Marcus Antonius 3896786962, 9783896786968, 9783534217274, 9783534720361, 9783534720378, 9783863126940, 9783863126957

Marcus Antonius gehört zu den „Gestalten der Antike“, die zu Unrecht im Schatten ihrer Zeitgenossen stehen und denen dah

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German Pages 256 [257] Year 2011

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur Reihe
Vorwort des Autors
1. Eine römische Adelsfamilie
2. Anfänge in Militär und Politik
3. Der Bewunderer Caesars
Omnibus audendis paratissimus – der richtige Mann auf Caesars Seite
Die Belohnung: Der Konsulat
4. Der Sachwalter von Caesars Erbe
5. Eine Episode: Der Staatsfeind
6. Der Zweite Triumvirat: Rache an Caesars Mördern
7. Die neue Herausforderung: Der griechische Osten
8. Der erste Auftritt des „Neuen Dionysos“
9. Zurück nach Italien
10. Die Reorganisation des Ostens
11. Die gescheiterte Offensive: Der Partherkrieg
12. Armenia devicta: Sieg über Armenien
13. Der verhinderte Triumph
14. Antonius „überschreitet den Rubico“
15. Entscheidung bei Actium
16. Das Ende in Ägypten
Epilog
Anmerkungen
Literaturhinweise
Personenregister
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 3896786962, 9783896786968, 9783534217274, 9783534720361, 9783534720378, 9783863126940, 9783863126957

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HELMUT HALFMANN

MARCUS

ANTONIUS

primus o verlag

GESTALTEN DER ANTIKE Herausgegeben von MANFRED CLAUSS

Helmut Halfmann

Marcus Antonius

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Redaktion: Dorothea Grünewald, M.A. Satz: SatzWeise, Föhren Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-21727-4 Die Buchhandelsausgabe erscheint beim Primus Verlag Umschlaggestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt a.M. Umschlagabbildung: Porträtbüste des Marcus Antonius (Vatikanische Museen), © akg-images ISBN 978-3-89678-696-8 www.primusverlag.de Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72036-1 (für Mitglieder der WBG) eBook (epub): 978-3-534-72037-8 (für Mitglieder der WBG) eBook (PDF): 978-3-86312-694-0 (Buchhandel) eBook (epub): 978-3-86312-695-7 (Buchhandel)

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Eine römische Adelsfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Der Bewunderer Caesars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Omnibus audendis paratissimus – der richtige Mann auf Caesars Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

Die Belohnung: der Konsulat . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Der Sachwalter von Caesars Erbe . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . .

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7. Die neue Herausforderung: Der griechische Osten . . . . . . .

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8. Der erste Auftritt des „Neuen Dionysos“ . . . . . . . . . . . .

120

9. Zurück nach Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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10. Die Reorganisation des Ostens . . . . . . . . . . . . . . . . .

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11. Die gescheiterte Offensive: Der Partherkrieg . . . . . . . . . .

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12. Armenia devicta: Sieg über Armenien . . . . . . . . . . . . . .

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13. Der verhinderte Triumph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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14. Antonius „überschreitet den Rubico“ . . . . . . . . . . . . . .

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15. Entscheidung bei Actium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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16. Das Ende in Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort zur Reihe

2. Anfänge in Militär und Politik

5. Eine Episode: Der Staatsfeind

6. Der Zweite Triumvirat: Rache an Caesars Mördern

Epilog

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

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Anmerkungen

Inhalt

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildungsnachweis: Abb. 1, 4, 11, 16 Helmut Halfmann; Abb. 2, 5, 6, 14 akg-images; Abb. 3 Museo di Antichità, Turin; Abb. 7, 8, 15 Geldmuseum der Deutschen Bundesbank; Abb. 9, 10, 12 Manfred Clauss; Abb. 13 nach: Kleopatra und die Caesaren, Hirmer Verlag München 2006, S. 91; Karte 1 und 2 bearbeitet nach: Großer Atlas zur Weltgeschichte, Georg Westermann Verlag Braunschweig 1997, S. 28 und 29.

Vorwort zur Reihe „Gestalten der Antike“ – die Biographien dieser Reihe stellen herausragende Frauen und Männer des politischen und kulturellen Lebens jener Epoche vor. Ausschlaggebend für die Auswahl war, dass die Quellenlage es erlaubt, ein individuelles Porträt der jeweiligen Personen zu entwerfen, und sie konzentriert sich daher stärker auf politische Persönlichkeiten. Sie ist gewiss auch subjektiv, und neben den berühmten „großen Gestalten“ stehen interessante Personen der Geschichte, deren Namen uns heute vielleicht weniger vertraut sind, deren Biographien aber alle ihren je spezifischen Reiz haben. Die Biographien zeichnen spannend, klar und informativ ein allgemeinverständliches Bild der jeweiligen „Titelfigur“. Kontroversen der Forschung werden dem Leser nicht vorenthalten. So geben auch Quellenzitate – Gesetzestexte, Inschriften, Äußerungen antiker Geschichtsschreiber, Briefe – dem Leser Einblick in die „Werkstatt“ des Historikers; sie vermitteln zugleich ein facettenreiches Bild der Epoche. Die Darstellungen der Autorinnen und Autoren zeigen die Persönlichkeiten in der Gesellschaft und Kultur ihrer Zeit, die das Leben, die Absichten und Taten der Protagonisten ebenso prägt wie diese selbst die Entwicklungen beeinflussen. Die Lebensbeschreibungen dieser „Gestalten der Antike“ machen Geschichte greifbar. In chronologischer Reihenfolge werden dies sein: Hatschepsut (1479–1457), von den vielen bedeutenden Königinnen Ägyptens nicht nur die bekannteste, sondern auch die wichtigste, da sie über zwei Jahrzehnte die Politik Ägyptens bestimmt hat; Ramses II. (1279–1213), der Pharao der Rekorde, was seine lange Lebenszeit wie die nahezu unzähligen Bauvorhaben betrifft; Alexander (356–323), der große Makedonenkönig, dessen Rolle in der Geschichte bis heute eine ungebrochene Faszination ausübt; Hannibal (247–183), einer der begabtesten Militärs der Antike und Angstgegner der Römer; seine Kriege gegen Rom haben Italien mehr geprägt als manch andere Entwicklung der römischen Republik; Sulla (138–78), von Caesar als politischer Analphabet beschimpft, weil er die Diktatur freiwillig niederlegte, versuchte in einem eigenständigen Konzept, den römischen Staat zu stabilisieren; Cicero (106–43), Philosoph, Redner und Politiker, von dem wir durch die große Zahl der überlieferten Schriften und Briefe mehr wissen als von jeder anderen antiken Persönlichkeit; sein Gegenpart,

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Vorwort zur Reihe

Caesar (100–44), ein Machtmensch mit politischem Gespür und einer ungeheuren Energie; Herodes (73–4), der durch rigorose Anpassung an die hellenistische Umwelt die jüdische Monarchie beinahe in den Dimensionen der Davidszeit wiederherstellte, dem seine Härte jedoch letzten Endes den Ruf des „Kindesmörders“ eintrug; Kleopatra (69–30), Geliebte Caesars und Lebensgefährtin Marc Antons, die bekannteste Frauengestalt der Antike, die vor allem in den Darstellungen ihrer Gegner unsterblich wurde; Augustus (43 v.–14 n. Chr.), der mit unbeugsamer Härte, aber auch großem Geschick das vollendete, was Caesar angestrebt hatte; da er den Bürgerkriegen ein Ende setzte, wurde er für die Zeitgenossen zum Friedenskaiser; Nero (54–68), der in der Erinnerung der Nachwelt als Brandstifter und Muttermörder disqualifiziert war, auch wenn ihn die zeitgenössischen Dichter als Gott auf Erden feierten; Marc Aurel (161–180), der so gerne als Philosoph auf dem Thron bezeichnet wird und doch immer wieder ins Feld ziehen musste, als die ersten Wellen der Völkerwanderung das Römische Reich bedrohten; Septimius Severus (193–211), der erste „Nordafrikaner“ auf dem Thron, aufgeschlossen für orientalische Kulte; er förderte die donauländischen Truppen und unterwarf das Reich zahlreichen Veränderungen; mit Diocletian (284–305) lässt man die Spätantike beginnen, die sich vor allem durch konsequente Ausübung der absoluten Monarchie auszeichnet; Athanasius (295–373), unter den großen politischen Bischöfen der Spätantike einer der radikalsten und erfolgreichsten in dem Bemühen, den neuen Glauben im und gegen den Staat durchzusetzen; Konstantin der Große (306–337), der im Zeichen des Christengottes in die Schlacht zog und siegte, hat den Lauf der Geschichte nachhaltig verändert; dem Christentum war nun der Weg zur Staatsreligion vorgezeichnet; Julian (361–363), dessen kurze Regierungszeit vieles von seinen Plänen unvollendet ließ und deshalb die Phantasie der Nachwelt anregte; Theodosius der Große (379–395), von dem man sagt, er habe mit einer rigorosen Gesetzgebung das Christentum zur Staatsreligion erhoben; er bewegte sich mit Geschick durch eine Welt religiöser Streitigkeiten; Theoderich der Große (474–526), der bedeutendste jener „barbarischen“ Heerführer, die das Weströmische Reich beendeten, und schließlich Kaiser Justinian (527–565), der zusammen mit Theodora die Größe des alten Imperium Romanum wiederherstellen wollte; die Beschreibung seiner Herrschaft kann insofern einen guten (chronologischen) Abschluss bilden. Manfred Clauss

Vorwort des Autors Ein Unglück für den Lebenden, daß er eine siegende Partei sich zum Feinde gemacht hatte, ein Unglück für den Toten, daß ihn dieser Feind überlebte und seine Geschichte schrieb. Friedrich Schiller „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ über Wallenstein

Was Friedrich Schiller als allgemein gültiges Gesetz historischer Überlieferung und Erschaffung von Geschichtsbildern formulierte, beschrieb der englische Althistoriker Sir Ronald Syme im Jahre 1939 folgendermaßen: „The memory of Antonius had suffered damage multiple and irreparable“. 1 Das Dickicht von Lügen, Halbwahrheiten und Verzerrungen, welches die geschichtliche Überlieferung über Antonius ausgebreitet hat, ist bis heute nicht wirklich durchdrungen worden. Dies erstaunt umso mehr, als das Problem selbst hinreichend bekannt ist: Der Sieger Octavian, der sich später Augustus nannte, hat die Überlieferung über seinen Gegner Antonius dergestalt kanonisiert, dass er selbst als Retter Roms und seiner Werte vor der ägyptisch-orientalischen Despotie in strahlendem Licht erscheint. Dieses Bild wurde freilich von der Geschichtsschreibung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts auch noch bedient. Es war zunächst das zitierte Buch von Syme, welches zumindest in eine neue Richtung wies. In dem Versuch, Antonius von den Schatten der augusteischen Propaganda zu befreien, hinterließ es jedoch auf der anderen Seite in dem glänzenden Lack, mit dem die Figur des ersten römischen Kaisers überzogen war, erhebliche Kratzer. Es geht hier nicht darum, diese Kratzer zu vertiefen, aber die Schatten über Antonius so weit wie möglich beiseite zu schieben. Bei diesem Vorhaben sträubt sich dem gewissenhaften Forscher mehr als einmal die Feder, muss er doch nicht nur die in der modernen Forschung noch größtenteils zementierten Bilder aufbrechen, sondern auch häufig genug gegen den Strom breiter Quellenüberlieferung ankämpfen. Hat man aber erst einmal das Muster erkannt, das die Quellen an Negativaussagen über Antonius zusammengestrickt haben, so wird zunehmend klarer, wie und warum eine bestimmte Sichtweise seines Handelns und seines Charakters zu vermitteln versucht wird. Ein wirksames Heilmittel, um sich angesichts der scheinbar erdrückenden Quellenevidenz einen klaren Blick zu bewahren, bietet das selbstverständliche methodische Postulat, den „Helden“ in die generellen Rahmenbedingungen seiner Zeit zu stellen, um Normales,

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Vorwort

Anormales, Grenzen und Möglichkeiten seines Tuns aufzeigen zu können. Konkret gilt es, vor allem die gemeinhin an Antonius negativ bewerteten Eigenschaften mit den Verhaltensweisen seiner Zeitgenossen und Wertmaßstäben sowie Herrschaftspraktiken der römischen Adelsgesellschaft abzugleichen. Dabei springt der damals wie heute vorhandene Gegensatz von propagierter Norm und Lebenswirklichkeit ins Auge, der stets den Nährboden für Heuchelei und Selbstgefälligkeit bildet. Der Erste, der damit der Geschichte der letzten zehn Jahre aus Antonius’ Leben seinen Stempel aufdrückte, war kein Geringerer als Augustus selbst. Er beeilte sich, in seiner Autobiographie, die er bereits im Alter von etwas über 40 Jahren verfasste, dem letzten Kampf um die Vorherrschaft im Römischen Reich eine Version zu geben. Dank der Autorität ihres Verfassers und mangels alternativer Darstellungen legte diese ein Raster des Geschehens und der Charaktere fest, dem sowohl die antike als auch moderne Geschichtsschreibung nie mehr ganz entronnen ist. Zuvor widerfuhr Antonius das große Unglück, sich den mächtigsten politischen Redner der ausgehenden Republik, Cicero, zum Todfeind gemacht zu haben. Dessen wortgewaltige Philippische Reden tauchten Antonius’ Jugend und Karriere unter Caesar in tiefschwarze Farbe, die an Antonius wie Pech haften blieb. Augustus’ Autobiographie ist – ebenso wie andere Geschichtswerke von Augenzeugen – verloren, etwa dasjenige des Asinius Pollio. Dieser war zunächst ein Anhänger des Antonius, hatte dann aber eine neutrale Position zwischen den Kontrahenten inne. Ebenso ist die Darstellung des Quintus Dellius nicht mehr erhalten, der am Partherfeldzug des Antonius teilnahm, bevor er zu Octavian übertrat. Bis auf kurze Inhaltsangaben ist für diese Epoche auch das monumentale Werk des Titus Livius verloren, dem Autor einer unter Augustus verfassten geradezu kanonischen Darstellung und Deutung der gesamten römischen Geschichte. Die uns erhaltene Überlieferung 2 beginnt mit dem Tatenbericht des Augustus und dem Abriss der römischen Geschichte aus der Feder des Velleius Paterculus, der unter Augustus’ Nachfolger Tiberius ein Loblied auf die neue Kaiserherrschaft Roms sang. Sie setzt sich mit Werken fort, die erst im zweiten und beginnenden dritten Jahrhundert n. Chr. verfasst wurden, heute aber unsere Hauptquellen darstellen: der Antoniusbiographie des Plutarch, der Darstellung der Bürgerkriege durch Appianos und der römischen Geschichte durch Cassius Dio. Die Klärung der Frage, welchen zeitgenössischen Quellen als Grundlage für unser Wissen diese antiken Autoren nun folgten, soll der gelehrten Forschungsdiskussion vorbehalten bleiben. Es ändert sich nichts an der Tatsache, dass das Bild von Marcus Antonius durch Augustus und seine Zeitgenossen für die Nachwelt geformt worden ist. Der Leser ahnt schon, dass in diesem Buch ein Antonius aufscheint, der

Vorwort

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Abb. 1: Bronzestatue des Marcus Antonius in Löwenquadriga von Arthur Strasser (1899) vor dem Gebäude der Secession in Wien.

sehr viel mehr einen „Römer“ als einen „Herrscher des Orients“, oder wie die Beititel alle lauten, abgibt. Entsprechend reduziert sich die Rolle der Person, mit der Antonius in einem Atemzug genannt zu werden pflegt, ja in deren Schatten er geradezu steht: der ägyptischen Königin Kleopatra. Was die politische Seite ihres Verhältnisses für die östliche Mittelmeerwelt und für die stadtrömische Öffentlichkeit betrifft, so kann man viele Begebenheiten einer einseitig übertriebenen Berichterstattung nüchterner und ‚leidenschaftsloser‘ beurteilen, indem man einfach die Passagen der antiken Überlieferung ausblendet, die keine Fakten, sondern auch nur subjektive Deutungen derselben, um nicht zu sagen Unterstellungen, bieten. Was die persönliche Seite wiederum betrifft, so sind wir außerstande, den Grad einer gefühlsmäßigen Intensität, wenn es denn eine gab, dieser Beziehung zu beurteilen. Mit Ausnahme weniger Sätze besitzen wir weder von Anto-

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Vorwort

nius noch von Kleopatra eine authentische persönliche Äußerung. Auf jeden Fall sollte man sich von Ehe- und Moralvorstellungen christlicher Prägung und damit verbundener Gefühlswelten frei machen. Angesichts dieser Quellenlage muss leider das Alltägliche, Beiläufige auf der Strecke bleiben, welches neben dem Außergewöhnlichen erst den ganzen Menschen ins rechte Blickfeld rückt. Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Lebensbeschreibung, in deren Mittelpunkt Antonius als Politiker steht und darüber hinaus als Mensch, so weit die Quellen ihn als solchen zeigen. Es geht nicht um die Auseinandersetzung mit allen noch offenen Fragen und ungelösten Problemen, die Antonius’ Leben begleiten und den Wissenschaftler beschäftigen. In diesem Zusammenhang stößt man zwar auf empfindliche Lücken (eine der größten bildet eine fehlende Gesamtschau von Antonius’ Münzprägung), aber diese können und sollen an dieser Stelle nicht geschlossen werden. Trotz des Gefühls eines gewissen Unvermögens angesichts mangelnder Dichte und einseitiger Art der Überlieferung müssen die Quellen erneut „ins Kreuzverhör genommen werden“, wie Johann Gustav Droysen schrieb 3, wenn der Historiker meint, die Vergangenheit von einem neuen Blickwinkel aus erfassen und beurteilen zu können. Die Tatsache, dass diese Perspektive immer von einer subjektiv erfahrenen Gegenwart und von eigenen Sinngebungen beeinflusst wird, bedeutet kein Manko, sondern sie folgt einem Gesetz, welchem jede Erforschung und Deutung von Vergangenheit unterliegt. Gerade der sich wandelnde Blickwinkel reizt und fordert heraus, dem Geschehenen jeweils eine neue eigene Geschichte zu geben.

1. Eine römische Adelsfamilie Das alte Rom regierten ursprünglich die Häupter der großen Familien und der von ihnen abhängigen Schutzbefohlenen, genannt patres (Väter), die sich als Gruppe deshalb ‚Patrizier‘ nannten. Nur die patres hatten sich im Rat der Alten, dem Senat, getroffen, nur aus ihren Reihen hatten sich die wenigen Heerführer und Beamten der frühen römischen Republik rekrutiert, nur sie als Priester hatten dank des Vorrechtes, den Götterwillen auszulegen, auch mit den Göttern kommunizieren und das Einvernehmen zwischen Staat und Götterwillen herstellen können. Die Geschichte der Patrizierfamilien war identisch mit der Geschichte Roms, sie, die Claudier, Aemilier, Valerier, Iulier, Cornelier, glänzten auch noch Jahrhunderte später mit ihren stolzen Ahnenreihen und den Heldentaten ihrer Vorfahren. Das Geschlecht der Antonier gehörte nicht zu den patrizischen, sondern zu den vielen plebejischen Familien, die sich vermutlich in früher Zeit als Fremde in Rom niedergelassen hatten, also nicht Teil der patrizischen Familienclans und ihrer Klientel bildeten. Sie brachten es aber zu gewissem Reichtum und trugen entscheidend zur militärischen Stärke des Gemeinwesens bei. Nach langen Kämpfen hatten sie im vierten Jahrhundert den Patriziern einen Teil der Macht abgetrotzt und teilten sich fortan mit ihnen das höchste Staatsamt, den Konsulat. Wenn wir die mehr als zweifelhaften Zeugnisse über eine frühe Epoche beiseite lassen, über welche die Römer selbst keine authentische Überlieferung mehr besaßen, so betrat die gens Antonia allerdings auf sehr viel niedrigerer Stufe und erst einige Zeit später, zu Beginn des zweiten Jahrhunderts v. Chr., die Bühne der Geschichte. Woher sie kam, wie sich ihr gesellschaftlicher Aufstieg vollzog, liegt völlig im Dunkeln. Die frühesten bekannten Vertreter der Familie 1 sind für uns nur Namen ohne Geschichte: Ein Quintus Antonius befand sich während des Krieges gegen den Seleukidenkönig Antiochos III. 190 v. Chr. im Stabe des römischen Flottenbefehlshabers in der Ägäis; eine Generation später tauchen zwei Namensträger auf, vielleicht Brüder beziehungsweise Söhne des Vorigen: Ein Aulus Antonius wird im Jahre 168 als Gesandter vom römischen Feldherrn Aemilius Paullus zum soeben besiegten Makedonenkönig Perseus geschickt; ein Jahr später erhebt der Volkstribun Marcus Antonius Einspruch gegen den Antrag eines Prätors, das Volk von Rhodos für sein Verhalten im Krieg gegen Perseus seinerseits mit Krieg zu überziehen. Dieser Antonius zog den Prätor von der Rednertribüne, führte die Gesandten der Inselrepublik in den Senat und bewirkte, dass dieselbe zumindest vom Krieg verschont wurde. So dürftig und isoliert diese Überlie-

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Eine römische Adelsfamilie

ferung auch sein mag, so zeigt sie bereits eines: das Engagement der Antonier im Dienste der aufstrebenden Weltmacht Rom, zu einer Zeit, als sie sich anschickte, ihre Herrschaft über die hellenistische Staatenwelt auszubreiten. Diese Orientierung nach Osten sollte über alle Generationen hinweg geradezu zum Markenzeichen der Familie werden. Der Einsatz des Volkstribunen für die Rhodier lässt jedenfalls eine schon bestehende enge Bindung zwischen der Familie der Antonier und der bedeutenden Handels- und Seestadt erkennen, auch wenn die Hintergründe unbekannt bleiben. Wenn sie ihm nicht schon zuvor angehört hatte, so rückte die gens Antonia spätestens jetzt in den Senatorenstand auf, da die Volkstribunen fast regelhaft nach ihrer Amtszeit einen Senatssitz erhielten. Der Tribun des Jahres 167 mit dem Vornamen Marcus gehörte vermutlich zu den direkten Vorfahren des großen Triumvirn, da sich dieser Vorname nunmehr lückenlos über die folgenden Generationen nachweisen lässt. So wenig wir über einen Vertreter der nächsten Generation wissen, so glänzend steht plötzlich dessen Sohn Marcus Antonius im Lichte der Geschichte, der Großvater des Triumvirn, mit dem der Biograph Plutarch die Geschichte seines Protagonisten und der Familie überhaupt erst beginnen ließ. 2 Dieser Mann war Zeitgenosse einer Phase der römischen Geschichte, als die Stadt bereits weite Teile des Mittelmeerraumes erobert und den verbleibenden Rest von sich abhängig gemacht hatte. Römische Statthalter herrschten unmittelbar über den größten Teil der Iberischen Halbinsel, das südliche Gallien (die heutige Provence), über das Gebiet der ehemals mächtigen Rivalin Karthago (etwa das Gebiet des heutigen Tunesien), über Makedonien und Griechenland und das ehemalige pergamenische Königreich, die Provinz Asia, welche heute dem westlichen Teil der Türkei entspricht. Die Grenzen dieser Gebiete galten allerdings keineswegs als gesichert. Sie boten eine regelmäßig wiederkehrende Gelegenheit, militärischen Ruhm zu erwerben und diesen durch einen Triumphzug in Rom zu verewigen. Den Köpfen der Politiker lag die Vorstellung noch fern, fremden Völkern nicht nur Krieg, Knechtung und Kontributionen, sondern auch Frieden, Wohlstand und Rechtssicherheit zu bringen. Nicht dass die Römer den Weg der Eroberungen zur direkten Herrschaft planvoll und zielstrebig gegangen wären – aber ihr Konzept einer zunächst lockeren Form der Hegemonie, gemessen an den eigenen Sicherheitsinteressen, versagte durchweg. Das brutale Vernichtungswerk in Karthago und Korinth des Jahres 146 setzte dieser Erkenntnis ein trauriges Denkmal. Die Richtlinien der Politik bestimmte eine Kaste vornehmer Herren, die sich als ‚Nobilität‘ (nobiles) bezeichneten; sie bildeten innerhalb des Senatorenstandes eine herausgehobene Gruppe, da sie bereits die höheren Stu-

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fen der Karriereleiter – Ädil, Prätor, Konsul – erklommen hatten. Die nobiles ihrerseits wurden von einem engen, aus gut zwei Dutzend Namen bestehenden Kreis von Familiengeschlechtern angeführt, die das höchste Staatsamt, den Konsulat, praktisch unter sich aufteilten. Das einzige Ethos, dem sie sich verpflichtet fühlten, bestand im Dienste für das Gemeinwesen, die res publica, und darin, im Vollzug dieses Dienstes das Ansehen der eigenen Familie zu mehren. Die Geschichte dieser Familien wusste von Heldentaten aus der Frühzeit Roms zu erzählen, als die Stadt mit den umliegenden etruskischen und latinischen Gemeinden ums Überleben rang. Ob diese Geschichten allerdings wahr oder erfunden waren, spielte keine Rolle. Persönliche Tapferkeit, siegreich erfochtene Schlachten und zu Ende geführte Kriege schufen den Leitfaden der Geschichte Roms und für die führenden Familien den Quell steter Motivation, es den Vorfahren gleich zu tun. Am Ende beherrschte Rom bekanntermaßen die gesamte Mittelmeerwelt und große Teile Mitteleuropas. Im ausgehenden zweiten Jahrhundert v. Chr. befand es sich noch auf dem Wege dahin, wobei unter den heutigen Forschern nach wie vor kontrovers diskutiert wird, ob die römische Republik dabei häufiger die angegriffene oder die angreifende Partei war. Leider haben die adeligen Herren Roms die geordnete Verwaltung, das Wohlergehen der unterworfenen Territorien nicht mit demselben Eifer betrieben wie die Eroberung selbst. Die als Provinzen von Statthaltern im Range eines Prätors oder Konsuls verwalteten Untertanengebiete galten als Kriegsbeute. Zur ersten Pflicht der römischen Amtsträger gehörte zwar die Gewährleistung der inneren und äußeren Ruhe und Sicherheit der jeweiligen Provinz, und sie beließen in Ermangelung eines eigenen Beamtenapparates den Städten auch eine weitgehende Autonomie in lokalen Angelegenheiten, ansonsten dienten die Provinzbewohner jedoch als Melkkühe für die Steuerpächter und Statthalter selbst. Der erste in Rom eingerichtete ständige Gerichtshof befasste sich seit dem Jahre 149 mit Klagen der Provinzialen, die ihr Eigentum zurückforderten (repetere), daher der Name ‚Repetundenklage‘. Diesen Schritt war der Senat weniger aus einem Fürsorgedenken für die geplagten Untertanen als vielmehr aus der Furcht heraus gegangen, eine allzu schamlose Bereicherung einzelner Standesgenossen könne das sorgsam austarierte Machtgleichgewicht der herrschenden Klasse zerstören. Das Übel wuchs umso stärker, je ehrgeiziger die Karrieren, je teurer die Wahlkämpfe in Rom, je selbstbewusster die Soldaten wurden, die nach langen Kriegen ihren Lohn für den Aufbau einer zivilen Existenz forderten. Das Überhandnehmen von Machtmissbrauch und Habgier unter gleichzeitiger Abkapselung des Führungszirkels der Senatsaristokratie spülte

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seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts Kräfte nach oben, die dem exklusiven Führungsanspruch der Nobilität entgegentraten. Die Bundesgenossen Roms, rechtlich benachteiligt, aber zu den gleichen militärischen Leistungen wie der römische Vollbürger verpflichtet, begehrten ebenso auf wie einzelne Mitglieder der Nobilität selbst, die persönliche Verunglimpfungen und offenkundige Missstände nicht mehr hinzunehmen bereit waren. Die beiden Brüder Tiberius und Gaius Sempronius Gracchus hatten sich als Volkstribunen des entwurzelten Bauerntums und der darauf zurückzuführenden dramatischen Engpässe bei der Rekrutierung der Legionen angenommen und Wege aufgezeigt, auch gegen den Widerstand einer Senatsmehrheit ihren politischen Willen folgendermaßen durchzusetzen: mit Hilfe der Volksversammlung als dem Souverän, der nur eines durchsetzungsfähigen Magistraten bedurfte, bereit, ohne vorheriges positives Senatsvotum, wie es die Tradition vorgab, dem Volk Gesetzesanträge vorzulegen und verabschieden zu lassen. Es war denn auch weniger die Sache an sich, um die es ging, als vielmehr die Methoden, sie in Gesetzesform zu gießen, welche das Schicksal der Gracchenbrüder besiegelte. Unter rechtlich zweifelhaften Umständen fanden sie mit zahlreichen Anhängern innerhalb der Mauern Roms den Tod. Von nun an waren Gräben aufgerissen worden, welche die politische Klasse Roms spalten und einzelnen ihrer Mitglieder den Weg zu einer Position über oder neben der traditionellen Republik aufzeigen sollten. Diejenigen, die an der überkommenen Rolle des Senats als prärogative Instanz und höchste Autorität im Staate festhielten, nannten sich ‚Optimaten‘ (von optimi, die Besten); diejenigen, die am Senat vorbei die Volksversammlung zum alleinigen Souverän der Gesetzesfindung und -beschließung kürten, nannten sich ‚Populare‘. Allerdings geriet die ‚populare‘ Politik in nachgracchischer Zeit immer stärker in das Fahrwasser egoistischer Machtinteressen und zu einer Methode des politischen Kampfes. In dem Jahrzehnt nach dem Ende des Gaius Gracchus hatte sich das Senatsregime zwar wieder gefangen, aber es stand schon ein ‚neuer Mann‘ (homo novus) bereit, der später zum Vorkämpfer popularer Politik werden sollte. Damals noch jung an Jahren, hatte er in erster Generation seiner Familie den Sprung in den Senat geschafft: Gaius Marius, ein harter, tapferer Soldat, von eigensinnigem, etwas polterhaftem Wesen, das ihn auf dem Schlachtfeld glänzen, auf dem Forum und in der Senatskurie eher anecken ließ. Zu dieser Zeit trat auch Marcus Antonius, der Großvater des Triumvirn, in die Politik ein. Geboren im Jahre 143 v. Chr., absolvierte er vermutlich wie jeder junge Ritter oder Senator mit Anfang Zwanzig seinen Kriegsdienst und betrat im Jahre 113 mit der Quästur die unterste Stufe der senatorischen Ämterleiter. 3 Er sollte in dieser Funktion den Statthalter der

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Provinz Asia dorthin begleiten und ihn, wie es gemeinhin die Aufgabe der Provinzquästoren war, in allen Bereichen der Amtsführung, insbesondere in der Finanzverwaltung, unterstützen. Bevor er jedoch Italien verlassen konnte, musste er sich noch gegen eine Anklage wegen unerlaubter sexueller Beziehung zu einer Priesterin der Göttin Vesta verteidigen. Die sechs Vestalinnen mussten ewige Keuschheit schwören. Antonius verteidigte sich erfolgreich und vertrat während seiner Amtszeit den offenbar im Amt verstorbenen regulären Statthalter, einen Prätor. Im Apollonheiligtum auf der Insel Delos wurde er von der Gemeinde Prostaenna in der südkleinasiatischen Landschaft Pisidien mit einer Statue geehrt – offenbar für Wohltaten, die er während seiner Quästur erwiesen hatte. Delos selbst wählte ihn zum Patron der Insel, zum mächtigen Fürsprecher ihrer Interessen in Rom, wovon noch die Rede sein wird. 4 In den folgenden Jahren, für welche uns keine Nachrichten aus Antonius’ Leben vorliegen, brachen über die römische Innenpolitik wieder stürmische Zeiten herein. Das eklatante Versagen zahlreicher Heerführer der Nobilität und eine Kette von Bestechungsskandalen begünstigten den Aufstieg des erwähnten Gaius Marius bis zum Konsulat im Jahre 107. Als Oberbefehlshaber in Nordafrika konnte er, nachdem andere Feldherrn mehrere Jahre erfolglos Krieg geführt hatten, den König der Numider Iugurtha besiegen. Anschließend avancierte er zum Retter in der Not gegen die Kimbern und Teutonen, nachdem diese bereits vier römische Heere im südlichen Gallien vernichtet hatten. Die blanke Angst in Rom vor einem Einfall der Kelten in Italien war so gewaltig, dass Marius in den Jahren 104 bis 100 hintereinander zum Konsul gewählt wurde, ein Novum in der römischen Geschichte. Im Jahre 102 konnte er die Teutonen in Südgallien, ein Jahr später die Kimbern in der Poebene vernichtend schlagen. Den Erfolg verdankte Marius nicht nur seinem militärischen Genie sondern auch einer grundlegenden Reform des römischen Heerwesens: Er erweiterte die Rekrutierungsbasis für die Legionen, indem er auch die bis dahin ausgeschlossenen Besitzlosen ohne Vermögen einzog, außerdem führte er eine neue taktische Gliederung der römischen Legion ein. Unfreiwillig entzündete Marius aber damit einen zweiten Kriegsbrand auf der Insel Sizilien. Im Zuge seiner Heeresreform sollten auch unrechtmäßig ihrer Freiheit beraubte Sklaven zu den Legionen eingezogen werden können. Entsprechende Recherchen auf Sizilien führten zu einem Konflikt zwischen Statthalter, Herren und Sklaven, der sich zu einem vierjährigen schweren Krieg auswuchs. Schließlich und letztendlich galt es, eine dritte Gefahrenquelle einzudämmen, die Seeräubergefahr im östlichen Mittelmeer. Das Phänomen war so alt wie die Seefahrt an sich; schon die homerische Heldendichtung spricht davon. Es handelte sich da-

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bei nicht allein um planlose Einzelaktionen entwurzelter Abenteurer, sondern oft genug um straff organisierte Kriegszüge von Städten, Fürsten beziehungsweise in deren Auftrag. Das Übel konnte nie ganz ausgerottet sondern allenfalls durch besonders betroffene See- und Handelsmächte im Zaum gehalten werden. Die Piraterie blühte vor allem dort, wo sie über für Ortsunkundige schwer zugängliche Rückzugsgebiete verfügte: zerklüftete Küsten- und Insellandschaften mit unwegsamen Gebirgen. Abgesehen von der Küste Dalmatiens traf dies damals vor allem auf die Landschaft Kilikien in der heutigen südöstlichen Türkei und die Insel Kreta zu. Der römische Expansionsdrang im zweiten Jahrhundert v. Chr. hatte die ehemaligen Mächte, die im östlichen Mittelmeer diese Ordnungsfunktion übernommen hatten, die Attaliden von Pergamon, Rhodos, Byzantion und andere Hafenstädte entweder ausgelöscht oder geschwächt, ohne dass Rom als traditionelle Landmacht dieses Vakuum gefüllt hätte. Dass nun ausgerechnet im Jahre 102 die Gefahr so akut wurde, dass sich der Senat genötigt sah – auf dem Höhepunkt der Kimbern- und Teutonengefahr und des sizilischen Sklavenaufstandes –, einen Prätor mit einem eigenen Kommando und Kriegsauftrag gegen die Seeräuber Kilikiens zu betrauen, hing eben mit dem Sklavenkrieg zusammen. Einer der beiden Sklavenführer und selbsternannten Könige war ein gewisser Athenaion aus Kilikien, der in einem Bericht auch als ‚Seeräuber‘ bezeichnet wird. Die Nachrichten von den verheerenden Niederlagen römischer Armeen in Nordafrika, Südgallien, von den ersten Schlappen gegen die aufständischen Sklaven, werden auch dem Piratenunwesen neuen Auftrieb gegeben haben: Vor allem stand ein Zusammengehen mit den Sklaven in Sizilien zu befürchten, wenn ein kilikischer Landsmann dort das Sagen hatte. 5 Der Mann, der verbunden mit der Statthalterschaft der Provinz Asia diesen Auftrag erhielt, war Marcus Antonius, einer der Prätoren des Jahres 102, der von seiner Quästur in Asia her die Region aus eigener Anschauung kannte. 6 Da die Römer keine eigene stehende Flotte unterhielten, musste sich Antonius die Geschwader erst von den in Schiffsbau und Nautik erfahrenen Seestädten Griechenlands und Kleinasiens stellen lassen. Byzantion und Rhodos kam dabei der führende Part zu; die guten Beziehungen der Antonier namentlich zu Rhodos, die seit dem Engagement des Großvaters für die Insel bestanden, dürften für den Senat ein wesentliches Motiv gewesen sein, Antonius mit dieser Mission zu betrauen. Über Athen reiste Antonius nach Side in Pamphylien. In seinem Stab befanden sich neben anderen als Legat ein Sohn des berühmten Dichters Lucilius Hirrus, und als Quästor Aulus Gabinius, der Vater des Konsuls vom Jahre 58, unter welchem sich der Enkel des Antonius, unser Triumvir, als junger Mann seine ersten militärischen Lorbeeren verdienen sollte.

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Gestützt auf seine Provinz Asia, die auch die inneranatolischen Landschaften Lykaonien, Pisidien und die pamphylische Küstenebene umfasste, und die alliierte Flotte trug Antonius kombinierte Land- und Seeoperationen nach Kilikien vor, über deren Details wir leider nichts wissen, da die entsprechenden Quellen verloren gegangen sind. Während des Unternehmens fand ein Schwager von Ciceros Großvater, Marcus Gratidius, den Tod – Ciceros Familie wird noch genauer vorgestellt werden. Zum engeren Begleiter- und wahrscheinlich Freundeskreis gehörte außerdem Ciceros Onkel Lucius Tullius Cicero, der den Gesprächen des Feldherrn auch während dessen Studienaufenthalten in Athen und Rhodos zuhörte. Auf der Rückfahrt nach Italien machte Antonius am 4. September des Jahres 100 mit seinem Stab Halt auf der Insel Samothrake, wo er sich in die Mysterien der ‚Großen Götter‘ einweihen ließ, die ihren Schutz insbesondere den Seefahrern gewährten. In der betreffenden Inschrift werden Ciceros Onkel sowie ein Marcus Fannius als Angehörige des Ritterstandes unter ihm als Präfekten erwähnt, also als rechte Hand des Statthalters für militärische und andere Aufgaben jedweder Art. 7 Unter den fünf übrigen Namen finden sich auch zwei Männer aus dem griechischen Kulturkreis. Da Antonius nach seiner Rückkehr nach Rom im Herbst des Jahres 100 einen Triumph feiern durfte, muss er zumindest einen vordergründigen Erfolg zu verbuchen gehabt haben, der aber – wie sich herausstellen sollte – nur von kurzer Dauer war, da man römischerseits zu wenige Flotten- und Truppenverbände eingesetzt hatte. Die Ironie der Geschichte wollte es, dass dem Triumphator einige Zeit später die eigene Tochter aus seiner Villa bei Misenum von Seeräubern entführt und gegen Lösegeld freigekauft werden musste. 8 In Rom herrschte bei Antonius’ Rückkehr das politische Chaos. Marius, zum sechsten Mal Konsul, wurde die Geister, die er in der Person des Volkstribunen Lucius Appuleius Saturninus und des Prätors Gaius Servilius Glaucia gerufen hatte, nicht mehr los. Die beiden hatten in verschärfter Form Inhalte und Methoden gracchischer Politik aufgegriffen und für lange Zeit Marius als Verbündeten gewonnen, da die beiden die für die Versorgung seiner Veteranen notwendigen Gesetze gegen den Widerstand des Senats durchbringen sollten. Antonius gehörte damals offensichtlich zur politischen Gefolgschaft des Marius, beide gingen jedoch auf Distanz zu Saturninus und Glaucia, als diese zu immer gewaltsameren Methoden schritten, ihren persönlichen Ehrgeiz zu befriedigen: Saturninus wollte sich für das Jahr 99 zum dritten Mal zum Volkstribunen, Glaucia zum Konsul wählen lassen. Darüber kam es im Herbst des Jahres 100 zu Mord und Totschlag. Antonius wurde, da er damals mit seinen Truppen vor den Toren Roms auf seinen Triumph wartete, spontan beauftragt, den Zuzug von

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Anhängern des Saturninus zu unterbinden. Bald darauf fanden Saturninus und Glaucia in der Senatskurie den Tod, Antonius hingegen wurde für das Jahr 99 zum Konsul gewählt. 9 Die Erfahrungen, die Antonius im Osten gesammelt hat, spiegeln sich in jenem bekannten und viel diskutierten Gesetz, einer lex de provinciis, dem Gesetz über die Provinzen, aus den ersten Monaten des Jahres 99 wieder. 10 Das Gesetz schärfte nach den innenpolitischen Turbulenzen der vergangenen Jahre die Oberaufsicht und Weisungsbefugnis des Senats gegenüber den prätorischen Statthaltern der beiden östlichen Provinzen Macedonia und Asia ein. Es enthält einerseits klare Direktiven an die verbündeten Könige in Cypern, Cyrene, Syrien und Ägypten, den Piraten keinen Unterschlupf und keine Hilfe zu gewähren. Andererseits schützt es die Verbündeten vor willkürlichen Übergriffen römischer Statthalter, die ohne Erlaubnis des Senats die Grenzen ihrer Provinzen nicht überschreiten dürfen. Teile des Gesetzes tragen die Handschrift des soeben zurückgekehrten Antonius: Kilikien wird durch dieses Gesetz dem Amtsbereich und der Obhut des Statthalters der Provinz Asia zugewiesen, um in Zukunft eine größere Sicherheit der Seefahrt zu gewährleisten. Schon früher war die zentralanatolische Landschaft Lykaonien dem Statthalter von Asia zugeschlagen worden, was per Gesetz auch für die Zukunft geregelt wurde. Von dieser Region gingen die Routen über das Taurusgebirge nach Kilikien aus. Sie bildete also für jede militärische Operation gegen Kilikien einen militärstrategisch unverzichtbaren Baustein. Solche auch zukunftsweisenden Einsichten konnte nur jemand besitzen, der den Schauplatz aus eigener Anschauung kannte – Marcus Antonius. Schließlich die Rhodier: Sie bildeten gleichsam den Dreh- und Angelpunkt jeder maritimen Offensive im südkleinasiatischen Raum. Die Rhodier waren ausersehen, die Bestimmungen des Gesetzes den genannten Königen zu überbringen, nur ihre Gesandten erhielten in Rom das Recht, jederzeit ihr Anliegen im Senat vortragen zu dürfen – sie erfüllten für Rom die Rolle eines wachenden Auges in jener kritischen Region. Die bevorzugte Stellung, die Rhodos in dem Gesetzestext einnimmt, verdankte die Stadt zweifellos dem bestimmenden Einfluss des Antonius auf dessen Wortlaut, wobei sich nicht nur die Erfahrungen aus der Sicht des Feldherrn, sondern auch die seit seinem Großvater bestehenden freundschaftlichen Beziehungen der Antonier zur Insel niederschlugen. Die Stadt sah gerade zum damaligen Zeitpunkt einen prominenten Exulanten in ihren Mauern, den ehemaligen Konsul Quintus Caecilius Metellus Numidicus, Marius’ Vorgänger im Krieg gegen Iugurtha und sein erbitterter Feind, der sich als einziger Senator geweigert hatte, den Eid auf das Gesetz des Saturninus abzulegen und deshalb in die Verbannung ging. Hatte Antonius den Optimaten nach Rhodos vermit-

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telt? Ein Caecilius Metellus kämpfte später unter seinem Enkel in der Seeschlacht von Actium. Es ist wohl nicht zu hoch gegriffen, wenn man schon in dem Großvater des Triumvirn einen frühen, ja vielleicht den ersten großräumig denkenden Architekten einer römischen Herrschafts- und Sicherheitsstrategie im östlichen Mittelmeer erblickt, dessen Konzeption dann von Pompeius und unserem Antonius aufgegriffen und ausgebaut worden ist. Der Konsulat, der erste eines Antonius, bedeutete zweifellos einen Höhepunkt in der Familiengeschichte, übertroffen allenfalls durch das Amt des Zensors, in welches er zwei Jahre später gewählt wurde. Aus uns unbekannten Gründen wurde den Konsuln des Jahres 99 keine Provinz – wie es üblich war – zugesprochen, vielleicht hatten beide auf einen weiteren Aufenthalt außerhalb Italiens verzichtet. Den Ruhm des Antonius begründeten aber weder seine in Kilikien vollbrachten Kriegstaten noch seine höchsten Staatsämter sondern sein Talent als begnadeter Redner, als der er neben seinem Zeitgenossen Lucius Licinius Crassus an erster Stelle in seiner Epoche stand. Für jeden jungen Römer aus besserem Hause, insbesondere für angehende Politiker, war die Rhetorik Teil der höheren Bildung. Sie folgte auf den Elementarunterricht in Lesen, Schreiben und Rechnen und auf die Unterweisung in den wichtigsten Werken der griechischen Literatur. In Rhetorik existierten nur griechische Vorbilder und Lehrer, welche die einzelnen Teildisziplinen der Rhetorik wie sprachliche Gestaltung, Disposition, Art des mündlichen Vortrags und die Systematik des Argumentierens lehrten. Athen und Rhodos galten damals als die Elitestandorte für die Studien der neben der Rhetorik zweiten hohen Disziplin, der Philosophie, wobei Athen traditionell der Philosophie, Rhodos der Rhetorik verpflichtet war. Dort leitete ein Zeitgenosse des Antonius, Apollonios Molon, eine berühmte Schule, in der noch der junge Cicero sein Redehandwerk lernte. Es liegt natürlich die Annahme nahe, dass die guten Beziehungen der Familie zu dem Inselstaat den Antonius schon in seinen jungen Jahren dorthin geführt und sein Talent gefördert haben. Belege dafür existieren nicht, Antonius hat sich aber die Gelegenheit nicht entgehen lassen, während seines kilikischen Kommandos sowohl in Athen als auch in Rhodos Station zu machen und den dortigen Rhetoriklehrern zu lauschen.11 Die wesentlichen Kenntnisse über den Redner Antonius verdanken wir Ciceros Schrift „Über den Redner“ (de oratore). Dieses Zeugnis soll Anlass sein, jenen Mann kurz vorzustellen, der später als erbitterter Feind des Triumvirn auftrat und das Bild seines Gegners für die Nachwelt wesentlich geprägt hat. 12 Marcus Tullius Cicero (siehe Abb. 2) stammte aus der Landstadt Arpinum (Arpino), etwa 100 Kilometer südöstlich von Rom gelegen,

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und war ein Sproß eines der drei angesehensten Geschlechter der Stadt, die allesamt dem Ritterstand angehörten: der gens Tullia, Gratidia und Maria. Ciceros gleichnamiger Großvater war mit einer Gratidia, deren Bruder wiederum mit einer Maria verheiratet, einer Schwester des großen Marius. Wir hatten gesehen, dass die Antonier zu diesen arpinatischen Ritterfamilien in engeren Kontakt getreten sind – wir wissen nicht wie und warum –, denn Antonius’ Großvater nahm sowohl den Schwager von Ciceros Großvater als auch Ciceros Onkel in seinem Kommandostab nach Kilikien mit und segelte in den entscheidenden Jahren seiner senatorischen Karriere im Windschatten des Marius. Cicero, im Jahre 106 geboren, siedelte als etwa Zehnjähriger mit seinen Eltern und einem Bruder nach Rom über und erhielt dort dank persönlicher BezieAbb. 2: M. Tullius Cicero. Porträtbüste, Marmor, hungen Unterricht bei den berühmtesten ca. 50/43 v. Chr. Rom, Kapitolinische Museen. Rednern ihrer Zeit, Antonius und Crassus. Hier fand sich der hochbegabte, ehrgeizige Jüngling in besten Händen, erprobte schon als Vierzehnjähriger sein dichterisches Können. Was den Sprösslingen aus den etablierten senatorischen Familien eine eher konventionelle Beschäftigung oder einen Zeitvertreib bedeuteten mochte, gestaltete sich bei Cicero zur Stütze der politischen Karriereleiter: die Kunst der Rede. Sie, nicht das Militärhandwerk wie für die meisten adligen Römer, galt ihm als das Mittel, politische Macht auszuüben und im Sinne Platons als Philosoph den Staat (mit) zu lenken. Der Erfolg blieb ihm nicht versagt: Im Jahre 63 wurde er, der Sohn eines Ritters, zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum Konsul gewählt. Der berechtigte Stolz auf diese Leistung und sein Begehr, von nun an zu den Ersten der Republik und den Verteidigern ihrer Werte zu zählen, führten ihn später in einen tragischen Konflikt mit den reinen Machtmenschen der römischen Politik, zu denen auch der Triumvir Antonius gehören sollte. In de oratore, verfasst im Jahre 55, tritt Antonius neben seinem berühmten Zeitgenossen Crassus als Hauptgesprächspartner in einem fiktiven Kreis auf, den Cicero im Jahre 91 im Landhaus des Crassus zusammenkommen lässt. 13 Die Diskussion kreist um die Frage, ob der vollkommene

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Redner zusätzlich zu Begabung und Fleiß noch einer philosophischen Allgemeinbildung bedarf, um Argumente mit möglichst tiefer und beeindruckender Überzeugungskraft schmieden zu können. Das von Cicero über Antonius gezeichnete Bild präsentiert uns ein Naturtalent der Beredsamkeit, das sich sein Können nicht mittels intensiven Studiums aneignen musste. Seine Redeweise berührte die Emotionen der Zuhörer durch Gestik, Mimik, Leidenschaft des Vortragens, in der Sache gut verständlich, mit einem vorzüglichen Gedächtnis und spontaner Formulierungsgabe, so dass beim Zuhören der Eindruck erweckt wurde, er habe die Rede zuvor auswendig gelernt. Antonius verfasste ein kleines Buch über die Redekunst, das noch im ersten Jahrhundert n. Chr. gelesen wurde. Vor allem drei seiner Reden haben Berühmtheit erlangt: Unmittelbar nach der Rückkehr von seiner Quästur in Asia (112) klagte er den Konsul des Vorjahres, Papirius Carbo, nach dessen vernichtender Niederlage gegen die Kimbern und Teutonen de maiestate an wegen grober Vernachlässigung der Staatsinteressen und Verletzung der Würde des römischen Volkes – so überzeugend, dass Carbo Selbstmord beging. Im Jahre 98 verteidigte Antonius den Manius Aquilius, einen engen Freund und Mitkonsul des Marius. Als Prokonsul hatte dieser den sizilischen Sklavenaufstand niedergeworfen, dabei aber die Bevölkerung bis aufs Blut ausgesaugt. Aufgrund erdrückender Beweislast handelte es sich um einen nahezu aussichtslosen Fall. Dank mitreißender Rhetorik und Gestik – so zerriss er dem Konsular die Tunika und zeigte den Richtern die vernarbten Wunden – erreichte Antonius dennoch einen Freispruch. Drei Jahre später musste er den Gaius Norbanus verteidigen, angeklagt de maiestate wegen einer schon acht Jahre zurückliegenden Begebenheit. Norbanus hatte im Jahre 103 als Volkstribun im Bunde mit Appuleius Saturninus dafür gesorgt, dass der ehemalige Konsul Servilius Caepio, der gegen Kimbern und Teutonen in Südgallien eine schwere Niederlage hatte einstecken müssen, verurteilt und in die Verbannung geschickt wurde. Obwohl Licinius Crassus die Anklage führte, übernahm Antonius die Verteidigung, weil er den Norbanus in Kilikien ein Jahr lang als seinen Quästor schätzen gelernt hatte. Norbanus wurde freigesprochen und sollte als Anhänger des Marius und Cinna in den 80er Jahren noch eine große Karriere vor sich haben. Cicero ließ in der besagten Gesprächsrunde eine Gruppe loyaler Anhänger der Senatsaristokratie auftreten, zwar in der Ruhe des Landlebens, aber während einer aufgewühlten politischen Szenerie in Rom. Der Volkstribun Marcus Livius Drusus hatte die unerledigten Probleme der gracchischen Reformbewegung aufgenommen, aber trotz Unterstützung durch eine Reihe von Optimaten wie des Crassus sich im Senat nicht durchsetzen können. Vor allem die geplante, dann aber gescheiterte

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Gleichstellung der Bundesgenossen in Italien mit den römischen Vollbürgern stürzte die Halbinsel in einen heftigen zweijährigen Krieg, der mit der Ausdehnung des römischen Bürgerrechts auf ganz Italien südlich des Po – mit Ausnahme der Samniten – endete. Obwohl Optimaten und Populare zuvor zwecks Abwehr der gemeinsamen Gefahr einen Burgfrieden geschlossen hatten, brachen schon im Jahre 90 die Gegensätze wieder auf. Ihre führenden Köpfe waren auf popularer Seite Marius, der Held des Kimbern- und Teutonenkrieges, und auf optimatischer Seite Lucius Cornelius Sulla, der unter Marius als Quästor in Afrika gedient hatte und jetzt im Jahre 88 den Konsulat bekleidete und zu seinem erbitterten Feind geworden war. Antonius galt zu Recht als Verfechter der Senatsautorität, also als Optimat, da er Gegner eines allzu starken Einflusses des Ritterstandes namentlich in den Gerichtshöfen war. Während seines Konsulates hatte er den Gesetzesantrag eines Volkstribunen, der in die Fußstapfen des soeben ermordeten Appuleius Saturninus treten wollte, über eine neue Landverteilung zu Fall gebracht. Als Zensor stieß er einen Volkstribunen aus dem Senat, weil dieser ein Gesetz gegen übermäßigen Luxus hatte aufheben lassen. Antonius wurde angesichts dieser Vergangenheit neben vielen anderen prominenten Männern zur Zielscheibe eines Schauprozesses de maiestate. Dieser Prozess wurde von dem Volkstribun Quintus Varius im Jahre 90 gegen all jene geführt, welche angeblich die Italiker in den Aufstand gegen Rom getrieben hätten, der in Wirklichkeit aber der Kaltstellung führender Optimaten diente. Antonius musste sich verteidigen, obwohl er damals als Legat gegen die Italiker im Felde stand und damit seine Loyalität zu Rom unter Beweis stellte. Während viele Beschuldigte ins Exil gehen mussten, konnte sich Antonius dank seines Redetalents einer Verurteilung entziehen. 14 Antonius stand in dem folgenden Machtkampf zwischen Marius und Sulla um das begehrte Kommando im Krieg gegen König Mithridates von Pontos auf Sullas Seite. In die kurze Phase des Jahres 88, in welcher Sulla Rom beherrschte, am Vorabend der erwarteten römischen Gegenoffensive, fällt eine Ehrung des Antonius durch die Insel Delos im ägäischen Meer. Die Insel hatte sich in den Wirren der bis nach Griechenland vorgetragenen Offensive des Mithridates von ihrer jahrzehntelangen Zugehörigkeit zu Athen losgesagt und suchte nunmehr den Schutz einflussreicher römischer Politiker gegen Rückeroberungsabsichten der Athener, die Mithridates ihre Tore geöffnet hatten. Die Delier ehrten Marcus Antonius als ihren Patron mit einer Statue. Gleichzeitig und in derselben Weise wurde auch der Vater des Diktators Caesar, der kurz zuvor als Prätor die Provinz Asia verwaltet hatte, geehrt. Aber nach Sullas Abreise nach Griechen-

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land und der gewaltsamen Rückeroberung Roms durch seine Gegner Marius und Cinna im Sommer des Jahres 87 war Antonius einer derjenigen, die ganz oben auf der Liste der zu tötenden innenpolitischen Gegner standen. Er soll die Häscher, so berichtet Plutarch, mit seiner Wortgewandtheit so beeindruckt haben, dass sie mit niedergeschlagenen Augen die Schwerter sinken ließen, bis der Anführer des Trupps die Geduld verlor, Antonius den Kopf abschlug und ihn dem Marius überbrachte. 15 Der Redner Antonius hinterließ drei Kinder: eine Tochter Antonia, von deren Existenz wir nur dank der Seeräuberepisode wissen, und zwei Söhne, Marcus Antonius (der Ältere und Vater des Triumvirn) und Gaius Antonius (der Jüngere). Gaius Antonius wurde „Hybrida“ genannt, weil er offensichtlich einer Verbindung des Vaters mit einer Nicht-Römerin entsprossen ist – vielleicht einer Dame aus der griechischen Welt oder einer Freigelassenen oder auch einer Sklavin. 16 Geprägt durch den politischen Standort seines Vaters begleitete er als Befehlshaber einer Kavallerieeinheit Sulla auf dem Feldzug gegen Mithridates nach Griechenland und entkam so dem Schicksal, das seinen Vater in Rom traf. Schon bei diesem ersten Posten als junger Offizier hielten sich Berichte über ungebührliches Auftreten und negative Eigenschaften hartnäckig, die ihn auf fast alle Stationen seiner weiteren Karriere begleiten sollten. Im Jahre 76, als Sulla schon verstorben war und dessen schützende Hand nicht mehr über ihm schwebte, wurde er von den Griechen wegen Ausplünderung und Erpressung angeklagt, wobei der junge Caesar als deren Anwalt auftrat. Damals konnte sich Antonius dank eines Appells an die Volkstribunen wegen Befangenheit des prozessführenden Prätors noch einer Verurteilung entziehen. Zusätzlich soll er sich aus dem Vermögen der von Sulla Proskribierten bereichert haben. Im Jahre 70 stießen ihn die Zensoren, die ersten seit dem Jahre 92 gewählten, zusammen mit 63 anderen Standesgenossen aus dem Senat, bei denen sich zwischenzeitlich allzu viele kompromittierende Vergehen angehäuft hatten. Doch ein Jahr später waren die meisten wieder rehabilitiert. Unter ihnen war auch Antonius, dessen schnelle Karriere ihn nun über das Volkstribunat, die Prätur bis hin zum Konsulat als Kollege Ciceros im Jahre 63 führte. Eigentlich sollte Antonius nach dem Willen eines Kreises um den reichen Marcus Licinius Crassus zusammen mit Lucius Sergius Catilina Konsul werden. Gegen beide, Antonius und Catilina, hielt Cicero eine scharfe Rede, in welcher Catilina als verbrecherischer Profiteur aus den Proskriptionen Sullas zwar die härteren Vorwürfe, Antonius aber auch noch genug Verunglimpfungen einstecken musste. Um die innenpolitische Bühne zu beherrschen, lockerte Cicero die enge Verbindung zwischen Antonius und Catilina, indem er seinem Amtskollegen die eigentlich ihm vom

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Senat zugesagte Provinz Macedonia überließ. Böse Zungen behaupteten, dass dies Antonius in der Tat wohlwollend stimmte, weil er dort das notwendige Geld zur Tilgung seiner Schulden leichter herauspressen konnte. Cicero beschwor sogar die zwischen ihm und Antonius herrschende concordia (Eintracht).17 Antonius ließ Cicero in der Hauptstadt gegen die neuerlichen Umtriebe Catilinas zwar freie Bahn, hielt sich aber im Übrigen mit weiterer Unterstützung sehr zurück. Erst als die Verschwörung aufgedeckt, der Senat Catilina zum Staatsfeind (hostis) erklärt hatte, stand er bereit, die militärische Exekution gegen die Verschwörer zu übernehmen. Bei Pistoriae (Pistoia) im nördlichen Etrurien schlug er zu Beginn des folgenden Jahres Catilinas Armee, Catilina selbst fiel in der Schlacht. Dass Antonius’ Soldaten ihn mit dem ‚Imperator‘-Titel feierten, bedeutete allerdings den letzten Glücksmoment seiner Karriere als Soldat und Politiker. In seiner Provinz Macedonia machte er nur durch militärisches Versagen gegen die nördlich der Provinzgrenze siedelnden Volksstämme und rücksichtslose Ausbeutung der Untertanen von sich reden, was ihm nach seiner Rückkehr im Jahre 60 eine Anklage de maiestate und de repetundis einbrachte. Obwohl sich Cicero über die infamia, den üblen Ruf, des Mannes im klaren war, versuchte er ihn, den Sieger über Catilina, wenn auch lustlos, zu verteidigen. Da er den Antonius seinerzeit um einen Kredit für den Kauf eines teuren Hauses in Rom gebeten hatte, geriet er obendrein in eine peinliche Situation, als Antonius auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe erwidern konnte, er habe alles Geld mit Cicero teilen müssen. Es nutzte Antonius nichts, er wurde zum Geächteten und ging ins Exil auf die Insel Kephallenia im Ionischen Meer. 18 Erst Caesar begnadigte ihn, wie wir annehmen dürfen, auf Fürsprache seines Neffen. Letzterer verschaffte ihm auch eine späte Rehabilitierung, indem er dafür sorgte, dass sein Onkel im Jahre 42 noch Zensor wurde. Zum damaligen Zeitpunkt, unter der Herrschaft des zweiten Triumvirates, gab das Amt aber nur noch einen Schatten seiner einstigen Autorität ab. Bald darauf verstarb Antonius. Gaius Antonius hinterließ zwei Töchter. Die eine kennen wir nur als Gattin eines Lucius Caninius Gallus, der sich in jungen Jahren seine Sporen als Redner im Repetundenprozess gegen seinen eigenen Schwiegervater verdiente; Gallus wurde im Jahre 56 Volkstribun und war ein enger Freund Ciceros, sein Sohn erreichte unter den Triumvirn den Konsulat. Die zweite Tochter heiratete ihren Cousin, den Marcus Antonius; von ihr wird noch die Rede sein. 19 Kürzer und von ebenso wenigen Erfolgen begleitet verlief das Leben des älteren Sohnes des Redners, Marcus Antonius, Vater des Triumvirn. Von ihm besitzen wir immerhin zwei Charakterschilderungen. Plutarch be-

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schreibt ihn als Politiker ohne Fortune, aber von edler Gesinnung, aufrichtigem Charakter und trotz kleinen Vermögens als freigiebig. Seiner Gewohnheit gemäß bringt Plutarch eine passende Anekdote: Es war ihm trickreich gelungen, einem Freund, der ihn um Geld bat, statt des Geldes einen wertvollen Trinkbecher zukommen zu lassen. Er musste seine erzürnte Gattin deshalb später um Verzeihung bitten. Weniger schmeichelhaft klingt das Urteil Sallusts. Antonius sei gezeugt worden, um Geld zu verschleudern, und zeige Anteilnahme nur, sofern die Situation für ihn bedrohlich werde. In dieses Bild wurde demgegenüber die Mutter als eine der besten und klügsten Frauen ihrer Zeit eingefügt – eine Iulia, Tochter des Lucius Iulius Caesar, Konsul im Jahre 90, und einer Fulvia. Sie war die zweite Gattin des Marcus Antonius. Die Iulier gehörten dem patrizischen Senatsadel an: Der erste Iulius Caesar ist während des Zweiten Punischen Krieges am Ende des dritten Jahrhunderts bezeugt. Kurz danach verzweigte sich das Geschlecht in zwei Hauptstämme; dem einen gehörte Antonius’ Mutter Iulia an, dem anderen der Diktator Caesar. 20 Über die frühe Karriere des älteren Marcus Antonius wissen wir nichts. Er tritt erst in das Licht der historischen Überlieferung, als die römische Republik zum zweiten Mal mit einem größeren Unternehmen gegen die Seeräuber vorgehen musste. In den 70er Jahren hatte diese Plage das gesamte Mittelmeer erfasst und stellte eine ernsthafte Gefahr für die Herrschaftssicherung auf globaler Ebene dar. Die Piraten dienten sich nämlich als Verbündete für ernst zu nehmende äußere und innere Gegner des Staates an: Im Osten für König Mithridates von Pontos, der soeben den zweiten Krieg gegen Rom in Kleinasien eröffnet hatte, im Westen für Quintus Sertorius, der als ehemaliger Gefolgsmann des Marius und Statthalter in Spanien seit mehreren Jahren dem Senat die Stirn bot. Im Jahre 74 eröffnete Rom gleichzeitig den Krieg gegen Mithridates und gegen die Seeräuber. Da beide Konsuln nach Kleinasien geschickt wurden, fiel die Wahl des Senats für die maritimen Operationen auf den Prätor Marcus Antonius. Zweifellos erinnerte man sich in Rom der Taten seines Vaters in Kilikien und setzte entsprechende Erwartungen in die Fähigkeiten und den Ehrgeiz des ältesten Sohnes. Es galt nämlich wieder einmal, erst die Flottengeschwader von den Verbündeten einzusammeln. In diesem Punkte vertraute man auf die in der Familientradition begründeten Beziehungen und Kenntnisse. Antonius erhielt eine außerordentliche Befehlsgewalt ohne regionale Beschränkung zu Wasser und zu Lande bis einschließlich eines 30 Kilometer breiten Küstenstreifens, um auch die Rückzugsorte der Piraten wirksam bekämpfen zu können.21 Der so definierte Aufgabenbereich gab haargenau das Vorbild für das berühmtere Seeräuberkommando des Pompeius sieben Jahre später ab.

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Antonius bewegte sich zuerst im westlichen Mittelmeer an der ligurischen und ostspanischen Küste und in den Gewässern Siziliens, bevor er sich ein Jahr später nach Osten wandte. Im Zentrum seiner dortigen Operationen stand die Insel Kreta, eine berühmt-berüchtigte Piratenhochburg, hinter der sich freilich die Städte der Insel und ihre führenden Familien verbargen. Ein glücklicher Inschriftenfund aus der Stadt Gytheion an der Südspitze der Peloponnes verschafft uns einen kleinen Einblick in die logistischen Vorbereitungen des Unternehmens und nennt die Namen einiger Unterfeldherrn aus dem Stabe des Antonius, worunter sich Gaius Iulius Caesar, der spätere Diktator, befindet. 22 Caesar hatte soeben einen abenteuerlichen Aufenthalt in Kleinasien hinter sich, der eigentlich Studienzwecken dienen sollte. Er wurde von einer Entführung durch die Seeräuber und einem eigenmächtig unternommenen Handstreich gegen die Scharen des Mithridates unterbrochen. Caesars Aufenthalt in den griechischen Gewässern war aber nur von kurzer Dauer, und er erlebte nicht mehr das Ende des Unternehmens. Antonius forderte die kretischen Städte auf, ihre für Mithridates offen bekundeten Sympathien aufzugeben und insbesondere den in des Königs Diensten stehenden Piraten keinen Unterschlupf mehr zu gewähren. Unter maßgeblicher Führung des Lasthenes, Mitglied einer alten und einflussreichen Familie, pochten die Kreter auf ihre Unabhängigkeit und beschieden die römische Forderung abschlägig. Die anschließende Militäraktion des Antonius erbrachte wohl keine vernichtende Niederlage, wie man vielfach in der Literatur lesen kann, sondern einen gewissen, wenn auch nur mäßigen, Erfolg. Am Ende stand immerhin ein Friedensvertrag, der von den Kretern eine Zeit lang auch respektiert wurde und der dem Sieger den ehrenvollen Beinamen „Creticus“ einbrachte. 23 Noch vor seiner Rückkehr nach Rom verstarb Antonius im Jahre 72 oder 71 in Ausübung seiner Mission. Schon kurze Zeit später stand er in Ciceros Anklagerede gegen den sizilischen Statthalter Verres als Beispiel für niederträchtiges Verhalten gegenüber den Belangen der Provinz am Pranger. 24

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Karte. 1: Der östliche Mittelmeerraum um 90 v. Chr..

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2. Anfänge in Militär und Politik Dies war also die Familie, in welche Marcus Antonius hineingeboren wurde – mit einem berühmten und geachteten Großvater, aber mit einem Vater und Onkel, die weder als Soldaten noch als Politiker noch als Charaktergrößen der Ahnengalerie des Triumvirn Glanz verleihen konnten. Antonius war der älteste Sohn des Marcus Antonius ‚Creticus‘ und der Iulia; er besaß zwei jüngere Brüder, Gaius und Lucius, und eine Schwester Antonia. Alle sollten es schwer haben, wieder zu den Vordersten der stolzen und herrschsüchtigen Nobilität ihrer Zeit gerechnet zu werden. Anders stand es um die mythischen Ahnen der Antonier. Nach einer Sitte vieler vornehmer Geschlechter, die gegen Ende des zweiten Jahrhunderts aufkam, führte auch die gens Antonia die Ahnenreihen auf einen göttlichen oder gottähnlichen Vorfahren zurück; dieser Urahn wurde in der Regel über Namensähnlichkeiten kreiert. In diesem Fall wurde Antaios erwählt, ein Sohn des Herakles. Seit wann die Familie diese Genealogie propagierte, wissen wir nicht. Den ersten sichtbaren Beleg liefert der Triumvir selbst, als er im Jahre 49 mit seinen gezähmten Löwen, die er bald vor seinen Reisewagen spannen sollte, in Italien Aufsehen erregte. Der von Herakles erlegte Löwe beziehungsweise sein Fell stehen als Bildsymbol für die Abkunft von diesem Helden (Heros). 1 Eine Serie von Goldmünzen aus dem Jahre 42 stellt auf den Rückseiten die mythischen Vorfahren der soeben ernannten Triumvirn Antonius, Octavian und Lepidus vor, also bei Antonius den Antaios. Er wird als Krieger mit Schwert und Lanze gezeigt, der um die Hüfte gelegte Mantel als einziges Bekleidungsstück unterstreicht den heroischen Typ der dargestellten Person. Dass Antonius schon als Volkstribun im Alter von Anfang 30 Jahren sich als ‚Löwenbezwinger‘ in einer durchaus extravaganten Art und Weise der Öffentlichkeit zeigte, spricht sowohl für sein besonderes Leistungsethos als auch für seinen Hang zu einem extrovertierten, üppigen Lebensstil. Antonius’ Leben beginnt für den Biographen mit einer Kuriosität: Wir kennen zwar seinen Geburtstag, den 14. Januar, doch nicht das genaue Geburtsjahr, da sich diesbezüglich die Quellen widersprechen. Am wahrscheinlichsten ist das Jahr 83 v. Chr. anzunehmen. Sein Großvater war wenige Jahre zuvor umgebracht worden, seinen Vater sah er nur bis etwa zu seinem neunten Lebensjahr, bevor dieser in den Krieg zog, aus dem er nicht mehr zurückkehrte, sein Onkel war kompromittiert, und wurde, als Antonius etwa 13 Jahre alt war, aus dem Senat gestoßen. Kurz: Die männliche Verwandtschaft fehlte oder versagte, und so übernahm die Mutter

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Iulia die Erziehung des Sohnes. Nach dem Tode ihres ersten Gatten hatte sie Publius Cornelius Lentulus Sura aus dem patrizischen Hochadel Roms geheiratet. Die Cornelii Lentuli stellten allein im ersten Jahrhundert v. Chr. in einem Zeitraum von 70 Jahren, bis zum Todesjahr des Triumvirn, sieben Konsuln. Lentulus Sura begann seine senatorische Ämterlaufbahn unter Sulla und durchlief eine glatte Karriere bis zum Konsulat im Jahre 71. An seinem Namen hing aber der Geruch von Bestechung und schändlichem Lebenswandel, wie es in den Quellen heißt; ihn ereilte das gleiche Schicksal wie Gaius Antonius – er wurde von den Zensoren des Jahres 70 von der Senatorenliste gestrichen. Ob ihn Iulia kurz zuvor oder danach heiratete, wissen wir nicht. 2 Rehabilitiert, bekleidete er zum Zeichen seiner wieder erworbenen Standeswürde im Jahre 63 zum zweiten Male die Prätur, es war das Jahr der catilinarischen Verschwörung. Catilina, ebenfalls aus patrizischem, aber seit langem politisch bedeutungslosem und verarmtem Geschlecht, plante einen Staatsstreich gegen die herrschenden Optimaten, nachdem seine wiederholten Versuche, zum Konsul gewählt zu werden, fehlschlugen. Sein Potential fand er in den wirtschaftlich und politisch Gescheiterten aus allen Schichten der Gesellschaft, von denen sein prominentester Anhänger Lentulus Sura war. Über Lentulus wurde kolportiert, er werde nach Cinna und Sulla der letzte von drei Corneliern sein, dem das Schicksal die Herrschaft über Rom bestimmt habe. Im Gegensatz zu manchen Sympathisanten der Verschwörung, die wie Crassus oder Caesar den Optimaten einen Denkzettel verpassen wollten, machte sich Lentulus zur politischen Speerspitze des Unternehmens. Der Konsul Cicero konnte eindeutige Beweise über die in Rom geplanten Gewaltaktionen beibringen, sodass der Senat Lentulus und vier Mitangeklagte für schuldig befand und die Todesstrafe beschloss, die Cicero sofort exekutieren ließ. Plutarch äußert die Vermutung, dass Antonius’ spätere erbitterte Feindschaft gegenüber Cicero auf die von diesem veranlasste Hinrichtung seines Stiefvaters zurückging. 3 Wir verfügen allerdings über keinerlei Vorstellung der damaligen internen Familienverhältnisse im Hause der Iulia. Die folgenden Ereignisse vermitteln jedoch nicht den Eindruck einer permanenten und tiefen Abneigung; immerhin konnte Caesar den Cicero zehn Jahre später bitten, sich für Antonius’ Bewerbung um die Quästur zu verwenden. Bald darauf musste Antonius, er war Anfang Zwanzig, die Verurteilung seines Onkels wegen schlechter Provinzverwaltung und dessen Verbannung miterleben. Möglicherweise haben die traurigen, ja dramatischen Ereignisse im Familienleben des jungen Mannes den Eintritt in das öffentliche Leben hinausgezögert. Cicero hatte mit 17 bis 18 Jahren, Caesar mit 20, Crassus mit 21 Jahren seinen ersten Militärdienst geleistet. Andere hat-

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ten sich früh als Gerichtsredner zu profilieren versucht, der Meister der Rhetorik Lucius Licinius Crassus, Ciceros Lehrer, mit 20, Hortensius mit 19, Caesar mit 22 Jahren. Über Antonius ist aus jener Zeitspanne nichts außer den Widerwärtigkeiten bekannt, die Cicero, aber sehr viel später, in seiner zweiten Philippischen Rede über Antonius’ Jugendjahre ausschüttete; auch Plutarch fand in seinen Quellen nichts anderes vor. Danach geriet Antonius in den Bannkreis des Gaius Scribonius Curio und des Publius Clodius, beide eng miteinander befreundet, beide hochbegabte Politiker aus angesehenen Familien, die aber durch ihre provozierenden, unkonventionellen Methoden der Lebensführung und politischen Agitation die scharfe Kritik der konservativen Optimaten wie Cicero auf sich zogen. Curios Vater, Konsul des Jahres 76, besaß wie Antonius’ Großvater einen Namen als Redner, hatte von dieser Begabung auch mehr Talent auf seinen Sohn vererbt als Antonius an seine Nachkommen. Nach Cicero soll sich Antonius der Straßenprostitution hingegeben haben, bis ihn der gleichaltrige Curio zum Leidwesen von Curios Vater als seinen eigenen Liebhaber zu sich nach Hause nahm. Curio habe auch für Antonius’ Schulden in Höhe von sechs Millionen Sesterzen gebürgt, sich aber, da selbst überschuldet und aus Furcht vor dem Zorn des Vaters, in seiner Not an Cicero gewandt mit der Bitte, die Summe bei seinem Vater loszueisen. Cicero rechnete es sich im Jahre 43 noch hoch an, dem hoffnungsvollen Jüngling Curio damals aus der Klemme geholfen und den Vater überredet zu haben, die Schulden des Sohnes zu begleichen. Publius Clodius Pulcher, ein Patrizier mit dem ursprünglichen Namen Publius Claudius Pulcher, ein paar Jahre älter als Antonius und Curio, führte sich mit einem handfesten Skandal in die stadtrömische Öffentlichkeit ein. Im Dezember des Jahres 62 hatte er verbotenerweise an einem nur für Frauen zugänglichen Fest zu Ehren der Bona Dea als Frau verkleidet teilgenommen, das Caesars Gattin Pompeia zu Hause ausgerichtet hatte. Clodius wurde entdeckt; in dem folgenden Prozess traten sein Freund Curio als Verteidiger, kein Geringerer als Cicero als Ankläger auf. Cicero schwang wieder einmal die moralische Keule und beschuldigte Clodius sogar des Inzestes mit seiner Schwester. Unter skandalösen Umständen, dank hoher Bestechungssummen, ist Clodius zwar freigesprochen worden, aber Cicero stand nunmehr im Visier dieses Mannes. Clodius wechselte, um als Volkstribun die Gesetzesinitiative übernehmen zu können, vom Patrizier- in den Plebejerstand und führte erst von diesem Zeitpunkt an den plebejischen Familiennamen Clodius anstelle des patrizischen Claudius. Seine Rache an Cicero fokussierte er auf ein Gesetz, das er mit Unterstützung der Triumvirn Caesar, Pompeius und Crassus als Volkstribun einbrachte und welches Cicero zwang, wegen der Hinrichtung der Catilinarier

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ins Exil zu gehen. Insofern wird verständlich, dass es aus der Sicht Ciceros zum Verwerflichsten zählte, was ein Mensch begehen konnte, nämlich zu den Kumpanen seines Todfeindes Clodius gehört zu haben; dieses Faktum wurde durch ihn zum Menetekel einer durch und durch verdorbenen Jugend stilisiert. Selbstverständlich begegnen wir damit einer ganz einseitig verzerrten Sichtweise auf den jungen Antonius, denn Clodius handelte damals in vollem Einvernehmen sowohl mit den Triumvirn als auch mit den beiden Konsuln des Jahres 58. Insofern ist Antonius’ Parteinahme für Clodius weder als außergewöhnlich noch als verwerflich zu bezeichnen. Noch im gleichen Jahr trennten sich die Wege der beiden Freunde. Antonius nahm jetzt, mit etwa 25 Jahren, die Gestaltung seines weiteren Lebens in Angriff. Er begab sich den Gepflogenheiten junger senatorischer Adliger gemäß auf eine Studienreise nach Griechenland, um, wie Plutarch schreibt, seinen Körper für den Kriegsdienst zu trainieren und sich in der Kunst der Beredsamkeit zu üben – beides wurde im griechischen Gymnasion vermittelt. Wieder einmal bleiben Einzelheiten im Dunkeln – über seine dortigen Lehrer sowie den Ort seines Aufenthaltes (Athen?) –, doch Antonius kann sich nicht allzu lange den schönen Künsten hingegeben haben, denn spätestens im Jahre 57 folgte er dem Ruf des neuen syrischen Statthalters Aulus Gabinius auf einen Posten als Reiteroffizier. Gabinius, einer der Konsuln des Jahres 58, war vermutlich der Sohn des gleichnamigen Quästors, der unter Antonius’ Großvater in Kilikien gedient hatte. Er zählte zu den eifrigsten und treuesten Gefolgsleuten des Pompeius. Als Volkstribun des Jahres 67 initiierte er das Gesetz, welches dem Pompeius den Oberbefehl im Kriege gegen die Seeräuber verschaffte und in den nächsten Jahren diente er ihm als sein Unterfeldherr in Syrien und Judäa. Er kannte also die Regionen, in die er nunmehr als Statthalter entsandt wurde. Da Gabinius als Konsul zu den Unterstützern des Clodius gehörte, hat er spätestens zu diesem Zeitpunkt die Bekanntschaft mit Antonius gemacht, sofern die Familien diese dank des Vaters und Großvaters gemeinsamer Tätigkeit im Osten nicht bereits schon länger begründet hatten. Sobald ein Gesetz des Clodius dem Gabinius den Posten in Syrien zugewiesen hatte, wird er Antonius die Stelle eines Befehlshabers der Reiterei angeboten haben. Syrien war erst wenige Jahre zuvor nach Beseitigung der armenischen Vorherrschaft über das ehemalige Seleukidenreich von Pompeius als römische Provinz eingerichtet worden. Aber weniger Syrien selbst als das südlich angrenzende Reich der Hasmonäer in Judäa beanspruchte damals wie in den folgenden Jahrzehnten die volle Aufmerksamkeit der römischen Autoritäten. Deren Eingreifen in Judäa bietet durchweg ein Musterbeispiel für die Defizite und Grenzen der römischen Provinzialadministration. In diesem Fall führten die komplizierten inner-

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jüdischen Strukturen, römische Vorurteile gegenüber der jüdischen Religion und die Unfähigkeit und Korruptheit der Statthalter zu einem Knäuel nahezu permanenter Konfliktsituationen. Pompeius hatte im Zuge eines internen Machtkampfes zwischen den Hasmonäerbrüdern Hyrkanos und Arsitobulos Jerusalem erobert, das Königtum beseitigt, Hyrkanos mit dem Titel eines ‚Ethnarchen‘ der Oberaufsicht des syrischen Statthalters unterstellt und Aristobulos mitsamt Familie für den Triumphzug als Gefangene nach Rom geführt. Gabinius war noch vor Ende seines Konsulatsjahres aus Rom abgereist, hat den Winter vielleicht in Griechenland verbracht und traf mit Antonius im Frühjahr des Jahres 57 in Syrien ein. Kaum angekommen musste er auch schon in Judäa zugunsten des Hyrkanos intervenieren, weil Alexander, ein Sohn des Aristobulos, die Flucht aus der Gefangenschaft geglückt war und nun mit schnell zusammengerafften Anhängern seines Vaters den Hyrkanos zu vertreiben gedachte. 4 Den gleichen Versuch startete kurz darauf Aristobulos selbst, der sich ebenfalls aus Rom – wohl durch Bestechung – davon machen konnte. Militärisch hatten diese Scharen den römischen Legionen nichts entgegenzusetzen, so dass beide, Vater und Sohn, besiegt und Aristobulos zum zweiten Mal als Gefangener nach Rom geschickt wurden. Im Zuge dieser Strafaktionen findet zum ersten Mal die persönliche Tapferkeit des Antonius Erwähnung. Insbesondere vor der Festung Alexandreion (etwa 35 km nördlich des Toten Meeres gelegen) zeichnete er sich vor den anderen Unterfeldherrn des Gabinius aus. Die Römer wurden dabei von Hyrkanos treuen jüdischen Hilfstruppen unterstützt, die unter dem Befehl des Antipater standen, eines Idumäers und der rechten Hand des Ethnarchen. Auf diese Zeit ging die Gastfreundschaft zwischen Antonius, Antipater und dessen Sohn Herodes zurück, dem Antonius später zur Königswürde über Judäa verhelfen sollte. 5 Gabinius ist damals mit allen Herausforderungen und Verlockungen, die der Osten zu bieten hatte, konfrontiert worden. Thronstreitigkeiten innerhalb der benachbarten Herrscherhäuser boten Gelegenheit, gegen gutes Geld der unterlegenen Partei zu ihrem Recht zu verhelfen und dabei noch das eigene Ruhmeskonto zu vergrößern. Zwar hatten mehrere Gesetze den Statthaltern verboten, ohne ausdrückliche Genehmigung des Senats die Provinzgrenzen in kriegerischer Absicht zu überschreiten, aber Gabinius gehörte zu der Sorte von Männern, die sich dank mächtiger Rückendeckung in Rom, in diesem Fall des Pompeius, wenig darum scherten. Ein Angehöriger des parthischen Herrscherhauses, den der König, sein Bruder, aus Medien vertrieben hatte, lockte Gabinius, mit ihm über den Euphrat zu ziehen und ihn bei der Rückgewinnung des Thrones zu unterstüt-

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zen. Das Untenehmen kam nur aus dem Grunde nicht zustande, weil eine scharfe Senatsdepesche aus Rom eingetroffen war, die Gabinius das Verlassen seiner Provinz untersagte. Bald fand sich aber ein noch besseres Angebot, welches für Antonius’ späteres Leben von Bedeutung sein sollte. Es betraf das altehrwürdige Reich der Ptolemäer am Nil, das noch immer das wohl reichste Land am Mittelmeer, doch machtpolitisch nur noch ein Schatten seiner selbst und zu einer Art Bananenrepublik verkommen. Im Jahr von Gabinius’ Konsulat war der damalige König Ptolemaios XII. aus Alexandria vertrieben und als politischer Flüchtling in Rom eingetroffen. In Ägypten regierte an seiner statt die Tochter Berenike IV. Bei Gabinius hatte sich nun ein Adliger aus dem im nördlichen Kleinasien gelegenen Königreich Pontos namens Archelaos eingefunden; es handelte sich um den Sohn des gleichnamigen Generals des Königs Mithridates aus dem ersten großen gegen Rom geführten Krieg, der nach Kriegsende auf die römische Seite gewechselt war. Dem Sohn hatte Pompeius wenige Jahre zuvor den reichen und angesehenen Tempelstaat von Komana in Pontos (heute Tokat) übertragen, bei welcher Gelegenheit der jüngere Archelaos wohl mit Gabinius, der als Legat in Pompeius’ Stab diente, Freundschaft geschlossen hat. Den Archelaos ließen Loyalität zu dem Römer oder Aussicht auf Reichtum, Ruhm und Ehre zu Gabinius in Syrien stoßen, als dieser sich anschickte, ins Partherreich einzumarschieren. Als Gabinius das Vorhaben abbrechen musste, suchte und fand Archelaos eine andere Möglichkeit des Weiterkommens. Da man am ägyptischen Hof einen Gatten für die junge Königin suchte, um deren Position zu stärken, bot Archelaos Berenike seine Hand an, indem er sich als Sohn des pontischen Königs Mithridates ausgab. Berenike willigte ein, und Archelaos bestieg den ägyptischen Thron.6 Wenige Monate später erschien dann bei Gabinius der aus Rom kommende vertriebene König Ptolemaios XII. Er hatte bei Pompeius entgegen eines anders lautenden Gesetzes seine Rückführung nach Ägypten erwirkt. Mit einem Schreiben des Pompeius in der Hand und einer gut gefüllten Schatulle im Gepäck brachte er Gabinius dazu, ihn mit Hilfe der römischen Legionen nach Alexandria auf den väterlichen Thron zurückzuführen. Auf diesem Feldzug soll Antonius zum ersten Mal als Soldat brilliert haben. Er nahm mit seinen Reitern die Grenzfestung Pelusion ein und trug in der entscheidenden Schlacht gegen die Truppen der Königin wesentlich zum Sieg bei. Plutarch schildert sodann sein Verhalten, mit dem er seine Beliebtheit bei der Bevölkerung Alexandrias begründete: Er konnte zwar nicht den Tod der jungen Königin, die der eigene Vater umbringen ließ, wohl aber ein größeres Blutbad unter der Bevölkerung verhindern. Vor allem besorgte er dem gefallenen Archelaos ein königliches

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Begräbnis, denn dieser hatte auch zu Antonius’ Freunden gezählt. Der Historiker Appianos berichtet von einem angeblichen ersten Treffen zwischen Antonius und der damals dreizehnjährigen Kleopatra, in die sich der Römer schon damals verliebt haben soll – es ist besser, diese Episode, ob wahr oder erfunden, auf sich beruhen zu lassen. 7 Die Statthalterschaft des Gabinius überschattete allerdings, wie so viele der damaligen Zeit, das Odium der Bestechlichkeit, der schamlosen Bereicherung auf Kosten der Provinzialen und darüber hinaus der Vernachlässigung seiner eigentlichen Pflichten – es hieß, während seiner Abwesenheit hätten die Seeräuber den Bewohnern seiner Provinz schwer mitgespielt. Er wurde im Frühjahr 54 von dem Triumvirn Crassus abgelöst und reiste in Erwartung seines Prozesses angeblich besonders langsam nach Rom zurück, wo er Mitte September eintraf. Die Anklage lautete auf Verletzung der maiestas des römischen Volkes wegen seines eigenmächtigen Vorgehens in Ägypten und auf Ausbeutung seiner Provinz. Da Gabinius sowohl von Pompeius als auch von Caesar gedeckt wurde und Cicero gegen seine innere Überzeugung gezwungen wurde, für Gabinius zu sprechen, böte der Prozessverlauf Stoff für eine eigene Skandalgeschichte unter den vielen im damaligen Rom. Vom ersten Anklagepunkt wurde er freigesprochen, im zweiten Punkt aber verurteilt und ins Exil geschickt, aus dem ihn Caesar zu Beginn des Bürgerkrieges zurückholen sollte. Cicero schrieb dem Antonius elf Jahre später in seiner Aufzählung der Jugendsünden auch das ägyptische Unternehmen aufs Schuldenkonto – ungeachtet der Tatsache, dass er selbst den Gabinius in diesem Punkte verteidigt hatte und obwohl Antonius gar nicht anders handeln konnte als dem Befehl seines Vorgesetzten Folge zu leisten. 8 Antonius war nicht Zeuge dieses unwürdigen Gezerres gewesen, sondern hatte zuvor die wohl wichtigste und nachhaltigste Entscheidung für seinen künftigen Lebensweg getroffen: sich von Pompeius und dessen Zöglingen abzuwenden und seinen weiteren Militärdienst bis zur Quästur im Lager von Gaius Iulius Caesar zu absolvieren. Ohne in Rom Station zu machen, begab er sich zu dem Eroberer Galliens, der damals im Land der Eburonen an der unteren Maas im Winterquartier lag. Er mochte fürchten, in dem Strudel, in welchem Gabinius gerade versank, mit hinunter gezogen zu werden und schon den Start für ein erfolgreicheres Politikerleben, als es Vater und Onkel vorgelebt hatten, zu verpassen.9 Für Caesar sprach zunächst einmal die Tatsache, dass seine Mutter Iulia aus dem Geschlecht Caesars stammte, darüber hinaus kannte Caesar Antonius’ Vater aus den Zeiten des kretischen Feldzuges. Die Vermutung liegt also nahe, dass Caesar den etwa 17 Jahre jüngeren Antonius bereits aus der Zeit vor dem Gallischen Krieg persönlich kannte. Vielleicht hat der Prokonsul auch vom

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Mut und Draufgängertum gehört, welche Antonius vor Alexandria bewiesen hatte, und ihm seinerseits angeboten, in seinen Stab einzutreten. Das Geschlecht der Iulier, aus welchem auch Antonius’ Mutter stammte, ist bereits kurz vorgestellt worden. Gaius Iulius Caesar (Abb. 3), geboren im Jahre 100, gehörte zu einem seit Generationen angesehenen, weitläufigen patrizischen Familienclan; zahlreiche Iulii Caesares zierten die römische Konsulliste. Caesars Vater war allerdings schon nach der Prätur als Legat im Dienste des Marius und Cinna verstorben, ohne den Konsulat erreicht zu haben. Seine Schwester, Caesars Tante, war mit Gaius Marius verheiratet, der junge Caesar selbst hatte eine Tochter Cinnas geehelicht. Die Verwandtschaft gab also den politischen Standort im Lager der Popularen vor,verlangte dem knapp Zwanzigjährigen aber auch seine erste Mutprobe ab. Er weigerte sich, sich aus politischer Raison von seiner Gattin zu trennen, und musste dafür eine Zeit lang das LeAbb. 3: C. Iulius Caesar. Porträtkopf ben eines Flüchtlings und Verfolgten frisaus Tusculum. Turin, Antikenmuseum. ten. Anders als Cicero absolvierte Caesar an rhetorischer Ausbildung – in Rhodos – nur das Quantum, welches zum standesgemäßen guten Ton gehörte, tauchte stattdessen ganz in das Soldatenleben ein und machte durch mutige Husarenstücke gegen die Seeräuber von sich reden. Seine Karriere als Politiker war gezeichnet von einer Mischung aus Skrupellosigkeit und Genialität und war getrieben von einem unbändigen Machtinstinkt. Zur Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele schienen ihm die Möglichkeiten des Konsulates alleine, welches er im Jahre 59 bekleidete, nicht sicher genug zu sein. Deshalb hatte er zuvor ein Bündnis mit Gnaeus Pompeius, dem größten Feldherrn, und mit Marcus Licinius Crassus, dem reichsten Manne jener Zeit, den so genannten Ersten Triumvirat, geschmiedet. Als Konsul drückte Caesar gegen den erbitterten Widerstand der Optimaten Gesetze durch, die den Wünschen der drei Politiker nachkamen. Im Mittelpunkt seines eigenen Bestrebens stand

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eine langjährige Statthalterschaft, während der er so viel Ruhm und Reichtum anhäufen konnte, dass er fortan vom ersten Platz unter Roms Politikern nicht mehr zu verdrängen sein sollte. Als Schauplatz oder, besser ausgedrückt, als Opfer dieser Begierde war Gallien ausersehen. Caesar verschaffte sich per Volksgesetz, welches der Volkstribun Publius Vatinius einbrachte, die Provinz Illyricum (den Küstenstreifen Dalmatiens), die Gallia cisalpina (Oberitalien nördlich des Apennin) auf fünf Jahre, unter dem Druck des Pompeius fügte der Senat die Gallia transalpina, also das Land der Kelten jenseits der Alpen, als Amtsbereich hinzu. Pompeius und Crassus hatten als Konsuln im Jahre 55 nicht nur sich selbst per Gesetz einträgliche Provinzen zugeschanzt, Spanien und Syrien, sondern Caesars Provinzen um weitere fünf Jahre bis zum Ende des Jahres 50 verlängern lassen. Kurz vor Antonius’ Ankunft in Gallien hatte Caesar bereits Regionen erreicht, die noch kein römischer Soldat vor ihm betreten hatte. Im Neuwieder Becken ließ er eine Brücke über den Rhein schlagen und durchstreifte knapp drei Wochen lang das rechtsrheinische Germanien. Im gleichen Jahr setzte er für eine kurze Expedition nach Britannien über, eine für seine Naturschätze berühmte Insel am Rande der damals bekannten Welt, ein Unternehmen, das seine Wirkung in Rom nicht verfehlte. Zum engsten Zirkel um den Oberfeldherrn gehörten seine Legaten, Unterfeldherrn und gegebenenfalls auch Unterhändler und Diplomaten, derer Caesar in dem weiten gallischen Raum besonders bedurfte. Sie hatten in der Regel ihre senatorische Ämterkarriere bereits begonnen und suchten aus verschiedenen Gründen – und wenn es nur der Bereicherung diente – das Intermezzo des Offiziersdienstes, um ihre reguläre Laufbahn zu gegebener Zeit fortzusetzen. Die Offiziere, die Antonius an Caesars Seite vorfand, standen für dessen unkonventionelle Art, seine Gefolgsleute nicht alleine nach ihrer Herkunft, sondern nach ihren Fähigkeiten auszuwählen. Zum Zeitpunkt, als Antonius in Gallien eintraf, stammten nur die wenigsten der zehn Legaten aus senatorischen Familien. Der nach seiner Herkunft Erste hieß Marcus Licinius Crassus, der älteste Sohn des Triumvirn, gefolgt von Marcus Iunius Silanus aus einer konsularen Familie und Publius Sulpicius Rufus, Sohn des berühmt-berüchtigten Volkstribunen des Jahres 88. Alle anderen stammten aus ‚neuen‘ Familien; einige hatten bereits die Prätur bekleidet und erhofften sich von Caesar Unterstützung bei der Bewerbung um den Konsulat: So Quintus Tullius Cicero, jüngerer Bruder des großen Redners und Prätor im gleichen Jahr wie Caesar (63), Titus Labienus aus Picenum, Prätor in Caesars Konsulatsjahr 59. Zwei weitere Gefolgsleute waren erst im Jahre 55 Volkstribunen gewesen: Gaius Trebonius und Gaius Fabius, andere erst Quästor wie Lucius Muna-

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tius Plancus aus Tibur, Titus Sextius und der reiche Lucius Minucius Basilus aus Picenum. Außer Labienus und Quintus Cicero hielten sie alle Caesar im kommenden Bürgerkrieg die Treue, und Caesar belohnte sie mit Ehrenstellen, Geld und militärischem Ruhm. 10 Antonius, damals noch nicht einmal dem Senatorenstande zugehörig, begründete hier in Gallien die Freundschaft mit einer Reihe von Caesars Gefolgsleuten, die ihm später als Triumvir unentbehrliche Helfer wurden: Munatius Plancus, Quintus Fufius Calenus aus Kampanien, der erst im Jahre 51 als Legat nach Gallien kam, Publius Ventidius Bassus, aus niedrigsten Verhältnissen in Asculum in Picenum stammend, unterhielt einen Fuhrpark in Rom und wurde Caesars wichtigster Heereslieferant. Zum Dank nahm ihn der Diktator im Jahre 47 in den Senat auf. Ventidius stellte sein militärisches Talent in den Dienst des Antonius, der ihn schon vier Jahre später zum Entsetzen der Nobilität zum Konsul beförderte. 11 Antonius fand sich in einer Gesellschaft ehrgeiziger Männer wieder, denen das Ducken und Buckeln in Rom zu mühsam und damit der Erfolg zu ungewiss war. Caesars Art, junge Talente ohne Rückendeckung oder Beziehungen zu fördern und sich Freunde für die Zukunft zu verpflichten, bot die gegebene Alternative. Umgekehrt kamen Caesar Männer vom Typ eines Antonius besonders gelegen: Einerseits war dessen Name in Rom bekannt und die Familie gehörte zur Nobilität, andererseits stand Antonius aufgrund der schwachen Figuren, die Vater und Onkel abgegeben hatten, abseits der engen und verpflichtenden Netzwerke der Hauptstadt – und er war tüchtig. Den ersten Posten, den Antonius von Caesar erhielt, kennen wir nicht, jedoch schickte ihn der Prokonsul, stets darauf bedacht, die Karrieren seiner Anhänger zu fördern, schon nach einem Jahr zwecks Bewerbung um die Quästur nach Rom. Er bat Cicero, Antonius’ Bewerbung zu unterstützen. Antonius fand in der Hauptstadt chaotische Zustände vor, die durch die Bewerbungen des Clodius um die Prätur und seines Erzfeindes Annius Milo um den Konsulat für das Jahr 52 verursacht worden waren. Sie bewirkten offenbar, dass seine Kandidatur vorerst nicht zum Zuge kam, doch blieb er in Rom, um hier im Sinne Caesars zu wirken. Nachdem Crassus im Juni des Jahres 53 in der Schlacht bei Carrhae in Mesopotamien gefallen war, musste Caesar seine Position zu Pompeius und den Optimaten neu austarieren und war zu diesem Zweck im darauf folgenden Winter nach Ravenna gereist, wo er Cicero traf. Den Plan, sich zusammen mit Pompeius für das Jahr 52 zum Konsul wählen zu lassen, musste er angesichts des Aufstandes des Vercingetorix in Gallien, der seine dortige Anwesenheit erforderte, aufgeben. Er konnte allerdings Pompeius’ Einwilligung zu einem Plebiszit erhalten, welches ihm gestattete, sich für

