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German Pages 198 [202] Year 2008
Nikolaus Böttcher Monopol und Freihandel
Beiträge zur Europäischen Überseegeschichte vormals: Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte
---------------------------------------Im Auftrag der Forschungsstiftung Europäische Überseegeschichte Herausgegeben von Markus A. Denzel Hermann Joseph Hiery Eberhard Schmitt Band 94
Nikolaus Böttcher
Monopol und Freihandel Britische Kaufleute in Buenos Aires am Vorabend der Unabhängigkeit (1806–1825)
Franz Steiner Verlag Stuttgart 2008
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09185-5 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2008 Franz Steiner Verlag, Stuttgart. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Printservice Decker & Bokor, München Printed in Germany
INHALTSVERZEICHNIS Einleitung
1.
2.
3.
4.
…………………………………………………….....……..…
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1. Thema und Forschungsgegenstand ……………………………..… 2. Quellenlage und Stand der Forschung ……………………………. 3. Theorie und Methode: Atlantic History und merkantile Netzwerke in Raum und Zeit ……………………………………...
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Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata (1776−1806) ……………………...…………………………………..
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1.1. Frühe Wirtschaftsinteressen der Engländer am Río de la Plata … 1.2. Das Vizekönigreich ……………………………………………... 1.3. Die wirtschaftliche Entwicklung am Río de la Plata ………….... 1.4. Der Sklavenhandel ………………………………………….…... 1.5. Militär und Finanzen ……………………………………………. 1.6. Kaufleute am Rio de la Plata: Der Real Consulado von Buenos Aires ………………………....
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Die Invasionen der Briten in Buenos Aires (1806−1807) ………...…
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2.1. Strategische Interessen der Briten im Südatlantik ……………… 2.2. Die britische Offensive gegen Buenos Aires …………………… 2.3. Die Reaktionen in Großbritannien ……………………………… 2.4. Die Briten in Montevideo ……………………………………….
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Die kreolische Revolution am Río de la Plata ……………………….
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3.1. Die vorläufige Restauration unter Cisneros …………………….. 3.2. Diplomatische Beziehungen zwischen den Vereinten Provinzen und Großbritannien (1810−1825) ………...
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Britische Kaufleute am Río de la Plata (1808−1825) ………………..
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4.1. Die einheimische Kaufmannschaft in Buenos Aires …………… 4.2. Die demographische Entwicklung der britischen Gemeinde (1807−1832) …..…………………….... 4.3. Handel am Río de la Plata (1808−1825) ……………….……….. 4.4. Die Konkurrenz der Briten ………………………………….…... 4.5. Merchant adventurers und commercial houses in Buenos Aires ………………………….………………………
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Inhalt
5.
Ergebnis …………………………….………………………………..
6.
Appendix …………………………………………………………….. 143 6.1. Zollregulationen während der britischen Besetzung von Buenos Aires …………..………………………………….... 6.2. Home Popham an W. Marsden Esquire, Admirality, Buenos Aires, 9. Juli 1806 ……………………………………… 6.3. Exporte aus Buenos Aires (1810−1825) …..………………..….. 6.4. Anzahl der von britischen Kaplänen in Buenos Aires vorgenommenen Taufen (1825−1831) …………………...…….. 6.5. Anzahl der von britischen Kaplänen in Buenos Aires vorgenommenen Eheschließungen (1825−1831) ……...……….. 6.6. Bestattungen auf dem protestantischen Friedhof von Buenos Aires (1821−1831) …….……………………...…… 6.7. Ein spanischer Kaufmann in Buenos Aires an Francisco de Saavedra, corresponsal de Cádiz, 22. April 1809 ... 6.8. Bericht eines britischen Kaufmannes an Commodore William Bowles, Oberbefehlshaber der Royal Navy in Rio zwischen 1816 und 1819 ……………………………...……..…. 6.9. Das Handelsnetz des Kaufmanns Hugh Dallas in Buenos Aires .. 6.10. Schiffsladungen, bei denen Hugh Dallas Kommissionär ist (1818−1821) ……...…………………...…… 6.11. Das Handelsnetzwerk des Hugh Dallas (Karte) …………….....
7.
Quellen- und Literaturverzeichnis …………………………………...
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7 DANKSAGUNG Einmal mehr danke ich Reinhard Liehr für die jahrelange Zusammenarbeit. Mein Dank auch an die Licenciada Carmen Celada Quintanilla (por su aguante y mi manitis), an Nikolas Jaspert (Ruhr-Universität Bochum), José Carlos Chiaramonte (Universität Buenos Aires) und Roberto Schmit (Universität Buenos Aires) sowie an die Mitarbeiter folgender Institutionen: Ibero-Amerikanisches Institut (Berlin); Archivo General de la Nación, Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires, Biblioteca Nacional (Buenos Aires); British Library, London School of Economics, Public Record Office (London); Biblioteca Nacional (Madrid); The New York Public Library (New York); Archivo General de Indias, Escuela de Estudios Hispano-Americanos (Sevilla). Der Deutschen Forschungsgemeinschaft möchte ich für die langjährige Förderung des Projekts im Rahmen des Schwerpunktprogramms “Transformationen der europäischen Expansion vom 16.−20. Jahrhundert. Forschungen zur kognitiven Interaktion europäischer mit außereuropäischen Gesellschaften” und für die Gewährung eines Habilitandenstipendiums danken. Berlin, im Frühjahr 2008
8 ABKÜRZUNGEN ABPBA AGI AGN AHN BL BNM BT CM CO HO HSA IG NYHS NYPL PRO RAH RdL SD SP WO @ fol. lib(s). ms.
Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires Archivo General de Indias (Sevilla) Archivo General de la Nación (Buenos Aires) Archivo Histórico Nacional (Madrid) British Library (London) Biblioteca Nacional (Madrid) Board of Trade Colección de Manuscritos Colonial Office Home Office The Hispanic Society of America (New York) Indiferente General The New-York Historical Society (New York) The New York Public Library (New York) Public Record Office (London) Real Academia de Historia (Madrid) Recopilación de Leyes de los Reynos de las Indias Santo Domingo State Papers War Office arroba (s. Gewichte) folio, Blatt libro(s), Buch manuscrito, manuscript, Manuskript
MAßE UND GEWICHTE barril caja/cajón pipa pieza docena barrica cuarterola limeta 1 arroba 1 quintal 1 tercio 1 fanega 1 fardo 1 legua
Faß Kiste Faß Stück Dutzend Faß Viertelfaß Flasche 11, 5 kg 45, 45 kg 86, 4 kg 102, 3 kg 454, 5 kg 5, 57 km
EINLEITUNG 1. THEMA UND FORSCHUNGSGEGENSTAND Zwischen der Glorreichen Revolution von 1688 und dem Wiener Kongress im Jahre 1815 befand sich England 87 Jahre von insgesamt 127 Jahren im Kriegszustand. Englands Hauptgegner war Frankreich, aber durch die familiäre Allianz wurde auch das bourbonische Spanien immer wieder in die französischenglischen Konflikte hineingezogen. Seit dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701−1713) wurde das koloniale Hispanoamerika stärker als je zuvor in die Auseinandersetzungen der europäischen Hegemonialmächte involviert. England war im Frieden von Utrecht im Jahre 1713 das Recht zugestanden worden, Hispanoamerika mit afrikanischen Sklaven zu versorgen. Damit nahmen aber auch in den folgenden Jahrzehnten die illegalen Geschäfte der Engländer drastisch zu, und Spanien kündigte den Vertrag. In dem sich anschließenden kolonialen Seekrieg, dem sogenannten War of Jenkins’ Ear (1739−1748), wurden vor allem die Karibik und die Mündung des Río de la Plata zunehmend zu Austragungsorten der Rivalität zwischen England und Spanien. Am Ende des Siebenjährigen Krieges (1756−1763) gelang es den Engländern, Havanna zu erobern und ein knappes Jahr lang zu besetzen. Manila ereilte fast zeitgleich ein ähnliches Schicksal wie Havanna.1 Havanna und Manila wurden nach dem Pariser Frieden an Spanien zurückgegeben.2 Schwere Rückschläge ereilte das Empire mit dem Abfall der nordamerikanischen Kolonien und mit dem Verlust Floridas. Abgesehen von der vorübergehenden Besetzung der Falklandinseln (Islas Malvinas) schien der britische Expansionsdrang gebremst. Erst kurz vor der Jahrhundertwende gelang es Großbritannien erneut, eine Bresche in das spanische Kolonialreich zu schlagen. Die der venezolanischen Küste vorgelagerte Insel Trinidad, bis weit ins 18. Jahrhundert hinein von der spanischen Krone völlig vernachlässigt, wurde im Handstreich genommen und als Kronkolonie in das britische Empire inkorporiert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgten weitere Militärschläge, diesmal gegen Buenos Aires, den wichtigsten Hafen an der südlichen Atlantikküste Hispanoamerikas. Zwei kurz aufeinander folgende Invasionen der englischen Flotte in den Jahren 1806 und 1807 schlugen zwar fehl, bewirkten aber auf lange Sicht die Lösung des Vizekönigreiches Río de la Plata vom spanischen Mutterland. Die Führer der Unabhängigkeitsbewegung suchten sowohl diplomatische als auch 1 2
George Williams Hervey, Earl of Bristol, an das britische Außenministerium, o. D. (PRO, SP 94/172, fol. 111−123). Zum wenig untersuchten Handel der Philippinen in den Jahren nach dem Siebenjährigen Krieg s. Díaz Trechuelo (1971) und Cosano Moyano (1981).
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wirtschaftliche Anlehnung und Hilfe bei Großbritannien, das die Vermittlung im Austausch gegen Handelskonzessionen anbot. Insofern leitete das Scheitern der englischen Streitkräfte in Buenos Aires eine neue Epoche der britischen Außenund Wirtschaftspolitik gegenüber Hispanoamerika ein. Diese Periode fand ihren Höhepunkt mit den Freundschafts- und Handelsverträgen zwischen England und den hispanoamerikanischen Nationalstaaten. Die Tätigkeit britischer Kaufleute am Río de la Plata während dieses Zeitraums ist Hauptgegenstand der vorliegenden Studie. Im Zentrum des Interesses stehen privat finanzierte Handelsunternehmen, Sklavenhändler und andere Einzelkaufleute, die auf dem Import- und Exportsektor im Verpacken, Verschiffen und Vermarkten von kolonialen Rohmaterialien im Tausch gegen europäische Manufakturwaren bei einer steigenden Nachfrage auf beiden Seiten des Atlantik tätig waren. Die internationalen und vor allem interkolonialen Netzwerke dieser Kaufleute und Handelshäuser waren am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts von primärer Bedeutung für die europäische Expansion und den neuzeitlichen Kapitalismus. Netzwerke von ausländischen Kaufleuten beschleunigten nicht nur den Austritt des Vizekönigreichs Río de la Plata aus der Peripherie, sondern bereiteten darüber hinaus die Unabhängigkeit der Vereinten Provinzen vor. Buenos Aires als neuer Mittelpunkt des Atlantikhandels in Südamerika bildete das Szenario dieser Entwicklung. Hafenstädte waren die zentralen Verbindungsstücke der europäischen Expansion. In ihnen reflektiert sich das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Panorama der Interaktion auf beiden Seiten des Atlantik. Bereits vor der Industriellen Revolution, der Dampfkraft und den modernen Kommunikationssystemen waren die Häfen Angelpunkte der europäischen Handelsaktivitäten im Atlantik zwischen Zentrum und Peripherie. Hier wurden die Brücken zwischen den Kolonialreichen geschlagen. So soll Buenos Aires als Schnittstelle zwischen der iberischen Welt und der seit dem 18. Jahrhundert expandierenden britischen Hemisphäre im Südatlantik betrachtet werden. Es wird analysiert, wie Großbritannien zu Beginn des 19. Jahrhunderts über die Mündung des Río de la Plata in das spanische Kolonialreich einzudringen vermochte. Der Handelsweg im Binnenland führte von Buenos Aires direkt bis zu den Silberminen von Hochperu und weiter bis zum Pazifik. Die transformatorische Funktion von britischen Handelshäusern, Einzelkaufleuten oder Kommissionären in Handel und Wirtschaft soll anhand des Anstiegs der landwirtschaftlichen Produktion, der Zunahme der Im- und Exporte, der Einführung moderner Geschäftsformen, insgesamt der Veränderungen des Binnenmarkts und des Aufstiegs von Buenos Aires zur Handelsmetropole innerhalb des atlantisch zentrierten Weltmarkts nachgewiesen werden. Aber auch soziale Veränderungen wie die wirtschaftliche und politische Emanzipation der lokalen Eliten sind wichtige Indikatoren für diesen Prozess. Aus den von britischen Kaufleuten gegründeten Niederlassungen gingen Gemeinschaften hervor, in denen englische Lebensart aufrecht erhalten wurde und die sich durch politische und gesellschaftliche Exklusivität auszeichneten. Es soll eine Bestandaufnahme der britischen Kaufmannschaft in Buenos Aires zwischen 1806 und 1825 vorgenommen
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werden, wobei die Gesamtheit dieser Kaufleute als Interessengemeinschaft unter Schilderung ausgewählter Fallbeispiele analysiert wird.
2. QUELLENLAGE UND STAND DER FORSCHUNG Über die Aktivitäten britischer Kaufleute unmittelbar nach Gründung des Vizekönigreichs Río de la Plata schweigen die Quellen weitgehend. Gut hingegen ist die Quellenlage zu den britischen Handelsgeschäften in Buenos Aires nach den militärischen Operationen von 1806 und 1807. Briten sandten regelmäßig Berichte an ihre Regierung, insbesondere Kaufleute mit diplomatischen Aufgaben wie Robert Staples und Woodbine Parish informierten London über die allgemeine Wirtschaftsanlage in den Vereinten Provinzen des Río de la Plata. Das Außenministerium wiederum instruierte die Royal Navy, Kaufleute am Río de la Plata zu schützen und den Handel inoffiziell zu unterstützen. Aufschluss über die politische und wirtschaftliche Entwicklung gibt auch die Korrespondenz vereinzelter einheimischer und ausländischer Kaufleuten in der Region. Das Büro des britischen Konsuls nahm seine Arbeit allerdings erst Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts auf. Daher wurden erst seit diesem Zeitpunkt Register über Untertanen der britischen Krone erstellt (Reber 1978: 176). Quellenmaterial wie Taufbücher, Testamente und Berufslisten der britischen Gemeinde in Buenos Aires gibt es davor nicht, da bis zur diplomatischen Anerkennung offiziell gar keine Gemeinde existierte. Allein kollektive Memoranden an das Außenministerium in London oder die Regierung in Buenos Aires geben Auskunft über die Kaufmannschaft als Interessengemeinschaft. Die Handelspolitik der Engländer am Río de la Plata ist in den Akten des Foreign Office, des Colonial Office und des Board of Trade3 im Public Record Office (Chancery Lane und Kew Gardens, London) dokumentiert. Die Commercial and Consular Reports wie auch die Parliamentary Papers enthalten wichtige Informationen vor allem zum Anstieg des anglo-argentinischen Handels nach 1806. Neben der Korrespondenz der Premierminister (British Library, Additional Manuscripts) ist die regelmäßige Berichterstattung des britischen GeneralKonsuls in Buenos Aires eine Quelle erster Kategorie für die Erforschung der englischen Kaufmannsgemeinde von ihrer Niederlassung bis zu ihrer sozialen Etablierung und Integration. Der diplomatische Schriftverkehr zwischen London und Madrid (Public Record Office; Archivo Histórico Nacional, Sección de Estado, Consejo de Estado, Biblioteca Nacional, Sección de Manuscritos) liefert die grundlegenden Informationen zur Kolonialpolitik Spaniens. Die Versuche, den anhaltenden englischen Schmuggel an der Mündung des Río de la Plata einzudämmen und das Monopol 3
Der Board of Trade erhielt regelmäßig Kopien aller Berichte des Foreign Office, des Customs Office und des Privy Council, die den Handel und besonders den Kolonialhandel betrafen (Williams 1972: 422).
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von Cádiz bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu stützen, werden mit Hilfe dieser Dokumentation nachgezeichnet. Im Archivo General de Indias in Sevilla ist vorrangig der Bestand Audiencia de Buenos Aires eingesehen worden, der unter der Sektion Marina, Consulado, Comercio Informationen zur Wirtschaftsgeschichte der Region konzentriert. Vor allem die Korrespondenz der Vizekönige und des Stadtrats (Cabildo) in Buenos Aires sind hier zu nennen. Für die postkoloniale Zeit waren die Expedientes sobre la revolución de Buenos Aires (1808−1822), zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt besonders die Duplicados de Intendentes (1777−1805) und der Bestand Estado de las Aduanas y Comercio del Virreinato (1789−1803) aufschlussreich. In Buenos Aires wurden folgende Archivbestände ausgewertet: Zu den Invasionen der Briten waren besonders die Beresford Papers im Archivo General de la Nación ertragreich. Zu lokalen Kaufleuten konnte viel Material in der Sektion Período Colonial/Gobierno gefunden werden. Die durchgesehenen Bestände beinhalten Handelskorrespondenz, Geschäftsbücher und Schiffsladungsregister. Zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und der Bedeutung der britischen Kaufleute wurden die Sektionen Período Colonial/Hacienda/Comerciales sowie der Bestand Real Consulado für die Kolonialzeit und Período Nacional/Correspondencia Gran Bretaña für die Revolutionsjahre ausgewertet. Ertragreich war schließlich auch die Einsicht in das Privatarchiv des Kaufmannes Hugh Dallas (Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires). Die Bearbeitung der Handelskorrespondenz dieses schottischen Kaufmanns hat es ermöglicht, auf der Grundlage der gut dokumentierten outgoing letters die lokalen und transatlantischen Geschäftsverflechtungen und die Warenströme zu rekonstruieren. Angesichts der Vielzahl von Literatur zum Río de la Plata um 1800 soll hier nur auf Arbeiten eingegangen werden, die sich direkt mit den Beziehungen zwischen Großbritannien und der La-Plata-Region befassen. Wegen der im Verlauf des 19. Jahrhunderts stetig wachsenden und auch noch heute intensiven Beziehungen zwischen Argentinien und Großbritannien − und nicht zuletzt wegen des Falkland-Krieges von 1982 − existiert zu diesem eingeschränkten Themenbereich eine beachtliche Anzahl von Publikationen. Die Angriffe auf Buenos Aires wurden in England lange als nebensächliche Episode in der andauernden Auseinandersetzung mit Frankreich und Spanien gesehen (Lynch 1973: 39). Da sie in einer Niederlage endeten, wurden sie verschwiegen, obwohl sie den Beginn der direkten gegenseitigen Beziehungen markierten (Gallo 1994: 8). Neben den stark militärhistorisch orientierten Abhandlungen von Roberts (1938), Salas (1981), Fletcher (1991) und zuletzt Johnson (1994) muss vor allem auf die einander ergänzenden Pionierarbeiten von Ferns (1960) und Street (1967) hingewiesen werden, die die politische Entwicklung der englisch-argentinischen Beziehungen im frühen 19. Jahrhundert in den Vordergrund stellen. Während sich Ferns vor allem der diplomatischen Entwicklung zuwendet, widmet Street den britischen Kaufleuten ein ganzes Kapitel, welches bereits wichtige Details zu einzelnen Unternehmern und Handelshäusern liefert. Die neueren Monographien von Gallo (span. 1994/engl. 2001; 2004) hat Ferns und Street dies-
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bezüglich wenig hinzuzufügen. Die nach wie vor beste Zusammenfassung der revolutionären Epoche am Río de la Plata hat Lynch (1973: 37−126) vorgelegt. Auch die letzten Publikationen anlässlich des „bicenetenario“ der englischen Invasionen haben keine neuen Erkenntnisse zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region zu Tage gefördert. Im Mittelpunkt dieser Arbeiten steht die „reconquista“ von Buenos Aires, an die in Argentinien vor allem mit Quellensammlungen zur Militärgeschichte der Jahre 1806 bis 1808 erinnert wird (Varela 2007; Palombo 2007; Luzuriaga 2007; Barela 2006; Graham-Yooll 2006; Heredia 2006; Instituto Cultural 2006). Als erste hat Goebel (1937/38: 311−314) auf britische Handelsinteressen in Buenos Aires vor 1810 hingewiesen und dabei die Bedeutung von Kaufleuten während dieser Transformationsepoche der lateinamerikanischen Geschichte hervorgehoben. In Anlehnung an diese Untersuchung beschreibt Halperín Donghi (1966: 124−125) die Entwicklung am Beginn des 19. Jahrhunderts, in deren Verlauf es englischen Kaufleuten in Buenos Aires gelang, die kreolische und spanische Konkurrenz vom internationalen Handel auszuschließen. Allerdings haben Tjarks (1962a) und Halperín Donghi (1972) gezeigt, dass sich die Kreolen keinesfalls aus dem Wirtschaftsleben zurückzogen, sondern bald eine neue nationale Elite zu formen vermochten. Für die bei diesem Prozess bedeutsame Rolle illegaler Geschäfte sei auf die inzwischen klassischen Arbeiten von Villalobos Rivera (1965; 1968) zum Schmuggel in der La-Plata-Region hingewiesen. Socolow (1978) hat − wie Brading (1971) teilweise für Mexiko − die Entwicklung der spanischstämmigen Kaufleute in Buenos Aires bis zur Unabhängigkeit untersucht. Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, dass nach einer beträchtlichen Zunahme der Kaufmannschaft in der Stadt mit der Unabhängigkeit und der Ankunft englischer Kaufleute die meisten der lokalen Unternehmer, die im Transatlantikhandel tätig waren, in Konkurs gingen, da sie ihre Handelsverbindungen nach Spanien verloren hatten und gegen die englische Konkurrenz ohne Chance blieben. Reber (1979) schließt dem Titel ihrer Arbeit nach zeitlich an Socolow an, beginnt aber erst Mitte der 1820er Jahre nach Einsetzen des wirtschaftlichen Booms. Dabei konzentriert sie sich − in der Tradition der US-amerikanischen Business History − vor allem auf die kleinteilige Analyse der wirtschaftlichen Aktivitäten einzelner britischer Handelshäuser. Ergänzend dazu hat sich Brown (1976; 1979) mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Ansiedlung britischer Kaufleute das Wachstum einer wirtschaftlichen Infrastruktur behinderte. Die Hauptthese Browns ist, dass die lokale Unternehmerschaft gerade durch die Öffnung zum atlantischen Markt und durch die damit verbundene Steigerung von Kommunikation, Viehzucht, landwirtschaftlicher Produktion und Binnenhandel stark profitierte, ohne von der Konkurrenz ausländischer Unternehmer auf diesen inländischen Sektoren behindert zu werden: „... local commerce depended on the market and profits of foreign trade − but not on foreign investment and management” (Brown 1976: 628). Neue Erkenntnisse zu dieser Thematik sind durch Regionalstudien argentinischer Wissenschaftler des Instituto Emilio Ravignani und des Instituto de Estudios Histórico Sociales wie Amaral (1999), Chiaramonte (1989; 1995), DiStefano (1991), Garavaglia (1986; 1991), Gelman (1989; 1992), Moutoukias
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(1995; 1998) Palomeque (1989), Rosal (1988; 1995) Schmit (1991; 1995) und Wentzel (1988) ergänzt worden. Besonders hervorzuheben ist die Monographie von Poensgen (1998), der eine Studie zur Rolle der Familie Anchorena in Viehzucht und Handel in der La-Plata-Region vorgelegt und an diesem Fallbeispiel die Orientierung der Bonarenser Unternehmerschaft nach den britischen Märkten seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert nachgewiesen hat. Der Fall Anchorena stellt aber eine Ausnahme, eine „interessante Variante” der Bonaerenser Oberschicht dar (Poensgen 1998: 4). In der La-Plata-Region entwickelte sich die Viehzucht (Felle und Fleisch) zum wichtigsten Exportzweig.4 Lynch (1989: 154) spricht treffend von der „merinization” der argentinischen Wirtschaft nach 1840 zugunsten der britischen Importeure und zum Nutzen der neuen Führungsschicht, der estancieros. Brown (1979: 85) bezweifelt wie Ferns (1960) damit die von argentinischen Historikern (Irazusta 1934; Scalabrini 1971) aufgestellte Dependenzthese für Argentinien, d.h.d die Behauptung, dass Großbritannien Spanien als Kolonialmacht lediglich ablöste und die La-Plata-Region wirtschaftlich ausbeutete, ohne dass sich die nationale Wirtschaft habe entwickeln können.
3. THEORIE UND METHODE: ATLANTIC HISTORY UND MERKANTILE NETZWERKE IN RAUM UND ZEIT Vergleichsweise junge Forschungsdisziplinen wie die Atlantic History und Global History eröffnen neue Perspektiven, um bei der Beschäftigung mit der überseeischen Expansion der Frühen Neuzeit den „nationalstaatlichen Deutungshorizont”5 zu überwinden und besonders im Falle der deutschen Geschichtswissenschaft deren immer noch begrenzten Gesichtskreis weiter aufzubrechen. In bewusster Abkehr von einer europazentrierten Kolonialgeschichte sollen die neuen Ansätze dieser Disziplinen für eine transnationale Geschichtsforschung genutzt werden. Im Folgenden wird erläutert, warum die Atlantic History als probates Interpretationsmuster für die Erforschung des hier bearbeiteten Themas gewählt wurde. Zunächst wird die Forschungsdisziplin selbst definiert und in ihrer historischen Entwicklung kurz beschrieben. Im Anschluss daran sollen die Wahl des historischen Raumes und die chronologische Eingrenzung thematisiert werden. Bei der Atlantic History handelt es sich weder um eine Braudelsche Liebeserklärung an ein Binnenmeer noch um die Fortsetzung imperialer Geschichten Spaniens, Portugals, Englands, Frankreich oder der Niederlande. Ebenso muss die 4
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Bislang allerdings fehlen immer noch Statistiken zum Ex− und Importhandel im spätkolonialen Buenos Aires. Vgl. Johnson (1994: 44): „Given the nearly universal belief that the export sector played the leading role in directing economic growth in this region, it is perhaps more surprising that scholars have not yet published a reliable etimate of import and export volume for the period 1776−1810.” Christian Haußer in seiner Rezension von Bailyns ‘Atlantic History’. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/Rezensionen/2007-1-096.
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Atlantische Geschichte in ihren Ursprüngen deutlich von den Bemühungen abgegrenzt werden, nach dem 2. Weltkrieg mit dem „Atlantischen System” eine Solidargemeinschaft der Nachkriegszeit im Sinne einer durch das Christentum definierten kulturellen Zusammengehörigkeit der Westlichen Welt zu schaffen. In der Geschichtsschreibung unter dem Zeichen des Kalten Krieges wurde zunächst vor allem der nationale bzw. abendländische Diskurs mit neuen Informationen gefüttert, aber kein interkultureller Ansatz ausgeformt, sondern vielmehr der Versuch unternommen, kulturelle Gemeinsamkeiten im Ursprung, etwa dem griechischrömischen Mittelmeer sowie im Juden- und Christentum, zu formulieren und auf den atlantischen Raum zu projizieren. Als erste ernsthafte Historiker versuchten zeitgleich Jacques Godechot (1947) und Jacques Pirenne (1947), dem atlantischen Raum einen gemeinsamen historischen Rahmen zu geben, indem der eine dem Atlantik als „Niemandsland” eine eigene Geschichte zugestand, der andere den Atlantik sogar als Binnensee einer westlichen Zivilisation interpretierte. Den Begriff der Zivilisation nahm Verlinden ([1953]/1966) auf und erntete für seine These einer historischen Kontinuität innerhalb der „civilisation atlantique” heftige Kritik seiner vermeintlichen OneWorld-Theory. Historiker wie Palmer und Chaunu dagegen folgten dem Ansatz von Verlinden. Nach Palmer (1959−64) sei der Höhepunkt der historischen Kontinuität im 18. Jahrhundert als Zeitalter der „Atlantic Revolution” in Frankreich und britischen Kolonien in Nordamerika erreicht. Der hispanischen Welt und damit der vorangegangenen Epoche des 16. und 17. Jahrhunderts zollten Pierre und Huguette Chaunu (1955−59) in ihrem monumentalen „Seville et l’Atlantique” auf fast viertausend Seiten in sieben Bänden Tribut. Sie legten damit nicht nur eine Bestandaufnahme von anderthalb Jahrhunderten Kolonialhandel, sondern darüber hinaus auch den Versuch der Geschichte eines Ozeans vor. Ein weiterer Meilenstein hin zum Konzept einer atlantischen Geschichte stellte Curtin (1969) auf, der in seinem Atlantic Slave Trade den Sklavenhandel erstmalig in Statistiken zu fassen versuchte und dieses Thema zum Klassiker der Atlantic History machte. Die Siebziger und Achtziger Jahre leiten eine Zeit detaillierter vor allem englischsprachiger Regionalstudien über Hafenstädte und Untersuchungen über religiöse Gruppierungen, über die Zusammensetzung der Bevölkerung, Muster von Migrationsbewegungen sowie sozialhistorische Lokalforschungen ein.6 Zu einem weiteren Standbein der Atlantischen Geschichte wurden gleichzeitig wirtschaftshistorische Untersuchungen, die erstmalig die räumliche Begrenzung aufhoben, indem interregionale und interkoloniale Beziehungen aufgedeckt wurden. So zeigen die Arbeiten von Stanley und Barbara Stein (1970), wie das spanische Kolonialreich trotz bzw. aufgrund der nicht durchführbaren Abschottungspolitik der Krone zum Versorger der gesamten westlichen Hemisphäre mit Edelmetallen und im Gegenzug zum Absatzmarkt für europäische und zunehmend 6
Eine Auswahl dieser Area−Studies sowie sozialhistorischer Arbeiten zu Hispanoamerika gibt Bailyn (2005: 122−124, Anm. 30−35).
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auch nordamerikanische Exportgüter wurde. Dieser Umstand hat bis heute zahllose Artikel und Monographien über Genuesen, Franzosen, Niederländer, Portugiesen und vor allem Engländer initiiert. Für das 18. Jahrhundert spricht Reinhard Liehr deshalb zu Recht vom „atlantisch zentrierten Weltmarkt mit seinem Finanzzentrum London”. Besonders für den Bergbau hat Peter Bakewell (1971) neben Brading (1971) für Neu-Spanien die Abhängigkeit von ausländischen Unternehmern und die Anbindung an die atlantischen Marktbedingungen herausgearbeitet. Das angelsächsische System war dem spanischen diametral entgegengesetzt. Informelle Beziehungen herrschten vor. Kirchliche, merkantile und ethnische Interessenverbände in Nordamerika verfügten meist über eine Vertretung (corresponding branch) in London und unterstützten die Krone nur, wenn es ihnen selbst von Vorteil war. Dieses offenere System ermöglichte eine flexible Einmischung in die kolonialhispanischen Belange. So erstaunt es nicht, dass zum einen die Ideen der Aufklärung im nordamerikanischen Atlantikraum früher ausgetauscht wurden und zum anderen eben von dort nach Lateinamerika gelangten. Dieser knappe Überblick mach deutlich, dass in allen wesentlichen Bereichen der Ansatz einer atlantischen Welt bestehend aus Gesellschaften, die sich unterschiedlich entwickelten, aber doch im Austausch miteinander standen und sich vor allem gegenseitig beeinflussten, erkennbar ist. Die gemeinsame Geschichte Europas und der beiden Amerikas, aber auch Afrikas, kann somit als konzeptioneller Rahmen genutzt werden. Mehr noch: Es gab keine kolonisierende und kolonisierte Welt, keine angelsächsische und iberische Welt, sondern eine Realität kognitiver Interaktion als Folge des Aufeinandertreffens und Vermischens verschiedener Kulturen. Der vorliegende Band unternimmt den Versuch, exemplarisch das Neben- und Miteinander von Gesellschaften innerhalb des Atlantikraumes zu kennzeichnen, die ohne die gegenseitigen Kontakte fundamental andersartige Entwicklungen genommen hätten. Die Ansprüche der europäischen Großmächte machten den Atlantik zum Schauplatz des Kampfes um freie Seewege. Imperialismus, Welthandel und Massenmigration sind Phänomene der europäischen Expansion, die sich in der atlantischen Geschichte manifestieren und die die Grenzen nationaler Geschichtsschreibung sprengen (Bailyn 2005: 111). Über drei Jahrhunderte lang bemühte sich die spanische Krone darum, die Kolonien in Amerika hermetisch abzuriegeln. Es sollte ein geschützter Raum entstehen, innerhalb dessen Grenzen keine fremden Einflüsse die Entwicklung der Besitzungen in Übersee stören sollten. Weder die Missionierung der indigenen Bevölkerung noch die wirtschaftliche Ausbeutung der Territorien durften von außen gefährdet werden. Der Monopolanspruch der kastilischen (und ab dem 18. Jahrhundert der spanischen) Krone wurde von Beginn der Entdeckung an erhoben. Im Vertrag von Tordesillas von 1494 erfolgte unter Vermittlung des Vatikans die erste Teilung der Welt zwischen Portugal und Kastilien. Eine Demarkation wurde festgelegt, die die entdeckten und künftig zu entdeckenden Gebiete diesseits und jenseits einer 360 Seemeilen westlich der Kapverdischen Inseln festgelegten Trennungslinie den beiden iberischen Staaten jeweils zugestand. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde damit der Atlantik in zwei unterschiedliche Machthemisphären geteilt. Die Spanier entwickelten ein System, die
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sogenannte Carrera de Indias, das von Kriegsschiffen bewachten Routen der getrennten spanischen Handelsflotten auf dem Weg nach den Vizekönigreichen von Neu-Spanien und Peru einrichtete. Diese Maßnahmen unterteilten das Kolonialreich in Zentrum und Peripherie, aber auch der Atlantikraum wurde nur entlang der für den Schutzkonvoi geeigneten Schifffahrtsrouten genutzt. Regionen wie Guatemala, Venezuela und der Rio de la Plata, die fernab dieser Route lagen, blieben bis weit ins 18. Jahrhundert isoliert. Der Atlantik beschrieb also in dieser frühen Phase der außereuropäischen Expansion nur einen Raum, der durchquert wurde. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts beanspruchten Niederländer, Engländer und Franzosen das Recht, den seit 1494 aufgeteilten Ozean als freies Meer nutzen zu dürfen. Damit änderte sich das Konzept des Raumes. Der Atlantik wurde zum territorialen und völkerrechtlichen Streitobjekt und in der letzten Phase der frühneuzeitlichen europäischen Expansion sogar zum wichtigen Austragungsort der Feindseligkeiten unter den westeuropäischen Kolonialmächten. Die Grenzen wurden fließend. Der legale Handel mit dem spanischen Kolonialreich wurde zwar von Sevilla und seit 1717 von Cádiz aus zentralisiert, aber es waren ausländische Kaufleute wie Portugiesen, Engländer, Genuesen, Flamen und Franzosen, die über lokale Kommissionäre den Großteil der Importe und Exporte kontrollierten. Europäische Kaufleute agierten also immer häufiger zwischen den verschiedenen atlantisch zentrierten Kolonialsystemen. Für die Untersuchung der vielfältigen transatlantischen Beziehungen und Zusammenhänge erweisen sich die Erforschung von Netzwerken, vergleichende Studien und die Systemanalyse ausgewählter Regionen als sinnvolle methodische Ansätze für die Erforschung der „Atlantischen Welt” (Bailyn 2005: 51). In Bezug auf die Region am Río de la Plata im behandelten Zeitraum erschien die Analyse merkantiler Netzwerke besonders sinnvoll. Merkantile Netzwerke zeigen die Kompaktheit des atlantischen Raums und heben nicht nur nationale, sondern auch kontinentale Grenzen auf. Denn diese Netzwerke waren polyzentrisch vor allem in Hafen - und Handelsstädten organisiert und überwanden die imperialen Barrieren. Der frühneuzeitliche Transatlantikhandel verfügte über eine ungeheure Energie und eine wachsende Intensität, die auf den anderen Weltmeeren ihres gleichen suchte. Mitte des 18. Jahrhunderts segelten jährlich im Durchschnitt eintausend englische Schiffe über den Atlantik. Zur selben Zeit wurden allein 3.500 Schiffe unter britischer, französischer, niederländischer, spanischer, portugiesischer und dänischer Flagge im Weintransport eingesetzt (Postma/Enthoven 2003). Und gerade damit entstand im Atlantik ein umfassender, die Kontinente verbindender Wirtschaftsraum: „Mercantilist theories, national rivalries, and nationalist historiography obscure the degree to which a stable pan-Euro-Afro-American economy developed, stretching from Central Europe to Britain, Iberia, West Africa, and the Americas with the Caribbean its western pivot. Despite all the commercial hostilities between rival nations and competitive interests, the panoceanic commercial webs that developed as the Atlantic world matured were interwoven, complex, and multitudinous” (Bailyn 2005: 83).
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Es entstanden kulturelle, religiöse und intellektuelle Netzwerke, aber keines war so dicht und umfassend wie die Handelsnetzwerke transatlantischer Kaufleute. Die Untersuchung der Rolle von Kaufleuten als Agenten zwischen den „Anrainern” des atlantischen Wirtschaftsraumes erscheint daher geeignet, um dessen Existenz nachzuweisen. Der überseeisch orientierte Kaufmann arbeitete zwar im Dienste seines eigenen Unternehmens, aber er stellte auch den Kontakt mit dem atlantischen Weltmarkt her, eröffnete neue Absatzmöglichkeiten, nahm Einfluss auf die Produktion, veränderte die demographische Situation und förderte das Wachstum der regionalen Märkte. Er agierte an den Schnittstellen zwischen den Kolonialmächten, insbesondere zwischen der iberischen Welt und der seit dem 18. Jahrhundert vornehmlich britisch geprägten Hemisphäre. Die Aktivitäten an neuralgischen Punkten des Welthandels ließen Handelshäusern, Einzelkaufleuten oder Kommissionären eine transformatorische Funktion in Handel und Wirtschaft zukommen. Dies lässt sich anhand des Anstiegs der landwirtschaftlichen Produktion, der Zunahme von Im- und Exporten, der Einführung moderner Geschäftsformen und Veränderungen des Binnenmarktes in ehemals peripheren Regionen des atlantisch zentrierten Weltmarktes nachweisen. Aber auch soziale Veränderungen wie der Anstieg der Sklavenbevölkerung und die wirtschaftliche und politische Emanzipation lokaler Eliten sind wichtige Indikatoren für diesen Prozess. Im Folgenden soll am Beispiel der Tätigkeit britischer Kaufleute am Río de la Plata der Aufbruch der theoretisch voneinander getrennten Kolonialreiche demonstriert und damit das Entstehen eines atlantischen Raumes als Wirtschaftsmarkt zwischen Europa und Hispanoamerika nachgewiesen werden. Die Arbeit frühneuzeitlicher merchant adventurers zeigt nicht nur das Scheitern der spanischen Monopolansprüche, sondern verdeutlicht auch die Existenz eines „atlantisches Systems”. Mit dem hier gelieferten Beitrag zu transatlantischen Handelsbeziehungen und Wanderungsbewegungen sowie Kaufmannsnetzwerken werden zentrale Forschungsgebiete der Atlantischen Geschichte bedient. Angesichts dieses globalen Interpretationsansatzes fällt es schwer, eine chronologische Einteilung vorzunehmen. Aber doch lässt sich entlang der Jahrhunderte ein gewisses Schema aufstellen, das in den genannten Bereichen verschiedene Phasen aufweist: So kann das lange 16. Jahrhundert (1492−1609) als Zeit des iberischen Ausgreifens und der Festsetzung in Amerika (und bereits vorher in WestAfrika) einschließlich des kulturellen Genozid in den „Indias” charakterisiert werden. Es folgten im Verlauf des 17. Jahrhundert die erfolgreiche Herausforderung dieser neuen Weltordnung durch die anderen westeuropäischen Rivalen7 sowie deren Expansion in West-Afrika, Ostasien und Nordamerika unter Einführung der Massensklaverei als Bedingung für die Plantagenwirtschaft (1621−1700). Nachdem sich der Übergang von weithin ungeklärten territorialen Ansprüchen zu stabilen Strukturen vollzogen hatte, kam es im 18. Jahrhundert zu 7
Der niederländische Jurist und Humanist Hugo Grotius verfasste sein grundlegendes „De mare libero” 1609, worin er die Freiheit der Meere und des Handels völkerrechtlich zu begründen versuchte.
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andauernden Kriegen um die Vorherrschaft, etwa im Karibikraum und im Südatlantik. Schließlich errang Großbritannien die militärische und wirtschaftliche Dominanz, während sich nur kurz darauf die dreizehn Kolonien in Nordamerika unabhängig erklärten und damit letztendlich auch die Lösung Hispanoamerikas vom Mutterland eingeleitet wurde. Überhaupt ist das ausgehende 18. Jahrhundert die eigentliche Blütezeit der Atlantischen Geschichte. Sklavenhandel und Schmuggel erreichen bislang unbekannte Ausmaße; die großen europäischen Hegemonialkriege hatten allesamt wichtige Schauplätze jenseits des Atlantik; die stabile Handelsrouten fördern den Fluß und Austausch von Ideen. Vor allem der Schmuggel zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte des Atlantik, indem er konstant die staatliche Ordnung unterlief. Monopolistische und merkantilistische Wirtschaftspolitik sowie imperiale Idealvorstellungen von abgeschotteten staatlichen Entitäten werden ad absurdum geführt. Das Überwinden der Isolation durch die Illegalität war der Alltag, in den sich die staatlichen Institutionen durch Resignation oder Kooperation (also Korruption) einfügten. Die informelle Aktualität bestimmte die waren Muster des atlantischen Austauschs von Arbeitskräften, Handel und Ideen. Außerhalb der großen Städte als Zentren europäischer Lebensart überlebten indianische Kultur und Sprache in einer Matrix christlicher Zivilisation. Nirgends war imperiales Gouvernement tatsächlich absolut, die politische Macht wurde beständig modifiziert, kompromittiert und verhandelt. Das 18. Jahrhundert brachte weiterhin den Austausch von aufgeklärtem Gedankengut und im Falle Hispanoamerikas die Emanzipation der Kreolenelite bei gleichzeitigem Aufholen des Bildungs- und Wissensstandards von Seiten der spanischen Kolonien gegenüber dem eigenen Mutterland, aber auch der angelsächsischen Welt (Bailyn 2005: 54). Es entstand ein Plantagengürtel von Virginia über Mexiko bis nach der Karibik. Franzosen und Briten belieferten das spanische Kolonialreich mit Sklaven. Französische Pflanzer wurden im 18. Jahrhundert wegen ihrer Fachkenntnisse nach Kuba, Trinidad und Barbados gerufen. Nordamerikanische Exporteure versorgten die Karibik mit Weizen und Holz. Englische Schiffe transportierten Dörrfleisch vom Río de la Plata nach Jamaika, New Orleans und Kuba, um die Sklaven auf den Plantagen zu ernähren. Lokale Eliten heirateten untereinander und bildeten ein amerikanisches Selbst- und Standesbewusstsein aus. Kubanische Plantagenbesitzer schickten ihre Kinder an jesuitische colegios nach Lima oder sogar an Universitäten in England. Und britische Kaufleute gründeten Fußballclubs in Buenos Aires. Die vorliegende Studie gliedert sich in vier thematische Schwerpunkte. In einem ersten Schritt wird die politische, wirtschaftliche und soziale Ausgangssituation am Río de la Plata bis zu den Angriffen der Engländer behandelt. Die Ereignisgeschichte des bearbeiteten Zeitraums wird nur vertieft, insofern die historischen Zusammenhänge in Verbindung mit den britischen Wirtschaftsinteressen stehen. Daran schließt sich die Schilderung der militärischen Schläge und der vorübergehenden Fremdherrschaft mit ihrer politischen und wirtschaftlichen Neuordnung während der Besetzung der Briten in Buenos Aires an. Die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Abzug der Invasoren, die im folgenden
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Abschnitt behandelt wird, begünstigte vor allem die kreolische Kaufmannschaft in Buenos Aires. Kreolische Unternehmer traten in Kontakt mit ihren britischen Kollegen und zogen Nutzen aus den Handelserleichterungen. Darüber hinaus nahmen die diplomatischen Kontakte zwischen Buenos Aires und London über die Vermittlung von Kaufleuten zu. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Veränderungen am Río de la Plata das Verhältnis zwischen Spaniern und Kreolen im Kolonialreich beeinflussten. Der Konflikt zwischen españoles und criollos begann schon im ausgehenden 16. Jahrhundert. Seither stellte die Rivalität zwischen den beiden weißen Bevölkerungsgruppen um den politischen und sozialen Führungsanspruch in Übersee eine der wichtigsten Konstanten der spanischen Kolonialgeschichte dar (Lavallé 1993). Seit der Mitte des 18. Jahrhundert wurden Kreolen in der überseeischen Verwaltung massiv zurückgedrängt (Burgholder/Chandler 1984: 169, 188). Währenddessen gab die Zusammenarbeit der Kreolen mit Ausländern im hier untersuchten Zeitraum diesem innerkolonialen Machtkampf eine neue Qualität. Bei der Untersuchung der Wirtschaft sind im letzten Abschnitt die Auswirkungen der politischen Entwicklung in den Beziehungen zum Mutterland auf die Produktion und den Handel aufzuzeigen. Besonders für die Handelsgeschichte existieren Forschungsdesiderate. Die Aktivitäten britischer und in geringerem Maße nordamerikanischer, aber auch spanischer und kreolischer Kaufleute werden analysiert. So gilt es zu fragen, welche Rolle Kaufleute in der regionalen Wirtschaft und Gesellschaft spielten, wie sie ihre Geschäfte abwickelten, inwieweit sie Schmuggel trieben, welcher Art die Beziehungen zwischen Produzenten und Kaufleuten waren, wie sie ihr Handelsnetz und ihre Geschäftsbeziehungen nach internationalen Märkten organisierten oder sogar ausweiteten, und schließlich wie groß ihr Anteil am Wirtschaftswachstum der untersuchten Region war. Die wirtschaftshistorische Analyse der Funktion von britischen Handelsgesellschaften und Einzelkaufleuten soll demonstrieren, wie Geschäftsbeziehungen und gemeinsame Unternehmungen mit lokalen Bodeneigentümern, Kaufleuten oder Händlern begründet wurden, welche Neuerungen im Wechsel- und Kreditgeschäft eingeführt wurden und, soweit möglich, welche Veränderungen sich in Kaufgewohnheiten und im Konsumverhalten ergaben. Neben der Wirtschaftsgeschichte sollen dabei auch sozialhistorische Aspekte berücksichtigt werden. Es soll keine reine Erforschung von Warenströmen und Geschäftsmethoden vorgenommen werden. Weiterhin ist der Zusammenhang von Invasionen und Revolution herauszuarbeiten. Der Überseehandel in Buenos Aires nach der englischen Besetzung bis zur internationalen Anerkennung der Unabhängigkeit wird parallel zum Ende des Handelsmonopols geschildert. Folge war die Entstehung einer britischen Kaufmannsgemeinde in Buenos Aires und die Etablierung dauerhafter Handelsbeziehungen mit Großbritannien. Die Bedeutung von Kaufleuten auf politischer und diplomatischer Ebene war für diesen Prozess elementar.
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KARTE1: DIE INTENDENCIAS IM VIZEKÖNIGREICH RÍO DE LA PLATA8
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Ramos Pérez/Díaz-Trechuelo (Hgg.), Historia General de España y América (1989,XI,2: 833).
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KARTE 2: VERKEHRSWEGE IM VIZEKÖNIGREICH RÍO DE LA PLATA (1796)9
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Brown (1979: 14).
1. BUENOS AIRES UND DAS VIZEKÖNIGREICH RÍO DE LA PLATA (1776−1806) Gemäß dem Vertrag von Tordesillas von 1494 wurde der kastilischen Krone das Recht auf die Besiedlung der Mündung des Río de la Plata zuerkannt. Nach den ersten Erkundungen des Flussdeltas durch Juan Díaz de Solís (1516), Fernão de Magalhães (1520), Sebastian Caboto (1527) und Alfonso de Souza (1531) wurde schließlich im Jahre 1536 die Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto de Nuestra Señora Santa María del Buen Aire von Pedro de Mendoza gegründet. Die Stadt sollte als Zugang vom Atlantik aus nach Lima und als Versorgungshafen für die weiten Ebenen im südwestlichen Hispanoamerika dienen. Aber die spanische Präsenz am Río de la Plata war zunächst gering. Die Region wurde für Jahrhunderte zu einem abgelegenen Randgebiet des spanischen Imperiums. Buenos Aires blieb eine bescheidene Siedlung, und auch das Umland, die Campaña, war dünn besiedelt. Die Krone verlor bald das Interesse an der edelmetallarmen Region, deren einziger Hafen 1541 vorübergehend sogar aufgegeben wurde (Brown 1982: 3). Noch um 1570 lebten hier nicht mehr als 2.000 Spanier und 4.000 Mestizen. Die größte Stadt war Córdoba,1 und das einzige Bistum befand sich seit 1547 in Asunción (Rock 1985: 14). Buenos Aires zählte um 1600 nicht mehr als 500 Einwohner (Brown 1982: 4). Dieser kleine Ort war ein militärischer Außenposten und blieb sowohl politisch als auch wirtschaftlich hinter anderen regionalen Zentren entlang dem Camino Real wie Mendoza, La Rioja, San Miguel de Tucumán, Salta und Jujuy zurück. Der Handel innerhalb des Vizekönigreichs von Peru wurde durch die Abhängigkeit von dem Bergbauzentrum Potosí in Hochperu bestimmt. Potosí stimulierte die Handelsroute nach Buenos Aires über die Stationen Tucumán, Santiago del Estero, Salta und Córdoba. Córdoba wiederum war mit Santa Fe verbunden, Santa Fe diente als Verbindungspunkt über Paraná nach Paraguay. Aber die offizielle Handelsroute zwischen Spanien und Peru führte im Rahmen der Carrera de Indias über die Karibik und den Isthmus von Panama. Der Mündung des Río de la Plata, die einen verkehrstechnisch günstigen Zugang nach Peru darstellte, war innerhalb dieses Systems keine Bedeutung zugedacht. Nicht einmal spanische Importwaren wurden auf dem direkten Seeweg, sondern über Panama und Lima nach der Region am Río de la Plata gebracht. Die Organisation, die Sicherung der Handelswege und der Transport der Waren über die riesige Entfernung hatten eine erhebliche Teuerung selbst lebensnotwendiger Importartikel zur Folge. Die hohen Preise und die schlechte Qualität der Produkte gaben Anlass zu großer Unzufrie1
Die gesamte Zeit vor der Gründung des Vizekönigreichs war Córdoba Verwaltungszentrum. Mit 40.000 Einwohnern war es sogar noch 1777 die größte Stadt, fast doppelt so groß wie Buenos Aires (Brown 1982: 14).
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1. Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata
denheit und kontinuierlichen Protesten. Die Beschwerden blieben aber ungehört, so dass Buenos Aires nur die Möglichkeit der illegalen Beteiligung am Warenaustausch mit den andinen Bergbaugebieten blieb. Die Stadt griff zur Selbsthilfe und avancierte im Verlauf der folgenden Jahrzehnte zum illegalen Verteilermarkt für den inneramerikanischen und den atlantischen Handel. Vor allem der Schmuggel mit Ausländern, die die günstige Lage der Siedlung schnell erkannt hatten, nahm schnell zu. So versuchten neben den Spaniern bald auch Portugiesen und Engländer an der Mündung des Río de la Plata Fuß zu fassen. Buenos Aires erlangte am Ende des 16. Jahrhunderts erstmals größere Bedeutung, als die Portugiesen die Stadt als Zugangshafen für den Handel mit dem Binnenland (Interior) und der Küstenregion (Litoral) zu nutzen begannen und den Schmuggel zwischen dem südlichen Brasilien und Potosí vorantrieben. Silber aus Hochperu sowie Häute und Getreide wurden in Buenos Aires, Córdoba und Tucumán gegen Sklaven und europäische Importwaren eingetauscht. Die spanische Krone bemühte sich, ihren Zugriff auf die vernachlässigte Region wieder zu festigen, indem Buenos Aires 1580 als Militärstützpunkt − und nicht als Handelshafen − ausgebaut wurde. Zu Beginn der spanisch-portugiesischen Personalunion (1580−1640) wurde 1587 schließlich der merkantilen Bedeutung des Hafens Rechnung getragen und per königlichem Dekret der Handel mit Brasilien erlaubt. Wenige Jahre später wurden die ersten Sklaven im Rahmen des portugiesischen asiento de negros, des Monopolvertrags für die Versorgung Hispanoamerikas mit afrikanischen Sklaven, über Buenos Aires verschifft. Doch die etablierten Kaufleute aus Lima und Sevilla protestierten dagegen mit der Begründung, dass die wachsende Zahl ausländischer Schiffe Buenos Aires allmählich zu einem illegalen Umschlagplatz für Sklaven und Waren im Tausch gegen das Silber aus Hochperu machen würde. In der Tat hatte sich schon während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein lebhafter Warenverkehr zwischen den brasilianischen Hafenstädten entlang der Atlantikküste und dem Gebiet des Río de la Plata bis nach Paraguay, Chile und Peru entwickelt.2 Die Annexion Portugals durch Philipp II. fiel zeitlich mit der zweiten Gründung von Buenos Aires (1580) durch Juan de Garay und einer daraufhin einsetzenden großen Einwanderungswelle aus Spanien zusammen. Auf der Flucht vor der portugiesischen Inquisition, die zu dieser Zeit aktiver war als ihr spanisches Pendant, wanderten auch viele portugiesische Neuchristen, in ihrer Mehrheit Kaufleute, über Brasilien in die südlich gelegenen spanischen Territorien ab. Es etablierte sich neben der regulären Route über Cartagena de Indias, Panama und Lima die zweite Achse des südamerikanischen Handels, die von Buenos Aires über Córdoba und Tucumán nach Potosí und Lima führte. Um den neuen Schmuggelweg unter Kontrolle zu bekommen, versuchte Philipp II., den Warenverkehr zwischen Europa und den Río de la Plata-Provinzen zu legalisieren. 1594 gab er dem portugiesischen asentista Pedro Gómez Reynel die Erlaubnis, von 2
„E sido ynformado que por el rio de la plata se mete en esas provincias yerro y otra mercadurias del brasil y passan estrangeros sin que aya quien mire en ello ni se lo ympida y asi se comiença á frequentar aquel paso...” (Anonym, 1594, zitiert nach Canabrava 1984: 86).
1. Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata
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jährlich 2.500 Sklaven für Hispanoamerika 600 über Buenos Aires einzuführen.3 Kurz darauf setzte eine Welle von Klagen der Audiencia von Charcas und der Kaufleute von Lima ein, worin darauf hingewiesen wurde, dass eine große Anzahl von Sklaven ohne Lizenzen von illegal eingereisten Portugiesen verkauft werden würden (Canabrava 1984: 87). Die restriktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen Philipps III. vermochten jedoch den Aufstieg von Buenos Aires zum wichtigen Schmuggelhafen nicht zu verhindern. Im Jahre 1621 beklagte der Gouverneur der Stadt die andauernde illegale Einreise von Ausländern über Buenos Aires nach Peru. Die portugiesischen Kaufleute war für die Existenz der Handelsmetropole von so großer Bedeutung, dass vielen von ihnen vom Cabildo das Bürgerrecht verliehen wurde, um sie am Ort zu halten (Canabrava 1984: 153). Die niederländische Konkurrenz in Nordbrasilien und die Unabhängigkeit Portugals beeinträchtigten erheblich die Handelsaktivitäten der in Buenos Aires ansässigen portugiesischen Kaufleute und zwang viele von ihnen nach 1640 zur Abwanderung nach Brasilien, Mexiko oder nach Nordamerika. Dies paralysierte für Jahre das Handelsleben der Stadt. Die Holländer übernahmen kurzzeitig den Schmuggel mit Sklaven gegen Silber und Häute. Die gesamte Kolonialzeit über hatte sich Buenos Aires gegen die monopolistische Wirtschaftspolitik des Mutterlandes zu behaupten. Aber abgesehen von Schmuggelgeschäften im Schlepptau des portugiesischen asiento blieb das Hinterland von Buenos Aires auch im 17. Jahrhundert vom spanischen Kolonialhandel weitgehend ausgeschlossen. Zwar wurde durch ein königliches Dekret vom 20. August 1602 das Monopol vorübergehend gelockert, doch die Erlaubnis für Buenos Aires und Paraguay, Mehl nach dem durch die Personalunion angeschlossenen Brasilien zu exportieren, blieb eine Ausnahme (Villalobos Rivera 1965: 17). Überhaupt erst 1618 wurden Lizenzen für individuell reisende Schiffe von Sevilla nach Buenos Aires vergeben, aber schon 1622 wurde erneut ein Zollhaus in Córdoba eingerichtet, nachdem die mächtigere konkurrierende Kaufmannschaft von Lima Druck auf die Krone ausgeübt hatte (Bliss 1959: 12). Einfuhrzölle in Höhe von 50% wurden für den Binnenhandel erhoben, um Kaufleute davon abzuschrecken, den Handelsweg zwischen Buenos Aires und Hochperu zu nutzen. Die folgenden Jahre brachten eine wirtschaftliche Depression: Bis 1660 liefen nur sieben navíos de registro den Hafen von Buenos Aires an (Rock 1985: 31). Weitere Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Handelsgeschäfte waren die Gründung einer Audiencia in Buenos Aires 1661 und die Errichtung einer weiteren Zollstelle neben Córdoba in Jujuy im Jahre 1695 (Kroeber 1957: 21). Der Binnenhandel blieb gering, allein von Bedeutung war der Tausch von Häuten gegen geschmuggeltes Silber aus Hochperu. Erst die erneuten Maßnahmen zur Verteidigung des Cono Sur gegen die zunehmenden englischen Interessen belebten den Handel. Durch die Verstärkung der Garnison in Buenos Aires nahm die Bevölkerung zu. Parallel dazu intensivierte sich die Missionierung des Binnenlands durch die Jesuiten, die um 1680 zweiundzwanzig misiones mit 40.000 Indios betrieben (Rock 1985: 37). Während der offizielle spanische Handel mit Peru weiter über 3
Asiento de Pedro Gómez Reynel (AGI, Contaduría 261).
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1. Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata
Panama lief, baute Buenos Aires allmählich seine regionale Führungsrolle als Atlantikhafen aus. Am Ende des 17. Jahrhunderts war die Einwohnerzahl der Stadt immerhin auf über 4.600 gestiegen (Brown 1982: 5).
1.1. FRÜHE WIRTSCHAFTSINTERESSEN DER ENGLÄNDER AM RÍO DE LA PLATA Auch noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts lebten die Bewohner an der Mündung des Río de la Plata zu einem guten Teil von Schmuggelgeschäften. Der Hafen von Buenos Aires hatte sich inzwischen als Handelsentrepôt etabliert. Immer reger wurde der illegale Handel mit englischen Waren, die von Brasilien aus vertrieben wurden. Bereits seit dem auf Cromwells Betreiben zustande gekommenen Freundschaftsvertrag mit dem Haus Braganza von 1654 und dem angloportugiesischen Vertrag von Methuen im Jahre 1702 demonstrierten die Engländer ihre Machtansprüche in der Region. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde vor allem die Insel Santa Catarina als Zwischenlager für Exportwaren genutzt (Kroeber 1957: 21). 1703 entdeckten die Portugiesen eine günstige Überlandroute von Rio Grande do Sul in Südbrasilien nach der Banda Oriental, dem heutigen Uruguay. Über das 1680 von den Portugiesen gegründete Colonîa do Sacramento führten britische Kaufleute Waren ins spanische Kolonialreich ein. So gelang es den Briten, sich in den Handel zwischen Lissabon, Bahía, Rio de Janeiro und Buenos Aires einzuschalten (Moutoukias 1988). Colonîa nahm also eine ähnliche Funktion ein wie Jamaika in der Karibik. 1726 gründeten die Spanier Montevideo als befestigte Garnison, um den Schmuggel zwischen den beiden Ufern des Río de la Plata zu unterbinden. Der Verteidigungszustand der Region blieb aber armselig. Es gab noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts nicht genügend Bewohner, um schlagkräftige milicias aufzustellen, dazu nahm die Bedrohung durch die Engländer von der See her und durch feindliche Indianerstämme im Innern immer weiter zu. Die zunehmende Einbindung in das portugiesisch-englische Atlantiksystem wurde schließlich von der spanischen Krone während des asiento de negros legal. Der Río de la Plata avancierte in dieser Zeit zu einer wichtigen Region für die Aktivitäten britischer Sklavenhändler (Villalobos Rivera 1965: 19−22). Nach dem Frieden von Utrecht im Jahre 1713 wurden im Rahmen des asiento-Vertrags mit der South Sea Company Faktoreien in Cartagena de Indias, Veracruz, Panama, Puertobelo, Caracas, Havanna und auch in Buenos Aires eingerichtet. Zwischen 1714 und 1739 belieferte die South Sea Company Buenos Aires regelmäßig mit Sklaven. Eine factoría der Gesellschaft mit sechs Angestellten wurde in der Stadt betrieben (Donnan 1931,II: 169; 211−212), außerdem richtete die Company eigene Warenlager in Hafennähe ein. In Buenos Aires durften Sklaven nach Chile und Peru weiterverkauft werden, und die für die Sklaven bestimmte Kleidung durfte auf englischen Schiffen transportiert werden. So entwickelte sich ein zunehmender Handel zwischen den Kaufleuten in Buenos Aires und den Briten, die Interesse an Häuten und Talg aus der sich langsam nach der Pampa ausbreitenden Vieh-
1. Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata
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wirtschaft fanden und dafür Waffen, Munition, Textilien, Lebensmittel, Branntwein, Tabak, Eisen- und Glaswaren anboten.4 Im Rahmen des asiento wurden insgesamt 18.400 Sklaven über Buenos Aires verschifft (Brown 1982: 8). Der illegale Export von Häuten durch britische Sklavenhändler stieg rasant von 45.000 im Jahre 1716 auf 380.000 piezas im Jahre 1733 (Brown 1979: 25). Nach der Kündigung des asiento 1739 wegen des anhaltenden Schmuggels orientierten sich die Briten von Buenos Aires nach Colonîa um, wo 1762 bei einem spanischen Angriff allein 27 englische Schiffe im Hafen lagen (Villalobos Rivera 1965: 21−22). Mit der Auflösung des Galeonen- und Konvoisystems im spanischen Atlantikhandel entwickelten sich neue Handelswege. Nachdem Puertobelo im Jenkins’ Ear War fast völlig zerstört worden war, überquerten spanische Handelsschiffe den Atlantik zunehmend auf der über Buenos Aires führenden südlichen Route (Walker 1979: 212). Das Ende der Handelsstrecke von Cádiz über Panama und Puertobelo ebnete trotz der Proteste der limensischen Kaufmannschaft den Weg für die Legalisierung der südatlantischen Handelsverbindung über Buenos Aires nach Hochperu. Die Einstellung des Flottensystems und der zunehmende Verkehr von registros sueltos banden Buenos Aires stärker an Cádiz an. Nach dem Abbruch der Handelsbeziehungen mit England 1739 erwiesen sich diese aus dem Konvoisystem losgelösten, einzeln lizenzierten Registerschiffe als nützliches Instrument der Bourbonen zur Förderung des Handels mit dem Río de la Plata (Arazola Corvera 1998: 81−89). Das neue System konsolidierte sich und begründete die regelmäßige Handelsverbindung mit dem Mutterland. Vor allem die lokale Kaufmannschaft profitierte davon. Viele Kaufleute aus Spanien, vor allem aus dem Baskenland und Navarra,5 gingen im Auftrag spanischer Handelshäuser als Agenten (consignatarios) nach Buenos Aires. Die Krone zollte dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Tribut, und Buenos Aires konnte die Früchte jahrhundertelanger Bemühungen ernten. In kurzer Zeit entwickelte sich die Stadt vom Schmuggelzentrum zum wichtigsten Atlantikhafen des Cono Sur. Nach der britischen Eroberung von Havanna 1762 wurde die Ausweitung der bourbonischen Reformen auf das gesamte Kolonialreich beschlossen. So wie Havanna profitierte auch Buenos Aires bald von der einschneidenden Neuerung, dass ein regelmäßig verkehrendes Postschiff nach La Coruña eingerichtet wurde (Burgin 1946: 10; Lynch 1958: 18). Die Zunahme der Bevölkerung, des Verkehrs, des Handelsvolumens und der politischen Bedeutung von Buenos Aires im Verlauf des 18. Jahrhunderts unterstreichen die wachsende Bedeutung der Stadt. 4
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Vgl. dazu den Artikel 7 des asiento-Vertrags von 1713: „Sea lícito y libre a los súbditos del Rey de la Gran Bretaña comerciar en España y demás tierras y dominio del Rey Católico en donde anteriormente habían acostumbrado tener trato y comercio, así introduciendo como extrayendo mercaderías; e igualmente vender y sacar todo género de paños, mercancías y manufacturas, traídos de las Islas Británicas juntamente con las manufacturas, efectos, frutos y géneros procedentes de las islas, ciudades o colonias del dominio del Rey de la Gran Bretaña” (zitiert bei Ravignani 1940: 38). Zur Dominanz der Nordspanier innerhalb der Bonarenser Kaufmannschaft vgl. Arazola Corvera (1998: 230−32).
