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German Pages 374 Year 2017
Violeta Parra Lieder aus Chile: Zweisprachige Anthologie Canciones de Chile; Antología bilingüe
Editionen der Iberoamericana 100 HERAUSGEGEBEN V O N :
Mechthild Albert Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn Enrique García-Santo Tomás University of Michigan, Ann Arbor Aníbal González Yale University, New Häven Klaus Meyer-Minnemann Universität Hamburg Daniel Nemrava Palacky University, Olomouc Katharina Niemeyer Universität zu Köln Emilio Peral Vega Universidad Complutense de Madrid Janett Reinstädler Universität des Saarlandes, Saarbrücken Roland Spiller Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Violeta Parra Lieder aus Chile: Zweisprachige Anthologie Canciones de Chile: Antología bilingüe Manfred Engelbert (Hrsg. / ed.) 3. erweiterte und aktualisierte Auflage 3 a edición aumentada y actualizada Übersetzung Deutsch-Spanisch / Traducción alemán-español: María Teresa Gozo
VERVUERT - IBEROAMERICANA - 2 0 1 7
DIRAC
Ministerio de Relaciones Exteriores
Gobierno de Chile
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Derechos reservados I a edición en Verlag Klaus Dieter Vervuert 1978 2 a edición en Verlag Klaus Dieter Vervuert 1979 © Vervuert, 2017 Elisabethenstr. 3-9 - D-60594 Frankfurt am Main Tel.: +49 69 597 46 17 - Fax: +49 69 597 87 43 © Iberoamericana, 2017 Amor de Dios, 1 - E-28014 Madrid Tel.: +34 91 429 35 22 - Fax: +34 91 429 53 97 [email protected] www.iberoamericana-vervuert.es ISBN 978-3-95487-625-9 (Vervuert) ISBN 978-84-16922-32-1 (Iberoamericana) Imagen de la cubierta: Violeta Parra © Fundación Violeta Parra Depósito Legal: M-26242-2017 Impreso en España Este libro está impreso íntegramente en papel ecológico sin cloro.
In memoriam Ángel Parra Klaus Dieter Vervuert
Yo soy una mujer del pueblo. Cada vez que me meto en política, la gente se enoja conmigo; quisieran que sólo fuera cantante. Entrevista con Hubert Joanneton, Ginebra, 1965
Ich bin eine Frau aus dem Volk. Jedes Mal, wenn ich mich in Politik einmische, regen die sich über mich auf; sie hätten gern, dass ich nur Sängerin wäre. Interview mit Hubert Joanneton, Genf, 1965
Inhalt/índice
Zu diesem Buch in seiner 3. Auflage
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Acerca de este libro en su tercera edición
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Von doppelter Liebe geknickt, von Raúl Zurita
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Doblada de amor, por Raúl Zurita
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Zu diesem Buch
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Acerca de este libro
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Einführung
47
Introducción
93
Canciones/Lieder
:
La jardinera — Die Gärtnerin
137 138
La lechera — Die Melkerin Arriba quemando el sol - Und die Sonne am Himmel brennt Yo canto la diferencia - Uber den Unterschied sing ich Porque los pobres no tienen - Weil die Armen gar nichts haben Según el favor del viento - Je nach Laune des Windes La carta — Der Brief Me gustan los estudiantes — Mir gefallen die Studenten
140 142 146 152 156 162 166
Un río de sangre - Ein Strom von Blut Santiago, penando estás - Santiago, Du leidest schwer Arauco tiene una pena - Arauco ist voller Schmerzen Ayúdame, Valentina — Komm und hilf mir, Valentina ¿Qué dirá el Santo Padre? - Was sagt der Heilige Vater wohl? En los jardines humanos — In den Gärten der Menschen Cantores que reflexionan — Sänger, die nachdenken Al centro de la injusticia - Das Zentrum des Unrechts Mazúrquica modérnica - Kleinmodische Kleinmazurka Rin del angelito - Lied vom kleinem Engel
170 174 178 182 188 190 192 196 200 204
De cuerpo entero - Von ganzem Körper Volver a los 17 - Noch einmal siebzehn
208 210
Pupila de águila — Raubvogelaugen Run-Run se fue pa'l norte - Run-Run fuhr weg nach Norden
214 216
Maldigo del alto cielo - Verflucht sei am hohen Himmel Gracias a la vida - Ich danke dem Leben La lavandera - Die Wäscherin
220 224 228
Kommentar
235
Comentario
249
Supplement
265
Suplemento
311
Gedenken an ein Arbeitsfieber, von Sergio Bravo
355
Recordando afanes, por Sergio Bravo
359
Bibliographie/Bibliografia
363
Index/Indice onomástico
369
Zu diesem Buch in seiner 3. Auflage
In einer Zeit, in der „neu" eine Qualitätsgarantie zu sein scheint, mutet eine 3. Auflage, noch dazu knapp vierzig Jahre danach, für ein Buch, das mit Dumas nicht im Entferntesten konkurrieren kann und mag, vielleicht ein wenig abenteuerlich an. Gewiß, einer der Unverwechselbaren der chilenischen Liedkunst, Patricio Manns, hat soeben (März 2017) eine unveränderte Neuauflage seines Buchs von 1977 (Bibliographie 4.8) veröffentlicht. Aber nicht jeder ist Patricio Manns, der abgesehen von seiner eigenen Kunst Violeta Parra noch sehr gut gekannt hat und dessen erwähntes Buch in seiner Erstveröffentlichung (Frankreich) einer der Grundsteine für meine eigene Arbeit von 1978 gewesen ist. Wie soll also ein derartiges „deutsches Unternehmen" gerechtfertigt werden? Selbstverständlich spielt die traditionelle Gelegenheit eines hundertjährigen Geburtstags auch für Violeta Parra (Chile, 1917-1967) eine Rolle, die noch dazu eine traurige Komponente enthält: 2017 jährt sich zum fünfzigsten Mal der freiwillige Tod dieser überragenden Lieddichterin. Aber ebenso selbstverständlich wäre diese vordergründige Rechtfertigung einer Gedächtnisfeier für Violeta ein Anlaß gewesen, mich als „kleinfrivol und kleinkariert" („frivolico y bataclanico", vgl. S. 201) zu bezeichnen. Manches im Trubel der Feierlichkeiten deutet auf eine derartige profitgesteuerte Inszenierung hin. 1 Sicher hat auch Violeta Parra immer wieder versucht, ein Publikum für ihr
1 Der bissige Artikel von Alvaro Bisama über ein „homenaje" für Violeta auf dem Festival de Viña del Mar in der wichtigen Tageszeitung La Tercera spricht von einer „show", in der die Lieder Violetas zu einem „popurrí" verkämen, zu einem „Cirque du Soleil de baja intensidad" (22. Februar 2 0 1 7 ; www.latercera.com/noticia/homenaje-violeta-playback/). Patricio Manns bezeichnet die Veranstaltung als „grotesco": „Es que aquí también ha habido un afán de comercialización enorme en torno a la figura de la Violeta" (15. März 2 0 1 7 ; http://www.theclinic.cl/2017/03/15/patricio-manns-la-muerte-angel-parra-sobreviviente-esa/). Ein positiv gemeinter Artikel von Carla Fernández ist mit einem peinlichen, auf ein weibliches Körperteil fokussierten Foto illustriert, „Emotivo homenaje a Violeta Parra" (20. Februar 2 0 1 7 ; http:// www.emol.com/noticias/Espectaculos/2017/02/20/845919/Emotivo-homenaje-a-VioletaParra-marca-la-obertura-del-Festival-de-Vina-del-Mar.html).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Werk zu finden, ob vor kleinem Landpublikum oder auf großen internationalen Festivals, in Kneipen oder Hörsälen, im Radio oder im Fernsehen, das in Chile um i 9 6 0 noch in den Anfängen steckte. Allerdings hat sie sich nie herabwürdigen lassen. Um ihr Werk geht es also, das inzwischen in ihrem Heimatland als dem der „vier Großen" ebenbürtig gesehen wird — dem der Nobelpreisträger Gabriela Mistral und Pablo Neruda sowie Vicente Huidobro und Pablo de Rokha. Diese Anerkennung ist erst neueren Datums. Im August 1992 hörte ich an der Universidad Metropolitana de Ciencias de la Educación einen Vortrag von Volodia Teitelboim — kommunistischer Politiker, Essayist, Dichter und Weggefährte von Pablo Neruda — über eben jene „Quadriga". Als ich ihn fragte, ob es nicht angemessen sei, von den „Großen Fünf' unter Einbeziehung von Violeta Parra zu sprechen, zögerte er einen Moment lang, um dann zu antworten: „Ah, bueno, Violeta es grande, pero otra cosa" („Naja, Violeta ist groß, aber etwas anderes"). Im Jahr nach der Nobelpreisverleihung an Bob Dylan ist es wohl ein wenig selbstverständlicher geworden, auch „Liedermacher" als Dichter zu begreifen. Während jedoch die Auslagen unserer Buchläden, von denen es in der Universitätsstadt Göttingen noch einige gibt, Biographien von Dylan, Springsteen, Cohen und ja, auch die Autobiographie von Wolf Biermann anbieten, ist selbst im Netz kein weiteres deutschsprachiges Buch zu Violeta zu finden — außer der 1977 in der DDR erschienenen zweisprachigen Anthologie (mit Noten, aber ohne Einführung und Kommentar) von Axel Hesse und Uwe Schreiber sowie eben den beiden ersten Auflagen des hier vorgelegten Buches (1978, 1979). 2 Im Internet finden sich jetzt fast alle Werke der Chilenin und besonders häufig ihr bekanntestes Lied „Gracias a la vida", zum Beispiel in vier weiteren Übersetzungen ins Deutsche. 3 Meine Arbeit wird zwar immer wieder bibliographisch erfasst, nicht jedoch inhaltlich besprochen oder ausgewertet. Ob der Verkaufszahlen (2000 Exemplare) ist das eher verblüffend, genauer betrachtet, jedoch zu erklären. Zwischen der BRD und der DDR war der Bücheraustausch zumindest
2 Axel Hesse/Uwe Schreiber, Cancionero Violeta Parra — Lieder aus Chile, Singstimme und Gitarre, Berlin: Verlag Neue Musik 1977. 3 Die Ubersetzung von Axel Hesse (s. Fn. 2), Nachdichtungen von Heinz Kahlau in der Anthologie zum „Neuen Chilenischen Lied", Gitarre des dämmernden Morgens (Bibliographie 3.3), Gerhard Schöne („Liebes Leben danke", Album Lebenszeichen, 1990) und Manfred Maurenbrecher („So gut tut das Leben", Album Ende der Nacht, 1994).
Zu diesem Buch in seiner 3. Auflage
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schwierig. In der Akademie der B R D bestand damals wenig Interesse an einem außerhalb des Kanons liegenden Bereich, und die Zirkulation in einer allgemeinen Leserschaft ist selbstverständlich nicht dokumentiert. Daß das Buch und insbesondere die Singbarkeit meiner Ubersetzung wahrgenommen wurden, ist durch die wunderbare Schauspielkunst des Pantheaters und die mitnehmende Darstellung der Violeta durch Marion Martienzen seit 1987 belegt. Auch in Chile ist das Buch bekannt geworden. Es fehlt in keiner Bibliographie zwischen dem von Isabel Parra zusammengestellten, unverzichtbaren Libro mayor de Violeta Parra (1. Auflage Madrid 1985) und der Synthese zu Leben und Werk von Paula Miranda Herrera {La poesía de Violeta Parra, 2013). Wegen der Sprachbarriere wird es allerdings nur selten mit Hinweis auf die Einleitung inhaltlich zitiert. 4 In einem längeren Interview mit Maria Teresa Cárdenas hatte ich 1993 Gelegenheit auf das Zentrum meiner Arbeit hinzuweisen: „Ich betone, daß es sich um Liedgedichte handelt und daß es wichtig ist, auf die Musik zu achten. Wir sollten nicht in die akademische Falle tappen, sie jetzt als große Dichterin zu behandeln, denn das Wichtige ist, daß sie Gedichte macht, aber gesungene Gedichte." Kurioserweise ist dieser in El Mercurio veröffentlichte Text — „Violeta Parra vista por un alemán" („Revista de Libros" 197, 7. Februar 1993, S. 6) — länger als die schäbige Notiz, die eben dieser prestigeträchtige und sehr konservative El Mercurio 1967 dem Tod von Violeta widmete (6. Februar 1967, S. 30; vgl. Abbildung in der Photostrecke bei Fernando Sáez nach S. 64). Letztes Jahr durchstreifte ich die Provinz Nuble auf den sich kreuzenden Wegen von Jorge del Carmen Valenzuela Torres, dem heiligen Schakal aus Nahueltoro, und Violeta del Carmen Parra Sandoval, der weisen Sängerin aus San Carlos. Mit Hilfe von Carmen Gloria Guíñez, ebenfalls aus San Carlos, gelangte ich zur Casa Museo Violeta Parra, wo der Enthusiasmus seines Leiters Humberto Baroni ansteckend wirkte und mich beschämte, weil ich ihm nur eine Fotokopie des Buches überreichen konnte, während er mich mit einer sorgfältig gerahmten Kopie der Geburtsurkunde von Violeta in San Carlos auszeichnete.
