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German Pages 32 Year 1990
Berichte des Bundesinstituts für ostwissensdiaftliche und internationale Studien „Militärisches Denken" Eine bislang unzugängliche Zeitschrift des sowjetischen Generalstabs Ole Diehl
35-1990
Die Meinungen, die in den vom BUNDESINSTITUT FÜR OSTWISSENSCHAFTLICHE UND INTERNATIONALE STUDIEN herausgegebenen Veröffentlichungen geäußert werden, geben ausschließlich die Auffassung der Autoren wieder. © 1990 by Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln Abdruck und sonstige publizistische Nutzung - auch auszugsweise nur mit vorheriger Zustimmung des Bundesinstituts sowie mit Angabe des Verfassers und der Quelle gestattet. Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien Lindenbornstraße 22, D-5000 Köln 30, Telefon 0221/5747-0
INHALT
Seite Kurzfassung
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Einleitung
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Allgemeiner Charakter der "Voennaja niysl' " Verfügbarkeit der "Voennaja mysi'" im Westen
3 ....
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Existenz "streng geheimer" Ausgaben ? . . . . . . . .
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Geschichte der "Voennaja mysi'"
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. . . . .
Allgemeine Feststellungen über die Themenauswahl der "Voennaja mysi'"
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Aussagen zum Inhalt der "Voennaja mysi'" anhand einer Analyse der Inhaltsverzeichnisse der Jahrgänge 1984 bis 1989
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Die "Offensive" als Grundlage bei aktuellen militärwissenschaftlichen Diskussionen über Operationsmodellierungen
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Veränderungen der "Voennaja mysi'" nach Aufhebung der Subsribtionsbeschrankungen ?
. . . . .
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Schlußbetrachtung
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Anmerkungen
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Summary
.
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18. Mai 1990
Ole Diehl "Militärisches Denken" Eine bislang unzugängliche Zeitschrift des sowjetischen Generalstabs Bericht des BlOst Nr. 35/1990 Kurzfassung Im vorliegenden Bericht wird die Zeitschrift "Voennaja mysi'" (Militärisches Denken), autoritatives Organ des sowjetischen Generalstabs, in ihrem allgemeinen Profil vorgestellt. Die Analyse beruht auf bis heute im Westen nicht frei zugänglichen Exemplaren des Journals aus den Jahrgängen 1984 bis 1989. Die Ergebnisse lauten wie folgt: 1. Die Aufhebung der Subskriptionsbeschränkung der "Voennaja mysi'" mit dem 1. Januar 1990 gibt Anlaß, sich mit Struktur, Inhaltsprofil, Bedeutung und Geschichte dieses Journals zu befassen. 2. Als klassifiziertes Organ des Verteidigungsministeriums trug die Zeitschrift lange Zeit einen besonderen Charakter. Sie diente dem höheren sowjetischen Offizierscorps als internes militärtheoretisches und militärwissenschaftliches Diskussionsforum. 3. Im Westen lag die Zeitschrift nur Regierungs- und Geheimdienststellen vor. In den USA wurden ältere Exemplare bis 197 3 freigegeben. Neuere Ausgaben gelten bis heute als "restricted" und sind nur ausgewählten amerikanischen Wissenschaftlern zugänglich. 4. Vermutungen und Indizien deuten darauf hin, daß verschiedene, in der Sowjetunion nach Geheimhaltungsgrad abgestufte Versionen der "Voennaja mysi'" existieren. Im Westen sind wenn überhaupt - nur Exemplare der geringsten Klassifizierungsstufe zugänglich. 5. Die Geschichte der "Voennaja mysi'" wird von sowjetischer Seite auf einige VorgängerJournale bis ins Jahr 1918 zurückgeführt. Der Zeitschrift kam dabei stets eine herausragende Funktion bei den verschiedenen Entwicklungsetappen der Militärtheorie und der Kriegskunst in der Sowjetunion zu.
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6. Aus einer allgemeinen Analyse der Themenstellungen der "Voennaja mysi'" läßt sich ableiten, daß Fragen des sicherheitspolitischen Tagesgeschehens und vor allem der Abrüstung und der Rüstungskontrolle fast vollständig vernachlässigt werden. Hier könnten im Zeichen des "neuen politischen Denkens" und seiner Implikationen für das Verteidigungswesen in Zukunft Veränderungen eintreten. 7. Fragen der Kriegskunst (Strategie, operative Kunst und Taktik) werden in der "Voennaja mysi'" anhand historischer Erfahrungen, anhand der militärischen Praxis der NATO-Staaten oder anhand von zitierten Beobachtungen der westlichen Militärpresse über das östliche Militärwesen erörtert, nie hingegen anhand eigener Analysen der sowjetischen Übungs- oder Ausbildungspraxis . 8. Eine Analyse der Inhaltsverzeichnisse der Jahrgänge 1984 bis 1989 ergibt vor allem im Bereich der Kriegskunst eine eindeutige thematische Schwerpunktverschiebung von Fragen der Offensive (bis etwa Frühjahr 1987) zu Fragen der Verteidigung. Dabei wird allerdings der Notwendigkeit der Beachtung und Erörterung von "Gegen-"offensiven auffällig breiter Raum gewidmet. 9. Im Rahmen einer militärwissenschaftlichen Diskussion in der "Voennaja mysi'" über mathematische Modellierungen militärischer Operationen wird deutlich, daß etwaige Veränderungen der traditionellen Präferenz des sowjetischen Militärs für offensive Kampfhandlungen bisher nicht in einen derart militärspezifischen, rein internen Bereich durchgeschlagen haben. 10. Mit Aufhebung der Subskriptionsbeschränkungen hat sich die "Voennaja mysi'" in Hinblick auf äußere Aufmachung, vor allem aber auch bei der Besetzung des Redaktionskollegiums, erheblich verändert. Es scheint zu erwarten, daß auch inhaltlich die "Voennaja mysi'" sich in Zukunft mehr dem allgemeinen "Trend" der sowjetischen Militärpresse anpassen wird. 11. In den ersten Heften des Jahrgangs 1990 ist ein solcher Wandel in Themenwahl und Inhalt der Zeitschrift allerdings noch nicht festzustellen. Dies könnte auch mit einer gleichzeitig zu beobachtenden neuen Tendenz zusammenhängen, wonach das Militär zunehmend öffentlich Kritik an der politischen Führung zu äußern beginnt.
Einleitunci Mit Wirkung vom 1. Januar 1990 ist die militärische Fachzeitschrift "Voennaja mysi'" (Militärisches Denken) im Westen subskribierbar und damit für westliche Interessenten voll verfügbar. Die Aufhebung der Zugangsbeschränkungen, zu sehen wohl als politische Maßnahme im Rahmen einer allgemeinen Ausdehnung der Politik des "glasnost"' der Gorbatschow-Führung auf den militärischen Bereich, soll zum Anlaß genommen werden, diese wichtige militärische Fachzeitschrift anhand einiger allgemeiner Bemerkungen über Struktur, Inhalt, Geschichte und Redaktionspolitik des Journals vorzustellen. Dabei kann an dieser Stelle keine inhaltliche Analyse einzelner Artikel der "Voennaja mysi'" vorgenommen werden. Da bisher nicht abzusehen ist, ob auch ältere, bisher klassifizierte Ausgaben des Journals nachträglich im Westen allgemein verfügbar sein werden, andererseits aber in Zukunft die neueren Ausgaben der Zeitschrift allgemeine Beachtung bei der Analyse der sowjetischen Militär- bzw. Verteidigungspolitik finden werden, soll hier vielmehr der Versuch unternommen werden, einige Hintergrundinformationen und Rahmenbedingungen zur Arbeit mit dieser nach wie vor wichtigen Quelle militärtheoretischen Denkens in der UdSSR zu liefern.
