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German Pages [607] Year 1984
Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von
Horst Baier, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann Abteilung I: Schriften und Reden Band 3 1. Halbband
ART! BUS
J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Max Weber Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland 1892
Herausgegeben von
Martin Riesebrodt
1. Halbband
ARTIBUS
J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Redaktion: Karl-Ludwig Ay - Gangolf Hübinger Gefördert durch die Werner-Reimers-Stiftung.
CIP-Kurztitelaufnahme Weber,
der Deutschen
Bibliothek
Max:
Gesamtausgabe / Max Weber. Im Auftr. d. Komm, für Sozial- u. Wirtschaftsgeschichte d. Bayer. Akad. d. Wiss. hrsg. von Horst Baier ... - Tübingen: Mohr NE: Baier, Horst [Hrsg.]; Weber, Max: [Sammlung] Abt. 1, Schriften und Reden. Bd. 3. Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland: 1892 / hrsg. von Martin Riesebrodt. - 1984 ISBN 3-16-344813-1 (Leinen) ISBN 3-16-544856-6 (Halbleder) NE: Riesebrodt, Martin [Hrsg.]
978-3-16-158145-8 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019
© J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1984. Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz und Druck: Gneiting GmbH Filmsatz + Druck, Tübingen. Papier: 80g säurefreies Werkdruckpapier von Scheufeien, Lenningen. Einband: Großbuchbinderei Heinr. Koch, Tübingen.
Inhaltsverzeichnis
(1. Halbband) Vorwort
VII
Siglen, Zeichen, Abkürzungen Einleitung
IX 1
Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland
18
Editorischer Bericht Anhang zum Editorischen Bericht Text
18 34 48
Inhaltsverzeichnis Berichtigungen I. Vorbemerkung II. Zur Orientierung über die Arbeitsverfassung des deutschen Ostens im allgemeinen und zur Erläuterung der Lohntabellen III. Die Arbeitsverhältnisse der einzelnen Bezirke 1. Provinz Ostpreußen 2. Provinz Westpreußen 3. Provinz Pommern 4. Provinz Posen
51 56 61 68 109 109 277 366 495
(2. Halbband) 5. Provinz Schlesien 6. Provinz Brandenburg 7. Großherzogtümer Mecklenburg und Kreis Herzogtum Lauenburg IV. Schluß
593 747
Tabellen Vergleichung der Lohnverhältnisse 1849-1873-1892 an Beispielen Lohntabelle über den Tagelohn der freien Tagelöhner im ostelbischen Deutschland
931
809 886
932 946
VI
Inhaltsverzeichnis
Personenverzeichnis Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
1021 . . . .
1025
Maße, Gewichte, Mengen, Währungen
1028
Verzeichnis der Tabellen
1031
Personenregister
1033
Sachregister
1035
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden 1058 Kartenskizzen
1067
Vorwort
Max Webers A u s a r b e i t u n g über die L a g e der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland, die auf einer v o m Verein für Socialpolitik veranstalteten Enquete basiert, stellt einen Text dar, der für d a s Frühwerk Webers von zentraler B e d e u t u n g ist. Mit ihm vollzieht der Jurist Max Weber seinen Wechsel in d a s Fach der N a t i o n a l ö k o n o m i e u n d thematisiert einen Gegenstand, dessen vielfältige Aspekte ihn im Zeitraum v o n 1892 bis 1904 in seinem wissenschaftlichen u n d politischen Wirken v o r r a n g i g beschäftigen. Der v o n W o l f g a n g J. M o m m sen u n d Rita A l d e n h o f f h e r a u s z u g e b e n d e B a n d 4: „ L a n d a r b e i t e r frage, Nationalstaat u n d Volkswirtschaftspolitik" (1892-1899), der B a n d 5: „ B ö r s e n w e s e n " (1894-1897), sowie der Fideikommiß-Aufsatz u n d der St. Louis-Vortrag innerhalb des v o n W o l f g a n g Schluchter zu edierenden B a n d e s 8 : „Wirtschaft, Staat u n d Sozialpolitik" (1900-1912) d o k u m e n t i e r e n diesen Sachverhalt deutlich. Darüber h i n a u s setzt sich Max Weber in der vorliegenden Schrift z u m ersten Mal mit M e t h o d e n der empirischen S o z i a l f o r s c h u n g auseinander. Dieses Interesse findet nicht nur in der v o n ihm z u s a m m e n mit Paul G ö h r e im R a h m e n des Evangelisch-sozialen Kongresses organisierten L a n d a r b e i t e r e n q u e t e seine Fortsetzung, s o n d e r n a u c h in seinen späteren industriesoziologischen U n t e r s u c h u n g e n in B a n d 11, „ Z u r Psychophysik der industriellen Arbeit" (1908-1912). Die Edition des vorliegenden B a n d e s erfolgte w e i t g e h e n d in den J a h r e n 1979 bis 1981, als ich an der Bayerischen A k a d e m i e der Wissenschaften Arbeitsstelle und Archiv der Max Weber-Gesamta u s g a b e betreute. Deshalb gilt mein erster D a n k dem Vorsitzenden der Kommission für Sozial- u n d Wirtschaftsgeschichte, Knut Borchardt, für die guten A r b e i t s b e d i n g u n g e n u n d die persönlich wie sachlich so ü b e r a u s a n g e n e h m e Form der Z u s a m m e n a r b e i t . Die Editionsarbeiten w a r e n mit z e i t r a u b e n d e n N a c h f o r s c h u n g e n in verschiedenen Archiven u n d Bibliotheken v e r b u n d e n , d e n e n allerdings nur ein relativ geringer Erfolg beschieden war u n d die sich d e m z u f o l g e im vorliegenden B a n d k a u m niederschlagen k o n n ten. Mein D a n k gilt d e m Verlagsarchiv D u n c k e r & H u m b l o d t in Berlin, d e m Archiv der Universität Freiburg, d e m hessischen H a u p t staatsarchiv Wiesbaden, d e m H a u p t s t a a t s a r c h i v Düsselsdorf, d e m G e h e i m e n Staatsarchiv und der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin, d e m L a n d e s a r c h i v Berlin u n d der Bayerischen
VIII
Vorwort
Staatsbibliothek München für ihre Hilfsbereitschaft, den Bibliotheken des Volkswirtschaftlichen Seminars und des Seminars für Wirtschaftsgeschichte der Universität München für die großzügige Dauerleihgabe editionsrelevanter Bücher. Dem Zentralen Staatsarchiv der DDR in Merseburg danke ich für die Erteilung einer Veröffentlichungsgenehmigung, dem Archiv der Humboldt-Universität in (Ost-)Berlin für die Beantwortung einer Anfrage. Zahlreichen Kolleginnen und Kollegen schulde ich Dank für wertvolle Auskünfte und Anregungen zur Kommentierung des Textes. Erwähnen möchte ich dabei Wilhelm Abel, Knut Borchardt, Richard van Dülmen, Gabriele Horzella-Mühlenhoff, Gangolf Hübinger, Hans Körner, Diedrich Saalfeld, Gertrud Sandberger, Manfred Schön, Rudolf von Thadden, Hildegard Weiß und Heide Wunder, vor allem aber Rita Aldenhoff, die z.Zt. an der Edition des Bandes4 arbeitet. Karl-Ludwig Ay war als Generalredaktor bei vielen Editonsproblemen eine große Hilfe. Brigitte Riesebrodt, meine Frau, hat mich unter Zurückstellung eigener Interessen über Monate beim Lesen der Korrekturfahnen unterstützt, was ich ihr zumal angesichts der Sprödigkeit des Textes nicht hoch genug anrechnen kann. Jürgen Liehr habe ich für die Erstellung eines Computerprogramms zu danken, das mir bei der Anfertigung der Register von unschätzbarem Wert war. Meine Beschäftigung mit dem Werk Max Webers hat viele Jahre vom Dialog mit Johannes Winckelmann profitiert. Als Ausdruck meines Dankes ist ihm die editorische Arbeit an diesem Band gewidmet. München, den 21. April 1984
Martin Riesebrodt
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
1
[ ]
•
M Si u
Seitenwechsel Hinzufügung des Editors Quadrat Mark Pfennig Pfund Fuß
1, 2, 3 A DV A1, A 2 . A 3 a, b, c a . . . a, b . . . b
Indices bei Anmerkungen Max Webers Indices bei erläuternden A n m e r k u n g e n des Editors Sigle für die Erstausgabe Sigle für Max Webers Verzeichnis der Berichtigungen Seitenzählung in der Erstausgabe Indices für textkritische A n m e r k u n g e n Beginn und Ende von Texteingriffen
A A „ a. a a. A.-B. Abg. Abs. Abt. a.E Akk. A.L.R. Altschffl. Anm. a.o. Apr. Arbeit. Art. Aufl. Aug.
Amt Abend(s), abends Ar aus Amtsbezirk Abgeordneter Absatz Abteilung am Ende Akkord Allgemeines Landrecht Altscheffel Anmerkung außerordentlicher (Professor) April Arbeiten Artikel Auflage August
b. b. BA Koblenz Bd. bes. betr. bezw., bzw BGB BGBl Bl.
bei bis Bundesarchiv Koblenz Band besonders betreffend beziehungsweise Bürgerliches Gesetzbuch Bundes-Gesetzblatt (des Norddeutschen Bundes) Blatt
X
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
ca. Cap. cbm cf., cfr. Ctr.
circa Capitel Kubikmeter confer Centner
D, D„ Dom. D.A., D.-A. das. dass. desgl. Dez. Df. d.h. d.J. do., dto. Durchschn.
Domanium Domanialamt, Domänen-Amt daselbst dasselbe desgleichen Dezember Dorfgemeinde das heißt dieses Jahr dito Durchschnitt
E. E. ebd., ebda. Eink. Entsch. Essen a.d.R. etc. ev., event. exkl.
Ernte, Erntezeit ebenda Einkommen Entscheidung Essen an der Ruhr et cetera eventuell exklusive
F. F., Frühj. F., Fud. f. f. ff. Febr.
Frauenarbeitstage Frühjahr Fuder für folgende(r) folgende Febuar
G. gedrosch. Gen.-B. gewöhnl. Grafsch. Gratif. gr. Maß Gr.-Wartenberg
Garten gedroschen General-Bericht gewöhnlich Grafschaft Gratifikation Grabower Maß Groß-Wartenberg
H. H. ha Hg., hg. hl Hochs. Hofg. Hrzt., Hz.
Hacken Herbst Hektar Herausgeber, herausgegeben Hektoliter Hochsaison Hofgänger Herzogtum
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
XI
IlSg A m s t e r d a m inb., inbegr., inbegriff. inkl. insbes. Instl.
I n t e r n a t i o n a l e s Institut für S o z i a l g e s c h i c h t e A m s t e r d a m inbegriffen inklusive insbesondere Instleute
J. Jahrb. Jan.
Jahr, Jahre Jahrbücher Januar Jahrgang junior
Jg-
jun. Kab.-O. kg kgl., k ö n i g l . Kl., Klftr. KI.A., Kl.-A. Kl G, Kl. G. km K ö n i g s b e r g i.d. N e u m a r k K ö n i g s b e r g i.N. K ö n i g s b e r g N.M. Kr. kulm. I, Lit. L a n d s b e r g a.W. Lit. M M., m ä n n l . M., M o n . M., m. m. m. meckl. Mk. mögl. Mommsen, Max Weber2
Kabinetts-Order Kilogramm königlich Klafter Klosteramt, K l o s t e r - A m t Klostergut, K l o s t e r - G u t Kilometer K ö n i g s b e r g in der N e u m a r k
Kreis kulmisch Liter L a n d s b e r g a n der W a r t h e Litera
M.-Schwerin M.-Strelitz Mtzn. MWG
Mannstage Männer, männlich Monat, Monate Morgen(s), morgens Meter mit mecklenburgisch Mark möglichst M o m m s e n , W o l f g a n g J., M a x W e b e r u n d die d e u t s c h e Politik 1 8 9 0 - 1 9 2 0 . - T ü b i n g e n : J.C.B. M o h r ( P a u l Sieb e c k ) 2 1974 Mecklenburg-Schwerin Mecklenburg-Strelitz Metze n Max Weber-Gesamtausgabe
N., nördl. Nachm., nachm. NB. Neuschffl. Nl. Nov. Nr.
Norden, nördlich Nachmittag(s), nachmittags nota bene Neuscheffel Nachlaß November Nummer
XII
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
o. Ober-Schi. Ob.-Trib. od. o.J. Okt., Oktbr.
ordentlicher (Professor) Oberschlesien Ober-Tribunal oder ohne Jahr Oktober
PPPetrol. Pf., Pfg. Pfd. Phil. Fak. P.n. Poln., poln. Pr., Preuß., preuß Prov.
praedictus ( = der Vorgenannte) pro Petroleum Pfennig Pfund Philosophische Fakultät pro notitia Polnisch, polnisch Preußisch, preußisch Provinz
qm qu.
Quadratmeter quästioniert
R, R., Rittersch. R.A., Rittersch.A. R. R.- u. L., Raff- u. Leseh. R.-B., Reg.-Bez., Reg.-Bezirk regelm., regelmäß. Rep. resp. RGBl Rost. Schffl.
Ritterschaft(lich) Ritterschafts-Amt, Ritterschaftliches Amt Rute Raff- und Leseholz Regierungsbezirk regelmäßig Repertorium respektive Reichs-Gesetzblatt Rostocker Scheffel
S. S. S. S., Scharw. s. S.A. Sa. Sch., Scheff., Schffl. schles. Sept., Septbr. Sgr. S. inb. S.O. s.o. sog., sogen. Sp. SPD ßl. Kour. St. St., Std., Stde., Stdn.
Seite Sommer Süden Scharwerker siehe Sonnenaufgang Summa Scheffel schlesisch September Silbergroschen Scharwerker inbegriffen Südosten siehe oben sogenannt Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands Schilling Courant Stück Stunde, Stunden
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
XIII
statist. steilenw. S.U. s.u. südl. s.Z.
statistisch stellenweise Sonnenuntergang siehe u n t e n südlich seinerzeit
Tab. teilw. Tge. Thlr. T r e p t o w a.T. T ü b . Zeitschr.
Tabelle teilweise Tage Thaler T r e p t o w a n der Tollense T ü b i n g e r Zeitschrift
U. u. u. dergl., u. dgl. u.f., u.ff. ult. Urk. Usedom-W. u.s.f. u.s.w.
Uhr und und dergleichen und folgende(r), und folgende ultimo Urkunden Usedom-Wollin u n d so fort u n d so weiter
v. v.d. versch. vgl. Viehhaltg. vor. V.v.
von v o n der verschieden vergleiche Viehhaltung vorangegangen Verordnung vom
W, W. W. w. Weber, Marianne, Lebensbild 1 weibl. westl. Westpr., W. Pr.
Frauen, Frauenarbeitstage Winter wenig W e b e r , M a r i a n n e , M a x W e b e r . Ein L e b e n s b i l d . • T ü b i n g e n : J.C.B. M o h r ( P a u l Siebeck) 1 1926 weiblich westlich Westpreußen
Z. z.B. ZgtA Merseburg zus. zuw.
Zeile z u m Beispiel Z e n t r a l e s S t a a t s a r c h i v der DDR, Dienststelle M e r s e b u r g zusammen zuweilen
Einleitung
Im Verein für Socialpolitik 1 hatten sich seit seiner Gründung 1872/73 neben Beamten, Politikern, Vertretern der Wirtschaft und Journalisten insbesondere Professoren der Nationalökonomie zusammengefunden 2 , die - im Gegensatz zu der im „Volkswirtschaftlichen Kongreß" organisierten Freihandelsschule - staatliche Eingriffe in die ökonomischen und sozialen Verhältnisse befürworteten 3 , um durch eine Politik der sozialen Reform wachsenden sozialen Konflikten vorzubeugen 4 . Mit Gutachten, Referaten und eigenen empirischen Untersuchungen, die in den Generalversammlungen des Vereins vorgetragen, diskutiert und in einer eigenen Schriftenreihe publiziert wurden, sollten Regierung und öffentliche Meinung beeinflußt werden. Die Leitung des Vereins für Socialpolitik lag in den Händen eines ständigen Ausschusses, der die Verhandlungsthemen und Referenten für die Generalversammlungen bestimmte und über die Drucklegung von Gutachten und Referaten sowie über die Durchführung und Organisation eigener Erhebungen beschloß 5 .
1 Zur Geschichte des Vereins für Socialpolitik siehe Conrad, Else: Der Verein für Socialpolitik und seine Wirksamkeit auf dem Gebiet der gewerblichen Arbeiterfrage. - Jena: Gustav Fischer 1906 (hinfort: Conrad, Verein); Boese, Franz: Geschichte des Vereins für Sozialpolitik 1872-1932. - Berlin: Duncker & Humblot 1939 (hinfort: Boese, Geschichte); Wittrock, Gerhard: Die Kathedersozialisten bis zur Eisenacher Versammlung 1872. - Berlin: Ebering 1939; Lindenlaub, Dieter: Richtungskämpfe im Verein für Socialpolitik (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte 52 und 53). - Wiesbaden: Franz Steiner 1967 (hinfort: Lindenlaub, Richtungskämpfe); Plessen, Marie-Louise: Die Wirksamkeit des Vereins für Sozialpolitik von 1872-1890. - Berlin: Duncker & Humblot 1975; Gorges, Irmela: Sozialforschung in Deutschland 1872-1914. Gesellschaftliche Einflüsse auf Themen- und Methodenwahl des Vereins für Socialpolitik. - Königstein/Ts.: Anton Hain 1980. 2 Die Initiative zur Gründung lag bei Mitgliedern der sogenannten jüngeren historischen Schule der Nationalökonomie, insbesondere bei Lujo Brentano, Karl Bücher, Johannes Conrad, Georg Friedrich Knapp, Gustav Schmoller, Adolph Wagner. Sie gewannen die Unterstützung der drei einflußreichsten Begründer der älteren historischen Schule: Bruno Hildebrand, Karl Knies und Wilhelm Roscher. 3 Conrad, Verein, S. 56-57. 4 Lindenlaub, Richtungskämpfe, S. 1. 5 Conrad, Verein, S. 63-64.
2
Der Verein für Socialpolitik
Einleitung
und die
Agrarfrage
Der Verein für Socialpolitik sah sich 1890 am Beginn eines neuen Abschnitts seiner Tätigkeit. Der gerade neu gewählte Vorsitzende des Ausschusses, Gustav Schmoller, brachte diese Überzeugung zum Ausdruck, indem er in seiner Eröffnungsansprache zur Generalversammlung vom September 1890 einen Rückblick über die 18jährige Vereinsgeschichte g a b 6 : Die erste Phase von der G r ü n d u n g des Vereins bis zum Ums c h w u n g in der Wirtschafts- u n d Sozialpolitik in den Jahren 1877/80 sei noch vom vorhergehenden wirtschaftlichen A u f s c h w u n g der Gründerjahre u n d vom technischen Fortschritt geprägt gewesen; Regierung und Reichstagsmehrheit hätten die Existenz einer sozialen Frage geleugnet, Gesellschaftsreformen abgelehnt und die Bed e u t u n g der sich entfaltenden Arbeiterbewegung verkannt. Demzufolge hätten die im Verein für Socialpolitik zusammengeschlossenen Wissenschaftler, Geschäftsleute, Beamte u n d Politiker ihre Haupta u f g a b e darin gesehen, die soziale Frage ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu rufen. Einen direkten Einfluß auf die Regierungspolitik habe der Verein in diesen Jahren jedoch nicht gewinnen können. Die Wende in der Sozial- und Wirtschaftspolitik gegen Ende der 1870er Jahre habe in vielfacher Hinsicht den Vorstellungen entsprochen, die der Verein für Socialpolitik schon in den Jahren zuvor vertreten hätte. Deshalb hätten seine Mitglieder sie a u c h weitgehend positiv aufgenommen. D e n n o c h sei dem Verein bei der Konzipierung und praktischen D u r c h f ü h r u n g der Reformpolitik jegliche Mitwirkung verwehrt geblieben; denn diese Politik habe allein in der Entscheidungsgewalt eines Mannes, Bismarcks, gelegen. Diese politische Konstellation habe zu einer Verlagerung der im Verein behandelten Themen geführt; nicht die zentralen Gesellschaftsprobleme, sondern eher die von der Regierungspolitik ausgesparten Gebiete hätten die Vereinsarbeit w ä h r e n d der 1880er Jahre geprägt. Dabei habe man sich vor allem mit Problemen der bäuerlichen Landwirtschaft befaßt 7 . 6 Verhandlungen der am 26. und 27. September 1890 in Frankfurt a.M. abgehaltenen Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik über die Reform der Landgemeindeordnung in Preußen und über Arbeitseinstellungen und die Fortbildung des Arbeitsvertrags, hg. vom Ständigen Ausschuß (Schriften des Vereins für Socialpolitik 47). - Leipzig: Duncker & Humblot 1890, S. 1 - 4 (hinfort: Verhandlungen 1890). 7 Vgl. Bäuerliche Zustände in Deutschland, 3 Bände (Schriften des Vereins für Socialpolitik 22-24). - Leipzig: Duncker & Humblot 1883; Das Erbrecht und die Grundeigentumsverteilung im Deutschen Reiche, 2 Bände (Schriften des Vereins für Socialpolitik 20 und 25). - Leipzig: Duncker & Humblot 1882 und 1884; Zur inneren Kolonisation in Deutschland (Schriften des Vereins für Socialpolitik 32). - Leipzig: Duncker
Einleitung
3
Diese zweite Phase in der Geschichte des Vereins für Socialpoiitik sei nunmehr d u r c h die Thronbesteigung Wilhelms II., vor allem aber wegen der Nicht-Verlängerung des Sozialistengesetzes d u r c h den Reichstag u n d wegen Bismarcks Rücktritt im März 1890 zu einem Ende gekommen. Die neue Situation stelle den Verein vor neue A u f g a b e n und biete ihm bisher nicht gekannte Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Regierungspolitik; denn im Gegensatz zur eher monolithischen Regierung Bismarck seien in der neuen Regierung unter Leo von Caprivi unterschiedliche Strömungen und Interessen vertreten. Ganz im Sinne der programmatischen Rede Schmollers beschloß der Ausschuß des Vereins für Socialpoiitik am 26. September 1890 8 , Untersuchungen zur Lage der Landarbeiter im Deutschen Reich, zur A u s w a n d e r u n g s f r a g e und zur Handelspolitik durchzuführen 9 . Zwischen diesen drei Themen bestand insofern ein innerer Zusammenhang, als sie verschiedene Aspekte einer sich seit Mitte der 1870er Jahre verschärfenden Krise in der deutschen Landwirtschaft zum Gegenstand hatten. Insbesondere die Gutswirtschaften in den östlichen Provinzen Preußens befanden sich in einer schwierigen Lage. Ihre Krise wurde in der damaligen Sicht von drei Faktoren verursacht: einem starken Rückgang der Getreidepreise, überhöhter Verschuldung und Mangel an Arbeitskräften 1 0 .
Getreidepreise
und
Schutzzollpolitik
Die großen Güter des deutschen Ostens belieferten bis etwa 1870 als Getreideexporteure den britischen und westeuropäischen Markt. & Humblot 1886; Der Wucher auf dem Lande (Schriften des Vereins für Socialpoiitik 35). - Leipzig: Duncker & Humblot 1887. Außerdem befaßten sich die Verhandlungen des Vereins in den Jahren 1882, 1884, 1886 und 1888 mit den genannten Themen. 8 Ein Mitgliederverzeichnis des Vereins für Socialpoiitik und seines Ausschusses im Jahre 1890 findet sich in: Verhandlungen 1890, S. 281-288. 9 Vgl. Boese, Geschichte, S.66. 1 0 Zur Agrarkrise in ihren verschiedenen Aspekten aus damaliger und heutiger Sicht siehe u.a. Goltz, Theodor v.d.: Geschichte der deutschen Landwirtschaft, Band2. - Stuttgart, Berlin: Cotta 1903, S. 390-414; Haushofer, Heinz: Die deutsche Landwirtschaft im technischen Zeitalter. - Stuttgart: Ulmer 1963, S. 175-224; Henning, Friedrich-Wilhelm: Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Band2, 1750-1976. - Paderborn: Schöningh 1978, S. 113-173; Rosenberg, Hans: Große Depression und Bismarckzeit. - Frankfurt, Berlin, Wien: Ullstein 1976, S. 1 6 9 191 (hinfort: Rosenberg, Depression); Wehler, Hans-Ulrich: Das deutsche Kaiserreich 1871-1918. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 3 1977, S.41-48 (hinfort: Wehler, Kaiserreich).
4
Einleitung
Im Verlauf der 1870er Jahre machte sich jedoch zunehmend die überseeische Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Argentinien und Indien bemerkbar, die aufgrund der in diesen Ländern inzwischen entwickelten Infrastruktur, gesunkener Transportkosten, ergiebiger Böden und billiger Arbeitskräfte in der Lage waren, große Mengen Getreide zu niedrigen Preisen auf den europäischen Markt zu werfen, was zu einem starken Preisverfall führte. Betrug der Preis für die Tonne Weizen in Preußen im Zeitraum 1871/75 noch 235,2 Mark, so sank er 1876/80 auf 211,2 Mark, 1881/85 auf 189,0 Mark und 1886/90 auf 173,9 Mark 11 . Aufgrund dieser Entwicklung verlor der deutsche Osten im Verlauf der 1870er Jahre seine Exportmärkte, und das Deutsche Reich wurde in zunehmendem Maße selbst zum Getreideimportland. Um die deutsche Landwirtschaft wenigstens auf dem Binnenmarkt konkurrenzfähig zu halten, beschloß die Reichsregierung unter Bismarck die Einführung von Schutzzöllen 12 . Mit dem I . J a n u a r 1880 wurde pro Tonne Weizen und Roggen jeweils ein Einfuhrzoll von 10 Mark erhoben, der 1885 auf 30 Mark und 1887 auf 50 Mark erhöht wurde 1 3 Nach der Ablösung Bismarcks durch Caprivi 14 wurden im Handelsvertrag mit Österreich-Ungarn vom Dezember 1891 im Interesse der Exportindustrie und ihrer Absatzchancen die Getreidezölle von 50 auf 35 Mark pro Tonne reduziert. Dies traf einerseits auf den schärfsten Protest vornehmlich der ostdeutschen Großgrundbesitzer, die sich im Februar 1893 im „Bund der Landwirthe" eine schlagkräftige Organisation zur Durchsetzung ihrer ökonomischen und politischen Interessen schufen 1 5 ; andererseits forderten die Sozialdemokraten im Interesse möglichst niedriger Brotpreise für die indu11 Conrad, Johannes: Artikel „Getreidepreise". Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Band. - Jena: Gustav Fischer 3 1909, S.803. 12 Zur Einschätzung der Schutzzollpolitik siehe Rosenberg, Depression, S. 178ff.; Wehler, Kaiserreich, S.45ff.; Herlemann, Hans-Heinrich: Vom Ursprung des deutschen Agrarprotektionismus. In: Gerhardt, Eberhard und Kuhlmann, Paul (Hg.): Agrarwirtschaft und Agrarpolitik. - Köln, Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1969, S. 183ff. 13 Conrad, Johannes: Artikel „Getreidezölle", Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Band, Jena: Gustav Fischer 3 1909, S.820. 14 Zur Wirtschaftspolitik Caprivis siehe Weitowitz, Rolf: Deutsche Politik und Handelspolitik unter Reichskanzler Leo von Caprivi 1890-1894. - Düsseldorf: Droste 1978 (hinfort: Weitowitz, Caprivi); sowie Barkin, Kenneth D.: The Controversy over German Industrialization 1890-1902. - Chicago & L o n d o n : The University of C h i c a g o Press 1970, S. 44-128. 15 Siehe dazu Puhle, Hans-Jürgen: Agrarische Interessenpolitik und preußischer Konservatismus im Wilhelminischen Reich 1893-1914. - Bonn-Bad Godesberg: Neue Gesellschaft 2 1975; Flemming, Jens: Landwirtschaftliche Interessen und Demokratie. - Bonn: Neue Gesellschaft 1978; Fünfundzwanzig Jahre wirtschaftspolitischen Kampfes; bearbeitet von Otto von Kiesewetter. - Berlin: Bund der Landwirte 1918.
5
Einleitung
strielle Arbeiterschaft die völlige A b s c h a f f u n g der Einfuhrzölle 1 6 . In dieser Situation sah der Verein für Socialpolitik eine C h a n c e , mit seinen U n t e r s u c h u n g e n zur Handelspolitik, zur Lage der L a n d arbeiter u n d zur A u s w a n d e r u n g s f r a g e 1 7 direkten politischen Einfluß auszuüben.
Der Landarbeitermangel arbeiter
und das Problem
der polnischen
Wander-
Von den g e n a n n t e n U n t e r s u c h u n g e n stellte die Enquête über „Die Verhältnisse der Landarbeiter in D e u t s c h l a n d " , die der Verein zwischen Dezember 1891 und Februar 1892 veranstaltete, d a s umfangreichste u n d a u f w e n d i g s t e Projekt dar. Ein U n t e r a u s s c h u ß hatte zwei F r a g e b o g e n erstellt, einen speziellen zur Erfassung exakter Daten über die Lohnverhältnisse u n d einen allgemeinen über die Entwicklung der sozialen u n d kulturellen Verhältnisse der L a n d arbeiter. Die F r a g e b o g e n w u r d e n fast ausschließlich an ländliche Arbeitgeber, im Osten also an Gutsbesitzer, verschickt 1 8 , für die seit den 1860er J a h r e n die „ L e u t e n o t " , wie der Mangel an Arbeitern g e w ö h n l i c h hieß, eine z u n e h m e n d wichtigere Rolle spielte. N o c h 1848/49 hatte die L a n d a r b e i t e r e r h e b u n g des Preußischen L a n d e s - O e c o n o m i e - C o l l e g i u m s 1 9 die Frage untersucht, o b die verschiedenen Klassen von L a n d a r b e i t e r n g e n ü g e n d B e s c h ä f t i g u n g f ä n d e n u n d ein Existenzminimum erwirtschaften könnten. D o c h im Verlauf der 1850er u n d 1860er Jahre w a n d e l t e sich d a s Problem. Die A u s w a n d e r u n g e n n a c h Übersee, vor allem in die Vereinigten Staaten von Amerika, n a h m e n enorm zu. Gleichzeitig zog die aufstrebende Industrie Arbeitskräfte v o m L a n d e ab und w u c h s vor allem d u r c h die E i n f ü h r u n g des H a c k f r u c h t b a u s der saisonale Be16 Lehmann, Hans Georg: Die Agrarfrage in der Theorie und Praxis der deutschen und internationalen Sozialdemokratie. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1970, S . 5 5 - 5 6 (hinfort: Lehmann, Agrarfrage). 17 Außer der Landarbeiterenquête handelt es sich um: Die Handelspolitik der wichtigeren Kulturstaaten in den letzten Jahrzehnten (Schriften des Vereins für Socialpolitik 4 9 - 5 1 und 57) sowie um: A u s w a n d e r u n g und Auswanderungspolitik in Deutschland (ebd. Band52). - Leipzig: Duncker & Humblot 1892 und 1893. 18 Näheres zur Organisation der Landarbeiterenquête und zu Max Webers Beitrag im Editorischen Bericht, unten S. 18-33. 1 9 Lengerke, Alexander v.: Die ländliche Arbeiterfrage. Beantwortet durch die bei dem Königl. Landes-Oeconomie-Collegium aus allen Gegenden der preußischen Monarchie eingegangenen Berichte l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r Vereine über die materiellen Zustände der arbeitenden Classen auf dem platten Lande. - Berlin: E.H. Schnieder 1849 (hinfort: Lengerke, Arbeiterfrage).
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darf an Landarbeitern. So befaßten sich zu Beginn der 1870er Jahre zwei Erhebungen - eine vom „Mecklenburgischen patriotischen Vereine" 2 0 für seinen Tätigkeitsbereich und eine vom „Congress deutscher Landwirthe" 2 1 für das Deutsche Reich veranstaltete - mit der Erforschung der Ursachen des Landarbeitermangels. Es waren vor allem die niedrigen Löhne und die geringen beruflichen und gesellschaftlichen Aufstiegschancen, die die Landarbeiter zur Auswanderung nach Übersee und zur Abwanderung in die Städte und Industriegebiete motivierten, wobei bis in die 1890er Jahre die Auswanderung überwog. Im Zeitraum 1880-1893 fand die letzte große Auswanderungswelle aus Deutschland statt: Von den nahezu 1,8 Millionen Auswanderern kamen etwa 3 9 % aus dem deutschen Nordosten, vor allem aus Westpreußen, Posen und Pommern 22 . Die Aus- und Abwanderung der Landarbeiter insbesondere aus den Ostprovinzen führte zu einem verstärkten Zuzug polnischer Wanderarbeiter und stellte die Landarbeiterfrage in den Zusammenhang der preußischen Nationalitätenpolitik. Schon im Verlauf der 1860er Jahre kam es zur Heranziehung polnischer Wanderarbeiter, doch wurden sie an Zahl noch von den deutschen Wanderarbeitern, die in der Gegenrichtung aus den Grenzprovinzen nach Galizien und Rußland zogen, übertroffen. Dieses Zahlenverhältnis kehrte sich zu Beginn der 1870er Jahre um und verschob sich zunehmend zugunsten der Polen. Vor allem die intensiv wirtschaftenden Betriebe Westpreußens mit ihrem hohen saisonalen Bedarf an Arbeitskräften glichen den Arbeitermangel durch die Heranziehung von Arbeitern aus Kongreßpolen und Galizien aus. Die Wiederbelebung der anti-polnischen Nationalitätenpolitik der preußischen Regierung, die auch die polnischen Wanderarbeiter betraf, beschnitt den Gutsherren diese Möglichkeit 23 . In zwei Erlassen vom 26. März und 26. Juli 1885 ordnete 20 Bericht der vom Mecklenburgischen patriotischen Vereine ernannten Commission zur Beratung über die Verhältnisse der ländlichen Arbeiterklassen über Auswanderung und Arbeitermangel in Mecklenburg. - Schwerin: W. Sandmeyer 1873. 21 Goltz, Theodor v.d.: Die Lage der Landarbeiter im Deutschen Reich. Bericht an die vom Congress deutscher Landwirthe niedergesetzte Commission zur Ermittelung der Lage der Landarbeiter im Deutschen Reich. - Berlin: Wiegandt, Hempel & Parey 1875 (hinfort: Goltz, Lage). 22 Bade, Klaus J.: Massenwanderung und Arbeitsmarkt im deutschen Nordosten von 1880 bis zum Ersten Weltkrieg. In: Archiv für Sozialgeschichte 20, 1980, S.281 (hinfort: Bade, Massenwanderung). 23 Mai, Joachim: Die preußisch-deutsche Polenpolitik 1885/87; - Berlin (Ost): Rütten & Loening 1962, S.38ff.; Broszat, Martin: Zweihundert Jahre deutscher Polenpolitik. - Frankfurt: Suhrkamp 1972, S. 142-152 (hinfort: Broszat, Polenpolitik); Bade, Klaus
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die Regierung die Ausweisung aller nicht-naturalisierten Polen aus Preußen an. Zugleich wurde den polnischen Wanderarbeitern sogar ein befristeter Grenzübertritt verboten. Die preußische Regierung begründete ihre Maßnahmen ausschließlich mit der starken Zunahme des polnischen Bevölkerungsanteils in den preußischen Grenzprovinzen. Ihr Vorgehen verschärfte den Landarbeitermangel und führte zu entschiedenen Protesten der betroffenen Gutsbesitzer, die eine Zeit lang sogar ernsthaft die Anwerbung chinesischer Arbeiter in Erwägung zogen 24 . Die Zentralvereine der westpreußischen Landwirte richteten am 26. Februar 1890 ein Gesuch an Bismarck , die Grenzsperre wenigstens für die Sommermonate aufzuheben 25 , und der Vorstand des ostpreußischen Zentralvereins wandte sich mit demselben Anliegen einen Monat später an den inzwischen im Amt befindlichen preußischen Ministerpräsidenten Leo von Caprivi 26 . Nach längeren Beratungen und der Einholung von Gutachten der Oberpräsidenten der östlichen Provinzen entschied sich das preußische Staatsministerium am 11. November 1890 für eine eingeschränkte Wiederzulassung der Wanderarbeiter aus Kongreßpolen. Ein Erlaß des Innenministeriums an die Oberpräsidenten von Ostpreußen, Westpreußen, Posen und Schlesien vom 26. November 1890 hob die Grenzsperre für eine Probezeit von drei Jahren auf und übertrug den Oberpräsidenten der Provinzen die Regelung der Detailbestimmungen für die Zulassung. Wenig später wurde die Regelung auch auf Polen aus Galizien ausgedehnt. In der Regel durften nur unverheiratete Personen angeworben werden, die während der Wintermonate (15. November bis I.April) Preußen zu verlassen hatten. Die Wiederzulassung der polnischen Wanderarbeiter trat erstmals 1891 in Kraft. Die Maßnahme der Regierung Caprivi war vor allem bei den Befürwortern einer „Germanisierungspolitik" für die Provinzen Posen und Westpreußen umstritten. Sie hielten die alljährliche Rückwanderung der polnischen Wanderarbeiter für nicht gesichert und beJ.: Politik und Ökonomie der Ausländerbeschäftigung im preußischen Osten 1885-1914. Die Internationalisierung des Arbeitsmarkts im „Rahmen der preußischen Abwehrpolitik", in: Puhle, Hans-Jürgen und Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Preußen im Rückblick (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 6). - Göttingen: V a n d e n h o e c k & Ruprecht 1980, S. 273-299. 24 Nichtweiss, Johannes: Die ausländischen Saisonarbeiter in der Landwirtschaft der östlichen und mittleren Gebiete des Deutschen Reiches. Ein Beitrag zur Geschichte der preußisch-deutschen Politik 1 8 9 0 - 1 9 1 4 . - B e r l i n (Ost): Rütten & L o e n i n g 1959, S . 3 8 - 4 0 (hinfort: Nichtweiss, Saisonarbeiter). 25 Nichtweiss, Saisonarbeiter, S. 3 3 - 3 4 . 26 Dazu und zum folgenden siehe Nichtweiss, Saisonarbeiter, S. 3 5 - 4 5 .
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fürchteten, der Erfolg der Ansiedlungsgesetzgebung zugunsten von Deutschen werde aufs Spiel gesetzt. Ein weiteres Argument gegen die Z u w a n d e r u n g der Polen trug Max Weber bei: A n h a n d der vorliegenden Erhebungsergebnisse formulierte er eine „ V e r d r ä n g u n g s these", die von einer Reihe anderer Autoren übernommen wurde 2 7 . Diese These besagte, daß die Aus- u n d A b w a n d e r u n g der deutschen Landarbeiter aus den östlichen Provinzen weitgehend d u r c h die Unterbietungskonkurrenz der polnischen Arbeiter mit ihren geringen L o h n a n s p r ü c h e n hervorgerufen worden sei. Insofern seien d u r c h die Wiederzulassung der Wanderarbeiter eine „Polonisier u n g " des deutschen Ostens u n d ein Sinken des Lebensstandards der deutschen Bevölkerung voraussehbar. Hinsichtlich dieser verschiedenen Aspekte des ländlichen Arbeitsmarktes in den östlichen Provinzen Preußens konnte die Landarbeitererhebung des Vereins für Socialpolitik vor allem in zweierlei Hinsicht wertvolle Informationen liefern. Sie sollte Daten über die materielle Lage der verschiedenen Kategorien von Landarbeitern erbringen, sowie Ursachen und tatsächliches Ausmaß der „ L e u t e n o t " ermitteln. Außerdem sollte sie Auskunft über die Folgen der Wiederzulassung der polnischen Wanderarbeiter geben, für die zu Beginn der Befragung im Dezember 1891 gerade die ersten Erfahrungen vorlagen 2 8 . Wegen dieser Verknüpfung von Fragen des Arbeitsmarktes mit solchen der Nationalitätenpolitik kam der Unters u c h u n g der Lage der Landarbeiter in den ostelbischen Gebieten eine besondere Bedeutung zu.
Die innere Kolonisation
und ihre
Funktionen
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts versuchte Preußen mit einer Politik der inneren Kolonisation 2 9 , Arbeiter und Bauern auf kleinen und mittleren Parzellen anzusiedeln. Dazu dienten im Verlauf der 1870er Jahre vor allem die Moorkolonisation in Nordwestdeutschland und die Parzellierung von Domänen. Zwei Zielsetzungen lagen der Politik der inneren Kolonisation z u g r u n d e : Man wollte der A u s w a n d e r u n g n a c h Übersee und der A b w a n d e r u n g in die Städte entgegenwirken, indem man Arbeitern und Bauern Auf27 Siehe dazu Bade, Massenwanderung, S. 317-323. 28 Siehe unten Fragebogen I, Fragen B, V (S.44) und Fragebogen II, Frage5 (S.47). 29 Zur inneren Kolonisation siehe Sering, Max: Die innere Kolonisation im östlichen Deutschland (Schriften des Vereins für Socialpolitik 56). - Leipzig: Duncker & Humblot 1893 (hinfort: Sering, Kolonisation); weiterhin Baier, Roland: Der deutsche Osten als soziale Frage. - Köln, Wien: Böhlau 1980, S. 1-148.
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stiegschancen bot, und durch die Bindung von Kleinstellenbesitzern an die eigene Scholle zugleich ein Arbeitskräftereservoir für den Großgrundbesitz bereitstellen. Weiterhin sah man in der Schaffung neuer Mittelschichten, die einer extremen Polarisierung der ländlichen Bevölkerung in Großgrundbesitzer und Landarbeiter entgegenwirkte, ein geeignetes Instrument zur Vorbeugung gegen eine soziale Revolution auf dem Lande. Die innere Kolonisation wurde jedoch von den staatlichen Behörden in relativ geringem Umfang und mit wenig Geschick durchgeführt. Dies veranlaßte einen Fachmann wie Anton Ludwig Sombart zunächst zu erheblicher Kritik 30 und schließlich zu einem privaten Modellversuch: Er unternahm die Parzellierung eines von ihm selbst erworbenen Rittergutes und wandelte es im Zeitraum 1886-89 in ein Bauerndorf um 31 . Offenbar führten nicht die ökonomischen und sozialen Zielsetzungen zu einer konsequenten Kolonisationspolitik, sondern die nationalitätenpolitischen Ziele. Die Ausweisung der nicht-naturalisierten Polen aus Preußen im Jahre 1885 wurde durch ein Ansiedlungsgesetz vom 26. April 1886 ergänzt, das der „Germanisierung" Westpreußens und Posens dienen sollte 32 . Dieses Gesetz sollte es dem preußischen Staat ermöglichen, polnische Güter aufzukaufen und zu parzellieren, um darauf deutsche Arbeiter und Bauern anzusiedeln und so in den gemischten Gebieten dem deutschen Bevölkerungsanteil auf lange Sicht zur Mehrheit zu verhelfen. Die preußische Regierung schuf zur Durchführung des Unternehmens eine „Ansiedlungskommission" mit Sitz in Posen; ihr stand ein Fonds von 100 Millionen Mark zu Verfügung, der bis zum 1. Weltkrieg mehrmals erhöht wurde. Auf diese Politik reagierte die polnische Bevölkerung, vor allem der Adel, mit der Gründung von Kreditinstituten, mit deren Hilfe er seinerseits verschuldete polnische Rittergüter aufkaufte, parzellierte und in Bauernstellen umwandelte 33 . Das Ansiedlungsgesetz von 1886 diente in der Folgezeit den Verfechtern einer Politik der inneren Kolonisation, speziell im Hinblick 3 0 Sombart, Anton Ludwig: Die Fehler im Parzellirungs-Verfahren der preußischen Staatsdomänen. - Berlin: Wiegandt, Hempel & Parey 1876. 31 Sombart, Anton Ludwig: Steesow, ein neues Bauerndorf in der Priegnitz, Provinz Brandenburg. In: Landwirthschaftliche Jahrbücher, 18.Band, 1889, S.157-202. Offenbar hat Max Weber das kolonisierte Steesow selbst in Augenschein g e n o m m e n (siehe unten S.808). 3 2 Sering: Kolonisation, S.200ff.; Broszat, Polenpolitik, S. 142ff. 3 3 Sering: Kolonisation, S.243ff.; Bernhard, Ludwig: Das polnische Gemeinwesen im preußischen Staat. Die Polenfrage. - Leipzig: Duncker & Humblot 1907, S. 122ff.
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auf das Institut des Rentenguts, als Modell. Diese Konstruktion sollte eine Eigentumsübertragung gegen feste Rentenzahlungen ermöglichen, was seit dem Ablösungsgesetz vom 2. März 1950 verboten war. Im Juni 1890 beschloß der preußische L a n d t a g ein „Rentengutsgesetz", um so die private Kolonisationstätigkeit zu fördern 3 4 . Daneben setzte von konservativer Seite - verstärkt seit 1890 ein Werben für die Einführung eines „Heimstättenrechts" 3 5 ein, das bäuerlichen Kleinbesitz als Familienbesitz erhalten und vor Z w a n g s vollstreckung schützen sollte. Kritiker sahen in dieser Initiative u.a. den Versuch, ein Kleineigentümer-Proletariat zu schaffen, das auf die vom Großgrundbesitz gebotenen zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten angewiesen wäre 3 6 . Die Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik war die erste empirische Erhebung, die generellen Aufschluß über die bisherigen Auswirkungen der Rentengutsgesetzgebung gab, u n d die - zusammen mit der Arbeit Serings 3 7 - eine Zwischenbilanz der „Germanisierungspolitik" in den Provinzen Posen und Westpreußen zog.
Landarbeiterschaft
und
Sozialdemokratie
Schon der „Congress deutscher Landwirthe" war in seiner Enquête von 1872/73 dem Einfluß der Sozialdemokratie auf die Landarbeiterschaft nachgegangen 3 8 , obgleich die sozialdemokratische Beweg u n g damals erst in geringem Umfang eine zielgerichtete Agitation auf dem Lande betrieb. Seit dem Jahre 1890 nahm die Bedeutung dieses Themas zu. Die SPD hatte in den Reichstagswahlen vom Februar 1890 unter allen Parteien die meisten Stimmen auf sich vereinigen k ö n n e n ; es war ihr sogar gelungen, in einigen ländlichen Wahlkreisen in die Stichwahl gegen die Konservativen zu gelangen 3 9 . Durch diese Erfolge ermutigt, forderten August Bebel u n d 34 Das Gesetz ist abgedruckt in: Preußische Gesetz-Sammlung 1890, S.209-210. Ein Ergänzungsgesetz vom 7. Juli 1891 (Preußische Gesetz-Sammlung 1891, S.279298) erleichterte durch die Organisation der Kreditgewährung die Anwendung der zunächst unpraktikablen Regelungen. Vgl. auch Aal, Arthur: Das preußische Rentengut. - Stuttgart: Cotta 1901, S. 43ff. 35 Grünberg, Carl: Artikel „Heimstättenrecht", Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 5. Band. - Jena: Gustav Fischer 31910, S. 428-443. 36 Siehe Grünberg, Carl: Zur Heimstättenfrage. In: Sozialpolitisches Centralblatt, 1. Jg., Nr. 7, vom 15.2. 1892, S. 87-89. 37 Sering, Kolonisation. 38 Siehe Goltz, Lage, S. XI, Frage Nr. 32 des Fragebogens B. 39 Lehmann, Agrarfrage, S. 11.
