Mittelbare Täterschaft durch Versetzen in einen Motivirrtum: Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft [1 ed.] 9783428585281, 9783428185283

Die Abhandlung stellt einen Beitrag zur Diskussion um die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter dar. Sie nimmt hierb

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German Pages 346 Year 2022

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Mittelbare Täterschaft durch Versetzen in einen Motivirrtum: Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft [1 ed.]
 9783428585281, 9783428185283

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 303

Mittelbare Täterschaft durch Versetzen in einen Motivirrtum Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft

Von

Alexander Lehmann

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER LEHMANN

Mittelbare Täterschaft durch Versetzen in einen Motivirrtum

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 303

Mittelbare Täterschaft durch Versetzen in einen Motivirrtum Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft

Von

Alexander Lehmann

Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Arnd Koch, Augsburg Die Juristische Fakultät der Universität Augsburg hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-18528-3 (Print) ISBN 978-3-428-58528-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2020 abgeschlossen und im Wintersemester 2021/2022 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur befinden sich auf dem Stand vom Oktober 2020. Zuvorderst gebührt mein Dank meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Arnd Koch, durch den ich nicht nur auf das behandelte Problem aufmerksam geworden bin, sondern der mir bereits seit dem Beginn meiner Studienzeit die Begeisterung für das Strafrecht vermittelt hat und mir während der Anfertigungsphase der vorliegenden Arbeit durch seine Betreuung eine große Hilfe war. Darüber hinaus bin ich auch Herrn Prof. Dr. Johannes Kaspar für die äußerst zügige Erstellung des Zweitgutachtens sehr zu Dank verpflichtet. Besonderer Dank gebührt ferner meiner Frau, Angela Lehmann, für ihre Geduld und Unterstützung bei dem Prozess der Anfertigung der Dissertation. Schließlich sei noch Frau Ann-Katrin Lehmann für Lektorat und kritische Anmerkungen gedankt. Augsburg, im November 2021

Alexander Lehmann

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Relevanz der Untersuchung – Entscheidungserheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Herangehensweise der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Kapitel 1 Der Motivirrtum

27

I. Die kodifizierten Motivirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Die nicht kodifizierten Motivirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 III. Möglichkeiten der rechtlichen Bewertung der Erregung von Motivirrtümern . . . . . . 33 Kapitel 2 Der Täter hinter dem Täter

34

I. Der Begriff des Täters hinter dem Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Kapitel 3 Die mittelbare Täterschaft

62

I. Allgemeine Täterschaftsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Wortlaut, Systematik und Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen auf die Reichweite der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 VI. Der Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

10

Inhaltsübersicht Kapitel 4 Das Drei-Personen-Verhältnis

164

I. Vollständige Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Vollständige Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Teilweise Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Kapitel 5 Das Zwei-Personen-Verhältnis

279

I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Überblick über das Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 III. Irrtümer, die zum Suizid führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 IV. Behandlung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 V. Behandlung in der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Kapitel 6 Fazit

319

Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Relevanz der Untersuchung – Entscheidungserheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Herangehensweise der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Kapitel 1 Der Motivirrtum

27

I. Die kodifizierten Motivirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Der vermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Die vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands, § 35 Abs. 2 S. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Die nicht kodifizierten Motivirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Selbstschädigung aufgrund eines Motivirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Fremdschädigung aufgrund eines Motivirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Möglichkeiten der rechtlichen Bewertung der Erregung von Motivirrtümern . . . . . . 33

Kapitel 2 Der Täter hinter dem Täter

34

I. Der Begriff des Täters hinter dem Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Die Entwicklung in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate . . . . . . . . . . . . . 42 c) das Konzept der Tatherrschaftsstufen und der Irrtum über den konkreten Handlungssinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 d) Grenzbereich der Entschuldigungsgründe und Benutzung eines Tatentschlossenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 e) Der graduelle Tatbestandsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

12

Inhaltsverzeichnis f) Reaktionen und aktueller Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Die Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 a) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Kapitel 3 Die mittelbare Täterschaft

62

I. Allgemeine Täterschaftsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Wortlaut, Systematik und Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Versuche der Reform des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Die Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Der Weg zur Strafrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 5. Nach der Strafrechtsreform von 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6. Bindungswirkung der Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen auf die Reichweite der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Die Lehre vom Tatbestand und dessen Auswirkungen auf die Beteiligungslehren 91 a) Entwicklung des Kausalitätsbegriffs und der objektiven Zurechnung . . . . . . . 91 b) Die Leistungsfähigkeit des Kausalbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs und der Gedanke des Ausschlusses mittelbarer Täterschaft bei frei und vorsätzlich handelndem Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Die rein subjektiven Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Die Dolus- und Interessentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Kritik an den rein subjektiven Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Die materiell-objektiven Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Die wirksamste Bedingung als Ursache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Abgrenzung nach physisch und psychische vermittelter Kausalität . . . . . . . . 107 c) Abgrenzung anhand adäquater Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Abgrenzung durch Differenzierung zwischen direkter und indirekter Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Abgrenzung nach Kriterien der Über- und Unterordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Inhaltsverzeichnis

13

f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Die formal-objektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Versuche der Erklärung der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Mittelbare Täterschaft als gestufte Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 5. Ganzheitliche Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Die neuere Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Die Ganzheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 6. Die Tatherrschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Die Entwicklung der Tatherrschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Der Durchbruch durch Welzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Die Umschreibung Maurachs und die Eingrenzung durch Gallas . . . . . . 124 cc) Die Ausdifferenzierung durch Roxin und aktueller Stand . . . . . . . . . . . . 125 b) Kritik und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 7. Entscheidungsträgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 8. Die Beteiligung als Zurechnungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Handlungszurechnung, Erfolgszurechnung oder Tätigkeitszurechnung? . . . . 138 b) Die Beteiligungslehre als reines Zurechnungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Die Beteiligungslehre als Teil der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . 142 bb) Differenzierung zwischen Primärer und sekundärer Pflichtverletzung . . . 143 cc) Unterordnung einer fremden Rechtssphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 dd) Dringlichkeit der Verhaltensnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 9. Autonomieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 10. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 VI. Der Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Der restriktive und der extensive Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Primärer und sekundärer Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Formell-objektiver und materiell-objektiver Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Kapitel 4 Das Drei-Personen-Verhältnis

164

I. Vollständige Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Tatveranlassung in eigener Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Wille zur Begehung einer eigenen Straftat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Entscheiden über die Begehung der Tat entgegen dem wahren Willen des Tatmittlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

14

Inhaltsverzeichnis 4. Kritik und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

II. Vollständige Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts und die anfängliche Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Das Verantwortungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Entwicklung und Reichweite des Verantwortungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Die Willensfreiheit des Vordermanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Widerspruch bei der Benutzung eines rechtlich frei Handelnden als Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Das Problem des fahrlässig handelnden Vordermanns . . . . . . . . . . . . . . . 180 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Das Verantwortungsprinzip als positives und negatives Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 aa) Tatherrschaft im faktischen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Tatherrschaft im normativen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Bestimmtheit der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (2) Häufig gemachte Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (3) Mangel an Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (4) Fehlende positive Begründung der Tatherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (5) Möglichkeit der Teilung der Tatherrschaft zwischen den Beteiligten 193 (6) Das Problem des fahrlässig handelnden Vordermanns . . . . . . . . . . . . 195 (7) Exkurs: Verantwortungsverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Der Werkzeugbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4. Bestehende Hemmungskräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5. Fehlende Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Teilweise Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Der vermeidbare Verbotsirrtum, § 17 S. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Anknüpfung an die objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 c) Grenzbereich der Entschuldigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 d) Angleichung an die Fälle des fahrlässig handelnden Tatmittlers und modifiziertes Verantwortungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 e) Freiverantwortlichkeit und Beseitigung von Hemmungsmotiven . . . . . . . . . . 215 f) Differenzierung zwischen Kenntnis der formellen und der materiellen Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Die vermeidbare irrtümliche Annahme einer entschuldigenden Situation . . . . . . 225

Inhaltsverzeichnis

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3. Der Dohna-Fall – Der manipulierte error in persona . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Das kriminalpolitische Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Die Einstufung des Hintermanns als Nebentäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 c) Die Einstufung des Hintermanns als Anstifter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 d) Die Einstufung des Hintermanns als Gehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 e) Die Einstufung des Hintermanns als mittelbarer Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Der Irrtum über den konkreten Handlungssinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 bb) Abstellen auf das verletzte personale Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 244 cc) Herrschaft über das Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 dd) Die Benutzung eines Tatentschlossenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 ee) Beseitigen von Hemmungsmotiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Der Irrtum über die Unrechtshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Herrschaft über überschießenden Unwertgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Aufspaltung in eine Anstiftungs- und eine Täterschaftskomponente . . . . . . . 257 c) Für die Strafzumessung erhebliche Irrtümer über den konkreten Handlungssinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 d) Beseitigen von Hemmungsmotiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 5. Der Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Tatumstandsirrtum oder Motivirrtum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 c) Beurteilung in der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 d) Beseitigen von Hemmungsmotiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 e) Einbeziehung von Qualifikationen, die auf schulderhöhenden Umständen beruhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 6. Sonstige Irrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) Dolus generalis Situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Der Risikoirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 c) Der Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 274 d) Weitere relevante Irrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Kapitel 5 Das Zwei-Personen-Verhältnis

279

I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . 281

16

Inhaltsverzeichnis

II. Überblick über das Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 III. Irrtümer, die zum Suizid führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 IV. Behandlung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 V. Behandlung in der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Ältere Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 2. Fehlende Unterlassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Freiverantwortlichkeit der Selbstverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 a) Fiktives Verantwortungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 b) Exkulpationslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 c) Einwilligungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 d) Autonomiegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 4. Einwirkung auf die Abwägung zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 a) Herrschaft über den Grund des Erfolges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Aufopferungsschwellenrelevantes Entscheidungsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 c) Eigene Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

Kapitel 6 Fazit

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Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abs. Abschn. AE a. E. a. F. Alt. AnwaltK Art. AT BGH BGHSt BRD BT-Drs. BVerfG BVerfGE bzw. DDR E f./ff. Fn. FS GA GS HK-GS h. M. Hrsg. i. S. d. i. S. v. JA JR JURA JuS JZ Kap. LK LPK MüKO m. w. N.

andere Ansicht am angegebenen Ort Absatz Abschnitt Alternativentwurf am Ende alte Fassung Alternative AnwaltKommentar Artikel Allgemeiner Teil Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bundesrepublik Deutschland Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Deutsche Demokratische Republik Entwurf folgende (Seite/n) Fußnote Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht (zunächst: Archiv für Preußisches Strafrecht) Der Gerichtssaal Handkommentar Gesamtes Strafrecht herrschende Meinung Herausgeber im Sinne des/der im Sinne von Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Leipziger Kommentar Lehr- und Praxiskommentar Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen

18 n. F. NJW NK NStZ OLG RG RGSt. Rn. RStGB SJZ SK-StGB sog. StGB StrRG u. a. v. vgl. Vorb. z. B. ZIS ZStW

Abkürzungsverzeichnis neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NomosKommentar Neue Zeitschrift für Strafrecht Oberlandesgericht Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Randnummer Reichsstrafgesetzbuch Süddeutsche Juristen Zeitung Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch sogenannte Strafgesetzbuch Gesetz zur Reform des Strafrechts unter anderen/m vom/von vergleiche Vorbemerkung/en zum Beispiel Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung „Mittelbare Täterschaft durch einen unmittelbar Handelnden, der selbst Täter ist, ist ein Unbegriff.“1 So las man es einst bei Welzel und kürzlich erneut bei Kutzner.2 Noch vernichtender fällt das Urteil von Krey und Nuys aus. Diese sehen in der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ein überflüssiges Kunstprodukt, ja ein Glasperlenspiel „im Sinne einer selbstzweckhaften, eitlen Beschäftigung mit Begriffen oder Theorien ohne Wirklichkeitsbezug – im Bereich der Rechtswissenschaft: ohne Entscheidungserheblichkeit.“3 Zumindest sei diese Rechtsfigur jedoch entbehrlich, meint Spendel.4 Diese Aussagen verdeutlichen die teils erheblichen Vorbehalte gegen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in der Rechtswissenschaft. Freilich ist die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme seit jeher ein Schauplatz vieler Streitigkeiten und die hierzu erschienene Literatur könnte wohl bereits eine kleine Bibliothek füllen.5 Die meisten Stimmen aus dem Schrifttum entwerfen jeweils ihre eigenen, sich von anderen oft nur in Nuancen unterscheidenden, Konzepte zur Abgrenzung, sodass die Lage äußerst unübersichtlich ist. Obwohl sich die Tatherrschaftslehre zur Abgrenzung weitgehend durchgesetzt hat, verbinden die verschiedenen Autoren mit dem Begriff der Tatherrschaft unterschiedliche Inhalte. Daraus folgt, um die Worte Roxins6 zu benutzen, dass „die ganze Lehre bei scheinbarer Einigkeit allmählich in eine schillernde Undeutlichkeit gerückt“ ist. Die nachfolgende Arbeit beabsichtigt einen der wohl umstrittensten Bereiche auszuleuchten und aufzuarbeiten, namentlich einen Teilbereich der Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung. Die Formulierung der „Abgrenzung“ von Täterschaft und Teilnahme im Allgemeinen und der „Abgrenzung“ von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung im Speziellen muss indessen mit Vorsicht gebraucht werden. Wie Wolf zurecht zu bedenken gibt, unterstellt der Begriff der Abgrenzung, dass entweder das eine oder das andere gegeben ist, ohne die Möglichkeit einzubeziehen, dass nichts von beiden gegeben ist.7 Auch wenn es geläufig ist von einem 1

Welzel, SJZ 1947, S. 645 (650). Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 264. 3 Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (203, 223). 4 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (171). 5 Vgl. Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 1, welcher allein die Literatur zur mittelbaren Täterschaft bereits 1939 als fast unübersehbar bezeichnete. 6 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 85. 7 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (420); Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (125). 2

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Einleitung

Abgrenzungsproblem zu sprechen, geht es präziser formuliert um die Frage, ob und wenn ja, welche Beteiligungsform bei den zu untersuchenden Fallkonstellationen einschlägig ist und – sofern mehrere einschlägig sind – welche der Beteiligungsformen die andere(n) verdrängt.8 Wenn also im Weiteren entsprechend der gängigen Formulierung von Abgrenzung gesprochen wird und insofern der üblichen Ausdrucksweise der Vorzug vor sprachlicher Präzision gewährt wird, so soll mitnichten die Möglichkeit unterschlagen werden, dass keine Beteiligung im Sinne der §§ 25 ff. StGB gegeben ist und die zu beurteilende Person sich nicht strafbar gemacht hat. Diese problematische Implikation ist mithin nicht beabsichtigt. Bei der Betrachtung der Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft von der Anstiftung im Bereich der Irrtumserregung, soll folglich nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Ob“ der Strafbarkeit untersucht werden. Konkret wird in dieser Abhandlung der Frage nachgegangen, ob es möglich ist sich dadurch der mittelbaren Täterschaft strafbar zu machen, dass bei einer anderen Person ein Motivirrtum hervorgerufen und diese dadurch zur Erfüllung eines Straftatbestandes gebracht wird. Es wird untersucht, ob ein strafrechtlich verantwortlicher Täter möglicherweise zugleich Tatmittler für einen Hintermann sein kann, wenn dieser beim Vordermann einen – wenn auch für dessen eigene Strafbarkeit unbeachtlichen – Irrtum hervorgerufen hat. Mit anderen Worten: Gibt es einen Täter hinter dem Täter im Bereich der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtumserregung? Es bedarf kaum der Erwähnung, dass diese Problematik in den 70 Jahren seit der ersten Erwähnung des Täters hinter dem Täter durch Richard Lange9 bereits von anderen Autoren angesprochen und untersucht wurde. Allerdings wurde der Täter hinter dem Täter im Bereich der Irrtumserregung in diesen Werken vornehmlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dieser Rechtsfigur oder der Täterschaft im Allgemeinen betrachtet. Eine umfassende Darstellung, welche ihren Fokus auf die Erregung von Motivirrtümern legt und die vielen vertretenen Ansichten und vorgetragenen Argumente in Bezug auf Motivirrtümer im Sinne der hier vertretenen Auffassung10 aufarbeitet, fehlt derzeit noch. Die nachfolgende Arbeit beabsichtigt dies zu leisten. Dabei soll zunächst das klassische Drei-Personen-Verhältnis, bei welchem der Hintermann den Vordermann dazu veranlasst einen Dritten zu schädigen (Fremdschädigung), in den Blick genommen werden. Des Weiteren soll jedoch auch das Zwei-Personen-Verhältnis, bei welchem der Hintermann den Vordermann dazu bringt sich selbst zu schädigen (Selbstschädigung), betrachtet werden. Bei diesem stellt sich zwar nicht die Frage der Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung, da eine Teilnahme gem. §§ 26, 27 Abs. 1 StGB mangels vorsätzlicher und rechtswidriger Haupttat nicht in Betracht kommt und daher lediglich eine Be8

Vgl. nur Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 33 die stets von einem Konkurrenzproblem und nicht von einem Abgrenzungsproblem spechen. 9 Die erste Erwähnung dieses Begriffes findet sich bei Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB 39./40. Auflage 1950, S. 161. 10 Siehe hierzu die Definition in Kapitel 1.

I. Relevanz der Untersuchung – Entscheidungserheblichkeit

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strafung des Hintermanns als mittelbarer Täter möglich ist.11 Auch kommt man bei einer Bejahung von mittelbarer Täterschaft in solchen Fallkonstellationen nur bei einer hypothetischen Betrachtungsweise zu einem Täter hinter dem Täter. Da der Vordermann sich bei einer Selbstschädigung nicht strafbar gemacht hat, hat man es nur insofern mit einem Täter hinter dem Täter zu tun, als dass der Vordermann sich bei einem anderen Tatobjekt strafbar gemacht hätte. Allerdings steht das ZweiPersonen-Verhältnis dem Drei-Personen-Verhältnis doch so nahe, dass eine Miteinbeziehung sinnvoll erscheint. Schließlich wird ein sich selbst schädigendes Werkzeug weitestgehend und mit Recht als Fall der mittelbaren Täterschaft anerkannt,12 sodass die Arbeit durch die Einbeziehung des Zwei-Personen-Verhältnisses die Frage, ob das Hervorrufen eines Motivirrtums allein zur Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreichend ist, vollumfänglich zu beantworten sucht.

I. Relevanz der Untersuchung – Entscheidungserheblichkeit Bei der gesetzten Fragestellung könnte, auch angesichts des einleitend aufgeführten Vorwurfs von Krey/Nuys, leicht der Eindruck entstehen, dass die zu untersuchenden Konstellationen rein theoretisch-dogmatischer Natur sind. Daher könnte die Frage nach dem „Warum“ dieser Untersuchung aufkommen. Wie dem obigen Zitat entnommen werden kann, wird durchaus behauptet, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter der Entscheidungsrelevanz entbehrt.13 Allerdings kommt ihr doch eine existenzielle Bedeutung für den Angeklagten zu.14 So hängt von der Beantwortung der Frage, ob der, einen Motivirrtum beim Tatmittler hervorrufende, Hintermann wegen mittelbarer Täterschaft zu bestrafen ist, wenn der Tatmittler sich wegen dieses Irrtums selbst schädigt nicht weniger ab als die Frage, ob sich der Hintermann überhaupt strafbar gemacht hat oder straflos bleibt. Dies sei an dem nachfolgenden Beispiel erläutert:15 Arzt A möchte seinen Nebenbuhler B beseitigen und sieht seine Chance gekommen, als dieser bei ihm in der Praxis erscheint und über starke Kopfschmerzen klagt. Nach einigen Untersuchungen erklärt A dem B wahrheitswidrig, dass dieser einen Gehirntumor habe und innerhalb kurzer Zeit extrem qualvoll sterben werde. Wie von A gehofft und gewollt, bringt sich B daraufhin um. 11

Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 905; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (247). 12 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 75; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 4; Heine/ Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 10; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 850. Die Rechtsprechung sieht diese Konstellation als mit der mittelbaren Täterschaft verwandt an und überträgt die für sie entwickelten Grundsätze: BGH, Urteil v. 12. 08. 1997, 1 StR 234/97, NJW 1997, S. 3453 (3453). 13 Auch Freund/Rostalski halten die Relevanz für gering (Strafrecht AT, § 10 Rn. 85). 14 Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (155). 15 Beispiel nach Koch, JuS 2008, S. 399 (400).

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Einleitung

Sollte man hier eine mittelbare Täterschaft verneinen, so käme eine Teilnahme nicht in Betracht, schließlich liegt bei einer Selbstschädigung keine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vor, weshalb eine Teilnahme ausscheidet. Eine strafbare Teilnahme am Suizid gibt es nicht.16 Der Hintermann würde straflos bleiben. Bei einer Fremdschädigung (Drei-Personen-Verhältnis) ist die Situation dagegen grundsätzlich eine andere. Hier macht sich der Tatmittler selbst strafbar, da der Motivirrtum im hier verwendeten Sinn17 maximal eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB zur Folge hat, aber an der Strafbarkeit des Tatmittlers an sich nichts ändert. Eine Teilnahme des Hintermanns ist daher prinzipiell möglich. In Bezug auf den Strafrahmen ist es nun aber grundsätzlich irrelevant, ob der Hintermann wegen Anstiftung oder wegen mittelbarer Täterschaft bestraft wird. Mithin ist der Anstifter nach § 26 StGB gleich einem Täter zu bestrafen, er unterliegt also dem gleichen Strafrahmen.18 Die Beantwortung der Frage, ob ein Anstifter milder oder härter als der unmittelbare Täter bestraft wird, ist unabhängig von der Strafe des Täters zu klären, hängt (genauso wie im Verhältnis mittelbarer Täter zu unmittelbarem Täter) von den Umständen des Einzelfalles ab und bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der Strafzumessung nach §§ 46, 46a StGB.19 Die Tatsache, dass sein Tätigwerden als Anstiftung oder als mittelbare Täterschaft einzustufen ist, kann als solche bei der Strafzumessung aber keinen Unterschied machen. Für die Strafhöhe ist es daher irrelevant, ob der Hintermann als Täter oder als Anstifter verurteilt wird.20 Es lässt sich lediglich vermuten, dass sich hier das mit der Verurteilung in der Bevölkerung verbundene Unwerturteil unterscheidet.21 Eine Verurteilung als Täter mithin als „schlimmer“ betrachtet wird als die Verurteilung als Anstifter. Derartige Erwägungen finden sich auch in der strafrechtlichen Literatur,22 da mit der Bezeichnung als Täter eine erhöhte Stigmatisierung als unwertige Person verbunden sei.23 Obendrein findet sich in der Wissenschaft die Auffassung, dass Anstiftung die ge-

16

Vgl. nur BGH, Urteil v. 04. 07. 1984 – 3 StR 96/84, NJW 1984, S. 2639 (2640); Wenkel, in: HK-GS, Vor §§ 211 ff. Rn. 10; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 30. Auflage, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 33. 17 Siehe hierzu die Definition in Kapitel 1. 18 Kudlich, in: BeckOK StGB, § 26 Rn. 28. 19 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 26 Rn. 105; Ingelfinger, in: HK-GS, § 26 Rn. 21; Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 26 Rn. 21. 20 Anders Puppe, GA 2013, S. 514 (518, 530, 535) die dafür plädiert, dass die Anstiftung im Regelfall geringer bestraft werden sollte als die Täterschaft. 21 In diese Richtung Stahl, Strafzumessungstatsachen, S. 126. 22 Vgl, Sax, JZ 1963, S. 329 (335) der bezüglich der Unterscheidung von Täterschaft und Beihilfe von „Typen unverrückbar feststehender Unwertbeurteilung“ spricht. Auch E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (117) spricht von dem strafrechtlichen Unwerturteil „Täter“. 23 Sax, JZ 1963, S. 329 (335), der diese Stigmatisierung als vom Gesetz gewollt ansieht. Ebenso Küper, JZ 1989, S. 935 (940), der von einem unterschiedlichen Gewicht des sozialethischen Tadels spricht.

I. Relevanz der Untersuchung – Entscheidungserheblichkeit

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ringfügigere Beteiligungsform darstelle24 oder deren Strafwürdigkeit geringer als die des Täters sei.25 Aber auch in der Rechtsprechung klingt gelegentlich ein derartiges Verständnis der Anstiftung durch, wenn etwa davon gesprochen wird, dass andere Mitangeklagte „nicht etwa deswegen nur Anstifter“ sind, weil auch der Vordermann Täter war.26 Richtigerweise ist in der Anstiftung tatsächlich die minderschwere Beteiligungsform zu sehen. Wie noch zu zeigen sein wird, beherrscht der mittelbare Täter das Tatgeschehen, während ein Anstifter dies nicht tut. Dieses mit der Tatherrschaft verbundene höhere Maß an Kontrolle und Steuerung bei der Deliktsbegehung muss sich aber auch im Unwerturteil wiederfinden.27 Aus diesem Grunde unterscheidet sich das mit einer Verurteilung verbundene Unwerturteil von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung.28 Mithin muss auch aus diesem Grund eine genaue Abgrenzung vorgenommen werden. Allerdings kann der Abgrenzung auch im Bereich der Fremdschädigung praktische Relevanz zukommen. Zum einen würde der sog. Dohna-Fall, wie noch zu zeigen sein wird, bei tatbestandlicher Gleichwertigkeit des Tatobjekts und Verneinung von mittelbarer Täterschaft ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass der Hintermann straflos bliebe.29 Man stelle sich nur folgenden Fall vor:30 Der A weiß, dass B seinen Feind C umbringen möchte und kennt dessen Plan auf einer abgelegenen Straßenkreuzung, bei welcher der C jeden Abend auf dem Nachhauseweg vorbeikommt, eine Sprengfalle zu legen, sich im Gebüsch zu verstecken und die Sprengfalle zu aktivieren, wenn der C an der Stelle vorbeiläuft. In dem Wissen, dass B ihn mit dem C verwechseln wird, schickt der A nun den D zu der Kreuzung, woraufhin der B ihn wie erwartet verwechselt und die Sprengfalle auslöst, welche D tötet.

In diesem Fall hat sich der B jedenfalls eines Mordes nach §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 6, 8 StGB strafbar gemacht. Der error in persona ändert, wegen der 24

Sauer, Grundlagen des Strafrechts, S. 471; Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 26 Rn. 23; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 146; Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 1 Rn. 87; Mezger, Strafrecht, S. 411. A. A. etwa Herzberg, ZIS 2009, S. 576 (579). 25 Roxin, Strafrecht AT II, § 26 Rn. 182. 26 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, NJW 1989, 912 (913); die Hervorhebung ist vom Zitat nicht erfasst. Vgl. für einen derartigen Gebrauch des Wortes „nur“ auch BGH, Beschluss v. 13. 08. 2002 – 4 StR 208/02, NStZ 2003, 32 (33); BGH, Urteil v. 15. 05. 2012 – VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177 (3180). In BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, S. 537 (538) wird ausgeführt, dass es „dem objektiven Gewicht seines Tatbeitrags nicht gerecht“ würde, den Angeklagten nicht als Täter zu behandeln. Gegen eine Einordnung der mittelbaren Täterschaft als schwerwiegender als die Anstiftung: Spendel, FS-Lüderssen 2002, S. 605 (610 f.); Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 176. 27 In diese Richtung: B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1254. 28 A. A. Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 159. 29 Siehe hierzu die Ausführungen unter Kapitel 4 III. 3. 30 Beispiel nach Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 235.

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Einleitung

tatbestandlichen Gleichwertigkeit von vorgestelltem und tatsächlichem Opfer, nichts an der Strafbarkeit des B. Hält man nun das Handeln des A für ausreichend zur Begründung von mittelbarer Täterschaft, so hat sich A nach §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 6, 8, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht. Hält man eine mittelbare Täterschaft dagegen nicht für gegeben, so verbleibt nur die Teilnahmestrafbarkeit. Eine Anstiftung scheitert allerdings schon daran, dass A in keiner Weise kommunikativ auf B eingewirkt hat.31 Darüber hinaus kann man das Unterschieben einer Person, die B nicht verletzen wollte, schwerlich als Hilfeleisten ansehen.32 Auch eine Beihilfe kann demnach nicht angenommen werden. Nach alledem verbliebe der A straflos. Auch in derartigen Konstellationen kommt dem gesetzten Untersuchungsgegenstand somit Entscheindungsrelevanz zu. Des Weiteren ist noch an das Versuchsstadium zu denken.33 Bleibt es nämlich bei dem Versuch den unmittelbar Handelnden durch Erregung oder Ausnutzen des Motivirrtums zur Vornahme der gewünschten Handlung zu bringen, so sieht das Gesetz in § 30 Abs. 1 S. 1 StGB lediglich eine Strafbarkeit der versuchten Anstiftung zu einem Verbrechen vor. Dabei bestimmt sich die Strafe nach dem Versuch des Verbrechens, wobei aber gemäß § 30 Abs. 1 S. 2 StGB eine obligatorische Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB vorgesehen ist. Dies hat zur Konsequenz, dass die Strafhöhe unterschiedlich sein kann, wenn beim Hintermann die Versuchsgrenze sowohl im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 StGB, als auch bei Annahme von mittelbarer Täterschaft überschritten wäre, da die Strafmilderung in diesem Fall nach § 23 Abs. 2 StGB nur fakultativ ist. Sollte dagegen nur die – früher einsetzende34 – Versuchsgrenze zur versuchten Anstiftung überschritten sein, sofern der Hintermann als Anstifter anzusehen wäre, so hängt erneut die Frage ob sich der Hintermann überhaupt strafbar gemacht hat davon ab, ob man die Erregung eines Motivirrtums für mittelbare Täterschaft genügen lässt oder doch einen Fall der Anstiftung annimmt. Auch wenn es sich bei der Tat des unmittelbaren Täters nicht um ein Verbrechen handelt, eine versuchte Anstiftung nach § 30 Abs. 1 S. 1 StGB also nicht möglich ist, die Versuchsschwelle bei Annahme von mittelbarer Täterschaft aber überschritten wäre, hängt die Frage, ob der Hintermann überhaupt bestraft wird, von der Abgrenzung ab.35 Abgesehen von diesen Beispielen, bei denen es bezüglich der Strafbarkeit des Hintermanns auf eine Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme respektive auf eine genaue Bestimmung der Grenzen der mittelbaren Täterschaft ankommt, gibt 31 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 225; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167). Ebenso Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 118; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 291. 32 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 103. 33 Vgl. hierzu schon Küper, JZ 1989, S. 935 (940); Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 203 f. 34 Küper, JZ 1989, S. 935 (940). 35 Vgl. hierzu Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 86 der die Konsequenzen der unterschiedlichen Behandlung bei Versuchskonstellationen abzumildern versucht.

II. Herangehensweise der Untersuchung

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schon Schroeder zu Recht noch zu bedenken, dass die Tatsache, dass bei zwei verschiedenen Tatbeständen derselbe Strafrahmen Anwendung findet, niemals hat Zweifel aufkommen lassen bezüglich der Notwendigkeit einer präzisen Prüfung in Bezug auf die Frage, welcher Tatbestand im Einzelfall erfüllt ist.36 Daher kann auch kein Zweifel an der Notwendigkeit einer präzisen Feststellung der Beteiligungsform bestehen.37 Andernfalls droht „eine mehr oder weniger konsensfähige Gefühlsjurisprudenz“.38 Selbst wenn die Feststellung der Beteiligungsform im konkreten Fall also keinen Einfluss auf das Strafmaß hat und auch wenn beide Beteiligungsformen als gleich verwerflich anzusehen wären, ändert dies nichts an der Wichtigkeit der genauen Feststellung der einschlägigen Beteiligungsform. Nach alledem lässt sich also sagen, dass der gesetzten Fragestellung insbesondere im Bereich der Selbstschädigungsfälle durchaus Entscheindungsrelevanz zukommt. Aber auch wenn die Abgrenzung bei der Fremdschädigung grundsätzlich nicht für die Strafhöhe relevant wird, gibt es wie gezeigt Fallkonstellationen, bei denen die Möglichkeit der Bestrafung des Hintermanns von der Beantwortung der gesetzten Fragestellung abhängt. Der Vorwurf, dass der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter keine Entscheidungserheblichkeit zukomme, ist somit zurückzuweisen.

II. Herangehensweise der Untersuchung Im Folgenden werden nun zunächst die Grundlagen der Untersuchung geschaffen. So wird in Kapitel 1 definiert, was unter einem Motivirrtum verstanden werden soll. Es werden die verschiedenen Arten von Motivirrtümern anhand von Beispielen beleuchtet und die denkbaren Wege aufgezeigt, diese Fälle einzuordnen. Der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter widmet sich im Anschluss daran Kapitel 2. Dort wird zunächst der Begriff des Täters hinter dem Täter besprochen und sodann die Entwicklung dieser Rechtsfigur in Rechtsprechung und Lehre beleuchtet. In Kapitel 3 folgen sodann zunächst allgemeine Ausführungen zur mittelbaren Täterschaft. Im Anschluss werden die gesetzlichen Regelungen zur Teilnahme anhand der Auslegungsmethoden betrachtet, um zu sehen, ob sich hieraus bereits Erkenntnisse gewinnen lassen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Historie der mittelbaren Täterschaft gelegt. Schließlich werden die früher und aktuell vertretenen Beteiligungslehren aufgezeigt, wobei besonders Wert darauf gelegt wird, die entwicklungsgeschichtlichen Hintergründe der verschiedenen Beteiligungslehren auf-

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Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 204. Vgl. auch Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 38. A. A. Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 7 der hierin lediglich einen Streit um die Ausdrucksweise sieht; M. Köhler, Strafrecht AT, S. 507 der die Abgrenzung wegen der identischen Rechtsfolge für überflüssig hält. 38 Otto, JURA 1987, S. 246 (247). 37

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Einleitung

zuzeigen und deren Auswirkungen auf die Reichweite der mittelbaren Täterschaft herauszuarbeiten. Alsdann folgt in Kapitel 4 die Darstellung der verschiedenen Ansichten von Rechtsprechung und Literatur darüber, wie das Erregen von Motivirrtümern im DreiPersonen-Verhältnis (Fremdschädigung) zu beurteilen ist. Es werden die Argumente untersucht und der Lösungsweg herausgearbeitet. In Kapitel 5 wird dann das ZweiPersonen-Verhältnis (Selbstschädigung) dargestellt und der Lösungsweg für diese Fallkonstellationen entwickelt. Schließlich werden in Kapitel 6 die gefundenen Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst dargestellt. Bei alledem wird die bestehende Gesetzeslage zu Grunde gelegt, ohne dass hier untersucht werden soll, ob eine gesetzliche Differenzierung zwischen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft überhaupt notwendig ist, ob die getroffenen Regelungen gerecht sind oder nicht eine andere Regelung wie etwa der Einheitstäterbegriff vorzugswürdig sind. Darüber hinaus wird – da gerade das Hervorrufen von Motivirrtümern untersucht werden soll – auf eine mittelbare Täterschaft durch Unterlassen oder bloßes Ausnutzen von Irrtümern nicht näher eingegangen.

Kapitel 1

Der Motivirrtum Für die nachfolgende Betrachtung ist naturgemäß entscheidend, was unter einem Motivirrtum zu verstehen ist. Viele Autoren bezeichnen schließlich als Motivirrtümer gerade diejenigen Irrtümer, die für die Begründung von mittelbarer Täterschaft nicht ausreichend sind und sprechen daher von unbeachtlichen oder unerheblichen Motivirrtümern.1 Es versteht sich von selbst, dass ein solches Verständnis hier nicht zu Grunde gelegt werden kann, andernfalls würde sich die gesetzte Fragestellung auf Grund der mit diesem Verständnis verbundenen Wertung erübrigen.2 Als Motivirrtum soll im Folgenden vielmehr jeder Irrtum über Beweggründe und Ziele, die zu der Tat geführt haben und somit allenfalls nach § 46 Abs. 2 S. 2 StGB bei der Strafzumessung relevant werden, den Vorwurf der vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Begehung aber unberührt lassen, angesehen werden. Also solche Irrtümer, bei denen das Wissensdefizit des Tatmittlers seine strafrechtliche Verantwortlichkeit unberührt lässt. Dabei werden auch die Irrtümer mit einbezogen, die zu einer obligatorischen oder fakultativen Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB führen, ansonsten aber die strafrechtliche Verantwortlichkeit ebenfalls unberührt lassen. Schließlich bleibt der Vordermann auch in diesen Fällen – wenn auch gegebenenfalls gemindert – strafrechtlich verantwortlicher (Vorsatz-)Täter. Mit dieser Definition ist der Motivirrtum im Hauptanwendungsfall der mittelbaren Täterschaft, dem Drei-Personen-Verhältnis, beschrieben. Für die Kennzeichnung eines Motivirrtums im Zwei-Personen-Verhältnis bedarf es einer hypothetischen Betrachtungsweise. Bei einer Selbstschädigung liegt dann ein Motivirrtum vor, wenn bei einem anderen Tatobjekt – also wenn der Handelnde sich nicht selbst, sondern einen Dritten schädigen würde – die eben geschilderten Wirkungen eintreten würden. Es wird somit untersucht, welche Auswirkungen der Irrtum hätte, wenn es sich um eine Fremdschädigung handeln würde. Der Irrtum des Handelnden dürfte also lediglich für seine Strafzumessung relevant werden oder eine Strafmilderung nach sich ziehen. 1

Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 77; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 121; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (516); Randt, Mittelbare Täterschaft durch Schaffung von Rechtfertigungslagen, S. 81; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 12. Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 144; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 23; Bock, Strafrecht AT, S. 186; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 242 f. sprechen von bloßen Motivirrtümern die es von beachtlichen Irrtümern abzugrenzen gilt. 2 Versteht man unter einem Motivirrtum einen Irrtum, welcher zur Begründung von mittelbarer Täterschaft nicht ausreichend ist, so wird die Frage, ob bei Erregung eines solchen Irrtums mittelbare Täterschaft gegeben sein kann, bereits durch die Definition beantwortet.

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Kap. 1: Der Motivirrtum

Er dürfte aber nicht dazu führen, dass seine strafrechtliche Verantwortlichkeit entfällt. In die Untersuchung werden somit all diejenigen Irrtümer nicht mit einbezogen, welche dazu führen, dass der Vordermann unvorsätzlich, gerechtfertigt oder schuldlos handelt. Es sind dies gerade die Irrtümer bei denen fast einhellig anerkannt ist, dass deren Hervorrufen für die mittelbare Täterschaft ausreichend ist. So stellen der Tatumstandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB,3 der unvermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 1 StGB,4 die unvermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands nach § 35 Abs. 2 S. 1 StGB5 und der Erlaubnistatumstandsirrtum6 selbstverständlich keine Motivirrtümer im Sinne der hier verwendeten Definition dar.

I. Die kodifizierten Motivirrtümer Irrtümer, welche nach dieser Definition Motivirrtümer darstellen, finden grundsätzlich keine Regelung im StGB. Vielmehr handelt es sich bei einem Irrtum, der nicht im StGB geregelt ist, typischerweise um einen Motivirrtum. Eine Ausnahme stellt sowohl der vermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB7 als auch die vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB dar. Diese werden sogleich gesondert erläutert.

1. Der vermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB Zunächst soll der vermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB betrachtet werden. Ein solcher Verbotsirrtum liegt vor, wenn dem Handelnden bei Tatbegehung das Unrechtsbewusstsein fehlt.8 Gegeben ist das Unrechtsbewusstsein dann, wenn der Täter weiß, dass er gegen die Rechtsordnung verstößt. Die Kenntnis der Sozi-

3 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 15. Anders: Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 71 der von unmittelbarer Täterschaft in diesen Fällen ausgeht. 4 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 89; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 78; Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 138. A. A. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 103; M. Köhler, Strafrecht AT, S. 509. 5 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 18; Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 91 f. 6 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 18; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 134; Murmann, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 14. A. A. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 72 der von unmittelbarer Täterschaft in diesen Fällen ausgeht. 7 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 121. 8 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (488).

I. Die kodifizierten Motivirrtümer

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alschädlichkeit allein genügt dagegen nicht.9 Wegen den hohen Anforderungen, die an die Unvermeidbarkeit im Sinne des § 17 S. 1 StGB zu stellen sind,10 wird die Situation eines unvermeidbaren und damit die Schuld des Handelnden nach § 17 S. 1 StGB beseitigenden Irrtums – zumindest im Kernstrafrecht – sehr selten vorkommen.11 Daher wird man sagen können, dass so gut wie immer ein vermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB und damit ein Motivirrtum im Sinne der obigen Definition gegeben ist, wenn der Handelnde nicht weiß, dass er gegen die materielle Wertordnung verstößt und somit etwas rechtlich Verbotenes tut.12 Als Beispiel soll für einen solchen Irrtum folgende Konstellation dienen: Der A flüchtet wegen der bürgerkriegsartigen Zustände mit seiner Familie von Afghanistan nach Deutschland. Dort erklärt ihm sein neuer, einheimischer Nachbar N, um ihn zur Begehung einer Straftat zu bringen, dass man seine Kinder hierzulande ruhig körperlich züchtigen dürfe. Es sei auch nicht strafbar kräftig zuzuschlagen. Als der zehnjährige Sohn des A nicht damit aufhört ohne Beachtung von Ampeln und Verkehr über die Straße zu rennen, verpasst der A seinem Sohn, obwohl er Zweifel an der Aussage des N hat, eine kräftige Ohrfeige um diesen zur Einsicht zu bewegen.13

Da davon auszugehen ist, dass die Erheblichkeitsschwelle überschritten wurde, hat sich A nach § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der A wusste allerdings nicht, dass er etwas rechtlich Verbotenes tut. Dieser Verbotsirrtum war jedoch im Sinne des § 17 S. 2 StGB vermeidbar, da der A zum einen wohl die Pflicht hatte, sich über die Vorschriften des Kernstrafrechts hierzulande zu informieren14 und zum anderen weil er verpflichtet war (jedenfalls wegen seiner Zweifel) die notwendigen Rechtsauskünfte einzuholen.15 Dem A kommt lediglich die fakultative Strafmilderung aus § 17 S. 2 StGB zugute, er bleibt jedoch strafrechtlich verantwortlich und unterlag mithin einem Motivirrtum im Sinne der oben genannten Definition. Der vermeidbare Verbotsirrtum wird nur bei der Fremdschädigung relevant.16 Immerhin gibt es in Bezug auf die Selbstschädigung kein gesetzliches Verbot, über welches man sich im Irrtum befinden könnte. Zu einer Unterscheidung zwischen Selbstschädigung und Fremdschädigung kann es beim vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB also nicht kommen.

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Joecks/Kulhanek, in:MüKoStGB, 4. Auflage, § 17 Rn. 11 ff. Siehe nur BGH, Beschluss v. 27. 01. 1966, KRB 2/65, NJW 1966, 842; BGH, Urteil v. 11. 10. 2012, 1 StR 213/10, NJW 2013, 93 Rn. 60 ff.; von der Menden, JuS 2015, S. 112 (113). 11 Bock, Strafrecht AT, S. 184. 12 So die Definition von fehlendem Unrechtsbewusstsein: Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 17 Rn. 2. 13 Ein elterliches Züchtigungsrecht, welches ohnehin nicht mehr anzuerkennen ist, soll an dieser Stelle außer Betracht bleiben. 14 Lesch, JA 1996, S. 607 (609). 15 BGH, Beschluss v. 18. 03. 1952 – GSSt. 2 /51, NJW 1952, 593 (594). 16 A. A. Herzberg, JA 1985, S. 336 (337 f.). Siehe hierzu unten Kapitel 5 V. 4. c). 10

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Kap. 1: Der Motivirrtum

2. Die vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands, § 35 Abs. 2 S. 2 StGB Als nächstes soll noch die vermeidbare irrtümliche Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB betrachtet werden. In direkter Anwendung regelt § 35 Abs. 2 S. 2 StGB zunächst die irrtümliche Annahme von Umständen, die einen entschuldigenden Notstand im Sinne des § 35 Abs. 1 StGB begründen würden. Über diesen direkten Anwendungsbereich hinaus erfasst § 35 Abs. 2 StGB jedoch analog wohl auch Irrtümer über die Voraussetzungen anderer anerkannter Entschuldigungsgründe.17 Als Beispiel für einen solchen Irrtum soll hier und bei den nachfolgenden Ausführungen eine Abwandlung des „Brett des Karneades – Falls“18 verwendet werden: Der A erleidet auf einer Kreuzfahrt Schiffbruch. Er ist von den Bemühungen sich über Wasser zu halten bereits sehr erschöpft und droht in Kürze unterzugehen. Da sieht er den B, der sich an einen Rettungsring klammert, welcher wiederum nur eine Person tragen kann. Daraufhin rät der C dem A, den B zu erschlagen, um sich den Rettungsring zu sichern. Nur so könne er überleben. A sieht keinen anderen Ausweg als auf ihn zu hören. Er erschlägt den B und entgeht mit Hilfe des erbeuteten Rettungsrings dem Ertrinken. In Wahrheit näherte sich, wie C wusste, bereits ein Rettungsboot, das den A auch rechtzeitig erreicht hätte. Hätte A sich zunächst umgeschaut, so hätte er das herannahende Rettungsboot auch entdecken können.

In diesem Fall irrte der A über das Bestehen der Umstände eines entschuldigenden Notstandes nach § 35 Abs. 1 StGB. Er ist daher nach § 35 Abs. 2 StGB entschuldigt, sofern der Irrtum unvermeidbar war. Hier hätte der A jedoch das herannahende Rettungsboot durch Umschauen erkennen können. Der Irrtum war für ihn daher vermeidbar. Somit kommt dem A zwar die obligatorische Strafmilderung aus § 35 Abs. 2 S. 2 StGB zugute, er bleibt jedoch strafrechtlich verantwortlich und unterlag mithin einem Motivirrtum im Sinne der oben genannten Definition. Die vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB wird in unmittelbarer Anwendung nur bei der Fremdschädigung relevant, da bei der Selbstschädigung schon gar keine rechtswidrige Tat vorliegt, welche entschuldigt werden könnte. Im Gegensatz zum vermeidbaren Verbotsirrtum sind jedoch bei einer hypothetischen Betrachtungsweise Fälle denkbar, in denen bei anderem Tatobjekt eine vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB gegeben wäre. In diesen Fällen kann die Regelung des § 35 Abs. 2 StGB als argumentative Stütze dienen. 17 Für eine analoge Anwendung auf alle übrigen Entschuldigungsgründe: Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 16 Rn. 31, Joecks/Kulhanek, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 16 Rn. 139. Zurückhaltender Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 35 Rn. 13 der eine analoge Anwendung beim Irrtum über die Voraussetzungen eines übergesetzlichen schuldausschließenden Notstands bejaht, die Frage einer darüberhinausgehenden analogen Anwendbarkeit aber unbeantwortet lässt. 18 Überliefert durch Cicero (vgl. Nickel, Markus Tullius Cicero – De officiis, S. 278 f.) und für die deutsche Strafrechtslehre fruchtbar gemacht durch Kant, Werke Band IV, S. 343 f.

II. Die nicht kodifizierten Motivirrtümer

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Sollte sich etwa herausstellen, dass das Hervorrufen eines Irrtums i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 2 StGB für die Begründung von mittelbarer Täterschaft im Drei-PersonenVerhältnis ausreichend ist, so wäre es wohl naheliegend, dies auch im Zwei-Personen-Verhältnis anzunehmen.

II. Die nicht kodifizierten Motivirrtümer Die meisten Motivirrtümer im Sinne der obigen Definition sind jedoch nicht kodifiziert. Diese nicht kodifizierten Motivirrtümern lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Zu unterscheiden ist zwischen solchen Motivirrtümern, auf Grund derer sich der Vordermann selbst schädigt und solchen, auf Grund derer der Vordermann einen Dritten schädigt.

1. Selbstschädigung aufgrund eines Motivirrtums Ein zu einer Selbstschädigung führender Motivirrtum liegt unter anderem in dem eingangs bereits genannten und viel diskutieren Beispiel vor, welches an dieser Stelle nochmals in Erinnerung gerufen werden soll:19 Arzt A möchte seinen Nebenbuhler B beseitigen und sieht seine Chance gekommen als dieser bei ihm in der Praxis erscheint und über starke Kopfschmerzen klagt. Nach einigen Untersuchungen erklärt A dem B wahrheitswidrig, dass dieser einen Gehirntumor habe und innerhalb kurzer Zeit extrem qualvoll sterben werde. Um dem angekündigten Leiden zu entgehen begeht B daraufhin, wie von A gewollt und vorhergesehen, Suizid.

Bei der vorzunehmenden hypothetischen Betrachtungsweise, bei welcher der B nicht sich selbst, sondern einen Dritten schädigen würde, würde sich der B eines Totschlags nach § 212 Abs. 1 StGB20 strafbar machen. Das Motiv für die Tötung, also der Irrtum, dass der Dritte alsbald qualvoll an einer tödlichen Krankheit sterben würde, ändert nichts an der Strafbarkeit der Tötung. Somit liegt ein Motivirrtum vor. Die meisten Beispiele einer Selbstschädigung, die in der Literatur diskutiert werden, drehen sich um Konstellationen, in welchen der Vordermann zum Suizid gebracht werden soll. Anhand dieser Extremsituation soll dem Leser die gegebenenfalls grobe Unbilligkeit einer Straflosigkeit des Hintermanns vor Augen geführt werden. So wird ebenfalls häufig folgendes Beispiel diskutiert:21 Dem A wird durch B vorgetäuscht, dass ihm die „Abholung“ durch die Sicherheitsbehörden eines totalitären Regimes und damit Haft, Folter und Exekution kurz bevorstehen, um diesen zum Suizid zu verleiten, was auch gelingt. 19 20 21

Beispiel nach Koch, JuS 2008, S. 399 (400). Bzw. je nach Fallkonstellation eines Mordes. Vgl. Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106.

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Kap. 1: Der Motivirrtum

Auch in diesem Fall hat der Hintermann einen anderen manipuliert, sodass dieser sich selbst getötet hat. Kann es denn sein, dass der Hintermann straflos bleibt? Eine Teilnahme kommt ja mangels teilnahmefähiger Haupttat nicht in Betracht. Daher kann sich der Hintermann lediglich wegen mittelbarer Täterschaft oder eben überhaupt nicht strafbar gemacht haben. Besteht hier aber nicht ein kriminalpolitisches Bedürfnis nach Strafe und wenn ja, welche Bedeutung kann diesem beigemessen werden? All diesen Fragen wird in Kapitel 5 nachgegangen werden. Ein Motivirrtum im Zwei-Personen-Verhältnis muss aber nicht zum Extremfall des Suizids führen. Auch unterhalb dieser schlimmsten denkbaren Konstellation der Selbstschädigung lassen sich leicht Beispiele finden. So etwa eine Abwandlung von Herzbergs berühmtem Kandinsky-Fall:22 Der Kunstkenner A möchte sich an seinem Freund B rächen und täuscht ihm daher vor, dass es sich bei seinem Bild um eine Fälschung handelt. Wie von A beabsichtigt, zerstört der B darauf das Gemälde, welches in Wahrheit äußerst wertvoll war.

2. Fremdschädigung aufgrund eines Motivirrtums Dieses Fallbeispiel Herzbergs wird jedoch hauptsächlich im Rahmen der Fremdschädigung diskutiert:23 Die A spiegelt der B vor, dass es sich bei dem wertvollen Gemälde ihres Mannes C nur um wertloses Geschmiere handelt. Sie rät der B daher das Bild zu entsorgen und stattdessen etwas fröhlicheres aufzuhängen. Daraufhin zerstört die B, wie von A beabsichtigt, das Gemälde und wirft es in den Müll.

Für die Strafbarkeit der B wegen Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 StGB spielt die Fehlvorstellung über den Wert des Gemäldes keine Rolle. Sie unterliegt einem Motivirrtum im Sinne der hier verwendeten Definition. Abschließend sei für die Fremdschädigung noch ein letztes, wohl realitätsnäheres und oft verwendetes Beispiel angeführt:24 Der A möchte seinem Feind B „eins auswischen“. Daher spiegelt er seinem eifersüchtigen Freund C vor, der B habe eine Affäre mit dessen Frau. Wie von A gewollt und vorhergesehen, glaubt ihm der C und verprügelt den B.

Auch in diesem Fall ändert der Irrtum des C nichts an dessen Strafbarkeit, auch er unterliegt einem Motivirrtum. Doch wie ist nun die Rolle des Hintermanns zu werten? Ist dessen Handlung als Anstiftung oder doch als mittelbare Täterschaft zu werten und welche Kriterien sind für die Unterscheidung der beiden Beteiligungsformen heranzuziehen? Diesen Fragen wird in Kapitel 4 nachgegangen. 22 23 24

Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27. Etwa bei Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15.

III. Möglichkeiten der rechtlichen Bewertung der Erregung von Motivirrtümern

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3. Zwischenfazit Die gezeigten Beispiele verdeutlichen die zahlreichen denkbaren Fälle, bei denen der Vordermann durch einen Motivirrtum zu einer Selbst- oder Fremdschädigung gebracht wird. Auf die in diesem Kapitel vorgestellten Beispielsfälle wird in den Ausführungen zu den verschiedenen Ansichten in Bezug auf die rechtliche Bewertung des Hervorrufens von Motivirrtümern in Kapitel 4 und 5 zurückgegriffen.

III. Möglichkeiten der rechtlichen Bewertung der Erregung von Motivirrtümern Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung der Erregung von Motivirrtümern bieten sich drei verschiedene Möglichkeiten an. Denkbar wäre es zunächst, das eine „Extrem“ zu beschreiten und das Hervorrufen von Motivirrtümern im Sinne der eben besprochenen Definition nie für die Annahme von mittelbarer Täterschaft seitens des, den Irrtum hervorrufenden, Hintermanns als ausreichend anzusehen und somit hierin allenfalls eine Teilnahme zu sehen. In diesem Fall gäbe es einen Täter hinter dem Täter – zumindest im Bereich der Irrtumsherrschaft – nicht. Aber auch das andere „Extrem“ wäre ein gangbarer Weg. So könnte jedweder derartige Irrtum für ausreichend angesehen werden, sofern nur die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen gegeben sind. Also dann, wenn es sich zum einen nicht um ein eigenhändiges Delikt handelt, da hier keine mittelbare Täterschaft möglich ist.25 Zum anderen dürfte es sich bei Sonderdelikten bei dem Hintermann nicht um einen extraneus handeln.26 Es müssen also stets die besonderen Voraussetzungen, welche der Tatbestand an die Person des Täters stellt, erfüllt sein.27 Beide „Extreme“ hätten den offensichtlichen Vorteil, eine einfache, klare Abgrenzung zu ermöglichen. Es wäre jedoch auch möglich einen Mittelweg zu wählen und zwischen jenen Motivirrtümern zu differenzieren, deren Hervorrufen zur mittelbaren Täterschaft des Hintermanns führen soll, und solchen, bei denen das nicht der Fall sein soll. Hierbei tun sich wiederum zahlreiche Möglichkeiten der Differenzierung auf. Man könnte beispielsweise nur solche Motivirrtümer als beachtlich ansehen, die zu einer obligatorischen oder fakultativen Strafmilderung nach § 17 S. 2 StGB oder nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB führen. Auch könnte überlegt werden, ob Motivirrtümer nur dann zu einer mittelbaren Täterschaft des sie hervorrufenden Hintermanns führen sollen, wenn der Handelnde sich selbst schädigt, nicht aber, wenn er Dritte schädigt. Die denkbaren Kombinationen sind vielfältig und ob gegebenenfalls einer dieser Wege vorzugswürdig ist, stellt gerade die zu behandelnde Frage dar und wird im Nachstehenden untersucht. 25 26 27

Koch, JuS 2008, S. 399 (400). Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 3. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 3 I.

Kapitel 2

Der Täter hinter dem Täter In diesem Abschnitt soll nun die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter beleuchtet werden. Diese Arbeit hat sich zwar lediglich zum Ziel gesetzt zu untersuchen, ob es im Bereich der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums einen Täter hinter dem Täter geben kann und beschränkt sich damit auf einen Teilbereich der Gesamtproblematik des Täters hinter dem Täter, dennoch wird im Folgenden ein Blick auf die Entwicklung dieser Rechtsfigur insgesamt geworfen und ein Überblick gegeben. Eine detailliertere Darstellung der verschiedenen Thesen hinsichtlich der Möglichkeit eines vollverantwortlichen Tatmittlers im Rahmen der Irrtumsherrschaft und eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen Argumenten wird dagegen erst im weiteren Verlauf der Arbeit erfolgen.

I. Der Begriff des Täters hinter dem Täter Zurückzuführen ist der Begriff des „Täters hinter dem Täter“ auf Richard Lange, welcher diesen erstmals 1950 gebrauchte, indem er ausführte, „wie es Täter neben dem Täter gibt, so auch Täter hinter dem Täter“.1 Dabei werden als Täter hinter dem Täter all jene Fallgruppen beschrieben, in denen sich neben dem unmittelbaren Täter ein weiterer Beteiligter an derselben Tat als mittelbarer Täter strafbar gemacht hat,2 indem er die Tat im Sinne des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB durch den unmittelbaren, strafrechtlich vollverantwortlichen Täter als sein Werkzeug begangen hat.3 Gemeint ist also der mittelbare Täter hinter einem strafrechtlich vollverantwortlichen Tatmittler. Ein mittelbarer Täter hinter einem unmittelbaren Täter. Aus dieser Definition ergibt sich, dass es einen Täter hinter dem Täter lediglich im Drei-Personen-Verhältnis geben kann, da sich der Vordermann im Zwei-Personen-Verhältnis nicht strafbar macht. Dort kann man somit allenfalls bei einer hypothetischen Betrachtungsweise von einem Täter hinter dem Täter sprechen. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel nur auf das Drei-Personen-Verhältnis eingegangen. Bei unbedarfter Betrachtung des Begriffs „mittelbarer Täter“ könnte man natürlich leicht zu der Überzeugung gelangen, dass es sich bei einem Täter hinter dem 1 2 3

Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 39./40. Auflage 1950, S. 161. Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (160). Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 876.

I. Der Begriff des Täters hinter dem Täter

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Täter um keine Ausnahmekonstellation, sondern vielmehr um den Normalfall handelt. Wo ein mittelbarer Täter gegeben ist, muss es doch denklogisch auch einen unmittelbaren Täter geben.4 Und so wurde der Vordermann teilweise als physischer Täter bezeichnet.5 Bisweilen liest man gar, der Hintermann heiße „mittelbarer Täter, der Veranlaßte (das Werkzeug) unmittelbarer Täter.“6 Hiermit sollte jedoch keinesfalls ausgedrückt werden, dass bei der mittelbaren Täterschaft stets ein als Täter strafbarer Vordermann gegeben sei.7 Vielmehr stellt etwa Hoyer klar, dass dem ein abweichendes Verständnis von § 25 StGB zu Grunde liegt. Dabei wird am Wortlaut des § 25 StGB angesetzt. Gehe man nach diesem, so regle § 25 StGB nicht wann jemand Täter ist, sondern nur wann jemand als Täter bestraft wird.8 War der Vordermann, der die tatbestandliche Ausführungshandlung vorgenommen hat gerechtfertigt oder hat er schuldlos gehandelt, so sei er dennoch solange unmittelbarer Täter, wie ihm zumindest der tatbestandsmäßige Erfolg objektiv zugerechnet werden kann, er werde nur nicht als solcher bestraft.9 Auch Roxin spricht bei der Willensherrschaft kraft Nötigung von einem „Täter hinter dem (entschuldigten) Täter“.10 Sogar hinsichtlich des Zwei-Personen-Verhältnisses finden sich derartige Aussagen. So führt M.-K. Meyer aus, dass die mittelbare Täterschaft stets einen unmittelbaren Täter voraussetzt, wobei hierfür die Handlungsfähigkeit ausreichend sein soll.11 Hiernach wird sogar ein Vordermann, welcher nicht einmal tatbestandsmäßig handelt – es geht schließlich um eine Selbstschädigung – als unmittelbarer Täter vor dem mittelbaren Täter betrachtet. Daher gibt es nach dieser Sichtweise bei der mittelbaren Täterschaft stets einen unmittelbaren Täter, nur hat sich dieser – jedenfalls im Regelfall – nicht als solcher strafbar gemacht.12 Die Vorstellung, dass der Vordermann im Normalfall unmittelbarer Täter und als solcher zu bestrafen sei, trifft also ganz und gar nicht zu. Ebenso wie die Ausführungen zur Geschichte der mittelbaren Täterschaft,13 werden die nachfolgenden Ausführungen zu der Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter aufzeigen, dass diese ganz überwiegend nur als Ausnahme anerkannt wird. Insofern ist der Begriff der „mittelbaren Täterschaft“ unglücklich gewählt, als dass er diese Rückschlüsse über den Vordermann gerade nicht ermöglicht. In den typischen Fällen der mittelbaren Täterschaft ist der Vor4

So schon Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 264; H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (248); M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 25. 5 Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 35. 6 A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 510. 7 So macht A. Köhler in den auf das obige Zitat folgenden Seiten deutlich, dass sich der Vordermann den er als unmittelbaren Täter bezeichnet eben nicht strafbar gemacht hat. 8 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 28. 9 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 28, 34. Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 52 fordert darüber hinaus noch Vorsatz oder Fahrlässigkeit auf Seiten des „Täters“. 10 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 47. 11 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 25. 12 So wohl auch Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79 Fn. 350. 13 Siehe hierzu unten Kapitel 3 III.

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

dermann selbst gerade kein unmittelbarer Täter (respektive nicht als solcher strafbar).14 Um diese falsche Implikation zu vermeiden wird daher vorgeschlagen von einem „Täter hinter dem strafbaren Täter“ zu sprechen.15

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter hat eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich, die schließlich in einer Anerkennung einzelner Fallgruppen durch die Rechtsprechung gipfelte.16 Dabei folgte diese Anerkennung in den jeweiligen Fallgruppen der Herausarbeitung durch die strafrechtswissenschaftliche Literatur nach. Diese hat mithin das dogmatische Fundament geschaffen, welches es der Rechtsprechung ermöglichte, mittelbare Täterschaft des Hintermanns auch bei strafrechtlich vollverantwortlichem Hintermann annehmen zu können.

1. Die Entwicklung in der Literatur In der wissenschaftlichen Diskussion zur mittelbaren Täterschaft bis Mitte des 20. Jahrhunderts wird das Problem, ob ein vollverantwortlicher Täter zugleich Tatmittler sein kann, nur zurückhaltend aufgeworfen und diskutiert. Vielmehr beschränkte sich die Debatte zumeist auf die Fragen, ob die mittelbare Täterschaft bei sämtlichen Delikten möglich ist und ob die Fallgruppe des dolosen Werkzeugs als Fall der mittelbaren Täterschaft anzuerkennen sei.17 Daher begnügte man sich hinsichtlich der Abgrenzung zur Anstiftung zumeist damit festzustellen, dass es im Falle der mittelbaren Täterschaft keinen unmittelbaren Täter als Vordermann gibt18 oder es wird positiv formuliert, dass der Tatmittler nicht strafrechtlich verantwortlich ist.19 Exemplarisch hierfür kann die Dissertation von Zehnpfennig aus dem Jahr 1932 angeführt werden, welche den Titel „Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung“ trägt. In dieser führt der Autor wie selbstverständlich aus, 14

Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 3. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79. Ähnlich Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 61. 16 Schroeder, JR 1995, 177 (177). 17 Vgl. etwa: Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 1, Höpfner, ZStW 22. Band (1902), S. 205 (205 ff). 18 Käpernick, Die Akzessorietät der Teilnahme und die sog. mittelbare Täterschaft, S. 73; Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 100; Brandt, Grenzen der mittelbaren Täterschaft, S. 61; Merkel, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 141 ff.; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 336 f. 19 von Michael, Der Mensch als Werkzeug, S. 65; Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 23; Wachenfeld, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, S. 197; Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 29; Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 18; Sauer, Grundlagen des Strafrechts, S. 478. 15

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter

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dass der mittelbare Täter sich eines Vordermanns bedient, der für die Tat nicht verantwortlich ist.20 Zwar wird dies für damalige Verhältnisse ausführlicher begründet, allerdings – wie es den Anschein hat – unter der nicht hinterfragten Annahme, dass lediglich einer der Beteiligten Täter sein könne. Auf die Möglichkeit eines mittelbaren Täters hinter einem unmittelbaren Täter wird nicht eingegangen. Diese Grenze der mittelbaren Täterschaft wurde offenbar als selbstverständlich angesehen und nicht hinterfragt. Es wurden, wie Krauss sagt, „die eigentlich erst nachher zu ziehenden Grenzen der Möglichkeit mittelbarer Täterschaft als Ausgangspunkt der Betrachtung gewählt“.21 Erst nach und nach wurde die Problematik explizit thematisiert und einzelne Fallgruppen, in denen ein vollverantwortlicher Täter zugleich Tatmittler sein kann, anerkannt.22 Spätestens jedoch ab dem Zeitpunkt als Richard Lange dieser Problematik den Begriff des „Täters hinter dem Täter“ gab,23 entbrannte die Diskussion in der Wissenschaft und hält noch bis heute an. a) Die Anfänge Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden sich einzelne Vorschläge, den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft über den Anwendungsbereich – für den sie ursprünglich entwickelt wurde – hinaus auszudehnen. So erscheint etwa die Einlassung Bindings beachtlich. Dieser hält die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns für gänzlich unerheblich hinsichtlich der Beurteilung der mittelbaren Täterschaft des Hintermanns.24 Hiernach wäre ein Täter hinter dem Täter folglich problemlos möglich. Ebenso äußert sich Drost und sieht bei Benutzung eines strafrechtlich verantwortlichen Tatmittlers einen Fall der mittelbaren Täterschaft gegeben, sofern der Hintermann mit Tätervorsatz handelte.25 Beide gingen jedoch von einem sekundären Täterbegriff aus und sahen diese Fälle daher – wegen der gesetzlichen Regelung der Anstiftung in § 48 Abs. 1 StGB a. F. – der Anstiftung zugeordnet.26 Diese Regelung wurde aber erkennbar als legislatorischer Fehler wahrgenommen und so beklagt Binding: sie „zerreißt das gedanklich durchaus einheitliche Gebiet der echten mittelbaren Täterschaft“.27 Aus diesem Grund traten Binding und Drost auch für eine entsprechende Gesetzesänderung ein.28 20

Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 16. Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 38. 22 So beispielsweise von Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (248). 23 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 39./40. Auflage 1950, S. 161. 24 Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 283. 25 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (376). 26 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (375); Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 356 ff. Norm abgedruckt unter Anhänge. 27 Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 356. 28 Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 400; Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (378). 21

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

Kurze Zeit später kommt H. Simons 1932 zu einer bemerkenswerten und für seine Zeit recht weiten Anerkennung des Täters hinter dem Täter.29 Er geht von einem sekundären Täterbegriff aus und meint, dass ein Täter derjenige Verursacher eines strafbaren Erfolges ist, der nicht Teilnehmer ist.30 Teilnahme sei wiederum gegeben, wenn der deliktische Erfolg so verursacht wird, „daß die Kausalkette zwischen Teilnehmerverursachung und diesem Erfolg erst durch die vorsätzliche Handlung eines (unmittelbaren oder mittelbaren) Täters geschlossen wird, ohne daß der „Teilnehmer“ die Herbeiführung des konkreten Deliktserfolgs allein bestimmen könnte oder der Erfolgswille des Täters sonstwie von dem des „Teilnehmers“ übertroffen würde.“31 Tritt zwischen das Tätigwerden des Hintermanns und den deliktischen Erfolg die vorsätzliche Handlung eines Täters, so ist hiernach grundsätzlich Teilnahme gegeben, es sei denn, der Erfolgswille des Hintermanns übertraf den des Vordermanns oder der Hintermann konnte alleine die Herbeiführung des Erfolges bestimmen. Umgekehrt bedeutet das, dass bei einem freiwillig handelnden und den Erfolg unabhängig vom Hintermann herbeiführenden Täter, der Hintermann nur Teilnehmer ist.32 Die Brücke zu einer Anerkennung von Fällen des Täters hinter dem Täter schlägt Simons nun über die Ausnahme der alleinigen Bestimmung des Hintermanns über den Deliktserfolg. Diese sei gegeben, wenn die Herbeiführung des erstrebten Deliktserfolgs durch den Vordermann, für den Hintermann mit gewisser Sicherheit erkennbar, nur noch von dessen Kausierung abhängt.33 Dem Hintermann muss also klar gewesen sein, welchen Erfolg er durch sein Einwirken auf den Vordermann herbeiführen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Vordermann auf die Einwirkung des Hintermanns wie von letzterem gewünscht reagiert, muss durch Vorkenntnisse signifikant erhöht sein. Liegt eine mittelbare Täterschaft nach diesen Voraussetzungen vor, so weist Simons explizit darauf hin, dass das nicht ausschließt, dass der Vordermann selbst strafbarer Täter ist.34 Auch wenn er den Begriff des „Täters hinter dem Täter“ nicht nennt, erkennt er dessen Existenz damit an. Als Beispiele, bei denen diese Ausnahme greift, führt Simons zum einen den Fall an, dass der Vordermann sich gegen einen bestimmten Geldbetrag unbedingt bereit erklärt eine Straftat zu begehen. Zum anderen greift er den „Dohna-Fall“ heraus.35 In beiden Konstellationen wisse der Hintermann genau, dass er den Vordermann nur noch entsprechend kausieren muss, um die erstrebte Ver-

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Vgl. Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (241). Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (247). 31 Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (245 f.). 32 Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (246). 33 Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (247). Mit diesen Ausführungen stellt Simons bereits eine der großen Fallgruppen des „Täters hinter dem Täter“ zur Diskussion, die Schroeder später in seiner Dissertation „Der Täter hinter dem Täter“ mit ausführlicher Begründung zusammengetragen hat. 34 Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (248). 35 Siehe zum „Dohna-Fall“ unten Kapitel 4 III. 3. 30

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter

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wirklichung des Straftatbestandes zu erreichen und habe daher die alleinige Herrschaft über die Tat.36 Auf Simons folgte kurze Zeit später Krauss nach, welcher mittelbare Täterschaft bei einem als Täter strafbaren Vordermann sogar in noch größerem Umfang annahm und davon ausging, dass „bei der mittelbaren Täterschaft jede Schuldform beim Werkzeug denkbar und möglich ist, ohne die Täterqualität des Hintermanns auszuschließen“.37 So sah er eine mittelbare Täterschaft als gegeben an, wenn der Hintermann die Tatbereitschaft eines anderen kennt und zu seinen Zwecken ausnutzt und führte hierzu den „Dohna-Fall“ als Beispiel an.38 Darüber hinaus sei bei einer kausalen Bestimmung eines omnimodo facturus stets mittelbare Täterschaft gegeben.39 Schließlich betrachtete Krauss den Hintermann auch dann als mittelbaren Täter, wenn dieser den Vordermann über die Gefährlichkeit seiner Handlung für das Opfer täuscht.40 Auch das Hervorrufen eines Risikoirrtums41 sollte also für die mittelbare Täterschaft genügen. Insgesamt begegnete die Figur des Täters hinter dem Täter aber zunächst einem großen Widerstand in der Strafrechtswissenschaft. Dies lässt sich mit der Entwicklung der mittelbaren Täterschaft erklären, war diese gerade entwickelt worden um die Strafbarkeitslücken zu füllen, welche durch die damals strenge Akzessorietät der Teilnahme entstanden.42 Die ursprünglichen Fälle der mittelbaren Täterschaft umfassten die Fälle in denen der Vordermann vorsatzlos, rechtmäßig oder schuldlos handelte und somit keine Teilnahme in Betracht kam. Auf Grund dessen stand die Mehrzahl der Autoren der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zunächst ablehnend gegenüber bzw. zählten zu den Fällen der mittelbaren Täterschaft nur diejenigen bei denen der Tatmittler nicht selbst Täter war.43 Der Begriff der mittelbaren Täterschaft durch einen Vordermann, welcher selbst Täter ist, wurde von Welzel –

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Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (248). Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 58. 38 Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 56. 39 Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 57. 40 Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 56. 41 Auf diesen wird sogleich noch eingegangen. 42 Vgl. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 101; Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 97: „Die mittelbare Täterschaft tritt in die Lücken der Teilnahme“. 43 Graetzer, Mittelbare Täterschaft in Bezug auf ihre begriffliche Möglichkeit bei den einzelnen Deliktsklassen, S. 9 f.; Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 10; Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 104 f.; Meyer, Die mittelbare Täterschaft, S. 13 ff.; Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 15; Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 77; Käpernick, Die Akzessorietät der Teilnahme und die sog. mittelbare Täterschaft, S. 73; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 336 f.; H. Mayer; Strafrecht AT 1967, S. 151; H. Mayer; Strafrecht AT 1953, S. 305 f.; Welzel, SJZ 1947, S. 645 (650); Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 95; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 56; E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (123); Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 84; Hegler, RG-Praxis, S. 305 (307); Kretschmann, ZStW 43. Band (1922), S. 34 (34). 37

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

dem Begründer der Tatherrschaftslehre44 – gar als „Unbegriff“ bezeichnet.45 In dieser Zeit brachte Lange den Begriff des Täters hinter dem Täter ein,46 welchen Roxin wiederum als „eine befreiende, aus einer dogmatischen Sackgasse hinausführende […] juristische Entdeckung“ feierte.47 Hierbei blieb Lange jedoch nicht stehen. Sah er sich in seiner Abhandlung „Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf“ von 1935 noch durch § 48 StGB a. F. an der Anerkennung eines Täters hinter dem Täter gehindert,48 erkannte er diese Rechtsfigur nun in sehr großem Umfang an. Bei einer Tatveranlassung in eigener Sache sei der Hintermann stets Täter, unabhängig davon, ob der Tatmittler selbst strafrechtlich verantwortlich ist oder nicht.49 Sofern also der Hintermann die Tat nur subjektiv in eigener Sache veranlasst hat, ist hiernach mittelbare Täterschaft in Form des Täters hinter dem Täter möglich.50 Zeitweise gelang es Lange auch die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter in das positive Recht zu überführen.51 So regelte § 47 des Thüringischen Ergänzungsgesetzes vom 08. 02. 1946, dass auch derjenige, der eine strafbare Handlung durch einen anderen ausführt, als Täter bestraft wird und zwar unabhängig davon, ob der Vordermann rechtmäßig gehandelt hat.52 Nachfolgend wandte sich mit Gallas ein weiterer Vertreter der noch im Aufkommen befindlichen Tatherrschaftslehre ebenso vehement wie Welzel gegen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter.53 Da die mittelbare Täterschaft im Unterschied zur Anstiftung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht explizit im Strafgesetzbuch geregelt war, sei die Bestimmung eines strafrechtlich vollverantwortlichen Vordermanns nach der Vorschrift des § 48 Abs. 1 StGB a. F. stets Anstiftung.54 Seine ablehnende Haltung begründete er also auf historisch bedingten Vorbehalten und einem Argument, welches auf dem sekundären Täterbegriff basiert. Darüber hinaus griff er den von der Lehre von der Unterbrechung des Kausalverlaufs vorgebrachten Gedanken auf, dass eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns ausgeschlossen ist, wenn der Vordermann frei und vorsätzlich handelt,55 und führte diesen in die Bestimmung der mittelbaren Täterschaft anhand des Kriteriums der Tatherrschaft ein.56 Hierzu führt er aus, die Tatherrschaft müsse bei „Benutzung eines anderen als 44

Schild, Tatherrschaftslehren, S. 9. Siehe hierzu unten Kapitel 3 V. 6. a) aa). Welzel, SJZ 1947, S. 645 (650). 46 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 39./40. Auflage 1950, S. 161. 47 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (183). 48 Lange, Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf, S. 66. Norm abgedruckt unter Anhänge. 49 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161. 50 Siehe hierzu unten Kapitel 4 I. 1. 51 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 109. 52 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 109. 53 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99 f., 141. 54 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 100. Norm abgedruckt unter Anhänge. 55 Siehe unten Kapitel 3 V. 1. c). 56 Küper, JZ 1989, S. 935 (946). 45

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter

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Werkzeug dort ihre Grenzen finden, wo das Recht das Tun des unmittelbar Handelnden als ein freies und damit persönliche Verantwortung begründendes wertet. Denn am Maßstab derselben Wertordnung gemessen, kann ein Verhalten nicht zugleich als frei und als von einem anderen beherrscht, d. h. aber als unfrei erscheinen“.57 Würde die Rechtsordnung einerseits „den unmittelbar Handelnden als Täter zur vollen Verantwortung ziehen und damit die Freiheit seines Tatentschlusses voraussetzen, andererseits sein Verhalten als vom Hintermann beherrscht und damit als unfrei ansehen“, so würde sie mit sich selbst in Widerspruch geraten.58 Hiermit brachte er das Argument in Stellung, welches noch heute den Haupteinwand gegen einen Täter hinter dem Täter darstellt.59 Anders beurteilte Maurach die Frage nach dem Täter hinter dem Täter. Dieser teilte die Abneigung Welzels und Gallas’ gegenüber der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter offenbar nicht und erkannte Fallgruppen des Täters hinter dem Täter an. Nach ihm erfassen die meisten Fälle der mittelbaren Täterschaft zwar den Missbrauch eines unfreien Menschen – wobei der Missbrauch regelmäßig nicht nur psychologisch, sondern auch verbrechenskonstitutiv für den Vordermann sei – allerdings ist dies eben nur der Regelfall und Ausnahmen seien möglich.60 So sei zum einen derjenige als mittelbarer Täter anzusehen, der einen vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum hervorgerufen hat, aufgrund dessen der Vordermann ohne Unrechtsbewusstsein gehandelt hat.61 Zum anderen komme ein Täter hinter dem Täter noch im „Dohna-Fall“ in Betracht.62 Darüber hinaus erkannte er den Täter hinter dem Täter aber auch in Konstellationen an, in denen die Voraussetzungen der §§ 51, 52 StGB a. F.63 und später der §§ 20, 35 StGB nicht vorlagen, der Vordermann aber dem Hintermann beispielsweise sexuell und psychologisch hörig war.64 Veranlasse der Hintermann die leicht beeinflussbare und ihm hörige B dazu ihren Mann zu töten, indem er ihr vorspielt sie andernfalls zu verlassen, wobei er das Gift besorgt und die Ausführung überwacht, so sei er mittelbarer Täter.65

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Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 141. 59 Vgl. nur Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 3; Bock, Strafrecht AT, S. 186; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 875 ff. Siehe zu der Auseinandersetzung mit dem Verantwortungsprinzip unten Kapitel 4 II. 2. 60 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 633. 61 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 641. 62 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 642. Siehe zum „Dohna-Fall“ unten Kapitel 4 III. 3. 63 Abgedruckt unter Anhänge. 64 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 632. 65 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 632. 58

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

b) Die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate 1963 kam es alsdann zu einer sehr weitgehenden Anerkennung von Fallgruppen des Täters hinter dem Täter durch Claus Roxin. Den ersten Schritt machte er in einem Aufsatz, in welchem er in Anbetracht des Strafverfahrens gegen Adolf Eichmann und des Staschynskij-Urteils66 des BGH eine Form der mittelbaren Täterschaft postulierte, bei welcher eine Beherrschung des Geschehens auch bei einem vollverantwortlich handelnden Tatmittler möglich ist: die Fallgruppe der „Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate“.67 Hiernach sei eine Strafbarkeit als Täter hinter dem Täter gegeben, wenn der Hintermann im Rahmen eines organisatorischen Machtapparates die Deliktsbegehung anordnet und dabei den Umstand ausnutzt, dass seiner Anweisung unabhängig von dem konkreten Ausführenden sicher Folge geleistet wird und die Verwirklichung des Delikts daher als sicher erscheint. Der Vordermann mithin im Rahmen des Machapparats als beliebig austauschbar erscheint und jederzeit ein anderer an seine Stelle treten könnte.68 c) das Konzept der Tatherrschaftsstufen und der Irrtum über den konkreten Handlungssinn Nach diesem ersten Schritt erschien im selben Jahr Roxins Habilitationsschrift „Täterschaft und Tatherrschaft“, in welcher er umfassend zur Tatherrschaftslehre und zu Konstellationen des Täters hinter dem Täter Stellung bezogen hat. Der mittelbare Täter hat nach Roxin die Tatherrschaft in Form von Willensherrschaft inne.69 Diese kann wiederum in drei verschieden Formen gegeben sein: Der Willensherrschaft kraft Nötigung, der Willensherrschaft kraft Irrtums und der Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate.70 Während nun bei der Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate stets ein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben ist, ist bei der Willensherrschaft kraft Nötigung das Gegenteil der Fall. Dort wird ein Täter hinter dem Täter gänzlich abgelehnt. Denn dort wendet Roxin das Verantwortungsprinzip an, wonach das Gesetz das tatbestandliche Geschehen als in der Hand des Hintermanns ansehe, wenn es den Vordermann von der strafrechtlichen Verantwortung entlastet, allerdings auch nur in diesem Fall.71 Einen Täter hinter dem Täter kann es folglich nicht geben, da bei diesem die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht entfällt. Hiervon macht Roxin im Rahmen der Nötigungsherrschaft keine Einschränkungen oder Ausnahmen.72 66 67 68 69 70 71 72

BGH, Urteil v. 19. 10. 1962 – 9 StE 4/62, BGHSt. 18, 87. Roxin, GA 1963, S. 193 (193, 200). Roxin, GA 1963, S. 193 (200 f.). Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 120, 158. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 46. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 188. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 188.

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter

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Bei der Willensherrschaft kraft Irrtums wird die Lage dagegen differenzierter betrachtet. In diesen Fällen könne sich der Vordermann nach Belieben dazu entscheiden, von der erhofften Handlungsweise abzusehen, weshalb nicht davon gesprochen werden könne, dass er von dem Hintermann beherrscht wird.73 Daher sei darauf abzustellen, dass es der Irrtum des Vordermanns dem Hintermann gestattet die Tat zu lenken, es zu einer „finalen Überdetermination des Kausalverlaufs“ kommt.74 Während also die Willensherrschaft kraft Nötigung auf der Beherrschung des Willensentschlusses des Vordermanns beruhe, beruhe die Willensherrschaft kraft Irrtums auf der Überdetermination eines vom Ausführenden frei gewählten Verhaltens.75 Das Verantwortungsprinzip sei deshalb auch nicht ohne weiteres auf die Willensherrschaft kraft Irrtums zu übertragen.76 Daher eröffnen sich Räume für die Anerkennung von Fallgruppen des Täters hinter dem Täter. Zur Abgrenzung hat Roxin ein System von vier Tatherrschaftsstufen entwickelt, wobei es für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend sei, wenn der Hintermann jeweils die Tatherrschaft einer höheren Stufe innehabe.77 Zu unterscheiden seien zunächst zwei Stufen der Tatherrschaft. Die Erste bezieht sich dabei lediglich auf Erfassung der objektiven Tatumstände.78 Die zweite Stufe erfordert dagegen die Kenntnis des sozialen Sinns, der Wertwidrigkeit des Verhaltens.79 Habe nun der Vordermann lediglich die erststufige Tatherrschaft inne – er erfasst also lediglich die objektiven Tatumstände – der Hintermann jedoch die zweitstufige – ihm ist darüber hinaus noch die Wertwidrigkeit des Verhaltens bewusst – so sei ein fall mittelbarer Täterschaft gegeben.80 Auf dieser zweiten Stufe kann nun der Verbotsirrtum relevant werden. Das Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB kann hiernach für die Annahme von mittelbarer Täterschaft grundsätzlich genügen.81 Etwas anderes gelte dagegen, wenn die Fehlvorstellung des Vordermanns auf Rechtsfeindschaft beruht.82 Hiermit hat Roxin die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums somit teilweise anerkannt. Zu den bereits gezeigten Stufen der Tatherrschaft tritt nun noch eine dritte Stufe hinzu, welche die Kenntnis über den Schuldgehalt der Tat umfasst.83 An dieser Kenntnis fehlt es, wenn der Vordermann über das Vorhandensein der Vorausset73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 190. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 191. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 62; Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 73. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 61; Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 72. Hierher gehören die Fälle, in denen der Vordermann ohne Vorsatz handelt. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 220. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 221. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 82. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 84. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 233.

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

zungen eines Entschuldigungsgrundes irrt. Auf der dritten Tatherrschaftsstufe erkennt Roxin damit den Irrtum nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB als beachtlichen Motivirrtum an. Schließlich erkennt Roxin noch eine vierte Tatherrschaftsstufe an, bei welcher der Vordermann nun stets volldeliktisch handelt. Auf dieser vierten Stufe könne der Hintermann Tatherrschaft haben, wenn sich der Vordermann in einem Risikoirrtum oder einem Irrtum über den konkreten Handlungssinn befunden hat.84 Bei einem Risikoirrtum täuscht der Hintermann den Vordermann über die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts seiner Handlung und diese Täuschung wird in dessen Handlungsentschluss kausal bzw. die Kenntnis des Vordermanns über das wahre Risiko der Handlung würde diesen von der Vornahme der Handlung abhalten. In einem solchen Fall sei mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben.85 Zusätzlich schuf Roxin die vieldiskutierte Kategorie des Irrtums über den konkreten Handlungssinn. Auch bei diesem sei mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben.86 Dabei wird der konkrete Handlungssinn wissentlich und willentlich durch den Hintermann realisiert.87 Dadurch komme es zu einer „sinngestaltenden Überdetermination“ des Hintermanns, so dass der Vordermann über die wahre Bedeutung seines Tuns irrt.88 Paradebeispiel für einen solchen Irrtum ist zunächst der manipulierte error in persona, welcher wegen tatbestandlicher Gleichwertigkeit des Tatobjekts für den Vordermann unbeachtlich ist.89 Ebenso möchte Roxin Irrtümer im Rahmen von dolus generalis – Konstellationen beurteilen und gibt folgendes Beispiel:90 A tötet vermeintlich einen anderen. Der Hintermann erkennt jedoch, dass das Opfer nur ohnmächtig ist und rät A das Opfer ins Wasser zu werfen, wobei letztlich der Tod eintritt.

Auch in derartigen Fällen erfasse einzig der Hintermann den konkreten Handlungssinn des letzten Teilaktes und sei dementsprechend mittelbarer Täter.91 Darüber hinaus liege ein Irrtum über den konkreten Handlungssinn noch bei einem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen vor, bei welchem der Vordermann über den Sinn der Handlung irrt, welchem das Gesetz durch einen Qualifikationstatbestand Bedeutung verleiht.92 Zu guter Letzt zählte Roxin ursprünglich auch noch den Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen zu dem beachtlichen Irrtum über den konkreten Handlungssinn. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass der Tatentschluss des Vordermanns erst durch den Irrtum geweckt wird und der tatsächliche Sinn der 84

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 234 ff. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 249. 86 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 238. 87 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 237. 88 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 72. 89 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 236 ff. Auf diesen wird in Kapitel 4 III. 3. näher eingegangen. 90 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 240. 91 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 240. 92 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 243 f. 85

II. Die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter

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Handlung verschleiert wird.93 Als Beispiel darf hier der bereits oben94 aufgeführte Fall dienen: Dem eifersüchtigen Vordermann C, wird durch den Hintermann A vorgetäuscht, dass seine Frau eine Affäre habe, um den Vordermann dazu zu bewegen den Ehebrecher zu verprügeln.

Auch in einer derartigen Fallkonstellation ging Roxin ursprünglich von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann aus.95 Allerdings gab er diese Einstufung bereits einige Jahre später wieder auf.96 Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass Roxin ein sehr differenziertes System zur Bestimmung von Tatherrschaft im Falle der mittelbaren Täterschaft entwickelt hat. Bei der Nötigungsherrschaft stellt er auf die Beherrschung des Willens des Vordermanns ab, wendet das Verantwortungsprinzip an und kommt dementsprechend zur Ablehnung des Täters hinter dem Täter. Bei der Irrtumsherrschaft stellt er dagegen auf die Überdetermination des freien Verhaltens des Ausführenden ab und wendet demnach auch nicht das Verantwortungsprinzip an. Dem Hintermann komme hier die Tatherrschaft zu, da er durch sein überlegenes Wissen den sozialen Bedeutungsgehalt des Geschehens besser erfasst und das Geschehen daher sinnverwirklichend allein gestalten kann.97 Das Hervorrufen bzw. Ausnutzen eines vermeidbaren Verbotsirrtums im Sinne des § 17 S. 2 StGB führt hiernach nicht stets zur Annahme von mittelbarer Täterschaft des Hintermanns, sondern nur dann, wenn dem Vordermann auch die materielle Rechtswidrigkeit seines Tuns verborgen bleibt. Führt dagegen der, die tatsächliche Sachlage überschauende, Hintermann einen Irrtum über das Vorhandensein der Voraussetzungen eines Entschuldigungsgrundes beim Tatmittler herbei oder nutzt einen solchen Irrtum aus, so wird stets mittelbare Täterschaft angenommen. Im Bereich der nicht kodifizierten Motivirrtümer werden nur solche für beachtlich gehalten, die einen Risikoirrtum oder einen Irrtum über den konkreten Handlungssinn darstellen. Wurde ein solcher Irrtum anfänglich auch bei einem Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen angenommen und der Täter hinter dem Täter damit in äußerst weitem Umfang angenommen, hat Roxin diese weite Auffassung mittlerweile wieder fallengelassen. Nur beim manipulierten error in persona, beim Irrtum über quantifizierbare Unrechts- und Schuldmaße (welcher später hinzukam) und beim Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen, sei ein Irrtum über den konkreten Handlungssinn und damit ein für die Begründung von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann ausreichender Irrtum gegeben.

93 94 95 96 97

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 240 f. Siehe schon oben unter Kapitel 1 II. 2. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 241 f. Vgl. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (188) und Fn. 48. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257.

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

d) Grenzbereich der Entschuldigungsgründe und Benutzung eines Tatentschlossenen Ein Jahr nach Roxin erschien 1964 die Dissertation von Friedrich-Christian Schroeder mit dem Titel „Der Täter hinter dem Täter“. In dieser kommt er ebenfalls zu einer umfangreichen Anerkennung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter. Dieser wird aber in den Fällen abgelehnt, in denen der Kernbereich der Anstiftung gegeben ist und diese damit – bei Annahme von mittelbarer Täterschaft – zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden würde.98 Als typisches Merkmal der Anstiftung wird hierbei die, mit ihr in Bezug auf den Erfolgseintritt verbundene, Unsicherheit angesehen.99 Ausgangspunkt ist daher auch bei Schroeder die Annahme, dass das Benutzen eines selbst täterschaftlich verantwortlichen Vordermanns grundsätzlich nicht ausreichend ist, um mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu begründen. Hiervon macht er allerdings Ausnahmen. So müsse man bei den dolus generalis – Fällen,100 sofern man in Bezug auf den Vordermann von einer einheitlichen vorsätzlichen Tötung ausgeht, den Hintermann als mittelbaren Täter ansehen.101 Die beiden Hauptgruppen, bei denen mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu bejahen sei, sieht Schroeder jedoch im Grenzbereich von Entschuldigungsgründen und der Benutzung eines bereits zur Tatbegehung Entschlossenen. Die Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe entwickelt Schroeder aus dem von Maurach gebildeten Fall der sexuell und psychisch vollkommen hörigen Frau, welche durch die Drohung verlassen zu werden dazu gebracht wird ihren Ehemann zu Töten.102 Bei der hieraus gewonnenen Fallgruppe handle es sich um Fälle, bei denen es eigentlich materiell geboten wäre, einen Schuldausschluss zur Anwendung kommen zu lassen, dessen Anwendung aber an formalen Gründen scheitere.103 Abgesehen von den Fällen der Drohung, welche unterhalb der Schwelle von Entschuldigungsgründen verbleibt, zählt Schroeder hierzu auch den vermeidbaren Verbotsirrtum, welcher in den Grenzbereich des unvermeidbaren Verbotsirrtums falle.104 Auf die vermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstandes nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB geht Schroeder nicht ein, allerdings müsste man hiernach wohl auch in diesem Fall von mittelbarer Täterschaft ausgehen. Mit seiner letzten Fallgruppe greift Schroeder schließlich noch einen Gedanken auf, den bereits Simons und Krauss geäußert haben,105 namentlich die Benutzung eines bereits zur Tat entschlossenen. In diesen Fällen sei die – mittelbare Täterschaft 98

Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 119 f. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 146. 100 Siehe hierzu soeben unter Kapitel 2 II. 1. c). 101 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 177. 102 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 120. 103 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 130. 104 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 126. 105 Siehe oben Kapitel 2 II. 1. a). 99

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begründende – Beherrschung gegeben, sofern die Ausführung der vom Hintermann gewollten Tat durch den Tatmittler nur noch davon abhängt, dass der Hintermann eine Bedingung herbeiführt.106 Da der Hintermann weiß, dass der Vordermann die Tat bei Bedingungseintritt ausführt, entfalle die für die Anstiftung typische Erfolgsunsicherheit.107 Diese Fallgruppe beschränkt sich nicht auf die Fälle des Hervorrufens oder Ausnutzens von Irrtümern. Vielmehr zählen hierzu auch die Fälle, in denen der Hintermann die Bedingung tatsächlich erfüllt. So etwa im Fall eines Bravo108 der sich von sich aus erbietet unter der Bedingung der Zahlung einer bestimmten Geldsumme einen Mord zu begehen und die Zahlung erfolgt.109 Darüber hinaus aber auch bei organisatorischen Machtapparaten. Von den Irrtumsfällen ist sodann zuvorderst der „Dohna-Fall“ zu dieser Fallgruppe zu zählen. Zudem wird aber auch jeder Motivirrtum anerkannt, bei welchem der Vordermann über den Bedingungseintritt getäuscht wird. Insgesamt hat Schroeder dem Täter hinter dem Täter somit einen sehr weiten Anwendungsbereich eingeräumt. Während Roxin diesen lediglich bei verschiedenen Irrtumsfällen und bei den Fällen der organisatorischen Machtapparate anerkannt hat, kommt ein Täter hinter dem Täter nach Schroeder auch im Rahmen der Willensherrschaft kraft Nötigung in Betracht. Aber auch in Bezug auf die Irrtumsfälle, erkennt er den Täter hinter dem Täter in vielen Konstellationen an. So etwa beim vermeidbaren Verbotsirrtum, dem manipulierten error in persona und bei dem Irrtum über den Eintritt der Bedingung unter welcher der Vordermann bereits zur Tatbegehung entschlossen war. e) Der graduelle Tatbestandsirrtum In der Folgezeit nahm Herzberg unter anderem110 in seiner Monografie „Täterschaft und Teilnahme“ von 1977 Stellung zum Täter hinter dem Täter. Grundsätzlich lehnt er einen mittelbaren Täter hinter einem strafrechtlich vollverantwortlichen Täter ab.111 Zunächst ging er auch bei Erregung eines vermeidbaren Verbotsirrtums nicht von mittelbarer Täterschaft aus,112 änderte seine Meinung aber später und stuft darüber hinaus noch das Erregen einer vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB als mittelbare Täterschaft ein.113 Herzberg erkennt somit die beiden kodifizierten Motivirrtümer als beachtlich an. Hierbei bleibt er aber nicht stehen, sondern bringt mit dem graduellen Tatbe106 107 108 109 110 111 112 113

Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. Bezeichnung für einen Auftragsmörder (aus dem Italienischen). Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 152. Auch in JuS 1974, S. 374. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13. Herzberg, JuS 1974, S. 374 (374). Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 21, 23.

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

standsirrtum eine Irrtumskategorie ins Spiel, die auch heute noch lebhaft diskutiert wird.114 Als Beispiel gibt Herzberg seinen bekannten „Kandinsky-Fall“:115 „F1 sinnt gegen M auf Rache, weil M sich von ihr hat scheiden lassen, um F2 zu ehelichen. Sie rät ihrer Nachfolgerin, ein Bild aus M’s Arbeitszimmer auf den Müll zu werfen. Das ,gräßliche Geschmiere‘ sei völlig wertlos und eine Blamage vor jedem Besuch. M werde sich gewiß freuen, bei seiner Rückkehr etwas Gemütvolleres vorzufinden. F2 glaubt das und kauft bei Hertie einen ,Hirsch im Morgengrauen‘. Das andere Bild vernichtet sie, nicht ahnend, daß es sich um eine viele tausend Mark werte Farbkomposition Kandinskis handelt.“

Auch in diesem Fall, welcher einen Motivirrtum im hier verwendeten Sinne darstellt, nimmt Herzberg mittelbare Täterschaft des Hintermanns an.116 Roxin wiederum griff diese Fallgruppe kurze Zeit später auf und klassifizierte sie unter der Bezeichnung „Täuschung über quantifizierbare Unrecht- und Schuldmaße“ als beachtlichen (und damit zu mittelbarer Täterschaft des Hintermanns führenden) Irrtum über den konkreten Handlungssinn.117 f) Reaktionen und aktueller Stand Die Ausführungen von Roxin und Schroeder, sowie die Ergänzung der Fallgruppe des graduellen Tatbestandsirrtums durch Herzberg, können wohl als die entscheidenden Schritte der Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in der Literatur betrachtet werden. Schroeders Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe, welche den Täter hinter dem Täter auch im Bereich der Nötigungsherrschaft anerkennt, konnte sich jedoch nicht etablieren. Bereits 1976 konnte Roxin bescheinigen, dass dieser Vorschlag an Bedeutung eingebüßt hat118 und heute findet die Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe nur noch selten Erwähnung in der Literatur.119 Vielmehr besteht überwiegend Einigkeit darin, dass es im Bereich der Nötigungsherrschaft keinen Täter hinter dem Täter geben kann.120 Der Gedanke der Benutzung eines Tatentschlossenen auf der anderen Seite

114

Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375). Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375). 116 Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375). 117 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (184 f.). 118 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (175). 119 Etwa kurz bei Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 133. 120 Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 19; Bock, Strafrecht AT, S. 189; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 67; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (243 f.). A. A. B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1261; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 82; Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (391, 393); Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (255); Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 48 Rn. 86. 115

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kommt noch im Rahmen der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate zum Tragen.121 Aber auch die recht weite Anerkennung des Täters hinter dem Täter durch Roxin stieß nicht nur auf Zustimmung. So wurde der Irrtum über den konkreten Handlungssinn durchaus kritisiert122 und als (unbeachtlicher) Motivirrtum abgetan. Welzel führt hierzu aus: „Roxin macht den mittelbaren Täter, der in der Dogmengeschichte nur eine Ergänzungsfunktion hatte, zu einer ,Zentralgestalt‘ des handlungsmäßigen Geschehens, die er durch Auflösung des bisherigen Tatbestandsbegriffs und durch Abstellen auf den ,konkreten Handlungssinn‘, d. h. auf bloße Motivirrtümer, in einem bisher ungeahnten Maße ausdehnt“.123

Diese grundsätzliche Kritik sollte auch in der Folgezeit nicht abreißen. Obwohl es teilweise bereits zu einer Anerkennung des Täters hinter dem Täter in einzelnen Fallgruppen124 und der Notwendigkeit dieser Rechtsfigur kam,125 wurde er weiterhin mit Vehemenz als jedenfalls überflüssig bekämpft.126 Hieran konnte weder die Strafrechtsreform von 1975 noch die Tatsache, dass der Täter hinter dem Täter nach den Urteilen des BGH im „Katzenkönig-Fall“ und gegen die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrats der DDR,127 wie Schroeder es formuliert,128 den „Sprung aus der Theorie in die Praxis“ durchgeführt hat, etwas ändern. Und so wird der Täter hinter dem Täter auch in heutiger Zeit noch abgelehnt.129 Exemplarisch können hierfür die Ausführungen Kutzners angeführt werden, der die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ausführlich untersucht hat. Er lehnt sie kategorisch ab und plädiert dafür sie wieder, wie Welzel es schon tat, als „Unbegriff“ zu bezeichnen.130 Begründet wird die Ablehnung in der Literatur hauptsächlich durch das Verantwortungsprinzip, welches Roxin – zumindest dem Namen nach – für die Fälle der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung entwickelt hat und das – unter Zugrundelegung der Erwägungen von Gallas131 – auf sämtliche Fälle der mittelbaren Täterschaft ausgedehnt wird.132 Abgesehen von dieser nicht abreißen wollenden Kritik an dem Täter hinter dem Täter fanden Roxins Ausführungen jedoch großen Anklang in der 121

Roxin, FS-Schroeder 2006, S. 387 (397 f.). Etwa Herzberg, JuS 1974, S. 374 (374 f.). 123 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 106. 124 Hardwig, JZ 1965, S. 667 (669); Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375); Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 283 ff. 125 Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (393). 126 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (171). 127 Siehe hierzu sogleich unter Kapitel 2 II. 2. b). 128 Schroeder, JR 1995, 177 (177). 129 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 889. 130 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 264. 131 Siehe oben Kapitel 2 II. 1. a). 132 Bock, Strafrecht AT, S. 172, 186. 122

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

Literatur. So bestimmt die Kategorisierung der beachtlichen Motivirrtümer (abgesehen von den kodifizierten Motivirrtümern) als Irrtümer über den konkreten Handlungssinn noch heute die Debatte und hat sich terminologisch weitgehend durchgesetzt.133 Insgesamt sind in der Literatur nun einzelne Fallgruppen des Täters hinter dem Täter, namentlich die mittelbare Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate und die Fälle des Hervorrufens oder Ausnutzens eines vermeidbaren Verbotsirrtums, überwiegend anerkannt.134 Darüber hinaus werden die Fälle des Irrtums über den konkreten Handlungssinn häufig ebenfalls als beachtliche Irrtümer angesehen.135 Weitergehende Vorschläge zur Anerkennung des Täters hinter dem Täter sind dagegen vereinzelt geblieben.136

2. Die Entwicklung in der Rechtsprechung Im Nachfolgenden wird nun die Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in der Rechtsprechung erläutert. Hierbei wird zunächst auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts eingegangen. a) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts In der Rechtsprechung des Reichsgerichts könnte zuvorderst in einer Entscheidung aus dem Jahre 1939 die Annahme eines Täters hinter dem Täter erblickt werden.137 Allerdings kann eine derartige Einordnung dieser Entscheidung nicht klar getroffen werden,138 da beim Vordermann § 218 Abs. 1 StGB a. F. und beim Hintermann § 218 Abs. 2 StGB a. F. angenommen wurde und das Reichsgericht beide Absätze des § 218 StGB a. F.139 als selbständige Straftaten ansah.140 Zudem fehlte 133 Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 47 ff.; Zieschang, Strafrecht AT, Rn. 693; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 4; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 23; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 351 ff.; Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 38 ff.; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 222 ff.; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 111 ff.; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 97 ff. 134 Koch, JuS 2008, S. 399 (400); B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1254 ff.; Haas, in: Matt/ Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 16, 29; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 51, 53; Wessels/Beulke/ Satzger, Strafrecht AT, Rn. 853 f.; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (244); Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 2, 4; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 48 Rn. 87 f. 135 Vgl. hierzu die Besprechung dieser Motivirrtümer in Kapitel 4 III. 136 So etwa Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15. 137 RG, Urteil v. 07. 12. 1939 – 3 D 835/39, RGSt. 74, 21. 138 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 110 f. 139 Abgedruckt unter Anhänge. 140 RG, Urteil v. 07. 12. 1939 – 3 D 835/39, RGSt. 74, 21 (22).

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Vorder- und Hintermann die Tätereigenschaft für das jeweils andere Delikt141 und zugleich wurde vom RG Beihilfe in Bezug auf die vom jeweils anderen verwirklichte Tat angenommen.142 Es darf daher angenommen werden, dass diese Entscheidung lediglich auf der Besonderheit beruhte, dass eine Handlung in der Erfüllung zweier Straftatbestände mündete. Einzeln betrachtet war der Vordermann unmittelbarer Täter des § 218 Abs. 1 StGB, während der Hintermann insofern Gehilfe war und der Hintermann war mittelbarer Täter des § 218 Abs. 2 StGB, während der Vordermann sein Gehilfenwerkzeug war. Abgesehen hiervon weist die Rechtsprechung des Reichsgerichts deutlich in Richtung einer grundsätzlichen Ablehnung der Möglichkeit eines vollverantwortlichen Tatmittlers. Bereits in seinem ersten Entscheidungsband hatte sich das Reichsgericht im Jahre 1880 mit Fragen zur mittelbaren Täterschaft und dabei insbesondere mit der Frage, wann eine andere Person als Werkzeug des Hintermanns erscheint, zu beschäftigen.143 Es führte hierzu aus, dass ein besonderer Grund vorliegen müsse, wenn der Hintermann auf Grund einer Handlung des Vordermanns wegen Vorsatzdelikts verurteilt wird, während sich der Vordermann hinsichtlich der selben Handlung nicht oder nur wegen Fahrlässigkeitsdelikts strafbar gemacht hat. Ein derartiger Grund könne dabei, neben Unzurechnungsfähigkeit des Tatmittlers und Zwang durch überlegene Gewalt, auch eine unterschiedliche subjektive Lage sein, etwa ein mangelnder Vorsatz oder ein Irrtum des Tatmittlers, welche eine Bestrafung wegen eines Vorsatzdelikts ausschließt.144 Das Gericht stellt mithin Voraussetzungen auf unter denen der Hintermann mittelbarer Täter sein kann, nennt jedoch – obwohl der Vordermann im zu entscheidenden Fall wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts verurteilt wurde – nicht nur die Konstellation des wegen Fahrlässigkeit strafbaren Vordermanns. Darüber hinaus wird auch die Konstellation des straflosen Vordermanns erwähnt, ohne jedoch auf den wegen eines Vorsatzdelikts strafbaren Vordermann einzugehen. Bereits in der Nichterwähnung dieses Falls ist eine Tendenz ersichtlich das Vorhandensein eines strafrechtlich relevanten Defizits, welches eine Bestrafung wegen vorsätzlicher, rechtswidriger und schuldhaft begangener Tat ausschließt, zur Voraussetzung für die Annahme mittelbarer Täterschaft zu machen. Dies wird schließlich noch am Ende des Urteils deutlich, wenn das Reichsgericht ausführt, dass die „Ursache, warum er [der Vordermann] nicht wegen vorsätzlicher Übertretung […] zu bestrafen [war], warum also der Beschwerdeführer, der ihn zu dessen Übertretung veranlaßte, nicht als Anstifter sondern als Thäter zu behandeln war, […] in der Thatsache der Unkenntnis von dem Verbote“ lag.145 Hiermit bringt das Gericht zum Ausdruck, dass der Hintermann als Anstifter

141 142 143 144 145

RG, Urteil v. 07. 12. 1939 – 3 D 835/39, RGSt. 74, 21 (23). RG, Urteil v. 07. 12. 1939 – 3 D 835/39, RGSt. 74, 21 (25). RG, Urteil v. 17. 01. 1880 – 698/79, RGSt. 1, 146. RG, Urteil v. 17. 01. 1880 – 698/79, RGSt. 1, 146 (148). RG, Urteil v. 17. 01. 1880 – 698/79, RGSt. 1, 146 (149).

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

zu bestrafen gewesen wäre, wenn sich der Vordermann eines Vorsatzdelikts strafbar gemacht hätte. Im Folgenden entschied das Reichsgericht wiederholt, dass ein Grund im oben genannten Sinne gegeben ist, wenn der Tatmittler lediglich mit Gehilfenvorsatz oder allgemein vorsatzlos gehandelt hat, wenn dem Tatmittler ein besonderes persönliches Merkmal oder die zur Erkenntnis der Strafbarkeit nötige Einsicht fehlt und eine Bestrafung des Tatmittlers als Täter des jeweiligen Delikts somit ausscheidet.146 Es beschäftigte sich also mit der näheren Bestimmung der Defekte, die zur Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreichend sind. Allerdings kann wegen der häufigen Betonung darauf, dass sich der mittelbare Täter eines Tatmittlers ohne Tätervorsatz bedient,147 geschlossen werden, dass das Reichsgericht bereits damals davon ausging, dass nur derjenige Tatmittler sein könne, der selbst nicht Täter ist. Wenn es später davon spricht, dass der Grund der mittelbaren Täterschaft darin liegen könne, dass der Täterwille nur auf einer Seite gegeben ist148, kann ebenfalls bereits die Ablehnung eines Täters hinter dem Täter erkannt werden. Wirklich explizit abgelehnt wird die Konstruktion des Täters hinter dem Täter, soweit erkennbar, erstmals in einem Urteil von 1909, in welchem das Reichsgericht feststellt, dass der Wille des Hintermanns auf Vornahme der Tathandlung durch den Tatmittler, wenn die Handlung auch ausgeführt wird, nur dann zur Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreicht, wenn der Tatmittler selbst nicht Täter ist.149 Der Hintermann müsse davon ausgehen, dass der Vordermann nicht selbst Täter sein wolle, um den Täterwillen innezuhaben.150 Allerdings gelangte das Reichsgericht dennoch in einer Entscheidung zur Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann, obwohl die Tatmittler mit Tätervorsatz handelten. In diesem Fall hatte der Hintermann nach den Feststellungen des Gerichts nämlich nicht die Vorstellung, dass die Tatmittler die Tat als eigene wollten, sondern wollte diese vorsätzlich als Werkzeuge mit Gehilfenvorsatz zur Tatbegehung verwenden. In einem derartigen Fall, so das Reichsgericht, bleibe der Hintermann als mittelbarer Täter verantwortlich, der Exzess der Tatmittler komme dem Hintermann also nicht zu Gute.151 Allerdings spricht die Entscheidung bei den Tatmittlern von Kinder, sodass es naheliegend erscheint, dass diese wegen §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 StGB a. F.152 nicht 146

RG, Urteil v. 08. 12. 1880 – 3017/80, RGSt. 3, 95 (99); RG, Urteil v. 21. 03. 1893 – 585/ 93, RGSt. 24, 86 (87); RG, Urteil v. 28. 05. 1894 – 1300/94, RGSt. 25, 397 (399 f.); RG, Urteil v. 14. 01. 1896 – 4333/95, RGSt. 28, 109 (110); RG, Urteil v. 18. 03. 1898 – 710/98, RGSt. 31, 80 (81 f.); RG, Urteil v. 11. 06. 1906 – I 1145/05, RGSt. 39, 37 (39); RG, Urteil v. 03. 12. 1906 – I 584/06, RGSt. 39, 298 (300); RG, Urteil v. 06. 07. 1908 – III 399/08, RGSt. 41, 401 (403). 147 Siehe nur RG, Urteil v. 18. 03. 1898 – 710/98, RGSt. 31, 80 (81 f.); RG, Urteil v. 11. 06. 1906 – I 1145/05, RGSt. 39, 37 (39); RG, Urteil v. 03. 12. 1906 – I 584/06, RGSt. 39, 298 (300). 148 RG, Urteil v. 17. 01. 1908 – V 984/07, RGSt. 41, 61 (64 f.). 149 RG, Urteil v. 26. 01. 1909 – IV 897/08, RGSt. 42, 151 (155). 150 RG, Urteil v. 26. 01. 1909 – IV 897/08, RGSt. 42, 151 (156). 151 RG, Urteil v. 27. 03. 1923 – IV 653/22, RGSt. 57, 274 (274 f.). 152 Abgedruckt unter Anhänge.

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bestraft wurden, womit letztlich doch keine strafrechtlich vollverantwortlichen Tatmittler gegeben waren. Auch in dieser Entscheidung ist also davon auszugehen, dass kein Täter hinter dem Täter angenommen wurde. Gleichwohl hat das Gericht die Frage, wie sich der Irrtum auf Seiten des Hintermanns auswirkt allgemein und damit unabhängig davon entschieden, ob der Vordermann selbst strafbar ist. Daher wird zumindest in dem Ausnahmefall indem der Vordermann entgegen den Erwartungen des Hintermanns mit Täterwillen handelt, die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter anerkannt. Im Weiteren beschränkte sich das Reichsgericht erneut darauf, die Defekte des Tatmittlers, welche seine eigene Täterschaft ausschließen, festzustellen.153 Eine explizite Ablehnung eines Täters hinter dem Täter könnte lediglich noch einer weiteren Entscheidung des Reichsgericht aus dem Jahre 1928 entnommen werden, in der das Reichsgericht ausführt, dass die Mitwirkung des Vordermanns bei der Erfüllung des Straftatbestands ausreichend ist, wenn der Vordermann nicht „selbst als vorsätzlicher Täter in Betracht kommt“.154 In zwei weiteren zur mittelbaren Täterschaft ergangenen Entscheidungen fand das Reichsgericht schließlich zu einer allgemeinen Formel: „Mittelbarer Täter ist, wer vorsätzlich veranlaßt, daß eine strafbare Handlung durch einen anderen zur Ausführung gelangt, der seinerseits nicht zurechnungsfähig ist oder wegen Irrtums, Nötigung, Notstands oder dergleichen schuldlos oder zwar schuldhaft, aber nicht mit Täter-, sondern nur mit Gehilfenvorsatz handelt.“155

Obschon es also zumindest eine nicht eindeutige Entscheidung des Reichsgerichts gab, muss dennoch festgestellt werden, dass es der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ablehnend gegenüberstand. Das Gericht hat für die mittelbare Täterschaft die Voraussetzung eines strafrechtlich relevanten Defekts beim Vordermann aufgestellt. Die Annahme eines Täters hinter dem Täter war dagegen mit der vom Reichsgericht vertretenen rein subjektiven Abgrenzungstheorie grundsätzlich nicht vereinbar. Dies zeigt sich deutlich, wenn das Gericht ausführt, dass dem Vordermann in solchen Fällen der Täterwille fehlt oder der Täterwille bei der mittelbaren Täterschaft nur auf einer Seite gegeben ist,156 dass der Täterwille des Hintermanns gar die Vorstellung voraussetzt, dass der Vordermann selbst nicht Täter sein will.157 Der nach der rein subjektiven Theorie für die Täterschaft erforderliche Täterwille konnte daher grundsätzlich nur entweder beim Vordermann oder beim Hintermann gegeben sein, nicht dagegen bei beiden. Eine Ausnahme hiervon ist aber, aufgrund des aus153 RG, Urteil v. 04. 01.1910 – V 950/09, RGSt. 44, 69 (71); RG, Urteil v. 10. 06. 1914 – V 235/14, RGSt. 48, 330 (335 f.). 154 RG, Urteil v. 23. 11. 1928 – I 286/28, RGSt. 62, 369 (390). 155 RG, Urteil v. 08. 11. 1929 – I 407/29, RGSt. 63, 313 (314 f.); RG, Urteil v. 30. 10. 1930 – II 810/30, RGSt. 64, 422 (425). 156 RG, Urteil v. 11. 06. 1906 – I 1145/05, RGSt. 39, 37 (39); RG, Urteil v. 17. 01. 1908 – V 984/07, RGSt. 41, 61 (64 f.). 157 RG, Urteil v. 26. 01. 1909 – IV 897/08, RGSt. 42, 151 (156).

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schließlichen Abstellens auf die subjektive Vorstellung des jeweiligen Beteiligten, dann gegeben, wenn der Hintermann irrigerweise annimmt, dass der Vordermann ohne Täterwillen handelt. In diesem Fall wird der Täterwille des Hintermanns nicht ausgeschlossen.158 Einen Täter hinter dem Täter konnte es folglich nur in diesem Ausnahmefall geben. b) Die Rechtsprechung des BGH Der BGH nahm erstmalig in den Denunziations-Fällen eine mittelbare Täterschaft trotz vollverantwortlichem Tatmittler an, indem er feststellte, dass eine Strafbarkeit wegen versuchter Tötung bei einer wahrheitsgemäßen Anzeige gegeben ist, wenn der Angezeigte auf Grund der Anzeige zum Tode verurteilt und in Haft genommen wurde, sofern das Urteil rechtswidrig oder die Todesstrafe in Bezug auf die Straftat unverhältnismäßig war.159 Der BGH ging jedoch weder auf das Problem eines vollverantwortlichen Tatmittlers als solches ein, noch begründete er warum eine mittelbare Täterschaft hier möglich sein solle. In Widerspruch hierzu, sprach sich der BGH in einer anderen Entscheidung gegen einen Täter hinter dem Täter aus.160 Hierbei übernahm er die vom Reichsgericht entwickelte Formel, wonach mittelbarer Täter ist, „wer eine strafbare Handlung nicht selbst begeht, sondern vorsätzlich veranlaßt, daß statt seiner ein anderer sie als sein Werkzeug ausführt, der entweder schuldlos – etwa wegen Zurechnungsunfähigkeit, Irrtums, Nötigung – oder zwar schuldhhaft, aber nicht mit Täter-, sondern nur mit Gehilfenvorsatz handelt“.161 In einer späteren Entscheidung, welche nach der Strafrechtsreform von 1975 und damit nach Kodifizierung der mittelbaren Täterschaft erging, führte er dagegen aus, dass derjenige mittelbarer Täter ist, der „eine Straftat „durch einen anderen begeht“ (§ 25 Abs. 1 StGB), der selbst nicht Täter dieser Straftat ist“.162 Auch hierin wird eine Ablehnung des Täters hinter dem Täter deutlich. Allerdings spezifiziert der BGH im Weiteren, dass der Vordermann auch dann nicht selbst Täter besagter Straftat ist, wenn er infolge eines Irrtums glaubt, eine minder schwere Straftat zu begehen.163 Hiermit wird der Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen angesprochen, welchen Roxin im Rahmen des Irrtums über den konkreten Handlungssinn als beachtlichen Motivirrtum eingestuft hat164 und den der BGH unter Verweis auf Roxin hiermit anerkannte.165 Auch wenn der Hintermann beim Vordermann einen solchen Irrtum hervorruft ist nach dem BGH somit mittelbare Täterschaft gegeben. Auf die 158 159 160 161 162 163 164 165

RG, Urteil v. 27. 03. 1923 – IV 653/22, RGSt. 57, 274 (274 f.). BGH, Urteil v. 08. 07. 1952 – 1 StR 123/51, BGHSt. 3, 110. BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169. BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169 (170). BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364). BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364 f.). Siehe oben Kapitel 2 II. 1. c). BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (365).