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1. Buenos Aires und das Vizekönigreich Río de la Plata
Die Bevölkerung des Stadtgebiets von Buenos Aires verdoppelte sich von knapp 9.000 Einwohnern um 1720 auf 24.000 im Jahre 1778. Damit war sie zu dieser Zeit die am schnellsten wachsende Stadt des spanischen Kolonialreichs. Die bewohnte Fläche vervierfachte sich im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert,6 und die Bevölkerung von Stadt und Campaña stieg weiter von 37.100 im Jahre 1778 auf 92.000 im Jahre 1810 (Brown 1979: 22). Besonders der Handelssektor profitierte von dieser demographischen Entwicklung (Moutoukias 1995: 800). Der erste Zensus, der ausdrücklich Ausländer in Buenos Aires aufzählt, datiert von 1744.7 Es lebten zu diesem Zeitpunkt knapp 100 extranjeros, mehrheitlich Portugiesen, Italiener, Franzosen und nur neun Engländer in der Stadt. Bald darauf baten die spanischen Kaufleute in Buenos Aires um die Vertreibung der ausländischen Konkurrenten, die in letzter Zeit mit navíos de registros in die Stadt gekommen seien und nun den Handel der Stadt an sich gerissen und Geschäfte aufgemacht hätten, ohne sich um die Gesetze zu scheren, wie sie dies im übrigen auch in Peru und Chile getan hätten. Die Liste der ausländischen Kaufleute enthielt 41 Personen, davon 23 Portugiesen, 13 Genuesen, drei Franzosen und nur einen Engländer.8 Wenige Wochen später wurde die Vertreibung der extranjeros bei Androhung von Konfiskation und Zwangsarbeit in Montevideo angeordnet.9 1782 lebten in Buenos Aires offiziell nur fünf Briten, alle katholische Iren, davon waren vier Handwerker, und einer war Kaufmann.10 1804 wurde eine neue Zählung durchgeführt, inzwischen waren es 434 Ausländer, davon aber nicht mehr als 22 Engländer sowie 25 US-Amerikaner aus Philadelphia, Boston, Providence und Connecticut, die meisten von ihnen Kaufleute.11 Nach der zwischenzeitlichen englischen Besetzung waren 1807 die Mehrheit der in Buenos Aires lebenden Ausländer wieder Portugiesen, Franzosen und Italiener.12
1.2. DAS VIZEKÖNIGREICH: DER VIRREINATO DEL RÍO DE LA PLATA Der Zugang nach Hochperu über die Mündung des Río de la Plata war seit der Regierungszeit Philipps II: fast ausschließlich als illegaler Handelsweg genutzt worden. Von der Legalisierung und dem Ausbau dieser Route versprachen sich die Bourbonen eine bessere Kontrolle des Handels und eine Steigerung der Einnahmen. Es handelte sich darüber hinaus um den Versuch, die staatliche Macht durch die Neuordnung von Militär, Verwaltung und Wirtschaft zu konsolidieren. 6
Von 11.600 ha im Jahre 1744 auf 26.100 ha im Jahre 1778 und 42.250 ha im Jahre 1810 (Moutoukias 1995: 771). 7 AGN, Sala IX 39−7−3. 8 Hacienda/Tribunales, 16. Juni 1749 (AGN, Sala IX 39−7−3). 9 Bando de Domingo Ortiz de Rozas, Capitán General, 6. Juli 1745 (AGN, Sala IX 8−10−1). 10 Martín de Aguirre, Razón de los individuos de la Nación Británica, 6. Mai 1782 (AGN, Sala IX 9−7−7). 11 Censo de Extranjeros, 1804 (AGN, Sala IX 30−7−10). 12 AGN, Sala IX 30−7−10 (Interior).
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Vor allem sollte am Río de la Plata ein Bollwerk gegen das von Portugal unterstützte Vordringen Großbritanniens über Rio de Janeiro aufgebaut werden. Deshalb waren 1766 die Islas Malvinas direkt dem Gouverneur von Buenos Aires unterstellt worden, und nicht dem Vizekönig in Lima. Erste Rufe wurden von Verwaltungsbeamten in Buenos Aires laut, dass für diese immer wichtiger werdende Provinz eine neue Form der Administration gefunden werden müsse, die von Lima aus nicht zu organisieren sei (Lynch 1958: 38). Als den Briten durch den nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg die Hände gebunden waren, ergriff Spanien die Initiative. Pedro de Cevallos wurde am 1. August 1776 der Oberbefehl für eine Expedition gegen die illegal in der Banda Oriental und den Misiones Guaraníes operierenden Portugiesen übertragen. Der portugiesische Schmuggelhafen Colonîa wurde besetzt und Portugal ein Freundschaftsvertrag abgenötigt. Noch im selben Jahr erfolgte die offizielle Gründung des Virreinato del Río de la Plata. Buenos Aires wurde zur Hauptstadt bestimmt, wo der künftige Sitz des Vizekönigs und die Generalintendantur eingerichtet wurden. Die Reform der Verwaltung hob schließlich die alte Provinzeinteilung von 161713 auf und trieb die Dezentralisierung durch die Einrichtung von weiteren sieben Provinzialintendanturen in La Paz, Potosí, Cochabamba, Charcas (Alto Perú), Paraguay, Córdoba und Salta voran. Durch das neu eingeführte Intendantensystem und eine massive Immigrationswelle von peninsulares gelang es der Krone, ihren Zugriff in den Bereichen Verwaltung, Militär, Kirche und Handel zu verstärken. Eine weitere wichtige Neuerung bestand in der Verlegung der Audiencia von Charcas nach Buenos Aires, nachdem Hochperu in das neue Vizekönigreich eingegliedert worden war. Das jüngste der vier spanischen Vizekönigreiche umfasste damit eine enorme Landmasse, die von Feuerland bis zum heutigen Bolivien, von den Anden bis zum Atlantik reichte. Es bestand also nicht nur eine riesige Entfernung zum Mutterland, sondern es waren auch innerhalb des neuen Königreichs enorme Strecken zwischen den regionalen Zentren zu bewältigen. Der Virreinato schloss den nördlichen Teil des heutigen Argentiniens sowie Uruguay, Paraguay, Bolivien und einen Teil der Atacama-Wüste ein. Damit setzte sich das neue Vizekönigreich aus drei höchst unterschiedlichen Gebieten zusammen.14 Hochperu war eine bevölkerungsreiche, wirtschaftlich weit entwickelte und kulturell spanischindianisch geprägte Region mit den Zentren La Paz und Potosí; das Küstentiefland beherbergte vor allem Europäer, die sich dem Handel in Buenos Aires und der Rinderwirtschaft auf dem Land widmeten; in Paraguay und den heutigen argentinischen Provinzen Misiones und Corrientes dominierte weiterhin die indianische Kultur. Die wenigen Spanier in dieser Region kleideten sich oft wie die Einheimischen und lernten deren Sprache; Isolation und Unterbevölkerung charakte13 Die Real Cédula vom 16. Dezember 1617 verfügte die Aufteilung in die Provinzen Paraguay (Asunción, Villa Rica, Ciudad Real, Jerez), Río de la Plata (Buenos Aires, Corrientes, Santa Fe, Concepción del Bermejo) und Tucumán/Cuyo (Santiago de Chile, Mendoza). 14 Vgl. dazu die Karten auf S. 21 und 22: Intendencias und Verkehrswege im Vizekönigreich Río de la Plata.
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risierten diese Regionen, der Einfluss der spanischen Verwaltungsbehörde war hier gering (Vogel 1992: 324−325). Der Nordosten, der von den estanciaRegionen in der Banda Oriental (mit dem Haupthafen Montevideo) und in EntreRíos geprägt wurde, war durch die Flüsse Uruguay, Paraná und Paraguay direkt an die Hauptstadt Buenos Aires angebunden. Der Río Uruguay verband den Atlantik mit Misiones, und der Río Paraná ermöglichte die direkte Handelsverbindung mit den Zentren Santa Fé und Corrientes und über die Verlängerung durch den Río Paraguay bis nach Asunción. Diese Handelswege nahmen zwar einen Aufschwung, aber der Camino Real nach Potosí blieb weiterhin die wichtigste Achse des Binnenhandels. Eine eigenständige Schifffahrtsindustrie am Río de la Plata begann sich erst kurz vor 1800 in Montevideo herauszubilden. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde es Einzelpersonen in Buenos Aires erlaubt, Schiffe zu kaufen und auszurüsten. Das Delta und das Flussnetz am Río de la Plata waren schlecht erschlossen, es gab wenige Schiffe und noch weniger kundige Seeleute. Erst nach der Einführung des Freihandels nahmen die Kontakte über den Flussweg mit Paraguay, Corrientes und Entre-Ríos zu. Wichtigster Hafen im Norden war Corrientes, da hier Paraná und Paraguay zusammenfließen.15
1.3. DIE WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG AM RÍO DE LA PLATA Die wachsenden Grenzstreitigkeiten mit den Portugiesen in Brasilien und die zunehmende Präsenz der Engländer im Südatlantik hatten die spanische Krone dazu bewegt, die La-Plata-Region innerhalb des Kolonialreichs neu zu strukturieren. Mit der Gründung des Vizekönigreichs und der Einführung des Intendantensystems wurde das gesamte Verwaltungssystem reformiert. Fast zeitgleich begründete die Öffnung der Region für den Freihandel mit dem Mutterland den Austritt aus Peripherie und Isolation.16 Kaufleute wurden sowohl aus Spanien als auch aus dem Hinterland von Buenos Aires durch die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten der jungen Hauptstadt angezogen. Binnen- und Transatlantikhandel nahmen zu. Das schnelle Wachstum der Stadtbevölkerung ließ diese Unternehmer profitieren. Einen weiteren Aufschwung erfuhr ein Teil der Unternehmerschaft durch die Übernahme der Geschäfte der Jesuiten nach deren Vertreibung 1767, da viele Kaufleute nun auch noch direkten Zugang zu indianischen Käufern im Landesinneren erhielten (Socolow 1978: 4). Der Gouverneur und spätere erste Vizekönig Pedro de Cevallos hatte die politische Bedeutung der Kaufleute erkannt und bemühte sich um ein gutes Verhältnis zu dem von ihnen dominierten Cabildo (Socolow 1978: 123). So unterstützte er von Beginn an die Ambitionen der Bonarenser Kaufmannschaft. Cevallos setzte zunächst die Abschaffung der aduana seca (Binnenzoll) durch und leitete damit 15 Zur Schiffsindustrie und Flussschifffahrt in der Region vgl. Kroeber (1957). 16 Der argentinische Wirtschaftshistoriker Moutoukias (1995: 773) hat diesen Prozess treffend als „incorporación de la región a la historia” bezeichnet.
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die Handelsfreiheit für den Binnenhandel des neu entstehenden Vizekönigreiches ein. Außerdem war es agesichts der Unabhängigkeit von der Verwaltung in Lima vonnöten, auch in Handelsbelangen losgelöst vom allmächtigen Nachbarn agieren zu können. Die Kaufleute in Buenos Aires forderten daher die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Lima mit dem Hinweis darauf, dass Colonîa nunmehr unter spanischer Kontrolle stünde und die bisherige Isolierung von Buenos Aires als Knotenpunkt des Schmuggels hinfällig geworden sei (Lynch 1958: 41). So verfügte Cevallos, dass ab 1777 geprägtes Silber über Buenos Aires und nicht mehr über Lima verschifft wurde; außerdem wurde Buenos Aires zum offiziellen Versorgungshafen für Quecksilber (Rock 1985: 61−62). Der auto de libre internación vom 6. November 1777 konzedierte die Verteilung von Importwaren über Buenos Aires ins restliche südamerikanische Territorium (Bliss 1959: 12); dies bedeutete freien Binnenhandel zwischen Peru, Chile und dem Río de la Plata. Damit war der erste Schritt für die wirtschaftliche Inkorporierung von Hochperu als ehemals reichstem und wichtigstem Bestandteil des Virreinato del Perú vollbracht. Als nächster Schritt folgte die Einführung des imperialen Freihandels. Am 2. Februar 1778 wurde das Freihandelsdekret, das seit dem 16. Oktober 1765 bereits für die Inseln über dem Winde (einschließlich Kuba), Campeche, Santa Marta und Riohacha galt, auf das neu gegründete Königreich Río de la Plata erweitert.17 Das neue Vizekönigreich wurde zu einem Neuspanien und Peru ebenbürtigen Handelspartner des Mutterlandes; die efectos de Castilla wie Eisen aus der Vizcaya und Luxusgüter aus Mitteleuropa trafen im Hafen von Buenos Aires auf die efectos de la tierra. Über die Hälfte der Exporterzeugnisse Andalusiens, Kantabriens und des Baskenlandes wurden zu dieser Zeit nach dem Río de la Plata verschifft (Pieper 1988: 47). Sowohl in Buenos Aires als auch in der nördlich gelegenen Küstenregion war vor allem die Viehzucht in Ausweitung begriffen (Wentzel 1988: 201).18 Im Westen des Vizekönigreichs entstanden große Weinanbaugebiete um Mendoza und La Rioja. So wurde auch der Handel mit San Juan, Catamarca und vor allem Chile über die Route Buenos Aires − Mendoza − Santiago immer umfangreicher (Rosal 1988: 127). Auch entlang dem alten Handelsweg von Salta über Jujuy und Catamarca bis nach Hochperu profitierten Kaufleute vom Aufschwung des Bergbauzentrums Potosí. Die lokalen Märkte florierten. Potosí wurde von Tucumán aus mit Lebensmitteln und Maultieren, von Buenos Aires aus mit Sklaven, Quecksilber und europäischen Importen, von Cuyo aus mit Wein und getrockneten Früchten, von Paraguay aus mit yerba und Tabak und schließlich von Corrientes aus mit Zucker, Holz und Baumwolle versorgt (Bliss 1959: 17; Sempat Assadourian 1982; Garavaglia 1985). Gleichzeitig nahm die Bedeutung von Córdoba und Tucumán zu, wo neben Land- und Viehwirtschaft erste rudimentär ausgebildete Manufakturbetriebe für die Herstellung von Lederwaren
17 Real Decreto en que S. M. ha resuelto ampliar la concesión del comercio libre incluyendo ahora la de Buenos Aires, 2. Februar 1778, Papers relating to Spanish Possessions in America (BL, Add. Ms. 13.976, fol. 293−95). 18 Vgl. dazu als Beispiel die Fallstudie der estancia López Osorio von Amaral (1987: 238).
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und Textilien19 entstanden (Brown 1979: 16). Es bildeten sich kraftvolle lokale Kaufmannschaften heraus, die im Binnenhandel zu Geld kamen. Vor allem in Salta und Santa Fé profitierten Maultierhändler von der Intensivierung des Handels zwischen Hochperu und Buenos Aires (Mata de López 1994: 208; Tarragó 1994: 185). Viele erfolgreiche Unternehmer strebten nun danach, Grundbesitz zu erwerben.20 In Córdoba gelang es führenden Kaufleuten sogar, eine starke politische Fraktion im Cabildo zu bilden (Punta 1994: 55). Allerdings war der Binnenhandel weiterhin bestimmt von Silbermangel, regionaler Zersplitterung, kleinen Märkten, schwacher Kaufkraft der Bevölkerung sowie einem prekären Transportsystem. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelten sich auch Orte wie Santa Fe, Corrientes, Tucumán und Córdoba zu neuen lokalen Zentren der Viehzucht (Schmidt/Rosal 1995), wohingegen die baumwoll- und weinproduzierenden Regionen wie Catamarca, La Rioja, Cuyo und Missiones zunehmend unter der nicht zu unterbietenden Konkurrenz ausländischer Importe litten (Garavaglia 1985: 87−89; Palomeque 1989). Buenos Aires wurde mit der Gründung des Vizekönigreiches 1778 zum wichtigsten Handelszentrum des südlichen spanischen Kolonialreiches.21 Die Stadt verschiffte von nun an fast den gesamten Silberhandel aus Potosí, gleichzeitig fanden die Binnenmärkte des neuen Vizekönigreichs über Buenos Aires die Verbindung zum Überseehandel. Der Atlantikhandel von Buenos Aires steigerte sich zwischen 1717−47 und 1748−78 um 86%, das Warenvolumen um über 123% (Poensgen 1998: 14). Die land- und vor allem viehwirtschaftliche Produktion im Hinterland von Buenos Aires verzeichnete ebenfalls einen weiteren Anstieg als Resultat der bourbonischen Reformen.22 Allerdings verursachten die wichtigen administrativen und fiskalischen Neuerungen keine Veränderung der Wirtschaftsstruktur (Moutoukias 1995: 801). Das Vizekönigreich Río de la Plata war aus administrativen Überlegungen heraus entstanden. Es stellte weder geographisch noch historisch eine Einheit dar. Wirtschaftlich setzte sich der Virreinato aus dem Binnenland, das nach Hochperu orientiert war, und der Küstenregion, die zum Herzstück der Viehwirtschaft wurde, zusammen. Buenos Aires wurde zum Hauptumschlagplatz für beide Regionen. Der Hauptteil der Exporte stammte aus dem sich 200 km südlich bis 400 km nördlich von Buenos Aires erstreckenden Küstenstreifen zwischen den Mündungen von Río Salado und Paraná sowie aus Santa Fe und Corrientes. Der Viehbestand allein in der Provinz Buenos Aires 19 In der Zeit vor der wirtschaftlichen Penetration durch England existierte an der Mündung des Río de la Plata selbst eine sich nur sehr schleppend entwickelnde Textilindustrie (vgl. Garavaglia 1986). 20 Brading (1975) hat dasselbe Verhalten für die führende Kaufmannschaft zur selben Zeit in Neu-Spanien nachgewiesen. 21 „Considerables progresos que hace esta ciudad en comercio y población ya por las franquicias y libertad que se ha concedido (...) se ven muchas nuevas tiendas y se hallan los efectos de Europa en mucha abundancia y con bastante equidad respecto de los precios que antes tenian.” Anonym, Description of Buenos Aires, um 1780 (BL, Add. Ms. 17.592, fol. 441). 22 Die Viehwirtschaft am Río de la Plata ist umfassend von Moutoukias (1995), Amaral (1998) und Poensgen (1998) bearbeitet worden.
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stieg zwischen Mitte und Ende des Jahrhunderts von 300.000 auf 1,3 Millionen Rinder. Mit dem Beginn des „comercio libre” begann schlagartig der Boom der Exporte von Häuten, Lederartikeln und Wolle. Amaral (1998: 230) hat den Jahresdurchschnitt für den Export von Häuten errechnet und kommt im Vergleich der1720er mit den 1790er Jahren auf eine Steigerung um 278%.23 Die Edelmetallzufuhr, zusammengesetzt aus den stetig ansteigenden regelmäßigen Unterstützungszahlungen aus Peru, dem sogenannten situado, und den remesas de oro aus Potosí, blieb aber im Vergleich zu den lokalen Produkten, die nur 10% bis 12% ausmachten, wesentlich wichtiger (Saguier 1989). Allein in den Jahren 1791 bis 1795 betrug der situado aus Potosí über 1,6 Millionen Pesos jährlich (Moutoukias 1995: 796). Der Handelssektor war also weit davon entfernt, wichtigste Einnahmequelle der Hauptstadt zu sein. Zwischen 1790 und 1805 flossen über 20 Millionen Pesos von Hochperu nach Buenos Aires, die Zolleinnahmen in Buenos Aires betrugen zur selben Zeit nur etwa 4,5 Millionen (Vogel 1992: 329). Ein Blick auf den Schiffsverkehr macht die Expansion des Atlantikhandels und die Zäsur, die die Gründung des Vizekönigreichs und die Einführung des Freihandels verursachten, noch deutlicher. Aus spanischer Sicht schienen die Reformen zunächst zu greifen. Das Mutterland wurde zum ersten Mal wichtigster Handelspartner von Buenos Aires. 1796 lagen 73 spanische Schiffe im Hafen von Buenos Aires, die allerdings überwiegend nordeuropäische, vor allem britische Manufakturwaren transportierten (Helms 1807: 44). Die meisten dieser Schiffe stammten aus Cádiz, aber zunehmend auch aus anderen spanischen Häfen wie Barcelona, Málaga und La Coruña sowie aus Havanna (Brown 1979: 29). Mit dem „comercio libre” hatte sich die spanische Krone vorübergehend den Handels mit der Region gesichert. Die Zunahme der Exporte war eine Folge des imperialen Freihandels und damit das Ergebnis der wirtschaftlichen Umstrukturierung des Kolonialreichs unter den Bourbonen (Moutoukias 1995: 775). Aber diese Blütezeit dauerte nur kurz. Das Wirtschaftswachstum am Río de la Plata blieb innerhalb des Kolonialsystems begrenzt. Das Potential war nicht ausgeschöpft, solange die koloniale Wirtschaft des spanischen Antiguo Régimen weiterhin primär auf den Export der Edelmetalle ausgerichtet blieb. Weder die englischen Invasionen von 1806 und 1807 noch die MaiRevolution von 1810, sondern der Handel mit neutralen Nationen (comercio con naciones neutrales) bereitete der Vorherrschaft von Cádiz ein Ende.24 Eine königliche Verordnung vom 4. März 1795 autorisierte erstmals eine Einzelperson, den Conde de Liniers, Kolonialgüter ins Ausland zu exportieren und ausländische Güter nicht über Spanien, sondern direkt zu importieren. Tjarks (1962b: 3) hat darin zu Recht den Anfang vom Ende des spanischen Monopols im Vizekönigreich und den ersten Schritt zur Liberalisierung des Marktes gesehen. Der Krieg in 23 Zwischen den Jahren 1721 und 1738 lag die durchschnittliche Stückzahl bei 26.000, in den Jahren vor Gründung des Vizekönigreichs bei 88.700. Ende de Jahrhunderts (1787−1796) waren die Zahlen bis auf 331.500 in die Höhe geschnellt (Amarral 1998: 230). Vgl. auch Appendix 6.3. 24 Der comercio con neutrales bedeutete Handel auf neutralen Schiffen, während Kaufleute und Mannschaft Untertanen der spanischen Krone sein mussten (Villalobos Rivera 1965: 81).
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Europa hatte zur Blockade der spanischen Häfen durch die englische Flotte geführt. Nelson belagerte Cádiz seit dem 11. April 1794. Buenos Aires wurde im Gegenzug für Warenimporte aus Bristol und Liverpool gesperrt (Brown 1982: 12). Aber während die Briten Cádiz blockierten und der Handel zwischen Spanien und dem Río de la Plata brach lag, wurde die Warenknappheit in Buenos Aires durch britische Importe, die auf nordamerikanischen Schiffen über Brasilien geschmuggelt wurden, ausgeglichen. Nach dem Ende der Blockade von Cádiz hatten die hohe Besteuerung und die umfassenden Restriktionen erneut zum Anstieg des Schmuggels geführt, so dass Ende des 18. Jahrhunderts die spanischen Exporte weitaus geringer waren als die Importe. So wurden beispielsweise 1796 Waren im Wert von fünf Millionen von Buenos Aires nach Cádiz gegenüber 2,8 Millionen in umgekehrter Richtung transportiert. Die internationale Krise war auch am Río de la Plata bald deutlich zu spüren. Die Exporte von Buenos Aires nach Spanien fielen von einem Gesamtwert von 5 ½ Millionen im Jahre 1796 auf eine halbe Millionen Pesos 1797 (Lynch 1973: 45−46). Andere Nationen traten auf den Plan und stellten das gesamte bisherige Wirtschaftssystem in frage. Die sich daran anschließende Periode des Freihandels mit neutralen Nationen dauerte vom 18. November 1797 bis zum 20. April 1799.25 Durch den zunehmenden Handel mit ausländischen Konkurrenten wurde die Bonarenser Kaufmannschaft in zwei Lager geteilt: Während die Kreolen die neuen Handelskanäle und den Zugang zu den nordatlantischen Märkten in den Vereinigten Staaten und Europa begrüßten, wehrten sich die spanischen Kaufleute gegen jede Modifizierung des alten Monopolsystems. Zunächst setzten sich die Kaufleute von Cádiz und Lima durch und erwirkten vorübergehend die Aufhebung der Handelserleichterungen, aber schon Ende des Jahrhunderts nahmen im Rahmen des neutralen Handels portugiesische (Whitaker 1965: 88−89) und vor allem nordamerikanische Kaufleute aus Boston, Philadelphia, New York, Connecticut und Providence den Handel mit dem Río de la Plata wieder auf.26 Daneben gab es auch erste Handelskontakte mit Genua, Mauritius, Veracruz, Hamburg, dem Osmanischen Reich und Dänemark (Gandía 1957: 43). 1799 stammten von insgesamt 32 Handelsschiffen, die Buenos Aires anliefen, nur noch neun aus Spanien.27 Um 1800 erreichte die Prosperität des Freihandels ihren Höhepunkt. Die Hauptstadt diktierte und dominierte die Wirtschaftspolitik des gesamten Vizekönigreiches. Es wurden Waren im Wert von über 600.000 Pesos von Buenos Aires nach Potosí transportiert (Brown 1979: 34). Zwischen 1800 und 1802 liefen jährlich allein über vierzig nordamerikanische Handelsschiffe die Häfen von Buenos Aires, Montevideo und Ensenada de Barragán an. Die Nordamerikaner hatten zuvor Sklaven nach Havanna gebracht, danach Pökelfleisch in Buenos Aires gekauften und auf dem Rückweg erneut Havanna angelaufen, um das Fleisch zur Ernährung 25 „...permitiendo las expediciones de efectos no prohividos en buques nacionales o extrangeros desde los puertos de las potencias neutrales, o desde los de España con retorno preciso a estos.” Real Cédula, 18. November 1797 (AGN, Sala IX 4−6−2, fol. 199). 26 Real Aduana, Registros de Navíos 1799 (AGN, Sala IX 45−1−10). 27 Real Aduana, Registros de Navíos 1799 (AGN, Sala IX 45−1−10).
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der Sklaven zu verkaufen (Chandler 1919: 26; Brown 1979: 29). Daneben schmuggelten die Nordamerikaner weiterhin auch mit britischen Waren. Um die Jahrhundertwende steckte das spanische Handelssystem in einer tiefen Krise. Der Konflikt zwischen Gegnern und Befürwortern des Freihandels befand sich auf seinem Höhepunkt. Aus kreolischer Sicht erschien im ungehinderten Handel mit Nordamerika und Nordwesteuropa die Vermittlung Spaniens unnötig und teuer. Der Frieden von Amiens unterbrach diesen lebhaften Austausch nur kurzzeitig (Coatsworth 1967: 254). Schon 1804 konnte die Junta de Fomento in Havanna erfolgreich die „nationale Zusammenarbeit” mit Buenos Aires gegen die brasilianische Konkurrenz durchsetzen. Kuba empfing Trockenfleisch gegen einheimischen Branntwein und Kaffee.28 In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts intensivierte sich der Exporthandel von Buenos Aires nach Havanna mit tasajo (Trockenfleisch) und auf dem Landweg nach Lima mit yerba mate (Tee).29 Der Warenaustausch mit Kuba erfolgte wieder auf nordamerikanischen Schiffen. Zu dieser Zeit erschienen fast täglich Berichte in US-Zeitungen über die politische und wirtschaftliche Lage am Río de la Plata (Chandler 1919: 30). Die offiziellen Exporte für den Zeitraum 1794 bis 1808 lagen bei 30.521.186 Pesos, die Importe betrugen 25.726.723 Pesos; die Zolleinkünfte stiegen von 400.000 Pesos im Jahre 1790 − 1777 waren es sogar nur 20.000 gewesen − auf eine Million Pesos im Jahre 1804 (Lynch 1958: 121−122). Noch wichtiger als die Steigerung der Einnahmen war das veränderte Bild im Hafen von Buenos Aires. Innerhalb weniger Jahre waren die Handelsschiffe aus Cádiz von denen aus New York, Philadelphia und Charleston sowie aus Gibraltar, Lissabon, Porto, Messina, Marseille, Bordeaux, St. Malo, Dünkirchen, Amsterdam, Hamburg und Kopenhagen verdrängt worden.30
1.4. DER SKLAVENHANDEL Mit der Tätigkeit der South Sea Company nahm die Zahl afrikanischer Sklaven, die nach Buenos Aires transportiert wurden, vorübergehend zu. Doch schon zur Mitte des 18. Jahrhunderts lag der offizielle Sklavenhandel am Río de la Plata erneut brach. Der illegale Handel von Brasilien aus über Colonîa vornehmlich mit Sklaven, aber auch mit Branntwein und Zucker gegen Silber und Häute, stieg an. Zwischen 1769 und 1771 fuhren allein 97 Schiffe über Colonîa nach Buenos Aires und bewirkten einen Edelmetallabfluss von ca. 3, 5 Millionen Pesos (Moutoukias 1995: 785). Auch im Sklavenhandel schufen erst die Reformen der Bourbonen die Grundlage für ein deutliches Wachstum. Nachdem die beiden Inseln Fer28 Expediente sobre cimentar recíproco de frutos entre Buenos Aires y esta colonia, 1804 (Archivo Nacional de Cuba, Reales Cédulas 73/2804). 29 Zwischen 1802 und 1806 wurden 384.971 quintales argentinischen Pökelfleischs nach Kuba und 76.459 quintales de yerba nach Peru exportiert (Resumen general de los Buques a La Havana y Lima, 1802−1806, AGI, Buenos Aires 94, No. 12). 30 Gregorio Calzadilla, Resumen general de los Buques a España, 1802−1806, 31. Dezember 1806 (AGI, Buenos Aires 94, No. 18).
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nando Póo im Golf von Biafra (35 km vor der Küste Kameruns) und Annobón im Golf von Guinea (180 km südwestlich von São Tomé) 1778 in spanischen Besitz übergegangen waren, verfügten die Spanier zum ersten Mal über einen direkten Zugang zum westafrikanischen Sklavenmarkt.31 Sogleich ergingen Instruktionen an die Kaufmannschaft in Buenos Aires, wie der Handel zu organisieren sei, um in Zukunft von anderen europäischen Konkurrenten, allen voran den Engländern, die den Handel an der Küste von Guinea beherrschten und deshalb die Preise bestimmten, unabhängig zu werden. In Buenos Aires sollten die lokalen Kaufleute eigene canoas erwerben und die Verbindungen zu den Binnenmärkten herstellen.32 Die besten Voraussetzungen dafür hatten die Kreolen, die den Sklavenhandel im Binnenland in den nächsten Jahren kontrollieren sollten (Moutoukias 1995: 811). Nachdem am Ende des Jahrhunderts auch britischen Sklavenschiffen erlaubt worden war, Buenos Aires anzulaufen, folgten sogleich offizielle Klagen über den zunehmenden Schmuggel.33 Die Erlaubnis wurde zeitweise wieder aufgehoben. 1810 lebten in Buenos Aires 15.000 Sklaven, das waren 27% der Bevölkerung. Der Transport von afrikanischen Arbeitskräften nahm trotz der Wirren der Revolutionsjahre nur geringfügig ab, 1822 wurden immerhin noch 13.685 Sklaven (24,7%) in der Hauptstadt des Vizekönigreichs gezählt (Lynch 1973: 85).
1.5. MILITÄR UND FINANZEN Die Militärreform im neuen Vizekönigreich ging auf den Schock der Eroberung Havannas von 1762 zurück. Die Niederlage gegen die Engländer in Kuba hatte das gesamte spanische Imperium erschüttert und in Alarmbereitschaft versetzt (Miller 1993: 29). Es folgte die Nachricht, dass die Engländer am 6. Januar 1763 Colonia de Sacramento angegriffen hatten.34 Die spanischen Besitzungen am Río de la Plata schienen noch stärker gefährdet, als die Briten Interesse an den Falklandinseln zeigten. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Lord Anson, Oberbefehlshaber der Royal Navy, deren strategische Lage im Südatlantik und Eignung für die Einrichtung eines militärischen Versorgungshafens hervorgehoben.35 Nachdem das expandierende England zu Beginn der 1770er Jahre dort tatsächlich vorübergehend einen Marinestützpunkt etabliert hatte, stiegen die Bemühungen Spaniens, die Region um die La Plata-Mündung militärisch und wirtschaftlich weiter zu stärken. Gleichzeitig wurde gerade durch die Gründung des neuen Vizekönigreiches das Interesse Großbritanniens als Beherrscherin der Meere an der 31 Noticias reflexiones para la formación de los establecimientos en las islas de Annobon y de Fernando del Pó para subsistir en ellas, y para hacer el trafico de esclavos (1778), Papers relating to Spanish Possesions in America (BL, Add. Ms. 13.984, fol. 175−178). 32 Offizielle Benachrichtigung durch Manuel de Lucca an Pedro de Cevallos, 8. September 1778 (AGI, Buenos Aires 41). 33 Vizekönig Sobremonte an Minister Diego de Gardoqui, 4. März 1796 (AGN, Sala IX 4−7−8). 34 Der Angriff wird in einem Schreiben von Alejandro O`Reilly an Pedro de Cevallos (ohne Datum, ca. 1777) erwähnt (AGN, Sala VII 21−1−3). 35 Lord Anson an die Admiralität, ohne Datum (PRO, SP 94/189).
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aufblühenden Region geweckt. Die Eroberung von Buenos Aires würde eine ideale Bresche in das südatlantische Kolonialreich der Spanier schlagen. Die Spanier statteten deshalb die verwundbare Region am Río de la Plata wie Kuba mit einer verstärkten Garnison und zusätzlich mit Stadtmilizen aus. Die Garnison von Buenos Aires wuchs von 500 Mann im Jahre 1715 auf 7.000 im Jahre 1774 (Rock 1985: 45). In seiner Funktion als Inspector General de Infantería gab Alejandro O’Reilly, der Militärreformer Kubas, aus Madrid Instruktionen über die Heeresreform und die Aufstellung von Milizen in Montevideo und Buenos Aires an den Gouverneur.36 Dies führte in Buenos Aires (wie auch in Havanna) zu einer mehrheitlichen Beteiligung der Kreolen an der Verteidigung.37 Finanziert wurden die Verteidigungsmaßnahmen durch den situado aus Hochperu. Auf Anweisung der Krone wurde die noch zuständige Finanzverwaltung in Lima aufgefordert, Unterstützungszahlungen aus den Minen von Potosí nach Buenos Aires vorzunehmen. Ein zentraler Punkt der bourbonischen Reformen betraf neben der militärischen Neuordnung die Reorganisation der Finanzen. Für die Steigerung der Staatseinnahmen sollten, so hieß es programmatisch in der Instrucción reservada dirigida en 1787 por el rey a la Junta de Estado (Lynch 1958: 116), korrupte Beamte und das bisherige primitive Besteuerungssystem ersetzt sowie der Missbrauch durch Ämterkauf abgeschafft werden. Die Contaduría Mayor wurde zum Tribunal Mayor de Cuentas umorganisiert, an deren Spitze nun der direkt dem Indias-Ministerium untergeordnete Intendant als höchster lokaler Finanzbeamter stand, der ebenfalls die Abrechnungen in den juntas provinciales kontrollierte (Lynch 1958: 120−22). Zum ersten superintendente de finanzas del virreinato wurde Manuel Ignacio de Fernández ernannt, 1788 gingen die Funktionen des superintendente in Buenos Aires an den Vizekönig über (Lynch 1958: 83). Zunächst war der Finanzreform ein großer Erfolg beschieden: Bis 1778 hatten die Zolleinkünfte von Buenos Aires jährlich nie mehr als 20.000 Pesos betragen, in den Jahren 1791 bis 1795 wurden nun durchschnittlich 400.000 Pesos pro Jahr eingenommen.38 Aber der Amtsmissbrauch hielt an, und der Krieg mit England führte in den folgenden Jahren zu einer äußerst hohen finanziellen Belastung. Die Plünderung der Staatskasse in Buenos Aires infolge der englischen Invasionen und die sich anschließenden hohen Ausgaben für die Verteidigung von Buenos Aires und Montevideo bedingten, dass auch die cajas reales in den Inlandsprovinzen beansprucht werden mussten (Lynch 1958: 143−44).
36 O`Reilly an Cevallos, ohne Datum, ca. 1775 (AGN, Sala VII 21−1−3). 37 Nach der zweiten britischen Invasion war die Stärke der Milizen in Buenos Aires von 800 auf 4.000 Mann gestiegen (Johnson 1994: 27). 38 Aduana y Comercio (AGI, Buenos Aires 383).
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1.6. KAUFLEUTE AM RIO DE LA PLATA: DER REAL CONSULADO VON BUENOS AIRES Innerhalb der städtischen Gesellschaft von Buenos Aires stellten die Kaufleute den größten Teil des Bürgertums. Nach 1750 war die ehemalige koloniale Führungsschicht, die gente decente, deutlich durch die zunehmende Kaufmannschaft und den wachsenden Verwaltungsapparat erweitert worden. Darüber standen nur die hohen Amtsinhaber in Militär, Klerus und Kronverwaltung. Die Unterschicht wurde durch kleine Landbesitzer, Handwerker, Soldaten und Beamte gebildet. Am Ende der sozialen Hierarchie standen Tagelöhner (jornaleros) sowie freie Schwarze und Sklaven. In der Oberschicht von Buenos Aires gab es kaum Adelsfamilien, anders als im etablierten Lima, wo die kaufmännische Elite stets bestrebt war, in die Aristokratie aufzusteigen (Céspedes Castillo 1947: 15). Der Sozialstatus in Buenos Aires zur Kolonialzeit wurde durch Beruf, Geld und rassische Herkunft bestimmt. Die Spitzen der wirtschaftlichen Hierarchie drängten in die Politik und öffentliche Ämter. So gelangten reiche Kaufleute in Buenos Aires bis an die Spitze der sozialen Oberschicht. Es bildete sich angesichts des Fehlens einer adligen Schicht eine Handelsaristokratie heraus (Arazola Corvera 1998: 312). Während der Umbruchphase, in deren Verlauf sich Buenos Aires vom Handelshafen zur Hauptstadt der sich politisch wie wirtschaftlich entfaltenden Region verwandelte, wurden die Kaufleute zur bedeutendsten Zielgruppe der bourbonischen Reformen. Die Kaufmannschaft teilte sich auch in Buenos Aires in comerciantes, die den Überseehandel dominierten, in mercaderes, lokale Einzelhändler und den pulperos, Kleinhändler, die einen (Eck-)Laden betrieben. Sowohl die Kaufleute in Cádiz als auch die Kundschaft im Vizekönigreich waren von der Vermittlungsfunktion der comerciantes in Buenos Aires abhängig. Handel wurde in Buenos Aires mit Routine, aber ohne große Dynamik getrieben. Der Markt für europäische Importe war wegen der hohen Preise begrenzt, und die Importeure sahen zu, ihre hohen Profite zu garantieren, indem sie nur begrenzt Waren einführten. Sie kontrollierten in Buenos Aires Mengen und Preise und damit die Märkte des gesamten Vizekönigreiches, während die Kaufleute im Binnenland lokale Zwischenhändler blieben (Socolow 1978: 9). Die mehrheitlich kreolische Kaufmannschaft versuchte mit mehreren Abnehmern bzw. Lieferanten gleichzeitig zusammenzuarbeiten, um ihre Abhängigkeit von den spanischen Überseekaufleuten in der Stadt zu reduzieren. Nach dem Zensus von 1738 gab es 75 Kaufleute in der Stadt, davon waren 18 comerciantes. Nach der Einwanderung von Galiciern, Navarrern und vor allem Basken, deren Emigration von der baskisch dominierten, monopolistischen Compañía de Buenos Aires gefördert wurde, bildeten einzelne Familienclans nordspanischer Herkunft, die untereinander heirateten, in den folgenden Jahren die wichtigste ethnische Fraktion innerhalb der Kaufmannschaft wie auch der weißen Bevölkerung. 1744 lebten bereits 222 und 1778 653 Kaufleute in der Stadt, davon 145 comerciantes (Socolow 1978: 15−16). Um 1800 lebten nach Schätzungen von Brown (1979: 32) in Buenos Aires 180 Großkaufleute, die Überseehandel trieben, 600 Einzelhandelskaufleute und 700 Ladenbesitzer.
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Mit dem allmählich zunehmenden Handel mit Spanien begannen die Bonarenser Kaufleuten, die in der Stadt zunächst als Korrespondenten für Handelshäuser in Cádiz saßen, sich selbständig zu machen und auch politische und administrative Interessen wahrzunehmen. Dies führte dazu, dass viele von ihnen in offene Konkurrenz mit ihren Kollegen in Lima traten. In Buenos Aires entstand eine neue städtische Elite, die sich nun zu einem großen Teil aus den Kaufleuten zusammensetzte. In Zusammenarbeit mit britischen Importeuren und Exporteuren sollten sie die wirtschaftliche Hegemonie im späteren Vizekönigreich erlangen. Ihr Forum wurde der Real Consulado. Der consulado fungierte als eine Interessenvertretung örtlicher Kaufmannschaften und übernahm vor allem die Aufgabe der Gerichtsbarkeit für lokale Handelsbelange. Bis zum Jahr 1792 hatte es consulados innerhalb des spanischen Kolonialreichs nur in Mexiko-Stadt (1603) und Lima (1614) gegeben. Diese Institution sollte in Übersee die bestehende Kolonialverwaltung entlasten und die Abwicklung von Geschäften im Rahmen des Import- und Exporthandels reibungsloser gestalten. Sowohl die Rechtsprechung als auch die Besetzung der Ämter wurden allerdings staatlich, d.h. durch Vizekönige, Gouverneure, Intendanten oder Beamte einer audiencia kontrolliert. Währenddessen gehörten bis weit ins 18. Jahrhundert die meisten anderen spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika wie die Karibik, Guatemala, Venezuela und das Vizekönigreich Río de la Plata zur wirtschaftlichen Peripherie, die entweder nur als Durchgangsstationen und landwirtschaftliche Versorger dienten oder abseits der festgelegten Handelsrouten lagen. Die Bourbonen gründeten Ende des 18. Jahrhunderts neue consulados in Málaga, Alicante, La Coruña, Santander, Caracas, Buenos Aires, Cartagena de Indias, Veracruz, Guadalajara, Santiago de Chile, Havanna, Guatemala und Manila. Die genannten Städte in Übersee waren gleichzeitig Sitz der wichtigsten Institutionen der spanischen Kolonialverwaltung wie audiencia, capitanía general oder intendencia. Es wurden also ausnahmslos Orte ausgewählt, die als politische und wirtschaftliche Zentren in den vorhergegangenen Jahrzehnten an Gewicht gewonnen hatten (Arregui 1983: 43−44). Die Einrichtung dieser provinzialen consulados kann als eine Reaktion der Krone auf das Wirtschaftswachstum in verschiedenen Regionen gesehen werden, deren Diversifikation und Produktionssteigerung eine stärkere territoriale Integration in die regionalen und überregionale Handelskreisläufe zur Folge haben sollte. Der consulado war stringent organisiert. Wer den Kaufmannsberuf ausübte, sollte eingeschrieben sein und seinen Mitgliedsbeitrag entrichten. Den Beitritt empfand man keineswegs als lästige Pflicht: Durch die Aufnahme in den consulado wurde dem Kaufmann erstmalig die Anerkennung seiner gesellschaftlichen Position zuteil. Neben Kaufleuten wurde der consulado in Regionen mit erheblicher Land- und Plantagenwirtschaft ebenfalls von den einflussreichen und wohlhabenden Pflanzern beschickt. Die Mitglieder wählten einen die Körperschaft repräsentierenden, ehrenamtlich agierenden Vorstand, und zwar in regelmäßig alle zwei Jahre stattfindenden Wahlen nach dem Rotationsprinzip. Dieser Vorstand bestand aus einem leitenden Triumvirat, das sich aus einem prior und zwei cónsu-
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les zusammensetzte, neun conciliarios in beratender Funktion sowie je einem sindico, secretario, tesorero und contador, welche für Verwaltung, Buch- und Kassenführung zuständig waren.39 Der consulado teilte sich in ein tribunal mercantil (Handelsgericht) und eine Junta de Gobierno (Beratungsgremium für die Verteilung der Investitionen zur Förderung von Wirtschaft und Handel). Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde von der Junta, die sich aus Mitgliedern des consulado zusammensetzte, die Verbesserung der regionalen Infrastruktur durch Hafenarbeiten, Kanal- und Straßenbau sowie die Einfuhr von modernen Maschinen für die landwirtschaftliche Produktion vorangetrieben. Dafür sollten ständig Informationen über methodische Neuerungen und Fortschritte in ausländischen Kolonien, etwa bezüglich des Zuckeranbaus, eingeholt werden. Weiterhin wurde ein Ständiger Vertreter nach Madrid entsandt, der in der Hauptstadt die Interessen der Kaufmannschaft wahrnehmen sollte. Zunächst waren die ordenanzas, das Regelwerk des consulado, nach dem Vorbild spanischer Gründungen vorgegeben. Das Reglement des consulado von Bilbao wurde in seinen Grundzügen auch von den consulados in den Kolonien übernommen: Ziel war es, in Disputen zwischen Kaufleuten über Kauf, Verkauf, Versicherungsfragen und Steuerangelegenheiten zu vermitteln. Aber in ihrer endgültigen Version wurden Satzung und Richtlinien von den Gremiumsmitgliedern selbst entworfen und erst dann von der Krone abgesegnet. Die consulados waren also befugt, eigene Statuten festzusetzen. Madrid zeigte dadurch ihr Bemühen, auch lokalen Macht- und Wirtschaftsträgern in der bisherigen überseeischen Peripherie Privilegien zu übertragen und ihnen damit ein Mindestmaß an Beteiligung an Entscheidungsprozessen zukommen zu lassen. Weiterhin kam der neuen Institution eine beratende Funktion in Wirtschaftsangelegenheiten zu. Sie übernahm nicht nur die Rechtsprechung in örtlichen Handelsstreitigkeiten, sondern förderte auch den inneramerikanischen Handel durch Steuererhebungen und Maßnahmen zur Senkung von Transaktions- und Transportkosten. Zu den Aufgaben eines consulado gehörte die Erstellung von Handelsstatistiken und Jahresberichten über die wirtschaftliche Entwicklung. Ebenfalls konnte der consulado Kredite vergeben. Der Bekämpfung von Schmuggel kam im Verlauf des Dauerkonflikts mit Großbritannien um die Vorherrschaft in Amerika besondere Bedeutung zu. Die Einrichtung einer privat organisierten Küstenwache (guardacostas) hatte den aktiven Kampf gegen zwischen dem spanischen Kuba, dem französischen Saint-Domingue und dem britischen Jamaika agierende Schmuggler begründet. Die Küstenwache setzte sich zum größten Teil aus ehemals professionellen Piraten zusammen, deren Aktivitäten nun von der Krone legalisiert wurden. Der consulado war berechtigt, sogenannte patentes de corsos in der Art frühneuzeitlicher Kaperbriefe auszustellen (Tjarks1962a,II: 521−522). Die neuen consulados in den Kolonien sollten zukünftig eine vermittelnde Funktion zwischen Spaniern und Kreolen übernehmen. Die ausgewogene Zusammensetzung von im Mutterland und in den Kolonien geborenen Untertanen 39 Eine ausführliche Beschreibung des Ämterapparates gibt Tjarks (1962a,I: 104).
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der Krone war eine Neuheit in der bourbonischen Verwaltung des Kolonialreichs. Bislang waren beinahe nur Spanier in den Spitzenfunktionen der wichtigsten Verwaltungsinstitutionen zu finden. Die Bürokratie war schleppend und litt unter der Vetternwirtschaft, die die Exklusivität der Beamtenschaft noch verstärkte. Korruption und Verfilzung lähmten den Apparat. Besonders Handelsstreitigkeiten litten unter Verzögerungen und dem Amtsmissbrauch der bisherigen Autoritäten. Die wachsende Zahl der Prozesse überforderte die ordentlichen Gerichte. Angesichts des steigenden Handelsvolumens auch und gerade in der bisherigen Peripherie − im karibischen Raum durch die Ausweitung der Plantagenwirtschaft und im Südatlantik durch die Nutzung neuer Handelswege über die Mündung des Río de la Plata − war eine Neuordnung der Wirtschaftsverwaltung notwendig. Es bot sich also an, die Träger der Wirtschaft, nämlich Plantagen- und Landbesitzer sowie Kaufleute, an der Verantwortung und Gestaltung des transatlantischen Kolonialhandels zu beteiligen. Geographisch gesehen war mit dem consulado ebenfalls erstmalig eine nicht direkt vom Staat besetzte Institution über kleine Verwaltungsdistrikte hinaus zuständig. Der Zuständigkeitsbereich des consulado von Caracas etwa entsprach den späteren nationalen Landesgrenzen von Venezuela, Buenos Aires war sogar für ein Gebiet, das vom Südatlantik bis nach Hochperu reichte, zuständig. Die Tatsache, dass Verwaltungsaufgaben für ein Gebiet ausgeübt wurden, das über die Größe eines Municipium oder einer Provinz hinausging, sollte später wichtig für die ersten Jahre der nationalen Selbstverwaltung nach der Unabhängigkeit werden. Die Gründung der neuen consulados schlossen somit den Reformprozess ab, in dessen Verlauf durch die Einrichtung des Intendantensystems eine neue geographische Machtverteilung geschaffen wurde und neue Zentren des politischen und wirtschaftlichen Lebens im Kolonialreich gefördert wurden. Während sich in den Consulados von Lima und Mexiko-Stadt als Zentren des konservativen Monopolsystems spanische Interessen durchsetzten, gelang es an Orten der bisherigen kolonialen wirtschaftlichen Peripherie wie Havanna, Caracas und Buenos Aires den Kreolen, diese Institution zu kontrollieren und damit ihre wirtschaftliche, aber auch politische Einflussnahme zu verstärken. Die Kaufleute in der Peripherie fanden in den neuen reales consulados ein gemeinsames Sprachrohr, nachdem die Stadträte im Verlauf der bourbonischen Reformen politisch bedeutungslos geworden waren. Die Kaufmannschaft konnte praktisch als kollektiver Unternehmer der Regierung in Madrid gegenübertreten. Es entstanden hier neue Kanäle, um direkte Verhandlungen mit dem Staat zu führen. Die Institutionalisierung in Form einer korporativen Repräsentation regionaler Wirtschaftseliten stellte ein wirksames Instrument dar, Steuerfragen zu diskutieren und Privilegien durchzusetzen wie die Verringerung von Transaktionskosten und die Verbesserung der Infrastruktur. Die kollektive Inangriffnahme von Problemen und nötigen Reformen auf lokaler Ebene konnte durch das dem consulado zur Verfügung stehende flächendeckende Netz von Mitgliedern und deren Verbindungsleuten garantiert werden. Dadurch veränderte sich die innere Organisation des Handels. Großverträge wurden abgeschlossen, individuelle Konflikte wurden schneller ge-
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löst, fiskalische Ausgaben und Kosten wurden gesenkt, die Handelswege des Binnenmarktes wurden ausgebaut. Die Gründung des Real Consulado in Buenos Aires am 30. Januar 1794 war eine der wichtigsten Maßnahmen zur Stärkung der Bonarenser Kaufmannschaft und der städtischen Wirtschaft. Erster Direktor wurde der liberale Kreole Manuel Belgrano, der nicht nur der Vordenker innerhalb dieser Institution war, sondern später auch zu einem der Wegbereiter der ersten argentinischen Republik wurde. Der Consulado war für das gesamte Vizekönigreich zuständig und hatte seinen Sitz in Buenos Aires. Entsprechend war er nur aus porteños zusammengesetzt (Mariluz Urquijo 1964: 146), wie der Consulado in Kuba fast ausschließlich von habaneros beschickt war. Der Zentralismus der Hauptstadt, der das Vizekönigreich und auch die erste argentinische Republik auszeichnete, spiegelte sich auch in dieser Institution wider. Allerdings gab es lokale Niederlassungen des Real Consulado in Tucumán, Asunción, La Paz und Potosí, wo Handelsagenten der consulado-Mitglieder gleichzeitig die Interessen des Handelsgremiums wahrnahmen. Dem Consulado wurde eine Junta de Fomento als beratendes Organ für wirtschaftliche Fragen zur Seite gestellt (Vázquez-Presedo 1992: 13). Wichtigste Arbeit des Consulado war die Verbesserung der Handelswege ins Landesinnere. Neben dem Camino Real, der von Buenos Aires über Córdoba und Tucumán nach Potosí führte, bedurften die Routen zu Land nach Santiago de Chile und zu Wasser über den Paraná und den Río Uruguay aufwendiger Ausbesserungsarbeiten. Der Real Consulado förderte aber nicht die Verbesserung des allgemeinen Verkehrsnetzes, sondern konzentrierte sich auf den Ausbau der wichtigsten Handelsstrecken, die den Hauptexporthafen Buenos Aires mit Hochperu und Chile verbanden (Navarro Floria 1999: 100). Die Ausweitung der Hafenanlagen in Buenos Aires wurde von Beginn an vom Real Consulado gefordert. Aber die englischen Invasionen und die folgende Revolution machten ein so ambitioniertes, kostspieliges Projekt unmöglich. So mussten die Handelswaren bis weit ins 19. Jahrhundert auf kleinen Schiffen ans Festland transportiert werden. Der Consulado von Buenos Aires wurde zu einer Zeit gegründet, als die spanische Krone aufgrund ihrer machtpolitischen und wirtschaftlichen Bedürftigkeit Zugeständnisse machen musste. Die Kaufleute und Landbesitzer in der Peripherie schufen sich ein Organ, durch das sie teils berufliche, teils politische Interessen artikulieren und Einfluss auf die Regierungspolitik nehmen konnten. Zur Kontrolle der laufenden Reformen wurden regelmäßig auf Geheiß der Regierung Berichte über Viehzucht, Landwirtschaft und Handel (informes, memorias)40 an die eigens gegründete Secretaría de Balanza de Comercio in Madrid geschickt.41 Neue Institutionen entstanden im Umfeld wie die Escuela de Dibujo, die Escuela de Naútica (1799) sowie die wirtschaftsliberalen Wochenblätter, vor allem der von Francisco 40 Als Beispiel ist hier die memoria von Manuel Belgrano zu nennen, mit der er 1804 die Durchführung einer wissenschaftlichen Erkundungsreise durch das Vizekönigreich beantragte. 41 Diese Secretaría wurde am 11. Mai 1795 als Schriftstelle für Informationen über den Kolonialhandel gegründet (Navarro Floria 1999: 150).
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Antonio Cabello Mesa gegründete Telégrafo mercantil und der von Juan Vieytes herausgegebene Semanario de Agricultura, Industria y Comercio (Navarro Floria 1999: 164). Die Gründung des neuen Consulado führte in Buenos Aires zu Spannungen mit dem Consulado von Lima, der sich nicht nur in seinem Machtbereich eingeschränkt sah, sondern außerdem eine empfindliche Schwächung der peruanischen Wirtschaft befürchtete, nachdem die Minen in Hochperu der Zuständigkeit des neuen Vizekönigreiches Río del Plata überantwortet worden waren. Der Consulado de Lima als Zentrum des konservativen Monopolsystems in der Hauptstadt des Vizekönigreichs wurde vom verachteten Buenos Aires herausgefordert.42 Im Verlauf dieses Konfliktes entwickelte sich der provinziale Consulado unter kreolischer Kontrolle von einem reinen Handelsgericht, wie es Lima vorwies, zu einer zentralen Behörde für die Organisation und Förderung von Handel und Landwirtschaft zwischen Atlantikküste und Andenraum. Es gelang zunächst innerhalb dieser Behörde, einen Machtausgleich zwischen Kaufleuten und Landbesitzern zu erreichen, so dass es zur Schaffung einer die lokale Wirtschaft leitenden Elite innerhalb der neuen Hauptstadt kam. In Buenos Aires waren nicht nur Kaufleute und Landbesitzer versammelt, oftmals wurden die vieh- oder landwirtschaftliche Produktion und deren Vertrieb durch ein und dieselbe Person vorgenommen. Dem jungen und kraftvollen Consulado gelang es, die Interessen der aufstrebenden Kaufmannschaft in der ehemals marginalisierten Kolonie zu vertreten und dabei seinen Aktionsradius immer weiter auszudehnen, während das alte in Lima nur noch als Verwaltungsorgan fungierte und wesentlich stärker unter staatlicher Kontrolle stand. In der Auseinandersetzung der alten mit den neuen consulados ging Lima und damit das spanische Monopol als Verlierer hervor. Auch in Buenos Aires war dieser Konflikt zwischen den konservativen und liberalen Kräften zu spüren. Die spanischen Unternehmer in der Stadt gerieten bald in Konflikt mit ihren kreolischen Kollegen, die sich zunehmend für die Lockerung des Monopols und Freihandel aussprachen, während die Monopolisten argumentierten, solcherlei Forderungen kämen dem Ruf nach politischer Freiheit gleich. Der Consulado wurde zum Austragungsort dieser Spannungen. Dort nahm der Einfluss der alten spanischen Clans zugunsten der aufstrebenden kreolischen Kaufmannschaft ab. Es vollzog sich im Real Consulado während der Krisenjahre 1795 bis 1806 ein Generationswechsel. Die nordspanischen Monopolisten und traditionellen Kommissionäre von gaditanischen Handelshäusern traten in den Hintergrund, während Katalanen und Kreolen, die nicht mehr nur als Agenten fungierten, sondern häufig Unternehmer, Warenlager- und Schiffsbesitzer in einem waren, an Einfluss gewannen (Navarro Floria 1999: 24). Dieser Konflikt setzte sich nach den englischen Angriffen von 1806 und 1807 in der Rivalität zwischen Cádiz-treuen Konservativen und Liberalen fort. Die bis dahin noch anhaltende friedliche Koexistenz endete durch den direkten Handelskontakt mit Großbritannien. Denn nach der ersten englischen Invasion im Som42 Seit den 1770er Jahren hatten die Spanier die Führung im Consulado von Lima übernommen und die Kreolen erfolgreich zurückgedrängt (Parrón Salas 1995: 494).
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mer 1806 wurde Buenos Aires dem britischen Freihandel geöffnet. Dies bedeutete den Triumph der Kreolen und des britischen Freihandels über die spanischen Monopolisten. Die Viehwirtschaft hatte in den vergangenen Jahren eine bis dahin nicht gekannte Blüte erreicht, und die hacendados drängten im Real Consulado auf den Austausch ihrer Erzeugnisse gegen britische Manufakturwaren. England seinerseits beherrschte zwar seit dem Sieg von Trafalgar den Atlantikhandel unangefochten, musste aber gleichfalls wegen der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre nach neuen außereuropäischen Absatzmärkten suchen. Über Río de Janeiro liefen zahlreiche englische Handelsschiffe die Häfen von Montevideo und Buenos Aires an und überschwemmten den Markt mit Textilien. In Buenos Aires waren die Behörden wegen der hohen Militärkosten auf die sich daraus ergebenden Steuereinnahmen angewiesen und verabschiedeten schließlich unter dem Druck des Real Consulado am 9. November 1809 eine Verordnung, die die Betätigung britischer Kaufleute über lokale Kommissionäre erlaubte und somit das koloniale Handelssystem aufhob. Hand in Hand mit der Herabsetzung der Importsteuern und dem Anstieg des Handels mit Europa vollzog sich der Aufstieg der Handelsmetropole Buenos Aires, und es kam zur Ausbildung einer Oberschicht aus kreolischen und ausländischen Kaufleuten, während die spanischen Kaufleute ins Landesinnere verdrängt wurden (Socolow 1978: 177).
2. DIE INVASIONEN DER BRITEN IN BUENOS AIRES (1806−1807) 2.1. STRATEGISCHE INTERESSEN DER BRITEN IM SÜDATLANTIK Bereits in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts hatte es individuelle Pläne für eine britische Machtübernahme im Cono Sur gegeben. Sir James Gray, seit 1767 britischer Botschafter in Madrid, wurde von London beauftragt, über den Handel Spaniens mit seinen überseeischen Besitzungen, den Verteidigungszustand der spanischen Kolonien und insbesondere dessen Schwachpunkte zu berichten (Lynch 1958: 20). Gray wies darauf hin, dass der Südteil des Subkontinentes besonders ungeschützt und über den Río de la Plata zugänglich sei. Britische Kaufleute hatten bereits innerhalb des Sklaven-asiento (1713−39) von Colonîa do Sacramento und nach 1770 von den Falklandinseln aus versucht, Handel über den Río de la Plata mit Potosí zu treiben. Von den Falklands aus sollte parallel zur Kontrolle der Karibik die Präsenz in Südamerika verstärkt und die Verbindung zum Pazifik hergestellt werden. Der erfahrene Flottenadmiral Commodore John Byron hatte in seinem 1766 in London publizierten „Journal of Circumnavigation” die Falkland Inseln als „undoubtedly the key to the whole Pacifik Ocean” bezeichnet, von wo aus Häfen und Handel zwischen Valparaíso und Acapulco dominiert werden könnten.1 Der Diplomat John Dalrymple erweiterte 1777 dieses Konzept durch die Idee einer Verknüpfung Jamaikas mit Panama oder Nicaragua, um im Pazifik Handelsverbindungen von Mittelamerika aus mit den englischen Besitzungen in Indien zu fördern. Darüber hinaus könnten auch neue Territorien eingebunden werden, indem die Entdeckungen von James Cook im Pazifik nun strategisch und kommerziell genutzt werden könnten. Der Aufbau eines Handelsimperiums durch die Kontrolle vereinzelter strategischer Schlüsselstellungen wäre eine Entschädigung für den Verlust der nordamerikanischen Festlandkolonien.2 Im Mai 1781 propagierte schließlich ein gewisser Colonel Fullarton einen Angriff von Indien aus auf Chile, um danach durch die Einnahme von Buenos Aires die
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„This island must command the Ports and Trade of Chili, Peru, Panama, Acapulco, & in one word all the Spanish Territory upon the Sea.” Über diesen Plan vgl. Staatssekretär Egremont an Premierminister Grafton, 20. Juli 1765 (PRO, SP 94/253, fol. 238). „England might very well put up with the loss of America, for she would then exchange an empire of dominion which is very difficult to be kept for an empire of trade which keeps itself. Instead of going round by the Cape of Good Hope her East India Trade would than be conducted by that isthmus [of Panama] which would be another sort of passage in point of advantage than the northwest passage that we are all agog about” (zitiert bei Frost 1998: 29−31).
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2. Die Invasionen der Briten in Buenos Aires
Handelsverbindung nach Spanien zu unterbrechen. Dies würde Südamerika in die Arme Großbritanniens als neuem Handelspartner treiben.3 Der Frieden von Paris im Jahre 1783 stellte einen Tiefpunkt der britischen Expansionspolitik dar. Die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Kolonien musste anerkannt werden, Menorca und Teile Floridas gingen an Spanien zurück, und der Senegal fiel wieder an Frankreich. London würde aber das Interesse an Amerika im Wettstreit mit den jungen Vereinigten Staaten nicht aufgeben. Dies musste zwangsläufig auf Kosten Spaniens geschehen. Die Verletzlichkeit des spanischen Kolonialbesitzes in Übersee war offenkundig, und die britische Regierung dürfte mit Interesse den allmählichen Verfall Spaniens als Kolonialmacht beobachtet haben. Mit der Ernennung von Premierminister William Pitt dem Jüngeren, dessen aggressive Außenpolitik erneut auf die Expansion des Empire ausgerichtet war, stieg das Interesse an einem strategischen Zugang nach Hispanoamerika. Durch punktuelle Eroberungen konnten die Beziehungen zwischen Spanien und seinen Kolonien geschwächt werden. Die britische Regierung kam deshalb zu dem Ergebnis, dass die Karibik und die La-Plata-Region mit Buenos Aires als ihrem Haupthafen eine Schlüsselfunktion bei einer möglichen britischen militärischen Intervention in Hispanoamerika einnehmen würde. Madrid wusste um die Pläne seines Erzrivalen. Am 1. Dezember 1783 schrieb der Minister des Indienrates, José de Gálvez, an den Vizekönig in Buenos Aires, man habe sichere Informationen, dass verdeckt arbeitende Gesandte der Briten beauftragt seien, den Aufstand der spanischen Kolonien vorzubereiten (Street 1967: 21). Die Behörden in Buenos Aires sandten immer häufiger Klagen nach Madrid über die illegalen Importe ausländischer Kaufleute, die unter dem Vorwand eines Schiffschadens oder Wassermangels den Hafen der Stadt ansteuerten. Es folgte 1784 das Verbot für alle ausländischen Schiffe, Buenos Aires anzulaufen.4 Im selben Jahr machte der britische Zollbeamte Irving den Vorschlag, das existierende Freihafensystem der Briten auszubauen und über die Bahamas und Bermuda britische Manufakturen gegen Farbholz, Baumwolle und Kakao in der
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„If we should be able to establish ourselves at Buenos Aires or at any other Place in the Rio de la Plata, we should have full time to fortify our Situation so as to repell any force that Spain could send against us − this would effectually enable England to interrupt the commercial Communication carried on between the Spanish Settlements on this side of South America, and the South Sea by the Magellanick or Cape Horn. It would expose the Spanish Trade on this side of South America to the depredation of the English Cruisers from La Plata; it would enable us to arm the disaffected Indians of Las Pampas & of those vast Territories which extend from La Plata towards Chili in one direction and towards Peru in another. By proper communication the mischief might be spread, the defensive Exertions of the Spanish Monarchy would be distracted, their American Dominions thrown into confusion & what is equally important, in a few months the Effect would be felt in Spain, & might enable England to accomplish a respectable Accomodation.” Col. Fullarton an den Council of War, Mai 1781 (PRO, HO 42/39 sowie AGN, Sala VII 2−5−4). Documentos para la historia argentina, comercio de Indias, 1713−1809, Facultad de Filosofía y Letras, Buenos Aires (1915−1916,VI: 269).