AJJ^^mMneX™C|iaxakt§r__^ Die "Voennaja mysi'" als monatlich erscheinendes "militärtheoretisches Organ des Verteidigungsministeriums" der UdSSR war von 1947 bis 1989 auch in der Sowjetunion als klassifiziertes Journal nur schwer zugänglich. Die Titelseite jedes Heftes trug die Inschrift "Nur für Generäle, Admiräle und Offiziere der sowjetischen Armee und Flotte" - was keinesfalls eine Diskriminierung der sowjetischen Luftwaffe darstellt, da diese als Teil der Armee gilt. Dieser Aufdruck umschrieb den Charakter der Zeitschrift als Publikationsorgan und Diskussionsforum für die Führungsspitze des sowjetischen Militärs. Selbst für hoch-
4 rangige zivile sowjetische Militärexperten der sogenannten "Westforschungsinstitute" der Akademie der Wissenschaften scheint es schwierig gewesen Zu sein, Zugang zu dieser militärischen Fachzeitschrift zu erlangen. So ist die Zeitschrift anscheinend zwar in einigen Institutsbibliotheken vorhanden, diesen Instituten sollen aber strenge Auflagen in Bezug auf Verfügbarkeit bzw. Zugangsberechtigung zu Exemplaren der "Voennaja mysi'" gemacht worden sein.1 Die Klassifizierung dieser Zeitschrift bedeutete keinesfalls, daß in diesem Journal etwa geheime operative Pläne des sowjetischen Generalstabs, Details über Waffensysteme und Streitkräftestrukturen oder andere Aussagen von direkter nachrichtendienstlicher Relevanz veröffentlicht worden wären. Vielmehr gab die Exklusivität der Zugangsberechtigung - sowohl was die Leser als auch was die Autoren dieses Journals anging - der Zeitschrift einen besonders wichtigen Stellenwert für innersowjetische, militärinterne Diskussionen über Neuerungen, Reformen und Kritik an bestehenden Mißständen in Bezug auf Neuentwicklungen in der Militärtheorie und -Wissenschaft, in den verschiedenen Bereichen der Kriegskunst, d.h. der Strategie, der operativen Kunst und der Taktik, in Fragen der Personalführung und des Kaderwesens und in Fragen der Militärgeschichte. Bei allen anderen sowjetischen Organen der Militärpresse mußte von Seiten westlicher Analytiker zumindest immer der wahrscheinliche Adressatenkreis berücksichtigt werden, d.h. vor allem das sowjetische Wissen um eine westliche öffentliche Auswertung dieser Zeitschriften, aber auch mögliche Rücksichtnahmen auf gerade im Zeichen von "glasnost'" in den letzten Jahren immer weiter zunehmende öffentliche Kritik in den sowjetischen Medien. Auf den Seiten der "Voennaja mysi'" konnten die Militärs hingegen mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, "unter sich" zu sein und zu bleiben und so ohne größere Rücksichtnahmen auf äußere oder innersowjetische Kritik Gedanken zum Militärwesen und zur Militärtheorie im Kreise von Gleichgesinnten zur Diskussion zu stellen. Auch konnte durch die Zulas-
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sungsbeschränkung auf Offiziere gewährleistet werden, daß etwa von offiziellen Positionen abweichende Ideen nicht gleich zu "Irritationen" bei niedrigeren Dienstgraden führen mußten. Insofern eignet sich diese Zeitschrift aus westlicher Sicht. besonders, um als gewissermaßen "autoritative" Quelle Aufschluß zu geben über den Diskussionstand im sowjetischen Generalstab bzw. im Kreise der höheren Stabsoffiziere. Unter den Autoren der "Voennaja mysi'" vorherrschend waren bzw. sind eindeutig Militärwissenschaftler und Dozenten der Voroshilov-Generalstabsakademie und andere hohe sowjetische Generalstabsoffiziere, vom Dienstgrad her vertreten bis auf wenige Oberstleutnants nur Obristen und Generäle (bzw. Kapitäne ersten Ranges und Admiräle der Marine). Redaktionelle Angaben über die Autoren beschränken sich dabei meist auf den Dienstgrad und den wissenschaftlichen Grad des jeweiligen Verfassers, aktuelle Verwendung bzw. Position werden bis auf wenige Ausnahmen nicht erwähnt. Dies entspricht dem Charakter der Zeitschrift als "militärtheoretisches" Journal. Trotz der offiziell eher unbestimmten Zuordnung der Zeitschrift zum Verteidigungsministerium gilt die "Voennaja mysi'" im Westen als "autoritatives Organ des Generalstabs der sowjetischen Streitkräfte".2
VerjEJig&arJkjyjL_äexJ13^ Die "Voennaja mysi'" ist naturgemäß bis zur Aufhebung der Subskriptionsbeschränkungen für westliche Analytiker, die bei ihrer Arbeit auf offene Quellen angewiesen sind, meist nicht verfügbar gewesen. Eine Auswertung durch westliche Militär- und Geheimdienstkreise darf aber als wahrscheinlich angenommen werden. In den Vereinigten Staaten sind Mitte der siebziger Jahre etliche Hefte aus vor 1973 erschienenen Jahrgängen der Zeitschrift ins Englische übersetzt und vom "Government Printing Office" veröffentlicht worden.1
6 Schon längere Zeit waren Exemplare auch neueren Datums dieses Journals einzelnen westlichen Analytikern zugänglich, dabei vor allem einer Wissenschaftlergruppe im amerikanischen Verteidigungsministerium. Unter Berufung auf "Schutz der Quellen", über die man an diese Hefte gekommen sei, wurde diese klassifizierte sowjetische Militärzeitschrift auch im Pentagon für "restricted" erklärt. Lediglich die wenigen amerikanischen Wissenschaftler, die zum privilegierten Kreis der "Zugangsberechtigten" gehörten, veröffentlichten immer wieder Analysen, in denen sie die - ihnen gewissermaßen "exklusiv" zur Auswertung zur Verfügung stehende - "Voennaja mysi'" zitierten.4 Schlüsselzitate aus dieser Fachzeitschrift galten in Expertenkreisen als dermaßen wichtig und autoritativ, daß "Nicht-Privilegierte" entsprechende veröffentlichte Aussagen dann mit Verweis auf die Zugangsberechtigten zitierten. Die praktizierte Politik der USBehörden, neuere Ausgaben der "Voennaja mysi'" weitestgehend unter Verschluß zu halten, wurde verschiedentlich von westlichen Expertenkreisen kritisiert, weil "die Entscheidung oder Unfähigkeit" zur Freigabe des Journals die ohnehin problematische Quellenlage im Bereich der sicherheitspolitischen Sowjetologie für westliche Analytiker weiter verschärft habe.8
Existenz "streng geheimer" Ausgaben ? Gemäß Aussagen gewöhnlich gut informierter US-amerikanischer Experten sollen von der "Voennaja mysi'" verschiedene Versionen in Umlauf gewesen sein, man spricht von bis zu fünf Abstufungen des Geheimhaltungsgrades dieser Versionen.1 Bei den in seltenen Fällen westlichen Analytikern zugänglichen Exemplaren dürfte es sich diesen Angaben zufolge um Ausgaben der geringsten Geheimhaltungstufe gehandelt haben. Genaueres über Erscheinungshäufigkeit und Charakter der stärker klassifizierten Ausgaben ist im Westen nicht bekannt oder zumindest aus offen zugänglichen Quellen nicht erfahrbar. Als einziger halbwegs öffentlich verfügbarer Beleg für die Tatsache der Existenz derartig
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abgestuft klassifizierter Ausgaben des Journals kann angeführt werden, daß der sowjetische Oberst Oleg Penkovskij - bekannt geworden durch die Publikation der sogenannten "PenkovskijPapers"7 - im Rahmen seiner Spionagetätigkeit für den US-amerikanischen und den britischen Geheindienst Anfang der sechziger Jahre Exemplare der "Voennaja mysi'" mit der Einstufung "secret" und "top secret" in den Westen gebracht haben soll. Diese Zeitschriften sind allerdings bis heute von den zuständigen amerikanischen und britischen Stellen nicht freigegeben worden.' Eine wissenschaftliche Überprüfung in Hinblick auf Divergenzen oder Übereinstimmungen der stärker klassifizierten mit den begrenzt zugänglichen Ausgaben bezüglich der Themenstellungen, der Autoren, der politischen Tendenzen der Artikel und etwaiger übereinstimmender Veröffentlichung einzelner Artikel in verschiedenen Ausgaben ist demnach bisher nicht zu leisten bzw. bleibt als interessante analytische Herausforderung aufgeschoben bis zu einer eventuellen Öffnung von sowjetischen und/oder US-amerikanischen bzw. britischen Militärarchiven in der Zukunft.