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Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter musste der BGH bei dieser Entscheidung nicht eingehen, da ein Vordermann nur zum Schein auf die Aufforderung des Hintermanns eigegangen ist und die anderen noch vor Versuchsbeginn von der Tat Abstand nahmen, da sie die Täuschung durchschauten. Im Folgenden hatte der BGH in einem obiter dictum zum berühmten „Sirius-Fall“ eine verblüffende Feststellung getroffen.166 In diesem Fall hatte der Angeklagte das Opfer davon überzeugen können, dass es dadurch seinen Körper wechseln könne, dass es sich in eine Badewanne lege und einen eingesteckten Föhn hineinfallen lasse. Der BGH nahm hier in Bezug auf den Hintermann versuchten Mord in mittelbarer Täterschaft an. Er ging aber davon aus, dass das Opfer nicht erkannt hatte, dass es bei Gelingen des Plans sterben würde. Übertragen auf das Drei-Personen-Verhältnis entspricht das der Konstellation, dass der Vordermann nicht erkennt, dass seine Handlung zum tatbestandsmäßigen Erfolg führt, er also vorsatzlos handelt. Es handelt sich insofern um einen klassischen Fall der mittelbaren Täterschaft. In dem obiter dictum führt der BGH aber aus, dass es auch unerheblich gewesen wäre, wenn das Opfer davon ausgegangen wäre, dass es vor dem Erwachen in dem neuen Körper sterben müsste. In einem solchen Fall, wenn also das Opfer davon ausgeht, dass der Tod insofern der Beginn neuen Lebens sei, sei dieser Irrtum mit dem Irrtum über den Nichteintritt des Todes gleichzusetzen. Auch in diesem Fall hätte der Hintermann den Vordermann entscheidend motiviert und die Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens innegehabt. Dieser spezielle Motivirrtum wird also als ausreichend für die Begründung von mittelbarer Täterschaft angesehen. Überträgt man nun aber diese Wertung in das Drei-Personen-Verhältnis,167 so zeigt sich, dass ein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben wäre. Es könnte etwa folgender Fall gebildet werden: Der A möchte den B dazu bringen, den C zu erschießen. Dazu überzeugt er ihn davon, dass auf den Tod des C dessen Wiedergeburt in einem neuen Körper folgen würde und er deshalb keine Hemmungen haben müsse den C zu töten. Daraufhin erschießt der B den C.

In diesem Fall wäre der B des vollendeten Totschlags nach § 212 Abs. 1 StGB schuldig, da die Vorstellung darüber, was nach dem Tod des C mit diesem geschehen werde nichts an dem Tötungsvorsatz des B ändert. Wendet man nun aber die obige Wertung auf diesen Fall an, so wäre nach dem BGH die Fehlvorstellung in Bezug auf die Folgen des Todes168 mit der Fehlvorstellung vom Nichteintritt des Todes gleichzusetzen, weshalb der A die Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens innehätte. Bei Übertragung der Wertung des obiter dictum des BGH auf das Drei-Personen-Verhältnis läge somit ein Fall des Täters hinter dem Täter vor. Freilich würde der BGH im Drei-Personen-Verhältnis wohl kaum zu diesem Ergebnis kommen.

166

BGH, Urteil v. 05. 07. 1983 – 1 StR 168/83, BGHSt. 32, 38 (43). Vgl. auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 659, der ebenfalls die Konsequenzen im Drei-Personen-Verhältnis herausstellt. 168 An dieser Stelle sei davon ausgegangen, dass es sich bei dem Glauben an eine Wiedergeburt in einem anderen Körper um eine Fehlvorstellung handelt. 167

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Nachfolgend auf die Entscheidung im Sirius-Fall bejahte der BGH erneut, ohne auf das Problem einzugehen, mittelbare Täterschaft bei Benutzung eines vollverantwortlichen Tatmittlers. So urteilte der BGH in der Entscheidung „Startbahn West“, dass eine Beteiligung des ortsabwesenden Befehlsgebers, Organisators oder geistigen Anführers an den Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB auch als mittelbarer Täter erfolgen kann.169 Voraussetzung hierfür sei nur, dass diesem die aus der Menge begangenen Gewalttätigkeit oder Bedrohungen nach allgemeinen Grundsätzen als eigene Tat zuzurechnen sind. Hierfür wiederum müssten die Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen seinem Willen entsprechen und er müsse die Tatherrschaft innehaben.170 Das Problem der Benutzung eines vollverantwortlichen Tatmittlers sprach der BGH erstmalig im „Katzenkönig-Fall“171 an. Der BGH musste hier zunächst klarstellen, dass es sich bei seinen früher ausgesprochenen Entscheidungen zur mittelbarer Täterschaft, nach welchen der Tatmittler, nicht selbst Täter sein könne,172 nur um obiter dicta gehandelt habe und diese Definition auch nur für den Regelfall gelte.173 Sodann bekannte sich der BGH dazu, dass mittelbare Täterschaft bei Benutzung eines vollverantwortlichen Tatmittlers im Einzelfall möglich sei, wenn der Hintermann bei diesem einen vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB hervorgerufen hat und damit das Geschehen in Gang gesetzt und derart gesteuert hat, dass der Vordermann bei wertender Betrachtung als dessen Werkzeug erscheint.174 Dabei betont er, dass auf die Tatherrschaft des Hintermanns abzustellen ist.175 Durch dieses Heranziehen des Tatherrschaftsgedanken konnte der BGH – im Unterschied zu den Zeiten, in denen noch eine rein subjektive Theorie vertreten wurde – also in seiner ersten Entscheidung, in der er sich mit dem Täter hinter dem Täter auseinandergesetzt hat, dessen Möglichkeit bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums bejahen. Nachdem in dieser Entscheidung zum ersten Mal explizit anerkannt wurde, dass ein Vollverantwortlicher unter gewissen Umständen Tatmittler sein kann, freilich ohne den Begriff des Täters hinter dem Täter zu verwenden, folgten zwei weitere Entscheidungen,176 in denen der BGH mittelbare Täterschaft bei vollverantwortlichem Tatmittler annahm, erneut aber nicht auf das Problem als solches einging. So 169

BGH, Urteil v. 23. 11. 1983 – 3 StR 256/83, NJW 1984, 931 (934). BGH, Urteil v. 23. 11. 1983 – 3 StR 256/83, NJW 1984, 931 (934). 171 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 – „Katzenkönig“. Der Sachverhalt wird bei der Behandlung des vermeidbaren Verbotsirrtums dargestellt. Siehe unten Kapitel 4 III. 1. a). 172 BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169 (170); Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364). 173 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (351). 174 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (354). 175 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). 176 BGH, Urteil v. 06. 07. 1990 – 2 StR 549/89, BGHSt. 37, 106; BGH, Urteil v. 19. 08. 1992 – 2 StR 86/92, BGHSt. 38, 325. 170

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sah er in der Lederspray-Entscheidung177 die Strafbarkeit von Geschäftsführern wegen gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen als gegeben an, obgleich er nicht prüfte, ob die Personen, welche das Produkt später verteilten, selbst vollverantwortliche Täter waren. In der anderen Entscheidung bestätigte der BGH die Verurteilung eines Bürgermeisters wegen Gewässerverunreinigung nach § 324 Abs. 1 StGB, da dieser es unterlassen hatte, Grundstückseigentümer welche wiederum strafrechtlich belangt wurden daran zu hindern, dass diese nicht vorab geklärtes Abwasser in die Kanalisation einleiteten.178 Nach diesen Entscheidungen hatte sich der BGH mit der Aufarbeitung des DDRUnrechts zu befassen. Dabei ging es zunächst um die Strafbarkeit von Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft, für die Erschießung von Flüchtlingen.179 Auch in dieser Entscheidung sah sich der BGH genötigt zunächst festzustellen, dass die in früheren Entscheidungen vertretene Auffassung,180 dass nur derjenige, der nicht selbst Täter ist, Tatmittler sein könne, nicht Teil der ratio decidendi dieser Urteile sei.181 Im Folgenden verweist der BGH auf seine Urteile,182 in denen er bereits mittelbare Täterschaft bei vollverantwortlichem Tatmittler angenommen hat und bekräftigt seine Auffassung, dass jemand der selbst Täter ist grundsätzlich ungeeignet ist Tatmittler zu sein, insbesondere in Fällen, in denen er „tatsächlich das Geschehen umfassend beherrscht und auch beherrschen will“.183 Schließlich nimmt der BGH erstmalig eine neue Ausnahme von dieser Grundregel für Konstellationen an, in denen der Beitrag des Hintermanns nahezu automatisch zur erstrebten Tatbestandsverwirklichung führt.184 Dies komme in Betracht, wenn durch Organisationsstrukturen geschaffene Rahmenbedingungen ausgenutzt werden, wie sie etwa bei staatlichen, unternehmerischen oder geschäftsähnlichen Organisationsstrukturen oder auch bei Befehlshierarchien denkbar seien. Nutze der Hintermann, wie in diesem Fall, bewusst einen rechtswidrig handelnden Staatsapparat aus, so seien diese Kriterien erfüllt und der Hintermann mittelbarer Täter.185 Damit erkannte der BGH – 31 Jahre nach deren Entwicklung durch Roxin – die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate an und stellt hierbei auch explizit auf die Beherrschung des Geschehens durch den Hin177

BGH, Urteil v. 06. 07. 1990 – 2 StR 549/89, BGHSt. 37, 106. BGH, Urteil v. 19. 08. 1992 – 2 StR 86/92, NJW 1992, 3247 (3249). 179 BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, BGHSt. 40, 218 = NStZ 1994, 537. 180 BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169 (170); Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364). 181 BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, 537 (537). 182 BGH, Urteil v. 08. 07. 1952 – 1 StR 123/51, BGHSt. 3, 110; BGH, Urteil v. 23. 11. 1983 – 3 StR 256/83, NJW 1984, 931 (934); BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347; BGH, Urteil v. 06. 07. 1990 – 2 StR 549/89, BGHSt. 37, 106; BGH, Urteil v. 19. 08. 1992 – 2 StR 86/92, BGHSt. 38, 325. 183 BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, 537 (537 f.). 184 BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, 537 (538). 185 BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, S. 537 (538). 178

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termann – also die Tatherrschaft – ab.186 Damit wird erneut der Zusammenhang zwischen der Anerkennung des Täters hinter dem Täter durch den BGH und dessen Übernahme des Tatherrschaftsgedanken deutlich. Bei den gezeigten Feststellungen blieb der BGH aber nicht stehen, sondern führte darüber hinaus noch aus, dass diese Grundsätze auch bei der Ausnutzung von mafiaähnlichen Strukturen in Betracht kommen und sich auch das „Problem der Verantwortlichkeit beim Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen“ auf diese Art lösen lasse.187 Er zeigte also bereits in seiner ersten Entscheidung zur mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate seine Absicht, diese weit zu verstehen und auf wirtschaftliche Unternehmen auszudehnen. Kurze Zeit später hatte es der BGH erneut mit einem Fall zu tun, in welchem die Hintermänner einen vermeidbaren Verbotsirrtum der Vordermänner ausnutzen wollten.188 In diesem wollten der behandelnde Arzt und der als Pfleger bestellte Sohn des Opfers dessen künstliche Ernährung einstellen und wiesen das Pflegepersonal entsprechend an. Der BGH bestätigte hier die Möglichkeit der Annahme von mittelbarer Täterschaft trotz vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft handelndem Werkzeug und griff hierfür die Kriterien nach dem „Katzenkönig-Fall“ auf.189 Darüber hinaus hatte der BGH in diesem Fall zu beurteilen, wie es sich auswirkt, dass sich die Hintermänner selbst in einem Verbotsirrtum befanden und zwar demselben, dem auch die Vordermänner unterlagen. Der BGH entschied hierzu, dass es hierauf nicht entscheidend ankommen könne und auch in diesem Fall maßgebend sei, ob die Hintermänner mit Täterwillen und Tatherrschaft handelten.190 Diese wird wiederum mit der Anordnungsbefugnis der Hintermänner und den untergeordneten, weisungsgebundenen Rollen der Vordermänner begründet.191 Da ein Wissensvorsprung der Hintermänner nicht gegeben war, erfolgte die Beurteilung der Täterschaft hier also durch ein Abstellen auf die (vermeintliche) Weisungsbefugnis der Hintermänner und damit durch eine Ausdehnung der zuvor anerkannten mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate.192 Die wenige Monate zuvor ergangenen Erwägungen der Entscheidung zur Strafbarkeit von Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft, für die Erschießung von Flüchtlingen, griff der BGH noch im selben Jahr auf, als er Wahlfälschungen in der DDR durch einen SED Bezirksleiter zu beurteilen hatte und nutzte hierbei den nun ständig verwendeten Begriff der „Organisationsherrschaft“.193 In den folgenden Jahren sollte sodann auch mittelbare 186 187 188 189 190 191 192 193

BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, S. 537 (538). BGH, Urteil v. 26. 07. 1994 – 5 StR 98/94, NStZ 1994, S. 537 (538). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204. BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 688 f. BGH, Urteil v. 03. 11. 1994 – 3 StR 62/94, NJW 1995, S. 1564 (1566).

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Täterschaft kraft Organisationsherrschaft im Fokus der Rechtsprechung des BGH liegen. So bezeichnete er es in einer weiteren Entscheidung als naheliegend, dass ein Kommandeur eines Grenzregiments als Zwischenglied zwischen der obersten militärischen Führung und den ihm unterstellten Soldaten ebenfalls durch Ausübung seiner Befehlsgewalt regelhafte Abläufe auslöse, welche zur Tatbestandsverwirklichung führen. Auch in diesem Fall soll also mittelbare Täterschaft vorliegen, wenn die ihm unterstellten Soldaten strafrechtlich vollverantwortlich handeln.194 Schließlich hat der BGH in seinen „Politbüro-Entscheidungen“195 seine Rechtsprechung erneut bestätigt und Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED als mittelbare Täter eines Totschlags bzw. Totschlags durch Unterlassen, wegen des Erschießens von Grenzflüchtlingen angenommen, da sie durch die bestehenden Organisationsstrukturen bestimmte – regelhafte Abläufe auslösende – Rahmenbedingungen ausgenutzt und daher die Tatherrschaft innehatten.196 Dabei wurde insbesondere Wiederholt, dass die Organisationsherrschaft auch bei „unternehmerischen und geschäftsähnlichen Organisationsstrukturen“ in Betracht komme.197 In dieser Zeit ergingen dann auch einige Entscheidungen des BGH in diesem Bereich, welche die angedeutete Ausdehnung der Organisationsherrschaft vorantrieben. So nahm der BGH bei GmbH-Geschäftsführern eine umweltgefährdende Abfallbeseitigung in mittelbarer Täterschaft an, da die Abfälle an Abnehmer abgegeben wurden, bei denen keine Möglichkeiten geordneter Abfallbeseitigung bestanden.198 Kurze Zeit später sah der BGH bei faktischen Geschäftsführern einer GmbH einen Betrug in mittelbarer Täterschaft gegeben. Diese hatten den Betrieb trotz Zahlungsunfähigkeit weitergeführt, wobei die Angestellten – welche als Vordermänner die Schädigung der Lieferanten bewirkten – vollverantwortliche Täter waren.199 2003 bestätigte der BGH die Verurteilung eines Arztes unter anderem wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz in mittelbarer Täterschaft.200 Auch in diesem Fall stützte er sich darauf, dass der Angeklagte durch bestimmte Rahmenbedingungen regelhafte Abläufe auslösende Organisationsstrukturen geschaffen und selbige ausgenutzt hat.201 Auf diese Zeit der Ausdehnung der Organisationsherrschaft folgte eine Eingrenzung derselben durch den zweiten Strafsenat.202 Dieser stellt fest, dass eine 194

BGH, Urteil v. 04. 03. 1996 – 3 StR 494/94, NStZ 1996, S. 2042 (2043). BGH, Urteil v. 08. 11. 1999 – 5 StR 632/98, NJW 2000, S. 443; BGH, Urteil v. 06. 11. 2002 – 5 StR 281/01, NJW 2003, S. 522. 196 BGH, Urteil v. 08. 11. 1999 – 5 StR 632/98, NJW 2000, S. 443 (448); BGH, Urteil v. 06. 11. 2002 – 5 StR 281/01, NJW 2003, S. 522 (525). 197 BGH, Urteil v. 08. 11. 1999 – 5 StR 632/98, NJW 2000, S. 443 (448). 198 BGH, Urteil v. 06. 06. 1997 – 2 StR 339/96, NStZ 1997, S. 544. 199 BGH, Urteil v. 11. 12. 1997 – 4 StR 323/97, wistra 1998, S. 148. 200 BGH, Urteil v. 03. 07. 2003 – 1 StR 453/02, JR 2004, S. 245. 201 BGH, Urteil v. 03. 07. 2003 – 1 StR 453/02, JR 2004, S. 245 (246). 202 Fischer, StGB, § 25 Rn. 13. 195

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Kap. 2: Der Täter hinter dem Täter

mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft in Fällen in Betracht komme, „in denen der räumliche, zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden Organisationsspitze und den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mittäterschaft spricht“.203 Es ist hiernach also zunächst festzustellen, dass eine Mittäterschaft nicht vorliegt, bevor eine mittelbare Täterschaft angenommen werden kann. Dieses Erfordernis einer klaren Abgrenzung zur Mittäterschaft wird auch in einer zweiten Entscheidung deutlich.204 Diese beiden Entscheidungen des zweiten Strafsenats,205 lassen somit eine größere Zurückhaltung hinsichtlich der Annahme von mittelbarer Täterschaft erkennen.206

III. Ergebnis Trotz Jahrzehnten der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, in welcher sie bereits Thema mehrerer Monografien207 und zahlreicher Aufsätze war,208 ist die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter noch immer stark umstritten. Die Rechtsprechung stand ihr lange Zeit ablehnend gegenüber, da sie eine rein subjektive Abgrenzungstheorie vertrat. Mit der Annäherung der Rechtsprechung des BGH an die Tatherrschaftslehre, war es diesem möglich Fallgruppen des Täters hinter dem Täter anzuerkennen. Im Rahmen der Irrtumsherrschaft betrifft dies den vermeidbaren Verbotsirrtum, sofern der Hintermann im Einzelfall die Tatherrschaft innehat, und den Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen. Am weitgehendsten wurde der Täter hinter dem Täter dagegen im Rahmen der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate anerkannt. Hierbei ist die Tendenz der Rechtsprechung ersichtlich, den Anwendungsbereich besagter Fallgruppe auszudehnen. Schon jetzt hat sie die mittelbare Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate ausgebaut und von den ursprünglichen Ansätzen in der Literatur wegentwickelt.209 So schreibt Roxin, dass der BGH bereits mit seiner ersten Entscheidung zur mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate eine Entwicklung angestoßen hat, 203

BGH, Beschluss v. 02. 11. 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, S. 89 (90). BGH, Beschluss v. 29. 07. 2009 – 2 StR 160/09, StrV 2010, S. 363. 205 BGH, Beschluss v. 02. 11. 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, S. 89; Beschluss v. 29. 07. 2009 – 2 StR 160/09, StrV 2010, S. 363. 206 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 755. 207 Vgl. nur Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter und der Typus der mittelbaren Täterschaft; Hildenbeutel, Die Strafbarkeit des Anordnenden als Täter hinter dem Täter unter besonderer Berücksichtigung der neueren Spruchpraxis des BGH; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter; Janzarik, Bundesgerichtshof und Strafrechtswissenschaft: Dogmatik im Dialog? Eine Auswertung von Urteilen des BGH sowie von Literatur zum „Täter hinter dem Täter“. 208 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505; Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203; Schaffstein, NStZ 1989, S. 153; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147; Schünemann, ZIS 2006, S. 301; Schroeder, JR 1995, S. 177; Roxin, FS-Lange 1976, S. 173. 209 Rotsch, ZIS 2009, 549 (550). 204

III. Ergebnis

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welche zu einer Gleichsetzung von höheren Positionen innerhalb der Hierarchie eines Unternehmens mit dem Innehaben von Tatherrschaft führte.210 Der BGH stellt in heutiger Zeit nur noch auf die Schaffung und Ausnutzung von Rahmenbedingungen ab, weshalb von der Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate, wie sie Roxin entwickelt hat, kaum noch etwas übriggeblieben ist.211 Dies wird in der Literatur überwiegend kritisch gesehen.212 Abschließend lässt sich somit feststellen, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter – zumindest in einzelnen Fallgruppen – überwiegend anerkannt wird. Gerade bei Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums und bei organisatorischen Machtapparaten geht der überwiegende Teil der Lehre und die Rechtsprechung von mittelbarer Täterschaft des Hintermanns aus.213 Darüber hinaus wird ein Täter hinter dem Täter in der Literatur häufig noch bei einem Irrtum über den konkreten Handlungssinn angenommen, unter dem man den manipulierten error in persona, den Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen und der Irrtum über die Unrechtshöhe fasst.214 Daher wird Roxin wohl damit recht behalten, dass die Anerkennung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter nicht mehr aufzuhalten sein dürfte.215 Einzig im Bereich der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung konnte sich der Täter hinter dem Täter nicht durchsetzen.

210

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 755. Rotsch, JR 2004, S. 248 (251). 212 Puppe, GA 2013, S. 514 (529 f.); Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (509 ff.); Otto, Grundkurs Strafrecht, § 21 Rn. 92; Rotsch, NStZ 1998, S. 491 (493 ff.). 213 B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1254 ff.; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 51, 53; Waßmer, in: AnwaltK StGB, § 25 Rn. 34, 38; Hilgendorf/Valerius, Strafrecht AT, § 9 Rn. 47, 51; Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 42, 60; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 16, 29; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 853 f. Nur hinsichtlich des vermeidbaren Verbotsirrtums: Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 36. 214 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 111 ff. 215 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 839. 211

Kapitel 3

Die mittelbare Täterschaft In diesem Kapitel sollen nun zunächst allgemeine Ausführungen zur mittelbaren Täterschaft und deren Voraussetzungen, über welche weitgehender Konsens besteht, vorweg gestellt werden. Sodann wird sich die Untersuchung den Auslegungsmethoden zuwenden und aufzeigen, ob bereits die Auslegung des Gesetzes in Bezug auf die zu untersuchende Fragestellung in eine bestimmte Richtung weist oder gar eine bestimmte Lösung zwingend erforderlich macht. Im Anschluss hieran soll die in Bezug auf die mittelbare Täterschaft vertretene Dogmatik, namentlich die in Rechtsprechung und Lehre vertretenen Beteiligungslehren und der dem Strafgesetzbuch zugrunde liegende Täterbegriff, näher beleuchtet werden.

I. Allgemeine Täterschaftsvoraussetzungen Damit eine mittelbare Täterschaft überhaupt in Betracht kommen kann, müssen auf Seiten des potenziellen mittelbaren Täters zumindest die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen erfüllt sein. § 25 StGB bezeichnet schließlich denjenigen als Täter, der die Straftat „begeht“. Begehen wiederum bedeutet den in Rede stehenden Straftatbestand mitsamt aller seiner Merkmale in objektiver und subjektiver Weise zu verwirklichen.1 Die Täterschaft ist mithin tatbestandsbezogen.2 Das bedeutet insbesondere, dass spezifische Tatbestandserfordernisse zu beachten sind.3 Der potenzielle mittelbare Täter muss sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen in eigener Person erfüllen können.4 Erst wenn dies der Fall ist, kommt eine mittelbare Täterschaft in Betracht und die Abgrenzung zur Teilnahme wird relevant. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist lediglich eine Teilnehmerstrafbarkeit möglich. Hiermit sind zum einen die Sonderdelikte angesprochen, nach welchen der Täter eine bestimmte Eigenschaft, wie etwa das Innehaben einer Amtsstellung, aufweisen muss.5 Jemand der die geforderte Eigenschaft nicht aufweist – ein sogenannter ex1

Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 3. Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 5. 3 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 10; Otto, JURA 1987, S. 246 (248); Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 73. 4 M. Köhler, Strafrecht AT, S. 506; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 664; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 12. 5 Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 3. 2

II. Wortlaut, Systematik und Telos

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traneus – kann niemals mittelbarer Täter sein, auch wenn es sich bei dem Vordermann um jemanden handelt, der die besagte Eigenschaft aufweist. Zum anderen sind aber auch diejenigen Delikte gemeint, die eine Begehung in eigener Person verlangen – sogenannte eigenhändige Delikte. Auch in diesem Fall ist eine mittelbare Täterschaft nicht möglich.6 Darüber, dass bei eigenhändigen Delikten eine mittelbare Täterschaft ausscheidet und bei Sonderdelikten nur möglich ist, wenn der Hintermann die geforderte Eigenschaft aufweist, besteht heute weitgehend Einigkeit.7 So zeigt sich die Richtigkeit dieses Ergebnisses bereits daran, dass der Gesetzgeber mit § 271 StGB eine Norm der mittelbaren Tatbegehung geschaffen hat, welche die Straflücke schließen sollte, die daraus resultierte, dass der Hintermann mangels Amtsstellung nicht mittelbarer Täter einer Falschbeurkundung im Amt nach § 348 StGB sein kann.8 Dasselbe gilt für § 160 StGB im Verhältnis zu den eigenhändigen Delikten der §§ 153 ff. StGB.9 Wäre eine Täterschaft bei Sonderdelikten und eigenhändigen Delikten auch ohne Erfüllung der spezifischen Voraussetzungen möglich oder gäbe es besagte Delikte nicht, so würden sich die §§ 160, 271 StGB erübrigen. Aus diesem Grund wird hier davon ausgegangen, dass eine mittelbare Täterschaft bei eigenhändigen Delikten nicht und bei Sonderdelikten nur dann möglich ist, wenn der Hintermann ein intraneus ist. Hierauf wird daher in der nachfolgenden Untersuchung nicht weiter eingegangen und die weitere Untersuchung beschränkt sich – unter Ausschluss der eigenhändigen Delikte und der Sonderdelikte – auf die Herrschaftsdelikte.10

II. Wortlaut, Systematik und Telos Wendet man sich der Auslegung zu, ist stets zunächst der Wortlaut der entscheidenden Normen zu betrachten, markiert der mögliche Wortsinn doch die Grenze der Auslegung. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB bezeichnet als (mittelbaren) Täter denjenigen, der die Tat „durch einen anderen begeht“. Während nun etwa Kühl 6

Koch, JuS 2008, S. 399 (400). Vgl. zur h. M. nur: Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 49 f.; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 14 f.; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 107; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 131; Mañalich, FSPuppe 2011, S. 709 (710); Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 81a, 87; Otto, JURA 1987, S. 246 (257); Zieschang, Strafrecht AT, Rn. 666; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 13 ff.; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 10 f. A. A. noch bezüglich eigenhändiger Delikte: Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 38 f.; Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 64, 69 f.; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 337; E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (128); P. Merkel, Festgabe-Frank, S. 134 (141 f.); Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 20. A. A. noch bezüglich Sonderdelikten: Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 70; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 337. 8 Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB 30. Auflage, § 271 Rn. 1a. 9 Bosch/Schittenhelm, in: Schönke/Schröder, StGB 30. Auflage, § 160 Rn. 1. 10 Siehe zum Begriff Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 13. 7

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

meint, dass der Wortlaut es zumindest nahelege, dass der andere nicht auch selbst Täter ist,11 sehen andere diesen Schluss gar als zwingend an. So wird teilweise vertreten, dass es bereits der natürliche Sprachgebrauch verbiete davon zu sprechen, dass die Tat durch einen anderen begangen wurde, wenn dieser andere selbst strafrechtlich vollverantwortlicher Täter ist. Nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens habe mithin der Vordermann die Tat begangen.12 Allenfalls bei fehlender Verantwortlichkeit des Vordermanns könne man von einem Handeln „durch einen anderen sprechen“.13 Ist der Vordermann selbst Täter, so könne der Hintermann die Tat also lediglich mit oder neben einem anderen verwirklichen, aber nicht durch einen anderen.14 Daher sei § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB so auszulegen, dass Täter ist, „wer die Straftat durch einen anderen begeht, der nicht selbst als Täter strafbar ist“.15 Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Die Formulierung des Begehens durch einen anderen sagt zunächst einmal nur aus, dass ein anderer als der potenzielle mittelbare Täter die Tathandlung ausführen muss. Rückschlüsse über diesen anderen, dessen rechtliche Stellung und das Verhältnis zum Vordermann erscheinen jedoch nicht zwingend. Es lässt sich allenfalls sagen, dass der Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB mit dem Wort „durch“ zum Ausdruck bringt, dass der Vordermann auf den Hintermann eingewirkt hat und diesen in irgendeiner Form kontrollieren oder sein Verhalten einplanen kann. Welcher Art diese Einwirkung sein muss, welcher Grad an Kontrolle bzw. Steuerung des Hintermanns über den Vordermann erforderlich ist oder inwiefern er das Verhalten des Vordermanns einplanen können muss, lässt sich dem Wortlaut der Norm dagegen nicht entnehmen. Dieses Ergebnis der Wortlautauslegung hinsichtlich des Begehens durch einen anderen, wird auch durch einen Blick auf Art. 25 Abs. 3 lit. a) IStGH-Statut bestätigt.16 Dieser regelt, dass sich derjenige strafbar macht, der ein Verbrechen durch einen anderen begeht, „gleichviel ob der andere strafrechtlich verantwortlich ist“. Sprachlich ist es folglich möglich von einem Begehen durch einen anderen zu sprechen, wenn dieser andere selbst strafrechtlich verantwortlich ist. Der Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB steht der Anerkennung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter somit nicht entgegen.17 Allerdings ist § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB in systematischer Auslegung im Kontext zu den anderen Täterschafts- und zu den Teilnahmeregelungen zu sehen. Zunächst ist die mittelbare Täterschaft im Zusammenspiel mit § 26 StGB zu betrachten. Dieser 11

Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 38. Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (214). Ähnlich Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 56. 13 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (427). 14 Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 84. 15 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 889. 16 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 136. 17 Ebenso Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 135; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 38; Greco, ZIS 2011, S. 9 (13); Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 98; Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (607); Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 136; Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 7. 12

II. Wortlaut, Systematik und Telos

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definiert denjenigen als Anstifter, der einen anderen zu seiner Tat „bestimmt“ hat. Hierunter ist laut Duden ein Zu-etwas-veranlassen oder entscheidendes Beeinflussen zu verstehen.18 Auch die Anstiftung zeichnet sich somit dadurch aus, dass ein anderer eine Tat begeht und der Anstifter ihn durch irgendeine Art der Einwirkung dazu gebracht hat. Aber auch § 26 StGB ist nicht zu entnehmen, welcher Art diese Einwirkung sein muss und ob der Anstifter den Angestifteten in irgendeiner Form kontrollieren können muss. Da der Beeinflussende nicht zugleich als mittelbarer Täter und als Anstifter strafbar sein kann, beide Beteiligungsformen vielmehr derart in einem Konkurrenzverhältnis zueinanderstehen, dass die leichtere Unrechtsform verdrängt wird,19 ist eine Grenzziehung erforderlich. Wie die Abgrenzung vorzunehmen ist, erscheint jedoch offen. Auch das Zusammenspiel mit der Anstiftung führt hier also nicht weiter. Die mittelbare Täterschaft ist in systematischer Hinsicht jedoch auch im Kontext zur Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB zu sehen. Diesbezüglich wird teilweise angemerkt, dass das Gesetz das Begehen einer Straftat durch mehrere Straftäter nur in Gestalt der Mittäterschaft anerkennt. Demgemäß sei eine gemeinsame Täterschaft ohne eine gemeinschaftliche Begehung nach § 25 Abs. 2 StGB gesetzlich nicht vorgesehen.20 Ein Zusammenwirken eines Beteiligten als Hintermann und mittelbaren Täter mit einem anderen Beteiligten als dessen Werkzeug und unmittelbaren Täter sei systemwidrig.21 Nach dieser Auffassung regelt ausschließlich § 25 Abs. 2 StGB, unter welchen Umständen die Täterschaft mehrerer zusammenwirkender Beteiligter anzunehmen ist. Die Tatbegehung durch mehrere Täter sei ansonsten lediglich in Form der Nebentäterschaft möglich, bei welcher die Beteiligten jedoch nicht zusammenwirken.22 Schließlich wird behauptet und gar als selbstverständlich bezeichnet, dass die mittelbare Täterschaft im Verhältnis zur Mittäterschaft subsidiär sei.23 Allerdings kann auch dieser Einwand gegen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter letztlich nicht überzeugen. Zuvorderst trifft es nicht zu, dass die mittelbare Täterschaft in einem Verhältnis der Subsidiarität zur Mittäterschaft steht. Vielmehr handelt es sich um eine Form der Täterschaft, welche gleichwertig neben den anderen, in § 25 StGB geregelten Formen der Täterschaft steht.24 Erst recht wäre dies angesichts des § 25 StGB, welcher ein solches Verhältnis nicht erkennen lässt, nicht selbstverständlich. Abgesehen hiervon ist zuzugeben, dass es möglich und prima facie logisch erscheint der Aufteilung des § 25 StGB in zwei Absätze ein systematisches Argument zu entnehmen. So wäre es bei oberflächlicher Betrachtung doch naheliegend an18 19 20 21 22 23 24

https://www.duden.de/rechtschreibung/bestimmen (zuletzt abgerufen am 19. 06. 2020). Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 51. Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (214). Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 877. Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (214). Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (211). Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 80; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 3.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

zunehmen, dass lediglich Absatz 2 die täterschaftliche Beteiligung mehrerer an einem Geschehen erfasst. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zum einen umfasst § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB unstreitig auch die Täterschaft in Form der Nebentäterschaft25 und zum anderen besteht neben den in § 25 StGB ausdrücklich genannten Täterschaftsformen wohl auch noch die Möglichkeit der mittelbaren Mittäterschaft.26 Daher müsste man in § 25 Abs. 2 StGB einschränkend hineinlesen, dass dort lediglich eine Möglichkeit der täterschaftlichen Beteiligung mehrerer geregelt ist. Namentlich die täterschaftliche Beteiligung mehrerer in Form des bewussten und gewollten Zusammenwirkens.27 Also eine Konstellation in der die Beteiligten eine gleichrangige Position innehaben,28 gewissermaßen auf „einer Stufe stehen“.29 Sobald man dies aber einschränkend in § 25 Abs. 2 StGB hineinliest, offenbart sich die Möglichkeit einer anderen Systematik dahinter. So kann ebenso gut vertreten werden, dass § 25 Abs. 2 StGB die täterschaftliche Beteiligung mehrerer in Form des bewussten und gewollten Zusammenwirkens30 umfasst, aber eben nur für diese Fälle in denen die Beteiligten eine gleichrangige Position innehaben eine Sonderregelung darstellt und somit eine täterschaftliche Beteiligung mehrerer in anderer Form nicht ausgeschlossen wird. Dem folgend regelt § 25 Abs. 1 StGB neben der Alleintäterschaft in unmittelbarer und mittelbarer Form auch die Nebentäterschaft und die täterschaftliche Beteiligung mehrerer, bei welcher einer der Beteiligten als unmittelbarer Täter und der andere als mittelbarer Täter einzustufen ist. Die Beteiligten dürften lediglich keine gleichrangige Position innegehabt haben.31 Dies stellt aber kein Problem dar, da sich einerseits die mittelbare Täterschaft des Hintermanns gerade durch seine überlegene Stellung, welche typischerweise durch Nötigung oder Täuschung erreicht wird, auszeichnet und andererseits die unmittelbare Täterschaft des Vordermanns auch bei einer Beeinflussung durch einen anderen gegeben sein kann. Die systematische Auslegung fordert für die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter somit nur das, was ohnehin eine Voraussetzung der mittelbaren Täterschaft ist. Gemeint ist die überlegene Stellung des Hintermanns.32 Der Umstand, dass die Mittäterschaft in einem eigenen Absatz geregelt wurde, kann somit darin gesehen werden, dass § 25 Abs. 2 StGB die Fälle regelt, in denen stets mehrere als Täter einzustufen sind, während die Einstufung mehrerer an einem Geschehen Beteiligter als Täter nach § 25 Abs. 1 StGB nur in den Sonderfällen der Nebentäterschaft, der mittelbaren Mittäterschaft und des Täters hinter dem Täter möglich ist.

25 26 27 28 29 30 31 32

Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 8. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 1. Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 12. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 16. von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 9. Vgl. von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). Bock, Strafrecht AT, S. 172; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1244.

II. Wortlaut, Systematik und Telos

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Insgesamt ist daher weder dem Wortlaut der Normen noch deren Verhältnis zueinander zu entnehmen, wann genau mittelbare Täterschaft gegeben ist und wie sie von den übrigen Teilnahmeformen abzugrenzen ist. Mithin wäre es mit Wortlaut und Systematik vereinbar mittelbare Täterschaft bei einem vollverantwortlichen Tatmittler und damit auch die mittelbare Täterschaft durch Hervorrufen von Motivirrtümern insgesamt abzulehnen, mittelbare Täterschaft stets anzunehmen oder je nach Motivirrtum zu differenzieren. Wortlaut und Systematik vermögen also nicht weiter zu helfen und lassen sämtliche oben aufgezeigte Möglichkeiten der rechtlichen Bewertung von Motivirrtümern zu. Schließlich ist der Blick noch auf das Telos der Norm zu richten. Krey und Nuys vertreten an dieser Stelle, dass der mittelbaren Täterschaft zwei Funktionen zukomme. Zum einen solle sie Strafbarkeitslücken schließen, etwa bei der Benutzung eines unvorsätzlich handelnden Vordermanns. Zum anderen bestehe die Funktion der mittelbaren Täterschaft darin zu verhindern, dass es Straftaten gibt, bei denen niemand als Täter strafbar ist.33 Da die Fälle, in denen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter diskutiert wird, nicht mit den Funktionen der mittelbaren Täterschaft zu vereinbaren seien, also weder eine Strafbarkeitslücke noch eine Straftat ohne Täter gegeben sei, sei in diesen Fällen auch keine mittelbare Täterschaft gegeben.34 Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter sei demnach abzulehnen.35 Nun mag die These, dass die mittelbare Täterschaft zur Lückenfüllung dient, zu Zeiten der Entwicklung der mittelbaren Täterschaft gegolten haben, als diese noch nicht kodifiziert war, zumal die mittelbare Täterschaft gerade zu diesem Zweck von Rechtsprechung und Lehre entwickelt wurde.36 Auch Krey und Nuys verweisen explizit auf diese Entwicklungsgeschichte der mittelbaren Täterschaft.37 Doch mittlerweile ist die mittelbare Täterschaft in § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB geregelt und hat ihre ursprüngliche Funktion der Lückenfüllung verloren,38 zumal im Falle des Benutzens eines lediglich nicht schuldhaft handelnden Werkzeugs keine Lücke mehr besteht die gefüllt werden müsste – eine Teilnahme setzt ja nur eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus, §§ 26, 27 Abs. 1 StGB – und dennoch mittelbare Täterschaft angenommen wird. Dies erkennen auch Krey und Nuys und ergänzen die zweiten Funktion, die sie der mittelbaren Täterschaft zuschreiben, nämlich der Vermeidung von Straftaten ohne Täter.39 Dieser zweiten vermeintlichen Funktion der mittelbaren Täterschaft könnte man entgegnen, dass § 25 StGB lediglich, wie es der Wortlaut nahezulegen scheint,

33 34 35 36 37 38 39

Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (207). Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (209). Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (210, 213). Vgl. hierzu die Ausführungen unter Kapitel 3 III. 1. Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (204). Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 62. Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (205).

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

regelt, wann jemand als Täter zu bestrafen ist und nicht, wer Täter ist.40 Man könnte daher vertreten, dass der Vordermann auch in den Fällen, in denen er entschuldigt ist, Täter ist und nur nicht als solcher bestraft wird.41 Folgt man dem, so würde sich diese zweite Funktion erübrigen, da es keine Straftaten ohne Täter zu vermeiden gäbe. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, da die Behauptung, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zur Lückenfüllung nicht erforderlich ist, noch aus anderem Grunde fehl geht. Denn, wie noch zu zeigen sein wird, gibt es mit dem „Dohna-Fall“ durchaus eine Fallgruppe, bei welcher eine Teilnehmerstrafbarkeit nicht in Betracht kommt und daher eine Strafbarkeitslücke besteht.42 Auch könnte man in bestimmten Fällen des Zwei-Personen-Verhältnisses von Strafbarkeitslücken sprechen, welche durch die mittelbare Täterschaft geschlossen werden können.43 Diese Argumentation von Krey/Nuys spricht somit richtigerweise für die Anerkennung von Fallgruppen des Täters hinter dem Täter. Abgesehen von alledem ist es der Sinn und Zweck der §§ 25 ff. StGB Regelungen zu treffen, die differenzierend nach Art oder Gewicht der Beteiligung festlegen, ob und wenn ja in welchem Umfang, ein Beteiligter zu bestrafen ist.44 Diesem Telos können aber wiederum alle denkbaren Möglichkeiten in Bezug auf die Behandlung der Hervorrufung von Motivirrtümern gerecht werden, sodass auch eine teleologische Auslegung nicht weiterhilft.

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft Nachdem die Auslegung anhand von Wortlaut, Systematik und Telos der Normen nicht in dem Sinne weiterführend war, dass sie in eine bestimmte Richtung weist, soll nun eine genetisch-historische Auslegung vorgenommen werden. Mithin wird der Blick auf die Historie der mittelbaren Täterschaft gerichtet. Da diese zudem geeignet sein könnte, die teils massiven Bedenken an der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter (jedenfalls teilweise) zu erklären, erscheint es geboten die Entwicklungsgeschichte umfassend darzustellen. Ihren Ursprung findet die mittelbare Täterschaft in der deutschen Strafrechtswissenschaft zu Anfang des 19. Jahrhunderts.45 So findet sich eine erste eindeutige Differenzierung zwischen den Beteiligungsformen der unmittelbaren Täterschaft, der mittelbaren Täterschaft und der Anstiftung bereits 1813 in Feuerbachs Anmer40

So etwa Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 28; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 48. Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 63. 42 Siehe hierzu unten Kapitel 4 III. 3. 43 Siehe hierzu unten Kapitel 5. 44 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 146 f. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 45 Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 3. 41

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kungen zum Strafgesetzbuche für das Königreich Baiern,46 auch wenn lediglich der Gedanke der mittelbaren Täterschaft umschrieben, der Begriff aber nicht benutzt wird.47 In terminologischer Hinsicht reicht der Begriff der mittelbaren Täterschaft zurück in das Jahr 1828, in welchem er erstmalig von Stübel verwendet wurde, der darunter allerdings auch die Anstiftung fasste.48 Obgleich eine Positivierung der mittelbaren Täterschaft schon Anfang des 20. Jahrhunderts vorgeschlagen wurde,49 sollte es bis zu ihrer tatsächlichen Kodifizierung im Strafgesetzbuch, wenn auch nur in umschreibender Form,50 noch ein langer Weg sein. So fand sich in den Partikularstrafgesetzbüchern bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch nicht einmal die gesetzliche Differenzierung in Form einer Dreiteilung der Beteiligungsformen in die verschiedenen Täterschaftsformen, der Anstiftung und der Beihilfe. Bereits diese musste sich vielmehr erst noch entwickeln.51 Mithin bestand in den deutschen Staaten über viele Jahrhunderte hinweg eine Zweiteilung der Beteiligungsformen mit dem zentralen Begriff der Urheberschaft, welcher lediglich von der Beihilfe abzugrenzen war.52 Eine solche Differenzierung findet sich beispielsweise im allgemeinen „Criminal-Gesetzbuch für das Königreich Hannover“ von 1840 in den Art. 53, 66. Aber auch das „Strafgesetzbuch für das Königreich Baiern“ von 1813 fasste in Art. 45 die Täterschaftsformen noch mit der Anstiftung in dem Begriff der Urheberschaft zusammen. Dabei wurden in Art. 46 – 48 detailliertere Regelungen zum in Art. 45 Nr. 3 aufgeführten mittelbaren Urheber – eine Kombination aus Anstiftung und mittelbarer Täterschaft – getroffen.53 Die Urheberschaft war nun insgesamt lediglich nach Art. 73 von der Beihilfe (vom „Gehülfen“) abzugrenzen. Zur Dreiteilung der Beteiligungslehre in einem deutschen Staat kam es erst 1851 und durch französischen Einfluss.54 So galt in den Rheinprovinzen Preußens noch bis 1851 der französische Code Pénal von 1810, in welchem die Dreiteilung bereits angelegt war.55 Daher setzten sich die dortigen preußischen Juristen für eine Über46

Feuerbach, Anmerkungen zum Strafgesetzbuche für das Königreich Baiern, S. 157 f. Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 3. 48 Stübel, Ueber die Theilnahme mehrerer Personen an einem Verbrechen, S. 96 f., 105 Fn. 71. 49 Vgl. etwa Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 44. 50 § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB erwähnt den Begriff „mittelbare Täterschaft“ schließlich nicht. 51 Vgl. hierzu Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 26 ff. 52 Maiwald, FS-Schroeder 2006, S. 283 (283); Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 5. 53 Unter den in Art. 46 aufgeführten Tatmodalitäten der mittelbaren Urheberschaft findet sich „die absichtliche Erregung oder Benutzung eines Irrthums“. 54 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 646; Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 11. 55 Maiwald, FS-Schroeder 2006, S. 283 (294). 47

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nahme dieser Dreiteilung in das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten von 1851 ein, zu welcher es dann auch letztlich kam.56 So wurde in § 34 unter der Bezeichnung der Teilnahme sowohl die Beihilfe als auch die Anstiftung geregelt. Gleichwohl wurde der Begriff des Täters nicht gesetzlich festgelegt. Für Bayern kann man wohl davon sprechen, dass es zehn Jahre später mit dem „Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern“ von 1861 zu der Dreiteilung der Beteiligungsformen kam. In Art. 52 wurde zwischen Täter und Teilnehmer differenziert und in Art. 54 wurden die verschiedenen Formen der Teilnahme aufgeführt. Zwar werden dabei vier verschiedene Formen genannt, allerdings handelt es sich bei dreien um Umschreibungen der Beihilfe, sodass man bei einer Gesamtbetrachtung wohl von einer Dreiteilung sprechen kann. Im Unterschied zum preußischen Strafgesetzbuch wird legaldefiniert, was unter dem Täter zu verstehen ist. So bestimmte Art. 52, dass derjenige Täter ist, „welcher das Verbrechen durch eigene Handlung unmittelbar bewirkt hat“. Dieser kurze geschichtliche Überblick verdeutlicht bereits die unübersichtliche Rechtslage hinsichtlich der Beteiligungslehre zu Zeiten der Partikularstrafgesetzbücher des 19. Jahrhunderts.57 Mit dem „Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund“ von 1870, welches nach der Reichsgründung als „Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich“ neu verkündet wurde,58 kam es zumindest zu einer einheitlichen Regelung des Strafrechts innerhalb der deutschen Staaten.59 Die mittelbare Täterschaft wurde jedoch nicht gesetzlich geregelt. Auf das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 folgte ein jahrzehntelanger Prozess, in welchem um eine Reform des Strafrechts gerungen wurde und der erst mit der Strafrechtsreform zum 01. 01. 1975 zu einer weitreichenden Änderung der Beteiligungsvorschriften führen sollte. Erst mit dieser Neuregelung der Beteiligungsvorschriften kam es zu einer Kodifizierung der mittelbaren Täterschaft in § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB.60 Somit vergingen von der ersten Verwendung des Begriffs der mittelbaren Täterschaft durch Stübel bis zu seinem Einzug in das StGB – wenn auch nur in umschreibender Form – fast 150 Jahre. Anerkannt war sie dagegen in Rechtsprechung und Lehre bereits seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871,61 auch wenn nicht ein jeder mit dem Begriff einverstanden war.62 So widmeten sich bereits Ende des 56

Maiwald, FS-Schroeder 2006, S. 283 (294). Eine Übersicht über die Partikularstrafgesetzbücher der deutschen Staaten findet sich bei Koch, in: Handbuch des Strafrechts, § 7 Rn. 11. 58 Koch, in: Handbuch des Strafrechts, § 8 Rn. 1. 59 Mit Ausnahme Österreichs. 60 2. StrRG v. 04. 07. 1969, BGBl. I 1969, S. 717 (720). 61 Im Grunde schon RG, Urteil v. 17. 01. 1880 – Rep. 698/79, RGSt. 1, S. 146 (148) auch wenn sie hier noch nicht als solche bezeichnet wurde. Vgl. auch RG, Urteil v. 14. 01. 1896 – Rep. 4333/95, RGSt. 28, S. 109 (110); RG, Urteil v. 18. 03. 1898 – Rep. 710/98, RGSt. 31, S. 80 (81 f.); RG, Urteil v. 30. 10. 1930 – II 810/30, RGSt. 64, S. 422 (425); Meyer, Die mittelbare Täterschaft, S. 9; Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 9. 62 Vgl. etwa Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 13 der vorschlägt von einer „Täterschaft mit mittelbarem Verbrechenserfolg“ zu sprechen. 57

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19. Jahrhunderts einige Dissertationen der mittelbaren Täterschaft.63 Die wissenschaftliche Diskussion aus dieser Zeit ist allerdings im Kontext zu den damals bereits kodifizierten Teilnahmeregelungen zu sehen. Die damalige Gesetzeslage unterschied sich von der heutigen Gesetzeslage mithin nicht nur dadurch, dass die mittelbare Täterschaft nicht gesetzlich geregelt war. Auch hinsichtlich der anderen Beteiligungsformen bestanden Unterschiede. Vor diesem Hintergrund sind auch die im Laufe der Zeit vertretenen Beteiligungslehren zu sehen.

1. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 Das Reichsstrafgesetzbuch, welches 1871 verkündet wurde und am 01. 01. 1872 in Kraft trat, soll nun im Folgenden als Ausgangspunkt der historischen Betrachtung dienen, zumal das heute geltende Strafgesetzbuch trotz der vielen Änderungen noch auf diesem basiert.64 Zudem enthält es – zumindest seit dem Zerfall des Heiligen Römischen Reiches und der Rechtszersplitterung in Folge der Partikularstrafgesetzbücher des 19. Jahrhunderts65 – erstmalig eine auf dem gesamten heutigen Bundesgebiet geltende, einheitliche Festlegung und Differenzierung von Beteiligungsformen. Die Ausführungen zu Täterschaft und Teilnahme im RStGB von 1871 beschränkten sich auf §§ 47 – 49 StGB a. F.66 Hierin wurden lediglich die Mittäterschaft (§ 47 StGB a. F.), die Anstiftung (§ 48 StGB a. F.) und die Beihilfe (§ 49 StGB a. F.) geregelt. Die unmittelbare (Allein-)Täterschaft war ebenso wenig kodifiziert wie die mittelbare Täterschaft und auch in den Motiven zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, auf welchem wiederum das RStGB von 1871 basierte, findet sich keine Aussage zur mittelbaren Täterschaft.67 Zumindest in puncto Alleintäterschaft ging man allseits davon aus, dass sich diese Begehungsform schon aus den Straftatbeständen des Besonderen Teils ergab.68 Was die mittelbare Täterschaft anbelangt, so war die Lage nicht derart klar und es wurden Bedenken gegen diese vorgetragen. Mößmer bringt diese mit der folgenden Frage zum Ausdruck: „Wer könnte es […] wagen, ohne auf einen Paragraphen gestützt zu sein, die mittelbare Thäterschaft zu einem delictum sui generis zu erheben?“69 Allerdings gab es schon im RStGB von 1871 Delikte im Besonderen Teil, in denen die täterschaftliche Be63

Etwa Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handlungen Dritter, insbesondere die Theilnahme am Verbrechen und die mittelbare Thäterschaft, nach deutsch-preußischem Recht, 1888 oder Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft in gleichzeitiger Berücksichtigung des Hypnotismus im Strafrecht, 1892. 64 Vormbaum, in: Handbuch des Strafrechts, § 9 Rn. 1. 65 Vgl. hierzu Koch, in: Handbuch des Strafrechts, § 7 Rn. 3 ff. 66 In den Fassungen vom 01. 01. 1872 bis zum 01. 01. 1975. Abgedruckt unter Anhänge. 67 Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 9. 68 Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 71. 69 Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 26.

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gehung durch das Einschalten einer Mittelsperson definiert wurde. Dies war etwa bei § 340 Abs. 1 StGB a. F.70 der Fall, welcher unter Strafe stellte, dass ein Beamter in Ausübung seines Amtes eine Körperverletzung begehen lässt. Daher wurde vertreten, dass auch die mittelbare Täterschaft schon im Gesetz angelegt war.71 Zwar sahen einige namhafte Vertreter der Wissenschaft in der mittelbaren Täterschaft lediglich eine künstliche Erscheinung oder eine reine Fiktion,72 andere dagegen sahen in der mittelbaren Täterschaft eine echte Täterschaft, welche keine besondere gesetzlichen Bestimmung zur Existenzberechtigung benötigte.73 Von den kodifizierten Beteiligungsformen ist vor allem die Regelung in § 48 Abs. 1 StGB a. F. zur Anstiftung beachtenswert. In der ursprünglichen Fassung vom 01. 01. 1872 bestimmte § 48 Abs. 1 StGB a. F. das Folgende: „Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen zu der von demselben begangenen strafbaren Handlung durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Missbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat.“74

Richtet man nun zunächst den Blick auf die in § 48 Abs. 1 StGB a. F. aufgeführten Tathandlungen, so fällt zweierlei auf. Zum einen könnte man bei unbedarfter Lektüre zu der Annahme verleitet sein, dass eine mittelbare Täterschaft durch „Herbeiführung oder Beförderung“ eines Irrtums nicht möglich war und solche Fälle stets eine Anstiftung darstellen mussten. Wie sich aber sogleich zeigen wird, war schon zur damaligen Zeit anerkannt, dass § 48 Abs. 1 StGB a. F. eine mittelbare Täterschaft durch Herbeiführung oder Ausnutzen eines Irrtums nicht ausschließt.75 Unbestreitbar folgt jedoch aus besagter, explizit in § 48 Abs. 1 StGB a. F. aufgeführter Tathandlung, dass es Fälle der Anstiftung durch Irrtumserregung oder –beförderung geben musste und diese Fallkonstellationen nicht allesamt der mittelbaren Täterschaft zugeschlagen werden konnten. Zum anderen fällt aber auch auf, dass die Mittel der Einwirkung des Anstifters auf den Vordermann nach § 48 Abs. 1 StGB a. F. – auch wenn die aufgelisteten Mittel nicht abschließend sind – stets eine gewisse Qualität haben. Es wurde daher auch 70

In der Fassung vom 01. 01. 1872. Vgl. unten unter Anhänge. Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 26 f. 72 Sauer, Allgemeine Strafrechtslehre, S. 174 spricht von einer künstlichen Erscheinung; Mittermaier, ZStW 21. Band (1901), S. 197 (212) von einer künstlichen Erweiterung; Hoegel, ZStW 37. Band (1916), S. 651 (667) und v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (293) sehen in der mittelbaren Täterschaft (respektive einzelnen Fallgruppen) lediglich eine Fiktion. 73 Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 22; Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 40; Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 1; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 16; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 14; Brandt, Grenzen der mittelbaren Täterschaft, S. 61; von Michael, Der Mensch als Werkzeug, S. 21 der sich insbesondere gegen die Bezeichnung der mittelbaren Täterschaft als fingierte Täterschaft ausspricht. 74 Die Hervorhebungen finden sich nicht im Zitat. 75 A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 511, 526; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 345. 71

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vertreten, dass „andere Mittel“ im Sinne des § 48 Abs. 1 a. E. StGB a. F. ebenfalls eine besonders starke Einflussnahme auf den Vordermann darstellen müssen und demnach eine bloße Aufforderung, Bitte oder Schaffung einer Gelegenheit nicht für die Annahme von Anstiftung ausreichend sein solle.76 Nach dieser Auffassung war die Reichweite der Anstiftung zur damaligen Zeit geringer als zur heutigen Zeit, in der weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass jede Art der kommunikativen Beeinflussung für die Annahme von Anstiftung genügt.77 Wenn man nun die weiteren Voraussetzungen einer Anstiftung in den Blick nimmt, stößt man auf das Erfordernis einer „strafbaren Handlung“. Hieraus wurde eine strenge Akzessorietät der Anstiftung abgeleitet und selbige wurde auch für die Beihilfe angenommen.78 Für eine Teilnahme war hiernach stets eine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhaft begangene Haupttat erforderlich.79 Auf Grund dieser strengen Akzessorietät der Teilnahme konnte somit unter anderem nicht als Anstifter bestraft werden, wer sich dadurch, dass er bei dem Vordermann einen den Vorsatz ausschließenden Irrtum erregte, eines anderen zur Tatbegehung bediente. Vielmehr war nur die „Herbeiführung“ oder „Beförderung“ solcher Irrtümer, die den Vorwurf der vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Begehung der Tat unberührt ließen, ein für die Anstiftung geeignetes Mittel.80 Die obige Definition von Motivirrtümern zu Grunde gelegt bedeutet dies, dass die erfassten Irrtümer, die zu einer Anstiftung führen konnten, allesamt Motivirrtümer waren.81 Bei Vorliegen von Nicht-Motivirrtümern tat sich jedoch eine Strafbarkeitslücke auf, da weder eine Bestrafung als Anstifter, noch als unmittelbarer Täter in Betracht kam. Aus diesem Grund bestand ein Bedürfnis diese, sich aus der strengen Akzessorietät der Teilnahme ergebende, Strafbarkeitslücke zu schließen. Daher wurde die mittelbare Täterschaft entwickelt.82 Es sollte ermöglicht werden, die Fälle, in denen eine

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Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 55. A. A. etwa Hälschner, Das gemeine deutsche Strafrecht, S. 400. 77 Vgl. etwa Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 26 Rn. 3. 78 Kohlrausch, StGB, 32. Auflage, § 48 Ziffer 2; Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 8. Auch als „extreme Akzessorietät“ bezeichnet, vgl. Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (147); Bockelmann, Über das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme, S. 1. 79 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 79; Vormbaum, Die Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29. Mai 1943, S. 29 f. 80 Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 17. 81 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 116; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 56; v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 48; Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 56 f.; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 344 f.; Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 75, 87; Hälschner, Das gemeine deutsche Strafrecht, S. 400, 402; Hälschner, Das preußische Strafrecht, S. 349 f. zu § 34 Preuß. StGB von 1851 welcher § 48 StGB a. F. fast wörtlich entsprach; Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 120. 82 Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 91.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

Strafbarkeit als Teilnehmer nicht gegeben war, strafrechtlich erfassen zu können.83 Ihr kam zunächst eine „Lückenbüßerfunktion“ zu.84 Binding beschreibt die Entwicklung der mittelbaren Täterschaft als Ergebnis der Anerkennung von Täterschaft bei nicht eigenhändiger Tatbegehung.85 Sie stelle eine Reaktion darauf dar, dass der Täter, statt die Tat eigenhändig zu begehen, sich eines mechanischen oder lebendigen Werkzeugs bedient. Handle es sich dabei um ein Tier, stelle dies kein Problem dar, da kein schuldfähiges Subjekt zu dem Täter hinzutritt. Einem tierischen Werkzeug wurde aus diesem Grund ein unzurechnungsfähiger Mensch als Werkzeug gleichgestellt, da auch in diesem Fall kein schuldfähiges Subjekt zu dem Täter hinzutritt.86 Die mittelbare Täterschaft basierte also auf dem Gedanken, dass der Hintermann auch bei der Benutzung eines Menschen zur Tatbegehung hafte, wie wenn es sich bei der benutzten Kraft um eine tierische oder mechanische Kraft gehandelt hätte.87 Die genannten Modalitäten sollten also hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Hintermanns nicht unterschiedlich behandelt werden.88 Mit den Worten des Reichsgerichts komme – sofern die Voraussetzungen einer Anstiftung nicht gegeben sind und sonstige Verhältnisse es nicht ausschließen – der allgemeine Rechtssatz zur Anwendung, „daß, wer sich einer fremden Hand zur Ausführung einer That bedient, für diese That ebenso haftet, als wenn er sie unmittelbar selbst ausgeführt hätte“.89 Würde man dies in Zweifel ziehen, so müsse man davon ausgehen, dass es hinsichtlich der Strafbarkeit nur auf äußerliche Körper83

Vgl. etwa Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 10. Käpernick, Die Akzessorietät der Teilnahme und die sog. mittelbare Täterschaft, S. 66; Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 9; Meyer, Die mittelbare Täterschaft, S. 7; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 2; Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 100; von Michael, Der Mensch als Werkzeug, S. 20 der von einem „Notbehelf“ spricht; Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 1, 8 der in der mittelbaren Täterschaft ein „Hilfsmittel“ sieht, aber den Begriff „Lückenbüßer“ ablehnt, da er nicht jede akzessorietätsbedingte Strafbarkeitslücke mit der mittelbaren Täterschaft schließen will; a. A. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 305 der den Begriff der mittelbaren Täterschaft, unter Berufung auf die Materialien zu den Beratungen zum preußischen StGB von 1851, als vom Gesetzgeber vorausgesetzt und damit als Voraussetzung der Akzessorietät der Teilnahme ansah und nicht als dessen Folge. Hiergegen wendete aber schon Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 72 zu Recht ein, dass die Materialien davon sprechen, dass der Begriff Teilnehmer einen vollverantwortlichen Täter voraussetze und daher mittelbare Täterschaft vorliege (vgl. Goltdammer, Materialien, S. 301) Ein Beleg für die These, dass die mittelbare Täterschaft Voraussetzung der Akzessorietät der Teilnahme war liegt hierin also nicht. 85 Binding, GS 1908, S. 1 (4 f.). 86 Binding, GS 1908, S. 1 (4 f.); Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 23. Gegen die Möglichkeit einen Menschen als Werkzeug zu benutzen: v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 56. 87 Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 99. 88 Denkschrift zu dem Entwurf von 1919, S. 43 (abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920). 89 RG, Urteil v. 17. 01. 1880 – Rep. 698/79, RGSt. 1, S. 146 (148 f.). So auch H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 304. 84

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bewegungen und nicht auf eine vorwerfbare, rechtswidrige Interessenverletzung ankomme.90 Maßgeblich war insgesamt jedenfalls der Gedanke, dass es unerheblich sei, ob der Hintermann ein Delikt mit seinen eigenen Händen begeht oder ob er zur Deliktsbegehung auf ein, sei es mechanisches, tierisches oder menschliches Werkzeug (in Form eines strafrechtlich nicht vollverantwortlichen Tatmittlers), zurückgreift.91 Man könnte daher sagen, dass die noch heute gängige Bezeichnung des Tatmittlers als menschliches Werkzeug darauf zurückgeht, dass mit dieser Umschreibung begründet werden sollte, weshalb eine Bestrafung mittels einer gesetzlich nicht geregelten Beteiligungsform möglich sein solle. Es sollte die Gleichstellung mit einem mechanischen Werkzeug erreicht werden und diese war nur soweit nötig, wie es zur Schließung von Strafbarkeitslücken erforderlich war. Man könnte sagen, die Begründung folgte der strafrechtlichen Notwendigkeit nach und daher sprach man von einem Werkzeug lediglich bei einem strafrechtlich nicht verantwortlichen Vordermann. Umgekehrt zu der Beschränkung der Werkzeugeigenschaft auf strafrechtlich nicht Vollverantwortliche, wurde angenommen, dass ein Bestimmen eines vollverantwortlichen und vorsätzlich Handelnden nach der insofern eindeutigen Norm des § 48 Abs. 1 StGB a. F. stets Anstiftung seien müsse.92 Die Anstiftung war schließlich zum damaligen Zeitpunkt im Unterschied zur mittelbaren Täterschaft explizit im Gesetz geregelt. Daher ging man davon aus, dass die mittelbare Täterschaft nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen der Anstiftung nicht vorlagen.93 Insofern konnte man von einem sekundären Täterbegriff sprechen,94 welcher einen Täter hinter dem Täter ausschloss.

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E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (120). Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (149). 92 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 100; Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 104; Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 10; Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 77, 87; Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (365); H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (250); H. Mayer, Strafrecht AT 1967, S. 160; Graetzer; Mittelbare Täterschaft in Bezug auf ihre begriffliche Möglichkeit bei den einzelnen Deliktsklassen, S. 9 f. Vgl. auch Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 46 ff. der die Annahme von mittelbarer Täterschaft an § 50 StGB a. F. scheitern ließ. 93 v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 209; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 16; v. Hippel, Lehrbuch des Strafrechts, S. 166; Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 104; Kohlrausch, StGB, 32. Auflage, Vorb. vor § 47 Ziffer 1, 2; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 56; Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (365); Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 9; Graetzer; Mittelbare Täterschaft in Bezug auf ihre begriffliche Möglichkeit bei den einzelnen Deliktsklassen, S. 9 f. Dies liegt wohl daran, dass zu diesem Zeitpunkt noch häufig der extensive Täterbegriff vertreten wurde. A. A. wohl A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 523. 94 Vgl. zu diesem unten Kapitel 3 VI. 2. 91

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

2. Versuche der Reform des Strafrechts Recht bald nach dessen Inkrafttreten wurde das Reichsstrafgesetzbuch als reformbedürftig angesehen.95 Daher setzten insbesondere mit Anfang des 20. Jahrhunderts Bemühungen ein, das Reichsstrafgesetzbuch und damit die Vorschriften zur Beteiligung zu reformieren.96 So trat im November 1902 ein aus namhaften Strafrechtslehrern bestehendes wissenschaftliches Komitee zusammen, welches bis 1909 eine umfassende vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts erarbeitete.97 Die weiteren Reformbemühungen wurden sodann vor allem von den jeweiligen Regierungen angestrengt, welche wiederum Expertenkommissionen Entwürfe erarbeiten lies. Diese Entwürfe wurden publiziert, von der wissenschaftlichen Literatur ausgewertet und um eigene Vorschläge bereichert.98 Auch eine Vielzahl von Monografien widmete sich der mittelbaren Täterschaft im Kontext zu Reformentwürfen.99 Es kann demnach durchaus von einer regen wissenschaftlichen Diskussion gesprochen werden. Erwähnung soll nun zuerst der Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch der Sachverständigen-Kommission von 1909 finden. Dieser hielt noch an der strengen Akzessorietät der Teilnahme fest, verzichtete auf eine Regelung des Begriffs der mittelbaren Täterschaft und behielt auch die Regelung der Anstiftung – mit Ausnahme von der Umschreibung der Tatmodalitäten – bei.100 Die vorgesehenen Änderungen durch diesen Vorentwurf betrafen somit nicht die mittelbare Täterschaft. Allerding führte er zu dem Gegenentwurf der Professoren Goldschmidt, Kahl, v. Lilienthal und v. Liszt von 1911.101 Dieser wiederum sah eine bemerkenswerte Ausdehnung des Anwendungsbereiches der mittelbaren Täterschaft vor. So enthielt der § 31 folgende Regelung zur Täterschaft:102 „Als Täter wird auch derjenige bestraft, der bei Ausführung der ihm zurechenbaren strafbaren Handlung mitwirkt oder ihre Ausführung durch einen anderen bewirkt oder pflichtwidrig zuläßt.“ 95

Vormbaum, in: Handbuch des Strafrechts, § 9 Rn. 27. Vgl. den Überblick in v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 73 ff. 97 v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 74. 98 Vgl. etwa die Kritik von Binding an den Entwürfen von 1909, 1911 und 1913, sowie dessen Alternativvorschlag (Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 378 ff.), sowie die Beiträge von Kretschmann, ZStW 43. Band (1922), S. 34 (39 ff.); Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 ff. 99 Etwa Heinze, Die mittelbare Täterschaft in den neueren Strafgesetzentwürfen; Brandt, Grenzen der mittelbaren Täterschaft im geltenden und künftigen Strafrecht; Koch, Die mittelbare Täterschaft Bemerkungen zur Täterschafts-Teilnahme-Regelung in dem Entwurf der Amtlichen Strafrechtskommission; Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 91 ff. 100 Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 8; Brandt, Grenzen der mittelbaren Täterschaft, S. 55. Vgl. 7. Abschnitt des Vorentwurfes (Teilnahme) und insbesondere § 78 zur Anstiftung (Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, S. 17). 101 v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 75. 102 Kahl/v. Liszt/v. Lilienthal/Goldschmidt, Gegenentwurf, S. 9. 96

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§ 32 fasste die Anstiftung zudem wie folgt:103 „Wer einen anderen zu dem von ihm begangenen Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich bestimmt hat, wird, soweit er wegen Fehlens eines gesetzlichen Merkmals nicht nach § 31 als Täter bestraft werden kann, als Anstifter gleich dem Täter bestraft.“

In diesem Gegenentwurf sollte das Verhältnis von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung geradezu umgekehrt werden. War die mittelbare Täterschaft bisher der Lückenbüßer, so sollte die Anstiftung nun lediglich noch die Lücken schließen, welche in den Fällen verblieben, in denen eine Bestrafung auf Grund von Täterschaft nach § 31 nicht möglich war.104 Die mittelbare Täterschaft sollte dagegen ausgedehnt werden und auch ein Begehen der Tat durch einen strafrechtlich verantwortlichen Vordermann erfassen.105 Einen ähnlich weitgehenden Gesetzesvorschlag äußerte zu dieser Zeit Binding.106 Er wollte unter dem mittelbaren Täter jeden verstehen, der einen Straftatbestand durch einen unmittelbaren Täter verwirklicht hat, wobei nur ein schuldiger Täter strafbar sei. Die Anstiftung, welche als Urheberschaft bezeichnet wird, ist dagegen auf das Bestimmen eines Täters zur Verwirklichung eines Tatbestands reduziert, zu dem ihm die gesetzlichen Tätereigenschaften oder der Täterwille fehlt.107 Hiernach liegt, sofern der Hintermann nur die gesetzlichen Tätereigenschaften und den Täterwillen aufweist, stets mittelbare Täterschaft bei Bestimmung eines Vordermanns zur Verwirklichung eines Straftatbestands vor, unabhängig davon, ob und wie der Vordermann selbst strafbar ist. Diese, mit einer massiven Einschränkung des Anwendungsbereichs der Anstiftung zu Gunsten der mittelbaren Täterschaft verbundenen, Vorschläge konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Auf den Gegenentwurf folgte der Entwurf der Strafrechtskommission 1913 („E 1913“), der zwar bereits 1913 vorlag, wegen des Kriegsausbruchs jedoch erst 1920 veröffentlicht werden sollte.108 Dieser Entwurf sah nun eine Kodifizierung der mittelbaren Täterschaft vor. So liest sich in dessen § 33:109 „(1) Täter ist, wer eine strafbare Handlung selbst begeht. (2) Mittelbarer Täter ist, wer vorsätzlich veranlaßt, daß die Tat durch einen anderen zur Ausführung gelangt, der nicht selbst die strafbare Handlung mit dem zum Tatbestand erforderlichen Vorsatz begeht, oder der wegen fehlender Zurechnungsfähigkeit (§ 20 Abs. 1), wegen jugendlichen Alters (§§ 21, 22) oder wegen Taubstummheit (§ 23) nicht schuldhaft handelt. (3) Der mittelbare Täter wird als Täter bestraft.

103 104 105 106 107 108 109

Kahl/v. Liszt/v. Lilienthal/Goldschmidt, Gegenentwurf, S. 10. Heinze, Die mittelbare Täterschaft, S. 8 f. Kahl/v. Liszt/v. Lilienthal/Goldschmidt, Begründung – Gegenentwurf, S. 47. Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 400. Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, S. 400. Vormbaum, in: Handbuch des Strafrechts, § 9 Rn. 32. Abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft (4) Er bleibt als mittelbarer Täter auch dann strafbar, wenn sich nachträglich ergibt, daß der andere die strafbare Handlung vorsätzlich begangen und schuldhaft gehandelt hat.“

Auf diesen Entwurf folgte nach Kriegsende der Entwurf von 1919 („E 1919“), welcher unter Leitung des damaligen Staatssekretärs im Reichsjustizministerium Curt Walter Joël in der Zeit vom 15. 04. 1918 bis zum 21. 11. 1919 entstand und 1920 veröffentlicht wurde.110 Dieser Entwurf sah in seinem § 26 ebenfalls eine Regelung der mittelbaren Täterschaft vor:111 „(1) Täter ist, wer eine Straftat selbst begeht. (2) Mittelbarer Täter ist, wer vorsätzlich veranlaßt, daß eine Straftat durch einen anderen zur Ausführung gelangt, der diese Tat nicht selbst vorsätzlich begeht oder der nicht zurechnungsfähig ist. Mittelbare Täterschaft liegt auch dann vor, wenn sich nachträglich ergibt, daß der andere in Wahrheit die Straftat vorsätzlich begangen hat und zurechnungsfähig war. (3) Der mittelbare Täter wird als Täter bestraft.“

Zu diesem Entwurf wurde in einer Denkschrift ausgeführt, dass „nicht zurechnungsfähig“ im Sinne des § 26 Abs. 2 S. 1 auch Taubstumme, Jugendliche und Kinder seien, sodass der Entwurf sich somit mit dem von 1913 decke und lediglich einfacher gefasst sei.112 Beide Entwürfe enthielten demnach im Grunde dieselbe Regelung. Sie scheuten sich nicht die mittelbare Täterschaft auch als solche zu bezeichnen und beschränkten diese auf die Hauptanwendungsfälle, zu der sie im Rahmen ihrer „Lückenbüßerfunktion“ entwickelt wurde. Nach der Denkschrift liege der Unterschied zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung in der inneren Stellung zum Erfolg. Der mittelbare Täter betrachte den Vordermann als sein Werkzeug. Er geht davon aus, dass der Vordermann die Tat weder selbst begehen könne noch wolle.113 Tauglicher Tatmittler war hiernach somit nur der nicht vorsätzlich Handelnde und der nicht zurechnungsfähige Vordermann. Damit wäre die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter grundsätzlich gesetzlich ausgeschlossen gewesen. Eine Ausnahme bestand jedoch im Falle eines Irrtums auf Seiten des Hintermanns. Ging der Hintermann irrig davon aus, dass der Vordermann nicht vorsätzlich handeln würde oder unzurechnungsfähig war, so sahen der „E 1913“ in seinem § 33 Abs. 4 und der „E 1919“ in § 26 Abs. 2 S. 2 vor, dass der Hintermann dennoch mittelbarer Täter sein sollte.114 In dieser Konstellation wäre also ein Täter hinter dem Täter gegeben, wenngleich auch die Denkschrift in diesem Falle von einer 110

Schubert, in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. IX, 3 f. 111 Abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920. 112 Denkschrift zu dem Entwurf von 1919, S. 43 (abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920). 113 Denkschrift zu dem Entwurf von 1919, S. 43 (abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920). 114 Freilich wurde diese Irrtumskonstellation in der Strafrechtsliteratur dieser Zeit auch anders beurteilt. Vgl. etwa A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 497, 514 der darauf abstellt, dass der Irrtum nicht die fehlende Täterschaft ersetzen könne.

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft

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Strafbarkeit „neben“ dem unmittelbaren Täter spricht.115 Obgleich der „E 1919“ von den Ländern positiv aufgenommen wurde,116 wurde er jedoch nie Gesetz. In der Folgezeit wurden die Reformbestrebungen unter dem neuen Reichsjustizminister Gustav Radbruch wiederaufgenommen. Basierend auf dem „E 1919“ und dem Österreichischen Gegenentwurf von 1922117 wurde der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 entwickelt118 und mündete schließlich in der Reichsratsvorlage von 1925.119 In dieser Vorlage wurde auf Regelungen zur Täterschaft gänzlich verzichtet und lediglich in §§ 25, 26 Vorschriften zu Anstiftung und Beihilfe geschaffen, wobei Anstiftung als das vorsätzliche Veranlassen der Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen umschrieben wurde.120 Ferner wurde in § 27 – unter dem Titel „Selbständige Strafbarkeit des Teilnehmers“ – festgelegt, dass die Strafbarkeit von Anstifter und Gehilfe unabhängig von der des Ausführenden zu bestimmen sei.121 Die Begründung sagt hierzu aus, dass die mittelbare Täterschaft durch die Aufgabe der strengen Akzessorietät in Form der Anknüpfung an fremdes, schuldhaftes Handeln entbehrlich gemacht wird.122 So sei für eine Anstiftung lediglich eine rechtswidrige Handlung erforderlich, die den objektiven Tatbestand einer Strafnorm erfüllt.123 Die Reichsratsvorlage 1925 ging also genau den entgegengesetzten Weg im Vergleich zum „E 1919“. Während letzterer die damalige Rechtslage ins Gesetz übernehmen und die mittelbare Täterschaft auf ihre (weitgehend anerkannten) Hauptanwendungsfälle beschränken wollte, suchte die Reichsratsvorlage von 1925 die mittelbare Täterschaft insgesamt obsolet zu machen, indem der Anwendungsbereich der Anstiftung ausgedehnt wurde. Mit diesem Entwurf wäre der Anwendungsbereich der mittelbaren 115

Denkschrift zu dem Entwurf von 1919, S. 44 (abgedruckt in: Entwürfe zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Berlin 1920). 116 Schubert, in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. X. 117 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 115 ff. Dieser Entwurf sah in den §§ 27, 29 eine Aufteilung in Urheberschaft und Beihilfe vor, wie sie in den Partikulargesetzen der deutschen Länder vor der Reichsgründung 1871 verbreitet war. 118 Schubert, in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. X f. 119 Schubert, in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. XXI. 120 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 204. 121 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 204. 122 Seite 25 der Begründung, abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 265. Auch die verbleibenden Fallgruppen der mittelbaren Täterschaft sollten entbehrlich gemacht werden, vgl. Seite 27 der Begründung a. a. O. S. 267. 123 Seite 26 der Begründung, abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 266.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

Täterschaft tatsächlich stark eingeschränkt124 und der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter die Grundlage entzogen worden. Doch wurden der Entwurf und die Begründung noch leicht verändert, bevor sie dem Reichstag vorgelegt wurden. In der Reichstagsvorlage von 1927 war nun in § 28 wieder eine Regelung zur Mittäterschaft zu finden und Anstiftung wurde als vorsätzliche Veranlassung der Ausführung der Tat eines anderen umschrieben.125 Unverändert wurde die Regelung zur selbständigen Strafbarkeit des Teilnehmers aus der Reichsratsvorlage in § 31 übernommen.126 Die Begründung zur Reichstagsvorlage von 1927 zeigt jedoch auf, dass die mittelbare Täterschaft nicht mehr gänzlich, sondern nur noch teilweise obsolet werden sollte.127 Zwar war mit § 31 eine Aufhebung der strengen Akzessorietät verbunden, jedoch nur in Bezug auf die Zurechnungsfähigkeit, also in Bezug auf die Schuld des Täters. Eine vorsätzlich begangene Haupttat war weiterhin erforderlich.128 Die Fallgruppe der Benutzung eines unvorsätzlich handelnden Vordermanns sollte damit weiterhin der mittelbaren Täterschaft unterfallen. Bedingt durch die Wirren der letzten Jahre der Weimarer Republik, welche durch die häufige Auflösung des Reichstags geprägt waren, sowie durch die Verweigerung von konstruktiver Mitarbeit auf Seiten der NSDAP und der KPD, kamen die Reformbemühungen jedoch letztlich zum Erliegen.129 Auch die Reichstagsvorlage von 1927 wurde daher nicht umgesetzt. Die Reichstagsvorlagen 1925 und 1927 wollten beide die mittelbare Täterschaft wie gezeigt zumindest weitgehend entbehrlich machen.130 Dieser Versuch wurde aber durchaus auch kritisch gesehen.131 So weist Drost darauf hin, dass die mittelbare Täterschaft auch dann nicht gänzlich entbehrlich gemacht worden wäre, wenn eine Teilnahme schon bei einer rechtswidrigen Tat möglich wäre, welche nur den objektiven Tatbestand erfüllt. Damit wäre zum einen der Fall der Benutzung eines rechtmäßig handelnden Vordermanns und zum anderen die Fälle nicht erfasst, in denen der Vordermann den objektiven Tatbestand nur teilweise erfüllt.132 Das Bedürfnis nach der mittelbaren Täterschaft als Lückenfüller bestünde mithin weiter. Solange die Teilnahme von der rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung abhängig 124 Nach H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (249) wäre sie sogar insgesamt beseitigt worden. A. A. Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 20 f. 125 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 440. 126 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 440. 127 Seite 27 der Begründung, abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 507. 128 Abgedruckt in: Schubert/Regge (Hrsg.), Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, Band 1, S. 508. 129 Vormbaum, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, S. 176 ff. 130 Hierfür ebenfalls: Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 66 f. 131 Vgl. etwa Schulze, Die mittelbare Täterschaft, S. 35 ff. 132 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (368 f.).

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft

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macht, könne man die mittelbare Täterschaft mithin nicht gänzlich entbehrlich machen.133 In puncto Reichweite der mittelbaren Täterschaft bleibt insgesamt festzustellen, dass alle Bestrebungen von Seiten der Regierung respektive den – von dieser eingesetzten – Kommissionen dahingingen, die mittelbare Täterschaft einzugrenzen. Selbst der „E 1913“ und der „E 1919“, welche diesbezüglich noch am großzügigsten waren, sahen eine Beschränkung der mittelbaren Täterschaft auf die Benutzung eines nicht vorsätzlichen oder nicht schuldhaft handelnden Vordermanns vor. Darüber hinaus gingen auch die Vorschläge in der Literatur weitgehend dahin, die mittelbare Täterschaft auf die Verwendung eines Tatmittlers, welcher nicht selbst Täter ist, zu beschränken.134 Vorschläge, wie der Gegenentwurf von Goldschmidt, Kahl, v. Lilienthal und v. Liszt von 1911 die dahin gingen, die mittelbare Täterschaft zu stärken bzw. ihren Anwendungsbereich zu erweitern, blieben vereinzelt. So sah es etwa noch Drost als für die mittelbare Täterschaft unerheblich an, ob der Tatmittler sich selbst strafbar gemacht hat oder nicht.135 Er betrachtete die Benutzung eines strafrechtlich verantwortlichen Täters als Tatmittler als möglich und lediglich wegen der gesetzlichen Regelung des § 48 Abs. 1 StGB a. F. als der Anstiftung unterstellt.136 Drost schlug daher vor die mittelbare Täterschaft so zu regeln, dass sie unabhängig von der strafrechtlichen Qualifikation des Tatmittlers möglich ist.137 Dieser Vorschlag stellt jedoch, wie bereits deutlich wurde, eine Ausnahme von der vorherrschenden Auffassung dieser Zeit dar. Die ganz überwiegende Tendenz ging dahin, die mittelbare Täterschaft auf den bereits anerkannten Bereich zu beschränken oder gleich ganz entbehrlich zu machen.

3. Die Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 Zu Zeiten der NS-Herrschaft wurden die Reformbemühungen zwar wieder aufgenommen, scheiterten jedoch an dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges und dem Unwillen Hitlers zu Kriegszeiten grundlegende Gesetze zu erlassen.138 Dennoch kam 133 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (372); vgl. auch Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 17 Fn. 67. Dies gilt im Übrigen auch in die andere Richtung. Auch die Anstiftung kann nicht zur Gänze in der mittelbaren Täterschaft aufgehen, da andernfalls bei eigenhändigen Delikten und Sonderdelikten keine Bestrafung des, den Tatentschluss des Vordermanns weckenden Hintermanns möglich wäre [vgl. Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (372)]. 134 Etwa Meyer, Die mittelbare Täterschaft, S. 53; Schulze, Die mittelbare Täterschaft, S. 36 f. 135 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (375). Ebenso: Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 14. 136 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (375). Ebenso: Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 55 f. 137 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (376). 138 Vormbaum, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, S. 202.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

es mit der Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29. 05. 1943139 zu einer Änderung der Vorschriften über die Beteiligung mehrerer. Der Erlass dieser Verordnung fußte wohl auf dem Bestreben zumindest einen Teil der gescheiterten Strafrechtsreform umsetzen zu können.140 Mithin wurden unter anderem die §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 StGB a. F. geändert.141 § 48 Abs. 1 StGB a. F. blieb, was seine Umschreibungen der Tathandlung anbelangt, unverändert. Es wurde jedoch der Passus „strafbare Handlung“ durch „mit Strafe bedrohten Handlung“ ersetzt: „Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen zu der von demselben begangenen mit Strafe bedrohten Handlung durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Missbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat.“142

Des Weiteren kam es zu einer entscheidenden Änderung bei § 50 Abs. 1 StGB a. F. Dieser wurde wie folgt gefasst: „Sind mehrere an einer Tat beteiligt, so ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar.“143

Darüber, welche Konsequenzen diese Änderungen hatten, wurde sodann lebhaft gestritten.144 Vereinzelt wurde angenommen, dass diese Änderungen die strenge Akzessorietät der Teilnahme unangetastet gelassen und die Urheberschaft als Form der Beteiligung (wieder-)eingeführt hätten.145 Entgegen dieser Auffassung bestand jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass insbesondere durch die Änderung des § 50 Abs. 1 StGB a. F., die strenge Akzessorietät zugunsten einer limitierten Akzessorietät beseitigt wurde.146 Uneins war man sich aber wie weit diese Limitierung 139

Verordnung zur Angleichung des Strafrechts des Altreichs und der Alpen- und DonauReichsgaue v. 29. 05. 1943, RGBl. 1943 I S. 339 (341 f.). 140 Vormbaum, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, S. 211. 141 Vgl. die jeweiligen Gesetzesfassungen ab 15. 06. 1943. Normen abgedruckt unter Anhänge. 142 So die Formulierung des Gesetzes in der Fassung vom 15. 06. 1943 bis 01. 01. 1975. Die Hervorhebung findet sich nicht im Gesetzestext. 143 So die Formulierung des Gesetzes in der Fassung seit 15. 06. 1943. 144 Vgl. nur den Überblick über das damalige Meinungsspektrum bei Bockelmann, GA 1954, S. 193 (194 ff.). 145 So H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 327; H. Mayer, Strafrecht AT 1967, S. 158. Diesen Ansatz verteidigt H. Mayer ausführlich in: FS-Rittler 1957, S. 243. 146 Vgl. Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 167; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 113; Bockelmann, GA 1954, S. 193 (193, 196); BGH, Urteil v. 01. 10. 1953 – 4 StR 224/53, NJW 1953, S. 1878 (1878). An dieser Stelle sei jedoch nicht verschwiegen, dass die strenge Akzessorietät nach dem StGB teilweise schon vor der Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 aufgebrochen wurde. Dies geschah außerhalb des StGB. So verfügte § 4 des Jugendgerichtsgesetzes von 1923, dass die Strafe von Anstifter und Gehilfe nicht von den Vorschriften über die Schuldunfähigkeit von Kindern und Jugendlichen nicht berührt werde. Von einer gesonderten Darstellung wird hier jedoch abgesehen, um den Rahmen der Untersuchung nicht über Gebühr zu erweitern. Vgl. zu den Problemen dieser

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft

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reichen sollte. Zu der damaligen Zeit wurde der Vorsatz schließlich verbreitet als Schuldmerkmal angesehen.147 Daher wurde auch eine Anstiftung und eine Beihilfe an unvorsätzlicher Tat für möglich gehalten.148 Oder es wurde lediglich gefordert, dass der Teilnehmer davon ausgeht, dass der Vordermann vorsätzlich handelt, ohne dass dies tatsächlich so sein musste.149 Aber auch damals wurde schon vertreten, dass die Limitierung der Akzessorietät lediglich zur Folge hatte, dass keine schuldhafte Haupttat mehr gegeben sein musste, sehr wohl jedoch eine vorsätzliche Haupttat.150 Unabhängig von der Frage der Reichweite der Limitierung der Akzessorietät ist jedenfalls die Konsequenz der Aufgabe der strengen Akzessorietät. Durch diese endete die reine „Lückenbüßerfunktion“ der mittelbaren Täterschaft, da auch eine Anstiftung eines schuldlos Handelnden respektive sogar eines vorsatzlos Handelnden möglich wurde. In diesem Bereich war nun folglich die Anstiftung auch von der mittelbaren Täterschaft abzugrenzen.151 Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass nicht stets mittelbare Täterschaft angenommen wurde, wenn ein selbst nicht strafrechtlich Verantwortlicher zur Deliktsbegehung benutzt wurde. Vielmehr verblieb trotz der Entwicklung der mittelbaren Täterschaft noch eine Strafbarkeitslücke. So kam mittelbare Täterschaft nach herrschender Ansicht nicht in Betracht, wenn das betreffende Delikt ein eigenhändiges Delikt ist oder ein solches, dass bestimmte Täterqualitäten voraussetzt.152 Wegen der strengen Akzessorietät war daher bei unvorsätzlich oder schuldlos handelndem Vordermann keine Bestrafung des Hintermanns möglich oder nur dann, wenn es sich bei diesem um einen intraneus handelt. Diese Lücke wollten bereits die Reichstagsvorlagen 1925 und 1927 schließen.153 Diejenigen, die nach der Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 von der Möglichkeit der Teilnahme an unvorsätzlicher Haupttat ausgingen, sahen hierin nun die Chance diese Strafbarkeitslücken zu schließen.154 Dagegen sah Bockelmann in einer Teilnahme an unvorsätzlicher Haupttat die Einebnung des Unterschiedes zwischen mittelbarer Täzeitweise nur teilweise limitierten Akzessorietät Sauer, Allgemeine Strafrechtslehre, S. 174. Norm abgedruckt unter Anhänge. 147 Etwa: Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 1; Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 18; Wachenfeld, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, S. 189; Sauer, Allgemeine Strafrechtslehre, S. 130; von Michael, Der Mensch als Werkzeug, S. 24; Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 5. 148 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 168 f.; BGH, Urteil v. 01. 10. 1953 – 4 StR 224/53, NJW 1953, S. 1878 (1878); BGH, Urteil v. 22. 10. 1953 – 4 StR 112/53, NJW 1954, 119. 149 Dahm, NJW 1949, S. 809 (810). 150 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 113. 151 Vgl etwa BGH, Urteil v. 01. 10. 1953 – 4 StR 224/53, NJW 1953, S. 1878 (1879); Baumann, JZ 1958, S. 230 (230). 152 Bockelmann, Über das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme, S. 3. 153 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (359 f.). 154 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 169; BGH, Urteil v. 01. 10. 1953 – 4 StR 224/53, NJW 1953, S. 1878 (1879).

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

terschaft und Anstiftung sowie in den Entscheidungen des BGH die dieser Ansicht folgten, eine Umdeutung von Täterschaft zu Teilnahme.155 Schließlich mussten diejenigen, die das Verhältnis von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme derart durch die Akzessorietät geprägt sahen, dass eine Eingrenzung der Akzessorietät zur Reduzierung der Fallgruppen mittelbarer Täterschaft und ein Aufheben der Akzessorietät zu einem Verschwinden der mittelbaren Täterschaft führt,156 zu dem Schluss kommen, dass die mittelbare Täterschaft durch die Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 eingeengt wurde.157 Gänzlich entbehrlich wurde die mittelbare Täterschaft dagegen nicht. Eine Teilnahme setzt auch bei limitierter Akzessorietät noch eine rechtswidrige Haupttat voraus. Im Bereich der Benutzung eines rechtmäßig handelnden Vordermanns, konnte also weiterhin lediglich mittelbare Täterschaft gegeben sein.158

4. Der Weg zur Strafrechtsreform Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurden die Arbeiten an einer Gesamtreform des Strafrechts in der Bundesrepublik Deutschland wiederaufgenommen. Im Frühjahr 1954 wurde eine Große Strafrechtskommission unter Vorsitz des damaligen Justizministers Neumayer einberufen.159 Als Ergebnis der Beschlüsse der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung, veröffentlichte das Bundesjustizministerium 1958 einen Entwurf eines Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs. Nach diesem Entwurf sah § 28 folgende Regelung vor:160 „(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst ausführt. (2) Als Täter wird auch bestraft, wer vorsätzlich die Straftat durch einen anderen ausführt, der ohne Vorsatz oder trotz Vorsatzes schuldlos handelt oder bei dem nicht die besonderen persönlichen Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) oder besondere Absichten vorliegen, welche die Strafbarkeit begründen.“

Auch dieser Entwurf sollte den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft auf einen engen Bereich festlegen und hätte die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ausgeschlossen.161 Dagegen sollte der Einsatz eines rechtmäßig handelnden Vordermanns weiterhin erfasst bleiben.162 Der Entwurf wurde daher auch als an alten 155 156

S. 70 f. 157

Bockelmann, GA 1954, S. 193 (194, 209). Etwa Käpernick, Die Akzessorietät der Teilnahme und die sog. mittelbare Täterschaft,

Sauer, Allgemeine Strafrechtslehre, S. 175. Sauer, Allgemeine Strafrechtslehre, S. 175. 159 Vormbaum, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, S. 239. 160 Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs (1958), S. 10. 161 Vgl. Baumann, JZ 1958, S. 230 (230, 235), der in dem Entwurf eine übermäßige Einengung der mittelbaren Täterschaft sieht. 162 Begründung zum Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs (1958), S. 37. 158

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft

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respektive veralteten Anschauungen anknüpfend kritisiert.163 Interessant erscheint auch, dass sich zunächst die Mehrheit der Kommission dafür ausgesprochen hatte, die Vorschrift komplett zu streichen und ein anderer Teil bereits forderte, die Vorschrift zur Täterschaft so zu fassen, wie sie heute in § 25 Abs. 1 StGB festgeschrieben ist.164 Im Folgenden wurden die Ergebnisse der Großen Strafrechtskommission einer Länderkommission zur Überprüfung vorgelegt, was zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 führte.165 In diesem E 1960, der dem Deutschen Bundestag am 03. November übersandt wurde, war dann schließlich in § 29 Abs. 1 Alt. 2 der Wortlaut der heutigen gesetzlichen Regelung zu finden.166 Dabei wird in dem E 1960 bereits betont, dass die Rechtsentwicklung nicht gestört werden und deshalb Kontroversen in der Lehre bewusst nicht entschieden werden sollten.167 Dies sollte insbesondere für die Problematik der Behandlung eines vollverantwortlichen Vordermanns gelten.168 Bei dieser Formulierung der mittelbaren Täterschaft und der Begründung sollte es sodann auch bei dem Entwurf „E 1962“ und dem AlternativEntwurf aus der Wissenschaft bleiben.169 1969 kam es schließlich zu zwei Reformgesetzen.170

5. Nach der Strafrechtsreform von 1975 Mit dem zweiten Gesetz zur Reform des Strafrechts171 wurden die Beteiligungsvorschriften neu geregelt. Es wurden die Irrtumserregung oder Beförderung als Mittel der Anstiftung respektive sämtliche Umschreibungen der Handlungen, die ein Bestimmen zur Haupttat darstellen können, gestrichen. Deutlicher geregelt wurden dafür die limitierte Akzessorietät und deren Reichweite. So wurde in §§ 26, 27 Abs. 1 StGB eine vorsätzlich begangene, rechtswidrige Tat zur Voraussetzung der Teilnahme normiert und damit der Streit, ob eine Teilnahme an einer unvorsätzlichen Haupttat möglich ist, entschieden. Gleichzeitig wurde die mittelbare Täterschaft erstmals in § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB kodifiziert. In dieser Regelung sollte dabei bereits zum Ausdruck kommen, dass beim Einsatz eines anderen zur Tatbegehung primär mittelbare Täterschaft gegeben sein soll und nur bei Nichtvorliegen der

163 164 165 166 167 168 169 170 171

Sax, ZStW 69. Band (1957), S. 412 (431). Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuchs (1958), S. 10 Fn. 13. Vormbaum, in: Handbuch des Strafrechts, § 9 Rn. 39. Vgl. BT-Drs. III/2150, S. 15. BT-Drs. III/2150, S. 139. BT-Drs. III/2150, S. 141. BT-Drs. IV/650, S. 15, 149; BT-Drs. V/2285, S. 4. Vormbaum, in: Handbuch des Strafrechts, § 9 Rn. 43 f. 2. StrRG v. 04. 07. 1969; BGBl. I 1969, S. 717 – 742.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

Täterschaftsmerkmale eine Teilnahme zu prüfen sei,172 womit eine weitere Streitfrage entschieden wurde. Nunmehr ist also ein primärer Täterbegriff gegeben und Anstiftung kommt nur dann in Betracht, sofern nicht die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft vorliegen. Bei der Umschreibung der mittelbaren Täterschaft beschränkte sich der Gesetzgeber jedoch bewusst auf die Formulierung, dass derjenige Täter ist, der die Tat „durch einen anderen begeht“. In Bezug auf den Wortlaut dieser offenen Umschreibung bestand Einigkeit zwischen dem Entwurf 1962 und dem Alternativentwurf 1966.173 Die Gesetzesbegründung sagt hierzu, dass auf eine nähere Umschreibung verzichtet wird, da „verschiedene Fragen, namentlich die rechtliche Beurteilung des vollverantwortlichen Tatmittlers, noch der Klärung durch die Wissenschaft bedürfen und der Rechtsentwicklung insoweit nicht vorgegriffen werden sollte“.174 Der Wortlaut wurde somit bewusst offen gewählt und steht keinem der möglichen Lösungswege entgegen. Gerade die hier thematisierte Fragestellung, ob ein vollverantwortlich Handelnder, aber einem Motivirrtum im Sinne der oben genannten Definition unterliegender Täter auch Tatmittler sein kann, wurde vom Gesetzgeber bewusst offengelassen und der Ausarbeitung durch Rechtsprechung und Literatur überantwortet. Doch auch wenn sich der Gesetzgeber insofern in vornehmer Zurückhaltung übte, ist jedenfalls das früher ins Feld geführte Argument, dass es wegen § 48 Abs. 1 StGB a. F. der gesetzlichen Wertung entspricht, dass das zur Tat Bestimmen eines vollverantwortlichen Täters zwingend Anstiftung und nicht mittelbare Täterschaft sei,175 spätestens hiermit, wenn nicht schon mit Aufgabe der strengen Akzessorietät, überholt. Allerdings könnten die zu § 48 Abs. 1 StGB a. F. gewonnenen Erkenntnisse doch der oben aufgezeigten Möglichkeit, das Hervorrufen jedweden Motivirrtums als für die Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreichend anzusehen, entgegenstehen. Mithin könnte sich hiernach die Auffassung, dass Anstiftung, abgesehen von den Fällen in denen dem Hintermann die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen fehlen und mittelbare Täterschaft damit schon von vornherein ausscheidet, lediglich bei irrtumsfreiem Hervorrufen des Tatentschlusses gegeben sein kann, in Anbetracht der Entwicklungsgeschichte der Anstiftung verbieten. Immerhin erfasste § 48 Abs. 1 StGB a. F. ja gerade die absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines 172

Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. Dies entspricht dem restriktiven Täterbegriff. Vgl. unten Kapitel 3 VI. 1. 173 Vgl. § 29 Abs. 1 im E 1962 (BT-Drs. IV/650, S. 15) und § 27 Abs. 1 im AE 1966 (BTDrs. V/2285, S. 4). 174 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. Damit ging der Gesetzgeber in der BRD einen anderen Weg als der Gesetzgeber in der DDR. Nach § 22 Abs. 1 DDR-StGB war nur derjenige mittelbarer Täter, der die Tat durch einen anderen ausführen lässt, der für diese Tat selbst nicht verantwortlich ist. 175 Siehe nur Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 100.

III. Die Historie der mittelbaren Täterschaft

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Irrtums als Mittel der Anstiftung. Würde man also Hervorrufen jedweden Motivirrtums als für die Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreichend ansehen, so würden lediglich solche, der Anstiftung zurechenbaren Fälle der Irrtumserregung verbleiben, bei welchen es sich beim Hintermann um einen extraneus handelt oder bei denen es sich bei dem vom Vordermann verübten Delikt um ein eigenhändiges handelt. Die Anstiftung durch Irrtumserregung wäre zu einer Art „Ausfallhaftung“ degradiert. Auch wenn es der Gesetzgeber der Klärung durch Rechtsprechung und Literatur überlassen wollte, ob ein Vollverantwortlicher auch Tatmittler sein kann,176 so darf dennoch bezweifelt werden, ob eine derart weite Reduzierung des Anwendungsbereichs der Anstiftung mit der Gesetzeslage zu vereinbaren gewesen wäre, da § 48 Abs. 1 StGB a. F. die „Herbeiführung oder Beförderung“ eines Irrtums ohne Eingrenzung als Mittel der Anstiftung aufführte. Nun stellt die alte Rechtslage freilich nicht ohne weiteres ein Argument gegen die eben erwähnte Auffassung dar. Schließlich hat der Gesetzgeber sämtliche Modalitäten des Bestimmens zur Tat gestrichen und nicht in den § 26 StGB n. F. übernommen. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber diese Modalitäten lediglich deshalb gestrichen hatte, weil sie zum einen nicht abschließend waren und zum anderen auch bei den aufgeführten Mitteln mittelbare Täterschaft gegeben sein kann.177 Was die Änderung aber nicht mit sich bringen sollte, ist eine inhaltliche Änderung des Rechts. Vielmehr sollte lediglich der Gesetzeswortlaut verbessert werden.178 Aus diesem Grund muss wohl davon ausgegangen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass weiterhin, auch außerhalb der Fälle bei denen dem Hintermann die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen fehlen, Fälle der Erregung von Irrtümern als Fälle der Anstiftung anzusehen sind und die Anstiftung in diesem Bereich nicht auf eine „Ausfallhaftung“ für Fälle, bei denen es sich beim Hintermann um einen extraneus handelt oder das Delikt ein eigenhändiges ist, reduziert werden soll. Anders ausgedrückt soll nicht die Erregung oder das Ausnutzen jedweden Motivirrtums ein Fall der mittelbaren Täterschaft darstellen. Zu demselben Ergebnis kommt man bei einer zusammenfassenden Würdigung der Rechtsentwicklung bis zur Strafrechtsreform von 1975. Die mittelbare Täterschaft wurde entwickelt, um die Lücken zu schließen, welche durch die strenge Akzessorietät der Teilnahme entstanden. Sie sollte nicht an die Stelle der Anstiftung – auch nicht im Bereich der Irrtumserregung – treten. Die meisten Reformvorschläge wollten die mittelbare Täterschaft auf den Bereich festlegen, zu dessen Erfassung sie entwickelt wurde oder wollten sie gar zur Gänze entbehrlich machen. Die Kodifizierung durch die Strafrechtsreform von 1975 basierte bereits auf einem der „großzügigsten“ Vorschläge hinsichtlich der Reichweite der mittelbaren Täter176 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 177 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 150. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 f. mit ein. 178 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 150. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 f. mit ein.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

schaft und auch hier sollte lediglich die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter offengelassen werden. Insgesamt spricht die geschichtliche Entwicklung der Beteiligungslehre und insbesondere der mittelbaren Täterschaft und der Anstiftung also dagegen, die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in „ausuferndem Maße“ anzuerkennen. Jedenfalls kann die Erregung von Motivirrtümern hiernach nicht immer zur mittelbaren Täterschaft des Hintermanns führen.

6. Bindungswirkung der Historie Nachdem nun festgestellt wurde, dass die genetisch-historische Auslegung einer derartigen Einschränkung des Anwendungsbereichs der Anstiftung entgegensteht, stellt sich nun die Frage, welche Bedeutung der historischen Auslegung eingeräumt werden darf. Hierbei muss beachtet werden, dass es der Sinn der Auslegung ist den Willen des Gesetzes festzustellen und nicht den des Gesetzgebers.179 Mit Kodifizierung löst sich das Gesetz von dem Willen des Gesetzgebers los und bildet einen unabhängigen Willen, welcher allein Gesetz ist.180 Das Gesetz als solches kann daher nur dann im Sinne des Willens des historischen Gesetzgebers verstanden werden, wenn dieser Willen im Gesetz selbst zum Ausdruck kommt.181 Andernfalls kommt der Historie nicht die Funktion einer bindenden Richtschnur zu.182 Der Gesetzgeber hat sich in Bezug auf mittelbare Täterschaft und Anstiftung jedoch auf vollkommen offene Formulierungen beschränkt. Wann jemand eine Tat „durch einen anderen begeht“ oder wann er einen anderen zu einer Tat „bestimmt“, wird ja gerade nicht näher festgelegt und sollte wie gezeigt auch nicht festgelegt werden. Diese offenen Formulierungen lassen auch eine sehr weite Anerkennung des Täters hinter dem Täter zu. Dem Wortlaut würde es mithin nicht entgegenstehen, die Anstiftung im Bereich der Irrtumserregung auf die Fälle zu reduzieren, in denen dem Hintermann die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen fehlen. Da der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst keinen Ausdruck gefunden hat, kann dieser folglich auch nicht (bindend) berücksichtigt werden.183 Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies zu Lasten des zu beurteilenden Beteiligten geht.184 Vorliegend würde die Berück179

Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 85. 180 Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 85. 181 BVerfG, Beschluss v. 17. 05. 1960 – 2 BvL 11/59, 11/60, NJW 1960, 1563 (1564); Mann, Juristische Arbeitstechnik, Rn. 237; Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 85 f. 182 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329. 183 BVerfG, Beschluss v. 17. 05. 1960 – 2 BvL 11/59, 11/60, NJW 1960, 1563 (1564); Hassemer/Kargl, in: NK, StGB, § 1 Rn. 108e. 184 Hassemer/Kargl, in: NK, StGB, § 1 Rn. 108e.

IV. Zwischenergebnis

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sichtigung der Entwicklungsgeschichte und des Willens des Gesetzgebers nicht zu Nachteilen für den zu beurteilenden Beteiligten führen, da dieser dadurch eher als Anstifter denn als mittelbarer Täter verurteilt werden würde. Auch wenn dem Auslegungsergebnis also keine Bindungswirkung zukommt, spricht nichts dagegen es als Argument heranzuziehen.

IV. Zwischenergebnis Obgleich bei historisch-genetischer Auslegung wohl gefolgert werden muss, dass nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers weiterhin eine Anstiftung durch Erregung eines Motivirrtums, auch außerhalb der Fälle, in denen dem Hintermann die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen fehlen, möglich sein muss, findet dieser Wille keinen Ausdruck im Gesetzestext. Die §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 26 StGB stehen der Möglichkeit, bei Hervorrufen eines jedweden Motivirrtums beim Vordermann, mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen,185 vielmehr nicht entgegen. Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers kann somit nicht bindend sein. Auch nach genetisch-historischer Auslegung der §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 26 StGB kommen weiterhin sämtliche denkbaren Abgrenzungsmöglichkeiten in Betracht, wenngleich auch in dem Auslegungsergebnis ein Argument gegen eine vollumfängliche Anerkennung der mittelbaren Täterschaft bei Erregung eines Motivirrtums zu sehen ist. Weiter zeigt die Entwicklungsgeschichte der mittelbaren Täter allerdings einen Grund dafür auf, weshalb die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in der Wissenschaft anfangs nicht debattiert wurde und sodann großen Vorbehalten ausgesetzt war und noch heute ist. Zum einen war die mittelbare Täterschaft zu Anfang nicht kodifiziert. Daher erschien es sicherlich fernliegend der mittelbaren Täterschaft Fälle zuzuweisen, in denen gemäß § 48 Abs. 1 StGB a. F. die gesetzlich geregelte Anstiftung eingreifen konnte. Zum anderen wurde die mittelbare Täterschaft nur deshalb entwickelt, weil es Strafbarkeitslücken zu schließen galt. Über diese Lücken hinaus Fälle der mittelbaren Täterschaft zu bejahen, musste daher ebenfalls fernliegend, schwer zu begründen und – hinsichtlich der Anstiftung – als unnötiger Abgrenzungsaufwand erscheinen. Wie noch aufgezeigt werden wird, offenbart sich auch in heutiger Zeit noch diese Scheu vor dem dogmatischen Aufwand der Abgrenzung. Man könnte insofern gar eine gewisse Nostalgie hinsichtlich einfacherer Zeiten vermuten. All diese Gründe für eine grundsätzlich ablehnende Haltung in Bezug auf die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter haben sich aber mittlerweile erübrigt. Nachdem die mittelbare Täterschaft nun gesetzlich geregelt ist, die Gesetzesbegründung die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter explizit zulässt und diese 185

Sofern die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen gegeben sind.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

insbesondere auch nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB möglich ist, besteht für all diese Bedenken schließlich kein Anlass mehr. Insgesamt kann daher festgestellt werden, dass die §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 26 StGB alle denkbaren Abgrenzungsmöglichkeiten zulassen, aber keine von ihnen zwingend erfordern. Lediglich die historisch-genetische Auslegung liefert ein Argument für eine, zumindest nicht ausufernde Anwendung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter. Wie genau die Abgrenzung zwischen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft in dem Bereich der Irrtumserregung erfolgen soll, vermag eine Auslegung des Gesetzes jedoch nicht zu klären.186

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen auf die Reichweite der mittelbaren Täterschaft Wie sich gezeigt hat, wurden die Unterschiede zwischen Täterschaft und Teilnahme im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 nicht näher bestimmt und auch nach der heutigen Gesetzeslage ist kein exakter Weg vorgegeben. Insbesondere die Beantwortung von Detailfragen sollte explizit der Literatur und Rechtsprechung überlassen werden. Aus diesem Grund haben sich zahlreiche Beteiligungslehren entwickelt, um das Verhältnis der Verhaltensweisen der verschiedenen Beteiligten zueinander im Hinblick auf die Verwirklichung eines Tatbestandes zu klären und somit die Unterschiede zwischen den gesetzlich vorgegebenen Beteiligungsformen aufzuzeigen.187 Da die Ansichten in Bezug auf die Reichweite der mittelbaren Täterschaft vor dem Hintergrund der jeweils vertretenen Beteiligungslehre zu sehen sind, ist es unumgänglich diese Lehren einer näheren Betrachtung zuzuführen. Ferner führen viele, allen voran ältere Beteiligungslehren, zu einer gänzlichen Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, sodass es diese zunächst darzustellen gilt. Bei dieser Betrachtung wird sich jedoch zeigen, dass manch ältere Lehre mit § 25 StGB nicht vereinbar ist – etwa weil sie die heute gesetzlich in § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB geregelte Form der mittelbaren Täterschaft nicht zu erklären vermag – und daher als Lehre zur Abgrenzung nicht mehr vertretbar ist. Bei der nachfolgenden Betrachtung wird, ebenso wie bei der Historie der mittelbaren Täterschaft, das Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 als Ausgangspunkt gewählt. Es werden daher die Beteiligungslehren aufgezeigt, die ab diesem Zeitpunkt an vertreten wurden. Auf die Darstellung von Abgrenzungstheorien, die vor diesem Zeitpunkt vertreten wurden, soll hier verzichtet werden. Auch bleibt bei allen Ausführungen zu beachten, dass die Beteiligungslehren in mannigfachen Variationen vertreten wurden und werden,188 so dass schon davon ge186 Zu diesem Ergebnis kommt auch Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 37. 187 Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 99. 188 Vgl. hierzu auch Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 5 f.

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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sprochen wird, dass die Lehre sich in einem Stadium der „Differenzierung, Diversifizierung und Divisionalisierung“ befindet.189 Naturgemäß können auch in einer umfangreichen Abhandlung nicht sämtliche Variationen dargestellt werden. Die Arbeit kann aus diesem Grund nicht den Anspruch auf Vollständigkeit verfolgen. Ziel ist es daher, an dieser Stelle die wichtigsten Täterlehren und die für die selbigen vorgetragenen Argumente darzustellen und damit das dogmatische Fundament für die weitere Untersuchung zu legen.

