010), and the instigation of hysterical symptoms in the female patients of the Salpêtrière by Charcot, which generated resemblances to ecstatic postures in classical art (Didi-Huberman, 1982), exercised the imagination of European publics. Following their armchair predecessors, early ethnographers identified local rituals and customs as survivals of pre-Christian and pre-Islamic Mediterranean religions, which were thought to center on vegetation cycles and the life of a dying and reviving god (e.g. Doutté, 1909; Schmidt, 1871; Tremearne, 1914). While many descriptions of “orgiastic festivals” (Robertson Smith, 1889) in and outside the Mediterranean have echoed the preoccupation with ancient Greek culture (e.g. Benedict, 1934), ethnographic descriptions of trance rituals in turn informed the reconstruction of a “Dionysian religion” (see Jeanmaire, 1951). Warburg’s attempt to elaborate the “pathos formula” as a universally valid category remains within the hermeneutical circle we noted (Warburg, 1988; see Schade, 1995), while Ernesto de Martino’s work on the “crisis of presence” still waits to be discussed as an alternative conceptualization of trance in Mediterranean scholarship (De Martino 1961, but see Saunders 1995). Historical work has tried to trace trance on the northern Mediterranean shores to Euro-Asiatic “shamanism” (Ginzburg, 1989), while – much more plausibly – historically informed ethnographers stressed the link of trance practices on the southern shores to sub-Saharan “spirit possession” (Paques, 1991; Natvig, 1987). These and other works take the Mediterranean basin to be a border zone. Alternative approaches to a Mediterranean history of trance would need to emphasize both the connectivity and the ruptures of geographically situated, religious, and social practices across the Mediterranean Sea and religions (cf. Horden and Purcell, 2000; cf. Hauschild, Kottmann, and Zillinger, 2005; Albera, Couroucli 2009). So far, perhaps the most successful attempt to theorize trance has emerged from Arnold van Gennep’s work on “Rites des Passages” (van Gennep, 1909). Using carefully crafted ethnographic material from the Mediterranean and worldwide, the observation of an “interstitial phase” of ritual practice inspired Victor Turner to elaborate the “betwixt and between” of trance for African “cults of affliction” into a “theory of liminality” that can be applied to trance phenomena in the Mediterranean and beyond (Turner, 1969).

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Components of Trance Trance (from Latin: trans-ire – to go across, to pass over) denotes a range of different phenomena, all of which are characterized by an alteration of the subject. Described in terms of observable, psychosomatic effects, trance has commonly been categorized as “altered states of consciousness” that may culminate in the dissociation of the subject, during which the source of agency is experienced as an other that takes form through the subject as medium. Coming under the influence of or engaging with disembodied powers can take various forms, and is interpreted and responded to in different ways, which vary according to the local politics of religion, social context, and the personal circumstances of the patient. Attempts to differentiate between ecstatic trance, associated with shamanism and spiritual journeys (ek-stasis), and possession trance, associated with “adorcism” (de Heusch, 2006) and the exorcism of intrusive demons and spirits (cf. Eliade, 1951; de Heusch, 2006), have not been successful, since more often than not these elements fuse when external powers and spirits are addressed (Lewis, 2009). Equally unsatisfying are attempts to reduce trance to an expression of illness, deprivation, or strategies of domination and resistance (Lewis, 1989), even though the student of trance will discover all of these elements in the respective religious field where trance occurs. Fritz Kramer (1993) has suggested a useful notion to grasp local conceptualizations of “being acted”. Drawing on the work of Godfrey Lienhardt, he used the outmoded concept of passiones to connote the inversion of agency in relation to the human self. Emphasizing the state of “patienthood” (Gell, 1998) as a constituent feature of trance, however fluidly and fugitively it may emerge, calls attention to various phenomena that trigger, shape, and articulate experiences with and discourses on the boundaries and permeability of the person. For practitioners and observers alike, trance and possession raise questions about the formation of subjectivity and accountability. During dissociation (dissociare), the trancer may get “lost from his socially constructed self” (Crapanzano, 1977, p. 9) and give way to intruding powers that manifest in his body. The state of being non-identical with oneself precedes full-fledged possession and is articulated and announced in dreams and visions associated with the experience of mental or physical crises, discovered as lacunae in the recollections of one’s deeds, and ascribed to sorcery, witchcraft, the evil eye, or the encounter with supernatural beings. All of these states contain elements of alteration and may culminate in alienation, of which the person in trance has no recollection – when the foreign powers disperse the powers of the medium, in which they make space for themselves. Following Turner’s theory of liminality, the ritual transformation of the person is marked by ambiguity. Estrangement and marginalization during trance manifest, for example, in “theriomimetic behavior” (Crapanzano, 2005) among