Eine Ausnahme ist Lucy Oporto, die in ihrem gründlich recherchierten Buch El diablo en la música — La muerte del amor en El gavilán, de Violeta Parra (Santiago 2013) auf dem Umweg über einen auf Spanisch geschriebenen Artikel von Verónica Cortínez aus meinem Buch zitiert (S. 333, Fn. 431). 4
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Der Anstoß zu dieser Neuauflage ging von Alejandra ChacofF Ricci, Kulturbeauftragte im Außenministerium der Republik Chile, Dirección de Asuntos Culturales (DIRAC) aus. Die Idee war, auch in Deutschland, wo das Interesse an Violeta Parra im Vergleich etwa mit Frankreich immer noch verschwindend gering ist, in diesem Jahr 2017 an die außergewöhnliche Chilenin zu erinnern. Der Botschafter Chiles in Deutschland, Patricio Pradel, griff nach sorgfältiger Überlegung diesen Vorschlag auf. Klaus Dieter Vervuert, mein Verleger, schloß sich ebenfalls an, zumal die erneute Veröffentlichung von Lieder aus Chile nicht nur an die Zeiten unserer Solidarität mit den Verfolgten der Pinochet-Diktatur erinnert, sondern auch an die schwierigen Anfangszeiten seines Verlags, für den der Erfolg des ersten Bandes der ersten von ihm herausgegebenen Reihe eine „Ermutigung" gewesen sein mag, uns weiter mit seiner „Heiterkeit" im Sinne Biermanns anzuregen. Die Integration einer spanischen Ubersetzung ist — nach den Anmerkungen zur Rezeption hoffentlich verständlich — Ausdruck meiner Uberzeugung, daß das Buch in seiner Gesamtheit auch heute noch Bestand hat. Vor allem für die Sicht auf das Werk als Einheit, ohne daß die „Poetin" von der „Politikerin" getrennt würde, erhalte ich meinen Anspruch aufrecht. Eine derartige Trennung war nicht nur zu Zeiten der diktatorischen Zensur der Fall (s. S. 79), in der ausschließlich die vermeintlich unverfänglichen Texte im — gedruckten — Umlauf waren. Neuere Publikationen greifen noch immer auf diesen angeblichen Gegensatz zurück, und die Stilisierung von Violeta Parra als einer christlichen Dichterin gehört ebenfalls in diesen Kontext (vgl. „Supplement"). Direkt politische Dichtung, die nicht mehr automatisch ausschließlich mit „Links" identifiziert wird, scheint nach langer Zeit unter dem Eindruck einer neuerlichen Krise des Kapitalismus wieder eine vergessene Legitimität zu gewinnen.5 Die von allen Dächern gepfiffene Forderung nach sozialer 5 Selbst die deutsche Lokalpresse berichtet häufiger über das Phänomen. Das Göttinger Tageblatt etwa beschreibt gleich in zwei Artikeln die Politisierung des European Song Contest
(ESC), der „stets den politischen Zeitgeist gespiegelt [habe]" (16. März 2 0 1 7 , S. 2 7 „Putin, Pop und Politik"). Schon am 11. Februar in einem Artikel über die diesjährige Vertreterin Deutschlands, Levina Lueen, hieß es: „Der ESC war zuletzt höchst politisch - zwei von drei Siegersongs waren klare gesellschaftspolitische Statements", und der Verfasser der beiden Artikel, Imre Grimm, fragt nach den Chancen des 1,81 Meter großen neuen Stars mit einem „massenkompatiblen Ohrwurm" („1,81 Meter für Deutschland", 11. Februar 2 0 1 7 , S. 32). In Göttingen selbst stieß das Programm „Politische Lieder" des heimischen Musa-Chors auf „riesiges Interesse" („Von Springsteen bis Schütz", Göttinger Tageblatt, 22. Februar 2 0 1 7 , S.
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G e r e c h t i g k e i t als l o k a l e m u n d g l o b a l e m P r o b l e m zeigt d e n W e i t b l i c k V i o l e t a Parras, selbst w e n n C h i l e in der h e u t i g e n W e l t n i c h t m e h r direkt „limita al c e n t r o de la i n j u s t i c i a " („an das Z e n t r u m des U n r e c h t s grenzt"; s. S . 1 9 9 ) . G e r a d e in e i n e m M o m e n t , in d e m der inflationär vorgetragene Zweifel an der E x i s t e n z v o n F a k t e n gängige M ü n z e geworden ist, stellt das B e s t e h e n der C h i l e n i n a u f der U n t e r s c h e i d u n g v o n S c h w a r z u n d W e i ß („Gracias a la vida", v. 3 ) , v o n W a h r u n d Falsch („Yo c a n t o la d i f e r e n c i a " , w . 5 - 6 ) eine „ G r o ß e E r m u t i g u n g " dar: n i c h t aufzugeben angesichts der E r f a h r u n g , d a ß die gegenwärtigen L e i d e n n u r d a n n ein E n d e finden, w e n n „die n e u e n Leiden k o m m e n " . Klaus D i e t e r u n d ich h a b e n deshalb a n der schwarz-weißen G e s t a l t u n g des E i n b a n d s festgehalten, o b w o h l die v o n m i r an anderer Stelle gewürdigte Farbigkeit ihrer Malerei u n d ihrer A p p l i k a t i o n e n a u f S a c k l e i n e n („arpilleras") zu einer e n t s p r e c h e n d e n u n d sicher a n s p r e c h e n d e n V e r w e n d u n g einlädt. 6 D i e B e d e u t u n g der L i e d g e d i c h t e von V i o l e t a Parra liegt n u n j e d o c h n i c h t n u r in i h r e m u n v e r b l ü m t e n U m g a n g m i t politischen u n d vor allem sozialen T h e m e n , s o n d e r n in i h r e m Verständnis v o n L i e b e als V e r m i t t l u n g s p u n k t p e r s ö n l i c h e r u n d gesellschaftlicher P r o b l e m e , das ich bereits 1 9 7 8 f o r m u lierte (vgl. S . 8 0 ) . D i e ü b e r w ä l t i g e n d p o e t i s c h e R e d e v o n R a u l Z u r i t a , der z u s a m m e n m i t N i c a n o r Parra s c h o n j e t z t zu den „ G r o ß e n " der chilenischen L i t e r a t u r gezählt w e r d e n darf, bestätigt n u n diese prosaische Analyse. I c h
13). Auffallend ist in diesem Kontext ein Lied von Philipp Poisel, der in „Das kalte Herz" ein weit bekanntes Kunstmärchen von Wilhelm Hauff (19. Jahrhundert) aufgreift, um „in Zeiten, in denen Europa einen Stein in der Brust zu tragen scheint" zu beklagen, daß die Sorge um den Reichtum „bei so vielen die Menschenliebe verdrängt hat" (Matthias Halbig, „Philipp im Wunderland", Göttinger Tageblatt, 11./12. Februar 2017, Beilage Wahres, Gutes, Schönes, S. 8). G Manfred Engelbert, „Poesía y pintura en la vida de Violeta Parra", in Esther Andradi et al., Actas del Primer Simposio Internacional en Berlín Occidental sobre Literatura y Crítica Literaria de Mujeres en Latinoamérica, Berlin 1989, S. 91-110 sowie drei Seiten mit Fotos von Bildern Violeta Parras. Eine sehenswerte Dokumentation stellt der Band Violeta Parra — Obra visual dar (Santiago: Ocho Libros Editores 2007). Der von Minera Escondida/BHP Billiton finanzierte Band war leider im Buchhandel nicht erhältlich. Inzwischen liegt eine leicht veränderte Neuauflage zum freien Verkauf vor (Santiago: Ocho Libros Editores, 2012). Violeta Parra, 100 años (Mai 2017), ist der sechste Band der Reihe „Cuadernos Pedagógicos", herausgegeben und finanziert vom Consejo de la Cultura y las Artes (CNCA), in einer sehr ansprechenden Auflage von 13000 Exemplaren. Dieses Buch, in dem das plastische Werk betont wird, ist ein großer Schritt vorwärts, um das künstlerische Schaffen von Violeta Parra einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
danke Raúl für die großzügige Erlaubnis zum Abdruck seines Textes mit Zuneigung und Bewunderung. Es ist freilich unvermeidlich, daß die Einführung politischer Fakten in Dichtung und ihre Interpretation die Bildung einer gewissen zeitabhängigen Patina fördert und im übelsten Fall zu subjektiv-parteilicher Verblendung beitragen kann. In den hier vorgestellten Liedern weise ich etwa auf die Erwähnung von Patrice Lumumba, den 1961 ermordeten kongolesischen Freiheitskämpfer hin (S. 171, „Un río de sangre", v. 28) oder auf die Hinrichtung des spanischen Kommunisten Julián Grimau im Jahr 1963 durch ein franquistisches Militärgericht (S. 189, „¿Qué dirá el Santo Padre?", v. 16). Allerdings kommentierte ich diese Textstellen schon 1978. Meine eigenen Patina trächtigen Bemerkungen sind mit Sicherheit die der Aktualität von 1978 verpflichteten Assoziationen am Schluß der „Einleitung" eben von 1978: zur Abtreibungsdebatte, die immer noch nicht abgeschlossen ist und in Chile gerade (Juli 2017) heftig geführt wird; zu einem ExorzismusProzeß in Aschaffenburg - auch der Exorzismus lebt weiter; zu einem „Lehrbeanstandungsverfahren" gegen den evangelischen Hamburger Pastor Paul Schulz, der die Meinung vertrat, man könne sein Amt auch ausüben „ohne Glauben an Gott und ewiges Leben" {Der Spiegel AS, 21. November 1977, S. 77-79). Alle drei Punkte, die ich in der Neuauflage mit dem Stichwort „Problematik der Religion" zusammenfasse, wären Violeta wohl ein willkommener Anlaß für eine Satire gewesen. Wahrscheinlich gibt es auch Menschen, die meine forsche Verwendung des Begriffs „faschistisch" im Hinblick auf die Pinochet-Diktatur (S. 78) und die Charakterisierung von Violeta als mit einem „kleinbürgerlichen Zug" behaftet (S. 81) sowie die Rede von Klassen oder „Kapital und Arbeit", „Entfremdung", „zweiter Natur" usf. einem marxistisch-kommunistischen, von Adorno angehauchten Diskurs zuschreiben möchten. Nun, das ist gewißlich wahr, Luther hin Marx her. Was nicht heißt, daß er deshalb falsch ist. Ich werde im „Supplement" auf die implizierten Probleme eingehen. In einem weiteren Bereich hat sich unser Wissen über Violeta erheblich erweitert, dem der Musik. In meinem Versuch von 1978/1979 hatte ich von vornherein und aufgrund meiner eigenen Unkenntnis musikalischer Konstruktion und ihrer Kontexte einen Mangel meiner Ausführungen zugegeben. Inzwischen ist eine Reihe von Publikationen erschienen, die ebenfalls eine notwendige Ergänzung möglich machen. Es sei schon hier auf die monumentale Historia social de la música popular en Chile von Juan Pablo González, Oscar Ohlsen und Claudio Rolle hingewiesen. Die Studie von Lucy
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O p o r t o habe ich bereits erwähnt. Bei all ihrer Gründlichkeit scheint sie mir jedoch durch ihren theoretisch-spekulativen Überhang an Erkenntniswert zu verlieren. (Näheres auch hier im „Supplement".) D e n nüchternen Aufsatz von Olivia C o n c h a Molinari zu Violeta als Komponistin, den O p o r t o selbstverständlich kennt und der mir in seinen musiktechnischen Aspekten nicht immer zugänglich ist, halte ich O p o r t o gegenüber für ausgesprochen informativer. U m den Tritonus zu verstehen, der für die Untersuchung von O p o r t o zentral ist, konnte ich auf das klare C - D u r von Marco Antonio Velis zählen, das den Teufel aus der Musik verschreckt. Im Z u s a m m e n h a n g mit der musikalischen Gestaltung danke ich Sergio Bravo für sein Zeugnis über die Zusammenarbeit zwischen zwei Ausnahmekünstlern der chilenischen Kultur in der Mitte des 20. Jahrhunderts in den Dokumentarfilmen Mimbre (1957) und Trilla (1958). Wie angedeutet behalte ich meinen Text von 1978 im Wesentlichen bei. Notwendige kleinere sachliche Korrekturen wie etwa die zur Provinz Nuble (S. 59) nehme ich stillschweigend vor. Wichtige Ergänzungen vom heutigen Erkenntnisstand aus, die mir unvermeidlich erscheinen, markiere ich durch eckige Klammern (z.B. Fn. 10). Systematischer versuche ich die Entwicklung neuer Perspektiven in der Literatur zu Violeta im angesprochenen „Supplement" darzustellen. Einen Uberblick zu den sich im Jubiläumsjahr häufenden Veröffentlichungen kann ich selbstverständlich nicht bieten. D a n k schulde ich vielen Menschen. Ausdrücklich wiederhole ich meine Verpflichtung gegenüber den im Vorwort zur ersten Auflage und in der W i d m u n g genannten „compañeras y compañeros", von denen Karl-Udo und Ulrich schon gestorben sind. In den 1970ern war es in der B R D nicht einfach, Chile im Zusammenhang mit Allende und der Unidad Popular zum T h e m a zu machen, zumal die vom Stalinismus geprägte D D R Chile als Beispiel eines demokratischen Sozialismus für die eigenen Zwecke usurpierte. N u r umso wichtiger war die Solidarität unter kapitalismuskritischen O p p o sitionellen. Sie ist es auch heute noch. Im Dialog mit aus dem Terror der Militärdiktatur geflüchteten Chileninnen und Chilenen und ab 1987 verstärkt im Kontakt mit befreundeten und mir kollegial verbundenen Menschen in Chile selbst wurde mir dieses Land so gut wie ein zweites Zuhause. Stellvertretend für alle danke ich von Herzen Heddy Navarro und Bruno Serrano, die mir in fester Freundschaft seit eben 1987 ein Chile „de tres colores" mit all seinen „bemoles" zeigten und es verstehen ließen - von einem Gefängnis für politische Gefangene in Santiago bis zu einem curanto in ihrem Häuschen in Niebla bei Valdivia (ich
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
spiele a u f , A l centro de la injusticia" an, vgl. S. 196). Verónica Cortínez, meine Kollegin und Lebensgefährtin seit 2 0 0 0 , hat mir in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit neue Perspektiven a u f die Kultur Chiles eröffnet, die meine eigene Sichtweise präzisiert und nuanciert haben. O h n e Verónicas ständige, liebenswürdige und enthusiastische Unterstützung hätte ich die freundliche Anregung der chilenischen Regierung nicht aufgegriffen. N i c h t etwa aufgrund einer nutzlosen Fundamentalopposition, die das Chile nach der Diktatur im Zeichen des Neoliberalismus als von „faschistischem Geist" geprägt sehen will (Oporto, z.B. S. 2 8 5 ) , sondern weil ich unter „flojérica en los zapáticos" litt (S. 2 0 0 , v. 3 5 ) . Verónica konnte auch ihre Freundin María Teresa „Mitica" Gozo dazu bewegen, die Ubersetzung meines Textes ins Spanische zu wagen. Ihrer kongenialen Lektüre ist es zu verdanken, daß meine Satzschlangen lesbarer wurden. Miticas Anregungen wirkten auch a u f den deutschen Text zurück, weniger Adorno und — hoffentlich - mehr Licht. Gewidmet ist die Neuausgabe Angel Parra. Auch dieses Mal hat er mir zusammen mit seiner Frau Ruth Valentini immer wieder hilfreich zur Seite gestanden. Das Erscheinen des Buchs kann er nun nicht mehr begleiten. Er starb vor einer Woche, am 11. März 2 0 1 7 . Nach dem Staatsstreich kam Angel zunächst in das als Lagergefängnis mißbrauchte Nationalstadion, dann in das Konzentrationslager Chacabuco. D o r t brachte er seine Leidensgenossen trotz strengen Verbots zum Singen. W i e durch ein Wunder entkam er dem Schrecken lebend. Er wurde wegen seiner konsequenten, aufrichtigen und aufrechten Haltung zu einem Beispiel des Protests gegen die PinochetDiktatur. Als er am 16. September 1 9 7 7 zum ersten Mal in Göttingen sang, war ich sein Moderator und Übersetzer. In der zweiten Hälfte des Konzerts verlor ich plötzlich den Faden, und trotz zweimaliger Hilfestellung verstand ich nichts. Angel sagte trocken: „No importa, ¡cantemos!" D a n n brachte er uns allen im Handumdrehen den Refrain von „El camino es largo" bei: Si el camino es largo yo lo voy a andar, porque estoy seguro que voy a llegar. (Wenn der Weg auch lang ist, werde ich ihn gehen, denn ich bin mir sicher daß ich komm' ans Ziel.)