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das Jahr 48 um den Konsulat bewerben zu dürfen, ohne dafür in Rom persönlich erscheinen zu müssen. Antonius gehörte, nachdem sein alter Freund Clodius im Januar ermordet worden war, drei Monate später zu den Unterzeichnern einer Anklage gegen Milo, die Clodius’ Anhänger mit dem Einverständnis von Caesar und Pompeius verfolgten. Im Frühherbst wurde er dann zum Quästor für das folgende Jahr (51) gewählt und begab sich sofort in Caesars Provinz. Ohne dass er an der üblichen Verlosung der Provinzen teilnehmen musste, und ohne die gesetzlichen Formalitäten abzuwarten, reiste er alsbald nach Gallien ab. Dort wurde er nämlich dringend gebraucht, weil Caesar sich anschickte, Vercingetorix in Alesia einzuschließen, und die übrigen gallischen Völker ein großes Entsatzheer aufstellten. Caesar erwähnt Antonius in seiner Schrift de bello Gallico das einzige Mal, als dieser zusammen mit Trebonius den eigenen Soldaten im Schanzwerk vor Alesia zu Hilfe kommt. Zu Beginn des neuen Jahres 51 ließ Caesar Antonius, nunmehr Quästor, als Befehlshaber der Winterlager zurück, während er selbst in 40 Tagen eine Expedition gegen die Biturigen führte. Dann finden wir Antonius als Befehlshaber der 12. Legion an Caesars Seite, der ihn bald darauf mit 15 Kohorten im Stammesgebiet der Bellovaker am Unterlauf der Seine zurückließ. Zu Beginn des Winters musste Antonius eines der letzten Feuer des Widerstandes austreten, welches der Fürst Commius im Gebiet der Atrebaten an der oberen Schelde entfacht hatte. 12 So sehr Caesars Eroberungswerk für ihn und seine Getreuen Ruhm, Ehre und Reichtum bedeutete, so tief ließ der mit unglaublicher Grausamkeit geführte Krieg das einst freie Gallien in eine Apathie von Ohnmacht und Trauer sinken. Den letzten Widerständlern in Aquitanien, sofern er sie lebend fasste, ließ Caesar als abschreckendes Beispiel die Hände abhacken, damit sie nie wieder Waffen tragen konnten. Das geschundene, ausgeblutete und ausgeplünderte Land musste Caesars Weg zur Macht in Rom ebnen. Es diente nicht nur als Ruhmesblatt für den Sieger, sondern auch als Geldquelle, aus der Caesar für sich selbst, seine Offiziere, Soldaten, die Politiker in Rom schöpfte – vom vornehmen Senator wie Cicero, dem er ein Darlehen von 200.000 Sesterzen gewährte, bis zum einfachen Legionär, den er durch bislang nicht gekannte Donative an sich band. Zu den auf diese Weise Begünstigten und Begüterten gehörte sicher auch Antonius. Caesar war von ihm begeistert. Hirtius, der Verfasser des achten Buches des bellum Gallicum, schrieb, dass Antonius mit Caesar auf äußerst vertrautem Fuße stand. Caesar hatte Größeres mit ihm vor und bewies an Antonius wie auch an vielen anderen Anhängern sein Talent, im richtigen Augenblick die richtigen Männer in die passende Position zu lancieren. 13 Kaum war der Winter vorüber, schickte Caesar Antonius nach Rom,

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damit er sich auf eine durch Tod eines Mitglieds frei gewordene Stelle im Priesterkollegium der Auguren bewerbe. Die Anfänge dieses altehrwürdigen, geachteten Kollegiums datierten die Römer selbst in die Königszeit zurück. Seine Hauptaufgabe bestand in der Deutung göttlicher Zeichen als Zustimmung oder Ablehnung von bevorstehenden Handlungen staatlicher Amtsträger oder Kollegien. Seit Sulla zählte es 15 Mitglieder und ihm gehörten damals unter anderen Pompeius, Cicero, Antonius’ Onkel mütterlicherseits Lucius Iulius Caesar und zwei weitere Konsulare an. Die Wahl erfolgte durch das Volk nach einer vom Kollegium aufgestellten Kandidatenliste. Antonius’ einzige, aber gewichtige Empfehlung bestand in der Tatsache, dass auch sein Großvater bis zu seiner Ermordung durch die Schergen Cinnas dem Augurenkollegium angehört hatte. Mit Caesars Geld, Druck und sicher auch der Fürsprache seines Onkels konnte sich der junge Quästorier gegen einen gewesenen Konsul, Lucius Domitius Ahenobarbus, durchsetzen.14 Das Jahr 50 stand allerdings nicht im Zeichen dieses Ereignisses, sondern der sich zuspitzenden Auseinandersetzung über Caesars Schicksal nach seiner gallischen Statthalterschaft. Davon hing seine Zukunft als Privatperson und Politiker ab, denn seine innenpolitischen Gegner sehnten nichts sehnlicher herbei, als Caesar für die während seines Konsulates begangenen legislativen Gewaltakte zur Rechenschaft zu ziehen. Caesars Kommando in Gallien endete nach zehnjähriger Dauer am 31. Dezember des Jahres 50. Der Senat durfte gemäß eines von den Konsuln Pompeius und Crassus im Jahre 55 initiierten Gesetzes nicht vor, sondern erst ab dem 1. März desselben Jahres über einen Nachfolger beratschlagen. Dieser Nachfolger hätte Caesar sofort am 1. Januar des Jahres 49 ablösen, sein Heer übernehmen und Caesar nach Rom schicken können, wo er sich als Privatmann den Anklägern hätte stellen müssen. Der ihm für das Jahr 48 zugesagte Konsulat und das Privileg, sich um diesen in Abwesenheit bewerben zu dürfen, hätten sich in Luft aufgelöst, und er selbst hätte in völliger Bedeutungslosigkeit in irgendeinem Verbannungsort leben müssen. 15 Caesar parierte den Angriff der Gegner, an deren Spitze der Konsul Gaius Claudius Marcellus stand, mit einer Hinhaltetaktik, die infolge des Vetos eines Volkstribunen jede Beschlussfassung über einen Nachfolger verhinderte. Denn: Solange kein Nachfolger in der Provinz eingetroffen war, musste der betreffende Statthalter bis zu dessen Ankunft in derselben bleiben. Er behielt seine Befehlsgewalt und war juristisch nicht zu belangen, bis er die Stadtgrenze Roms überschritt. Dieser Volkstribun hieß Gaius Scribonius Curio, Antonius’ Jugendfreund. Er hatte zwischenzeitlich als Quästor dem Statthalter der Provinz Asia gedient und war für das Jahr 50 zum Volkstribun gewählt worden. Caesar bemühte sich, den als

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glänzenden Redner bekannten Mann aus vornehmem Hause auf seine Seite zu ziehen, und dies gelang bei dem notorisch hoch verschuldeten Curio – kurz zuvor hatte er aufwändige Leichenspiele zu Ehren seines verstorbenen Vaters gegeben – am besten mit Geld: Caesar ließ sich nicht lumpen und übernahm auf einen Schlag alle Schulden in Höhe von 10 Millionen Sesterzen. Aber Curio war sein Geld wert: Caesar kombinierte seine Verhinderungstaktik mit dem gleichzeitigen Angebot, er werde sein Kommando abgeben, sofern Pompeius dasselbe, seine spanischen Provinzen betreffend, tue. Dazu war nun Pompeius, dem diese Provinzen im Jahre 52 noch einmal um fünf Jahre verlängert worden waren, begreiflicherweise nicht bereit. Dessen ungeachtet, gelang es Curio kurz vor Ende seines Tribunatsjahres Anfang Dezember, die grassierende Angst vor einem Bürgerkrieg in einem Senatsbeschluss aufzufangen, der beide Prokonsuln, Pompeius und Caesar, aufforderte, ihre Befehlsgewalt gleichzeitig niederzulegen. Der überrumpelte Konsul Marcellus ergriff nun eigenmächtig die Initiative, das heißt ohne gesetzliche Grundlage oder einen vorherigen Senatsbeschluss. Er überstellte Pompeius die Aufforderung und die Vollmacht, alle Maßnahmen zum Schutze des Staates zu ergreifen. Pompeius nahm an. 16

3. Der Bewunderer Caesars Omnibus audendis paratissimus – der richtige Mann auf Caesars Seite In dieser aufgewühlten Situation trat Antonius am 10. Dezember des Jahres 50 sein Volkstribunat an, unterstützt von Quintus Cassius Longinus, aus vornehmer konsularer Familie und verwandt mit dem späteren Caesarmörder. Leider hatte Antonius keine Gelegenheit mehr, anders als Curio im Jahr zuvor, dem in ihn gesetzten Vertrauen als Diplomat und Redner gerecht zu werden. Die Ereignisse gingen über die beiden Volkstribunen Caesars hinweg. Noch im Dezember ritt Antonius eine erste Attacke gegen Pompeius vor einer Volksversammlung, die ohne Wirkung blieb. Caesar vertraute in dieser hoch explosiven Lage ohnehin dem in der stadtrömischen Politik erfahrenen Curio mehr als seinen beiden Neulingen. Für die Senatssitzung am 1. Januar 49 hatte er Curio mit einem Schreiben nach Rom geschickt, in welchem er seinen Standpunkt noch einmal auf den Punkt brachte: Entweder beließ ihn der Senat in Gallien und erkannte sein Privileg an, sich von dort aus in Abwesenheit um den Konsulat für das Jahr 48 zu bewerben, oder alle militärischen Befehlshaber sollten ihr Kommando gleichzeitig niederlegen. Der neue Konsul Lucius Cornelius Lentulus Crus weigerte sich, dieses Schreiben auch nur verlesen zu lassen. Zwar konnten die Tribunen die Verlesung durchsetzen, doch verhinderte der Konsul eine inhaltliche Debatte und lenkte die Aussprache in eine caesarfeindliche Richtung, die in einen Senatsbeschluss mündete, Caesar habe zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt bedingungslos und als einziger von seiner Befehlsgewalt zurückzutreten. Das tribunizische Veto des Antonius und Cassius bewirkte allerdings nur eine Eskalation. Am 7. Januar fasste der Senat den ‚äußersten Beschluss‘ (senatus consultum ultimum), der alle Beamten aufforderte, die zum Schutze des Staates notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Im Klartext heißt das: den renitenten Prokonsul von Gallien notfalls mit Waffengewalt zur Aufgabe seines Kommandos zu zwingen. Mit diesem Beschluss sahen die für Caesar agierenden Volkstribunen ihre Tätigkeit erst einmal als beendet an; sie begaben sich zusammen mit Curio zu ihrem Herrn. Während Caesar in seiner eigenen Schilderung des Bürgerkrieges die Abreise aus Rom als Flucht darstellte, nachdem die tribunizischen Rechte mit Füßen getreten worden seien, betonte dagegen Cicero, den Tribunen sei keinerlei Gewalt angetan worden und sie seien aus freien Stücken zu Caesar abgereist. Letzteres trifft sicher

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die Wahrheit. Es wird Curio gewesen sein, der den Entschluss zur Abreise zu verantworten hatte – vielleicht auf eine Weisung Caesars hin für den Fall der Fälle. Caesar konnte die von ihm als ‚Flucht‘ bezeichnete Handlungsweise der Volkstribunen in hervorragender Weise als Argument für das in seinen Augen rechtlose Vorgehen seiner persönlichen Feinde in Rom verwenden und sich als Schirmherr der tribunizischen Rechte stilisieren. Cicero griff diese Sichtweise in seiner zweiten Philippischen Rede auf. Er instrumentalisierte sie zu einer Anklage gegen Antonius selbst, der Caesar geradezu den Grund geliefert habe, das Vaterland mit Krieg zu überziehen. Die Tribunen trafen Caesar in Ariminum (Rimini). Den zwischen seiner Provinz und Italien nördlich gelegenen Grenzfluss Rubico hatte er am Abend vorher überschritten und damit der Republik den Krieg erklärt. Die Tribunen wurden in Caesars militärischen Stab unter Verleihung einer Befehlsgewalt im Range eines Prätors eingereiht und führten den Titel tribuni plebis pro praetore. 1 Antonius nahm, ohne auf Widerstand zu treffen, mit fünf Kohorten Arretium (Arezzo) ein. Im Februar nahm er, von Corfinium aufbrechend, binnen eines Tages die Übergabe der Stadt Sulmo entgegen. Vermutlich erlebte Antonius auch die Übergabe von Corfinium (Corfinio) am 21. Februar, wo sich Caesars vom Senat ernannter Nachfolger in Gallien, Lucius Domitius Ahenobarbus, verschanzt hatte. Er begab sich zusammen mit Cassius dann nach Rom, das die Konsuln und Pompeius mit einem Großteil des Senats bereits in Richtung Griechenland verlassen hatten. Für den 1. April beriefen sie ordnungsgemäß eine Senatssitzung ein. Der widerspenstige und vor Angst bebende Rumpfsenat ließ sich jedoch nicht dazu missbrauchen, Caesar nachträglich die Absolution für sein Vorgehen zu erteilen und schwieg größtenteils zu Caesars Rechtfertigungsargumenten. In seinem Zorn ließ dieser sogar einen leibhaftig interzedierenden Volkstribunen beiseite drängen, der ihm den Weg zum Reservestaatsschatz im Tempel des Saturn versperren wollte. Mitte April begab sich Caesar über Massilia (Marseille) nach Spanien, um dort die pompeianischen Generale auszuschalten, bevor er sich der entscheidenden Auseinandersetzung mit Pompeius in Griechenland zuwenden wollte. In Italien sowie in den umliegenden Provinzen und Seegebieten ließ er von ihm neu ernannte Kommandanten und Statthalter zurück, darunter den jüngeren Bruder des Marcus, Gaius Antonius. Dieser wurde als Legat an die dalmatinische Küste geschickt, machte aber keine glänzende Figur gegen die Flotte des Pompeius’. 2 Die Hauptstadt selbst vertraute Caesar dem Prätor Marcus Aemilius Lepidus an. Lepidus stammte aus patrizischem Hause; seine Vorfahren standen seit zweihundert Jahren in den Konsullisten. Obwohl er als Protégé Caesars noch zu

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solcher Macht aufsteigen sollte, dass er neben Antonius und Octavian später im Triumvirat berücksichtigt wurde, hat er von den Zeitgenossen das denkbar schlechteste charakterliche Zeugnis erhalten. Er besaß jedenfalls nichts von dem Wagemut und Draufgängertum seines Vaters, der als Konsul nach Sullas Tod dessen Gesetzgebung annullieren lassen wollte und dafür – schon eine Generation vor Caesar – den Kampf mit der Senatsmehrheit aufgenommen hatte. 3 Den de facto bedeutenderen Posten erhielt aber der eigentlich rangniedrigere Antonius. Er sollte während Caesars Abwesenheit mit einer umfassenden militärischen und zivilen Gewalt Italien bis zum Apennin in Schach halten – für einen Mann im Range eines Volkstribunen eine ungeheure Verantwortung und Machtfülle. Caesar hatte ihm strikt befohlen, niemanden von adligem Stand aus Italien ausreisen zu lassen. Bald nach Caesars Abreise begab sich Antonius nach Kampanien, um einige hochrangige Senatoren, die Pompeius nicht oder noch nicht gefolgt waren und von ihren Landsitzen aus missmutig die Entwicklung der Dinge abwarteten, aus der Nähe im Auge zu behalten. Dazu zählten die ehemaligen Konsuln Gaius Claudius Marcellus, Servius Sulpicius Rufus und Cicero, der auf seinem Landgut bei Cumae weilte. Antonius ging die hohen Herren mit Schmeicheleien an, versicherte ihnen die Wertschätzung Caesars, an den er sie verwies, falls sie sich zu Pompeius nach Griechenland zu begeben wünschten. Cicero hoffte Anfang Mai, Antonius werde ihn besuchen, wurde aber enttäuscht. Antonius hielt sich eine Zeit lang in seiner eigenen Villa auf, die sein Großvater schon besessen hatte. Cicero mokierte sich in einem Brief an seinen Freund Atticus vom 9. Mai über Antonius’ ‚Regierungsstil‘ : Atticus solle sich vor den Löwen des Antonius in Acht nehmen. Von den Stadtoberhäuptern der benachbarten kampanischen Gemeinden erfuhr Cicero aus erster Hand, dass Antonius bis neun Uhr zu schlafen pflegte und die eigens einbestellten und früh angereisten Vertreter aus Neapel und Cumae brüskierte, indem er ihnen einfach befahl, am nächsten Tage wiederzukommen; er wolle sich waschen und ein Abführmittel nehmen. Am Tage darauf segelte er aber zur Insel Aenaria (Ischia), um den dort in der Verbannung Lebenden die Rückkehr zu versprechen. Wir besitzen in diesem Fall ein Dokument höherer Authentizität als die später verfassten hasserfüllten Invektiven der Philippischen Reden. In Ciceros Worten spiegelt sich eine Mischung aus Belustigung und Verachtung des Konsulars gegenüber dem kleinen Volkstribunen wieder, der sich dank einer Fügung des Schicksals einmal als Herr Italiens gebärden konnte. Antonius hat diese Rolle seinerseits sicher in vollen Zügen genossen, einmal ohne die Aufsicht seines Herrn und Meisters Caesar denselben vertreten zu können. Er konnte hier schon ansatzweise seinem Hang zu einem üppi-

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gen Lebensstil frönen, der ihm sicherlich schon im Elternhaus dank der intensiven Kontakte seiner Vorfahren zum hellenistischen Osten vermittelt worden war; später kam dem auch Caesars ‚Hofhaltung‘, die dieser mit seinen Freunden pflegte, entgegen. Mit seiner extravaganten Attitüde, Löwen abzurichten und mitzuführen, wollte er an die mythische Herkunft seiner Familie von Herakles erinnern. Nach der Schlacht bei Pharsalos hat er als erster Römer Löwen vor seinen Wagen spannen lassen. 4 Das Motiv veranlasste übrigens den österreichischen Bildhauer Arthur Strasser zu seiner Skulptur (Abb. 1), für die er auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 eine Goldmedaille erhielt. Cicero äußert sich indigniert über Antonius’ Gefolge, in welchem seine Mätresse Cytheris, inmitten seiner Amtsliktoren in einer Sänfte getragen, den Mittelpunkt bildete. Cytheris war ein ‚Künstlername‘ und bedeutet ‚der Aphrodite gehörig‘. So nannte sich die Freigelassene Volumnia, als Schauspielerin und ihrer Schönheit wegen berühmt – begehrt und besungen von vielen anderen Zeitgenossen. Das in Ciceros Augen Anstößige bestand darin, dass Antonius’ Gattin Antonia unmittelbar neben Cytheris getragen wurde, gefolgt von weiteren sieben Sänften mit Freunden und Freundinnen.5 Cicero, des Wartens und der Erniedrigungen in Italien überdrüssig, gelang es, am 7. Juni in der kleinen Hafenstadt Caieta (Gaeta) bei Formiae (Formia) ein Schiff zu besteigen, das ihn zu Pompeius nach Thessalonike brachte. Ob ihm dabei Quintus Hortensius, Caesars Flottenbefehlshaber im Tyrrhenischen Meer, behilflich gewesen ist, wissen wir nicht. Hortensius hatte Mitte Mai Ciceros Landgut besucht und sich gegenüber seiner Gattin Terentia ehrerbietig über ihn geäußert, was Cicero zum Anlass nahm, Hortensius’ noble Geste deutlich von Antonius’ Art der Selbstinszenierung abzusetzen. Da weder Antonius noch Hortensius von Caesar einen Tadel wegen Ciceros Abreise erhielten, scheint dieselbe mit dessen vorheriger oder nachträglicher stillschweigender Einwilligung erfolgt zu sein. 6 Was Antonius während Caesars Abwesenheit den Rest des Jahres über geleistet hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Selbst Cicero fiel nachträglich in seiner zweiten Philippischen Rede nichts anderes ein, als in deftigeren Worten das zu schildern, was er bereits in seinen auf dem Formianum geschriebenen Briefen mitgeteilt hatte. Es galt, Ruhe und Ordnung in Italien zu gewährleisten – die wichtigen Aktionen behielt sich Caesar selbst für die Zeit nach seiner Rückkehr aus Spanien vor. Im Dezember erschien er wieder in der Hauptstadt, nachdem er die Statthalter des Pompeius ausgeschaltet hatte. Schon zuvor hatte der Prätor Lepidus auf einen Volksbeschluss hin Caesar zum Diktator ernannt, damit dieser ohne umständliche Prozeduren die dringendsten Angelegenheiten in Rom regeln konnte.

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Darunter fielen auch die Verteilung der Provinzen und die Wahl der Magistrate für das kommende Jahr. Vermutlich nach einer von Antonius recherchierten Liste wurden die in den 50er Jahren aus den verschiedensten Gründen verbannten Politiker in großem Stil per Gesetz rehabilitiert. Dies betraf auch Antonius’ ehemaligen Vorgesetzten Aulus Gabinius, nicht aber seinen Onkel Gaius, was Cicero nicht vergisst, ihm anzukreiden.7 Caesar legte die Diktatur nach elf Tagen rastloser Aktivität nieder und begab sich noch vor Jahresende zu seinen in Brundisium (Brindisi) bereitgestellten zwölf Legionen, um den Krieg gegen Pompeius nach Griechenland zu tragen. Er benötigte gerade in diesem Feldzug den Wagemut und die spontane Entschlussfreudigkeit seines Quästors aus Gallien. Antonius erhielt sehr wahrscheinlich die Stellung eines Legaten und begleitete Caesar nach Brundisium. Der Gegner lag mitten in der Winterruhe: Pompeius befand sich in Thessalonike und die gegenüberliegende griechisch-epirotische Küste wurde vom Oberbefehlshaber der feindlichen Flotte, Marcus Calpurnius Bibulus, nur nachlässig bewacht. In kühnem Entschluss gelang es Caesar am 4. Januar, sieben der zwölf Legionen mit etwa 20.000 Mann über das Meer zu setzen und an der epirotischen Küste bei Orikos (am südlichen Ende des heutigen Golfes von Vlores, Albanien) an Land zu gehen, um sofort nordwärts bis Apollonia (Poian/Albanien) vorzudringen. Pompeius wurde seine Unachtsamkeit, die es dem Gegner erlaubte, auf der griechischen Seite Fuß zu fassen, letztlich ebenso zum Verhängnis wie Jahre später dem Antonius im Endkampf mit Octavian. Antonius sollte die restlichen Truppen so schnell wie möglich übersetzen, aber das winterliche Wetter und die nunmehr lückenlose Bewachung der gegenüberliegenden Küsten zögerten das Unternehmen zum Leidwesen Caesars immer wieder hinaus. Der Gegner wagte sich sogar mit einem Geschwader aus 50 Schiffen bis vor Brundisium, wurde dort aber mit einer von Antonius geführten Gegenattacke zum Abdrehen gezwungen. In der ersten Märzhälfte gelang es dann Antonius und seinem Kollegen Fufius Calenus – die beiden kannten sich aus Gallien – endlich, Caesar die heiß ersehnten Verstärkungen zuzuführen. In dem folgenden Stellungskrieg bei Dyrrhachium (Durazzo, Durrës) zeichnete sich Antonius wiederholt durch beherztes Eingreifen auch in schwierigen Situationen mehrfach aus, so dass Caesar ihm anschließend am 9. August in der entscheidenden Schlacht bei Pharsalos in der thessalischen Ebene den Befehl über den linken Flügel seiner Armee anvertraute. Da allerdings die Entscheidung auf dem rechten Flügel fiel, wo Caesar persönlich den Angriff der starken pompeianischen Reiterei mit einer eigens gebildeten vierten Schlachtreihe erfolgreich und die Schlacht entscheidend parierte, ist Antonius’ Flügel vermutlich überhaupt nicht richtig zum Schlagen gekommen. 8

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Caesar selbst übernahm es, Pompeius nach Ägypten zu verfolgen. Mit der Sicherung Italiens hatte er für Antonius eine nicht minder wichtige Aufgabe vorgesehen, denn mit der gewonnenen Schlacht und auch nach dem Tode des Pompeius in Ägypten waren die Gegner noch keineswegs gänzlich ausgeschaltet. Die intakte Flotte beherrschte die Adria und die Gewässer Siziliens, und die pompeianischen Führer und ihre Truppen sammelten sich im Gebiet der Provinz Africa, dem heutigen Tunesien. Selbst in Italien herrschte während des Feldzugs in Griechenland Aufruhr. Der Prätor Marcus Caelius Rufus entfachte gegen die von Caesar kurz zuvor erlassenen Gesetze über die Schuldentilgung eine populare Agitation, die auf die vollständige Aufkündigung aller Schuldverhältnisse hinauslief. Diese Bewegung erhielt dadurch eine solche Brisanz, dass Annius Milo aus seinem Verbannungsort Massilia (Marseille) eigenmächtig zurückkehrte und bewaffnete Banden aufstellte. Dem entschlossenen Vorgehen von Caesars Mitkonsul Publius Servilius Isauricus war es zu verdanken, dass sich daraus keine zweite catilinarische Verschwörung entwickelte. Milo und Caelius fanden den Tod. 9 Die an allen Enden aufgewühlte Lage des Reiches veranlasste Caesar, sich nach der Schlacht von Pharsalos zum zweiten Mal das Amt des Diktators antragen zu lassen, und zwar nunmehr für ein ganzes Jahr, wohl in der Hoffnung, bis dahin den Widerstand der Pompeianer gebrochen zu haben. Die notwendigen gesetzlichen Prozeduren erledigte der Konsul Servilius in Rom. Der römische Diktator hatte traditionsgemäß einen ‚Reiteroberst‘ (magister equitum) als Stellvertreter zur Seite, dessen Posten Antonius vorbehalten war. Es spricht für die uneingeschränkte Wertschätzung und das Vertrauen Caesars Antonius gegenüber und bedeutet eine Belohnung für bisher geleistete Dienste, wenn er ihn jetzt zum zweiten Mann im Staate machte. Schon rein formal bedeutete diese Diktatur eine Ungeheuerlichkeit, da die Amtsdauer der Diktatur nach der Sitte der Vorfahren auf maximal sechs Monate begrenzt war. Darüber hinaus besaß Antonius lediglich den niedrigen Rang eines ehemaligen Volkstribunen, zumal er noch nicht einmal die Prätur, bekleidet hatte, die eine eigene Befehlsgewalt einschloss, wie der Historiker Cassius Dio richtig bemerkte. Dass Antonius als etwa 35-Jähriger über eine solche Machtfülle verfügte, verdankte er natürlich der Ausnahmesituation des Bürgerkrieges und einem einzigen Manne: Caesar. In dieser Phase seines Lebens wuchs seine grenzenlose Bewunderung für Caesar. Der Diktator wurde in all seinem Denken, seinem Handeln und seiner Selbstdarstellung zu Maßstab und Vorbild. Bei seiner Rückkehr nach Italien traf Antonius in Brundisium auf einen zerknirschten Cicero. Caesar hatte diesem über Publius Cornelius Dolabella, Ciceros Schwiegersohn, mitteilen lassen, er solle nach Italien zurück-

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kehren, wofür sich der 60-jährige Konsular auch entschied, nachdem ihm im Lager der geschlagenen Pompeianer nichts als Kritik und Verachtung entgegen geschlagen war. Auch die mit Antonius heimkehrenden Truppen wollten schon Hand an den Unglücklichen legen, doch hat sich Antonius schützend vor ihn gestellt. Im Dezember erreichte Cicero ein Befehl des Antonius, Italien zu verlassen: Er handle auf Geheiß Caesars, der nur in persönlich von ihm entschiedenen Ausnahmefällen ein Bleiben in Italien gestatte. Als Cicero aber das Schreiben seines Schwiegersohnes vorlegen konnte, verkündete Antonius per Edikt die Namen Ciceros und des pompeianischen Flottenbefehlshabers Decimus Laelius, denen als Ausnahme der Aufenthalt in Italien gestattet werde. Cicero war es mehr als peinlich, dass sein Name für die Großzügigkeit Caesars herhalten musste, während andere Gefolgsleute des Pompeius von seinem Rang entweder das Exil oder aber den Widerstand gewählt hatten. Aus Antonius’ Sicht war das Edikt keineswegs als Demütigung des ehrwürdigen Konsulars gedacht; er wollte mit der Verkündigung als Ausnahmeregelung Caesars Anordnung den notwendigen Nachdruck verleihen. 10 Das Jahr 47 begann, abgesehen von den Volkstribunen, ohne reguläre Beamte – ein Umstand, durch den Antonius’ herrschaftliche Stellung in Rom und Italien besonders manifestiert wurde. Dieses Vakuum ordentlicher magistratischer Autorität nutzte der eben erwähnte Volkstribun Dolabella mit allen Künsten der Agitation, die im Vorjahr von seinem Kollegen Caelius Rufus betriebene allgemeine Schuldentilgung zum politischen Dauerbrenner des Jahres zu erheben. Dolabella war wie seinerzeit Clodius vom Patrizier- in den Plebejerstand gewechselt, um gestützt auf dieses Amt Politik treiben zu können. Er fand seinen Gegner in dem Tribunenkollegen Lucius Trebellius. Beide Parteien lieferten sich wie seinerzeit Clodius und Milo heftige Straßenschlachten, so dass der Senat zum ‚äußersten Beschluss‘ griff und Antonius alle Vollmachten zur Rettung des Staates erteilte. Dolabella wollte die Abstimmung über einen Gesetzesantrag mit Gewalt erzwingen. Andererseits galt für Antonius als auch den Senat der nachvollziehbare Grundsatz, bis zur Rückkehr Caesars an bestehenden Gesetzen überhaupt nichts zu verändern. Also schritt Antonius mit Soldaten auf dem Forum ein und ließ die Anführer des Aufruhrs vom Tarpeischen Felsen stürzen. Damit goss er allerdings nur Öl ins Feuer und provozierte damit weitere Krawalle. Bei Antonius sprachen freilich auch private Gründe für seine Abneigung gegen Dolabella, denn es existierten offenbar Beweise für ein ehebrecherisches Verhältnis Dolabellas zu seiner Gattin Antonia, weshalb ihr Antonius den Scheidebrief schickte. Dolabella war seit gut drei Jahren mit Ciceros Tochter Tullia verheiratet, und die Affäre mit Antonia lieferte Cicero, der schon die politischen Umtriebe

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des Schwiegersohnes von Brundisium aus mit Unwillen verfolgt hatte, den letzten Anlass, die unglückliche Ehe seiner Tochter scheiden zu lassen. 11War das alles noch nicht genug, so wurde Antonius gleich zu Jahresbeginn noch mit Unruhen unter den von Caesar aus Griechenland nach Hause geschickten Legionären konfrontiert, die ihre versprochenen Belohnungen und ihren Oberfeldherrn sehen wollten. Er musste sich persönlich zu den Truppen nach Kampanien begeben. Um die unruhige Hauptstadt in Schach zu halten, ernannte er seinen betagten Onkel, den Konsular Lucius Iulius Caesar, zum Stadtpräfekten. Die Soldaten konnte er bis zur Rückkehr des Diktators zumindest von einer offenen Meuterei zurückhalten. 12 Schon die antiken Schriftsteller, aber auch moderne Interpreten haben Antonius’ Rolle, die er als Vertreter Caesars in Italien spielte, durchweg negativ beurteilt. Sein Unvermögen, die Unruheherde zu beseitigen, sei gepaart gewesen mit einem brutalen Auftreten einerseits und einem verschwenderischen, amoralischen Lebenswandel andererseits. Der letztere Vorwurf speist sich einzig und allein aus Ciceros zweiter Philippischer Rede, welche die Grundlage für Plutarchs Bericht bildet, jedoch bietet Cicero bei näherem Hinsehen nichts anderes als eine Wiederholung dessen, was er schon zu Antonius’ Aufenthalt in Kampanien im Jahre 49 zu sagen gehabt hatte. Es mag durchaus zutreffen, dass Antonius noch zu unerfahren war und zu wenig Autorität bei einer so respektlosen und umtriebigen Person wie Dolabella besaß, um der Unruhen Herr zu werden. Die Schuld daran trug aber eigentlich Caesar selbst, der sich einen längeren Aufenthalt bei Kleopatra gönnte und anschließend noch im nordöstlichen Kleinasien Krieg führte. Somit trafen seine Anordnungen mit wochenlanger Verzögerung in Rom ein, anstatt mit der Autorität seiner Person – und nur sie vermochte es – in Italien für Ruhe und Ordnung zu sorgen. In vergleichbarer Situation gegenüber unzufriedenen Soldaten musste Agrippa später Octavian zu Hilfe rufen, welcher daraufhin mitten im Winter aus Kleinasien nach Italien zurückkehrte. Allein die Grundregel, vor Caesars Rückkehr keines der bestehenden Gesetze zu ändern, legte Antonius Zurückhaltung auf; darüber hinaus geboten die Kontakte und die Rückendeckung, die die beiden Volkstribunen möglicherweise bei Caesar besaßen, Vorsicht. Wie richtig er damit lag, zu keines Gunsten oder Ungunsten härter durchzugreifen, zeigte Caesars Reaktion nach seiner Rückkehr nach Rom. Weder dem einen noch dem anderen Tribunen zürnte er – sie konnten unter ihm ihre Karriere fortsetzen – und setzte einen Teil der Gesetzesvorlage Dolabellas um, einen anderen nicht. Für ihn, der im Kampf gegen innere und äußere Feinde von Kontinent zu Kontinent eilte, mussten die stadtrömischen Unruhen wie Geplänkel unreifer Jungen wir-

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ken, die sich auf dem politischen Parkett zum ersten Mal austobten. Schon gar nicht war es seine Art, seine Anhänger kleinlich zu bestrafen, sondern vielmehr, sie fürstlich zu belohnen. Wenn er schon die Volkstribunen ungeschoren davon kommen ließ, so erst recht Antonius. Die unzufriedene Soldateska in Kampanien zu beruhigen, konnte einzig und alleine nur seine Aufgabe sein. 13 Von Anfang Oktober bis Anfang Dezember des Jahres 47 weilte Caesar in Rom, um nur die drängendsten Probleme und Aufgaben anzugehen – es wartete er Feldzug gegen die Pompeianer in Afrika. Eine der vielen Amtshandlungen Caesars in diesen zwei Monaten in Rom war die Abhaltung der Magistratswahlen für den Rest des Jahres. Er belohnte seine Feldherren Quintus Fufius Calenus und Publius Vatinius mit dem Konsulat. Für das darauf folgende Jahr bestimmte er sich selbst und den Marcus Aemilius Lepidus zu Konsuln.14 Dass Antonius nicht als Mitkonsul Caesars zum Zuge kam, deutete Plutarch als Zeichen der Zurücksetzung. Lepidus besaß aber den höheren Anspruch, er war im Jahre 49 Prätor und anschließend Statthalter im diesseitigen (nordöstlichen) Spanien gewesen, beides, sowohl Prätur als auch Statthalterschaft, hatte Antonius nicht vorzuweisen. Aus den Jahren 46 und 45 wissen wir nur wenig, was Antonius angeht. Möglicherweise hat ihn Caesar im Jahr 46 die Prätur bekleiden lassen. Freilich besitzen wir darüber (noch) kein antikes Zeugnis, aber es ist aus zwei Gründen plausibel: Erstens würde eine stadtrömische Magistratur erklären, warum Antonius Caesar nicht auf die Feldzüge nach Afrika und Spanien begleiten konnte; zweitens bildet die Prätur normalerweise die Voraussetzung für den Konsulat. Die Abweichung von dieser Regel hat Cassius Dio im Falle des Cornelius Dolabella eigens erwähnt, der im Jahre 44 Konsul wurde, ohne zuvor Prätor gewesen zu sein. Das Schweigen Ciceros und der anderen Quellen lässt also im positiven Sinne vermuten, dass Antonius regulär die Prätur verwaltet hat, da sie andernfalls diese Anomalie in die Liste ihrer Kritikpunkte aufgenommen hätten. 15 Die größte Herausforderung aber boten die unzufriedenen Legionen, die sich sogar von Kampanien auf Rom zu bewegten. Nur unter Einsatz all seiner Autorität und mit konkreten Ansiedlungsplänen konnte Caesar sie beruhigen und noch einmal zum Kampf in Afrika motivieren. Die Mittel für die Landkäufe und für ein sofortiges Handgeld von 1000 Denaren pro Mann kamen zu großen Teilen aus der Versteigerung des gewaltigen mobilen und immobilen Vermögens des Pompeius und der übrigen gefallenen oder geächteten Gegner; allein der Wert von Pompeius’ Besitzungen, die freilich die größten waren, spülte 200 Millionen Sesterzen (50 Millionen Denare) in die Staatskasse. Das politisch, moralisch und ökonomisch heikle Geschäft, den Besitz der Caesargegner zu versilbern,

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übertrug Caesar dem Antonius: Zum damaligen Zeitpunkt war die militärische Niederlage der Pompeiussöhne immer noch nicht definitiv besiegelt; die Achtung vor dem toten Pompeius verbot vielen potentiellen Käufern, ein Angebot abzugeben, und schließlich musste der Verkauf zeitlich gestreut werden, um einem Preisverfall infolge Überangebots vorzubeugen. Antonius selbst ersteigerte aus Pompeius’ Besitz neben Parkanlagen am Rande des Marsfeldes das große innerstädtische Anwesen samt Sklaven und Inventar, was Cicero in seiner zweiten Philippika genüsslich als Frevel an dem toten Pompeius und Zeichen von Antonius’ unersättlicher Habgier maßregelt. Antonius hatte damit sicher eines der Filetstücke aus der Versteigerungsmasse ergattert und tat sich schwer, wenn wir Cicero glauben möchten, die Kaufsumme aufzubringen. Antonius hatte aber Pompeius’ Anwesen gar nicht alleine ersteigert, sondern zusammen mit einem weiteren Unterfeldherrn Caesars, Quintus Cornificius, einem bekannten Redner und Dichter. Wie dem auch sei: Er hat damals in großem Stil zugeschlagen und sich die Besitztümer weiterer Caesargegner verschafft, was seine eigenen finanziellen Möglichkeiten weit überschritt. Die an die Staatskasse geschuldeten Beträge beliefen sich auf 40 Millionen Sesterzen: Eine Stadtvilla der Calpurnii Pisones, eine Villa des Terentius Varro in Casinum, die er dem gelehrten Antiquar allzu voreilig entwendet hatte und ihm später auf Caesars Befehl zurückgeben musste, und schließlich das großes Anwesen der Caecilii Metelli in Tibur (Tivoli). 16 Der letzte prominente Vetreter der Familie, Quintus Caecilius Metellus Pius Scipio, hatte in Afrika nach der Niederlage bei Thapsus Selbstmord begangen. Es lag, durch den Fluss Anio (Aniene) getrennt, dem Zentrum von Tivoli gegenüber auf einem auslaufenden Hügel, der ein grandioses Landschaftspanorama bot und den Blick bis nach Rom freigab. Nach Antonius’ Tod ging der Besitz an Publius Quinctilius Varus über, jenen Feldherrn des Augustus, der im Jahre 9 n. Chr. sein Leben gegen die Germanen im Teutoburger Wald ließ. Hier äußert sich ein typischer Charakterzug des Antonius: das Bedürfnis nach extrovertierter Selbstdarstellung in Form einer luxuriösen Lebensweise und eines prunkvollen Auftretens, um seinen Rang als Politiker und Machthaber in geradezu theatralischer Gestik auch visuell zu propagieren. Andererseits hat kaum ein anderes Haus aus senatorischem Adel damals anders gehandelt. Erzählt wurde auch von den Käufen des Publius Cornelius Sulla, eines Verwandten des Diktators, von Caesars Chefdiplomaten Lucius Cornelius Balbus aus dem spanischen Gades, und von Caesars Geliebter Servilia, der Mutter seines Gefolgsmanns und späteren Mörders Brutus – ihr als einziger soll er angeblich Preisnachlässe gewährt haben. Selbst Cicero warf zumindest ein Auge auf die Villa des Faustus Cornelius Sulla in Neapel, der nach der Schlacht von Thapsus auf der

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Flucht umgekommen war. Nichtsdestoweniger bot Antonius’ Verhalten Munition für denjenigen Politiker, der in der Vergangenheit seines Gegners nach Fehlverhalten suchte: das Odium des infolge eines Bürgerkrieges konfiszierten Vermögens und die dem Begehr des Antonius keineswegs entsprechenden finanziellen Mittel boten Cicero natürlich eine Breitseite für Angriffe in der späteren Situation des Jahres 43. Für Caesar war freilich Antonius’ Tätigkeit geradezu überlebenswichtig, musste er doch aus dem Verkaufserlös die Ansprüche seiner Soldaten befriedigen, die nur noch mit ihm ins Feld zu ziehen bereit waren, wenn ihnen der Diktator die Extrazahlungen mit Zins und Zinseszins auszuzahlen versprach. Entgegen einer verbreiteten Ansicht, die auf recht verschwommenen Andeutungen Ciceros beruht, die wieder Plutarch als Quelle dienten, lässt sich also für eine Abkühlung des Verhältnisses zwischen Caesar und Antonius in den Jahren 46 und 45 kein stichhaltiges Kriterium anführen. Allein die Abwicklung der Besitzüberschreibungen und finanziellen Transaktionen erforderten Caesars absolutes Vertrauen als Bedingung für diese Aufgabe und zugleich die Anwesenheit des Antonius in Rom, unabhängig davon, ob er im gleichen Jahre als Prätor amtierte oder nicht. In jener Zeit heiratete Antonius zum dritten Male. Alle drei Ehen besaßen, aus jeweils verschiedenen Gründen, außergewöhnlichen Charakter. Den Namen seiner ersten Gattin, Fadia, erfahren wir nur aus Ciceros Philippischen Reden. Sie war die Tochter eines Freigelassenen namens Quintus Fadius und hatte dem Antonius auch Kinder geboren, die aber früh verstorben sind. Da dies alles ist, was wir wissen, besteht bis heute keine einhellige Meinung über die Art dieser Verbindung – ob es sich überhaupt um eine Ehe, ob um eine Ehe nach römischem Recht handelte. Letzteres ist zu bejahen, da eine Ehe zwischen einem Spross der Senatsaristokratie und einer Dame aus dem Freigelassenenmilieu zwar als anrüchig, da nicht standesgemäß, galt – deshalb erwähnt sie Cicero überhaupt nur –, aber gesetzlich nicht verboten war. Die zweite Ehe mit seiner Cousine Antonia, der Tochter seines Onkels Gaius Antonius, galt zwar als standesgemäß, aber wegen des engen verwandtschaftlichen Verhältnisses als seltenes Phänomen. Im frühen Rom bis zum Ende des dritten Jahrhunderts v. Chr., als die Vorschriften gelockert wurden, wäre sie auch verboten gewesen. Römischer Gepflogenheit gemäß, nach der Mutter und weibliche Anverwandte wie Tanten die Ehepartner ihrer Kinder maßgeblich bestimmten, müssten Antonius’ Mutter Iulia und die unbekannte Gattin ihres Onkels Gaius diese Ehe eingefädelt haben – aber dies bleibt ebenso Spekulation wie auch alle denkbaren psychologischen Erklärungsmuster. Aus dieser Ehe ging eine Tochter Antonia hervor, die mit dem Sohn des späteren Triumviratskollegen Aemilius Lepidus verlobt wurde. 17

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Wie erwähnt, ließ sich Antonius im Jahre 47 von seiner Cousine scheiden, als ihm ein Verhältnis zwischen ihr und Dolabella zugetragen wurde. Antonius hat diese Affäre später, in einer Senatssitzung am 1. Januar des Jahres 44, im Beisein des Vaters Gaius Antonius anlässlich einer gegen Dolabella gehaltenen Rede öffentlich erwähnt, weshalb er wohl über handfeste Beweise verfügt haben muss. 18 Die Frau, die er schließlich im Jahre 46 heiratete, war in der stadtrömischen Gesellschaft umso bekannter: Fulvia, Tochter des Marcus Fulvius mit dem Beinamen ‚Bambalio‘, der Stotterer – der Beiname erklärt zur Genüge, warum er, selbst wenn er gewollt hätte, keine Karriere als Politiker machen konnte –, aus einem vornehmen plebejischen Geschlecht aus Tusculum, dessen letzter bedeutender Vertreter, ein Konsul des Jahres 135, dem ausgehenden zweiten Jahrhundert angehörte. Mütterlicherseits war sie mit den Sempronii Tuditani verwandt, die zuletzt im Jahre 129 mit einem Konsul aufwarten konnten. Fulvias Herkunft war also nicht so glanzlos, wie uns Cicero glauben machen möchte. In erster Ehe war sie mit dem ursprünglich zu den patrizischen Claudiern gehörenden Publius Clodius verheiratet gewesen, dem Volkstribun des Jahres 58, der Rom bis zu seinem gewaltsamen Tod im Jahre 52 in Atem gehalten hatte. Danach heiratete sie Caesars Volkstribun Gaius Scribonius Curio, der im Jahre 49 in Afrika im Kampf gegen den Feldherrn des Pompeius gefallen war. Sowohl dem Clodius als auch dem Curio hatte sie Kinder geboren, dem ersten Sohn und Tochter, dem zweiten einen Sohn. Antonius kannte Fulvia seit gut 15 Jahren, da er sowohl mit Clodius als auch mit Curio eng befreundet gewesen war. Darüber hinaus hieß seine Großmutter mütterlicherseits, die Gemahlin des Großvaters Lucius Iulius Caesar, ebenfalls Fulvia – mit anderen Worten: die Familie seiner Mutter Iulia dürfte hinter der Ehe mit Fulvia gestanden haben. Fulvia hatte also bereits ein physisch wie psychisch aufgewühltes Leben hinter sich als Gattin von zwei Vollblutpolitikern, die beide keines natürlichen Todes gestorben waren. An der Seite des Clodius galt sie als vorbildliche Ehefrau. Sie begleitete Clodius stets auf Reisen, was für die Gattin eines römischen Politikers nicht selbstverständlich war; ihre aufrichtige Trauer bei Clodius’ Begräbnis beeindruckte ganz Rom. Dass sie die Möglichkeiten politischen Handelns, die ihr als Frau der Oberschicht offen standen, voll ausnutzte, mag teilweise in ihrem Naturell gelegen haben, aber noch größeren Anteil daran besaßen die Aktivitäten ihrer Gatten. Die im Kern traditionelle Rolle der Frau, zum Ansehen und Wohlergehen der Familie beizutragen, konnte je nach Position und Engagement des Mannes auch einer Frau eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit bescheren. So ist denn auch das rabenschwarze Bild, das Cicero von Fulvia für die

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Zeit nach Caesars Ermordung in seinen Philippischen Reden zeichnete, eigentlich gar nicht gegen sie persönlich als vielmehr gegen ihren Gatten Antonius gerichtet. Es handelte sich im Grundsatz um dieselbe Strategie, deren Opfer später Kleopatra werden sollte. Ein früheres Objekt von Ciceros moralischen Invektiven treffen wir in Clodius’ Schwester Clodia, weil Cicero Clodias Liebhaber Marcus Laelius gegen den Vorwurf verteidigte, einen Giftanschlag auf Clodia verübt zu haben. Fulvia brachte nicht nur ihren Namen und möglicherweise ihren Reichtum in die Ehe mit Antonius ein, sondern auch das ‚Erbe‘ des Clodius: die populare Gefolgschaft unter der stadtrömischen Bevölkerung. Mancher moderne Betrachter entdeckt in der Hochzeit deshalb auch eine politische Komponente, nämlich ein Gegengewicht gegen Dolabella zu schaffen, der Antonius das letzte Jahr so vergällt hatte. Alles deutet darauf hin, dass sich Antonius nach drei Jahren ununterbrochener Aktivität als Politiker und Soldat für ein Jahr intensiver seinem Privatleben gewidmet hat, wozu ihm eine stadtrömische Magistratur wie die Prätur genügend Muße gewährt haben müsste. 19 Nachdem Ende April des Jahres 46 die Nachricht von Caesars Sieg über die pompeianischen Generale bei Thapsus in Afrika Rom erreicht hatte, ließ Caesar sich, wie nach der Schlacht bei Pharsalos, zum dritten Mal zum Diktator ernennen, damit er die Hinterlassenschaften des Krieges regeln konnte, ohne lästige Senats- und Volksbeschlüsse einholen zu müssen. Zu seinem Reiteroberst ließ er Lepidus wählen – beide waren zugleich die amtierenden Konsuln des Jahres. Im Unterschied zum letzten Jahr wurde ihm die Diktatur nunmehr für die Dauer von zehn Jahren verliehen, wobei sie jedes Jahr erneut gezählt und damit ein Jahresamt vorgetäuscht wurde. 20 All dies sprach natürlich der Tradition und dem Sinn und Zweck des Diktatorenamtes Hohn, das ja nur in Notlagen des Staates und dann nur für sechs Monate bekleidet worden war. Damit einher ging die völlige Missachtung und Entwertung der regulären Magistraturen. Für das folgende Jahr 45 waren noch im November dieses Jahres außer den plebejischen keine anderen Beamten gewählt worden. Lepidus als Reiteroberst ernannte sechs (oder acht) Präfekten, die die Aufgaben der städtischen Quästoren und Prätoren wahrnahmen. Schließlich ließ Lepidus Caesar in Abwesenheit zum alleinigen Konsul für das Jahr 45 wählen. Das murrende Volk von Rom wurde mit prächtigen Triumphfeiern, Spielen, Beköstigungen sowie Geldspenden ruhig gestellt, doch ließ sich die wachsende senatorische Opposition gegen diesen autoritären Regierungsstil davon freilich nicht beeindrucken. Wie Antonius darüber dachte, ist nicht überliefert, aber das äußere Gepränge, die unerhörte Freigiebigkeit, die darin sichtbar werdende Machtfülle müssen ihn zweifelsohne beeindruckt haben, nicht minder die fürstlichen Gelage im privaten Kreis.

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Diese Selbstdarstellung Caesars war als solche in den senatorischen Adelshäusern keineswegs unbekannt, aber in der Art, Dimension, Massierung und Exklusivität doch von neuem Zuschnitt. Und wie jeder Diktator der Geschichte ließ auch er seine getreuen Paladine aktiv und passiv daran teilhaben. Man darf sich bei einer Bewertung aus heutiger Sicht keinesfalls den Blick durch die Schriften Ciceros verstellen lassen, obwohl sie in den meisten Fällen die einzige Quelle darstellen. Der Gerichtsredner oder Politiker, der im Senat mit einem Gegner abrechnete, musste – und dies lernte jeder Römer in seiner Ausbildung zum Redner – das Privatleben, die Sitte und Moral als Waffe zu dessen Vernichtung einsetzen. Andererseits darf man derlei Invektiven nicht als pure Heuchelei und Lügengespinste abtun; sie mussten ja auch, damit sie zum Erfolg führten, ein gewisses Quantum an Glaubwürdigkeit und an für die Allgemeinheit nachvollziehbaren Maßstäben beanspruchen können. Entsprechend glich auch die Realität des Politikerlebens einer Gratwanderung zwischen der Höhe allseits bewunderter opulenter Selbstdarstellung und dem Abgrund moralischer Verworfenheit. In seinen Schriften zog Cicero die Grenze sehr tief in der Nähe des Abgrundes, sein tatsächliches Leben entsprach dagegen weit eher dem Standard vieler von ihm diffamierter Zeitgenossen. Selbstverständlich war Cicero aufgrund seines inneren Wertekodex als erfolgreicher ‚neuer Mann‘ (homo novus) und seiner Reputation gegen Caesars Verlockungen und den ausstrahlenden Glamour immuner als diejenigen, die in Caesars Schatten zu Ämtern, Provinzen und Geld gekommen waren. Caesar verkörperte für diese Männer, zu denen auch Antonius gehörte, ein Leitbild und Ideal, das in dieser Konzentration nur die hellenistischen Könige gelebt hatten: Wo neben Tapferkeit und militärischem Erfolg die Prunkliebe vom Gastmahl bis zur Baupolitik, die Großzügigkeit gegenüber Freunden und den Göttern, und auch die sexuellen ‚Fähigkeiten‘ nicht als Dekadenz und Verweichlichung verteufelt, sondern als Leistungsmerkmal und Herrschaftslegitimation zugleich anerkannt wurden. Caesar machte nicht nur vor, wie man zum Erfolg gelangt, sondern auch, wie der Erfolg gelebt wird. 21 Antonius gehörte zum engen Kreis der ‚caesarischen Gesellschaft‘ und sah, was möglich war. Caesars Gefolgsleute Aulus Hirtius und Gaius Matius waren für ihre üppigen Bankette und als Kenner exquisiter Rezepte bekannt – zudem verfassten sie sogar Kochbücher. 22 Caesar selbst spendierte anlässlich seines afrikanischen Triumphes mehrere Sorten des teuren griechischen Weins. Sein Legat Munatius Plancus tanzte nackt, blau angemalt, mit Schilf umkränzt und hinter sich einen Fischschwanz herziehend vor den Gästen – der Mann wurde im Jahre 42 Konsul und stand bei Antonius und später bei Octavian hoch in Ehren. Caesar tauchte im De-

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zember des Jahres 45 auf Ciceros Landgut bei Puteoli am Golf von Neapel auf – mit 2000 Mann Gefolge. Mit einem gewissen Stolz berichtet Cicero, wie gut sich Caesar das Essen und den Wein hat munden lassen und dass alle, vom Sklaven bis zum vornehmen Herrn, angemessen bewirtet worden seien. 23 Berühmt und berüchtigt war Caesar für seine zahlreichen Amouren, auch darin unter seinen Zeitgenossen keineswegs allein stehend, aber bei einem Politiker seiner Bedeutung erweckten sie besonderes Interesse. Sein Biograph Sueton widmet diesem Thema ganze drei Kapitel. In seiner Jugend Lustknabe des Königs Nikomedes von Bithynien, Verführer zahlreicher Damen von vornehmer Geburt und von Ehefrauen ebenso vornehmer Männer wie Crassus, Pompeius und anderer; besonders verehrte und liebte er Servilia, die Mutter des Marcus Iunius Brutus. Auch Königinnen fanden sich in der Riege seiner Geliebten, schreibt Sueton, und nennt Eunoë, die Gattin des Maurenkönigs Bogud, der später Antonius bis in den Krieg vor Actium folgen sollte, und die Ptolemäerin Kleopatra, die ihm sogar einen Sohn geboren hatte, den er als den Seinen anerkannte. Außereheliche Beziehungen galten in der römischen Aristokratie weder bei Männern noch bei Frauen per se als verwerflich, solange das Ansehen, die gesellschaftliche Stellung des nach römischem Recht legitimen Partners nicht in Gefahr geriet – und dies tat es in der Regel nicht, wenn die Beziehung einem nicht standesgemäßen Partner oder einer Person galt, die im juristischen Sinne unterlegen war, also nicht über das römische Bürgerrecht verfügte. Aufsehen erregte gewiss die königliche Stellung der Nichtrömerinnen, weil bislang ohne Präzedenzfall; aber die Position Calpurnias, Caesars rechtmäßiger römischer Gattin, ist durch diese wie die anderen Liaisons nie in Gefahr gewesen. Kinder aus der Verbindung mit Kleopatra, und dies gilt auch für die Kinder, die Kleopatra dem Antonius gebären sollte, gehörten zur Familie der Ptolemäer und nicht zur römischen Aristokratie. Der Name ‚Kaisar‘, den Kleopatras ältester Sohn führte, leitet sich zwar von ‚Caesar‘ ab und knüpfte gewiss an seine Vaterschaft an, er fungiert aber als Bestandteil des ptolemäischen Herrschernamens. 24 Kleopatra weilte keineswegs während des gesamten Zeitraumes von Caesars Alleinherrschaft in Rom, wie meistens angenommen wird, sondern zweimal zu jeweils kurzen Aufenthalten, im Sommer des Jahres 46 und im Frühjahr des Jahres 44. Dies entsprach trotz der besonderen persönlichen Beziehung des Diktators zur Königin den Gepflogenheiten eines jeden Vertreters der von Rom abhängigen Fürstentümer und Königreiche. In der stadtrömischen Öffentlichkeit fand ihre Anwesenheit kaum Widerhall – Cicero entrüstete sich erst nach Caesars Tod über ihre Unzuverlässigkeit und ihre Arroganz, weil sie ihm versprochene Schriftstücke nicht

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hatte zukommen lassen. Antonius ist Kleopatra mit Sicherheit in Rom begegnet und hat vermutlich, wie viele andere auch, Caesar um seine Liebesbeziehung zu ihr beneidet. 25 Dies tat er sicherlich nicht nur – wenn überhaupt – des sexuellen Reizes, sondern auch der ihr innewohnenden Symbolik der Macht wegen. Antonius schaute auf Caesar wie zu einem Helden, einem Heros, empor, er verinnerlichte dessen taktische Finessen und Methoden, wie man siegreiche Kriege führt, die Vorherrschaft in Rom erringt, und wie man die so gewonnene Macht nach außen darstellt – auch mit Königinnen als Geliebten. Dreieinhalb Monate konnte Caesar im Jahre 46 in Rom feiern und regieren. Anfang November brach er zu seinem letzten Feldzug gegen die Söhne des Pompeius nach Südspanien auf. Im März des Folgejahres wurde der Sieg bei Munda (Montilla bei Cordoba) errungen. Caesar weilte noch mehrere Monate auf der Iberischen Halbinsel und in der Gallia Narbonensis, um seine ausgedienten Soldaten in den neu gegründeten Kolonien anzusiedeln und die vom Missregiment seiner eigenen Statthalter und durch die Kriege zerrütteten Provinzen zu ordnen. Erst im September kehrte er nach Italien zurück. Antonius wollte sich zu Beginn des Jahres gleichfalls nach Spanien begeben, gelangte aber nur bis zur Provinzhauptstadt Narbo (Narbonne); laut Cicero, dessen Bericht wir als einzigen besitzen, musste Antonius umkehren, da einer der von Lepidus eingesetzten Präfekten von Rom, Munatius Plancus, sich an Antonius’ Bürgen für nicht bezahlte Rechnungen schadlos halten wollte. Antonius muss die Sache schnell oder unauffällig geregelt haben, weil sich Cicero nicht weiter mit dem Thema aufhielt. Im Sommer reiste er dann im Kreise ranghoher Gefolgsleute Caesars diesem nach Narbo entgegen, um ihm auf der Reise nach Italien zurück das Geleit zu geben. Der Diktator erwies ihm die besondere Ehre, neben ihm im Reisewagen sitzen zu dürfen, während sein Großneffe Octavius und Decimus Brutus auf dem Rücksitz Platz nehmen mussten.26 Nach seiner Ankunft in Rom ernannte Caesar noch für die drei restlichen Monate des Jahres Konsuln, Prätoren und Ädile, nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt als alleiniger Konsul der einzige höhere reguläre Magistrat des Jahres gewesen war. Für das folgende Jahr 44 designierte er sich selbst und Antonius als Amtskollegen zu Konsuln. Antonius nahm nunmehr mit dem höchsten Amt der Republik einen vorderen Platz innerhalb der Gruppe der nobiles im Senat ein. Auch wenn er die Ehre der Gunst Caesars zu verdanken und nicht im adligen Konkurrenzkampf der Geschlechter errungen hatte, mag Antonius sie als eine umso höhere Auszeichnung empfunden haben, als der Konsulat mit seiner Person das Amt zum 1. Januar wieder ‚ordentlich‘ besetzt wurde: Am 1. Januar 47 hatte es gar keine Konsuln gegeben, am 1. Januar 46 Caesar und Lepidus, die aber

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in Personalunion als Diktator und Reiteroberst fungierten, am 1. Januar 45 hatte Caesar den Konsulat alleine und in Abwesenheit von Rom angetreten.

Die Belohnung: Der Konsulat Als Konsul wartete auf Antonius noch eine besondere Aufgabe. Nachdem Caesar den Westen befriedet hatte, muss er sich bereits bald nach seiner Rückkehr nach Italien mit Plänen für einen Feldzug in die östlichen Provinzen getragen haben. Als erstes Ziel hatte er nicht, wie vielfach angenommen wird, eine Revanche für die Niederlage des Crassus gegen die Parther im Auge, sondern einen Feldzug auf dem mittleren und östlichen Balkan, der mit Blick auf die römischen Sicherheitsinteressen von höherer Priorität war. Die Statthalter der Provinz Macedonia hatten sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder verheerender Einfälle illyrischer und thrakischer Nachbarstämme zu erwehren. Der Druck vergrößerte sich, seit sich an der unteren Donau ein getisch-dakisches Großreich unter seinem König Burebista gebildet und dieser thrakische Stämme teils unterworfen, teils mit ihnen Bündnisse geschlossen hatte. Noch vor dem Winter 45/44 ließ Caesar insgesamt sechs Legionen von Süditalien zur gegenüberliegenden Küste von Epirus übersetzen. Unter ihnen befand sich sein 18-jähriger Großneffe Octavius, der sich in Apollonia einquartierte und neben schöngeistigen Studien auch das Kriegshandwerk von Caesars Soldaten erlernte. Caesar beabsichtigte erst nach einem Feldzug gegen Burebista, sich den Parthern zu widmen. Ein Aufmarschplan über Armenien befand sich im Reisegepäck. 27 Für Antonius ergab sich damit nach dreijährigem Aufenthalt in Italien wieder eine neue Perspektive, in prominenter Position militärischen Ruhm in großem Stil zu erwerben. Caesar hatte ihn als Statthalter der Provinz Macedonia ausersehen, der Schlüsselprovinz in dem bevorstehenden Krieg. Es war wohl geplant, dass Antonius nach Erledigung der wichtigsten Amtsgeschäfte als Konsul die Provinz noch im laufenden Jahr übernehmen sollte. Zu Antonius’ Verdruss hatte Caesar Dolabella zu seinem Nachfolger im Konsulat vorgeschlagen, sobald er selbst in der zweiten Märzhälfte in Richtung Osten abgereist wäre. Antonius konnte Dolabella die von ihm verursachten Tumulte in Roms Straßen zwei Jahre zuvor nicht verzeihen. Caesar hatte die Streithähne vorsichtshalber getrennt, indem er Dolabella sowohl auf den Afrika- als auch auf den Spanienfeldzug mitnahm. Am 1. Januar hielt Antonius im Senat eine gegen Dolabella gerichtete Rede, in welcher er unter anderem die Affäre mit seiner damaligen

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Gattin zur Sprache brachte. Er drohte damit, die Wahl Dolabellas zum Konsul in seiner Eigenschaft als Augur zu verhindern, indem er ungünstige Auspizien verkünden werde. Die Angelegenheit wurde vertagt und sollte am 15. März erneut verhandelt werden. Antonius sonnte sich in Caesars Gunst. Er durfte mit Caesars Einwilligung auf den Sockeln der Standbilder des Sulla und Pompeius seinen Namen nennen, weil er sie an der Rednertribüne wieder habe aufstellen lassen; er wurde zum Priester eines noch einzurichtenden Kultes für die Göttin der Milde (Clementia) und den göttlichen Iulius (divus Iulius) bestellt. Der Senat überhäufte den Diktator noch zu Beginn des Jahres 44 mit Auszeichnungen und Sonderrechten, was sein Auftreten in Rom betraf: seine Kleidung, sein Sitzplatz im Theater, Festspiele zu seinen Ehren, und die Umbenennung seines Geburtsmonats Quinctilis in Iulius (unser Juli). 28 Antonius muss als Konsul diese und andere Beschlüsse, die Caesars Person einem Gott und König anglichen, maßgeblich mitgetragen, wenn nicht initiiert haben. Nahezu alle Senatoren stimmten zu – als Ausnahme wird lediglich der Name des Cassius Longinus genannt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren – wie bereits die antiken Quellen belegen –, dass man mit diesen überschwänglichen Beschlüssen Caesar umso verhasster machen wollte. Zwei Vorfälle in Rom sowie sein Plan, in Kürze zu einem großen Feldzug aufzubrechen, ließen seine Gegner zur konkreten Tat schreiten. Ein Eklat, der sich um zwei Volkstribunen drehte, bewies erneut Caesars skrupellosen Umgang mit der Unverletzlichkeit dieser Beamten. 29 Schließlich ließ sich Caesar kurz vor dem Luperkalienfest zum Diktator auf Lebenszeit ernennen, was alle vielleicht noch vorhandenen Hoffnungen zerstörte, er könne nach Abschluss seiner Gesetzgebungsmaschinerie und noch vor seiner Abreise die Diktatur niederlegen, zumal er ja noch als Konsul amtierte und alle Beamten auf drei Jahre im Voraus nominieren durfte. 30 Die einzige weitere Episode aus Antonius’ Konsulatsjahr vor Caesars Ermordung gilt seinem Auftreten auf dem Fest der Luperkalien am 15. Februar. Dieses erinnerte an den Mythos von der Gründung Roms durch Romulus und Remus.Das Luperkal am Fuße des Palatinhügels, der Ort, an dem die Wölfin die Zwillinge gesäugt hatte, bildete den Ausgangspunkt einer Prozession, die auf dem Forum vor der Rednertribüne endete. Das Ritual versinnbildlichte die Grundelemente staatlichen Wohlergehens: die jährliche kultische Reinigung des römischen Volkes, die Beschwörung der Fruchtbarkeit der Menschen als Garantie für den Fortbestand des Gemeinwesens – aus diesem Grund auch das Datum zu Beginn des römischen Frühlings – und die Sicherheit der Bürger. Der Kult, unter dem Schutz der Gottheiten Iuno (Geburt) und Inuus (Begattung), galt den Stadtgründern

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Romulus und Remus. Folglich existierten zwei Priesterschaften (sodalitates), die Quinctilii für Romulus und die Fabii für Remus, benannt nach zwei alten römischen Geschlechtern. Für Caesar war eine dritte Sodalität, die Luperci Iuliani, gegründet worden, die im Jahre 44 der Konsul Antonius anführte. Bei den Mitgliedern der Priesterschaften handelte es sich um junge Männer aus vornehmem Hause. Am Luperkal opferten sie eine Ziege und einen Hund; die neuen Luperci bestrichen die Stirn mit Blut und Milch. Aus der Ziegenhaut wurden ein Lendenschurz und lange Streifen geschnitten, aus denen eine Peitsche geknotet wurde. Fast nackt begannen die Jünglinge ihren Umzug, schlugen jeden, dem sie begegneten, mit der Peitsche, scherzten, lachten schon alkoholisiert vom Wein, boten auch obszöne Gesten und verübten allerlei Streiche – eine Art karnevaleskes Treiben. Frauen, die von der Ziegenhautpeitsche berührt wurden, sollten schwanger werden. Die Ehrung Caesars mit einer eigenen Luperci-Priesterschaft stellte ihn auf eine Stufe mit den Stadtgründern Roms; er figurierte als neuer Gründer, als Garant und Mehrer der von Romulus und Remus begründeten Größe Roms. Der Aufsehen erregende Eklat ereignete sich am Ende der Prozession: Antonius als Anführer der neuen Luperci Iuliani ließ sich von seinen Mitläufern zu Caesar auf die Höhe der Rednerbühne heben und setzte ihm ein Diadem auf den Kopf mit den Worten: „Dieses überreicht Dir das Volk durch mich“. Darauf Caesar: „Iupiter alleine möge König der Römer sein“, und er ließ das Diadem im Iupitertempel auf dem Kapitol hinterlegen. Diese viel diskutierte Szene – im Zusammenhang mit der Frage: Strebte Caesar ein Königtum an? Wollte er nur die Stimmung des Volkes testen? – lässt sich nur im Sinne einer zuvor mit Antonius abgesprochenen Inszenierung deuten: Caesar nutzte die manipulierte Gelegenheit, dem Volk klar zu machen, dass er die Königswürde definitiv ablehne. Er kreierte die Szene als Anlass, seine Weigerung auch für die Nachwelt aktenkundig zu machen. Er befahl, im Staatskalender unter dem Datum des Festes einzutragen, das Volk habe ihm durch den Konsul Antonius die Königswürde angeboten, er habe sie aber nicht annehmen wollen. 31 Über Antonius’ Einstellung gegenüber dem immer stärker zu Tage tretenden monarchischen Gebaren des Diktators können wir nur spekulieren, es liegt uns kein Zeugnis darüber vor. Fest steht, dass er schon im Sommer des Vorjahres, als er nach Narbo reiste, von Gaius Trebonius über Attentatspläne unter Caesars Offizieren unterrichtet worden ist und diese Information für sich behielt. Die Verschwörergruppe hatte überlegt, ihn einzuweihen, doch obwohl Antonius Caesar nicht informierte, war dem Trebonius dessen Reaktion in Narbo zu verhalten und zweideutig. Auch danach hat es offenbar keinerlei Geste oder Äußerung gegeben, die auf

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eine Unzufriedenheit mit Caesars Regime hindeutete, sonst hätte es nicht die Stimmen gegeben, die dafür plädierten, mit Caesar auch Antonius zu beseitigen. Brutus’ Gewissen war ausschlaggebend dafür, nur den Tyrannen zu töten und Antonius zu verschonen.32 Andererseits besteht kein Grund zu der Annahme, Antonius habe anders gefühlt und gedacht als diejenigen, die sich schließlich als führende Köpfe des Komplotts zusammenschlossen: Caesar zerstörte das Ethos, für welches der römische Senatsadel lebte. Seine lebenslange Diktatur hebelte ein für allemal die Spielregeln aristokratischen Wettbewerbs um Macht in Gestalt von Ehrenämtern, Provinzen und ruhmreichen Kriegen aus. Die Aussicht, auf ewig von der Gunst Caesars abhängig zu sein, mit einem Wink ins politische Abseits befördert zu werden, war unerträglich und widersprach eklatant allen Erfahrungen aus der Geschichte: Roms Größe beruhte nicht auf der monarchischen Stellung eines Einzelnen, sondern setzte sich zusammen aus der Summe großer Taten einer Vielzahl von Geschlechtern. Der Spagat zwischen Buckeln, Dienen einerseits und – zur Belohnung – rasanter politischer Karriere andererseits, führte zu einer Zerreißprobe, die auf Dauer in Resignation oder den Widerstand führte. Ob, wann und wie sich jeder Einzelne für eine Option entscheidet, liegt im Innern einer jeden Persönlichkeit verborgen. Bei Antonius mögen in der Summe die Hoffnung auf den Glanz des Konsulates und seine Verwirklichung, sowie die Aussicht auf den Lorbeer des Triumphators im neuen Krieg des Diktators stärker gewirkt haben als die negativen Gefühle, die Gewissensbisse. Eines kam noch hinzu und wurde der aktuellen Situation geschuldet: Unabhängig davon, wie man über Caesar dachte, war es mit der Würde des amtierenden Konsuls nur schwer zu vereinbaren, persönlich den Dolch gegen den Tyrannen zu führen,. Unter den Verschwörern fand sich nur ein ehemaliger und dazu ein ganz ‚frischer‘ Konsul, Trebonius. Die Skrupel der Spitzen der Gesellschaft zeigen sich auch in den vergleichbaren Situationen der folgenden Epoche, als es galt, einen Caligula, Nero oder Domitian zu beseitigen, und finden sich wieder bis in die Zeitgeschichte: Kein General oder Feldmarschall war, ungeachtet seiner persönlichen Meinung über Hitler, bereit, die Pistole auf ihn zu richten. 60 Senatoren und Ritter fanden sich, den Diktator gewaltsam zu beseitigen, an erster Stelle diejenigen, die ihm alles oder sehr viel verdankten: der philosophisch gebildete Marcus Iunius Brutus, Sohn von Caesars Geliebter Servilia, einer Halbschwester des jüngeren Cato, der auf Seiten des Pompeius gekämpft hatte, obwohl Pompeius seinen Vater hatte töten lassen. Caesar hat ihn nach Pharsalos begnadigt; im Jahre 44 war er städtischer Prätor. Decimus Iunius Brutus Albinus, Sohn des Konsuls vom Jahre 77, Cousin des Marcus Brutus, war Caesars Legat in Gallien gewesen,

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Prätor im Jahre 45, zum Statthalter der Provinz Gallia cisalpina (Oberitalien) und für das Jahr 42 zum Konsul bestimmt. Gaius Cassius Longinus, ein Schwager des Marcus Brutus, gleichfalls Sohn eines Konsuls (73), als Quästor des Crassus entkam er der Katastrophe bei Carrhae und verteidigte anschließend die Provinz Syria gegen parthische Einfälle; er kämpfte im Bürgerkrieg für Pompeius. Von Caesar begnadigt, war er im Jahre 44 Prätor und sollte anschließend die Provinz Syria verwalten. Gaius Trebonius, ein ‚neuer Mann‘ ohne senatorische Vorfahren, war einer von Caesars Legaten in Gallien, Prätor, Statthalter im jenseitigen (südwestlichen) Spanien und im Vorjahr von Oktober bis zum Jahresende Konsul gewesen, nachdem Caesar als alleiniger Konsul zurückgetreten war. Caesar hatte ihn zum Prokonsul der Provinz Asia bestimmt. Die Übernahme der Diktatur auf Lebenszeit führte zu dem definitiven Entschluss, Caesar zu beseitigen, seine Abreise nach Griechenland, die er auf den 18. März festgelegt hatte, bestimmte den Zeitpunkt des Attentats. Es kam nur die Senatssitzung am 15. März in Frage, in der unter anderem über Antonius’ Einwände gegen Dolabellas Konsulat debattiert werden sollte. Als sich Caesars Ankunft in der Senatskurie verzögerte, wurde Decimus Brutus geschickt, ihn abzuholen. Der Konsul Antonius erwartete Caesar beim seinem Eintreffen vor dem Sitzungssaal, um ihn hinein zu geleiten. Trebonius hatte den Auftrag, Antonius in ein Gespräch zu verwickeln und von Caesar zu trennen; man befürchtete, er könne sich mit seiner Körperkraft und der Autorität seines Amtes schützend vor den Diktator stellen. Im Innern der Kurie verwickelte Lucius Tillius Cimber, ein ehemaliger Prätor, Caesar in eine Diskussion um die Begnadigung seines Bruders, als er plötzlich dem Diktator die Toga von der Schulter riss – das verabredete Zeichen. Ein ganz junger Senator, Publius Servilius Casca, führte den ersten Stoß aus, zielte mit dem Dolch auf Caesars Kehle, rutschte ab und verwundete ihn nur an der Brust. Daraufhin stachen alle zu. Caesar versuchte, sich gegen jeden einzeln zu wehren, brach aber schließlich, 23 Mal getroffen, unter der Statue des Pompeius tot zusammen. 33

4. Der Sachwalter von Caesars Erbe Caesars Ermordung setzte Rom unter Schock. Die Menschen reagierten zuerst mit Kopflosigkeit, dann mit Lähmung auf das tief einschneidende Ereignis. Caesars Leichnam blieb liegen, die Senatoren flohen kopflos auseinander, keiner wusste es, aber viele befürchteten wohl, dass es wie seinerzeit nach Sullas Einmarsch in Rom und danach unter dem Regiment des Cinna und Marius zu weiteren gewaltsamen Ausschreitungen kommen würde, die Caesars willfährigste Anhänger treffen mussten. Jeder fürchtete zunächst einmal um Leib und Leben und flüchtete an einen sicheren Ort. Antonius entledigte sich seiner Amtsinsignien, um unerkannt entkommen zu können. Angesichts vollkommener Unsicherheit besaß niemand genügend innere Ruhe und ausreichend starke Nerven, um jedwede Beschlüsse zu fassen. Brutus fand für eine angeblich vorbereitete und mit Freiheitsparolen gespickte Rede kein Publikum. Die Mörder hatten nichts anderes als die Tat selbst geplant und suchten in Begleitung einer ergebenen Gladiatorentruppe Schutz auf dem Kapitol. In dieser angespannten Situation, als sich zunächst keine Initiative, von welcher Seite auch immer, abzeichnete, richteten sich die Blicke auf den rangmäßig höchsten Magistraten, den nunmehr alleinigen Konsul Antonius. Sein Bemühen konnte nur darin bestehen, das Gesetz des Handelns überhaupt in der Hand zu behalten und den verunsicherten Gemütern ein entschlossenes und zugleich beruhigendes Vorgehen zu demonstrieren. Marcus Aemilius Lepidus, der magister equitum des Diktators und der Einzige, der in der und um die Hauptstadt lagernde Truppen kommandierte, ordnete sich dem Konsul unter; offenbar auf des letzteren Befehl hin wurde das Forum besetzt, um Ausschreitungen jedweder Art zu verhindern. Mit dem Entsetzen über den Gewaltakt mischte sich bald ein unbestimmtes Gefühl der Genugtuung darüber, dass offensichtlich der Senat und der Konsul die Geschicke des Staates bestimmten. Die Erleichterung, von Racheakten und Säuberungsaktionen verschont zu bleiben, äußerte sich in spontanen und sicher sentimental anmutenden Szenen der Eintracht und Harmonie. Die Mörder mit Brutus und Cassius an der Spitze waren keinesfalls die Ausgestoßenen. Viele Vornehme der Stadt zogen zusammen mit einfachen Bürgern zu ihnen hinauf auf das Kapitol und geleiteten sie am folgenden Tag auf das Forum und auch wieder zurück zum Kapitol. Brutus und Cassius hielten als erste Reden an das Volk, wobei es ihnen um Bewahrung der Ruhe ging; sie wussten um die in allen Schichten verbreitete Angst, es stünden neue Pogrome bevor. Sie wussten um die Sorgen der Veteranen, die in Erwartung des

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Aufbruchs in den ihnen von Caesar zugeteilten Städten und Landlosen in und bei Rom lagerten; ihnen garantierten sie ihre von Caesar versprochene Versorgung. Alle Blicke richteten sich natürlich auf Antonius, der für ein oder zwei Tage alleiniger Konsul war. Als Dolabella, dessen Wahl er nunmehr zustimmte, nachrückte, war er angesichts des jugendlichen Alters seines Kollegen von 25 Jahren der ranghöhere von beiden Konsuln. Um ja nicht den Eindruck eines politischen Vakuums aufkommen zu lassen und der Öffentlichkeit ein erstes Signal zu präsentieren, bevor die Provinzen vom Tode des Diktators erfuhren, berief er für den 17. März den Senat ein. Beratungsthemen und die Richtung der Beschlüsse wird der Konsul mit führenden Senatoren am 16. März schon abgesprochen haben, allen voran mit Cicero, der am Folgetag den richtungsweisenden Antrag einbrachte: sowohl die Gültigkeit aller zurückliegenden und geplanten Verfügungen Caesars festzustellen als auch den Caesarmördern Straffreiheit zu garantieren. Ein zweiter Beschluss bekräftigte den Veteranen gegenüber nunmehr auch offiziell die von Caesar gewährten Abfindungen. Antonius tat das in der damaligen Situation einzig Sinnvolle und Machbare: Durch die Anerkennung der acta Caesaris wurden Erwartungshaltungen befriedigt, Belohnungen ausgeschüttet, überhaupt eine Kontinuität des öffentlichen Lebens gewährleistet. Auf der anderen Seite wurden diejenigen politischen Kräfte integriert, die die Ermordung Caesars nicht nur aktiv betrieben haben, sondern auch diejenigen – und dies waren zahlreichere und angesehenere Senatoren –, die sie im Nachhinein billigten. Nach diesem Konzept machte sich die Republik mit dem Konsul Antonius an der Spitze zum Anwalt der Verfügungen Caesars, und Antonius versuchte damit zugleich, die riesige Klientel des Diktators an sich zu binden. Dieser ‚Kompromiss‘ entbehrte zwar einer inneren, folgte aber einer den äußeren Verhältnissen geschuldeten plausiblen Logik, stellte also keinen Geniestreich, sondern ein Notkonzept dar. Er schuf eine im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit sinnvolle Plattform, von der aus das weitere Geschehen bestimmt werden sollte. Der Konsul Antonius bürgte damit als höchster Magistrat gleichsam von Staats wegen für die Unversehrtheit von Caesars politischem Nachlass, zugleich demonstrierte er ein den Umständen angemessenes planvolles Handeln: In der Nacht vor den Senatssitzung hatte er sich in den Besitz von Caesars vorhandenem Privatvermögen und seiner amtlichen Aufzeichnungen gebracht, Caesars Witwe Calpurnia ließ es geschehen – ob freiwillig oder mit Druck sei dahingestellt. Er besaß damit alle für ein souveränes Auftreten in der Senatsdebatte notwendigen Informationen.1 Wenn sich auch keine Mehrheit im Senat für einen Antrag des Tiberius Claudius Nero fand, des Vaters des späteren Kaisers Tiberius, über eine

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Belobigung der Tyrannenmörder zu verhandeln, so wirft das Vorhaben alleine ein bezeichnendes Licht auf die Stimmung unter einzelnen angesehenen Mitgliedern des hohen Hauses. 2 Antonius selbst ergriff eine Initiative des Vertrauens und schickte seinen Sohn als Geisel auf das Kapitol, um sich persönlich für die Beschlüsse und die Sicherheit der Attentäter zu verbürgen. Am gleichen Abend lud man sich zum Essen ein, wobei Antonius den Cassius, Lepidus den Brutus bewirtete. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss Antonius erfahren haben, dass er es vor allem dem energischen Eingreifen des Brutus zu verdanken hatte, dass Caesars Mörder nicht auch gegen ihn den Dolch geführt hatten. Damit bewahrte Brutus die moralische Legitimation der Mordtat. Darüber hinaus rechnete er mit Antonius’ Eintreten für die Sache der Attentäter und hoffte, ihn als Wortführer einer Republik zu gewinnen, die diesen Namen verdiente. Im Ergebnis entspannte sich die Stimmung in der Hauptstadt zusehends und auch die Truppen des Lepidus gingen auf Versöhnungskurs. Am nächsten Tag fand eine weitere Senatssitzung statt, zu der auch Brutus und Cassius erschienen. Antonius wurde ebenso wie Brutus und dessen Freunde belobigt, einen drohenden Bürgerkrieg verhindert zu haben; dann bestätigte der Senat die prätorischen Provinzen für die Statthalter, so wie es bereits Caesar vorgesehen hatte. Lepidus als ehemaliger Reiteroberst des Diktators erhielt Hispania citerior und Gallia ulterior, Munatius Plancus Gallia transalpina, Lucius Staius Murcus Syria, die Verschwörer Trebonius Asia, Tillius Cimber Bithynia und Decimus Brutus Gallia cisalpina. 3 Schließlich standen die Verkündigung von Caesars letztem Willen und sein Leichenbegängnis auf der Tagesordnung. Immerhin wurde offen diskutiert, die Leiche des Tyrannen unbestattet in den Tiber zu werfen. Antonius verhinderte extreme Beschlüsse, die Caesars Veteranen hätten provozieren können, und setzte sich für ein Staatsbegräbnis und die öffentliche Verlesung von Caesars Testament ein, welches bei dessen Schwiegervater Calpurnius Piso hinterlegt war. Dies tat er in bewusster Rücksichtnahme auf die schwankende bis gereizte Stimmung der Volksmassen, die im Übrigen ebenfalls von Caesar bedacht worden waren. Brutus schlug sich auch in dieser Angelegenheit auf Antonius’ Seite, und so wurden Caesars testamentarische Verfügungen zunächst im Hause des Konsuls und später vor dem Volke verlesen: Erbe seines Namens und von drei Vierteln seines Vermögens sollte sein Großneffe Gaius Octavius sein, ein Viertel sollten die Kinder seiner älteren Schwester Iulia, Lucius Pinarius Scarpus und Q. Pedius erben. Falls Octavius das Erbe ausschlage, sollten Antonius und Decimus Iunius Brutus an seine Stelle treten. Jeder in Rom wohnende römische Bürger erhielt pro Kopf 300 Sesterzen, und Caesars prachtvolle, jenseits des Tiber gelegenen Gärten, in denen Kleopatra während der letz-

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ten Wochen gewandelt war, wurden für das Volk als Erholungsstätte zugänglich gemacht. Die Trauerfeier war für den 20. März vorgesehen, bei der Antonius die Leichenrede halten sollte. Was Antonius dann am betreffenden Tage über das bei dieser Gelegenheit gewohnheitsgemäß gespendete Lob auf die Taten des Toten hinaus sagte und inwieweit es seine eigenen Worte und Gesten waren, die Teile des Volkes aufpeitschten, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Wahrscheinlich nahm eine schon vorab gewaltbereite Gruppe die jetzt wehmütige Stimmung auf und setzte sie nach Art heutiger ‚autonomer‘ Gruppen in sich verselbständigende Aktionen von Brandstiftung und Mord um. Antonius hat das Ausmaß jener Aktionen weder vorhergesehen noch gewollt. Der Mord an dem Volkstribunen Helvius Cinna konnte aufgrund einer Namensverwechslung mit dem Prätor und Caesarmörder Cornelius Cinna nicht verhindert werden. Gleichwohl setzten sich betroffene Bewohner dennoch gegen die Brandstifter, die es zuerst auf die Häuser der Mörder abgesehen hatten, zur Wehr. Als Konsul ließ Antonius einige Rädelsführer vom Tarpeischen Felsen stürzen und tat in den darauf folgenden Tagen alles, den Missbrauch von Caesars Andenken für Orgien der Gewalt zu unterbinden: Ein spontan errichteter Altar am Ort des Scheiterhaufens wurde niedergerissen. Den Anstifter zu dieser Aktion, einen gewissen Amatius, der sich als Enkel des Gaius Marius und Rächer Caesars aufspielte und eine gewaltbereite Truppe um sich gesammelt hatte, ließ Antonius vier Wochen nach Caesars Tod verhaften und ohne Gerichtsverfahren hinrichten. Privatpersonen wurde auch das Tragen von Waffen verboten. Das oft gezeichnete Bild einer von Schmerz über Caesars Tod emotional entfesselten und unkontrollierbaren Menge trifft nur auf einen ‚harten Kern‘ organisierter Randalierer zu, die die breite Öffentlichkeit in Furcht und Schrecken setzten und damit eher Widerstand provozierten. Der Senat belobigte nicht nur Antonius für sein entschlossenes Vorgehen, sondern tat auch alles, um die Mörder Caesars außerhalb Roms in Sicherheit zu bringen. Nachdem die Ruhe in Rom wiederhergestellt war – im übrigen Italien war Caesars Ermordung nach Ciceros Empfinden mit Begeisterung aufgenommen worden –, widmete sich Antonius Caesars letzten Verfügungen. Nach einigem Hin und Her, ob auch Caesars noch nicht veröffentlichte Verfügungen umgesetzt werden sollten, rang sich der Senat schließlich zu Letzterem durch, da zu viele davon profitierten. Er übertrug beiden Konsuln, Antonius und Dolabella, zusammen mit einem Beratergremium aus angesehenen Senatsmitgliedern die Aufgabe, diese Verfügungen zu prüfen und umzusetzen. Ein Dokument dieser Tätigkeit fand sich in jenem Inschriftentext, mit dem Caesar den Bewohnern von Sardeis in der Provinz

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Asia das Asylrecht ihres Artemisheiligtums bestätigt hatte. Die am 4. März 44 von Caesar ausgestellte Urkunde war in Rom liegen geblieben und wurde erst von Antonius mit einem Begleitschreiben versehen an den Empfänger übermittelt. 4 Antonius handelte in den Wochen und Monaten nach Caesars Tod durchaus einvernehmlich mit dem Senat und im Sinne des Kompromisses vom 17. März. Ein auf Ausgleich gerichtetes Signal bedeutete seine Initiative, dem Sextus Pompeius die Rückkehr nach Italien und die Restitution seines väterlichen Vermögens zu ermöglichen; Lepidus als neuer Statthalter in Spanien wurde mit der Kontaktaufnahme beauftragt. Pompeius (siehe unten, Abb. 8), der jüngste Sohn des großen Pompeius, war aus der Schlacht bei Munda entkommen, hatte weite Teile Südspaniens unter seiner Kontrolle behalten und befehligte eine ansehnliche Flotte vor Spaniens Ostküste. Beide Konsuln brachten zudem ein Gesetz ein, welches für alle Zukunft verbot, noch einmal einen Diktator in Rom zu ernennen. Etwa Mitte April ließ sich Antonius die ihm von Caesar zugesprochene Provinz Macedonia formal durch Senats- und Volksbeschluss, also ein Gesetz, bestätigen. Sein Mitkonsul Dolabella, der seinerzeit noch nicht gewählt war und eigentlich Caesars Stelle als Konsul in Rom einnehmen sollte, erhielt in Absprache mit Antonius die Provinz Syria zugewiesen. In Macedonia standen noch die starken, von Caesar für den Balkankrieg zusammengezogenen Legionsverbände mit der Option, die Lorbeeren des Triumphators zu gewinnen. In Syrien boten sich ebenfalls attraktive Aktionsfelder an: die Parther, Juden und vor allem Ägypten konnten dem dortigen Statthalter Ruhm und eine volle Geldbörse bescheren. In einem Brief Ciceros an Atticus vom 22. April 44 wird folgender Vorwurf erhoben, der aus heutiger Sicht nur schwer glaubhaft zu machen ist: Antonius habe Verfügungen Caesars erfunden, also eigene selbstherrlich getroffene Entscheidungen als solche Caesars ausgegeben, um persönliche Gunsterweise zu verteilen. Es ging dabei um die Verleihung des römischen Bürgerrechts an die Bewohner der Provinz Sicilia, denen Caesar zwei Jahre zuvor das ‚Latinische Recht‘ zuerkannt hatte, und um Gebietszuweisungen an den galatischen König Deiotaros, der als Parteigänger des Pompeius bei Caesar seinerzeit in Ungnade gefallen war. Die auf diese Weise Begünstigten gehörten, wie die heutige Forschung bemerkt hat, zu Ciceros Klientel, und Antonius’ Initiativen verletzten Ciceros Eitelkeit zutiefst. Kurze Zeit später erhob Cicero den Vorwurf, Antonius habe aufgrund von Caesars acta fälschlicherweise die Rückführung von Verbannten veranlasst und im Mai dem Atticus mitgeteilt, die Hand auf nicht weniger als 700 Millionen Sesterzen, die Caesar im Tempel der Ops deponiert hatte, gelegt und zur Tilgung eigener Schulden und Bestechung von Politikern

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verwendet. Auf Antonius’ Bestechlichkeit gehe schließlich sein Entscheid zurück, der Provinz Creta ab dem 1. Juni 44 die Steuerfreiheit zu gewähren und nach der Statthalterschaft des Brutus, die diesem erst am 5. September vom Senat zuerkannt werden sollte, gänzlich aus dem Provinzialverband zu entlassen. Ob und was Antonius im Zuge dieser Verfügungen an Caesars Willen fälschte oder frei hinzu erfand, lässt sich nicht mehr klären – zwei Dinge sind jedoch offensichtlich. Erstens handelt es sich um in der Sache so verschiedene Aktionen, dass sich keinerlei Programmatik im Rahmen eines eigenen Politikstils erkennen ließe. Zweitens tat Antonius das, was jeder andere römische Spitzenpolitiker in seiner Situation auch getan hätte: die Gelegenheit zu nutzen – egal, ob die acta Caesaris ganz oder teilweise gefälscht wurden –, sich eine ihm ergebene Klientel in den Provinzen und auf der politischen Bühne Roms zu schaffen. 5 Als amtierender Konsul mit der höheren Autorität als sein Amtskollege Dolabella und unbestrittener Sachwalter von Caesars letzten Verfügungen hielt Antonius konkurrenzlos die politischen Fäden in der Hand, im Rahmen einer Ordnung, der auch Cicero zustimmen konnte. Innerhalb einer ‚republikanischen‘ Ordnung wollte Antonius nicht mehr und nicht weniger, als sich eine Stellung als Erster oder unter den Ersten des Staates zu verschaffen. Bei der Wahl der Mittel, dieses Ziel zu erreichen, nahm er sich, wie sich bald herausstellen sollte, Caesar zum Vorbild. Zunächst reichten einmal die Beherrschung der politischen Bühne in Rom und mit Blick auf die Zukunft die Absicherung durch eine starke Militärprovinz. Hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Stellung nahm er sich, Caesars Schicksal vor Augen, vielleicht eher Pompeius als Maßstab – aber das war noch Zukunftsmusik. Wahrscheinlich haben aufmerksame Zeitgenossen bereits darüber spekuliert, ob Antonius’ von Ausgleich und Respekt getragenes Verhalten aufgesetzt war oder einer aufrichtigen inneren Überzeugung entsprach, die – um Ciceros auf Caesar gemünzte Worte zu gebrauchen – seine ‚Würde‘ (dignitas) stets mit ‚Ehrenhaftigkeit‘ (honestas) verknüpfen wollte. 6 Die Argwöhnischen sahen sich kurze Zeit später in ihrer Skepsis bestätigt, und in der Tat befleißigte sich Antonius in den folgenden Wochen des Mai und Juni 44 einer schärferen Gangart, sowohl was Inhalte als auch die Umsetzung seiner Politik betraf. Der Grund: Der Erbe von Caesars Namen und dem größten Teil seines Vermögens war auf italischem Boden erschienen, und sowohl Antonius als auch Zeitgenossen wie Cicero erkannten sofort das neue politische Kraftzentrum, das der erst Neunzehnjährige Gaius Octavius um sich herum bildete. Octavius (Abb. 4) war im Jahre 63 v. Chr., dem Jahr der catilinarischen Verschwörung, geboren worden als Sohn von Caesars Nichte Atia und des

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Gaius Octavius, eines in der italischen Landstadt Velitrae beheimateten Senators, der es auf der Karriereleiter bis zur Prätur gebracht und nach seiner Statthalterschaft von Macedonia gestorben war, bevor er an eine Bewerbung um das Konsulat denken konnte. Der junge Octavius war Caesars einziger männlicher Verwandter der jüngeren Generation und von daher selbstverständlich der Haupterbe dessen, was Caesar als Privatmann vermachen konnte: sein persönliches Vermögen und seinen Namen mittels Adoption. Dass er ihm, wäre er nicht ermordet worden, auch eine rasche politische Karriere ermöglicht hätte, kann nicht bezweifelt werden, bereits nach Mazedonien vorausgeschickt sollte der junge Mann im Krieg gegen die Geten seine ersten Erfahrungen als Soldat machen. Caesar hatte ihm auf jeden Fall einen vorderen Platz unter seinen Freunden und Gefolgsleuten zugewiesen, da er ihn für alle sichtbar auf der Rückreise aus Spanien im Jahre 45 in seinem Wagen zusammen mit Decimus Brutus fahren ließ, hinter ihm selbst und Antonius. Diese und andere Auszeichnungen, wie eine Stelle im Pontifikalkollegium oder die Erhebung aus dem Plebejerin den Patrizierstand zeigen zweifelsohne die Wertschätzung, soweit sie einem so jungen Manne öffentlich überhaupt zuteil werden konnte, aber sie beweist nichts mit Blick auf ein politisches Vermächtnis. Mit Caesars Namen und Vermögen verfügte der junge Octavius zwar über ein außergewöhnliches ‚Kapital‘, aber ob und wie er dieses politisch umsetzen wollte und umsetzen konnte, hing von ganz anderen Faktoren ab als von Caesars letztem Willen. Bald nach seiner Ankunft in Apulien Ende März 44 nahm Octavius den Namen des ermordeten Diktators an: Gaius Iulius Caesar. Wir nennen ihn zur besseren Unterscheidung mit einem inoffiziellen, von Cicero anfangs benutzten, von ihm selbst aber nie geführten Namen ‚Octavianus‘. Octavian setzte, indem er die für den Getenkrieg bestimmte Kriegskasse in Brundisium beschlagnahmte, auch das erste Zeichen einer über die Akzeptanz des privaten Vermächtnisses hinausgehenden politischen Ambition. Für die Reise nach Rom nahm er sich ausgiebig Zeit, um unterwegs die Stimmung der Zivilbevölkerung und der von Caesar angesiedelten Veteranen zu erkunden. Vor allem Letztere, im Gegensatz zu manchen Städten, brachten dem – nun – Sohne Caesars nur allzu natürliche Sympathien entgegen, mussten sie doch die ungesühnte Ermordung ihres Patrons beklagen und konnten sie in ihm denjenigen sehen, der die Rache an den Mördern seines Vaters vollstrecken werde. Konkreter als solche Stimmungen zeigte sich das Verhalten von Caesars Vertrauten und anderen Senatoren, die Octavian die Türen ihrer am Golf von Neapel gelegenen Villen öffneten und ihn über die Lage in Rom unterrichteten. Sehr schnell sprach sich herum, dass der junge Caesar bald in die Hauptstadt kommen und