2. Die Invasionen der Briten in Buenos Aires
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spanischen Karibik zu vertreiben.5 Diese Vorstellung von der britischen Expansion im Atlantik und Pazifik durch die Kontrolle einzelner Häfen setzte sich auch in den folgenden Jahrzehnten fort und gipfelte in Francisco Mirandas Plan eines Doppelflankenangriffs auf Venezuela über Trinidad und auf den Río de la Plata über Buenos Aires oder Montevideo (Frost 1998: 33−34). Die Antilleninsel Trinidad war schon seit Jahren in das Blickfeld der Briten geraten. Durch ihre Lage am Eingang der Schiffslinien in die Karibik und durch die Nähe zum Festland fiel der Insel eine Schlüsselstellung im spanischenglischen Kolonialkonflikt zu. Trinidad sollte als Ausgangspunkt für die wirtschaftliche Expansion und als Stützpunkt für militärische Interventionen im nördlichen Südamerika dienen. Nachdem im Oktober 1796 Spanien an der Seite Frankreichs erneut England den Krieg erklärt hatte, wurde Trinidad rasch und problemlos im Februar des folgenden Jahres durch englische Truppen unter dem Oberbefehl von Sir Ralph Abercromby erobert. Nach der Einnahme Trinidads stand den Briten ein idealer Zugang nach Südamerika zur Verfügung. Der finanzielle und verwaltungstechnische Aufwand war verhältnismäßig gering und in Anbetracht der strategischen Lage der Insel lohnend. Der erste britische Gouverneur der Insel, General Picton, erklärte deshalb öffentlich, dass von nun an weitere territoriale Eroberungen unnötig seien. Vielmehr müsse die tiefe Unzufriedenheit der Bevölkerung in Hispanoamerika ausgenutzt und eine „moral revolution”, wie es Picton nannte, entfacht werden. Von Trinidad aus könne in Cumaná und Caracas gegen die spanische Regierung agitiert und das gesamte System zu Fall gebracht werden, so dass Großbritannien anschließend selbst kommerziell in die Fußstapfen Spaniens treten könnte.6 Von diesem Zeitpunkt an häuften sich Berichte über die Aussichten einer weiteren Intervention gegen das spanische Kolonialreich Großbritanniens. Diese Berichte waren entweder von offizieller Seite in Auftrag gegeben oder von Privatpersonen, vornehmlich Kaufleuten, verfasst worden. Im Jahr der Eroberung Trinidads hatte William Huskisson, Staatssekretär im Kriegsministerium, seine Pläne eines Angriffs auf Buenos Aires vorgelegt.7 Das öffentliche Interesse am Río de la Plata stieg vor allem unter Überseehändlern. 1799 erschien in London eine in por5
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Thomas Irving, Inspector General of Customs, an den Privy Council, Observations on the Trade carried on between the British West-Indies and the Spanish Colonies in America, 1784 (BL, Liverpool Papers, Add. Ms. 38.345, fol. 208−13). „Trinidad may be freed from the oppressive and tyrannical system by which a mercantile monopoly is maintained under a system of protective duties authorized by their Government and thus to obtain the utmost advantage from the geographical situation of that island by opening a free trade and direct communication with all parts of the world without prejudice to the trade of England. The easiest way of fulfilling this object will be that your Excellency should encourage the people of the island to maintain the intercourse they had with the inhabitants of the mainland previous to the capitulation of the island, with the options, that the latter will always be an entrepôt for every description of merchandize; to which intent the King, by an order in Council, has declared Trinidad to be a free port in direct communication with Great Britain.” General Picton, Proclamation, Port of Spain, 17. Dezember 1797 (PRO, WO 1/193). PRO, WO 1/178.
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tugiesischer Sprache verfasste Fachbroschüre mit dem Titel „Traducção de huma relação dos generos, e fazendas propias do consumo da colonia do Rio da Prata, reino de Perú, e presidencia do Chili” (Pérez/Addiego/Duarte 1946: 111), die detaillierte Informationen über die Warennachfrage und Preise in weiten Teilen Südamerikas enthielt. Die Kaufleute in Großbritannien bemühten sich nun, ihren großen politischen Einfluss auf die Regierung geltend zu machen. Aufgrund ihrer starken Lobby, ihrer Beziehungen zur Presse und zum Parlament war es ihnen möglich, die öffentliche Meinung mitzugestalten. Es gelang ihnen sogar, zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen Politiker zu gewinnen, die sich dafür einsetzen sollten, die Handelsverbindungen mit dem südamerikanischen Markt zu öffnen. So verfasste der Handelsexperte für Lateinamerika und Fürsprecher der britischen Kaufleute im Parlament, William Jakob, tory-Abgeordneter aus Sussex, am 14. Februar 1804 ein Memorandum, worin er das Außenministerium aufforderte, die Interessen der merchants in den spanischen Überseekolonien wahrzunehmen.8 Jakob propagierte, dass eine stärkere Präsenz Englands in Neu-Spanien, Neu-Granada, Peru, Chile und schließlich im neuen Vizekönigreich Río de la Plata von größtem wirtschaftlichen und strategischen Nutzen sei.9 Dahinter standen zwei Gedanken. Zum einem sollte das Vordringen der USA, die mit ihrem schnell wachsenden Seeverkehr und ihrer mächtigen Handelsflotte der größte Handelsrivale waren, in Mittel- und Südamerika auf lange Sicht eingedämmt werden. Zum anderen sollten die Absatzmärkte auf dem amerikanischen Subkontinent für die eigenen Manufakturwaren im Austausch gegen die dortige Rohstoffe erschlossen werden. Jakob hatte dabei keineswegs eine militärische Eroberung im Sinn, da seiner Auffassung nach die Stationierung einer permanenten Besatzungsarmee kostspielig, aufwendig und gar nicht notwendig war. Er legte stattdessen dar, dass die Lage in den spanischen Kolonien überaus günstig für die Briten sei, um zu ihrem wichtigsten Wirtschaftspartner zu avancieren. In der Tat sprachen die permanenten Klagen aus Hispanoamerika gegen die spanische Kolonial- und Wirtschaftspolitik dafür, dass die Herrschaft des Mutterlandes ins Wanken geraten war. Das spanische Monopol würde Handel, Landwirtschaft, Handelswege und Bergbau in Übersee mit einem Regelwerk von Verboten und Einschränkungen überziehen. Weizen und andere Getreide dürften nicht angebaut werden, die Rohstoffe aus Eisen- und Bleiminen würden nicht abgebaut werden; Wein und Tabak werde nur begrenzt gepflanzt und die Besteuerung sei enorm.10 Die politische Lage in Europa machte kaum Hoffnung auf eine lang andauernde Öffnung des internationalen Handels in Hispanoamerika. Der Frieden von 8 9
PRO, FO 72/90, fol. 77−96. „... a predominant influence in the Spanish provinces of Mexico, New Granada, Peru, Chili and Buenos Ayres, would be of the most beneficial consequence to Great Britain, in a political commercial and naval view” (Jakob, PRO, FO 72/90, fol. 78). 10 „... they complain of depressing restrictions on their trade, their agriculture, their inland navigation, their mining concerns of grievous and burdensome monopolies, of their exclusion from all offices of honor or profit in the church or state, and of the enormous extortions practised by the Virreyes” (Jakob, PRO, FO 72/90, fol. 79−80).
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Amiens (1802) brachte keine dauerhafte Besserung der Lage. Zum selben Zeitpunkt wurden am Río de la Plata Ausländer erneut vom Handel ausgeschlossen. Auch die Unzufriedenheit angesichts des nach Amiens verhängten Handelsverbots mit den USA hatte zu diesem Zeitpunkt ihren Höhepunkt erreicht. Gleichzeitig hätte Erzfeind Napoleon Bonaparte seine Augen auf Hispanoamerika gerichtet.11 Daher schlug Jakob vor, die aufflackernden Unabhängigkeitsbestrebungen massiv zu unterstützen und eine Anbindung an Großbritannien als Schutzmacht und liberaler Handelspartner in Aussicht zu stellen.12 Dies dürfte keine große Schwierigkeit sein, wenn man die gewünschten Waren zu moderaten Preisen anböte. In den Kolonien würden englische Waren den Maßstab vorgeben, die Qualität lokaler Produkte werde mit Ausdrücken wie „as handsome as English” oder „the English could scarcely make it better” gepriesen.13 Letztlich könne so auch die Konkurrenz der USA, die zunehmend den internationalen Transportsektor am Río de la Plata dominierten, gebrochen werden. Auf lange Sicht sollten aber auch grundlegende Strukturveränderungen in Angriff genommen werden. Die lokale Landwirtschaft sollte angekurbelt werden, statt wie bisher nur den Abbau von Edelmetallen zu fördern.14 Jakobs Ausführungen stießen in Fachkreisen auf große Beachtung. Die lang anhaltende Wirkung seiner Schrift zeigt sich daran, dass noch 1824 die britische Regierung an Jakobs Erklärung erinnerte, die Krise des kolonialen Handels liege in der Monopolpolitik der spanischen Krone begründet.15 Die genannten Pläne und Meinungen zeigen, dass in Großbritannien in bezug auf Hispanoamerika neue Denkansätze und Positionen aufgekommen waren. Sie repräsentieren einen neuen Geist, der die britische Hispanoamerika-Politik auf lange Sicht formen sollte. Mit der Eroberung Trinidads erfolgte ein Umdenkungsprozess, der schließlich während der Regierungsjahre von Lord Castlereagh als Außen- und Premierminister (1812−1822) für die weitere Entwicklung der britischen Südamerikapolitik maßgeblich wurde. Das Interesse Großbritanniens war wirtschaftlicher Natur, eine Inkorporierung anderer karibischer Inseln und von Buenos Aires oder sogar des Vizekönigreichs Río de la Plata war nicht vorgesehen. Hier vollzog sich der Übergang von einer militärischen hin zu einer wirtschaftsimperialistischen Strategie in der Hispanoamerika-Politik Londons. Statt zu erobern sollte der emanzipatorische Geist der spanischen Kolonien kanalisiert werden, da dies wirtschaftliche Vorteile ohne politische Verpflichtungen bringen würde. Aus Sicht vieler britischer Politiker und Kaufleute war Hispanoamerika mit seiner unterschiedlichen (Amts-)Sprache, Religion und Gesetzgebung für England ein zu riskantes Territorium, um dort als neue Kolonialmacht aufzutreten. Allerdings sollte nach den Er-
11 PRO, FO 72/90, fol. 82. 12 „... their ports would be crowded with ships laden with the commodities they have always most eagerly desired which would be rendered to them at moderate prices, whilst their production would be given in exchange at any increased value” (Jakob, PRO, FO 72/90, fol. 84). 13 PRO, FO 72/90, fol 89. 14 PRO, FO 72/90, fol. 87. 15 Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 1824 (PRO, BT 6/32).
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fahrungen in Frankreich und Saint-Domingue keinesfalls offene Revolutionen unterstützt werden. Es bot sich an abzuwarten. Trinidad stellte den Schlusspunkt der britischen Aggressionspolitik im kolonialen Hispanoamerika dar. Der Militärschlag gegen Buenos Aires beruhte auf der Eigeninitiative eines Offiziers namens Sir Home Popham und war von der Regierung Grenville in London nicht abgesegnet.16 Sir Home Popham wurde 1762, im Jahr der britischen Eroberung Havannas, in Tetuan als Sohn des dortigen britischen Konsuls geboren. Sein Vater, selbst ein erfolgreicher Kaufmann, wählte für seinen Sprößling die Militärlaufbahn, welche Home als jungen Mann nach den Niederlanden, Indien und Ägypten führte. In Alexandria machte er die Bekanntschaft von Sir Ralph Abercromby, dem späteren Eroberer Trinidads (Gallo 1994: 50), und in Indien hatte er den Kaufmann William (Guillermo) White aus Boston kennengelernt, der sich nach 1797 in Buenos Aires niederließ (Lozier Almazán 1994: 38). Popham stand seither mit White und dessen Handelspartner Thomas Waine in Kontakt, die ihn über die Lage am Río de la Plata unterrichteten. Er zeigte dabei besonderes Interesse an der Befestigung der Stadt. Sein Plan, Buenos Aires zu erobern, war wahrscheinlich bereits in diesen Jahren entstanden. Es gab auch andere Stimmen, die sich für ein stärkeres, auch militärisches Engagement der Briten im spanischen Amerika einsetzten. Allen voran bemühte sich Francisco de Miranda in den diplomatischen Kreisen Londons seit Jahren, die Emanzipation Hispanoamerikas mit englischer Unterstützung zu erreichen. Auch Home Poham waren Mirandas Pläne bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass Miranda Pophams Interesse an Buenos Aires verstärkt hat. Die beiden hatten sich um die Jahrhundertwende im Haus des britischen Parlamentsabgeordneten Vansittart persönlich kennengelernt (Gallo 1994: 35) und betrieben fortan in London öffentlich Propaganda für die Unabhängigkeit Hispanoamerikas. Im Februar 1801 wies Popham das Kriegsministerium darauf hin, wie wichtig im Falle von Versorgungsengpässen zu Kriegszeiten das Hinterland von Buenos Aires sein könne, etwa zur Getreideversorgung der Kapkolonie.17 Der Fall der Pitt-Administration und der Frieden von Amiens machten Pophams Eroberungspläne hinfällig. Zwei Jahre später verfasste er ein Memorandum, in dem er eine permanente Einflussnahme Großbritanniens in Südamerika forderte. Der Eroberung von Buenos Aires sollte die politische Unabhängigkeit des gesamten Vizekönigreichs folgen, und Großbritannien sollte gleichzeitig wichtigster Handelspartner der Region bleiben. So könnte von London aus ein weltumspannender Handel zwischen Hispanoamerika und Indien koordiniert werden (Lynch 1969: 14−15). Als im Mai 1804 der designierte Premierminister Pitt seine zweite Regierung bildete, sahen die Lobbyisten eine neue Chance. Es kam tatsächlich zu einem Treffen Pitts mit Popham und Miranda am 14. Oktober 1804, bei dem Miranda seinen Zweiflankenplan vorlegte, der die politische Emanzipation von Trinidad 16 Vgl. Webster (1938,I: 8): „[It was] as much a filibustering expedition as those of Drake and Hawkins, since it was not planned nor even authorized by the home government.” 17 Denselben Plan unterbreitete er der Regierung fünf Jahre später. Popham an Castlereagh, 30. April 1806 (PRO, WO 1/161, fol. 10−15 sowie AGN, Sala VII 1−4−18).
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aus über Venezuela bis nach Panamá und Bogotá und über den Río de la Plata ins gesamte Kolonialreich bis nach Valparaíso und Lima tragen sollte (Mariluz Urquijo 1964: 274; Lozier Almazán 1994: 32−33). Das Interesse der britischen Behörden war inzwischen so groß, dass ein aktueller Bericht über die Exporte von Buenos Aires nach Spanien und nach Kuba in Auftrag gegeben wurde. Der Verfasser des Berichtes wies auf den vernachlässigten Zustand von Industrie und Landwirtschaft am Río de la Plata hin, lobte dafür aber „the salubrous climate and abundance of cattle, horses, sheep, mules.” Während der Handel der Region mit Spanien, inzwischen vornehmlich aus Häuten bestehend, dramatisch abgenommen habe, floriere der Exporthandel mit Pökelfleisch, Mehl, Talk und Kerzen auf englischen Schiffen besonders nach Havanna.18 Ingesamt schien sich der Außenhandel des Río de la Plata schlagartig von Europa nach Amerika verlagert zu haben.19 Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, stimmte Pitt dem Plan Mirandas schließlich zu, aber die Ausführung verzögerte sich aufgrund des wachsenden Konflikts mit Napoleon, so dass Pitt Popham mitteilen musste, dass das Projekt zunächst ausgesetzt sei (Street 1967: 25). Nicht Spanien, sondern Frankreich war der Hauptgegner Englands, und solange Frankreich nicht territoriale Ansprüche in Hispanoamerika erhob, würde auch England nicht intervenieren. Wenige Monate nach dem triumphalen Sieg Napoleons bei Austerlitz im Sommer des Jahres 1805 nahm Popham, wahrscheinlich enttäuscht von der abwartenden Haltung Pitts, im Range eines Oberleutnants an der Expedition gegen die niederländische Kapkolonie teil.20 Im Verlauf des nächsten Jahres ging Pitt wieder auf Annäherungskurs mit Spanien. Doch sein überraschender Tod im Januar 1806 schien das Unternehmen Buenos Aires endgültig zu besiegeln. Während der nächsten Monate der Amtszeit von Premierminister Grenville wurden wieder zahlreiche Projektvorschläge eingereicht, die auf die Einnahme von Buenos Aires zielten (Lozier Almazán 1994: 28). Vor allem die Kaufmannschaften in den großen Handelszentren Englands wie Liverpool, Manchester und London bemühten sich weiterhin um die neuen Handelskanäle.21 Popham selbst wandte sich im April 1806 an den neuen Kriegsmi18 1804 wurden allein 158.437 quintales Pökelfleisch von Buenos Aires nach Havanna geliefert. Anonym, Actual state of exports from Buenos Aires, 1804 (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.885, fol. 168−70). Vgl. auch: „El consulado de la Habana solicita que los frutos del producto de esta colonia sean favorecidas en los Puertos habilitados de America y especialmente en los del Rio de la Plata con preferencia a los frutos coloniales extrangeros.” Der Consulado in Havanna an den Consulado in Buenos Aires, 29. Oktober 1803 (AGI, Buenos Aires 588, No. 178). 19 Gregorio Calzadilla, Resumen general de los Buques a España, 1802−1806, Buenos Aires, 31. Dezember 1806 (AGI, Buenos Aires 94, No. 18). 20 1795 hatten sich die Briten an der Südspitze Afrikas festgesetzt, das Kapland aber 1803 an die batavische Repulik zurückgegeben. 1806 wurde die Kolonie wieder in das britische Imperium eingegliedert. 21 Zu nennen ist hier das Memorandum des Kaufmannes J. Sullivan, der den Schutz des britischen Handels durch die Besetzung der Flussmündungen des Orinoco und des Río de la Plata vorschlug: „We should take immediate and effectual measures for opening to ourselves
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nister Lord Castlereagh und schlug abermals vor, Buenos Aires als Emporium für den Handel mit Chile und Peru zu benutzen. Im Hinterland wären über die schiffbaren Flüsse bis zu sechs Millionen Abnehmer für britische Manufakturwaren zu erreichen.22
2.2. DIE BRITISCHE OFFENSIVE GEGEN BUENOS AIRES Im Januar 1806 gelang es britischen Streitkräften unter dem Oberbefehl von Sir David Baird, die Kapkolonie einzunehmen und damit Napoleon eine empfindliche Niederlage beizubringen. Zwei Monate danach nahm Popham Kontakt zu Baird auf. Über die Gespräche zwischen Baird und Popham sind keine Einzelheiten bekannt,23 aber offensichtlich war es Popham gelungen, Baird für sein Vorhaben zu gewinnen. Allerdings musste die Expedition offiziell als Einzelaktion durchgeführt werden, die zu unterstützen Baird die Karriere hätte kosten können. Aber allein die Bereitstellung von 1.600 Mann lässt darauf schließen, dass Baird über die wahren Pläne Pophams im Bilde war. Was die Regierung anging, so existierten bestenfalls mündliche, unspezifische Expeditionsanweisungen von Pitt. Der neue Premierminister Grenville, Außenminister Charles James Fox sowie Kriegsminister William Windham, der Nachfolger Castlereaghs, hatten sicherlich keine Kenntnis von Pophams Aktion. Offiziell hatte Baird Popham die Hilfe britischer Truppen unter dem Befehl von General William Carr Beresford zugesichert, um die Verfolgung einer französischen Schwadron aufzunehmen, die aus Versorgungsgründen angeblich auf Südamerika Kurs genommen hatte. Diese Aktion endete mit dem überraschenden Angriff auf Buenos Aires und der Einnahme der Stadt durch die Briten. Im Frühjahr des Jahres 1806 durchlebte Buenos Aires eine Handelskrise infolge der englischen Blockade von Cádiz und der Präsenz englischer Korsaren vor der La-Plata-Mündung. Lizenzen wurden an nordamerikanische Kaufleute vergeben, um Mehl nach Buenos Aires zu transportieren und auf dem Rückweg Häute und Pökelfeisch nach Havanna zu bringen.24 Sogar britische Waren durften unter
a direct intercourse with the Inhabitants of the Spanish American Colonies and thereby diverting into the channel of our own commerce (...) and that we should continue our operations with a view to the establishment of ports in the situations that may appear the most favourable for connecting with our own commercial views” (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.885, fol. 170−90, hier fol. 175−76). 22 Popham an Castlereagh, 30. April 1806 (PRO, WO 1/161, fol. 10−15 sowie AGN, Sala VII 1−4−18). 23 Mit der Vorgeschichte der Militäroperation gegen Buenos Aires haben sich intensiv Ferns (1960: 46−48), basierend auf den Akten des War Office (PRO, WO 160/1), Street (1967: 25−28), Fletcher (1991, eine rein militärhistorische Studie basierend auf Quellenmaterial des National Army Museum, London) und zuletzt Gallo (1994: 56−60; 2001) beschäftigt. 24 Expedientes del consulado, 10. Februar 1806 (AGI, Buenos Aires 588). Namentlich genannt wird der Kaufmann Mr. Brevil aus Philadelphia, der 3.000 barriles Mehl nach Buenos Aires brachte.
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neutraler Flagge importiert werden.25 Nachdem am 19. April das Verbot, englische Waren einzuführen, ergangen war,26 erließ Vizekönig Sobremonte angesichts des Wein- und Ölmangels eine Sonderverordnung für den Import dieser Produkte aus ausländischen Kolonien.27 Ansonsten verlief das Leben in der Stadt mehr als geruhsam. Es wurde ein Sieg Napoleons über Großbritannien erwartet, die Angst vor einem englischen Angriff war trotz des Krieges gering. Sobremontes Korrespondenz nach zu urteilen, wurde trotzdem die Verteidigungsbereitschaft von Buenos Aires und Montevideo regelmäßig und sorgfältig geprüft.28 Am 27. Juni landeten die britischen Truppen unter dem Oberbefehl von Beresford bei Quilmes, wenige Kilometer südlich von Buenos Aires. Sobremonte hatte Gerüchten eines angeblichen englischen Angriffs keinen Glauben geschenkt und besuchte gerade eine Theatervorstellung, als die Nachricht von der Landnahme der Briten die Stadt reichte. Die militärische Operation stieß nur auf geringen Widerstand. Der Stadtrat wurde sofort zu einer Krisensitzung einberufen.29 Sobremonte reagierte noch schneller und floh nach Córdoba, um hier die neue Hauptstadt des Vizekönigreichs auszurufen. Die Gegenwehr der regulären Truppen mit 2.500 Mann und der schwachen, kaum ausgebildeten Milizen war minimal (García Enciso 1973: 341). Seit dem Ende des 18. Jahrhundert existierten Pläne für eine bessere Verteidigung von Buenos Aires, die aber ohne Konsequenzen geblieben waren. Nach der schnellen Einnahme war in der Stadt die Entrüstung über den skandalösen Verteidigungszustand und die fehlende Kampfbereitschaft des Vizekönigs groß, und die Forderung nach Aufklärung wurde laut (Halperín Donghi 1972a: 143). Erste Anzeichen politischer Unzufriedenheit machten sich breit. Am 27. Juni fand die Waffenübergabe auf dem Platz vor dem Cabildo statt. Die Kapitulation wurde am 2. Juli 1806 von Popham und Beresford sowie von José Ignacio de la Quintana, dem Militärgouverneur in Vertretung von Sobremonte, unterschrieben.30 Wie angekündigt rief Sobremonte seinerseits am 14. Juli 1806 vorübergehend Córdoba zur Hauptstadt des Vizekönigreiches aus.31 Der Direktor des Consulado, Manuel Belgrano, versuchte vergeblich, die Mitglieder des Consulado zur Flucht zu überreden und floh in seiner Eigenschaft als capitán de milicia schließlich selbst in die Banda Oriental. Der Großteil der Bonarenser 25 Das Handelshaus Gordon & Murphy in einem Informationsschreiben an die britische Regierung, 26. Februar 1806: „[The Spanish] Government as a matter of policy has permitted British Subjects to carry on a trade by neutral flags to the Rio de la Plata, in order to receive in return, dollars, hides, tallow & other raw materials essentially necessary to the prosperity of the country” (PRO, WO 1/113, hier zitiert aus AGN, Sala VII 2−5−4). 26 AGI, Buenos Aires 93. 27 Die Verordnung ist auf den 26. April 1806 datiert und sollte sechzig Tage gültig sein (Tjarks 1962a: 327). 28 AGI, Buenos Aires 93. 29 „... con motivo de haverse presentado a la vista diez velas enemigas al aclarar el día, tocandose general alarma, y hecho seña en la Fortaleza de tres cañonazos, se juntaron inmediatamente los Ss. [del Cabildo]” (AGN, Sala IX 28−1−11). 30 Die Kapitulation wurde wegen ihres provisorischen Charakters in „condiciones concedidas” umbenannt (PRO, WO 1/161). 31 AGN, Sala VII 17−6−6, fol. 6.
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Kaufmannschaft zog es vor, in der Stadt zu bleiben und sich mit den britischen Besatzern zu arrangieren. Indigniert über die schnelle Kehrtwendung konstatierte Belgrano (1966: 52): „El comerciante no conoce más patria, ni más rey, ni más religión que su interés”. Der Cabildo, ein großer Teil der hohen Beamten und sogar die kirchlichen Würdenträger erklärten sich sogleich bereit, den eid auf den englischen König abzulegen (Halperín Donghi 1972a: 143). Anlässlich des Treueschwurs auf George III. übergab die Audiencia ihre Regierungsfunktion offiziell in die Hände des Cabildo (Street 1967: 34). Dem öffentlichen „juramento de obediencia y lealtad a Su Magestad Británica” am 7. Juli war auch der Real Consulado mit Ausnahme der Mitglieder Manuel Belgrano, Francisco Ignacio de Ugarte und Juan José Castelli positiv gegenüber eingestellt. Der britische Zeitgenosse und Teilnehmer der Expedition, Alexander Gillespie (1820: 5), will sogar die herzliche Aufnahme der Soldaten durch weite Teile der Bevölkerung bezeugen. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass umgehend kreolische Milizen unter dem Befehl von Manuel Belgrano, Martín de Pueyrredón und Santiago de Liniers gebildet wurden, die den Widerstand gegen die neue Fremdherrschaft organisierten. Gewiss aber waren den Engländern zunächst die Sympathien vieler kreolischer Kaufleute, die darauf hofften, dass sich ihnen durch die Abschaffung des Monopols und die Einführung des Freihandels neue berufliche Perspektiven eröffnen würden. Schließlich rief Beresford Religionsfreiheit und freien Handel mit Großbritannien und allen britischen Kolonien aus und beschwor öffentlich das Beispiel der ehemals spanischen Kolonie Trinidad, die in britischem Besitz wirtschaftlich aufgeblüht sei.32 Gleichzeitig kündigte er die Überarbeitung der Zollund Steuergesetzgebung an (Street 1967: 36−37). Beresford rief am 4. Juli 1806 die Junta de Comercio bestehend aus den führenden Kaufleuten zusammen, da er diese Institution als bedeutendstes Handelsorgan der Stadt anerkannte.33 Sein wichtigstes Anliegen betraf die Neuregulierung der Zölle und die Senkung aller Steuern zur Wiederbelebung des Handels. In einem Reglamento vom 5. August proklamierte Beresford offiziell die Abschaffung des Monopols und mit einiger Übertreibung den „comercio abierto a todas las banderas”; aber immerhin wurde der freie Schiffsverkehr mit Montevideo gewährleistet, was wiederum den Zugang zur Atlantikschiffahrt garantierte (Tjarks 1962b: 6). Der Import von Lebensmitteln aus Chile wurde gefördert und die Exportsteuern für Häute um die Hälfte, die Importsteuern von 34% auf 10% (auf 15% für nicht-englische Waren) gesenkt; Manufakturwaren konnten erstmals nicht nur über Spanien, sondern direkt importiert werden.34 1806 wurden Waren im Wert von 881.451 Pfund Sterling nach 32 Beresford, Buenos Aires, 28. Juni 1806 „... es la más graciable intensión de Su Magestad que se abra un comercio libre y permitido en la América del Sud, semejante al que disfrutan todas las otras colonias de Su Magestad, particularmente la Isla de Trinidad, cuyos habitantes han conocido los beneficios peculiares de estar bajo el gobierno de un Soberano bastante poderoso para protegerlos de cualquiera insultos, y bastante generoso para darle aquellas ventajas comerciales de que no podría gozar bajo la administración de ningún otro país” (zitiert bei Lozier Almazán 1994: 81). 33 Convocatoria vom 4. Juli 1806 (AGN, Sala VII, 17−6−6, fol. 2). 34 Beresford Papers (AGN, Sala VII 17−6−6, fol. 4). Vgl. Appendix 6.1.
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Buenos Aires und 40.567 Pfund Sterling nach Montevideo transportiert (Street 1967: 143). Der spanische Kaufmann Pedro Andrés Cerviño klagte im August 1806: „Buenos Aires más parecía una colonia inglesa que española” (zitiert bei Gandía 1957: 79). Der zuvor staatlich monopolisierte Verkauf von Tabak und Spielkarten wurde privatisiert.35 Privatbesitz wurde nicht beschlagnahmt.Weiterhin blieben Cabildo, Kirche und Audiencia unangetastet, und die Tribunales y Oficinas de la Real Hacienda sollten ihre Arbeit als oberste Finanzbehörden wie gehabt verrichten (Lozier Almazán 1994: 68−69). Die spanische Administration blieb also − wie 1762 in Havanna und 1797 in Trinidad − in Funktion, allerdings verweigerten die Beamten der Audiencia als königliche Behörde, die außerdem für das gesamte Vizekönigreich zuständig war, ihre weitere Arbeit und forderten statt dessen, gemeinsam mit den Finanzbeamten der Tribunales das Recht ein, die Stadt zu verlassen und sich mit dem Vizekönig zu vereinen (Lozier Almazán 1994: 97). Damit wiederum stieg die Bedeutung des Cabildo an, der zur Vermittlungsinstanz zwischen Besatzern und Besetzten wurde. Durch die liberalen Maßnahmen bemühten sich die neuen Herren, die allgemeine Stimmung ruhig zu halten. Außerdem hofften sie auf einen Dominoeffekt, nachdem bereits die Gunst eines Teils des Bürgertums gewonnen zu sein schien. Beresford zeigte sich optimistisch, dass sich das Volk willig unter die englische Herrschaft stellen würde, allerdings konnte er die eigene Regierung nicht kompromittieren. Alle Verordnungen galten deshalb nur bis auf weiteres („hasta saberse la voluntad del Soberano”), bis nämlich definitive Befehle aus London eingetroffen seien (Street 1967: 43).36 Anfragen des Cabildo über die nähere Zukunft und die Frage der Unabhängigkeit blieben unbeantwortet. Im Folgenden wurden Inventare über den Inhalt der almacenes reales erstellt. Die britischen Besatzer forderten daraufhin die Auslieferung des spanischen Staatsschatzes, der vor allem aus den Caudales del Soberano und den Einnahmen der staatlichen Gesellschaft für den spanischen Pazifikhandel, der Compañía de Filipinas, bestand.37 Dies schloss die Auslieferung des Teils ein, der sich derzeit mit Sobremonte auf dem
35 Beresford Papers (AGN, Sala VII 17−6−6, fol. 4) sowie AGI, Buenos Aires 40. 36 Als Beispiel seien die Instruktionen an den Cabildo genannt. Im Artikel IV heißt es: „El Ilustre Cabildo con todos sus miembros, y los habitantes conservarán todos los derechos y privilegios de que han gozado hasta ahora, y continuarán en el pleno y absoluto ejercicio de sus funciones legales, así civiles como criminales, bajo todo el respeto y protección que se les pueda dar por el Gobierno de Su Magestad Británica, hasta saberse la voluntad del Soberano” (PRO, WO 1/161). Die Formulierung macht die Unsicherheit und den provisorischen Charakter der Verwaltung Beresford deutlich. 37 Die offizielle Beute betrug 1.086.208 Pesos, die sich wie folgt zusammensetzte: Caudales del Rey 208.519 Pesos; Compañía de Filipinas 108.000 Pesos; Correos 56.872 Pesos; Administración de Tabacos 94.323 Pesos; Aduana 57.000 Pesos; Agente de Compra de Filipinas 100.000 Pesos; Consulado 342.000 Pesos; Dos cajas 5.932 Pesos; Caja con oro 562 Pesos; Traídos de Luján 113.000 (Amount of Monies received in consequence of an Agreement on the 28th June 1806 and that brought from Luxan (AGN, Sala VII 1−4−19, fol. 107), Tribunal de Cuentas, Rendiciones, Invasiones Inglesas (AGN, Sala IX 7−8−6 sowie PRO, WO 1/161).
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Weg nach Córdoba in dem Städtchen Luján befand, was schließlich mit Unterstützung des Klerus durchgesetzt wurde.38 Trotz aller Bemühungen der Eroberer schlug die Stimmung in der Stadt nach kurzer Zeit um. Dafür waren folgende Gründe ausschlaggebend: Beresford hatte sich selbst als neuen Vizekönig an der Spitze der neuen Militärregierung gestellt und die Unterwerfung unter George III. gefordert. Aus der Sicht der Bevölkerung hatten sich damit die Briten als Besatzungsmacht erwiesen, von denen keinerlei Hilfe für die Verbesserung der eigenen Lage zu erwarten sei. Nach der Flucht Sobremontes wurde zunächst der spanische Kaufmann Manuel de Álzaga zur politischen Führungsfigur. Ihm gelang es, die konservativen Monopolisten und die liberalen Kreolen zur gemeinsamen Verteidigung zu vereinen. Durch die Invasion wurden die Briten zum gemeinsamen Feindbild, und eine pro-spanische Stimmung erfasste ein letztes Mal die Mehrheit der Bevölkerung. Erste Gespräche fanden zwischen Popham und einer zunächst engländerfreundlichen kreolischen Fraktion unter Führung von Juan José Castelli statt. Der nordamerikanische Kaufmann und Freund Pophams, William White, der bereits von Beresford zum „Comisario de presas y encargado del aprovisionamiento de víveres” gemacht worden war (Lozier Almazán 1994: 79), wurde als Kenner der Lage zum Dolmetscher und Vermittler ernannt.39 Viele Kreolen erhofften sich die Unterstützung der eigenen Unabhängigkeitsbestrebungen durch die Briten. Doch die Verhandlungen endeten ergebnislos, da die englische Seite weder über Anweisungen noch über Entscheidungsbefugnisse in politischen Belangen verfügte. Schließlich war das Kriegsministerium in London von den Plänen einer Invasion am Río de la Plata überhaupt erst in einem Schreiben Beresfords vom 30. April informiert worden.40 Die meisten Kreolen schlugen sich zuletzt auf die Seite der Lokalmilizen unter Pueyrredón und Liniers. Schließlich leisteten nur noch 58 weitere Personen dem englischen König den Treueschwur.41 Diese Wendung war keineswegs überraschend, denn die Briten hatten nach dem geglückten militärischen Übergriff ihre völlige Unkenntnis der Situation bewiesen. Statt die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung zu suchen, hatten sie mit der Eroberung den Stolz der Einwohner verletzt und deren Zorn über die Arroganz der Eindringlinge auf sich gezogen. Es erwies sich als kapitaler Fehler, dass man die Kreolen nicht als Verbündete für die gemeinsame Sache von Unabhängigkeit und Freihandel gewonnen hatte. Aber Popham und Beresford waren 38 Sobremonte an Felix de Casamayor, Ministro General de la Real Hacienda, 26. Juli 1806: „He dispuesto salgan de esta capital a la mayor brevedad los caudales existentes en la tesorería general del cargo de V[uestra] M[ajestad] los que incorporados con los de la Real Aduana y Tabacos a cargo de sus respectivos tesoreros conduciría VM a transportarlos a donde le indique el comandante de la Tropa de la Escolta” (AGN, Sala VII 34−6−6 (1806−07). 39 White war als Dolmetscher auch bei den späteren Gesprächen zwischen Liniers und Beresford tätig (AGN, Sala VII 17−6−6, fol. 31). 40 PRO, WO 1/161, fol. 10−15. Die Reaktion aus London datiert vom 24. Juli (PRO, WO 1/161). 41 Die Liste mit den Namen ist verlorengegangen (Gallo 1994: 111).
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schließlich nicht mit Instruktionen ausgestattet, die den zeitgemäßen Vorstellungen der Regierung entsprochen hätten. Sie waren romantischen Vorstellungen von spontaner Eroberung, persönlichem Reichtum und Ruhm des Empires gefolgt. Die Aktion war am Schluss völlig gescheitert: Die Besetzung dauerte nur wenige Wochen an, es konnte keine Militär- oder Handelsbasis etabliert werden, und die Emanzipation der spanischen Kolonie vom Mutterland blieb aus. Erst auf längere Sicht führte die Vertreibung des Feindes ohne die Hilfe der Kolonialmacht die Besinnung der Kreolen auf ihre eigenen Kräfte herbei. Insofern beschleunigten die Invasionen den Emanzipationsprozess indirekt. Beresfords kurzer Triumph versetzte der kolonialen Struktur einen militärischen, wirtschaftlichen und politischen Hieb, von dem sie sich schließlich nicht mehr erholen sollte. Es ergab sich aber keine unmittelbare Öffnung für den gegenseitigen Handel, was mit Begeisterung aufgenommen worden wäre. Die reiche spanische Kaufmannschaft stand an der Spitze der anti-englischen Fraktion. Sie trieb den Widerstand und schließlich die Vertreibung voran, wobei Basken und Katalanen bei der Vertreibung der Engländer eine Führungsrolle übernahmen (Gandía 1957: 108). In einer blutigen Schlacht wurden die Engländer von einem entschlossenen Bürgerheer besiegt. Der geschlagene Feind zog aus der Stadt ab und hatte hohe Verluste zu beklagen. Zum zweiten Mal war es den Bewohnern von Buenos Aires gelungen, den Gegner zu vertreiben. Sie hatten bewiesen, dass sie sich selbst verteidigen und ihre Unabhängigkeit behaupten konnten (Vogel 1992: 334).
2.3. DIE REAKTIONEN IN GROßBRITANNIEN Die Öffentlichkeit in Großbritannien nahm regen Anteil an den Geschehnissen am Río de la Plata. In politischen Kreisen stand die Frage im Mittelpunkt, wie im Falle einer erfolgreichen Eroberung von Buenos Aires mit den spanischen Kolonien zu verfahren sei. Es standen militärische Aktionen, politische Nichteinmischung oder wirtschaftliches Engagement zur Auswahl. In seinem Memorandum an Kriegsminister Windham vom 7. August 1806 konstatierte der politische Berater Thomas Douglas, 5th Earl of Sellkirk, dass die spanische Autorität offensichtlich militärisch und administrativ am Ende sei. Großbritannien müsse nun die Gunst der Stunde nutzen und parallel zur Einnahme von Buenos Aires blitzartig weitere Angriffe auf Santa Fe de Bogotá, Cartagena de Indias und Panama unternehmen, um Spanien in seinen Kolonien zu entmachten. Danach sollte statt weiterer militärischer Intervention die Unabhängigkeit Hispanoamerikas vorangetrieben und schließlich selbständige bourbonische Monarchien oder Republiken gegründet werden. Großbritannien sollte nur solange als Besatzungsmacht auftreten, bis eine adäquate permanente Regierung gefunden sei. Der Zugang zu den hispanoamerikanischen Märkten bei freiem Wettbewerb werde die Überlegenheit kapitalkräftiger britischer Unternehmen zeigen und weitreichende Handelsvorteile bringen. Auf keinen Fall aber dürfte man neutral bleiben, da sonst Frankreich ak-
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tiv werden könnte.42 Napoleon mochte keine konkreten Pläne zur Annexion des spanischen Kolonialreichs haben, aber sicherlich wollte auch Frankreich seinen Einflussbereich in Übersee ausdehnen (Robertson 1929,I: 39). Die offizielle Nachricht von der Eroberung der Stadt erschien in den Ausgaben der Times und der London Gazette vom 20. September 1806 und beinhaltete die königliche Bekanntmachung, dass Buenos Aires für den Handel offen stehe.43 William Jakob schrieb sogleich an Windham, die Einnahme der Stadt würde durch den direkten Zugang nach Potosí einen wirtschaftlichen Glücksfall bedeuten. Er gab aber auch zu bedenken, dass die Handelsaktivitäten der britischen Kaufleute am Río de la Plata reguliert werden müssten, um Rechtsstreitigkeiten zuvorzukommen, die sich besonders bei der Kreditvergabe aus den unterschiedlichen Mentalitäten auf beiden Seiten des Atlantik ergeben würden.44 Damit versuchte der umsichtige Jakob die allgemeine Euphorie der britischen Unternehmerschaft zu dämpfen, nachdem Popham einige Tage zuvor einen offenen Brief an Lloyd’s Coffee House, einen beliebten Treffpunkt der Kaufmannschaft in der City of London, geschickt hatte. Darin hatte er den neuen offenen Kanal für britische Manufakturwaren im Tausch gegen Indigo, Tabak, VicuñaWolle, Baumwolle, Fleisch, Feigen, Kakao, Gummi, Häute und Edelmetalle gepriesen. Allein Buenos Aires als eine Stadt mit 70.000 Einwohnern stellte einen Abnehmermarkt erster Ordnung dar (Kaufmann 1951: 32). Die Lobby der Kaufleute in Großbritannien drängte auf die sofortige Öffnung des Handels mit Buenos Aires. Das Kabinett vereinbarte daraufhin ein Treffen mit den wichtigsten Handelshäusern und beschloss am 15. September unter dem ausdrücklichen Ausschluss der USA die Aufnahme von Handelskontakten (Lozier Almazán 1994: 148). Dies rief bei der Kaufmannschaft in London, Liverpool und in Manchester Begeisterung hervor. In einem Times-Artikel vom 16. September 1806 wurde Buenos Aires und das bis nach Hochperu reichendes Hinterland als „never-failing market” für britische Importwaren bezeichnet.45 In London herrschte ein durch die Kaufleute geschürter Enthusiasmus. Auch die Kaufmannschaft von Manchester veröffentlichte wenige Tage später einen Artikel, in dem Pophams Aktion gewürdigt und zum Anlass schwärmerischer Zukunftsvisionen wurde:
42 Observations of the proposed expedition against South America (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.884, fol. 11−22). 43 BL, Manuscript Department, ohne Signatur. 44 „I beg further to suggest, that the future success of the commercial intents of Great Britain in that country require some regulations to be adopted, which may give facility to the recovery of debts, as without in the gambling and letigious spirit of the inhabitants, encouraged by the facility of obtaining credit in England, will produce serious calamities among our manufacturers at home, who have manners wants and productions they are unacquainted.” Jakob an Windham, 24. September 1806 (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.884, fol. 159−168, hier zitiert fol. 165). 45 „By such a union we should have a never-failing market for our commodities.” The Times, 16. September 1806 (BL, Manuscript Department, ohne Signatur).
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„[...] for the purpose of thanking Sir Home Popham for his letter of the conquest of Buenos Aires and in order to express their opinion of its importance to the commercial and manufacturing interests of the British Empire. [...] the recent success of H. M.’s arms in South America is an event of the warmest interest and gratitude to the Kingdom at large. [...] the commercial advantages of this attainment are extensive beyond calculation and in the present state of continental trade (arising from the unprecedented Measures of the enemy to deprive this Country of its Benefits) hold out a most peculiar Degree of Importance at this particular Juncture. That the Inhabitants of the Towns and Neighbourhood of Manchester and Salford have abundant reason to rejoice in the acquisition as it opens a channel so considerable to their Manufactures and Trade and must therefore afford increased employment to their Industry and Ingenuity.”46
Im Verlauf des Jahres 1807 erschienen nun in London kurz nacheinander die „Travels from Buenos Aires by Potosí to Lima in 1789” des deutschen Reisenden Anthony [eigentlich: Anton] Helms, Wilcockes „History of the Vice Royalty of Buenos Aires” und die anonyme „Brief Description of Buenos Aires and the Province” sowie Karten der Region von der angesehenen Firma Arrowsmith. Ebenfalls zum Verkauf standen vorübergehend Souvenirs wie Handtücher, Fächer und Medaillen, die an den Sieg erinnerten (Lozier Almazán 1994: 152−53). Es zeigte sich, dass die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund standen, wohingegen Sympathien für einen nun möglichen politischen Umbruch in der vormals spanischen Kolonie wenig verbreitet waren. An die aktive Unterstützung einer eventuellen Emanzipationsbewegung im Vizekönigreich am Río de la Plata, wie sie Thomas Douglas für ganz Hispanoamerika gefordert hatte, war von Seiten der Regierung in London keinesfalls zu denken (Gallo 1994: 56).47 Ein Antwortschreiben der Regierung auf die Mitteilung der Eroberung von Ende Juli wurde am 21. September verfasst.48 In weiten Kreisen der britischen Politiklandschaft einschließlich der amtierenden Regierung herrschte die Meinung vor, dass Großbritannien wirtschaftliche Beziehungen zu den spanischen Kolonien unter Verzicht auf militärische Aktionen suchen sollte, etwa auf der Grundlage von Handelsverträgen mit jungen emanzipierten Staaten, denen London Hilfe anbieten könnte, ohne politische Verantwortung übernehmen zu müssen. Die Regierung hatte sich von einer Politik des „take and hold” in Hispanoamerika verabschiedet und sich auf die Taktik des „wait and see” verlegt. Nachdem sich aber die Lage durch die abenteuerliche Eigeninitiative von Popham und Beresford verändert hatte, sollten alle Vorteile daraus gezogen werden. Popham war Ende Juni 1806 vom König seines Amtes enthoben worden, nachdem die Nachricht eines Angriffs auf Buenos Aires bekannt geworden war. Als nun aber die Zeichen auf Sieg zu stehen schienen, lenkte London ein und stellte die Anerkennung des Unternehmens bei gutem Ausgang in Aussicht.49 Denn die Regierung konnte ihre Augen kaum vor den Vorteilen verschließen, die sich aus dem Handel mit dem Río de la Plata ergeben würden. Popham selbst hatte in einem Rechtfertigungsschreiben 46 47 48 49
BL, Auckland Papers, Add. Ms. 34.457, fol. 40−41. Inzwischen hatte William Windham Castlereagh als Kriegsminister wieder abgelöst. Windham an Beresford, 21. September 1806 (PRO, WO 1/161). Windham an Beresford, 21. September 1806 (PRO, WO 1/161).
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vom 9. Juli 1806 an die Admiralität ausführlich auf die „geographische Wichtigkeit und die kommerziellen Vorteile” der Region hingewiesen.50 Er hob dabei die strategisch günstige Lage im Welthandel mit dem Mittelmeer, Kuba, Indien und Mauritius und die gute Anbindung an das Hinterland mit den potentiellen Märkten um Handelszentren wie Córdoba, Salta, Potosí, Cochabamba, Paraguay und La Paz für Sklaven und Manufakturwaren im Tausch gegen die lokalen Produkte hervor. So könnten zum Beispiel von dort Pökelfleisch und Getreide zur Versorgung der karibischen Besitzungen preiswerter als aus Nordamerika geliefert werden. Das waren überzeugende Argumente. Schließlich musste der britischen Kaufmannschaft angesichts des Sieges Napoleons über Preußen bei Jena und der drohenden Kontinentalsperre ein neues Absatzgebiet willkommen sein. Die Regierung beschränkte sich deshalb in ihrem Schreiben an Beresford darauf, die Eigenmächtigkeit der Verantwortlichen zu rügen. Es wurde aber gleichzeitig angeordnet, Buenos Aires als nützliches Emporium für den Handel und als Flottenstützpunkt in der Region zu halten (Street 1967: 45). Darüber hinaus konnte die Stadt ein wichtiger Trumpf bei späteren Friedensverhandlungen sein. Die junge Whig-Regierung unter Windham konnte nur ihr Gesicht wahren, wenn die Eroberung nachträglich gebilligt wurde. So wurde die Eingliederung in das Empire durch zwei königliche Erlasse vom 17. September und vom 1. Oktober befohlen, und Buenos Aires wurde zum Freihafen erklärt (Williams 1935: 47). Damit wurde den provisorischen Maßnahmen von Beresford im Nachhinein Gesetzeskraft gegeben. Windham instruierte Beresford, im Sinne der pax britannica keine politische Umwälzung zu fördern und einen Regierungswechsel nur dann zu tolerieren, wenn dies mit Vorteilen für Briten wie Freihandel und Gewissensfreiheit verbunden sei. Die Besatzer sollten sich aber künftig darum bemühen, den positiven Unterschied der britischen Präsenz zur früheren Unterdrückung zu unterstreichen.51 In der Zwischenzeit werde die Sicherung des eroberten Platzes gegen etwaige revolutionäre Tendenzen mit der Entsendung einer Flotte von 3.500 Mann unter dem Oberbefehl von Sir Samuel Auchmuty in Aussicht gestellt (Street 1967: 45).
2.4. DIE BRITEN IN MONTEVIDEO Im Herbst des Jahres 1806 ahnte in England niemand, dass die Besatzer schon vor Wochen, nämlich am 12. August, aus Buenos Aires vertrieben worden waren.52 Die Verstärkung der Truppen aus England sowie Instruktionen aus London waren bisher ausgeblieben, und die Bevölkerung der besetzten Stadt war unruhig geworden. Man hatte von den Briten mehr als nur die Einnahme der Stadt und die Durchsetzung der eigenen Handelsinteressen erwartet. Prominente Bürger wie 50 Popham an W. Marsden, 9. Juli 1806 (PRO ADM 1/58, Roll 64 und AGN, Sala VII 2−5−4). Vgl. Appendix 6.2. 51 Windham an Beresford, 1. Oktober 1806 (PRO, WO 1/161). 52 Die offizielle Kapitulation der Engländer vom 16. August 1806 ist nachzulesen bei Martín de Álzaga, Relación y estado de artillería, 30. Oktober 1806 (AGI, Buenos Aires 555).
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Vieytes, Castelli und Pueyrredón standen in Verbindung mit Miranda in London und hofften auf die Unterstützung liberaler politischer Strömungen. Doch die Briten hatten sich schnell als militärische Invasoren herausgestellt und damit den Stolz der Eroberten verletzt. Unter dem Befehl von Santiago Liniers53 unternahmen zahlreiche lokale Provinzialmilizen einschließlich einer 1.500 Patricios starken kreolischen Einheit den Versuch, die ausländischen Besatzer zu vertreiben. Die Briten hatten mit diesem massiven Widerstand nicht gerechnet. Angesichts ihrer geringen Truppenstärke blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Stadt im Sommer aufzugeben. Der Cabildo übernahm die Regierung. Der aus 96 Personen zusammengesetzte Stadtrat rief sich als Congreso general aus, und Liniers, der Held der Rückeroberung, wurde zum militärischen Oberbefehlshaber ernannt und damit beauftragt, die Verteidigung der Stadt für den Fall eines erneuten britischen Angriffs zu organisieren. Der erste Schritt zur Revolution bestand darin, dass hierbei Sobremonte nicht hinzugezogen wurde. Der Vizekönig sah sich nach seiner Rückkehr gezwungen, die Beschlüsse des Stadtrats per Dekret am 28. August zu bestätigen. Auf Betreiben Liniers setzte der Kriegsrat Sobremonte ab, und die Zivilregierung wurde der Audiencia übertragen. Álzaga gab dazu als alcalde del cabildo sein Einverständnis (Street 1967: 71). Das institutionelle Gerüst des Vizekönigreichs geriet ins Wanken. Der Cabildo trat das erste Mal nach der „Reconquista” am 13. August zusammen.54 Es wurde beschlossen, eine Feier zu Ehren der Opfer zu veranstalten und einen Jahrestag anlässlich der Befreiung zu bestimmen. Ferner sollten die englischen Kriegsgefangenen bis zum Austausch ins Landesinnere gebracht und die Bestrafung von Kollaborateuren in Angriff genommen werden. Der Cabildo beschloss die vorläufige Inhaftierung von Engländern, Iren und Amerikanern, solange noch Gefahr bestünde.55 Es wurde außerdem entschieden, gegen Personen vorzugehen, die Kriegsbeute von den Engländern gekauft hatten.56 Die Vertreter der spanischen Kaufmannschaft ließen die Gelegenheit nicht ungenutzt, die leidige Konkurrenz zu beseitigen: Sie stellten einen Antrag auf Vertreibung aller Aus-
53 Santiago de Liniers wurde 1753 im französischen Niort geboren und stand seit 1768 in spanischen Diensten. 1776 war er im Gefolge von Cevallos nach dem Río de la Plata gekommen und zwei Jahre später wurde er als Capitán del Puerto in Buenos Aires stationiert (Gallo 1994: 105). 54 AGN, Sala VII 28−1−12. 55 Beschluss vom 25. September 1806 (AGN, Sala VII 28−1−12). 56 Beresford und Popham hatten dazu eigens die Kaufleute Charles Cother, J. A. Lethbridge und William White zu sogenannten agentes de presa ernannt. Diese waren während der britischen Besetzung von Buenos Aires unter anderem beauftragt worden, den erbeuteten Tabak zu verkaufen. So waren sie mit dem französischen Kaufmann P. Carpet am 2. Juli 1806 übereingekommen, Tabakblätter und fertige Zigarren im Wert von 7.519 Pesos, zahlbar in bar bis zum 30. des laufenden Monats, zu liefern. Nach der Rückeroberung von Buenos Aires musste der Franzose den Tabak nochmals kaufen und sogar noch nachträglich Steuern bezahlen, da der zurückeroberte Tabak als Kriegsbeute angesehen wurde und der Verkauf durch Engländer ohnehin illegal gewesen wäre (AGN, Sala IX 34−6−8 [Hacienda]).
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länder,57 da sie als potentielle Kollaborateure der Engländer im Falle eines weiteren Angriffes galten. Nach dem Abzug aus Buenos Aires hatten sich die Engländer zunächst in der Hafenstadt Maldonado festgesetzt. Der Handel lag zunächst brach.58 So sah sich die Übergangsregierung aufgrund der katastrophalen Versorgungslage gezwungen, mit den vertriebenen Briten Handelskontakte aufzunehmen. Im Zuge der Besatzung waren zahlreiche britische Kaufleute von Brasilien nach Buenos Aires gelangt, die nun von Maldonado aus versuchten, als neutrale Partner Handel mit der Hauptstadt des Vizekönigreichs zu treiben. Der Markt war bald saturiert, und die ausländischen Kaufleute bemühten sich, ihre Waren nach Hochperu zu verkaufen. Im August erreichte Buenos Aires die Nachricht, dass sich Spanien der Kontinentalsperre gegen Großbritannien angeschlossen hatte. Der Real Consulado in Buenos Aires ging nun unter Führung von Martín de Álzaga, der den illegalen Direktaustausch von Lederwaren gegen britische Manufakturwaren auf den estancias im Landesinneren denunzierte, auf Oppositionskurs gegen die Regierung und gegen die britischen Kaufleute. Die Befürworter des Staatsmonopols im Consulado forderten, dass Sonderlizenzen, die die Einfuhr britischer Waren vorübergehend erlaubten, sofort widerrufen werden sollten. Dies geschah vor allem im Interesse der spanischen comerciantes de efectos de Castilla, die im Begriff waren, ihre Kundschaft unter den Landbesitzern im Landesinneren zu verlieren. Die Landbesitzer (estancieros, hacendados) hingegen waren durchaus am direkten Handel mit den Briten interessiert. Die Kampagne gegen den Handel mit Ausländern begann mit einem Memorandum des Consulado-Mitglieds José Martínez de Hoz am 17. September 1806. Er forderte, dass sich der Consulado aktiv an der Bekämpfung des Schmuggels beteiligen und die Arbeit der bestechlichen Zollbeamten überwachen müsse. Schreiben der Reales Consulados aus Lima und Cartagena de Indias unterstützen diese Forderung. Schließlich wurde die Beschlagnahmung aller britischen Waren angeordnet. Es folgte auf Beschluss der Audiencia die sofortige Abschaffung des neutralen Handels und aller Sonderlizenzen sowie die nachträgliche zusätzliche Besteuerung von ausländischen Waren, die über Buenos Aires ins Hinterland transportiert werden sollten (Tjarks 1962b: 9). Zu Beginn des Jahres 1807 erreichte die britische Flotte unter Sir Samuel Auchmuty die Mündung des Río de la Plata. Da der Hafen von Maldonado allerdings für die Warenverschiffung wenig geeignet war, hatten sich die Briten zu einem Angriff und zur Besetzung von Montevideo im Februar entschlossen. Die 57 „.... representación subscripta por multitud de vecinos y comerciantes de esta ciudad, en que solicitan sean expulsados los estrangeros, no se tolere mas el comercio colonial, ni se de entrada a las expediciones de Norteamerica que con Real permiso han venido.” Ohne Datum (AGN, Sala VII 28−1−12). 58 Santa Coloma an Luis Francisco de Gardeazábal, 31. Oktober 1806: „Este comercio y el de todo el reino se halla como en los últimos de su subsistencia por la pobreza que reina y perjuicios que sufre con el clandestino y permisos reales, de suerte que absolutamente hace cuenta mandar nada de esa excepción de algunos renglones; a esto agregue vuesa merced el ningún aprecio que en el día se merecen los negocios por atender a las armas y vendrá en conocimiento que nada se compra ni se vende” (zitiert bei Gandía 1957: 94).
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Eroberung der Stadt gelang problemlos. Von hier aus suchte Auchmuty Gespräche mit dem inzwischen neu gegründeten, kreolisch dominierten comité revolucionario, das Liniers zum Nachfolger Sobremontes ernannt hatte. Liniers wies die Ansprüche der Briten auf Buenos Aires zurück. Daraufhin wurde die Stadt belagert und der Hafen blockiert. Eine zweite Invasion schien bevorzustehen. Die Bonarenser bereiteten sich darauf vor. Ab dem 1. März 1807 wurden freiwillige Truppen mit Gehältern versehen und in Quartieren untergebracht (García Enciso 1973: 343). Die Stärke der kreolischen Milizen war inzwischen auf 4.000 Mann gestiegen (Johnson 1994: 39). Trotz der angespannten Lage wurden die britischen Kaufleute nach der Einnahme von Montevideo und vor allem nach der Invasion Napoleons in Spanien zu unersetzlichen Handelspartnern. Wie in Buenos Aires wurde auch in Montevideo das spanische Verwaltungssystem beibehalten, die Steuern wurden gesenkt und der Hafen wurde für den neutralen Handel geöffnet. Allerdings wurden die Steuern auf alle Güter, die auf neutralen Schiffen importiert wurden, von 12½ % auf 18¾ % erhöht, um den britischen Kaufleuten vor Ort Vorteile zu verschaffen. Deren Forderung nach völliger Steuerfreiheit konnte Auchmuty nicht erfüllen, denn schließlich musste die Besetzung Montevideos finanziert werden.59 Im Zug dieser Verordnungen nahmen zahlreiche britische Kaufleute, die sich auf die Nachricht der Einnahme von Buenos Aires hin auf den Weg zum Río de la Plata gemacht hatten, ihre Arbeit in Montevideo auf.60 Der Großteil ihrer Betätigung bestand in Schmuggelgeschäften, die sie zwischen Montevideo, Colonia de Sacramento und Buenos Aires tätigten. Zwischen Februar und Mai des Jahres 1807 segelten insgesamt 76 voll beladene Handelsschiffe von Großbritannien nach dem Río de la Plata. Die Zolleinnahmen in Montevideo stiegen von 35.000 Pfund Sterling innerhalb von zwei Monaten (von März bis Mai 1807) auf 86.000 Pfund Sterling.61 Der Wert der nach Buenos Aires weiterverkauften Waren betrug 1,2 Millionen Pfund (Street 1967: 80, 143). Da Buenos Aires nicht zurückerobert werden konnte, verwandelte sich Montevideo innerhalb weniger Wochen in ein britisches Warenlager und in eine Durchgangsstation für den britischen, in geringerem Maß aber auch für den dänischen und nordamerikanischen Handel. Der Schmuggel nach Buenos Aires erlebte einen dramatischen Aufschwung. Schließlich war selbst die dortige Regierung auf Waffen und Stoffe für die Bekleidung der neuen Milizen angewiesen. Die briti59 „They have since adressed me a letter stating their apprehensions, that by opening the Port to Neutrals, they will be undersold, in the material articles of Wine and Spirits. The only plea of consequence that has been urged consists in their being subject to a convoy duty, and to higher rates of Insurance than Neutral Vessels. I have acquainted them in reply, that it is not intended to extend the indulgence, granted to neutrals beyond the period of eight months, that it was resolved on to ensure a supply of provisions and Liquor to the Troops, and that the increased duties on Imports, and the duty on Exports, will I should conceive, more than counterbalance the Insurance and Convoy Duty.” Auchmuty an Windham, Montevideo, 2. März 1807 (PRO, WO 1/162, fol. 25−28). 60 General Elío an die Audiencia in Buenos Aires, 25. Mai 1807 (AGN, Sala VII 30−3−7). 61 Auchmuty an Windham, 11. Mai 1807 (AGN, Sala VII 30−3−7).
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schen Kaufleute versuchten sogar, Sklaven und Waren unter nordamerikanischer Flagge zu transportieren.62 Der Wortführer im Real Consulado, Martínez de Hoz, forderte deshalb ein Handelsverbot für nordamerikanische Schiffe. Nach dem Verlust der Stadt brachten die britischen Kaufleute, denen zum Evakuieren zwei Monate Zeit gegeben wurde, Waren und Bargeld nach Montevideo (Humphreys 1940,I: 349).63 Zeitgenössische Schätzungen sprechen in Übertreibung von über 2.000 Kaufleuten, die sich 1807 in Montevideo niederließen.64 Die Besatzer bemühten sich um das Wohlwollen der Bevölkerung und ließen alle Rechte und Privilegien unangetastet.65 Die Bewohner der Stadt wurden lediglich angewiesen, freien Platz für die Unterkunft der Kaufleute und für die Lagerung sowie als Verkaufsraum für die importierten Waren zur Verfügung zu stellen. Wie viele seiner spanischen Kollegen in Buenos Aires und Montevideo klagte der baskische Kaufmann Santa Coloma über die britische Konkurrenz und deren illegale Tätigkeit zwischen den beiden Städten.66 Der Schmuggel nahm daraufhin derart zu, dass nach einer Klage von General Francisco Javier de Elío,67 dem späteren Gouverneur der Banda Oriental, für die Einwohner von Buenos Aires der Besuch von Montevideo unter Todesstrafe ge62 Santa Coloma an Don Celedonio Villota, 16. Dezember 12.1806: „Al contar a vuesa [sic] merced que hay gente en el mundo para todo, es asunto largo, pues aquí van apresadas tres embarcaciones comisionadas a sujetos de este comercio cargadas de negros, muchos efectos a título de angloamericanos y son tan ingleses como yo español, interin no se haga un ejemplar para escarmiento seguirán estos desórdenes” (zitiert bei Gandía 1957: 97). 63 So klagten die Anhänger des Monopols im Real Consulado nach dem Ausverkauf der Engländer vor deren Abzug: „Ninguno vende, ninguno gira, todo ha hecho pausa; el extranjero sólo progresa y carga sus buques de frutos después de bien lastrados con los pesos de Chile y Potosí” (zitiert bei Tjarks 1962b: 10). 64 Anonnym, Montevideo, 12. April 1807: „Parece ciudad inglesa en tiempo de feria” (De la conquista de la Plaza de Montevideo por las tropas británicas (BL, Add. Ms. 32.607, fol. 79−82), vgl. Villalobos Rivera (1965: 123). Auch Anchorena gab die Zahl von 2.000 „enemigos de Dios y de la patria” an, die den Markt von Buenos Aires mit Waren überschwemmen würden (Poensgen 1998: 173). In Übereinstimmung mit einem Bericht des Board of Trade (PRO, BT 1/30) wurde in England als Reaktion auf die öffentliche Bekanntmachung der Einnahme von Buenos Aires in der Times vom 20. September 1806 eine regelrechte Handelsflotte ausgerüstet, die ungefähr 2.000 Kaufleute an den Río de la Plata bringen sollte (vgl. auch Robertson 1843,I: 102). 65 „... the principle to be observed must be to abstain as much as possible from every thing that can infringe upon the rights and Privileges, or even established usages of any class of inhabitants and not introduce into the Government any other change than that which must necessarily arise from the substituting HM’s authority for that of the King of Spain.” General Bourke an Windham, 9. Februar 1807 (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.886, fol. 148). 66 „¡Qué feria, qué negocios se ofrecen en la de Montevideo con catorce mil toneladas de efectos que han salido de Londres y me parece que una vara de agua no ha de volver a aquel reino, según la declarada ambición de muchos de este comercio y no digo nada de los de Montevideo! Una miseria somos los hombres, en mediando intereses y aumentos que ofrecen aquellas facturas y según corren noticias no parece que les sienta mal la mansión de los ingleses en aquella plaza. En fin, si hay celo, muchos contrabandos se han de coger”. Santa Coloma an Domingo Gutiérrez, 16. August 1807 (zitiert bei Gandía 1957: 119). 67 Datiert vom 25. Mai 1807 (AGN, Sala IX 30−3−7).