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Und wir sangen mit wachsender Begeisterung. Der Weg in eine wirklich humane Gesellschaft ist immer noch lang. Aber wie wäre es, wenn wir dabei mit seiner Schwester Isabel sängen: Cante, cante, compañero, ¡no tengas temor de naiden! (Sing nur, sing nur, compañero ohne Angst vor niemand!) Allerdings unter einer Bedingung: immer bei der Wahrheit zu bleiben, nach einem Grundsatz von Violeta, ihrer Mutter: Yo canto la diferencia que hay de lo cierto a lo falso. De lo contrario, no canto.7 Göttingen, 17. März 2017
Postscriptum Der so unerwartete Tod von Klaus Dieter Vervuert ruft mir das Wagnis ins Gedächtnis, das die Gründung seines Verlags und seiner Zeitschrift Iberoamericana in den 1970ern bedeutete. Die Hispanisten, Lusitanisten und Lateinamerikanisten hatten sich gerade erst aus dem von Galloromanisten dominierten Romanistenverband gelöst. Klaus Dieter wurde für uns eine unentbehrliche, identitätsbildende Stütze, eine lebenswichtige Instanz. Ohne seinen Enthusiasmus hätten es die „Lieder aus Chile" von Violeta Parra schwer gehabt, ihren Weg als Beispiel großer Poesie in die damalige BRD zu finden. In den Zeiten des Postfranquismus, des magischen Realismus und des Booms, der Trauer um die Zerschlagung eines sozialistischen Traums in Chile und der Zweifel an der Zukunft der kubanischen Revolution war Violetas kämpferischer und liebevoller Gesang ein Aufruf, nicht in Resignation zu 7
Siehe S. 146, w . 5-7.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
fallen. Die erste Auflage der Lieder aus Chile als erster Band der ersten Reihe der „Editionen der Iberoamericana" war in diesem Sinn eine Wegmarke. Klaus Dieter kann die Neuauflage von Violetas Buch, das auch unser Buch ist, nicht mehr feiern. Er fehlt, er wird uns fehlen, aber als großer Ermutiger gegenwärtig sein. Es bleiben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in deren sorgfaltigen Händen sein Verlag nun liegt. Ich danke hier dem Leben, das mir Anne Wigger und Simón Bemal gegeben hat. Ihre Erfahrung, Einsatz und freundliche Geduld waren notwendig, um dieses Buch zu einem guten Ende zu bringen, so wie es Klaus Dieter gefallen hätte.
Acerca de este libro en su tercera edición
En tiempos en que "nuevo" parece ser una garantía de calidad, aparece una tercera edición, y además casi cuarenta años después, de un libro que ni de lejos compite o quiere competir con Dumas, aunque comparta con él un cierto tenor aventurero. Es cierto, uno de los inconfundibles del arte de la canción chilena, Patricio Manns, acaba de publicar (marzo de 2017) una nueva edición inalterada de su libro de 1977 (Bibliografía 4.8). Pero no cualquiera es Patricio Manns, quien, además de ser a su vez un artista, conoció muy de cerca a Violeta Parra, y cuyo mencionado libro, en su primera edición, publicada en Francia, fue una de las piedras fundamentales de mi propio trabajo de 1978. ¿Se justifica, entonces, un emprendimiento alemán como el presente? Por supuesto, la tradicional circunstancia del centenario de su nacimiento también cuenta para recordar a Violeta Parra (Chile, 1917-1967), y todavía más con su triste componente adicional: en 2017 se cumplen cincuenta años de la voluntaria muerte de esta sobresaliente cantautora. Pero es igualmente obvio que el motivo superficial de una fecha conmemorativa como justificación le bastaría a Violeta para tildarme de "frivólico y bataclánico" (ver p. 200). Más de uno, en el barullo de las celebraciones, acusa la intención de una puesta en escena con fines comerciales.' Claro, Violeta Parra también
1 El mordaz artículo de Alvaro Bisama acerca de un "homenaje" a Violeta en el Festival de Viña del Mar publicado en el importante diario La Tercera habla de un show, en el que las canciones de Violeta se volvieron un "popurrí", un "Cirque du Soleil de baja intensidad" (22 de febrero de 2 0 1 7 ; www.latercera.com/noticia/homenaje-violeta-playback/). Patricio Manns describe el acto como "grotesco": "Es que aquí también ha habido un afán de comercialización enorme en torno a la figura de la Violeta" (15 de marzo de 2 0 1 7 ; http:// www.theclinic.cl/2017/03/15/patricio-manns-la-muerte-angel-parra-sobreviviente-esa/). Un
aprobador artículo escrito por Carla Fernández está ilustrado con una foto penosa, centrada en una parte del cuerpo femenino, "Emotivo homenaje a Violeta Parra marca la obertura del Festival de Viña del M a r " (20 de febrero de 2017; http://www.emol.com/noticias/ Espectaculos/2017/02/20/845919/Emorivo-homenaje-a-Violeta-Parra-marca-la-oberturadel-Festival-de-Vina-del-Mar.html).
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intentó una y otra vez encontrar un público para su obra, así se tratara de un modesto auditorio campesino o de grandes festivales internacionales, de bares o salas de concierto, de radio o de televisión, que en el Chile de los sesenta todavía se encontraba en sus inicios. Con todo, ella nunca se dejó humillar. De su obra se trata entonces, que en su tierra natal, con el correr de los años, se ha vuelto igual de valiosa que la de los "cuatro grandes", los premios Nobel Gabriela Mistral y Pablo Neruda lado a lado con Vicente Huidobro y Pablo de Rokha. Pero este reconocimiento es de fecha reciente. En agosto de 1992 asistí en la Universidad Metropolitana de Ciencias de la Educación a una conferencia de Volodia Teitelboim, político comunista, ensayista, poeta y compañero de senda de Pablo Neruda. El tema era justamente esa "cuadriga". Cuando le pregunté si no sería adecuado hablar de los "cinco grandes" y así incluir a Violeta Parra, dudó un momento, para luego responder: "Ah, bueno, Violeta es grande, pero otra cosa". En el año que sigue al reconocimiento de Bob Dylan con el premio Nobel de Literatura se ha hecho ya un poco más evidente concebir a los cantautores como poetas. Aun así, mientras que en los estantes de las librerías de Gotinga — algunas todavía existen en esta ciudad universitaria - se ofrecen biografías de Dylan, Springsteen, Cohén y sí, también la autobiografía de Wolf Biermann, ni siquiera en la red es posible encontrar otro libro sobre Violeta en alemán, con la excepción de la antología bilingüe de la RDA de 1977 (con partituras, pero sin introducción ni comentarios) de los editores Axel Hesse y Uwe Schreiber, además de las dos primeras ediciones del presente libro (1978, 1979). 2 En Internet se encuentra hoy casi toda la obra de la chilena y con especial frecuencia su célebre canción "Gracias a la vida", que, por ejemplo, tiene cuatro nuevas traducciones al alemán. 3 Es cierto que mi trabajo siempre aparece en las bibliografías respectivas, sin embargo, nunca se habla de su contenido, que tampoco se evalúa. Considerando las cifras de venta (2.000 ejemplares) este hecho más bien sorprende, aunque se puede explicar mirando más de cerca. El intercambio de libros entre la RFA y la RDA era, por lo menos, difícil. En la academia de la RFA
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Axel Hesse/Uwe Schreiber, Cancionero Violeta Parra - Lieder aus Chile, Singstimme und Gitarre, Berlin: Verlag Neue Musik, 1977. 3 La traducción de Axel Hesse (ver n. 2) y las traducciones literarias/adaptaciones de Heinz Kahlau en la antología de la "Nueva Canción Chilena", Gitarre des dämmernden Morgens (Bibliografía 3.3), Gerhard Schöne ("Liebes Leben danke", Album Lebenszeichen, 1990) y Manfred Maurenbrecher ("So gut tut das Leben", Album Ende der Nacht, 1994).