1. Die Lehre vom Tatbestand und dessen Auswirkungen auf die Beteiligungslehren Da in dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871 eine Regelung zum unmittelbaren Alleintäter fehlte, wurde die Täterlehre mit der gesamten Straftatlehre des Allgemeinen Teils gleichgesetzt.190 Besonders eng verbunden mit den Beteiligungslehren ist hierbei die Lehre vom Tatbestand. Da jedenfalls derjenige Täter ist, der die in den Tatbeständen des Besonderen Teils festgelegten Tatbestandsmerkmale selbst, also in eigener Person verwirklicht, ist die Täterlehre als ein Teil der Lehre vom Tatbestand anzusehen.191 Wie auch die Beteiligungslehre im Allgemeinen, unterlag die Klärung der Frage, wann der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen ist, allerdings einem stetigen Wandel, welcher wiederum die Beteiligungslehren geprägt hat. Im Ausgangspunkt dieser Untersuchung – namentlich dem Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 – und bis weit in die 1900er Jahre hinein, stand die Strafrechtswissenschaft in Deutschland unter der Herrschaft des strafrechtlichen Naturalismus und dem damit einhergehenden Dogma des Kausalprinzips.192 Die zu diesem Zeitpunkt vertretenen Auffassungen zur Kausalität und zu der Frage, was dieses Merkmal zu leisten im Stande ist, unterschieden sich jedoch stark von der heutigen Kausalitätslehre. a) Entwicklung des Kausalitätsbegriffs und der objektiven Zurechnung Heute wird die Kausalität bekanntlich nur als „Grobfilter“ angesehen, durch welchen der Kreis der potentiellen Tatbeteiligten – im Rahmen der Äquivalenztheorie und anhand der conditio-sine-qua-non-Formell oder der Formel von der gesetzmäßigen Bedingung193 – bestimmt wird, bevor die objektive Zurechnung (im 189

Rotsch, ZIS 2007, S. 260 (260 ff.). Schild, in: NK, Vorb. zu §§ 25 ff. Rn. 1. 191 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 1; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 643; Küpper, Grenzen der normativierenden Strafrechtsdogmatik, S. 136. 192 Schünemann, GA 1999, S. 207 (208). 193 Vgl. Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S. 21. 190

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

engeren Sinne) erfolgt.194 Der Kausalität kommt lediglich die Bedeutung einer notwendigen, keinesfalls aber hinreichenden Bedingung zu.195 Zur damaligen Zeit war die Frage der Kausalität jedoch ein äußerst komplexer und von philosophischen Überlegungen geprägter Streitpunkt.196 So hatte es sich der naturalistische Kausalitätsbegriff zum Ziel gesetzt, die Frage, ob der objektive Tatbestand erfüllt ist, mittels einer gänzlich empirischen Analyse zu beantworten.197 Unterschiede in der objektiven Erscheinungswelt, welche nicht naturwissenschaftlich fassbar sind, seien nicht zu berücksichtigen.198 Schünemann beschreibt diese Epoche des strafrechtlichen Naturalismus als Zeit des „naiven Glaubens, alle Strafrechtsprobleme mit dem Kausalitätsbegriff lösen zu können“.199 Mithin auch die Beteiligungslehre. Hierbei wiederum ging man zunächst von der objektiven Gleichwertigkeit sämtlicher Bedingungen aus.200 Diese Äquivalenztheorie, welche zuerst von Julius Glaser vertreten wurde201 und als deren namhaftester Vertreter und Begründer der damalige Reichsgerichtsrat Maximilian v. Buri gilt,202 hatte den Einheitstäterbegriff als logische Folge, da alle Tatbeiträge gleichwertig sind und die eigene Mitwirksamkeit lediglich gewollt sein muss.203 Da aber das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 von Anfang an bereits unterschiedliche Formen der Beteiligung – in Form der Mittäterschaft, der Anstiftung und der Beihilfe – kannte,204 wurde eine Abgrenzung notwendig. Diese wiederum konnte nur in subjektiver Hinsicht erfolgen, da eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien wegen jener Gleichwertigkeit der Tatbeiträge ausschied.205 Der damalige Kausalitätsbegriff, nach welchem alle für den Erfolg mitwirksamen Verhaltensweisen bereits den Tatbestand erfüllten,206 führte somit 194

Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 8; Renzikowski, FS-Schünemann 2014, S. 495 (500 f.). Heinrich, in: HK-GS, Vor § 13 Rn. 7. 196 Hinzu trat eine erhebliche Unübersichtlichkeit dieser Thematik, was daran lag, dass Begriffe wie Bedingung, Ursache, Antecedentien und Wirksamkeiten uneinheitlich gebraucht wurden, um die Kausalität zu umschreiben (vgl. etwa die Ausführungen bei Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 6; Horn, GS 54. Band (1897), S. 321, welcher zudem die Auseinandersetzung mit philosophischen Standpunkten verdeutlicht). Vgl. zur philosophischen Ausganssituation ferner Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 39 f. 197 Schünemann, GA 1999, S. 207 (209). 198 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 38; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 21. 199 Schünemann, GA 1999, S. 207 (219). 200 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (245 f., 249). 201 Vgl. Glaser, Abhandlungen aus dem Oesterreichischen Strafrecht, S. 298. 202 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 13; Roxin/Greco, Strafrecht AT I, § 11 Rn. 8. 203 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (252). 204 Siehe oben Kapitel 3 III. 1. 205 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 6. In Bezug auf mittelbare Täterschaft und Anstiftung: Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 71. 206 Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 10. 195

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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zu einer Verschiebung der Beteiligungsproblematik in den subjektiven Tatbestand und den rein subjektiven Theorien. Diese werden nachfolgend näher erörtert. Recht bald wurde jedoch über die uferlose Weite der Äquivalenztheorie gestritten, also darüber, ob ganz entfernte Bedingungen wie etwa die Geburt des später Getöteten überhaupt zu den Bedingungen zu zählen seien.207 Dabei wurde es als unbefriedigend angesehen solche Kausalverläufe erst durch das Korrektiv des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit – die nach damaligem Verständnis als Bestandteil der Schuld anzusehen waren – ausscheiden lassen zu können.208 Die Mängel der rein subjektiven Beteiligungstheorien führten schließlich zu dem Versuch, die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auf Basis reiner Kausalbetrachtungen im objektiven Tatbestand zu lösen.209 Diese materiell-objektiven Theorien versuchten zwischen Bedingungen und Ursache für einen Erfolg zu unterscheiden.210 Eine Bedingung war dabei jeder „Zustand und jedes Ereignis, bei dessen Mangel die Veränderung nicht eingetreten wäre“.211 Kommt einer der vielen Bedingungen des Erfolges eine ganz herausragende Bedeutung zu, so sei diese als Ursache des Erfolges anzusehen.212 Man kann also sagen, dass zunächst mit der conditio-sine-quanon-Formel die Bedingungen ermittelt wurden und sodann in einem zweiten Schritt untersucht wurde, welchen dieser Bedingungen eine überragende Bedeutung für die Erfolgsverwirklichung zukam. Da man im Gegensatz zu den Anhängern der Äquivalenztheorie der Meinung war, kausale Unterschiede unter den Bedingungen herausarbeiten zu können, lag es nahe, die Frage der Beteiligungsform mit dem Kausalitätsbegriff zu klären. Als Täter wurde daher derjenige angesehen, der nicht bloß eine Bedingung, sondern eine Ursache für der Erfolg gesetzt hat.213 Wann jedoch von einer Ursache gesprochen werden kann, war lebhaft umstritten, sodass sich die verschiedensten rein objektiven Beteiligungslehren entwickelt haben. Diese werden im Anschluss an die rein subjektiven Theorien erläutert werden.214 Wegen den Unzulänglichkeiten der Äquivalenztheorie wurde im Folgenden weiter über den richtigen Kausalitätsbegriff gestritten. Über die Adäquanztheorie und die Relevanztheorie kam es schließlich zur Entwicklung der Lehre von der objektiven Zurechnung.215 Diese Lehre ist auf Samuel von Pufendorf zurückzuführen, der den Begriff der Imputation216 bereits 1672 für die deutsche Straf207

Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (325 ff.). Frisch, GA 2003, S. 719 (720); Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (466). 209 Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 13 ff. 210 Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 3; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 7. 211 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 11. 212 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 11. 213 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 11. 214 Unten unter Kapitel 3 V. 3. 215 Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 10; von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 110 ff.; Frisch, GA 2003, S. 719 (720 f.). 216 Vom lateinischen Begriff „imputatio“ (= Zurechnung). 208

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

rechtswissenschaft fruchtbar gemacht hat.217 Erst in den 1930er Jahren stießen dann Honig,218 Engisch219 und Welzel220 mit ihren jeweiligen Werken eine Entwicklung an, welche dazu führte, dass die Lehre der objektiven Zurechnung die bis dahin vertretene Kausaltheorie ablöste.221 Honig wies darauf hin, dass dem Kausalitätsbegriff ausschließlich eine ontologische Bedeutung zukommt. Die Wertung von Bedingungen, welche einen Erfolg bewirken, liegt folglich notwendig außerhalb des Kausalitätsbegriffes.222 Daher sei es ungenau Theorien wie die Adäquanztheorie, welche eine Wertung von verschiedenen kausalen Bedingungen vornimmt, als Kausaltheorien zu bezeichnen.223 Mit anderen Worten musste zunächst klargestellt werden, dass es sich bei der Frage danach, ob eine Bedingung ursächlich ist und der Frage, wie eine ursächliche Bedingung zu werten ist, um zwei verschiedene Probleme handelt: Zum einen das ontologische Problem der Feststellung der Kausalität und zum anderen das axiologische Problem der Wertung einer ursächlichen Bedingung. Honig schränkte somit die Reichweite der strafrechtlichen Verantwortung ein, indem er im Tatbestand neben die Kausalität ein weiteres Kriterium in Form der objektiven Zurechnung einführte.224 Die objektive Zurechnung, welche also die axiologische Frage der Bedeutsamkeit einer gesetzten Bedingung für die Rechtsordnung klären soll, ist ferner nach Honig gegeben, wenn der Erfolg als zweckhaft gesetzt gedacht werden kann.225 Mithin dann, wenn der Handelnde die Wirkung seines Verhaltens voraussehen und die gewünschte Wirkung durch sein Verhalten herbeiführen kann.226 Schon in diesen Ausführungen tritt die Nähe zur Beteiligungslehre hervor. Diese wird noch deutlicher, wenn Honig die Brücke zur Täterschaftsfrage schlägt und ausführt, dass lediglich derjenige Täter ist, „für den das Geschehen beherrschbar und dem es daher zurechenbar ist“.227 Auch die Entwicklung der objektiven Zurechnung steht mithin in engem Zusammenhang zur Beteiligungslehre. Insbesondere kam es zu Überschneidungen und Verknüpfungen mit der Tatherrschaftslehre.228 So mag es wohl kein Zufall sein, dass schließlich Roxin229 217

Schünemann, GA 1999, S. 207 (208); von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 101 f. 218 Honig, Festgabe-Frank, S. 174. 219 Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931. 220 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491. 221 Schünemann, GA 1999, S. 207 (209). 222 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (178). 223 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (178). Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S. 52 f. betrachtet die Adäquanz als Merkmal der objektiven Rechtswidrigkeit. Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 10 sieht in der Adäquanztheorie eine Haftungstheorie. 224 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 113. 225 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (179, 184). 226 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (183 f.). 227 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (200). 228 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 221. 229 Roxin, FS-Honig 1970, S. 133.

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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1970 die drei verschiedenen Grundgedanken Honigs, Engischs und Welzes zu einem Gesamtkonzept zusammenfügte, welches sich sodann zur herrschenden Lehre entwickelte.230 Hiernach ist ein Erfolg lediglich dann objektiv zurechenbar, wenn durch das zu betrachtende menschliche Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen wurde und diese Gefahr sich im konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert hat.231 Nach heutigem Verständnis ist die objektiv zurechenbare Erfolgsverursachung Voraussetzung jeder Beteiligung.232 Sowohl dem Täter als auch dem Teilnehmer muss der tatbestandsmäßige Erfolg objektiv zurechenbar sein.233 Allerdings bleibt in diesem Bereich vieles umstritten. So wird teilweise vertreten, die Frage der jeweiligen Beteiligungsform im Rahmen der Zurechnung zu behandeln234 oder die objektive Zurechnung mit dem Abgrenzungskriterium der Tatherrschaft zu vereinen.235 Auf diese Ansätze wird unten, nach Behandlung der übrigen Beteiligungslehren, noch eingegangen.236 b) Die Leistungsfähigkeit des Kausalbegriffs Bevor nun zunächst die auf einer reinen Kausalbetrachtung beruhenden Beteiligungslehren aufgezeigt werden, tut sich schon vorab die allgemeine Frage nach der Leistungsfähigkeit des Kausalbegriffs auf. Liegt einer Beteiligungslehre eine reine Kausalbetrachtung zu Grunde, so fragt sich, ob die Kausalität überhaupt geeignet ist, die jeweilige Beteiligungsform zu ermitteln. Abgesehen von der jeweils darzustellen Kritik an den einzelnen Theorien, kann nämlich bereits vorab festgestellt werden, dass der methodische Ausgangspunkt zu kritisieren und abzulehnen ist. Mithin kann es nicht überzeugen, Täterschaft und Teilnahme auf Grund einer reinen Kausalbetrachtung zu unterscheiden. Dies gilt selbst dann, wenn sie die verschiedenen kausalen Beiträge, wie bei einigen nachfolgend zu betrachtenden Abgrenzungslehren, einer wertenden Betrachtung unterziehen. Bei der Kausalität handelt es sich um einen erkenntnistheoretischen, einen ontologischen Begriff,237 welcher lediglich darüber Aufschluss gibt, wer als Täter in Frage kommt und nicht darüber wer Täter ist.238 Was sie zu leisten vermag, ist zu erklären wie die einzelnen Handlungen zu230

Schünemann, GA 1999, S. 207 (212). Vgl. zur herrschenden Meinung: Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorb. zu §§ 13 ff. Rn. 14; Puppe, in: NK, StGB, § 16 Rn. 9; Freund, in: MüKoStGB, 4. Auflage, Vor § 13 Rn. 350. 232 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 125. 233 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 125. 234 Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (480 f.); von der Menden, JuS 2015, S. 22, JuS 2015, S. 112; Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (709). 235 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 266 ff. 236 Siehe unter Kapitel 3 V. 8. b). 237 Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 7. 238 So bereits Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 28; P. Merkel, Festgabe-Frank, S. 134 (136); Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 231

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sammenhängen. Sie filtert das Material an Handlungen heraus, denen gegenüber eine strafrechtliche Wertung in Betracht kommt.239 Sie vermag aber weder über den Sinn der Handlungen, noch darüber Aufschluss zu geben, wie die Handlungen rechtlich zu werten sind.240 Sie ist mithin sinn- und wertblind.241 So schreibt doch auch schon v. Buri „die Entwicklung eines bloßen Kausalzusammenhangs […] kann so wenig eine rechtliche Bedeutung beanspruchen, als das Anzünden einer Scheuer durch einen Blitzstrahl oder einen Unzurechnungsfähigen.“242 Die Bestimmung der Beteiligungsform kann also nicht mittels Feststellung der Kausalität erfolgen und die Problematik der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme kann dementsprechend nicht auf die Diskussion um die korrekte Definition der Kausalität reduziert werden.243 Entscheidend ist vielmehr die Feststellung, ob das zu beurteilende Verhalten den Straftatbestand der Beteiligungsform erfüllt.244 Ob der zu beurteilende Beteiligte also, um bei der mittelbaren Täterschaft zu bleiben, mit seiner Handlung im Sinne der §§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB durch einen anderen einen anderen Menschen getötet hat oder ob er vielmehr einen anderen nach §§ 212 Abs. 1, 26 StGB zur Tötung eines anderen Menschen bestimmt hat. Zu dieser Feststellung genügt die Kausalität der Handlung des jeweiligen Beteiligten für den tatbestandlichen Erfolg noch nicht. Hierfür wäre vielmehr eine Wertung der Handlung erforderlich. Eine solche Wertung hat mit der Kausalität als solchen aber nichts zu tun und vermag auch nicht die kausale Bedeutung der gesetzten Bedingung zu erhöhen.245 Nicht die Kausalität, sondern vielmehr die Steuerung und Beherrschung des Kausalgeschehens ist entscheidend.246 c) Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs und der Gedanke des Ausschlusses mittelbarer Täterschaft bei frei und vorsätzlich handelndem Tatmittler Von der These ausgehend, dass die Beteiligungsproblematik insgesamt mit dem richtigen Kausalbegriff zu lösen sei, wurden auch spezifische Rückschlüsse vom Kausalbegriff auf die Beteiligungslehre gezogen. Diese haben insbesondere Folgen hinsichtlich der Reichweite der mittelbaren Täterschaft. Gemeint ist hiermit die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs, in welcher die Idee, dass eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns ausgeschlossen ist, wenn der Vordermann frei und vorsätzlich handelt, ihre erste dogmatische Ausgestaltung gefunden 239 E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (115). Zustimmend Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 7. 240 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 8. 241 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 8. 242 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (234). 243 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 90. 244 P. Merkel, Festgabe-Frank, S. 134 (146). 245 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 54; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 8. 246 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 649.

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hat.247 Diese Lehre kam im 19. Jahrhundert auf und wurde noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts vertreten.248 Inhaltlich wurde diese Lehre maßgeblich von v. Bar ausgeformt,249 terminologisch geht sie jedoch auf Goltdammer zurück, welcher als erster davon sprach, dass freie Handlungen Dritter einen Kausalzusammenhang unterbrechen können.250 Für die Täterschaft sollte hiernach ein ununterbrochener Kausalzusammenhang zwischen Entschluss, Handlung und Erfolg erforderlich sein.251 Dabei wurde jedoch angenommen, dass dieser Kausalzusammenhang bei Einschaltung eines anderen Menschen zur Deliktsbegehung unterbrochen werde, wenn die Tatbestandshandlung oder der eingetretene Erfolg auf den freien Willen des eingeschalteten Menschen zurückgehe.252 Sollte die Handlung oder der Erfolg dagegen keine rechtliche Relevanz für den Vordermann haben, also nicht auf dessen Willen beruhen – weil er einem Tatumstandsirrtum unterliegt, er gerechtfertigt oder entschuldigt ist – so sei der Kausalzusammenhang nicht unterbrochen.253 In anderen Worten ist hiernach ein Veranlassen eines fremden vorsätzlichen und schuldhaften Verhaltens straflos, sofern es nicht Anstiftung oder Beihilfe darstellt.254 Konsequenz für die mittelbare Täterschaft ist, dass nur derjenige geeigneter Tatmittler ist, der selbst nicht tatbestandsmäßig, gerechtfertigt oder ohne Schuld handelt. Ein selbst täterschaftlich strafbarer Tatmittler scheidet mithin aus. Die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs hatte also die Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zur Folge. Allerdings beruht auch diese Lehre auf einer inzwischen überholten Vorstellung von Kausalität. Später hinzukommende Bedingungen ändern mithin nichts an der Kausalität von früheren Bedingungen.255 So formuliert dies schon Lobe sehr treffend, wenn er schreibt, „ein Kausalzusammenhang ist entweder vorhanden oder nicht vorhanden, kann aber, wenn er vorhanden ist, nicht unterbrochen werden“.256 Auch 247 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 109; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 197. 248 Etwa Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 336 f. Ablehnend dagegen schon Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 19; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 28; Hoegel, ZStW 37. Band (1916), S. 651 (664); Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 249 Ling, Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch willentliches Dazwischentreten eines Dritten, S.43. 250 Goltdammer, GA 1867, S. 15 (19). 251 Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 30. 252 Wachenfeld, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, S. 195; Finger, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 336; E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (114). 253 Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 34. 254 Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S. 82. 255 Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorb. zu §§ 13 ff. Rn. 11; Freund, in: MüKoStGB, 4. Auflage, Vor § 13 Rn. 345; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 13 ff. Rn. 77. 256 Lobe, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches, S. 90. Vgl. etwa auch Roxin/Greco, Strafrecht AT I, § 11 Rn. 28; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 110.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

eine freie Handlung kann folglich verursacht werden. Insofern muss die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs als überholt angesehen werden. Dieser Mangel wurde auch durchaus erkannt. So stellte etwa Reinhard Frank fest, dass die Bedingungen bei denen von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs gesprochen wird, doch zu dem Erfolg beitragen und dementsprechend unmöglich von einer Unterbrechung die Rede sein kann.257 Während dieser innere Widerspruch teilweise als hinnehmbare terminologische Ungenauigkeit abgetan wurde,258 erblickte Frank in der Problematik die Frage nach der Differenzierung zwischen Bedingung und Ursache.259 Es zeigt sich hieran bereits, dass Frank ein Vertreter einer materiell-objektiven Beteiligungstheorie war.260 Grundsätzlich geht Frank von der Gleichwertigkeit der Bedingungen und damit davon aus, dass in einer Bedingung zugleich eine Ursache zu sehen ist. Er redet also der Äquivalenztheorie das Wort. Allerdings hält er eine Einschränkung derselben für erforderlich und entwickelte die Lehre vom Regressverbot.261 Diejenigen Bedingungen, welche in derselben Kausalreihe einer freien Bedingung vorgelagert sind (Vorbedingungen), seien keine Ursachen.262 Diese Vorbedingungen stellen hiernach deshalb keine Ursachen dar, weil sie lediglich in der nachfolgenden Entscheidung des Handelnden weiter wirksam werden.263 Die Möglichkeit der Benutzung eines selbst täterschaftlich verantwortlichen Tatmittlers wird nach dem Regressverbot deshalb abgelehnt, weil der Hintermann aufgrund des frei handelnden Vordermanns dessen Verhalten nicht steuern kann.264 Hiermit vermeidet Frank den in der Bezeichnung als „Unterbrechung des Kausalverlaufs“ bereits steckenden Mangel, kommt aber doch zu denselben Ergebnissen.265 Man könnte sagen, dass er die Unterbrechungslehre unter anderem Namen fortführt.266 Den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft begrenzt Frank damit auf die Benutzung eines Tatmittlers, der sich nicht selbst eines Vorsatzdelikts strafbar gemacht hat.267 In dem Postulat eines solchen 257

Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 15. Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 259 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 15. Zustimmend etwa Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 25. 260 Siehe hierzu Kapitel 3 V. 3. b). 261 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 14 f. Vgl. zu der Entwicklung dieser Lehre über zahlreiche Auflagen des Kommentares zum Reichsstrafgesetzbuch: Ling, Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch willentliches Dazwischentreten eines Dritten, S. 101 ff. 262 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 14 f. So auch Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (586). 263 Ling, Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch willentliches Dazwischentreten eines Dritten, S. 105. 264 Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, S. 59. 265 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 14 f. 266 Ling, Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch willentliches Dazwischentreten eines Dritten, S. 105. 267 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 15, 106 f. 258

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Regressverbots steckt also eine normative Begrenzung der täterschaftlichen Haftung,268 welche wie schon die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs eine grundsätzliche Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zur Folge hat. Nachfolgend wurde der Grundgedanke des Ausschlusses mittelbarer Täterschaft bei frei und vorsätzlich handelndem Hintermann noch aufgegriffen und im Rahmen der Zurechnung fruchtbar gemacht. So unter anderem von H. Mayer. Dieser stimmte dem Regressverbot Franks im Grunde zu, allerdings sah er hierin keine Frage des Kausalzusammenhangs, sondern eines Zurechnungszusammenhangs, welcher unterbrochen sein könne.269 Eine Zurechnung solle dann erfolgen, wenn die Beherrschung des Geschehensverlaufs durch den Willen eines – an die Stelle des Täters tretenden – Durchschnittmenschen möglich war.270 Da die Handlung des Vordermanns Willensverwirklichung sei,271 muss hiernach der Wille des Vordermanns beherrscht werden. Dies sei bei einem freien Willen des Vordermanns nicht möglich. „Die Einschaltung fremden, voll verantwortlichen, vorsätzlichen Willens – also nicht bloß fremder Hände –, ändert […] die Wertbeziehungen von Grund aus“.272 Bei der mittelbaren Täterschaft stelle der Hintermann daher lediglich die Hände des Vordermanns in seinen Dienst und nicht etwa einen voll verantwortlichen Willen.273 Schließlich sieht auch Wegner in der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs einen „richtige[n] Wahrheitskern“.274 Dieser bestehe darin, dass derjenige, der sowohl den inneren als auch den äußeren Tatbestand verwirkliche, auch die Verantwortung hierfür trage, was es ausschließt den geistigen Urheber als Täter anzusehen.275 Die hiermit verbundene Begrenzung der Verantwortlichkeit werde von der Würde des Menschen und dessen Freiheit gefordert. Ein neuer Vorsatz unterbreche somit die Verantwortungsreihe.276 Der Gedanke, dass eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns ausgeschlossen ist, sofern der Vordermann frei und vorsätzlich handelt, ist somit der Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs, dem Regressverbot Franks, der Lehre von der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs und der Lehre von der Unterbrechung der Verantwortungsreihe gemein. Über diese hat er Eingang in die heutige Strafrechtsdogmatik gefunden.277 So wird das Regressverbot unter anderem von Hruschka, Mañalich und Renzikowski aufgegriffen und deren jeweiligen Be268 269 270 271 272 273 274 275 276 277

M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 110. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 138, 145 Fn. 47. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 131. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 132. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 304. H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (248). Wegner, Strafrecht AT, S. 242. Wegner, Strafrecht AT, S. 242. Wegner, Strafrecht AT, S. 102, 242. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 117.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

teiligungslehren (allerdings in modifizierter Form) zugrunde gelegt.278 In der Gestalt der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs findet er sich jüngst bei von der Menden.279 Aber auch das, an späterer Stelle noch zu erörternde, Verantwortungsprinzip fußt auf diesen Erwägungen.280 Da die Postulation dieses Verantwortungsprinzips wohl derzeit als das Argument schlechthin gegen die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter bezeichnet werden kann, soll eine Auseinandersetzung mit den, diesem Hauptargument zugrunde liegenden, Prämissen hier nicht vorweggenommen werden. Ob es möglich ist, einen frei und vorsätzlich handelnden Vordermann als Tatmittler anzusehen und diesen zu beherrschen, wird daher erst in Kapitel 4 untersucht werden.281

2. Die rein subjektiven Theorien Zur Zeit der Herrschaft des Naturalismus wurde auf der Grundlage reiner Kausalbetrachtungen allen voran die Äquivalenztheorie vertreten, also sämtliche Mitwirksamkeiten der Tatbeteiligten – wie es der damalige Reichsgerichtsrat und namhafteste Vertreter282 einer rein subjektiven Theorie v. Buri formuliert – aus objektiver Sicht als für die Tatbestandsverwirklichung gleichwertig angesehen.283 Dabei wurde der Kausalzusammenhang von der Verantwortlichkeit für den Kausalzusammenhang unterschieden, wobei einzig der Wille als Bedingung für die Verantwortlichkeit angesehen wurde.284 Die logische Folge der Äquivalenztheorie ist hiernach der Einheitstäterbegriff, da alle Tatbeiträge gleichwertig sind und die eigene Mitwirksamkeit lediglich gewollt sein muss.285 Da aber das Gesetz zum damaligen Zeitpunkt schon unterschiedliche Formen der Beteiligung kannte, musste eine Abgrenzung vorgenommen werden, welche nur in subjektiver Hinsicht möglich war, da eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien wegen jener Gleichwertigkeit der Tatbeiträge ausschied.286 Entscheidend sind hiernach allein innerpsychische Kriterien wie etwa der Wille der Beteiligten.287 Eine solche rein subjektive Theorie vertrat zuvorderst das Reichsgericht und zunächst auch der BGH.288 278

Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581; Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (719); Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 111. 279 von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). 280 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79. 281 Siehe unten Kapitel 4 II. 2. 282 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 104. 283 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (245 f., 249). Ebenso Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 10. 284 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (246). 285 v. Buri, ZStW 2. Band (1882), S. 232 (252). 286 Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 59; Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 71; Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 12. 287 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 57.

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a) Die Dolus- und Interessentheorie Im Rahmen der rein subjektiven Theorien wurde anhand verschiedener Kriterien bestimmt, ob der jeweilige Tatbeteiligte einen Täterwillen (animus auctoris) aufweist oder doch „nur“ den Teilnehmerwillen (animus socii) innehat.289 Hierbei sind innerhalb der älteren rein subjektiven Theorien zwei Hauptgruppen zu unterscheiden.290 Nach der einen ist das entscheidende Kriterium zur Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme in der Art des Willens des jeweiligen Tatbeteiligten zu sehen (Dolustheorie), während die andere nach dem Interesse an der Tatbestandserfüllung abgrenzen möchte (Interessentheorie).291 Im Rahmen der Dolustheorie wird hierbei vorwiegend danach unterschieden, ob der Beteiligte einen untergeordneten, unselbstständigen Willen aufweist und die Tatausführung einem anderen anheimstellt.292 In diesem Fall handle es sich „lediglich“ um einen Teilnehmer. Ist dies nicht der Fall, weist der Beteiligte vielmehr einen selbstständigen Willen auf, so ist er Täter.293 Im Rahmen der Interessentheorie wird danach unterschieden, welcher Tatbeteiligte ein (überwiegendes) Interesse an der Tatbestandserfüllung aufweist.294 Diese Kriterien wurden jedoch nicht immer streng getrennt, sondern wurden auch zusammen herangezogen. Darüber hinaus kamen im Laufe der Zeit neue Kriterien zur Bestimmung des Täterwillens, wie etwa der Wille zur Tatherrschaft, hinzu.295 Geht man nun der Frage nach, ob es nach den rein subjektiven Theorien einen Täter hinter dem Täter geben kann, so muss man differenzieren. Im Rahmen der älteren rein subjektiven Theorie bestand wohl bei konsequenter Anwendung ein Alternativverhältnis zwischen Täterschaft und Teilnahme in dem Sinne, dass grundsätzlich nicht dieselbe Beteiligungsform bei Vorder- und Hintermann gegeben sein kann.296 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es zum einen denklogisch nicht möglich ist, einem anderen seinen Willen anheimzustellen und dies gleichzeitig nicht zu tun.297 Entweder der Tatbeteiligte stellt einem anderen seinen Willen anheim, macht die Tatbegehung von dem Willen eines anderen abhängig oder er tut das eben nicht. Zum anderen kann dasselbe bezüglich der Möglichkeit, ein eigenes Interesse 288 RG, Urteil v. 07. 01. 1881 – Rep. 3349/80, RGSt. 3, 181 (182 f.); RG, Urteil v. 19. 02. 1940 – 3 D 69/40, RGSt. 74, 84 (85); BGH, Urteil v. 19. 10. 1962 – 9 StE 4/62, BGHSt. 18, 87. 289 Otto, JURA 1987, S. 246 (247); Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 38. 290 Freilich ist es immer wieder zu Überschneidungen gekommen, weil Elemente beider Theorien zur Abgrenzung herangezogen wurden. 291 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 57. 292 Otto, JURA 1987, S. 246 (247). 293 RG, Urteil v. 07. 01. 1881 – Rep. 3349/80, RGSt. 3, 181 (182 f.); Otto, JURA 1987, S. 246 (247). 294 RG, Urteil v. 19. 02. 1940 – 3 D 69/40, RGSt. 74, 84 (85). 295 Vgl. etwa bei Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 151. 296 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 7. 297 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 7.

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an der Tatbestandserfüllung und gleichzeitig kein eigenes diesbezügliches Interesse zu haben, gesagt werden.298 Für die Annahme von mittelbarer Täterschaft konnte jedoch nicht nur das eigene Interesse am Taterfolg ausreichen, vielmehr musste der Hintermann um das fehlende Interesse am Taterfolg auf Seiten des Vordermanns wissen.299 Hat bereits der Vordermann ein eigenes Interesse am Taterfolg, so kann der Hintermann ihn nicht als sein Werkzeug einsetzen wollen.300 Hiermit deckt sich die Feststellung des Reichsgerichts, dass der Wille des Hintermanns auf Vornahme der Tathandlung durch den Tatmittler, nur dann zur Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreicht, wenn der Tatmittler selbst nicht Täter ist.301 Der Täterwille setze voraus, dass der Hintermann davon ausgehe, dass der Vordermann nicht selbst Täter sein wolle.302 Dies schließt einen Täter hinter dem Täter in der Tat grundsätzlich aus. Da aber nur auf die subjektive Vorstellung des zu beurteilenden Beteiligten abgestellt wird, muss dann etwas anderes gelten, wenn der Hintermann einem Irrtum hinsichtlich des Willens des Vordermanns unterliegt. Daher hat das Reichsgericht auch entschieden, dass es in Bezug auf den Täterwillen des Hintermanns unbeachtlich ist, wenn der Vordermann entgegen seinen Vorstellungen selbst mit Täterwillen handelt.303 In diesem Ausnahmefall ist somit ein Täter hinter dem Täter gegeben. Insgesamt ist es aber bei konsequenter Anwendung der älteren rein subjektiven Theorien grundsätzlich nicht möglich einen mittelbaren Täter hinter einem strafrechtlich vollverantwortlichen unmittelbaren Täter anzunehmen. Nach jüngeren rein subjektiven Theorien wird ein Täter hinter dem Täter dagegen für problemlos möglich gehalten.304 Dabei wird die Täterschaft und damit der Täterwille des Hintermanns unabhängig von der Strafbarkeit des Vordermanns und damit wiederum unabhängig von dessen Willen bestimmt.305 Ein Täter hinter dem Täter wäre hiernach somit möglich. b) Kritik an den rein subjektiven Theorien Freilich kann eine rein subjektive Theorie nach heutigem Recht nicht mehr vertreten werden. Diese würden schließlich zu dem Ergebnis führen, dass derjenige, der die Tat selbst ausführt, aber im Vergleich zu einem anderen Tatbeteiligten nur kein Interesse an der Tatbestandserfüllung hat oder die Tatausführung schlicht einem

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Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 7. Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 7. 300 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 7. 301 RG, Urteil v. 26. 01. 1909 – IV 897/08, RGSt. 42, 151 (155). 302 RG, Urteil v. 26. 01. 1909 – IV 897/08, RGSt. 42, 151 (156). 303 RG, Urteil v. 27. 03. 1923 – IV 653/22, RGSt. 57, 274 (274 f.). 304 Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 142 f. 305 Baumann, Beiträge zur Strafrechtsdogmatik, S. 190; Weber, in: Baumann/Weber/ Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 116. 299

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anderen anheimstellt, nicht Täter ist.306 Dieses Ergebnis ist aber mit § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB, welcher explizit festlegt, dass derjenige der die Straftat selbst begeht Täter ist, nicht vereinbar.307 Schon aus diesem Grund ist eine rein subjektive Theorie als überholt anzusehen. Unabhängig davon, dass die rein subjektive Theorie wegen des insofern eindeutigen Wortlauts des § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB nicht mehr mit dem geltenden Recht vereinbar ist, sieht sie sich seit jeher berechtigter Kritik ausgesetzt. Zum einen steht zu befürchten, dass die rein subjektiven Theorien Gesinnungsstrafrecht darstellen oder zu einem solchen führen können.308 Zum anderen leugnen sie jedweden Wertunterschied zwischen den Bedingungen,309 was – wie noch zu zeigen sein wird – verfehlt ist. Ferner würde eine Abgrenzung nach dem „Anheimstellen“ des Willens zu dem absurden Ergebnis führen, dass zwei Tatbeteiligte, die die Tat gemeinsam begehen, lediglich als Gehilfen anzusehen wären und es bei dem Delikt somit keinen Täter gäbe, wenn beide jeweils die Tatausführung im inneren dem anderen anheimstellen.310 Dieses Kriterium eignet sich somit nicht für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Aber auch bei dem Kriterium des Tatinteresses stellt sich dieses Problem, wenn die Tat im Interesse eines völlig Unbeteiligten begangen wird. Auch in diesem Fall gäbe es keine Haupttat, an der der Ausführende teilnehmen könnte und er müsste dementsprechend straflos verbleiben.311 Darüber hinaus wird auch ein Anstifter regelmäßig ein erhebliches Eigeninteresse an der Tat haben, da er sie ansonsten nicht angestoßen hätte.312 Das Tatinteresses ist somit als Indiz und natürlich erst recht als Beweis für das Vorhandensein des Tätervorsatzes ungeeignet. Zu alledem kommt noch hinzu, dass die subjektiven Kriterien, als innere, im Einzelnen schwer feststellbar bzw. beweisbar sind.313 Das betrifft sowohl deren Vorhandensein überhaupt als auch deren genaue Bestimmung.314 Dies zeigt sich insbesondere bei der mittelbaren Täterschaft, wenn im Rahmen der rein subjektiven Theorien behauptet wird, dass sie sich objektiv nicht von der Anstiftung unter306

So entschied auch die Rechtsprechung im Badewannenfall (RG, Urteil v. 19. 02. 1940 – 3 D 69/40, RGSt. 74, 84) und im Staschynskijfall (BGH, Urteil v. 19. 10. 1962 – 9 StE 4/62, BGHSt. 18, 87). 307 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 22. 308 Vgl. nur Roxin, JZ 1966, S. 293 (295); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 106; Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 82; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 59; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 10 f. A. A. Nowakowski, JZ 1956, S. 545 (546). 309 P. Merkel, Festgabe-Frank, S. 134 (139). 310 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 61; Hegler, RG-Praxis, S. 305 (316). Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 87 f. erkennt dieses Problem und verteidigt gar das Ergebnis. 311 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 94; Otto, JURA 1987, S. 246 (247). 312 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 26; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (509). 313 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (316); Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 60. 314 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 32.

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scheidet und der Unterschied demnach ein psychologischer ist.315 Hier müsse der Betreffende den Willen haben, die Tat selbst zu begehen und nicht – wie es bei der Anstiftung der Fall sei – wollen, dass ein anderer die Tat begeht.316 Es muss jedoch daran gezweifelt werden, dass sich jemand vor der Vornahme der zu beurteilenden Handlung darüber Gedanken gemacht hat, ob er die Tat durch einen anderen selbst begehen möchte oder der Beeinflusste Täter sein soll.317 Bereits die Existenz des subjektiven Abgrenzungskriteriums in Form eines solchen Willens erscheint bei lebensnaher Betrachtungsweise kaum gegeben.318 Der Handelnde wird doch regelmäßig höchstens darüber nachdenken, ob er eine strafbare Handlung begehen soll, wie er den gewünschten Erfolg erreichen und wie er seine Entdeckung als Beteiligter verhindern kann. Die Einschaltung eines anderen, der den Straftatbestand erfüllen soll, wird denn auch häufig dem Wunsch entspringen, nicht als strafbarer Beteiligter entdeckt zu werden.319 Dabei wird aber wie bei der mittelbaren Täterschaft auch bei der Anstiftung regelmäßig lediglich gewollt sein, dass es zur Verwirklichung des Straftatbestandes kommt.320 Der Gedanke „Ich will Täter sein“ wird dem zu Beurteilenden in den seltensten Fällen gekommen sein. Sollte ein Beteiligter jedoch tatsächlich einen entsprechenden Willen gebildet haben, so ist er als innere Tatsache schwerlich feststellbar. Sieht man einmal von den Aussagen des Handelnden zu seiner inneren Einstellung ab, so kann diese doch nur aufgrund äußerer, objektiver Umstände zu ermitteln versucht werden. Wie diese jedoch zu deuten sind, ist häufig keineswegs zwingend. Dies zeigt sich etwa an dem „Badewannen-Fall“.321 Dort wurde die gesellschaftliche Missbilligung der Geburt eines unehelichen Kindes als äußerer Umstand vom RG so interpretiert, dass der Tod des unehelichen Kindes lediglich im Interesse der Mutter war, um eine „Schande“ zu vermeiden. Dagegen könnte man dies auch so deuten, dass es im Interesse der Schwester, welche die Tötungshandlung ausführte, lag, die Mutter vor dieser „Schande“ zu bewahren.322 Die Rechtsprechung hat diese Probleme dadurch umgangen, dass sie, wie Welzel es ausgedrückt hat, „sich die Begründung erspart, indem sie anstelle des Nachweises die Behauptung setzt und dabei diese Behauptung in der Form der Begründung vorträgt: Jemand ist Täter, weil er den Täterwillen hatte“.323 Es versteht sich fast von selbst,

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Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 66, 71. Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 19. 317 Hoegel, ZStW 37. Band (1916), S. 651 (652). 318 Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 4. 319 Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 29 f. 320 Auch Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 55 geht davon aus, dass der Anstifter- und der Tätervorsatz deckungsgleich sind. Anders etwa Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (374). 321 RG, Urteil v. 19. 02. 1940 – 3 D 69/40, RGSt. 74, 84. 322 Maiwald, FS-Schroeder 2006, S. 283 (290). 323 Welzel, SJZ 1949, S. 645 (647). 316

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dass die hiermit verbundene, potentielle Beliebigkeit der Beurteilung324 der Rechtssicherheit in hohem Maße abträglich ist.325 Nach all diesen Kritikpunkten bleibt festzustellen, dass eine rein subjektive Theorie zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme abzulehnen ist. Sie kann einer Anerkennung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter (unabhängig vom Umfang der Anerkennung) dementsprechend nicht entgegenstehen.

3. Die materiell-objektiven Theorien Die materiell-objektiven Theorien grenzen die verschiedenen Beteiligungsformen anhand einer Wertung von objektiven Kriterien ab. Zu diesem Oberbegriff wird auch die Tatherrschaftslehre gezählt.326 Die Tatherrschaftslehre soll jedoch, unter anderem aufgrund ihrer besonderen Bedeutung als herrschende Lehre, gesondert thematisiert werden. An dieser Stelle werden lediglich die älteren Lehren besprochen, welche eine Abgrenzung anhand einer Wertung von objektiven Kriterien vornehmen.327 Auch diese basieren auf einer reinen Kausalbetrachtung.328 Hierbei wird davon ausgegangen, dass derjenige Täter ist, der den tatbestandsmäßigen Erfolg verursacht.329 Im Unterschied zu den rein subjektiven Theorien werden jedoch nicht – wie es beispielsweise v. Buri tat – sämtliche Bedingungen als gleichwertig und nicht unterscheidbar angesehen. Vielmehr wird das Gegenteil angenommen und das Bestehen kausaler Rangunterschiede zwischen den einzelnen Bedingungen postuliert.330 Bei der Bestimmung der Täterschaft wird unter sämtlichen Bedingungen diejenige herausgegriffen, welche als entscheidend angesehen wird und diese Bedingung als Ursache des Erfolges bezeichnet.331 Nur derjenige der eine solche Bedingung gesetzt hat ist hiernach der Verursacher und damit Täter. Hierbei werden spezifisch personale Elemente, wie etwa die Frage, ob zwischen die zu beurteilende

324 Vgl. hierzu Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 44, der Ausführt, dass beliebige Ergebnisse erzielt werden können. 325 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 620. 326 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 36; Renzikowski, in: Maurach/ Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 86; Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 43 ff.; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 7. 327 Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 23. 328 Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S. 77; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 26; Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 2; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 7. 329 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 11. 330 Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S.77; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 7. 331 Honig, Festgabe-Frank, S. 174 (197); Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 9; Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 14.

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Handlung und den tatbestandlichen Erfolg noch der freie Wille einer anderen Person tritt, miteinbezogen.332 An den materiell-objektiven Theorien wurde stets kritisiert, dass die These, dass der Täter eine Ursache setze, während der Gehilfe lediglich eine Bedingung setzte, gerade keine Stütze im Gesetz findet.333 Eine Ausscheidung der Bedingungen von den Ursachen wird mithin in keinem Wort verlangt.334 Darüber hinaus beruhen diese Theorien auf einer reinen Kausalbetrachtung. Sie unterliegen daher der oben bereits aufgeführten Kritik.335 Mithin kann ein Verhalten für einen Erfolg nur entweder kausal oder nicht kausal sein, nicht dagegen mehr oder weniger kausal.336 Aus diesem Grunde sind sie auch als überholt anzusehen. Dennoch werden die wichtigsten dieser Theorien erörtert, um aufzuzeigen, ob diese einen Täter hinter dem Täter möglich machten. a) Die wirksamste Bedingung als Ursache Von diesen Lehren, welche zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme zwischen Bedingung und Ursache differenzieren, ist zuvorderst der Vorschlag Birkmeyers zu nennen.337 Auch nach ihm hat „die Lehre von der Teilnahme die Lehre von der Kausalität zu ihrer wissenschaftlichen Basis“.338 Als Bedingungen – aus denen sodann die Ursache/n herauszufiltern sind – definiert er dabei die „Antecedentien“ eines Erfolges die nicht fehlen dürfen, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.339 Mit der Bedingung meint Birkmeyer also eine Bedingung, die im Sinne der codition-sine-qua-non-Formel für den Erfolg kausal wurde. Was also etwa für v. Buri bereits zur Feststellung der Kausalität genügte solle hiernach erstmal nur eine Bedingung darstellen. Dabei könnten die einzelnen Bedingungen die zu dem Erfolg geführt haben unterschiedlich wirksam sein.340 Eine Ursache für den Erfolg setze nun derjenige (und wird damit im Sinne Birkmeyers für den Erfolg kausal), der die Bedingung setzt, die mehr als die übrigen Bedingungen zum Eintritt der Erfolges beigetragen haben, also derjenige der die wirksamste Bedingung gesetzt hat.341 Auch das Gesetz unterscheide den Mittäter in § 47 StGB a. F. vom Gehilfen nach § 49 StGB a. F. danach, ob eine Ursache (dann Mittäterschaft) oder eine Bedingung (dann 332

Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 51. Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 37. 334 P. Merkel, Festgabe-Frank, S. 134 (137); Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 8. 335 Siehe oben Kapitel 3 V. 1. b). 336 Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 8. 337 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 14. 338 Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 5. 339 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 14. 340 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 14. 341 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 17 f. 333

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Beihilfe) gesetzt wurde.342 Auch in Bezug auf die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung gelte die Differenzierung zwischen Ursache und Bedingung.343 Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Nur wenn die gesetzte Bedingung als die wirksamste und damit als Ursache anzusehen ist, sei Täterschaft gegeben, andernfalls handle es sich um Teilnahme. In Bezug auf die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung sei dabei auf die Stärke des geschaffenen Motivs abzustellen. Sei dieses besonders stark, wie etwa beim Hervorrufen eines Irrtums, welcher den Tatbestandsvorsatz ausschließt, sei der Beitrag des Beteiligten, der zum Tatentschluss des Ausführenden geführt hat, wesentlich höher.344 Hinsichtlich der Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter müsste diese Differenzierung zu einer Ablehnung der Rechtsfigur gelangen. Die vom Hintermann und vom Vordermann gesetzten Bedingungen sind schließlich im Verhältnis zueinander zu betrachten. Sollte der Hintermann die wirksamste Bedingung gesetzt haben, so kann die Bedingung des Vordermanns nicht ebenfalls die wirksamste Bedingung sein. Daher kann bei einem Vorder- und einem Hintermann nur einer der beiden Täter sein. b) Abgrenzung nach physisch und psychische vermittelter Kausalität Auch Frank sprach sich für eine Differenzierung zwischen Bedingung und Ursache in Bezug auf die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme aus. Anders als Birkmeyer sah Frank jedoch den ausschlaggebenden Unterschied zwischen Ursache und Bedingung in der Art, wie die Kausalität vermittelt war. Eine Ursache und damit Täterschaft sei bei einer physisch vermittelten Kausalität gegeben. Dagegen liege bei einer psychisch vermittelten Kausalität eine bloße Bedingung und damit Teilnahme vor.345 Bei der mittelbaren Täterschaft liege physisch und nicht etwa, wie man meinen könnte, psychisch vermittelte Kausalität vor. Denn es sei zwar ein vermittelnder Wille gegeben, dieser sei aber entweder unfrei oder sich nicht der Kausalität seines Tuns bewusst.346 Zur mittelbaren Täterschaft werden hiernach die Fälle des unvorsätzlich handelnden, des unzurechnungsfähigen, den auf Grund bindenden Befehls handelnden und den im Sinne des § 52 StGB a. F. gezwungen handelnden Vordermanns gezählt.347 Darüber hinaus werden die Fälle in denen der Vordermann ein unwillkürliches Verhalten zeigt, wie bei dem Stoßen des Vordermanns auf einen 342 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 20. Normen abgedruckt unter Anhänge. 343 Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 119. 344 Birkmeyer, Ueber Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang, S. 81 (= Fn. 118). 345 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 104. 346 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 104. 347 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 106 f. Norm abgedruckt unter Anhänge.

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Dritten, der mittelbaren Täterschaft zugeschlagen.348 Freilich kommt dem Verhalten bei dieser Fallgruppe keine Handlungsqualität zu, was aber Voraussetzung der mittelbaren Täterschaft ist.349 Mangels Handlung sind derartige Fallgruppen der unmittelbaren Täterschaft zuzurechnen.350 Auch nach der Lehre Franks ist die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ausgeschlossen, da in den Fällen, in denen der Vordermann selbst strafrechtlich verantwortlich ist, psychische Kausalität vorliegen würde. Die Kriterien für die physisch vermittelte Kausalität wären nicht erfüllt. Allerdings erscheint diese Aufteilung in psychisch und physisch vermittelter Kausalität wenig gelungen. So wirkt es doch künstlich, die mittelbare Täterschaft, welche sich durch die geistige Einwirkung auf den Vordermann auszeichnet, als physisch und nicht psychisch vermittelte Kausalität zu bezeichnen. Man muss vielmehr feststellen, dass das StGB mit der mittelbaren Täterschaft eine Form der psychisch vermittelten Täterschaft kennt, was mit Franks Differenzierung nicht zu vereinbaren ist.351 c) Abgrenzung anhand adäquater Kausalität Ebenfalls erwähnenswert erscheint zudem der Ansatz, die Unterscheidung von Bedingung und Ursache in der adäquaten Kausalität zu suchen. So geht unter anderen Zehnpfennig vor. Die Ursache eines Erfolges sei in demjenigen vorausgegangenen Ereignis zu sehen, welches es nach der allgemeinen Lebenserfahrung wahrscheinlich mache, dass der Erfolg eintrete.352 Unter Zugrundelegung dieser Kausalitätstheorie gelangt Zehnpfennig daher zu dem folgenden Täterbegriff: „Täter ist, wer Handlungen begeht, auf die nach generellem Wahrscheinlichkeitsurteil der Erfolg folgen mußte.“353 Dies gelte auch in Bezug auf die mittelbare Täterschaft.354 Diese biete zwar hinsichtlich der äußeren Tatumstände das gleiche Bild wie die Anstiftung, bei letzterer sei jedoch die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung nicht so hoch wie sie es bei der mittelbaren Täterschaft ist.355 Der Unterschied zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung wird hier also bereits, wie es sich später bei Schroeder findet,356 in der Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung gesehen. Allerdings wird der Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung im nächsten Schritt gleichgesetzt mit dem Grad der Pflicht, Handlungen zu unterlassen, 348

Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 106. Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 350 Bock, Strafrecht AT, S. 173. 351 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 130 f. 352 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 12. 353 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 14. 354 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 21. 355 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 2, 28. 356 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. Siehe hierzu oben Kapitel 2 II. 1. d). 349

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welche den Erfolg wahrscheinlich bewirken.357 So wird die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung immer, aber auch nur dann als hoch genug für die Annahme von mittelbarer Täterschaft angesehen, wenn der Vordermann sich wegen der Einwirkung des Hintermanns nicht selbst täterschaftlich strafbar gemacht hat.358 Nach Zehnpfennigs Lehre wäre ein Täter hinter dem Täter folglich ebenfalls abzulehnen. Dies wird mit der fehlenden Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung begründet. Der Vordermann müsse einem vom Hintermann gesetzten Motiv nicht mit unbedingter Notwendigkeit folgen, wie es bei einem Stein der Fall wäre, welcher mechanisch in Bewegung gebracht wird.359 Das ist natürlich korrekt. In dieser Tatsache macht sich jedoch nur der stets gegebene Unterschied zwischen einem mechanischen und einem menschlichen Werkzeug bemerkbar. Dieser besteht gerade darin, dass beim menschlichen Werkzeug noch ein willentliches Tätigwerden, eine Handlung erforderlich ist.360 Das menschliche Werkzeug muss der Einwirkung des Hintermanns nie mit unbedingter Notwendigkeit folgen. Dies wäre nur beim Einsatz von vis absoluta der Fall, wobei dann unmittelbare Täterschaft gegeben wäre.361 Die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung kann daher nicht ebenso hoch, wie bei Einsatz eines mechanischen Werkzeugs sein.362 Darüber hinaus sieht auch Zehnpfennig, dass es Fallkonstellationen gibt, bei denen es schwerfällt, eine entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung zu leugnen. Konkret bezieht er sich auf Drohungen, welche keine – den Vordermann entschuldigende – Situation herbeiführen. Sodann meint er jedoch schlicht, dass dies nicht daran hindern braucht, den begrifflichen Unterschied zwischen der mittelbaren Täterschaft und der Anstiftung beizubehalten.363 Diese Aussage erscheint nun doch sehr entlarvend und legt nahe, dass es dem Autor an dieser Stelle lediglich darum geht, die für richtig gehaltene Grenze zwischen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft nicht aufgeben zu müssen, obwohl es seine eigene Abgrenzungstheorie nahelegen würde. Daher werden Bedenken schlicht als unerheblich abgetan. Überzeugen kann das freilich nicht. Vielmehr wird deutlich, dass es auch Fallkonstellationen gibt, in welchen die Einwirkung des Hintermanns nichts an der täterschaftlichen Strafbarkeit des Vordermanns ändert und dennoch die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung deutlich erhöht ist. Man denke nur an den „Dohna-Fall“364 und ähnliche Fallkonstellationen, in denen der Vordermann bereits bedingt tatentschlossen war. Wie noch zu zeigen sein wird, wird man dort 357

Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 28. Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 26 ff. 359 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 26 f. 360 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 361 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 84. 362 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 129. 363 Zehnpfennig, Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung, S. 34. 364 Siehe oben Kapitel 4 III. 3. 358

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kaum leugnen können, dass die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung erkennbar hoch ist. d) Abgrenzung durch Differenzierung zwischen direkter und indirekter Kausalität Diskutiert wurde des Weiteren danach zu unterscheiden, ob die von dem jeweiligen Beteiligten in Gang gesetzte Kausalkette direkt oder lediglich über die selbstständige Handlung eines anderen Beteiligten zum Erfolg geführt hat.365 Täterschaft ist hiernach nur anzunehmen, wenn zwischen dem kausalen Beitrag des Beteiligten und dem Erfolg nicht noch der Wille eines anderen Beteiligten tritt.366 Es bedarf kaum der Erwähnung, dass auch dieser Ansatz (in Reinform) die mittelbare Täterschaft nicht erklären kann. Es soll hier jedoch auf eine Variante näher eingegangen werden, welche diese Probleme zu verhindern sucht und bereits einen Gedanken aufgreift, welcher in dieser Untersuchung noch wesentlich sein wird. Es ist die Rede von dem Vorschlag Horns, welcher mit dem Begriff des „dominus causae“ bereits den Herrschaftsgedanken, der in der Tatherrschaftslehre zentral ist, aufgegriffen hat.367 Dogmatischer Ausgangspunkt ist nach Horn die „Naturcausalität“, die er anhand der Entfaltung von Bewegungsenergie bestimmt und daher als wirkende Bewegung definiert.368 Diesem Ursachenbegriff unterfallen jedoch lediglich die Bewegungen (i. S. v. Aufbringen von Bewegungsenergie) welche direkt in den Erfolg münden. Kommt dagegen das Objekt auf welches durch die Bewegung eingewirkt wurde zur Ruhe, weshalb ein weiteres Einwirken erforderlich würde, um den Erfolg zu bewirken, so unterfällt diese vorherige Bewegung nicht dem Ursachenbegriff.369 Die Grundannahme, dass derjenige Täter ist, der eine Bedingung setzt, die nicht zunächst durch einen anderen hindurchlaufen muss (wo sie zur Ruhe kommen würde), ist also auch hier gegeben.370 Sie wird aber durch das Wirken des Willens modifiziert. Dabei umschreibt der Begriff des „dominus causae“ diejenigen Fälle, in welchen jemand als Urheber eines Erfolges angesehen werden kann, obschon er nicht die zum Erfolg führende Kraftentfaltung durchgeführt hat.371 In diesen Fällen verhindere der zwischen den Beitrag des ersten Beteiligten getretene Wille des anderen Beteiligten die Täterschaft des ersten Beteiligten nicht, wenn es sich dabei nicht um einen freien Willen handle.372 Wirkliches Verursachen und damit Täter365

Vgl. hierzu die Darstellungen bei Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 50. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 53 m. w. N. 367 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (352). Obgleich er diesen Begriff von Kohler übernommen hat (Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (349)). 368 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (330 ff.). 369 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (339). 370 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (373). 371 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (350). 372 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (353). 366

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schaft sei also nicht nur dann gegeben, wenn eine wirkende Bewegung im Sinne der „Naturcausalität“ durchgeführt wird. Vielmehr sei sie auch gegeben, wenn die Spontanität des Willensentschlusses des Vordermanns durch die Einwirkung des Hintermanns zurücktrete, was bei einem Irrenden oder willensunfrei Handelnden der Fall sei.373 Einen künftigen, freien Willensentschluss könne man dagegen nicht wie das Wirken einer Naturkraft einplanen.374 Horn bedient sich hier der Werkzeugtheorie, nach welcher derjenige zur Begehung einer Tat benutzt werden kann, der einem tatsächlichen Irrtum unterliegt und bei dem damit ein tatsächlich oder potentiell blindes Geistesleben gegeben ist.375 Grundsätzlich kann Horn durch diese Modifikation der „Naturcausalität“ auch die mittelbare Täterschaft als solche erfassen und der Ansatz anhand des Werkzeuggedankens danach zu unterscheiden, ob der Vordermann aufgrund eines freien oder unfreien Willens gehandelt hat, spricht Erwägungen an, die auch heute noch – im Rahmen des Verantwortungsprinzips oder eines Regressverbots – zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung herangezogen werden.376 Auch würdigt Roxin explizit, dass Horn bereits die wesentlichen Grundzüge der Tatherrschaftslehre aufgegriffen habe.377 Was die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter angeht, käme man auch nach dieser Lehre zu ihrer Ablehnung. Da die Werkzeugeigenschaft abgelehnt wird, wenn der Vordermann dolos handelt,378 genügen Motivirrtümer nicht, um die Unfreiheit des Vordermanns zu begründen. e) Abgrenzung nach Kriterien der Über- und Unterordnung Ferner wurde noch vorgeschlagen danach abzugrenzen, ob sich die Beteiligten gleichwertig gegenüberstehen, oder ob ein Verhältnis der Über- bzw. Unterordnung besteht. Beispielhaft kann hier Dahm genannt werden, der darauf abstellt, ob in Bezug auf die Rechtsverletzung ein gleichwertiges und damit koordiniertes Verhalten der Beteiligten oder doch ein untergeordnetes, also subordiniertes Verhalten eines Beteiligten gegeben ist, was anhand der Umstände des Einzelfalles der objektiven Situation zu bestimmen sei.379 Lässt bei mehreren Beteiligten der eine die Tat durch den anderen ausführen, wie es bei mittelbarer Täterschaft und Anstiftung der Fall ist, so sei der Hintermann nur dann Teilnehmer, also Anstifter, wenn er sich dem anderen „subordiniert“. Von einer Unterordnung des Vordermanns sei auf der anderen Seite auszugehen, wenn dieser einem Irrtum unterliegt und dies dem Hin373

Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (365). Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (368). 375 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (348). 376 Siehe hierzu auch die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs und die weiteren auf diesem Gedanken aufbauenden Lehren: Kapitel 3 V. 1. c). 377 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 52. 378 Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (380). 379 Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 43. 374

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

termann klar ist, da derjenige der die Sachlage überschaut dem Irrenden überlegen sei.380 Unbeachtet soll dabei der innere Vorbehalt bleiben, selbst nicht Täter sein zu wollen.381 Die für die mittelbare Täterschaft notwendige Werkzeugeigenschaft sei aber, mit Ausnahme des fahrlässig handelnden Vordermanns, nur gegeben, wenn der Vordermann nicht selbst voll verantwortlich ist.382 Insofern trete die mittelbare Täterschaft in die Lücken der Teilnahme und umgekehrt.383 Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter wird also auch durch diese Lehre gänzlich abgelehnt. Den entscheidenden Nachteil dieser Lehre erkennt Dahm selbst darin, dass sich keine abstrakten Merkmale finden lassen, welche eine sichere Feststellung erlauben, ob das Verhalten eines Beteiligten als das dominierende anzusehen ist.384 Das der richterlichen Entscheidung zukommende Ermessen wäre demnach sehr hoch,385 eine vorhersehbare Rechtsprechung wohl nicht gegeben. f) Zwischenergebnis Dieser Überblick über einige der älteren materiell-objektiven Theorien konnte bereits aufzeigen, welch breites Spektrum hinsichtlich der verschiedenen Kriterien bestand, welche zur Unterscheidung von Bedingung und Ursache herangezogen wurden. Unter diesen fanden sich mit der Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung, dem Herrschaftsgedanken und der Unterscheidung danach, ob der Vordermann aufgrund eines freien Willens gehandelt hat bereits Kriterien, welche auch heute noch zur Bestimmung der mittelbaren Täterschaft herangezogen werden. Auffallend ist bei den materiell-objektiven Theorien ferner, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter stets abgelehnt wurde.

4. Die formal-objektive Theorie Eine weitere mittlerweile überholte Beteiligungslehre ist die formal-objektive Theorie. Während in der Rechtsprechung des Reichsgerichts die rein subjektive Theorie vertreten wurde, war die formal-objektive Theorie bis in die 1930er Jahre im Schrifttum vorherrschend.386 Hiernach ist im Kern lediglich derjenige Täter, der die Handlung des jeweiligen Tatbestands des Besonderen Teils mit eigener Hand aus380

Dahm, NJW 1949, S. 809 (810). Dahm, NJW 1949, S. 809 (809). 382 Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 95 f. 383 Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 97. 384 Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 42. 385 Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 43. 386 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 78; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 116; Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 74. 381

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führt.387 Alle anderen Beteiligten, deren Beitrag sich etwa in Unterstützungshandlungen im Vorbereitungsstadium erschöpft, die also keine tatbestandsmäßige Handlung vornehmen, sind Anstifter oder Gehilfen.388 Die Annahme eines Täters hinter dem Täter ist hiernach nicht möglich. Der strafrechtlich vollverantwortlich handelnde Vordermann wäre schließlich nach der formal-objektiven Theorie der Täter, wohingegen der Hintermann die Tathandlung nicht selbst erfüllt und demnach lediglich Teilnehmer sein kann. Allerdings lässt sich das bei der mittelbaren Täterschaft allgemein sagen. Diese zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass der mittelbare Täter die Tat „durch einen anderen begeht“, wie es § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB umschreibt. Der mittelbare Täter führt die Tathandlung nie selbst durch. Nach der formal-objektiven Theorie kann es einen mittelbaren Täter also nicht geben,389 sie ist demnach bei konsequenter Anwendung mittlerweile nicht mehr mit dem Gesetz zu vereinbaren. a) Versuche der Erklärung der mittelbaren Täterschaft Der Annahme der Unvereinbarkeit von mittelbarer Täterschaft und formal-objektiver Theorie wurde jedoch bereits frühzeitig entgegengetreten und darauf abgestellt, dass es sich bei dieser lediglich um eine tatsächliche Besonderheit der Täterschaft handle.390 Die Gleichbehandlung dieser besonderen Erscheinungsform mit der eigenhändigen Vornahme der Tatbestandshandlung wird hierbei mit dem Werkzeugbegriff begründet.391 Der Täter könne unproblematisch die Tathandlung auch durch ein Werkzeug vornehmen, wobei von einer solchen Vornahme durch ein Werkzeug auch dann noch problemlos sprechen könne, wenn es sich bei diesem um ein menschliches Werkzeug handle.392 „Ebensowenig wie die eigene Tätigkeit durch die Benutzung eines Werkzeugs oder einer Naturkraft ausgeschlossen wird, steht ihr die Benutzung eines unverantwortlichen Menschen entgegen“.393 Dabei wurde gar vertreten, dass als solches menschliches Werkzeug auch ein strafrechtlich vollver387

Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 648; Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, S. 79; Otto, JURA 1987, S. 246 (248); Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 12; Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 388 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (307); Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 37. 389 Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 13; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 70; Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 37. 390 M. E. Mayer, Der allgemeine Teil des deutschen Strafrechts, S. 376; Mezger, Strafrecht, S. 425. 391 Einen anderen Versuch zur Modifizierung der formal-objektiven Theorie unternahm Hegler mit seiner Übergewichtstheorie. Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 6. a) und Hegler, RGPraxis, S. 305 (307). 392 Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 44 f. 393 M. E. Mayer, Der allgemeine Teil des deutschen Strafrechts, S. 375.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

antwortlicher Täter angesehen werden könne.394 Der namhafteste Vertreter der formal-objektiven Theorie, M. E. Mayer, war dagegen der Auffassung, dass nur derjenige als Werkzeug angesehen werden könne, aber auch müsse, der nicht selbst Täter sei.395 Hiernach wäre wiederum die Annahme eines Täters hinter dem Täter von vornherein ausgeschlossen. Die Versuche der Erklärung der mittelbaren Täterschaft im Rahmen der formalobjektiven Theorie wurden jedenfalls als Hilfskonstruktionen abgetan, welche lediglich die Mängel der ansonsten bestehenden Strafbarkeitslücken beseitigen sollten.396 Abgesehen hiervon, kann noch ganz grundsätzlich eingewandt werden, dass hierdurch die formal-objektive Theorie als solche verfälscht und von ihr abgewichen wird.397 Ihre Grundannahme, nämlich die für die Täterschaft erforderliche eigenhändige Vornahme der Tathandlung, wird mithin wieder aufgegeben.398 Aus all diesen Gründen ist die formal-objektive Theorie abzulehnen und wird, soweit erkennbar, auch nur noch von Freund/Rostalski399 und von Wolf400 vertreten. Da die Auffassung von Freund/Rostalksi bereits zu genüge aufgearbeitet und im Ergebnis zu Recht abgelehnt wurde,401 soll hier lediglich noch auf die bisher weniger beachtete Ansicht Wolfs eingegangen werden. b) Mittelbare Täterschaft als gestufte Täterschaft Wolf verteidigt die formal-objektive Theorie indem er die Behauptung aufstellt, dass man, sollte man diese ablehnen, zu einer Bestrafung eines Beteiligten kommt, obwohl dieser die tatbestandsmäßige Handlung nicht vorgenommen hat. Damit würde dieser für etwas bestraft, dass er nicht getan hat.402 Bei der Täterschaftslehre handle es sich ausschließlich um ein Kausalitätsproblem,403 wobei es bei der Kausalität nicht darum gehe einen Bedingungszusammenhang festzustellen, sondern darum, den Grund einer bestimmten Folge zu bestimmen.404 Demnach ist es die Aufgabe der Täterschaftslehre den Grund für den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges respektive für die Tatbestandserfüllung festzustellen. Hierbei könne die 394

Vgl. Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 44 ff. der in diesen Fällen aber dennoch keine mittelbare Täterschaft annimmt, da er sich hieran durch die damalige Gesetzeslage gehindert sah. 395 M. E. Mayer, Der allgemeine Teil des deutschen Strafrechts, S. 375 f. 396 Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 12. 397 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 826. 398 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 40 f.; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 2. 399 Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 36 ff. 400 Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (151). 401 Zur Kritik an dieser Konzeption vgl. nur Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 780 ff. und Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 15 ff. 402 Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (151). 403 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (421). 404 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (422 f.).

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Gründe in einem Stufenverhältnis zueinanderstehen, also gestufte Täterschaft vorliegen, wie es bei der Handlung in Abhängigkeit der Handlung eines anderen (mittelbare Täterschaft) der Fall sei.405 Bei der Auslegung der verschiedenen in § 25 StGB genannten Möglichkeiten die tatbestandsmäßige Handlung vorzunehmen, weicht Wolf weit ab von den gängigen Interpretationen. So geht er davon aus, dass ein Handeln durch einen anderen grundsätzlich nicht möglich ist. Es könne nur jeder für sich handeln.406 Lediglich in den Fällen des Einsatzes von vis absoluta oder einer Person, die nicht verantwortlich handeln kann, wie es etwa bei einem Kleinkind der Fall ist, könne man durch einen anderen handeln.407 In § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB sei daher nur die misslungene Klarstellung zu sehen, dass Täterschaft keine Eigenhändigkeit voraussetze.408 In den Fällen, die gemeinhin der mittelbaren Täterschaft zugeschrieben werden, handeln zwei Personen. Daher gehöre die mittelbare Täterschaft auch systematisch in einen Absatz über die Täterschaft mehrerer Personen, zusammen mit § 25 Abs. 2 StGB.409 Bei der mittelbaren Täterschaft gebe es somit stets mehrere handelnde Täter, wobei diese aber nicht gemeinschaftlich handeln. Vielmehr hat der Hintermann einen solchen Einfluss auf den Vordermann, dass er dessen Handlungen steuern kann.410 Von der Mittäterschaft unterscheidet sich die mittelbare Täterschaft somit dadurch, dass nicht gemeinschaftlich gehandelt wird und von der Nebentäterschaft dadurch, dass bei der mittelbaren Täterschaft die Handlung des Vordermanns in Abhängigkeit von der Handlung des Hintermanns vorgenommen wird.411 Bei der Beschreibung dieses Abhängigkeitsverhältnisses räumt Wolf dem Täter hinter dem Täter einen weiten Anwendungsbereich ein. So geht er davon aus, dass mittelbare Täterschaft gegeben ist, wenn der Hintermann trotz der grundsätzlich vorhandenen Entschließungsfreiheit des Vordermanns absehen kann, wie die Entscheidung des Vordermanns ausfallen wird und daher in der Lage ist die antizipierte Entscheidung in seine Überlegungen einzubeziehen.412 Die Täterschaft des Hintermanns basiere in solchen Fällen darauf, dass der Hintermann Beeinträchtigungen an der grundsätzlich bestehenden Entschließungsfreiheit des Vordermanns ausnutzt und damit seine eigene Entscheidung trifft.413 Zur Unterscheidung von der Anstiftung baut Wolf jedoch ein subjektives Element ein. So überlasse der Anstifter dem Täter die Entscheidung, ob er sich zu der Tat entschließt, während der Entschluss des Täters hinter dem Täter beinhaltet, dass er durch seine Tätigkeit bereits über den tatbe405 406 407 408 409 410 411 412 413

Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (426, 428). Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (427 f.). Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (149). Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (427). Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (150). Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (150). Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (428). Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (150). Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (151).

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

standsmäßigen Erfolg entscheidet.414 Beispielhaft hierfür wird der Fall genannt, dass der Vordermann in einem – durch ein Arbeitsverhältnis begründeten – Abhängigkeitsverhältnis zum Hintermann steht und deshalb im konkreten Fall davon ausgegangen werden konnte, dass sich der Vordermann entsprechend verhält.415 Mit dem Abstellen auf die Vorhersehbarkeit der Handlung des Vordermanns durch den Hintermann und die Möglichkeit der Einplanung dieser Handlung, gelingt es Wolf Kriterien herauszuarbeiten, welche für eine Steuerung und Beherrschung des Vordermanns, wie sie die Tatherrschaftslehre verlangt, durchaus relevant sein können. Allerdings können auch diese Überlegungen die formal-objektive Theorie nicht retten. Dies schon allein deshalb, weil es sich bei der Täterschaftslehre nicht um ein Kausalitätsproblem handelt. Es muss an dieser Stelle die Frage aufgeworfen werden, weshalb die Täterschaftslehre als Kausalproblem bezeichnet wird, nur um sogleich neu definieren zu wollen, was überhaupt unter Kausalität zu verstehen ist. Die Vorstellung der Täterschaftslehre als reines Kausalitätsproblem kann doch nur als ein Anachronismus angesehen werden.416

5. Ganzheitliche Theorien Die ganzheitlichen Theorien orientieren sich zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme sowohl an objektiven als auch subjektiven Merkmalen. Sie benennen eine Vielzahl von normativen Gesichtspunkten, welche allesamt im konkreten Einzelfall zu berücksichtigen sind.417 Hierzu zählen vorwiegend die neuere Rechtsprechung des BGH und die Ganzheitstheorie von Schmidhäuser. a) Die neuere Rechtsprechung Nachdem die von der Rechtsprechung zunächst vertretene streng subjektive Theorie massiver Kritik ausgesetzt war und deren Ergebnisse nach der Neufassung der Beteiligungsnormen nicht mehr vertretbar waren, ist sie mittlerweile hiervon abgerückt. Sie ist nun dazu übergegangen für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme in einer normativen Kombinationstheorie418 objektive und subjektive Kriterien zu verwenden. Grundlage der Abgrenzung sollen hiernach sämtliche Umstände sein, welche von der Vorstellung des Beteiligten umfasst waren. Diese seien einer wertenden Betrachtung zu unterziehen, um zu ermitteln, ob Täterschaft 414

Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (429). Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (429). 416 Siehe hierzu Kapitel 3 V. 1. b). 417 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 119. 418 Gegen diesen Begriff Schild, Tatherrschaftslehren, S. 84 f. Es findet sich auch die Bezeichnung als „subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage“ [Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 7]. 415

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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oder Teilnahme vorliegt.419 Für diese Betrachtung fand der BGH in ständiger Rechtsprechung „wesentliche Anhaltspunkte […] im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen.“420 Durch die Verwendung des Kriterium der Tatherrschaft – wenn auch nur als eines von mehreren Kriterien – wird eine Annäherung der Rechtsprechung an die in der Literatur herrschende Tatherrschaftslehre deutlich. Diese wertende Kombinationstheorie wendet die Rechtsprechung jedoch nur in dem praktisch wichtigsten Fall der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, namentlich bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe an. Was die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung anbelangt, so hat sich der BGH inzwischen noch deutlicher der Tatherrschaftslehre zugewandt.421 So führt er in Bezug auf Fälle, in denen der Vordermann einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt aus, dass es für die Feststellung, ob ein Beteiligter mittelbarer Täter ist, darauf ankommt, ob er die vom Täterwillen getragene objektive Tatherrschaft inne hat.422 Ob diese vorliegt sei im Einzelfall zu ermitteln, wobei entscheidend sei, welcher Art und wie gravierend der Irrtum sei, sowie der Grad der Einwirkung des Hintermanns.423 Diese Abkehr von der rein subjektiven Theorie und die Einbeziehung des Kriteriums der Tatherrschaft hat erhebliche Auswirkungen für die Reichweite der mittelbaren Täterschaft. Während die Rechtsprechung durch die Anwendung der rein subjektiven Theorie noch (weitgehend) an der Anerkennung des Täters hinter dem Täter gehindert war,424 besteht hierfür nun Raum und so hat der BGH die Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter im Rahmen des vermeidbaren Verbotsirrtums und der organisatorischen Machapparate anerkannt.425 Obschon die Rechtsprechung von der streng subjektiven Theorie abgerückt ist, hält sie dennoch an dem Kriterium des Interesses am Erfolg der Tat fest. Dieses hat sich jedoch schon im Rahmen der streng subjektiven Theorie als ungeeignetes Abgrenzungskriterium erwiesen, denn die Interessenlage im jeweiligen Einzelfall kann durchaus auf verschiedene Weise interpretiert werden.426 Zudem hat wohl derjenige, der sich an einer Straftat beteiligt, im Normallfall auch ein Interesse am

419

BGH, Urteil v. 21. 11. 2000 – 1 StR 433/99, NStZ-RR 2001, 148 (148). BGH, Urteil v. 17. 10. 2002 – 3 StR 153/02, NStZ-RR 2003, 253 (254); BGH, Urteil v. 21. 11. 2000 – 1 StR 433/99, NStZ-RR 2001, 148 (148); BGH, Urteil v. 08. 11. 1989 – 3 StR 377/ 89, NStZ 1990, 130 (130); BGH, Beschluß v. 06. 10. 1989 – 3 StR 80/89, NStZ 1990, 80 (81); BGH, Urteil v. 26. 11. 1986 – 3 StR 107/86, NStZ-RR 1987, 224 (225). 421 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 23; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 5; Murmann, JA 2008, S. 321 (322). 422 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, NJW 1989, 912 (914). 423 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353 f.). 424 Siehe oben Kapitel 2 II. 2. und Kapitel 3 V. 2. a). 425 Siehe hierzu oben Kapitel 2 II. 2. b). 426 Siehe oben Kapitel 3 V. 2. b). 420

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

Gelingen der Tat427 und schließlich kennt das StGB Tatbestände, welche ein Handeln in fremdem Interesse genügen lassen.428 Am gravierendsten wiegt aber wohl der Einwand, dass nicht geklärt wird, wie die einzelnen aufgeführten Kriterien zu gewichten sind, womit Unsicherheiten in Bezug auf die Abgrenzung vorprogrammiert sind.429 Diese Bedenken werden durch die vorzunehmende wertende Gesamtbetrachtung der Umstände noch erschwert, da hiermit die Entscheidung in das Ermessen des Richters gelegt wird.430 So bescheinigt auch Haas der Rechtsprechung abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls mehr Begründungsstrukturen der Tatherrschaftslehre oder mehr Gesichtspunkte der subjektiven Theorie heranzuziehen.431 Das Kriterium der Tatherrschaft kann mithin durch das subjektive Element des Willens zur Tatherrschaft ersetzt werden.432 Auch die neuere, von der streng subjektiven Theorie gelöste, Rechtsprechung vermag daher nicht zu überzeugen.433 Die Kriterien zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung wurden freilich an dieser Stelle nur sehr grob skizziert. Auf diese wird noch detailliert einzugehen sein.434 b) Die Ganzheitstheorie Ferner ist noch auf die sogenannte Ganzheitstheorie von Schmidhäuser435 einzugehen. Diese weist große Ähnlichkeit mit der soeben erörterten wertenden Kombinationstheorie der Rechtsprechung auf. So ist nach der Ganzheitstheorie die Frage, ob ein Beteiligter Täter oder Teilnehmer ist, nur durch eine ganzheitliche Betrachtung aufzuklären, welche das gesamte Tatgeschehen umfassen müsse.436 Bei der Beurteilung eines Tatgeschehens könne also ein einziges unterscheidendes Moment nicht maßgeblich sein.437 Als relevante Kriterien für die vorzunehmende ganzheitliche Betrachtung führt Schmidhäuser beispielhaft sowohl objektive als auch subjektive Momente an. So werden etwa die zeitliche Nähe des Einsatzes des Beteiligten zum Erfolg und das Maß der Beherrschung des Geschehens auf objek427 So schon Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 32; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 26; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 26. 428 Küpper, GA 1986, S. 437 (441). 429 Rengier, Strafrecht AT, § 41 Rn. 9; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 25. 430 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 9; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 130; Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Vor §§ 25 ff. Rn. 12; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 69. 431 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 7; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vor §§ 25 ff. Rn. 6. 432 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 837. 433 Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 7. 434 Siehe Kapitel 2 II. 2. b) und Kapitel 4 III. 435 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 7, 156 ff. 436 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 7. 437 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 7.

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tiver Seite genannt und das Interesse an der Tat, sowie die Planung der Tat auf der subjektiven Seite.438 In Bezug auf die mittelbare Täterschaft ist an der Lehre Schmidhäusers beachtenswert, dass die strafrechtliche Beurteilung des Handelns des Tatmittlers für die Bewertung, ob mittelbare Täterschaft gegeben ist oder nicht, unerheblich sein soll.439 Durch diese auf die jeweiligen Beteiligten getrennt gerichtete ganzheitliche Betrachtung, wird eine Anerkennung von Fällen der Benutzung eines strafrechtlich vollverantwortlichen Tatmittlers möglich. So erkennt Schmidhäuser die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter bei organisatorischen Machtapparaten und bei der Auslieferung des Tatobjekts an einen Tatentschlossenen wie im „Dohna-Fall“ an.440 Obschon bei dieser Art der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme teilweise positiv bewertet wurde, dass sie sich gegen eine Isolierung von Einzelkriterien wende,441 überwiegt mit Recht die Kritik daran. Problematisch erscheint mithin die mangelnde Bestimmtheit dieser Vorgehensweise.442 Zwar wendet Schmidhäuser ein, dass die Ganzheit nicht gleichbedeutend mit Verschwommenheit sei und dass von den eindeutigen Fällen von Täterschaft und Teilnahme Konturen für die Behandlung der Grenzfälle abstrahiert werden können.443 Wie Schmidhäuser jedoch ebenfalls ausführt, liegt jeder Fall anders.444 Es bleibt daher unklar, wie die einzelnen Kriterien zu gewichten sind bzw. wie zu entscheiden ist, wenn einzelne oder einige der aufgeführten Kriterien gegeben sind und andere nicht.445 Dies könnte gar in Konflikt mit dem Grundsatz nulla poena sine lege certa aus Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB stehen.446 Jedenfalls würde die Abgrenzung aber mangels diesbezüglicher Leitlinien in weitem Maße in das Ermessen des Richters gelegt.447 Daher und wegen den, mit dem weitgehenden Ermessen des Richters verbundenen Einbußen in Bezug auf die Rechtssicherheit, kann die Lehre Schmidhäusers nicht überzeugen.

6. Die Tatherrschaftslehre Heute kann die Tatherrschaftslehre als die Abgrenzungstheorie betrachtet werden, die sich jedenfalls in der Literatur durchgesetzt hat und dementsprechend die 438

Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 157. Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 35, 39. 440 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 49 f. 441 M. Köhler, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 499. 442 Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 39; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 83. 443 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 158. 444 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 158. 445 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 124. 446 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 9; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 774; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 108. 447 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 34; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 37. 439

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

ganz herrschende Meinung darstellt.448 An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass es „die“ Tatherrschaftslehre nicht gibt.449 So wurden mittlerweile zahlreiche Varianten der Tatherrschaftslehre entwickelt, wobei sich die Konzeptionen der Vertreter der Tatherrschaftslehre zum Teil stark unterscheiden. Die aus der häufigen Verwendung des Begriffes der Tatherrschaft scheinbar bestehende Einigkeit ist daher in Wahrheit nur sehr bedingt gegeben.450 Im Ausgangspunkt fußt die Tatherrschaftslehre auf dem restriktiven Täterbegriff.451 Täter ist also, wer den jeweiligen Tatbestand erfüllt.452 Hierbei wird die Beherrschung respektive die Steuerung des Geschehens als das entscheidende Kriterium der Tatbestandserfüllung angesehen und nicht etwa die Vornahme der im jeweiligen Tatbestand umschriebenen Ausführungshandlung.453 Daher besteht Einigkeit in der Ablehnung der formal-objektiven Theorie und von Kausalbetrachtungen als Basis der Abgrenzung.454 Gemeinsames Ziel der Vertreter der Tatherrschaftslehre ist es zudem, durch Herausarbeitung täterschaftsbegründender Elemente der Willkür in der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme entgegenzutreten.455 Aus diesem Grund wird das Element der Beherrschung respektive der Steuerung primär anhand objektiver Kriterien bestimmt.456 a) Die Entwicklung der Tatherrschaftslehre Der Begriff der Tatherrschaft selbst wurde in strafrechtlichem Kontext zuerst von Hegler verwendet, der hierin freilich noch kein Kriterium zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme sah.457 Unter Tatherrschaft verstand er nur die Voraussetzungen der Schuld, bei deren Vorhandensein der Betreffende „voller Herr dieser seiner gesellschaftsschädlichen Tat“ sei.458 Erst später machte Hegler das Kriterium der Tatherrschaft zur Begründung von mittelbarer Täterschaft fruchtbar. Er führte 448

Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 10; Heine/Weißer, in: Schönke/ Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 57; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 82; Renzikowski, FS-Schünemann 2014, S. 495 (495); Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 24; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 114; Otto, JURA 1987, S. 246 (248); von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 136; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1207. 449 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 33. 450 Schild, Tatherrschaftslehren, S. 33; Fischer, StGB, § 25 Rn. 4. Vgl. hierzu auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 85 mit dem bereits oben zitierten Ausspruch, dass „die ganze Lehre bei scheinbarer Einigkeit allmählich in eine schillernde Undeutlichkeit gerückt“ ist. 451 Siehe hierzu unten Kapitel 3 VI. 1. 452 Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Vor §§ 25 ff. Rn. 7. 453 Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Vor §§ 25 ff. Rn. 7. 454 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (520). 455 Otto, JURA 1987, S. 246 (248). 456 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 12. 457 Hegler, ZStW 36. Band (1915), S. 184 (190). 458 Hegler, ZStW 36. Band (1915), S. 184 (186).

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diesbezüglich im Rahmen seiner sog. Übergewichtstheorie459 aus, dass im Falle der mittelbaren Täterschaft der Hintermann in Bezug auf den Vordermann ein derart erhebliches Übergewicht besitze, welches das Minus in Bezug auf die Ausführung der Tat kompensiere und den Hintermann als die Hauptperson erscheinen lasse.460 Dieses, die mittelbare Täterschaft charakterisierende, Übergewicht könne nun im Bereich der Schuld, zu welcher Hegler wie zu seiner Zeit üblich auch den Tatbestandsvorsatz zählte, und dem Bereich der Rechtswidrigkeit liegen.461 Dementsprechend sei besagtes Übergewicht beispielsweise gegeben, wenn der Hintermann im Unterschied zum Vordermann schuldhaft handelt und damit voller Herr der Tat ist oder wenn der Vordermann fahrlässig handelt, der Hintermann vorsätzlich und damit mit stärkerer Tatherrschaft gehandelt hat.462 Bildlich zeige sich dieser Gedanke eines Übergewicht zu Gunsten des Hintermanns auch darin, dass man in Bezug auf den Vordermann von einem Werkzeug spricht und fordere, dass eine Strafbarkeitsvoraussetzung lediglich beim Hintermann gegeben ist, während sie beim ausführenden Vordermann fehlt.463 Hiernach war also stets ein Strafbarkeitsdefizit auf Seiten des Tatmittlers erforderlich; ein strafrechtlich vollverantwortlicher Ausführender wurde mithin nicht als möglicher Tatmittler angesehen. Hegler zeitlich nachfolgend findet sich in der Literatur gelegentlich die Bezeichnung des Täters als Herrn der Tat. So etwa bei Schneider464 oder auch Schäfer, der in Bezug auf den Täter bereits von dem „Herr[n] der Tat“ sprach, obwohl dieser ein Anhänger einer rein subjektiven Abgrenzungstheorie war.465 Bei Lobe findet sich schließlich eine Kombination des Herrschaftsgedankens und der subjektiven Theorie, welche bereits an die spätere normative Kombinationstheorie der Rechtsprechung erinnert. So schreibt er für die Täterschaft sei „nicht nur das Vorliegens eines Willens des Inhalts, die Tat als eigene zu begehen“ erforderlich.466 Vielmehr sei des Weiteren noch nötig, dass „der Wille auch die seiner Verwirklichung dienende Ausführung beherrscht und lenkt. […] Bei der Teilnahme fehlt die Beherrschung der die Herbeiführung des Erfolges bezweckenden Ausführungshandlung“.467 Die Täterschaft ist hiernach bereits anhand subjektiver und objektiver Kriterien zu bestimmen.468

459

Hegler war ein Anhänger der formal-objektiven Theorie und entwickelte die Übergewichtstheorie, um selbige zu modifizieren und dadurch die mittelbare Täterschaft erklären zu können, vgl. Hegler, RG-Praxis, S. 305 (307). 460 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (306). 461 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (307 f.). 462 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (308). 463 Hegler, RG-Praxis, S. 305 (307). 464 Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 11. 465 Schäfer, Die mittelbare Täterschaft, S. 77 f., 81a. 466 Lobe, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches, S. 122. 467 Lobe, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches, S. 122 f. 468 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 8.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

aa) Der Durchbruch durch Welzel Der nächste große Schritt in der Entwicklung der Tatherrschaftslehre ist in der Fortentwicklung des Herrschaftskriteriums durch Welzel zu sehen, welcher der Tatherrschaftslehre schließlich zum Durchbruch verholfen hat und deshalb auch als deren Begründer angesehen wird.469 So griff er den Gedanken der Tatherrschaft bereits 1939 in seinen „Studien zum System des Strafrechts“ wieder auf.470 Dabei setzte er der damals herrschenden kausalen Handlungslehre471 seine finale Handlungslehre entgegen, nach welcher eine Handlung bei einer kausalen Überdetermination, also der Steuerung des Geschehens, auf ein gewünschtes Ziel hin vorliege.472 Der Handelnde überlegt sich vorweg, was er erreichen möchte, wählt sodann die zur Zielerreichung erforderlichen Mittel aus und wendet diese Mittel demgemäß an, um das gewünschte Ziel zu erreichen.473 Aufbauend auf dieser Handlungslehre entwickelte Welzel nun seine Lehre zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme im Bereich des vorsätzlich-finalen Handelns.474 Hierzu verknüpft er seine finale Handlungslehre, welche die Handlung als Entwicklung und Umsetzung eines Planes zur Herbeiführung eines Erfolges begreift, mit dem Kriterium der Tatherrschaft. „Herr über die Tat ist, wer sie aufgrund seines Willensentschlusses zweckhaft durchführt. Die Gestaltung der Tat durch den planvoll steuernden Verwirklichungswillen macht den Täter zum Herrn der Tat“.475 Der Täter ist, da er der Herr über Entschluss und Durchführung der Tat ist, Herr über die Tat, während der Teilnehmer sich nur an der Tat beteiligt, ohne Herr über diese zu sein.476 Die dem Menschen eigene Fähigkeit, die Folgen seines Handelns vorherzusehen und hierdurch sein Verhalten auf bestimmte Ziele zusteuern und hinlenken zu können, ist somit die Grundlage der Tatherrschaft nach Welzel.477 Entscheidend sei, dass die Tat objektiv das Werk des Täters sei.478 Dies wiederum sei der Fall, wenn die Tat die zweckbewusste Durchführung seines Willensentschlusses darstelle und er damit die finale Tatherrschaft innehabe.479

469

Schild, Tatherrschaftslehren, S. 9; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 73; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 23; Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 169. 470 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 – 566. 471 Nach dieser ist jedes in Gang setzen eines Kausalverlaufs durch einen menschlichen Willkürakt eine Handlung [Walter, in: LK, StGB, 12. Auflage, Vor § 13 Rn. 29 m. w. N.]. 472 Welzel, NJW 1968, S. 425 (425). 473 Welzel, NJW 1968, S. 425 (425). 474 Bei Fahrlässigkeitsdelikten hielt Welzel bereits zur damaligen Zeit nur eine Täterschaft für möglich [Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (538 f.)]. 475 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 100. 476 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (539). 477 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 15. 478 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (542). 479 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (543).

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In Bezug auf die mittelbare Täterschaft sei es auch möglich zwecktätige Handlungen eines anderen in die eigene Zwecktätigkeit einzubauen, allerdings muss der Hintermann dabei die umfassende Tatherrschaft für die gesamte Tat behalten.480 Während der Anstifter die Tat anrege, habe einzig der mittelbare Täter die Herrschaft über den Entschluss und die Durchführung der Tat und damit die finale Herrschaft über die Tat.481 Dabei wird stets die Parallele zur Benutzung eines mechanisch wirkenden Werkzeugs durch einen unmittelbaren Täter gezogen.482 Nur wenn der Vordermann als Werkzeug betrachtet werden könne, wenn ihm also ein spezielles oder generelles Tätermerkmal fehle, sei mittelbare Täterschaft denkbar. Ist der Vordermann dagegen Täter, so sei mittelbare Täterschaft ausgeschlossen.483 Ein tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft handelnder Täter kann hiernach kein Tatmittler sein. Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter wird von Welzel also kategorisch ausgeschlossen. Demnach kommt auch bei Hervorrufen eines Motivirrtums lediglich Anstiftung in Betracht.484 Die finale Handlungslehre hat die Zweckgerichtetheit als die rechtliche Werthaftigkeit prägendes Element der Handlung in den Fokus gestellt.485 Zwar sollte ihr Erkenntnisgewinn nicht überschätzt werden,486 dennoch ist ihr eine wichtige Erkenntnis hinsichtlich der Tatherrschaft zu entnehmen: Die Tatherrschaft hat mithin derjenige inne, welcher seinen Willensentschluss zweckbewusst zur Durchsetzung bringt.487 Dementsprechend stellt Welzel zur Abgrenzung auf den Herrschafts- und Steuerungsgedanken ab. Dies zeigt sich deutlich, wenn er von der für die Täterschaft notwendigen Herrschaft über die Tat488 oder von der Herrschaft über den Entschluss und die Durchführung der Tat spricht,489 sowie durch die gezogene Parallele zum mechanisch wirkenden Werkzeug.490 Darüber hinaus natürlich auch in dem Ge480

Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (544). Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (539). 482 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (544); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 101. 483 Welzel, SJZ 1947, S. 645 (650). 484 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 116. 485 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 67. 486 Immerhin sind Finalität und Vorsätzlichkeit nicht identisch. Zwar handelt ein Beteiligter, der vorsätzlich gehandelt hat, notwendigerweise auch final, allerdings ist nicht jedwedes finale Handeln auch vorsätzliches Handeln (im Sinne von auf die Erfüllung eines Tatbestands gerichtet vorsätzlich). Vielmehr ist der Begriff des (Tatbestands-)Vorsatzes enger als der der Finalität [Welzel, NJW 1968, S. 425 (426)]. Eine Handlung kann „im Hinblick auf einen näheren Erfolg final, im Hinblick auf einen weiteren Erfolg [nur] kausal sein“ [Welzel, Um die finale Handlungslehre, S. 9]. Daher ist mit der Feststellung, dass der jeweilige Beteiligte final gehandelt hat, insbesondere in Bezug auf die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, noch nichts gewonnen [Roxin, ZStW 74. Band (1962), S. 515 (527); Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 33 ff.]. 487 Küpper, GA 1986, S. 437 (442). 488 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 100. 489 Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (539). 490 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 101. 481

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

danken der kausalen Überdetermination, welcher der finalen Handlungslehre zu Grunde liegt. bb) Die Umschreibung Maurachs und die Eingrenzung durch Gallas Nach Welzel beförderten insbesondere Maurach und Gallas die Tatherrschaftstheorie weiter.491 Dabei gelang es Maurach eine Umschreibung für das Vorliegen von Tatherrschaft aufzustellen, welche wegen ihrer besonderen Griffigkeit noch heute häufig verwendet wird.492 Nach dieser sei Tatherrschaft „das vom Vorsatz umfaßte In-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes […]. Tatherrschaft hat jeder Mitwirkende, der […] die Tatbestandsverwirklichung je nach seinem Willen ablaufen lassen, hemmen oder abbrechen [kann]“.493 Ein ähnliche Umschreibung wählte Gallas. Nach ihm ist derjenige Täter eines Vorsatzdelikts, der die Handlung vornimmt die der jeweilige Straftatbestand vorsieht, was heiße einen finalen Akt eines bestimmten Sinngehalts vorzunehmen.494 Bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten begehe der Täter die tatbestandsmäßige Handlung erst, wenn er nach einem Programm vorgeht, dessen Durchführung ihm den tatbestandsmäßigen Erfolg „in die Hand gibt“.495 Dabei müssen die von ihm eingesetzten Mittel aus seiner Sicht die Eignung aufweisen, ihn als Tatherren erscheinen zu lassen.496 Auch wenn die Ansätze von Maurach und Gallas recht nah beieinander klingen, kommen sie doch zu unterschiedlichen Ergebnissen, was sich insbesondere hinsichtlich der Reichweite der mittelbaren Täterschaft zeigt. Nach Gallas muss das Handeln des Hintermanns bei der mittelbaren Täterschaft eine im Vergleich zur unmittelbaren Täterschaft gleichwertige Tatherrschaft aufweisen.497 Diese Gleichwertigkeit der Tatherrschaft hänge vom Maß der Beherrschung des äußeren Tatablaufs ab.498 Eine solche gleichwertige Beherrschung sei zum einen bei der Benutzung eines nicht vorsätzlich handelnden Vordermanns und zum anderen bei der Benutzung eines unfrei handelnden Vordermanns gegeben. Bei einem unfrei handelnden Vordermann bestehe deswegen bei wertender Betrachtung ein, die Tatherrschaft begründendes, Übergewicht, weil der Vordermann wegen Irrtums oder Zwang ein Strafbarkeitsdefizit aufweist oder sich der Hintermann sonst eines Vordermanns bedient, der zwar vorsätzlich, aber nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft handelt. 491

Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 11. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 807; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 26; Rengier, Strafrecht AT, § 41 Rn. 11; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 8; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vor §§ 25 ff. Rn. 6; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31 Rn. 32. 493 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 627. 494 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 95. 495 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 89. 496 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 89 f. 497 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97. 498 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97. 492

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Ein strafrechtlich vollverantwortlicher könne dagegen nie Tatmittler sein.499 Die Unfreiheit des Vordermanns wird also anhand der Maßstäbe des Rechts bestimmt. Damit griff Gallas den von der Lehre von der Unterbrechung des Kausalverlaufs vorgebrachten Gedanken des Ausschlusses mittelbarer Täterschaft bei frei und vorsätzlich handelndem Vordermann auf und führte diesen in die Bestimmung der mittelbaren Täterschaft anhand des Kriteriums der Tatherrschaft ein.500 Zwar fordert nun auch Maurach, dass der Hintermann die objektiv gegebene und ihm auch subjektiv bewusste Tatherrschaft inne habe, allerdings erkennt er explizit Fallgruppen des Täters hinter dem Täter an.501 So beispielsweise in Fällen, in denen §§ 20, 35 StGB nicht vorliegen, der Vordermann aber dem Hintermann sexuell und psychologisch hörig ist.502 Er kann damit als frühes Beispiel für Vertreter der Tatherrschaftslehre angesehen werden, welche die Tatherrschaft (zumindest auch) anhand faktischer Kriterien bestimmen und steht damit in deutlichem Kontrast zu Welzel und Gallas, die die Tatherrschaft ausschließlich anhand normativer, zu einem Ausschluss eines Täters hinter dem Täter führender, Kriterien bestimmten und dementsprechend vehemente Gegner dieser Rechtsfigur waren. Insgesamt wird auch bei den Tatherrschaftslehren Maurachs und Gallas der Steuerungs- und Kontrollgedanke deutlich in den Vordergrund gestellt. Bei Maurach zeigt sich dies, wenn er vom „In-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes“ spricht503 und bei Gallas, wenn er das Maß der Beherrschung des äußeren Tatablaufs für entscheidend für die Annahme von mittelbarer Täterschaft erklärt.504 Bei der Umschreibung, wann ein Beteiligter das Geschehen in ausreichendem Maße kontrolliert bzw. steuert, bleiben jedoch sowohl Welzel als auch Maurach und Gallas noch zu vage.505 Aus diesem Grund stellen deren Tatherrschaftslehren lediglich einen Zwischenschritt bei der Entwicklung der Tatherrschaftslehre dar, welche die Kriterien der Beherrschung, der Steuerung und der Kontrolle in den Mittelpunkt gerückt haben, ohne deren Vorliegen ausreichend zu konkretisieren. cc) Die Ausdifferenzierung durch Roxin und aktueller Stand Nachfolgend gelang es Roxin in seiner Habilitationsschrift „Täterschaft und Tatherrschaft“ 1963 die Tatherrschaftslehre bis ins Detail auszudifferenzieren.506 Er 499

Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97 ff. Küper, JZ 1989, S. 935 (946). 501 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 631 ff., 641 f. 502 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 632. 503 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 627. 504 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97. 505 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 37; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 68 f. 506 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (519). 500

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

wird daher auch als der Vollender der Tatherrschaftslehre bezeichnet.507 Den Begriff der Tatherrschaft möchte Roxin als offenen Begriff ansehen. Wann Tatherrschaft vorliegt, soll hiernach nicht exakt definiert werden, sondern lediglich mit einer Beschreibung bestimmt werden, die durch regulative Prinzipien zu ergänzen sei.508 Bei dieser Begriffsbestimmung handelt es sich um einen Mittelweg zwischen der Kategorisierung als unbestimmten Rechtsbegriff und der Ausgestaltung als fixierten Begriff.509 Ziel ist es hierbei sowohl ein hohes Maß an Bestimmtheit zu erreichen als auch eine billige Beurteilung individueller Einzelfälle zu ermöglichen.510 Man könnte sagen, dass die jeweiligen Vorteile eines unbestimmten und eines fixierten Begriffes kombiniert werden sollen, ohne deren Nachteile zu übernehmen.511 Im Gegensatz zu einer festen Definition orientiert sich eine Beschreibung an dem Sinngehalt der verschiedenen zu beurteilenden Situationen, indem Verhaltensweisen beschrieben werden, die zur Tatherrschaft führen.512 Eine solche Beschreibung sei ferner nie als endgültig abgeschlossen anzusehen, bei Entdeckung neuer Formen des Zusammenwirkeins seien vielmehr Beschreibungsergänzungen vorzunehmen.513 Sollten schließlich in einem zu beschreibenden Bereich derart viele für die Ermittlung der Tatherrschaft relevante Kriterien gegeben sein, dass eine vorab vorgenommene Generalisierung nicht möglich ist, so sei lediglich ein Regulativ, eine Richtlinie zu geben, anhand derer der Einzelfall zu beurteilen sei.514 Die allgemeinste Beschreibung der Tatherrschaft findet Roxin in dem Kriterium der Zentralgestalt des zu beurteilenden Geschehens. Nur diese Zentralgestalt könne

507

Schild, Tatherrschaftslehren, S. 24. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 136 ff. 509 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 136. Eine Einstufung der Tatherrschaft als unbestimmten Rechtsbegriff, nach welchem stets nur eine Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalles darüber Aufschluss geben kann, wer Tatherrschaft innehat, lehnt Roxin ebenso ab wie einen, wie er es nennt, „fixierten Begriff“ [Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 131, 132 f.]. Bei letzterem würde die Tatherrschaft durch unflexible Kriterien bestimmt, welche sich durch einen objektiv überprüfbaren Subsumtionsakt erschließen lassen und eine Lösung jeden Einzelfalles mittels Deduktion ermöglichen [Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 132 f.]. 510 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 136 f. 511 Mit einem unbestimmten Rechtsbegriff wären zwar Vorteile in Bezug auf die Möglichkeit der Erzielung von Einzelfallgerechtigkeit verbunden, allerdings überwiegen nach Roxin die Nachteile in Form einer, mit der Offenheit in Bezug auf die heranzuziehenden Maßstäbe verbundenen, sehr eingeschränkten Rechtssicherheit [Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 126, 131 f.]. Ein fixierter Begriff könne dagegen den vielen unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen, die zu beurteilen sind, nicht gerecht werden, da eine Definition zwangsläufig abstrakt gefasst sein muss und damit die Umstände des Einzelfalles gerade nicht berücksichtigen kann [Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 134 f.]. 512 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 137 f. 513 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 138. 514 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 139. 508

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Tatherrschaft innehaben,515 während der Täter die Zentralgestalt ist, sei der Teilnehmer eine bloße Randfigur.516 „Zentralgestalt des Deliktsvorganges ist, wer das zur Deliktsverwirklichung führende Geschehen beherrscht, während die Teilnehmer auf das Geschehen zwar ebenfalls Einfluß nehmen, seine Ausführung aber nicht maßgeblich gestalten.“517

Diese allgemeine Umschreibung des Täters als Zentralgestalt kann natürlich noch keine konkrete Abgrenzung ermöglichen. Daher muss weiter konkretisiert werden, wann bei dem jeweiligen Beteiligten von der Zentralgestalt des Geschehens gesprochen werden kann.518 Dies wird für die drei kodifizierten Formen der Täterschaft unterschiedlich beurteilt. Bei der unmittelbaren Täterschaft stehe die Handlung des Täters – da er sie eigenkörperlich vornimmt – im Vordergrund und er habe daher die Handlungsherrschaft inne.519 Der Mittäter habe eine für das Gelingen der Tat wesentliche Funktion inne und habe daher die funktionale Tatherrschaft.520 Die mittelbare Täterschaft zeichne sich schließlich dadurch aus, dass dem Hintermann die Tatherrschaft in Form der Willensherrschaft zukomme. Diese habe wiederum inne, wer den Geschehensablauf beherrscht,521 weil er den Vordermann beherrscht.522 Dabei unterscheide sich die mittelbare Täterschaft von der Anstiftung durch ein Plus an Macht oder Wissen beim Hintermann.523 Unterteilt wird die Beherrschung des Vordermanns bei der Willensherrschaft weiter in die Willensherrschaft kraft Nötigung, die Willensherrschaft kraft Irrtums und schließlich die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate.524 Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Hintermann eine überlegene Stellung innehaben muss, die ihm die Beherrschung des Vordermanns ermöglicht. Die genaue Differenzierung zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Irrtümern durch Roxin wurde bereits bei der Entwicklung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter im Einzelnen aufgezeigt.525 Nach dieser soll eine Beherrschung jedenfalls dann bejaht werden, wenn der Vordermann irrtumsbedingt selbst nicht strafrechtlich verantwortlich ist. Darüber hinaus werden Fallgruppen der Beherrschung eines vollverantwortlichen Täters anerkannt.526 Es gibt also Raum für die Anerkennung von Fallgruppen des Täters hinter dem Täter.

515 516 517 518 519 520 521 522 523 524 525 526

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 120; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 27. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 10. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 13. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 12. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 28. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 140. Roxin, GA 1963, S. 193 (198). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 28. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (194). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 46. Siehe oben Kapitel 2 II. 1. c). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 61.

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Gerade in dieser Differenzierung besteht nun der wegweisende Fortschritt in der Tatherrschaftslehre Roxins, mit der er als Erster die jeweiligen Bezüge zwischen den Beteiligten in ein detailliertes Fallsystem eingeordnet hat.527 Diese Systematisierung der Tatherrschaft für die einzelnen Täterschaftsformen (Handlungsherrschaft, funktionale Tatherrschaft und Willensherrschaft) und seinem Verständnis derselben als offenen Begriff, begründet die besondere Attraktivität der Tatherrschaftslehre und prägt sie bis heute.528 Und so bestehen zwar erhebliche Unterschiede im Detail, insbesondere darüber welche Anforderungen an die Willensherrschaft des Hintermanns zu stellen sind,529 über die Grundlagen besteht dagegen weitgehende Einigkeit. Hiernach ist Täter, wer als Zentralgestalt bzw. Schlüsselfigur des tatbestandsmäßigen Geschehens anzusehen ist, während der Teilnehmer eine Randfigur ist.530 Die Zentralgestalt des Geschehens handelt wiederum mit Tatherrschaft, worunter allgemein nach Maurach das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensverlaufs verstanden wird.531 Abgestellt wird hiernach nicht auf die Vornahme der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung, sondern auf deren Beherrschung,532 wobei das Herrschaftskriterium für die verschieden Täterschaftsformen des § 25 StGB im Anschluss an Roxin unterschiedlich bestimmt wird.533 b) Kritik und Stellungnahme Die bisherige Analyse der Beteiligungslehren hat gezeigt, dass eine Abgrenzung lediglich anhand subjektiver Kriterien das Gewicht des objektiven Tatbeitrags nicht mit einbeziehen kann und der Rechtssicherheit abträglich ist.534 Auf der anderen Seite erschöpft sich Täterschaft auch nicht in dem objektiven Tatbeitrag, weshalb eine Abgrenzung anhand ausschließlich objektiver Kriterien ebenfalls versagen muss.535 Daher sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien zur Abgrenzung 527

Renzikowski, FS-Schünemann 2014, S. 495 (500). Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 86; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 59. 529 Dies betrifft insbesondere die Frage, ob die von Gallas in die Tatherrschaftslehre eingeführte Beschränkung auf die Benutzung eines unvorsätzlich oder unfrei handelnden Vordermanns, seine Berechtigung hat. Siehe hierzu sogleich die Ausführungen in Kapitel 3 V. 6. b) und Kapitel 4 II. 2. 530 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 38; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 807; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31 Rn. 32. 531 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 627; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 807; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 8; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 26; Rengier, Strafrecht AT, § 41 Rn. 11. 532 Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Vor §§ 25 ff. Rn. 7. 533 Rengier, Strafrecht AT, § 41 Rn. 13; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 807. 534 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 809. Siehe oben Kapitel 3 V. 2. b). 535 Waßmer, in: AnwaltK StGB, Vorb. zu § 25 Rn. 22; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 809. 528

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heranzuziehen. Die tatbestandsmäßige Handlung ist also „weder allein als ein Handeln mit einer bestimmten Einstellung noch als reines Außenweltgeschehen, sondern als objektiv-subjektive Sinneinheit“ zu verstehen.536 Die ganzheitlichen Theorien gehen zwar einen solchen Weg, es bleibt jedoch unklar, wie die Kriterien im Verhältnis zueinander zu gewichten sind. Darüber hinaus hält die Rechtsprechung weiterhin an überkommenen Kriterien wie dem Interesse am Taterfolg fest und überträgt damit die Entscheidung über die Beteiligungsform im Grunde dem Ermessen des Richters. Die Tatherrschaftslehre wird diesen Anforderungen dagegen gerecht, indem sie den Täterbegriff aus einer Synthese von objektiven und subjektiven Faktoren gewinnt, wobei der Schwerpunkt auf objektive respektive objektivierbare Kriterien gelegt wird.537 Sie macht im Ausgangspunkt deutlich, dass unter dem Täter die Zentralgestalt beziehungsweise die Schlüsselfigur538 des Geschehens zu verstehen ist. Dabei kommt ihm eine erhöhte Bedeutung zu, da er das Geschehen planvoll steuern und beherrschen kann. Während der Teilnehmer die Rolle einer Randfigur einnimmt und das Geschehen nicht beherrscht, zeichnet sich der Täter durch die gewollte Ausübung von Kontrolle aus. Er nimmt eine maßgebliche steuernde Rolle im Tatablauf ein.539 Diese noch recht grobe Umschreibung kann durch eine genaue Herausarbeitung der tatherrschaftsbegründenden Elemente konkretisiert und damit eine präzise und rechtssichere Abgrenzung der Beteiligungsformen gewährleistet werden. Allerdings wurden auch gegen die Tatherrschaftslehre Bedenken geäußert. So wirft ihr etwa Haas vor sie oszilliere „in durchaus inkohärenter und rational nicht nachvollziehbarer Weise zwischen Normativität und Faktizität“.540 Zur Bestimmung der Tatherrschaft werde also mal auf normative Kriterien und mal auf tatsächliche Gesichtspunkte abgestellt, was nicht nachvollziehbar sei.541 Hiergegen wendet allerdings Roxin zurecht ein, dass für die Tatherrschaft stets der real dominierende Einfluss auf die Tatbestandsverwirklichung entscheidend ist.542 Dies stellt mithin den übergeordneten Gesichtspunkt dar, der in jedem Fall ausschlaggebend ist. Von diesem Gesichtspunkt aus scheint ein Rückgriff sowohl auf faktische als auch auf normative Kriterien zur Beurteilung der Herrschaftsverhältnisse in Bezug auf die 536 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 652; Heine/Weißer, in: Schönke/ Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 57. 537 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 57, 73; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 809; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 12. 538 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 38. 539 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 28. 540 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 26. 541 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 102. 542 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 785. Ebenso Heine/Weißer, in: Schönke/ Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 75.

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Tatbestandsverwirklichung legitim.543 Ob sich die Tatherrschaft dagegen anhand faktischer Kriterien in hinreichend konkretem Maße bestimmen lässt oder vielmehr eine Bestimmung anhand normativer Kriterien erforderlich ist, um diesem Anspruch der Tatherrschaftslehre zu genügen, ist auch innerhalb der Tatherrschaftslehre umstritten. So wird teilweise eingewandt, dass es ein aussichtsloser Versuch sei, Herrschaft als psychische Fakten verstehen zu wollen. Dieser Versuch müsse dazu führen, dass die Täterbestimmung letztlich doch dem Gefühlsurteil des Richters überlassen bleibt.544 Dieser Kritik immanent ist der Vorwurf, dass die Feststellung von Tatherrschaft anhand faktischer Kriterien nicht ausreichend bestimmt erfolgen könne.545 Demnach müsste bei der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme sowie im Speziellen zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung stets auf normative Kriterien zurückgegriffen werden, wie es etwa bei Zugrundelegung des Verantwortungsprinzips der Fall ist.546 Diese Problematik betrifft nun bereits die konkrete Bestimmung der Tatherrschaft. Ihre Klärung und damit die Entscheidung, ob zur Begründung der Tatherrschaft auch auf faktische Kriterien, wie die psychische Situation des Vordermanns, abgestellt werden kann, hat unmittelbare Auswirkungen hinsichtlich der Behandlung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter. Aus diesem Grund wird hierauf in Kapitel 4 näher eingegangen. An dieser Stelle sei lediglich festgestellt, dass es im Rahmen der Bestimmung der Tatherrschaft vom Ausgangspunkt und insbesondere der Zielsetzung der Bestimmung des realen Einflusses auf das Tatgeschehen, möglich ist, auch auf faktische Kriterien abzustellen.547 Schließlich sollen die verschiedenen Beteiligungsformen nach ihrem sachlichen Gewicht unterschieden werden.548 Des Weiteren wird an der Tatherrschaftslehre kritisiert, dass es nicht gelungen sei das Kriterium der Tatherrschaft in dem jeweiligen Deliktstatbestand einzuordnen, obgleich die Tatbestandsbezogenheit der Tatherrschaft betont werde.549 Auch wird es als problematisch angesehen, dass der Begriff der Tatherrschaft zu viele subjektive Elemente enthalte. Hierbei verweisen etwa Freund/Rostalski auf das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-halten des Geschehens“ und die „planvolle Geschehenslenkung“.550 Wegen dieser subjektiven Elemente komme eine Einordnung in den objektiven Deliktstatbestand jedenfalls nicht in Betracht.551 Es stehe zu befürchten, dass die Tat selbst als Bezugspunkt der Tatherrschaft verloren gehe.552 Ähnlich wie 543

Vgl. auch Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 51, der von der Tatherrschaft als gemischt empirisch-normativem Kriterium spricht. 544 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13. 545 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 122 f. 546 Siehe hierzu unten Kapitel 4 II. 2. 547 Vgl. auch Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 58. 548 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 645. 549 Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 46. 550 Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 47. 551 Zustimmend Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (526). 552 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (527).

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bei der subjektiven Theorie komme es, so Haas, bei der Tatherrschaftslehre zu einer Verschiebung von Unterschieden, welche eigentlich in die objektive Tatdefinition gehören, in den subjektiven Bereich. Damit werde die Tatherrschaft zu einer Eigenschaft des Täters die von der Tat losgelöst ist.553 Allerdings vertreten Freund/ Rostalski noch die formal-objektive Theorie554 und Haas möchte wieder zu der normativen Unterscheidung von Ursache und Bedingung zurückkehren,555 von daher wundert es nicht, dass sie sich gegen die Einbeziehung subjektiver Momente wenden. Es wurde jedoch durch die Aufarbeitung der rein subjektiven und rein objektiven Beteiligungslehren deutlich, dass keine von beiden geeignet ist, die erforderliche Abgrenzung zutreffend zu vollziehen.556 Aus diesem Grund sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien für die Abgrenzung heranzuziehen, wobei der Schwerpunkt auf objektive Kriterien zu legen ist. Darüber hinaus ist aber auch die Einordnung der Tatherrschaft in den Deliktstatbestand erfolgt. Schon Roxin hat deutlich gemacht, dass die Tatherrschaft als Tatbestandsverwirklichung im materiellen Sinn zu betrachten ist, womit das Kriterium der Tatherrschaft in den Deliktstatbestand eingeordnet wird.557 In den gesetzlichen Tatbeständen sei bereits eine Beschreibung des Täters als Zentralgestalt des Geschehens angelegt.558 Grundgedanke der Tatherrschaftslehre ist somit, dass die Erfolgsdelikte aussagen, dass bestraft wird, wer den tatbestandlichen Erfolg als Tatherr vorsätzlich verursacht.559 Nur bei Vorliegen von Tatherrschaft ist hiernach also der Tatbestand erfüllt. Die Täterschaft wird dabei nach Roxin als Prüfungspunkt nach dem objektiven und subjektiven Tatbestand eingeordnet.560 Überzeugender dürfte es jedoch sein, die Tatherrschaft unmittelbar dem objektiven Tatbestand zuzuordnen, zumal der Täterschaft der grundsätzliche Charakter eines objektiven Tatbestandsmerkmals zukommt.561 Diese Einbindung erlaubt § 25 StGB, nach welchem derjenige als Täter zu bestrafen ist, der die Tat begeht. Das Begehen wiederum ist als die Beherrschung der Erfüllung des Straftatbestands zu verstehen.562 Gegen die Einordnung in den objektiven Tatbestand spricht auch nicht, dass zur Bestimmung der Tatherrschaft auch subjektive Kriterien herangezogen werden.563 Schließlich spielen auch bei der objektiven Zurechnung bereits subjektive Kriterien 553

Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (527 f.). Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 36 ff. 555 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (541). 556 Ebenso Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 651. 557 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 29. 558 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 11; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 364. 559 So Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 14. 560 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 367. 561 Bock, Strafrecht AT, S. 161, 170; Donna, FS-Gössel 2002, S. 261 (263); Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 87. 562 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848. 563 So aber Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 47. 554

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

wie etwaiges Sonderwissen eine Rolle.564 Eine strikte Trennung des Tatbestands in objektive und subjektive Bestandteile wird also ohnehin nicht vorgenommen.565 Ferner kritisiert etwa noch Wolf, dass bildhafte Umschreibungen wie „Tatherrschaft“ oder Zentralgestalt“ dazu führen könnten jedes gewünschte Ergebnis begründbar zu machen.566 Diese Bezeichnungen „suggerieren lediglich emotional das zu findende Ergebnis“.567 Diesem Einwand könnte man wohl zustimmen, wenn die Tatherrschaftslehre bei diesen vagen Umschreibungen stehen bleiben und die Ausfüllung dieser Begriffe im Einzelfall damit dem Ermessen überlassen würde. Das tut sie jedoch nicht. Vielmehr ist es gerade ein Anliegen der Tatherrschaftslehre, der – der subjektiven Theorie vorgeworfenen – Unvorhersehbarkeit von Entscheidungen, durch genaue Kriterien zur Feststellung von Täterschaft entgegenzutreten.568 Die Tatherrschaftslehre bleibt also nicht bei diesen bildhaften Umschreibung als Oberbegriffe stehen, sondern gibt darüber hinaus Kriterien zu deren Bestimmung vor. Was unter der Tatherrschaft zu verstehen ist respektive wann ein Beteiligter als Zentralgestalt des Geschehens erscheint, wird für die jeweilige Form der Täterschaft näher konkretisiert, wodurch die Tatherrschaftslehre ihre schärferen Konturen erhält.569 Auch diese Kritik erscheint daher nicht berechtigt. Aus diesem Grund ist zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auf das Kriterium der Tatherrschaft abzustellen. Es muss ermittelt werden, ob es sich bei dem zu beurteilenden Beteiligten um die Zentralgestalt des Geschehens oder um eine bloße Randfigur handelt. Entscheidend ist hierbei insbesondere die objektive Beherrschung des Tatgeschehens. Tatherrschaft ist die willensgesteuerte objektive Tatbeherrschung.570 Auf subjektiver Seite muss dem Täter jedenfalls diese Tatbeherrschung, also der dominierende Einfluss bewusst sein.571 Während sich diese Tatherrschaft im Rahmen der unmittelbaren Täterschaft in der Herrschaft über die eigenen Körperbewegung zeigt, liegt sie bei der mittelbaren Täterschaft in der Herrschaft über eine andere Person.572 Genauer gesagt in der Beherrschung des Willens einer anderen Person, es handelt sich um Willensherrschaft.573 Dabei muss das gesamte Geschehen als das Werk des steuernden Willens des Hintermanns er564

Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 13 ff. Rn. 92a. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 273. 566 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (418). Scheinfeld sieht Hinweise, dass das Kriterium der Tatherrschaft an das jeweils gewünschte Ergebnis angepasst wird (Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 62). H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (247) betrachtet den Begriff der Tatherrschaft als zwielichtig und lediglich bildartig. 567 Wolf, FS-Schroeder 2006, S. 415 (419). 568 Siehe oben Kapitel 3 V. 6. 569 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 865. 570 Waßmer, in: AnwaltK StGB, Vorb. zu § 25 Rn. 18. 571 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 37. 572 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 39. 573 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 17 f.; Bloy, GA 1996, S. 424 (437). 565

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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scheinen.574 Ihm kommt durch den Einsatz eines menschlichen Werkzeugs und der damit verbundenen Beherrschung des Geschehens die Tatherrschaft zu.575 Vorsicht geboten ist jedoch hinsichtlich der Metapher Maurachs576 vom „InHänden-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes“.577 Der mittelbare Täter wird häufig im Hintergrund bleiben wollen und gerade aus diesem Grund die Tat nicht selbst, sondern durch einen anderen begehen wollen. Da der mittelbare Täter somit im Unterschied zum Mittäter regelmäßig nicht bei der Tatausführung anwesend sein wird und zudem die Tat nicht eigenhändig ausführt, wird man kaum davon sprechen können, dass er den Geschehensablauf wortwörtlich in den Händen hält.578 Vielmehr gibt er den Geschehensablauf gewissermaßen aus der Hand, wenn er den Vordermann, nachdem er auf diesen eingewirkt hat, aus seinem Wirkungsbereich entlässt.579 Die Beherrschung des Geschehens ist im Vergleich zu den anderen Täterschaftsformen also weniger stark ausgeprägt.580 Immerhin ist ein wirklich sicheres Beherrschen nur hinsichtlich eigener Tathandlungen möglich.581 Während die Tatbestandsverwirklichung bei der unmittelbaren Täterschaft überhaupt nicht und bei der Mittäterschaft nur teilweise von Handlungen eines anderen Menschen abhängt, begeht der mittelbare Täter die Tat „durch einen anderen“ wie es § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB ausdrückt und die Tatbestandsverwirklichung ist dementsprechend gänzlich von dem Verhalten des Vordermanns abhängig. Dem entspricht dann ein geringeres Maß an Kontrolle des Geschehens durch den Täter.582 Dies zeigt sich auch in Bezug auf das Kriterium der Fähigkeit, die Verwirklichung des Tatbestands nach dem eigenen Willen ablaufen lassen, hemmen oder abbrechen zu können, wie es Maurach als Charakteristikum der Tatherrschaft beschreibt.583 Mag dies bei der Willensherrschaft kraft Nötigung noch der Fall sein, da der Vordermann – sofern sein Wille durch die Nötigung gebeugt wird – auf das Kommando des Hintermanns hört, sind solche Einflussmöglichkeiten bei der Willensherrschaft kraft Irrtums nur eingeschränkt gegeben. Zwar hat der Hintermann die Möglichkeit die Tatbestandsverwirklichung durch seine Täuschung einzuleiten und diese abzubrechen, indem er den Irrtum aufklärt,584 weitere Einflussmöglichkeiten werden ihm jedoch regelmäßig 574

Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 664. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 831. 576 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 627. 577 Vgl. zu den Problemen einer zu wörtlichen Interpretation dieser Metapher auch Teubner, JA 1984, S. 144 (144). 578 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 24. 579 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 26. 580 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 15. 581 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 33. 582 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 12 ff.; Charalambakis, GA 1986, S. 485 (498). A. A. H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 72 der für die mittelbare Täterschaft eine Beherrschung verlangt, die gleichwertig ist mit der Steuerung eigenen Handelns. 583 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 627. 584 v. Spiegel, NJW 1984, S. 110 (111). 575

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

nicht zukommen. Daher steht die mittelbare Täterschaft in diesem Bereich näher an der Teilnahme. Immerhin könnte wohl auch ein Gehilfe, der nach Polizei oder Passanten Ausschau hält, das Tatgeschehen durch einen unbegründeten Warnruf hemmen oder ganz abbrechen.585 Es zeigt sich also, dass die Beherrschung des Geschehens bei der mittelbaren Täterschaft und dabei insbesondere bei der Willensherrschaft kraft Irrtum weniger stark ausgeprägt ist als bei den anderen Täterschaftsformen.586 Hieraus folgt jedoch nicht, wie etwa Heinrich meint, dass dem Hintermann überhaupt keine echte Tatherrschaft zukommt und daher eine normative Uminterpretation des Herrschaftsbegriffs erforderlich ist.587 Während bei den anderen Täterschaftsformen eine Herrschaft über die Tat gegeben sei, bestehe bei der mittelbaren Täterschaft nur eine sehr indirekte Herrschaft über den Vordermann.588 Diese mittelbare Herrschaft liegt jedoch an der in § 25 StGB geregelten Aufteilung der Täterschaftsformen. Wenn die Tat selbst begangen wird oder mit einem anderen gemeinschaftlich, so hängt die Tatbestandsverwirklichung höchstens teilweise von Handlungen eines anderen Menschen ab. Dementsprechend kann die Tat direkt beherrscht werden. Bei der mittelbaren Täterschaft hängt die Tatbestandsverwirklichung gänzlich von den Handlungen eines anderen Menschen und damit von dessen Willensentschluss ab, daher kann die Tat nur vermittelt über die Beherrschung des anderen Menschen beherrscht werden.589 Unter Herrschaft ist jedoch stets das Ausüben von Macht im Sinne der Gestaltung der Außenwelt nach eigenen Vorstellungen und durch den Einsatz der Person zu verstehen.590 Der eigene Willensentschluss wird zweckbewusst zur Durchsetzung gebracht.591 Gerade dies geschieht im Rahmen der mittelbaren Täterschaft, denn der Hintermann kann das Geschehen wegen der unterlegenen Stellung des Vordermanns tatherrschaftsbegründend steuern.592 Ohne dieses Element der Steuerung des Ausführungsverhaltens durch den Hintermann könnte auch kaum davon gesprochen werden, dass die Tat durch einen anderen (selbst) begangen wird. Vielmehr müsste man dann davon sprechen, dass der Hintermann die Tat durch einen anderen hat begehen lassen.593 Gerade das Element der Beherrschung macht die Tat also zu einer eigenen Tat des Hintermanns und legitimiert die Zurechnung des fremden Ausführungsverhaltens.594 Daher kann und muss durchaus von Herrschaft gesprochen werden. 585

Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 54. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 15; Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 12 ff. A.A Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97. 587 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 26. 588 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 33 f. 589 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 61. 590 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 203. 591 Küpper, GA 1986, S. 437 (442). 592 Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 8, 13. 593 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 75. 594 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 73. 586

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Diese Herrschaft des Hintermanns über den Vordermann entspricht dem, im Rahmen der Auslegung von § 25 StGB, ermittelten Erfordernis. Mithin ist für eine mittelbare Täterschaft die überlegenen Stellung des Hintermanns und die damit spiegelbildlich verbundene unterlegene Stellung des Vordermanns erforderlich,595 zumal im Bereich der täterschaftlichen Beteiligung mehrerer in Form des bewussten und gewollten Zusammenwirkens – also Konstellationen, in der die Beteiligten eine gleichrangige Position innehaben und gewissermaßen auf „einer Stufe stehen“596 – mit der Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB eine Sonderregelung existiert.597 Diese nötige Übermacht kommt zunächst in der Einwirkung auf den Vordermann in Form der Täuschung oder Nötigung zum Ausdruck. Darüber hinaus auch in dem Ausnutzen der Besonderheiten eines organisatorischen Machtapparats. Aufgrund dieses Einwirkens muss der Hintermann die Tatbestandsverwirklichung kontrollieren können.598 Die Übermacht des Hintermanns muss somit ein gewisses Gewicht haben, so dass der Vordermann als Werkzeug erscheint.599 Hiermit sind die allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Tatherrschaft im Rahmen der mittelbaren Täterschaft aufgezeigt. Darüber hinaus lässt sich noch feststellen, das weitgehende Einigkeit darin besteht, dass das Hervorrufen eines Strafbarkeitsdefizit beim Vordermann, um diesen zur Tatbestandserfüllung zu bewegen, dem Hintermann grundsätzlich die Willensherrschaft verleiht.600 Die genaue Begründung der Willensherrschaft des Hintermanns und wann dem Hintermann die notwendige Übermacht zukommt, er mithin als Zentralgestalt angesehen werden kann, ist eine Frage, welche im Rahmen der Tatherrschaftslehre stark umstritten ist.601 Häufig wird das Kriterium der Beherrschung normativ ermittelt und als Verantwortung des Hintermanns für „ein rechtlich relevantes Verantwortungsdefizit beim Vordermann“602 oder nach der Wirkung auf die Zurechnung zum Hintermann verstanden.603 Dem Hintermann wird also die Tatherrschaft zugesprochen, wenn er sich eines unfreien Tatmittlers bedient, wobei die Unfreiheit anhand der Regeln rechtlicher Verantwortung zu bestimmen sei.604 Die von Gallas in die Tatherrschaftslehre eingeführte Beschränkung auf die Benutzung eines unvorsätzlich oder 595 596 597 598 599

(397).

Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 665. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 16; von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). Siehe oben Kapitel 3 II. Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 108. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 10; Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389

600 Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 2; Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (155). Allerdings ist eine Teilnahme wegen der limitierten Akzessorietät auch bei nicht schuldhaft handelndem Vordermann möglich, daher kann ein Strafbarkeitsdefizit dem Hintermann nicht automatisch die Tatherrschaft verleihen [Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (513)]. 601 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 13. 602 Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 8. 603 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 65. 604 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 12 f.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

unfrei handelnden Vordermanns wird also übernommen.605 Die Konsequenz hieraus ist, dass ein rechtlich verantwortlicher und damit als (Vorsatz-)Täter strafbarer Vordermann kein geeigneter Tatmittler ist und ein Täter hinter dem Täter daher abzulehnen ist. Andere stellen dagegen auf Kriterien ab, welche eine Anerkennung von Fallgruppen des Täters hinter dem Täter möglich machen. So wird die Herrschaft des Hintermanns im Rahmen der Irrtumsherrschaft etwa damit begründet, dass es zu einer „sinnsetzende Überdetermination“ durch den Hintermann kommt, dieser also den sozialen Bedeutungsgehalt, den wahren Sinn des Verhaltens des Vordermanns tiefer erfasst und dadurch das Geschehen sinnverwirklichend gestalten kann.606 Andere stellen auf die Herrschaft über den Grund des Erfolges607 oder auf fehlende Hemmungswirkungen ab.608 Ob und welcher dieser Gesichtspunkte zutrifft, soll an dieser Stelle noch offengelassen werden. Die Herausarbeitung der Kriterien der Willensherrschaft soll vielmehr im Rahmen der Besprechung der Argumente für und wider der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in Kapitel 4 erfolgen.

7. Entscheidungsträgerschaft Gegen die Tatherrschaftslehre hat sich in neuerer Zeit Heinrich ausgesprochen. Er kritisiert, dass im Grunde nur der unmittelbare Täter eine direkte Herrschaft über die Tat ausübe, während der mittelbare Täter im besten Fall den Vordermann beherrscht, aber nicht die Tat selbst.609 Er schlägt daher vor, statt nach der Tatherrschaft nach der Entscheidungsträgerschaft abzugrenzen. Diese Entscheidungsträgerschaft habe derjenige inne und sei folglich Täter, der „als Normadressat eine tatbestandsgerichtete Entscheidung trifft, als gerade deren unmittelbare Umsetzung das in Rede stehende tatbestandsberührende Geschehen anzusprechen ist“.610 Ob dies wiederum der Fall ist, sei eine Frage der normativen Zuordnung.611 Ähnlich der Aufteilung der Tatherrschaft in Handlungsherrschaft, Willensherrschaft und funktionale Tatherrschaft, werden für die jeweiligen Täterschaftsformen verschieden Ausformungen der Entscheidungsträgerschaft entwickelt. Bei der unmittelbaren Täterschaft liege eine „originäre Entscheidungsträgerschaft“ vor,612 bei der mittelbaren Täterschaft eine „Entscheidungsübernahme“ in Form einer Instrumentalisierung eines Entscheidungsdefizits eines anderen613 und bei der Mittäterschaft ein „Entscheidungsverbund“.614 605 606 607 608 609 610 611 612 613

Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 6. a) bb). Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 39. Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 19. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 18 ff. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 195. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 195. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 199 ff. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 202 ff.

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

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Mit seiner Konzeption wendet sich Heinrich zwar gegen die Tatherrschaftslehre, dennoch unterscheidet sich seine Lehre von dieser nur terminologisch.615 Dies wird bereits daran deutlich, dass er seinen Täterbegriff ebenfalls aus dem Leitbild des Täters als Zentralgestalt bzw. Schlüsselfigur entwickelt616 und bei der mittelbaren Täterschaft auf das Instrumentalisieren eines Entscheidungsdefizits beim Vordermann zur Verfolgung eigener Ziele abgestellt wird, worin eine Entscheidungsübernahme zu sehen sei.617 Gerade in dieser Instrumentalisierung erblickt die Tatherrschaftslehre die Herrschaft des Hintermanns über den Entschluss des Vordermanns.618 Darüber hinaus stellt Heinrich bei der mittelbaren Täterschaft auf die aus dem Normappell resultierende Hemmschwelle ab, welche durch Täuschung oder Nötigung erst gar nicht aufkommt oder überwunden wird.619 Dieser Gedanke ist aber auch im Rahmen der Tatherrschaftslehre zentral.620 Daher läuft Heinrichs Konzeption im Wesentlichen auf dasselbe hinaus wie die Tatherrschaftslehre.621 Sie firmiert lediglich unter anderem Namen. Für eine solche Änderung in der Terminologie bestünde jedoch nur dann ein Bedürfnis, wenn es tatsächlich – wie Heinrich behauptet – verfehlt wäre bei der mittelbaren Täterschaft von einer Tatherrschaft des Hintermanns zu sprechen. Wie aber zum einen bereits deutlich gemacht wurde, ist auch bei der mittelbaren Täterschaft völlig zu Recht von einer Herrschaft des Hintermanns zu sprechen und zum anderen führt Heinrich selbst aus, dass für diese die Macht des Hintermanns über die Tatbestandsverwirklichung entscheidend ist.622 Dies ist aber nichts anderes als der Gedanke der Tatherrschaft. Daher ist auch terminologisch an der Tatherrschaftslehre festzuhalten.

8. Die Beteiligung als Zurechnungsproblem Des Weiteren werden in Abgrenzung zur Tatherrschaftslehre in neuerer Zeit vermehrt Beteiligungslehren vorgeschlagen, welche ihr Hauptaugenmerk auf die Zurechnung legen. So wird etwa vorgeschlagen, die Beteiligungslehre mit der Lehre

614

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 285 ff. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 184. 616 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 36. 617 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 184. 618 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 67; Welzel, ZStW 58. Band (1939), S. 491 (539). 619 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 203 ff. 620 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 67, 82, 97. 621 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 13; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 184; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 117; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 60; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 24. 622 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 236. 615

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

von der objektiven Zurechnung zu vereinen623 oder insgesamt die Beteiligungsform als Problem der Zurechnung zu begreifen.624 Wie bereits dargelegt besteht seit jeher ein enger Zusammenhang zwischen der Beteiligungslehre und der objektiven Zurechnung als Teil der Lehre vom Tatbestand. Daher kann es nicht überraschen, dass diese Nähe, welche in der Vergangenheit bereits zu der Betrachtung der Beteiligungslehre als Kausalitätsproblem geführt hat, nun zu Bestrebungen führt, die Beteiligungslehre als Zurechnungsproblem zu begreifen. Tatsächlich spielt die Zurechnung im Rahmen der Beteiligungslehre eine große Rolle, weshalb diese näher zu betrachten ist. So tritt bei der mittelbaren Täterschaft zwischen die Handlung des mittelbaren Täters und den tatbestandsmäßigen Erfolg noch die Handlung eines anderen Menschen. Daher erscheint noch eine Zurechnung nötig, um eine Brücke zu dem in Rede stehenden Erfolg zu schaffen. Hinsichtlich dieses Problems tun sich verschiedene Divergenzen in der Wissenschaft auf. Einigkeit besteht wohl nur dahingehend, dass eine Zurechnung erforderlich ist.625 Was genau dem mittelbaren Täter zugerechnet werden soll verbleibt umstritten. a) Handlungszurechnung, Erfolgszurechnung oder Tätigkeitszurechnung? Der mittelbare Täter begeht die Tat nicht selbst, sondern durch einen anderen, wie es § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB ausdrückt. Er bedient sich eines anderen zur Tatbegehung. Aus diesem Grund wird überwiegend davon ausgegangen, dass eine Zurechnung fremden Verhaltens erfolgt.626 Es wird von einem vertikalen Zurechnungsprinzip gesprochen.627 Der mittelbare Täter habe für die Handlung eines anderen als den Erfolg seines eigenen Tätigwerdens einzustehen.628 Da der Hintermann damit die Verantwortung für das Verhalten des Vordermanns trägt, werde ihm so-

623

von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 266 ff. Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (480 f.); von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25 ff.), JuS 2015, S. 112; Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (709); Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 313. 625 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 14. 626 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 54; Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (542); Kudlich, in: BeckOK StGB, § 25 Rn. 19; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 8; Küpper, GA 1998, S. 519 (519); Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/ Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 104; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 6; Hoyer, in: SKStGB, § 25 Rn. 34; Bloy, GA 1996, S. 424 (424); Murmann, JA 2008, S. 321 (321); Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 13. Schon zu Zeiten der alten Gesetzeslage ging man teilweise von der Zurechnung fremden Verhaltens aus: Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 22. A. A. Frister, Strafrecht AT, Kap. 25 Rn. 8; Brandt, Grenzen der mittelbaren Täterschaft, S. 10; Petri, Die mittelbare Täterschaft, S. 14 nach denen der mittelbare Täter für seine eigene Handlung und der, aus ihr resultierenden, Wirkung verantwortlich gemacht wird. 627 Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage, § 25 Rn. 6a. 628 Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 117. 624

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gleich der vom Vordermann mit der zugerechneten Handlung bewirkte Erfolg zugerechnet.629 Einigkeit besteht diesbezüglich jedoch nicht. So geht etwa von Atens davon aus, dass der Zurechnungsgegenstand nicht die Handlung des Vordermanns sein könne, sondern vielmehr der Gesamterfolg der Tat.630 Da auch für den mittelbaren Täter der Gesamterfolg der Tat entscheiden sei, müsse ihm dieser zugerechnet werden.631 Schild vertritt dagegen, dass im Bereich der mittelbaren Täterschaft überhaupt keine Zurechnung einer fremden Handlung erfolgen müsse, da in dem Verhalten des Vordermanns bereits eine Handlung des Hintermanns zu sehen sei.632 Zugerechnet werde lediglich die fremde äußere Tätigkeit und keine Handlung.633 Von dem Bild des menschlichen Werkzeugs ausgehend, sei der Vordermann als die selbst geführte Hand des Hintermanns anzusehen, weshalb auch eine Handlung des Hintermanns vorliege.634 Da keine Handlung zugerechnet wird, muss eine Zurechnung ausscheiden, wenn der Vordermann selbst die wirkliche Tatbestandshandlung begeht. Aus diesem Grund komme eine mittelbare Täterschaft nicht in Betracht, wenn der Vordermann den Tatbestand aufgrund eines wirklich freien Handelns erfüllt.635 Ein Täter hinter dem Täter wird hiermit – insbesondere in den Irrtumsfällen – überwiegend ausgeschlossen. Überzeugend erscheint jedoch einzig eine Handlungszurechnung. Gegen die Auffassung Schilds spricht schon, dass im Falle der mittelbaren Täterschaft stets eine Handlung des Vordermanns, also eine willensgetragene Körperbewegung,636 vorliegt. Dieses willentliche Tätigwerden wiederum verbietet die Gleichsetzung mit einem mechanischen Werkzeug.637 Daher muss es bei bestehender Tatherrschaft des Hintermanns zu einer Zurechnung der Handlung des Vordermanns kommen. Dabei ist für den Hintermann auch der Erfolg der Tat von Bedeutung. Dieser wird dem Hintermann jedoch bereits über die allgemeinen Regeln der objektiven Zurechnung zugerechnet.638 Die objektiv zurechenbare Erfolgsverursachung ist schließlich eine – vorab zu prüfende – Voraussetzung jeder Beteiligung.639 Was bei dem Hintermann noch fehlt, ist die Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung. Diese lässt er ja 629

Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 54. von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 249 f. 631 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 246 f. 632 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 7, 16. 633 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 14. 634 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 75. 635 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79. 636 Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vor §§ 52 ff. Rn. 11. 637 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 81. A. A. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 13 der lediglich auf das äußere Erscheinungsbild abstellt. 638 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 47. 639 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 125; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 78. 630

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gerade von einem anderen vornehmen. Daher muss ihm auch lediglich diese noch zugerechnet werden. Zurechnungsgegenstand ist folglich die Handlung des Vordermanns. Dies erkennt auch Höge und hält eine Handlungszurechnung für erforderlich.640 Sodann meint Höge jedoch, dass die Situation bei einer mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung eine andere sei. Dort sei gegebenenfalls kein eigenständiger Handlungsspielraum mehr vorhanden.641 Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Die mittelbare Täterschaft zeichnet sich mit ihrem Einsatz eines menschlichen Werkzeugs dadurch aus, dass der Wille des Ausführenden durch Nötigung gebeugt oder durch Täuschung überwunden wird. In den Fällen der mittelbaren Täterschaft liegt aber stets eine Handlung des Vordermanns in Form eines willentlichen Tätigwerdens vor, welche dem Hintermann entsprechend zugerechnet werden muss. Liegt dagegen schon keine Handlung des Vordermanns vor, so ist unmittelbare Täterschaft gegeben.642 Ebenfalls von einer Handlungszurechnung geht Hoyer aus, kommt jedoch sodann zu stark abweichenden Ergebnissen. Er geht davon aus, dass es für eine mittelbare Täterschaft notwendig ist, dass dem Vordermann der tatbestandsmäßige Erfolg zugerechnet werden kann.643 Hierdurch würde dem mittelbaren Täter mittelbar über die zugerechnete Handlung des Vordermanns, auch der tatbestandsmäßige Erfolg zugerechnet.644 Andernfalls würde man dem Hintermann eine (da der Vordermann diesbezüglich nicht einmal fahrlässig gehandelt hat) erlaubt riskante Handlung zurechnen und diese würde sich schließlich nicht in eine haftungsauslösende, unerlaubt riskante Handlung verwandeln.645 Zumal die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB darin zu sehen sei, dass dem Hintermann das Handeln des Vordermanns so zugerechnet wird, als ob er es selbst vorgenommen hätte, weshalb die Zurechnung einer Handlung, welcher ein Erfolg nicht objektiv zugerechnet werden kann, nichts daran ändern kann, dass der Handlung der Erfolg nicht objektiv zugerechnet werden kann.646 Damit dem Hintermann der Erfolg zugerechnet werden kann, muss der Erfolg hiernach zunächst dem Vordermann zugerechnet werden können. Sodann wird der Erfolg mittelbar über die zugerechnete Handlung des Vordermanns dem Hintermann zugerechnet. Nun geht Hoyer aber im Weiteren davon aus, dass eine objektive Zurechnung des Erfolgs zum Vordermann bereits entfällt, wenn dieser weder vorsätzlich noch fahrlässig handelt.647 Die Konsequenz dieser Auffassung ist somit, dass eine mittelbare Täterschaft ausscheidet, wenn der Vordermann nicht 640 641 642 643 644 645 646 647

Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 81. Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 81. Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 40. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 70. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 70. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 34. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 70.

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zumindest fahrlässig handelt. Hiernach wäre in den allermeisten Fällen des Benutzens eines vorsatzlosen Vordermanns keine mittelbare Täterschaft gegeben. Bei Erregung eines Tatumstandsirrtums und – da Hoyer hierauf § 16 StGB analog anwendet648 – eines Erlaubnistatumstandsirrtums würden daher keine mittelbare Täterschaft vorliegen. Vielmehr erscheine der benutzte Vordermann in diesen Fällen nur als blinder Kausalfaktor, weshalb diese Fälle mit denen der Benutzung eines mechanischen Werkzeugs gleichzustellen seien und dementsprechend unmittelbare Täterschaft gegeben sei.649 Richtig erscheint hieran, dass es erforderlich ist, dass dem Vordermann der tatbestandsmäßige Erfolg selbst objektiv zugerechnet werden kann.650 Dies deshalb, weil es sich bei der dem Hintermann zuzurechnenden Handlung des Vordermanns um eine solche handeln muss, die den objektiven Tatbestand des betreffenden Delikts erfüllt. Die Handlung muss also für den Erfolg kausal und der Erfolg muss dem Vordermann auch objektiv zurechenbar sein. Es kann schließlich für eine mittelbare Täterschaft nicht genügen eine Handlung zuzurechnen, die überhaupt nicht zum Eintritt des Erfolgs beigetragen hat oder die lediglich ein erlaubtes Risiko gesetzt hat.651 Soweit ist Hoyer also zuzustimmen. Allerdings muss die zuzurechnende Handlung lediglich den objektiven Tatbestand erfüllen. Der subjektive Tatbestand ist kein Bestandteil der objektiven Zurechnung.652 Ob der Vordermann unvorsätzlich und auch nicht fahrlässig gehandelt hat, hindert daher solange nicht an der Annahme von mittelbarer Täterschaft, wie zumindest noch eine Handlung im Sinne einer willentlichen Körperbewegung gegeben ist.653 Erst wenn es an dieser fehlt, kommt auch bei Einsatz eines Menschen eine unmittelbare Täterschaft in Betracht. Es bleibt somit festzuhalten, dass im Rahmen der mittelbaren Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB eine Handlungszurechnung erfolgt. Hat der Hintermann die Tatherrschaft inne, so wird ihm das Ausführungsverhalten des Vordermanns als eigenes zugerechnet und damit auch das tatbestandliche Unrecht.654 Damit wird er so behandelt, als hätte er den Tatbestand selbst eigenhändig erfüllt.655 Hieraus muss man folgern, dass sich sämtliche Strafbarkeitsvoraussetzungen auf den Hintermann, den mittelbaren Täter, beziehen müssen.656 Wenn dem aber so ist, dann kann es keine Rolle spielen, ob der Vordermann diese Strafbarkeitsvoraussetzungen erfüllt. Sollte 648

Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 72. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 70. 650 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 78. 651 Zumindest im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses. Beim Zwei-Personen-Verhältnis, bei welchem der Vordermann schon nicht tatbestandsmäßig handelt, gilt freilich etwas anderes. 652 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 259. 653 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 654 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 265 f. 655 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 8; Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (542); Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 6. 656 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 8. 649

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

der Hintermann im konkreten Fall die Tatherrschaft innehaben und eine entsprechende Zurechnung nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB erfolgen, so ist es somit unerheblich, ob der Vordermann sich selbst strafbar gemacht hat. Freilich sagt dies noch nichts darüber aus, ob nicht möglicherweise die Tatherrschaft nur dann gegeben sein und eine Zurechnung dementsprechend nur dann erfolgen kann, wenn der Vordermann sich selbst nicht strafbar gemacht hat. Lediglich in dem späteren Stadium ist dies eindeutig nicht mehr erheblich und kann als Argument gegen den Täter hinter dem Täter ausgeschlossen werden. b) Die Beteiligungslehre als reines Zurechnungsproblem Wie einleitend erwähnt, wird neben der herrschenden Tatherrschaftslehre noch vertreten, die Frage der jeweiligen Beteiligungsform als Problem der Zurechnung zu begreifen657 oder die objektive Zurechnung mit dem Abgrenzungskriterium der Tatherrschaft zu vereinen.658 aa) Die Beteiligungslehre als Teil der objektiven Zurechnung So sieht von Atens die objektive Zurechnung und die Tatherrschaft zwar als nach derzeitigem Verständnis getrennt an, möchte beide Rechtsfiguren jedoch in einem einheitlichen Zurechnungstatbestand aufgehen lassen.659 Von der Menden meint, dass die mittelbare Täterschaft nur ein anderer Name für das Prinzip der objektiven Zurechnung sei und Maiwald möchte dagegen bereits in den Beteiligungsformen der §§ 25 ff. StGB verschiedene Typen der objektiven Zurechnung sehen.660 Die Zukunft des Merkmals der objektiven Zurechnung liege darin, die Frage zu beantworten, wie die Verantwortlichkeiten für einen Erfolg im Verhältnis mehrerer Personen zueinander – welche diesen Erfolg bewirkt haben – verteilt sind.661 Zuvorderst drängt sich bei der Einordnung der Beteiligungsproblematik innerhalb der objektiven Zurechnung auf, dass es sich bei dieser um einen Bestandteil des objektiven Tatbestandes handelt, bei welchem einzig objektive und nicht subjektive Kriterien einbezogen werden können.662 Damit wäre die Unterscheidung der verschiedenen Beteiligungsformen notwendigerweise auf rein objektive Kriterien reduziert. Subjektive Kriterien könnten nicht berücksichtigt werden. Allerdings spielen auch bei der objektiven Zurechnung bereits subjektive Kriterien wie etwaiges 657 Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (480 f.); von der Menden, JuS 2015, S. 22, JuS 2015, S. 112; Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (709); Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 313. 658 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 266 ff. 659 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 267. 660 von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25); Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (480). 661 Maiwald, FS-Miyazawa 1995, S. 465 (481). 662 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 259.

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Sonderwissen eine Rolle.663 Es wird also gerade keine strikte Trennung des Tatbestands in objektive und subjektive Bestandteile vorgenommen.664 Dementsprechend wäre die Aufnahme einer Beteiligungslehre in die objektive Zurechnung auch nicht daran gehindert, dass diese objektive und subjektive Kriterien berücksichtigt.665 Allerdings liegt das Ziel der objektiven Zurechnung darin, die Fälle des strafrechtlich interessierenden Unrechts von denen des Unglücks abzugrenzen.666 Wie der Kausalität kommt auch der objektiven Zurechnung die Funktion zu, das Material herauszufiltern hinsichtlich dem eine Täter- oder Teilnehmerstrafbarkeit in Betracht kommt. Es handelt sich also um einen, der Feststellung der Beteiligungsform vorgelagerten, Prüfungspunkt. Auch unterscheidet sich der Bezugspunkt der objektiven Zurechnung von dem Bezugspunkt der zusätzlichen Zurechnung bei der mittelbaren Täterschaft. Bei der objektiven Zurechnung geht es um die Zurechnung eines Erfolges,667 während es bei der Zurechnung im Rahmen der mittelbaren Täterschaft um eine Zurechnung der Handlung eines anderen geht.668 Die objektive Zurechenbarkeit unterscheidet sich also nicht nur terminologisch sondern auch in der Sache von der Feststellung der Tatherrschaft und damit der Täterschaft.669 Die für die Feststellung mittelbarer Täterschaft erforderliche Handlungszurechnung erfolgt unter den strengeren Voraussetzungen der Beherrschung des Vordermanns durch den Hintermann und kann nicht nach den Regeln der Erfolgszurechnung als bloßes Glied der Kausalkette zugerechnet werden.670 Aufgrund dieses Unterschieds hinsichtlich der Bezugspunkte der jeweiligen Zurechnung kann die Beteiligungslehre nicht als Teil der objektiven Zurechnung begriffen werden.671 bb) Differenzierung zwischen Primärer und sekundärer Pflichtverletzung Auch Mañalich sieht in der Beteiligung eine Frage der Zurechnung und ist der Ansicht, dass sich den jeweiligen Beteiligungsformen unterschiedliche Zurechnungstypen zuweisen lassen.672 Hiernach unterscheiden sich Täterschaft und Teilnahme dadurch, dass ihnen unterschiedliche Pflichtverletzungen zugrunde liegen. Im Falle der Täterschaft werde eine primäre Pflicht verletzt, daher trage der Täter die primäre Verantwortung für das Tatgeschehen und die Tat wird ihm als eigene zu663

Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 13 ff. Rn. 92a. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 273. 665 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 234. 666 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 104. 667 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 12. 668 von Atens, Objektive Zurechnung und Tatherrschaft, S. 245; Bloy, GA 1996, S. 424 (438). 669 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 78. 670 Bloy, GA 1996, S. 424 (438). 671 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 270. Ebenso dagegen: Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 68. 672 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (709). 664

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

gerechnet. Dagegen verletzt der Teilnehmer, dem die Tat als eine Fremde zugerechnet wird, eine sekundäre Pflicht, die darin besteht, die Pflichtverletzung des Täters nicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.673 Täter könne nur sein, wer im Stande war seiner Pflicht nachzukommen und die Tatbestandsverwirklichung zu vermeiden, wobei die faktische Herrschaft des Geschehens außer Betracht zu bleiben habe, da es stets um Verhaltenszurechnung gehe.674 Bei der unmittelbaren Täterschaft genügen für die Zurechnung bereits die allgemeinen Kriterien, wohingegen bei der mittelbaren Täterschaft weitere Zurechnungskriterien erforderlich seien, da es um die Zurechnung fremden Verhaltens als eigenes pflichtwidriges Handeln geht.675 Bei der mittelbaren Täterschaft sei nun entscheidend, dass die Pflichtverletzung dem Vordermann wegen eines Verantwortungsmangels nicht gänzlich zurechenbar ist, sie ihm aber ohne den Verantwortungsmangel hätte zugerechnet werden können und der Hintermann für das Verantwortungsdefizit des Vordermanns zuständig ist.676 Ist der Vordermann aber ein voll verantwortlicher Täter, so sei es nicht möglich noch eine weitere Person für die Tat primär verantwortlich zu machen.677 Insofern bestehe ein Regressverbot.678 Diese Auffassung hat somit zur Konsequenz, dass eine mittelbare Täterschaft in Form eines Täters hinter dem Täter abzulehnen ist.679 Allerdings beschränke sich die Verantwortlichkeit des Vordermanns bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB, wie bei fahrlässigem Handeln, auf dessen eigenes Verantwortungsdefizit. Es handle sich daher um eine außerordentliche Zurechnung.680 Ist der Hintermann zuständig dafür, dass der Vordermann unter dem Irrtum gehandelt hat, so könne es ihm als eigenes Verhalten zugerechnet werden.681 Hiernach werden zwei Zurechnungsarten unterschieden. Dem Vordermann wird lediglich die Verantwortung für sein Verantwortungsdefizit in Form einer außerordentlichen Zurechnung zugerechnet, während dem Hintermann das Handeln des Vordermanns zugerechnet wird. Das Regressverbot in Form der Unmöglichkeit der Verhaltenszurechnung auf den Hintermann, welches Mañalich bei voller Verantwortlichkeit des Vordermanns annimmt sei hier nicht betroffen, da eine andere Zurechnungsform einschlägig sei.682 Diese Erwägungen treffen wohl auch auf die 673

Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (709 f.); Kindhäuser, NStZ 1997, S. 273 (274). Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (711). 675 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (712). 676 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (713, 716). 677 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (715). 678 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (719). 679 Gleichwohl erkennt Mañalich an, dass im Hervorrufen eines vermeidbaren kodifizierten Motivirrtums ein Fall der mittelbaren Täterschaft liegt. Diese Fälle sieht er jedoch nicht als Fälle des Täters hinter dem Täter (Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (722)). 680 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (720). 681 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (722). 682 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (719, 722). 674

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vermeidbare irrtümliche Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB zu. Daher kommt man nach dieser Ansicht zur Bejahung von mittelbarer Täterschaft bei Hervorrufen eines kodifizierten Motivirrtums. Hierin möchte Mañalich jedoch keine Anerkennung einer Fallgruppe des Täters hinter dem Täter sehen. In Bezug auf die (ordentliche) Verhaltenszurechnung gebe es nur einen Täter.683 Gegen diese Konzeption lässt sich zuvorderst einwenden, dass die mittelbare Täterschaft hierdurch auf eine Ausfallhaftung reduziert würde. Diese soll schließlich dann gegeben sein, wenn der Hintermann für ein Verantwortungsmangel des Vordermanns zuständig ist und diesem Vordermann seine Pflichtverletzung wegen des Mangels nicht zugerechnet werden kann. Da aber auch der Anstifter Defizite hervorruft, ist der entscheidende Gesichtspunkt, die fehlende Zurechnung der Pflichtverletzung zum Vordermann aufgrund eines Strafbarkeitsdefizits. Allerdings kann ein Strafbarkeitsdefizit des Vordermanns nicht der für die mittelbare Täterschaft maßgebliche Gesichtspunkt sein, denn die mittelbare Täterschaft ist keine Ausfallhaftung für eine Nichtinanspruchnahme des Vordermanns.684 Andernfalls wäre eine entsprechende Anstiftung zu einer Haupttat, die ein Vordermann mit Strafbarkeitsdefizit verübt hat, ausgeschlossen und es läge stets mittelbare Täterschaft vor, obwohl das Gesetz nach §§ 26, 27 Abs. 1, 29 StGB eine Teilnahme an schuldloser Tat kennt.685 Darüber hinaus erscheint es nicht schlüssig, dass die ordentliche Verhaltenszurechnung nach Mañalich stets voraussetzt, dass der Hintermann für das Verantwortungsdefizit des Vordermanns zuständig ist,686 während im Rahmen der außerordentlichen Zurechnung dem Vordermann zugleich diese Verantwortung für sein eigenes Verantwortungsdefizit zugewiesen wird.687 cc) Unterordnung einer fremden Rechtssphäre Auch Haas möchte die Beteiligungslehre als reines Zurechnungsproblem begreifen. Dabei kommt er im Rahmen seiner Beteiligungslehre zu einer großen Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft zu Lasten der Anstiftung, indem er die gemeinrechtliche Lehre vom Mandat furchtbar macht. So möchte er das Mandat als Form der mittelbaren Täterschaft anerkennen.688 Daher sei die Mittäterschaft eine wechselseitige mittelbare Täterschaft.689 Bei einem einseitigen Mandat wird hiernach mittelbare Täterschaft begründet und bei einem wechselseitigen Mandat die 683

Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (722). Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 58; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 685 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (513). 686 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (716). 687 Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (720). 688 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (537). 689 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (534 ff.). 684

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

Mittäterschaft. Haas kennt damit lediglich die Formen der unmittelbaren Täterschaft und der mittelbaren Täterschaft, da die Mittäterschaft ja eine besondere Form der mittelbaren Täterschaft darstellt. Zu unterscheiden sei nun, ähnlich wie bei den materiell-objektiven Theorien, zwischen Ursache und Bedingung.690 Die unmittelbare Täterschaft sei dabei problemlos festzustellen, weil nur der unmittelbare Täter „durch ein naturgesetzlich determiniertes Geschehen auf die betroffene Rechtssphäre ein[wirkt] und […] dadurch den tatbestandsmäßigen Erfolg“ verursacht.691 Der mittelbare Täter verursache dagegen nicht selbst den Erfolg, weshalb ihm das Verhalten des Vordermanns zugerechnet werden müsse.692 Daher wird die Frage der Beteiligung zu einem reinen Zurechnungsproblem. Hat der Handelnde die Sache selbst weggenommen, so ist er unmittelbarer Täter. Andernfalls ist eine Verhaltenszurechnung zu prüfen, welche unabhängig davon zu beurteilen sei, ob der Vordermann selbst täterschaftlich verantwortlich ist.693 Einem Täter hinter dem Täter steht hiernach also nichts entgegen. Ein Zurechnungsgrund sei immer gegeben, wenn der Hintermann rechtswidrig in die Entscheidungsfreiheit des Vordermanns eingreift oder er den Vordermann durch Auftrag oder Befehl ermächtigt für ihn zu handeln.694 Für die Anstiftung verbleibe daher lediglich noch der Fall, dass der Hintermann dem Vordermann die Tat lediglich anrät und dadurch dessen Tatentschluss hervorruft.695 Bei den Fällen des Hervorrufens des Tatentschlusses durch Irrtum sei es dagegen noch erforderlich, dass der Irrtum tatbestandsbezogen ist.696 Daher wird ein Täter hinter dem Täter in diesem Bereich nur bejaht, sofern es sich bei dem hervorgerufenen Irrtum um einen nach § 17 StGB oder nach § 35 Abs. 2 StGB handelt.697 Problematisch an dieser Auffassung sind zuvorderst ihre Konsequenzen für die Täterschaft jenseits der mittelbaren Täterschaft durch Irrtumserregung. Immerhin werden sämtliche Fälle der Nötigung, des Auftrags und des Befehls stets zur mittelbaren Täterschaft erklärt. In diesem Bereich wird der Täter hinter dem Täter somit vollumfänglich anerkannt, für eine Anstiftung bliebe kein Raum mehr. Zwar wird ein Vorzug dieser Lehre darin gesehen, dass sämtliche Täterschaftsformen aus dem Grund, dass die Tat dem Täter zugerechnet wird, weil sie auf dessen Willen zurückgeführt werden kann und damit aus einem einzigen einheitlichen Grund hergeleitet wird,698 allerdings sind die genannten Auswirkungen dieser Beteiligungslehre kritisch zu sehen. Eine derart weitgehende Einschränkung durch Ausgliede690

Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (541). Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (541). 692 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (542); Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 80. 693 Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (543). 694 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 149. 695 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 111. 696 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 10. 697 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 16, 18. 698 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 77. 691

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rung der Beauftragung erscheint mithin kaum mit § 26 StGB vereinbar.699 Darüber hinaus wird nicht nur die Anstiftung, sondern auch die Mittäterschaft als eigenständige Rechtsfigur beseitigt.700 dd) Dringlichkeit der Verhaltensnorm Schließlich ordnet noch Stein seine Beteiligungslehre701 in die allgemeine Zurechnungslehre mit ein.702 Das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme findet er in Verhaltensnormen, gegen welche der zu beurteilende Beteiligte verstoßen hat. Am Handlungsunwert seien Täter-, Anstifter- und Gehilfenverhaltensnormen zu unterscheiden.703 Der Unterschied liege in der jeweiligen „Dringlichkeit“ der Verhaltensnorm, wobei die Verhaltensnormen für den Teilnehmer weniger dringlich seien als für den Täter.704 Mittelbare Täterschaft ist hiernach gegeben, wenn die Gefährlichkeit einer Verhaltensweise derart durch das zukünftige Verhalten des Vordermanns vermittelt wird, dass dem Vordermann eine vollwertige Verhaltenspflicht nicht zukommt und/oder ihm die uneingeschränkte Fähigkeit der Pflichtbefolgung fehlt.705 Mittelbare Täterschaft durch Irrtumserregung kommt hierbei zunächst bei einem prognosebedingten Pflichtmangel in Betracht.706 Hierbei erscheint das Verhalten des Vordermanns aus dessen Perspektive weniger riskant als aus der Perspektive des Hintermanns. In diesen Fällen könne dem Vordermann keine oder nur eine weniger dringliche Verhaltenspflicht auferlegt sein.707 Ist dies der Fall, so ergebe sich ein Pflichtmangel beim Vordermann, welcher zu einer täterschaftlichen Verhaltenspflicht des Hintermanns führe.708 Die zu dem Pflichtmangel führende Fehlvorstellung, welche für die Existenz und Dringlichkeit der Verhaltenspflicht relevant ist, könne sich dabei insbesondere auf das Ausmaß der drohenden Verletzung und die Wahrscheinlichkeit des Verletzungseintritts beziehen.709 Hiernach ist folglich eine mittelbare Täterschaft auch dann möglich, wenn der Vordermann über die Gefährlichkeit seines Tuns, also etwa über die aus der vor-

699

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 786; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 79. 700 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 787. 701 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, 1988. 702 Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 42. 703 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 238 ff. 704 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 241. 705 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 283. 706 Hiermit sind Irrtumskonstellationen gemeint, die in den folgenden Kapiteln noch besprochen werden. Es handelt sich um Irrtümer über Qualifikationsvoraussetzungen, die Unrechtshöhe und den Risikoirrtum. 707 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 288. 708 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 289. 709 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 289.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

genommenen Körperverletzung resultierenden Schäden, getäuscht wird. Derartige Motivirrtümer werden also für beachtlich erklärt. Mittelbare Täterschaft durch Irrtumserregung kommt nach Stein aber auch in Betracht, wenn dem Vordermann die Pflichtbefolgungsfähigkeit fehlt, wie es bei mangelndem Vorsatz und mangelnder Unrechtseinsicht der Fall sei.710 Für letztere sei wiederum die Kenntnis von dem Verbotensein erforderlich.711 Liege die Unrechtseinsicht beim Hintermann nicht vor, so sei der Hintermann unabhängig davon mittelbarer Täter, ob der Vordermann diesen Zustand vermeiden konnte oder nicht.712 Auch ein Motivirrtum in Form des vermeidbaren Verbotsirrtums ist hiernach für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend.713 Steins Lehre hat somit eine Anerkennung des Täters hinter dem Täter in einigen Fällen der Irrtumserregung zur Folge. Allerdings ist an dieser Art der Abgrenzung bereits problematisch, dass einer Verhaltensnorm nicht die Aufgabe zukommt die Beteiligungsform festzulegen, sondern ein Verhalten überhaupt zu verbieten.714 Darüber hinaus wird offenbar versucht, eine unterschiedliche Dringlichkeit mit der Strafdrohung zu begründen. Es scheint jedoch schon gar nicht möglich, aus der Strafdrohung eine unterschiedliche Dringlichkeit einer Verhaltensnorm zu entnehmen, diese sagt mithin lediglich etwas über die Strafwürdigkeit eines Verhaltens aus und verbietet oder gebietet nicht etwa eine Handlung mehr oder weniger stark.715 Aber auch wenn man unterstellt, dass sich aus der Strafdrohung eine unterschiedliche Dringlichkeit ableiten lasse, so wäre das doch nur im Verhältnis von Täterschaft zur Beihilfe möglich und nicht im Verhältnis von Täterschaft und Anstiftung.716 Schließlich kann eine solche Bewertung, welche – mit dem Kriterium der Dringlichkeit der Verhaltensnorm in Bezug auf den Schutz des Rechtsgutsobjekts – ihren Fokus allein auf die Opferperspektive legt, auch nicht die Intensität der Handlung des zu beurteilenden Beteiligten mit einbeziehen.717 Insgesamt stellt die Auffassung Steins daher keine gangbare Alternative zur Tatherrschaftslehre dar.

9. Autonomieprinzip Schließlich wird noch – als weiterer Ansatz zur Bestimmung der Beteiligungsformen unabhängig von der Tatherrschaftslehre – vorgeschlagen, auf das Autono710

Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 293 f. Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 296. 712 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 297. 713 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 312. 714 Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 43. 715 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 12; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 36. 716 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 36. 717 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 38. 711

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mieprinzip abzustellen.718 Mit Autonomie wird im rechtlichen Kontext allgemein gemeint, „daß jemand sein eigener Herr ist, daß die Regeln, denen er gehorcht, auch auf seinen Willen zurückgeführt werden können. Es geht hier um die Gewährleistung der äußeren Freiheit, die Beseitigung jeder persönlichen Herrschaft“.719 Herangezogen wird das Autonomieprinzip unter anderem von M.-K. Meyer. Sie erblickt das Strukturprinzip der mittelbaren Täterschaft in der Veranlassung eines absolut oder relativ unfreien Vordermanns.720 Von diesem Ausgangspunkt stellt sich dementsprechend lediglich die Frage, welches Maß an Unfreiheit hierfür erforderlich ist. Hierzu stellt sie auf die Handlungsfreiheit ab, wobei sie hierunter nicht die äußere Verhaltensfreiheit versteht, sondern die innere Freiheit im Sinne der Freiheit tun zu können, was man möchte.721 Dies legt sie ihrem Autonomiebegriff zugrunde und versteht daher als Autonomie „das zu tun, was man gerne tun möchte“.722 Mittelbare Täterschaft sei nun gegeben, wenn der Hintermann einen nicht autonom handelnden Vordermann zur Tatbegehung einsetzt.723 Autonomie wird somit als ein Maß an Freiheit einer Person verstanden, deren Fehlen die mittelbare Täterschaft eines veranlassenden Hintermanns konstituiert. Liegt sie dagegen vor, so ist es ausgeschlossen, die betreffende Person als Tatmittler eines Hintermanns anzusehen. Mit dem Abstellen auf das Kriterium der Freiheit des Vordermanns nähert sich M.-K. Meyer damit dem Verantwortungsprinzip an, setzt aber die – die mittelbare Täterschaft ausschließende – Freiheit nicht mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gleich.724 Aus diesem Grund kann sie Fälle des Täters hinter dem Täter anerkennen, wie beispielsweise bei Hervorrufen eines error in persona beim Vordermann.725 Sie bleibt allerding bei der genauen Umschreibung der Autonomie recht vage.726 Daher wird der von ihr verwendete Begriff berechtigterweise als zu unbestimmt und in seiner Bedeutung beliebig kritisiert.727 Schärfere Konturen hat das Autonomieprinzip dagegen bei Renzikowski erhalten. Sein Beteiligungssystem basiert auf dem Menschenbild des Grundgesetzes, welches

718 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 132 f.; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 72 ff., 81. 719 Stratenwerth, in: Beiträge, S. 227 (228). 720 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 75. 721 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 78 f., 86. 722 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 132. 723 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 133. 724 Siehe hierzu unten Kapitel 4 II. 2. b). 725 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 100 f. Siehe zu dieser Fallgruppe unten Kapitel 4 III. 3. 726 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (522). 727 Küper, JZ 1986, S. 219 (229); Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 63; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 174; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 48 Rn. 15; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 232.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

den Menschen als auf Freiheit und Selbstverantwortung angelegte Person begreift.728 Hinzukommen das Prinzip der Selbstverantwortung als Kehrseite der Handlungsfreiheit, womit auch verbunden sei, dass jeder nur für eigenes Unrecht bestraft wird,729 und die Beschaffenheit der Rechtsgemeinschaft als einem Verband von Personen, welche ihre jeweiligen Freiheitssphären wechselseitig anerkennen.730 Die Frage, wem eine tatbestandsmäßige Handlung zuzurechnen ist, müsse sich – ausgehend von diesen Wertungen – anhand der Autonomie des Einzelnen bestimmen, mithin an dessen Fähigkeit die Maximen seines Handelns selbst zu setzen und ihnen zu folgen.731 Autonomie sei die „Freiheit zu eigenverantwortlicher sittlicher Entscheidung“.732 Für die Reichweite der mittelbaren Täterschaft entscheidend ist nun, dass ein autonomes Handeln nach Renzikowski ein Regressverbot begründen soll. Handelt der Vordermann autonom, so könne sein Handeln dem Hintermann nicht zugerechnet werden.733 Hiermit wird die Regressverbotslehre von Frank wieder aufgegriffen.734 Es gelte: „Wer als Letzter autonom ein Risiko geschaffen hat, welches sich unmittelbar in einem Erfolg niedergeschlagen hat, schließt dadurch alle Personen, die zeitlich vorhergehend eine Ursache gesetzt haben, von der täterschaftlichen Zurechnung aus.“735

Es bleibt aber zu beachten, dass der von Renzikowski verwendete Autonomiebegriff nicht mit dem von Frank verwendeten Freiheitsbegriff identisch ist. Ob der Vordermann insgesamt autonom gehandelt hat bestimmt sich danach, ob er auf Ebene von zwei Zurechnungsstufen frei gehandelt hat. Auf der ersten Stufe hat der Betreffende frei gehandelt, wenn er sich mit seinem Verhalten in dem Sinne an der Rechtsordnung orientieren konnte, dass er eine Alternative zu dem gezeigten Verhalten hatte.736 Hierfür seien insbesondere die Handlungsfähigkeit und das Tatbewusstsein des Betreffenden erforderlich. Auf der zweiten Zurechnungsstufe liegt ein freies Handeln vor, sofern der Betreffende sein Verhalten an rechtlichen Maßstäben messen und nach der erlangten Einsicht ausrichten konnte.737 Liegt nach beiden Zurechnungsstufen ein freies Handeln vor, so hindert das eine Zurechnung dieses Handelns zu einem anderen. Hiermit wird ein Täter hinter dem Täter weitgehend 728 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67. Einen anderen Weg geht Noltenius (Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 118), indem sie nicht die vorgefundene rechtliche Ordnung, als Ausgangspunkt wählt, sondern die Konstitution des Subjekts. 729 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 68 f. 730 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 72 f. 731 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 108. 732 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 72. 733 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 73. 734 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 111. Siehe zur Regressverbotslehre oben Kapitel 3 V. 1. c). 735 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 151. 736 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 72 f. 737 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 72.

V. Die Beteiligungslehren im Laufe der Zeit und deren Auswirkungen

151

ausgeschlossen. Gleichwohl wird zum einen bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums die Möglichkeit mittelbarer Täterschaft anerkannt, da ein Vordermann, der sein Verhalten nicht korrekt anhand der Rechtsnormen bewerten kann, nicht autonom handle und zum anderen bei einem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen.738 Nach Renzikowskis Autonomieprinzip kann somit ein Beteiligter strafrechtlich verantwortlicher Täter sein, obwohl er nicht autonom gehandelt hat.739 Handelt jemand in einem Verbotsirrtum nach § 17 StGB, so handelt er nach Renzikowski nicht autonom.740 Gleichwohl ist er beim vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB dennoch strafrechtlich verantwortlich. Wie schon M.-K. Meyer nähert sich also auch Renzikowsi dem Verantwortungsprinzip an, versteht aber unter der – die mittelbare Täterschaft ausschließenden – Freiheit im Sinne der Autonomie nicht dasselbe. Er setzt sie nicht mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gleich, wie es das Verantwortungsprinzip tut.741 Aus diesem Grunde kann er Fallgruppen des Täters hinter dem Täter anerkennen. Aber auch wenn Renzikowski den Begriff der Autonomie und seiner Bedeutung für die Beteiligungslehre genauer herausgearbeitet hat, wird gegen diesen Ansatz berechtigterweise eingewendet, dass es sich bei den Folgerungen des Autonomieprinzips hinsichtlich der Reichweite der mittelbaren Täterschaft um einen Fehlschluss handelt.742 Die Autonomie des Einzelnen beschränkt sich lediglich auf das Zur-Verantwortung-Ziehen für eigene Handlungen und hilft bei der Bestimmung von Täterschaft nicht weiter.743 Die Autonomie betrifft mithin die Frage, ob jemand für seine eigene Handlung strafrechtlich haftet. Sie sagt also zunächst nichts darüber aus, wann einem Beteiligten die Handlung eines anderen als eigene zugerechnet werden kann.744 Die Autonomie respektive die derselben zugrunde liegende Freiheit kann schließlich nicht nur gegeben oder nicht gegeben sein, sondern auch graduell abgestuft vorkommt.745 Daher müsste danach gefragt werden, wie stark das Autonomiedefizit oder besser gesagt die Einschränkung in der Freiheit ausgeprägt sein muss, um Täterschaft des Hintermanns zuzulassen. Dies zeigt sich bei Renzikowski schon daran, dass er ausführt, dass jeder Irrtum die Autonomie beeinträchtigt.746 Auf die Frage, wie stark das Autonomiedefizit ausgeprägt sein muss, gibt das Autonomie738

Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 36; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 81 f. 739 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 76 f. Kritisch hinsichtlich dieses Ergebnisses: Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 63. 740 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 81. 741 Siehe hierzu unten Kapitel 4 II. 2. b). 742 Greco, ZIS 2011, S. 9 (10). 743 Greco, ZIS 2011, S. 9 (10). 744 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 234 f. 745 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 810; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 65. 746 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

prinzip selbst jedoch keine Antwort. Diese kann sich vielmehr nur aus der Tatherrschaft des Hintermanns ergeben.747 Mithin ist die Macht des Hintermanns über die Tatbestandsverwirklichung entscheidend.748 Es zeigt sich hiermit, dass auch das Autonomieprinzip die Tatherrschaftslehre nicht ersetzen kann.

10. Zwischenergebnis Nach alledem ist an der Tatherrschaftslehre als maßgebliche Beteiligungslehre festzuhalten. Die gezeigten abweichenden Vorschläge konnten nicht überzeugen. Mithin ist Joecks zuzustimmen, dass es zur Tatherrschaftslehre keine ernsthafte Alternative gibt.749 Täter ist somit derjenige, der die Tatherrschaft innehat. Im Rahmen der mittelbaren Täterschaft zeigt sich dies darin, dass dem Hintermann eine überlegene Stellung zukommt aufgrund derer er das Geschehen steuern kann. Die überlegene Stellung ergibt sich aus der Einwirkung auf den Vordermann, bei der Irrtumsherrschaft durch die Täuschung. Welcher Art die Täuschung wiederum sein muss respektive wie diese auf den Vordermann wirken muss, um dem Hintermann die Herrschaft über das Geschehen zu geben, gilt es im Weiteren zu ermitteln.

VI. Der Täterbegriff Zu der Diskussion um die korrekte Grenzziehung zwischen Täterschaft und Teilnahme trat zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch die allgemeine Kontroverse über den – dem Strafgesetzbuch zu Grunde liegenden – Täterbegriff hinzu.750 Auch wenn teilweise behauptet wird, dass der Begriff des Täters und des Teilnehmers dem Belieben des Gesetzgebers entzogen und diese bereits durch den sozialen Sinn der zu beurteilenden Lebenssachverhalte oder durch die „Natur der Sache“ vorgegeben seien,751 zeigt doch bereits die Tatsache, dass andere Länder Regelungen zu Täterschaft und Teilnahme getroffen haben, welche sich von den unseren unterscheiden,752 dass diese Annahme nicht korrekt ist.753 Der Täterbegriff als solches ist mithin kein natürlich gegebener Begriff, es handelt sich vielmehr um einen normativen Begriff, 747

Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 63. 748 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 236. 749 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 16. 750 Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 3. 751 Lampe, ZStW 77. Band (1965), S. 262 (263); Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 644; Küpper, Grenzen der normativierenden Strafrechtsdogmatik, S. 137. 752 Vgl. Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorb. zu §§ 25 ff. Rn. 1. 753 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 3.

VI. Der Täterbegriff

153

welcher zur Disposition des Gesetzgebers steht.754 Durch die Positivierung des Täterbegriffs bringt er zum Ausdruck, wessen Verhalten er als Täterschaft wertet.755 Allerdings bestand seit jeher keine Einigkeit hinsichtlich der Interpretation der gesetzlichen Wertungen und so wurden im Laufe der Zeit verschiedene Täterbegriffe als dem StGB immanent vorgeschlagen. Dabei werden aus dem jeweils vertretenen Täterbegriff Rückschlüsse auf die Funktion der im Gesetz geregelten Normen gezogen, welche die Beteiligung regeln.756 Differenziert wird zuvorderst zwischen dem restriktiven und dem extensiven Täterbegriff.757 Eng mit diesen beiden Begriffen verbunden ist die Streitfrage, ob dem Strafgesetzbuch ein sekundärer oder doch ein primärer Täterbegriff zugrunde liegt. Schließlich wird noch vorgeschlagen, ausgehend von dem restriktiven Täterbegriff, zwischen formell-objektivem und materiellobjektivem Täterbegriff zu unterscheiden.758 Da der früher häufig vertretene sekundäre Täterbegriff einen Täter hinter dem Täter im Grunde ausschließt, wird im Nachfolgenden auf den Täterbegriff des Strafgesetzbuchs näher eingegangen.

1. Der restriktive und der extensive Täterbegriff Die Gegenüberstellung von extensivem und restriktivem Täterbegriff kam mit diesen Bezeichnungen Ende der 1920er Jahren auf.759 Nach dem restriktiven Täterbegriff umfasst die Täterschaft die gesetzlich geregelten Täterschaftsformen. Täter ist also, wer den Tatbestand des betreffenden Delikts selbst, durch einen anderen oder mit einem anderen gemeinschaftlich verwirklicht (§ 25 StGB).760 Anstifter und Gehilfen verwirklichen dagegen nicht den betreffenden Deliktstatbestand. Aus diesem Grund werden die §§ 26, 27 StGB als Strafausdehnungsgründe angesehen.761 Um das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme unter Zugrundelegung des restriktiven Täterbegriffs bildlich zu beschreiben, verwies Gallas äußerst an-

754 de Figueiredo Dias, FS-Frisch 2013, S. 633 (637); Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (396 f.); Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 3. Otto, JURA 1987, S. 246 (246); Otto, FS-Lange 1976, S. 197 (204) räumt dem Gesetzgeber zumindest einen gewissen Spielraum ein. 755 Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (396 f.). 756 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 3. 757 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 24 ff. Es findet sich jedoch auch eine Differenzierung in drei Täterbegriffe (vgl. etwa Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 4 f.). 758 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 9 ff. 759 Zimmerl, ZStW 54. Band (1935), S. 575 (575). Die grundsätzliche Problematik wurde jedoch schon früher diskutiert, vgl. nur Höpfner, ZStW 22. Band (1902), S. 205 (207 f.). 760 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 18. 761 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 648; Renzikowski, in: Maurach/ Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 21.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

schaulich auf zwei konzentrische Kreise, mit der Täterschaft im inneren und der Teilnahme im äußeren Kreis:762

Täterschaft

Teilnahme

Abbildung 1: Darstellung nach Gallas, a. a. O.

Da zu Zeiten des Reichsstrafgesetzbuches die mittelbare Täterschaft gesetzlich nicht geregelt war und teilweise – unter Anwendung des restriktiven Täterbegriffs – auf die eigenhändige oder gemeinschaftliche Vornahme der Tatbestandshandlung abgestellt wurde, war die mittelbare Täterschaft nicht von diesem Täterbegriff erfasst.763 Unter anderem wegen dieses Mangels, wurde dem restriktiven Täterbegriff der extensive Täterbegriff gegenübergestellt.764 Dieser sieht in der Verletzung des tatbestandlichen Rechtsguts das Leitprinzip der Täterschaft.765 Daher ist bereits derjenige Täter, der die Tatbestandsverwirklichung verursacht,766 weshalb Anstiftung und Beihilfe hiernach als Strafeinschränkungsgründe erscheinen.767 Als solcher liegt der extensive Täterbegriff den rein subjektiven Theorien zu Grunde768 und bildet auch die Grundlage der Einheitstäterlehre.769 Der Konnex von Täterschaft und Teilnahme lässt sich – um bei dem Bild von Gallas zu bleiben – beim extensiven Täterbegriff nicht wie beim restriktiven Täterbegriff mit zwei konzentrischen 762

Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 80. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 99; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 3; Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 71 ff. 764 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 8. 765 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 6. 766 Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 24. 767 Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 5; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 9. 768 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 163; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 116. 769 Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (230); Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 13. 763

VI. Der Täterbegriff

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Kreisen beschreiben, sondern mit einem großen Kreis, der den Täterbegriff darstellt und einem Teilbereich innerhalb dieses großen Kreises, der die Teilnahme darstellt.770

Täterschaft

Teilnahme

Abbildung 2: Darstellung nach Gallas, a. a. O.771

An diesem extensiven Täterbegriff wurde jedoch berechtigte Kritik geübt.772 So wurde seine Schwäche zum einen darin gefunden, dass er die Vorschriften zur Teilnahme auch in den Fällen eigenhändiger Delikte und bei echten Sonderdelikten zu Strafeinschränkungsgründen verklären würde, wo es sich bei diesen doch um Strafausdehnungsgründe handelt.773 Mithin käme in diesen Fällen mittelbare Täterschaft – wie oben bereits gezeigt – nicht in Frage, es könnte höchstens Teilnahme gegeben sein. Der Teilnehmer ist also strafbar, obwohl er sich nicht als Täter strafbar gemacht haben kann.774 Wenn aber von Anfang an keine täterschaftliche Strafbarkeit in Betracht kommt, so kann es keine Strafeinschränkung darstellen, wenn eine Teilnahmestrafbarkeit möglich ist. Die Strafbarkeit geht schließlich über den Bereich der Täterschaft hinaus. Es muss sich um einen Strafausdehnungsgrund handeln. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass der extensive Täterbegriff auch in Widerspruch zum Wortlaut des § 25 StGB steht, der denjenigen zum Täter erklärt, der die Tat „begeht“, wobei dieses „Begehen der Tat“ das „Bestimmen zur Tat“ und „Hilfeleisten“ wegen der Regelungen der §§ 26, 27 StGB nicht umfasse.775 Man muss zugeben, dass es doch zumindest überflüssig erscheint, das „Bestimmen zur Tat“ 770

Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 80. Die Abbildung dient lediglich der Veranschaulichung. Man möge den Proportionen von Täterschaft und Teilnahme und deren Verhältnis zueinander an dieser Stelle keine Bedeutung beimessen. 772 Vgl. nur Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 59 ff. 773 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 7; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 100; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT, 8. Auflage, § 47 Rn. 31. 774 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 12. 775 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 4. 771

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

nach § 26 StGB mit derselben Strafdrohung zu versehen wie die täterschaftliche Begehung, wenn es von dieser ohnehin erfasst sein und lediglich ein Strafeinschränkungsgrund darstellen soll.776 Auch sprechen die eigenhändigen Delikte und die Sonderdelikte aus einem weiteren Grund gegen den extensiven Täterbegriff, da sie die Täterschaft von bestimmten Umständen wie beispielsweise der Amtsträgereigenschaft des betreffenden Beteiligten abhängig machen, die Verursachung alleine also nicht genügt.777 Darüber hinaus vermag der extensive Täterbegriff allein nicht zu klären, worin sich Täterschaft und Teilnahme unterscheiden. Während der restriktive Täterbegriff das Unterscheidungsmerkmal bereits in der Ausführung der Tatbestandshandlung findet, stellt der extensive Täterbegriff auf das für die Tatbestandsverwirklichung Kausalwerden ab, was aber sowohl bei Täterschaft als auch Teilnahme gegeben ist.778 In dieser Hinsicht kann der extensive Täterbegriff also nicht weiterführen. Die Möglichkeit einer Abgrenzung durch objektive Kriterien wird hier negiert, da lediglich das Setzen einer kausalen Bedingung beim extensiven Täterbegriff entscheidend ist.779 Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme muss daher anhand subjektiver Merkmale erfolgen. Rein subjektiven Abgrenzungstheorien – wie sie oben erläutert wurden – liegen daher stets der extensive Täterbegriff zu Grunde.780 Schließlich bleibt noch zu kritisieren, dass der extensive Täterbegriff die Grenzen der Tatbestände des besonderen Teils aufweicht und dadurch in Konflikt mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB gerät.781 Die Straftatbestände des Besonderen Teils des StGB sollen – dem Bestimmtheitsgebot gerecht werdend – präzise festlegen, mit welchem Verhalten sich der Bürger strafbar macht. Führt nun aber jedwedes Setzen einer kausalen Bedingung bereits zur Täterschaft, so wäre die Grenze der Tatbestände nicht mehr erkennbar und der Bürger könnte nicht mehr erkennen welches Verhalten strafbar ist und welches nicht.782 All diese Argumente zeigen, weshalb heute Einigkeit besteht, dass dem StGB hinsichtlich der Vorsatzdelikte ein restriktiver Täterbegriff immanent ist.783 Es lässt 776

Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 8. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 4. 778 So auch Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 80. 779 Zimmerl, ZStW 49. Band (1929), S. 39 (41). 780 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 81; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 13; Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 620; vgl. hierzu auch Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 21. 781 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 8; Zimmerl, ZStW 49. Band (1929), S. 39 (41). 782 A. A. Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 32. 783 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 42; Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 8 f.; Küpper, Grenzen der normativierenden Strafrechtsdogmatik, S. 139; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 5; Bock, Strafrecht AT, S. 164; Otto, JURA 1987, S. 246 (246); Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 791; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 14; Murmann, JA 2008, S. 321 (321); Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 47 Rn. 18; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 58, 67; Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (976); Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (123); M. Köhler, 777

VI. Der Täterbegriff

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sich wohl sagen, dass der Täterbegriff deshalb derart umstritten war, weil zur damaligen Zeit im StGB lediglich die Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe gesetzlich geregelt waren. Dies bot in größerem Maße Raum zur Interpretation, während in der heutigen Fassung des StGB sämtliche Beteiligungsformen geregelt sind. Auch hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Kausalität allein noch nicht ausreichend ist für die Tatbestandserfüllung.784 Es lässt sich daher feststellen, dass dem Beteiligungssystem der §§ 25 ff. StGB ein restriktiver Täterbegriff zugrunde liegt. Täter ist also derjenige, der die Tathandlung selbst, durch einen anderen oder mit einem anderen gemeinschaftlich begeht.785

2. Primärer und sekundärer Täterbegriff Ebenfalls auf das Verhältnis zwischen Täterschaft und Teilnahme bezieht sich die Frage, ob dem Strafgesetzbuch ein primärer oder ein sekundärer Täterbegriff zugrunde liegt. Legt man dem Strafgesetzbuch einen sekundären Täterbegriff zugrunde, so wäre durch Subtraktion zu bestimmen, wer Täter ist: Es ist derjenige Verursacher Täter, der noch verbleibt, wenn man Anstiftung und Beihilfe abgezogen hat.786 Der BGH ging in einem seiner ersten Entscheidungsbände derart vor und führte aus: „Wer den Erfolg des gesetzlichen Straftatbestandes verursacht, ist Täter […]. Das gilt auch, wenn er den Erfolg durch das Handeln eines anderen herbeiführt, es sei denn, dass die Merkmale der Anstiftung oder der Beihilfe gegeben wären“.787 Ein solcher sekundärer Täterbegriff wäre bei einem extensiven Täterbegriff gegeben,788 da in diesem Falle die Teilnahmeregelungen Strafeinschränkungsgründe wären. Nimmt man diese aus dem Kreis der Verursacher heraus, so ist der verbleibende Rest die Täterschaft. Genau entgegengesetzt verhält es sich mit dem primären Täterbegriff. Nach diesem ist zunächst zu untersuchen, ob Täterschaft gegeben ist und erst nachdem eine Täterschaft ausgeschlossen wurde ist zu prüfen, ob eine Teilnahme gegeben ist.789 Dieser primäre Täterbegriff folgt wiederum dem restrik-

Strafrecht AT, S. 502; Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (397); Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 20; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 649; Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 18. 784 Siehe oben Kapitel 3 V. 1. b). 785 Wolf/Zboralska, Grundstruktur, S. 121 (123); Murmann, GA 1998, S. 78 (80). 786 Winter, Die mittelbare Täterschaft, S. 11; Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 13; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 648. Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 621. 787 BGH, Urteil v. 10. 06. 1952 – 1 StR 837/51, BGHSt. 3, 4 (5). 788 Dies zeigt sich schön bei Mezger, Strafrecht, S. 415 f. Siehe auch Gössel, in: Maurach/ Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 47 Rn. 38. 789 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 283; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 45; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 32; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 647 f.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

tiven Täterbegriff logisch nach.790 Erst wenn geklärt ist, ob nicht der Kernbereich der Strafbarkeit – die Strafbarkeit als Täter – berührt ist, wird es notwendig zu prüfen, ob der darüberhinausgehende Bereich der Teilnehmerstrafbarkeit berührt ist.791 Die Bedeutung, welche dem Streit um den Täterbegriff hinsichtlich der Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme zukommt, zeigt sich hier nun besonders. Namentlich bildete die Tatsache, dass der extensive Täterbegriff – mit dem ihm wiederum immanenten sekundären Täterbegriff – vertreten wurde, eine Erklärung für die Beschränkung der mittelbaren Täterschaft auf die Verwendung von Tatmittlern, die selbst nicht Täter sind. Mit anderen Worten schloss dies einen Täter hinter dem Täter aus.792 Schneider führt etwa aus, dass das Gesetz die Grenzziehung zwischen mittelbarer Täterschaft genau vollziehe, da es das Herbeiführen eines Erfolges durch einen Vordermann, der selbst Täter ist, als Anstiftung ansehe.793 Daher wurde der Grundsatz aufgestellt: „jeder mittelbare Täter ist als Täter zu strafen, sofern er nicht Anstifter ist“.794 Folgt man mithin der Auffassung, dass die Erfolgsherbeiführung durch einen Vordermann der selbst Täter ist nach damaliger Gesetzeslage unter die Anstiftung zu subsumieren war und geht weiter von einem extensiven Täterbegriff aus, so folgt daraus die Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter. Schließlich sind die Teilnahmevorschriften nach dem extensiven Täterbegriff Strafeinschränkungsgründe und nach dem sekundären Täterbegriff ist lediglich derjenige Verursacher der Tatbestandsverwirklichung auch Täter, der nach Abzug der Fälle der Anstiftung übrigbleibt. Nur wenn Anstiftung ausgeschlossen wurde, kommt eine mittelbare Täterschaft in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des Strafeinschränkungsgrunds der Anstiftung vor, so ist der Rückgriff auf die mittelbare Täterschaft gesperrt. Daher wurde ein Täter hinter dem Täter häufig unter Verweis auf § 48 Abs. 1 StGB a. F. abgelehnt.795 Dieser Umstand verdeutlicht erneut die historisch bedingten Vorbehalte gegen den Täter hinter dem Täter. Aber auch nach heutiger Gesetzeslage kann das Erregen von Motivirrtümern unter die Anstiftung subsumiert werden.796 Würde man dem extensiven und sekundären Täterbegriff folgen, so würde dies den Rückgriff auf die mittelbare Täterschaft 790

Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 44. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 664. 792 Dies hat sich bereits an einigen Stellen gezeigt: Siehe Kapitel 2 II. 1. a) und Kapitel 3 III. 1. 793 Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 19. Ähnlich Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 100; Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (365); Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 10. 794 Binding, GS 1908, S. 1 (9). Ebenso Huismans, Die mittelbare Täterschaft, S. 13; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 16; Mezger, Strafrecht, S. 415. 795 Drost, ZStW 51. Band (1931), S. 359 (365); H. Mayer, FS-Rittler 1957, S. 243 (250); Mezger, Strafrecht, S. 425, 434; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 182. Norm abgedruckt unter Anhänge. 796 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 22 Rn. 23; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 883; Rengier, Strafrecht AT, § 45 Rn. 26. 791

VI. Der Täterbegriff

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sperren. Diese Argumentation ist freilich mittlerweile obsolet.797 Wie bereits dargelegt, liegt dem Strafgesetzbuch ein restriktiver Täterbegriff zugrunde und auch die Gesetzesbegründung führt an, dass „Fälle, in denen jemand zur Tatbegehung einen anderen einsetzt, in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Täterschaft und nur, wenn die Täterschaftsmerkmale nicht gegeben sind, auch unter dem der Teilnahme zu prüfen sind“.798 Dementsprechend ist von einem primären Täterbegriff auszugehen.799 Wegen diesem ist der Täter die Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens, an den die Strafausdehnungsgründe der Teilnahme anknüpfen.800 Zunächst ist daher zu prüfen und unabhängig von den Grenzen der Anstiftung zu entscheiden, ob der jeweilige Beteiligte mit Tatherrschaft gehandelt hat und damit als Täter anzusehen ist.801 Als Anstiftung kommt daher nur das Verhalten in Betracht, welches nicht Täterschaft darstellt. Dass das Erregen von Motivirrtümern unter die Anstiftung subsumiert werden kann, steht der Anerkennung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter mithin nicht mehr im Weg. Es kann also nicht überzeugen die in § 48 Abs. 1 StGB a. F. aufgeführten Tatmodalitäten – wie es etwa Kutzner tut – als Argument gegen die Möglichkeit der Benutzung eines strafrechtlich vollverantwortlichen Tatmittlers zu bringen.802 Nur wenn zunächst eine Täterschaft verneint wurde, kann Anstiftung vorliegen. Die Perspektive hat sich folglich gedreht. Dieser historische Einwand gegen einen Täter hinter dem Täter kann heute somit nicht mehr vorgetragen werden.

3. Formell-objektiver und materiell-objektiver Täterbegriff Neben den bereits genannten Differenzierungen wird noch von Hoyer vorgeschlagen, zwischen einem formell-objektivem und einem materiell-objektivem Täterbegriff zu unterscheiden.803 Während im Rahmen der Unterscheidung zwischen restriktivem und extensivem Täterbegriff die Funktion der Teilnahmevorschriften der §§ 26 f. StGB im Zentrum stehen, soll hierbei nun der Fokus auf die Funktion der mittelbaren Täterschaft und der Mittäterschaft im Verhältnis zur unmittelbaren Täterschaft gelegt werden. Dabei wird vom restriktiven Täterbegriff ausgegangen

797 Anders noch Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 235. Dieser meint, dass in den Teilnahmevorschriften aufgeführte Verhalten könne nicht als Täterschaft begriffen werden. 798 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 799 Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 4. 800 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 48. 801 Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, S. 631. 802 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 104 f. Norm abgedruckt unter Anhänge. 803 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 9 ff.

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

und unterschieden wie eng dieser zu sehen ist.804 Klar ist an dieser Stelle lediglich, dass der restriktive Täterbegriff nicht in seinem ursprünglichen strengen Sinne verstanden werden kann. Insofern dieser nämlich, unter Zugrundelegung der alten Rechtslage, in welcher die mittelbare Täterschaft nicht kodifiziert war, ausschließlich an die eigene oder gemeinschaftliche Ausführung der Tatbestandshandlung anknüpfte,805 ist er deckungsgleich mit der oben bereits erörterten formalobjektiven Theorie und teilt auch deren Schicksal, die mittelbare Täterschaft nicht erklären zu können. Ein streng restriktiver Täterbegriff ist wegen § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB somit nicht mehr vertretbar.806 Da wegen §§ 25 Abs. 1 Alt. 2 und 25 Abs. 2 StGB kein Zweifel daran bestehen kann, dass mittelbare Täterschaft und Mittäterschaft Formen der Täterschaft darstellen, kann auf Basis des restriktiven Täterbegriffs lediglich hinsichtlich der Funktion, welche diesen Normen zukommt, weiter differenziert werden. Bei der Unterscheidung zwischen formell-objektivem und materiell-objektivem Täterbegriff geht es daher um die Frage, ob es sich bei der mittelbaren Täterschaft und der Mittäterschaft um Strafausdehnungsgründe handelt.807 Gemein ist beiden Täterbegriffen die Prämisse, dass die unmittelbare Täterschaft in § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB lediglich eine klarstellende Funktion hat und die Tatbestände des besonderen Teils somit nicht modifiziert.808 Nach dem materiell-objektiven Täterbegriff ist dies auch bei § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB und § 25 Abs. 2 StGB der Fall, während nach dem formell-objektiven Täterbegriff nur § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB eine klarstellende Funktion hat und §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 25 Abs. 2 StGB Strafausdehnungsgründe darstellen.809 Da das Merkmal der Tatherrschaft, wie bereits gezeigt,810 innerhalb des Straftatbestandes zu verorten ist, reduziert sich die Unterscheidung auf die Frage, ob sämtliche Täterschaftsformen des § 25 StGB das Innehaben desselben Umfangs an Tatherrschaft voraussetzen.811 Sollte das der Fall sein, so würden § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB und § 25 Abs. 2 StGB ebenso lediglich Bestehendes klarstellen und die Straftatbestände des Besonderen Teils nicht modifizieren.812 Allerdings hat sich 804

Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 9. So beispielsweise Zimmerl, ZStW 49. Band (1929), S. 39 (45, 47 f.) der die mittelbare Täterschaft gänzlich ablehnt; vgl. auch Zimmerl, ZStW 54. Band (1935), S. 575 (576). Vgl. auch Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 1; Bubolz, Die mittelbare Täterschaft, S. 3. 806 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 10. 807 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 9. 808 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 25 ff. Rn. 1. 809 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 9 f. Für eine konstitutive Wirkung der §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 25 Abs. 2 StGB: Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vor §§ 25 ff. Rn. 16. Für eine konstitutive Wirkung des § 25 Abs. 2 StGB und des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB bei Annahme eines Täters hinter dem Täter: Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 3, 7, 23. 810 Siehe oben Kapitel 3 V. 6. b). 811 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 12 ff. 812 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 12 ff. 805

VII. Ergebnis

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ebenfalls gezeigt, dass die Tatherrschaft immer weiter eingeschränkt ist, je mehr eine Abhängigkeit von den Handlungen eines anderen Menschen und damit von dessen Willen gegeben ist. Die Möglichkeiten der Kontrolle über das Geschehen nehmen also ab. Daher ist die Tatherrschaft besonders im Rahmen der mittelbaren Täterschaft im Vergleich zur unmittelbaren Täterschaft eingeschränkt.813 Dieses geringere Maß an Tatherrschaft im Rahmen der mittelbaren Täterschaft und der Mittäterschaft wird jedoch durch § 25 Abs. 1 Alt. 2 und § 25 Abs. 2 StGB gesetzlich akzeptiert.814 Diese ordnen mithin die Gleichbehandlung mit der vollen Tatherrschaft an und wirken somit strafausdehnend.815 In der Terminologie Hoyers liegt dem StGB daher ein formell-objektiver Täterbegriff zugrunde.

4. Zwischenergebnis Nach alledem lässt sich sagen, dass dem StGB ein restriktiver Täterbegriff zugrunde liegt. Täterschaft ist daher lediglich im Rahmen der gesetzlich festgelegten Formen möglich. Darüber hinaus ist der Täterbegriff ein primärer. Bei der Bestimmung der einschlägigen Beteiligungsform hat die Prüfung der Täterschaft insofern Vorrang, als dass zunächst zu prüfen ist, ob eine solche gegeben ist. Nur falls keine Täterschaft gegeben ist, ist eine Teilnehmerschaft zu prüfen. Im Gegensatz zur früheren Gesetzeslage kann daher nicht mehr vorgetragen werden, die Feststellung, dass eine Handlung unter die Teilnahmenormen zu subsumieren ist, schließe die Annahme von Täterschaft aus. Schließlich ist der Täterbegriff ein formell-objektiver. § 25 Abs. 1 Alt. 2 und § 25 Abs. 2 StGB stellen insofern Strafausdehnungsgründe dar, als dass sie die mittelbare Täterschaft und die Mittäterschaft mit der unmittelbaren Täterschaft gleichbehandeln, obwohl die Tatherrschaft bei diesen in geringerem Maße gegeben ist.

VII. Ergebnis Die Untersuchung in diesem Kapitel konnte bereits einige Argumente gegen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter entkräften. Zum einen wurde deutlich, dass diese nach Auslegung des Gesetzes insbesondere anhand von Wortlaut, Systematik und Telos – entgegen anders lautenden Behauptungen816 – durchaus mit dem Gesetz

813 A. A. Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 97; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 72. 814 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 15. 815 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 14 f. 816 Insbesondere Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (214).

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Kap. 3: Die mittelbare Täterschaft

vereinbar ist.817 Zwar wies die historisch-genetische Auslegung in eine Richtung, welche gegen eine allzu weite Zulassung von mittelbarer Täterschaft bei strafrechtlich verantwortlichem Tatmittler spricht, sie kann jedoch allenfalls indizielle Bedeutung haben und selbst wenn man dieser Richtung folgen würde, würde dies einer Anerkennung des Täters hinter dem Täter in gewissen Fallgruppen nicht im Wege stehen. Zum anderen konnten bereits diverse entstehungsgeschichtlich bedingte Vorbehalte gegen den Täter hinter dem Täter aufgezeigt und ausgeräumt werden. Die Entwicklung der mittelbaren Täterschaft – als gesetzlich nicht geregelte Form der Täterschaft – zur Füllung von Strafbarkeitslücken, die lange Zeit bestehende strenge Akzessorietät der Teilnahme und der extensive in Verbindung mit einem sekundären Täterbegriff mussten geradezu zu einer Ablehnung des Täters hinter dem Täter führen. Hinzu kamen die von der Rechtsprechung vertretene rein subjektive Theorie und die anfänglich in der Literatur dominierende formal-objektive Theorie. All diese Bedingungen sind jedoch mittlerweile überholt. Die mittelbare Täterschaft ist in § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB geregelt, ist im Verhältnis zu den anderen Täterschaftsformen gleichwertig und hat seine Lückenbüßerfunktion jedenfalls verloren.818 Darüber hinaus liegt dem Strafgesetzbuch nun unzweifelhaft ein restriktiver Täterbegriff zugrunde,819 aus welchem ein primärer Täterbegriff folgt.820 Die mittelbare Täterschaft ist daher nicht mehr in Abhängigkeit zur Anstiftung zu bestimmen, da ihre Reichweite nicht durch diese beschränkt wird, es handelt sich bei der Anstiftung schließlich nicht um einen Strafeinschränkungsgrund. Die Möglichkeit ein Verhalten unter die Anstiftung zu subsumieren hindert daher nicht an der Annahme von mittelbarer Täterschaft. Auch die Beteiligungslehren, welche zwingend zu einer Ablehnung des Täters hinter dem Täter kommen, haben sich als nicht tragfähig erwiesen. Einzig die Tatherrschaftslehre konnte bei der Betrachtung der verschiedenen Beteiligungslehren überzeugen. Sie ermöglicht es die Machtverhältnisse innerhalb des Geschehens zu würdigen und die jeweilige Beteiligungsform entsprechend zu bestimmen. Basierend auf dem restriktiven Täterbegriff erblickt sie die Täterschaft in der Beherrschung der Tatbestandsverwirklichung, wobei hierin das Begehen im Sinne des § 25 StGB zu sehen ist.821 Hinsichtlich der mittelbaren Täterschaft hat sich ferner ergeben, dass die Beherrschung und Kontrolle durch den Hintermann – da die Tatbestandsverwirklichung von dem Willensentschluss eines anderen Menschen abhängt – zwangsläufig nicht derart ausgeprägt ist, wie bei der unmittelbaren Tä817

Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 135; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 38; Greco, ZIS 2011, S. 9 (13); Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 98. 818 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 80; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 3; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 62. 819 Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 8 f. 820 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 44. 821 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848.

VII. Ergebnis

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terschaft.822 Dies liegt jedoch bei einer Tatbegehung durch einen anderen in der Natur der Sache und wird von § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB akzeptiert.823 Für die mittelbare Täterschaft genügt daher ein im Vergleich zu den anderen Täterschaftsformen geringeres Maß an Tatherrschaft.824 Bei dieser handelt es sich um Willensherrschaft,825 welche voraussetzt, dass der mittelbare Täter das Verhalten des Vordermanns – seines Werkzeugs – steuert.826 Es muss eine Übermacht des Hintermanns bestehen, aufgrund derer der Vordermann als Werkzeug des Hintermanns erscheint.827 Bei den hier zu betrachtenden Fällen der Irrtumsherrschaft zeigt sich die überlegene Stellung des Hintermanns dadurch, dass er bei dem Vordermann eine Fehlvorstellung hervorruft, welche ihm eine überlegene Stellung aufgrund weiterreichenden Wissens einräumt und die es ihm ermöglicht den Vordermann und mit diesem das Geschehen zu beherrschen.828 Schließlich ist in subjektiver Hinsicht erforderlich, dass sich der Täter seiner Tatbeherrschung, also seinem dominierenden Einfluss bewusst ist.829 Dementsprechend wird weiter zu prüfen sein, ob das Hervorrufens eines Motivirrtums beim Vordermann dem Hintermann die Tatherrschaft im soeben beschriebenen Sinne geben kann. Dabei könnte sich eine radikale Ablehnung des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft im weiteren Verlauf der Untersuchung nur dann ergeben, wenn das Hervorrufen eines Motivirrtums dem Hintermann unter keinen Umständen die Tatherrschaft verleiht oder falls die Tatherrschaft zwar im Einzelfall faktisch gegeben ist, hinreichend bestimmte und rechtssichere Kriterien für die Bestimmung dieser Fälle aber nicht aufgestellt werden können und die Tatherrschaft daher nur anhand normativer Kriterien ermittelt werden kann,830 welche wiederum einen Täter hinter dem Täter ausschließen.

822 823 824 825 826 827 828 829 830

Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 12. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, Vorb. zu § 25 Rn. 15. Hoyer, in: SK-StGB, Vor § 25 Rn. 14. Bloy, GA 1996, S. 424 (437). Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (397). Cramer, FS-Bockelmann 1979, S. 389 (397). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 62. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 37. So sieht es beispielsweise Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 12 f.

Kapitel 4

Das Drei-Personen-Verhältnis Nachdem nun die Grundlagen der Untersuchung geschaffen und bereits einige Argumente für eine Ablehnung des Täters hinter dem Täter entkräftet wurden, soll in diesem Kapitel untersucht werden, wie das Hervorrufen von Motivirrtümern beim Vordermann in Bezug auf den Hintermann im Drei-Personen-Verhältnis zu bewerten ist. Hierzu werden die vertretenen Ansichten aufgezeigt und die vorgebrachten Argumente untersucht, um schließlich den überzeugendsten Weg aufzuzeigen. Es lassen sich drei grobe Richtungen bezüglich der Beurteilung dieser Frage unterscheiden. Die bereits oben aufgeführten denkbaren Möglichkeiten werden auch allesamt vertreten. So wird es teilweise konsequent abgelehnt mittelbare Täterschaft beim Hintermann anzunehmen1 und gelegentlich wird das Hervorrufen jedweden Motivirrtums als ausreichend angesehen.2 Der überwiegende Teil der Literatur und die Rechtsprechung differenziert dagegen zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern und betrachtet den Hintermann nur bei den Ersteren als mittelbaren Täter.3

I. Vollständige Anerkennung Zunächst soll nun das eine „Extrem“ untersucht werden. Nachfolgend werden die Ansichten dargestellt, nach denen das Hervorrufen jedweden Motivirrtums für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend sein soll. Im Gegensatz zur vollständigen Negierung dieser Möglichkeit, ist eine vollumfängliche Anerkennung des Hervorrufens eines Motivirrtums beim Tatmittler, als Fallgruppe des Täters 1 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 889; Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (210); Bock, Strafrecht AT, S. 185 f.; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 264; H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 305 f.; H. Mayer, Strafrecht AT 1967, S. 151; Spendel, FS-Lüderssen 2002, S. 605 (608 f.); Bloy, GA 1996, S. 424 (442); Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (605 f.); Joerden, Strukturen des strafrechtlichen Verantwortlichkeitsbegriffs, S. 78 Fn. 189. Wohl auch: Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 137 f., 193. 2 Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15; Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161 f. 3 Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 36, 51; Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (178 ff.); Schünemann, in: LK, § 25 Rn. 89 ff.; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 283 ff.; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 109, 146 ff.; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1260; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 38.

I. Vollständige Anerkennung

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hinter dem Täter in der Literatur bisher nur sehr zurückhaltend erfolgt. Dabei vermag es wohl nicht zu überraschen, dass eine der wenigen Stimmen in der Literatur, die sich für einen derart weiten Anwendungsbereich der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ausgesprochen haben, zu dem gehört, der mit dem Begriff selbst die Diskussion maßgeblich angestoßen hat.4 Die Rede ist bekanntlich von Richard Lange, dessen Ansicht im Folgenden dargestellt und gewürdigt wird.

1. Tatveranlassung in eigener Sache Bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme stellt Lange bereits auf die Tatherrschaft als entscheidendes Kriterium ab.5 Zur Ermittlung derselben zieht er bei der mittelbaren Täterschaft allerdings das subjektive Kriterium des Täterwillens heran und macht die Tatherrschaft des Hintermanns von dessen Willensrichtung abhängig.6 Veranlasse der Hintermann die Tat in eigener Sache, so sei er stets Täter und zwar unabhängig davon, ob der Tatmittler selbst strafrechtlich verantwortlich ist oder nicht.7 Auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns könne es nicht ankommen, denn dies würde bereits der gesetzlichen Wertung des § 50 Abs. 1 StGB a. F.8 (heute § 29 StGB) widersprechen, wonach jeder Beteiligte nach seiner eigenen Schuld bestraft wird.9 Aus diesem Grund spricht sich Lange auch gegen die Verwendung des Werkzeugbegriffs aus, da dieser geeignet sei zu verschleiern, dass es Fälle gebe, in denen der Vordermann selbst strafrechtlich verantwortlich ist. Da es solche Fälle aber gebe, sei der Begriff des Tatmittlers zu bevorzugen.10 Bei einer Tatveranlassung in eigener Sache sei der Hintermann also stets Täter. Dabei muss der Hintermann den Willen aufweisen, „den Mittelsmann als Werkzeug des eigenen Handelns zu benutzen, seine Kräfte vor den eigenen Wagen zu spannen“.11 Der Umstand, dass der Hintermann den Erfolg als seinen Erfolg ansehe sei der Grund, warum ihm dieser auch zuzurechnen sei.12 Lange erkannte damit den Täter hinter dem Täter im weitesten Umfang an. Nach dieser Konzeption würde also auch das Hervorrufen jedweden Motivirrtums für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichen, sofern nur der Hintermann in eigener Sache tätig wurde. Wie im Rahmen der extrem-subjektiven Theorie der Rechtsprechung sollte es auf die 4 Wie bereits oben in Kapitel 2 II. 1. dargestellt, hat Lange den Begriff des Täters hinter dem Täter geprägt. 5 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 160. 6 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 162. 7 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161. 8 Siehe unter Anhänge. 9 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161. 10 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161. 11 Lange, Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf, S. 64. 12 Lange, Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf, S. 64.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Willensrichtung des Hintermanns ankommen, also darauf ob dieser Täterwillen (animus auctoris) hatte.13

2. Wille zur Begehung einer eigenen Straftat Dieser Auffassung Langes kommen die Ausführungen Webers sehr nahe. Weber vertritt eine rein subjektive Theorie, nach welcher der jeweilige Beteiligte Täter ist, wenn er den Willen hat, die Tat als eigene zu begehen.14 Indizien zur Feststellung des Täterwillens seien dabei das Interesse an der Tat und der Wille zur Tatherrschaft.15 Ob sich der Vordermann selbst strafbar gemacht hat sei dagegen unerheblich, weshalb hiernach keine Probleme bestehen einen Täter hinter dem Täter anzunehmen.16 Auch nach dieser Ansicht genügt das Hervorrufen eines jeden Irrtums zur Begründung der mittelbaren Täterschaft des Hintermanns, sofern dieser nur den Täterwillen hatte.

3. Entscheiden über die Begehung der Tat entgegen dem wahren Willen des Tatmittlers Ferner hat sich noch Frister dafür ausgesprochen, alle für die Tat ursächlichen Irrtümer für die Annahme von mittelbarer Täterschaft genügen zu lassen. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns könne keine Rolle spielen, da diese kein Grund sei einen anderen zu entlasten.17 Der Täter sei nicht wegen des Strafbarkeitsdefizits des Vordermanns zu bestrafen, sondern weil er die Tatherrschaft innehabe. Letzteres wiederum könne durch alle Irrtümer begründet werden.18 Der Hintermann entscheide stets gegen den wahren Willen des Vordermanns über die Begehung und habe somit die Tatherrschaft inne. Die Unterscheidung der Irrtümer dahin, ob sie für die Strafbarkeit des Vordermanns relevant sind, wie es das Verantwortungsprinzip fordern würde, erübrige sich damit.19 Gemeint ist hiermit wohl, dass der Hintermann dem Vordermann die Entscheidung über die Tatbegehung gewissermaßen aus der Hand nimmt, indem er den Vordermann täuscht. Damit wird dem Vordermann eine Entscheidung „aufgedrückt“, welche dieser bei Kenntnis der tatsächlichen Sachlage nicht getroffen hätte. Dies ist für Frister der entscheidende Gesichtspunkt, für die Annahme von mittelbarer Täterschaft.20 Unerheblich sei es 13 14 15 16 17 18 19 20

Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB. 43. Auflage 1961, S. 162. Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 150. Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 151. Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 116 f. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 4. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 4.

I. Vollständige Anerkennung

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dagegen, ob der Hintermann die Fehlvorstellung beim Tatmittler verursacht hat. Schon das Ausnutzen eines bereits bestehenden Irrtums begründe die Tatherrschaft des Hintermanns.21 Eine Grenze bilden insofern lediglich Fehlvorstellungen, die sich nicht auf Tatsachen beziehen und damit schon gar nicht der Irrtumsdefinition unterfallen.22 Nach dieser Konzeption ist also bei Hervorrufen eines Irrtums beim Tatmittler stets mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben, sofern nur die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen erfüllt sind.23 Umgekehrt verbleibt für die Annahme von Anstiftung – abgesehen von den eigenhändigen Delikten und den Sonderdelikten, sofern es sich beim Hintermann um einen extraneus handelt – lediglich das täuschungsfreie Hervorrufen des Tatentschlusses.

4. Kritik und Würdigung Gemein ist den beiden Ansichten Langes und Fristers, dass das Vorliegen der Tatherrschaft beim Hintermann als entscheidend für die Annahme von mittelbarer Täterschaft angesehen wird. Während nun für Frister bereits das Ausnutzen oder Hervorrufen eines Irrtums als solches genügt, um die Tatherrschaft des Hintermanns zu begründen, verlangt Lange darüber hinaus noch, dass das einschränkende subjektive Kriterium der Tatveranlassung in eigener Sache beim Hintermann gegeben ist. Damit reduzieren beide die Anstiftung in den Irrtumsfällen im Grunde auf eine Ausfallhaftung. Webers Ansatz stellt ausschließlich auf den Willen des Hintermanns zur Begehung einer eigenen Tat ab und lässt die Tatherrschaft lediglich in Form des Willens zur Tatherrschaft als Indiz für die Feststellung des Täterwillens einfließen. Zwar lässt sich – jedenfalls für Fristers Ansatz – anführen, dass hiermit durch ein einfach handhabbares Kriterium eine klare Abgrenzung gewährleistet wird. Allerdings spricht gegen eine derart weite Auffassung, welche das Hervorrufen des Tatentschlusses durch Täuschung stets als Fall der mittelbaren Täterschaft ansieht, sofern nur die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen erfüllt sind und damit die Anstiftung in diesem Bereich auf eigenhändige Delikte und Sonderdelikte – sofern es sich bei dem Hintermann um einen extraneus handelt – reduziert, bereits der historische Kontext der Anstiftung.24 Die genetisch-historische Auslegung hat mithin ergeben, dass ein derart enger Anwendungsbereich der Anstiftung durch Irrtumserregung vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Zwar ist der Wille des historischen Gesetzgebers nicht bindend – der Wille hat im Wortlaut des Gesetzes schließlich keinen Ausdruck gefunden – gleichwohl kann er doch als Indiz herangezogen

21 22 23 24

Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 18. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 16. Frister, Strafrecht AT, Kap. 25 Rn. 10 ff. Siehe hierzu die Ausführungen in Kapitel 3 III.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

werden.25 Auch wenn der Anstiftung außerhalb des Bestimmens durch Täuschung noch ein Anwendungsbereich – etwa in Form des Überredens – verbleiben würde, sehen sich diese Auffassungen bereits diesen grundsätzlichen, aus der Auslegung resultierenden Bedenken ausgesetzt. Für Langes Ansatz gilt dies sogar noch mehr, da er den Anwendungsbereich der Anstiftung auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Hintermann den Ausführenden nicht in eigener Sache zur Tat bestimmt. Das wird aber regelmäßig der Fall sein, wenn jemand „vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat“, wie es § 26 StGB verlangt. Mit anderen Worten wären nur wenige Ausnahmefälle von § 26 StGB erfasst. Eine derart weitgehende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Anstiftung erscheint aber in jedem Fall zu drastisch.26 Das Kriterium der Tatbegehung in eigener Sache, welches typischerweise bei sämtlichen Beteiligten gegeben ist, kann mithin nicht als Abgrenzungskriterium dienen.27 An Langes Ansatz ist ferner noch das Bestimmen der Tatherrschaft anhand rein subjektiver Kriterien zu kritisieren.28 Diesbezüglich kommt man nicht umhin der Kritik von Roxin zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass die innere Einstellung des Hintermanns zu der Tat nicht das geringste darüber aussagt, ob der Hintermann die Entwicklung der Geschehnisse beherrscht.29 Entscheidend für die Tatherrschaft des Hintermanns ist dessen Fähigkeit das Geschehen zu steuern und zu beherrschen.30 Mag der Wille auch vorhanden gewesen sein, bedeutet das noch nicht, dass diese Fähigkeit auch tatsächlich bestand. Aus diesem Grund ist auch Webers Auffassung abzulehnen. Der Wille zur Tatherrschaft ist nicht entscheidend, sondern vielmehr das tatsächliche Innehaben der Tatherrschaft. Schließlich sprechen gegen Langes und Webers Abgrenzung natürlich all diejenigen Kritikpunkte, die seit jeher gegen rein subjektive Theorien angeführt wurden. Auch hier besteht die Gefahr, dass durch dieses Abgrenzungskriterium schlicht jedes für billig und deshalb wünschenswert erachtete Ergebnis begründet werden könnte, ohne dass es möglich wäre vorherzusehen, welche Beteiligungsform im Einzelfall als einschlägig angesehen wird.31 Aber auch die Bestimmung der Tatherrschaft durch Frister sieht sich Bedenken ausgesetzt. Nach ihm vermittelt ein Irrtum des Vordermanns stets die Tatherrschaft des Hintermanns, da letzterer ungeachtet des im Grunde entgegenstehenden Willens des Vordermanns über die Tatbegehung entscheiden könne.32 Zwar müsste dem 25

Siehe oben Kapitel 3 III. So auch Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (175); Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 160. 27 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 56. 28 Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (241). 29 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (175); Kadel, GA 1983, S. 299 (299). 30 Otto, FS-Lange 1976, S. 197 (205). 31 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (507). Siehe hierzu auch oben Kapitel 3 V. 2. b). 32 Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 4. 26

I. Vollständige Anerkennung

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Hintermann die Tatherrschaft zugesprochen werden, wenn er aufgrund seiner überlegenen Stellung tatsächlich derart über die Tatbegehung entscheiden könnte, dass die von ihm getroffene Entscheidung garantiert umgesetzt wird und er somit die volle Kontrolle über das Tatgeschehen innehat. Allerdings ist dies im Rahmen der mittelbaren Täterschaft nicht der Fall. Dort ist die Erfüllung des Tatbestands stets von dem Willensentschluss des Vordermanns abhängig. Wie sich der Vordermann verhalten wird lässt sich daher nicht mit Sicherheit vorhersagen. Der auf den Willen des Vordermanns ausgeübte Einfluss ist nie mit derselben Sicherheit erfolgreich wie die Einwirkung auf ein mechanisches Werkzeug.33 Die eigentliche Entscheidung zum Tätigwerden hat immer der Vordermann zu treffen. Wäre dies nicht so, wie in dem Fall des Einsatzes von vis absoluta gegen den Vordermann – A schubst beispielsweise den B in ein Schaufenster – so wäre unmittelbare Täterschaft und nicht mittelbare Täterschaft gegeben.34 Es besteht diesbezüglich also stets eine gewisse Unsicherheit. Man könnte lediglich darauf abstellen, dass der Vordermann sich mit hoher Wahrscheinlichkeit wie gewünscht verhält. Wäre dies der Fall, so wäre die Begründung einer faktische Tatherrschaft denkbar. Nun meint Frister, dass der Hintermann bei jedem Irrtum über die Tatbegehung entscheiden könne.35 Der Hintermann kann aber jedenfalls nicht bei jedem Irrtum das Tatgeschehen in der gezeigten Art beherrschen. Nicht immer ist es für den Hintermann absehbar, wie der Vordermann auf die Täuschung reagieren wird. In vielen denkbaren Fällen, in denen der Hintermann beim Vordermann einen Motivirrtum hervorruft, hat er keinerlei Kenntnisse, die ihn berechtigterweise annehmen lassen könnten, dass sich der Vordermann wie gewünscht verhält. Zur Verdeutlichung möge hierzu folgendes Beispiel dienen: Der A betritt eine Bar. Auf dem Weg zum Tresen wird er von dem B angerempelt, welcher sich nicht einmal bei A entschuldigt. Daraufhin erblickt der A den C mit seiner Freundin D, welche gerade auf dem Weg zur Toilette an ihm vorbeiläuft. In der vagen Hoffnung, dass der C den B schlagen wird, erzählt er dem C, dass der B die D belästigt hätte.

In einem solchen Fall, in dem der Hintermann den Vordermann nicht kennt und demnach nur darauf spekulieren kann, wie dieser auf eine solche Täuschung reagiert, kann kaum davon gesprochen werden, dass der Hintermann die Entscheidung über die Tatbegehung trifft. Er hat das folgende Geschehen lediglich ausgelöst, konnte aber nicht absehen, wie der C reagieren wird. Eine Tatherrschaft vermittelnde Beherrschung des Geschehens liegt nicht vor. Das Hervorrufen gerade eines Motivirrtums in der Hoffnung oder Erwartung, er führe dazu, dass der Vordermann eine gewünschte Tat begeht, kommt mithin häufig einem Glücksspiel gleich. Nach all diesen Einwänden erstaunt es nicht, dass eine derart Umfangreiche Anerkennung des Täters hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsfälle nicht mehr 33

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 129. Bock, Strafrecht AT, S. 173; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 84; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 35 Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 4. 34

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Zuspruch in Rechtsprechung und Wissenschaft gefunden hat. Nicht das Hervorrufen jeden Irrtums beim Vordermann gibt dem Hintermann die, für die Tatherrschaft notwendige, Fähigkeit das Geschehen zu steuern. Vielmehr lässt sich wegen der in der Metapher des Glücksspiels zum Ausdruck kommenden häufigen Unvorhersehbarkeit der Reaktion des Vordermanns kein Kriterium denken, welches die Tatherrschaft bei jedwedem Irrtum begründen könnte. Dem Hintermann kommt wegen seines Wissensvorsprungs zwar immer eine überlegene Stellung zu, jedoch nicht immer in dem Maße, das erforderlich wäre, um ihm die Tatherrschaft zuzusprechen. Das Hervorrufen eines Motivirrtum genügt somit nicht in jedem Fall, um mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu begründen. Diese erste „Extrem – Position“ ist abzulehnen.

II. Vollständige Ablehnung Nachdem nun festgestellt wurde, dass der ganz überwiegende Teil der Wissenschaft es zu Recht ablehnt, bei dem Hervorrufen eines jeden Motivirrtums mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen, wird im Folgenden die entgegengesetzte Position erläutert. So wird teilweise angenommen, dass ein Motivirrtum beim Vordermann den Hintermann nicht derart belasten könne, dass er ihn zum mittelbaren Täter macht, wo er doch für den Vordermann nicht entlastend wirke.36 Den Hintermann, der beim Vordermann einen Motivirrtum hervorruft, als mittelbaren Täter zu bestrafen, wird daher konsequent abgelehnt.37

1. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts und die anfängliche Rechtsprechung des BGH Auf Seiten der Rechtsprechung wurde die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, wenn auch diese Terminologie nicht verwendet wurde, zunächst grundsätzlich

36

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 359. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 939; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 64; Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99 f., 141; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 653; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 63; H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 305 f.; H. Mayer, Strafrecht AT 1967, S. 151; Kretschmann, ZStW 43. Band (1922), S. 34 (34); Welzel, SJZ 1947, S. 645 (650); Graetzer; Mittelbare Täterschaft in Bezug auf ihre begriffliche Möglichkeit bei den einzelnen Deliktsklassen, S. 9 f.; Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (605 f.); Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 264; Bloy, GA 1996, S. 424 (442); Spendel, FS-Lüderssen 2002, S. 605 (608 f.); Joerden, Strukturen des strafrechtlichen Verantwortlichkeitsbegriffs, S. 78 Fn. 189; Puppe, GA 2013, S. 514 (527); Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (210); E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (123). Wohl auch Joerden, FS-Puppe 2011, S. 563 (564); Bock, Strafrecht AT, S. 184 ff.; Donna, FS-Gössel 2002, S. 261 (284); A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 510 ff. 37

II. Vollständige Ablehnung

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abgelehnt.38 Der Tatmittler musste nach der Definition des Reichsgerichts einen Defekt aufweisen, aufgrund dessen er nicht als vorsätzlicher Täter in Betracht kommt, um mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu begründen. Als mögliche Defekte des Tatmittlers hat das Reichsgericht dabei unter anderem Gutgläubigkeit respektive Vorsatzlosigkeit, Schuldlosigkeit und insbesondere mangelnden Tätervorsatz anerkannt.39 Ein Täter hinter dem Täter war nur denkbar, sofern der Hintermann irrig annimmt, der Vordermann handle nur mit Gehilfenvorsatz.40 Auch der BGH nahm zunächst an, dass der mittelbare Täter einen Tatmittler verwende, der selbst kein Täter ist und sprach sich damit – auch wenn er die Problematik nicht aufgriff – gegen die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter aus.41 Mögliche Defekte des Tatmittlers, die dazu führen, dass seine Täterschaft ausscheidet, seien Irrtum, Nötigung, Zurechnungsunfähigkeit und mangelnder Tätervorsatz.42 Argumente warum der Täter hinter dem Täter abzulehnen sei und ein strafrechtlich vollverantwortlicher Vordermann somit nicht Tatmittler sein könne, sind der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der frühen Rechtsprechung des BGH – mangels Auseinandersetzung mit der Problematik – soweit ersichtlich, nicht zu entnehmen. Die Ablehnung folgt vielmehr direkt aus der rein subjektiven Theorie, welche die Annahme eines Täters hinter dem Täter grundsätzlich nicht ermöglicht hat.43 Dementsprechend kann eine solche Beschränkung – gerade unter Berücksichtigung der gewichtigen Gründe, die gegen die rein subjektive Theorie sprechen – nicht überzeugen. Mittlerweile hat der BGH auch eine Änderung in seiner Rechtsprechung vollzogen und entschieden, dass das Gesetz kein derart enges Verständnis von mittelbarer Täterschaft erfordert.44 Zudem hat er klargestellt, dass seine Definition, nach welcher ein vollverantwortlicher Täter nicht zugleich Tatmittler sein könne, lediglich im Regelfall zutreffe.45 Mithin hat er sich der differenzierenden Ansicht angeschlossen.

2. Das Verantwortungsprinzip In der Wissenschaft hingegen wurden die Gründe, weshalb ein Täter hinter dem Täter abzulehnen sei, ausführlich dargelegt. Überwiegend wird eine konsequente Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter in der Literatur damit begründet, dass eine Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme anhand 38 39 40 41 42 43 44 45

Siehe oben Kapitel 2 II. 2. a). Vgl. nur RG, Urteil v. 30. 10. 1930 – II 810/30, RGSt. 64, 422 (425). Siehe oben Kapitel 2 II. 2. a). BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169 (170). BGH, Urteil v. 08. 01. 1952 – 1 StR 527/51, BGHSt. 2, 169 (170). Siehe hierzu oben Kapitel 2 II. 2. a). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (351).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

des sogenannten Verantwortungsprinzips46 (auch Selbstverantwortungsprinzip47 oder Autonomieprinzip48) zu erfolgen hat. Inhaltlich basiert dieses Prinzip, auch abhängig davon in welcher Reichweite es vertreten wird, auf verschiedenen Annahmen. Zum einen wird das Tatherrschaft vermittelnde Element bei der mittelbaren Täterschaft in der Benutzung eines unfreien Vordermanns gesehen.49 Das Verantwortungsprinzip wird zum Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft gemacht.50 Hierbei wird die Freiheit des Vordermanns nach rechtlichen Maßstäben bestimmt, seine strafrechtliche Verantwortlichkeit somit als Voraussetzung von freiem Handeln begriffen.51 Daher ist nur bei strafrechtlich nicht verantwortlichem Vordermann mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben. Zum anderen wird das Verantwortungsprinzip aber auch auf die These gestützt, dass das Gesetz bei einer Entlastung des Vordermanns von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht nur festlegt, dass der Vordermann nicht verantwortlich ist, sondern zugleich auch anzeigt, dass der Hintermann entsprechend mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit belastet werden soll.52 Man könnte sagen, der Gesetzgeber bringe zugleich zum Ausdruck, dass er „dem Hintermann das Geschehen als seine Tat zurechnen will“.53 Die beim Vordermann nicht gegebene Verantwortlichkeit wird also auf den Hintermann übertragen.54 Die Verantwortlichkeit kann aber nur dann übertragen werden, wenn der Vordermann nicht selbst verantwortlich ist. Nur durch das Nutzen eines nicht Verantwortlichen als Tatmittler, bleibe der Hintermann allein verantwortlich und das Delikt erscheine als sein Werk.55 Die Verantwortung soll also bei bestimmten zuständigen Personen gebündelt werden, während andere aus der Verantwortung entlassen werden.56 Inhaltlich besagt das Verantwortungsprinzip damit, dass ein jeder nur für das eigene Verhalten verantwortlich ist. Eine Verantwortung für das Verhalten eines strafrechtlich verantwortlich handelnden Dritten scheidet dagegen aus.57 Die mittelbare Täterschaft stellt daher 46

Hierzu grundsätzlich: Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 62 ff. de Figueiredo Dias, FS-Frisch 2013, S. 633 (640 ff.); Greco, ZIS 2011, S. 9. 48 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 99. Es bleibt aber zu beachten, dass das Verantwortungsprinzip nicht deckungsgleich mit dem oben in Kapitel 3 V. 9. erörterten Autonomieprinzip ist, wie es etwa M.-K. Meyer und Renzikowski vertreten. 49 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 12. 50 Küper, JZ 1989, S. 935 (946). 51 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13; Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 52 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 93; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 62. 53 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 69 in Bezug auf § 35 StGB. 54 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 62. 55 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (150). 56 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 149. 57 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 6; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. §§ 13 ff. Rn. 101; OLG Rostock, Beschluss v. 11. 08. 1999 – 1 Ws 10/ 97, NStZ 2001, S. 199 (200). 47

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nach dem Verantwortungsprinzip eine Ausfallhaftung dar.58 Im Kontext zu den obigen, historischen Ausführungen besteht die Wirkung des Verantwortungsprinzips darin, dass die mittelbare Täterschaft weiterhin auf die in ihrer Lückenbüßerfunktion von einst entwickelten Fallgruppen beschränkt wird. Ein vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft Handelnder käme schließlich nicht als Tatmittler in Betracht, womit eine mittelbare Täterschaft in Form des Täters hinter dem Täter überhaupt nicht möglich wäre. Dementsprechend wäre bei Hervorrufen eines Motivirrtums beim Handelnden unter keinen Umständen mittelbare Täterschaft des, den Irrtum hervorrufenden, Hintermanns möglich. a) Entwicklung und Reichweite des Verantwortungsprinzips Entwickelt wurde das Verantwortungsprinzip nach eigener Aussage59 von Roxin für die Fallgruppe der Willensherrschaft kraft Nötigung.60 Er kann jedenfalls als sein Namensgeber angesehen werden.61 Die argumentative Grundlage dieses Prinzips hat seinen Ursprung dagegen teilweise in den Lehren von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs, des Regressverbots, der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs und von der Unterbrechung der Verantwortungsreihe.62 Innerhalb dieser Lehren, wurde zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung bereits auf die Freiheit des Vordermanns abgestellt und damit die (anhand rechtlicher Maßstäbe bestimmte) Unfreiheit des Handelnden zur notwendigen Eigenschaft des Tatmittlers erklärt.63 Freilich kann dies wohl auf die damalige Gesetzeslage zurückgeführt werden. Die damals zunächst bestehende strenge Akzessorietät der Anstiftung hatte zur Folge, dass ein geeignetes Mittel zur Anstiftung i. S. d. § 48 Abs. 1 StGB a. F.64 die Strafbarkeit des Vordermanns (und damit dessen Willensfreiheit) nicht ausschließen durfte. Die Art der Einwirkung auf den Vordermann durfte bei der Anstiftung nach § 48 Abs. 1 StGB a. F. also nicht zur Folge haben, dass die freie Selbstbestimmung des Vordermanns ausgeschlossen wird und dieser damit als unfreies Werkzeug des Anstifters erscheint.65 Der gesetzliche Rahmen grenzte 58

Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 48. 60 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 149 ff. 61 Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (156). 62 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 197; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 2 ff.; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79. Siehe oben in Kapitel 3 V. 1. c). 63 Vgl. nur Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Auflage, S. 104 der ausführt, dass ein nicht frei handelnder Vordermann als Werkzeug in der Hand des Hintermanns erscheint, wenn dieser sich des Vordermanns bedient. Vgl. ferner die Erwägungen von Horn, GS 54 (1897), S. 321 (353). 64 In der Fassung vom 01. 01. 1872 bis zum 15. 06. 1943. Norm abgedruckt unter Anhänge. 65 RG, Urteil v. 25. 06. 1883 – 1462/83, RGSt. 9, 22 (23); Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 116, 118; Hälschner, Das gemeine deutsche Strafrecht, S. 400; Hälschner, Das preußische Strafrecht, S. 348 zu § 34 Preuß. StGB von 1851 welcher § 48 StGB a. F. fast wörtlich entsprach. 59

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

den Anwendungsbereich der Anstiftung ein und es taten sich Strafbarkeitslücken auf, zu deren Füllung die mittelbare Täterschaft entwickelt wurde.66 Eine Existenzberechtigung der mittelbaren Täterschaft wurde daher auch nur dort gesehen, wo sie diese Strafbarkeitslücken füllen konnte.67 Der Anwendungsbereich wurde auf die Fälle beschränkt, in denen eine Anstiftung nicht in Betracht kam. Dies folgte zudem auch aus dem sekundären Täterbegriff, nach welchem eine Täterschaft nur dann vorliegen konnte, wenn eine Teilnahme nicht gegeben war.68 Das Entfallen von Vorsatz, Rechtswidrigkeit oder Schuld wurde daher zur Voraussetzung der Eigenschaft als Tatmittler gemacht. Man könnte sagen, der Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft wurde spiegelbildlich zu der gesetzlich geregelten Anstiftung bestimmt69. In die moderne Lehre der Bestimmung der mittelbaren Täterschaft anhand des Tatherrschaftsgedankens hat Gallas das Verantwortungsprinzip eingeführt.70 Um einen Widerspruch in sich selbst zu vermeiden, dürfe die Rechtsordnung das Verhalten des Vordermanns nicht einerseits als freies und damit volle Verantwortung begründend, andererseits aber auch als unfreies Verhalten ansehen.71 Die Beherrschung durch den Hintermann und damit die Tatherrschaft könne jedoch nur normativ anhand rechtlicher Wertung bestimmt werden, weshalb nur ein unfrei handelnder Vordermann beherrscht werden könne.72 In diesem Grundverständnis handelt es sich bei dem Verantwortungsprinzip um ein begrenzendes sozialethisches Regulativ, welches das Ziel verfolgt die Bestimmung der Tatherrschaft widerspruchsfrei zu halten.73 Darüber hinaus entspringt das Festhalten an dem Verantwortungsprinzip im Rahmen der Tatherrschaftslehre auch dem Bedürfnis eine rechtssichere Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Teilnahme zu erreichen. Wie bereits ausgeführt, kann die Bestimmung der Tatherrschaft eines Beteiligten im Grunde sowohl anhand normativer Kriterien als auch anhand faktischer Kriterien, wie etwa die psychische Situation des Vordermanns, erfolgen.74 Allerdings wird hiergegen eingewandt, dass die Bestimmung der Tatherrschaft anhand faktischer Kriterien dazu führen müsse, dass deren Feststellung dem Ermessen des Richters obliegt.75 Eine rechtssichere Abgrenzung könne also nicht gewährleistet werden. Aus diesem Grund dürfe die Abgrenzung nicht von der Orientierung am 66

Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 17; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 18. Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 8. 68 Siehe oben Kapitel 3 VI. 2. 69 Dies zeigt sich etwa bei Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 13 und Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 97. 70 Küper, JZ 1989, S. 935 (946). Siehe hierzu auch oben Kapitel 3 V. 6. a) bb) und Kapitel 2 II. 1. a). 71 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 141. 72 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 73 Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Kreuzberg, Täterschaft, S. 340. 74 Siehe oben Kapitel 3 V. 6. b). 75 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13. 67

II. Vollständige Ablehnung

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Gesetz gelöst werden und die Tatherrschaft sei anhand des normativen Kriteriums der rechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns zu bestimmen.76 Allerdings wird das Verantwortungsprinzip nicht immer in einem strengen Sinne angewandt. Seine Reichweite respektive seine Anwendbarkeit auf die einzelnen Fallgruppen der mittelbaren Täterschaft wird mithin unterschiedlich beurteilt. Zunächst wird auf unterster Ebene zwischen den Fällen der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung und den Fällen der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums und organisatorischer Machtapparate differenziert. Dabei wird einerseits vertreten, dass das Verantwortungsprinzip lediglich bei den Fällen der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung zur Anwendung kommt, nicht dagegen bei den anderen Fällen der mittelbaren Täterschaft.77 Teilweise wird das Verantwortungsprinzip sowohl auf die mittelbare Täterschaft kraft Nötigung als auch auf die mittelbare Täterschaft kraft Irrtums angewandt und lediglich im Rahmen der mittelbaren Täterschaft, durch Benutzen eines organisatorischen Machtapparats, eine Ausnahme von diesem gemacht.78 Andere wollen das Verantwortungsprinzip dagegen auf alle Fälle der mittelbaren Täterschaft anwenden.79 Darüber hinaus wäre es auch möglich, das Verantwortungsprinzip als allgemeines Rechtsprinzip oder zumindest als ein für Herrschaftsdelikte geltendes Prinzip zu begreifen.80 Für die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter bleibt hierbei lediglich dann Raum, wenn man das Verantwortungsprinzip auf einzelne Fälle beschränkt. Wendet man dieses nur auf die mittelbare Täterschaft kraft Nötigung an, so ist ein Täter hinter dem Täter bei den Irrtumsfällen und im Falle der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate möglich. Bei der Erregung von Motivirrtümern wäre die Annahme eines Täters hinter dem Täter denkbar. Die Autoren, die sich für diese geringste Reichweite des Verantwortungsprinzips aussprechen, differenzieren daher auch zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern.81 Dagegen ist ein Täter hinter dem Täter gänzlich ausgeschlossen, sofern das Verantwortungsprinzip auf sämtliche Fälle der mittelbaren Täterschaft angewandt wird.