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the tarantati of the South Italian Tarantella cult (De Martino, 1961) and the ʿIsāwa in Morocco. Both mimic forces of nature and transgress established social and religious norms. While the former enact the movements of spiders, the latter mimic predominantly the spirits of lions, camels, and jackals (Brunel, 1926; cf. Zillinger, 2010). Other features of the threshold of trance include endurance of pain, hardship, and a general state of patienthood. Moreover, trance is marked by travesty, quite literally through the change of clothes according to the demands of the possessing spirits, but also in terms of ritually sanctioned gender change, for example among diviners in the Maghreb or among possessed men in the argia cult on Sardinia (Gallini, 1988). Trance is not always accompanied by an inversion of status and rank as Turner suggested, but the experience of “communitas” during a night-long ritual is certainly an important feature. The initiation into trance cults is often linked to liminal stages on the way to adulthood, such as puberty or marriage. Despite all valid critique of I. M. Lewis’ foundational work on “ecstatic religion” (Lewis, 1989), issues of race, class, and gender feature prominently in possession cults. While many of the rituals are visited predominantly by women, ritual expertise and power is often ascribed to individuals and groups who are perceived as having a certain experience in handling liminality or as operating at the margins of society. These include members of the underclasses or, in the case of North Africa, former slaves (Bax, 1995; Boissevain, 2006; Crapanzano, 1973; De Martino, 1961; Gallini, 1988; Jankowsky, 2010). According to De Martino, individual affliction is made public in the ritually generated “crisis of presence” that characterizes trance. Trance reestablishes agency by giving the experience of affliction a “dehistoricized” ritualized form. To be sure, members of the upper classes, too, suffer from affliction and seek treatment in trance, cover the expenses of rituals, or strive for ritual prestige. As Turner reminds us, liminality cannot be reduced to marginality. Trance can be reached and learned through body techniques of moving and breathing or immersion in sounds, narratives, and pictures. These “components of trance” can be brought into a ritual order and are part of the socialization in specific cultural settings; they can be taught, learned, and described (Bateson, 1975). Besides technical instruction and the cultivation of different modes of sensation, affliction is, often retrospectively, perceived as a turning point for trance mediumism (Schüttpelz, in press). A mediumistic interpretation of trance often emerges in relation to physical alterations of the person falling in trance, who experiences various body parts as separately animated or paralyzed and detached from voluntary movements. Ascribed to an external power, this initial crisis needs to be ordered and contained through ritual. To this purpose, uncontrollable physical reactions are translated into body movements, often in tune with music. Once the spirit or external power is tamed and satisfied, these movements culminate in a state of exhaustion, often dramatized as a fall to the ground and resulting in physical catalepsy. Over time, afflicted persons may develop an expertise in

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treating themselves and others. They may become trance mediums who master and communicate with spirits and who can use this ability to domesticate or to cast out the powers that seize a person. Positioning in the interstice between the earthly and the other world requires competencies to deal with both worlds, and mastering these potentially dangerous situations can establish ritual, social, and at times political authority (cf. Gellner, 1969; Hammoudi, 1980; 1994).

Trance in the Mediterranean The various modes of experience associated with trance need to be represented in order to become recognizable and accepted as valid. In the Mediterranean, such representations have been explored in the form of narratives that symbolize and structure the encounter with other worldly beings (Crapanzano, 1980; Ginzburg, 1976; Stewart, 1991; Fartacek, 2010), as beliefs and practices around the notion of the evil eye, sorcery, and witchcraft (Hauschild, 1982; Gallini, 1973; Ginzburg, 1966; Kriss and Kriss-Heinrich, 1962; cf. FavretSaada, 1977), in the context of “dream institutions” (Crapanzano, 2001; Mittermaier, 2011), soothsaying (Rausch, 2000; Johnston, 2004), and healing (Akhmisse, 2000; Crapanzano, 1973; Horden, 2000a), and as parts of mystical traditions of the three religions of the book, which strive to attain the experience of a transcendent god in immediate presence (Benz, 1972; Garb, 2011; Schimmel, 1978). “Practices of Imagination” (Kramer, 2005) ritually evoke “inner images” of external powers in the body movements of the entranced and relate the visible to the invisible realm. In aniconic (Jewish and Islamic) and iconic (Christian) cultures alike, subjective and collective states are thus made observable and reportable in an ongoing mediation work. In Christian contexts, this may be done by relating to pictorial representations of holy persons and the powers these representations embody. During processions, the workings of supernatural powers are communicated in public. At the sanctuary of Madonna dell’Arco in Naples, young men run frantically over vast distances, arrive in communal exhaustion in front of the saintly figure, and unite with other supplicants in trance (Göltenboth, 1998) during the Easter celebrations. On the occasion of the Prophet’s birthday (mawlid), the ‘Isāwa brotherhoods dance, march, and run vast distances to visit the sanctuary of Sidi Muḥammad ben ‘Isa in Meknes und “cool down” with other entranced visitors at the tomb of the saint (Zillinger, 2013). In domestic rituals, too, divine and demonic powers and their impact on persons are recognized in public procedures, enacted, and communicated among ritual experts, patients, and bystanders (Lévi-Strauss, 1958). Ritual elaborations of trance make use of visual, audible, and haptic elements and appeal to the sense of smell and taste. If a possessing spirit manifests, be it in the Zar (Sengers, 2002), Stam-