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existía poco interés en un sector que se encontraba fuera de los cánones y la circulación dentro del ámbito de posibles lectores evidentemente no se documentaba. El hecho de que fuera percibido el libro y, muy particularmente, de que se valorara mi traducción al alemán de las canciones porque ofrecían la posibilidad de ser cantadas (con su música original), se debió, a partir de 1987, al maravilloso arte del grupo Pantheater y de la arrebatadora actriz Marion Martienzen, caracterizando a Violeta. También en Chile el libro se volvió conocido. No está ausente de ninguna bibliografía desde el fundamental Libro mayor de Isabel Parra (I a edición, Madrid 1985) hasta la síntesis de vida y obra de Paula Miranda Herrera (La poesía de Violeta Parra, 2013). No obstante, por la barrera idiomàtica, rara vez se cita el contenido del libro.4 En una extensa entrevista con María Teresa Cárdenas en 1993 tuve la ocasión de referirme al centro de mi trabajo: "Insisto en que se trata de poemas-canciones y que es importante tener en cuenta la música. No hay que caer en la trampa académica de considerarla ahora como una gran poetisa, porque lo importante es que ella hace poesía, pero poesía cantada". Curiosamente, esa entrevista, "Violeta Parra vista por un alemán", publicada en El Mercurio {Revista de Libros 197, 7 febrero 1993, p. 6), es más larga que la escueta noticia que el mismo prestigioso y muy conservador diario dedica a la muerte de Violeta (6 febrero 1967, p. 30; ver ilustración en la serie de fotos publicadas por Fernando Sáez, La vida intranquila. Violeta Parra. Biografía esencial, 1999, después de p. 64). El año pasado recorrí la provincia de Nuble en los caminos encontrados de Jorge del Carmen Valenzuela Torres, el santo Chacal de Nahueltoro, y de Violeta del Carmen Parra Sandoval, la sabia Cantora de San Carlos. Con la ayuda de Carmen Gloria Guíñez, también de San Carlos, llegué a la Casa Museo Violeta Parra, donde el entusiasmo de su encargado, Humberto Baroni, resultó contagioso y me avergonzó no poder entregarle más que una fotocopia del libro cuando él me distinguió con una copia cuidadosamente enmarcada del acta de nacimiento de Violeta en San Carlos. El impulso definitivo que esta nueva edición necesitaba lo dio Alejandra Chacoff Ricci, encargada de Cultura del Ministerio de Relaciones Exteriores de la República de Chile, Dirección de Asuntos Culturales (DIRAC). Era la Una excepción es Lucy Oporto, que me cita en su meticulosamente investigado libro El diablo en la música. La muerte del amor en El gavilán, de Violeta Parra (Santiago 2013) a través de un rodeo que pasa por un artículo de Verónica Cortínez escrito en castellano (p. 333, n. 431). 4
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idea recordar en este año 2017 a la excepcional chilena, también en Alemania, donde el interés por Violeta Parra todavía sigue siendo casi inexistente, si lo comparamos con Francia. El embajador de Chile en Alemania, Patricio Pradel, acogió la propuesta luego de pensarlo con cuidado. Klaus Dieter Vervuert, mi editor, se hizo también partícipe del proyecto, particularmente porque una nueva publicación de Lieder aus Chile no solo conlleva recuerdos de nuestra solidaridad con los perseguidos de la dictadura de Pinochet, sino también de los difíciles tiempos iniciales de su editorial, para la que el éxito del primer volumen de su primera colección puede haber sido, en palabras de Biermann, un "estímulo" (Ermutigung) para continuar entregándonos su "serena alegría" (Heiterkeit). Al incorporar una traducción al español expreso mi convencimiento de que todavía hoy el libro, en su generalidad, tiene vigencia y merece la atención de un público hispanohablante. Mantengo mi pretensión sobre todo por mi énfasis en la obra de Violeta como una unidad indisoluble, sin que la "poeta", la mujer "política" y la "cantante" se consideren apartadas. Una fragmentación de esa índole no se dio solo en los tiempos de censura totalitaria, cuando - en forma impresa — solo circulaban los cantos supuestamente anodinos (ver pp. 123-124). Algunas publicaciones de fechas más recientes aún se aferran al presunto antagonismo entre "poesía" y "política". La presentación de Violeta Parra como poeta marcadamente cristiana también pertenece al mismo contexto (ver "Suplemento"). La poesía política directa, que ya no se identifica automática y exclusivamente con la "izquierda", parece, después del impacto de una reciente crisis del capitalismo, recobrar una legitimidad largo tiempo olvidada.5 La
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Inclusive la prensa local alemana informa con frecuencia sobre el fenómeno. El Göttinger Tageblatt describe en dos artículos la politización del European Song Contest (ESC), que "siempre ha reflejado el espíritu político de la época" (16 marzo 2017, p. 27 "Putin, Pop und Politik"). Ya el 11 de febrero, en un artículo sobre la actual representante de Alemania, Levina Luenn, se dijo: "Últimamente, el ESC ha sido altamente político: dos de cada tres canciones ganadoras contenían claras afirmaciones de política social". Y el autor de ambos artículos, Imre Grimm, se pregunta por las posibilidades de la nueva estrella alemana de 1,81 metros con una canción nada más que "pegajosa, compatible con las masas" ("1,81 Meter für Deutschland", 11 febrero 2017, p. 32). En la misma Gotinga, el programa "Canciones Políticas" del coro local Musa, se disparó hasta tener "enorme interés" ("Von Springsteen bis Schütz", Göttinger Tageblatt, 22 febrero 2017, p. 13). Llama la atención en este contexto una canción de Philipp Poisel. En "El corazón frío" retoma un cuento de creación artística ("Kunstmärchen", a diferencia del cuento folklórico) de Wilhelm Hauff (romántico del siglo xix), para lamentar "en tiempos en los que
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exigencia de justicia social, demandada por todos y entendida como un problema local y global, muestra la amplitud de la mirada de Violeta Parra, incluso si Chile, en el mundo de hoy, ya no "limita al centro de la injusticia" (ver p. 198). En tiempos en que la duda acerca de la existencia de hechos indiscutibles se ha vuelto una moneda corriente e inflacionariamente presentada, la convicción de la chilena acerca de la diferencia entre negro y blanco ("Gracias a la vida", v. 3) entre lo cierto y lo falso ("Yo canto la diferencia", w . 5-6), resulta un "gran estímulo" ("Große Ermutigung"), otra vez en palabras de Biermann, quien llama a no descansar frente a la experiencia de que los males presentes solo terminan cuando se presenten los nuevos. Por esto Klaus Dieter y yo permanecimos fieles al diseño en negro y blanco de la portada de la primera edición, aun cuando el colorido de las pinturas y las arpilleras me invita en otros momentos a acogerlo debidamente. 6 El sentido de la poesía-canción de Violeta Parra, sin embargo, no radica en el tratamiento directo de los temas políticos y, sobre todo, sociales, sino en su convicción de que el amor es el punto de conciliación de problemas personales y sociales, como formulé en 1978 (ver p. 80). El sobrecogedor discurso poético de Raúl Zurita, quien hoy y junto a Nicanor Parra ya debe ser contado entre los "grandes" de la literatura chilena, confirma actualmente mi prosaico análisis. Agradezco a Raúl con cariño y admiración su generoso permiso para publicar su texto. Es ciertamente inevitable que la introducción de hechos políticos en poesía favorezca la formación de una cierta pátina ligada a los tiempos históricos Europa parece cargar con una piedra en el pecho" que la preocupación por la riqueza "haya desplazado en tantos el amor por los semejantes" (Matthias Halbig, "Philipp im Wunderland", Göttinger Tageblatt, 11-12 febrero 2017, sección Wahres, Gutes, Schönes, p. 8). 6 Manfred Engelbert, "Poesía y pintura en la vida de Violeta Parra", en Esther Andradi et al., Actas del Primer Simposio Internacional en Berlín occidental sobre Literatura y Crítica Literaria de Mujeres en Latinoamérica, Berlín 1989, pp. 91-110, más tres páginas con fotos de obras de Violeta Parra. Una documentación digna de un público mucho más amplio, "popular", presenta el volumen Violeta Parra. Obra visual (Santiago: Ocho Libros Editores, 2007). El volumen, financiado por Minera Escondida/BHP Billiton, lamentablemente no estuvo nunca en circulación. Si bien se trata de una "promoción" para clientes del complejo industrial, no por eso el producto es malo. Sin embargo, ahora disponemos de una nueva edición comercial, con ligeros cambios (Santiago: Ocho Libros Editores, 2012). Violeta Parra, 100 años (mayo de 2017) es el sexto tomo de la colección "Cuadernos Pedagógicos", financiado por el Consejo de la Cultura y las Artes (CNCA). Esta edición, muy bien ilustrada, de 13.000 ejemplares, acentúa la obra plástica y significa un gran paso adelante para dar a conocer ampliamente el legado artístico de Violeta Parra.
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tanto de la escritura como de la interpretación. En el peor de los casos, tales marcas pueden contribuir a una toma de posición subjetiva y de obcecación partidaria. En cuanto a las canciones aquí presentadas, me refiero, por ejemplo, a la mención de Patrice Lumumba, asesinado en 1961 durante la lucha por la libertad del Congo (p. 170, "Un río de sangre", v. 28), y la ejecución del comunista español Julián Grimau en el año 1963 por un tribunal militar franquista (p. 188, "¿Qué dirá el Santo Padre?", v. 16). Estos datos los comenté ya en 1978. Entre mis observaciones personales de aquel entonces se deben considerar como teñidas de mi propia pátina sin duda las asociaciones con temas afines a los de Violeta mencionadas al final de la introducción de 1978. En el libro ahora reeditado resumo esos aspectos bajo el denominador común de "religión": el debate sobre el aborto, que en Alemania aún no está cerrado y que en Chile se despliega con pasión, un proceso de exorcismo realizado en Aschaffenburg — otro tema que sigue vigente —, un "Procedimiento de reparo a la doctrina" en contra del pastor protestante de Hamburgo Paul Schulz, quien afirmaba que se podía ejercer su ministerio incluso "sin fe en Dios ni en la vida eterna" (Der Spiegel 48, 21 noviembre 1977, pp. 77-79). Cualquiera de estos tres temas habría sido oportunidad bienvenida para una sátira de Violeta. Probablemente habrá también personas que se sientan incómodas por mi arrojada utilización del término "fascista" a propósito de la dictadura de Pinochet (p. 122) o por mi caracterización de Violeta como poseedora de un "rasgo pequeñoburgués" (p. 117), por el hablar de clases, "capital y trabajo", "alienación", "segunda naturaleza", etc., en definitiva, por un discurso marxista-comunista con un algo de Adorno. Bueno, todo ello es ciertamente cierto, digan lo que digan Lutero y Marx. Lo que no significa que por eso tal discurso sea falso. En el "Suplemento" abordaré esos temas. En otro ámbito, nuestro conocimiento de Violeta se ha ampliado muchísimo, a saber: el de la música. En mi trabajo de 1978-1979, desde un comienzo y debido a mi propio desconocimiento de construcción musical y de sus contextos confesé las carencias de mis intentos de explicación. En el intertanto ha aparecido una serie de publicaciones que ha hecho posible la necesaria puesta al día respecto del tema. Quiero señalar los dos tomos de la monumental Historia social de la música popular en Chile de Juan Pablo González, Oscar Ohlsen y Claudio Rolle. El estudio de Lucy Oporto ya lo he mencionado. Con todo su rigor me parece sin embargo que pierde valor cognoscitivo debido a su exceso teórico-especulativo. (Más respecto de este tema también en el "Suplemento".) El sobrio artículo de Olivia Concha Molinari sobre Violeta como compositora — que Oporto obviamente conoce — todavía
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se me escapa en algunos de sus aspectos técnicos musicales, pero me resulta más informativo que el libro de Oporto. Para la comprensión del "trítono" — central en el estudio de Oporto — pude contar con el claro Do mayor de Marco Antonio Velis que espantó al diablo de la música. A propósito de la creación musical, agradezco al cineasta Sergio Bravo por su testimonio acerca del trabajo conjunto de dos artistas sobresalientes de la cultura chilena de mediados del siglo xx en los documentales Mimbre (1957) y Trilla (1958). Como ya he dicho, mantengo en lo esencial mi texto de 1978. Pequeñas correcciones específicas, como aquella relacionada con la provincia de Nuble (p. 103), las acojo sin más. Ciertas actualizaciones en el estado del conocimiento del tema que me han parecido imposibles de dejar fuera las he marcado con el uso de corchetes (ej. n. 10). Intento presentar sistemáticamente el desarrollo de nuevas perspectivas en la literatura crítica sobre Violeta en el mencionado "Suplemento". Pero, por supuesto, no me es posible incorporar las innumerables publicaciones de este año de aniversario. Debo mis agradecimientos a muchas personas. Renuevo expresamente mi compromiso con los mismos "compañeros y compañeras" mencionados en el prólogo a la primera edición y en la dedicatoria. De entre ellos, KarlUdo Bigott y Ulrich Knoke ya fallecieron. Durante los años setenta, en la República Federal Alemana no era fácil dedicarse al Chile de Allende y la Unidad Popular, especialmente porque la República Democrática Alemana, con su impronta estalinista, usurpó para su propia conveniencia a Chile como ejemplo de un socialismo democrático. Todavía más importante fue en aquel entonces la solidaridad entre la oposición crítica al capitalismo. Y todavía sigue siéndolo. En el diálogo con aquellos chilenos y chilenas que huyeron del terror de la dictadura y, a partir de 1987, estrechando el contacto con amigos y colegas dentro de Chile, ese país se volvió para mí incluso como una segunda patria. En representación de tantos otros agradezco de todo corazón a Heddy Navarro y Bruno Serrano, quienes desde su sólida amistad ya en 1987 me mantuvieron informado y me permitieron entender un Chile "de tres colores", con todos sus "bemoles" — desde una cárcel para prisioneros políticos en Santiago hasta un curanto en su casita de Niebla junto a Valdivia (aludo a "Al centro de la injusticia", ver p. 196). Verónica Cortínez, mi colega y compañera de vida desde el año 2000, me abrió nuevas perspectivas de la cultura chilena durante nuestro trabajo académico conjunto. Ello precisó y enriqueció de matices mi propio punto de vista. Sin su apoyo constante, amoroso y entusiasta, no hubiera yo aceptado el amistoso desafío del Gobierno de Chile. Y no a causa
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de una inútil oposición fundamental que quiere ver al Chile postdictadura marcado por un espíritu fascista bajo el signo del neoliberalismo (Oporto, por ej. p. 285), sino porque yo sufría de "flojérica en los zapáticos" (p. 200, v. 35). Verónica logró también que su amiga María Teresa "Mitica" Gozo se atreviera a realizar la traducción de mi texto al castellano. A su congenial lectura del manuscrito debo que mis oraciones, largas como culebras, se hicieran legibles. Sus sugerencias tuvieron efecto también en el texto alemán, menos Adorno y — así espero — más luz. Esta nueva edición la dedico a Ángel Parra. También en esta ocasión estuvo a mi lado, siempre dispuesto a ayudarme, junto con su mujer, Ruth Valentini. Ya no me acompañará cuando el libro vea la luz. Murió hace una semana, el 11 de marzo de 2017. Luego del golpe de Estado, Ángel fue a dar al Estadio Nacional, utilizado vilmente como campo de prisioneros. Y después estuvo en el campo de concentración de Chacabuco. Allí logró hacer cantar a sus compañeros de sufrimiento, a pesar de las estrictas prohibiciones. Por milagro salió con vida de esos horrores. Gracias a su actitud honesta, consecuente y constante se volvió ejemplar en la lucha contra la dictadura de Pinochet. Cuando el 16 de septiembre de 1977 cantó en Gotinga por primera vez, yo oficié de moderador y de traductor. Durante la segunda mitad del concierto, me pasó que perdí repentinamente el hilo, y a pesar de dos intentos de ayuda no pude retomar. Ángel dijo secamente: "No importa, ¡cantemos!". Luego, en un dos por tres, nos enseñó el estribillo de "El camino es largo": Si el camino es largo yo lo voy a andar, porque estoy seguro que voy a llegar. Y todos cantamos con creciente entusiasmo. El camino hacia una sociedad realmente humana, todavía sigue siendo largo. Pero ¿cómo sería si al atravesarlo cantáramos con su hermana Isabel? Cante, cante, compañero, ¡no tengas temor de naiden!