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auch offiziell vor dem Stadtprätor die Erbschaft annehmen werde. Die Konkurrenzsituation, die sich um seine Person zu Antonius als Sachwalter von Caesars Erbe aufbaute, und die daraus erwachsenden Konflikte standen Männern wie Cicero und Atticus klar vor Augen. 7 Nicht weniger Antonius: Kaum hatte er von Octavians Ankunft in Kampanien erfahren, ließ er sich am 24. April per Gesetz die Ansiedlung von Veteranen just in den soeben von Octavian besuchten Landstrichen in Samnium und Kampanien übertragen und reiste persönlich für mehrere Wochen dorthin, ohne freilich Caesars Erben begegnen zu wollen. Gleichzeitig, Ende April, wurde Antonius’ Absicht bekannt, sich anstelle von Macedonia im Tausch die Provinz Gallia cisalpina, die bereits dem Decimus Brutus zugesprochen worden war, dazu noch das gesamte jenseitige, größtenteils von Caesar frisch eroberte Gallien übertragen zu lassen. Nach der Ermordung des Diktators waren die Feldzugspläne auf dem Balkan natürlich obsolet geworden. Antonius sah richtig voraus, dass es für einen möglichen Machtkampf mit Caesars Erbe wichtiger war, Italien selbst im Griff zu haben. Die Öffentlichkeit war aufgeschreckt, beschwor diese Vorstellung doch automatisch Erinnerungen an den ermordeten Caesar herauf, der, auf die Machtbasis der gallischen Provinzen gestützt, seinerzeit das Reich in den Bürgerkrieg gerissen und ihm die Diktatur aufgezwungen hatte. Aus Antonius’ Sicht musste es darum gehen – gleichgültig, welche politischen Ziele Caesars Erbe verkündete und wie er gedachte, diese zu realisieren –, von Anfang an die Gewinnung und Mobilisierung von Caesars Klientel zu vereiteln. Dazu gehörten neben den in Italien angesiedelten oder noch anzusiedelnden Veteranen die Städte und Ressourcen des diesseitigen und jenseitigen Gallien. Das betreffende Gesetz wurde schließlich Anfang Juni angenommen und sah vor, dass Antonius Gallien – wie auch Dolabella Syrien – für jeweils fünf Jahre behalten sollte, dass Antonius ferner auch die in Makedonien für den Getenkrieg bestimmten Legionen nach Gallien überführen durfte. Der soeben erst in die Gallia cisalpina abgereiste Decimus Brutus hatte seine Provinz an Antonius wieder abzugeben. Jedem Zeitgenossen musste die für Caesar im Jahre 59 getroffene Regelung bezüglich seiner Provinzen als Analogie vor Augen stehen und klar machen, dass Antonius genauso wie seinerzeit Caesar mit dieser Macht im Rücken für die nächsten Jahre eine herausragende Stellung in der res publica einzunehmen gedachte. Ob mit oder ohne Blick auf den jungen Erben Caesars – Antonius rammte im Mai und Juni seines Konsulatsjahres buchstäblich Pflöcke ein, die das Fundament dieser Machstellung bilden sollten. Während er einen Monat der Veteranenansiedlung in Kampanien widmete, reiste Octavian nach Rom– beide waren offenbar froh über die Abwesenheit des anderen vom Ort ihrer momentanen Aktivität. Octavian

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traf in Rom auf zwei Brüder des Marcus Antonius. Vor dem einen, dem Stadtprätor Gaius Antonius, deklarierte er formal die Annahme des ihm von Caesar übertragenen Erbes; von dem anderen, dem Volkstribunen Lucius Antonius, ließ er sich vor eine spontan zusammengerufene Versammlung der plebs, eine contio, führen, auf der er sich als Erbe Caesars präsentieren konnte. Dass die Brüder des Marcus dem Octavian das politische Parkett in Rom öffneten, sollte – in welche Richtung auch immer – nicht überinterpretiert werden: Sie taten etwas, was ganz der Normalität entsprach und ohnehin nicht zu verhindern gewesen wäre; ja manche Forscher vermuten, dass die Antonier dem Caesarerben diese Plattform sogar gerne zur Verfügung stellten als Gegengewicht zu Antonius’ Mitkonsul Dolabella, der just in dessen Abwesenheit zur Freude Ciceros einen Altar und eine Bildsäule Caesars auf dem Forum hatte zerstören lassen. 8 Wie dem auch sei – Antonius kehrte Ende Mai nach Rom zurück. Bald darauf kam es zu einer ersten Unterredung, in der Octavian die Auszahlung seines Erbes verlangte, soweit es die an die Plebs zu zahlenden Legate betraf. Antonius versuchte, auf Zeit zu spielen, und soweit er es mit Hilfe gesetzlicher Mittel vermochte, Octavians Stellung in der Schwebe zu halten. Er erwirkte die Einsetzung einer Senatskommission, die zunächst einmal einen Rechenschaftsbericht über Caesars Vermächtnis erstellen sollte, was formal den Wünschen Octavians Rechnung trug, de facto aber die Auszahlung der Legate auf die lange Bank schob. Ferner ließ er gegen den Antrag, der die Adoption Octavians durch das Volk bestätigen sollte – erst danach wurde die Adoption rechtswirksam –, durch einen Volkstribunen interzedieren (24. Mai), so dass Octavian auch aus diesem Grunde das Erbe Caesars noch nicht antreten konnte. Warf er so Octavian Knüppel zwischen die Beine, brachte Antonius seinerseits Anfang Juni eine Reihe von Gesetzen direkt vor die Volksversammlung, welche seine eigene zukünftige Stellung und ihm eine Klientel sichern sollten: das schon erwähnte Gesetz über den Provinztausch, formal wie im Falle Caesars ein Plebiszit – also ohne Mitwirkung des Senats –, ein zweites Agrargesetz, das die Verteilung weiterer Landstriche an Veteranen betraf, wie die lex agraria Caesars vor den Tributkomitien vom Konsul selbst eingebracht. Durch die offenkundige Anknüpfung an Inhalt und Methoden der Gesetzgebung Caesars aus dem Jahre 59 vermittelte Antonius den Zeitgenossen eine Ahnung, wie er seine zukünftige Position im Staate sehen wollte: eine auf eine mächtige Provinz gestützte und über Mittelsmänner betriebene politische Einflussnahme in Rom, wohin er nach Jahren der Abwesenheit mit weiteren Forderungen nach Anerkennung seiner dignitas zurückkehren werde. Dass die Stimmung in der Hauptstadt auf den durch Antonius’ Truppen eingeschüchterten Volksversammlungen und Senats-

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sitzungen eher gegen ihn ausschlug, hat der Konsul sicher einkalkuliert und, um dem entgegenzuhalten, zielstrebig versucht, potentiell konkurrierende Kraftfelder und Kristallisationspunkte eines Widerstandes für sich einzubinden. Dazu zählten einmal die Caesarmörder, die er mittels eines von ihm initiierten Senatsbeschlusses Anfang Juni aus Italien entfernte. Sie erhielten den Auftrag, zur Versorgung der stadtrömischen Bevölkerung Getreide in Asien und in Sizilien aufzukaufen. Auf diese Weise bildeten sie einerseits für ihn in Italien keine unmittelbare Gefahr, andererseits verpflichtete er sich dieselben für die Zukunft durch eine Wohltat (beneficium), die Cicero freilich als Beleidigung (contumelia) geißelte. 9 Um die sich bei Cicero aufstauende Entrüstung abzubauen, kam ihm Antonius bei einem Anliegen seines Freundes Atticus entgegen, der immer noch auf einen von Caesar in Aussicht gestellten Bescheid wartete, der sein Haus und Grundstück von der Verteilung des für die neue Kolonie Buthrotum (im heutigen Albanien gelegen) bestimmten Gebietes ausnahm. Immerhin bewegte dieser Gunsterweis Cicero Ende Juni, die alte, nie gestörte Freundschaft zwischen beiden zu preisen. Schließlich bezog Antonius auch einen entfernten Unruheherd in seine Politik des Ausgleichens ein: den Sextus Pompeius. Die von Antonius unterstützten Bemühungen des Lepidus vor Ort führten im Laufe des Sommers zu einem Abkommen, das Pompeius die Rückkehr nach Rom erlaubte und ihm eine Entschädigung für den Verlust des väterlichen Vermögens aus der Staatskasse zusprach. 10 Antonius’ Taktik und Ziele um die Jahresmitte 44 knüpften also deutlich an Caesars Vorbild aus dem Jahre 59 an; er dachte in diesem Punkte ganz allein an seine persönliche dauerhafte Machtstellung im Staate, bemühte sich aber, aus Caesars Versäumnissen zu lernen. Er durfte darüber keinen Scherbenhaufen in Rom hinterlassen, der ihm eine Rückkehr aus seinen Provinzen nur um den Preis des Bürgerkrieges erlaubt hätte. Ins Kalkül gehörte natürlich auch Octavian, in dessen Fall Antonius nach Lage der Dinge nicht mehr tun konnte und wollte, als dessen politischem Kapital aus Caesars Erbschaft eine möglichst geringe Entfaltungsmöglichkeit zu gewähren. Seine Offerten gegenüber den wichtigen Gruppierungen und Kraftfeldern zielten dementsprechend immer auch auf eine Isolierung des jungen Caesarerben. Antonius handelte in diesem Punkte mit den Mitteln einer Obstruktion, soweit es ihm die Gesetze ermöglichten, und es liegt in der Natur der Sache, dass diese Taktik je nach Standpunkt der Betroffenen unterschiedlich beurteilt wurde. So sehr Antonius also einerseits sich der politischen Methoden Caesars bediente, so sehr versuchte er andererseits zu verhindern, dass andere vom Erbe Caesars, und wenn es auch nur Symbolcharakter trug, profitierten. Dazu gehörten die ludi Victoriae Caesaris, die vom 20.–30. Juli abgehalten

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werden sollten. Caesar hatte diese Spiele im Jahre 47 zu Ehren seiner mythischen Stammmutter Venus Genetrix gestiftet, allerdings hatte sich das für die Spiele zuständige Priesterkollegium der Aufgabe, diese auszurichten, verweigert. Auch diese Haltung ist bezeichnend für die Stimmung in Rom und sicher im Sinne des Antonius gewesen. Umgekehrt erkannte Octavian die einzigartige Gelegenheit, sich als Erbe und Sachwalter Caesars öffentlich profilieren zu können und hatte bereits im Mai angekündigt, die Ausrichtung der Spiele zu übernehmen. Antonius versuchte natürlich, dieses Ansinnen zu hintertreiben, indem er eine Senatskommission Caesars Vermögen nach öffentlichen und privaten Besitztümern prüfen ließ und seinerzeit von Caesar enteignete politische Gegner ermunterte, Schadensersatzansprüche an seinen Erben zu stellen. Octavian sollte durch Rückforderungen schlichtweg die finanzielle Basis zur Ausrichtung der Spiele und der beabsichtigten Auszahlung der Legate an die Plebs entzogen werden. Octavian hat dieses Ansinnen dank der Unterstützung von Caesars Finanzberatern und seiner eigenen Familie pariert, so dass Antonius die Ausrichtung der Spiele, die Auszahlung der Legate an die Plebs, überhaupt die Selbstinszenierung des jungen Mannes geschehen lassen musste. Letzere wusste Octavian noch dadurch zu steigern, dass sich ein am Himmel sichtbarer Komet als Aufnahme Caesars unter die Götter deuten ließ. Diese öffentliche Demonstration bewirkte bei Antonius insofern ein Umdenken, als er die Sinnlosigkeit einer weiteren Obstruktionspolitik gegen Caesars Erben einsah. Es passt in das bislang entworfene Bild seiner Politik des Sommers 44, dass er auch dieses Problem wenn nicht aus der Welt schaffen, so doch entschärfen wollte: Auf seine Initiative hin kam eine Unterredung mit Octavian zustande. Die augustusfreundliche Überlieferung hat natürlich den Anstoß dazu in dem von einer Masseninitiative der Veteranen Caesars ausgehenden Druck gesehen, die aus Entrüstung über die Octavian zugefügten Demütigungen den Antonius gezwungen hätten, sich öffentlich mit Caesars Erben zu versöhnen. Man sollte in diesem Punkte jedoch der nüchternen Darstellung des Cassius Dio folgen, der die Initiative dem Antonius zuschreibt und von einer Übereinkunft spricht, ohne Details mitzuteilen. Antonius wird zu diesem Zeitpunkt seinen Widerstand gegen die lex curiata, die Octavians Adoption bestätigte, aufgegeben haben. Vielleicht war es auch Teil dieser Unterredung, die Caesarmörder Brutus und Cassius mit zwei ‚regulären‘ Provinzen auszustatten und für längere Zeit aus Italien zu entfernen. Es handelte sich im Falle des Brutus um Creta, im Falle des Cassius um Kyrene, was beide dem Antonius aus zweierlei Gründen übel nahmen: Erstens hatte man ihnen denkbar unbedeutende Provinzen zugewiesen; zweitens hatten auch

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sie verfolgt, wie Antonius seine Machtstellung nach Caesars Vorbild ausbaute, und mussten nunmehr mit ansehen, wie sie in weit entfernte Gebiete für mindestens ein Jahr abgeschoben und damit definitiv aus Antonius’ weiteren Plänen ausgeschlossen wurden. Die Caesarmörder standen mit ihrer Kritik nicht alleine. Sie wurden von dem altehrwürdigen Konsular Lucius Calpurnius Piso, Caesars Schwiegervater, in der Senatssitzung vom 1. August sekundiert. Der alte Mann sah eindeutig eine Wiederholung von Caesars Herrschaftsmethoden voraus und stellte ein freiwilliges Exil in Aussicht, wenn sie Realität werden würden. Für Antonius mochten solche Anwürfe ärgerlich sein, eine wirkliche Gefahr ging von ihnen nicht aus und änderten nicht im Geringsten etwas an seiner Taktik und seinen Zielen. 11 Ja er sah sich ermutigt, seine politische Basis bei der plebs mit popularen Themen zu verbreitern, indem er in der zweiten Augusthälfte zwei Gesetzesanträge mit einer klaren popularen Stoßrichtung vorlegte. Die lex Antonia über das Provokationsrecht sah vor, dass Personen, die wegen Gewaltanwendung (de vi) oder Ehrverletzung des Staates (de maiestate) von Geschworenengerichten zum Tode verurteilt worden waren, ein Provokationsrecht an die Plebsversammlung eingeräumt wurde. Damit wurde einem politischen Schwert der Optimaten, welches sie unter Zuhilfenahme des Delikttatbestandes der Gewaltanwendung und der „Majestätsbeleidigung“ des römischen Staates den popularen Fahnenträgern in die Brust zu stoßen gewohnt waren, die Schärfe genommen. Ein Richtergesetz (lex iudiciaria) nahm ebenfalls ein älteres innenpolitisches Streitthema auf, die Zusammensetzung der Richterdekurien, aus denen sich die Geschworenen der einzelnen Gerichtshöfe rekrutierten; die jeweils aus Senatoren und Rittern bestehenden Kurien wurden durch eine dritte, verdienten Offizieren offen stehende Kurie ergänzt, und eröffnete damit der militärischen Klientel im Heer einen zivilen Sektor gesellschaftlicher Reputation. 12 In Konkurrenz zu Caesars Adoptivsohn trat Antonius zudem offen für postume Ehrungen des Diktators ein. Am 1. September beantragte er im Senat, jedes vom Senat beschlossene Dankfest solle um einen weiteren Tag zu Ehren Caesars verlängert werden. Einige Wochen später ließ er auf dem Forum ein Standbild des toten Diktators aufstellen mit der Widmung „dem höchst verdienstvollen väterlichen Wohltäter“ (parenti optime merito). Antonius stilisierte ihn also zu seinem ‚Erzeuger‘, dem er politisch alles verdankte und dessen Vorbild nachzueifern er als seine Pflicht betrachtete. In dem Maße freilich, mit dem Antonius dieses Machtstreben nach Caesars Vorbild unverblümt herausstellte, formierte sich auch der politische Widerstand innerhalb der restlichen Senatsaristokratie. Die Caesarmörder hatten Italien Ende August in Enttäuschung über oder sogar Hass auf An-

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tonius verlassen. Cicero entschloss sich zur gleichen Zeit, die politische Bühne in Rom wieder zu betreten und sich erneut als Wortführer zur Rettung der res publica anzudienen. Der von Antonius auf den 1. September einberufenen Senatssitzung blieb er fern; Antonius verstand diese Geste wie sie gemeint war – als persönliche Brüskierung. Stattdessen hielt Cicero am Tage darauf – nunmehr in Abwesenheit des Antonius – eine Rede im Senat: die erste Philippische Rede. Sie enthielt nicht so viel Polemik als die deutliche Mahnung, dass beide Konsuln nicht Caesars Weg gehen, sondern zum Wohle der Republik als Vollstrecker der Senatsautorität ihr Amt führen sollten. Allerdings – in einer Selbstüberschätzung hinsichtlich der Wirkung seiner Worte, wie des Öfteren bei Cicero – knüpfte diese Mahnung an eine harsche Kritik an der Gesetzgebung des Antonius an, die sich nach Ciceros Ansicht in der Sache und formal über jedes Gemeinwohl hinweggesetzt habe. Nehmen wir die Haltung seiner angesehensten Mitglieder, der ehemaligen Konsuln, als Indiz, so herrschte im Senat keineswegs eine einhellige Antonius feindliche Stimmung: Von elf Konsularen stand Cicero nur einer, Publius Servilius Vatia Isauricus, der mit Brutus und Cassius verschwägert war, bei. Drei weitere mögliche Sympathisanten Ciceros waren der Sitzung ferngebelieben; drei Konsulare verdankten Caesar das höchste Staatsamt und ihre Karriere und unterstützten auch keine indirekte Kritik an ihrem toten Idol; drei hatte Antonius auf seine Seite ziehen können. Das große öffentliche Echo blieb aus. 13 Aber Antonius war tief verletzt und verärgert über den Konsular, der noch vor wenigen Wochen die beiderseitige Freundschaft besungen hatte. Er seinerseits stampfte in einer am 19. September vorgetragenen Rede in Form einer Generalabrechnung Ciceros gesamtes politisches Wirken in Grund und Boden und diffamierte ihn als Urheber aller innenpolitischen Zwietracht der vergangenen zwanzig Jahre. Die Abrechnung gipfelte darin, dass er ihm die Freundschaft aufkündigte, an die ihn Cicero noch am 2. September erinnert hatte. Es ist richtig bemerkt worden, dass Antonius hier ganz den Vertreter der alten staatstragenden und politikerfahrenen Nobilität herauskehrte und Cicero wegen seiner nichtadeligen Herkunft als politischen Dilettanten und sich selbst maßlos überschätzenden Spaltpilz der römischen Aristokratie anprangerte. Damit traf er Cicero, der seit der catilinarischen Verschwörung nicht müde geworden war, für sich das Lob eines Retters der Republik einzufordern, an der empfindlichsten Stelle seines Selbstbewusstseins. Über die tieferen Ursachen der im Spätsommer 44 zwischen beiden Politikern offen ausgebrochenen Feindschaft ist viel nachgedacht und in den zurückliegenden Phasen ihrer Karriere nach Anlässen gesucht worden. Dabei erklären die Monate nach Caesars Ermordung eigentlich alles: An-

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tonius entpuppte sich quasi als zweiter Caesar, indem er sich eine ähnliche, alle anderen überragende Machtbasis in Form eines langjährigen starken Provinzkommandos sicherte; hierdurch fühlte sich Cicero selbstredend herausgefordert, einen zweiten Caesar schon in den Anfängen zu verhindern, so wie er es seinerzeit gedacht, versucht, aber nicht erfolgreich umgesetzt hatte. Sein politisches Credo, sein Leben als Politiker, enthielt ungeachtet aller Kompromisse, Schwächen und Eitelkeiten als unverrückbaren Kern sein Eintreten für die optimatische Doktrin, dass die Senatsautorität die Richtlinien der Politik bestimmte, und jeder Magistrat ihr Diener zu sein habe. Antonius seinerseits nahm sich nicht nur Caesars Machtbasis, ein mächtiges und langjähriges Provinzkommando, zum Vorbild, sondern auch dessen Umgang mit den führenden Senatoren. Er umwarb sie, bot ihnen eine Zusammenarbeit an, wer jedoch nicht wollte, dem bedeutete er, dass er auch ohne ihn den Staat zu lenken wisse. So hatte Caesar seinerzeit zu Beginn des Bürgerkrieges den renitenten Rumpfsenat in Rom zurechtgewiesen. Cicero nahm den Fehdehandschuh auf und verfasste, tief gekränkt, eine Entgegnung, die so genannte zweite Philippische Rede, die an Schärfe und persönlichen Attacken gegen Antonius nichts zu wünschen übrig ließ und maßgeblich das Urteil der Geschichte über Antonius bestimmt hat. Auf Anraten seines Freundes Atticus, der eine weitere Eskalation der Feindschaft als nutzlos empfand, sah Cicero sowohl von einer Verlesung als auch von einer schriftlichen Veröffentlichung ab, zumal er nur als Verlierer aus diesem verbalen Kräftemessen hervorgehen konnte. Denn um im Rom jener Tage die Politik bestimmen zu können, benötigte man die Autorität einer Magistratur und eine ergebene Armee im Rücken. Erstere besaß Antonius bereits. Nun musste noch die Armee hinter ihm als dem zukünftigen Statthalter von Gallien formiert werden, und zu diesem Zweck brach er in Begleitung seiner Gattin Fulvia am 9. Oktober nach Brundisium auf, um vier Legionen zu empfangen, die aus seiner ihm ursprünglich zugewiesenen Provinz Macedonia nach Gallien beordert worden waren. Mittlerweile hatte auch Caesars Adoptivsohn unmissverständlich erkennen lassen, dass er mehr wollte als nur als Erbe des Dikators gegenüber der stadtrömischen Plebs gerade zu stehen. Nachdem Antonius mit ihm Ende Juli einen Burgfrieden geschlossen hatte, konnte sich Octavian entweder als reicher Privatmann und mit Caesars Namen geschmückt in Ruhe zurückziehen und warten, bis sich die reguläre Ämterlaufbahn für ihn öffnete, oder er musste Wege und Mittel finden, um als politischer Faktor ernst genommen zu werden. Letzteres war schwer, da er für die Ämterlaufbahn noch zu jung war, ohne Amt auch – zumindest legal – keine Armee ausheben und befehligen konnte und aus diesen Gründen von keinem ge-

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standenen Politiker richtig ernst genommen wurde. Den Moment des richtungsweisenden Entschlusses im Sommer des Jahres 44 haben die Quellen nicht bewahrt. Im September setzte er jedenfalls neue Zeichen: Bei Nachwahlen kandidierte er für einen der zehn Posten des Volkstribunen – einer der Volkstribunen war nach der für Caesar veranstalteten Leichenfeier wegen einer Namensverwechslung gelyncht worden. Für Antonius war es ein leichtes, mit Hinweis auf Octavians durch die Adoption in das iulische Geschlecht zustande gekommene Zugehörigkeit zum Patrizierstand eine Kandidatur zu verhindern. Folgenschwerer und nicht zu verhindern war Octavians Bestreben, sich aus den in Italien angesiedelten Veteranen Caesars und aus den ihm aus Macedonia vertrauten Truppenteilen eine eigene Armee zu bilden. In dieser Situation während der ersten Oktobertage soll, so habe es Antonius verbreiten lassen, Octavian ein Attentat auf den Konsul geplant haben. Cicero als Zeitgenosse verbürgt zumindest das Gerücht und unterstellt Antonius, dieser habe sich Octavians Vermögen aneignen wollen. Weder fanden sich Beweise, noch sind irgendwelche Folgereaktionen erkennbar, so dass die moderne Forschung darüber rätselt und diskutiert, wessen Reputation mit der Anschuldigung beschädigt werden sollte. Eine neuere These lautet, Antonius habe mit der Begründung, das Leben des Konsuls sei bedroht, ein senatus consultum ultimum erwirken wollen, um gegen Octavian oder ihm zu Diensten stehende Volkstribunen notfalls gewaltsam vorgehen zu können. In diesem Fall hätte Antonius aber in völlig unnötiger Weise mit Kanonen auf Spatzen schießen lassen. Weder die antike noch die moderne Spekulation wären es wert, zu solch gravierender, aber unbeweisbarer Anschuldigung zu greifen, deren Haltlosigkeit sich umgekehrt gegen den vermeintlichen Urheber richten konnte. 14 Dementsprechend ist man versucht, Octavian selbst als Quelle des Gerüchts zu betrachten, der Antonius in Bedrängnis bringen wollte. Auf jeden Fall konnte Antonius nunmehr sicher sein, dass Octavian in der Politik seinen eigenen Weg zu gehen bereit war. Dieser führte über die Mobilisierung der militärischen Klientel seines Adoptivvaters und schuf damit eine offene Konkurrenz. Bei den in Macedonia stationierten Verbänden wirkten seine Emissäre; in Italien begab er sich höchstpersönlich nach Antonius’ Abreise nach Brundisium zu den in Kampanien angesiedelten Veteranen. Solches Handeln war natürlich illegal und konnte als Hochverrat abgeurteilt werden; aber der junge Pompeius hatte schon einmal vorgemacht, wie man sich nachträglich die staatliche Anerkennung einer ursprünglich revolutionär angeeigneten Position verschaffen konnte. Noch während Antonius’ Abwesenheit marschierte Octavian in der ersten Novemberhälfte mit einigen tausend Veteranen auf Rom, die er in Kam-

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panien wohl mit der Parole hatte gewinnen können, er wolle endlich für die Umsetzung aller für seinen Adoptivvater beschlossenen Ehrungen sorgen. In Rom angekommen, legte er auf die Realisierung dieses Ansinnens einen Eid ab. Folgten ihm die Soldaten noch, um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, so verließen sie ihn aber, als ihnen ein drohendes militärisches Kräftemessen mit Antonius und seinen Legionen dämmerte. In völliger Verkennung seiner Möglichkeiten baute er sich als Gegner des Antonius auf, indem er sich Senat und Volk als Retter des Staates vor den Herrschaftsansprüchen des Antonius anbot. Mehr als dieser Schabernack mussten Antonius die dank enormer Bestechungssummen gefährlichen Umtriebe Octavians unter seinen eigenen Truppenteilen beunruhigen. Ganz offensichtlich hatte Antonius die Stimmung unter den makedonischen Legionen (zwei von vieren waren eingetroffen, die zwei restlichen sollten später folgen), ihre Anfälligkeit gegenüber den Verlockungen des Geldes und Octavians Kontakte, die aus seinem dortigen Aufenthalt herrührten, unterschätzt. Er sah sich in Brundisium einer aufrührerischen Truppe gegenüber, der die Loyalität zum amtierenden Konsul und ihrem Befehlshaber in der neuen Provinz Gallia cisalpina alles andere als heilig war. Vielmehr setzten sie die von Octavian in Aussicht gestellten 500 Denare pro Kopf, was einem halben Jahressold entsprach, gegen die von Antonius gebotenen 100 Denare. Mit äußerster Strenge, durch die Hinrichtung etlicher Soldaten und Zenturionen, konnte Antonius die Disziplin vordergründig wieder herstellen. Seine Gattin Fulvia wohnte dem blutigen Spektakel bei, was Ciceros harsche Kritik hervorrief. Wir dürfen die Szene aber so interpretieren, dass Antonius mit der sicher ungewöhnlichen Präsenz einer Frau beim Vollzug der Kapitalstrafe den Hinzurichtenden eine besondere Schmach bereiten und bei den Zuschauenden eine besondere Abschreckung vor einer Wiederholung des Aufruhrs bezwecken wollte. 15 Dann schickte er die Truppen entlang der adriatischen Küste nach Norden in die ihm zugewiesene gallische Provinz. Er selbst eilte, nachdem er von Octavians Umtrieben in Kampanien und Rom gehört hatte, mit der ihm ergebenen 5. Legion (Alaudae) in die Hauptstadt zurück, aus der Octavian seinerseits kurz zuvor in Richtung Etrurien entwichen war. Antonius plante noch eine wichtige Senatssitzung, auf der er Octavian zum Staatsfeind (hostis publicus) erklären lassen, die Provinzverteilung an die neuen Statthalter für das Jahr 43 vornehmen und Aemilius Lepidus belobigen lassen wollte, weil letzterer im fernen Spanien die von Sextus Pompeius ausgehende Gefahr vorerst gebannt hatte. Doch, was Octavian betraf, hatte sich die Stimmung gewandelt. Im Senat hatte sich unter Ciceros Führung eine Fraktion gebildet, die, von Octa-

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vian seit Wochen heftig umworben, bereit war, den jungen Caesar – in welcher Position auch immer – als Gegengewicht zu Antonius zu akzeptieren. Diese Gruppe war auf keinen Fall für eine hostis-Erklärung zu gewinnen. Außerdem war es Octavian letztendlich gelungen, zwei der bis jetzt drei in Italien befindlichen ehemals makedonischen Legionen auf seine Seite zu ziehen. Dieselben hatten sich in Alba Fucens (bei Avezzano), abseits der vorgesehenen Marschroute gen Norden, verschanzt und trotzten allen Überredungskünsten und Versprechungen des aus Rom herbeigeeilten Konsuls Antonius. Damit war Octavian zu einem veritablen Machtfaktor vor Roms Toren geworden, und es war nicht mehr daran zu denken, eine Senatsmehrheit für eine Ächtung als Staatsfeind zu finden, zudem ein Akt, der Antonius ein noch schärferes Schwert gegen die Republik an die Hand gegeben hätte. In der letzten von ihm als Konsul geleiteten Senatssitzung am 28. November ließ Antonius ein Dankfest für Lepidus beschließen, der den Frieden mit Sextus Pompeius vermittelt hatte, und die Verlosung der prätorischen Provinzen für das Jahr 43 vornehmen. Bei Letzterer erhielt sein Bruder Gaius die Provinz Macedonia, die Stellung der Caesarmörder Brutus und Cassius ließ er gegenüber dem Senatsbeschluss vom Sommer des Jahres unverändert, womit er sich ihnen gegenüber alle Möglichkeiten offen hielt. Die Abrechnung mit Octavian konnte warten, Antonius nahm in Tibur (Tivoli) vor den Toren Roms den Eid der ihm treu gebliebenen Truppen ab, denen er zuvor die von Octavian versprochene Summe von 500 Denaren pro Mann gleichfalls gezahlt hatte. Absolute Priorität besaß für ihn der Besitz des diesseitigen und jenseitigen Gallien, dort konnte er sich, wie Caesars Beispiel zeigte, eine ihm ergebene Armee aufbauen, sowie Ressourcen mobilisieren, die ihm eine glanzvolle Rückkehr auf die politische Bühne Roms ermöglichen würden. Ferner konnte er mit einer gewissen Gelassenheit abwarten, ob und wie sich ein Zusammengehen zwischen zwei so gegensätzlichen Polen wie dem Senat unter Ciceros Führung auf der einen und Caesars Erben auf der anderen Seite gestalten würde. 16

5. Eine Episode: Der Staatsfeind Allen war klar, dass Antonius auf Jahre hinaus unangreifbar geworden wäre, sobald er seine Provinzen übernommen haben würde; gleichfalls würde er nach Caesars Vorbild einen ‚Lohn‘ für seine Verdienste einfordern. Die Rechtslage war eindeutig: Seit Juni 44 war die Gallia cisalpina Provinz von Antonius, und der amtierende Statthalter, in diesem Fall Decimus Iunius Brutus, hatte die Provinz nach Eintreffen des Nachfolgers binnen 30 Tagen zu verlassen. Antonius hatte aus zwei Gründen kein Interesse, diesen Anspruch auch sofort zu exekutieren. Erstens bestand für ihn kein Anlass, Brutus zu brüskieren, indem er ihn so früh aus der Provinz hinausdrängte, zweitens war während seines Amtsjahres als Konsul seine Anwesenheit in Rom und Italien zur Genüge gefordert. Jetzt, zum Jahresende, wo sich der Konflikt mit Octavian und möglicherweise dem Senat abzeichnete, drängte es ihn freilich, sich seiner Machtbasis für die kommenden Jahre zu versichern. Decimus Brutus seinerseits hätte, da er die Gesetzeslage kannte, seine Provinz auch anstandslos Antonius übergeben, wäre er nicht von Cicero beeinflusst worden, sich in den Dienst der Republik und gegen Antonius als deren ‚Totengräber‘ zu stellen. Als Brutus begreiflicherweise auf eine Legitimation in Form eines Senatsbeschlusses pochte, verstieg sich Cicero zu der aberwitzigen Argumentation, der Senat sei momentan nicht freier Herr seiner Entscheidungen – Antonius weilte noch in Rom – und drängte Brutus in die Rolle eines Retters der Republik. Eine Vielzahl von Einflussnahmen und Kontakten, die in der ersten Dezemberhälfte zwischen den Emissären des Brutus in Rom und Cicero, Octavian und anderen einflussreichen Senatoren, nicht zuletzt den für das Jahr 43 gewählten Konsuln, stattfanden, ebneten Brutus den Weg in das antoniusfeindliche Lager. In einem Edikt verkündete er, er werde seine Provinz gegen Antonius behaupten und dem Senat und Volk Roms zur Verfügung stehen.1 Das Edikt wurde sicher nicht zufällig am gleichen Tage, dem 20. Dezember, in Rom bekannt, als eine seit langem anberaumte Senatssitzung stattfand. Deren wichtigstes Ergebnis bestand denn auch in einer Legalisierung der von Octavian durchgeführten Werbungen, einer Annullierung der am 28. November vorgenommenen Provinzverteilung und damit einer Bestätigung von Brutus’ Statthalterschaft der Gallia cisalpina. Die Details, wie jenes als ‚unheilige Allianz‘ bezeichnete politische Bündnis zwischen Octavian und dem Mörder seines Adoptivvaters unter Ciceros maßgeblichem Einfluss zustande kam, können hier nicht ausgebreitet werden – alle diese Beschlüsse, gerichtet gegen den amtierenden

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Konsul, der im Begriffe stand, seine ihm rechtmäßig übertragene Provinz in Besitz zu nehmen, waren illegal. Dies hat nicht nur Antonius als direkt Betroffener, sondern haben auch die angesehenen Teile der Senatorenschaft so empfunden, die der Sitzung ferngeblieben waren. Auch Cicero selbst versuchte die Rechtslage auf groteske Weise in seinem Sinne dadurch zurechtzurücken, dass er sogar Antonius’ Konsulat wegen unrechtmäßiger Akte und des Abfalls zweier Legionen als verwirkt ansah. Antonius beobachtete die politischen Geplänkel und die sich gegen ihn verdichtende Agitation in Rom bereits von seiner Provinz Gallia cisalpina aus, die er mit den beiden makedonischen Legionen und einer dritten, aus Veteranen rekrutierten Legion betreten hatte. Während des Winters stieß die dritte makedonische Legion hinzu. Ferner führte ihm sein Bruder Lucius eine weitere frisch ausgehobene Rekrutenlegion zu, so dass er auf eine Gesamtstärke von fünf Legionen kam. 2 Brutus, der nur über drei Legionen verfügte, ließ sich nicht auf einen offenen Kampf um die Städte der Provinz ein, von denen die meisten dem Antonius wohl gesonnen waren, sondern hatte sich in Mutina, dem heutigen Modena, verschanzt. Diese strategisch günstig gelegene Stadt versperrte nicht nur den Vormarsch auf der Via Aemilia Richtung Westen, sondern war auch dank ihrer natürlichen Lage schwer einzunehmen. Antonius verlegte sich darauf, Brutus ebenda einzuschließen, auszuhungern und im Übrigen die Entwicklung in Rom abzuwarten, während seine Legaten in Italien Geld und weitere Truppen auftrieben. Insbesondere beobachtete Antonius jenes bizarre Bündnis zwischen Cicero und dem jungen Octavian. Letzterer hatte dem angesehenen Wortführer des Senats eindeutige Avancen gemacht, seine Dienste gegen Antonius angeboten, die mit einer vom Senat legalisierten, dem Staatswohl zukommenden Aufgabe etikettiert werden sollten – für ihn die Eintrittskarte in das Pokerspiel um die Macht in Rom. Seit November 44 zeigte sich Cicero für die Idee aufgeschlossen, Caesars Erbe für die Belange der Republik gegen Antonius einzusetzen, trotz einer nie versiegenden Skepsis gegenüber den wahren und letzten Absichten des ehrgeizigen Jünglings. Aber für ihn heiligte der Zweck die Mittel. Es kam schon einem Drahtseilakt gleich, den Sohn Caesars mit einem der Mörder Caesars vor ein und denselben politischen Karren zu spannen. Darüber hinaus schlugen die windigen Argumente, mit denen Cicero den rechtsfreien Raum kaschierte, in welchem er sich gegen den amtierenden Konsul und rechtmäßigen Prokonsul Antonius ins Zeug legte, und das halsstarrige, verantwortungslose Einpeitschen der Gemüter in einen neuen Bürgerkrieg allen auch von Cicero einst verteidigten Traditionen einer verantwortungsbewussten Senatsaristokratie, eben seiner res publica, ins Gesicht. Es gelang Cicero, ein

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Kampfbündnis gegen Antonius zusammenzuschmieden, an deren Spitze die beiden neuen Konsuln des Jahres 43, Aulus Hirtius und Gaius Vibius Pansa, und Caesars Adoptivsohn standen. Auf Antrag Ciceros stattete der Senat Letzteren am 1. Januar mit der proprätorischen Befehlsgewalt aus. Das heißt: Ohne das Amt eines Prätors verwaltet zu haben, erhielt Octavian im Range eines Prätors die selbstständige und legale Befehlsgewalt über die ihm unterstellten Truppenkörper. Auch wenn Octavian nunmehr in eine Kommandohierarchie fest eingebunden und den Konsuln untergeordnet war, bedeutete dies für einen 19-Jährigen immerhin ein beachtliches Zugeständnis. Cicero stand mit seinem extremen Konfrontationskurs ziemlich alleine innerhalb der senatorischen Führungsschicht. Die Mehrheit teilte sich auf der einen Seite in Anhänger des Antonius, allen voran der Konsular Quintus Fufius Calenus, ein alter Kampfgefährte des Antonius und Schwiegervater des einen Konsuls Pansa, die beiden Prätoren Publius Ventidius Bassus und Lucius Marcius Censorinus. Auf der anderen Seite stand eine große Gruppe, die zwar einem Bürgerkrieg absagten, aber nichtsdestoweniger verhindern wollten, dass sich Antonius wie einst Caesar über den Weg eines überragenden Provinzkommandos eine alle anderen erdrückende Machtposition in Rom verschaffte. Deshalb lautete die Devise, einerseits die Wehrhaftigkeit der Republik zu demonstrieren, gleichzeitig aber auf dem Verhandlungswege eine friedliche Lösung des Konfliktes zu favorisieren. Antonius sah sich also im Januar des Jahres 43 mit dem Aufmarsch des Konsuls Hirtius und des Octavian in Oberitalien konfrontiert, zudem mit einer Senatsgesandtschaft, die offiziell zwar ultimative Forderungen vortrug, ihrem Selbstverständnis nach aber die tatsächliche Breite des Dissenses ausloten sollte. Diese Gesandtschaft, die am 4. Januar des neuen Jahres 43 Rom verließ, bestand aus Servius Sulpicius Rufus, der den diesbezüglichen Antrag im Senat gestellt hatte, Caesars Schwiegervater Lucius Calpurnius Piso und Octavians Stiefvater Lucius Marcius Philippus. Antonius wurde zwar ultimativ aufgefordert, die Belagerung von Mutina aufzuheben, die Provinz dem Decimus Brutus zu überlassen und sich nach Italien hinter den Rubico, aber immer noch mindestens 200 Meilen von Rom entfernt, zurückzubegeben, da andernfalls der Krieg gegen ihn erklärt werde. Freilich war der Ton schärfer als die Konsequenz ernst gemeint war. Antonius’ Antwort fiel souverän, selbstbewusst und für jeden unbefangenen Beobachter recht und billig aus: Er bestand auf der Gültigkeit aller von ihm während seines Konsulatsjahres initiierten Gesetze. Nach den Provinzverteilungen vom 28. November war auch sein Agrargesetz am 4. Januar annulliert worden, andere sollten im Februar folgen.

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Er sei ferner bereit, allen Kommandos zu entsagen und sich ins Privatleben zurückzuziehen, verlangte dafür aber handfeste Garantien: Alle anderen an dem Konflikt beteiligten Truppenverbände müssten gleichfalls entlassen werden, seine Truppen die versprochenen Entlohnungen erhalten und seine politischen Gegner in den folgenden Jahren keine Staatsämter erhalten, die seine Ansehen und seine persönliche Sicherheit gefährdeten.3 Wenn aber, wie Caesar es bestimmt hatte und noch gültige Rechtslage war, Decimus Brutus im Jahre 42, Marcus Brutus und Gaius Cassius im Jahre 41 Konsuln werden sollten, so wolle er wenigstens das jenseitige, von Caesar eroberte Gallien, zusammen mit den derzeit unter Decimus Brutus stehenden Truppen auf fünf Jahre verwalten, so wie es das Gesetz vom Juni 44 vorgesehen hatte. Ciceros Ansinnen war es gewesen, im Falle einer zu erwartenden Ablehnung der von der Senatskommission überbrachten Forderungen Antonius zum Staatsfeind erklären zu lassen. Doch weder Antonius’ Nein noch seine Gegenforderungen konnten eine Mehrheit des Senats für den völligen Bruch und die Ausrufung des Kriegszustandes mit Antonius bewegen. Seine Gattin Fulvia und Mutter Iulia traten als seine Sachwalterinnen auf und versuchten über alle zur Verfügung stehenden Beziehungen, die Ächtung zu verhindern. Antonius tat das Seine, die Tür zu einem Arrangement mit den gemäßigten Kräften nicht zuzuschlagen und hat entsprechend bis zum März hin Decimus Brutus die Möglichkeit eines ehrenvollen Abzuges offen gelassen. Im Übrigen suchte er natürlich seine Basis nicht nur in Italien, sondern auch in den Provinzen zu festigen. In Rom arbeitete Fufius Calenus unermüdlich für ihn; ihm zur Seite trat Octavians Stiefvater Marcius Philippus. Antonius’ Gefolgsleute hielten an ihrem Anspruch fest, in ihre seit November 44 zugewiesenen Provinzen zu gehen: sein Bruder Gaius Antonius nach Macedonia, Gaius Calvisius Sabinus nach Africa. Anfang Februar verabschiedete der Senat auf Antrag von Antonius’ Onkel Lucius Iulius Caesar und mit Unterstützung des Konsuls Hirtius eine Kompromissformel, die einen ‚Aufruhr‘ (tumultus), aber keinen ‚Krieg‘ (bellum) zum Beschluss erhob. Damit wurde zwar eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit festgestellt, aber der Gegner noch als Mitglied der Bürgergemeinschaft respektiert. Obwohl es zum damaligen Zeitpunkt also keine Seite zum erneuten Bürgerkrieg kommen lassen wollte, waren allerdings wie seinerzeit zwischen Caesar und Senat beide Rechtsstandpunkte sehr weit auseinandergedriftet. Eine Lösung hätte nicht mehr in einem Kompromiss, sondern nur in der Alternative bestehen können, dass einer der beiden Verhandlungspartner sich selbst aufgegeben hätte: Antonius seine Ehre als römischer Politiker und Feldherr, also seine ganze Existenz, die Senatsaristo-

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kratie ihren Führungsanspruch über einzelne Außenseiter ihrer Gruppe. Es waren dann neue Nachrichten aus dem östlichen Reichsteil, die Mitte Februar in Rom die Bereitschaft wachsen ließen, die Machtfrage mit Antonius unter Inkaufnahme eines neuen Krieges zu entscheiden. Marcus Brutus hatte Griechenland und Illyricum in Besitz genommen und den Gaius Antonius, der Macedonia als Statthalter übernehmen sollte, gefangen gesetzt; Gaius Cassius Longinus schickte sich an, die übrigen östlichen Provinzen von Kleinasien bis hin zur ägyptischen Grenze an sich zu ziehen – und in Ciceros Kopf keimte die Hoffnung, die Caesarmörder möchten die Ressourcen der östlichen Provinzen der Republik im Kampf gegen Antonius nach Italien zuführen. Die rechtliche Grundlage hatte der Senat dafür in seinem Beschluss vom 20. Dezember gelegt, mit dem er Brutus einen außerordentlichen Auftrag zum Schutze Griechenlands übertragen hatte. Auch in dieser Situation gab sich Cicero der Illusion hin, den fundamentalen Interessenkonflikt zwischen Caesarmördern und Caesars Sohn mit dem höheren Ziel des gemeinsamen Kampfes der Republik gegen Antonius zudecken zu können. Immerhin ließ sich eine Mehrheit des Senats dazu hinreißen, auch die letzten in Antonius’ Konsulatsjahr verabschiedeten Gesetze zu kassieren, so auch das Gesetz vom Juni 44, das ihm die gallischen Provinzen im Tausch mit Macedonia zugesprochen hatte, womit Antonius der Rechtsanspruch auf seine Provinz entzogen wurde. 4 Der Senat warf Antonius den Fehdehandschuh offen hin, und um jeden Zweifel zu beseitigen, wurde für den 20. März die Abreise des zweiten Konsuls Pansa und seiner fünf frisch ausgehobenen Legionen nach Oberitalien festgelegt, um das Entsatzheer unter Hirtius und Octavian zu verstärken. Anfang März war noch ein Versuch, eine Senatsgesandtschaft an Antonius zustande zu bringen, der auch Cicero angehören sollte, im Sande verlaufen. Antonius begriff, dass weitere Friedenshoffnungen obsolet geworden waren, und richtete an seine direkten Gegner Hirtius und Octavian einen Brief mit heftigen Vorwürfen gegen sie und das unnatürliche Bündnis mit Cicero, für das sie sich hergegeben hätten, um einem Caesarmörder beizuspringen. Seine Gegner boten ihm leichtes Spiel, sich selbst als den wahren Sachwalter des caesarischen Erbes zu stilisieren und dieselben, die vorgäben, die Republik zu vertreten, als egoistische Clique alter Pompeianer zu entlarven. Er nutzte die Chance, seine Anschuldigungen mit der Begeisterung, die die Erfolge der Caesarmörder Brutus und Cassius im Osten hervorgerufen hatte, zu untermauern und Hirtius und Octavian nicht nur als Spielbälle in Ciceros Händen, sondern überhaupt als Verräter an ihrem einstigen Wohltäter bloßzustellen. Sie gäben sich dazu her, dass Cicero die Caesarianer wie ein Fechtmeister ein Gladiatorenpaar auf-

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einander hetzen könne, anstatt gemeinsam an Caesars Mördern Rache zu nehmen. Antonius spekulierte dabei schon folgerichtig auf ein caesarisches Bündnis zwischen ihm und den mächtigen Statthaltern der spanischen und gallischen Provinzen, Marcus Aemilius Lepidus und Lucius Munatius Plancus, und schloss darin auch die Soldaten des Decimus Brutus ein, sofern diese ihren Feldherrn der gerechten Strafe für den Mord an Caesar zuführten. Hirtius hatte Antonius’ Schreiben direkt an Cicero weitergeleitet, der es in seiner 13. Philippischen Rede ausführlich ‚auseinander nahm‘. Er erkannte die Brisanz des Inhalts, brachte Antonius doch schonungslos die Fassade des von ihm geschmiedeten Bündnisses zum Einsturz. Cicero seinerseits hatte dem nichts anderes als das bekannte fadenscheinige Argument entgegenzusetzen, gerade das Zusammengehen von Octavian und den Konsuln für Decimus Brutus zeige den Zusammenhalt der republiktreuen Kräfte an, und ließ sich zu unwürdigsten Schimpfkanonaden hinreißen, die in Antonius’ Titulierung als ‚unflätigstes Ungeheuer‘ gipfelten. 5 Schärfer lässt sich persönlicher Hass nicht artikulieren. Antonius seinerseits hatte in dem Schreiben freilich geschickt seine persönlichen Ambitionen verschleiern können, wenn er sich hinter dem höheren Interesse, an Caesars Mördern Rache zu nehmen, verschanzte, ohne Hirtius und Octavian auch nur den kleinen Finger zu einem Ausgleich zu bieten. Er redete Caesars Adoptivsohn im Gegenteil herablassend als ‚Knäblein‘ an, der alles dem Namen des Diktators verdanke – und eben nicht seinen eigenen Leistungen. Mit solchen Worten konnte Antonius nicht hoffen, die beiden Adressaten auf seine Seite zu ziehen. Wen er bewegen wollte und konnte, das waren Caesars Veteranen, die sich anschickten, in vier verschiedenen Armeen gegeneinander zu kämpfen. Ihnen präsentierte er sich als einziger gemeinsamer Interessenvertreter, eine Propaganda, die zunächst keinen unmittelbaren, aber im weiteren Verlauf des Jahres 43 ihren langfristigen Erfolg zeitigte. In der Provinz Gallia cisalpina (das heutige Oberitalien nördlich des Apennin) hatte Antonius den Decimus Brutus seit den letzten Dezembertagen des Jahres 44 in Mutina eingeschlossen. 6 Er konnte durchaus warten, bis die Stadt ausgehungert war und sich Brutus freiwillig ergab. Die Legionen des Hirtius und Octavian waren Ende Januar 43 in der Provinz aufmarschiert, suchten aber angesichts des zweideutigen politischen Kräftemessens in Rom keine offene Konfrontation. Erst als aus Rom etwa Mitte März das Signal eintraf, die Bemühungen um einen Ausgleich mit Antonius seien gescheitert, rückten die beiden Feldherrn direkt an Mutina vor das Lager des Antonius heran, von ihm nur durch den Fluss Scultenna (Panaro) getrennt. Antonius sah sich zum Handeln gezwungen, als der zweite

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Konsul Pansa Anfang April mit weiteren vier Legionen in der Provinz erschien und die Truppen des Gegners damit fast verdoppelte. Er wollte dieselben getrennt schlagen und zog mit zwei Veteranenlegionen bei Nacht und zunächst unbemerkt vom Feind der Armee des Pansa bis auf zehn Kilometer vor Mutina beim Flecken Forum Gallorum (Castelfranco) entgegen. Letztere bestand ausschließlich aus frisch ausgehobenen Rekruten, weshalb Octavian seine Leibgarde und Hirtius eine von Antonius abgefallene Legion, die vierte Marslegion, dem Pansa als Verstärkung entgegenschickten. Antonius gelang am 14. April die Überraschung und konnte den unerfahrenen Soldaten des Pansa eine Niederlage beibringen. Der Konsul selbst wurde schwer verwundet, die Schlacht vorerst für Antonius entschieden. Als die Kunde von der Niederlage in Hirtius’ Lager drang, mobilisierte dieser unverzüglich die zweite seinerzeit von Antonius abgefallene Legion und überraschte die siegestrunkenen, aber vom Kampf erschöpften Soldaten des Antonius. Die Hälfte von Antonius’ Truppen blieb auf dem Schlachtfeld, sumpfiges Gelände und die hereinbrechende Nacht verhinderten ein schlimmeres Desaster. Obwohl, gemessen an den Menschenverlusten, die Schlacht bei Forum Gallorum unentschieden endete, feierte man in Rom nach anfänglicher Bestürzung den von Hirtius errungenen Sieg mit Dankfesten; die drei Kommandeure erhielten die ehrenvolle Akklamation und den Titel „Imperator“. Beide Armeen zogen sich in ihre Lager vor Mutina zurück. Antonius beabsichtigte, ohne weiteres Schlachtrisiko die Belagerung des Decimus Brutus bis zu dessen Kapitulation zu Ende zu bringen. Als die Gegner jedoch versuchten, mit massivem Aufgebot den Einschließungsring zu sprengen, musste Antonius reagieren und eine Woche nach dem ersten Kampf einen zweiten annehmen. Offenbar aufgrund einer überhasteten Aufstellung mussten sich Antonius’ Truppen größtenteils geschlagen geben. Sogar sein Lager wurde kurzzeitig vom Gegner erobert und konnte nur mühsam zurückgewonnen werden. Antonius hatte eine zweite, wenn auch keine vernichtende, Niederlage zu verbuchen, zumal auch der Gegner hohe Verluste zu beklagen hatte. Was aber am schwersten wog: Der eine Konsul Hirtius war bei der Erstürmung des antonianischen Lagers gefallen, der andere Konsul Pansa erlag seiner schweren bei Forum Gallorum erlittenen Verwundung. Einige von Antonius’ Offizieren rieten sogar ihrem Feldherrn, die Belagerung fortzusetzen, doch bewies Antonius in dieser Situation strategischen Weitblick und Feldherrngröße. Anstatt halsstarrig seine geschwächte Truppe vor Mutina einem zermürbenden Belagerungswerk auszusetzen, trat er den geordneten Rückzug in westlicher Richtung mit dem Ziel an, neue Kräfte zu sammeln. Er hatte entsprechend vorgearbeitet und jetzt sichere Kunde, dass er auf Verstärkungen rechnen

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konnte. Zudem sah er richtig voraus, dass die Truppen des Senats, ihrer Oberbefehlshaber beraubt, zu keinem energischen Nachsetzen fähig sein würden. Ferner würden die persönlichen Gegensätze zwischen Caesars Sohn und Caesars Mörder, welche die Konsuln noch hatten zudecken können, jetzt offen ausbrechen. Letztere hatten in der Tat eine sehr kühle, von Misstrauen geprägte Begegnung. Octavian weigerte sich schlichtweg, sich bei der Verfolgung des Antonius dem Kommando des Brutus zu unterstellen, wie es der Senat in Rom forderte, sondern verharrte weiterhin bei Mutina und wartete Erfolg oder Misserfolg von Brutus’ Unternehmen ab. Antonius dagegen konnte sich auf ein völlig loyales Offizierskorps verlassen, neben der Tatsache, dass die mächtigen Statthalter in Spanien und Gallien ihn weiterhin als rechtmäßigen Prokonsul und Haupt des caesarischen Erbes sahen. Dies war ein untrüglicher Beweis dafür, dass die Schlacht bei Mutina keineswegs die fatalen Folgen hatte, wie die stadtrömischen Reaktionen glauben machen könnten. Dort aber war Cicero vorerst am Ziel seiner Wünsche angekommen. Nach Eintreffen der Siegesmeldung aus Mutina fand sich im Senat – endlich, am 26. April – die Mehrheit, die Antonius und seine Anhänger zu Staatsfeinden (hostes publici) erklärte. Die Schlinge sollte sich zuziehen: Einen Tag später erhielten Brutus und Cassius vom Senat die Aufgabe und Vollmacht, im Osten alle zum Schutz der Republik geeigneten Maßnahmen zu ergreifen; im Westen sollte Sextus Pompeius mit einem förmlichen Kommando über die Flotte und die Meeresküsten für den Kampf der Republik eingespannt werden. Antonius wird diese Nachrichten gleichzeitig mit Eintreten eines für sein momentanes Befinden wesentlich wichtigeren Ereignisses erreicht haben: Sein getreuer Gefolgsmann Publius Ventidius Bassus, einer der Prätoren des Jahres, hatte für ihn in der Landschaft Picenum drei neue Legionen aufgestellt, die er seinem Oberfeldherrn jetzt zuführen konnte. Die beiden trafen sich am 3. Mai in Vada Sabatia (Vado Ligure) an der Riviera, 50 km westlich von Genua gelegen. Die folgenden Wochen mussten über Antonius’ Schicksal entscheiden. Konnte die Republik, vertreten durch den Senat und Ciceros Meinungsführung, nach Mutina solch starke Kräfte mobilisieren, um den Staatsfeind Antonius endgültig in die Knie zu zwingen? Oder sollte es Antonius gelingen, die zwar wortgewaltige, aber militärisch instabile und sich gegenseitig misstrauende Koalition seiner Gegner vollends zum Einsturz zu bringen, um sich in den Besitz seiner Provinzen zu bringen? Genau mit dieser Alternative vor Augen betrachteten die derzeit amtierenden Statthalter der spanischen und gallischen Provinzen das Geschehen in Oberitalien. Ihrerseits waren sie natürlich Adressaten sowohl von Antonius’ Bemühen, sie für seine Sache zu gewinnen, als auch von unablässigen Apellen Ciceros,

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sich in den Dienst der Republik zu stellen und dem flüchtigen Antonius den Garaus zu machen. Bei den Statthaltern handelte es sich ausnahmslos um „Männer Caesars“, die dem Diktator in Gallien und im Bürgerkrieg gedient hatten und somit Weggefährten des Antonius waren. Der Patrizier Marcus Aemilius Lepidus war im Jahre 46 Mitkonsul Caesars und in Caesars Abwesenheit als magister equitum des Diktators mit der Aufsicht über Rom und Italien betraut gewesen. Dem Ruhm seiner Ahnen entsprach jedoch nicht das persönliche Format des Mannes, den die antiken Quellen übereinstimmend als träge und wankelmütig beschreiben, der seine Rolle in der Geschichte nicht seiner virtus sondern nur der Gunst des Schicksals verdanke. Seit dem Frühjahr 44 verwaltete er die ihm noch von Caesar zugeteilten beiden Provinzen Gallia ulterior und Hispania citerior, also das südöstliche Frankreich mit der wichtigen Landverbindung zwischen Italien und Spanien, und den großen östlichen und nordöstlichen Teil der Iberischen Halbinsel. Antonius stand zu Lepidus in freundschaftlichem Verhältnis; nach den Iden des März hatten sie einvernehmlich die Politik in Rom gelenkt; Lepidus’ Sohn verlobte sich später mit Antonius’ gleichnamiger Tochter. Er handelte ganz in Antonius’ Auftrag, wenn er im Sommer des Vorjahres ein Arrangement mit dem in Spanien operierenden Sextus Pompeius, dem Sohn des großen Pompeius, bewerkstelligt hat; die Abmachung hielt den Sextus auf jeden Fall von einem immerhin denkbaren Bündnis mit Cicero und dem Senat fern. Antonius musste sich um Lepidus’ Loyalität auch dann keine Sorgen machen, als der Senat auf Ciceros Antrag hin am 1. Januar 43 dem Lepidus eine vergoldete Reiterstatue bewilligte, ein aus seiner Sicht begreiflicher Versuch, ihn und seine Legionen angesichts der bevorstehenden Auseinandersetzung mit Antonius in das eigene Lager zu ziehen. 7 Lepidus bedankte sich nicht einmal für diese Ehrung, ignorierte ferner die Aufforderung des Konsuls Pansa, dem Decimus Brutus beizustehen, indem er zum Frieden mahnte. Als der Krieg unausweichlich war, schickte er dem Antonius eine Eliteeinheit zur Verstärkung gegen die Truppen des Senats. Nichtsdestoweniger wäre eine Beilegung des Konfliktes Lepidus und seinen Statthalterkollegen sicher am liebsten gewesen. Eine entsprechende Mahnung auch von Plancus’ Seite war also ernst gemeint, hätte sie ihnen doch eine Entscheidung zwischen Antonius und den Führern der Senatsarmeen, unter denen sich Caesars Sohn befand, zumindest vorerst erspart. Lucius Munatius Plancus verwaltete in rangniedrigerer Position, als ehemaliger Prätor, das von Caesar eroberte Gallien, also diejenige Provinz, die Antonius als seinen ihm rechtmäßig zustehenden Besitz betrachtete. Plancus war zunächst entschlossen, nach der Niederlage des Antonius

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und auf Drängen Ciceros hin die Provinz für die Sache des Senats zu verteidigen, schaute aber ängstlich auf seinen Kollegen Lepidus, mit dem er persönlich verfeindet war. Gestützt auf seine eigenen fünf Legionen hoffte er, mit Antonius alleine fertig zu werden; einem mit Lepidus vereinigten Antonius freilich war er nicht gewachsen. Der dritte Statthalter, Gaius Asinius Pollio im jenseitigen, das heißt südlichen und südwestlichen Spanien, ebenfalls prätorischen Ranges, konnte mit guten Gründen sein Eingreifen auf der Seite des Senats vom Verhalten des Lepidus abhängig machen, da seine Truppen nur über das Gebiet von Lepidus’ Provinz den Weg nach Italien hätten nehmen können. Wie gesagt, bei allen dreien handelte es sich um Männer, die Caesar alles verdankten, und dieser Umstand war das stärkste Band, das sie mit Antonius von vornherein einte; Pollio und Plancus strebten noch nach einer höheren Würde, dem Konsulat, Lepidus mag sich eine weitere Steigerung seiner dignitas in Form eines zweiten Konsulates erhofft haben. Hinzu kam die Haltung ihrer Truppen: Plancus besaß fünf Legionen, drei altgediente caesarische, darunter die 10. Legion, die ihre Treue zur Sache Caesars besonders lautstark und drohend kundtat, ferner zwei frisch ausgehobene Rekrutenlegionen. Lepidus verfügte über sieben Legionen, vier waren alt gediente, drei hatte er angesichts des Waffenganges zwischen Antonius und den Senatsheeren frisch ausgehoben. Pollio verfügte über drei alt gediente Legionen. 8 Von Lepidus abgesehen waren auch Plancus und Pollio mit Antonius freundschaftlich verbunden. Alles in allem: Der Senat Ciceros, der sich Caesars Mörder als Schwert bediente, war für die Statthalter und ihre Truppen schwerlich der Unterstützung wert. Aus ihrer Blickrichtung konnten sie nur in Antonius den Garant und Sachwalter ihrer Interessen und Hoffnungen sehen, eine Stimmung, die Antonius mit großzügigen Geldversprechungen noch beflügelte. Zudem verhinderte eine persönliche Feindschaft (inimicitia) zwischen Lepidus und Plancus gemeinsame Operationen der beiden und erleichterte dem Antonius den Zugang zu ihnen und ihren Soldaten. Lediglich ein Umstand hat – vorübergehend – diese für Antonius vorteilhafte Konstellation ins Wanken gebracht, nämlich seine vor Mutina erlittene Niederlage, die die drei Feldherrn zunächst ratlos und planlos erscheinen ließ. Sie stellten sich zumindest verbal dem Senat und Decimus Brutus zur Verfügung; doch war dies vergessen, als sich die Senatsheere als unfähig erwiesen, Antonius nachzusetzen, und im Gegenteil sich Antonius nicht als kopflos Fliehender, sondern geordnet mit sieben größtenteils kampferprobten Legionen der Gallia ulterior näherte. Antonius hatte die Truppe unter sich, seinem Bruder Lucius und dem getreuen Ventidius Bassus in drei Korps aufgeteilt und rückte, nachdem

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ein Unterfeldherr des Lepidus ihn kampflos die Provinzgrenze hatte passieren lassen, über Forum Iulii (Fréjus) zum Fluss Argenteus (Argens) vor. Auf dem gegenüberliegenden Flussufer lagerte Lepidus, für dessen Truppen es in keiner Weise einsichtig war, für wen oder für was sie gegen Soldaten des Antonius, größtenteils von Caesar ausgehobene Kameraden, das Schwert ziehen sollten. In genauer Kenntnis dieser Stimmung förderte Antonius die wachsende Fraternisierung zwischen beiden Heeren, setzte schließlich (29. Mai) persönlich über den Fluss, ließ sich von Lepidus’ Soldaten die Lagertore öffnen und begab sich, von denselben eskortiert, in das Zelt des überraschten Feldherrn, der, überrumpelt und gleichwohl erleichtert, Antonius in seine Arme schloss. Cicero gegenüber musste Lepidus gar nicht einmal lügen, wenn er sein Zusammengehen mit Antonius auf den überwältigenden Willen seiner ganzen Armee zurückführte, unnötiges Blutvergießen unter römischen Bürgern zu verhindern. Auf Betreiben Ciceros war allerdings auch er zuvor vom Senat zum Staatsfeind erklärt worden, als er Antonius kampflos den Zutritt zu seiner Provinz gewährt hatte. 9 Antonius wollte ganze Sache machen und den Plancus, der, Lepidus misstrauend, etwa 60 km von der Verbrüderungsszenerie entfernt lagerte, möglicherweise mit einem ähnlichen psychologischen Coup überrumpeln. Der Unterschied bestand nur darin, dass er die ihm zustehende Provinz Gallia comata dem Plancus zuerst abnehmen musste, bevor er sie in Besitz nehmen konnte. Das zwischen Antonius und Lepidus geschlossene Bündnis war im Wesentlichen der Weigerung Caesars ehemaliger Soldaten zu verdanken, einen für sie nicht nachvollziehbaren Kampf zwischen seinen Feldherrn mit ihren Schwertern auszufechten. Diese deutliche Willensbekundung trug schließlich zu einer Klärung der bislang recht verworrenen Fronten bei. Immer deutlicher zeichnete sich eine Zweiteilung des vor Waffen strotzenden Reichskörpers in ein Lager einerseits der Caesaranhänger, die ihr politisches Schicksal mit der Rache für Caesars Ermordung verknüpften, und andererseits der Caesargegner ab, die mit dem Tod des Diktators eine befreite und freie res publica feierten, die es zu retten galt. Letztere sammelten sich um die Caesarmörder Brutus und Cassius, die in diesen Frühjahrsmonaten des Jahres 43 die östlich der Adria gelegenen Provinzen mit deren militärischen Ressourcen erfolgreich an sich zogen. Bleiben wir zunächst in Antonius’ Umfeld. Nach den Meldungen, die ihn im Mai und Juni aus Italien erreichten, arbeitete die Zeit für ihn. Das gegnerische Lager, bestehend aus dem Senat und seinem bewaffneten Arm, den Truppen Octavians und des Decimus Brutus, zerfiel vollends. Brutus hatte nach zwei Monaten des Kräftesammelns und zermürbenden Abwartens in Oberitalien, wie sich Octavian weiterhin verhalten würde, auf die Kunde des Bündnisses zwischen Lepidus und Antonius die Alpen

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Richtung Westen überschritten und sich bei Cularo (Grenoble) mit den Truppen des Plancus vereinigt. Aber beide standen isoliert da und hofften vergebens auf Verstärkungen, die ihnen Octavian und der Senat schicken sollten. Für die ihnen unterstellten Soldaten gab es keinerlei Ansporn, keine Lockmittel, welche ihnen ein Kampf gegen Antonius’ und Lepidus’ Truppen plausibel erscheinen ließ. Im August war des Wartens ein Ende: Asinius Pollio hatte aus dem jenseitigen Spanien kommend die Pyrenäen überschritten und Antonius zwei Legionen zugeführt; er war es auch, der zwischen Plancus einerseits und Antonius und Plancus’ Intimfeind Lepidus andererseits vermittelte und Plancus die Abdankung von seiner Statthalterschaft ohne Gesichtsverlust ermöglichte. In der zwischen beiden getroffenen Übereinkunft muss Antonius auf der Übergabe seiner Provinz Gallia comata bestanden haben. Plancus wird als Gegenleistung das ihm schon von Caesar für das Jahr 42 versprochene Konsulat von Antonius und Lepidus garantiert und ferner ein Triumph in Rom über gallische und rätische Völker in Aussicht gestellt worden sein. Decimus Brutus stand nun alleine da, zumal ihn Octavian kurz zuvor in Rom als Sympathisanten der Caesarmörder zum Staatsfeind hatte erklären lassen. Er versuchte, sich quer durch die Alpen zu seinem Verwandten Marcus auf den Balkan durchzuschlagen, da ihm Octavian den Weg durch Italien versperrte. Von all seinen Truppen verlassen – die Rekrutenlegionen waren auf Octavians, die Veteranenlegionen auf Antonius’ Seite übergelaufen – wurde er auf der Flucht erkannt und von einem keltischen Häuptling gefangen gesetzt, der ihn an Antonius ausliefern wollte. Dieser, angeblich von der Wende in Brutus’ Schicksal überrascht, legte weder Wert auf eine Begegnung noch auf die Tötung des Gegners in seinem eigenen Quartier: Er befahl dem Kelten, Brutus umzubringen, und ließ sich das abgeschlagene Haupt bringen, um es dann zu verbrennen.10 Im August des Jahres 43 hatte Antonius sein Ziel erreicht: Gallien war seine Provinz, die Statthalter der iberischen Halbinsel standen auf seiner Seite, und so gestärkt konnte er sich wieder dem Schauplatz Italien und seiner weiteren politischen Zukunft zuwenden. Dort hatte sich nach der Schlacht bei Mutina während der Frühjahrs- und Sommermonate eine politische Wende vollzogen, die die Einigung der caesarischen Heerführer im Westen unter Antonius’ Autorität wesentlich gefördert hatte. Octavian drohte in dem grotesken Bündnis zwischen ihm, dem Senat und dem Caesarmörder Decimus Brutus, nachdem er seine Arbeit getan hatte, sangund klanglos unterzugehen, wenn er sich nicht neu orientierte, und wartete für diese Entscheidung nur Antonius’ weiteres Schicksal ab. Als dieser den Bund mit Lepidus vollzogen hatte, ließ er die Maske fallen und schmiedete nunmehr den politischen Rahmen, in welchem allein er überleben konnte:

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einen Zusammenschluss aller Caesaranhänger, die die Rache an ihrem ermordeten Herrn und Förderer zur gemeinsamen Aufgabe erklärten und als Legitimation ihres Tun und Handelns vor sich her trugen. In dieser Gruppe musste Octavian als Sohn des Diktators automatisch eine führende Rolle spielen. Die noch fehlende legale Basis besorgte er sich gewaltsam im August 43. Im Visier hatte er sogleich das höchste Staatsamt der Republik, den Konsulat, der seit dem Tode von Hirtius und Pansa verwaist war. Zweimal war der noch nicht Zwanzigjährige mit diesem Ansinnen zuvor abgewiesen worden, das dritte Mal marschierte er mit seinen Truppen nach Rom und erhielt, was er begehrte: Mit einem staatsstreichartigen Coup verschaffte er sich und seinem Vetter Quintus Pedius – einem Sohn von Caesars Schwester – das Konsulat. Mochte dieser Gewaltakt auch die letzte Fassade der Republik einreißen, so bedeutete er für Octavian einen Befreiungsschlag, eine neue Plattform, von welcher aus er seinen Soldaten und den anderen Mächtigen selbstbewusst gegenüber treten konnte. Für den römischen Staat bedeutete er das definitive Ende der traditionellen Regierungspraxis kraft Autorität des Senats und der gewählten Magistrate. Aus Zorn und Beschämung über die Kapitulation des Senats vor der Soldateska nahm sich der Stadtprätor, ein Marcus Caecilius Cornutus, der bei Abwesenheit oder Tod der Konsuln die Geschäfte in Rom führte, das Leben. Die ältesten und angesehensten Vertreter des Senats, Cicero und Caesars Stiefvater Marcius Philippus, wollten nicht länger Augenzeuge der Grablegung ihrer res publica sein und erbaten von Octavian Dispens von den Senatssitzungen. Hatte Cicero noch bis zu diesen Ereignissen versucht, die Caesarmörder für die Republik gegen Antonius einzuspannen, so erfolgte mit Octavians Konsulat die Kehrtwende: Der Konsul Pedius ließ per Gesetz einen Sondergerichtshof konstituieren, der die Caesarmörder abzuurteilen hatte. Gegner und Opfer derselben wurden rehabilitiert: an erster Stelle Antonius’ Mitkonsul Dolabella, der auf der Reise in seine Provinz Syria den Prokonsul der Provinz Asia, den Caesarmörder Trebonius, hatte ermorden lassen und der sich, von Cassius in Syrien eingeschlossen, kurz vor Octavians Konsulatsübernahme den Tod gegeben hatte. Umgekehrt wurden nicht nur alle Caesarmörder zu Staatsfeinden erklärt, sondern auch diejenigen, die zu ihren Helfern gezählt wurden, wie Decimus Iunius Brutus, Sextus Pompeius und Gnaeus Domitius Ahenobarbus. Antonius und Lepidus wurden einige Wochen später auf Senatsbeschluss hin rehabilitiert, nachdem Octavian Rom verlassen und sich der für ihn peinlichen, aber unvermeidlichen Prozedur entzogen hatte.

6. Der Zweite Triumvirat: Rache an Caesars Mördern Es ist kaum zu bezweifeln, dass Antonius über die Kehrtwende Octavians von diesem selbst schon frühzeitig unterrichtet worden war (vermutlich bald nach seinem Zusammengehen mit Lepidus) und ebenso rechtzeitig von den beabsichtigte Übernahme des Konsulates, welche er stillschweigend duldete, und schließlich von den Gesetzesvorhaben der neuen Konsuln erfahren hatte, die ihn formal rehabilitierten. Antonius hatte damit seinerseits die Konsequenz aus der Haltung des von Cicero geführten Senats gezogen, welcher ihn zum Feind der Republik erklärt hatte. Octavian fegte nunmehr die Autorität des Senats hinweg und schuf die Voraussetzung dafür, dass eine aus den Generälen Caesars und ihm bestehende Gruppe von Armeekommandeuren den Staat repräsentierte und ihre Legitimation aus der Aufgabe bezog, den Tod des Diktators zu rächen. Eine Alternative hätte in einer Koalition zwischen Antonius, dem Senat und den Caesarmördern gegen Octavian bestanden. Eine solche hat Marcus Brutus entschieden favorisiert und Ciceros Annäherung und dann offene Förderung des jungen Octavian, bei allem Respekt vor dem ehrwürdigen Konsular, scharf kritisiert. Noch bevor die Entscheidung in Oberitalien gefallen war, empfing er demonstrativ Antonius’ Bruder Gaius, der die Provinz Macedonia übernehmen wollte, mit Hochachtung; deswegen handelte er sich im April Ciceros Tadel ein, woraufhin ihn Brutus belehrte, ein Bürgerkrieg sei ja wohl das schlimmere Übel. Auch Antonius hätte sich mit einem solchen Bündnis abgefunden und Octavian, der ihm schon genug Nadelstiche versetzt hatte, politisch einfach verhungern lassen, wären ihm seine gallischen Provinzen vom Senat belassen worden. Die ihm in seiner Mehrheit aber feindlich gesinnte Körperschaft ließ ihm letztlich keine andere Wahl, als sich in ein Bündnis der Caesarianer einzubringen, welches seinerseits alle Macht an sich riss und die alte Republik zu Grabe trug. Modalitäten und Zielsetzungen des Bündnisses sind in groben Zügen durch Gesandtschaften sicherlich vorab ausgehandelt worden: Drei Männer – neben Antonius und Octavian auch Lepidus – sollten sich die oberste staatliche Macht teilen, alle innenpolitischen Gegner seien zu liquidieren und danach sei der Krieg gegen die Caesarmörder in der östlichen Reichshälfte zu eröffnen. Zur Erörterung der Details und definitiven Besiegelung der Absprachen trafen sich die drei Ende Oktober des Jahres 43 auf einer Flussinsel in der Nähe von Bononia (Bologna). Schon die Wahl des Ortes zeigt, dass Antonius ihn auswählte und festschrieb: Bononia lag nicht nur in derjenigen Provinz, die jetzt Antonius nach Flucht und Tod des Decimus

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Brutus übernommen hatte, sondern gehörte darüber hinaus zur Klientel seiner Familie. Die Kulisse von jeweils fünf Legionen, die Antonius und Octavian begleiteten und sich gegenüber lagerten, sorgte dafür, dass keine Beschlüsse über den Kopf und gegen den Willen der Soldaten gefasst wurden. Das gegenseitige Misstrauen der beiden Feldherren war so groß, dass Lepidus, dem beide wohl eine neutrale Position einräumten, die Insel zuvor inspizieren musste; erst auf sein Zeichen hin lösten sich die beiden Kollegen von ihrer 300 Mann starken Begleitung, ließen diese auf den zur Insel führenden Brücken zurück und setzten sich in deren Sichtweite mit ihm zusammen. 1 Im Kern der Vereinbarung, von der modernen Forschung als Zweiter Triumvirat benannt, wurde die Lenkung des Staates in die Hände der drei Männer gelegt: Sie führten den Titel „Dreimännerkollegium zur Neuordnung des Gemeinwesens“ (tresviri rei publicae constituendae) und gaben sich selbst die konsularische Amtsgewalt, ohne das Amt des Konsuls selbst permanent zu bekleiden – und das auf fünf Jahre. Damit wurde die allumfassende Befehlsgewalt der höchsten republikanischen Magistratur gänzlich ausgehöhlt und zu einem stadtrömischen Ehrenposten degradiert. Die Wahl der neben – oder besser: unter – den Triumvirn jährlich amtierenden Konsuln überließ man nicht dem Zufall des jeweiligen Kräfteverhältnisses, sondern bestimmte sie im Voraus auf fünf Jahre. Der Konsulat beinhaltete keinerlei effektive Macht mehr, allenfalls noch Prestige und ist entsprechend vor allem als Belohnung für die treuen Gefolgsleute vergeben worden. Octavian, der gemäß dieser Regelung des Amtes des Konsuls nicht mehr bedurfte, legte die Magistratur nieder und machte Platz für Antonius’ Unterfeldherrn Publius Ventidius Bassus, dem Antonius sein politisches Überleben nach der Schlappe bei Mutina in entscheidendem Maße verdankte. Wenn Bassus in demselben Jahre noch die Prätur bekleidete und nach Herkommen noch zwei Jahre auf den Konsulat zu warten gehabt hätte, so schlug das jetzige Verfahren den Regeln der alten Republik zwar ins Gesicht, doch waren die ja schon vorab außer Kraft gesetzt worden. Waren die Triumvirn auch formalrechtlich gleichgestellt, so zeigt aber die Verteilung der Provinzen, auf deren Ressourcen und Armeen die effektive Stärke beruhte, die wahre Hierarchie innerhalb des Kollegiums. Antonius behielt mit den gallischen Provinzen diesseits und jenseits der Alpen die strategisch wichtigsten Gebiete, hatte er doch damit Italien gleichsam im Griff. Gefolgt wurde er von Lepidus, der neben der Gallia ulterior und dem diesseitigen Spanien, welche ihm bereits gehörten, noch das jenseitige Spanien von Asinius Pollio übernahm. Octavian wurden Sardinien, Korsika, Sizilien und die zwei afrikanischen Provinzen (auf dem Gebiet des heu-

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tigen Tunesien und östlichen Algerien) zugesprochen, doch diese Gebiete standen gar nicht zur Disposition der Triumvirn. Denn während sich Caesars Generäle zu Lande befehdeten, hatte Sextus Pompeius sein maritimes Herrschaftsgebiet im westlichen Mittelmeer ausgebaut. Er beherrschte mittlerweile nicht nur die genannten Inseln, sondern auch die bedeutende Hafenstadt Massilia (Marseille) in einer der Provinzen von Lepidus. Africa verwaltete ein treuer Republikaner, Quintus Cornificius, der mit Pompeius kollaborierte, war also für Octavian auch nicht verfügbar. Italien galt als gemeinsamer Besitz der Triumvirn. Lepidus sollte am 1. Januar des folgenden Jahres (42) zusammen mit Lucius Munatius Plancus den Konsulat übernehmen; Plancus war schon von Caesar für dieses Jahr als Konsul ausersehen worden. Zusammen mit Decimus Brutus, den nunmehr Lepidus – für den Triumvirat durchaus vorteilhaft – ersetzte, konnten doch auf diese Weise die Interessen des Dreierkollegiums in Rom und Italien gewahrt werden, während Antonius und Octavian den Krieg gegen die Caesarmörder führen würden. Die drei Herren begnügten sich nicht wie seinerzeit Caesar, Pompeius und Crassus mit einer privaten Absprache, sondern ließen sich dieselbe nach ihrer Ankunft in Rom per Gesetz bestätigen, da sie ja in rechtlicher Hinsicht eine Sondergewalt auszuüben beabsichtigten. In waffenstarrender Atmosphäre – starke Truppenverbände hatten sie in die Hauptstadt begleitet – sorgte der Volkstribun Publius Titius am 27. November dafür, die in Bononia vereinbarten Regelungen von einer Volksversammlung absegnen zu lassen. 2 Mit Blick auf seine Zukunft hatte Antonius die Weichen in die denkbar günstigste Richtung gestellt: Mit seinen beiden Provinzen im Rücken besaß er wieder volle Aktionsfreiheit in Italien, und damit auch eine Kontrolle über Octavians Tätigkeiten, die sich naturgemäß entweder auf Italien beschränken mussten oder – in Voraussicht des Krieges – an Antonius’ eigenes Tun und Handeln eng gekoppelt waren. Octavian hatte kurz vor dem Treffen den Pompeius in die Liste der zu verurteilenden Caesarmörder aufgenommen; Antonius konnte ihm demnach getrost das Geschäft überlassen, sich mit ihm auseinanderzusetzen, und das Ergebnis erst einmal abwarten. Sein eigenes Verhältnis zu Pompeius, dem er während seines Konsulates die Rückerstattung des väterlichen Vermögens und Anerkennung durch den Senat verschafft hatte, beließ er durchaus offen. Zunächst war gemeinsames Handeln gegen einen gemeinsamen Feind angesagt, und das vor den Augen einer auf Verständigung drängenden Soldateska aus Caesars Diensten. Sie forderten und erreichten, dass als äußeres Zeichen und Bekräftigung der Versöhnung zwischen Antonius und Octavian verwandtschaftliche Bande geknüpft wurden. Octavian heiratete

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Antonius’ Stieftochter Clodia aus der Ehe seiner Gattin Fulvia mit dem Volkstribunen Publius Clodius, der zehn Jahre zuvor ermordet worden war. Der guten Stimmung unter den Soldaten sollte ferner die Ankündigung dienen, ihnen nach erfolgreichem Feldzug gegen Brutus und Cassius endlich den verdienten Lohn in Form von Siedlungsland in Italien zukommen zu lassen. Hierfür war das Landgebiet von 18 italischen Städten zur Neuverteilung in Aussicht gestellt worden – im Klartext bedeutete dies die Enteignung zehntausender Menschen und deren Vertreibung von Haus und Hof –, ein grausames und schwieriges Geschäft für die nähere Zukunft. Für den Augenblick beschlossen die Triumvirn aber ein wahrhaft blutiges Spektakel, nämlich die Liquidierung aller vermeintlichen und wirklichen Gegner, eine Aktion, die die Skrupellosigkeit, mit der die Triumvirn ihre eigene diktatorische Position absicherten, in grellstem Licht erscheinen lässt und die bei den Zeitgenossen Bilder der traumatischen Jahre ihrer Elterngeneration unter Sullas Diktatur wachrief. Tragischerweise hat die spätrepublikanische Senatsaristokratie in ihrem Wahn, den Staat zu retten, den sie je nach Standort als res publica bezeichnete, sich selbst die Pulsadern geöffnet. Durch die Proskriptionen verblutete diejenige Schicht, die die Republik Jahrhunderte lang von Generation zu Generation im Sinne der Ordnung der Väter (mos maiorum) geführt hatte. Umgekehrt: Der Senat um Cicero hätte im Falle eines Sieges über Antonius ihn mit seinen Brüdern als erste töten lassen. Cicero hatte es so verkündet. Lepidus und Ventidius Bassus waren gleichfalls zu Staatsfeinden erklärt worden. Diese Feststellung rechtfertigt oder relativiert das Verbrechen der Triumvirn in keiner Weise, sie stellt Letzteres aber nicht als kopflose, isolierte Untat heraus, sondern als einen Höhepunkt im selbstmörderischen Handeln der gesamten Senatselite. Oben auf der Liste standen diejenigen Namen, deren Träger seinerzeit die Ächtung des Antonius als Staatsfeind, die schlimmste Form der Entehrung, betrieben haben. Diejenigen, die seinen Tod wollten, sollten jetzt selbst des Todes sein: sein Onkel Lucius Iulius Caesar und Lepidus’ Bruder Paullus Aemilius Lepidus. Auch Freunde und Verwandte der drei Mächtigen wurden also nicht geschont, wenn sie einer unter ihnen auf der Liste sehen wollte. In den Quellen wird die Zahl von 300 hingemordeten Senatoren und 2000 Rittern genannt; der Historiker Appian hat in Gestalt eines langen Exkurses dutzende von Schicksalen prominenter und weniger prominenter Opfer überliefert. 3 Cicero, der Antonius politisch und physisch vernichten wollte, wurde am 7. Dezember von den Häschern gestellt und getötet. Das vom Körper getrennte Haupt und die abgeschlagenen Hände ließ Antonius an der Rednertribüne des Forum Romanum zur Schau stellen. Cicero hätte sich bei mehr Entschlossenheit und Schnelligkeit dem

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Zugriff entziehen können, so wie es fast allen hochrangigen Politikern, dem Rest der alten Elite, gelang. 4 Sie fanden Aufnahme entweder bei Brutus im Osten oder – in der Mehrzahl – bei Sextus Pompeius auf Sizilien. Die Quellen laden viel Böses auf Antonius und seiner Gattin Fulvia ab, während Octavian nur widerwillig, in der Unschuld der Jugend und weil er nun einmal Teilhaber der Macht gewesen sei, das mörderische Treiben habe geschehen lassen müssen.5 Antonius habe lediglich seinen verhassten Onkel Lucius Iulius Caesar geschont, und dies auch nur aus dem Grunde, weil dessen Schwester Iulia, Antonius’ Mutter, sich mit aller denkbaren Leidenschaft für sein Leben eingesetzt habe. Andererseits musste der betagte und politisch völlig harmlose Licinius Verres sterben, jener erpresserische Statthalter, den Cicero 26 Jahre zuvor mit seinen Plädoyers ins Exil nach Massilia getrieben hatte. Er hatte sich angeblich geweigert, dem Antonius seine kostbare Sammlung korinthischer Vasen freiwillig zu überlassen. 6 Es mag sein, wie die Quellen behaupten, dass Antonius und Lepidus die Mehrzahl der Mordbefehle zu verantworten hatten, einfach aus dem Grund, dass Octavian wegen seines jugendlichen Alters sich noch nicht so viele Feinde hat machen können. Jedoch ging Letzterem die grundsätzliche Bereitschaft zum massenweisen Töten genauso wenig ab – den Beweis sollte er zwei Jahre später in Perusia liefern. Insofern sollte der rückschauende Historiker gar nicht erst zu spekulieren anfangen, wer von den dreien die meisten Opfer zu verantworten, die hässlichsten Grausamkeiten verbrochen hatte. Als Motive für die Mordserie sind persönlicher Hass, die Abrechnung mit ehemaligen Gegnern, ferner das Bestreben zu nennen, für die Zukunft eine Senatsopposition, die die Machtfülle der Triumvirn hätte kritisieren oder gar beschneiden wollen, ein für allemal auszuschalten. Schließlich, und nicht minder wichtig, ging es um die Beschaffung von Geld, um die niedere Gier nach fremdem Eigentum, welche noch durch den enormen finanziellen Druck gesteigert wurde. Ein Heer von 20 Legionen allein in Italien wollte besoldet und verpflegt werden, es fehlten aber die Ressourcen der reichen Provinzen Sizilien, Africa und des ganzen griechischen Ostens. Gerechterweise, wenn man das Wort ‚gerecht‘ in diesem Kontext überhaupt benutzen darf, muss freilich angemerkt werden, dass nicht nur Italien, sondern die Gesamtbevölkerung des Reiches den Preis für den Machthunger der Großen jeweils vor Ort zahlen musste. Die Caesarmörder, die für Ciceros Republik kämpften, plünderten und pressten – auch wenn sie auf systematische Mordserien verzichteten – die ihnen anheim gefallenen Provinzen und verbündeten Staaten nicht weniger aus als die Triumvirn die Bevölkerung Italiens. Im Kampf um die Macht war für jeden der Beteiligten jedes Mittel der Geldbeschaffung recht.

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Hatten die Ereignisse der Jahre 43 und 42 vor allem Antonius als politischen Taktierer gefordert, der sich eine dauerhafte Machtposition aufbauen wollte, so sollte das Jahr 42 ganz im Zeichen seiner Feldherrnkunst stehen. Bevor er und Octavian ihren Kriegsmantel anzogen, betrieben sie, abgesehen von Geldbeschaffung, auf das eifrigste postume Ehrungen für den toten Caesar. 7 Im Grunde rivalisierten sie um die Macht im Staate, aber die Triumvirn festigten auf diese Weise für eine bestimmte Zeit das einzige Band, das sie zusammenhielt: die Rache für den Mord an ihrem Helden. Sie weihten ihm zwei Stätten der Verehrung (Heroa), eine auf dem Forum, eine weitere am Ort der Leichenverbrennung. Es war geplant, vor Eröffnung des Feldzuges Richtung Osten den geächteten Sextus Pompeius unschädlich zu machen. Dass er der Hauptmasse der erfolgreich geflohenen Proskribierten Unterschlupf gewährt hatte, verletzte die Ehre der Herren von Rom, dass er im Besitz Siziliens und der Gewässer des westlichen Mittelmeeres die Getreidezufuhr nach Italien kontrollierte, beeinträchtigte empfindlich ihre Kriegsstrategie gegen die Caesarmörder. Antonius hielt sich in allen gegen Pompeius gerichteten Aktionen zurück und überließ dieses Geschäft Octavian, während er selbst die Überfahrt der Armee nach Griechenland von Brundisium (Brindisi) aus logistisch vorbereitete. Octavian schickte seinen Unterfeldherrn Quintus Salvidienus Rufus samt einer Flotte an die Meerenge von Messina, während er selbst sich auf dem Landweg nach Rhegium (Reggio di Calabria) begab. Die Triumvirn befürchteten nichts weniger als eine Landung des Pompeius in Italien und damit einen Zweifrontenkrieg, weshalb Octavian sich beeilte, die Städte Rhegium und das nördlich davon gelegene Vibo (am Golfo di Eufemia) aus der Liste der Gemeinden zu streichen, deren Grund und Boden für die Ansiedlung der zu entlassenden Soldaten vorgesehen waren – sie hätten dem Pompeius als ideale Brückenköpfe dienen können. Eine Seeschlacht endete unentschieden, als drängende Botschaften des Antonius Octavian zwangen, die Entscheidung mit Pompeius aufzuschieben und die Flotte nach Brundisium zu schicken. Dort beherrschte nämlich die Flotte der Caesarmörder unter dem Kommando des Lucius Staius Murcus uneingeschränkt die See, und Antonius war es unmöglich, auch nur einen einzigen Soldaten nach Griechenland zu transportieren. Er erwartete zudem ein ägyptisches Geschwader der Königin Kleopatra, die sich, im Osten weitgehend isoliert, den Caesarmördern entgegenstellte, offen den Caesarianer Dolabella in Syrien unterstützt hatte und jetzt den Triumvirn zur Seite stand. Murcus hatte sich zwar eigens zu dem Zwecke, die Flotte Kleopatras gegebenenfalls abzufangen, vor die Südküste der Peloponnes gelegt, doch war dieselbe in einem Sturm vor Afrikas Küste zerschlagen worden. Als Octavians Schiffe erschienen, zog

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sich Murcus aus Furcht vor einer Einkreisung zurück. So gelang es mit Wagemut und Glück, einen ersten Flottenkonvoi über das Ionische Meer überzusetzen: Ein starkes Vorauskommando unter zwei Unterfeldherren, Lucius Decidius Saxa für Antonius und Gaius Norbanus Flaccus für Octavian, sollte den Weg nach Innergriechenland und Makedonien öffnen. Antonius und Octavian würden mit einem zweiten Konvoi nachfolgen. Zu Recht ist Antonius’ Situation mit derjenigen Caesars im Jahre 48 verglichen worden, als überlegene Seestreitkräfte des Pompeius die Überfahrt zu einem waghalsigen Abenteuer machten. Im Unterschied zu damals, als Caesar sofort mit Pompeius’ Hauptarmee konfrontiert wurde, war dieses Mal die gegenüberliegende Küste noch nicht vom Gegner besetzt. Die gelungene Überfahrt von 20 Legionen verdient es jedenfalls, als militärlogistisches Bravourstück des Antonius festgehalten zu werden, zumal Octavian an dem Coup – wenn überhaupt – nur geringen Anteil hatte; seine labile Gesundheit fesselte ihn sofort nach der Landung in Griechenland ans Krankenlager, das er, geschwächt, erst zur Entscheidungsschlacht wieder verlassen sollte. Zugleich bedeutete dieser Erfolg eine erste empfindliche Schlappe für Brutus und Cassius. Antonius hat demgegenüber jetzt zum zweiten Mal die Gelegenheit gehabt zu erkennen, welche strategische Bedeutung einer gelungenen Überfahrt für einen aus Italien in Richtung Osten angreifenden Gegner zukam; das Schicksal wollte es, dass er zu dem Zeitpunkt, als es später um sein eigenes Überleben gehen sollte, dieses Moment sträflich vernachlässigte. Dem Murcus wurde ein zweites Geschwader zur Verstärkung gesandt, welches Gnaeus Domitius Ahenobarbus befehligte, der Sohn des großen Caesargegners und Konsuls des Jahres 54, dessen Name sich auch auf der Liste der von Octavian Geächteten befand. Beiden gelang es in der Tat, einen großen Nachschubkonvoi mit zwei Legionen, Reitern, Material und Verpflegung just am Tage der zweiten Schlacht von Philippi zu vernichten. 8 Zunächst aber war die Vorhut der beiden Triumvirn über die große Heerstraße, die via Egnatia, ostwärts quer durch Makedonien über Thessalonike und Philippi bis zum Fluss Nestos (Nesta) bereits ins thrakische Gebiet gelangt, als ihr die zahlenmäßig weit überlegenen vereinigten Streitkräfte des Brutus und Cassius, zudem eine Flottenabteilung unter Lucius Tillius Cimber entgegentraten. Um ein Haar wären sie, die sich auf der in der Küstenebene verlaufenden Hauptstraße befanden, umzingelt worden – im Süden von der gegnerischen Flotte, im Norden mit einer Umgehungsbewegung der überlegenen Fußtruppen. Erst im letzten Moment zogen sie sich nach Westen bis Amphipolis an der Mündung des Strymon (Strimonas) zurück. Dort war, selbst zur Überraschung des Brutus, Antonius in Eilmärschen mit der Hauptarmee eingetroffen; der krän-

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Abb. 4: Die Schlacht bei Philippi.

kelnde Octavian kam erst zehn Tage später an. 9 Die Zeit spielte für Brutus und Cassius: Der Herbst hatte begonnen, sie verfügten über genügend Vorräte, über ein weites und offenes Hinterland und die Seehoheit, während die Gegner von Italien abgeschnitten waren und sich nur aus der engeren Umgebung mit Proviant versorgen konnten. Ihr Plan war, die Heerstraße in Richtung Osten abzuriegeln und abzuwarten, bis der bevorstehende Winter den Gegner vor Hunger zermürben würde. Brutus, der sich in den vergangenen zwei Jahren lange in Makedonien aufgehalten hatte, bestimmte in genauer Ortskenntnis eine Gegend westlich der Stadt Philippi als Blockadepunkt. (Abb. 4) Dort boten ein bis zu 700 Meter ansteigender Höhenzug auf der einen und Richtung Meer ein Sumpfgebiet auf der anderen Seite einen natürlichen Flankenschutz. Der Zwischenraum wurde mit Gräben und Palisaden stark befestigt und von den Lagern der beiden Feldherrn gedeckt. Antonius war es, der unter dem Druck zunehmender Versorgungsprobleme und des sich verschlechternden Wetters die Entscheidung in der Schlacht herausforderte. In kühnem Entschluss versuchte er, dem Gegner an dessen ungesicherter Flanke von Süden her über den Sumpf beizukommen und ließ zu diesem Zweck innerhalb von

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zehn Tagen einen Bohlenweg durch das unpassierbare Gelände schlagen. Cassius bemerkte bald das Manöver und ließ einen Gegenwall durch den Sumpf aufschütten, der Antonius’ Umgehungsroute abschnitt. Gegen diesen Wall eröffnete Antonius den Hauptangriff, der ihn nach hartem Kampf bis vor Cassius’ Lager führte; die schwache Besatzung konnte überrumpelt und das Lager eingenommen werden.10 Brutus hatte seinerseits zur Entlastung des Cassius die Offensive gegen den linken feindlichen Flügel eröffnet, wo die Truppen Octavians standen, diesen im Sturm zurückgeworfen und Octavians Lager erobert. Der Oberkommandierende selbst wäre dort unter normalen Umständen vermutlich getötet worden, doch Octavian hatte sich wegen der Strapazen aus dem Hauptkampfgeschehen zurückgezogen – er war zumindest für seine kämpfende Truppe angeblich noch drei Tage nach der Schlacht nicht sichtbar. 11 Cassius, ohne Kenntnis von Brutus’ Sieg, gab sich nach der Erstürmung seines Lagers den Tod. Antonius war für seine Truppen der Held des Tages – es war der 23. Oktober des Jahres 42. Brutus, obwohl geschwächt, befand sich weiterhin in strategisch und logistisch vorteilhafter Position und setzte ebenso folgerichtig auf die Zermürbungstaktik, ohne dem Gegner einen neuen Waffengang bieten zu wollen. Allerdings lieferte er auf Drängen seiner Soldaten und Offiziere drei Wochen nach der ersten Schlacht das zweite und alles entscheidende Treffen, auch in der berechtigten Furcht, ehemalige Soldaten Caesars in seiner Armee könnten zu Caesars Sohn überlaufen. Seine Truppen wurden nach hartem Kampf von Octavians Legionen zuerst langsam zurückgedrängt, bevor sie sich in wilder Flucht auflösten, da die Tore in den selbst angelegten Befestigungen vom Gegner verschlossen wurden. Brutus gab sich in der folgenden Nacht den Todesstoß, seine Gattin Porcia, Tochter des Cato Uticensis, setzte ihrem Leben ein Ende, indem sie glühende Kohle verschluckte; ihr Bruder war bereits in der Schlacht gefallen. 12 14.000 überlebende Soldaten aus der Armee des Brutus wurden auf die Heeresteile der Triumvirn aufgeteilt. Einigen gelang die Flucht über das Meer zu der intakten Flotte des Staius Murcus und Domitius Ahenobarbus im Ionischen Meer oder sogar bis zu Sextus Pompeius nach Sizilien. Unmittelbar nach der Schlacht eilte Antonius zur Insel Thasos, wo sich ein wohl gefülltes Nachschublager der Caesarmörder befand und wohin sich viele ihrer überlebenden Anhänger geflüchtet hatten. Er konnte dort nicht nur eine Reihe hochrangiger Gegner in sein Gefolge aufnehmen, wie Marcus Valerius Messalla Corvinus und Lucius Calpurnius Bibulus, sondern sich auch große Mengen des dort gelagerten Geldes und Kriegsmaterials aushändigen lassen. Die Behandlung der vornehmeren Gegner, der toten, der gefangenen, wie auch der übergelaufenen, verschaffte Antonius

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Abb. 5: Augustus mit der Bürgerkrone (corona civica). München, Glyptothek.