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beli (Jankowsky, 2010), or Gnāwa cult (Welte, 1990) in North Africa or in Northern Mediterranean “tarantisms” (Gallini, 1988), it may demand certain sounds, colors, food, clothes, and essences. The naturalization of spirits and powers triggering trance includes all five senses and, in this way, trance becomes part of the sensual knowledge of the world. Trance performances may include dramatic and comic elements and invoke emotions of fear and reverence, sorrow and joy, and, at times, disgust. Trance entails a constant exposure to alterity, often staged as eruption of the foreign from within or across its (maritime) borders, as Christian and Jewish Sabbath Spirits in Islam (Welte, 1990) or the “moor” in ecstatic dances like “la moresca” or “la fenestrella” in Christianity (Vandenbroeck, 1997). Usually, the ritual practices are related to specific places. These places can be visited to invoke, cast out, or worship the powers that are held responsible for an affliction. During their visits, supplicants may sacrifice, sleep, receive dreams, or consult ritual experts and diviners. They creep through crevices, dive into wells, leave their clothes at sacred groves, or bind cloth to trees associated with a spirit or otherworldly power (Di Gianni, 1967; Kriss and Kriss-Heinrich, 1960). At these interstitial places, shrines may be erected to localize and confine the forces that otherwise need to be enacted in mimetic movements (cf. Kramer, 1993). With the help of body techniques and items connected to the supplicant, they bring themselves into the presence of a spirit or divinity and under its protection. These “islands of sacrality” (Stewart, 1991) associated with certain geographical formations, created by divine or demonic intervention, and marked by constructions of shrines, buildings, and ritual practice, are thresholds to other metaphysical and social worlds (Hertz, 1928). Part of changing religious practices and ideas that transcend space, this topography is structured by cults of saints that connect places with regions, rural with urban spaces, and local practices with supra-local theologies. By means of a “sacred channeling” (Horden and Purcell, 2000) of persons, signs, and things, sacred items are brought to and from these places. Amulets containing images, signs, and symbols are used to bind the spiritual power of the place to persons and to evoke divine help and protection on the move. Often, items are brought from the “centers out there” (Turner, 1973) and are relocated in domestic shrines or at sacred places in the vicinity of the supplicant. The colonial encounter between European and North African societies and the advent of modernist movements made trance cults increasingly objects of the “purification work” of religious reformers fighting “survivals” within and “local distortions” of their universalist faiths. Not only in Christian contexts, in which man has been considered to be “ridden either by God or the devil” (Luther 1525), can we find possession cults “that dare not to speak [their] name[s]”, as Rouget remarked about the tarantella (Rouget, 1985, p. 162). In Islam, the invocation of jinn has been considered shirk or bida’. Trance congregations like those of the ‘Isāwa and Ḥamadša in Morocco have tried to hide controversial practices of spirit possession from wider publics and to conceptualize their perform-

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ances as Sufism proper. Ultraorthodox Jewish communities strive to provide an all-embracing metaphysical account of extraordinary phenomena in the borderland of scientific inquiry. By putting divination performances of autistic children publicly “to test”, they rearticulate traditional forms of dybbuk possession in a modernist idiom (Bilu and Goodman, 1997). In all three monotheistic religions, a competition of trance mediumism can be discerned. In recent years, the pontifical university in Rome has reestablished training courses for exorcists to provide a sufficient number of experts for its dioceses. Charismatic movements in Catholic and Evangelical Christianity alike promote possession by the Holy Ghost to drive out satanic forces. And in Islam, reform movements promote Quranic healing as a permissible alternative to local trance cults. In Judaism, rabbinical exorcism has controlled deviant, mantic states in so-called folk religion since the 16th century. On the local level, however, representations and practices of trance and ortho-practical forms of religiosity may have always fused and reinforced each other, as Stewart argued for the belief in exotica in Greece, Hauschild for magic in Southern Italy, and Boissevain for the practices of Stambeli at local graves of saints in Tunisia (Stewart, 1991; Hauschild, 2010; Boissevain, 2006).