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Wilhelm Liebknecht schon vor Ablauf des Sozialistengesetzes auf einer öffentlichen Versammlung in Berlin die „Eroberung des platten Landes" 4 0 . Auf dem Parteitag in Halle vom 12. bis 18. Oktober 1890 wurde eine verstärkte Landagitation beschlossen 4 1 , wobei die östlichen Provinzen mit ihrem hohen Anteil an ländlichen Lohnarbeitern im Zentrum des Interesses standen. Im Februar 1891 erschien im „Vorwärts" ein Artikel mit der Überschrift „Zur Landagitation", der detaillierte organisatorische Anleitungen enthielt 4 2 und später als Flugblatt separat gedruckt wurde. Nicht nur konservative Kreise waren beunruhigt, sondern auch gegenüber Reformen aufgeschlossene Gruppen wie die im Evangelisch-sozialen Kongreß organisierten liberalen Protestanten um Friedrich Naumann. So befaßte sich Paul Göhre im Mai 1891 in einem Artikel mit den „Aufg a b e n des Pfarrers gegenüber der sozialdemokratischen Agitation auf dem L a n d e " 4 3 . Die Landarbeiter-Enquete des Vereins für Socialpolitik versuchte n a c h dem Ende des Sozialistengesetzes, erstmals wieder Informationen über den Einfluß der Sozialdemokraten auf die Landarbeiter zu gewinnen, wenngleich dieses Problem lediglich am Rande der Untersuchung stand. A u c h in diesem Z u s a m m e n h a n g kam den ostdeutschen Provinzen besondere Bedeutung zu.
Zeitgenössische
Kritik und Wirkung
der
Landarbeiterenquete
Die Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik wurde von vielen Seiten a u f g r u n d ihrer methodischen Unzulänglichkeiten und Parteilichkeit zugunsten der Arbeitgeber kritisiert. Schon A n f a n g Februar 1892, also vor Beendigung der Fragebogenaktion, veröf40 So berichtet Anton Ludwig Sombart in: Verhandlungen 1890, S. 29. 41 Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Halle a.S. vom 12. bis 18. Oktober 1890. - Berlin: Verlag der Expedition des „Berliner Volksblatt" 1890, S.39-40. Siehe dazu auch: Saul, Klaus: Der Kampf um das Landproletariat. In: Archiv für Sozialgeschichte 15, 1975, S. 163-208. 42 Vorwärts. Berliner Volksblatt, Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, 8. Jg., Nr. 39, vom 17.2. 1891, S. 1-2, und Nr. 41, vom 18.2. 1891, S. 1-2. Weitere Quellen zur sozialdemokratischen Landagitation in Hübner, Hans und Käthe, Heinz: Lage und Kampf der Landarbeiter im ostelbischen Preußen, B a n d l . - V a d u z : Topos 1977, S.228ff. 43 Göhre, Paul: Aufgaben des evangelischen Pfarrers gegenüber der sozialdemokratischen Agitation auf dem Lande. In: Die christliche Welt. Evangelisch-Lutherisches Gemeindeblatt für Gebildete aller Stände, 5. Jg., Nr. 21, vom 21.5. 1891, Spalte 477-482.
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fentlichte Max Quarck, der Mitglied des Vereins für Socialpolitik und zugleich Sozialdemokrat war, eine Kritik der Erhebungsmethode 44 , welche sich vor allem auf den speziellen Fragebogen und das diesem beigegebene Rundschreiben stützte 45 . Quarck hob vor allem vier Punkte hervor: Erstens seien die methodischen Unzulänglichkeiten, die Gottlieb Schnapper-Arndt schon an der ,,Wucher-Enquete" kritisiert hatte 46 , weitgehend wiederholt worden. Zweitens habe der Verein so qualifizierte Mitglieder wie Karl Bücher, Georg Friedrich Knapp und Schnapper-Arndt nicht zur Ausarbeitung der Fragebogen und der einzuschlagenden Erhebungsmethode herangezogen. Drittens sei von einer Befragung der Landarbeiter selbst abgesehen worden; und schließlich sei die Strukturierung der Fragenkomplexe unzulänglich. Gustav Schmoller rechtfertigte als Ausschußvorsitzender des Vereins die eingeschlagene Vorgehensweise 47 . Die Kritik am Fragebogen sei vorschnell, denn viele der von Quarck vermißten Fragen seien im gerade versandten allgemeinen Fragebogen enthalten. Die Leitung der Enquete sei in die Hände von Hugo Thiel, Max Sering und Johannes Conrad gelegt worden, da diese für die Verhältnisse des deutschen Ostens am sachkundigsten seien und zu häufigeren Konferenzen in Berlin zusammenkommen könnten. Für eine Befragung der Arbeiter selbst schließlich fehlten die finanziellen Mittel. Ausführlich ging der Organisator der Enquete, Hugo Thiel, in seiner Einleitung zur Veröffentlichung der Erhebungsergebnisse auf die Kritik an der Methode ein 48 . Angesichts der geringen Mittel und der knappen Zeit habe der Verein keine Alternative zum gewählten Verfahren einer schriftlichen Befragung der Arbeitgeber auf dem Postwege gehabt. Außerdem könnte man „den Angaben der Arbeitgeber auch ohne Korrektur durch die Arbeiter" vertrauen. Denn in der Landwirtschaft sei das patriarchalische Verhältnis vielfach noch nicht durch ..Strikes und Verleitungen zum Klassenkampf, sowie tiefgreifende Interessengegensätze und Kämpfe" „vergiftet". Da man außerdem nicht ausschließlich nach den Verhältnissen der eigenen Wirtschaft, sondern nach denen des betreffenden Bezirkes 44 Quarck, Max: Eine „ A u f n a h m e " der ländlichen Arbeiterverhältnisse. In: Sozialpolitisches Centraiblatt, 1. Jg., Nr. 6, vom 8.2. 1892, S. 78-79. 45 Siehe unten S. 3 6 - 3 7 . 46 Siehe oben Anm.7. Zur Kritik der Methode siehe Schnapper-Arndt, Gottlieb: Zur Methodologie sozialer Enqueten. - Frankfurt a.M.: Franz Benjamin Auffarth 1888. 47 Schmoller, Aufnahme, S. 105; ebendort im Anschluß findet sich eine „Erwiderung" von Max Quarck, S. 105-106. 48 Thiel, H u g o : Einleitung. In: Die Verhältnisse der Landarbeiter im Deutschen Reich, Band 1 (Schriften des Vereins für Socialpolitik 53). - Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S.XI-XIII (hinfort: Thiel, Einleitung).
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gefragt habe, könne man annehmen, „daß der Berichterstatter sich weniger scheuen werde, auf die Fehler im allgemeinen einzugehen, als die Schwächen seines eigenen Betriebes zu offenbaren". Natürlich seien auch „subjektive Urtheile", vom „Standpunkt des Arbeitgebers gefärbt", unterlaufen; diese seien aber leicht zu erkennen. Gegen eine direkte Befragung des Landarbeiters spräche neben den schon erwähnten technischen und finanziellen Problemen der Umstand, daß dieser „in den meisten Fällen geistig so wenig entwikkelt und über sein Selbstinteresse so wenig klar" sei, „daß eine kurze Vernehmung wahrscheinlich wenig Bedeutsames und Wertvolles zu Tage gefördert haben würde" 4 9 . Vergleicht man die Methode und Organisation der Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik mit früheren Unternehmungen dieser Art 50 , so steht sie in der Tradition der preußischen Landarbeiterenqueten des 19. Jahrhunderts. Wie die Erhebungen des „Preußischen Landes-Oeconomie-Collegiums" von 1848/49 51 und des „Congresses deutscher Landwirthe" von 1872/73 52 wandte sie sich ausschließlich an die in den landwirtschaftlichen Vereinen organisierten Arbeitgeber in der Form einer schriftlichen Befragung. In allen drei Fällen fand ein Zusammenwirken von ländlichen Arbeitgebern und ihren Interessenvertretungen mit der Landwirtschaftsverwaltung unter Heranziehung von Experten statt. Die Enquete des Vereins für Socialpolitik übernahm von der 1872/73er-Erhebung sogar die Unterteilung in einen speziellen Fragebogen zur Erfassung der Lohnverhältnisse und einen allgemeinen Fragebogen 53 . Diese enge Anlehnung an die früheren Erhebungen führten zu methodischen Mängeln und einseitiger Berücksichtigung der Arbeitgeberperspektive, die unter den veränderten sozialen und politischen Verhältnissen der frühen 1890er Jahre nicht nur von sozialdemokratischer, sondern auch von liberaler Seite kritisiert wurden 54 . Dennoch konnte Max Weber auf der Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik 1893 wohl zurecht feststellen, daß die Erhebung bezüglich der „Entwickelungstendenzen in der Arbeitsverfassung des Ostens und über gewisse hochpolitische Fragen inbetreff der Zukunft der ländlichen Arbeitsverfassung", 49 Thiel, Einleitung, S. XII. 50 Siehe dazu Oberschall, Anthony: Empirical Social Research in Germany 1848-1914. - Paris, The Hague: Mouton & Co. 1965, S.21-27 (hinfort: Oberschall, Research). 51 Lengerke, Arbeiterfrage. 52 Goltz, Lage. 53 Siehe auch Oberschall, Research, S. 25-26. 54 So u.a.: Berliner Tageblatt, Nr.658, vom 27.12. 1892, S.2; Frankfurter Zeitung, Nr. 79, vom 20.3. 1893, Morgenblatt, S.1.
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wertvolle Ergebnisse geliefert habe, obgleich sie „nur eine Arbeitgeberenquête gewesen ist" 55 . Weber konnte darüberhinaus über die organisatorischen Schwierigkeiten berichten, diesen methodischen Mangel durch eine direkte Befragung der Landarbeiter zu beheben. Denn er hatte im Rahmen des Evangelisch-sozialen Kongresses zusammen mit Paul Göhre 5 6 als Ergänzung zur Enquête des Vereins für Socialpolltik eine neue Erhebung organisiert, bei der Fragebogen an Landgeistliche versandt wurden 57 . Die Pfarrer sollten die Daten im Wege einer direkten Befragung von Landarbeitern erheben. Die Pfarrer seien dabei auf erhebliches Mißtrauen gestoßen und würden seitdem als „Socialdemokraten" betrachtet. Zwar seien die Antworten in qualitativer Hinsicht „geradezu hervorragend", In quantitativer Hinsicht jedoch „recht unbefriedigend", da von 15 000 verschickten Fragebogen nur 500-600 zurückgesandt worden seien 58 . Trotz der offenkundigen methodischen Mängel und Einseitigkeiten, die der Verein für Socialpolltik angesichts der finanziellen, personellen, organisatorischen und terminmäßigen Rahmenbedingungen wohl kaum vermeiden konnte, bot die Landarbelterenquête wertvolle Informationen. Nicht zuletzt diente sie dem angestrebten Zweck, die Landarbeiterfrage als zentrales Gesellschaftsproblem Deutschlands Im Übergang vom Agrar- zum Industriestaat ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu rufen. 55 Weber, Max: Die ländliche Arbeitsverfassung. Referat. In: Verhandlungen der am 20. und 21. März 1893 in Berlin abgehaltenen Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik über die ländliche Arbeiterfrage und über die Bodenbesitzverteilung und die Sicherung des Kleingrundbesitzes, hg. vom Ständigen Ausschuß (Schriften des Vereins für Socialpolitik 58). - Leipzig: Duncker & Humblot 1893, S.63 (hinfort: Verhandlungen 1893). 56 Der Generalsekretär des Evangelisch-sozialen Kongresses brachte in das Unternehmen die Erfahrungen ein, die er bei seiner Reportage aus der industriellen Arbeitswelt gewonnen hatte (vgl. Göhre, Paul: Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche. - Leipzig: Fr. W. Grunow 1891), Weber seine Kenntnisse aus der Erhebung des Vereins für Sozialpolitik, die er in einer Artikelserie publiziert hatte. Vgl. Weber, Max: „Privatenqueten" über die Lage der Landarbeiter, 1-3. In: Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, Nr. 4, S. 3 - 5 , Nr. 5, S . 3 - 6 , Nr. 6,S. 1 - 5 , April-Juli 1892 (MWG I/4). 57 Für nähere Informationen siehe Max Webers Vorbemerkung in: Goldschmidt, S.: Die Landarbeiter in der Provinz Sachsen, sowie den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt (Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, hg. von Max Weber, 1. Heft). - Tübingen: H. Laupp 1899, S. 1-11 (MWGI/4; hinfort: Weber, Vorbemerkung). 58 Siehe Weber In: Verhandlungen 1893, S.63. Diese Zahlenangabe stammt vom März 1893. Bis Juni erhöhte sich der Rückkauf auf etwa 1000 Fragebogen (siehe Weber, Vorbemerkung, S.8).
Einleitung
Zur Bedeutung
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des Beitrags Max Webers
Die Landarbeiterenquête des Vereins für Socialpolitik erstreckte sich zwar auf das gesamte Gebiet des Deutschen Reiches, doch die Eigenart der Agrar- und Sozialstruktur der ostelbischen Provinzen Preußens gab dieser Region eine herausragende Bedeutung. In ihr verband sich die Landarbeiterfrage ganz unmittelbar mit der Handels- und Siedlungspolitik sowie mit der Auswanderungs- und Nationalitätenfrage. Vor allem die Gefährdung der ökonomischen Grundlagen und somit der gesellschaftlichen Stellung des preußischen Landadels erhöhte noch die politische Bedeutung der Landarbeiterproblematik im deutschen Osten. Allein schon aus diesen Gründen fand der Teil der Enquête, den der Ausschuß des Vereins für Socialpolitik Max Weber zur Bearbeitung anvertraut hatte, besondere Aufmerksamkeit. Darüber hinaus wurde die Arbeit Max Webers von konservativer, liberaler und sozialdemokratischer Seite wegen seines geschickten Umgangs mit den methodischen Unzulänglichkeiten der Erhebung und seiner systematischen Entfaltung der komplexen Problemlage gelobt 5 9 . Politisch so gegensätzlich orientierte Autoren wie Theodor v.d. Goltz und Karl Kautsky zitierten seine Ergebnisse ausführlich 60 . Die politische Bedeutung von Webers Ausarbeitung kam exemplarisch in einer Kontroverse zwischen der liberalen „National-Zeitung" und der konservativen „Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung" zum Ausdruck. Die „National-Zeitung" hatte in einem Leitartikel über „Die Klagen des östlichen Großgrundbesitzes" vom 2. Februar 1893 die konservativen Positionen in der Agrar- und Handelspolitik angegriffen 61 . Daraufhin veröffentlichte die „Kreuz-Zeitung" am gleichen Tag einen Gegenartikel, in dem sie Max Weber durch ausgewählte Zitate aus der Schlußbetrachtung seines Bandes zum Kronzeugen für die historischen Verdienste der ostelbischen Großgrundbesitzer machte 62 . Dazu schrieb Max Weber in einem Brief an Lujo Brentano: 59 Siehe dazu die Kritik von Theodor v.d. Goltz (Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge, 5. Band, 1893, S. 752-762), die Äußerungen von Georg Friedrich Knapp (Verhandlungen, 1893, S.7) und eine ,,-ms." signierte Rezension (Die Neue Zeit, 11. Jg., 1.Bd„ Nr. 19, 1892-1893, S. 594-600). 60 Vgl. Goltz, Theodor v.d.: Die ländliche Arbeiterklasse und der preußische Staat. - Jena: Gustav Fischer 1893, sowie Kautsky, Karl: Die Agrarfrage. - Stuttgart: J.H.W. Dietz Nachf. 1899. 61 Siehe National-Zeitung, [Berlin], Nr. 74, vom 2.2. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1, Sp. 1-3. 62 Siehe Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung, [Berlin], Nr.56, vom 2.2. 1893, AbendAusgabe, S. 1, Sp. 1-3.
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Einleitung
„Ein persönliches Verdienst habe ich d e n östlichen J u n k e r n nicht zuschreiben wollen, nur - den Verhältnissen n a c h - ein relatives Verdienst der Art der sozialen Organisation. [...] Vielleicht bin ich ja eher etwas zu weit g e g a n g e n , - d a s hatte aber seinen G r u n d darin, daß ich im Interesse der Objektivität glaubte, die uns Liberalen n a t u r g e m ä ß i n n e w o h n e n d e A b n e i g u n g g e g e n die östlichen Großbesitzer u n t e r d r ü c k e n zu müssen. Ich werde auf d e m C o n g r e ß bestrebt sein, keinen Zweifel über die Bedingtheit dieser A n e r k e n n u n g bestehen zu lassen, um A u s b e u t u n g e n im a g r a r i s c h e n Interesse wie sie die Impertinenz der .Kreuzzeitung' versucht hat, zu verhüten." 6 3
G l e i c h w o h l bediente sich der Chefredakteur der „ K r e u z - Z e i t u n g " u n d konservative R e i c h s t a g s a b g e o r d n e t e Wilhelm von H a m m e r stein in einer Reichstagsdebatte a m 14.2. 1893 der Arbeit Webers, um die Vorteilhaftigkeit einer patriarchalischen Arbeitsverfassung für die Landarbeiter zu belegen 6 4 . A u f m e r k s a m k e i t verdienen die V e r b i n d u n g e n Max Webers in diesem Zeitraum zu f ü h r e n d e n Vertretern der Sozialdemokratie. So korrespondierte Weber mit A u g u s t Bebel über d a s Problem, wie mit den L a n d a r b e i t e r n in direkten Kontakt zu treten sei 65 ; u n d G e o r g v o n Vollmar, dem g e m ä ß i g t e n Führer der bayerischen Sozialdemokraten, ü b e r s a n d t e er ein Exemplar seines B a n d e s der Landarbeitererhebung 6 6 . B r u n o Schoenlank, der z u s a m m e n mit Max Q u a r c k als erster Sozialdemokrat an der G e n e r a l v e r s a m m l u n g des Vereins für Socialpolitik im März 1893 teilnahm 6 7 u n d mit Vollmar zu den Initiatoren eines A n t r a g s auf die A u s a r b e i t u n g eines s o z i a l d e m o k r a tischen A g r a r p r o g r a m m s gehörte, stützte sich bei seinen A u s f ü h 63 Brief M a x W e b e r s a n L u j o B r e n t a n o v o m 20. F e b r u a r 1893, B A K o b l e n z , NI. B r e n t a n o , Nr. 67, Bl. 1 7 7 - 1 7 8 . D i e K l a r s t e l l u n g e r f o l g t e a u f d e r G e n e r a l v e r s a m m l u n g d e s V e r e i n s a m 20. M ä r z ( V e r h a n d l u n g e n 1893, S. 7 4 - 7 5 ) . Z u r p o l i t i s c h e n E i n s t e l l u n g W e b e r s in d e n 1 8 9 0 e r J a h r e n s i e h e M o m m s e n , M a x W e b e r 2 , S. 1 - 7 2 , s o w i e T r i b e , K e i t h : P r u s s i a n a g r i c u l t u r e - G e r m a n p o l i t i c s : M a x W e b e r 1 8 9 2 - 7 . In: E c o n o m y a n d S o c i e t y , V o l . 12, Nr. 2, M a i 1983, S. 1 8 1 - 2 2 6 . 64 S i e h e S t e n o g r a p h i s c h e B e r i c h t e ü b e r d i e V e r h a n d l u n g e n d e s R e i c h s t a g s , VIII. L e g i s l a t u r p e r i o d e , II. S e s s i o n , 1 8 9 2 / 9 3 , 43. S i t z u n g , S. 1037. S e l b s t 1 8 9 9 w u r d e d i e E n q u ê t e u n d speziell W e b e r s Beitrag n o c h G e g e n s t a n d einer D e b a t t e im preußischen L a n d t a g (Stenographische Berichte des preußischen Abgeordnetenhauses, 19. L e g i s l a t u r p e r i o d e , I. S e s s i o n , Erster B a n d , 1899, S. 4 8 3 - 4 8 4 u n d S. 5 1 9 - 5 2 0 ) u n d einer a n s c h l i e ß e n d e n literarischen A u s e i n a n d e r s e t z u n g zwischen M a x W e b e r u n d d e m p r e u ß i s c h e n F i n a n z m i n i s t e r J o h a n n e s v. M i q u e l . S i e h e W e b e r , M a x : H e r r v. M i q u e l u n d d i e L a n d a r b e i t e r - E n q u ê t e d e s V e r e i n s f ü r S o z i a l p o l i t i k . In: S o z i a l e P r a x i s , 8. Jg., Nr. 24, v o m 16.3. 1899, S p . 6 4 0 - 6 4 2 ( M W G I/4), s o w i e d i e R e p l i k M i q u e l s e b d . Nr. 25, v o m 2 3 . 3 . 1899, S p . 6 6 8 - 6 6 9 . 65 66 NI. 67
W e b e r i n : V e r h a n d l u n g e n 1893, S . 6 3 . Brief M a x W e b e r s a n G e o r g v o n V o l l m a r v o m 13. D e z e m b e r 1891 (IlSg A m s t e r d a m , v. V o l l m a r 2 2 2 1 ) . B o e s e , G e s c h i c h t e , S. 68.
Einleitung
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rungen auf dem SPD-Parteitag 1894 in Frankfurt a.M. ausdrücklich auf die Untersuchungsergebnisse Max Webers 68 . Für Weber eröffnete die Arbeit an der Landarbeiterenquete einen Themenbereich, dem er viele Jahre verbunden blieb und zahlreiche Veröffentlichungen widmete 69 . Innerhalb kurzer Zeit profilierte sich der Jurist Max Weber als Experte für agrarpolitische Fragen und schuf dadurch die Voraussetzung für seine Berufung auf den nationalökonomischen Lehrstuhl in Freiburg 70 . 68 Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Frankfurt a.M. vom 21. bis 27. Oktober 1894. Berlin: Verlag der Expedition des „Vorwärts" 1894, S. 135-138, speziell S. 137. 69 Vgl. insbesondere die im B a n d 4 der Max-Weber-Gesamtausgabe veröffentlichten Aufsätze, die Schriften zum Börsenwesen (MWG I/5) sowie den Aufsatz „Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur Fideikomißfrage in Preußen", in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19, 3. Heft, 1904, S. 5 0 3 - 5 7 4 (MWG I/8). 70 Weber wurde von der Fakultät am 6. Juli 1893 auf den ersten Platz der Berufungsliste gesetzt und erhielt im Frühjahr 1894 den Ruf, den er zum Wintersemester 1894/95 annahm. Siehe Universitäts-Archiv Freiburg, Phil. Fak., Protokolle 1886ff„ B I . 2 3 3 235; sowie Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S. 210-213.
Editorischer Bericht
I. Zur
Entstehung
Auf einer Sitzung des Ausschusses des Vereins für Socialpolitik am 26. September 1890 schlug Max Sering, der Nachfolger von Gustav Schmoller auf dem nationalökonomischen Lehrstuhl der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, ein neues Projekt vor: eine Untersuchung der Landarbeiterverhältnisse im Deutschen Reich 1 . Der Ausschuß stimmte zu und beauftragte Sering, Hugo Thiel, Geheimer Oberregierungsrat im preußischen Landwirtschaftsministerium, und Johannes Conrad, Professor der Staatswissenschaften an der Universität Halle, einen Vorschlag für die in diesem Projekt einzuschlagende Verfahrensweise auszuarbeiten. Im Frühjahr 1891 kamen Sering, Thiel und Conrad überein, eine Enquête zu veranstalten, die nicht nur Detailinformationen in tabellarischer Form, sondern auch „abgerundete Schilderungen der betreffenden Verhältnisse" präsentieren sollte 2 . Sie schlugen deshalb die Ausarbeitung von zwei Fragebogen vor, einem speziellen, der zur Ermittlung exakter Daten über die Lohnverhältnisse der Landarbeiter dienen sollte, und einem allgemeinen, mit dessen Hilfe die Entwicklung der Landarbeiterschaft und ihre Auswirkung vornehmlich auf das System der Gutswirtschaft erfaßt werden könnten. Hinsichtlich der Autorschaft an den Fragebogen 3 , die beide wenige Monate später ausgearbeitet vorlagen, gibt es zwei einander widersprechende Darstellungen. Marianne Weber berichtet, Max Weber sei der Verfasser der Fragebogen gewesen: „Weber nimmt um 1890/91 im A u f t r a g des Vereins die Erforschung der Landarbeiterverhältnisse in die Hand. Eine Enquete wird veranstaltet, für die er den a n die G r u n d h e r r e n gerichteten F r a g e b o g e n entwirft." 4
1 Grundlage der folgenden Darstellung der Durchführung der Enquête ist die allgemeine „Einleitung" von Hugo Thiel. In: Die Verhältnisse der Landarbeiter In Deutschland. Erster Band (Schriften des Vereins für Socialpolitik 53). - Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S.VII-XXIV (hinfort: Thiel, Einleitung); siehe dort besonders S. VII. 2 Ebd. 3 Beide Fragebogen werden aufgrund ihrer Bedeutung für die Genese des Weberschen Textes unten S. 37-47 abgedruckt. 4 Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S. 135-136.
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Demgegenüber kann man der Schilderung von Hugo Thiel, dem wie schon bei früheren Vereinserhebungen 5 - die technische Abwicklung des Unternehmens oblag, entnehmen, daß der Entwurf für die Fragebogen von Max Sering stammte. In die Endredaktion, die etwa im Spätsommer 1891 erfolgte, seien Modifizierungsvorschläge von Conrad und Thiel eingegangen 6 . Für Thiels Darstellung sprechen mehrere Gründe: Während es sich bei ihr um die offizielle Einleitung zur Veröffentlichung der Erhebungsergebnisse handelte, verfaßte Marianne Weber ihre Version aus der Rückschau von mehr als dreißig Jahren. An die Vorgeschichte der Erhebung konnte sie keine persönlichen Erinnerungen haben, da sie zu dieser Zeit Max Weber noch nicht kannte. Sie erwähnt auch nur einen Fragebogen, nicht - wie es korrekt wäre zwei. Überdies gibt Marianne Weber selbst noch eine andere Darstellung: „Weber habilitiert sich [...] im Frühjahr 1892 in Berlin für römisches, deutsches u n d Handelsrecht. Er g ö n n t sich k a u m eine Atempause und übernimmt um dieselbe Zeit im Auftrag des Vereins für Sozialpolitik eine Erhebung über die Lage der ostelbischen L a n d a r b e i t e r . " 7
Diese Darstellung fügt sich zeitlich und inhaltlich gut in die anderen, uns überlieferten Informationen ein. Weber wurde am 1. Februar 1892 zum Privatdozenten ernannt, und am 11. Februar schrieb Thiel an Schmoller, Weber habe sich zur Mitarbeit an der Landarbeitererhebung bereit erklärt 8 . Da zu diesem Zeitpunkt schon etwa 1500 Exemplare des Fragebogens I beantwortet zurückgekommen waren und der Fragebogen II gerade verschickt wurde 9 , ist eine Mitwirkung Webers an der Ausarbeitung der Fragebogen unwahrscheinlich. Der Irrtum Marianne Webers kam vermutlich dadurch zustande, daß sie den Fragebogen der Landarbeitererhebung des Evangelisch-sozialen Kongresses, an dessen Formulierung Max Weber im Jahre 1892 mitgewirkt hat 10 , mit dem Fragebogen der Enquête des Vereins für Socialpolitik verwechselte. Für die Richtigkeit der Schilderung Thiels spricht außerdem, daß Weber selbst in einem Debattenbeitrag auf der Generalversammlung des Vereins im März 1893 5 So u.a. die stark umstrittene Enquête: Der Wucher auf dem Lande (Schriften des Vereins für Socialpolitik 35). - Leipzig: Duncker & Humblot 1887. 6 Thiel, Einleitung, S. VIII. 7 Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S. 122. 8 ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 167. 9 Ebd. 10 Siehe Weber, Max: Vorbemerkung, in: Goldschmidt, S.: Die Landarbeiter in der Provinz Sachsen, sowie den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt (Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, hg. von Max Weber, I . H e f t ) . - T ü b i n g e n : H. Laupp 1899, S. 1—11 (MWGI/4).
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eine Formulierung gebrauchte, aus der hervorgeht, daß er an der Erstellung der F r a g e b o g e n nicht beteiligt war 1 1 . Weber hätte sich a n s o n s t e n zweifellos in einem seiner zahlreichen Artikel über die Enquete 1 2 g e r a d e angesichts der heftigen Kritik an ihrer M e t h o d e als A u t o r der F r a g e b o g e n bekannt. Die o r g a n i s a t o r i s c h e Vorbereitung u n d A b w i c k l u n g der L a n d a r beiterenquete lag in den H ä n d e n v o n H u g o Thiel. Dieser hatte s c h o n in den 1880er Jahren U n t e r s u c h u n g s p r o j e k t e des Vereins geleitet. Darüber h i n a u s verfügte er als Geheimer Oberregierungsrat im preußischen Landwirtschaftsministerium und als Generalsekretär des Preußischen L a n d e s - Ö k o n o m i e k o l l e g i u m s über herv o r r a g e n d e K o n t a k t e zur L a n d w i r t s c h a f t s v e r w a l t u n g u n d zu den landwirtschaftlichen Zentralvereinen in Preußen. Thiels f ü h r e n d e Rolle bei der E r h e b u n g zeigte sich u.a. darin, d a ß er die Mitarbeiter a n w a r b , dem Vereinsausschuß über das Projekt Bericht erstattete 1 3 u n d schließlich die Einleitung zur V e r ö f f e n t l i c h u n g der Ergebnisse der L a n d a r b e i t e r e n q u e t e verfaßte. Der Vereinsausschuß w u r d e v o n der gewählten E r h e b u n g s m e t h o d e lediglich d u r c h Zirkular im Sommer 1891 informiert. Seine offizielle Z u s t i m m u n g dazu erfolgte erst auf der A u s s c h u ß s i t z u n g im März 1892 14 , also n a c h A b s c h l u ß der F r a g e b o g e n a k t i o n . Dies deutet d a r a u f hin, d a ß Thiel bei seinem Vorg e h e n d a s volle Einverständnis des Ausschußvorsitzenden Gustav Schmoller besaß, der ja a u c h die literarische Verteidigung der Erheb u n g s m e t h o d e g e g e n ü b e r der von Max Q u a r c k im Februar 1892 geäußerten Kritik übernahm 1 5 . 11 Weber formulierte: „Daß Mängel des bisherigen Fragebogens vorhanden waren, verkenne ich nicht und auch seine Urheber nicht." Verhandlungen der am 20. und 21. März 1893 in Berlin abgehaltenen Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik über die ländliche Arbeiterfrage und die Sicherung des Kleingrundbesitzes, hg. vom Ständigen Ausschuß. - Leipzig: Duncker & Humblot 1893, S. 130 (MWGI/4; hinfort: Verhandlungen 1893). 12 Vgl. Weber, Max: Die Erhebung des Vereins für Socialpolitik über die Lage der Landarbeiter I—VI. In: Das Land. Zeitschrift für die sozialen und volkstümlichen Angelegenheiten auf dem Lande, 1.Jg., Nr. 1, vom 1.1. 1893, S . 8 - 9 ; Nr.2, vom 15.1. 1893, S.24-26; Nr.3, vom 1.2. 1893, S.43-45; Nr.4, vom 15.2. 1893, S.58-59; Nr.8, vom 15.4. 1893, S. 129-130; Nr. 9, vom 1.5. 1893, S. 147-148; sowie ders.: Wie werden einwandfreie Erhebungen über die Lage der Landarbeiter angestellt? In: Das Land, 1. Jg., Nr. 4, vom 15.2. 1893, S. 59-60 (Alles in MWG I/4). 13 Bericht über die Sitzung des Ausschusses des Vereins für Socialpolitik. Berlin, 13. März 1892, vormittags 10 Uhr, im Sitzungssaal des Ministeriums für Landwirtschaft, ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 66, BI.2 (hinfort: Ausschußbericht vom 13. März 1892). 14 Thiel, Einleitung, S. VII. 15 Siehe Quarck, Max: Eine „Aufnahme" der ländlichen Arbeiterverhältnisse. In: Sozialpolitisches Centralblatt, 1.Jg., Nr.6, vom 8.2. 1892, S.78-79 (hinfort: Quarck,
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Im Sommer 1891 begann Hugo Thiel mit der Abwicklung der Erhebung. In einem Rundschrelben vom 3. Juli 1891 wandte er sich an die Generalsekretäre der landwirtschaftlichen Zentralvereine 16 , die er mit den Zielen der Enquete vertraut machte und um Unterstützung In dreierlei Hinsicht bat. Sie sollten Ihm zum einen eine Namensliste von Landwirten zusenden, die zur Beantwortung des speziellen Fragebogens In Frage kämen. Zum zweiten sollten sie Vorschläge für eine Unterteilung ihres Vereinsgebiets in Bezirke mit ähnlichen Verhältnissen unterbreiten. Und schließlich erbat er die Namen von Persönlichkeiten, die als Generalberichterstatter eine zusammenfassende Darstellung der Verhältnisse in den einzelnen Bezirken ausarbeiten könnten. Die Antworten erbat Thiel bis zum 1. September 1891. Bei der Versendung der Fragebogen, die sich aus Geldmangel um einige Monate verzögerte, verfügte man über die Anschrift von nahezu viertausend Personen 17 , die die landwirtschaftlichen Vereine vermittelt hatten. Der spezielle Fragebogen (I) wurde im Dezember 1891 an insgesamt 3180 Landwirte versandt. Ein Begleitschreiben 18 enthielt die Bitte, ihn ausgefüllt bis Ende Januar 1892 an den Ausschuß des Vereins für Socialpolitik zurückzusenden. Mitte Februar 1892 folgte der allgemeine Fragebogen (II), der insgesamt 562 Berichterstattern zugestellt wurde, die man In einem Begleitschreiben 19 um Beantwortung bis Monatsende bat. Der Rücklauf der Fragebogen wurde von Thiel überaus positiv beurteilt. Insgesamt kamen vom speziellen Fragebogen 2277 (71,6%) und vom allgemeinen 291 (51,8%) beantwortet zurück 20 . Allerdings trafen 277 Spezlal- und 40 Generalberichte erst nach dem 13. März ein 21 . Schon vor der Versendung der allgemeinen Fragebogen ließ man den ursprünglichen Plan fallen, zunächst die Spezialberichte aus den Kreisen, die man anhand der Vorschläge der landwirtschaftlichen Vereine zu regionalen Einheiten zusammengefaßt hatte, an Generalberichterstatter zu „Aufnahme"); Schmoller, Gustav: Eine Aufnahme der ländlichen Arbeiterverhältnisse. In: Sozialpolitisches Centraiblatt, 1.Jg., Nr.8, vom 22.2. 1892, S. 105 (hinfort: Schmoller, Aufnahme). Daran schließt sich eine „Erwiderung" von Quarck (S. 105106) (hinfort: Quarck, Erwiderung). 16 Das Anschreiben befindet sich im ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 168-169 und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Archivs unten S. 34-35 abgedruckt. 17 Thiel, Einleitung, S. Vit—VIII. 18 Das Anschreiben zu Fragebogen I (siehe Thiel, Einleitung, S. VIII—IX) findet sich im Anhang zu diesem Editorischen Bericht, S. 36-37. 19 Das Anschreiben zu Fragebogen II (siehe Thiel, Einleitung, S. IX-X) findet sich Im Anhang zu diesem Editorischen Bericht, S. 45-46. 20 Thiel, Einleitung, S.X. 21 Ausschußbericht vom 13. März 1892.
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senden, und deren darauf aufbauende Schilderungen zu publizieren, wie es noch das Anschreiben zum Fragebogen I vom Dezember 1891 ankündigte 2 2 . Statt dessen bildete man größere Gebietseinheiten, wobei man sich neben politischen und verwaltungsmäßigen Grenzen an Ähnlichkeiten in der Arbeitsverfassung, Bodenbewirtschaftung und Grundbesitzverteilung orientierte. Die Auswertung der Spezial- und Generalberichte übertrug man sechs jüngeren Wissenschaftlern. Zu dieser Umorganisation kam es - nach Thiel - in erster Linie aus Zeitmangel 23 . Denn die Enquête sollte rechtzeitig vor der auf Ende September 1892 in Posen angesetzten Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik gedruckt vorliegen. Die Regionen wurden folgendermaßen auf die sechs Mitarbeiter verteilt, Karl Kaerger übernahm den nordwestdeutschen Raum, Hermann Losch Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen. Kuno Frankenstein wurden Hohenzollern, die Regierungsbezirke Wiesbaden und Kassel, Thüringen, Bayern, das Großherzogtum Hessen und das Königreich Sachsen übertragen. Friedrich Großmann wertete die Berichte aus den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt sowie weiten Teilen der Provinzen Schleswig-Holstein, Sachsen und Hannover aus. Die Rheinprovinzen und das benachbarte Fürstentum Birkenfeld bearbeitete Otto Auhagen. Das ostelbische Deutschland unter Einschluß des zu Schleswig-Holstein gehörenden preußischen Kreises Herzogtum Lauenburg schließlich vertraute man Max Weber zur Ausarbeitung an 24 . Die Werbung der Mitarbeiter begann schon vor der Versendung des allgemeinen Fragebogens im Februar 1892 und war zur Ausschußsitzung am 13. März abgeschlossen. Hugo Thiel schrieb am 11. Februar an Gustav Schmoller: „Dr. Weber, Dr. Großmann & Dr. Frankenstein haben sich schon bereit erklärt, an der Sache mitzuar22 Siehe unten S.36. 23 Daneben erwähnte Thiel die Materialfülle. Mitte Februar waren schon ca. 1500 Exemplare des Fragebogens I beantwortet eingegangen (Thiel, Einleitung, S. IX—XI). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch Max Quarcks scharfe Kritik vom 8. Februar 1892 an der Erhebungsmethode, in der er wissenschaftlich geschulte Kräfte zumindest für die Erstellung der Generalberichte forderte. Siehe Quarck, „Aufnahme", S. 79. 24 Die Beiträge aller Autoren wurden unter dem Generaltitel: Die Verhältnisse der Landarbeiter in Deutschland, Erster bis Dritter Band (Schriften des Vereins für Socialpolitik 53-55). - Leipzig: Duncker & Humblot 1892, veröffentlicht, trugen aber jeweils noch separate Titel. Bei den Bearbeitern handelte es sich zumeist um Wissenschaftler, die am Anfang ihrer Karriere standen. Einer davon, Otto Auhagen, war sogar noch Student. Lediglich Karl Kaerger, Privatdozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, konnte aufgrund seines Buches (Kaerger, Karl: Die Sachsengängerei. - Berlin: P. Parey 1890) als Experte für die Landarbeiterfrage, speziell im deutschen Osten, gelten.
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beiten." 2 5 Das Protokoll der Ausschußsitzung vermerkt die Namen aller sechs Bearbeiter 26 . Warum man den Juristen Max Weber in die Landarbeiterenquete einbezog und ihm den wichtigsten Teil der Erhebung übertrug, wo doch mit Karl Kaerger ein Fachmann für die Landarbeiterfrage Im deutschen Osten bereitstand, konnte nicht geklärt werden. Vermutlich spielten Webers Kontakte Im staatswissenschaftllch-statistischen Seminar der Universität Berlin eine Rolle. Dort lehrten der Ausschußvorsitzende des Vereins, Gustav Schmoller, und August Meltzen, unter dessen Betreuung Weber seine Habilitationsschrift verfaßt hatte 27 und der gleichfalls dem Ausschuß angehörte 28 . Auch zu Max Serlng, dem Initiator der Erhebung, hatte Weber lange Beziehungen, die in einer gemeinsamen Vogesenwanderung Im September 1892 29 und vor allem In Webers öffentlicher Titulierung Serings als „mein verehrter älterer und erfahrener Freund" auf der Generalversammlung des Vereins Im März 189330, zum Ausdruck kommen. Für Weber bedeutete der Auftrag die Chance, seiner Inter25 ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 167. In demselben Brief kündigt Thiel die Versendung der allgemeinen Fragebogen „in diesen Tagen" an. 26 Ausschußbericht vom 13. März 1892. 27 Weber, Max: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staatsund Privatrecht. - Stuttgart: F. Enke 1891 (MWG I/2). Diese Schrift ist Meltzen gewidmet und stellt Webers Vertrautheit mit den ostelbischen Agrarverhältnissen unter Beweis, die sich u.a. in der A n w e n d u n g von deren Terminologie auf die spätrömischen Verhältnisse und in Vergleichen zwischen beiden äußert. 28 W a n n Max Weber Mitglied des Vereins für Socialpolltik wurde, Ist nicht überliefert. W ä h r e n d Marianne Weber die Zeit um 1890 bezeichnet (Lebensbild 1 , S. 133-139), nennt Eduard Baumgarten das Jahr 1888 (Max Weber - Werk und Person. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1964, S.687). Im Mitgliederverzeichnis von 1890 ist Webers Name jedoch nicht aufgeführt (Verhandlungen der am 26. und 27. September 1890 in Frankfurt a.M. abgehaltenen Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik über die Reform der L a n d g e m e i n d e o r d n u n g in Preußen und über Arbeitseinstellungen und die Fortbildung des Arbeitsvertrags, hg. vom Ständigen Ausschuß, Schriften des Vereins für Socialpolitik 47. - Leipzig: Duncker & Humblot 1890, S. 281-288). Möglicherweise spielten bei Webers Beauftragung a u c h Kontakte im Evangelisch-sozialen Kongreß eine Rolle, dessen Agrarexperte Moritz Nobbe als Landesökonomierat über Beziehungen sowohl zum Landwirtschaftsministerium als auch zu den N a t i o n a l ö k o n o m e n der Berliner Universität und der Landwirtschaftlichen Hochschule verfügte. Weber arbeitete im Kongreß seit dessen G r ü n d u n g 1890 mit u n d veröffentlichte ab April 1892 in dessen „Mitteilungen" Artikel zur Landarbeiterfrage. Vgl. Weber, Max: „Privatenqueten" über die Lage der Landarbeiter 1 - 3 . In: Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, Nr.4, vom 1.4. 1892, S.3—5; Nr. 5, vom 1.6. 1892, S . 3 - 6 ; Nr. 6, vom 1.7. 1892, S . 1 - 5 (MWG I/4). 29 Siehe Webers Brief an Clara Weber vom 21. September 1892 (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 23, Bl. 6 - 8 ) . 30 Weber, Max: Die ländliche Arbeitsverfassung. Referat. In: Verhandlungen 1893, S.81.
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essenverschiebung von juristischen zu nationalökonomischen und politischen Fragestellungen sichtbaren Ausdruck zu verleihen 31 . In mehreren Konferenzen legten die Organisatoren der Enquête mit den Bearbeitern die Kriterien für die Auswertung der Fragebogen fest. In erster Linie sollten die Erhebungsdaten in geordneter Form präsentiert und die subjektiven Urteile der Berichterstatter als solche gekennzeichnet werden. Den Bearbeitern wurde freigestellt, darüber hinaus kausale Zusammenhänge, historische Entwicklungen und kritische Anmerkungen in ihre Darstellungen einzuarbeiten, sofern das Material dies erlaube. Max Weber konnte seine Ausarbeitung frühestens Mitte Februar mit der Sichtung der speziellen Fragebogen, die bis dahin aus den ihm zugeordneten Regionen eingegangen waren, beginnen, mit einer ersten Auswertung der allgemeinen Fragebogen keinesfalls vor Anfang März. Angesichts des geplanten Publikationstermins „rechtzeitig" ,,vor der nächsten Generalversammlung" 3 2 , also spätestens Mitte September, blieben ihm zur Fertigstellung seines Manuskripts kaum sechs Monate. Doch schon am 7. Juli bestätigte der Verlag Duncker & Humblot den Eingang der ersten Manuskriptteile 33 . Als die Generalversammlung in Posen Anfang September wegen einer Choleraepidemie abgesagt werden mußte und auf das Frühjahr 1893 verlegt wurde, war Webers Beitrag fertig gesetzt. Die Eile bei der Bearbeitung des Materials hatte, wie Weber mit Bedauern feststellte, ihre Spuren hinterlassen. Er schrieb darüber: „Der auf Ende September bestimmte Termin für die Generalversammlung des Vereins zwang mich zu einer sehr hastigen Fertigstellung der Bearbeitung und zu einer ebenso hastigen Durchsicht der Korrekturbogen. Der Satz war, als Anfang September die Verlegung des Versammlungstermins beschlossen wurde, bereits abgeschlossen und es war mir nur möglich, 31 Siehe Webers Brief an Hermann Baumgarten vom 3. J a n u a r 1891, ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr. 7, Bl. 4 9 - 5 4 . Webers Interesse an den ostelbischen Verhältnissen ist schon für das Jahr 1888 belegt, als er anläßlich einer militärischen Ü b u n g in Posen Güter der preußischen Ansiedlungskommission besuchte. Siehe die Briefe an seine Mutter vom 15. und 23. August 1888, ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr.3, Bl. 132-136 und 137-138. Weiterhin: Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S. 155. 32 Ausschußbericht vom 13. März 1892. 33 Brief des Verlages Duncker & Humblot an Gustav Schmoller vom 7. Juli 1892 (ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr.67, Bl. 141). In einem weiteren Brief an Schmoller vom 27. Juli 1892 berichtete der Verlag über Webers Band, daß die Bögen 1 und 2 in Korrektur g e g a n g e n seien. Der Satz werde zwar stark gefördert, jedoch wäre der Druckerei eine Verlängerung der Frist über den 1. August hinaus sehr a n g e n e h m (ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 37, Bl. 7 - 8 ) .
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wenigstens v o n den letzten B o g e n n o c h eine zweite Korrektur zu lesen. Ich bin d a d u r c h in die unerfreuliche Lage versetzt, eine erhebliche Zahl von Druckfehlern u n d mehrere Versehen hier n a c h t r ä g l i c h zu berichtigen."34
Aus diesen „Berichtigungen" Max Webers geht hervor, daß 38 Bogen zum genannten Zeitpunkt bereits ausgedruckt waren, und eine zweite Korrektur nurmehr ab Bogen 39 erfolgte 35 . In einem Brief vom 21. November 1892 teilte der Verlag dem Ausschußvorsitzenden Gustav Schmoller mit, daß der Webersche Band „in dieser Woche fertig" werde und einen Umfang von „56 1 / 2 Bogen" habe 36 . Die Publikation des Bandes ist im „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die verwandten Geschäftszweige" No.293 vom 17. Dezember 1892 annonciert. Die Arbeit Max Webers wurde vor allem durch zwei Umstände beeinflußt: erstens strukturierte der Aufbau der Fragebogen die Gliederung des Textes, und zweitens mußte sich Weber bei seinen Ausführungen auf Daten und Deutungen stützen, die von ländlichen Arbeitgebern stammten. Dennoch bestanden trotz dieser vorstrukturierenden Momente Möglichkeiten, sich vom formalen Aufbau zu lösen, die methodischen Implikationen der Erhebung zu reflektieren und ihre Auswirkung zu relativieren. Gerade weil ihm dies gelang und er seiner Ausarbeitung eine historische und theoretische Perspektive verlieh, wurde Webers Beitrag in den Rezensionen der Enquête positiv herausgestellt 37 . Um einerseits die Präformierung des Textes und anderseits Webers eigenständige Leistung beurteilen zu können, muß man Gliederung und Aufbau des Weberschen Beitrags mit den Fragebogen und mit den Ausarbeitungen der Mitautoren vergleichen. Den speziellen Fragebogen 3 8 hatte der Vereinsausschuß ausschließlich an ländliche Arbeitgeber gesandt, die für ihre eigene Wirtschaft oder für deren nähere Umgebung die gestellten Fragen beantworten sollten. Wenn Weber im Text von „Berichterstattern" 34 Siehe unten S.56. 35 Die Berichtigungen werden als Text Webers hier mit abgedruckt (siehe unten S. 56-59). Ihnen ist zu entnehmen, daß Webers letzte Druckfehlerkorrektur auf S. 594 der Originalausgabe (hier S. 700) erfolgte, die zum Bogen 38 gehörte. 36 ZStA Merseburg, Rep.196, Nr. 67, Bl. 131. 37 Siehe vor allem die Besprechung von Theodor v.d. Goltz in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge, 5. Band, S. 752-762,1893, vor allem S.758759 (hinfort: Goltz, Rezension); weiterhin die Rezension von Max Quarck in: Sozialpolitisches Centralblatt, 2.Jg„ Nr.28, vom 10.4. 1893, S.329-331, vor allem S.330; sowie die Besprechung von ,,-ms." in: Die Neue Zeit, 11. Jg., 1892-93, 1. Band, Nr. 19, S. 594-600. 38 Siehe unten S. 37-45.