Geschichte der "Voennaja mYfl1" Im Juniheft von 1988 erschien ein redaktioneller Artikel zum siebzigsten Jahrestag des erstmaligen Erscheinens der "Voennaja mysi'",1' der erstmals sowohl interessanten Aufschluß über die Geschichte dieses Journals und seiner Vorgänger als auch Einblick in die heutige, rückblickende Bewertung der wechselvollen Geschichte des miiitärtheoretischen Denkens in der Sowjetunion seitens der Redaktion der Zeitschrift gibt. So begann die Geschichte der "Voennaja mysi"" mit dem Erscheinen der ersten Nummer des wöchentlich publizierten militärwissenschaftlichen und literarischen Journals "Voennoe delo"
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(Militärwesen). Die während des Bürgerkrieges in dieser Zeitschrift veröffentlichten Artikel werden in der Sowjetunion heute rückblickend aufs Schärfste kritisiert, weil zu dieser Zeit "zunächst viele Offiziere noch aus der alten Armee" im Journal publiziert hätten. Daher sei viel Material veröffentlicht worden, "das am realen Leben vorbeilief und mißlungen war" . Diese Mißstände und der nach Ende des Bürgerkrieges erkannte erhöhte Bedarf an der Erarbeitung militärwissenschaftlicher Erkenntnisse und Systeme führte zu einer erheblichen Profilveränderung der Zeitschrift zu Beginn der 20er Jahre. Zunächst 1921 unter dem Titel "Voennaja nauka i revoljucija" (Militärwissenschaft und die Revolution) und dann ab 1922 als "Voennaja mysi' i revoljucija" (Militärisches Denken und die Revolution) erschienen nun zwei- bis dreimal jährlich umfassende theoretische Abhandlungen im Umfang von jeweils ca. 600 Seiten. Die Zeitschrift wurde zum Forum des berühmten Streits zwischen Frunze und Trotzkij über die Notwendigkeit der Entwicklung einer einheitlichen sowjetischen Militärdoktrin, einer Auseinandersetzung, die auf dem XI. Parteitag der kommunistischen Partei zugunsten Frunzes und damit zugunsten der Entwicklung einer einheitlichen Doktrin entschieden wurde.11 Unter Leitung von Frunze wurden dann 1924/25 im Journal die anstehenden umfassenden Militärreformen theoretisch erarbeitet und diskutiert. Eine Auswirkung dieser Reformen betraf auch die Zeitschrift selbst. Diese erschien ab Januar 1925 - nun als offizielles Organ des Volkskommissariats für Militär- und Meeresangelegenheiten - unter der gemeinsamen Redaktion von Frunze, Tucha^evskij u.a. als monatliches Journal mit dem Titel "Vojna i revoljucija". Rückblickend von der Redaktion als wichtigste Artikel der 30er Jahre erachtet wurden dann vor allem Publikationen von Tuchacevskij, Triandafillov und Isserson zur Theorie der "deep
operation", einem damals entwickelten Eckpfeiler der sowjetischen Militärstrategie mit Gültigkeit bis in die heutige Zeit. 1937 bis 1940 kam es zu einer erneuten Reorganisation der Militärpresse mit dem hehren Ziel einer "Kürzung der erforderlichen Ausgaben bei gleichzeitigen Verbesserung der Qualität". 1937 erhielt die Zeitschrift auch ihren heutigen Namen "Voennaja mysi'". Heute wird im Rückblick bedauert, daß die "Repressionen Ende der 30er Jahre" auch viele Militärtheoretiker, die mit der Redaktion der "Voennaja mysi'" verbunden waren, betroffen hätten, darunter hervorragende Persönlichkeiten wie Tuchacevskij, Isserson, Ejdemann und viele andere. Werke und Artikel der unterdrückten Theoretiker seien aus den Beständen genommen und beschlagnahmt worden, dabei behandelt genau wie Publikationen von Militärtheoretikern aus dem "feindlichen" Ausland. Dies habe die Entwicklung der Militärtheorie zu jener Zeit stark gebremst. In der Zeit vor dem sogenannten "Großen Vaterländischen Krieg" seien "aus unterschiedlichen Gründen" in der sowjetischen Militärwissenschaft rückblickend verschiedene Defizite festzustellen. So seien vor allem "Fragen der Defensive im operativ-strategischen Maßstab sowohl theoretisch als auch praktisch unterbewertet" worden. Während des Krieges erschienen im Journal vor allem Artikel, die den "gerechten Charakter" der Kriegführung gegen die deutschen Faschisten heraushoben, Veröffentlichungen des "Obersten Hauptkommandos" und "bedeutender Aktivisten aus Partei und Streitkräften", aber auch viele Aufsätze, die sich mit den Erfahrungen des I. Weltkrieges auseinandersetzten. In der zweiten Kriegshälfte veränderte sich der Charakter des Journals dann insofern leicht, als nun vor allem Angriffsoperationen analysiert wurden. Interessanterweise hebt man heute hervor, daß während des Krieges im Journal auch Erfahrungen militari-
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scher Größen der vor-sowjetischen, russischen Geschichte wie Alexandr Nevskij oder Kutuzov behandelt worden seien. Über die ersten Jahre der Nachkriegszeit wird dann im Rückblick auf die Geschichte der "Voennaja mysi'" mehr oder weniger lakonisch bemerkt, "der Stalinkult führte zu Störungen bei der Initiative in der militärischen Forschung, zu Dogmatismus". Die Tatsache, daß das Journal ab 1947 als klassifizierte Zeitschrift nur noch hohen sowjetischen Militärs zugänglich war, findet bemerkenswerterweise im historischen Rückblick keine Erwähnung. Bis 1956 habe sich die "Voennaja mysi'" vor allem der Verarbeitung der Kriegserfahrungen gewidmet. Erst dann sei man - und dies stimmt mit der Umstellung der sowjetischen Militärstrategie auf eine starke Betonung nuklearer Komponenten unter Chruschtschow überein - auch zu einer Analyse der "Revolution im Kriegswesen" übergegangen, die durch das Nuklearraketenzeitalter ausgelöst wurde. In den letzten 20 Jahren habe man sich dann jeweils wechselnden Schwerpunktthemen gewidmet, so "Problemen der Militärökonomie" im Jahre 1970, der "Vorbereitung der Militärkader" (1971), der "Erziehung junger Offiziere" (1972-76), der "marxistisch-leninistischen Lehre von Krieg und Armee" (1976-77), der "Leitung der Truppen und Flottenkräfte" (1979), der "Vervollkommnung der professionellen Meisterschaft der Offiziere" (1982-83), der "Umsetzung der Militärwissenschaft in die Praxis" (1985-87), der "Rolle und Stellung der Kriegslist in der Kriegskunst" (1985-87) und den "Methoden der Bewertung des Zustandes der wissenschaftlichen Arbeit in wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen" (1987). Als aktueller Themenschwerpunkt werde auch nach 1988 eine Analyse der "Methodologie der mathematischen Modellierung von Operationen" fortgeführt. Thema für 1988 und darüber hinaus sei eine "Diskussion über Probleme des neuen Denkens", geplant für die nächsten Jahre eine Auseinandersetzung mit "Erfahrungen der Leitung von Streitkräften in Friedenszeiten".