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stellt wurde. Der Gobierno Superior von Buenos Aires verbot außerdem die Lektüre von in Montevideo gedruckten Zeitungen, denn die Druckereien seien die stärkste Waffe der Engländer in ihrem Versuch, die Untertanen der spanischen Krone zu verführen und in ihrem katholischen Glauben zu erschüttern.68 Tatsächlich erschien während dieser Monate in Montevideo ein zweisprachiges Handelsblatt namens „Southern Star”/„Estrella del Sur”, das täglich erschien und neben Wirtschaftsnachrichten pro-britische Propaganda enthielt. Darin wurden der Freihandel mit Großbritannien, der Schutz durch die Großmacht und die Toleranz der konstitutionellen Monarchie gepriesen. Das Blatt erfreute sich besonders bei denjenigen Kreolen großer Beliebtheit, die die kontinuierliche Versorgung durch die Briten begrüßten und für die Forderung nach Handelsfreiheit und Kampf gegen die Wirtschaftsdespotie empfänglich waren (Gandía 1957: 99). Schließlich hatte man noch nie einen solchen Handel in Buenos Aires erlebt, der eine stabile Versorgung und ein breites Warenangebot garantierte. Währenddessen gerieten in London Gerüchte von einer Rückeroberung von Buenos Aires im Januar 1807 in Umlauf (Gallo 1994: 91). Die Regierung schickte deshalb eine dritte Truppenverstärkung unter dem Oberbefehl von General Whitelocke. Im Mai desselben Jahres erreichten seine Truppen Montevideo. Hinter der Kriegsflotte wartete bereits ein Verband von dreißig Handelsschiffen. Whitelocke befahl, britische Kaufleute als Militia in seine Truppen für den bevorstehenden Angriff auf Buenos Aires zu integrieren.69 Aber Liniers verfügte inzwischen über eine Truppenstärke von 8.000 Mann. Auch diese britische Offensive vom 4. bis zum 7. Juli 1807 scheiterte.70Nach dieser Niederlage mussten die britischen Kaufleute Montevideo innerhalb von zwei Monaten verlassen. Diese Kaufleute hatten bis dahin Einnahmen von über einer Million Pfund Sterling verbucht (Humphreys 1952: 11). Mit der zweiten Niederlage der Briten und dem bevorstehenden Abzug aus Montevideo beeilten sie sich vor Verlassen der Stadt, mit der ihnen von Whitelocke zugesagten Unterstützung ihre Waren so schnell wie möglich zu verkaufen. Der Schmuggel blühte nochmals auf, da die Kaufleute ihre Produkte, vor allem Textilien, zu Schleuderpreisen anboten statt sie in den Händen ihnen oft unbekannter, zweifelhafter spanischer Frachtempfänger, sogenannter consignatarios, zu lassen. Trotz aller Restriktionen des Cabildo reisten Käufer von Buenos Aires zum billigen Ausverkauf nach Montevideo (Tjarks 1962b: 10). Entsprechend groß waren die Proteste der Monopolisten unter Führung Álzagas. Die spanische Kaufmannschaft befürchtete außerdem nach Gerüchten über die Ankunft einer weiteren Verstärkungstruppe, dass die Briten nicht die Unabhängigkeit an den Río
68 „Habiendo en todos tiempos dado al Universo entero, las mas claras repetidas y constantes pruebas, de que solo la ambición, la crueldad, el engaño, una codicia sin limites y un odio eterno contra la felicidad, son los verdaderos constituidos del caracter Ingles” (11. Juni 1807, AGN, Sala IX 8−10−8). 69 Whitelocke an Windham, 10. Juli 1807 (BL, Windham Papers, Add. Ms. 37.887, fol. 68). 70 Die Kapitulation Whitelockes befindet sich in: Papers of the Governors of Buenos Aires (BL, Add. Ms. 32.607, fol. 131).
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de la Plata bringen, sondern schlicht das Territorium erobern wollten.71 Juan José de Lezica sprach sich als Vertreter der gemäßigten Fraktion für eine Liberalisierung der aktuellen Importbestimmungen aus, da die britischen Waren in Montevideo vom Feind aufgegeben und keine neuen nachkommen würden. Dagegen forderte die monopol-freundliche Mehrheit im Real Consulado sogar, dass diese Waren öffentlich nach Art eines Autodafés verbrannt werden sollten.72 Schließlich kühlten sich die Gemüter ab, und die Audiencia beschloss mit mehr Realitätssinn am 9. Dezember, dass alle britischen Waren in der Banda Oriental innerhalb von zwanzig Tagen von den zuständigen Zollstellen unter Verschluss genommen werden sollten. Danach wurden die Waren von Montevideo nach Buenos Aires transportiert und nach Erhebung einer Importsteuer (derecho de círculo) von zunächst 52% verkauft. Nach Protesten von Kaufleuten wurde im Januar 1808 die Steuer auf 25% gesenkt (Street 1967: 46). Mit Sicherheit trug aber die vorübergehende Anwesenheit der Briten in Montevideo dazu bei, die städtische Wirtschaft, das Selbstbewusstsein der lokalen Kaufmannschaft und damit die Rivalität gegenüber Buenos Aires zu stärken. Bereits zur Zeit der Besatzung übernahmen die kolonialen Institutionen die Politik in Eigenverantwortung und gaben diese Macht nach Abzug der Engländer auch nicht mehr aus den Händen. Hier lag die wesentliche Erfahrung aus den invasiones inglesas. Die von den Bürgern von Buenos Aires konstituierten Gremien und Korporationen befreiten sich aus der Subordination und traten in politische Aktion. Vor allem dem Cabildo gelang es, die koloniale Bevormundung (zum Beispiel bei der Ernennung der Beamten) abzuschütteln und politischen Ehrgeiz auszubilden (Halperín Donghi 1972a: 145). Nachdem der traditionell starke Einfluss des Cabildo durch die Intendanten im 18. Jahrhundert zurückgedrängt worden war (Lynch 1958: 202), erfuhr diese Institution nach 1807 durch den Prestigegewinn im Kampf gegen die Engländer einen Machtzuwachs. Nach der Vertreibung der Invasoren wurde die Audiencia zwar rekonstituiert, aber Konflikte mit dem zwischenzeitlich aufgestiegenen Cabildo waren unausweichlich.73 Als Entscheidungsträger hatte der Cabildo, an dessen Spitze Martín de Álzaga stand, den militärischen Oberbefehl am 14. August 1806, nur zwei Tage nach der Rückeroberung, an Liniers delegiert. Angesichts der Notwendigkeit der militärischen Neuorganisation im Falle eines zweiten Angriffs der Engländer war die Rücksprache mit Spanien unmöglich, einen Gouverneur gab es nicht, und Vizekönig und Audiencia befanden sich in Córdoba. Der Cabildo stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Allerdings signalisierte Madrid schließlich, dass zwar nicht der Presidente de la Audiencia, aber dafür der ranghöchste militärische Befehlshaber zum 71 „Les acaba de entrar un refuerzo de mil seiscientos hombres y muchas familias; un obispo y siete sacerdotes luteranos y considere vuesa merced que consentidos estaban en ser dueños de todo esto” (Santa Coloma an Antonio Olaguer Feliú, 9. August 1807, zitiert bei Gandía 1957: 116). 72 Der spanische Kaufmann Juan Ignacio de Ezcurra vor dem Real Consulado, September 1807 (AGN, Sala IX 29−1−5). 73 Vgl. dazu Lynch (1958: 289): „Revolutions are caused not by the completely oppressed but by those who have tasted liberty and want more.”
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neuen Vizekönig ernannt werden sollte. Da Sobremonte ausgeschaltet war und sich der Gouverneur von Montevideo, Pascual Ruiz Huidobro, in englischer Gefangenschaft befand, wurde Liniers als Volksheld gefeiert und zum Chef der Junta de Guerra ernannt. Damit stand er nun über dem Cabildo. Eine weitere wichtige Konsequenz der ersten Invasion war die zunehmende, aus eigenen Kräften vorangetriebene Militarisierung einer Stadt, in der bislang vornehmlich kommerzielle und administrative Aufgaben wahrgenommen wurden. Seit der Vertreibung Whitelockes hatte sich eine neue militärische Führungsschicht herausgebildet, die sich zunehmend aus der kreolischen Elite rekrutierte und gegen die koloniale Ordnung ankämpfte. Kreolische Kaufleute aus Buenos Aires wie Pueyrredón und Cornelio Saavedra waren wichtige Finanziers der milicias. Wie in Kuba 1763 existierte eine enge Verbindung zwischen regionaler Elite und neuer Militärführung. Der Triumph der kreolischen Milizen schuf ein neues Selbstbewusstsein, das zu einer Abgrenzung gegen Spanien führte, da die Verteidigung erfolgreich und ohne Hilfe des Mutterlands bestritten worden war. Die englischen Invasionen von 1806 und 1807 hatten die wichtigsten spanischen Institutionen empfindlich geschwächt: Der Vizekönig war abgesetzt, die Audiencia hatte vorübergehend Macht, Einfluss und Prestige zugunsten des Cabildo eingebüßt. Ein Heer, das vornehmlich aus kreolischen Volksmilizen zusammengesetzt war, kämpfte zunehmend für eigene, und nicht für mutterländische Interessen. In der Zwischenzeit war in London erneut ein Regierungswechsel erfolgt: Im April 1807 ernannten die tories Canning zum Außenminister und Castlereagh zum Kriegsminister. Für Hispanoamerika bedeutete dies, so behauptete der spätere Premierminister Castlereagh, den Durchbruch der Schutz- gegenüber der Eroberungspolitik (Vane 1853,VII: 321). Für London stellte die Niederlage in Buenos Aires letztlich nur eine unerfreuliche Episode in der Zeit der wirtschaftlichen Annäherung an Hispanoamerika dar. Ein Wendepunkt war es insofern, als London damit endgültig territoriale und imperiale Ansprüche zugunsten kommerzieller Ambitionen aufgab. Selbstregierung und Freihandel entsprachen den Interessen Großbritanniens am Río de la Plata am ehesten, da so die strategische Kontrolle der Royal Navy und der britischen Handelsschifffahrt in der Region gewährleistet war, ohne es zu Konflikten mit Spanien, Buenos Aires oder Brasilien kommen zu lassen. Dies bedingte schließlich Cannings behutsame, aber zielstrebige Hispanoamerika-Politik einer auf Vermittlung von Konsuln beruhenden Diplomatie, die in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts zur vollen Entfaltung kommen sollte (Webster 1938,I: 21).
3. DIE KREOLISCHE REVOLUTION AM RÍO DE LA PLATA Die Invasionen der Briten am Río de la Plata leiteten eine Phase tiefgreifender politischer Umbrüche ein. Eine völlig neue Konstellation ergab sich im gesamten spanischen Kolonialreich, nachdem Napoleons Truppen im Frühjahr 1808 auf der Iberischen Halbinsel einmarschiert waren und die Suprema Junta Central in Sevilla am 6. Juni desselben Jahres den französischen Invasoren den Krieg erklärt hatte (Carr 1966: 79−80). Für die Wirtschaft des Vizekönigreichs Río de la Plata wirkten sich unmittelbar zwei Faktoren aus: Zum einen begehrte Montevideo zunehmend gegen die Vormachtstellung von Buenos Aires auf. Zum anderen wurden die Handelsverbindungen nach Rio de Janeiro immer wichtiger. Im Winter 1807 war der portugiesische Hof auf britischen Schiffen und unter Geleitschutz der Royal Navy nach Brasilien geflohen. Das Handelsleben von Buenos Aires wurde in den folgenden Jahren stark durch ausländische Kaufleute beeinflusst, die sich die veränderte politische Situation im Vizekönigreich und in Brasilien zunutze machten. So wurde Rio das große Warenlager der Briten. Sie wurden mit weitreichenden Handelskonzessionen ausgestattet und suchten von dort aus den Zugang nach Süden ins spanische Kolonialreich über Santa Catalina, Colonia de Sacramento, Montevideo und Buenos Aires. Montevideo sollte den Kaufleuten dabei als wichtigster Verbindungshafen und Entrepôt auf der zukunftsträchtigen Route zwischen Rio und Buenos Aires dienen. Die Ankunft des portugiesischen Prinzregenten João belebte die Wirtschaft der brasilianischen Metropole. Am 28. Januar 1808 wurde der Freihandel für den Hafen von Rio de Janeiro eröffnet, und die Einfuhrzölle auf britischen Waren wurden herabgesetzt. Bereits im Sommer desselben Jahres hatten sich schätzungsweise zwischen 150 und 200 britische Kaufleute in der Stadt niedergelassen (Heaton 1946: 9; Humphreys 1952: 17). Am 19. Februar schlossen Großbritannien und Portugal in Rio einen Freundschafts- und Handelsvertrag, der die Entsendung von Konsuln nach Brasilien zur Folge hatte (Shaw 1998: 197). Der wichtigste Hafen des südlichen Brasiliens beherbergte nun britische Kriegs- und Handelsschiffe sowie diplomatische Vertreter. Am Río de la Plata befürchtete man einen neuen englischen Angriff von Rio aus auf die Küstenregion Banda Oriental. Buenos Aires und Montevideo waren in Alarmbereitschaft versetzt. Währenddessen bemühte sich João in Rio um eine Allianz zwischen Brasilien, Großbritannien und dem Vizekönigreich Río de la Plata unter Führung von Carlota Joaquina von Bourbon, Tochter Karls IV. von Spanien. Am 13. März 1808 erging ein entsprechendes Angebot an den Cabildo in Buenos Aires. Außenminister Castlereagh bot seine diplomatische Vermittlung an, da er sich erhoffte, dass die Briten von Brasilien aus den Handel mit dem verwaisten Vizekönigreich übernehmen könnten.
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William Sidney Smith, britischer Botschafter am portugiesischen Hof in Rio, hatte Anweisungen, dies zu fördern. Doch zur eigentlichen Schlüsselfigur britischer Interessen in der Region wurde in den folgenden Jahren Lord Strangford, der seit Juli 1808 Oberbefehlshaber der britischen Marine in Rio war (Street 1953: 477). Dieser vertrat offiziell eine Politik der Nichteinmischung, setzte sich aber dafür ein, die Öffnung der Häfen am Río de la Plata für britische Kaufleute voranzutreiben. Strangford nahm also neben seiner militärischen Mission unter dem Vorwand, die Region vor französischen Übergriffen zu schützen, auch politische und diplomatische Funktionen wahr. Der Umzug des portugiesischen Hofes konnte dazu benutzt werden, die Gewässer von Brasilien bis zum Río de la Plata zu kontrollieren und Schutz für die Kaufleute in Rio de Janeiro, Montevideo und Buenos Aires zu gewähren. In London war währenddessen Francisco de Miranda bereits damit beschäftigt, für das Vizekönigreich Río de la Plata einen Entwurf für eine konstitutionelle Monarchie nach englischem Vorbild auszuarbeiten, bei dem der Cabildo als Parlament und eine Adelsvertretung als Oberhaus dienen sollten (Street 1967: 101). Auch in Buenos Aires sympathisierten namhafte Bürger, vor allem kreolische Kaufleute wie Manuel Belgrano, Cornelio Saavedra, Mariano Moreno, Juan José Castelli und Juan Vieytes, mit der Idee einer konstitutionellen Monarchie der Infantin Carlota Joaquina unter dem Schutz Großbritanniens (Vogel 1992: 335). Die invasiones inglesas und der darauf folgende Triumph von Liniers hatten der liberalen Richtung gegen die Proteste des von den Spaniern kontrollierten Cabildo den Weg geebnet. Die neue politische Situation in Spanien und die Präsenz der Briten in Brasilien verstärkte nun gerade bei den Kreolen das Gefühl der Entfremdung gegenüber der Kolonialmacht und den Wunsch nach einer größeren politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Das neu gewonnene Selbstverständnis des Bonarenser Bürgertums nach der Vertreibung der Engländer und der erste symbolische Bruch mit dem Mutterland manifestierten sich zuerst in der programmatischen Umbenennung von Straßen. Der Stadtrat von Buenos Aires nutze die kritische politische Lage im besetzten Spanien und verfügte am 30. Juni 1808, in Erinnerung an den zweifachen Sieg über die Engländer die folgenden Straßennamen zu ändern: San Pablo wurde zu Velarde, Santo Tomás zu Belgrano, Santa Catalina zu Ocampos, Montserrat zu Varela, San Martín zu Liniers und Santísima Trinidad zu Victoria.1 Katholische Heilige hatten kreolischen Kämpfern, und die Dreieinigkeit dem Sieg, der ohne Hilfe der Madre Patria errungen worden war, weichen müssen. Darin äußerten sich nicht nur die Absage an das schwache Mutterland, sondern auch ein neuer bürgerlicher Geist, der Elan des Neubeginns, säkulare Tendenzen und die Abkehr von der Tradition sowie das Selbstbewusstsein der ehemaligen kolonialen Peripherie.2 1
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Nombres de calles alusivos a las gloriosas acciones de su reconquista y defensa conseguidas contra las armas Britanicas en 12 de Agosto de 1806 y en 7 de Julio de 1807 (AGN, Sala VII 20−2−10). Zur selben Zeit ist für Kuba ein ähnlicher Wandel der Metaphorik zu beobachten, als anstelle der traditionellen Santos zunehmend weltliche Begriffe wie „Fortschritt”, „Zukunft” oder
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Ein wichtiger Schritt zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Buenos Aires bestand in der wachsenden Zusammenarbeit mit britischen Kaufleuten. Trotz aller Proteste von Seiten der konservativen Kaufmannschaft in Montevideo und Buenos Aires wurden Handelsgeschäfte mit den Briten von dem inzwischen zum neuen Vizekönig ernannten Liniers inoffiziell geduldet. Man war wegen der hohen Militärkosten auf die Steuereinnahmen angewiesen. Vereinzelt wurden deshalb Lizenzen an britische, nordamerikanische und französische Kaufleute vergeben. Liniers suchte einen Kompromiss, um mit Rio offen Handel treiben zu können. Die Exportsteuern für Häute, die als „contribución patriótica” wieder erhöht wurden, lagen inzwischen bei astronomischen 62%.3 Dies hatte Proteste der Landbesitzer und kreolischen Kaufleute zur Folge. Liniers verbuchte erste Popularitätsverluste. Noch härter geriet Liniers in Bedrängnis, als der offene Konflikt zwischen den Handelskonkurrenten Buenos Aires und Montevideo auszubrechen drohte. Die wirtschaftliche und politische Bedeutung von Montevideo hatte in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen. Ebenso wie Buenos Aires prosperierte der Hafen seit Bestehen des Vizekönigreichs durch den Handel mit anderen Kolonien und mit dem Mutterland. Der Schmuggel mit Südbrasilien war schon während des gesamten 18. Jahrhunderts stark, aber als Warenlager der Engländer wurde Montevideo zu einem Handelszentrum erster Ordnung. Die Stadt verfügte über einen natürlichen, geräumigen Hafen und ein reiches Hinterland mit estancias und neu gegründeten saladeros.4 Buenos Aires bot zwar den Zugang zum Handel mit dem gesamten Binnenland, aber Montevideo war vom Atlantik aus gesehen der erste Anlaufhafen an der Mündung des Río de la Plata und stand deshalb von Beginn an in Konkurrenz mit Buenos Aires. Nach der Erfahrung der britischen Besetzung und des Freihandels war die Stadt nicht mehr bereit, in eine Satellitenstellung gegenüber Buenos Aires zurückzukehren (Street 1959; Vogel 1992: 335). Der Consulado in Buenos Aires versuchte hingegen, den Rivalen klein zu halten. Vergeblich forderte Montevideo zusätzlich zum bereits bestehenden Zollhaus die Einrichtung eines eigenen Consulado und einer eigenen Intendantur. Aber 1808 wurde endlich mit Francisco Javier Elío der erste eigenständige Gouverneur der Banda Oriental mit Sitz in Montevideo ernannt. Dort wurde unter Elío am 21. September 1808 eine Junta gründet, die dem spanischen Thronfolger Ferdinand Treue schwor, um die Emanzipation gegenüber dem Rivalen Buenos Aires durchzusetzen (Lynch 1973: 91). Elío suchte den Kontakt zu Liniers’ Kontrahenten und Führer der konservativem Händlerschaft, Manuel de Álzaga, der schließlich nach Montevideo übersiedelte. Beide nahmen gemeinsam den Kampf gegen Liniers auf.
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„Freundschaft” als Namen neu gegründeter Zuckermühlen und Plantagen verwendet wurden (Moreno Fraginals 1978,I: 114). 1807 betrugen die Steuereinnahmen knapp über 3 Millionen Pesos, 1808 waren es 4,7 Millionen (Street 1967: 146). Diese kleinen vorindustriellen Betriebe widmeten sich dem Pökeln, der Verpackung und häufig sogar der Verschiffung von Fleisch.
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Liniers geriet nun ins Kreuzfeuer. Am 1. Januar 1809 erging eine Klage des Cabildo an König Ferdinand über das „skandalöse Verhalten” von Liniers, der den Schmuggel mit englischen Waren begünstigt habe. Die spanische Opposition gegen Liniers, die sich unter Álzaga sammelte, unternahm am selben Tag den Versuch, den Vizekönig zu entmachten. Doch der Putsch misslang, und Álzaga ging ins Exil nach Patagonien, ehe ihn Gouverneur Elío nach Montevideo zurückholen ließ (Lynch 1973: 43). Liniers machte sich in Buenos Aires weiter unbeliebt und wurde der Bevorteilung angelsächsischer Kaufleute bezichtigt, als er den unter Verdacht des Verrats und der Kollaboration mit den britischen Besatzern stehenden William White freiließ.5 White war Kaufmann und ein persönlicher Freund von Popham. Schon unmittelbar nach der Vertreibung der englischen Truppen war er zu einer umstrittenen Figur geworden. Bereits nach der ersten Besetzung wurde ihm vorgeworfen, als Komplize der Engländer agiert zu haben. Am 7. September 1806 wurde Anklage erhoben und sein Besitz beschlagnahmt. Unter seinen Papieren wurden offene Rechnungen gefunden, die belegten, dass White das britische Heer mit Lebensmitteln und Textilien, vor allem Kleidung und Decken aus Baumwolle und Leinen, beliefert hatte.6 White wies nicht nur alle Klagen zurück, sondern forderte, dass ihm eine Summe von 12.068 Pesos zustünde, die sich zum Zeitpunkt der Invasion in der Tesorería befunden hätte und nun zurückgezahlt werden müsse, da es sich um Privatvermögen handele.7 Zunächst wurden weder die Forderung Whites noch die Beschuldigungen gegen ihn weiter verfolgt, da die Rückeroberung der Stadt wichtigere Angelegenheiten auf den Plan brachte.8 Der Prozess gegen White wurde schließlich im Oktober 1807 eröffnet. Die Ankläger bezichtigten ihn der engen Zusammenarbeit mit dem Feind, dabei habe er den Engländern Auskünfte über Spanier und deren Besitzstand erteilt.9 Die beschlagnahmten Papiere zeigten, dass White sogar der Hauptlieferant des englischen Heeres gewesen war; seine höchste Lieferung bestand in Waren im Wert von 25.000 Pesos bzw. 5.625 Pfund Sterling.10 Aber Liniers deckte den Nordamerikaner weiter. Er sah in ihm vor allem einen nützlichen Kontaktmann, denn White war inzwischen von Buenos Aires nach Montevideo gezogen, wo er Handel mit Mehl und Spirituosen trieb, die er auf einem eigenen Schiff unter portugiesischer Flagge aus Rio importierte. Der Prozess wurde nie zu Ende geführt, und in den Jahren 1808 bis 1809 verkaufte White von Montevideo aus über einen Strohmann namens Francisco Coll in Buenos Aires Schiffszubehör an die Liniers-Regierung im Gesamtwert von 116.750 Pesos. Die Waren bestanden vor allem aus Segeltuch, Segel, Takelage,
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AGN, Sala VII 32−6−9 (Criminales). AGN, Sala VII 32−6−9 (Criminales). AGN, Sala VII 32−6−9 (Criminales). AGN, Sala VII 34−7−1. Der von White eingeforderte Betrag wurde erst 1836 ausbezahlt. „... dando noticias contra los vecinos españoles, delatando propiedades, auxiliandola con quanto podia (...) y trato intimo [con los ingleses]” (AGN, Sala IX 32−7−1). 10 AGN, Sala VII 7−1−3.
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Nägeln und Teer. White hatte all diese Waren auf Kredit von britischen Lieferanten gekauft.11 Die Monopolisten in Buenos Aires forderten die Ausweisung aller Ausländer, als Gerüchte um einen dritten Invasionsversuch der Briten laut wurden. Im März 1809 sah sich Liniers gezwungen, ein härteres Vorgehen gegen den Schmuggel mit den Engländern anzukündigen.12 In der Öffentlichkeit gab sich Liniers nun betont anti-britisch.13 Strangford schrieb an Canning, die hohen offiziellen Steuern würden die Kaufleute zwingen, andere Vereinbarungen mit den entsprechenden Stellen zu finden.14 Gemeint war die Bestechung der Zollbeamten. Die Schmuggelaktivitäten wurden schnell fortgesetzt, wie dem ausführlichen Bericht eines empörten spanischen Kaufmannes zu entnehmen ist.15 Dieser beklagte seinem Handelspartner gegenüber den skandalösen Schmuggel der letzten zwei Monate und bat darum, keine englischen Waren mehr zu liefern, da der Markt saturiert sei. Ein Ende dieser Situation sei nicht absehbar, da die Engländer über volle Warenlager in der Stadt verfügen und zu Preisen an Groß- und Einzelhändler verkaufen würden, die zu unterbieten unmöglich sei. Außer Sichtweite würden vor dem Hafen von Buenos Aires durchschnittlich ein halbes Dutzend bewaffnete englische Fregatten vor Anker liegen, die immer neue Waren transportierten und an Land brächten. Vor allem hochwertige Stoffe wie Flanell, Perkal (Baumwollgewebe) und Musselin, aber auch Töpferware würden konkurrenzlos angeboten werden. Buenos Aires sei inzwischen ein neues Curação geworden. Dazu käme, dass die britischen Kaufleute über pazifische Häfen sogar die Märkte in Peru direkt mit allen gewünschten Waren versorgten. Der klagende Kaufmann bestätigte ebenfalls die Geschäfte Liniers mit den Engländern. Der Vizekönig habe Waffen bestellt und dafür den steuerfreien Einkauf der lokalen Produkte sowie die Einfuhr
11 AGN, Sala VII 9−2−8. 12 Santa Coloma klagte im April 1809: „Considere vuestra merced esta plaza como una colonia inglesa en donde con el descaro del mundo; sin contribuir al menor derecho; echan en tierra sus cargamentos a la hora que se les antoja recibiendo igualmente a su bordo a cuanto produce el país con total ruina de nuestro triste comercio” (Santa Coloma an Luis Francisco de Gardeazábal, 19. April 1809, zitiert bei Gandía 1957: 159). 13 „[...] quedando libre para entenderme a cañonazos con los Ingleses, que es el lenguage con que devo producirme con los enemigos de mi soberano y de mi patria” (BL, Add. Ms. 32.608, Papers of the Governors of Buenos Aires, fol. 16). 14 18. Juni 1809 (PRO, FO 72/90). 15 Anonym an Francisco de Saavedra, corresponsal de Cádiz, 22. April 1809 (AGI, Buenos Aires 589). Für den kompletten Text des Briefes vgl. Appendix 6.7.
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von Importwaren im Wert von 140.000 Pesos erlaubt.16 Diese Entwicklung müsse zwangsläufig zum Ruin der spanischen Kaufmannschaft führen.17 Der Cabildo sagte schließlich Liniers den Kampf an und unterstellte ihm in einem Schreiben vom 8. Mai 1809 an den spanischen König, er strebe mit britischer Finanz- und Waffenhilfe die Unabhängigkeit an.18 Liniers’ Erzfeind Elío übergab seinerseits ein Dokument an den Gesandten der Junta in Sevilla, das Liniers’ heimliche Zusammenarbeit mit den Briten belegen sollte.19 Es stellte sich schließlich heraus, dass Liniers tatsächlich gemeinsam mit seinem Schwiegervater Martín de Sarraeta eine Personengesellschaft gegründet hatte, um britische Waren einzukaufen (Tjarks 1962b: 19). Den Feinden Liniers in Buenos Aires wie Moreno, Vieytes und Larrea fiel es leicht, den Franzosen als mutmaßlichen Agenten Napoleons zu denunzieren und im Mai 1809 zu stürzen.
3.1. DIE VORLÄUFIGE RESTAURATION UNTER CISNEROS: COMERCIO LIBRE UND REPRESENTACIÓN DE LOS HACENDADOS Gouverneur Elío hatte sich im Interesse des Handels der Banda Oriental von Beginn an um gute Handelsbeziehungen mit den britischen Kaufleuten in Montevideo bemüht. Am 5. Juni 1809 nahm der Gouverneur auf Einladung der Kaufleute sogar an einem Bankett anlässlich des Geburtstags von König George III. teil.20 Die wachsende Rivalität um britische Waren zwischen Montevideo und Buenos Aires führte in den folgenden Wochen zu einem regelrechten Krieg der Zolltarife, bei dem die britischen Kaufleute als lachende Dritte plötzlich von Steuersenkungen bis zu 10% auf beiden Seiten der La-Plata-Mündung profitierten (Street 1967: 149). Die Reaktion der Bonarenser Kaufleute folgte prompt. In seiner memoria anual vom 16. Juni 1809 propagierte Manuel Belgrano als Repräsentant der libe16 Vgl. dazu einen weiteren anonymen Brief (o. D.): „Liniers ha dado permiso para introducir en esta capital varios buques con generos a Casas Inglesas, habiendo contratado con una fusiles para su proyectada Independencia. Esta ya es una Colonia Extrangera por haver mas número de ellos que Españoles” (zitiert in: Archivo General de la Nación: Documentos referentes a la guerra de la Independencia y emancipación política de la República Argentina, 1810−1829: Antecendentes políticos, económicos y administrativos de la Revolución de Mayo de 1810, 1776−1812, Buenos Aires, 1914,I: 469). 17 In einem Nachsatz vom 2. Mai ergänzte derselbe Kaufmann, dass die Wareneinfuhr sogar noch zugenommen habe, seitdem der Prinzregent in Rio den britischen Kaufleuten immer weiter reichende Privilegien konzediert habe. Anonym an Francisco de Saavedra, corresponsal de Cádiz, 22. April 1809 (AGI, Buenos Aires 589). Vgl. Appendix 6.7. 18 „A esta fecha ya contamos con once buques ingleses en este fondeadero, sin otros distintivos extrangeros (...) la capital dentro de poco, con el reyno, se verá reducida a su total perdición” (zitiert bei Tjarks 1962b: 18). 19 „... por la que combida a los xefes ingleses del bloqueo a entrar en el puerto, abrir libre comunicación con ellos para expedir buques con frutos, y tratar como si residiese en las cortísimas facultades de un subalterno como él, las necesarias para tan avanzadas operaciones”, 18. August 1808 (zitiert bei Tjarks 1962b: 19). 20 Der Kaufmann Alexander MacKinnon an das britische Außenministerium, 11. Juni 1809 (PRO, FO 72/90).
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ralen Kaufleute im Consulado die Öffnung des Handels mit den Engländern, um die Konkurrenz in Montevideo zu schwächen. Ferner sollte künftig der Handel mit dem Hinterland bis nach Hochperu gefördert werden, um die Truppen unterhalten zu können. Tjarks (1962b: 24) sieht hier den ersten Schritt zum historisch bedeutsamen reglamento del comercio libre vom 6. November 1809 und vermutet, dass noch Liniers Pate für die Durchsetzung der liberale Handelsbestimmungen gestanden hat. Durchgesetzt aber wurde der Freihandelsbeschluss während der kurzen Amtszeit des neuen Vizekönigs Francisco de Cisneros. Cisneros trat sein Amt im August 1809 inmitten einer Krisensituation an. Die spanische Regierung war praktisch inexistent und die Staatskasse in Buenos Aires leer. Die Kreolenpartei stand dem neuen Vizekönig feindlich gegenüber, und sowohl die Audiencia als auch die Monopolisten erwarteten von ihm ein hartes Vorgehen gegen die ausländischen Kaufleute. Cisneros musste sich sofort mit der Problematik des Freihandels auseinandersetzen. Am 16. August wurde ihm eine Bittschrift der Kaufleute John Dillon und John Thwaites21 überbracht. Die beiden Iren waren von Cork mit einer Warenladung nach Brasilien gekommen, wo sie aber einen völlig saturierten Markt vorfanden und deshalb mit Erlaubnis des britischen Botschafters in Rio die Weiterreise nach dem Río de la Plata beschlossen. Denn in Kaufmannskreisen hieß es, dass als Folge der Allianz zwischen Großbritannien und Spanien in Buenos Aires und in Montevideo der freie Handel für britische Kaufleute entweder bereits zugelassen worden sei oder aber zumindest in Kürze erwartet werden könnte.22 Nun würden sie im Hafen von Buenos Aires liegen in der Hoffnung, „... que de un dia a otro iba a darse una providencia general, para que todos los Navios anclados en el Amarradero, pudiesen descargar, y bender sus cargazones con una moderada contribución sobre ellas, y sobre los productos que exportasen a Europa.” 23
21 Nicolau (1995: 80) erwähnt für die Zeit nach 1810 John Thwaites als Besitzer einer Bier- und Likörfabrik in Buenos Aires. 22 „... por que habiendo concurrido antes que nosotros otras muchas expediciones de las Islas Britanicas, se hallaba la Plasa tan abastecida de toda clase de generos que algunos bastimentos que allí encontramos, no habían podido evacuar la menor parte de ellos: en cuyas circunstancias se divulgo la noticia que se tuvo por positiva de que se habian abierto, y franqueado o iba a berificarse pronto al Comercio Ingles los Puertos de esta Ciudad, y de la de Montevideo, con consideración a que no pudiendo nuestra aliada y amiga la Peninsula Española, por la opresión, y ocupación de mucha parte de ella, hacer por aora los surtidos necesarios a las Americas de Su Magestad Católica, ningun perjuicio iba á experimentar en la concurrencia, y provisión que hiciesen los aliados” (Representación de hacendados, AGN, Sala VII 26−4−6; abgedruckt in: Archivo General de la Nación: Documentos referentes a la guerra de la Independencia y emancipación política de la República Argentina, 1810−1829. Antecendentes políticos, económicos y administrativos de la Revolución de Mayo de 1810, 1776−1812. Buenos Aires, 1914,I: 213−18). 23 AGN, Sala VII 26−4−6.
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Cisneros war angesichts der miserablen Lage der Staatsfinanzen24 einer liberalen Wirtschaftspolitik zugeneigt. Englische Handelsschiffe aus dem Hafen zu vertreiben, würde bedeuten, die jungen freundschaftlichen Beziehungen mit der neuen Schutzmacht Großbritannien zu gefährden. Außerdem würde eine Aufrechterhaltung des Handelsverbots nur eine neue Schmuggelwelle auslösen. Deshalb gab er schon am 20. August den Auftrag, eine Handelserlaubnis für britische Kaufleute nach dem Vorbild einer kurz zuvor in Caracas verabschiedeten Bestimmung auszuarbeiten. Dieser Entwurf wurde einschließlich einer Kopie der Bittschrift an den Cabildo und an die Junta General de Comercio in Buenos Aires mit der Empfehlung eines „comercio franco con los ingleses” zur Prüfung übergeben. Der Real Consulado sollte nun zum Austragungsort einer heftigen Diskussion werden. Innerhalb der Fraktion der Merkantilisten ergriff der Síndico des Consulado, Martín Gregorio Yáñiz, am 12. September 1809 das Wort. Er lehnte den Entwurf mit Hinweis auf die strikte Gesetzgebung und die wahrscheinliche Folge des Untergangs des nationalen Handels ab.25 Schließlich erlaube jede Nation den Handel mit ihren Kolonien nur den eigenen Untertanen. Die beiden britischen Kaufleute hätten sich in ihrem Brasilien-Geschäft auf dilettantische Weise verkalkuliert („inexperta expeculación”) und nun falschen Gerüchten geglaubt. Ihnen den Handel zu erlauben, würde den Niedergang hiesiger Manufaktur-, Industrie- und Landwirtschaftsbetriebe bedeuten, so wie dies brasilianische Ladenbesitzer erfahren hätten, die nach der Ankunft der britischen Kaufleute ihre Geschäfte schlossen und ins Hinterland auswichen. Am Río de la Plata habe man die Nachteile während der zwei Jahre des Handels mit neutralen Nationen erlebt, wovon nur privilegierte Einzelpersonen wie etwa der kreolische Sklavenhändler Antonio Romero26 profitiert hätten. Yáñiz war ein typischer Verfechter des Systems der Carrera de Indias, aber die Mehrheit in Junta und Consulado sowie im Cabildo stimmten dem Entwurf von Cisneros zu. Der Cabildo forderte zunächst noch die strikte Anwendung der leyes de Indias gegen Ausländer, zeigte aber doch Kompromissbereitschaft wegen der engen Haushaltslage und stimmte Geschäftsabschlüssen zu, allerdings nur über die Vermittlung durch spanische Handelsagenten.27 So setzte der Cabildo den Zusatz durch, „... que los Ingleses por sí no haian de poner en esta Ciudad 24 Cisneros an Francisco de Saavedra, 19. August 1809: „El deplorable estado en que se halla esta Real Hacienda imposibilitada de poder sostener los crecidos gastos que la devoran, y con un deficit crecido, dificil de poderlo extinguir en largo tiempo, es uno de los puntos que ocupan mas mi imaginación” (AGI, Buenos Aires 97, fol. 63). 25 „... los ingleses no traerán casas hechas por que no caven en sus buques, pero traerán botas, zapatos, ropa hecha, clavos, zerraduras, alcayatas, rejas, argollas, frenos, espuelas, estribos y hasta mucha parte de carpinteria. ¿Qué les queda entonces a nuestros artesanos? Facil es de presagiar y digamoslo de una vez que solo les quedarán ojos para llorar su desventura y miseria maldiciendo los autores que la han acarreado” (AGN, Sala VII 26−4−6). 26 Zu Romero vgl. Kap. 4, S. 100, 102, 103. 27 Diese nahmen 4% von den ausländischen Exporteuren für den Verkauf von ausländischen Waren und 2% für den Kauf von lokalen Waren (Street 1967: 231).
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Casas de Comercio, Almacenes ni Tiendas, y solo si proceder por consignación a comerciantes de nombre”.28 Es wurde beschlossen, dass britische Kaufleute für den Zeitraum von zwei Jahren über die Ernennung von einheimischen Bevollmächtigten (apoderados españoles), die im Real Consulado eingeschrieben sein mussten, Handel treiben durften.29 Der Consulado zeigte hierbei eine symbolische Bindung an das Mutterland, da die spanischen Monopolisten immer noch großen Einfluss hatten und sich bemühten, wenigstens indirekt die Kontrolle zu behalten. So war diese politische Entscheidung eine Kompromisslösung. Neben der Kontrollfunktion des Consulado wurde spanischen Kaufleuten mit eigenen Schiffen das Anlaufen englischer Häfen konzediert. Der Kaufmann Alexander Mackinnon schrieb im September 1809 voller Optimismus an das Foreign Office: „In the meantime I am happy to say that we have assurances, from the present Government, of protection, friendship, and all the privileges of fellow citizens”.30 Einen letzten Versuch, den Beschluss zu verhindern, unternahm im September 1809 Miguel Fernández de Agüero, representante del Real Consulado y de la Universidad de cargadores a Indias de Cádiz.31 In seiner Funktion als Sprecher und Bevollmächtigter der Kaufleute von Cádiz in Buenos Aires beklagte er direkt bei Cisneros den Schmuggel durch die Engländer. Die Schäden für die spanische Handelsflotte, die spanische Kaufmannschaft und die spanischen Fabriken seien unermesslich. Außerdem würden die Handels- und Gewerbezentren im Innern wie Córdoba, Santiago del Estero, Salta, Cochabamba und Cuzco zerstört. Die britischen Kaufleute würden den freien Zugang ausnutzen, um die Sitten und Bräuche ihrer potentiellen neuen Kundschaft zu erforschen und ihr Warenangebot danach auszurichten. Es werde schließlich zur Warenüberflutung wie in Rio kommen, wie es die Bittschrift der beiden britischen Kaufleute beweise. Der Schmuggel werde noch mehr zunehmen, ganz zu schweigen von der Gefahr für die Moral und den katholischen Glauben. Daraufhin verfasste der Landbesitzer José de la Rosa im Namen der hacendados am 30. September 1809 eine ausführliche Stellungnahme, die den Handel mit Ausländern leidenschaftlich befürwortete und entscheidende Wirkung zeigte.32 Bisher habe man die hacendados in der Diskussion vergessen. Da es in der Region keine Bergwerke gebe, müssten die Einnahmen für die Staatskasse vornehmlich aus den Warenzöllen gewonnen werden. Der Handel aber liege wegen der Notlage des Mutterlandes und fehlender Schiffe brach. Internationale Handelswege aber seien die Voraussetzung für die wirtschaftliche Blüte eines exportierenden Landes. Deshalb seien sie auf Hilfe von Außen angewiesen. Rosa versuchte, Yá28 AGN, Sala VII 26−4−6. 29 „Que se formen Aranceles de los valores de los generos al precio corriente de la Plaza por mayor, y que sobre el se arreglen los derechos. (...) Que estos productos deben retornar las dos terceras partes en cueros al pelo, y la tercia restante en distintos frutos del Pais que les acomode, con el bien entendido que si parte de este residuo, pretendiesen llevar en plata ú oro, ha de ser los derechos” (AGN, Sala VII 26−4−6). 30 PRO, FO 72/107, fol. 11. 31 AGI, Buenos Aires 589. 32 AGI, Buenos Aires 589.
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ñiz mit Argumenten aus der Schule von Adam Smith und Jovellanos zu widerlegen.33 Schließlich brachte er die Forderung der Landbesitzer rhetorisch auf den Punkt: „Rómpanse las cadenas de nuestro giro, y póngase franca la carrera.” Das Versagen des Mutterlandes wurde instrumentalisiert, um die Kolonie der Treue und Abhängigkeit zu entheben. Einziger Ausweg konnte es nur sein, sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen.34 Der britische Kaufmann wurde damit zum Retter in der Not stilisiert.35 Dem Vorbild der spanischen Karibik sei zu folgen, wo spanische Konsuln Patente an nordamerikanische Schiffe vergeben würden und sich ein lebhafter internationaler Handel für Puerto Rico, Kuba und Venezuela entwickelt habe.36 Die britischen Kaufleute in Buenos Aires beteiligten sich nun ihrerseits an der Diskussion und stellten sich natürlich auf die Seite der Landbesitzer. Den spanischen Kaufleuten, die weiterhin die Aufrechterhaltung des Monopols forderten, warfen sie Heuchelei vor.37 Der kreolische Jurist Mariano Moreno wurde nun beauftragt, die Argumentation und die Forderungen der Landbesitzer in einer eigenen Petition schriftlich zu fixieren.38 Seine representación de los hacendados wurde sogar in London in der 33 „Los que creen la abundancia de Efectos Extrangeros como un mal para el Pais, ignoran seguramente los primeros principios de la economía de los Estados. Nada es más ventajoso para una provincia que la suma abundancia de los efectos que ella no produce, pués envilecidos entonces bajan de precio, resultando una baratura util al consumidor, y que solo puede perjudicar a los introductores. Que una excesiva introducción de paños Ingleses hiciese abundar ese renglón, a terminos de no poderse consumir en mucho tiempo ¿Qué resultaria de aqui? El Comercio buscaría el equilibrio de la circulación por otros ramos, envilecido el genero no podria venderse sino a precios muy bajos” (AGI, Buenos Aires 589). 34 „¿Será justo que se envilezcan y pierdan nuestros preciosos frutos porque los desgraciados Pueblos de España no pueden consumirlos? ¿Será justo que las abundantes producciones del país permanezcan estancadas, porque nuestra aniquilada Marina no puede exportarlas? ¿Será justo que aumentemos las aflicciones de nuestra Metrópoli con las noticias de nuestra situación arriesgada y vacilante, quando se nos brinda con un arbitrio capaz de consolidar sobre bases firmes de nuestra seguridad? ¿Será justo que presentandose en nuestros Puertos esa Nación amiga y generosa ofreciendonos varatas mercaderias que necesitamos, y la España no nos puede proveer, resistamos la propuesta, reservando su beneficio para quatro Mercaderes atrevidos que lo usurpan por un giro clandestino?” (AGI, Buenos Aires 589). 35 Dem comerciante inglés legte Rosa die blumigen, aber doch den Tatsachen entsprechenden Worte in den Mund: „... mi Nación emplea en el socorro de la vuestra gran parte de los tesoros que le proporciona un Comercio bien sostenido, yo os trahigo ahora las mercaderias de que solo yo puedo proveeros, vengo igualmente a buscar vuestros frutos que solo yo puedo exportar: admitid unas mercancias que jamas habeis comprado tan baratas; vendedme unos frutos que nunca habran tenido tanto aprecio.” (AGI, Buenos Aires 589). 36 „En la Gaceta de Baltimore del mes de Marzo de este año se anunció solemnemente el aviso del Caballero Foronda, de que estaban autorizados todos los Consules Españoles para otorgar Patentes a los buques Anglo-americanos que quisiesen comerciar en Puerto Rico, Cuba, Havana, Maracaibo, Guaira, y San Agustín de la Florida” (AGI, Buenos Aires 589). 37 „Qué cosa más ridícula puede presentarse que la vista de un comerciante que defiende á grandes voces la observancia de las leyes prohivitivas del comercio extrangero á la puerta de su tienda en que no se encuentran sino generos ingleses de clandestina introducción.” Petición de comerciantes ingleses, September 1809, ohne Angabe des Tages (AGN, Sala VII 1−4−20). 38 Representación de los hacendados (AGN, Sala VII 26−4−6).
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Zeitung El Español publiziert (Levene 1945: 75). Das Interesse in Großbritannien an der representación war groß, was wiederum die Entscheidung des Vizekönigs maßgeblich beeinflusste. Cisneros beendete die Diskussion und legte am 2. November 1809 einen Entwurf vor, der den Vorstellungen der Landbesitzer und liberalen Kaufleute weitgehend entsprach. Nachdem die fälligen Zahlungen aus Peru nach anti-spanischen Aufständen in La Paz und Chuquisaca ausgeblieben waren, war der Zustand der Staatskasse prekär. Angesichts der steigenden Fixkosten für Militär und Verwaltung blieb Cisneros nur übrig, dafür zu plädieren, den britischen Kaufleuten „provisorische Toleranz” entgegenzubringen. Ausländische Kaufleute durften von nun an Geschäfte in Buenos Aires und Montevideo abwickeln. Allerdings blieben sie weiterhin einem strikten Reglement unterworfen. Die Niederlassung, der Kauf eines Hauses, die Eröffnung eines Ladens oder die Einrichtung eines eigenen Lagers blieben ihnen verwehrt. Nach Abschluss eines Geschäfts mussten sie die Stadt wieder verlassen. Die Waren wurden dafür bei der Ankunft von einem einheimischen Handelsagenten (consignatario) in Empfang genommen und in dessen Lager transportiert. Den Besatzungen der britischen Handelsschiffe war es nicht erlaubt, an Land zu gehen. Dies schloss auch das Abladen der Waren mit ein. Bestehender Besitz von Immobilien musste bei Androhung von Beschlagnahmung und Ausweisung an Spanier veräußert werden. Zur Überwachung dieser Bestimmungen sollte eine weisungsgebundene Sonderkommission eingerichtet werden.39 Diese Regelung wurde am 6. November 1809 von der Junta de Gobierno del Consulado bestätigt und beschlossen. Zusätze betrafen Formalitäten der Kontrolle beim Ent- und Beladen ausländischer Schiffe und das Verbot der Ausfuhr von Gold und Silber.40 Ausländer durften nun vierzig Tage in der Stadt bleiben. Zum Entladen der Waren war eine Erlaubnis nötig, die nur von den consignatarios beantragt werden konnte. Alle Manufakturwaren, die als nachteilig für die Industrie des Landes eingestuft wurden, wurden mit einer Sondersteuer von 12% belegt.41 Nur kurz darauf, am 24. November 1809, sandte Cisneros ein offizielles Schreiben an Francisco Saavedra, den corresponsal de Cádiz in Buenos Aires, in 39 1. Los extrangeros que entrasen á esta Ciudad o la de Montevideo, no podrán subsistir en ellas sino el tiempo preciso para el expendio de sus negociaciones, fixandoseles el termino que por Reales Ordenes está establecida para los introductores de negros. 2. No se admitirá Casa publica, Almacen, fonda ni ninguna clase de establecimiento en Cabeza de Extrangero, y si hubiese alguno establecido deberá pasar en el término de un mes a poder de Españoles, sugetándose a rigurosa confiscación todos los generos. 3. Ningún Extrangero podrá comprar casa, finca o propiedad raiz de qualquier clase que sea. 4. Se establecerá una Comisión particular autorizada y sostenida por este Superior gobierno, para que entienda en el cumplimiento de este reglamento. 5. La expresada comisión recivirá particulares instrucciones de este Superior gobierno sobre el modo con que se ha de conducir en la expulsión de todo extrangero. 6. No se permitirá a los negociantes Ingleses baxar Marineros para conducir los generos a los Almacenes de sus consignatarios (Tjarks 1962a: Apéndice XXXVII). 40 PRO, FO 72/90, fol. 54−57. 41 Acta sobre el franco comercio con los Ingleses, 2. September 1809, MacKinnon an Canning, 10. Dezember 1809 (PRO, FO 72/90).
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dem er die drastischen Maßnahmen, die er in Absprache und mit Zustimmung von Cabildo und Consulado ergriffen hatte, noch einmal mit Hinweis auf die verheerende finanzielle Lage rechtfertigte.42 Ohne Umschweife gab der Vizekönig zu, dass der Río de la Plata von britischen Handelsschiffen voll sei, die auch über alle Verbote hinweg entlang der Küste ent- und beladen werden könnten.43 In seiner Funktion als spanischer Verwaltungsbeamter zeigte Cisneros ein erstaunliches Maß an Realitätssinn und Staatsräson, als er von der spanischen Kaufmannschaft forderte, die Augen vor dieser Situation nicht zu verschließen und die neue Chance zu nutzen.44 Die Entscheidung von Cisneros lag im Bereich dessen, was in seinem geschwächten Vizekönigreich zu diesem Zeitpunkt möglich war. Aber viele ausländische Kaufleute hatten sich größere Freiheiten erwartet, so dass der Schmuggel wieder anstieg und sich Cisneros im Dezember 1809 genötigt sah, ein Ausweisungsedikt vorzubereiten.45 Es formierte sich daraufhin ein Protestkomitee der britischen Kaufleute unter Vorsitz von Alexander MacKinnon, der zu dieser Zeit nebenher als Berichterstatter und Vermittler für das britische Außenministerium tätig war. Als Konsul war er von der Regierung in Buenos Aires wegen der durch die illegalen Geschäfte belasteten Beziehungen nicht akzeptiert worden. Dem Komitee gehörten außerdem führende Kaufleute am Río de la Plata wie Thomas Crockett, Edward Hill, James Ritchie, John Smedley, William Dun(n), James Barton, George Dyson, Frederick Dowling, Carleton Allsopp und Robert Staples an.46 Es gelang ihnen zwar, Cisneros zum Aufschub des Edikts zu bewegen, aber die Kaufleute wurden aufgerufen, ihre in Buenos Aires befindlichen Waren über ihre lokalen Agenten innerhalb von vier Monaten zu verkaufen und keine neuen Waren zu importieren. Am 23. Februar 1810 sah sich Cisneros gezwungen, alle Ausländer im Zeitraum von vier Monaten aus Buenos Aires zu vertreiben. Als sich diese Frist dem Ende neigte, setzte sich Lord Strangford im Auftrag der britischen Kaufleute, die zwischen Rio und Buenos Aires Handel trieben, für die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis ein.47 Mit zunächst sanftem Druck und unter indirekter Androhung weiteren Schmuggels wies Strangford darauf hin, 42 „... tomé el ultimo recurso de dar entrada provisionalmente a las Mercaderías extrangeras para que con los derechos de su introducción, y respectivos retornos adquiera el Erario los fondos que necesita para la conservación de la tierra, reciviendo esta la ventajas consiguientes a la estimación y saca de sus frutos” (AGI, Buenos Aires 589, No. 51). 43 „Desde mi llegada al Rio de la Plata encontré en él un considerable numero de Buques Ingleses cargados de mercaderías y aportados a tres leguas de la Costa introducen clandestinamente todos sus generos (...) no pudiendo cubrirse 40 Leguas de Costa que ofrecen comodo desembarco a las mercaderias extrangeras” (AGI, Buenos Aires 589, No. 51). 44 AGI, Buenos Aires 589, No. 51. 45 Strangford an Wellesley, 12. März 1810 (PRO, FO 63/83). 46 Strangford an Wellesley, 12. März 1810 (PRO, FO 63/83). 47 „Los Negociantes Británicos [...] hallandose en la precisión de hacer salir sus buques en tan breve plazo tendrán necesidad o de sujetarse a la Ley que quisieran imponer los compradores (si se les presentan) a vender por menos precio sus efectos o a virtud de lo dispuesto a que salgan sus buques en lastre, circumstancias que no puede un comerciante.” Strangford an Cisneros, Rio, 23. Februar 1810 (AGI, Buenos Aires 589, No. 51).
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dass die Zeiten des Monopols und der kolonialen Abhängigkeit vorbei seien und die Selbstbestimmung am Río de la Plata nur Freihandel mit Großbritannien bedeuten könne. Auf die Intervention von Lord Strangford und der zunehmend protestierenden Kreolen hin konzedierte Cisneros kurzzeitig abermals die Konditionen vom 6. November 1809.48 Immerhin hatten sich in den vergangenen zwei Jahren die Einnahmen der Staatskasse verdreifacht.49 Gleichzeitig aber sanken die Preise, die spanischen Importe erlitten eine Entwertung, und die spanische Kaufmannschaft verzeichnete entsprechend große Verluste. Obwohl die Zolleinnahmen zwischen November 1809 und Februar des folgenden Jahres auf 400.000 Pesos gestiegen waren (Segreti 1978: 31), gaben die Monopolisten nicht auf. Sie warfen den britischen Kaufleuten vor, dass sie selbst die großzügigen angebotenen Erleichterungen nicht annehmen würden, weil die völlige Umgehung jeglicher Gesetze praktischer sei. Tatsächlich waren, wie die Kritiker sagten, die Schiffe der Engländer zu „oficinas comerciales” und „embajadas flotantes” geworden (Tjarks 1962b: 52). Der Cabildo und sogar der Consulado drängten nun die Regierung, Restriktionen gegen ausländische Kaufleute auszusprechen und die lokale Händlerschaft zu schützen.50 Proteste kamen auch aus Lima: Vizekönig José Fernando de Abascal teilte Cisneros in einem Brief vom 16. April 1810 mit, dass britische Waren nicht nach Peru verkauft werden dürften (Tjarks 1962a: 356). Das Verbot, Handel mit dem Landesinneren zu treiben, und die erneut drohende Ausweisung aller Ausländer51 zeigte in der Praxis keine Wirkung, da die Abhängigkeit von den britischen Kaufleuten angesichts der Schwäche der lokalen Handelsund Finanzstrukturen zu groß war. Cisneros befand sich also in einer ausweglosen Situation. Der Vizekönig wurde ab dem November 1809 weder von den Spaniern noch von den Kreolen unterstützt. Sein Dekret vom 6. November hatte die Vorherrschaft der Monopolisten beendet. Doch schließlich wurden auch die Befürworter des Freihandels von der wirtschaftlichen Übermacht der britischen Überseehändler überrollt. Buenos Aires war schon am Vorabend der Unabhängigkeit zu einem Ankerplatz für deren Welthandel geworden. Die britischen Kaufleute sorgten so vorläufig für die Integration von Buenos Aires in die atlantisch zentrierte Weltwirtschaft. Die gemeinsamen Interessen von Landbesitzern im Vizekönigreich und britischen Kaufleuten 48 AGN, Sala VII 7−1−3. 49 Tab. 1: Einnahmen und Ausgaben der Staatskasse des Vizekönigreichs Río de la Plata 1807−1809 Jahr Einnahmen (in Pesos) Ausgaben (in Pesos) 1807 2.047.248 3.372.709 1808 4.350.870 4.713.416 1809 6.283.867 4.013.616 Quelle: Street (1967: 153). 50 Protest des Consulado, 3. März 1810: „... los comerciantes ingleses, sin sujeción a un consignatario español, se hallan vendiendo con toda franqueza por mayor y menor como les acomoda. (...) abusando de la bondad con que se toleraba su residencia en esta capital se han avanzado hasta el extremo de haber establecido fábricas públicas de marquetas de sebo, barracaje de cueros y otras de esta clase” (AGN, Sala IX: 4−6−16, fol. 16 und fol. 10). 51 Cisneros an Strangford, Buenos Aires, 31. März 1810 (AGI, Buenos Aires 589, No. 51).
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lösten letztendlich das koloniale Regime auf. Die Reformen und Handelslockerungen hatten das lokale Wirtschaftsleben verändert, aber erst der von Außen kommende, katalysatorische Eingriff in Form einer militärischen und dann kommerziellen Invasion parallel zum Zeitpunkt des politischen Zusammenbruch des Mutterlands bedeutete, dass es von nun ab keine Rückkehr zum Status quo geben würde. Cisneros hatte in einer wirtschaftlichen Neuordnung den Ausweg aus der Verschuldung gesucht. Stattdessen wurde der 6. November 1809 zum ersten Schritt in Richtung des Ungehorsams gegen die Kolonialmacht. Eine lokale Notablenversammlung beschloss den provisorischen Freihandel mit Ausländern ohne Zustimmung der zentralen Autoritäten im Mutterland. Die wirtschaftliche Krise des alten Systems verschärfte sich, und dessen Zusammenbruch wurde beschleunigt.52 Am 22. Mai 1810 übernahm der Cabildo abierto die Funktion einer Übergangs- und Notregierung. Drei Tage später bildete die kreolische Elite in Buenos Aires eine Junta nach dem Vorbild der spanischen Interimsregierung in Cádiz und setzte den vom Mutterland kurz zuvor ernannten Vizekönig Cisneros ab. Die Junta war damit zum Exekutivorgan geworden. Einige Spanier, namentlich Katalanen und Basken wie Domingo Mattheu, Juan Larrea, Cornelio Saavedra und Juan Martín de Pueyrredón wechselten das Lager und schlossen sich den Liberalen und damit der Mai-Revolution an.53 Die wichtigsten Revolutionäre aber waren ausnahmslos Söhne von kreolischen Kaufleuten wie Miguel Azcuénaga, Gerónimo Lasala, Manuel Belgrano und Hipólito Vieytes. Sie trugen den Protest gegen Korruption, Bevorteilung der peninsulares, die hohe Steuerbelastung und die fehlenden Investitionen von Seiten der Krone (Socolow 1978: 135). Innerhalb weniger Jahre war die spanische Kolonialverwaltung zusammengebrochen, die Kirche war empfindlich geschwächt, Liniers und Cisneros waren gestürzt, und die spanische Elite war nach dem fehlgeschlagenem Coup unter der Führung von Manuel Álzaga im Januar 1809 entmachtet worden. Die politische und militärische Führung lag in den Händen der Kreolen. Den Handel allerdings dominierten die Briten. So taten auch die britischen Kaufleute in Buenos Aires Alles, was in ihrer Macht stand, um diese wirtschaftliche Überlegenheit beizubehalten. Am 1. Juni 1810 verfasste der Committee of British Merchants in Buenos Aires ein Glückwunschschreiben an die neue Junta unter dem Vorsitz von Cornelio Saavedra.54 Denn die Junta hatte inzwischen eine Gesandtschaft unter der Führung von Matías Irigoyen zusammengestellt, die London die Bereitschaft der Provincias Unidas, der Vereinten Provinzen Río de la Plata, zur Zusammenarbeit übermitteln sollte. Auch die britischen Kaufleute nahmen diese Chance wahr, um ihrer Regierung 52 In Übereinstimmung mit Lynch (1973: 49): „The economic emancipation of Buenos Aires was determined before its political emancipation began.” Siehe zuletzt auch Poensgen (1998: 18): „Der definitive Ruin des spanischen Kolonialhandels ging am Río de la Plata schließlich dem faktischen und juristischen Ende der Kolonialherrschaft voraus.” 53 Im Cabildo abierto von 1810 waren zu nur ca. 10% spanische comerciantes vertreten, da die Mehrheit vor so weitgehenden anti−spanischen Aktionen zurückschreckten (Socolow 1978: 135). 54 PRO, ADM 1/1807.
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deutlich zu machen, dass die Zeit gekommen sei, die Situation auszunutzen.55 Die Junta gab ihrerseits Irigoyen ein Empfehlungsschreiben an den britischen Außenminister mit, in dem sie ihrer Hoffnung auf Zusammenarbeit, Protektion und Anerkennung von Seiten der britischen Regierung Ausdruck verlieh. Zwar werde man Ferdinand treu bleiben, sollte dieser wieder den spanischen Thron besteigen, aber solange Spanien unter dem französischen Joch litt, müssten sich die Kolonien selbst helfen.56 Offiziell also erklärte sich die Junta der Vereinten Provinzen loyal gegenüber Ferdinand, die politische Entmachtung des amtierenden Vizekönigs aber war ein revolutionärer Schritt.
3.2. DIPLOMATISCHE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN VEREINTEN PROVINZEN UND GROßBRITANNIEN (1810−1825) Die Beziehungen zwischen Großbritannien und den Provincias Unidas charakterisierten sich in diesen frühen Jahren einerseits durch gegenseitige Kontaktaufnahme und andererseits durch diplomatische Unstimmigkeiten. Die junge Republik am Río de la Plata war um die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit bemüht, während Großbritannien politisch neutral zu bleiben wünschte. Dadurch, dass die Junta in Buenos Aires 1808 Ferdinand ihre Loyalität erklärt hatte, war ihr und der britischen Regierung in Frankreich ein gemeinsamer Feind erwachsen. Im Falle eines Konflikts zwischen Spanien und seinen Kolonien würde Großbritannien aber neutral bleiben und nur den Handel mit den Vereinten Provinzen unterstützen.57 Alle diplomatischen Beziehungen liefen während dieser Jahre indirekt und informell über Lord Strangford als Oberbefehlshaber der britischen Marine in Rio. Die Junta in Buenos Aires suchte das Gespräch mit Strangford als wichtigstem Repräsentanten der britischen Regierung in der Region. Neben Sklaven, Textilien und Lebensmitteln sollten die Briten nun auch Waffen importieren. Strangford akzeptierte die Junta als offiziellen Gesprächspartner und signalisierte sogleich die Bereitschaft von Seiten Londons, Handel zu treiben. Schließlich war er von seiner Regierung angewiesen, die Aktivitäten der britischen Kaufleute in der Region zu unterstützen und zu schützen. Allerdings konnten die von Buenos Aires erbetenen Waffenlieferungen angesichts des britisch-spanischen Freundschaftsvertrages nicht ausgeführt werden. Strangford empfahl deshalb, Kaufleute direkt zu kontaktieren (Street 1967: 136). Ansonsten beschränkte er sich darauf hinzu55 Unterschrieben von den Kaufleuten Alexander MacKinnon, Carleton Allsopp, Robert Staples, Thomas Smedley und Thomas Crockett, o. D. (PRO, ADM 1/1807). 56 PRO, ADM 1/1807. Lynch (1973: 53) interpretiert die Anerkennung der Souveränität Ferdinands nur als einen taktischen Schritt der Junta, um Spanien ruhig zu halten und um sich die Unterstützung Großbritanniens zu sichern. 57 „England quietly favoured the superation of the colonies from the mother country, finding her account in a direct and rapidly increasing trade; and the British merchants, by this time established in Buenos Ayres, began to exercise a beneficial though quite indirect influence over public affairs and public opinion” (Robertson 1843,II: 104−105).