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spricht, sind stets diese Adressaten der Spezialberichte gemeint. Der an sie gerichtete F r a g e b o g e n b e s t a n d aus drei Teilen. Teil A umfaßte unter der Überschrift „ Z u r allgemeinen O r i e n t i e r u n g " Fragen, die sich auf die Art der B o d e n n u t z u n g , die v o r h e r r s c h e n d e Grundbesitzverteilung, die d o m i n i e r e n d e n L a n d a r b e i t e r k a t e g o r i e n , auf Arbeitermangel, Aus- u n d A b w a n d e r u n g , saisonale W a n d e r arbeit u n d Güterparzellierungen bezogen. Teil B b e h a n d e l t e „Die Arbeits- u n d Einkommensverhältnisse" z u n ä c h s t der Tagelöhner allgemein (B, I), w o b e i vor allem generelle A n g a b e n über die Arbeitszeiten, das A u s m a ß von Frauen- u n d Kinderarbeit sowie über d a s Sozialversicherungswesen erfragt w u r d e n . Weitere U n t e r p u n k t e behandelten die Einkommensverhältnisse der verschiedenen Arbeiterkategorien: der freien einheimischen Tagelöhner (B, II), der kontraktlich g e b u n d e n e n Tagelöhner (B, III), der Dienstboten (B, IV) u n d der W a n d e r a r b e i t e r (B, V). Teil C t r u g die Überschrift „ B e s o n d e r e Mittel zur Bedarfsbefriedigung der l ä n d l i c h e n Arbeiter". Hier g i n g es um Versicherungen, Sparkassen, Konsumvereine, V o l k s b i l d u n g s und Wohlfahrtseinrichtungen. W ä h r e n d die a n d e r e n A u t o r e n generell diesem A u f b a u des speziellen F r a g e b o g e n s folgten, faßte Weber die Punkte B, I u n d C unter der Überschrift „Allgemeine Arbeitsverhältnisse u n d Existenzb e d i n g u n g e n der Arbeiter" zusammen. Damit g a b er implizit Max Q u a r c k s Kritik an der formellen A n o r d n u n g der Fragen 3 9 recht. A u c h fallen Webers detaillierte A u s f ü h r u n g e n über die Bodenverhältnisse der einzelnen Regionen auf, für die er auf d a s v i e r b ä n d i g e S t a n d a r d w e r k seines Lehrers A u g u s t Meitzen 4 0 z u r ü c k g r e i f e n konnte. Bedeutender als dieses - verglichen mit den a n d e r e n A u t o r e n eigenständigere U m g e h e n mit den speziellen F r a g e b o g e n ist Webers kritische A u s w e r t u n g der allgemeinen F r a g e b o g e n 4 1 . Diese hatte der Vereinsausschuß ebenfalls an ländliche Arbeitgeber gesandt, die in einigen Fällen a u c h s c h o n einen speziellen Frageb o g e n ausgefüllt hatten. Der generelle F r a g e b o g e n umfaßte sieben recht komplexe T h e m e n : Die A u s w i r k u n g e n des Arbeitermangels, die G e s a m t l a g e der Landarbeiter w ä h r e n d der letzten zehn bis zwanzig J a h r e in materieller wie moralischer Hinsicht, die Problematik der Frauen- u n d Kinderarbeit, d a s Verhältnis zwischen Arbeitgebern u n d Arbeitern, die Wanderarbeit, die innere Kolonisation, 39 Siehe Quarck, „Aufnahme", S. 79. 40 Meitzen, August: Der Boden und die landwirtschaftlichen Verhältnisse des preußischen Staates nach dem Gebietsumfange vor 1866, 4 Bände. - Berlin: Wiegandt & Hempel 1868-1871. 41 Siehe unten S. 46-47.
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die Ausbreitung der Sozialdemokratie. Während die anderen Autoren die Generalberichte weitgehend unkritisch übernahmen und bezirksweise getrennt wiedergaben, verwandte Weber sie mit starken Vorbehalten. Denn die Fragen waren allesamt so allgemein formuliert, daß die Generalberichte zu subjektiven Stellungnahmen und zur Äußerung von Vorurteilen geradezu einluden. Weber arbeitete diese Unzulänglichkeit klar heraus, indem er Widersprüche zwischen verschiedenen Generalberichten aus einem Bezirk sowie zwischen Spezial- und Generalberichten aufzeigte. Zudem verließ er sich bei den Angaben über die Entwicklung der Löhne in den letzten Jahrzehnten nicht auf die Generalberichte, sondern wertete zwei frühere Enqueten aus den Jahren 1848/49 42 und 187343 aus. Im Vergleich zu den anderen Autoren erhielt seine Darstellung dadurch eine empirisch fundierte Grundlage zur Beurteilung der historischen Entwicklung der Landarbeiterfrage im deutschen Osten. Weiterhin erstellte Weber zu jeder Provinz einen Schlußbericht, in dem er die Ergebnisse zusammenfaßte und somit die Übersichtlichkeit seines Bandes erhöhte. Über die in den Fragebogen angesprochenen Themen hinaus gab Weber eine Einführung in die Grundzüge der Arbeitsverfassung des deutschen Ostens, analysierte die rechtlichen Grundlagen der ländlichen Arbeitsverfassung und entwickelte aus den gewonnenen Ergebnissen seine Sicht der künftigen sozialen, ökonomischen und politischen Entwicklung der östlichen Provinzen Preußens. Außerdem ergänzte Weber seinen Beitrag durch einen ausführlichen tabellarischen Anhang, der zum einen anhand ausgewählter Beispiele die Tendenz in der Entwicklung der Lohnverhältnisse von 1848 bis 1891 deutlich machte, und zum andern die Lohnverhältnisse der Tagelöhner in Relation zu den Bodenerträgen und den Preisen für Grundnahrungsmittel setzte. In einem weiteren Punkt unterscheidet sich Webers Beitrag von denen der anderen Autoren. Die Erhebungsmethode war schon im Februar 1892 zum Gegenstand einer heftigen Kontroverse zwischen Max Quarck und Gustav Schmoller geworden 44 , bei der es vor allem um die Frage ging, welchen Wert die allein von Arbeit42 Lengerke, Alexander v.: Die ländliche Arbeiterfrage. - Berlin: E.H. Schroeder 1849 (hinfort: Lengerke, Arbeiterfrage). Ein Nachtrag zu dieser Enquete erschien in: Mittheilungen des statistischen Bureau's in Berlin, 5. Jg., 1852, Nr. 17-21, S. 270-327. Diese Ergänzung hat Weber nicht benutzt. 43 Goltz, Theodor v.d.: Die Lage der ländlichen Arbeiter im deutschen Reich. Berlin: Wiegandt, Hempel & Parey 1875 (hinfort: Goltz, Lage). 44 Siehe Quarck, „Aufnahme"; Schmoller, Aufnahme; Quarck, Erwiderung (siehe oben Anm. 15).
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gebern ermittelten Daten hätten. Da die anderen Bearbeiter die Erörterung dieser Frage unterließen, schienen sie die in der Einleit u n g zur Gesamtenquete von H u g o Thiel formulierte Rechtfertigung der Methode zu akzeptieren 4 5 . Weber dagegen verarbeitete dieses Problem nicht nur in seiner kritischen B e h a n d l u n g der Generalberichte, sondern thematisierte es in der Vorbemerkung und Schlußbetrachtung, wobei er auf die Grenzen der zu erwartenden bzw. der erhaltenen Ergebnisse hinwies 46 . Vor allem dieser kritische U m g a n g mit den methodischen Mängeln der Erhebung trug Weber in den Rezensionen A n e r k e n n u n g ein, weil d a d u r c h , wie Theodor v.d. Goltz es formulierte, der „Übelstand, daß die Antworten auf die gestellten Fragen lediglich von Arbeitgebern oder diesen gesellschaftlich nahestehenden Personen ausgingen, in seinen einseitigen Folgen etwas ausgeglichen" wurde 4 7 . Die Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik am 20. und 21. März 1893 in Berlin debattierte die auf der Ausschußsitzung im März 1892 beschlossenen Themen: die ländliche Arbeiterfrage und die deutsche B i n n e n w a n d e r u n g sowie die Bodenbesitzverteilung und die Sicherung des Kleingrundbesitzes. Georg Friedrich K n a p p hielt das Einleitungsreferat, in dem er die Arbeit Webers besonders lobte; sie habe „alle Leser d u r c h Reichtum der G e d a n ken u n d Tiefsinn der Auffassung überrascht" 4 8 . Weber hielt das Hauptreferat zum Tagungsthema über die ländliche Arbeiterfrage 4 9 , in dem er sich besonders mit den politischen Problemen der ostdeutschen Agrarverfassung beschäftigte. Eine lebhafte Debatte schloß sich seinem Referat an. II. Zur Überlieferung
und
Edition
Ein Manuskript des Werkes ist nicht überliefert. Als G r u n d l a g e der Edition dient die erste und einzige Auflage vom Jahre 1892. Sie erschien als 55. Band der Schriften des Vereins für Socialpolitik, 45 Thiel, Einleitung, S. XI—XIII. 46 Siehe dazu auch Webers Ausführungen auf der Generalversammlung von 1893 (Verhandlungen 1893, S. 63). 47 Goltz, Rezension, S.759. 48 Verhandlungen 1893, S. 7. Knapp hatte sogar angeboten, zugunsten Webers auf das Einleitungsreferat zu verzichten; siehe Knapps Brief an Schmoller vom 22. Dezember 1892 (ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr.37, Bl.30-31). 49 Das Referat hatten ihm Schmoller und Thiel schon im Sommer 1892 angetragen. Siehe dazu den undatierten Brief Max Webers an Gustav Schmoller (ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 170-171) sowie die mit Datum vom 1. Juli 1892 versandte Tagesordnung für die Generalversammlung in Posen (ZStA Merseburg, Rep. 196, Nr.37, Bl. 97).
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welcher zugleich den dritten Band der vom Verein unter den Titel „Die Verhältnisse der Landarbeiter in Deutschland" im Verlag Duncker & Humblot (Leipzig) veröffentlichten Enquête bildete. Während einschlägige Bibliographien den vorliegenden Text Max Webers unter dem Titel ,,Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland" aufführen 5 0 , wählt die vorliegende Edition den Titel „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland". Dies bedarf der Erläuterung und Begründung: Die Originalausgabe enthält insgesamt vier Titelblätter auf den Seiten I, II, III und 1 51 . Auf Seite I finden wir den Titel: „Die Verhältnisse der Landarbeiter in Deutschland. Dritter Band." Dieser Titel wird auf Seite II wiederholt, wobei vorangestellt ist: „Schriften des Vereins für Socialpolitik. LV". Auf Seite III heißt es in geographisch spezifizierter Form: „Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland (Preußische Provinzen Ost- u n d Westpreußen, Pommern, Posen, Schlesien, Brand e n b u r g , G r o ß h e r z o g t ü m e r Mecklenburg, Kreis H e r z o g t u m L a u e n b u r g . )
Darunter findet sich der Zusatz: „Dargestellt auf G r u n d der vom Verein für Socialpolitik veranstalteten Erhebungen von Dr. Max Weber, Privatdocent an der Universität Berlin."
Hinter dem Inhalts- und Druckfehlerverzeichnis (S. V-Xl) folgt auf Seite 1 schließlich ein viertes Titelblatt, das lautet: „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland. Preußische Provinzen Ost- und Westpreußen, Pommern, Posen, Schlesien, B r a n d e n burg, G r o ß h e r z o g t ü m e r Mecklenburg, Preußischer Kreis Herzogtum L a u e n b u r g (Provinz Schleswig-Holstein).
Mit dem Zusatz: „Von Dr. Max Weber."
Um zu entscheiden, welcher dieser Titel dem Weberschen Text zuzuordnen ist, muß man die beiden anderen Enquete-Bände heranziehen. Im Unterschied zum dritten Band sind in den beiden ersten die Beiträge mehrerer Bearbeiter enthalten. Die Titelblätter dieser Bände auf den Seiten l-lll entsprechen denen des dritten Bandes. Weiterhin wird aber vor dem Text jedes Autors ein eigener Titel gesondert aufgeführt. Dieser Sachverhalt ist bezüglich des drit50 Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S.715; Winckelmann, Johannes (Hg).: Max Weber. Soziologie, Universalgeschichtliche Analysen, Politik. - Stuttgart: Kröner 5 1973, S.490; Käsler, Dirk: Einführung in das Studium Max Webers. - München: C.H. Beck 1979, S.250. 51 Siehe die Faksimiles dreier Titelblätter auf S. 48, 49 und 60.
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ten Bandes lediglich deshalb bisher außer Acht gelassen w o r d e n , weil dieser allein Webers Beitrag enthält. Dies hat zu einer u n k o r r e k ten Gleichsetzung v o n B a n d - u n d Texttitel geführt 5 2 . Der exakte Titel der Weberschen A u s a r b e i t u n g ist folglich nicht der Bandtitel auf S. III, s o n d e r n der Texttitel auf S. 1 der O r i g i n a l a u s g a b e . Neben diesen b i b l i o g r a p h i s c h e n G r ü n d e n sprechen zwei weitere Indizien für die hier getroffene Entscheidung über den Titel. Erstens lautet von S. 11 bis S.891 der O r i g i n a l a u s g a b e jeder rechte K o l u m nentitel „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen D e u t s c h l a n d " , teilweise mit kurzen Zusätzen. Zweitens zeigt Weber bei seinen a n deren Texten zur L a n d a r b e i t e r f r a g e eine eindeutige Präferenz für diese Formulierung 5 3 . Max Weber mußte die Bearbeitung seines Bandes unter g r o ß e m Zeitdruck bewältigen, was zu einer Vielzahl von Druckfehlern u n d Textverderbnissen geführt hat, die er nur zum Teil in einem D r u c k fehlerverzeichnis richtigstellen konnte. Diese Fehler sind im Text dieser A u s g a b e korrigiert u n d im textkritischen A p p a r a t vermerkt. Auf den Seiten V-VIII der O r i g i n a l a u s g a b e findet sich ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, das a u c h alle Zwischentitel mit S e i t e n a n g a b e a u f f ü h r t ; j e d o c h k o m m e n einzelne A b w e i c h u n g e n zwischen diesem Inhaltsverzeichnis und den Überschriften im laufenden Text teils im Wortlaut teils in den den Überschriften vorangestellten Ordn u n g s z a h l e n vor. Da d a s Inhaltsverzeichnis ein Teil des von Weber autorisierten Textes ist, w u r d e n keine A n g l e i c h u n g e n v o r g e n o m men, s o n d e r n lediglich die Unterschiede zwischen Inhaltsverzeichnis u n d Textüberschrift im jeweiligen textkritischen A p p a r a t a n g e merkt. Irrtümer bei der Ü b e r n a h m e v o n Z a h l e n aus a n d e r e n Werken, wie den Enqueten von Lengerke 5 4 oder Goltz 5 5 , der Reichsstatistik, 52 Marianne Weber erwähnt zwar den Titel „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland", bibliographiert das Buch aber als „Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland". Siehe Weber, Marianne, Lebensbild 1 , S. 136 und S. 715. 53 Siehe die in Anm. 12 und 28 zitierte Literatur. Weiterhin Weber, Max: Monographien von Landgeistlichen über die Lage der Landarbeiter [Sammelbesprechung von: Quistorp: Die soziale Noth der ländlichen Arbeiter; Wittenberg: Die Lage der ländlichen Arbeiter in Neuvorpommern und auf Rügen; O. Fischer: Beiträge zur Kenntnis der Lage der ländlichen Arbeiter in Ostpreußen], In: Sozialpolitisches Centralblatt, 3. Jg., Nr.9, vom 27.11. 1893, S. 101-103; sowie: Ders.: Entwicklungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter. In: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik. Vierteljahresschrift zur Erforschung der gesellschaftlichen Zustände aller Länder, 7. Band, Heft 1, 1894, S. 1 - 4 1 ; und die umgearbeitete Fassung dieses Aufsatzes unter demselben Titel in: Preußische Jahrbücher, 77. Band, 3. Heft, 1894, S. 437-473 - (alle Texte in MWG I/4). 54 Lengerke, Arbeiterfrage.
55 Goltz, Lage.
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dem Gemeindelexikon etc., bleiben wie unkorrekte Zitate im Text stehen; sie werden lediglich im E r l ä u t e r u n g s a p p a r a t annotiert u n d richtiggestellt. Die Korrektur falscher Zahlen im Text, mit denen Weber gelegentlich weitere R e c h e n o p e r a t i o n e n u n t e r n o m m e n hat, hätte zu u n ü b e r s e h b a r e n Folgeeingriffen oder zu einer unterschiedlichen B e h a n d l u n g fehlerhafter Z a h l e n geführt. A u ß e r d e m lassen sich viele Fehler nur konstatieren, aber nicht aufklären, d a für sie die Quelle, nämlich die an den Verein für Socialpolitik beantwortet z u r ü c k g e g a n g e n e n F r a g e b o g e n , fehlt. Diese w u r d e n n a c h ihrer A u s w e r t u n g an die Bibliothek der L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n H o c h s c h u l e in Berlin übergeben 5 6 , die heute als Institut der Humboldt-Universität fortexistiert. Sie sind im Archiv der Humboldt-Universität j e d o c h nicht v o r h a n d e n u n d ihr Verbleib ist u n b e k a n n t 5 7 . D u r c h den gesamten Text ziehen sich Vergleiche zur Lage der Landarbeiter in den Jahren 1849 u n d 1873, die sich auf die früheren E r h e b u n g e n v o n Lengerke u n d Goltz beziehen. Sofern nicht anders vermerkt, verweist Weber dabei lediglich auf Zahlenwerte, nicht auf interpretierende A u s f ü h r u n g e n . Deshalb findet sich im Erläuter u n g s a p p a r a t a u c h nur die Q u e l l e n a n g a b e mit Seitenzahl, nicht aber ein Zitat. Webers Text w u r d e im Hinblick auf Rechtschreibung, Interpunktion sowie zeitgenössische oder persönliche Spracheigenheiten im wesentlichen nicht verändert. Unter den Spracheigenheiten fallen dem heutigen Leser folgende besonders auf: Begriffe wie Arbeitsnot, Arbeitsmangel, Arbeitsknappheit w u r d e n seinerzeit im Sinne des M a n g e l s an Arbeitskräften, nicht fehlender Arbeitsmöglichkeiten, g e b r a u c h t . Weiterhin verwendet Weber Verben oftmals in der dritten Person Singular, o b g l e i c h d a s V o r h a n d e n s e i n mehrerer Subjekte die dritte Person Plural erfordern würde. Dies w u r d e nur korrigiert, w e n n der Fehler den Satz unverständlich zu m a c h e n drohte. Der Eingriff w u r d e d a n n im textkritischen A p p a r a t angemerkt. Schließlich k a n n als Eigentümlichkeit Webers angesehen werden, d a ß er d a s Wort „ L o h n " als M a s k u l i n u m wie als Neutrum geb r a u c h t . Für viele Fehler in der O r i g i n a l a u s g a b e mag Webers notorisch schwer entzifferbare Handschrift verantwortlich sein. G e g e n ü b e r der Vorlage ergeben sich im N e u d r u c k einige Veränd e r u n g e n . Dies betrifft neben der Drucktype, der P a g i n i e r u n g u n d der F u ß n o t e n z ä h l u n g die Kolumnentitel und die Stellung der einu n d mehrseitigen Tabellen im Text. W ä h r e n d die O r i g i n a l a u s g a b e 56 Thiel, Einleitung, S.X, Anm. 1. 57 Briefliche Mitteilung von Dr. Kossack, dem Leiter des Archivs der HumboldtUniversität.
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auf den Seiten 4 - 8 d u r c h g e h e n d den Kolumnentitel „ V o r b e m e r k u n g " , a b Seite 10 auf jeder linken Seite „Dr. Max Weber", auf jeder rechten „Die Lage der L a n d a r b e i t e r im ostelbischen D e u t s c h l a n d " , u.U. mit einem kurzen g e o g r a p h i s c h e n Zusatz, trägt, w u r d e n für den N e u d r u c k Kolumnentitel mit größerem I n f o r m a t i o n s g e h a l t gewählt. Dieses Verfahren ist insofern legitim, als es sich bei den Kolumnentiteln der O r i g i n a l a u s g a b e nicht um einen W e b e r s c h e n Text handelte, s o n d e r n u m eine A n f ü g u n g der Redaktion des Vereins für Socialpolitik. Z w e c k der d a m a l i g e n Kolumnentitel war die U n t e r s c h e i d u n g der v o n verschiedenen A u t o r e n verfaßten Beiträge in ihrer g r o b e n regionalen Z u o r d n u n g . Diese F u n k t i o n entfällt bei der separaten Neuedition des v o n Weber bearbeiteten Bandes. Deshalb erscheinen in den Kapiteln I, II u n d IV als linke Kolumnentitel die jeweiligen Kapitelüberschriften oder, w e n n diese zu lang sind, deren Kurzfassung. Im Kapitel III, d a s den Großteil des B a n d e s a u s m a c h t , w e r d e n im linken Kolumnentitel die im l a u f e n d e n Text b e h a n d e l t e Provinz u n d der Regierungsbezirk g e n a n n t . Als rechter Kolumnentitel erscheint ein inhaltliches Stichwort aus der jeweiligen, mit römischer Ziffer bezeichneten Zwischenüberschrift, sofern v o r h a n d e n ; a n s o n sten wird der linke Kolumnentitel wiederholt. Eine weitere V e r ä n d e r u n g g e g e n ü b e r d e m O r i g i n a l d r u c k ergibt sich bei den u m f a n g r e i c h e n Tabellen. Die Verweise auf sie erfolgen hier an denselben Stellen wie im Original. Die Tabellen selbst werden in g r ö ß t m ö g l i c h e r N ä h e zum auf sie b e z o g e n e n Text a b g e druckt, d o c h führten Neusatz u n d U m b r u c h zu V e r s c h i e b u n g e n , die sich in allen Fällen leicht rekonstruieren lassen. Die Seitenzahlen des Inhaltsverzeichnisses u n d bei Binnenverweisen w u r d e n stets o h n e weitere K e n n z e i c h n u n g der N e u a u s g a b e a n g e p a ß t ; im Verzeichnis der B e r i c h t i g u n g e n blieben sie unverändert. W ä h r e n d im Original f r e m d s p r a c h i g e Ausdrücke, wie „sliding scales" oder „ m o d u s agri", nicht in der üblichen Frakturschrift, sondern mit einer A n t i q u a t y p e gesetzt wurden, k o n n t e diese Unters c h e i d u n g beim Neusatz entfallen, d a sie lediglich auf einer d a m a l s verbreiteten Setzerregel beruhte. Unverändert ü b e r n o m m e n w e r d e n sämtliche im Text v o r k o m m e n den Tabellen, und zwar nicht nur hinsichtlich zahlreicher W o r t a b k ü r z u n g e n und ihrer Z a h l e n a n g a b e n , sondern, sofern nicht lediglich Druckfehler oder Textverderbnisse vorliegen, a u c h hinsichtlich der Tabellenköpfe, die oftmals innerhalb desselben Tabellentyps v o n e i n a n d e r abweichen. Über die in allen B ä n d e n der M W G enthaltenen Verzeichnisse u n d Register h i n a u s w u r d e n für diesen B a n d
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zur b e q u e m e r e n Benutzbarkeit f o l g e n d e Verzeichnisse zusätzlich aufgenommen: -
ein Verzeichnis sämtlicher Maße, Gewichte, M e n g e n a n g a b e n u n d W ä h r u n g e n , die im Text v o r k o m m e n ; - eine Übersicht über alle Tabellentypen; - Karten über die Verwaltungseinheiten der ostelbischen Gebiete n a c h d e m Stand des Jahres 1893. Da vor allem die A- u n d B-Tabellen im Text häufig v o r k o m m e n u n d Webers Erläuterungen zu diesen beiden Tabellentypen 5 8 unvollständig sind, sollen folgende zusätzlichen I n f o r m a t i o n e n d a s Verständnis der Tabellen u n d ihrer Edition erleichtern. In den A-Tabellen sind v o n Weber exakt a n g e g e b e n e Zahlenwerte u n d Daten a u f g e führt, die den Spezialberichten e n t s t a m m e n u n d von Weber als zuverlässig a n g e s e h e n w u r d e n . Die A-Tabellen bestehen in der Regel aus 31 d u r c h n u m e r i e r t e n u n d mit Überschriften versehenen Spalten, d e n e n die B e z e i c h n u n g des Kreises u n d der Berichtsnummer vorangestellt ist. Eine A n g a b e wie „Tilsit 1" bezieht sich im Text wie in den Tabellen auf die kreisweise d u r c h n u m e r i e r t e n Spezialberichte u n d bedeutet: Bericht 1 aus dem Kreise Tilsit. Zur Erstellung der Tabellenköpfe hat Weber o f f e n b a r keine S c h a b l o n e benutzt, s o n d e r n jede Tabelle einzeln angefertigt. Dies zeigt sich in s p r a c h lichen A b w e i c h u n g e n bei den Spaltenüberschriften, im Fehlen v o n Spalten, w e n n o f f e n b a r keine betreffenden A n g a b e n vorlagen, u n d - v o r n e h m l i c h bei Spalte 31 - am h ä u f i g e n Fehlen der Überschrift „ B e m e r k u n g e n " oder der Spaltennummer. Alle diese Uneinheitlichkeiten w u r d e n belassen. Lediglich wiederholte inkorrekte Verweise in Spalte 31 auf v o r a n g e g a n g e n e Spalten, die auf ein n a c h trägliches Einschieben einer Spalte schließen lassen, w u r d e n richtiggestellt. Bei der K o m m e n t i e r u n g des Textes w a r es geboten, seinem g r o ßen U m f a n g und der d a d u r c h n o t w e n d i g g e w o r d e n e n Zweiteilung des Bandes R e c h n u n g zu tragen. Aus diesem G r u n d e w u r d e im Hauptteil (III) jede Provinz, ansonsten jedes Kapitel (I, II u n d IV) separat kommentiert. Dieses Verfahren führt zwar zur W i e d e r h o l u n g in der K o m m e n t i e r u n g , reduziert aber die a n s o n s t e n unvermeidlichen Vor- u n d Rückverweise auf ein M i n i m u m und erleichtert so vor allem dem regional interessierten Leser die B e n u t z u n g des Bandes 5 9 . 58 Siehe unten S.82ff. 59 Über Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden, informiert ein eigener Bericht am Schluß des 2. Halbbandes.
A n h a n g zum Editorischen Bericht
Materialien
zur
Textgenese
Z i r k u l a r H u g o T h i e l s a n d i e l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Z e n t r a l v e r e i n e v o m 3. Juli 1891 ( h a n d s c h r i f t l i c h ) . (ZStA M e r s e b u r g , Rep. 196, Nr. 67, Bl. 1 6 8 - 1 6 9 . ) B e g l e i t s c h r e i b e n z u m F r a g e b o g e n I (spezieller F r a g e b o g e n ) v o m D e z e m b e r 1891. (Thiel, E i n l e i t u n g , S. VIII—IX.) F r a g e b o g e n I. (Thiel, E i n l e i t u n g , S.XIV-XXII.) B e g l e i t s c h r e i b e n z u m F r a g e b o t e n II ( a l l g e m e i n e r F r a g e b o g e n ) v o m F e b r u a r 1892. (Thiel, E i n l e i t u n g , S . I X - X . ) F r a g e b o g e n II. (Thiel, E i n l e i t u n g , S. XXII-XXIV.)
Zirkular H u g o Thiels an die landwirtschaftlichen Zentralvereine (handschriftlich)
Berlin W, den 3. Juli 1891 Lutherstraße No. 17 Sehr geehrter Herr! Der Verein für Sozialpolitik hat beschlossen einen Band von Gutachten über die ländlichen Arbeiter-Verhältnisse zu veröffentlichen. Ich brauche Ihnen gegenüber wohl nicht weiter auszuführen, daß die Landwirthschaft das größte Interesse daran hat, daß eine solche Arbeit, wenn sie überhaupt gemacht wird, in die berufensten Hände gelegt wird und auf durchaus zuverlässigen Grundlagen beruht. Falsche Schilderungen, welche die Verhältnisse, sei es zu pessimistisch, sei es zu optimistisch darstellen, könnten gerade in jetziger Zeit, in welcher den Arbeiter-Verhältnissen von wohlund übelwollender Seite vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt wird, die Landwirthschaft empfindlich schädigen. Auf der anderen Seite könnte die Landwirthschaft in den Bestrebungen, sich die nöthigen Arbeiter zu sichern, dem Contraktbruch entgegen zu arbeiten und für die besonderen Verhält-
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nisse der ländlichen Arbeiter und des Gesindes besondere Rechts- und Vertragsverhältnisse aufrecht zu erhalten, durch eine getreue Darlegung der bestehenden Zustände, ihrer Vorzüge und Mängel wesentlich gefördert werden. Ich darf daher wohl annehmen, daß Sie gern bereit sein werden, dies Unternehmen des Vereins für Sozialpolitik kräftig zu unterstützen. Die Ausführung ist in der Art geplant, daß zunächst von möglichst vielen kompetenten Landwirthen die Beantwortung eines kurzen Fragebogens erbeten werden soll, in welcher die nothwendigen Zahlen-Angaben über Lohnhöhe, Akkordsätze, Naturalbezüge, Gesammtjahresverdienst eines Arbeiters und seiner Familie einzutragen wären; diese Fragebogen sollen sodann für jede Gegend einem mit den Verhältnissen durchaus vertrauten Mann zur Bearbeitung übergeben werden, um, daraufgestützt, eine abgerundete Schilderung der Lage der Arbeiter in dem betr. Bezirke abzufassen. Auf diese Weise hofft man an Stelle eines ausschließlich statistische Angaben enthaltenden trockenen Tabellenwerks eine Summe von interessanten Darstellungen zu erhalten, welche doch der nöthigen zahlenmäßigen Unterlagen und des erforderlichen Beweismaterials nicht entbehren. Zunächst möchte ich nun an Sie die ergebenste Bitte richten, mir bis spätestens 1. September gefalligst mittheilen zu wollen: 1, eine möglichst zahlreiche Liste solcher Landwirthe, an welche man den Fragebogen schicken könnte (für jeden Kreis mindestens 3); 2, in wieviel und welche Bezirke Sie ihr Vereinsgebiet zweckmäßig eintheilen würden^ um die zusammenfassenden Schilderungen über einigermaßen gleichmäßige Verhältnisse zu erhalten; 3, welche Personen Sie für geeignet und geneigt erachten, solche Schilderungen auf Grund eigener Kenntniß und des ad 1 genannten Materials zu entwerfen. (: Bitte gleich mehrere, wenn möglich für jeden Bezirk zu nennen:). Indem ich Ihnen schon im Voraus meinen ergebensten Dank für Ihre Mühewaltung in dieser Angelegenheit ausspreche, verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Dr. H. Thiel Geheimer Ober Regierungs-Rath. den General-Sekretär des Vereins Herrn
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Begleitschreiben zum Fragebogen I (spezieller Fragebogen) (gedruckt) Berlin, im Dezember 1891. Hochverehrter Herr! Der Verein für Socialpolitik hat beschlossen, eine Aufnahme der ländlichen Arbeiter-Verhältnisse zu veranstalten, und zu diesem Zweck die gefallige Mitwirkung der ländlichen Arbeitgeber anzurufen. Unter allen Fragen, welche die Landwirte jetzt bewegen, steht die Arbeiterfrage oben an, und wird dieselbe aus den verschiedensten Gründen wirtschaftlicher und socialer Natur auch so bald nicht von der Tagesordnung verschwinden. U m vorhandene Schäden in dem ganzen Arbeiter-Verhältnis verbessern, mangelhaften Zuständen abhelfen, unberechtigten Anforderungen mit Erfolg entgegentreten und die öffentliche Meinung und damit auch den Gang der Gesetzgebung rechtzeitig beeinflussen zu können, ist eine klare und zuverlässige Darlegung der thatsächlichen Verhältnisse erste Vorbedingung. Der Ausschuß glaubt daher für sein Unternehmen auf die Sympathie und thatkräftige Anteilnahme aller Landwirte rechnen zu können, und dies ermutigt ihn, auch Ihnen, dessen Namen wir der geschäftsführenden Leitung Ihres landwirtschaftlichen Centraivereins verdanken, den beifolgenden Fragebogen mit der ergebensten Bitte zu übersenden, denselben gefälligst für Ihre Besitzung oder für die nähere Umgebung Ihres Wohnsitzes ausfüllen und an den Ausschuß zurücksenden zu wollen. Bei der großen Mannigfaltigkeit der hier in Betracht kommenden Verhältnisse war es nicht zu umgehen, dem Fragebogen eine größere Ausdehnung zu geben, zahlreiche Fragen werden aber im Einzelfalle keine Beantwortung erfordern, sondern einfach von Ihnen gestrichen werden können, sodaß das M a ß der Ihnen zugemuteten Arbeit, wie wir hoffen, doch nicht so groß sein wird, wie es Ihnen vielleicht zuerst erscheinen mag. Sollten Sie finden, daß die Fragen für die speciellen Verhältnisse Ihres Distriktes nicht überall passen, so bitten wir Sie ergebenst, auch über das Schema hinaus diese Verhältnisse Ihrer Gegend nach Bedürfnis zu schildern. Die ganze Aufnahme ist so geplant, daß für jede Gegend ein Generalberichterstatter gewonnen werden soll, welchem die einzelnen Fragebogen nach ihrer Ausfüllung zur Bearbeitung zu überweisen wären, um auf diese Weise ein abgerundetes, auf positiven Angaben beruhendes Bild der betreffenden Verhältnisse zu gewinnen. Das Ganze soll dann in einem Sammelband der Schriften des Vereins für Socialpolitik baldmöglichst veröffentlicht werden. Wir würden Ihnen daher zu größtem Danke verpflichtet sein, wenn Sie den beantworteten Fragebogen uns schon bis spätestens Ende Januar unter Benutzung des beifolgenden
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Couverts zurücksenden könnten. Sollten Sie nicht in der Lage sein, sich der Arbeit unterziehen oder einen anderen geeigneten Berichterstatter dafür gewinnen zu können, so ersuchen wir Sie ergebenst, uns zum Zeichen dafür den Fragebogen gefälligst zurücksenden zu wollen, damit wir Sie dann in dieser Angelegenheit nicht weiter zu belästigen brauchen. Der Ausschuß des Vereins für Socialpolitik.
Fragebogen I (spezieller Fragebogen) (gedruckt)
F r a g e b o g e n I. A. Zur allgemeinen Orientierung. 1. Auf welche Gegend oder welchen Bezirk beziehen sich die nachstehenden Antworten? 2. Ist der Körnerbau vorherrschend oder: ist Weidewirtschaft vorherrschend? Wird Handelsgewächsbau in ausgedehnterem Umfange betrieben und welcher (Zuckerrüben, Hopfen, Hanf, Tabak, Wein etc.)? 3. Welche Kategorie von Gütern herrscht vor? Große (d.h. solche, deren Wirtschafter sich auf die Oberleitung des Betriebes beschränkt)? Mittlere (d.h. solche, deren Wirtschafter sich an den körperlichen Arbeiten unter Zuhilfenahme gemieteter Arbeitskräfte beteiligt)? Kleine (d.h. solche, die ohne Zuhilfenahme oder nur unter gelegentlicher Zuhilfenahme gemieteter Arbeitskräfte betrieben werden)? Bleiben die Güter beim Besitzwechsel unter Lebenden oder in Erbfallen regelmäßig geschlossen, oder finden häufig Parzellierungen statt? 4. Welche von folgenden Arten der ländlichen Arbeiter sind vorhanden und welche überwiegen der Zahl nach? 1) Gesinde. 2) Freie, d.h. für den größten Teil des Jahres nicht durch denselben Kontrakt gebundene, einheimische Tagelöhner a) mit eigenem Grundbesitz, b) mit gepachtetem Grundbesitz, c) Tagelöhner, welche für die ihnen gewährte Landnutzung (auch Wohnung, Stallung etc.) eine gewisse Zeit lang ohne oder gegen geringeren als den üblichen Geldlohn arbeiten müssen (Heuerleute, gewisse Einlieger),
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d) mit Nutzungsrechten am Gemeindelande, fiskalischen Forsten etc., e) ohne jeden Anteil am Boden. 3) auf dem Gute wohnende, in festem Kontraktsverhältnis stehende Arbeiter (Dienstleute, Instleute). 4) Wanderarbeiter. 5. Sind Arbeiter an Ort und Stelle in genügender Zahl das ganze Jahr hindurch zu erhalten? Finden andererseits die Tagelöhner das ganze Jahr hindurch Beschäftigung, wenn sie wollen? 6. Werden zeitweise Arbeiter aus anderen Gegenden bezogen? vorwiegend männliche oder weibliche? woher? zu welchen Arbeiten? Gehen umgekehrt zeitweise Arbeiter in andere Gegenden? wohin? zu welchen Jahreszeiten? auf wie lange? 7. Widmen sich die erwachsenen Kinder der ländlichen Arbeiter regelmäßig den landwirtschaftlichen Arbeiten? oder gehen sie zu anderen Erwerbszweigen über und zu welchen? 8. Wandern viele ländliche Arbeiter aus? wohin: in die Städte und Industriebezirke? ins Ausland? 9. Kommt es in größerer Ausdehnung vor, daß Arbeiter zeitweise als ländliche Tagelöhner, zeitweise in anderen Erwerbszweigen (als: Waldbau, Bergbau, Wegebau, Fabriken, Bauhandwerk u. dgl.) Beschäftigung finden? und in welchen? Wird von landwirtschaftlichen Arbeitern oder von deren Familiengliedern eine Hausindustrie (zum Absätze der gefertigten Produkte) betrieben? und welche? Werden gewerbliche Erzeugnisse (Gespinste, Gewebe, Kleider etc.) zum eigenen Gebrauche gefertigt? und welche? 10. Kommt es in der Gegend vor, daß Arbeitern sämtliche Arbeiten, welche während des ganzen Jahres auf einem Gute oder in einem bestimmten Wirtschaftszweige oder an einer bestimmten Kulturpflanze zu geschehen haben oder doch ein großer Teil derselben gegen eine bestimmte Gesamtakkordsumme oder gegen einen bestimmten Anteil am Ertrage übertragen werden? bei welchen Wirtschaftszweigen bezw. Pflanzen? gegen welche Vergütung? Kommt es außerdem vor, daß Arbeiter einen Anteil am Roh- oder Reinertrage einzelner Wirtschaftszweige oder am Reinertrage der ganzen Wirtschaft erhalten? 11. Haben die Arbeiter häufig oder immer Gelegenheit, kleine Grundstücke zu kaufen oder zu pachten. 12. Zeigt sich bei den Arbeitern Neigung zum Sparen, um von dieser Gelegenheit Gebrauch zu machen?
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13. Hat man seitens der Grundbesitzer Versuche gemacht, sich Arbeitskräfte durch Ansässigmachung der Arbeiter zu sichern? Auf welchen Gütern? In welcher Ausdehnung? Unter welchen Bedingungen? Mit welchem Erfolge? 14. Sind sonstige Abverkäufe von Parzellen von größeren Besitzungen oder Parzellierungen ganzer Güter vorgekommen? Auf welchen Gütern? Aus welchen Gründen? Haben Geschäftsleute die Parzellierung, die Abstoßung der Hypotheken etc. vermittelt? Wie groß sind die neugeschaffenen Stellen? Haben die Parzellierungen ein vermehrtes Angebot von Arbeitskräften im Gefolge gehabt? B. Die Arbeits- und
Einkommensverhältnisse.
I. Tagelöhner im allgemeinen. 1. Wie groß ist die Zahl der Arbeitstage im Jahre? 2. Wie viele Stunden dauert regelmäßig die tägliche Arbeitszeit der Tagelöhner im Sommer? im Winter? 3. Sind die Arbeiter in dringenden Fällen leicht zu veranlassen, über die gewöhnliche Zeit hinaus zu arbeiten? in welcher Ausdehnung werden Überstunden gearbeitet? welche besondere Vergütung bekommen die Arbeiter dafür? 4. Gehen die Ehefrauen der Tagelöhner regelmäßig auf Lohnarbeit? oder zu gewissen Zeiten (Ernte etc.)? 5. In welchem Umfange findet die Verwendung von Kindern unter 14 Jahren zu landwirtschaftlichen Arbeiten statt? von welchem Alter an? auf wie viele Stunden täglich? gegen welche Vergütung? 6. Ist die obligatorische Krankenversicherung statutarisch zur Einführung gekommen? Bestehen freiwillige Krankenkassen? Pflegen die Arbeitgeber die gesetzlichen Beiträge der Arbeiter mitzutragen: für die Krankenversicherung? für die Alters- und Invalidenversicherung?
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Vorbemerkung zu den Fragen unter II bis V. Es bedarf einer Beantwortung dieser Fragen nur hinsichtlich der in größerer Zahl in dortiger Gegend vertretenen Arbeiterkategorien (freie - kontraktlich gebundene Tagelöhner - Dienstboten - Wanderarbeiter). Durch Unterstreichen des betreffenden Stichwortes hinter den soeben genannten Überschriften ist anzudeuten, ob sich die Antworten auf große, mittlere oder kleine Güter (in dem sub A 3 angedeuteten Sinne dieser Worte) beziehen. Abweichungen der Lohnverhältnisse auf anderen als den zunächst behandelten Güterkategorien bitten wir event. besonders kenntlich zu machen.
II. Freie (einheimische) Tagelöhner (auf großen, mittleren, kleinen Gütern?) a) Arbeitslohn der männlichen Tagelöhner. 1. Wie hoch ist der denselben gewährte bare Lohn pro Tag a) wenn sie das ganze Jahr hindurch beschäftigt werden: im Sommer: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? im Winter: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? ß) wenn die Arbeiter nur zu gewissen Zeiten beschäftigt werden? im Sommer: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? im Winter: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? 2. Was wird den männlichen Tagelöhnern außerdem an Naturalien gegeben, und wie hoch ist dies pro Jahr in Geld zu veranschlagen: an Geschenken zum Jahrmarkt, zu Weihnachten u. dgl.; an sonstigen Gewährungen und welchen? 3. Wie hoch stellen sich die Löhne für die verschiedenen Akkordarbeiten: a) pro Hektar, Centner oder sonstige Einheit? ß) wie hoch steht sich ein Durchschnittsarbeiter dabei pro Tag?
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4. Wie hoch belaufen sich die von den Arbeitgebern gezahlten Beiträge pro Jahr und Kopf für die etwaige Krankenversicherung? 1 ) Für die Unfallversicherung? Für die Alters- und Invaliden-Versicherung?1) b) Arbeitslohn der weiblichen Tagelöhner. 1. Wie hoch ist der denselben gewährte bare Lohn pro Tag a) wenn sie das ganze Jahr beschäftigt werden: im Sommer: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? im Winter: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? ß) wenn die Arbeiterinnen nur zu gewissen Zeiten beschäftigt werden? im Sommer: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? im Winter: wenn keine Kost gereicht wird? bei gleichzeitiger Verabreichung von Kost? wie hoch ist die letztere in Geld zu veranschlagen? 2. Was wird den weiblichen Tagelöhnern außerdem an Naturalien gegeben, und wie hoch ist dies pro Jahr in Geld zu veranschlagen: an Geschenken zum Jahrmarkt, zu Weihnachten u. dgl.; an sonstigen Gewährungen und welchen? 3. Wie hoch stellen sich die Löhne für die verschiedenen Akkordarbeiten: a) pro Hektar, Centner oder sonstige Einheit? ß) wie hoch steht sich dabei eine Durchschnittsarbeiterin pro Tag? 4. Wie hoch belaufen sich die von den Arbeitgebern gezahlten Beiträge pro Jahr und Kopf für die etwaige Krankenversicherung? 2 ) Für die Unfallversicherung? Für die Alters- und Invaliden-Versicherung?2) c) Einkommen der Tagelöhner aus der eigenen Wirtschaft. 1. Wie groß ist regelmäßig das Besitztum der grundbesitzenden Tagelöhner (in Hektar bezw. Aren)? Wenn die gesetzlichen Beiträge der Arbeiter regelmäßig von den Arbeitgebern übernommen werden, ist dieser Posten einzurechnen und besonders hervorzuheben. 2 ) Vgl. die Anmerkung [1],
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Wie hoch ist der Wert dieses Besitztums, bezw. die Pacht pro Ar? Decken die Besitzer daraus ihren ganzen Nahrungsbedarf, oder müssen sie noch zukaufen und wieviel? Wie hoch ist das Einkommen aus dem eigenen oder gepachteten Grundbesitz zu veranschlagen? 2. Wenn es häufiger vorkommt, daß den freien Arbeitern Landnutzung, Wohnung, Stallung etc. als Vergütung für zu leistende Dienste gewährt wird (vgl. oben unter A Frage 4,2c): wie viel an Land, was an sonstigen Nutzungen und Vergütungen pflegen die Arbeiter zu erhalten? decken die Arbeiter hieraus ganz oder teilweise ihren Nahrungsbedarf, oder wie hoch ist das Einkommen aus diesen Quellen in Geld zu veranschlagen? wie lange haben die Arbeiter dafür zu arbeiten? 3. Wie hoch sind etwaige Weide-, Holznutzungen etc. am Gemeindelande, in fiskalischen oder herrschaftlichen Forsten etc. zu veranschlagen? d) Das Jahreseinkommen einer durchschnittlichen Tagelöhnerfamilie beträgt demnach in den einzelnen Posten [a) Arbeitslohn des Mannes, b) event. Arbeitslohn von Frau und Kindern, c) Einkommen aus der eigenen Wirtschaft] und im ganzen für die einzelnen freien Arbeiterkategorien 3 ) wie viel? (anzugeben nur, insofern die betreffende Kategorie zahlreich vertreten ist). III. Kontraktlich gebundene Tagelöhner. (Dienstleute, Instleute) [auf großen, mittleren, kleinen Gütern?] 1. Wie hoch ist der bare Geldlohn, den der Gutstagelöhner für seine Arbeit jährlich erhält? 2. Arbeiten die Ehefrauen und Kinder mit, und wie hoch ist ihr jährlicher Geldlohn? 3. Müssen Scharwerker (Hofgänger) seitens des Gutstagelöhners für den Gutsherrn gehalten werden und wieviele? Wieviel erhalten dieselben an Barlohn? Wieviel erfordern sie an Beköstigung (in Mark)? 4. Was erhält eine Dienstfamilie an Naturalien 4 ), und wie hoch sind diese pro Jahr in Geld zu veranschlagen? Wohnung: Garten: 3
) Vgl. oben S. 37f. unter A Frage 4,2. ) Nähere Specifikation der einzelnen Posten z.B. Angabe, wieviel Ar (Morgen) Kartoffelland, Leinland u.s.w. gewährt werden, welche, wieviele und wie große Räume die Wohnung enthält, ist erwünscht. 4
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Ackerland: Futter und Weide: Getreidedeputat: Drescherlohn: Brennwerk: Freie Fuhren: Arzt, Apotheke, Krankenpflege, bezw. Beiträge zur Krankenkasse 5 ): Beiträge zur Unfall-, Invaliden- und Altersversicherung 5 ): Sonstige Gewährungen und welche? In Summa 5. Wie hoch beläuft sich das Einkommen, welches einer Dienstfamilie aus der Benutzung, Verarbeitung und Verwertung des ihr zustehenden Naturaldeputats erwächst? Genügt dasselbe zur Deckung des ganzen Nahrungsbedarfes, soweit landw. Produkte (Brot, Fleisch, Milch, Kartoffeln, Gemüse etc.) in Frage kommen, oder wieviel muß noch zugekauft werden? 6. Demnach beträgt das Jahreseinkommen einer durchschnittlichen Dienstfamilie (unter event. Abzug der Kosten für den oder die Scharwerker) wieviel? IV. Dienstboten (Gesinde) [auf großen, mittleren, kleinen Gütern?]. Aufweiche Zeit werden in der Regel die Verträge geschlossen? Wie lang ist die Kündigungsfrist? a) Männliche Dienstboten. 1. Welche Art von männlichen Dienstboten wird gehalten, und wie hoch ist der denselben gezahlte bare Lohn? a) Aufsicht führende Dienstboten (z.B. Oberknecht, Vogt, Baumeister, Kämmerer, Oberschäfer). 1. 2. 3. ß) Knechte. 1. 2. 3. 4. 5. y) Jungen. 1.