Trajectories of Trance in the 21st century In their seminal study of the history of the Mediterranean, Horden and Purcell have argued that the religious landscape has reflected both the fragmented topography of Mediterranean micro-regions and the means by which the fragmentation is overcome (Horden and Purcell, 2000). One of the compelling arguments of their study is that the “religious geography” of the Mediterranean rests on engagement with place. To be sure, this “religion of locality” interacts with principles, ideas, and traditions that transcend space. But religious practices are embedded in local life-worlds, they are situated in geographical places and they take place in the web of connectivity, which structures the rhythm of Mediterranean life in situ. Therefore, the circulation of signs, persons, and things has been a situated activity in the past, connecting localities. According to these two scholars, the networks of micro-ecologies have been radically reconfigured in the 20th century. Mobility and the circulation of knowledge, goods, and people have always catalyzed change. But the involvement of new technologies and communication networks has disintegrated Mediterranean landscapes to a considerable extent, or so the authors argue. And indeed, at the turn of the 21st century, the practices, categories, and institutions we call religion are subject to profound transformation processes on both shores of the Mediterranean. When people move, they take their gods and spirits with them, as the emergence of Gnāwa brotherhoods in Brussels and Paris

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(Dumont and Hermanns, 2003), the performance of curative magic by Tunisian rabbis in Marseille (Peveling, 2013), and the erection of St. Joseph altars by Sicilian migrants in Sindelfingen (Valentin, 2011) demonstrate. Furthermore, academic work on trance, its staging by the nation-state, and its marketing by a commodity economy creates new practices and publics for trance. Already in the second half of the 18th century, the proliferation of tarantella cults in Spain traces back to a book by an Italian physician that was widely read by his Spanish colleagues and successors (Sanz, 2000). Its translation into English triggered cases of tarantism in the New World (Horden, 2000b), while De Martino’s ethnography underlies the revival of tarantism in today’s Salento (Lüdtke, 2009; Pizza, 2004). Likewise, today’s acolytes read Vincent Crapanzano’s book on the trance brotherhoods of the Ḥamadša (1973) as a historical document and craft their own historiographies of the cult. They partake in a general move to standardize and canonize the knowledge and practice of trance through text and video recordings, which are used to train adolescents in artistic schools. In the past, nationalist projects have accused trance mediumship of preventing self-knowledge and self–improvement and have fought trance as an obstacle to progress (see, e.g., Crapanzano, 1973; Gilsenan, 2000; Spadola, 2008). Since the early 1980s, ethnographic reports abound of nation-states instead endorsing trance mediumship in their quest for origins. Worldwide trance mediums have become “heritage transmitters” (Kendall, 2014) vis-à-vis national and international publics, archaized and, at the same time, renewed by a globalizing commodity economy (Morris, 2014). Like other artistic and religious practices that symbolize “the local” in the Mediterranean and promise “extraordinary discoveries”, marginality has become an exchange value on the global market of “world music” (Sant-Cassia, 2000). As continuously reinvented traditions, trance practices like those of the Gnāwa in Morocco, the Zar cult in Egypt, and the dhikr of the Mevlevi dervishes in Turkey (Canli, 2015) may be staged to build and foster regional identities. Techniques to instigate trance are part of folk dances cultivated in Greece, Turkey, and the Levant as much as in Spain and the Maghreb and may be fully aestheticized, as shown by the art of flamenco in Spain (Mitchell, 1994), or may occur in the form of “deep sensations” at festivals of electronic music outside of religious settings altogether (Becker, 2004). Trance has become a “transnational category” (Kapchan, 2007) generated, administered, and operationalized by regional associations, national ministries, and global institutions like UNESCO. Subsequently, a new field of expertise on the “authenticity” and aesthetic value of trance has been established by bureaucrats and local and transnational entrepreneurs and practitioners. By adapting and adopting new frames of reference and arenas for action, trance is made to travel well. Crafted as sacred tradition, folk therapy, or art form, local entrepreneurs use it to establish a gatekeeping position for different audiences and to control the transnational flow of resources. Trance thus turns into a marker for depoliti-