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weisen, dass seine Regierung keine feindlichen Absichten hege und niemals ein dem Volk nicht genehmes Regime gewaltsam durchsetzen würde. Die Junta in Buenos Aires interpretierte dies als eine ihrer Unabhängigkeit wohlgesinnte Einstellung der britischen Regierung. Schon am 29. Mai 1810 reiste Matías de Irigoyen als Gesandter nach London und bemühte sich um die direkte diplomatische Kontaktaufnahme.58 Aber es kam nur zu einem mündlichen Austausch, denn London zog auf lange Sicht eine Taktik der diplomatischen Verzögerung und Vertröstung vor und sollte die offizielle Anerkennung für die nächsten 14 Jahre schuldig bleiben. Zugesagt wurden im Augenblick einzig die Vermittlung in einem möglichen Konflikt mit dem Mutterland und der Schutz gegen Frankreich. Waffen wurden nicht geliefert. Irigoyen sah sich schließlich gezwungen, britische Waffenschmuggler zu kontaktieren (Keen 1947: 81−82). Die britische Außenpolitik befand sich auf einer permanenten Gradwanderung, doch es gelang den Protagonisten immer wieder, ihr Ziel zu erreichen, ohne sich in einer bestimmten Richtung zu kompromittieren. Es war das Hauptinteresse Londons, die florierenden Wirtschaftsbeziehungen mit Buenos Aires aufrechtzuerhalten, ohne sich politisch festzulegen. Großbritannien wollte das Bündnis mit Spanien bestehen lassen, ohne selbst neue Verantwortung als Kolonialmacht zu übernehmen, aber auch ohne auf eigene Handelsanrechte zu verzichten.59 Lord Strangford blieb deshalb ohne genaue Instruktionen aus London. Die neue Regierung Perceval verfolgte seit Ende 1809 eine strikte Neutralitätspolitik. Nur der Staatssekretär im Außenministerium, Sir Arthur Wellesley, der spätere Herzog von Wellington, zeigte ein gewisses Interesse an Hispanoamerika. Während die Befürworter der Unabhängigkeit hingehalten wurden, bemühte sich Wellesley gegenüber Spanien, die britischen Ansprüche auf Handelsbeziehungen mit Venezuela und den Vereinten Provinzen aufrechtzuerhalten, selbst wenn diese Besitzungen die spanische Herrschaft endgültig abschütteln sollten. Großbritannien bliebe neutral, aber Spanien müsse akzeptieren, dass die Einnahmen aus dem Handel vonnöten seien, um Spanien auch künftig im Kampf gegen Frankreich unterstützen zu können.60 Die britische Regierung beschränkte sich deshalb nur darauf, die Junta in Buenos Aires wissen zu lassen, dass London bereit sei, eine diplomatische Mittlerrolle zu übernehmen.61 Diese Konstellation konnte aufrecht erhalten werden, wenn die Kaufleute ohne politische Einmischung der Regierung ihren Geschäften nachkamen. Ein Mindestmaß an Infrastruktur wurde durch den Einsatz eines mehr oder weniger regelmäßigen Postschiffverkehrs und den militärischen Schutz durch die Royal Navy vorgegeben. Ansonsten blieben die offiziellen diplomatischen Beziehungen ohne Männer wie Canning oder Castlereagh weitgehend paralysiert. Dieser Zustand hielt bis 1812 an. Solange waren die Kauf58 59 60 61
AGI, Buenos Aires 40. Castlereagh an Wellesley, 1. April 1812 (PRO, FO 72/204B, fol. 231−244). Wellesley an den britischen Botschafter in Madrid, 13. Juli 1810 (PRO, FO 72/93). „I propose Your Excelency the great offices and friendly interposition of the British Government, for the purpose of procuring an amicable adjustment of the differences now substituting between the Spaniards of both hemispheres.” Strangford an die Junta in Buenos Aires, 20. April 1811 (AGN, Sala IX 1−1−1).
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leute in Buenos Aires auf sich selbst gestellt. Aus dieser politischen Konstellation ergaben sich aber auch Vorteile. Sie konnten ihre Aktivitäten fortführen, denn der politische Status der Vereinten Provinzen war sekundär, solange Handel erlaubt war. Die meisten Kaufleute mussten kein diplomatisches Feingefühl beweisen oder auf politische Verpflichtungen Rücksicht nehmen. Es stand ihnen frei, sei es aus Eigeninteresse oder aus politischer Überzeugung, den Emanzipationsgedanken am Río de la Plata zu verbreiten und die Unabhängigkeitsbewegung zu unterstützen. Alexander MacKinnon machte sich als Führungspersönlichkeit62 innerhalb der britischen Kaufmannsgemeinde in Buenos Aires um die frühen inoffiziellen Verbindungen zwischen dem ehemaligen Vizekönigreich und Großbritannien verdient. Seine Überlegungen konzentrierten sich dabei auf die wirtschaftliche und politische Zukunft der jungen Republik und die Rolle der Briten. Er schrieb an einen Kollegen in London, dass der Handel am Río de la Plata von größtem Interesse sein werde, wenn das Schicksal des schon jetzt stark geschwächten Spaniens besiegelt sei. Dann sollte es Großbritannien nicht gleichgültig sein, wer den stärksten Einfluss in Südamerika ausüben werde. Deshalb sei jetzt der Zeitpunkt günstig, freundschaftliche Beziehungen auch auf staatlicher Ebene zu knüpfen und den Handel zu verstärken, solange die Briten als Verbündete geschätzt wurden.63 Als vorsichtiger Kaufmann erwog er aber auch den Fall, dass Spanien wieder Kontrolle über das Gebiet gewinnen könnte. Dann müsste gewährleistet werden, dass die britischen Kaufleute genügend Zeit hätten, um ihre Geschäfte zum Abschluss zu bringen, ihre Schulden zu kassieren und unter Mitnahme ihres Besitzes das Land zu verlassen.64 Zur selben Zeit warb Mariano Moreno, Verfasser der representación de los hacendados und Herausgeber der kreolisch und zunächst auch pro-britisch gesinnten Gaceta de Buenos Aires, bei der Junta um eine stärkere Annäherung an Großbritannien. Nach seinem politischen Scheitern schied er aus der Regierung aus 62 McKinnon war seit Sommer 1810 Präsident des Committee of British Merchants in Buenos Aires (PRO, FO 72/107). 63 „[Río de la Plata ] will become on long independent, and will in time make choice of their political connections, in a way neither pleasing nor promising to one country, if we overlook now to embrace their zealous desires & offers to form relations of amity & commerce with them, while they hold us in esteem.” Alexander MacKinnon an Alexander Geddes in London, o. D. [Frühjahr 1812] (BL, Wellesley Papers, Add. Ms. 37.292, fol. 305). 64 „In consequence of opening this trade we have paid the full duties on our immense importations − we have replenished their treasures & benefitted the Inhabitants by selling them for Reales what they formerly paid so many Dollars. If the Supreme Government in Spain disapproves of this intercourse of trade [with Britain], and if it has annulled the Laws which declare America to be an integral part of Spain & resolved on keeping this continent subject to the former oppression, the regular way would have been for the Spanish Government to have given notice to the British Ambassador that the trade with the Spanish Colonies in South America was to be discontinued from a given date forward and that so many months should be allowed to British subjects to recover debts & liquidate accounts & withdraw themselves & their property.” MacKinnon an Geddes, o. D. [Frühjahr 1812] (BL, Wellesley Papers, Add. Ms. 37.292, fol. 308).
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(Vogel 1992: 337) und begab sich mit einem an Staatssekretär Wellesley adressierten Empfehlungsschreiben aus der Hand von Alexander MacKinnon, der Morenos Bestrebungen für Handelserleichterungen tatkräftig unterstützte, als Gesandter nach London, um die politische Anerkennung der Junta durchzusetzen (Street 1967: 197). Mariano Moreno verstarb allerdings auf der Reise, so dass sein Bruder Manuel die Mission übernahm. Die offiziellen diplomatischen Gesandten trafen fast gleichzeitig mit denen Venezuelas, Andrés Bello, Simón Bolívar und Luis López Méndez, in London ein (Webster 1938,I: 138). Aber Wellesley und Außenminister Hamilton blieben dem neutralen Regierungskurs aufgrund der Verpflichtung Großbritanniens als Verbündeter und Vermittler zwischen Spanien und seinen abfallenden Kolonien treu, erklärten Waffenlieferung an die junge Republik für unmöglich und unterstrichen abermals das Interesse Londons an der Öffnung des Hafens von Buenos Aires. Dass die britische Regierung nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht war, wird darin deutlich, dass die argentinische Gesandtschaft abermals vertröstet, gleichzeitig aber dazu benutzt wurde, um der Junta die Zustimmung für die Ernennung eines britischen Konsuls in Buenos Aires abzuringen.65 Damit blieb die Herrschaft des Mutterlandes anerkannt, während Handelsvorteile ohne weitreichende politische Zugeständnisse gewahrt wurden. Aber Großbritanniens Vermittlungsangebot wurde sowohl von den Cortes in Cádiz am 16. Juli 1811 als auch von der Junta in Buenos Aires abgelehnt, was vorübergehend den Stillstand der gegenseitigen Beziehungen zur Folge hatte (Street 1967: 204). Die Berufung eines britischen Konsuls in Buenos Aires wurde zu einem langwierigen Problem. Als die Kaufleute in Buenos Aires selbst stärkere diplomatische Unterstützung von ihrer eigenen Regierung forderten, schien es zunächst, als würde London reagieren. Der Kaufmann Robert Staples wurde offiziell am 16. März 1811 von Seiner Britischen Majestät zu „our consul on the Banks of the River Plata” ernannt.66 Am 26. April beantragte die Regierung dafür in Madrid das Exequatur der spanischen Regierung.67 In einem Zusatz hieß es, dass dies keine Billigung oder gar Anerkennung der neuen Regierung in Buenos Aires bedeutete und London nur auf Schutz des Handels der eigenen Untertanen bedacht sei. Aber die spanischen Behörden lehnten mit Hinweis auf die immer noch gültigen Leyes de Indias ab und betonten in diesem Zusammenhang, dass keine ausländischen Schiffe in spanischen Häfen zugelassen seien.68 Robert Staples teilte Außenminister Castlereagh mit, dass er im Namen der britischen Kaufleute die Anerkennung seines neuen Status durch die Regierung in Buenos Aires durchzusetzen versuche.69 Am 28. März 1812 präsentierte Robert 65 Robert Staples, 26. April 1811 (PRO, FO 72/108, Nr.13). 66 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 97−105). Die Akte umfasst die Jahre 1812−1824. 67 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 97−98). 68 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 98). 69 Staples an Castlereagh, 15. Dezember 1811 (AGN, Sala VII 2−5−4).
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Staples der Junta de Gobierno in Buenos Aires sein „patent of appointment as His British Majesty’s Consul”,70 das aber von der Regierung in Buenos Aires im August abgelehnt wurde. Man sei erfreut über diese erste Kontaktaufnahme mit London, könne aber keine diplomatischen Vertreter anerkennen, solange noch gar keine diplomatischen Beziehungen formell aufgenommen worden seien. Diese Bedingung aber konnte London nicht akzeptieren, da Spanien die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Provincias Unidas als Anerkennung der Unabhängigkeit auffassen würde.71 Staples kehrte daraufhin am 2. April 1812 aus Protest nach London zurück. Bei sich trug er eine Petition der britischen Kaufleute in Buenos Aires, die nochmals auf die Einrichtung einer consulship drängten und sich hinter Staples stellen.72 Das Gesuch wurde auch von dem Londoner Handelshaus Hullet Brothers unterstützt.73 Diesem Handelshaus ging es vor allem darum, die zunehmende nordamerikanische Rivalität zu brechen.74 Gemeinsam mit den renommierten Londoner Kaufleuten O’Reilly, Young & Co sowie Robert McKerrell sandte John Hullet ein Memorandum über die prekäre Situation des britischen Handels in Buenos Aires an Castlereagh.75 Die Zurückhaltung der britischen Regierung sei unverständlich und der Freundlichkeit („manifest, decided and friendly attachment”), die den Engländern wie keiner anderen Nation am Río de la Plata entgegengebracht werde, abträglich. Dabei müssten doch gerade angesichts der bevorstehenden Trennung des ehemaligen Vizekönigreichs von Spanien die Konkurrenten USA und Frankreich aus dem Feld geschlagen werden. Die Regierung in Buenos Aires investiere angesichts der angespannten innen- und außenpolitischen Lage alle Gewinne in den Kauf von Waffen, und gerade nordamerikanische Kaufleute seien als Waffenhändler besonders gefragt. Der seit 1811 in Buenos Aires tätige US-Agent Joel Poinsett würde beständig anti-britische Propaganda betreiben und sogar in der eigenen Druckerei Agitationsblätter herstellen, in denen in Aussicht gestellt werde, dass die USA zur Anerkennung der argentinischen Unabhängigkeit bereit sei. Es sei für Großbritannien das höchste Gebot der Stunde, den Markt zu sichern, denn zu Friedenszeiten bestünden wieder beste Aussichten, britische Waren abzusetzen, da die Bevölkerung am Río de la Plata inzwischen an Qualität und günstige Preise gewöhnt seien und auch die Märkte in Chile und Peru von hier aus erreicht werden könnten.76 70 AGN, Sala IX 1−3−11. 71 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 97−105). 72 PRO, FO 72/157, fol. 114−115. Staples verfasste am 15. Juli 1812 in London seine Bewerbung und legte dieser die Petition der britischen Kaufleute bei (PRO, FO 72/157, fol. 112−113). 73 John Hullet an Staples, 21. August 1812 (PRO, FO 72/157, fol. 135−136). 74 „We conceive that the North American cannot rise in the scale of favour, without British interests sinking in the same proportion.” Hullet Bros. an Staples, 21. August 1812 (AGN, Sala VII 17−6−4). 75 Das Memorandum datiert vom 12. Juli 1812 (PRO, FO 72/157, fol. 98−101 sowie AGN, Sala VII 17−6−4). 76 PRO, FO 72/157, fol. 98−101 sowie AGN, Sala VII 17−6−4.
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Doch Castlereagh zeigte keine entschlossene Reaktion. Nachdem sowohl die spanische Regierung als auch die Junta in Buenos Aires eine ablehnende Haltung in dieser Angelegenheit an den Tag gelegt hatten, war auch für Großbritannien der Fall zunächst erledigt. Staples kassierte in London 1.200 Pfund Sterling auf Anweisung des Außenministeriums für seine Verluste und Unkosten, die ihm als „His Majesty’s consul” erwachsen waren, aber eine erneute Ernennung blieb aus. Er kehrte unverrichteter Dinge nach Buenos Aires zurück und nahm nach seiner Rückkehr dieselbe Stellung ein wie zuvor. Die Regierung in Buenos Aires nahm aber trotz seines inoffiziellen Status seine Dienste als Diplomat und Vermittler auf höchster Ebene in Anspruch und bat ihn, sich bei Lord Strangford in Rio für ein Empfehlungsschreiben für Belgrano und den späteren Präsidenten der ersten Republik, Rivadavia, die als Gesandte nach London reisen sollten, zu verwenden.77 Doch auch diese Mission wurde in London völlig ignoriert, Großbritannien blieb weiterhin passiv. Staples richtete sich am 13. April 1813 erneut brieflich an das Foreign Office und schlug vor, ihn zum „confidential agent of Government” in Buenos Aires zu ernennen.78 Außenminister Castlereagh aber reagierte wieder nicht, da er dort keinem Untertan der britischen Krone ein Amt mit politischer Funktion übertragen wollte. Mit Wissen und Unterstützung von Robert Staples wurde nun Manuel de Sarraeta als Gesandter zunächst nach Rio und dann nach London geschickt, um einen Freundschaftsvertrag vorzubereiten.79 In Regierungskreisen in Buenos Aires wurde sogar darüber nachgedacht, die Vereinten Provinzen Großbritannien als Kolonie anzubieten (Street 1967: 245−249). Ende des Jahres 1813 traf Sarraeta in London ein, um im Auftrag der Junta zunächst die Zusammenarbeit mit der britischen Regierung zu verstärken (Gallo 2001: 109−113). Hullet betreute ihn vor Ort. Die Regierung in London aber vertröstete den Gesandten bis zu seiner Abreise.80 Castlereagh war nur zu Gesprächen mit europäischen Nationen über Hispanoamerika bereit. Als die Provincias Unidas am 9. Juli 1816 ihre Unabhängigkeit ausriefen, reagierte London, indem es Strangford aus Rio abberief. Die englische Regierung stand unter dem Einfluss der politischen Situation in Europa. Der Wiener Kongress unter Metternichs Federführung hatte ein gänzlich antirevolutionäres Klima geschaffen. Nach dem Fortgang Strangfords waren die britischen Kaufleute die einzigen diplomatischen Vermittler zwischen London und Buenos Aires (Street 1967: 253). Die Regierung der Provincias Unidas fand schließlich einen Engländer, der sich als inoffizieller Vertreter ihrer Interessen in London einsetzte: William Walton, 77 Junta in Buenos Aires an Staples, 5. Dezember 1812 (AGN, Sala IX 1−3−11). Als Ferdinand den spanischen Thron bestieg, bemühten sich Belgrano und Rivadavia in London um Großbritanniens Vermittlung zwischen Buenos Aires und Madrid. Ferdinand könne als konstitutioneller Monarch anerkannt werden, wenn er im Gegenzug die Autonomie der Vereinten Provinzen zugestehe. 78 Staples wies auf diese Notwendigkeit hin wegen der „inconveniences from the frequent changes in the regulations affecting the commerce” (PRO, FO 72/157, fol. 164−165). 79 Instrucciones de Sarraeta, 19. November 1813 (AGN, Sala IX 2−1−1). 80 AGN, Sala IX 2−1−1.
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Experte für Hispanoamerika und ein glühender Anhänger der lateinamerikanischen Unabhängigkeit. Er war seit 1814 als Handelsagent mit diplomatischen Aufgaben in London für die Regierung der Vereinten Provinzen tätig. Sein Jahresgehalt von 1.500 Pfund Sterling wurde über das Handelshaus Hullet Bros. ausgezahlt. Als zu Beginn des Jahres 1818 mit Hinweis auf die seit längerer Zeit kritische Finanzlage der Regierung in Buenos Aires sein Gehalt vorübergehend eingestellt wurde,81 protestierte er mit Hinweis auf seine Schlüsselfunktion als Propagandaagent für die Freiheit Amerikas in Europa. Walton stand als Ratgeber in regem Austausch mit britischen Politikern und hatte in verschiedenen Londoner Zeitungen wie dem Morning Chronicle,82 dem British Review und dem Handelsblatt Public Ledger Artikel veröffentlicht, in denen er sich für eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Vereinten Provinzen aussprach.83 Indessen wurde Staples in einer offiziellen Stellungnahme vom 15. Juli 1816 von den Briten in Buenos Aires erneut als geeignete Person empfohlen, um die Gemeinde auf diplomatischer Ebene zu repräsentieren.84 Staples schickte das Schreiben an das Foreign Office, das erneut eine Antwort schuldig blieb. Im Oktober desselben Jahres lenkte die Junta in Buenos Aires ein und akzeptierte Staples als offiziellen Ansprechpartner für wirtschaftliche Belange britischer Staatsbürger.85 Gleichzeitig wurden inoffizielle Konsuln von Frankreich und den USA anerkannt.86 Außerdem hatte sich eine Kommission aus Buenos Aires unter der Führung von Manuel de Aguirre am 30. April 1817 auf den Weg nach Nordamerika gemacht, um Waffen und Munition zu kaufen.87 London sollte so unter Druck gesetzt werden. Aber das ermüdende Spiel ging weiter. Eine Antwort blieb aus, Staples griff am 2. Oktober 1818 zum wiederholten Male zur Feder und bat zum Schutz britischer Handelsinteressen in Buenos Aires um die „speedy expedition of [his] consular patent”.88 Zwar kam diesmal Antwort vom Außenministerium, aber sie fiel erneut negativ aus. Der Aachener Kongress von 1818 hatte inzwischen die europäische Neutralität bezüglich Hispanoamerikas beschlossen. Auf Betreiben Spaniens ver81 Außenminister Guillermo Tagle an Walton, 30. Juni 1817, Correspondencia Gran Bretaña (AGN, Sala IX 1−3−5). 82 Der Morning Chronicle war ein Propagandablatt für die Unabhängigkeit Hispanoamerikas. Der Herausgeber Santiago Perry hatte besonders der Regierung in Buenos Aires seiner Unterstützung zugesichert. Perry an Pueyrredón, 17. Januar 1818 (AGN, Sala IX 1−3−5). 83 Walton an Tagle, 27. Februar 1817, Correspondencia Gran Bretaña (AGN, Sala IX 1−3−5). 84 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 100). 85 „El gobierno general mira con mucha plasencia al considerable numero de subditos Britanicos que residen en estas posesiones para los obgetos de un comercio que deberá agrandarse a proposiciones que los ciudadanos de este estado sean felices y libres.” Junta an Staples, 19. Juli 1816 (PRO, FO 72/189, fol. 327). 86 Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres (PRO, FO 6/1, fol. 100 und 103). 87 Kontakte wurden unter anderem zu dem Handelshaus Darcy & Disdier in Baltimore geknüpft (AGN, Sala IX 2−1−1). 88 PRO, FO 72/227, fol. 225.
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bot London im folgenden Jahr per Gesetz die Teilnahme freiwilliger britischer Soldaten am südamerikanischen Freiheitskampf in den Armeen von San Martín und Bolívar. Außenminister Hamilton teilte Staples mit, dass sich die Regierung nicht imstande sehe, Kanäle der Kommunikation mit der Lokalregierung in Buenos Aires zu eröffnen, solange es keine formale Anerkennung gebe. Dasselbe gelte für Staples, der zwar inzwischen von den lokalen Autoritäten und der britischen Kaufmannschaft als Vermittler gebilligt und sogar geschätzt werde, aber doch nie in verbindlicher Form von beiden Seiten in einer repräsentativen Funktion anerkannt worden sei. Die britischen Kaufleute sollten sich zur Wahrung ihrer Interessen weiterhin an den Officer of His Majesty’s Naval Forces on that Station, also an Strangfords Nachfolger in Rio, Commodore Bowles, wenden.89 Der unermüdliche Staples unternahm einen weiteren Versuch und sandte Hamilton eine aktuelle Resolution der britischen Kaufleute in Buenos Aires, die einmal mehr die Eignung Staples als „best qualified to discharge the duties of British commercial agent” betonten.90 Diese Resolution war von den führenden Kaufleuten William Cartwright, James Brittain, W. G. Dickson, George Cochran und Thomas Fair ausgearbeitet und der Vollversammlung (general meeting) der britischen Kaufleute in Buenos Aires vorgelegt worden. Sie wurde einstimmig angenommen und trug die Unterschriften der wichtigsten britischen Kaufleute der Stadt wie Erwing Stewart, Richard und William Orr, Thomas Eastman, Robert Hilton, George MacFarlane, Richard Newton, Thomas Newton, William Robertson, James Barton, Joseph Watson, Sam Magners, MacKinley, W. Cope, John Watson, C. F. Bergman und Thomas Barton.91 Darin hieß es, der Handel der britischen Kaufleute sei derzeit besonders intensiv und weiter ansteigend, jährlich würden 13.−14.000 t britische Waren importiert und verkauft,92 so dass auch eine stabile politische Grundlage zwischen beiden Handelsnationen geschaffen werden müsse. Staples seinerseits pflege Umgang mit wichtigen lokalen Regierungsmitgliedern und habe sich besonders um die Befreiung britischer Untertanen von einer Zwangsanleihe an die lokale Regierung verdient gemacht. Commodore Bowles hingegen sei weder mit der lokalen Regierung noch mit Handelsangelegenheiten vertraut und seinen Gesuchen werde wenig Gewicht beigemessen, da er nicht kraft seines Amtes über die nötige diplomatische Autorität verfüge. Staples als Konsul hingegen wäre in der Lage, gute Beziehungen zur lokalen Regierung zu pflegen und die Missbräuche des Schmuggels, vor allem auf britischen Kriegsschiffen, einzudämmen.93 Schnelles Handeln sei dringlich. Doch das Außenministerium empfand diese Ausführungen nur als
89 Hamilton an Staples, 5. Januar 1819 (PRO, FO 72/227, fol. 226−227). 90 Staples an Hamilton, 3 Juni 1819 (PRO, FO 72/227, fol. 259−264) sowie Report and Resolutions of the Merchants at Buenos Aires, relative to the appointment of an commercial agent, 3. Juni 1819 (PRO, FO 72/227, fol. 267−272). 91 PRO, FO 72/227, fol. 272. 92 PRO, FO 72/227, fol. 263. 93 „The practise of embarking specie and bullion clandestinely is so general in all the Spanish colonies, that it is hardly looked upon as an abuse” (PRO, FO 72/227, 261).
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eine unangemessene Einflussnahme von Seiten der Kaufleute.94 Der Schriftverkehr mit dem Foreign Office brach ab. Auch Staples letztes Schreiben an Castlereagh vom 20. Juli 1820 blieb ohne Antwort. Staples verließ schließlich Buenos Aires und wurde Ende der zwanziger Jahre Konsul in Mexiko (Humphreys 1952: 122−123). Zum Durchbruch auf diplomatischer Ebene kam es erst nach dem Tod Castlereaghs unter Premierminister Canning. Die Einstellung Großbritannien zur argentinischen Unabhängigkeit änderte sich, als die Interessen Frankreichs und der USA am Río de la Plata zunahmen. Als die Franzosen im April 1823 erneut in Spanien einmarschierten − diesmal freilich, um die Restauration Ferdinands durchzusetzen − schien es London empfehlenswert, die Anerkennung der Vereinten Provinzen voranzutreiben, bevor Frankreich Nutzen aus der wiederhergestellten Freundschaft mit Spanien zog und bevor die Vereinigten Staaten ihre Handelsvorteile in Buenos Aires ausbauten. London war davon überzeugt, dass Spaniens Bemühen um die Wiedereingliederung der Kolonien in Hispanoamerika hoffnungslos blieb und keine internationalen Spannungen zu erwarten waren. Canning ließ deshalb am 9. Oktober 1823 den französischen Botschafter in London, Polignac, zu sich kommen. Ergebnis dieses Treffens war ein Memorandum, das einerseits die Restauration der spanischen Macht in Übersee für unmöglich erklärte und andererseits garantieren sollte, dass es keinerlei territoriale Einmischung von Frankreich und Großbritannien geben werde.95 Die britische und die französische Regierung betonten darin ihre strikte Neutralität und ihr Desinteresse an einer territorialen Expansion auf Kosten Spaniens; um so mehr Bedeutung wurde dem Handel beigemessen, weswegen die zügige Ernennung von Konsuln von besonderer Wichtigkeit war.96 Nur einen Tag später wurden die Instruktionen für den britischen Konsul in Buenos Aires verfasst. Der Konsul sollte über wirtschaftliche und juristische Kenntnisse des internationalen Handels sowie über Sprachkenntnisse verfügen. Regelmäßige Berichte über den Schiffsverkehr, halbjährliche Im- und Exportlisten sowie Anzeigen unerlaubten Sklavenhandels wurden erwartet. Seine Tätigkeit sollte keinerlei Einmischung in politische Auseinandersetzungen umfassen, soweit es sich dabei nicht um die konziliatorische Intervention in Konflikten von britischen Kaufleuten vor Ort handelte. Um sich über den argentinischen Binnenhandel zu informieren, sollte der Konsul Agenten in Handelszentren des Landesinnern ernennen.97 94 „... of improper influence on the parts of the merchants” (Memorandum respecting Mr. Staples and the Consulship of Buenos Ayres, PRO, FO 6/1, fol. 103). 95 Polignac-Memorandum vom 8. Oktober 1823: „... the British and French Government absolutely disclaimed, not only any desire of appropiating to Itself any portion of the Spanish Colonies, but any intention of forming any political connexion with them, beyond that of Amity and Commercial Intercourse” (PRO, FO 118/1, fol. 16). Nur wenige Wochen später wurde die Monroe-Doktrin verfasst. 96 Die ersten britischen Konsule in Hispanoamerika wurden von Canning im Dezember 1822 nach Veracruz, Maracaibo und Valparaíso entsandt (Franco 1965: 129). 97 General Instructions for H. M.’s Consul general for Buenos Aires, 10. Oktober 1823 (PRO, FO 354/1, fol. 33−46). Vgl. besonders die Artikel 3 und 4. Art. 3: „It will be the particular
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Doch vor der offiziellen Ernennung eines britischen Konsuls in Buenos Aires ließ das Londoner Außenministerium umfassende Informationen zur Wirtschaftslage einholen. Im Juli 1824 erschien ein ausführlicher Bericht über die Entwicklung des Handels am Río de la Plata in den vergangenen Jahren, der vom Board of Trade in Auftrag gegeben und von erfahrenen Kaufleuten in Buenos Aires erstellt worden war.98 Dieser Bericht zeichnete ein überaus positives Bild und zeigte in Großbritannien große Wirkung. Der Bericht des Board of Trade hatte zunächst die Exporte von Großbritannien nach Buenos Aires in den vergangenen Jahren zum Gegenstand. Nach einem rasanten Anstieg der Manufakturwaren im Wert von 311.657 Pfund Sterling im Jahre 1817 auf 548.689 bzw. 730.808 Pfund in den beiden folgenden Jahren sei ein Einbruch erfolgt, der sich durch die Unterbrechung der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Buenos Aires und Hochperu und Paraguay, Gebiete mit einer Bevölkerung von insgesamt 750.000 Menschen, erkläre. Ferner habe die Bedeutung von Montevideo weiter zugenommen, das inzwischen die Bewohner der Banda Oriental und Entre Ríos versorgte. Auch der Handel mit den Wirtschaftszentren im Binnenland wie Córdoba, Salta, Tucumán, Santiago del Estero, Rioja und Catamarca sei im Jahre 1820 teilweise unterbrochen gewesen. Seit 1821 sei wieder Ruhe und Frieden eingekehrt, Handel und Industrie hätten sich erholt. Inzwischen sei sogar die Landbevölkerung der Vereinten Provinzen so gut wie vollständig von britischen Manufakturen abhängig. Die Exportkaufleute in Großbritannien konzentrierten sich vor allem auf Textilwaren aus Wolle und Baumwolle (häufig Kattun),99 während die nordamerikanische Konkurrenz Mehl, Holz, Möbel, Teer sowie Importwaren aus China und Indien liefere; Kuba und Brasilien exportierten die üblichen Plantagenprodukte wie Zucker, Rum, Reis, Kaffee, Tabak und Yerba maté (anstelle von Paraguay); spanische und andere mediterrane Produkte wie Oliven, Öl, Wein und Branntwein würden ausschließduty of the Consul general in the first instance to become conversant with the principles and the laws upon which the trade and the navigation of the United Kingdom with Foreign Parts are carried on − with those branches of trade, especially British and Irish trade, which prevail within the ports of his consularship − with the language, and general municipal laws of the country where he resides, more especially such laws as have any connection with the trade between two countries − and with the several regulations by which the conduct of H. M.’s consuls in special cases is guided and governed.” Art. 4: „... support and further the lawful trade and trading interests of the United Kingdom. (...) to prevent the export or import of any prohibited articles, so that he may admonish all British subjects against carrying on an illicit commerce, and discourage by all proper means in his power such proceedings to the detriment of the revenues.” 98 Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 29. Juli 1824 (PRO, BT 6/32). Der Bericht ist unterzeichnet von R. Montgomery (chairman), James Brittain, P. Robertson, P. Sheridan, W. McCracken, J. Watson und D. Daguid. 99 Die 1819 nach Buenos Aires importierten Waren im Wert von 730.808 Pfund Sterling bestanden zum größten Teil aus Baumwollmanufakturen (333.299 Pfund) und Wollmanufakturen (227.986 Pfund), zu einem nur geringen Teil aus Tonwaren, Besteck und Lebensmitteln sowie nicht weiter spezifizierten „kontinentaleuropäischen Waren” im Wert von 16.385 Pfund (PRO, BT 6/32).
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lich über englische Agenten in Gibraltar und auf englischen Schiffen nach Buenos Aires transportiert werden. Frankreich exportiere zusätzlich feine Textilien wie Seide und Cambrais, die Niederlande Leinen und Glas. Bedenklich sei allein die Konkurrenz der deutschen Textilindustrie. Seit 1821 befinde sich ein Agent der „Rhine Manufacturing Company” in Buenos Aires. Das wirtschaftsliberale System der Regierung unter Präsident Rivadavia begünstige jedoch die Briten zusätzlich. Deshalb sei die Ernennung eines Konsuls in Buenos Aires wichtig, aber auch in Paraguay und Potosí wünschenswert. Buenos Aires exportiere vor allem Häute nach Europa. Der außergewöhnlich florierende Seehandel mit Buenos Aires werde von Großbritannien, den USA und Brasilien beherrscht, wohingegen sich die kleinen argentinischen Schiffe auf die Küstenschifffahrt beschränkten. Trotz der langen Krise des Binnenhandels bestünde Optimismus für die Zukunft, es gelte aber schnell zu handeln, um sich gegen die internationale Konkurrenz durchzusetzen: „The course of events must necessarily soon call into action the great resources of the surrounding Countries; and whenever they are left to their own free operation, the trade of this City will in all probability assume a magnitude and importance alltogether uncontemplated in its present narrow sphere of action [...]. The trade of Buenos Aires has been gradually increasing in importance since it was thrown open to the general competition of European nations; that it is now in a flourishing state considering all the drawbacks it has suffered from the country’s long continuance in a state of revolution and a want of unanimity, and general intercourse between the provinces and in conclusion that when once political order and stability are restored, and the country consolidated in a general union, the trade of the River Plate will be found susceptible of an immense extension and must ultimately prove of very great importance to the commercial interests of Great Britain.”100
Der Bericht zeigte seine Wirkung und legte endlich den Grundstein für die Ernennung eines britischen Konsuls in Buenos Aires. Woodbine Parish wurde am 6. April 1825 von Präsident Rivadavia zum Cónsul General de Su Magestad Británica en Buenos Aires und einen Tag später John Hullet zum Cónsul General del Gobierno de Buenos Aires en la Gran Bretaña ernannt.101 Parish wurde daraufhin am 24. Mai 1825 auch von Canning zum britischen Handelsbeauftragten für den Río de la Plata berufen und trat im August desselben Jahres sein Amt in Buenos Aires an. Das Polignac-Canning-Memorandum wurde durch Konsul Woodbine Parish der Regierung in Buenos Aires übergeben.102 Seine erste Amtshandlung war die Einrichtung eines monatlichen Postschiffverkehrs (paquetes de Su Magestad Británica/King’s packets).103 Damit war die offizielle Einbindung von Buenos Aires in das transatlantische Kommunikationsnetz der Briten eingeleitet.
100 Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 1824 (PRO, BT 6/32). 101 PRO, FO 6/3, fol. 37−38 sowie AGN, Sala IX 1−3−11. Zu Parishs Vizekonsuln wurden die Herren Griffith und Pousset ernannt (Englishman 1825: 62). 102 AGN, Sala IX 1−3−11. 103 Ein Postschiffverkehr verband bereits seit 1812 Falmouth und Rio de Janeiro (Albion 1951: 365).
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Das erste Postschiff erreichte den Hafen der Stadt bereits am 8. Juni.104 Parish richtete außerdem einen wöchentlichen Postdienst zwischen Buenos Aires, Mendoza und Santiago de Chile ein (Williams 1935: 56). Aus dem von nun an regelmäßigen Schriftverkehr mit dem Außenministerium unter Leitung von Canning gehen die weiteren Aktivitäten des Konsuls in Buenos Aires hervor. Er sandte detaillierte Berichte über die regelmäßigen Gespräche mit Rivadavia, hielt seine Regierung über den Stand der Verhandlungen zwischen Argentinien und Spanien auf dem Laufenden und übermittelte Petitionen der britischen Kaufleute in Buenos Aires. Nachrichten aus Peru waren ebenso Gegenstand seiner Briefe wie Zolltarife, innenpolitische Ereignisse und Fragen betreffs der Anglikanischen Kirche.105 Der Bericht des Board of Trade und die Arbeit von Parish beschleunigten die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen. Es wurde zur wichtigsten Aufgabe Parishs, einen Entwurf für den gegenseitigen Freundschaftsvertrag auszuarbeiten, der − kurz nach dem Sieg Sucres in Ayacucho − am 2. Februar 1825 Außenminister Manuel José García vorlegt wurde.106 Zweck des Vertrags war es, die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen verbindlich festzulegen. Dies bedeutete den Freihandel zwischen beiden Nationen: „Reciprocal freedom of commerce − The Inhabitants of the two Countries, respectively, shall have liberty freely and securely to come with their ships and cargos to all such places, ports, rivers, in the territories aforesaid, to which other foreigners are, or may be, permitted to come − to enter into the same, to remain and reside in any part of the said territories respectively. Also to hire and occupy Houses and Warehouses for the purposes of their commerce. The merchants and traders shall enjoy the most complete protection and security for their commerce, subject always to the laws and statutes of the two countries respectively. All merchants, commanders of ships and others, the subjects of His Britannick Majesty, shall have full liberty, in all the territories, to manage their own affairs themselves, or to commit them to the management of whomever they please, as broker, factor, agent, or interpreter; nor shall they be obliged to employ any other persons for those purposes nor to pay them any salary or remuneration...”107
Die Regelung vom 6. November 1809 war damit aufgehoben. Zölle auf Produkte und Manufakturwaren wurden strikt und beiderseits verbindlich festgelegt. Der Triumph für den britischen Handel war erreicht. Die diplomatische Anerkennung 1825 leitete eine neue Welle von Firmengründungen in den Bereichen Handel, Bergbau, Eisenbahnbau, Gasversorgung und auf dem Versicherungssektor ein (Humphreys 1952: 139). Briten erhielten die Erlaubnis, Grundbesitz zu erwerben und über privaten Besitz zu verfügen. Sie genossen die Privilegien und Rechte einer „most favoured nation.” Dies beinhaltete die Ernennung von Konsuln, Gewissens- und Religionsfreiheit für Anglikaner einschließlich der und die Erlaubnis 104 AGN, Sala IX 1−3−11. 105 PRO, FO 354/3, fol. 6−8. Präsident Rosas verlieh Parish am 16. Juli 1839 das Bürgerrecht der Argentinischen Republik (PRO, FO 354/9, fol. 8). 106 PRO, FO 6/2, fol. 33−48. 107 PRO, FO 6/2, fol. 35−36.
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zum Bau eigner Kirchen und Kapellen. 1820 war bereits mit stillschweigender Duldung der Stadtverwaltung der erste protestantische Friedhof für die „residentes británicos” geweiht worden (Koerner 1967: 41). Nun wurde mit dem Bau von St. John’s Cathedral begonnen, die der Kirche von England als consular chaplaincy direkt untergeordnet war. Allerdings musste gemäß dem Freundschaftsvertrag die Hochzeit zwischen einem Engländer und einer Kreolin nach katholischer Zeremonie begangen werden (Englishman 1825: 66). 1833 wurde in Buenos Aires die erste schottische Presbyteriergemeinde gegründet (Dodds 1897: 3−5). Seit dem Vertrag von 1825, der den Schutz und die Privilegien der Briten in Buenos Aires garantierte, war auch kein Bedürfnis mehr vorhanden, die Staatsangehörigkeit zu wechseln. Militärdienst musste nach anfänglichen Streitigkeiten mit der argentinischen Regierung nicht geleistet werden. Im April 1821 war der Regierung in Buenos Aires ein Protestschreiben der ausländischen Bewohner der Stadt gegen den sogenannten „acto de alistación extrangera” übergeben worden. Erst 1825 ließ die Regierung von ihrer Forderung ab, dass Ausländer in den milicias Dienst leisten sollten.108 Ausnahmefälle betrafen Ausländer, die in argentinische Familien einheirateten. Sie waren damit militärpflichtig und mussten zustimmen, dass ihre Kinder katholisch erzogen würden (Reber 1979: 47), so dass diese in zweiter Generation meist in der argentinischen Gesellschaft aufgingen.109 Im Kriegsfall würden die Rechte der Untertanen des anderen Landes weiterhin respektiert werden. Beteiligung an Sklavenhandel und Schmuggelaktivitäten war beiden Ländern verboten. Schon in den Jahren vor der Verabschiedung der Konstitution von 1819 hatte Rivadavias Vorgänger Pueyrredón versucht, durch Zollsenkungen die Zusammenarbeit mit den britischen Kaufleuten zu stärken und damit den Kontakt zur britischen Regierung zu intensivieren. Doch erst Rivadavia selbst gelang es, durch seine liberale Wirtschaftspolitik verstärkt ausländisches Kapital und Arbeitskräfte anzuziehen, den Freundschaftsvertrag mit Großbritannien durchzusetzen und so London die diplomatische Anerkennung der Unabhängigkeit des einstigen Vizekönigreiches Río de la Plata abzuringen.110
108 AGN (1941: 687−691; 697). 109 Vermögende Porteños schickten in diesen Jahren ihre Kinder gern zur Erziehung nach England, vornehmlich auf das renommierte Stonyhurst College in Liverpool (Englishman 1825: 144). 110 MacLean (1995: 9) räumt zu Recht ein, dass der Vertrag von 1825 nur anerkannte, was schon vorher an Verbindungen bestand. Vgl. ebenso Lynch (1973: 74).
4. BRITISCHE KAUFLEUTE AM RÍO DE LA PLATA (1808−1825) „There are few places in the world where there has always been such a frank intercourse between the people of the country and foreigners at large, but more especially Englishmen, as at Buenos Ayres, since it became the capital of an independent state. Differing in language, in religion, in habits, customs, education, there has always been some magic influence exercised over the minds of both parties which has obliterated these strong distinctive features which often draw an almost insuperable barrier between two nations bringing the South Americans and English into a close contact as if they belonged to one and the same family. By high and low, rich and poor, the English have been invariably well treated and received, even in the midst of many vagaries, peculiarities & aberrations which to the South Americans must have appeared, to say the least of it, extravagant.” John Parish Robertson (1843,II: 277−278)
4.1. DIE EINHEIMISCHE KAUFMANNSCHAFT IN BUENOS AIRES Die Kaufmannschaft von Buenos Aires war keine einheitliche Schicht oder soziale Klasse. Die Konkurrenz zwischen spanischen und kreolischen Kaufleuten hatte diese Berufsgruppe sowohl sozial als auch wirtschaftlich in zwei Lager geteilt. Seitdem Buenos Aires zur Hauptstadt des Vizekönigreiches Río de la Plata und zum offiziellen Hafen für die Verschiffung des peruanischen Silbers nach Spanien geworden war, hatte nur ein Teil der Kaufleute davon profitiert. Vor allem privilegierte Spanier stützten das staatliche Monopol von Cádiz, während die Mehrheit der Kreolen weiterreichende Maßnahmen zur Öffnung des Handels forderte. Sowohl die Kaufleute in Cádiz als auch die Kundschaft auf den Binnenmärkten des Vizekönigreichs waren von der Vermittlungsfunktion der spanischen comerciantes in Buenos Aires abhängig. Handel wurde in Buenos Aires mit Routine, aber ohne große Dynamik getrieben. Der Markt für europäische Importe war wegen der hohen Preise begrenzt, und die Importeure sahen zu, ihre hohen Profite sicherzustellen, indem sie Waren nur in überschaubarem Maße einführten. Sie kontrollierten in Buenos Aires Mengen und Preise und damit die Märkte des gesamten Vizekönigreichs, während die Kaufleute im Binnenland nur lokale Agenten blieben (Socolow 1978: 9). Die meisten spanischen Kaufleute waren in jungen Jahren nach Buenos Aires gelangt, um sich hier beruflich zu profilieren. Sie wurden von den Perspektiven der Neuen Welt, die schnellen Reichtum und sozialen Aufstieg versprachen, angelockt. Die von Socolow (1978) untersuchte Gruppe der spanischen Überseekaufleute in Buenos Aires war fast ausnahmslos zwischen 1750 und 1765 an den Río de la Plata gekommen, um vom Handel mit der aufstrebenden Region zu profitieren. Diese Kaufleute begannen ihre Karriere meist als auszubildende Angestellte oder Kommissionäre eines Handelshauses, ehe sie auf Eigeninitiative ihre geschäftlichen Aktivitäten auszuweiten und sich schließlich selbständig zu machen
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versuchten. Strategien wie Heiratspolitik (Navarro Floria 1999: 117−119) und der Aufbau von Familiennetzwerken1 spielten dabei eine ebenso elementare Rolle wie die soziale Einbindung durch das Bekleiden öffentlicher Ämter in Politik, Militär und Kirche (Kizca 1983: 13). Die Kaufmannsgemeinde von Buenos Aires wuchs im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Nach dem Zensus von 1738 gab es in diesem Jahr nur 75 Kaufleute in der Stadt, davon waren 18 comerciantes, die sich vornehmlich dem Handel mit Spanien widmeten; 1744 lebten bereits 222 und 1778 653 Kaufleute in der Stadt, von denen inzwischen 145 spanische comerciantes waren (Socolow 1978: 15−16). Um 1800 gab es 180 Großkaufleute, die Überseehandel trieben, 600 Einzelhandelskaufleute und 700 Ladenbesitzer (Brown 1979: 32). Durch die Einwanderung von Galiciern und vor allem Basken, deren Immigration von der baskischen Compañía de Buenos Aires gefördert wurde, hatten sich einzelne Familienclans nordspanischer Herkunft gebildet (Poensgen 1998: 23). Diese ethnisch geprägte Fraktion hatte sich innerhalb der Kaufmannschaft wie auch der weißen Bevölkerung im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einer überaus einflussreichen Gruppe entwickelt. Nach der Gründung des Vizekönigreichs begannen viele Kaufleute, die sich durch die koloniale Gesetzgebung in der Entfaltung ihrer beruflichen Aktivitäten behindert sahen, auf die Lockerung des Monopols zu drängen (Gallo 1994: 15). Die Notwendigkeit, die schnell wachsende Bevölkerung des Verwaltungs- und Handelszentrum Buenos Aires zu versorgen, ließ einen neuen Kern führender Kaufleute entstehen. Wichtige Persönlichkeiten der spanischen Kaufmannschaft waren die Basken Manuel de Anchorena, Martín de Álzaga, Gaspar de Santa Coloma, Juan de Alsina und Miguel Fernández de Agüero, die Familien der Vasconavarros Lezica, Beláustegui und Azcuénaga, die Katalanen Juan Lasala und Domingo Mateu sowie die Galicier Llavallol und Rivadavia. Sie alle waren zunächst als consignatarios spanischer Handelshäuser in Cádiz tätig gewesen, hatten ihre Position im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auszubauen vermocht und strebten nun nach der wirtschaftlichen Hegemonie im Vizekönigreich. So protestierten 1780 einige Spanier gegen Steuern, die sie auf dem Weg nach Potosí für Textilwaren entrichten mussten, nachdem doch der reglamento de comercio libre in Kraft sei.2 Aber die Steuern wurden bis zum Ende der Kolonialzeit erhoben.3 Angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung forderten spanische Kaufleute von der Krone die Anerkennung ihrer gesellschaftlichen Stellung durch politische Privilegien. So wurde ihnen am Ende des Jahrhunderts gestattet, clubartige Organisationen nach landsmannschaftlichen Ordnung wie die baskischen und navarresischen Sociedades de Amigos de País zu gründen (Socolow 1978: 111). Das Phänomen der Landsmannschaft war von ebenso großer Bedeutung wie die familiäre Bindung. Familien aus derselben Region heirateten untereinander. Fast grundsätz1 2 3
Vgl. Kizca (1983), Kuznesof/Oppenheimer (1985) und Balmori (1985). Joaquin Pintos, Gaspar de Santa Coloma und Antonio de Gardeazabal an Vizekönig Cevallos, 24. Januar 1780 (AGN, Sala IX 30−9−5, Hacienda/Comerciales). Protest von Kaufleuten aus La Plata, 28. April 1804 (AGN, Sala IX 34−6−1).
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lich wurden Landsleute als Vertrauenspersonen, Bevollmächtigte, Trauzeugen, Taufpaten und Bürgen eingesetzt, wenn nicht Verwandte zur Verfügung standen. Über die Hälfte seiner Geschäftskontakte unterhielt der Baske Juan Esteban Anchorena zu Freunden und Landsleuten aus Nordostspanien (Poensgen 1998: 379). Erst nach der Revolution fand die Identifikation mit der spanischen Heimatregion ein Ende, man war nun porteño in Abgrenzung von den zugereisten Spaniern, die jetzt europeos genannt wurden (Poensgen 1998: 385). Der erfolgreiche Überseekaufmann lebte in den größten, mit luxuriösen Importmöbeln eingerichteten Häusern in den besseren Vierteln der Stadt und hielt üblicherweise Sklaven als Bedienstete. Die teure, elegante Kleidung richtete sich nach spanischem Vorbild. Überhaupt wurde gern in einen von Komfort bis hin zur Opulenz geprägten Lebensstil investiert. Der Kaufmann dieser Zeit strebte im Allgemeinen nach unmittelbarem Gewinn. Über das weltpolitische Geschehen und die aktuelle Wirtschaftslage informierte man sich aus gacetas4 sowie aus Briefen und Berichten anderer Kaufleute. Waren wurden zu Tiefstpreisen gekauft und nur bei schlechter Nachfrage in der Hoffnung auf bessere Zeiten eingelagert. Angesichts der geringen wirtschaftlichen Dynamik am Río de la Plata in den Jahrzehnten vor der Gründung des Vizekönigreichs beschränkten sich die Händler auf den Austausch von europäischen Manufakturwaren gegen Bargeld und Edelmetalle. Die Förderung der Produktion durch bessere Zahlung an Landbesitzer und Risiken wie eigene Investitionen etwa in die Viehwirtschaft wurden gemieden. Investiert wurde allenfalls in Pfründen (capellanías) und städtischen Besitz, im Vergleich zu Mexiko-Stadt oder Lima weniger in Landbesitz (Socolow 1978: 65). Kapitalakkumulation war im Übrigen nur begrenzt möglich, da das meiste Geld nach Cádiz abfloss (Halperín Donghi 1972b: 45). Nachdem Buenos Aires zur Hauptstadt des Virreinato geworden war, übernahm der comerciante zunehmend auch andere Funktionen als Geldverleiher und Investor (Socolow 1978: 54). Angesichts der häufig herrschenden Knappheit an flüssigem Kapital wurde stets viel Tauschhandel getrieben. Die Kaufleute bedienten sich vornehmlich einfacher Kreditpraktiken in Form von Warenkrediten (crédito de venta, venta al fiado), Schuldscheinen und Wechseln (escrituras, obligaciones, libranzas). Vor allem an jüngst aus Spanien angekommene, sich noch etablierende Kaufleute wurden Kredite vergeben.5 Diese gehörten nicht zur Gruppe der alten peninsulares, deren Hilfe die Neuankömmlinge bedurften. Denn die etablierten Kaufleute im Vizekönigreich waren noch am ehesten in Besitz von Bargeld oder hatten zumindest gute Beziehungen, da verschwägerte Familien untereinander oft zinsfreie Kredite gaben (Socolow 1978: 157). Es waren auch Kaufleute in Buenos Aires, die das beschlagnahmte Land der vertriebenen Jesuiten
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Wichtige Zeitungen wie der Telégrafo Mercantil (1801−02), der Semanario de Agricultura, Industria y Comercio (1802−07) und der Correo de Comercio (1810−11) entstanden allerdings erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der durchschnittliche Jahreszins lag bei 6 % (Halperín Donghi 1972b: 44; Socolow 1978: 66).
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verwalteten und damit auch den Maté-Handel in Paraguay übernahmen (Rock 1985: 61). Der comerciante arbeitete entweder als selbständiger, unabhängiger Kaufmann oder aber als Handelspartner in einer Personengesellschaft (compañía) mit anderen Kaufleuten, die ebenfalls in Buenos Aires, in Cádiz oder in anderen Handelszentren des Kolonialreichs saßen. Den Personengesellschaften war meist eine kurze Zeitspanne beschieden, die spätestens mit der Berufsaufgabe eines Partners endete. Häufig wurden solche Gesellschaften nur zur Abwicklung eines einzigen größeren Geschäfts gegründet. Am Ende des 18. Jahrhunderts existierte in Buenos Aires nur eine sociedad colectiva, in der mehr als nur zwei nicht verwandte Kaufleute ihr Kapital und ihre Geschäfte zusammenlegten (Socolow 1978: 57). Die Geschäftsgrundlage der Personengesellschaft beruhte auf persönlichem Kontakt. Eine weitere Variante bestand darin, als Agent oder eines spanisches Hauses mit Beteiligung bzw. Vergütung auf Kommissionsbasis tätig zu sein. Ein factor oder asentista konnte auch direkter Handelspartner der Krone sein, etwa für den Verkauf von Sklaven, von Waffen, Textilien oder Lebensmittel für die Armee oder für den Transport von Edelmetallen. Aktiengesellschaften waren so gut wie unbekannt. Die erste Aktiengesellschaft in Buenos Aires wurde 1796 ins Leben gerufen. Sie hieß „La confianza” und war eine von Briten gegründete Seeversicherungsgesellschaft (Mariluz Urquijo 1965: 35). Eine starke Beteiligung am religiösen Leben und an karitativen Projekten war innerhalb der kolonialen Gesellschaft von großer Wichtigkeit. Der Beitritt zu einer Bruderschaft (hermandad, cofradía) und das Auftreten als Förderer für den Bau von Kirchen, Waisenhäuser und Krankenheimen verliehen einem Kaufmann soziales Prestige. Eine beliebte Demonstration des eigenen sozialen Status war das Tragen der königlichen Standarte bei Stadt- und Patronatsfesten. Verbreitet war auch die ehrenamtliche Betätigung, etwa als familiar der Inquisition oder auch als Schatzmeister (tesorero, síndico) eines religiösen Ordens, da ein Kaufmann für die Verwaltung von Geldern prädestiniert war. Die von der Religion geprägten sozialen Verpflichtungen des etablierten Kaufmanns des späten 18. Jahrhunderts waren identisch mit denen seiner Kollegen der frühen Kolonialzeit (Böttcher 1997: 197−198). Eine geringe historische Kontinuität dagegen ist beim Bekleiden militärischer Ämter festzustellen. Militärische Aufgaben wurden von den einflussreicheren Kaufleuten in Buenos Aires als lästig empfunden. Allenfalls wurde Hilfe bei der Finanzierung der Verteidigungsanlagen in der Hoffnung geleistet, dass dafür die Steuern nicht erhoben wurden. Während an anderen Orten des spanischen Kolonialreichs Kaufleute den Zugang zu den freiwilligen Milizen als Ehre empfanden und stolz ihren Dienst als Offiziere leisteten, versuchten sich ihre Kollegen in Buenos Aires davon zu befreien. Ihr Antrag wurde abgelehnt, aber es wurde als Lockmittel ein standesgemäßes eigenes Batallón de Milicias Urbanas del Cuerpo de Comercio geschaffen (Socolow 1978: 114−116). Viele Kaufleute waren im Besitz von Werken der spanischen Wirtschaftstheoretiker des 18. Jahrhunderts. Gelesen wurden vor allem Autoren wie Uztáriz, Feijoo und Campillo y Cosío, die das staatliche Handelsmonopl diskutierten (Soco-
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low 1978: 81). Jerónimo de Uztáriz forderte in seiner 1724 erschienenen Teoría y práctica del comercio y de la marina mehr Privatinitiative und Senkung der Steuern und Zölle innerhalb des Imperiums nach englischem Vorbild. Der Staat solle den Handel schützen, die Handelsmarine ausbauen und die Kriegsmarine stärken. Benito Jerónimo Feijoo (Teatro crítico universal 1724), Bernardo Ulloa (Restablecimiento de las fábricas, tráfico y comercio marítimo de España 1740), Antonio de Ulloa/Jorge Juan (Relación histórica del viage a la América meridional 1748) und Joseph del Campillo y Cosío (Nuevo sistema de gobierno económico para la América6) nahmen diese Ideen auf und forderten darüber hinaus die Aufhebung des Monopolsystems (Stein 2000: 203−217). Erst zu Beginn des neuen Jahrhunderts entstanden in Buenos Aires die ersten Geheimgesellschaften, in denen auch Schriften europäischer Aufklärer wie Voltaire, Diderot, Adam Smith und Jovellanos zirkulierten. Vor den Hintergrund der zunehmenden englischen Präsenz am Río de la Plata kam es zur Gründung von freimaurerischen Organisationen, in denen revolutionäres Gedankengut diskutiert wurde (Halperin Donghi 1972a: 141). Die erste Loge in Buenos Aires wurde 1804 von einem portugiesischen Kaufmann gegründet, die ersten englischen Logen, Estrella del Sur7 und Hijos de Hiram, folgten unmittelbar der Invasion von 1806; Versammlungsort war das vornehmlich von Engländern frequentierte Lokal Los Tres Reyes (Canter 1942: 30, 133). Die Einweihung der Sociedad Patriótica erfolgte am 13. Januar 1812 in der Casa del Consulado, dem Sitz des liberalen Bürgertums von Buenos Aires (Canter 1942: 138). Die Rückkehr von José de San Martín, Matías Zapiola und Carlos María de Alvear im März 1812 aus Spanien bedeutete einen weiteren Einschnitt. Die genannten Heimkehrer waren nach ihrem Kampf gegen Napoleon über London gereist, wo sie Kontakt zu Andrés Bello und Francisco de Miranda aufnahmen, welche ihrerseits Umgang mit Freimaurern pflegten.8 Dies führte zur Gründung der Loge Láutaro in Buenos Aires, die zum Sinnbild der Unabhängigkeit der Vereinten Provinzen werden sollte. Die kreolische Führungsschicht bestand aus alteingesessenen Familien, die schon seit Generationen in Buenos Aires lebten, und denjenigen, die erst in zweiter Generation dort ansässig waren. Ihnen allen war anfangs die Forderung nach der Liberalisierung des Handels gemein. Handel war vor der Gründung des Vizekönigreichs wichtiger als Viehzucht. Um die Mitte des 18. Jahrhundert existierten noch keine großen estancia-Betriebe, sondern meist nur Minifundien, die nur wenige Familien ernährten und häufig von Indianerüberfällen bedroht waren. Die kreolischen Kaufleute machten in der spätkolonialen Epoche ihre Profite weniger mit dem Export von Viehzuchtprodukten der Region (frutos de tierra), die nur ungefähr ein Fünftel der Exportwaren des Vizekönigreichs ausmachten, sondern vielmehr mit dem Import von Manufakturwaren für einen Konsummarkt, der sich bis nach Santiago de Chile und Potosí erstreckte (Lynch 1973: 45). Daher bemüh6 7 8
Erschienen 1789, verfasst aber bereits Mitte der vierziger Jahre (Stein 2000: 222). Mitglieder waren die Kollaborateure der Briten, Saturnino Rodríguez Peña und Manuel Aniceto Padilla, die 1806 Beresford zur Flucht verholfen hatten (Street 1967: 49). Alvear am Mérida, 28. Oktober 1811 (AGI, Estado 69).
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ten sich vor allem die kreolischen Konkurrenten der gaditanos, wie die Spanier in Buenos Aires auch genannt wurden, zu dieser Zeit um alternative Handelskontakte nach Brasilien, Kuba, Nordamerika und Europa. Sie drängten gemeinsam mit den Landbesitzern auf die Abschaffung des Monopols. Die etablierten spanischen Kaufleute, die meistens auch Ladenbesitzer (mercaderes de tienda) waren, opponierten dagegen und übergaben dem Gouverneur von Buenos Aires 1773 ein Protestschreiben, in dem sie die „notabilísima decadencia” des Handels der Stadt beklagten, da die lokalen Einzelkaufleute und fahrenden Händler, die vendedores ambulantes und mercachifles, die Preise verdürben und den Handel mit dem Hinterland an sich rissen.9 Mit der Errichtung des Vizekönigreiches Río de la Plata gelang es den kreolischen Kaufleuten, sich gegenüber ihren spanischen Kollegen in Buenos Aires und auch in Lima zu emanzipieren. Neben den etablierten, konservativen Spaniern entstand ein neues Handelsbürgertum, das durch einen starken unternehmerischen Geist geprägt war. An ihrer Spitze standen dynamische Kaufleute wie Tomás Antonio Romero, der besonders als Exporteur von Häuten und Einkäufer von brasilianischem Tabak, später auch als als lizenzierter Sklavenhändler aktiv war, Manuel Belgrano, später Sekretär des Real Consulado, Juan Bautista Lasala, Juan Vieytes, Mariano Moreno, Juan de Pueyrredón und Manuel José de Lavardén. Sie investierten eigenes Kapital, verfügten über eigene Wagen und Schiffe und konnten lokalen estancieros preiswerte Transportmöglichkeiten anbieten (Lynch 1973: 16). Romero wurde durch die Zusammenarbeit mit britischen und nordamerikanischen Kaufleuten während der Jahre des Neutralhandels zwischen 1797 und 1799 zu einem der reichsten Kaufleute der Stadt. Seinen spanischen Konkurrenten, die routiniert und ohne jedes Risiko denselben alten Mustern folgten und Romeros innovative Praktiken kritisierten, hielt er ebenso sachlich wie zutreffend entgegen: „[En] los mercaderes porteños no hay espíritu para arriesgar fondos, tampoco se atreven a reunirse en sociedades y formar un capital competente” (zitiert bei Galmarini 1980: 408). Allerdings stellte diese elitäre Gruppe eine Minderheit unter den immer noch von Spaniern dominierten Großkaufleuten dar. Am Handel beteiligten sich Kreolen ansonsten vornehmlich als Transporteure mit Ochsenkarren und in der Flussschiffahrt sowie als Verwalter von Lagerhäusern und saladeros. 1796 gab es davon bereits 27 (Poensgen 1998: 28). Alle Kaufleute in Buenos Aires bemühten sich, von hier aus möglichst flächendeckende Handelskontakte meist auf familiärer Basis mit den Zentren des Hinterlandes wie Jujuy, Salta, Tucumán, Asunción, Mendoza und Santiago de Chile bei gleichzeitiger Diversifikation ihrer Tätigkeit aufzubauen. Diese weitreichenden Netzwerke von Kaufmannsfamilien zwischen Buenos Aires und den provincias interiores existierten bereits vor den umfassenden staatlichen Reformen (Moutoukias 1998: 78). Aber diese Reformen trugen dazu bei, den bereits existierenden Aufwärtstrend der Stadt zu konsolidieren und zu beschleunigen (Halperín 9
Der Brief ist unter anderen von den führenden gaditanos Francisco de Alva, Martín de Álzaga und Juan de Alsina unterzeichnet, 26. Juni 1773 (AGN, Sala IX 30−9−3, Hacienda/Comerciales).