2.
2. Was erhalten die männlichen Dienstboten außer dem baren Lohn an Naturalien pro Jahr, und wie hoch sind diese in Geld anzuschlagen? Beköstigung: Geschenke: Wohnung und Feuerung: Land zu Flachs, Kartoffeln etc.: 5
) Vgl. die Anmerkung [1,] S.41.
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Arzt, Apotheke, Krankenpflege, bezw. Beiträge zur Krankenkasse 6 ): Beiträge zur Unfall-, Invaliden- und Altersversicherung 6 ): Trinkgelder: Sonstige Gewährungen und welche? In Summa 3. Wie hoch ist demnach das gesamte Jahreseinkommen zu veranschlagen? b) weibliche Dienstboten. 1. Welche Art von weiblichen Dienstboten wird gehalten, und wie hoch ist der denselben gezahlte bare Lohn pro Jahr? a) Aufsicht führende Dienstboten (z.B. Ausgeberin, Wirtschafterin). 1. 2. ß) Mägde. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 2. Was erhalten die weiblichen Dienstboten außer dem baren Lohn an Naturalien pro Jahr, und wie hoch sind diese in Geld anzuschlagen? Beköstigung: Geschenke: Wohnung und Feuerung: Land zu Flachs, Kartoffeln etc.: Arzt, Apotheke, Krankenpflege (bezw. Beiträge zur Krankenkasse): Beiträge zur Unfall-, Invaliden- und Altersversicherung: Trinkgelder: Sonstige Gewährungen: In Summa 3. Wie hoch ist demnach das gesamte Jahreseinkommen zu veranschlagen? V. Wanderarbeiter. 1. Auf wie lange pflegen zeitweise Arbeiter aus anderen Gegenden bezogen zu werden? 2. Wieviel Barlohn erhalten in dieser Zeit die männlichen Arbeiter, wieviel die Arbeiterinnen? 3. Was erhalten sie an Naturalien, und wie hoch sind diese in Geld anzuschlagen? Wohnung? Kost? Sonstige Gewährungen und welche? 4. Ihr Gesamteinkommen für die Dauer ihrer Beschäftigung beträgt demnach wieviel? 6
) Vgl. die Anmerkung [1,] S. 41.
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C. Besondere Mittel zur Bedarfsbefriedigung der ländlichen Arbeiter. 1. Versichern die Arbeiter ihr Mobiliar und event. ihre Gebäude gegen Feuerschaden und wie hoch im Durchschnitt? 2. Bestehen unter den Arbeitern, bezw. bei parzelliertem Grundbesitz in den Gemeinden, auf Gegenseitigkeit beruhende Viehversicherungsvereine? 3. Sind Konsumvereine vorhanden, und beteiligen sich die ländlichen Arbeiter an denselben? 4. Bestehen Sparkassen oder Kreditvereine, für welchen Bezirk (Kreis, Gemeinde, Gut?), und wie beteiligen sich die Arbeiter an denselben? 5. Sind Kleinkinderschulen (-Bewahranstalten, Spielschulen, Kindergärten) vorhanden, und werden sie in ländlichen Arbeiterkreisen benutzt? 6. Erhalten die der Schule entwachsenen Kinder der ländlichen Arbeiter Fortbildungsunterricht? die Knaben? die Mädchen (insbesondere Arbeitsschulen)? Wird dieser Unterricht an Sonn- oder Werktagen erteilt, und zu welchen Tagesstunden? 7. Giebt es in der Gegend Volksbibliotheken, und wie werden sie durch die ländlichen Arbeiter benutzt? Werden Zeitungen von den Arbeitern oder für sie gehalten? 8. Bestehen irgend welche vorstehend nicht erwähnte Wohlfahrtseinrichtungen zu Gunsten der Arbeiter und welche? Unterschrift des Berichterstatters: den
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Begleitschreiben zum Fragebogen II (allgemeiner Fragebogen) (gedruckt)
Berlin, Februar 1892. Sehr geehrter Herr! Für die vom Verein für Socialpolitik veranstaltete Aufnahme über die Verhältnisse der ländlichen Arbeiter sind uns schon ca. 1500 Beantwortungen des beifolgenden Fragebogens (Fragebogen I) zugegangen, sodaß uns ein reichliches Material über die Details der hier einschlagenden Fragen zu Gebote steht. Was uns noch fehlt, ist ein kurze zusammenhängende Äußerung über die gegenwärtige allgemeine Lage der Arbeiterverhältnisse eines jeden Bezirks, welche die Auffassung wiedergiebt, wie sie sich bei sachkun-
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digen Personen aus der Entwicklung dieser Dinge herausgebildet hat. Der Verein für Socialpolitik würde nun Ihnen sehr verpflichtet sein, wenn Sie die Güte haben wollten, uns Ihre Ansicht über die Lage der Arbeitsverhältnisse in dem Bezirke (folgt die Bezeichnung des betr. Bezirkes) gefalligst kurz mitzuteilen. Ohne Sie in irgend einer Weise einschränken zu wollen, diese Frage sowohl vom Standpunkte des Arbeitgebers als des Arbeitnehmers zu beleuchten, erlauben wir uns Ihnen beifolgenden Fragebogen (Fragebogen II) als einen Anhalt für die Punkte zu übersenden, auf welche wir im besonderen die Aufmerksamkeit der Berichterstatter gelenkt zu sehen wünschen, soweit überhaupt in den einzelnen Bezirken hierüber etwas zu berichten ist. Da es dringend wünschenswert ist, die Resultate unserer Erhebung möglichst bald publizieren zu können, so würden wir für eine recht baldige Einsendung Ihrer Auffassung der ganzen Sachlage, wenn möglich bis Ende dieses Monats, sehr dankbar sein. Der Ausschuß des Vereins für Socialpolitik. Fragebogen II (allgemeiner Fragebogen) (gedruckt)
F r a g e b o g e n II.
Die Herren Berichterstatter werden gebeten, ihr Augenmerk noch auf folgende Gegenstände und Fragen richten zu wollen: 1. Den Mangel an Arbeitern und dessen Rückwirkung einerseits auf die Gutswirtschaft, andererseits auf die Lage der verbleibenden Arbeiter. 2. Bezüglich der Gesamtlage der Arbeiter Hat sich dieselbe in den letzten 10 bis 20 Jahren gehoben und zwar: a) in Bezug auf den materiellen Unterhalt (Beschaffenheit der Wohnung, der Kleidung, Art der Ernährung - Ausdehnung der Fleischkost - läßt alles dies zu wünschen übrig?) b) hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Arbeiter, c) in Bezug auf Leistungsfähigkeit und wirkliche Leistung, d) in Bezug auf geistige Bildung, e) in Bezug auf die Sittlichkeit, kommen z.B. Vergehen gegen das sechste Gebot (uneheliche Geburten!), Diebstahl (Feld- und Waldfrevel!), Trunksucht u.s.w. nicht so oft oder öfter vor als früher? Ist eine Einwirkung der Arbeiter anderer Erwerbsarten oder der Wanderarbeiter zu spüren, und welcher Art ist dieselbe? 3. Kommt Überanstrengung durch zu lange Arbeitszeit, insbesondere bei Frauen und Kindern vor? Führt die Frauenarbeit zur Vernachlässigung des eigenen Hausstandes? Einfluß der Feldarbeit auf die geistige Entwickelung der Kinder? Führt sie zu einer Vernachlässigung des Schulbesuches?
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Wird häufig am Sonntage auf dem Felde oder anderweit gearbeitet; sind die Tagelöhner namentlich genötigt, ihr eigenes Land Sonntags zu bestellen? 4. Verhältnis der Arbeitgeber zu den Arbeitern: Bestehen noch patriarchalische Beziehungen im guten Sinne des Wortes, d. h. väterliche Fürsorge auf der einen, treue Anhänglichkeit auf der anderen Seite? Lockert sich die Disciplin? Kontraktbruch. Tragen die Besitzer überall dem erhöhten Selbstbewußtsein der Arbeiterschaft Rechnung, oder verfehlen sie häufig den richtigen Ton in der Behandlung? Welche Art der Bestrafung ist üblich? Erscheint die bestehende Gesindeordnung als reformbedürftig? Existieren irgend welche Verbände der ländlichen Arbeiter zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage? 5. Wanderarbeiter. Art der Anwerbung - Befolgung der hygienischen und sittlichen Anforderungen bei der Art und Weise ihrer Behausung und Beschäftigung - ihre Leistungen und ihr Arbeitsverdienst im Verhältnis zu den am Ort ihrer Beschäftigung ansässigen Arbeitern - Vorteile und Nachteile des Instituts der Wanderarbeiter: geistige Anregung? Erwerb von Ersparnissen, mit denen sie in der Heimat sich selbständig machen? Sittliche Schäden? Belastung der heimischen Kommunen und Kommunalverbände mit Armenlasten? etc. 6. Erfolge etwaiger Guts-Parzellierungen oder der Anlage von ArbeiterKolonien für den Gutsbetrieb - für die Kolonisten? Stammen die letzteren aus Arbeiter- oder aus bäuerlichen Kreisen? Sind die Besitzer und die Arbeiter geneigt zur Vornahme solcher Ansiedelungen? Erscheinen die neuen Stellen als lebensfähig? Wie hoch sind die Ankaufspreise im Verhältnis zu den sonst üblichen Bodenpreisen, wie hoch regelmäßig die auf den neuen Stellen eingetragenen Hypotheken-Schulden im Verhältnis zum Wert derselben, wie hoch deren Verzinsung, wie hoch ist eventl. die zu zahlende Pacht, welche sonstigen Verpflichtungen (in Bezug auf zu leistende Arbeiten) pflegen die Kolonisten zu übernehmen, haben sie meist ein ausreichendes Betriebskapital? Woher stammen die im Fall einer Parzellierung zur Ablösung der Hypotheken und zur Zahlung der Kaufpreise erforderlichen Kapitalien? Wie hoch ist der Verdienst der die Parzellierung leitenden Geschäftsleute? Regelung der kommunalen, kirchlichen und Schulverhältnisse in den neu gegründeten Ansiedelungen. 7. Ausbreitung und Erfolge der socialdemokratischen Agitation.
©djriften be§
1Heretn0 für S o z i a l p o l i t i k »
LV. Die UerljültnifTe bcc i a n b a r b e i t e r in Deutfdjlanii.
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Inhaltsverzeichnis.
AV
Seite
Berichtigungen 1 )
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I. Vorbemerkung II. Zur Orientierung über die Arbeitsverfassung des deutschen Ostens im allgemeinen und zur Erläuterung der Lohntabellen (Zu den Tabellen A S. 82 - Zu den Tabellen B S. 87.)
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III. D i e Arbeiterverhältnisse 3 der einzelnen Bezirke 1. Provinz Ostpreußen. l.
b
Regierungsbezirk Gumbinnen. A.
Litauen
I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 109 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 113 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 124 (1. GesindeS. 124.-2. Kontraktlich gebundene Arbeiters. 127. — 3.c Freie einheimische Tagelöhner S. 136. - 4. Wanderarbeiter S. 148.) B.
Masuren d
I. Boden, Bewirtschaftungsweise , Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 150 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 153 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 161 (1. Gesinde S. 161.-2. Instleute und Deputanten S. 163.-3. Freie Tagelöhner S. 176. - 4. Wanderarbeiter S. 184.)
') Ich bitte dringend, dieselben speziell bei etwaiger Benutzung der Tabellen zu berücksichtigen. a A, S . 4 4 : A r b e i t s v e r h ä l t n i s s e
d A, S. 81: Anbau
b In A, S . 4 4 fehlt: 1.
c In A, S . 6 8 fehlt: 3.
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Inhaltsverzeichnis
2.e Regierungsbezirk Königsberg. A. Die kurische Niederung,
AVI
Samland
und
Seite
Natangen.
I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 1881 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 192 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 206 (1. Gesinde S.206. - 2. Instleute und Deputanten S.208. 3. Freie Tagelöhner S. 218. - 4. Wanderarbeiter S. 227.) B. Ermland und
Südwesten.
I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 230 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 232 III. Die einzelnen Kategorien 'von Arbeitern' 239 (1. Gesinde S.239. - 2. Instleute und Deputanten S.241. 3. Freie Tagelöhner S. 247. - 4. Wanderarbeiter S. 254.) Schlußbericht,9 betreffend die Provinz Ostpreußen 2. Provinz
256
Westpreußen.
1. Weichselniederung und Ostkreiseh. I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 277 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 281 III. Die einzelnen Kategorien' von Arbeitern 289 (1. Gesinde S.289. - 2. Instleute und Deputanten S.291. 3. Freie Tagelöhner S. 307. - 4. Wanderarbeiter S. 314.) 2J Pommerellen und Kassuben. I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende k Arbeiterkategorien 323 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 328 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 335 (1. Gesinde S. 335. - 2. Instleute und Deputanten S. 338. 3. Freie Tagelöhner S. 345. - 4. Wanderarbeiter S. 356.) 'Schlußbericht, betreffend'die Provinz Westpreußen e In A, S. 118 fehlt: 2. h A, S. 199: O s t b e z i r k e
vorhandene
359
f A, S. 164: der A r b e i t e r g In A, S. 180 fehlt das Komma, i A, S.209: A r t e n j In A, S.242 fehlt: 2. k A, S.242:
I A, S. 275: Schlußbericht über
Inhaltsverzeichnis
3. Provinz Pommern. Vorbemerkung
53
Seite
366 1. Regierungsbezirk Cöslin.m
I. Boden, Bewirtschaftungsweise", Grundbesitzverteilung und vorkommende 0 Arbeiterkategorien 367 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 371 III.P Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 381 (1. Gesinde S. 381. - 2. Instleute und Deputanten S. 386. 3. Freie Tagelöhner S. 410. - 4. Wanderarbeiter S. 413.) 2.q Regierungsbezirke' Stettin und Stralsund. I. Boden, Bewirtschaftungsweise s , Grundbesitzverteilung und vorkommende 1 Arbeiterkategorien II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern (1. Gesinde S.432. - 2. Instleute und Deputanten S.435. 3. Freie Tagelöhner S. 452. - 4. Wanderarbeiter S. 459.) Schlußbericht über die Provinz Pommern
4181 AVII
422 432
464
4.'A Provinz Posen. 1. Regierungsbezirk Bromberg. I. Boden, Bewirtschaftungsweise b , Grundbesitzverteilung und vorkommende 0 Arbeiterkategorien 495 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 500 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 508 (1. Gesinde S. 508. - 2. Kontraktlich gebundene Arbeiter S. 509. 3. Freie Tagelöhner und Wanderarbeiter S. 523.) 2. Regierungsbezirk Posen. I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 533 m A, S. 282: Köslin n A, S.282: Bewirtschaftungsart o A, S. 282: vorhandene p A, S.295: II. q In A, S.330 fehlt: 2. r A, S.330: Regierungsbezirk s A, S.330: Bewirtschaftungsart t A, S.330: vorhandene a In A, S.403 fehlt: 4. b A, S.403: A n b a u c A, S.403: vorhandene
54
Inhaltsverzeichnis
II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Seite Arbeiter 538 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 550 (1. Gesinde S. 550. - 2. Kontraktlich gebundene Arbeiter S. 554. 3. Freie Tagelöhner und Wanderarbeiter S. 570.) Schlußbericht über die Provinz Posen
584
5.d Provinz Schlesien. Bodenbeschaffenheit. Rückblick auf die Entwicklung der Arbeiterverhältnisse 593 l. e Regierungsbezirk Oppeln. I. Bewirtschaftungsart, 'Grundbesitzverteilung und vorhandene' Arbeiterkategorien 598 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 601 III. Die einzelnen Kategorien 9 von Arbeitern 609 (1. Gesinde S. 609. - 2. Kontraktsarbeiter S. 613. - 3. Freie Tagelöhner und Wanderarbeiter S. 624.) 2.h Regierungsbezirk Breslau. I. Bewirtschaftungsart', Grundbesitzverteilung und vorhandene Arbeiterkategorien 632 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 641 III. Die einzelnen Kategorien ¡von Arbeitern' 650 (1. Gesinde S. 650. - 2. Kontraktlich gebundene Arbeiter S. 666. 3. Freie Tagelöhner S. 678. - 4. Wanderarbeiter S. 685.) 3.k Regierungsbezirk Liegnitz.
AVIII
I. Bewirtschaftungsart, Grundbesitzverteilung und vorhandene Arbeiterkategorien 691 j II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 700 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 709 (1. Gesinde S. 709. - 2. Freie1 Tagelöhner und Lohngärtner S. 715. - 3.m Wanderarbeiter S. 731.) Schlußbericht über die Provinz Schlesien
735
d A,S. 493:4. e In A, S. 498 fehlt: 1. f A, S. 498: Grundbesitzverteilung, vorhandene g A, S.508: Arten h In A, S.529 fehlt: 2. i A, S.529: Boden, Bewirtschaftungsart j A, S.545: der Arbeiter k In A, S.586 fehlt: 3. I In A, S.609 fehlt: Freie m A, S . 6 2 1 : 4 .
55
Inhaltsverzeichnis
6. Provinz Brandenburg.
Seite
I. Boden, Bewirtschaftungsweise, Grundbesitzverteilung und vorkommende Arbeiterkategorien 747 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 755 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 766 (1. Gesinde S. 766. - 2. Kontraktlich gebundene Arbeiter S. 770. 3. Freie Tagelöhner S. 790 - 4. Wanderarbeiter S. 802.) Schlußbericht über die Provinz Brandenburg
806
7. Großherzogtümer Mecklenburg und Kreis Herzogtumn Lauenburg. I. Boden, Bewirtschaftungsweise0, Grundbesitzverteilung und vorkommende p Arbeiterkategorien 809 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter 816 III. Die einzelnen Kategorien von Arbeitern 829 (1. Gesinde S. 829. - 2. Hoftagelöhner^ S. 831. - 3. Freie Tagelöhner S. 866. - 4. Wanderarbeiter S. 872.) Schlußbericht/ betreffend die Großherzogtümer Mecklenburg IV.S Schluß
. . . . 880 886
1. Zur Methode S.886. - 2. Rechtliche Fragen S.889 - 3. Ausblick S. 895. Tabellen 931
Ii In A, S.697 fehlt: Herzogtum o A, S.697: Anbau p A, S. 697: vorhandene q A, S. 718: Hoftagelöhner und Deputanten r In A, S.762 fehlt das Komma, s In A, S. 767 fehlt: IV.
Berichtigungen.
Der auf Ende September bestimmte Termin für die Generalversammlung des Vereins zwang mich zu einer sehr hastigen Fertigstellung der Bearbeitung und zu einer ebenso hastigen Durchsicht der Korrekturbogen. Der Satz war, als Anfang September die Verlegung des Versammlungstermins beschlossen wurde, bereits abgeschlossen und es war mir nur möglich, wenigstens von den letzten Bogen noch eine zweite Korrektur zu lesen. Ich bin dadurch in die unerfreuliche Lage versetzt, eine erhebliche Zahl von Druckfehlern und mehrere Versehen hier nachträglich zu berichtigen.3
(
Vorbemerkung.)
S. 3. Die nachträgliche korrektere Identifikation des Herkunftsortes mehrerer Fragebogen hat eine geringfügige Verschiebung der hier wiedergegebenen Zahlen zur Folge gehabt, deren Wiedergabe im einzelnen nicht interessieren dürfte. " 3 Zeile 6 lies „seiner" statt „für". " 5 " 10 von unten lies „beläuft" statt „belaufe". Am Schluß hätte der Hinweis auf Schmollers Abhandlung in der Tübinger Zeitschrift 1866 S. 171 f. nicht fehlen sollen.
(Zur allgemeinen
S. 11 Zeile "18 " "18 " " 19 » » 31 » "36 " " 42 "
Orientierung.)
19 lies „dessen Erträge" statt „diese Erträge". 16 " „dann" statt „denn". 1 von unten lies „zum" statt „zur". 1 " » " „dem" statt „den". 2 lies „Anteilsverhältnisses" statt „Arbeitsverhältnisses". 15 " „latente" statt „betonte". 1 " „Schlesien" statt „Mecklenburg".
a Diese Berichtigungen sind in den edierten Text eingearbeitet worden. Die Seitenund Zeilenzählung bezieht sich auf die Originalausgabe (A).
Berichtigungen
57
( Ostpreußen.) S.46 Zeile 6 von unten lies „daneben" statt „darüber". " 48 » 1 » " " „ein" statt „in". » 74 Tabelle B Spalte 5 Z. 6 (Ragnit 3) 105 statt 125. Z. 3 von unten (Darkehmen 3) 140 statt 149. » 75 Tabelle B Spalte 13 sind die Kreuze ( + ) in Zeile 5 (Ragnit 3), 13 | AX (Stallupönen 4), 4 von unten (Darkehmen 3), 1 von unten (Darkehmen 4) ausgefallen. " 84 Absatz 2, Z. 3 Komma hinter „aber" ausgefallen. " 86 Z. 7 lies „der" statt „die ". " 95 " 5 ist „ d a r f zwischen Anführungsstriche zu setzen. " 102 Tabelle A Sp. 7 Z. 6 von unten (Lotzen 3) 0,48 statt 0,40. " 104 Tabelle B. Erste Spalte Z. 4 von unten Johannisburg 2, nicht 4. Tabelle B Spalte 14 ist Z. 12 (Lyck 2) das Kreuz ( + ) ausgefallen. " 111, Tabelle, Sp. Kartoffelland, Z. 3 und 4 (Goldap 4) bezeichnen die Zahlen 3 - 4 bezw. 5-7 Manns- bezw. Frauenarbeitstage. " 146, Tabelle A, Sp. 7 Z. 4 (Königsberg 3) 0,38 statt 0,28. Sp. 4 Z. 5 von unten (Eylau 2) 0,18 statt 0,16. » 166 Abs. 2 Z. 4 lies 56 Ar statt 75 Ar. " 167 Abs. 4 Z. 1/2 lies „Braunsberg" statt „Rastenburg". " 171 Z. 7 von unten am Eingang lies „ a u f statt „und". » 174 Tabelle A Sp. 7 Z. 7 von unten (Mohrungen 3) 0,31 statt 0,33. "176 " B "11 " 4 " » (Osterode 3) 41,4 statt 40,4. » 177 Z. 4 lies „1873" statt „1875". " 6 von unten lies „der Weite" statt „die Weite". " 192 " 3 lies „grade" statt „zwar". ( Westpreußen.) S. 210 Z. 7 lies „an einen" statt „von einem". " 215 " 15 von unten lies „ergänzt" statt „erzeugt". » 224 Tabelle B Sp. 2 Z. 6 (Marienburg 1) lies „130" statt „180". " 5 " 6 von unten (Strasburg l)lies „185,5" statt ,,155,5". " 7 " 4 (Marienburg 1) lies „ca. 30" statt „ca. 20". " 5 (Marienburg 2) » „ca. 40" » „ca. 20". " 10 " 10 von unten (Löbau 1) lies „s. 8" statt „78". " 253 Abs. 3 Z. 2 lies „unverheirateten" statt „verheirateten". " 255 Z. 11 von unten lies „16-18 Ctr." statt „10-13 Ctr.". " 256 " 10 » » " „Stuhm" statt „Schlochau". " 270 Tabelle B Sp. 8 Z. 4 (Karthaus 2) lies „21,2" statt „22,4". " 1 1 " 4 (ebenda) lies „27,2" statt „26,2". " 10 " 6 von unten (Schlochau 4) „24,4" zu streichen (versehentlich aus Sp. 8 wiederholt).
58
Berichtigungen
( Pommern.) Bezeichnung: Durch einen mehrfach wiederkehrenden Druckfehler ist aus dem Kr. Naugard wiederholt „Kr. Stargard" geworden (S. 336, 349 Abs. 1, 353 Abs. 5 Z. 1, 361 Z. 10 von unten.) S. 312 Tabelle A Sp. 7 Z. 4, 5 von unten lies „0,53-0,78" statt „0,78-1,28". "314 » " " 4 » 3 von unten (Belgard 1) lies „0,375" statt „0,357". » 7 " 4 » » (ebenda) lies „0,45" statt „0,48". " 330 Abs. 3 Z. 6 lies „Gerstland" statt „Geestland". AXI " 336, Tabelle, lies „Naugard" statt „Stargard". | " 340 Abs. 3 Z. 10 lies „den andren Kreisen" statt „dem andern Kreise". " 348 Z. 9 am Ende lies „63 Ctr." statt „35 Ctr.". " 349 Abs. 1 ist beide Male „Merzschafe" statt „Märzschafe", ferner wiederum „Naugard" statt „Stargard" zu lesen. » 354 Tabelle A Sp. 11 Z. 3 (Greifenberg 3) lies „4,8" statt „48". " 5 " 2, 3 von unten (Pyritz 4) ist „0,06-0,07" zu tilgen. " 10 » 2, von unten (ebenda) lies „72" statt „ - " . " 11 " 4 , » » (Pyritz 2) lies „4 Ctr." statt „2 Ctr.". " 358 Sp. 7 Z. 9 von unten lies „75" statt „72". " 365 " 13 lies „Naugard" statt „Stargard", dagegen Z. 6 von unten „Regenwalde" statt „Stargard".
( Posen.) Bezeichnungsweise: Ein die Gegend zwischen Posen und Buk betreffender, aus dem Kr. Posen-West stammender Bericht figuriert in den Tabellen und in einigen Stellen des Textes versehentlich als „Kreis Buk". S. 409 Z. 17 lies „Arzt" statt „Kost". " 414 " 3 von unten lies „im Winter" statt „in Wirsitz". " 417 » 5 lies „Hofdiensttage" statt „Hausdiensttage". » 8 " „ablohnen" statt „ablösen". " 418 " 10 von unten lies „16,2" statt „12,2". " 432 " 8 lies „schieben" statt „schreiben". » 435 " 14 von unten lies „Detinenden" statt „ Detinenten". " 441 " 12 lies „-politischen" statt „-polnischen". " 464 Tabelle A Sp. 7 Z. 8 (Meseritz 2) lies „0,39" statt „0,37". " 466 " » » 2 " 3(Wreschen 3) lies „75-80" statt „75-50", ebenda " 6 (Kosten 1) „90" statt „30". » 472 Z. 4 von unten lies „Anteilsverhältnisses" statt „Arbeitsverhältnisses". " 486 " 4 lies „mittlerem" statt „unklarem". » 492 " 12 " „noch" statt „nach".
Berichtigungen
( Schlesien.) S. 495 Z. 1 lies „den" statt „die". " 1 3 " „Dienstablösungsgesetz" statt „Dienstablöhnungsgesetz" " 503 " 13 von unten lies „Wirten" statt „Mietern". " 516 " 9 lies „Zusammenhalt" statt „Zusammenfall". " 523 " 6 von unten lies „Arbeiten" statt „Arbeiter". » 575 » 4 lies „1,10-1,20" statt „1,50-1,20". " 8 " „den - Angaben" statt „der - Angabe". " 592 " 12 von unten lies „Schönau" statt „Schandau". " 594 " 1 " " " „Verleger" statt „Fabriken".
Die ¿Tage ber íanbarbriür im ofhlbifdjnt Deutfd)lattb. ¿ßteufjifdje ^xoüxnjen Oft-- unb äBeftyteufcen, Bommern, $ßojen, ©Rieften, SStcmbenBuxg, ©rofeljerjogtüinex íftecÉIenbirtg, *pxeufei= fd^cr ífreté §etjogtum Sauenïmxg (^xobinj bC ••3 CS 4> O OJ M
ja
zuweilen 1 1
-
141
Arbeiterkategorien
Schweine Weide (Haltung)
Lage
-
-
ja
7
2
-
ja
7
90120
7
ja
II w
90120
7
-
1-
j(i,oo)
21
30
9 nach Taxe
-
-
1-
Besondere Verhältnisse
?
(ja)
-
A73
-
-
-
1
-
-
2
-
-
2
-
-
ja
II
100 120
I
-
-
-
1
-
-
2
-
-
2
ja
-
(10-15) 2 m
II(I)
75150
7
23 gegen die 6.Hand21
B e d e u t e t : g e g e n A b g a b e jeder 6 . G a n s einer n e u e n Brut; vgl. Vertragstexte a u f S . 8 5 4
861.
und
142 A 74
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Gumbinnen.
Litauen
Tabelle B.
Gestellte Arbeitskräfte
Regierungsbezirk
Gumbinnen
Ertrag des Ackerlandes an
Bareinkünfte
brutto
ab ab Miete Scharoder werker Pacht lohn
netto
Dazu treten an
Cerealien
Kartoffeln
Cerealien
Kartoffeln
Drescherlohn
M
JH.
M
M.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
r/6
ca. 80
-
ca. 80
-
ca. 50
23,3
-
-
210
-
45
165
-
ca. 70
30
-
?
7
Litauen Tilsit 1 Tilsit 2 Niederung 1
....
2
180-225
-
Niederung 3
....
2'A
195-240
-
Ragnit 3
75-90 120-150
-
ca. 70
30
-
ca. 70 ca. 70
15 35
-
-
-
23 26
240
-
60
180
-
ca. 60
15,2
-
120
-
-
120
-
ca. 60
24
-
50 50 ca. 50
12,5 26 ca. 30
ca. 50 ca. 50
ca. 10 ca. 20
/ 2'/3 \ 1
130 240 100
/ 276 \
133 195
f
136
1
190
-
-
-
-
60-75 60-75 -
80-90 80-90
55-70 165-180 100 43-53 105-115
-
-
-
-
Stallupönen 4
. . .
Stallupönen 5
...
2'/6
Gumbinnen 2
...
l'/2
110-120
-
-
110-120
-
Gumbinnen 4
. . .
i'A
ca. 130-150
-
-
ca. 130
-
Insterburg 1
....
27*
ca. 250
-
?
7
-
? 7
7 7
....
2
/ \
60 150
27^
165-175
...
272
ca. 240
Darkehmen 3
...
/ 276 \
Darkehmen 5
...
272
ca. 150
Darkehmen 4
...
273
156-186
Darkehmen 2
I DV; A: 125
-
2'/2
l
Insterburg 3
-
-
45 1051 216
m DV; A: 149
110 200
nk.JL
-
-
60
76
60
130
-
-
-
7 ?
-
-
:
-
-
32 8 -
ca. 30 ca. 20
18,5-22
-
-
gering Taxe 6 Ji 7
12,5
-
12
22-29
-
ca. 70 15,4 ca. 70 29,6-33,6
_
-
7
8,6
-
-
7
27
-
60-70
95-105
-
9
7
60 60
50 140m
-
ca. 70
ca. 80
-
7
-
60-75
90-111
-
7
o - r DV; A: -
14 24
-
-
33
ca. 30
-
-
-
20-40
-
120 60 60
. . .
....
64
165 165 276
Ragnit 6
Insterburg2
-
22
r 3'/6 S 2'/« l 2%
Pillkallen 1 Stallupönen 2
-
-
f 17,10 ca. 60 \ 29
-
30-56 46 -
-
46,20
15,5
-
40-40
15
-
30
Lage der einzelnen
Gesamtaufkünfte an
Getreide-
Ctr.
Ctr.
verkauf Ctr. (für M)
11
12
13
23,3
ca. 50
30
ca. 70
42-62
64
KarCerealien toffeln
Zukauf von
zukauf Ctr. (für M) 14
-S2
3
u 5 >a g
J3
ÜH
i
JC
M
15
16
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
-
30
ca. 70
48 35 23
ca. 70 ca. 70
31,2
ca. 60
-
24
ca. 60
-
+
0
50 10-15 + 50 ca. 50
ca. 40 ca. 20
ca. 50 ca. 50
ca. 34
? »
«
"3'S .3 i- § >aj
3
« M
3
9
ja
-
-
-
-
-
-
+
-
-
-
'S E e o>
17
-
-
C/Ï
N .* 18
-
+
44,5 34 ca. 30
°
.e
4Ç >
1U 24> M
>
19
20
+ ja
-
ja
-
+
7
-
+
?
; 2 2
7
ca. 24
-
-
-
-
-
-
-
-
ca. 30
-
-
24,5
?
-
22-29
?
-
54,6
»
ja (10) ja (10)
—
+
ca. 20
45,4-71,4 ca. 70 29,6-33,6 ca. 70
?
-
-
+
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+
27 63,30 29
ca. 60 ca. 60
55,5-75,5
?
+
45
7
+r
-
+ q
-
-
-
-
-
-
_
_
-
-
-
-
-
? ?
-
-
-
_
-
?
22
+
;}' -
-
7
-
-
+ + (30)
; -
-
-
7 7 ?
7 7
+ +
-
-
-
7
-
+
-
:
-
-
-
-
7
-
ja
7
\ S p . 7:12 Neuscheffel j Aussaat
2 nach den Lohnsätzen
7 7
-
Sp. 20: jetzt nur 18.* verheiratete Knechte Deputanten (Kämmerer etc.) 7 nach Größe und Taxe
2 durch Korrektur
-
_
Drescher Deputanten Losleute
+
+
? 7
f "i l
+
+
-
7 nach Größe u. Taxe
ja
-
(70-80) (70-80) +
7 nach Größe u. Taxe
+
-
_ ja
-
(30)
+
-
j
? ?
-
-
21
+
-
+
-
+
< t-D
pa
?
?
+P
c e
Verkauft werden
0> (L) 1> ja j3 Schweine Gänse > 1 3 « a es Stück Stück M 2 S ä 3 u N 0 Stück" (für .*) (für M) .*
+ +
+
143
Arbeiterkategorien
7 nach Größe
) 7 nach Größe und J Taxe
7
144
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Gumbinnen.
Litauen
Die Tagelöhne22 betrugen in Silbergroschen : 1. für männliche Tagelöhner im Sommer
1) in den Kreisen Heydekrug und Niederung 2) in den Kreisen Ragnit, Tilsit, Gumbinnen 3) in den Kreisen Insterburg und Darkehmen
im Winter
2. für weibliche Tagelöhner im Sommer
im Winter
ohne Kost
bei Beköstigung
ohne Kost
bei Beköstigung
ohne Kost
bei Beköstigung
ohne Kost
bei Beköstigung
14,5 (16,1)'
6,5 (8,8)
8,3 23 (9)
3,5 (4,8)
10 (9)
5 (5,2)
6 (6,5)
3 (3,2)
8,5 (13)
6,7 (8,5)
6,2 (8)
4 (5,2)
6,5 (6,8)
3,3 (5,2)
4,7 (4,8)
2,3 (2,8)
10 (15,5)
6 (10,6)
6,7 (6,6)
3,2 (4,5)
5,5 (6,6)
2,7 (4)
4 (4,3)
2 (2)
') Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Löhne für nur zeitweise beschäftigte Arbeiter.
Es hatte also im allgemeinen eine erhebliche Lohnsteigerung stattgefunden, nämlich, da man mit Ausnahme der Kreise Heydekrug und Niederung, wo die Steigerung des Sommerlohns des Mannes ca. 75 bis 80 Prozent beträgt, der Winterlohn aber fast konstant blieb, in den übrigen Kreisen die Löhne der zeitweise beschäftigten Arbeiter, welche 1849 von dieser Kategorie fast ausschließlich vorkommen, zu Grunde legen muß, von meist über 100 Prozent. Vergleicht man die Angaben der Lohntabelle über den jetzigen Lohnstand, so findet man, daß der Tagelohn der männlichen dauernd beschäftigten Arbeiter, mit einer vereinzelten Ausnahme im Kreise Ragnit (4), wo er bis auf 1 Mk. heruntergeht, und von Gumbinnen (4), wo er 2,5 Mk. erreichen soll, sich zwischen 1,20 und 2Mk. im Sommer, 0,80 und 1,4 Mk. im Winter bewegt und im allgemeinen um 50 Prozent gegen 1873 gestiegen ist, mit der bemerkenswerten Ausnahme der Kreise Heydekrug und Niederung, wo Bauern- und Büdnerbesitz vorherrscht und der Fortschritt teils unerheblich ist, teils geradezu fehlt. In Lebensmitteln ausgedrückt, würde im allgemeinen 50 Prozent mehr gegen 1870 reichlich dasselbe bedeuten, wie 1873 100 Prozent mehr gegen 1849, in Getreide ausgedrückt, von den Preisen des Jahres 1891 abgesehen, stellenweise noch mehr. Die Akkordlöhnung besteht, wie die Tabelle in der Spalte „Be22 Die folgende Tabelle bezieht sich auf das Jahr 1873. Die Zahlen sind entnommen: Goltz, Lage, S. 2-3. 23 Goltz, Lage, S.2, Sp.4 dagegen: 8,0.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
145
merkungen" ergiebt24, stellenweise in den meisten Kreisen, im Kreise Darkehmen (3) werden teilweise freie Arbeiter überhaupt nur zeitweise | auf Akkord angenommen. Die Akkordeinkünfte eines Arbeiters wurden 1849 im Kreise Ragnit stellenweise für den Mann auf 10-12 Sgr., für die Frau auf 7-8 Sgr. pro Tag veranschlagt25, 1873 zwischen 16 (Kreise Insterburg, Gumbinnen 26 ) und 22 Sgr. (Kreise Heydekrug, Niederung) für den Mann und bezw. 8-14 Sgr. für die Frau 27 . Der Durchschnittsverdienst beim Akkordlohnsystem wird jetzt auf ca. 20 Prozent höher als der Tagelohnverdienst in den Kreisen Insterburg und Darkehmen angegeben. Im übrigen soll bei gewöhnlichen landwirtschaftlichen Arbeiten der Mann im Kreise Tilsit (2) 2, die Frau 1 Mk., im Kreise Ragnit (2) der Mann 1,50 Mk., anderwärts daselbst (5) und im Kreise Pillkallen (3) bis zu 3Mk., in Gumbinnen beim Mähen 2Mk. und in der Kartoffelernte 1-1,20 Mk. verdienen. Im Kreise Ragnit (4) soll im Sommer 1,8-2,5, im Winter 1-1,2 Mk. im Akkord verdient werden. Teilweise höher sind die Verdienste bei Meliorationsarbeiten, so Mergeln, welches mit ca. 45 Mk. pro ha oder auch 18 Mk. pro Morgen bezahlt wird und wobei im Kreise Ragnit (2) bis 3 Mk., und Drainagearbeiten, wobei im Kreise Stallupönen (1) 2-5 Mk., anderwärts (4) 1,5-3 oder (5) 2Mk. verdient werden sollen. Die einzelnen auf landwirtschaftliche Arbeiten bezüglichen Akkordsätze ergiebt folgende Übersicht: Kreis
Heydekrug Niederung 1 Ragnit 6 Pillkallen 3 Gumbinnen 1 Gumbinnen 3 Darkehmen 3
Mähen pro ha
Aufbinden pro ha
Kartoffelernte pro Ctr.
Mk.
Mk.
Pf.
4
-
-
-
5-15 10-20
8 4,5 3—4 3 4-5
-
2,50-3
-
10-20 10-20 -
Sonst ist von Akkordarbeiten nur die Vergebung der Heuernte zu erwähnen. Dieselbe erfolgt mehrfach gegen Anteil, im Kreise 2 4 Bezieht sich auf die Spalte 33 (Bemerkungen) in Goltz, Lage, S.3. 2 5 Siehe Lengerke, Arbeiterfrage, S. 93. 26 Die A n g a b e bezieht sich bei Goltz, Lage, S. 2, Sp.6 in Verbindung mit Sp. 33 auf die Kreise Insterburg, Darkehmen, Angerburg. 27 Bezieht sich auf Goltz, Lage, S.2, Sp.6 in Verbindung mit Sp.33.
146
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Gumbinnen.
Litauen
Ragnit (1) gegen 1/s des Ertrages oder in der Weise, daß die Arbeiter den ersten Schnitt umsonst machen und vom zweiten 1 /3- i /2, anderwärts (Ragnit 3) bis zu 2¡3 erhalten. Im Kreise Darkehmen (1) wird die Heuernte gegen | den 2 ten , 5 ten bis 8 ten „Küps" (Haufen) je nach Güte der Ernte vergeben. Diese Arbeiten werden jedoch überwiegend von Bauern und kleinen Besitzern vergeben. Das Einkommen, die Wohnungsmiethe und die eventuellen Grundstückspachten der Tagelöhner mit und ohne Grundbesitz stellen sich im s übrigen wie folgt: (s. Tabelle S. 147).
Ein besitzloser Arbeiter hat mithin für die bloße Wohnung ca. zwei Arbeitswochen oder etwas mehr, also, da man diese als besonders verdienstreiche Erntewochen doppelt veranschlagen wird, 1 /io-1/i2 seines möglichen Jahreseinkommens, wenn er annähernd regelmäßig beschäftigt ist, zu leisten. Will er aber noch 1 Morgen Kartoffelacker und Weide für eine Kuh dazu erwerben, so muß er weitere ca. IV2-2 Monate darauf verwenden, mithin, um hierin den Dienstleuten gleichzustehen, ca. 21/2 Monate oder mehr in der verdienstreichsten Zeit. Hat er während der restierenden ca. 9 Monate annähernd regelmäßige Beschäftigung, so kann seine Lage eine erträgliche sein, da er aber gerade in der Zeit der Nachfrage nach Arbeitern nicht abkömmlich ist, so wird dies in der Regel nicht der Fall sein. Was die grundbesitzenden Tagelöhner anlangt, so ist für sie die Notwendigkeit zuzukaufen, durchaus die Regel, und hängt, wie gelegentlich auch bemerkt wird, ihre Lage von der Möglichkeit, sich Weide für die Kuh zu beschaffen und von dem Ertrag der Viehwirtschaft, speciell der Schweinezucht, die auch sie betreiben, ab. Die Lohnklasse der freien Tagelöhner ist stellenweise in den Kreisen Pillkallen (3), Stallupönen (2), Darkehmen (4) die zweite, sonst dort mehrfach die dritte, in den nördlichen Kreisen teils die zweite, teils die dritte. Über die allgemeine Lage der freien Tagelöhner ist sonst nichts Brauchbares aus den Berichten zu entnehmen. Der Generalberichterstatter (1) konstatiert, daß ihre Ernährungsweise im wesentlichen ungünstiger als die der Instleute und vollends hinter der des Gutss A: im im
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Niederung 1
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-
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7, 8 nach Taxe und Größe
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ja
40.7 23,7
ca. 50 ca. 50
53
ca. 60
+
46-50
ca. 70
12-15 Ctr.
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Zukauf von
Arbeiterkategorien
-
ja
ja
(60)
-
-
-
-
-
? 1
2 Schafe oder 6 bis 12 Gänse
7
ja (u.Schafe 1-2)
7
?
7 nach Größe und Taxe
-
(Hüh(150) + 1 Kalb ner)
+
7 nach Taxe
+
+ 7
224
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Königsberg.
(Nord-)
Osten
A150 bezw. 1,0 und 2,0 Mk. betragen, die Löhne vorübergehend beschäftigter Arbeiter aber bis 3,50 Mk. anstiegen, - eine Steigung von jedenfalls etwa 50% gegen 1873. In den andern Kreisen ist die Steigung so bedeutend nicht, wie die Tabelle ergiebt. Der Akkordverdienst pro Tag wird jetzt, soweit Angaben gemacht sind, auf % (Kreis Fischhausen 1), V3-V2 (Kreis Heiligenbeil 3) höher als im Tagelohn angegeben, im Kreise Memel auf 1,5-2 Mk., im Kreise Heiligenbeil (2) auf 1,8 Mk. im Sommer, 1,4 Mk. im Winter, also den Durchschnittsangaben von 1873 ziemlich entsprechend, angegeben, höher, auf 2-2,50 Mk. im Kreise Wehlau und Rastenburg (hier verdient beim Mähen Mann und Binderin zusammen 4 - 5 Mk.), und im Kreise Fischhausen (5) auf im Sommer bis 3,5, im Winter bis 2,5 Mk. Die Erhöhung ist im allgemeinen auch hier nicht so erheblich, wie die der Tagelöhne. Der Grund liegt offenbar in dem aus dem Kreise Fischhausen (5) hervorgehobenen Umstand, daß der Akkordlohn hier sich derart an den Tagelohn anzuschließen pflegt, daß der Mann, sobald er im Akkord den Betrag des üblichen Tagelohnsatzes erarbeitet hat, zu arbeiten aufhört. In diesem Falle hat also die Akkordlöhnung nicht die Wirkung einer Erhöhung der Einkünfte, sondern die erwünschtere einer Verkürzung der Arbeitszeit für die leistungsfähigsten Arbeiter. Einzelne Akkordsätze für landwirtschaftliche Arbeiter sind: Kreis
Wiesenmähen pro ha
M
Ji
Memel
4
Labiau
-
Wehlau 2 Rastenburg
A151
Getreidemähen pro ha
4-6
5
10
15
20
3 3,2-3,6 -
Winterung inkl. Binden:8 Hafer und Gerste: 3,2-4 Erbsen:4 Bohnen: 4,8-6
Sonst werden nur Meliorationsarbeiten im Akkord ausgeführt; die Arbeiter bekunden meist entschiedene Abneigung gegen die Akkordarbeit überhaupt. Kartoffel- und Rüben-Erntearbeiten sind 25 meist Akkordarbeit.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
225
Wie die Lohntabelle ergiebt, wird mehrfach auch auf den großen Gütern an freie Arbeiter teils Heu, teils Weide, zuweilen auch etwas Kartoffelland neben dem Barlohn gewährt. Das Verhältnis der sogen. „Freileute" in den Dörfern zu ihren Vermietern wurde schon 5 oben erwähnt. Desgleichen ist die geringe Zahl und das seltene Vorkommen grundbesitzender Tagelöhner schon erwähnt worden. Einzelne brauchbare Angaben sind noch die folgenden: (S. Tabelle S. 226) Die, wie schon früher bemerkt, nur sporadisch vorkommenden 10 Eigenkätner gehen im Bezirk fast nie auf Landarbeit, sondern halten mit Vorliebe sich ein Pferd und verdingen sich als Fuhrleute. Die Arbeitsgelegenheit für die freien Tagelöhner wird aus den verschiedenen Kreisen ziemlich übereinstimmend auf ca. 270 Tage angegeben, - was wohl ein ziemlich günstiges Arbeitsnachfrage-Verhältnis 15 voraussetzt. Aus dem Kreis Labiau wird berichtet, daß das „Feiern" bei den freien Arbeitern ziemlich üblich sei, da dieselben fast durchweg mehr oder weniger dem Trünke ergeben seien. Nicht ungünstig ist die materielle Situation der freien Tagelöhner da, wo sie im Dorfe Kuhweide erlangen können und von den Gütern Land verpachtet 20 oder gegen Abarbeit erhalten. So läßt sich aus den für den Kreis Preuß. Eylau gemachten Angaben ungefähr das gegenseitige Verhältnis zum Instmann und Deputanten erkennen. Es beziehen: In In bar Freie Weide Für Frau Naturalien ArBrenn- Fuh- arbeiKarbeits- brutto netto Cerewerk ren tet tof- Kühe Schafe Schweine tage Tage alien feln M. Ctr. Ctr. 1
2
5
6
8
9
10
1. D e r I n s t m a n n .
900
500
380 40,7
50
1
2
2. D e r D e p u t a n t .
600
270
210 23,7 50
1
2
(Taxe 30 M) (Taxe 30 M)
(Taxe 30.*) (Taxe 30Jt)
3. D e r freie Tagelöhner . .
3
4
{ 340
440 389,4
7
4 J
20\ 50/
2 und 2 Lämmer
11
f 3: Abge1 zogen 70 \ Miete u. 12 Tage L ä l,8Jt
Um eine Kuh frei weiden zu können, wird der Tagelöhner im A153 Dorfe, wenn die Verhältnisse wie in Litauen sind, ca. 15 Tage, d.h. 25 mindestens 25 Mk. aufwenden müssen, ferner pro Fuhre 1 Arbeits-
226
Ostpreußen. Regierungsbezirk
A152
Königsberg.