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Eso sí, bajo una condición: permanecer siempre en el lado de la verdad, según una premisa de la madre de ambos, Violeta: Yo canto la diferencia que hay de lo cierto a lo falso. De lo contrario, no canto.7 Gotinga, 17 de marzo de 2017
Postscriptum La tan inesperada muerte de Klaus Dieter Vervuert me trae a la memoria la osadía que significó, en la década de 1970, la fundación de su editorial y de su revista. Los hispanistas, lusitanistas y latinoamericanistas acababan de independizarse de la Asociación de Romanistas dominada por los estudiosos del francés. Para nosotros, Klaus Dieter se transformó en un apoyo imprescindible, una señal de nuestra identidad, una instancia vital. Sin su entusiasmo las "canciones de Chile" de Violeta Parra no habrían encontrado su camino de entrada a la RFA de aquel entonces como ejemplo de gran poesía. En tiempos del postfranquismo, del realismo mágico y del boom, del duelo por la destrucción de un sueño socialista en Chile y de las dudas acerca del futuro de la Revolución Cubana, el canto luchador y amoroso de Violeta fue un llamado a no caer en la resignación. Lieder aus Chile, la primera edición del primer tomo de la primera serie de "Ediciones de Iberoamericana", fue en este sentido un indicador del camino. Klaus Dieter ya no podrá celebrar la nueva edición del libro de Violeta que también es nuestro libro. Nos hace falta, nos faltará. Pero estará presente para seguir animándonos. Quedan sus colaboradoras y colaboradores, en cuyas manos cuidadosas se encuentra ahora su editorial. Doy aquí gracias a la vida que me ha dado a Anne Wigger y Simón Bernal. Su experiencia, compromiso y amable paciencia fueron indispensables para que este libro llegue a buen puerto, como le habría gustado a Klaus Dieter.
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Ver p. 146, w. 5-7.
Von doppelter Liebe geknickt Vorstellung des Buches Violeta Parra Poesía Fundación Violeta Parra, 29. Juli 2016 Raúl Zurita
Violeta Parra ist unser Shakespeare. Ihre Lieder enthalten alle menschlichen Gefühle und Regungen, und in ihrem wie besessenen Lauf spielen sie mit der unendlichen Tonleiter kleiner Hoffnungen und verschwommener Träume, Morgendämmerungen und gemordeter Körper, unsterblicher Liebe und plötzlichem Verlassen, die alle eins für eins zusammen genommen das wirkliche Gewebe jener Gesamtheit von Vorstellungen bilden, die wir ein Land, eine Nation, eine Heimat nennen. Jedes Land, auch unseres, ist zu einem Großteil eine eingebildete Konstruktion; wirklich ist: Einundzwanzig sind die Schmerzen-, wirklich ist: Arauco ist voller Schmerzen; wirklich ist: Chile grenzt an das Zentrum des Unrechts; wirklich sind: Felder, mit Deinem Blut bewässert: Julian Grimau-, das Wirkliche ist der Titel des Lieds, das keinen Titel hat, das Wirkliche ist der Kontinent Violeta Parra. Ihr Werk überschreitet die Grenzen der sogenannten Kunstgattungen weit; Musik, visuelle Künste, Dichtung, und zeigt uns dafür eine Gesamtkunst, in der sie ihr Leben und ihren Tod ins Werk setzt. In ihm durchschritt Violeta Parra den Leidensweg ihrer eigenen Leidenschaft, spöttisch, mutwillig, verletzend, um mit ihren Liedern die Unbilden der Liebe und der Welt zu durchleuchten, die Ungerechtigkeit der Einsamkeit und die einer hingerichteten Gesellschaft, um - wie es ihr Bruder in seiner „Verteidigung von Violeta Parra" erbittet — mit Leib und Seele aus dem Grab aufzuerstehen und in den Gesichtern von tausend und abertausend Frauen erneut zu erscheinen, Landbesetzerinnen, Bäuerinnen, Hausfrauen, Gärtnerinnen, Töpferinnen, die ohne Zittern mit uns das blutbefleckte Land von Nord nach Süd, die fürchterliche Nacht durchschritten, die uns überfiel, die Nacht der Diktatur. Violeta Parra sind Millionen, und das macht ihre Universalität aus. Und jedes Arpeggio ihrer Gitarre, jeder Reim ihrer Dezimen, jede Linie und jede Naht ihrer bildlichen Darstellungen erhellt ein Detail der Welt. Selbst ihr Tod ist Teil ihrer
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Schöpfung, ihres Äußersten, Stärksten, Bloßgestellten, denn nur jemand der hoch fliegt, sehr hoch fliegt, ist zu der Schreibhandlung jener erhabenen Hymne fähig, die „Ich danke dem Leben"/"Gracias a la vida") ist, aber wissend, daß sie sich töten wird. Diese Größe Violeta Parras bewegt selbst Steine, denn jenseits aller Klassifizierungen ist es eine vom Leben verletzte Größe, die dazu fähig ist, jede einzelne unserer Eingebungen, unserer Bewegtheiten, unserer Liebesbezeugungen oder Zurückweisungen in die einzigen heiligen Denkmale in einer Welt zu verwandeln die alles ist, nur nicht heilig. Eben dies vergegenwärtigt uns erneut Poesías, von Violeta Parra, die bisher umfassendste und erschöpfende Auswahl ihres Schreibens, die wir der hartnäckigen und liebevollen Strenge von Paula Miranda verdanken. In ihrem wunderschönen Buch La poesía de Violeta Parra (Die Dichtkunst von Violeta Parra) hatte Paula Miranda schon vor drei Jahren die kritischen, biographischen und historischen Grundlagen der Ausgabe entwickelt, die uns heute die Editorial de la Universidad de Valparaiso vorlegt. Dies ist auch die Gelegenheit eines glücklichen Zusammentreffens. 1978 übersetzt und veröffentlicht Manfred Engelbert, Professor an der Universität Göttingen, eine zweisprachige Anthologie Violeta Parras, Lieder aus Chile (Frankfurt, Vervuert), zu der ich ihm hier gratuliere. In ihr wird Violeta Parra zum ersten Mal als große Dichterin, als gleichrangig mit Pablo Neruda, Gabriela Mistral und ihrem eigenen Bruder, Nicanor Parra vorgestellt. Engelbert stellt etwas fest, das die hier präsentierte Ausgabe von Poesías in jeder Hinsicht vollkommen bestätigt. Was auch immer die Gegenstände sind: vom Kampf des Mapuche-Volks, den Fort- und Rückschritten der Volksbewegung und der kapitalistischen Ausbeutung bis zu den Liedern des kleinen Engels; von den existentiellen Abgründen der Einsamkeit, der Verlassenheit und des Todes bis zur Fülle der Freude und des Feierns: "porque el día de tu cumpleaños es día muy principal" ("Denn Dein Geburtstag ist ein wahrhaft fürstlicher Tag"): was die Gesamtheit des Werks durchdringt, ist die Liebe. Die Liebe überflutet alles; sie ist die überbordende Sehnsucht von "Volver a los diecisiete" ("Noch einmal siebzehn zu werden"), ist die Ironie von "El Albertio" ("Albert, aufgepasst"), die bewegte Anklage in "La carta" ("Der Brief"): Zum Glück hab ich die Gitarre, meinen Schmerz auszuweinen, auch habe ich neun Geschwister außer dem gefangenen Bruder;
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alle neun sind. Kommunisten dank der Gunst des lieben Gottes, ja. Ich öffne hier eine Klammer: vor dem Putsch studierte ich Ingenieurwissenschaft und war aktives Mitglied der kommunistischen Jugend. Deshalb kam ich mit meinen Compañeros zusammen, und wir sangen lauthals "Der Brief" mit Akzent auf "Kommunisten": „alle neun sind KOMMUNISTEN / dank der Gunst des lieben Gottes, aber da tauchten die jungen Leute des MAPU [Movimiento de Acción Popular Unitaria] auf, die kaum daß sie da waren, sangen: „alle neun sind MAPUCISTAS I dank der Gunst des lieben Gottes" und so die Geschichte vollkommen verdrehten. Ich glaube, daß wenig mich mehr empört hat als diese ungerechtfertigte Aneignung, weshalb ich sogar bereit war, mich zu prügeln, um die historische Reinheit zu erhalten. Nun, das waren Jahre voller Hoffnungen. Aber ich bin abgewichen. Ich sagte gerade, daß Manfred Engelbert in einer sehr wichtigen Feststellung sah, daß das gesamte Werk Violeta Parras von Liebe durchdrungen ist. Nicht jedoch von einer abstrakten Liebe, es geht nicht um die Liebe zu den Kindern oder zu den Eltern, sondern es handelt sich um die drängende Sehnsucht nach einem Anderen, nach der Liebe eines Anderen, die alles durchkreuzt und einreißt: die Gefühle, die Seelenzustände, die Triebe, die sich in Trauer und Freude zeigt, ja auch in der Respektlosigkeit eines zum Totlachen komischen Humors: Die Ehefrau des Zimmermanns war mit dem Lehrling davon, weil der Meister, den sie hatte, wie früher nicht sägen mehr kann. Wo ich sie jetzt lese, wird mir klar, daß diese Strophe von Nicanor, nicht von Violeta ist, als wenn ich beide verschmelzen wollte. Warum auch nicht. Vor längerer Zeit behauptete eine chilenische Feministin, deren Name mir in dieser Minute entfällt — vielleicht mit dem Hauch eines gewissen Machismus - , daß die Liebe das Opium der Frauen sei. Das kann schon sein, aber wenn dem so ist, dann umfaßt ihr narkotisierender Effekt mindestens die Gesamtheit aller Gesänge: er steckt im Hohen Lied und den Todessonetten der Mistral, er steckt in der Helena von Eurípides und den Letzten Kompositionen von Violeta Parra, in denen sie das Wunder, aus "Gracias a la vida", in der Menge, den Mann, den ich liebe sehen zu können, vereint
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mit der Verschließung jeden Blicks aus "Maldigo del alto cielo" ["Verflucht sei am hohen Himmel"], jener Verwünschung der Verwünschungen, deren Kraft nur den Verdammungen der biblischen Propheten vergleichbar ist: Verflucht seien Mond und Landschaft, fruchtbare Taler und Wüsten, verflucht seien alle Toten und was lebt, König wie Diener, den Vogel und sein Gefieder, mit Fluch überhäufe ich ihn, die Schulen, die Sakristeien, weil ein Schmerz mich traurig macht. Verflucht sei das Wort Liebe mit seinem gesamten Saudreck. Wie unbeschreiblich mein Schmerz. Diese Allgegenwart der Liebe, noch in ihrer Verwünschung, hat ihren Höhepunkt mit Violeta Parra; ihr Opium war schon vor zweitausendfunfhundert Jahren in Antigone gegenwärtig. Geschrieben scheint es von Violeta, aber es ist von Sophokles: Eros, unbezwungen im Kampf, Eros, Dein ist, was Du anfällst! Auf zarten Wangen des Mädchens nächtigst Du, über die Meere schweift Du, über Gehöfte der Flur. Keiner der Götter entrinnt Dir noch Eintagsmenschen, wen er erfasst, die rasen. Von doppelter Liebe geknickt, zerstört von Liebe, von Liebe gebrochen vereint Violeta Parra die zwei gegenüber liegenden Ufer eines bloßgelegten Gefühls und zeigt uns so das universelle Antlitz jedes existierenden Details; nichts ist universeller als ein Augenblick Liebe, nichts ist ewiger als der Moment eines Schluchzens oder eines Schreis. Dem Opium der Liebe verfallen, ist ihr Gesicht das Gesicht aller Schlaflosen der Welt, die auf den zu scharfen, zu groben, zu verletzenden Kanten dieser manchmal schönen, manchmal elenden Erde ein Weilchen zu schlummern versuchen.