11 Allgemeine Feststellungen über die Themenauswahl der "Voennaja mysi'"
Aus einer Analyse der Hefte der Jahrgänge 1987 bis 1989 lassen sich einige interessante Schlüsse ziehen über die generelle Vorgehensweise der "Voennaja mysi'" bei der Auswahl und der Behandlung der betrachteten Themen. Viele dieser auf die Herausarbeitung von allgemeinen Tendenzen gerichteten Aussagen dürften über die dem Verfasser zur Verfügung stehenden Jahrgänge der Zeitschrift hinaus Gültigkeit haben. Dies kann aber naturgemäß nicht mit absoluter Sicherheit festgestellt werden. In der "Voennaja mysi'" beschäftigt sich in 32 analysierten Heften nur ein einziger Artikel explizit mit Fragen der Abrüstung bzw. der laufenden Rüstungskontrollverhandlungen. Betrachtet man die gleichfalls vorliegenden Inhaltsverzeichnisse der Jahrgänge 1984 bis 1986, so wird die Ausklammerung dieses Bereichs aus der Thematik der "Voennaja mysi'" noch deutlicher, da hier kein einziger Artikel Abrüstungsfragen gewidmet ist. Lediglich im Februar-Heft des Jahrgangs 1988 behandelt ein V
Artikel von Generaloberst Cervov den zwei Monate zuvor abge™ v schlossenen INF-Vertrag.!1 Cervov erläutert hier, explizit auf innersowjetische Kritik am Abschluß dieses Vertrages verweisend, die Vorteile, die die sogenannte "doppelte Null-Lösung" für die Sicherheit der UdSSR bringe. Interessant erscheint hier der augenscheinlich rechtfertigende Charakter seiner Ausführungen, der auf erheblichen Widerstand bzw. zumindest erhebliches Unverständnis innerhalb des Militärs über unverhältnismäßig große "eigene Zugeständnisse" beim Abschluß dieses Vertrages hindeutet. Diese Situation könnte die Redaktion der "Voennaja mysi'" dazu bewogen haben, von der eigentlichen Redaktionslinie der Ausklammerung abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischer Fragen hier einmal abzurücken. Selbst in Artikeln, die sich allgemein mit den Grundlagen des "neuen politischen Denkens" in der Außenpolitik und den Verän-
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derungen der Militärdoktrin befassen, finden die laufenden Abrüstungsverhandlungen und deren mögliche oder bereits feststehende Implikationen für die Doktrin und Strategie keine Erwähnung. Noch erstaunlicher erscheint, daß selbst die am 7. Dezember 1988 von Gorbatschow angekündigten erheblichen einseitigen Rüstungsreduzierungen der Sowjetunion in der "Voennaja mysi'" nur ganz vereinzelt angeführt und auch dann keinesfalls in Hinblick auf ihre Bedeutung für das östliche Militärpotential, die sowjetische Militärstrategie oder gar Probleme bei ihrer Umsetzung analysiert werden. Ähnlich auffällig wie die Ausklammerung abrüstungspolitischer Fragen erscheint, daß auch andere Probleme des sicherheitspolitischen Geschehens in der Sowjetunion in den Artikeln der "Voennaja mysi'" keinerlei Erwähnung finden - geschweige denn mit einem eigenen Artikel analysiert würden. So veranlaßt die sogeannte "Rust-Affäre" vom Mai 1987 und die anschließende Ablösung von Verteidigungsminister Sokolov durch Dmitrij Jazov das Journal nicht etwa zu einer Analyse der Vorgänge oder zumindest zu einer Vorstellung der Person des neuen Verteidigungsministers. Der einzige Tribut, der in der Folgezeit diesem spektakulären Wechsel im Amt des höchsten sowjetischen Militärs gezollt wird, ist, daß von nun an das für sowjetische Militärzeitschriften im allgemeinen obligatorische häufige Verweisen auf Zitate des jeweiligen Verteidigungsministers sich zwangsläufig nicht mehr auf den entlassenen Sokolov, sondern eben auf den neuen Mann in diesem Amt bezieht. Selbst die als grundlegende Doktrinerklärung präsentierte und aufgefaßte sogenannte "Ost Berliner-Erklärung" des Politisch Beratenden Ausschusses des Warschauer Paktes von Ende Mai 1987 wird in der "Voennaja mysi'" weder vorgestellt noch explizit in Hinblick auf ihre Auswirkungen für Militärdoktrin und Militärstrategie der UdSSR untersucht. Auch in diesem Fall weisen lediglich relativ häufige Verweise auf dieses Dokument in
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späteren Artikeln Erklärung hin.