(Nord-) Osten
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Lage der einzelnen Arbeiterkategorien
227
tag und für Brennwerk jedenfalls den Taxbetrag. Hiernach sind noch zwischen 60 und 70 Mk. von dem Betrage ad 3 abzuziehen, so daß ca. 320 Mk. verbleiben. Auch ist die Regel, daß Land nur zu Kartoffeln gegeben wird, und es zeigt sich dann, daß die relative Bedeutung der Kartoffelnahrung im Verhältnis zur Brotnahrung in der Stufenfolge vom Instmann zum Deputanten und weiter zum freien Tagelöhner zunimmt, und daß, wo die verlangten Scharwerker gestellt werden können, auch die Frauenarbeit bei den freien Tagelöhnern erheblicher ist. Die grundbesitzenden Arbeiter haben, wie aus dem Kreis Fischhausen berichtet wird, von ihrem Lande meist nur geringe Erträge erzielt. Die meist bestehende Unmöglichkeit für die Arbeiter, Scharwerker zu stellen, bedingt im Kreis Gerdauen und auch sonst eine Vermehrung der Freiarbeiter. Andrerseits hat zufolge Ausdehnung der Weidewirtschaft auf Kosten des Körnerbaues teilweise der Arbeiterbedarf etwas nachgelassen und ist dadurch eine Abstoßung von Freiarbeitern aus der Landwirtschaft erfolgt, wie ebendaher berichtet wird. 4. Wanderarbeiter.
In den behandelten Bezirken ist überall die Heranziehung fremder Arbeiter, besonders aus Russisch-Polen, seitdem dies von der Regierung gestattet ist 24 , sonst aus Masuren und stellenweise (Heiligenbeil 3) aus der Landsberger Gegend, zu Torfarbeiten auch aus Westpreußen, erheblich ausgedehnter als im Regierungsbezirke Gumbinnen, und nach den Berichten in den meisten Bezirken seit den letzten Jahren im Zunehmen begriffen. Im Kreise Memel und mehrfach im Kreise Gerdauen kommt sie zwar an den Berichtsstellen noch gar nicht, anderwärts (Kreis Pr.-Eylau 1) deshalb nicht vor, weil „keine zu haben" seien, im übrigen aber wird das stellenweise Vorkommen des Verhältnisses aus allen Kreisen gemeldet. Die Rübenarbeiten im Kreise Rastenburg werden ausnahmslos von Wanderarbeitern verrichtet, aus dem gleichen Grunde ist ihre Verwendung in den Kreisen Labiau und Wehlau seit Eingehen des Rübenbaues 24 Die 1885 verfügte Grenzsperre für Wanderarbeiter aus Russisch-Polen war d u r c h Erlaß des Innenministeriums vom 26. November 1890 an die Oberpräsidenten der Provinzen Ost- u n d Westpreußen, Posen und Schlesien zunächst für drei Jahre wieder aufgehoben worden. Vgl. Nichtweiss, Johannes: Die ausländischen Saisonarbeiter in der Landwirtschaft der östlichen und mittleren Gebiete des Deutschen Reiches, (Ost-)Berlin: Rütten & Loening 1959, S.43.
228
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Königsberg.
(Nord-)Osten
zurückgegangen und teilweise verschwunden, aber in den Kreisen Fischhausen und Heiligenbeil werden sie zu allen Sommerarbeiten herangezogen, während aus den Kreisen Pr.-Eylau (2) und Rastenburg gemeldet wird, daß sich wenigstens die polnischen Arbeiter gerade bei den | Getreidearbeiten nicht bewähren, - der uralten Erfahrung aller Gutswirtschaften entsprechend, wonach der Getreideanbau die kulturell höchststehende Kategorie von Arbeitern verlangt 25 . Andrerseits wird für den Kreis Gerdauen (1) angegeben, daß Reinerträge auf die Dauer nur noch durch Verwendung von Wanderarbeitern erzielt werden können. Die hier etwas zahlreicheren Angaben über die näheren Verhältnisse der Wanderarbeiter ergeben nachfolgendes. (S. Tabelle S. 229) Es zeigt sich, daß im Kreise Fischhausen die hohen einheimischen Lohnsätze, wegen deren sich die Verwendung von Wanderarbeitern billiger stellt, die Veranlassung zur Heranziehung der letzteren gebildet haben. Über die Art der gewährten Wohnungen ist nichts näheres angegeben, außer etwa daß im Kreise Wehlau die Leute in Baracken oder in leerstehenden Wohnungen untergebracht werden. Die gewährte Kost dürfte, wie die Gewährung von 3,5 Pfd. Kartoffeln im Kreise Heiligenbeil und die billigere Taxe gegenüber der an einheimische Arbeiter gegebenen im Kreise Wehlau zeigt, meist aus Kartoffeln bestehen. Eine periodische Abwanderung während der Sommermonate macht sich auch aus diesem Bezirk in einem großen Teil der besten Kreise, Wehlau (2), Fischhausen (1, 3, 4), Heiligenbeil (2, 3, 4), Pr.-Eylau (1), Gerdauen1, nach dem Westen im allgemeinen, den Kanalbauten in Schleswig-Holstein26 und nach Essen, sowie zur Arbeit in den Städten und an fiskalischen Bauten bemerkbar und zwar auch da, wo zufolge der Arbeitsknappheit Wanderarbeiter herangezogen werden. Jedoch wird nirgends berichtet, daß die Abwanderung einen großen Umfang annehme. j A: Gerdauen) Möglicherweise ist eine in Klammern gesetzte Nummer des Berichts durch einen Setzfehler ausgefallen. 25 Bezieht sich auf Äußerungen des römischen Agrarschrlftstellers Columella, der den Einsatz von Sklaven beim Getreidebau ungünstig beurteilte. Vgl. Weber, Max: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. - Stuttgart: F. Enke 1891, S. 222, Anm.7 (hinfort: Weber, Römische Agrargeschichte). 26 Bezieht sich auf den Nord-Ostsee-Kanal.
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3 Schffl.
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Der Dreschverdienst ist in seiner Zusammensetzung näher specialisiert aus dem Kreise Braunsberg 3 und beträgt daselbst: 30 Schffl. Weizen,
20 Schffl. Roggen,
5 wozu das Deputat mit 18 "
5 Schffl. Gerste,
5 Schffl. Hafer,
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6 "
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5 Schffl. Erbsen
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kommt, so daß sich im ganzen ergiebt: 30 Schffl. Weizen,
38 Schffl. Roggen,
63 Schffl. Gerste,
11 Schffl. Hafer,
11 Schffl. Erbsen
h
auf 3 volle Arbeitskräfte und eine Erntearbeitskraft. Der Flegeldrusch wird seltener und damit gehen die Dreschanteile herunter. Ersichtlich aber haben die Besitzer auch infolge der Höhe 10 der Drescherträge die Gewährung vielfach abgeschafft und bei höherem festem Deputat teilweise auch höheren Barlohn an die Stelle gesetzt. Die 1849 hier noch nicht erwähnten Deputanten bestehen überall neben den Dreschern, stellenweise bereits ausschließlich. | A172
3. Freie Tagelöhner. 15 Im Ermland, besonders im Kreise Heilsberg, existierten schon 1849' freie besitzlose Arbeiter in nicht geringer Zahl 8 . Es wurde damals g Rechenfehler oder (vorangegangener) Druckfehler
h DV; A: und
8 Vgl. Lengerke, Arbeiterfrage, S. 87-92, hier speziell S.89.
I A: 1829
248
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Königsberg.
(Süd-)
Westen
aus den nördlichen Kreisen, auch aus dem Kreise Mohrungen angegeben, daß die Arbeitsgelegenheit für sie eine ausreichende, und daß nur „ihre Trägheit" 9 daran schuld sei, wenn ihre Existenz eine unsichere bleibe. Es kam zufolge des herrschenden Arbeitermangels damals vor, daß freie Arbeiter gegen Dreschanteil engagiert wurden. Die Lage der Häusler und der sogenannten Großgärtner, d.h. der nicht nur mit Kartoffelland angesessenen Eigenkätner, war, wenn sie es zur Haltung einer Kuh gebracht hatten, im Ermland eine entschieden günstige, im Kreise Mohrungen jedenfalls günstiger als diejenige der besitzlosen Arbeiter. Der Tagelohnsatz betrug damals: im Kreise Heilsberg 7-10 Sgr. für den Mann, 4 - 5 Sgr. in der Ernte für die Frau, in den Kreisen Rössel, Allenstein, Orteisburg 5 - 6 Sgr., in der Ernte 7 - 8 Sgr. für den Mann und 3 - 4 Sgr. für die Frau. Der Akkordverdienst pro Tag wurde auf ca. 8-12 Sgr. angegeben; im Kreise Mohrungen betrug der Erntetagelohn ohne Kost 7 8, bei Beköstigung 4 - 5 Sgr., in der Heuernte 6-7 Sgr., sonst im Sommer 5-6, im Winter 4 - 5 Sgr. für Männer, für Frauen im Sommer 5-6, im Winter 4 - 5 Sgr., der tägliche Akkordverdienst 10-15 Sgr. Die Zahl der freien Tagelöhner war damals im Wachsen begriffen. 1873 waren nach der von der Goltzschen Enquete die Durchschnitts-Lohnsätze folgende: (S. Tabelle S. 249) 10
Die Akkordverdienste bewegten sich im Ermland zwischen 13,3 und 18 Sgr., in den Kreisen Orteisburg, Neidenburg, Osterode um 20,8 und in den Kreisen Preuß.-Holland und Mohrungen zwischen 16,3 und 22,2 Sgr. im Durchschnitt 11 . Sie waren gegen 1849 in den Kreisen Orteisburg, Neidenburg, Osterode am bedeutendsten, um 100%, am geringsten im Kreise Mohrungen und den nördlichen Kreisen des Ermlandes, sonst im Ermland um etwa 50% gestiegen. Die Tagelöhne waren gleichfalls in den Kreisen Braunsberg, Heilsberg am geringsten, in den Binnenkreisen dagegen - da es zum 9 Bei Lengerke ist von „Arbeitsscheu", fehlender „Arbeitslust", „Nichtsthun" (S.90) und „Unlust zur Arbeit" (S.92) die Rede. 10 Vgl. Goltz, Lage, S.4, Sp. 1-5. Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Löhne für nur zeitweise beschäftigte Arbeiter. 11 Vgl. Goltz, Lage, S.4, Sp.6.
Lage
der einzelnen
I. Männliche a) im Sommer 1. ohne 2. mit Kost Kost
10
15
20
Tagelöhner b) im Winter 1. ohne 2. mit Kost Kost
249
II. Weibliche Tagelöhner a) im Sommer b) im Winter 1.ohne 2. mit 1.ohne 2. mit Kost Kost Kost Kost
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Kr[eise] Braunsberg Heilsberg . .
10,3 (12)
3,2
2,2 (2,5)
6,3
2
(9)
2,2 (3,7)
5
(6)
7,7 (7,8)
(5)
(2)
Kr[eise] Rössel . . . . Allenstein . .
12,5 (16,2)
6,2 (9)
8,1 (9,2)
4 (4)
8 (9)
4 (4,7)
5,812 (6,3)
2,7 (3,2)
Kr[eis] Pr.-Holland
15,7 (19,2)
8,5 (13)
8,5 (9,5)
3,7 (4,5)
8,7 (10,8)
5,5 (9)
6,5 (8)
3,5 (5)
Kr[eis] M o h r u n g e n
12,713 (15,8)
7,3 (8,8)
8 (8,2)
4 (4,3)
6,5 (8,8)
3 (5)
4,5 (5,7)
2 (2,5)
13 (14,3)
9 (10,5)
7 (8,3)
4,3 (5,7)
5 (6,9)
2,5 (4)
3 (4,2)
2 (2,5)i
Kr[eise] Orteisburg Neidenburg Osterode . .
5
Arbeiterkategorien
Sgr. Daneben Naturalien
Vergleich auf die Tage|löhne der zeitweise beschäftigten Arbeiter A172 A173 mit den Erntelöhnen von 1849 ankommt - um 100% gestiegen. Auch hier stellte diese Steigerung wesentlich eine Ausgleichung der verschiedenen Gegenden dar, die früher zurückgebliebensten Kreise hatten sich am meisten gehoben. Die heutigen, aus der Lohntabelle ersichtlichen Lohnsätze für Tagelöhner im Ermland, welche sich für den Sommer bei zeitweise beschäftigten Arbeitern zwischen 1,20, 1,50 und 2Mk. bewegen, stellen gegen 1873 nicht überall, aber meist, eine erhebliche Steigerung dar. Die Akkordverdienste dagegen sind auch hier nicht wesentlich gestiegen, sie bewegen sich um 1,50 Mk., betrugen stellenweise (Kreis Heilsberg) bei Forstarbeit (Winter) nur 1,20 Mk. und heben sich nur im Kreise Alienstein und stellenweise im Kreise Rössel bis zu 2 und teilweise 2,50 Mk. Im ganzen Ermland kommen aber Akkordarbeiten nur sehr vereinzelt und auch dann meist nicht bei landwirtschaftlichen Arbeiten außerhalb der Meliorationsarbeiten vor. Die Arbeiter haben keine Neigung zum Akkordsystem, abgesehen von Drescharbeit.
j In A fehlen die K l a m m e r n . 12 Goltz, Lage, S.4, S p . 4 d a g e g e n : 5,5. 13 Goltz, Lage, S.4, S p . 2 d a g e g e n : 12,3.
250 A174
Ostpreußen.
Regierungsbezirk
Königsberg.
(Süd-)
Westen
T a b e l l e A.K Umfang des gewahrten Areals
"8 Daneben feste Des«- a putate (exkl. Futter) 2. GarGeten samtAreal an an an (selbst zu zu zu Lein zu (exkl. f - 8 GeKar- Erbsen GeKar- (sonsti- düngen) Wiese) V CL treide tof- (sonstio treide toffeln ges) feln ges) ha ha ha ha ha X Ctr. Ctr. Ctr.
Lohnsatz des Mannes (Hofgängers)
Kreis
Tagelohn
Jahreslohn
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M.
1
2
Ermland (?)
Braunsberg 3
9 (30)
...
Rössel 2
. . .
(1: S. 40 W. 30 2: S. 60 W. 50) 1 (S.40 [ w . 30)
Allenstein
1
-
Allenstein
2
-
Allenstein
3
-
4
3
{
Braunsberg 1
Rössel 1
1. Acker im Felde (von der Herrschaft gedüngt)
90 < -
0,50 -
-
90
5
I >0,50 0,25
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358
Westpreußen. Pommerellen und Kassuben
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Schlußbericht über Westpreußen
359
Tagelöhner. Auch im Kreise Preußisch-Stargard dürfte das Gleiche der Fall sein. Die Wohnungen sind wohl durchweg Ställe oder Scheunen, vereinzelt werden die Leute auch bei den Gutsarbeitern untergebracht. Kosten entstehen dadurch kaum jemals in nennenswertem Umfange. a
Schlußbericht über3 die Provinz Westpreußen.
Es liegen überwiegend nur sehr wenig eingehende, teilweise auch unzulängliche Generalberichte vor, und da auch die Verhältnisse zum Teil denen der Provinz Ostpreußen entsprechen, kann die Zusammenfassung der wesentlichsten Thatsachen kurz gefaßt werden. Der Nahrungsstand ist in den besseren Lagen der Höhenkreise ein günstigerer als in Ostpreußen. Das dortige höchste Niveau in Bezug auf den Cerealienkonsum der Arbeiterfamilien, ca. 33Ctr., ist auf der westlichen Abdachung des preußischen und der östlichen und südlichen des pommrischen Landrückens die Regel, dazu tritt ein Kartoffelbedarf von ca. 80-100 Ctr. und eine im allgemeinen gute Viehhaltung. In den Bezirken der Tucheier Heide, den Kreisen Karthaus, Berent, teilweise Schlochau und Könitz steigt der Kartoffelkonsum auf Kosten der Cerealien. Das Niveau des Einkommens ist in den Höhenkreisen im allgemeinen, auch im Verhältnis zu den Lebensmittelpreisen bei den Instleuten stetig gestiegen, außer in wirtschaftlich stark zurückgebliebenen und von der Natur besonders ungünstig ausgestatteten Kreisen. Dagegen zeigt sich auch hier, daß bei besonders intensiver Kultur und stark sich steigernden Bodenerträgen der Anteil der Arbeiter am Ertrage ein relativ geringerer wird und daß insbesondere das Anteilsverhältnis der Instleute beseitigt und durch ein festes, den Charakter des Arbeitslohns in sich tragendes Deputat ersetzt zu werden pflegt. - Daraus folgt: Der Vorteil der besonderen Gunst des Bodens kommt den Besitzern in relativ sehr viel höherem Maß als den b Arbeitern zu gute, bezw. sie führt, insoweit Kapital-Investitionen erfolgen, zur Bildung arbeitsloser Renten. Die steigende Intensität der Kultur hat aber auch nicht im gleichen Verhältnis zu einer relativen Vermehrung derjenigen Schichten a Inhaltsverzeichnis: Schlußbericht, betreffend
b A:dem
360
Schlußbericht
über
Westpreußen
der landwirtschaftlichen Bevölkerung geführt, welche in ihren Interessen dauernd | mit dem Boden des Landes verknüpft sind. Die katholischen, aber meist deutschen Instleute in der Niederung sind höchst leistungsfähig, aber selbstbewußt und gewaltthätig und ihre Verwendung ist bei intensiver Kultur teuer (Generalbericht Kreis Marienburg). Speciell wo, wie im Kreise Stuhm, viel Weizen gebaut wird, erscheint nach einem Bericht aus diesem Kreise (3) die Verwendung von Instleuten unverhältnismäßig kostspielig und wird daher eingeschränkt. Ebenso beschränken sich die Besitzer im Kreise Marienburg nach dem Generalbericht auf die Annahme der zur Viehmästung und zum Häckselschneiden unentbehrlichsten Arbeitskräfte, nehmen zum Dreschen freie Tagelöhner und verwenden im übrigen Wanderarbeiter. Die Zahl der Instfamilien nimmt aber überhaupt auch nicht annähernd in gleichem Maße wie die Intensität der Bebauung zu. Namentlich der Rübenbau hat den umgekehrten Erfolg. Die Thalrinnen der Weichsel und das Delta zeigen einen die Zahl der einheimischen Arbeiter auf den Rübengütern meist weit übersteigenden Import fremder Arbeitskräfte von niedriger Lebenshaltung, welche im oberen Weichselgebiet einen Druck auf das Lohnniveau ausgeübt und dasselbe gegen 1873 zurückgeschraubt haben, daneben äußert diese Zuwanderung auch einen destruktiven Charakter auf die Arbeitsverfassung im ganzen, die Drescherträge sinken, die relative Bedeutung der Barlöhnung steigt, und damit werden die Arbeiter in Interessengegensatz zum Grundherrn in betreff der Lebensmittelpreise gebracht, die Viehhaltung wird durch Entziehung der Weide auf dem intensiv kultivierten Boden beseitigt und Milchdeputate treten an die Stelle, so daß trotz möglicherweise materiellen Mehrverdienstes die Instmänner social zu reinen Lohnarbeitern herabsinken. Die Rübenernte erfordert an Arbeitslohn etwa den zehnfachen Aufwand pro Hektar gegenüber der Getreideernte, die weibliche Arbeitskraft ist hier jedoch ebenso qualifiziert wie die männliche und infolgedessen Sinken des Lohnniveaus auf den um etwas erhöhten Status des Frauentagelohnes die vorwaltende Tendenz. Die gesamten Rübenarbeiten werden in einem großen Bruchteil der Fälle den Arbeiter-Acquisiteuren in Entreprise gegen festen Akkordsatz pro Hektar gegeben, was einerseits eine stärkere Ausbeutung der nur von Agenten beaufsichtigten Arbeiter, andererseits die Spaltung des Unternehmerinteresses des Grundherrn in zwei rein kapitalistisch-geschäftliche Interessen, dasjenige
Schlußbericht
über
Westpreußen
361
des seiner Stellung als Arbeitgeber im eigentlichen Sinn entkleideten Grundbesitzers und dasjenige des zum Boden in nur geschäftlicher Beziehung stehenden Entrepreneurs, zur Folge hat. Diese Tendenzen sind auch in Westpreußen vertreten, wenngleich sie sich keineswegs überall in gleich starkem Maße | durchgesetzt haben, zumal der Rübenbau nur stellenweise wirklich den Wirtschaftsbetrieb beherrscht. Nach Marienburg kommen in jedem Frühjahr aus der Provinz selbst ca. 3000 Wanderarbeiter, davon 1700 Polen, da aber das Angebot jetzt abgenommen hat, auch trotz dieser Zahl nicht ausreichte, werden in den letzten Jahren steigend Russen importiert (Generalbericht aus Marienburg). Im Zusammenhang mit dem Import auswärtiger Arbeitskräfte macht sich in ganz Westpreußen eine erhebliche Wanderbewegung der ländlichen Arbeiterbevölkerung bemerkbar, einerseits aus den Kreisen mit schlechterem Boden auf den Höhen der beiderseitigen Landrücken nach der Niederung, dann aber auch eine Kombination von Zu- und Abwanderung an ein und derselben Stelle, veranlaßt, wie sich mehrfach konstatieren läßt, keineswegs regelmäßig durch Differenzen des Lohnniveaus, welche auf diese Weise nach Ausgleichung strebten, sondern häufig lediglich durch den Umstand, daß den Arbeitern die gebundenere Beschäftigung während des ganzen Jahres in der Heimat unerwünscht ist und sie es vorziehen, im Sommer auswärts relativ erhebliche Barlöhne zu gewinnen, um - günstigstenfalls - im Winter der Notwendigkeit zu arbeiten für einige Zeit enthoben zu sein, oft allerdings wohl auch, um während der Zeit, wo sie im Winter keine Arbeit finden, ihre eventuellen Ersparnisse verzehren zu können. Diese Ersparnisse an Barlöhnen, soweit sie überhaupt vorhanden sind, werden aber von ihnen unzweifelhaft auf Kosten ihrer Lebenshaltung gemacht und es enthält deshalb die Wanderbewegung die Gefahr einer Herabdrückung des Kulturniveaus. Die Arbeitgeber ihrerseits haben, trotz der ausdrücklich bezeugten geringeren Qualifikation der fremden Arbeiter außerhalb des Hackfruchtbaues, dennoch ein Interesse an deren Verwendung auch außerhalb des Rübenbaues, da sie in vielen Fällen sich billiger stellt als diejenige einheimischer Tagelöhner. Die Wanderbewegung der westpreußischen Arbeiter richtet sich aber keineswegs nur nach den innerhalb der Provinz gelegenen, der Arbeitskräfte bedürftigen Rübenbaudistrikten, sondern aus den westlichen Kreisen hat sich
362
Schlußbericht über Westpreußen
in sehr starkem Maße die regelmäßige Abwanderung in die Rübengegenden Pommerns, Mecklenburgs und Sachsens, die eigentliche Sachsengängerei entwickelt. Die größere Entfernung dieser Distrikte wird durch das gegenüber namentlich der oberen Weichselniederung sehr viel höhere Lohnniveau derselben ausgeglichen und diese Differenz wiederum durch den Import der Russen in das Weichselthal herbeigeführt. Während dort früher noch Arbeiter aus | dem nahe gelegenen Warthebruch verwendet wurden, sind diese jetzt durch die ausländischen Wanderarbeiter fast überall verdrängt. Im Zusammenhang mit der bevorzugten Verwendung von Arbeitskräften niederen Kulturniveaus steht das namentlich aus den Kreisen Neustadt und Putzig gemeldete Vordringen des polnischen Elementes, welches nach der (zu diesem Zwecke erfolgten) c Trennung der beiden Kreise1 zunächst zu Gunsten des deutschen zurückgedrängt sein, neuerdings aber „wieder Oberwasser haben" soll. Begünstigt wird dies Vordringen namentlich durch die Neigung der einheimischen Arbeiter zum Übergang in andere Berufsarten und zur Auswanderung. Die Auswanderung ist aus Westpreußen nach den Berichten aus fast allen Bezirken immer noch eine starke. Der Tendenz zur Verdrängung gerade der seßhaften Arbeiter entspricht es, wenn nach einem Bericht aus dem Kreise Graudenz speciell von den Kindern der Glasarbeiter berichtet wird, daß sie regelmäßig ins Ausland wandern, während die Kinder freier Tagelöhner dort am häufigsten in der Landwirtschaft bleiben. Auch anderwärts wird aus den nordwestlichen Kreisen ein Wegwandern gerade der ältesten auf den Gütern angesessenen Familien berichtet. Aus der Weichselniederung wird sowohl eine starke Auswanderung als ein teilweises, fast regelmäßiges Übergehen der Kinder in andere Berufe, zum Handwerk und im Delta namentlich zur Fabrikarbeit, berichtet. Sonst differieren aus den östlichen Kreisen die Angaben stark, übereinstimmend wird aber berichtet, daß gerade die besten, intelligentesten und bestsituierten Arbeiter fortziehen, die Kinder meist nach Ableistung der Militärdienstzeit nicht zurückkehren. Nur teilweise ist die c A: erfolgten Trennung) 1 Der Kreis Putzig wurde am I . O k t o b e r 1887 aus Teilen des Kreises Neustadt gebildet. Siehe Hubatsch, Walther (Hg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Reihe A: Preußen, B a n d 1 : Ost- und Westpreußen, bearbeitet von Dieter Stüttgen. - Marburg: Johann-Gottfried-Herder-Institut 1975, S.203.
Schlußbericht
über
Westpreußen
363
Auswanderung ins Ausland, nach Nordamerika, Brasilien und Australien bereits durch den Abzug in die großen Städte ersetzt. In den Westkreisen, aus welchen Sachsengängerei stattfindet, ist es die Regel, daß die Kinder Landarbeiter bleiben; hier findet nur Auswanderung von Familien nach Amerika statt, dagegen wird der überall mehr bei jungen Leuten stattfindende dauernde Übergang in die Industrie wenigstens zum Teil durch die periodische Wanderbewegung nach dem Westen ersetzt, welche mithin eine relative Berufsstabilität darstellt. Damit im Einklang steht es, daß in diesen Westbezirken die Parzellierungstendenz in einer relativ größeren Zahl von Fällen zum Ankauf und zur Besiedlung ländlicher Arbeiter geführt hat. Ein klares Bild von dem Umfang dieser Besiedlung ergeben die Berichte nicht. | Aus den Ostkreisen wird mehrfach, aus den Kreisen Danziger Niederung, Marienburg, Stuhm, Graudenz und auch sonst, berichtet, daß bei einem Teil der Landarbeiter, zumal bei den deutschen Instleuten und Deputanten, Neigung zum Erwerb von eigenen Katen vorhanden sei, die Gelegenheit zum Ankauf ist aber nur stellenweise vorhanden und die Existenz der Eigenkätner eine kümmerliche gegenüber den Instleuten. Im Kreise Marienburg (3) hat sich die Lage der vor 40 Jahren auf Parzellen als Erbpächter angesetzten Kleinbesitzer, die zuerst „der Schrecken der Umgegend" waren, in letzter Zeit wesentlich gehoben. Im Kreise Rosenberg (1) ist die Vergebung von Rentengütern in kleinen Parzellen nicht von Erfolg gewesen, ein Versuch, Pachtländer an Arbeiter zu vergeben ist an anderer Stelle im gleichen Kreise (3) gescheitert, und für kleine Rentengüter sollen sich keine Käufer finden. Die Besitzer stehen der Ansässigmachung der Arbeiter dort auch meist nicht freundlich gegenüber. Aus dem Kreise Kulm wird berichtet, die Kolonisation würde ein vermehrtes Angebot an Arbeitskräften an Ort und Stelle nicht, sondern nur das Entstehen von sachsengängernden Diebskolonien zur Folge haben, im Kreise Löbau (1) bemerkt ein Referent, daß die ansässigen Arbeiter gerade in der dringendsten Arbeitszeit zu versagen pflegen, dagegen sind die Referenten aus dem Kreise Graudenz (1, 2) der Ansicht, daß die Parzellierung wenn auch nicht sofort, so doch in Zukunft das d Mittel zur Hebung der Arbeitsnot werden d A: die
364
Schlußbericht
über
Westpreußen
könne, einer derselben (1) allerdings nur dann, wenn die Parzellen nicht größer als 1-1 ha ausgelegt würden. - Aus den Westkreisen wird im Kreise Neustadt bei den Arbeitern Neigung zur Seßhaftmachung konstatiert und meint ein Referent, daß dies die einzige Möglichkeit der Beseitigung der Arbeiternot sein werde. An anderer Stelle im gleichen Kreise (3) hat sich die Verpachtung von Land im Umfang von 5-20 Morgen (l 1 /* bis 5 ha) an Arbeiter unter der Verpflichtung zu einer bestimmten Zahl von Arbeitstagen auf großen Gütern gut bewährt, im Kreise Karthaus (1) leisten die Leute die bestimmten Arbeitstage, gehen aber sonst nach auswärts auf Arbeit. Ein anderer Referent (2) dortselbst berichtet als verwunderlich, daß bei polnischen Besitzern die Arbeiter, welchen Parzellen verpachtet werden, gern bei ihren Arbeitgebern verbleiben. Im westlichen Teil des gleichen Kreises wird gleichfalls ein guter Erfolg der Gründung von Pachtstellen mit Arbeitsverpflichtung berichtet, während (2) die Gewährung von Landzulagen an Instleute erfolglos blieb. Es ist im Kreise vielfach bis zu */2 des Areals in dieser Weise verpachtet. | Im Kreise Pr.-Stargard verlangen die Parzellenreflektanten, daß die Parzellen in solcher Größe vergeben werden, daß die Notwendigkeit, daneben Arbeit zu suchen, nicht besteht. Im Kreise Schwetz soll zufolge des Invaliditäts- und Altersgesetzes der Sparsinn abnehmen, im übrigen die Instleute nach 15-20 Jahren zur Erwerbung von Land in der Lage sein. Frühere Versuche mit fronpflichtigen Rentengütern (vor 60 Jahren) 2 sind zufolge der Ablösungen 3 und der darauf erfolgten Parzellierung der Erbpachtstellen gescheitert. Nur die tüchtigeren Kontraktsarbeiter sollen Neigung zum Landerwerb haben, ein Referent (2) meint aber, daß die Seßhaftmachung für das Eigentum der Nachbarn bedenklich werden würde. In den Kreisen Könitz und Tuchel „versaufen" die Leute „alles", es beginnen jedoch im ersteren Kreise eine größere Anzahl Güter mit Auslegung von Rentenstellen. Im Kreise Schlochau fehlt teilweise das Geld zum Ankauf; von dem Rentengutsgesetz 4 wird noch wenig Gebrauch gemacht. Ein Referent (3) im gleichen Kreise erhofft nach 2 Konnte nicht nachgewiesen werden. 3 Bezieht sich auf das „Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Vom 2. März 1850." Preußische Gesetz-Sammlung 1850, S. 77-111. 4 Siehe oben S. 326, Anm. 2.
Schlußbericht
über
Westpreußen
365
Durchführung mehrerer Parzellierungen Vermehrung des Arbeitsangebots, ein anderer (4) meint, die Leute würden, wenn ansässig, nicht auf Arbeit gehen. Im Kreise Flatow (1) wird mit der parzellenweisen Verpachtung großer Güter mit anscheinendem Erfolg begonnen, von anderer Stelle (2) wird von „gutem Erfolge" der Seßhaftmachung von Arbeitern berichtet. Näheres über die Bedingungen wird aus der Gegend von Linde im Kreise Flatow (3) berichtet. Hier werden von einem Gute ca. 20 Stellen ä 2 ha zum Preise von 32 Mk. pro Hektar und Jahr auf längere Zeit derart verpachtet, daß 120 Mk. angezahlt und auf die ersten Pachtraten verrechnet werden. Es wird erwartet, daß der Aufbau durch die Siedler inzwischen erfolgt und so die Weiterzahlung gesichert sein werde. Besondere Verpflichtungen zur Arbeit werden nicht auferlegt. Der Erfolg befriedigt, doch ist die Nachfrage nicht stark. Vorläufig haben hier sowohl als auf den sonstigen, durch Verkauf bewirkten Parzellierungen im gleichen Kreise die Ansiedler mit der Einrichtung der Wirtschaft voll zu thun, für später erwartet der Referent ein vermehrtes Angebot von Arbeitskräften. Im Kreise Deutsch-Krone glaubt ein Referent (5), daß die Kosten der Gebäude zu hoch, auch die ansässigen Arbeiter „schlecht zu leiden" seien, - anderwärts (2) sollen die Parzellierungen das Arbeitsangebot vermehrt haben. Vorerst scheinen die Bedingungen, unter denen den Arbeitern Gelegenheit zur Siedlung geboten wird, namentlich in Bezug auf das | Areal, noch nicht besonders günstige zu sein, und auch damit hängt es wohl zusammen, wenn von dem Generalbericht aus dem Kreise Könitz bemerkt wird, daß dadurch das Vordringen des Polentums und die Entstehung von „Polendörfern" erleichtert werde, also sich die tüchtigeren deutschen Elemente noch von der Eingehung von Pachtkontrakten zurückhalten. Daß Besitzungen von solcher Größe, daß der Mann bei der Bestellung des Landes nicht entbehrlich und deshalb an Sachsengängerei, überhaupt an auswärtiger Erntearbeit behindert ist, das Lohnniveau drücken, ist aus den Westkreisen (Schlochau), wie früher bemerkt, ersichtlich. Im Kreise Stuhm findet nach dem Berichte das Gleiche zufolge des Vorhandenseins vieler Eigenkätner statt. Es zeigt sich hier wie in Ostpreußen, daß die Lage grundbesitzender Arbeiter den Bauern gegenüber eine günstigere, den Großgrundbesitzern gegenüber eine ungünstigere ist als die der besitzlosen, offenbar deshalb, weil die Bauern den Einlieger wesentlich auch als Mieter ausbeuten, namentlich
366
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
unverhältnismäßig große Arbeitsleistungen für die Wohnung, und zwar gerade in der Ernte, verlangen und den Arbeiter das ganze übrige Jahr unbeschäftigt lassen, während ein Eigenkätner ihnen unabhängig und auch social geachteter gegenübersteht, während dem Großbesitzer an der Höhe des Entgeltes für die Wohnung wenig, dagegen an dauernder Sicherung billiger Arbeitskräfte gelegen ist und der eigene Grundbesitz die Beweglichkeit des Arbeiters hemmt und ihn damit im Lohnkampf benachteiligt. Im allgemeinen bemerken die - sehr unzulänglichen - Generalberichte, daß die Bevölkerung namentlich in Pommerellen sehr genügsam und ohne erhebliches Selbstbewußtsein, aber auch wenig leistungsfähig, auf relativ niedrigem geistigen Niveau stehend, namentlich wenig wirtschaftlich, aber zu gröberen Strafthaten nicht besonders geneigt seie. Die Gesamtbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern sollen sich meist verschlechtert haben, ebenso in den Ostkreisen der ganze Charakter und die Wirtschaftlichkeit der Arbeiter. Die socialistische Agitation soll im Kreise Stuhm mehrfach nicht ohne Erfolg thätig sein und Unzufriedenheit und Vermehrung der Kontraktbrüche, letztere neuerdings in bedeutendem Maße, zur Folge haben. Die Verwendung der Wanderarbeiter soll Lockerung der Disciplin und Unzufriedenheit, welche namentlich von den freien Arbeitern berichtet wird, herbeigeführt haben. Abgesehen von gelegentlichen allgemeinen Bemerkungen über die Schädlichkeit der Freizügigkeit und dem nicht näher spezifizierten Wunsche nach einer Reform der Vollstreckbarkeit der Polizeistrafen sind sonst positive Reformvorschläge in den Berichten nicht enthalten. I
3. Provinz Pommern. Vorbemerkung. Im allgemeinen eignen sich die Angaben der Berichte über die Bewirtschaftungsart, die Grundbesitzverteilung und die Bevölkerungsbewegung (Ab- und Auswanderung, Zuwanderung, Berufse A: seien
Grundbesitzverteilung.
Arbeiterkategorien
367
wähl der Kinder) zur tabellarischen Wiedergabe ihrer allgemein gehaltenen, nicht konkreten Form wegen nicht, und werden auch der Raumersparnis wegen, da die betreffenden Verhältnisse meist in großen Distrikten gleichartig liegen, besser im Text kurz zusammengefaßt. Für die Provinz Pommern habe ich im Gegensatz dazu eine tabellarische Zusammenfassung dieser Angaben für zweckmäßig gehalten, um besser erkennbar zu machen, inwiefern sich aus den Berichten eine Abhängigkeit der einzelnen Erscheinungen von der Art der Verteilung des Besitzes und der Bewirtschaftung erkennen läßt. Ist ein solcher Zusammenhang vorhanden, so muß er in Pommern relativ deutlich zum Ausdruck kommen, da die verschiedenen sonstigen Einflüsse - Nähe großer Städte oder der Grenze, Industrie, zahlreiche Verkehrsstraßen u.s.w. - teils mangeln^ teils sich gegenseitig aufheben und die Provinz überhaupt durch ihre Lage und die verhältnismäßig große Stabilität ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse der Wirksamkeit anderer als der in ihren eigenen Zuständen liegenden Momente relativ wenig Spielraum bietet. Auch ist die Wanderbewegung in der Provinz Pommern, wie die Tabelle ergiebt, erheblich komplizierter als in den übrigen östlichen Provinzen. Die Regierungsbezirke Stettin und Stralsund konnten in der Darstellung zusammengefaßt werden.
1. Regierungsbezirk Köslina. I. Boden, Bewirtschaftungsart13, Grundbesitzverteilung und vorhandene c Arbeiterkategorien. Der Regierungsbezirk umfaßt den überwiegend von undurchlässigem und unter Nässe leidenden Lehm, vermischt mit grobem Sande, bedeckten pommerischen Landrücken 1 , welcher im Südosten der Provinz, im Kreise Rummelsburg und teilweise in den Kreisen Bublitz und Bütow ziemlich | steril, nach Westen zu kulturfähiger ist, aber auch dort unter Säure leidet. Die Abhänge nach Norden zu a Inhaltsverzeichnis: Cöslin b Inhaltsverzeichnis: Bewirtschaftungsweise haltsverzeichnis: v o r k o m m e n d e 1 Vgl. Meitzen, Boden, B a n d 1, S. 229-238.
c In-
368
Pommern. Regierungsbezirk Köslin
enthalten wenig bündige und trockene Sandböden, welche im Süden des Kreises Dramburg und den angrenzenden Bezirken verhältnismäßig günstig sind. Das Küstenland ist überwiegend von mildem, gemischtem Lehm- und Sandboden eingenommen, bei Kolberg und Köslin unterbrochen durch einen Thonstrich, nach Stolp zu zieht sich ein Gebiet guten Weizenlandes, und nordöstlich von Stolp wird auf leichterem Boden Gerste mit sehr günstigen Erträgen gebaut. Im ganzen Bezirk herrscht, wie die Tabelle ergiebt, der Körnerbau, an der Küste teilweise mit etwas Rübsen, im Innern mit Weide und Kartoffeln kombiniert. Der Großgrundbesitz herrscht in den meisten Kreisen vor, jedoch nirgends bis zur Ausschließlichkeit, in großen Teilen des Kreises Bütow ist der Bauernbesitz überwiegend, auch in den Küstengegenden der Kreise Lauenburg, Schlawe und in den Kreisen Neustettin, Köslin, Kolberg, Schievelbein, Dramburg ist der mittlere Besitz stark vertreten. Parzellierungen sind bei großen Gütern im ganzen Bezirk selten, bei Bauerngütern 0 sind sie erbteilungshalber und auch aus Spekulation im Kreise Lauenburg an der Küste, stellenweise auch im Kreise Stolp, im Kreise Rummelsburg beim Kleinbesitz, ebenso bei den Bauern der Kreise Schlawe, Bublitz, Belgard häufig, in letzterem stellenweise die Regel. Seit zwei Jahren sind sie in den Kr. Belgard und Bublitz häufiger geworden, und im Kreise KolbergKörlin ist eine sehr energische Parzellierungsbewegung im Gange. An sehr vielen Stellen ist aber die Tendenz zur Zerbröckelung bei den großen Gütern vorhanden. Die einzelnen Angaben ergeben folgendes: Im Kreise Lauenburg werden von der Generalkommission 2 Außenländer eines Gutes von 1200 ha im Umfang von 200 ha zu 14 Rentengütern ausgelegt und es wird berichtet, daß im Fall des Gelingens des Versuchs zahlreiche Güter nachfolgen werden. Auch im Kreise Stolp sind zufolge Vermögensverfalles neue Stellen von 1 % ha an, meist zwischen 5 und
d A: Bauerngüter 2 Die Generalkommission war 1817 in Preußen als eine erstinstanzliche kollegiale Behörde zur Durchführung der Gemeinheitsteilungen und Ablösungen gegründet worden. Im Rahmen der Rentengüter-Gesetzgebung kamen ihr richterliche Entscheidungsbefugnisse und Vermittlungsfunktionen bei der Begründung von Rentengütern zu (vgl. die Gesetze vom 27. Juni 1890 u n d 7. Juli 1891, Preußische Gesetz-Sammlung 1890, S. 209-210 und 1891, S. 279-284).
Grundbesitzverteilung.
Arbeiterkategorien
369
50 ha groß[,] durch Abverkauf entstanden. Im Kreise Bütow hat die Schwierigkeit der Bewirtschaftung teils die Zerschlagung von Gütern, teils Abverkäufe in Parzellen von 12-25, 4-8, 15-75 ha herbeigeführt, meist weil das Areal zu intensiver Bewirtschaftung zu groß war. Im Kreise Schlawe sind Stellen von 1 /2-12ha und Restgüter von ca. 50 ha entstanden. Im Kreise Bublitz sind auf einem Gute unter Zurückbehaltung eines Restguts von ca. 300 ha Stellen von ca. 12 ha | ab verkauft, anderwärts Stellen zwischen 5 und 200 ha neu gebildet. Die Parzellierung durch Geschäftsleute aus Spekulation hat im Kreise Neustettin und auch sonst den Abverkäufen durch den Besitzer im Interesse der rationellen Bewirtschaftung und Arrondierung des Restareals Platz gemacht, während bei Parzellierung bäuerlicher Stellen im Kreise Köslin durch Geschäftsleute die Teilstücke von den Nachbarn aufgekauft werden. Ungünstige Außenländereien werden im Kreise Belgard vielfach und teilweise auch ganze Güter, weil im ganzen unverkäuflich, in Parzellen veräußert. Im Kreise Kolberg-Körlin sind in den letzten 6 - 8 Jahren 14 große Güter, zusammen etwa 14-15 000 Morgen (3500 3700 ha) zerschlagen worden, „um dem vorhandenen Bedürfnis nach bäuerlichem Besitz zu genügen". Die neuen Stellen^ zusammen ca. 600, sind 30-50 Morgen (7V2-I2V2 ha), teilweise bis zu 75 ha groß. Im Kreise Schievelbein hat Überschuldung bei mehreren Gütern zum Parzellenverkauf in Stücken von etwa 25 ha geführt. Im Kreise Dramburg ist eine Neuschaffung von Stellen nur vereinzelt zu verzeichnen, die zum Behuf der besseren Bewirtschaftung erfolgten Abverkäufe haben meist zur Arrondierung benachbarter Bauern geführt; der vielfach beabsichtigten Parzellierung steht die Belastung mit Hypotheken im Wege. Aus den Ostkreisen wird - was mit den Berichten aus den angrenzenden westpreußischen Kreisen übereinstimmt, bemerkt, daß die deutsche Bevölkerung Bedenken hege, sich auf Grunderwerb einzulassen, so daß nur bei Beteiligung der katholisch-polnischen Bevölkerung Parzellierungen zu gelingen pflegten, was darauf schließen läßt, daß für die Ansprüche der Deutschen zu wenig an Areal geboten wird. Im ganzen Bezirk herrschen im allgemeinen die Instleute auf großen Gütern, mehrfach bis zur Ausschließlichkeit, vor. Im Kreise Stolp (3) bilden sie angeblich ca. 85% aller Arbeiter, das ledige Gesinde 2%, die freien Tagelöhner 11% (davon 2% mit eignem,
370
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
\ % mit gepachtetem Besitz, 4% ohne jeden Besitz, 4% Einlieger, welche bei Bauern die gewährte Landnutzung abarbeiten) und die Wanderarbeiter 2%. Stellenweise kommt in den Ostkreisen das Instverhältnis auch bei Bauern vor. Sonst beschaffen sich die Bauern auch hier, lokal in sehr verschiedenem Umfange, ihre Ernte- und Sommerarbeiter durch Mietskontrakt mit Einliegern, welche die Wohnung und das gewährte Land abarbeiten. Das Gesinde ist in vielen Kreisen des Ostens empfindlich knapp und werden männliche Knechte oft nur als Deputanten gehalten. Im Kreise Belgard (5) hält ein größeres Gut - der Umfang ist nicht näher angegeben 16 Instfamilien, 8 in herrschaftliche Wohnungen | eingemietete, in Geld abgelohnte Leute, 3 ledige Knechte, 6 Mädchen und 6 - 8 unständige Arbeiter bei vorherrschendem Körnerbau. Im Kreise Dramburg (4) wird dagegen an einer Stelle etwa Vs der Arbeiten durch freie Tagelöhner geleistet. Dieser Kreis ist in den letzten Jahrzehnten im schnellen wirtschaftlichen Fortschreiten begriffen gewesen, was hier wie überall nicht zu einer Vermehrung der Instfamilien, sondern der besitzlosen freien Arbeiter geführt hat. Im allgemeinen nehmen junge Leute nach der Heirat, solange die Kinder klein sind und also Hofgänger nicht gestellt werden können, und solange sie keine eigene Kuh besitzen, bei Bauern Einliegerstellen, oder auf den Gütern „Geldstuben" an; sind arbeitsfähige Kinder da und eine Kuh beschafft, so werden Inststellen bezogen. Unverheiratete Leute mieten Stuben in den Dörfern. Freie Tagelöhner mit eignem Grundbesitz sind in den Kreisen Stolp, Rummelsburg, Bublitz, Köslin in nicht erheblicher Zahl in den Dörfern vorhanden, im ersteren Kreise auch Kleinpächter mit einem Besitz von 1 - 3 ha, die sonst nur in verschwindend geringer Zahl vorkommen. Auch im Kreise Belgard kommen Kleineigentümer vor, in den andern Kreisen nur in ganz geringfügigem Umfang. Im Kreise Dramburg haben heruntergekommene Arbeiterfamilien kleine Landstücke gepachtet, dieselben sollen sich in trauriger Lage befinden und es wird ihnen von den Gutsherren thunlichst Geld zur Anschaffung von Vieh geliehen, um Inststellen beziehen zu können. - An vielen Stellen, zumal im Osten des Bezirks, ist dagegen von Seiten der großen Güter durch Parzellenverpachtung an Arbeiter gegen Pachtzahlung und die Verpflichtung zur Erntearbeit eine seßhafte Arbeiterschaft neu geschaffen worden bezw. es wird mit der Begründung solcher Stellen begonnen. Davon wird weiter unten gespro-
Arbeitsverhältnisse
und
Existenzbedingungen
371
chen werden 3 . - Ebenso werden die Verhältnisse der mehrfach, namentlich in den intensiv kultivierten Teilen der Strandgegend und des Kreises Dramburg, gehaltenen Wanderarbeiter besonders erörtert werden.4 II. Allgemeine Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen der Arbeiter. Die Angaben über Arbeitszeit, Überstunden, Sonntagsarbeit, Frauen- und Kinderarbeit giebt die Tabelle wieder. Auch hier ist es häufig, daß Überstunden nicht vergütet werden, es bezieht sich das im wesentlichen auf die am Ertrag der Ernte interessierten Drescher. Sehr beliebt ist bei den Arbeitern die Gewährung des Über Stundenlohnes nicht in | Geld, sondern in Schnaps. Nach einem Bericht aus dem Kreise Kolberg-Körlin wird Vergütung nur gewährt, wenn in der Ernte schon um 3 Uhr morgens mit der Arbeit begonnen wird. Die Bereitwilligkeit zur Leistung von Überstunden ist da am geringsten (wie ein Generalbericht bemerkt), wo Eisenbahnbauten oder andere gewerbliche Unternehmungen mit im Sommer kürzerer Arbeitszeit zum Vergleich herausfordern und die Landarbeiter schon oder noch arbeiten, wenn sie die Bauarbeiter zur oder von der Arbeit gehen sehen. Die Zahl der jährlichen Arbeitstage ist, da die Bevölkerung fast überall evangelisch ist, auf die Zahl der Tage des Jahres, abzüglich nur der 52 Sonntage und 7 anderer Feiertage (Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Charfreitag, Himmelfahrt und eventuell - meist nicht Bußtag) anzusetzen, also auf 305. Eingehendere Angaben über die Art der Bestrafung bei Arbeitssäumnis und ungenügender Arbeit, die auch hier meist in Lohnabzügen bestehen, mangeln; vereinzelt fließen (Kreis Bublitz) die Strafgelder in die Kuhkasse der Gutsarbeiterschaft. Frauenarbeit ist bei den Frauen der freien Tagelöhner seltener als bei den eignen, bei letzteren kommt sie aber im allgemeinen auch nur in der Ernte nachmittags vor und es wird berichtet, daß sie seit 15 Jahren stark im Abnehmen begriffen sei. Meist haben die eignen Tagelöhnerfrauen als regelmäßige Arbeit nur das Viehmelken im Turnus zu besorgen und werden zur Wäsche und zum 3 Siehe unten S.412f. 4 Siehe unten S.413ff.