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Das ist, so glaube ich, ein Teil dessen, was dieser Band Poesia von Violeta Parra zeigt. Die außerordentliche Arbeit von Paula Miranda bestätigt uns, daß die Texte ihrer Lieder viel mehr sind als Texte von Liedern, und auf der Rückseite des Einbands versichern uns die Herausgeber, daß ihr Werk „den Leser auf in der spanischsprachigen Dichtung selten erreichte Höhen trägt". Ich möchte hinzufugen: „und nicht nur der spanischsprachigen". Aber wir sollten nach dem Gesagten uns noch einmal zurück wenden. Die Hexameter der Ilias und der Odyssee sind sehr viel mehr als Texte von Liedern, und trotzdem ist der Verlust ihrer Musik, des Gesangs der epischen Dichter der Antike, einer der größten Verluste der Menschheit. Die Ilias und die Odyssee wurden gesungen, und man kann sich die Überraschung, die Verstörtheit und Langeweile vorstellen, die ein Grieche aus dem Theben von vor 2600 Jahren empfunden haben mag, wenn der jeweilige Vortragende sich darauf beschränkt hätte, die Passagen zum Trojanischen Krieg ohne Gesang vorzutragen. Der Gregorianische Gesang entstand mit musikalischer Notierung und ist ohne seine Psalmodie unvorstellbar. Etwas Ahnliches geschieht mit Violeta Parra, zu ihr gehört Musik, und alles andere heißt, sie kleiner zu machen. Es geht nicht darum „ein Lied hat mir gesungen der Schatz, den ich so liebe" zu lesen, sondern zu singen: Ein Lied hat mir gesungen der Schatz, den ich so liebe, mit diesem Lied wie ein Messer hat er meine Stimme geschröpft. Diese Noten, diese Höhen und Tiefen, dieses Strecken und Kürzen sind das Gedicht, das ist seine Metrik, sein Atem. Gerade das aber wahrzunehmen, erlaubt uns die wunderbare Wirklichkeit des Buchs von Paula Miranda. Violeta Parra die Musik zu nehmen, ist so unvorstellbar wie sie dem Gregorianischen Gesang zu nehmen, und ich weiß, daß niemand von uns bereit wäre, eine derartige Verstümmelung hinzunehmen. Niemand würde so etwas tun. Ja, ich kann durchatmen: zu ihr gehört Musik. Von doppelter Liebe geknickt singt Violeta Parra.
Doblada de amor Presentación de Poesía de Violeta Parra Fundación Violeta Parra, 29 de julio de 2016 Raúl Zurita
Violeta Parra es nuestro Shakespeare. En sus canciones están contenidos todos los sentimientos y emociones humanas, y en su alucinado recorrido ellas van tocando esa gama infinita de pequeñas esperanzas y borrosos sueños, de amaneceres y cuerpos degollados, de amores inmortales y abruptos abandonos, que sumadas uno a uno van formando el tejido real de ese compendio de imaginarios que denominamos un país, una nación, una patria. Todo país, y el nuestro también, es en gran parte una construcción imaginaria; lo real es que Veintiuno son los dolores, lo real es que Arauco tiene una pena, lo real es que Chile limita al centro con la injusticia, lo real son los campos regados con tu sangre: Julián Grimau, lo real es el nombre de la copla que no tiene nombre, lo real es el continente Violeta Parra. Su obra sobrepasa con creces las fronteras de los llamados géneros artísticos; música, artes visuales, poesía, mostrándonos en cambio un arte total en el cual está escenificada su vida y su muerte. En esa obra Violeta Parra cruzó la vía dolorosa de su propia pasión, burlona, traviesa, hiriente, transparentando a través de sus canciones las inquinas del amor y del mundo, las injusticia de la soledad y la de una sociedad ajusticiada, para levantarse — como se lo pide en su "Defensa de Violeta Parra" su hermano Nicanor — en cuerpo y alma del sepulcro y reaparecer en los rostros de miles y miles de mujeres, pobladoras, campesinas, amas de casa, jardineras, loceras, costureras, que de sur a norte del país ensangrentado, cruzaron con nosotros, y sin temblar, la noche terrible que se venía, la noche de la dictadura. Violeta Parra son millones y de allí su universalidad y cada rasgueo de su guitarra, cada rima de sus décimas, cada línea y pespunte de sus cuadros, ilumina un detalle del mundo. Incluso su muerte es parte de su creación, de lo más extremo, fuerte y expuesto de ella, porque solo alguien que vuela muy alto, pero muy alto, es capaz del acto de escribir ese himno sublime que es "Gracias a la vida", pero escribirlo sabiendo que se va a matar.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Es esa grandeza de Violeta Parra la que conmueve hasta a las piedras, porque más allá de todas las clasificaciones, es una grandeza lacerada por la vida, capaz de transformar cada uno de nuestros vislumbres, de nuestras emociones, de nuestros gestos de amor o de rechazo, en los únicos monumentos sagrados de un mundo que es todo, menos sagrado. Es lo que nos vuelve a hacer presente esta Poesías, de Violeta Parra, la muestra más amplia y exhaustiva que se haya hecho hasta ahora de su escritura que le debemos al rigor tenaz y amoroso de Paula Miranda. Tres años atrás, en su bellísimo libro La poesía de Violeta Parra, Paula Miranda ya había expuesto los fundamentos, críticos, biográficos, históricos, de la edición que hoy nos entrega la Editorial de la Universidad de Valparaíso. Es la ocasión también de un encuentro feliz. En 1978, Manfred Engelbert, profesor de la Universidad de Gotinga, a quien le rindo aquí un homenaje, traduce y publica en Frankíurt una antología bilingüe de Violeta Parra, Lieder aus Chile (Frankfurt: Vervuert), donde se la presenta por primera vez como una gran poeta, a la altura de Pablo Neruda, de Gabriela Mistral y de su hermano Nicanor, afirmando algo que esta edición de Poesías confirma en su sentido más absoluto: que sean cuales sean las materias; desde la lucha del pueblo mapuche, los avances y retrocesos del movimiento popular y la explotación capitalista, hasta los cantos del angelito; desde los abismos existenciales de la soledad, del abandono y la muerte, hasta, la plenitud de la alegría y de la celebración: "porque el día de tu cumpleaños es día muy principal"; lo que cruza la totalidad de su obra es el amor. El amor lo inunda todo; es la arrasada nostalgia de "Volver a los diecisiete", es la ironía de "El Albertío", es la conmovida denuncia de La carta : «T
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Por suerte tengo guitarra para llorar mi dolor, también tengo nueve hermanos fuera del que se engrilló Los nueve son comunistas con elfavor de mi Dios. Abro aquí un paréntesis: antes del golpe, yo estudiaba ingeniería y era militante de las juventudes comunistas, por lo que me juntaba con mis compañeros y cantábamos a voz en cuello "La carta", acentuando la palabra "comunistas": Los nueve son COMUNISTAS / con el favor de mi Dios, pero aparecieron los jóvenes del MAPU, que recién venían llegando, y cantaban:
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Los nueve son MAPUCISTAS / con el favor de mi Dios, tergiversando por completo la historia. Creo que pocas cosas me indignaban más que esa apropiación indebida, por lo que estaba dispuesto incluso a trenzarme a golpes con tal de preservar la pureza histórica. Bueno, eran años de esperanzas. Pero me he desviado, estaba diciendo que Manfred Engelbert, en una afirmación crucial, vio que toda la obra de Violeta Parra estaba cruzada por el amor. Pero no por un amor abstracto, no es el amor a los hijos o a los padres, sino que es el ansia urgente de un otro, del amor de un otro, que lo atraviesa y lo arrasa todo: los sentimientos, los estados de ánimo, las pulsiones, que se hace presente en la tristeza y en la alegría, incluso en la irreverencia del humor más desternillante: La mujer eiel carpintero se fue con el principiante, porque el maestro que tenía ya no aserrucha como antes. Ahora que la acabo de leer, me doy cuenta de que esa copla es de Nicanor, no de Violeta, y es como si hubiese querido fundirlos. Por qué no. Tiempo atrás, una feminista chilena cuyo nombre en este minuto se me escapa, afirmó, tal vez con un cierto dejo machista, que el amor era el opio de las mujeres. Puede ser, pero si es así su efecto narcotizante abarca, al menos, la totalidad de los cantos: está en el Cantar de los cantares y en los "Sonetos de la muerte" de la Mistral, está en Helena de Eurípides y en Las últimas composiciones de Violeta Parra, donde ella une el milagro de poder ver en las multitudes el hombre que yo amo, de "Gracias a la vida", con la clausura de toda mirada de "Maldigo del alto cielo", esa imprecación de las imprecaciones cuya fuerza solo es comparable con las condenas de los profetas bíblicos: Maldigo luna y paisaje, los valles y los desiertos, maldigo muerto por muerto y el vivo de rey a paje, el ave con su plumaje yo la maldigo a porfía, las aulas, las sacristías porque me aflige un dolor,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile maldigo el vocablo amor con toda su porquería, cuánto será mi dolor.
Esa omnipresencia del amor, incluso en su maldición, es lo que culmina con Violeta Parra; su opio estaba ya presente dos mil quinientos años atrás en Antígona. Parece escrito por Violeta, pero es Sófocles: Amor, invencible en las batallas, que te abalanzas sobre nuestros animales y que pernoctas en las delicadas mejillas de las doncellas. Amor que frecuentas los caminos del mar y que habitas en las agrestes moradas. Nadie, ni entre los dioses ni entre los efímeros mortales es capaz de rehuirte, y el que te posee enloquece.
Doblada entonces de amor, arrasada de amor, rota de amor, Violeta Parra une las dos orillas opuestas de un sentimiento expuesto y con ello nos muestra la cara universal de cada detalle de lo existente; nada hay más universal que un instante de amor, nada hay más eterno que el instante de un sollozo o de un grito. Opiómana del amor, su rostro es así el rostro de todos los desvelados y desveladas de este mundo que intentan dormitar un rato sobre las aristas demasiado gruesas, demasiado toscas, demasiado hirientes, de esta tierra a veces bella y a veces miserable. Es, creo, parte de lo que muestra esta Poesía de Violeta Parra. El extraordinario trabajo de Paula Miranda nos confirma que las letras de sus canciones son mucho más que letras de canciones, y en su contratapa los editores nos afirman que su obra "lleva al lector a cumbres pocas veces alcanzadas en la poesía en español". Yo agregaría: y no solo en español. Dicho esto, quiero que volvamos un momento atrás. Los hexámetros de la Ilíada y la Odisea son mucho más que letras de canciones y, sin embargo, la pérdida de su música, del canto con que la relataban los antiguos aedas es una de las más grandes pérdidas de la historia humana. La Ilíada y la Odisea eran cantadas y uno puede imaginar la sorpresa, perplejidad y aburrimiento que habría experimentado un griego de la Tebas de hace 2.600 años, si el respectivo aeda se hubiese limitado a recitar los pasajes de la guerra de Troya sin el canto. El canto gregoriano nació con la notación musical y es inimaginable sin su salmodia. Algo similar
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ocurre con Violeta Parra, es con música, y lo demás es reducirla. N o es leer "una copla me ha cantado, la prenda que quiero yo", es cantar: Una copla me ha cantado la prenda que quiero yo, con esa copla a cuchillo me ha desangrado la voz. Esas notas, esos altos y bajos, esos alargues y cortes, son el poema, esa es su métrica, su respiración. Pero, es precisamente la maravillosa realidad de este libro de Paula Miranda lo que nos permite reparar en ello. Sacarle la música a Violeta Parra es tan inconcebible como sacarle la música al canto gregoriano, y sé que ninguno de nosotros estaría dispuesto a esa mutilación. Nadie haría algo semejante. Sí, puedo respirar tranquilo: ella es con música. Doblada de amor, Violeta Parra, canta.