76

Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 67; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13. 77 Vgl. nur Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 48, 62. 78 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 42 f.; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75 f.; Bloy, GA 1996, S. 424 (441 f.); Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 65. 79 Etwa Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 875 ff.; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 67, 117, 160. 80 Vgl. Greco, ZIS 2011, S. 9 (9 ff.). 81 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 61 ff.; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 97 ff.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

b) Die Willensfreiheit des Vordermanns Zur Begründung des Verantwortungsprinzips wird zuvorderst auf die (Willens-)Freiheit des Vordermanns im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit abgestellt und nur ein unfrei handelnder Vordermann als tauglicher Tatmittler angesehen.82 Unter der Willensfreiheit wird im Strafrecht die Unabhängigkeit der menschlichen Willenshandlung von dem sonst alles Geschehen beherrschenden Ursachengesetz verstanden.83 Es handelt sich um die „Fähigkeit zu wollen was man will“.84 Aus ihr wird gefolgert, dass ein Mensch auch anders hätte handeln können als er es getan hat und insbesondere eine Straftat hätte unterlassen können.85 Ob es die Willensfreiheit tatsächlich gibt (Indeterminismus) oder ob von ihr zumindest als „staatsnotwendige Fiktion“ auszugehen ist,86 muss hier nicht entschieden werden. Diese Willensfreiheit (respektive die Fiktion derselben) ist jedenfalls ein Kriterium zur Feststellung der Schuld. Sie soll die Belastung des Menschen mit den Unrechtsfolgen in Form der Strafe rechtfertigen.87 Strafe kann nur durch die Schuld des Täters gerechtfertigt werden und diese setzt die Willensfreiheit in Form der Selbstbestimmungsfähigkeit voraus.88 Die Rechtsprechung formuliert es so, dass der Schuldvorwurf darauf basiert, dass der Mensch sich deshalb für das Recht und gegen das Unrecht entscheiden kann, weil er auf freie, verantwortliche und sittliche Selbstbestimmung angelegt ist.89 Der Handelnde muss die Möglichkeit gehabt haben das Delikt nicht zu wollen und es auch entsprechend zu unterlassen.90 Mit dieser Bestimmung der Willensfreiheit zeigt sich, dass ein Beteiligter frei gehandelt haben muss, damit ihn ein Schuldvorwurf trifft. Trifft ihn umgekehrt ein Schuldvorwurf und ist er dementsprechend strafrechtlich verantwortlich, so hat er im Sinne des Rechts frei gehandelt.91 Mit der Willensfreiheit als Voraussetzung des Schuldvorwurfs wird es historisch betrachtet verständlich, dass nur ein unfrei handelnder Vordermann als tauglicher 82

Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 12; Bock, Strafrecht AT, S. 186. Weigelin, ZStW 42. Band (1921), S. 122 (122); Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (586). 84 Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, S. 117. 85 Weigelin, ZStW 42. Band (1921), S. 122 (122). 86 So Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 87 Weigelin, ZStW 42. Band (1921), S. 122 (127); Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (20). 88 Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (2); H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 1; Rogall, in: SK-StGB, Vor § 19 Rn. 5. A. A. Weigelin, ZStW 42. Band (1921), S. 122 (127 ff.). 89 BGH, Beschluss v. 18. 03. 1952 – GSSt. 2/51, NJW 1952, S. 593 (594), BGH, Beschluss v. 23. 04. 1982 – 2 StR 192/82, NStZ 1982, S. 332. Bestätigend: BVerfG, Urteil v. 30. 06. 2009 – 2 BvE 2/08 [u. a.], NJW 2009, S. 2267 (2289); BVerfG, Urteil v. 19. 03. 2013 – 2 BvR 2628, 2883/10, 2155/11, BVerfGE 133, 168 Rn. 54. 90 Streng, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 20 Rn. 52. 91 Kreuzberg, Täterschaft, S. 337; Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (586). 83

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Tatmittler angesehen wurde. Zu einer Zeit, als noch eine strenge Akzessorietät der Teilnahme bestand und die mittelbare Täterschaft noch nicht im Gesetz geregelt war, erscheint dies nämlich überwiegend stimmig.92 Eine Beteiligungsform, die nicht im Gesetz geregelt war und zur Lückenfüllung entwickelt wurde, war auf diese Lücken zu begrenzen,93 welche wiederum – wegen der strengen Akzessorietät – bei der Benutzung eines nicht strafrechtlich verantwortlichen und damit unfrei handelnden Vordermanns bestanden.94 Wer einen nicht als Täter verantwortlichen benutzt, ist mittelbarer Täter und wer einen als Täter verantwortlichen zur Tat veranlasst, ist Anstifter.95 Bei einem frei handelnden Vordermann wurde Anstiftung und bei einem unfrei handelnden Vordermann wurde mittelbare Täterschaft angenommen. Schon mit Aufgabe der strengen Akzessorietät konnte der Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft aber nicht mehr spiegelbildlich zur Anstiftung bestimmt werden, da eine Teilnahme an schuldloser Tat seitdem möglich ist.96 Anstiftung ist mithin auch bei Benutzung eines unfrei handelnden Vordermanns möglich. Mittlerweile ist die mittelbare Täterschaft nun auch im Gesetz geregelt und es kommt – wegen der nur noch limitierten Akzessorietät – ohnehin zu Überschneidungen zur Anstiftung. Darüber hinaus liegt dem Strafgesetzbuch nun unzweifelhaft ein restriktiver Täterbegriff zugrunde, womit ein primärer Täterbegriff verbunden ist.97 Daher ist es nicht mehr nötig, den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft in Abhängigkeit zu den Teilnahmevorschriften festzulegen. Vielmehr ist der Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft zu bestimmen, indem aufgezeigt wird, wann jemand eine Tat durch einen anderen begeht, wie es § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB regelt. Entscheidend ist hierfür die Tatherrschaft in Form der Beherrschung der Erfüllung des Straftatbestands.98 Diesen Weg hat nun Gallas beschritten und zog das Verantwortungsprinzip heran,99 um eine Grenze aufzuzeigen, jenseits derer eine Tatherrschaft des Hintermanns nicht mehr gegeben sein kann.100 Zwar räumt er ein, dass eine Beherrschung eines vollverantwortlichen Vordermanns rein tatsächlich-psychologisch möglich sei, der Begriff der Tatherrschaft sei jedoch ein personaler Begriff und daher auf die 92 Allerdings nicht gänzlich stimmig, da das Problem des fahrlässig handelnden Vordermanns auch zur damaligen Zeit zu Widersprüchen führen musste. Siehe hierzu unten Kapitel 4 II. 2. b) bb). 93 Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 8. 94 Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 10. 95 M. E. Mayer, Der allgemeine Teil des deutschen Strafrechts, S. 375 f., 392; H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 304 ff.; Dahm, Täterschaft und Teilnahme, S. 95 ff. 96 Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 48 Rn. 13; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 202. 97 Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 44. 98 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848. Siehe zu den Erfordernissen der Tatherrschaft oben Kapitel 3 V. 6. 99 Allerdings nicht unter dieser Bezeichnung. 100 Küper, JZ 1989, S. 935 (942).

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„sozialethische Seite rechtlicher Wertung bezogen“.101 Wenn die Tatherrschaft nun normativ anhand der Wertungen des Rechts bestimmt werden soll, so bleibt zu beachten, dass ein strafrechtlich verantwortlicher Vordermann als im Rechtssinne frei anzusehen ist, da der Schuldvorwurf die Willensfreiheit voraussetzt. Ein beherrschter Vordermann erscheine jedoch unfrei. Daher sei eine Tatherrschaft nur dann möglich, wenn der Vordermann nicht vollverantwortlicher Täter ist, weil er andernfalls selbst strafrechtlich verantwortlich und damit frei gehandelt hätte.102 Würde die Rechtsordnung den Vordermann sowohl strafrechtlich zur Verantwortung ziehen und somit von seiner Willensfreiheit ausgehen als auch als beherrscht und damit als unfrei ansehen, so würde sie mit sich selbst in Widerspruch geraten.103 In seiner ursprünglichen Bedeutung für die Ermittlung der Tatherrschaft sollte das Verantwortungsprinzip somit ein die Tatherrschaft begrenzendes Regulativ darstellen, welches die normative Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sicherstellen sollte.104 aa) Widerspruch bei der Benutzung eines rechtlich frei Handelnden als Tatmittler Zunächst gilt es daher den Begründungsansatz zu untersuchen, dass ein Vordermann nicht zugleich strafrechtlich vollverantwortlich und damit frei, als auch als Werkzeug respektive Tatmittler für einen Hintermann und damit unfrei handeln kann.105 So wird im Anschluss an Gallas häufig vertreten, dass es einen Widerspruch darstelle, die Stellung des Vordermanns einmal als frei und einmal als unfrei zu beurteilen.106 Einen im Rechtssinne unfrei Handelnden zu benutzen sei anders zu werten, als die Benutzung eines im Rechtssinne frei Handelnden.107 Hieran erscheint prima facie einleuchtend, dass eine Person anhand desselben Maßstabs und hinsichtlich derselben Handlung nicht als frei und unfrei bezeichnet werden kann. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich jedoch die Schwächen dieses Arguments. Zuvorderst ist das Widerspruchsargument kein eigenständiges Argument, sondern steht und fällt vielmehr mit einer anderen Prämisse. Damit überhaupt ein Widerspruch gegeben sein kann, muss die Werkzeugeigenschaft des Vordermanns bzw. dessen Eigenschaft als Tatmittler zunächst zwingend ein unfreies Handeln des Vordermanns voraussetzen. Eine Behauptung, welche selbst erst einmal begründungsbedürftig ist. Allerdings ist der Vordermann, zumindest wenn er gänzlich frei handelt, auch Herr seiner Entscheidung die betreffende Handlung vorzunehmen.108 101

Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 103 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 141. 104 Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Kreuzberg, Täterschaft, S. 340. 105 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13; Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 104 f. 106 Bloy, GA 1996, S. 424 (441); Murmann, GA 1996, S. 269 (273); Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (587); Bock, Strafrecht AT, S. 186. 107 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 108 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (519). 102

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In diesem Fall kann aber keine Beherrschung des Willens des Vordermanns vorgelegen haben. Eine Willensherrschaft des Hintermanns scheidet folglich aus. Es trifft daher nicht zu, wenn teilweise behauptet wird, dass die Dogmatik unabhängig von der Behauptung sei, ein frei und vorsätzlich Handelnder könne kein Tatmittler eines Hintermanns sein.109 Jedenfalls die Freiheit des Vordermanns muss zumindest eingeschränkt sein. Es fragt sich daher als nächstes, ob es tatsächlich zu dem kritisierten Widerspruch kommt. Wäre es also widersprüchlich einmal von einer freien Handlung zu sprechen und das andere Mal von einer unfreien Handlung? Gerade das scheint aber bei näherer Betrachtung nicht der Fall zu sein, zumal ein Perspektivenwechsel stattfindet und aus diesem Grund nicht derselbe Maßstab angelegt wird.110 Zunächst wird der Vordermann in den Blick genommen und gefragt, ob dieser strafrechtlich verantwortlich ist. Hierbei ist wie bei dem Autonomiebegriff111 zu beachten, dass Freiheit nicht nur entweder gegeben oder nicht gegeben sein kann, sondern vielmehr graduell abgestuft vorkommt.112 Zur Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit muss der Vordermann daher auch nicht gänzlich frei gehandelt haben. Zum einen ist die Freiheit des Handelnden stets eingeschränkt in dem Sinne, dass eine Abhängigkeit zu der bestehenden Situation gegeben ist und nur in diesem Rahmen gehandelt werden kann.113 Zum anderen liegt auch in jedem Irrtum und in jeder Ausübung von nötigendem Druck eine Beeinträchtigung der Freiheit.114 Zur Bestimmung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wird somit nicht ermittelt, ob der Betreffende zur Gänze frei gehandelt hat. Die Normen, welche den Entfall von Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld regeln, legen vielmehr fest, wie sehr die Freiheit des Handelnden eingeschränkt sein darf, damit noch strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet werden kann. Es wird festgelegt, bis zu welchem Punkt die Willensfreiheit noch bejaht werden kann und damit eine Belastung des Handelnden mit den Unrechtsfolgen in Form der Strafe gerechtfertigt ist.115 Sodann ist die Perspektive zu wechseln und zu fragen, wie sehr die Freiheit des Vordermanns eingeschränkt sein muss, damit er als Tatmittler eines Hintermanns angesehen werden kann.116 Weshalb soll es nun nicht möglich sein, eine höhere Einschränkung der Freiheit zu fordern, wenn es um das Entfallen der strafrechtlichen Verantwortung für eigenes Handeln geht und eine geringere Einschränkung der Freiheit genügen zu lassen, wenn es um 109

So Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 201 f. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 108. 111 Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 9. 112 Bezüglich der Autonomie: Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 810; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 65. 113 Hruschka, ZStW 110. Band (1998), S. 581 (584). 114 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 341. 115 Weigelin, ZStW 42. Band (1921), S. 122 (127); Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (20). 116 Vgl. H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75. 110

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die Begründung der Willensherrschaft des Hintermanns geht? Dies erscheint wenig plausibel. Vielmehr ist es durchaus gerechtfertigt zur Beurteilung dieser andersartigen Fragestellungen, unterschiedliche Maßstäbe zur Bemessung der relevanten Beeinträchtigung der Freiheit heranzuziehen,117 wie dies etwa auch M.-K. Meyer und Renzikowski mit deren Autonomieprinzip tun.118 An die strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Handeln strengere Maßstäbe anzulegen als bei der Beurteilung der Frage, ob man als Tatmittler für einen Dritten in Betracht kommt, ist somit nicht widersprüchlich. Es können mithin verschiedene Freiheitsbegriffe herangezogen werden, um diese andersartigen Fragestellungen zu lösen. Zu einer solchen Anwendung zweier unterschiedlicher Freiheitsbegriffe sind, wie sich sogleich zeigen wird, auch die Vertreter des Verantwortungsprinzips gezwungen. Mithin kann die Tatherrschaft bei einem Vordermann, der sich eines Fahrlässigkeitsdelikts strafbar gemacht hat, nur begründet werden, wenn ein von der Willensfreiheit im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit abweichender Freiheitsbegriff herangezogen wird.119 Selbst wenn also in der Verwendung unterschiedlicher Freiheitsbegriffe ein Widerspruch gesehen werden sollte, könnte dieser Widerspruch nicht beseitigt werden, ohne dass eine typische und unumstrittene Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft „ersatzlos“ entfiele.120 bb) Das Problem des fahrlässig handelnden Vordermanns Das Problem eines fahrlässig handelnden Vordermanns tritt typischerweise im Rahmen der Irrtumsfälle auf. Erliegt der Vordermann einem Tatumstandsirrtum, so kann er dennoch fahrlässig gehandelt haben, was nach § 16 Abs. 1 S. 2 StGB nicht ausgeschlossen ist. Daher kann der Vordermann sich durchaus eines Fahrlässigkeitsdelikts strafbar gemacht haben. Darüber, dass dies wiederum nicht an der Annahme von mittelbarer Täterschaft bei dem den Irrtum hervorrufenden Hintermann hindert, besteht Einigkeit.121 Allerdings ist dieses Ergebnis mit einem konsequenten Verantwortungsprinzip unvereinbar. Die Freiheit des Vordermanns, welche eine Beherrschung durch den Hintermann ausschließen soll, wird immerhin als Freiheit im Rechtssinne begriffen. Immer dann „muß Tatherrschaft durch Benutzung eines anderen als Werkzeug ihre Grenzen finden, wo das Recht das Tun des unmittelbar Handelnden als ein freies und damit persönliche Verantwortung begründendes wertet“.122 Mit den Fahrlässigkeitstatbeständen lässt das Gesetz für die Be117 Lampe, ZStW 77. Band (1965), S. 262 (299) der beispielsweise den fahrlässig Handelnden als lediglich formal frei bezeichnet. 118 Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 9. 119 Küper, JZ 1989, S. 935 (943). 120 Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Kreuzberg, Täterschaft, S. 348. Bei einem unvorsätzlich handelnden Vordermann kommt wegen deren Akzessorietät keine Teilnahme in Betracht. 121 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 3; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (236); Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 28. 122 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99.

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gründung von persönlicher Verantwortung aber bereits die Möglichkeit rechtskonformer Entscheidung genügen.123 Ein freies Handeln in diesem Sinne ist daher auch bei einer Strafbarkeit aus einem Fahrlässigkeitsdelikt gegeben. Würde man das Verantwortungsprinzip also konsequent anwenden, so müsste man zu dem Ergebnis kommen, dass der Täter eines Fahrlässigkeitsdelikts nicht beherrscht werden kann und somit als Tatmittler ausscheidet.124 Mangels teilnahmefähiger Haupttat könnte der Hintermann nicht bestraft werden. Die sich auftuende Strafbarkeitslücke ist offensichtlich. Aber die Erkenntnis, dass der Vordermann auch dann frei gehandelt hat, wenn er den Tatbestand zwar nicht vorsätzlich, aber doch fahrlässig verwirklicht hat, führt noch zu einem weiteren Problem. Da fahrlässiges Handeln nach § 15 StGB nur dann strafbar ist, wenn das Gesetz es ausdrücklich mit Strafe bedroht, könnte die Anwendung eines konsequenten Verantwortungsprinzips zu einer uneinheitlichen Bewertung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Hintermanns für fahrlässiges Handeln des Vordermanns führen. Immerhin könnte der Hintermann als mittelbarer Täter angesehen werden, sofern er zwar fahrlässig gehandelt hat, es aber an einem entsprechenden Fahrlässigkeitstatbestand fehlt, während dies bei Vorhandensein eines solchen Fahrlässigkeitstatbestands wie gesehen nicht möglich wäre.125 Schließlich kommt es entscheidend auf die rechtliche Einstufung eines Verhaltens als ein solches an, das persönliche Verantwortung begründet und somit frei ist.126 Um trotz dieser Probleme am Verantwortungsprinzip festzuhalten und zugleich inakzeptable Ergebnisse zu vermeiden, sind sich die Vertreter des Verantwortungsprinzips einig, dass dieses abzuschwächen sei.127 Es wird mithin der Versuch unternommen, das Verantwortungsprinzip zu modifizieren.128 Puppe trägt etwa vor, dass nicht jede Verantwortlichkeit des Vordermanns genüge, um eine Tatherrschaft des Hintermanns auszuschließen.129 Bestehe ein Stufengefälle innerhalb der Verantwortung, wie bei einem vorsätzlich auf die Tatbestandsverwirklichung hinarbeitenden Hintermann und einem unvorsätzlich aber fahrlässig handelnden Vordermann, so hindere dies nicht an der Tatherrschaft des Hintermanns.130 Immerhin trage der Vordermann nur die Verantwortung für die fahrlässige Verursachung, nicht aber für die vorsätzliche Handlung.131 Ähnlich argumentiert Schumann:

123

Küper, JZ 1989, S. 935 (942). Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 31; Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87. 125 Küper, JZ 1989, S. 935 (942). 126 Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99. 127 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87. 128 Küper, JZ 1989, S. 935 (942). 129 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 9. 130 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 9. 131 Puppe, GA 2013, S. 514 (527). 124

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„Der Vordermann [werde] durch seinen Irrtum an einer im Rechtssinne bewußten Entscheidung gehindert […] und ihm [kann] daher nicht der Vorwurf vorsätzlicher Schuld, sondern […] lediglich der nicht nur geringere, sondern andersartige Vorwurf der Fahrlässigkeitsschuld gemacht werden“.132

Es wird mithin darauf abgestellt, dass die den Vordermann treffende Verantwortung eine andere ist als die Verantwortung, um deren Zuordnung es bei dem Vorsatzdelikt des Hintermanns geht. Auch Herzberg geht so vor. Er hält die Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann im Ergebnis für zwingend vorgeschrieben, wenn der Vordermann sich lediglich eines Fahrlässigkeitsdelikts strafbar gemacht hat.133 Von dieser „gesicherten“ Erwägung aus folgert er, dass nicht jedwede strafrechtliche Verantwortlichkeit dazu führen solle, dass der Vordermann nicht mehr als Tatmittler in Betracht komme. Vielmehr sei dies nur der Fall, wenn der Vordermann „unter einem bestimmten Gesichtspunkt und mit einem spezifischen Vorwurf zur Rechenschaft gezogen werden kann“.134 Der Vordermann könne bei Strafbarkeit aus einem Fahrlässigkeitsdelikt nicht für eine Vorsatztat verantwortlich gemacht werden, daher hindere das Verantwortungsprinzip auch nicht an einer Bestrafung als mittelbarer Täter.135 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Modifizierung des Verantwortungsprinzip dadurch erfolgt, dass dessen Ausschlussfunktion hinsichtlich der Tatherrschaft des Hintermanns nur eintreten soll, wenn die Vollverantwortlichkeit i. S. d. Vorsatzdelikte und damit die Vorsatzschuld beim Vordermann gegeben ist.136 Diese Versuche den gefundenen Widerspruch zu beseitigen, können jedoch nicht überzeugen, denn durch die Modifikation des Verantwortungsprinzips wird dessen Grundgedanke bereits aufgegeben: Die Rechtsordnung sollte widerspruchsfrei gehalten werden, indem eine Beherrschung eines Vordermanns nur dann möglich sein soll, wenn dieser nicht wegen bestehender Willensfreiheit im Sinne von Selbstbestimmungsfähigkeit frei und verantwortlich gehandelt hat, wofür die Möglichkeit rechtskonformer Entscheidung genügt.137 Ein Fahrlässigkeitstäter handelt jedoch in diesem Sinne frei und verantwortlich.138 Daher muss für die Modifikation des Verantwortungsprinzips notwendigerweise ein anderer Begriff von Freiheit und Verantwortung gewählt werden, welcher sich von der Willensfreiheit und Verantwortung im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit substantiell unterscheidet.139 Dies zeigt sich etwa bei Herzberg, der ausführt, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit – und damit die Freiheit des Vordermanns – nicht ausreichen könne, um den 132 133 134 135 136 137 138 139

H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 77 f. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 20. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 20. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 20. Kreuzberg, Täterschaft, S. 346. Küper, JZ 1989, S. 935 (942). Kreuzberg, Täterschaft, S. 346. Küper, JZ 1989, S. 935 (943); Kreuzberg, Täterschaft, S. 346.

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Vordermann als im Rechtssinne frei anzusehen, sofern sie „milderen Grades“ sei.140 Doch muss der Fahrlässigkeitstäter im Sinne der Fahrlässigkeitsdelikte frei gehandelt haben, da er diesbezüglich die strafrechtliche Verantwortung trägt.141 Nur im Sinne der Vorsatzdelikte kann er unfrei gehandelt haben. Differenziert man auf diese Weise, so käme man aber zu dem Ergebnis, dass der Vordermann in Bezug auf dieselbe Handlung sowohl als frei als auch unfrei angesehen werden muss. Der ursprüngliche Sinn des Verantwortungsprinzips, die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung durch Ausschluss der Möglichkeit der Beherrschung eines frei und selbstbestimmt handelnden Vordermanns aufrechtzuerhalten, würde aufgegeben.142 Somit verbliebe nur die Möglichkeit im Falle eines fahrlässig handelnden Vordermanns eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip anzuerkennen – wobei dann aber kaum zu erklären wäre, weshalb nicht auch in anderen Konstellationen Ausnahmen möglich sein sollen – oder anzuerkennen, dass ein von der Willensfreiheit im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit abweichender Begriff der Freiheit herangezogen werden muss, wenn die Beherrschung des Willens des Vordermanns festgestellt werden soll. cc) Zwischenergebnis Somit lässt sich zusammenfassen, dass das Verantwortungsprinzip in der ursprünglich von Gallas intendierten Form, namentlich als ein die Tatherrschaft begrenzendes Regulativ zur Sicherstellung der normativen Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung,143 die erstrebte Widerspruchsfreiheit – sofern man überhaupt einen Widerspruch gegeben sieht – nicht herzustellen vermag. Die Benutzung eines Täters eines Fahrlässigkeitsdelikts als Tatmittler kann nicht ohne eine, das Prinzip als Ganzes zweifelhaft erscheinen lassende, Ausnahme oder die Verwendung zweier verschiedener Freiheitsbegriffe, also gerade durch die Herbeiführung des Widerspruchs, erklärt werden. Richtigerweise muss jedoch schon die Behauptung eines Widerspruchs bei der Verwendung zweier verschiedener Freiheitsbegriffe zurückgewiesen werden. Da es stets darum geht, wie stark die Beeinträchtigungen der Freiheit sein dürfen, um noch von der Freiheit des Verhaltens zu sprechen, ist es möglich diese Grenze unterschiedlich festzulegen, je nachdem, ob es um die strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Handeln oder um die Geeignetheit als Tatmittler geht. Der für die Eigenschaft als Tatmittler entscheidende Freiheitsbegriff kann und – um die Benutzung eines Täters eines Fahrlässigkeitsdelikts als Tatmittler erklären zu können – muss somit unabhängig von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bestimmt werden. Freies Handeln ist folglich nicht gleichzusetzen mit strafbarem Handeln.144 140 141 142 143 144

Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 21. Kreuzberg, Täterschaft, S. 346. Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Kreuzberg, Täterschaft, S. 346. Küper, JZ 1989, S. 935 (942); Kreuzberg, Täterschaft, S. 340. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 79.

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c) Das Verantwortungsprinzip als positives und negatives Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft Schließlich wird das Verantwortungsprinzip von den Vertretern der Tatherrschaftslehre als positives oder negatives Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft im Rahmen der mittelbaren Täterschaft verstanden. Es wird also auf der einen Seite positiv zur Begründung der Tatherrschaft herangezogen, indem diese damit begründet wird, dass der Vordermann nicht strafrechtlich verantwortlich ist.145 Auf der anderen Seite wird es aber auch negativ als Ausschlusskriterium verstanden und die Beherrschung des Willens eines strafrechtlich verantwortlichen Vordermanns nicht als möglich erachtet.146 Das Verantwortungsprinzip wird sozusagen als Kehrseite des Tatherrschaftsgedankens verstanden.147 Ob es möglich und vor allem überzeugend ist diesen Weg zu gehen, hängt zunächst davon ab, ob die Tatherrschaft anhand faktischer oder normativer Kriterien zu bestimmen ist. aa) Tatherrschaft im faktischen Sinn Wie sich bereits gezeigt hat,148 ist die Tatherrschaft in Form der Willensherrschaft verschiedensten Interpretationen zugänglich. Zum einen kann im faktischen Sinne auf die tatsächlich bestehende Kontrolle über die Tatbestandsverwirklichung abgestellt werden. Zum anderen könnte die Willensherrschaft aber auch im normativen Sinne verstanden und beispielsweise die Aberkennung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Tatmittlers durch die Rechtsordnung zur Voraussetzung der Fremdbeherrschung durch den Vordermann gemacht werden.149 Versteht man Willensherrschaft im faktischen Sinne, so würde die Anwendung des Verantwortungsprinzips eine bloß typisierende Betrachtung bedeuten. Es würde darauf abgestellt, dass die Einflussnahme des Hintermanns typischerweise geeignet ist, den Willen des Vordermanns zu beherrschen. Unter Zugrundelegung des Verantwortungsprinzips: der Hintermann beherrscht typischerweise den Willen des Vordermanns und damit die Tatbestandsverwirklichung, wenn die Strafbarkeit des Vordermanns durch seine Einflussnahme entfällt. Sodann wird das Vorliegen der Willensherrschaft auf diesen Bereich, in welchem die tatsächliche Herrschaft typischerweise vorliegt, beschränkt. Das Problem bei einer solchen Vorgehensweise ist jedoch, dass das Fehlen der tatsächlichen Tatherrschaft – zumindest in einigen Fällen – fingiert wird. Es könnten nicht alle Fälle tatsächlich bestehender Kontrolle und Steuerung des Geschehens

145

S. 12 f. 146 147 148 149

Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (209 f.); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, Murmann, GA 1996, S. 269 (275). Greco, ZIS 2011, S. 9 (10). Siehe oben in Kapitel 3 V. 6. b). Greco, ZIS 2011, S. 9 (11 f.).

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aufgezeigt werden.150 Dies zeigt sich insbesondere bei den kodifizierten Motivirrtümern. Vergleicht man zunächst das Hervorrufen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 1 StGB mit dem Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB, so zeigt sich, dass die Situation in Bezug auf die Steuerung und Kontrolle der Tatbestandsverwirklichung in beiden Fällen dieselbe ist. Hinsichtlich der Herrschaftsmacht des Hintermanns ergeben sich mithin keine Unterschiede.151 In beiden Fällen erzeugt der Hintermann beim Vordermann die Fehlvorstellung, dass ein bestimmtes Verhalten rechtlich erlaubt sei und bringt ihn dadurch dazu, dieses Verhalten auszuüben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Rechtsordnung im Falle des vermeidbaren Verbotsirrtums dem Vordermann vorwirft, dass er die Fehlvorstellung in Bezug auf die Rechtslage nicht beseitigt hat.152 Dass er Kenntnisse hätte haben können, welche er jedoch nicht hatte, ändert aber nichts daran, dass er tatsächlich der Fehlvorstellung erlag und hindert nicht an der Annahme von Tatherrschaft.153 Entsprechend verhält es sich bei der vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB. Auch hier befindet sich der Vordermann vom Vorstellungsbild gesehen in derselben Situation wie bei der unvermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 1 StGB.154 Dass das Gesetz dem Vordermann vorwirft, dass er die Fehlvorstellung vermeiden konnte, kann auch hier nichts daran ändern, dass er der Fehlvorstellung unterlag. Aber auch bei der Fallgruppe der Ausnutzung organisatorischer Machtapparate lässt sich kaum leugnen, dass derjenige, der eine Organisation, in welcher der Vordermann als austauschbares Rädchen im Getriebe erscheint und die Tatbestandsverwirklichung damit garantiert ist, zur Tatbegehung ausnutzt, die Tatbestandsverwirklichung regelmäßig besser kontrolliert als jemand, der etwa beim Vordermann lediglich einen Irrtum hervorruft.155 Allein diese Beispiele zeigen auf, dass dem Verantwortungsprinzip höchstens eine Indizwirkung bezüglich des Nichtvorhandenseins einer Willensherrschaft im faktischen Sinne zukommen kann und damit nicht geeignet ist, die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse in jedem Fall korrekt zu bestimmen.156 Wird die Willensherrschaft in einem faktischen Sinn verstanden, so lässt dieses Verständnis also kein Verantwortungsprinzip zu.

150 Greco, ZIS 2011, S. 9 (11 f.). Dies räumt auch Gallas ein [Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99]. 151 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (485); Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 27. 152 Lesch, JA 1996, S. 607 (612); Stratenwerth, in: Gedächtnisschrift-Kaufmann 1989, S. 485 (487). 153 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). 154 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 47. 155 Greco, ZIS 2011, S. 9 (11 f.). 156 Greco, ZIS 2011, S. 9 (12).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

bb) Tatherrschaft im normativen Sinn Wird ein Ausschluss mittelbarer Täterschaft bei strafrechtlich verantwortlichem Vordermann in Form des Verantwortungsprinzips vertreten, so wird die Willensherrschaft daher im normativen Sinne verstanden.157 Als Beispiel hierfür können etwa die Ausführungen Jakobs dienen. Nach diesem geht es bei der Bestimmung der Tatherrschaft im Rahmen der mittelbaren Täterschaft um die Festlegung von Verantwortungsbereichen.158 Handle der Vordermann verantwortlich, so könne der Hintermann kein mittelbarer Täter sein. Solange bei dem Vordermann auch nur ein Rest von Verantwortlichkeit verbleibe, hindere dies an der Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann.159 Umgekehrt führe ein Ausschluss der Verantwortlichkeit mangels Vorsatz, wegen Rechtfertigung oder mangels Schuld zur mittelbaren Täterschaft des Hintermanns, sofern dieser für den Ausschluss der Verantwortlichkeit zuständig ist.160 Versteht man die Willensherrschaft im normativen Sinne, so macht dies zwar ein Verantwortungsprinzip möglich, es begründet dieses aber noch nicht.161 Immerhin handelt es sich bei der Verantwortlichkeit des Vordermanns zunächst nur um ein „phänomenologisches Datum“ ohne eigene normative Relevanz.162 Auch findet sich für das Verantwortungsprinzip kein Beleg im Gesetz.163 Die Normen, welche das Entfallen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns regeln, treffen keine Aussage über die Beurteilung eines Hintermanns. § 17 StGB regelt beispielsweise den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit beim Vordermann, ohne etwas darüber auszusagen, ob die Verantwortung auf denjenigen übertragen werden soll, der das Defizit beim Vordermann hervorgerufen hat.164 Wie schon ausgeführt, wollte der Gesetzgeber das Problem eines vollverantwortlichen Tatmittlers nicht beantworten und offenlassen.165 Wenn jedoch schon das Gesetz zum Ausdruck bringen würde, dass den Hintermann nur dann eine täterschaftliche Verantwortlichkeit trifft, wenn diese nicht beim Vordermann verbleibe, so wäre die Frage nach der Möglichkeit eines Täters hinter dem Täter bereits beantwortet. Dieser historische Gesichtspunkt spricht folglich gegen eine solche Interpretation des Gesetzes.

157 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 27; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 65; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75. 158 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 101. 159 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 94. 160 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 74, 81, 91. 161 Greco, ZIS 2011, S. 9 (12). 162 Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 235. 163 Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 88. 164 Murmann, GA 1998, S. 78 (82). 165 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein.

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Darüber hinaus führt ein normatives Verständnis der Willensherrschaft nicht zwingend zu einem (strengen) Verantwortungsprinzip.166 Es könnte nicht nur daran angeknüpft werden, dass die strafrechtliche (Vorsatz-)Verantwortlichkeit des Vordermanns gänzlich entfallen muss, um eine Willensherrschaft des Hintermanns zu bejahen. Möglich wäre etwa auch einen teilweisen Entfall dieser Verantwortlichkeit, wie er etwa im Rahmen der kodifizierten Motivirrtümer nach §§ 17 S. 2, 35 Abs. 2 S. 2 StGB gegeben ist, genügen zu lassen.167 Darüber hinaus hat sich bereits gezeigt, dass der für die Begründung der Willensherrschaft heranzuziehende Freiheitsbegriff unabhängig von der rechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns bestimmt werden kann und dementsprechend einer anderen wertenden Betrachtung zugänglich ist.168 Daher bedürfte die spezielle normative Betrachtung unter Heranziehung eines Verantwortungsprinzips einer Begründung, welche jedenfalls nicht in der Widersprüchlichkeit unterschiedlicher Freiheitsbegriffe liegen kann.169 (1) Bestimmtheit der Abgrenzung Ein beliebtes Argument für das Verantwortungsprinzip ist, dass es den – nicht zu bestreitenden – Vorzug hat eine klare Abgrenzung zu ermöglichen.170 Durch diese einfache Handhabbarkeit kann zudem die Vorhersehbarkeit von Gerichtsentscheidungen und damit zugleich die Rechtssicherheit gestärkt werden.171 Daher wird diese Art der Abgrenzung von Schünemann gar als die präziseste Abgrenzung bezeichnet172 und auch sonst für ihre Trennschärfe gelobt.173 Herzberg sieht hierin sogar „den einzig praktikablen und hinlänglich rechtssicheren Maßstab zur Eingrenzung der mittelbaren Täterschaft“.174 An dem Argument der klaren Abgrenzung ist korrekt, dass die Abgrenzung selbstverständlich präzise erfolgen kann, wenn mittelbare Täterschaft bei einem strafrechtlich vollverantwortlichen Vordermann nie möglich sein soll. Diese Praktikabilitätserwägungen sprechen also durchaus für das Verantwortungsprinzip. Allerdings kann dieses Argument nicht nur für das Verantwortungsprinzip angeführt werden. Schließlich erscheint doch der bereits dargestellte Vorschlag Fristers zur 166

A. A. wohl Greco, ZIS 2011, S. 9 (12). Kritisch hierzu Bock, Strafrecht AT, S. 186. 168 Siehe Kapitel 4 II. 2. b). 169 Siehe Kapitel 4 II. 2. b). Ein solches Begründungserfordernis bestünde auch, wenn eine normatives Verständnis von Willensherrschaft zwingend ein strenges Verantwortungsprinzip fordern würde, denn dann wäre dieses Verständnis identisch mit dem Verantwortungsprinzip und könnte nicht zur Begründung des Verantwortungsprinzips herangezogen werden. Dies wäre vielmehr ein Zirkelschluss [vgl. Greco, ZIS 2011, S. 9 (12)]. 170 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6. 171 Bock, Strafrecht AT, S. 186, 189; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 94. 172 Vgl. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 62. 173 Siehe beispielsweise Puppe, GA 2013, S. 514 (528). 174 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 12. 167

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Abgrenzung175 ebenso präzise. Auch bei der Einstufung des Hervorrufens jedweden Irrtums als mittelbarer Täterschaft, könnte eine trennscharfe Abgrenzung erfolgen. Beide „Extrem“-Positionen können also für sich beanspruchen eine präzise Abgrenzung zu gewährleisten. Dieser Gesichtspunkt spricht somit für beide „Extrem“Positionen gleichermaßen. Ferner bleibt zu bedenken, dass dieser Gewinn an Rechtssicherheit nur bei strenger Handhabung des Verantwortungsprinzips besteht. Sobald hiervon Ausnahmen zugelassen werden, geht der Gewinn an Rechtssicherheit und die Möglichkeit der klaren Abgrenzung sukzessive verloren. Diese Vorzüge bestehen somit lediglich bei einem strengen Verantwortungsprinzip. Sobald man wie die meisten Autoren176 das Verantwortungsprinzip grundsätzlich zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme heranzieht, dann aber doch Ausnahmen hiervon zulässt – wie etwa bei der Benutzung eines organisatorischen Machtapparats177 – kann man sich jedenfalls – zur Ablehnung weiterer Ausnahmen – nicht mehr auf das Argument der trennscharfen Abgrenzung berufen und muss sich zusätzlich den Vorwurf mangelnder Konsequenz gefallen lassen. (2) Häufig gemachte Ausnahmen Auf die Tatsache, dass auch die Vertreter des Verantwortungsprinzips dieses oftmals nicht konsequent anwenden, muss noch näher eingegangen werden. Immerhin hat auch der BGH diese aufgegriffen und seine Ablehnung des Verantwortungsprinzips damit begründet. Die Tatsache, dass häufig Ausnahmen vom Verantwortungsprinzip gemacht werden, zeige, dass mit diesem keine scharfe Grenzziehung möglich sei.178 Hiermit geht der BGH allerdings zu weit, denn es bleibt zu beachten, dass diese Uneinigkeit der Vertreter des Verantwortungsprinzips hinsichtlich der Frage, ob dieses ohne Ausnahme angewandt werden soll, noch keinen Beweis für die Untauglichkeit des Prinzips darstellt und das Verantwortungsprinzip, sofern es denn auch angewandt wird, durchaus eine scharfe Abgrenzung vollziehen kann.179 Aber auch wenn die häufig gemachten Ausnahmen die Untauglichkeit des Verantwortungsprinzips nicht beweisen, so wecken respektive bestärken sie doch die Zweifel an der Tauglichkeit des Prinzips als Ganzes180 und legen nahe, dass viele Vertreter eines Verantwortungsprinzips sich dessen Unzulänglichkeiten zumindest für einzelne Fallgruppen eingestehen müssen. Herzberg, Bloy, Stratenwerth/Kuhlen und Schumann wenden etwa das Verantwortungsprinzip grundsätzlich auf die mit175

Siehe oben Kapitel 4 I. 3. Vgl. etwa Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 99; Bloy, GA 1996, S. 424 (440 ff.); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 42; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75 f. 177 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 42 f.; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75 f.; Bloy, GA 1996, S. 424 (441 f.). 178 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). 179 Küper, JZ 1989, S. 935 (940). 180 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 100. 176

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telbare Täterschaft an, machen hiervon aber eine Ausnahme bei der Benutzung eines organisatorischen Machtapparats.181 Dies kann auch nicht überraschen, da das Verantwortungsprinzip der Komplexität der Geschehensabläufe, gerade auch bei Verwendung einer arbeitsteiligen Organisation, tatsächlich nicht gerecht werden kann.182 Aber auch für den Fall des Hervorrufens eines vermeidbaren Verbotsirrtums wird häufig eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip gemacht. Hierbei sticht Joecks besonders heraus, da er ansonsten konsequent am Verantwortungsprinzip festhält und lediglich im „Katzenkönig-Fall“183 eingesteht, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ausnahmsweise zu akzeptieren sei, eine darüberhinausgehende Begründung jedoch schuldig bleibt.184 Herzberg, Schumann und Puppe versuchen dagegen eine Gleichbehandlung mit den Fällen des fahrlässig handelnden Vordermanns zu begründen, wodurch mittelbare Täterschaft im Fall des vermeidbaren Verbotsirrtums nach deren modifizierten Verantwortungsprinzip nicht ausgeschlossen sei.185 Herzberg hält dies für notwendig um Widersprüchlichkeiten zu vermeiden und meint, dass das Verantwortungsprinzip lediglich richtig verstanden werden müsse, damit es dort nicht zu einem Ausschluss mittelbarer Täterschaft komme.186 Allerdings kann dieser Versuch, wie sich zeigen wird, nicht gelingen und auch ein modifiziertes Verantwortungsprinzip stünde mittelbarer Täterschaft entgegen.187 Es handelt sich daher um eine weitere Ausnahme. Die hiermit verbundene Anerkennung von Willensherrschaft des Hintermanns beim vermeidbaren Verbotsirrtum – obwohl diese durch das Verantwortungsprinzip ausgeschlossen ist – legt nahe, dass hiermit im Grunde eingestanden wird, dass Entscheidungseinschränkungen auf Seiten des Vordermanns vom Verantwortungsprinzip zu wenig berücksichtigt werden.188 (3) Mangel an Alternativen Des Weiteren wird das Argument der Bestimmtheit auch umgekehrt angewandt und behauptet, dass die anderen denkbaren Kriterien zur Abgrenzung zu unbestimmt und nicht praktikabel sind.189 Es wird eine Unterscheidung von beachtlichen und 181 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 42 f.; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75 f.; Bloy, GA 1996, S. 424 (441 f.); Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 65. 182 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 101; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6.. 183 Siehe hierzu unten Kapitel 4 III. 1. a). 184 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 99. 185 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22 f.; Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 21 ff.; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 78 f. 186 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22 f. 187 Siehe unten Kapitel 4 III. 1. d). 188 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6. Siehe unten Kapitel 4 III. 1. e). 189 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 143.

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unbeachtlichen Motivirrtümern nicht für möglich gehalten und die Frage, ob der Vordermann dem Druck bestimmter Motive hätte widerstehen können, als nicht entscheidbar angesehen.190 Hiernach wird das Verantwortungsprinzip nur mangels Alternativen herangezogen und stellt lediglich eine Notlösung dar. Dies zeigt sich etwa bei Kutzner. Er geht davon aus, dass der Tatherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft zwei typische Erscheinungen zu Grunde liegen. Zum einen ein Wissensoder Wollensdefizit auf Seiten des Vordermanns.191 Zum anderen aber auch die Steuerung bzw. Lenkung durch den Hintermann.192 Bestünden nun Probleme eine dieser Erscheinungen zu beschreiben, so müsse dies durch die Beschreibung der anderen Erscheinung ausgeglichen werden.193 „Da eine normativ hinreichende Beschreibung des Steuerungselements im Rahmen der mittelbaren Täterschaft äußerst schwer fällt, kommt es bei der Bestimmung, ob im Einzelfall mittelbare Täterschaft […] anzunehmen ist, entscheidend auf das Element des defizitären Verhaltens des Vordermanns an“.194

Aber auch auf diese Weise formuliert kann dieses Argument nicht verfangen, denn es können durchaus andere Kriterien aufgestellt werden, welche eine praktikable Abgrenzung ermöglichen. Mag dies im Rahmen der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung zwar kaum denkbar sein,195 ist die Lage bei der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums eine andere und die Unterscheidung von beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern erscheint durchaus möglich. So könnten jedenfalls die kodifizierten Motivirrtümer als beachtliche Motivirrtümer anerkannt werden, sofern sich bei deren Hervorrufen die Tatherrschaft des Hintermanns begründen lässt. Es erschließt sich nicht, weshalb die Einordnung des vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB und der vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB als beachtliche Motivirrtümer nicht praktikabel oder nicht hinreichend bestimmt sein soll. Immerhin werden diese doch ohnehin im Prozess festgestellt. Darüber hinaus sind auch außerhalb der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums Abgrenzungskriterien zu finden, denen man keine mangelnde Bestimmtheit vorwerfen kann und nach denen ein Täter hinter dem Täter möglich ist. Dies trifft etwa auf die Kriterien, die für die Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate aufgestellt wurden, zu. Das Vorliegen einer vom Recht gelösten Organisation, innerhalb derer der betreffende Hintermann eine Machtstellung innehat und die Fungibilität des ausführenden Vordermanns196 sind subsumtionsfähige Begriffe, die eine klare Abgrenzung ermöglichen.197 190 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 121; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13, 19. 191 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 143. 192 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 138. 193 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 142. 194 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 143. 195 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 84. 196 Vgl. zu den Kriterien der Organisationsherrschaft Roxin, GA 1963, S. 193 (200).

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Insgesamt bleibt festzustellen, dass sich also durchaus hinreichend bestimmte Kriterien – jenseits des Verantwortungsprinzips – zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme finden lassen, nach denen ein Täter hinter dem Täter möglich ist. Das Argument mangelnder Alternativen vermag somit nicht zu überzeugen. Eher drängt sich der Eindruck auf, dass lediglich der dogmatische Aufwand gescheut wird, entsprechende Kriterien festzulegen und daher schlicht behauptet wird, dass sich kaum hinreichend bestimmte Kriterien denken lassen.198 Man könnte insofern von einem Rückzug hinter die Bequemlichkeiten einer simplen Lösung sprechen. (4) Fehlende positive Begründung der Tatherrschaft Mit dem Verweis auf die Praktikabilität und dem vermeintlichen Mangel an praktikablen Alternativen, hat der getätigte Begründungsaufwand häufig bereits sein bewenden. Die Notwendigkeit der Begründung eines normativen Verständnisses der Willensherrschaft unter Verwendung des Verantwortungsprinzips wird mithin nur von den wenigsten erkannt.199 Dies zeigt sich etwa bei Schumann und Puppe. Nach Schumann kann der Grundsatz der nichtgegebenen Verantwortlichkeit für die Handlungen anderer nur dann durchbrochen werden, wenn der Hintermann die Willensbildung des Vordermanns lenkt.200 Die Möglichkeit einer solchen Herrschaft des Hintermanns sei aber ausgeschlossen, wenn die Verantwortlichkeit des Vordermanns nicht entfallen oder in einem bestimmten – die Erfassung des fahrlässig handelnden Vordermanns erlaubenden – Sinne eingeschränkt ist.201 Eine weitere Begründung dieser Grenze erfolgt jedoch nicht und es bleibt bei dem Verweis darauf, dass eine Herrschaft nur unter diesen Voraussetzungen möglich sei.202 Puppe begründet die Willensherrschaft dagegen nicht nur mit dem Verantwortungsprinzip sondern ergänzt dieses mit einer weiteren Herrschaftskomponente.203 Allerdings besteht diese lediglich in der Beherrschung des Verantwortungsdefizits des Vordermanns.204 Hiermit würde aber nicht begründet, weshalb das Wissens- oder Wollensdefizit die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns ausschließen muss und eine Beherrschung anderer Defizite nicht ausreichen soll. Gerade das Heranziehen des Verantwortungsprinzip wird nicht begründet.

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Greco, ZIS 2011, S. 9 (12). Vgl. nur Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 64. Das Klingt auch bei Herzberg, ZIS 2009, S. 576 (579) an, wenn er fragt, weshalb die scharfe Grenze zugunsten einer Erweiterung aufgegeben werden soll, die man gar nicht nötig hat. 199 Greco, ZIS 2011, S. 9 (12). 200 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 72. 201 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75, 77. 202 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75. 203 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 6. 204 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 6. 198

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Der fehlende Begründungsaufwand vermag insgesamt aber auch nicht verwundern, denn eine Begründung erscheint kaum möglich.205 Immerhin kann diese nicht allein an dem Strafbarkeitsdefizit des Vordermanns anknüpfen.206 Wäre dieses der entscheidende Tatherrschaft vermittelnde Gesichtspunkt, so wäre eine Teilnahme an einer Haupttat, die ein Vordermann mit Strafbarkeitsdefizit verübt hat, ausgeschlossen und es läge stets mittelbare Täterschaft vor.207 Nach den gesetzlichen Regelungen ist jedoch auch bei einem nicht schuldhaft handelnden Vordermann eine Teilnahme möglich (§§ 26, 27 Abs. 1 StGB). Das Gesetz kann der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns in Bezug auf die Beteiligungsfrage somit nur eine begrenzte Relevanz einräumen. Auf Grund der limitierten Akzessorietät der Teilnahme erkennt das Gesetz offensichtlich Fälle der Anstiftung an, bei denen der unmittelbare Täter vorsätzlich und rechtswidrig, aber nicht schuldhaft gehandelt hat.208 Es muss also Fälle geben in denen der Hintermann strotz Strafbarkeitsdefizit des Vordermanns keine Tatherrschaft hat. Wollte man bei strafrechtlich nicht vollverantwortlichem Handeln des Vordermanns stets von der Tatherrschaft des Hintermanns ausgehen und damit mittelbare Täterschaft annehmen, so wäre das mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.209 Eine positive Bestimmung der Tatherrschaft im Rahmen der mittelbaren Täterschaft kann somit nicht allein anhand des Kriteriums des Strafbarkeitsdefizits des Vordermanns erfolgen.210 Darüber hinaus verdunkelt die Fixierung auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters, dass die Täterschaft des Hintermanns nicht durch das negative Kriterium des Nichtvorhandenseins von Täterschaft beim Vordermann zu bestimmen ist.211 Die mittelbare Täterschaft ist mithin keine Ausfallhaftung für die fehlende Möglichkeit der strafrechtlichen Inanspruchnahme des Vordermanns.212 Der Hintermann ist nicht aus dem Grund Täter, dass der Vordermann kein Täter ist; seine Tatherrschaft wird nicht durch die unterlegene Stellung des Vordermanns begründet.213 Vielmehr wird der Hintermann deshalb zum Täter, weil ihm eine überlegene Stellung zukommt und er daher die Tatherrschaft innehat.214 Seine Täterschaft ist 205

Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 150. So aber Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (209 f.); Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 74, 81, 91. 207 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (513). 208 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (513). Anders wohl Krey/Nuys, FS-Amelung 2009, S. 203 (205), die der mittelbaren Täterschaft die Funktion zuweisen, eine Straftat ohne (als solchen verantwortlichen) Täter zu vermeiden. 209 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (513). 210 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 202. 211 Baumann, Beiträge zur Strafrechtsdogmatik, S. 144; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 212 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 7. 213 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 100; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15. 214 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 100; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 151. 206

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durch das positive Kriterium des Vorhandenseins von Tatherrschaft zu bestimmen. Das Verantwortungsprinzip nähert sich der Beantwortung der Täterschaftsfrage somit von der falschen Richtung an.215 Es sagt aus, dass der Hintermann Täter ist, weil es der Vordermann nicht ist. Dies ist entstehungsgeschichtlich verständlich, da die mittelbare Täterschaft als Lückenfüller entwickelt und der Hintermann daher als Täter angesehen wurde, wenn die Strafbarkeitslücke bestand. Nun ist die mittelbare Täterschaft aber ausdrücklich und gleichwertig mit den anderen Täterschaftsformen in § 25 StGB geregelt und hat seine Lückenbüßerfunktion verloren.216 Daher ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB erfüllt sind. Entscheidend ist, ob der Hintermann die Tat durch einen anderen begangen hat, was wiederum der Fall ist, wenn er den Vordermann beherrschen und steuern kann und damit die Tatherrschaft innehat. (5) Möglichkeit der Teilung der Tatherrschaft zwischen den Beteiligten Des Weiteren erscheint es aber auch nicht stimmig auszuschließen, dass die Verantwortung auf Vorder- und Hintermann verteilt wird. Zwar wird eingewandt, dass der Begriff der Tatherrschaft es bereits ausschließe, dass es an einer Tat einen weiteren Tatherren gibt.217 Der Vordermann müsse um Täter zu sein, Herr seiner selbst sein und könne nicht seinerseits unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen stehen.218 Diese begriffliche Einengung der Tatherrschaft kann jedoch nicht überzeugen.219 Nicht nur findet sich kein Hinweis auf einen solchen Ausschluss im Gesetz, auch Wortlaut und Systematik der Beteiligungsnormen schließen eine Verteilung der Verantwortlichkeit auf mehrere Beteiligte als Täter nicht aus, § 25 Abs. 2 StGB ordnet dies vielmehr sogar an.220 Wenn die Beteiligten bewusst und gewollt zusammenwirken, werden ihnen nach § 25 Abs. 2 StGB die Tatbeiträge des jeweils anderen zugerechnet.221 Wenn aber das Verhalten von strafrechtlich voll Verantwortlichen unter bestimmten Voraussetzungen gegenseitig zugerechnet werden kann, warum sollte dann das Verhalten eines vollverantwortlich handelnden Vordermanns nicht – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen – dem Hintermann zugerechnet werden können? Die Mittäterschaft zeigt doch, dass die Tatherrschaft zwischen mehreren Beteiligten geteilt sein kann.222 Das Verantwortungsprinzip verträgt sich mithin nicht mit der wechselseitigen Zurechnung des § 25 215

Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 65. Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 80; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 3; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 62. 217 Baumann, Beiträge zur Strafrechtsdogmatik, S. 144; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 191; Baumann, JZ 1958, S. 230 (232). 218 Nowakowski, JZ 1956, S. 545 (545). 219 Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (231 f.). 220 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 99 f.; Greco, ZIS 2011, S. 9 (10). 221 Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. ß. 222 Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (156); B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1259. 216

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Abs. 2 StGB.223 Die, der in § 25 StGB angelegten Aufteilung der Täterschaft in drei Formen gerecht werdende, Aufteilung der Tatherrschaft in die Form der Handlungsherrschaft, der Willensherrschaft und der funktionalen Tatherrschaft, ermöglicht es vielmehr mehrere Tatherren einer Tat anzunehmen.224 Es zeigt sich hiermit, dass das Gesetz keine Privilegierung des Einsatzes eines Verantwortlichen gegenüber dem Einsatz eines Nichtverantwortlichen vorsieht.225 Eine Aufteilung der Verantwortlichkeit auf den Vorder- und den Hintermann sollte daher möglich sein und liegt besonders nahe, wenn bereits das Gesetz die Verantwortlichkeit des Vordermanns als gemindert ansieht.226 Die Prämisse auf der das Verantwortungsprinzip basiert, namentlich die Unmöglichkeit der Verteilung täterschaftlicher Verantwortlichkeit auf Vorder- und Hintermann und damit des Bestehens von Tatherrschaft in Form von Willensherrschaft bei gegebener Handlungsherrschaft des Vordermanns, ist daher als verfehlt anzusehen.227 Es wäre freilich möglich zu argumentieren, dass es sich bei der Mittäterschaft um eine (gesetzlich vorgesehene) Ausnahme vom Verantwortungsprinzip handelt. In diesem Falle müsste man sich jedoch die Frage gefallen lassen, weshalb es nur eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip geben darf.228 Auch könnte man sich darauf berufen, dass der Wille der Mittäter bei der Tatbestandsverwirklichung nicht entgegensteht, da sie gewollt zusammenwirken. Allerdings können die Mittäter ebenfalls jederzeit ihren Willen ändern und Abstand von der Tatbestandsverwirklichung nehmen. Auch bei der Mittäterschaft gibt es also einen Unsicherheitsfaktor bezüglich der Mitwirkung bei der Tatbestandsverwirklichung durch den/die jeweils anderen Mittäter. Bis zuletzt kann jeder Mittäter entscheiden, seinen Teil der Tatbestandsverwirklichung nicht zu erbringen. Dass der freie Wille eines anderen der Tatbestandsverwirklichung potenziell entgegensteht, hindert hier also nicht die Zurechnung durch einen anderen. Schließlich könnte man vorbringen, dass es sich bei der Mittäterschaft nicht um eine gegenseitige Zurechnung handle, sondern vielmehr ein einzelnes Gesamtsubjekt konstruiert wird.229 Doch auch ein solches Verständnis der Mittäterschaft gerät in Konflikt mit dem Verantwortungsprinzip. Wie schon Greco angemerkt hat, könnte man zumindest bei der Fallgruppe des Ausnutzens eines organisatorischen Machtapparats ebenfalls davon sprechen, dass ein solches Gesamtsubjekt gegeben ist.230 Auch wenn man also die Mittäterschaft nicht als gegenseitige Zurechnung sondern als die Konstruktion eines einzigen Gesamtsubjekts begreift, würde dies die Tatherrschaft des Hintermanns bei Benutzung eines voll223 Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 147; Haas, in: Matt/ Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 12. 224 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 191. 225 Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 88. 226 Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (156); Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (391 ff.). 227 Gössel, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, § 48 Rn. 21. 228 Greco, ZIS 2011, S. 9 (11). 229 Vgl. hierzu etwa Bloy, GA 1996, S. 424 (434). 230 Greco, ZIS 2011, S. 9 (11).

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verantwortlichen Vordermanns nicht in jedem Fall ausschließen. Die Fallgruppe des Ausnutzens organisatorischer Machapparate würde vielmehr eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip darstellen. Dann aber ließe sich erneut fragen, warum nur in diesem Fall eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip zugelassen wird und nicht auch in anderen Fällen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB nahelegt, dass die Beherrschung eines strafrechtlich Vollverantwortlichen zumindest nicht ausgeschlossen ist. (6) Das Problem des fahrlässig handelnden Vordermanns Ein Ausschluss von mittelbarer Täterschaft bei Verantwortlichkeit des Vordermanns führt ferner zwangsläufig zu den schon angesprochenen Unstimmigkeiten bei fahrlässig handelndem Vordermann.231 Zumindest wenn dieses Handeln von einem Fahrlässigkeitstatbestand umfasst ist, käme man nicht umhin eine Verantwortlichkeit des Vordermanns zu bejahen, welche wiederum eine mittelbare Täterschaft ausschließen müsste.232 Auch Jakobs gesteht ein, dass „ein Bruch zwischen dieser Lösung und der nach geltendem Recht unumgänglichen Lösung zur mittelbaren Täterschaft beim unvorsätzlich handelnden Werkzeug einzuräumen“ ist.233 Es komme zu einer Umdeutung von Teilnahme in mittelbare Täterschaft, was jedoch wegen der Akzessorietät der Teilnahme zwingend sei.234 Hierdurch wird allerdings nur deutlich, dass die Regel vom Ausschluss der mittelbaren Täterschaft bei bestehender Verantwortlichkeit des Vordermanns nicht widerspruchsfrei mit der Annahme von mittelbarer Täterschaft bei fahrlässig handelndem Vordermann in Einklang zu bringen ist. (7) Exkurs: Verantwortungsverschiebung Schließlich ist noch ein Blick auf die partielle Anwendung des Verantwortungsprinzips zu werfen. Im Anschluss an Roxin235 wird das Verantwortungsprinzip auch nur auf die mittelbare Täterschaft kraft Nötigung angewandt und die Tatherrschaft dort auf diese Weise normativ bestimmt. Begründet wird die Anwendung des Verantwortungsprinzips in diesen Fällen damit, dass das Gesetz mit der Entlastung des Vordermanns von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 35 StGB zugleich zum Ausdruck bringe, dass diese auf den Hintermann übertragen werden soll, dieser also mit der Verantwortung belastet werden soll.236 Die Tatherrschaft des Hintermanns wird hiernach damit begründet, dass der Gesetzgeber mit der Entlas231

Siehe Kapitel 4 II. 2. b) bb). Küper, JZ 1989, S. 935 (942). 233 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 94. 234 Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 72 ff. 235 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 149 ff. 236 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 62; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 48. 232

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

tung des Vordermanns zu erkennen gebe, dass die Tatherrschaft beim Hintermann liegen soll.237 Das Verantwortungsprinzip wird somit zum Konstitutionsprinzip der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung.238 Allerdings kann eine derartige beteiligungsrechtliche Funktion, nach der die Entschuldigung des Vordermanns auch die Herrschaftsposition des Hintermanns begründet, nicht in § 35 StGB hineingelesen werden.239 In diesem findet sich keine Regelung der Verlagerung der strafrechtlichen Verantwortung, sondern lediglich eine Regelung der strafrechtlichen Verantwortung des Notstandstäters.240 Die Norm äußert sich nur hinsichtlich des Vordermanns.241 Eine solche Interpretation des § 35 StGB, nach der die Tatherrschaft mit der vermeintlich vom Gesetzgeber dort vorgesehenen Verantwortungsübertragung begründet wird, überschreitet daher eindeutig die Grenzen der zulässigen Gesetzesinterpretation.242 d) Zwischenergebnis Nach alledem hat sich gezeigt, dass das Verantwortungsprinzip weder mit einem faktischen noch mit einem normativen Verständnis von Willensherrschaft als Konstitutionsprinzip derselben verstanden werden kann.243 Es vermag nicht alle Fälle aufzuzeigen, in denen die Willensherrschaft im faktischen Sinne vorhanden ist und bei einem Verständnis von Willensherrschaft im normativen Sinn, kann ein Verantwortungsprinzip nicht begründet werden und führt zu Widersprüchen. Darüber hinaus bringt weder das Gesetz zum Ausdruck, dass die Verantwortung für eine Tat nur dann auf den Hintermann zu übertragen ist, wenn der Vordermann für diese nicht strafrechtlich verantwortlich ist, noch kann die Tatherrschaft des Hintermanns damit begründet werden, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns entfallen ist. Das Verantwortungsprinzip ist daher weder ein positives noch ein negatives Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft. Es ist dementsprechend abzulehnen244 und kann eine vollständige Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter nicht begründen.245 Auch die Praktikabilitätserwägungen können hierüber nicht hinwegtäuschen.

237

Küper, JZ 1989, S. 935 (946). Küper, JZ 1989, S. 935 (946). 239 Küper, JZ 1989, S. 935 (948). 240 Kreuzberg, Täterschaft, S. 341. 241 Küper, JZ 1989, S. 935 (948). 242 Kreuzberg, Täterschaft, S. 341; Küper, JZ 1989, S. 935 (948); Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 200. 243 Greco, ZIS 2011, S. 9 (13). 244 Kreuzberg, Täterschaft, S. 352. 245 Ebenso Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 122. 238

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3. Der Werkzeugbegriff Ein weiteres Argument für die Ablehnung eines Täters hinter dem Täter setzt bei dem Begriff des Werkzeugs an. Mittelbarer Täter sei, wer einen anderen als sein (menschliches) Werkzeug benutzt und ein (menschliches) Werkzeug könne wiederum nicht (vorsatz-)täterschaftlich verantwortlich sein.246 Schneider meint hierzu: „solange ein Mensch nicht Täter sein kann, nennen wir ihn Werkzeug“.247 Hinsichtlich dieser Begründung, dass bei einem strafrechtlich vollverantwortlichen Täter nicht von einem Werkzeug in den Händen eines Hintermanns gesprochen werden könne, muss aber zunächst betont werden, dass der Begriff des Werkzeugs kein Tatbestandsmerkmal der mittelbaren Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB ist. Dieser Begriff wurde vielmehr schon seit jeher als argumentative Stütze der mittelbaren Täterschaft verwendet.248 Entscheidend kann jedoch nur sein, dass der Hintermann die Tat „durch einen anderen begeht“, wie es § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB verlangt. Die Erfüllung des Tatbestandes muss mithin durch den Hintermann beherrscht werden, ihm muss die Tatherrschaft zukommen.249 Es lässt sich freilich vertreten, dass der Vordermann – wenn durch ihn eine Tat begangen wird – als Werkzeug in den Händen des mittelbaren Täters erscheinen muss. Davon ging auch der historische Gesetzgeber aus.250 Die Werkzeugeigenschaft könnte also als Voraussetzung der Tatherrschaft verstanden werden. Nur ist hiermit natürlich noch nichts gewonnen, denn der Begriff des Werkzeugs ist eine verschiedenen Deutungsmöglichkeiten zugängliche Metapher.251 Daher ist zunächst zu untersuchen, was unter dem Werkzeugbegriff verstanden werden kann und ob sich hiermit ein Ausschluss des Täters hinter dem Täter begründen lässt. Ein Begriff wird nach den wesentlichen Eigenschaften dessen bestimmt, was er bezeichnen soll.252 Der Begriff des Werkzeugs wird allerdings in verschiedener Form respektive mit verschiedenen Zusätzen verwendet wie etwa dem des „menschlichen“ Werkzeugs.253 Bei dem Zusatz „menschlich“ handelt es sich um eine Eigenschaft, welche dem Bezeichneten lediglich kontingenterweise zukommt, also um ein Akzidens.254 Solche Akzidentien sind zunächst außer Acht zu lassen. Vielmehr sind die essentiellen Eigenschaften zu bestimmen, die dem Bezeichneten stets zukommen. Der Werkzeugbegriff muss – dem eben gesagten entsprechend – wiederum Ge246 247

S. 18. 248

Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 63; H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 305 f. Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung,

Siehe oben Kapitel 3 III. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848. 250 Vgl. Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 147. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 251 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 88. 252 Renzikowski, FS-Schünemann 2014, S. 495 (496 f.). 253 B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1243; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 115. 254 Renzikowski, FS-Schünemann 2014, S. 495 (497). 249

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

genstände, Tiere oder Personen bezeichnen, deren Benutzung ein Begehen der Tat im Sinne des § 25 StGB ermöglichen. Es lassen sich jedoch verschiedene Eigenschaften denken, welche dem Oberbegriff des soeben Dargelegten zugeschrieben werden können. Zunächst könnte die wesentliche Eigenschaft darin gesehen werden, dass bei der Benutzung eines Werkzeugs kein schuldfähiges Subjekt zu dem Täter hinzutritt.255 Handelt der Vordermann schuldhaft, könnte er hiernach kein Tatmittler eines Hintermanns sein. Durch eine solche Interpretation könnte ein Täter hinter dem Täter ausgeschlossen werden, allerdings besteht erneut das Problem, dass auch die Benutzung eines Täters eines Fahrlässigkeitsdelikts als Tatmittler ausgeschlossen wäre. Daher könnte lediglich, wie es auch vorgeschlagen wurde, bei einer Gesamtbetrachtung des Geschehens als Werkzeug bezeichnet werden, wer oder was strafrechtlich weniger verantwortlich ist als der Hintermann.256 In diesem Fall wäre ein Täter hinter dem Täter aber nicht gänzlich ausgeschlossen. Immerhin wäre auch der, einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegende, Vordermann weniger verantwortlich, sofern seine Strafe nach § 17 S. 2 StGB tatsächlich gemildert wird. Es könnte jedoch auch auf die Möglichkeit der Beherrschbarkeit abgestellt werden.257 Naheliegend wäre im faktischen Sinn auf die tatsächliche Beherrschbarkeit abzustellen, da diese jedenfalls bei einem mechanischen Werkzeug gegeben ist. Setzt der Täter etwa eine Pistole ein, um einen anderen zu erschießen, so besteht kein Zweifel daran, dass er diese tatsächlich beherrscht, denn auch wenn es insbesondere bei komplexeren Werkzeugen zu Abweichungen vom vorgestellten Kausalverlauf kommen kann, beispielsweise einer Ladehemmung, ist die Zuverlässigkeit des in Gang gesetzten Systems im Regelfall äußerst hoch und die Wahrscheinlichkeit von Abweichungen im vorgestellten Kausalverlauf umgekehrt sehr niedrig. Durch die tatsächliche Beherrschbarkeit des Werkzeugs, kann der Täter das Geschehen beherrschen. Es fragt sich lediglich, ob diese Eigenschaft der tatsächlichen Beherrschbarkeit, wegen hoher Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhaltens sich auch bei einem menschlichen Werkzeug finden kann. Clementz meint hierzu, dass sich eine Person, welche ohne Willen oder zumindest ohne Vorsatz handelt, genauso leicht lenken lasse, wie ein mechanisches oder tierisches Werkzeug.258 Solche Erwägungen finden sich auch bei H. Mayer, welcher einen unvorsätzlich oder nicht schuldhaft handelnden Menschen mit Naturkräften oder technischen Einrichtungen gleichsetzt.259 Hiernach wird die hohe Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhaltens auch bei einem menschlichen Werkzeug gesehen und mit einer Naturkraft gleichgesetzt, sofern dieses nicht selbst täterschaftlich strafbar ist. Umgekehrt führte Goltdammer aus, dass freie Handlungen „den Charakter des reinen Zufalls [haben], 255 256 257 258 259

Binding, GS 1908, S. 1 (4 f.); Ronde, Mittelbare Täterschaft, S. 23. Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 51 f. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 88. Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 16. H. Mayer, Strafrecht AT 1953, S. 306.

II. Vollständige Ablehnung

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und […] einer Vorausberechnung, also einer Voraussicht der Mitwirkung nicht unterworfen“ sind.260 Hiernach wäre ein Täter hinter dem Täter ebenfalls ausgeschlossen. In neuerer Zeit wird jedoch zumindest für den Fall des Ausnutzens eines bereits zur Tat entschlossenen Vordermanns in Gestalt des „Dohna-Falles“ auch das Verhalten eines strafrechtlich vollverantwortlichen Täters mit einer Naturkraft gleichgesetzt.261 Überzeugen kann jedoch keine dieser Auffassungen, denn ein Mensch kann nicht mit einem mechanischen Werkzeug gleichgesetzt und als Naturkraft angesehen werden. Wäre das Werkzeug nämlich kein Mensch, sondern ein mechanisches Werkzeug, so wäre nicht mittelbare Täterschaft, sondern unmittelbare Täterschaft gegeben.262 Wenn man das menschliche Werkzeug mit dem mechanischen Werkzeug wirklich gleichsetzen würde, so bedürfte es der mittelbaren Täterschaft also gar nicht.263 Mithin muss zwischen beiden ein Unterschied gegeben sein. Dieser ist darin zu sehen, dass ein mechanisches Werkzeug dem Täter physisch unterworfen ist, während ein menschliches Werkzeug dem Täter psychisch unterworfen ist.264 Das Verhalten des Menschen hängt im Unterschied zum mechanischen Werkzeug nicht (nur) von Naturgesetzen, sondern (jedenfalls auch) von seiner Willensentscheidung ab. Während die Erfolgsunsicherheit bei einem mechanischen Werkzeug rein technischer Natur ist, ist sie bei einem Menschen moralischer Natur.265 Die Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhaltens kann daher nicht ebenso hoch sein wie bei einem mechanischen Werkzeug.266 Dies wäre höchstens bei einem Einsatz von vis absoluta gegen den Vordermann der Fall, also dann, wenn der Vordermann gerade keine Willensentscheidung treffen kann. In diesem Fall wäre der Hintermann aber bereits unmittelbarer Täter.267 Aus diesem Grund könnte bei einem Menschen lediglich auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhaltens abgestellt werden. Diese wiederum hängt von der Psyche des Vordermanns als faktisches Kriterium ab und erfordert eine Wahrscheinlichkeitsprognose. Einen solchen Weg geht Schroeder, wenn er auf den Entfall der für die Anstiftung typischen Erfolgsunsicherheit und damit auf die im Vergleich zur Anstiftung erhöhte Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts abstellt.268 Sicherlich bestehen Zweifel an der Tauglichkeit einer, wenn auch empirisch gesi-

260

Goltdammer, GA 1867, S. 15 (19). Puppe, GA 2013, S. 514 (529); ähnlich Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (169); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51. Siehe hierzu unten Kapitel 4 III. 3. b). 262 Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 67; Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 11 f. 263 Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 67. 264 von Michael, Der Mensch als Werkzeug, S. 22. 265 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 363. 266 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 129, 363. 267 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 84; Koch, Die mittelbare Täterschaft, S. 1; Bock, Strafrecht AT, S. 173; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 268 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 154, 196. 261

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cherten, Erfolgswahrscheinlichkeit als Abgrenzungskriterium.269 Zu einem Ausschluss des Täters hinter dem Täter gelangt man hiermit jedoch nicht. Immerhin müsste zumindest bei der Benutzung eines bereits zur Tat Entschlossenen wohl zugegeben werden, dass die Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhaltens beim Vordermann regelmäßig erhöht ist.270 Wird auf die tatsächliche Beherrschbarkeit als die wesentliche Eigenschaft von Werkzeugen abgestellt, schließt dies einen Täter hinter dem Täter also nicht aus. Ein Ergebnis, zu dem man ebenfalls kommen muss, wenn im normativen Sinn auf die bei wertender Betrachtung bestehende Beherrschbarkeit abgestellt wird. Anhand welcher Kriterien diese wertende Betrachtung zu erfolgen hat, ist schließlich offen und kann nicht aus dem Werkzeugbegriff selbst gefolgert werden, welchem keine eigenständige materielle Bedeutung zukommt.271 Es bleibt daher insgesamt festzuhalten, dass sich auch aus dem Werkzeugbegriff kein Ausschluss der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter ergibt.

4. Bestehende Hemmungskräfte Des Weiteren wurde noch versucht die im Normalfall beim Menschen bestehenden Hemmungskräfte hinsichtlich der Begehung von Straftaten als Argument gegen einen Täter hinter dem Täter anzuführen. So wurde vertreten, dass ein zurechnungsfähiger Vordermann Hemmungen entfalten kann, welche dazu führen, dass dessen Bestimmung zur Tat noch nicht als gegenwärtiger Angriff auf das geschützte Rechtsgut gewertet werden könne.272 Andere forderten, dass in den Fällen der mittelbaren Täterschaft kein eigener Wille des Vordermanns gegeben sein dürfe, was wiederum der Fall sei, wenn dieser den zum Bösen drängenden Stimmen nicht mehr die zum Guten drängenden entgegensetzen könne.273 Es entfalle hier der Kampf zwischen Gut und Böse.274 Stellt man jedoch auf ein Entfallen von Hemmungskräften ab, so wird man bei der mittelbaren Täterschaft kaum fordern können, dass bei dem Vordermann sämtliche Hemmungsmotive entfallen. Gerade bei der Nötigungsherrschaft bleiben die Hemmungsmotive schließlich bestehen, werden aber durch das Setzen eines Handlungsmotivs überwunden.275 Daher kann lediglich der Wegfall der entscheidenden Hemmungsmotive beim Vordermann zur Voraussetzung der Tatherrschaft des Hintermanns gemacht werden. Insbesondere anhand des Falls des vermeidbaren Verbotsirrtums wird sich jedoch zeigen, dass es durchaus Fallkonstellationen gibt, bei denen die entscheidenden Hemmungsmotive entfallen, obwohl 269 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 321; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 928; Haas, ZStW 119. Band (2007), S. 519 (529). 270 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. 271 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 88. 272 A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 523. 273 Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 274 Schmincke, Die mittelbare Täterschaft, S. 11. 275 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18.

II. Vollständige Ablehnung

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der Vordermann als Täter strafbar ist.276 Auch solche Erwägungen hinsichtlich der im Regelfall bestehenden Hemmungskräfte können einen Täter hinter dem Täter somit nicht ausschließen.

5. Fehlende Notwendigkeit Schließlich wird die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter noch unter Berufung auf Notwendigkeitsgesichtspunkte abgelehnt. So verweist etwa Bock darauf, dass mit der Strafbarkeit als Anstifter eine ausreichende Bestrafungsmöglichkeit besteht und damit keine Bestrafungsdefizite drohen.277 Krey/Esser führen aus, dass es keinen Sachzwang gebe, die Tat noch zusätzlich dem Hintermann zuzurechnen, wenn man mit dem Vordermann bereits einen Täter einer Vorsatztat hat.278 An anderer Stelle wird davon gesprochen, dass es keinen zwingenden Grund für eine solche Zurechnung gibt.279 Auf derartige Notwendigkeitserwägungen – sei es in Form eines Sachzwangs respektive eines zwingenden Grunds oder der Tatsache, dass der Hintermann auch als Anstifter bestraft werden könnte – kann es jedoch nicht ankommen. Wie Krey/Esser selbst und völlig zurecht feststellen, ist derjenige Täter, der die Erfüllung des Straftatbestands beherrscht und damit die Tat begeht.280 Notwendigkeitserwägungen sind demnach nicht entscheidend. Vielmehr muss festgestellt werden, ob der Hintermann das Geschehen beherrscht hat und ihm deshalb die Tatherrschaft zukommt. Die tatsächlich bestehende Tatherrschaft ist entscheidend.281 Diese wiederum ist unabhängig davon, ob das Gegebensein derselben für zweckmäßig erachtet wird. Auch dieser Einwand geht somit fehl.

6. Zwischenergebnis Nachdem im vorstehenden Abschnitt die Argumente für die zweite „Extremposition“ untersucht wurden, hat sich gezeigt, dass auch eine vollständige Ablehnung der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter nicht zu begründen ist. Das Verantwortungsprinzip, welches das zentrale Argument einer Ablehnung des Täters hinter dem Täter ist, kann weder als positives noch als negatives Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft herangezogen werden und auch die weiteren Argumente konnten nicht überzeugen. Die Täterqualität des Hintermanns hängt also nicht von der Strafbarkeit des Vordermanns ab.282 Denkbar ist lediglich, dass der strafrechtlichen Verant276 277 278 279 280 281 282

Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 26. Bock, Strafrecht AT, S. 186 f. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 889. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 928. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848. Koch, JuS 2008, S. 399 (402). Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 116.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

wortlichkeit beim Vordermann eine Indizwirkung in der Form zukommt, dass diese eine mittelbare Täterschaft regelmäßig ausschließt.283 Ob dies zutrifft, hängt von dem weiteren Verlauf der Untersuchung ab und wird dementsprechend im Folgenden beantwortet. Der Schluss von der Haftung des Vordermanns auf den Ausschluss der täterschaftlichen Haftung des Hintermanns ist jedenfalls – im Gegensatz zu einem bloßen Indiz – insgesamt unzulässig.284 Es muss festgestellt werden, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns allein kein Grund ist, den Hintermann zu entlasten.285

III. Teilweise Anerkennung Wie sich bei der Aufarbeitung der Entwicklung des Täters hinter dem Täter gezeigt hat, wird häufig ein Mittelweg zwischen den beiden bereits erörterten Positionen eingeschlagen und angenommen, dass bei einem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft handelnden Vordermann in Bezug auf den, einen Motivirrtum herbeiführenden, Hintermann zwar regelmäßig nur eine Teilnahme in Betracht kommt, aber ausnahmsweise mittelbare Täterschaft möglich ist.286 Es wird also zwischen solchen Motivirrtümern unterschieden, die beachtlich und solchen die unbeachtlich sein sollen. Im Folgenden werden daher die verschiedenen Irrtümer betrachtet, bei denen vorgeschlagen wird, beim Hintermann mittelbare Täterschaft anzunehmen. Anhand dieser Fälle ist herauszuarbeiten, welche Elemente die Willensherrschaft des Hintermanns konstituieren, ob diese die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zulassen und in welchen Fällen des Hervorrufens eines Motivirrtums die Tatherrschaft des Hintermanns dementsprechend zu bejahen ist.

1. Der vermeidbare Verbotsirrtum, § 17 S. 2 StGB Den Anfang soll nun der Fall machen, welcher wohl am meisten diskutiert wird und bei dem überwiegend mittelbare Täterschaft des Hintermanns angenommen oder zumindest für möglich gehalten wird: Der vermeidbare Verbotsirrtum nach § 17 S. 2

283

So etwa Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 67. Murmann, GA 1998, S. 78 (86). 285 Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 4. 286 Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 38 ff.; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 94; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn. 2; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 36, 51; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1258 ff.; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 105, 109; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 67; Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 39; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 36, 44; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 6; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 283 ff. 284

III. Teilweise Anerkennung

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StGB.287 Beim Hervorrufen dieses Irrtums wird auch von vielen, die ansonsten zur Abgrenzung am Verantwortungsprinzip festhalten und einen Täter hinter dem Täter ausschließen, von mittelbarer Täterschaft ausgegangen.288 Für die Besprechung der Behandlung dieses Irrtums soll der bereit eingangs gebrachte Beispielsfall dienen: Der A flüchtet wegen der bürgerkriegsartigen Zustände mit seiner Familie von Afghanistan nach Deutschland. Dort erklärt ihm sein neuer einheimischer Nachbar N, um ihn zur Begehung einer Straftat zu bringen, dass man seine Kinder hierzulande ruhig körperlich züchtigen dürfe. Es sei auch nicht strafbar kräftig zuzuschlagen. Als der zehnjährige Sohn des A nicht damit aufhört ohne Beachtung von Ampeln und Verkehr über die Straße zu rennen, verpasst der A seinem Sohn, obwohl er Zweifel an der Aussage des N hat, eine kräftige Ohrfeige, um diesen zur Einsicht zu bewegen.289

Da bei einer kräftigen Ohrfeige davon auszugehen ist, dass die Erheblichkeitsschwelle überschritten wurde, hat sich A nach § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Allerdings wusste er nicht, dass sein Verhalten rechtlich verboten ist. Er besaß nicht die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit seines Tuns. Dieser Verbotsirrtum war jedoch im Sinne des § 17 S. 2 StGB vermeidbar, weil er jedenfalls wegen seiner Zweifel verpflichtet war, die notwendigen Rechtsauskünfte einzuholen.290 A kommt daher lediglich die fakultative Strafmilderung aus § 17 S. 2 StGB zugute. Er bleibt aber strafrechtlich verantwortlich und unterlag mithin einem Motivirrtum i. S. d. hier verwendeten Definition. Da sich bereits gezeigt hat, dass der Annahme eines Täters hinter dem Täter im Grunde nichts entgegensteht, ist dementsprechend zu klären, ob dem Hintermann bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums die Tatherrschaft zukommt oder zumindest zukommen kann. Es ist zu untersuchen, ob sich die Tatherrschaft positiv begründen lässt. Diesbezüglich werden verschiedene Lösungen vorgeschlagen. Die Rechtsprechung möchte im Einzelfall ermitteln, ob die Tatherrschaft des Hintermanns gegeben ist.291 Dagegen wird auf Seiten der Literatur auf die hemmende Wirkung, welche der Kenntnis der Strafbarkeit des Verhaltens zu-

287 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 36; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 12; Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 109 f.; Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 51; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1260; Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 42; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 126; Eisele, in: Baumann/ Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 138; Weber, in: Baumann/Weber/ Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 139; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 219; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (520); Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 854; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 38; Haas, in: Matt/ Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 16; Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (392). 288 Etwa Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 30; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22 f.; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (524); H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 78 f.; Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 99. 289 Ein elterliches Züchtigungsrecht, welches ohnehin nicht mehr anzuerkennen ist, soll an dieser Stelle außer Betracht bleiben. 290 BGH, Beschluss v. 18. 03. 1952 – GSSt. 2 /51, NJW 1952, S. 593 (594). 291 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353 f.).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

kommt,292 auf eine Differenzierung zwischen Unkenntnis der formellen Rechtswidrigkeit und Unkenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit293 oder etwa auf die Parallele zu den Fällen in denen der Vordermann Täter eines Fahrlässigkeitsdelikts ist abgestellt.294 a) Die Rechtsprechung des BGH Der BGH hatte sich im Jahre 1988 in dem „Katzenkönig-Fall“295 mit der Frage zu beschäftigen, ob das Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend ist. Dieser skurrile Fall kann als Beispiel dafür dienen, dass die strafrechtliche Wirklichkeit in manchen Fällen absonderlicher ist, als die vermeintlich praxisfernen strafrechtlichen Probleme, welche in der Strafrechtswissenschaft diskutiert werden.296 Ihm lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Tatmittler R lebte zusammen mit P und H in einem von „Mystizismus, Scheinerkenntnissen und Irrglauben geprägten neurotischen Beziehungsgeflecht“. Von diesen wurde R überzeugt an den, das Böse verkörpernden, Katzenkönig zu glauben, welcher eine Bedrohung für die Welt darstelle. Nachdem P und H diesen Irrglauben zunächst zur eigenen Unterhaltung nutzten, sah die H hierin eine Gelegenheit die N, welche ihren (der H) ehemaligen Lebensgefährten geheiratet hatte, loszuwerden. Sie überzeugte den R davon, dass der Katzenkönig die N als Menschenopfer einfordere und, sollte R diese nicht innerhalb einer kurzen Frist töten, Millionen Menschen vernichten würde. Daraufhin verübte R mit Tötungswillen einen Messerangriff auf N, den diese jedoch überlebte. Der BGH nahm hier mittelbare Täterschaft bei P und H an und bekannte sich erstmals ausdrücklich zu der Möglichkeit der Strafbarkeit auf Grund mittelbarer Täterschaft bei einem vollverantwortlichen Tatmittler. Nachdem der BGH sich in besagter Entscheidung mit dem Meinungsspektrum in der Literatur auseinandergesetzt hat stellt er fest, dass es sich bei der Frage, ob mittelbare Täterschaft trotz strafrechtlich verantwortlichem Tatmittler möglich ist, um ein „offenes Wertungsproblem“ handle, bei welchem die Übergänge fließend seien.297 Dabei ergibt sich der entscheidende Gesichtspunkt für den BGH aus einem Vergleich des unvermeidbaren Verbotsirrtums mit dem hier vorliegenden, vermeidbaren Verbotsirrtum. Da die Unrechtseinsicht beim Tatmittler in beiden Fällen nicht gegeben sei, sei das Merkmal der Vermeidbarkeit kein taugliches Abgrenzungskriterium.298 Auch stünde der Annahme von mittelbarer Täterschaft nicht das 292 293 294 295 296 297 298

Murmann, GA 1998, S. 78 (81). Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 222. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 12. BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 – „Katzenkönig“. Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (153). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (351 ff.). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353).

III. Teilweise Anerkennung

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Verantwortungsprinzip entgegen, da das Gesetz kein derart enges Verständnis von mittelbarer Täterschaft erfordere und die Vertreter des Verantwortungsprinzips – für die Fälle der Organisationsherrschaft – auch eine Ausnahme hiervon machen.299 Daher liege hier ein Ausnahmefall vor, bei dem die Regel, dass mittelbare Täterschaft nicht möglich ist, wenn der Tatmittler selbst Täter ist, nicht greife und nach den üblichen Kriterien zu untersuchen sei, ob mittelbare Täterschaft oder doch Teilnahme gegeben ist.300 Ob die zur Annahme von mittelbarer Täterschaft nötigende, „vom Täterwillen getragene objektive Tatherrschaft“ vorliegt sei im Einzelfall zu ermitteln, wobei entscheidend sei, welcher Art und wie gravierend der Irrtum sei, sowie der Grad der Einwirkung des Hintermanns.301 Jedenfalls dann, wenn das Geschehen von dem Hintermann, unter Ausnutzung des von ihm bewusst hervorgerufenen Irrtums, in Gang gesetzt und derart gesteuert wird, dass der Vordermann bei wertender Betrachtung als sein Werkzeug erscheint, sei nach Auffassung des BGH mittelbare Täterschaft zu bejahen.302 Folgerichtig hat der BGH auch die Verurteilung der Hintermänner wegen versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft bestätigt, wobei er auch auf die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Vordermanns zur Begründung der Tatherrschaft der Hintermänner abstellte.303 Festzuhalten bleibt jedoch, dass das Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach dem BGH nicht zwangsläufig zur Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann führt. Vielmehr muss die Tatherrschaft im Einzelfall festgestellt werden. In einer darauffolgenden Entscheidung hat der BGH dies bestätigt.304 Er ergänzte aber noch, dass es auf die Tatsache, dass die Hintermänner ebenfalls einem Verbotsirrtum unterlagen, nicht entscheidend ankommen könne und auch in diesem Fall maßgebend sei, ob die Hintermänner mit Täterwillen und Tatherrschaft handelten.305 Dies bejahte er sodann, da die Hintermänner gegenüber den Vordermännern weisungsbefugt waren und von der Befolgung der Weisung ausgingen.306 Die Linie des BGH zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums, hat von der Begründung her nur selten Zustimmung erhalten.307 Kritik sieht sich zuvorderst die Entscheidung des BGH ausgesetzt bei der Frage, ob und wann ein Täter hinter dem Täter bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums möglich sein soll, von einem „offenen Wertungsproblem“ zu sprechen und eine Bejahung der Frage von einer Einzelfallbetrachtung abhängig zu machen, bei welcher Art und Tragweite des Irrtums und die 299 300 301 302 303 304 305 306 307

BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (353 f.). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (354). BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (354). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). Etwa Schaffstein, NStZ 1989, S. 153 (153); B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1260.

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Stärke der Einwirkung auf den Vordermann entscheiden sind.308 Dies vor allem deshalb, weil der BGH es versäumt hat Maßstäbe zu setzen, die eine klare und vorhersehbare Grenzziehung ermöglichen.309 Damit sei für die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme im jeweiligen Einzelfall entscheidend, wie die Rechtsprechung das Verhalten werten zu können glaubt. Es würde damit jede Entscheidung durch das Kriterium des „offenen Wertungsproblems“ legitimierbar,310 womit ein Verlust an Rechtssicherheit verbunden sei.311 In der Tat erscheint diese Kritik berechtigt. Wendet man die Rechtsprechung auf den obigen Beispielsfall an, so folgt aus dem vermeidbaren Verbotsirrtum dem A unterlag noch nicht, dass der Nachbar N als mittelbarer Täter zu bestrafen ist. Vielmehr muss in dem Einzelfall untersucht werden, ob er das Geschehen derart gesteuert hat, dass der A bei wertender Betrachtung als sein Werkzeug erscheint. Orientierungspunkt ist hierbei der Grad der Einwirkung durch den Hintermann, welche sich auf das Hervorrufen des Irrtums beschränkt. Wie dies nun gewertet werden muss ist jedoch offen.312 Soll es bereits genügen, dass N den Irrtum bewusst hervorgerufen hat? Der BGH hat nicht klargestellt, ob und welche Kriterien zu dem Hervorrufen eines Verbotsirrtums noch hinzukommen müssen, um die Tatherrschaft des Hintermanns zu begründen.313 Welche Beteiligungsform im Einzelfall einschlägig ist, ist daher tatsächlich kaum vorhersehbar. Die Rechtsprechung könnte nach freiem Ermessen entscheiden.314 Diese Art der normativen Betrachtungsweise im jeweiligen Einzelfall wird daher völlig zu Recht als gefühlsmäßig intuitive Entscheidung kritisiert.315 Als unhaltbar erscheint ferner die Aussage des BGH, dass es nicht entscheidend darauf ankommen könne, dass der Hintermann selbst einem Verbotsirrtum unterlag.316 Möchte man die Herrschaft des Hintermanns mit dem Hervorrufen und Ausnutzen eines Irrtums begründen, so muss er diesen kennen, er muss einen Wissensvorsprung gegenüber dem Vordermann haben.317 Andernfalls kann der 308

Murmann, GA 1998, S. 78 (83). Küper, JZ 1989, S. 935 (939); H. Schumann, NStZ 1990, S. 32 (33). 310 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (507). Siehe auch Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 16. 311 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 931; Küper, JZ 1989, S. 935 (940). 312 Vgl. H. Schumann, NStZ 1990, S. 32 (33) der darauf hinweist, dass ungeklärt bleibt, was unter den Begriffen „Art und Tragweite seines Irrtums“ und „Intensität der Einwirkung des Hintermanns“ zu verstehen ist. 313 Küper, JZ 1989, S. 935 (937). 314 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 38; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 130; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (507); Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 81. 315 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (487). Ähnlich Küper, JZ 1989, S. 935 (939). 316 Vgl. BGH, Urteil v. 13. 09. 1994 – 1 StR 357/94, NJW 1995, S. 204 (206). 317 Koch, JuS 2008, S. 399 (400); Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (486); Cramer, FSBockelmann 1979, S. 389 (397); Murmann, GA 1998, S. 78 (87); Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 20; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 93; Heine/Weißer, in: Schönke/ 309

III. Teilweise Anerkennung

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Hintermann ja keinen Irrenden einsetzen wollen, da er ja nicht weiß, dass der Eingesetzte sich irrt. Es besteht keine auf einem Wissensvorsprung basierende Übermacht des Hintermanns. Darüber hinaus können auch die Folgen eines Verzichts auf die genannten Elemente kaum überzeugen, denn wie schon Zieschang richtig anmerkt, würde das in dem konkreten von BGH entschiedenen Fall dazu führen, dass stets mittelbare Täterschaft gegeben ist, wenn der Hintermann seinem weisungsgebundenen Vordermann die Begehung einer Straftat aufträgt.318 Beizupflichten ist dem BGH daher lediglich in Bezug auf zwei seiner getroffenen Feststellungen. Zum einen der Feststellung hinsichtlich der Rolle des Verantwortungsprinzips: dieses ist als Abgrenzungskriterium abzulehnen.319 Zuzustimmen ist dem BGH darüber hinaus, dass sich der Bewusstseinszustand des Vordermanns beim vermeidbaren Irrtum nicht von dem beim unvermeidbaren Irrtum unterscheidet.320 Daher hat die Aussage des BGH, dass die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums nicht als Abgrenzungskriterium tauge, zu Recht vielfach Zustimmung erfahren.321 Die Herrschaftsposition über das Geschehen ist entscheidend, woran sich nichts ändert, wenn dem Hintermann Erkenntnisse fehlen, die er aber hätte haben können.322 Lediglich das, was der Vordermann tatsächlich wusste, kann hier relevant sein.323 Hiermit ist jedoch nur gesagt, dass die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums die Willensherrschaft des Hintermanns nicht hindert. Ungeklärt bleibt aber noch welches Element die Willensherrschaft konstituiert und ob dieses auch im Falle des vermeidbaren Verbotsirrtums gegeben ist. Anders ausgedrückt fehlt die positive Begründung der Tatherrschaft des Hintermanns. Diese gilt es im Weiteren zu erarbeiten. b) Anknüpfung an die objektive Zurechnung Einen anderen Ansatz zur Beantwortung der Frage, ob auch ein vermeidbarer Verbotsirrtum für die Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreicht, verfolgt Murmann. Er möchte dabei den Blick auf die Beziehung zwischen Hintermann und Opfer lenken.324 Anzuknüpfen sei an die Lehre der objektiven Zurechnung. Da auch der mittelbare Täter die tatbestandsmäßige Handlung – wenn auch nur mittelbar – begehen muss, sei zunächst zu fragen, ob er ein rechtlich missbilligtes Risiko für das Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 42. Vgl. zur Kritik auch Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 17. 318 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (508). 319 Siehe zur Ablehnung des Verantwortungsprinzips oben Kapitel 4 II. 2. 320 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (179). 321 Etwa B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1260; Murmann, GA 1998, S. 78 (78); Otto, JURA 1987, S. 246 (255). 322 Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 87; Otto, Grundkurs Strafrecht, § 21 Rn. 84. 323 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (182). 324 Murmann, GA 1998, S. 78 (80).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Opfer geschaffen habe.325 Der Verbotsirrtum beseitige die Hemmungswirkung der Kenntnis des Verbotenseins einer Handlung und schaffe damit unzweifelhaft ein erhöhtes Risiko eines entsprechenden Handelns. Zweifelhaft sei lediglich die rechtliche Missbilligung der Risikoschaffung, welche umgekehrt die Pflicht voraussetze besagte Risikoschaffung zu unterlassen.326 Es müsste also eine Pflicht bestehen, nicht durch falsche Rechtsauskünfte das Risiko verbotenen Handelns zu schaffen. Es bestehe jedoch keine derartige allgemeine Pflicht, eine fehlerhafte Rechtsberatung zu unterlassen.327 Jedem Bürger sei der Zugang zum Recht in gleicher Weise eingeräumt, weshalb keiner dem anderen überlegen sei. Insofern sei jeder selbst dafür zuständig, sich die Rechtseinsicht zu verschaffen. Auf eine Unterscheidung zwischen vermeidbarem und unvermeidbarem Verbotsirrtum könne es daher auch nicht ankommen.328 Etwas anderes gelte lediglich bei rechtlich anerkannten Sonderpflichten zum Schutz Dritter. Nur bei Bestehen solcher Pflichten, über die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens korrekt zu unterrichten oder bereits bestehende Fehlvorstellungen nicht auszunutzen, sei die Gefahrschaffung auch rechtlich missbilligt.329 Eine solche Pflicht bestehe etwa bei staatlichen Stellen im Rahmen ihrer besonderen Kompetenzbereiche, bei Allgemeinmedizinern in Bezug auf die rechtliche Zulässigkeit lebensverkürzender Maßnahmen und bei Rechtsanwälten.330 Dagegen nicht bei risikorelevantem Vorverhalten oder bei einem bestehenden Näheverhältnis.331 Konsequenz dieser Ansicht ist, dass eine mittelbare Täterschaft durch Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums im Grunde abgelehnt wird. Die hierfür notwendige Sonderpflicht decke sich weitgehend mit den Fällen der Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums, da nicht mehr zur Annahme von Unvermeidbarkeit verlangt werden könne, als dass der Vordermann den Rechtsrat einer Person einholt, die verpflichtet ist, eine zutreffende Rechtsauskunft zu erteilen.332 Auch wenn nach diesen Kriterien also auch das Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend sein kann, wird dies nur in sehr seltenen Fällen tatsächlich denkbar sein. Allerdings kann das Anknüpfen an die objektive Zurechnung nicht überzeugen. Zum einen ist das entscheidende Kriterium zur Bestimmung von Täterschaft die Tatherrschaft des zu beurteilenden Beteiligten. Mithin dessen Fähigkeit das Geschehen zu steuern. Ob dem Hintermann nun die Pflicht zukam, dem Vordermann zutreffende Rechtsauskünfte zu erteilen, sagt nicht zwingend etwas über die tat325 326 327 328 329 330 331 332

Murmann, GA 1998, S. 78 (80). Murmann, GA 1998, S. 78 (81). Murmann, GA 1998, S. 78 (82). Murmann, GA 1998, S. 78 (81). Murmann, GA 1998, S. 78 (83). Murmann, GA 1998, S. 78 (83 f.). Murmann, GA 1998, S. 78 (84). Murmann, GA 1998, S. 78 (85).

III. Teilweise Anerkennung

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sächliche Beherrschung des Geschehens durch den Hintermann aus. Zwar sprechen die höhere Glaubwürdigkeit eines Sonderpflichtigen und das daraus resultierende Vertrauen des Vordermanns durchaus für die Tatherrschaft des Sonderpflichtigen, allerdings können solche Faktoren ebenso bei nicht Sonderpflichtigen auftreten. Man denke nur an einen Studenten der Rechtswissenschaft, der das volle Vertrauen seines Freundes genießt und der ihm eine falsche Rechtsauskunft gibt. Aber auch unabhängig von diesen Faktoren, wird durch solche Sonderpflichten nicht ausgeschlossen, dass der Hintermann, der keiner Sonderpflicht unterliegt, dennoch das Geschehen beherrscht. Das Abstellen auf Sonderpflichten taugt daher nicht zur Abgrenzung. Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen gegen dieses Anknüpfen an die objektive Zurechnung, mit welcher Murmann die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auf eine Differenzierung zwischen verschiedenen Pflichten gegenüber dem Opfer reduziert. So sieht Murmann im Hervorrufen eines Verbotsirrtums stets eine Gefahrschaffung in Form der Gefahr der Begehung einer Straftat gegeben. Diese sei lediglich nicht immer rechtlich missbilligt. Jedoch muss eine Einwirkung auf einen Vordermann, welche gerade auf das Hervorrufen eines Entschlusses zu deliktischem Handeln gerichtet ist, eindeutig als rechtlich missbilligt angesehen werden,333 was schon die §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 26 StGB i. V. m. den jeweiligen Straftaten des Besonderen Teils nahelegen. Murmann möchte dagegen dem Anstifter die allgemeinere Pflicht zuweisen, das Risiko der Entschließung des Vordermanns zur Tat zu vermeiden,334 während dem Täter die speziellere Pflicht zukommen soll bestimmte Tatmittel zu unterlassen. Ob eine solche speziellere Pflicht konstruiert werden kann erscheint jedoch zweifelhaft. So besteht doch die Pflicht der korrekten Rechtsauskunft in erste Linie demjenigen gegenüber, dem die Auskunft erteilt wird. Daher kann doch letztlich nur die allgemeine Pflicht, das Opfer nicht zu schädigen, entscheidend sein.335 Diese trifft aber tatsächlich sowohl den Täter als auch den Teilnehmer und kann zur Differenzierung von Täterschaft und Teilnahme daher nicht beitragen.336 c) Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Einen anderen Ansatz verfolgt Schroeder mit der Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe. Diese basiert auf dem Gedanken, dass das Gesetz für das Vorliegen von Entschuldigungsgründen notwendigerweise strenge formale Grenzen

333

Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, S. 337. Murmann, GA 1998, S. 78 (88). 335 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (487). Vgl. auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 831, der die jedermann treffende Pflicht, die Herbeiführung von Straftaten durch Ausnutzen oder Hervorrufen von Verbotsirrtümern, ausreichen lassen möchte. 336 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (487). 334

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

hat aufstellen müssen.337 Dadurch komme es in den Grenzbereichen der Entschuldigungsgründe dazu, dass der Vordermann zwar nicht entschuldigt ist, die Stellung des Hintermanns materiell aber der Stellung gleicht, die er bei Benutzung eines entschuldigten Vordermanns inne hätte.338 Erfasst werden sollen mithin die Fälle, „in denen die Anwendung der Schuldausschließungsgründe materiell geboten wäre und nur an deren zwangsläufig formalen Gründen scheitert“.339 Es fehle hier jeder Anlass, dem Hintermann den fehlenden Schuldausschluss zugutekommen zu lassen, daher liege eine Beherrschung des Vordermanns wie bei Eingreifen eines Entschuldigungsgrundes vor.340 Zu dieser Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe zählt Schroeder den vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB. Dieser falle in den Grenzbereich des Entschuldigungsgrundes des unvermeidbaren Verbotsirrtums.341 Auch hier werde dem Vordermann eine Entschuldigung unmöglich gemacht, obwohl seine Beziehung zum Recht dieselbe sei wie bei unvermeidbarer Unkenntnis. Damit werde die Kenntnis der Rechtswidrigkeit mit der vermeidbaren Unkenntnis der Rechtswidrigkeit gleichgestellt.342 Dass die, mit dieser Gleichstellung verbundene Belastung des Vordermanns den Hintermann nicht entlasten könne, werde zudem deutlich, wenn man bedenke, dass der Hintermann im Falle der Fahrlässigkeit ebenfalls nicht durch die vorwerfbare Unkenntnis des Tatmittlers befreit werde.343 Kritisiert wird an der vorgeschlagenen Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe zum einen, dass der Gesetzgeber mit den Regeln zum Schuldausschluss auch zum Ausdruck bringt, dass er von dem Einzelnen erwartet, dass er Beeinflussungen unterhalb eines bestimmten Stärkegrades widersteht.344 Bleibe die Beeinflussung unterhalb dieses Grades, so sei dem Vordermann die Tat als seine eigene Willensentscheidung zuzurechnen und er sei somit derjenige der nach den Maßstäben der Rechtsordnung die Durchführung der Tat in Händen halte, weshalb nicht ersichtlich sei warum der Hintermann die Tatherrschaft inne habe.345 Halte man die gesetzlichen Bestimmungen zum Schuldausschluss für zu eng, so offenbare dies einen Reformbedarf des Gesetzes und sei kein Problem der Beteiligungslehre.346 Es wurde jedoch bereits deutlich gemacht, dass dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, dass der Hintermann nur dann bestraft werden soll, wenn die Straf-

337 338 339 340 341 342 343 344 345 346

Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 122. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 124. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 130. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 181. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 126. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 126. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 127. Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (225). Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (225). Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (225).

III. Teilweise Anerkennung

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barkeit des Vordermanns entfällt.347 Auch kritisiert Schroeder nicht, dass die Bestimmungen zum Schuldausschluss hinsichtlich des Vordermanns zu eng seien. Vielmehr macht er doch deutlich, dass die Grenzen des Schuldausschlusses notwendig formal gezogen werden müssen. Daher deckt er auch keinen Reformbedarf des Gesetzes auf. Er wendet sich lediglich gegen die Implikationen, welche nach den Vertretern des Verantwortungsprinzips aus diesen engen Grenzen des Schuldausschlusses in Bezug auf die Strafbarkeit des Hintermanns folgen. Mithin stellt er sich gegen die Annahme, dass die Belastung des Vordermanns dem Hintermann in Form einer Entlastung zugutekommen soll.348 Diese Kritik kann also nicht greifen. Gravierender erscheinen jedoch die Einwände, welche daran anknüpfen, dass Schroeder meint, die Anwendung der Schuldausschließungsgründe wäre im Grenzbereich der Entschuldigungsgründe materiell geboten.349 So etwa in dem Fall der psychisch und sexuell hörigen Frau, welche durch die Drohung verlassen zu werden zu einem Mord veranlasst wird.350 Eine Entschuldigung erscheint in einem solchen Fall aber nicht per se, sondern nur dann geboten, wenn bei der Frau eine krankhafte seelische Störung i. S. d. § 20 StGB vorliegt. An dieser Stelle ist vielmehr Roxin darin zuzustimmen, dass die Grenze für den Schuldausschluss des Vordermanns hier auf wohlüberlegten Gründen basiert und ein Schuldausschluss unterhalb dieser Grenze somit auch nicht materiell geboten ist.351 Auch im Fall eines vermeidbaren Verbotsirrtums kann nichts anderes gelten. Umso weniger im Bereich des Kernstrafrechts. Wieso sollte es etwa geboten sein, jemandem einen Schuldausschluss zugutekommen zu lassen, der davon ausgeht er dürfe eine fremde Häuserwand mit einem Graffiti besprühen und es versäumt sich vorab darüber zu informieren, ob er einen solchen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut auch tatsächlich vornehmen darf? Auch im Fall des Geflüchteten A erscheint es nicht einleuchtend, diesem einen Schuldausschluss zu gewähren, weil er nicht wusste, dass es strafbar ist in die körperliche Unversehrtheit seines Sohnes einzugreifen. Dass das Gesetz mit dem Kriterium der Vermeidbarkeit in § 17 S. 1 StGB eine Obliegenheit statuiert hat, sich über das Erlaubtsein seines Handelns vorab zu informieren,352 ist keine lediglich formale Grenze. Man kann also nicht davon sprechen, dass hier ein Schuldausschluss nur an formalen Grenzen scheitert, obwohl er doch materiell geboten wäre. Hiermit kann die Täterschaft des Hintermanns daher auch nicht begründet werden.

347

Siehe oben Kapitel 4 II. 2. c) bb) (7). Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 196. 349 Vgl. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 130. 350 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 120. 351 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (176). 352 Lesch, JA 1996, S. 607 (612); Stratenwerth, in: Gedächtnisschrift-Kaufmann 1989, S. 485 (487); Joecks/Kulhanek, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 17 Rn. 41; Neumann, in: NK, StGB, § 17 Rn. 56. 348

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Darüber hinaus wird noch angemerkt, dass ein Maßstab zur Bestimmung des letztlich täterschaftsbegründenden Grenzbereichs nicht ersichtlich ist.353 Schroeder erkennt selbst an, dass das Umreißen der Grenzbereiche erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, nimmt diese aber als notwendige Kosten einer individualisierenden Wertung hin.354 Tatsächlich lässt es sich kaum leugnen, dass insbesondere die Grenzbereiche zu den §§ 20, 35 StGB schwerlich zu bestimmen sind. Während der täterschaftsbegründende Grenzbereich des unvermeidbaren Verbotsirrtums mit dem vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB klar bestimmt werden kann, fehlt ein solcher Anknüpfungspunkt zumindest bei den §§ 20, 35 StGB. Der Fall des A, der durch seinen Nachbar darüber getäuscht wurde, dass es erlaubt sei seine Kinder kräftig körperlich zu züchtigen, lässt sich mit der Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe einfach lösen. Der N hat mit dem A einen Vordermann benutzt, welcher – da er einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterlag – im Grenzbereich des Entschuldigungsgrunds des unvermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB gehandelt hat. Demnach wäre er mittelbarer Täter. Ganz anders liegt es dagegen bei dem Grenzbereich des § 20 StGB. Wie der eben gebrachte Fall gezeigt hat, würde Schroeder davon ausgehen, dass der Schuldausschluss bei der hörigen Frau materiell geboten und diese somit im täterschaftsbegründenden Grenzbereich des § 20 StGB tätig geworden ist, wo dies doch richtigerweise nicht der Fall ist. Daher kann die Fallgruppe des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe jedenfalls nicht als Abgrenzungskriterium herangezogen werden.355 d) Angleichung an die Fälle des fahrlässig handelnden Tatmittlers und modifiziertes Verantwortungsprinzip Ein weiterer Begründungsvorschlag für die Annahme von mittelbarer Täterschaft geht dahin, die Parallele zu den Fällen zu ziehen, in denen der Vordermann Täter eines Fahrlässigkeitsdelikts ist.356 Diese Art der Begründung erfreut sich insbesondere bei Anhängern des Verantwortungsprinzips großer Beliebtheit.357 Wie bereits ausgeführt, muss der Grundgedanke des Verantwortungsprinzips – die Unvereinbarkeit strafrechtlicher Verantwortlichkeit mit der Eigenschaft als Tatmittler – modifiziert werden, um die Benutzung eines Täters eines Fahrlässigkeitsdelikts als

353

Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (226); Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 62. 354 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 130. 355 Kreuzberg, Täterschaft, S. 344; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346 f. 356 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 12; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 38; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 127; Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 90. 357 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22 f.; Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 21 ff.; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 78 f.