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cized religious identities at festivals celebrating a global oecumene, like the “festival of sacred music” in Fes; European healers and psychotherapists engage North African trance brotherhoods to treat their patients or visit their local shrines and festivals; and stars of the global music industry like the Rolling Stones and Jimi Hendrix have searched for inspiration in “faraway places” and used local beats as a component in their music. For trance mediums, demand for their ritual capabilities is crucial for their standing with clients and fellow trance adepts. Facing massive transnational migration on the southern shores of the Mediterranean, their success depends increasingly on their transnational networks (see Lambek, 2010). They employ technical media to enable ritual cooperation through time and space, and many of them maintain their own “trance media archives”, in which films and photos are kept and contextualized (Zillinger, 2014) – for example for ritual-economic reasons, to demonstrate ritual genealogies, as a means of remembering, and not least to examine and further develop the ritual practices, which can be adapted to differing needs and requests (cf. Behrend et al., 2015). At the same time, technical media convey the importance of specific sacred places into the space of transnational migration. Therefore, the ubiquity of technical media and new forms of transport and communication may not disintegrate the religious landscape of the Mediterranean, but relate people on the move to Mediterranean “territories of grace” (Horden and Purcell, 2002) in new ways.1 Worldwide, the meaning of trance is negotiated in public procedures and varies, depending on whether it is carried out in public spaces (be it in the streets or the mass media), in the intimate spaces of various social (media) networks and in rites of passage such as weddings or rituals for a delimited public, or performed in (or as a public) secret, as are, for example, the publicly condemned veneration of Sabbath spirits in Morocco, during which the recording and circulation of images is tightly controlled. Whereas the transition between public and intimate spaces is constantly negotiated, an abrupt translation of concealed practices into the public domain is likely to cause scandals or even violent struggles (see Zillinger, 2013). Even though the social, technical, and material parameters of trance keep changing, it continues to foster and unsettle social attachments, ritual affiliations, and political alliances – in the Mediterranean and worldwide. The threshold of trance defies all conceptualization and remains ambiguous.

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It is in this context, that violent attempts to redraw ethnic, religious and national boundaries on the Eastern and Southern shores occur and attempt to violently reshape religious geographies – the destruction of religious and cultural markers that the world is now witnessing in Iraq and Syria aims to bring the “longue durée of the Mediterranean history of religions” to an end (cf. Gladigow, 2004).

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MARTIN ZILLINGER

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Topografischer Index

Abdera 291 Afrika 410 Ägäis 233 Agrigent (Akragas) 252 Ägypten 115, 158, 166, 167, 228, 314, 336, 340, 341, 363, 371, 410, 434 Ägypten (mod. Staat) 333, 363, 364, 366 Ahlat 219 Akrotiri 293 Alalia 291 Albanien 122, 333 Alexandria 99, 104, 313, 342, 367, 371 Algerien 27, 31, 32, 103, 333, 376, 410 Algier 93, 97, 99, 316–319, 342 Alpen 219, 227 Andalusien 31 Andorra 333 Ani 69 Antandros 232 Antwerpen 104, 220 Apulien 155, 157, 167, 176 Arabische Halbinsel 249 Aschdod 298 Aschkelon 298 Asowsches Meer 219 Athen 185, 187, 195, 198, 205, 229, 231–233, 253, 255, 256, 289 Äthiopien 228 Atlantik 134, 243 Attika 230, 232 Augsburg 220

Basilikata 155 Bat Yam 363 Beersheva 363 Beirut 342 Berlin 197, 201 Bilâd-es-Sudan 156 Blaubeuren 155 Bochum 309 Bordeaux 327 Bornu 93 Bosnien-Herzegowina 333 Bouknadel 174 Brest 220 Brüssel 433 Bulgarien 333

Babylon 62 Balkan 122, 135, 219, 221 Barcelona 342, 353 Bari 32

Eboli 33 Ekron 298–299 England 217, 221, 242, 249, 318 Ephesos 339

Cadiz 323 Caere 252 Cantabrien 157 Caronia (Kale Akte) 256 Ceuta 29, 31, 37 China 217, 228 Côte d‘Azur 347 Dakar 174 Damaskus 298 Dänemark 317 Delphi 256, 295 Deutschland 184, 186, 188, 190, 198, 201–203, 207, 208, 220, 221, 227 Dublin 94 Dubrovnik (Ragusa) 221, 313, 314