Zu diesem Buch
Violeta Parra und ihr Werk einem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen, ist Hauptziel dieser Anthologie. Die Auswahl berücksichtigt ausschließlich Lieder, und zwar vor allem aus der späteren Phase ihres Werkes, die — abgesehen von ihrer Qualität — relativ übersichtlich und zugänglich ist. Die Frühphase ist mit drei Liedern vertreten, die ich für repräsentativ halte. Die Tätigkeit Violeta Parras als Sammlerin von Folklore ist ebenso wie ihre traditionelle Lyrik in der Einleitung dokumentiert. Die Auswahl ist chronologisch angelegt, um die Gleichzeitigkeit bestimmter Themen zu unterstreichen. Tatsächlich sind die thematischen Wiederholungen gelegentlich dazu benutzt worden, Gruppen zu bilden, die die schöpferische Einheit des Gesamtwerks zerstören. Die Daten gehen auf Angaben Ángel Parras zurück. Die Texte folgen im Allgemeinen der von Isabel Parra autorisierten Anthologie von Javier Martínez Reverte (vgl. Bibliographie 1.6.), die leider eine große Zahl von Ungenauigkeiten enthält. Ich habe diese im Vergleich mit anderen Versionen und nach Rücksprache mit Isabel und Angel Parra korrigiert, wenn möglich unter Berücksichtigung von Originalaufnahmen. Aber selbst auf diese Weise ist es schwierig, eine „definitive" Textfassung zu etablieren. Violeta Parra weicht gelegentlich offensichtlich spontan von früheren Fassungen ab und macht dabei sogar „Fehler": In einer Version von „¿Qué dirá el Santo Padre?" verwechselt sie 5. und 6. Gebot. Mindestens in einer Reihe von derartigen Varianten muß die mündliche Uberlieferung und möglicherweise die gelegenheitsbedingte Umarbeitung oder Ergänzung berücksichtigt werden. Soweit mir variierende Fassungen bekannt wurden, weise ich mit einem Asterisk (*) an der entsprechenden Textstelle auf sie hin. Die Varianten finden sich dann im „Kommentar". Bei der Übersetzung der Liedgedichte habe ich mich bemüht, die Silbenzählung der traditionellen Metrik spanischen Ursprungs, die dem ganzen Werk zugrundeliegt, beizubehalten. Den Versuch, zu reimen, habe ich nicht unternommen. Zum einen schreibt Violeta Parra — auch hierin traditionell — eher in Halbreimen (Assonanzen) als in Vollreimen. Zum anderen liegt eine ihrer Stärken m. E. gerade in der durchaus prosaischen Syntax, der man
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ihre Gebundenheit kaum anmerkt. Eine reimende Übersetzung zerstört diese Besonderheit vollkommen. Ich hoffe, dem Original mit dem Kompromiß gelegentlich wenigstens halbwegs nahezukommen. Einige Hinweise auf die ästhetische Vollendung der Lieder Violetas enthalten die Einleitung und der - relativ knapp gehaltene - Kommentar. Ich gestehe, daß ich insbesondere die musikalische Gestaltung (angefangen bei der - oftmals nicht angegebenen - Genusbezeichnung) bisher nur ansatzweise erfassen konnte. Mein Dank gilt lsabel und ganz besonders Angel Parra, der einem „pituco" viel Aufmerksamkeit schenkte. Und er gilt Eva Tichauer de Älvarez, Ruth Valentini und Antonio Lucero für ihre freundliche Hilfe. Göttingen, im Juli 1978
Acerca de este libro
El objetivo de la presente antología es llevar a Violeta Parra y su obra al alcance de un público de habla alemana. La selección comprende exclusivamente canciones, en particular pertenecientes a la etapa tardía de su producción, etapa que, más allá de su gran calidad, es algo menos amplia y de relativamente fácil acceso. Hay también tres canciones de la fase temprana que considero altamente representativas. La labor de Violeta como recopiladora de folklore está documentada en la introducción, así como sus creaciones líricas tradicionales. El orden de la selección realizada respeta la cronología, con la finalidad de subrayar la cercanía temporal de ciertos temas. En efecto, algunas veces las repeticiones temáticas han servido para reagrupar las canciones destruyendo la unidad creativa de la obra total. Las fechas en las que me apoyo se fijaron de acuerdo con Ángel Parra. En términos generales, los textos siguen la Antología de Javier Martínez Reverte (ver Bibliografía 1.6) autorizada por Isabel Parra. Desafortunadamente, esta antología contiene un buen número de inexactitudes. Las corregí comparándolas con otras versiones y después de hablar con Isabel y Ángel Parra, considerando en lo posible también las grabaciones originales. Pero incluso así no siempre es fácil establecer un texto "definitivo". A veces, la misma Violeta se aparta espontáneamente de versiones anteriores, cometiendo hasta "equivocaciones". En una interpretación de "¿Qué dirá el Santo Padre?", confunde los mandamientos quinto y sexto. Por lo menos en algunos casos, como este, se nota la tradición oral de ciertas libertades creadoras. En la medida en que descubrí versiones diferentes las indico con un asterisco (*) en el lugar correspondiente. Las variantes se encuentran en el "Comentario". En el proceso de traducción de las canciones-poemas al alemán me esforcé por mantener el número de sílabas de la métrica tradicional de origen hispánico, que subyace a la totalidad de la obra. No emprendí en cambio el intento de rimar. Por una parte, Violeta Parra — también aquí siguiendo la tradición — escribe más bien en rimas asonantes que consonantes. Por otro lado, una de sus fortalezas consiste, según mi opinión, precisamente en la sintaxis del todo prosaica, cuya dependencia de la métrica apenas se deja
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notar. Una traducción rimada destruiría por completo esa particularidad. Espero acercarme de esta manera, al menos parcialmente, a la obra original de Violeta. En la introducción y en los comentarios — que mantuve relativamente sucintos — aludo a la excelencia estética de los versos de Violeta. Debo confesar que no me fue posible sino de manera elemental captar la estructuración musical, empezando con la indicación de género, muchas veces no mencionada en mis fuentes. Mis agradecimientos van para Isabel, y muy particularmente para Ángel Parra, que concedió tanta atención a este "pituco". También los extiendo a Eva Tichauer de Álvarez, Ruth Valentini y Antonio Lucero, por su gentil ayuda. Gotinga, julio de 1978
Einführung
Violeta Parra ist in der Bundesrepublik im Gegensatz vor allem zu Frankreich immer noch ein „Geheimtip" mehr oder weniger verdächtiger Sympathisanten mit dem Chile der Unidad Populär, obwohl sie einen großen Bereich der Gegenwartskultur nicht nur Chiles — und erst recht nicht nur der Allende-Zeit —, sondern ganz Lateinamerikas maßgeblich mitgestaltet hat. Allerdings handelt es sich um einen Bereich, der bei uns als unseriös gilt und der deshalb noch eher ausgespart bleibt als derjenige der „großen Kunst", an dem spätestens seit der Buchmesse mit dem Schwerpunkt Lateinamerika (1976) ein größeres Interesse besteht. Schon seine Bezeichnungen, gleich ob „Folklore", „politisches Lied" oder „Chanson", dürften in den meisten Normalverbrauchern von Literatur oder genauer Kultur negative Vorurteile mobilisieren. Politische Lieder sind immer noch garstig. Lied, Chanson (Schlager) sind Massenprodukte, und die Wahrscheinlichkeit literarischer Wertlosigkeit ist groß, ja geradezu notwendig, wie denn Kunst und Masse sich ebenso auszuschließen scheinen wie Kunst und Politik.1 Charakteristisch für diese Verhältnisse ist der Umstand, daß Nicanor Parra, der ältere Bruder Violetas, der sicher ein interessanter Dichter, aber für die chilenische Kultur ebenso sicher nicht von vergleichbarer Bedeutung ist, schon seit längerem durch Übertragungen bekannt gemacht wird und 1 Aufschlußreich sind die Artikel zu den entsprechenden Stichwörtern in Gero von Wilperts Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart (seit 1955 in verschiedenen Auflagen). Der Artikel „Interpretation eines Chansons und seiner Gattung" (in: Die Neueren Sprachen 9, 1960, S. 153-167) von Harald Weinrich ist ein weißer Rabe, da er - wenigstens fur das französische Chanson - die Möglichkeit sieht, daß „das literarische Chanson jenes Vakuum füllen [könnte], das entstanden ist, als die moderne Lyrik immer mehr in die schwer zugänglichen Gefilde liedferner Esoterik auswich" (S. 167). In Frankreich sind Texte von Violeta Parra außer in der nur ihr gewidmeten Anthologie von Patricio Manns (Bibliographie 4.8) in drei weiteren Anthologien zum „Neuen Chilenischen Lied" („Nueva Canción Chilena") von Meri Franco-Lao, Régine Mellac und Jean Clouzet zugänglich (Bibl. 3.1, 3.2, 3.4). In deutscher Sprache liegen zwei Anthologien vor, die dem „Neuen Chilenischen Lied" gewidmet sind (Gitarre des dämmernden Morgens und Cantaré— Songs aus Lateinamerika, Bibl. 3.3 und 3.5), beide herausgegeben von Carlos Rincón und Gerda Schattenberg.
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bereits zum Gegenstand akademischer Untersuchungen geworden ist. 2 D i e Ironie will es, daß gerade Nicanor eine wichtige Rolle für die Entwicklung Violetas gespielt hat. Ehe ich jedoch a u f die persönlichen Voraussetzungen eingehe, die ihr W e r k ermöglichten, werde ich versuchen, die sich aus dem historischen M o m e n t ergebenden Bedingungen zu umreißen.
I D e r Rahmen für Anerkennung und Ablehnung, die Violeta Parra in gleicher Weise erfahren hat, ist die mit dem Stichwort „segunda independencia" bezeichnete Entwicklung der ausgehenden 50er und der 60er Jahre. A u f die Unabhängigkeitskriege der Kolonien gegen Spanien, die schließlich fast überall in Lateinamerika mit der politischen Etablierung einer kreolischen Oligarchie geendet hatten, folgte im Verlauf vor allem der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Entwicklung einer neuen Abhängigkeit im Zeichen des Imperialismus. D e r Verflechtung des einheimischen Kapitals mit englischen Wirtschaftsinteressen folgte im 2 0 . Jahrhundert die D o m i n a n z nordamerikanischer Interessen. 3 Ihr entsprach eine politische und kulturelle Orientierung der herrschenden Klasse an Europa und Nordamerika, der gegenüber zaghafte Versuche der Konstituierung einer nationalen Kultur zweitrangig blieben. 4 Der lautstarke Nationalismus, der das politische Leben häufig zu bestimmen schien, war dabei nur die Begleitmusik für die Abgrenzung von Spanien einerseits und die Auseinandersetzung um wirtschaftliche 2 Vgl. Nicanor Parra, Und Chile ist eine Wüste — Poesie undAntipoesie, Hrsg. von Federico Schopf und Peter Schultze-Kraft, Wuppertal 1975; Jürgen v. Stackelberg, „Zehn Gedichte von Nicanor Parra", in: Erich Köhler (Hrsg.), Sprachen der Lyrik - Festschrißfür Hugo Friedrich zum 70. Geburtstag, Frankfurt am Main 1975, S. 850-863 - dort auch Angaben zu wissenschaftlicher Literatur. Für die Beziehung zwischen Bruder und Schwester enthalten wichtige Angaben Leonidas Morales, La poesía de Nicanor Parra, Santiago 1972, und Alvaro Salvador Jofre, Para una lectura de Nicanor Parra (Elproyecto ideológico y el inconsciente), Sevilla 1975. Nicanor hat eine lange „Defensa de Violeta Parra" geschrieben (Abdruck als Einleitung zu den Décimas, Bibl. 1.2). Violeta hat Teile seiner „Cueca larga" vertont. 3 Vgl. die entsprechenden Angaben in: lbero-Amerika-Verein (Hrsg.) Ihero-Amerika - Ein Handbuch, Hamburg, 6. überarbeitete Auflage 1966, S. 256-259. 4 Entsprechende Angaben zum Gebiet der Literatur findet man z.B. bei Jean Franco, An Introduction to Spanish-American Literature, Cambridge 1971, S. 183, 230, und Rudolf Grossmann, Geschichte und Probleme der lateinamerikanischen Literatur, München 1969, S. 346, 439.
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Interessen, die regelmäßig nicht die Nation, sondern auslandsabhängiges Kapital betrafen, andererseits. Der chilenisch-peruanische Salpeterkrieg („Guerra del Pacífico", 1879-1883), den die Chilenen dank preußisch geschulter Offiziere und englischer Marineunterstützung gewannen und der den Engländern die nahezu uneingeschränkte Ausbeutung der Salpeterlager brachte, ist hierfür ein Musterbeispiel.5 In der Rechtfertigung dieser Verhältnisse hat der Nationalismus „die Funktion eines Integrationssymbols, das die Kluft zwischen Herrschenden und Beherrschten eher zudeckte denn aufdeckte."6 Seine Propagandisten verschmähen weder die Berufung auf die „wirklich" spanischen Werte, noch die Verwendung rassistischer Töne gegenüber der eingeborenen Bevölkerung, die tatsächlich einen Großteil lateinamerikanischer Nationen ausmacht. Im Zusammenspiel von Sieger und Besiegtem des Pazifikkrieges werden beide Argumentationen zu einer Einheit, die für den Zustand kultureller Entfremdung kennzeichnend ist. So macht der chilenische Historiker Francisco A. Encina die Verschmelzung von baskischem Unternehmergeist (!) und kastilischer Ethik für den überlegenen Charakter des chilenischen Volkes verantwortlich.7 Ricardo Palma, mit dessen Tradiciones peruanas ein Höhepunkt der peruanischen Nationalliteratur gesetzt wird, erklärt in schöner Ergänzung eine „widerwärtige" und „heruntergekommene Rasse", die die Mehrheit der Nation bilde, zur Ursache der Niederlage gegen die Chilenen: „El indio no tiene el sentimiento de la patria" („Der Indio hat kein Gefühl für das Vaterland").8 Die vorwiegende Europa-Orientierung der chilenischen Oberklasse beschreibt Jean Clouzet anhand einer von Osvaldo Rodríguez — einem der Repräsentanten der Nueva Canción Chilena — berichteten Anekdote: Auf der Hacienda seines Großvaters habe ihn dieser dazu animiert, Bediensteten und Tagelöhnern etwas vorzusingen, was dem Kind nur auf Englisch möglich gewesen sei.9
5 Näheres bei Francisco A. Encina, Resumen de la Historia de Chile, Redacción, iconografía y apéndices de Leopoldo Castedo, o. O. u. J. [Santiago 1954], Bd. II, 9. Auflage, Kap.