III. Teilweise Anerkennung

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Tatmittler erklären zu können.358 Hierbei wird darauf abgestellt, dass nicht jede Verantwortlichkeit des Vordermanns genüge, um eine Tatherrschaft des Hintermanns auszuschließen.359 Die Verantwortlichkeit des Vordermanns soll vielmehr nur dann ihre Ausschlussfunktion hinsichtlich der Tatherrschaft des Hintermanns entfalten, wenn die Vollverantwortlichkeit i. S. d. Vorsatzdelikte und damit die Vorsatzschuld beim Vordermann gegeben ist.360 Es zählt der spezifische Schuldvorwurf.361 Wird nun aufgrund eines vermeidbaren Verbotsirrtums gehandelt, so könne man dem Handelnden nur den Vorwurf mangelnder Skepsis und der Leichtgläubigkeit machen, was wiederum mit dem Fahrlässigkeitsvorwurf gleichzusetzen sei.362 Um Widersprüchlichkeiten im Gesamtkonzept zu vermeiden, dürfe mittelbare Täterschaft nicht ausgeschlossen werden, denn wolle man die bloße Möglichkeit der Verbotskenntnis genügen lassen, um die Entscheidungsfreiheit zu bejahen, so müsse dies doch auch beim fahrlässig Handelnden gelten, schließlich habe auch dieser die Möglichkeit der Kenntnis der Sach- und Rechtslage.363 Der ausschlaggebende Gesichtspunkt ist hiernach, dass die den Vordermann treffende Verantwortung der spezifische Schuldvorwurf bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum ein anderer ist als derjenige, um deren Zuordnung es bei dem Vorsatzdelikt des Hintermanns geht. Puppe sieht hierin eine besondere Form der Vorsatzschuld, welche aus einer Kombination von Rechtsfahrlässigkeit und vorsätzlicher Tatbegehung bestehe und eine geringere Form der vollen Vorsatzschuld darstelle.364 Ähnlich bewertet Schumann die Schuld des Täters bei Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums. Dieser lasse zwar das vorsätzliche Handlungsunrecht unberührt, den Vorwurf vorsätzlicher Schuld verdiene jedoch nur derjenige der einen bewussten Rechtsbruch begeht. „Wer dagegen im Verbotsirrtum handelt, begeht ebenso „blind“ Unrecht wie derjenige, der sich bereits der das Unrecht seiner Tat begründenden Umstände nicht bewußt ist, und verdient bei Vermeidbarkeit des Irrtums wie dieser lediglich den Vorwurf der Nachlässigkeit, also der Fahrlässigkeitsschuld“.365

Für diese Rechtsfahrlässigkeit könne dann auch nichts anderes gelten als für die Tatfahrlässigkeit.366 Noch weiter geht Herzberg, indem er – zumindest vom Ergebnis her – für die Vorsatztheorie plädiert und auch das Unrechtsbewusstsein zur Tatbe-

358 Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87; Küper, JZ 1989, S. 935 (942). Siehe oben Kapitel 4 II. 2. b) bb). 359 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 9; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 20. 360 Kreuzberg, Täterschaft, S. 346. 361 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 20 f.; Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 9, 30; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 77 f. 362 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 23. 363 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 23. 364 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 30. 365 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 78. 366 H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 79.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

standserfüllung zählt.367 Hiernach handelt es sich bei dem Unrechtsbewusstsein auch um einen Tatumstand, bei dessen Fehlen nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB der Vorsatz entfällt. 368 Zwar liege bei fehlendem Unrechtsbewusstsein unzweifelhaft ein Verbotsirrtum vor, allerdings eben auch ein insofern vorrangiger Tatumstandsirrtum.369 Damit entfällt nach Herzberg stets der Deliktsvorsatz, wenn der Täter irrtümlich glaubt, rechtmäßig zu handeln.370 Konsequenz hieraus ist, dass ein Vordermann, welcher einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt, zugleich auch einem Tatumstandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB unterliegt und somit ohne Vorsatz gehandelt hat. Es verbliebe dann lediglich eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, welche der Eigenschaft als Tatmittler nach dem modifizierten Verantwortungsprinzip nicht entgegenstehen würde. Allerdings kann diese Gleichsetzung des Fahrlässigkeitstäters mit dem einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegenden Vorsatztäter nicht überzeugen. Schon der BGH hat dies als bedenklich kritisiert371 und tatsächlich erscheinen die gezeigten Begründungen kaum tragfähig. Zunächst handelt es sich bei dem Tatumstandsirrtum und dem vermeidbaren Verbotsirrtum um anders geartete Irrtümer.372 Der Wille des Gesetzgebers zwischen fehlendem Unrechtsbewusstsein und Irrtümern in Bezug auf Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, zu unterscheiden, kommt in den §§ 16, 17 StGB klar zum Ausdruck.373 Beim Unrechtsbewusstsein handelt es sich daher nicht um einen Tatumstand bei dessen Fehlen nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB der Vorsatz entfällt, sondern um ein Schuldmerkmal.374 Aus diesem Grund führt ein vermeidbarer Verbotsirrtum nicht zum Entfall des Vorsatzes und die Annahme von mittelbarer Täterschaft wäre durch das modifizierte Verantwortungsprinzip ausgeschlossen. Aber auch die Annahme fehlender (voller) Vorsatzschuld beim Vorsatztäter, der einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt, geht fehl. Um ein solches Ergebnis zu erzielen, müsste unter Missachtung der Konzeption des Gesetzes doch die Vorsatztheorie – wenn auch in modifizierter Form – in § 17 StGB hineininterpretiert werden.375 Das Gesetz ordnet aber bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum die Bestrafung wegen vorsätzlich-schuldhafter Tat an, was mit der Annahme von Fahrlässigkeitsschuld – wenn auch in Kombination mit vorsätzlichem Unrecht – nicht erklärt werden kann.376 Somit liegt auch bei einem im vermeidbaren Ver367

Herzberg, JuS 2008, S. 385 (391); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 24 f. Herzberg, JuS 2008, S. 385 (389 ff.). 369 Herzberg, JuS 2008, S. 385 (389). 370 Herzberg, JuS 2008, S. 385 (389). 371 BGH, Urteil v. 15. 09. 1988 – 4 StR 352/88, BGHSt. 35, 347 (352). 372 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 348. 373 Das muss auch Herzberg zugeben (JuS 2008, S. 385 (389)). 374 Vgl. nur Joecks/Kulhanek, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 17 Rn. 2; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 348. 375 Küper, JZ 1989, S. 935 (943). 376 Küper, JZ 1989, S. 935 (944); Kreuzberg, Täterschaft, S. 349. 368

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botsirrtum Handelnden die (volle) Vorsatzschuld vor.377 Ob dies gerecht ist und welche Schuld ihn treffen sollte ist eine andere Frage.378 Herzbergs Aussage, dass das Verantwortungsprinzip nur richtig verstanden werden müsste und der Annahme von mittelbarer Täterschaft im Falle des Hervorrufens eines vermeidbaren Verbotsirrtums dann nicht im Wege stehe,379 muss jedenfalls widersprochen werden. Da die (volle) Vorsatzschuld gegeben ist, wird mittelbare Täterschaft in diesem Fall durch ein konsequentes (modifiziertes) Verantwortungsprinzip ausgeschlossen.380 Darüber hinaus sind diese Begründungen zum einen vom Ergebnis her gedacht, was sich besonders bei Herzberg zeigt, der eingesteht, dass er lediglich Widersprüchlichkeiten im Gesamtkonzept vermeiden möchte.381 Zum anderen sind sie aber – selbst wenn die obigen Einwende nicht bestünden – letztlich auch unvollständig. Denn zur Feststellung der Tatherrschaft des Hintermanns genügt die Feststellung, dass ein bestimmter Umstand dieser nicht entgegensteht, noch nicht. Vielmehr muss positiv begründet werden, dass dem Hintermann die Tatherrschaft zukommt.382 Eine solche positive Begründung, weshalb der einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegende Vordermann von dem Hintermann beherrscht wird, wird durch einen Verweis auf das modifizierte Verantwortungsprinzip nicht erbracht.383 Da sich das Verantwortungsprinzip nicht als Konstitutionsprinzip der Willensherrschaft begründen lässt, kann die Beherrschung des Vordermanns auch nicht durch dieses belegt werden.384 Insgesamt kann eine Angleichung an die Fälle des fahrlässig handelnden Tatmittlers auf diese Weise also nicht erfolgen. Zwar ist es selbstverständlich legitim ein tatherrschaftsbegründendes Element in einer Fallgruppe herauszuarbeiten und zu untersuchen, ob dieses auch in einer anderen Fallgruppe auffindbar ist. Es hat sich jedoch gezeigt, dass das Verantwortungsprinzip dieses tatherrschaftsbegründende Element nicht aufzuzeigen vermag. e) Freiverantwortlichkeit und Beseitigung von Hemmungsmotiven Damit stellt sich die Frage, worin denn nun das tatherrschaftsbegründende Element bei der mittelbaren Täterschaft zu sehen ist. Bei der mittelbaren Täterschaft tritt zwischen die Handlung des Hintermanns und die Tatbestandserfüllung noch die Handlung eines Menschen.385 Mithin hängt die Tatbestandserfüllung von dessen 377

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 349. Küper, JZ 1989, S. 935 (943). 379 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 22. 380 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 349; Küper, JZ 1989, S. 935 (944); Kreuzberg, Täterschaft, S. 350. 381 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 23. 382 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 83 f. 383 Küper, JZ 1989, S. 935 (943 f.). 384 Siehe oben Kapitel 4 II. 2. c). 385 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 29 f. 378

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Willensentschluss ab. Damit der Hintermann das Geschehen beherrschen kann, muss er daher zunächst den Willen des Vordermanns beherrschen, also die Willensherrschaft inne haben.386 Zur Feststellung, wann eine solche Beherrschung gegeben ist, wird von Zieschang vorgeschlagen auf den Gesichtspunkt der Freiverantwortlichkeit abzustellen.387 Fehle es an einer freiverantwortlichen Entscheidung des Vordermanns, so liege mittelbare Täterschaft vor. Handle der Vordermann dagegen ohne Zwang und besitze hinreichende Kenntnis hinsichtlich der strafrechtsrelevanten Merkmale, liege eine freiverantwortliche Entscheidung vor, womit er Herr seiner Entschlüsse sei, was wiederum eine Tatherrschaft des Hintermanns ausschließe.388 Bei einem Verbotsirrtum unterliege der Vordermann einer Fehleinschätzung hinsichtlich des Erlaubtseins seines Verhaltens, was zu einem Ausschluss der Freiverantwortlichkeit führe, weshalb unabhängig von der Vermeidbarkeit des Irrtums mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben sei.389 Der Begriff der Freiheit wird hier also anders definiert als im Rahmen des (konsequenten) Verantwortungsprinzips. Während nach diesem die Freiheit mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit gleichgesetzt wurde,390 versucht Zieschang den Begriff der Freiheit unabhängig hiervon zu bestimmen. Die vorgeschlagene Bestimmung kann jedoch nicht überzeugen. Begründet wird das Erfordernis der fehlenden Freiverantwortlichkeit damit, dass bei deren Vorhandensein eine Tatherrschaft des Hintermanns ausgeschlossen ist, weil der Vordermann selbst Herr seiner Entscheidung war.391 Letzteres ist auch durchaus schlüssig. Soll der Wille des Vordermanns beherrscht werden, um den Vordermann zu der Vornahme der gewünschten Handlung zu bewegen, so ist dies nicht möglich, wenn er Herr der Entscheidung zur Vornahme besagter Handlung bleibt. Daher ist zu fordern, dass bei dem Vordermann eine Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfreiheit gegeben ist. Allerdings ist – wie schon in Bezug auf das Autonomieprinzip392 – darauf hinzuweisen, dass die Freiheit graduell abgestuft vorkommt.393 Immerhin liegt bereits in jedwedem Irrtum und jeder Ausübung von nötigendem Druck eine Beeinträchtigung der Freiheit.394 Daher muss gefragt werden, wie stark die Einschränkung in der Freiheit ausgeprägt sein muss, um Täterschaft des Hintermanns zuzulassen. Eine Frage, die wiederum nur anhand der Tatherrschaft beantwortet 386

Otto, JURA 1987, S. 246 (248). Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (519 ff.). 388 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (519). 389 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (520). 390 Siehe hierzu oben Kapitel 4 II. 2. b). 391 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (519). 392 Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 9. 393 In Bezug auf die Autonomie: Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 810; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 65. 394 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 341. Siehe hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 4 II. 2. b). 387

III. Teilweise Anerkennung

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werden kann und nicht durch einen Freiheitsbegriff selbst.395 Aus diesem Grund bleibt zu begründen, ab welchem Grad der Beeinträchtigung der Freiheit, von einer Willensherrschaft des Hintermanns gesprochen werden kann. Weder der Begriff der Autonomie noch der Freiverantwortlichkeit können dies leisten und auch das Erfordernis einer Beeinträchtigung der Willensfreiheit im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit – wie es ein konsequentes Verantwortungsprinzip fordert – als Erfordernis der Willensherrschaft lässt sich – wie sich bereits gezeigt hat – nicht begründen.396 Wann die Freiheit des Vordermanns in ausreichendem Maße beeinträchtigt ist, um von einer Willensherrschaft des Hintermanns zu sprechen, zeigt ein Blick auf die psychische Situation des Vordermanns in Fällen der mittelbaren Täterschaft. In den Nötigungsfällen möchte sich der Vordermann nicht wie vom Hintermann gewünscht verhalten, tut dies jedoch wegen des ausgeübten Drucks. Er wägt ab, was ihn von der Tat abhält und was ihn dazu veranlasst. Ist der ausgeübte Druck hoch genug, wie etwa bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 StGB, so überwiegt das veranlassende Element und der Vordermann verhält sich wie vom Hintermann gewünscht. Daher kann man bei einem ausreichend hohen Druck von einer Steuerung und Beherrschung durch den Hintermann sprechen. Bei der Irrtumsherrschaft ist die Situation typischerweise eine andere. Der Hintermann täuscht den Vordermann so, dass dieser nicht realisiert, dass er sich eigentlich nicht derart verhalten will. So werden ihm etwa beim Tatumstandsirrtum Umstände verschleiert, welche zum gesetzlichen Tatbestand gehören. Er weiß beispielsweise nicht, dass er einen Gewahrsamsbruch begeht und denkt er reiche lediglich einem Freund seine Jacke. Das Wissensdefizit des Vordermanns erlaubt es diesem mithin nicht, dem geschaffenen Handlungsimpuls die eigentlich davon abhaltenden Gründe entgegenzusetzen.397 Bei der Abwägung steht dem Handlungsimpuls nichts gegenüber. Der Hintermann muss nicht die entgegenstehenden Motive überwinden, sondern sorgt dafür, dass diese Motive schon nicht entstehen. Hierin liegt die Beeinträchtigung der Freiheit des Vordermanns. Nicht in der Aufhebung der Willensfreiheit im Sinne der Selbstbestimmungsfähigkeit, sondern in einer spezifischen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit.398 Der eigentliche Grund für die Steuerung und Beherrschung durch den Hintermann liegt in dem Einwirken auf die motivierenden Gegenkräfte.399 Hiermit ist ausgedrückt, was bereits häufig als entscheidendes Element der mittelbaren Täterschaft angesehen wird und zwar die Beseitigung oder Überwindung von

395 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 63. 396 Siehe oben Kapitel 4 II. 2. c). 397 Donna, FS-Gössel 2002, S. 261 (267). 398 Küper, JZ 1989, S. 935 (947 f.). 399 Küper, JZ 1989, S. 935 (944).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Hemmungsmotiven.400 Die Beherrschung des Willens des Vordermanns erfolgt dadurch, dass auf die Abwägung des Vordermanns zwischen Handlungsmotiven und Hemmungsmotiven derart eingewirkt wird, dass die Abwägung zugunsten des vom Hintermann gewünschten Verhaltens ausfällt. Der Vordermann wird, wie Herzberg formuliert, durch ein „zielbewußt aktiviertes Bedürfnis“ in Handlungszwang versetzt.401 Während bei der Nötigungsherrschaft die Hemmungsmotive (beispielsweise die Strafbarkeit des Verhaltens) regelmäßig in voller Stärke gegeben sind und durch Schaffung eines starken Handlungsmotivs überwunden werden,402 wird bei der Irrtumsherrschaft regelmäßig die Bildung von Hemmungsmotiven verhindert respektive diese beseitigt.403 Ähnlich verhält es sich bei den Fällen des Ausnutzens organisatorischer Machapparate, bei denen – durch die Fungibilität des Einzelnen und die nicht stattfindende Strafverfolgung – bereits das Aufkommen von Hemmungsmotiven verhindert wird und auf der anderen Seite zugleich Handlungsdruck aufgebaut wird.404 Bei der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums ist das entscheidende tatherrschaftsbegründende Element jedenfalls im Regelfall in der Beseitigung eines Hemmungsmotives zu sehen. Die Ausnahme hiervon bilden die Fälle, in denen der Vordermann durch Täuschung dazu gebracht wird, von einer Drucksituation auszugehen. Etwa indem ihm eine Notwehrsituation oder Notstandslage vorgetäuscht wird. In diesen Fällen handelt es sich wie bei der Nötigungsherrschaft um eine Überwindung bestehender Hemmungsmotive. Natürlich kann nicht jede Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit durch Einwirken auf die Abwägung des Vordermanns zwischen Handlungs- und Hemmungsmotiven zwangsläufig zur Tatherrschaft des Hintermanns führen. Dies würde dem Erfordernis der Steuerung und Beherrschung des Vordermanns nicht gerecht werden. Immerhin würde das dazu führen, dass das Hervorrufen von Motivirrtümern die Tatherrschaft vermitteln, sofern der Vordermann nur aufgrund des Irrtums handelt. In diesem Fall könnte schließlich aus dem Handeln aufgrund des Irrtums gefolgert werden, dass die Abwesenheit des gesetzten Motives, das einzige den Täter von der Tat abhaltende Hemmungsmotiv war, welches durch den Irrtum beseitigt wurde. Es bedarf daher noch der weiteren Konkretisierung dessen, was unter der spezifischen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit zu verstehen ist. Die Bestimmung des Maßes an Entscheidungsfreiheit respektive der Einschränkung derselben, welchem eine rechtliche Bedeutung – hier in Form der Zuschreibung von Tatherrschaft – beigemessen werden soll, muss zwangsläufig nor-

400

Hierauf abstellend: Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 82; Küper, JZ 1989, S. 935 (944, 947); Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 202 ff.; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 78 f. 401 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18. 402 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18; Küper, JZ 1989, S. 935 (948). 403 Küper, JZ 1989, S. 935 (947). 404 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 102 f.

III. Teilweise Anerkennung

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mativ erfolgen.405 Die Beseitigung des Hemmungsmotives muss bei wertender Betrachtung dazu führen, dass von einer Steuerung und Beherrschung des Willens des Vordermanns gesprochen werden kann. Dem beseitigten Hemmungsmotiv muss daher eine herausragende Bedeutung zukommen, es muss sich um das entscheidende Hemmungsmotiv handeln. Welches Hemmungsmotiv für den jeweiligen Vordermann entscheidend ist, wird allerdings häufig vom jeweiligen Einzelfall abhängen.406 Eine Bestimmung des jeweils im konkreten Fall entscheidenden Hemmungsmotivs kann wiederum grundsätzlich nicht geleistet werden und wäre der Rechtssicherheit in großem Maße abträglich.407 Aus diesem Grund ist ein generalisierender Maßstabs heranzuziehen.408 Die Bestimmung des entscheidenden Hemmungsmotivs, dessen Beseitigung zu der spezifischen – die Willensherrschaft vermittelnden – Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns führt, ist somit nicht anhand einer Einzelfallbetrachtung sondern einer generalisierenden Wertung vorzunehmen. Daher muss es sich um ein derart starkes Hemmungsmotiv handeln, dass es gerechtfertigt ist davon auszugehen, dass es grundsätzlich beim Vordermann gegeben ist und dessen Beseitigung dazu führt, dass der Vordermann als vom Hintermann beherrscht angesehen werden kann. Überträgt man die gewonnenen Erkenntnisse auf den Fall des Hervorrufens eines Verbotsirrtums beim Vordermann, zeigt sich, dass hierdurch ein Hemmungsmotiv beseitigt wird. Der Vordermann weiß nicht, dass sein Verhalten verboten ist. Unabhängig von der Vermeidbarkeit des Irrtums entfällt daher zumindest das Hemmungsmotiv der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit.409 In manchen Fällen bleibt dem Vordermann darüber hinaus auch die soziale Wertwidrigkeit seines Verhaltens – die materielle Rechtswidrigkeit – verborgen. Nur sofern die Beseitigung dieses Hemmungsmotives in Form der formellen Rechtswidrigkeit allein genügt um dem Hintermann die Tatherrschaft zuzusprechen, würde sich die Aussage doch noch bewahrheiten, dass es hinsichtlich der Tatherrschaft des Hintermanns keinen Unterschied macht, ob er beim Vordermann einen Tatumstandsirrtum, welcher zur Fahrlässigkeitsstrafbarkeit des Vordermanns führen kann, oder einen vermeidbaren Verbotsirrtum erregt.410 In beiden Fällen hätte der Hintermann die Tatherrschaft inne, da er durch Hervorrufen des Irrtums ein entscheidendes Hemmungsmotiv beseitigt und so erreicht hat, dass sich der Vordermann wie gewünscht verhält. Dies wird sogleich zu untersuchen sein.

405 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67 f.; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256). 406 Puppe, Strafrecht AT/2, § 40 Rn. 10; 28. 407 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 408 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 409 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 43. 410 Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 12.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

f) Differenzierung zwischen Kenntnis der formellen und der materiellen Rechtswidrigkeit Es wird schließlich zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums noch, im Anschluss an Roxin, vertreten danach zu differenzieren, ob dem Vordermann lediglich die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit gefehlt hat oder ob ihm darüber hinaus auch die materielle Rechtswidrigkeit seines Handelns verborgen geblieben ist.411 Hiernach ist nicht bei Hervorrufen eines jeden vermeidbaren Verbotsirrtums mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen. Etwas anderes gelte vielmehr, wenn die Fehlvorstellung des Vordermanns auf Rechtsfeindschaft beruht.412 Die materielle Rechtswidrigkeit seines Verhaltens darf dem Vordermann also nicht bewusst sein. Ihm muss die, dem Hintermann bekannte, soziale Wertwidrigkeit – der Unwert der Tat – verborgen bleiben.413 Wenn der Vordermann die Sozialschädlichkeit seines Verhaltens erfasse, komme lediglich Teilnahme in Betracht. Hat er dagegen den sozialen Unwertgehalt der Handlung nicht erfasst, der Hintermann wiederum schon, so sei der Hintermann mittelbarer Täter.414 Auf das oben angeführte Beispiel des Geflüchteten A angewandt, ergibt sich Folgendes: Ist dem A bewusst, dass die Anwendung von Gewalt zu Erziehungszwecken in Deutschland als moralisch verwerflich angesehen wird, so handelt er in Kenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit der Tat. Der Nachbar N kann dementsprechend nur Anstifter sein. Ist der A allerdings der Überzeugung, dass Züchtigungsmaßnahmen zur Erziehung gesellschaftlich gebilligt werden, so ist eine Überdetermination in Bezug auf die soziale Wertwidrigkeit gegeben und lediglich der Hintermann hat die Tatherrschaft inne. Er ist mithin mittelbarer Täter. Praktische Bedeutung wird den Fällen der Unkenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit aber kaum zukommen.415 Mithin wird dem Vordermann die soziale Wertwidrigkeit, zumindest im Bereich des Kernstrafrechts, regelmäßig bekannt sein. Dies wird von Vertretern dieser Auffassung auch eingeräumt.416 Allerdings gebe es durchaus Fälle, in denen dem Vordermann die Sozialwidrigkeit seines Handelns nicht bewusst ist, obschon hierin ein Verstoß gegen das Kernstrafrecht zu erblicken ist. Zum einen handle es sich hierbei um den Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes und zum anderen um Fälle in denen komplexe Bewertungen erforderlich seien.417 Diese Differenzierung zwischen Kenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit und Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit durch Roxin erklärt sich dadurch, dass er 411 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 221; Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (501); Kreuzberg, Täterschaft, S. 452 f.; Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 69 f. 412 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 84. 413 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 222. 414 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 222. 415 Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 69 f. 416 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (499 f.). 417 Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (500).

III. Teilweise Anerkennung

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im Rahmen der Irrtumsherrschaft ein anderes Herrschaftskriterium herausarbeitet als bei der Nötigungsherrschaft. Während bei der Nötigungsherrschaft der Willensentschluss des Vordermanns beherrscht werde, könne dies bei der Irrtumsherrschaft nicht der Fall sein.418 Daher erfolgt eine Differenzierung anhand des Verantwortungsprinzips nach Roxin lediglich bei der Nötigungsherrschaft, denn nur dort wird von einer Beherrschung des Willensentschlusses ausgegangen, woraus das Erfordernis der Unfreiheit des Verhaltens gefolgert wird. Bei der Irrtumsherrschaft kommt es nach Roxin dagegen nicht darauf an, dass der Vordermann unfrei gehandelt hat. Dort beruhe die Herrschaft des Hintermanns vielmehr darauf, dass der Hintermann durch sein überlegenes Wissen den sozialen Bedeutungsgehalt, den Sinn des Verhaltens des Vordermanns tiefer erfasst und dadurch das Geschehen sinnverwirklichend gestalten kann („sinnsetzende Überdetermination“).419 Dementsprechend kann es hiernach beim vermeidbaren Verbotsirrtum lediglich auf den sozialen Bedeutungsgehalt der Tat ankommen und nicht allgemein auf den Irrtum. Ausgehend von dieser Prämisse wird eine sinnsetzende Überdetermination abgelehnt, wenn die Unkenntnis sich lediglich auf die formelle Rechtswidrigkeit beschränkt.420 So belege die lediglich fakultative Strafmilderung in § 17 S. 2 StGB, dass dem Gesetzgeber Konstellationen der Rechtsfeindschaft bekannt waren, bei welchen sich der Handelnde der materiellen Rechtswidrigkeit seines Tuns durchaus bewusst war und daher auch nicht in den Genuss der Strafmilderung des § 17 S. 2 StGB kommen sollte. In diesen Fällen irre der Vordermann nicht einmal über den konkreten Handlungssinn.421 Dem Irrtum könne keine Bedeutung zukommen, da er – wie Otto ausführt – kein „rechtlich relevantes überlegenes Sachwissen“ begründe.422 Der Vordermann erfasse mithin den sozialen Sinngehalt seines Verhaltens und wisse damit alles, was den Gesetzgeber zur Pönalisierung besagten Verhaltens veranlasst habe.423 Den sozialen Sinngehalt einer Tat verwirkliche nicht derjenige, der sein Verhalten für sozialadäquat halte, sondern der dem klar ist, dass es sich um ein sozialschädliches Verhalten handelt.424 Kennt der Vordermann dagegen das materielle Unrecht seines Verhaltens, wisse er „alles, was ihn nach Meinung des Gesetzgebers hätte motivieren müssen, von seinem Tun Abstand zu nehmen“.425 Hieran erscheint jedoch bereits problematisch, dass der Gesetzgeber nicht jedes sozialschädliche Verhalten unter Strafe stellt. Das Strafrecht ist ultima ratio, der Schutz von Sozialwerten respektive der Rechtsgüterschutz durch das Strafrecht ist mithin subsidiär und kommt nur dann zur Anwendung, wenn andere Mittel nicht 418 419 420 421 422 423 424 425

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 85. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 831 f., Rn. 342. Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (490). Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (490). Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (498). Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (181). Zustimmend Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (490).

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

verfangen.426 Die Sozialschädlichkeit des Verhaltens ist sicherlich ein starker Indikator für dessen Strafbarkeit, aber durchaus kein Beweis. Darüber hinaus ist ein Verhalten – sofern es nicht durch Gesetz verboten wird – wegen Art. 2 Abs. 1 GG erlaubt.427 Daher kann kaum gesagt werden, dass der Vordermann bei Kenntnis der Sozialschädlichkeit stets alles gewusst habe, was ihn hätte motivieren müssen, von der Tat abzusehen. Es bleibt aber auch die Differenzierung zwischen der Irrtums- und der Nötigungsherrschaft hinsichtlich des Herrschaftskriteriums zu kritisieren. Tatsächlich unterscheidet sich diese nämlich nicht in der dargestellten Weise. Es verhält sich vielmehr so, dass beide Formen der Willensherrschaft auf demselben Herrschaftskriterium beruhen. Sowohl bei der Nötigungsherrschaft als auch bei der Irrtumsherrschaft wird der Wille des Vordermanns beherrscht.428 In beiden Fällen ist die Freiheit des Vordermanns beeinträchtigt, allerdings aus unterschiedlichen Gründen.429 Während bei der Nötigungsherrschaft die Handlungsmotive verstärkt werden und hierdurch die Freiheit des Vordermanns eingeschränkt wird, werden bei der Irrtumsherrschaft die Hemmungsmotive auf Seiten des Vordermanns durch die Täuschung ausgeschaltet.430 Stets kommt es zu einer Einwirkung auf den Abwägungsprozess des Vordermanns zwischen Handlungsmotiven und Hemmungsmotiven. Dieser wird derart manipuliert, dass die Abwägung zugunsten des vom Hintermann gewünschten Verhaltens ausfällt.431 Solange das entscheidende Hemmungsmotiv beim Vordermann besteht und die Handlungsmotive nicht durch nötigenden Druck erhöht sind, kann der Hintermann kaum erwarten, dass sich der Vordermann wie gewünscht verhalten wird. Er muss es ihm gänzlich freistellen, ob er trotz der psychischen Hemmungskräfte das gewünschte Verhalten vornimmt. Beseitigt der Hintermann dagegen das entscheidende Hemmungsmotiv, so kann der Vordermann dieses nicht mehr hemmend entgegensetzen. Durch die Täuschung wird erreicht, dass der Vordermann keine wirksamen Hemmungen aufbauen kann.432 Dadurch wird das Verhalten für den Hintermann vorhersehbar und einplanbar. Er kann das Geschehen durch seinen Wissensvorsprung beherrschen. Auch Roxin geht davon aus, dass bei der Irrtumsherrschaft die täuschungsbedingte Beseitigung des Hemmungsmotivs beim Vordermann entscheidend sei.433 Wer bei einem Vordermann einen Verbotsirrtum hervorrufe, beseitige bei diesem die – aus 426

Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 18; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 2 Rn. 8. 427 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 5; Murswiek/Rixen, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 53. 428 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18; Küper, JZ 1989, S. 935 (947); H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 75. 429 Küper, JZ 1989, S. 935 (947); Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (389). 430 Küper, JZ 1989, S. 935 (947); Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (389). 431 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18. 432 Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 19; Küper, JZ 1989, S. 935 (947). 433 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 82.

III. Teilweise Anerkennung

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der Verbotskenntnis resultierenden – Hemmungen.434 Dabei werden die Hemmungsmotive sowohl beim vermeidbaren Verbotsirrtum als auch beim unvermeidbaren Verbotsirrtum beseitigt.435 In diesem Punkt ist ihm auch beizupflichten. Allerdings stützt diese Aussage nicht Roxins Differenzierung zwischen beachtlicher Unkenntnis von der materiellen Rechtswidrigkeit auf der einen und der unbeachtlichen Unkenntnis von (lediglich) der formellen Rechtswidrigkeit auf der anderen Seite. Vielmehr spricht es doch dafür bei Hervorrufen eines jeden Verbotsirrtums mittelbare Täterschaft anzunehmen, da in jedem Fall doch das Hemmungsmotiv der Kenntnis der Strafbarkeit des betreffenden Verhaltens entfällt.436 Der Vordermann wird mithin nicht von den Wertungen der Rechtsordnung erreicht.437 Roxin betrachtet aber die Kenntnis von der sozialen Wertwidrigkeit als entscheidendes Hemmungsmotiv, was jedoch nicht konsequent erscheint, da die Kenntnis der sozialen Wertwidrigkeit der Tatherrschaft beim Irrtum über die Unrechtshöhe anscheinend nicht entgegenstehen soll.438 Bei diesem Irrtum ist sich der Vordermann der sozialen Wertwidrigkeit aber grundsätzlich bewusst. Er irrt lediglich über die Höhe besagten Unwerts, also das Ausmaß der sozialen Wertwidrigkeit. Roxin führt jedoch aus, dass ein Fehlen aller Hemmungsmotive nicht erforderlich ist. Es genüge vielmehr ein Ausschalten der wesentlichen Hemmungsmotive durch den Hintermann.439 Wenn die Kenntnis der sozialen Wertwidrigkeit im Rahmen des Verbotsirrtum aber als entscheidendes Hemmungsmotiv betrachtet wird, müsste dieses dann nicht auch beim Irrtum über die Unrechtshöhe entscheidend sein, zumal bei diesem noch die Kenntnis von der formellen Rechtswidrigkeit hinzukommt und man in diesem Fall daher mit Recht sagen muss, dass er das notwendige Wissen hatte, welches ihn nach Ansicht des Gesetzgebers zum Absehen von seiner Tat hätte motivieren müssen?440 Es ist aber noch aus einem weiteren Grund abzulehnen, die Kenntnis der sozialen Wertwidrigkeit als das entscheidende Hemmungsmotiv anzusehen. Psychologisch wird der Einzelne doch wohl öfter wegen der Strafbarkeit eines Verhaltens von diesem Verhalten absehen. Die – durch die Kenntnis von der sozialen Wertwiedrigkeit geschaffene – Hemmschwelle allein wird mithin deutlich niedriger sein als die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit.441 Immerhin bringt der Gesetzgeber durch die Schaffung der Straftatbestände mitsamt ihren Strafdrohungen doch zum Ausdruck, dass diese notwendig sind, um die Begehung solcher Straftaten zu verhindern. Die Aufgabe der Strafen in Form der negativen Generalprävention besteht 434 435 436 437 438 439 440 441

Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 82. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (179 f.). Waßmer, in: AnwaltK StGB, § 25 Rn. 34. Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 42. Siehe unten Kapitel 4 III. 4. a). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 97. Siehe hierzu unten Kapitel 4 III. 4. d). Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

darin, potenzielle Täter von der Begehung der Straftat abzuschrecken.442 Ziel ist der Rechtsgüterschutz durch Generalprävention.443 Mit der Strafe soll also gerade das entscheidende Hemmungsmotiv geschaffen werden. Heinrich formuliert dies so: „wenn man in dem […] Normappell die Essenz strafrechtlichen Rechtsgüterschutz erblickt, wird man nicht umhin kommen, gerade den aus der Kenntnis der inhaltlichen Anforderungen des Normappells resultierenden Hemm-Motiven eine besondere Bedeutung zuzumessen“.444 Wenn also der Rechtsgüterschutz durch die aus der Strafdrohung der Strafgesetze folgenden Hemmungsmotive erzielt wird, so ist die Kenntnis dieser Strafdrohung als entscheidend anzusehen. Aus diesem Grund erscheint es überzeugend den Normappell des Straftatbestands und damit die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit als entscheidendes Hemmungsmotiv anzusehen.445 Festzuhalten bleibt folglich, dass Roxin zwar zugestimmt werden muss, dass die Beseitigung von Hemmungsmotiven bei der Tatherrschaft in Form der Irrtumsherrschaft tatsächlich entscheidend ist, allerdings wird ein anderes Hemmungsmotiv als das entscheidende ausgemacht. Die Kenntnis von der formellen Rechtswidrigkeit des beabsichtigten Verhaltens muss als das Hemmungsmotiv angesehen werden, welches ausschlaggebend dafür ist, dass der Vordermann von der Tat absieht. g) Zwischenergebnis Bei der Analyse des Falls des Hervorrufens eines vermeidbaren Verbotsirrtums beim Vordermann hat sich gezeigt, worin das konstituierende Element der Willensherrschaft zu sehen ist. Dieses ist die spezifische Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns in Form der Beseitigung oder Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotives. In den Irrtumsfällen beherrscht der Hintermann den Willen des Vordermanns im Normalfall, weil er durch die Täuschung das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt. Hierdurch muss der Vordermann bei wertender Betrachtung als vom Hintermann beherrscht erscheinen. Da eine Einzelfallbetrachtung zu erheblichen Unsicherheiten führen würde,446 muss das Hemmungsmotiv zumindest grundsätzlich anhand einer generalisierenden Wertung bestimmt werden. Aus diesem Grund muss es sich bei besagtem Motiv um ein so starkes handeln, dass davon auszugehen ist, dass es bei Jedermann grundsätzlich gegeben ist und dessen Beseitigung dem Hintermann die Beherrschung ermöglicht.

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Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. zu den §§ 38 ff. Rn. 3. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 13; Morozinis, FS-Schünemann 2014, S. 455 (463); Kaspar, Strafrecht AT, § 1 Rn. 17. 444 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221. 445 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 43; Küper, JZ 1989, S. 935 (944). 446 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 443

III. Teilweise Anerkennung

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Als ein solches Hemmungsmotiv wurde der Normappell des Straftatbestands und damit die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des beabsichtigten Verhaltens ausgemacht. Dieses Hemmungsmotiv entfällt stets, wenn der Vordermann einem Verbotsirrtum unterliegt. Daher ist bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums stets mittelbare Täterschaft des Hintermanns in Form des Täters hinter dem Täter gegeben. Im Fall des Geflüchteten A, ist der täuschende Nachbar N entsprechend mittelbarer Täter. Angewandt auf die Fälle der Irrtumsherrschaft bringt ein nur leicht zu ergänzendes Zitat Amelungs die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Teilnahme treffend auf den Punkt: „Der Anstifter einer Fremdschädigung bedient sich eines Vordermanns, den er dazu bewegen muß, die Hürde der Erwartung normgemäßen Verhaltens [bewusst] zu überwinden. Der mittelbare Täter, der sich eines fremdschädigenden Werkzeugs bedient, reißt dagegen solche Hürden ein oder benutzt eine Person, der solche Hürden den Weg gar nicht erst verstellen“.447

Die Hürde der Erwartung normgemäßen Verhaltens wird durch den jeweiligen Straftatbestand und dessen Strafdrohung aufgestellt. Immer dann, wenn der Vordermann nicht um die formelle Rechtswidrigkeit seines Verhaltens weiß, stürzt diese Hürde vor ihm ein, da ihm nicht bewusst ist, dass von ihm erwartet wird sich nicht so zu verhalten und er sich dementsprechend nicht bewusst über diese Erwartung hinwegsetzt.

2. Die vermeidbare irrtümliche Annahme einer entschuldigenden Situation Im Vergleich zum vermeidbaren Verbotsirrtum, wird die Behandlung des Hervorrufens des zweiten kodifizierten Motivirrtums wenig diskutiert. Dies überrascht aus mehreren Gründen. Zum einen enthält auch der Irrtum nach § 35 Abs. 2 S. 1 StGB das Merkmal der Vermeidbarkeit und die Unvermeidbarkeit führt nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB ebenfalls zu einer Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB. Insofern besteht lediglich der Unterschied, dass die Strafmilderung im Unterschied zu § 17 S. 2 StGB obligatorisch ist. Zum anderen kann es leicht zu Überschneidungen kommen, wenn der Vordermann etwa gerade deshalb von dem Erlaubtsein seines Handelns ausgeht, weil er annimmt, dass die Voraussetzungen eines Entschuldigungsgrundes eingreifen.448 Aus diesen Gründen verwundert es, dass diese Fallgruppe nicht breiter erörtert und eine Gleichbehandlung mit dem vermeidbaren Verbotsirrtum erwogen wird.449 Wird auf diesen Irrtum jedoch gesondert eingegangen, so wird zumeist angenommen, dass es sich bei dem, den Irrtum 447

Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 92. 449 Dafür etwa Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 12; Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 94; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (520). 448

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

hervorrufenden, Hintermann um einen mittelbaren Täter handelt.450 Von der Menden begründet dies damit, dass der Irrtum strukturell dem Erlaubnistatumstandsirrtum entspreche.451 Nach Roxin liegt der ausschlaggebende Grund dagegen darin, dass sich dem Vordermann der rechtlich-soziale Bedeutungsgehalt seines Handelns nicht erschließt und der, die Situation überschauende, Hintermann ihn auf Grund seines Mehrwissens in der Hand hat.452 Für die Diskussion um diese Fallgruppe sei an dieser Stelle nochmals der obige Beispielsfall in Erinnerung gerufen: Der A erleidet auf einer Kreuzfahrt Schiffbruch. Er ist von den Bemühungen sich über Wasser zu halten bereits sehr erschöpft und droht in Kürze unterzugehen. Da sieht er den B, der sich an einen Rettungsring klammert, welcher wiederum nur eine Person tragen kann. Daraufhin rät der C dem A, den B zu erschlagen, um sich den Rettungsring zu sichern. Nur so könne er überleben. A sieht keinen anderen Ausweg als auf ihn zu hören. Er erschlägt den B und entgeht mit Hilfe des erbeuteten Rettungsrings dem Ertrinken. In Wahrheit näherte sich, wie C wusste, bereits ein Rettungsboot, das den A auch rechtzeitig erreicht hätte. Hätte A sich zunächst umgeschaut, so hätte er das herannahende Rettungsboot auch entdecken können.

Betrachtet man diesen Irrtum unter Heranziehung des soeben Herausgearbeiteten, die Willensherrschaft konstituierenden Elements der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns in Form der Einwirkung auf die Abwägung des Vordermanns zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen, so zeigt sich, dass sich die Situation bei einem Irrtum nach § 35 Abs. 2 StGB von der Situation des Vordermanns beim vermeidbaren Verbotsirrtum unterscheidet. Bei diesem glaubt der Täter, dass er sich nicht strafbar macht, weshalb das entscheidende Hemmungsmotiv wegfällt. Bei dem Irrtum nach § 35 Abs. 2 StGB bleiben die Hemmungsmotive dagegen regelmäßig unangetastet. Der Vordermann weiß, dass er in fremde Rechtsgüter eingreift bzw. einen objektiven Straftatbestand erfüllt. Es wird jedoch durch die Täuschung ein Handlungsimpuls gesetzt, der diese Hemmungsmotive überwindet. So ist dem A bewusst, dass er den B tötet und damit den objektiven Tatbestand des § 212 Abs. 1 StGB erfüllt. Hierzu entschließt er sich jedoch nur, weil er täuschungsbedingt davon ausgeht, dass er eine gegenwärtige Gefahr für sein Leben nur auf diese Weise abwehren kann. Die Besonderheit dieses Irrtums besteht mithin

450

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221; Haas, in: Matt/ Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 18; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 38; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 91; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 47; Waßmer, in: AnwaltK StGB, § 25 Rn. 34; von der Menden, JuS 2015, S. 112 (113); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 21; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (520); Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Otto, JURA 1987, S. 246 (255). 451 von der Menden, JuS 2015, S. 112 (113). 452 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 94. Ebenso Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 95. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Abgrenzungskriterium des Erfassens des rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalts erfolgt in Kapitel 4 III. 3. e) aa).

III. Teilweise Anerkennung

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darin, dass die Einwirkung auf den Vordermann zwar eine Täuschung ist, es sich von der Wirkung jedoch um eine Nötigung handelt.453 Das entscheidende Hemmungsmotiv wird lediglich dann beseitigt, wenn sich der Vordermann noch Gedanken um die rechtlichen Folgen seines Handelns macht und davon ausgeht, dass er sich wegen Eingreifens eines Entschuldigungsgrundes nicht strafbar macht.454 Gemeint sind die Fälle, bei denen eine Überschneidung mit dem Verbotsirrtum besteht. In diesen Fällen hat der Hintermann durch die Täuschung beim Vordermann das entscheidende Hemmungsmotiv in Form des, mit der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit verbundenen, Normappells des Straftatbestands beseitigt. Dementsprechend kommt ihm bereits nach den obigen Ausführungen die Tatherrschaft zu. Es stellt sich also lediglich die Frage, was gelten soll, wenn der Vordermann sich keine Gedanken um die Rechtsfolgen seines Handelns gemacht hat. In diesen Fällen liegt eine Gleichbehandlung mit den Nötigungsfällen nahe. Schließlich ist die psychische Zwangssituation für den Vordermann dieselbe wie bei einer real bestehenden Entschuldigungssituation.455 Dies gilt auch unabhängig vom Kriterium der Vermeidbarkeit. Sowohl bei Vermeidbarkeit als auch bei Unvermeidbarkeit des Irrtums ist die psychische Zwangssituation dieselbe.456 Wie schon bei der Betrachtung des Verbotsirrtums ist die tatsächliche Herrschaftsposition als entscheidend anzusehen und nicht Vermeidbarkeit oder Unvermeidbarkeit des Irrtums.457 Daher sind diese Fälle entsprechend den Nötigungsfällen zu entscheiden und darauf abzustellen, ob der Druck so stark war, dass das entscheidende Hemmungsmotiv überwunden wurde, wodurch der Hintermann das Geschehen steuern konnte und ihm dementsprechend die Tatherrschaft zukam. Bei der mittelbaren Täterschaft kraft Nötigung hat der Hintermann jedenfalls dann die Tatherrschaft inne, wenn durch seine Einwirkung beim Vordermann der Entschuldigungsgrund des § 35 Abs. 1 StGB erfüllt ist.458 In dieser Norm liegt der notwendige generalisierende Maßstab zur Feststellung des ausreichenden Drucks.459 Dies hat seinen Grund darin, dass mit der Entschuldigung zum Ausdruck kommt, dass von dem Betreffenden nicht erwartet wird, dem Druck standzuhalten.460 Wenn der Druck so stark war, dass der 453

Daher wird dieser Fall auch teilweise unter der Nötigungsherrschaft diskutiert: Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 109. Ähnlich M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 47. 454 Anders Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221 der darauf abstellt, dass die Hemmschwelle stets niedriger ist als ohne die Täuschung. 455 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 47. 456 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 47; Kreuzberg, Täterschaft, S. 412. 457 Zu § 17 StGB: Koch, JuS 2008, S. 399 (402). 458 Kreuzberg, Täterschaft, S. 344; Koch, JuS 2008, S. 496 (496). 459 Küper, JZ 1989, S. 935 (948). 460 Kreuzberg, Täterschaft, S. 344; Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (42); Neumann, in: NK, StGB, § 35 Rn. 2 f.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Vordermann bei tatsächlichem Gegebensein der vorgestellten Situation entschuldigt gewesen wäre und daher schon die Rechtsordnung von ihm nicht erwartet hätte dem Druck standzuhalten, so muss das entscheidende Hemmungsmotiv in Form der Kenntnis des formellen Rechtswidrigkeit auch als überwunden angesehen werden. Da die psychische Zwangssituation bei einem Irrtum nach § 35 Abs. 2 StGB dieselbe ist wie bei real bestehender Entschuldigungssituation, kann nichts anderes gelten. Daher muss dem Hintermann die Tatherrschaft zukommen. Hätte sich A tatsächlich nur durch die Tötung des B vor dem Ertrinken retten können, so wäre er nach § 35 Abs. 1 StGB entschuldigt gewesen. Durch die Täuschung und die damit verbundene Ausübung von Druck, konnte der A den Willen des B beherrschen und hatte daher die Tatherrschaft inne. Auf die Unvermeidbarkeit des Irrtums kommt es dabei nicht an, da die Drucksituation immer dieselbe ist. Somit liegt bei Hervorrufen einer vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB stets mittelbare Täterschaft des Hintermanns in Form des Täters hinter dem Täter vor.

3. Der Dohna-Fall – Der manipulierte error in persona Ebenfalls viel diskutiert wird der sogenannte Dohna-Fall und die Abwandlungen von diesem, welche unter der Bezeichnung „manipulierter error in persona“ oder „Täuschung über die Identität des Opfers“ erörtert werden.461 Der ursprünglich von Dohna gebrachte Fall ging wie folgt: „Fuchs erfährt, dass Mitglieder einer geheimen Organisation, die er verraten hat, ihm an einem bestimmten Abend an einer einsamen Stelle seines gewohnten Spazierganges auflauern wollen, um ihn zu erschießen. Auf das Zustandekommen des Entschlusses der Organisation hatte vor allem ein gewisser Luchs hingewirkt, während Schütz sich zur Ausführung der Tat erboten hatte. Luchs hatte schon seit längerer Zeit ein Fräulein Lind mit Liebesanträgen vergeblich bestürmt, wovon Fuchs Kenntnis erhalten hatte. Nun schickte Fuchs dem Luchs ein Telegramm, in dem Luchs zu einem Stelldichein an der oben erwähnten Stelle zu der Zeit des von Schütz geplanten Anschlags aufgefordert wurde, und unterschrieb das Telegramm mit dem Namen Lind. Luchs erschien auf das Telegramm hin zu der von Fuchs angegebenen Stunde an der bezeichneten Stelle und wurde von der Kugel des Schütz (tödlich) getroffen.“462

Dieser Fall weist einige Besonderheiten auf. Zum einen steht der Hintermann in keinerlei direktem Kontakt zu dem Vordermann. Er wirkt vielmehr lediglich auf das spätere Opfer ein und nur mittelbar durch dieses auf den Vordermann. Zum anderen weiß der Hintermann von den Absichten des Vordermanns und plant dessen Verhalten erfolgreich ein. In der Literatur wird – mit unterschiedlicher Argumentation und Wertung der beschriebenen Besonderheiten – vielfach davon ausgegangen, dass 461 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 104; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 102 ff. 462 Dohna, Übungen im Strafrecht und Strafprozeßrecht, S. 93 f.

III. Teilweise Anerkennung

229

es sich beim Dohna-Fall um eine Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft in Form des Täters hinter dem Täter handelt.463 Diese Einordnung begegnet aber auch heftiger Kritik.464 So wird der Hintermann auch teilweise als Nebentäter,465 als Anstifter466 oder als Gehilfe467 angesehen, während andere sich schlicht mit dem Hinweis begnügen, dass es sich um Teilnahme handeln müsse, ohne dabei zu spezifizieren, welche Form der Teilnahme konkret einschlägig ist.468 a) Das kriminalpolitische Argument Zuvorderst sei hier die Kritik an dem Argument Roxins aufgegriffen, dass der Hintermann bei Ablehnung von mittelbarer Täterschaft überhaupt nicht strafbar ist, was unmöglich dem Willen des Gesetzgebers entsprechen könne und ein „haarstäubendes Ergebnis“ sei.469 Derartige kriminalpolitische Erwägungen werden öfter, vor allem auch im Rahmen der Selbstschädigung, angestellt und zumindest als unterstützendes Argument angeführt.470 Beispielsweise möchte Spendel im „DohnaFall“ keine Beihilfe annehmen, da der Hintermann ebenso strafwürdig erscheine wie

463 Vgl. nur Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 24; Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 142; Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 144; Sax, ZStW 69. Band (1957), S. 412 (434); Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 58; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 230 f.; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 294; Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (248); Neumann, JA 1987, S. 244 (250); Schmidhäuser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 14 Rn. 49; M. Köhler, Strafrecht AT, S. 508; Küpper, GA 1998, S. 519 (529). Wohl auch Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 74. 464 Etwa Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (516). 465 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 111; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167 ff.); Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 5 f.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 667; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51 f.; Puppe, GA 2013, S. 514 (529); Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (242); Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 23; Wessels/ Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 855. Murmann, Die Nebentäterschaft im Strafrecht, S. 139, 215 ff. möchte zumindest zusätzlich von Nebentäterschaft sprechen. 466 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 361; Joecks/ Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 121; Otto, JURA 1987, S. 246 (255); Otto, Grundkurs Strafrecht, § 21 Rn. 90 f. Wohl auch H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 76 f. 467 Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 115; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 118; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 130 Fn. 658; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 83 f. 468 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 78; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 295; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 102; Joerden, Strukturen des strafrechtlichen Verantwortlichkeitsbegriffs, S. 78 Fn. 189. 469 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. 470 Siehe unten Kapitel 5 III.

230

Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

der Ausführende und eine Beihilfe daher „nicht angemessen“ sei.471 Jedoch kann die Feststellung eines Strafbarkeitsbedürfnisses respektive der Strafwürdigkeit ganz allgemein, also unabhängig von dieser konkreten Situation, nicht als Argument dienen.472 Ebenso wenig wie die Zweckmäßigkeitserwägungen die Ablehnung eines Täters hinter dem Täter begründen konnten,473 können Strafbarkeitsbedürfnisse hier dessen Annahme tragen. Der Strafrechtswissenschaft kommt nämlich keinesfalls die Aufgabe zu, zu erklären welche Taten bestraft werden müssen und dann dementsprechend die Kriterien zur Ermittlung der Strafbarkeit abzuändern, um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen.474 Ein kriminalpolitisches Bedürfnis in Bezug auf die Strafbarkeit eines Verhaltens kann somit nur Mängel im Sinne von bestehenden Strafbarkeitslücken im Gesetz aufzeigen, deren Behebung jedoch Aufgabe des Gesetzgebers ist.475 Aber auch im Speziellen, also in Bezug auf die Fallkonstellation des manipulierten error in persona, erscheint die Argumentation Roxins nicht plausibel. So schreibt er, dass „C seinen Feind D aus der Welt schaffen dürfe, ohne dafür strafrechtlich belangt werden zu können!“476 Dies mag stimmen, allerdings ist das auch bei der Selbstschädigung der Fall. Vergegenwärtigen wir uns nur das oben angeführte Beispiel, in welchem der Arzt A seinen Nebenbuhler B dadurch in den Suizid treibt, dass er ihm einen baldigen, qualvollen Tod diagnostiziert.477 Auch in diesem Fall wäre der A straflos, wenn man nicht mittelbare Täterschaft annehmen wollte. Auch hier könnte der A jemanden aus der Welt schaffen bzw. schaffen lassen, ohne strafrechtlich belangt zu werden. Hinzu kommt noch, dass hier überhaupt niemand für den Tod des B strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, während beim „Dohna-Fall“ zumindest der Ausführende als Täter bestraft werden kann. Das Strafbedürfnis ist damit wohl sogar noch höher.478 Dieses Ergebnis müsste folglich für Roxin ebenfalls haarsträubend und damit nicht hinnehmbar sein. Dennoch möchte Roxin grundsätzlich keine mittelbare Täterschaft annehmen und hiervon nur dann eine Ausnahme machen, wenn der Selbstschädigende in eine § 20 StGB entsprechende seelische Paniksituation gerät.479 Allerdings möchte Roxin deshalb kein 471 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167). Ähnlich Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51 nach dem das Gewicht des geleisteten Tatbeitrags nicht von der Beihilfe abgedeckt wird. 472 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 68. 473 Siehe oben Kapitel 4 II. 5. 474 So schon Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 12 f.; Wolf, FSSchroeder 2006, S. 415 (420). Ähnlich Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 128. 475 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 92; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (229). Vor den Gefahren kriminalpolitischer Erwägungen warnen auch Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 4, 215; Joerden, FS-Puppe 2011, S. 563 (565). 476 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. 477 Siehe oben Kapitel 1 II. 1. 478 Vgl. Koch, Jus 2008, S. 399 (401) der das Ergebnis der Straflosigkeit für rechtspolitisch bedenklich hält. 479 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106.

III. Teilweise Anerkennung

231

kriminalpolitisches Bedürfnis erkennen, da man erwarten könne, dass niemand Suizid begeht bevor er nicht eine Zweitmeinung von einem Spezialisten eingeholt hat.480 Doch braucht man den Ausgangsfall nur dadurch zu erweitern, dass der konsultierte Spezialist ein Freund des täuschenden Arztes ist und deshalb die falsche Diagnose bestätigt, um dieses Argument zu entkräften. Letztlich verbleibt die Feststellung, dass ein kriminalpolitisches Bedürfnis der Strafbarkeit in einem Fall als Argument herangezogen wird, während es in einem anderen Fall in dem ein ebenso großes – wenn nicht sogar größeres481 – Bedürfnis nach Bestrafung besteht nicht herangezogen wird. Abgesehen von diesem inkonsequent erscheinenden Ergebnis zeigt dieses Beispiel auch die Gefahren kriminalpolitischer Erwägungen auf. So soll das Bedürfnis nach Strafbarkeit im Dohna-Fall bereits dadurch entstehen, dass der Hintermann seinen Feind sonst straflos beseitigten konnte, während bei dem Selbstschädigungsfall dieser Grund nicht mehr genügen soll. Vielmehr soll das Strafbarkeitsbedürfnis entfallen, weil die Handlung des Vordermanns schwer nachvollziehbar erscheint. Dies zeigt auf, wie schwierig es sein kann festzustellen, ob tatsächlich ein Strafbarkeitsbedürfnis besteht und welche Kriterien für diese Feststellung entscheidend sein sollen. Weshalb es umso wichtiger ist zu betonen, dass mit der Feststellung dieser kriminalpolitischen Bedürfnisse lediglich vorhandene Lücken im Gesetz aufgezeigt werden können, denn obschon der Wissenschaft nicht die Aufgabe zukommt, festgestellte Gesetzeslücken durch (systemwidrige) Abänderung der Kriterien zur Ermittlung der Strafbarkeit zu schließen, bleibt sie dennoch dazu aufgerufen, die vom Gesetzgeber geschaffenen Regeln zu überprüfen.482 Die abschließende Beurteilung, ob diese Lücken tatsächlich bestehen – die Einschätzung in Bezug auf das kriminalpolitische Bedürfnis also geteilt wird oder nicht – und wie sie zu schließen sind, ist jedoch die alleinige Aufgabe des Gesetzgebers. Es bleibt somit festzuhalten, das kriminalpolitische Erwägungen keine Begründung zur Annahme von mittelbarer Täterschaft tragen können. Sie haben bei der Ermittlung der Beteiligungsform nichts verloren.483 b) Die Einstufung des Hintermanns als Nebentäter Abgesehen von der Einordnung des Hintermanns als mittelbarer Täter wird teilweise vertreten, dass es sich um einen Fall der Nebentäterschaft handle.484 Welzel 480

Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106. Siehe hierzu auch Kapitel 5 III. 482 Bolowich, Urheberschaft und reflexives Verständnis, S. 6. 483 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 68. 484 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 111; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167 ff.); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51 f.; Puppe, GA 2013, S. 514 (529); Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 5 f.; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (242); Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 23; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 855. Murmann, Die Ne481

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

begnügt sich dabei auf den Hinweis, dass es sich mangels Abhängigkeit des Vordermanns vom Hintermann um eine Nebentäterschaft handle.485 Herzberg führt kriminalpolitische Motive an und meint, dass man einen „zwingenden Beweis für die Richtigkeit dieser Lösung […] nicht erwarten“ darf.486 Dagegen liefert Spendel eine ausführlichere Begründung. Für ihn spricht gegen die Annahme von mittelbarer Täterschaft im „Dohna-Fall“, dass die Situation nicht zur mittelbaren Täterschaft passe. Die mittelbare Täterschaft zeichne sich wie die Anstiftung dadurch aus, dass die Bedingungen hintereinander verknüpft sind, also der Hintermann auf den Vordermann und der Vordermann wiederum auf das Tatobjekt einwirkt.487 Die unmittelbare Einwirkung des Hintermanns richtet sich also auf den Vordermann, während er auf das Tatobjekt nur mittelbar einwirkt.488 Für den Normalfall der mittelbaren Täterschaft gibt Spendel folgende Grafik:489

[ [intermann

4

9

4²rÕermann

9°fer

Abbildung 3: Darstellung von Spendel, a. a. O.

Im „Dohna-Fall“ sei diese Konstellation aber nicht gegeben. Vielmehr wirke der Hintermann hier unmittelbar auf das Tatobjekt und lediglich durch dieses mittelbar auf den Vordermann ein, indem er es zum Tatort schickt und dadurch ein error in persona beim Vordermann ausgelöst wird.490 Die Situation entspreche der folgenden Grafik:491

T

z¯ô²rÕer¯nÒ

Teñentäter

9

^anÒ ‰¯m Tat²rt

9°fer

9

5ch¯ss

9°fer

T Teñentäter

Abbildung 4: Darstellung von Spendel, a. a. O.

bentäterschaft im Strafrecht, S. 139, 215 ff. möchte zumindest zusätzlich von Nebentäterschaft sprechen. 485 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 111. 486 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51. 487 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167 f.). 488 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (168). 489 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (168). 490 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (168). 491 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (168).

III. Teilweise Anerkennung

233

Die Situation sei demnach genau umgekehrt wie bei der mittelbaren Täterschaft. Es handle sich um einen Fall der Nebentäterschaft.492 Zur Veranschaulichung weist Spendel darauf hin, dass die Situation auch nicht anders sei, als wenn der Hintermann das Tatobjekt zu einem Treffen in einem verminten Waldstück bestellt. Auch in diesem Falle wäre unmittelbare Täterschaft gegeben.493 Obwohl man der Feststellung, dass es sich bei dem „Dohna-Fall“ insofern nicht um eine typische Konstellation der mittelbaren Täterschaft handelt, als dass der Hintermann hier tatsächlich nicht unmittelbar auf den Vordermann einwirkt, nicht wiedersprechen kann, bleibt von dieser Kritik aber unerwähnt, dass es auch keine – jedenfalls keine typische – Konstellation der Nebentäterschaft ist. Denn weder die Nebentäterschaft, noch die gewöhnliche unmittelbare (Allein-)Täterschaft zeichnen sich dadurch aus, dass der Tatplan durch einen anderen verwirklicht wird.494 Schließlich scheidet eine Zurechnung fremden Verhaltens bei der Nebentäterschaft aus.495 Die Verwirklichung des Tatplans durch einen anderen ist vielmehr ein Charakteristikum der mittelbaren Täterschaft, während bei der Nebentäterschaft mehrere Täter unabhängig voneinander einen Deliktstatbestand hinsichtlich des gleichen Rechtsguts erfüllen.496 Auch Schroeder weist darauf hin, dass zwischen dem Tätigwerden zweier Täter welche ohne Wissen vom jeweils anderen agieren und dem Einplanen und Ausnutzen des Handelns des zweiten Täters durch den ersten Täter, ein bedeutsamer Unterschied besteht.497 Durch dieses Einplanen und Ausnutzen der Handlung des unmittelbaren Täters – dem Verwirklichen des Tatplans durch einen anderen – steht der „Dohna-Fall“ der mittelbaren Täterschaft deutlich näher als der Nebentäterschaft.498 Daher ist der Vergleich des „Dohna-Falls“ mit dem Locken des Tatobjekts in ein vermintes Gelände den Spendel anstellt auch nicht treffend. Denn im „Dohna-Fall“ steht zwischen dem Erscheinen des Opfers am Tatort und der Ausführung der Tötung noch der Willensentschluss eines Menschen, während in dem anderen Fall der Willensentschluss mit Platzierung und Scharfschaltung der Minen bereits erfolgt ist. Bei der Explosion der Minen handelt es sich um das Wirken einer

492

Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (168). Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (169). So argumentiert auch Puppe, GA 2013, S. 514 (529), wenn sie schreibt, dass der Hintermann den Ausführenden zur Tötung des Opfers ausnutzt, „wie er eine Naturkraft dazu ausnutzen könnte, indem er beispielsweise sein Opfer auf die dünne Schneedecke über einer Gletscherspalte lockt.“ Ein ähnliches Beispiel findet sich bei Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 51. 494 So schon Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 104. Ähnlich Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 78. 495 Fischer, StGB, § 25 Rn. 53; Kreuzberg, Täterschaft, S. 461. 496 Weber, in: Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, 11. Auflage, § 29 Rn. 4; Joecks/ Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 2; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 8; Baumann, Beiträge zur Strafrechtsdogmatik, S. 176. 497 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 219. 498 So auch Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 219. 493

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Naturkraft, die nicht mit dem Willensentschluss eines Menschen gleichzusetzen ist.499 Zudem scheint die Darstellung Spendels die Situation auch nicht korrekt zu beschreiben. Seine Darstellung zeigt eine Situation auf, in der der Ausführende unabhängig vom Hintermann das Opfer erschießt. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wirkt der Hintermann, wie Spendel selbst schreibt, mittelbar über das Opfer auf den Ausführenden ein. Daher stellt sich die Situation wie folgt dar:

[

z¯ô²rÕer¯nÒ

[intermann

9

^anÒ ‰¯m Tat²rt

9°fer

9

crreÒ¯nÒ Ões err²r in °ers²na

9°fer

4

5ch¯ss

4²rÕermann

9 9°fer

Abbildung 5: Eigene Darstellung

Die Bedingungen in der Kausalkette sind also durchaus linear hintereinander verknüpft. Vom Normalfall der mittelbaren Täterschaft unterscheidet sich der „Dohna-Fall“ lediglich dadurch, dass der mittelbare Täter nicht unmittelbar auf den Vordermann einwirkt, sondern ein weiteres menschliches Glied zwischenschaltet und durch dieses mittelbar auf den Vordermann einwirkt. Dass der Hintermann nicht oder zumindest nicht unmittelbar auf den Vordermann einwirkt, also die besondere Art der Kausalkette in diesem Fall, hindert aber nicht an der Annahme von mittelbarer Täterschaft.500 Man denke nur an den Fall, dass der Hintermann heimlich das Insulin, welches die Krankenschwester einem Patienten spritzen wird, mit einem Gift vertauscht, oder dass der Hintermann ein Getränk vergiftet, welches ein Nichtsahnender dem Opfer servieren soll.501 Es zeigt sich hieran, dass es bei der Ermittlung der Willensherrschaft nicht darauf ankommt, dass der Täter direkt auf den Vordermann einwirkt. Daher kann es auch keine Rolle spielen, ob der Täter die Täuschung beim Vordermann direkt bewirkt hat oder ob er sich noch verdeckter im Hintergrund hält und die Täuschung vermittelt durch eine weitere Person – sei es auch durch das Opfer selbst – hervorruft. Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass die Annahme von Nebentäterschaft im „Dohna-Fall“ keine Zustimmung verdient. Die Situation entspricht schlicht nicht den 499 So auch Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 219 f.; Joecks/ Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 123. Diesen Irrweg der Gleichsetzung einer Naturkraft mit dem Willensentschluss eines Menschen bestreitet auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239, wenn er ausführt, dass die Situation in Bezug auf den Tatplan des Hintermanns und den Tod des Opfers genauso sei, wie wenn der Hintermann das Opfer dazu bringt eine vermeintlich gefahrlose Starkstromleitung zu berühren. 500 Kadel, GA 1983, S. 299 (306); Baumann, JZ 1958, S. 230 (234); Kotsalis, Die mittelbare Täterschaft, S. 33. 501 Kadel, GA 1983, S. 299 (306).

III. Teilweise Anerkennung

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Kriterien der Nebentäterschaft, da der Ausführende nicht unabhängig vom Hintermann handelt. Vielmehr hängt der Eintritt des Erfolges trotz Handlung des Hintermanns noch von der Handlung und dem Willensentschluss eines anderen Menschen ab, der Hintermann hat noch einen Tatmittler vor sich.502 Man kann sich hier – angesichts der vorgetragenen Begründungen – des Eindrucks nicht erwehren, dass versucht wird die Handelnden zu Nebentätern zu erklären, um nicht die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter anerkennen zu müssen.503 So schreibt Spendel, dass es von einer normativen Betrachtung aus nicht korrekt sei, dass zwischen der Einplanung von Naturkräften und dem in diesem Fall bestehenden Tatentschluss eines Menschen ein fundamentaler Wertunterschied besteht, „weil sonst alle Abgrenzungen unsicher werden.“504 Letztlich wird mit der Gleichsetzung des Ausführenden mit einer Naturkraft jedoch eingestanden, dass der Hintermann diese einplanen und beherrschen konnte. So wird doch anerkannt, dass der Hintermann in dieser Fallkonstellation mit großer Sicherheit vorhersehen kann, wie der Vordermann auf den Irrtum reagieren wird und das Handeln des Vordermanns demnach mit einplanen kann. Fincke schreibt deshalb: „Dieser Begriff [der Nebentäterschaft] muß hier dazu herhalten, terminologisch zu verschleiern, daß die Figur des Täters hinter dem Täter sachlich akzeptiert wird.“505 Völlig zurecht spricht Koch daher von einer ergebnisorientierten Behelfskonstruktion.506 c) Die Einstufung des Hintermanns als Anstifter Vereinzelt wird zudem Vertreten, dass der Hintermann im „Dohna-Fall“ als Anstifter einzustufen ist.507 Der Annahme von Anstiftung stehen jedoch zwei Probleme entgegen. Zum einen hatte der Vordermann im „Dohna-Fall“ bereits den (abstrakten) Vorsatz gefasst einen Menschen zu töten. Daher könnte es sich bei dem Vordermann um einen omnimodo facturus handeln; in diesem Fall wäre eine Anstiftung nicht möglich.508 Zum anderen fehlt es im „Dohna-Fall“ an einer unmittelbaren Einwirkung des Hintermanns auf den Vordermann.

502

Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 123. Bloy spricht diesbezüglich von einer Annäherung an diese Position (Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 364). 504 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (169). 505 Fincke, GA 1975, S. 161 (167). 506 Koch, JuS 2008, S. 399 (402). Ebenso Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 105. 507 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 361; Joecks/ Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 121; Otto, JURA 1987, S. 246 (255); Otto, Grundkurs Strafrecht, § 21 Rn. 90 f. 508 Dieses Problem stellt sich nicht, wenn man wie etwa Puppe, GA 2013, S. 514 (521) entgegen der überwiegenden Ansicht die Existenz eines omnimodo facturus ablehnt, also die Anstiftung eines Vordermanns, der bereits einen Verbrechensplan hegt für möglich hält. 503

236

Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Was den bereits gefassten Entschluss des Vordermanns zur Tötung eines Menschen anbelangt, so ist zwischen einer abstrakten und einer konkreten Betrachtungsweise zu unterscheiden. Stellt man auf den konkreten Handlungsplan des Vordermanns ab, so hatte dieser den Entschluss gefasst einen konkreten Menschen zu schädigen, nicht aber das letztliche Opfer. Zwar war er bereits entschlossen einen Menschen zu schädigen, jedoch war er nicht dazu entschlossen denjenigen zu schädigen, den er letztlich auch geschädigt hat. Nach dieser Betrachtungsweise – nach welcher es auf die Identität des Menschen und damit des Tatobjekts ankommt – wäre eine Anstiftung daher grundsätzlich möglich. Stellt man dagegen auf die abstrakte Betrachtungsweise ab – nach welcher es lediglich darauf ankommt, dass der Vordermann bereits zur Schädigung eines Tatobjekts i. S. d. Tatbestandes entschlossen war – so war der Vordermann bereits zur Tötung entschlossen und konnte demnach nicht mehr angestiftet werden.509 Kutzner und Spendel wenden daher auch eine konkrete Betrachtungsweise an, wonach der Tatentschluss zur Schädigung des konkreten Tatobjekts entscheidend sei.510 Sie erkennen auch an, dass die Tat dadurch zu einer anderen wird, da der Hintermann dem Vordermann ein anderes Tatobjekt unterschiebt, sehen hierin aber grundsätzlich eine Anstiftung.511 Ob eine konkrete Betrachtungsweise in diesem Sinne anzusetzen ist, ist im „Dohna-Fall“ jedoch überhaupt nicht entscheidend, da ein anderes Charakteristikum dieses Falles ein unüberwindliches Hindernis für die Annahme von Anstiftung darstellt. Namentlich handelt es sich um die Ermangelung einer unmittelbaren Einwirkung des Hintermanns auf den Vordermann. Möchte man das „Bestimmen“ im Sinne des § 26 StGB nicht auf das bloße Verursachen des Tatentschlusses oder Arrangieren einer tatanreizenden Situation reduzieren, muss man zumindest einen geistigen Kontakt zwischen Anstiftendem und Angestifteten verlangen.512 So sehen auch Kutzner und Spendel, dass für die Anstiftung eine kommunikative Beeinflussung des Vordermanns durch den Hintermann gegeben sein muss.513 An dieser fehlt es aber im „Dohna-Fall“. Daher kommt eine Anstiftung nicht in Betracht.514

509

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 223; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (170). 511 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 223; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (169 f.). 512 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 291; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 118; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 101; Amelung, FS-Schroeder 2006, S. 147 (178); Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 102. Noch strenger beispielsweise Kaspar, Strafrecht AT, § 6 Rn. 72 ff. Puppe, GA 2013, S. 514 (517) hält gar die Schließung eines Unrechtspakts für erforderlich. 513 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 225; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (167). 514 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 118; Koch, JuS 2008, S. 399 (402). A. A. Bloy, welcher die Schaffung einer provozierenden Situation ausreichen lässt (Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 329). 510

III. Teilweise Anerkennung

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d) Die Einstufung des Hintermanns als Gehilfe Auch wird eine Einordnung des Hintermanns als Gehilfe vertreten.515 So hat etwa Kutzner einen Versuch unternommen im „Dohna-Fall“ Beihilfe des Hintermanns zu begründen. Dabei verweist er darauf, dass die Annahme von mittelbarer Täterschaft oder Nebentäterschaft von einigen Autoren auch darauf beruht, dass die Annahme von Teilnahme beim Hintermann nicht für möglich gehalten wird und versucht im Folgenden zu begründen, dass doch eine Teilnahme möglich sei.516 Bereits an diesem Punkt muss man einwenden, dass die Möglichkeit den Hintermann als Teilnehmer anzusehen – sofern sich das begründen lässt – nicht ausreichend ist, um zu widerlegen, dass der Hintermann als mittelbarer Täter zu bestrafen ist. Unserem Strafrecht liegt ein primärer Täterbegriff zu Grunde.517 Die Teilnahmestrafbarkeit ergibt sich daher erst, wenn eine Bestrafung als Täter ausscheidet. Selbst wenn man der – sogleich darzustellenden – Argumentation Kutzners folgen würde, wäre dies kein Beleg dafür, dass nicht mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben ist. Die Möglichkeit der Teilnahmestrafbarkeit kann also allenfalls das kriminalpolitische Argument in Form einer ansonsten nicht gegebenen Strafbarkeit widerlegen, welches jedoch ohnehin abzulehnen ist.518 Doch auch sonst kann Kutzners Argumentation nicht zugestimmt werden. Er erkennt zwar an, dass eine Anstiftung mangels kommunikativer Beeinflussung ausscheidet, meint jedoch es könne sich daher nur um Beihilfe handeln.519 Liege eine kommunikative Beeinflussung vor, so sei die Erregung eines error in persona beim Vordermann als Anstiftung des Hintermanns zu werten. Mangele es dagegen an einer kommunikativen Beeinflussung, wird die Tat dennoch zu einer anderen und der Hintermann, der eine – im Vergleich zur Anstiftung – „mindere Motivation“ geschaffen hat, ist Gehilfe.520 Die Beihilfehandlung wird hiernach in der Schaffung der Motivation zur Ausführung der konkreten Tat durch den Hintermann gesehen, also in einer (durch das Opfer vermittelten) psychischen Einwirkung. Selbst wenn man grundsätzlich eine psychische Beihilfe in den Situationen, in denen der Tatentschluss hervorgerufen wurde, der Grad der Anstiftung aber noch nicht erreicht wurde, für möglich halten möchte,521 so ist damit noch nicht gesagt, ob man auch im Fall des Hervorrufens eines error in persona von einer Beihilfe sprechen kann. 515

Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 115; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 118; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 83 f. 516 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 222 ff. 517 Vgl. hierzu Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. Vgl. auch Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 58. 518 Siehe oben Kapitel 4 III. 3. a). 519 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 225. 520 Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 225. 521 So beispielsweise Puppe, GA 2013, S. 514 (518); Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 27 Rn. 15.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Kutzner geht mithin nicht darauf ein, ob es möglich ist bei der Unterschiebung eines anderen Tatobjekts noch von „Hilfe leisten“ sprechen zu können, wie es § 27 Abs. 1 StGB erfordert. Dies scheint aber zweifelhaft, denn der Tatplan des Ausführenden wird durch den Hintermann zunichtegemacht.522 Dies als Hilfeleisten i. S. d. § 27 Abs. 1 StGB anzusehen, wo doch ein Tätigwerden zu Gunsten des Ausführenden umschrieben wird, scheint den Wortlaut unerträglich zu strapazieren. Allerdings muss man konzedieren, dass es auf den Bezugspunkt des Hilfeleistens ankommt. So kann das Hilfeleisten in Bezug auf die Tat, wie sie sich der Vordermann vorgestellt hat, verstanden werden. Nach diesem Verständnis wäre eine Beihilfe im „Dohna-Fall“ abzulehnen, da der Hintermann die vom Vordermann gewollte Tat dadurch zunichtemacht, dass er ihm ein anderes Tatobjekt unterschiebt. Dies entspricht wohl dem intuitiven – in der Bevölkerung vertretenen – Vorstellungsbild von Beihilfe, weshalb es dem Rechtsgefühl auch Unbehagen bereitet, Beihilfe im Unterschieben eines anderen Tatobjekts anzunehmen. Auch bei der Annahme von Beihilfe im „Dohna-Fall“ handelt es sich mit den Worten Kochs um eine ergebnisorientierte Behelfskonstruktion.523 Man kann jedoch, wie es aus Kutzners Perspektive wohl naheliegt, auch das Hilfeleisten i. S. d. § 27 Abs. 1 StGB als Hilfeleisten zur Erfüllung des konkret verwirklichten Deliktstatbestands ansehen. Hiernach käme es darauf an, ob der Hintermann dem Vordermann zu seiner konkreten, vorsätzlich (wenn auch mit falschem Vorstellungsbild) begangenen Tat hilfegeleistet hat. Es wäre also hier nur zu fragen, ob der Hintermann dem Vordermann bei der Tötung des konkreten Menschen hilfegeleistet hat. Diesbezüglich müsste man sagen, dass der Hintermann im „Dohna-Fall“ dem Vordermann insofern hilfegeleistet hat, als dass er die Tötung des konkreten Menschen durch sein Wirken erst möglich gemacht hat, indem er die Motivation des Vordermanns zur Tötung des konkreten Tatobjekts geschaffen hat. Ein solches Verständnis wäre mit dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 StGB noch vereinbar. Allerdings unterliegt eine solche Betrachtungsweise Bedenken. Zunächst ist zu bedenken, dass der Täter von dem Tätigwerden des Hintermanns nichts weiß. Ob eine solche heimliche Beihilfe im Falle der psychischen Beihilfe, welche nur über die Psyche des Täters wirkt, überhaupt möglich ist, unterliegt bereits Zweifeln.524 Am eindeutigsten spricht gegen diese konkrete Betrachtungsweise, nach der die Schaffung der Motivation zur Tötung des konkreten Menschen als Hilfeleisten angesehen wird, jedoch, dass diese bei der mittelbaren Täterschaft abgelehnt wird.525 Dort wird es für unerheblich gehalten, dass der Hindermann die Motivation zur Tötung des konkreten Opfers geschaffen hat, weil es für den Vorsatz des Vordermanns auf die abstrakte Menschqualität ankommt.526 Wenn nun ein Hilfeleisten zu 522 523 524 525 526

Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 103. Koch, JuS 2008, S. 399 (402). Dagegen: Rengier, Strafrecht AT, § 45 Rn. 86. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 105. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 25.

III. Teilweise Anerkennung

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der vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat des Vordermanns in Rede steht, so kann es – da es ja für diese vorsätzlich begangene Haupttat ebenfalls unerheblich ist – nicht auf die Motivation zur Tötung des konkreten Opfers ankommen. In Bezug auf die abstrakte Menschqualität liegt aber keine psychische Beihilfe vor.527 Die vorsätzlich begangene Haupttat bezieht sich auf die Tötung eines Menschen und hierzu war der Vordermann bereits entschlossen. Der Vordermann wollte die Person, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort erscheint und gegebenenfalls gewisse Erscheinungsmerkmale aufweist töten. Hieran hat das Einwirken des Hintermanns nichts geändert. War der Vordermann also bereits zur Erfüllung eines Deliktstatbestands und damit zur Begehung einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat entschlossen, so ist das, durch Täuschung bewirkte, Unterschieben eines anderen (rechtlich gleichwertigen und daher den Vorsatz unberührt lassenden) Tatobjekts nicht als Hilfeleisten i. S. d. § 27 Abs. 1 StGB anzusehen.528 Die Handlung des Hintermanns kann also entgegen der Ansicht Kutzners nicht als Beihilfe eingestuft werden. Insgesamt scheidet eine Teilnahme des Hintermanns im „Dohna-Fall“ damit aus. e) Die Einstufung des Hintermanns als mittelbarer Täter Es ist daher auf die Frage zurückzukommen, ob der Hintermann mittelbarer Täter ist. Die bisherige Untersuchung hat hierzu mehrere Erkenntnisse gewonnen. Zum einen spricht die bloß mittelbare Einwirkung auf den Vordermann im „Dohna-Fall“ nicht gegen die Annahme von mittelbarer Täterschaft und es liegt kein Fall der Nebentäterschaft vor. Darüber hinaus folgt auch aus dem – aus der ansonsten bestehenden Straflosigkeit des Hintermanns gefolgerten – kriminalpolitischen Argument nicht die Annahme von mittelbarer Täterschaft. Daher ist der Blick auf die verbleibenden Merkmale der Fallkonstellation zu richten und zu fragen, ob diese für mittelbare Täterschaft sprechen. Die verbleibenden Merkmale sind die Einwirkung auf den Hintermann in Form des Hervorrufens eines error in persona, welcher wegen der Gleichwertigkeit der Tatobjekte unbeachtlich für die Strafbarkeit des Vordermanns ist, dass der Täter an sich bereits tatentschlossen ist und die Kenntnis des Hintermanns von der Tatentschlossenheit des Vordermanns. Für die Beantwortung der Frage, ob im „Dohna-Fall“ eine mittelbare Täterschaft gegeben ist, kann die zu betrachtende Fallkonstellation deshalb im Weiteren auf diese Merkmale reduziert werden: Der Vordermann möchte einen Feind töten, den er jedoch nicht kennt. Der Hintermann sieht seine Chance gekommen und redet dem Vordermann ein, dass es sich bei einer ihm lästigen Person um den Feind des Vordermanns handelt, woraufhin der Vordermann ihn tötet.

527 528

Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 105. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 103.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Besteht bei dem manipulierten error in persona ein geistiger Kontakt zwischen Vorder- und Hintermann, so entfällt das soeben als, für eine Ablehnung der Anstiftung, entscheidend angesehene Kriterium und es stellt sich die Frage, ob der Tatentschluss bereits bestand. Der Hintermann wird in einer solchen Konstellation häufig als Anstifter angesehen.529 Es sei auf den Tatentschluss zur Schädigung des konkreten Tatobjekts abzustellen (konkrete Betrachtungsweise),530 diesen Tatentschluss hat unstreitig der Hintermann hervorgerufen. Richtigerweise ist der Tatentschluss wie der Tatvorsatz gattungsmäßig (Tötung eines Menschen) zu bestimmen, also eine abstrakte Betrachtungsweise heranzuziehen, wodurch eine Anstiftung ausscheidet.531 Allerdings würde die Tatsache, dass eine Bestrafung nach § 26 StGB möglich wäre nichts daran ändern, dass die vorrangig zu prüfende mittelbare Täterschaft einschlägig ist (primärer Täterbegriff), sofern dies positiv begründet werden kann.532 aa) Der Irrtum über den konkreten Handlungssinn Mittelbare Täterschaft des Hintermanns wird insbesondere im Anschluss an die Argumentation Roxin533 angenommen, welcher an den error in persona anknüpft. Für ihn ist also der Irrtum des Vordermanns bezüglich der Identität des Tatobjekts ausschlaggebend. Dieser stelle ein Fall des Irrtums über den konkreten Handlungssinn dar. Bei einem solchen Irrtum habe der Hintermann die Herrschaft über den konkreten Handlungssinn der Tat und sei daher mittelbarer Täter. Hiermit begründet Roxin die Annahme von mittelbarer Täterschaft bei denjenigen Irrtümern, bei denen er mittelbare Täterschaft des Hintermanns annehmen möchte, obwohl es sich um Motivirrtümer handelt.534 So meint er, diese Irrtümer würden es dem Hintermann erlauben das Geschehen nach „seiner überschießenden Kenntnis sinnverwirklichend allein zu gestalten; denn der unmittelbar ausführende kann dem, was seinem Verständnis nicht zugänglich ist, seinen freien Willen nicht hemmend und selbstentscheiden entgegensetzen“.535 Bei einem manipulierten error in persona habe nun lediglich der Hintermann die Tatherrschaft über den konkreten Handlungssinn – namentlich die Tötung des untergeschobenen Opfers – inne,536 die Personenaus529 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 63; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 937; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 114; Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (169); Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 225 f. 530 Spendel, FS-Lange 1976, S. 147 (170). A. A. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 105 der die Möglichkeit einer konkreten Betrachtungsweise bei der Anstiftung verneint. 531 Kreuzberg, Täterschaft, S. 459. 532 Murmann, Die Nebentäterschaft im Strafrecht, S. 114. 533 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. 534 Mit Ausnahme der kodifizierten Motivirrtümer. Siehe oben Kapitel 2 II. 1. c). 535 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 257. 536 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 238.

III. Teilweise Anerkennung

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wechslung mache die Tat mithin zu einer anderen.537 Daher werde die Tötung des untergeschobenen Opfers lediglich durch den Hintermann beherrscht, indem dieser die Tat umlenkt.538 Der Vordermann handle in Bezug auf die Identität des Tatobjekts unvorsätzlich. Lediglich was die allgemeinen Merkmale des Tatobjekts – etwa dessen Menschqualität – angeht handelt er vorsätzlich. Insofern steht dieser Irrtum den Fällen des Tatumstandsirrtums recht nahe, in welchen der Vordermann nicht weiß, dass er das Tatobjekt schädigt. Die Fälle unterscheiden sich allerdings dahingehend, dass die Identität des konkreten Tatobjekts eben kein Bestandteil des Tatbestands ist. Aus diesem Grund wird gegen den Irrtum über den konkreten Handlungssinn häufig vorgetragen, dass durch das Abstellen auf den konkreten Handlungssinn außertatbestandliche Irrtümer als für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend angesehen und damit die Tatbestandsbezogenheit der Tatherrschaftslehre aufgeben werde.539 Gerade hinsichtlich der Annahme von mittelbarer Täterschaft bei Erregung eines error in persona kritisiert Herzberg, dass der Vordermann kein blindes Werkzeug des Hintermanns sein könne, wenn er in Bezug auf den Deliktstatbestand wissender, unrechtsbewusster und ungenötigter Täter sei.540 Blind sei der Vordermann vielmehr lediglich bezüglich des fiktiven Tatbestandsmerkmals der konkreten Person die getötet wird. Das überlegene Wissen hinsichtlich konkreter Umstände könne jedoch keine rechtserhebliche Tatherrschaft vermitteln, wenn das betreffende Tatbestandsmerkmal abstrakt gefasst ist. Die Tatherrschaft gehe „gewissermaßen ins Leere“.541 Hierauf reagiert Roxin mit dem Einwand, dass durch die Personenauswechslung die Qualität des tatbestandlichen Unrechts geändert wird.542 Hinzu komme, dass der error in persona den Vordermann zwar nicht entlasten könne, hiermit aber noch nicht gesagt sei, dass eine Belastung des Hintermanns nicht möglich ist.543 Tatsächlich muss Roxin diesbezüglich zugestimmt werden. Das Argument der Aufgabe der Tatbestandsbezogenheit der Tatherrschaftslehre sagt doch nichts weiter aus, als dass die Erregung von Motivirrtümern nicht für die Annahme von mittelbarer Täterschaft genüge. Die Tatherrschaft ist deshalb tatbestandsbezogen, weil hinsichtlich des jeweiligen Straftatbestands zu ermitteln ist, ob dessen Begehung im Sinne des § 25 StGB beherrscht wurde.544 Wenn nun behauptet wird, 537

Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (191). Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 24; Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 40. 539 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 25. Zustimmend Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 359; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 214; Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (515 f.); Otto, JURA 1987, S. 246 (255). 540 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 24. 541 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 24 f. 542 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (191). 543 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (191). 544 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 5; Bock, Strafrecht AT, S. 172; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87. 538

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

dass die Anerkennung mittelbarer Täterschaft bei Hervorrufen eines error in persona die Tatbestandsbezogenheit aufhebe, so kann dies nur bedeuten, dass eine Beherrschung lediglich dann möglich sein soll, wenn der Irrtum den Vordermann entlaste. Dies wiederum beantwortet zwar die Frage, ob bei Hervorrufen eines Motivirrtums eine mittelbare Täterschaft für möglich gehalten wird, es begründet dies aber nicht. Des Weiteren wird noch kritisiert, dass es zu einer Spaltung des Täterbegriffs komme. Für die unmittelbare Täterschaft genüge schließlich bereits die Tatbestandsmäßigkeit, also die Tötung eines Menschen unabhängig von dessen Identität, während bei der mittelbaren Täterschaft dagegen ein weiteres Merkmal, mithin die Identität des konkreten Opfers, erforderlich sei.545 Allerdings geht auch diese Kritik fehl, denn bei genauer Betrachtung kommt es nicht zu einer solchen Spaltung. Bei der unmittelbaren wie bei der mittelbaren Täterschaft ist die Tatbestandserfüllung erforderlich, also etwa das Töten eines Menschen, wobei es auf dessen Identität nicht ankommt. Die Unterschiede ergeben sich erst im Rahmen des „Begehens“ des Tatbestands nach § 25 Abs. 1 StGB, worunter die Beherrschung der Erfüllung des Straftatbestands zu verstehen ist.546 Wenn nun die Identität des konkreten Opfers für die Tatherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft relevant wird, während sie es für die Tatherrschaft bei der unmittelbaren Täterschaft nicht ist, so wird lediglich die erforderliche Tatherrschaft unterschiedlich bestimmt, je nachdem um welche Form von Täterschaft es sich handelt. Dies kann aber kaum kritisiert werden, sondern ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Festlegung von verschiedenen Täterschaftsformen und ist insoweit in § 25 StGB angelegt. Der Täterbegriff bleibt jedoch durchaus einheitlich in dem Sinne, dass Täter ist, wer die Tat begeht. Zweifelhaft erscheint allerdings, ob der Irrtum über den konkreten Handlungssinn dem Anspruch gerecht werden kann, eine Abgrenzung zum unbeachtlichen Motivirrtum zu ermöglichen.547 Dass das Abstellen auf den Bedeutungsgehalt der Tat eine Abgrenzung der beachtlichen von den unbeachtlichen Motivirrtümern kaum erreichen kann, wird schon bei Betrachtung der, ursprünglich von Roxin ebenfalls zum Irrtum über den konkreten Handlungssinn gezählten,548 Fallgruppe des Irrtums über taterhebliche Handlungsvoraussetzung deutlich.549 Beispielhaft für diese Fallgruppe ist die Täuschung eines Vordermanns darüber, dass dessen Frau eine Affäre mit einem Dritten habe, um zu erreichen, dass der Vordermann besagten Dritten verprügelt.550 Es lässt sich kaum leugnen, dass sich der Sinn der Handlung für den Vordermann insofern anders darstellt als für den Hintermann, als dass es dem Vordermann um die „Bestrafung“ eines Ehebrechers geht und dem Hintermann um die 545

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 359. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 848. 547 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 163; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 13; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 204. 548 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 241 f. 549 Siehe hierzu unten Kapitel 4 III. 6. c). 550 Siehe schon oben unter Kapitel 1 II. 2. 546

III. Teilweise Anerkennung

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Verletzung des Betroffenen aus anderen Motiven. Dem Vordermann wird in einem solchen Fall also tatsächlich der wahre Sinn der Handlung verschleiert.551 Gleichwohl gestand Roxin schon frühzeitig ein, dass dies keine Tatherrschaft des Hintermanns begründen kann und gab diese Fallgruppe wieder auf.552 Es wird hierbei deutlich, dass eine Täuschung über den wahren Sinn einer Handlung dem Hintermann jedenfalls nicht stets die Möglichkeit der Beherrschung des Geschehens vermittelt und hierdurch somit auch keine Unterscheidung zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern ermöglicht wird. Als allgemeines Abgrenzungskriterium kann das Abstellen auf den sozialen Sinngehalt daher nicht fungieren.553 Hiermit ist jedoch noch nicht geklärt, ob der Irrtum über den sozialen Sinngehalt im Rahmen einzelner Fallgruppen tatherrschaftsbegründend ist. Es bleibt also zu untersuchen, ob die Täuschung des Vordermanns über die Identität seines Opfers dem Hintermann die Tatherrschaft vermitteln kann. Roxin versucht dies mit der nachfolgenden Aussage zu beweisen: Wenn der Hintermann den Vordermann ohne Täuschung überredet, statt dem ursprünglich geplanten einen anderen Menschen zu töten, so liege zweifellos Anstiftung vor. Wenn aber bei Kenntnis des Vordermanns über die Umstände Anstiftung vorliege, müsse bei einer Täuschung über die Umstände mittelbare Täterschaft vorliegen.554 Wie Roxin klarstellt, geht es ihm um den Vorsatz des Vordermanns. Dieser sei auf ein bestimmtes Tatobjekt konkretisiert, weshalb er – wenn er einem error in persona – unterliegt, einen anderen Vorsatz verwirkliche (Tötung von Person B) als er eigentlich möchte (Tötung von Person A).555 Es geht hierbei also darum, dass in dem Hervorrufen einer Veränderung des Vorsatzes, welche selbst ohne Täuschung derart gravierend ist, dass sie für sich eine Anstiftung darstellt, erst recht eine mittelbare Täterschaft begründen muss, wenn sie durch Täuschung erfolgt. Hiergegen wird jedoch zu Recht eingewandt, dass die zu beweisende Tatsache (dass das Hervorrufen eines unbeachtlichen error in persona zur Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichend ist und es nicht bei der Anstiftung bleibt) nicht bewiesen, sondern schon als wahr vorausgesetzt wird. Es handelt sich um einen Zirkelschluss.556 Ferner würde dieses Argument dazu führen, dass man bei der Erregung jedweden Irrtums mittelbare Täterschaft annehmen müsste, wenn ohne die Täuschung eine Anstiftung gegeben wäre.557 Diese Konsequenz zieht Roxin aber nicht und sie würde auch seiner Ausdifferenzierung in un551

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 240 f. Vgl. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (188) und Fn. 48. 553 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 353. 554 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (191). 555 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 103. 556 So Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 25; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 359; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 213 f. 557 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 25; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 25. 552

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

beachtliche Motivirrtümer und Irrtümer über den konkreten Handlungssinn widersprechen. Insgesamt gelingt es Roxin somit nicht die Annahme von mittelbarer Täterschaft bei Hervorrufen eines error in persona zu begründen. bb) Abstellen auf das verletzte personale Rechtsverhältnis Eine andere Begründung hat Noltenius vorgeschlagen. Für sie bildet, wie bei Renzikowski, die Autonomie die Basis für die Beantwortung der Frage, ob jemandem die Tat eines Dritten zugerechnet werden kann.558 Sie kritisiert jedoch an dessen Ansatz, dass die Autonomie der Person auf deren Fähigkeit, sich nach vorgegebenen Normen zu richten, reduziert wird.559 Vielmehr müssten die handelnden Personen den Ausgangspunkt der Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme bilden.560 Die Person sei nun zwar vernunftbegabt, aber ebenfalls ein endliches und unvollkommenes Wesen, woraus sich die Möglichkeit der Zurechnung ergebe.561 Für die, die Zurechnung begründende Tatherrschaft, sei die tatsächliche Herrschaft über die Realisierung des in den Tatbeständen vertypten Unrechts erforderlich.562 Es sei eine wirkliche Beherrschung des Geschehens nötig, damit es zu keiner normativen Fingierung der Tatherrschaft komme.563 Für die Beherrschung wiederum sei auch das Verhältnis des Hintermanns zu dem betroffenen Rechtsgut in den Blick zu nehmen.564 Täter ist hiernach, wer die Herrschaft über die Negation des konkreten Anerkennungsverhältnisses innehat.565 Bei der Beurteilung der Tatherrschaft dürfe der Vordermann aber nicht auf einen reinen Kausalprozess reduziert werden. Wegen seiner Autonomie könne er nicht wie ein solcher beherrscht werden, da er sich etwa noch besinnen könne.566 Soll ein Hintermann die Tatherrschaft in Bezug auf die Rechtsverletzung innehaben, muss ihm hinsichtlich des Geschehens die Gestaltungsmacht zukommen, wodurch es nicht der Hintermann ist, der seine Unrechtsmaxime verwirklicht.567 Hierbei wird unter der Unrechtsmaxime die getroffene Entscheidung ein bestimmtes Rechtsgut zu verletzen verstanden.568 Dem Vordermann darf also nicht klar sein, dass er mit seiner Handlung ein bestimmtes Rechtsgut verletzt. Daher kommt eine Tatherrschaft des Hintermanns 558

Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 21. Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 120. 560 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 137. 561 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 256. 562 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 250. 563 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 258 f. 564 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 261. 565 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 201. 566 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 261. 567 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 264. 568 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 266. 559

III. Teilweise Anerkennung

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nur bei einem Irrtum des Vordermanns in Betracht.569 Mittelbare Täterschaft erfordert hiernach folglich die Inszenierung einer Sachlage, welche der Vordermann wegen seiner Endlichkeit nicht durchschauen kann.570 Der mittelbare Täter verwirkliche auf diese Weise seine eigene Unrechtsmaxime (vermittelt durch den Vordermann), während der Vordermann sich nicht zur richtigen Maximenbildung bestimmen könne.571 Konsequenz dieser Auffassung ist, dass bei Einplanung eines error in persona beim Vordermann mittelbare Täterschaft des Hintermanns vorliegt. Dies deshalb, weil sich das Anerkennungsverhältnis zwischen den Personen gerade nicht abstrakt konstituiert, sondern ein individuelles Verhältnis zwischen Vernunftpersonen darstelle.572 Daher sei zwischen der abstrakten Verletzung eines anderen, hinsichtlich derer der Vordermann die Tatherrschaft inne hat, und der Verletzung des konkreten Anerkennungsverhältnisses zu unterscheiden.573 Der Vordermann verletze in einem derartigen Fall ein anderes personales Rechtsverhältnis, als er in der Situation zu verletzen glaubt.574 Die Verletzung der konkreten Person sei somit nicht Inhalt seiner Entscheidung und er habe nicht die Möglichkeit gehabt, sich in Bezug auf das konkrete Rechtsgut für das Richtige zu entscheiden. Daher verwirkliche er nicht seine eigene Unrechtsmaxime.575 Vielmehr erscheine die Verletzung des konkreten Opfers als Gestaltungsleistung des Hintermanns.576 Allerdings hat das Konzept von Noltenius auch zur Folge, dass die mittelbare Täterschaft zugleich stark eingeengt wird, denn zum einen wird die Entscheidung des Vordermanns in den Nötigungsfällen als frei angesehen. Der Vordermann weiß in diesen Fällen ja, welches konkrete Rechtsgut er verletzt. Daher könne nötigender Zwang lediglich ein Motiv für die Tat bilden, dem Hintermann aber keine Herrschaft vermitteln.577 Mittelbare Täterschaft kraft Nötigung kann es hiernach nicht geben. Darüber hinaus kann auch ein Verbotsirrtum keine Tatherrschaft des Hintermanns begründen, da die Einsicht in die Rechtsverletzung als solche nicht beseitigt wird.578 Damit kommt, abgesehen von den error in persona – Fällen, eine mittelbare Täterschaft nur in Betracht, wenn der Vordermann gerechtfertigt handelt, einem Tatumstandsirrtum oder einem Erlaubnistatumstandsirrtum unterliegt.

569

Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 270. Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 291. 571 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 291. 572 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 292. 573 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 292. 574 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 291. 575 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 292 f. 576 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 293. 577 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 263. 578 Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 267. 570

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Einen ähnlichen Weg geht Köhler, welcher ebenfalls auf das Autonomieprinzip zurückgreift.579 Dabei kommt er im Kern zu denselben Ergebnissen und damit auch zur Anerkennung des Täters hinter dem Täter bei Hervorrufen eines error in persona. Nach ihm zeichne sich die mittelbare Täterschaft durch „die über die objektive oder vorgestellte Lage und die darauf bezogene personale Rechtsregel des anderen vermittelte Ausführungsmacht des Täters“ aus.580 Der Vordermann verwirkliche den Unrechtszweck des Hintermanns dadurch, dass er der an sich zutreffenden Rechtsregel folgt. Entweder weil der Hintermann eine entsprechende Lage tatsächlich schafft oder weil er den Vordermann über die Lage täuscht.581 Eine Täuschung müsste hiernach dazu führen, dass der Tatmittler davon ausgeht, dass er jedenfalls das konkret betroffene Rechtsgut nicht schädigt oder er dabei gerechtfertigt ist. Begründet wird die Beachtlichkeit eines error in persona daher ebenfalls damit, dass der Vordermann nicht das konkrete personale Rechtsverhältnis verletzt, welches er auch verletzen will, sondern ein anderes und der Hintermann insofern die Tatmacht habe.582 Es handle sich um einen Faktenirrtum, wie Köhler es nennt. Bei einem solchen wird der Vordermann nicht über Tatmotive, sondern vielmehr über tatkonstitutive Umstände – zu denen die Identität des Opfers gezählt wird – getäuscht.583 Lediglich bei einem solchen Faktenirrtum sieht Köhler das Hervorrufen eines Motivirrtums im hier verwendeten Sinne als Fall der mittelbaren Täterschaft an. Im Allgemeinen soll das Hervorrufen von Motivirrtümern dagegen nicht zur mittelbaren Täterschaft führen. Werde dem Vordermann durch die Täuschung lediglich ein Tatmotiv vermittelt und ändere dies nichts an der Einsicht des Vordermanns über die konkrete Unrechtsbedeutung seines Tuns, liege ein Fall der Anstiftung vor.584 Insgesamt führt auch das Konzept Köhlers zu einer massiven Einengung des Anwendungsbereichs der mittelbaren Täterschaft, da er zu dieser lediglich die Benutzung eines Irrenden und eines gerechtfertigt Handelnden zählt.585 So fasst er zusammen: „Alle Fälle der Vermittlung eines starken Motivirrtums (der Guts- und Wohlvorstellung) oder Verbotsirrtums, des Nötigungsdrucks, des Einsatzes institutioneller Autorität gehören begrifflich nicht zur mittelbaren Täterschaft. Vielmehr kommt (täterschaftsgleiche) Anstiftung in Betracht“.586

Zur mittelbaren Täterschaft gehört hiernach weder die Fallgruppe des Ausnutzens eines organisatorischen Machtapparats noch die Einwirkung auf den Vordermann 579 580 581 582 583 584 585 586

M. Köhler, Strafrecht AT, S. 505 ff. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 509. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 505. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 508. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 508. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 508. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 508 f. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 511.

III. Teilweise Anerkennung

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durch Zwang. Ferner soll auch die Erregung eines Verbotsirrtums, ob nun vermeidbar oder unvermeidbar, nicht für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreichen, da der Handelnde selbst zur Unrechtsmaxime übergehe.587 Gleiches gelte auch für die vermeidbare irrtümliche Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB.588 Insgesamt verbleibt der mittelbaren Täterschaft nach der Konzeption Köhlers also nur ein kleiner Anwendungsbereich, eingeengt auf die Benutzung eines vorsatzlos oder gerechtfertigt handelnden Vordermanns und einen zwar vorsätzlich handelnden, aber einem error in persona vel objecto unterliegenden, Vordermanns. Gerade diese massive Einengung des Anwendungsbereichs der mittelbaren Täterschaft durch Köhler und Noltenius erscheint an deren Ansichten zuvorderst kritikwürdig. Wenn dies damit begründet wird, dass widersprüchliche und regelmäßig überflüssige Überschneidungen mit der Anstiftung vermieden werden sollen, welche – wie § 48 StGB a. F. zeigt – die Drohung als klassisches Mittel kennt,589 so muss dem entgegnet werden, dass nach § 48 StGB a. F. auch die Täuschung ein klassisches Mittel der Anstiftung ist.590 Bezüglich dieser Tatmodalität werden jedoch keine Überschneidungen gescheut. Außerdem werden klassische Fallgruppen der mittelbaren Täterschaft komplett der Anstiftung zugeschoben. Das betrifft zum einen den in einem Verbotsirrtum handelnden Vordermann. Diesbezüglich hat sich bereits gezeigt, dass der Hintermann – jedenfalls, wenn er diesen Hervorgerufen hat – die Willensherrschaft innehat.591 Darüber hinaus betrifft dies auch die Fälle des schuldlosen Tatmittlers in Form der Benutzung eines Kindes zur Tatbegehung. Zur Erfassung dieser Fälle wurde die mittelbare Täterschaft gerade entwickelt.592 Auch wenn eine Teilnahmestrafbarkeit seit Aufhebung der strengen Akzessorietät möglich geworden ist, so sollte dies nichts daran ändern, dass die Fälle der Benutzung schuldloser Tatmittler der mittelbaren Täterschaft unterfallen können. Auch bei der heutigen Gesetzesfassung ging der Gesetzgeber davon aus, dass diese Fälle von der mittelbaren Täterschaft erfasst werden können.593 Das Regelungskonzept des Gesetzes, nach welchem die mittelbare Täterschaft bei schuldlos handelndem Vordermann durchaus vorgesehen ist, im Rahmen philosophischer Lehren gänzlich aufzugeben, ist jedenfalls bedenklich.594 Noltenius meint hierzu, dass es nicht möglich sei unabhängig von den Handlungsstrukturen der Subjekte gesetzlich vorzugeben, wann ein Verhalten eines anderen einem Dritten zugerechnet werden 587

M. Köhler, Strafrecht AT, S. 509. Vgl. M. Köhler, Strafrecht AT, S. 510 Fn. 54. 589 M. Köhler, Strafrecht AT, S. 510. 590 Norm abgedruckt unter Anhänge. 591 Siehe oben Kapitel 4 III. 1. 592 Siehe hierzu oben Kapitel 3 III. 1. 593 Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 594 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 64; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 180. 588

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

kann.595 Der Gesetzgeber ist jedoch nicht an die von ihr vertretene personale Handlungslehre gebunden. Folgt er dieser nicht, so könnte man das kritisieren, muss die Gesetzeslage jedoch akzeptieren.596 Was schließlich die Begründung hinsichtlich des Hervorrufens eines errors in persona anbelangt, so ist Zieschang beizupflichten, dass es kaum nachvollziehbar ist, dass Konzeptionen, welche auf dem Autonomieprinzip beruhen in einem solchen Fall mittelbare Täterschaft bejahen, wo doch der Vordermann die autonome Entscheidung getroffen hat einen Menschen zu töten.597 Wie sich hieran etwas ändern kann, weil das Opfer durch die Einwirkung des Hintermanns ausgetauscht wurde, ist nicht begreiflich.598 cc) Herrschaft über das Opfer Vorgeschlagen wird des Weiteren noch, im „Dohna-Fall“ den Blick auf die Beherrschung des Opfers zu richten und aus diesem Grund mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen.599 Dieser Begründungsansatz greift freilich nur im „Dohna-Fall“ selbst, bei welchem der Hintermann lediglich auf das Opfer einwirkt und nicht in den Fällen, in denen der Hintermann durch Einwirkung auf den Vordermann bei diesem einen error in persona hervorruft. Ausgangspunkt dieser Ansicht, ist – wie bei der Betrachtung des Hintermanns als Nebentäter – die Ausnutzung des Vordermanns wie eine Naturkraft. Locke der Hintermann sein Opfer in eine tödliche Falle, so beherrsche er das gutgläubige Opfer und habe deshalb die Tatherrschaft inne.600 Im Grunde wird der „Dohna-Fall“ hiermit wie ein Fall der mittelbaren Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis in Form der unvorsätzlichen Selbstschädigung betrachtet. Das Opfer erkennt nicht, dass es sich durch sein Verhalten, zu welchem es der Hintermann gebracht hat, selbst schädigt. Hierbei handelt es sich um einen klassischen Fall der mittelbaren Täterschaft im Zwei-PersonenVerhältnis.601 Allerdings basiert auch diese Begründung auf einer Gleichsetzung des Vordermanns mit einer Naturkraft. Diese ist jedoch wie gezeigt verfehlt, denn zwischen dem Verhalten des Opfers und dessen Schädigung steht noch der Willensentschluss eines Menschen. Der Vordermann kann mithin nicht mit einer Naturkraft gleichgesetzt werden. dd) Die Benutzung eines Tatentschlossenen Ein anderer Begründungsansatz sieht in der Tatsache, dass der Hintermann beim „Dohna-Fall“ weiß was der Vordermann zu tun beabsichtigt, den entscheidenden 595 596 597 598 599 600 601

Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 37. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 97. Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (522 f.). Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 114. Küpper, GA 1998, S. 519 (529). Küpper, GA 1998, S. 519 (529). Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 914; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 19.

III. Teilweise Anerkennung

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Punkt, welcher letztlich seine Täterschaft begründet.602 So sei mittelbare Täterschaft gegeben, wenn der Hintermann allein über den Deliktserfolg bestimmt. Dies wiederum sei der Fall, wenn die Herbeiführung des erstrebten Deliktserfolgs durch den Vordermann, für den Hintermann mit gewisser Sicherheit erkennbar nur noch von dessen Kausierung abhängt.603 Der Hintermann nutze dabei die Tatentschlossenheit des Vordermanns aus und bestimme als alleiniger Tatherr, ob und wann und gegenüber wem der Vordermann tätig werde.604 Die Benutzung eines Tatentschlossenen als Fallgruppe des Täters hinter dem Täter hat allen voran Schroeder detailliert ausgearbeitet und begründet.605 Er geht dabei zunächst vom „Dohna-Fall“ aus und abstrahiert die gewonnene Erkenntnis alsdann zu allgemeiner Gültigkeit. Der Grund dafür, dass der Hintermann das Tatgeschehen beherrscht liege darin, dass er die ihm bekannten verbrecherischen Absichten des Vordermanns einplant.606 Da er um den bedingten Tatentschluss des Vordermanns weiß, entfalle die für die Anstiftung typische Erfolgsunsicherheit und der Hintermann beherrsche das Tatgeschehen.607 Eine solche Beherrschung sei mithin dann gegeben, wenn die Durchführung der vom Hintermann gewollten Tat durch den Vordermann lediglich von einer Bedingung abhängt, welche der Hintermann dann auch herbeiführt.608 Auf das Hervorrufen eines Irrtums oder auch nur das Ausnutzen eines bereits bestehenden Irrtums kommt es hiernach nicht an.609 Im Unterschied zur Anstiftung werde nicht der Tatentschluss hervorgerufen – dieser besteht ja bereits, wenn auch noch unter einer Bedingung – sondern die Verwirklichung ausgelöst.610 Für die Anstiftung verblieben hiernach jene Fälle, in welchen der Hintermann beim Vordermann einen unbedingten Tatentschluss verursache.611 So handle es sich um eine Anstiftung, wenn der Hintermann nicht nur den error in persona, sondern auch den Tötungsentschluss selbst beim Vordermann weckt.612 Die Tatentschlossenheit derart zum Abgrenzungskriterium zu machen ist vielfach auf Kritik gestoßen.613 Berechtigterweise wird zunächst kritisiert, dass Schroeder von 602

Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (248); Sax, ZStW 69. Band (1957), S. 412 (434). Simons, GS 101. Band (1932), S. 241 (247). 604 Sax, ZStW 69. Band (1957), S. 412 (434). 605 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 143 ff. 606 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. 607 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. Auch Hälschner geht davon aus, dass es für den Anstifter fraglich ist, ob er sein Ziel erreichen kann und bringt hiermit die für den Anstifter typische Erfolgsunsicherheit zum Ausdruck (Hälschner, Das gemeine deutsche Strafrecht, S. 394). 608 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 150. 609 Vgl. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 147. 610 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 152. 611 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 156. 612 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 146. 613 Rotsch, JR 2004, S. 248 (249); M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 106; Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (227 ff.); Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, 603

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mittelbarer Täterschaft sprechen möchte, wenn der Hintermann lediglich den error in persona und nicht den Tötungsentschluss selbst hervorruft, während Anstiftung gegeben sein soll, wenn er beides hervorruft. Es ist in der Tat nicht einzusehen, wenn dieses Mehr an Einfluss, den der Hintermann ausübt, ihn lediglich zum Anstifter machen soll.614 Ein Mehr an Tätigkeit also gewissermaßen zu einer Herabstufung von der Täterschaft zur Anstiftung führen soll. Dies offenbart bereits eine gewisse Unstimmigkeit im System. Eine mit der Fallgruppe der Benutzung eines Tatentschlossenen verbundene Gefahr erkennt Schroeder ferner selbst, wenn er ausführt, dass man keine das erträgliche Maß überschreitende Schweigepflicht generieren dürfe, indem man in einer bloßen Auskunft über Tatsachen gegenüber dem Vordermann, welcher von besagter Auskunft die Begehung einer Straftat abhängig gemacht hat, bereits die für eine mittelbare Täterschaft ausreichende Herbeiführung einer Bedingung sehe.615 Bei diesem Problem handelt es sich nicht um ein irrtumsspezifisches Problem. Vielmehr besteht eine solche Gefahr gerade deshalb, weil Schroeder keine Täuschung über den Bedingungseintritt fordert, sondern auch die tatsächliche Erfüllung der Bedingung genügen lässt.616 Dies ist aber aus zweierlei Gründen hoch problematisch. Zum einen wird das Erfordernis der überlegenen Stellung des Hintermanns aufgegeben, welche in der Wissensüberlegenheit oder in dem ausgeübten Druck liegt. Wie sich bereits bei der Auslegung des § 25 StGB ergeben hat,617 kann bei Zusammenwirken der Beteiligten keine mittelbare Täterschaft bei einem der Beteiligten vorliegen, wenn diese eine gleichrangige Position einnehmen und gewissermaßen „auf einer Stufe stehen“.618 Täterschaft kommt dann lediglich im Rahmen der Sondervorschrift der Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB in Betracht. Die überlegene Stellung des Hintermanns ist für eine mittelbare Täterschaft mithin zwingend erforderlich. Zum anderen würden hiermit aber auch Fälle der mittelbaren Täterschaft zugesprochen, welche in den typischen Anwendungsbereich der Anstiftung fallen. Mithin das täuschungs- und nötigungsfreie Einwirken auf den Vordermann zur Erregung des (konkreten) Tatentschlusses. Dabei war es Schroeders erklärtes Ziel, in solchen Fällen, welche dem typischen Anwendungsbereich der Anstiftung unterfallen, den Täter hinter dem Täter nicht anzuerkennen.619 Die Fallgruppe der Benutzung eines bereits zur Tat entschlossenen, wie Schroeder sie vorgeschlagen hat, führt somit zu

Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 25; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 362 ff. 614 So bereits Roxin, ZStW 78. Band (1966), S. 214 (228); M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 106; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 363 f. 615 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 155. 616 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 147. 617 Siehe oben in Kapitel 3 II. 618 von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). 619 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 119 f.

III. Teilweise Anerkennung

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weit. Die bedingte Tatentschlossenheit des Vordermanns allein kann nicht genügen, um die mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu begründen. Hiermit ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, ob mittelbare Täterschaft in Betracht kommt, sofern die Stellung des Hintermanns eine überlegene ist, dieser dem Vordermann etwa den Bedingungseintritt vortäuscht. Es bleibt folglich zu untersuchen, ob das Benutzen eines bedingt Tatentschlossenen durch Täuschung über den Bedingungseintritt einen Fall des Täters hinter dem Täter darstellt und worauf die Tatherrschaft des Hintermanns dann basiert. ee) Beseitigen von Hemmungsmotiven Tatsächlich ist Schroeder nämlich insoweit zuzustimmen, dass das Wissen, wie der Vordermann beabsichtigt sich bei Bedingungseintritt zu verhalten, dem Hintermann eine gewisse Machtstellung einräumt. Ob das Ausnutzen dieser Machtstellung durch Vortäuschen des Bedingungseintritts genügt, um dem Hintermann die Tatherrschaft zu verleihen, ist nun anhand des – die Willensherrschaft konstituierenden – Herrschaftselements zu beurteilen. Dieses liegt in der, durch die Einwirkung auf die Abwägung zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen, erreichten Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns. Der Hintermann müsste durch seine Täuschung beim Vordermann das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt haben. Dass dies der Fall ist, erscheint zunächst fernliegend, der Vordermann weiß immerhin um die formelle Rechtswidrigkeit seines Verhaltens, worin zuvor das entscheidende Hemmungsmotiv gesehen wurde. Mit der Strafandrohung sollte schließlich gerade das entscheidende Hemmungsmotiv im Rahmen der negativen Generalprävention geschaffen werden. Da hierin der Kern des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes zu sehen ist, muss diesem Hemmungsmotiv allgemein große Bedeutung zugemessen werden,620 zumal nicht in jedem Einzelfall ermittelt werden kann, welches Hemmungsmotiv für den jeweiligen Vordermann in der konkreten Situation das entscheidende war. Bei dem aus der Strafdrohung der Straftatbestände folgenden Hemmungsmotiv ist es dagegen gerechtfertigt von dessen allgemeinem Vorhandensein auszugehen. Daher kann mit dem Abstellen auf diesen generalisierenden Maßstab auch die mit der Tatherrschaftslehre erstrebte Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit von Entscheidungen gewährleistet werden. Es ist somit grundsätzlich das entscheidende Hemmungsmotiv. Heinrich möchte dieses Hemmungsmotiv nun, wie er bei der Behandlung des „Dohna-Falls“ ausführt, personen- bzw. rechtsgutsbezogen verstehen. Beim „DohnaFall“ überschreite der Vordermann die Hemmschwelle nur deswegen, weil sie hinsichtlich des wahren Zieles bereits reduziert war. Eine solche Reduzierung der Hemmschwelle in Bezug auf eine bestimmte Person, also tatobjektsbezogen dürfe von einem auf Rechtsgüterschutz ausgerichteten Strafrecht nicht unberücksichtigt

620

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221.

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bleiben.621 Daher müsse sie bereits genügen, um von mittelbarer Täterschaft zu sprechen.622 Dies beschreibt die Situation jedoch nicht gänzlich treffend. Tatsächlich verhält es sich so, dass das grundsätzlich entscheidende Hemmungsmotiv der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens den Vordermann zwar erreicht, unter einer gewissen Bedingung bei diesem aber keine Hemmungswirkung entfaltet. Im „Dohna-Fall“ ist die Bedingung die Identität des Opfers. Zwar ist dem Hintermann bewusst, dass er sich mit der Tötung des Opfers strafbar macht, dies entfaltet jedoch keine Hemmungswirkung auf ihn, er ist bereits zur Ausführung der Tat entschlossen. Wird der Vordermann zwar von dem tatbestandlichen Normappell erreicht, entfaltet dieser aber unter der Bedingung keine Hemmwirkung, so ist in der Bedingung selbst das im konkreten Fall entscheidende Hemmungsmotiv zu sehen. Es handelt sich also nicht um eine Reduzierung des Hemmungsmotivs, sondern um einen Wechsel. Hierin liegt die erste Besonderheit bei einem bedingt tatentschlossenen Vordermann. Das grundsätzlich entscheidende Hemmungsmotiv wird in einem Teilbereich durch die jeweilige Bedingung ersetzt. Im Regelfall ist freilich unerheblich, welches Hemmungsmotiv im konkreten Fall für den Vordermann entscheidend ist. Zum einen hat der Hintermann typischerweise keine Kenntnis davon, dass der tatbestandliche Normappell unter einer gewissen Bedingung keine Hemmwirkung beim Vordermann entfaltet und dieser somit nicht das entscheidende Hemmungsmotiv ist. Zum anderen tritt dieser Umstand im Regelfall auch nicht nach außen in Erscheinung. Wegen der damit regelmäßig bestehenden Unwägbarkeiten verbietet sich eine Einzelfallbetrachtung grundsätzlich. Diese Probleme bestehen jedoch nicht, sofern der Vordermann seine bedingte Tatentschlossenheit nach außen kundtut und hiermit die Möglichkeit seiner Beherrschung durch einen Hintermann offenbart. Kommt hierzu noch die Kenntnis des Hintermanns von der Möglichkeit der Beherrschung des Vordermanns hinzu und nutzt er dies aus, indem er durch Täuschung des Bedingungseintritts bewusst Herrschaftsmacht ausübt, so ist auch das subjektive Element der Tatherrschaft gegeben. Durch die Beseitigung des für den Vordermann entscheidenden Hemmungsmotivs durch Vortäuschen des Bedingungseintritts, nimmt der Vordermann die notwendige überlegene Stellung ein und kann den Willen des Vordermanns beherrschen. Er hat die Tatherrschaft inne. Freilich könnte eingewandt werden, dass die Fähigkeit des Hintermanns das Verhalten des Vordermanns zu antizipieren überschätzt werde. Immerhin wird darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, dass den tatentschlossenen Vordermann „die ganze Last der psychischen Gegenkräfte im entscheidenden Moment der Tat überfallen“.623 Dieser Faktor, der die – durch die Tatentschlossenheit bedingte – erhöhte Wahrscheinlichkeit wunschgemäßen Verhalten wieder relativiert, kann kaum geleugnet werden, zeigt aber lediglich die Probleme einer Abgrenzung anhand 621 622 623

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 230 f. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 231. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 107.