372
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
Plätten herangezogen. Nur im Kreise Dramburg und zwar da, wo infolge der intensiveren Kultur den Arbeitern das Land entzogen und damit die Bedeutung ihrer Eigenwirtschaft herabgedrückt ist, werden die Frauen regelmäßig beschäftigt, wozu auch der dortige starke Arbeitsbedarf Veranlassung giebt. Besonders schnell fortschreitende wirtschaftliche Kultur führt also auch hier für die Arbeiter zu einem Rückfall in die früheren Zustände. Kinder werden vom 7.-8. Jahre ab im Kreise Schievelbein, sonst erst vom 10.-11. verwendet. Zweck, Arbeitszeit und Lohn, soweit Angaben vorliegen, giebt die Tabelle wieder. Die Generalberichte bestreiten, daß Überanstrengung durch zu lange Arbeitszeit vorkomme, oder daß die Frauen zufolge des Mitarbeitens den eigenen Hausstand vernachlässigten. Von den Hütekindern bemerkt der Generalbericht aus dem Kreise Schievelbein, daß sie „nicht im besten Rufe ständen", auch Schulversäumnisse vorkommen, während die Generalberichte aus dem Kreise Schlawe und Stolp von einem günstigen Einfluß der Kinderarbeit durch Erweckung des Sparsinns (?) und Gewöhnung | an Arbeit sprechen. Der Generalberichterstatter aus dem Kreise Bütow bejaht die Frage, ob die Frauenarbeit den Haushalt schädige, schlechthin, anderwärts wird dies nur für die Zeit der Ernte zugegeben. Im Kreise Stolp haben die Arbeiter stellenweise das Recht, zur Bestellung ihres Landes Urlaub auf 1 Tag die Woche zu nehmen, sonst wird derartiges nicht berichtet, und nach einigen Generalberichten erfolgt namentlich das Ausnehmen der Kartoffeln auf dem eigenen Acker am Sonntag nachmittag, während andere Referenten behaupten, die Leute hätten dazu in der Woche hinlänglich Zeit. Die Beschäftigung der Frauen und Kinder mit hausindustrieller Thätigkeit hat fast ganz aufgehört bis auf vereinzeltes Vorkommen von etwas Weberei, Pantoffelmacherei und Korbflechterei in den Binnenkreisen. Auch die Spinnerei und Weberei zu eignem Bedarf ist allenthalben im Abnehmen begriffen und in den Küstengegenden (Kreise Lauenburg, Köslin) schon ganz, sonst meist bis auf die Herstellung der Leinenwäsche und nur bei alteingesessenen Familien auch anderer Kleidung, verschwunden. In Binnenkreisen (Bütow, Braunschweig 4a , Neustettin) wird häufig noch Wolle zu sog. Warp versponnen und verwebt, - aus dem Kreise Schlawe behauptet ein 4a Nach der geographischen Konstellation ist Rummelsburg gemeint.
Arbeitsverhältnisse
und
Existenzbedingungen
373
Berichterstatter (2), daß der gesamte Bedarf an Kleidern noch selbst hergestellt werde, und aus dem Kreise Dramburg wird dies mehrfach von den „seßhaften und ordentlichen" Familien berichtet. Sonst wird nur ein Teil der wollenen Kleidungsstücke selbst gefertigt und in zunehmendem Maße städtische „moderne" und „deshalb wenig haltbare" Kleidung gekauft. Das Bestehen der ortstatutarischen Krankenversicherung 5 wird aus dem Kreise Dramburg gemeldet, freiwillige Krankenkassen werden im Kreise Bütow, Belgard (aber nicht benutzt) und Schlawe erwähnt, anderwärts (Kreis Lauenburg) dagegen bemerkt, daß Versuche in dieser Richtung fehlgeschlagen sind. Die Beiträge der Arbeiter zur Krankenkasse werden von den Arbeitgebern im Kreise Schlawe und Bütow teilweise, diejenigen zur Invaliditäts- und Altersversicherung6 in mehreren Kreisen (Belgard, Neustettin, Schievelbein, Stolp, Schlawe), jedoch meist nur vereinzelt und häufiger nur beim Gesinde, getragen, teilweise wird dies aus grundsätzlichen Gründen und zwar, wie gelegentlich erwähnt wird, auf Grund eines Beschlusses der Pommerschen Ökonomischen Gesellschaft 7 , abgelehnt (Kreis Schlawe 2), anderwärts zahlt die Gutsherrschaft nur die Beiträge des Hofgängers, die bei Gesindemangel sonst auf den Tagelöhner abgewälzt werden würden (Kreis Belgard). Es wird jedoch mehrfach berichtet, daß der Lohn (Kreis Köslin) entsprechend erhöht oder | das Deputat erhöht und der Mietszins herabgesetzt werden mußte; oder daß dies jedenfalls auf die Dauer zu erwarten sei (Kreis Neustettin), da das Gesetz allgemeinem Widerstand begegne. Daß die Arbeiter ihr Mobiliar oder ihr Vieh gegen Brandschaden versicherten, wird für letzteres aus dem Kreise Kolberg-Körlin, wo in den Gemeinden meist Viehsterbekassen bestehen, aus dem Kreise 5 Nach dem Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883 bestand für Landarbeiter keine Versicherungspflicht, jedoch konnte diese d u r c h statutarische Bestimmung eines Kommunalverbandes oder d u r c h behördliche Verfügung eingeführt werden. Vgl. RGBl. 1883, S. 73-104. 6 Nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz vom 22. Juni 1889 waren die Arbeitgeber verpflichtet, die Hälfte der Versicherungsbeiträge für ihre Arbeiter zu entrichten, während diese die andere Hälfte selbst zu tragen hatten. Teilweise übernahmen die Arbeitgeber jedoch die vollen Beiträge. Vgl. RGBl. 1889, S. 97-144, speziell S. 104, §19. 7 Die Pommersche ökonomische Gesellschaft, Centraiverein für Hinterpommern, bestand seit 1810. Vgl. Meitzen, Boden, B a n d 3 , S.475. Der genannte Beschluß konnte nicht nachgewiesen werden.
374
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
Tägliche Arbeitszeit im Sommer
Kreis
Lauenburg 1 Lauenburg 2
Beginn
Ende
um Uhr
um Uhr
Stunden
6
S.U.
2'/2
-
Lauenburg 3
5 'h 5 72-6
Lauenburg 4
im Winter
Pausen Beginn
Ende
Pausen
um Uhr
um Uhr
Stunden
6
S.U.
272
-
-
-
-
S.U.
23A
S.A.
S.U.
l3/4
S.A.
S.U.
S.A.
s.u.
s.u. s.u.
172-2
im Sommer Maxi- Durchmum schnitt StunStunden den
123/4
-
Durchschnitt Stunden
63/4
-
6-8
-
174 ?
13
-
-
-
14
-
-
-
1
14
-
8
-
-
-
-
7
?
-
-
-
-
-
-
12
-
8
13
-
8
-
-
-
-
-
-
-
12-13
im Winter Minimum Stunden
Stolp 1
6
Stolp 2
-
Stolp 3
6
Stolp 4
-
Stolp 5
6
Stolp 6
6
Bütow 1
-
-
-
-
-
-
-
13
-
8-9
Bütow2
-
-
-
-
-
-
-
12
-
7
Bütow 3
-
-
-
-
-
-
-
11
-
7
Bütow 4
-
-
-
-
-
-
-
10
-
7
2
7
3
772
772
Rummelsburg 1
...
Rummelsburg 2
. . .
6 -
-
s.u. -
s.u. s.u.
s.u. -
-
?
-
2'k ?
-
S.A.
-
S. A. S. A.
-
s.u. -
s.u. s.u.
-
-
-
12-13
-
8-9
-
-
-
11-12
-
Okt.: 9 sonst: 7-8
?
7-772
s. u.
6
s.u.
Schlawe 3
-
-
-
Bublitz 1
5
7
3
67 2
472
Bublitz 2
6
8
?
S.A.
s.u.
Bublitz 3
-
-
-
-
_
_
_
_
5'/2-6
S.U.
-
-
Schlawe 2
Neustettin 2
1374
-
-
s.u.
Neustettin 1
72
372
6
Schlawe 1
1-174 ?
1172
-
572-6« S.A.
e Druckfehler; Wiederholung der Spalte „Beginn".
-
?
-
-
-
-
-
-
12
-
7
2
11
11
8
8
-
-
-
-
-
12
-
8
11
_
8-9
-
7
-
?
-
-
_
_
_
s.u.
2
12V
1374
Arbeitsverhältnisse
Vergütung für Überstunden
und
Existenzbedingungen
Frauenarbeit (Ehefrauen) Sonntagsarbeit
Kinderarbeit Lohnsätze
eigne Tagelöhner
Zweck fremde Arbeiter und Umfang
pro Stunde 10-20 .3, od.Schnaps 10 2, 1
/s 1 Schnaps 'A- 1 /» Tagelohn
nach Lohnsatz nichts
? 10 .S, nichts
-
-
Ernte, nachm.
-
Ernte, nachm. selten, nachm.
Ernte, nachm.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Gartenarbeit
Jäten, ca.100 Tage Kartoffelernte -
-
ca. 100 Jäten, Tage Gartenarbeit
-
Ernte
-
Ernte, nachm.
-
-
Ernte, nachm.
-
-
Jäten Jäten selten 7
20
40 -
nachm. nachm.
20-30
-
-
-
-
7
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
nachm. nachm.
-
wenig
-
nach Lohnsatz
selten, Jäten
Jäten, Hüten Gartenarbeit
-
nichts doppelter Lohn
-
-
nichts 7
10.S,u. Schnaps
-
-
-
/2 Tagelohn u. Schnaps nichts
-
-
Schnaps
1
-
-
teilweise Ernte, nachm.
-
-
doppelter Kartoffelernte Lohn u. Schnaps
Ernte, nachm.
-
JH.
-
-
-
M
-
Ernte
nichts
Stunden
s,
-
-
Ernte
Pauschalsätze
-
doppelter Lohn
pro pro pro '/2 Tag Woche Monat
-
Heuerate, selten
-
pro Tag
Arbeitszeit
-
-
-
375
6-7
25 -
20
-
20
-
-
-
-
-
-
-
-
30-60
-
-
-
-
-
'/2 Tag
-
Ernte, nachm.
-
Hüten etc.
-
20
-
-
-
7
-
Ernte, nachm.
-
Steinesammeln, Jäten
-
20
-
-
-
'/2 Tag
Ernte
-
wenig
-
25
-
-
-
4-5
-
Getreidebinden, ca. 100 Kartoffelernte Tage -
doppelter Lohn
Ernte
-
Ernte
10-15 -9,
-
10 4
-
Ernte Ernte, nachm., Kartoffelernte
Jäten,Steinesammeln a) Jäten, Gartenarbeit b) Kartoffelernte
Ernte
10 J»
Hüten
Stein- u. Kartoffelnsammeln
-
_
/
20
-
Essen, Kleidung -
-
20 -
50
—
-
6 -
-
—
—
Akkord —
—
-
Hüten
40
-
-
-
-
-
-
leichte Arbeiten
20-40
-
-
-
-
-
Pommern.
376
Regierungsbezirk
Tägliche im Sommer
Kreis
Neustettin 3 Neustettin 4
Beginn
Ende
um Uhr
um Uhr
5'/2-6
S.U.
-
Neustettin 5 Köslin 1
-
Köslin
Arbeitszeit
im Winter
Pausen Beginn Stunden
um Uhr
im Sommer
Ende
Pausen
Maximum
um Uhr
Stunden
Stunden
im Winter
Durchschnitt
Minimum
Durchschnitt
Stunden
Stunden
Stunden
?
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
12
-
8-9
5 72, m.f S.A.
S.U.
7
S. A.
S.U.
7
14
-
7
6
s.u.
2
S.A.
S.U.
7
-
10
-
-
8-9
Köslin 2
-
-
-
-
-
-
-
11
-
9
Köslin 3
-
-
-
-
-
-
-
11-12
-
7-8
Köslin 4
S.A.
s.u.
S.A.
s.u.
7
-
-
-
-
-
S.A.
s.u.
11
-
8
-
-
-
-
-
11
-
7
-
-
-
-
-
8-872
-
-
-
-
8
-
-
Belgard 1 Belgard 2
6
Belgard 3
-
Belgard 4
-
Belgard 5 Belgard 6
?
-
-
s.u.
272
-
-
1
-
10-12
121272
-
-
-
6-8
-
-
372
8
7
S. A.
s.u.
7
572
S.U.
2
S. A.
s.u.
1
1272
-
Kolberg 1
6
S.U.
7
S. A.
s.u.
?
-
-
_
_
Kolberg 2
6
s.u.
7
8
s.u.
7
-
-
-
-
12
-
Schievelbein 1
. . . .
-
-
-
-
-
-
-
Schievelbein 2
. . . .
—
—
—
—
—
—
—
13-14
—
8-9
Schievelbein 3
. . . .
-
-
-
-
-
-
-
12
-
8
-
_
-
-
_
-
_
-
-
-
-
-
-
-
Dramburg 2
_ -
Dramburg 3
572
s.u.
7
S. A.
s.u.
7
Dramburg 4
5 72-6
s.u.
272
S. A.
s.u.
1
Dramburg 5
-
-
-
-
-
-
Dramburg 6
672
s.u.
3
S.A.
s.u.
7
Dramburg 1
f Lies: mit
12 V 1374
-
io 3 A
10-12
9
_
-
8-10
-
-
-
-
8
-
-
7-9
10-12 -
-
-
Arbeitsverhältnisse
Vergütung für Überstunden
und
Existenzbedingungen
Frauenarbeit (Ehefrauen) Sonntagsarbeit
Kinderarbeit Lohnsätze
eigne Tagelöhner
fremde Zweck Arbeiter und Umfang
pro Stunde
? ?
-
Ernte, nachm.
-
-
-
Ernte, nachm.
-
-
Schnaps
-
Ernte, nachm.
15-25 3
_
nichts
-
Sommer, nachm. Ernte
?
-
Ernte
nichts
-
ca. V2 Jahr
-
Ernte, nachm.
-
nichts nichts
-
-
-
doppelter Lohn
_
Sommer Ernte, sonst Melken Ernte Ernte
-
_
doppelter Lohn -
nichts
-
Ernte, nachm. teilw. regelm.
-
Ernte
-
Ernte
-
Ernte, nachm.
-
Ernte, nachm.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Akkord
-
_
_
_
-
_
-
20-25
nachm.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Kartoffelernte
-
-
-
-
Akkord
-
Kartoffelernte
-
-
-
-
Gartenarbeit
-
-
-
-
Akkord
wenig
20
-
-
Gartenarbeit
_
_
ca. 100 -
-
-
_
-
-
-
-
-
Ernte, nachm.
/i Tagelohr eigne: 10 3 fremde: 25 3 10-15 3
-
-
-
-
1
-
-
10 3
Sommer, nachm.
JH.
-
-
-
3
-
Ernte, nachm.
nach Lohnsatz
Stunden
3
-
-
Ernte
Pauschalsätze
-
event.
V * Jahr, nachm.
pro Monat
Hüten
-
-
pro
Hüten
Sommer
-
Gartenarbeit
pro
V2 Tag Woche
-
-
nichts
Kartoffelernte
pro Tag
Arbeitszeit
-
?
10-15 3
377
-
a) Kartoffelernte b) Hackarbeit 30-40 Kartoffelernte -
Gartenarbeit Hüten
-
a) Hüten
-
b) Kartoffelernte Nachhacken
-
-
wie Hofgänger
-
-
_
_
_
_
-
-
-
-
-
-
-
20
Akkord
-
-
-
-
-
Akkord
-
-
-
-
-
-
-
_
_
-
-
-
-
_
-
-
-
Sommer 18 M
-
nachm.
8
_ -
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
30-40
_
_
_
_
_
Jäten
40-60
-
-
-
-
-
Hüten
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Kartoffelernte
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Akkord
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ca. 30 Tage
Hüten
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Kartoffelernte
ca. 120 Tage
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Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
A292 Bublitz als bei den ansässigen Arbeitern, sonst nur aus einzelnen Kreisen als vereinzelt vorkommend gemeldet (Kreis Lauenburg, Stolp, Schlawe, Dramburg - hier jetzt an einer Stelle (6) abnehmend, an anderen zunehmend und teilweise (Köslin) regelmäßig), bei etwaigen Baulichkeiten ist es häufiger der Fall. Die Versicherungen 5 sollen meist erheblich zu niedrig sein (Kreis Rummelsburg*: Haus mit 2 Stuben und 2 Kammern 4-800 Mk.); dagegen werden für den Kreis Dramburg für das Mobiliar 1000-1200, Kreis Stolp 12002000, Kreis Rummelsburg 800-1400, Kreis Stolp 1000-1500 Mk. angegeben. Teilweise versichern die Arbeitgeber das Mobiliar der 10 Arbeiter (Kreis Schlawe) ohne deren Wissen - Versicherungssumme 300 Mk. - wobei sich der Arbeitgeber teilweise (Kreis Schlawe) die Disposition über die Art der Schadenregulierung vorbehält. Mehrfach (Kreis Lauenburg, Bublitz, Stolp, Schlawe, Dramburg, Neustettin, Belgard) bestehen auf den Gütern Kuhkassen, anderwärts 15 (Kreis Lauenburg) sind sie eingegangen, auch wird gelegentlich (Kreis Dramburg) hervorgehoben, daß dieselben meist nur auf Gütern gedeihen, welche seit langer Zeit in einer Familie geblieben sind. Aus den Kreisen Bublitz und Schlawe wird berichtet, daß in diese Kassen alle Strafgelder, teilweise auch die Pfandgelder, flie- 20 ßen, die Herrschaft gewisse, nicht näher angegebene Beträge zuschießt (Kreis Bublitz) und die Arbeiter Beiträge (Schlawe: lOPfg. per Monat) zahlen, anderwärts zahlen sie 3 Mk. und erhalten bei schweren Erkrankungen zeitig die Erlaubnis, das Vieh zu schlachten und alsdann Zuschüsse von 70 Mk. für 1 Kuh. Es wird (Kr. Schlawe) 25 3 /4 des Wertes des so versicherten Viehs ersetzt. Im Kreis Schlawe sind teilweise die Arbeiter gegen Hagel versichert. Konsumvereine sind stellenweise (Kreis Belgard) neuerdings begründet, teils (Kreis Neustettin) bestehen sie länger, aber ohne Beteiligung der Arbeiter (Grund in letzterem Falle: zu große Entfernung der Stadt, in 30 welcher der Sitz ist). Nur aus dem Kreise Schlawe wird von einem Konsumverein berichtet, welchem, ohne daß ein Zwang geübt wurde, alle Arbeiter des betreffenden Gutes beigetreten seien, und der floriere und den Arbeitern 2 bis 6 Prozent Dividende abwerfe. Anderwärts beziehen die Arbeitgeber auf Wunsch der Arbeiter man- 35 A293 nigfache Artikel (im Kreise | Stolp auch Salz, Heringe) en gros für deren Rechnung (Kreis Stolp, Schlawe, Bublitz). x A: Rummelsberg
Arbeitsverhältnisse
und
Existenzbedingungen
379
Sparkassen existieren meist, und zwar Kreis- und Stadtsparkassen; die Beteiligung ist sehr verschieden, von guter Beteiligung wird namentlich aus den Kreisen Belgard, Dramburg, Neustettin, Schievelbein, Stolp, Bublitz, Schlawe berichtet; anscheinend ist auch hier der Spartrieb beim Gesinde am größten, im erstgenannten Kreise sollen die Einlagen bedeutend sein, aus dem Kreise Lauenburg wird referiert, daß das Mißtrauen der Arbeiter gegen die Sparkassen zu schwinden beginne und die Einlagen überraschend hohe seinen. Andererseits wird aus den Kreisen Bütow und Dramburg von gar keiner bezw. sehr geringer Beteiligung berichtet, und die übrigen Berichte sprechen überwiegend von einer nur mäßigen. - Fortbildungsschulen werden in den Berichten gar nicht, Kleinkinderschulen vereinzelt (Kreis Dramburg, Rummelsburg, gut besucht, Kreis Schievelbein) erwähnt, mehrfach dagegen von den Gutsherren bezw. deren Ehefrauen eingerichtete Stick-, Strick- und Nähstunden (Kreis Köslin, Bütow, Bublitz, Dramburg, Stolp, an letzteren beiden Stellen gut besucht), welche namentlich im Winter (Kreis Stolp: jeden Mittwoch und Sonnabend) nachmittags abgehalten werden; vereinzelt wird von erfolgreicher Thätigkeit von Jünglings- und Jungfrauenvereinen in derselben Richtung berichtet (Kreis Dramburg, Stolp, an letzterer Stelle Sonntagsschule). Volksbibliotheken existieren mehrfach, teils (Kreis Kolberg-Körlin, Neustettin, Lauenburg, Rummelsburg, Schlawe) werden sie durch den Pfarrer oder die Schule, sonst (Kreis Belgard, Neustettin, Dramburg, Schievelbein, Stolp, Schlawe) meist - auch wohl wo dies nicht ausdrücklich berichtet wird - vom Gutsherrn gehalten. Ganz überwiegend wird die gute, zum Teil (Kreis Neustettin, Belgard) sehr gute Benutzung hervorgehoben, vereinzelt (Kreis Bublitz) ein nur geringes Interesse konstatiert. Zeitungen werden für die Arbeiter vielfach (Kreis Belgard, Köslin, Kolberg-Körlin, Dramburg, Neustettin, Schievelbein, Lauenburg, Stolp, Schlawe, Bublitz) gehalten und teilweise gern gelesen. Anderwärts (Kreis Dramburg) wird bemerkt, daß dies abkomme, da die Arbeiter meist Zeitungen, welche ihnen der Gutsherr halte, mit Mißtrauen begegnen. Erwähnt werden: der „Ländliche Arbeiterfreund" 8 - gelegentlich mit dem Bemerken „leider" - , der „Pom8 Im V e r l a g des „ C h r i s t l i c h e n Z e i t s c h r i f t e n - V e r e i n s " Berlin (Sperling, A d r e s s b ü c h Abt. IV, S. 6).
380
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
mersche Bote" 9 , die Kreisblätter, das „Evangelische Sonntagsblatt" 10 , „Pommerscher Hausfreund" 11 , „Sonntagsfreund" 12 , auch Predigten aus der Berliner Zeitschriften-Expe|dition (Hofprediger Stöcker)13. Seitens der Arbeiter werden angeblich nur stellenweise (Kreis Schlawe: die „Morgenzeitung" 14 , anderwärts die Kreisblätter, Kreis Dramburg: „Daheim" 15 ) Zeitungen gehalten, das gelegentliche Vorkommen socialistischer Blätter wird aus dem Kreise Schlawe gemeldet. Im Kreise Schievelbein sollen die Arbeiter sich teilweise amerikanische Zeitungen halten. Die im allgemeinen nur sehr summarischen Angaben der Berichte über das Arbeitsangebot enthält die Tabelle. - Es zeigt sich, daß Groß- und Bauernbesitz von Arbeitsmangel gleichmäßig betroffen werden (Kreis Bütow) und daß Kartoffelbau regelmäßig zu Arbeiterknappheit in der Ernte führt. Im übrigen ergiebt sich, daß keineswegs die Grundbesitzverteilung allein entscheidet. Allerdings ist sie von erheblichem Einfluß. Im Kreise Belgard herrscht an allen Berichtsstellen der Großbesitz und ebenso überall Arbeitermangel, im Kreise Köslin, da, wo der Großbesitz allein vorherrscht, Mangel, wo gemischter Besitz besteht, kein Mangel. Im Kreise Dramburg hat dagegen die intensivere Bodenkultur den Arbeitermangel verschuldet, ebenso in den besseren Teilen des Kreises Neustettin. Die intensive, dort stellenweise betriebene Viehzucht leidet unter Arbeitsmangel, während die extensive Weidewirtschaft im Kreise Stolp ausreichende Arbeitskräfte findet. Auch die Bodenqualität und Bewirtschaftung allein entscheidet nicht. Die fruchtbare Küstengegend hat nur stellenweise, der relativ begünstigte Kreis Dramburg meist über Arbeitermangel zu klagen. - In den östlichen9 Kreisen bestreig A: östlichem 9 V e r m u t l i c h ist d e r „ B o t e f ü r P o m m e r n " g e m e i n t , a u s d e m V e r l a g H. Z i l l m e r in S t r a l s u n d ( S p e r l i n g , A d r e s s b u c h Abt. IV, S. 20). 10 V e r m u t l i c h h a n d e l t es s i c h u m e i n e R e g i o n a l a u s g a b e v o m „ B e r l i n e r e v a n g e lischen S o n n t a g s b l a t t " a u s d e m Verlag des „Christlichen Zeitschriften-Vereins" Berlin ( S p e r l i n g , A d r e s s b u c h Abt. I, S. 151). 11 V e r l a g d e r D i a k o n i s s e n - A n s t a l t B e t h a n i e n in Stettin ( S p e r l i n g , A d r e s s b u c h A b t . IV, S. 47). 12 „ D e r S o n n t a g s f r e u n d " im V e r l a g d e r B u c h h a n d l u n g d e r B e r l i n e r S t a d t m i s s i o n ( S p e r l i n g , A d r e s s b u c h Abt. IV, S. 100). 13 Die P r e d i g t e n e r s c h i e n e n seit 1881 im V e r l a g d e r B e r l i n e r S t a d t m i s s i o n ( a b 1 8 9 0 / 9 1 : Z e i t s c h r i f t e n - E x p e d i t i o n d e r Berliner S t a d t m i s s i o n ) u n d w u r d e n v o n A d o l f S t o e c k e r h e r a u s g e g e b e n , d e r bis 1890 H o f - u n d D o m p r e d i g e r in Berlin war. 14 Eine „ M o r g e n z e i t u n g " k o n n t e f ü r P o m m e r n n i c h t n a c h g e w i e s e n w e r d e n . 15 Im V e r l a g d e r D a h e i m - E x p e d i t i o n L e i p z i g ( S p e r l i n g , A d r e s s b u c h Abt. IV, S. 28).
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
381
ten die Generalberichte zum Teil, daß ein eigentlicher chronischer Arbeitsmangel bestehe. Namentlich in der Küstengegend ist nach einem Bericht aus Lauenburg-Stolp ein durch die Besitzer nicht verschuldeter Arbeitermangel nicht zu konstatieren, und ein Berichterstatter aus dem Kreise Schlawe (2) führt dies und die im Gegensatz dazu in den südlichen Teilen herrschende große Knappheit sicher zutreffend auf die große Zahl der an der Küste vorhandenen Bauerndorfschaften und Kolonistenstellen zurück. Das Vorherrschen des Großgrundbesitzes in Verbindung mit steigender Intensität der Bewirtschaftung führt hiernach stets, eines von beiden Momenten allein nicht notwendig zum Arbeitermangel, sondern nur da meist, wo mittlerer und kleiner Grundbesitz nicht vorhanden sind. - Als Folge des Arbeitermangels werden Schwierigkeit der Wirtschaftsführung, Unmöglichkeit, Meliorationen durchzuführen und intensiv zu wirtschaften und höhere Ansprüche der Arbeiter bezeichnet. Im Kreise Stolp hat ein Referent den Instleuten Zulagen im Wert von 90 Mk. pro Jahr gewähren müssen, nunmehr aber auch seine Wohnungen besetzt. Namentlich ist das früher in Gestalt von 30 45 Mk. oder 100 Arbeitstagen geleistete Entgelt für die Instwohnungen jetzt meist fortgefallen und nach dem Generalbericht aus dem Kreis Rummelsburg seit einem Jahrzehnt die Lohnsteigerung unausgesetzt fortgeschritten. III. h Die einzelnen Kategorien von Arbeitern. 1. Gesinde. Fast ausnahmslos wird berichtet, daß männliches unverheiratetes Gesinde gar nicht oder nur sehr schwer erhältlich sei, besonders wie es scheint in den östlichen Kreisen. Das männliche Gesinde, und speciell alle höheren Chargen desselben, ist infolgedessen an den meisten Stellen überwiegend verheiratet und neben Barlohn auf festes Naturaliendeputat gesetzt, bildet den erheblichsten Bruchteil der sogen. Deputanten und unterscheidet sich von denjenigen Gutstagelöhnern, welche statt des Dreschermaßes festes Deputat beziehen, nur durch die regelmäßige Abgrenzung seiner Dienstobliegenheiten gegenüber der allgemeinen Arbeitspflicht der letzteren und h A: II.
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Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
durch feste Jahresgehalte dort statt des Tagelohnes hier. - Aus den östlichen Kreisen (Schlawe, Bublitz) wird konstatiert, daß unverheiratetes Gesinde sich fast nur noch bei Bauern finde, die Löhne sind daher für männliches Gesinde teilweise enorme. Die Dienstkontrakte sind durchweg einjährige, mit 3-4 1 /2 Monaten Kündigungsfrist, stellenweise wird das Fehlen jeglicher Kündigungsfrist erwähnt. An unverheiratetem, beköstigtem männlichem Gesinde werden Knechte, besonders Pferdeknechte und Fuhrknechte, sowie Schäferknechte gehalten, daneben Gärtner und Diener, teilweise Kutscher, sowie meist Dienst- und Hütejungen. Der bare Lohn schwankt ohne erkennbaren Grund für die mannigfachen Verschiedenheiten auch innerhalb der einzelnen Kreise des Bezirks zwischen 95 und 200, meist 100-150 Mk. für erwachsene gewöhnliche Knechte bei freier Wohnung, welche bei den gewöhnlichen Pferdeknechten, soweit specielle Angaben gemacht sind, in einer Schlafstelle im Stall (Kr. Lauenburg) resp. einem Bett (Kr. Bütow) besteht, und Beköstigung, welche teilweise (Kr. Lauenburg1) im Werte um 1/3 hinter derjenigen der mit besonderer Charge Betrauten (Diener, Gärtner, Kutscher) zurücksteht. Diese letzteren Kategorien haben meist abgesonderte Stuben zur Verfügung (Wert, soweit Angaben vorliegen, auf 30 Mk. taxiert inkl. | Feuerung). Im Kreise Bublitz beträgt der Lohn für Kutscher, Gärtner und Burschen neben Beköstigung 2 5 0 M k . ; es werden nur 2 - 4 solche, sonst gar keine Dienstboten gehalten. An baren Bezügen werden daneben Weihnachtsgeschenke im Betrage von meist 10, teilweise (Kreis Köslin, Dramburg) nur 3 - 5 , 3 - 1 0 , anderwärts (Kreis Lauenburg) bis 20 Mk., und ferner Trinkgelder von ebenfalls im Osten hohem (Kreis Lauenburg: 20, 4 0 - 5 0 M k . ) , im Westen niedrigem (Kreis Köslin: 3 M k . ) Betrage erwähnt. Stellenweise (Kr. Lauenburg) haben die Gärtner Gelegenheit, an Schußgeld bis zu 100 Mk. zu verdienen. Für das weibliche Gesinde schwankt der bare Lohn neben Beköstigung für Wirtschafterinnen zwischen 150-300, 180-300, 210-300, 240, 2 5 0 - 3 0 0 Mk. je nach den Fähigkeiten; sog. Meierinnen werden teilweise bis zu 360 Mk. (Kreis Schlawe) bezahlt; vereinzelt (Kreis Bublitz) kommen neben 300 Mk. Lohn Weihnachtsgeschenke von 75 Mk. vor. Im Lohnsatz folgen auf diese i A: Laxenburg
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
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Stubenmädchen (96-120, 100-120, „erste Stubenmädchen" bis 150 Mk., stellenweise - Kreis Stolp - llOMk. und Trinkgelder von 60 bis zu 100 Mk., oder [Kreis Bublitz]1 165 Mk. und Geschenke von 30 Mk., sowie Weihnachtsgeschenke von 25 Mk.), Köchinnen und Hausmädchen (90, 90-108, 90-100, 100-120, 90-150, oft 120Mk.); den geringsten Lohn beziehen sogenannte Dienstmädchen, welche milchen und das Federvieh füttern (72-90 Mk. Kreis Lauenburg[,j 100-120 Mk. das[elbst]), Webermädchen (im Kreis Neustettin erwähnt 100-120 Mk.), Schweinemädchen (80-120 Mk. Kreis Lauenburg) und Milchmädchen (80-90 Mk. Kreis Rummelsburg). Anderwärts werden für gewöhnliche Mägde Lohnsätze von 75 Mk. (Kreis Schlawe, Stadt) gemeldet, auch kommt es vor (Kreis Neustettin), daß Mägde nur für den Sommer angenommen werden (Lohn 75-80 Mk.). Wohnung, Feuerung und Beköstigung, sowie Krankenpflege ist durchweg frei. Die Beköstigung wird mehrfach für das Aufsichtspersonal und das herrschaftliche Dienstpersonal auf etwa höher als für die gewöhnlichen Mägde veranschlagt. Meist bewohnen mehrere Mädchen eine gemeinsame Stube, die höheren Chargen besondere Zimmer, weibliches Aufsichtspersonal hat teilweise Anspruch auf Bedienung. An Barbezügen werden noch Weihnachtsgeschenke von meist 10 Mk. (auch 3Mk. und bis zu 20 Mk.) erwähnt, Trinkgelder beziehen Diener und Stubenmädchen von oft sehr erheblichem Betrage (nicht angegeben). Aus dem Kreise Dramburg wird berichtet, daß gewöhnliche Mägde fast gar nicht mehr existieren, sondern deren Obliegenheiten durch die Gutsarbeiter wahrgenommen werden. Sowohl bei männlichem als bei weiblichem | unverheiratetem Gesinde kommt es, jedoch nicht überall, vor, daß Land zum Flachsanbau, von der Herrschaft bestellt und gedüngt, zur Verfügung gestellt wird (männl. Knechte: Kreis Neustettin, Taxwert der Nutzung 3 Mk., Mägde daselbst Taxwert 4 Mk., Kreis Belgard: 3Mk., Kreis Dramburg: 7,50Mk.). Daß der Flachs selbst versponnen wird, ist nicht gesagt, aber wohl anzunehmen. Es wird (Kreis Stolp) hervorgehoben, daß das weibliche Gesinde sich in Bezug auf Wohnungs- und Nahrungsverhältnisse, sowie überhaupt ungleich besser stehe als freie Arbeiterinnen, auch zur Ordnung und Sauberkeit angehalten werde. Örtliche Verschiedenheiten in der allgemeinen Lage des unverheirateten Gesindes sind i []¡n A.
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Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
nicht erkennbar, die Berichte über die Löhne differieren auch innerhalb der einzelnen Kreise ebenso stark, wie im ganzen Bezirk; die letzteren sind insbesondere auch, soweit ersichtlich, im Osten oder auch in den auf dem Landrücken liegenden weniger fruchtbaren Kreisen keineswegs niedriger als im Westen bzw. in den Seekreisen, nur - s.o. - anscheinend im Osten oft zu einem größeren Betrage nicht kontraktlich festgestellt (Trinkgelder u. s.w.). Die vorliegenden Schätzungen des Wertes der Beköstigung differieren stark und sind offenbar meist willkürlich; für das Aufsichtspersonal steigen sie bis 400 Mk., sonst wird häufig 1 Mk. pro Tag angesetzt, anderwärts 7a Mk. Verschiedenheiten in der Güte dürften darin meist nicht zum Ausdruck kommen, vielmehr lediglich solche des Abschätzungsverfahrens des Berichterstatters, je nachdem derselbe von den Selbstkosten oder von den Kosten, welche der Empfänger aufwenden müßte, um die gleiche Kost sich zu verschaffen, ausgeht. Aus dem gleichen Grunde verdienen auch die Angaben des Gesamteinkommens in Geld eine Wiedergabe nicht. Bemerkenswert erscheint lediglich, daß die Schätzungen des Gesamteinkommens des unverehelichten Gesindes diejenigen des Verdienstes der kontraktlich gebundenen Gutsarbeiter in den östlichen Bezirken (Lauenburg, Bütow, Bublitz) mehrfach übersteigen, in den westlichen (Belgard, Dramburg, Kolberg) dagegen erheblich hinter denselben zurückbleiben, was Rückschlüsse auf die Auffassung der Berichterstatter über die relative Lage beider Kategorien zuläßt, ohne daß eine Wiedergabe der Relationen im einzelnen fruchtbar erscheinen kann. Die Verhältnisse des vielfach an Stelle der Lohnknechte getretenen verheirateten Gesindes sind durchweg den Verhältnissen derjenigen Gutstagelöhner, welche kein Dreschermaß, sondern festes Deputat beziehen, | gleichartig oder doch sehr ähnlich. Teilweise sind diese „Deputanten" der gedachten Kategorie geradezu völlig gleichgestellt resp. hat eine Ausgleichung der beiderseitigen wirtschaftlichen Lage durch Abschaffung des Dreschermaßes bei den Gutstagelöhnern oder einem Teil derselben und durch die mehrfach vorkommende Auferlegung der Verpflichtung zur Haltung von Scharwerkern und Landanweisung bei dem auf Deputat gesetzten Gesinde stattgefunden. Meist unterscheidet sich das auf Deputat gesetzte Gesinde von den Deputat empfangenden Gutsarbeitern,
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Arbeiterkategorien
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abgesehen von dem auch bei letzteren, wenngleich in Pommern nur sehr vereinzelt, vorkommenden festen Jahresgehalt, durch den Mangel der Anweisung von Ackerland, bezw. durch den erheblich geringeren, nur die Größe eines Gemüsegartens erreichenden Umfang des gewährten Landes. Soweit Angaben vorliegen, wird bemerkt, daß diese Kategorie von Deputanten sich in Bezug auf die Größe des Deputates und regelmäßig des Geldlohnes besser stehe als die Gutstagelöhner, so daß - wie namentlich aus dem Kreise Schlawe bemerkt wird speciell zu solchen Stellen ein erheblicher Andrang stattfindet. Ihrer wirtschaftlichen Lage nach gehören in die gleiche Kategorie auch die auf größeren Gütern gehaltenen Gutshandwerker, Schmiede, Stellmacher u.s.w., deren Entlohnung gleichfalls durch Kombination von baren Gehältern mit festen Naturaliendeputaten geschieht. Mehrfach kommen für die Wirtschaftsbeamten Tantièmen vor. Es werden erwähnt: Kreis Stolp (1): Yiehwärter, - erhalten als Stallgeld pro verkauftes Pferd oder Rind 3, Fettschwein 1, Schaf 0,25-0,50 Mk. Daselbst (3): Kuh- und Schafmeister - Kreis Schlawe (1): Schweinemeister, Schafmeister (Ertrag der Stallgelder 100Mk.). - Kreis Schlawe (2): Kuh- und Schafmeister, Kuhknechte, Schweinemeister, Gärtner, - Kreis Dramburg: Schäfer und Schweinemeister (Ertrag: 40-60Mk.). Anderwärts (Kreis Schlawe 2 und sonst gelegentlich) wird für den Schafmeister ein anscheinend festes „Hammelgeld" (18 Mk.) erwähnt. Auf eingehenden Berechnungen beruhende Schätzungen des Gesamteinkommens, welche jedenfalls die relative Situation der aufgeführten Kategorien untereinander zutreffend veranschaulichen, enthält ein Bericht aus dem Kreise Schlawe (2). Danach rangieren die hierher gehörigen Deputanten folgendermaßen: Gärtner (1219 Mk. inkl. Tantième), Schweinemeister (900 Mk. ca. inkl. Tantième), Kuh- und Schafmeister (874 Mk. inkl. Tantième), Handwerker, Schmiede, Stellmacher (688 Mk.), Vorarbeiter im Kuhstall (647 Mk. inkl. Tantième), Waldwärter (630), | Ziegler (626), Kuhknecht (603 inkl. Tantième), Speichermeister (589), Hofmeister (587), Müller (500), Deputatknecht mit specialisierten Dienstobliegenheiten (489), Deputatknecht zu verschiedenen Diensten (469); - das Einkommen der Drescher wird bei Stellung von zwei Mann auf 742,50 Mk. geschätzt (die zu Grunde gelegten Werte sind im Verhältnis zu sonstigen Schätzungen hoch). -
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Köslin
Nach einem anderen Bericht aus dem Kreise Schlawe (1) ist in der betreffenden Wirtschaft der Schafmeister mit einem Bargehalt von 240 Mk., Wohnung und Feuerung (Taxe 100 Mk.), erheblichem (nicht specialisiertem) Flachs- und Kartoffelland (Taxe 442 Mk.), freiem Arzt, bedeutendem (nicht specialisiertem) Getreidedeputat (Taxe 340 Mk.), ferner Weide für 3 Kühe, Anspruch auf 10 Merzschafe 106 , Hammelgeld (18 Mk.), Stallgeld (100 Mk.), dagegen der Verpflichtung, 3 Knechte, welche von der Herrschaft mit je 120 Mk. gelohnt werden, vorzuhalten und zu beköstigen, am günstigsten gestellt (Taxe des Einkommens abzüglich der Kosten der Knechte: ca. 1106,50); der zur Haltung eines Scharwerkers verpflichtete Hofmeister mit 120-150 Mk. Gehalt, wozu der Arbeitsverdienst der Familie tritt, Wohnung und Feuerung (100 Mk.), Acker (294,50 Mk.), Arzt, Getreidedeputat (120 Mk.), Salz (8Mk.), und ein ebenso gestellter einfacher Schäfer, der nur ferner 3 Merzschafe1 erhält, stehen um mehr 2/s niedriger (Taxe: 639-669 Mk.), noch niedriger die auf 105 Mk. Lohn und geringeres Deputat (Taxe 84 Mk.) gesetzten Pferdeknechte und Kuhfütterer, welche gleichfalls Hofgänger zu halten haben (Taxe 553 Mk.). Die seit 1890 wegen Mangels an Dreschern angenommenen Deputanten erhalten das Gleiche wie die letztgenannten Kategorien. Das Einkommen der Drescher ist dort auf 350-390 Mk. geschätzt - Geldverdienst 100 Mk., Getreidedeputat und Dreschermaß ca. 92 Mk. Im Kreise Belgard (6) erhalten unverheiratete Knechte 120-150 Mk. neben Beköstigung, verheiratete Deputanten 90 Mk. und Deputat, Vögte und Hofmeister 150, Stellmacher 150, Rieselmeister17 260, Schmiede 300 Mk. bar, neben Deputaten. Andere Relationen bieten kein Interesse. 2. Instleute und Deputanten. Die im Jahre 1849 in Hinterpommern 18 , soviel bekannt, noch ausschließlich vertretenen Drescher erhielten damals in den einzelnen k - l A: Märzschafe zur Emendation vgl. DV zu S.349. 16 Bezeichnung für Schafe, die aufgrund geringen Nutzwertes ausgesondert (ausgemerzt) werden. Vgl. Grimms Wörterbuch, B a n d 4. - Leipzig: S. Hirzel 1885, Sp.2110. 17 Der Rieselmeister ist für die Be- und Entwässerung vor allem der Wiesen zuständig. 18 Für die folgenden A n g a b e n vgl. Lengerke, Arbeiterfrage, S. 203-213.
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Kreisen Ackerland in verschiedenem Umfang; im Kreise Lauenburg nur 1 Morgen | (25 a) Kartoffelgarten und -acker, im Kreise Bütow 2 - 3 Morgen Land, in den Kreisen Stolp, Schlawe, Rummelsburg 1 Morgen Garten, 2 Morgen im Felde, wovon 1 mit Korn, 1 mit Kartoffeln bestellt wurde; im Kreise Schievelbein Garten und daneben 2 Morgen Getreide- und 1 Morgen Kartoffelacker im Felde. Mithin stieg von Osten nach Westen der relative Umfang des Getreidelandes im Verhältnis zum Kartoffelacker sehr erheblich, und da auch der Ertrag pro Morgen in den östlichen Kreisen auf 5, im Kreise Schievelbein auf 5-10 Scheffel Roggen oder 8 Scheffel Hafer angegeben wurde, so besserte sich ihre Lage je nach der Güte des Bodens. Der Dreschanteil verminderte sich mit der Bodengüte vom 13. Scheffel im Kreise Lauenburg zum 14.-18. in den Kreisen Stolp, Schlawe, Rummelsburg; 16. im Kreise Bütow m , 21. im Kreise Schievelbein. Dagegen verhielten sich die Drescherträge der Instleute dabei wie folgt: Roggen Kr. Lauenburg Kr. Stolp, Schlawe, Rummelsburg Kr. Bütow Kr. Schievelbein
Gerste
Hafer
Erbsen
Zusammen
?
?
?
8-10 Schffl.
? 5 Schffl.