auf die militärpolitisch hohe Relevanz der
Als mögliche Erklärung für diese eigenartige Zurückhaltung des Journals bei rüstungskontrollpolitischen und allgemein militärpolitischen Fragen kann der Anspruch der Zeitschrift als "militärtheoretisches Journal" herangezogen werden, der eine eingehendere Behandlung von Problemen des sicherheitspolitischen Alltagsgeschehens anderen militärischen Fachzeitschriften überläßt. Allerdings erscheint dieser Charakter der Zeitschrift aufgrund des gerade heute immer deutlicher werdenden unmittelbaren Einwirkens weitreichender politischer Entscheidungen im Rahmen des neuen außen- und sicherheitspolitschen Kurses auf die Kriegskunst und die Militärwissenschaft inzwischen als weitestgehend überholt. Die Tatsache, daß von der Redaktion eine eingehende Auseinandersetzung mit Fragen des "neuen politischen Denkens" als Themenschwerpunkt für die folgenden Jahre angekündigt wurde, läßt darauf hindeuten, daß auch hier diese Gefahr einer allmählichen Abkapselung der in der Zeitschrift vertretenden Militärtheorie vom militärpolitischen Alltag erkannt worden ist. Eine weitere interessante, allgemein in den untersuchten Jahrgängen der "Voennaja mysi'" festzustellende Tendenz liegt darin, daß bei sämtlichen Fragen, die sich mit der Kriegskunst auseinandersetzen, eine übereinstimmende Vorgehensweise zu beobachten ist. Zur empirischen Beweisführung bzw. zur Illustration bei deratigen Artikeln - die immerhin einen Hauptteil der insgesamt in der "Voennaja mysi'" veröffentlichten Artikel ausmachen - werden grundsätzlich niemals Beobachtungen der gegenwärtigen Umsetzung der Strategie, operativen Kunst oder Taktik in den sowjetischen Streitkräfte direkt herangezogen oder ausgewertet. Stattdessen wird vor allem entweder mit Erfahrungen des "Großen Vaterländischen Krieges", Erfahrungen aus "lokalen Kriegen" der Nachkriegszeit oder mit Erfahrungen aus der Praxis der NATO- bzw. vor allem der US-Streitkräfte
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operiert. In den seltenen Fällen, wo über Errungenschaften oder Probleme der aktuellen sowjetischen Kriegskunst und der militärischen Praxis in der UdSSR berichtet wird, geschieht dies indirekt über Verweise auf Einschätzungen der vielzitierten und offensichtlich gut ausgewerteten "ausländischen Militärpresse". Eine Erklärung für dieses zu beobachtende Phänomen zu finden fällt insofern schwer, als in anderen Zeitschriften der sowjetischen Militärpresse, wie z.B. dem "Voennyj vestnik" (Militärischer Bote) der Landstreitkräfte, eingehende Analysen der Ausbildungs- und Übungspraxis der sowjetischen Streitkräfte auch und gerade in Hinblick auf die Umsetzung von Prinzipien der Kriegskunst vorgenommen werden.
Aussagen zum Inhalt der "Voennaja mysi'" anhand einer Analyse der Inhaltsverzeichnisse der Jahrgänge 1984 bis 1989 Jedes der monatlich erscheinenden Hefte der "Voennaja mysi'" umfaßt etwa sieben bis neun Artikel, diese sind regelmäßig erscheinenden Rubriken zugeordnet. Charakteristische Rubriken, die im betrachteten Zeitraum ständige Beachtung fanden, sind dabei beispielsweise "Strategie", "Operative Kunst", "Taktik der Verbände", "Leitung der Truppen", "Erziehung und Ausbildung", "Die Militärwissenschaft und die Praxis", "Zur Unterstützung des Unterrichts in marxistisch-leninistischer Theorie" oder "In ausländischen Armeen". Hinzu kommt am Anfang eines jeden Heftes eine eher militärpolitisch orientierte Rubrik, die 1984 unter dem Titel "Militärphilosophische und soziologische Probleme und Einzelfragen der Militärpolitik" erschien, 1985 als "Militärpolitische und soziologische Probleme und Einzelfragen des Aufbaus und der Vorbereitung der Streitkräfte", 1986 als "Militärpolitsche und soziologische Probleme bei der Unterstützung des Unterrichtes in marxistisch-leninistischer Theorie" und ab Februar 1987 als "Die Entscheidungen des XXVII. Parteitages der KPdSU - im Leben !".
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Eine auf die - in der sowjetischen Militärpresse typischerweise wenig prosaischen und daher meist sehr aussagekräftigen - Titel der einzelnen Artikel beschränkte Auswertung der einzelnen Jahrgänge kann einige interessante Anschlüsse über die inhaltlichen Schwerpunkte der"Vbennaja~ mysi'" , vor arliem arber auch, über deren Veränderung im Laufe der letzten Jahre geben. Berücksichtigt wurden dabei wiederum die Jahrgänge 1984 bis 1988 und die Hefte 1 bis 4 und 6 bis 9 des Jahrgangs 1989. Klassifizierungen stimmen dabei nicht zwingend mit den "Rubriken" im Inhaltverzeichnis des Journals überein. Durchgehender Themenschwerpunkt mit einem Anteil von fast 20 % aller Artikel war über die Jahre hinweg die Beschäftigung mit Fragen der Führung, der Disziplin und der Kader in den Streitkräften. Etwa 10 %, also meist ein Artikel pro Heft, war eher militärpolitisch ausgerichtet, also vor allem ideologischen oder parteipolitischen Fragen gewidmet. Während ein erheblicher Anteil der Artikel in allen Jahrgängen sich ausdrücklich mit der NATO oder den Streitkräften einzelner NATO-Staaten beschäftigt (etwa 5 bis 15 % aller Artikel) , sind - wenn überhaupt nur ganz wenige Artikel den verbündeten Staaten des Warschauer Paktes oder allgemeinen Bündnisfragen der östlichen Allianz zuzuordnen. Ein gleichbleibend geringer Anteil von Aufsätzen behandelte in jedem Jahr strategische, operative oder taktische Einzelfragen aus Sicht der Marine oder der Luftwaffe, andere Artikel waren jeweils dem Andenken einzelner hervorragender militärischer Persönlichkeiten aus der sowjetischen Geschichte gewidmet. Von 1985 an erschienen verstärkt Artikel mit spezifisch militärwissenschaftlicher Ausrichtung, also etwa mathematische Modellierung von militärischen Operationen, Fragen der Verbesserung der militärwisscenschaftlichen Forschung, aber auch der Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis (insgesamt bis zu 16 Artikeln im Jahrgang 1985). Den interessantesten Aufschluß über Veränderungen in den Themenstellungen der "Voennaja mysi'" im Verlauf der letzten
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Jahre geben aber die etwa 25 % der Artikel eines jeden Jahrganges, die Fragen der Kriegskunst gewidmet sind. Bei etwa der Hälfte dieser Artikel ist anhand der Überschrift eindeutig festzustellen, ob es sich um die Behandlung von Fragen der Offensive oder der Defensive auf den verschiedenen Operationsebenen handelt. In den ersten drei Jahren des Betrachtungszeitraumes, also vor Veröffentlichung der neuen, "defensiven" Militärdoktrin des Warschauer Paktes im Mai 1987, lag der Schwerpunkt hier erwartungsgemäß noch ganz eindeutig und offensichtlich auf der Offensive (1984: 11 der Offensive gewidmete Artikel gegenüber 4 defensiv ausgerichteten Artikeln, 1985: 4 offensive gegen 3 defensive, 1986 10 offensive gegen 2 defensive) . Beginnend 1987 ist hier ein ganz eindeutiger Wandel in der Themenauswahl festzustellen. Während 1987 noch in vier Artikeln anhand der Überschrift die Offensive in den Mittelpunkt gestellt wurde, gegenüber sieben der Defensive gewidmeten Artikeln, erschien 1988 und 1989 kein einziger derart offensichtlich mit Angriffsoperationen beschäftigter Artikel mehr in der "Voennaja mysi'", hingegen zwölf (1988) bzw. in den acht betrachteten Exemplaren von 1989 sogar schon 13 Abhandlungen über mit der Defensive verbundene Fragen der Kriegskunst. Während also beispielsweise ein typischer Artikel aus der Rubrik "Taktik der Verbände" im Jahre 1984 der "Frage des Angriffs in den Bergen"1' gewidmet war, erschienen vier Jahre später nur noch entsprechende Artikel zur "Verteidigung" in den Bergen.13 Das militärtheoretische Journal des sowjetischen Generalstabs scheint sich also bei der Themenauswahl vollständig dem Trend bzw. den Vorgaben der von der Reformpolitik Gorbatschows geprägten neuen, defensiver ausgerichteten Militärdoktrin der UdSSR angepaßt zu haben. Diese Erkenntnis wird aber bemerkenswerterweise sofort wieder relativiert, wenn man berücksichtigt, daß einzelne "defensive" Artikel sogar schon ausdrücklich in der Überschrift, nahezu alle Abhandlungen dann aber im Verlauf der jeweiligen Analysen an gewichtiger Stelle Aspekte der aus
17 Sicht des sowjetischen Generalstabs zwingend zu defensiver Kampfführung gehörenden "Gegen"-offensive thematisieren. Im Rahmen der politisch motivierten Zuwendung zu Themenstellungen aus dem Bereich der Verteidigung müssen also Fragen der offensiven Kampfführung keinesfalls vernachlässigt werden.