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Donghi 1972b: 41). So wurde Buenos Aires als Verbindungsstück zwischen Hinterland und Spanien. Die Gründung des Real Consulado 1794 war Ausdruck der wachsenden Bedeutung der Stadt, aber auch des wachsenden Einflusses der Kreolen auf Wirtschaft und Handel im Virreinato. Poensgen (1998) hat überzeugend das Entstehen der neuen Handelsaristokratie am Río de la Plata in Form eines Drei-Generationen-Modells nachgewiesen. Dabei kam der zweiten Generation im hier untersuchten Zeitraum die Aufgabe zu, die Grundlagen für die weitere berufliche und wirtschaftliche Diversifizierung der Kreolen zu schaffen. Geld und Erfolg im Handel waren wichtige soziale Gradmessern. Gleichzeitig ließ die Familie als Bezugsgruppe andere Institutionen wie Krone und lokale Regierungs- und Verwaltungsorgane verblassen. Die Familie war die Zelle der katholisch geprägten Gesellschaft und Basis der politischen und wirtschaftlichen Struktur. Insofern kommt ihr eine vermittelnde Rolle in der Übergangszeit von vormodernen Institutionen der Kolonialzeit zu den gewerblichindustriellen Strukturen des 19. Jahrhunderts zu (Poensgen 1998: 334−341). Sie übernimmt damit eine ähnliche Funktion wie das Handelshaus, das als Kapitalund Kreditquelle dient und die Rekrutierung neuer Mitarbeiter ermöglicht. Der Rückgriff auf Verwandte aus dem Mutterland war in den Kolonien verbreitet, weil es kostengünstig war, gegenseitige Loyalität versprach, gute Aussicht auf Aufstieg bot und die soziale Identität garantierte. Das Entstehen von Clans und weit gefächerten Netzwerken hatte den Vorteil, dass gleichberechtigte Familienmitglieder als wechselseitige Bevollmächtigte eingesetzt und Kredite zinslos vergeben werden konnten. Kaufleute strebten auch in der folgenden Generation nach sozialem Aufstieg, indem sie ihre Söhne bevorzugt in Verwaltung oder Militär unterbrachten. Die Kontinuität des eigenen Unternehmens konnte durch eine durchdachte Heiratspolitik garantiert werden. Gern wurden langjährige Angestellte oder die Kinder anderer Kaufmannclans als Ehepartner ausgewählt (Socolow 1978: 34−53). Einige kreolische Kaufleute waren Schiffsbesitzer, womit sich ihnen der Sklavenhandel als Betätigungsfeld eröffnete. Einer der wichtigsten negreros in Buenos Aires war Domingo Belgrano Pérez, der Vater von Manuel Belgrano. Er stammte ursprünglich aus Oneglia bei Genua und war um 1750 über Cádiz nach Buenos Aires gelangt. Belgrano Pérez war ein typischer Repräsentant der städtischen Kaufmannselite. Er trieb erfolgreich Handel und bekleidete öffentliche Ämter. Mit dem zunehmenden Lokalhandel seit der Gründung des Virreinato weiteten sich seine Kontakte über Córdoba bis nach Lima, über Cádiz bis nach London und über Brasilien bis nach Lissabon aus. Seine Beteiligung am Sklavenhandel war ein weiterer Schritt zur Diversifikation seiner Aktivitäten.10 Er war inzwischen als Kommissionär, selbständiger Großhandelskaufmann, Lagerhaus- und Ladenbesitzer tätig. Er unterhielt sogar im Binnenland kleine Läden (pulperías) und vergab außerdem Kredite an lokale Unternehmer (Gelman 1990: 126).
10 1780 importierte Domingo Belgrano Pérez 800 Sklaven von Brasilien nach Buenos Aires im Auftrag eines portugiesischen Kaufmannes aus Rio (Gelman 1990: 106).
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Weitere negreros waren die Kreolen Tomás Antonio Romero,11 Pedro Duval und Martín de Sarraeta.12 Der Sklavenhandel in Buenos Aires war zunächst stärker in kreolischer als in spanischer Hand, da die Kreolen bessere Kontakte zu den ausländischen Lieferanten hatten. Die Zunahme des Sklavenhandels in Buenos Aires manifestierte sich bereits im Verlauf der 1780er Jahre. Nachdem 1791 die Sklaveneinfuhr an die Gesetzgebung für Kuba, Santo Domingo, Puerto Rico und Caracas angeglichen worden war, begannen sich immer mehr Kaufleute in Buenos Aires, diesem neuen Zweig zuzuwenden (Mariluz Urquijo 1964: 127). Sklavenkonzessionen wurden mit dem Export von Häuten kombiniert. Der Krieg in Europa bedingte zum Bedauern der spanischen Überseekaufleute die vorübergehende Zunahme des innerkolonialen Handels von Buenos Aires mit Santiago de Chile, Lima, Guayaquil und Havanna. Kreolische Kaufleute wie Belgrano, Duval, Romero und Sarraeta, die schon jahrelang gute Kontakte mit anderen hispanoamerikanischen Handelszentren unterhielten, nutzen diese Blütezeit und streckten nun ihre Fühler nach den USA aus.13 In diesen Jahren liefen zunehmend portugiesische und nordamerikanische Schiffe Buenos Aires an (Studer 1958: 324−25; Andrews 1980: 25). Darüber hinaus bemühten sich all diese kreolischen Aufsteiger erfolgreich, Kontakte auch nach Cádiz, Rio und Nordwesteuropa zu knüpfen.14 Zwischen 1797 und 1805 wurden in Buenos Aires offiziell 52 Sklavenschiffe mit insgesamt 10.977 Sklaven registriert, die für insgesamt drei Millionen Pesos verkauft wurden.15 Diese Ziffer zeigt einerseits, dass der Sklavenhandel am Río de la Plata zugenommen hatte, andererseits, dass es sich um moderate Zahlen etwa im Vergleich zu Brasilien oder Kuba handelte. Die meisten Kunden kauften Sklaven in geringeren Mengen (zwischen 70 und 150 Sklaven), die in der Regel 11 Über Romeros Tätigkeit als Sklavenhändler vgl. Villalobos Rivera (1965: 67). Romero zum Beispiel exportierte zwischen 1797 und 1809 204.530 Rinderhäute und 42.870 Pferdehäute auf 35 Schiffen, von denen nur zwei nach Spanien segelten (Villalobos Rivera 1965: 98). 12 Martín de Sarraeta war gleichzeitig Bevollmächtigter der Compañía de Filipinas (Navarro Floria 1999: 79). 13 Sarraeta zum Beispiel unterhielt gute Kontakte zu dem Sklavenhändler Tomas O’Gorman in Philadelphia (Mariluz Urquijo 1964: 140−146). 14 Besonders Duval war an Geschäftskontakten nach England interessiert. Miguel de Lastarria, ein baskischer Kaufmann aus Buenos Aires, sagte über ihn: „Duval parece inglés, cuya nación estudia y procura que todo suceso redunde o dé acción a la mayor propriedad de su comercio” (Mariluz Urquijo 1964: 144). 15 Die Lieferungen gingen an Felipe Vidal, Joaquín Cornet y Prat, Francisco Ignacio Ugarte, Tomás Fernández, Juan Evangelista Ferrada, Joaquín de Silva, José Fernández Castro, Miguel Marco, Juan Abasolo, Juan Vives, Benito Olazabal, Augustín de la Cuesta, José Hernández, Juan Santi y Barros, Gregorio de Leñas, Juan Sánchez Boada, Fernando de Acosta Pereyra, Manuel Cayetano Pacheco, Manuel Andrés de Arroyo, José Ramón de Baudrix, Juan Francisco Acosta, Francisco del Sar, Antonio Soler, Juan Durán, Martín de Elodi, Nicolás de Acha, Martín Felipe Anorga, Diego Aguero, José Antonio Capdevila, Antonio Costa, Gerardo Esteves Llach, Martín de Álzaga, Juan Nonell, Gerónimo Merino, Pedro Anzoátegui, Manuel Pacheco, Joaquín Cazón, Juan Francisco de la Durena, Francisco Antonio Belaústegui, Martín Aguirre, einem Partner von Hullet Bros. & Company, und Diego de Uriales. Sklavenimporte 1793−1805, Real Aduana (AGN, Sala IX 18−8−11).
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aus Rio und Bahia auf portugiesischen bergantines transportiert wurden; Großtransporte erfolgten auf englischen oder nordamerikanischen Schiffen, die direkt aus Afrika kamen und deren Abnehmer in der Regel Tomás Antonio Romero war. Romero importierte Sklaven gegen Häute aus Brasilien, Guayana, Bordeaux, Hamburg sowie aus Baltimore, Philadelphia (über Thomas O’Gorman), Charleston (über Thomas Bell Stevens) und Providence, bis er selbst von USAmerikanern Schiffe kaufte (die „Rainbow”, die „Lennox” und die „Harry & Jane”)16 und fortan Sklaven auch direkt aus Mozambique und Mauritius transportieren ließ.17 Zwischen 1793 und 1805 importierte er 3.184 Sklaven im Wert von 927.269 Pesos, was knapp einem Drittel aller Sklavenimporte entsprach.18 Das System musste sich bewährt haben, denn am 22. April 1804 wurde die Erlaubnis für Spanier und Kreolen, Sklavenhandel zu treiben, auf zwölf Jahre erweitert.19 Die Biographien eines Gaspar de Santa Coloma und eines Juan Esteban Anchorena bestätigen en detail die erstellten Charakteristiken des comerciante im Buenos Aires im ausgehenden 18. Jahrhundert und reflektieren die allgemeine Aufbruchsphase des Bonarenser Handels. Santa Coloma wurde 1742 in der baskischen Provinz Álava geboren und kam 1767 nach Buenos Aires. Er war zunächst als Kommissionär für Handelshäuser in Cádiz tätig und ging seine erste Personengesellschaft mit den Spaniern Bernardo Larrea und Vicente Azcuénaga ein. Die Tochter des Letzteren heiratete er (Socolow 1978: 138). Ein Angestellter des Handelshauses Santa Coloma war Martín de Álzaga, der später zur Führungspersönlichkeit der spanischen Kaufmannschaft aufsteigen sollte. Santa Colomas Vermögen belief sich zum Zeitpunkt der Gründung des Vizekönigreichs auf 84.000 Pesos, er war damit vermögend, aber nicht reich. Er bekleidete öffentliche Ämter, unter anderem als regidor im Stadtrat, als capitán des KavallerieRegiments der Lokalmiliz und als síndico des Franziskaner-Konvents. 1785 sprach er sich öffentlich für die Gründung eines consulado aus, dem er dann aber 1794 nicht beitrat. Santa Coloma verkaufte vornehmlich verarbeitete und unverarbeitete Textilien aus Spanien ins Hinterland nach Salta, Santiago, Tucumán, Córdoba, Mendoza, Santa Fe, Rosario und Lima in Form von Einzellieferungen in Höhe von 200 und 2.000 Pesos.20 Juan Esteban Anchorena wurde 1734 in Navarra geboren und wanderte 1751 nach Übersee aus. Er begann als cajero bei Fernando de Escalada in Buenos Aires, erlangte aber schnell Selbständigkeit und Unabhängigkeit, indem er Kontakte im Kommissionshandel zwischen Spanien und dem Binnenland aufbaute (Poensgen 1998: 60−64). Er tätigte daneben eigene Kreditgeschäfte und erweiterte sein 16 Diese Ladung an Pedro Duval wurde auf einem englischen Schiff mit dem originellen Namen „Hide Park” aus Rio nach Buenos Aires gebracht. Real Aduana: Registros de Navíos, 1800−1802 (AGN, Sala IX 45−1−11). 17 Real Aduana: Registros de Navíos, 1798 (AGN, Sala IX 45−1−9) und Real Aduana: Sklavenimporte, 1793−1805 (AGN, Sala IX 18−8−11). 18 Real Aduana: Sklavenimporte 1793−1805 (AGN, Sala IX 18−8−11). Der „Stückpreis” für einen Sklaven in Buenos Aires lag zwischen 275 und 295 Pesos. 19 AGN, Sala IX 58−13−1. 20 Libro de Venta de Gaspar de Santa Coloma, 1778−1785 (AGN, Sala VII 6−5−8).
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Netz von Geschäftspartnern durch Reisen ins Innenland bis nach Atacama und Arequipa. Anchorena gründete schließlich ein eigenes Handelshauses, das mit einem Transportunternehmen verbunden war und die Route Córdoba − Santiago del Estero − Tucumán − Salta − Jujuy − Potosí − Lima − Arica bediente. Er zog in ein großes Haus nahe dem Hauptplatz,21 wurde Familienvater und gehörte bald zu den angesehensten Bürgern der Stadt. Innerhalb weniger Jahre hatte er sich vom comerciante minorista zum comerciante mayorista entwickelt, der selbständig und auf eigene Rechnung und eigenes Risiko Handel mit dem Binnenland und Übersee trieb. Anchorena handelte mit europäischen Textilwaren, yerba aus Paraguay, Eisen aus der Region Carangas südlich des Titicacasees, Tabak, Getreide, Mauleseln, Wachs, Rinderhäuten, Seife, Papier, Schokolade und coca sowie vereinzelt auch mit Sklaven. Anchorena eröffnete Läden im Binnenland zur Abwicklung von lokalen Handelsgeschäften und beschäftigte dort vertrauenswürdige Einzelhändler als notariell verbuchte Bevollmächtigte und Agenten (Poensgen 1998: 108). Eine geschäftliche Gegenleistung musste nicht unbedingt in Form einer Kommission bestehen, auch Kredite mit begrenzter Laufzeit (normalerweise sechs Monate) oder Teilhabe an der geschäftlichen Infrastruktur des comerciante mayorista waren üblich. Ebenfalls konnten die Handelsbeziehungen durch unentgeltliche Dienstleistungen ausgebaut werden, um selber Gefälligkeiten entgegennehmen zu können. Unter den wichtigsten Partnern des Sohnes und Nachfolgers Juan José Cristóbal Anchorena (1799−1831) befand sich um 1810 schon an dritter Stelle das Londoner Handelshaus Hullet Brothers & Company/Hermanos y Compañía (Poensgen 1998: 45). Während der Vater noch über 70% seiner Unternehmungen entlang der traditionellen Silberhandelsroute mit Hochperu abgewickelt hatte, diversifizierten sich die Aktivitäten in der zweiten Generation: Jeweils ein Fünftel der Geschäfte wurden mit dem Litoral, der Provinz Buenos Aires und der Stadt Buenos Aires, jeweils ein Zehntel mit Kaufleuten aus Hochperu, Spanien und England getätigt (Poensgen 1998: 47). Die regionale Reduzierung des Binnenhandels ging einher mit der verstärkten Konzentration auf die Hauptstadt und deren Umland unter Hinzunahme von Handelskontakten nach Großbritannien; der Handel mit Spanien spielte für den zweiten Anchorena schon keine Rolle mehr. Die Geschäfte der Kaufleute in Buenos Aires wurden durch politische Ereignisse beeinflusst. So zeigten sich die Bonarenser enthusiastisch über die spanische Besetzung des bislang portugiesisch kontrollierten Schmuggelhafens Colonîa. Vor allem aber die bourbonischen Reformen bewirkten massive Veränderungen. Zum einen kam es zu Spannungen mit Lima, als Hochperu in das neue Vizekönigreich eingegliedert wurde. Zum anderen sorgte die Belebung des Handels in Buenos Aires für eine Überschwemmung mit Waren. Die Konkurrenz wurde immer größer, so dass die alteingesessene Kaufmannschaft um ihre alte Vormachtstellung fürchten musste. Die angespannte politische Lage in Europa veranlasste Spanien darüber hinaus, den Handel mit dem Río de la Plata zeitweise auch ausländischen 21 Die Adresse lautete „cuartel 3 manzana 42” und befand sich in dem von angesehenen Kaufleuten bevorzugten Viertel (Poensgen 1998: 72).
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Kaufleuten zu öffnen. Durch die politische Annäherung zwischen Spanien und Großbritannien gegen das revolutionäre Frankreich kam es im Verlauf der 1790er Jahre zu Handelserleichterungen für britische Exporteure nach dem La-PlataRaum. Buenos Aires profitierte von den beträchtlichen Zolleinkünften aus ausländischen Importwaren. Schon 1790 befürchtete Santa Coloma sogar einen Angriff der Engländer auf Buenos Aires und deren Übernahme des Handels.22 So stagnierten auch die Geschäfte von Santa Coloma und Anchorena; beide versuchten daraufhin sich auf den Edelmetallhandel mit Cádiz zu verlegen. Die folgende Kriegsphase Spaniens dauerte bis zu den Napoleonischen Kriegen und bescherte dem Handel mit dem Mutterland regelmäßig Krisen. Mitte der 1790er Jahre blockierte die englische Flotte Cádiz, so dass die notwendige Liberalisierung des Handels mit Brasilien und Nordamerika immer mehr die ausländischen Kaufleute begünstigte (Poensgen 1998: 121−128). Die französisch-englische Rivalität bedingte sogar vorübergehend die Blockade von Buenos Aires. Als sich zu dieser Zeit in Buenos Aires die Spaltung der Händlerschaft über die Frage des Freihandels zu manifestieren begann, wurden die inzwischen etablierten Kaufleute Santa Coloma und Anchorena zu konservativen Fürsprechern des Monopols, obwohl die Öffnung der Exportmärkte den Bedürfnissen der Viehwirtschaft der La-Plata-Region entsprach. Beide bekämpften vor allem die zunehmende ausländische Konkurrenz, als unter dem Deckmantel des Neutralhandels Nordamerikaner und Engländer ihre Waren unter portugiesischer und USamerikanischer Flagge schmuggelten.23 Die eingesessenen Kommissionäre gaditanischer Handelshäuser nahmen in der Regel die Chancen des Neutralhandels nicht wahr. Als es nach dem Ende des Neutralhandels 1799 zum offenen Konfklikt innerhalb des Consulado zwischen spanischen Monopolisten und kreolischen Kaufleuten über die Frage der Liberalisierung kam, legte Anchorena sein Amt verbittert nieder (Poensgen 1998: 142). Santa Coloma beklagte einem Handelspartner gegenüber den Zustand der eigenen Zunft, da spanische Importeure wegen der ausbleibenden Lieferungen aus Spanien und der Abundanz billigerer ausländischer Waren nicht mehr konkurrenzfähig seien.24 Wie viele seiner Kollegen litt er zunehmend unter der Konkurrenz durch britische Manufakturwaren, ehe im Frühsommer 1806 seine Geschäfte infolge der ersten englischen Invasion
22 „Tres milliones de pesos largos tenemos en la mar en plata y nuevos desde el día primero de mayo hasta la fecha, buen agosto tienen los ingleses si se han declarado y este pobre comercio tendrá que llorar” (Brief an Manuel Antonio de la Moral, 26. August 1790, zitiert bei Gandía 1957: 22). 23 Vizekönig Joaquín del Pino an Manuel Godoy, den Príncipe de la Paz, 6. Oktober 1802 (Correspondencia entre los Virreyes, 1792−1803, AGI, Buenos Aires 39, Nr.1). 24 Santa Coloma an einen don Luis, 20. März 1799: „Esta plaza se va proveyendo de ropas, especialmente contrahechas, y para si en este mes de marzo y abril salen de Hamburgo cuatro o cinco barcos para aquí, como se dice se cree, llegarán las platillas, bretañas y ruanes al mayor abatimiento por lo omitirá vuesta merced despachar ninguna de esta especies: solamente las que escasean y más con la prohibición de las inglesas, aunque tampoco faltarán de todo porque los bostoneses y portugueses van trayendo algunas y en adelante traerán más viendo la escasez” (zitiert bei Gandía 1957: 44).
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zum völligen Stillstand kamen.25 Die Karriere des England-Hassers Santa Coloma war besiegelt, als der Stadtrat von Buenos Aires am 1. Januar 1809 unter Führung seines Kollegen und Freundes Álzaga erfolglos gegen Vizekönig Liniers putschte. Anchorena hatte sich inzwischen aus dem Berufsleben zurückgezogen und die Geschäfte seinen Söhnen überlassen. Die Befürchtungen der alten peninsulares wie Álzaga, Anchorena und Santa Coloma bewahrheiteten sich: Durch den massiven Andrang von britischen Kaufleuten in den nächsten Jahren wurden die spanischen Überseehändler aus Buenos Aires verdrängt. Sie traten in den Ruhestand, wandten sich dem Binnenhandel zu oder erwarben Landbesitz (Halperin Donghi 1966: 124−125; Socolow 1978: 177). 1810 lebten in Buenos Aires annähernd 2.600 Spanier, die sich in ihrer Mehrheit dem Handel widmeten oder als Verwaltungsbeamte beschäftigt waren (Galmarini 1986: 562). Ihre Anzahl sollte sich in den folgenden Jahren drastisch verringern.26 Die Zeit der Briten war gekommen.
4.2. DIE DEMOGRAPHISCHE ENTWICKLUNG DER BRITISCHEN GEMEINDE (1807−1832) Die Gemeinde der Briten in Buenos Aires entstand in den Jahren nach den invasiones von 1806 und 1807 und wuchs seither stetig an. Neben einem großen Anteil von Handwerkern, die sich häufig auf einen längeren Aufenthalt einrichteten, gab es eine Minderheit von Überseekaufleuten, die meist nur vorübergehend in Buenos Aires tätig zu sein planten. Im Jahre 1807 lebten insgesamt 390 Ausländer in der Stadt, davon 153 Portugiesen, 51 Italiener, von denen die meisten aus Genua stammten, 25 Franzosen und nur sechs Briten (drei Engländer und drei Iren), sowie ein Nordamerikaner und ein Preuße; bei 153 Personen wurde die Nationalität nicht genannt.27 Neun Jahre später hatte sich das Bild verändert. Die Zahl der Ausländer hatte sich fast verdoppelt auf 654. Die Mehrheit waren mit 256 nach wie vor die Portugiesen, aber bereits an zweiter Stelle standen 94 Engländer, die inzwischen zum überwiegenden Teil Kaufleute waren. Dahinter lagen die Italiener mit 58 Personen und die Franzosen mit 43 Personen; schließlich wurden 13 andere Ausländer, darunter Preussen, Böhmen, Polen, Schweden und Ungarn gezählt, 190 wurden ohne weitere Angabe des Herkunftslands vermerkt.28 Die britischen Kaufleute hatten sich unter den Ausländergemeinden als erste in einem Verband organisiert. Der Kaufmann Alexander MacKinnon wurde im Sommer 1810 zum President of the Committee of British Merchants in Buenos Aires gewählt.29 MacKinnon wurde kurz darauf auch in Buenos Aires als Reprä25 Cuentas corrientes de Gaspar de Santa Coloma, 1798−1808 (AGN, Sala VII 6−5−17 und 6−5−19). 26 Libro de matrícula de los comerciantes de las Provincias Unidas del Río de la Plata, vom 9. April 1813 (AGN, Sala VII 1−6−6): Von den insgesamt 119 eingeschriebenen Kaufleuten waren fast alle in Buenos Aires geboren. 27 Extranjeros en Buenos Aires, 19. Februar 1807 (AGN, Sala X 30−8−1). 28 Extranjeros en Buenos Aires, 1. März 1816 (AGN, Sala X 9−5−5). 29 PRO, FO 72/107.
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sentant der britischen Regierung informell anerkannt.30 Damit verfügte die britische Kaufmannschaft über eine Interessenvertretung. Ebenfalls 1810 wurden die ersten commercial rooms geöffnet, in denen berufliche Kontakte hergestellt und Handelsnachrichten ausgetauscht wurden (Hanon 2005: 22−24). Diese clubartigen Institutionen verfügten über Sammlungen mit hochwertigen See- und Landkarten der Firma Arrowsmith in London, einen Aushang mit Listen über den aktuellen Schiffsverkehr sowie einen Posteinwurf, wo die Briefe für das englische Postschiff aus Falmouth gesammelt wurden (Englishman 1825: 55−56). Mit der Organisation und Koordination der Briefzustellung war seit 1810 ein britischer Postbeamter betraut, der in Rio saß und auch für Buenos Aires, Valparaiso und Lima zuständig war (Reber 1979: 77).31 Bis dahin waren die britischen Kaufleute darauf angewiesen, ihre Korrespondenz in die Hände von Schiffskapitänen oder reisenden Freunden und Kollegen zu übergeben. In den commercial rooms lagen gängige Zeitungen wie The Courier, The Times, Morning Chronicle, Bell’s Messenger und Journale wie Shipping List, Quarterly Review und der schottische Edinburgh Review aus.32 Bei regelmäßig stattfindenden exklusiven Abendessen wurden gleichermaßen soziale und wirtschaftliche Fragen erörtert. Der bekannteste Versammlungsort und Mittelpunkt des kommunalen Lebens der britischen Kaufleute in Buenos Aires wurde der „British Commercial Subscription Room” unweit der Plaza Mayor (Street 1967: 195). Für die Exklusivität dieser Institution spricht, dass der „C. S. R.” noch 1825 nur 56 eingeschriebene Mitglieder zählte (Reber 1979: 43). Nicht-britische Mitglieder waren nicht zugelassen.33 So erhielt dieser Commercial Room von der Bonarenser Bevölkerung den Spitznamen „Santa Alianza”, was die Missbilligung des aristokratischen Gehabes und der Exklusivität zum Ausdruck bringen sollte (Englishman 1825: 57). Es zeigt sich auch, dass das Verhältnis nicht mehr so idyllisch war, wie es der Schotte Robertson (1843,II: 277) zehn Jahre zuvor geschildert hatte. Das Bedürfnis, sich von der nativen Bevölkerung abzugrenzen, war ausgeprägt. Sportvereine und Clubs wurden nach heimatlichem Vorbild gegründet (Hanon 2005: 26−33). All diesen Institutionen war gemein, dass man sich darin bemühte, alles so britisch wie möglich zu gestalten, schließlich hatte fast jeder Kaufmann den festen Vorsatz, früher oder später nach Großbritannien zurückzukehren. Die Emigranten der ersten Jahrhunderthälfte waren als Individualreisende nach Buenos Aires gekommen. Das wirtschaftliche Interesse stand im Vordergrund, nicht der Wunsch nach sozialer oder kultureller Assimilation. Die britische Gemeinde war eine reine „comunidad de negocios” (Oddone 1966: 62). Noch 1845 beschreibt ein anonymes Memorandum, gesandt an den britischen Außenminister Lord Aberdeen, nicht ohne Stolz das Überleben von Britishness in Argentinien: 30 AGN, Sala VII 1−5−12. 31 Das Postsystem in Argentinien blieb bis weit ins 19. Jahrhundert rudimentär ausgebildet. Erst am 1. April 1878 trat das Land der Universal Postal Union bei (Reber 1979: 74). 32 Relevante Handelsnachrichten aus den Gacetas wurden in englischer Übersetzung in der Zeitung The British Packet and Argentine News abgedruckt. Vgl. dazu Lapido (1976). 33 Auch der 1841 gegründete Foreign Club oder Sociedad de Residentes Extranjeros ließ bis 1880 keine Argentinier zu (Reber 1979: 45).
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„As a proof of the superiority of their character, they mantain their distinctive British habits and institutions, in spite of the many untoward influences to which they are exposed by their separation from home and their residence among other people. Scattered widely apart though they are over an extensive surface, they mantain by intercourse with one another the feelings and habits of a home community. They educate their children to the extent they are able in their home principles and manners and they come together at stated times from a circuit twenty or thirty miles in diametre for the purpose of divine worship” (zitiert bei Jones 1960: 93).
Dass die Briten ihrerseits auch nicht völlig in das gesellschaftliche Leben in Buenos Aires integriert waren, zeigte sich daran, dass alljährlich in einem Festakt am 4. Juli des Sieges über Whitelocke gedacht wurde. Dabei wurden Kanonenschüsse abgefeuert, und viele Briten zeigten sich indigniert angesichts der Erinnerung an die schmachvollen Tage (Englishman 1825: 194). Zu Beginn der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts erlebte die britische Gemeinde in Buenos Aires ihre Blütezeit. Um 1822 lebten in Buenos Aires nicht weniger als 3.749 Ausländer;34 1824 zählte die britische Gemeinde über 1.200 Individuen, von denen viele aus Schottland stammten (Englishman 1825: 49). Die meisten berufstätigen Männer waren als Kaufleute im britischen Konsulat registriert (Mallo 1994: 327).35 Bis zum Jahre 1831 hatten sich insgesamt 2.220 Briten im Konsulat eingeschrieben, davon 1.358 Engländer, 476 Schotten und 386 Iren. Die Iren wurden als Katholiken von der Bevölkerung meist freundlicher aufgenommen. Tab. 2: Register des British Consulate (1831) Vor 1825 1825 bis 1831 Gesamt Engländer 508 850 1358 Schotten 143 333 476 Iren 128 258 386 Gesamt 779 1441 2220 Quelle: Registrations in the British Consulate (PRO, FO 354/8, fol. 101). Eine überaus aufschlussreiche Quelle stellen die „Statistics of British Residents at Buenos Aires in 1831” im Londoner Public Record Office dar.36 Diese Serie erlaubt eine Bestandaufnahme der britischen Gemeinde für dieses Jahr. Danach lebten zu diesem Zeitpunkt knapp 5.000 Engländer, Schotten und Iren in der Stadt, mehrheitlich Kaufleute, Ladenbesitzer, Handwerker (Tischler, Schneider, Schuhmacher), Arbeiter und Seeleute. In geringerem Maße waren auch andere Berufe 34 1810 lebten in Buenos Aires 46.000 Menschen, davon 1.000 Ausländer (2,2%). 1822 waren es 55.460, der Anteil der 3.749 Ausländer betrug 6,8% (Englishman 1825: 49). 35 Registrations in the British Consulate, 1821−1831 (PRO, FO 354/8, fol. 101). 36 PRO, FO 354/8, fol. 94, 96, 107.
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wie Ärzte, Apotheker, Tavernenbesitzer und Lehrer vertreten. Dieses breite Spektrum belegt, dass ein florierendes britisches Gemeinwesen existierte. Tab. 3: Berufe britischer Einwohner von Buenos Aires (1831) (Engländer/Iren/Schotten) Berufe Registriert vor 1825 Registriert 1825−31 Gesamt Merchants/Clerks 213 (154/23/36) 253 (197/12/44) 466 Shopkeepers 93 (71/11/11) 100 (72/11/17) 193 Medical Men 9(3/5/1) 18 (9/2/7) 27 Farming Men 20 (17/1/2)) 105 (48/17/40) 125 Carpenters 148 (82/20/46) 214 (113/34/67) 362 Bricklayers 26 (22/2/2) 97 (67/10/20) 123 Tailors 8 (4/3/1) 58 (37/9/12) 66 Shoemakers 21 (15/5/1) 42 (24/13/5) 63 Mechanics 37 (23/9/5) 56 (41/5/9) 93 Laborers 173(110/42/21) 494 (298/84/112) 667 Schoolmasters 2 (1/1/-) 7 9 Sailors 95 (67/14/22) 234 (86/27/21) 329 Tavernkeepers 13 Frauen 210 385 595 Kinder 296 531 827 Nicht registriert 1.000 Gesamt 1.351 2.594 4.958 Quelle: Statistics of British Residents at Buenos Aires (PRO, FO 354/8, fol. 94107). Die Engländer stellten in fast allen Berufszweigen die Mehrheit dar, zweitstärkste Gruppe waren die Schotten. Frauen machten nur gut ein Zehntel der britischen Bevölkerung aus. Eine große Einwanderungswelle aus Irland setzte erst nach 1840 ein (Korol/Sábato 1981: 18−19). Es stellt sich die Frage, wie der wachsende Bevölkerungsanteil der Schotten zu erklären ist. In abgelegenen Regionen mit geringer Produktion und entsprechend schwachem Binnenhandel hatte es bereits im Verlauf des 18. Jahrhunderts massive Abwanderungsbewegungen gegeben. Schottische, irische, walisische und nordenglische Kaufleute versuchten ihr Glück in den Städten. Aber die großen Handelszentren wie London, Bristol, später auch Liverpool und Glasgow waren überlaufen, und die örtlichen Kaufmannschaften waren zu geschlossenen Gruppen geworden. In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte London ca. 675.000 Einwohner, davon waren 2.865 Kaufleute (Hancock 1995: 13), unter diesen wiederum nur ca. 4 % Schotten und Iren. Während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte Großbritannien die schnellste urbane Entwicklung europaweit (Karras 1992: 14); vor allem Schottland verzeichnete neben England eine intensive Industrialisierung und ein starkes Wachstum seiner Städte. Im Norden wurde insbesondere Glasgow zum attraktivsten Absatzmarkt
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für den Überschuss der landwirtschaftlichen Produkte, da hier der Binnenmarkt mit dem überseeischen Außenhandel verbunden wurde. Mitte des Jahrhunderts erlebte die Stadt den Höhepunkt ihrer Handelsbeziehungen mit den britischen Kolonien in Nordamerika. Das häufigste Reiseziel für schottische Kaufleute auf der Suche nach neuen Märkten befand sich entlang eines schmalen Küstenstreifens an der Ostküste Nordamerikas. Zunächst waren die nördlichen der nordamerikanischen Kolonien wie Maryland, Virginia, und North Carolina sowie das Hinterland der Chesapeake Bay die zentralen Regionen für die Betätigung der britischen Kaufleute. Seit 1740 beherrschten schottische Unternehmer den Handel mit der Chesapeake Bay als wichtigstem Umschlagplatz für Tabak aus Virginia und Maryland (Karras 1992: 6). Bis dahin war der dortige Tabak unter dem englischen consignment-System verkauft worden, d.h. britische Kaufleute sandten von Großbritannien ihre Agenten, die gegen Kommission in Amerika Tabak für Manufakturwaren eintauschten und nach Europa transportierten. Die Versicherungs- und Transportkosten wurden dabei den Pflanzern berechnet. Schottische Kaufleute fanden eine Marktlücke, indem sie anboten, das Risiko des Transportes bei jeder Überfahrt selbst zu übernehmen. Die Route von der Chesapeake Bay nach Glasgow hatte weiterhin den Vorteil, dass die Reise rund zwei Wochen kürzer war als nach London und die Geschäftskosten in Schottland geringer waren als in England. So vermochten die Einkäufer in Glasgow den Pflanzern in Amerika bessere Kaufpreise anzubieten. Die Schotten drängten die englische Konkurrenz zunehmend zurück und begannen, vor Ort, vor allem in Philadelphia und Baltimore, eigene Geschäfte zu eröffnen. Während um 1730 Glasgow ca. 10% des Tabakhandels mit der Chesapeake Bay kontrollierte, waren es zwanzig Jahre später schon 30% (Karras 1992: 83−85). Damit war Glasgow zeitweilig größter Markt für den Tabakimport nach Europa. Diese Entwicklung führte zu einer zweiten Emigrationswelle zu Beginn der 1760er Jahre. Zur selben Zeit vollzog sich aber auch eine allmähliche Diversifizierung der regionalen Wirtschaft weg von Tabak hin zu Getreide; dieser Wandel wurde jedoch von den meisten Schotten nicht mitgetragen. Vielmehr verlagerte sich ihr wirtschaftliches Interesse während und nach dem Siebenjährigen Krieg nach den Plantagenwirtschaften in South Carolina, Georgia und dem östlichen Florida. Aber das lukrative Geschäft mit den dreizehn Kolonien wurde mit dem Ausbruch des Unabhängigkeitskriegs abrupt unterbrochen und beendete die schottische Vormachtstellung auf dem Tabaksektor, woraufhin sich viele Glasgower Überseehändler auf die Karibik verlegten. In den englischen Besitzungen in der Karibik wurden neue Zuckerplantagen in Ergänzung zur Produktion Jamaikas gefördert, so dass hier Ersatzmärkte entstanden, als der Handel zwischen der Chesapeake Bay mit dem Mutterland abnahm. Die Westindischen Inseln und insbesondere Jamaika wurden innerhalb kurzer Zeit zum wichtigsten Handelspartner Englands außerhalb Europas (Karras 1992: 173). Jamaika stellt ein Paradebeispiel für die frühe schottische Migrationsbewegung dar. Die Insel verzeichnete durch das gesamte 18. Jahrhundert hindurch ein enormes Wirtschaftswachstum. Die Sklavenbevölkerung hatte sich in hundert Jahren seit 1673 verzwanzigfacht (Sheridan 1974: 216); vom Siebenjährigen Krieg wurde die Insel weiter begünstigt, da während der Eroberung von Martini-
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que und Guadeloupe durch die Briten der französische Zuckerpreis drastisch anstieg und folglich das jamaikanische Produkt wesentlich günstiger angeboten werden konnte. Da Fachkräfte in Jamaika äußerst gefragt waren, ließ die Ankunft ausgebildeter Kräfte aus Schottland nicht auf sich warten.37 Der britische Historiker Edward Long konstatierte in seiner 1774 erschienenen Geschichte der Westindischen Inseln: „Jamaika, indeed, is greatly indebted to North-Britain, as very near of the third of the inhabitants are either natives of that country or descendants from those who were” (zitiert bei Karras 1992: 54). Ein viertel Jahrhundert später bestätigte die Karibikreisende Lady Maria Nugent 1801 über dort ansässige Schotten: „... almost all the agents, attorneys, merchants, and shopkeepers are of that country, and really do deserve to thrive in this, they are so industrious” (zitiert bei Karras 1992: 53). In Buenos Aires stellten die handwerklichen Berufe die stärkste Gruppe dar, dicht gefolgt von Kaufleuten und Arbeitern. Die britische Gemeinde hatte sich im Verlauf der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts fast verdoppelt. Auch in Buenos Aires war der Anteil der Handwerker an der britischen Bevölkerung beträchtlich. Während die Zahl der Handwerker, Arbeiter, Seeleute und Bauern besonders nach 1825 wuchs, verzeichneten dagegen kaufmännische Berufe nur eine leichte Steigerung. Dies lässt auf die vorübergehend abnehmende Attraktivität des Handelssektors zu dieser Zeit schließen (Greenhill 1977: 160−163). Die folgende Tabelle bestätigt dies: Es zeigt sich, dass die Anzahl der Handelshäuser Mitte der zwanziger Jahre ihren Tiefstand erreichte. Die Exporte nach Großbritannien verzeichneten zur selben Zeit wegen des saturierten Marktes einen drastischen Rückgang.38 Der Grund für diese Entwicklung lag darin, dass der wirtschaftliche Aufschwung am Río de la Plata zeitgleich zu einem Immigrationsschub geführt hatte. Zum einen hatten die europäische und vor allem die US-amerikanische Konkurrenz in den vergangenen Jahren stark zugenommen, und infolge dessen waren die Exporte nach Großbritannien ebenso drastisch zurückgegangenen. Zum anderen hatte auch die Beteiligung von Kreolen am Handelsleben in Buenos Aires zugenommen, und sogar spanische Immigranten, besonders aus Galicien und dem Baskenland, gewannen vornehmlich auf dem handwerklichen Sektor wieder an Bedeutung. Nach einer Volkszählung des Jahres 1827 lebten in Buenos Aires 547 Kaufleute; davon waren 185 Großkaufleute, von denen 79 in Buenos Aires geboren waren, 65 aus Spanien und der Rest aus anderen europäischen Ländern, vor allem Großbritannien, Frankreich und Italien stammten (Poensgen 1998: 26).39 Mit der 37 Die größte Gruppe der von Karras (1992: 11) untersuchten 192 Schotten in Jamaika waren die Kaufleute mit 51 vor 37 Ärzten, 26 Rechtsanwälten und 20 Guts− bzw. Plantagenverwalter, über die restlichen Personen gibt es keine Angaben. 38 Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 1824 (PRO, BT 6/32). Vgl. auch: „La cantidad de materiales europeos que se importan anualmente es muy grande; me sorprende que haya mercado para todos ellos” (Englishman 1825: 130). 39 Eine Liste aus dem Jahr 1825 zählt folgende angelsächsischen Kaufleute auf: Brown, Buchanan & Co. (Agenten for Lloyd’s); McCracken & Jamieson; Miller, Eyes & Co.; Miller, Robinson & Co.; Winter, Brittain & Co.; Plowes, Noble & Co.; Dickson, Montgomery & Co.; Duguid & M’Kerrell, Bertram, Armstrong & Co.; Heyworth & Carlisle; W.P. Robertson
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endgültigen Anerkennung der Unabhängigkeit des ehemaligen Vizekönigreichs durch die britische Regierung und der Unterzeichnung des gegenseitigen Freundschaftsvertrags von 1825 stabilisierten sich die Handelsbeziehungen. Damit stieg auch wieder die Anzahl der Handelshäuser. Tab. 4: Handelshäuser in Buenos Aires, 1818−1832 Jahr Handelshäuser Britische Handelshäuser 1818 55 1820 38 1825 85 28 (33 %) 1827 37 1828 82 31 (38 %) 1829 114 38 (33 %) 1832 137 50 (36 %) Quelle: Reber (1979: 56); Poensgen (1998: 27). Die von den Briten geförderte Abschaffung des Sklavenhandels ließ auf dem Arbeitsmarkt bald eine Lücke klaffen. Von der Gesamtbevölkerung der Stadt, die im Jahre 1816 51.779 Personen zählte, waren nur 1.223 Sklaven.40 Durch die stete Abwanderung der einheimischen männlichen Bevölkerung ins Militär als Ergebnis der permanenten militärischen Konflikte mit Spanien, Brasilien und der Bürgerkriege wurde die arbeitsfähige Bevölkerung weiter verringert. Der Mangel an Arbeitskräften führte zur Anwerbung von Ausländern. Juan Thomas Barker Beaumont propagierte 1818 in einem Schreiben an den argentinischen Präsidenten die Gründung einer englischen Kolonie in Südamerika.41 Aufgrund der Überbevölkerung, der hohen wirtschaftlichen Entwicklung und der Kapitalreserven in England sollten Emigranten geworben werden, um eine englische Puritanergemeinde in Entre Ríos zu gründen. Grundvoraussetzungen sollten freie Religionsausübung und Freistellung von Steuern sein. Agenten der argentinischen Regie-
& Co.; Anderson, Weir & Co.; Tayleure, Cartwright & Co.; William Hardesty & Co.; Joseph und Joshua Thwaites; John Gibson & Co.; Hugh Dallas & Co.; Peter Sheridan; John Appleyard; John Bailey; C.S. Harvey; Thomas Eastman; Thomas Fair; Thomas Nelson; Green & Hogson; W. Orr; Jump & Priestley; Stewart & McCall; John Ludlam; James G. Helsby; Henry Hesse; J. Harrat & Co.; R.B. Niblett; Daniel McKinley; Thomas Barton; George MacFarlane; Stephen Puddicomb und Robert Utting (Englishman 1825: 50) sowie J. McDougall & Co.; ein Mr. Hallet (Herausgeber des Wirtschaftsblattes Gaceta Mercantil (Englishman 1825: 147; Zinny 1912: 1) und Ford, Zimmermann & Co, die letztgenannte Personengesellschaft bestand aus Nordamerikanern (Englishman 1825: 70). 40 Padrón de esclavos, 14. Oktober 1816 (AGN, Sala X 9−5−3). Zur afrikanischen Bevölkerung von Buenos Aires im 19. Jahrhundert vgl. Rosal (2002) und Windus (2005). 41 Beaumont an den Secretario de Estado de la Provincias Unidas del Río de la Plata, Propuesta para la fundación de una colonia de ingleses en Sudamérica, 24. Dezember 1818, Correspondencia Gran Bretaña (AGN, Sala IX 1−3−5).
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rung in London für die Durchführung sollten Hullet Brothers sein.42 Ein ähnliches Kolonisierungsprojekt hatte die Brüder Robertson vorgeschlagen, die 250 Schotten in Monte Grande ansiedeln wollten (Reber 1979: 131). Keines der Vorhaben wurde jemals in die Tat umgesetzt. Noch 1822 lag der Ausländeranteil in Buenos Aires bei nur 9 % der Bevölkerung (Brown 1979: 114−5). Doch die britische Gemeinde wuchs in den folgenden Jahren kontinuierlich an und etablierte sich immer weiter als eigenständige Gemeinschaft. In Buenos Aires wurden zwischen 1825 und 1831 von anglikanischen Kaplänen 238 Briten getauft und 77 Ehen geschlossen.43 Auf dem protestantischen Friedhof wurden zwischen 1821 und 1831 338 Briten und weitere 97 Ausländer bestattet.44 Mitte der 1830er Jahre lebten bereits 30.000 Ausländer in Buenos Aires, davon waren 8.000 Briten, 6.000 Italiener, 5.000 Franzosen, 4.000 Spanier und 3.000 Deutsche (Kroeber 1957: 60). Damit war jeder fünfte Bewohner der Stadtbevölkerung von Buenos Aires ein Ausländer (Amaral 1998: 180). Mitte des Jahrhunderts lag der ausländische Bevölkerungsanteil sogar bei 34 % (Brown 1979: 115).
4.3. HANDEL AM RÍO DE LA PLATA (1808−1825) Obwohl die englischen Besatzer im Jahre 1806 die Stadt nur wenige Wochen beherrschten und dabei die Unterstützung der Bevölkerung verspielten, leitete diese erste Berührung eine Periode lebhafter Handelsbeziehungen ein. Bereits zur Zeit der zweiten Invasion im Frühjahr 1807 wurden von Montevideo aus große Mengen Textilien und Manufakturwaren nach Buenos Aires importiert. Den gescheiterten Militäraktionen folgte die organisierte „commercial penetration” am Río de la Plata. Bereits innerhalb des Zeitraums zwischen der ersten britischen Invasion und den Handelsbestimmungen vom November 1809 waren britische Kaufleute zu einem entscheidenden Faktor des Wirtschaftslebens am Río de la Plata geworden. In den Jahren zwischen 1809 und 1813 erfuhr der Handel am Río de la Plata eine schrittweise Liberalisierung. Das staatliche Monopol zerbrach, es folgte eine radikale Transformation der Handelsstrukturen. Mit dem Freihandelsdekret vom 6. November 1809 wurden die Ausfuhrzölle auf Rinderhäute gesenkt. Das unabhängige Buenos Aires verfügte über ein Hinterland mit reichen Naturressourcen, einen großen Binnenmarkt und freien Zugang zum Meer.45 Wieder waren es die British merchants, die daraus Gewinn zogen, da sie den Überseehandel als wichtigsten Wirtschaftssektor dominierten (Poensgen 1998: 19). Die ersten Regierungen nach der Revolution waren wegen der hohen Militärausgaben auf Bargeldein42 Hullet an Außenminister Rivadavia, 25. März 1822 (AGN, Sala IX 1−2−12). 43 Relation of Baptisms British solemnized by the British Chaplains in Buenos Aires, 1825−1831 (PRO, FO 354/8, fol. 105); Return of Marriages solemnized by the British Chaplain in Buenos Aires, 1825−31 (PRO, FO 354/8, fol. 103).Vgl. Appendices 6.4. und 6.5. 44 Return of Burials in the Protestant Cementary of Buenos Aires, 1821−1831 (PRO, FO 354/8, fol. 99). Vgl. Appendix 6.6. 45 Über den Litoral, der mit dem Paraná einen weiteren direkten Meerzugang hatte, dessen Mündung aber von Buenos Aires kontrolliert wurde. Vgl. Burgin (1946: 40).
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nahmen angewiesen. Deshalb musste ihr Blick auf die britischen Kaufleute fallen, die eher in bar zahlten als mit frutos de la tierra, wie es die lokalen Kaufleute taten. Entsprechend stärker wurde der Außenhandel im Vergleich zum Binnenmarkt gefördert (Segreti 1978: 73−74). In Buenos Aires herrschte noch im Jahre 1808 wirtschaftlicher Ausnahmezustand. Obgleich die Besatzer aus der Stadt abgezogen waren, bestand die britische Blockade des Hafens weiterhin. Das wirtschaftspolitische Klima wurde durch die permanente Bedürftigkeit der Bevölkerung am Río de la Plata bestimmt. Die alten merkantilistischen Strukturen wurden durch britische Kaufleute aufgebrochen, die Zolleinkünfte stiegen, und eigene Produkte konnten in bisher ungekannten Mengen exportiert werden. Im Jahre 1808 segelten von 54 Schiffen, die aus Buenos Aires ausliefen, 42 nach Brasilien und nur zwei nach Spanien.46 Im selben Jahr liefen 150 britische Schiffe den Hafen von Montevideo an (Brown 1979: 48). Der größte Teil der britischen Waren wurde nach wie vor geschmuggelt. Selbst nachdem sich Spanien und England gegen Frankreich verbündet hatten,47 blieb der direkte Handel mit den Briten verboten. Trotz der Nachricht, dass auch Spanien inzwischen den Briten die Häfen geöffnet hatte, erfuhr die Gesetzgebung in Buenos Aires keine Veränderung. Aber sowohl in Montevideo als auch in Buenos Aires war man auf den Handel mit Ausländern angewiesen, da die Kassen leer waren und der Handel mit dem Mutterland zum Erliegen gekommen war.48 Die Kriegs- und Verteidigungsausgaben lagen zu diesem Zeitpunkt höher als die Einkünfte aus dem Verkauf der eigenen Exportgüter. Währenddessen nahm die Zahl englischer Handelsschiffe, die von Brasilien nach dem Río de la Plata fuhren, noch weiter zu. Nach Aussagen des britischen Kaufmanns Robert Staples hatten seit November 1808 bis zum Ende des Jahres allein 31 englische Handelsschiffe nach Buenos Aires und 11 nach Montevideo Waren im Wert von insgesamt 1, 65 Millionen Pfund Sterling transportiert.49 Der britische Botschafter in Rio, Sir Sidney Smith, schlug nun Liniers vor, die Realität anzuerkennen und den Hafen zu öffnen für die „mutual convenience and regional benefits, raising revenue from a tolerated commerce” (zitiert bei Lynch 1973: 47). Die erste postrevolutionäre Regierung in Buenos Aires reagierte schnell. Den britischen Kaufleuten wurden Schutz, Freundschaft und Handelsprivilegien in Aussicht gestellt.50 Schon am 5. Juni 1810 hatte das Triumvirat Belgrano, Moreno und Saavedra beschlossen, die Exportsteuern auf 7,5 % für Häute und auf 12,5 % für alle anderen viehwirtschaftlichen Produkte zu senken (Street 1967: 164). Doch auch diese Maßnahme reichte vielen Kaufleuten nicht aus, und die illegalen Geschäfte nahmen zu. Die Repräsentation der britischen Kaufleute verwahrte sich offiziell bei ihrer Ehre gegen die Schmuggelvorwürfe der Regierung und drückte ihre Solidarität mit der Junta in Buenos Aires aus. 46 47 48 49 50
Registros de navíos, embarques y resguardos 1808−09 (AGN, Sala IX 10−4−6). Am 4. Juli ließ George III. spanische Schiffe in britischen Häfen zu (Tjarks 1962b: 14). Verschiedene Klagen des Cabildo, 1809−1811 (AGI, Buenos Aires 40). Staples an Castlereagh, 20. Januar 1810 (PRO, FO 72/157). Alexander MacKinnon an Canning, 12. Juni 1810 (PRO, FO 72/107).
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In den nächsten zwei Jahren wurde das Handelsleben an der Mündung des Río de la Plata stark durch den Konflikt um die Banda Oriental bestimmt. Die Regierung in Buenos Aires befürchtete hier eine militärische Intervention von seiten Portugals. Im Juni 1810 wurde Strangford, Oberbefehlshaber der britischen Marine in Rio, von den britischen Kaufleuten in Buenos Aires aufgefordert, im Interesse des britischen Handels im Konflikt um die Banda Oriental vermittelnd einzugreifen und eine portugiesische Invasion zu verhindern.51 Doch Strangford blieb zunächst nichts anderes übrig, als den Protest seiner Regierung zu überbringen, nachdem die portugiesische Armee am 23. Juli 1810 das Gebiet nördlich von Montevideo besetzt hatte. Nach einem weiteren Protestschreiben der britischen Kaufleute52 gelang es ihm immerhin, die Portugiesen zum Abbruch ihrer Blockade gegen Buenos Aires zu bewegen.53 Strangford hatte mit Säbelrasseln reagiert, indem er von Rio aus eine Flottille an die Mündung des Río de la Plata beorderte. So war die britische Flotte innerhalb kurzer Zeit zur Schutzwache für Buenos Aires geworden.54 In Buenos Aires wurde daraufhin gegen die militärische Präsenz der Briten protestiert. Marinegeneral José María Salazar (Comandante General del Apostadero de Marina del Río de la Plata), beschwerte sich darüber, dass die britischen Kriegsschiffe den Handel der in Buenos Aires wohnenden britischen Kaufleute unterstützten. Salazar vermutete, dass Großbritannien als Fortsetzung der gescheiterten Expeditionen von 1806 und 1807 nun in Buenos Aires eigene Leute abgestellt habe, um von innen heraus Amerika unabhängig zu machen. Denn die Kaufleute in Buenos Aires seien bereits auf dem Sprung nach Chile.55 Jede weitere 51 Britische Kaufleute an Strangford, 27. Juni 1810 (PRO, FO 63/85, Nr. 58). 52 Datiert vom 28. September 1810 (PRO, FO 63/85, Nr. 72). 53 Am 12. Januar 1811 machte die spanische Regierung Montevideo zur neuen Hauptstadt des Vizekönigreiches und ernannte Francisco Javier Elío zum Gobernador, Capitán General del Río de la Plata, Presidente de la Audiencia de Buenos Aires sowie zum neuen Vizekönig (Nicolau 1995: 44). 54 Daran sollte sich auch künftig nichts ändern, denn die Royal Navy war seit Mai 1811 permanent in Rio stationiert (Ratto 1945: 33). 55 „... los comerciantes Yngleses han travajado con el celo y eficacia que da el propio interes en la independencia de estas Provincias temerosos de que se les cerrase esta puerta para su comercio y en el dia miran a Buenos Aires y estos payses como una colonia suya, y ya se lisongean de que el hermano Reyno de Chile los llama y abre sus puertas y de que este exemplo arrastrará a las demás partes de este vasto continente, y si la Ynglaterra no aspira ahora aviertamente a la independencia de las Americas, parece que no queda duda [...] de que su objeto es el libre comercio con ellas, pues parece que nos aconseja que abramos los puertos de nuestras colonias a su giro, y que seamos sus Señores Nominales, y ella la usufructuaria, suceso que infaliblemente ocasionaria la total perdida de ellas, porque con solo quatro o seis meses de su trato, sembrarian tal doctrina, y harian un tal cambio en las costumbres de los havitantes, que estos adquirian el mismo gusto por la independencia y por comprar los generos a baxo precio que los de la Capital de Buenos Aires y Caracas, asi creo que vale mas prender algunas que todas y que los puertos de los que nos sean fieles queden enteramente cerrados para todo pavellon que no sea Español, y que ninguna humana planta extrangera pise su suelo, en suma que se observen las savias leyes de Indias. (...) no hai mas que comparar el candor, el amor al Rey la simplicidad de costumbres, la pureza de religión de estos payses
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Handelserlaubnis für englische Handelsschiffe wäre zugleich der Revolution am Río de la Plata zuträglich. Salazar forderte deshalb ein absolutes Ausländerstopp und die Abriegelung der Häfen. Der Ausländer sei der verborgene Feind („enemigo oculto”), neidisch auf den spanischen Reichtum und bemüht, die Sitten, Regierungen und die Religion in den Kolonien durch Agenten vor Ort lächerlich zu machen, um die spanischen Untertanen von ihrem Mutterland zu entfremden. Schließlich seien die treusten Untergebenen diejenigen, die dem Einfluss der Ausländer am wenigsten ausgesetzt seien, nämlich die Kaufmannschaften von Mexiko-Stadt und Lima. Doch auch im Vizekönigreich Peru würden die Briten inzwischen versuchen, ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen, indem sie die Revolutionäre unterstützten. In englischen Zeitungen werde König Ferdinand als Dummkopf verhöhnt und ihm der Anspruch auf die Herrschaft in Übersee abgesprochen.56 Währenddessen bemühten sich die Kaufleute auch weiterhin um eine gute Zusammenarbeit mit der Regierung. Dabei wurden aber auch Klagen über die immer noch zu hohen Importzölle laut, die ja gerade den Schmuggel förderten, wenn mitunter Waren so teuer verkauft werden sollten, dass sie keinen Abnehmer fänden.57 Am 28. Juni 1811 erging eine Bittschrift der britischen Kaufleute an die Regierung in Buenos Aires, die die Forderungen vom Vorjahr wiederholte.58 Sie klagten, dass es angesichts der hohen und weiterhin steigenden Importsteuer immer schwieriger sei, ihrer Tätigkeit nachzugehen.59 Der Bittschrift war ein drastisch formulierter Zusatz in spanischer Übersetzung angehängt, in dem um die Aufhebung der consignatario-Regelung, die den Warenverkauf nur über einheimischen Handelsagenten zuließ, gebeten wurde. Ansonsten werde der ausländische Handel zum Stillstand kommen.60 Doch ihre Proteste blieben ohne Ergebnis.
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hace seis años, quando aun los extrangeros no los havian frecuentado con el total cambio de estas virtudes que se advierte en ellos...” Salazar an Nicolás de Sierra, Montevideo, 9. November 1810 (AGI, Buenos Aires 156, Nr. 185, fol. 146−147). Salazar, 7. Dezember 1810 (AGI, Buenos Aires 156, Nr. 194, fol. 156−158). Britische Kaufleute (unterschrieben von Alexander MacKinnon, Carleton Allsopp, Robert Staples, Thomas Smedley und Thomas Crocket) an Ramsay, Esquire, Kommandant der „Misletoe”, die vor Buenos Aires ankerte, 10. Juli 1810 (AGN 1941: 215−17). Ramsay leitete das Schreiben an die Junta weiter. „The very great difficulties they suffered by the unequal manner in which the circular duties were levied, the excessive and uncertain valuations of various articles of cotton & Woolen manufactures [...]. The advantages which would result to the state and Individuals from a reduction of the duties & a permission to export goods already entered upon the payment of a moderate transit duty & the dissabilities under which the British Merchant labours by being debarred from the management of his own Property.” Unterschrieben von MacKinnon, Allsopp, Staples, Frederick Dowling, L. MacKinlay, William Man, J.W. Barton, J.A. Brittain, Peter Kendall und Henry Chorley (AGN 1941: 317−318). AGN, Documentación Donada 1−4−20. „Ha demostrado la experiencia de diez y ocho meses que se han ocupado los comerciantes Ingleses en el comercio provisorio de Buenos Aires que su resultado no da utilidad alguna. Las inhabilitaciones que acompañan a los individuos Britanicos por aquella parte del acta de 6 Noviembre de 1809, que impone la condición que solamente se introduscan los cargamentos, y se extraigan los frutos por la intervención de un consignatario Español, aumentan los
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Das der Junta folgende Triumvirat äußerte seine Enttäuschung über die ausbleibende Hilfe Großbritanniens und sah deshalb keinen Grund, Untertanen der britischen Krone Unterstützung zukommen zu lassen.61 Der Tiefpunkt der gegenseitigen Beziehungen war erreicht, verschiedene Handelshäuser wie das renommierte Unternehmen Hullet Bros. schlossen ihre Büros, nachdem sie die britische Regierung vergeblich aufgefordert hatten zu reagieren.62 Im Juli 1811 sandten die britischen Kaufleute erneut eine Bittschrift an die Regierung in Buenos Aires, in der sie um gegenseitige Zusammenarbeit warben. Es wurde für die Gastfreundschaft gedankt, doch sei der Zeitpunkt gekommen, um die Grundlagen für die Freundschaft und den Handel zwischen beiden Nationen permanent zu festigen. Die Kaufleute legten selbstkritisch dar, dass sie seit dem 6. November 1809 viele Warenladungen importiert, aber weniger Gewinne als erwartet gemacht hätten, da teilweise vor Ort unbekannte Waren eingeführt und die Wünsche der Käufer zu wenig beachtet worden seien. Die unverhältnismäßig hohen Zölle und die Verzögerungen bei der Einfuhr der Waren durch die Zollstellen seien aber die eigentlichen Gründe dafür, dass Verluste zu verzeichnen seien. Ein Protest gegen die hiesige Zollpolitik sei bereits am 10. Oktober 1810 überbracht worden. Es sei weiterhin ein Unding, dass die Importe nur über spanische Kommissionäre möglich seien. Die Kosten würden damit unnötig gesteigert, die Importe würde stagnieren, und das Interesse an dem zunächst so verheißungsvollen Markt Río de la Plata sei im Schwinden begriffen. Wenn Buenos Aires zum Emporium für den Handel mit den inländischen Provinzen werden wolle, müsse die Regierung gemäßigte Transitzölle erheben. Nur so könne Buenos Aires zu einem Handelszentrum erster Ordnung werden und nur so würden neue Wirtschaftszweige entstehen. Sie, die britischen Kaufleute, böten sich als Berater für diesen Prozess an.63 Eine direkte Reaktion auf die Bittschrift blieb aus.
gastos de sus especulaciones, esta con las otras circunstancias referidas, aora que son generalemente notorias en el extrangero, han producido el efecto de una suspensión casi total de introducciones Britanicas en el Río de la Plata, lo que se comprueba con ver que los Buques que ultimamente han llegado vienen los mas en lastre, y la tendencia general de nuestra correspondencia desanima la perspectiva futura de un comercio principiado que virtualmente se halla destituido de patrocinio en su forma actual en perjuicio manifiesto a los ingresos del erario de estas Provincias provinientes del comercio Britanico y los individuos que lo giran” (AGN 1941: 322). 61 Staples an Wellesley, 4. November 1811 (PRO, FO 72/126). 62 Hullet an Castlereagh, 2.7.1812 (PRO, FO 72/157) sowie bereits zuvor Staples an das Außenministerium, 24. und 28. März 1812 (AGN, Sala VII 1−3−11). 63 Britische Kaufleute an den Präsidenten der Junta Provisional de Gobierno de Buenos Aires, Buenos Aires, 12. Juli 1811 (AGN, Sala VII 1−4−4). Unterschrieben war das Dokument von führenden Persönlichkeiten der britischen Gemeinde in Buenos Aires wie A. McKinnon, John White, Carleton Allsopp, Peter Kendall, William Dickson, Jakob Brittain, Thomas Nelson, W. Jackson, Charles Higginson, William Mann, John Postlewaite, James Gibson, William Williams, John Thwaites, Crispin Wilkinson, A. MacKinnon, Philip Parker, David Stevenson, John Steigh, Samuel Gardener & Cy & Henry Okes, Charles Evans, John Nightingale, J. Christie, V. Chaplin, George Cochran, John Guild, Thomas Stevenson, David Whittaker, James Boyle, William Hodgison, Henry Barchard, Robert Staples und Frederick Dowling.
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Erneut wurde ein Verband britischer Kriegsschiffe auf Geheiß Strangfords zum Schutz des britischen Handels in Río de la Plata-Gewässern abgestellt.64 Strangford setzte zusätzlich den Abzug der Portugiesen im Februar 1812 durch, was dem neuen Außenminister Castlereagh Freundschaftsbekundungen der Regierung in Buenos Aires einbrachte. Gegen die zunehmend protektionistische und nationalistische Gesinnung des Real Consulado und der wachsenden Xenophobie der Bevölkerung setzte die Regierung in Buenos Aires ihren pro-britischen Kurs durch. Am 11. September 1812 wurde die Klausel abgeschafft, dass ausländische Kaufleute consignatarios zur Abwicklung ihrer Geschäfte verpflichten mussten (Street 1967: 228).65 1812 öffnete das Triumvirat in Buenos Aires den Hafen der Stadt für den Welthandel, und ausländische Kaufleute durften erstmals Privatbesitz erwerben. Die hohen Schutzzölle wurden gesenkt, Exportkontrollen wurden ganz abgeschafft (Lynch 1973: 74−75). Im Verlauf des Jahres nahmen Lizenzen für individuell reisende ausländische Kaufleute wieder zu.66 Zwischen November 1811 und Juli 1813 verkauften britische Kaufleute in Buenos Aires Waren im Wert von 5½ Millionen Pesos (Humphrey/Graham 1962: 97−98).67 Die Abkühlung des diplomatischen Verhältnisses zu Großbritannien führte dazu, dass sich die junge Republik auf ihre eigenen Kräfte besann. Auf der Asamblea Constituyente am 31. Januar 1813 in Tucumán setzte Präsident Carlos Alvear durch, alle Spanier zu naturalisieren, die Inquisition aufzulösen, Bilder von Ferdinand durch die Beschriftung Libertad zu ersetzen, Adelstitel abzuschaffen und die Kirche zu säkularisieren. Im Handel stand trotz der Öffnung zum Ausland die Protektion für lokale Kaufleute wieder stärker im Vordergrund. Die consignatario-Pflicht wurde wieder eingeführt. Als die Gefahr einer Strafexpedition von Spanien gegen Buenos Aires wuchs, schlug die Regierung erneut einen Annäherungskurs zu Großbritannien ein, widerrief am 15. Oktober 1813 die consignatario-Pflicht ein weiteres Mal und senkte die Einfuhrzölle für Manufakturwaren (Street 1967: 204−206). Die Bevorteilung der britischen Unternehmer ging auf Kosten der alten lokalen Kaufmannselite. Juan José Anchorena forderte noch einmal 1814 vehement die Abschaffung des Freihandels im Interesse der einheimischen Kaufmannschaft.68 Der Consulado wurde immer mehr zum Verteidigungsinstrument der Handelselite des alten Vizekönigreichs. Verschiedene Kaufleute forderten die Einrichtung einer Untersuchungskommission, um die Missbräuche ausländischer 64 Strangford an die Junta in Buenos Aires, 13. September 1812 (AGN, Sala IX 1−1−1). 65 AGN, Sala IX 29−1−6. Mit dem Widerstreit zwischen protektionistischer Wirtschaftspolitik und Freihandel nach 1810 beschäftigen sich ausführlich Vázquez-Presedo (1992) und Nicolau (1995). 66 „... para despachar barcos con generos de licito comercio” Real Consulado, 11. November 1812 (AGI, Buenos Aires 40). 67 Der Jahresdurchschnitt für Importe von britischen Manufakturwaren nach Buenos Aires betrug in den Jahren 1814 bis 1819 1½ Millionen Pfund Sterling. Bezahlt wurde wegen der Knappheit an Edelmetallen zunehmend mit Häuten, Pelzen und Pökelfleisch (Humphrey/Graham 1962: 292). 68 AGN, Sala IX 29−2−1.