III. Teilweise Anerkennung

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einer Wahrscheinlichkeitsprognose auf. Für die Ermittlung der Willensherrschaft ist jedoch keine solche Wahrscheinlichkeitsprognose entscheidend, wie sie Schroeder vornimmt. Vielmehr ist für diese eine spezifische Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns konstitutiv, welche normativ zu bestimmen ist.624 Im Falle der Täuschung ist regelmäßig eine, die Entscheidungsfreiheit beeinflussende, Einwirkung auf die psychischen Gegenkräfte des Vordermanns erforderlich, durch welche dessen Wille beherrscht wird. Offenbart der Vordermann sein inneres Seelenleben und tut die für ihn entscheidenden Hemmungsmotive nach außen kund, so macht er sich in Bezug auf Beeinflussungen anderer angreifbar. Nutzt der Hintermann diese Angreifbarkeit aus und täuscht dem Vordermann den Bedingungseintritt vor, so übt er bewusst Herrschaftsmacht über dessen Willen aus. Die Entscheidungsfreiheit des Vordermanns wird beeinträchtigt, indem das für ihn – zumindest im Moment – entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt wird, weshalb dem Hintermann bei wertender Betrachtung die Willensherrschaft zukommt. Dass gewisse, dem Vordermann bekannte, Faktoren bei diesem wider dessen eigenen Erwartungen im weiteren Geschehensverlauf doch noch eine Hemmungswirkung entfalten, kann hieran ebenso wenig etwas ändern wie die Möglichkeit, dass der Vordermann die Täuschung durchschaut und aus diesem Grund von den Hemmungsmotiven erreicht wird. Bei der Täuschung eines bedingt Tatentschlossenen über den Bedingungseintritt handelt es sich somit um einen Sonderfall, bei welchem ausnahmsweise auf das konkret für den Vordermann entscheidende Hemmungsmotiv abgestellt wird, weil dieses nach außen kundgegeben wurde und der Hintermann dies ausnutzt, um bewusst Herrschaftsmacht über den Vordermann auszuüben. Natürlich können hierfür keine bloßen Vermutungen des Hintermanns genügen. Vielmehr muss die bedingte Tatentschlossenheit erkennbar nach außen getreten sein, indem der Vordermann sie erklärt hat. Das bewusste Ausnutzen der besonderen Angreifbarkeit des Vordermanns hinsichtlich Beeinträchtigungen seiner Entscheidungsfreiheit durch den Hintermann, rechtfertigt es in diesem Fall eine konkrete Betrachtung hinsichtlich des entscheidenden Hemmungsmotivs vorzunehmen. f) Zwischenergebnis Insgesamt hat die Auseinandersetzung mit dem „Dohna-Fall“ somit gezeigt, dass dieser zum einen zu Recht vielfach als Fallgruppe des Täters hinter dem Täter anerkannt ist. Darüber hinaus wurde aber auch deutlich, dass der für den „Dohna-Fall“ prägende Gesichtspunkt, dass der Hintermann keinen geistigen Kontakt mit dem Vordermann hat, für die Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann irrelevant ist und auch das Hervorrufen eines error in persona allein keine Tatherrschaft begründen kann. Der ausschlaggebende Gesichtspunkt für die mittelbare 624 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67 f.; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256).

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Täterschaft des Hintermanns ergibt sich vielmehr aus der Benutzung eines erkennbar bedingt tatentschlossenen Vordermanns durch Vortäuschung des Bedingungseintritts. Im Falle der bedingten Tatentschlossenheit, wird der Vordermann zwar von dem grundsätzlich gegebenen Hemmungsmotiv erreicht, es entfaltet aber keine Hemmwirkung. Für eine gewisse Situation wird dieses Hemmungsmotiv durch die jeweilige Bedingung ersetzt. Die Bedingung wird daher zu dem in der konkreten Situation entscheidenden Hemmungsmotiv. Gibt der Vordermann nun nach außen kund, dass er bedingt zur Tat entschlossen ist und nutzt der Hintermann die Tatentschlossenheit bewusst durch Vortäuschen des Bedingungseintritts aus, so ist es gerechtfertigt auf dieses Hemmungsmotiv abzustellen. Die Bedenken, die im Regelfall gegen eine solche Betrachtungsweise sprechen, bestehen in diesem Fall nicht, da der Vordermann selbst Einblick in seine Motivationslage gewährt, wodurch das für ihn entscheidende Hemmungsmotiv bestimmbar wird. Es handelt sich hierbei um einen Sonderfall, bei dem ausnahmsweise kein generalisierender Maßstab herangezogen wird, sondern auf das für den Vordermann im konkreten Fall entscheidende Hemmungsmotiv abgestellt wird.

4. Der Irrtum über die Unrechtshöhe Ein weiterer Irrtum bei dem diskutiert wird, ob er zur Tatherrschaft des Hintermanns und damit zu dessen mittelbarer Täterschaft führen soll, ist der Irrtum über die Unrechtshöhe. An dieser Stelle ist die Terminologie nicht einheitlich. So wird etwa auch von einem Irrtum über quantifizierbare Unrechts- oder Schuldmaße gesprochen625 oder, im Anschluss an Herzberg, von einem graduellen Tatbestandsirrtum.626 Unabhängig von den terminologischen Unterschieden wird bei Hervorrufen eines solchen Irrtums häufig vertreten, dass der Hintermann mittelbarer Täter in Form des Täters hinter dem Täter ist.627 Noch heute ist das wohl geläufigste Beispiele anhand dessen die Diskussion geführt wird, eine vereinfachte Form des „Kandinsky-Falls“ Herzbergs:628 Die A spiegelt der B vor, dass es sich bei dem wertvollen Kandinsky-Gemälde ihres Mannes C nur um wertloses Geschmiere handle. Sie rät der B daher das Bild zu entsorgen und stattdessen etwas fröhlicheres aufzuhängen. Daraufhin zerstört die B, wie von A beabsichtigt, das Gemälde und wirft es in den Müll. 625

Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 61. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 13; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 23. 627 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 96 ff.; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224 ff.; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 23. A. A. Bloy der zwar von mittelbarer Täterschaft ausgeht, hierin aber keine Fallgruppe des Täters hinter dem Täter sieht (Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355). 628 Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375). Vgl. den Originalfall oben Kapitel 2 II. 1. e). 626

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In diesem Fall bestehen keine Zweifel an der Strafbarkeit der B nach § 303 Abs. 1 StGB. Sie erfasst durchaus, dass sie eine fremde Sache zerstört. Dabei irrt sie jedoch über den Wert der Sache. Nun ist der Wert einer Sache kein Tatbestandsmerkmal des § 303 Abs. 1 StGB. Gleichwohl kann man wohl davon sprechen, dass der Wert der Sache und damit des verletzten Rechtsguts sehr eng mit dem Tatbestandsmerkmal der fremden Sache in § 303 Abs. 1 StGB verknüpft ist und Einfluss auf den Unrechtsgehalt der Tat hat.629 Bei Delikten die das Rechtsgut Eigentum schützen, wie es etwa bei §§ 242, 303 StGB der Fall ist,630 wird der Wert der betroffenen Sache daher zumindest bei der Strafzumessung relevant werden.631 Bezogen auf den obigen Fall ändert sich durch den Irrtum zwar nichts an der Strafbarkeit der B, jedoch wird man bei der Strafzumessung zu berücksichtigen haben, dass B davon ausging, dass das Gemälde überhaupt keinen Wert hatte, der Tat wie sie sich B vorgestellt hat mithin ein geringerer Unrechtsgehalt zukam. Das überlegene Wissen des Hintermanns bezieht sich auf diesen, durch den höheren Wert der Sache bedingten, höheren Unrechtsgehalt der Tat. Hiermit wird bereits deutlich, dass der Irrtum über die Unrechtshöhe eine gewisse Nähe zum Verbotsirrtum aufweist.632 Während der Vordermann bei ersterem über die genaue Unrechtshöhe irrt, unterliegt er beim Verbotsirrtum einer Fehlvorstellung über das Verbotensein der Tat, gegebenenfalls fehlt ihm, je nach Fallkonstellation, gar jede Vorstellung vom Unwertgehalt der Tat. Unter diesen Umständen kann im Verbotsirrtum eine extreme Form des Irrtums über die Unrechtshöhe gesehen werden.633 Dasselbe kann über das Verhältnis zum Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen gesagt werden, wobei dieser sich vom Irrtum über die Unrechtshöhe dadurch unterscheidet, dass nur letzterer sich stets auf Umstände bezieht, welche nicht von dem vom Vordermann verwirklichten Tatbestands erfasst sind.634 Auch wenn etwa von Höge behauptet wird, dass beim Irrtum über die Unrechtshöhe bezüglich der Strafbarkeit des Hintermanns jede Täterschafts- und Teilnahmeform vertreten wird,635 werden eine unmittelbare Täterschaft und eine Mittäterschaft nicht ernsthaft erwogen. Immerhin scheitert eine unmittelbare Täterschaft bereits offensichtlich daran, dass der Hintermann den Tatbestand nicht in eigener Person verwirklicht, sondern ihn von einem anderen verwirklichen lässt. Die Mittäterschaft wiederum scheitert, wenn man nicht schon eine gemeinschaftliche Tatbegehung fordert, dann doch zumindest an dem Fehlen eines gemeinsamen 629

Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 14 in Bezug auf § 242 StGB. Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 242 Rn. 1/2; Hecker, in: Schönke/ Schröder, StGB, 30. Auflage, § 303 Rn. 1. 631 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 14 in Bezug auf § 242 StGB. 632 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 119 f. 633 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 120. 634 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 139 f. Auch bei dem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen kann sich der Irrtum auf solche Umstände beziehen, dies ist jedoch nicht stets der Fall. 635 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 47. 630

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Tatplans.636 Daher teilt sich das Meinungsspektrum auf in diejenigen, die bei Benutzung eines Vordermanns, welcher einem Irrtum über die Unrechtshöhe unterliegt, mittelbarer Täterschaft für möglich halten637 und diejenigen, die in diesen Fällen, je nach Konstellation, eine Anstiftung oder Beihilfe sehen.638 a) Herrschaft über überschießenden Unwertgehalt Im Unterschied zum Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen lässt sich der gesteigerte Unwert beim Irrtum über die Unrechtshöhe nicht an einem Qualifikationstatbestand festmachen. Dennoch vertritt Roxin, dass in Bezug auf den gesteigerten Unwert eine mittelbare Täterschaft vorliege, obschon diese sich auf denselben Tatbestand bezieht wie die Anstiftung, welche in Bezug auf die vom Vorsatz des Ausführenden umfasste Handlung besteht.639 Der Hintermann sei alleiniger Herr des, über den Vorsatz des Ausführenden hinausgehenden, Unwerts und daher mittelbarer Täter.640 Allerdings macht Roxin die Möglichkeit mittelbarer Täterschaft beim Hintermann von dem Ausmaß der Unrechtssteigerung abhängig. Der zusätzliche und nur vom Hintermann erkannte und gewollte Schaden müsse den, vom Vordermann bewusst herbeigeführten, Schaden überwiegen.641 Dabei sollte zu Anfang allerdings nicht irgendein Überwiegen des Schadens genügen. Roxin forderte vielmehr, dass der Schaden doppelt so hoch sein müsse, wie der Vordermann weiß.642 Dieses Erfordernis konnte sich jedoch berechtigterweise nicht durchsetzen. So müsste man sich doch fragen, weshalb der besagte Schaden den vom Vordermann vorgestellten Schaden gerade um das Doppelte überragen muss und nicht schon eine geringere Mehrkenntnis ausreichend sein könne.643 Diese Grenze wirkt jedenfalls willkürlich.644 Darüber hinaus erscheint sie auch nicht praktikabel, da sie eine Quantifi-

636 Letztlich kommt auch Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 51, 72 zu diesen Ergebnissen. 637 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 23; Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (184 ff.); Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 98; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27; Neumann, JA 1987, S. 244 (250); Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (392); Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224 ff. 638 Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Bock, Strafrecht AT, S. 186; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 216; Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 23; H. Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 77; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 667; Waßmer, in: AnwaltK StGB, § 25 Rn. 32; Noltenius, Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, S. 267; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 856. 639 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 96. 640 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (184 f.). 641 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (186). 642 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (186). 643 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28. 644 Kreuzberg, Täterschaft, S. 469.

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zierung der jeweiligen Unrechtsanteile erforderlich macht.645 Abgesehen von ganz eindeutigen Fällen erscheint eine genaue Quantifizierung des Unrechts der Tat bei vielen Delikten jedoch kaum möglich.646 Wie sind etwa die jeweiligen Unrechtsanteile zu werten, wenn – um das obige Beispiel der irrtumsbedingten Zerstörung eines Gemäldes erneut zu bemühen – das Gemälde zwar tatsächlich nur einen geringen materiellen Wert, dafür jedoch einen hohen emotionalen Wert für den Eigentümer hatte und lediglich der Hintermann von dem emotionalen Wert wusste? Der materielle Wert mag hier noch zu quantifizieren sein, der emotionale Wert dagegen nur schwerlich. Aber auch in Fällen, in denen das Unrecht auf den ersten Blick einfach zu quantifizieren scheint, zeigen sich Schwierigkeiten. So ist etwa bei einer Freiheitsberaubung das Unrecht der Tat pro Zeiteinheit nicht gleichbleibend, sondern nimmt zu, je länger der Entzug der Bewegungsfreiheit andauert.647 Dies wird eine genaue Bezifferung des Unrechts regelmäßig unmöglich machen. Mittlerweile hat auch Roxin seine Auffassung hierzu geändert und fordert nun, dass die Täuschung über die Unrechtshöhe jedenfalls erheblich sein müsse.648 Andere formulieren es negativ und verlangen, dass die bestehende Unrechtssteigerung nicht unwesentlich sein darf.649 Doch erscheint auch eine solche Bestimmung der Abgrenzung jedenfalls recht vage650 und so wird berechtigterweise eingewandt, dass der Begriff einer erheblichen Unrechtssteigerung zu unbestimmt ist.651 Auch wenn es denkbar erscheint, dass eine Täuschung über die Unrechtshöhe ab einem bestimmten Maße dem Hintermann die Beherrschung des Vordermanns ermöglicht, kann eine genaue Bestimmung, ab welchem Grad der Einflussnahme durch den Hintermann von mittelbarer Täterschaft auszugehen ist, kaum geleistet werden.652 b) Aufspaltung in eine Anstiftungs- und eine Täterschaftskomponente Daher wird vertreten, die Verantwortung für das tatbestandliche Unrecht aufzuspalten. Der Hintermann sei lediglich Teilnehmer, „soweit der Ausführende das Unrecht seiner Tat erkennt, und Täter, soweit der Getäuschte ,blind‘ handelt“.653 645

Vgl. die Kritik in Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28. Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28. 647 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 354. 648 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 96. Ebenso Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 99; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 75. 649 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 23. 650 Murmann, JA 2008, S. 321 (324); Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 21. 651 Koch, JuS 2008, S. 399 (402); Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 49; Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 149 f. 652 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 61; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 354; Kreuzberg, Täterschaft, S. 469. 653 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28. Zustimmend Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (392); Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355. 646

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Hinsichtlich des vom Vordermann erfassten Unrechts wird der Hintermann somit als Anstifter und hinsichtlich des darüberhinausgehenden Unrechts als mittelbarer Täter eingestuft,654 wobei letzteres die Anstiftung auf der Konkurrenzebene verdrängen soll.655 In einem solchen Falle erzeuge der Hintermann einen Irrtum, welcher dem Vordermann Gewicht und Umfang des durch die Tat verwirklichten Unrechts verschleiert und ihn dadurch zu einem – in Bezug auf das unbewusst verwirklichte Unrecht – blinden Werkzeug mache.656 Diesen Weg geht zwar auch Roxin,657 fordert aber wie gesehen die Erheblichkeit der Unrechtssteigerung. Dagegen wird von anderer Seite eine Bezifferung der Unrechtsmaße anhand objektiver Kriterien nicht für möglich gehalten und daher gänzlich auf das Erfordernis einer gewissen Höhe der Unrechtssteigerung verzichtet.658 Diese Lösung hat den Vorzug, dass die Unrechtssteigerung nicht beziffert werden muss, da hinsichtlich jedwedem überschießenden Unrecht mittelbare Täterschaft angenommen wird.659 Ferner beziehe sich die mittelbare Täterschaft auf eine vorsatzlose Tatausführung, weshalb nicht einmal das Verantwortungsprinzip durchbrochen werden und man streng genommen auch nicht von einem Täter hinter dem Täter sprechen müsse.660 Da zugegeben werden muss, dass eine Grenzziehung hinsichtlich der Differenz der Unrechtsmaße reichlich schwierig – wenn nicht gar unmöglich – erscheint,661 liegt es nahe bei dieser Fallgruppe entweder stets mittelbare Täterschaft anzunehmen oder diese Möglichkeit insgesamt zu verneinen. Allerdings kann die Täterschaft des Hintermanns nur gegeben sein, wenn positiv begründbar ist, dass diesem die Tatherrschaft zukommt. Es reicht daher nicht aus darauf zu verweisen, dass das Verantwortungsprinzip der Täterschaft nicht im Wege steht. Auf diese Weise gehen jedoch Herzberg und Bloy vor.662 Die täuschungsbedingte Unkenntnis von Gewicht und Umfang des verwirklichten Unrechts wird mit teilweise vorsatzlosem Handeln gleichgesetzt. Das der Vorsatz hier nicht entfalle liege daran, dass der Gesetzgeber die Abstufung hinsichtlich der in Bezug auf die Schwere des Unrechts überwiegend der Strafzumessung überlassen müsse, da er nicht sämtliche Unrechtsstufen in verschiedenen Tatbeständen aufnehmen kann, sondern vielmehr abstrakte Delikts654 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28 f.; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355. 655 Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (392). 656 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27. 657 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 96. 658 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 354 f. 659 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 28; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355. 660 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355. 661 So auch Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 61; Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), S. 228 (243). 662 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 27 ff.; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355.

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typen schaffen müsse.663 Dies allein kann die mittelbare Täterschaft des Hintermanns aber nicht begründen. Es fehlt die für die Gleichsetzung notwendige Feststellung der Tatherrschaft.

c) Für die Strafzumessung erhebliche Irrtümer über den konkreten Handlungssinn Hoyer greift im Grunde Roxins Differenzierung zwischen unbeachtlichen Motivirrtümern und Irrtümern über den konkreten Handlungssinn auf. Allerdings kommt er zu einer anderen Antwort hinsichtlich der Frage, wie diese voneinander zu unterscheiden seien. So könne lediglich der objektive Maßstab der Rechtsordnung entscheidend für die Abgrenzung sein. Deshalb müsse ein Irrtum – sofern er sich nicht schon auf Tatbestands-, Rechtfertigungs- oder Schuldmerkmale beziehe – zumindest hinsichtlich der Strafzumessung nach § 46 StGB relevant und zugunsten des Irrenden zu berücksichtigen sein, um einen erheblichen Irrtum über den konkreten Handlungssinn darzustellen.664 Er arbeitet damit ein Kriterium heraus, welches für Roxin beim vermeidbaren Verbotsirrtum von entscheidender Bedeutung war665 und abstrahiert dieses. Hiernach wäre in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob der jeweilige Irrtum dem Vordermann den konkreten Handlungssinn der Tat verschleiert. Anhand des „Kandinsky-Falles“ kommt man zu dem Ergebnis, dass der Vordermann nicht erkennt, dass es darum geht ein wertvolles Bild und nicht etwa wertloses Geschmiere zu zerstören. Der konkrete Handlungssinn bleibt ihm verborgen.666 Dies genügt aber nach dieser Auffassung noch nicht zur Feststellung von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann. In einem zweiten Schritt ist vielmehr noch zu fragen, ob dieser Irrtum bei der Strafzumessung zugunsten des Irrenden berücksichtigt werden muss. Diesbezüglich kommen jedes Motiv und jeder Beweggrund als Strafzumessungsgesichtspunkt in Betracht.667 Nachvollziehbare, verständliche Motive können strafmildernd berücksichtigt werden.668 Bezogen auf den „Kandinsky-Fall“ ist bei einer Sachbeschädigung die Höhe des verursachten Schadens zu Lasten des Täters zu berücksichtigen.669 Da der Täter im „KandinskyFall“ hinsichtlich der Höhe des verursachten Schadens jedoch nicht vorsätzlich gehandelt hat, dürfte dieser Umstand wiederum zu seinen Gunsten mit in die Abwägung einzustellen sein. So möchte Hoyer diesen Irrtum bezüglich der Scha663

Herzberg, JuS 1974, S. 374 (375). Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 77. 665 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 74: Die Rechtsfeindschaft des Irrenden führe zur Unbeachtlichkeit des vermeidbaren Verbotsirrtums, da keine Strafmilderung nach § 17 S. 2 StGB möglich ist und der Irrtum somit nicht bei der Strafzumessung relevant werde. 666 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 76. 667 Maier, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 46 Rn. 204. 668 Maier, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 46 Rn. 206; Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 46 Rn. 13. 669 Weidemann, in: BeckOK StGB, § 303 Rn. 36. 664

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denshöhe als unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Tatauswirkungen nach § 46 Abs. 2 S. 2 StGB relevant ansehen. Daher muss Hoyer zu dem Ergebnis kommen, dass das Hervorrufen eines Irrtums über die Unrechtshöhe hier zu mittelbarer Täterschaft führt. Allerdings muss auch bei dem Abstellen auf die Strafzumessungsrelevanz des Irrtums eingewandt werden, dass ein solches Vorgehen – ebenso wie die Bestimmung der Unrechtssteigerung – nicht hinreichend bestimmt ist.670 Darüber hinaus wird auch hier von der Relevanz des Irrtums für den Vordermann auf die Täterschaft des Hintermanns geschlossen. Dabei müsste begründet werden, dass der Hintermann den Willen des Vordermanns beherrscht und aus diesem Grund die Tatherrschaft innehat. d) Beseitigen von Hemmungsmotiven Die Feststellung der Willensherrschaft kann letztlich nur über eine Bewertung der Einwirkung auf die Abwägung zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen erfolgen. Betrachtet man nun die Einwirkung des Hintermanns beim Irrtum über die Unrechtshöhe, so bestehen durchaus Auswirkungen auf die Hemmungsmotive des Vordermanns.671 Allerdings wird das entscheidende Hemmungsmotiv in Gestalt der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit nicht ausgeschaltet. Dem Vordermann ist mithin klar, dass sein Verhalten rechtlich verboten ist. Er irrt lediglich über die Höhe des verwirklichten Unrechts. Damit ist lediglich die Wirkung des Hemmungsmotiv betroffen, welche je nach Irrtum mehr oder weniger stark eingeschränkt ist. Nach Heinrich soll eine solche Hemmschwellenreduzierung bereits genügen. Entscheidend sei, dass „der Hintermann die Hemmschwelle herabgesetzt hat und daß damit der vom Gesetz zum Zwecke eines funktionierenden Rechtsgüterschutzes geschaffene Mechanismus von Normappell und Hemmschwelle nicht in der Weise zur Wirksamkeit gelangen konnte, wie es das Gesetz als hinreichendes Mittel zum Rechtsgüterschutz vor Augen hat“.672 Allerdings muss nun an dieser Stelle eingewendet werden, worauf Roxin und Otto bei der Behandlung des vermeidbaren Verbotsirrtums – dort freilich zu Unrecht – hingewiesen haben:673 Da dem Vordermann die Strafbarkeit seines Verhaltens nach der in Rede stehenden Norm bewusst war, wusste er alles, was nach dem Gesetzgeber erforderlich war um von seiner Tat abzusehen.674 Das Gesetz fordert immerhin, dass von der Begehung der Tat 670

Koch, JuS 2008, S. 399 (402). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 97. 672 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 227. 673 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (181); Otto, FS-Roxin 2001, S. 483 (490). Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 1. f). 674 Freilich ist dies auch bei der Benutzung eines bedingt Tatentschlossenen der Fall. Allerdings wird dort im Rahmen einer Einzelfallbestimmung auf ein anderes Hemmungsmotiv abgestellt. Wird jedoch generalisierend auf das Hemmungsmotiv des Normappells eines Straftatbestands abgestellt, so muss dieses seine Wirkung jedenfalls dann entfalten, wenn der Vordermann weiß, dass er den Tatbestand erfüllt. 671

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unabhängig davon abgesehen wird, für wie verwerflich oder überhaupt strafwürdig die Tat persönlich empfunden wird. Daher kann es nicht überzeugen an dieser Stelle lediglich ein Herabsetzen der Hemmschwelle für ausreichend zu halten. Doch selbst wenn man hierauf abstellen würde, so stünde man erneut vor dem Dilemma der Quantifizierung der Einwirkung auf das Hemmungsmotiv. Denn auch wenn eine Beherrschung des Willens des Vordermanns ab einer gewissen Differenz zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Unrecht in gewissen Fällen möglich erscheint, so ist doch ebenso klar, dass hierfür nicht jedwede kleinste Differenz genügen kann. Somit müsste eine Grenze gezogen werden, was – wie oben bereits gezeigt – kaum möglich erscheint.675 An einem generalisierenden Maßstab führt somit kein Weg vorbei. Es ist folglich an der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit als dem grundsätzlich entscheidenden Hemmungsmotiv festzuhalten. Da dieses bei einer Täuschung über die Unrechtshöhe nicht berührt wird, kann dem Hintermann auch nicht die Tatherrschaft zukommen. Er konnte nicht absehen, ob seine Täuschung den Vordermann dazu bringen konnte, sich bewusst strafbar zu machen.676 Ob dies überhaupt möglich ist und falls ja, ab welchem Grad des verbleibenden vorgestellten Unrechts, lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von der Person des Vordermanns ab. Eine Einzelfallermittlung dieser Grenze (jenseits der Fälle der Täuschung eines bedingt Tatentschlossenen über den Bedingungseintritt) verbietet sich jedoch wegen der hiermit notwendigerweise einhergehenden Unsicherheiten.677 e) Zwischenergebnis Beim Hervorrufen eines Irrtums über die Unrechtshöhe handelt es sich – entgegen der verbreiteten Meinung – nicht um einen Fall der mittelbaren Täterschaft in Form des Täters hinter dem Täter. Das entscheidende Hemmungsmotiv des aus der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit folgenden Normappells des jeweiligen Straftatbestands bleibt durch die Einwirkung des Hintermanns gänzlich unberührt. Daher kann der Hintermann das Verhalten des Vordermanns auch nicht absehen und einplanen; ihm kommt nicht die Tatherrschaft zu. Es handelt sich um einen Fall der Anstiftung.

5. Der Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen Auch der Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen wird häufig als beachtlicher Irrtum und der Hintermann entsprechend als mittelbarer Täter eingestuft.678 Die 675

Kreuzberg, Täterschaft, S. 469. A. A. wohl Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 117, der davon ausgeht, dass das Verhalten des Vordermanns eingeplant werden kann. 677 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 678 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 99; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 223 f.; Hardwig, JZ 1965, S. 667 (669); Hünerfeld, ZStW 99. Band (1987), 676

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Terminologie ist jedoch auch hier nicht einheitlich, so wird etwa auch vom Irrtum über qualifikationsbegründende Umstände gesprochen.679 Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn dem Vordermann täuschungsbedingt Umstände verborgen bleiben, welche einen Qualifikationstatbestand erfüllen. Die – der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrundeliegenden – Sachverhalte sind in besonderem Maße geeignet, die Besonderheiten und Probleme dieser Fallgruppe aufzuzeigen. Als Fallbeispiele sollen daher die nachfolgend erörterten Sachverhalte dienen. a) Die Rechtsprechung des BGH In Fallkonstellationen des Irrtums über Qualifikationsvoraussetzungen erscheint die Rechtsprechung des BGH auf den ersten Blick uneinheitlich. So hatte er in einer frühen Entscheidung einen Fall zu beurteilen, bei dem der Angeklagte 1945 amerikanische Soldaten mit der bewusst falschen Behauptung, dass das spätere Opfer Fremdarbeiter erschossen habe, dazu aufforderte dieses ohne Prozess und Untersuchung zu erschießen, was diese auch taten. Dabei lagen nur bei dem Angeklagten niedere Beweggründe vor. Der BGH nahm hier Anstiftung zum Totschlag bei dem Hintermann an.680 Allerdings stellt der BGH klar, dass er in § 211 StGB keine Qualifikation des § 212 StGB, sondern vielmehr einen selbständigen Tatbestand sieht. Bezüglich dieses Tatbestands handelte der Vordermann aber schon nicht tatbestandsmäßig. Nach der Auffassung des BGH zum Verhältnis von Mord und Totschlag, konnte sich die Beteiligung des Hintermanns daher nur auf den Totschlag nach § 212 StGB beziehen. Der BGH hat hiermit also nicht die Situation beurteilt, bei der sich der Irrtum des Vordermanns auf Qualifikationsvoraussetzungen bezog. In einem später ergangenen Urteil – der sogenannten Nebenbuhlerentscheidung – nahm der BGH dann auch mittelbare Täterschaft bei einem Hintermann an, welcher bei dem Vordermann die Fehlvorstellung einer minderschweren Straftat hervorgerufen hat, dieser jedoch tatsächlich eine schwerwiegendere Straftat begehen sollte.681 Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, welcher dem obigen Beispielsfall ähnelt. Der Hintermann wollte den J aus Eifersucht töten, dies aus Angst vor Entdeckung aber nicht selbst durchführen. Er überredete deshalb G, C, und Ü dazu den J zu überfallen und ihm dabei – notfalls mit Gewalt – ein Schlafmittel zu verabreichen. Hierzu gab der Hintermann dem G eine Flasche mit, welche das Schlafmittel enthalten sollte, die aber tatsächlich eine tödlich wirkende Säure enthielt. Die Vordermänner öffneten die Flasche aber unterwegs und erkannten, dass es sich nicht um ein Schlafmittel handelte. Darum sahen sie von der Tat ab. Daraufhin versuchte der S. 228 (243); Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62; Kadel, GA 1983, S. 299 (302); BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364 f.). A. A. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 667; Bock, Strafrecht AT, S. 187; Sippel, NJW 1983, S. 2226. 679 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 99. 680 BGH, Urteil v. 09. 11. 1951 – 2 StR 296/51, BGHSt. 1, 368. 681 BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364 f.).

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Hintermann es mit einer ähnlichen Täuschung bei A, welcher jedoch nur zum Schein darauf einging und die Flasche der Polizei übergab.682 Der BGH bestätigte die Verurteilung des Hintermanns wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Körperverletzung jeweils in mittelbarer Täterschaft. Dabei führte er aus, dass derjenige mittelbarer Täter ist, der „eine Straftat ,durch einen anderen begeht‘ (§ 25 Abs. 1 StGB), der selbst nicht Täter dieser Straftat ist“.683 Dabei sei der Vordermann auch dann nicht selbst Täter besagter Straftat, wenn er infolge eines Irrtums glaubt, eine minder schwere Straftat zu begehen.684 Der BGH stellte somit auf die Tat ab, hinsichtlich derer der Vordermann nicht vorsätzlich gehandelt hat und lässt das hierauf bezogene täuschungsbedingte Entfallen des Vorsatzes genügen, hält dies aber offenbar für nicht weiter begründungsbedürftig. Diese Entscheidung hat der BGH jüngst bestätigt.685 In diesem Fall hat der Hintermann die Vordermänner dazu veranlasst das Opfer in seiner Wohnung zu überfallen und zu fesseln. Er verschwieg ihnen jedoch, dass er vorhatte bei dieser Gelegenheit, unter Ausnutzung der Tatsache, dass das Opfer gefesselt war, Wertgegenstände und Geld zu entwenden.686 Der BGH bestätigte die Verurteilung der Vordermänner wegen gemeinschaftlich begangener Freiheitsberaubung. Den Hintermann hielt der BGH dagegen des Raubes in mittelbarer Täterschaft für schuldig, wobei diesem die Raubmittel zugerechnet wurden, da er den Vordermännern die Diebstahlskomponente verheimlichte.687 Auch in diesem Fall lieferte der BGH keine nähere Begründung, sondern begnügte sich mit dem Verweis auf die vorherige Entscheidung. Insgesamt zeigt sich an den Entscheidungen des BGH zum einen, dass er wohl von einem Fall des – auf den Vorsatz bezüglich des Qualifikationstatbestands beschränkten – Tatumstandsirrtum ausgeht. Zum anderen zeigt sich aber insbesondere an der „Nebenbuhlerentscheidung“ des BGH auch, welche Bedeutung der Frage zukommen kann, ob der Hintermann als mittelbarer Täter bestraft werden kann. Da die Vordermänner die Tat nicht wie von J geplant ausgeführt haben, kommt in diesem Fall – sofern eine mittelbare Täterschaft abgelehnt wird – nur eine versuchte Anstiftung nach § 30 Abs. 1 StGB in Betracht. Eine versuchte Anstiftung zu unvorsätzlicher Tat ist jedoch nicht möglich.688 Daher scheidet eine versuchte Anstiftung zu einem vorsätzlichen Tötungsdelikt aus, weil der J die Vordermänner über die tödliche Wirkung des vermeintlichen Schlafmittels täuschte und somit gerade nicht wollte, dass diese eine vorsätzliche Tötung begehen.689 Vielmehr läge dann lediglich eine versuchte Anstiftung zu einem schweren Raub nach §§ 249, 250, 30 682 683 684 685 686 687 688 689

BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (363 f.). BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364). BGH, Urteil v. 26. 01. 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt. 30, 363 (364 f.). BGH, Urteil v. 31. 07. 2012 – 3 StR 231/12, NStZ 2013, S. 103. BGH, Urteil v. 31. 07. 2012 – 3 StR 231/12, NStZ 2013, S. 103 (103). BGH, Urteil v. 31. 07. 2012 – 3 StR 231/12, NStZ 2013, S. 103 (104). v. Spiegel, NJW 1984, S. 110 (110). Teubner, JA 1984, S. 144 (144).

264

Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Abs. 1 StGB vor.690 Würde eine mittelbare Täterschaft verneint, könnte die auf ein Tötungsdelikt und damit auf die Verwirklichung eines weit höheren Unrechts gerichtete Initiative des Hintermanns, strafrechtlich somit überhaupt nicht erfasst werden.691 b) Tatumstandsirrtum oder Motivirrtum? Nach der Darstellung der Entscheidungen des BGH und dessen Argumentation stellt sich bei genauer Betrachtung die Frage, ob der Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen überhaupt ein Motivirrtum und, sofern die Täuschung zur mittelbaren Täterschaft des Hintermanns führt, ein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben ist. Zwar entfällt die Strafbarkeit des Vordermanns bei diesem Irrtum nicht, es besteht immerhin noch die Strafbarkeit nach dem Grundtatbestand, es wird allerdings vorgetragen, dass der Vordermann hinsichtlich des Qualifikationstatbestandes ein unvorsätzlich handelndes Werkzeug sei692 und es sich insofern um einen Tatumstandsirrtum handle.693 Da hiermit auf den Qualifikationstatbestand Bezug genommen wird, muss sich die Frage, ob es sich um einen Motivirrtum handelt, danach entscheiden, ob sich die Täterschaft auf den konkreten Straftatbestand – also den Qualifikationstatbestand – bezieht. Tatsächlich ist dies der Fall, denn unter Täterschaft ist die Tatbestandsverwirklichung zu verstehen, weshalb diese somit tatbestandsbezogen zu ermitteln ist.694 Da die Täterschaft sich also stets auf den jeweiligen Straftatbestand bezieht, kann bei einer Täuschung über Qualifikationsvoraussetzungen kein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben sein, da der Vordermann zwar den objektiven Qualifikationstatbestand erfüllt, diesem aber der Vorsatz fehlt, sodass er kein Täter des Qualifikationsdelikts ist.695 Der Vordermann ist hinsichtlich des Qualifikationstatbestandes kein Täter und der Hintermann hinsichtlich desselben Tatbestands somit auch kein Täter hinter dem Täter.696 Der Irrtum dem der Vordermann dabei unterliegt ist daher auch kein Motivirrtum, denn er führt dazu, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Begehung des (Qualifikations-)Tatbestands entfällt. Es handelt sich daher im Grunde tatsächlich um einen Tatumstandsirrtum.

690

Sippel, NJW 1983, S. 2226 (2229). Teubner, JA 1984, S. 144 (144). 692 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 25. 693 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Kadel, GA 1983, S. 299 (302); Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 211. 694 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 5; Bock, Strafrecht AT, S. 172; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87. 695 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 211; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62. 696 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224. 691

III. Teilweise Anerkennung

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Allerdings gilt dies nur, sofern sich der Irrtum auf einen objektiven Qualifikationstatbestand bezieht, der Tatbestand also auf einer allgemein gesteigerten Unrechtshöhe beruht. Anders stellt es sich dagegen dar, wenn auch Qualifikationen einbezogen werden, die auf schulderhöhenden Umständen beruhen, also wie beispielsweise die erste Gruppe der Mordmerkmale aus § 211 Abs. 2 StGB die innere Einstellung betreffen.697 Für eine Einbeziehung dieser Qualifikationen plädiert unter anderen Roxin und argumentiert anhand des ersten aufgeführten BGH-Falls, bei welchem der Hintermann Umstände kannte (die Unschuld des Opfers und seine eigenen niedrigen Beweggründe), welche die Tat für ihn (sofern ihm die Ausführungshandlung des Vordermanns zuzurechnen wäre) zu einem Mord machten, während dies dem Vordermann täuschungsbedingt nicht bewusst war.698 Bei der Einordnung dieser Fälle durch Roxin handelt es sich im Grunde um einen speziellen Fall des ursprünglich von ihm zum Irrtum über den konkreten Handlungssinn gezählten Irrtums über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen.699 Bei diesem Irrtum wird dem Vordermann der tatsächliche Sinn der Handlung verschleiert.700 Der Vordermann geht etwa davon aus einen Ehebrecher zu schlagen, während das Opfer in Wahrheit unschuldig ist. Ebenso verhält es sich bei der Fehlvorstellung über Qualifikationen die auf schulderhöhenden Umständen beruhen. Der Grund weshalb Roxin an dieser Stelle an der Beachtlichkeit des Irrtums festhält, während er den Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen nicht mehr für die Begründung von mittelbarer Täterschaft genügen lässt,701 liegt nun darin, dass der Gesetzgeber den schulerhöhenden Umstand durch den Qualifikationstatbestand objektiviert habe.702 Daher mache der Irrtum aus der Tat eine andere Tat.703 Bei einer solchen Betrachtungsweise, also bei der Einbeziehung von Qualifikationen welche auf schulderhöhenden Umständen beruhen, kann bei einem entsprechenden Irrtum des Vordermanns wohl zumindest von einem Motivirrtum gesprochen werden. Im Unterschied zu einer Fehlvorstellung über den objektiven Qualifikationstatbestand, bei der die strafrechtliche Verantwortlichkeit für den in objektiver Hinsicht erfüllten Qualifikationstatbestand entfällt, ist ein solcher Irrtum (abgesehen von Strafzumessungserwägungen) gänzlich unerheblich für die strafrechtliche Verantwortung des Täters, da der Vordermann den Qualifikationstatbestand in keiner Weise erfüllt. Es handelt sich daher wohl um einen Motivirrtum. Ein Fall des Täters hinter dem Täter liegt aber auch hier nicht vor, da der Vordermann ebenfalls kein Täter des Qualifikationstatbestands ist.704 697

Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 211 Rn. 6. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 243 f. 699 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 241 f. 700 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 240 f. 701 Vgl. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (188) und Fn. 48. 702 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 101. 703 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 101. 704 A. A. Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 53, der davon spricht, dass dieser Irrtum „eher“ der Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter zuzurechnen sei. 698

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Somit lässt sich feststellen, dass es sich bei einem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen nicht um einen einheitlich zu beurteilenden Irrtum handelt. Bezieht sich die Fehlvorstellung auf einen objektiven Qualifikationstatbestand, so handelt es sich nicht um einen Motivirrtum, sondern um einen auf den Qualifikationstatbestand bezogenen Tatumstandsirrtum.705 Bezieht sich die Fehlvorstellung dagegen auf einen subjektiven, auf schulderhöhenden Umständen beruhenden, Qualifikationstatbestand, so handelt es sich bei dem Irrtum um einen Motivirrtum. Auch wenn das Hervorrufen dieser Irrtümer zu mittelbarer Täterschaft führen sollte, liegt jedoch kein Fall des Täters hinter dem Täter vor, da die Täterschaft tatbestandsbezogen zu beurteilen ist706 und sich der Vordermann in Bezug auf den Qualifikationstatbestand nicht strafbar gemacht hat.707 c) Beurteilung in der Wissenschaft In der Literatur wird dieser Irrtum als spezieller Fall des Irrtums über die Unrechtshöhte angesehen.708 Im Unterschied zu diesem ist das dem Vordermann verborgen gebliebene Unrecht gesetzlich in einem Qualifikationstatbestand geregelt. Das bestehende Unwertgefälle hat sich mithin in der gesetzlichen Wertung niedergeschlagen.709 Aus diesem Grund wird eine mittelbare Täterschaft teilweise auch von Autoren angenommen, die sie bei dem Irrtum über die Unrechtshöhe abgelehnt haben.710 Dennoch wird eine Anerkennung dieses Irrtums kritisiert, wobei teilweise die bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit der Einwirkung durch den Hintermann beklagt wird. So führt etwa Höge an, dass sich der Hintermann nicht sicher sein kann, dass seine Information umgesetzt wird. Er müsse „mit Abschluss seiner Einwirkung auf den Ausführenden […] das Geschehen aus der Hand geben und kann nur von außen betrachten, ob der Irrende nach seinen Wünschen handelt“.711 Auch Sippel stellt in einer Anmerkung zur „Nebenbuhlerentscheidung“ des BGH auf diese Erwägungen ab. „Da der Angeklagte, nachdem er die tödliche Säure übergeben hatte, auch nicht den geringsten Einfluß auf deren Einsatz ausgeübt hatte, kann von einer Beherrschung der Tötung, die ja gerade in dem Einsatz der Säure bestehen sollte, keine Rede sein. Nach der Bedeutung

705 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Kadel, GA 1983, S. 299 (302). 706 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 5; Bock, Strafrecht AT, S. 172; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 87. 707 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224; Stratenwerth/ Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62. 708 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 99. 709 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (187). 710 Vgl. Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82. 711 Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 138.

III. Teilweise Anerkennung

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seines objektiven Beitrages – Übergabe der Säure und Aufforderung einen schweren Raub zu begehen – beherrschte er den Ablauf der Tat nicht.“712

Es wurde jedoch bereits gezeigt, dass der Hintermann bei einer mittelbaren Täterschaft den Vordermann – nachdem er auf diesen eingewirkt hat – regelmäßig aus seinem Wirkungsbereich entlässt.713 Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Hintermann weiter die Tatherrschaft innehaben kann. Wie v. Spiegel zu der „Nebenbuhlerentscheidung“ ausführt, hätte nur der Hintermann J es in der Hand gehabt den Tod des intendierten Opfers durch Beseitigung des Irrtums zu verhindern, wenn die Vordermänner seinen Plan nicht durchschaut hätten.714 Zudem ist bei der mittelbaren Täterschaft niemals absolut sicher, dass sich ein Vordermann wie gewünscht verhält. Da die Tatbestandsverwirklichung noch von dem Willen des Vordermanns abhängt, kann es stets dazu kommen, dass dieser sich dafür entscheidet sich anders zu verhalten als vom Hintermann gewünscht. Daher kann eine solche Kritik, welche an der Unsicherheit in Bezug auf die Erfolgswahrscheinlichkeit der Einwirkung des Hintermanns ansetzt, nicht verfangen, zumal für die Ermittlung der Willensherrschaft keine Wahrscheinlichkeitsprognose entscheidend ist. d) Beseitigen von Hemmungsmotiven Die Willensherrschaft wird vielmehr durch eine spezifische Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns konstituiert. Betrachtet man nun die zu einem Irrtum über objektive Qualifikationsvoraussetzungen führende Täuschung des Hintermanns hinsichtlich der Auswirkungen auf die Abwägung des Vordermanns zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen, so ergibt sich hier ein anderes Bild als bei dem Irrtum über die Unrechtshöhe. Zwar ist auch in diesem Fall das Hemmungsmotiv der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des Handelns beim Vordermann im Grunde intakt, der Vordermann weiß mithin, dass er den Grundtatbestand erfüllt. Dass darüber hinaus auch ein Qualifikationstatbestand erfüllt wird, ist dem Vordermann dagegen nicht bewusst.715 Der Vordermann wird also von einem Normappell erreicht, jedoch nicht von demjenigen dessen Erfüllung wegen der Täuschung des Hintermanns erfolgt ist. Ähnlich dem Fall, dass der Hintermann den Vordermann zur Vornahme eines Delikts bringt und ihn darüber hinaus durch Hervorrufen eines Tatumstandsirrtums zur Vornahme eines weiteren Delikts bewegt, wird der Vordermann auch hier von dem Normappell eines Delikts nicht erreicht. Zwar weiß der Vordermann auch hier, dass sein Verhalten insgesamt formell rechtswidrig, also strafbar war, entscheidend ist aber, dass er nicht weiß, dass sein Verhalten einer gesonderten Strafbarkeit – nämlich in Form eines Qualifikationstatbestands – unterliegt. Dies deshalb, weil Täterschaft Tatbestandsverwirklichung 712 713 714 715

Sippel, NJW 1983, S. 2226 (2227 f.). Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 6. b). v. Spiegel, NJW 1984, S. 110 (111). Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 223.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

bedeutet und diese somit immer hinsichtlich des in Rede stehenden Tatbestands zu ermitteln ist.716 Hiergegen wird jedoch eingewandt, dass die Täterschaftsvoraussetzungen bereits hinsichtlich des Grundtatbestandes erfüllt sein müssten.717 Da die Tatherrschaft und der objektivierbare Täterwille sich bei einem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen aber lediglich auf den über die Durchgangstat hinausgehenden Erfolg beziehen würden und nicht auf die Durchgangstat selbst, könne keine mittelbare Täterschaft des Hintermanns selbst vorliegen.718 Hinsichtlich des Grundtatbestands sei der Hintermann kein mittelbarer Täter, ihm könne also der Grundtatbestand nicht zugerechnet werden. Daher hänge „die Verantwortlichkeit für den Qualifikationstatbestand gewissermaßen in der Luft“.719 Allerdings bleibt zu beachten, dass der Gesetzgeber, wenn er einen Qualifikationstatbestand schafft, zum Ausdruck bringt, dass ein erhöhter Unwertgehalt einen eigenen Strafrahmen erfordert und damit auch einer eigenständigen täterschaftlichen Beurteilung zugänglich ist.720 Aus diesem Grund ist das entscheidende Hemmungsmotiv in dem Normappell des Qualifikationstatbestands zu sehen.721 Immerhin kann kaum bestritten werden, dass ein Vordermann, der zur Begehung des Grundtatbestandes bereit ist, längst nicht dazu bereit sein muss, auch einen Qualifikationstatbestand zu verwirklichen.722 Daher ermöglicht die Beseitigung dieses Hemmungsmotivs es dem Hintermann den Vordermann hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Qualifikationstatbestands zu steuern. Hierin liegt lediglich eine Präzisierung des bisher als grundsätzlich entscheidend ausgemachten Hemmungsmotives. Es kommt durchaus auf den aus der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit folgenden Normappell an. Entscheidend ist aber der konkrete Normappell und nicht, dass der Vordermann überhaupt von einem Normappell erreicht wird. Wäre es anders, so könnte auch keine mittelbare Täterschaft gegeben sein, wenn der Vordermann zur Ausführung mehrerer Delikte bewogen wird und der Tatentschluss nur hinsichtlich eines dieser Delikte durch eine die Wahrnehmung des Normappells verhindernde Täuschung – etwa einen Tatumstandsirrtum – hervorgerufen wird. Daher kommt es stets auf den konkreten Normappell des Straftatbestandes hinsichtlich dessen die Beteiligungsform beurteilt werden soll an. Wird durch die Täuschung verhindert, dass der Vordermann von dem Normappell des Qualifikationstatbestandes erreicht wird, so hat der Hintermann das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt und hat die Tatherrschaft inne.723 716 Bock, Strafrecht AT, S. 172; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 223; Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 5. 717 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 11. 718 Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 166. 719 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 21. 720 Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (187 f.); Kadel, GA 1983, S. 299 (302). 721 v. Spiegel, NJW 1984, S. 110 (111). A. A. Sippel, NJW 1983, S. 2226 (2228); Sippel, NJW 1984, S. 1866. 722 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224. 723 v. Spiegel, NJW 1984, S. 110 (111).

III. Teilweise Anerkennung

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e) Einbeziehung von Qualifikationen, die auf schulderhöhenden Umständen beruhen Hiermit ist jedoch noch nicht geklärt, ob das Hervorrufen eines Irrtums über Qualifikationsvoraussetzungen stets für eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns genügt. Bisher wurde lediglich der Irrtum besprochen der sich auf objektive, auf einer allgemein gesteigerten Unrechtshöhe basierenden, Qualifikationstatbestände bezieht. Qualifikationen können aber auch auf schulderhöhenden Umständen beruhen, wie etwa die erste Gruppe der Mordmerkmale aus § 211 Abs. 2 StGB.724 Daher stellt sich die Frage, ob auch beim Hervorrufen eines Irrtums, der sich auf einen auf schulderhöhenden Umständen beruhenden Qualifikationstatbestand bezieht, mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen ist. Eine solche Konstellation liegt dem ersten aufgeführten BGH-Fall zugrunde, bei welchem der Hintermann Umstände kannte (die „Unschuld“ des Opfers und seine eigenen niedrigen Beweggründe), welche die Tat für ihn (sofern ihm die Ausführungshandlung des Vordermanns zuzurechnen wäre) zu einem Mord machten, während dies dem Vordermann täuschungsbedingt nicht bewusst war. Teilweise wird diesbezüglich vorgetragen, dass es eine einheitliche Fallgruppe des Irrtums über Qualifikationsvoraussetzungen nicht geben kann.725 Nur sofern das qualifizierende Merkmal den Unrechtsgehalt der Tat betreffe, liege mittelbare Täterschaft vor.726 Eine in einem Qualifikationstatbestand ausgedrückte Schulddifferenzierung könne dagegen nicht beachtlich sein, da eine Schuldabstufung keine Funktion der Täterschaftsdogmatik sei.727 Da ein Irrtum über eine Schuldabstufung ansonsten unbeachtlich sei, könne nichts anderes gelten, wenn diese in einem eigenen Qualifikationstatbestand ausgedrückt wird, zumal dies weitgehend von legislatorischen und historischen Zufälligkeiten abhänge.728 Bei der mittelbaren Täterschaft kraft Irrtums kann der Hintermann den Willen des Vordermanns grundsätzlich deshalb beherrschen, weil er das entscheidende Hemmungsmotiv in Form des aus dem jeweiligen Straftatbestand folgenden Normappells, welcher den Vordermann bei Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit erreicht, beseitigt. Dies kann auf zweierlei Weise bewerkstelligt werden. Entweder der Vordermann glaubt irrigerweise, dass sein Verhalten nicht strafbar ist (Verbotsirrtum) oder er weiß, dass er sich strafbar macht, wenn er sich auf eine gewisse Weise verhält, übersieht jedoch irrigerweise, dass er sich bereits so verhält (Tatumstandsirrtum). Der Vordermann weiß bei beiden Alternativen (regelmäßig) nicht, dass er den jeweiligen Straftatbestand erfüllt. Knüpft ein Qualifikationstatbestand nun an schulderhöhenden Umständen an, wie es bei der ersten Gruppe der Mord724

Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 211 Rn. 6. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 358. 726 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355 ff. Wohl auch Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62; Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 52 ff. 727 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 26. 728 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 26. 725

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

merkmale aus § 211 Abs. 2 StGB der Fall ist, stellt sich die Lage aber anders dar. Dies zeigt sich an dem vom BGH entschiedenen Fall, bei dem der Hintermann amerikanische Soldaten durch Täuschung zur Erschießung eines insofern Unschuldigen brachte. Die Soldaten nahmen hierbei die Tötungshandlung bewusst vor. Sie befanden sich nicht im Irrtum darüber, welchen Tatbestand ihre Handlung erfüllt. Ein Mord war bei den Soldaten schließlich nicht gegeben, da bei diesen keine niederen Beweggründe vorlagen.729 Auch wenn die Soldaten nicht davon ausgegangen wären, dass das Opfer Fremdarbeiter erschossen hat, so wären nicht zwingend niedere Beweggründe bei diesen vorgelegen, wenn sie das Opfer dennoch erschossen hätten. Vielmehr kann über diese hypothetische Motivationslage nur spekuliert werden. Ein Irrtum über den verwirklichten Tatbestand wäre daher nur dann gegeben, wenn sich die Soldaten im Irrtum über die eigene Motivation befanden. Hierüber kann sich ein Vordermann aber nur schwerlich täuschen. Er kann sich also nicht in einem Irrtum darüber befinden, dass er in Wahrheit aus niedrigen Beweggründen handelt. Da sich die Soldaten also nicht darüber irrten, welchen Tatbestand sie erfüllen, wurde das aus dem Normappell des besagten Tatbestands resultierende Hemmungsmotiv nicht beseitigt. Eine Tatherrschaft des Hintermanns scheidet folglich aus.730 Somit kann es eine einheitliche Fallgruppe des Irrtums über Qualifikationsvoraussetzungen tatsächlich nicht geben.731 Dies liegt daran, dass die schulddifferenzierenden Qualifikationstatbestände an die innere Einstellung des Täters anknüpfen. Damit sind sie notwendigerweise personenbezogen, wie sich auch aus §§ 28, 29 StGB ergibt.732 Die Fehlvorstellung des Vordermanns kann daher nicht dahin gehen, dass er den Qualifikationstatbestand nicht erfüllt, denn er kann sich nicht im Irrtum über die eigene innere Einstellung befinden, an welche der Qualifikationstatbestand anknüpft. Er kann höchstens über die innere Einstellung des Hintermanns irren. Irrt sich der Vordermann aber nicht darüber, dass sein Verhalten den Qualifikationstatbestand erfüllt, so wird das von dessen Normappell ausgehende Hemmungsmotiv nicht berührt. Das überlegene Wissen des Hintermanns beschränkt sich somit zum einen auf Umstände, welche die innere Einstellung des Vordermanns, wenn er die Umstände kennen würde, auch nicht zwingend zu der in dem schulddifferenzierenden Qualifikationstatbestand umschriebenen inneren Einstellung machen würden und zum anderen auf die eigene innere Einstellung. Ein solcher Wissensvorsprung kann dem Hintermann aber keine Tatherrschaft verleihen.

729 730 731 732

Sippel, NJW 1983, S. 2226 (2228); Kreuzberg, Täterschaft, S. 465. A. A. Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 76. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 358. Sippel, NJW 1983, S. 2226 (2228).

III. Teilweise Anerkennung

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f) Zwischenergebnis Bei einem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen handelt es sich nicht um eine einheitliche Fallgruppe.733 Vielmehr kann es sich, je nachdem ob sich die Fehlvorstellung auf einen objektiven oder einen subjektiven Qualifikationstatbestand bezieht, um einen Motivirrtum oder einen, auf den Qualifikationstatbestand bezogenen, Tatumstandsirrtum handeln. Bei einer Fehlvorstellung bezüglich einer subjektiven Qualifikation, also auf einer solchen die auf schulderhöhenden Umständen beruht, liegt ein Motivirrtum vor, während bei einer Fehlvorstellung über einen objektiven Qualifikationstatbestand ein Tatumstandsirrtum gegeben ist.734 Zwischen diesen beiden Irrtümern ist somit zu differenzieren. Knüpft die Qualifikation an die innere Einstellung des Täters an, so kann der Vordermann nicht täuschungsbedingt übersehen, dass er den Tatbestand erfüllt und eine Tatherrschaft des täuschenden Hintermanns scheidet aus. Bei einem Qualifikationstatbestand, welcher an ein objektives Verhalten des Täters oder an dessen Folgen anknüpft, nimmt der Vordermann dagegen irrig an, die Qualifikation nicht zu erfüllen, obwohl er dies objektiv tut. Daher ist lediglich eine Täuschung über solche Qualifikationstatbestände geeignet, dem täuschenden Hintermann die Tatherrschaft zu vermitteln.735 Hier wird das Hemmungsmotiv des Normappells des Qualifikationstatbestands beseitigt, weshalb der Hintermann mittelbarer Täter ist. Gleichwohl ist er kein Täter hinter dem Täter, da der Vordermann kein Täter des Qualifikationstatbestands ist.736 Insgesamt ist der Hintermann hinsichtlich der Tatbestände, die der Vordermann vorsätzlich verwirklicht hat, Anstifter und mittelbarer Täter in Bezug auf die Qualifikation.737 Dabei wird die Anstiftung jedoch von der schwereren Beteiligungsform der mittelbaren Täterschaft auf der Konkurrenzebene verdrängt.738

6. Sonstige Irrtümer Abgesehen von den vorstehend erörterten Irrtümern, welche im Zentrum der wissenschaftlichen Diskussion stehen, verbleiben noch die sonstigen Irrtümer – bei denen eine Bestrafung des täuschenden Hintermanns als mittelbarer Täter vorgeschlagen wurde – anhand der herausgearbeiteten Bestimmung der Tatherrschaft zu erörtern und im Anschluss zu untersuchen, ob es jenseits dieser Irrtümer noch beachtliche Irrtümer gibt. 733

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 358. Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Kadel, GA 1983, S. 299 (302). 735 So wohl auch Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 62. 736 Ebenso Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 224. 737 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 355 f. 738 Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (392); Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 211. A. A. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 356. 734

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

a) Dolus generalis Situationen Zunächst sei hier auf die Fälle des dolus generalis eingegangen. Auch bei diesen wird eine mittelbare Täterschaft des täuschenden Hintermanns bejaht.739 Dies sei an einer Abwandlung des bereits oben aufgeführten Beispiels erläutert:740 Der B schlägt dem C in Tötungsabsicht mit einem Baseballschläger auf den Kopf. Der C stirbt jedoch nicht, sondern ist nur ohnmächtig. Der A erkennt dies und rät dem B daher den C sogleich zu vergraben, da dieser Tod sei. Dem A glaubend, vergräbt der B den C, wodurch dieser stirbt.

Unabhängig davon, wie die Auswirkungen des Irrtums des B beurteilt werden, lässt sich dieser Fall anhand der herausgearbeiteten Kriterien der Tatherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft problemlos lösen. Sieht man in dem ersten Geschehensabschnitt (dem Schlag auf den Kopf des C) ein versuchtes Tötungsdelikt und in dem sich anschließenden Geschehensabschnitt (das Vergraben des C) ein fahrlässig vollendetes Tötungsdelikt,741 so liegt ein gewöhnlicher Fall des Benutzens eines fahrlässig handelnden Vordermanns vor. Der B wurde im zweiten Geschehensabschnitt täuschungsbedingt nicht von dem Normappel des entsprechenden Tatbestands erreicht. Der Hintermann A täuscht ihn schließlich darüber, dass der C bereits tot ist. Wegen dieser Täuschung ist dem B nicht klar, dass er mit dem Vergraben des C einen anderen Menschen tötet und damit den objektiven Tatbestand des § 212 Abs. 1 StGB erfüllt. A verhindert damit, dass der B von dem Normappell des Totschlagstatbestands erreicht wird und kann daher den Willen des B beherrschen. Da das entscheidende Hemmungsmotiv entfallen ist, ist der Hintermann A mittelbarer Täter, wenn auch nicht in Form des Täters hinter dem Täter. Nicht anders verhält es sich, wenn der Tod des Opfers (erst) im zweiten Geschehensabschnitt für den Vordermann richtigerweise nur als unwesentliche Abweichung im Kausalverlauf betrachtet wird.742 Dass der Vordermann hiernach insgesamt vorsätzlich gehandelt hat und damit zumindest im ersten Geschehensabschnitt von dem Normappel erreicht wurde ist unerheblich, da es für die Beurteilung entscheidend auf die konkrete Tatsituation ankommt in welcher der Hintermann auf den Vordermann eingewirkt hat und dieser daraufhin handelt.743 Im zweiten Geschehensabschnitt wurde das entscheidende Hemmungsmotiv aber beseitigt und dem Vordermann täuschungsbedingt die Möglichkeit genommen, von seiner ursprünglichen Tötungsabsicht noch abzurücken. Der Hintermann A ist dementsprechend mittelbarer Täter und da der Vor-

739

Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 177; Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 93. Siehe oben unter Kapitel 2 II. 1. c). Da im Rahmen dieser Arbeit lediglich das Hervorrufen von Irrtümern und nicht das Ausnutzen bereits bestehender Fehlvorstellungen erörtert wird, ist es notwendig das Beispiel entsprechend abzuwandeln. 741 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 97. 742 Roxin/Greco, Strafrecht AT I, § 12 Rn. 176. 743 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 98. 740

III. Teilweise Anerkennung

273

dermann ebenfalls Täter eines Totschlags ist, ist ein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben.744 b) Der Risikoirrtum Ein weiterer Irrtum bei dessen Hervorrufen mittelbare Täterschaft vorgeschlagen wurde, ist der Risikoirrtum.745 Bei diesem täuscht der Hintermann den Vordermann über die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts seiner Handlung, weshalb dieser seinen Handlungsentschluss trifft. Zur Veranschaulichung eines solchen Irrtums soll folgendes Beispiel dienen: A täuscht B darüber, dass der bei Berührung von einem Weidezaun abgegebene Stromschlag für den C nur schmerzhaft, ein tödlicher Schlag aber unwahrscheinlich sei. A weiß jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Schlags recht hoch ist, hofft aber den C so loszuwerden. B stößt daraufhin den C in den Zaun, wobei er hinsichtlich eines tödlichen Ausgangs mit Eventualvorsatz handelt. Der C stirbt.

In diesem Fall weiß der B, dass sein Verhalten zum Tod eines anderen Menschen führen kann und handelt diesbezüglich vorsätzlich. Er wird hierbei von dem Normappell des § 212 StGB durchaus erreicht. Das Hemmungsmotiv als solches wird also nicht beseitigt, es kann seine Wirkung lediglich nicht voll entfalten. Ähnlich dem Irrtum über die Unrechtshöhe denkt sich der Vordermann: „es wird schon nicht so schlimm sein“. Trotz der Unterschiede zwischen diesen Irrtümern sind die sich stellenden Probleme jedoch dieselben, denn ebenso wenig wie es möglich ist abzusehen, ob und ab welcher Differenz eine Täuschung über das verwirklichte Unrecht geeignet ist, den Vordermann zur Verwirklichung eines Delikts zu bewegen, ist dies bei einer Täuschung über die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts möglich. Stets hängt die Beantwortung dieser Frage von der Person des Vordermanns ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein generalisierender Maßstab anhand dessen die für die Vermittlung von Tatherrschaft notwendige Differenz zwischen tatsächlichem und täuschungsbedingt vorgestelltem Risiko festgelegt werden kann, lässt sich nicht aufstellen. Darüber hinaus wusste der Vordermann auch an dieser Stelle alles, was nach dem Gesetzgeber erforderlich war, um von seiner Tat abzusehen, da ihm die Strafbarkeit seines Verhaltens nach der in Rede stehenden Norm bewusst war. Daher kann das Hervorrufen eines solchen Irrtums nicht zur mittelbaren Täterschaft führen. Bei dem täuschenden Hintermann handelt es sich vielmehr um einen Anstifter.

744 745

M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 97. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 249.

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

c) Der Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen Schließlich sei noch auf einen letzten Irrtum eingegangen, bei dem vorgeschlagen wurde den täuschenden Hintermann als mittelbaren Täter anzusehen und bei dem mittlerweile zu Recht weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass es sich bei dem Hintermann lediglich um einen Anstifter handeln kann.746 Gemeint ist der Irrtum über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen, den Roxin ursprünglich als Unterfall des Irrtums über den konkreten Handlungssinn sah,747 diese Auffassung aber schnell wieder aufgegeben hat.748 Als Beispiel darf hier der bereits oben749 aufgeführte Fall dienen: Dem eifersüchtigen Vordermann C, wird durch den Hintermann A vorgetäuscht, dass seine Frau eine Affäre habe, um den C dazu zu bewegen den Ehebrecher B zu verprügeln. Wie gehofft schlägt der C den B.

Zwar kann der eifersüchtige Vordermann C durch die Einwirkung des A durchaus lenkbar werden,750 allerdings hat sie hier nicht zur Folge, dass das entscheidende Hemmungsmotiv des C beseitigt wird. Da der A hier nicht um eine bedingte Tatentschlossenheit des C weiß, liegt kein Ausnahmefall vor. Eine bloße Hoffnung, dass der C gewalttätig reagieren wird weil er eifersüchtig ist, kann hierfür noch nicht genügen. Daher ist auf das aus dem Normappell des jeweiligen Straftatbestandes folgende Hemmungsmotiv abzustellen, welches bei Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit gegeben ist. Auf dieses Hemmungsmotiv hatte die Täuschung des A aber keinen Einfluss. Dem C war mithin klar, dass er eine Körperverletzung begeht. Daher kann die Täuschung den A nicht zum mittelbaren Täter machen. Es handelt sich um Anstiftung. d) Weitere relevante Irrtümer Nachdem nun die in der Literatur vorgeschlagenen Irrtümer untersucht wurden, ist der Blick abschließend über diese Fallgruppen hinauszurichten und zu fragen, ob es jenseits davon noch beachtliche Motivirrtümer geben kann. Um dem Hintermann die Steuerung des Geschehens zu ermöglichen und damit seine Tatherrschaft zu begründen, müssten diese Motivirrtümer entweder das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigen oder überwinden. Allerdings kann dies nur in den bereits gezeigten Situationen der Fall sein. 746 Otto, JURA 1987, S. 246 (255); Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 353; Kutzner, Die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter, S. 204 f.; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 241 f.; Kreuzberg, Täterschaft, S. 463. A. A. Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 15. 747 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 241 f. 748 Vgl. Roxin, FS-Lange 1976, S. 173 (188) und Fn. 48. 749 Siehe schon oben unter Kapitel 1 II. 2. 750 Hoyer, FS-Herzberg 2008, S. 379 (386).

III. Teilweise Anerkennung

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Das in der Regel entscheidende Hemmungsmotiv, welches aus dem Normappell des jeweiligen Straftatbestandes folgt, kann mithin nur dann entfallen, wenn der Vordermann nicht weiß, dass er einen Straftatbestand erfüllt oder er sich zumindest gerechtfertigt oder entschuldigt wähnt. Dies ist zum einen der Fall, wenn der Vordermann zwar weiß was er tut, aber wegen der Täuschung des Hintermanns der Fehlvorstellung unterliegt, dass sein Handeln nicht strafbar ist (Verbotsirrtum) und zum anderen, wenn der Vordermann täuschungsbedingt schon gar nicht weiß was er tut. Letzteres trifft sowohl beim Tatumstandsirrtum als auch bei dem Irrtum über objektive Qualifikationsvoraussetzungen – bei dem es sich im Grunde ebenfalls um einen Tatumstandsirrtum handelt751 – und dem Irrtum im Rahmen einer dolos-generalis Situation zu. In all diesen Irrtumskonstellationen wird der Vordermann nicht von dem Normappell des Straftatbestands erreicht und es kann sich kein entsprechendes Hemmungsmotiv entfalten. Damit ist der Normalbereich des Beseitigens des entscheidenden Hemmungsmotivs aber bereits vollständig umrissen. Eine Ausnahme von diesen Regeln in Form eines Abstellens auf das für den Vordermann in der Situation tatsächlich entscheidende Hemmungsmotiv – also eine, in Ausnahme vom grundsätzlich heranzuziehenden generalisierenden Maßstab, vorzunehmende Einzelfallermittlung des entscheidenden Hemmungsmotivs – ist nur unter zwei Bedingungen gerechtfertigt. Zum einen muss der Vordermann seine bedingte Tatentschlossenheit nach außen kundtun – also erklären, dass für ihn ein anderes Hemmungsmotiv entscheidend ist – und der Vordermann muss hiervon Kenntnis haben und dies bewusst ausnutzen. Nur wenn der Vordermann objektiv zu erkennen gibt, dass der Normappell des Tatbestandes bei ihm keine Hemmungswirkung entfaltet und er nur durch den Nichteintritt der Bedingung gehemmt ist, ist es gerechtfertigt auf das im konkreten Fall entscheidende Hemmungsmotiv in Form der Bedingung abzustellen und – sofern der Hintermann diesen Umstand bewusst ausnutzt indem er dem Vordermann den Bedingungseintritt vortäuscht – mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen. Was schließlich die Überwindung des Hemmungsmotives durch Täuschung betrifft, so wird teilweise angenommen, dass nicht auf die Grenze des § 35 Abs. 2 StGB abzustellen ist, sondern auf eine (täuschungsbedingt vorgestellte) Zwangssituation nach § 240 StGB.752 Bereits diese psychische Zwangslage wird mithin als ausreichend angesehen, um deren Verursacher als mittelbaren Täter anzusehen.753 Aber eine derartige Ausdehnung über die Grenze des § 35 Abs. 2 StGB hinaus kann kaum überzeugen. Dies zeigt sich etwa bei Schild, der für eine mittelbare Täterschaft zumindest fordert, dass „der Planende sich Umstände vorstellt die ihm sein Handlungsprojekt als tauglich/geeignet erscheinen lassen: sei es weil er den anderen in der beruflichen Funktion einplant, sei es, dass er ihn (und dessen Charakter, Einstellung, 751

Siehe hierzu die obigen Ausführungen in Kapitel 4 III. 5. b), f). Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 86. Wohl auch B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1261; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 23. 753 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 86. 752

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

Vorlieben, „schwache“ Stellen) gut kennt und einzuschätzen vermag“.754 In diesem Fall könne das Verhalten des Vordermanns eingeplant werden.755 Von diesem Standpunkt (Abstellen auf das Vorstellungsbild des Hintermanns) aus betrachtet erscheint es dann auch durchaus konsequent eine mittelbare Täterschaft ab der geringsten Einflussnahme, welche das Gesetz zulässt, anzunehmen. Diese untere Grenze wird dann in § 240 StGB gefunden, da hiermit gezeigt werde, dass nicht jeder Zwang ausreichend sein kann, um mittelbare Täterschaft zu bejahen.756 Problematisch ist hierbei, was Schild selbst betont: eine Subjektivierung der Täterlehre.757 Entscheidend ist hiernach nicht die Steuerung und Beherrschung des Geschehens durch den Hintermann, sondern das Vorstellungsbild des Hintermanns. Dabei stellt sich jedoch dasselbe Problem wie im Rahmen des subjektiven Kriteriums des Tatinteresses. Wie nämlich auch ein Anstifter regelmäßig ein eigenes Interesse an der Tat haben wird,758 wird sich auch ein Anstifter (da er ja in der Regel ein eigenes Tatinteresse hat) regelmäßig vorstellen, dass seine Einwirkung geeignet ist, den Vordermann zur Vornahme der Handlung zu bringen. Dieses Kriterium wird also regelmäßig auch vom Anstifter erfüllt. Daher teilt es auch das Schicksal des Kriteriums des Tatinteresses zur Bestimmung von Täterschaft ungeeignet zu sein. Entscheidend kann vielmehr nur die Beherrschung des Vordermanns – und hiermit auch des Tatgeschehens insgesamt – durch den Hintermann sein. Darüber hinaus erscheint es zweifelhaft, ob eine Bestimmung der Täterschaft anhand § 240 StGB überhaupt rechtssicher erfolgen kann.759 Die Annahme einer Beherrschung durch täuschungsbedingte Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotives ist wiederum bei wertender Betrachtung nur dann gerechtfertigt, wenn die (hohe) Grenze des § 35 Abs. 2 StGB überschritten ist. Unterhalb dieser Grenze scheint eine solche Wertung der Täuschung als tatherrschaftsbegründend nicht möglich, da der Druck, der nötig ist um den Vordermann zur Vornahme der gewünschten Handlung zu bewegen, von der Person des Vordermanns abhängig ist und stark variieren kann. Mag der eine schon bei geringerem Druck bereit sein sich wie vom Hintermann gewünscht zu verhalten, mag ein anderer selbst bei größtem Druck hierzu nicht bereit sein. Aus diesem Grund muss auf den generalisierenden Maßstab des § 35 StGB abgestellt werden.760 Erst bei Erreichen dieses Drucks wird von dem Betreffenden allgemein nicht mehr erwartet, dem Druck standzuhalten.761 Im Rahmen der mittelbaren Täterschaft durch täuschungsbedingte 754

Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 30. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 30. 756 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 82. 757 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 32. 758 Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (509). Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 2. b), 5. a). 759 Kreuzberg, Täterschaft, S. 343. 760 Küper, JZ 1989, S. 935 (948). 761 Kreuzberg, Täterschaft, S. 344; Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (42); Neumann, in: NK, StGB, § 35 Rn. 2 f.; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 248. 755

IV. Ergebnis

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Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotivs ist an der Grenze des § 35 Abs. 2 StGB festzuhalten. Unterhalb der Grenze des § 35 StGB ist eine Beherrschung des Willens des Vordermanns somit nicht möglich.762 Hiervon sind auch keine Ausnahmen zu machen, denn im Rahmen der Nötigungsherrschaft wird der Vordermann von dem Normappell des jeweiligen Straftatbestandes erreicht und das entscheidende Hemmungsmotiv bleibt bestehen. Er möchte keinen Rechtsbruch begehen, sondern wird durch eine Drucksituation dazu gebracht, sich bewusst anders zu verhalten, wie er es tatsächlich möchte. Eine Situation der erklärten Tatbereitschaft unter einer Bedingung, bei der der Vordermann die Tat unter der Bedingung tatsächlich begehen möchte, ist hier also nicht vorstellbar.

IV. Ergebnis Die Untersuchung in Kapitel 4 hat ergeben, dass die Grenze zwischen Irrtümern, deren Hervorrufen eine mittelbare Täterschaft des täuschenden Hintermanns begründen können und denen die dies nicht können, nicht zwischen Motivirrtümern und den übrigen Irrtümern verläuft.763 Vielmehr ist zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern zu differenzieren. Diese Unterscheidung ist anhand des allgemeinen – die Willensherrschaft konstituierenden – Kriteriums durchzuführen. Das Hervorrufen eines Motivirrtums ist hiernach beachtlich, sofern dies eine spezifische normativ zu bestimmende,764 Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns in Form der Beseitigung oder Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotivs verursacht. Dieses Motiv kann grundsätzlich nicht im Einzelfall bestimmt werden, weshalb ein generalisierender Maßstab heranzuziehen ist. Man muss dementsprechend bei dem Motiv davon ausgehen können, dass es grundsätzlich vorhanden und derart stark ist, dass seine Beseitigung zur Beherrschung durch den Hintermann führt. Dieses entscheidende Hemmungsmotiv ist wiederum grundsätzlich der, mit der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns verbundene, Normappell, welcher aus der Strafdrohung des jeweiligen Straftatbestands folgt. Beseitigt wird es beim vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB, bei Täuschungen im Rahmen von dolus generalis Situationen und bei der vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB, sofern der Vordermann sich Gedanken über die rechtlichen Folgen seines Handelns macht und von der Straflosigkeit seines Handelns ausgeht. Macht sich der Vordermann dagegen keine Gedanken über die rechtlichen Folgen seines Handelns, so liegt ein Fall der Täuschung vor, bei dem nicht das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt wird, sondern durch Täuschung nötigender Druck auf762

Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (520); Koch, JuS 2008, S. 496 (496). Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 242. 764 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67 f.; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256). 763

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Kap. 4: Das Drei-Personen-Verhältnis

gebaut wird. Überschreitet dieser Druck die Schwelle des § 35 StGB, so ist das entscheidende Hemmungsmotiv als überwunden anzusehen. Die Vermeidbarkeit des Irrtums kann an dem die Willensherrschaft begründenden psychischen Druck nichts ändern. Ein vermeidbarer Irrtum nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB ist somit in jedem Fall ein beachtlicher Motivirrtum. Ein Täter hinter dem Täter durch Täuschung ist im Drei-Personen-Verhältnis also regelmäßig nur bei Hervorrufen dieser drei Motivirrtümer gegeben. Es ist grundsätzlich ein generalisierender Maßstab bei der Bestimmung des entscheidenden Hemmungsmotivs heranzuziehen, weshalb auf den Normappell des jeweiligen Straftatbestands abgestellt wird, welcher mit der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns verbunden ist. Eine Abweichung von diesen Grundsätzen – also eine Einzelfallermittlung des entscheidenden Hemmungsmotivs – ist lediglich dann gerechtfertigt, sofern für den Vordermann ein anderes Hemmungsmotiv entscheidend war, er dies nach außen kundgetan hat und der Hintermann dies bewusst ausgenutzt hat, indem er den Entfall des Hemmungsmotivs durch seine Täuschung bewirkt. Es handelt sich hierbei um den Fall des bedingt tatentschlossenen Vordermanns. Erklärt der Vordermann, dass er die Tat bei Bedingungseintritt ausführen wird, so macht er sich zum einen angreifbar für Manipulationen und zum anderen wird das im konkreten Fall für diesen Vordermann entscheidende Hemmungsmotiv ausnahmsweise bestimmbar. Nutzt der Hintermann diese Situation aus, indem er dem Vordermann den Bedingungseintritt vortäuscht, so übt er bewusst Herrschaftsmacht über diesen aus. Er hat die Willensherrschaft inne und ist mittelbarer Täter. Insgesamt führt das Hervorrufen von Motivirrtümern somit nur in Ausnahmefällen zu mittelbarer Täterschaft. Lediglich das Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB, einer vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB, eines Irrtums im Rahmen einer dolus generalis Situation und das Ausnutzen eines bedingt tatentschlossenen Vordermanns durch vortäuschen des Bedingungseintritts verleiht dem täuschenden Hintermann die Willensherrschaft. Damit handelt es sich bei dem Täter hinter dem Täter folglich um eine Ausnahme. Überwiegend kann bei Hervorrufen eines Motivirrtums lediglich Anstiftung seitens des Hintermanns vorliegen.

Kapitel 5

Das Zwei-Personen-Verhältnis Im Rahmen dieses Kapitels soll nun untersucht werden, wie das Hervorrufen eines Motivirrtums im Zwei-Personen-Verhältnis zu werten ist. Als Beispiel für die diesbezüglichen Ausführungen darf der oben bereits aufgezeigte Fall in Erinnerung gerufen werden:1 Arzt A möchte seinen Nebenbuhler B beseitigen und sieht seine Chance gekommen als dieser bei ihm in der Praxis erscheint und über starke Kopfschmerzen klagt. Nach einigen Untersuchungen erklärt A dem B wahrheitswidrig, dass dieser einen Gehirntumor habe und innerhalb kurzer Zeit extrem qualvoll sterben werde. Um dem angekündigten Leiden zu entgehen begeht B daraufhin, wie von A gewollt und vorhergesehen, Suizid.

Ging es bei den Fällen der mittelbaren Täterschaft im Drei-Personen-Verhältnis vornehmlich darum festzustellen, ob sich der Hintermann wegen Anstiftung oder wegen mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht hat – also überwiegend nicht um das Ob sondern um das Wie der Strafbarkeit – kommt der Beurteilung im Zwei-Personen-Verhältnis insofern eine strafbarkeitsbegründende Bedeutung zu.2 Mithin muss festgestellt werden, ob sich der Hintermann überhaupt strafbar gemacht hat. Eine Teilnahme scheidet in diesen Selbstschädigungsfällen schließlich in Ermangelung einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat, wie sie §§ 26, 27 Abs. 1 StGB fordern, aus.3 Könnte die Täuschung des Arztes A also nicht als Täterschaft angesehen werden, so müsste er straflos verbleiben, da der Suizid für B nicht strafbar ist. Daher bleibt zu ermitteln, ob mittelbare Täterschaft anzunehmen ist, wenn der Hintermann beim Vordermann einen Motivirrtum hervorruft und dieser sich deshalb selbst schädigt. Es wäre also zu prüfen, ob die Täuschung dem A die Tatherrschaft verleiht. Ist dies zu verneinen, so muss der Hintermann straflos bleiben. Freilich bleiben die in Kapitel 3 aufgezeigten allgemeinen Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft, auch wenn keine Abgrenzung zur Teilnahme erfolgt, dennoch bestehen. So muss insbesondere eine durch Täuschung oder Drohung erreichte überlegene Stellung des Hintermanns gegeben sein. Verursacht der Hintermann also derart beim Vordermann die Entscheidung zur Selbstverletzung, dass dieser eine gänzlich defizitfreie Entscheidung trifft, kann eine mittelbare Täterschaft nicht in Betracht 1

Beispiel nach Koch, JuS 2008, S. 399 (400). von der Menden, JuS 2015, S. 22 (26). 3 BGH, Urteil v. 14. 02. 1984 – 1 StR 808/83, NJW 1984, S. 1469 (1470); Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 905; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (247). 2

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

kommen.4 Würde der Arzt A eine korrekte Diagnose stellen und der B sich daraufhin umbringen, so hätte er sich selbstverständlich nicht strafbar gemacht. Der Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft kann also im Zwei-Personen-Verhältnis nicht derart um den – im Drei-Personen-Verhältnis typischen – Anwendungsbereich der Anstiftung erweitert werden, als dass die täuschungs- und nötigungsfreie Erregung des Selbstschädigungsentschlusses erfasst wäre. Ob dagegen die in Kapitel 4 erarbeiteten Kriterien zur Bestimmung der mittelbaren Täterschaft bei der Fremdschädigung unverändert zu übertragen sind oder die Besonderheiten der Selbstschädigungsfälle ein Abweichen von diesen Kriterien notwendig macht, wird nachfolgend zu ermitteln sein. Hinsichtlich der Einordnung von Irrtümern ist im Zwei-Personen-Verhältnis eine hypothetische Betrachtungsweise vorzunehmen. Motivirrtümer sind an dieser Stelle entsprechend der oben aufgezeigten Definition5 solche Irrtümer über Beweggründe und Ziele die zu der Tat geführt haben und bei anderem Tatobjekt – also in einem vorgestellten Drei-Personen-Verhältnis – den Vorwurf der vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Begehung unberührt lassen würden. Wiederum auf den oben aufgeführten Beispielsfall angewendet, wäre zu untersuchen, wie sich der Irrtum des B auf dessen Strafbarkeit ausgewirkt hätte, wenn er statt sich selbst einen Dritten geschädigt hätte. Hätte der A dem B vorgetäuscht, dass das Opfer einen inoperablen Gehirntumor habe und deswegen alsbald sterben würde und hätte der B dieses daraufhin wie von A gehofft getötet, so wäre der B vollumfänglich als Täter eines Totschlags oder Mordes strafbar. Bei dem Irrtum handelt es sich somit um einen Motivirrtum. Nicht berücksichtigt werden dagegen Irrtümer, die bei anderem Tatobjekt den Tatbestand, die Rechtswidrigkeit oder die Schuld entfallen lassen würden. So bleibt beispielsweise ein Irrtum, wie er dem berühmten „Siriusfall“6 zu Grunde lag außen vor. In diesem Fall hatte der Angeklagte das Opfer zu einem Selbstmordversuch bestimmt, indem er es davon überzeugte, dass es dabei nicht sterben, sondern seine Seele lediglich in einen neuen Körper transferiert werden würde. Bei (vorgestelltem) anderem Tatobjekt, also in diesem Fall einem anderen Menschen, wäre dem Vordermann nicht bewusst gewesen, dass er einen anderen Menschen tötet. Er würde insofern vorsatzlos handeln. Im „Siriusfall“ unterlag der Vordermann (das Opfer) somit einem Quasitatumstandsirrtum.7 Bei anderem Tatobjekt wäre bereits der subjektive Tatbestand nicht erfüllt und es wäre dementsprechend kein Motivirrtum gegeben.

4

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 329. Siehe oben Kapitel 1. 6 BGH, Urteil v. 05. 07. 1983 – 1 StR 168/83, BGHSt. 32, 38 = NJW 1983, S. 2579 = NStZ 1984, S. 70. 7 So auch Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 70. A. A. Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 134. 5

I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis

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I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis Bevor aber im Folgenden der Blick auf die verschiedenen, im Rahmen des ZweiPersonen-Verhältnisses vertretenen, Meinungen zu richten ist, ist zunächst zu klären, ob im Falle der Selbstschädigung aufgrund Fremdeinflusses in Form von Nötigung oder Täuschung überhaupt eine mittelbare Täterschaft möglich ist. Diesbezüglich stellen sich zwei Fragen: Kann in derartigen Fällen überhaupt Täterschaft vorliegen und das betreffende Verhalten des Hintermanns überhaupt strafbar sein? Falls dies zu bejahen ist, handelt es sich dann um unmittelbare oder mittelbare Täterschaft? Teilweise wurde vertreten, dass sich der beeinflussende Hintermann im Falle der Selbstschädigung des Vordermanns grundsätzlich nicht strafbar gemacht habe.8 So leugnete etwa Horn bereits das Bestehens eines Kausalzusammenhangs bei einer intellektuellen Einwirkung, welche zu einer Selbstschädigung führt.9 Allerdings kann heutzutage kein Zweifel mehr daran bestehen, dass zwischen einer intellektuellen Einwirkung auf einen anderen und einer Handlung des anderen ein Kausalzusammenhang bestehen kann. Derartige Kausalitätserwägungen sind mithin als überholt anzusehen. Einen anderen Ansatz verfolgte dagegen Mittermaier. Er ging davon aus, dass eine Selbstschädigung für den Handelnden keinen rechtswidrigen Erfolg nach sich ziehe. Im Verhältnis zum Hintermann könne der Erfolg sich nun nicht zu einem rechtswidrigen wandeln, nur weil der Hintermann eine böse Gesinnung habe. Vielmehr müsse das Gesetz dies anordnen.10 Da dies nicht geschieht ist nach dieser Ansicht eine Strafbarkeit des Veranlassers einer Selbstschädigung nicht gegeben. Allerdings kann auch diese Sichtweise als überholt angesehen werden. Mittlerweile ist es in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, dass auch bei einem gerechtfertigt handelnden Tatmittler mittelbare Täterschaft möglich ist.11 Dabei wird bereits im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses durchaus als Problem erkannt, dass die Ausführungshandlung in Bezug auf den Tatmittler anders (nämlich rechtmäßig) als in Bezug auf den Hintermann (dort als rechtswidrig) bewertet wird.12 Diese unterschiedliche Bewertung hinsichtlich der Rechtswidrigkeit wird dadurch erklärt, dass die Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes zwar in der Person des Vordermanns, nicht aber in der Person des Hintermanns gegeben sind.13 Die Problematik der Rechtswidrigkeit im Rahmen des Zwei-Personen-Verhältnis unterscheidet sich jedoch dahingehend vom Drei-Personen-Verhältnis, dass 8

Mittermaier, ZStW 21. Band (1901), S. 197 (246 f.). Horn, GS 54. Band (1897), S. 321 (369). Er trifft diese Aussage in Bezug auf die Selbstschädigung in Form des Suizids. 10 Mittermaier, ZStW 21. Band (1901), S. 197 (246). 11 So explizit vom BVerfG festgestellt: BVerfG, Kammerbeschl. v. 07. 03. 2011 – 1 BvR 388/05, NJW 2011, S. 3020 Rn. 29. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 71 f.; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 94 f.; Rengier, Strafrecht AT, § 43 Rn. 23. 12 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 31. 13 Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 103. 9

282

Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

es in ihm bereits an der Erfüllung des Tatbestands in Person des Vordermanns mangelt. Daher kann die Begründung nicht übertragen werden. Es ist vielmehr am Tatbestand selbst anzuknüpfen, den der Vordermann nicht erfüllt. Wenn man nun davon ausgeht, dass für den Hintermann mittelbare Täterschaft in Betracht kommt, so unterscheidet sich der Deliktstatbestand für den Hintermann wegen § 25 Abs. 1 StGB von dem des Vordermanns. Bezüglich des Vordermanns lautet der Tatbestand bei einer Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB zusammengeführt: „Wer eine andere Person selbst körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt,…“ Diesen kann der Vordermann nicht erfüllen, da er in eigener Person keine andere Person verletzt. Für den Hintermann lautet der Tatbestand nach §§ 223 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB jedoch: „Wer durch einen anderen eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt,…“ Diesen Tatbestand kann der Hintermann vom Wortlaut her unproblematisch erfüllen, schließlich schädigt er durch einen anderen eine für ihn andere Person.14 Dass es sich bei dieser anderen Person und dem geschädigten Anderen um dieselbe Person handelt, wird durch den Wortlaut jedenfalls nicht ausgeschlossen. Richtigerweise erfüllt also der Hintermann – sofern man von mittelbarer Täterschaft ausgeht (worauf noch eingegangen wird) – den Deliktstatbestand, wodurch sich erklärt, dass sich der Erfolg für ihn als ein rechtswidriger Erfolg darstellt. Man mag also feststellen, dass Tatbestandsmerkmale wie „fremd“ oder „andere/r“, welche ein Verhältnis zwischen zwei Personen oder zwischen einer Person und einer Sache ausdrücken, täterbezogen sind.15 Sie beziehen sich mithin auf denjenigen, dessen Täterschaft nach § 25 StGB beurteilt werden soll. Abgesehen von dieser Problematik ist bis heute nicht unumstritten und wird bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts diskutiert, ob bei einer Selbstschädigung aufgrund Fremdeinflusses mittelbare oder unmittelbare Täterschaft vorliegt. So stritten sich etwa schon Borchert und Mößmer um die Anwendbarkeit der mittelbaren Täterschaft in diesen Fällen. Während Borchert der Meinung war, dass auch der Vordermann selbst Tatobjekt sein könne,16 stemmte sich Mößmer mit Vehemenz gegen diese Auffassung und bezeichnete sie als unhaltbar.17 Diese Fälle entsprächen nicht dem Wesen der mittelbaren Täterschaft. Es sei vielmehr unmittelbare Täterschaft gegeben.18 Man kann hierbei von einer formalen Betrachtungsweise sprechen, 14

Küpper, GA 1998, S. 519 (520). Ähnlich argumentiert Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 41 hinsichtlich der alten Gesetzeslage. So stellt er darauf ab, dass das Tatbestandsmerkmal „fremd“ ein Beziehungsbegriff sei. Handle der Vordermann nun unfrei, so trete die Person des Hintermanns in der Gesamtschau hervor und der Beziehungsbegriff sei in Bezug auf den Hintermann zu beurteilen. 16 Borchert, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 107. So auch Neumeister, Mittelbare Thäterschaft und Hypnotismus, S. 42 f.; A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 488; Merkel, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 141, Clementz, Mittelbare Täterschaft, S. 18. 17 Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 28, 46 ff. Ebenfalls ablehnend: Höpfner, ZStW 22. Band (1902), S. 205 (215). 18 Mößmer, Die mittelbare Thäterschaft, S. 49. 15

I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis

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nach welcher nach der Anzahl der an der Tat beteiligten Personen unterschieden wird.19 Während bei der mittelbaren Täterschaft drei Personen beteiligt seien, seien es bei der unmittelbaren Täterschaft lediglich zwei.20 Auch das Reichsgericht wandte diese Unterscheidung an und stellte in einem Fall der Selbstschädigung fest, dass eine unmittelbare Einwirkung auf das Opfer für die unmittelbare Täterschaft nicht erforderlich sei.21 Auch Schneider stellte auf die Unterschiede des Zwei-PersonenVerhältnisses zum Drei-Personen-Verhältnis ab und ging davon aus, dass unmittelbare Täterschaft gegeben sein müsse.22 Während der Vordermann bei einer Fremdschädigung nämlich den objektiven Tatbestand erfüllt, ist das bei der Selbstschädigung nicht der Fall. Dort sei die Handlung strafrechtlich nicht von Interesse und nur unmittelbare Täterschaft möglich.23 Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass es sich hiernach bei der Annahme von unmittelbarer Täterschaft um eine kriminalpolitische Notlösung handelt, da diese lediglich deshalb bejaht wird, da mittelbare Täterschaft verneint wird und dennoch ein Strafbedürfnis gesehen wird.24 Freilich könnte an einen extensiven Täterbegriff angeknüpft werden, um die Anwendung von unmittelbarer Täterschaft zu legitimieren,25 dem StGB liegt jedoch ein restriktiver Täterbegriff zugrunde, so dass eine solche Argumentation ausscheidet. Zudem schädigt der Hintermann auch im ZweiPersonen-Verhältnis einen anderen durch einen anderen.26 Wie bereits angesprochen ist mit dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB die Annahme von mittelbarer Täterschaft bei einer Selbstschädigung also durchaus vereinbar. Entscheidend ist hierbei lediglich, dass der Hintermann eine andere Person schädigt, wobei diese Schädigung nicht selbst begangen wird, da sonst unmittelbare Täterschaft gegeben wäre. Der Hintermann schädigt den Vordermann jedoch nicht selbst, da die Schädigung noch von der Handlung einer anderen Person und damit von deren Willen abhängt.27 Aus diesem Grund findet eine formale, auf die Anzahl der beteiligten Personen abstellende, Betrachtungsweise keine Stütze im Gesetz. Dass das Opfer zugleich der Schädiger ist, hindert dagegen nicht an der Annahme von mittelbarer Täterschaft. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird schließlich auch dadurch belegt, dass der Gesetzgeber bei Kodifizierung der mittelbaren Täterschaft davon ausging, dass mittelbare Täterschaft gegeben ist, wenn der Vordermann deshalb nicht tat19 20 21 22

S. 43. 23

S. 43. 24 25 26 27

So M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 9. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 9. RG, Urteil v. 30. 11. 1894 – 3937/94, RGSt. 26, 242 (242 f.). Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 13. Vgl. M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 16 f. Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 75; Küpper, GA 1998, S. 519 (520). M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 29.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

bestandsmäßig und nicht rechtwidrig handelt, weil er sich selbst schädigt und als Beispiel die unter Zwang erfolgte Selbstschädigung nannte.28 In heutiger Zeit wendet die Rechtsprechung in diesen Selbstschädigungsfällen die Regeln der mittelbaren Täterschaft an, weil eine mit der mittelbaren Täterschaft verwandte Struktur bestehe29 und die weit überwiegende Zahl der Stimmen in der Literatur spricht sich für die Annahme von mittelbarer Täterschaft aus.30 Nur vereinzelt wird noch vertreten, dass in diesen Fällen keine mittelbare, sondern unmittelbare Täterschaft gegeben ist.31 So könne es etwa nach Spendel keinen Unterschied machen, ob das Opfer beispielsweise gegen einen unter Strom stehenden Zaun gestoßen wird oder ob es durch Täuschung dazu gebracht wird den Zaun anzufassen.32 Ferner hat sich Schumann in diesem Sinne dafür ausgesprochen, dass in den Fällen, in denen das Opfer durch Nötigung oder Täuschung zu einer Selbstschädigung gebracht wird, keine mittelbare Täterschaft gegeben sei, sondern dass es sich vielmehr um Fälle der Fremdschädigung in unmittelbarer Täterschaft handle.33 Zu diesem Ergebnis kommt er, da es nach ihm bei der mittelbaren Täterschaft um Verhaltenszurechnung geht.34 Damit dem Hintermann ein Verhalten zugerechnet werden könne, müsse der Vordermann etwas strafrechtlich relevantes verursacht, also den objektiven Tatbestand einer Strafnorm verwirklicht haben.35 Im Falle der mittelbaren Täterschaft sei eine Zurechnung des Erfolges zu Lasten des Vordermanns also grundsätzlich möglich, sie unterbleibe jedoch aufgrund eines Verantwortungsdefizits. Ist der Hintermann für dieses Defizit verantwortlich, so sei ihm die Handlung des Vordermanns und damit auch der Erfolg zuzurechnen.36 Im ZweiPersonen-Verhältnis stelle sich die Situation jedoch ganz anders dar. Da die Selbstschädigung als solche schon nicht tatbestandsmäßig und damit eine Erfolgszurechnung zu Lasten des Vordermanns schon grundsätzlich nicht möglich ist, sei die fehlende Strafbarkeit nicht in dem, vom Hintermann geschaffenen, Verantwortungsdefizit begründet. Daher sei eine Verantwortungsübertragung (bezogen auf die Handlung des Vordermanns) nicht möglich.37 Vielmehr sei der Hintermann für die 28

Begründung zum E 1962 in BT-Drs. IV/650, S. 149. Diesen bezieht der Sonderausschuss in BT-Drs. V/4095, S. 12 wörtlich mit ein. 29 BGH, Urteil v. 12. 08. 1997 – 1 StR 234/97, NJW 1997, S. 3453 (3453). 30 Vgl. nur Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 10; Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, § 25 Rn. 11; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 906; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1248a; Koch, JuS 2008, S. 399 (400); Küpper, GA 1998, S. 519 (520); Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (247); Bock, Strafrecht AT, S. 176 f. 31 Spendel, JuS 1974, S. 749 (751 f.); Spendel, FS-Lüderssen 2002, S. 605 (607 f.); Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (987); Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 11, 32 f. 32 Spendel, FS-Lüderssen 2002, S. 605 (607). 33 Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (987). 34 Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (978). 35 Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (980 f.). 36 Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (987). 37 Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (987).

I. Möglichkeit mittelbarer Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis

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gesamte Erfolgsherbeiführung verantwortlich, da er die Selbstschädigung durch sein Tätigwerden verursacht hat.38 Der Vordermann bzw. seine Handlung sei in diesem Falle ein bloßer Kausalfaktor.39 Zur Veranschaulichung sei die Auffassung Schumanns grafisch dargestellt: Mittelbare Täterschaft õ¯rechn¯nÒ Ões 4erhaltens Ões 4²rÕermanns

[intermann

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Abbildungen 6 & 7: Eigene Darstellung

Überzeugen können die vorgebrachten Argumente allerdings nicht. Zwar wird man ohne weiteres eingestehen können, dass die Selbstschädigungsfälle nicht dem typischen Bild mittelbarer Täterschaft entsprechen, aus der Auffassung Schumanns folgt jedoch zum einen, dass die Einwirkung – in Form von Nötigung oder Täuschung durch den Hintermann – auf das sich selbstschädigende Opfer als die tatbestandsmäßige Verletzungshandlung angesehen wird.40 Eine Täuschung aber bereits als Tötungshandlung anzusehen, erscheint doch schwer vertretbar. Zudem fragt man sich, wozu die mittelbare Täterschaft überhaupt gebraucht wird, wenn man doch bereits in der jeweiligen Handlung (Täuschung oder Nötigung) des Hintermanns die jeweilige Tatbestandshandlung sehen kann. Zum anderen greifen auch die Erwägungen hinsichtlich der Zurechnung nicht. Bei der mittelbaren Täterschaft findet eine Handlungszurechnung statt. Der mittelbare Täter muss für die Handlung eines 38 39 40

Schumann, FS-Puppe 2011, S. 972 (988). So auch Ingelfinger, in: HK-GS, § 25 Rn. 33. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 10.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

anderen einstehen, womit ihm zugleich der vom Vordermann mit der zugerechneten Handlung bewirkte Erfolg zugerechnet wird.41 Die Handlung erfordert jedoch nur eine willensgetragene Körperbewegung42 und eine solche liegt auch bei den Selbstschädigungsfällen vor. Daher hängt die Tatbestandsverwirklichung bei der mittelbaren Täterschaft stets von dem Willen einer anderen Person ab, während dies bei der unmittelbaren Täterschaft nicht der Fall ist, da der unmittelbare Täter die tatbestandliche Verletzungshandlung selbst vornimmt. Dies deckt sich schließlich mit § 25 Abs. 1 StGB. Unmittelbarer Täter ist, wer die tatbestandsmäßige Handlung selbst ausführt, mittelbarer Täter ist, wer die Tat durch einen anderen begeht. Lediglich dann, wenn mit vis absoluta auf einen anderen eingewirkt wird, kann man nicht mehr von einem Begehen durch diesen sprechen. In diesen Fällen liegt dann auch unmittelbare Täterschaft vor.43 In allen anderen Fällen, hängt die Tatbestandsverwirklichung noch von der Handlung einer Person und damit von deren Willen ab. Sie kann sich mithin auch anders entscheiden als vom Hintermann erhofft. Daher kann es sich auch bei der Handlung des Vordermanns nicht um einen Kausalfaktor handeln und eine Gleichbehandlung mit den vis absoluta Fällen scheidet aus. Somit ist letztlich danach zu differenzieren, ob sich der Täter eines anderen derart bedient, dass dieser noch eine Handlung vornehmen soll.44 Ist dies der Fall, so ist mittelbare Täterschaft gegeben und ansonsten unmittelbare Täterschaft. Bei der täterschaftlichen Einwirkung auf einen anderen, wodurch dieser sich selbst schädigt, handelt es sich nach alledem um mittelbare Täterschaft.

II. Überblick über das Meinungsspektrum Das vertretene Meinungsbild derer, die eine mittelbare Täterschaft auch im ZweiPersonen-Verhältnis für möglich halten, fällt ebenso vielfältig aus wie im Bereich des Drei-Personen-Verhältnisses. Erneut lassen sich, spiegelbildlich zum Drei-PersonenVerhältnis, drei grobe Richtungen unterscheiden. Mithin die beiden „Extrempositionen“ und die differenzierende Ansicht. So wird vertreten, dass auch im ZweiPersonen-Verhältnis das Hervorrufen von Motivirrtümern im obigen Sinne nicht genügen könne, um mittelbare Täterschaft zu begründen,45 während andere vorschlagen, jedweden Motivirrtum genügen zu lassen.46 Überwiegend wird jedoch 41

Siehe hierzu oben Kapitel 3 V. 8. a). Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vor §§ 52 ff. Rn. 11. 43 Bock, Strafrecht AT, S. 173; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 84; Gropp, Strafrecht AT, § 10 Rn. 100. 44 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 29 f. 45 So etwa Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 129. 46 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 107, 110; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 22. In Bezug auf den Suizid und wohl auch allgemein E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (125 f.). Hinsichtlich der Selbsttötung wohl auch Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 47. 42

III. Irrtümer, die zum Suizid führen

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auch bei Selbstschädigungen ein Mittelweg bevorzugt und zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Motivirrtümern differenziert.47 Anders als im Abschnitt zur Fremdschädigung werden die verschiedenen groben Richtungen hier jedoch nicht der Reihe nach betrachtet und bewertet. Da die wissenschaftliche Diskussion im Bereich der Selbstschädigung übersichtlicher und auf einzelne Bereiche fixierter ist, erscheint es vielmehr sinnvoll die Thematik entsprechend der Aufarbeitung und Thematisierung in Wissenschaft und Praxis zu untersuchen.

III. Irrtümer, die zum Suizid führen Hinsichtlich der Diskussion um Motivirrtümer, welche zu einer Selbstschädigung führen, ist der eingangs vorgebrachte Beispielsfall des Arztes, der seinen Patienten durch eine falsche Diagnose in den Selbstmord treiben will, exemplarisch. Sofern nämlich die mittelbare Täterschaft durch Erregung von Motivirrtümern im ZweiPersonen-Verhältnis diskutiert wird, so erfolgt dies überwiegend anhand der Fallkonstellation der zum Suizid führenden Selbstschädigung.48 Dies lässt sich damit erklären, dass der Suizid das schlimmste denkbare auf die Irrtumserregung folgende Resultat im Zwei-Personen-Verhältnis darstellt und eine Straflosigkeit des, den Irrtum erregenden Hintermanns, gegebenenfalls eine grobe Unbilligkeit darstellen würde. Da Art. 2 Abs. 1 GG zum einen lediglich ein Recht auf und keine Pflicht zum Leben verbürgt49 und eine Suizidentscheidung zum anderen durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgedeckt und vom Staat zu respektieren ist,50 ist der Suizid mit der vorherrschenden Ansicht als straflos anzusehen.51 Demnach stellt sich – mangels teilnahmefähiger Haupttat – in Bezug auf die Erregung von Motivirrtümern die Frage der Abgrenzung von strafloser Teilnahme am Suizid und Totschlag bzw. Mord in mittelbarer Täterschaft. Aufgrund lediglich dieser beiden Alternativen, ist die Diskussion um die rechtliche Handha47 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 330 ff.; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 284 ff.; M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 153; Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (447); Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 98. 48 Vgl. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 12; Geilen, JZ 1974, S. 145; Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106 ff.; Schneider, Die mittelbare Täterschaft und die Beteiligung an der Selbstbeschädigung, S. 35 ff.; Koch, JuS 2008, S. 399 (400); Neumann, JA 1987, S. 244. 49 Bottke, GA 1983, S. 22 (26). A. A. noch Schmidhäuser, FS-Welzel 1974, S. 801 (817). 50 Vgl. BVerfG, Urteil v. 26. 02. 2020 – 2 BvR 2347/15, Leitsatz 1. 51 BGH, Urteil v. 04. 07. 1984 – 3 StR 96/84, NJW 1984 S. 2639 (2640); OLG München, Beschluss v. 31. 07. 1987 – 1 Ws 23/87, NJW 1987, S. 2940 (2941); Schneider, in: MüKoStGB, 3. Auflage, Vorb. zu § 211 Rn. 30; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 905; Eser/ Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 33; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (247); Geilen, JZ 1974, S. 145 (153). A. A. Schmidhäuser, FS-Welzel 1974, S. 801 (814 ff.) der den Suizid als rechtswidrige Tat ansieht, bei der der Suizident lediglich entschuldigt ist.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

bung derartiger Fälle emotional aufgeladen und von moralischen Überzeugungen geprägt.52 Dies zeigt sich schon daran, dass entgegen der eindeutigen gesetzlichen Lage versucht wurde, in dem Suizid eine zwar entschuldigte, aber eine rechtswidrige und damit teilnahmefähige Tat zu konstruieren.53 Hierbei führt Schmidhäuser gar aus: „So kann m. E. das ,Unverbotensein‘ der Selbsttötung nur so verifiziert werden, daß wir versuchen, uneingeschränkt die Folgerungen aus dieser Annahme zu ziehen, und sodann fragen, ob wir bereit sind, diese Folgerungen für die praktizierte Rechtsordnung der Gegenwart zu ziehen“.54

Diese Aussage drängt freilich geradezu die Nachfrage auf, ob dann das Unverbotensein eines Tuns allgemein nur dadurch belegt werden kann, dass der Rechtsanwender es für angemessen hält. Jedenfalls gerät Schmidhäuser mit seinen Ausführungen in klaren Widerspruch zur Allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG – aufgrund derer ein Handeln dem Bürger erlaubt ist, sofern es nicht durch Gesetz verboten ist55 – und dem Gesetzlichkeitsprinzip, wenn die Entscheidung des Gesetzgebers bezüglich der Straflosigkeit des Suizids nicht beachtet wird, weil die Konsequenzen als unangemessen betrachtet werden.56 Es führt de lege lata somit kein Weg an der Straflosigkeit der Teilnahme am Suizid vorbei. Sofern nun aus diesem Umstand ein erhöhtes kriminalpolitisches Bedürfnis nach einer Täterstrafbarkeit des Hintermanns abgeleitet wird und die Möglichkeit der Annahme mittelbarer Täterschaft im Rahmen des Zwei-Personen-Verhältnisses mit der Strafwürdigkeit solcher Fälle begründet wird,57 so ist erneut zu betonen, dass es nicht die Aufgabe der Strafrechtswissenschaft ist, etwaige Strafbarkeitslücken durch gegebenenfalls gar systemwidrige Abänderung der Kriterien zur Ermittlung der Strafbarkeit zu schließen.58 Vielmehr ist es die Aufgabe des Gesetzgebers solche Lücken zu schließen. Insofern geht es fehl, wenn Amelung in Bezug auf die Bestimmung der Freiverantwortlichkeit meint, die „Vertreter des Schuldmaßstabs reißen insoweit also ,Strafbarkeitslücken‘ auf“.59 Solche Strafbarkeitslücken werden nicht aufgerissen, sondern vielmehr aufgedeckt, denn es wird ermittelt, was Recht ist und nicht was Recht sein sollte. Dies gilt in Bezug auf die Teilnahme am Suizid umso mehr, da diese nach dem Gesetz straflos ist. Diese Wertung darf nicht unterlaufen werden, indem die Kriterien zur Ermittlung der Willensherrschaft künstlich abge52

Neumann, JA 1987, S. 244 (256). Schmidhäuser, FS-Welzel 1974, S. 801. 54 Schmidhäuser, FS-Welzel 1974, S. 801 (816). 55 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 5; Murswiek/Rixen, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 53. 56 Bottke, GA 1983, S. 22 (37); Muñoz Conde, ZStW 106. Band (1994), S. 547 (549). 57 Besonders eindringlich Geilen, JZ 1974, S. 145 und Herzberg, JuS 1974, S. 374 (379). 58 So schon Wolf, Betrachtungen über die mittelbare Täterschaft, S. 12 f.; Wolf, FSSchroeder 2006, S. 415 (420). Ähnlich Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 128. 59 Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (251). 53

IV. Behandlung in der Rechtsprechung

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ändert werden.60 Die Ermittlung der Willensherrschaft muss daher im Grunde nach denselben Prinzipien wie bei der Fremdschädigung erfolgen. Wie schon im Rahmen der Fremdschädigung können festgestellte Strafbarkeitslücken und kriminalpolitische Erwägungen die Strafbarkeit also nicht begründen.61 Hieran kann auch die bei Ablehnung von mittelbarer Täterschaft bestehende Straflosigkeit nichts ändern. Kriminalpolitische Erwägungen können zwar ein Ergebnis als wünschenswert oder nicht wünschenswert erscheinen lassen, sie können jedoch ein bestimmtes Ergebnis nicht begründen. Sollte also festgestellt werden, dass ein kriminalpolitisches Bedürfnis nach Strafbarkeit der Verleitung (durch Hervorrufen eines Irrtums) eines Dritten zum Suizid besteht, sich aber eine Bestrafung nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB nicht begründen lassen, so folgt hieraus lediglich der Appell an den Gesetzgeber, einen entsprechenden Straftatbestand zu schaffen.62 Gleichwohl wird die Konstellation, dass der Vordermann durch den Irrtum zum Suizid gebracht wird, entsprechend der häufigen und schwerpunktmäßigen Thematisierung in der Literatur auch in den nachfolgenden Betrachtungen verstärkt in den Blick genommen werden.

IV. Behandlung in der Rechtsprechung Bei Betrachtung der Behandlung der Erregung von Motivirrtümern im zweiPersonen-Verhältnis durch die Rechtsprechung, muss zuvorderst der Risikoirrtum Erwähnung finden. So hatte sich der BGH bereits des Öfteren mit Fällen der Selbstschädigung zu beschäftigen, bei denen er entscheiden musste, wie weit das Opfer das Risiko der Selbstschädigung überblicken musste, um eine strafbare Beteiligung eines anderen wegen Eigenverantwortlichkeit der Selbstverletzung auszuschließen.63 Hierbei gelangte der BGH zu der Feststellung, dass die „Strafbarkeit […] erst dort beginnen [könne], wo der sich Beteiligende kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfaßt als der sich selbst Gefährdende“.64 Von den entschiedenen Fällen erscheint ein Fall aus dem Jahr 1985 besonders aufschlussreich.65 60

Bottke, GA 1983, S. 22 (31, 37); Muñoz Conde, ZStW 106. Band (1994), S. 547 (549). Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 3. a). 62 Vgl. etwa Koch, JuS 2008, S. 399 (401) der anregt, über die Einführung eines Straftatbestandes der „eigennützigen Förderung einer Selbsttötung“ nachzudenken. Vgl. auch Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 132 f.; Charalambakis, GA 1986, S. 485 (500); Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 72. 63 BGH, Urteil v. 14. 02. 1984 – 1 StR 808/83, NJW 1984, S. 1469; BGH, Urteil v. 27. 11. 1985 – 3 StR 426/85, NStZ 1986, S. 266; BGH, Urteil v. 04. 11. 1988 – 1 StR 262/88, NJW 1989, S. 781; BGH, Urteil v. 11. 04. 2000 – 1 StR 638/99, NJW 2000, S. 2286. 64 BGH, Urteil v. 14. 02. 1984 – 1 StR 808/83, NJW 1984, S. 1469 (1470). Ebenso BGH, Urteil v. 04. 11. 1988 – 1 StR 262/88, NJW 1989, S. 781 (785); BGH, Urteil v. 11. 04. 2000 – 1 StR 638/99, NJW 2000, S. 2286 (2286). 65 BGH, Urteil v. 27. 11. 1985 – 3 StR 426/85, NStZ 1986, S. 266. 61

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

In diesem hatte der Angeklagte das in Bezug auf Alkoholkonsum unerfahrene Opfer zum Konsum von mindestens einem halben Liter Obstschnaps innerhalb kürzester Zeit gebracht, indem er vortäuschte stets dieselbe Menge an Alkohol zu konsumieren. Das Opfer ging davon aus, dass ihr keine ernsthafte Gefahr drohe, solange der trinkerfahrene Angeklagte dieselbe Menge an Alkohol zu sich nahm. Allerdings verlor das Opfer das Bewusstsein und verstarb. Der BGH bestätigte in diesem Fall die Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und stellte darauf ab, dass sich die strafrechtliche Haftung des die Selbstgefährdung Veranlassenden daraus ergebe, dass er das Risiko kraft überlegenen Sachwissens besser erfasse als der sich selbst Gefährdende.66 Der BGH hat hiermit also einen Fall entschieden, in dem der Hintermann den sich selbst schädigenden Vordermann durch eine Täuschung dazu brachte, das Risiko der Selbstschädigung falsch einzuschätzen. Es wurde beim Vordermann ein Risikoirrtum hervorgerufen. Freilich hat der BGH in dieser und in den anderen Entscheidungen nicht klargestellt, ob er von einer unmittelbaren oder einer mittelbaren Täterschaft ausgegangen ist. Dennoch wird man davon ausgehen dürfen, dass der BGH insgesamt zum Ausdruck gebracht hat, dass das Hervorrufen eines Risikoirrtums bei der Selbstschädigung ausreichen soll, um mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu begründen.67 Da lediglich gefordert wird, dass der Hintermann ein überlegenes Risikowissen hat und das Wissen des Vordermanns um das Risiko umgekehrt defizitär ist, sind wohl auch Fälle erfasst, in denen der Vordermann trotz Wissensdefizit vorsätzlich hinsichtlich des Verletzungserfolgs gehandelt hat. In anderen Worten ist nicht nur der Fall des Risikoirrtums erfasst, bei dem der Verletzungsvorsatz irrtumsbedingt entfällt und bei dem es sich dementsprechend im Grunde um einen Quasitatumstandsirrtum handelt, sondern auch der Risikoirrtum in Form eines Motivirrtums.68 Explizit von mittelbarer Täterschaft sprach der BGH dagegen im „Siriusfall“.69 Wie oben bereits dargelegt, unterlag das sich selbst schädigende Opfer in diesem Fall keinem Motivirrtum, sondern einem Quasitatumstandsirrtum. Allerdings erläuterte der BGH bei dieser Gelegenheit in einem obiter dictum, dass der Hintermann auch dann die Tatherrschaft durch überlegenes Wissen innehaben würde, wenn er bei dem Opfer den Irrtum erregt, dass es zwar sterben würde, dann aber in ein Leben nach dem Tod eintreten werde. Dieser Motivirrtum stehe dem Quasitatumstandsirrtum über den Nichteintritt des Todes vom Gewicht her gleich.70 Der BGH zeigte insofern in dieser Entscheidung eine gewisse Sympathie für die Annahme von mittelbarer Täterschaft bei Erregung von Motivirrtümern im Falle der Selbstschädigung. Zwei Jahre später hatte der BGH erneut über einen Fall der Selbstschädigung wegen Motivirrtums zu entscheiden. In diesem Fall wollte die Angeklagte ihren 66 67 68 69 70

BGH, Urteil v. 27. 11. 1985 – 3 StR 426/85, NStZ 1986, S. 266 (267). Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 74. Zu diesem Motivirrtum im Drei-Personen-Verhältnis siehe oben Kapitel 4 III. 6. b). BGH, Urteil v. 05. 07. 1983 – 1 StR 168/83, BGHSt. 32, 38. BGH, Urteil v. 05. 07. 1983 – 1 StR 168/83, BGHSt. 32, 38 (43).