Die "Offensive" als Grundlage bei aktuellen militärwissenschaftlichen Diskussionen über Operationsmodellierungen US-amerikanische Wissenschaftler mit Zugang zu neueren Exemplaren der "Voennaja mysi'" haben, gestützt vor allem auf dieses Journal, jüngst Untersuchungen über eine aktuelle militärwissenschaftliche Diskussion innerhalb des sowjetischen Generalstabes angestellt.u Objekt dieser innersowjetischen Debatte ist das in der Sowjetunion seit langem weit verbreitete und hoch angesehene mathematische "Modellieren" von militärischen Operationen. Ohne daß auf den Inhalt dieser Debatte hier näher eingegangen werden könnte, kommen die beiden amerikanischen Studien zu dem Ergebnis, daß sowohl 1988 als auch noch 1989 keine wesentlichen Veränderungen an der grundlegenden Prämisse sowjetischer Operationsmodellierungen vorgenommen worden sind: Basis aller Modelle war nach wie vor die Offensive. Kalkulationen wurden ohne festzustellende prinzipielle Unterschiede zu der Behandlung dieses Themas vor 1987 ausgerichtet auf Anforderungen im Angriffsgefecht. Wenn überhaupt Versuche für notwendig erachtet wurden, aktuelle Operationsmodellierungen in die neue, "defensiv" orientierte Verteidigungspolitik einzugliedern, geschah dies durch Betonung der Notwendigkeit, auch bei der Verteidigung hinreichende Kräfte zur Durchführung von Gegenoffensiven zu kalkulieren. Der Schluß liegt nahe, daß "Soviet military operations researchers seem to be unable or unwilling to modify or reapply their 'scientific* research tools to the purely defensive scenarios explicitly proclaimed in current Soviet declaratory security policy. "!S
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Diese von den amerikanischen Wissenschaftlern herausgearbeitete Tendenz wirf ein deutliches Licht auf die Entwicklung der militärtheoretischen Publikationen in der "Voennaja mysi'". Die militärpolitisch ausgerichteten Artikel und zumindest die formalen Themenstellungen für militärwissenschaftliche Analysen auf allen drei Ebenen der Kriegskunst (Strategie, operative Kunst und Taktik) vermitteln zwar zunächst den Eindruck einer weitestgehenden Adaption der Linie des Journals an den sicherheitspolitischen Reformprozeß. Sowohl eine ausführliche und betonte Behandlung der Notwendigkeit von "Gegen-"offensive, auf den drei Ebenen der nun primär bzw. sogar ausschließlich vom Standpunkt der Defensive aus betrachteten Kriegskunst, als insbesondere auch das Festhalten am alten Dogma der Dominanz der Offensive in einer rein theoretischen militärwissenschaftlichen Debatte belegen aber den zumindest bis Ende 1989 eher konserva, tiven, traditionell ausgerichteten Charakter des "Militärischen Denkens" des sowjetischen Generalstabes.
Veränderungen der "Voennaja mysi'" nach Aufhebung der Subskriptionsbeschränkungen ? Mit Wirkung zum 1. Januar 1990 ist die "Voennaja mysi'" nun auch vom westlichen Ausland aus frei subskribierbar. Schon mit dem Mai-Heft 1989 war der klassifizierende Aufdruck auf der Titelseite des Journals entfernt worden, insofern hatte sich ein Ende der Subskribierungsbeschränkung schon längere Zeit abgezeichnet. Seit September wurde dann in der Militärpresse wiederholt auf die.vom neuen Jahr an geänderten Bezugsbedingungen der "Voennaja mysi'" hingewiesen.1» In einem - ansonsten unüblichen - redaktionellen Vorspann des ersten Heftes des frei erhältlichen Jahrgangs werden die Aufhebungen der Abonnementsbeschränkung ausdrücklich hervorgehoben und neue Leser und Abonennten gewissermaßen von der Redaktion "willkommen geheißen" .
'19
Der Charakter der "Voennaja mysi'" dürfte sich mit Aufhebung der Zugangsbeschränkungen aller Voraussicht nach in Zukunft grundlegend ändern. Im Ton ihrer Argumentation, in der Wortwahl, aber auch schon in der redaktionellen Auswahl zu behandelnder Themen werden sich die Autoren dieses Journals künftig weit stärker als bisher dem allgemein vorherrschenden Ton der sicherheitspolitischen Diskussion in der Sowjetunion anpassen müssen. Nur so dürften sie vermeiden können, daß die dem Militär gegenüber immer kritischer eingestelltere allgemeine Presse in der UdSSR und die in der innersowjetischen Strategiediskussion weiter an Einfluß gewinnenden zivilen Militärexperten vor allem der Westforschungsinstitute den Charakter der Zeitschrift als "Brutherd" konservativen militärischen Gedankengutes ausmachen und öffentlich anprangern. Veränderungen im Charakter der Zeitschrift deuteten sich tatsächlich schon mit Änderung der Subskriptionsbedingungen an. So wurde das äußere Erscheinungsbild der Zeitschrift - wie auch verschiedener anderer sowjetischer Militärzeitschriften grundlegend umgestaltet. Im März-Heft des laufenden Jahrgangs der "Voennaja mysi'" wendet sich die Redaktion auf der letzten Seite "an die Leser und Autoren" und ruft "im Zusammenhang damit, daß die Zeitschrift "Voennaja mysi'" jetzt offen für freie Subskription geworden ist", die Autoren dazu auf, in ihren Artikeln eine "einfache und für jeden Leser faßbare Sprache" zu verwenden und "Klarheit" und "Konkretheit" der Ausführungen in den Mittelpunkt zu stellen. Hier könnte sich also eine Anpassung des bisher hohen fachlichen Niveaus des Journals an die Anforderungen eines breiteren Leserkreises andeuten. Die Leser ihrerseits werden von der Redaktion aufgefordert, mit "Ratschlägen und Empfehlungen, kritischen Anmerkungen und Wünschen" zum Gelingen des Journals beizutragen, da "die Qualität der Veröffentlichungen der Zeitschrift in vielem abhängt vom Grad der schöpferischen Zusammenarbeit der Redaktion mit den Autoren und den Lesern".1'