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TOPOGRAFISCHER INDEX

Fez 169, 435 Fezzan 157, 274, 276, 279 Frankreich 31, 136, 197, 201, 219–221, 227, 241, 246, 249, 315, 318, 319, 333, 340, 348, 350, 363, 409, 410, 415, 417, 427 Gao 169 Garama 275, 276 Gath 298 Gaza 298–299 Gelonos 296 Genua 32, 135, 218, 221, 314, 315, 326, 340, 347, 353 Gibraltar 27, 29 Göttingen 197 Golf von Lion 294, 295 Griechenland 185, 201, 204, 229–231, 241–243, 250, 252, 333, 341, 350, 353, 409–412, 415, 417, 418, 433, 434 Grönland 227 Großbritannien 197 Hamburg 248 Hansestädte 317 Hellespont 240 Herculaneum 187, 200, 341 Himera 252 Hoggar 216 Hymettos 231 Indien 93 Ionien 239 Irak 435 Ischia (Pithekoussai) 290 Ismaros 292 Israel (mod. Staat) 333, 361–381 Istanbul 313, 314, 342, 353 Italien 22, 30, 122, 127, 186, 220, 227, 228, 233, 241, 252, 333, 340, 341, 348, 350, 353, 409, 410, 415, 417, 418, 421, 433 Ithaka 244 İzmir (Smyrna) 292, 293, 313 Jaffa 339 Java 93 Jerusalem 64, 338, 339 Jordanien 333

Jugoslawien 417 Kaffa 218, 313 Kairo 95, 115, 249, 365 Kalabrien 326 Karibisches Meer 92 Katalonien 323 Kaukasus 219 Kleinasien 233, 291, 292, 294–296, 298, 371 Königreich Neapel 326 Kolophon 291, 293 Konstantinopel 221 Kopenhagen 220 Korinth 256 Korkyra 293 Korsika 291 Kreta 201, 274, 297, 339, 415 Kroatien 333, 423 Kuba 322 Kyrenaika 274 Kyrene 286 Laigueglia 326 Lampedusa 28, 29 Lateinamerika 410 Laurion 201, 229–233 Levante 361–380, 434 Libanon (mod. Staat) 333, 364 Libyen 28, 97, 99, 166, 274 Libyen (mod. Staat) 333 Lissabon 220 Livorno 95, 314 Loire 221 Lombardei 315 London 94, 104, 220, 249 Maghreb 22–24, 27, 28, 30, 32–34, 39, 40, 166, 221, 246, 249, 417, 434 Makedonien 233 Malaysia 93 Mali 156, 166, 170, 176 Mallorca 221 Malta 314, 333, 411 Mari 427 Marokko 27, 122, 157–176, 241, 333, 350, 410, 417, 418, 432, 434, 435

TOPOGRAFISCHER INDEX

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Marseille (Massalia) 25, 32, 104, 221, 279, 286, 294, 295, 313, 314, 323, 326, 327, 336, 342, 434 Mazedonien 333 Mekka 174, 247, 339 Meknes 431 Melanesien 410 Melilla 29 Mershan 172–174 Mesopotamien 63 Metapont 252 Milet 239 Misrata 97 Mokka 93 Monaco 333, 347 Monte Iato 237, 238, 250–255, 257 Monte Maranfusa 253 Montenegro 333 Mummelsee 155, 162, 176 Mykene 201

Peloponnes 205 Phanagoreia 291 Phönizien 336 Phokaia 279, 291, 294, 300 Pisa 221 Pompeji 187, 200 Port Said 342 Portugal 219, 315, 333, 350, 409, 411, 412, 417, 423 Pylos 293

Naher Osten 407, 410, 412 Neapel 431 New York 342, 363 Niederlande 317, 318 Niger 276, 280, 281 Nigeria 166, 167 Nil 279, 281 Nizza 309, 316, 347 Nordafrika 113, 135, 241, 243, 247, 249, 250, 407, 410, 412 Nordsee 134, 135

Sahara 214–216, 267–276, 279–281 Sahel 269 Salento 155, 168, 434 Samos 295 San Marino 333 Santiago de Compostela 339 Santorini (Thera) 293 Sardinien 274, 415 Schwarzes Meer 219, 233, 285, 291, 295, 296, 336, 342 Segesta 256 Seidenstraße 216–219 Seine 221 Selinunt 252 Serbien 333 Sigeion 293 Sinai 339 Sindelfingen 434 Sizilien 32, 232, 233, 237, 241, 250, 252, 253, 255, 256, 274, 336 Slowenien 333 Somalia 166 Songhai 169 Spanien 30, 37, 113, 136, 157, 220, 221, 241, 249, 315, 333, 341, 350, 409–412, 415, 417, 418, 427, 434

Odessa 342 Österreich 220, 227 Olympia 184–209 Osmanisches Reich 135, 201, 203, 207, 343 Ostia 234 Ostsee 135 Ouargla 93 Oued Lihoud 174 Palästina 62–64, 333, 338, 341, 342, 371 Palermo 237 Palike 256 Paris 95, 220, 237, 342, 363, 433 Pazifischer Raum 410

Ras Shamra 427 Reykjavik 174 Rhein 155 Rhodos 339 Rhone 279 Rio de la Plata 323, 327 Römisches Reich 226, 241 Rom 186, 243, 339 Russland 201