Hochachtung, dem Octavian den Ruf der Grausamkeit. Vom Körper des Brutus ließ Octavian den Kopf abtrennen und nach Rom schicken, wo er allerdings nicht ankam: Das Schiff geriet in Seenot, und die Mannschaft entledigte sich in religiöser Furcht der grausigen Fracht. Antonius ließ das, was vom Leichnam übrig blieb, in einen kostbaren Purpurmantel einhüllen, dann verbrennen und die Asche Brutus’ Mutter Servilia zukommen.13 Er nahm allerdings Rache für den Tod seines Bruders Gaius, den der damalige Statthalter Hortensius hatte hinrichten lassen, als er seine Provinz Macedonia übernehmen wollte. Er befahl, Hortensius über dem Grab seines Bruders niederzumachen.

7. Die neue Herausforderung: Der griechische Osten Der Rachefeldzug gegen die Caesarmörder war mit der Schlacht bei Philippi zwar beendet, der ordnungsgemäße Zustand des Staates damit aber noch nicht wieder hergestellt worden. Zur Erreichung dieses Ziels waren noch mehrere schwierige Aufgaben zu erledigen: die besondere Entlohnung der gesamten Armee – 5000 Denare pro Legionär, 25.000 pro Centurio waren versprochen worden –, die Entlassung und Versorgung der ausgedienten Soldaten und schließlich die Beseitigung des Fremdkörpers Sextus Pompeius, der nach wie vor das westliche Mittelmeer beherrschte. Dies alles sollte gemäß einer zwischen den Feldherren vertraglich geschlossenen Vereinbarung das vornehmliche Geschäft Octavians sein, während Antonius in den Regionen östlich der Adria, die Brutus und Cassius gehört hatten, das hierfür notwendige Geld eintreiben und dort über alles und alle befinden sollte, die gegen die Triumvirn gekämpft hatten. Formal ließ sich Antonius also nicht die östlichen Provinzen des Imperiums sondern eine umfassende, im Detail nicht konkretisierte Aufgabe in einem ebenso unpräzise definierten geographischen Raum zusprechen.1 Letzteres geschah aber dezidiert für die westlichen Provinzen: Über den Kopf des Lepidus hinweg erhielt Octavian die Provinzen der Iberischen Halbinsel und das ehemalige Königreich Numidien, welches Caesar als Provinz Africa nova („neues“ Africa) für das römische Reich eingezogen hatte. Antonius behielt im Westen das große gallische Provinzialgebiet und nahm sich zusätzlich die „alte“ Provinz Africa um Karthago; Sardinien und Sizilien beherrschte Pompeius, Italien bildete nach offiziellem Sprachgebrauch das gemeinsam zu schützende Kerngebiet des Reiches. Das diesseitige Gallien, der nördlich des Appenin gelegene Teil Italiens, von welchem aus Caesar den Bürgerkriege eröffnet hatte und dessen umstrittener Besitz den Staat gleich nach des Diktators Tod in einen neuen Bürgerkrieg gerissen hatte – dieses Gebiet wurde auf Octavians Drängen hin aus dem Provinzialstatus entlassen und zu Italien geschlagen. Was Lepidus betraf, so sollte Octavian zunächst Vorwürfe prüfen lassen, nach denen der Triumviratskollege zu Pompeius Kontakt aufgenommen haben soll. Sollten sie sich bewahrheiten, würde er das Kollegium verlassen müssen; entpuppten sie sich als unwahr, sollte er die momentan dem Antonius und Octavian zugesprochenen beiden afrikanischen Provinzen erhalten. Diese Aufteilung der westlichen Provinzen war also nach einem peinlich beachteten Kräftegleichgewicht austariert worden. Antonius zeigte dieselbe „Präsenz“ wie Octavian, de facto freilich senkte sich die Waage umso stärker

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auf Antonius’ Seite, je erfolgreicher und länger er den östlich der Adria gelegenen Raum gestaltete und seiner Klientel zuschlagen konnte. Ähnlich wie Pompeius Magnus nach der Verlängerung des Ersten Triumvirats ab dem Jahre 55 verwaltete Octavian die ihm zugesprochenen spanischen Provinzen von Italien aus, Antonius die seinigen in Gallien und Africa ebenfalls durch Stellvertreter. Für ihn lag in dem einst Caesar gehörenden gallischen Provinzkomplex und in Italien die eigentliche Basis seiner triumviralen Macht, während er im Osten einen konkreten und zeitlich überschaubaren Auftrag zu erledigen hatte. Dieser Raum, war nicht, wie der Westen des Reiches, zum Antonius gehörenden Provinzkomplex erklärt worden, so dass Octavian, wie zahlreiche Dokumente zeigen, seinerseits Einzelentscheidungen betreffs Personen oder Städte im griechischen Sprachraum durchaus treffen konnte. Nichtsdestoweniger war mit den Beschlüssen von Ende 42 klar, dass je erfolgreicher und länger Antonius den östlich der Adria gelegenen Raum gestaltete, er diesen desto mehr als seinen Besitz betrachten und im Kräftemessen als zusätzliches Potential auf seiner Seite verbuchen konnte. Während also Antonius sich selbst im kommenden Jahr 41 durch die Regionen des östlichen Mittelmeeres reisen sah, hatte er in Italien für eine denkbar starke Vertretung gesorgt. Einer der Konsuln des neuen Jahres war sein Bruder Lucius. Der andere war Publius Servilius Vatia Isauricus (aus angesehener Familie); jetzt, nach einem mit Caesar im Jahre 48 gemeinsam bekleideten Konsulat zum zweiten Mal Konsul, hatte er als Mann Octavians gegolten, ihm seine Tochter verlobt, doch war diese Verlobung mittlerweile gelöst worden. Es sollte sich zeigen, dass er von seinem Amtskollegen völlig in den Hintergrund gedrängt werden würde, worüber Servilius wahrscheinlich gar nicht traurig war. Vor allem aber besaß Antonius starke Truppenverbände: Die treuesten seiner Vertrauten, Quintus Fufius Calenus, Konsul 47, und Publius Ventidius Bassus, Konsul 43, hielten mit elf Legionen das jenseitige Gallien; Gaius Asinius Pollio stand mit sieben Legionen in der soeben aufgelösten Provinz Gallia cisalpina, Lucius Antonius selbst befehligte sechs Legionen, in Süditalien befehligte Lucius Munatius Plancus, Konsul 42, sechs Legionen. Octavian konnte gerade einmal zehn Legionen sein Eigen nennen, von denen er sechs in seine ihm zugeteilten spanischen Provinzen schickte. Aus der Sicht des Antonius befand sich also Italien in der sicheren Obhut seiner Anhänger; sein Rücken war frei, um sich dem Auftrag im Osten zuzuwenden, im Rahmen des damals Möglichen war damit eine sichere Rückkehr nach Italien zu gegebener Zeit gewährleistet. 2 Antonius gönnte sich nach dem beschwerlichen Feldzugsjahr ein Winterquartier in Griechenland und wählte Athen als Aufenthaltsort. Die

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Stadt hatte sich seinerzeit sowohl gegen Caesar und für Pompeius als auch gegen Antonius und Octavian und für die Caesarmörder entschieden, ein „Vergehen“, das den machtpolitischen Realitäten geschuldet war und naturgemäß erst im Nachhinein aus Sicht des Siegers als solches festgestellt werden konnte. Antonius fiel es nicht schwer, das Verhalten der Stadt genau so zu beurteilen. Statt Vergeltung zu üben war es für ihn viel wichtiger, von ihrem Renommee zu profitieren und sich als Wohltäter des Griechentums zu profilieren. Er beteiligte sich an den öffentlichen Festivitäten, hörte gelehrte Vorträge, betätigte sich als Stifter, ließ sich als „Griechenfreund“, als „Athenerfreund“ feiern und – was die Athener am meisten zu schätzen wussten – vermehrte den Landbesitz der Stadt um mehrere Inseln des Ägäischen Meeres: zusätzlich zu den schon traditionellen Besitzungen Imbros, Lemnos, Skyros und Delos bekam die Stadt die Inseln Aigina, Keos, und die nördlichen Sporaden Ilos, Skiathos und Peparethos. Wie sich herausstellen sollte war der Aufenthalt der erste von mehreren und der Beginn einer engen Beziehung der Stadt zu Antonius und seiner Familie. Es ist nicht überliefert, ob Antonius auch den Griechen des Mutterlandes seine Tributforderungen, die sich auf die mit Octavian gefundene Übereinkunft stützten, in der gleichen Höhe wie bald den Bewohnern Kleinasiens oder überhaupt präsentiert hat. 3 Diese Summen festzulegen und einzutreiben war die Hauptaufgabe, die ihm nach der Schlacht von Philippi anvertraut worden war, die andere, nicht minder umfangreiche, bestand darin, das römische Herrschaftssystem nach dem Ende des Brutus und Cassius wieder neu zu ordnen und zu festigen. Im Kern musste Antonius den Geschäften eines römischen Statthalters nachgehen; in diesem Fall jedoch kamen die gewaltigen räumlichen Dimensionen, die nach jahrelangen Rüstungen und kriegerischen Auseinandersetzungen tiefe Zerrüttung dieser Regionen und – wie sich bald herausstellen sollte – ein neuer Krieg gegen die östlichen Reichsnachbarn, die Parther, einer wirklichen Herkulesaufgabe gleich. Da Antonius’ Auftreten und Tätigkeit im Osten seit jeher zum wesentlichen Faktor des jeweils über ihn getroffenen historischen Urteils gewesen sind, sollen kurz die bestehenden Traditionen und Praktiken römischer Herrschaftsausübung skizziert werden; denn nur an diesen, nach denen die Zeitgenossen ihr Handeln ausrichteten, nicht an den nachträglich fabrizierten politischen und moralischen Maßstäben dürfen unsere antiken Quellen gemessen werden und sollte sich die heutige Sicht ausrichten. Was den Umfang seines Aufgabenbereiches betrifft, der ja mehrere römische Provinzen und von Rom abhängige Territorien unterschiedlichster Rechtsqualität umfasste, so war Antonius nicht der erste damit betraute römische Politiker und Feldherr. Die Beherrschung dieser Gebiete hatte

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den Römern die Grenzen ihrer stadtstaatlichen Ordnung vor Augen geführt und neue Kommandostrukturen eingefordert, die den traditionell engen räumlichen und zeitlichen Rahmen einer Statthalterfunktion sprengten. Die Kriege gegen König Mithridates von Pontos und vor allem gegen die Seeräuber hatten einem Sulla und dann dem Pompeius umfassende Befehlsgewalten beschert. Auch Caesar hatte nach der Schlacht von Pharsalos, ausgestattet mit den Vollmachten eines Diktators, die umfassende Neuordnung der östlichen Reichshälfte übernommen. Insofern bewegte sich Antonius’ neues Aufgabenfeld in räumlicher Hinsicht zwar in ungewöhnlichen, aber eben nicht in gänzlich neuen Dimensionen. Da die römische Senatsaristokratie stets bemüht war, den Kreis namentlich ihrer führenden Mitglieder überschaubar klein zu halten, war dem römischen Staat eine eigene flächendeckende und zentral gelenkte Verwaltungsbürokratie fremd. Der Statthalter im Range eines (gewesenen) Prätors oder Konsuls ging zwar mit einem umfangreichen Beraterstab in die ihm zugeteilte Provinz, doch befanden sich darin offizielle Funktionsträger in der absoluten Minderzahl. Kern des Gefolges bildete ein vom Statthalter ausgewählter Personenkreis, dessen gemeinsames Merkmal nicht in einer Funktion oder einem Rang, sondern einzig in einem engen persönlichen Nahverhältnis (familiaritas) lag. 4 Vertrauen und Sachkompetenz waren die wichtigsten Voraussetzungen. Bei den familiares konnte es sich um alte Freunde aus der Heimatgemeinde des Statthalters handeln und – dies vor allem – um Vertreter der provinzialen Oberschicht mit ihren unübertroffenen Ortskenntnissen: vom Bürgermeister einer Stadt über ortsansässige römische Kaufleute bis hin zu Königen und Fürsten der an die Provinzen angrenzenden einheimischen, aber von Rom abhängigen Herrschaftsgebilde. Darunter finden sich auch Literaten und Intellektuelle im weiteren Sinne, die der Kurzweil des Statthalters ebenso dienlich sein konnten wie seinem Ruhm bei der Nachwelt, wenn sie seine Taten aufzeichneten. Aus den familiares rekrutierten sich niedere Funktionsträger wie Privatsekretär, Dolmetscher und andere Spezialisten wie Ärzte und Kunstkenner, Wirtschafts-, Steuerund Militärfachleute. Neben diesem zur privaten Entourage des Statthalters gehörenden Personenkreis standen die aus dem Senatorenstand stammenden Legaten –in der Regel zwischen einem und vier –, die, vom Statthalter vorgeschlagen, offiziell vom Senat demselben beigegeben wurden. Es konnte sich dabei sowohl um ältere und erfahrene ehemalige Konsuln als auch jüngere Senatoren handeln; sie standen je nach Bedarf in zivilen und militärischen Funktionen zur Disposition des Statthalters. Freilich kam es wegen ihres hohen gesellschaftlichen Ranges einerseits und ihrer Abhängigkeit von Direktiven des Statthalters andererseits häufig zu Spannungen zwischen dem Provinzgouverneur und seinen Legaten.

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Ein dermaßen reduzierter und in keiner Weise institutionalisierter und hierarchisierter Verwaltungsapparat konnte naturgemäß nur wenige zentrale Felder einer Regierungstätigkeit abdecken. Sie lassen sich zusammenfassen unter der Maxime, die innere und äußere Ruhe und Ordnung des Untertanenbereiches zu gewährleisten. Dies geschah in erster Linie mittels einer funktionierenden Rechtspflege und gegebenenfalls militärischer Unternehmungen. Die wichtige Aufgabe der Steuereintreibung hatte der römische Staat an Privatleute aus dem Ritterstand verpachtet. In Gesellschaften (societates) zusammengeschlossen machten sie auf Kosten der Provinzialen enorme Gewinne, da die Spanne zwischen den tatsächlich eingetriebenen Steuermitteln und dem an den Staat abzuliefernden Satz ihren Profit ausmachte. Für eine effektive Regierungs- und Verwaltungstätigkeit war der römische Statthalter in höchstem Maße auf informelle persönliche Netzwerke angewiesen, die er mit den Vertretern der bodenständigen Eliten eingehen musste oder welche er, da von seinen Vorfahren geerbt, bereits vorfand. Partner an diesem Netzwerk waren die Notablen der Städte, Häuptlinge, Fürsten, Könige einheimischer Völker, die dank ihrer Ortskenntnis, ihrer Ressourcen, ihres eigenen lokalen Beziehungsgeflechtes auf unterer Ebene Aufgaben wahrnahmen, die normalerweise außerhalb der Reichweite römischer Provinzialadministration lagen. Diese Unterstützung „von unten“ reichte von der lokalen Rechtsprechung, Steuereintreibung, Kultpflege, Weitergabe wichtiger Informationen, Regelung von Grenzstreitigkeiten bis hin zur Bewirtung des Statthalterstabes, gegebenenfalls zur Versorgung einer römischen Armee mit Lebensmitteln, Soldaten und Schiffen. Ohne sie hätte Rom sein provinziales Herrschaftssystem mit seinen normalerweise jährlich wechselnden Statthaltern gar nicht aufbauen und so dauerhaft etablieren können. Als Belohnung winkte den betroffenen Helfern eine Bestätigung ihres elitären Status und darüber hinaus, verbunden mit der Verleihung des römischen Bürgerrechts, ein sozialer Aufstieg innerhalb der römischen Gesellschaftsordnung, also eine Teilhabe an der Macht des Herrschervolkes. Um nun namentlich das viel kritisierte Auftreten des Antonius und sein Erscheinungsbild im Osten einschätzen zu können, ist es wichtig festzuhalten, dass das Zusammenwirken von römischer Administration und provinzialer Oberschicht nur über bestimmte, geradezu ritualisierte Formen der Kommunikation erfolgte. Ein guter Statthalter war dabei stets gefordert, einerseits der Größe Roms entsprechend eine herrschaftliche Distanz zu halten, andererseits durch persönliche Nähe und respektvolles Auftreten das Vertrauen der einheimischen Notablen zu gewinnen. Den Orten und Zeremonien der Begegnung kam deshalb große Bedeutung zu, im Falle von Antonius’ Anwesenheit umso mehr, als die Städte und Völker des

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Ostens nach Philippi eine politische Neuorientierung vornehmen mussten und es aus Antonius’ Sicht eine Fülle von neuen oder Bestätigung von bestehenden Entscheidungen zu treffen galt – unabhängig von seinem Hauptanliegen, möglichst schnell viel Geld einzutreiben. Antonius absolvierte nach einer winterlichen Erholungspause in Athen ein ausgedehntes Reiseprogramm, um vor Ort Rechenschaft einzufordern, alte Loyalitäten zu bestätigen, neue zu knüpfen, über Sachthemen und Personen zu diskutieren und zu entscheiden. Die Orte, an denen er länger verweilte, wurden so früh wie möglich bekannt gegeben, damit den Bittstellern genügend Zeit für die Anreise blieb; sie mussten aufgrund ihrer Größe und Infrastruktur in der Lage sein, ihn selbst und sein Gefolge, sowie die sich zu hunderten einfindenden Gesandten und Fürsten zu bewirten. Der Statthalter residierte, sofern vorhanden, in ehemaligen oder aktuellen Herrscherpalästen oder als Gast im Hause eines städtischen Aristokraten. Gesandte wurden nach einem geregelten Zeremoniell vor das Tribunal gelassen, welches im Statthalterpalast oder einem anderen öffentlichen Gebäude installiert war und von den oben genannten Begleitern des Statthalters als Ratgebern umgeben war. Eine besondere Ehre für die Untertanen bedeutete es, wenn derselbe seine Privatgemächer, sogar das Schlafzimmer, als Empfangsraum öffnete – eine schon von den antiken Zeitgenossen als Ausdruck von Lasterhaftigkeit und Verweichlichung gelegentlich, aber bewusst falsch interpretierte Geste, die in Wirklichkeit als Zeichen besonderer Hochachtung galt. Damals wie heute bildete die Ausrichtung aufwendiger Gastmähler eine unentbehrliche Ergänzung der formal-offiziellen Beziehung auf der Ebene privater Kommunikation. Der dabei von den Statthaltern gepflegte Prunk orientierte sich hinsichtlich Größenordnung und Häufigkeit schon seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. an den Maßstäben, welche im griechischen Osten die hellenistischen Herrscherhöfe gesetzt hatten. Auch in diesem Falle setzte sich ein solcher Lebensstil, sofern es dienlich war – und dies war es bei Antonius in besonderem Maße –, leicht dem Vorwurf des üppigen, „orientalischen“ Luxus aus; in Wahrheit gehörte er zum selbstverständlichen Ausdruck aristokratischer Selbstdarstellung und eines geradezu notwendigen herrschaftlichen Gebarens im Sinne eines Leistungskriteriums. Die in diesem Kontext gerne getragene griechische Kleidung, die in Athen oder Alexandria anzulegen die antiken Quellen dem Antonius vorwerfen, hatte selbst in den italischen Villen der römischen Oberschicht seit hundert Jahren Einzug gehalten. An all diesen Vorgaben, die im Rahmen römischer Provinzialadministration eine Normalität darstellten, haben wir die Schilderungen über Antonius’ im Osten getroffene Maßnahmen, seine Selbstdarstellung und sein Verhältnis zur dortigen gesellschaftlichen und politischen Elite zu messen.

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Wir verfolgen seine dortige Tätigkeit auf der Ebene einer statthalterlichen Routine, die uns nur mosaiksteinartig überliefert ist unter dem Aspekt der besonderen Herausforderungen, welche zum einen die Parthergefahr und zum anderen die von Octavian im Westen repräsentierte Machtkonkurrenz an ihn herantrugen. Antonius gehorchte freilich nicht nur mit Blick auf seine Tätigkeit als römischer Statthalter und die praktizierten Formen der Kommunikation gängigen Normen und entsprechenden Erwartungsmustern, sondern bediente sich auch in Ausdruck und Form übermenschlicher Verehrung seitens der Untertanen eines mittlerweile bekannten Repertoires. In bester Gemeinschaft mit anderen vornehmen römischen Familien hatten sich auch die Antonier – es ist bereits erwähnt worden – in dem Helden und Halbgott Herakles einen mythischen Ahnherrn zugelegt. Mit seinem Erscheinen im griechischen Osten tauchte Marcus Antonius zudem in eine Tradition ein, nach welcher Könige und andere mächtige Einzelpersonen wegen ihrer überragenden Leistungen mit gottähnlichen Ehren bedacht wurden.5 Als die Römer langsam zu Herren des östlichen Mittelmeeres heranwuchsen, konnten und wollten sich auch ihre Feldherren diesem Brauch nicht entziehen. Sie wurden als „Wohltäter der Griechen“, als „Retter“ einer Stadt geehrt. Unmittelbare Vorläufer und Vorbilder des Antonius stellten Pompeius und Caesar dar, die mit umfassender Kommandogewalt die politische Landkarte des östlichen Mittelmeerraumes neu gezeichnet hatten. Pompeius hatte „gottgleiche“ (isótheos) Leistungen für die kleinasiatischen Städte vollbracht; seine militärischen Erfolge von bisher bei den Römern unbekannten Dimensionen veranlassten ihn, seine Haarfrisur mit einer geteilten Stirnlocke den allseits bekannten Portraits Alexanders des Großen anzugleichen. In Caesar erblickten die Provinzialen dann die sichtbare Inkarnation der Stammeltern des iulischen Geschlechts, Venus/Aphrodite und Mars/Ares, und seine eigene Göttlichkeit (theós). Die Granden der ausgehenden römischen Republik haben solche sich steigernden Ehrungen in ihrem unersättlichen Prestigedenken ebenso gerne entgegengenommen wie die griechische Welt dieselben in einer den hellenistischen Königen gegenüber praktizierten Tradition als Ausdruck politischer Loyalität bereitwillig spendeten – natürlich in der Erwartung gezielter Wohltaten und Privilegien als Gegenleistung. Als sich Antonius nach Philippi der Bevölkerung des Ostens als Repräsentant der römischen Weltmacht präsentierte, begab er sich unwillkürlich in eben diese Tradition – so wie es jeder andere Römer, wäre er an Antonius’ Stelle gewesen, gewollt und es ihm auch widerfahren wäre. Freilich wählte er eine besondere Gottheit, in deren Namen und unter deren Schutz er den Untertanen entgegentrat: Dionysos. Dionysos galt neben

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Herakles als legendärer Bezwinger des barbarischen Ostens, von wo er mit seinem siegestrunkenen, ausgelassen lärmenden Gefolge zurückkehrte. Kein geringerer als Alexander der Große hatte sich dieser Züge der Dionysosmythologie für seine eigene Herrschaftsstilisierung bedient und damit wie in so vielen anderen Bereichen vorbildhaft für das hellenistische Herrschertum gewirkt. Zuletzt hatten sich die Könige Mithridates VI. von Pontos und Ptolemaios XII., der Vater Kleopatras, als „neuer“ Dionysos (Néos Dionysos) titulieren lassen. Mit Dionysos verknüpfte sich die Vorstellung von der siegreichen Bezwingung großer Räume, vom Beglücker der Menschheit, von glänzenden festlichen Aufzügen, in deren Mittelpunkt der jeweils „neue“ Dionysos als Medium der göttlichen Stärke gefeiert wurde. 6 Im Kontext des Herrscherideals kamen die mit dem dionysischen Vorbild verknüpften Vorstellungen am deutlichsten bei dem frühhellenistischen König Demetrios „dem Städtebelagerer“ (Poliorkétes) zum Ausdruck, dem die Zeitumstände ein sehr wechselvolles Schicksal beschert hatten. Gemäß einer Notiz des Biographen Plutarch – der Antonius dem Demetrios nicht zufällig in einer Parallelbiographie gegenüberstellte – wählte Demetrios den Dionysos als Vorbild, weil dieser seine Feinde im Kriege am schrecklichsten niedermache, den Frieden aber in schönster Lustbarkeit und wohlklingendster Freude feiere. Dieser Lebensmaxime dürfte Antonius ohne Einschränkung zugestimmt haben. Bei der Wahl des Dionysos standen sicher nicht die oben genannten, zeitlich nächstgelegenen Vorbilder Pate, sondern der Gott bot sich gleichsam als ‚Partner‘ des mythischen Ahnherrn Herakles an: Beide waren Söhne des Zeus, galten als Vollbringer großer Taten, vollbracht sowohl mit Kraft und Gewalt als auch mit Segen spendender Güte; sich gegenseitig ergänzend verkörpern sie unbändige Stärke auf der einen, Lebensfreude, Geist und Kultur auf der anderen Seite. Der „neue Dionysos“ Antonius wird nach Philippi ganz konkret sowohl einen Kraft und Stärke erfordernden militärischen Schlag gegen die Parther als auch die ordnende, regelnde Tätigkeit im Innern des römischen Herrschaftsbereiches als Ziel und Herausforderung vor Augen gehabt haben. Kein Römer konnte an dieser programmatischen Perspektive, die Antonius als Triumvir umzusetzen gedachte, ernsthafte Kritik üben; seine spätere Gattin Octavia wird, wie die Münzprägung der Provinz Asia zeigt, voll in die Welt dionysischer Symbolik mit einbezogen werden. In der Tat wartete auf Antonius eine Heraklesaufgabe. Schaute er von Griechenland aus in Richtung Osten, so überblickte er einen Raum, der sich nur aus verschiedenen Puzzleteilen zu einem Gesamtbild römischer Herrschaftsordnung zusammensetzen ließ. Er sah keinen geschlossenen Block eines von römischen Statthaltern verwalteten Provinzialgebietes

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und davon scharf getrennt ein nicht-römisches „Ausland“, sondern einen bunten Flickenteppich von kleineren und größeren Territorien, die in einem unterschiedlichen Rechts- und Abhängigkeitsverhältnis von Rom standen. Der große Pompeius hatte Ende der sechziger Jahre nach den Erschütterungen der Mithridatischen Kriege und Beseitigung der Seeräuberplage die Landmasse Kleinasiens und des Nahen Ostens politisch neu gegliedert. Um die alten und neuen römischen Provinzen installierte er einen Kranz von Fürstentümern und Königreichen unter einheimischen Herrschern. Diese Gebilde bauten größtenteils auf bereits zuvor bestehenden Terrritorialstaaten der hellenistischen Zeit auf, waren aber nunmehr vollkommen in den Bannkreis der römischen Hegemonialmacht geraten. Sie bediente sich ihrer als gehorsame und pflichttreue Verbündete, von denen jeder einzelne durch einen Freundschaftspakt (amicitia) an Rom gebunden war. Die Römer ersparten sich damit einerseits eine kostspielige und mühsame direkte Herrschaft über noch nicht voll befriedete und infrastrukturell unterentwickelte Gebiete, besaßen aber andererseits vollen Zugriff auf die natürlichen und militärischen Ressourcen dieser Gebiete in der Form, dass die einheimischen Fürsten auf Anforderung hin Nachschub, Soldaten und Geld zu liefern hatten. Diese Herren suchten der eigenen Herrschaftssicherung wegen das gute Einvernehmen mit dem Senat in Rom und den Repräsentanten römischer Macht vor Ort, so dass auf dieser Ebene genau so wie mit der städtischen Aristokratie eine Vielzahl enger persönlicher Bindungen zwischen einzelnen Herrscherhäusern und senatorischen Familien heranwuchsen. Dieses Bindungssystem geriet jedoch durcheinander, sobald sich die römischen Aristokraten gegenseitig in Bürgerkriegen bekämpften; vorsichtiges Taktieren und rechtzeitiger Wechsel auf die Seite des Siegers waren das Gebot der Stunde. Man hatte zunächst den Befehlen des Pompeius gehorchen, dann sich vor Caesar rechtfertigen müssen. Es folgten die Caesarmörder Brutus und Cassius, denen Provinzen und abhängige „Freunde“ Roms nur als beliebig auspressbares Rüstungsreservoir gegen die Caesarianer etwas bedeuteten, und nun tauchten die siegreichen Rächer als neue Herren im griechischen Osten auf. Um aus den geschundenen Städten und Landstrichen überhaupt noch etwas herausholen zu können – dies war ja Antonius’ Auftrag –, bedurfte es also eines höchst sensiblen Fingerspitzengefühls und Ausbalancierens zwischen Härte, Milde, Drohungen und Überzeugungskraft. Eine tour d’horizon bot dem von Griechenland aus planenden Antonius etwa folgendes Bild: In Kleinasien existierten zwei römische Provinzen, Asia im Westen und Bithynia im Nordwesten. Damals gehörte zur Provinz Asia auch die städtereiche und fruchtbare Landschaft Pamphylien an der Südküste, welche

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über die angrenzenden Landschaften Karien und Phrygien mit ihr verbunden war. Über das östlich an die Provinz Asia angrenzende Siedlungsgebiet der Galater herrschte der schon betagte König Deiotaros. Dieser hatte sich erst kurze Zeit zuvor vor Caesars Richterstuhl einer Anklage seines Enkels Kastor erwehren müssen, er habe im Jahre 47, als der Diktator Kleinasien bereiste, ein Attentat auf denselben geplant. Kastor selbst beanspruchte die Herrschaft über den östlichen galatischen Teilstamm der Trokmer. Deiotaros wurde von keinem geringeren als Cicero persönlich verteidigt, doch Caesar hatte die Entscheidung vertagt, bis er selbst im Zuge des geplanten Partherfeldzuges sich vor Ort ein Bild werde machen können. Nach Caesars Ermordung hatte Antonius als Konsul unter Berufung auf eine schriftliche Verfügung des Diktators dem Deiotaros die Herrschaft über alle drei galatischen Stämme zugesprochen, doch musste Deiotaros nach der Schlacht von Philippi bis zu seinem Tode im Jahre 40 noch um die Durchsetzung seines Rechtstitels kämpfen. Cicero registrierte mit großem Missfallen den günstigen Entscheid Antonius’ für Deiotaros, hatte er den König doch immer als seinen Schützling und Gefolgsmann betrachtet, nun aber zur Klientel des Antonius abwandern sehen müssen.7 Das östliche Nachbarland Kappadokien war durch lange anhaltende Rivalitäten innerhalb des noch jungen Herrscherhauses geschwächt. Zwei Brüder, Ariobarzanes III. und der jüngere Ariarathes, lagen in Fehde, die selbst Caesar nicht hatte beenden können; kurz zuvor hatte Cassius den Ariobrazanes, da er ihm seine Unterstützung verweigerte, unter dem Vorwand töten lassen, einen Anschlag auf ihn geplant zu haben. Antonius sah sich also konfrontiert mit einem zwar rechtmäßig herrschenden, aber als romfeindlich bekannten kappadokischen König. Gänzlich verworren waren die Verhältnisse in der an Kappadokien nördlich angrenzenden Region Pontos, ehemals Kernland des mächtigen Königs Mithridates VI., der Rom das Fürchten gelehrt hatte und erst in drei schweren Kriegen niedergerungen werden konnte. Der letzte Sieger, Pompeius, hatte den westlichen Teil zur römischen Provinz Bithynia geschlagen, den östlichen unter einheimischen Kleinfürsten und Tempelpriesterschaften belassen. Bis zum Ende der vierziger Jahre hatte Rom allerdings die Landschaft Paphlagonien wieder von der Provinz Bithynia abgetrennt und galatischen Fürsten unterstellt. 8 Die Landschaft Kilikien im südlichen Kleinasien, wo seinerzeit Antonius’ Großvater sich gegen die Seeräuber Siegeslorbeeren verdient hatte, bestand nicht mehr als eigene römische Provinz. In den Kämpfen zwischen dem syrischen Statthalter Dolabella und Cassius war das so genannte „ebene“ Kilikien, die östliche Hälfte der Provinz, der Provinz Syria angeglie-

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dert worden, die westliche Hälfte, das „rauhe“ (das heißt gebirgige) Kilikien wurde sehr wahrscheinlich noch dem Sprengel des Statthalters der Provinz Asia zugeschlagen. 9 Waren also schon die territoriale Gliederung und die lokalen Herrschaftsstrukturen in Kleinasien alles andere als durchsichtig und stabil, so gilt dies in noch stärkerem Maße für die südlich angrenzende Levanteküste. Die nördliche Region zwischen Euphrat und Mittelmeer, das Zentrum des ehemaligen Seleukidenreiches mit der Hauptstadt Antiochia, hatte Pompeius zwanzig Jahre zuvor als neue römische Provinz Syria eingerichtet. Im Süden war der jüdische Hohepriesterstaat unter der Herrschaft der Hasmonäerdynastie seit Pompeius’ Tagen zu einem römischen Vasallen herabgesunken, verstrickt in permanente Kämpfe rivalisierender Dynastiemitglieder. Das übrige dazwischen liegende Gebiet zwischen Mittelmeer und arabischer Wüste war in Kleinstterritorien unter einheimischen Scheichs und Stadtfürsten aufgesplittert, die sich in die Konflikte der größeren Mächte gerne und auf den eigenen Vorteil bedacht einmischten. Städte wie Emesa, Chalkis, Palmyra im Landesinneren, an der Küste Tyros, Sidon, Arka, Tripolis, Arados genossen wie die Klientelfürsten Kleinasiens eine innere Autonomie. Außenpolitisch galten sie als römische Vasallen, suchten aber durchaus auch eine eigenständige Politik mitunter gegen römische Interessen zu realisieren. Die römische Autorität stand hier auf zerbrechlichem Fundament. Die schwere Niederlage des Triumvirn Crassus gegen die Parther bei Carrhae in Mesopotamien lag erst elf Jahre zurück; man erinnerte sich lebhaft an deren anschließende Streifzüge in die römische Provinz. Selbst unter dem mächtigen Diktator Caesar hatten unmittelbar zuvor zwei römische Feldherren, ein alter Anhänger des Pompeius namens Sextus Caecilius Bassus und der von Caesar entsandte Gaius Antistius Vetus, um den Besitz der Provinz die Klingen gekreuzt. Erst als Cassius in Syrien auftauchte, fand dieser Spuk ein Ende. Für den Caesarianer Antonius bedeutete es ein schwieriges Unterfangen, das von Cassius in Syrien hinterlassene Erbe zu übernehmen. Cassius hatte seinerzeit als Quästor unter Crassus gedient und nach der verheerenden Niederlage die Reste des Heeres und die Trümmer der römischen Provinzialherrschaft in Syrien aufgesammelt. Während er diese Herausforderung meisterte, hat er sich den Respekt nicht nur seiner römischen Zeitgenossen, sondern auch der parthischen Gegner erworben. Als er Ende des Jahres 44 in Syrien erschien, hatte er keine Mühe, die Provinz in Besitz zu nehmen und gegen den vom Senat entsandten Prokonsul Dolabella zu verteidigen. Cassius strebte ganz offensichtlich, und dies in scharfem Gegensatz zu Caesar, keine Politik des Säbelrasselns sondern des friedlichen Ausgleichs mit den Parthern an. Letztere hatten ihm für den

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Kampf gegen Dolabella berittene Bogenschützen geschickt, und Cassius konnte im Zuge der Rüstungen gegen Antonius und Octavian berechtigte Hoffnung auf erneute Hilfeleistung hegen. Zu diesem Zwecke schickte er den Quintus Labienus, den Sohn von Caesars Legat in Gallien, zum Partherkönig Orodes, doch Orodes wollte sich vor dieser für das römische Reich schicksalhaften Entscheidung nicht festlegen und hielt Labienus hin. 10 Cassius’ partherfreundliche Politik stieß namentlich bei den syrischen Städten auf lebhafte Unterstützung, unterhielten sie doch enge persönliche und wirtschaftliche Verbindungen zu dem mächtigen Nachbarn. Vor allem der parthische Prinz und Thronfolger Pakoros erfreute sich bei den Syrern „wegen seiner Gerechtigkeit und Milde“, wie der Historiker Cassius Dio schrieb, großer Beliebtheit, gleich geachtet den beliebtesten ihrer früheren eigenen Könige. Es war auch der Pompeianer Caecilius Bassus, den Städte wie Tyros und Apameia, ferner ein Araberfürst namens Alchandonios und sogar parthische Soldaten gegen Caesar unterstützt hatten. Die Sympathien dieser Region lagen also keinesfalls auf Seiten dessen, der die Rache an Caesars Mördern vollziehen wollte und als Vollstrecker der caesarischen Konfrontationspolitik gegenüber den Parthern galt. Ebenso konnte der Priesterstaat von Jerusalem nicht als sichere Bastion römischer Interessen dienen. Die bewegte Geschichte Judäas der letzten zwanzig Jahre, in welche Rom direkt und fortwährend involviert gewesen ist, kann hier nicht rekapituliert werden. Antonius fand als dessen obersten Repräsentanten den Hasmonäerspross und Hohepriester Hyrkanos vor, der den Titel eines Ethnarchen führte. Ihm zur Seite als Feldherren standen die Söhne des Antipatros aus Idumäa, Herodes und Phasael. Antipatros und seine Söhne hatten allerdings mit einer Adelsfronde zu kämpfen, die den Machtzuwachs der idumäischen Familie, da sie nicht dem orthodoxen Judentum zugerechnet wurde, mit Argwohn verfolgte. Antipatros fiel einem Mordkomplott zum Opfer, und während die zerstrittenen Führer des römischen Staates zur Schlacht von Philippi rüsteten, mussten sich Hyrkanos und die beiden Brüder eines offenen Putschversuchs erwehren: Ein Enkel von Hyrkanos’ Bruder Aristobulos mit Namen Antigonos, der bei dem Fürsten von Chalkis, Ptolemaios, Aufnahme gefunden hatte, sollte mit dessen Hilfe auf den Hohepriesterthron in Jerusalem gehoben werden. Dank eines von Herodes erfochtenen Sieges schlug dieser Versuch zwar fehl, er offenbarte aber die brüchigen Machtstrukturen in Judäa. 11 Angesichts dieser alles andere als stabilen Zustände präsentierte sich als einziger für Antonius im Osten verlässlicher Partner das Ptolemäerreich in Ägypten. Auch diese letzte noch existierende hellenistische Königsdynas-

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tie war in den letzten Jahrzehnten durch Thronkämpfe und damit verbundenen Familientragödien gelähmt und fortwährend geschwächt worden, jedoch verlieh ihr der natürliche Reichtum des Landes eine noch immer herausragende Position im Kreis der östlichen Vasallenstaaten Roms. Bekanntlich hatte Caesar nach dem Sieg über Pompeius bei Pharsalos direkt in den in Alexandria tobenden Bürgerkrieg eingegriffen, den der damals regierende Ptolemaios XIII. mit seiner älteren Schwestergemahlin Kleopatra VII. führte. Diese drang gerade mit einem Heer, von Palästina kommend, in Ägypten ein, um sich den Thron zurückzuerobern. In Befolgung des väterlichen Testamentes bemühte sich der Diktator um einen Ausgleich zwischen den verfeindeten Geschwistern, der aber an der Obstruktion der Hofchargen und Militärs scheiterte, die dem erst dreizehnjährigen Ptolemaios zur Seite standen. Um das Ansehen der Dynastie zu stärken, hatte Caesar die Insel Cypern aus dem römischen Provinzialverband ausund dem Ptolemäerreich wieder eingegliedert, zu welchem sie bis zum Jahre 58 zweieinhalb Jahrhunderte gehört hatte. Im Kampf um die Herrschaft unterlag Ptolemaios XIII., er ertrank auf der Flucht in den Fluten des Nil, und Caesar inthronisierte neben Kleopatra an seiner Statt den jüngeren Bruder Ptolemaios XIV. Als er Ägypten im Sommer des Jahres 47 den Rücken kehrte, ließ er drei Legionen als Garant der von ihm etablierten Ordnung zurück. 12 Kleopatras jüngere Schwester Arsinoe, die zweitälteste von vier Geschwistern, die mit Ptolemaios XIII. sympathisiert hatte, wurde ein Jahr später in seinem Triumphzug in Rom mitgeführt, dann aber in ein ehrenvolles Exil nach Ephesos in Kleinasien entlassen. Ferner hatte der Diktator in Ägypten eine schwangere Kleopatra zurückgelassen, die bald nach seiner Abreise einen Sohn gebar. Mit ihm reiste sie zu zwei kürzeren Aufenthalten nach Rom. Nach dem mysteriösen Tod seines Onkels Ptolemaios XIV. wurde der dreijährige Knabe als Ptolemaios XV., „der auch Kaisar (= Caesar) genannt wird“, formal Mitregent seiner Mutter. Kehren wir zu Antonius und der ihn erwartenden Aufgabenfülle zurück, so besaß er wie kaum ein anderer römischer Politiker seiner Zeit hervorragende Kenntnisse und Beziehungen, um diese zu bewältigen. Von seinem Großvater und Vater hatte er mit Sicherheit zahlreiche Gastfreundschaften und Klientelbeziehungen zu Städten und deren Notablen, zu Fürsten und deren Völkern geerbt. Er hatte schon einmal den Reiseweg von Italien über Griechenland, Kleinasien und Syrien genommen, kannte dieses Land, Judäa und auch Ägypten aufgrund seiner dreijährigen Dienstzeit als Reiteroberst unter dem Prokonsul Aulus Gabinius. Explizit wissen wir von einer Gastfreundschaft mit der Familie, die den mächtigen Tempelstaat von Komana in Pontos regierte und die eine herausragende Rolle

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im Machtpoker um den Königsthron von Kappadokien spielte. Ebenso verband Antonius seit seinem Kriegsdienst unter Gabinius in Judäa eine enge Freundschaft mit dem kurz zuvor ermordeten Antipatros, die sich auf dessen Sohn Herodes übertrug. 13 Zudem verfügte Antonius über ein Netz einheimischer „Agenten“, die durch ihre Ortskenntnisse weit besser und effektiver das Geschäft der Steuereintreibung besorgten. Es handelte sich dabei immer um Mitglieder der führenden Familien, oft genug um Literaten und Künstler. Unter den gegebenen Umständen konnten sie dank ihrer persönlichen Kontakte sowohl zu Antonius als auch zu den betroffenen Gemeinden die zweifellos harten Forderungen hier und da abfedern und erträglicher gestalten, als es römische Steuerpächter gekonnt und gewollt hätten. Was Griechenland betrifft, so kennen wir in Athen und Korinth zwei einflussreiche Freunde. Der athenische Rhetor Aristokrates erhielt von ihm das römische Bürgerrecht und wurde nicht nur in Athen sondern auch in Argos von seinen Landsleuten geehrt. Als einer der wenigen Getreuen begleitete er später, nach der Schlacht von Actium, den Geschlagenen nach Afrika. Antonius’ ehemaliger Sklave, dann Freigelassener Theophilos wirkte als sein Vermögensverwalter in Korinth, dessen Sohn Hipparchos gehörte zu Antonius engsten Vertrauten, was ihn nicht hinderte, als erster von Antonius’ Freigelassenen nach Actium zu Octavian überzugehen; unter der neuen Herrschaft brachte er es bis zum Bürgermeister (duumvir) in der römischen Kolonie. 14 In einer Reihe von bedeutenden Städten Kleinasiens führten Freunde des Antonius über viele Jahre hin ein Regiment, welches politische Gegner als Tyrannei brandmarkten, Antonius aber die optimale Umsetzung seiner Herrschaftsinteressen auf lokaler Ebene garantierte. Dazu zählten die Dichter Nikias von Kos und Boethos von Tarsos. Nikias, bereits römischer Bürger mit dem Familiennamen Curtius, hatte viele Jahre in Rom geweilt und die Bekanntschaft hoher Aristokraten gemacht, unter anderen die des Pompeius und Cicero. In seiner Heimat Kos haben sich zahlreiche Inschriften und Münzen erhalten, die seine erste Position auf der Insel während Antonius’ Aufenthalt im Osten unterstreichen.15 Boethos hat für seinen Gönner ein Lobgedicht auf den Sieg bei Philippi verfasst. Auf Kreta wirkte der vornehme Kydas als politischer Arm des Antonius. Im Jahre 43 war er in Rom als neues Mitglied in die von Antonius reformierten Geschworenengerichte aufgenommen worden und hatte sich als solcher Ciceros Spott und Tadel zugezogen. Er gehörte zu einer alten, schon zu Beginn des zweiten Jahrhunderts v. Chr. bezeugten Familie aus Gortyn, die zur Spitze der Inselgesellschaft zählte. Zehn Jahre hintereinander, mit einer ungewöhnlichen, aber beabsichtigten Kontinuität des Amtes, fungierte Kydas in der

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Zeit des Zweiten Triumvirats als „Kretarch“, also als höchster einheimischer Würdenträger und Repräsentant der Insel. In Aphrodisias amtierte zehnmal hintereinander Zoilos, ein Freigelassener Octavians, als „Stephanephor (Kranzträger)“ im höchsten Amt, das die Stadt zu vergeben hatte. Auch wenn er Octavian persönlich näher gestanden haben mag, kann er nur mit Antonius’ Billigung über so lange Zeit als Stadtherr aufgetreten sein. Nur die Namen kennen wir von einem gewissen Stephanos in Laodokeia am Lykos (Eski-Nissar) im östlichen Karien und einem Straton in Amisos (Samsun) am Schwarzen Meer, welche dort für Antonius wirkten. 16 Ein weiterer Vertreter dieser Gattung von ‚Agenten‘ war der Meisterspieler auf der Leier (Kitharöde) Anaxenor aus Magnesia am Mäander (Manisa), dem Antonius gleich vier Städte und sogar noch einen Trupp Soldaten zwecks Eintreibung des Tributs unterstellte. Anaxenors Heimat ehrte ihn mit einem Bronzestandbild im Theater, deren dazu gehörende Inschrift sich sogar erhalten hat, und einem Gemälde auf dem Marktplatz. Hybreas von Mylasa (Milas) wie der vornehme Zenon von Laodikeia fühlten sich Antonius so sehr verbunden, dass sie ihre Städte als einzige im südwestlichen Kleinasien zum Widerstand gegen den von den Parthern unterstützten Labienus mobilisieren konnten. Hybreas machte sich später zum Wortführer der ausgebluteten Städte Kleinasiens und rechnete Antonius die zweihunderttausend bereits abgelieferten Talente vor. 17 Die antoniusfeindliche Überlieferung bietet ein völlig verzerrtes Bild, wenn sie solche Männer und andere, wie einen Flötenspieler Xouthos und Tänzer Metrodoros zum niedrigen Gesindel eines in Üppigkeit schwelgenden Hofstaates degradiert. Antonius hat an ihnen andere Qualitäten als das Tanzen und Flötenspielen geschätzt, sie alle waren, wie für jeden römischen Politiker, Glieder eines unverzichtbaren Netzwerkes indirekter Herrschaftsausübung. In Ephesos gehörte ein gewisser Artemidoros zu seinen Freunden: sein Trainer im Gymnasion, auf dessen Vermittlung hin er den Künstler- und Athletenvereinigungen ihre Privilegien bestätigte. Artemidoros erhielt von Antonius das römische Bürgerrecht, seine Nachkommen lassen sich noch 120 Jahre später im agonistischen Gewerbe und als Dionysosverehrer nachweisen.18 Das Funktionieren dieser Netzwerke hing natürlich immer von den lokalen Gegebenheiten ab und gestaltete sich nicht überall reibungslos: In einer syrischen Stadt sind Antonius’ Agenten bei der Steuereintreibung gewaltsam vertrieben worden.19 Alle diese Freunde und Mittelsmänner haben Antonius schon während seines Winteraufenthaltes in Athen zweifellos genaue Informationen über die jeweils aktuelle Situation in den einzelnen Regionen zugetragen, so dass eine grobe Reiseroute für das folgende Jahr festgelegt werden konnte.

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Karte 2: Die Mittelmeerwelt beim Tode Caesars

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8. Der erste Auftritt des „Neuen Dionysos“ Im Frühjahr des Jahres 41 brach der „neue Dionysos“ von Griechenland aus zu seiner schwierigen Mission in Richtung Osten auf. Zur Sicherung der wichtigen makedonischen Provinz, zu der auch das südliche Griechenland gehörte, hatte er den Lucius Marcius Censorinus zurückgelassen, der im Jahre 43 Prätor gewesen und nach Ciceros Ermordung in den Besitz von dessen stadtrömischem Anwesen gekommen war. Antonius betrat den Boden des an sich reichen, aber damals schon ausgebluteten Kleinasiens im nordwestlichen Teil, in der Provinz Bithynia. Von den zweifellos vielen Gesandtschaften, die ihn dort trafen, wissen wir dank des jüdischen Historikers Flavius Iosephus Genaueres nur von der aus Judäa angereisten. Eine Adelsfraktion führte heftige Klage über die Brüder Phasael und Herodes, während sich Herodes, der gleichfalls vor Ort weilte, gegen die Anschuldigungen erfolgreich verteidigte. Herodes wird auf die zwischen seinem Vater Antipatros und Antonius bestehende Freundschaft rekurriert haben; er bewährte sich jetzt und später als Antonius’ verlässlicher Partner. 1 Antonius hatte sodann seine Ankunft in der Hauptstadt der Provinz Asia, in Ephesos, angekündigt. Die Stadt wimmelte von Menschen; sie bot ein Abbild der ganzen Provinz, denn es hatten sich die Abgesandten aller Städte eingefunden. Vor dieser Kulisse hielt der neue Repräsentant der römischen Macht seinen Einzug (adventus) im Stile eines dionysischen Festzuges, präsentierte sich der Bevölkerung als neuer Segens- und Glücksbringer und erfüllte damit eine Erwartungshaltung, wie sie die Provinzialen auch schon Caesar und Pompeius entgegengebracht hatten. Als „neuer Dionysos“ figurierte er insbesondere als Patron der Künstler- und Athletengilden, die als Schauspieler, Chormitglieder und Wettkämpfer für das öffentliche Festwesen der griechischen Städte unverzichtbar waren. Es handelte sich dabei um überregional und straff organisierte Vereinigungen, die zur Sicherung ihrer Verfügbarkeit seit alters her zahlreiche Privilegien genossen. Antonius bestätigte diese Vorrechte, nachdem Brutus und Cassius sie teilweise annulliert hatten, und schuf sich somit ein ihm ergebenes Netzwerk einflussreicher Vereinigungen, welches er neun Jahre später vor der militärischen Auseinandersetzung mit Octavian noch einmal demonstrativ aktivieren sollte. Schließlich erließ Antonius ein Amnestiedekret für alle ehemaligen Anhänger des Brutus und Cassius; ausgenommen waren nur die Mörder Caesars und des syrischen Prokonsuls Dolabella. Unter den prominenteren Namen kennen wir einen Bruder des Cassius mit dem Vornamen Lucius,

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der die Begnadigung annahm, während Quintus Labienus, an dessen Rückkehr Antonius wahrscheinlich am meisten gelegen war, es vorzog, weiterhin am Hofe des Partherkönigs zu bleiben. 2 In Ephesos empfing er auch erneut eine jüdische Gesandtschaft, die dieses Mal im Auftrag des Hohepriesters Hyrkanos geschickt worden war. Deren Bitten kam Antonius vollständig nach und befahl die Befreiung der von Cassius in die Sklaverei verkauften Juden, die Rückgabe jüdischen Gebietes seitens der Stadt Tyros sowie die Bekräftigung der Privilegien, die er als Konsul zusammen mit Dolabella nach Maßgabe einer vorherigen Entscheidung Caesars den Juden garantiert hatte. Schon kurz darauf wurde Antonius mit der dritten jüdischen Delegation innerhalb eines halben Jahres konfrontiert. Dank der einzigartigen Überlieferung, die uns Flavius Iosephus zur Geschichte seines Volkes bewahrt hat, erhalten wir somit einen kleinen Einblick in die Intensität der damaligen Gesandtschaftsaktivitäten. Ähnlich haben wir uns gewiss den Eifer anderer Städte, Völker und Fürsten vorzustellen, günstige Entscheidungen von Antonius zu erhalten. Zu den für die Untertanen unangenehmen, für Antonius aber hochwichtigen Themen gehörte die Geldbeschaffung. Das unter normalen Umständen in zehn Jahren zu leistende Steueraufkommen müsse, da sie es dem Cassius in zwei Jahren gezahlt hätten, ihm innerhalb eines einzigen Jahres entrichtet werden; er ließ sich auf Proteste hin aber auf eine Neunjahressumme umstimmen, zahlbar innerhalb von zwei Jahren – aus seiner Sicht gewiss ein großzügiges und zugleich riskantes Entgegenkommen, stand er doch gegenüber Octavian und seinen Veteranen im Wort, die für ihre Versorgung erforderlichen Summen möglichst schnell bereit zu stellen. Das Geschäft wird trotz des Einsatzes einheimischer Mittelsmänner schwierig genug gewesen sein, verführte es diese doch dazu, sich als allmächtige Herren aufzuspielen und auch die eigene Tasche dabei nicht zu vergessen. Dass wenige Monate später die meisten Städte dem Labienus ihre Tore öffneten, lag größtenteils am Überdruss an der elenden, permanenten Steuereintreiberei der römischen Bürgerkriegsgegner. 3 Als er seinen Weg von Ephesos durch das Innere Anatoliens, die Landschaften Mysien, Phrygien, Galatien und Kappadokien nahm, „warteten Könige an seinen Türen auf, die Gemahlinnen von Königen bewarben sich im Wetteifer miteinander mit Geschenken und mit ihren Reizen um seine Gunst“, wie Plutarch in seiner Biographie des Antonius schreibt. Bei dieser Schilderung, wie bei vielen anderen Gelegenheiten, stand ohne Zweifel die weit spektakulärer ausgeschlachtete Affäre mit Kleopatra Pate; Antonius konnte angeblich keine Entscheidung von politischer Tragweite treffen, ohne durch hohe Geldsummen oder die Reize einer Frau bestochen worden zu sein. 4 In Kappadokien fand Antonius die oben beschriebene

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heikle Situation vor: Ein ihm unsympathischer König regierte dort, nachdem dessen Bruder von Cassius ermordet worden war; Antonius baute dagegen – sofern wir die Vorgänge rekonstruieren können – einen vertrauenswürdigen Kandidaten als zukünftigen König auf, einen aus Pontos stammenden Archelaos mit Beinamen Sisines, indem er ihm einen Teil des kappadokischen Reiches überantwortete. Antonius’ Familie hatte die Gastfreundschaft von Archelaos’ gleichnamigem Großvater erworben, dessen wechselvollen Schicksals bis zu seinem Tod vor Alexandria, als er dort auf den jungen Reiteroberst Antonius traf, schon gedacht wurde. Auf jeden Fall war es jenes alte familiäre Vertrauensverhältnis, welches für Antonius’ Entscheidung maßgebend gewesen ist, auch wenn die Überlieferung die Schönheit von Archelaos’ Mutter Glaphyra, angeblich eine Hetäre, hierfür geltend macht. Diese Lösung bedeutet einen den Umständen geschuldeten Kompromiss, da Antonius diese strategisch wichtige Region einerseits in vertrauensvollen Händen wissen, andererseits aber nicht einem offenen Kampf um die Königskrone aussetzen wollte. Seine Wunschlösung sollte er fünf Jahre später realisieren können. Die nächste bekannte Etappenstation seiner Reise war Tarsos, die größte Stadt Kilikiens. Hierhin hatte Antonius die Ptolemäerkönigin Kleopatra VII. bestellt. Tarsos war, wie ein Zeitgenosse schreibt, die vornehmste und stärkste Stadt fast ganz Kilikiens und hatte zur engen Klientel Caesars gehört. Sie verehrte den Diktator so sehr, dass sie sich in Iuiopolis (Iulius-Stadt) umbenannte, und Caesar war es, der eben hierhin sechs Jahre zuvor auf seiner Rückreise von Ägypten alle Stadtoberhäupter Kilikiens und die benachbarten Fürsten einbestellt hatte. Die Tarsier hatten sich gezwungenermaßen dem Caesarmörder Cassius unterwerfen müssen, waren aber mutig genug, dem damaligen Statthalter der Provinz Bithynia, der über die Tauruspässe kommend dem Cassius in Syrien zu Hilfe eilte, die Lebensmittelzufuhr zu verweigern. Cassius bestrafte sie deswegen mit der Konfiszierung allen privaten und öffentlichen Vermögens. Antonius erklärte die Tarsier dann für frei von römischen Statthaltern und jeglichen Steuern, wahrscheinlich weil sie sehr rasch eine Delegation nach Athen oder Ephesos geschickt hatten. Bei dieser Gelegenheit wird Antonius die „Iulius-Stadt“ schon als Station seiner Reise gen Osten und als den Ort auserkoren haben, an dem er die ägyptische Königin treffen wollte. Als sein Unterhändler taucht in diesem Zusammenhang zum ersten Mal Quintus Dellius auf, ein ehemaliger Anhänger des Cassius, der sich nach der Schlacht bei Philippi unter Antonius’ Schutz gestellt hatte. Ihn schickte er jetzt nach Alexandria, um der Königin die Aufforderung zu übermitteln, nach Tarsos zu kommen. Gegen den Ort konnte Kleopatra nichts einzuwenden gehabt haben, denn die Stadt hatte bis vor 150 Jahren zum Pto-

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lemäerreich gehört. Sie galt, wie gesagt, als politische Bastion Caesars (mit dessen gemeinsamem Sohn sie zusammen regierte) und war zudem bequem per Schiff zu erreichen. Dass Kleopatra den Antonius nicht aus eigenem Antrieb aufsuchte, wie beispielsweise die jüdische Gesandtschaft, lag nicht nur an der weitaus höheren Würde der Ptolemäerdynastie, sondern auch daran, dass aus ihrer Perspektive kein triftiger Grund vorhanden war. Sie herrschte als die von Caesar inthronisierte Königin, die nach dem Tode ihres Bruders allenfalls noch von der in Ephesos lebenden Schwester Arsinoe eine schwache geschwisterliche Konkurrenz – wenn überhaupt – für den Thron zu fürchten hatte. Sie konnte also warten. Dellius überbrachte Kleopatra die Begründung, warum Antonius sie zu sehen wünschte: den Beitrag Ägyptens für einen bevorstehenden Krieg gegen die Parther und die Unterstützung, die sie angeblich dem Cassius gewährt haben solle und für welche sie sich zu rechtfertigen habe. Diesen Vorwurf konnte sie leicht mit dem Hinweis auf ihre dem Dolabella und der Flotte des Antonius zugedachte, aber aufgrund widriger Umstände – die schon erwähnt wurden – leider vergebliche Hilfeleistung entkräften.5 Kleopatras Fahrt nach Tarsos, per Schiff den Kydnos-Fluss (Tarsus Irmag˘i) aufwärts, ihr gottgleiches Auftreten als Isis, sowie das mit grenzenlosem Prunk und einem Hauch verführerischer Laszivität gepaarte Erscheinen vor Antonius, das Plutarch schildert, galt den antiken wie den modernen Historikern fast ohne Ausnahme als Beginn einer leidenschaftlichen Beziehung, in welcher Antonius über die Jahre immer mehr zum Sklaven ihres Willens und ihrer Gelüste absank. Bei nüchterner Betrachtung entsprach Kleopatras mit höchstem materiellen Luxus inszenierte Reise dem Standard hellenistischer Herrscherhöfe und war Bestandteil der Herrscherrepräsentation und eines Leistungsethos, das die überragende gesellschaftliche Stellung legitimierte. Kleopatra benutzte sicher das den Königen und Königinnen vorbehaltene Staatsschiff, an dem mit Gold, Silber, Purpur, Elfenbein und edlen Hölzern nicht gespart wurde. Man kann sich die von Plutarch geschilderte Szene lebhaft vorstellen, wie die Bewohner Kilikiens die Fahrt des Schiffes den Kydnos hinauf am Ufer begleiteten – für sie ein Jahrhundertschauspiel. Umgekehrt hätte es namentlich auf die römischen Herren einen befremdlichen Eindruck gemacht, wäre die Königin des mächtigsten unter allen Klientelreichen Roms in einem weniger prunkvollen Aufzug erschienen. Er entsprach in allem den hohen und gängigen Standards königlicher Festivitäten aus hellenistischer Zeit, wovon später noch die Rede sein soll. Zeitnah zu vergleichen ist der von König Herodes von Judäa betriebene Aufwand, mit dem er den durchreisenden Octavian oder später Augustus’ Stellvertreter Agrippa in seinem Reich bewirtete. 6

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Wenn Kleopatra den Antonius auf ihr Schiff zum Bankett einlud, so demonstrierte sie damit ihre Reverenz gegenüber dem mächtigeren Repräsentanten Roms; wenn ferner Antonius sich darüber grämte (so Plutarch), dass seine Gegeneinladung am folgenden Tag mit dem Tafelluxus und der Finesse einer ptolemäischen Königin nicht Schritt halten konnte, so äußerte sich darin eine verständliche Reaktion im Rahmen eines aristokratischen Wertekodex. Kleopatras Schmuck und Kleidung sollte sie als Aphrodite zeigen; Aphrodite war die griechische Übersetzung der ägyptischen Isis, als welche Kleopatra und ihre königlichen Vorgängerinnen auftraten und sich als „neue Isis“ verehren ließen. Die spektakuläre Ausstattung, mit welcher Kleopatra in Tarsos auf Antonius traf, entsprach also vollkommen den traditionellen und erwarteten Standards königlicher Herrscherpräsentation, wie sie auch von der römischen Aristokratie übernommen worden waren. Genau so üblich und bekannt wie diese Standards war umgekehrt die Gepflogenheit, den dabei betriebenen Aufwand ins Lächerliche, Unmoralische, Überhebliche zu zerren, sofern es einem Ankläger oder eben Interpreten von Geschichte passte, den Urheber zu verunglimpfen. Ein Musterbeispiel bieten Ciceros Gerichtsreden gegen den sizilischen Statthalter Verres. Jedes Detail, das über Kleopatras Verhalten berichtet wird, lässt sich zwanglos in ein übliches und von aller Welt erwartetes Rollenbild einer Herrscherin einfügen, die nicht mit ihren weiblichen Reizen sondern als selbstbewusste Politikerin imponieren wollte. Alle diese Formen der Selbstdarstellung und Etikette verfolgten einen handfesten politischen Zweck: die Festigung und Steigerung von Prestige, Macht und Einfluss – in diesem Fall bei den römischen Machthabern. 7 Der besondere Rang, den Antonius der ptolemäischen Dynastie beimaß, drückt sich in der Wahl Alexandrias für sein nächstes Winterquartier aus. Vielleicht hatte er auch bei dieser Entscheidung sein großes Vorbild Caesar vor Augen, obwohl dieser unter widrigen Umständen die meiste Zeit dort verbracht hatte. Wenn solche Gedanken überhaupt eine Rolle spielten, so sprachen viel rationalere Gründe für Alexandria. Wollte Antonius die weitere Entwicklung der parthischen Politik aus der Nähe beobachten, also nicht ins westliche Kleinasien oder gar nach Griechenland zurückkehren, boten sich eigentlich nur zwei Winterquartiere an: Tarsos oder Alexandria. Die syrisch-phönizischen Städte hatten allzu offen mit Cassius sympathisiert, und ihre Haltung gegenüber den Parthern war alles andere als eindeutig, teilweise befanden sie sich in offenem Widerstand gegen Antonius. Tarsos war aber von Cassius soeben bis aufs Blut ausgesaugt worden und nicht in der Lage, Antonius’ Heer und sein umfangreiches Gefolge einen Winter lang adäquat zu versorgen. Schließlich galt Antonius seit der Zeit, als er gegenüber dem in der Schlacht getöteten

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König Archelaos als junger Reiteroffizier eine respektvolle Haltung bewiesen hatte, als ein Liebling der Alexandriner. Es gab also genug gute sachliche Argumente, die für Alexandria sprachen. Leider lassen die spätere Verzerrung und Übertünchung des Antoniusbildes kaum noch die handfesten politischen Themen erkennen, die zwischen Rom und Ägypten zu besprechen waren. Völlig unabhängig von Kleopatra und ihrer Rolle als Frau müssen für Antonius gemäß der geschilderten Gesamtsituation im Osten möglichst stabile Verhältnisse in Ägypten oberste Priorität gehabt haben. Es lag also ebenso im römischen wie in Kleopatras Interesse, lästige Störfaktoren, potenzielle wie reale, zu beseitigen. Dazu gehörte das letzte noch lebende königliche Geschwister, Arsinoe. Sie musste sterben, obwohl sie im Artemisheiligtum von Ephesos vor Antonius’ Häschern Schutz gesucht hatte. Die Küstenstädte Arados und Tyros mussten auf Antonius’ Befehl hin den Mann, der sich als der verstorbene Bruder Ptolemaios XIII. ausgab, und den zu Cassius abgefallenen ehemaligen Strategen der Insel Cypern, Sarapion, an Kleopatra ausliefern. Die Stimmung war feindlich, Arados ging gewaltsam gegen Antonius’ Steuereintreiber vor. Die reiche Handelsstadt Palmyra sah sich dem windigen Vorwurf ausgesetzt, zwischen Rom und dem Partherreich sich nicht eindeutig genug für die römischen Interessen entschieden zu haben; vor einer abgeschickten Reiterabteilung konnten die Palmyrener ihre Habe und Waren rechtzeitig in Sicherheit bringen.8 Soweit Antonius es vermochte, ersetzte er die mit den Parthern sympathisierenden Stammesund Stadtfürsten durch eigene Vertraute, was natürlich neue Unruhe schuf. Möglicherweise war dies der Grund, dass er in Chalkis, einer zwischen Libanon und Antilibanon in der Massyasebene (Beqa’a) gelegenen bedeutenden Stadt, die regierende Fürstenfamilie in ihrer Stellung beließ, obwohl sie für ihre partherfreundliche Politik bekannt war und einem Rivalen des Hyrkanos auf das Hohepriesteramt in Jerusalem, dessen Neffen Antigonos, Asyl gewährt hatte. Von Tarsos aus begab sich Antonius im Sommer des Jahres 41 nach Syrien, an weiteren Stationen sind nur Daphne, die Vorstadt Antiochias, und Tyros bekannt, wo Antonius wieder mit den innerjüdischen Rivalitäten konfrontiert wurde. Er setzte dabei weiterhin und ebenso konsequent auf die Söhne des Antipatros, Phasael und Herodes, wie er auch Kleopatra von potentiellen Rivalen befreite: Er wertete die Position der beiden Brüder gegen heftigen Widerstand ihrer Gegner auf, indem er sie zu Tetrarchen von Galiläa und Judäa ernannte und ihnen damit die weltliche Herrschaft über die Bewohner des jüdischen Kernlandes zusprach.9 Die alles in allem eher missliche Lage im Nahen Osten hat Antonius nicht selbst geschaffen, sondern gleichsam als Erbe der letzten Bürgerkrie-

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ge schon vorgefunden – sieht man einmal von den schweren Kontributionen und den lästigen Einquartierungen seiner Armee mit Blick auf den bevorstehenden Winter ab. Er befand sich letztlich in der Defensive, in der augenblicklichen Situation konnte es für ihn nur darum gehen, die in Trümmern liegende Autorität Roms wieder herzustellen und dieser die sich verselbstständigenden Herrschaftsstrukturen unterzuordnen. Damals musste er die Entscheidung über Krieg oder Frieden notgedrungen dem Gegner überlassen. Und dieser kam mit Macht zu Beginn des kommenden Jahres. Der Partherkönig Orodes hatte sich nach langem Zureden des Quintus Labienus und sicher auch zahlreicher von Antonius aus Syrien vertriebener Notablen zum Krieg entschlossen. Unter der Führung seines Sohnes Pakoros, des Labienus und eines parthischen Satrapen drang eine parthische Armee über den Euphrat im nördlichen Syrien ein, schlug den von Antonius eingesetzten Statthalter Lucius Decidius Saxa und besetzte alle bedeutenden Städte der Region. Ehemalige Soldaten des Cassius, von Antonius in die eigenen Legionen eingereiht, liefen zu Labienus über, den sie ja kannten, und taten ein Übriges zur raschen Auflösung der römischen Herrschaftsstrukturen. Labienus übernahm die Verfolgung des Saxa, den er in Kilikien stellte und sofort hinrichten ließ. Er setzte seinen Zug mit diesen ehemaligen Cassianern und unterwegs ihm zulaufenden Soldaten, jedenfalls nicht mit parthischen Truppen bis ins westliche Kleinasien fort, von wo der von Antonius zurückgelassene Statthalter sich auf den ägäischen Inseln in Sicherheit bringen musste. Pakaros besetzte währenddessen Syrien und Phönikien mit Ausnahme der Hafenstadt Tyros, wohin sich die Reste der antoniustreuen Truppen und Politiker geflüchtet hatten. In Ermangelung einer Flotte konnte der Partherprinz allerdings zu keiner wirksamen Belagerung schreiten. Stattdessen beseitigte er in Judäa die gerade erst von Antonius bestätigte Herrschaft des Hyrkanos und der beiden AntipatrosSöhne. Die Parther installierten einen Neffen des Hyrkanos namens Antigonos, der bei dem Fürsten von Chalkis im Exil lebte, als neuen Hohepriester, setzten Hyrkanos und Phasael gefangen, während dem Herodes die Flucht über Alexandria und Rhodos nach Rom gelang. 10 Diese Hiobsbotschaften erreichten Antonius in Alexandria in den ersten Wochen des Jahres 40. Aus Italien kamen andere hinzu; sie gipfelten darin, dass dort ein neuer Bürgerkrieg ausgebrochen war, der gerade seiner Entscheidung zustrebte. Wir erinnern uns, dass Octavian nach Philippi mit dem Auftrag nach Italien zurückkehrte, die umfangreiche, zuvor von den Triumvirn versprochene Ansiedlungsaktion ihrer altgedienten Soldaten durchzuführen, deren Zahl auf 50.000 bis 60.000 geschätzt wird. Der erste schwere Konflikt entbrannte naturgemäß zwischen den ungedul-

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digen Veteranen und den verzweifelten Gemeinden Italiens, die der massenweisen Enteignung ihres Bodens entgehen wollten. Dieser glitt im Laufe des Jahres in einen höchst brisanten politischen Kampf zwischen Octavian auf der einen und den Sachwaltern des Antonius auf der anderen Seite hinüber. Letztere waren vertreten durch den einen der beiden Konsuln des Jahres 40, den Bruder Lucius Antonius, und dessen Schwägerin Fulvia, die in Italien zurückgebliebene Gattin des Triumvirn. Ungeachtet der vielen Fragezeichen, die angesichts einer wieder einmal einseitig gefärbten Überlieferung hinsichtlich ihrer Rolle im Einzelnen noch bleiben, war es Ziel der beiden, die Abwicklung der Veteranenansiedlung als Hebel zu benutzen, Octavian seiner Soldatenklientel zu berauben und politisch auszumanövrieren. Dahinter stand ein letztlich traditionelles Verständnis von Familienpolitik, gemäß dem die Frauen gerade in Phasen der Abwesenheit ihrer Ehemänner, Väter oder Brüder im Rahmen ihrer Möglichkeiten deren Interessen wahrnahmen. Die Einzelheiten des politischen Intrigenspiels und der letztlich gewaltsamen militärischen Lösung sind hier nicht zu erörtern. Antonius war auf jeden Fall zumindest über die Entwicklung, wenn auch nicht unbedingt über die letzten Absichten der Kontrahenten stets informiert. Die Veteranen schickten an ihn eine eigene Delegation, und im Sommer 41, als er sich in Phönizien befand, übermittelten ihm Lucius Cocceius Nerva – sein Bruder befand sich in Antonius’ Stab – und Lucius Caecina Octavians Sicht der Dinge. So sehr ihm die Entwicklung in Italien auch Kummer bereiten mochte, aber abgesehen davon, daß Antonius im Osten unabkömmlich war und schon aus diesem Grund in den Streit zwischen seiner Familie und seinem Triumviratskollegen persönlich gar nicht eingreifen hätte können – er konnte und wollte es auch aus diplomatisch-taktischen Gründen nicht: Ihm konnte auf der einen Seite nicht daran gelegen sein, Octavian durch Zügelung seines Bruders und seiner Gattin als Sieger aus dem Kampf hervorgehen zu sehen; auf der anderen Seite konnte er seinen Partner im Triumvirat nicht offen desavouieren, hatten sie doch vertraglich die Veteranenansiedlung in gemeinsamer Verantwortung vereinbart und stand Antonius damit den zehntausenden Veteranen gegenüber im Wort. 11 Den Umstand, dass Antonius nicht entschlossen eingriff oder zumindest Position bezog, interpretieren die Quellen als erste Auswirkung der Umarmungspolitik Kleopatras. In Wahrheit konnte Antonius das Kräftemessen um die Gunst der Veteranen in Ruhe verfolgen: Siegten seine Anhänger, fiel der Glanz auf ihn und hätte er elegant seine führende Stellung im Triumvirat weiter gefestigt; verloren seine Anhänger, konnte man ihm nicht vorwerfen, er habe Octavian verraten. Mochte dieses Kalkül auch politisch nachvollziehbar sein, fatal erwies sich die nach außen wie Unentschieden-

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heit oder gar Feigheit wirkende Haltung allerdings für Antonius’ Generäle in Italien und Gallien, als da waren Quintus Fufius Calenus und Publius Ventidius Bassus im jenseitigen Gallien, Gaius Asinius Pollio in diesseitigen Gallien (Oberitalien) und Lucius Munatius Plancus in Süditalien. Ohne einen Befehl ihres obersten Kriegsherren, ob und wie sie dessen Bruder helfen sollten, bewegten sie ihre Heere unentschlossen, planlos und jeder für sich hin und her, während sie den Lucius Antonius, dessen Umtriebe ihnen sicher nicht geheuer waren, seinem Schicksal überließen. Entschiedener handelten da die Feldherren, die im Besitz eines eigentlich illegalen Kommandos waren: Sextus Pompeius blockierte nach wie vor die Getreidezufuhr aus Sizilien und Afrika, der ehemalige Admiral des Brutus und Cassius, Gnaeus Domitius Ahenobarbus, operierte ungehindert in der Adria und im Ionischen Meer und belagerte die Hafenstadt Brundisium (Brindisi). Der im umbrischen Perusia (Perugia) eingeschlossene Lucius Antonius musste Ende Februar des Jahres 40 kapitulieren. Octavian war aus vielerlei Rücksichten klug genug, die gegnerischen Truppen und ihre Befehlshaber zu schonen. Lucius erhielt eine ehrenvolle, aber ungefährliche Legatenstelle im fernen Spanien, wo er kurze Zeit später verstarb. Fulvia, die nicht selbst in Perusia gekämpft sondern vergeblich versucht hatte, die Generäle des Antonius zu einem koordinierten Vorgehen zu bewegen, floh mit ihren Kindern über Puteoli nach Brundisium, wo sie auf Antonius’ Feldherrn Plancus traf, und begab sich mit diesem zusammen nach Athen, was nur mit Einwilligung des Ahenobarbus geschehen sein kann, der bald darauf in das Lager des Antonius wechselte. Antonius’ Mutter Iulia floh zu Sextus Pompeius, der sie mit ausgesuchter Freundlichkeit aufnahm.12 Von dem traurigen Ende seines Bruders und der Flucht von Mutter und Gattin erfuhr Antonius, als der Winter vorbei und er bereits (vermutlich im Februar) von Alexandria aufgebrochen war, um den Abwehrkampf gegen die in Syrien eingefallenen Parther selbst in die Hand zu nehmen. Auf dem Landwege erreichte er Tyros, die letzte und einzige römische Bastion an der phönikischen Küste, und sorgte dafür, dass die Stadt mit allem Nötigen versorgt wurde, hielt es aber für dringlicher, sich zunächst gegen Labienus nach Kleinasien zu wenden. Zu Schiff über Cypern und Rhodos erreichte er sein Ziel und traf erst dort auf erste Boten Fulvias, die ihm die verzweifelte Lage seiner Anhänger in Italien schilderten. Vorrang vor allen anderen denkbaren Erwartungen und Verpflichtungen hatte nunmehr die für ihn demütigende Entwicklung in Italien, die nach seiner sofortigen Anwesenheit verlangte: Dort mussten sich die ihm ergebenen Regionen und Städte den Anordnungen Octavians fügen; seine Truppen sahen sich an die adriatische Küste der Halbinsel abgedrängt und seine

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Gefolgsleute und Verwandten waren zu Sextus Pompeius nach Sizilien oder nach Griechenland geflohen. Kurze Zeit später musste er zu allem Überdruss erfahren, dass nach dem Tode seines gallischen Statthalters Fufius Calenus dessen aus elf Legionen bestehende Armee zu Octavian übergetreten war. 13 Die genauen Umstände dieses für das Kräfteverhältnis der Triumvirn folgenschweren Ereignisses liegen im Dunkeln – es mag einfach die Sehnsucht nach Frieden und die große zeitliche und räumliche Distanz zu ihrem Oberfeldherrn ausschlaggebend gewesen sein –, für Antonius bedeutete dieser Vorgang ein Alarmsignal. Es galt nicht mehr und nicht weniger, als seine Autorität als Triumvir in Italien und im Westen des Reiches wieder zur Geltung zu bringen, die durch das politische Abenteurertum seines Bruders schwer lädiert worden war. So wird er in der Provinz Asia nicht mehr getan haben als den verbliebenen Verbündeten, so gut es ging, den Rücken zu stärken. Er besaß auch weder Truppen noch Feldherren, die er an seiner Statt gegen Labienus hätte einsetzen können. Seine fähigsten Generale hatte er in Italien und Gallien zurückgelassen, während er selbst sich ja den Problemen der östlichen Reichshälfte zuwenden wollte. Aber die Prioritäten waren im Augenblick andere. Er segelte nach Athen und traf dort auf Fulvia und hochrangige Senatoren, wie etwa den Tiberius Claudius Nero mitsamt seiner Familie, und hierhin kam auch seine Mutter Iulia. Sextus Pompeius hatte sie in Sizilien mit aller Zuvorkommenheit behandelt und mit einer Flotille aus Kriegsschiffen nach Athen zu ihrem Sohn geschickt mit dem Auftrag, Antonius für ein gemeinsames Bündnis gegen Octavian zu gewinnen. Unterstützt wurde dieses Anliegen von Pompeius’ Schwiegervater Lucius Scribonius Libo und anderen Senatoren, die sich bei Pompeius aufhielten und jetzt als Vermittler auftraten. Der geschickte Asinius Pollio arrangierte eine Übereinkunft mit Domitius Ahenobarbus, der sich dem Antonius mit ansehnlichen Resten der Flotte des Brutus und Cassius unterstellte. An Pompeius ließ Antonius übermitteln, er bedanke sich für die seiner Mutter erwiesene Hochschätzung; falls es zum Krieg mit Octavian komme, werde er auf das Bündnisangebot zurückkommen, falls Octavian zu den Abmachungen der Triumvirn stehe, werde er sich um eine Versöhnung zwischen Pompeius und Octavian bemühen. Diplomatisch geschickt hielt sich Antonius auf diese Weise alle Optionen offen und schickte zugleich eine unverhohlene Drohung an die Adresse Octavians. 14

9. Zurück nach Italien Darüber verging der Sommer des Jahres 40. Antonius wartete auch auf Schiffe, die er in den kleinasiatischen Seehäfen hatte neu bauen lassen. Fulvia musste er krank in Sikyon am korinthischen Golf zurücklassen; er selbst begab sich nach Korkyra (Korfu), wo sich ihm Ahenobarbus anschloss, um von dort aus mit zweihundert Schiffen zur Küste Süditaliens zu segeln. Brundisium (Brindisi) war sein Ziel, Stadt und Hafen kannte er seit Caesars Bürgerkrieg wie seinen Togabausch. Der ungehinderte Zugang nach Italien bedeutete für Antonius den Test, ob Octavian die zwischen ihnen getroffenen Abmachungen einhalten würde oder nicht. Er fand die Tore und den Hafen mit der Begründung versperrt, der in seiner Begleitung befindliche Ahenobarbus könne, da er die Stadt kurz zuvor noch belagert habe, jetzt unmöglich in dieselbe eingelassen werden. Das mag man den Bewohnern der Stadt sogar glauben, aber sie konnten diesen Affront gegenüber Antonius keinesfalls ohne die Rückendeckung Octavians begehen, und so betrachtete Antonius diese Begründung zu Recht als casus belli. Er ging jetzt auf das von Sextus Pompeius angebotene Bündnis ein, und Pompeius reagierte sofort mit der Besetzung Sardiniens und einem Angriff auf süditalische Küstenstädte, während Antonius Brundisium zu Lande und zu Wasser einschloss und sich der nächstgelegenen Küstenplätze bemächtigte, so dass er größere Truppenverbände aus Griechenland anlanden konnte. Während sich so das Kriegsgewitter über Italien zusammenbraute, gewannen unter Soldaten, Offizieren und Ratgebern beider Triumvirn, die ja noch bei Philippi Seite an Seite gekämpft hatten, diejenigen Kräfte die Oberhand, die eine friedliche Einigung der Kontrahenten anstrebten. Auf diese Weise ist es abgesehen von einem für Antonius glücklich verlaufenden Reiterscharmützel zu keinem größeren Schlagabtausch zwischen den Soldaten beider Seiten gekommen. Eine maßgebliche Rolle als Vermittler spielten Lucius Cocceius Nerva, der, seitdem ihn Octavian ein Jahr zuvor zu Antonius geschickt hatte, in dessen Lager geblieben war und das Vertrauen beider Seiten genoss, wie auch Antonius’ Mutter Iulia, die als Iulierin mit Octavian verwandt war. 1 Auf ihren maßgeblichen Einfluss hin räumte Antonius zunächst zwei Hindernisse aus dem Wege: Auf seinen Befehl hin beendete Sextus Pompeius die Kriegshandlungen und zog sich nach Sizilien zurück, und Antonius entfernte zudem den Domitius Ahenobarbus, der auf der Proskriptionsliste stand und den Octavian deshalb in Italien unmöglich dulden konnte, auf den Statthalterposten der Provinz Bithynia; danach zählte er zu den

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hohen Militärs in Antonius’ Stab während des Partherkrieges. Daraufhin drängten vor allem Octavians Soldaten auf eine Versöhnung; sie wurden unterstützt von Maecenas auf Seiten Octavians und Asinius Pollio auf Seiten des Antonius nebst Cocceius Nerva als beider Vertrauter. Kurz zuvor war aus Griechenland die Nachricht eingetroffen, dass Fulvia ihrer Krankheit erlegen sei; jetzt konnte die Gegenseite sie erst recht zur Hauptverantwortlichen am Perusinischen Krieg stilisieren. Die sich anbahnende neue Freundschaft sollte mit einem engen familiären Band gefestigt werden, der Heirat von Antonius mit Octavians Schwester Octavia (Abb. 7): Es waren nicht nur Antonius’ Gattin Fulvia zufällig gestorben sondern auch kurz zuvor der Gatte von Octavia, Gaius Claudius Marcellus, Konsul des Jahres 50 und als solcher einer der erbittertsten Gegner Caesars. Octavia war um die dreißig Jahre alt, also etwa zehn Jahre jünger als Antonius, und hatte von Marcellus bereits zwei Töchter und einen Sohn. In der politischen Übereinkunft, welAbb. 6: Porträtbüste der Octavia, Marmor. Rom, Museo Nazionale Romano che die Triumvirn vor den Toren Brundisiums im Herbst des Jahres 40 schlossen, konnte Octavian im Vergleich zu den nach Philippi getroffenen Abmachungen einen deutlichen Machtzuwachs verbuchen. Zwar blieb Italien weiterhin ihr gemeinsamer Besitz, verbunden mit dem Recht, dort Aushebungen durchzuführen, jedoch war Antonius im Übrigen aus der westlichen Reichshälfte herausgedrängt worden. Die Übernahme der Legionen und der Provinz des Fufius Calenus, das von Caesar eroberte Gallien, durch Octavian wurde allerdings unter neuen Vorzeichen thematisiert. Antonius eröffnete dem Octavian, dass dessen neuer Befehlshaber der gallischen Legionen und Nachfolger des Calenus, sein Jugendfreund Quintus Salvidienus Rufus, mit dem Angebot an ihn herangetreten sei, Armee und Provinz an Antonius zurückzugeben. Antonius’ Anzeige war im Kreise seiner Berater sehr umstritten, unsere Quelle Appianos deutet

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Abb. 7: Aureus mit den Porträts des Antonius (Vs.) und der Octavia (Rs.), 40 v. Chr.

sie als Beweis von Antonius’ Offenheit und seinem Bemühen um gegenseitiges Vertrauen. Möglicherweise konnte Antonius das Angebot des Salvidienus als Druckmittel oder wenigstens Verhandlungsmasse einbringen und einigte sich mit Octavian darauf, dass dieser die Provinz Gallien behalte, die elf Legionen aber an Antonius zurückgegeben werden, da er sie dringend im Osten für den bevorstehenden Partherkrieg benötigte. 2 Auf jeden Fall erhielt Octavian die Gewalt über Sardinien, Illyricum, Gallien und die Iberische Halbinsel; Africa überließ man dem Lepidus, wohin ihn Octavian schon während des Perusinischen Krieges abgeschoben hatte. Antonius wurden alle Gebiete östlich der Adria bis zum Euphrat zugesprochen – die Grenze verlief bei der Stadt Scodra (Skutari im nördlichen Albanien) – mit dem Auftrag, gegen die Parther Krieg zu führen und die Niederlage des Crassus zu rächen. Octavian sollte gegen Sextus Pompeius Krieg führen, sofern es zu keiner Einigung mit ihm kommen sollte. Antonius schickte sofort seinen fähigsten General, Publius Ventidius Bassus, über das Ionische Meer, um den Labienus aus Kleinasien und die Parther aus Syrien zu vertreiben. Er selbst war fest entschlossen, vorerst in Rom und Italien zu bleiben und seinen Einfluss und sein Prestige wieder herzustellen, welches durch die Niederlage seines Bruders und die damit verbundenen Irritationen bei seinen Truppen empfindliche Einbußen erlitten hatte; der Verlust der gallischen Provinz an Octavian zeigte dies deutlich genug. Zu diesem Entschluss trug sicher die Erfahrung bei, dass sich die große räumliche Distanz zu seinem ägyptischen Winterquartier auf seine Position in Italien sehr nachteilig ausgewirkt hatte. Wäre ihm im Herbst des Vorjahres die Rückkehr nach Italien möglich gewesen, hätte er den Krieg um Perusia und den Abfall der Legionen mit großer Sicherheit verhindern können. Antonius und Octavian begaben sich von Brundisium nach Rom, bejubelt von der Bevölkerung Italiens und der Hauptstadt, war ihr doch ein neuer Bürgerkrieg erspart geblieben. Überall wurde die Göttin der Ein-

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tracht (Concordia) gefeiert. In Rom angekommen vermählte sich Antonius offiziell mit Octavia. Das neue Paar präsentierte sich der Bevölkerung mit einer eigenen Münzserie in Gold – Octavia bietet damit das früheste Frauenportrait in der römischen Münzprägung (Abb. 8). 3 Wir wissen nicht, ob Kleopatra zu diesem Zeitpunkt bereits die Zwillinge geboren hatte, die sie von Antonius während des letzten Winteraufenthaltes in Ägypten empfangen hatte. Aber weder jetzt noch später interessierte sich das politische Rom für das Privatleben des Antonius im Osten. In Cocceius Nerva, der sich seit dem Sommer des Vorjahres an Antonius’ Seite befand, hätte man einen ausgezeichneten und unparteiischen Informanten gehabt. In Rom achtete man vielmehr auf die rechtlichen Formalitäten, die bei einer römischen Ehe zu beachten waren: Da für Octavia die zehnmonatige Frist noch nicht verstrichen war, vor deren Ablauf ein Witwe nicht wieder heiraten durfte, musste der Senat ihr durch einen eigenen Beschluss Dispens erteilen. Der Sache nach handelte es sich um eine Bagatelle, der Vorgang zeigt aber, wie weit die hohe Körperschaft zu einem reinen Vollzugsorgan der Triumvirn herabgesunken war, gerade noch gut genug, den rechtlich Schein zu wahren.4 Der Einzug der Machthaber in Rom vollzog sich in Form eines kleinen Triumphes, einer ovatio, welche ebenfalls der Senat zu bewilligen hatte, obwohl überhaupt kein auswärtiger Feind besiegt worden war. Gleichfalls musste der Senat die private Abrechnung Octavians mit seinem treulosen gallischen Statthalter Salvidienus Rufus juristisch flankieren, indem er ihn zum „Staatsfeind“ (hostis publicus) erklären ließ und damit das Todesurteil über ihn sprach. Rufus hatte allerdings überhaupt kein Staatsverbrechen begangen, sondern Octavian nur die private Freundschaft aufgekündigt und sich dessen Kollegen in der triumviralen Amtsgewalt anvertraut. Schließlich hielten es die Triumvirn für angebracht, nur wenige Tage vor Ablauf des Jahres die beiden Konsuln und die Prätoren aus ihren Ämtern zu entlassen und für kurze Zeit treue Gefolgsleute mit den höchsten Magistraturen zu belohnen, auch dies ein Hohn auf die Würde des Senats. Octavian konnte auf diese Weise seinen Freund Lucius Cornelius Balbus, der aus Gades (Cadíz) in Spanien stammte, und Antonius seinen treuen General Publius Canidius Crassus mit dem Konsulat auszeichnen; Canidius dankte es ihm mit unverbrüchlicher Treue. Auf jeden Fall bemühten sich Octavian und Antonius, nach außen hin den Schein einer einvernehmlichen Lenkung des römischen Staatswesens zu wahren, um den vom Krieg und sozialer Umwälzung heimgesuchten Bewohnern Italiens einschließlich der Veteranen endlich ein Gefühl der Sicherheit und geordneter Verhältnisse zu geben. Dies betraf auch die von beiden getragenen Maßnahmen im außenpolitischen Bereich, die in Antonius’ Zuständigkeit fielen: Nach dem Todes des Königs Deiotaros

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von Galatien und eines paphlagonischen Fürsten namens Attalos übertrug Antonius mit Einwilligung Octavians die Herrschaft über diese Gebiete Inneranatoliens an Deiotaros’ Enkel Kastor, der einst seinen Großvater vor Caesar angeklagt hatte. Größere historische Bedeutung kam der Verleihung des Königstitels an den Idumäer Herodes zu. Dieser war der parthischen Invasion in Judäa entkommen und suchte in Rom um einen Rechtstitel nach, mit dem er in seine Heimat zurückkehren und sie für sich zurückerobern wollte. Weder Antonius, der Herodes’ Vater Antipatros persönlich gekannt hatte und sein Gastfreund gewesen war, noch Octavian, den Herodes an die von Antipatros für Caesar in Alexandria geleisteten Dienste erinnern konnte, hatten Einwände gegen ihn vorzubringen; vielmehr erschien er ihnen ein zuverlässiger Verbündeter bei der Vertreibung der Parther und ein wichtiger Baustein einer zukünftigen stabilen Herrschaftsordnung im Nahen Osten zu sein. Auf jeden Fall trägt die Verleihung des Königstitels an Herodes des Antonius Handschrift. Er setzte hier wie auch in anderen Fällen ein Leistungs- und Tauglichkeitsprinzip durch, das sich nicht an königliche Herkunft und traditionelle Herrschaftsrechte gebunden fühlte, auch wenn, wie in diesem Fall, noch Mitglieder der Hasmonäerfamilie zur Verfügung standen.5 Das Jahr 39 begann mit einem glanzvollen Ereignis, in dessen Schein sich auch Antonius sonnen konnte. Sein ehemaliger Statthalter in Griechenland und Makedonien, Marcius Censorinus, trat sein Konsulat an und konnte am 1. Januar einen Triumphzug als Anerkennung für uns unbekannte – und deshalb wohl unbedeutende – militärische Erfolge in seiner Provinz abhalten.6 Die Bevölkerung der Hauptstadt plagten allerdings andere Sorgen. Im Winter des Jahres 40 auf das Jahr 39 bekam sie die massive Lebensmittelknappheit als Folge der von Sextus Pompeius um das südliche Italien aufrecht gehaltenen Seeblockade zu spüren. Das Volk empörte sich zusehends und verstand insbesondere nicht, warum Antonius und Octavian nicht zu einer Einigung mit Pompeius fanden, da Antonius mit ihm einen Bündnisvertrag geschlossen und Octavian, als sich im Herbst des Jahres 40 der Konflikt mit Antonius zuspitzte, die verwandtschaftliche Nähe zu ihm gesucht hatte: Er verstieß damals Clodia, des Antonius Stieftochter, und heiratete Scribonia, eine Schwester des Lucius Scribonius Libo, Pompeius’ Schwiegervater; sie sollte ihm im Herbst des Jahres 39 sein einziges leibliches Kind, die Tochter Iulia, gebären. Diese Verbindung zeitigte allerdings keine Rückwirkung auf die große Politik. Pompeius setzte seine feindseligen Aktionen fort und Octavian weigerte sich standhaft, mit diesem in Verhandlungen zu treten. Erst der starke Druck der Straße in Rom ließ Octavian seine starre Haltung aufgeben; nichtsdestoweniger war es dem diplomatischen Geschick des Antonius zu verdanken, dass über

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Mittelsmänner Verhandlungen aufgenommen wurden. Antonius konnte Libo unter Zusicherung freien Geleits bewegen, sich auf halbem Wege zwischen Rom und Sizilien auf der Insel Aenaria (Ischia) zu treffen, um sich von der Ernsthaftigkeit der Friedensbereitschaft gegenseitig zu überzeugen. Mit diesem Schritt waren Erwartungen geweckt worden, die von den Hauptbeteiligten nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Es war der Druck ihrer Anhängerschaft und nicht innere Überzeugung und Bereitschaft, welche die Machthaber selbst zusammenführten. Auf des Pompeius Seite waren es die zu ihm geflüchteten ehemaligen Anhänger des Brutus und Cassius, die nichts sehnlicher als ihre Rückkehr nach Italien wünschten, und auf Octavians Seite das hungernde Italien. Die drei Herren kamen in der zweiten Augusthälfte in der Nähe von Misenum im Golf von Neapel zusammen, aber mit so unterschiedlichen Erwartungen, dass sie beinahe ergebnislos auseinander gegangen wären.7 Pompeius hatte seine Aufnahme in das Triumviratskollegium erwartet, als Nachfolger des Lepidus. Antonius und Octavian mochten ihm aber nicht mehr als die Rückkehr nach Italien als Privatmann ermöglichen. Freunde auf beiden Seiten brachten die Verhandlungen wieder in Gang, die schließlich im Falle des Octavian und Pompeius mehr durch Zwang als durch Überzeugung zu einem Kompromiss führten: Pompeius behielt für den Zeitraum von fünf Jahren Sardinien, Korsika und Sizilien, bekam dazu noch die Peloponnes, dafür musste er die von ihm noch besetzten italischen Küstenplätze räumen und auf jegliche Kriegführung gegen die Triumvirn in Zukunft verzichten. Damit nahm Octavian den enervierenden Druck der Seeblockade und die Verwüstung der Küstenregionen von Italien weg. Obendrein musste Pompeius Getreide nach Italien im Umfang der regulären von den Provinzen zu leistenden Tribute liefern. Umgekehrt konnten mit Ausnahme der noch lebenden eigentlichen Caesarmörder alle seinerzeit proskribierten und als Gefolgsleute des Brutus und Cassius zu ihm geflohenen Senatoren nach Italien zurückkehren, der vierte Teil ihres konfiszierten Besitzes wurde ihnen zurückerstattet. Die zu Pompeius entlaufenen Sklaven, denen er die Freiheit geschenkt hatte, erhielten diese bestätigt, für die Zukunft durfte er aber keine flüchtigen mehr aufnehmen. Damit nun Pompeius nicht nur als Herrscher eines von den Triumvirn zugebilligten Gebietes, ansonsten aber ohne jede rechtlich definierte Befehlsgewalt dastand, so sollte er demnächst, im Jahre 33, zusammen mit Octavian den Konsulat bekleiden und, als weiteres Zeichen seiner Integration, eine Stelle im Priesterkollegium der Auguren erhalten. Teil der Vereinbarung war die Nominierung auch der übrigen Konsuln der Jahre 34 bis 31 (die Jahre bis 35 waren schon vergeben worden), und zwar diejenigen, die am 1. Januar ihr Amt antraten und dem Jahr den Namen gaben. Im

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Jahre 31 sollten Antonius und Octavian, beide zum dritten Mal, den Konsulat antreten. Der Historiker Appianos fügt hinzu: „Man erwartete, dass diese das Staatswesen dann in die Verfügungsgewalt des Volkes zurückgeben würden.“ 8 Wenn man dieser Notiz Glauben schenken darf, so schimmert hier schemenhaft eine Perspektive der Triumvirn mit Blick auf ihre Ausnahmestellung durch: Offenbar veranschlagten sie noch acht Jahre, bis alle Machtinteressen berücksichtigt und ausgeglichen sein würden, um dann wieder Senat und Volk die Lenkung der Republik zu überantworten. Das Abkommen von Misenum trägt ganz den Charakter einer unter äußerem Druck angehäuften Sammlung vertraglicher Versatzstücke, welche nur auf die augenblickliche Entschärfung einer Notsituation hin gezimmert worden waren, aber nicht die Ursachen dieses Zustandes beseitigen konnten. Daran änderten auch die für Augen und Sinne bestimmten symbolischen Handlungen der Eintracht nichts, wie die gegenseitig gespendeten Festbankette und die Verlobung von erst dreijährigen Kindern – der Tochter des Pompeius mit einem Sohn von Octavians Schwester Octavia aus der Ehe mit Claudius Marcellus. Pompeius war und blieb ein Fremdkörper im Triumvirat und sollte es zumindest nach Octavians Willen auch sein, auf dessen Liste der Geächtete ganz oben gestanden hatte. Pompeius sah sich zum Statthalter von ein paar bedeutungslosen Mittelmeerinseln degradiert, wenn man ihm seine schärfste Waffe und einziges Druckmittel aus der Hand nahm – den Einsatz seiner Flotte, mit der er die Lebensmittelzufuhr Italiens von Übersee her kontrollierte. Er hatte sich einzig den bei ihm weilenden Senatoren gebeugt, die nach Italien zurückkehren wollten, während sein bester Admiral, der Freigelassene Menodoros, ihm nachdrücklich abgeraten hatte, die Bestimmungen des Abkommens zu akzeptieren. Antonius konnte von der latenten bis offenen Feindschaft zwischen Octavian und Sextus Pompeius grundsätzlich profitieren, war Pompeius doch ein potentieller Verbündeter und Gegengewicht gegen Octavians Machtzuwachs, seitdem Antonius seine gallische Provinz an diesen verloren hatte. Andererseits stand auch er in der Pflicht, der Bevölkerung Italiens eine reibungslose Lebensmittelzufuhr zu garantieren und Pompeius bei deren Hinderung in die Schranken zu weisen. Ähnlich wie im Falle des Perusinischen Krieges war er Gefangener seiner Situation: Er konnte einerseits nicht den Untergang des Pompeius wünschen, andererseits musste er die schlimmen Folgen von Pompeius’ Aktivitäten mit verhindern helfen. Dieser Zwiespalt führte wiederum dazu, dass er dem Entscheidungskampf der Gegner nur von außen zuschauen konnte und wollte. Soweit war es aber noch nicht. Octavian und Antonius kehrten ein zweites Mal unter dem Jubel der

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Bevölkerung Italiens nach Rom zurück, mussten sich aber bald den drängenden Aufgaben stellen: Octavian reiste nach Gallien, Antonius musste sich der Situation in Kleinasien und im Nahen Osten widmen. Im Laufe des Frühjahrs und Sommers war er durch Gesandtschaften zahlreicher Gemeinden aus erster Hand unterrichtet worden. Bevor sie aufbrachen, ließen sie alle bisher als Triumvirn getroffenen Maßnahmen und Abkommen vom Senat bestätigen. Momentan existierten keine von ihnen oder durch Dritte verursachten Konfliktherde; zur Freude ihrer Soldaten und des Volkes demonstrierten sie ihr einvernehmliches Tun, atmosphärisch dadurch begünstigt, dass Octavia ihrem Gatten Antonius im Sommer eine Tochter, Antonia (die Ältere), gebar. Antonius ließ sich zum Priester des göttlichen Caesar ernennen, womit der tote Diktator sakralrechtlich divinisiert war und sich Octavian offiziell „Sohn des Göttlichen“ (divi filius) nennen durfte. Für die Zeit seiner Abwesenheit übertrug er Octavian die Oberaufsicht über seinen Haushalt in Rom, ein Zeichen des uneingeschränkten gegenseitigen Vertrauens. 9 Dann reiste er – frühestens im Oktober des Jahres 39 – mit Octavia und dem neugeborenen Töchterchen nach Athen, um sein Augenmerk zunächst den turbulenten Verhältnissen im östlichen Reichsteil zuzuwenden. Die Provinz Macedonia hatte wieder einmal unter den nördlich benachbarten Dardanern zu leiden, die von ihren Stammessitzen in der Umgebung des heutigen Skopje aus das Tal des Flusses Axios (Wardar) als bequemes Einfallstor bis tief in die römische Provinz nutzten. Mit deren Abwehr betraute Antonius den Marcus Insteius, der ihn seinerzeit als Volkstribun nach Mutina begleitet hatte und der offensichtlich einen Sieg erfocht, da er sich zum imperator ausrufen ließ. In Kleinasien hatten die Ereignisse im Laufe des Jahres 39 eine entscheidende Wende genommen. Noch von Brundisium aus hatte Antonius den Publius Ventidius Bassus mit einer Streitmacht bestehend aus seinen in Italien befindlichen Legionen dorthin geschickt, wo dieser noch im Winter 40/39 die Gegenoffensive gegen Labienus zu organisieren begann. Labienus hatte wesentliche Teilevon der Landschaft Karien im südwestlichen Kleinasien Besitz ergriffen, während die übrige Provinz Asia eher von marodierenden Banden durchstreift und ausgeplündert wurde, sofern man ihnen keinen Widerstand entgegen setzte. Das Erscheinen des Bassus mit seinen kampferprobten Legionen machte dem schrecklichen Spuk rasch ein Ende. 10 Labienus besaß nicht den Mut, sich einer offenen Feldschlacht zu stellen, sondern ließ sich von Ventidius in rasender Flucht nach Osten zurück bis zu den Kilikischen Pforten treiben, jenen Pass im Taurusgebirge, der Inneranatolien und die Kilikische Ebene verbindet. Am Pass selbst lagerten sich beide Feldherren gegenüber, jeder weitere Verstärkungen erwartend. Labienus erhielt sie

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von einer parthischen Reiterarmee, die, ohne sich mit Labienus zusammen zu tun, auf eigene Faust Ventidius’ Lager angriff, aber in die Flucht geschlagen wurde. Diese Schlappe war für Labienus’ Truppen das Signal, sich zu zerstreuen oder sofort zum Gegner überzulaufen; Labienus selbst suchte sein Heil in der Flucht und konnte sich eine Zeit lang in Kilikien verstecken, wurde aber von einem Kommandanten des Antonius, der auf Cypern tätig war, aufgespürt und getötet. Ventidius gelang es auch, den von den Parthern besetzten Pass im Amanusgebirge, das Kilikien und Syrien trennt, zu überwinden, woraufhin diese die römische Provinz wieder räumten und Ventidius kampflos überließen. Bis auf die Küstenstadt Arados, welche traditionell pro-parthisch gesinnt war und, da auf einer Insel gelegen, nur mit einer Flotte bezwungen werden konnte, wurde die gesamte Region von Ventidius unterworfen. In Judäa, das für den neu ernannten König Herodes zurückerobert werden sollte, blieb die römische Erfolgsserie allerdings in Intrigen und Bestechungen erst einmal stecken, obwohl Antonius durch den bewährten Quintus Dellius dem Ventidius hatte übermitteln lassen, Herodes nach Kräften zu unterstützen.