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Weit wichtigeres Indiz für eine Veränderung des Charakters der "Voennaja mysi'" ist aber eine weitreichende Umbesetzung des Redaktionskollegiums, vorgenommen vor allem zwischen August 1989 und Januar 1990. Elf von insgesamt 21 Redaktionsmitgliedern wurden in diesem Zeitraum ausgewechselt. Hinzu kommt, daß schon im Juli 1989 als neuer Hauptredakteur der bis dahin nicht einmal zum Redaktionskollegium gehörende A.N. Bazenov den bisherigen Amtsinhaber A.P. Antonov abgelöst hatte. Antonov ist heute nur noch einfaches Mitglied des Kollegiums. Die inzwischen erschienenen Hefte des laufenden Jahrgangs der "Voennaja mysi'" lassen allerdings von der Themenauswahl und vom Inhalt der veröffentlichten Beiträge her noch keine Änderung erkennen. Es werden weiterhin im Rahmen von Beiträgen zur Kriegskunst ausschließlich Themenstellungen aus dem Bereich der Defensive behandelt, wobei die Beiträge selbst dann aber immer noch eine starke Präferenz zur Verknüpfung der Verteidigung mit (gegen-) of fensiven Maßnahmen zeigen.18 So betont ein Artikel über die Rolle des Überraschungsfaktors in der Verteidigung im traditionellen Sinne die Bedeutung von Aktivität und Beweglichkeit der Verteidigung. Außerdem scheint die Behandlung von "Überraschung" - auch wenn dies auf die operative und taktische Ebene beschränkt wird - ganz allgemein nicht gerade "im Trend" einer deklarierten "Defensivität" der Militärdoktrin zu liegen, die ausgerichtet auf Verhinderung von "Überraschungsangriff und Angriffsoperationen überhaupt".1' In einem weiteren Artikel wird dann - ebenfalls ganz im Sinne der alten Ausrichtung - die Notwendigkeit von sowohl "positionsgebundenen" als auch "beweglichen" Aspekten der Verteidigung herausgearbeitet. Auch in den eher militärpolitisch ausgerichteten Artikeln der ersten Hefte des laufenden Jahrgangs der "Voennaja mysi'" kommt noch kein grundlegender Wandel zum Ausdruck. In einem Artikel des Oberkommandierenden der Vereinigten Streitkräfte des Warschauer Paktes, Armeegeneral Lu&evs, zur Warschauer Vertragsorganisation geht dieser in keinster Weise auf die Verän-
21 derungen ein, die innerhalb der osteuropäischen Mitgliedsstaaten des Paktes Ende letzten Jahres stattgefunden haben. Lusev spricht weiterhin vom "Prinzip des sozialistischen Internationalismus" als "wichtigstes Kriterium" im der östlichen Militärallianz in deren "gemeinsamen Kampf gegen die aggressive Politik des Sozialismus" und beim "gemeinsamen Schutz der sozialistischen Errungenschaften". Das Januar-Heft der "Voennaja mysi"" ist allerdings schon am 15. November 1989 in Satz gegangen. Lusev scheint daher bei Abschluß seines Artikels, der aus heutiger Sicht schon eigenartig anachronistisch wirkt, viele der späteren Entwicklungen wohl noch nicht vorhergesehen zu haben - ein weiteres Indiz dafür, daß die Umwälzungen in Oseuropa keinesfalls längerfristig von Moskau aus geplant oder auch nur antizipiert worden sein dürften. Auch Generalmajor Menserjakov schreibt im Febraur-Heft noch ohne Berücksichtigung der aktuellen politischen Veränderungen von der Notwendigkeit des "Schutzes der Errungenschaften des Sozialismus" sowohl in der UdSSR als auch in den verbündeten Staaten des Warschauer Paktes, er erwähnt sogar die inzwischen ebenfalls stark anachronistisch anmutende Notwendigkeit der "Existenzsicherung der Errungenschaften des Weltsozialismus". Vielleicht ist es zum augenblicklichen Zeitpunkt noch zu früh, um längerfristig zu erwartende Veränderungen im Charakter der "Voennaja mysi'" festzustellen. Vielleicht liegt aber auch ein öffentliches Festhalten an traditionellen Positionen durch das Militär inzwischen, da weite Kreise des Militärs und vor allem auch dessen Führungsspitze insgesamt immer offener in Opposition zu den Reformbestrebungen der politischen Führung zu gehen scheinen, wieder mehr "im Trend", als dies noch vor einigen Monaten der Fall gewesen ist.29
%2
Schlußbetrachtung Die "Voennaja mysi'" mit ihrem aus der Subskriptionsbeschränkung herrührenden besonderen Charakter galt lange Zeit als Publikationsorgan für konzeptionelles, gewissermaßen "avantgardistisches" militärisches Denken des sowjetischen Generalstabes. Auf den Seiten dieser Zeitschrift konnten sowjetische Militärs im Bewußtsein, "unter sich" zu sein, auch unkonventionelle Ideen entwickeln, militärtheoretische und militärwissenschaftliche Diskussionen provozieren und so die sowjetische Militärtheorie und Kriegskunst vorantreiben. In den Jahren 1988 und 1989, als in öffentlich zugänglichen sowjetischen Publikationsorganen eine Auseinandersetzung über Implikationen des "neuen politischen Denkens" und der im Mai 1987 verkündeten neuen Militärdoktrin des Warschauer Paktes ausgetragen wurde, scheint sich die Stellung der "Voennaja mysi'" in der sowjetischen Militärpresse verändert zu haben von einem Journal, dem eine "Vordenkerrolle" zukam, zu einer Zeitschrift, die Versuchen des Militärs Raum gab, an traditionellen Präferenzen und Dogmen so weit als möglich festzuhalten. Die Aufhebung der Subskriptionsbeschränkungen mit Beginn dieses Jahres könnte den Charakter der "Voennaja mysi'" erneut ändern. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Militärs Inhalt, Ausrichtung und Ton ihrer Analysen in der "Voennaja mysi'" in Zukunft mehr am in der nicht-militärischen Presse eindeutig und in der offenen Militärpresse zumindest in Ansätzen erkennbaren reformistischen "Trend" orientieren werden. Zu fragen sein wird auch, ob die Bereitschaft der Militärpresse, sich dem politischen Trend zumindest nicht offen entgegenzustellen, bestehen bleibt, oder, wie zur Zeit wahrscheinlicher anmutend, sich das Militär zunehmend auf einen auch öffentlich verkündeten Konfrontationskurs zu den Reformbestrebungen begibt. Dies wird zweifellos auch Einfluß auf die künftige Ausrichtung der "Voennaja mysi'" haben.
23
Anmerkungen: 1
Auskunft von Alexandr Konovalov an den Verfasser in einem Gespräch am Moskauer " I n s t i t u t für USA- und K a n a d a - S t u d i e n " (ISKAN) im September 1989. Durch freundliche Hinweise sowjetischer ziviler Wissenschaftler und die Hilfsbereitschaft sowjetischer Bibliothekare war es dem Verfasser während eines Sowjetunionaufenthaites im Herbst 1989 möglich, Einsicht zu nehmen in sämtliche Hefte der Jahrgänge 1984 bis 1989 (einschließlich des September-Heftes 1989, aber aufgrund eines angeblich "lieferbedingten" F e h l b e s t a n d e s ohne das Maiheft des J a h r g a n g e s 1989)
2
Siehe beispielsweise Boulder, C , 1988, S. 5.
1
Selected 1973.
H.F. Scott/W.F.
Readings from
Scott,
Soviet
Soviet "Military Thought,
Military
Doctrine,
PO, Washington D.O.
* Zu den Zugangsberechtigten gehörten beispielsweise Philip A. Petersen, John G. Hines und Notra Trulock 111. - alle mehr oder weniger direkt für das Pentagon als Sowjetologen t ä t i g - und Raymond Garthoff von dor RAND-Corporation. 5
P. Vigor, Western Perceptions of Soviet Strategie Thought and Doctrin, in: G. Flynn (Hg.), Soviet Military Doctrine and Western Policy, London/New York 1989, S. 29 - 105, hier S. 92.