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TOPOGRAFISCHER INDEX

St. Tropez 319 Stockholm 314 Sudan 167 Südeuropa 407, 409, 410, 414, 416 Südostasien 410 Suez 342 Suez-Kanal 115 Suezkanal 197, 342 Syrakus 255, 256 Syrien 113, 115, 166 Syrien (mod. Staat) 333, 435

Tripolitanien 279 Troia 292 Troja 201 Tschad-See 275, 276 Tsor’a 299 Türkei 333, 350, 434 Tunesien 22, 27, 241, 246, 248, 249, 333, 433 Tunis 313, 317, 318 Türkei 410, 417 Tyros 292, 300

Tana 218 Tanger 155, 158, 168, 170–173, 175 Teos 291 Thasos 295 Thrakien 233, 240 Tiber 234, 279 Timbuktu 156, 169, 280 Timna 299 Toulon 342 Tozeur 93 Triest 342 Tripoli 318

USA 363 Van-See 219 Venedig 135, 218, 220, 221, 313–315, 339, 340, 342, 353 Warschau 220 Watwat 276 Wien 220 Zypern 221, 233, 274, 296, 298, 333, 339, 411, 423

Namensindex

Abū ʿAbd Allāh Muḥammad b. Baṭṭūṭa (Ibn Battuta) 336, 340 Abū l-Ḥasan Muḥammad b. Aḥmad b. Ǧubair al-Kinānī (Ibn Jubyar) 340 Abulafia, David 135–137, 273 Adler, Friedrich 201 Ahmad at-Tidschānī 169 Alkibiades 232 Allouache, Merzak 38 Amir, Aharon 363, 372, 373, 377, 378 Antiphon der Sophist 256–257 Arakel Davrijezi 68 Archonidas 256 Aristakes Lastivertsi 67 Aristoteles 229, 240, 241, 427 Arnold von Harff 339 Audisio, Gabriel 25 Ba Bilal 169 Banse, Ewald 389 Barbarossa 318 Ben Jelloun, Tahar 28, 34–36 Berenguer, Juan 30 Beys, Maïssa 27 Binebine, Mahi 36 Bischoff, Johann Christoph 270 Bismarck, Otto v. 184, 190, 197 Blackmore, Richard 241 Bodin, Jean 241 Bötticher, Adolf 194, 202 Boudjedra, Rachid 27 Boveri, Margret 392 Brasidas 232 Braudel, Fernand 33, 102, 116–119, 131, 133, 136, 211, 212, 220, 222, 271–273, 412 Bristed, Charles Astor 225

Brougham, Henry Peter 347 Bruce, Thomas (7. Earl of Elgin) 198, 207 Butler, Eliza Marian 225 Camilleri, Andrea 32 Camus, Albert 25, 366, 376–379 Carfiglio, Gianrico 32 Chambers, Iain 132–133 Champollion, Jean-François 341 Chandler, Richard 189 Choukri, Mohamed 28 Chraïbi, Driss 23 Christoph Kolumbus 340 Cialente, Fausta 363, 366 Cicero, M. Tullius 233, 286 CIHEAM 417–418, 423 Ciriaco d’Ancona 340 Clemens XII. 187 Cook, Ian 420 Cook, Thomas 343 Cornelius Balbus, L. 276 Counihan, Carole 414 Crang, Philip 420 Crialese, Emanuele 29 Curtius, Ernst 184–209 d’Aranda, Emanuel 93 d’Arvieux, Laurent 98 Darwin, Charles 372 Davis, John 121–124 Deligiorgis, Epaminondas 201 Diodorus Siculus 269 Djebars, Assia 27 Duketios 255–256 Durkheim, Émile 365 Duval, Jean-Baptiste 99

446

NAMENSINDEX

Eastman, George 343 Eisenstadt, Shmuel 365 Elisabeth von Österreich 347 Énard, Mathias 32 Euripides 427 Feraoun, Mouloud 23 Fischer, Theobald 113, 130 Fleck, Ludwig 388, 391 Friedrich III. 190, 197, 201 Friedrich Wilhelm IV. 196 Fuentes, Carlos 29 Gatlif, Tony 31 Gatti, Fabrizio 33 Gaudé, Laurent 28, 30 Gaulle, Charles de 379 Georg I. (v. Griechenland) 197, 201 Georg Kranitz von Wertheim 348 Ghannouchi, Rachid 165 Ghasar Parpezi 66 Gilmore, David 122 Goethe, Johann Wolfgang von 184, 345, 353 Goitein, Shelomoh Dov 115–116 Goytisolo, Juan 29 Griffiths, John 97 Grimm, Jacob 22 Haddad, Moussa 38 Haëdo 97 Hafis 346 Hafstein, Vladimir 420 Ḥalmī, Amr Muḥammad 249 Hans Tucher 339 Hauschild, Thomas 126–127 Haushofer, Karl 393 Hayk 66 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 161 Hekataios von Milet 239, 240 Hendrix, James M. (“Jimi”) 435 Herakleides Pontikos 338 Hermann, August 217 Herodot 239, 240, 296 Herzfeld, Michael 123 Hippokrates 240 Homer 244, 286, 292, 338