10. Die Reorganisation des Ostens Als Antonius mit Octavia im Herbst des Jahres 39 in Athen eintraf, konnte er nichtsdestoweniger feststellen, dass die größte Gefahr im Osten vorerst gebannt war. Bereits im Sommer hatten ihn Gesandtschaften derjenigen Städte, die sich dem Einfall des Labienus unter großen Opfern widersetzt hatten – vorwiegend aus der Landschaft Karien –, aufgesucht in der Erwartung, als Dank einen privilegierten Rechtsstatus und Abgabenfreiheit zu erhalten. Eine Reihe von Senatsbeschlüssen aus den Monaten Juni bis Oktober kam diesen Ersuchen nach. Eine besonders glückliche Hand bewies Antonius bei der Neubestellung von Klientelfürsten über entlegene, schwer zugängliche Regionen Anatoliens, wo es eines starken und zuverlässigen Regiments bedurfte. Wie im Falle des Idumäers Herodes setzte er auf Männer, die nicht einem schon etablierten Fürstengeschlecht entstammten, sondern sich allein durch konkrete Leistungen für besondere Herausforderungen empfohlen hatten. Einer von ihnen war ein gewisser Amyntas, ein Großgrundbesitzer aus dem pisidisch-phrygischen Grenzgebiet, der als hoher Beamter im Dienste des Galaterkönigs Deiotaros das Aufgebot des alten Herrschers auf Seiten des Brutus und Cassius bei Philippi befehligt hatte, aber kurz vor dem zweiten Treffen zu den Triumvirn übergetreten war. Der andere hieß Polemon und war der Sohn eines reichen Bürgers und angesehenen Rhetors aus Laodikeia am Lykos (in der Nähe des heutigen Denizli) namens Zenon. Der Einfluss dieses Mannes hatte bewirkt, dass die Stadt dem Cassius jede Hilfe verweigert und sich als eine von wenigen dem anstürmenden Labienus widersetzt hatte. Amyntas erhielt im Jahre 39 die Landschaft Pisidien, eine notorisch unruhige und für seine Räuberbanden berüchtigte Bergregion, Polemon das weite, steppenartige Gebiet um die Stadt Ikonion (Konya) und die südlich angrenzenden Teile des „Rauhen“ Kilikien. Beide sollten in Kürze noch größere Territorien erhalten. Für die Wiederherstellung der Autorität Roms in Kleinasien wurde Antonius in seiner Abwesenheit vom Senat belobigt, den Göttern wurden Dankfeste dargebracht, er selbst feierte in Athen mit dem eines siegreichen Feldherrn und „neuen Dionysos“ würdigen Aufwand.1 Er ließ eigens Künstler aus Italien kommen; er übernahm das Amt des Vorstehers der Gymnasien (Gymnasiarch), womit neben der Ehre vor allem die Kosten für den Unterhalt dieser Stätten der körperlichen und geistigen Ertüchtigung verbunden waren. Zudem pflegte er in griechischer Kleidung, ohne Abzeichen und Symbole der römischen Amtsgewalt – etwa wie Liktoren –

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Abb. 8: „Kistophoren“-Prägung mit Antonius (Vs.) und Octavia (Rs.), mit dionysischen Attributen.

aufzutreten, nahm in Begleitung der Octavia an den religiösen Festen teil und lauschte in Begleitung weniger Freunde den Vorlesungen der öffentlichen Lehrer. Die glücklichen Athener ehrten Antonius und Octavia so, wie sie einst die ihnen wohl gesonnenen hellenistischen Könige gefeiert hatten, als „rettende Götter“ (theoi sote¯res); entsprechend widmeten sie zwei Kolossalstatuen der pergamenischen Könige Attalos und Eumenes auf Antonius um. Auch Octavia wurde in die dionysoische Symbolik voll mit einbezogen: Ihr Portrait erscheint auf einer kleinasiatischen Münzprägung über dem Korb der Dionysosmysterien (cista mystica) zwischen zwei sich hochreckenden Schlangen; Antonius trägt einen Efeukranz (Abb. 9). Insgesamt folgte Antonius wohlbekannten Verhaltensmustern römischer Statthalter, die bewusst in die einheimischen Traditionen und gesellschaftlichen Konventionen eintauchten. Dieses Verhalten war der eine Teil jener Inszenierung der Macht, mit der sich die Römer durch demonstrative Annäherung, Sympathie, Verbundenheit umgekehrt die Gunst der Untertanen sicherten. Es wäre völlig abwegig, darin die Verwandlung eines Römers zu einem Griechen zu erblicken. 2 Der Römer zeigte seine Überlegenheit zum einen durch den von keinem Einheimischen erreichten Aufwand der Lebensführung, zum anderen dadurch, dass er jederzeit wieder die martialische Seite seiner ‚Leistungen‘ hervorheben konnte. So war Antonius mit dem Ende des Winters wie verwandelt, berichtet Appianos: Er legte römische Kleidung an, die Rutenbündel der Liktoren, die Rüstungen der Offiziere und Leibgarde verbreiteten Respekt, Gesandtschaften wurden empfangen, Streitfälle entschieden, Emissäre ausgeschickt, die Flotte gerüstet. Mit Beginn des Frühlings des Jahres 38 wollte Antonius von Athen aus nach Syrien reisen, um in der zerrütteten Provinz nach dem Rechten zu sehen, zumal Gerüchte von einem neuen Angriff der Parther wissen wollten. Zudem schlug sich sein Günstling Herodes in Judäa immer noch mit dem von den Parthern inthronisierten Antigonos herum und war noch

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nicht in den Besitz des ihm von den Triumvirn zugesagten Königreiches gelangt. Doch bevor er das Schiff, das ihn zur syrischen Küste bringen sollte, bestiegen hatte, erreichten ihn Boten von Octavian aus Italien mit der dringenden Aufforderung, sich mit ihm in Brundisium zu treffen. Wie vorauszusehen war, hatte der Friede mit Sextus Pompeius nur kurze Zeit gehalten. Pompeius betrieb seine Politik der Nadelstiche weiter; an der schlechten Versorgungslage Italiens hatte sich nichts geändert. Octavian nahm den Fehdehandschuh auf, indem er das Angebot des Menodoros, der Sardinien und Korsika für Pompeius verwaltete, annahm, ihm die Inseln nebst den drei Legionen Besatzung auszuhändigen. Bevor er jedoch selbst mit kriegerischen Aktionen begann, und damit der Vertrag von Misenum zur Makulatur wurde, wollte er sich der Rückendeckung des Antonius sicher sein. Diese war ihm nach den Erfahrungen mit Antonius’ Anhängern im Perusinischen Krieg so wichtig, dass er auf ein persönliches Treffen mit ihm – und formal auch mit Lepidus – Wert legte. Ohne zu zögern änderte Antonius seine Pläne, obwohl seine Anwesenheit im Nahen Osten dringend erforderlich war, und kam dieser Bitte nach. Er demonstrierte damit, welch hohe Priorität die italischen Ereignisse für ihn besaßen. Man erkennt sein Verantwortungsbewusstsein der dortigen Bevölkerung gegenüber und nicht zuletzt sein Bemühen um ein gutes Einvernehmen mit seinem Schwager und Triumviratskollegen. Octavian hatte ein festes Datum für das Treffen vorgegeben, doch als Antonius in Brundisium erschien, war Octavian nicht zugegen, sondern weilte noch in Etrurien. Antonius wartete nicht und drehte wieder nach Griechenland ab. Über den Grund dieser Eile haben die alten wie die modernen Geschichtsschreiber viel spekuliert. Nach Appianos waren entweder sein Missfallen über den neuen Krieg bestimmend, dessen Eröffnung er als Vertragsbruch ansah, oder sein Erstaunen über die gewaltigen Rüstungen Octavians oder einfach ein Unheil verkündendes Zeichen der Götter. Das wahre Motiv war wohl dasjenige, das Cassius Dio nur als Vorwand abqualifiziert: die drohende Invasion der Parther in Syrien, der Antonius dieses Mal persönlich begegnen wollte. Er hatte es eilig, war nur mit einer kleinen Eskorte nach Brundisium gesegelt, doch waren ihm die Geschehnisse in Italien wichtig genug, um ihretwegen seine Abreise nach Syrien zu verschieben. Seine Verärgerung über Octavians Fernbleiben ist deshalb verständlich. Anstatt mit ihm reden zu können, schickte er ihm nunmehr einen Brief, in welchem er ihn vor einer Verletzung des Misenumvertrages warnte und den übergelaufenen Menodoros wissen ließ, er betrachte ihn als einen aus seinem Besitz entlaufenen Sklaven und werde ihn dafür mit dem Tode bestrafen – Menodoros war einst Sklave des großen Pompeius gewesen, dessen Besitz Antonius im Jahre 45 gekauft hatte.

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Was die beiden Kontrahenten betraf, so konnte jeder Antonius’ Reaktion in seinem Sinne auslegen: Octavian konnte sie als Bestätigung seiner Rechtsposition betrachten, denn er klagte den Sextus Pompeius des Vertragsbruches an, worauf er im Interesse der Bevölkerung Italiens zu reagieren habe. Pompeius konnte Antonius’ Abreise als Distanzierung von seinem Triumviratskollegen interpretieren und sah sich in seinem Handeln ermutigt. Mit beiden Deutungen konnte Antonius leben, solange er als Dritter von einer Situation profitierte, an der er selbst ohnehin nichts zu ändern vermochte. Möglicherweise gab es noch einen zweiten Grund für seine schnelle Rückreise nach Griechenland: Er wollte unbedingt das größte Fest der Stadt Athen, die Panathenäen, in seinem Namen ausrichten. Er hatte sich nämlich auf Wunsch der Athener als „neuer Dionysos“ mit ihrer Stadtgöttin Athene vermählt; mit diesem Ritual sollte er in der Rolle eines Schutzgottes an die Stadt gebunden werden. In einer athenischen Inschrift sind „antinoeische“ Panathenäen des Antonius, „des göttlichen neuen Dionysos“ bezeugt, die mit guten Gründen in das Jahr 38 datiert werden und eigentlich die persönliche Anwesenheit des Namengebers voraussetzen. Traditionell fanden die Panathenäen im Juli/August statt, so dass Antonius die unerwartete Reise nach Italien vielleicht zum Anlass nahm, in diesem Sommer dem höchsten Fest der Stadt seine Aufwartung zu machen. 3 Wenn Antonius infolgedessen erst gegen Ende Juli oder im August in Syrien eingetroffen sein sollte, so war er zur Entscheidung gegen die Parther zu spät gekommen. Der Königssohn Pakoros hatte im Frühjahr des Jahres 38 den Euphrat überschritten, verlor aber gegen das Strategengenie Ventidius Bassus bei Gindaros (etwa 55 Kilometer nordöstlich von Antiochia) Schlacht und Leben – am 9. Juni und damit angeblich am gleichen Tag, an dem Crassus gegen die Parther gefallen war. Wie schwach es um die von Antonius und seinem General vertretene Autorität Roms in dieser Region bestellt war, und wie stark sich demgegenüber die Sympathien dem Parther Pakoros zuneigten, ersieht man aus der Tatsache, dass Ventidius das abgeschlagene Haupt des Prinzen als schauerliche Trophäe herumschickte, um die Städte von seinem Tode wirklich zu überzeugen. Antonius traf am Schauplatz des Geschehens ein, als Ventidius schon den mit den Parthern verbündeten König der Landschaft Kommagene, Antiochos, in der Festung Samosata (das heute in den Fluten des Atatürk-Staudammes versunkene Samsat) am Euphrat belagerte. Antiochos hatte dem Ventidius bereits 1000 Talente Silber als Lösegeld gegen freien Abzug geboten, doch wagte Ventidius eine solch schwerwiegende Entscheidung nicht alleine zu treffen und wartete Antonius’ Ankunft ab. Dieser partherfreundliche Dynast – seine Tochter war mit dem Partherkönig Orodes verheiratet

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und hatte ihm mehrere Kinder geboren – kontrollierte die wichtigen Euphratübergänge und konnte dem Feind das Einfallstor nach Syrien öffnen. Antonius war fest entschlossen, Antiochos abzusetzen und hielt sogar schon einen eigenen Kandidaten in der Hinterhand, einen zu ihm geflohenen vornehmen Kommagener namens Alexander. Die Belagerung der schwer einnehmbaren Akropolis zog sich hin. Schließlich hob Antonius die Belagerung auf, nachdem Antiochos noch 300 Talente gezahlt und Antonius ihm seinerseits versprochen hatte, den bei ihm weilenden Konkurrenten Alexander zu beseitigen. 4 Die antiken Quellen kommentieren Antonius’ Abzug von Samosata mit herabsetzenden Worten, doch ergibt sich bei nüchterner Analyse ein anderes Bild. Die politische Großwetterlage hatte sich nämlich entscheidend geändert, nachdem das Partherreich nach dem Schlachtentod des Prinzen Pakoros in Thronwirren versunken war. Der alte König Orodes hatte in Verzweiflung über den Tod seines Sohnes abgedankt und dem jüngeren Sohn Phraates (IV.) die Herrschaft überlassen, der als egoistisch und grausam galt. Es kam zu einem Blutbad unter den weitläufigen Verwandten der königlichen Familie, dem als erste die kommagenische Gattin des Orodes und ihre Kinder zum Opfer fielen. Da Antiochos aufgrund dieser veränderten Lage in Zukunft als Verbündeter des Partherkönigs wegfiel, konnte Antonius der Fortsetzung seiner Herrschaft gelassener gegenüberstehen und den Kompromissfrieden akzeptieren. Stattdessen gewannen andere Problemfelder wieder an Dringlichkeit: als erstes die Befriedung der syrischen Provinz. Während der Belagerung von Samosata machten Antonius Partisanen zu schaffen, welche ihm den Nachschub abzuschneiden trachteten. Gesandtschaften, die ihn erreichen wollten, stauten sich bei Antiochia, da ihnen die Weiterreise zum Euphrat zu gefährlich erschien. Es galt aber nicht nur, das flache Land von solchen Widerstandsnestern zu säubern, sondern auch die seit zwei Jahren andauernde Belagerung von Aradaos endlich zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Schließlich gab es noch Herodes, dem es mit der bisher geleisteten Unterstützung römischerseits, geschweige denn aus eigenen Kräften, nicht gelungen war, sich den Königsthron in Jerusalem zu erkämpfen. Alle Versuche scheiterten am Intrigenspiel seiner angeblichen Helfer und den Sympathien, die sein Rivale Antigonos genoss – ein Beweis für die schwache Autorität Roms und seines Schützlings. Herodes ließ bei Antonius nicht locker, um stärkere römische Hilfe einzufordern. Sogleich nach der Schlacht bei Gindaros hatte Ventidius auf Antonius’ Befehl hin zwei Legionen an Herodes abgestellt. Sie bestanden aber aus in Syrien frisch ausgehobenen Rekruten; ihr Kommandeur, ein gewisser Machairas, ging seine eigenen Wege und war sogar für Bestechungsgelder des Antigonos

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empfänglich, woraufhin sich Herodes in Wut und Verzweiflung persönlich zu Antonius nach Samosata begab. 5 Dieser wird mittlerweile zu der richtigen Einsicht gekommen sein, dass Herodes gegen den Spross der Hasmonäerdynastie in Judäa keine Chance haben würde, wenn Letzterer nicht bereit wäre, sich verwandtschaftlich an dieselbe zu binden, um sich als Thronanwärter vor seinem Volk besser legitimieren zu können. Die tatkräftige und auf einem anderen Qualitätsniveau stehende direkte römische Unterstützung ging denn auch einher mit der Hochzeit zwischen dem König und einer Tochter des Alexander, des Bruders des Antigonos, namens Mariamne. All jene Aufgaben übertrug Antonius – der sein nächstes Winterquartier wieder in Athen, dem italischen Schauplatz benachbart, zu nehmen gedachte – dem neuen Statthalter Syriens, Gaius Sosius. Dass Antonius den Ventidius aus Neid auf dessen militärischen Erfolg abgelöst habe, wie der Historiker Cassius Dio behauptet, ist eine von vielen im Nachhinein erdachten Fehlinterpretationen seines Tuns. Knapp drei Jahre, schon länger als die übliche Amtszeit der Statthalter im Dienste der Triumvirn, hatte Ventidius permanent Krieg geführt und sich genug Lorbeeren erworben. Er hatte das 50. Lebensjahr deutlich überschritten und wird selbst den Wunsch nach Ablösung gehabt haben, vor allem mit der Aussicht auf den höchsten Ruhmestitel, den ein Feldherr erwerben konnte, den Triumph in Rom. Diesen gestand ihm Antonius bereitwillig zu, und Ventidius feierte ihn dann am 27. November in der Hauptstadt. Da das Partherreich infolge der Krise des Herrscherhauses erst einmal gelähmt war, bestand für die Provinz Syrien keine unmittelbare äußere Gefahr mehr, und Antonius konnte sich – vermutlich in Begleitung des Ventidius – etwa im Oktober zu Frau und Tochter nach Athen ins Winterquartier begeben. Auch Sosius sollte seinen obersten Feldherrn nicht enttäuschen. Die Stadt Arados musste bald, von Hunger und Krankheit ausgelaugt, kapitulieren. Im Sommer des Jahres 37 konnte die geballte Macht der römischen Streitkräfte auch den Antigonos in Jerusalem bezwingen und Herodes endlich auf den versprochenen Thron setzen. Den gefangenen letzten Hasmonäersspross wollte Antonius eigentlich für den Triumphzug in Rom aufbewahren; aber gerade dies fürchtete Herodes und argumentierte, wie es das Schicksal wolle, bliebe ihm das königliche Blut in den Adern des Antigonos stets eine Gefahr, solange dieser lebe. Er konnte Antonius überreden, sicheren Verhältnissen in Judäa dem Showeffekt seines Triumphes den Vorzug zu geben: Antigonos wurde auf Antonius’ Befehl in der syrischen Hauptstadt Antiochia mit dem Beil enthauptet. Sosius sollte seinen Triumphzug in Rom ohne den gefangenen Antigonos am 3. September des Jahres 34 über Judäa (ex Iudaea) feiern. 6

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In Athen holten Antonius wieder die Ereignisse in und um Italien ein. Der Seekrieg zwischen Sextus Pompeius und Octavian war voll entbrannt und endete vorerst mit einer schweren Schlappe von Octavians Schiffen in der Straße von Messina, die in erster Linie der Unerfahrenheit der Rudermannschaften und Offiziere geschuldet wurde. Für das folgende Jahr (37) musste Octavian deshalb eine neue, schlagkräftige Flotte mit eingeübten Besatzungen auf die Beine stellen. Dazu beschritt er zwei Wege: Seinen Freund und besten Feldherrn, Marcus Vipsanius Agrippa, beorderte er aus Gallien zurück, wo dieser zwei Jahre lang erfolgreich tätig gewesen war, und übertrug ihm eben diese Aufgabe. Auch wenn Agrippa dabei sein ganzes organisatorisches und strategisches Talent unter Beweis stellte – es waren die Zeit kurz, die Mittel im ausgebluteten und hungernden Italien begrenzt. Octavian bedurfte weiterer Unterstützung und suchte sie bei Antonius, von dem sie reichlich gegeben werden konnte. Er schickte seinen Vertrauten Gaius Cilnius Maecenas nach Athen, der zunächst Antonius’ Einstellung gegenüber dem zwischen Octavian und Pompeius bestehenden Kriegszustand in Erfahrung bringen sollte. Antonius’ letzte „diplomatische“ diesbezügliche Mitteilung an Octavian hatte gelautet, er möge den in Misenum geschlossenen Vertrag nicht verletzen. Octavian konnte mittlerweile behaupten, dass es Pompeius gewesen sei, der den Vertrag verletzt habe, und dass er, Octavian, zum Wohle Italiens darauf habe reagieren müssen. Klarheit über Antonius’ aktuelle Meinung war ihm wichtig; für den Fall eines negativen Bescheides plante er, vom Seekrieg ganz abzulassen und die Entscheidung gegen Pompeius zu Lande auf Sizilien selbst zu suchen. Zur Freude Octavians trat Antonius aber auf seine Seite, sagte Hilfe zu und demonstrierte damit einmal mehr mit aller Deutlichkeit seine Zuständigkeit und Verantwortung für Italien. Zu Beginn des Frühlings des Jahres 37 segelte er in Begleitung von Octavia mit einer stattlichen Armada von 300 Schiffen in Richtung Italien, bereit, in den Krieg gegen Pompeius einzugreifen. Doch zunächst brüskierte ihn Octavian erneut, ähnlich wie ein Jahr zuvor, als er zum vereinbarten Termin in Brundisium einfach nicht erschienen war. Brundisium nahm seine Flotte jetzt zum zweiten Male nicht auf, doch jetzt segelte Antonius weiter in den zweiten großen Hafen Süditaliens, in das ihm freundlicher gesinnte Tarent. Vermutlich war diese Alternative von langer Hand vorbereitet worden. Die Situation gestaltete sich allerdings unangenehm und geradezu verfahren, als Octavian keinerlei Anstalten machte, von der erbetenen Hilfe Gebrauch zu machen. Antonius konnte freilich nicht unverrichteter Dinge wieder absegeln, ohne sein Gesicht zu verlieren. Der Unterhalt von 300 Schiffen nebst Mannschaften verschlang enorme Kosten. Zudem war wohl

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schon mit Maecenas in Athen verabredet worden, dass Antonius an Octavian ein Kontingent dringend benötigter Schiffe (es sollten 120 sein) aushändigen werde. Im Gegenzug werde Octavian an Antonius für den bevorstehenden Partherkrieg ebenso dringend benötigte Legionäre (von 20.000 war die Rede) überstellen. Nun rückte für kurze Zeit eine Frau in den Mittelpunkt des Geschehens, Antonius’ Gattin Octavia, die sich zu ihrem Bruder begab, um den berechtigten Zorn des Antonius und das unerklärliche Zögern ihres Bruders nicht zu einem Konflikt eskalieren zu lassen. Octavian nannte seiner Schwester dann Gründe, die ihn an Antonius’ Loyalität hätten zweifeln lassen: die unterlassene Hilfeleistung, als seine Flotte in der Straße von Messina bedrängt wurde – dieser Punkt war schon im Gespräch mit Maecenas in Athen ausgeräumt worden –; Antonius habe seinen Freigelassenen Kallias zu Lepidus geschickt, um Lepidus für ein gemeinsames Bündnis gegen ihn, Octavian, zu gewinnen. In Wirklichkeit wollte Antonius die Hochzeit seiner von seiner Cousine Antonia geborenen gleichnamigen Tochter mit Lepidus’ Sohn in die Wege leiten, der alle zuvor zugestimmt hatten. Er schickte Kallias zu Octavian, dem er gestattete, den Freigelassenen unter Folter zu der Angelegenheit zu befragen. Octavian trieb den Konflikt dann doch nicht auf die Spitze und erklärte sich zu einem Treffen mit Antonius bereit. Die Motive, die er seiner Schwester genannt hatte, müsste er gar nicht mal erfunden haben; sie sind aus seiner subjektiven Sicht sogar verständlich, aber die einzige wirkliche Erklärung für sein Zögern kann man nur darin sehen, dass ihm bewusst geworden ist, welche Folgen ein Sieg über Pompeius unter maßgeblicher Hilfe des Antonius für sein Renommee gehabt hätte: Wie nach Philippi hätte Antonius als strahlender Sieger geglänzt und er selbst sich definitiv in dessen Schatten verstecken müssen. Zudem könnte ihm Agrippa signalisiert haben, dass die Aufstellung einer neuen Flotte zügiger als zunächst erwartet vonstattengegangen sei und man der Geschwader des Antonius nicht mehr bedürfe. Nach einigem protokollarischen Hin und Her kam es dann doch zu einer letztlich vertrauensvollen Zusammenkunft, wobei neben Octavia auch Fonteius Capito, Cocceius Nerva und Maecenas zur Vermittlung beigetragen haben. 7 Beide genehmigten sich gegenseitig ihre kriegerischen Unternehmungen, Antonius gegen die Parther – und zwar unverzüglich –, Octavian gegen Sextus Pompeius – dieses aber erst im kommenden Jahr (36). Hoffte Antonius noch immer, zwischen Pompeius und Octavian vermitteln zu können? Offiziell betrachtete Antonius nunmehr den Vertrag von Misenum als von Pompeius gebrochen und stimmte zu, diesem die Priesterwürde und das für das Jahr 33 zugesagte Konsulat abzuerkennen. Die durch das Gesetz des Titius abgesegnete Triumviratsgewalt war bereits

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am 31. Dezember des Vorjahres abgelaufen, über eine Verlängerung muss also schon Maecenas mit Antonius in Athen verhandelt haben; jetzt wurde sie einfach per Absprache um weitere fünf Jahre bis zum 31. Dezember des Jahres 33 verlängert und erhielt später durch Volksbeschluss rückwirkend Gesetzeskraft. Das gute Einvernehmen sollte wieder einmal aller Welt durch eine symbolische Verlobung präsentiert werden; Octavian verlobte seine zweijährige Tochter Iulia mit Antonius’ knapp zehnjährigem Sohn mit dem Kosenamen „Antyllus“ (kleiner Antonius, „Antönchen“). Außerdem sollte eine dritte Familie als Unterpfand der neuerlichen Eintracht dienen: Der Sohn von Antonius’ Gefolgsmann Gnaeus Domitius Ahenobarbus mit dem Vornamen Lucius, etwa 12 Jahre alt, wurde mit Octavias und Antonius’ Töchterchen Antonia verlobt. 8 Auf dem Rückweg in Richtung östliches Mittelmeer begleitete Octavia ihren Gatten zusammen mit der soeben verlobten Tochter und Antonius’ beiden Kindern aus der Ehe mit Fulvia bis Korkyra (Korfu), von dort schickte sie Antonius, da er eilig nach Syrien weiterfahren wollte, nach Italien in Octavians Obhut zurück. Octavia konnte und wollte sicher im Geiste des Vertrages von Tarent, den sie ja maßgeblich vermittelt hatte, die Interessen ihres Gatten in Italien wahrnehmen. In Tarent war der Krieg gegen die Parther nicht nur einvernehmlich definitiv beschlossen, sondern wohl auch in Details der Planung und Durchführung besprochen worden. Das Unternehmen galt nach wie vor als Vermächtnis Caesars, mit dem dieser die Adler der unter Crassus vernichteten Legionen zurückholen wollte, und auch Antonius hat genau dies als Zweck und Ziel seines Aufmarsches verkündet. Außerdem haben die Triumvirn mit diesem Feldzug die den Caesarmördern von Seiten der Parther zugekommene Hilfeleistung strafen wollen, er fiel somit formal noch unter die nach Philippi dem Antonius übertragenen Aufgaben, alles im Osten zu regeln, was Personen und Entscheidungen ihrer Kriegsgegner betraf. Nach knapp einem Jahr Abwesenheit traf Antonius wohl im Spätsommer des Jahres 37 wieder in Syrien ein. Es war weniger die günstige Wendung der Ereignisse in Judäa, die das Verdienst des Sosius war, welche ihn in diese Region zurückrief, als vielmehr ein Ereignis, das den bevorstehenden Krieg von Anfang an unter einen günstigen Stern zu stellen versprach: Parthische Adlige hatten sich auf der Flucht vor dem neuen König Phraates in der römischen Provinz eingefunden und erhofften sich von Antonius die Rückführung in ihre Heimat unter einem neuen König. Haupt dieser Gruppe bildete ein gewisser Monaises, dem Antonius sofort nach seiner Ankunft eine fürstliche Lebensführung spendierte und ihm drei syrische Städte – Larissa, Arethusa (beide zwischen Apameia und Emesa gelegen) und Hierapolis (Bambyke) unterstellte, das 20 Kilometer vom Euphrat

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entfernt lag, dessen Territorium aber unmittelbar an den Fluss und damit an die Grenze zum Partherreich heranreichte. 9 Diese Schenkungen bildeten freilich nur den kleinsten Teil einer umfangreichen politischen, logistischen und militärischen Strategie, mit der Antonius den Partherfeldzug vorbereitete. Ein wesentliches Element dieser Planungen beruhte auf der richtigen Erkenntnis, die Ressourcen der Weiten Anatoliens und der noch eigenen Gesetzen und Traditionen folgenden nahöstlichen Landstriche für Rom am vorteilhaftesten nutzen zu müssen, indem zu diesem Zwecke einheimische Fürsten, auf jeden Fall nicht-römische Autoritäten, mit deren Verwaltung betraut wurden. Dagegen sollte sich die unmittelbare römische Provinzialherrschaft auf die strategisch wichtigen Kerngebiete beschränken, wozu das westliche Kleinasien und das nördliche Syrien gehörten; nur für diesen Aufgabenbereich reichte auch, dies ebenfalls eine richtige Erkenntnis, das Antonius zur Verfügung stehende Potential fähiger römischer Administratoren und Offiziere. Oberste Priorität bei der Auswahl der Fürsten hatten nicht mehr die Herkunft aus alteingesessenen Fürstendynastien, sondern individuelle Fähigkeiten und absolutes Vertrauen seitens des Antonius in die Person (siehe auch Seite 135). In diesem Sinne hatte er bedingungslos und gegen allen Widerstand im eigenen Lande den Herodes als König in Judäa durchgesetzt. Ganz im Norden der Kette östlicher Klientelstaaten, in Pontos, ersetzte er jetzt den Sprössling der alten Königsdynastie, einen gewissen Dareios, mit einem ‚Bürgerlichen‘ aus dem westkleinasiatischen Laodikeia, Polemon. Für Polemon bedeutete die Ernennung zum König von Pontos eine gewaltige Beförderung, hatte er doch zuvor nur über Teile des unwirtlichen „Rauhen“ Kilikien regiert. Ähnlich spektakulär war die gewaltige Ausdehnung von Amyntas’ Herrschaftsbereich in dem südlich an Pontos angrenzenden Galatien. Mit der Angliederung der Steppengebiete Lykaoniens, berühmt für ihre Wollproduktion, und der städtereichen pamphylischen Küstenebene, bis dato zur römischen Provinz Asia gehörig, wurde sein Territorialbesitz mehr als verdoppelt. In Kappadokien ersetzte Antonius ebenfalls den Spross der alten Dynastie, Ariobarzanes, mit seinem Favoriten Archelaos Sisines, der aus einer pontischen Generalsfamilie stammte. 10 Die zum Teil erheblichen Gebietserweiterungen folgten einem nüchternen Effizienzdenken. Die verbündeten Stadtoberhäupter, Fürsten und Könige, die sich im Winter des Jahres 37 auf 36 bei Antonius einfanden, werden von sich aus darauf hingewiesen haben, dass sie die erheblichen Geld-, Material- und Truppenanforderungen der Triumvirn nur erfüllen könnten, sofern ihnen ein angemessenes Reservoir an Menschen, Nutztieren, Rohstoffen und landwirtschaftlichen Gütern zur Verfügung gestellt werden würde. Im Gegenzug konnten sie den Triumvirn

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ihre Vertrautheit mit Land und Leuten, persönliche Beziehungen und teilweise die Beherrschung gewachsener Strukturen anbieten, die sie selbst ausgebildet hatten. In Grundzügen muss eine politische Strategie, die große Räume unter der Hand zuverlässiger Fürsten und Könige zusammenfasste, zwischen Antonius und Octavian in Tarent besprochen worden sein, da beide nachweislich über die bevorstehenden kriegerischen Unternehmungen – gegen Sextus Pompeius und die Parther – Vereinbarungen getroffen hatten. Das bedeutet zugleich, dass man ein weitgehendes Einvernehmen bezüglich der gerade genannten und vor allem der folgenden, Kleopatra betreffenden, Regelungen voraussetzen muss. Denn unter der Prämisse der Effizienz sind schließlich die viel diskutierten „Landschenkunken“ an Kleopatra zu beurteilen. Dem Ptolemäerreich schlug Antonius damals Teile des „Rauhen“ Kilikien zu. Der Geograph Strabo bestätigt, dass Antonius damit Kleopatra in die Lage versetzen wollte, möglichst schnell möglichst viele Schiffe bauen zu können. Kilikien, ehemals das Zentrum des von Pompeius unterdrückten Seeräuberunwesens, verfügte über alle natürlichen Voraussetzungen und einen entsprechenden Erfahrungsschatz seiner Bewohner für einen schnellen und qualitätsvollen Flottenbau. Es sollten also die einheimische und ptolemäische Schiffsbaukunst dem römischen Flottenpotential dienstbar gemacht werden, welches sowohl Antonius selbst als auch Octavian für seinen Krieg gegen Sextus Pompeius dringend benötigte. Möglicherweise sind die kilikischen Landstriche sogar schon einige Zeit früher, etwa nach dem Vertrag von Brundisium, an Kleopatra übertragen worden: Leider ist der Nachweis nicht eindeutig zu führen, da die Datierung einer auf Cypern gefundenen Inschrift, die einen ptolemäischen „strategós“ von Cypern und Kilikien erwähnt, nicht gesichert ist. Das zweite, namentlich mit Blick auf Schiffsbauholz wichtige Gebiet, das Antonius Kleopatra zuwies, betraf die Region des für sein Zedernholz berühmten Libanon- und Antilibanongebirges. Hier, im Gebiet der Ituräer, herrschte bislang eine einheimische Fürstendynastie in ihrer Residenz Chalkis, deren letzter Vertreter, Lysanias, sich allerdings durch Kooperation mit den Parthern und Lancierung des Hasmonäersprosses Antigonos auf den jüdischen Königsthron reichlich kompromittiert hatte. Nichtsdestoweniger, vielleicht weil er sich rechtzeitig wieder den Interessen Roms verschrieb und die als räuberisches Volk berüchtigten Ituräer am ehesten im Zaum halten konnte, beließ ihn Antonius in seiner väterlichen Herrschaft, verlieh ihm sogar den Königstitel. Aber Ende des Jahres oder zu Anfang des nächsten (36) ließ er ihn hinrichten. Dass Lysanias seinerzeit den Pakoros unterstützt habe, wie die Quellen behaupten, kann allenfalls ein Vorwand gewesen sein, möglicherweise hatte er seine traditionell guten Beziehungen zu den Parthern allzu

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deutlich wieder aufleben lassen, und Antonius fühlte sich verraten. Er übertrug diese wirtschaftlich starke Region mit den südlich angrenzenden, nördlich und nordöstlich des Sees Genezareth gelegenen Landstrichen an Kleopatra. 11 Der Vermehrung von Kleopatras finanziellen Ressourcen zur Durchführung des Flottenprogramms diente die Übertragung zweier Landstriche, die den Königen der Nabatäer, Malchos, und der Juden, Herodes, gehörten: Erster lag südlich des Toten Meeres und beherbergte wertvolle Bitumenvorkommen, bei dem zweiten handelte es sich um die Balsamplantagen und Palmenhaine in der Umgebung von Jericho. Alle drei Beteiligten einigten sich darauf, dass Kleopatra ihren neuen Besitz an die ehemaligen Eigentümer umgehend zurück verpachtete. Sinnvollerweise erhielt die ägyptische Königin auch den unmittelbaren Zugang zu den Häfen der Levanteküste, um hier die Schiffe auch bauen zu können. Antonius übertrug ihr den gesamten Küstenstrich bis zum Fluss Eleutheros (Nahr el-Kébir), der die Grenze bilden sollte einerseits zwischen dem Territorium der Inselstadt Arados, zur römischen Provinz Syria gehörend, und andererseits dem Gebiet von Tripolis, das nunmehr Teil von Kleopatras Herrschaftsgebiet wurde. Antonius rekurrierte damit, jedenfalls soweit es die Küstenregionen betraf, auf eine alte ptolemäische Herrschaftstradition, denn bis zum Jahre 200 v. Chr., als der Seleukidenkönig Antiochos III. Phönizien seinem Reich zuschlug, hatte dieser Fluss die Nordgrenze des Ptolemäerreiches gebildet. Allerdings musste Kleopatra eine wichtige Einschränkung hinnehmen: Antonius achtete den freien Status der altehrwürdigen Städte Tyros und Sidon, die zudem über eine eigene Schiffbautradition verfügten, und nahm sie aus Kleopatras neuem Besitz aus; dieser entging damit ein etwa 80 Kilometer langer zusammenhängender Küstenstreifen, so dass sich die nächstgelegenen Zugänge zum Mittelmeer aus ihren eben erwähnten Territorien im levantinischen Hinterland entweder in Berytos (Beirut) im Norden oder in Ptolemais (Akko) im Süden befanden. Octavian selbst, der wegen des gegen Sextus Pompeius geführten Krieges der Schiffe am dringendsten bedurfte, war der Hauptnutznießer einer Ankurbelung des Flottenbaus. Auch wenn nicht überliefert ist, dass er direkt Flotteneinheiten aus ptolemäischer Produktion erhielt, so konnte Antonius ihm die Kontingente anderer Städte – solche aus den syrischen Hafenstädten Rhosos (Arsuz) und Arados (Rouad) sind in Octavians Diensten bezeugt – abtreten, weil er um den ptolemäischen Ersatz wusste. Ferner kam Kleopatra damals in den Besitz eines gewissen Teiles der Insel und römischen Provinz Creta – wir wissen nicht welchen – und die westlich an Ägypten angrenzende Cyrenaica, ehemals ptolemäischer Besitz und seit dem Jahre 75 römische Provinz. 12

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Der dem Ptolemäerreich zugestandene Gebietszuwachs bildete also einen Teil des strategischen Gesamtkonzepts, das zwischen Antonius und Octavian abgesprochen war und beiden Machthabern für ihre geplanten Kriege zusätzliche Mittel auf effektivste Weise zur Verfügung stellen sollte. In dieses Konzept waren alle von Rom abhängigen Herrschaftsgebiete des Ostens eingebunden, unter denen das Ptolemäerreich sicher das mächtigste, aber eben nur eines von mehreren darstellte. In diesem Kontext waren Umfang und Bedeutung des römischen Provinzialgebietes, auf das die Triumvirn verzichteten, eine quantité négligeable: Die Weiten Zentralund Ostanatoliens, die genannten Gebiete Phöniziens hatte bis dahin noch kein Fuß eines römischen Statthalters betreten; Cypern hatte schon Caesar dem Ptolemäerreich (zurück-)gegeben, das gebirgige „Rauhe“ Kilikien hatte, wenn überhaupt, nur entlang des Küstensaums römische Dauerpräsenz gesehen. Die Machthaber entließen eigentlich nur die Städte der Cyrenaica aus dem Provinzialverband und unterstellten sie der ptolemäischen Zivilverwaltung. Jedoch wird in dieser Region ohnehin vieles aus der noch nicht lange zurückliegenden ptolemäischen Ära erhalten geblieben sein, da Rom bekanntermaßen funktionierende Institutionen und Regelungen gerne in das eigene Herrschaftssystem übernahm. Schließlich besagten die Neuformierung der östlichen Territorien unter einheimischen Fürsten und die Überlassung römischen Provinzialbodens an dieselben in keiner Weise, dass die Triumvirn auch die Kontrolle über diese Gebiete preisgegeben hätten. Aus der – zugegebenermaßen lückenhaften – Überlieferung wird vielmehr deutlich, dass Antonius über eigene römische Legaten oder nicht-römische „Agenten“ die militärische Befehlsgewalt in seinen Händen behielt und zusätzlich einheimische Vertrauensleute an den Schaltstellen der lokalen Politik installierte. Für Cypern nennt die literarische Überlieferung einen Freigelassenen des Diktators Caesar, (Iulius) Demetrius, dem Antonius die Insel „unterstellt“ habe, Demetrius gelang im Jahre 39 die Arrestierung des flüchtigen Quintus Labienus nach der verlorenen Schlacht am Tauruspass. Ein Jahr später stellte Antonius einen sonst unbekannten Machairas, vermutlich einen syrischen Araber, an die Spitze von zwei Legionen, der seinem Schützling Herodes den Thron in Jerusalem erkämpfen sollte. In der Cyrenaica kommandierte in späteren Jahren neben der ptolemäischen Zivilverwaltung Lucius Pinarius Scarpus, ein entfernter Verwandter des Diktators Caesar und unter Antonius Legionskommandeur auf dem Feldzug gegen die Caesarmörder. Auf Kreta wirkte, ungeachtet der für uns nicht mehr präzisierbaren Abtretungen an Kleopatra, der vornehme Kydas aus Gortyn als politischer Arm des Antonius (siehe Seite 117 f.). Neben ptolemäischer und einheimischer Regentschaft waren es aber römische Offiziere, die die Insel militärisch für

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Antonius sicherten. Bei diesen Männern handelte es sich nicht um römische Magistrate oder vom Senat beauftragte Befehlshaber, sondern um enge Vertraute aus Antonius’ Beraterstab, die er ohne Rücksicht auf Herkunft und Rang allein nach persönlicher Eignung zu besonderen Aufgaben heranziehen konnte. 13 In den de iure einheimischen Fürsten anvertrauten Gebieten fand also de facto vielerorts eine Trennung von Zivil- und Militärgewalt statt. Während Erstere namentlich die wirtschaftlichen Ressourcen mobilisieren sollten, behielt Antonius die militärische Oberhoheit fest in eigenen Händen und fand auf diese Weise zu einer überaus effizienten Form römischer Hegemonie im östlichen Mittelmeerraum.

11. Die gescheiterte Offensive: Der Partherkrieg Diese und andere Regelungen müssen während des Winters zuhauf getroffen worden sein, alles im Hinblick auf die Bereitstellung breitester militärischer und logistischer Unterstützung für den geplanten Partherfeldzug. Kleopatra, die Antonius in der syrischen Hafenstadt Laodikeia traf, war nicht die einzige Herrscherin, die sich auf Antonius’ Befehl, den Gaius Fonteius Capito in Alexandria übermittelt hat, bei ihm einfand. Auch der jüdische König Herodes erschien. Erst recht werden die Könige Polemon von Pontos und Artavasdes von Armenien, die Antonius auf dem Feldzug begleiten sollten, sein syrisches Winterquartier aufgesucht haben. Ebenso suchte Antonius den Rat der Granden der syrischen Städte, die das Partherreich aus eigener Anschauung und durch persönliche Beziehungen kannten – das Land muss von Gesandtschaften, Truppenbewegungen, Verpflegungs- und Rüstungstransporten nur so gewimmelt haben. Alle Planungen und Maßnahmen beinhalteten nicht nur ein militärstrategisches, sondern auch ein politisch-diplomatisches Konzept. Sie zielten nicht auf die Vernichtung des Partherreiches sondern auf einen wohl kalkulierten militärischen Druck ab, mit dem Rom Genugtuung für die Niederlage des Crassus und die parthische Hilfeleistung für die Caesarmörder erlangen wollte. Das Szenario beinhaltete die Schaffung neuer von Rom und damit von ihm persönlich abhängiger Klientelkönigreiche in Armenien und Medien, wodurch Antonius Parthiens westliches Herrschaftsgebiet einkreisen und Phraates (Abb. 10) zum Friedensschluss zwingen könnte. Es schloss auch die Möglichkeit ein, den Krieg überhaupt fallen zu lassen oder abzubrechen, falls der Forderung nach Rückgabe der Legionsadler Folge geleistet werden würde. Diese Möglichkeit bot sich unerwartet – zumindest glaubte Antonius daran –, als der parthische Adlige Monaises plötzlich ein Angebot des Partherkönigs, vor dem er eben erst nach Syrien geflohen war, erhielt, in seine Heimat zurückzukehren. Antonius, wohl in der Hoffnung, in der Person des Monaises einen einflussreichen Sympathisanten an den parthischen Hof lancieren zu können, gestattete nicht nur die Rückkehr, sondern schickte noch eigene Gesandte mit, die dem Partherkönig gegen die Rückgabe der Feldzeichen Frieden anboten.1 Dieser ging trotz seiner labilen Herrschaft darauf nicht ein, doch zeigt die Episode die von Anfang an von Antonius betriebene militärisch-diplomatische Doppelstrategie, die mit der Einschüchterung des Phraates zugleich die Ausdehnung seines eigenen Machtvolumens verfolgte. Das strategische Konzept des neuen Feldzuges zog die Lehren aus der

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verheerenden Niederlage des Crassus und folgte einer Planung des armenischen Königs Artavasdes. Demnach verboten es die natürliche Beschaffenheit und das Klima des östlich des Euphrat gelegenen Raumes, einen spürbaren militärischen Schlag direkt vom Euphratknie aus gegen das Zentrum im mittleren Zweistromland zu führen. 2 Die auf diese Weise von den römischen Kaisern Traian und Iulian später geführten Offensiven endeten beide – nicht auf dem Anmarsch, sondern auf dem Rückzug – in einem Desaster. Vorteilhafter war es, von Norden her von einer sicheren Basis aus das Herz Abb. 9: Tetradrachme: Porträt des des Partherreiches zu bedrohen und zu diesem Partherkönigs Phraates IV. Zweck die fruchtbare Region des so genannten Media Atropatene zu besetzen. Sie trug ihren Namen von dem letzten persischen Satrapen Atropates zu Zeiten Alexanders des Großen und gab ihn an den heutigen Staat und die nordwestliche iranische Provinz Aserbaidschan weiter. Auch Crassus wollte zum Zentrum des Partherreiches vordringen, handelte aber gegen den ausdrücklichen Rat des Armenierkönigs Artavasdes und beging den Fehler, vom Euphratübergang bei Zeugma aus auf direktem Wege durch die nordmesopotamische Ebene dorthin gelangen zu wollen. Seine Armee wurde in den flachen Landstrichen eine leichte Beute der parthischen Reiterei und Bogenschützen. Um Media Atropatene sicher zu erreichen, war ein großer Bogen nach Norden über Armenien einzuschlagen. Dieses Land bot ausreichend Verpflegung, das gebirgige Terrain schützte vor den Reiterattacken der Parther und die Armenier konnten als ortskundige Führer dienen. Schon Pompeius hatte sich beim Vormarsch in Armenien eines übergelaufenen armenischen Prinzen als Führer bedient. Auch Caesar hatte seinem nicht mehr realisierten Unternehmen eine entsprechende Planung zugrunde gelegt, und Antonius folgte darin seinem großen Vorbild, indem er für den Vormarsch die bekannte Handelsroute nahm, die Ostanatolien mit dem Iran verband. Sie führte über das heutige Erzurum, entlang des oberen Euphrat und dann in das Tal des oberen Araxes (Aras), der in das Kaspische Meer mündet, bog aber vorher nach Süden über das heutige Täbris in das persische Kernland ab. 3 In Armenien regierte König Artavasdes (oder Artabazes), der im Jahre 55 seinem Vater Tigranes II. auf dem Thron gefolgt war und wie seine Vorgänger und Nachfolger zwischen den mächtigen Nachbarn Rom und Parthien eine Balancepolitik betrieb, die mit beiden ein freundschaftliches

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Abb. 10: Denar des Antonius (vs.) mit armenischer Königstiara (36/35 v. Chr.)

Verhältnis zu führen bemüht war. Je nach augenblicklichem Zustand der Großmächte und politischer Großwetterlage neigte er mal der einen, mal der anderen Seite mehr zu, um ein Höchstmaß eigener Unabhängigkeit zu wahren. Bezeichnenderweise soll Artavasdes, obwohl die Armenier in Sprache und Kultur iranisch geprägt waren, auch Tragödien in griechischer Sprache geschrieben haben. 4 Er befleißigte sich während seiner gesamten Regierungszeit einer gewissen Vabanquepolitik: Eine tiefe Feindschaft trennte ihn von seinem südöstlichen Nachbarn und Namensvetter, dem König von Media Atropatene, der seinerseits Unterstützung bei den Parthern suchte und fand. Diese Region hatte Artavasdes’ Vater Tigranes seinerzeit dem armenischen Großreich einverleibt, es aber nach der Niederlage gegen Pompeius wieder verloren. Wenn er also die römische Angriffslust gegen die Parther über das atropatenische Medien lenkte, so brachte er objektive strategische Vorteile für die Römer mit eigenen machtpolitischen Bestrebungen zur Deckung: Er konnte hoffen, mit römischer Hilfe und als Dank für seine Unterstützung zumindest Teile des väterlichen Großreiches restituieren zu können; zugleich verhalf er den Römern zu einer Aufmarschbasis gegen das Zentrum des Partherreiches und damit zu einem Drohpotential, mit welchem sie die Rückgabe der Feldzeichen hofften erzwingen zu können. Antonius feierte das Bündnis mit einer Silberprägung, die sein Portrait auf der Vorder- und eine armenische Königstiara auf der Rückseite zeigt; noch direkter zeigte er später sein Waffenbündnis mit Kleopatra an (siehe unten, Seite 173). Antonius hatte, damit der Vormarsch nicht nur vom Wohlverhalten des Artavasdes, sondern auch von der Ortskenntnis und Kampferfahrung eigener Truppenteile begünstigt werde, den Feldzug gleich zu Ende des Winters von seinem Legaten Publius Canidius Crassus mit einem Vorstoß gegen Armeniens nördliche Nachbarn, die Kaukasusvölker der Iberer und Albaner, eröffnen lassen. Er hatte aufgrund der Erfahrungen, die dreißig

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Jahre zuvor Pompeius mit diesen kriegerischen Völkern gemacht hatte, dieses Unternehmen als Präventivmaßnahme zur Sicherung seiner linken Flanke befohlen. Crassus benutzte dasselbe Einfallstor von Armenien aus dem Araxestal nach Norden in das Tal des Kyros (Kura) und erreichte so das Kernland der Iberer, die Region um die heutige georgische Hauptstadt Tiflis. Sowohl die Iberer als auch die östlich bis zum Kaspischen Meer angrenzenden Albaner zwang Crassus in ein Bündnis mit Rom und kehrte mit Hilfstruppen beider Völker schnellstmöglich nach Armenien zurück. Dort vereinigte er sich mit Antonius und dessen Hauptarmee aus römischen Legionen und Truppen der Verbündeten in der Gegend des heutigen Erzurum. Zuvor hatte Antonius seine Armee an der syrischen Euphratgrenze bei Zeugma versammelt – bis hierhin hat ihn Kleopatra begleitet –, nicht zuletzt in der Absicht, in scheinbarer Nachahmung des Crassus den Übergang über den Euphrat vorzutäuschen und damit die Hauptarmee des Feindes im nördlichen Mesopotamien zu binden. Dieses Manöver ist ihm gelungen, jedenfalls bis nach dem Zeitpunkt der Vereinigung aller Truppenteile in Armenien. Er muss demnach auch nach seinem Aufbruch nach Armenien, vermutlich im Mai, genügend Einheiten zurückgelassen haben, um bei den Parthern die Illusion einer drohenden Invasion über den Euphrat bei Zeugma aufrecht zu erhalten. 5 In Armenien zogen vor Antonius’ Augen nach Plutarch 60.000 römische Legionäre vorbei, einschließlich 10.000 Reiter aus Gallien und Spanien, 6000 gepanzerte armenische Reiter und 7000 armenische Fußsoldaten, denen sich auf dem Vormarsch nach Osten noch weitere 10.000 Reiter anschlossen, dazu noch einige tausend Kombattanten anderer Klientelfürsten, von denen Polemon von Pontos persönlich am weiteren Feldzug teilnahm. Das strategische Ziel war die Besetzung der Hauptstadt des atropatenischen Medien, Phraaspa. Die exakte Lage der Stadt zu bestimmen, ist bis heute nicht gelungen. Sie lag auf jeden Fall südöstlich des heutigen Urmia-Sees (des antiken Matiane-Sees) in der Umgebung der modernen Metropole Maragheh. Antonius gedachte, die Stadt notfalls gewaltsam einzunehmen, und führte zu diesem Zweck einen aus dreihundert Wagen bestehenden Fuhrpark aus Belagerungsmaschinen mit, darunter einen „Widder“ von 25 Metern Länge. Noch während der Zusammenführung seiner Truppen oder bald danach erfuhr Antonius zu seiner Genugtuung, dass nicht nur der Partherkönig Phraates noch im nordwestlichen Mesopotamien stehe und dort den römischen Angriff erwarte, sondern auch sein Verbündeter, Artavasdes II. von Media Atropatene, seine Hauptstadt verlassen und sich mit seinen Truppen zu ihm begeben habe. Antonius reagierte sofort. Er ließ den schwerfälligen Belagerungsapparat mit einer 10.000 Mann starken Bedeckung ihr normales Tempo weitermarschieren,

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Abb. 11: Partherfeldzug des Jahres 36 v. Chr.

während er selbst mit dem Gros des Heeres in Gewaltmärschen nach Phraaspa vorauseilte. Mit einem Überraschungscoup hoffte er, die vom König verlassene Residenz überrumpeln und eine Vorentscheidung des Krieges herbeiführen zu können. Während sich die Wagenkolonne samt Schutztruppe unter dem Legaten Oppius Statianus das Tal des Araxes weiter abwärts bewegte, um sich erst später nach Süden zu wenden, ließ Antonius das armenische Kernland links liegen und nahm in südöstlicher Richtung den direkten kürzeren, aber beschwerlicheren Weg über das heutige Dog˘ubayazıt auf türkischem und Maku¯ auf iranischem Staatsgebiet. 6 In der Tat erreichte Antonius ohne Verluste – wohl im August – die medische Residenzstadt, fand aber die Tore verschlossen und musste somit in Ermangelung seiner Belagerungsmaschinen nur mit Hilfe von Wall und Graben versuchen, die Stadt von jeder Zufuhr abzuschneiden und zur Übergabe zu zwingen. Aber auch die beiden Könige selbst waren mittlerweile über Antonius’ Manöver informiert worden und eilten durch das nördliche Mesopotamien ostwärts nach Phraaspa. Es ging offenbar nur um wenige Tage oder nur um Stunden: Kurz bevor der Belagerungstross Antonius erreichen konnte, waren die vereinten Parther und Meder zur Stelle und warfen sich, um eben dies zu verhindern, auf den völlig überraschten Statianus und seine Truppe. Antonius, vom Nahen des Gegners unterrichtet, eilte seinem Legaten zu Hilfe, kam aber zu spät und konnte nur noch die Katastrophe in Augenschein nehmen. Zwei Legionen samt Feldherren waren vernichtet und alle Belagerungsmaschinen zerstört worden. Unter den Gefangenen befand sich König Polemon, der den Tross mit gedeckt hatte; ihn ließ man später gegen ein hohes Lösegeld wieder frei.

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Trotz dieses Verlustes machte Antonius’ Vorgehen seinem großen Lehrmeister Caesar alle Ehre: Schnelligkeit, entschlossenes Handeln und Zupacken – es fehlte ihm nur Caesars sprichwörtliches Glück. Zudem traf er auf energischeren Widerstand als Caesar seinerzeit in Italien, wo ihm und seiner dreizehnten Legion die Landstädte und Rom widerstandslos die Tore geöffnet hatten. Zu allem Überfluss setzte sich der armenische Verbündete auf die Kunde vom Desaster des Oppius Statianus mit seiner wertvollen Reiterarmee in seine Heimat ab. Dieses Verhalten des Artavasdes ist von der Antike bis heute als Feigheit und Verrat an der römischen Sache und Antonius’ Vertrauen in den Armenier als allzu leichtfertig getadelt worden.7 Was Antonius betrifft, lässt sich darüber aus heutiger Sicht schwer urteilen. Es lag schlichtweg in seiner Natur, einem Verbündeten und Freund bis zum Beweis des Gegenteils erst einmal zu trauen. Was den König betrifft, so tat er das einzig Richtige, wenn man die Interessen seines Königreiches zum Maßstab seines Handelns nimmt. Als nach der Vernichtung der Belagerungsmaschinen offenkundig Antonius der schnelle Sieg versagt bleiben sollte, ja überhaupt ein erfolgreiches Ende des Feldzuges zweifelhaft erschien, zog er sich aus dem Geschehen zurück. Er hätte andernfalls auf römischer Seite in das Kampfgeschehen eingreifen müssen und damit dem Partherkönig einen Grund liefern können, ihn als Feind zu betrachten und sich schlimmstenfalls an seinem Reich selbst zu rächen. Zudem wissen wir nicht, ob, und wenn ja, welche Zusagen Artavasdes dem Antonius über die Sicherstellung eines reibungslosen Nachschubs in Armenien hinaus gemacht hatte. Er wird sich kaum zu einem offenen Schlagabtausch mit der parthischen Armee bereit erklärt haben, ging es ihm doch nur um den Besitz der Media Atropatene. Es war insbesondere das weitere Schicksal, welches Antonius’ Armee vor Phraaspa und auf dem Rückmarsch ereilte, das die Wut der Römer auf den angeblich treulosen König lenkte. Antonius versuchte wohl, einen Teil der Belagerungsmaschinen auf die Schnelle durch Neukonstruktionen zu ersetzen, aber er blieb eingekeilt zwischen den in Phraaspa belagerten Medern, die günstige Augenblicke für Ausfälle nutzten, und dem parthischen Heer, das die zum Fouragieren ausgeschickten römischen Einheiten attackierte. Er entschied sich, um die Kräfte nicht in Scharmützeln zu verzetteln und um die Stimmung der Truppe zu heben, zu einem Befreiungsschlag: Mit etwa zwei Dritteln seiner Armee unternahm er einen Tagesmarsch zu einer groß angelegten Aktion der Nachschubbeschaffung. Er hoffte – und seine Hoffnung trog ihn nicht –, die Parther würden die Gelegenheit nutzen, mit ihrer überlegenen Reiterei die Legionen zu umzingeln, und sich einer Feldschlacht stellen. In der Tat gelang es Antonius mit einem geschickt kombinierten Reiterei- und Infanterievorstoß, die parthi-

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schen Reiter in die Flucht zu schlagen, jedoch konnten seine kavalleriemäßig unterlegenen Truppen nur einer Handvoll Feinde habhaft werden, was er ihn nicht hinderte, eine Siegesmeldung nach Rom abzusetzen. So standen Parther und Meder am nächsten Tag praktisch unversehrt den Römern gegenüber, die in ihr Lager vor Phraaspa zurückzogen. Es war bereits Oktober geworden, und Antonius konnte angesichts der kritischen Verpflegungssituation nur mit Sorge auf eine mögliche Überwinterung vor der medischen Hauptstadt blicken. Auf erste Zeichen nachlassender Aufmerksamkeit und Courage hin griff er hart durch und befahl eine alte, harte disziplinarische Maßnahme, die decimatio: Er ließ jeden zehnten, durch Los ausgesuchten Mann hinrichten. Aber auch der Partherkönig geriet, falls die Römer tatsächlich ausharren sollten, in Handlungszwang, denn seine Truppen waren es nicht gewohnt und nicht entsprechend dazu ausgerüstet, den Winter über unter schlechten Wetterbedingungen im Felde zu stehen, und wollten deshalb rechtzeitig in ihre Heimatregionen zurückkehren. Phraates eröffnete über Emissäre Verhandlungen mit Antonius und bot ihm freien Abzug an, sofern Antonius vor Phraaspa alles stehen und liegen lasse. Letzterer ließ das Zeichen des Entgegenkommens nicht ungenutzt und brachte erneut die Rückgabe der Feldzeichen der Crassus-Armee als Gegenleistung für seinen Abzug zur Sprache. Der Partherkönig lehnte höflich, aber bestimmt ab und stellte stattdessen ein noch später zu vereinbarendes Friedensabkommen in Aussicht. Vor die Alternative gestellt, entweder ein sicher langwieriges Belagerungsunternehmen mit völlig ungewissen Erfolgsaussichten durchzustehen oder einen sicheren Rückzug anzutreten, tat Antonius das einzig Richtige und befahl den Aufbruch. Auf diese Weise hoffte er, in Armenien neue Kräfte sammeln und im kommenden Jahr gegebenenfalls zu einem neuen Schlag ausholen zu können. Seinen Soldaten die Entscheidung zu vermitteln und gleichzeitig den Eindruck einer Niederlage zu vermeiden, war freilich ein Kunststück. Der ansonsten redegewandte Oberfeldherr überließ es dem Domitius Ahenobarbus, Worte der Aufmunterung an die Truppe zu richten. Laut Plutarch soll Antonius nicht aus Feigheit sondern in wohl kalkulierter Absicht so gehandelt haben, um auch bei den Soldaten die selbst empfundene Scham und Trauer über das Geschehene zu erregen. 8 Doch entgegen seinem Versprechen schickte Phraates keinen Friedensvertrag. Im Gegenteil: Er attackierte die nach Norden in Richtung Armenien und den Araxesfluss, der die Grenze zu Medien bildete, abziehenden römischen Kolonnen. Nahezu ununterbrochen von der parthischen Reiterei bedrängt, zunehmend geschwächt durch Hunger, Durst und Krankheiten, da die Soldaten in ihrer Not giftige Kräuter und Wurzeln aßen, quälte sich Antonius’ Armee über Gebirge, Flüsse und durch kahle Ebenen.

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Gegen den zermürbenden Pfeilhagel der berittenen parthischen Bogenschützen bildeten die Legionäre die so genannte „Schildkröte“: Die Einheit formierte sich zu einem Rechteck, nahm die Leichtbewaffneten und Reiter in die Mitte; die vorderste Reihe deckte kniend die Flanken, die zweite und die folgenden Reihen hielten ihre Schilde über die Vorderleute und sich selbst, so dass ein für Geschosse undurchdringliches Schilddach entstand. Die Parther legten diese ihnen unbekannte Formation als Zeichen der letzten Zuckungen eines geschwächten Heeres aus, stiegen von ihren Pferden und näherten sich unvorsichtig zu Fuß, woraufhin die Römer plötzlich in voller Rüstung vorstürmten und den Gegner mit großen Verlusten in die Flucht schlugen. Diese Kampftechnik verschaffte zwar etwas Luft vor den Reiterangriffen, verminderte aber die tägliche Marschleistung enorm. Nach Plutarch, der seine Informationen aus dem (heute verlorenen) Geschichtswerk von Antonius’ Legaten Quintus Dellius bezog, der als Augenzeuge an dem Feldzug teilnahm, benötigten die Legionen für die etwa 200 Kilometer von Phraaspa bis zum Araxes 27 Tage und schlugen 18 siegreiche, wenn auch folgenlose Schlachten; man hatte also im Durchschnitt häufiger als jeden zweiten Tag Feindberührung. Doch trotz aller Entbehrungen stand Antonius’ Autorität nicht für einen Moment auf dem Spiel. Sein Biograph Plutarch stellt in seiner ausführlichen Erzählung über den beschwerlichen Rückmarsch Antonius’ vornehmste Eigenschaften, die sich insbesondere in Notsituationen offenbarten, geradezu hymnisch heraus: Frei von allem Dünkel sorgte er sich um die Geringsten seiner Soldaten, besuchte und tröstete die Verwundeten, beeindruckte durch die Einfachheit, seine trotz aller Entbehrungen unbeugsame Leichtigkeit, unverkrampfte Zuneigung zu seinen Mitmenschen, Freigebigkeit, ohne dass er seinen Rang und Stand vergessen hätte. Die Folge war ein äußerst diszipliniertes Heer, das nie in Gefahr war, sich in heilloser Flucht aufzulösen, und dem selbst der parthische Gegner Respekt zollte. Am Nordufer des Araxes angekommen hielt Antonius Musterung; er musste den Verlust von 20.000 Fußsoldaten und 4000 Reitern beklagen, ein Viertel der im Frühjahr in Marsch gesetzten Armee, davon mehr als die Hälfte ein Opfer von Krankheiten. Besonderer Verdruss herrschte über Artavasdes, dessen 16.000 Reiter, bewaffnet wie die Parther und vertraut mit deren Kampftechnik, den Rückmarsch um ein Vielfaches erleichtert und beschleunigt hätten. Doch Antonius zügelte seinen Zorn, da er der Hilfe des Königs für seine geschwächte Armee noch dringend bedurfte. Es war November geworden, der Winter im armenischen Hochland hatte mit heftigen Schneefällen eingesetzt und es galt, eine immer noch etwa 60.000 Mann umfassende Truppe zu versorgen. Wenn Artavasdes auch seinen Verpflichtungen nachkam und die Legionen im eigenen

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Land mit dem Nötigsten versorgte – an der Unbill der Natur konnte auch er nichts ändern. Auf dem weiteren Rückmarsch nach Westen – es waren noch mehrere hundert Kilometer zurückzulegen, bis man wenigstens im ostanatolischen Pontos oder in Kappadokien ankam – verlor Antonius noch einmal 8000 seiner Soldaten durch Kälte, Entkräftung, Krankheit. 9 Er selbst eilte mit einem kleinen Gefolge bis an die Mittelmeerküste Syriens voraus, nach Leuke Kome (‚weißes Dorf‘), zwischen Berytos (Beirut) und Sidon (Saïda) gelegen. Unsere Quellen suchen den Grund begreiflicherweise in seiner Sehnsucht, baldmöglichst in Kleopatras Armen liegen zu können. In Wirklichkeit musste Antonius die dringend benötigten Güter für die Winterquartiere seiner erschöpften Armee organisieren, wozu neben ausreichender Verpflegung neue Kleidung gehörte, die er Kleopatra zu stellen befahl. Nur mit Blick auf ihre Person wird dieses Detail überliefert, aber zweifellos haben alle Klientelfürsten und Städte das Ihre beisteuern müssen. Gemessen an dem Ziel, die Parther zur Rückgabe der römischen Feldzeichen zu zwingen, war der Feldzug des Jahres 36 ein Fehlschlag gewesen. Dennoch ist in der römischen Öffentlichkeit der Vormarsch auf Phraaspa und das siegreiche, aber nicht kriegsentscheidende Gefecht gegen die Parther, ungeachtet des Verlustes des Trosses und der 10.000 Mann des Oppius Statianus, als Erfolg gefeiert worden. In Rom wurden Dankopfer dargebracht und Feste gefeiert. Für den verlustreichen Rückzug konnten der wortbrüchige Partherkönig und das Verschwinden des armenischen Verbündeten verantwortlich gemacht werden. Antonius war mit dem festen Vorsatz nach Armenien zurückgekehrt, im kommenden Jahr erneut aufzubrechen und Vergeltung zu üben. In Artavasdes’ Reich hatte er römische Besatzungen zurückgelassen, um den Vormarsch im Folgejahr zu beschleunigen, ansonsten erging bis nach Rom hin die Aufforderung, für Geld und die notwendigen Nachschubgüter zu sorgen. 10

12. Armenia devicta: Sieg über Armenien Leuke Kome, erster Endpunkt einer hastigen Rückreise vom medischen Kriegsschauplatz, war ein sonst unbedeutender Flecken, möglicherweise der letzte im Stadtterritorium von Berytos, das ja seit Kurzem zu Kleopatras Herrschaftsbereich gehörte, bevor das Gebiet der freien Stadt Sidon begann. Antonius musste hier einige Zeit auf Kleopatra und die von ihr beizubringenden Nachschubgüter warten und regelte dann noch die ordnungsgemäße Verteilung derselben und diejenige seiner Soldaten auf die Winterquartiere. Neben den in Armenien zurückgelassenen Besatzungen blieb eine Heeresgruppe unter Domitius Ahenobarbus in Ostanatolien und Bithynien, bereit, um im nächsten Frühjahr erneut und beschleunigt den Feldzug von Armenien aus zu beginnen. Von Syrien begab sich Antonius für den Rest des Winters nach Alexandria, wo er seinen von Kleopatra neugeborenen Sohn in Augenschein nehmen konnte, der den Namen Ptolemaios Philadelphos (der Geschwisterliebende) führte. Zugleich war hier Zeit und Muße, sich mit den großen Veränderungen und ihren Folgen auseinanderzusetzen, die gleichzeitig mit seinem Partherfeldzug im westlichen Mittelmeergebiet abgelaufen waren. Am 3. September hatte Octavians Flotte unter dem Kommando Agrippas vor der Nordküste Siziliens den entscheidenden Sieg über Sextus Pompeius errungen, der in Antonius’ Herrschaftsbereich floh – seine Spur werden wir später aufnehmen. Octavian konnte sich aber nicht nur dieses lästigen Rivalen entledigen, sondern er nutzte die Gelegenheit, den Triumviratskollegen Lepidus nach einem Streit darüber, wie mit dem Rest der pompeianischen Armee zu verfahren sei, unter für diesen demütigenden Bedingungen vollständig zu entmachten. Im Herbst des Jahres 36 war er unumschränkter Herr über alle westlichen Provinzen des römischen Reiches geworden, aber nichtsdestoweniger peinlich darauf bedacht, die Bestimmungen des Tarentiner Abkommens einzuhalten und Antonius keinen Grund für Verstimmungen zu liefern. 1 Den Sextus Pompeius ließ er ungehindert in den Osten entkommen. Da dieser für ihn keine Gefahr mehr darstellte, konnte er dessen weiteres Schicksal getrost in Antonius’ Hände legen, der immer ein besseres Verhältnis zu ihm gehabt hatte als er selbst. Noch in Unkenntnis über den Ausgang von Antonius’ Partherfeldzug erwartete man in Italien die baldige Rückkehr des Triumvirn. Octavians Soldaten, die vehement ihre Entlassung und Belohnungen einforderten, sollten mit dem Hinweis vertröstet werden, er, Octavian, wolle sie zusammen mit Antonius’ heimkehrenden Truppen entlohnen und dann entlassen – worauf sich

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diese freilich nicht einließen. 2 Sodann schickte er Antonius alle Schiffe, die ihm in Tarent übergeben worden waren, unter Ersatz der zerstörten Einheiten nach dorthin zurück, wo sie Antonius zur Disposition standen. Octavia begab sich Ende des Jahres zum Winteraufenthalt nach Athen; sie mochte vielleicht aufgrund einer unverbindlichen Planung hoffen, Antonius nach dem Partherfeldzug in der von ihm geliebten Stadt zu treffen, doch blieb er begreiflicherweise – wie berichtet – den ersten Teil des Winters in der Nähe seiner entkräfteten Truppen in Syrien. Auf jeden Fall besorgte Octavia – und dies konnte sie nur einvernehmlich mit ihrem Bruder durchführen – von Athen aus die aus Italien zu Antonius laufende Überstellung neuer Soldaten, wie in Tarent vereinbart worden war. Leider erfahren wir in diesem Kontext nur von einem Reiterregiment, und dies auch nur deshalb, weil Sextus Pompeius vergeblich versuchte, dasselbe durch Bestechung auf seine Seite zu ziehen. Mit dem Sieg über Sextus Pompeius verband Octavian die politische Botschaft, die Bürgerkriege seien nunmehr beendet und damit ein Ende der außerordentlichen triumviralen Gewalt in greifbarer Nähe. Seine Beschwichtigungsversuche gegenüber der unzufriedenen Soldateska in Sizilien, sowie der Einsatz seiner Schwester Octavia im folgenden Winter und Frühjahr, die von Athen aus die dringend benötigten Nachschublieferungen aus dem Westen an ihren Gatten Antonius weiterleitete, lassen an der ernst gemeinten Erwartung, Antonius werde bald nach Italien zurückkehren, keinerlei Zweifel. Wie und wann Senat und gewählte Magistrate die Geschicke des Staates wieder lenken sollten – diesbezüglich gab es freilich neben viel Grundsätzlichem auch Details zu klären, die Octavian in einem an Antonius gerichteten Brief erläuterte. Leider sind konkrete Inhalte der beiderseitigen Planungen und Vorstellungen nicht mehr überliefert. Welch hohe diplomatische Wertschätzung Antonius diesen Kontakten einräumte, ersieht man aus der Tatsache, dass er einen seiner ranghöchsten Begleiter, Lucius Calpurnius Bibulus, mit Verhandlungsvollmacht zu Octavian zurückschickte. Bibulus war ein Sohn des Konsuls vom Jahre 59, des Gegenspielers Caesars. Zuerst auf Brutus’ Seite wurde er dann als Flottenpräfekt in Antonius’ Diensten Octavian zur Hilfe gegen Pompeius geschickt, stand auch mit diesem in freundschaftlichem Verhältnis und ist zuletzt als Statthalter des Antonius in Syrien bezeugt, wo er noch vor der Schlacht von Actium verstarb. 3 Zu der Agenda zählte sicherlich eine Abklärung von Octavians neuerlichem Machtzuwachs, insbesondere eine Begründung für die Absetzung des Lepidus. Offensichtlich einigten sich die beiden RestTriumvirn, ihre Amtsgewalt bis zum vereinbarten Endtermin, dem 31. Dezember des Jahres 33, weiterhin auszuüben und damit auszufüllen, dass Antonius das unbefriedigende Resultat des letzten Feldzuges nach Medien

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korrigieren und Octavian die gefährdeten Grenzen der Provinz Illyricum, das heutige dalmatinische Küstengebiet, mit einer militärischen Offensive auf dem Balkan sichern sollte. Das Ergebnis muss einvernehmlich gewesen sein, denn Antonius stellte Planungen an, Octavians Illyrienexpedition mit eigenen Truppen zu unterstützen. Er schickte möglicherweise einen seiner Flottenbefehlsheber, die Octavian gegen Sextus Pompeius unterstützt hatten, Marcus Valerius Messalla Corvinus, mit kleinem Aufgebot nach Illyricum. Nichts deutet also darauf hin, dass Antonius und Octavian nach der Ausschaltung des Sextus Pompeius zwangsläufig schon insgeheim die Schwerter für den Kampf um die Herrschaft über das römische Reich gegeneinander schmiedeten und nur nach dem passenden Vorwand für ein Zerwürfnis suchten. Deshalb empfiehlt es sich, Octavias neuerliche Reise nach Athen im Frühjahr des Jahres 35 all jener verzerrenden Unterstellungen zu entledigen, die ihr später angedichtet wurden: Octavian habe seine Schwester in der festen Überzeugung abreisen lassen, sie würde von Antonius Kleopatras wegen brüskiert werden, womit ihm selbst ein trefflicher Kriegsgrund geliefert werde. 4 Das Gegenteil ist der Fall: Octavia geleitete umfangreiche Nachschublieferungen (Bekleidung, Zugtiere, Geld, Geschenke für Antonius’ Stab, 2000 erlesene und bestens ausgerüstete Soldaten), vermutlich aber noch größere Einheiten für den erneuten Partherfeldzug nach Athen und schickte einen gewissen Niger, einen Vertrauten ihres Gatten, zu Antonius, um über den weiteren Einsatz dieser Lieferungen Instruktionen einzuholen. Antonius erfuhr von Octavias Eintreffen in Athen, als er sich bereits in Armenien auf dem Vormarsch nach Medien befand, und bat Octavia, verständlicherweise und ohne dass dies als Brüskierung verstanden werden konnte, bis zu seiner Rückkehr in Athen zu warten. Wie sehr sich Antonius im positiven Sinne in Italien weiterhin zu profilieren vermochte, zeigt die uneingeschränkte Bauaktivität seiner Anhänger in Rom oder in dessen unmittelbarer Nähe. An prominenter Lage, am Beginn der Via Appia, errichtete sein gegen die Parther erfolgreicher General Ventidius Bassus um das Jahr 35 ein aufwendiges Grabmal in Form einer Exedra; als Baumaterial diente der damals noch selten verwendete Marmor aus Luna an der ligurischen Küste. Die erhaltenen Relieffragmente stellen in Anspielung auf den Parthertriumph des Bassus Schlachtszenen und gefangene Gegner in orientalischer Physiognomie und Kleidung dar. Bassus gehörte zu einer Reihe von Statthaltern der Triumvirn, die wegen kleinerer und größerer militärischer Erfolge einen eigenen Triumphzug in Rom abhalten und sich mit Baustiftungen auch eine bleibende Erinnerung schaffen konnten. Bassus starb bald darauf und erhielt ein feierliches

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Staatsbegräbnis. 5 Von Antonius’ Generalen triumphierte noch Gaius Sosius im Jahre 34 über Judäa und begann anschließend mit dem Bau eines Apollotempels auf dem Marsfeld. Gnaeus Domitius Ahenobarbus errichtete wohl nach seiner Rückkehr aus Armenien und Kleinasien um das Jahr 33 einen Neptuntempel ebenfalls auf dem Marsfeld. Alle diese Monumente stellten im damaligen politischen Kontext keine Provokation dar, wie man unter der Prämisse eines seit dem Jahre 36 feindseligen Verhältnisses der Triumvirn vermutet hat, sondern sie zeugen vielmehr von den von niemandem in Frage gestellten Möglichkeiten des Antonius und seiner Anhänger, sich neben Octavian und dessen Generälen gleichberechtigt auch architektonisch in Szene zu setzen. 6 Auf dem Kriegsschauplatz des vergangenen Jahres hatten sich überraschend und zur Freude des Antonius neue Konstellationen ergeben. Das Bündnis zwischen dem Partherkönig Phraates und dem Meder Artavasdes war an einem Streit über die den Römern abgenommene Beute zerbrochen. Artavasdes deutete diesen Zwist in dem Sinne, der Partherkönig könne das Zerwürfnis zum Vorwand nehmen, ihn vom Thron zu vertreiben, und bot deshalb Antonius ein Waffenbündnis gegen Phraates an. Die Offerte überbrachte vermittelnd kein Geringerer als der pontische König Polemon, und Antonius nahm gerne an, stand ihm doch damit auf einen Schlag die unverzichtbare, schlagkräftige, mit der Kampfesweise der Parther vertraute schwere Kavallerie zur Verfügung, die er auf seiner Vorjahresexpedition so schmerzlich vermisst hatte. Im Frühjahr 35 begab er sich nach Armenien. Am Araxesfluss (Aras), der Grenze zwischen Armenien und der Media Atropatene, war das Zusammengehen mit dem Meder vereinbart, aber zur gemeinsamen Eröffnung eines Feldzuges kam es nicht mehr. Angeblich, so unsere Hauptquellen Plutarch und Cassius Dio, soll Kleopatra nach der Kunde, Octavia sei in Athen eingetroffen, den Antonius aus Eifersucht mit allerlei trickreichen Künsten nach Alexandria zurück gelockt haben; Octavia habe dann – konsequenterweise – nach Rom zurückkehren müssen.7 Auch wenn die neuere Forschung sich dieser Begründung begreiflicherweise nicht anschließt, so fehlt es ihr doch an plausiblen Alternativen. Das nachträglich zementierte Kleopatrabild hat die Fakten so gründlich zugedeckt, dass sich für die Umkehr aus Armenien auch nicht andeutungsweise ein nachvollziehbares Motiv in der Überlieferung bewahrt hat. Anders steht es um die Rückkehr Octavias nach Rom. Diese lässt sich mühelos erklären mit der öffentlichen Rolle, die Ehefrauen herausragender Politiker in der ausgehenden Republik automatisch übernahmen, wenn die Ehemänner außerhalb Roms und Italiens weilten: Sie widmeten sich mit vollem Einsatz nicht nur den familiären, sondern auch den politi-

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schen Belangen, sie bildeten das Fundament in einem Gebäude komplizierter Freundschaften und politischer Koalitionen, das Zentrum und die Anlaufstation aller Freunde, Verbindungsleute und Anhänger ihres Gatten in Rom. Ein anschauliches Bild solcher „Stellvertreterfunktion“ vermittelt Ciceros Korrespondenz mit seiner Gattin Terentia aus der Zeit seines Exils in den Jahren 58 und 57. Terentia präsentiert sich abgesehen von einer mit zärtlichen Worten bedachten Gattin als völlig gleichberechtigte Gesprächspartnerin, namentlich in politischen Dingen: Sie übermittelte Cicero die neuesten Entwicklungen, sie ergriff Initiativen für seine Rückkehr, sie war unverzichtbarer Teil seiner Existenz als Politiker – und schließlich: Terentia wünschte, sofern es ihr Gatte wolle, zu ihm nach Griechenland zu kommen, jedoch Cicero möchte, dass sie in Rom bleibe, da sie einen Großteil jenes mühseligen Geschäftes in der Hauptstadt trage; wenn sie alles erfolgreich bewerkstelligt haben würde, dann möge sie gerne zu ihm kommen.8 Mit Blick auf diese parallele Situation ist die Rückkehr Octavias nach Rom alles andere als eine Brüskierung gewesen, sie war Ausdruck von Antonius’ uneingeschränktem Vertrauen in ihre Funktion als Wahrerin seiner politischen Interessen und in ihre Loyalität, noch dadurch aufgewertet, dass sie zugleich die Schwester seines Triumviratskollegen war. Octavia leistete für Antonius die wertvollsten Dienste in Rom, nicht damit er selbst ungestörte Liebesnächte mit Kleopatra verbringen konnte, sondern damit sein ganzes politisches Potenzial in Rom optimal gewahrt und vermehrt wurde. Dass Octavian sie nach der Rückkehr aus Athen aufgefordert habe, Antonius’ Haus zu verlassen, ist unter dieser Prämisse geradezu absurd und aus dem weiteren Grunde unglaubwürdig, weil die antiken Berichterstatter Octavias anschließende Weigerung, dies zu tun, notwendigerweise einschieben mussten, um der selbstverständlichen Realität wieder Rechnung tragen zu können. Münzen mit dem gemeinsamen Bildnis des Antonius und der Octavia, geprägt im Jahre 36 oder 35, unterstreichen das Einvernehmen der Ehegatten. Um nun auf den vorzeitigen Abbruch der über Armenien und Medien gerichteten zweiten Offensive zurück zu kommen, so lassen sich nur Vermutungen über die Ursache anstellen. Möglicherweise bewogen Antonius allein die Nachricht, Nachschub aus Rom bewege sich nach Osten, oder auf Grund der neuen Bündniskonstellation Komplikationen mit dem Armenierkönig, mit einer Offensive gegen die Parther ein weiteres Jahr zu warten. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass ihn die Umtriebe des Sextus Pompeius in Kleinasien, der mit den Parthern Kontakt aufnehmen wollte, vorsichtshalber nach Syrien zurückkehren ließen. Es müssen jedenfalls globalstrategische Überlegungen gewesen sein, die Antonius zu diesem Aufschub bewogen.

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Sextus Pompeius erreichte, nachdem ihn Octavian von Sizilien hatte entkommen lassen, nach Zwischenstationen die Insel Lesbos vor der kleinasiatischen Westküste, die in alter Klientel mit der Familie der Pompeier verbunden war. Dort erfuhr er noch vor dem Jahresende 36 vom unrühmlichen Ende von Antonius’ Medienfeldzug, was ihn bewog, sich aus der selbst gewählten Reserve heraus zu bewegen und wieder als politische Kraft ins Spiel zu bringen. Törichterweise spielte er aber ein doppeltes Spiel. Er schickte Gesandte sowohl zu Antonius nach Alexandria, um ihm seine Dienste anzubieten, als auch – das jüngste Vorbild Labienus vor Augen – zu den Parthern, um ihnen als Sohn des großen Pompeius als Feldherr gegen Rom zu dienen. Ja er ging sogar die Antonius ergebenen Klientelkönige in Thrakien und Pontos an, um sich gegebenenfalls durch deren Länder die Flucht in Richtung Armenien offen zu halten. Darüber hinaus aber stellte er Schiffe zusammen und drillte Flottensoldaten, bald mit der Begründung, er müsse sich vor Octavians Nachstellungen schützen, bald, er wolle diese Antonius zuführen. Sein Pech war, dass seine Gesandten, bevor sie parthisches Territorium erreichen konnten, von Antonius’ Statthaltern abgefangen, zu diesem gebracht und mit den Gesandtenkollegen, die Pompeius zu ihm geschickt hatte, konfrontiert wurden. Letztere konnten die peinliche Situation dadurch entschärfen, dass sie erfolgreich auf die verzweifelte Situation des Pompeius rekurrierten, die ihn nach jedem Strohhalm greifen lasse; im Grunde stünde er aber, sofern sich Antonius eindeutig zu seinen Gunsten äußere, auf dessen Seite. Diese Mitleidsarie verfehlte ihre Wirkung auf Antonius nicht, dessen freimütiges, treuherziges Wesen unser Gewährsmann Appianos bei dieser Gelegenheit ausdrücklich erwähnt. Dennoch hatte Antonius seinen Legaten Marcus Titius, der einst unter Pompeius in Sizilien gedient und dann zu ihm übergetreten war, beauftragt, mit Flotten- und Infanterieeinheiten aus Syrien gegen Pompeius nach Kleinasien aufzubrechen, um ihn, falls er feindselig auftrete, energisch zu bekämpfen oder, falls er Ergebenheit zeige, zuvorkommend als Freund zu behandeln. Bis Titius jedoch zu Beginn des Frühlings des Jahres 35 am Ort des Geschehens eintreffen sollte, hatte sich Pompeius handstreichartig durch Verrat in den Besitz der an den Dardanellen gelegenen Stadt Lampsakos (Lapseki) gesetzt, die jüngst von Caesar als römische Kolonie mit italischen Siedlern ausgestattet worden war. Dadurch konnte Pompeius seine bewaffneten Scharen auf drei Legionen und 200 Reiter auffüllen. Der vor Ort verantwortliche Statthalter der Provinz Asia, Gaius Furnius, konnte in Ermangelung eigener Streitkräfte und noch in Ungewissheit über Antonius’ Direktiven diesen Aktionen nur mehr oder weniger passiv zuschauen. Erst als Titius mit 120 Schiffen und einer ansehn-

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lichen Armee eintraf, zusätzlich noch 70 Schiffe aus Sizilien zu Antonius zurückkehrten, wendete sich das Blatt. 9 Pompeius, von seinen Truppen, Offizieren und Ratgebern verlassen, wurde ins Innere Phrygiens bis zum Ort Midaion (östlich von Eskis¸ehir) abgedrängt und wollte sich von dort nach Norden zur Schwarzmeerküste durchschlagen, wurde aber – allerdings nur durch Verrat eines Überläufers – von der Reiterei des galatischen Königs Amyntas gestellt. Titius schaffte ihn nach Milet und ließ ihn dort hinrichten, wobei – wie so oft in ähnlichen Situationen der Geschichte – Unklarheit herrschte, wer den Tötungsbefehl erteilt hatte. Möglicherweise ist der Version der Vorzug zu geben, nach der Antonius’ Statthalter von Syrien, Lucius Munatius Plancus, dem Antonius für die Zeit seiner Abwesenheit in Armenien bei Gefahr im Vollzug die Siegelvollmacht erteilt hatte, die Hinrichtung befohlen hat. Dass Antonius Pompeius’ Tod bedauert hätte, ist nicht bekannt. Trotz dieses für Antonius glücklichen Ausgangs sollte nicht übersehen werden, welches Risiko und welche Sprengkraft die Aktivitäten des Sextus Pompeius in Kleinasien und im gesamten Osten in sich bargen. Der Name ‚Pompeius‘ konnte aufgrund der umfassenden Klientelverhältnisse, die der große Pompeius aufgebaut hatte, ungeahnte Ressourcen aktivieren, wie allein die Aktivitäten des Sextus im nordwestlichen Kleinasien bezeugen. Aus diesem Grunde ist die oben geäußerte Vermutung plausibel, dass sich Antonius auf die Nachricht hin, Pompeius wolle über Inneranatolien in Richtung Armenien und Partherreich entkommen, zur Umkehr vom Araxes entschloss und der Person des Gegners persönlich habhaft werden wollte. Wäre es Pompeius gelungen, einmal den Euphrat in Richtung Osten zu überschreiten, hätte dies – man erinnere sich an den erst wenige Jahre zurückliegenden Einfall des Labienus – unabsehbare Folgen für das von Antonius kunstvoll aufgebaute römische Herrschaftssystem im ganzen griechischen Osten gehabt. Um wie viel bekannter war der Name eines Pompeius als der eines Labienus! Sextus Pompeius teilte in einer Hinsicht das Schicksal des Antonius: Sein Bild in der Geschichte wurde vom Sieger Octavian in ähnlicher Weise wie dasjenige des Antonius bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. 10 Sein Name besaß unter den Generälen und Admirälen, die nach Caesars Tod innerhalb oder außerhalb des Triumvirats nach Macht und Einfluss strebten, neben demjenigen Caesars die stärkste Anziehungskraft. Antonius war sich dieser Wirkung bewusst und hat versucht, bis an die Grenzen der eigenen Glaubwürdigkeit mit Pompeius zu kooperieren, um gegebenenfalls ein Gegengewicht zu seinem Triumviratskollegen Octavian in die Waagschale werfen zu können. Jedenfalls hat er Pompeius während seines Konsulates die offizielle Anerkennung des Senats verschafft, danach stets den

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offenen Bruch mit ihm vermieden, zumal keineswegs ausgemacht war, dass Pompeius im Machtpoker nicht noch eine bedeutende Rolle würde spielen können. Pompeius seinerseits hat alles getan, Antonius’ Sympathien wach zu halten. Erst als es schließlich doch zum Endkampf zwischen Pompeius und Octavian kam, sah sich Antonius gezwungen, Pompeius um des höheren Interesses, seiner Loyalität zum Triumviratskollegen, wegen fallen zu lassen. Als Flüchtiger in seinem Machtbereich wurde Pompeius aufgrund seines Namens sogar zu einer eklatanten Bedrohung. Die Achtung vor diesem Manne, der nach dem Fall Perusias seiner vor Octavian flüchtigen Mutter eine ehrenvolle Aufnahme gewährt hatte, verbot es ihm aber, selbst und unmittelbar seine Hinrichtung zu veranlassen. Der Tod des Pompeius verschaffte Antonius die gebührende Anerkennung auch in Rom: Octavian ließ Zirkusspiele veranstalten, Statuen des Antonius sinnfällig im Tempel der Göttin Concordia (Eintracht) aufstellen und ihm das Recht zuerkennen, im Tempel selbst mit Gemahlin und Kindern zu speisen – ein Privileg, welches er selbst kurz zuvor erhalten hatte. Es besteht auch in diesem Fall keinerlei Grund, diese Ehrungen als politisches Manöver abzuqualifizieren, mit dem Octavian eine geheuchelte Freundschaft vorspiegeln oder Antonius’ Eifersucht auf seinen Sieg über Sextus Pompeius besänftigen wollte. Lassen wir die Tatsachen für sich sprechen, so bezeugen sie den uneingeschränkten Respekt vor Antonius’ Stellung in Rom und damit die erfolgreiche Rolle, die Octavia in diesem Zusammenhang als Sachwalterin von Antonius’ Interessen weiterhin wahrnahm. Antonius blieb im Osten, überwinterte in Alexandria, beschäftigt mit Planungen eines neuerlichen, dritten Feldzuges nach Armenien und Medien. Am 1. Januar des neuen Jahres 34 bekleidete er gemäß den Vereinbarungen von Misenum sein zweites Konsulat, in Abwesenheit von Rom und nur für einen Tag, um dem Jahr seinen Namen zu geben. 11 Sein Amtskollege war Lucius Scribonius Libo, der Schwiegervater des Sextus Pompeius, der sich im Vorjahr in Asia in Antonius’ Obhut begeben hatte, sein Konsulat aber bis zur Jahresmitte behielt. Antonius’ Nachfolger im Konsulat wurde sein Legat und Flottenbefehlshaber Lucius Sempronius Atratinus. Dieser hatte im Jahre 40 im Senat sich für die Verleihung der Königswürde Judäas an Herodes eingesetzt; nachfolgend als Kommandant der in Griechenland stationierten Flotte hat er auch die 120 Schiffe befehligt, die Antonius gemäß den Tarentiner Vereinbarungen dem Octavian zur Kriegsführung gegen Sextus Pompeius überstellte. 12 Da die offizielle Dauer des Triumvirats nur noch zwei Jahre betrug, liegt die Annahme auf der Hand, dass Antonius seine politische und militärische Strategie allmählich auf die Zeit nach dem Ablauf dieser Frist hin ausrich-

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tete. Wollte er weiterhin eine herausragende Rolle in der römischen Politik spielen, so musste er auf der Woge eines Erfolges mit einem ihm treu ergebenen Heer und als strahlender Sieger nach Rom zurückkehren. Nur mit dieser Rückendeckung konnte er die politische Zukunft in seinem Sinne gestalten, wie immer sie auch aussehen sollte – ob mit oder ohne Octavian. Um das Risiko möglichst gering zu halten, nicht noch einmal, wenn nicht als Verlierer, so doch als Gedemütigter ohne die römischen Feldzeichen zurückzukehren, wollte er zunächst in Armenien und Medien eine militärisch und diplomatisch gefestigte Basis hinterlassen, von der aus er, sei es gewaltsam, sei es friedlich, die Parther zur Rückgabe der Feldzeichen bewegen zu können hoffte. Die im vergangenen Jahr vorgetragene, für Antonius überraschende Freundschaftsofferte des Mederkönigs legte ein solches Konzept nahe, auch um den Preis, dass damit der Argwohn des armenischen Königs geweckt wurde. Ein Zusammengehen zwischen Antonius und Artavasdes II. von Media Atropatene konnte nur auf seine Kosten gehen und ließ seine Hoffnung, die Atropatene wieder zu gewinnen, dahin schmelzen. Der Armenier begegnete von nun an Antonius’ Unternehmungen mit unverhohlenem Argwohn, und das, wie sich herausstellen sollte, zu Recht. Antonius bot ihm über seinen Legaten Quintus Dellius die Vermählung eines ptolemäischen Prinzen, nämlich die seines fünfjährigen von Kleopatra geborenen Sohnes Alexander mit einer Tochter des Königs an. Er entbot Artavasdes nach Nikopolis (heute Niksar) in der Landschaft Klein-Armenien in Nordostanatolien, um die Freundschaft mit der Verlobung zu besiegeln und das weitere gemeinsame Vorgehen gegen die Parther zu besprechen. Jedoch weigerte sich Artavasdes, sein Königreich zu verlassen; angeblich hat er sogar mit Octavian Kontakt aufgenommen. Octavians Reaktion ist nicht überliefert, jedoch ist die Behauptung an sich höchst verdächtig und wahrscheinlich erst im Nachhinein unter dem Eindruck der im Jahre 32 geführten politischen Agitation erfunden worden, als dem Antonius Wortbruch gegenüber dem Armenier vorgeworfen wurde (siehe Seite 185). Viel näher lag es damals für den König, angesichts des Zusammengehens seines medischen Namensvetters mit Antonius nun seinerseits Anlehnung an die Parther zu suchen; dies zu verhindern hat Antonius vermutlich überhaupt erst zu der folgenden Aktion veranlasst. Er schickte den Dellius erneut zum König, rückte zugleich aber selbst als Freund und Verbündeter mit Heeresmacht bis vor die Hauptstadt Artaxata (heute Artashat, südöstlich von Eriwan) in Armenien ein. Dort gelang es ihm nach langem Zureden, Artavasdes in sein Lager zu locken, behielt ihn aber fortan in einer Art Geiselhaft. Er präsentierte sich mit ihm vor den Festungen des Landes, in denen die Schätze des Königs gehortet waren, um deren Aushändigung zu verlangen – angeblich zwecks Stärkung

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der Position des Königs. Jedoch zeigten sich die armenischen Kommandanten in richtiger Einschätzung der Situation unbeeindruckt. In Reaktion auf die Festsetzung ihres Königs hatten die Vornehmen des Landes, soweit sie sich dem Zugriff der Römer entziehen konnten, den ältesten Sohn des Artavasdes, Artaxes (oder Artaxias) genannt, zum neuen König gewählt. Dieser versuchte gegen Antonius das Schlachtenglück, unterlag aber und musste an den Hof des Partherkönigs fliehen – möglicherweise ein Indiz für zuvor angeknüpfte Verbindungen, was eben Antonius’ Vorgehen erklären würde. Dieser behielt Armenien nunmehr fest in seiner Hand mit einer starken Legionsbesatzung unter dem Befehl seines erfahrenen Generals Publius Canidius Crassus. Was der armenische König verschmäht hatte, erhielt nun der Mederkönig: Der Ptolemäer Alexander wurde mit der medischen Königstochter Iotape vermählt. Im Besitze Armeniens und im engen Bündnis mit Medien hatte Antonius seine angestrebte Position erreicht, von der aus er das Partherreich so stark unter Druck setzen konnte, dass ihm die Feldzeichen – freiwillig oder gezwungen – ausgehändigt werden würden. Auf der Verlustseite ist freilich zu verbuchen, dass er jegliche Sympathien bei den Armeniern eingebüßt hat, die seinen Coup natürlich als Verrat an ihrem König betrachteten. Diesen Preis zu zahlen lehrte ihn aber die Erfahrung, die er zwei Jahre zuvor mit seinem Verbündeten gemacht hatte, als sich dieser in der direkten Konfrontation mit den Parthern als unzuverlässig erwies. Zudem bot sich der König als in Rom präsentable und zugleich spektakuläre Siegestrophäe an, aus der sich innenpolitisches Kapital schlagen ließ – sie war Teil eines politstrategischen Konzeptes. Der gewaltige Erfolg rechtfertigte in jedem Fall einen Triumphzug in Rom, auch wenn er in Antonius’ Gesamtplanung „nur“ einen Etappensieg auf dem Weg zu einem Triumph über die Parther darstellen mochte. Gleichgültig, wie die späteren Verkünder des augusteischen Geschichtsbildes oder erst recht wir Heutigen die Umstände und die Bedeutung des armenischen Sieges bewerten, Antonius konnte und musste sich, wie es jeder andere römische Politiker in gleicher Situation getan hätte, in dieser Form als Bezwinger Armeniens feiern lassen, zumal Armenien in römischen Ohren einen anderen Klang besaß als die von Octavian zur selben Zeit bezwungenen illyrischen Völkerschaften der Japoden, Pannonier, Dalmater und Derbaner. Er präsentierte sich der römischen Öffentlichkeit als Bezwinger Armeniens und machte den zwei Jahre zuvor fehlgeschlagenen Feldzug gegen Meder und Parther vergessen. Artavasdes wurde, nunmehr eines Königs ‚würdig‘, in silbernen Ketten, samt Gemahlin, übrigen Kindern und Vornehmen des Landes nach Alexandria in Gefangenschaft geführt, Münzen des Antonius verkündeten das „besiegte Armenien“ (Armenia devicta, Abb. 13). 13 Er ließ sich zum vierten Mal als

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Abb. 12: Denar des Antonius (Vs.)und der Kleopatra (Rs.) 32/31 v. Chr.