3 Schffl.
5 Schffl.
11-1619" 2-3 .. 7-9
»
2
"
2» 10 »
2 Schffl.
15 Schffl.
2-3 »
18-22"
»
21-23»
2
Sie hoben sich also mit der Bodengüte trotz des auf besserem Boden niedrigeren Anteilssatzes. Die Barlöhne betrugen ziemlich gleichmäßig im Sommer 3-4, im Winter 21/2—3 Sgr. für den Mann, bezw. 2 1 /2-3 und 2 Sgr. für die Frau oder den Hofgänger; für Wohnung und Land wurden 10-11, I2V2, 14Thlr. gezahlt oder 110-130 Arbeitstage unentgeltlich geleistet. Außer dem Mann war die Frau oder statt ihr eine Dienstmagd zur Arbeit verpflichtet; teilweise wurde davon aber nur in der Ernte Gebrauch gemacht. Die Gesamtaufkünfte, zu denen Viehweide für 1 - 2 Kühe, ca. 3 Schafe und Gänse und Kuhfutter hinzukam, waren also erheblich niedriger als damals in Ostpreußen, m A: Bülow 19 Lengerke, Arbeiterfrage, S.207 dagegen: 12-16.
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entsprechend der geringeren Zahl von Arbeitskräften, die der Dienstmann zu stellen hatte. - Feste Deputate erhielten die Instleute nicht. Vergleicht man hiermit die heutige Lage der kontraktlich gebundenen Arbeiter, wie sie die Tabellen A und B veranschaulichen, so findet sich eine ganz bedeutende Steigerung sowohl des allgemeinen Nahrungsstandes als der Gesamtsituation der Gutsarbeiter, daneben aber auch eine Veränderung in der Art ihrer Ablöhnung. Letztere besteht darin, daß neben die am Erdrusch mit Anteilen beteiligten Drescher fast überall die | Deputanten, Kontraktsarbeiter mit festen Deputaten, getreten sind und stellenweise die Drescher ganz verdrängt haben. Die Hebung der Gesamtlage kann kurz dahin zusammengefaßt werden, daß die Instleute heute, anstatt die Frau mitarbeiten zu lassen, in der Lage sind, von dem Mehrbetrag des Geldlohns, der durch Fortfall der unentgeltlich zu leistenden Arbeitstage und meist der Wohnungsmiete erwächst, und aus dem Mehrbetrag an Naturalien die Kosten eines Hofgängers zu bestreiten w und ihnen dann doch ein Betrag an Naturalien verbleibt, welcher den gestiegenen Nahrungsansprüchen ungefähr ebenso genügen dürfte, wie die 1849er Einnahmen dem damaligen Nahrungsstand. Den Hauptstamm der kontraktlich gebundenen Gutsarbeiter bilden regelmäßig noch immer die Drescher. Es wird aus dem Kreise Dramburg berichtet, daß der Ertrag des Anteildrusches im Vordergrund des Interesses für die Leute stehe und sie da wegzögen, wo die Wirtschaft keine großen Drescherträge gebe. Neben dem Drescherlohn wird mehrfach im Sommer ein festes Korndeputat gegeben, und dies ist regelmäßig da der Fall, wo das gewährte Land eingeschränkt oder in Fortfall gekommen ist. Die an Stelle der Drescher getretenen Deputanten werden regelmäßig im Tagelohn gehalten, während das auf festes Deputat gesetzte verheiratete Gesinde regelmäßig nicht auf Tagelohn, sondern auf festes Jahresgehalt engagiert ist. Drescher sowohl als Deputanten haben durchweg 1, häufiger 1 bis 2 oder (Kreis Lauenburg) „möglichst viele" Hofgänger oder Scharwerker zu halten, nur bei besonders günstig gestellten Kategorien des verheirateten Deputatgesindes fällt diese Verpflichtung stellenweise fort (Kreis Bublitz für Vögte, Oberschäfer, Stellmacher, Schmiede). Anderwärts (Kreis Neustettin) haben die Deputanten
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Arbeiterkategorien
389
nur von Ostern bis Martini 20 Scharwerker zu halten, was ihre Lage, da sie im Winter keinen Tagelohn für die Scharwerker erhalten, nicht verbessert, sondern verschlechtert. Es wird auch hier fast durchweg als Regel vorausgesetzt, daß die eignen erwachsenen d.h. nicht mehr schulpflichtigen - Kinder als solche gestellt werden, da die hohen Gesindelöhne das Mieten von Scharwerkern den Arbeitern immer mehr unmöglich machen; wo Kinder nicht gestellt werden können, bleibt die Verpflichtung vielfach unerfüllt (Kreis Lauenburg, Bublitz) und wird deshalb stellenweise (Kreis Schlawe) zum Teil nicht auferlegt. Es wird gelegentlich (Kreis Belgard) noch besonders bemerkt, daß die Haltung der Scharwerker den Arbeitern mehr kostet als einbringt (der erforderliche Zuschuß wird auf 90 Mk. | pro Jahr veranschlagt, einschließlich der Kosten der Beköstigung). Aus dem Kreise Stolp wird berichtet, daß der Scharwerker an Tagelohn etwa 56 Mk. dem Tagelöhner einbringt, jedoch von diesem mit 85 bis 90Mk. gelohnt wird; im Kreise Bütow zahlt der Tagelöhner dem Scharwerker 90 Mk. und erhält 60. 1. Die Höhe des Tagelohnes der Gutsarbeiter, mit Ausnahme derjenigen Kategorien der Deputanten, welche als herrschaftliches Aufsichtspersonal oder verheiratetes Gesinde oder Gutshandwerker eine besondere mit ersteren nicht vereinbarte Stellung einnehmen, ergiebt, soweit Angaben darüber vorliegen, Spalte 1 der Tabelle21. Es ergiebt sich daraus, daß der Lohnsatz zwischen 0,30 und 0,50 Mk. schwankt. Wo der letztere Satz den Jahresdurchschnitt darstellt, ist der Geldlohn auf Kosten der Landanweisung oder des Deputats erhöht. Erhebliche Unterschiede bestehen sonst zwischen dem Osten und dem Westen oder zwischen den Küsten- und den Landrückenbezirken nicht mehr. Während der - bei normaler Getreideproduktion und Maschinendrusch etwa 50 - Dreschtage fällt die Barlöhnung bei den Dreschern fort, so daß höchstens 250 Lohntage zu rechnen sind. Die Scharwerker werden gelohnt mit 0,36 Mk. im Sommer, 0,20 Mk. im Winter (Kreis Schlawe, - meist Töchter des Tagelöhners), 0,25 Mk. (Kreis Stolp, Belgard), 0,30-0,40 Mk. (Kreis Neustettin), 0,30-0,50 (Kreis Lauenburg), 0,30 Mk. (Kreis Köslin), 0,40-0,70 Mk. (das[elbst]), 0,30 Mk. (Kreis Dramburg), 0,40 Mk. im Sommer, 0,25 Mk. im Winter (Kreis Schie2 0 11. November. 21 Siehe unten S.400ff.
390
Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
velbein); wenn mehrere gestellt werden, erhalten die folgenden in den westlichen Kreisen teilweise sehr hohe Barlöhne, nämlich: im Kreise Dramburg der Drittgänger 1,25 (Frauen 1,00) Mk.; - oder der erste 0,30-0,40 Mk., Mäher 0,60-0,70, der zweite, wenn ein kräftiger Junge oder Mädchen, 0,60, wenn zum Harken zu schwach 0,30-0,40Mk. (Kreis Dramburg); der erste 0,30, der zweite im Sommer 0,50, im Winter 0,40Mk.; der erste 0,40, der zweite 0,50-0,75 Mk. (Kreis Kolberg). Häufig ist ersichtlich, daß der Tagelohn des Scharwerkers mit dem des Arbeiters gleich hoch ist (Kreis Lauenburg), aber der Scharwerker erhält regelmäßig auch dann Tagelohn, wenn der Arbeiter festen Jahreslohn bezieht. Auch wird in den Kreisen Dramburg und Schievelbein bei Stellung von mehr als einem Scharwerker das Deputat und die Landgewährung vermehrt, auch größere Wohnungen gestellt. Der Tagelohn der Ehefrauen, die in der Ernte arbeiten, wird auf 0,50 Mk. (Kreis Köslin, Dramburg), 0,60 Mk. (Kreis Belgard), 0,40 (Kreis Dramburg), 0,40 bis 0,50 Mk. (Kreis Belgard) angegeben. | Den Barverdienst der Gutstagelöhner ergiebt Tabelle B, soweit brauchbare Angaben vorliegen. Mehrfach bestehen über die Berechnung der Referenten erhebliche Zweifel und bedürfen deshalb die Angaben der Tabelle einer kurzen Begründung. Die den Betrag von 120 Mk. übersteigenden Schätzungen können bei ca. 240-250 Lohntagen nicht den Tagelohnverdienst des Gutsarbeiters selbst allein darstellen, es müssen vielmehr jedenfalls bei den 150 Mk. übersteigenden Beträgen Tagelohnverdienst der Familie und ev[entuell] der Scharwerker eingerechnet sein. Der Verdienst des Tagelöhners allein schwankt vielmehr zwischen 90 und 120 Mk.; wo geringere Beträge angegeben sind, handelt es sich wenigstens zum Teil um Fixa, wie sie auch die Deputanten beziehen. Teilweise ist (namentlich bei den 150Mk. betragenden Schätzungen) seitens der Berichterstatter ersichtlich unterlassen worden, die Dreschertage, an welchen die gegen Anteil dreschenden Tagelöhner keinen Lohn erhalten, bei diesen in Abzug zu bringen, so daß überhaupt die höheren Sätze nicht unbedingt als zuverlässig gelten können. Im Kreise Schlawe (2) wird der Verdienst der gesamten Familie (wovon jedoch wieder Scharwerkerlohn 90 Mk. - abzuziehen ist) auf 240-280 Mk. (Mann, Frau, 1 - 2 Hofgänger), im Kreise Bütow auf 190 (Mann und Scharwerker 175, Frau 15Mk.), im Kreise
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
391
Dramburg (2) bei ständiger Arbeit und Akkordlöhnen für Dreschen und Kartoffelernte für Mann und Frau auf 300 Mk. angegeben. Alle um 200 Mk. sich bewegenden Angaben enthalten somit den Erwerbsverdienst der ganzen Familie. Wo substanziiertere Angaben vorliegen, wird dem entsprechend gesagt, daß der Verdienst bei festem Jahreslohn 72-108 Mk., sonst 30-50Pfg. Tagelohn betrage (Kreis Lauenburg), anderwärts wird der Tagelohnverdienst des Dreschers auf 72-80 Mk., der Gehalt der Deputanten auf 60 Mk. angegeben (Kreis Bütow, dabei erhält der Tagelöhner für den Scharwerker 60, der Deputant 90 Mk., - Verhältnis des Getreidedeputats zum Drescherteil wie 190:280-300, sonst alles gleich). Wo Angaben vorliegen, wird der Verdienst der Frau während der Ernte sehr verschieden, auf 8 (Kreis Dramburg), 12 (Kreis Bublitz), 20 (Kreis Schievelbein), 20-25 (Kreis Bütow), 30 (Kreis Belgard), 20-30 (Kreis Lauenburg), 30 (Kreis Köslin), 50-60 (Kreis Neustettin inkl. Kinder desselben 55 - , Dramburg, Schievelbein), 60 (Kreis Bublitz)[,j von Frau und Kindern auf 40-80 (Kreis Schlawe)[,j 75 (Kreis Stolp), 100 (Kreis Belgard) und 125 Mk. (Kreis Köslin) geschätzt. Anscheinend steht die | Höhe des männlichen Tagelohns vielfach lokal im annähernd umgekehrten Verhältnis zum Umfang der regelmäßigen Mitarbeit der Frau und Kinder und der Höhe des Lohnes derselben. (Kreis Stolp) Tagelöhner 100-110, Scharwerker 56 (erhält 80)t,j Frau und Kinder 75Mk., gleicher Kreis: Tagelöhner und Scharwerker 220, Frau und Kinder 20 Mk. Der Verdienst des Scharwerkers an Lohn oder Fixum schwankt für die ersten Scharwerker zwischen 60 und 100 Mk., vereinzelt (Kreis Bublitz) wird 150Mk. angegeben, anderwärts für 2 Scharwerker 120 und 135 Mk. (Kreis Belgard). Zwei Scharwerker zusammen verdienen (Kreis Neustettin) 153 Mk., anderwärts verdient der zweite Scharwerker das Doppelte des ersten (Kreis Schievelbein 75-150 bezw. 150 bis 300 Mk., Kreis Neustettin 90 bezw. 180 Mk.). Die gesamten baren Bezüge einer Tagelöhnerfamilie schwanken hiernach bedeutend. In betreff der gemieteten Scharwerker wird teils ausdrücklich bemerkt, teils ist ersichtlich, daß der gesamte Barverdienst entweder direkt an den Scharwerker selbst von der Herrschaft gezahlt, oder (meist) vom Tagelöhner ihm in vollem oder, und zwar in den östlichen Kreisen, in erhöhtem Betrage weitergezahlt wird. Nur aus dem Kreise Dramburg wird berichtet, daß der Tagelöhner für den Scharwerker 120 Mk. beziehe und ihn mit 80 Mk. ablohne.
392
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
Ebenfalls aus dem Kreise Dramburg wird Reichtum an Kindern, - des Hofgängerverdienstes wegen - als für die wirtschaftliche Lage des Gutstagelöhners günstiges Moment aufgeführt. Es finden dort alle verfügbaren Arbeitskräfte Verwendung. - Wo - vereinzelt die eigenen Arbeiter gelegentlich im Akkord arbeiten, werden die Sätze so gestellt, daß die Tagesverdienste bei guter Leistungsfähigkeit 1 Mk. betragen. Anderwärts (Kreis Neustettin 5) wird ausgeführt, „die Hofgänger verdienen ihr Barlohn selbst, und ihre Beköstigung koste nicht mehr als die der Familienangehörigen, deren Fehlen sie ersetzen, sie könnten daher bei Berechnung der Einnahmen und Ausgaben der Familie ganz außer Betracht bleiben" wobei jedoch übersehen ist, daß der Tagelohnverdienst von Familienangehörigen dem Tagelöhner bezw. der Familie zu Gute kommen würde, während der Hofgänger denselben für sich behält. Die Belastung der Arbeiterfamilie durch die Hofgängergestellung ist also in den östlichen Kreisen Hinterpommerns größer als östlich der Weichsel, wo ceteris paribus der Instmann regelmäßig mehr für den Scharwerker bezieht als er ihm zahlt. Die Zusammensetzung der Deputate wird in den einzelnen Berichten wie folgt angegeben: |
Kr. Bütow 1: Kr. Rummelsburg 1: Kr. Schlawe 2: (3 Arbeitskräfte) Kr. Neustettin 4: Kr. Schievelbein 2: Kr. Dramburg 5:
Roggen
Gerste
Hafer
Erbsen
Mengekorn
20 Schffl. (Altscheffel) 17 Ctr. 30 "
2 Schffl.
2 Schffl.
2 Schffl.
_
-
1 Ctr.
2 Ctr.
-
-
-
-
-
25 Schffl. 24 " 18 Ctr.
-
2 Schffl. 1 "
-
-
-
2 Schffl. -
4 - 6 Schffl. 3-5 » 3 Ctr.
-
Zu dem Deputat im Kreise Rummelsburg treten noch 4 - 5 Ctr. Roggen, welche vom eigenen Lande geerntet werden, und ebenso ist die Landgewährung im Kreise Bütow (1) - 1 ha - groß, so daß mit ziemlicher Sicherheit auf eine Roggenernte von einigen Centnern neben den meist gebauten Kartoffeln geschlossen werden kann. Ebenso tritt zu dem Deputat im Kreise Schievelbein (2) der Ertrag eines Morgens Roggen (das macht jedenfalls ca. 5 Ctr.) hinzu. Bei den Deputanten im Kreise Dramburg (5) dagegen ist der Kartoffelfaktor im Budget entsprechend stärker. Die Zusammensetzung der Drescherträge und der Sommerdeputate der Instfamilien ist wie folgt angegeben:
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
393
M
Roggen Kr. Bütow 3: Drescherlohn: Landertrag:
Hafer
-
-
15 Schffl.
-
-
10 Ctr. 7
-
4 Ctr.
-
12-15 Ctr.
-
10 Schffl. 5 »
Zusammen: Kr. Rummelsburg 1: Dreschertrag: Landertrag:
Kr. Schlawe 3: Dreschertrag: 12 -15 Ctr. Deputat: 5 » ? Landanweisung: Kr. Bublitz 2: Dreschertrag: Deputat: Zusammen Kr. Neustettin 1: Dreschertrag: Deputat: Landertrag: Zusammen Kr. Neustettin 2: Dreschertrag: Landertrag: Zusammen Kr. Neustettin 3: Dreschertrag: Deputat: Zusammen K r Köslin 4Dreschertrag: Deputat:
20 Ctr. 10 » 30 Ctr.
Zusammen Kr. Belgard 2: Dreschertrag: Deputat: Zusammen
-
-
16 Ctr.
20 Schffl.
-
ca. 8 Schffl.
-
28 Schffl.
-
24 Schffl. 6 » 30 Schffl.
8 Schffl.
-
-
20 Schffl.
-
-
20 Schffl.
6 Schffl.
-
6 Schffl.
-
5 Schffl.
-
-
-
18-22 Schffl.
-
-
-
18-22 Schffl.
-
-
8 Schffl.
-
8 Schffl.
-
-
n - o (Vorangegangener) Druckfehler.
15 Schffl.
-
-
-
|
15 Schffl.
-
30 Schffl.
33--36 Schffl.
8 Schffl.
-
12 Schffl.
Kr. Belgard 1: Dreschertrag: 21--24 Schffl. 12 " Deputat:
_n
16 Ctr.
2 Schffl.
20 Schffl.
_
-
28 Schffl.
12 Schffl. 8 »
20 Schffl.
-
2 Schffl.
20 Schffl.
Sommerkorn zusammen
-
18 Schffl. 10 »
12 SchfFI. ca. 8 Schffl.
Erbsen
8 , korn
Gerste
20 Schffl. 0
394
Pommern.
Roggen Kr. Belgard 3: Dreschertrag: Deputat: Zusammen Kr. Belgard 6: Dreschertrag: Deputat:
A307
15 Schffl. 8 23 Schill. 25 Schffl. 12 »
Regierungsbezirk
Gerste
Hafer
Köslin
Erbsen
Mengekorn
Sommerkorn zusammen
-
10 Schffl.
5 Schffl.
-
-
-
10 Schffl.
5 Schffl.
-
-
-
-
-
-
10 Schffl.
-
-
10 Schffl.
-
-
30 Schffl.
-
_
30 Schffl.
Zusammen
37 Schffl.
-
-
Kr. Schievelbein 1: Drescherlohn: Deputat:
16 Schffl. 7 "
3 Schffl.
4 Schffl.
Zusammen
23 Schffl.
3 Schffl.
4 Schffl.
Im übrigen ergeben die Tabellen den Umfang der Cerealien- und Kartoffeleinkünfte. Es zeigt sich, daß bei einem durchschnittlichen Einkommen von 34-35 Ctr. Korn gelegentlich noch - und zwar in relativ ungünstiger Gegend - Brotkorn zugekauft wird (Kreis Bublitz 1), andererseits, daß bei Erträgen zwischen 34 und 40 Ctr. im Kreise Schlawe zuweilen einige Centner verkauft werden. Hiernach würde man auf ca. 35 Ctr. als den Jahreskonsum einer Instfamilie einschließlich | des Viehes kommen. Das Brotkorn allein wird bei Stellung von 3 Arbeitskräften im Kreise Schlawe auf 30 Ctr. bemessen, bei 2 Arbeitskräften und Stellung der Frau in der Ernte beläuft sich, wie vorstehende Zusammenstellung der Erträge zeigt, das Brotkorn im allgemeinen auf ca. 25 Ctr., auf weniger nur in den ungünstigen Bezirken der Ostkreise einerseits und andererseits in den intensiver kultivierten Distrikten der Kreise Schievelbein und Dramburg. Beide Momente, Ungunst des Bodens und relative Intensität der Kultur, wirken auch hier charakteristischerweise gleichmäßig auf Steigerung der relativen Bedeutung des Kartoffelkonsums hin. Daß die Deputanten durchweg weniger Cerealien und mehr Kartoffeln konsumieren als die Drescher, speciell auch in den besseren Gegenden (Dramburg), zeigt die Tabelle22. - Die Kartoffelaufkünfte sind mehrfach sehr hoch, höher als weiter im Osten der Monarchie, und der ganze Nahrungsstand ein augenscheinlich nicht ungünstiger. Man wird bei einer Kartoffeleinnahme von 90 bis 22 Siehe unten S.406 und 408.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
395
100 Ctr. etwa 33-35 Ctr. Cerealien, weniger und bis zu 28 herab nur in einigen östlichen Binnenkreisen, als günstigen Normalstatus ansehen dürfen, wenn eine Instfamilie aus 2 erwachsenen, 1 halberwachsenen Person und einigen (ca. 3) kleinen Kindern besteht, davon gegen 25 Ctr. Brotkorn. Der Viehstand ist im allgemeinen, wie die Tabelle zeigt, kein ungünstiger und namentlich auch die Schafhaltung noch erheblich, so daß auch der Fleischkonsum nicht unbeträchtlich sein dürfte. 1 Schwein wird auch in den ungünstigsten Kreisen regelmäßig, oft 2, daneben mehrere Gänse geschlachtet; inwieweit der Erlös des verkauften Viehes zum Ankauf von frischem Fleisch verwendet wird, ist meist nicht ersichtlich. Nach den Generalberichten hat sich der Fleischkonsum sehr gehoben und sollen 4 mal in der Woche Fleischmahlzeiten die Regel sein. Im einzelnen ist zu den gewährten Naturalien folgendes zu bemerken: l. p Die Wohnung wird überwiegend frei gewährt. Aus den Kreisen Schlawe, Stolp, Rummelsburg, Belgard, Dramburg und Köslin wird berichtet, daß teilweise Mietpreise von bezw. 36, 30, 26 und 24 Mk. zu zahlen sind, dieselben sollen ca. V2-V3 des wirklichen Mietswertes betragen. Aus dem Kreise Lauenburg wird konstatiert, daß die Zahlung von Miete in allgemeiner Abnahme begriffen und die Mietsätze, soweit solche noch vorkommen, sehr niedrige (ca. 18 Mk.) seien. Es ist nicht ersichtlich, daß diese Zahlung, wo sie besteht, durch Differenzen des sonst gezahlten Lohnes oder in den Naturalien zum Ausgleich gelangte; dagegen werden an den betreffenden Stellen regelmäßig mehr | als ein Scharwerker gehalten; die betreffenden Wohnungen haben außer der Stube wohl meist zwei Kammern, im Kreise Schlawe zwei heizbare Stuben; an letzterer Stelle wird der Kapitalaufwand für Wohnung auf 2000 Mk. angegeben. Allgemein bestehen sonst die Wohnungen, welche in Katen gewährt werden, aus einer heizbaren Stube, 1 - 2 Kammern, Küche oder auch nur „Kochgelegenheit" (Kreis Dramburg, im Kreise Stolp „meist" eine kleine Küche), Flur, Bodenraum, meist Keller und Stall. 2 Kammern als Regel werden aus den Kreisen Lauenburg, Bublitz, Neustettin (2 Stuben und 1 Kammer oder Stube, Alkoven, Kammer) erwähnt, 1 Kammer aus den Kreisen Stolp, Bütow, Rummelsburg, Belgard, Dramburg, Schievelbein, Kolberg, 1 - 2 Stuben p A: a.
396
Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
bei einer Kammer aus den Kreisen Schlawe, Bublitz. Aus dem Kreise Dramburg wird berichtet, daß seit den letzten 10 Jahren Verbesserungen in den Wohnungsverhältnissen dahin eingetreten sind, daß neuerdings 2 heizbare Stuben statt wie bisher eine neben 1 Kammer gestellt werden. Soweit Maße angegeben sind, betragen dieselben: Kreis Lauenburg: Stube 18 qm, Kammer 12 qm, 2. Kammer 6 qm, Stall 12 qm, Bodenraum 40 qm; - Kreis Stolp: 4 qm Flur, 20-25 qm Stube, Kammer ca. 12 qm, darunter Keller, Stall 1012qm, dazu „meist" eine „kleine" Küche; Kreis Dramburg: die Stube 10-20 Fuß im Geviert; - Kreis Dramburg: Stube 15-20, Kammer 9-10, Küche 8-10, bei den neuen Wohnungen 2. Stube 12 Fuß im Geviert; - Kreis Kolberg: Stube 16, Kammer 8 Fuß im Geviert. Die Zahl der Räume ist in den östlichen Kreisen anscheinend eher größer, dagegen scheinen die Räume selbst im Westen geräumiger zu sein. Sonstige Differenzen, welche auf besondere Gründe zurückführbar wären, sind nicht erkennbar. 2. Daß die Korndeputate an die Drescher meist Ersatz des Roggenlandes darstellen, ist ohne weiteres ersichtlich. In den wirtschaftlich fortgeschrittensten Westkreisen ist vielfach auch das Kartoffelland durch Deputate ersetzt. Im übrigen läßt die Tabelle ersehen, daß auch hier das festliegende Gartenland, welches dem Arbeiter volle Ausnutzung seines Düngers für sich gewährt, einen sehr verschiedenen Anteil gegenüber dem Deputat an Ackerland darstellt. Am erheblichsten ist dasselbe in den Kreisen Bütow, Lauenburg, vereinzelt Dramburg (2 Kalliesq), nämlich zwischen 0,25 und 0,50 ha und gegen oder mehr des Gesamtlandes, am geringsten in den Kreisen Stolp, Belgard, Köslin, Schievelbein, Dramburg. | 3. Viehweide und Futter oder statt dessen Wiesen weide wird stets gewährt für 1 Kuh, daneben mehrfach (Kreis Schlawe) 1 Kalb, teilweise (Kreis Lauenburg, Köslin) für 2 oder (Kreis Stolp) 3 Kühe, daneben überwiegend für 2, 2-3, 3-4, 4 Schafe, und daneben mehrfach mehrere Lämmer, häufig für 1 oder mehrere Schweine, sowie für 5-10, 10, 14, 10-20 oder für beliebig viele Gänse, stellenweise die Kuhweide gegen Hirtenlohn (3 Mk.) und die Gänseweide gegen Hergabe der 7. oder 15. Gans als Weidegans (Kreis Dramburg bezw. Lauenburg), auch stellenweise für Hühner. Außerdem wird mehrfach (Kreis Lauenburg, Bütow) ein festes Heudeputat (30Ctr., q Lies: Bericht 2 aus Kallies im Kreis Dramburg.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
397
ferner im Kreise Lauenburg 1 Schock23 Stroh, Kreis Schlawe Streu) verabfolgt oder ist es gestattet, den Bedarf an Heu selbst auf angewiesenen Wiesen zu werben (Kreis Stolp). Vielfach wird nur die Kuh der Wartung der Tagelöhner überlassen, das übrige Vieh exklusive der Schweine, welche die Arbeiter durchweg selbst mästen - von der Herrschaft für die Arbeiter gehalten. Aus den Generalberichten geht ferner hervor, daß neuerdings die Herrschaften vielfach das gesamte Vieh einschließlich der Kühe der Arbeiter in den herrschaftlichen Ställen halten, um keine Weide und keinen Kuhstall gewähren zu müssen. So wird im Kreise Bublitz (1) weder Futter noch Weide in Ansatz gebracht, da das Vieh von der Herrschaft gefüttert werde, und ähnliches wird anderwärts berichtet. 4. An Brennwerk wird überwiegend Torf, 6000 (überwiegend) bis 10000 Soden24 oder nach Bedarf gegeben; der Torf ist meist selbst zu stechen, stellenweise (Kreis Dramburg) ist Stecherlohn zu zahlen; daneben Holz, teils in Gestalt von Deputaten - 1 - 3 Fuhren, auch (Kreis Lauenburg) 6 Raummeter - oder als Raff- und Leseholz (Kreis Neustettin, Belgard, Kolberg). 5. Fuhren werden, abgesehen von der Bestellung des Tagelöhnerackers, frei geleistet teils generell nach Bedarf (Kreis Dramburg), teils zu bestimmten Zwecken - Kreis Lauenburg: 20 Mist-, 10 Holz-, 2 Heu-, 1 Getreidefuhre, Kreis Belgard: Kartoffel-, Holz-, Torf-, Umzugsfuhren, Kreis Schievelbein: Brennholzfuhren und Transport der Schweine zur Stadt. 6. Überwiegend, jedoch nicht durchweg, wird der Arzt seitens der Gutsherrschaft gestellt. Von den Apothekerkosten trägt stellenweise (Kreis Bütow) die Herrschaft die Hälfte, überwiegend nichts; es wird (Kreis Dramburg) berichtet, daß die Bezahlung der Apotheke neuerdings nicht mehr stattfinde, da die Leute gratis verabreichte „Tränke" nicht zu sich nehmen wollen. Vereinzelt werden Diakonissinnen gehalten. - Aus dem | Kreise Lauenburg (1) wird gesagt, es sei zwar die Krankenpflege frei, doch „beginne man, den alten Brauch abzuändern". 7. An sonstigen Zuwendungen - soweit solche nicht unter 1 erörtert sind - werden mehrfach die Kosten der Erntefeste erwähnt. Über das Budget der Instfamilie ist noch folgendes zu bemerken: 2 3 1 S c h o c k umfaßt 4 Mandeln. 2 4 S o d e n sind Torfstücke von regional unterschiedlicher Größe.
398
Pommern. Regierungsbezirk
Köslin
Von einem Verkauf von Kartoffeln wird nirgends, von Verkäufen von Getreide aus den Kreisen Bublitz (3), Bütow, Schlawe (3) und Schievelbein (1), an letztgenannter Stelle als in normalen Jahren regelmäßig und in erheblichem Maße, sonst als gelegentlich vorkommend und nicht erheblich berichtet. Kartoffeln brauchen nach den Berichten fast durchweg nie, im Kreise Bütow (4) bei mittlerer Ernte nicht, im Kreise Rummelsburg (2) und Neustettin (1) nur in schlechten Jahren zuweilen zugekauft zu werden; Zukauf von Getreide wird als regelmäßig erforderlich aus den Kreisen Schlawe (1) und Neustettin (2), anderwärts (Kreis Lauenburg 3, Bublitz 1 und 2, Neustettin 1) als in ungünstigen Jahren bezw. bei zahlreicher Familie nötig gemeldet (s. Tabelle B). Regelmäßig zugekauft werden Kolonial- und Materialwaren, erwähnt werden Salz, Heringe, Petroleum - mehrfach (Kreis Dramburg und sonst) angeblich „nichts". In etwa einem Drittel der Berichte sind nähere Angaben über die Gesamtlage des Budgets gar nicht gemacht, sonst wird regelmäßig hinzugefügt, daß die Gesamtlage der Familie, auch die Zulänglichkeit der Naturalien für den Bedarf, wesentlich von den wirtschaftlichen Qualitäten der Frau abhänge. Nach einem Bericht aus dem Kreise Rummelsburg (2) kommen von den dortigen 15 Dienstfamilien 10 aus, 3 ersparen bares Geld und 2 fristen kümmerlich ihr Dasein; der Unterschied soll durch die Wirtschaftsführung bedingt sein. Dieses Moment muß da, wo größere Landanweisung stattfindet, in sehr erheblich verstärktem Maße mitsprechen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kreisen wird grade im Kr. Dramburg eine große Kinderzahl als Glück angesehen (hohe Scharwerkerlöhne, Arbeiterbedarf, Deputate mit Zulagen nach der Zahl der gestellten Scharwerker statt der Landanweisung). Die Notwendigkeit, einen fremden Scharwerker zu halten, verschlechtert die Lage durchweg, meist nach den Schätzungen um ca. 3 /s, im Kreise Dramburg angeblich um die Hälfte. Im Kreise Lauenburg (1) wird der Gesamtverdienst einer Familie, wenn die Frau nur während der Ernte nachmittags arbeitet, auf 720 Mk. Geldeswert taxiert, stellen sie einen Hofgänger auf 900, bei zwei auf 1150Mk. Dazu wird bemerkt: „Hier thut richtiges Erkennen und Abändern not, denn A311 im 1. Fall (lVs Arbeiter) kostet ein | Arbeiter ca. 600Mk., im 2. (2 1 /s Arbeiter) ca. 409 Mk., im 3. Fall (3Vs Arbeiter) nur 383 M k . " -
5
10
15
20
25
30
35
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
399
Über die vorhandenen Entwicklungstendenzen ist aus den Berichten folgendes ersichtlich: Fortschritte macht die Verdrängung sowohl der Landanweisung als des Dreschanteils durch Deputat. Ein Berichterstatter aus dem Kreise Schlawe (2) hebt hervor, daß dies die Arbeiter von den Weltmarktskonjunkturen und dem Ernteausfall unabhängig stelle. Es wird auch (Neustettin 4, Dramburg 1, Schlawe 2 und sonst) berichtet, daß die Arbeiter diese Umgestaltung des Verhältnisses wünschen. Im Kreise Schlawe (1) mußten im letzten Jahre, da Drescher mangelten, mehrere Inststellen mit Deputanten besetzt werden. Die Naturalienlöhnung überhaupt durch Geldlöhnung zu ersetzen, ist nach einem Bericht aus dem Kreise Lauenburg (4) das Bestreben der dortigen Arbeiter, und die Gleichstellung mit den „freien" Tagelöhnern ist in der That mehrfach (Lauenburg 2, Dramburg 3, 4) durch Einschränkung des Deputats auf den unmittelbaren Bedarf thunlichst durchgeführt. Lieferung des Brotkorns vom Gut zu festem Preise ist im Kreise Dramburg stellenweise an die Stelle eines Teiles des Deputats getreten. Im Kreise Schlawe wird stellenweise (1) den Dreschern, wenn sie nicht ein bestimmtes Minimum verdienen, das Fehlende zu festem Preise und daneben noch ein weiterer Betrag auf Verlangen zu etwas höherem Preise abgegeben. In den letzten Jahren mit hohem Preisstand soll der Mann durch die Preisdifferenz dabei erheblich verdient haben. Ein Produkt der zur Geldlöhnung drängenden Entwickelung ist das Verhältnis der „Geldleute", - Arbeiter, welche eine Wohnung auf dem Gut mieten und das ganze Jahr über gegen einen von dem Tagelohn freier Arbeiter nicht wesentlich differierenden Lohnsatz arbeiten. Das Verhältnis gilt an sich als Vorstufe zum Instverhältnis für Familien, die keine Kuh besitzen, der Übergang zur Naturallöhnung der Instleute mit Dreschanteil also als Aufrücken, aber vielfach wird es von den Arbeitern dem Instverhältnis vorgezogen und bildet den Übergang zur vermehrten Verwendung freier Tagelöhner. Die Lohnsätze giebt die Lohntabelle an, da die Referenten die Geldleute meist unter die freien Tagelöhner zählen. Über das Verhältnis der Kleinpächter ist im nächsten Abschnitt gehandelt. |
400 A312
Pommern. Regierungsbezirk Köslin
Tabelle A. Lohnsatz des M a n n e s (Hofgängers)
Kreis
Tagelohn
Jahreslohn
Sx
Ackerland (regelmäßig von der H e r r s c h a f t gedüngt)
-
-
Lauenburg 3 .
50
-
0,25
Lauenburg 4 .
S. 50 W. 40 (30, 20)
(nördl. Teil)
Stolp
... .
S. 50 W. 40 (40, 30)
Stolp 2
....
35(25)
Stolp 5
....
S. 50 W. 40 (35, 25)
Stolp 6
....
S. 40 W. 30 (30)
(b. S t o l p m ü n d e )
-
ha
ha
4
5
6
7
0,75
0,150,50
0,120,30
1,271,925
0,350,50
0,150,20
0,25
0,750,95
0,50
-
0,25
1,00
0,250,375
50
Lauenburg 2 .
ha
3
-
(Küste)
gedüngt)
ha
S. 50 W. 30 (50,30)
-
0,375
0,75
0,375
—
0,75
—
35 (30)
-
Bütow 2
...
35(30)
-
Bütow 3
...
30(25) 45(30) (30) 30
-
0 506
Rummelsburg (A.-B. T r e t e n ) '
8
\
9 halbes Deputat
0 ,75
10
11
-
-
bei Hand(Göpel-) [Dampf-] Drusch
12 ll[25]j
18-33
-
9,6
-
-
-
—
-
-
—
ja ja 13(16)|
0,75
0,060,125
0,310,50
-
0,125
1,25
30
-
-
-
16
—
0,04
0,79
—
—
-
—
16(21)
0,62
0,83
0,21
.
. .
(exkl. F u t t e r ) u .s g1 2 g KarErbsen S3 G e O tof(sonstitreide St feln ges) M. Ctr. Ctr. Ctr.
Drescheranteil
0,375
-
0,250,375
-
Daneben
Daneben
feste Deputate
|46
Bütow 1
Bütow 4
Gesarnt-
Lein (sonstiges) ha
Kartoffeln
2
Garten (selbst
Areal
Getreide
\
Lauenburg 1 ' .
au
Umfang des gewährten Areals
15
-
0,25
1,00
16
16(21)
-
-
0,375
-
0,50
0,875
-
-
-
0,50
-
0,50
1,00
-
-
0,50
-
0,50
1,00
0,25
0,81
inbegriffen
0,530,78 u
36
0,125
0,625
-
Wrucken
0,03 Lein
|19,2
-
[21] 1,8 ;
}
-
-
-
ja
-
-
-
-
ja
-
-
-
-
16
-
18
-
2
-
0,03 Schlawe 1
. .
40(25)
-
0,50 - 0 , 7 5
0,03
Schlawe 2
. .
S. 45 W. 35 36(30)
-
0 ,50
-
(Rügenwalde)
Schlawe 3
. .
(auf der H ö h e )
r - s In A fehlt: 1
50(30)
-
|
-
t A: Tretin
(ung :düngt)
0,75 - 1 , 0 0
Lein, Wrucken 0,25 inbegr.
u DV; A: 0,78-1,28
1,001,25
-
30
5
69
-
-
-
-
-
ja
;} ja
Lage der einzelnen
Kuhhaltung
Schafe
Festes FutterHeu- und Depu- weidetat freie Kühe Ctr.
Stück 15
St.
c co Sf >o
2 »
»
V DO V S
.2 'S i JS
»
O
St.
M
St.
St.
St.
samt•s 3> Areal sg J= O S
17(20)1 [25] 1
5070
{-
-
-
-
-
-
17 (20) f [25] J 16 (20)
Lage der einzelnen
Kuhhaltuog
Festes HeuWiese Deputat ha 13 -
Futterund weidefreie Kühe
C
15
-
1
St.
T3
t
S
Q. Ctr. Stück St. Lit. a St. 14
m
< c uQU Brennwerk c8 £ o « s J> Dienst1 ¡es %x JS Ctr. c0 2 & o 01 u boten C Torf Holz M ä -o •C JS ^ O (1000 o J J St. St. St. Stück) M
Schafe
JS U c 2 l/i T5 3 u e S! o. K j j 4-o » i a T3 E •o "w ra (ZJ '53 co £? £ > >o vi 3
.3
2 "o
K B V et V N
TJ
•o
16
17
18
19
20
21
22
23
24
-
-
-
3
-
-
-
ja
-
25
? 1 -
-
-
-
1 -
1
-
1
-
-
-
-
—
—
1
-
-
3
-
2-3
-
-
-
(23) — 2
-
2
9
-
405
Arbeiterkategorien
—
—
-
-
ja
1-2 5 15 (1- ( 5 2) 15) —
-
—
ja
-
26
27
28
29
ja
?
120
7
ja j a
II
120
7
(II)
-
30
> -o o U m
l durch Rechnung (unsicher)
I
-
-
?
7
150
7
7
135-150
7
-
R.-u.L! II(I) 120-130
7
-
ja
7
2-3F. +
31
-
120-150
-
Bemerkungen
C
?
10 —
IICD 120-150
u 'S
—
R.-u.L.h -
-
1
-
-
-
2
-
-
-
-
-
10
-
-
1
-
-
-
2-3
-
-
-
-
-
-
1 F.
?
130
7
-
-
-
1
-
-
-
3
-
-
-
10
-
-
?
7
120
7
-
-
-
1
- - -
12
- -
2 F.
7
120-150
7
-
11(0) 105-120
I
-
(ja) (ja)
9
10 ja
-
-
1
-
-
-
2-3
-
-
-
-
-
-
1
-
-
(3)
-
-
-
-
-
1
-
-
4-6
-
-
-
-
-
ja
7
150-220
7
-
-
ja
II
150
I
-
-
-
ja
7
120
7
-
1020
1
h-i A: Rd.L. Lies: Raff- und Leseholz
-
16 gegen 3 Mk. Hirtenlohn
406
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
A318 Tabelle B. Bareinkünfte Gestellte ab ab ArMiete Scharbeits- brutto netto oder werkerkräfte Pacht lohn
Kreis
M
M
1
2
3
2
ca. 135
-
Stolp 2
2
ca.160
-
Stolp 6
2'/«
125
Lauenburg 3
. .
Bütow 1
2Vil
155165
-
-
Ertrag des Landes an
Drescherlohn
Gesamtaufkiinftei an Cere- Karalien toffeln
Cere- Kar- Cere- Karalien toffeln alien toffeln
M
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
4
5
6
7
8
9
10
11
12
-
135
3,5
72
-
-
10
13,5
72
ca. 85
7
150
-
-
?
18,2
150
-
-
ca. 75 -
90
125
ca. 3 - 4 ca.150
90
80-85
28-35 32-39 ca.150
ca. 30
65-75 j>ca.4
170175
Deputate an
100120
34 24,2
-
lioo[120
Bütow 3
2
150
-
75
75
4
150
-
-
22
26
150
Bütow 4
27e
152,50
-
90
62,5
ca. 4
ca. 150
-
-
24,5
28,5
150
2
2%
216
-
90
126
4-5
120
24-25
120
Schlawe 1
....
2'/3
240
36
80
124
5,6
60
7,2
12,8
120
ca.170
7
35
35
ca. 90
....
-
7
Schlawe 2
30
ca. 90
Rummelsburg
217
90
135
ca. 5 ca.150
170
ca. 4 - 5 ca. 150
-
Bublitz 1
2%
170
-
Bublitz 2
273
310
-
75-90
220235
Bublitz 3
273
245
-
90
155
j A: Gesamtaufkäufe
-
60 -
7
225
....
-
-
-
ca. 90
7
2
Schlawe 3
}-
20
{ 30 5
-
24-30 34-40 ca. 150
-
-
30
34-35
150
-
ca. 150
10
-
36
46
ca. 150
-
150
6
-
20
26
150
Lage der einzelnen
Zukauf
Getreide(Brot-) Verkauf
Zukauf
Ctr. Ctr. (für Ji) (für M) 13
14
_
(150200)
-
-
f
-
-
-
Futter für
Milch und Butter für
Verkauf von Milch und Butter
M.
M.
für M
15
16
17
von
19
20
21
22
7
7
?
+
-
1
-
-
-
+
7
_
_
_
-
-
-
18
-
-
_
+
_
-
-
-
-
+
7
+
-
-
-
+
-
-
-
-
?
-
-
-
+
-
-
-
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
+
_
_
ja
_
1
1 [+ 1 Kalb]
6
7
-
-
+
-
?
+
-
-
-
-
-
7
ja
-
-
12(69)
-
_
_
(30)
-
(25)
-
_
ja
+
ev.
-
-
ja
-
-
-
-
Verkauft ZuGekauf schlachZuvon tete kauf Schweine Gänse Fleisch Schweine [Kälber von [son(son- u.Schafe] stige] Brennstige) werk Stück Stück (für M) (für M) Stück für M
+
_
zuw. einige Ctr.
407
Arbeiterkategorien
-
?
_
-
10 (40) 1 [+ 1 Kalb] (64)
Bemerkungen
4 Scharwerker von der Herrschaft gelohnt 2 durch Korrektur 4: Scharwerker von der Herrschaft gelohnt
2 durch Korrektur
+
?
1-2
ja
-
4: Scharwerker von der Herrschaft gelohnt
7
(100150) [1 Kalb]
ja
+
14: bei zahlreicher Familie
?
?
-
+
k In A zeigt die Klammer in die entgegengesetzte Richtung.
408 A 320 Tabelle B.
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
(Fortsetzung.) Bareinkünfte Gestellte ab ab ArMiete Scharbeits- brutto netto oder werkerkräfte Pacht lohn
Kreis
Ertrag des Landes an
Deputate an
Drescherlohn
Gesamtaufkfinfte1 an Cere- Karalien toffeln
Cere- Kar- Cere- Karalien toffeln alien toffeln
JH
M
M
M
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Neustettin 1 . . .
27.2
220240
100120
120
ca. 4
ca. 150
8
-
32
44
ca. 150
Neustettin 2 . . .
2'/4
220
-
90
130
6
ca. 120
-
-
23,6
30
ca. 120
Köslin 2
2'/«
210
-
90
120
8
ca. 100
-
-
25
33
120m
Köslin 4
2'/2
ca. 300
24
90
186
-
ca. 90
12,1
-
21
33
80 n
-
?
?
-
ca. 80
9,6
-
120135
ca.250
-
ca. 30
8,8
-
33,2
42
ca. 30
21
27,4
100
-
Belgard 1
. . . .
2'/«
ca.218
Belgard 2
. . . .
2'/2
ca.370 390
Belgard 3
....
2%
ca.218
-
?
?
-
ca. 100
6,4
-
Belgard 4
....
2'A
ca.215
30
96
ca. 89
-
ca. 130
4,8
-
Belgard 6
....
273
ca. 265
-
110
ca. 155
-
-
9,6
80
Kolberg 1
....
2
250
-
?
?
-
-
Schievelbein 1 . .
27«
270
-
100
170
-
-
9,7
75
Schievelbein 3 . .
272
265275
-
?
?
-
-
12,2
72
Dramburg 1 . . .
27,5
ca. 200
-
90
ca.110
-
ca. 120
10
-
20
30
ca. 120
Dramburg 3 . . .
27io
230
90
106P
-
ca. 90
4
-
30
34
ca. 90
Dramburg 4 . . .
276
ca. 250
-
?
?
-
ca. 40 20-30
60
-
Dramburg 5 . . .
273
270
-
80
190
-
I A: G e s a m t a u f k ä u f e
-
26
ca.120
36-40 ca. 60
21
-
26-30 34,639,6°
ca. 80
35-40 40-45 ca. 130 27 -
33
36,6
36-40 ca. 60 42,7
ca. 9 ca.21,2
-
m - p Rechenfehler oder (vorangegangener) Druckfehler.
80
75 72
20-30 ca.100 21
ca. 120
Lage der einzelnen
Getreide(Brot-)
Zukauf von
Verkauf von Milch und Butter
Verkauft ZuGekauf schlachvon tete Schweine Gänse Fleisch Schweine [Kälber [son(son- u.Schafe] stige] stige) Stück Stück f ü r Jt Stück (für Jt) (für Jl)
Verkauf
Zukauf
Futter für
Ctr. (für Jt)
Ctr. (für Jt)
Milch und Butter für
Jt
Jt
für.«
14
15
16
17
18
+
-
-
-
-
-
ja
-
-
-
13
.
409
Arbeiterkategorien
21
Zukauf von Brennwerk
Bemerkungen
22
19
20
-
?
7
-
+
-
1
2
6-8
-
7
-
-
-
-
-
7
ja
+
-
7
-
-
-
-
7
-
ev.
-
-
-
-
7
+
-
-
-
-
-
7
-
-
-
-
-
-
-
ja (+17 + 21:) (100300)
ja
-
-
+
ja
ja
-
-
-
+
-
7
-
+
7
2 durch K o r r e k t u r
9 ja
-
-
-
-
-
7
-
+
-
-
-
+
7
-
-
+
-
-
-
-
-
-
7
7
-
+
-
-
-
-
-
-
7
2
-
+
-
+
-
-
-
-
?