Horden, Peregrine 110, 125, 129–132, 238, 272, 273 Hummel, Hans 399 Ibn Battuta siehe Abū ʿAbd Allāh Muḥammad b. Baṭṭūṭa Ibn Jubyar siehe Abū l-Ḥasan Muḥammad b. Aḥmad b. Ǧubair al-Kinānī Ibn Khaldun siehe Walī ad-Dīn ʿAbd ar-Raḥmān ibn Muḥammad Ibn Ḫaldūn al-Ḥaḍramī Ismael Pascha 342 Iulius Maternus 275 Izzo, Jean-Claude 32 Kahanoff, Jacqueline 361–381 Kapp, Friedrich 203–204 Karl VII. (von Neapel) 341 Keys, Ancel B. 415 Keys, Margaret 415 Khaïr-Eddine, Mohamed 28 Kirshenblatt-Gimblett, Barbara 419 Kjellén, Rudolf 393 Lamsuni, Mohammed 33 Levi, Carlo 33 Lévi-Strauss, Claude 366 Löfgren, Orvar 416 Loti, Pierre 343 Lykurg 191 Mago von Karthago 280 Mann, Thomas 351 Marco Polo 218, 339 Marx, Karl 233, 365 Mathlouthi, Taoufik 237, 246–250 Maull, Otto 393 Mimnermos 292 Mimouni, Rachid 23 Mohamed VI. (von Marokko) 170, 174, 175 Moknèche, Nadir 38 Montale, Eugenio 34 Morante, Elsa 33 Morchio, Bruno 32 Movses Khorenazi 66–67

NAMENSINDEX

Nabû-kudurri-uṣur (Nebukadnezar) 62 Napoleon I. 98, 341 Nerval, Gérald de 343 Nestle, Marion 415 Niemeier, Georg 385 Nietzsche, Friedrich 372 Noah 66 Nützenadel, Alexander 408 Obst, Erich 393 Odysseus 244–245, 251 Pallache, Samuel 98 Pausanias 187 Perikles 191 Peristiany, John 122–123 Phainippos 232 Philippson, Alfred 113, 396 Pietsch, Ludwig 186, 205–208 Pirandello, Luigi 33 Pirenne, Henri 101, 113 Pitt Rivers, Julian 120, 122 Platon 225, 231, 427 Polemon von Ilion 338 Polyphem 251 Purcell, Nicholas 110, 125, 129–132, 238, 272, 273 Quartier, Antoine 97 Ratzel, Friedrich 393 Reclus, Elisée 130 Richthofen, Ferdinand Freiherr von 216 Rolling Stones 435 Salama, Moisés 30 Sallust 269 Sansal, Boualem 36–37, 39 Sarton, George 113 Schliemann, Heinrich 201 Schopen, Edmund 385 Septimius Flaccus 275 Shavit, Yaavoc 110

447

Shaw, Brent D. 273 Sidi Muḥammad ben ‘Isa 431 Siegfried, André 120 Sionita, Gabriel 99 Solon 191 Strabon 230 Tabak, Faruk 133–135 Tāriq ibn Ziyād 27 Temple, William 241 Testa, Gianmaria 33 Themistokles 229 Theophrast 233 Thukydides 232, 240, 288, 289, 293, 295 Timotheos von Milet 256 Trentmann, Frank 408 Trikoupis, Charilaos 202 Trumelet, Corneille 100 Tschamtschian, Mikayel 68 Turgut Reis 318 Turmo, Isabel González 413 Twain, Marc 342 UNESCO 407–423 Varro, M. Terentius 234 Verga, Giovanni 32 Victoria (von Großbritannien und Irland) 347 Vitruv 241 Vulgaris, Dimitrios 201 Walī ad-Dīn ʿAbd ar-Raḥmān ibn Muḥammad Ibn Ḫaldūn al-Ḥaḍramī (Ibn Khaldun) 241, 336 Weber, Max 365 Wilde, Oscar 352 Wilhelm I. 197 Winckelmann, Johann Joachim 186–187, 192, 196 Yeghische 66 Yesnik Koghbazi 66