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Kaufleute, die den gesamten Binnenhandel in der Banda Oriental und in Paraguay kontrollieren würden, einzudämmen.69 Neben den ständigen Protesten gegen Ausländer bemühten sich einzelne Mitglieder immer wieder, Projektvorschläge für Alternativen vorzulegen, um den Großkaufleuten wieder zur ihrer alten Position als Vermittlern zwischen den britischen Importeuren und den lokalen Kleinabnehmern zu verhelfen. Anchorena schlug sogar die Gründung einer staatlichen Handelsgesellschaft vor.70 Doch die Spanier konnten sich auf lange Sicht nicht mehr gegen die britische Konkurrenz durchsetzen. Die Carrera nach Cádiz war von der Route nach Rio und nach Gibraltar, Liverpool und London abgelöst worden. Die Strecke des englischen Postschiffes, das seit 1812 zwischen Falmouth und Rio fuhr, war inzwischen nach Montevideo und Buenos Aires erweitert worden (Albion 1951: 365). Überhaupt verlief der Rückweg nach Nordeuropa von nun ab meist über den Hafen von Falmouth, wo entschieden wurde, ob die Reise weiter nach Liverpool oder Antwerpen gehen sollte (Brown 1979: 75). Die Briten dominierten den Überseeverkehr, weil sie über die nötigen Kontakte nach Rio, Liverpool und London verfügten, direkten Zugang zu den Fabriken in Yorkshire, Lancashire und den Midlands hatten und Kapitalressourcen zur Finanzierung der Im- und Exporte vorwiesen. Auch im südlichen Lateinamerika konnten die britischen Kaufleute auf Handelsnetzwerke mit Korrespondenten in Rio, Montevideo und Chile zurückgreifen.71 Die meisten lokalen Kaufleute in Buenos Aires erwiesen sich angesichts der Überlegenheit ihrer Konkurrenz nicht als wettbewerbsfähig und wandten sich anderen Betätigungsfeldern zu. Sie wurden zu Alternativinvestitionen in die Viehwirtschaft gedrängt, wurden zu Viehzüchtern oder Verkäufern von Häuten, gesalzenem Fleisch und Sklaven. Nur große Häuser wie zum Beispiel die Anchorena, die selbst über genügend Kapital, Handelsverbindungen und Risikobereitschaft verfügten, schafften es, selbst direkte Kontakte nach Rio und sogar nach England herzustellen (Poensgen 1998: 216−219). Die wichtigste Veränderung in den Jahren nach der Revolution bestand in der Zunahme der Importartikel, vor allem von Textilien. Dafür verzeichneten lokale Produzenten im Landesinnern eine Rezession, da sie mit den europäischen Waren in Preis und Qualität nicht konkurrieren konnten. Der einzige Schutz gegen den Import ausländischer Waren lag in der Erhebung von Einfuhrzöllen, was aber dem in Buenos Aires vorherrschenden Interesse am Freihandel widersprach. Natürlich bevorzugten auch die ausländischen Kaufleute die Beibehaltung eines vereinten Marktes ohne Zollschranken. Buenos Aires geriet so in Konflikt sowohl mit den Föderalisten im Innenland als auch mit den Viehzüchtern in den Küstenregionen, da sich die Stadt als neue Monopolinstanz, als neue metrópoli präsentierte. Der Großteil der Textilien, die bisher vor allem aus Peru nach Buenos Aires importiert worden waren, bestand aus hochwertigen Wollstoffen (paños de lana). 69 Petition an den Consulado, 9. September 1815 (AGN, Sala IX 4−7−8). 70 Juan José Cristóbal de Anchorena (1818): Dictamen sobre el establecimiento de una compañía general de comercio de las Provincias Unidas del Río de la Plata. Buenos Aires (AGN, Sala IX 4−6−16, fol. 220). 71 Brief eines spanischen Kaufmanns an Francisco de Saavedra, corresponsal de Cádiz, 22. April 1809 (AGI, Buenos Aires 589). Vgl. Appendix 6.7.
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Diese wurden zwar schon vor 1810 von billigen ausländischen Imitationen unterboten, aber weder das Original noch dessen Nachahmungen waren als Massenware gedacht. Der Triumphzug der preiswerten englischen Produkte begann nach der Mai-Revolution. Für die große Volksmenge bestimmte Textilwaren, die vor allem in mittelenglischen Baumwollfabriken gefertigt wurden, wurden nun im großen Stil nach Buenos Aires importiert und dienten zur Einkleidung der armen Landbevölkerung im Umland. Die allgemeine Verarmung der städtischen Mittelschicht in Buenos Aires infolge der schwierigen ersten Jahre der Unabhängigkeit führte dazu, dass auch das Interesse an Massenware und damit die Abnehmerschaft für preiswerte Produkte aus dem Ausland wuchsen. Zeitgenossen berichten, dass die Leute in den Straßen von Buenos Aires mit Baumwoll- und Wollmanufakturen aus Manchester und anderen Orten in Lancashire gekleidet waren (Brown 1979: 78−79). Der schottische Kaufmann Robertson, der Buenos Aires erstmals 1810 und dann erst wieder 1816 besuchte, berichtet, dass der Unterschied im Straßenbild der Stadt beträchtlich sei. Die Menschen seien besser gekleidet, die Innendekorationen der Häuser seien aufwendiger, die Versorgungslage sei besser, und vor allem: „... the capital of native merchants, through foreign trade, was evidently augmenting” (Robertson 1843,II: 67−68). Allein die Spanier seien aus dem Rennen, während die Kreolen in allen Bereichen − ob als Kommissionäre, Viehzüchter, Anwälte oder Priester − das Ruder übernommen hätten. Das größte Verdienst der Briten sei es, durch ihre Importe und das Vorleben ihrer Lebensweise ein Gefühl für Luxus verbreitet zu haben.72 Denn die kreolische Bevölkerung würde die Briten in Kleidung und Lebensstil nachahmen. Andere wichtige Importwaren waren Wein und Öl aus Spanien und Frankreich. Seide und andere teure Textilien kamen ebenfalls aus Frankreich. Die Waren aus den Mittelmeerländern wurden nach 1815 über Briten in Gibraltar vertrieben (Halperín Donghi 1972b: 109). Der Importhandel mit den klassischen Produkten der kubanischen und brasilianischen Plantagenwirtschaft, Tabak, Kaffee, Rum und Zucker wurde nach Ende der kolonialen Monopolbestimmungen von britischen Kaufleuten von Rio aus kontrolliert. Aus Chile und Peru stammten Edelmetalle, Baumwolle und Kakao, aus den USA Mehl, Holz, Möbel und Baumwolle (Reber 1979: 21). Die britischen Kaufleute drangen zunehmend auch auf die Binnenmärkte. Während zuvor die spanischen Importhäuser in Buenos Aires als Verteilerzentrum des Vizekönigreichs ihre Waren an die fahrenden Händler und Kleinkaufleute im Hinterland verkauften, führten die Briten gegen die Proteste des Consulado die venta en subasta ein: Durch den Verkauf ihrer Waren auf öffentlichen Versteigerungen konnten die lokalen Kleinabnehmer ihre bisherigen Lieferanten umgehen. Die Briten gelangten somit schnell in direkten Kontakt mit dem lokalen Kleinhandel und nahmen schließlich die Stelle der großen Importhäuser des Vizekönigreichs ein (Halperín Donghi 1972b: 101). Denn die Briten machten sich den gro72 „This begot among the South Amercians a relish for luxuries, of which they never before dreamt, and consequently led them into an expense, which was, it may be said, the very soul of the trade” (Robertson 1843: II,68−69).
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ßen Nachteil der chronischen Bargeldknappheit zu Nutzen, indem sie den Warenverkauf mit der Vergabe von Krediten verbanden. Eine weitere Neuerung bestand darin, dass diese Kaufleute, die ins Innenland vorgedrungen waren, ihre Einkäufe mit Bargeld bezahlen konnten. Wegen der bisher herrschenden Knappheit konnten sie bei den lokalen Produzenten und Kleinhändlern zu Tiefstpreisen direkt einkaufen. Besonders galt dies für Corrientes73 und den Litoral, wo die ersten britischen Unternehmer sogar in die Produktion einstiegen und bereits 1815 die ersten kleinen Fabriken für die Herstellung von Tierfutter gründeten (Halperín Donghi 1972b: 103). Insgesamt zeigten die ausländischen Konkurrenten der Spanier in den Jahren der postrevolutionären politischen Konjunktur mehr Geschicklichkeit bei der Abwicklung ihrer Geschäfte. Angesichts eines fehlenden komplexen Apparates, der den Handel regulierte, waren Improvisation und Vernetzung die wesentlichen Bestandteile des Wirtschaftslebens. Die Briten passten sich an, begleiteten ihre Waren ins Innenland und ignorierten ihre Verpflichtungen gegenüber ihren consignatarios. Die Klagen der Abgeordneten des Consulado in Mendoza, Córdoba und Santa Fe blieben ungehört (Halperín Donghi 1972b: 102). Allerdings war diese Entwicklung vorübergehend und galt nur für das erste Jahrzehnt nach der Revolution. Im Verlauf der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts fand die Betätigung der merchant adventurers ihr Ende; von nun an sollten die Kreolen den Binnenhandel kontrollieren. Die lokalen Kaufleute konnten vom wirtschaftlichen Wachstum und von der Öffnung zum atlantischen Markt besonders dann profitieren, wenn sie mit der ausländischen Konkurrenz zusammenarbeiteten und lokale Erzeugnisse preiswert beschaffen konnten (Schmit 1991: 31). In den von der Revolution geprägten Jahren wurde die Wirtschaft am Río de la Plata durch die Verbindung zu neuen, riesigen Exportmärkten stimuliert. Die lokale Reaktion darauf war steigendes Interesse an Handel und an vieh- und landwirtschaftlicher, auf den Export nach Übersee ausgerichteter Produktion. Knapp zehn Jahre nach der Mai-Revolution lag der Exporthandel fast vollständig in Händen der Briten, wie es der ausführliche Bericht eines britischen Kaufmanns an Commodore William Bowles, Oberbefehlshaber der Royal Navy in Rio zwischen 1816 und 1819, deutlich macht.74 Der anonyme Autor des Berichts erwies sich als Lobbyist der britischen Kaufleute in Buenos Aires. Die Unterstützung der British merchants durch die englische Regierung sei unzureichend, wenn man das Ausmaß ihres Handels mit dem Río de la Plata bedenke. Rohmaterialien von einzigartiger Qualität würden gegen Manufakturwaren im Wert von jährlich 1,5 Millionen Pfund Sterling getauscht werden. Der Bericht liest sich wie eine Propagandaschrift, die für den Handel mit Buenos Aires wirbt. Die Lage der Stadt als Zwischenstation für den britischen Zugang zu den südamerikanischen Märkten zwischen Uruguay und dem Pazifik pries der Autor an, wie es Popham 1806 getan hatte.
73 Ein Paradebeispiel für die Ablösung des in Corrientes noch gängigen trueque-System boten die Aktivitäten der Brüder Robertson (Street 1967: 260). 74 Buenos Aires, 22. Dezember 1819. Vgl. Appendix 6.8.
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Das Ergebnis dieser Jahre eines politischen wie wirtschaftlichen Neuanfangs am Río de la Plata war in der Tat bemerkenswert. Der Schiffsverkehr nahm weiter zu. Im Laufe der 1820er Jahre erreichten jährlich im Durchschnitt 288 ausländische Schiffe Buenos Aires (Brown 1976: 608). Die Zahl englischer Handelsschiffe, die den Hafen von Buenos Aires anliefen, stieg kontinuierlich von 78 im Jahre 1816 auf 84 im folgenden Jahr75 und auf 114 im Jahre 1821; 1822 war der Rekord von 167 erreicht (Carretero 1974: 80−81). US-Konsul Forbes musste zu diesem Zeitpunkt zugeben, dass der Überseehandel mit Buenos Aires in britischen Händen lag. Der Wert der Importwaren verdreifachte sich innerhalb von zwölf Jahren von 396.346 Pfund Sterling im Jahre 1812 auf 1.141.920 im Jahre 1824 (Street 1967: 259). Drei Viertel der Regierungseinnahmen in Buenos Aires stammten aus Zolleinnahmen auf internationale Produkte, und weit über die Hälfte des Überseehandels von Buenos Aires wurde von Briten kontrolliert. Die offiziell registrierten Importe nach Buenos Aires für das Jahr 1825 verteilten sich wie folgt: An der Spitze stand unangefochten Großbritannien mit Waren im Wert von 800.000 Pfund Sterling, es folgten Brasilien mit 190.000, die USA mit 180.000, Gibraltar und Frankreich mit 110.000 bzw. 115.000 und schließlich Nordeuropa und Kuba mit je 85.000 Pfund Sterling (Parish 1838: 361). Die estancias auf den weiten Weideflächen der Pampa wurden zur wichtigsten Organisationsform während des nun folgenden Prozesses der land- und viehwirtschaftlichen Expansion.76 Das Territorium, das zur Viehzucht genutzt wurde, wuchs von etwa 3 Millionen ha im Jahre 1800 auf 13 Millionen ha zur Mitte des Jahrhunderts (Amaral 1998: 126). Entsprechend entwickelten sich die Exporte. Hauptexportgüter waren Häute, Fleisch und zunehmend auch Wolle und Talk.77 Mit dem Anwachsen der Bevölkerung in der Stadt und Küstenregion, der Zunahme der Kaufmannsgemeinde und des Überseehandels sowie der explosionsartig wachsenden Viehwirtschaft wurden die Grundlagen für die massiven Exporte von Häuten und für die Lederindustrie in Großbritannien zu dieser Zeit gelegt (Brown 1979: 59). Von Buenos Aires aus wurden zu diesem Zeitpunkt mehr Häute nach Großbritannien exportiert als vom restlichen Lateinamerika. Während die Briten Hauptabnehmer für Häute zur manufakturellen Weiterverarbeitung waren, importierten die Portugiesen in Brasilien und die Kubaner vor allem Pökelfleisch zur Versorgung der Sklaven. Amaral (1998: 251) hat für das Jahr 1822 nachgewiesen, dass durchschnittlich fast die Hälfte aller Exporte von Buenos Aires nach Großbritannien (46,6%) gelangten, der Rest nach Gibraltar (10,6%), Brasilien und Kuba (9,7%), den USA (8%), Frankreich (3,7%), Antwerpen (3,7%) und Italien (1,4%). Der transatlantische Handel von Buenos Aires aus basierte zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem auf den Netzwerken britischer Kaufleute. Der Bestand 75 Staples an Hamilton, 12. Oktober 1818 (PRO, FO 72/215). 76 Vgl. Amaral (1998: 17): „On the estancias of Buenos Aires, resources were allocated according to the signs posted by the markets, not according to privileges conceded by any authority. Transactions conducted within or outside the firm, the estancia, were guided by market prices. That was the rise of capitalism on the Argentine pampas.” 77 Vgl. Appendix 6.3.
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„Hugo Dallas” im Archiv des Banco de la Provincia de Buenos Aires erlaubt die Rekonstruktion eines solchen Netzwerks am Beispiel des schottischen Kaufmannes Hugh Dallas, der zwischen 1812 und 1824 in Buenos Aires lebte. Sein geschäftlicher Schriftverkehr ermöglicht es, die Einbindung des Kaufmanns zwischen atlantisch zentriertem Weltmarkt und argentinischem Binnenland aufzuzeigen. Innerhalb kurzer Zeit gelang es ihm, ein atlantisches Netzwerk von beeindruckendem Umfang aufzubauen.78 Dallas stand nicht nur mit Partnern in Europa und Nordamerika, sondern auch in den meisten Handelszentren des Vizekönigreich Río de la Plata in Verbindung. Die wichtigsten Orte nach ihrer Bedeutung aus der Sicht des schottischen Kaufmanns waren: im Binnenhandel Maldonado, Ensenada de Barragán, Mendoza, San Luis, Corrientes, Santa Fe und Bajada; in Lateinamerika Montevideo, Rio de Janeiro, Santiago de Chile, Havanna, Pernambuco und Bahía; weiterhin die Kapverdische Inseln; in Großbritannien London, Liverpool, Glasgow, Leeds, Guernsey, Dunbar; in Frankreich Bordeaux, Rouen, LeHavre und Marseille; in Italien Genua, Triest und Neapel; sowie im übrigen Westeuropa Gibraltar, Rotterdam und Hamburg; und schließlich in den USA Philadelphia und New York. Der Schlüssel seines Erfolgs lag in dieser dichten Vernetzung und der schnellen professionellen Abwicklung seiner Geschäfte.79 Dallas griff auf die unter den britischen Kaufleuten übliche Praxis zurück, sich vorgedruckter Preislisten und Rundbriefe über neue Niederlassungen und Strukturveränderungen der Märkte zu bedienen.80 Er beschäftigte in seinem kleinen Unternehmen in Buenos Aires nur zwei Angestellte. Besonders eng waren die Kontakte nach Montevideo, das als Verbindungshafen nach Brasilien fungierte. Über die Achse Buenos Aires – Montevideo − Rio unterhielt Dallas regelmäßige Geschäftsverbindungen zu den Handelshäusern MacIntosh & Miller sowie Fielding & Brander, die wiederum die Kontakte nach Europa herstellten. Der Schotte Dallas unterhielt in den Jahren 1816 bis 1822 eine Personengesellschaft mit Henry Miller, der Handel zwischen Rio und London trieb. Hauptaufgabe von Dallas war der Kauf argentinischer Exportwaren (vor allem Häute), der Verkauf britischer Produkte auf Kommissionsbasis sowie die Lagerung81 und der Transport der Waren. Dallas setzte jährlich Waren im Wert von ca. 40.000 Pfund Sterling um, davon zwei Drittel Export-, und ein Drittel Importwaren; dies entsprach dem üblichen Verhältnis britischer Kaufleute in Buenos Aires vor 1825 (Reber 1978: 19). Daneben verlieh er Kredite in kleineren Mengen an argentinische und britische Kollegen, diese Geschäfte waren aber wenig profitabel.
78 Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires, Archivo comercial de Hugo Dallas (1815−21) Signatur 003−1−1bis 13. Vgl. Appendices 6.9., 6.10. und 6.11. 79 Zur Rolle beruflicher Netzwerke von Kaufleuten in Hispanoamerika vgl. Liehr (1999: 373−382). 80 Mit Ausnahme der auf Spanisch verfassten Quittungsvordrucke führte Dallas seine Korrespondenz fast ausschließlich auf Englisch. 81 Dallas zahlt 36 Pesos Miete im Monat für sein Warenlager, für seine Wohnung 75 Pesos (ABPBA, Hugo Dallas 003−5−19).
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Dallas versuchte aufgrund der starken Konkurrenz anderer ausländischer Kaufleute von Buenos Aires aus, seine Geschäfte auf peruanischen Zucker und chilenischen Weizen auszuweiten, aber die politische Lage im gesamten südlichen Hispanoamerika erschwerte dieses Unterfangen. Die Notwendigkeit, sich den spezifischen politischen und wirtschaftlichen Umständen anzupassen und die aus der Heimat gewohnten merkantilen Praktiken entsprechend den Besonderheiten des neuen Marktes wie der wechselhaften Tarif- und Zollpolitik der unabhängigen Regierung zu modifizieren, stellte eine der größten Schwierigkeiten für den Kaufmann in Buenos Aires dar. Die instabilen Verhältnisse am Río de la Plata wirkten sich auch auf die Überseegeschäfte aus, da Handelspartner in Großbritannien die Risiken der gemeinsamen Geschäfte für überaus hoch erachteten und Vorsicht für geboten hielten.82 Dallas intensivierte deshalb seine Handelsverbindungen mit dem Landesinneren. Im Binnenhandel, etwa in Maldonado, Ensenada, Punta del Este und Corrientes waren vereinzelt Briten in seinem Auftrag tätig, aber die Mehrheit seiner Mittelsmänner und lokalen Agenten, die mit Dallas zusammenarbeiteten, trugen spanische Namen. Allerdings traten diese Kaufleute, die häufig untereinander Geschäftskontakte hatten, ausschließlich als Empfänger kleinerer Warenmengen auf. Den Praktiken der britischen Konkurrenz hatten sie wenig entgegenzusetzen. Dallas bevorzugte zum Transport seiner Waren in der Regel kleine, meist englische Schiffe (150−200 t) und verschiffte mehrere Ladungen, um das Risiko zu verteilen. Auf Anraten des Handelshauses Mackintosh & Miller in London schloss er stets Versicherungen ab (Reber 1978: 29). Da alle Kaufleute über ähnliche Marktinformationen verfügten und die Preise schnell sinken konnten, waren schnelles Verschiffen und schneller Transport elementar. Als 1820 eine größere Menge Zucker, die Dallas im Auftrag des Hauses Disdier & Murphy von Havanna an Mackintosh & Miller nach London senden sollte,83 nach einem Riffunfall vor der Küste Kubas nur stark beschädigt in Großbritannien ankam, zerbrach schließlich die Partnerschaft mit Miller. Dallas ging allmählich bankrott und setzte im Dezember 1824 seinem Leben ein Ende (Reber 1978: 33).
82 „The fluctuations at your place both in government and duties together with the risques and delays of getting your returns back make us fearful of doing business on our account with your place, besides without our receiving the actual price of goods and the whole of the charges they would be subject to on sales, it is quite impossible to form any just calculation as to how any shipment would answer.” Fielding & Brander an Dallas, 4. August 1817 (zitiert bei Reber 1978: 23). 83 Vgl. Appendix 6.9.
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4.4. DIE KONKURRENZ DER BRITEN „They do not love the English, but the Government likes much the revenue derived from their rich commerce, and individuals like the fine things furnished at low prices, yet, with all these motives to cherish British commerce, there is a strong desire on the part of the principle Creole merchants to monopolize the commerce of the country to the entire exclusion of foreigners” (zitiert bei Pratt 1931: 315).
So charakterisierte 1821 der Konsul der Vereinigten Staaten in Buenos Aires, John M. Forbes, das Verhältnis zwischen Kreolen und Engländern. Forbes sollte Recht behalten. Die Kreolen hatten sich den postkolonialen Rahmenbedingungen angepasst. Sie beherrschten den Transportsektor auf den Flüssen und Landstraßen, mit eigenen Booten, Karren und Maultieren (Brown 1979: 100). Regionale Marktplätze nahmen an Menge der Standorte und Volumen des Warenumschlags zu und reflektierten die Zunahme des Import- und Exportgroßhandels. Auch an den peripheren Marktflecken entstanden kleine Lagerhäuser (barracas), von wo aus Packer (barraqueros) die Lieferungen im Auftrag der britischen Kaufleute durchführten. Selbst in den bis weit in die 1820er Jahre britisch dominierten Exportsektor drangen Kreolen vor (Brown 1979: 116). Auch die Interessen von Franzosen und anderen Europäern sowie vor allem US-Amerikanern am Río de la Plata nahmen im Verlauf der zwanziger Jahre zu. So blieb die konkurrenzlose Dominanz der britischen Kaufleute nur für die ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts charakteristisch.84 Mit dem Neutralhandel war der Schiffsverkehr zwischen den Hafenstädten der nordamerikanischen Ostküste und dem Río de la Plata Ende des 18. Jahrhunderts gestiegen. In den Jahren 1801 bis 1802 wurden insgesamt 43 USamerikanische Schiffe in Buenos Aires und Montevideo registriert, 1806 bis 1807 waren es 40 (Chandler 1919: 26−29). Die Enttäuschung über die lavierende Haltung Englands hatte nach der Mai-Revolution von 1810 zu einer gewissen Annäherung der Vereinten Provinzen an die USA geführt. Doch auch die Vereinigten Staaten bevorzugten abzuwarten. Deshalb wurde 1811 der Lateinamerika-Experte Joel Roberts Poinsett als Beobachter und agente especial de los EE.UU. nach 84 Tab. 5: Handelsschiffe in Buenos Aires (Ankünfte), 1821−1824 1821 1822 1823 US-Amerikaner 42 75 80 Briten 128 133 113 davon aus Liverpool 33 35 23 davon aus London* 10 7 8 Franzosen 19 21 24 Schweden 7 11 6 Dänen 1 1 5 Niederländer 2 4 6 Sarden 3 7 6 *Rest der englischen Schiffe von Gibraltar, Havanna, Rio de Janeiro. Quelle: Englishman (1825: 130−131).
1824 143 110 21 14 10 8 6
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Buenos Aires geschickt. Er sollte den nordamerikanischen Handelseinfluss in der Region auf Kosten der Briten stärken.85 Aber während des Handelskriegs zwischen Großbritannien und den USA um die Kontrolle über Kanada in den Jahren 1812 bis 1814 nahm die nordamerikanische Handelspräsenz in Buenos Aires stark ab (Street 1967: 222). In jedem Falle waren die Handelsverbindungen zwischen der nordamerikanischen Ostküste und der spanischen Karibik zur selben Zeit unvergleichlich intensiver als die Kontakte nach dem Río de la Plata. Die Regierung der Vereinigten Staaten richtete ihr Augenmerk auf den Handel mit dem Río de la Plata erstmalig wieder 1816. In diesem Jahr wurde offiziell eine Kommission beauftragt, einen Bericht über die wirtschaftliche Lage und die Möglichkeiten für die Betätigung nordamerikanischer Kaufleute und Unternehmer am Río de la Plata zu verfassen. Die Gesandten Caesar Rodney und John Graham legten eine umfassende Darstellung über die politische Situation von den englischen Invasionen bis zu den aktuellen Auseinandersetzungen zwischen Buenos Aires und Montevideo vor; darin enthalten waren weitere Abschnitte über die landwirtschaftliche Produktion, Viehwirtschaft, Industrie und Handel; besonderes Gewicht wurde dabei auf die Handelsbeziehungen mit Großbritannien gelegt. Abschließend gingen die Verfasser auf Gesellschaft, Religion und Kultur ein. Für das Jahr 1817 schätzten Rodney und Graham, dass im Hafen von Buenos Aires Import- und Exportgüter im Wert von zehn Millionen US-Dollar umgesetzt wurden. Häute, Pökelfleisch, Talg, Weizen, Kupfer aus Chile sowie Silber aus Potosí würden exportiert, britischen Manufakturwaren wie Textilien aus Wolle und Baumwolle, aber auch Eisen- und Lederwaren sowie brasilianischer Zucker, Kaffee, Baumwolle und Rum importiert. Die zunehmenden Importe aus den USA bestünden vor allem aus Holz, Möbel, Wagen, Munition und Takelwerk (Rodney/Graham 1819/1969: 86−88). Der Bericht wurde 1819 von dem renommierten Londoner Verlag Baldwin, Cradock, and Joy veröffentlicht, was auf ein großes Interesse unter britischen Regierungsbeamten und Kaufleuten schließen lässt. Der ungenannte Verfasser der Einleitung in der Londoner Ausgabe riet, dem US-amerikanischen Vorbild zu folgen und ebenfalls Kommissionäre nach dem Río de la Plata zu entsenden (Rodney/Graham 1969: XII).86 In Anbetracht der wachsenden Neugier der USA sei Wachsamkeit geboten, zumal die Amerikaner bereits die Beherrscher des carrying trade am Río de la Plata seien. Noch würden die Briten den Warenhandel konkurrenzlos dominieren, aber im Transportgeschäft seien US-Firmen im Vorteil, da sie geringere Zölle zahlten und so die britischen Konkurrenten unterböten. Sie würden mitunter auch englische Waren laden und nach Buenos Aires transportieren (Rodney/Graham 1969: 52). Zu diesem Zeitpunkt beherrschten die Amerikaner bereits den Transportsektor zwischen Kuba und Europa sowie zwischen Kuba und der Banda Oriental (Pratt 1931: 321). Die formalen diplomatischen Beziehungen wurden schließlich mit der Berufung von Caesar Rodney zum 85 Heywood an Melville, 4. Dezember 1812 (AGN, Documentación donada 1−4−23). 86 Dieser Empfehlung kam die britische Regierung einige Jahre später nach. Vgl. Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 1824 (PRO, BT 6/32).
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ersten US-Diplomaten in Buenos Aires am 27. Januar 1823 besiegelt (Keen 1947: 156), nachdem schon im Juli 1821 der portugiesische König João VI. in Rio die Unabhängigkeit von Buenos Aires anerkannt hatte (Humphreys 1952: 118). Der Freundschaftsvertrag zwischen Großbritannien und den Vereinten Provinzen von 1825 ließ die Briten in der Gunst wieder steigen. Dem ersten offiziellen britischen Konsul Woodbine Parish wurde bei seiner Ankunft in Buenos Aires im August 1825 ein pompöser Empfang mit anschließendem Abendessen beim Präsidenten bereitet (Canclini 1980: 358), was die Eifersucht von US-Konsul Forbes weckte und den höheren Stellenwert Großbritannien gegenüber den USA zeigte. Die Nordamerikaner befürchteten, dass die Briten zukünftig die Banda Oriental zu ihrem Protektorat und Montevideo zum Freihafen machen würden, und protestierten prompt gegen den Freundschaftsvertrag von 1825 (Rippy 1964: 138−142; 145). Von nun an bestand das Hauptinteresse der USA am Río de la Plata und in Hispanoamerika überhaupt darin, den Einfluss Großbritanniens zu verringern, den eigenen wirtschaftlichen Zugriff und Wirkungsbereich aber einschließlich territorialer Expansion zu erweitern. Das wachsende Interesse der USRegierung zeigte sich, als am 28. Februar 1826 Poinsett zum Envoy Extraordinary and Minister Plenipotenciary to the US of the Río de la Plata ernannt wurde.87 Als Brasilien nach Süden zu expandieren und die provincia cisplatina zu besetzen drohte, kam es im Dezember 1825 zur Blockade von Buenos Aires. Von der Sperrung des Hafens für den britischen Handel profitierte die Konkurrenz. 1826 liefen elf nordamerikanische Schiffe im Vergleich zu nur sechs britischen Schiffen den Hafen an, ein Jahr später waren es 26 im Vergleich zu nur noch zwei.88 Nordamerikanische US-Kaufleute gründeten aber weniger neue Handelshäuser in Buenos Aires, sondern kooperierten auf Kommissionsbasis von den USA aus mit einigen wenigen etablierten Kaufleuten und Häusern vor Ort wie Curtis DeForest oder Zimmermann, Frazier Co. (Reber 1979: 83). 1820 hatte es überhaupt nur drei US-amerikanische Handelshäuser in Buenos Aires gegeben (Pratt 1931: 309). Da sich die Exportgüter der beiden Länder zum großen Teil überschnitten, erschien ein gegenseitiger Handelsvertrag unnötig. So wurden in den folgenden Jahren nordamerikanische Kaufleute zur stärksten Konkurrenz der ansässigen Briten. Die Amerikaner verkauften vor allem Seife, Holz, Mehl und Salz; auf die Verpackungen ihrer Waren klebten sie häufig die englische Krone, da die Kundschaft an britische Produkte gewöhnt war (Englishman 1825: 72). 1829 lag der Anteil nordamerikanischer Schiffe im Hafen von Buenos Aires deutlich über dem der britischen.89 Allerdings entstand der Eindruck, dass alle Ausländer Nordamerikaner seien, da sich auch europäische Kaufleute gern als USStaatsbürger ausgaben, um so als neutrale Handelspartner bevorzugt zu werden. 87 PRO, FO 118/6, fol. 4−9. 88 Report from the Merchants Committee to W. Parish, 31. Dezember 1827 (PRO, FO 354/4, fol. 88−94). 89 Von 245 stammten 97 aus den USA, 78 aus Großbritannien, 28 aus Frankreich, 15 aus Brasilien, 15 aus Sardinien und 12 aus nicht genannten Ländern (Burgin 1946: 276). Bis 1825 betrug der britische Anteil am ausländischen Schiffsverkehr in Buenos Aires 60% gegenüber nur 11,5% von seiten der USA (Brown 1979: 75).
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Das führte dazu, dass man in Buenos Aires jeden für einen Amerikaner hielt, der „How do you do” sagte (Englishmen 1825: 62). Der Pionier der ersten Handelskontakte zwischen den Vereinigten Staaten und dem Río de la Plata war David Curtis DeForest. Er wurde 1774 in der Nähe von Huntington, Connecticut, geboren.90 1817 kehrte er als Consul general to the USA und als reicher Mann mit einem Vermögen von $ 150.000 Dollar aus Buenos Aires in seine Heimat zurück (Keen 1947: 108). DeForest war ein typischer merchant adventurer. Während sich sein Bruder John zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Santiago de Cuba niederließ, ging David nach Buenos Aires und begann, von hier aus Pökelfleisch nach Kuba und Häute nach Philadelphia zu verkaufen (Keen 1947: 20, 26).91 In der Erwartung eines neuen Aufschwungs des Neutralhandels nach der ersten englischen Invasion blieb DeForest in Buenos Aires und machte die Bekanntschaft von Liniers, der ihm Handelsprivilegien verschaffte. Doch auch er musste seine Geschäfte über den Spanier Juan Pedro Carangot als Mittelsmann abwickeln. Er arbeitete außerdem mit dem Handelshaus Aguirre & White zusammen (Halperín Donghi 1972b: 111). DeForest verfasste einen Rundbrief an verschiedene Kaufleute in den USA, in dem er empfahl, die Handelsmöglichkeiten zwischen Havanna und Buenos Aires auszunutzen. Sie sollten vom Gouverneur in Kuba Lizenzen für den Transport von Pökelfleisch aus Buenos Aires für Kuba besorgen und dann Waren zum Tausch wie Holz, Eisen, Reis, Käse, Butter, Wein, Spirituosen und Salz mitbringen. Noch lukrativer sei es, dabei einen spanischen Strohmann einzuschalten. Vor der Ankunft sei es ratsam, Rio Grande in Brasilien anzulaufen und sich über die aktuelle Situation am Río de la Plata zu informieren (Keen 1947: 55). DeForests Geschäfte prosperierten, er pflegte Umgang mit der Führungsschicht und vertrat US-amerikanische Firmen als Verteidiger in Rechtsangelegenheiten. Er ging eine berufliche Zusammenarbeit mit dem Kreolen Juan Larrea ein, dessen Frau Taufpatin von DeForests erstem Kind wurde. Die Namen seiner Kinder waren alle spanisch. Von der Regierung Rivadavia wurde er im August 1812 zum Ehrenbürger der Vereinten Provinzen des Río de la Plata ernannt (Keen 1947: 92). Doch seine Bewerbung um das Amt des Konsuls in Buenos Aires wurde von der Regierung Jefferson abgelehnt. Erst als sich die politischen Verhältnisse in den spanischen Kolonien zu verändern begannen, entsandten die USA im Sommer 1810 sogenannte „agents for seamen and commerce” in die wichtigsten politischen und handelsstrategischen Zentren.92 DeForest setzte sich besonders für eine politische und kulturelle Annäherung zwischen der jungen Republik und den Vereinigten Staaten ein und zeigte sich als Befürworter der Unabhängigkeit Hispanoamerikas. Er veröffentlichte im März 1816 in einer Bonarenser Tageszeitung einen Artikel, in dem er die Lektüre von 90 Die Familie stammte ursprünglich aus Leyden. Die biographischen Informationen zu DeForest stammen aus Keen (1947). 91 Vgl. dazu Martínez de Irujo, Carlos (1800): Observations on the commerce of Spain with Her Colonies in Times of War. Philadelphia. 92 William Shaler nach Veracruz, Robert Lowry nach Caracas und Joel Poinsett nach Buenos Aires (Keen 1947: 83).
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Thomas Paines politischen Schriften empfahl, die in spanischer Übersetzung unter dem Titel „La independencia de Costa Firme justificada por Tomás Paine treinta años ha” vorlag und eine Übersetzung der Konstitutionen verschiedener amerikanischer Bundesstaaten sowie die Unabhängigkeitserklärung von 1776 beinhielt. Im selben Jahr stattete er den argentinischen Diplomaten und Kaufmann José Miguel Carrera mit Empfehlungsschreiben an einflussreiche Kaufleute und Handelshäuser in den großen US-amerikanischen Handelszentren wie J. J. Astor in New York, Walter & Nixon in Philadelphia und Darcy & Didier sowie Robert Oliver in Baltimore aus, um für die Unterstützung des Freiheitskampfes in Chile zu werben (Keen 1947: 101−5). Der deutschstämmige Joseph Zimmermann ließ sich im September 1817 als Nachfolger und Kommissionär von DeForest in Buenos Aires nieder. Er war also kein merchant adventurer mehr, sondern fand eine solide kommerzielle Grundlage und eine Integration in die lokalen Geschäftskreise bereits bei seiner Ankunft vor. So übernahm er die Handelskontakte zu DeForests lokalem Partner Patricio Lynch, der irischer Abstammung und ein Verwandter von Juan José Castelli und Juan Martín de Pueyrredón und war. Lynch und Zimmermann gründeten eine Personengesellschaft und verlegten sich vor allen auf den Verkauf von aus den USA importierten Waffen (Koerner 1967: 18). Um 1825 hatten auch die Zahl von Franzosen zugenommen, die sich wie Roquin, Meyer & Co. auf den Verkauf von Toilettenartikel, Parfüm und Seidenstrümpfen spezialisierten. Ebenfalls gab es immer mehr Portugiesen, die von Brasilien aus Handel trieben, und Deutsche, deren Textilien aus preußischen Manufakturen häufig besser und preiswerter als die englischen Produkte waren (Englishman 1825: 74; 77). Wilhelm Schmaling war einer der ersten preußischen Kaufleute in Buenos Aires. Er war gleichzeitig diplomatischer Repräsentant, agierte also mit Unterstützung der eigenen Regierung (Koerner 1967: 43). Aus diesen ausgewählten Fallbeispielen lässt sich subsummieren, dass abgesehen von der Dominanz der USA im carrying trade die Briten in Buenos Aires bis weit in die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts ohne ernsthafte Konkurrenz von Seiten anderer ausländischer Kaufleute waren.
4.5. MERCHANT ADVENTURERS UND COMMERCIAL HOUSES IN BUENOS AIRES Die Personengesellschaften (partnership) war die gängigste Form der Zusammenarbeit der britischen Kaufleute, ehe sie von der joint stock company in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgelöst wurde (Reber 1979: 145). Das typische britische Handelsunternehmen in Buenos Aires zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand aus zwei bis drei Partnern. Diese Personengesellschaften verkauften britische Waren auf Kommissionsbasis und betrieben internationale Spekulationen mit argentinischen Produkten. Ein-Mann-Unternehmen beschränkten sich eher auf den lokalen Handel, wenn bei fehlenden Kreditmöglichkeiten der Überseehandel zu kostspielig war. Die partnerships verfügten zwangsläufig über mehr Kapital
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und eine entsprechend höhere Kreditwürdigkeit, über bessere Kontakte vor Ort und im Ausland. Die Haftung für Verluste und Schäden wurden aufgeteilt und damit das Geschäftsrisiko vermindert. In einigen Fällen kam es auch zur Gründung von Personengesellschaften zwischen einem Briten und einem Spanier oder Argentinier.93 Viele britische Kaufleute wohnten nach dem Vorbild der Londoner Vorstädte außerhalb von Buenos Aires (Englishman 1825: 58). Aber häufig befanden sich Wohn-, Lagerraum und Büro auch im selben Gebäude. Zu diesem Zweck erwarben einige britische Kaufleute größere Häuser im Zentrum nahe der Plaza Mayor und der Calle de la Piedad und begannen diese zu Handelszwecken umzubauen (Englishman 1825: 52; 133). Nach der räumlichen Etablierung suchte sich der Kaufmann einen Angestellten für die Buchhaltung und Korrespondenz, vorzugsweise im Kreise seiner eigenen jüngeren Verwandten oder Freunde, aber auch Muttersprachler aus der lokalen Bevölkerung. Die Angestellten wurden zumeist im selben Gebäude untergebracht.94 Die britischen Kaufleute widmeten sich dem Verpacken, Verschiffen und Vermarkten ihrer Waren auf beiden Seiten des Atlantiks. Sie agierten als Importeure, die ihre Abnehmermärkte erforschten und Waren auf Bestellung ihrer Kunden beschafften, und als Agenten eines Handelshauses in Großbritannien, in dessen Auftrag sie lokale Produkte oder Rohstoffe für den Export einkauften. Sie befriedigten einerseits die europäische Nachfrage nach Rohmaterialien und förderten andererseits das Wachstum der peripheren regionalen Märkte am Río de la Plata. Darüber hinaus informierten sie ihre Partner oder Auftraggeber in der Heimat über die politische und wirtschaftliche Lage vor Ort. Viele bemühten sich um Handelskontakte, im optimalen Fall um die Öffnung von Zweigstellen in Montevideo, Rio, Santiago de Chile und Lima (Englishman 1825: 52). Die wirtschaftliche Aufbruchstimmung am Río de la Plata stellte für privat finanzierte Handelsunternehmen einen idealen Rahmen für die Wahrnehmung ihrer Interessen dar. Das Transport- und Bankwesen steckte in den Kinderschuhen, und die politischen Wirren gingen mit wachsender Nachfrage nach preiswerten Manufakturwaren aus dem Ausland einher. Buenos Aires bot sich als Warenentrepôt an, da es über den Zugang zu einem fluvialen Kommunikationsnetz verfügte, welches bis weit ins Landesinnere reichte. Allerdings hielten die unzureichenden Kommunikationsstrukturen im Binnenland nicht mit dem sich kontinuierlich verbessernden transozeanischen Verkehr Schritt. Die britischen Kaufleute bedrängten ihren Konsul immer wieder, das Verkehrssystem zu verbessern und den Hafen auszubauen. Neue Schiffslinien ermöglichten nach 1824 den direkten Austausch mit
93 Als Beispiel sei die Gesellschaft von David Curtis DeForest mit Juan de Larrea genannt. Hier war sogar die Einflussnahme eines ausländischen Kaufmanns auf die Regierung möglich, da Larrea später Finanzminister wurde (Keen 1947: 65). 94 „Los comerciantes británicos gozan de gran estimación en Buenos Aires: el comercio del país se halla principalmente en sus manos. Es elevadísimo el número de dependientes y empleados que trabajan en barracas, curtidorías y domicilios particulares. Casi todos los comercios tienen un dependiente español, el cual (así como los empleados británicos) habita en el establecimiento” (Englishman 1825: 49−50).
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Chile und Peru; der Hafen von Buenos Aires wurde allerdings erst zwanzig Jahre später mit Piers und Docks versehen (Reber 1979: 75). Politische Ausnahmesituationen, wie sie in Buenos Aires nach 1806 auf der Tagesordnung standen, bargen Gefahren und Chancen zugleich. Hohe Risiken ergaben sich durch die ständige Gefahr der Konfiskation zu Kriegszeiten. Während der zeitweiligen Unterbrechung der Kommunikationswege herrschte Ungewissheit, welche Waren in welchen Mengen gebraucht werden. Die zunehmende Konkurrenz von Montevideo, das die zollfreie Einfuhr für trans-shipping goods und deren Zwischenlagerung zu niedrigen Lagermieten erlaubte, stellte eine weitere Belastung dar. Umgekehrt erlitt der Handel in Montevideo eine Depression zu Zeiten, wenn sich Buenos Aires wirtschaftlich wieder erholte.95 Im Falle einer Blockade des Hafens von Buenos Aires mussten die Kaufleute versuchen, ihre Waren so schnell wie möglich gegen Bargeld und Wechsel zu verkaufen oder aber wenigstens gegen haltbare Produkte wie Tierfelle einzutauschen. Zusammenfassend lässt sich ein regelrechter Katalog von Gründen erstellen, die für den Erfolg der britischen Kaufleute in Buenos Aires maßgeblich waren. Sie verfügten gleichermaßen in Großbritannien und am Río de la Plata über Netzwerke. Den Handelshäusern in London, Liverpool und Glasgow standen Partner und Agenten in Buenos Aires, Montevideo, Valparaiso und Rio zur Verfügung. Die Handelspartner am Río de la Plata unterhielten häufig eigene Lagerhäuser und pflegten gute Zusammenarbeit mit der lokalen Kaufmannschaft, die wiederum die Kontakte zu den Binnenmärkten herstellte. In Absprache mit ihren kreolischen Kollegen war es ihnen möglich, den Geschmack der Verbraucher zu treffen und Marktlücken zu schließen. Die Aufmerksamkeit der ausländischen Konkurrenz fiel erst auf Buenos Aires, als die britischen Pioniere die Gunst der Stunde bereits genutzt hatten. Auch wenn die Konkurrenz anderer exportierender Nationen wie Frankreich und den USA zu spüren war, blieb die Führungsrolle Großbritannien in der Weltwirtschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unbestritten. Großbritannien war weltweit der größte Produzent in der verarbeitenden Textilindustrie, und Lateinamerika war der größte Abnehmermarkt (Reber 1979: 34). Die Briten waren führend auf den für den Handel wichtigsten, sich am stärksten und am schnellsten entwickelnden Sektoren wie Transportwesen, Kommunikation und Manufakturwesen. Eine wachsende Bevölkerung, militärische Überlegenheit und ein stabiles Währungssystem statteten das Land mit optimalen Expansionsbedingungen aus. Auf politischer Ebene gelang es Handelshäusern, der Regierung in Buenos Aires Privilegien wie weitgehende Befreiung von Zwangsanleihen, Warenkonfiskationen und vom Militärdienst abzuringen (Poensgen 1998: 26). Ein anerkannter Konsul wachte über die Vorrechte der britischen Bürger. Die Vorteile in Hinblick auf ihre berufliche Qualifikation waren offenkundig. Die kaufmännische Ausbildung in Großbritannien schloss die Erlernung moderner Geschäftspraktiken ein. Das ausbildende Handelshaus verfügte im Idealfall selbst über Erfahrung im 95 Konsul Thomas Samuel Hood, Report of the trade of Montevideo and the Cisplatino Province, 15. August 1824 (PRO, BT 6/32).
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Überseehandel und kannte sowohl die europäischen als auch die überseeischen Märkte. Die für den Export bestimmten Waren wurden direkt bei den Herstellern zu Fabrikpreisen gekauft. Die Artikel wurden dann auf Kommissionsbasis verkauft. Einer der wichtigsten Vorteile der britischen Kaufleute bestand darin, dass sie im Gegensatz zu ihren lokalen Kollegen in der Lage waren, Kapitalknappheit durch Kredite auf die Waren, die sie in Kommission übernommen hatten, auszugleichen. Die Briten hatten höhere Kapitalreserven und bessere Zugänge zu Kapitalquellen. Untereinander nahmen und vergaben sie Kredite mit langer Laufzeit zu niedrigen Zinsraten. Wechselbriefe (bills of exchange, auch bills of England), also Transaktionen auf Kreditbasis, waren die wichtigste Zahlungsform im britischen Handel vom ausgehenden 18. bis weit ins 19. Jahrhundert.96 So bestand die finanzielle Basis einer Personengesellschaft neben dem eingebrachten Eigenkapital zum größten Teil aus Krediten, die bei anderen Kaufleuten oder Import- und Exporthäuser in London, Liverpool und Manchester oder Manufakturherstellern oder britischen Banken wie auch professionellen merchant bankers wie den Baring Brothers aufgenommen wurden. Durch den wachsenden Bedarf und die steigende Einfuhr britischer Waren erfuhr der Peso gegenüber dem Pfund in London als wichtigstem internationalen exchange market eine Abwertung (Reber 1979: 23). Die bills of England ersetzten allmählich das spanische Geld als Zahlungs- und Kreditmittel. Zunehmend gerieten auch englische Kupfermünzen in Umlauf (Englishman 1825: 136).97 Nur eine befriedigende Handelsbilanz ermöglichte es der Regierung in Buenos Aires, Investitionen und Immigration aus dem Ausland anzuziehen. Haupteinnahmequelle der Regierung waren die Hafenzölle von Buenos Aires. Gegen zu hohe Zölle ergingen verhältnismäßig wenig Klagen, da die ausländischen Kaufleute zufrieden waren, überhaupt Zugang zum argentinischen Markt zu haben. Größere finanzielle Belastungen konnten sich dagegen ergeben, wenn die Regierung die Staatseinnahmen durch Zwangsanleihen von Kaufleuten und Landbesitzern aufzubessern versuchte. Das größte Risiko für die ausländischen Kaufleute stellte nach der Revolution die unstete Finanz- und die inkohärente Währungspolitik der Regierung in Buenos Aires dar. Die junge Republik verfügte zunächst über keine eigene nationale Währung, und die Knappheit an Bargeld wurde als Bürde aus der Kolonialzeit übernommen, da die casas de moneda in Córdoba und La Rioja nicht in ausreichenden Mengen und in unterschiedlichen Formen prägten. 96 „No distinction is made in favour of any nation, save only that the British merchants have some peculiar facilities granted them in relation to their letters, which are an object of taxation, at least so far as applies to those sent out of the country” (Rodney/Graham 1969: 128−129). 97 Im März 1822 vermittelten Hullet Bros. einen „contrato para la amonedación de cobre” in Höhe von 50.000 Pesos zwischen der Regierung der Provincias Unidas und dem Londoner Unternehmer Robert Boulton, Soho. Dieser widerum stellte die Verbindung zur Birmingham Mining and Copper Company her. Korrespondenz von Hullet Bros. mit dem Außenministerium in Buenos Aires (AGN, Sala X 1−2−12). Außenminister war zu der Zeit Bernardo Rivadavia.
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Ein nationaler Bankservice war vor 1818 nicht vorhanden (Reber 1979: 30). Rivadavia reiste als Regierungsgesandter nach London, um die Pläne für eine engere, vor allem finanzielle Zusammenarbeit voranzutreiben.98 1818 wurde auf Betreiben Pueyrredóns die Caja Nacional de Fondos de Sud-América als erstes argentinisches Geldinstitut gegründet (Poensgen 1998: 222). Aber die ersten Finanzinstitute der jungen Republik waren ebenso kurzlebig wie kapitalarm. Zu den wichtigsten Maßnahmen der Regierung Rivadavia gehörte die Gründung der Börse 1822 und des Banco Provincial, der in seinem achtköpfigen Vorstand drei britische Direktoren vereinte, fast ausschließlich Buchhalter aus England beschäftigte und Geld in Großbritannien drucken ließ (Street 1967: 265). Der Banco de Descuentos wurde am 15. Januar 1822 gegründet. Von den neun Gründungsmitgliedern waren drei Briten, und von 24 Teilhabern zu diesem Zeitpunkt waren neun britische Kaufleute. Sowohl der Banco de Descuentos als auch der Banco de Buenos Aires, die zwischen 1822 und 1826 existierten, vergaben lediglich kurzzeitige Kredite an Kaufleute.99 Die Casa de Moneda de la Provincia de Buenos Aires wurde 1836, und die Bank of London and the River Plate erst 1862 gegründet (Reber 1979: 60; 111).100 Die britischen Kaufleute waren nur in wenigen Bereichen im Nachteil. Vor allem ihre Beteiligung an der Binnenwirtschaft war verhältnismäßig gering. Die Kenntnisse von Sprache und Sitten waren oftmals rudimentär, ebenso wenig bekannt waren die Praktiken des lokalen Handels, des Transportsystems und der üblichen Handelsbedingungen (Brown 1979: 86). Folgerichtig nahm das Interesse der britischen Kaufleute, am lokalen Handel teilzunehmen und Kapital in die argentinische Industrie zu investieren, im Verlauf der 1820er Jahre schnell ab. Deshalb blieben die Ausländer in Buenos Aires abhängig von ihren einheimischen Partnern. Zu Recht hat Brown (1976: 605; 1979: 95) darauf hingewiesen, dass die Briten in Buenos Aires zwar ohne Zweifel Wirtschaftsimperialismus ausübten, aber keine einseitige Abhängigkeit bestand. Da der Handel durchaus gewinnbringend für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft war und die Dominanz der Briten im Überseehandel bis Mitte des Jahrhunderts überwunden werden konnte, erweist sich die Dependenztheorie101 als einseitig. Vor allem im Verlauf der 1820er Jahre liefen die Kreolen den britischen Kaufleuten in Buenos Aires den Rang im Binnenhandel ab, nachdem zuvor noch britische Pioniere ihre Waren mitunter persönlich über die Flüsse ins Landesinnere transportiert hatten. Wegen fehlender Investitionsmöglichkeiten war weiterhin der Zugang zu anderen Wirtschaftszweigen gering. So sind zum Beispiel die Lagerung von Waren und die Herstellung von Pökelfleisch immer mehr zu von Kreolen dominierten Betäti98 Nebenher nutze er seinen Aufenthalt, um eigene Geschäfte mit Hullet Bros. zu betreiben (Lynch 1973: 73). 99 1826 waren 505 der 838 Aktien des Banco de Descuentos im Besitz von britischen Kaufleuten (Galmarini 1974: 59−61). 100 Die Bank of London and the River Plate befand sich fast vollständig unter britische Kontrolle (Reber 1979: 121). 101 Zur Diskussion der Dependenztheorie in Bezug auf Argentinien vgl. Scalabrini (1971), Lynch (1989: 139) und Böttcher (1996: 200).
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gungsfeldern geworden, wohingegen englische warehouse-Spezialisten und saladero-Besitzer wie Patrick Brown oder Robert Staples immigrierte Einzelpersonen waren, die nur Pionierarbeit leisteten und später sogar naturalisiert wurden und somit als Ausnahme zu gelten haben. Der erste saladero in Ensenada wurde 1810 von Robert Staples und John McNeile gegründet (Giberti 1961: 84; Sáenz Quesada 1980: 94), um 1825 existierten zwanzig saladeros und zahllose kleine Schlachtereien, sogenannte mataderos und graserías, die allesamt von Kreolen betrieben wurden (Brown 1979: 109; 120). Die Wirtschaft der Vereinten Provinzen war somit zwar von ausländischen Märkten, nicht aber von ausländischen Investitionen abhängig. Nach der Gründungsphase durch britische Investoren wurden die Briten selbst wieder zu Abnehmern dieser Produkte. Allerdings blieb eine Industrialisierung aus. Die Wirtschaftsstrukturen Argentiniens veränderten sich nur wenig, so dass das Land weiterhin davon abhängig war, andere industrialisierte Nationen mit Fleisch und Leder zu beliefern. Handelspartnerschaften zwischen Briten und Argentiniern waren durchaus üblich. Etwa ein Drittel der kreolischen Kaufleute pflegte Geschäftskontakte mit ausländischen Kollegen (Brown 1976: 624). Es war gängige Praxis, dass sich britische Kaufleute um die Umgehung der Steuern bemühten, indem sie Kontakt zu einheimischen Mittelsmännern aufnahmen. Zu diesem Zweck verschickten sie auch verstärkt Rundschreiben (circular letters) in spanischer Sprache an lokale Kaufleute in Buenos Aires.102 Das beste Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen britischen und argentinischen Kaufleuten hat Poensgen (1998: 44−51) vorgelegt. Das Londoner Handelshaus Hullet Bros. & Company pflegte über Jahre Geschäfte mit dem Bonarenser Großkaufmann Juan José Cristóbal Anchorena. In diesem Falle betrat weder der britische Partner argentinischen Boden noch reiste der argentinische Partner nach Großbritannien. Anchorena, der nach 1810 verstärkt Manufakturen aus Großbritannien importierte und in bzw. um Buenos Aires sowie nach Hochperu verkaufte, wurde der Binnenmarkt überlassen. Die Initiative war von Hullet Bros. ausgegangen, die sich bei Anchorena und anderen Bonarenser Kaufleuten per Rundschreiben auf Spanisch empfohlen und um Zusammenarbeit geworben hatten. In diesem Falle berief sich das Londoner Haus auf einen Kontaktmann namens Martín de Monasterio und bot Anchorena seine Dienste „en todo lo que le puede ocurrir en esta plaza” an (Poensgen 1998: 216). Über Hullet bekam Anchorena Zugang zu Märkten in Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Nach einigen Jahren vollzogen viele kreolische Kaufleute wie Anchorena den Wandel ihrer Geschäfte vom Handel zur Viehwirtschaft. Es wurden systema102 Als Beispiel soll der circular letter des Nathaniel Lucas, datiert vom 1. März 1809, dienen: „Tomo la libertad de participar a V.M. de mi establecimiento en esta plaza con el objeto de transmitir en comisión todos cuantos asuntos fuesen comitidos a mi cuidado, siendo mi socio en Londres para el mismo fin el señor D. George Allen Ayllwin y desde luego tengo el gusto de hacer a V. M. una oferta sin reserva de mi servicio en ambas casas. Mi almacén aquí está siempre provisto de todos los diferentes géneros de las fábricas de Inglaterra y otros propios de para el consumo de ese país, los que no tengo inconveniente de trocar por los efectos y producciones de esa, que también compro a dinero de los que no tienen necesidad de géneros” (zitiert bei Villalobos Rivera 1965: 119).
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tisch Rinder- und Pferdehäute aufgekauft und schließlich auch Weideland und estancias erworben. Hullet Bros. wurde für Anchorena zum wichtigsten Partner für den Export von Viehwirtschaftsprodukten nach Europa. In diesen Jahren bildete sich in Buenos Aires eine Gruppe von Unternehmern, die aus britischen und kreolischen Kaufleuten bestand. Neben erfolgreichen britischen Geschäftsleuten wie den Brüdern Robertson, Thomas Armstrong und Thomas Gowland war auch wieder einheimische Kaufleute beiteiligt. Sie alle zogen Nutzen aus der Bedeutung der Stadt als Verteilermarkt. Die kleine Gruppe setzte sich aus Männern wie Braulio Costa, Felix Castro, Juan José Anchorena, Francisco Acosta, Juan Comono, Domingo Eyzaga, Marcelino Carranza, J. P. Aguirre, Pascual Costa und Sáenz Valiente zusammen. Die Aktivitäten dieser Kaufleute erlebten im Zeitraum von 1817 bis ungefähr 1830 eine Blüte. Im selben Zeitraum verwandelte sich Buenos Aires von einer „ciudad criolla” in eine „ciudad patricia” (Romero 1976). Die diversen Geschäfte dieses neuen Handelspatriziats erstreckten sich über die Einfuhr von Edeltextilien, Investitionen in die Viehzucht und Landspekulationen bis hin zum Bergbau durch die Beteiligung an der Famatina Mining Company.103 Die Kreolen gingen miteinander Personengesellschaften ein, deren Kapitaleinsätze bis zu 140.000 Pesos erreichten (Galmarini 1974: 27−29, 140). Vor allem aber pflegten sie internationale Kontakte. Felix Castro zum Beispiel machte als Partner von Paroissien mit Großbritannien direkte Geschäfte und wurde zum Beauftragten der argentinischen Regierung in London für die Aushandlung des Staatskredits von 1824 ernannt.104 Die Zusammenarbeit mit britischen Kollegen wie Thomas Armstrong, den Brüdern Robertson, Diego Brittain, MacKinlay, Stewart & McCall und Thomas Fair war der wichtigste Grund für den lang anhaltenden Erfolg der Bonarenser Kaufleute. Über ihre Kontakte nach dem Ausland war es diesen Unternehmern möglich, in London Kredite aufzunehmen. London bot sich dafür an, da in Buenos Aires die Zinsrate bei astronomischen 14% lag (Platt 1983: 26−28). Die Robertsons aus Glasgow trugen entscheidend zum Aufbau und zur Organisation des internen Handels mit Häuten bei. Seit 1807 lebten sie zunächst am Río de la Plata, seit 1811 in Paraguay. Ihre Geschäftskontakte reichten bis nach Lima und Santiago de Chile. Sie führten im Inland Geldverkehr statt des bisher üblichen Tauschhandels ein; eine weitere Neuerung bestand darin, dass sie aus Irland importiertes Flaschenbier zu einem gängigen Bestechungsmittel machten (Street 1967: 260−261). John Parish Robertson war Mitbegründer des Banco de Descuento und der Famatina Mining Company. Thomas Armstrong lebte seit 1817 in Buenos Aires. Neben seiner kaufmännischen Tätigkeit widmete er sich 103 Die Famatina Mining Company war eine argentinische Gesellschaft, aber sie wurde von britischen Teilhabern wie Thomas Kinder, John Parish Robertson und James Brittain kofinanziert (Humphreys 1952: 142). Die Gesellschaft scheiterte wegen fehlender Investitionsbereitschaft nach kurzer Zeit (Reber 1979: 128). 104 Paroissien entstammte einer hugenottischen Familie aus der Normandie, die sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Londoner Vorort Hackney niedergelassen hatte. Der junge Paroissien kam Ende 1806 zunächst nach Montevideo, ging dann nach Rio und schließlich nach Buenos Aires (Humphreys 1952: 146).
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zunehmend Investitions- und Versicherungsgeschäften, erwarb Landbesitz, eigene Schlachtereien und Mühlen und förderte den Eisenbahnbau. Gemeinsam mit den Briten James Brittain, William Cartwright und Robert Montgomery war er Direktor des Banco de Descuento105 und 1857 Gründungsmitglied der Compañía de Seguros Marítimos. Er behielt die britische Staatsangehörigkeit und blieb dem protestantischen Glauben treu, heiratete aber in die Bonarenser Gesellschaft ein und ließ seine Kinder katholisch erziehen (Reber 1979: 113). Während der Jahre, die er in Südamerika verbrachte, war er als Vermittler, Informant und sogar Spion im Dienst sowohl der britischen Regierung als auch des Diktators José Gaspar de Francia in Paraguay tätig (Robertson 1950,I: 19; 32−38). Thomas Gowland kam 1812 im Alter von neun Jahren nach Buenos Aires. 1825 eröffnete er ein Versteigerungshaus (auction house), sechs Jahre später gründete er sein erstes Im- und Exporthaus. Er stellte Kontakte der argentinischen Regierung mit den Barings und den Rothschilds her und war Mitbegründer der ersten Compañía de Gas; 1853 erhielt er die argentinische Staatsangehörigkeit (Reber 1979: 114−117). Die kreolischen Unternehmer gründeten gemeinsam mit britischen Kaufleuten Organisationen wie die Junta de Comerciantes y Hacendados (1821), oder die Comisión de la Asamblea de la Industria, die Comisión de Inmigración, die River Plate Agricultural Association oder die Compañía Arquitectoral de Buenos Aires. Letztere war eine in London gegründete Interessengemeinschaft zum Ausbau der Häfen von Buenos Aires und Ensenada für den Überseeverkehr. Wortführer der Gesellschaft waren Felix Castro und G. P. Robertson; die Pläne für die neuen Kais stammten von dem Londoner Architekten M. Brown, und mit der Ausführung der Arbeiten wurde der englische Ingenieur Bevans beauftragt (Galmarini 1974: 43−45). In der Nähe des etwa vierzig Kilometer von Buenos Aires entfernt gelegenen Ensenada lag eine Anzahl von saladeros, die sich im Besitz von Mitgliedern des Konsortiums befanden. Sie alle waren als Im- und Exporteure und als Landbesitzer von der Anbindung an den internationalen Handel abhängig. Der Gesetzesentwurf vom 19. August 1822 für eine britische Staatsanleihe über fünf Millionen Pesos stammte von Costa, Robertson, Castro und Sánz Valiente. Sie alle hatten sich an einem Vorschuss in Höhe von 250.000 Pesos beteiligt, die restliche Summe wurde von dem Londoner Bankhaus Baring Bros. als Wechsel auf Robertson und Costa gezogen (Galmarini 1974: 54). Allerdings wurden die Geschäfte miteinander vom zunehmenden Kapitalmangel und vom fehlenden Interesse für Häute in Europa bei steigender Konkurrenz aus dem baltischen Raum und aus Russland beeinträchtigt. Ende der 1820er Jahre gab Anchorena die Zusammenarbeit mit englischen Firmen auf (Poensgen 1998: 242). Er setzte sich in diesem Zeitraum zunehmend für eine protektionistische Handelspolitik ein. Durch die Direktbesteuerung ausländischer Kaufleute sollten das einheimische produzierende Gewerbe und der Binnenhandel geschützt 105 1826 kontrollierten die Briten 631 von 838 Stimmen der Generalversammlung. James Brittain besaß 39 Aktien, Thomas Armstrong 45 und William Robertson hatte mit 51 Aktien den größten Kapitalanteil (Scalabrini 1965: 71; 76).