Imperator ausrufen. Verständlicherweise neidete ihm Octavian den zu erwartenden Triumphzug in Rom, Antonius würde einen leibhaftigen König der Armenier als Gefangenen präsentieren können, was die Schlappe gegen die Parther vergessen machen würde. Um sich von dem erhofften ‚Showeffekt‘ eine richtige Vorstellung machen zu können, dürfen wir einhundert Jahre nach vorne schauen: Der pompöse Zug mit komplettem Hofstaat und 3000 Reitern, der den armenischen König Tiridates nach Rom zu Kaiser Nero geleitete, damit er aus seiner Hand das Königsdiadem empfange, erregte in den Provinzen, Italien und Rom nachhaltigsten Eindruck; der Biograph Sueton reihte ihn unter die vielen aufwändigen Schauspiele des spiele- und feiertrunkenen Herrschers ein. 14 Antonius dachte jedoch nicht nur an die Wirkung eines besiegten Armenien für sein eigenes Renommee, sondern auch über die politische Einbindung der östlich des Euphrat gelegenen Länder in das von Rom abhängige Klientelstaatensystem nach. Eine besondere Rolle spielte in seiner Konzeption die Ptolemäerdynastie, namentlich der im Jahre 40 geborene Alexander, der ja bereits durch die Heirat mit der Tochter des Mederkönigs als Erbe dieses Thrones gelten konnte. Damit vollzog sich natürlich eine Aufwertung der Ptolemäer im Kreise der östlichen Könige und Fürsten; der Vorgang an sich, dass die Prinzen einer Dynastie von Rom auch als Herrscher über ihnen fremde Gebiete eingesetzt wurden, war durchaus üblich und ist auch von Augustus so fortgesetzt worden. So sollte auch Alexandria der Ort sein, wo Antonius ein Konzept mittelbarer Herrschaft durch Rom präsentierte, das zum ersten Mal die östlich des Euphrat gelegenen Königreiche einbezog. Die ägyptische Hauptstadt bildete die Kulisse jenes spektakulären, bis heute häufig fehlinterpretierten Szenarios, das wir nur noch in der augusteisch gefärbten Version bei Plutarch und Cassius Dio beschrieben finden. Es bestand aus zwei Teilen: Einem Fest- und Siegeszug (pompe¯), der über

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einen traditionell herausragenden Platz herrscherlicher Selbstdarstellung vor allem in der ptolemäischen Dynastie, aber auch anderen hellenistischen Monarchien verfügte, folgte zweitens der formale Akt der Belehnung des Alexander, die Antonius kraft seiner triumviralen Gewalt als römischer Amtsträger vornahm. Alexander, sein mit Kleopatra gezeugter gemeinsamer Sohn, sollte, so sein Versprechen, als Ptolemäerspross einmal Armenien und, wenn es denn einmal erobert wäre, auch das Partherreich regieren. Insofern war die Präsentation des gefangenen armenischen Königs in einer großartigen pompe¯ ptolemäischer Tradition vollkommen angebracht. Antonius trat in diesem Festzug nicht als römischer Triumphator auf – so wollte und konnte er sich nur in Rom präsentieren – sondern als „neuer Dionysos“. Dionysos als überdimensionale Götterfigur nebst seinem Gefolge figurierte schon als eine ‚Sektion‘ neben anderen Göttern und ihren Verehrergruppen in dem großen Festzug Ptolemaios’ II. Ende der 270er Jahre v. Chr., von dem der Historiker Kallixeinos von Rhodos eine ausführliche Beschreibung hinterlassen hat, welche bei dem Autor Athenaios von Naukratis aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. erhalten ist. Wie schon erwähnt, besaß der Dionysoskult infolge der engen Verbindung mit dem Asieneroberer Alexander eine besondere Legitimationsfunktion; er beinhaltete innerhalb der Ptolemäerdynastie auch den Anspruch auf die Herrschaft über den Orient. Unabhängig von all diesen Traditionen hatte sich Antonius bereits bei seinem Erscheinen im Osten nach der Schlacht bei Philippi als „neuer Dionysos“ präsentiert, er konnte also in Alexandria im generellen Kontext seiner Selbstdarstellung im griechischen Osten als wirklich lebender Dionysos mit allen Attributen des Gottes einziehen. 15 Im Besonderen aber entsprach er dem traditionellen Habitus römischer Amtsträger in den Provinzen des Reiches, indem er mit dem pompösen Einzug in die Stadt (adventus) und der freiwilligen Übernahme lokaler religiöser Konventionen die Machtfülle des römischen Imperators eindrucksvoll demonstrierte. Zu dieser Demonstration gehörte auch die großzügige Bewirtung der alexandrinischen Bevölkerung und die üppigen Gastmähler im privaten Kreis, von denen Plutarchs Großvater Lamprias, der seinerseits die Schilderung von einem Augenzeugen erhalten hatte, noch zu berichten wusste. 16 Die Bevölkerung wurde auch Zeuge des zweiten Teils der Zeremonie, der Bestätigung beziehungsweise Einsetzung Kleopatras und ihrer Kinder als Klientelkönige. Auch ein solcher Akt gehörte zu den bekannten Tätigkeiten römischer Imperiumsträger im Osten: Kurz zuvor hatte Antonius (Abb. 14), vermutlich anlässlich seines Aufenthaltes in Nikopolis, den König Polemon von Pontos in einer sicherlich ähnlich feierlichen Zeremonie zusätzlich mit der Königsherrschaft über Klein-Armenien als Dank für seine erfolgreichen Vermittlerdienste zwischen ihm und Artavasdes von

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Medien belehnt. Da aber Polemon in Nachhinein bei Weitem nicht das große Interesse der römischen Öffentlichkeit erregte wie Kleopatra (Abb. 15), wissen die Quellen darüber auch nichts zu berichten. Der Königin selbst und ihrem von Caesar geborenen Sohn Ptolemaios XV, auch genannt Kaisar, bestätigte er den Besitz von Cypern und Ägypten. Zugleich verlieh er ihnen den Titel „Königin“ beziehungsweise „König der Könige“; dieser gehörte seit jeher zum festen Bestandteil der alten persischen Herrschertitulatur und wurde von den parthischen Königen übernommen. Darin kam eine herausgehobene Autorität, Würde und Macht der Kleopatra und ihres ältesten Sohnes als Mitregent über andere „Unter-Könige“ zum Ausdruck, denn Antonius verlieh – oder besser: versprach zunächst – den Königstitel auch an die damals knapp sechsjährigen Zwillinge Alexander (ArAbb. 13: Porträtkopf des Marcus Antonius, menien und Parthien) und Kleopatra Kalkstein, ca. 40–30 v. Chr. (Cyrenaica) und an den zweijährigen PtoNational Maritime Museum Haifa, Israel. lemaios XVI., dem nominell die an Kleopatra übertragenen Gebiete in Syrien, Phönikien und Kilikien zugesprochen wurden. Plutarch überliefert im umgekehrten Sinn, der Titel „König der Könige“ sei nur an die jüngsten Söhne Alexander und Ptolemaios verliehen worden, jedoch ist der Titel im Gegensatz zu ihren Kindern für Kleopatra, und nur für sie, auf Münzen und Inschriften nachweisbar, so dass bei Plutarch eine Verwechslung vorliegt. Schon in der Antike bis in die moderne Literatur hinein ist jene Zeremonie im Gymnasion von Alexandria als Ausverkauf römischen Gebietes und römischer Machtinteressen an die ägyptische Königin abqualifiziert worden. Auch diejenigen Autoren, die sich um eine nüchterne Bewertung von Antonius’ Politik bemühten, erkannten nichtsdestoweniger eine bedenkliche Aufwertung der ptolemäischen Dynastie, alleine gestützt durch Antonius’ militärische Gewalt, die weder zu einem eindeutig römischen noch eindeutig hellenistischen Herrschaftstypus hinneigte. Ferner wurde

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in diesem Zusammenhang gefragt, wo denn Antonius’ Töchter aus der Ehe mit Octavia bei der Land- und Titelverteilung geblieben seien. Zunächst ist man sich heute darin einig, dass alle in Alexandria verteilten Landstriche bereits zum Herrschaftsgebiet Kleopatras gehörten und Antonius mit Ausnahme Armeniens den Ptolemäern keine zusätzlichen Territorien verschaffte, erst recht keinen römischen Provinzialboden preisgab. 17 Die ins Auge gefasste Besetzung des armenischen Königsthrones durch Alexander kann man bestenfalls eine Option nennen. Der damals gerade sechsjährige Prinz würde sich in dem auch von den Parthern beanspruchten Königreich ohne starke römische Schutzmacht nie halten können. Der Inthronisierungsakt von Alexandria ist als ein auf die Zukunft gerichtetes Konzept der Herrschaftsorganisation innerhalb der von Rom abhängigen Klientelreiche des Ostens zu betrachten, das Abb.14: Porträtkopf der Kleopatra, Marmor. Konzept bildete den Eckpfeiler mögliBerlin, Antikenmuseum. cher weiterer Auseinandersetzungen mit dem Partherreich. Darin eingebunden waren freilich nicht nur die Ptolemäer sondern auch – nur um die wichtigsten zu nennen – Herodes von Judäa, Antiochos von Kommagene, Archelaos von Kappadokien, Polemon von Pontos und Klein-Armenien und Amyntas von Galatien. Die Einbindung seiner mit Kleopatra gezeugten Kinder in dieses System hob natürlich auf ein besonderes Treueverhältnis zwischen Vater und Kindern ab und stärkte Antonius’ Position als Garant und Wächter über die Klientelherrschaften. Dagegen lebten und regierten diese Kinder nicht als römische Aristokraten, sondern als Mitglieder des ptolemäischen Königshauses. Entscheidend war ihre Anerkennung als legitime Kinder und Erben seitens der Ptolemäerherrscherin Kleopatra, gleichgültig, wer der Vater war. Folgerichtig spielten Antonius’ Kinder aus den Ehen mit Fulvia und Octavia einzig und allein in der römischen Politik und Gesellschaft eine Rolle – sie waren eingebunden in die dort gepflegten politischen Ehen und Bündnisse. Als Römer(innen) standen

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sie als Ehepartner für die östlichen Fürstenhäuser und damit als Königskandidaten nicht zur Verfügung. Eine scharfe Trennung der römischen und ptolemäischen Sphäre praktizierten schließlich Antonius und Kleopatra selbst. Antonius handelte als Triumvir und im Besitz einer allen übrigen römischen Beamten übergeordneten konsularen Amtsgewalt, zudem mit dem speziellen Auftrag, die römischen Feldzeichen von den Parthern zurückzuholen. Bis zu seinem Tode wurde er zu keinem Zeitpunkt als Herrscher Ägyptens, als Mitglied der Ptolemäerdynastie tituliert, die Urkunden erwähnen nur Kleopatra und Ptolemaios XV. Kaisar; das Fehlen seines Namens ist zudem der schlagende Beweis dafür, dass Antonius und Kleopatra nie geheiratet haben – auch nicht nach ägyptischem Ritus. Nach römischem Recht wäre eine solche Heirat ohnehin nicht anerkannt worden; für Kleopatra wäre sie – vorausgesetzt, Antonius hätte überhaupt eingewilligt – bedeutungslos gewesen, da sie über eine ausreichende königliche Nachkommenschaft zum Fortbestand der Dynastie verfügte. Entsprechend können Antonius auch keine offiziellen, öffentlichen kultischen Ehren zuteil geworden sein; die Berichte über einen großartigen Tempelbau zu seinen Ehren sind entweder im Nachhinein erfunden worden oder anders zu interpretieren (siehe Seite 223). Daneben stehen freilich individuelle Ausdrucksformen persönlicher Verehrung durch Einzelpersonen, wie seit jeher römischen Amtsträgern und Potentaten – Caesar war das jüngste Beispiel – im griechischen Osten entgegengebracht wurden und auch eine gottgleiche Verehrung einschlossen. Die meisten dieser Denkmäler sind sicher schon sofort nach Antonius’ Tod auf Befehl Octavians zerstört worden. Erhalten hat sich eine Statuenbasis, welche ein Tischgenosse (griechisch: Parásitos) des Antonius, eine besondere Ehre, namens Aphrodisios dem Römer als „seinem Gott und Wohltäter“ stiftete. Auf einer Gemme, einem privaten Schmuckstück aus Edel- oder Halbedelstein, wird Antonius als Zeus Ammon mit dem typischen Widderhorn dargestellt. 18 Die öffentliche Zeremonie im Gymnasion von Alexandria bildete den demonstrativen Höhepunkt einer Herrschaftsorganisation und -konzeption durch Antonius kraft seiner triumviralen Amtsgewalt im Sinne einer zukunftsweisenden, stabilen Ordnung nach allein römischen Sicherheitsund Machtinteressen. Die Ptolemäerdynastie stellte dabei eine besonders tragende, aber nicht die einzige Säule dieses Konzeptes, als dessen Patron und Garant für die Ratifizierung in Rom Antonius selbst stand.

13. Der verhinderte Triumph Der Sieg über Armenien und die Neuordnung der östlichen Königsherrschaften hatten für Antonius’ weitere Ambitionen und Ziele in zweierlei Hinsicht Bedeutung. Gestärkt durch diesen Erfolg beabsichtigte er, sowohl das Partherproblem zu lösen als auch seine politische Zukunft in Rom weiter zu gestalten. Nichts unterstreicht diese Tatsache deutlicher als sein Vorsatz, die in Alexandria verkündeten Entscheidungen von Senat und Volk in Rom anerkennen und sich einen Triumph über Armenien zuerkennen zu lassen. Dies mag wie im Falle aller von den Triumvirn getroffenen Entscheidungen ein rein formaler Akt gewesen sein. Dennoch demonstriert er, dass nach wie vor Rom der letzte Bezugspunkt im politischen Denken des Antonius geblieben war und er keineswegs, wie vielfach angenommen wird, bereits in Verinnerlichung eines hellenistischen Königsideals Rom den Rücken zuzuwenden begann. Über die Antonius betreffenden Ereignisse des Jahres 33 wird nicht mehr berichtet als ein erneuter Aufmarsch am Flusse Araxes an der Grenze zwischen Armenien und Media Atropatene. Das Bündnis mit Artavasdes wurde durch die Zusammenführung der Königstochter Iotape mit dem ptolemäischen Prinzen Alexander bekräftigt; außerdem überließ Antonius dem Mederkönig einige Landstriche des jetzt von ihm beherrschten Armenien. Im Gegenzug übergab Artavasdes die Feldzeichen des vor drei Jahren mit Oppius Statianus untergegangenen römischen Korps, womit diese Schlappe vor den Soldaten und der römischen Öffentlichkeit wieder wettgemacht war. Dies alles ereignete sich während des Sommers: Cassius Dio berichtet, dass sich ein gewisser Lucius Flavius in Antonius’ Stab befand, der gleichzeitig als einer der nachgewählten Konsuln des Jahres amtierte; aufgrund anderer Quellen wissen wir, dass er am 1. Mai sein Amt für einige Monate antrat. Dio erzählt jene Episode mit einem kritischen Unterton, der Antonius’ Willkür, den Konsul ein- und wieder abzusetzen, herausstellen soll. 1 In Wirklichkeit waren die Konsulate mit Octavian schon lange abgesprochen und zeitlich festgelegt worden. Es verdient allerdings Beachtung, dass die höchste Magistratur nun auch in dauernder Abwesenheit von Rom bekleidet werden konnte, dass sie mittlerweile nur noch Symbolwert als höchste Auszeichnung für verdienstvolle Anhänger der Triumvirn besaß, ohne Funktion für die stadtrömische Politik. In seiner Gesamtkonzeption bedeuteten die mit Artavasdes von Medien getroffenen Regelungen für Antonius die vorläufige Abrundung seiner Ostpolitik. Im Laufe des Jahres 33 rückte angesichts des offiziellen Endes

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des Triumvirats am Jahresende natürlich die weitere politische Zukunft in Rom – denn nur dort konnte sie neu definiert werden – in den Vordergrund. Folglich musste die Armenien- und Partherfrage nicht nur mit Blick auf die römische Position vor Ort, sondern auch auf deren ‚Vermarktung‘ in der stadtrömischen Politik erfolgreich einer Lösung zugeführt werden. Was Antonius Ende des Jahres 33 vorzuweisen hatte, konnte sich gegenüber Octavian, Senat und Volk von Rom sehen lassen: Er hatte zwar keinen Sieg über die Parther in dem Sinne errungen, dass er die Rückgabe der Feldzeichen der Crassus-Armee erreicht hätte, doch war die römische Ausgangsposition gegenüber dem Partherreich noch nie so stark gewesen. Armenien galt als ein besiegtes Land, es wurde von römischen Truppen kontrolliert, Media Atropatene war als Verbündeter Roms gewonnen worden, und das Zentrum des Partherreiches demnach von Westen und Norden her eingekreist. Der Partherkönig erkannte denn auch die strategisch ungemein nachteilige Situation, in die er geraten war, und bemühte sich noch im Herbst desselben Jahres oder im Frühjahr des Folgejahres (32), die Umklammerung zu sprengen, indem er den Mederkönig mit Krieg überzog und seinen Schützling Artaxias, den armenischen König ohne Reich, auf den väterlichen Thron zurückzuführen versuchte. Das erste Unternehmen schlug dank der starken römischen Truppenpräsenz fehl. Erst nachdem Antonius das unter Canidius Crassus stehende Armeekorps zum Kampf gegen Octavian nach Kleinasien beordert hatte, musste sich Artavasdes geschlagen geben, gingen Medien und Armenien als römisches Protektorat verloren. Da die Amtsgewalt der Triumvirn mit Ablauf des Jahres 33 endete, liegt es auf er Hand anzunehmen, dass sich beide Machthaber während der vorangehenden Monate Gedanken über ihre politische Zukunft und davon abhängig ihr weiteres Handeln machten. Da Antonius im Frühjahr zu einem erneuten Zug nach Medien aufgebrochen war, hat er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit von Westen keine düsteren Wolken eines bevorstehenden Waffenganges mit Octavian heraufziehen sehen. Auch Octavian hatte seinen illyrischen Feldzug nur kurz unterbrochen, um am 1. Januar seinen Amtspflichten als Konsul in Rom nachzukommen. Wie Antonius im Jahr zuvor legte er das Amt nach einem Tag nieder und begab sich bald darauf wieder auf den Balkan, um gegen Dalmater und Dardaner einen neuen und letzten Feldzug zu unternehmen – also auch bei ihm kein Anzeichen zu verstärkter Aufmerksamkeit gegenüber Antonius. Formalrechtlich würden beide Triumvirn auch nach dem Ende ihres triumviralen Auftrages weiterhin im Besitz ihrer militärischen Befehlsgewalt (imperium) solange bleiben, bis sie entweder selbst auf ihr imperium verzichten würden – darüber wurde zwischen ihnen verhandelt – oder vom

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Senat abgeschickte Statthalter sie in ihren Provinzen ablösen würden – was aufgrund der faktischen Machtverhältnisse nicht gegeben war – oder bis sie die Stadtgrenze Roms, das pomerium, überschreiten würden.2 Antonius besaß aber den ‚strategischen‘ Vorteil, dass am 1. Januar 32 zwei seiner engsten Gefolgsleute, die beiden Generäle Gaius Sosius und Gnaeus Domitius Ahenobarbus, ihr Konsulat antreten würden. Er hatte vorgesehen, dass die von ihm getroffenen Regelungen, darunter die in Alexandria verliehenen Königstitel, von diesen beiden Konsuln Senat und Volk zur Ratifizierung vorgelegt werden sollten. Daran anschließend würde der Antrag auf Bewilligung eines Triumphes über Armenien folgen; Münzen mit der Aufschrift Armenia devicta kündigten diesen Anspruch unmissverständlich an. Am 1. Januar des Jahres 31 würde er gemäß der in Tarent getroffenen Vereinbarungen selbst zusammen mit Octavian den Konsulat antreten. Im Laufe des Jahres 32 könnte er als siegreicher Triumphator über Armenien nach Rom zurückkehren und als Konsul des Folgejahres seine weitere politische Zukunft gestalten. Unsere Hauptgewährsmänner Plutarch und Cassius Dio stellen die Ereignisse des Jahres 33 und der folgenden Jahre ganz in den Dunstkreis einer immer schärfer hervortretenden Rivalität und Feindschaft zwischen Antonius und Octavian, zugleich der immer stärkeren und demütigenden Abhängigkeit des Antonius von Kleopatra. Hierzu gehören auch die von vielen antiken Schriftstellern anekdotenhaft berichteten Exzesse des Antonius im Luxus-, Laster- und Liebesleben, dessen Details man andernorts nachlesen kann: „Heiße Nächte in Alexandria“. 3 Sie mögen ihren wahren Kern besitzen in traditioneller ptolemäischer Prachtentfaltung im Rahmen der Herrschaftsrepräsentation und in dem gleichsam traditionellen, hier schon mehrfach erwähnten Bemühen römischer Amtsträger, die Größe von Roms Herrschaft mittels aufwändiger Gastfreundschaft und spendabler Gesten zu unterstreichen; die Deformation dieses Phänomens zu einem Sinnbild sklavischer, weibischer, zugleich despotisch-orientalischer Charaktere und Lebensführung wird aber nicht einer historischen Realität, sondern einem propagandistischen Schachzug geschuldet. Betrachten wir die Berichte über die wachsende Feindschaft der Triumvirn und klopfen sie auf ihre Stichhaltigkeit hin ab, so bleiben nicht mehr als leere und unglaubwürdige Worthülsen übrig, die ans Absurde grenzen. So beschuldigte angeblich Antonius den Octavian, den Mittriumvirn Lepidus seines Amtes enthoben und sich dessen und des Sextus Pompeius Gebiete samt Truppen einverleibt zu haben, die eigentlich ihnen beiden hätten zustehen müssen. Antonius verlangte die Hälfte von allem und die Hälfte derjenigen Soldaten, die er seinerzeit in Italien ausgehoben habe, sowie ferner die Hälfte aller italischen Kolonien für seine Soldaten. Dage-

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gen Octavian: Antonius herrsche über Gebiete, namentlich Ägypten, welche er nicht per Los – das klassische Verfahren der Provinzzuteilung an römische Beamte – erhalten habe. Er warf ihm den Tod des Pompeius vor, den er selbst geschont habe, ferner die hinterlistige Gefangennahme des Armenierkönigs, die Anerkennung der mit Kleopatra gezeugten Kinder und ihre Belehnung mit eigenen Königreichen, und schließlich die Präsentation von Caesars und Kleopatras Sohn als Kaisarion und Mitglied der Familie Caesars. Octavian habe auf Antonius’ Forderungen hin diesem eine Teilung der von ihm erworbenen Länder angeboten, wenn Antonius Armenien mit ihm teile, seine Soldaten solle Antonius statt in Italien in Medien und Parthien ansiedeln. 4 Die Beschuldigungen, so wie sie überliefert sind, betreffen allesamt zurückliegende Ereignisse, über deren Auswirkungen sich die Triumvirn schon unmittelbar vor oder nach denselben besprochen und geeinigt hatten; aus ihnen sprechen nicht dringend zu lösende aktuelle Problemfelder; oder es geht um Regelungen, die so unzweifelhaft in den Kompetenzbereich des einen oder anderen gefallen waren, dass die Quellen im Berichtskontext selbst von keinerlei argwöhnischen Diskussionen wissen – weil es sie nicht gab. Was Kaisarion betrifft, so hatte schon Caesar selbst diesen zu seinen Lebzeiten als Sohn anerkannt, weil er Kleopatra erlaubte, seinen Namen der ptolemäischen Königstitulatur hinzuzusetzen. Kaisarion war und blieb ein ptolemäischer Prinz und kein Mitglied der Familie Caesars. Nach Cassius Dio sollen die gegenseitigen Anschuldigungen zunächst nur verdeckt über Gesandtschaften ausgetauscht worden sein, und erst zu Beginn des Jahres 32 sei es zum offenen Schlagabtausch gekommen; dagegen steht Plutarch, nach dessen Version Octavian sie sofort offen im Senat verkündet habe. Nein – die genannten Vorwürfe gehören allesamt in den Bereich der Phantasie und sind ein Produkt der nachträglichen augusteischen Geschichtsklitterung, welche, je mehr wir uns der finalen Auseinandersetzung der Triumvirn nähern, desto widersprüchlicher und nebulöser wird, so dass der wahre Kern des Geschehens und die Handlungsmotive kaum noch zu erkennen sind. Der Aufenthalt von Antonius und Octavian an ihren jeweiligen Kriegsschauplätzen Armenien und Illyrien, der zumindest in Antonius’ Fall bis weit in die zweite Jahreshälfte des Jahres 33 reichte, zeigt mehr als deutlich, dass keiner von beiden mit einer nahen militärischen Auseinandersetzung rechnete, geschweige denn sich schon darauf vorbereitete. Die harten Fakten lassen noch erkennen, dass die entscheidende Wende im gegenseitigen Verhältnis der Triumvirn, dann freilich schlagartig, in das Jahr 32 fiel und nicht früher. Aus der oben erwähnten Notiz Cassius Dios könnte man dies sogar noch herauslesen, denn: Ohne Zweifel wird das

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Jahr 33 zahlreiche, zwischen den Lagern der Triumvirn pendelnde Gesandtschaften gesehen haben, da ja jetzt dringender denn je die zentrale Frage zu klären war, wie beider Stellung und Verhältnis zueinander nach Ablauf des vereinbarten Enddatums der triumviralen Amtsgewalt am 31. Dezember des Jahre 33 aussehen sollte. Antonius machte den Vorschlag, beide sollten die Triumviralgewalt offiziell niederlegen. Dies machte für ihn nur Sinn, wenn er vorhatte, in Rom an der Spitze seiner siegreichen Armee einen großartigen Triumph über Armenien unter Mitführung des armenischen Königs zu feiern, was die neuen Konsuln des Jahres 32 formell beschließen lassen sollten. 5 In Kyzikos ließ er eigens eine Gladiatorengruppe ausbilden, die anlässlich der Festlichkeiten in Rom aufzutreten hatte. Ein gleichfalls möglicher Triumph Octavians über illyrische Völker musste auf jeden Fall glanzloser, weniger Beute beladen ausfallen, Antonius gäbe als strahlender, von seinen in Italien angesiedelten Veteranen bewunderter Feldherr wieder die beherrschende Figur ab. Das verständliche Bemühen Octavians, dies zu verhindern, beeinflusste die ihm verpflichtete geschichtliche Überlieferung in fundamentaler Weise: Sie verdeckte völlig jenen aus der Situation heraus selbstverständlichen Wunsch des Antonius, nach Ablauf der triumviralen Amtszeit in Rom und Italien – und nur hier konnte er dies tun – seine politische Zukunft als mächtige Figur des römischen Reiches weiter zu gestalten. Stattdessen formte sie ihn zu einem kaum noch als solchen zu bezeichnenden Römer um, der zwar um die Macht im Reich zu kämpfen bereit war, aber, den Reizen des degenerierten Ostens und insbesondere der Kleopatra hilflos ausgeliefert, letztlich in einem fortschreitenden Prozess der Hörigkeit gegenüber der Ptolemäerin seinen zukünftigen Lebensmittelpunkt in Alexandria sah. Lässt man einmal alle Quellenaussagen und -interpretationen, die dieser Umformung geschuldet werden, außer Betracht, so kann man die entscheidende Wende im Verhältnis von Antonius zu Octavian viel einleuchtender als bisher erklären und prägnanter fassen. 6 Aus den Verhandlungen, die beide Machthaber wohl in der zweiten Hälfte des Jahres 33 brieflich oder über Emissäre geführt hatten, wurde ersichtlich, dass eine einvernehmliche Regelung über das zukünftige Verhältnis zueinander und über beider Stellung im Staat nicht ohne Weiteres zu erreichen war. Für die politische Öffentlichkeit Roms war es sicher kein Geheimnis, dass die neuen Konsuln des Jahres 32, Antonius’ Gefolgsmänner Gaius Sosius und Gnaeus Domitius Ahenobarbus, gleich in der ersten Senatssitzung am 1. Januar mit konkreten Vorschlägen und Anträgen im Sinne des Antonius aufwarten würden. Möglicherweise waren dem Antonius Bedenken Octavians gegen seinen armenischen Triumph hinterbracht worden; jedenfalls kam den ersten Wochen des Jahres für Antonius’ wei-

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teres Vorgehen entscheidende Bedeutung zu. Um dem Geschehen in Rom näher zu sein, nahm Antonius das Winterquartier nicht mehr im fernen Alexandria oder Syrien, sondern in Ephesos. Die Stadt an der kleinasiatischen Westküste lag in der Mitte zwischen Antonius’ Tätigkeitsbereich in Armenien und Medien einerseits und Italien andererseits, so dass er von beiden Schauplätzen aus schnell erreichbar war oder gegebenenfalls selbst zur Stelle sein konnte. Folgen wir dem Bericht Cassius Dios, so eröffnete der Konsul Sosius die Senatssitzung mit Lobpreisungen auf Antonius und Vorwürfen gegen Octavian, die beinahe zu einem gegen Octavian gerichteten Beschluss geführt hätten, hätte nicht einer der Volkstribunen, Nonius Balbus, „die alte fast verrostete Waffe der republikanischen Kämpfe, das Veto“, wie Johannes Kromayer vor über 100 Jahren treffend schrieb, hervorgeholt und Octavian vor dem Schlimmsten bewahrt. Diesen schwammigen Bericht hat man zu Recht mit Hilfe einer früheren Angabe Dios zu präzisieren versucht, die er im Anschluss an Antonius’ in Alexandria getroffenen Entscheidungen schildert (siehe oben, Seite 178): Demnach bestand der Kern von Sosius’ Ausführungen in der traditionellen Berichterstattung (relatio) über Antonius’ in der östlichen Reichshälfte getroffene Maßnahmen und insbesondere den Sieg über den armenischen König. Es folgte der Antrag (sententia), aufgrund dieser Taten dem Antonius einen Triumph über Armenien und seinen König zu bewilligen, und die Ankündigung, Antonius werde bei dieser Gelegenheit seine Befehlsgewalt (imperium) niederlegen, zumal er das pomerium überschreiten musste, wenn er als Triumphator vom Marsfeld bis zum Kapitol fahren sollte. Antonius verlangte und erwartete damit nicht mehr und nicht weniger als jeder im Osten erfolgreiche römische Feldherr, wie zuletzt Caesar und Pompeius – und: auch für Octavian hatte der Senat schon im Frühjahr oder Sommer 33 einen Triumph über die Illyrer bewilligt, den Octavian, um nicht das Kommando über seine Provinz Illyricum zu verlieren, hinausschob, bis mit Antonius eine Regelung über die gemeinsame Niederlegung ihres imperium gefunden sein würde. Die Ereignisse des Jahres 32 und der folgenden Jahre machten dies freilich unmöglich, so dass er den Triumph über die Illyrer erst im Jahre 29 nachholen konnte. Anfeindungen des Konsuls gegen Octavian sind nach der hier vorgeschlagenen Rekonstruktion des Geschehens als überflüssig, da in der damaligen Situation ohne plausiblen Grund, und deshalb als unhistorisch zu verwerfen. Die Mehrheit der hohen Körperschaft nahm Antonius’ Bericht und Angebot freudig auf und sah keinen Grund, den Anträgen ihre Zustimmung zu verweigern – also keine Spur von irgendwelchen Vorbehalten oder gar Verweigerungen gegenüber einem in den Quellen so herausgeputzten angeblichen „unrömischen“ Auftreten im

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Osten und namentlich gegenüber seinen das Ptolemäerreich betreffenden Regelungen. Octavian hatte mit Sicherheit vorab vom wesentlichen Inhalt von Sosius’ Anträgen erfahren und sich entschieden, dieser Senatssitzung fern zu bleiben. Er wollte aus der Distanz Antonius’ Vorschläge und Anträge genau prüfen, um dann zur gegebenen Zeit darauf zu reagieren. Die positive Stimmung der Senatsmehrheit richtig vorausahnend, hatte er den ihm ergebenen Volkstribunen beauftragt, für diesen Fall sein Veto gegen einen Senatsbeschluss einzulegen, musste er doch die triumphale Rückkehr seines Konkurrenten unter allen Umständen verhindern. Angesichts dieser Grundstimmung konnte der Konsul Sosius auch kein schlechtes Gewissen haben, den Senatoren über die Belehnung der ptolemäischen Prinzen mit Königreichen offiziell Bericht zu erstatten. Nach Cassius Dio habe Sosius diesen Teil seiner Ausführungen unterdrückt, wohl aus Furcht – so müssten wir ergänzen – vor einer allgemeinen Empörung. Im Gegenzug hätte Octavian eine Verlesung der in Armenien vollbrachten Taten verhindert. Dieser Bericht wirkt schon für sich alleine betrachtet wie ein mutwilliges, nachträgliches Konstrukt. Möglicherweise interzedierte der Volkstribun Balbus bereits vor oder während der Berichterstattung über Armenien, aber allein aus dem Grund, um einen für Antonius positiven Senatsbeschluss zu verhindern, und nicht in Reaktion auf das angebliche Verschweigen der ptolemäischen ‚Schenkungen‘ durch den Konsul Sosius. 7 Es ist völlig undenkbar, dass der Konsul ohne Antonius’ Wissen nach eigenem Ermessen einen wesentlichen Teil römischer Herrschaftskonzeption im Osten und von Antonius’ Verdiensten darum unterdrückt hätte, zumal jeder in Rom, der wollte, davon wusste, und dass er mit diesem Trick noch ein positives Votum des Senats provoziert haben soll. Die nachträgliche Manipulierung des Berichtes über die Senatssitzung vom 1. Januar sollte die Bresche schlagen, durch welche die augusteische Propaganda in Antonius’ wohl begründetes und von einer Senatsmehrheit favorisiertes Vorgehen zur Wahrung seiner dignitas einbrach: die ägyptische ‚Komponente‘ und Antonius’ Tätigkeit im Osten, die zu einer ganzen Klaviatur von Geschichten über einen der ptolemäischen Königin verfallenen, entarteten Römer ausgebaut wurde, der darüber römische Interessen in sträflicher Weise preisgegeben habe. Den Entschluss zu jener perfiden Strategie muss Octavian definitiv nach der Senatssitzung des 1. Januar getroffen haben. Bevor der von ihm gewonnene Volkstribun von der Gegenseite eventuell durch Überredung, Druck oder Bestechung zur Aufgabe seines Vetos bewogen werden könnte – dies war die gängige Praxis –, ergriff Octavian selbst die Initiative, beraumte seinerseits eine Senatssitzung ein und versammelte die Körperschaft außerhalb des pomerium (der heiligen Stadtgrenze), um seine militärische Befehlsgewalt (im-

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perium) nicht zu verlieren, vielleicht Anfang Februar. Er nahm auf einer sella curulis, dem Amtssessel, zwischen den amtierenden Konsuln Platz und demonstrierte damit seine außerhalb der Stadtgrenze mit derjenigen der Konsuln gleichrangige Befehlsgewalt. 8 Unsicher über die Reaktionen erschien er mit bewaffneter Leibgarde und Freunden, die ihre Dolche verborgen hatten. In einer maßvollen Rede, so Cassius Dio, habe er zahlreiche Anklagen – welche wird nicht gesagt – gegen Sosius und Antonius erhoben. Da keiner ihm zu widersprechen gewagt habe, soll Octavian versprochen haben, auf einer nächsten Senatssitzung schriftliche Beweise für seine gegen Antonius erhobenen Vorwürfe vorzulegen. Daraufhin hätten die beiden Konsuln, weder willens ihm zu antworten noch dauernd zu schweigen, die Hauptstadt verlassen und seien mit vielen Senatoren in ihrem Gefolge zu Antonius gereist. In Wirklichkeit muss Octavian in dieser zweiten Senatssitzung offen dafür eingetreten sein, Antonius die Anerkennung seiner im Osten getroffenen Regelungen und damit den Triumph über Armenien zu verweigern, und die Begründung für das in der vorangegangenen Sitzung eingelegte tribunizische Veto präsentiert haben. Zu diesem Zweck und erst zu diesem Zeitpunkt hat er dann die Argumente hervorgezogen, mit welchen der politische Gegner in Rom immer dann bloßgestellt zu werden pflegte, wenn die sachlichen Kriterien fehlten oder sehr dünn waren. Wir haben uns diese Rede sicherlich vorzustellen als eine moralische Keule, wie sie Cicero in seiner zweiten Philippica gegen Antonius geschwungen hatte, in welcher er Details des Privatlebens, die im Alltag römischer Politiker weitgehend uninteressant und bedeutungslos waren, in die tiefsten Niederungen charakterlicher Verkommenheit zerrte, um damit nicht den Menschen, sondern den Politiker zu treffen. Erst bei dieser Gelegenheit muss Octavian im Kern jene sattsam bekannten Vorwürfe formuliert haben, die uns – wahrscheinlich noch nachträglich ausgeschmückt – die augusteische Geschichtsschreibung über Antonius’ Auftreten im Osten überliefert hat. Im wesentlichen dürften in diesem Kontext die Verschleuderung römischen Besitzes an Kleopatra und ihre Kinder, Antonius’ pompöse Lebensführung einschließlich seiner Liebesbeziehung zu Kleopatra und die hinterlistige Gefangennahme des armenischen Königs, die keinen Triumph verdiene, thematisiert worden sein. Diese damals vorgebrachten Anschuldigungen wurden später dann nicht nur weiter zurückdatiert, um den unausweichlichen Konflikt schon spätestens nach dem Ende des Sextus Pompeius beginnen zu lassen, sondern sie wuchsen sich auch zu einer voluminösen Folie aus, die über Antonius’ gesamtes Leben als Mensch und Politiker ausgebreitet wurde. Auf Antonius’ Angebot, die Befehlsgewalt gemeinsam niederzulegen, antwortete Octavian offenbar in dem Sinne, Antonius möge zu diesem Zwecke

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doch alleine nach Rom zurückkommen, also als Gedemütigter ohne Klientel, ohne Heer, ohne Siegestrophäen, ohne Triumph. 9 Antonius als der den Reizen der ägyptischen Königin und dem Zauber des Ostens verfallener Römer, der darüber seine Freunde, die treue Gattin und seine Pflichten als Politiker Roms vergisst – dies ist das Zerrbild einer Gegenpropaganda, mit der Octavian Antonius’ legitimes Bemühen um eine gloriose Rückkehr aus dem Osten parierte. In Reaktion auf den Vorstoß der Antonius ergebenen Konsuln öffnete er gleichsam eine Büchse der Pandora mit allen Klischees der degenerierten orientalisch-ägyptischen Zauberwelt, umgekehrt stilisierte er sich angesichts dieser Bedrohung selbst zum Wahrer und Retter römischer Werte und des römischen Staates schlechthin. Alle Kritik der antiken Schriftsteller über Antonius’ Auftreten im Osten, sein Verhältnis zu Kleopatra und seine Folgen entpuppen sich als nachträgliche Geschichtsinterpretation und -konstruktion. In deren Darstellung musste Antonius mit dem ersten Moment der Begegnung mit Kleopatra in Tarsos die schiefe Bahn betreten, damit die octavianische Propaganda langsam und mit steigernder Tendenz das Feindbild von ihm zimmern konnte, das in Wirklichkeit erst im Jahre 32 der römischen Öffentlichkeit zu vermitteln versucht wurde. Der heutige Historiker tut gut daran, alle jene Antonius und Kleopatra betreffenden Berichte – meistens handelt es sich ja nur um Deutungen des Geschehens – beiseite zu schieben und die Fakten alleine mit der damals gängigen Herrschaftspraxis und Herrschaftsrepräsentation durch die Staatsmänner Roms in den Untertanengebieten abzugleichen. Das eigentliche Vehikel dieser Kampagne bildete eine in Rom gängige Vorstellung über die Völker und Könige des hellenistischen Ostens, wie sie sich seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. ausgebildet hatte. Namentlich das Bild vom ägyptischen Königshof war wesentlich geprägt worden von einer römischen Gesandtschaft des Jahres 140/39, welche der Stoiker Panaitios begleitet hatte, der seinerseits eine ganz und gar negative Färbung des Ereignisses für die Nachwelt hinterlassen hat. Ciceros Gerichtsreden liefern ein anschauliches Bild der verschiedenen Register, die je nach Prozessgegenstand und betroffenen Personen gezogen werden und ihre Wirkung nur entfalten konnten, wenn entsprechende (Vor-)Urteile und Bilder in der römischen Öffentlichkeit kursierten.10 Die Tendenz dieses Urteils ist, bei aller Hochachtung vor den ‚klassischen‘ Leistungen griechischer Kultur im weitesten Sinn, durchaus negativ, freilich mit Unterschieden zwischen den Griechen des Mutterlandes und den Bewohnern Kleinasiens, Syriens, Ägyptens und den Parthern. Im Falle Ägyptens changierte das Bild zwischen Neugierde, Hochachtung vor der Jahrtausende alten Hochkultur und Befremden bis Abneigung gegenüber der ptolemäisch-hellenis-

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tischen Variante des Ägyptertums: Abgesehen von den in Augen der Römer abartigen Götterbildern betraf dies den politischen und sittlichen Verfall, der Hand in Hand ging mit Intrigen, Inzest und Gewalt am Königshofe, dem unermeßlichen Reichtum als der Quelle von Luxus und Dekadenz und zugleich Mittel zur Bestechung römischer Politiker. Dass das wohlhabende Land am Nil damals ein wichtiger Partner der um die Macht kämpfenden Generale der ausgehenden Republik wurde, bereicherte das Bild um eine weitere Facette. Im Gegenzug formierten sich vor diesem Hintergrund Einfachheit, Sparsamkeit, Tapferkeit als genuin römische Ideale, die, wie Roms Weltmachtstellung bewies, immer aufs Neue ihre Überlegenheit demonstrierten und jetzt von der Propagandastrategie Octavians voll vereinnahmt wurden. Eine andere Frage war, ob solche Klischees geglaubt wurden, und wenn ja, ob sie auch ihre beabsichtigte politische Wirkung zeigten. Im vorliegenden Fall lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass als unmittelbare Folge der Rufmordkampagne sich eine Mehrheit des Senats prompt von Antonius abgewendet hätte. Das Gegenteil war die damalige Realität: Man wusste längst von Antonius’ Winterquartieren in Alexandria, von seinem Liebesverhältnis zu Kleopatra, ohne dass es bis jetzt seinen Sympathien in Rom Abbruch getan hätte. Im Übrigen ließen sich auch in Octavians Privatleben genügend Episoden finden, die als Aufhänger einer Rufmordkampagne hätten dienen können, aber im politischen Alltagsgeschäft interessierte sich eben niemand dafür. Insofern vermochte es während der von Octavian einberufenen Senatssitzung nicht die Durchschlagskraft seiner Gegenrede, sondern nur seine bewaffnete Begleitung, eine nicht gewollte Aktion im Senat zu verhindern. Denn es war vorherzusehen, dass die antoniusfreundlichen Konsuln, insbesondere Sosius, Gegenrede halten, die berechtigten Ansprüche des Antonius noch einmal vortragen und erneut zur Abstimmung stellen würden. Dies konnte Octavian wohl nur unter Androhung von körperlicher Gewalt gegenüber den höchsten Magistraten verhindern. Aus dieser Furcht heraus wagten die Konsuln ihm nicht zu antworten, und nicht aus dem von Cassius Dio genannten Grunde, dass sie Octavians Beweise für seine Anschuldigungen fürchteten. Diese hätte er in der betreffenden Sitzung sogleich vorlegen können und müssen. Vielmehr sollte wieder einmal ein Ereignisablauf im Sinne Octavians nachträglich beschönigt werden, um die Flucht der Konsuln aus Rom ohne Rufschädigung Octavians begründen zu können. Beide Konsuln und mit ihnen 300 bis 400 Senatoren verlassen nicht die Hauptstadt und Italien nur in Erwartung eines Antonius belastenden Schriftstücks. 11 Es erforderte nämlich eine gehörige Portion Courage, einen solch schwerwiegenden Schritt zu tun, bedeutete er doch eine klare

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Positionierung in einem drohenden Bürgerkrieg mit ungewissem Ausgang. Der Entschluss besaß aber nicht nur eine starke politische Symbolkraft, sondern ihm voraus gingen innere Zerreißproben der Betroffenen mit Blick auf ihr eigenes Gewissen und auch auf rein materielle und psychologische Folgen ihres Tuns – man denke an Ciceros Situation Anfang des Jahres 49. Die Entscheidung, Italien zu verlassen, resultierte aus einem entsprechend schwerwiegenden Eingriff in die unverbrüchlichen Rechte des Senats, aus einem Gewaltakt, der die Ausübung der magistratischen Befugnisse, die freie Rede und Möglichkeit der Antragstellung im Senat verhindert und ebenso einen Beschluss des Gremiums unterbunden hat. Die Situation erinnert stark an die ersten Januartage des Jahres 49: Damals versuchte ein Konsul, die Verlesung von Caesars jüngsten Friedensangeboten zu verhindern; die Volkstribunen Marcus Antonius und Quintus Cassius Longinus flohen zu Caesar nach Ariminum, als sie nach dem „äußersten Senatsbeschluss“ um ihre Unverletzlichkeit fürchteten. Caesar überschritt daraufhin den Rubico, um für seine dignitas gegen die Vertreter der Republik oder diejenigen, die sich dafür hielten, zu kämpfen. Pompeius und ein Großteil des Senats flohen daraufhin wie jetzt die Antonianer aus Rom in Richtung Osten, als aus ihrer Sicht Caesar die Senatsautorität mit Füßen trat und seinem persönlichen Machtstreben folgend den Bürgerkrieg eröffnete. Die Handlungsweise Octavians machte umso betroffener, als sie in scharfem Gegensatz zu einer Politik der Versöhnung und des Respekts vor der hohen Körperschaft stand, wie er sie nach dem Sieg über Sextus Pompeius verkündet und teilweise praktiziert hatte. Er hatte damals nichts weniger versprochen, als dass er die außerordentliche Gewalt nach der Rückkehr des Antonius zusammen mit diesem niederzulegen gedenke. Jetzt, da Antonius heimkehren wollte und seinerseits den Rücktritt von der triumviralen Amtsgewalt angekündigt hatte, blockierte Octavian gewaltsam die Senatsbeschlüsse, die den Weg dafür freimachen sollten. Damit erwiesen sich alle seine Absichtserklärungen und Gesten der Vergangenheit als reine Heuchelei, die Gier nach dem nackten Machterhalt zeigte ihr hässliches Gesicht und ignorierte den Mehrheitswillen des Senats. Die maßlose Enttäuschung hierüber, die Zerstörung aller zarten Hoffnungen auf ein einvernehmliches Ende des triumviralen Ausnahmezustandes liefern die angemessene psychologische Erklärung für die panikartige Flucht der Konsuln und von mehr als einem Drittel des Senats zu Antonius. Wie sehr musste zudem vor diesem Wort- und Rechtsbruch Octavians Propaganda von einer angeblichen Bedrohung Roms durch eine orientalische Despotie verblassen! Keiner, wenn er damals zu Antonius gehen wollte, wurde dadurch zurückgehalten.

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Da Octavian keine neue Stellung im Staate usurpierte, vollzog er im juristischen Sinne in jener Senatssitzung keinen ‚Staatsstreich‘, wie es ein Teil der älteren Forschung formuliert hat. Nichtsdestoweniger verübte er einen brutalen Gewaltakt gegenüber der höchsten Körperschaft des römischen Staates, indem er unter Bedrohung von Leib und Leben die freie Meinungsbildung und Beschlussfindung unterdrückte. Eine dritte mit dem Rumpfsenat abgehaltene Sitzung geriet dann auch nur zu einer Farce, „er konnte verlesen und vortragen, was ihm beliebte“, wie Cassius Dio formulierte – wir können uns denken, in welchem Sinne. Mit seinem Verhalten brüskierte Octavian natürlich zugleich Antonius in höchstem Maße, und nach seinem großen Vorbild Caesar sollte Antonius auch in dieser Situation reagieren. Zu ihm kehren wir jetzt zurück. 12

14. Antonius „überschreitet den Rubico“ Antonius hatte alle diese sich in Rom abspielenden Geschehnisse der ersten Wochen des Jahres 32 von seinem Winterquartier in Ephesos aus verfolgt. Schon das Veto des Volkstribunen Nonius Balbus muss bei ihm starke Zweifel erregt haben, ob Octavian seiner Rückkehr nach Italien einschließlich eines Triumphes zustimmen würde. Die dann folgende Verunglimpfung seitens Octavians, die gewaltsame Verhinderung eines Senatsbeschlusses, der Antonius’ Anträge billigen sollte, gaben ihm Gewissheit, dass er für die Anerkennung seiner im Osten erworbenen Verdienste und seine weitere politische Zukunft werde kämpfen müssen. Nach einer Notiz Plutarchs erfuhr Antonius von Octavians Senatsrede und ihren Schmähungen in Armenien. Demnach muss er sich, wenn wir Plutarch glauben und der hier vorgelegten Rekonstruktion der Ereignisse folgen, auch zu Beginn des Jahres 32 (nicht nur 33) wenigstens für kurze Zeit in Armenien aufgehalten haben. Entweder hat es dort unerwartete Komplikationen gegeben, die seine Anwesenheit erforderten, oder er hat in Anbetracht der sich verschärfenden Gesamtsituation die dort stationierten Truppen – das Gros seiner Armee – inspiziert und die notwendigen Anordnungen für den Fall eines Abzugs in Richtung Westen getroffen. Die definitive Entscheidung fiel, nachdem die flüchtigen Konsuln und etwa ein Drittel der Senatoren im Gefolge in Ephesos eingetroffen waren, im März oder April. Antonius bildete, wie seinerzeit die aus Rom geflohenen Pompeianer in Thessalonike, einen Rumpfsenat, in welchem das Für und Wider einer bewaffneten Auseinandersetzung – im Klartext: Bürgerkrieg – zur Wiederherstellung seiner Ehre und Durchsetzung seiner Ansprüche ausgiebig debattiert wurden.1 So heterogen die Senatorenschaft in Antonius’ Gefolge, so divergierend waren sicher die Meinungen. Vermutlich drängten die soeben aus Italien Geflohenen, darunter viele ehemalige Anhänger des Brutus und Sextus Pompeius, mit stärkerem Nachdruck auf Krieg als diejenigen Senatoren, die schon über die vergangenen Jahre hin Antonius im Osten begleitet hatten. Einige von der letzteren Gruppe unterhielten zu Octavian noch zumindest ‚korrekte‘ Beziehungen, und ihr primäres Ziel bestand in der unversehrten Rückkehr nach Italien, mit Ruhm und Reichtümern beladen; erst an zweiter Stelle verbanden sie dieses Ansinnen mit der politischen Zukunft des Antonius. Die erstere Gruppe dagegen hatte sich durch ihre Abreise aus Italien bereits klar gegen Octavian gestellt und ihr Schicksal unverbrüchlich an dasjenige des Antonius gekettet. Jedoch bei aller Verbundenheit und Freundschaft – eine Bür-

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gerkriegssituation erzwang von allen ein neues Überdenken der Loyalitäten, denn in Italien lebten Angehörige, dort befand sich auch die ökonomische Lebensgrundlage. Es wird in Antonius’ Rumpfsenat heftige Diskussionen gegeben haben, bevor sich eine Mehrheit fand, gegen Octavian Krieg zu führen; es blieben mit Sicherheit solche übrig, die prinzipiell oder aus berechtigter Furcht um das Schicksal von Angehörigen den Bürgerkrieg verneinten. Vielleicht fand Antonius in gewisser Weise einen Kompromiss, indem er einerseits den Befehl zur Mobilisierung seiner Truppen und die der Verbündeten erteilte, andererseits aber das Band der amicitia zu Octavian noch nicht gänzlich zerschnitt. Er begab sich von Ephesos zunächst nach Samos, wo er als „neuer Dionysos“ und Schutzherr aller Bühnenkünstler ein mehrtägiges grandioses Theaterfest inszenierte. Er berief die dionysischen ‚Techniten‘ (Künstler), die überregionale Zunft der Schauspieler, auf die Insel. Dies war seine Art, mit einem pompösen Akt herrscherlicher Großzügigkeit sich die Gunst der Götter, die Sympathie seiner Anhänger und Untertanen und im Besonderen die Unterstützung der überregional organisierten mächtigen Schauspieler- und Athletenzünfte in der nun drohenden Auseinandersetzung mit Octavian zu sichern. Antonius bestätigte den Künstlern ihre Privilegien, die er ihnen schon anlässlich seines ersten Ephesosaufenthaltes vor neun Jahren restituiert hatte. Antonius’ eigentliches Ziel war aber Athen, wo er im späten Frühjahr eintraf. Er hegte vielleicht noch die Hoffnung, mit der militärischen Drohgebärde, der Mobilmachung, Octavian doch noch zum Einlenken bewegen zu können. Es gingen noch einmal Gesandtschaften und Briefe hin und her, der Ton wurde bissig, persönlich verletzend. Der Krieg der Worte war damit erst eröffnet. Über die Rolle Octavias in dieser Situation und der Frau, die zuvor mehrmals erfolgreich die Wogen zwischen Bruder und Gemahl hatte glätten können, wissen wir leider nichts. Vermutlich wird sie ihr Bestes und Letztes gegeben haben, die Machthaber zusammenzubringen – vergeblich. Octavian wiederholte vor einem um ein Drittel geschrumpften Senat seine Verunglimpfungen und bekräftigte seine Position. Daraufhin vollzog Antonius den letzten und definitiven Schritt: Von Athen aus schickte er seiner Gattin Octavia im Sommer den Scheidungsbrief mit der Aufforderung, sein Haus zu verlassen. Die Freundschaft zu Octavian war nunmehr für alle sichtbar aufgekündigt, der Krieg wurde unausweichlich. 2 Es war also Antonius, der im Frühling des Jahres 32 – wenn man das bekannte historische Vorbild bemühen darf – den Rubico überschritten hat. Er wollte den Krieg, das berichten die Quellen übereinstimmend, nach Italien tragen, freilich nicht aus dem Grund, dass er von blinder Liebe zu

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Kleopatra geschlagen war, wie dieselben Autoren behaupten. Nein – er dachte wie ein Römer, der seine Ehre verteidigt, und begründete seine Entscheidung zum Bürgerkrieg mit ähnlichen Argumenten wie seinerzeit Caesar: Er verteidige seinen berechtigten Anspruch auf Anerkennung seiner im Osten erworbenen Verdienste, er wolle den von einer machtsüchtigen egoistischen Clique vergewaltigten Staat befreien, Gesetz und Recht wiederherstellen. Der Unterschied zu Caesar bestand darin, dass sich Antonius auf juristisch einwandfreiem Terrain befand. Es existierte kein Senatsbeschluss, der ihn zur Aufgabe seines Kommandos aufgefordert hätte; beide Konsuln als Repräsentanten der res publica hatten sich mit ihrer demonstrativen Abreise aus Rom auf seine Seite gestellt. Entsprechend schwach stellte sich Octavians Position dar; dies lassen sowohl selbst die stark eingefärbte Überlieferung als auch seine Handlungen erkennen. Er wie auch Antonius übten weiterhin eine konsulare Gewalt außerhalb von Rom aus, bis sie freiwillig abdankten oder der Senat ihnen Nachfolger schickte. Solange sie praktisch über alle bewaffnete Macht des Imperiums verfügten, war an die Entsendung von neuen Statthaltern an ihrer Stelle durch den Senat natürlich nicht zu denken. Deshalb bildeten die gegenseitigen Rücktrittsforderungen und -angebote ein wesentliches Thema des Schlagabtausches des Jahres 32. Während Antonius zur Verteidigung seiner in Ausübung der triumviralen Gewalt erworbenen Ansprüche zu den Waffen griff, nahm Octavian zur Begründung seines Widerstandes zu einer Diffamierungskampagne seine Zuflucht. Aber ähnlich wie seinerzeit Ciceros Ausfälle gegen Antonius’ Privatleben zeigte auch Octavians Taktik, Antonius als Verräter römischer Interessen und als der ägyptischen Königin hörigen Sklaven darzustellen, zunächst wenig Wirkung bei den Zeitgenossen – bis ihm ein glücklicher Zufall in die Hände spielte. Bald nach Antonius’ Entscheidung zum Krieg verließen zwei seiner hochkarätigen Anhänger sein Lager: Lucius Munatius Plancus, Konsul des Jahres 42, und Marcus Titius, dessen Neffe. Den Titius hatte Antonius nach der Hinrichtung des Sextus Pompeius zum Statthalter von Asia und Flottenbefehlshaber in der Ägäis ernannt, im Jahre 31 sollte er den Konsulat bekleiden. Kurz zuvor hatten ihn die Samier, als er mit Antonius auf der Insel weilte, noch als ihren Patron geehrt. Nach der Scheidung von Octavia und dem definitiven Bruch mit Octavian gehörten die beiden Männer zu denjenigen, die für sich entschieden, ihrem Anführer nicht in einen Bürgerkrieg zu folgen. Den genauen Grund können wir aber nicht rekonstruieren. Auf jeden Fall muss es zu einem Zerwürfnis mit Antonius gekommen sein, wahrscheinlich über die Kernfrage, ob in der aktuellen Situation der Krieg die ultima ratio der Politik zu sein habe. Nach Velleius Paterculus, der den Plancus auch bei anderen Gelegen-

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heiten kritisiert und ihn als krankhaft zur Verräterei veranlagt beschreibt, soll ihn Antonius zahlreicher Unterschlagungen überführt haben, bevor Plancus zu Octavian überlief. 3 Die von Plutarch überlieferte Begründung, die auch Cassius Dio – allerdings erst an zweiter Stelle hinter dem Zerwürfnis mit Antonius – erwähnt, Plancus habe sich erfolglos gegen Kleopatras Teilnahme an dem bevorstehenden Feldzug ausgesprochen, ist einmal mehr der nachträglichen Umdeutung der Fakten geschuldet und zu verwerfen. Da Kleopatra zur Hauptgegnerin stilisiert werden sollte, rückte sie automatisch in den Mittelpunkt einer jeden Berichterstattung über den Übertritt von Anhängern des Antonius auf Octavians Seite. Dabei entsprach es völlig der Normalität, dass sich verbündete Könige im Kriegsfalle mit ihren Truppen im Lager der römischen Feldherren einfanden. Dementsprechend war Kleopatra keineswegs die einzige, sondern eine von fünf weiteren namentlich bekannten Herrscherpersönlichkeiten in Antonius’ Nähe. Wenn man den Namen Kleopatras bei der Motivsuche überhaupt ins Spiel bringen möchte, dann könnte Plancus allenfalls nach Einsetzen der Propaganda Octavians dem Antonius aus rein taktischen Gründen geraten haben, sie nach Ägypten zurückzuschicken. Aber Plancus wusste – und deshalb erscheint auch diese Überlegung wenig wahrscheinlich –, dass ein solcher Befehl von Antonius’ Seite als Eingeständnis eines Wahrheitsgehalts von Octavians Beschuldigungen interpretiert werden konnte; wichtiger noch: Er hätte eklatant dem römischen Grundsatz der fides, dem gegenseitigen Vertrauen und der Pflichttreue, widersprochen, einen bislang zuverlässigen Verbündeten schimpflich nach Hause zu entlassen. Gerade dies war Antonius im Innersten zuwider. Jedenfalls besaßen Plancus und Titius Kenntnis von Inhalt und Aufbewahrungsort von Antonius’ Testament und trugen dies neben vielen anderen Informationen aus Antonius’ Lager Octavian auch zu. Das Testament befand sich in der Obhut der Vestalischen Jungfrauen, Priesterinnen, die das heilige Feuer der Vesta hüteten und für das Heil des römischen Staates standen. Ihr kleiner Rundtempel auf dem Forum Romanum galt als besonders sicherer Ort, mussten doch selbst die Liktoren der Prätoren und Konsuln vor ihnen ihre Rutenbündel senken. Vor Antonius hatte nur Caesar sein Testament an diesem Ort aufbewahren lassen, wohl um seine besondere Stellung im Staate zu betonen. Denn in seinem wie auch in Antonius’ Fall enthielt das Testament aufgrund der weit verzweigten Klientel und Besitzungen, ihres gewaltigen Vermögens Verfügungen, die über den privatrechtlichen Charakter hinaus auch von enormem öffentlichen Belang waren. Seinerzeit hatten deshalb die Triumvirn auch den Text ihres in Brundisium geschlossenen Vertrages, so wie später dann auch Kaiser Augustus sein Testament im Vestatempel deponiert. 4 Für Antonius sind also

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das Vorbild Caesars als solches, ferner der Aspekt des sicheren Aufbewahrungsortes und schließlich der öffentliche Belange berührende Inhalt ausschlaggebend für die Wahl des Ortes gewesen. Als Octavian durch Plancus und Titius davon erfuhr – sie selbst hatten als Zeugen das Testament mit signiert –, bot sich ihm die Gelegenheit zu einem propagandistischen Schlag, der die Zweifel an der Stichhaltigkeit seiner Vorwürfe ein für allemal ausräumen sollte: mit der Veröffentlichung von Antonius’ – angeblich – letztem Willen. Er verstieß damit eklatant gegen ein gültiges Gesetz des Diktators Sulla, welches die Aneignung, das Aufbrechen des Siegels und die Verkündigung eines Testaments unter Strafe stellte, sofern der Erblasser noch lebte. Octavian nahm aber diesen offenen Rechtsbruch lieber in Kauf, als dass er weiter zusah, wie sich seine Diffamierungen politisch weiterhin als ein Schlag ins Wasser erwiesen. Den peinlich berührten Senatoren verlas Octavian diejenige Passage, die Wasser auf seine Propagandamühlen war: Antonius habe darin sowohl Caesars Vaterschaft an Kaisarion als auch die an seine und Kleopatras Kinder getätigten Schenkungen bestätigt, ferner solle sein Leichnam in Alexandria neben demjenigen Kleopatras beigesetzt werden. Die gelehrte Welt ist bis heute über der Frage der Echtheit dessen, was Octavian da im Senat verlas, geteilter Meinung. Viele setzen die Echtheit, ohne weiter zu fragen, einfach voraus, passen die Bestimmungen doch genau zu dem uns von den Quellen überlieferten Denken und Handeln des Triumvirn, seit er Kleopatra in Tarsos begegnet ist. Gerade dieser Umstand aber, „daß das Testament so gut zur Propaganda Caesars (Octavians) paßte“, machte es anderen Forschern wieder verdächtig. Auch wenn sich ein wirklicher Beweis gegen die Echtheit nie wird beibringen lassen – außer Antonius haben das Dokument nur die beiden übergelaufenen Zeugen und Octavian selbst gesehen –, kann man mit Blick auf den Inhalt der einzelnen Punkte und auf Antonius’ politische Ziele, wie sie hier entwickelt wurden, nur zu dem Schluss kommen, dass die von Octavian verkündeten Zitate eine einzige Lüge darstellten. Antonius konnte über an die ptolemäischen Prinzen zugewiesene Gebiete nur als römischer Imperiumsträger verfügen, aber nicht als Privatmann, da sie nicht zu seinem Privatbesitz gehörten. Entsprechende Bestimmungen hatten in einem persönlichen Testament deshalb gar keinen Platz, zumal er seine Verfügungen von Senat und Volk bestätigt wissen wollte. Davon abgesehen hätte Octavian der römischen Öffentlichkeit diesen Beweis nicht mehr vorlegen müssen, da tausende von Zuschauern im Gymnasion von Alexandria Zeuge der Zeremonie gewesen waren. Der angebliche Bestattungswunsch in Alexandria stellt schließlich den Gipfel des Klischees von einem der Ptolemäerin bis in den Tod hörigen, von ihr verhexten Sklaven und Lüstling dar. Plutarch sattelt auf diesen Bericht noch Be-

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schuldigungen obendrauf, die Octavians Freund Calvisius Sabinus vorgebracht haben soll: Die Absurditäten reichen von der Schenkung der pergamenischen Bibliothek bis zur Fußmassage an der Königin; selbst Plutarch geht dies zu weit und er bezweifelt in diesem Punkte einmal den Wahrheitsgehalt dessen, was er in seiner Quelle vorfand.5 Die Testamentsverlesung, so gefälscht ihr Inhalt auch war, bildete doch den Auftakt einer wohl überlegten politischen Gegenoffensive Octavians, mit der er den von Antonius hingeworfenen Fehdehandschuh aufnahm. Er ließ Antonius seine nach wie vor außerhalb von Rom gültige konsulare Befehlsgewalt aberkennen, womit jener de iure zum Privatmann wurde und keinerlei Kommandogewalt mehr besaß. Desgleichen wurde Antonius’ Konsulat annulliert, den er zusammen mit Octavian gemäß der Vereinbarung von Misenum im Jahre 31 bekleiden sollte. Den letzten Schritt, ihn zum Staatsfeind (hostis) erklären zu lassen, ging Octavian allerdings nicht: Zu groß war die Zahl der Anhänger und die Rücksicht auf Octavia und auf die bei ihr befindlichen Töchter des Antonius. Sie alle wären automatisch, sofern sie nicht öffentlich die Seite wechselten, zu Gegnern gemacht worden, außerdem ließ sich auf diese Weise Antonius vollends zur von Kleopatra verführten irregeleiteten, verblendeten Figur stilisieren. In das Zentrum der Kriegstreiberei rückte somit die ägyptische Königin, ihr als auswärtiger Macht wurde formell nach dem Ritual der Fetialen im Tempel der Bellona der Krieg erklärt. 6 Die Kür der ägyptischen Königin zur Kriegsgegnerin war einer in verzweifelter argumentativer Lage geborenen Propagandaidee geschuldet. Sie lenkte vom Kampf der beiden mächtigsten Männer Roms um die Herrschaft im Reich auf einen Kampf zweier Kulturwelten ab. Kleopatra blieb damit nicht mehr eine politisch unbedeutende amouröse Episode im Leben eines bedeutenden Römers – so, wie sie es im Leben Caesars geblieben war und im Leben des Antonius geblieben wäre, hätte bei Actium Antonius und nicht Octavian gesiegt. Octavians inszeniertes Feindbild wäre untergegangen als kläglicher Versuch, Antonius’ triumphale Rückkehr nach Italien durch Aufpolierung von Kleopatras Person zum fatale monstrum zu hintertreiben. So aber ging sie als dieses „Verderben bringende Ungeheuer“ in die Geschichte ein, das die geballte Macht des Ostens gegen Rom führen und sich als Herrscherin des Erdkreises auf dem Kapitol installieren wollte. Antonius, der als Patron Kleopatras und Garant ihrer Stellung der eigentlich Herausgeforderte war, verschwand hinter dem ‚Ungeheuer‘ als willenloses Werkzeug. 7 Antonius hat das in Italien entfachte propagandistische Feuerwerk nicht unbeantwortet gelassen. Briefe und Schriften aus seiner Feder sind später vom siegreichen Octavian bewusst aufgehoben worden als Beweismittel

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für den rüden und überheblichen Ton, den Antonius im Gegensatz zu ihm angeschlagen habe. Autoren der frühen Kaiserzeit verdanken wir einige wenige Hinweise auf Antonius’ Rechtfertigungen; es handelt sich um Repliken auf die sattsam bekannten Vorwürfe hinsichtlich seines exzessiven Lebensstils, namentlich seiner herrscherlichen Selbstdarstellung, seiner sexuellen Ausschweifungen und üppigen Trinkgelage. So lückenhaft unser Wissen über die genauen Formulierungen und Argumente auch ist, so spiegeln sowohl Octavians als auch Antonius’ Invektiven die ganze Spannbreite der Lebenswelt eines römischen Politikers wieder, einer Lebenswelt, die permanent zwischen idealer Norm und der gelebten Alltagswirklichkeit pendelte, die das eine vom anderen je nach tagespolitischer Opportunität mal scharf trennte, mal beide Bereiche weitgehend zur Übereinstimmung bringen konnte. Die Verfasserin einer kulturgeschichtlichen Untersuchung über das römische Gastmahl schrieb dazu treffend: „Selbst für Männer der Generation Ciceros gab es ohne Zweifel neben cursus und Karriere eine andere vielfältige und bunte Lebenswelt, die sie genießerisch und lustvoll auslebten – selbst wenn der rastlose Republikaner diesen Aspekt aristokratischer Lebensführung für sich persönlich ableugnet, bei seinen Freunden apologetisch verniedlicht und bei seinen Gegnern polemisch perhorresziert.“ Die Argumentationsstrategie war damit vorprogrammiert: Antonius reklamierte die mittlerweile selbstverständlich gewordenen Gewohnheiten der Standesgenossen und namentlich auch Octavians; Octavian bemühte ideologische Tabus, die zwar noch reaktivierbar waren, aber eigentlich einer vergangenen Zeit angehörten. Antonius erwiderte mit deutlichen Worten die jüngste und für ihn offensichtlich unerwartete, von Octavian lancierte öffentliche Kritik an seinem Verhältnis mit Kleopatra: „Was hat dich denn so verändert? Dass ich die Königin penetriere? Ist sie denn meine Ehefrau? Habe ich jetzt damit angefangen oder schon vor neun Jahren? Und du, penetrierst du nur Drusilla? Wahrhaftig, wenn du diesen Brief liest, hast du sicher Tertulla und Terentilla oder Rufilla oder Salvia Titisenia oder sie alle penetriert. Oder macht es einen Unterschied, wo und bei welcher du Erektionen bekommst?“ Das Schreiben müssen wir in jedem Fall für echt halten, bildet es doch exakt die für einen vornehmen Römer typische Gefühlswelt und seine Moralvorstellungen ab. Antonius konnte nur erstaunt sein über Octavians neue Strategie der Verunglimpfung, mit der er die Freundschaft und den Frieden im Reich aufs Spiel setzte. Was hatte diese Veränderung bei Octavian zu bedeuten, wo doch jedermann wusste, dass er, Antonius, auf dem Treffen in Tarsos schon vor genau neun Jahren zum ersten Mal mit der Königin geschlafen hatte? Sie war genauso wenig seine rechtmäßige Gattin (uxor) wie die genannten Damen aus

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Octavians intimem Bekanntenkreis – hinter Terentilla verbirgt sich vermutlich Maecenas’ skandalumwitterte Gattin Terentia. Kleopatra hätte diese Worte sicher nicht gerne gelesen, doch Antonius bringt es auf den Punkt: Für Männer seines und Octavians Standes war es doch gleichgültig, mit welchen Frauen sie außerhalb ihrer Ehe sexuelle Befriedigung suchten. 8 Einen weiteren Kritikpunkt, offensichtlich auf Antonius’ Auftreten als „neuer Dionysos“ Bezug nehmend, zahlte Antonius ebenfalls mit gleicher Münze heim: Octavian sei in die Rolle des Apollo geschlüpft und habe mit seinen Gästen, alle in der Tracht von Göttern und Göttinnen, so anrüchige Tischgesellschaften gepflegt, dass – und hier zitiert Sueton ein anonymes Gedicht – „alle Himmlischen den Blick von der Erde abgewendet hätten“. Auf den Vorwurf übermäßigen Weingenusses reagierte Antonius mit einer kleinen Schrift „Über meine Trunkenheit“, über deren Inhalt, außer dass sie seiner Verteidigung diente, wir nichts wissen. 9 Sie war sicher nicht in erster Linie an die Bewohner der von ihm beherrschten östlichen Territorien gerichtet, sondern an die in Italien verbliebenen senatorischen Standesgenossen und sonstigen Anhänger. Trinkfestigkeit gehörte zu den Bestandteilen des hellenistischen Herrscherideals, doch wird Antonius angesichts manch schillernder Figuren unter denselben, von Alexander dem Großen abgesehen, in seiner Schrift nicht diese, sondern vielmehr die römischen Beispiele unter den Zeitgenossen und Größen der jüngsten Vergangenheit in den Mittelpunkt gerückt haben. Auf Caesars Gastmählern spielten Menge und Vielfalt des Weines eine herausragende Rolle, auch wenn der Diktator selbst sich im Weingenuss zurückgehalten haben soll. 10 Da aber das Verhältnis zum Wein ein beliebtes Instrument war, charakterliche Schwächen oder Stärken zu zeichnen, sind entsprechende Berichte – auch Augustus’ Zurückhaltung dem Wein gegenüber erwähnt lobend sein Biograph – immer mit Vorbehalt zu bewerten. Kein Geringerer als der Sohn des strengen Cicero war als Trunkenbold bekannt, der im Rausch nach dem mächtigen Agrippa mit einem Becher warf. Der Trunksucht zweier hochadliger Stadtpräfekten, Lucius Calpurnius Piso unter Augustus und Cossus Cornelius Lentulus unter Tiberius hat der Philsopoph Seneca ein Denkmal gesetzt. Auf der Gegenseite profilierte sich mit einigen gegen Antonius gerichteten Pamphleten Marcus Valerius Messalla Corvinus, der erst seit kurzer Zeit sich eindeutig für Octavian erklärt hatte und als Lohn das für Antonius vorgesehene Konsulat des Jahres 31 erhalten sollte. 11 Über deren Inhalt und vor allem ihre Seriosität lässt sich nur spekulieren. Ein Traktat „über die dem Antonius gewidmeten Statuen“ nahm wohl dessen statuarische Darstellungen aufs Korn, eine Lächerlichkeit, wenn man sich daran

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erinnert, dass römische Magistrate seit Langem auf diese Art geehrt wurden; Bildnisse für Octavian sind nach seinem Sieg über Sextus Pompeius überall in Italien aufgestellt worden. „Über die Anordnung zur Steuereintreibung in der Provinz Asia“ kritisierte möglicherweise nicht nur die Höhe der Steuern, sondern auch die Modalitäten ihrer Eintreibung durch Antonius’ Agenten. So hart diese Praxis für die Provinzialen auch gewesen sein mag, das Argument taugte jedenfalls nicht in der aktuellen Auseinandersetzung: In Italien kam es gegen die neuerlichen Sondersteuern Octavians zu bewaffneten Aufständen. Und schließlich „Gegen einen Brief des Antonius“ war vielleicht eine Replik auf einen persönlichen Anwurf von Seiten des Antonius, der ja nicht verwundern würde, oder auf einen gegen Octavian gerichteten Vorwurf, dessen Inhalt unbekannt ist. Messalla thematisierte darin möglicherweise den entwürdigenden Gebrauch goldener Gefäße in Alexandria durch Antonius, es mag sich also um ein Sammelsurium von angeblichen Peinlichkeiten und Obszönitäten aus Antonius’ Privatleben gehandelt haben.12 Ob das von der hohen Kunst der augusteischen Dichter später von Antonius und Kleopatra gezeichnete Bild auch schon im Jahre 32 und 31 existierte und vor allem seine erhoffte Wirkung zeigte, darf bezweifelt werden. Die gegen Antonius gefassten Beschlüsse werden auch den um die entschiedensten Antonianer verminderten Rumpfsenat kaum reibungslos und ohne massiven Druck passiert haben. Als die Bevölkerung Italiens gewahr wurde, dass ein neuer Bürgerkrieg bevorstand, als sie deswegen wieder mit außerordentlichen Abgaben belastet wurde, kam es auf der ganzen Halbinsel zu Unruhen. Octavian war sich der Unterstützung seitens der Bevölkerung so wenig sicher, dass er zusätzlich zu den bisherigen Beschlüssen die Bewohner Italiens und der ihm unterstehenden westlichen Provinzen einen Treueid schwören ließ. 13 In den Eid brachte er sich zudem als Führer des an Kleopatra erklärten Krieges ein und ließ sich die Gefolgschaft zusichern. Das Gold, das Antonius nach Italien und vor allem nach Rom schickte, bewirkte ein Übriges, die Stimmung gegen Octavian zu schüren. In der Hauptstadt formierten sich Jugendbanden, die ‚Caesarianer‘ und die ‚Antonianer‘, die sich gegenseitig bekriegten. Bis zum Winter hatte Octavian damit zu tun, seine Sympathiewerte wenigstens so weit zu stabilisieren, dass er sich seinen Soldaten und den Kriegsvorbereitungen widmen konnte. 14

15. Entscheidung bei Actium Die unmittelbare Vorgeschichte der militärischen Auseinandersetzung der Triumvirn und die Entscheidungsschlacht selbst ist von der antiken Geschichtsschreibung mit besonders kräftigen Pinselstrichen augusteischer Färbung zugedeckt worden, in der naturgemäß Kleopatras Rolle am deutlichsten hervorsticht. Namentlich bei Plutarch steht die überhebliche, Verderben bringende Rolle der Königin in allen berichteten Episoden im Vordergrund; Letztere scheinen überhaupt nur zur Illustration dieser Rolle von ihm ausgewählt worden zu sein. Sie trug nach Plutarch nämlich die Schuld daran, dass Antonius in der nun folgenden schweren Zeit jene Eigenschaften vergaß, die ihn bisher gegenüber menschlichem Normalverhalten ausgezeichnet hatten: auch im Unglück dem nachzueifern, was er als richtig erkennt, und das zu meiden, was er missbilligt. Jene Tugend hatte ihn nach Mutina und nach der Schlappe in Medien ausgezeichnet und alles wieder zum Guten gewendet, jetzt aber gipfelte die Kleopatra geschuldete charakterliche Verwahrlosung des Antonius im Verrat an den eigenen Soldaten. Soweit Plutarch, doch schauen wir nun auf die Ereignisse selbst. 1 Der schlagkräftigste Teil von Antonius’ Armee bestand aus den kampferprobten Legionen des Medienfeldzuges, die unter Publius Canidius Crassus in Armenien garnisonierten. Diese 50.000 bis 60.000 Soldaten erhielten im Frühjahr 32, nach den Beratungen in Ephesos, Befehl, sich zur westkleinasiatischen Küste zu bewegen, ein Marschweg von fast 2000 Kilometern, für welchen der ganze Sommer und Herbst des Jahres benötigt wurde. In dieser fruchtbaren und städtereichen Region sammelten sich auch die Kontingente der verbündeten Fürsten, um im folgenden Frühjahr den Weitermarsch nach Griechenland anzutreten. Ferner erlebten die Gewässer der Ägäis und Griechenlands eine der größten je in der Antike gesehenen Flottenansammlungen mit 800 Einheiten, davon 500 Kriegsund 300 Transportschiffe. Ein Viertel davon, 200, stellte die ägyptische Königin, von denen später 60 Kriegsschiffe bei Actium mitfochten. Kleopatra warf das gesamte militärische und wirtschaftliche Potential Ägyptens auf Antonius’ Waagschale. 2 Sie war als Zielscheibe der octavianischen Propaganda ausersehen, sie war offiziell zur Kriegsgegnerin deklariert worden. Nur ein Sieg des Antonius konnte die Zukunft des Ptolemäerreiches sichern, sie kämpfte einen Überlebenskampf. Abgesehen von ihrer ansehnlichen Flotte steuerte sie 20.000 Talente, das entspricht etwa 600 Tonnen Edelmetall, in die Kriegskasse und übernahm, wenn auch viel-

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leicht nicht vollständig, wie Plutarch behauptet, so doch mit einem erheblichen Anteil die Verpflegung der Armee. Zweifelsohne nahm Kleopatra in mehrfacher Hinsicht die prominenteste Stelle unter allen anderen Klientelfürsten ein: Sie stand im Fokus der aus Italien hinüber schallenden Kriegstrompeten, sie besaß das stärkste Eigeninteresse an einem Erfolg des Antonius, sie konnte zu diesem Erfolg dank der Ressourcen Ägyptens am kräftigsten unter allen Verbündeten beitragen. Auf dieses besondere Engagement der Ptolemäerin reagierte die von Antonius gelenkte römische Münzprägung mit einer einzigartigen Serie von Silberdenaren, die im Jahre 32/31 in Kleinasien geprägt wurden (siehe oben, Abb. 13). Man sieht Antonius’ Portrait und liest die Siegesmeldung „Armenien ist besiegt“ (Armenia devicta), auf der Rückseite Kleopatras Portrait und Titulatur „der Königin der Könige, ihrer Kinder, der Könige“ (regina regum filiorum regum). Beide Münzseiten zeigen die Symbole ihrer militärischen Stärke: hinter Antonius’ Portrait eine kleine armenische Tiara, vor demjenigen Kleopatras ein Schiffsbug. Gerade angesichts der politischen Konstellation des Jahres 32 impliziert die erneute Verkündigung des armenischen Sieges den Anspruch auf einen Triumph in Rom; Kleopatra als mächtigste Verbündete trägt mit ihrer Flottenmacht zu dessen Realisierung bei. In dieser Münzprägung hat man überwiegend die Anspielung auf eine östliche dynastische Herrschaftsordnung mit Antonius und Kleopatra im Mittelpunkt gesehen, was freilich nicht nur mit Blick auf ein solch fragwürdiges Konzept, sondern auch auf die Art, dafür eine genuin römische Münzemission zu nutzen, ganz unwahrscheinlich ist. Die klare Botschaft lautet vielmehr: Sieghaftigkeit, militärische Stärke, Waffenbündnis – die Thematik, die in die Rüstungsphase der Jahre 32 und 31 genau passt. Im Winter des Jahres 33 auf 32 befand sich Kleopatra in Ephesos – für wie lange, wissen wir nicht –, und dies nicht nur als Antonius’ Geliebte, sondern auch als eine von vielen Ratgebern und Verbündeten, die Antonius angesichts der sich abzeichnenden militärischen Auseinandersetzung mit Octavian dort aufgesucht haben. Kleopatra war eine von insgesamt acht Königen, die dem Aufruf des Antonius zur Mobilmachung Folge geleistet und sich persönlich an der Spitze ihrer Kontingente in seinem Heerlager eingefunden hatten: Bogud von Mauretanien, Sadalas von Thrakien, Amyntas von Galatien, Deiotaros Philadelphos von Paphlagonien, Ariobarzanes von Kappadokien, Mithridates von Kommagene und Tarkondimotos, der über die Gebirgslandschaft im östlichen Kilikien an der Grenze zu Syrien herrschte. Dieser Tarkondimotos, angeblich ein ehemaliger Seeräuber, stellte ein Flottenkontingent, was zeigt, dass Kleopatra nicht die einzige Fürstin war, die Antonius’ Flotte stärkte. Er hatte damit schon Pompeius im Jahre 48 wertvolle Dienste geleistet, bezahlte aber seinen

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Abb. 15: Denar des Antonius mit Dreiruderer (Vs.), Adler und Feldzeichen der 11. Legion (Rs.), 32/31 v. Chr.