7
-
-
-
+
-
-
-
-
7
1-3
10
-
I
2 durch K o r r e k t u r
410
Pommern. Regierungsbezirk Köslin
3. Freie Tagelöhner. Die Zahl der freien Tagelöhner war in Hinterpommern 184925 noch gering, ihre Beschäftigung durchaus unständig und ihre Lage wurde im allgemeinen als nicht günstig geschildert; namentlich in den Ostkreisen sollte ihr Erwerb unsicher und ihre Neigung zum Feld- und Forstfrevel besonders groß sein. Dürftig, aber zufolge der steigenden Technik der Wirtschaft doch günstiger sollte die Lage der Einlieger sowohl als der Kolonisten, namentlich der letzteren, im Kreise Schievelbein sein. Der Tagelohn wurde für den Sommer in den Ostkreisen auf 6-8, im Kreise Schievelbein bei Meliorationsarbeiten auf 10-15 Sgr. angegeben. Akkordarbeiten in den Forsten brachten in den Ostkreisen 8 bis 12 Sgr. pro Tag ein. Für das Jahr 1873 ergab die v. d. Goltzsche Enquete 26 folgendes Lohnniveau:
Kreis
Bütow
I. Männliche Tagelöhner - dauernd - (zeitweise) beschäftigt
II. Weibliche Tagelöhner - dauernd - (zeitweise) beschäftigt
im Sommer
im Sommer
im Winter
ohne Kost
mit Kost
ohne Kost
mit Kost
ohne Kost
mit Kost
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
Sgr.
7,5 (10)
—
-
—
—
-
5 (6)
—
-
im Winter ohne Kost
mit Kost
Sgr.
Sgr.
4 (4)
-
Neustettin
11,2 (13,7)
Belgard
17,5 12,5 12,5 (22,5) (17,5) (12,5)
7,5 (7,5)
12,5 7,5 7,5 (17,5) (12,5) (12,5)
14,2 10 9,2 (16,7) (12,5) (10,5)
5 (6,2)
9,2 (11,7)
Schievelbein Dramburg
..
.
20
-
7,5 (7,5)
15
-
(6,5)27
-
3 (7,5) -
6,5 (8) -
—
Akkordverdienst pro Tag MänFrauen ner Sgr.
Sgr.
20
_
22,5
-
5 (6,2)
18,7
15
2 (4)
17,5
12,5
-
-
25
-
Die Steigerung war in den vergleichbaren Kreisen, Bütow und Schievelbein, gegen 1849 keine besonders starke, die Differenzen dagegen sehr große; in den wirtschaftlich fortgeschrittenen Kreisen (Dramburg, Belgard, Schievelbein) war auch hier die Divergenz des Akkordverdienstes vom Tagelohn sehr viel geringer als in den Ostkreisen. 25 Zu den folgenden Angaben vgl. Lengerke, Arbeiterfrage, S. 218f. und S. 225f. 26 Vgl. Goltz, Lage, S. 10-11. 27 Goltz, Lage, S. 10, Sp. 2 dagegen: 6, 2.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
411
Vergleicht man die heutigen Löhne nach der Lohntabelle hiermit, so findet sich, daß in den Ostkreisen der Fortschritt der bedeutendste | (Kreis Bütow auf das Doppelte), in den Westkreisen weit geringer ist, stellenweise nahezu fehlt, daß also die Steigerung auch hier wesentlich die Bedeutung der Ausgleichung hat. Die heutigen Akkordverdienste, welche in den Berichten angegeben sind, stellen sich in den östlichen Kreisen, Lauenburg, Bublitz, auf angeblich 2 - 3 Mk., in den westlichen nur ebenso hoch oder (Kreis Dramburg 1) stellenweise wohl durch den Einfluß der Wanderarbeiter niedriger - 1,50-2 Mk. Im Kreise Dramburg (4) werden alle Arbeiten, bei denen dies möglich ist, im Akkord vergeben, eine Konsequenz der fortschreitend intensiven Wirtschaft; im Osten ist das Akkordlohnsystem sehr oft nicht durchzusetzen. Im Kreise Neustettin muß den Leuten ein Akkordverdienst von 3 Mk. garantiert werden, sonst nehmen sie keine Akkordarbeit an. Meist werden die Sätze so vereinbart, daß gute Arbeiter 50 Pf. über den Tagelohnsatz verdienen können. Die einzelnen Akkordsätze sind die folgenden: Wiesenmähen
GetreideKreis
Mähen pro ha JH.
Lauenburg 1
Anteil
pro ha
Anteil
M
-
2-4
-
-
-
-
-
-
-
Lauenburg 3
-
-
-
-
-
Lauenburg 4
-
-
-
-
-
Stolp 2
-
-
3-5
-
-
Bublitz 1
Winterkorn 2 Sommerkorn 1,60 Sommerkorn 2-2,40
pro Ctr. S,
Lauenburg 2
Stolp 6
1,20-3
Mähen und Binden pro ha M.
Kartoffelgraben
-
10-25 10-15 + Kost 12 -
10
Winterkorn 3,20-4
-
-
-
10-15
-
-
10-15
Bublitz 2
-
-
-
Bublitz 3
4-6
-
-
4
-
15-20
Schievelbein 1
-
-
-
-
-
10-25
Schievelbein 2
-
-
-
-
-
10-15
_
-
3
_
_
Dramburg 1 Dramburg 4
15-20
- 1
412
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
Über den Umfang des etwaigen eigenen Besitzes, die Jahreseinnahmen und die sonstigen Verhältnisse der freien Tagelöhner, geben die nachstehend zusammengestellten Angaben der Berichte ziemlich lückenhaft Auskunft: (S. Tabellen S. 414. 415)
Das Geldstubenverhältnis (s. o. ad 2)28 zeigt mehrfach die Tendenz, in ein wirkliches Pachtverhältnis überzugehen, derart, daß aus einem zur Miete wohnenden Tagelöhner ein tagelöhnernder Pächter wird. Je nachdem alsdann der Arbeits- oder der Pachtkontrakt das Verhältnis in höherem Maße beherrscht, werden die Pächter zu den eigenen oder den freien Leuten gerechnet. Mehrfache Stufen finden sich so im Kreise Lauenburg (3), wo die meisten Güter 2-12 Pächterfamilien annehmen. Neben Garten und Wohnung, zu welcher Brennwerk geliefert wird, werden dem Pächter mehrere Morgen Land, einmal gepflügt und geeggt, zu 6Mk. pro Morgen (25 a) und Sommerweide für eine Kuh, nebst Futter gewährt und dafür neben der Pacht 24-28 Erntetage unentgeltlich geleistet. Die Spuren des Instverhältnisses trägt diese Gestaltung noch an sich; der Unterschied besteht wesentlich in dem Wegfall der Scharwerkerpflicht und in der geldwirtschaftlichen Gestaltung des Lohnes und der ganzen gegenseitigen Beziehungen. Anderwärts im gleichen Kreise (4) werden Wohnung, Feuerung, Weide für 1 Kuh und 15 Gänse und 25-50 a Land, je nach Qualität durch 60-120 Mk. Pacht und 12-18 Mannstage entgolten. Im Kreise Stolp (3) ist auf einem Gut mit befriedigendem Erfolg der größte Teil des Bodens parzellenweise an Arbeiter verpachtet. Im Kreise Rummelsburg (1) sind auf den Waldgütern Pächter angesetzt auf 2, 3 und 4 ha Acker und Wiese für 3 Kühe gegen 40-100 Mk. Pacht und die Verpflichtung, gegen 50 bis 75 Pf. Lohn auf Verlangen 1 Mann zur Arbeit zu stellen. Verpflichtung zur Gewährung von Arbeit besteht nicht, die Forsten bieten aber solche beständig. Mit den Kühen pflügen die Leute selbst. Die letzten schlechten Jahre haben die Pächter stark geschädigt. - Hier ist also bereits ein Übergang in eine in höherem Grade vom Gutshaushalt abgegliederte Stellung vorhanden, die wesentlich in der eigenen Feldbestellung des Pächters zum Ausdruck kommt. Auch sonst sind im Kreise arbeitspflichtige Kleinpächter 28 Siehe oben S. 399.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
413
häufig, ebenso im Kreise Schlawe (3), Neustettin (2), Belgard (3), Dramburg (4), teils in früherer Zeit, teils jetzt entstanden, am letzteren Ort mehrere Pächterkolonien. | 4. Wanderarbeiter.
Über die Wanderbewegung im Bezirk giebt die Tabelle Auskunft. Der Lohn der auswärts bezogenen Wanderarbeiter ist in der Kartoffelernte meist Akkordlohn, sonst aber wird aus dem Osten berichtet (Kreis Rummelsburg), daß die westpreußischen Wanderarbeiter sich geweigert haben, in Akkord zu arbeiten und deshalb ihre Wanderung wieder abgenommen hat, nachdem die einheimischen Arbeiter - wohl durch die Heranziehung der fremden Arbeiter „mürbe" gemacht - sich zur Akkordarbeit bequemt haben. Die wesentlichen Angaben der Berichte sind im übrigen nachstehend zusammengestellt: (S. Tabellen S.416. 417.)
Es zeigt sich auch hier die Erscheinung, daß keineswegs in der Regel bedeutende Lohndifferenzen es sind, welche die Wanderbewegung hervorrufen. Aus dem Kreise Dramburg (4) wird berichtet, daß Leute, auch Mädchen, die in der Heimat nie zur Arbeit zu bewegen sind, sich zur Sachsengängerei gern anwerben lassen. Andererseits zeigt sich ebenso, daß Zu- und Abwanderung häufig an demselben Ort koincidieren und daß die Verwendung der fremden Arbeiter in recht vielen Fällen eine Ersparnis für die Arbeitgeber bedeutet. Wo dies nicht der Fall ist, den fremden Arbeitern vielmehr erheblich erhöhte Löhne bewilligt werden, ist zweifellos wirkliche Arbeiternot die Veranlassung der Verwendung; es findet dann auch keine Abwanderung von der betreffenden Stelle statt (Köslin 2), sondern werden alle einheimischen Arbeitskräfte beschäftigt. Wo dies nicht der Fall und gleichzeitig die Kosten der Wanderarbeiter niedriger sind als die der einheimischen, ist, soweit nicht die stets einen großen Arbeitsbedarf hervorrufende Kartoffelernte in Frage kommt, der Schluß zulässig, daß die Besitzer auch der Ersparnis wegen lieber die billigeren fremden Arbeiter benutzen (s. Kreis Lauenburg). Die den Wanderarbeitern gewährte Wohnung wird mehrfach als „primitiv" bezeichnet. Sie werden entweder bei Gutstagelöhnern,
414
Pommern.
Regierungsbezirk
Köslin
I. Einlieger Kreis:
Mann Arbeitstage
Einkommen
Arbeitstage
Einkommen
JH. Lauenburg 4
....
Für die Wohnung werden
Frau
A
270
324
270
216
300
330
100
110
geleistet
gezahlt
Tage
M
Für Kartoffelland werden für
geleistet
gezahlt
Tage
M
25-50 a 12 18 + 60 120P
Stolp 4 Stolp 5
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,06 ha
-
-
? (etwas)
-
40-50 Stolp 6
ca. 200
250
ca. 130
150
-
36 Bütow 4 Rummelsburg 2 . . Schlawe 1 Schlawe 2
Schlawe 3
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
80
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
_
_
_
_
300 -
300
420 -
350
ca. 90 -
ca. 120
100
Bublitz 2
-
-
-
-
-
-
25 a
Bublitz 3
-
-
-
-
-
-
50 a
-
36
50 380-440
?
50-100
-
-
-
-
-
-
Köslin 1
300
Belgard 3 Belgard 6
-
-
-
-
-
-
-
+ 0,12 ha 60
20-40 a
25-40
50-75
-
-
-
-
-
-
Dramburg 3 . . . .
300
300-325
ca. 25
15
-
-
0,37 ha
-
18
Dramburg 5 . . . .
300
340
ca.180
150
-
-
-
-
-
q Lies: 12-18 geleistete Tage plus 6 0 - 1 2 0 Mk.
Lage der einzelnen
415
Arbeiterkategorien
A327 II. Grundbesitzende Tagelöhner Viehweide. Es werden Für 1 Kuh gegezahlt leistet Tage 1 Kuh
für anderes Vieh
Umfang des Besitzes
Arbeitstage Zukauf von Mann
Einkommen
Übliche Pachten pro a (oder anderes Maß)
Bemerkungen
Frau
ha
15 Gänse
15-20
Acker 1 Wiese Vj
Roggen 1 - 3 Ctr.
72-2
Brot
15-25
V 4
versch.
18-24
1-1 72
(Acker, ha 75 M. Wiese, ha 60 M)
1 Kuh
Futter, 12-20 Ctr. Roggen (pro ha 40)
10
(pro ha 40-48)
74-72
Mietsleute 0,5-1,5 ha
bis 0,75 ha
416
Pommern.
Zeitdauer der Verwendung
Kreis
Zweck des Bezuges
Regierungsbezirk
Ort des Bezuges
Köslin
S o m m e r - L o h n h ö h e bei zeitweiser B e s c h ä f t i g u n g daselbst Männer
Frauen
ohne Kost
mit Kost
ohne Kost
mit Kost
Kreis
M
M
M
M
Karthaus
Gewährungen
1. N a t u r a l i e n W o h - Feuenung rung
Kost
sonstige
Taxe M
Taxe M
Taxe M.
Taxe Ji
_
Lauenburg 1
. . .
Sommer
alle Arbeiten
1,5-2
1-1,5
0,81,25
0,750,8
?
?
20-30
Lauenburg 2
. . .
l.IV.l.XI.
1. Karthaus 1 , 5 - 2 Ernte, einige alle 2. Bütow 1,75 Arbeiten 3. Berent 2
1-1,5
0,81,25 0,8-1 1
0,750,8 0,4 0,75
0,1
0,1
0,5
0,81,25 0,61,2
0,750,8
Lauenburg 3
. . .
Stolp 4
4 Kartoffel- Karthaus Monate ernte Neustadt 4 KartoffelWochen ernte l.IV.l.XI.
alle Arbeiten
Westpreußen, Schlesien
Stolp 6
4-7 Monate
Ernte
Schlesien, Westpreußen, Rußland
2
Bublitz 1
15. IV.- Kartoffel- Schlochau 31.X. ernte
Posen, OberSchlesien 5-7 Kartoffel- Landsberg Wochen ernte
Köslin 2
6-8 Wochen ?
Köslin 3 Belgard 2
Ernte
?
Ernte
Nachbarschaft
6 Woch. Kartoffel- l.Dramburg (KolUn) ernte 2. Saatzig 3. Landsberg
Belgard 3
Herbst
Kartoffel- Dramburg (Kollin) ernte
Schievelbein 1
. .
Sommer
Westpreußen alle Arbeiten
Schievelbein 3
. .
Sommer
alle Arbeiten
Dramburg 3
Dramburg 4
-
. . .
. . .
. . .
7-8 Monate
1. IV.15. XI. Sommer
?
alle 1. Lands berg Arbeiten 2. Ostpreußen 3. Rußland
v 1 M
1 a u * f0,50Mk. bar (im Sommer)] , . „ 3: pro 1 Arbeitstag „ „ f m W m [ e r ) j 5 1 Roggen. 4: pro 12 Arbeitstage 3,60 Mk. bar und 80 Pfd. Roggen.
Im Kreise Grimmen kauft der Instmann an den ca. 200 dreschfreien Tagen bis 36 alte Scheffel Roggen zum halben Preis vom Gut, also ca. 0,87 Ctr. pro Woche. Im Kreise Franzburg wird für je 2 Wochen 1 Scheffel Roggen und 1 Scheffel Gerste zu 5,50 Mk. zusammen abgegeben, anderwärts dort pro Woche 20 kg Roggen und 18 kg Gerste gegen zusammen 3,20 Mk. Ob mit Flegel, Göpel oder Lokomobile 15 gedroschen werden soll, bestimmt im Kreise Greifenberg jedesmal die Herrschaft, anscheinend je nach Ertrag der Ernte. Die Dreschzeit ist offenbar sehr verschieden. Sie dauert in den vom Rübenbau noch nicht berührten Teilen des Kreises Franzburg von Ende September bis Mitte April, im Kreise Grimmen, Greifswald, Randow ca. 100 Tage, in Teilen der Oderebene und im Kreise Pyritz ca. 60 Tage bei Maschinendrusch, stellenweise noch weniger. 4. Der als Brennwerk meist gewährte Torf ist teils von den Arbeitern selbst zu stechen, teils sind Stecherlöhne dafür zu vergüten. Mehrfach ist, wie die Tabelle ergiebt, Geldentschädigung an die Stelle getreten. 5. Die geleisteten Fuhren sind meist nicht näher specialisiert; die Bestellung des Ackers der Arbeiter ist stets eingeschlossen. Im Kreise Greifenberg (3) wird nur zu Hochzeiten, Kindtaufen und für Brennmaterial das Gespann gestellt, anderwärts - Kreis Stargard werden alle Fuhren nach Bedarf frei geleistet. 15 Hier: Bezeichnung für Dampfdreschmaschine.
Lage der einzelnen
Arbeiterkategorien
443
6. Mehrfach kommt hier die Beschäftigung auch der eigenen Arbeiter mit Akkordarbeiten, namentlich in der Hackfruchternte vor (Kreis Pyritz, Saatzig, Randow). Nebeneinnahmen entstehen, wenn die Frau das | Melken übernimmt. Aus dem Kreise Randow wird berichtet, daß hierzu wenig Neigung vorhanden sei, stellenweise sind Schvseizer engagiert. Der Akkordsatz beträgt pro ha Mähen, Binden und Aufsetzen im Kreise Saatzig 3,20 Mk. und verdienen Mann und Frau zusammen 2 Mk. 7. Die Scharwerker- bezw. (hier meist so genannt) Hofgängerhaltung beschränkt sich meist auf die Stellung eines Hofgängers; wo ein zweiter vorkommt, wird an ihn ein erheblich höherer Geldlohn gezahlt. Es wird aus verschiedenen Bezirken berichtet, daß Hofgänger gar nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten zu haben seien und deshalb die Verpflichtung häufig unerfüllt bleibe. Die eigenen Kinder der Arbeiter ziehen mit Vorliebe in die Stadt, fremde Hofgänger sind sehr kostspielig. Auch hier hat diese Schwierigkeit, dann aber auch die aus den Gegenden mit Hackfruchtbau betonte große Kostspieligkeit der Verwendung von Instleuten zu dem Aufkommen der sogenannten Geldleute, Geldstübler geführt, welche sich überall bei intensiver Kultur vermehren. Über ihre Verhältnisse ist angegeben: Kreis Greifenberg 3: Lohnsatz 1 Mk., dazu 28 Scheffel Kartoffeln und 1 Fuder Holz, Wohnung und x ji Morgen Garten gegen 36 Mk. Miete, die nach fünf]ährigem Dienst erlassen werden. Getreide wird 1 Mk. unter dem Marktpreis abgegeben. Arbeitspflicht besteht nur für den Sommer, Akkordarbeit wird vorzugsweise den Geldleuten gegeben. Kreis Naugard 3 2: Während die Instleute 2 und in der Ernte 3 Kräfte stellen, stellt der Geldstübler nur sich und im Sommer seine Frau nachmittags. Sie beziehen inklusive Frau ca. 290 Mk. an Barlohn (Instmann 125 und Scharwerker 75, Deputant 145 und Scharwerker 120), haben Wohnung und Garten, ca. 23 a Land (Instmann 1 ha, Deputant 40 a), Kuh- und Schafweide, etwas Korn vom Boden (Taxe 50 Mk., Deputant Taxe 180 Mk.), Brennwerk und Fuhrenleistung. Ihr Gesamteinkommen wird auf 585 Mk., das der Drescher auf 680, der Deputanten auf 715 Mk. taxiert. a DV; A: Stargard
444 A 354
Pommern.
Regierungsbezirke
Stettin
und
Stralsund
Tabelle A . Lohnsatz des Mannes (Hofgängers)
Kreis
Tagelohn
A
zu Getreide ha
zu Kartoffeln ha
zu Lein (sonstiges) ha
2
3
4
5
Jahreslohn
1
-3 C aj
Umfang des gewährten Landes 1. Ackerland (regelmäßig von der Herrschaft gedüngt)
GesamtAreal (exkl. Wiese)
ha
ha
6
7
8
?
0,30 + G.
75 +1 Mk. pro a
0,11
0,46°
24
0,125
0,125
0,125 -0,25
1,061,31
d. bfi 4» c ^ C
2 Ja
4> O
Greifenberg 1
100(80)
Greifenberg 2
S. 50 W . 4 0 (?)
Greifenberg 3
-
Regenwalde 1
50(40)
-
Regenwalde 2
50(40)
-
-
0,375
-
?
0,50 ca.
-
Regenwalde 3
50(30)
-
-
0,25
0,04
?
0,40 ca.
Kammin 3
. .
40(30)
-
0,25 0,19
0,04
0,125 0,125
0,625 0,25e
Naugard 1
. .
50(?)
-
-
-
-
0,180,25
0,180,25
Naugard 2
. .
4 0 (?)
-
0,50
0,250,35
0,040,06
0,100,15
0,891,06
-
-
0,04
0,54
?
0,675' + G. (3 MorgenS)
?
0,62 + G. (3 Morgen11) 0,37
. . .
40(30)
Saatzig 2
. . .
50(40-50)
70(40)
Pyritz 2 . . . .
100(50)
Pyritz 3 . . . .
Pyritz 4
. . . .
Randow 1
. .
—
—
0,25
0,06 (Wrucken 0,03)
-
-
-
0,50
0,375 -0,50
0,06
72
Saatzig 1
Pyritz 1 . . .
0,30
|0,25
0,25
0,25
0,125
0,375
Rüben 0,125
^,25
0,312
0,06
?
-
-
7 M . 150 5 M . 100 (80, 60) 75(45)
0,25
—
-
S. 75 W . 50(50,40)
0,312
0,06
0,25
0,03
n 0,125
0,30
b
Lies e n t w e d e r : ( 2 0 - 3 0 ) , o d e r : (20) [ - 3 0 ]
d
DV;A:48
e-f
J D V ; A : 0,06-0,07
0,06
c
0,050,06
0,580,59
?
0,18 + G.
0,060,07
(0,31J0,32 10,06|0,07
0,05
0,35
-
Ctr.
Kartoffeln Ctr.
Erbsen (sonstiges) Ctr.
9
10
11
Getreide
Daneben Drescheranteil bei Hand(Göpel-) [Dampf-] Drusch 12 14-16 (20)(-30)b
13,8
—
—
-
23,4
56
4,8d
15-19 (20-25)
-
-
-
-
ja
12,8
-
-
ja
-
9,60
-
-
-
-
ja
14,4
-
12,8
60
-
ja
-
ja
-
16(20)
—
18(24)
-
30
-
-
-
-
17 [23]
15 [24] 17(21) 18
ja
28,8-32 -
-
{27 8
-
43,5
4' Ctr. Erbsen
ja
-
-
6,5
-
ja
—
-
[22]
Rechenfehler oder (vorangegangener)
Rechenfehler oder (vorangegangener) Druckfehler, k DV; A:
Daneben feste Deputate (exkl. Futter)
•tì « »
2. Garten (selbst zu düngen)
g-h
A:M.
Druckfehler. DV; A : 2 C t r .
Lage der einzelnen Arbeiterkategorien
Kuhhaltung
ha
Ctr.
'S u T3 '53 £ Stück
13
14
15
20 Ictr. jHeu
16
17
u
C
18
19
TJ "o £
Ji 20
•o '5 £ a 0£ et
H
1
o
"öS :3 4> O u M C O IjO
Stück Stück Stück Stück 21
22
23
24
0>c 00
OD
!E
2,5
-
w. 1-2,5
Tag
E2,5
-
Akkordverdienst pro Tag
-
-
(0,6-1,25)
1,5
-
1 El,5
1,75-2,25 1,25-1,5
-
2
-
(1,5)
-
1
-
-
-
-
-
-
1,5
1
1-1,5
0,75-1
-
(2)
-
70
-
-
-
1,25-1,75 0,8-1,1
-
(1,5-2
-
(0,8-1)
-
-
-
-
-
-
-
0,8-1
-
-
0,6-0,75
-
2
-
-
-
-
03)
0,9-2
-
1,25
0,8
-
-
1,5-1,8
1-1,2
1,5-2
-
70
Tag
0,8-1
-
(1)
1,8-2 -
-
(1,3)
1,3-1,5
-
1,2
-
1,2
1
1
1
1,5-2,5
1-1,25
1-1,2
0,8
-
-
1
0,8
-
-
-
(1,5)
(0,75-1)
(2,5)
(1-1,25) (1-1,2) -
Bemerkung
Starke Sachsengängerei starke Sachsengängerei
starke Sachsengängerei starke Sachsengängerei starke Sachsengängerei starke Sachsengängerei starke Sachsengängerei wenig, starke Auswanderung Sachsengängerei
70
ja Sachsengängerei
M.
(1,5-2)
1,5
A485
starke Sachsengängerei
W. -
Abwanderung einheimischer Arbeiter nach
-
-
(1,2-1,5) 1,5-1,75 0,45-0,6 W. 0,3-0,5
Sachsengängerei
3 w. 1,5-2
starke Sachsengängerei
M.
(0,8-1) -
-
-
50 -
starke Sachsengängerei Sachsen, Pommern Sachsengängerei
Einheimische Naturalien Jahr
40-50
JC
584
A486
A487
Schlußbericht
über
Posen
Schlußbericht über die Provinz Posen. Der Nahrungsstand der Landarbeiter ergiebt sich nach den obigen Zusammenstellungen mit Ausnahme der nördlichsten Kreise als wesentlich ungünstiger als in den wenigst fruchtbaren Gegenden von Ost- und Westpreußen und Pommern. Während in Masuren und Kassuben der normale Nahrungsbedarf an Cerealien ca. 26 Ctr. für eine Familie mit zwei erwachsenen, einer halberwachsenen und zwei unerwachsenen Personen beträgt, und in Ostpreußen bis etwa 32, in Westpreußen bis etwa 35, in Pommern bis über 40 Ctr. steigt, sinkt derselbe in den fruchtbaren Niederungsdistrikten der Provinz Posen, welche zum Teil wenigstens die günstigsten Distrikte jener Provinzen übertreffen, jedenfalls ihnen gleichkommen, auf etwa 22-23 Ctr. im Regierungsbezirk Bromberg und auf unter 20 Ctr. in den rein polnischen Teilen des Regierungsbezirks Posen. Dabei ist der damit kombinierte Kartoffelkonsum - zwischen 60 und 80 und bis 100 Ctr., in Posen in absoluter Höhe nicht wesentlich größer als dort, nur seine relative Bedeutung steigt erheblich. Der Fleischkonsum ist in den rein polnischen Teilen nach den Berichten unerheblich, er überschreitet auch sonst nicht erheblich den in den weniger günstigen Bezirken der nördlichen Provinzen üblichen; die Viehhaltung ist nur in den Kreisen nördlich der Netze und in den nordwestlichen Kreisen günstig, dort werden jährlich mehrere, sonst wird meist pro Jahr nur ein Schwein geschlachtet und im übrigen etwas Speck und frisches Fleisch zugekauft. Die Generalberichte bestätigen, daß die Kost meist aus Milch- und Mehlsuppe, Erbsen und Sauerkraut, namentlich Kartoffeln, bestehe, Fleisch sowohl wie Brot wenig gegessen wird. Auch die Gesindekost steht zurück. Gegenüber den sechs, teilweise acht bis zehn wöchentlichen Fleischmahlzeiten in den günstigeren Gegenden der nördlichen Provinzen ist in den günstigen Niederungsdistrikten die Zahl der Fleischmahlzeiten des Gesindes auf drei, günstigenfalls vier beschränkt. Die Nettoeinnahmen sind allerdings teilweise höher als wenigstens in den weniger günstigen preußischen und pommerschen Kreisen, dem steht aber gegenüber, daß ein relativ erheblich größerer Bruchteil der Kleidung durch Zukauf zu beschaffen ist, sehr oft bei den polnischen Arbeitern der ganze Bedarf, und daß die sonstigen durch Ankauf zu beschaffenden Lebensbedürfnisse vielfach teurer sind als dort.
5
10
15
20
25
30
35
Schlußbericht
über Posen
585
Wenn also Lengerke im Jahre 1849 die Beobachtung machte, daß nicht die Fruchtbarkeit des Bodens, sondern der allgemeine Kulturstand maßgebend für die materielle Lage der Arbeiter1 sei, so ist nach den vorstehenden Ermittelungen ein Zweifel daran unzulässig, daß innerhalb der Provinz weder die Fruchtbarkeit des Bodens, noch die Intensität der Bodenkultur den Nahrungsstand der Bevölkerung bestimmen, sondern daß, unbeschadet des naturgemäß gleichfalls mitsprechenden Einflusses dieser Momente, doch in weit überwiegendem Maße die Intensität des Deutschtums für den mittleren Nahrungsbedarf und damit für die materielle Kultur innerhalb der Arbeiterbevölkerung entscheidend ist. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit genügt es, die Nebeneinanderstellung der täglichen Akkordverdienste im Kreise Znin in der Ernte zu wiederholen: deutsche Arbeiter aus Landsberg a.W. 6 - 8 Mark, - einheimische polnische Arbeiter 2,50-3,50 Mark, — russisch-polnische Arbeiter 1,50-2 Mark. Diese außerordentliche Differenz, welche in dieser Höhe und Reinheit sonst nicht wiederkehrt, aber aus den Berichten des westlichen Regierungsbezirks Posen gleichfalls zu entnehmen und in den Akkordlohnsätzen erkennbar ist, - ist das Produkt teils höherer Lohnansprüche, teils aber und überwiegend höherer Leistungsfähigkeit der deutschen Arbeiter, wobei zu bedenken ist, daß die Warthebrücher ihrerseits von den Hinterpommern bekanntlich erheblich übertroffen werden. Speciell für die Getreideernte ist die Qualifikation der slavischen, speciell der russischen Arbeiter geradezu schlecht, es entspricht das der zwei tausendjährigen, von Varro und Columella bereits gemachten Erfahrung, daß gerade für den Getreidebau das Eigeninteresse und die | Kulturstufe der Arbeiter auch von wirtschaftlicher Bedeutung ist 2 . Auch die Leistungsfähigkeit der Arbeiter wächst also mit der Intensität des Deutschtums. Über die Aussichten der Parzellierungen und der Schaffung seßhafter Arbeiter sind die Ansichten der Referenten verschieden. Aus den nördlichen Kreisen Bromberg, Wirsitz, Schubin, Znin, Kolmar, Czarnikau, Filehne wird namentlich von den deutschen 1 L e n g e r k e , A r b e i t e r f r a g e , S. 128. Vgl. a u c h o b e n S. 512, A n m . 12. 2 Vgl. W e b e r , M a x : Die r ö m i s c h e A g r a r g e s c h i c h t e in ihrer B e d e u t u n g f ü r d a s S t a a t s u n d P r i v a t r e c h t . - S t u t t g a r t : F. E n k e 1891, S.222, A n m . 7 ( h i n f o r t : Weber, R ö m i s c h e A g r a r g e s c h i c h t e ) . D o r t b e f i n d e t s i c h d e r H i n w e i s a u f C o l u m e l l a , d e re r u s t i c a , B u c h I, K a p i t e l 7.
586
Schlußbericht
über Posen
Arbeitern berichtet, daß sie Neigung zum Sparen haben und jedenfalls zum Teil zum Erwerb eigenen Grundbesitzes geneigt sind. Der Erfolg von Versuchen ist überwiegend nicht günstig, soweit es sich um Gründung von Eigenkäthnerkolonien handelt. Nur wo reichliche Viehweide gewährt werden konnte, haben die Arbeiter in der Heimat Verdienst gesucht (Kreis Schubin 1), sonst sachsengängern sie. Die Gefahr der Überschuldung ist bei ihnen stets eine große (Kreis Wirsitz 2). Im Kreise Czarnikau (1) hat ein Besitzer nur kleinbäuerliche Stellen mit Erfolg und unter großem Zudrang (vgl. oben unter I 3 ) als Rentengüter abgesetzt. Die Arbeiter hatten meist nur ein Kapital von 3-400 Mk. zur Verfügung, und wenn sie 2*/2 ha kauften, so konnten sie zwar mit Leichtigkeit den Kaufpreis für den Boden, nicht aber das Baukapital abtragen. Die Schaffung von lebensfähigen Arbeiterstellen hält der betreffende Referent nur unter Staatshülfe für möglich. Im Kreise Filehne haben Pachtkolonisationen in Stellen von 2 - 8 ha schlechten Erfolg gehabt; die Leute arbeiteten bald nur auf ihrem Lande und „man hat sich Ortsarme herangezogen". In den intensiv bewirtschafteten Kreisen Inowrazlaw, Mogilno, Strelno, und in den Kreisen Gnesen, Witkowo, Wongrowitz lauten die Berichte fast durchweg negativ. Die früher vorhandene Neigung der Arbeiter zum Grunderwerb ist jetzt meist verschwunden, bei den Polen, die hier „den deutschen Arbeitern durchweg vorgezogen" werden, ist sie überhaupt gering; gespart wird, um auswandern zu können. Entscheidend ist ferner bei den Polen die Untüchtigkeit der Frauen. „So tüchtig das polnische Mädchen als Arbeiterin ist, so untüchtig ist sie als Frau." Auf dem leichten Boden, der den Parzellenbesitzern bei früheren Parzellierungen im Kreise Mogilno (4) zugeteilt ist, geht es ihnen nicht gut; auch im Kreise Gnesen (1) haben sie nur auf besserem Boden Bestand, sonst sind sie meist wieder aufgekauft worden. Ebenso besteht bei den Besitzern keine Neigung, Arbeiterkolonien zu gründen, „man schaffe sich nur Diebskolonisten". Die Kolonien der Ansiedelungskommission haben ein Angebot von | Arbeitskräften nicht zur Folge, die Kolonisten nehmen im Gegenteil noch Arbeiter in Anspruch und vermehren die Nachfrage. Im ganzen Regierungsbezirk Bromberg bleiben die Kinder, mit 3 Siehe oben S.535.
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Ausnahme des Kreises Kolmar, meist bei der Landwirtschaft: nur im Kreise Kolmar wird das Gegenteil berichtet, und sonst macht sich neuerdings ein Übergang zum Handwerk und bei den Mädchen Neigung, in die Städte zu gehen, bemerkbar. Auch aus dem Regierungsbezirk Posen wird die Frage, ob Neigung zum Grunderwerb bei den Arbeitern vorhanden sei, verschieden, meist aber verneinend, beantwortet. Aus dem Kreise Samter (2) wird bemerkt, daß Kolonien, zumal in den Dörfern, „Diebsgesindel" züchteten, nur auf großen Gütern sei dadurch zum Teil ein Stamm ordentlicher Arbeiter geschaffen worden. Im Kreise Neutomischel (2) ist auf einer schon früher mehrfach erwähnten großen Herrschaft der Versuch gemacht, Zeitpachtstellen von je 2*/2 Morgen (62'/2 a a ) zu gründen. Auf einer zugekauften Bauern Wirtschaft wurden sechs Familienwohnungen in einem massiven Hause, je mit getrenntem Eingang und Flur, getrennten Stallungen, Vorratsräumen und gemeinsamer Tenne, vergeben; der Erfolg steht noch zu erwarten. Abnehmer fanden sich sofort. Im Kreise Posen Ost (1) hat ein Rübengut Häusler eingesetzt, um Erntearbeitskräfte zu haben, die Leute sachsengängern jedoch durchweg, nach Meinung des Referenten wegen der bei den Polen vorhandenen oft unverständlichen Wanderlust. Ähnlich werden die zahlreichen Eigenkäthner im Kreise Schroda beurteilt. Im Kreise Kosten (4), woselbst sich die Neigung zum Ankauf erheblich gehoben haben soll, sind die Erfahrungen nach den Berichten insofern „schlechte", als die Kleinbesitzer zur Arbeit nicht zu haben waren. Im Kreise Schmiegel kommen sie gleichfalls zu unregelmäßig zur Arbeit. Im Kreise Rawitsch (2) hat ein Besitzer mehrere hundert Morgen in Stellen ä 1 ha auf 12 Jahre (!) verpachtet mit der Verpflichtung zur Erntearbeit. Die Leute sachsengängern. Ein Referent führt aus, der Boden sei für kleine Rentengüter zu schwer, da starke Spannhaltung nötig sei; kleine Stellen ergeben Diebskolonien, größere würden nur, wo das Land den Leuten bestellt würde, existenzfähig sein. Im Kreise Schildberg (2) wurden Landabgaben „gegen Teilzahlung und Arbeitspflicht" mit schlechtem Erfolg versucht. - Inwieweit die Mobilisierung der Arbeiterschaft und die Herabdrückung des Lohnniveaus durch die Einfuhr der Russen auch diese Verhältnisse störend beeinflußt, ist aus den Berichten nicht direkt zu entnehmen. a A: ha
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Bei solchen Ansiedlungen, wo das gewährte Areal von einigem Belang ist, muß dies zweifellos angenommen werden; der | Arbeiter kann sich nur, wenn er jederzeit auf Arbeit und zu Lohnsätzen, welche dem inländischen Kulturniveau entsprechen, rechnen kann, auf eine derartige Kolonisation einlassen. Namentlich ist dies bei den deutschen Arbeitern der Fall, während nach dem Ausdrucke eines Generalberichts die Wanderarbeiter „auf die genügsamen polnischen Arbeiter annähernd wirken". Die Kinder der Landarbeiter, jedenfalls der ständigen Arbeiter, bleiben im Reg.-Bezirk Posen meist in der Landwirtschaft, nur in den intensiver bewirtschafteten Kreisen, Teilen von Meseritz, ferner Posen West und Ost, Schroda und Wreschen, ist häufig das Gegenteil der Fall, und in Teilen des Kreises Kosten (4) schicken die Eltern ihre Kinder „zum Verderben auf Wanderschaft", sobald sie arbeiten können. Die Mädchen ziehen jedoch überall häufig in die Städte, sonst auch junge Leute nach der Militärdienstzeit. Die Auswanderung ist in den meisten mittleren Kreisen stark, am stärksten anscheinend in den intensiv bewirtschafteten Kreisen; sie tritt aber überall „epidemisch" auf, in dem einen Dorfe plötzlich in großer Stärke, in dem anderen gar nicht. Die Berichte widersprechen sich daher in fast sämtlichen Kreisen regelmäßig. Aus dem Kreise Posen meldet ein Generalbericht, daß durch die Heranziehung der Wanderarbeiter „der Zug nach dem Westen verstärkt" worden sei. Die Generalberichte sind im übrigen über die Wirkung der Wanderarbeiter nicht einer Ansicht. Aus dem Kreise Gnesen werden sie schlechtweg als „schädlich", aus dem Regierungsbezirk Posen, westliche Hälfte, als unentbehrlich zur Ausgleichung des Arbeiterbedarfs bezeichnet. Sie stehen auch nach den Generalberichten den einheimischen Arbeitern erheblich an Leistungsfähigkeit nach (bei gleichen Akkordsätzen auch nach einem Generalbericht aus dem Regierungsbezirk Posen wie 2:1); der Vorteil bei ihrer Beschäftigung besteht, wie die Generalberichte betonen, nur in dem Wegfall der Notwendigkeit, sie ständig zu beschäftigen. Auch die Generalberichte geben im übrigen der Ansicht Ausdruck, daß die Heranziehung von Wanderarbeitern die Wanderlust der einheimischen Arbeiter wecke. Nur aus dem Kreise Buk wird das Gegenteil berichtet.
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Die Einführung des Rübenbaues hat nach dem Urteil dieses Berichterstatters in erfreulichster Weise gewirkt. Die einheimischen Arbeiter sollen seitdem in steigendem Maße in der Heimat zu den bedeutend gestiegenen Löhnen arbeiten. - Daß der Rübenbau die Löhne zunächst steigert, ist zweifellos; es zeigte sich aber oben bereits, daß, sobald in seinem Gefolge die russischen Arbeiter erscheinen, ein Rückschlag zu erfolgen pflegt. Aus dem Kreise Mogilno bemerkt der Generalberichterstatter, daß vor Zulassung der Russen die Arbeiter höhere Lohnforderungen durchsetzten, jetzt sei dies wieder „applaniert" und die „Verhältnisse deshalb befriedigend". Über die allgemeine sittliche Qualität der Arbeiter - namentlich der festen Kontraktsarbeiter - sprechen sich die Berichte verschieden aus. Die Trunksucht hat - wenigstens nach der Mehrzahl der Berichte - infolge der hohen Branntweinpreise abgenommen und damit meist auch die Zahl der Strafthaten; uneheliche Geburten, Feld- und Forstdiebstahl sind dagegen wohl überall alltägliche Erscheinungen. Eine Besserung auch in dieser Beziehung wird überwiegend konstatiert,13 auch (aus den Kreisen Gnesen, Witkowo, Wreschen) behauptet, daß zufolge der frühen Heiraten uneheliche Geburten seltener seien als im Westen (?). Die vorkommenden Strafthaten sollen meist Gelegenheits- und Affektsvergehen, selten vorher überlegte schwerere Verbrechen sein. Wenn es eine der charakteristischen Erscheinungen der Provinz ist, daß durch den ungemein starken Zuzug der Wanderarbeiter der Bestand des Instverhältnisses hier weniger bedroht ist als anderwärts, so liegt der Grund lediglich darin, daß die polnischen Instleute durch ihre niedrige Lebenshaltung gegen die zersetzenden Einflüsse des Wanderarbeitertums relativ immun sind. Es ist in Posen die Umwandlung der Komorniks in freie in Geld gelohnte Arbeiter ein Kulturfortschritt, während sie anderwärts ein Kulturrückschritt (in materieller Beziehung) ist. Die Geldlöhne würden an sich bei dem starken Arbeitsbedarf eine energische Tendenz zu steigen haben, wie die hohen Akkordsätze für deutsche Schnitter zeigen, allein die Überschwemmung des Landes mit Wanderarbeitern hat im allgemeinen die Entwicklung eines freien einheimischen Arbeiterstandes geradezu im Keime vernichtet. Die großen Güter beschaffen sich ihren Mehrbedarf im Sommer durch Import von Russen; die b A: konstatiert;
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Bauernnahrungen in den Dörfern sind in den polnischen Distrikten so klein, daß sie einen ständigen Bedarf nach Arbeitskräften auch nur während des ganzen Sommers nicht haben. Diese beiden Momente genügen zur Erklärung des fast vollständigen Fehlens eines einheimischen, innerhalb der Heimat sein Brot suchenden freien Tagelöhnerstandes. Das Instverhältnis ist zwar in einer großen Zahl von Fällen geldwirtschaftlich zersetzt und in ein „Akkordarbeiterverhältnis" umgewandelt, bei welchem an Stelle des Dreschanteils und der Erntemandel Geldakkorde getreten und das Landdeputat bis auf etwas Kartoffelland durch höheren Geldlohn ersetzt, auch an Stelle der | Kuhhaltung Milchdeputate getreten sind; allein damit ist social eher ein Rückschritt verbunden und jedenfalls ein Interessengegensatz zwischen dem Herrn und den nun auf den Ankauf der Lebensmittel verwiesenen Arbeitern, keinesfalls aber ein stabiler Arbeiterstand geschaffen. Die einheimischen freien Arbeiter sachsengängern überall, speciell da, wo andererseits ein starker Zuzug aus Rußland stattfindet. Gerade dies letztere Zusammentreffen in Verbindung mit der Thatsache, daß die intensiv kultivierten Rübenkreise eine so starke Wanderbewegung zeigen, beweist, daß der Import von Arbeitskräften aus Rußland mit seinem Druck auf Lohnund Kulturniveau durchaus nicht bloß Wirkung, sondern Ursache der Sachsengängerei, überhaupt des Abzuges nach dem Westen und der Auswanderung ist. Die alte, noch 0 1873 überall bestehende Wanderbewegung aus den deutschen Landesteilen - Neumark, Westpreußen, Schlesien - in die fruchtbaren Niederungsdistrikte Posens, welche deutsche Lebensansprüche in die slavische Bevölkerung trug, hat vielfach fast aufgehört, sie ist durch die Invasion billigerer Arbeiter aus Osten verdrängt und wird allenthalben, wo sie noch besteht, binnen kurzem verschwunden sein. Am stärksten an der Sachsengängerei beteiligen sichd die Kleineigentümer, welche im Netzethal, in den westlichen und südlichen Kreisen in ziemlich großer Zahl vertreten sind. Die materielle Existenz derselben ist keine günstige, der Cerealien- und Fleischkonsum bei ihnen zurückstehend hinter dem der Instleute; namentlich die polnischen Eigenkäthner decken ihren Nahrungsbedarf aus einem minimalen Areal, und es besteht deshalb die Gefahr, daß die etwaige Ansässigmachung von Arbeitern bei starker Beteiligung der polnischen Arc DV; A: nach
d A: sind
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beiter zur Schaffung eines lediglich von Kartoffeln und Milch lebenden grundbesitzenden Proletariats führt. Ob eine etwaige Arbeiterkolonisation auch nur in Bezug auf den Nahrungsstand einen Kulturfortschritt gegenüber dem bestehenden Zustand bedeutet, hängt lediglich davon ab, ob die Nahrungsbedürfnisse der deutschen oder der polnischen Arbeiter auf die Dauer maßgebend für den materiellen Kulturstand der Landarbeiter werden. Sofern der Zuzug der Russen fortschreitet, wird zweifellos letzteres der Fall sein. Es steht in dieser Beziehung genau ebenso wie mit der bäuerlichen Kolonisation. Es wurde schon in Westpreußen und Pommern beobachtet, daß bei Schaffung neuer Bauernstellen überall da, wo der geringere Cerealienbedarf der Polen bei Bemessung des Umfangs der Stellen zu Grunde gelegt wird, kartoffelessende Kleinbesitzer das Ergebnis der Parzellierungen sind. Rein wirtschaftlich betrachtet ist deutsche Bauernbesiedlung und Germanisierung | der Arbeiterschaft mit Hebung des Nahrungsstandes der Bevölkerung schlechthin identisch. Patriarchalische Beziehungen zu den Arbeitern sollen noch vielfach, nach Angabe der Berichte namentlich bei den deutschen Besitzern, bestehen. Die polnischen Besitzer hätten, - so behauptet ein Bericht aus dem Kreise Buk - kein Herz für ihre Leute; namentlich Deputantenfamilien, die einmal bei deutschen Besitzern Dienste genommen hätten, pflegten nicht wieder zu polnischen Arbeitgebern zu gehen. Die Wanderbewegung hat nach allen Berichten hier erheblich störend eingegriffen, namentlich die Disciplin sei gelockert. Für entscheidend für die Weiterentwicklung der Arbeiter in geistiger Beziehung erachten die Berichte namentlich, ob dem jetzigen, durch den polnischen Unterricht geförderten, energischen Vordringen des Polentums Einhalt geboten werden könne und der früher ruhige Germanisierungsprozeß wieder beginnen könne. Im übrigen kehrt auch hier die Bemerkung regelmäßig wieder, daß nähere Beziehungen der Gutsherren zu den Arbeitern nur bei Familien stattfinden, welche seit Generationen im Besitz der Güter sind. Es wird mehrfach konstatiert, daß gerade jüngere Besitzer den richtigen Ton nicht zu finden wissen und durch ein gewisses „forsches" Wesen den Arbeitern, die dies gerade von jüngeren Gutsherren sich nicht gefallen lassen, zu „imponieren" trachten. - Die socialistische Agitation soll bisher nur bei einem Teil der „freien" polnischen Arbeiter in intensiv bewirtschafteten Gegenden mit einigem Erfolg, sonst teils gar nicht, teils ohne Erfolg aufgetreten sein.
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Eine Reform der Gesindeordnung wird im allgemeinen für nicht erforderlich erachtet. Sonstige konkrete Vorschläge liegen nicht vor, allgemeine Bemerkungen über die Schädlichkeit der Freizügigkeit und des Agentenwesens werden mehrfach gemacht. 5