I
John Hines, RAND-Corporation, in einem Gespräch mit dem Verfasser am 21. Februar 1990; ähnliche Angaben machte Joseph D. Douglass, Falcon Ass., am 22. Februar 1990,
' Oleg Penkovskij, The Penkovskij Papers, New York 1965. • Vgl. R. Garthoff, Soviet Perceptions of Western Strategie Thought Doctrine, in: G. Flynn (Hg.), a.a.O., S. 197-310, hier S. 203. 5
O.V., Zurnalu "Voennaja 6/1988, S. 7 3 - 8 0 .
mysi'"
-
70 let,
in:
Voennaja
mysi
and (VM),
18
In Heft 1/1921 erschien der Artikel "Edinaja voennaja doktrina i Krasnaja Armija" von M.V. Frunze, in Heft 2/1921 dann die Replik von L.D. Trockij "Voennaja doktrina ili mnimoe voennoe doktrinerstvo".
" N.F. Cervov, Dogovor, povy&ajus'c'ij vceobäe'uju besopasnost', VM 2/1988, S. 5 1 - 5 8 . 12 II
LI. Kovalev, K voprocu o nastuplenij v gorach, VM 5/1984, S. 37 - 43.
V.l. Nazarenko, Oborona ob^cevojskogo soedinenija v gorach, VM 3/1988, S. 52 - 58.
'
24 14
D. Mahoney, " Soviet General Staff Modeling of Military Operations: The Debate in the Late 1980s, unveroffentliches Manuskript einer demnächst erscheinenden RAND-Studie, Januar 1990; J.G. Hines, "Calculating War, Calculating Peace: Soviet Military Determinants of Sufficiency in Europe," unveroffentliches Manuskript einer demnächst erscheinenden RAND-Studie, Februar 1990. 1! u
J.G. Hines, a.a.O., S. i.
Siehe beispielsweise September 1989. 1!
den Hinweis in der
"Krasnaja zvezda" vom 6.
K citateljam i avtoram, VM 3/1990.
ls
S.L. Lusc'an, 0 vnezapnosti v oborone, (Über die Überraschung in der Verteidigung) VM 1/1990, S. 14-20; G.P. Efimov, Osobennosti oborony krupnych gorodov i industrialnych rajonov (Besonderheiten der Verteidigung von Großstädten und von Industriegebieten), VM 1/1990, S. 21-29; I.N. Manzurin, Dejstvija vojck v okruzenii (Die Handlungen der Truppen in der Einkreisung), VM 2/1990, S. 16- 20; A.S. Kulikov, A.D. Nefedov, Pozicionnye i manevrennye dejstvija: rol' 1 mesto v oboronitel'noj operacii (Positionsgebundene und bewegliche Handlungen: Rolle und Ort in der Verteidigungsoperation), VM 3/1990, S. 23-31. " Vgl. die sogenannte "Ost Berliner-Erklärung" des Politisch Beratenden Ausschusses des Warschauer Paktes vom Mai 1987, Krasnaja zvezda, 80.5.1987. u
Zur öffentlichen Kritik der militärischen Führungsspitze am verteidigungs- und militärpolitischen Reformkurs siehe beispielsweise Generalstabschef Moiseevs Äußerungen über die Parteiplattform zum anstehenden XXVIII. Parteitag, in Kraznaja zvezda, 10.2.1990 und 15.03.1990.
- 25 Ole Diehl "Military Thought" A Hitherto Inaccessible Journal of the Soviet General Staff Bericht des BlOst Nr. 35/1990 Summary The present Report gives a general profile of the journal "Voennaya mysi'" (Military Thought), the authoritative organ of the Soviet General Staff. The analysis is based on issues from the 1984 to 1989 volumes of the journal that even today are not freely available in the West. The findings are as follows; 1. The lifting of the restrictions on subscription to "Voennaya mysi'" as of is January 1990 gives an opportunity to study the structure, contents profile, significance and history of this journal. 2. As a classified publication of the Defence Ministry, the journal long enjoyed a unique status. It served the higher echelons of the Soviet officers corps as an internal forum for discussion of military theory and military science topics. 3. In the West, the journal was available only to government and intelligence agencies. The U.S. has released older copies up to 1973. More recent issues are still classified as "restricted" and are made available only to selected American scholars. 4. It is suspected and there is some evidence to indicate that various versions of "Voennaya mysi'" with different confidentiality classifications exist in the Soviet Union. Such few copies as are available in the West are of the lowest classification level. 5. Soviet sources trace the history of "Voennaya mysi'" via a number of predecessors back to the year 1918. The journal has always had an eminent function at the various stages of development of military theory and military art in the Soviet Union. 6. A general analysis of the topics dealt with in "Voennaya mysi'" reveals that day-to-day security-policy questions and especially disarmament and arms control issues are conspicuous by their almost complete absence. This could change in the future in the light of "new political thinking" and its implications for defence affairs.
- 26 7. "Voennaya mysi'" discusses questions of military art (strategy, operative art, and tactics) on the basis of historical experience, of the military practice of the NATO countries, or of quotes from the Western military press observations concerning Eastern military affairs, but never on the basis of the journal's own analyses of Soviet training practice, exercises, or drill. 8. An analysis of the lists of contents of the 1984 to 1989 volumes shows a distinct shift of emphasis, especially in the area of military art, from offensive topics (up to about the spring of 1987) to defensive topics. However, much space is dedicated to the need for and discussion of "counter"-offensives. 9. A military-science discussion in "Voennaya mysi'" on the mathematic modelling of military operations reveals that any changes that may be taking place in the Soviet military's traditional preference for offensive combat operations have not yet been reflected in such a specific military, strictly closedshop sector. 10. The lifting of restrictions on subscriptions has been accompanied by major changes to "Voennaya mysi'" in terms of its external appearance and especially in the composition of its editorial staff. It is reasonable to expect that the contents of "Voennaya mysi'" is likewise going to move more into line with the general "trend" of the Soviet military press. 11. The first issues of the 1990 volume as yet show no signs of such a change in topics and content. This could be linked with a further trend to be observed recently: the military is starting to voice open criticism of the political leadership.
Neuere Arbeiten aus dem Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien Sowjetunion 1988/89 Perestrojka in der Krise? Carl Hanser Verlag, München/Wien 1989, 359 S. The Soviet Union 1986/87 Events, Problems, Perspectives. Westview Press, Boulder/London 1989, 373 S. Christopher Davis/Hans-Hermann Höhmann/Hans-Henning Schröder (Hg.) Rüstung - Modernisierung - Reform Die sowjetische Verteidigungswirtschaft in der Perestrojka. Bund Verlag, Köln 1990, 274 S. Hans-Hermann Höhmann/Gertraud Seidenstecher (Hg.) Die Wirtschaft Osteuropas und der VR China 1980-1990. Bilanz und Perspektiven. Verlag Weltarchiv, Hamburg 1988, 648 S. Carsten Herrmann-Pillath China - Kultur und Wirtschaftsordnung. Eine system- und evolutionstheoretische Untersuchung. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart/New York 1989, 420 S. Osteuropa und der internationale Kommunismus: Band 18: Joachim Glaubitz/Dieter Heinzig (Hg.) Die Sowjetunion und Asien in den 80er Jahren. Ziele und Grenzen sowjetischer Politik zwischen Indischem Ozean und Pazifik. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1988, 370 S.