Einsatz für Antonius später mit seinem Leben. Truppen hatten auch Herodes von Judäa, Malchos, König der Nabatäer, Polemon von Pontos und Kleinarmenien und Artavasdes von Medien gesandt, ohne allerdings persönlich anwesend zu sein. Das Verbleiben der letztgenannten Herrscher entlang der Ostgrenze war angesichts des Abzugs fast aller Legionen nach Westen eine strategische Notwendigkeit. Die Truppenstärke der Verbündeten belief sich um mindestens ein Drittel der Legionstruppen, also auf etwa 20.000 Mann. 3 Höchstwahrscheinlich hat Kleopatra nach dem in Ephesos gefassten Kriegsbeschluss den ägyptischen Part der Hilfeleistung von Alexandria aus persönlich organisiert, sie ist also von Ephesos aus noch einmal nach dorthin zurückgekehrt und zusammen mit ihrer Flotte erst im Sommer oder Herbst zu Antonius in Athen gestoßen. Kleopatra hat den Athenern großzügige Stiftungen zukommen lassen – Genaueres wissen wir nicht. Auf jeden Fall hat die Königin ihre Großzügigkeit nicht im Wetteifer mit Octavia um die Gunst der Bevölkerung beweisen müssen, wie Plutarch meint. Zwischen der Stadt und den Ptolemäerkönigen bestand schon seit den Zeiten des Dynastiegründers ein gutes Verhältnis. Noch Kleopatras Großvater, Ptolemaios IX., hatte das Gymnasion in Delos, welches zu Athen gehörte, reich beschenkt und auch der Stadt selbst zahlreiche Wohltaten erwiesen. Kleopatra konnte, ja musste an die Tradition einer ganzen Dynastie anknüpfen, eine Erwartungshaltung befriedigen und stand weit über einer vermeintlichen Konkurrenz zu Octavia. 4 Im Herbst besorgte Antonius persönlich die Aufstellung seiner Flottenverbände entlang der westgriechischen Küste von der Südspitze der Peloponnes bis zur Insel Korkyra (Korfu) im Norden. Dort erfuhr er, dass sich ein von Octavian vorausgeschicktes Geschwader weiter nördlich am Keraunischen Vorgebirge an der Küste von Epirus (Karaburun im südlichen Albanien) auf Beobachtungsposten gelegt hatte. Doch größere Aktivi-

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täten verbot – für beide Seiten – die schon fortgeschrittene Jahreszeit; Antonius bezog sein Winterquartier in Patrai (Patras) am Ausgang des Golfes von Korinth, also quasi direkt an der Front. 5 Zur Besoldung seiner in Griechenland erwarteten Legionen setzte er eine gewaltige Prägeaktion von Silberdenaren in Gang, welche in millionfacher Auflage ein Kriegsschiff und auf der Rückseite insgesamt 23 Legionen mit ihrer Nummerierung nennt und mit ihren Symbolen zeigt (Abb. 15). 6Unmittelbar nach seinem Sieg sollte Octavian diesen Münzvorrat zur Entlohnung der Veteranen weiter verwenden. Octavian war auf Antonius’ rasch gefassten Entschluss zum Krieg und auf die folgende Aufkündigung der Freundschaft offenbar nicht vorbereitet und geriet über die ebenso entschlossen vorgetragenen Rüstungen seines neuen Gegners in Unruhe, dass die Kriegshandlungen noch im laufenden Jahr 32 beginnen könnten.7 Das an die epirotische Küste entsandte Aufklärungsgeschwader belehrte ihn aber bald, dass Antonius’ Flotte noch ihre Positionen beziehe und die Masse des Landheeres erst im kommenden Frühjahr erwartet werde. Sowohl für Antonius als auch für Octavian beinhalteten die gesamtstrategischen Planungen die Möglichkeit einer defensiven wie auch einer offensiven Kriegsführung. Beide sicherten zunächst die gegenüberliegenden Küsten der Machtbereiche, Octavian die Ostküste Italiens einschließlich Siziliens; seine aus dem Krieg gegen Sextus Pompeius kampferprobte Flotte sammelte er in den beiden einzigen größeren süditalischen Häfen, Brundisium und Tarentum. Tarents Hafen sicherte auch das Meer um die ganze Stiefelspitze Italiens einschließlich Sizilien. Antonius’ Besatzungen und Geschwader sind nachweislich bezeugt in Korkyra, im Golf von Ambrakia, in Leukas, Patrai, Methone – hier hatte der mauretanische König Bogud sein Quartier aufgeschlagen – und am Kap Tainaron an der Südspitze der Peloponnes. Auch die südlichen Regionen des Mittelmeeres, wo die Machtbereiche aneinander grenzten, wurden nicht vergessen: Kreta war wohl am wenigsten von einem feindlichen Angriff gefährdet, aber in der Cyrenaica stand Lucius Pinarius Scarpus mit vier Legionen, um die Westgrenze Ägyptens zu decken, ihm gegenüber wachte auf Octavians Seite Gaius Cornelius Gallus zum Schutz der Provinz Africa. Es sollte sich allerdings als fatal erweisen, dass Antonius nicht die Besetzung der nördlich von Kerkyra gelegenen Küstenregion von Epirus mit einer Reihe bedeutender Städte durch Octavian verhindern konnte, obwohl diese zu seiner Provinz Macedonia gehörten. Hier hatte seinerzeit Pompeius den Angriff Caesars erwartet und sich dabei gut geschlagen, und gerade hier sollte auch Octavian später in der Tat seine Hauptarmee aus Italien anlanden. Vermutlich war es Octavian schon im Jahre 32 durch

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einen schnellen, überraschenden Flottenvorstoß gelungen, diesen direkt gegenüber von Brundisium (Brindisi) gelegenen Landstrich für sich als möglichen Brückenkopf zu sichern. Er kannte diese Gegend, namentlich die Stadt Apollonia, recht gut seit seinem Aufenthalt in Caesars Expeditionsarmee, die sich dort im Winter des Jahres 45 auf 44 gesammelt hatte. Es liegt auf der Hand anzunehmen, dass er auf diese Zeit zurückgehende persönliche Beziehungen nutzen konnte, um diese und andere Städte der Region auf seine Seite zu bringen. Auch Antonius kannte diese Region aus vergangenen Feldzügen gut, und wir werden noch zu erklären haben, warum er Octavian diesen strategischen Vorteil ohne jede Gegenwehr warnehmen ließ. Hinter diesen von den Flotten gedeckten Linien zogen beide Machthaber ihre Landtruppen zusammen: Antonius insgesamt 19 Legionen, davon kamen 16 aus Armenien und drei weitere vermutlich aus der Besatzung der Provinz Macedonia – einschließlich aller Hilfskontingente ein Heer von 100.000 Infanteristen und 12.000 Reitern. Octavian ließ für diesen Krieg 80.000 Infanteristen und ebenfalls 12.000 Reiter aufmarschieren, was etwas mehr als der Hälfte seiner Gesamtstreitkräfte entsprach, von denen der Rest seine gallischen, spanischen und afrikanischen Provinzen deckte. 8 Sehr schnell war erkennbar, dass Octavian die Entscheidung in Griechenland suchen würde. Er musste unter allen Umständen ein Auftauchen des Antonius in Italien und das Risiko einer Mobilisierung von dessen immer noch beträchtlicher Klientel und des Unruhepotentials verhindern, das sich erst kürzlich anlässlich der neuerlichen Geldforderungen wieder manifestiert hatte. Umgekehrt wusste Antonius aus jüngster Erfahrung, wie schwer die stark befestigten Häfen Brundisium und Tarentum einzunehmen waren, und ohne deren Besitz war ein Ausschiffen solch gewaltiger Truppenmassen ein schwieriges Unterfangen. Aber nachdem er die Kontrolle über die Meerenge zwischen Italien und Griechenland verloren hatte, musste er den Gegner auf griechischem Boden stellen. Ohnehin glänzte sein Schlachtengenie heller zu Lande als zu Wasser, das Meer war für ihn im Gegensatz zu Octavian ein noch unbekanntes Kampfterrain. Seine Flotte würde die Nachschublinien von Italien so gut als möglich stören oder ganz kappen; eine so geschwächte Landarmee würde ein leichtes Opfer seiner gut versorgten Truppen und seiner Feldherrnkunst werden. Dementsprechend konzentrierte Antonius seine Seestreitkräfte im nördlichen Abschnitt seiner Verteidigungslinie, in der großen und geschützten Bucht von Ambrakia (beim heutigen Preveza), an deren Einfahrt die Stadt Actium lag. Von Actium aus konnte die engste Stelle der Überfahrt von Italien nach Griechenland, wenn man sie schon nicht direkt beherrschte, so doch aus der Nähe kontrolliert werden, ferner ließ sich von

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hier das Ionische Meer gegen feindliche Vorstöße in südlicher Richtung absichern. Die Offensive ergriff dann allerdings Octavian, nicht Antonius. Sie galt zuerst der gegnerischen Flotte und ihren Stützpunkten an der westgriechischen Küste. Sie zu schwächen barg zwei Vorteile in sich: Erstens konnte die Überfahrt der Hauptarmee ohne Risiko einer Feindeinwirkung bewerkstelligt werden, zweitens konnten auf diese Weise die für die Versorgung der antonianischen Landarmee lebenswichtigen Verbindungslinien empfindlich gestört werden. Früh im Jahre 31, ja zu früh, unternahm Octavian von Brundisium aus einen kühnen Vorstoß über die Adria an Korkyra (Korfu) vorbei, um die bei Actium überwinternde Flotte des Antonius mit einem Überraschungscoup zu treffen. Er geriet jedoch vor Feindberührung in einen Sturm und musste unter Verlusten umkehren. Mehr Glück wurde bald darauf Agrippa zuteil, der von Tarentum aus vor der Küste der Peloponnes auftauchte und dem offenbar völlig ahnungslosen Gegner das wichtige, an der Südwestecke der Insel gelegene Methone entriss. Die noch heute so benannte Stadt besaß einen hohen strategischen Wert, den im Mittelalter auch die Republik Venedig erkannte und dort im 12. Jahrhundert eine mächtige Festung errichtete. Von hier aus ließen sich alle Schiffsbewegungen aus der Ägäis in das Ionische Meer und umgekehrt kontrollieren, da vor dem Bau des Kanals von Korinth jede Passage um die Südspitze der Peloponnes herum führte. Methone wurde im Sturm erobert; der in der Stadt weilende mauretanische König Bogud, ein langjähriger Freund und Verbündeter des Antonius, fand dabei den Tod. Mit der Einnahme Methones hatte Octavian den Stachel in das Fleisch des Gegners gesetzt. Agrippa konnte den Kurs und die Landeplätze der antonianischen Nachschubflotte erkunden und zum Kummer des Antonius gezielte Landungsoperationen in Griechenland durchführen.9 Man fragt sich natürlich, wie all dies praktisch unter Antonius’ Augen geschehen konnte und warum dieser von Anfang an dem Gegner die Seehoheit überließ. Denn Methone blieb nicht die einzige bedeutende Küstenstadt, die Agrippa in die Hände fiel, es folgten nach Antonius’ Aufbruch nach Actium das gerade von ihm verlassene Winterquartier Patrai, dann Korinth und die Insel Leukas. Wahrscheinlich spielten innerstädtische Rivalitäten, wie wir sie ähnlich im Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Caesar in Griechenland kennen, Octavian in die Hände. Korinth beispielsweise verdankte seine „Wiedergeburt“ als römische Kolonie dem Diktator Caesar und könnte verständlicherweise mehr Anhänglichkeit für dessen Adoptivsohn als für Antonius aufgebracht haben. In Sparta hatte sich Antonius die Sympathien verscherzt, weil er einen führenden Bürger der Stadt namens Lachares unter dem Vorwand der Piraterie hatte

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hinrichten lassen. Dessen Sohn Eurykles stellte sich schon vor der Schlacht von Actium auf Octavians Seite und könnte seinen Anteil an der Einnahme Methones durch Agrippa gehabt haben.10 Entscheidend für die Passivität von Antonius’ Flotte war der eklatante Mangel an kampferprobten Truppen, mit denen er die Schiffe bemannen konnte. Dies ist nunmehr vollkommen verständlich, wenn wir den Abmarsch der Legionen unter Canidius Crassus aus Armenien um ein Jahr hinabdatieren. Der Aufbruch gen Westen hatte erst im Frühling des Vorjahres begonnen, die Truppen überwinterten im westlichen Kleinasien und setzten sich im Frühling dieses Jahres überhaupt erst nach Griechenland in Marsch. Antonius verfügte, wie die Quellen mehrfach berichten, zu Beginn des Frühjahres 31 in Griechenland über keinerlei Kampftruppen, was ihn vollständig in die Defensive drängte. Nicht einmal ein Spähdienst funktionierte, denn Antonius sollte von Octavians Ankunft in Griechenland erst erfahren, als dieser sich bereits vor Actium festgesetzt hatte. Seine Legionen versammelten sich dort erst lange nach Octavians Eintreffen und unmittelbar vor der Schlacht, nachdem auch Antonius sich dort schon eine Zeit lang aufgehalten hatte. Dieses Manko nutzten Octavian und Agrippa zu ihrem letztlich kriegsentscheidenden strategischen Vorteil. Sie hatten bis zum Ende des Vorjahres alle Schiffe und Legionen an Italiens Ostküste bereitgestellt. Flotte und Heer sollten so früh wie möglich, bevor Antonius’ Hauptarmee Griechenland erreicht hatte, nach dorthin übersetzen und offensiv die strategisch wichtigen Plätze besetzen. In diesem Kontext ist der frühe, zu frühe Versuch Octavians zu verstehen, die bei Actium ankernde Flotte durch einen überraschenden Vorstoß bereits auszuschalten. Er war natürlich informiert, dass die entlang der griechischen Westküste stationierten Kriegsschiffe des Antonius wegen fehlender Besatzung praktisch nicht einsatzfähig waren, und so erklärt sich der Erfolg der handstreichartigen Unternehmungen Agrippas. Schließlich, wohl im April, schaffte Octavian die Hauptarmee, bestehend aus 12.000 Reitern und 80.000 Infanteristen, von Brundisium aus über die südliche Adria zum Keraunischen Vorgebirge auf epirotischer Seite und befahl ihr den unverzüglichen Weitermarsch entlang der Küste in südlicher Richtung. Das gemeinsame Ziel von Heer und Flotte war Antonius’ große Flottenstation im Golf von Ambrakia, und, wie beabsichtigt, traf Octavian dort ein, bevor Antonius selbst und erst recht dessen Legionen den Ort erreicht hatten. Er errichtete auf der Halbinsel von Preveza, die den Golf von Ambrakia von Norden her abschließt, auf einer Anhöhe (heute Mikalitzi genannt) sein Lager, das er durch zwei zur Küste laufende Mauern mit der Flottenstation verbinden ließ. Diese lag gegen die offene See und die gefährlichen Südwinde wenig geschützt an der langen sichel-

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förmigen Bucht von Gomaros. Auf die Nachricht von Octavians Ankunft eilte Antonius von Patrai zu seiner Flotte nach Actium und schlug sein Lager gegenüber auf der südlichen Halbinsel auf, an deren Nordwestspitze der Tempel des actischen Apoll stand.11 Gegen einen direkten Angriff hatte sich Antonius’ Flotte ausreichend gesichert, indem sie strategisch wichtige Küstenpunkte besetzt und vor allem zu beiden Seiten der Einfahrt des 13 Kilometer langen Sundes zwei Türme errichtet hatte, die, mit Wurfmaschinen bewehrt, feindliche Schiffe abschreckten. Antonius errichtete das Hauptlager für seine noch zu erwartende Hauptstreitmacht in der weiten Ebene südlich des Apollotempels, und auch er verband Lager und Hauptankerplatz der Flotte durch zwei lange Mauern. Octavian bot, solange Antonius’ Armee noch nicht eingetroffen war, dem Gegner mehrfach die Schlacht an, indem er sein Fußvolk auf der nördlichen Halbinsel in Reih und Glied aufmarschieren ließ; auch die Flotte provozierte durch kleine handstreichartige Aktionen gegen Antonius’ Transportschiffe. Da Antonius aber seine Schiffe noch nicht ausreichend bemannen konnte und seine Landstreitmacht derjenigen von Octavian noch weit unterlegen war, ließ er sich auf keinerlei Gegenaktionen ein. Erst im Mai oder Juni trafen die Legionen unter Canidius Crassus ein, und nunmehr hoffte Antonius, die große Landschlacht, die ihm Octavian schon mehrfach angeboten hatte, schlagen und sein militärisches Talent voll ausspielen zu können. Zu diesem Zweck setzte er seine Streitmacht über den Sund von der südlichen auf die nördliche Halbinsel und errichtete dort etwa vier bis fünf Kilometer südlich von Octavians Lager diesem gegenüber sein eigenes neues Hauptlager. Er wollte die baldige Entscheidung. Um den Druck zu erhöhen, entsandte er seine Reiterei um den Golf von Preveza herum in den Rücken von Octavians Lager, kreiste ihn also gewissermaßen ein und schnitt ihn zudem von der einzig bedeutenden Wasserversorgung ab, dem heutigen Fluss Luro. 12 Nun übernahm Octavian den Part des Verweigerers und traute sich nicht mehr, wie noch wenige Wochen zuvor, die Entscheidungsschlacht zu schlagen. Er nötigte vielmehr Antonius einen zähen Stellungskrieg auf, in welchem nicht das große Schlachtentalent, sondern der weiträumig denkende Stratege gefordert war. Mehr denn je ging es um Wasserquellen, eine offene See, ein freies Hinterland für die Herbeischaffung von Lebensmitteln und sonstigem Nachschub; in dieser Hinsicht erwiesen sich Octavian und seine Berater als Meister und versetzten Antonius einen Schlag nach dem anderen. Der unmittelbar drohenden Gefahr, von der Wasserzufuhr abgeschnitten zu werden, entledigten sich Octavians Truppen unter Führung des Überläufers Marcus Titius und des Titus Statilius Taurus mittels einer überraschenden Attacke auf Antonius’ Reiterei, die in die Flucht geschla-

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gen wurde. War dies schon schmerzlich genug, so setzte ein prominenter Überläufer damals das erste Zeichen für die um sich greifende Negativstimmung in Antonius’ Umgebung: König Deiotaros Philadelphos von Paphlagonien ging während des Reitergefechts zu Octavian über. Agrippa setzte zur See konsequent und erfolgreich seine Anstrengungen fort, die Nachschubverbindungen der Antonianer zu durchlöchern. Er eroberte die unmittelbar südlich von Actium gelegene Insel Leukas, womit er die Liegeplätze von Antonius’ Hauptflotte von See her praktisch abriegelte. Gegen dessen Präfekten Quintus Nasidienus lieferte er vor Patrai ein siegreiches Gefecht, eroberte die Stadt und anschließend noch das am Isthmos gelegene strategisch wichtige Korinth. Zu Lande durchzogen Legionsdetachements – wir wissen nicht, in welcher Stärke – Griechenland und Makedonien, um neue Nachschubwege zu erschließen und zugleich Antonius selbst von Actium wegzuziehen. Auch dieses Vorhaben erfüllte seinen Zweck, denn Antonius hatte zuvor seinen Vertrauten Quintus Dellius und den Galaterkönig Amyntas nach Makedonien und Thrakien zur Anwerbung von Söldnern abgeschickt; jetzt fürchtete er für den Fall einer Begegnung mit Octavians Truppen um deren Treue und sah sich veranlasst, ihnen nachzureisen unter dem Vorwand, ihnen gegen eine feindliche Übermacht beistehen zu wollen. Es spielt keine Rolle, ob Cassius Dio bei der Schilderung dieser Vorkommnisse Vorwand und wirkliches Motiv vertauscht hat; mit Blick auf Amyntas kam Antonius’ Bemühen jedenfalls zu spät, der König trat zu Octavian über und setzte die Reihe prominenter Überläufer fort. Antonius entglitt das Gesetz des Handelns. Während seiner Abwesenheit versuchte sein Flottenbefehlshaber Gaius Sosius, die lähmende und demotivierende Pattsituation vor Actium aufzubrechen und griff die gegnerische Flotte an, die wegen Abwesenheit zahlreicher Einheiten für Agrippas Operationen zahlenmäßig geschwächt war. Im Schutze einer morgendlichen Nebelwand gelang es Sosius tatsächlich, den gegnerischen Präfekten Lucius Tarius Rufus, einen jungen Liburner von der dalmatinischen Küste, mit seinen Schiffen in die Flucht zu schlagen. Doch das Schicksal wollte es, dass Agrippa noch rechtzeitig zur Stelle war und Sosius seinerseits in die Flucht schlug. 13 Dabei fand der kilikische König Tarkondimotos den Tod, nunmehr der dritte spektakuläre, wenn auch tragischere Verlust für Antonius. Octavians Taktik ging auf: Unter Vermeidung einer für ihn riskanten Landschlacht zermürbte er Antonius’ Heer und Flotte durch immer enger gezogene Ringe und drängte den Gegner dazu, sein Heil in einer für ihn vorteilhafteren Entscheidung zur See zu suchen. Während ein sichtbarer Erfolg ausblieb und die Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss des Krieges im laufenden Jahr dahinschwand, wurde

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die Stimmung im Führungszirkel um Antonius gereizter, Gegensätze brachen auf. Sein vornehmster Gefolgsmann und nach Canidius Crassus vielleicht fähigster Feldherr, Gnaeus Domitius Ahenobarbus, entschloss sich, die Seite zu wechseln und begab sich unauffällig in einem kleinen Boot zu Octavians Linien. 14 Antonius, wohl in einer Mischung aus Boshaftigkeit und Wut, schickte dem adligen Herrn seine Equipage samt Freunden und Dienern nach. Domitius war der ranghöchste und sicher erfahrenste Admiral in Antonius’ Generalstab, hatte er doch jahrelang in der Adria ein selbstständiges Kommando geführt, bevor er sich Antonius unterordnete, aber offensichtlich hatte ihm Antonius vor Actium kein Flottenkommando anvertraut. Stattdessen nahm sein Konsulatskollege Sosius eben eine solche Stellung ein, obwohl dieser sich bislang nur zu Lande als Städtebelagerer in Syrien und Judäa einen Namen gemacht hatte. Die Hintergründe kennen wir nicht: Es werden Differenzen mit Kleopatra überliefert, eben solche könnten aber ebenso gut mit Sosius bestanden haben; möglicherweise haben wir den Grund dafür, dass wir ihn in keinem aktiven Kommando finden und er zu Octavian übertrat, in einer bereits bestehenden schweren Krankheit zu suchen: Schon fiebernd entfloh er zu Octavian und starb wenige Tage später, ohne seinem neuen Herrn für die Kriegsführung noch von Nutzen gewesen zu sein. Dem Beispiel des Domitius folgte Marcus Iunius Silanus: Er hatte Antonius seinerzeit im Mutinensischen Krieg Verstärkungen aus der Provinz des Aemilius Lepidus zugeführt, sich dann aber auf die Seite des Sextus Pompeius geschlagen. 15 Nach der im Vertrag von Misenum beschlossenen Amnestie ging er nach Rom zurück und bald darauf in den Osten zu Antonius, der ihn zu seinem Statthalter in Griechenland ernannte, wo bereits der Vater des Silanus als solcher amtiert hatte. Ehemaliger Pompeianer war auch der noch junge Marcus Licinius Crassus, Enkel des bei Carrhae getöteten Triumvirn. Er wurde für seinen Übertritt von Octavian gleich im folgenden Jahr mit dem Konsulat belohnt, ohne vorher Prätor gewesen zu sein, wie Cassius Dio vermerkt.16 Schließlich wechselte auch Antonius’ „Chefdiplomat“, Quintus Dellius, rechtzeitig die Seiten, was ihm von Messalla Corvinus den Spitznamen desultor bellorum civilium eintrug, den „Springer der Bürgerkriege“. Desultor bezeichnet den Kunstreiter in der Rennbahn, der im Galopp von einem Pferderücken auf den anderen springt; nach neuester Terminologie würde man ihn einen „Wendehals“ nennen. Dellius hatte im Jahre 43 Antonius’ Mitkonsul Dolabella nach Syrien begleitet, war dann in die Dienste des Caesarmörders Cassius getreten, um nach Philippi dem Antonius zu dienen. Im Übrigen behielten alle genannten Überläufer, auch die Klientelkönige, unter Octavian Rang und Ansehen. Ihre Motive im Einzelnen liegen im Dunkeln, aber einem Cha-

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rakter wie Dellius müssten wir auch ohne Kenntnis der von ihm kolportierten Geschichte, Kleopatra habe ihm nach dem Leben getrachtet, unterstellen, dass er seinem Herrn bei erstbester Gelegenheit den Rücken kehrt, sobald sich ihm eine mehr versprechende Alternative bietet. 17 Auf jeden Fall deuten die Wechsel dieser entweder dank Amt oder Geburt hochrangigen Persönlichkeiten aus Antonius’ Gefolge in das Lager des Gegners untrüglich auf die sich verschlimmernde Gesamtlage und gespannte Atmosphäre in seiner Umgebung hin. Die psychologische Folge bei Antonius war ein sich verstärkender Argwohn, der sich in harschen Todesurteilen entlud, möglicherweise provoziert durch die Niedertracht des Verrates an seiner Sache. Ihm fielen der Stadtfürst des syrischen Emesa, Iamblichos, und der römische Senator Quintus Postumius zum Opfer. Durch die zahlreichen Schlappen und Übertritte auf die Seite des Gegners demoralisiert, infolge des ungesunden Klimas von Krankheiten heimgesucht, infolge einer spürbaren Lebensmittelverknappung zunehmend geschwächt, sahen Antonius’ Truppen und Offiziere mit Sorge auf den bevorstehenden Herbst und Winter. Die Zeit spielte gegen sie. Ein Kriegsrat sollte den Weg zu einem befreienden und alles entscheidenden Gegenschlag aufzeigen. 18 Die offene große Landschlacht war Octavian nicht abzuringen und davon einmal abgesehen angesichts der geschilderten Umstände auch nicht mehr die erste Wahl. Dementsprechend wurden das auf der nördlichen Halbinsel errichtete Lager wieder abgebrochen und alle Truppen auf der südlichen Halbinsel vereint. Zwei Optionen, und nur zwei, standen zur Debatte: Nach dem Vorbilde Caesars, der seinerzeit vor Dyrrhachium in eine ähnlich schwierige Situation gegenüber Pompeius geraten war, konnte sich das Landheer nach Innergriechenland oder sogar bis nach Thrakien zurückziehen, die Versorgung neu aufbauen und hoffen, der Gegner werde schon nachsetzen. Der Vorteil: Angeblich rückte ein starkes Heer des Getenkönigs Dikomes zur Verstärkung heran, und Antonius hätte die Stärke seiner Legionen dort, wo sie am schlagkräftigsten waren – unter den Augen ihres Feldherrn –, voll ausspielen können, anstatt sie auf hunderte von Schiffen zu verteilen und damit die Kräfte zu zersplittern. Der Nachteil: Antonius hätte durch den Abzug seiner Landtruppen die Flotte der Vernichtung oder der bedingungslosen Kapitulation ausgeliefert, allen voran Kleopatra, die mit ihren 60 Schiffen gegen den erfahrenen Agrippa keine Chance besaß. Hinter Kleopatras vehementem Eintreten für eine Entscheidung zur See stand also ihr Überlebensinteresse, aber dies war nur ein Gesichtspunkt unter mehreren. Ein Verlust der Flotte hätte zudem auch die Versorgungslage eines Landheeres in Griechenland extrem verschlechtert, da freie Seewege auch in diesem Fall unerlässlich waren. Schließlich widersprach ein solches Verhalten einem

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Grundcharakterzug des Antonius: So hart er angebliche oder wirkliche Verräter bestrafte, so treu stand er zu verlässlichen Freunden. Realisiert wurde deshalb die zweite Option, die Entscheidung zur See zu suchen, gewissermaßen als das kleinere von zwei Übeln, denn Antonius’ Flotte hatte bisher noch keinen Stich gegen die gut trainierten, wendigen Schiffe unter Agrippas Kommando holen können. Zudem war sie der vereinten Flottenmacht des Octavian und Agrippa zahlenmäßig um die Hälfte unterlegen: Von den 500 Einheiten hatte Antonius etwas mehr als die Hälfte nach Actium gelegt, den Rest auf die griechische Küste verteilt. Einige Schiffe, wir wissen nicht wie viele, hatte Sosius bei seinem unglücklichen Vorstoß gegen Agrippa verloren, für andere fand Antonius schlichtweg nicht mehr genügend Rudermannschaften, da Krankheit und Desertion deren Reihen gelichtet hatten. Er konnte letztendlich nur noch 170 Schiffe kampffertig aufbieten, hinzu kamen noch die 60 ägyptischen Einheiten. Die gegnerische Flotte zählte dagegen mehr als 400 einsatzbereite Galeeren, die acht Legionen und fünf Kohorten der Leibwache, zusammen 40.000 bis 50.000 Mann, an Bord nahmen. Angesichts dieser Übermacht war ein Sieg für Antonius nur noch im Falle eines für Octavian extrem ungünstigen, plötzlich einsetzenden Wetterumschwungs zu erwarten; damit hatte dieser im Krieg gegen Sextus Pompeius leidvolle Erfahrungen gesammelt. Realistischer, als auf die Unterstützung Neptuns zu hoffen, war daher die wirklich einzige taktische Alternative, unter möglichst geringen Verlusten den Durchbruch durch die gegnerischen Linien zu erzwingen und in schneller Fahrt über das offene Meer zu entkommen. In diesem Fall konnte sich die Flotte in die Ägäis zurückziehen und mit der ebenfalls nach Osten zurückweichenden Landarmee im nächsten Frühjahr den Kampf erneut aufnehmen. Dementsprechend muss Canidius Crassus klare Instruktionen für Zeitpunkt und Route des Rückmarsches erhalten haben. Antonius musste um jeden Preis aus der Falle, als die sich Actium und der Golf von Ambrakia entpuppt hatten, entkommen. Nichts wurde dort zurückgelassen, das Überflüssige und Wertlose zerstört, das Kostbare auf die Schiffe geladen – einschließlich der Segel, die, im Kampf die Schiffe belastend und daher hinderlich, für das schnelle Entkommen aber unverzichtbar waren. 20.000 seiner besten Legionäre und 2000 Bogenschützen wurden eingeschifft, also nur halb so viele Kämpfer wie Octavian in die Schlacht führen sollte. 19 Octavian verfügte im Wesentlichen über zwei Schiffstypen: einen schweren Typ, der sich in den Seeschlachten gegen Sextus Pompeius bewährt hatte, mit vier bis sechs Ruderbänken versetzt übereinander, und einen leichten, sehr beweglichen Typ mit den bekannten Trieren, den Dreiruderern, und über Liburnen, schlanke Zweiruderer, so benannt nach dem an

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Abb. 16: Die Schlacht bei Actium.

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der dalmatinischen Küste wohnenden Stamm der Liburner, der für seine Seeräuberei berühmt und berüchtigt war. Octavian hatte die Vorteile der Letzteren, ihre Wendigkeit und Schnelligkeit im Kampfgeschehen, auf seinen jüngsten Feldzügen in Illyrien kennengelernt und seine Kriegsflotte mit diesem Schiffstyp ergänzt; Tarius Rufus, von dort gebürtig, befehligte sie. Antonius dagegen hatte ganz auf große, hochbordige Schlachtschiffe gesetzt, die jene von Octavian gegen Pompeius eingesetzten an Wucht und Kampfkraft noch übertreffen sollten. Mit vier bis zehn Reihen von Ruderern versetzt übereinander waren sie für schnelles Manövrieren ungeeignet, glichen eher kleinen Festungen: Mit Eisenplatten gegen Rammstöße geschützt verfügten sie über turmähnliche Aufbauten, von denen Bogenschützen, Schleuderer und Artillerie ihren Geschossen eine höhere Treffsicherheit und Durchschlagskraft verleihen konnten. Die Stärke so konstruierter Schiffe lag im Nahkampf, der sich nähernde Gegner wurde mit einem Geschosshagel eingedeckt, dann klammerte sich ein eiserner Enterhaken in sein Schiff, der ihm keine Chance zum Entrinnen ließ. Man kämpfte anschließend wie auf dem Lande Mann gegen Mann, wobei die zahlenmäßig überlegene Besatzung der antonianischen Schiffe die Oberhand behielt. Um dieser Gefahr zu entrinnen, setzten Octavians Schiffe auf blitzschnelle, überraschende Attacken, um das gegnerische Schiff durch Zerbrechen der Riemen oder durch Rammen der Bordwand manövrierunfähig zu machen oder gar zu versenken. Ebenso schnell musste zurückgerudert werden, bevor der Enterhaken greifen konnte und es zum Nahkampf kam. Dann stürzte man sich schon auf das nächste feindliche Schiff, oft zu zweit oder zu dritt, um die Verwirrung des Gegners zu steigern. Nach mehreren wolkenreichen und stürmischen Tagen hatte sich das Wetter am Morgen des 2. September des Jahres 31 vor Christus so beruhigt, dass Antonius den Befehl zur Ausfahrt aus dem Sund und zur Aufstellung vor demselben gab. Die Geschwader formierten sich in einer Linie von etwa vier Kilometern Breite und hatten sowohl im Norden wie im Süden Landkontakt, um einem feindlichen Umfassungsmanöver vorzubeugen. Antonius selbst und Lucius Gellius Poplicola führten den rechten, nach Norden hin ausgerichteten Flügel, das Zentrum befehligten Marcus Octavius, der schon Flottenpräfekt unter Pompeius gegen Caesar gedient hatte und Marcus Insteius, Antonius’ Legat aus dem Mutinensischen Krieg und ehemaliger Statthalter von Macedonia, den linken, südlichen Flügel Gaius Sosius. 20 Kleopatras 60 Schiffe waren hinter der Front aufgestellt. Octavian ließ seine Flotte in 1500 Meter Abstand gegenüber auf offener See auffahren: Marcus Lurius befehligte den rechten, südlichen Flügel, dem Sosius gegenüber, im Zentrum stand Lucius Arruntius, ein ehemaliger Anhänger des Sextus Pompeius, auf dem linken Flügel, dem Antonius gegen-

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über, Agrippa. 21 Einen wichtigen Faktor in Antonius’ Schlachtplan spielten die Windverhältnisse, die man ja lange genug hatte beobachten können: Um die Mittagszeit pflegt ein West- bis Nordwestwind einzusetzen, der sich im Laufe des Nachmittags nach Norden dreht, also bestens geeignet für eine Flotte, die unter Segeln auf Vorwindkurs schnell nach Süden zu entkommen gedachte. Bis zum Einsetzen des Windes sollten die Schiffe, sofern sie Octavians Flotte nicht von sich aus angreifen sollte, ruhig in ihrer Position verharren, um dann geschlossen und massiv die gegnerischen Linien zu durchstoßen, Segel zu hissen und Kurs auf die Peloponnes zu nehmen. Durch die Überläufer war Octavian über dieses Vorhaben, eine Durchbruchsschlacht zu schlagen, bestens informiert worden und hatte dazu eine eigene Gegenstrategie entworfen: die eigenen Reihen zu öffnen und den Gegner aufs Meer hinausfahren zu lassen, um ihm dann in den Rücken zu fallen. Offenbar stand dahinter die Absicht, möglichst schnell und unblutig Antonius und Kleopatra in seine Hände zu bekommen und den Rest der feindlichen Flotte zur Übergabe oder Flucht bewegen zu können. Der erfahrene Agrippa befürchtete aber zu Recht, dass die schweren Schiffe des Antonius, hätten sie erst einmal Segel gesetzt, nicht mehr einzuholen wären, und brachte Octavian von seinem Plan ab. Stattdessen verharrte auch seine Flotte zunächst unbeweglich, um den Gegner auf die offenere See hinauszuziehen, denn so dicht aufgestellt, wie Antonius’ Schiffe vor dem Sundausgang lagen, waren dieselben unangreifbar – und schließlich war es ja Antonius, der entkommen wollte. So standen sich beide Linien mehrere Stunden gegenüber, bis um die Mittagszeit Wind aufkam, die See beunruhigte und als ersten den im Südabschnitt liegenden Sosius zwang, mit seinen Schiffen Fahrt aufzunehmen, um gegen Wellen und Strömungen noch manövrierfähig zu bleiben. Octavian wich zurück, gab Raum frei und zog den Gegner weiter hinaus mit der Absicht, im geeigneten Augenblick die eigenen, dicht besetzten Reihen auseinander zu ziehen und Sosius’ Schiffe in den Flanken zu packen. Als Antonius des Sosius Vorrücken bemerkte, befahl er der restlichen Flotte, um die Linien halbwegs geschlossen zu halten, ebenfalls Fahrt aufzunehmen. Daraufhin zog sich Agrippa, ihm gegenüber, ebenso wie Octavian zuvor, zurück unter gleichzeitiger Ausdehnung seines Flügels. Antonius, um einer drohenden Einkesselung zu entgehen, bewegte sich seinerseits in nordwestlicher Richtung, wodurch die eigenen Reihen weit auseinander gezogen wurden und so für die kleineren Schiffe Octavians den Platz schufen, den diese zum wendigen Angriff auf die schweren Kolosse des Antonius benötigten. An allen Abschnitten entstand ein verbissener Kampf mit unterschiedlichen Techniken, Herausforderungen, Beanspruchungen von Schiff und Mensch, wovon uns Cassius Dio eine anschauliche Detailschil-

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derung hinterlassen hat. 22 Für Stunden standen weder Sieger noch Verlierer fest. Mitten im Schlachtgeschehen, als sich im Zentrum eine ausreichend breite Gasse gebildet hatte, der Wind äußerst günstig stand, stieß nun auch Kleopatra mit ihren Schiffen vor und versuchte als erste und dann auch erfolgreich den Durchbruch durch die kämpfenden Parteien. Es handelte sich also um keine feige Flucht der Königin, wie alle Quellen uns glauben machen wollen, sondern um die Umsetzung des so abgesprochenen Schlachtenziels. Man kann allenfalls darüber streiten, ob der von Kleopatra gewählte Zeitpunkt in Antonius’ Sinne gewesen ist und ob Antonius tatsächlich, wie die Quellen ebenfalls berichten, unverzüglich seine tapfer kämpfenden Soldaten im Stich gelassen hat – so ließ es sich jedenfalls im Nachhinein aus Sicht des Siegers leicht darstellen. 23 Vermutlich hat Antonius den für sich günstigsten Zeitpunkt selbst gewählt, zu dem er sich aus dem Kampfgeschehen löste und mit möglichst großen Teilen der Flotte unter Segeln dem offenen Meer zustrebte. Damit war nun für alle seine Einheiten das Signal gegeben, das Gleiche zu versuchen, aber verkeilt wie sie mit den gegnerischen Schiffen waren, gelang dies natürlich nur, und wenn überhaupt, nach heftiger Gegenwehr. Octavian beobachtete das verzweifelte und wohl auch verlustreiche Ringen seiner Soldaten, den Gegner am Hissen der Segel zu hindern, mit Sorge und griff schließlich auf eine Waffe zurück, auf die er bislang bewusst verzichtet hatte, um nicht die auf den feindlichen Schiffen geladenen Kostbarkeiten zu zerstören: auf Feuer. Aus dem Heerlager ließ er Pech, Kohlen und Feuer herbeischaffen, verteilen und mit Pfeilen, Lanzen oder durch Katapulte auf die gegnerischen Schiffe schleudern. Erst die sich daraufhin ausbreitende Feuersbrunst brachte die Widerstandskraft der Antonianer zu Erliegen. Nach einer in dieser Hinsicht zuverlässigen Quelle, den Memoiren des späteren Augustus, der keinen Grund hatte zu untertreiben, betrug die Zahl der Toten auf Antonius’ Seite 5000, also weniger als ein Viertel der an Bord genommenen Truppen, die Zahl der zerstörten Einheiten 300. In dieser Summe sind sicher Antonius’ während des ganzen Feldzuges erlittene Gesamtverluste enthalten; sie ist also auf die 500 Einheiten aufzurechnen, mit denen er den Krieg im Jahr zuvor begonnen hatte. Vielleicht liegt man in etwa richtig, wenn man die Zahl der aus der Schlacht entkommenen Schiffe – ohne diejenigen der Kleopatra – auf etwa 80 bis 90 schätzt, also die Hälfte der Flotte. Unterwegs im Ionischen Meer holte Antonius Kleopatras Schiffe ein und begab sich, da er sein eigenes Feldherrnschiff zuvor in der Schlacht verlassen hatte, an Bord der königlichen Galeere. Octavian hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, beider habhaft zu werden, und Schiffe vom

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liburnischen Typ zur Verfolgung abgeschickt, auf denen sich auch der Spartaner Eurykles befand, wohl im Begriff, in seine Heimatstadt zurückzukehren. Wie auch immer sich die von Plutarch beschriebene Episode abgespielt haben mag, ob sie überhaupt der Wahrheit entspricht, es gelang ihnen nicht, der Flüchtenden habhaft zu werden. Nach drei Tagen erreichten diese Kap Tainaron (heute Matapan) an der Südspitze der Peloponnes, wo kurz innegehalten, andere Versprengte aufgenommen und eine erste Bilanz der Situation gezogen wurde. Antonius erhielt Gewissheit, dass zu viele Flotteneinheiten verloren gegangen waren, um an eine Neugruppierung seiner Streitkräfte in Griechenland selbst zu denken. Es fand ein Abund Auflösungsprozess statt von Freunden, Verbündeten, übrig gebliebenen Truppenteilen, teils mit Antonius’ Einverständnis, teils gegen seinen Willen, aber seinerseits machtlos, irgend jemanden zu hindern. Das Landheer, die etwa 13 bis 15 Legionen unter Canidius Crassus, hatte sich, so wurde ihm berichtet, nach der Schlacht befehlsgemäß in Richtung Makedonien in Marsch gesetzt, ohne zunächst von Antonius’ Schicksal zu wissen. 24 Dieser beeilte sich, Boten mit der Order abzusenden, Crassus möge die Armee schleunigst nach Kleinasien führen, während er selbst in der Cyrenaica den südlichen Herrschaftsbereich, das heißt letztlich Ägypten selbst, sichern wollte. Kleopatra war bereits in ihre Heimat aufgebrochen. Solche Planspiele erwiesen sich jedoch als pure Illusion. Octavian hatte den sich absetzenden Legionen schnell nachgesetzt, holte sie ein und stellte sie vor die Alternative, sich zu ergeben oder den aussichtslosen Marsch nach Osten, abgeschnitten von Nachschub, fortzusetzen. Die Stimmung war eindeutig. Als zudem nach sieben Tagen die Nachricht von Antonius’ Aufbruch nach Afrika durchsickerte, setzten sich der Befehlshaber Crassus und andere höhere Offiziere, die von Octavian kein Pardon zu erwarten hatten, ab und flohen Antonius nach. Daraufhin traten Antonius’ Soldaten gegen das Versprechen, sie in seine eigenen Legionen einzureihen, zu Octavian über. Antonius’ Admirale Gellius Poplicola, Octavius und Insteius fanden in der Schlacht oder später auf Befehl Octavians den Tod, Sosius konnte sich retten und eine Zeit lang verstecken. Octavian schonte ihn auf Fürsprache seines Flottenbefehlshabers Arruntius. Begnadigt wurden auch Marcus Aemilius Scaurus, ein Halbbruder des Sextus Pompeius, ferner Gaius Furnius, der ehemalige Statthalter der Provinz Asia, und Caecilius Metellus, beide dank der Fürsprache ihrer Söhne, die im Gegensatz zu ihren Vätern auf Octavians Seite gestanden hatten, und außerdem Gnaeus Cornelius Cinna, ein Enkel des großen Pompeius. Hingerichtet wurden Scribonius Curio, der Sohn von Caesars verdienstvollem Volkstribun und Feldherrn in Afrika, und Aquillius Florus, Vater und Sohn.25 Gaius Cassius aus Par-

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ma, der vorletzte noch lebende Caesarmörder, war nach Athen geflohen, wurde dort gefasst und hingerichtet. 26 Auch wenn Octavian sein Hauptziel, Kleopatra und Antonius gefangen zu setzen oder zu töten, nicht erreicht hatte, er demnach einen neuerlichen Feldzug würde führen müssen, so bedeutete die Schlacht von Actium für Antonius militärstrategisch und politisch eine vernichtende Niederlage. Er verlor mit einem Schlage seinen Herrschaftsbereich, seine Ressourcen in Griechenland und Kleinasien und natürlich jede Aussicht auf eine Rückkehr nach Italien. Bevor er nur daran denken konnte, eine Rückzugsfront aufzubauen, war Octavian, selbst noch im Unklaren über Antonius’ Fluchtweg, noch bis Jahresende in Griechenland und im westlichen Kleinasien unterwegs und besetzte unverzüglich das machtpolitische Vakuum. Ähnlich wie Pompeius nach Pharsalos auf der Flucht vor dem nachsetzenden Caesar blieb Antonius nichts anderes übrig, als bis nach Ägypten zurück zu weichen. Der Vorwurf, er habe seine Legionen im Stich gelassen, ist zwar psychologisch verständlich, aber unter strategischen Gesichtspunkten unhaltbar. Diese Truppe war ihrer besten Soldaten beraubt, durch den Aufenthalt bei Actium entkräftet und durch die Niederlage demoralisiert; sie wurde, wie sich bald herausstellte, eine leichte Beute des Siegers. Antonius war nicht so tollkühn, sich dem Octavian, dem er in der Seeschlacht entwichen war, nun in Makedonien auf dem Präsentierteller darzubieten. Dagegen bestand Hoffnung, die weiter südlich und östlich, in der Cyrenaica und Syrien stationierten elf Legionen durch rasches Erscheinen noch für sich zu retten. Actium war das Ergebnis ungünstiger Ausgangsbedingungen, Fehleinschätzungen und Unterlassungen, die vielleicht ein Militärgenie wie Caesar hätte vermeiden können, nicht aber ein Antonius, der seine Stärken in der ad hoc-Situation des Schlachtgeschehens offenbarte und nicht in langfristigen, weiträumigen strategischen Planungen. Freilich sind die aus der Rückschau Urteilenden immer klüger. Antonius’ entscheidender strategisch-logistischer Nachteil gegenüber Octavian bestand in den extrem großen Entfernungen, die seine Kerntruppen in kurzer Zeit von ihrem bisherigen Standort bis zum Kriegsschauplatz zurücklegen mussten. Sie benötigten für die über 2500 Kilometer aus Armenien bis an die westgriechische Küste ein ganzes Jahr. Sie kamen zu spät, um die letztlich den Krieg entscheidenden ‚Standortvorteile‘ Octavians zu vereiteln oder wettzumachen. Dazu zählte erstens die rechtzeitige Besetzung der Brundisium gegenüber liegenden epirotischen Küste, wo die für jeden Nachschub aus dem Osten wichtige Via Egnatia endete; Pompeius hatte dies seinerzeit gegen Caesar erkannt und sich in Dyrrhachium verschanzt. Antonius hatte dort an Caesars Seite gegen die Pompeianer im Felde gestanden, musste

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also den strategischen Wert dieser Region genau kennen. Umso plausibler ist die hier vorgetragene Erklärung, dass Antonius, wenn er wider besseres Wissen die Besetzung durch Octavian nicht verhinderte, nicht rechtzeitig über ausreichende Truppen und einen entschlossenen Feldherrn vor Ort verfügte, um Octavians Zugriff zuvor zu kommen. Er wurde schlichtweg überrumpelt. Octavian aber hatte sich damit das ideale Einfallstor nach Griechenland geöffnet und Antonius gezwungen, seine Hauptstellung in dem weiter südlich gelegenen, klimatisch und logistisch sehr viel ungünstigeren Golf von Ambrakia zu beziehen. Er seinerseits besaß den ‚geographischen‘ Vorteil, von Tarentum und Brundisium aus nur wenige Tage der Anfahrt zum Kriegsschauplatz einplanen zu müssen. Auch er hatte im Jahre zuvor alle Hände voll zu tun, Truppen und Schiffe bereitzustellen, aber zu Anfang des Jahres 31 waren beide Teile in voller Stärke einsatzbereit, und Octavian nutzte seine Chance und ging von Anfang an in die Offensive. Antonius’ Legionen trafen gleichfalls zu spät ein, um die Schiffe seiner Flotte zu bemannen und diese überhaupt erst zu einem einsatzfähigen Kampfinstrument zu machen. Im Übrigen mussten auch Antonius’ Geschwader über hunderte Seemeilen herangeführt werden, und sofern diese neu gebaut werden mussten, kamen auch diese für eine effiziente maritime Offensive gegen Octavian und Agrippa zu spät. Der Gegner beherrschte von Anfang an und uneingeschränkt die hohe See, eroberte sich sogar zusätzliche Stützpunkte an Griechenlands Küste mit der auch in psychologischer Sicht fatalen Folge, dass Antonius hilflos mit ansehen musste, wie der Ring um ihn langsam aber immer enger geschlossen wurde. Diejenigen, die sich Antonius nicht verpflichtet fühlten und auf der sicheren Seite sein wollten, wechselten jetzt in Octavians Lager. Eine Kette von Pannen, Schlappen und natürlichen Widrigkeiten kulminierte am Schluss zu einer derart benachteiligten Situation, dass die Option für die von Antonius bevorzugte Landschlacht schließlich aus den Händen glitt und zur See nur noch der gewaltsame Ausbruch mit möglichst geringen Verlusten der bestmögliche Ausgang des Feldzuges darstellte – an einen Sieg war schon vor der Schlacht nicht mehr zu denken.

16. Das Ende in Ägypten Antonius konnte sich dem Zugriff des nachrückenden Octavian nur entziehen, wenn er auf möglichst direktem Wege die südöstlichen Regionen des Mittelmeeres erreichte, wo das loyale Ptolemäerreich als Aufenthaltsort, die in der Cyrenaica und in Syrien stationierten Legionen zumindest die Hoffnung auf einen militärischen Rückhalt wach hielten. 1 Doch er wurde schnell eines Besseren belehrt. Von Kap Tainaron aus segelte Antonius – wir wissen nicht, mit welchen und wie vielen Schiffen – mit direkt südlichem Kurs an Kreta vorbei auf die nordafrikanische Küste zu und landete bei der Stadt Paraitonion (heute Marsa Matrûh), 290 Kilometer westlich von Alexandria gelegen, zu. Als er sich von hier aus der Treue der vier unter Pinarius Scarpus stehenden Legionen versichern wollte, erhielt er von ihm eine Abfuhr, da dieser sich bereits auf Octavians Seite geschlagen hatte. Dieser Enttäuschung folgte bald der zweite Schlag. Nach seiner Ankunft in Alexandria traf dort auch Canidius Crassus am Ende seines Fluchtweges ein und bestätigte den Verlust der gesamten Landarmee. Schließlich erfuhr er vom Abfall seines syrischen Statthalters Quintus Didius, der sogar aktiv gegen seinen einstigen Herrn vorging. 2 Kleopatra hatte mit Blick auf einen weiteren Fluchtweg in Richtung auf das südliche Arabien im Golf von Aqaba Schiffe bereitstellen lassen, die aber auf Befehl des Didius vom Nabatäerkönig Malchos in Brand gesetzt wurden. Als einzige bewaffnete Truppe außerhalb Ägyptens, die Antonius die Treue hielt, versuchten seine in Kyzikos im nordwestlichen Kleinasien trainierten Gladiatoren sich zu ihm nach Ägypten durchzuschlagen.3 Sie müssen weitere versprengte Soldaten und Anhänger um sich geschart haben, denn erst Didius konnte die Truppe in Syrien stoppen und sie vorerst nur durch Verhandlungen ruhigstellen. Die Gladiatoren tauschten ihren Verzicht, weiterhin zu Antonius gelangen zu wollen, zu dem sie auch keine Verbindung herstellen konnten, gegen die Zusicherung ein, nie mehr als Gladiatoren kämpfen zu müssen. Bis zu einer definitiven Entscheidung durch Octavian erhielten sie vorläufig Quartier bei Antiochia angewiesen. Alle Könige, Fürsten und Städte des Ostens, die Antonius verpflichtet waren und welche er über Gesandte zur loyalen Unterstützung aufrief, verweigerten sich ihm und beeilten sich, dem neuen Herrn Octavian ihre Aufwartung zu machen. Da nutzte es auch nichts mehr, wenn Kleopatra den Armenierkönig Artavasdes, der ja nun für einen Triumph in Rom nicht mehr benötigt wurde, hinrichten und sein Haupt dem Mederkönig schicken ließ, um damit – so wird berichtet – seine Hilfe zu erkaufen. Herodes von Judäa,

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der dem Antonius alles zu verdanken hatte, schickte dem Didius sogar Truppen zur Bekämpfung der antoniustreuen Gladiatoren. Zu ihm hatte Antonius einen seiner engsten Vertrauten, den Alexas aus dem syrischen Laodikeia (heute Latakiâ), geschickt, um ihn bei der Stange zu halten. Alexas, der immerhin als einer von zwei Getreuen während der Schlacht von Actium mit Antonius das Admiralsschiff verlassen hatte, beeilte sich nunmehr, sich vor Herodes von Antonius loszusagen und dem Octavian anzudienen, der ihn aber fesseln und in seiner Heimatstadt hinrichten ließ. 4 Nun waren dies alles verständliche Versuche, das eigene Hab und Gut, die Herrschaft oder gar den Kopf bei dem neuen Herrn des römischen Reiches zu retten, und sie haben ihre Parallelen in den vorangegangenen Bürgerkriegen gehabt. Erstaunlicher ist also weniger die Tatsache als solche, als vielmehr die Schnelligkeit, mit der sich alle Macht- und Kraftzentren des Ostens, die römischen Statthalter, Legionen, Könige Freunde und Vertrauten – bis auf wenige Ausnahmen – von Antonius’ Person ablösten und sich an Octavian banden. Der Grund dafür dürfte darin zu suchen sein, dass schon vor der entscheidenden Schlacht bei Actium, während des lähmenden Stellungskrieges, sich die Nachricht über die sich verschlechternde Lage von Antonius’ Heer und Flotte überall verbreitete. Kaum jemand wird ihm noch den Sieg zugetraut und auf mehr gewartet haben, als unter welchen Verlusten der Ausbruch aus der Umklammerung gelingen würde. Einen Mann wie Scarpus in der Cyrenaica kann die Nachricht über den Ausgang der Schlacht kaum früher als mit Antonius’ Ankunft in Nordafrika selbst erreicht haben. Aber das dortige Szenario lässt vermuten, dass der Übertritt zu Octavian durch Kontaktaufnahme zu Cornelius Gallus schon von längerer Hand vorbereitet worden war. Der abrupte Wechsel des Schicksals, die überall ihm entgegenschlagende Treulosigkeit der Freunde boten seinem Biographen Plutarch genügend Motive für das Bild eines einsamen, grübelnden, traurigen Antonius, freilich immer nur für kurze Zeit, bis er sich wieder, in das andere Extrem fallend, den exzessiven Freuden des Lebens hingab. Plutarch folgte hier zweifellos einem literarischen Topos, den er auch in anderen Biographien, wie etwa derjenigen des Pompeius, pflegen konnte – eine literarische Eigenart, die im Englischen treffend mit „creative imitation“ benannt wird. Mehrere Tage soll Antonius einsam auf dem Vorschiff von Kleopatras Galeere zugebracht haben, nach seiner Ankunft in Alexandria sich in sein ‚Timoneion‘ genanntes Quartier zurückgezogen haben. Timon war eine legendenumrankte Persönlichkeit im klassischen Athen, der, selbst reich, seine Freunde großzügig beschenkt hatte; als er aber sein Vermögen verlor, wurde er von diesen verstoßen und soll sein Leben in einsamen Wäldern zugebracht haben, weshalb er der Prototyp des Menschenhassers ge-

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worden ist. 5 Dass Antonius sich in der Hafenbucht Alexandrias eine abgelegene, nur durch einen Damm mit dem Festland verbundene Wohnstatt erbauen ließ, bestätigt auch der Geograph Strabon: Er nennt sie aber „königlich“, sieht also in ihr nicht den Rückzugsort eines verbitterten Misanthropen. Da Antonius’ ganzes Wesen nun am allerwenigsten einem solchen Menschentyp entsprach, dürfte die Vermutung stimmen, dass er, das Schicksal des nach Alexandria geflohenen Pompeius vor Augen, sich aus Furcht um seine persönliche Sicherheit jenes vom Wasser abgeschirmte Quartier errichten ließ. Sein Verhältnis zu Kleopatra ist nach Actium sicher ein anderes geworden. Das Gefälle zwischen dem mächtigen Triumvirn, dem Herrn des römischen Ostens, und der ägyptischen Königin existierte nicht mehr. Ägypten wurde zur letzten Bastion des Widerstandes gegen den übermächtigen Octavian aufgewertet. Beide bildeten zugleich eine Schicksalsgemeinschaft, denn weder Antonius noch Kleopatra hatten Gnade von Octavian zu erwarten. Sie fuhren eine Doppelstrategie: Im Rahmen ihrer Möglichkeiten trafen sie Maßnahmen für einen militärischen Widerstand; gleichzeitig schickten sie noch unmittelbar nach ihrer Ankunft in Ägypten Gesandte zu Octavian, der damals in Kleinasien weilte. Sie boten an, den Krieg unter der Bedingung zu beenden, dass Octavian ihren Kindern die Herrschaft über Ägypten bestätigte, Kleopatra als Kriegsgegnerin also zurücktreten werde, und er Antonius als Privatmann weiterleben lasse – angeblich in Athen. Als Zeichen seines guten Willens lieferte ihm Antonius den letzten noch lebenden Caesarmörder, den Senator Publius Turullius, ans Messer. Octavians Freigelassener Thyrsos überbrachte die Antwort nach Alexandria: Bezüglich Antonius fiel kein Wort, Kleopatra hingegen machte er angeblich Hoffnung auf eine milde Behandlung, sofern sie Antonius töten ließe oder fortjage. Diese Gesandtschaft wie angeblich noch zwei weitere, die unsere zweite Hauptquelle Cassius Dio noch folgen lässt – an einer soll auch Antonius’ von Fulvia geborener ältester Sohn beteiligt gewesen sein – sind bereits Teil der literarisch durchkomponierten Schlusstragödie der beiden Hauptfiguren, in der auch Octavian seine Rolle zu spielen hatte. 6 Angeblich soll Octavian Kleopatra sogar seine Liebe gestanden haben, um sie nicht zu Verzweiflungstaten zu treiben: Von einem Entkommen nach Spanien oder Gallien und von der Vernichtung der märchenhaften Schätze ist die Rede. Wie oft und von wem auch immer verhandelt worden sein mag, welche Hoffnungen auch immer sich Antonius und Kleopatra gemacht haben mögen – eines wurde sehr schnell deutlich: Octavian wollte Antonius’ Tod, nur dann stellte der Rivale keine Gefahr mehr für ihn dar, gleichgültig ob durch Selbstmord, durch Intrigen des ägyptischen Hofes oder in einem letzten Gefecht. Kleopatra als offizielle

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Kriegsgegnerin wollte er möglichst lebend in seine Gewalt bringen, als gefangene Königin, als Siegestrophäe für einen römischen Triumphzug – und sich selbst beabsichtigte er zum neuen Herren von Ägypten zu machen. Kleopatra war klug und realistisch genug, genau dies zu erkennen, und danach richtete sie alle ihre Handlungen. Es liegt auf der Hand anzunehmen, dass Antonius einen Verrat seitens Kleopatras befürchtete und diese Angst ihr Verhältnis belastete, weil die Königin mit seinem Tod ihren eigenen Kopf, vor allem aber das Leben ihrer Kinder und die Ptolemäerdynastie zu retten hoffte. Wir lesen davon nichts in den Quellen, vielleicht, weil ein solches Misstrauen ganz und gar nicht in das Bild eines einvernehmlichen Liebestodes der beiden gepasst hätte. Ihre wirkliche Stimmung während ihres letzten Lebensjahres lässt sich nicht mehr rekonstruieren: Ob sie sich als Todgeweihte zwischen rauschhaften Zuständen irdischen Genusses und tiefster Verzweiflung aufrieben oder sich mehr oder weniger sachlich, nüchtern, aber natürlich im Rahmen der bislang in Alexandria zur Schau gestellten herrschaftlichen Prachtentfaltung für den neuen Kampf gegen Octavian wappneten. Beides wird berichtet. In Ägypten haben sie neue Aushebungen durchgeführt; zur Hebung der allgemeinen Wehrbereitschaft wiederum machten sie ihre jeweils ältesten Söhne zu Vollbürgern und Erwachsenen eigenen Rechts. Antonius legte nach römischer Sitte seinem damals 15-jährigen gleichnamigen Sohn, genannt Antyllus, die toga virilis, die Männertoga an, eine Zeremonie, die in Rom am 17. März eines jeden Jahres durchgeführt wurde. Kleopatras von Caesar empfangener in etwa gleichaltriger Sohn, der nominell schon lange mit ihr gemeinsam regierte, wurde unter die Epheben aufgenommen, in ein für die griechische Stadt typisches Kollegium von normalerweise 19 bis 20-jährigen jungen Männern, die dort vor der Verleihung des Vollbürgerrechts eine militärische, zugleich aber auch eine allgemeine wissenschaftliche Ausbildung erhielten. Die Botschaft lautete: Es stehen erwachsene Nachfolger bereit, um im Falle eines Todes des Elternteiles dessen Stellung einnehmen zu können – für beide Söhne bedeutete diese Aufwertung ihr späteres Todesurteil. Hatte Antonius zuvor die Freunde in einem Club der „unnachahmlichen Lebenskünstler“ organisiert, so sollten diejenigen, die mit ihm zu sterben bereit waren, nunmehr einer Vereinigung der „gemeinsam Sterbenden“ beitreten. Beide Anlässe wurden trotz der bedrängten Lage mit üppigen Festlichkeiten gefeiert. Mögen Todesahnung, Todessehnsucht, gepaart mit der Schwelgerei des ptolemäischen Hofes, auch ein bizarres Nebeneinander gebildet haben, so wollte Antonius in Achtung vor seinen bereits für ihn gefallenen Soldaten und in Selbstachtung seiner eigenen dignitas bis zuletzt kämpfen, der römischen virtus Ehre erweisen.

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Die Schlinge zog sich zu, als Octavian, nachdem er mitten im Winter nach Italien hatte zurückkehren müssen, um mit ihrer Entlohnung unzufriedene Veteranen zu beruhigen, im Frühjahr des Jahres 30 über Rhodos, entlang der kleinasiatischen und syrischen Küste auf Ägypten zumarschierte. Gleichzeitig bewegte sich von Westen Gaius Cornelius Gallus, sein Befehlshaber in Afrika, auf das Land am Nil zu. Antonius’ Legat Pinarius Scarpus hatte ihm seine vier Legionen übergeben, so dass Gallus ohne Mühe die ägyptische Grenzstadt Paraitonion besetzen konnte, wo Antonius im Vorjahr von Actium kommend gelandet war. Antonius zog Gallus mit Heer und Flotte entgegen und hoffte im Vertrauen auf seine noch bestehende Beliebtheit bei seinen ehemaligen Soldaten und alte Treuebande auf eine kampflose Übergabe der Stadt. Gallus verhinderte durch laute Trompetensignale, dass sich Antonius vor den Stadtmauern überhaupt Gehör verschaffen konnte, und lockte zudem dessen Flotte in einen Hinterhalt. Octavian hatte zwischenzeitlich die am östlichen Rand des Nildeltas gelegene Grenzfestung Pelusion (heute Tell Farama) kampflos eingenommen, vermutlich durch Verrat des Kommandanten Seleukos. 7 Antonius, hiervon unterrichtet, hielt es nun für dringlicher, die Hauptstadt Alexandria selbst zu schützen und Octavian entgegen zu treten. Noch vor dessen Eintreffen schlug er am östlichen Stadtrand, bei der Pferderennbahn, ein Lager auf. Als sich Octavians Truppen, vom mühsamen Marsch durch das Nildelta erschöpft – es war Hochsommer –, näherten, attackierte er die feindliche Reiterei und schlug den überraschten Gegner in die Flucht. Diese seine letzte militärische Heldentat richtete jedoch nichts mehr gegen die Überlegenheit der Legionen Octavians aus. Antonius’ überwiegend in Ägypten frisch rekrutierte Infanterie, die er ihnen wenige Kilometer östlich von Alexandria entgegen stellte, wurde in die Stadt zurückgetrieben, während seine Reiterei zum Gegner überlief. Ihr folgte die Flotte. Alexandria und Ägypten fielen dem Sieger nunmehr als Beute zu, am 1. August des Jahres 30 marschierten Roms Legionen in der Stadt Alexanders des Großen ein. Kleopatra floh mit zwei Dienerinnen und einem Eunuchen in das von ihr erbaute Grabmonument, ein noch unvollendetes zweistöckiges Gebäude mit Fenstern nur im Obergeschoss. Von dort schickte sie eine Botschaft an Antonius, sie werde sich töten. Daraufhin befahl Antonius seinem Sklaven Eros, ihn mit dem Schwert zu töten, jedoch anstelle seines Herrn brachte dieser sich selbst um, woraufhin sich Antonius selbst das Schwert in den Leib stieß. Die Verletzung führte aber nicht sogleich zum Tode, und so konnte ein mittlerweile von Kleopatra geschickter Bote vermelden, dass sie noch lebe. Antonius fasste neuen Lebensmut und ließ sich mit Hilfe eines Seilzuges durch ein Fenster im Obergeschoss des Grabmals zu

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Kleopatra schaffen. 8 Die Königin brach in heftiges Wehklagen aus, zerkratzte ihre Brust und beschmierte ihr Gesicht mit Antonius’ Blut. Zufrieden mit seinem Ende, weil ein Römer von einem Römer besiegt worden sei, verstarb Antonius an Kleopatras Brust. So lauten – zusammen gefasst – die Berichte Plutarchs und Cassius Dios, von Topoi antiker Todeslyrik durchsetzt, jedenfalls eine Schilderung, wie sie sich Octavian als Bestätigung seiner gegen Antonius und Kleopatra vorgebrachten Behauptungen gewünscht haben mag. Wir glauben an einen weniger spektakulären, aber dafür entschiedenen, raschen Tod durch die eigene Hand, wie es die knappe Aussage des Velleius Paterculus mit einem bewundernden Unterton nahe legt – vielleicht schon vor Octavians Einzug in Alexandria, in seinem Timoneion. 9 Kleopatra überlebte Antonius um wenige Tage. Octavian fürchtete immer noch eine Verzweiflungstat, die ihn um ihre Person und um ihre Schätze bringen würde. Es gelang ihm unter allerlei Zusicherungen, sie aus dem Grabmal in den Königspalast zu locken, wo es zu einer Begegnung zwischen ihm und der Königin kam. Falls Kleopatra noch irgendwelche Hoffnungen gehabt haben sollte, sie oder ihre Kinder könnten den ptolemäischen Thron behalten, so wurden sie schnell zerstört. Octavian ließ sie nur umsorgen, damit er sie für den Triumphzug in Rom als strahlende Trophäe vorzeigen konnte. Kleopatra trank den Giftbecher. 10 Octavian hatte schon zuvor dafür gesorgt, dass Antonius’ Leichnam einbalsamiert und nun an der Seite Kleopatras bestattet wurde, damit auf diese Weise der von ihm so verkündete letzte Wille des Antonius erfüllt werde. Als Ort der Bestattung wird man am ehesten jenen von Kleopatra begonnenen Grabbau annehmen dürfen, den Octavian/Augustus dann zu Ende ausführen ließ. Wenn Antonius überhaupt hinsichtlich der Bestattung seines Leichnams in Alexandria Vorkehrungen getroffen hat, dann kann er dies erst nach Actium und seiner Ankunft in Ägypten in Angriff genommen haben. Erst damals konnten sowohl eine Rückkehr nach Italien definitiv ausgeschlossen werden als auch ein Selbstmord im Falle einer feindlichen Einnahme der ägyptischen Hauptstadt für ihn wie auch für Kleopatra in den gedanklichen Horizont getreten sein. Bei dem zur Hälfte vollendeten großartigen Tempel für Antonius, von dem eine späte byzantinische Quelle zu berichten weiß, handelt es sich am wahrscheinlichsten um nichts anderes als ein Produkt des fantasievoll weiter ausgemalten Bildes jenes Grabmonumentes, das im Nachhinein als Beweis für den angeblich schon seit Langem beschlossenen ägyptischen Wohn- und Bestattungsort des Antonius herhalten musste. 11 Nach Antonius’ Selbstmord war Octavian der unbestrittene Herrscher des römischen Reiches, ihm gelang, was seinem Adoptivvater Caesar noch

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vorenthalten geblieben war, die Monarchie auf Dauer in Rom zu etablieren. Die erste Maßnahme auf seinem Wege dorthin bestand darin, potenzielle Erben seiner Konkurrenten um die Macht auszuschalten und ein Wiederaufleben der Allianz zwischen einem römischen Machthaber und dem reichen Ptolemäerreich ein für allemal zu unterbinden. Antonius’ ältester gleichnamiger Sohn (‚Antyllus‘) und Kleopatras Sohn und Mitregent waren die prominenten Opfer. Antyllus hatte sich in seiner Verzweiflung in die von Kleopatra für Caesar errichteten Kultstätte, ein Heroon, in dem sich eine Statue des Diktators befand, geflüchtet in der Hoffnung, Octavian würde die Unverletzlichkeit der seinem Adoptivvater geweihten Stätte respektieren. Es half ihm nichts. Ptolemaios XV. Kaisar versuchte nach Äthiopien zu entkommen, wurde aber gefasst und ebenfalls hingerichtet. 12 Antonius’ jüngerer von Fulvia geborener Sohn mit dem Vornamen Iullus, damals etwa 12 Jahre alt, befand sich bei Octavia in Rom und wurde ebenso geschont wie die beiden von Octavia geborenen Töchter, die ältere (neun Jahre alte) und die jüngere (sechs Jahre alte) Antonia. Octavian übergab seiner Schwester auch die drei jüngeren von Kleopatra und deren geschiedenen Gatten Antonius geborenen Kinder, die zehnjährigen Zwillinge Alexander Helios und Kleopatra Selene und den fünfjährigen Ptolemaios Philadelphos. 13 Zu den wenigen Getreuen, die bis zum bitteren Ende an Antonius’ Seite standen, gehörte sein General Canidius Crassus, der in Alexandria den Tod fand – ob durch das Schwert des Gegners oder sein eigenes, wissen wir nicht. 14 Zu Antonius stand bis zuletzt auch ein Mann geringerer Herkunft, ein gewisser Lucilius, der nach der Schlacht von Philippi seinem ehemaligen Herrn Brutus das Leben retten wollte, indem er sich den von Antonius ausgeschickten Reitern selbst als Brutus präsentierte und gefangen nehmen ließ. Antonius war von seinem Mut so beeindruckt, dass er ihn nicht nur begnadigte, sondern ihn mit der Bemerkung, solche Männer wünsche er sich zum Freund, nicht zum Feind, auch in sein engeres Gefolge aufnahm. Neben Aristokrates aus Athen war Lucilius der angeblich einzige Gefährte, mit dem Antonius nach seiner Ankunft an der afrikanischen Küste in seiner Niedergeschlagenheit noch kommunizierte. Die Überlieferung hat uns nicht bewahrt, welches sein Schicksal in Alexandria gewesen ist.

Epilog Der Bürgerkrieg war beendet, Augustus feierte den Sieg über Kleopatra und Antonius als Rettungstat für den ganzen Erdkreis, umgekehrt wäre nach seiner Version ein Sieg des Gegners einem Weltuntergang gleichgekommen. 1 Einer der besten zeitgenössischen Kenner der Epoche des Zweiten Triumvirates, Christopher Pelling, beginnt eine resümierende Würdigung mit der Frage, warum Antonius und Kleopatra den Endkampf gegen Octavian verloren haben. Er nennt an erster Stelle den Verlust der gallischen Provinz im Jahre 40, welcher Antonius in Zukunft so fest an die östliche Reichshälfte gebunden hätte, ferner den Verlust der Handlungsinitiative zu Beginn des Actiumfeldzuges. An zweiter Stelle folgt das Jahr 36, wegen des verlustreichen Rückzuges aus Medien, als Wendepunkt im öffentlichen Renommee zum Schaden des Antonius und zum Vorteil Octavians, und wegen seines Sieges über Sextus Pompeius. Ein Motiv nennt Pelling völlig zu Recht nicht: Antonius’ Liebesbeziehung zu Kleopatra und alle daran hängenden Vermutungen bis hin zu einem beabsichtigten Königtum hellenistischer Prägung, welches er angeblich nach Rom zu verpflanzen gedachte. All dies ist Legende, sie wird einer Rufmordkampagne geschuldet, mit welcher Octavian Antonius’ Rückkehr nach Rom verhinderte und sein eigenes Streben nach der Alleinherrschaft in Rom verdecken wollte. Antonius war und blieb stets der Typ eines nach Italien und Rom orientierten Machtpolitikers spätrepublikanischer Prägung, in sehr vielen Handlungen, Auffassungen, Lebensgewohnheiten Caesar ähnlich, der das große Vorbild für ihn abgab. Wie Caesar war er es gewesen, der am Schluss den Kampf um die Anerkennung seiner im Osten erworbenen Verdienste in Rom begann – völlig zu Recht, aber mit dem großen strategischen Nachteil, seine Streitkräfte erst über zweitausend Kilometer heranführen zu müssen. Er musste dem Gegner die Seehoheit zwischen Italien und Griechenland überlassen; aus einer geschwächten defensiven Stellung heraus wurde er in den Kampf auf dem Meer gezwungen, wo er selbst noch gar keine, der Gegner aber jüngst überreiche Erfahrung hatte sammeln können. Dies alleine war der banale, aber alles entscheidende und einzige Grund für seine Niederlage. Der Sieger beeilte sich, auch die Erinnerung an die unterlegene Partei zu verdammen (damnatio memoriae). Schon bald nach Actium wurden auf Senatsbeschluss hin Antonius’ Bildnisse zerstört, sein Name auf Inschriften und Urkunden jeder Art getilgt; in ihrem Übereifer haben die Bewohner von Klaros in Kleinasien irrtümlich den gleichlautenden Namen seines

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Großvaters ausgemeißelt. Sein Geburtstag wurde zum „fehlerhaften Tag“ (dies vitiosus) erklärt, der Vorname ‚Marcus‘ sollte in der Familie nie mehr geführt werden dürfen. Dies war der erste derartige Beschluss, den der Senat über ein Mitglied seines Standes gefasst hat. Augustus selbst unterdrückte beharrlich Antonius’ Namen in seinem Tatenbericht, den er gegen Ende seines Lebens verfasste – die großen Dichter der Zeit taten es ebenso. Allerdings hat der neue Alleinherrscher bald nach seiner Rückkehr aus Ägypten den Namen seines Kontrahenten in den offiziellen Konsullisten wieder eintragen lassen. 2 Die Statuen und Bildnisse sind aber so gründlich zerstört worden, dass bis vor Kurzem kein einziges sicher identifizierbares Portrait existierte; erst vor wenigen Jahren wurde in Israel ein etwa 11 cm großes Köpfchen gefunden, welches offenbar, in einem kleinen Schrein aufbewahrt, im Privatbesitz eines treuen Anhängers der Zerstörung entgangen ist (Abb. 14). Des Schicksals von Antonius’ Kindern ist bereits kurz gedacht worden. Octavian hat keineswegs in blinder Grausamkeit auch die gesamte Nachkommenschaft der Gegner vernichtet. Nur der älteste Sohn, der auf Seiten des Vaters gekämpft hatte und ein potentiell gefährlicher Erbe hätte werden können, musste in Alexandria sterben. Der zweite von Fulvia geborene Sohn, Iullus, war in Italien bei Octavia geblieben. Er wurde nicht nur geschont, sondern Augustus gab ihm auch seine Nichte Marcella zur Frau, eine Tochter aus der Ehe der Octavia mit Gaius Claudius Marcellus, ferner durfte er die höchsten Ehrenämter bekleiden, die ein Senator erreichen konnte. Im Jahre 10 v. Chr. war er Konsul, anschließend Prokonsul der Provinz Asia, wurde aber auf tragische Weise in den Skandal um Augustus’ Tochter Iulia verwickelt. Die Anklage lautete auf Hochverrat, im Jahre 2 v. Chr. wurde er hingerichtet. Sein Sohn Lucius Antonius musste ins Exil nach Massilia (Marseille) gehen, wo er im Jahre 25 n. Chr. starb. Auf Senatsbeschluss wurden seine sterblichen Reste nach Rom überführt und im Grabmal der Octavier beigesetzt. Er war der letzte Antonius aus der großen Familie der römischen Republik. 3 Von den Kindern, die Kleopatra dem Antonius geboren hatte und die Octavian nach Italien bringen ließ, ist das weitere Schicksal der männlichen Nachkommen Alexander Helios und Ptolemaios Philadelphos unbekannt. Kleopatra Selene lebte zusammen mit ihren Stiefgeschwistern im Hause der Octavia, bis sie im Jahre 25 v. Chr. mit dem Mauretanier Iuba vermählt wurde, der ebenfalls als junger Prinz ohne Herrschaft damals in Rom lebte. Augustus belehnte ihn in diesem Jahr mit dem väterlichen Königreich an der nordafrikanischen Küste, welches eine ungeahnte kulturelle Blüte entfaltete, wie Funde aus der Residenz Caesarea (Cherchel in Algerien) bezeugen. 4 Der gemeinsame Sohn Ptolemaios trug als letzter

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regierender König den altehrwürdigen Namen der großen Dynastie am Nil. Es war ausgerechnet Antonius’ Urenkel, der Kaiser Caligula, der ihn, den Enkel des Triumvirn, aus angeblich niederen Motiven in Gallien hinrichten ließ. Den Töchtern des Antonius aus der Ehe mit Octavia wurden die Auszeichnungen zuteil, die Frauen ihrer Herkunft zustanden: eine exzellente Ausbildung und standesgemäße Heiraten. Antonia die Ältere und die Jüngere wuchsen bei der Mutter in Rom auf und waren bei deren Tode im Jahre 11 v. Chr. bereits erwachsene Damen. Beide wurden vornehm verheiratet und begründeten eine Nachkommenschaft, aus der nicht weniger als drei römische Kaiser hervorgehen sollten. Die ältere Antonia heiratete den Lucius Domitius Ahenobarbus, dessen Vater, bereits todkrank, kurz vor der Schlacht bei Actium zu Octavian übergetreten und unmittelbar darauf gestorben war. Ihr Enkel war der spätere Kaiser Nero. Deutlichere Spuren des antonianischen ‚Erbes‘ erkennt man in der Nachkommenschaft der jüngeren Antonia, die mit Augustus’ Stiefsohn Nero Claudius Drusus verheiratet wurde. Ihr Sohn Germanicus hatte wohl vieles vom Lebensstil seines Großvaters geerbt, er galt als Liebling der Bevölkerung Roms und wandelte in deutlicher, für bestimmte Zeitgenossen provokativer Form in den Spuren des Triumvirn. Als ihn Kaiser Tiberius im Jahre 18 n. Chr. auf eine diplomatische Mission mit umfassender Befehlsgewalt in die östlichen Provinzen schickte, besuchte Germanicus unterwegs die Stätte der Schlacht von Actium – nicht nur die Siegesmonumente seines Großonkels Augustus, sondern auch den Platz, an dem sich das Lager seines Großvaters Antonius befunden hatte; vor Ort lebte also eine lokale Erinnerung auch an den Verlierer weiter. Den Athenern begegnete er mit ausgesuchter Höflichkeit, was die Kritik seines Begleiters Calpurnius Piso hervorrief. 5 Größeres Aufsehen erregte Germanicus’ Besuch in Ägypten, der nicht zuvor mit dem Kaiser abgestimmt worden war. Ohne Leibwache, in griechischer Kleidung, bewegte er sich in Alexandria genau so, wie es sein Großvater getan hatte, und unternahm eine Nilfahrt zu den historischen Stätten des alten Pharaonenreiches, womit er sich einen Tadel des Tiberius einhandelte. 6 Das traumatische Erlebnis jener mächtigen Allianz zwischen einem machtbewussten Römer und dem reichen Land am Nil hatte schon Augustus veranlasst, Senatoren den Zutritt zu Ägypten ohne seine ausdrückliche Erlaubnis zu verbieten. Das an den Großvater erinnernde Verhalten barg im Falle des Germanicus eine besondere Brisanz, unterstellte man dem argwöhnischen Tiberius ohnehin ein Neidgefühl auf den jugendlichen, erfolgreichen und allseits beliebten Prinzen, der einmal sein Nachfolger werden sollte. Sein plötzlicher Tod im Jahre 19 verursachte eine Staatskrise, deren Opfer Germanicus’ Widersacher Calpurnius Piso war,

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an welchem wie seinerzeit bei Antonius die damnatio memoriae vollzogen wurde. 7 Nicht Germanicus, sondern sein Sohn Gaius Caesar, genannt Caligula, konnte als Nachfolger des Tiberius den römischen Kaiserthron besteigen. Nach dem Tode des Vaters hatte ihn schließlich seine Großmutter Antonia in ihre Obhut genommen, in deren Haus auch eine ägyptische ‚Tradition‘ in Form von Sklaven, Freigelassenen und vielleicht auch Religion gepflegt wurde. Argwohn, Verfolgung, Schicksalsschläge, die Germanicus’ Familie unter Tiberius heimgesucht hatten, bestimmten Caligula nach seinem Herrschaftsantritt zu ihrer vollen Rehabilitierung und einer Aufwertung des Andenkens an seinen Urgroßvater. Er verlieh seiner betagten Großmutter Antonia für die letzten Monate ihres Lebens den Titel Augusta, ehrte im besonderen seine beiden Schwestern, die die letzten Jahre des Tiberius überlebt hatten, und verbot schließlich die alle fünf Jahre stattfindenden Feiern zum Sieg von Actium. Wie kein anderer Kaiser begünstigte Caligula die östlichen Klientelfürsten, eine besonders enge Freundschaft, die er über seine Großmutter geerbt hatte, verband ihn mit dem jüdischen Herrscherhaus, welches er wieder in seine Königsrechte in Judäa einsetzte. An seinen Urgroßvater erinnerte ferner seine Vorliebe für prunkvolles Auftreten jedweder Art, seiner Erziehung im Hause der Antonia verdankte er eine Präferenz für ägyptisierende Formen herrscherlicher Selbstdarstellung, eine Förderung des Isiskultes in Rom, schließlich den bestimmten Wunsch einer Reise nach Alexandria. Diese wurde zweimal geplant und letztlich nur durch seine vorherige Ermordung vereitelt. 8 Caligula und nach ihm Nero haben freilich Antonius’ Andenken keine Ehre erwiesen, jeder auf seine Art hat einzelne Elemente der Lebens- und Charakterzüge des Vorfahren, die sie in die Tat umsetzen zu müssen meinten, aufgrund ihrer kaiserlichen Allmacht so pervertiert, dass sie dem in der augusteischen Literatur gezeichneten Zerrbild des Triumvirn alle Ehre machten. Kaiser Claudius, über seine Mutter Antonia (die Jüngere) ein Enkel des Triumvirn, ehrte wieder den Geburtstag seines Großvaters, indem er die Feiern zu Ehren des Geburtstages seines Vaters Drusus, da er auf den gleichen Tag fiel, besonders festlich gestaltete. 9 In dieser Zeit konnte auch positiver über Antonius geschrieben werden. Der Philosoph Seneca, Zeitgenosse der Kaiser Claudius und Nero, beschrieb ihn als bedeutende Persönlichkeit von edlem Charakter – wenn nicht die elende Trunksucht und die Liebe zu Kleopatra ihn zum Staatsfeind, und zwar zum unterlegenen, gemacht hätten. Für einen Kritiker des Augustus, Tacitus, der noch einmal zwei Generationen nach Seneca schrieb, endete die Republik bereits mit dem Tode des Cassius und Brutus bei Philippi. Mit Antonius verbindet er nur noch einen großen Namen, einen in der Reihe

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von mehreren Herren, die nur für sich selbst, nicht für das Gemeinwohl kämpften. Augustus hatte das Glück und Talent besessen, seine Alleinherrschaft dauernd etablieren und, noch wichtiger, an einen Nachfolger übergeben zu können. Damit blieb auch Antonius’ Bild in der Geschichte defintiv so fest gemeißelt, dass es heute kaum noch gelingt, die wahren Züge frei zu legen. Antonius hat den Bürgerkrieg gegen Octavian nicht in der öffentlichen Meinung sondern militärstrategisch verloren. Bis wenige Monate vor der Schlacht von Actium standen große Teile der Bevölkerung Italiens hinter ihm – vielleicht sogar die Mehrheit des Senats – und unterstützten sein Bestreben, nach Rom zurückzukehren. Was wäre geschehen, wenn – wenn Antonius, und nicht Octavian, den Sieg bei Actium davon getragen hätte? Ob es wirklich ein Zurück zur Senatsherrschaft der Zeiten vor Caesars Diktatur hätte geben können, wie es die Triumvirn versprachen, scheint angesichts einer mittlerweile vollzogenen Orientierung auf neue Machtzentren hin sehr unwahrscheinlich. Möglicherweise wäre es bald in Italien und den westlichen Provinzen zum Kampf um die Alleinherrschaft gekommen, aus welchem Antonius mit den Ressourcen des Ostens im Rücken sehr wahrscheinlich als Sieger hervor gegangen wäre; so sah wohl sein Kalkül für die Zukunft aus, und so stellte es sich Octavian als Horrorvision vor. Bleibt dies letztlich Spekulation – eines hätte sich unter Antonius sicher nicht geändert: Ägypten wäre weiterhin unter der Herrschaft des ptolemäischen Königshauses verblieben und (noch) nicht dem Besitz des römischen Kaisers zugeschlagen worden. Die Person Kleopatras wäre dafür nicht der Hauptgrund gewesen, sondern Antonius’ Grundsatz, fähigen und loyalen Fürsten Territorien zu überlassen, die sie effektiver zum Nutzen Roms beherrschten, als es römische Statthalter und Steuerpächter vermochten. Kleopatra war sicher eine beeindruckende, intelligente, willensstarke Frau. Jedoch verblasst der ihr damals wie heute zugeschriebene Einfluss auf Antonius angesichts der römischen Frauenfiguren, die Antonius’ Leben begleiteten; sie besaßen die genannten Eigenschaften in dem gleichen Maße wie Kleopatra. Seine Mutter Iulia, die Gattinnen Fulvia und Octavia handelten so, wie es von einer römischen Aristokratin und Ehefrau im besten Sinne erwartet wurde: Sie standen loyal zu ihrem Sohn und Ehemann und betrieben im Rahmen ihrer Möglichkeiten große Politik zur Wahrung all dessen, was dem Ansehen ihrer Familie im politischen Konkurrenzkampf diente. Was Kleopatra darüber hinaus einzig bieten konnte, ihre königliche Abkunft und ihre Herrschaft über das reichste Land am Mittelmeer, dies gehörte in den Bereich politischer Strategie eines römischen Machthabers. Auch ihre intime Beziehung mit Antonius, diese Meinung sei hier vertreten, bildete

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eher einen Teil herrscherlicher Selbstdarstellung von beiden Seiten, als dass sie eine echte Gefühlswelt widerspiegelte. Antonius gehörte zu denjenigen Männern in der ersten Riege der Politiker und Militärs, die ihrem Engagement für den Staat stets mit einem aufwändigen bis üppig-luxuriösen aristokratischen Lebensstil Ausdruck verliehen. Die wesentlichen Impulse für diese Grundhaltung verdankte er der Familie, seinen Jugendfreunden, vor allem aber dem Vorbild Caesars und dessen „Hofhaltung“. Das Besondere bei Antonius bestand nicht in dieser Tatsache als solcher als vielmehr in der Geradlinigkeit und Konsequenz, mit der er dazu und zu sich selbst stand. Heuchelei war die Sache seines Gegners, der unmittelbar vor seinem Tode von sich selbst behauptete, die Komödie des Lebens ganz ordentlich gespielt zu haben, es war nicht die Sache des Antonius. 10 Er repräsentierte einen Lebensstil, der im ersten Jahrhundert v. Chr. auch die römische Oberschicht längst erfasst hatte und von ihr als Teil der Macht- und Herrschaftsdemonstration verstanden und praktiziert wurde. 11 All dies erfuhr dann im Ambiente der im hellenistischen Osten nach wie vor lebendigen Herrscherideale eine nochmalige Beschleunigung und Steigerung. Mag auch mancher Römer den Aufwand, die Ausgelassenheit und die großartig zelebrierten Festlichkeiten übertrieben gefunden haben, bei vielen erntete Antonius als Sinnbild eines heiteren und fühlenden Menschen Bewunderung. Kein Geringerer als der Dichter Properz fand in den Höhen und Tiefen aus Antonius’ Leben eine wesentliche Quelle der Inspiration zu seiner Liebesdichtung. 12 Auch Antonius wäre nach allem, was er als Politiker und Feldherr geleistet hatte, der Ehre, als erster römischer Kaiser in die Geschichte einzugehen, würdig gewesen. Als Mensch und Charakter hätte er den Sieger von Actium und ersten Prinzeps, Augustus, übertroffen, und ihm wäre das zuteil geworden, was jenem bis heute versagt geblieben ist: Begeisterung oder gar Zuneigung.

Anmerkungen Vorwort des Autors 1 2

Ronald Syme (1939), 104. Knapper Überblick über die zeitgenössischen Quellen bei C. B. R. Pelling (1988), 26–

31. 3 Zitat J. G. Droysen, Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte, hg. von R. Hübner (19583 ), 83.

1. Eine römische Adelsfamilie 1

Die ersten Antonier bei Liv. 37,32,8 und 45,4,7. Der Volkstribun und die Rhodier: Liv. 45,21; Pol. 30,4,6; Diod. 31,5,1. 2 Zur Lebensbeschreibung des Antonius von Plutarch existiert der exzellente Kommentar von C. B. R. Pelling (1988). 3 Geburtsjahr des Antonius: Cic. Brut. 161. 4 Prozess des Antonius: Val. Max. 3,7,9; 6,8,1; vgl. Liv. per. 63. Inschrift aus Delos: Inscr. Délos 4,1,1603. 5 Zur Piraterie und zum Feldzug des Antonius siehe P. de Souza (1999), zu Antonius’ Feldzug 102–108, allerdings mit zu früher Datierung. Zu Athenaion aus Kilikien: Cass. Dio 27, 93. 6 Antonius als Statthalter von Asia wahrscheinlich geehrt in Klaros, wo sein Name irrtümlich nach der damnatio memoriae seines gleichnamigen Enkels, des Triumvirn, ausradiert wurde, siehe J. L. Ferrary/S. Verger, CRAI 1999, 838; BCH 2000, 360 Nr. 9 (mit Namen eines Prokonsuls augusteischer Zeit überschrieben). – Lucilius Hirrus: ILLRP 342 = Corinth VIII 2,1, dort nur Hirrus genannt, aber im allgemeinen mit der Familie des Dichters in Beziehung gesetzt. Quästor Aulus Gabinius: IGR IV 1116. 7 Lucius Tullius Cicero: Cic. de or. 2,3 und die Inschrift aus Samothrake: K. Clinton, Initiates in the Samothracian Mysteries, Chiron 31, 2001, 27–35 (Ann. ép. 2001, 1741). – Kein dauernder Erfolg: Strab. 14,5,2 (C 669). 8 Zu Antonius’ Tochter: Plut. Pomp. 24; Cic. Manil. 33. 9 Zu Antonius und Marius im Jahre 100 siehe E. Badian, The Death of Saturninus, Chiron 14, 1984, bes. 122–24. Antonius vor den Toren Roms: Cic. Rab. perd. 26. 10 Lex de provinciis: Ich folge der Datierung und Interpretation von A. Giovannini, Date et objectifs de la lex de provinciis praetoriis (Roman Statutes, no 12), Historia 57, 2008, 92–107 mit der älteren Literatur. Was die Provinz des Antonius betrifft (Asia, nicht Cilicia als eigenständiger Amtsbereich), halte ich an der älteren, von A. N. Sherwin-White vertretenden Auffassung fest (Rome, Pamphylia and Cilicia, JRS 66,1976, 1–14), die durch die Inschrift aus Klaros gestützt wird, sofern hier tatsächlich Antonius genannt war (siehe oben zu Anm. 6). 11 Zur rhetorisch-philosophischen Bildung und Bedeutung von Rhodos: K. Bringmann, Rhodos als Bildungszentrum der hellenistischen Welt, Chiron 32, 2002, 65–81. 12 Zu Person Ciceros verweise ich auf drei neuere deutschsprachige Biographien: C. Habicht (1990); M. Fuhrmann (1994); W. Stroh, Cicero. Redner, Staatsmann, Philosoph (2008). 13 Zur Bedeutung der Rhetorik: M. Fuhrmann, Die antike Rhetorik 4 (1995). Als Einleitung zu de oratore immer noch wertvoll die Ausgabe von A. S. Wilkins (1892, Nachdruck 1965).

Anmerkungen zu S. 24–35

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14 Zu Antonius’ Tätigkeit in den 90er Jahren siehe E. Klebs, RE 1 (1894), 2591. – Patron der Delier: Inscr. Délos 1700; C. Eilers, Roman Patrons of Greek Cities (2002), 213 f. 15 Sein Tod: Plut. Marius 4. 16 Zum Beinamen ‚Hybrida‘ : P. Buongiorno, Gaio Antonio (cos. 63) e l’appellativo Hybrida, in: G. Traina (Hrsg., 2006), 295–309. Zu den Stationen seiner Laufbahn siehe E. Klebs, RE 1 (1894), 2577–2582. 17 Zum Jahre 63 siehe außer der oben zu Anm. 12 genannten Literatur M. Gelzer (1969), 71–104 mit allen Quellenbelegen. Concordia zwischen Antonius und Cicero: Cic. leg. agr. 2,103. 18 Antonius’ Prozeß im Jahre 59: Gelzer, Cicero 123–125. Geldteilung mit Cicero: Cic. Att. 1,12,2. Exil: Strabo 10,2,13 (C 455). 19 Caninius Gallus: Val. Max. 4,2,6. Die Enkelin Caninia Galla nannte unter ihren Verwandten und Vorfahren auch den Urgroßvater Gaius Antonius in ihrer Grabinschrift, die ihr in Tarraco (Tarragona) in der Provinz Hispania citerior kurz nach der Zeitenwende gesetzt wurde (Ann. ép. 2006, 693). Die zweite Tochter Gattin des Triumvirn: Plut. Ant. 9,3. 20 Marcus Antonius, Vater des Triumvirn: Plut. Ant. 1,1; Sall. hist. fr. 3,3 (Maurenbrecher) = R. Funari (Hg.), Sallusti Crispi historiarum fragmenta (1969) II 476–478. Iulia, seine Gattin: F. Münzer, RE 10 (1918), 892–893. Fulvia, Gattin des Konsuls vom Jahre 90, war eine Tochter Marcus Fulvius Flaccus, Konsul im Jahre 125, siehe F. Münzer, RE 7 (1910), 243. 21 Kommando des Antonius: P. de Souza (1999), 141–148. Quellen bei T. R. S. Broughton (1952), 101–102. 22 Inschrift aus Gytheion: SIG3 748. 23 Zu den Untermnehmungen des Antonius Creticus siehe besonders App. Sic. 6,1; Diod. 40,1. Zum Beinamen Creticus J. Linderski, The Surname of M. Antonius Creticus and the cognomina ex victis gentibus, ZPE 80, 1990, 157–164. 24 Urteil Ciceros: Verr. 3,213.

2. Anfänge in Militär und Politik 1

Zur mythischen Genealogie der Antonier: Plut. Ant. 4,2; 60,5; siehe U. Huttner, Marcus Antonius und Herakles, in: Ch. Schubert – K. Brodersen (Hrsg.), Rom und der griechische Osten. Festschr. f. H. Schmitt z. 65. Geb. (1995), 103–112. Antonius-/Antaios-Münze: P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (1987), 53; Crawford 494, 2a. 2 Geburtstag des Antonius: Eintrag im Kalender von Verulae, siehe W. Suerbaum, Merkwürdige Geburtstage, Chiron 10, 1980, 327–355; zum Geburtsjahr siehe C. B. R. Pelling (1988), 322–323 zu Plut. Ant. 86,8. – Erziehung durch Iulia und deren zweite Heirat: Plut. Ant. 2,1. Zu Lentulus Sura siehe F. Münzer, RE 4 (1900), 1399–1402. 3 Feindschaft Cicero-Antonius: Plut. Ant. 2,2. 4 Antonius’ Jugend: Cic. Phil. 2,44–48; Plut. Ant. 2,4–8. M. Dettenhofer (1992), 64. – Zu Publius Clodius siehe H. Benner, Die Politik des P. Clodius Pulcher. Untersuchungen zur Denaturierung des Clientelwesens in der ausgehenden Römischen Republik (1987); W. J. Tatum, The Patrician Tribune: Publius Clodius Pulcher (1999). Antonius’ Kriegsdienst unter Gabinius: Plut. Ant. 2,7–3. Zu Gabinius siehe F. Vonder Mühl, RE 7 (1910), 424–430, zu seiner Tätigkeit im Osten siehe zusammenfassend E. M. Smallwood (1981), 30–35, dazu die Quellen bei T. R. S. Broughton (1952), 193–194, 203. 5 Tapferkeit des Antonius: Plut. Ant. 3,2; vgl. Ios. ant. Iud. 14,84; 86; 92–93, bell. Iud. 1,162; 171–172. 6 Zu Archelaos siehe D. Magie (1950), 371, 1234. Ereignisse in Ägypten: Cass. Dio 39,57–58. Antonius’ Beliebtheit bei den Alexandrinern: Plut. Ant. 3,9–11.

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Anmerkungen zu S. 36–48

7

Antonius und die junge Kleopatra: App. civ. 5,8. Ciceros Kritik: Phil. 2,48. Gabinius’ Mißregiment und sein Prozeß in Rom: Cass. Dio 39,59–60; M. Gelzer (1969), 201–204 mit weiteren Quellen. 9 Antonius’ ersten Aufenthalt bei Caesar in Gallien übergeht Plutarch in seiner Antoniusvita, bezeugt ist er bei Cic. Phil. 2,48–49. 10 Caesars Legaten in Gallien: T. R. S. Broughton (1952), 225–226. Zu ihrer Typologie und Biographie siehe R. Syme (1939), Kap. 5 (The Caesarian Party) und Kap. 6 (Caesar’s New Senators). Zu Ventidius Bassus, H. Gundel, RE 8 A (1955), 795–816; M.-C. Ferriès (2007), 487–491. F. Rohr Vio (2009). 11 Unter den deutschsprachigen Biographien über Caesar seien genannt: M. Gelzer (1960); C. Meier, Caesar (1982); M. Jehne, Caesar (1997); W. Dahlheim, Julius Caesar. Die Ehre des Kriegers und die Not des Staates (2005). 12 Subscriptor der Anklage gegen Milo: Ascon. 41 C. – Antonius’ Quästur: T. R. S. Broughton (1986), 19–20; M. Dettenhofer (1992), 66–68. – Cic. Phil. 2,49–50; Att. 6,6,4; fam. 2,15,4. – Quästor und Legat in Gallien: Caes. Gall. 7,81,6; Hirtius in Caes. Gall. 8,2,1. 24,2. 38,1. 46,4. 50,1–3: (Antonius) homo sibi (Caesari) coniunctissimus. 13 Darlehen an Cicero: M. Gelzer (1960) 125 mit Quellen. Vertrautheit zwischen Antonius und Caesar: Hirtius in Caes. Gall. 8,50,1–2. 14 Antonius’ Wahl zum Augur: T. R. S. Broughton (1952) 254 mit Quellen; M. Dettenhofer (1992), 68–70. 15 Endtermin von Caesars gallischer Statthalterschaft: A. Giovannini, Consulare imperium (1983), 129–146. 16 Zu Curio siehe F. Münzer, RE 2 A (1921), 862–876; M. Dettenhofer (1992), 34–63. Zu den Ereignissen in Rom ausführlich und mit Quellenbelegen M. Gelzer (1960), 163– 173. 8

3. Der Bewunderer Caesars 1

Omnibus audendis paratissimus: Vell. 2,56,4. – Antonius gegen Pompeius: Cic. Att. 7,8,5. Caesars Schilderung in civ. 1,1–5; Ciceros Version in fam. 16,11. Ciceros Anklage: Phil. 2,53. – Tribuni plebis pro praetore: Cic. Att. 10,8 A; Ann. ép. 1986, 369 für Quintus Cassius Longinus in Spanien. Sulmo: Caes. Civ. 1,11,4; 18. Ereignisse in Rom: M. Gelzer (1960), 190–194 mit Quellenbelegen. 2 Gaius Antonius in Illyricum: T. R. S. Broughton (1952), 266. 3 Zu Aemilius Lepidus siehe die Biographie von A. Allély, (2004). 4 Antonius’ Aufgabenbereich in Italien: T. R. S. Broughton (1952), 260 mit Quellenbelegen. Cicero und Antonius in Kampanien: M. Gelzer (1969), 254–255. Antonius’ Briefe an Cicero: Cic. Att. 10,8 A; 10,10,2. Antonius’ ‚Regierungsstil‘ : Cic. Att. 10,13,1. Antonius’ Löwen: Plin. nat. 8,55 vgl. Abb. 1. Antonius’ Gefolge: Cic. Att. 10,10,5. 5 Cytheris (Volumnia) war auch die Geliebte des Dichters Cornelius Gallus, siehe R. D. Anderson – P. J. Parsons – G. M. Nisbet, Elegiacs by Gallus from Qasr Ibrîm, JRS 69, 1979, 152–153. 6 Hortensius: Cic. Att. 10,16,5. 7 Antonius’ Tätigkeit in Ciceros Version: Phil. 2,57–58; Kritik wegen Antonius’ Onkel Gaius: Phil. 2,58; 98. – Zu Caesars Aufenthalt in Rom Ende 49 siehe M. Gelzer (1960), 202–204. 8 Antonius in Brundisium: T. R. S. Broughton (1950), 280 mit Quellenbelegen. Vor Dyrrhachium: Caes. civ. 3,40,5; 46,4; Plut. Ant. 8. Zu den Ereignissen insgesamt M. Gelzer (1960), 206–217. – Schlacht bei Pharsalos: Caes. civ. 3,89,3; Plut. Ant. 8,3; Pomp. 69,1; Caes. 44,1; App. civ. 2,76. 9 Umtriebe des Caelius: M. Gelzer (1960), 208–209; M. Dettenhofer (1992), 156–165.