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werden, um eine neue Monopolstellung der britischen Kaufleute zu verhindern. Doch dafür war es zu spät. Der britische Konsul Woodbine Parish vermerkte mit Befriedigung: „The low prices of British goods, especially those suited to the consumption of the masses of the population of these countries, ensured a demand for them from the first opening of the trade. They are now become articles of the first necessity to the lower orders in South America. The gaucho is everywhere clothed in them. Take his whole equipment, examine everything about him − and what is there not of hide that is not British? If his wife has a gown, ten to one is from Manchester. The campkettle in which he cooks his food − the common earthenware he eats from − his knife, spurs, bit, and the poncho which covers him − all are imported from England” (Parish 1838: 362).
5. ERGEBNIS Bis weit ins 18. Jahrhundert stellte die Region am Río de la Plata ein dünn besiedeltes, isoliertes Randgebiet des spanischen Imperiums dar. Buenos Aires wurde als Militärstützpunkt und weniger als Handelshafen genutzt. Die Stadt wurde so zu einem attraktiven Markt für ausländische Schmuggler, die von Südbrasilien aus über Colonîa do Sacramento Handel trieben. Die Errichtung einer Faktorei der South Sea Company führte zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einer zunehmenden Anbindung an den von England kontrollierten Atlantikhandel. So entwickelten sich erste Kontakte zwischen den lokalen Kaufleuten in Buenos Aires und britischen Unternehmern, die vor allem Interesse an Produkten aus der wachsenden Viehwirtschaft im Hinterland von Buenos Aires zeigten. Enge Geschäftskontakte wurden aber erst nach den Militäroperationen zu Beginn des 19. Jahrhunderts geknüpft. 1806 markiert ein einschneidendes Datum in der Geschichte der kommerziellen Durchdringung Hispanoamerikas durch die Briten. Nicht die territoriale Erweiterung, sondern der Aufbau von Handelsverbindungen wurde − neben dem Schutz Brasiliens und einer Begrenzung der französischen Einflussnahme − zur Priorität der britischen Hispanoamerika-Politik. Die Eroberung von Buenos Aires war eine militärische Ausnahmeaktion und geschah ohne Wissen der Regierung in London, aber sie ebnete der kommerziellen Durchdringung durch die entstehende britische Kaufmannsgemeinde am Río de la Plata den Weg. Trotz des Scheitern der Invasionen in Buenos Aires wurde die Hauptstadt des neuen Vizekönigreich Río de la Plata nach der temporären Besatzung durch die Briten von einer Durchgangsstation des lokalen Handels und einem peripheren Versorgungshafen innerhalb des spanischen Monopolsystems zu einem internationalen atlantischen Handelszentrum, das sein unmittelbares Hinterland politisch und wirtschaftlich dominierte. Die kurze Fremdherrschaft der Briten brachte Handelserleichterungen und führte danach zur Intensivierung der staatlichen Reformen. Dem allmählichen, aber steten Austritt aus der Isolation der frühen Kolonialzeit folgte der Übergang des Vizekönigreichs zur Unabhängigkeit. Die politische Neuordnung während der englischen Besetzung beruhte auf der Beibehaltung der spanischen Kolonialverwaltung. Buenos Aires wurde zum neutralen Hafen innerhalb des britischen Empire erklärt, und es wurden lebhafte Handelskontakte zwischen den einheimischen Händlern und den britischen Kauleuten geknüpft. Diese exportierten die lokalen Produkte, vor allem Häute, vom Río de la Plata und garantierten dafür die stabile Versorgung von Besatzern und Stadtbevölkerung mit Sklaven, Textilien und Lebensmitteln. Der privat organisierte Handel der britischen Kaufleute ersetzte das staatliche Monopol mehr als hinreichend. Die Besetzungen von Buenos Aires stellten den Anfang vom Ende der spanischen Herrschaft dar. Obwohl die zwei kurz aufeinander folgenden Invasionen der
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Engländer fehlschlugen, bewirkten sie auf lange Sicht die Lösung des Vizekönigreiches Río de la Plata vom spanischen Mutterland. Die Militärschläge hatten die Schwächen im Verteidigungssystem und in der Verwaltung des südlichen Imperiums freigelegt. In Buenos Aires wurde der neue britische Vizekönig aber als Despot ohne Kenntnisse der politischen Lage und ohne Visionen empfunden. Kreolische Milizen organisierten den Widerstand gegen die britischen Besatzer, auch wenn viele mit Wohlwollen die Abschaffung des Monopols und die Einführung des Freihandels sahen. Als besonders folgenreich erwies sich, dass die Machthaber ohne Hilfe des Mutterlands vertrieben werden konnten. Obwohl die Besetzung nur wenige Wochen dauerte und keine Militär- oder Handelsbasis etabliert werden konnte, wurde die koloniale Struktur stark angeschlagen. Die höchste Autorität hatte sich als austauschbar erwiesen. Die Angriffe bedingten darüber hinaus die weitere historische Entwicklung und trugen dazu bei, dass die Bourbonischen Reformen am Río de las Plata scheiterten. Spanien hatte seit dem Siebenjährigen Krieg versucht, die imperiale Kontrolle über das Kolonialreich wiederzugewinnen. Zu diesem Zweck wurde in die koloniale Verwaltung, Verteidigung und Wirtschaft investiert. Die Reformen zeigten zunächst erste Erfolge und machten sich in Übersee in der Verbesserung der Kommunikation, dem Ausbau des Handels und der Ankurbelung regionaler Wirtschaftszweige bemerkbar. Die Kreolen hatten in den Jahrzehnten nach der Gründung des Vizekönigreichs von der Erneuerung der kolonialen Strukturen profitiert, auch wenn die Audiencia in Buenos Aires überwiegend von spanischen Beamten besetzt war (Burgholder/Chandler 1984: 169). Mit dem Ende des spanischen Flottensystems Mitte des 18. Jahrhunderts stieg der direkte Handel mit Cádiz. Die Zunahme der Bevölkerung, des Verkehrs, des Handels und der politischen Bedeutung der Region kulminierten in der Gründung des Virreinato del Río de la Plata. Diese umfangreichen Reformen für Verwaltung, Militär und Handel. Die Militär- und Finanzreform, die aus dem situado finanziert wurde, trugen weiter dazu bei, die Region um die La Plata-Mündung zu stärken. Landwirtschaft und Viehzucht erlebten einen Aufschwung. Wirtschaftliches Wachstum durch die Zunahme des Transatlantik-, aber auch des Binnenhandels war die Folge. Doch hier wird ein entscheidender Schwachpunkt des Reformwerks deutlich: Alle Einflüsse von Außen sollten zurückgedrängt werden. Aber die Teilnahme ausländischer Kaufleute konnte nicht vermieden werden. Als Spanien nach der Französischen Revolution in eine lange Kriegsphase eintrat, geriet der Handel zunehmend in die Hände angelsächsischer Unternehmer. In den folgenden Jahren verschlechterte sich die koloniale Kontrolle rapide, indem die Verbindung des Mutterlands mit den Kolonien immer wieder unterbrochen wurde. Madrid war das Zentrum für Regierung und Verwaltung, nicht aber für Handel und Produktion. Der politische Niedergang Spaniens durch die fortwährenden Kriege in Europa, die schließlich in der Besetzung der Iberischen Halbinsel durch die Truppen Napoleons gipfelten, setzte dem spanischen Handelsmonopol ein Ende. Der Handel zwischen Spanien und seinen Kolonien war nun vollkommen zum Stillstand gekommen. Die lokalen Unternehmer nahmen den Import von Sklaven und Manufakturwaren in die eigenen Hände und fanden in den Briten kaufkräftige Partner.
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Besonders in den ehemals marginalisierten Regionen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgrund des zunehmenden Handels mit der angelsächsischen Welt ein erhebliches Wirtschaftswachstum registrierten, fand die Idee der Independencia einen fruchtbaren Nährboden. Die zunächst erfolgreiche Konsolidierung der Macht des Mutterlands im Süden des Kolonialreichs lässt die Krise des kolonialen Systems und dessen Untergang am Río de la Plata besonders abrupt erscheinen. Die Reformen lösten hier schließlich aus, was sie aufhalten sollten. Denn sie hatten Durst nach mehr Freiheiten gemacht, der nicht gelöscht werden konnte (Lynch 1973: 2). Spanien verfügte nur über eine schwache Handelsmarine, wenig Industrie und kaum Kreditinstitute. Als Abnehmer und Verarbeiter von Rohstoffen war die metrópoli bereits seit langem zu einem Entwicklungsland abgestiegen. So verpasste Spanien die Gelegenheit, sich in das neue Wirtschaftssystem einzugliedern, während die Vereinigten Staaten trotz ihrer politischen Unabhängigkeit wichtiger Bestandteil des von England kontrollierten Atlantikhandels blieben. Die Bourbonen verloren nicht nur den Großteil Hispanoamerikas, sie verloren es auch an den Feind Großbritannien, der bis weit ins 19. Jahrhundert die neuen Märkte beherrschte. Der Handel mit neutralen Nationen kurz vor der Jahrhundertwende beendete das spanische Monopol im Vizekönigreich und spaltete die Bonarenser Kaufmannschaft. Die Kreolen begannen, die vermittelnde Rolle Spaniens im Handel mit Nordamerika in Frage zu stellen. Es gelang ihnen schließlich, durch die Zusammenarbeit mit ihren ausländischen Kollegen ihre Unabhängigkeit von den gaditanischen Kaufleuten durchzusetzen und ihre Zugehörigkeit zur städtischen Elite auszubauen. In den Jahren nach den englischen Invasionen trat der Konflikt zwischen monopoltreuen und den Freihandel befürwortenden Kaufleuten in eine neue dramatische Phase ein, der für die ersten Jahre der Republik prägend werden sollte. Die Briten drangen von Rio aus über Montevideo und Buenos Aires ins spanische Kolonialreich vor. Die Stadt war angesichts der miserablen Lage der Staatsfinanzen einer liberalen Wirtschaftspolitik zugeneigt und auf britische Kaufleute im Außenhandel angewiesen. Die Monopolisten in Buenos Aires forderten wegen des zunehmenden Schmuggels erfolglos die Ausweisung aller Ausländer. Vizekönig Liniers wurde unter anderem auch wegen seiner Zusammenarbeit mit den Briten gestürzt. Trotzdem setzten sich die liberalen Handelsbestimmungen durch, da die Region nach der Besetzung Spaniens durch Napoleons Truppen auf sich allein gestellt war. So erklärt es sich, dass ausgerechnet der letzte Vizekönig Cisneros während der vorläufigen Restauration dem wachsenden Druck der kreolischen Landbesitzer und Kaufleute nachgeben und den Freihandel mit den Briten konzedieren musste. Die wirtschaftliche Eigenständigkeit ging der politischen Unabhängigkeit am Río de la Plata voraus. Die kreolische Interimsregierung, die Cisneros ablöste, suchte fortan die Unterstützung der britischen Regierung als Schutzmacht. Die engen Kontakte mit Großbritannien trugen dazu bei, dass neben wirtschaftsliberalem auch politisch aufklärerischem Gedankengut der Weg bereitet wurde. So begann ein Prozess, der nicht nur zur Untergrabung der monopolistischen Wirt-
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schaftspolitik Madrids, sondern schließlich auch zum politischen Zusammenbruch des spanischen Kolonialsystems und Kolonialreichs führte. Die Führer der Unabhängigkeitsbewegung suchten auch in den folgenden Jahren sowohl diplomatische als auch wirtschaftliche Anlehnung und Hilfe bei Großbritannien, das Vermittlung im Austausch gegen Handelskonzessionen anbot. Doch es dauerte bis zum Jahr 1825, bis ein Freundschaftsvertrag den Schutz und die Privilegien der Briten in Buenos Aires sowie die offiziellen Ernennung von Konsuln garantierte. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den unabhängigen Vereinten Provinzen und dem auf Neutralität bedachten Großbritannien liefen lange Zeit über die britischen Kaufleute in Buenos Aires. Ihre vermittelnde Funktion war für die junge Republik in diesen Jahren von eminenter Wichtigkeit. Die Kreolen in Buenos Aires strebten danach, die Vormacht der privilegierten spanischen comerciantes zu brechen. Durch die Zusammenarbeit mit britischen und nordamerikanischen Kaufleuten während der Jahre des Neutralhandels gelang ihnen die Überwindung des spanischen Monopols am Río de la Plata. Vergeblich sprachen sich die etablierten Kaufleute gegen die zunehmende ausländische Konkurrenz aus. Während vor allem spanische Kaufleute bald andere Betätigungsfelder suchten, stiegen viele Kreolen durch die Zusammenarbeit mit ihren britischen Kollegen auf. Es entstand eine neue Elite von Kreolen, die gleichzeitig sowohl Landbesitzer als auch Unternehmer sein konnten (Hora 2003: 483). Die Interaktion wurde von Lernprozessen wie Arbeitsteilung und Aufteilung der Zuständigkeiten geprägt. In Buenos Aires wurde die Anpassungsfähigkeit der kreolischen Kaufleute das wichtigste Merkmal der wirtschaftlichen Entwicklung (Poensgen 1998: 488−490). Doch auch hier zeigte sich, dass die routinierteren, differenzierter arbeitenden Briten den Waren- und Kapitalstrom steuerten und somit auch die Produktion kontrollierten. In Buenos Aires entstand infolge der Angriffe von 1806 und 1807 eine stetig wachsende britische Gemeinde mit eigenen Kirchen und Clubs. Die British merchants organisierten sich als erste Ausländergruppierung in einer eigenen Interessenvertretung. Britische Kaufleute wurden mit Unterstützung der Regierungen sowohl vor als auch nach der Revolution zu einem entscheidenden Faktor für den Wandel der Handelsstrukturen am Río de la Plata. Privat finanzierte Handelsunternehmen brachten mit dem Zusammenbruch des spanischen Handelsmonopols den Außenhandel in der Region weitgehend unter ihre Kontrolle, während im Landesinneren kreolische Handelspartner den Übersee-Exporteuren im Haupthafen Buenos Aires zuarbeiteten. So verbanden die Briten die wachsende vieh- und landwirtschaftliche Produktion am Río de la Plata mit neuen Exportmärkten in Europa. Nach dem Wegfall des spanischen Protektionismus waren sie über Jahre im Überseehandel konkurrenzlos. Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren britische Kaufleute in beachtlichem Maße am wirtschaftlichen Aufschwung der Vereinten Provinzen beteiligt. Sie etablierten sich zunehmend als private Händler an einem bestimmten Ort meist über einen längeren Zeitraum, von wo aus sie die Ausweitung und Beteiligung an Geschäften im Übersee-, Küsten- und Binnenhandel vorantrieben. Die ausländischen Kaufleute wurden zu Bestandteilen der lokalen Kaufmannsge-
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meinde und erwarben Kenntnisse der politischen und wirtschaftlichen Lage. Die Handelshäuser fungierten nicht nur als Im- und Exporthäuser, sondern auch als Kreditinstitutionen und Investoren für Minen, Eisenbahn und Landbesitz. Diese flexible, multifunktionelle Unternehmensform leitete das Ende der merchant adventurers und staatlicher Handelsgesellschaften ein, noch bevor auch Banken und Großgesellschaften begannen, auf ferne Märkte vorzudringen. Eine größere Diversifizierung kaufmännischer Aktivitäten ergab sich in Argentinien erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert mit der Verbesserung des lokalen Kommunikationsnetzes, der Nutzung der Dampfkraft im Schiffsverkehr, einem besseren Postservice und dem Hafenausbau von Buenos Aires. Die regen Handelsbeziehungen der Briten im Vizekönigreich Río de la Plata seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert stellen ein zentrales Phänomen der atlantischen Geschichte dar. Die britischen Kaufleute integrierten Hafenstädte und Handelsmetropolen wie Buenos Aires in ihre Netzwerke. Dadurch wurde der Austausch mit der lokalen Bevölkerung hergestellt und vertieft. Die Kaufleute stellten vor Ort die Verbindung zwischen zwei Kolonialreichen her und trugen somit nicht nur in geographischer, sondern auch in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht dazu bei, verschiedene atlantische Systeme, in denen sich metropolitane und koloniale Interessen vermischten (Schnurmann 1998: 226), miteinander zu verbinden. Atlantische Gemeinschaften, die zuvor nur auf indirekter oder illegaler Grundlage miteinander in Kontakt standen, wurden so über nationale und imperiale Grenzen hinweg zusammengeführt. Die Kaufleute hatten das von der spanischen Krone konzipierte geschlossene Kolonialsystem seit Jahrhunderten ausgehöhlt. Als das Mutterland zu Beginn des 19. Jahrhunderts politisch am Boden lag, trugen sie wesentlich zum Zusammenbruch des spanischen Imperiums in Übersee bei. Kognitive Interaktion in Form von gegenseitiger Wahrnehmung, Beeinflussung und Transformation prägte die von Europa ausgehende Expansion. Besonders die Handlungskompetenz der Individuen und Gemeinschaften in Europa, aber auch in den Kolonien nahm zu. Die Handelsverbindungen von Westeuropa (Spanien und Großbritannien), Westafrika, Nordamerika, der Karibik und Südamerika waren nicht nur rege, sondern führten zum Zusammenwachsen der atlantischen Gemeinschaften. Die Tätigkeit britischer Kaufleute in der Region der Río de la Plata-Mündung zeigt beispielhaft, wie durch merkantile Netzwerke nicht nur neue Märkte erschlossen wurden, sondern auch wie auf beiden Seiten eines Weltmeeres neue, sich gegenseitig bedingende Identitäten entstanden. Der Schauplatz dieser Interaktion war der Atlantik. Es handelte sich dabei nicht allein um einen neuen Wirtschaftsraum, vielmehr entstanden „new human geographies” (Meinig 1986: 64), die sich gegenseitig durchdrangen, bevor der Atlantik als historischer Raum im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts Bestandteil eines „globalen Weltsystems” (Bailyn 2005: 111) wurde.
6. APPENDIX APPENDIX 6.1. ZOLLREGULATIONEN WÄHREND DER BRITISCHEN BESETZUNG VON BUENOS AIRES1 1. The British Government retains no inclusive privileges to itself for the Importation, Exportation, or sale of any article or merchandise; every individual will therefore be permitted to import, export or sell as well Tobacco, Snuff Cards as all other articles of merchandize and the trade of this place is declared open & free according to the laws of Great Britain made & established for the other Colonies. 2. All merchandize, manufactures or produce of Great Britain and the land of the colonies on importation will pay a duty of 10 per Ct. to the King. All Foreign merchandize, as much as is imported in Foreign Bottoms to have a Royal duty of 15 per Ct. (...) to be collected on the tariff, which has been therefore established at the Custom House, and for such merchandize, Fruits the duty to be taken according to a fair valuation by a skilfull Person. 3. Tobacco in leaves or twisted and coming from beyond Sea to pay 8 Reales and 3 municipales for each arroba, the arroba to be valued at 4 Dollars for the collection of Consulado duty (municipal duty). 4. All kinds of snuff to pay duty of 2 Reales to the King, 1 municipal, to be valued at 2 dollars. 5. Wine of Chile to pay 4 % per Ct. to the King and 1 Real per barril municipal Duty. 6. Brandy of Chile to pay 12 Reales to the King and 2 municipal per barril. 7. Paraguay herb at its introduction 2 Reales per bale and at its exportation 2 Reales per Bale and 2 Reales municipal Duty. 8. Hides (Cattle) will pay on exportation by British Subjects on British vessels & bound to Great Britain or Ireland the Royal Duty of 4 per Ct. and 2 for Consulado, valuing each hide at 8 Reales and for municipal duty 1 Real per hide. 9. On Exportation by foreigners or in foreign vessels the same Royal and Consulado duties will be payed and 2 Reales for municipal duty per hide. 10. Horse Hides on Exportation by British Subjects or in British vessels & bound to Great Britain will pay 4 per cent of Royal Duty and 2 for Consulado, valuing each hide at 8 Reales and for municipal duty 3 Real. Foreigners or foreign vessels pay additional 10 per Ct. Royal duty. 11. Tallow and all other articles (...) to the Spanish possessions in South America to pay on exportation by British Subjects or in British vessels bound to Great
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Beresford Papers (AGN, Sala VII 17−6−6, fol. 4).
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6. Appendix
Britain or her colonies, 4 per Ct. Royal Duty & 3 Consulado, when exported by Foreigners 10 per Ct. Royal duty. 12. Except upon such articles as are in the foregoing regulations especially mentioned, all Duties heretofore levied on merchandize coming from the Interior Provinces, on by the Rivers Parana & Uruguay into the town of Buenos Ayres are abolished and no duties whatever are to be demanded.
6. Appendix
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APPENDIX 6.2. HOME POPHAM AN W. MARSDEN ESQUIRE, ADMIRALITY, BUENOS AIRES, 9. JULI 18062 Sir, When I offer to you for the Information to my Lords Commissioners of the Admirality any Observations on the geographical importance or commercial advantages of this River, I rather consider it as acquitting myself of an incumbent duty, that furnishing their Lordships with any general knowledge which they are not at present in possession of. On a view of the principal commercial places on the face of the Globe, Río de la Plata appears to enjoy peculiar advantages from its geographical position, for it is so centrically situated as to be within 60 or 70 days sail of all the considerable trading Countries with which we have intercourse. Passages are made from the Mediterranean in six and seven weeks. Vessels have come in thirty two days, the Havannah six and seven weeks, to India in general from eight to ten weeks, according to the situation, passages have been made to the Mauritius in thirty seven days. I think, Sir, these are the material Points for the interchange of any Articles of Trade and I cannot call to my recollection any Spot whose commercial resource are to extensive as this Province, which is so favourable situated in its geographical relation to other countries. The Vice Royalty of Buenos Aires extends over Six Provinces of Intendancies viz. Cordova Salta Potosí Cochabamba Paraguay La Paz
150 (Leagues) 400 500 600 600 700
distant from the Capital, and as several very fine navigable rivers empty themselves into La Plata they evidently offer facilities for the transport and interchange of commodities which few Cities or Depots enjoy. It is impossible to say to what extent Buenos Ayres gives circulation to Commerce from any return at the Custom House, in England it is a criterion from which a tolerable Estimate may be made, but here it is no guide whatever, because higher Officers of the Customs, not only connive at and encourage the smuggling of whole Cargoes, but enter into regular agreement with the Masters to be paid a percentage on their Invoices something less than the regular duties, and this arrangement comprehends all goods which are declared contraband by the edict of the existing Government. The Officer of the Customs also removes many obstacles which would occur to the Masters of the Ships in the regular mode of entry, and consequently every 2
PRO, ADM 1/58, Roll 64 und AGN, Sala VII 2−5−4.
146
6. Appendix
Importer under such advantages held out by those high in power find it their interest to become Smugglers under the Protection of such high Authority. A statement of these facts shew I trust the utter impossibility of forming any Estimate of the commerce of this Country from the return of the Custom House which I understand netted 700,000 Dollars these last few years. The productions of this country are old Hides and Tallow which I esteem the Staple, Skins of different descriptions. Wool, Indigo, Copper, Lead, Drugs of various sorts, Bark from La Paz, and Ship Timber contiguous to the Rivers in any quantity that may be required. The articles are now principally in American and Portuguese Bottoms, but I believe the Merchants of London are principally concerned in the former, and the Spanish and French interest in the latter, the whole of it however is a contraband Trade according to the Laws of Spain but now brought into such a system of regular neutralization, that it becomes very difficult to find out the Owner of any property. No vessel can trade here without a Royal Licence, except under Spanish Colours without she brings a certain proportion of slaves which gives the privileges of port Entry; but the Portuguese who cannot procure Slaves have two Sets of Papers and Colours, and they regularly clear out from the Northern ports of the Brazils for Río Grande, and after passing that River, under pretence of violent weather, put in here, and hoist Spanish Colours when they reach Buenos Ayres. We see this occur daily, and which is the only mode the Spaniards had of shipping the valuable productions of this Province. A proportion of these exports may ultimately find their way to London thro’ Lisbon, but certainly not to that extent that they are likely to do now if it should be considered expedient to keep possession of this Colony. The transfer also of this carrying trade to our own ships will I trust be considered a sort of two fold advantages and as the encouragement of commerce is always a great feature in the policy of Maritime States that will be considerably cherished while we keep possession of this Place. An international establishment for the whale Fishery, might soon obtain a certain degree of perfection, and give employment to many Natives under the direction of a few Men well versed in that enterprising branch of our commerce, at all events the Ships which actually fish on the coast of Patagonia and off Cape Horn, might frequently come here for refreshments or to fitt up their Ships with the produce of the Country, by which they would make quick returns and have a healthy Ships company, instead of remaining as long as they have a Boats Crew left from the direful effects of Sea Scurvey, and then return to St. Helena to winter, with the loss of a great part of their Men, and further detention of so much Capital from the active circulation of the Mother Country. The Slave Trade which has been already mentioned as almost the sole passport for the entrance of foreign Vessels, has been considerably encouraged in this settlement, by granting the owners the same privileges and immunities as if they had been Spaniards.
6. Appendix
147
The number of slaves annually imported here is about two thousand of which nearly 2/3ds are sent to Lima and Peru. The Portuguese have hitherto been the greatest Traders in this Branch, induced principally by the contraband to which it gives rise, and consequently they have endeavoured to ship their Slaves in the Brazils with a view of embarking their prohibited cargoes, some few vessels have however imported direct from Mozambique and some from Congo. This article alone appears to me to present a very valuable consideration for the Merchants of London, Liverpool and Bristol, who principally trade on the coast of Africa, and in proportion as that trade is extended while it is countenanced by the legislature of the country, the more ships will be employed on that coast, and consequently the more our nurseries for Seamen will be increased. With respect to the exportation of our Manufactures, it is difficult to ascertain what quantity would be annually consumed the Country is at this moment in great want, and I should imagine it would give sale to at least one Million Sterling in Woollen Cloths, Cottons and Hardware. There are various other minor articles in great demand of which no doubt the Merchants in London will have the most correct accounts from their correspondents here. If in ordinary times these circumstances are worthy the attention, I trust they will augment in interest in proportion as her sources of export have been diminished on the Continent of Europe, from the extraordinary convulsion which has lately taken place in that Country. If by being so circumstantial in every point from which it is possible to draw an Argument favourable to the intimate connection of this Country from the extras with Great Britain, I have entered into a detail pressing at all on their Lordships patience, I trust you will assure them that I have not been induced to do so from questioning the extreme liberality of their judgement; on the contrary I look to it with confidence, and I reflect with great satisfaction on the probable result. I have ever felt, Sir, in common with my profession, that their Lordships weight the conduct of an Officer, in undertaking any extraordinary enterprises more from the circumstances on which his decision was grounded, than by the absolute issue of the expedition. In this case however the latter consideration has much exceeded any possible estimate which could be made either as to the probable loss of His Majesty’s Subjects, or the Honor to be obtained by the energy of His Majesty’s Arms; that if it were necessary to couple it with the reasons offered antecedent to that fact, by way of justifying my conduct, I humbly hope that their Lordships will allow me the aid of that auxiliary success, under the circumstances already stated. I could easily offer to their Lordships notice a variety of other advantages, which Great Britain would derive by the profession of this place, founded on plain simple demonstration and consequently altogether unconnected with any minute political consideration, many of which I may be totally unacquainted with, but as I fear I have already forced myself too much on their patience, I shall only observe that all our West India Islands my be supplied with Salt Beef, Indian Corn and
6. Appendix
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Flour at a much cheaper rate than they were from North America, and this very circumstance would I think hold out such a threat to that Government, as to make it much more circumspect and tenacious in its conduct towards Great Britain. In considering this Country at all as an equivalent in framing articles of peace, it must be named as the dearest possession belonging to the Crown of Spain in proposing it for any place in Europe, I state this remark from intelligence I have received and which I consider it my duty to repeat to their Lordships. I have the Honor to be Sir Your most obedient Humble Servant HOME POPHAM
6. Appendix
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APPENDIX 6.3. EXPORTE AUS BUENOS AIRES, 1810-1825 Jahr
Häute Wolle Talk Pökelfleisch (Stück) (arrobas) (arrobas) (quintales) 1810 1.094.892 5.209 217.398 0 1811 750.147 5.113 109.585 0 1812 301.934 939 111.957 6.800 1813 397.232 1.581 96.662 4.000 1814 583.492 0 128.102 10.715 1815 824.947 5.536 255.493 3.000 1816 584.185 12.249 165.260 3.140 1817 801.534 14.746 96.156 16.000 1818 594.236 40.832 50.105 6.013 1819 464.533 41.697 70.610 53.656 1820 442.357 8.074 52.269 113.110 1821 441.854 15.328 54.762 47.919 1822 590.872 33.417 62.400 87.663 1823 578.225 31.789 15.473 87.879 1824* 1825* 655.255 0 12.167 130.361 Quelle: Leading Articles Exports, Report of the British Committee on the Trade of the River Plate, 1824 (PRO, BT 6/32) sowie *Amaral (1998: 318).
150
6. Appendix
APPENDIX 6.4. ANZAHL DER VON BRITISCHEN KAPLÄNEN IN BUENOS AIRES VORGENOMMENEN TAUFEN (1825-1831) Jahr Briten Andere Ausländer Gesamt 1825 (ab dem 1. August) 20 20 1826 52 2 54 1827 37 6 43 1828 42 10 52 1829 38 7 45 1830 26 11 37 1831 (bis zum 31. August) 23 6 29 Total 238 42 280 Quelle: Relation of Baptisms British solemnized by the British Chaplains in Buenos Aires, 1825-1831 (PRO, FO 354/8, fol. 105).
6. Appendix
151
APPENDIX 6.5. ZAHL DER VON BRITISCHEN KAPLÄNEN IN BUENOS AIRES VORGENOMMENEN EHESCHLIEßUNGEN (1825-1831) Jahr Briten Ausländer Gesamt 1825 (ab September) 12 1 13 1826 17 17 1827 17 2 19 1828 6 2 8 1829 10 1 11 1830 8 6 14 1831 (bis 31. August) 7 1 8 Gesamt 77 13 90 Quelle: Return of Marriages solemnized by the British Chaplain in Buenos Aires, 1825-31 (PRO, FO 354/8, fol. 103).
152
6. Appendix
APPENDIX 6.6. BESTATTUNGEN AUF DEM PROTESTANTISCHEN FRIEDHOF VON BUENOS AIRES, 1821-1831 Jahr Briten Andere Ausländer Gesamt 1821 7 7 1822 11 5 16 1823 18 2 20 1824 24 4 28 1825 36 15 51 1826 48 11 59 1827 32 8 40 1828 27 13 40 1829 62 16 78 1830 43 9 52 1831 30 14 44 Gesamt 338 97 435 Quelle: Return of Burials in the Protestant Cementary of Buenos Aires, 18211831 (PRO, FO 354/8, fol. 99).
6. Appendix
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APPENDIX 6.7. EIN SPANISCHER KAUFMANN (ANONYM) IN BUENOS AIRES AN FRANCISCO DE SAAVEDRA, CORRESPONSAL DE CÁDIZ, 22. 3 APRIL 1809 Mi estimado amigo: con fecha de 2, 16 y 24 de Diziembre ultimo tengo a VM escrito por duplicado, lo que ratifico en un todo; y mediante a que nuestros asuntos de comercio en aquel tiempo, hasta el de la fecha, han variado en terminos de peligrar la verdad, me es necesario prevenir a VM, que de mi nota de efectos que le incluí, en que ordené se me remitan invertidos los fondos que tengo en poder de VM, excluya todo lo que sea de las fabricas de Inglaterra por el escandaloso contrabando que se ha introducido de dos meses a esta parte, y el que en adelante se introducirá. De suerte que ya se ven en esta plaza varios almacenes públicos Ingleses para todo el que quiera comprar por menor y mayor, y a precios tan acomodados, que los tenderos en comun nada pueden vender, sino lo que ellos no han traido por ser de las fabricas de Nuestra Peninsula. En todo el citado tiempo de los dos meses tenemos fondeadero 6 u 7 fragatas fondeadas, sin las que se hallan en medio del Rio, que no alcanzamos a ver; pero se oyen sus cañonazos. De suerte que se van unas bien despachadas y se ponen otras en su lugar. A este estado ha llegado nuestro comercio, pues de ninguna manera podemos concurrir con ellos; sino digame VM si por esa via podré dar aquí los paños superiores de primera suerte á 6 por yarda, las Bayetas de Pellón de 56 á 60 por pieza; las de dos frisas á 45; las panas á 11 por yarda, las sarasas finas a 7 por yarda; los cocos finísimos de 9 a 10 por yarda; las musolinas á 7; pañuelos en paliacate superiores he comprado para mi uso de 9 por yarda; los corrientes á 6, y todo lo demas a este tenor. Los bayetones que en el invierno pasado los comprabamos a 8 pesos en el dia se hallan a 20 por la yarda. Decirle a VM de la mercería loza de piedra y ollas seria nunca acabar. De estas se descargaron en un dia siete mil surtidas; por lo qual vendrá VM en conocimiento sin calentarse mucho la cabeza que nuestro comercio ha dado ya en tierra y que en muchos años no se anivelará. Pues todo esto es nada en comparación de lo introducido por puertos intermediarios en la mar del Sur que se hallan todas las plazas del Perú abarrotadas de todo hasta de fierro y acero. Desuerte que nadie puede bajar a esta plaza a comprar. Y por ultimo hablar de estos desordenes seria nunca acabar pero no dejaré de decir a VM en quanto a Extrangeros si los Ingleses, Portugueses, franceses y de otras Naciones si fuesen a contar, es mas número que el de los Españoles; por lo qual podremos decir que esta plaza es la nueba Curazao, cuya abundancia ha dado mérito a que los alquileres de las casas hayan subido 75 pesos como así mismo los bastimentos; y pasaremos a otra cosa. Ayer se me dijo por un sujeto de verdad y circumstancias que este Señor Virrey ha contratado con un Ingles de los que se hallan establecidos por decirlo con propiedad, conducir de Inglaterrra fusilería en crecido numero por el precio que allá tengan, y que su producido ha de retornar en frutos del pais con libertad de todo derecho Real y municipal, y aún de consulado. Así mismo ha dado permiso de varios de la misma Nación para que puedan 3
AGI, Buenos Aires 589.
154
6. Appendix
introducir en esta Plaza unos á 60 mil pesos otros á 80 mil pesos en los géneros que quieran. Desuerte que se harán generales estas gracias; y de consiguiente los horriados Españoles comerciantes nos veremos en la necesidad de suplicarles nos admitan por sus dependientes para poder mantener nuestras familias, aun con mucha escasez. Por lo qual y atendiendo a que miro lo porvenir, no me remita VM generos que sean de fabricas Inglesas porque se verá esto dentro de poco tiempo que aun los mismos Ingleses no encontrarán quien les compre, porque todos estarán llenos y sin esperanzas por ahora que del Perú bajen a hacer negocio, porque se hallan tan abastecidaos como en esta plaza, y les sucederá lo que en Montevideo que no pudiendo vender los Ingleses en aquella Plaza se vienen a esta. A tal estado ha llegado nuestro comercio [...]. Somos á Dios gracias á 2 de Mayo, y conferenciando la que antecede en todas sus partes agregaré que la introducción clandestina sigue con el misma vigor; desuerte que yá considero en esta plaza todos los cargamentos que los Ingleses tenían en el Janeyro desde la llegada del Príncipe Regente. Ahora resta que introducir los que de Londres vengan en derechura con las noticias que habran tenido del pronto despacho de sus manufacturas que la graduo tal, que los mismos Ingleses llegarán a desesperar con lo que traigan por no poder vender según esta ya esto abarrotado, por lo repito, no me remita VM nada que sea fabrica Inglesa por que estamos llenos de todo, y sí de las fabricas Nuestras, por lo equitativo de los derechos; que tal vez podré sacar mi dinero, y solo de Extrangero la lenceria de mi Nota remitida.
6. Appendix
155
APPENDIX 6.8. BERICHT EINES BRITISCHEN KAUFMANNES AN COMMODORE WILLIAM BOWLES, OBERBEFEHLSHABER DER SÜDAMERIKANISCHEN STATION DER ROYAL NAVY IN RIO 4 ZWISCHEN 1816 UND 1819 The external commerce of Buenos Ayres is entirely carried on by the British on their own account and in their own vessels. The total annual value imports, taken on an average of the last five years, may be estimated at about a million and a half sterling, of which four-fifths may be considered on British account consisting chiefly of British manufacturers. The bulk of the exports consisted formerly of dollars and specie, but, as the supply of the precious metals from the mines has not latterly kept pace with the increased demand in Europe, an augmented portion of the returns for British capital has been necessary remitted in the staple products of the country. The articles chiefly exported to England are ox and horse-hides, tallow, furs and wool, the quality of which, excepting perhaps the latter, is not surpassed by similar productions in any other part of the world. Dried or, as it is called, jerked beef has of late formed an important article of our exports, carried to Havannah mostly on British account. The bulky nature of the produce of this country necessarily employs a large amount of tonnage. This may be estimated at 20,000 tons annually, about three-fourths of which are British. The internal commerce of this part of South America, upon which the extent of its supplies of foreign necessaries and luxuries so materially depends, has been hitherto of little importance, notwithstanding the advantages that the country offers for its encouragement. A variety of causes have combined to prevent the British speculator from extending his trade far into the interior, such as the jealousy evinced by the natives of any interference by foreigners in a trade usually confined to themselves (and which, for want of sufficient capital, has been conducted on a very limited scale) and the consequent difficulties and disappointments which foreigners have in some instance experienced in their commercial transactions with the interior towns, the uncertain security of property arising from the disturbed state of the districts through which the goods have to pass, as well as the dread of confiscation by the Spaniards in the event of any sudden reverses to the revolutionary forces causing them to retreat precipitately. The scattered population in those districts and the poverty of their resources have materially, though we hope but temporarily, curtailed the consumption of foreign goods. Theses dangers and difficulties under which the trade labours at present would be materially alleviated, if not totally removed, whenever the country is restored to a state of peace and internal quiet; and as the same events may be expected to produce a rapid increase of population, a proportionate augmentation in the consumption of British manufactures would necessarily and speedily follow.
4
Buenos Aires, 22. Dezember 1819 (Graham/Humphreys 1962: 292).
156
6. Appendix
With these views of the paramount importance of the internal trade of this country to the British interests, as affording a wider scope to commercial enterprise, it merits the fullest consideration and attention on the part of the British government whenever it becomes advisable to enter into commercial arrangements with the authorities established here. Buenos Aires as a port of commerce seems to possess, and is likely to enjoy, exclusive advantages over any other on the opposite coast, which will always entitle it to the first rank as a market and depôt for European products. The advantages, as applied to us, may be comprised: first, in its local situation, which renders the communication with England more easy and expeditious than from any of the ports in the Pacific, the British merchants and manufacturers being thus enabled to maintain regular and frequent correspondence with their agents and to receive their returns with less delay and greater punctuality; secondly, the communication by water to the extensive districts bordering on the rivers Parana and Uruguay, which so greatly facilitates the progress of commerce and will materially benefit us whenever the trade with the province Paraguay reopens; thirdly, the supply of goods for the consumption of Cordoba, Tucuman, Salta, and their neighbouring districts would be derived exclusively from Buenos Ayres, and even should be the ports of Peru be opened to British trade, Potosí, as well as the flourishing and prosperous province of Cochabamba, would look to Buenos Ayres rather than the ports of the Pacific to supply their wants, on account of the greater facility and comparative cheapness of land carriage from Buenos Ayres; fourthly, the inducement offered to the shipowner arising from the greater facility of obtaining return cargoes for the voyage home or elsewhere − the products of the vicinity of Buenos Ayres consisting chiefly of articles of necessity and regular consumption in England, as well as in the rest of Europe, whereas the usual exports from Peru and Chile (excepting copper from the latter) consist for the most part of articles produced in our own colonies. These are solid and permanent advantages which will always give Buenos Ayres a decided preference as a port of deposit over those of Chile and Peru, the natural result of which will be a greater influx of floating British capital, which now, under all the disadvantages of a depressed trade and confined consumption, cannot be estimated at less than a million sterling, the greater portion of which is invested in manufactured goods now laying unsaleable in the merchants´ and government stores.
6. Appendix
157
APPENDIX 6.9. DAS HANDELSNETZ DES KAUFMANNS HUGH DALLAS IN BUENOS AIRES Handelspartner Julián Adrián R. F. Alexander
Ort Buenos Aires Glasgow
Buenos Aires
Jahr Bemerkungen 1821 1819 Agent von MacIntosh & Miller; Ladung von 720 Dutzend Cotton Thread. 1818 1818 Morgan stellt von Rio die Verbindung nach Philadelphia zu Allen her. Weitere Niederlassung in Triest. Exporte nach Pernambuco, Bahía und Havanna. Handeln mit Kaffee, Baumwolle, Häuten, Pfeffer, Reis, Zucker. 1821
Bordeaux Buenos Aires
1821 1821
Buenos Aires
1821
Rio de Janeiro Buenos Aires
1816- Geschäfte mit Martín de Álzaga 19 (Sklaven). 1819
Santiago de Chile
1820
Montevideo
1817
Liverpool Montevideo Buenos Aires Montevideo Buenos Aires Buenos Aires Buenos Aires
1821 1817 1819 1819 1821 1821 1821
Rio de Janeiro Buenos Aires Leeds London
1820 1815 1817 1818-
Hillary Allaire Santiago de Chile Allen, Bedwell & Rio de Janeiro Morgan
Ambrosio Allones Carleton Allsopp Juan José Cristóbal de Anchorena Gavino de Ansoátegui José F. Araujo Manuel de Arribalzaga James Ashcroft &Co. Aveline, Lyne y Cía. Bagott & Parr John Barratta E. Bayles N. Bayles J.H.Bayley Miguel Benicarló Roberto Billinghurst James Birckhead James Black Green & Hartley Blankhagen &
6. Appendix
158 Gethen John Bonamy Peter Bonamy
Guernsey Rio de Janeiro/ Santos Book Society Buenos Aires Borthwick & Dunbar Goudie (Schottland) Richard Boumer Buenos Aires Thomas Bowness London James Boyle Buenos Aires Brade, Moore & Liverpool Ashcroft Emanuel Le Havre Bringeon James Brittain Buenos Aires John Britton Bardon, Maizg & Prui Marcelino Bustamante Joseph Cadiz Campbell, Bowden & Co. J.A. Capdevila Jaime Casanoba James Clark Thomas Clark Thomas Coates
21 1819 1817/ 1818 1820 181821 1819 1820 1815 181921 1818
Colonia Neapel
181520 1817 1821
Buenos Aires
1821
Buenos Aires London
1818 1817- Partner von Henry Miller; 18 importieren Wein und Gin. Buenos Aires 1821 Buenos Aires 1821 London 1820 Colonia 1817 London 181920 Peter Collas Madeira/ Buenos 1815 Aires/ 1815 Montevideo 1821 Colings Bros. Buenos Aires 1821 Collings & Rotterdam 1818 Mainly Collman, London 1818Lambert & Co 19 José Colomes Buenos Aires 1821 El Marqués de Havanna 1820 Carrigo; Miller; José Mazorral Vidal y sobrino,
6. Appendix
Pablo Sama, Tiburcio de Zulueta Juan Comonos
Buenos Aires
Félix Constanso
Buenos Aires
Pedro Corpet
Buenos Aires
William Cosens & Co Pedro Coss Manuel Antonio Chabes Dale & Manson
Gibraltar Buenos Aires Buenos Aires
London/ Rio de Janeiro Dalmahoy, Jollie Antwerpen & Co H. Dean Buenos Aires Francisco Buenos Aires Delgaldo G.F.Dickinson Buenos Aires Juan Dillon Disdier Morphy
Thomas Dodds James (“Santiago”) Drake
Buenos Aires & Havanna
Buenos Aires Havanna
Duff & Findlay Liverpool Duhring & Co Antwerpen José María Buenos Aires Dupuy
159
181920 181921 181921 181821 1821 1821 1816/ 1818 1821 1820 181721 181519 1821 1820 Partner von MacIntosh, Miller & Co. Ladung aus Havanna: 6.529 @ weißer und 4.204@ brauner Zucker in 637 Kästen (Wert: $ 24.216) gegen 14.118@ Pökelfleisch und 1.201@ Talk (Wert: $ 30.456); Tran auf englischen Schiffen. 1815 1820- Zuckerladung 16.720 Pesos nach 21 Buenos Aires gegen 314.784 @ Pökelfleisch. Dies Teil einer Gesamtladung von 672.176 @ von MacIntosh, Miller & Co. Rest des Fleisches aus Rio Grande, Campeche, Tampico. 1819 1818 1820
6. Appendix
160 Ebenezer Clark N. Echeverría Abraham Elliman Miguel Escuti Mariano Espeleta Esteves y Niblett John Ettles
London Buenos Aires Guernsey
1818 1821 1821
Rio de Janeiro Buenos Aires Buenos Aires Gibraltar
1817 1820 1821 182021 1819
Ewart, Myers & Liverpool Co Thomas Fair Buenos Aires
F.A. Fernandes
Rio de Janeiro
Angel Fernández Fielding, Brander, Aveline & Lyne Firebrace, Davidson & Co John Forbes W.P. Ford & Co David D. de Forest Joseph Fowler A.P. Fowles Mariano Fragueiro John Frazer
Buenos Aires Rio de Janeiro
1817- Fair war einer der wichtigsten 19 Partner der Brüder Robertson (1950,I: 25). 181619 1821 181921
Le Havre
1818
Buenos Aires Buenos Aires Buenos Aires
1820 1821 1816
New York Buenos Aires Buenos Aires
1819 1819 1821
Montevideo/ Maldonado/ Rio/ Havanna Adrián Garrido Buenos Aires F.W. Garrigues Mendoza/ San Luis John Gibson Buenos Aires Gill, Fielding & Rio de Janeiro Brander James Goldie Montevideo Pablo Gómez Buenos Aires D. Gowland Montevideo
1818- Ab 1820 in Guernsey. 1819 1821 1816/ 1817 1821 181619 1818 1821 1820
6. Appendix
Thomas Montevideo Gowland Joseph Green London Green & Hartley London Manoel Guerman Buenos Aires Adam Guy Buenos Aires Charles Hall
Maldonado/ Montevideo William Dreury Santiago de Chile Hall & Co Archibald Glasgow Hamilton William Valparaíso Hamilton William Hardisty Buenos Aires R.W.H. Hardy Rio de Janeiro Hardy & London Gardiner James Hartley Rio
Hernández Chauviteau
& Havanna
Robert Hesselwood José Hierta
Montevideo
Franncis Hocquard Joseph Holmes Robert Hunt A.K. Hutchinson Robert Hyne
Montevideo
Buenos Aires
Rio Buenos Aires London Buenos Aires/ Maldonado; ab 1819 in La Plata
161
1818 1819 1817 Handelsagent in Rio ist John Luccock (vgl. Heaton 1946). 1821 181920 1818 1820 1818 1817 181920 1820 181416 1818 Auf dänischem Schoner Ladung Häute nach Amsterdam, Antwerpen und Hamburg. 1820 Neue Partner in Havanna von Dallas und MacIntosh, seit dem 7. September, nachdem Disdier & Morphy “suspended their payments”. Zuckerund Farbholzlieferung im Wert von 31.431 Pesos nach Buenos Aires. 1821 182021 1818 1818 1817 1819 1818
162 James P. Igualt
6. Appendix
Buenos Aires/ 1819 Montevideo Julián Manuel de Montevideo 1819 Insua José Insua y Díaz Buenos Aires 1821 Anthony Guernsey 1819 Isemonger John Webb Genua 1821 James & Co Jennent, Liverpool 1818- Mit Tochterfirma in Glasgow Hamilton & Co. 20 (Archibald Hamilton) und in Verbindung mit Campbell, Bowden & Co. Juan Jorge Buenos Aires 1820 Jump & Priestley Buenos Aires 1821 Alexander Keith Montevideo 1821 James Kendall Buenos Aires 1817 C.W. Kennedy Santiago de Chile 1821 King & Morrison Glasgow 181819 José Lastra Buenos Aires 1820 John Lawson Buenos Aires 1820 Lawson, Santiago de Chile 1820 MacNab & Co John LeCocq Buenos Aires 181618 William le Idevre Montevideo 182021 John Le Quesne Guernsey 1818 Faustino Lezica Buenos Aires 1821 Patricio Lynch & Buenos Aires ? Pedro Lezica Pedro Miguel de Buenos Aires 1821 Lomes J.G. Love Buenos Aires 1821 Charles August Le Havre 1818 Loyseau Rafael Lucena & Buenos Aires 1820 Eladio Otamendi Miguel Lupo Buenos Aires 1821 Angel Luvrano Buenos Aires 1821 Patricio Lynch Buenos Aires 1821 Joseph Lyne London 1818
6. Appendix
MacCabe & Son Samuel MacCall MacCrackan & Jamieson George Macfarlane MacIntosh, Miller &Co Colin MacKenzie Daniel MacKinlay MacIntosh & Wartnaby MacNab, Orr & Co John MacNeile J.C. MacPherson J. Magnus
London Buenos Aires Buenos Aires Buenos Aires London Montevideo/ Maldonado Buenos Aires
John Morley Manuel de Mota Richard Newton N. Nicholson
1817 Clock- and watchmakers. 1818 181921 181820 181821 1818 1818
London
1817
Buenos Aires
1818
Buenos Aires Buenos Aires Buenos Aires/ London London Rio Buenos Aires Buenos Aires
1815 1821 181920 1818 1818 1816 1821
Buenos Aires
1821 1818 An Campbell & Bowden. Sie hatten Martin um Kontakt zu Zwischenhändler (Dallas) für den Import von Häuten aus Buenos Aires gebeten. 1821
Buenos Aires
1821
Rio
1816- Handelshaus Miller & Henning 21 in Montevideo 1819. Wichtigster Partner von Dallas. 1816
T. & W. March March Bros. Miguel Marin Gerónimo Márquez Nicolás Martel Buenos Aires Freres Martín y Rouen Cía
Antonio Martínez Francisco Martínez Henry Miller
163
Concepción (Uruguay) Buenos Aires Buenos Aires Rio
1819 1821 1818 Miller-Partner.
6. Appendix
164 Richard Buenos Aires und William Orr Julián Panelo Buenos Aires Panelo & Barton Buenos Aires Philip Parkin
Thomas Patrickson Tomás de Pedrueza Joseph Peppin José Pérez George Pink & Co Francisco del Pino Manuel Pinto José d O’Freire C. Priaulx & Co David Price William Putron James Reynolds E. Richard Elisha Robinson Isaac Robinson William Robinson Romswinckel & Brandt J.A. Rudall James N. Saddieworth Antonio dos Santos Roque del Sar Angel Sciurano David Shaw Peter Sheridan/ Sheridan Bros. Januario Jose da
1817
1819 1818- Gemischte partnership zwischen 19 einem Kreolen und einem Briten. Corrientes, Santa 1817Fe/ Bajada 19/ 1820 Blackheath 1820 Buenos Aires Rio Buenos Aires London
182021 1816 1821 1818
Puerto Real
1817
Buenos Aires Rio Guernsey Rio
1819 1821 1818 181617 1819 1821 1818 1821 1821 1818
Santiago de Chile Montevideo Santiago de Chile Montevideo Buenos Aires Montevideo, Maldonado Batavia
1819
London Liverpool
1821 1818
Buenos Aires
1821
Buenos Aires Buenos Aires Port Louis Buenos Aires
1820 1821 1820 Isla de Francia 1819
Santos
1820
6. Appendix
Silva Antonio Soler Laureano Soza W.E. Stewart
Buenos Aires Buenos Aires Montevideo
165
1821 1820 181516 W.G.P. Stewart Buenos Aires 181920 Stewart, MacCall Buenos Aires/ 1818/ & Co Montevideo 181820 James Swinburne Buenos Aires 1820 John Symonds London 1818- Textilexporteur. 21 Peter Tardif Neapel 1821 Tayleur, Buenos Aires 1816 Cartwright & Co Juan Terrada 1819 Buenos Aires A.H.Thiesen Buenos Aires/ 1819Montevideo 20 F. Thiesen London 191719 John Thomas Ensenada 1818 J.D. Thompson Rio 1817 Thomme, Guernsey 1817 Partner von Miller in Rio. Moullin y Cía John Thwaites Santiago 1821 Mitverfasser der Bittschrift an Cisneros vom 16.8.1809. P. Touzeau Ensenada 1821 Westzynthius, Marseille 1817 Gil & Co Charles White Buenos Aires/ 1820/ London 1821 J.J. Williams, Liverpool 1821 Mohn & Co. Williamson & London ? Sons A. Wilson La Plata 1820 Wahrsch. Bruder des Folgenden Juan Wilson Colonia/ Buenos 1817Aires 1820 Winter, Brittain Buenos Aires 1821 & Co Philip Wood Montevideo 1821 T. Worthington Genua 1816
6. Appendix
166 Francis Wright
London
Jorge Zemborain Buenos Aires
181718 181920
Quelle: Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires, Archivo comercial de Hugo Dallas, 1815-1821 Signatur 003-1-1bis 13.
6. Appendix
167
APPENDIX 6.10. SCHIFFSLADUNGEN, BEI DENEN HUGH DALLAS KOMMISSIONÄR IST (1818-1821) Schiff* Sandwich
Herkunft (H)/ Datum Zielort (Z) H: Rio 1.1.1818
Yris
H: London
Enterprise
H: Montevideo Z:“para puertos extrangeros” Z:“para puertos extrangeros” H: Rio H: Montevideo
Enterprise
Edita**
Sandwich Dragon
Edita
H: Rio
Dragon
Z: Valparaiso
Lascelles Edita
H: Rio Z: Rio
Ladung
5232 cueros al pelo; 3600 cueros de caballo; 92 atados de xarcia; 49 marquetas de cebo; 45 caxones de velas de sebo; 36 cueros desechos; 30 tercios de hilo de acarreto; 20 docenas de pieles de chinchilla. 6.3.1818 90 caxones, 102 fardos, 86 bales, 56 bultos de generos de algodón y lana; 50 barricas de cerveza; 35 bultos de muebles; 53 atados de xarcias; 200 barras de fierro; 1 coche; 1 virlocho. 19.5.1818 75 fardos lienzos; 48 pipas de cana; 220 rollos de tabaco. 14.7.1818 5850 cueros bacunos; 390 cueros salados. 4.8.1818
17.224 cueros de pelo.
15.9.1818 Azúcar; arroz; algodón; madera. 23.11.181 702 bolsas de azucar; 3 canastos de 8 loza; 4 caxones géneros; 16 barriles de vino; 47 pipas de cana y miel. 18.1.1819 16 caxones de ferretería y loza; 5 fardos de efectos; 387 bolsas de azúcar y arroz; 121 rollos de tabaco; 57 pipas de aguardiente; 2 damajuanas (Korbflaschen) de vino; 66 barricas de carne salada; 3 canastos de porotos; 1 sofa; 12 sillas; 1 mesa. 15.2.1819 500 cartucheras con portasables; 198 barras de fierro; 120 piezas de fierro; 112 martillos de fierro; 58 caxones de géneros; 48 caxones de fusiles; 9 yunques de fierro; 3 fardos; 2 caxones con mochillas. 8.3.1819 arroz; azúcar; ginebra. 14.6.1819 1.000 pesos de plata sellada; 3677
6. Appendix
168
Lascelles
Z: Rio
2.8.1819
Edita
Z: Rio
22.11.181 9 29.11.181 9 6.12.1819
Duque de H: Rio Gloucester Enrique Isabel Z: Rio Duque de Gloucester Cristina Isabel*** Cristinja Isabel
Z:Santo Tomás (dän.) H: Rio
20.12.181 9 10.1.1820 Sal; aguardiente; yerba.
Z:Santo Tomás
15.2.1820 3094 quintales carne de tasajo; 3.000 aspas; 831 cueros al pelo; 305 marquetas con 2500 arrobas de sebo. 9.5.1820 Azúcar; café. 30.5.1820 Balizas.
Edita H: Bahía Princesa Z: Rio Carlota Joven Z:Montevideo María**** Duque de H: Rio Gloucester Ingeborg H: Havanna *** Ingeborg Z: Hamburg
Reyna Carlota
Princesa Carlota Canada Lavinia
cueros al pelo; 3.000 aspas; 81 caxones con 243 arrobas de belas de sebo; 50 cueros de desecho. 7606 cueros al pelo; 24 caxones de velas; 110 cueros de desecho; 314 marquetas de sebo; 100 sacos de cascarilla; 7 caxones de hacienda. 138 marquetas de sebo; 29 cajones de velas; 3.000 aspas; 4533 cueros. Azúcar; tabaco; aguardiente; arroz; cera. 3896 cueros al pelo; 326 marquetas de sebo; 12.500 aspas. 1750 quintales de carne salada.
13.11.182 2800 quintales carne salada. 0 29.1.1821 En lastre. ?
54 cascos de bevidas; 231 cajas de azúcar; 8 cajoncitos de cigarros. 9.4.1821 2455 cueros al pelo; 14 cueros de tigre; 120 docenas pieles de cinchilla. H:Montevideo 8.5.1821 41 cascos Princesa Carlota de caldos; 66 fardos de tabaco; 1443 tablas; 5000 rajas de leña. H: Tarragona 21.5.1821 Cueros. H:Montevideo 28.5.1821 Cargamento general Z: London 4.6.1821 18.200 cueros al pelo; 10.000 aspas; 8000 cueros de caballo; 698 cueros salados; 600 arrobas de crin; 1100 docenas pieles de nutria; 32 cajones de cascarilla; 4 barriles de lenguas.
6. Appendix
Princesa Carlota Samuel Canada
Z: Guernsey
169
18.6.1821 5879 cueros al pelo; 20.000 puntas.
H: Rio 3.7.1821 Arroz; azúcar; aguardiente. Z: 10.7.1821 En lastre. Kapverdische Inseln *Alles bergantines/goletas ingleses, mit Ausnahme von **=nordamerikanischer bergantín; ***=schwedische queche/goleta; ****=holländischer bergantín. Quelle: Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires, Archivo comercial de Hugo Dallas, 1815-1821, Signatur 003-1-1bis 13.
170
6. Appendix
APPENDIX 6.11. DAS HANDELSNETZWERK DES HUGH DALLAS
7. QUELLENVERZEICHNIS ARCHIVE Archivo del Banco de la Provincia de Buenos Aires, Buenos Aires Sektion: Archivo comercial de Hugo Dallas Archivo General de la Nación, Buenos Aires Sala VII 1−4−1 bis 19; 3−1−11, 17−6−6, 7−7−9 Invasiones Inglesas 17−6−2 bis 5 Relaciones Exteriores, Correspondencia diplomática 1−5−12 Correspondencia de Alexander MacKinnon 1−6−6 Nómina de los comerciantes de las Provincias Unidas del Río de la Plata 6−5−6 bis 20 Colección de Santa Coloma (Copiador de Cartas, libros de cuenta, caja y venta) 7−1−1 bis 14; 7−2−1 bis 12 Fondo Guillermo White 10−6−4 bis 6 Correspondencia comercial de Jaime de Alsina Fondo Casavalle leg. 167−18 Correspondencia comercial de D. Belgrano Pérez Sala IX 4−9−8 Alcabalas 4−6−16 Correspondencia con las provincias del Virreinato 7−5−9 Correspondencia con el consulado de Lima 4−6−17 Ordenes, decretos 4−6−3 Correspondencia con los apoderados en España 8−3−13 Correspondencia del virrey Cisneros 21−1−3 Corespondencia entre A. O’Reilly y el gobernador de Buenos Aires (1776−77) 26−6−6 bis 12; 26−7—7 bis 10 Invasiones Inglesas 27−4−2, 27−4−3, 27−4−4, 27−4−5: Asiento de Negros con Inglaterra (1718−1772) 28−1−1 bis 17 Actas del Cabildo (1789−1810) 18−8−11 Padrones de esclavos 29−1−1 bis 6 und 29−2−1 bis 3 Consulado de Buenos Aires 30−9−5 Hacienda 44−7−3 bis 8 Consulado de Buenos Aires
172
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
Archivo General de Indias, Sevilla Sektionen: Audiencia de Buenos Aires Audiencia de Santo Domingo Consulados Contaduría Contratación Indiferente General Archivo Histórico Nacional, Madrid Sektionen: Consejo de Indias − Pleitos Estado Biblioteca Nacional, Madrid Sektion: Colección de Manuscritos British Library, London Additional Manuscripts: Auckland Papers Beresford Papers Egerton Papers Hardwick Papers Keppel Papers Liverpool Papers Mitchell Papers Newcastle Papers Papers of the Governors of Buenos Aires Papers relating to Spanish Possessions in America Wellesley Papers Windham Papers Public Record Office, London Sektionen: Admirality Board of Trade Colonial Office Foreign Office Home Office State Papers Treasury War Office
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
173
GEDRUCKTE QUELLEN Alsedo y Herrera, Dionisio (1752): Aviso Histórico, Político, Geográfico con las Noticias del Perú, Tierra Firme, Chile y Nuevo Reyno de Granada. Madrid. Anonym (1776): Ydea general del comercio de las Yndias Occidentales, Tolosa de Guipuzcoa. Anonym (1807): A narrative of the operation of a small British force under the command of Brigadier−Gen. Sir Samuel Auchmuty. London. Anonym (1808): An authentic narrative of the proceedings of the expedition under the command of Brigadier−General Craufurd [sic] until his arrival at Monte Video. London. Archivo General de la Nación [Buenos Aires] (1914): Documentos referentes a la guerra de la Independencia y emancipación política de la República Argentina, 1810−1829. Vol. I: Antecedentes políticos, económicos y administrativos de la Revolución de Mayo de 1810, 1776−1812. Buenos Aires. − (1941): Correspondencia de Lord Strangford y de la Estación Naval Británica en el Río de la Plata con el gobierno de Buenos Aires, 1810−1822. Buenos Aires. Archivo Histórico de la Provincia de Buenos Aires (1976): Mensajes de los gobernadores de la provincia de Buenos Aires 1822−1849. 2 Bde. La Plata. Ashe, Thomas (1812): A Commercial View and Geographical Sketch of the Brasils in South America. London. Beaumont, J.A.B. (1828): Travels in Buenos Aires and the adjacent provinces of the Río de la Plata. With observations, intended for the use of persons who contemplate emigrating to that country or embarking capital in its affairs. London. Belgrano, Manuel (1963): Escritos económicos. Buenos Aires. − (1966): Autobiografía y otras páginas. Buenos Aires. Blondel, J.J.M. (1825): Almanaque político y de comercio de la ciudad de Buenos Aires. Buenos Aires. Boletín del Archivo Nacional (1964): „Reales Cédulas. Documentos del siglo XVIII”. In: Boletín del Archivo Nacional 62: 9−47. Havanna. Campbell, R. (1747): The London Tradesman. London. Campillo y Cosío, José (1789): Nuevo sistema de gobierno económico para la América. Madrid (Faksimile Mexiko-Stadt 1992). Canga Argüelles, José (1833): Diccionario de Hacienda. 2 Bde. Madrid. An Englishman (1825): Five Years Residence in Buenos Aires, 1820−25. London. García Viñas, J. (1901−10): Catálogo de Documentos del Archivo General de Indias de Sevilla, referentes a la historia de la República Argentina. 3 Bde. Buenos Aires.
174
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
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7. Quellen- und Literaturverzeichnis
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176
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
LITERATURVERZEICHNIS ABKÜRZUNGEN (ZEITSCHRIFTEN) AEA AHR BH BHR BIR BLAR EEH EHR EHS HAHR IAA IEJHS IyE JEH JGSWGLA JIAS JLAS LARR RHA RHE RI TA
Anuario de Estudios Americanos (Madrid) American Historical Review (Washington, D. C.) Business History (Liverpool, London) Business History Review (Boston, Mass.) Boletín del Instituto de Historia Argentina „Doctor Emilio Ravignani” (Buenos Aires) Bulletin of Latin American Research (Oxford) Explorations in Economic History (New York) Economic History Review (Welwyn Garden City) Estudios de Historia Social (Buenos Aires) Hispanic American Historical Review (Durham, N. C.) Ibero−Amerikanisches Archiv (Berlin) Anuario del Instituto de Estudios Histórico−Sociales (Tandil, Arg.) Investigaciones y Ensayos (Buenos Aires) Journal of Economic History (New York) Jahrbuch für Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Lateinamerikas (Köln) Journal of Inter-American Studies (Gainesville, Fla.) Journal of Latin-American Studies (Cambridge) Latin American Research Review (Albuquerque, N. Mex.) Revista de Historia de América (Mexiko-Stadt) Revista de Historia Económica (Madrid) Revista de Indias (Madrid) The Americas (Washington, D.C.)
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7. Quellen- und Literaturverzeichnis
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FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART
ISSN 0522-6848