IV. Behandlung in der Rechtsprechung

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Ehemann, der für sie ein Störfaktor ihrer außerehelichen Beziehungen war, dadurch zum Suizid treiben, dass sie ihm vortäuschte sich mit ihm zusammen umbringen zu wollen.71 Hierzu fuhr sie mit ihm zu einem einsamen Parkplatz und versprach ihm, ein letztes Mal mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben. Sie gab ihm schließlich das tödliche Gift, doch nachdem ihr Ehemann einen kräftigen und bereits tödlichen Schluck genommen hatte und ihr die Flasche anbot schüttelte sie nur den Kopf. Der Ehemann brach wenige Schritte vom Auto entfernt zusammen und starb an dem Gift.72 Das LG Braunschweig hat die Frau erstinstanzlich wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft verurteilt.73 Dabei befand das Gericht, dass die Frau deshalb die Tatherrschaft über das Tatgeschehen inne hatte, weil sie bei ihrem Ehemann einen, für die Selbsttötung tatentscheidenden, Irrtum arglistig hervorgerufen und aufrechterhalten hat.74 Das LG Braunschweig stützte seine Verurteilung also gerade auf die Erregung und Aufrechterhaltung eines Motivirrtums, welcher tatentscheidend war. Es bejahte die Willensherrschaft der Frau.75 Der BGH hatte nun die Gelegenheit zu klären, ob der Motivirrtum allein bereits die Tatherrschaft des Täuschenden begründet. Diese Gelegenheit nutzte er jedoch nicht. So bestätigte er zwar die Verurteilung wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft durch die Vorinstanz, ließ aber ausdrücklich offen, ob die Erregung dieses Motivirrtums durch die Angeklagte für sich allein zur Begründung von mittelbarer Täterschaft ausreichend ist. Stattdessen stellte der BGH darauf ab, dass die Angeklagte die Herrschaft über den Geschehensablauf nach den Feststellungen fest in ihrer Hand halten wollte und auch hatte.76 So hielt er für entscheidend, dass sich die Angeklagte nicht allein auf eine Täuschung beschränkt hat, sondern darüber hinaus noch das Gift besorgt hat, die niedergeschlagene Stimmung ihres Mannes ausnutzte und ihm dadurch, dass sie auf sofortige Ausführung bestand, keine Zeit lies die Sache zu überdenken. Zudem fuhr sie ihren Mann an einen einsamen Ort, sodass eine Durchkreuzung ihres Plans durch Hilfeleistungen oder Störungen unwahrscheinlich war und versprach ihrem Mann noch einen letzten Geschlechtsverkehr um sicher zu stellen, dass er ihrer Aufforderung nachkam.77 Diese Entscheidung des BGH hat neben Zustimmung im Ergebnis78 auch vielfältige Kritik erfahren. So wurde eingewandt, dass dem Irrtum des Ehemannes keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen wurde, obwohl es sich bei seiner Fehl71

BGH, Urteil v. 03. 12. 1985 – 5 StR 637/85, GA 1986, S. 508. BGH, Urteil v. 03. 12. 1985 – 5 StR 637/85, GA 1986, S. 508 (508). 73 LG Braunschweig, Urteil v. 23. 05. 1985 – 31 Ks 102 Js 44791/84. 74 Vgl. Charalambakis, GA 1986, S. 485 (485). 75 Neumann, JA 1987, S. 244 (245). 76 BGH, Urteil v. 03. 12. 1985 – 5 StR 637/85, GA 1986, S. 508 (508). 77 BGH, Urteil v. 03. 12. 1985 – 5 StR 637/85, GA 1986, S. 508 (508 f.). 78 Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (448). Dem BGH insgesamt zustimmend: Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 50. 72

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

vorstellung um einen entscheidenden Gesichtspunkt handle.79 Auf der anderen Seite wurde eingewandt, dass es im Einzelfall äußerst schwierig ist die psychologischen Hintergründe der Tat aufzudecken. So sei kaum einmal mit letzter Sicherheit festzustellen, inwiefern ein erregter Irrtum tatentscheidend für den Suizid war oder ob bereits vor Erregung des Irrtums eine Neigung zum Suizid bestand und wie stark diese war.80 Derartige Einwände in Bezug auf die Beweisbarkeit innerer Vorgänge beim Suizid, sind nicht von der Hand zu weisen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Frage, ob das Hervorrufen eines Motivirrtums – in Form der Bereitschaft mit dem Opfer in den Tod zu gehen – beim Tatmittler zur Begründung von mittelbarer Täterschaft beim Hintermann ausreichend ist, nicht entschieden wurde. Insbesondere hat sich der BGH weder dafür noch dagegen ausgesprochen. Damit ist nach der Rechtsprechung wohl lediglich bei Hervorrufen eines Risikoirrtums und der Vorstellung zu sterben aber sogleich in ein Leben nach dem Tod einzutreten ein beachtlicher Motivirrtum gegeben.

V. Behandlung in der Wissenschaft In der Literatur erfolgte eine deutlich weitergehende Auseinandersetzung mit dem Problem der Behandlung von Motivirrtümern in den Fällen der Selbstschädigung. Es haben sich daher auch eine Vielzahl verschiedener Auffassungen herausgebildet. Ältere Lösungsvorschläge knüpften etwa am Vorsatz des Selbstschädigers an oder regten eine Gleichbehandlung mit der Fallgruppe der Benutzung eines rechtmäßig handelnden Vordermanns im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses an.81 Darüber hinaus wird vorgeschlagen eine Lösung durch die Unterscheidung zwischen täterschaftlichen und teilnehmerschaftlichen Verhaltenspflichten zu suchen.82 Am verbreitetsten ist es jedoch, darauf abzustellen, ob der Entschluss des Vordermanns, sich selbst zu verletzen, frei- bzw. eigenverantwortlich war oder nicht.83 Nur wenn die Eigenverantwortlichkeit durch den Irrtum entfalle, sei eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu bejahen. Anhand welcher Kriterien aber zu bestimmen ist, wann die Eigenverantwortlichkeit entfalle, wird unterschiedlich beurteilt.

79

Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (442). Charalambakis, GA 1986, S. 485 (494 f.). 81 A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 487; E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (125 f.); Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 46 f. 82 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 285. 83 Zieschang, Strafrecht AT, Rn. 670; Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (725); Freund/ Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 98; Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (443). 80

V. Behandlung in der Wissenschaft

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1. Ältere Ansichten In älteren Werken findet sich unter anderem die Auffassung, dass mittelbare Täterschaft durch Hervorrufen von Motivirrtümern im Zwei-Personen-Verhältnis wegen des Unterschieds von Anstifter- und Tätervorsatz nicht möglich ist. So führt Köhler aus, dass mittelbare Täterschaft bei einer Fremdschädigung nur dann gegeben ist, wenn der Vordermann nicht selbst als unmittelbarer Täter strafbar ist.84 Bei einer Selbstschädigung könne aber nichts anderes gelten, da die Fälle, welche im DreiPersonen-Verhältnis Anstiftung darstellen – samt dem spezifischen Anstiftervorsatz – nicht einfach zu einer mittelbaren Täterschaft umgewandelt werden können, weil eine Anstiftung im Zwei-Personen-Verhältnis nicht strafbar sei.85 Anstiftervorsatz und Tätervorsatz seien mithin nicht kongruent.86 Diese Ansicht beruht auf einer subjektiven Beteiligungslehre, nach welcher bei Täterschaft ein Täterwille und bei der Teilnahme ein Teilnehmerwille gegeben sein muss. Eine solche Beteiligungslehre ist jedoch mit den oben angeführten Argumenten abzulehnen, auf welche an dieser Stelle verwiesen werden darf. Auf einer veralteten Anschauung vom Vorsatz, beruht auch der Ansatz von Eberhard Schmidt, welcher zu einer erstaunlich weiten Annahme von mittelbarer Täterschaft führt. Für Schmidt ist der Vorsatz eine Schuldart und umfasst mehr als das rein psychologische Wissen und Wollen des äußeren Verhaltens.87 Der Vorsatz beinhalte zudem eine innere Einstellung im Sinne einer negativen Wertbeziehung zu einer verbotenen Verhaltensweise. Ist ein Verhalten für eine Person nicht rechtswidrig, so könne sie demnach nicht vorsätzlich handeln.88 Von dieser theoretischen Basis aus betrachtet Schmidt die Fälle des Verleitens zum Selbstmord. Da der Suizid dem Vordermann nicht verboten ist, handle dieser – unabhängig davon, ob er zurechnungsfähig ist oder nicht – nicht vorsätzlich. Der Hintermann bewirke den Tod eines anderen Menschen durch Vermittlung eines unvorsätzlich Handelnden.89 Das Bestimmen eines Menschen zum Selbstmord wird somit stets als mittelbare Täterschaft angesehen. Darüber hinaus muss dies – aufgrund dieser dogmatischen Basis – grundsätzlich auch bei jedweder anderen Selbstschädigung gelten, da diese dem Selbstschädigenden nicht verboten ist. So müsste auch in jeder Bestimmung eines anderen zur Beschädigung einer ihm gehörenden Sache eine Sachbeschädigung in mittelbarer Täterschaft zu sehen sein. Eine bemerkenswerte Einordnung von Selbstschädigungsfällen findet sich ferner bei Krauss. Dieser schreibt:

84 85 86 87 88 89

A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 510 ff. A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 487. A. Köhler, Deutsches Strafrecht AT, S. 487. E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (125 f.). E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (126). E. Schmidt, Festgabe-Frank, S. 106 (125).

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

„Bestimme ich z. B. einen Anderen, sich das Leben zu nehmen, womöglich noch durch Irrtumserregung über angebliche Geschehnisse, um ihn auf diese Weise zu beseitigen, so habe ich schuldhaft und zwar vorsätzlich rechtswidrig ein Tötungsverbrechen begangen und zwar in mittelbarer Täterschaft, wobei ich mich des Opfers selbst als nicht rechtswidrig handelndes Werkzeug bedient habe.“90

Hiernach wird der Fall einer Selbstschädigung in Form der Selbsttötung als ein Fall des Ausnutzens eines rechtmäßig handelnden Vordermanns, wie er aus dem Drei-Personen-Verhältnis bekannt ist, gewertet. Wie man den Vordermann dabei zu der Selbstschädigung bewegt ist nach dieser Auffassung unerheblich. Da eine Selbstschädigung für den Vordermann grundsätzlich nicht rechtswidrig ist, kann dieser Gedanke von der Selbsttötung abstrahiert werden. Konsequenterweise wäre somit stets mittelbare Täterschaft anzunehmen, wenn ein anderer dazu gebracht wird sich selbst zu schädigen, und zwar unabhängig davon, wie dies erreicht wird. Das wiederum führt zu der Frage, ob nicht die Einwilligung des Vordermanns bzw. dessen Freiverantwortlichkeit zu beachten ist, sofern die Einwirkung des Hintermanns auf diese keinen Einfluss hat. Dies sieht wohl auch Krauss und engt den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft wieder ein, indem er darauf abstellt, dass sich die Rechtswidrigkeit des Handelns des Hintermanns nicht allgemein daraus ergibt, dass die Tötung eines anderen Menschen für ihn nun mal rechtswidrig ist. Vielmehr ergebe sich die Rechtswidrigkeit daraus, dass aus § 216 StGB folge, dass die Rechtswidrigkeit durch eine Einwilligung des Vordermanns nicht ausgeschlossen wird.91 Problematisch ist hieran gleich dreierlei. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich entschieden, dass die Entscheidung des Einzelnen zum Suizid durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgedeckt und vom Staat zu respektieren ist.92 Wenn dem Einzelnen aber die Freiheit zukommt sein eigenes Leben zu beenden und die Teilnahme am Suizid straflos ist, so kann es nicht angehen, jeden als Täter zu bestrafen, der für diesen Entschluss kausal geworden ist.93 Genau hierauf liefe die Ansicht von Krauss jedoch hinaus. Zum anderen wird hiermit zugleich das Erfordernis der – täuschungs- oder nötigungsbedingt – überlegenen Stellung des Hintermanns aufgegeben, welche für die mittelbare Täterschaft zwingend erforderlich ist.94 Und schließlich wird mit dem Abstellen auf die Rechtmäßigkeit des Handelns des Vordermanns der Fokus auf ein Kriterium gelenkt, welches nicht mit dem Handeln des Hintermanns in Verbindung steht. Eine Selbstschädigung ist für den sich selbst Schädigenden unabhängig davon nicht rechtswidrig, wie er zu der Selbstschädigung 90

Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 47. Krauss, Die mittelbare Täterschaft, S. 46 f. 92 Vgl. BVerfG, Urteil v. 26. 02. 2020 – 2 BvR 2347/15, Leitsatz 1. 93 Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (443); Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 330. 94 Siehe hierzu bereits oben unter Kapitel 3 II. 91

V. Behandlung in der Wissenschaft

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gebracht wird. Die Fälle des Ausnutzens eines rechtmäßig handelnden Vordermanns im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses unterscheiden sich hiervon aber fundamental, da dort eine solche Verbindung besteht. So werden dort zum einen die Fälle diskutiert, in denen der Vordermann durch eine Täuschung zum Handeln gebracht wird, wobei dieses Handeln gerade wegen der Fehlvorstellung des Vordermanns gerechtfertigt ist. Zum anderen werden die Fälle der Herbeiführung einer Rechtfertigungslage angesprochen.95 Gemein ist diesen Fällen also, dass der Hintermann die Rechtmäßigkeit des Handelns des Vordermanns gewissermaßen erst durch sein Handeln schafft. Hierin kommt auch die für die mittelbare Täterschaft kennzeichnende überlegene Stellung des Hintermanns zum Ausdruck. Das Handeln des Vordermanns ist nicht per se rechtmäßig. Wird er dazu gebracht einen Dritten zu schädigen, so ist dies im Gegenteil grundsätzlich rechtswidrig. Diesen Unterschied verkennt Krauss und ordnet daher die Selbstschädigungsfälle falsch ein.

2. Fehlende Unterlassungspflicht Einen anderen Weg geht Stein und argumentiert mit Verhaltenspflichten. Nach ihm ist vorab zu ermitteln, ob „die Dispositionsfreiheit des Vordermanns über sein Rechtsgutsobjekt überhaupt eine verhaltensnormrelevante Gefährlichkeit aufweist“.96 Sollte das der Fall sein, so stelle sich die Frage, welche Art Verhaltenspflicht für den Hintermann besteht. Hierbei stellt er zunächst fest, dass es im Zwei-Personen-Verhältnis keine täterschaftliche Verhaltenspflicht des Vordermanns gibt, der Vordermann also nicht verpflichtet ist, von einer Schädigung eigener Rechtsgüter abzusehen.97 Sodann führt er aus: „Als Minimum des Rechtsgüterschutzes aber stellt die Rechtsordnung zumindest eine täterschaftliche Pflicht auf; erst wenn zwei Verpflichtete vorhanden sind […], stellt sich die Frage, ob einen von beiden ein bloß teilnehmerschaftliches Verbot treffen soll“.98

Insofern wird davon ausgegangen, dass die Rechtsordnung die täterschaftliche Pflicht, welche bei dem Sich-selbst-schädigenden nicht besteht, ersatzweise auf den Hintermann überträgt.99 „Da dem V [Vordermann] die Handlung nicht verboten ist […], muß H [Hintermann] schon deshalb Täter sein“.100 Daher ist, sofern die Dispositionsfreiheit des Vordermanns einer Verhaltenspflicht nicht entgegensteht, stets mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben.101 Bei einer Selbstverletzung werde die Wirksamkeit der Disposition wiederum durch einen Irrtum ausge95

Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 32 ff. Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 284. 97 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 285. 98 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 285. 99 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 311. 100 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 285. 101 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 286 f. 96

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

schlossen, in den anderen Fällen richte sich die Wirksamkeit der Disposition nach den Regeln über die Wirksamkeit einer Einwilligung.102 Vom Ergebnis her kommt Stein der Einwilligungslösung recht nahe.103 Verletzt sich der Vordermann aufgrund einer Täuschung des Hintermanns selbst, so müsste dieser stets mittelbarer Täter sein. In den anderen Fällen der Selbstschädigung – beispielsweise der Zerstörung einer eigenen Sache – ist nach den Regeln über die Wirksamkeit einer Einwilligung zu entscheiden, ob der Irrtum beachtlich ist. Problematisch ist an Steins Konzeption die Übertragung der Verhaltenspflicht. Mithin wird die täterschaftliche Verhaltenspflicht und damit die mittelbare Täterschaft des Hintermanns lediglich negativ durch die Nichtexistenz einer Verhaltenspflicht beim Vordermann begründet und auf eine Ausfallhaftung beschränkt.104 Bezogen auf die ihn treffende Pflicht wäre der Hintermann deshalb stets Täter, weil der Vordermann nicht Täter sein kann. Eine Begründung der mittelbaren Täterschaft mit der entfallenen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns ist jedoch abzulehnen.105 Es wäre stattdessen notwendig positiv zu belegen, dass mittelbare Täterschaft gegeben ist.106 Es müsste dargelegt werden, dass dem Hintermann die Willensherrschaft zukommt.

3. Freiverantwortlichkeit der Selbstverletzung Ganz überwiegend wird zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und strafloser Teilnahme an einer Selbstverletzung in der Literatur darauf abgestellt, ob die Selbstverletzung des Vordermanns freiverantwortlich erfolgt ist.107 Dabei wird zur Bestimmung der Freiverantwortlichkeit das Verantwortungsprinzip herangezogen.108 Allerdings bestehen Divergenzen hinsichtlich der Frage, wie weit dieses reichen soll und was unter diesem bei einer Selbstverletzung zu verstehen ist. Je nachdem wie das Verantwortungsprinzip interpretiert wird, kann bei Hervorrufen eines Motivirrtums beim Vordermann mittelbare Täterschaft gegeben sein.

102

Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 285 f. Siehe hierzu unten Kapitel 5 V. 3. c). 104 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 58. 105 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 106 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 58. 107 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 46 ff.; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1262; Joecks/ Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 139; von der Menden, JuS 2015, S. 22 (26); Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 849; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247; Neumann, JA 1987, S. 244 (248 ff.); Bottke, GA 1983, S. 22 (36 f.); Muñoz Conde, ZStW 106. Band (1994), S. 547 (556). 108 Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 119; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 906; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 36. 103

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a) Fiktives Verantwortungsprinzip Am strengsten wird das Verantwortungsprinzip interpretiert und damit die Reichweite der mittelbaren Täterschaft bei der Selbstschädigung zugleich am stärksten eingegrenzt, wenn auf die Beurteilung der Situation im Drei-PersonenVerhältnis abgestellt wird. So frägt etwa Joecks, ob die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns ausgeschlossen wäre, wenn es sich nicht um eine Selbstschädigung, sondern um eine Fremdschädigung gehandelt hätte. Da dem eine fiktive Betrachtung zu Grunde liegt, spricht er auch vom fiktiven Verantwortungsprinzip.109 Dies sei zum einen der Fall, wenn dem Vordermann nicht bewusst ist, dass er sich selbst schädigt, da er – bei unterstellter Fremdschädigung – unvorsätzlich gehandelt hätte.110 Zum anderen sei mittelbare Täterschaft dann gegeben, wenn der Tatmittler die tatsächliche Höhe des Risikos in dem Sinne verkennt, dass er – bei unterstellter Fremdschädigung – fahrlässig gehandelt hätte.111 Konsequenz eines solchen fiktiven Verantwortungsprinzips ist, dass es eine mittelbare Täterschaft durch Hervorrufen von Motivirrtümern nicht geben kann. Ausnahmen, die zu einer Unterscheidung von relevanten und irrelevanten Motivirrtümern führen würden, werden konsequent abgelehnt, da sie zum Systembruch führen würden. Daher muss der Hintermann straflos verbleiben, wenn er den Vordermann durch Hervorrufen eines Motivirrtums zu einer Selbstschädigung verleitet.112 Bei dem eingangs gebrachten Beispiel des Arztes, der einen Patienten durch eine falsche Diagnose in den Suizid treiben möchte, muss der Arzt somit straflos verbleiben, wenn der Suizident nicht in einen § 20 StGB entsprechenden Zustand versetzt wurde. Gegen die Anwendung eines fiktiven Verantwortungsprinzips sprechen zunächst die bereits im Rahmen der Fremdschädigungsfälle aufgezeigten Erwägungen. Zudem verwundert es doch, dass Joecks so sehr vor einem Systembruch warnt. Gänzlich konsequent verbleibt nämlich auch er nicht bei der Anwendung des Verantwortungsprinzips. Bereits oben wurde gezeigt, dass Joecks bei Fremdschädigungen eine Ausnahme vom Verantwortungsprinzip in Form des Hervorrufens eines vermeidbaren Verbotsirrtums unter gewissen Voraussetzungen anerkennt113 und damit selbst den Systembruch begeht, vor dem er an anderer Stelle warnt. b) Exkulpationslehre Teilweise wird als entscheidend angesehen, ob die Eigenverantwortlichkeit des Suizidenten bei analoger Anwendung der Schuldfähigkeits- und der Entschuldi-

109 110 111 112 113

Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 119. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 119. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 120. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 132. Joecks, in: MüKoStGB, 3. Auflage, § 25 Rn. 99.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

gungsregeln der §§ 19, 20, 35 StGB, § 3 JGG entfalle.114 Eine Täuschung führt hiernach lediglich dann zu mittelbarer Täterschaft, wenn ein entsprechender Irrtum hervorgerufen wird, der Vordermann durch die Täuschung etwa in eine § 35 StGB entsprechende Zwangssituation versetzt wird.115 Man spricht auch von der Exkulpationslehre.116 Diese Auffassung liegt sehr nahe an der soeben dargestellten strikten Anwendung eines fiktiven Verantwortungsprinzips. So wird ebenfalls darauf abgestellt, wie die Handlung des Vordermanns bei einer Fremdschädigung zu werten wäre und eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns grundsätzlich abgelehnt, wenn die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns bei einer Fremdschädigung nicht entfallen würde.117 Es wird hiervon jedoch eine Ausnahme gemacht und mittelbare Täterschaft bei Erregen eines Motivirrtums bejaht. Die Täuschung über die Risikohöhe wird mithin als beachtlich angesehen.118 Zwar führt eine solche Täuschung auch bei Anwendung des fiktiven Verantwortungsprinzips zur mittelbaren Täterschaft, allerdings nur dann, wenn der Vordermann bei einer Fremdschädigung lediglich fahrlässig gehandelt hätte.119 Im Rahmen der Exkulpationslehre genügt es dagegen, wenn auch der Vordermann bei einer vorgestellten Fremdschädigung vorsätzlich gehandelt hätte und vom Hintermann über das Risiko getäuscht wurde.120 Dies entspreche den Erwägungen bei der Täuschung über die Unrechtshöhe im Drei-Personen-Verhältnis.121 Abgesehen von diesem Irrtum sind Motivirrtümer hiernach jedoch unbeachtlich und der Fall des Arztes, der einen Patienten durch eine falsche Diagnose in den Suizid treiben möchte, muss ebenso entschieden werden wie bei Anwendung eines fiktiven Verantwortungsprinzips. Sofern der Vordermann nicht in einen § 20 StGB entsprechenden Zustand versetzt wurde, müsste der Arzt straflos verbleiben.122 Gegen die Argumentationsweise der Exkulpationslehre bestehen jedoch berechtigte Bedenken. So erscheint es schon wenig überzeugend, wenn deren Vertreter eine strenge Gesetzestreue für ihre Lehre reklamieren123 und im Rahmen des ZweiPersonen-Verhältnisses darauf abstellen, dass § 35 StGB beweise, dass man Nötigungen unterhalb dieser Schwelle standhalten müsse.124 Bei der Schuldfähigkeit geht es schließlich darum, ob man in der Lage ist rechtliche Normen zu befolgen. Bei einer 114 Koch, JuS 2008, S. 496 (496); Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (521 f.); Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 54, 70; Charalambakis, GA 1986, S. 485 (500 f.). Wohl auch Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 60; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 68 ff. 115 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106. 116 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 11. 117 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 54, 71. 118 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 98. 119 Siehe hierzu Kapitel 5 V. 3. a). 120 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 75, 98; Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 81. 121 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 115. 122 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 72. 123 Bottke, GA 1983, S. 22 (36 f.). 124 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 57.

V. Behandlung in der Wissenschaft

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Selbstschädigung bestehen jedoch keine Normen, die von dem Selbstschädiger zu befolgen wären.125 Darüber hinaus sind die Voraussetzungen an einen Verantwortungsausschluss nach §§ 20, 35 StGB lediglich deshalb so streng, weil in fremde Rechtskreise eingegriffen und gegen die Rechtsordnung verstoßen wird.126 Bei einer Selbstschädigung liegt ein solcher Verstoß aber nicht vor, daher ist es nicht zwingend einen Verantwortungsausschluss an dieselben strengen Voraussetzungen zu knüpfen.127 Insgesamt spricht gegen die Exkulpationslehre somit, dass bei einer Selbstschädigung eigene – nicht durch eine Rechtsnorm geschützte – Rechtsgüter verletzt werden, während die Entschuldigungsgründe anordnen, dass der Täter für eine Verletzung fremder – durch Rechtsnormen geschützter – Rechtsgüter nicht verantwortlich gemacht wird.128 Allerdings ist hiermit nur ausgesagt, dass die Bestimmung der Fälle der mittelbaren Täterschaft bei einer Selbstschädigung nicht qua Gesetz anhand der Exkulpationslösung zu erfolgen hat. Ob die für eine Täterschaft des Hintermanns entscheidende Tatherrschaft unabhängig von diesen Grenzen bestimmt werden kann oder ob – wie behauptet wird129 – jedes andere Abgrenzungskriterium willkürlich bleiben muss, wird dagegen im Weiteren noch zu prüfen sein. c) Einwilligungslösung Großer Beliebtheit erfreut es sich ferner das Verantwortungsprinzip bei Selbstschädigungen ganz anders als im Rahmen der Fremdschädigung zu verstehen und die Eigenverantwortlichkeit anhand der Regeln über die Einwilligung zu bestimmen.130 Wegen des Abstellens auf diese Regeln spricht man hierbei von der Einwilligungslösung.131 Durch diese wird die Grenze der mittelbaren Täterschaft weiter gefasst als nach der Exkulpationslehre.132 Diesen Weg hat Geilen vorgeschlagen und

125 Amelung, NJW 1996, S. 2393 (2395). Ähnlich Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 101. 126 Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 50. 127 Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 55. 128 Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 38; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (251). 129 Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106. 130 Otto, JURA 1987, S. 246 (256 f.); Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, 12. Auflage, § 25 Rn. 113; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 913; Murmann, JA 2008, S. 321 (322); Amelung, NJW 1996, S. 2393 (2395); Mañalich, FS-Puppe 2011, S. 709 (725); Freund/Rostalski, Strafrecht AT, § 10 Rn. 98; Geilen, JZ 1974, S. 145 (151 f.); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 35 ff.; B. Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1263; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 78; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247. Wohl auch Kühl, Strafrecht AT, § 20 Rn. 51; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 849. 131 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, S. 392. 132 Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (250).

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

Herzberg im Anschluss an diesen näher ausformuliert.133 Hiernach ist auch im ZweiPersonen-Verhältnis anhand des Verantwortungsprinzips zu bestimmen, ob das sich selbst schädigende Opfer als im normativen Sinne unfrei anzusehen ist, weil es nicht selbstverantwortlich entscheidet und handelt.134 Im Unterschied zum Drei-PersonenVerhältnis sei jedoch nicht zu fragen, ob sich der Vordermann strafbar gemacht hätte, wenn sein Verhalten nicht schon – wie es bei der Selbstschädigung der Fall ist – objektiv nicht tatbestandsmäßig wäre. Vielmehr komme es darauf an, ob bei einer Fremdschädigung eine wirksame Einwilligung vorgelegen hätte.135 In Bezug auf den zum Suizid führenden Irrtum, sei die Eigenverantwortlichkeit nach dem Merkmal der „Ernstlichkeit“ aus § 216 StGB zu bestimmen.136 Dies liege besonders nahe, da dort die Fälle, in welchen sich ein Mensch für den eigenen Tod entscheide, geregelt seien.137 Da die Freiverantwortlichkeit sowohl bei den Suizidfällen als auch bei den Fällen des § 216 StGB gleichermaßen entscheidend sei und es nicht einleuchte, warum man mit verschiedenen Maßstäben messen müsse, sei die analoge Anwendung des Ernstlichkeitskriteriums des § 216 StGB geboten.138 Bei einer zum Suizid führenden Einwirkung durch einen Hintermann ist daher hiernach zu fragen, ob ein Verlangen zur Fremdtötung i. S. d. § 216 StGB ernstlich gewesen wäre, wenn es auf dieselbe Weise hervorgebracht wird. Hierzu muss der Entschluss des Suizidenten zur Selbsttötung frei von Willensmängeln gefasst worden sein.139 Auch wenn vorgetragen wird, dass die Einwilligungslösung auf dem Verantwortungsprinzip beruht,140 kommt sie – da anstatt auf die hypothetische strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vordermanns auf die Wirksamkeit einer hypothetischen Einwilligung abgestellt wird – zu anderen Ergebnissen als bei Anwendung eines fiktiven Verantwortungsprinzips. Konsequenz der Anwendung der Grundsätze der Einwilligung ist nämlich zunächst, dass bei einer täuschungs- oder nötigungsbedingten Selbsttötung stets mittelbare Täterschaft des Hintermanns anzunehmen ist, da ein unter diesem Einfluss erfolgter Tötungsentschluss nicht ernstlich i. S. d. § 216 StGB wäre.141 Der Suizident darf also nicht durch irrige Vorstellungen zur Selbstschädigung gebracht werden.142 Dass hier auch Willensmängel eine Tatherrschaft des Hintermanns begründen, liege daran, dass das vom Hintermann gesetzte Motiv mangels entgegenstehendem Normbefehl einen erhöhten Einfluss auf den 133

Geilen, JZ 1974, S. 145 (151 f.); Herzberg, JuS 1974, S. 374 (378 f.); Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 35 ff. 134 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 36. 135 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 37 f. 136 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 40 f. 137 Herzberg, JA 1985, S. 336 (340). 138 Herzberg, JA 1985, S. 336 (340). 139 Otto, JURA 1987, S. 246 (257). 140 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 906. 141 Herzberg, JuS 1974, S. 374 (379); Herzberg, JA 1985, S. 336 (337). 142 Otto, JURA 1987, S. 246 (257).

V. Behandlung in der Wissenschaft

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Vordermann hat.143 Hinsichtlich des Suizids genügt hiernach mithin das Hervorrufen von Motivirrtümern für mittelbare Täterschaft.144 Dementsprechend wäre der falsch diagnostizierende Arzt A mittelbarer Täter eines Totschlags, sofern der B sich wie gehofft wegen der falschen Todesdiagnose umbringt. Aber auch abgesehen von dem Sonderfall der Selbsttötung werden nach der Einwilligungslösung mehr Fälle der mittelbaren Täterschaft anerkannt. So wird eine durch Nötigung i. S. d. § 240 StGB abgepresste Einwilligung als unwirksam angesehen und dementsprechend bei einer unter diesem Nötigungsdruck erfolgten Selbstschädigung mittelbare Täterschaft angenommen.145 Wann dagegen eine Täuschung zur mittelbaren Täterschaft führen soll ist umstritten, wobei teilweise auch Motivirrtümer als beachtlich angesehen werden.146 Freilich ist in Bezug auf die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung vieles umstritten.147 Das hieraus folgende Problem einer geringeren Präzision des Abgrenzungsmaßstabs wird zwar gesehen, aber mit einem Verweis auf die noch ausreichende Bestimmtheit abgetan.148 Begründet wird die Parallele zu den Einwilligungsfällen im Drei-PersonenVerhältnis überwiegend mit einem behaupteten Wertungswiderspruch. So wird gefragt: „Wer wollte etwa ernsthaft behaupten, daß es jenseits rein formaler Erwägungen tatsächlich einen wesentlichen inhaltlichen Unterschied macht, ob der Täter […] den Eigentümer einer Sache […] unter verheimlichender Täuschung über deren in Wahrheit beträchtlichen Wert durch herabsetzende Äußerungen […] dazu veranlaßt, die Sache selbst zu zerstören, oder ob er ihm […] auf gleichem Wege die Befugnis abringt, sie an seiner Statt zu vernichten“?149

Es solle also keinen Unterschied machen, ob der Hintermann den Vordermann täuschungsbedingt zur Selbstschädigung bringt oder ihm durch Täuschung die Einwilligung entlockt ihn schädigen zu dürfen. Wolle man die beiden Fälle doch unterschiedlich beurteilen, so liege hierin ein Wertungswiederspruch,150 denn es sei nicht begründbar, weshalb der Entschluss sich dem Willen des Hintermanns zu beugen, in dem einen Fall als frei und selbstverantwortlich anzusehen sei, während das im anderen Fall nicht so beurteilt wird.151 143

Murmann, JA 2008, S. 321 (322). Explizit Herzberg, JuS 1974, S. 374 (379); Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 24. 145 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 37 f.; Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 23; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (249). 146 Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (249). 147 Vgl. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 60; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 96. 148 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 919; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (257). 149 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 74. 150 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 37 f.; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 78. 151 Herzberg, JuS 1974, S. 374 (379). 144

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

Zu kritisieren, dass die Freiverantwortlichkeit in diesen beiden Fällen unterschiedlich zu verstehen ist, erscheint allerdings nicht plausibel. Immerhin wird die Freiverantwortlichkeit doch auch im Rahmen der Einwilligungslösung für die zwei Formen der mittelbaren Täterschaft unterschiedlich beurteilt. Bei einer Selbstschädigung soll diese ja von anderen Kriterien als bei einer Fremdschädigung abhängen und an einen Fall der unmittelbaren Täterschaft – bei welchem eine Einwilligung gegeben ist – angeglichen werden.152 Während die unterschiedliche Behandlung oben kritisiert wurde, soll sie an dieser Stelle nun unproblematisch sein.153 Darüber hinaus bestehen durchaus strukturelle Unterschiede zwischen einer auf die Einwirkung eines Hintermanns hin durchgeführten Selbstschädigung und einer Fremdschädigung, bei welcher der Hintermann den Vordermann dazu gebracht hat in die Schädigung einzuwilligen. Immerhin handelt es sich im letzteren Fall um unmittelbare Täterschaft, weshalb der Hintermann die Zentralgestalt – wegen der eigenhändigen Ausführung ist seine Tatherrschaft unzweifelhaft gegeben – des Geschehens ist. Daher ist nach den gesetzlichen Regelungen zu prüfen, ob er gerechtfertigt ist oder, im Falle einer Tötung, ob nach § 216 StGB ein besonderer Grund der Unrechtsminderung gegeben ist.154 Bei einer Selbstschädigung ist dagegen grundsätzlich der Selbstschädiger selbst die Schlüsselfigur und es ist erst zu prüfen, ob der Hintermann ausnahmsweise die Zentralgestalt des Geschehens ist, weil er den Vordermann beherrscht.155 Während also die Normen und die Lehre der Einwilligung eine gänzliche oder im Falle des § 216 StGB eine teilweise Entlastung des Ausführenden regeln, geht es bei den Selbstschädigungsfällen um eine Belastung des Hintermanns, welcher die Tötungshandlung selbst nicht ausgeführt hat. Hinzu kommt noch ein weiterer bedeutender Unterschied zwischen unmittelbarer Täterschaft und mittelbarer Täterschaft in Form der Selbstschädigung des Vordermanns. Dieser liegt darin, wer mit seinem Willensentschluss als Letzter über die Ausführung der Verletzungshandlung entscheidet. Während ein Selbstschädiger die Situation bis zuletzt beherrscht, hat das Opfer bei einer Fremdschädigung – nachdem er eingewilligt hat – zumeist das Geschehen nicht mehr in der Hand. Daher liegt es nahe ihn als in stärkerem Maße schutzbedürftig anzusehen.156 Diese aufgezeigten Unterschiede würden jedenfalls eine unterschiedliche Bestimmung der Freiverantwortlichkeit ebenso rechtfertigen, wie es die grundsätzlichen Unterschiede zwischen 152 Vgl. Bottke, GA 1983, S. 22 (31), der die Anwendung unterschiedlicher Maßstäbe ebenfalls kritisiert und für besonders problematisch hält, wenn der Vordermann aufgrund des Einwirkens des Hintermanns sowohl eine Selbstschädigung als auch eine Fremdschädigung begeht, da die Rolle des Hintermanns dann unterschiedlich einzustufen sei. 153 Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (253). 154 Charalambakis, GA 1986, S. 485 (491). 155 Charalambakis, GA 1986, S. 485 (491). 156 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 95; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 97; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 819 f. A. A. Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (252 f.).

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Zwei-Personen- und Drei-Personen-Verhältnis auch nach der Einwilligungslösung tun. Des Weiteren werden die im Rahmen der Einwilligungslösung bei Suiziden erzielten Ergebnisse zu Recht als unannehmbar kritisiert.157 Immerhin würde bereits jeder Zwang und jede Täuschung für mittelbare Täterschaft ausreichen. Damit können hier all diejenigen Einwände erhoben werden, welche im Drei-PersonenVerhältnis gegen die Anerkennung der mittelbaren Täterschaft bei Hervorrufen eines jeden Irrtums erhoben wurden. Insbesondere die Tatsache, dass die Einwirkung des Hintermanns einem Glücksspiel gleichkommen kann. Immerhin ist eine wirkliche Beherrschung des Geschehens nicht erforderlich. Von dem Erfordernis einer Tatherrschaft des Hintermanns wird man jedenfalls kaum sprechen können.158 Gerade auch in dem Fall des bewusst falsch diagnostizierenden Arztes A, der den B durch die falsche Todesdiagnose zum Selbstmord bringen will, fehlt dem Hintermann die Herrschaft über das Geschehen, zumal er nicht absehen kann, wie der Vordermann auf die Täuschung reagieren wird.159 Letztlich liegt hinsichtlich der von der Einwilligungslösung postulierten Reichweite der mittelbaren Täterschaft bei einem Suizid des Vordermanns der Verdacht nahe, dass lediglich der – aus der Straflosigkeit der Teilnahme folgende – Raum strafloser Beteiligung eingeengt werden soll.160 Insgesamt muss daher auch der Einwilligungslösung eine Absage erteilt werden. Die normative Bestimmung der Freiverantwortlichkeit durch analoge Anwendung von Normen, wie es bei Heranziehen eines fiktiven Verantwortungsprinzips und im Rahmen der Exkulpations- und Einwilligungslösung vorgeschlagen wird, krankt in ihrer Begründung daran, dass keine der besagten Normen auf eine mittelbare Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis zugeschnitten ist und diesbezüglich Feststellungen trifft. Während die Regeln über die Einwilligung die Bedingungen einer strafrechtlichen Entlastung des Handelnden festlegen, geht es bei einer Selbstschädigung um die Begründung der Täterschaft. Während die Entschuldigungsgründe die Fähigkeit zur Befolgung von Normen regeln, gibt es im Zwei-PersonenVerhältnis keine Normen, welche von dem Handelnden zu befolgen wären. Daher können diese Begründungen nicht überzeugen. Obwohl gern behauptet wird, dass das Gesetz die jeweilige Lösung vorgibt,161 muss festgestellt werden, dass dem nicht so ist. Wann eine – auf eine Selbstschädigung des Vordermanns gerichtete – Einflussnahme des Hintermanns zu mittelbarer Täterschaft führen soll, ist gesetzlich nicht geregelt.

157

Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 71. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage, § 25 Rn. 11. 159 Koch, JuS 2008, S. 399 (400 f.). 160 Dies zeigt sich insbesondere bei: Herzberg, JA 1985, S. 336 (341); Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 74. 161 Für die Exkulpationslehre: Bottke, GA 1983, S. 22 (36 f.). Für die Einwilligungslösung: Herzberg, JA 1985, S. 336 (343). 158

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d) Autonomiegedanke Schließlich wird noch vorgeschlagen, die Freiverantwortlichkeit des Selbstschädigers anhand des Begriffs der Autonomie zu bestimmen.162 Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine einheitliche Lehre. Vielmehr bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den vertretenen Interpretationen des Autonomiebegriffs. M.-K. Meyer möchte beispielsweise den Autonomiegedanken über die Regeln der Einwilligung einfließen lassen und kommt damit der eben erörterten Einwilligungslösung recht nahe. Eine Selbstschädigung sei wie eine Verletzung eines Einwilligenden zu behandeln, da die Anerkennung der Autonomie des Berechtigten durch die Rechtsordnung der Grund sei, weshalb sowohl die Selbstverletzung als auch die Verletzung eines Einwilligenden tatbestandslos sind.163 Selbstverletzung und Einwilligung in eine Fremdverletzung seien lediglich verschiedene Ausdrucksformen der Autonomie des Rechtsgutsträgers.164 Allerdings kommt M.-K. Meyer zu anderen Ergebnissen als die Einwilligungslösung. Hinsichtlich der Nötigung zur Selbstverletzung möchte sie zwar ebenso wenig an der Grenze des § 35 StGB festhalten, allerdings soll auch nicht jede Nötigung nach § 240 StGB zur mittelbaren Täterschaft führen.165 Vielmehr müsse das angedrohte Übel den Schaden des abgenötigten Verhaltens erheblich überwiegen, um die Autonomie des Vordermanns auszuschließen und den Hintermann zum mittelbaren Täter zu machen.166 Irrtümer sollen dagegen zur Unwirksamkeit der Einwilligung und damit zur mittelbaren Täterschaft des Hintermanns führen, sofern sie erheblich sind.167 Unterschieden werden hierbei zunächst die Irrtümer beim Suizid, bei einer sonstigen Verletzung der körperlichen Integrität und die sonstigen zu einer Selbstschädigung führenden Irrtümer.168 Bei einem Suizid soll in Anbetracht von § 216 StGB bereits jeder Irrtum genügen, um die Autonomie des Vordermanns auszuschließen.169 Die Irrtümer bei einer sonstigen Verletzung der körperlichen Integrität und die sonstigen Irrtümer seien dagegen beachtlich, wenn sie rechtsgutsbezogen sind.170 Dies wird wiederum angenommen, „bei Irrtum über die Qualität einer Sache als Rechtsgutsobjekt, bei Unkenntnis der faktischen Freigabe, bei Irrtum über den sachlich-gegenständlichen Umfang der

162 Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (443); M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 132 f.; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 96 ff. 163 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 150. 164 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 152. 165 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 160. 166 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 160. 167 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 153. 168 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 163 ff. 169 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 226. 170 M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 182, 220.

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Rechtsgutsobjektverletzung und bei Irrtum über die Art der bevorstehenden Rechtsgutsobjektverletzung“.171 Einen anderen Weg gehen Brandts und Schlehofer. Sie möchten in den Suizidfällen die Autonomie des Suizidenten ebenfalls anhand des Kriteriums der Ernstlichkeit i. S. d. § 216 StGB bestimmen, interpretieren dieses jedoch anders als die bisher dargestellten Lösungen. Nicht die Art des Zustandekommens des Willensmangels sei entscheidend, sondern dessen Qualität.172 Es genüge mithin nicht jeder Willensmangel, um dem Suizidenten die Ernstlichkeit und damit die Autonomie seines Entschlusses abzusprechen. Der Willensmangel müsse vielmehr rechtsgutsbezogen sein.173 Ein solcher Rechtsgutsbezug sei beispielsweise gegeben, wenn der Vordermann täuschungsbedingt glaubt, dass seine verschuldete Familie bei seinem Suizid eine Versicherungssumme erhält und er somit der Familie tot mehr nützt als lebendig. Hier irre der Vordermann über den Wert seines Lebens.174 Dabei komme es bei der Rechtsgutsbezogenheit nicht auf einen objektiv-vernünftigen Maßstab, sondern auf die – auf das Rechtsgut bezogenen – individuellen Wertvorstellungen des Vordermanns an.175 So etwa, wenn der Vordermann ankündigt, dass er sich bei Eintritt einer Bedingung umbringen wird, weil sein Leben für ihn dann keinen Wert mehr habe. Ein Korrektiv bestehe lediglich im erlaubten Risiko, was etwa gegeben sei, wenn der Hintermann dieser Ankündigung nicht geglaubt hat und es keine objektiven Anhaltspunkte dafür gab, dass der Vordermann die Ankündigung auch umsetzen werde.176 Anhand dieser Kriterien wird der vom BGH entschiedene Fall des Doppelselbstmordes folgendermaßen beurteilt: die ihre Todesbereitschaft vortäuschende Frau ist als mittelbare Täterin anzusehen sei, da sie einen rechtsgutsbezogenen Irrtum erregt hat. Der Ehemann habe nämlich seinen eigenen Tod täuschungsbedingt als erstrebenswert und sein Weiterleben als hindernde Last empfunden.177 Schließlich möchte Renzikowski zur Feststellung von Autonomie einen Mittelweg zwischen einer wirksamen Einwilligung und einer vollverantwortlichen Deliktsbegehung gehen.178 Auch er stellt für einen Ausschluss der Autonomie im Bereich der Irrtumsherrschaft auf rechtsgutsbezogene Irrtümer ab.179 Hierzu werden die Fälle gezählt, in denen der Vordermann nicht erkennt, dass er sich selbst schädigt oder die Tragweite seiner Handlung für seine eigenen Interessen nicht richtig be-

171 172 173 174 175 176 177 178 179

M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 182. Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (446). Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (447). Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (445). Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (447 f.). Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (447 f.). Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (448). Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 97. Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 97.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

werten kann.180 Darüber hinaus komme es zu einem Ausschluss der Autonomie, wenn der Vordermann täuschungsbedingt eine notstandsähnliche Situation annimmt, wobei die Selbstschädigung wegen der Konfliktlage unfreiwillig erscheinen muss.181 Schließlich lässt er – im Unterschied zu M.-K. Meyer – jede Nötigung i. S. v. § 240 StGB für den Ausschluss der Autonomie genügen.182 Auch hiernach wäre in dem eingangs aufgezeigten Beispielsfall der die falsche Diagnose stellende Arzt A als mittelbarer Täter eines Totschlags bzw. Mordes zu bestrafen. Anders wird dagegen der vom BGH entschiedene Fall des vorgetäuschten Doppelselbstmordes183 beurteilt. Bei diesem werde durch die Täuschung (sich gemeinsam umbringen zu wollen) beim Vordermann keine Konfliktlage begründet.184 Die gezeigten Vorschläge M.-K. Meyers, Renzikowskis und Brandts/Schlehofers zur Bestimmung der Freiverantwortlichkeit anhand des Autonomiegedankens, unterscheiden sich deutlich. Mit dem Abstellen auf die Wirksamkeit einer Einwilligung setzt sich M.-K. Meyer der in Bezug auf die Einwilligungslösung bereits geäußerten Kritik aus und auch die Begründung von mittelbarer Täterschaft bei jedem zum Suizid führenden Irrtum kann nicht überzeugen, denn hiernach kann die Einwirkung des Hintermanns einem Glücksspiel gleichkommen, da er den Geschehensverlauf nicht beherrschen muss und es für ihn überhaupt nicht vorhersehbar sein muss, dass der Vordermann sich wie gewünscht verhält. Auch könnte man den Vorwurf erheben, dass hierdurch die gesetzliche Wertung der Straffreiheit der Suizidteilnahme umgangen werden soll.185 Brandts/Schlehofer und Renzikowski gelingt es dagegen mit dem Abstellen auf die Rechtsgutsbezogenheit den Kreis der relevanten Irrtümer einzuengen, so dass nicht bereits jedwede zum Suizid führende Täuschung für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ausreicht. Brandts/Schlehofer bleiben jedoch bei den weiteren Umschreibungen zu vage. So binden sie zwar mit der Ankündigung des Opfers sich bei Eintritt einer Bedingung selbst schädigen zu wollen ein Element ein, mit dem die Rechtsgutsbezogenheit des Irrtums ermittelt werden kann und welches hier im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses befürwortet wurde,186 sie zeigen jedoch nicht klar genug auf, wann die Voraussetzungen ihres Korrektives erfüllt sind. So ist schon nicht klar, welche Art von objektiven Anhaltspunkten der Selbsttötungsabsicht genügen sollen, um nicht mehr von einem erlaubten Risiko sprechen zu können.

180

Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 97; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 90. 181 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 98; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 97. 182 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 98; Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 102. 183 BGH, Urteil v. 03. 12. 1985 – 5 StR 637/85, GA 1986, S. 508. Siehe oben Kapitel 5 IV. 184 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 98. 185 Bottke, GA 1983, S. 22 (37). 186 Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 3. e) ee).

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Zu guter Letzt verbleiben noch die allgemeinen Einwände gegen die Verwendung des Autonomiegedankens zur Bestimmung von Täterschaft.187 Die Autonomie und auch die Freiverantwortlichkeit kann mithin nicht nur gänzlich, sondern auch teilweise entfallen. Eine jede Täuschung und jede Ausübung von nötigendem Druck begründet mithin bereits eine Einschränkung von Autonomie.188 Entscheidend kann daher nur sein, wie stark das Autonomiedefizit ausgeprägt sein muss, um mittelbare Täterschaft des Hintermanns zu Begründen. Hierauf wiederum gibt der Begriff der Autonomie aber keine Antwort. Dies vermag lediglich das Kriterium der Tatherrschaft zu leisten.189 Das Anknüpfen an den Begriff der Autonomie führt somit nicht weiter, zumal die gesetzlichen Regelungen nicht den Schluss erlauben, dass der Gesetzgeber von der Tatherrschaft des Hintermanns ab einer gewissen Beeinträchtigung der Freiverantwortlichkeit respektive der Autonomie ausgeht. Daher wäre man in der Tat gezwungen das erforderliche Autonomiedefizit unabhängig von gesetzlichen Maßstäben zu beurteilen. Hierbei wiederum gerät das Seelenleben des Selbstschädigers und die psychologischen Hintergründe seiner Tat in den Fokus, welche jedenfalls beim Suizid schwer auszuleuchten sind.190 Wie schon daran deutlich wird, dass die beiden dargestellten Ansichten hinsichtlich der Bewertung des vorgetäuschten Doppelselbstmordes zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, bereitet es erhebliche Schwierigkeiten die inneren Vorgänge bei dem Suizidenten zu beurteilen. Ob der Suizident sein Weiterleben tatsächlich als Last empfand – womit er sich über den Wert seines Lebens geirrt hätte und der Irrtum nach Brandts und Schlehofer rechtsgutsbezogen war – oder sich eventuell in einer Konfliktlage befand – weshalb die Selbsttötung nach Renzikowski unfreiwillig gewesen wäre – lässt sich ohne objektive Anhaltspunkte kaum beurteilen. Es lässt sich daher insgesamt feststellen, dass der Begriff der Autonomie nicht geeignet ist, die Fälle der mittelbaren Täterschaft aufzuzeigen.

4. Einwirkung auf die Abwägung zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen Letztlich kann die Bestimmung der zur Begründung der Willensherrschaft notwendigen Freiheitsbeeinträchtigung auch im Zwei-Personen-Verhältnis nur anhand des allgemeinen – die Willensherrschaft im Drei-Personen-Verhältnis konstituierenden – Kriteriums erfolgen. Die Einwirkung des Hintermanns muss also auch bei

187

Siehe oben Kapitel 3 V. 9. Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 82; Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 341. 189 Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 177; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 63. 190 Charalambakis, GA 1986, S. 485 (494). 188

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

Selbstschädigungen eine spezifische normativ zu bestimmende,191 Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns in Form der Beseitigung oder Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotivs zur Folge haben. Dabei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen die täuschungsbedingte Beseitigung des entscheidenden Hemmungsmotivs und zum anderen die Überwindung bestehender Hemmungsmotive. Im Zwei-Personen-Verhältnis bestehen jedoch einige Besonderheiten im Vergleich zum Drei-Personen-Verhältnis. Zuvorderst ist augenfällig, dass im Drei-Personen-Verhältnis eine tatherrschaftsvermittelnde Täuschung regelmäßig das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt hat. Da überwiegend Einigkeit darüber besteht, dass nötigender Druck im Drei-Personen-Verhältnis erst ab der Grenze des § 35 StGB die Tatherrschaft des Hintermanns begründen kann,192 beschränkt sich die wissenschaftliche Diskussion dort im Wesentlichen auf Irrtümer, bei welchen der Vordermann nicht irrig eine notstandsähnliche Drucksituation annimmt. Der Fall des Hervorrufens einer irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 StGB ist insofern eine Ausnahmeerscheinung, bei welcher durch die irrige Annahme einer Drucksituation die bestehenden Hemmungsmotive überwunden wurden.193 Dagegen wird im Zwei-Personen-Verhältnis – wie sich bereits gezeigt hat – mittelbare Täterschaft des Hintermanns häufig schon bei einer Nötigung (§ 240 StGB) zur Selbstschädigung angenommen.194 Aus diesem Grund werden auch Irrtümer, bei denen der (ggf. täuschungsbedingte) nötigende Druck die Grenze des § 35 StGB (analog) nicht überschritten hat, vermehrt diskutiert.195 Darüber hinaus kann in einer Drohung im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB zugleich eine Täuschung liegen, da es bei einer Drohung nicht darauf ankommt, dass der Drohende das angedrohte Übel tatsächlich verwirklichen kann oder will.196 Es bestehen folglich Überschneidungen. Daher wurde die Behandlung der Nötigungsfälle für die Aufarbeitung der Behandlung der Irrtumsfälle verstärkt in den Blick genommen. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Handlung des Vordermanns in Form der Selbstschädigung für diesen nicht strafbar ist, weshalb für den Vordermann das im Rahmen des Drei-Personen-Verhältnisses entscheidende Hemmungsmotiv in 191 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67 f.; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256). 192 Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 19; Bock, Strafrecht AT, S. 189; Joecks/Scheinfeld, in: MüKoStGB, 4. Auflage, § 25 Rn. 67. Siehe hierzu auch oben Kapitel 2 II. 1. f). 193 Sofern sich der Vordermann keine Gedanken um die rechtlichen Folgen seines Handelns macht und davon ausgeht, dass er sich wegen Eingreifens eines Entschuldigungsgrundes nicht strafbar macht. Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 2. 194 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 98; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 37 f.; Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 27 Rn. 23; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (249). 195 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 335. 196 Otto, in: HK-GS, § 240 Rn. 15, 24; Toepel, in: NK, StGB, § 240 Rn. 94, 194.

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Form der Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des eigenen Verhaltens entfällt.197 Es gibt keinen Normappell, welcher den Vordermann erreichen könnte.198 Der Wegfall dieses Hemmungsmotivs geschieht aber nicht ersatzlos. An seine Stelle tritt die Furcht oder der Unwille sich selbst zu schädigen.199 Dieses ist als sm Regelfall Daher kann es als generalisierender Maßstab herangezogen werden und ist rundsätzlich Positiv formuliert handelt es sich um das Interesse am Erhalt der eigenen Rechtsgüter.200 Wie sich nun aber dieser Ersatz des entfallenen – im Drei-PersonenVerhältnis entscheidenden – Hemmungsmotivs auf die Bestimmung der Willensherrschaft des Hintermanns auswirkt, wird unterschiedlich beurteilt. Auch wenn die Kriterien zur Ermittlung der Willensherrschaft im Drei-Personen-Verhältnis grundsätzlich übertragen werden können, könnte diese Besonderheit des ZweiPersonen-Verhältnisses eine Modifizierung der Kriterien erforderlich machen. a) Herrschaft über den Grund des Erfolges Hiermit beschäftigt sich unter anderen Schünemann, welcher die Besonderheit des Zwei-Personen-Verhältnisses ebenfalls darin sieht, dass der Vordermann nicht rechtlich gehindert ist sich selbst zu schädigen.201 Da somit lediglich der Wille des Tatmittlers, sich nicht selbst zu schädigen, überwunden werden müsse, folgert er, dass das zur Selbstschädigung führende Motiv stets der „Grund des Erfolges“ sei. Das Verantwortungsprinzip könne im Zwei-Personen-Verhältnis nicht zur Anwendung kommen, da dieses lediglich kläre, wann dem Hintermann eine Normverletzung des Tatmittlers zuzurechnen sei, wofür im Zwei-Personen-Verhältnis mangels Normverletzung kein Anlass bestehe. Weil es keinen Normenapell gibt, sei die Beherrschung des tatauslösenden Motivs entscheidend.202 Daher sei der Hintermann mittelbarer Täter, wenn er durch das Hervorrufen oder Ausnutzen eines Irrtums den Selbstschädigungsentschluss verursacht.203 Hiernach genügt das Hervorrufen oder Ausnutzen aller Motivirrtümer zur Begründung von mittelbarer Täterschaft.204 Im eingangs gebrachten Beispielsfall ist hiernach so zu entscheiden, dass der die Fehldiagnose stellende Arzt, welcher hierdurch einen Patienten erfolgreich zum Suizid gebracht hat, das tatauslösende Motiv und damit den Grund des Erfolges beherrscht. Er hat daher die Tatherrschaft inne und ist mittelbarer Täter. Nach dem Konzept Schünemanns hat der Wegfall des Hemmungsmotivs des Verbotenseins eines Tuns somit zur Folge, dass der Hintermann stets die Tatherr197 198 199 200 201 202 203 204

Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 72. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 331. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 819. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 331. Schünemann, ZIS 2006, S. 301 (306). Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 107. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 107. Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 107, 110.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

schaft innehat, wenn er den Entschluss zur Selbstschädigung durch eine Täuschung hervorruft. Allerdings ist es wenig überzeugend zur Begründung darauf abzustellen, dass wegen des täuschungsbedingten Entfalls des Hemmungsmotivs nur der Wille des Vordermanns überwunden werden muss. Denn zum einen drängt sich die Frage auf, ob eine Täuschung, die zur Überwindung des Willens des Vordermanns und darüber hinaus auch der von dem Normappel eines Straftatbestands ausgehenden Hemmungsmotive führt, nicht erst recht ausreichen müsste um Willensherrschaft zu begründen, wenn es bereits ausreichen soll, wenn die Täuschung nur den Willen überwindet. So wäre es doch naheliegend anzunehmen, dass die Überwindung zweier Hemmungsmotive – wie sie im Drei-Personen-Verhältnis notwendig wäre – erst recht genügen muss, wenn schon die Überwindung eines Einzelnen ausreichend sein soll. Dieses Mehr an tatsächlichem Einfluss müsste doch mit einem Mehr an Herrschaft über das Geschehen verbunden sein. Im Drei-Personen-Verhältnis lässt Schünemann jedoch nicht jeden Motivirrtum für die Annahme von Tatherrschaft genügen.205 Zum anderen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Vordermann im Rahmen einer Selbstschädigung leichter beherrschbar ist. Denn das im Zwei-Personen-Verhältnis entscheidende Hemmungsmotiv in Form des Unwillens der Aufgabe eigener Rechtsgüter ist doch zumindest von vergleichbarer Stärke wie das aus dem Normappell eines Straftatbestands folgende Hemmungsmotiv bei Fremdschädigungen und bei gravierenden Selbstschädigungen, wie etwa einem Suizid, wohl noch stärker.206 Daher kann kaum davon gesprochen werden, dass das vom Hintermann gesetzte Motiv größeren Einfluss erlangen kann207 und der Hintermann den Vordermann dementsprechend einfacher in der Hand haben kann als im Drei-Personen-Verhältnis.208 Auch Schünemann erkennt doch an, dass „vom Standpunkte des Opfers aus die Furcht vor der sicheren Selbstbeschädigung der Furcht vor einer nur vielleicht möglichen Bestrafung im Falle einer Drittschädigung an Hemmungswirkung typischerweise gleichsteht“.209 Wenn aber diese beiden Hemmungsmotive grundsätzlich gleich stark sind, so kann eine Beherrschung des Vordermanns nicht durch eine geringere Beeinträchtigung der Hemmungswirkung erzielt werden. Es erscheint somit auch nicht plausibel, dass der Hintermann durch jede Täuschung die Tatherrschaft erlangen kann. Man denke nur an den freilich nicht lebensnahen Fall, dass der Hintermann dem ihm unbekannten Vordermann in der vagen Hoffnung, dieser werde sich umbringen, vortäuscht, dass die Welt in Kürze untergehen werde und der Vordermann dies auch tut. In einem solchen Fall kommt die Einwirkung durch den Hintermann einem Glücksspiel mit äußerst schlechten Gewinnchancen gleich. Von einer Herrschaftsmacht über das Geschehen kann in derartigen Fällen jedenfalls nicht gesprochen werden. Auch die Besonderheiten des 205

Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 97 ff. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 54. A. A. Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 56. 207 So aber Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 10. 208 Vgl. Charalambakis, GA 1986, S. 485 (497), der die Einflussintensität auf eine Suizidentscheidung als geringer als auf eine fremdschädigende Handlung ansieht. 209 Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 73. 206

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Zwei-Personen-Verhältnisses können nicht dazu führen, dass jedweder Irrtum dem Hintermann die Tatherrschaft vermittelt. b) Aufopferungsschwellenrelevantes Entscheidungsdefizit Auch Heinrich führt die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme anhand des Hemmschwellengedankens durch.210 Auch wenn er von der, die Täterschaft des zu beurteilenden Beteiligten bestimmenden, Entscheidungsträgerschaft in Abgrenzung zur Tatherrschaft spricht, wurde bereits oben aufgezeigt, dass hierin lediglich ein terminologischer Unterschied besteht,211 was bei einem Vergleich mit den soeben dargestellten Ausführungen Schünemanns – welcher von der Herrschaft über den Grund des Erfolges spricht – besonders deutlich wird. Daher sind seine Ausführungen, wie sich der Wegfall des aus dem tatbestandlichen Normappell resultierenden Hemmungsmotiv im Zwei-Personen-Verhältnis auf die Bestimmung der Entscheidungsträgerschaft auswirkt, als Erörterung dieses Ausfalls in Bezug auf die Tatherrschaft des Hintermanns zu betrachten. Im Zwei-Personen-Verhältnis geht Heinrich nun davon aus, dass der Hemmschwellengedanke nicht heranzuziehen ist, da keine aus dem tatbestandlichen Normappell bestehende Hemmschwelle gegeben sei. Stattdessen bestehe ein Grundinteresse an dem Erhalt des eigenen Rechtsguts, welches er als „Aufopferungsschwelle“ bezeichnet.212 Werde diese in beurteilungsrelevanter Weise durch den Hintermann abgesenkt, so sei dieser der Entscheidungsträger und damit der Täter.213 Unabhängig von der Terminologie geht es hierbei jedoch darum, zu ermitteln, welche Beeinflussung der verbleibenden Hemmschwelle für eine Täterschaft des Hintermanns genügt. Ein – die Aufopferungsschwelle in beurteilungsrelevanter Weise reduzierender – Irrtums sei nun zunächst bei rechtsgutsbezogenen Täuschungen gegeben.214 Dies betrifft zuvorderst den Fall der Täuschung über die rechtsgutsbeeinträchtigende Wirkung, worunter der Quasitatumstandsirrtum verstanden wird. Darüber hinaus wird aber auch die Täuschung über das Ausmaß des Schadens erfasst.215 Hierbei ist dem Vordermann klar, dass er sich selbst schädigt, er irrt jedoch darüber wie sehr. Im Drei-Personen-Verhältnis entspricht dies dem Irrtum über die Unrechtshöhe. Dieser Motivirrtum wird nun unabhängig davon wie hoch die Differenz zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Schaden ist, als beachtlich angesehen.216 Die rechtsgutsbezogenen Täuschungen führen also stets zur Täterschaft des Hintermanns. Des Weiteren könne aber auch ein nicht-rechtsgutsbezogener Irrtum aufopferungs210 211 212 213 214 215 216

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 202 ff. Siehe oben Kapitel 3 V. 7. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 330 f. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 331. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 331. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 332. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 332.

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

schwellenrelevant sein.217 Hierzu sei zuvorderst ein Irrtum zu zählen, bei welchem der Vordermann irrtümlich von einer notstandsähnlichen Lage ausgehe, welche das ausschlaggebende Motiv für die Entscheidung zur Selbstschädigung darstelle. Hierbei werden keine Anforderungen an die Intensität dieser Lage gestellt. Solche Irrtümer werden also stets als aufopferungsschwellenrelevant angesehen.218 Aber auch Irrtümer, welche lediglich gegenleistungsbezogen sind, sollen aufopferungsschwellenrelevant sein und der Hintermann dementsprechend mittelbarer Täter. Hierbei wird als Beispiel der Fall gebracht, dass der Hintermann seinen Nachbarn dadurch zum Fällen seines Baumes bringt, dass er ihm vortäuscht sodann einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen.219 Unbeachtliche Irrtümer seien dagegen zum einen das Inaussichtstellen eines Vorteils, ohne dass der Eindruck erweckt wird, man könne den Vorteil selbst gewähren oder aufgrund besonderer Kenntnisse absehen, dass er eintrete. Zum anderen sei schließlich ein Irrtum irrelevant, sofern der Vordermann ohnehin fest zur Rechtsgutspreisgabe entschlossen war und diese nun unter Einfluss des Irrtums vornimmt.220 Heinrich bewertet den Wechsel des entscheidenden Hemmungsmotivs somit anders als Schünemann. Im Unterschied zu diesem engt er den Kreis der relevanten Irrtümer ein, so dass nicht jedwede Täuschung genügt, um den Hintermann zum mittelbaren Täter zu machen. Allerdings kann auch dieser Abgrenzungsvorschlag nicht frei von Kritik bleiben. Diese muss zunächst bei dem Kriterium der Rechtsgutsbezogenheit ansetzen. Da ein rechtsgutsbezogener Irrtum stets relevant sein soll, genügt schon die Täuschung über einen minimalst höheren Schaden, um den täuschenden Hintermann zum mittelbaren Täter zu machen. Die Höhe der Differenz zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Schaden soll schließlich keine Rolle spielen.221 Nun kann die Täuschung über die Höhe des Schadens – ebenso wie im Drei-Personen-Verhältnis die Täuschung über die Unrechtshöhe – sicherlich ab einem gewissen Grad die Beherrschung des Willens des Vordermanns ermöglichen, da die Hemmungsmotive, wenn auch nicht gänzlich beseitigt, so doch entscheidend reduziert werden. Da andernfalls eine (kaum zu leistende) Quantifizierung der Differenz zwischen vorgestellter und tatsächlicher Schadenshöhe erforderlich ist, ist es dementsprechend verlockend dem Hintermann bei Hervorrufen eines solchen Irrtums stets die Tatherrschaft zuzusprechen. Allerdings ist doch ebenso klar, dass hierfür die Höhendifferenz jedenfalls nicht unerheblich sein darf und dementsprechend eine sehr geringe Differenz nicht genügen kann. Daher ist ein Grenze festzulegen, ab der die Einwirkung des Hintermanns in eine Beherrschende umschlägt.222 Wie hoch jedoch besagte Differenz sein muss, um die Hemmschwelle des 217 218 219 220 221 222

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 333. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 334 f. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 336. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 338 f. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 332. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346.

V. Behandlung in der Wissenschaft

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Vordermanns derart zu reduzieren, dass der Hintermann diesen beherrscht, hängt von dem jeweiligen Vordermann ab und lässt sich nicht pauschal beantworten. Um die mit einer individualisierenden Wertung verbundenen Unsicherheiten zu vermeiden, ist ein generalisierender Maßstab erforderlich,223 welcher wiederum nicht in einer bestimmten Differenz gefunden werden kann, da ein bestimmbarer Maßstab hierfür nicht gegeben ist. Folglich kann der generalisierende Maßstab nur in der Beseitigung des Hemmungsmotivs gefunden werden. Aus diesem Grund kann – entsprechend der Behandlung im Drei-Personen-Verhältnis – eine Täuschung über das Ausmaß des Schadens nicht genügen, um dem täuschenden Hintermann die Tatherrschaft zuzusprechen. Ferner muss aber auch die Fallgruppe der gegenleistungsbezogenen Irrtümer kritisiert werden. Diese führen nämlich in eine problematische Nähe zu § 263 StGB. Der Betrug ist eine Sonderregelung der mittelbaren Täterschaft in Form der Selbstschädigung eines getäuschten Vordermanns.224 Dieser spezielle Fall der mittelbaren Täterschaft im Zwei-Personen-Verhältnis hat sich jedoch von einem Verständnis, nach welchem Täuschungen in einem Verhältnis der Gegenleistung weitgehend strafbar sein sollen, wegentwickelt.225 Vielmehr sind in diesem Bereich nur solche Täuschungen strafbar, welche auch zu einer Vermögensverfügung führen.226 Diese Wertung darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns in dem betreffenden Bereich angenommen wird, ohne dass eine Vermögensverfügung vorliegt. Insofern zeigt § 263 StGB eine Grenze auf, unterhalb der eine mittelbare Täterschaft nicht angenommen werden kann.227 Aus diesem Grund kann nicht jeder gegenleistungsbezogene Irrtum zur mittelbaren Täterschaft des täuschenden Hintermanns führen. Ähnlich verhält es sich bei den Fällen der Ausübung nötigenden Drucks. Bei diesen sieht Heinrich die Aufopferungsschwellenrelevanz erreicht, wenn der ausgeübte Druck den Schweregrad des § 240 StGB erreicht hat. Mit diesem Straftatbestand habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass ein Verhalten, welches Druck in der dort umschriebenen Größenordnung ausübt, in eine strafbare Handlung umschlage.228 Tatsächlich könnte man sagen, dass § 240 StGB bereits einen Teilbereich des Innenverhältnisses zwischen Hinter- und Vordermann im Rahmen der mittelbaren Täterschaft regelt. Anders als im Drei-Personen-Verhältnis fällt im Zwei-Personen-Verhältnis das Innenverhältnis (zwischen Hinter- und Vordermann) mit dem Außenverhältnis (zwischen Hintermann und Opfer) zusammen. Daher kommt es zu einer Überschneidung mit der speziellen Regelung für das Innenver223

Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. Kindhäuser, in: NK, StGB, § 263 Rn. 45; Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 80; M. Köhler, Strafrecht AT, S. 505. A. A. Tiedemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 263, Rn. 5. 225 Kindhäuser, in: NK, StGB, § 263 Rn. 1. 226 Roxin/Greco, Strafrecht AT I, § 13 Rn. 99. 227 Roxin/Greco, Strafrecht AT I, § 13 Rn. 99. 228 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 343. 224

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

hältnis. Allerdings folgt hieraus nicht, wie Heinrich behauptet, dass die Ausübung nötigenden Drucks, die als Nötigung in unmittelbarer Täterschaft strafbar ist, auch zu einer Strafbarkeit in mittelbarer Täterschaft führen muss. Vielmehr ist es so, dass der Gesetzgeber sich mit § 240 StGB wohl dafür entschieden hat, die Ausübung nötigenden Drucks erst ab einem gewissen Schweregrad unter Strafe zu stellen. Wie bei § 263 StGB ist dem § 240 StGB wohl eine Untergrenze zu entnehmen, nach der eine Drohung unterhalb der Schwelle des § 240 StGB straflos bleiben soll. Hiermit hat es jedoch sein Bewenden. Eine darüber hinaus gehende gesetzliche Wertung, dass ab dem Schweregrad des § 240 StGB eine Beherrschung des Vordermanns durch den Hintermann gegeben sein und ihm damit auch dessen Handlung zugerechnet werden soll, erscheint doch fernliegend, zumal es vorstellbar ist, dass respektable Gründe vorliegen respektive berechtigte Interessen verfolgt werden, wenn jemandem mit einem für ihn empfindlichen Übel – etwa in Form einer Strafanzeige – gedroht wird.229 Bei einem Suizid des Bedrohten von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt auszugehen wäre dann kaum vertretbar.230 Eine Absenkung des generalisierenden Maßstabs hinsichtlich des notwendigen Drucks auf die geringere Grenze des § 240 StGB, kann somit nicht begründet werden und erscheint auch fernliegend, da eine leichtere Beherrschbarkeit des Vordermanns bei Selbstschädigungen nicht gegeben ist. c) Eigene Bewertung Die Auseinandersetzung mit den Konzepten Schünemanns und Heinrichs, konnte keine Gründe aufzeigen, die Kriterien zur Ermittlung der Willensherrschaft, wie sie im Drei-Personen-Verhältnis aufgestellt wurden, wegen der Besonderheiten des Zwei-Personen-Verhältnisses zu modifizieren. Zuvorderst hat sich gezeigt, dass der Wechsel des entscheidenden Hemmungsmotivs nicht dazu führen kann, dass der Hintermann das Geschehen stets beherrscht, wenn er den Entschluss des Vordermanns zur Selbstschädigung durch Täuschung hervorruft. Auch bei der Selbstschädigung besteht ein starkes Hemmungsmotiv in Form des Interesses am Erhalt eigener Rechtsgüter respektive der Furcht vor einer Schädigung derselben.231 Aus diesem Grund kann der Vordermann nicht als leichter beherrschbar angesehen werden. Darüber hinaus konnte auch die Beurteilung durch Heinrich nicht überzeugen. Zwar engt er den Kreis der beachtlichen Irrtümer ein, doch es zeigt sich, dass hierbei im Grunde dieselben Probleme wie im Drei-Personen-Verhältnis bestehen. So wird im Rahmen des beachtlichen rechtsgutsbezogenen Irrtums nach Heinrich auch die

229

Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 58. Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 71; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 58. 231 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 819; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 54; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 73. 230

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Täuschung über das Ausmaß des Schadens erfasst.232 Dieser Irrtum entspricht wie der Irrtum über das Risiko, dass es zu einem Schaden kommt, im Grunde dem Irrtum über die Unrechtshöhe im Drei-Personen-Verhältnis.233 Bei diesem wird das entscheidende Hemmungsmotiv jedoch nur teilweise beseitigt. Diesen Irrtum unabhängig von der Höhe der Differenz zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Schaden (oder Risiko) als beachtlich anzusehen,234 ist deshalb nicht möglich, da eine sehr geringe Differenz dem Hintermann jedenfalls keine Herrschaftsmacht verleiht. Daher verbleibt nur die Möglichkeit genau festzulegen, ab welcher Differenz dem Hintermann die Tatherrschaft zukommt. Dies lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten, sondern hängt von der Person des jeweiligen Vordermanns ab. Da aber eine Einzelfallbetrachtung wegen der hiermit verbundenen Unsicherheiten grundsätzlich nicht möglich ist,235 ist an der generalisierenden Voraussetzung der Beseitigung des entscheidenden Hemmungsmotivs festzuhalten. Die Willensherrschaft durch täuschungsbedingte Beseitigung des entscheidenden Hemmungsmotives kann dem Hintermann daher nur dann zugesprochen werden, wenn er dieses gänzlich beseitigt. Beseitigt wird das im Zwei-Personen-Verhältnis entscheidende Hemmungsmotiv des Interesses am Erhalt der eigenen Rechtsguter dann gänzlich, wenn der Vordermann über den selbstschädigenden Charakter seines Tuns getäuscht wird, mithin im Falle eines Quasitatumstandsirrtum. Bei diesem ist daher auch zu Recht anerkannt, dass es sich um einen Fall der mittelbaren Täterschaft handelt.236 Allerdings gilt im Zwei-Personen-Verhältnis ebenso wie auch im Drei-PersonenVerhältnis, dass die Täterschaft tatbestandsbezogen zu ermitteln ist.237 Daher bedarf die eben getroffene Aussage noch der Präzisierung: Um dem Hintermann die Tatherrschaft zu verleihen, muss das entscheidende Hemmungsmotiv entfallen, wobei auf das Interesse am Erhalt der von dem jeweiligen Straftatbestand geschützten Rechtsgüter respektive auf die Furcht oder den Unwillen vor deren Preisgabe abzustellen ist. Daher führt das Bewusstsein des Vordermanns sich selbst zu schädigen nicht stets dazu, dass dem Hintermann keine Tatherrschaft zugesprochen werden kann. Weicht nämlich das vorgestellte Ausmaß der Selbstverletzung derart von dem tatsächlichen Ausmaß ab, dass ein anderes als das vorgestellte Rechtsgut preisgegeben wird, welches wiederum durch einen Straftatbestand geschützt wird, so entfällt hinsichtlich dieses Straftatbestands das entscheidende Hemmungsmotiv. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Vordermann davon ausgeht, sich nur selbst zu ver232

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 332. Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 98. 234 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 332. 235 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346. 236 Renzikowski, in: Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 8. Auflage, § 48 Rn. 90; Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 106; Haas, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 25 Rn. 42; Hoyer, in: SK-StGB, § 25 Rn. 80; Roxin, in: LK, StGB, 11. Auflage, § 25 Rn. 106; Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 25 Rn. 9; Frister, Strafrecht AT, Kap. 27 Rn. 19. 237 Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 5. b). 233

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

letzten, während seine Handlung zu seinem Tod führen wird. Der Vordermann geht mithin davon aus, dass er lediglich seine körperliche Unversehrtheit preisgibt, während er tatsächlich das Rechtsgut Leben opfert. Hier bleibt zwar das allgemeine Hemmungsmotiv des Erhalts eigener Rechtsgüter insofern bestehen, als dass der Vordermann sich bewusst ist, dass sein Handeln selbstschädigende Konsequenzen hat, es wird jedoch das Hemmungsmotiv in Form des Interesses am Erhalt des konkreten Rechtsguts, hier des Lebens, beseitigt. Im Unterschied zum Drei-Personen-Verhältnis genügt es jedoch nicht, wenn dasselbe Rechtsgut durch einen anderen Straftatbestand geschützt wird, wie es bei dem Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen der Fall ist. Während es dort auf den aus dem Straftatbestand folgenden Normappell ankommt, ist hier das Interesse am Erhalt des Rechtsguts entscheidend. Ist sich der Vordermann aber bewusst, dass er das in Rede stehende Rechtsgut aufgibt, so entfällt das entscheidende Hemmungsmotiv hinsichtlich aller Straftatbestände, welche dieses Rechtsgut schützen. Insgesamt entfällt das entscheidende Hemmungsmotiv daher grundsätzlich nur dann, wenn der Vordermann sich nicht bewusst ist, dass er das von dem Straftatbestand geschützte Rechtsgut preisgibt. In Bezug auf den Risikoirrtum bedeutet dieser strenge Maßstab, dass die Grenze zwischen beachtlichem und unbeachtlichem Risikoirrtum entlang der Grenze zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit verläuft. Erst wenn der Risikoirrtum derart gewichtig ist, dass der Vordermann auf das Ausbleiben der Schädigung vertraut und dementsprechend in einem vorgestellten Drei-Personen-Verhältnis fahrlässig gehandelt hätte, entfällt das entscheidende Hemmungsmotiv und dem Hintermann kommt die Willensherrschaft zu. Der Vordermann weiß zwar um die Möglichkeit des Schadenseintritts, er vertraut aber auf dessen Ausbleiben und wird daher nicht durch die Furcht vor der Preisgabe des betreffenden Rechtsguts gehemmt. Wie im DreiPersonen-Verhältnis ist der Risikoirrtum – sofern er einen Motivirrtum darstellt – also unbeachtlich. Ebenso streng müssen entgegen Heinrich die Fälle der täuschungsbedingten Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotivs beurteilt werden. Diesbezüglich sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der generalisierende Maßstab hinsichtlich des für die Tatherrschaft notwendigen Drucks auf eine geringere Grenze abgesenkt werden könnte, zumal eine leichtere Beherrschbarkeit des Vordermanns bei Selbstschädigungen nicht gegeben ist. Bei Überschreitung der Grenze des § 35 StGB (analog) ist der täuschungsbedingt aufgebaute Druck derart intensiv, dass die Wertung gerechtfertigt ist, dass die Hemmschwelle des Vordermanns für den Hintermann vorhersehbar überwunden wurde. Unterhalb dieser Grenze, lässt sich dies dagegen nicht ohne Weiteres sagen, da schließlich zu erwarten ist, dass nicht bereits jeder (täuschungsbedingte) Druck geeignet ist einen anderen zu einer Selbstschädigung zu bringen.238 Der notwendige Druck um einen Vordermann zu einer Selbstschädigung zu bringen ist vielmehr abhängig von dem Ausmaß der Selbstschädigung und der Person des Vordermanns. Daher ist ein Überwinden der 238

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 341.

V. Behandlung in der Wissenschaft

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Hemmschwelle im Einzelfall für den Hintermann nicht absehbar und es ist an der hohen Grenze des § 35 StGB (analog) festzuhalten. Wie schon im Rahmen des DreiPersonen-Verhältnis kann es dabei keine Rolle spielen, ob der Irrtum i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 2 StGB (analog) vermeidbar war oder nicht.239 Diese Art von Motivirrtum ist also auch im Zwei-Personen-Verhältnis beachtlich. Etwas anderes kann hinsichtlich des Entfalls des Hemmungsmotivs – entsprechend den Fällen des Ausnutzens eines bedingt tatentschlossenen Vordermanns im Drei-Personen-Verhältnis – nur dann gelten, wenn der Vordermann bereits bedingt zur Selbstschädigung entschlossen ist und für ihn daher der Bedingungseintritt das entscheidende Hemmungsmotiv ist. Verfügt der Hintermann über das Wissen um die bedingte Tatentschlossenheit und nutzt er dies aus, indem er den Bedingungseintritt vortäuscht, so beseitigt er das entscheidende Hemmungsmotiv und hat die Willensherrschaft inne.240 Nur dann kann er die Handlung des Vordermanns einplanen und die Außenwelt bewusst nach eigenen Vorstellungen gestalten. Auch in diesem Fall ist jedoch erforderlich, dass der Vordermann seine bedingte Entschlossenheit zur Selbstschädigung nach außen kundgetan hat. Das bereits angesprochene Problem der Verfolgung berechtigter Interessen, welches sich bei Nötigungen zur Selbstschädigung stellt,241 besteht bei Täuschungen nicht. Immerhin wird man eine Täuschung über den Eintritt einer Bedingung kaum als sozialadäquat ansehen können, wenn der Täuschende weiß, dass der Vordermann sich bei Bedingungseintritt schädigen wird und im Hinblick auf die Selbstschädigung des Vordermanns vorsätzlich gehandelt hat.242 Insgesamt verleiht das Erregen von Motivirrtümern im Rahmen des Zwei-Personen-Verhältnisses dem Hintermann somit seltener die Tatherrschaft als im DreiPersonen-Verhältnis. Lediglich bei einem Quasi-Irrtum i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 2 StGB und der Täuschung des bereits bedingt zur Selbstschädigung entschlossenen Vordermanns über den Eintritt der Bedingung macht das Erregen eines Motivirrtums den täuschenden Hintermann zum mittelbaren Täter. Diese Differenz zwischen Fremdund Selbstschädigung resultiert aus der Straflosigkeit der Selbstschädigung. Es besteht im Zwei-Personen-Verhältnis kein Verbot, über welches sich der Vordermann im Irrtum befinden könnte. Zwar wird durchaus vertreten, dass die Situation eines Verbotsirrtums auch bei Selbstschädigungen auftreten kann.243 Allerdings wird hierbei auf die Einsicht Unrecht zu tun respektive die Anerkennung des sittlichsozialen Werts der Erhaltung des eigenen Lebens als Entsprechung der Unrechtseinsicht im Zwei-Personen-Verhältnis abgestellt.244 Während die formelle Rechtswidrigkeit als eines der Elemente des Verbotsirrtums bei der Selbstschädigung zwar 239 240 241 242 243 244

Bottke, GA 1983, S. 22 (32); Kreuzberg, Täterschaft, S. 435. Ähnlich Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (447 Fn. 60). Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 71; Roxin, Strafrecht AT II, § 25 Rn. 58. A. A. Brandts/Schlehofer, JZ 1987, S. 442 (448). Herzberg, JA 1985, S. 336 (337 f.). Dagegen Kreuzberg, Täterschaft, S. 454. Herzberg, JA 1985, S. 336 (337 f.).

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Kap. 5: Das Zwei-Personen-Verhältnis

entfällt, lässt sich hiernach also im Grunde zumindest die materielle Rechtswidrigkeit bestimmen und für die Ermittlung der Tatherrschaft fruchtbar machen. Zu untersuchen wäre demnach, ob dem Suizidenten bewusst war, dass ihm der Suizid moralisch verboten war.245 Die Unkenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit wurde jedoch bereits im Drei-Personen-Verhältnis nicht zur Ermittlung der Tatherrschaft des Hintermanns herangezogen, da die Unkenntnis der formellen Rechtswidrigkeit als das entscheidende Hemmungsmotiv ausgemacht wurde.246 Aber auch im ZweiPersonen-Verhältnis kann die Kenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit nicht als entscheidendes Hemmungsmotiv angesehen werden. Immerhin erscheint es doch zweifelhaft, ob der moralische Tadel der Gesellschaft jemandem, der einen Suizid tatsächlich erwägt, als Hemmung erscheint, da er diesem – wenn er sich selbst tötet – nicht mehr ausgesetzt ist. Jedenfalls ist die Furcht vor der Preisgabe eigener Rechtsgüter grundsätzlicherer Natur, sodass es gerechtfertigt ist, von deren Vorhandensein auszugehen und sie als entscheidendes Hemmungsmotiv anzusehen. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der materiellen Rechtswidrigkeit unerheblich und die Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft durch Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums – als einer der Hauptfälle des Täters hinter dem Täter – tritt im ZweiPersonen-Verhältnis nicht auf.

245 246

Herzberg, JA 1985, S. 336 (338). Siehe hierzu oben Kapitel 4 III. 1. f).

Kapitel 6

Fazit Im Folgenden sollen die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit noch einmal in der gebotenen Kürze aufgezeigt werden. Dabei soll insbesondere die Frage, ob das Hervorrufen von Motivirrtümern – sei es im „normalen“ Drei-Personen-Verhältnis oder bei hypothetischer Betrachtung im Zwei-Personen-Verhältnis – dem täuschenden Hintermann die Willensherrschaft verleiht, abschließend zusammengefasst beantwortet werden. Zunächst hat die Auslegung des Gesetzes ergeben, dass die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter sowohl mit dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB als auch mit Systematik, Telos und Historie vereinbar ist. Allerdings hat sich herausgestellt, dass Konstellationen täterschaftlicher Beteiligung mehrerer, in denen die Beteiligten eine gleichrangige Position innehaben, nur von der Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB erfasst sind.1 Eine mittelbare Täterschaft in dieser Form kann es daher nicht geben, da die Mittäterschaft insofern eine Sonderregelung darstellt. Daher muss bei einer mittelbaren Täterschaft zwingend eine überlegene Stellung des Hintermanns gegeben sein, welche mit einer unterlegenen Stellung des Vordermanns korrespondiert und in den klassischen Fällen durch Nötigung oder Täuschung begründet wird. Darüber hinaus konnten bereits an dieser Stelle im Rahmen der genetisch-historischen Auslegung einige historisch bedingte Vorbehalte gegen den Täter hinter dem Täter aufgezeigt und sogleich ausgeräumt werden. Entwickelt als nicht-kodifizierte Täterschaftsform, sollte sie die Strafbarkeitslücken schließen, welche die strenge Akzessorietät der Teilnahme zur Folge hatte.2 Sie wurde entwickelt, um diejenigen strafwürdigen Fälle zu erfassen, welche die Anstiftung nicht erfassen konnte. Hinzu kam die Befürwortung eines extensiven Täterbegriffs, mit dem wiederum ein sekundärer Täterbegriff verbunden war, nach welchem eine Täterschaft nur dann in Betracht kam, wenn keine Teilnahme gegeben war. All diese Faktoren sind eine Erklärung dafür, weshalb die Rechtsfigur des Täters hinter dem Täter einem derart massiven Widerstand begegnete. Allerdings hat sich die mittelbare Täterschaft nach ihrer Kodifikation von all diesen Einschränkungen und aus der Rolle des Lückenbüßers emanzipiert.3 Sie ist als gleichwertige Form der Täterschaft in § 25 StGB geregelt4 und ist, da dem StGB ein restriktiver und damit auch ein primärer Täter1 2 3 4

Schild, in: NK, StGB, § 25 Rn. 16; von der Menden, JuS 2015, S. 22 (25). Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 17. Jakobs, Strafrecht AT, Abschn. 21 Rn. 62. Höge, Der graduelle Tatbestandsirrtum, S. 80.

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Kap. 6: Fazit

begriff zugrunde liegt, unabhängig von der Anstiftung zu bestimmen.5 Die historischen Vorbehalte sind somit obsolet. Gleichwohl folgt aus der genetisch-historischen Auslegung ein Argument gegen eine allzu weite Anerkennung des Täters hinter dem Täter. Nach dem historischen Willen des Gesetzgebers sollte die Anstiftung durch Irrtumserregung nicht auf eine Ausfallhaftung für die Fälle, in denen dem Hintermann die allgemeinen Täterschaftsvoraussetzungen fehlen, reduziert werden. Darüber hinaus hat sich bei der weiteren Analyse der Argumente, welche für eine gänzliche Ablehnung eines Täters hinter dem Täter angeführt werden, gezeigt, dass weder der Werkzeugbegriff noch die Notwendigkeitserwägungen diese Ablehnung rechtfertigen. Zu guter Letzt konnte auch das Hauptargument für die Ablehnung – die aktuell überwiegend in der Form des Verantwortungsprinzips vorgetragene These, dass ein frei und vorsätzlich respektive strafrechtlich vollverantwortlich handelnder Vordermann eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns ausschließt – nicht überzeugen. Bereits die Prämisse, welche Gallas dazu bewogen hat diesen Gedanken für die Bestimmung der Tatherrschaft heranzuziehen,6 trifft nicht zu. Mithin stellt es keinen Widerspruch dar, das für eine Willensherrschaft notwendige Maß an Beeinträchtigung der Freiheit des Vordermanns anders zu bestimmen als das Maß der Freiheitsbeeinträchtigung, welches zum Ausschluss der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vordermanns führt. Die jeweils relevante Beeinträchtigung der Freiheit kann somit anhand unterschiedlicher Maßstäbe erfolgen.7 Des Weiteren kann das Verantwortungsprinzip weder bei einem Verständnis der Willensherrschaft im faktischen noch im normativen Sinne als Konstitutionsprinzip der Willensherrschaft verstanden werden.8 Es mangelt nicht nur an einer gesetzlichen Stütze eines solchen Prinzips, wegen der inneren Widersprüche fehlt es auch an einer tragfähigen Begründung.9 Einen Ausschluss eines Täters hinter dem Täter kann also auch das Verantwortungsprinzip nicht begründen.10 Auf der anderen Seite geht auch die Gegenposition zu weit. Eine Tatherrschaft des Hintermanns bei Hervorrufen jedweden Irrtums kann nicht begründet werden. In vielen denkbaren Fallkonstellationen kann der Vordermann auch bei wertender Betrachtung nicht als vom Hintermann beherrscht angesehen werden. Da der Vordermann von dem Normappell des jeweiligen Straftatbestands erreicht wird, ist für den Hintermann kaum absehbar, wie der Vordermann auf die Täuschung reagieren 5

Siehe hierzu oben Kapitel 3 VI. Siehe hierzu Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 99 und Kapitel 4 II. 2. a). 7 Siehe nur M.-K. Meyer, Ausschluß der Autonomie durch Irrtum, S. 96 ff.; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 81 ff., die unter ihren jeweiligen Autonomiebegriffen ein Maß an Freiheit einer Person verstehen, deren Fehlen die mittelbare Täterschaft des Hintermanns begründet, aber nicht mit dem Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichgesetzt wird. Ebenso Zieschang, FS-Otto 2007, S. 505 (512 ff.) mit dem Begriff der Freiverantwortlichkeit. 8 Greco, ZIS 2011, S. 9 (12 f.). 9 Siehe hierzu oben Kapitel 4 II. 2. c) bb). 10 Greco, ZIS 2011, S. 9 (13). 6

Kap. 6: Fazit

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wird. Es kommt einem Glücksspiel gleich, ob die Einwirkung des Hintermanns erfolgreich ist und der Tatmittler sich wie gewünscht verhält. Die notwendige Beherrschung des Geschehens ist nicht bei jedem Motivirrtum gegeben. Vielmehr ist eine täuschungsbedingte Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit von einigem Gewicht erforderlich, um eine Willensherrschaft zu bejahen. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Fallgruppen, bei denen der Täter hinter dem Täter diskutiert wird, hat letztlich offenbart, welche Anforderungen an diese Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit zu stellen sind. Es hat sich gezeigt, dass für die Willensherrschaft eine spezifische normativ zu bestimmende,11 Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vordermanns konstitutiv ist. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass auf die – der Entscheidung zum Handeln vorgelagerte – Abwägung zwischen Hemmungsmotiven und Handlungsimpulsen beim Vordermann eingewirkt und entweder das Aufkommen von Hemmungsmotiven in der jeweiligen Situation verhindert oder ein Handlungsimpuls geschaffen wird, durch welchen die bestehenden Hemmungsmotive überwunden werden.12 In den Irrtumsfällen wird regelmäßig das entscheidende Hemmungsmotiv durch die Täuschung beseitigt. Die Fälle, in denen der Vordermann durch Täuschung dazu gebracht wird von einer Drucksituation auszugehen, stellen dagegen eine Ausnahme dar, bei der – wie auch bei den Nötigungsfällen – eine Überwindung bestehender Hemmungsmotive zu prüfen ist. Wird das entscheidende Hemmungsmotiv durch die Täuschung beseitigt, so steht dem Handlungsimpuls nichts entgegen.13 Durch die Täuschung kann der Hintermann die Willensbildung des Vordermanns steuern und somit dessen Willen beherrschen. Ähnlich verhält es sich bei der Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotivs. Verbleibt dieses als solches unangetastet und wird stattdessen real oder durch Täuschung Druck auf den Vordermann ausgeübt, so führt dies ab einer gewissen Intensität des Drucks zu einer Überwindung des Hemmungsmotivs und damit zu einer Beherrschung des Willens durch den Hintermann. Bei dem Hemmungsmotiv, welches durch Täuschung beseitigt wird oder das es zu überwinden gilt, handelt es sich um ein solches, bei dem es bei wertender Betrachtung gerechtfertigt ist zu sagen, dass der Vordermann bei dessen Beseitigung durch den Hintermann beherrscht wird. Dieses entscheidende Hemmungsmotiv ist die Kenntnis der formellen Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns und damit der aus der Strafdrohung des jeweiligen Straftatbestands folgende Normappell. Da es die Aufgabe des Strafrechts ist durch Generalprävention Rechtsgüterschutz zu erzielen,14 kommt der Kenntnis der Straftatbestandsmäßigkeit des eigenen Verhaltens die

11 Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 67 f.; Amelung, in: Bausteine des europäischen Strafrechts, S. 247 (256). 12 Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, S. 18 f. 13 Donna, FS-Gössel 2002, S. 261 (267). 14 Kaspar, Strafrecht AT, § 1 Rn. 17.

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Kap. 6: Fazit

entscheidende Bedeutung zu.15 Um die Tatherrschaft zu erlangen muss der Hintermann also grundsätzlich erreichen, dass dieses Hemmungsmotiv entfällt oder überwunden wird. Hierzu führt seine Einwirkung auf den Vordermann primär in den Fällen, bei denen die täterschaftliche Strafbarkeit des Vordermanns entfällt. Im Regelfall darf der Hintermann lediglich in diesen Fällen davon ausgehen, dass das entscheidende Hemmungsmotiv entfällt oder die Intensität des Drucks hoch genug ist, dass das Hemmungsmotiv überwunden wird und kann das Verhalten des Vordermanns dementsprechend einplanen. Unterliegt der Vordermann beispielsweise aufgrund der Täuschung des Hintermanns einem Tatumstandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB und weiß nicht, dass er eine Sache wegnimmt, da er sie nicht für eine (für den Hintermann) fremde Sache hält, so ist ihm nicht klar, dass er den objektiven Tatbestand des Diebstahls erfüllt und wird von dem Normappell des § 242 StGB nicht erreicht. Es ist ihm nicht bewusst, dass er objektiv tatbestandsmäßig handelt und es entfällt das entscheidende Hemmungsmotiv. Die anderen Irrtümer, bei denen die täterschaftliche Strafbarkeit des Vordermanns entfällt, sind der Erlaubnistatumstandsirrtum und die unvermeidbare irrtümliche Annahme eines entschuldigenden Notstands nach § 35 Abs. 2 S. 1 StGB. Bei beiden Irrtümern sind zwei verschiedene Szenarien denkbar, welche sich jedoch überschneiden können. Zum einen kann es sein, dass sich der Vordermann Gedanken über die rechtliche Bewertung seines Verhaltens macht. In diesem Fall kommt er beim Erlaubnistatumstandsirrtum zu dem Schluss, dass er gerechtfertigt ist, während er bei dem Irrtum nach § 35 Abs. 2 S. 1 StGB davon ausgeht entschuldigt zu sein. In beiden Fällen geht er aber insgesamt davon aus, dass sein Verhalten nicht strafbar ist und das entscheidende Hemmungsmotiv ist folglich entfallen. Macht er sich dagegen keine Gedanken darüber, wie sein Verhalten rechtlich zu werten ist, so sieht er sich mit Druck konfrontiert, welcher zu Überwindung des Hemmungsmotives führt. Ist der Druck so gravierend, dass die täterschaftliche Strafbarkeit des Vordermanns entfällt, so ist die Einwirkung des Hintermanns auf das Abwägungsgefüge hinreichend, um von einer Beherrschung des Willens des Vordermanns zu sprechen. Der Hintermann kann das Verhalten des Vordermanns einplanen und steuern. Er hat die Tatherrschaft inne. Hinsichtlich der Frage, ob die Einwirkung des Hintermanns auch bei bestehender täterschaftlicher Strafbarkeit des Vordermanns hinreichend gewichtig war, um diesem die Tatherrschaft zuzusprechen, bleibt zuvorderst zu beachten, dass eine gewisse Erwartung von rechtstreuem Verhalten besteht, was bereits dadurch ausgedrückt wird, dass § 35 Abs. 1 StGB entnommen werden kann, dass von dem Einzelnen erwartet wird bis zu einem gewissen Druck von Eingriffen in fremde Rechtsgüter abzusehen.16 Dem entspricht es, dass völlig zu Recht ein Täter hinter dem Täter im Bereich der Nötigungsherrschaft überwiegend abgelehnt wird. Lediglich dann, wenn der Druck die Stärke des § 35 Abs. 1 StGB erreicht und schon das Gesetz davon 15 16

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 221. Kreuzberg, Täterschaft, S. 344.

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ausgeht, dass der Einzelne dem nicht standhalten kann,17 kann auch der Hintermann berechtigterweise davon ausgehen, dass der Vordermann sich dem Druck beugen wird und kann sein Verhalten entsprechend einplanen. Daher liegt in dieser Norm der notwendige generalisierende Maßstab zur Feststellung des ausreichenden Drucks.18 Ob die den besagten Druck begründenden Umstände tatsächlich bestehen oder dem Vordermann nur vorgetäuscht werden, kann allerdings keine Rolle spielen. Ebenso wenig die Vermeidbarkeit dieser Vorstellung. Daher ist auch ein Irrtum im Sinne des § 35 Abs. 2 StGB – unabhängig davon, ob er vermeidbar oder unvermeidbar war – stets als täuschungsbedingte Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotives anzusehen, weshalb der Hintermann bei Hervorrufen eines solchen Irrtums stets die Willensherrschaft innehat. Natürlich kann es durchaus vorkommen, dass ein Vordermann schon bei geringerem Druck „einknickt“. Die stattfindenden Abwägungsprozesse sind jedoch derart individuell, dass sich jenseits der festen Grenze des § 35 Abs. 1 StGB keine hinreichend bestimmten Kriterien denken lassen, um den tatherrschaftsbegründenden Druck zu bestimmen. Daher ist an der Schwelle des § 35 Abs. 1 StGB festzuhalten. Eine Beseitigung des entscheidenden Hemmungsmotivs durch Täuschung kann aber die täterschaftliche Verantwortung des Vordermanns auch unberührt lassen. Dies ist zuvorderst bei Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB der Fall. Auch bei einem solchen hält der Vordermann sein Verhalten für erlaubt und der Hintermann hat entsprechend die Willensherrschaft inne. Darüber hinaus wird auch bei einem Irrtum im Rahmen von dolus-generalis-Situationen das entscheidende Hemmungsmotiv beseitigt, da der Vordermann sich nicht bewusst ist, dass er mit seiner Handlung den Straftatbestand erfüllt, welchen er schon erfüllt zu haben glaubt. Des Weiteren ist auch ein Irrtum über objektive Qualifikationsvoraussetzungen, welche im Grunde ein Tatumstandsirrtum und damit kein Motivirrtum ist, beachtlich und lässt das Hemmungsmotiv des aus dem Qualifikationstatbestands entspringenden Normappells und damit das entscheidende Hemmungsmotiv entfallen. Dagegen muss ein Irrtum über die Unrechtshöhe als unbeachtlich angesehen werden. In einem solchen Fall wird der Vordermann durchaus vom Normappell der entsprechenden Norm erreicht, er irrt sich lediglich über die Höhe des verwirklichten Unrechts. Insofern käme nur eine Überwindung des entscheidenden Hemmungsmotives in Betracht. Allerdings lässt sich kaum allgemeinverbindlich sagen, ab welcher Differenz zwischen vorgestelltem und tatsächlich verwirklichtem Unrecht von einem Vordermann erwartet werden kann, dass er sich über den tatbestandlichen Normappell hinwegsetzt. Es stellt sich das Problem der Grenzziehung, welches nicht gelöst werden kann. Daher kann ein Irrtum über die Unrechtshöhe keine Tatherrschaft begründen. Der vermeidbare Verbotsirrtum sowie der Irrtum im Rahmen von dolus-generalis-Situationen sind somit die einzigen Motivirrtümer, in denen das 17 Kreuzberg, Täterschaft, S. 344; Lampe, ZStW 118. Band (2006), S. 1 (42); Neumann, in: NK, StGB, § 35 Rn. 2 f. 18 Küper, JZ 1989, S. 935 (948).

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Kap. 6: Fazit

grundsätzlich entscheidende Hemmungsmotiv in Form der Kenntnis der Strafbarkeit des Verhaltens entfällt. Die einzige Ausnahme hiervon ist gegeben, wenn der Vordermann nach außen kundtut, dass für ihn ein anderes Hemmungsmotiv entscheidend ist. Dies ist der Fall des Ausnutzens eines bedingt Tatentschlossenen durch Vortäuschen des Bedingungseintritts. Wird der Vordermann unter einer bestimmten Bedingung trotz Kenntnis der Strafbarkeit seines Tuns nicht von dem tatbestandlichen Normappell erreicht, so ist in der Bedingung das entscheidende Hemmungsmotiv zu sehen. Erklärt der Vordermann bei Bedingungseintritt die Tat ausführen zu wollen und nutzt der Hintermann die Kenntnis hierüber aus, indem er dem Vordermann den Bedingungseintritt vortäuscht, so kann er diesen Beherrschen und hat die Willensherrschaft inne. Insgesamt verleiht dem täuschenden Hintermann im Drei-Personen-Verhältnis somit das Hervorrufen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 StGB, einer vermeidbaren irrtümlichen Annahme einer entschuldigenden Situation nach § 35 Abs. 2 S. 2 StGB, eines Irrtums im Rahmen einer dolus-generalis-Situation und das Ausnutzen eines bedingt tatentschlossenen Vordermanns durch vortäuschen des Bedingungseintritts die Willensherrschaft. Damit handelt es sich bei dem Täter hinter dem Täter folglich um eine Ausnahme. Überwiegend liegt bei Hervorrufen eines Motivirrtums lediglich Anstiftung seitens des Hintermanns vor. Zu guter Letzt wurde aufgezeigt, dass auch im Zwei-Personen-Verhältnis dieselben Überlegungen greifen und für die Annahme von Willensherrschaft daher dieselben strengen Voraussetzungen gelten. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Drei-Personen-Verhältnis und dem Zwei-Personen-Verhältnis besteht darin, dass bei letzterem das grundsätzlich entscheidende Hemmungsmotiv ein anderes ist. Während bei einer Fremdschädigung der Normappell des jeweiligen Straftatbestands das entscheidende Hemmungsmotiv ist, ist bei einer Selbstschädigung das Interesse am Erhalt der eigenen Rechtsgüter respektive der Unwille vor der Preisgabe derselben entscheidend.19 Dieses Hemmungsmotiv wird primär durch Hervorrufen eines Quasitatumstandsirrtum beseitigt, bei dem sich der Vordermann täuschungsbedingt nicht bewusst ist, dass er eigene Rechtsgüter preisgibt. Darüber hinaus kommt es auf das Bewusstsein der Aufgabe des konkreten Rechtsguts an. Daher wird das entscheidende Hemmungsmotiv auch in den Fällen beseitigt, in denen der Vordermann zwar weiß, dass er ein eigenes Rechtsgut preisgibt, er aber tatsächlich (auch) ein anderes Rechtsgut schädigt. So etwa, wenn der Vordermann täuschungsbedingt davon ausgeht, dass er sich lediglich in seiner körperlichen Unversehrtheit schädigen wird, die Vornahme der Handlung aber zu seinem Tod führt. Auch in diesem Fall entfällt das entscheidende Hemmungsmotiv und der Hintermann hat die Willensherrschaft inne.

19

Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 331.

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Überwunden wird das entscheidende Hemmungsmotiv, jedenfalls bei einem § 35 StGB entsprechendem Druck. Unterhalb hiervon kann der Druck dagegen grundsätzlich nicht als ausreichend angesehen werden, zumal das Interesse am Erhalt eigener Rechtsgüter von vergleichbarer Stärke wie die Furcht vor Strafe ist.20 Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die Hemmschwelle bei Anwendung von Druck unterhalb der Schwelle des § 35 StGB für den Hintermann ersichtlich überwunden wurde. Daher kann keine Tatherrschaft des Hintermanns angenommen werden und es ist grundsätzlich an der Grenze des § 35 StGB festzuhalten. Auf die Vermeidbarkeit des Irrtums (§ 35 Abs. 2 S. 2 StGB) kann es, ebenso wie im DreiPersonen-Verhältnis, nicht ankommen. Schließlich tritt zu diesen Fallgruppen auch im Zwei-Personen-Verhältnis noch der Fall des Ausnutzens eines bedingt Tatentschlossenen durch Vortäuschen des Bedingungseintritts hinzu. Erklärt der Vordermann sich bei Eintritt einer Bedingung selbst schädigen zu wollen, so macht er sich hierdurch für Manipulationen angreifbar. Nutzt der Hintermann diesen Umstand aus und täuscht dem Vordermann den Bedingungseintritt vor, so kann er diesen bei wertender Betrachtung beherrschen. Dieses Ergebnis der Bewertung des Hervorrufens von Motivirrtümern im ZweiPersonen-Verhältnis erscheint freilich in gewisser Weise unbefriedigend. Da mit Ausnahme der Fälle der Täuschung eines bedingt Tatentschlossenen über den Bedingungseintritt auf Seiten des Hintermanns weder eine Bestrafung des Hervorrufens eines Risikoirrtums21 oder sonstiger Motivirrtümer noch eine Bestrafung bei einem täuschungsbedingten Nötigungsdruck unterhalb der Schwelle des § 35 StGB (analog) möglich ist, verbleiben viele Fälle der aufgrund erfolgreicher Täuschung oder Nötigung erfolgten Selbstverletzung für den Hintermann straflos. Besonders in den Suizidfällen erscheint dies häufig unbillig. An dieser Stelle kann jedoch lediglich der Gesetzgeber Abhilfe schaffen, indem ein eigenständiger Straftatbestand eingeführt wird, welcher diese Lücke schließt. Ein Tatbestand, welcher die eigennützige Förderung einer Selbsttötung, wie er bereits vorgeschlagen wurde,22 unter Strafe stellt, wäre daher durchaus begrüßenswert.23 Nach alledem lässt sich abschließend feststellen, dass ein Täter hinter dem Täter sowohl im Drei-Personen-Verhältnis als auch (bei hypothetischer Betrachtung) im Zwei-Personen-Verhältnis eine Ausnahmeerscheinung bleibt. Mithin ist im Hervorrufen eines Motivirrtums beim Vordermann regelmäßig eine Anstiftung zu sehen oder – im Zwei-Personen-Verhältnis – eine straflose Teilnahme an einer Selbstschädigung. Es besteht daher die prima-facie-Regel, dass mittelbare Täterschaft bei der Benutzung eines strafrechtlich vollverantwortlichen Vordermanns grundsätzlich 20

Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 73. Gemeint ist der Motivirrtum, bei dem der Vordermann trotz Wissensdefizit hinsichtlich der Risikohöhe noch vorsätzlich gehandelt hat. 22 Koch, JuS 2008, S. 399 (401). 23 Vgl. auch Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 12 Rn. 72; Charalambakis, GA 1986, S. 485 (501). 21

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nicht gegeben ist, während sie bei Benutzung eines nicht strafrechtlich vollverantwortlichen Vordermanns grundsätzlich gegeben ist.24 Hierbei bleibt jedoch zu beachten, dass die mittelbare Täterschaft – auch nach der hier vertretenen Konzeption – keine Ausfallhaftung für die unterbliebene strafrechtliche Inanspruchnahme des Vordermanns,25 also kein Automatismus bei fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Vordermanns darstellt.26 Der Mangel an strafrechtlicher Verantwortlichkeit beim Vordermann ist noch keine hinreichende Bedingung der mittelbaren Täterschaft.27 Der Übergang der Tatherrschaft in Form der Willensherrschaft auf den Hintermann erfolgt daher nur in der Regel Zug um Zug mit der (gegebenenfalls hypothetischen) strafrechtlichen Entlastung des Vordermanns,28 während ein strafrechtlich verantwortlicher Täter die Willensherrschaft des Hintermanns regelmäßig ausschließt. Dennoch konnten einige Ausnahmefälle, in denen ein Täter hinter dem Täter gegeben ist, aufgezeigt werden. Die Grenze zwischen Irrtümern, deren Hervorrufen eine mittelbare Täterschaft des täuschenden Hintermanns begründen können und denen, die dies nicht können, verläuft also nicht zwischen Motivirrtümern und den übrigen Irrtümern.29 Es gibt den Täter hinter dem Täter im Bereich der Irrtumsherrschaft. Aus diesem Grund darf diese Arbeit, wie sie ihren Anfang in Zitaten von vehementen Kritikern des Täters hinter dem Täter gefunden hat, nun mit einem Zitat von Richard Lange abschließen:30 „Wie es Täter neben dem Täter gibt, so auch Täter hinter dem Täter.“

24

Ähnlich Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 67. Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 346; Hoyer, in: SKStGB, § 25 Rn. 58. 26 Es gibt mithin Fälle, in denen nach den aufgezeigten Kriterien der Vordermann schuldlos handelt und der Hintermann dennoch nur Anstifter ist. Zu denken ist hierbei insbesondere an Tatmittler die wegen § 19 StGB schuldlos handeln, bei denen aber dennoch das Bewusstsein vorhanden sein kann, dass eine rechtswidrige Tat begangen wird. Mittelbare Täterschaft und Anstiftung sind daher auch in diesen Situationen dahingehend abzugrenzen, ob der Vordermann von dem Normappell des Tatbestands erreicht wird. 27 So aber Schünemann, in: LK, StGB, 12. Auflage, § 25 Rn. 67. 28 Neumann, JA 1987, S. 244 (250). 29 Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 242. 30 Lange, in: Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage 1961, S. 161. 25

Anhänge1 § 47 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 01. 01. 1975]: Wenn Mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, so wird Jeder als Thäter bestraft. § 48 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 15. 06. 1943]: (1) Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen zu der von demselben begangenen strafbaren Handlung durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Missbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat. § 48 StGB [in der Fassung vom 15. 06. 1943 – 01. 01. 1975]: (1) Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen zu der von demselben begangenen mit Strafe bedrohten Handlung durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Missbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat. § 49 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 15. 06. 1943]: (1) Als Gehülfe wird bestraft, wer dem Thäter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens durch Rath oder That wissentlich Hülfe geleistet hat. § 49 StGB [in der Fassung vom 15. 06. 1943 – 01. 01. 1975]: (1) Als Gehülfe wird bestraft, wer dem Thäter zur Begehung einer als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung durch Rath oder That wissentlich Hülfe geleistet hat. § 50 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 15. 06. 1943]: (1) Wenn das Gesetz die Strafbarkeit einer Handlung nach den persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen desjenigen, welcher dieselbe begangen hat, erhöht oder vermindert, so sind diese besonderen Thatumstände dem Thäter oder demjenigen Theilnehmer (Mitthäter, Anstifter, Gehülfe) zuzurechnen, bei welchem sie vorliegen. 1

Hervorhebungen finden sich nicht im Gesetzestext.

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Anhänge

§ 50 StGB [in der Fassung vom 15. 06. 1943 – 01. 10. 1968]: (1) Sind mehrere an einer Tat beteiligt, so ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar. § 51 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1932 – 01. 01. 1975]: (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe erheblich vermindert, so kann die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden. § 52 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 01. 01. 1975]: (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter durch unwiderstehliche Gewalt oder durch eine Drohung, welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weise nicht abwendbaren Gefahr für Leib oder Leben seiner selbst oder eines Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genöthigt worden ist. § 55 StGB [in der Fassung vom 07. 09. 1896 – 01. 07. 1923] (1) Ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, ist freizusprechen, wenn er bei Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. § 56 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 01. 07. 1923] (1) Ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, ist freizusprechen, wenn er bei Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. § 218 StGB [in der Fassung vom 08. 06. 1926 – 30. 03. 1943]: (1) Eine Frau, die ihre Frucht im Mutterleib oder durch Abtreibung tötet oder die Tötung durch einen anderen zulässt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird ein anderer bestraft, der eine Frucht im Mutterleib oder durch Abtreibung tötet. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Wer die im Abs. 2 bezeichnete Tat ohne Einwilligung der Schwangeren oder gewerbsmäßig begeht, wird mit Zuchthaus bestraft. Ebenso wird bestraft, wer einer Schwangeren ein Mittel oder Werkzeug zur Abtreibung der Frucht ge-

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werbsmäßig verschafft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. § 340 StGB [in der Fassung vom 01. 01. 1872 – 20. 03. 1876] (1) Ein Beamter, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorsätzlich eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf einen Tag Gefängniß ermäßigt oder auf Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern erkannt werden. (2) Ist die Körperverletzung eine schwere, so ist auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein.

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Sachwortverzeichnis Akzessorietät – Extreme s. strenge – Limitierte 82 f., 85 f. – Strenge 73 f. Anstiftung – Unwertgehalt 22 f. Äquivalenztheorie 91 f. Autonomieprinzip – Als Abgrenzungstheorie 148 ff. – Als Synonym für das Verantwortungsprinzip s. dort – Bei Selbstschädigung 304 ff. Beseitigung von Hemmungsmotiven – Beim error in persona 251 ff. – Beim Irrtum über die Unrechtshöhe 260 f. – Beim Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen 267 ff. – Beim Verbotsirrtum 215 ff. – Bei Selbstschädigung 307 ff. Benutzung eines Tatentschlossenen 38 f., 46 f., 248 ff. Denunziations-Fälle 54 Dohna-Fall 228 Dolustheorie 101 f. Dolus generalis Situationen 272 f. Dreiteilung der Beteiligungslehre 69 f. Dringlichkeit der Verhaltensnorm 147 f. Einwilligungslösung 299 ff. Entscheidungsträgerschaft 136 f. Exkulpationslehre 297 ff. Formal-objektive Theorie

112 ff.

Ganzheitstheorie 118 f. Gestufte Täterschaft 114 ff. Gradueller Tatbestandsirrtum

Grenzbereich der Entschuldigungsgründe 46 f., 209 ff. Interessentheorie 101 f. Irrtum über den konkreten Handlungssinn 42 ff., 240 ff. Irrtum Über die Unrechtshöhe 254 ff. Irrtum über Qualifikationsvoraussetzungen 261 ff. Irrtum Über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen 274 Katzenkönig-Fall 56, 204 ff. Kandinsky-Fall 48 Kausalitätsbegriff – Entwicklung 91 ff. – Leistungsfähigkeit 95 f. Kriminalpolitisches Argument 287 ff.

229 ff.,

Lehre vom Tatbestand 91 ff. Lückenbüßerfunktion 73 f. Manipulierter error in persona 228 ff. Materiell-objektive Theorien 105 ff. Mittelbare Täterschaft – Entwicklungsgeschichte 68 ff. – Unwertgehalt 22 f. – Systematische Auslegung 64 ff. – Telos § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB 67 f. – Wortlaut § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB 63 f. Motivirrtum – Definition 27 f. – Konstellationen 28 ff. Nebenbuhlerentscheidung 262 f. Normative Kombinationstheorie 116 ff. Organisatorische Machtapparate

47 f.

Partikularstrafgesetzbücher

69 f.

42, 57 ff.

Sachwortverzeichnis Reichsstrafgesetzbuch von 1871 Regressverbot 98 ff. Risikoirrtum 44, 273

71 ff.

Selbstverantwortungsprinzip siehe Verantwortungsprinzip Sirius-Fall 55 Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943 81 ff. Strafrechtsreform 76 ff. Strafzumessung 22, 255, 259 f. Subjektive Theorie 100 ff. Täterbegriff – Extensiver 153 ff. – Formell-objektiver 159 ff. – Materiell-objektiver 159 ff. – Primärer 157 ff. – Restriktiver 153 ff. – Sekundärer 75, 157 ff. Täter hinter dem Täter – Allgemeine Voraussetzungen 62 f. – Begriff 34 ff. – Entwicklungsgeschichte 36 ff. – Notwendigkeit 201 Tatherrschaftslehre 119 ff. Übergewichtstheorie 121 Unterbrechung des Kausalzusammenhangs 96 ff.

345

Unterbrechung der Verantwortungsreihe 99 Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs 99 Verantwortungsprinzip 171 ff. – Als Konstitutionsprinzip der Tatherrschaft 184 ff. – Entwicklung 173 ff. – Fiktives Verantwortungsprinzip 297 – Modifiziertes 212 ff. – Reichweite 175 – Willensfreiheit 176 ff. Verbotsirrtum 202 ff. Verletzung eines personalen Rechtsverhältnisses 244 ff. Vermeidbarer Irrtum nach § 35 Abs. 2 StGB 225 ff. Versuchsstadium 24 Werkzeugbegriff 197 ff. Willensfreiheit 176 ff. Zentralgestalt des Geschehens 126 ff. Zurechnung – Als Beteiligungslehre 137 ff. – Gegenstand 138 ff. – Objektive 93 ff.