Anmerkungen zu S. 49–58

233

10 Antonius’ Rückkehr nach Italien: Cic. Phil. 2, 59. 61; Att. 11,7,1. Magister equitum: T. R. S. Broughton (1952), 272. Cassius Dios Urteil: 42,21,1. Cicero in Brundisium: M. Gelzer (1969), 258–263; Befehl des Antonius: Cic. Att. 11,7,2. 11 Agitation des Dolabella: M. Gelzer (1960), 234, 241; M. Dettenhofer (1992), 168–175. Antonius’ Scheidung von Antonia: Plut. Ant. 9,2–3; Tullia und Dolabella: K. Ermete (2003), 221–228. 12 Unruhen unter den Soldaten: S. G. Chrissanthos, Caesar and the Mutiny of 47 B.C., JRS 91, 2001, 63–75. Ernennung des Lucius Caesar: Cass. Dio 42,30,1–2. 13 Vorwürfe gegen Antonius: Cic. Phil. 2, 62–63; Plut. Ant. 9. Caesars Behandlung der Volkstribunen: Cass. Dio 42,33,2–3. 14 Caesar in Rom Ende 47: M. Gelzer (1960), 243–244. 15 Zur fehlenden Prätur Dolabellas: Cass. Dio 42,33,3. Im Kontext der Ernennung des Antonius zum magister equitum im Jahre 48 kritisiert Cassius Dio (42,21,1) gleichfalls diesen Tatbestand bei Antonius, erwähnt ihn aber nicht mehr bei dessen Wahl zum Konsul. 16 J. T. Ramsay, Did Iulius Caesar temporarily banish Mark Antony from his inner circle? CQ 54, 2004, 161–173, hat die hier geschilderte Aufgabe des Antonius aus den Philippischen Reden Ciceros überzeugend herausgearbeitet. Antonius’ Hauskäufe: Cic. Phil. 2,42; 62; 64–72; 109; 5,19. Zur Villa, die später dem Quinctilius Varus gehörte, siehe Z. Mari, in: 2000 Jahre Varusschlacht. Imperium (2009), 46–53, siehe auch Ramsay a. O. 168–169. – Zu Quintus Cornificius Plut. Caes. 51; R. Syme (1939), 76; mit Emendation des überlieferten ‚Corfinius‘ ; siehe auch die Ausgabe von K. Ziegler/H. Gärtner, Plutarchi vitae parallelae IV (1980), 105; zu Servilia: Suet. Div. Iul. 50,2. 17 Andeutungen Ciceros: Phil. 2,71–71, daraus Plut. Ant. 10. – Zu Fadia: Cic. Phil. 13,23; 2,3; 17; Att. 16,11,1. Siehe G. Rizzelli, Antonio e Fadia, in: G. Traina (Hrsg., 2006), 199–220. – Zu den Heiraten unter Verwandten und dem Einfluß der weiblichen Verwandten siehe J. Martin, Das Vaterland der Väter. Familia, Politik und cognatische Verwandtschaft in Rom, in: Bedingungen menschlichen Handelns in der Antike (2009), 311–327. 18 Ciceros Zeugnis zur Affaire zwischen Antonia und Dolabella: Phil. 2,99. Aus der zahlreichen Literatur zu Fulvia sei verwiesen auf R. A. Fischer, Fulvia und Octavia. Die beiden Ehefrauen des Marcus Antonius in den politischen Kämpfen der Umbruchszeit zwischen Republik und Prinzipat (1999). 19 Fulvia und Klientel des Clodius: K. E. Welch, Antony, Fulvia, and the ghost of Clodius in 47 B.C., G & R 42, 1995, 182–201; A. Antonio De Siena, Marco Antonio: un Cesariano sulle orme di Clodio, in: G. Traina (Hrsg., 2006), 223–267. 20 Caesars Diktatur auf zehn Jahre: T. R. S. Broughton (1952), 294–295. 21 Zum Lebensstil der senatorischen Häuser des ersten vorchristlichen Jahrhunderts findet sich eine Fülle von Beispielen bei J. Griffin, Augustan Poetry and the Life of Luxury, JRS 66, 1976, 87–105 = ders., in: Latin Poets and Roman Life (1985), 1–31, ferner, konzentriert auf das Gastmahl, bei E. Stein-Hölkeskamp (2005); zur Problematik der ciceronianischen Sicht siehe besonders 15–17, 174–175, 267–271. 22 Zu Hirtius und Matius siehe E. Stein-Hölkeskamp (2005), 198, 264–265. Plancus: Vell. 2,83,2; dazu A. J. Woodman (1983), 215–217. 23 Caesar auf Ciceros Landgut: Cic. Att. 13, 52. 24 Caesars Liebschaften: Suet. Div. Iul. 49–52. Zum Sohn Caesars von Kleopatra siehe H. Heinen, Cäsar und Kaisarion, Historia 18, 1969, 181–203 = ders. (2006), 11–33. J. Deininger, Kaisarion. Bemerkungen zum alexandrinischen Scherznamen für Ptolemaios XV., ZPE 131, 2000, 221–226. 25 Kleopatras Aufenthalte in Rom: E. S. Gruen, Cleopatra in Rome. Facts and Fantasies, in: D. Braund/C. Gill (Hrsg.), Myth, History and Culture in Republican Rome. Stu-

234

Anmerkungen zu S. 58–68

dies in Honour of T. P. Wiseman (2003), 257–274. Die entscheidende Quelle: Suet. Div. Iul. 52,1. – Cicero und Kleopatra: C. Schäfer (2006), 97–98. 26 Caesars Maßnahmen in Rom und der Krieg in Spanien bei M. Gelzer (1960), 266– 277. – Antonius’ erste Reise nach Narbo: Cic. Phil. 2,75–76; seine Umkehr: Cic. Att. 12,18 A (Mitte März 45). Zweite Reise nach Narbo: Cic. Phil. 2,78; Plut. Ant. 11,1–2. Zum zeremoniellen Aspekt des Mitreisens im Wagen (consessus vehiculi) siehe J. Lehnen, Adventus principis. Untersuchungen zu Sinngehalt und Zeremoniell der Kaiserankunft in den Städten des Imperium Romanum (1997), 172–175. 27 Zu Caesars Feldzugsplänen auf dem Balkan und gegen die Parther, und zwar in dieser Reihenfolge, siehe P.-S. Freber, Der hellenistische Osten und das Illyricum unter Caesar (1993), 157–176. 28 Antonius im Senat am 1. Januar: Cic. Phil. 2,79–84; Plut Ant. 11,3–5. Standbilder des Sulla und Pompeius: Cass. Dio 43,49,2; flamen: Cass. Dio 44,6,4. Zu den weiteren Ehrungen Caesars siehe M. Gelzer (1960), 292–299. 29 Cassius Longinus: Cass. Dio 44,8,1; Zweck der überschwenglichen Beschlüsse: Cass. Dio 44,9,1: Nikol. Dam. 67. – Eklat mit den beiden Volkstribunen: M. Gelzer (1960), 295– 296. 30 Zum Datum der Annahme der Diktatur auf Lebenszeit siehe P. Herrmann (1989), 127–164, bes. 139–141. Caesars Entscheid war elf Tage vor seiner Ermordung in Rom ausgestellt worden. – Zum Luperkalienfest und den Vorgängen am 15. Februar folge ich den Ausführungen von J. A. North, Caesar and the Lupercalia, JRS 98, 2008, 144–160. 31 Hauptquellen zu den Ereignissen am Luperkalienfest: Cic. Phil 2, 85–87; Cass. Dio 44,11; Nik. Dam. 71–75. – Antonius von Trebonius unterrichtet: Cic. Phil. 2,34; daraus Plut. Ant. 13,1–2, vgl. den Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 147–148. 32 Brutus’ Eintreten, Antonius zu verschonen: Plut. Brutus 18,4–5; Ant. 13,3. Dieser Umstand fand nach Caesars Tod Ciceros scharfen Tadel, siehe besonders Cic. Att. 14,21,3; 15,4,2. 33 Bezüglich der Kurzbiographien der bedeutendsten Verschwörer sei verwiesen auf die Artikel des Neuen Pauly, ausführlicher M. Dettenhofer (1992). Die Quellenbelege über die Vorgänge des 15. März 44 finden sich bei M. Gelzer (1960), 305.

4. Der Sachwalter von Caesars Erbe 1

Für die Ereignisse nach Caesars Ermordung (Jahre 44–43) liegen zwei ausführliche deutschsprachige Monographien vor: U. Gotter (1996) und K. Matijevic´ (2006). Die Epoche des Zweiten Triumvirats wird in zwei aktuellen Studien abgehandelt: M.-C. Ferriès (2007) und C. H. Lange (2009). Dem Leben des Antonius nach dem Jahre 44 wird auch große Beachtung geschenkt in der Augustusbiographie von J. Bleicken (1998). Die Hauptquellen bilden Cassius Dio 44,23 ff.; Appian, Bürgerkriege 2,118 ff., Plutarchs Antoniusvita 14 ff., ferner die entsprechenden Kapitel aus dem Leben des Cicero und Brutus. 2 Antrag des Claudius Nero: Suet. Tib. 4,1. 3 Brutus’ Absichten: Plut. Brut. 18. Stimmung unter den Truppen des Lepidus: Cass. Dio 44,34,4. Brutus auf Antonius’ Seite: Plut. Brut. 20; erste Verlesung des Testaments in Antonius’ Haus: Suet. Div. Iul. 83,1. Zu den Provinzen und ihren Statthaltern siehe T. R. S. Broughton (1952), 326–331. 4 Die bei Cassius Dio (44,36–49) und Appian (civ. 2,144–147) überlieferte Rede gibt Gedanken und Urteil der Autoren über Caesar wieder, siehe den Kommentar zu Plut. Ant. 14,6–8 von C. B. R. Pelling (1988), 153–154. Widerstand gegen die Gewalt in der Bevölkerung: App. civ. 2,147. Gegenmaßnahmen des Antonius: App. civ. 3,3; Cass. Dio 44,50,3; 51. Amatius wurde am 13. April hingerichtet: Cic. Att. 14,6,1; 7,1; 8,1. Brutus in Antium: Plut. Brut. 18. – Ciceros Zeugnis über Freude in Italien: Att. 14,6,2. Umsetzung

Anmerkungen zu S. 68–81

235

von Caesars Verfügungen: Cic. Phil. 1,1–2; 2,100; fam. 12,12. Siehe K. Matijevic´, Cicero, Antonius und die acta Caesaris, Historia 55, 2006,426–450. – Urkunde aus Sardeis: Siehe dazu P. Herrmann (1989); nach Antonius’ Tod wurden nicht nur sein Name (fast) vollständig ausgemeißelt, sondern auch der gesamte von ihm verfaßte Textabschnitt. 5 Zur Initiative für Lepidus und den übrigen Beschlüssen siehe K. Matijevic´ (2006), 50–51 mit allen Quellenbelegen. – Ciceros Brief vom 22. April: Att. 14,12. Zur Thematik siehe L. Fezzi, La storia di un rapporto conflittuale: Marco Antonio e i documenti, in: G. Traina (Hrsg., 2006), 3–38, besonders 16–17, ferner U. Gotter (1996), 46–50. Gelder im Tempel der Ops: G. Ürögdi, Caesar, Marcus Antonius und die im Tempel der Ops aufbewahrten öffentlichen Gelder, in: Les dévaluations à Rome II (1980), 49–56. 6 Ciceros positive Äußerungen über Antonius: Att. 14,3,2 vom 9. April, 14,5,1 vom 11. und 14,8,1 vom 16. April (Lob auf Hinrichtung des falschen Marius). 7 Cicero nennt den jungen Caesar ‚Octavianus‘ in Att. 15,12,2; 16,9,1. 11,6. Reaktion der Veteranen: App. civ. 3,11–12. Ciceros und Atticus’ Furcht vor einem Konflikt: Att. 14,5,3; 12,2; 10,3. 8 Zu Octavians Ankunft in Rom siehe M. Toher, Octavian’s Arrival in Rome, 44 B.C., CQ 54, 2004, 174–184. Octavian als Gegengewicht gegen Dolabella: siehe die Diskussion bei K. Matijevic´ (2006), 126–127 mit Literatur. 9 Einschüchterung der Volksversammlung: Cic. Att. 15,5,2; Phil. 5,3–4. Zu den Aufgabenbereichen des Brutus und Cassius siehe K. M. Girardet (1993), hier 209. Beneficium als contumelia: Cic. Att. 15,10. 11,1; 12,1. 10 Gunsterweis gegenüber Atticus: Siehe U. Gotter (1996), 73 mit Quellenbelegen. Lobpreis Ciceros auf Freundschaft mit Antonius: fam. 16,23,2. Abkommen mit Lepidus: U. Gotter (996), 72–73; J. Bleicken (1998), 702–703. 11 Unterredung mit Octavian: Nik. Dam. 116; App. civ. 3,29; Cass. Dio 45,8,1. Provinzen des Brutus und Cassius: K. M. Girardet (1993), 209. – Kritik des Calpurnius Piso: U. Gotter (1996), 80–81 mit Quellen. 12 Zur lex iudiciaria siehe J. T. Ramsey, Mark Antony’s Judiciary Reform and its Revival under the Triumvirs, JRS 95, 2005, 20–37. Die Nähe zu Caesar demonstrierte Antonius auch mit einer Münzprägung, die an eine der letzten Münzemissionen Caesars anknüpfte: die Vorderseite mit Caesar als parens patriae wird von einem Antoniusportrait als Augur ersetzt. Die Rückseite mit Nennung des Münzmeisters blieb unverändert, so dass der Zeitgenosse den Bezug zur Caesarmünze erkennen mußte; siehe K. Matijevic´ (2006), 168–169; W. Trillmich, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik (1988), 493–494. 13 Zum Verhalten der ehemaligen Konsuln auf Ciceros erste Philippika siehe M. Gelzer (1969), 346–347. Zur Bewertung der Rede: M. Fuhrmann (1994), 251–252; C. Habicht (1990), 95. Zu Antonius’ Rede am 19. September siehe M. Gelzer (1969), 350. 14 Angebliches Attentat auf Antonius: Cic. fam. 12,21,2. These eines beabsichtigten senatus consultum ultimum bei K. Matijevic´ (2006), 191–192. 15 Die Deutungen von Fulvias Auftreten im Lager vor Brundisium (Cic. Phil.3,4; 5,22; 13,18; Cass. Dio 45, 13,2) sind so zahlreich wie die modernen Darstellungen ihrer Person. Überblick bei K. Ermete, Terentia und Tullia 79–86. 16 Zu der viel diskutierten Provinzverteilung vom 28. November (Hauptquelle ist Cic. Phil. 3,25–26) siehe K. Matijevic´ (2006), 213–219.

5. Eine Episode: Der Staatsfeind 1

Brutus als Retter der Republik: Cic. fam. 11,7,2. Edikt des Brutus: Cic. fam. 11,6,2; Phil. 3,8. – Zum Verhältnis Cicero-Octavian siehe M. Gelzer (1969), 367–37; U. Gotter (1996), 100–105.

236

Anmerkungen zu S. 82–100

2 Zu Antonius in der Gallia cisalpina und den Truppenstärken siehe K. Matijevic´ (2006), 238–259. 3 Die Fronten in Rom: U. Gotter (1996), 134–146. Zur Senatsgesandtschaft und Antwort des Antonius siehe Gotter (1996), 146–155; K. Matijevic´ (2006), 302–312. 4 Zur seit Februar eingeschlagenen härteren Gangart in Rom siehe K. Matijevic´ (2006), 313–331. Zu Fulvia und Iulia: App. civ. 3,51. Antrag des Iulius Caesar: Cic. Phil. 8,1; K. Matijevic´ (2006), 310–311. Zum Auftrag an Brutus siehe K. M. Girardet (1993), 212–217. 5 Zu Antonius Brief: Phil. 13,22; M. Gelzer (1969), 387–388.; U. Gotter (1996), 153; Rekonstruktion des Textes in deutscher Übersetzung bei C. Bardt, Römische Charakterköpfe (1913), 284–286. Beschimpfung des Antonius durch Cicero: Phil. 13, 22 (illa importunissima belua); 48. 6 Antonius’ Anrede an Octavian: et te, o puer, qui omnia nomini debes (Phil. 13,24). – Zu den Kriegsereignissen in Oberitalien siehe U. Gotter (1996), 173–177; weitere Literatur K. Matijevic´ (2006), 332 Anm. 581. 7 Reaktionen in Rom auf die Vorgänge in Oberitalien: K. Matijevic (2006), 332–342. – Antonius Staatsfeind: Cass. Dio 46,39,3; Cic. Brut. 1,3a. Kommandos an Brutus und Cassius: K. M. Girardet (1993); Pompeius: K. Welch und A. Powell, in: A. Powell – K. Welch (Hrsg., 2002), 1; 108–109. Urteile über Lepidus: Vell. 2,80,1; Cic. fam. 11,9,1 (Decimus Brutus); Att. 9,9,3; Tac. ann. 1,9. Zu Lepidus und Antonius siehe U. Gotter (1996), 177– 186; K. Matijevic´ (2006), 343–370. 8 Lepidus’ Undank: Cic. fam. 19,27,1; Verstärkungen für Antonius: Cass. Dio 46,38,6–7; Cic. fam. 10,30,1. Zu den Truppenstärken des Lepidus, Plancus und Pollio siehe K. Matijevic´ (2006), 354–355, 363; Cic. fam. 10,32,4. 9 Freundschaft des Plancus und Pollio zu Antonius: Cic. fam. 10,33,2. – Feindschaft zwischen Lepidus und Plancus: Cic. fam. 10,11,3. 15,1. 21,1. Brief des Lepidus an Cicero: Cic. fam. 10,35. – Lepidus zum Staatsfeind erklärt: Cic. fam. 12,10,1; Cass. Dio 46,51,4. 10 Decimus Brutus war durch die lex Pedia zuvor geächtet worden: Liv. per. 120; Cass. Dio 46,53,2. Zum Tod des Brutus siehe App. civ. 3,97; F. Münzer, RE Suppl. 5 (1931), 383– 385. D. van Berchem, La fuite de D. Brutus, in: Mélanges offertes à J. Carcopino (1966), 941–955.

6. Der Zweite Triumvirat: Rache an Caesars Mördern 1

Kritik des Brutus: Plut. Brut. 22,4–6. Kritik Ciceros an Behandlung des Gaius Antonius: Cic. Brut. 5; 8. – Der Zweite Triumvirat: Cass. Dio 46, 54–56; App. civ. 4,2–5. Bononia Kliental des Antonius: Suet. Aug. 17,2. 2 Zur Formel rei publicae constituendae siehe K. Bringmann, Das zweite Triumvirat, in: Alte Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. Festschr. f. K. Christ z. 65. Geb. (1988), 22– 38. J. Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat. Zum Charakter des Zweiten Triumvirats. Abh. Akad. Wiss. Göttingen (1990). Konsularische Amtsgewalt: App. civ. 5,2, richtig interpretiert von K. M. Girardet (1990), bes. 326–332. Lex Titia: App. civ. 4,7; Cass. Dio 47,2,1–2. 3 Zu den Proskriptionen App. civ. 4,5–51; Cass. Dio 47,3–13; Namensliste bei F. Hinard, Les proscriptions de la Rome républicaine (1985), 415–552. 4 Zu Ciceros Ende siehe M. Gelzer (1969), 407–408 mit allen Quellenangaben. 5 Octavians Abneigung gegen die Morde: Cass. Dio 47,7–8. 6 Zu Iulias Eintreten für ihren Bruder siehe Plut. Ant. 20,2; App. civ. 4,37; Cass. Dio 47,8,5; für andere Proskribierte App. civ. 4,32. Tod des Licinius Verres: Plin. nat. 34,6. 7 Ehrungen für den toten Caesar: Cass. Dio 47,18–19. 8 Erste Gefechte gegen Sextus Pompeius: App. civ. 4,85–86; Cass. Dio 47,36,4. Anto-

Anmerkungen zu S. 100–116

237

nius in Brundisium: App. civ. 4,86. – Kleopatra: App. civ. 4,61; 74; 82; 5,8. C. Schäfer (2006), 115–120.Domitius Ahenobarbus: J. Carlsen (2006), 68–75. 9 Octavian krank: Cass. Dio 47,37,2. Erste Unternehmen in Makedonien: App. civ. 4,87; 101–107. 10 Schlacht von Philippi: Cass. Dio 47,42–49; App. civ. 4,109–114; 121–129; Plut. Brut. 40–52; Ant. 22. 11 Octavians Verschwinden nach der Schlacht: Plin. nat. 7,148. Vgl. C. B. R. Pelling (1988), 173 zu Plut. Ant. 22,5. 12 Porcia: App. civ. 4,136; Cass. Dio 47,49,3; Plut. Brut. 53. 13 Antonius in Thasos: App. civ. 4,136. Messalla und Bibulus: App. civ. 4,136. Zu Messalla siehe R. Syme (1986), 200–216. Behandlung von Brutus’ Leichnam: Plut. Ant. 22,6–7; App. civ. 4,135; Cass. Dio 47,49,2.

7. Die neue Herausforderung: Der griechische Osten 1 2

Absprachen nach Philippi: App. civ. 5,3; Cass. Dio 48,1–2; Plut. Ant. 23,1. Zu den Beamten und Statthaltern des Jahres 41 siehe T. R. S. Broughton (1952), 370–

378. 3

Antonius in Athen: Plut. Ant. 23,2–4. D. Kienast (1993); C. Habicht (1995), 356–357. Zum Beraterstab der republikanischen Statthalter, ihrer Regierungstätigkeit und namentlich zu Herrschaftsrepräsentation siehe R. Schulz (1997). Die Ergebnisse des Buches sind zusammengefaßt in ders., Herrschaft und Dienst am Weltreich. Zum Regierungsstil des römischen Statthalters in der Zeit der Republik, Gymnasium 107, 2000, 481–496. 5 Zur gottgleichen Verehrung römischer Statthalter im Osten siehe S. R. F. Price, Rituals and Power (1984), 42–46. 6 Antonius als ‚Neuer Dionysos‘ : Plut. Ant. 23,4; C. B. R. Pelling (1988), 208–209 zu Plut. Ant. 33,6. D. Kienast (1993), 194–195; D. Michel, Alexander als Vorbild für Pompeius, Caesar und Marcus Antonius (1967), 126–132; G. Marasco (1992) mit weiterer Literatur. Zur ephesischen Münzprägung (Antonius mit Dionysos-Attributen/Octavia, siehe Abb. 9) siehe D. Mannsperger, Apollon gegen Dionysos, Gymnasium 80, 1973, bes. 384– 388. Zur ‚Neos Dionysos‘-Identifikation siehe H. Kyrieleis, Das Doppelgesicht Ptolemaios’ XII., Chiron 30, 2000, 577–584. 7 Für den römischen Osten im ausgehenden ersten Jahrhundert ist unter den deutschsprachigen Untersuchungen immer noch maßgebend H. Buchheim (1960). Ferner: H. Hoben, Zur Stellung kleinasiatischer Dynasten in den Machtkämpfen der ausgehenden Republik (1969); A. N. Sherwin White (1984). Für Kleinasien bleibt unersetzt: D. Magie (1950). Zu Deiotaros: H. Buchheim (1960), 38 mit Anm. 138; A. Cos¸kun, Amicitiae und politische Ambitionen im Kontext der causa Deiotariana (45 v. Chr.), in: ders. (Hg.), Roms auswärtige Freunde in der späten Republik und im frühen Prinzipat (2005), 127–154. 8 Zu Kappadokien siehe H. Buchheim (1960), 54–56. Tod des Ariobarzanes: App. civ. 4,63; Cass. Dio 47,33,1. Zu Pontos: H. Buchheim (1960), 49–53; D. Magie (1950), 433. 9 Zu Kilikien: D. Magie 1271–1272; T. Schrapel (1996), 89–104. Für Cilicia als weiterhin eigenständige Provinz plädiert T. Schmitt, in: ders. – W. Schmitz – A. Winterling (Hrsg.), Gegenwärtige Antike – antike Gegenwarten. Kolloquium z. 60. Geb. v. R. Rilinger (2005), bes. 193–195. Zur politischen Landkarte Syriens siehe H. Buchheim (1960), 15- 28. 10 Parthische Bogenschützen für Cassius: App. civ. 4,59. Labienus zu den Parthern geschickt: Vell. 2,78,1; Cass. Dio 48,24,5. Zu Pakoros’ Beliebtheit: Cass. Dio 49,20,4. 11 Zu Judäa K. Bringmann (2005), 168–181; E. M. Smallwood (1981), 44–59. 12 Zu Ägypten siehe H. Heinen, Rom und Ägypten von 51 bis 47 v. Chr. Untersuchungen zur Regierungszeit der 7. Kleopatra und des 13. Ptolemäers (Diss. Tübingen 1966) = 4

238

Anmerkungen zu S. 116–124

ders. (2009), 13–138, 152–153; C. Schäfer (2006) mit der neuen Literatur. Zu Ptolemaios XV. Kaisar siehe H. Heinen, oben zu Kap. 3 Anm. 24. 13 Freundschaft Antonius-Antipatros: Ios. ant. 14,326; 381. Zu Archelaos aus Komana in Pontos: Plut. Ant. 3,10; D. Magie (1950), 1234 Anm. 36. 14 Aristokrates aus Athen: IG II2 3889; IG IV 581; Plut. Ant. 69,1. Theophilos und Hipparchos: Plut. Ant. 67,9–10; Plin. nat. 35,200 (Bereicherung des H. im Zuge der Proskriptionen); PIR2 A 838. 15 Curtius Nicias: Strabo 14,2,19 (C 657 f.) R. Herzog, Nikias und Xenophon von Kos, HZ 125, 1922, 189–247, bes. 208–209; S. Sherwin-White, Ancient Cos (1978), 141–145. Ferner existieren einige unpublizierte Ehreninschriften, allerdings mit dem gleichen Formular, die demnächst in den IG XII 4 veröffentlicht werden (freundliche Mitteilung von C. Habicht und K. Hallof). 16 Boethos: Strabo 14,5,14 (C 674); siehe C. Franco, Tarso tra Antonio e Ottaviano (Strabone 14,5,14), Rudiae 18, 2006, 311–339; J. Engels, Athenodoros, Boethos und Nestor: Vorsteher der Regierung in Tarsos und Freunde führender Rönmer, in: A. Cos¸kun (Hrsg., 2008),109–132. – Kydas: E. Paluchowski, Eos 92,2005,57–79 (AE 2005, 2643. 1647); Cic Phil. 5,13; 8,27. – (C. Iulius) Zoilos: J. Reynolds (1982), 156–158 und doc. 33–40. 17 Stephanos: J. Reynolds (1982), doc. 10. Straton: Strabo 12,3,14 (C 547); D. Magie (1950), 1234–1235 Anm. 24. – Anaxenor: SIG3 766; Strabo 14,1,41 (C 648); Plut. Ant. 24,2. Hybreas: Strabo 14,2,24 (C 660); Plut. Ant. 24,7. 18 Xouthos und Metrodoros: Plut. Ant. 24,2. Zu Marcus Antonius Artemidorus in hadrianischer Zeit siehe IvEph. 276 und 1601a. 19 Vertreibung seiner Steuereintreiber: Cass. Dio 48,24,3.

8. Der erste Auftritt des „Neuen Dionysos“ Marcius Censorinus: PIR2 M 223; Vell. 2,14,3. Antonius’ Ankunft in Bithynia und Verhandlungen mit den Juden: Ios. ant. Iud. 14,301 ff.; H. Buchheim (1960), 11–12. 2 Antonius’ Ankunft in Ephesos: App. civ. 5,4; Suet. Ant. 24,3–4. Kultische Verehrung römischer Magistrate: S. R. Price, Rituals and Power. The Roman Imperial Cult in Asia Minor (1984), 42–47. Edikt für die Dionysostechniten: R. K. Sherk (1964), Nr. 57 (S. 290– 93); eine Kopie dieses Briefes wurde in Tralleis in Karien gefunden: J. Keil, JÖAI 14, 1911, Beibl. 123 ff. = IvTralleis I (Inschr. Griech. Städte Kleinasiens 36,1) Nr. 105. Siehe dazu D. Magie (1950), 1279; F. Millar, The Emperor in the Roman World (1977), 456–459; H. W. Pleket, Some Aspects of the History of the Athletic Guilds. ZPE 10, 1973,197–227; A. W. Pickard-Cambridge, The Dramatic Festival of Athens 2 (1969), 286–315. Amnestie: App. civ. 5,4.7. 3 Jüdische Gesandtschaften: Ios. ant. Iud. 14,312–313. – Steuerforderungen: Plut. Ant. 24,6–7; App. civ. 5,4; H. Buchheim (1960), 12–13. 4 Antonius und die Königinnen: Plut. Ant. 24,1, übersetzt von K. Ziegler. 5 Situation in Kappadokien: H. Buchheim (1960), 54–56 mit den Quellen. – Tarsos: bell. Alex. 66,2; Cass. Dio 47,26,2; Bestrafung durch Cassius: Cass. Dio 47,31; App. civ. 4,64. Quintus Dellius: Plut. Ant. 25,3. Er trat später zu Octavian über und schrieb danach eine Geschichte jener Jahre bis zur Schlacht von Actium, siehe C. B. R. Pelling (1988), 18. Kleopatras Vorladung: Plut. Ant. 25,3; App. civ. 5,9. 6 Kleopatra in Tarsos: Plut. Ant. 25–27 mit dem Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 186–192; Sokrates von Rhodos (FGrH 192 fr. 1); App. civ. 5,8. Aufwand des Herodes: Ios. ant. Iud. 15,199; 16,13; bell. Iud. 1,394–397. 7 Zu Verres und den römischen Maßstäben aristokratischer Selbstdarstellung siehe R. Schulz (1997), bes. 112–114, ferner oben zu Kap. 3 anm. 21. 1

Anmerkungen zu S. 125–139 8

239

Ermordung der Arsinoe und Widerstand gegen Antonius: Cass. Dio 48,24,2; App. civ.

5,9. 9 In Daphne: Ios. ant. Iud. 14,325; bell. Iud: 1,243. In Tyros: Ios. ant. Iud. 14,327; bell. Iud. 1,245. 10 Einfall des Labienus und der Parther in Syrien: App. civ. 5,10; Cass. Dio 48,24,4–26; Plut. Ant. 30,2–3 mit Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 198–199. – Ereignisse in Judäa und Flucht des Herodes: E. M. Smallwood (1981), 51–54. 11 Hinsichtlich der Ereignisse in Italien sei verwiesen auf J. Bleicken (1998), 178–194. Delegation der Veteranen: App. civ. 5,52; Nerva und Caecina: App. civ. 5,60. 12 Antonius’ Generale in Italien, Aktionen des Sextus Pompeius und Domitius Ahenobarbus: T. R. S. Broughton (1952), 371–375 mit den Quellenbelegen. Fulvia in Brundisium: App. civ. 5,50; Vell. 2,76,2. Lucius Antonius in Spanien: App. civ. 5,54. Flucht der Iulia: Cass. Dio 48,15,2; App. 5,52; Plut. Ant. 32,1. 13 Antonius’ Reise über Tyros nach Kleinasien: Cass. Dio 48,27,3; App. civ. 5,52. – Fufius Calenus und Übertritt seiner Legionen: App. civ. 5,51; Cass. Dio 48,20,3. 14 Antonius in Athen: App. civ. 5,52; Cass. Dio 48,27,4. – Domitius Ahenobarbus: T. R. S. Broughton (1952), 382. – Botschaft an Sextus Pompeius: App. civ. 5,52.

9. Zurück nach Italien 1

Fulvia in Sikyon: App. civ. 5,55; Cass. Dio 48,28,2; Plut. Ant. 30,4. Zu den Ereignissen in Italien siehe App. civ. 5,56–60; Cass. Dio 48,28. Cocceius Nerva und Iulia: App. civ. 5,63. 2 Bemühungen um Versöhnung: App. civ. 5,64; Plut. Ant. 31. Vertrag von Brundisium: App. civ. 5,65; Cass. Dio 48,28,4–29: Plut. Ant. 30,6. – Salvidienus Rufus: App. civ. 5,66; Cass. Dio 48,33,1. 3 Ventidius Bassus nach Asia: App. civ. 5,65; Cass. Dio 48,39,2. – Feiern der Concordia nach Brundisium: A. Degrassi, Inscr. lib. rei publ. 562 a (12. Oktober 40 aus Casinum); Münzen: W. Trillmich, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik (1988), 479; M. Crawford (1985), 529 Nr. 4a. 4 Dispens für Octavia: Plut. Ant. 31,5. Ovatio in Rom: Cass. Dio 48,31,3; Inscriptiones Italiae XIII 1, 343. 5 Zu den Kleinasien betreffenden Regelungen siehe Cass. Dio 48,33,5; D. Magie (1950), 433, 1282 Anm. 16; H. Buchheim (1960), 58. – Herodes als neuer König von Judäa: Ios. ant. Iud. 14, 381–389; bell. Iud. 1,282; H. Buchheim (1960), 66–67. 6 Marcius Censorinus: PIR2 M 223. 7 Unruhen in Rom: App. civ. 5,67–68. Zu Scribonia und Iulia siehe PIR2 S 274, I 634. – Vertrag von Misenum: App. civ. 5,71; Cass. Dio 48,36–38; Plut. Ant. 32. Zum Datum siehe J. Reynolds (1982), 70–71. 8 Zitat des Appianos: civ. 5,73. 9 Antonius Priester des Divus Iulius: Suet. Ant. 33,1. Sein Haus dem Octavian anvertraut: Plut. Ant. 33,5. 10 Insteius in Macedonia: App. civ. 5,75; Ann. ép. 1992, 1520; P. Nigdélis, M. Insteius L. f. autokrator et la province de Macédoine au début du second Triumvirat: à propos d’une inscription d’Europos, BCH 118,1994,215–228. Gegenoffensive des Ventidius Bassus: Cass.Dio 48,39–41; F. Rohr Vio (2009), 95–119.

10. Die Reorganisation des Ostens 1

Senatsbeschlüsse betreffend Kos vom Juni 39 (R. Herzog, HZ 125,1922,212–213 Anm. 3, die Inschrift wird veröffentlicht werden in den IG XII 4,1,266 [freundliche Mitteilung von K. Hallof]), Panamara/Stratonikeia vom 14. August (R. K. Sherk [1964], 27, vgl. 30), und Aphrodisias vom 2. Oktober (J. Reynolds [1982], Nr. 8). – Amyntas: Cass.

240

Anmerkungen zu S. 139–150

Dio 47,48,2; App. civ. 5,75; Strabo 12,6,4 (C 569); D. Magie (1950), 433–434, 1282–83 Anm. 17; H. Buchheim (1960), 58–59. – Polemon: App. civ. 5,75; Strabo 12,6,1 (C 568); D. Magie a. O.; H. Buchheim (1960), 51–52. – Zenon gegen Cassius: Cic. fam. 12,13,4–5. – Dankfeste in Rom: Cass. Dio 48,41,6. 2 Antonius und Octavia in Athen: App. civ. 5,76; Sen. suas. 1,6–7. Als „rettende Götter“ geehrt: Ann. ép. 1952, 199. Kolossalstatuen: Plut. Ant. 60,6; C. B. R. Pelling (1988), 266. Siehe D. Kienast (1993), 194–195; C. Habicht (1995), 358–359. Zum Auftreten römischer Statthalter siehe R. Schulz (1997), 119–120. Verwandlung des Antonius: App. civ. 5,67. 3 Erneute Feindseligkeiten zwischen Pompeius und Octavian: App. civ. 5,77–78; Cass. Dio 48,46. Gründe für Antonius’ Umkehr und seine schriftlichen Botschaften: App. civ. 5,79; bedrohliche Lage an der Partherfront: Cass. Dio 48,46,3. Zu Antonius und Athene siehe die Verweise unter Kap. 7 Anm. 3; die Inschrift: IG II2 1043, Zeilen 22–23. 4 Unternehmungen des Ventidius Bassus: Cass. Dio 49,19–21; Plut. Ant. 34,2–4. Antonius vor Samosata: Cass. Dio 49,22; Ios. ant. Iud. 14,439–447; Plut. Ant. 34,5–7. 5 Innere Wirren im Partherreich: Cass. Dio 49,23,3–6. – Römische Hilfe für Herodes: Ios. ant. Iud. 14,434–439. 6 Auftrag an Gaius Sosius: Ios. ant. Iud. 14,447. Zu Sosius siehe PIR2 S 776. Neid auf Ventidius: Cass. Dio 49,21,1; dagegen auch F. Rohr Vio (2009), 142–143. – Triumphzug des Ventidius: Cass. Dio 49,21,3; Plut. Ant. 34,9; Inscr. It. XIII 1, 86; 343 (ex Tauro monte et Partheis); F. Rohr Vio (2009), 119–126. – Kapitulation von Arados: Cass. Dio 49,22,3. – Schicksal des Antigonos: Ios. ant. Iud. 14,488–491; 15,7–11; bell. Iud. 1,357. Triumphzug des Sosius im Jahre 34: Inscr. It. XIII 1, 86 f., 342 f. 7 Seekrieg zwischen Octavian und Pompeius: App. civ. 5,81–91; Cass. Dio 48,45,4–51. Mission des Maecenas: App. civ. 5,92. Antonius’ Fahrt nach Süditalien und Vermittlung der Octavia: App. civ. 5,93; Plut. Ant. 35; Cass. Dio 48,54. Gegenseitige militärische Unterstützung: App. civ. 5,95. 8 Konferenz bei Tarentum: App. civ. 5,94–95; Plut. und Cass. Dio a. O. Horazens Beschreibung der Reise von Rom über die via Appia bis Brundisium (sat. 1,5) enthält die Namen der weiteren Vermittler Maecenas, Fonteius Capito und Cocceius Nerva. Aberkennung der Würden des Pompeius: Cass. Dio 48,54,6. Erneuerung des Triumvirats: App. Ill. 28, civ. 5,95; Cass. Dio 48,54,6; K. M. Girardet (1995), 150–151. Heiratspolitik: Cass. Dio 48,54,4; Plut. Ant. 87,6; Suet. Nero 5,1. siehe J. Carlsen (2006), 75. 9 Octavias Rückkehr nach Italien: Cass. Dio 48,54,5; Plut. Ant. 35,8. – Rache an den Parthern: Iust. 42,5,3; siehe H. Buchheim (1960), 79. Antonius’ Aufgabe nach Philippi: Cass. Dio 48,2,2; siehe oben Kap. 7 Anm. 1. – Monaises in Syrien: Cass. Dio 49,23,5–24; Plut. Ant. 37,1. 10 Zu Antonius’ neuen Herrschern siehe Cass. Dio 49,32,3; Strabo 12,5,1 (C 567); 2,11 (C 540). 11 Strabo über Kleopatras kilikischen Besitz: 14,5,3 (C 669). Zur kilikischen Schiffbaukunst siehe H. T. Wallinga, Naval Installations in Cilicia Pedias: the Defence of the parathalassia in Achaimenid Times and after, Anat. ant. 1, 1991, 277–281. Ergebnisse des Forschungsprojekts von N. K. Rauh im Rauhen Kilikien: X_https://engineering.perdue.edu/ ~cilicia_X (freundlicher Hinweis von P. de Souza). Zur Strategos-Inschrift siehe Th. Schrapel (1996), 126–132 mit älterer Literatur. Zu Lysanias und den Fürsten von Chalkis siehe H. Buchheim (1960), 18–20. Landschenkungen in Judäa: Cass. Dio 49,32,1; Plut. Ant. 36,3; Ios. ant. Iud. 15,96; bell. Iud. 1,361–362. 12 Phönizischer Küstenstrich an Kleopatra: Ios. ant. Iud. 15,95; bell. Iud. 1,361. Kontingente aus Rhosos und Arados an Octavian: A. Raggi, The Epigraphic Dossier of Seleucus of Rhosus, ZPE 147, 2004, 123–138; ders., Seleuco di Rhosos, cittadinanza e privilegi nell’Oriente greco tardo-repubblicana (2006); IGLS VII 4012 (Arados).

Anmerkungen zu S. 152–159

241

13 Iulius Demetrius: Cass. Dio 48,40,6; Machairas: Ios. ant. Iud. 14,434–438. Pinarius Scarpus: PIR2 P 413. – Die auf Kreta durch Münzen bezeugten Römer (Lucius Lollius, Marcus Licinius Crassus) tragen keinen Amtstitel und sind nicht sicher zu datieren; zur Diskussion siehe Th. Schrapel (1996), 69–87; J. Reynolds – J. A. Lloyd, Cyrene, in: Cambridge Ancient History X2 (1996), 630–631; B. M. Kreiler (2006), 168–171.

11. Die gescheiterte Offensive: Der Partherkrieg 1

Herodes und Kleopatra in Syrien (Laodikeia): Plut. Ant. 36,2; Ios. ant. Iud. 15,64. Monaises’ Rückkehr und Antonius’ Friedensangebot: Plut. Ant. 37,2, Cass. Dio 49,24,3– 5. C. B. R. Pelling (1988), 222 vermutet, dass es sich bei diesem Angebot lediglich um einen für das römische Publikum bestimmten Propagandatrick gehandelt habe. Dagegen spricht die äußerst prekäre Situation von Phraates’ Herrschaft, die Antonius einen ernst gemeinten Versuch machen ließ, den König zwecks Stärkung seiner Position von einem Friedensschluß mit Rom zu überzeugen. Dass der Feldzug über Armenien nach Medien, nicht aber die Eroberung des Partherreiches, den Teil eines umfassenden Herrschaftskonzeptes des Antonius für den Osten bildeten, hat völlig zu Recht A. S. Schieber (1979) betont, bes. 113. 2 Planungen des Artavasdes: Strabo 11,13,4 (C 524); 16,1,28 (C 748). A. N. SherwinWhite (1984), 310–312. E. Dabrowa, Marc Antoine, les Parthes et l’Arménie, in: G. Traina (Hrsg., 2006), 343–352, reduziert Antonius’ Parther- und Armenienpolitik auf rein persönliche Motive zwecks Kompensation der Erfolge des Ventidius Bassus und der Kritik an seiner Liaison mit Kleopatra. 3 Zu Media Atropatene siehe M. Schottky, Media Atropatene und Groß-Armenien in hellenistischer Zeit (1967). Pompeius: Cass. Dio 36,51,3; Plut. Pomp. 33. Crassus: Plut. Crass. 19,1. Caesars Aufmarschplan: Suet. Div. Iul. 44,3. 4 Zu Artavasdes II. von Armenien siehe H. Prantl, Artavasdes II. – Freund oder Feind der Römer? In: A. Cos¸kun (Hg., 2008), 91–108. Tragödiendichter: Plut. Crass. 33. 5 Feldzug des Canidius Crassus: Cass. Dio 49,24,1; Plut. Ant. 34,10; Strabo 11,3,5 (C 501). Zur Geographie siehe den Kommentar von F. Lasserre zu Strabon in der BudéAusgabe (1975), 60. A. S. Schieber (1979), 111–112. Antonius in Zeugma: Strabo 11,13,4 (C 524). Kleopatra: Ios. ant. Iud. 15,96; bell. Iud. 1,362. Truppenstärken: Plut. Ant. 37,3. Zur Eröffnung des Feldzuges siehe A. N. Sherwin-White (1984), 311–314, 311 zum Musterungsplatz Erzurum oder Artaxata (Artashat). 6 Zur nicht gesicherten Lage von Phraaspa siehe S. E. Kroll im Kommentar Map 90 des Barrington Atlas of the Greek and Roman World (2000), auch die Identität mit der Stadt Ganzak (Gazaka) ist umstritten; zu deren Lage siehe M. W. Stolper, Encyclopaedia Iranica vol. X (2001), 289–290. Nach Strabo 11,13,3 (C 523), der sich auf Antonius’ Unterfeldherrn Dellius beruft, lag die medische Residenz ca. 440 km von der armenischen Grenze entfernt. – Antonius’ Fuhrpark: Plut. Ant. 38,2. – Eiliger Vormarsch auf Phraaspa: Cass. Dio 49,25,2–3; Plut. Ant. 38,3. – Die Route, die Antonius nahm, ist nicht definitiv gesichert. Die Mehrheit der Forscher nimmt den hier beschriebenen kürzeren, aber beschwerlicheren Weg an; Sherwin-White (312) läßt Antonius weiter dem Araxes folgen und sich erst später nach Süden Richtung Medien wenden. Vgl. den Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 225 zu Plut. Ant. 38,1. 7 Untergang des Statianus: Cass. Dio 49,25,4; Plut. Ant. 38,3. Positive Bewertung von Antonius’ Strategie bei J. Kromayer (1896), 102–103. – Kritik an Antonius bei A. S. Schieber (1979), 113–114. Urteil über Artavasdes: Cass. Dio 49,25,5; Plut. Ant. 39,1; 50,3–7; Strabo 11,14,15 (C 532). Neue Sicht bei H. Prantl (zu Anm. 4), 103–105. 8 Tagesmarsch des Antonius: Plut. Ant. 39,2–9, verkürzt bei Cass. Dio 49,26,4–5. –

242

Anmerkungen zu S. 159–166

Verhandlungsangebot des Phraates: Plut. Ant. 40; Cass. Dio 49,27,3–5. – Vermittlung des Rückzuges an die Truppe: Plut. Ant. 40,8–9. 9 Beschreibung des Rückzuges bei Plut. Ant. 41–49; Cass. Dio 49,28,3–31,3; Vell. 2,82,2–3; Flor. 2,20,3–10. Zur möglichen Route siehe A. N. Sherwin-White (1984), 318. – Marschleistung des römischen Heeres: Plut. Ant. 50,1–2; Liv. per. 130. Lob auf Antonius: Plut. 43,3–6. – Antonius’ Verluste: Plut. Ant. 50,1; Vell. 2,82,3; Flor. 2,20,10; Liv. per. 130. – Verluste in Armenien: Plut. Ant. 51,1; Liv. per. 130; Antonius’ Verhalten gegenüber Artavasdes: Plut. Ant. 50,5; Cass. Dio 49,31,2–3. 10 Leuke Kome: Plut. Ant. 51,2. – Kleopatra: Plut. Ant. 51,3; Cass. Dio 49,31,4. – Winteraufenthalt in Alexandria: Cass. Dio 49,32,1; App. civ. 5,130; Flor. 2,21,1–2. – Feiern in Rom: Cass. Dio 49,32,2. Römische Besatzung in Armenien: Cass. Dio 49,31,3.

12. Armenia devicta: Sieg über Armenien 1

Domitius Ahenobarbus. App.civ. 5,137. Ptolemaios Philadelphos: Cass. Dio 49,32,4. – Zu den Ereignissen in Sizilien (Sieg über Sextus Pompeius) siehe J.-M. Roddaz, Marcus Agrippa (1984), 87–132; J. Bleicken (1998), 221–231. Ausschaltung des Lepidus: A. Allély (2004), 183–192. 2 Unruhen unter Octavians Soldaten: App. civ. 5,128–129; Cass. Dio 49,13–14. 3 Rückgabe von Antonius’ Schiffen: Cass. Dio 49,14,6 erwähnt ausdrücklich auch den Ersatz der im Kampf verloren gegangenen Schiffe; App. civ. 5,129; 139 – die dort genannten 70 Schiffe bildeten demnach nur einen Teil der insgesamt zurückgegeben Einheiten. – Kontakte zwischen Octavian und Antonius: App. civ. 5,132. Calpurnius Bibulus: T. R. S. Broughton (1952), 401, 404, 411–412. 4 Antonius’ Angebot bezüglich Illyrienkrieg: App. civ. 5,132; siehe W. Schmitthenner, Octavians militärische Unternehmungen in den Jahren 35–33 v. Chr., Historia 7, 1958, bes. 191–192, der aber ein Desinteresse Octavians an Antonius’ Hilfe unterstellt. Zu Messalla: R. Syme (1986), 202–204. – Angebliches Zerwürfnis zwischen Antonius und Octavian: Cass. Dio 50,1,2; so auch z. B. H. Buchheim (1960), 87. – Octavias Reise nach Athen: Plut. Ant. 53,1–2; Cass. Dio 49,33,3–4; H. Buchheim (1960), 84–88 (mit anderer Deutung). 5 Nachschub für Antonius: Plut. Ant. 53,3–4; Cass. Dio 49,33,4. – Grabmal des Ventidius Bassus: W. v. Sydow, Die Grabexedra eines römischen Feldherrn, JdI 89, 1974, 187– 216; T. Hölscher, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik (1988), 363–364. Funus publicum: Gell. 15,4,4. 6 Tempel des Sosius: F. Coarelli, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik (1988), 72; P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (1987), 73–76. – Tempel des Ahenobarbus: J. Carlsen (2006), 164–167. – Umstritten und unsicher bleibt die Zuweisung von Fragmenten eines Frieses, die sich in der Nekropole von Praeneste (Palestrina) fanden. Die Darstellungen von ägyptischen Kriegsschiffen mit römischer Legionärsbesatzung, von Kavallerie und (zu ergänzenden) Infanterieeinheiten feiern einen erfolgreichen Feldherrn. Da es sich um einen Grabbau handelte, kann der Geehrte nicht, wie man lange Zeit annahm, Antonius selbst gewesen sein, aber durchaus kann man an einen seiner Anhänger denken, da Praeneste zur Klientel der Antonier gehörte. Siehe T. Hölscher a. O. 363–364; C. Valeri, in: 2000 Jahre Varusschlacht. Imperium (2009), 233–234. 7 Medisch-parthischer Zwist und medisch-römische Vermittlung durch Polemon: Plut. Ant. 52; Cass. Dio 49,33,1–2. – Kleopatras Rolle: Plut. Ant. 53,6–12; Cass. Dio 49,34,1. 8 Zur Stellvertreterfunktion der römischen Ehefrau sei verwiesen auf neuere Biographien zu zeitgenössischen Frauen: R. A. Fischer, Fulvia und Octavia. Die beiden Ehefrauen des Marcus Antonius in den politischen Kämpfen der Umbruchszeit zwischen Republik und Principat (1999); K. Ermete (2003); S. Treggiari, Terentia, Tullia and Publilia. The Women of Cicero’s Familiy (2007); A. J. Weir, A Study of Fulvia (Queens University

Anmerkungen zu S. 166–179

243

Kingston, Ontario, Canada 2007). – Ciceros Briefe an Terentia: fam. 14; Zitat: fam. 14,3,5. Münzen des Antonius und der Octavia (sog. Flottenprägungen): P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (1987), 69; Roman Provincial Coinage 4088. 9 Sextus Pompeius in Kleinasien: App. civ. 5,133–144; Cass. Dio 49,17–18,5. Antonius’ Treuherzigkeit: App. civ. 5,136. 10 Verantwortung für Pompeius’ Tod. App. civ. 5,144. Zum Pompeiusbild in der Antike, im wesentlichen eine augusteische Konstruktion, siehe A. M. Gowing, Pirates, Witches and Slaves: The Imperial Aftermath of Sextus Pompeius, in: A. Powell – K. Welch (Hg., 2002), 187–211. 11 Ehrungen für Antonius in Rom: Cass. Dio 49,18,5–6. Angeblich geheuchelte Freundschaft: Cass. Dio 49,18,7. – Winter 35/34 in Alexandria: Plut. Ant. 53,7. – Antonius’ zweites Konsulat: Cass. Dio 48,39,1. 12 Sempronius Atratinus: PIR2 S 347. M.-C. Ferriès (2007), 464–466. 13 Dellius bei Artavasdes von Armenien und Gefangennahme des Königs: Cass. Dio 49,39. Angebliche Kontakte des Artavasdes zu Octavian: Cass. Dio 49,41,5. Regelungen mit dem Mederkönig und Transport der armenischen Königsfamilie nach Alexandria: Cass. Dio 49,40. 14 Antonius’ vierte imperatorische Akklamation (sechs Jahre nach der dritten): L. Schumacher, Die imperatorischen Akklamationen der Triumvirn und die auspicia des Augustus, Historia 34, 1985, bes. 192–193. – Zug des Tiridates nach Rom: Cass. Dio 63,2–7; Suet. Nero 13. – Einsetzung fremder Herrscher (Beispiele): ein Enkel des Herodes als Tigranes IV. über Armenien ab ca. 13 n. Chr.; ein Sohn des Polemon von Pontos, Zeno (Artaxias), ab 18 n. Chr. über Armenien; ein gleichnamiger Sohn des Kotys von Thrakien über Kleinarmenien ab 38 n. Chr. 15 Fest- und Siegeszug in Alexandria: Plut. Ant. 54 (dazu den Kommentar von C. B. R. Pelling [1988], 249–250); Cass. Dio 49,40–41; Vell. Pat. 2,82,4. Zur pompe¯ Ptolemaios’ II. siehe E. Rice, The Grand Procession of Ptolemy Philadelphus (1983). Zum dionysischen Herrscherideal im ptolemäischen Ägypten siehe H. Heinen, Die Tryphè des Ptolemaios VIII. Euergetes II. Beobachtungen zum ptolemäischen Herrscherideal und einer römischen Gesandtschaft in Ägypten (140/39 v. Chr.), in: ders. (Hg.), Althistorische Studien H. Bengtson zum 70. Geb. dargebr. (1983), 116–130 = ders., (2006), 85–99. 16 Adventus und Machtdemonstration: R. Schulz (1997), 99–103; J. Lehnen, Adventus principis. Untersuchungen zu Sinngehalt und Zeremoniell der Kaiserankunft in den Städten des Imperium Romanum (1997), 181–183. – Schilderung von Plutarchs Großvater: Plut. Ant. 28,3. 17 Antonius’ Ernennungen zu Königen: Plut. Ant. 54,4–9; Cass. Dio 49,41,2–3. Titel „König der Könige“: J. Wiesehöfer, Das antike Persien 4 (2005), 53–54, mit weiterer Literatur 336. – Zur Bewertung von Antonius’ Politik siehe z. B. J. Bleicken, Augustus 261– 262. Keine territorialen Zugeständnisse: C. Schäfer (2006), 179–182. 18 Antonius kein Herrscher über Ägypten: H. Heinen (1995), bes. 3155–3160 = ders., (2006), 165–170. – Statuenbasis des Aphrodisios: OGIS 195; P. M. Frazer, Mark Antony in Alexandria – A Note, JRS 47, 1957, 71–73; T. Schrapel (1996), 240–242. – Gemme: M. L. Vollenweider, Die Portraitgemmen der römischen Republik I (1972), 80 mit Taf. 136,4.

13. Der verhinderte Triumph 1

Bestätigung von Antonius’ Regelungen und Triumph in Rom: Cass. Dio 49,41,4–5. – Antonius am Araxes: Cass. Dio 49,44,1–2; der Konsul Lucius Flavius: Cass. Dio 49,44,3. 2 Octavian in Rom und Illyrien: App. Illyr. 28. – In der Beurteilung der rechtlichen Stellung der Triumvirn nach dem 31. 12. 33 folge ich K. M. Girardet (1990).

244

Anmerkungen zu S. 179–192

3 Anträge des Sosius und Ahenobarbus siehe unter S. 182. – „Heiße Nächte in Alexandria“: C. Schäfer (2006), 185–187. 4 Angebliche gegenseitige Vorwürfe: Cass. Dio 50,1,3–5; Plut. Ant. 55 5 Angebliche verdeckte (Cass. Dio 50,2,2) oder offen verkündete (Plut. Ant. 55,1) Anschuldigungen. Antonius’ Angebot, die Triumviralgewalt abzugeben: Cass. Dio 49,41,6. 6 Gladiatorentruppe in Kyzikos: Cass. Dio 51,7,3. Daß sie für den armenischen Triumph bestimmt waren, wird natürlich verschwiegen und umgemünzt auf Feiern anläßlich eines Sieges über Octavian – über einen Römer feierte aber kein Römer einen Triumph. – Octavians Neid auf einen möglichen Triumph des Antonius: Cass. Dio 49,15,5. 7 Ephesos wird nur von Plutarch (Ant. 56,1) überliefert, allerdings nicht ausdrücklich als Winterquartier bezeichnet. – Sosius’ Lob auf Antonius: Cass. Dio 50,2,3. – Zitat von J. Kromayer (1898), 49. – Bericht des Cassius Dio: 49,41,4–5. Octavians Dalmatertriumph: K. M. Girardet (1990), 337. – Octavian nicht anwesend: Cass. Dio 50,2,4. – Sosius unterdrückt Teile der Vorlage: Cass. Dio 49,41,4–5. 8 Leitung der zweiten Senatssitzung durch Octavian: Cass. Dio 50,2,5–6. Zum Datum: J. Kromayer (1898), 45. 9 Octavians Forderung, Antonius möge alleine zurückkehren: Cass. Dio 49,41,6. Livius (epit. 132) fabriziert daraus die grundsätzliche Weigerung des Antonius, sich nach Italien zu begeben. 10 Römische Gesandtschaft des Jahres 140/139: H. Heinen (siehe unter Kap. 12 Anm. 15). Ägyptenbild der Römer: H. Sonnabend, Fremdenbild und Politik. Vorstellungen der Römer von Ägypten und dem Partherreich in der späten Republik und frühen Kaiserzeit (1986), 90–142. 11 Angebliche Furcht der Konsuln vor Beweisen Octavians: Cass. Dio 50,2,6. Zur Anzahl der geflohenen Senatoren siehe V. Fadinger (1969), 215 Anm. 1; C. H. Lange (2009), 62. 12 Octavians Versprechen, die triumvirale Gewalt niederzulegen: App. civ. 5,132; P. Sattler (1960), 15–16. – Zur Staatsstreichstheorie siehe V. Fadinger (1969), 214–222, der allerdings, Cassius Dio folgend, die Furcht der Konsuln vor Octavians Beweisen als Fluchtmotiv benennt. – Cassius Dio zur dritten Senatssitzung: 50,3,2.

14. Antonius „überschreitet den Rubico“ 1

Antonius in Armenien: Plut. Ant. 56,1. Rumpfsenat in Ephesos und Beratungen: Cass. Dio 50,3,2. Am 28. März 32 befand sich eine Gruppe römischer Offiziere noch auf einer Besichtigungstour in Philae in Oberägypten (OGIS 196); zu diesem Zeitpunkt scheint also der Mobilisierungsbefehl Ägypten noch nicht erreicht zu haben. – Antonius auf Samos: Plut. Ant. 56,6–10. 2 Privilegien an die dionysischen Techniten: siehe oben zu S. 120 – Antonius in Athen: Plut. Ant. 57,1–2. Scheidebrief an Octavia: Plut. Ant. 57,4; Cass. Dio 50,3,2 verbindet die Scheidung ausdrücklich mit einer Kriegserklärung an Octavian. Auf die eindeutige Quellenlage, daß Antonius den Krieg nach Italien tragen wollte, hat völlig zu Recht A. J. Woodman (1983), 212–213 hingewiesen: Vell. 2,82,4; Liv. per. 132; Florus 2,21,1–3. Die Schwierigkeit bestand bislang darin zu erklären, warum Antonius, wenn er denn als von Kleopatra abhängiger und vom hellenistischen Osten absorbierter Herrscher galt, noch nach Italien wollte, zweitens, warum er, unter der irrigen Annahme, er habe seine Truppen bereits im Jahre 33 in Marsch gesetzt, so lange eine Invasion Italiens hinausgezögert habe. 3 Rechtsstellung der Triumvirn nach dem 31. 12. 33: K. M. Girardet (1990), 338–344. – Übertritt des Plancus und Titius zu Octavian: Plut. Ant. 58,4; Cass. Dio 50,3,1–3. Titius: IG II2 4002 (Athen); ILS 891 (Mytilene); Ann. épigr. 2000, 1390 (Klaros); IGR IV 1716 (Samos) – dazu P. Herrmann, MDAI (A), 75, 1960, 149 Nr. d).

Anmerkungen zu S. 192–200

245

4 Testamente und Urkunden bei den Vestalinnen: D. Timpe, Untersuchungen zur Kontinuität des frühen Pinzipats (1962), 42. Liktoren: Sen. contr. 6,8. – Widerrechtliche Testamentsöffnung: Cass. Dio 50,3,3–5; Plut. Ant. 58,4–7; einseitige Darstellung bei Suet. Aug. 17,1. 5 Zur lex Cornelia de falsis siehe V. Fadinger (1969), 234. – Zweifel an der Echtheit von Antonius’ Testament: Zitat von P. Sattler (1960), 19 Anm. 36. Literatur bei D. Kienast, Augustus 4 (2009), 66 Anm. 235. Kienast steht für eine grundsätzliche Tendenz der Forschung, die zwar „eine von Oktavians Propaganda nicht unbeeinflußte Überlieferung“ konzediert, in der Sache aber keinerlei Konsequenzen aus dieser Feststellung zieht. C. H. Lange (2009), 63–64, nimmt offenbar alle Quellenaussagen für bare Münze. – Beschuldigungen des Calvisius Sabinus: Plut. Ant. 58,9–11, dazu C. B. R. Pelling (1988), 261–262. 6 Aberkennung des imperium und des Konsulates, Kriegserklärung an Kleopatra: Cass. Dio 50,4,3–4; Plut. Ant. 60,1; C. H. Lange (2009), 66–70. Antonius hat in seinem Machtbereich selbstverständlich sein viertes Konsulat gezählt. 7 Fatale monstrum: Hor. c. 1,37,2. Zum antiken Kleopatrabild siehe D. Gall, Kleopatra in der Literatur der Antike, in: Kleopatra und die Cäsaren (2006), 142–150 mit weiterer Literatur. Zum korrespondierenden Antoniusbild siehe R. Syme (1939), 274–275. – Erhaltene Briefe des Antonius: Plut. Ant. 78,3; siehe G. Marasco (1992), bes. 548 mit Hinweis auf Ov. Pont. 1,1,23 und Tac. ann. 4,34,5. 8 Zitat zur „bunten Lebenswelt“: E. Stein-Hölkeskamp (2005), 265. – Brief des Antonius: Suet. Aug. 69,2, Übersetzung von K. Bringmann, Augustus (2007), 93 – mit Ausnahme des dritten Satzes. Uxor mea est verstehe ich mit K. Kraft als Fragesatz: Zu Sueton, Divus Augustus 69,2: M. Anton und Kleopatra, Hermes 95,1967,496–499 = Gesammelte Aufsätze zur alten Geschichte und Militärgeschichte (1973), 47–50; J. M. Carter (Hrsg.), Suetonius, Divus Augustus (1982), 191. – Terentia/Terentilla: R. Syme (1939), 277. 9 Octavian als Apollo: Suet. Aug. 70,1. – De ebrietate mea: Plin. nat. 14,148; Sen. epist. 83,25. G. Marasco (1992). 10 Caesar und der Wein: Plin. Nat. 14,97; Suet. Div. Iul. 53; Augustus: Suet. Aug. 77,1; der jüngere Cicero: Plin. nat. 14,147. 11 Die beiden Stadtpräfekten: Sen. epist. 83,14–15. – Pamphlete des Messalla Corvinus: R. Syme (1986), 207–208. 12 Goldene Gefäße in Alexandria: Plin. nat. 33,50. 13 Unruhen in Italien: Plut. Ant. 58,2; Cass. Dio 50,10,4–6. – Treueid auf Octavian: RgdA 25; Suet. Aug. 17,2; dazu P. Herrmann, Der römische Kaisereid (1968), 78–89; J. Linderski, Rome, Aphrodisias and the res gestae: The genera militiae and the status of Octavian, JRS 74, 1984, 79–80. 14 Gold des Antonius in Italien: Cass. Dio 50,7,3; 9,1. – Jugendbanden in Rom: Cass. Dio 50,8,6. – Plutarch (Ant. 58,3) wirft Antonius sogar vor, die für ihn günstige Lage in Italien ungenutzt gelassen zu haben, siehe dazu aber C. B. R. Pelling (1988), 260.

15. Entscheidung bei Actium 1

Einfluß der Kleopatra: Plut. Ant. 56–57, 59–62. Antonius’ gute Eigenschaften: Plut. Ant. 17,3–6; 43,3–6. Verrat an seinen Soldaten: Plut. Ant. 67,7. Siehe C. B. R. Pelling (1988), 254. 2 Zur Truppen- und Flottenstärke des Antonius siehe Plut. Ant. 56,1–2, dort auch die Angaben zu Kleopatras Beitrag; J. Kromayer (1898), 54–55. 3 Zu den bei Plutarch (Ant. 61,2–3) genannten Königen siehe C. B. R. Pelling (1988), 267–268. Tarkondimotos: Cass. Dio 41,63,1. 4 Kleopatra in Athen: Plut. Ant. 57,2–3; C. Habicht (1995), 359–360 mit dem Hinweis,

246

Anmerkungen zu S. 200–211

daß nichts dafür spricht, daß Antonius das athenische Bürgerrecht angeboten wurde und angenommen hätte. Athen und die Ptolemäer: C. Habicht (1995), 281. 5 Antonius in Korkyra und Patrai: Cass. Dio 50,9,2–3. 6 Zu den sogenannten ‚Legionsprägungen‘ des Antonius siehe J. Noël Dillon, Octavian’s Finances after Actium, before Egypt: The CAEASAR DIVI F/ IMP CAESAR Coinage and Antony’s Legionary Issue, Chiron 37, 2007, 35–48. 7 Octavian in Unruhe: Plut. Ant. 58,1–3. Seine Befürchtungen gründeten in dem Überraschungseffekt, den Antonius’ Kriegserklärung an sich verursacht hatte, nicht in einer schon drohenden Invasion Italiens, wie Pelling (1988), 259–260 vermutet. 8 Octavians Flotte in Tarentum und Brundisium: Plut. Ant. 62,2; Cass. Dio 50,11,5. Antonius’ Besatzungen im westlichen Griechenland: J. Kromayer (1898), 60–63. – Die Truppenstärken: Plut. Ant. 61,1; dazu Kromayer (1898), 65–67; P. A. Brunt, Italian Manpower 225 B.C. A. A. 14 (1971), 504–507. 9 Fehlgeschlagener Vorstoß Octavians: Cass. Dio 50,11,1. – Vorstöße Agrippas: Cass. Dio 50,11,3; Vell. 2,84,2. 10 Lachares von Sparta: Plut. Ant. 67,3; in Athen mit einer Statue geehrt: SIG3 786. Zu Eurykles siehe G. W. Bowersock, Eurycles of Sparta, JRS 51, 1961, 112–118. 11 Truppenmangel des Antonius: Plut. Ant. 62,1; Cass. Dio 50,13,2–3. – Übersetzen von Octavians Hauptarmee und Festsetzen vor Actium: Cass. Dio 50,12,3–5; Plut. Ant. 62,5; siehe J. Kromayer (1899), 9–11. Antonius’ Sicherungsmaßnahmen: Cass. Dio 50,12,8; seine verspätete Ankunft vor Actium: Cass. Dio 50,13,1. 12 Schlachtangebot Octavians und Antonius’ Mangel an Soldaten: Plut. Ant. 63,1–2; Cass. Dio 50,13,2–3. – Schlachtangebot des Antonius und Abschneiden von der Wasserzufuhr: Cass. Dio 50,13,3–4; Plut. Ant. 63,1–2. Siehe J. Kromayer (1899), 11–19. 13 Siegreiches Reitergefecht für Octavian: Cass. Dio 50,13,5. Seeoperationen Agrippas: siehe oben Anm. 9 und J. Kromayer (1899), 19–21. – Unternehmungen im griechischen Hinterland: Cass. Dio 50,13,4.8. – Attacke des Sosius: Cass. Dio 50,14,1–2. Bei Sosius handelte es sich um den im Vorjahr aus Rom zu Antonius geflohenen Konsul, siehe PIR2 S 776. – Zu Tarius Rufus siehe G. Alföldy, Senatoren in der römischen Provinz Dalmatia. Epigraphische Studien 5 (1968), 100–107. 14 Übertritt des Domitius Ahenobarbus: Cass. Dio 50,13,6; Plut. Ant. 63,3–4; Suet. Nero 3,2. Siehe M.-C. Ferriès (2007), 277–283. 15 Iunius Silanus: Plut. Ant. 59,6; siehe PIR2 I 830. 16 Licinius Crassus: Cass. Dio 51,4,3; PIR2 L 186. 17 Dellius: Plut. Ant. 59, 6–7; Sen. suas.1,7; Horaz (c. 2,3,1–2) bescheinigte ihm Gleichmut in schwierigen Zeiten; R. Syme (1939), 267. 18 Tod des Iamblichos und Postumius: Cass. Dio 50,13,7. – Kriegsrat: Plut. Ant. 63,6–8; Cass. Dio 50,14,4–15,1; siehe J. Kromayer (1899), 28–30. 19 Stärke der gegnerischen Flotten: J. Kromayer (1899), 30–32 mit den Quellenangaben; C. B. R. Pelling (1988), 276. Verbrennung der Schiffe und der Gegenstände: Cass. Dio 50,14,5. Mitnahme der Segel: Plut. Ant. 64,4. – Stärke von Antonius’ Besatzung: Plut. Ant. 64,1. 20 Die Schiffstypen: Cass. Dio 50,23,2; Plut. Ant. 65,3–4. Kampfweise: Cass. Dio 50,32; Plut. Ant. 66,1–3; dazu C. B. R. Pelling (1988), 283, der freilich in beiden Schilderungen viele Schlachttopoi und reine Vermutungen entdeckt, ferner C. Schäfer (2006), 225–226 mit weiterer Literatur. – Zum Verlauf der Schlacht siehe Cass. Dio 50,31–35; Plut. Ant. 65–66 mit dem Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 278–280; Vell. 2,85,2 zu den Befehlshabern. Grundlegend bleibt die Analyse von J. Kromayer (1899), 40–48, zuletzt siehe C. Schäfer (2006), 226–229, insbesondere mit wertvollen Hinweisen auf den Einfluß der Windverhältnisse. – Gellius Poplicola, Sohn des Konsuls des Jahres 72: F. Münzer, RE 7

Anmerkungen zu S. 211–223

247

(1910), 1003–1005; Octavius: F. Münzer, RE 17 (1937), 1823–1825 (er hält allerdings den Flottenpräfekten des Pompeius für nicht identisch), wohl ein Sohn des Konsuls des Jahres 76, als Flottenpräfekt unter Pompeius: Caes. civ. 3,5,3; Insteius: siehe oben zu Kap. 9 Anm. 10. 21 Arruntius: PIR2 A 1129; Lurius: PIR2 L 425. 22 Schilderung des verbissenen Kampfes: Cass. Dio 50,32. 23 Kleopatras „Flucht“: Vell. 2,85,3; Ios. c. Ap. 2,59; Cass. Dio 50,33,2–3; Plut. Ant. 66,5–7, dazu C. B. R. Pelling (1988), 278–280, der allerdings an der Heftigkeit des Schlachtgeschehens zweifelt. Zahl der Toten nach Augustus’ Angaben: Plut. Ant. 68,2. 24 Verfolgung durch Eurykles: Plut. Ant. 67,1–4; vgl. Cass. Dio 51,1,4. Aufgeben der Landarmee und Flucht des Canidius Crassus: Plut. Ant. 68,4–5; vgl. Cass. Dio 51,1,4. Pelling (1988), 288 bemerkt zu Recht, daß im Gegensatz zu Plutarchs Darstellung die Truppen Antonius im Stich ließen, nicht Crassus. 25 Rettung des Sosius: Cass. Dio 51,2,4; Vell. 2,86,2. Scaurus: Cass. Dio 51,2,5. Furnius: Sen. benef. 2,25,1. Metellus: App. civ. 4,42. Cinna: Sen. clem. 1,9,11. Curio und Aquilii Flori: Cass. Dio 51,2,5. Siehe M.-C. Ferriès (2007), 287–290. 26 Cassius aus Parma: Vell. Pat. 2,87,3; Val. Max. 1,7,7.

16. Das Ende in Ägypten 1

Antonius’ Ankunft in der Cyrenaica: Cass. Dio 51,5,6; Plut. Ant. 69,1–3. 2 Canidius Crassus: Vell. 2,85,6; 87,3; Plut. Ant. 71,1. Quintus Didius: Cass. Dio 51,7,1; vgl. Plut. Ant. 69,5; G. W. Bowersock, Roman Arabia (1983), 43. 3 Gladiatorentruppe: Ios. ant. Iud. 15,195; bell. Iud. 1,392; Cass. Dio 51,7. 4 Hinrichtung des Mederkönigs Artavasdes: Cass. Dio 51,5,5; Strabo 11,14,15 (C 532); vgl. Tac. ann. 2,3,1. – Alexas aus Laodikeia: Plut. Ant. 72,3–4; Ios. ant. Iud. 15,197; bell. Iud. 1,393. 5 Zu Plutarchs Schilderung des ‚einsamen‘ Antonius siehe C. B. R. Pelling (1988), 285– 286. – Timoneion und Timon von Athen: Plut. Ant. 69,6–7; 70; dazu C. B. R. Pelling (1988), 291–292; Strabo 17,1,9 (C 794). 6 Gesandte zu Octavian: Plut. Ant. 72–73; Cass. Dio 51,6,4–6. Publius Turullius: Cass. Dio 51,8,2. – Weitere Gesandtschaften an Octavian: Cass. Dio 51,8. 7 Toga virilis für den jüngeren Antonius und Ephebie für Ptolemaios Kaisar: Cass. Dio 51,6,1–2; Plut. Ant. 71,3. Club der „gemeinsam Sterbenden“: Plut. Ant. 71,4. – Antonius vor Paraitonion: Cass. Dio 51,9,1–4. Einnahme von Pelusion: Cass. Dio 51,9,5–6; Plut. Ant. 74,1–2. 8 Letzte Gefechte vor Alexandria: Cass. Dio 51,10,1–4; Plut. Ant. 74–76. Kleopatras Grabmal: M. Pfrommer, Alexandria. Im Schatten der Pyramiden (1999), 142–143. 9 Antonius’ Tod: Plut. Ant. 76,5–11; 77 mit dem Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 305–306; Cass. Dio 51,10,5–9. Vell. 2,87,1: Antonius se ipse non segniter interemit, siehe A. J. Woodman (1983), 234–236. 10 Zu Kleopatras Tod verweise ich auf C. Schäfer (2006), 241–248. Zum Tod durch den Giftbecher, nicht durch einen Schlangenbiß siehe ders., Kleopatra und der Kobrabiß – das Ende eines Mythos? Klio 90,2008, 347–359. 11 Zur Diskussion um den Begräbnisort siehe H. Heinen (1995), 3158 = ders. (2009), 206–207. Es liegt jedenfalls nahe, den halbfertigen tumulus, von dem Sueton (Aug. 17,4) berichtet, und den halbfertigen „großen Tempel“ der Suda (s. v. hemiergon) gleichzusetzen. Die noch nicht abgeschlossenen Arbeiten sprechen für den Beginn des Baues erst nach der Schlacht bei Actium. 12 Tod des jüngeren Antonius (‚Antyllus‘) und Ptolemaios Kaisar: Cass. Dio 51, 15,5; Plut. Ant. 81; Suet. Aug. 17,5.

248

Anmerkungen zu S. 223–229

13 Schonung der übrigen Kinder: Suet. a. O.; Cass. Dio 51,15,6–7; Plut. Ant. 87 mit dem Kommentar von C. B. R. Pelling (1988), 323–327. 14 Canidius Crassus: siehe oben zu Kap. 15 Anm. 24; Lucilius: Put. Ant. 22,6; 69,1–2; Brutus 50, App. civ. 4,129.

Epilog 1

Beurteilung von Octavians Sieg: Vell. 2,85,1; dazu A. J. Woodward (1983), 226–227. – C. B. R. Pelling (1996), 65–67. – Damnatio memoriae: Cass. Dio 51,19,3–5; H. Flower, The Art of Forgetting: Disgrace & Oblivion in Roman Political Culture (2006), bes. 116–121; C. H. Lange (2009), 136–140. Inschrift aus Klaros: siehe Kap. 1 Anm. 6; Antonius’ Name lediglich bei Vergil, Aen. 8, 685. 2 Antonius’ Name in Konsullisten: Tac. ann. 3,18,1. 3 Iullus Antonius: PIR2 A 800; R. Syme (1986), 398–399. Tod des Lucius Antonius: Tac. ann. 4,44,3. 4 Kleopatra Selene: D. W. Roller, The World of Iuba II and Kleopatra Selene: Royal Scholarship on Rome’s African Frontier (2003). Ptolemaios von Mauretanien: PIR2 P 1025. 5 Antonia die Ältere: PIR2 A 884; Antonia die Jüngere: PIR2 A 885. – Germanicus in Actium und Athen: Tac. ann. 2,53,2–3; Kritik des Piso: Tac. ann. 2,53,3; 55,1. 6 Germanicus in Ägypten: D. G. Weingärtner, Die Ägyptenreise des Germanicus (1969); Tadel des Tiberius: Tac. ann. 2,59; Suet. Tib. 52,2. 7 Tod des Germanicus und Prozess des Piso: W. Eck – A. Caballos – F. Fernández, Das senatus consultum de Cn. Pisone patre (1996), bes. 190–211. 8 Antonia Augusta: Cass. Dio 59,3,4; Verbot Caligulas, den Jahrestag von Actium zu feiern: Cass. Dio 59,20,1; Suet. Cal. 23,1. Zu Caligulas Vorliebe für Aegyptiaca: E. Köberlein, Caligula und die ägyptischen Kulte (1962). A. Winterling, Caligula. Eine Biographie (2003), 75–79 (Luxus), 158–159. Reisepläne nach Alexandria: H. Halfmann, Itinera principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im römischen Reich (1986), 32–33. Caligula und die Klientelkönige: P. E. J. Wiedemann, in: Cambridge Ancient History2 X (1996), 223. 9 Geburtstagsfeiern unter Claudius: Suet. Claud. 11,3. Senecazitat (magnus vir et ingeni nobilis): ep. 83,25. Tacitus’ Geschichtsbild: ann. 1, 1–2. 10 Augustus’ Komödie des Lebens: Suet. Aug. 99,1; dazu J. Bleicken (1998), 669. 11 Bewunderung für Antonius’ Lebensstil: Plut. mor. 1,56 E. 12 Zu Properz: J. Griffin, Propertius and Antony, JRS 67,1977,17–26 = ders., Latin Poets and Roman Life (1985), 32–47.

Literaturhinweise Biographien A. Weigall, The Life and Times of Marc Antony (1931). J. Lindsay, Marc Antony. His World and his Contemporaries (1936). R. R. Rossi, Marco Antonio nella lotta politica della tarda repubblica romana (1959) [keine Biographie im engeren Sinne, sondern auf den Politiker konzentiert]. H. Bengtson, Marcus Antonius. Triumvir und Herrscher des Orients (1977). E. G. Huzar, Marc Antony. A Biography (1978, 19862 ). F. Chamoux, Marc Antoine, dernier prince de l’Orient grec (1986, dt. Übersetzung 1989). A. Roberts, Mark Antony. His Life and Times (1988). P. Southern, Mark Antony (1998, dt. Übersetzung 2000). G. Traina, Marco Antonio (2003). J. Pasquali, Marcus Antonius, Todfeind Ciceros und Rivale des Octavianus (2009).

Häufiger und abgekürzt zitierte Literatur A. Allély (2004), Lépide le triumvir. J. Bleicken (1998), Augustus. Eine Biographie. K. Bringmann (2005), Geschichte der Juden im Altertum (2005). H. Buchheim (1960), Die Orientpolitik des Triumvirn M. Antonius. Ihre Voraussetzungen, Entwicklung und Zusammenhang mit den politischen Ereignissen in Italien. T. R. S. Broughton (1952), The Magistrates of the Roman Republic vol. II. T. R. S. Broughton (1986), The Magistrates of the Roman Republic vol. III. Supplement. J. Carlsen (2006), The Rise and Fall of a Roman Noble Family. The Domitii Ahenobarbi 196 BC-AD 68. A. Cos¸kun (Hg., 2008), Freundschaft und Gefolgschaft in den auswärtigen Beziehungen der Römer. M. H. Crawford (1974), Roman Republican Coinage I. M. Dettenhofer (1992), Perdita iuventus. Zwischen den Generationen von Caesar und Augustus. M.-C. Ferriès (2007), Les partisans d’Antoine. M. Fuhrmann (1994), Cicero und die römische Republik4 . M. Gelzer (1960), Caesar. Der Politiker und Staatsmann. M. Gelzer (1969), Cicero. Ein biographischer Versuch. K. M. Girardet (1990), Der Rechtsstatus Oktavians im Jahre 32 v. Chr., RhM 133, 322– 350. K. M. Girardet (1993), Die Rechtsstellung der Caesarattentäter Brutus und Cassius in den Jahren 44–42 v. Chr., Chiron 23, 207–232. K. M. Girardet (1995), Per continuos annos decem (res gestae divi Augusti 7,1). Zur Frage nach dem Endtermin des Triumvirats, Chiron 25, 147–161. U. Gotter (1996), Der Diktator ist tot! Politik in Rom zwischen den Iden des März und der Begründung des Zweiten Triumvirats. C. Habicht (1990), Cicero der Politiker. C. Habicht (1995), Athen. Die Geschichte der Stadt in hellenistischer Zeit.

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Literaturhinweise

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Stammbaum

Stammbaum der Familie des Marcus Antonius (Daten ohne Zusatz = vor Christus)

251

252

Stammbaum

Stammbaum der Nachkommen des Marcus Antonius aus der Ehe mit Octavia (v./n. = vor/nach Christus)

Personenregister M. Aemilius Lepidus 44, 46, 51, 54, 55, 58, 59, 64, 66, 68, 73, 79, 80, 86, 89– 92, 94–98, 104, 132, 135, 141, 146, 162, 163, 179, 207 Paullus Aemilius Lepidus 97 L. Aemilius Paullus, Konsul 168 13 M. Aemilius Scaurus 214 Alchandonios 115 Alexander der Große 110, 111, 154, 173, 196 Alexander (Hasmonäer) 34, 144 Alexander (aus Kommagene) 143 Alexander, Sohn d. Kleopatra u. d. Antonius 170–173, 175, 177, 223, 225 Alexas 218 Amatius 67 Amyntas 139, 148, 168, 175, 199, 206 Anaxenor 118 L. Annaeus Seneca 227 T. Annius Milo 39, 40, 48, 49 Antaios 30 Antigonos (Hasmonäer) 115, 125, 127, 141, 143– 145, 149 Antipatros 34, 115, 117, 120, 126, 134 Antiochos I. (v. Kommagene) 142, 143, 175 Antiochos III. (Seleukide) 150 C. Antistius Vetus 114 Antonia, Tochter des Konsuls 99 19, 25 Antonia, Tochter des C. Antonius (Hybrida) 27,

30, 46, 49, 50, 53, 54, 60, 146 Antonia, Tochter des Triumvirn m. Antonia 54, 146 Antonia d. Ältere, Tochter d. Triumvirn mit Octavia 137, 223, 226 Antonia d. Jüngere 223, 226, 227 A. Antonius, Legat 168 13 C. Antonius („Hybrida“), Konsul 63 25, 26, 31, 47, 53, 54 C. Antonius, Bruder des Triumvirn 30, 44, 72, 80, 84, 85, 94, 103 Iullus Antonius, Konsul 10 223, 225 M. Antonius, Volkstribun 167 13, 14 M. Antonius, Konsul 99 14, 16–25, 32, 41 M. Antonius (Creticus), Prätor 74 25, 27, 28, 30, 36 M. Antonius (‚Antyllus‘), Sohn d. Triumvirn 147, 219, 220, 223, 225 L. Antonius, Bruder des Triumvirn 30, 72, 82, 90, 105, 127, 128 L. Antonius, Enkel des Triumvirn 225 Q. Antonius, Legat 190 13 M. Antonius Artemidorus 118 Aphrodisios 176 Aphrodite 124 Apollon 196 Apollonios Molon 21 Appianos 10, 36, 97, 132, 136, 140, 141, 167 L. Appuleius Saturninus 19, 20, 23, 24 Aquillius Florus 215

Archelaos (aus Pontos) 35, 122, 125 Archelaos (Sisines) 122, 148, 175 Ariarathes 113 Ariobarzanes III. 113, 148, 199 Aristobulos 34, 115 Aristokrates (Athener) 117, 223 L. Arruntius 212, 214 Arsinoe 116, 123, 125 Artavasdes (v. Armenien) 153–155, 157, 160, 161, 170, 171, 180–182, 184, 217 Artavasdes II. (v. Medien) 155, 156, 165, 170, 171, 174, 177, 200, 217 Artaxes (Artaxias) 171, 178 Artemidoros, siehe Antonius A. C. Asinius Pollio 10, 90, 92, 95, 105, 128, 129, 131 Athenaios 173 Atia 70 Attalos (v. Pahplagonien) 134 Attalos I. (v. Pergamon) 140 Berenike IV. 35 Boethos 117 Bogud 57, 199, 201, 203 Burebista 59 Sex. Caecilius Bassus 114, 115 Caecilii Metelli 52 M. Caecilius Cornutus 93 Q. Caecilius Metellus (Numidicus) 20 Q. Caecilius Metellus Pius Scipio 52 Caecilius Metellus 21, 214 L. Caecina 127 M. Caelius Rufus 48, 49

254 Caligula (Kaiser) 62, 226, 227 Calpurniii Pisones 52 Calpurnia, Gattin Caesars 57, 65 M. Calpurnius Bibulus (Konsul 59) 47, 163 Cn. Calpurnius Piso (Konsul 7) 226 L. Calpurnius Bibulus 102, 163 L. Calpurnius Piso, Konsul 58 66, 75, 83 L. Calpurnius Piso, Konsul 15 196 C. Calvisius Sabinus 84, 194 P. Canidius Crassus 133, 155, 171, 178, 198, 204, 205, 207, 209, 214, 217, 223 L. Caninius Gallus 26, 27 C. Cassius (Parmensis) 215 Cassius Dio Cocceianus 10, 48, 51, 74, 115, 141, 144, 165, 173, 177, 179– 184, 186, 188, 192, 206, 207, 213, 219, 222 C. Cassius Longinus 60, 63, 64, 66, 74, 76, 80, 84, 85, 88, 91, 93, 97, 100–102, 104, 106, 112–115, 120 – 123, 125, 126, 128, 129, 135, 139, 207, 227 Q. Cassius Longinus 43, 44, 187 L. Cassius Longinus 121 C. Cilnius Maecenas 131, 145–147, 196 Claudius (Kaiser) 227 C. Claudius Marcellus 41, 42, 45, 131, 136, 225 Nero Claudius Drusus 226, 227 Ti. Claudius Nero 65, 129 Clodia, Schwester des P. Clodius 55 Clodia, Tochter des P. Clodius 97, 134 P. Clodius Pulcher 32, 33, 39, 40, 49, 54, 97

Personenregister L. Cocceius Nerva 127, 130, 131, 132, 133, 146 Commius 40 Concordia (Göttin) 133, 169 L. Cornelius Balbus 52, 133 Cn. Cornelius Cinna 215 L. Cornelius Cinna 23, 25, 31, 37, 64 L. Cornelius Cinna, Prätor 44 67 P. Cornelius Dolabella 48, 49, 50, 51, 54, 55, 59, 60, 63, 65, 66, 68, 69, 71, 72, 93, 99, 114, 115, 121, 123 C. Cornelius Gallus 201, 207, 218, 221 Cossus Cornelius Lentulus 196 L. Cornelius Lentulus Crus 43 P. Cornelius Lentulus Sura 31 Faustus Cornelius Sulla 53 L. Cornelius Sulla 24 – 26, 31, 41, 45, 60, 64, 97, 107, 193 P. Cornelius Sulla 52 P. Cornelius Tacitus 227 Q. Cornificius 52, 96 Curtius Nicias (aus Kos) 117 L. Decidius Saxa 100, 126 Cytheris 46 Dareios (v. Pontos) 148 Deiotaros 68, 113, 133, 139 Deiotaros (v. Pahplagonien) 199, 206 Q. Dellius 10, 123, 138, 159, 170, 206, 207 Demetrios Poliorketes 111 Q. Didius 217, 218 Dikomes 208 Dionysos(kult) 111, 120, 139, 140, 142, 173, 190, 196 Domitianus (Kaiser) 62 Cn. Domitius Ahenobarbus (Konsul 32) 93, 100, 102, 128, 129, 131, 147,

159, 162, 165, 179, 181, 207, 226 L. Domitius Ahenobarbus (Konsul 54) 41, 44 L. Domitius Ahenobarbus (Konsul 16) 147, 226 Droysen, Johann Gustav 12 Eumenes (v. Pergamon) 140 Eunoë 57 Eurykles 204, 214 C. Fabius 38 Fadia 53 Q. Fadius 53 M. Fannius 19 L. Flavius 177 Flavius Iosephus 120, 121 C. Fonteius Capito 146, 153 Q. Fufius Calenus 39, 47, 51, 83, 84, 105, 128, 129, 131 Fulvia, Gattin des L. Iulius Caesar 27, 54 Fulvia, Gattin des Triumvirn 54, 55, 77, 79, 84, 97, 98, 127–129, 131, 147, 176, 219, 223, 225 M. Fulvius ‚Bambalio‘ 54 C. Furnius 167, 214 A. Gabinius, Quästor 102 18, 33 A. Gabinius, Konsul 58 33–36, 47, 117 L. Gellius Poplicola 211, 214 Germanicus Iulius Caesar 226 Glaphyra 122 Gratidia 22 M. Gratidius 19 C. Helvius Cinna 67 Herakles 30, 46, 110, 111 Herodes (von Judäa) 34, 115, 117, 120, 124, 126, 127, 134, 138, 139, 141, 143, 144, 148, 150, 151, 153, 169, 175, 200, 217, 218 Hipparchos (aus Korinth) 117

Personenregister A. Hirtius 40, 56, 83–87, 93 Q. Hortensius Hortalus 32 Q. Hortensius 46, 103 Hybreas 118 Hyrkanos 34, 115, 121, 125, 127 Iamblichos 208 M. Insteius 137, 211, 214 Iotape 171, 177 Isis 123, 124, 227 Iuba 225 Iulia, Schwester des Prätors 92 37 Iulia, Mutter des Triumvirn 27, 30, 31, 36, 53, 54, 84, 98, 128, 129, 131, 169 Iulia, Schwester des Diktators 66 Iulia, Tochter d. Octavianus/Augustus 134, 147, 225 Iulianus (Kaiser) 154 C. Iulius Caesar, Prätor um 92 25, 37 C. Iulius Caesar, der Diktator 25–28, 31, 32, 36– 65, 68–75, 77, 86, 89, 94, 96, 99, 100, 104–107, 110, 112–116, 120–124, 132, 134, 137, 147, 151, 154, 157, 167, 168, 176, 180, 182, 187, 191–193, 196, 201–203, 208, 211, 215, 216, 223, 224, 228 L. Iulius Caesar, Konsul 90 27, 41, 50, 54, 84, 97, 98 Iulius Demetrius 151 C. Iulius Zoilus 118 D. Iunius Brutus Albinus 58, 63, 66, 70, 71, 81–84, 86–89, 91–93, 96 M. Iunius Brutus 52, 57, 62–64, 66, 74, 76, 80, 84, 85, 88, 91, 94, 97, 98, 100– 104, 106, 112, 120, 121, 128, 129, 135, 139, 163, 189, 223, 227 M. Iunius Silanus 38, 207 Kaisar, Beiname des Ptolemaios XV. 57

Kallias 146 Kallixeinos 173 Kastor 113, 134 Kleopatra VII. 11, 12, 36, 50, 55, 57, 58, 66, 99, 111, 116, 122–126, 128, 133, 149–151, 153, 156, 160, 162, 164–166, 173–176, 179–181, 183–186, 191– 200, 207, 208, 211–215, 217–224, 227 Kleopatra Selene 175, 223, 225 Kydas 117, 152 Q. Labienus 115, 118, 121, 126, 129, 132, 137–139, 151, 167, 168 T. Labienus 38, 39 Lachares 204 D. Laelius 49 M. Laelius 55 Lamprias 174 Lasthenes 28 L. Licinius Crasssus, Konsul 95 21–24, 32 M. Licinius Crassus, Konsul 70 u. 55 26, 31, 32, 36–39, 41, 57, 59, 63, 96, 114, 132, 142, 147, 153– 155, 178, 207 M. Licinius Crassus (Sohn) 38 M. Licinius Crassus (Enkel) 207 C. Licinius Verres 28, 98, 124 M. Livius Drusus 24 T. Livius 10 Lucilius 223 L. Lucilius Hirrus 18 M. Lurius 212 Lysanias (v. Chalkis) 149, 150 Machairas 144, 151 Malchos 150, 200, 217 Marcella 225 L. Marcius Censorinus 83, 120, 134 L. Marcius Philippus 83, 84, 93 Maria 22

255 Mariamne 144 C. Marius 16, 17, 19, 22–25, 37, 64, 67 C. Matius 56 Menodoros 136, 141, 142 Metrodoros 118 L. Minucius Basilus 39 Mithridates VI., König von Pontos 24, 27, 28, 35, 107, 111, 113 Mithridates v. Kommagene 199 L. Munatius Plancus 39, 56, 58, 86, 89–92, 96, 105, 128, 168, 191–193 Monaises 148, 153 Q. Nasidienus 206 Nero (Kaiser) 62, 172, 226, 227 Niger 164 Nikias (aus Kos), siehe Curtius N. Nikomedes, König v. Bithynien 57 M. Nonius Balbus 182, 183, 189 C. Norbanus 23 C. Norbanus Flaccus 100 Octavia 111, 131, 133, 136, 137, 139, 140, 145–147, 163–166, 169, 175, 176, 190, 194, 200, 223, 225 Octavianus / Augustus 9, 10, 45, 50, 57–59, 66, 69– 83, 85–88, 91- 96, 98–105, 117, 121, 124, 127–137, 141, 142, 145–147, 149– 151, 162–172, 176–228 C. Octavius (leibl. Vater Octavians) 70 M. Octavius 211, 214 Oppius Statianus 156, 157, 160, 177 Orodes 115, 126, 143 Pakoros 115, 126, 142, 143, 150 Panaitios 185 C. Papirius Carbo 23 Q. Pedius 66, 93 Perseus, König v. Makedonien 13

256 Phasael 115, 120, 126, 127 Phraates IV. 143, 147, 153, 154, 156, 158, 159, 165 L. Pinarius Scarpus 66, 151, 201, 217, 218, 221 Plutarchos 10, 25, 27, 31, 50, 51, 53, 111, 121, 123, 124, 156, 159, 165, 173, 175, 179, 180, 189, 192, 194, 198–200, 214, 218, 222 Polemon 139, 148, 153, 156, 157, 165, 174, 175, 200 Pompeia 32 Cn. Pompeius (Magnus) 21, 28, 32–37, 39–49, 51, 52, 54, 57, 58, 60, 63, 68, 78, 96, 100, 105–107, 110, 112–114, 116, 117, 120, 142, 149, 154, 155, 168, 182, 187, 200, 201, 203, 208, 211, 215, 216, 218, 219 Sex. Pompeius 68, 73, 79, 80, 88, 89, 93, 96, 98, 99, 102, 104, 128–130, 132, 134–136, 141, 142, 145– 147, 149, 150, 162–164, 166–169, 179, 180, 184, 187, 189, 191, 197, 201, 207, 209, 212, 214, 224 T. Pomponius Atticus 45, 68, 71, 73, 77 Porcia 102 M. Porcius Cato (Uticensis) 62, 102 Q. Postumius 208 Ptolemaios (von Chalkis) 115 Ptolemaios II. 173 Ptolemaios IX. 200 Ptolemaios XII. 35, 111 Ptolemaios XIII. 116, 125 Ptolemaios XIV. 116 Ptolemaios XV. (‚Kaisar‘) 116, 174, 176, 180, 193, 220, 223 Ptolemaios XVI. Philadelphos 162, 175, 223, 225

Personenregister Ptolemaios (v. Mauretanien) 225 P. Quinctilius Varus 52 Sadalas 199 C. Sallustius Crispus 27 Q. Salvidienus Rufus 99, 131–133 Sarapion 125 Scribonia 134 C. Scribonius Curio, Konsul 76 32 C. Scribonius Curio, Volkstribun 50 32, 41–44, 54 (C.?) Scribonius Curio 215 L. Scribonius Libo 129, 134, 135, 169 Seleukos 221 Sempronii Gracchi 16 Sempronii Tuditani 54 L. Sempronius Atratinus 169 L. Sergius Catilina 26, 31 Q. Sertorius 27 Servilia 52, 57, 62, 103 Q. Servilius Caepio 23 P. Servilius Casca 63 C. Servilius Glaucia 19, 20 P. Servilius Vatia Isauricus 48, 76, 105 T. Sextius 39 C. Sosius 144, 145, 147, 165, 179, 181–183, 186, 206, 207, 209, 211, 212, 214 L. Staius Murcus 66, 99, 100, 102 T. Statilius Taurus 205 Stephanos 118 Strabon 149, 219 Strasser, Arthur 46 Straton 118 C. Suetonius Tranquillus 57, 172 P. Sulpicius Rufus 38 Ser. Sulpicius Rufus 45, 83 L. Tarius Rufus 206, 211 Tarkondimotos 199, 206 Terentia 46, 166 ‚Terentilla‘ 195, 196 M. Terentius Varro 52

Theophilos 117 Thyrsos 219 Tiberius (Kaiser) 65, 196, 226, 227 Tigranes II. 154, 155 L. Tillius Cimber 63, 66, 100 Tiridates 172 M. Titius 167, 168, 191–193, 205 P. Titius 96, 147 Traianus (Kaiser) 154 L. Trebellius 49 C. Trebonius 38, 40, 61–63, 66, 93 Tullia 49 L. Tullius Cicero 19 M. Tullius Cicero 19, 21, 22, 25, 26, 28, 31–33, 36– 41, 43, 45–50, 52–58, 65, 68–73, 76–86, 88–90, 93, 94, 97, 113, 117, 118, 120, 124, 166, 184, 185, 187, 191, 195, 196 Q. Tullius Cicero 38, 39 P. Turullius 219 M. Valerius Messalla Corvinus 102, 164, 196, 197, 207 Q. Varius 24 P. Vatinius 38, 51 C. Velleius Paterculus 192, 222 P. Ventidius Bassus 39, 83, 88, 90, 95, 97, 105, 128, 132, 137, 138, 142–144, 164 Vercingetorix 39, 40 C. Vibius Pansa 83, 85, 87, 89, 93 M. Vipsanius Agrippa 50, 124, 145, 146, 162, 203, 204, 206, 208, 209, 212, 216 Volumnia 46 Xouthos 118 Zeus Ammon 176 Zenon 118, 139 Zoilos, siehe Iulius Z.

Geliebter Kleopatras und Freund Caesars Marcus Antonius gehort zu den Gestahen der Antike, die zu Unrecht im Schatten ihrer Zeitgenossen stehen und denen daher haufig die ihnen tatsachlich zukommende historische Bedeurung abgesprochen wird. Er war nicht nur ein hervorragender Politiker und Feldherr, sondern auch de facto Herrscher des Orients an der Seire Kleopatras. Doch seine Entscheidung, dauerhaft im Osten zu bleiben, fuhrte zu einem Umschwung in der offentlichen Meinung Roms, herbeigefuhrt durch geschickre Propaganda. Helmut Halfinann srellt den Weggeffiluren Caesars eingebettet in den historischen und politischen Konrext seiner Zeit anschaulich vor.

»Es ist d.ie Verve, mit welcher d.er Althistoriker Helmut Halfmann ffu seinen Held.en eintritt, d.ie d.en Leser iiberzeugt, und. neugierig macht es allemal, altbekannte Gewissheiten neu interpretiert od.er auch gewend.et zu sehen.« Berliner Zeitung

ISBN 9 78-3-896 78-69 6-8

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