IX; Volker Lühr, Chile: Legalität, Legitimität und Bürgerkrieg, Darmstadt und Neuwied 1973, Kap. 3; Arno Münster, Chile- friedlicher
Weg?, Berlin o. J. [1973], Abschnitt I.
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Lühr (Fn. 5), S. 45. Encina (Fn. 5), S. 1407. zit. nach Jean Franco (Fn. 4), S. 68.
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Vgl. Jean Clouzet, La nouvelle
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chanson
chilienne,
Paris 1975. S. 19-20. Für Argentinien
liegt die Analyse von David Viñas vor (Literatura argentina y realidad política - De Sarmiento
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Eine - im allgemeinen Zusammenhang abhängiger kapitalistischer Struk-
turen - in Chile mit dem Beginn des 2 0 . Jahrhunderts verstärkt einsetzende Sonderentwicklung fuhrt allerdings dazu, daß der Nationalismus hier schneller als in anderen lateinamerikanischen Ländern eine derartige Widersprüchlichkeit gewinnt, daß er insbesondere nach dem Erfolg der kubanischen Revolution und während der Präsidentschaft von Eduardo Frei Montalva zu einem „Integrationssymbol" der unterdrückten Massen werden konnte. In ihm wurde (und wird) Unabhängigkeit der Nation als Uberwindung der wirtschaftlichen Ausbeutung durch eine auslandsabhängige Großbourgeoisie im eigenen Land begriffen. 10 Z u der Sonderentwicklung Chiles heißt es bei Lühr: „[ ...] Chiles interner kapitalistischer Sektor hat sich seit jeher nicht auf sogenannte Dienstleistungen, wie etwa den Handel, beschränkt, sondern eine fxir lateinamerikanische Verhältnisse eindrucksvolle Industrialisierung betrieben."" Als Ursache fiir die Tendenz zu produktiven Investitionen (und weniger in die Spekulation mit Grund und Boden) führt Lühr neben der Tatsache der Kapitalbildung durch die früh entstandene Bergbauindustrie vorsichtig einen weiteren Faktor an: „die große Zahl europäischer Einwanderer aus Italien, England und Deutschland, die bereits im 19. Jahrhundert und im ersten Drittel des 2 0 . Jahrhunderts das traditionell vorherrschende hispanische Element Chiles mit andersartigen Anschauungen und Einstellungen durchtränkt hat und ihr Interesse von vornherein auf eine systematische Kapitalverwertung und Kapitalakkumulation gerichtet haben mag." 1 2
a Cortázar; Buenos Aires o. J.). Insbesondere der Abschnitt „El viaje a Europa" interessiert im hier angesprochenen Zusammenhang. 10 Dabei handelt es sich um ein in ganz Lateinamerika beobachtbares Phänomen. In Bezug auf Chile ist darauf hinzuweisen, daß bereits in der Zeit der Präsidentschaft von José Manuel Balmacedas (1886-1891) der Versuch unternommen wurde, die internationale Abhängigkeit in Grenzen zu halten. Vgl. Münster (Fn. 5), S. 19. [Für Chile jetzt auch Gabriel Salazar/Julio Pinto, Historia contemporánea de Chile III - La economía: mercados, empresarios y trabajadores, Santiago: LOM Ediciones 2002, S. 38. Eine wertvolle Zusammenfassung bietet Stefan Rinke, Begegnungen mit dem Yankee: Nordamerikanisierung undsozio-kultureller Wandel in Chile 1898-1990. Köln: Böhlau Verlag, 2004, Abschnitt, 3B.] " Vgl. Lühr (Fn. 5 ), S. 104. Zahlenmaterial bei Lühr, S. 91-92, im Ibero-AmerikaHandbuch (Anm. 3), S. 252-262, und bei Wolfgang Weischet, Chile — seine länderkundliche Individualität und Struktur, Darmstadt 1974 (= Wissenschaftliche Länderkunden, Bd. 2/3). 12 Lühr (Fn. 5), S. 105-106; vgl. auch S. 127 und 135. Münster (Fn. 5, S. 26) setzt die industrielle Entwicklung erst später an (ab 1930). Die Analyse Lührs wird gestützt durch Angaben bei Fernando Mires, Del Frente Popular a la Unidad Popular, Frankfurt [1975] (= Cuadernos de
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Paradoxerweise wäre es nach dieser Vermutung auf ausländischen Einfluß zurückzufuhren, daß sich eine im Gegensatz zur international orientierten Großbourgeoisie mit nationalen Werten argumentierende Kleinbourgeoisie herausbildete, deren — vor allem im Partido Demócrata und im Partido Radical formulierte — Politik deutlich gegen das imperialistische Kapital gerichtete Akzente enthielt. 13 Freilich stand und steht diese Fraktion der Bourgeoisie auch in einem Interessengegensatz zur verstärkt anwachsenden Industriearbeiterschaft, die sich in wechselvollen Kämpfen organisiert, um schließlich zu der „authentischen Artikulation" ihrer Interessen zu finden, von der Lühr unter Bezug auf die Unidad Popular spricht. 14 Dabei ist festzuhalten, daß die seit den 30er Jahren betriebene Politik einer Zusammenarbeit mit (klein) bürgerlichen Kräften — die Regierung des Frente Popular von 1938 trugen Radikale, Kommunisten und Sozialisten - nicht nur Rückschläge mit sich brachte, sondern daß die Stärkung der widersprüchlichen Stellung der Mittelschichten auch der Arbeiterklasse Entwicklungs- und Wirkungsmöglichkeiten gab, die sie in anderen Ländern Lateinamerikas nicht finden konnte. D i e Suche nach demokratischen und schließlich sozialistischen Lösungen für die Krisen des abhängig entwickelten chilenischen Kapitalismus seit Beginn der 50er Jahre ist nur so möglich geworden. 1 5 Mit der Sonderentwicklung Chiles, wo die Bourgeoisie also nicht nur mit der Arbeiterklasse, sondern deutlich mit sich selbst in Konflikt liegt, hängt auch die wesentlich eindeutigere Parteinahme der Intellektuellen zusammen. 1 6 Zwar verdanken sie die von ihnen erfüllten Funktionen der Weiterentwicklung des kapitalistischen Systems; aber da ihnen kaum Privilegien Investigación „Historia Social de América Latina", Serie Chile), S. 15 und Antoine Acquaviva u.a., Das Chile der Volkseinheit, Frankfurt am Main 1972, S. 44. 13 Vgl. Münster (Fn. 5), S. 54 und Acquaviva (Fn. 12), S. 48. [Zu diesem thematischen Komplex vgl. auch Brian Loveman, Chile - The Legacy of Hispanic Capitalism, New York/ Oxford: Oxford University Press 2001 (3. Aufl.), S. 206-217.] 14 Lühr (Fn. 5), S. 134. 15 Vgl. Lühr (Fn. 5), S. 133ÍF. und Münster (Fn. 5), S. 60ff. Zur Rolle der Mittelschichten während der Unidad Popular vgl. Urs Müller-Plantenberg, „Grundzüge und Ergebnisse der Bündnispolitik der chilenischen Linken 1970-1973", in: Chile—Nachrichten, Sondernummer 2 vom 20.6.74, S. 13-26. Die Notwendigkeit der Einbeziehung der Mittelschichten wird weder von Müller-Plantenberg noch von Münster (Fn. 5, S. 205) bestritten. Ihre Kritik an der Unidad Popular ist sicher nicht unberechtigt, allerdings können auch sie keinen überzeugenden Vorschlag für die Quadratur des Kreises einer Politik mit den Mittelschichten gegen sie (mindestens gegen ihr Bewußtsein) machen. 16
Vgl. Lühr (Fn. 5), S. 135-136.
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eingeräumt werden und ihr Status als Kopf-Arbeiter immer greifbar bleibt, fällt es ihnen schwerer, in die Schein-Neutralität europäischer Intellektueller auszuweichen. Auf dem Gebiet der Literatur läßt sich vom Beginn des 2 0 . Jahrhunderts an die Orientierung der aus den Mittelschichten stammenden Autoren an den sozialen Problemen der Nation Chile verfolgen. 17 In der Regel handelt es sich dabei zunächst um eine eher abstrakt-humanitäre Dichtung, die auf dem Gegensatz Stadt - Land aufbauend Zivilisationskritik übt und nicht selten in Idyllisierung des Landes verfällt.18 Dies gilt auch für die Lyrik Gabriela Mistrals, deren Werk 1945 mit dem Nobel-Preis bedacht wird und den Höhepunkt der kleinbürgerlich-nationalen Literaturproduktion bezeichnet. Parallel zu ihr entwickelt sich jedoch bereits eine Literatur, deren Verfasser aus der Arbeiterschaft stammen und deren Werke, häufig auf Umwegen, zu einer die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse reflektierenden Sozialkritik finden. Neben Manuel Rojas und Pablo de Rokha (der wie Violeta Parra bei uns unbekannt ist) ist hier natürlich der Platz Nerudas, dessen Nobel-Preis (1971) die Sanktionierung einer entschieden parteilichen und gerade darum menschlichen Literatur bedeutete. Sowohl die Gedichte Gabriela Mistrals als auch diejenigen Nerudas versuchen, Volksnähe durch die Thematik und durch die Verwendung spezifischer formaler Elemente zu erreichen: Mistral durch Anlehnung an Kinderreime und den Versuch der Nachempfindung von Volksdichtung über Vokabular und Bilder; Neruda durch Aufnahme rhythmischer Elemente, die Dichtung in die Nähe von Gesang rücken." Dennoch bleiben ihre Werke weitgehend an das Medium Buch gebunden (erst durch die Entwicklung der Nueva Canción wird diese Bindung zum Teil aufgelöst). Ein großer Teil der von beiden ins Auge gefaßten Adressatenkreise ist
Vgl. Franco (Fn. 4), S. 168 und 181ff. sowie Grossmann, a. a. O., S. 345-346. Vgl. Franco (Fn. 4), S. 181. 19 Vgl. Franco (Fn. 4), S. 258-259 und279ff., insbesondere S. 288. Die Charakterisierungen bei Grossmann (Fn. 4, S. 439-441 und 450ff.) sind in der Herablassung bzw. den ideologischen Untertönen bemerkenswert. So ist mit Bezug auf Gabriela Mistral von ihrer „mütterlichen Inbrunst" (S. 440) und von ihrer Sprache die Rede, der „die intuitive, ebenmäßige Kultur" fehle, „die ihr ein höherer Bildungsstand hätte geben können" (S. 441). Zu Neruda merkt Grossmann an, dass er „jahrelang politischer Flüchtling im Hauptberuf' gewesen sei (S. 450). Der Canto general „kann wegen seiner Verwurzelung im amerikanischen Erdreich nur sehr bedingt nach östlichen Maßstäben beurteilt werden" (S. 451). Diese Grenzen scheinen sich dem „Linksradikalismus" und der „radikalpolitischen Linie" zu verdanken, die Neruda schon in seiner Position zum Spanischen Bürgerkrieg gezeigt habe (S. 450-451). 17 18
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damit in einem Land, in dem es i 9 6 0 im Schnitt noch 16% Analphabeten gab, von der Rezeption ausgeschlossen — in ländlichen Gebieten liegt die Quote sogar bei 33,6%o. 20 Als Folge bleibt ein großer Teil ihres potentiellen Publikums außerhalb der Reichweite ihrer Kunst. Die Leistung Violeta Parras liegt darin, daß es ihr unter Ausnutzung des Radios und der Schallplatte gelungen ist, eine Kunst zu fördern und zu schaffen, die den Namen Volkskunst verdient. Die Voraussetzungen, an die sie anknüpft, sind auf dem Gebiet der Folklore dabei keine wesentlich anderen als die für das Gebiet der Literatur beschriebenen. Folgt man Patricio Manns, so entsteht - mehr oder weniger unreflektiert, aber nicht zufällig und sehr schnell zielbewußt ausgenutzt — um 1940 eine erste Folklore—Welle, deren Funktion darin liegt, dem neu eingeführten Medium Radio „nationales" Material zu liefern, das aber gleichzeitig auf dem Hintergrund der verschärften Klassenauseinandersetzungen eine demobilisierende Wirkung erzielen sollte (ich erinnere an die „República Socialista" von 1932, an von Arturo Alessandri blutig niedergeschlagene Bauernrevolten 1934 und — noch einmal - an den Frente Popular 1938). 2 ' Derartiges Material konnte aufgrund der Europa-Orientierung der von den Städten aus herrschenden Klasse nur auf dem Land gefunden werden. Das Resultat seiner Verarbeitung ist eine Folklore, die, großsporig und breitkrempig von Liebe und Harmonie trällernd, bei uns noch immer als „echt lateinamerikanisch" gilt. Die Erinnerung an die „señoritas" und die „gauchos" von Heino und Udo (Jürgens) mag genügen. Aber auch Chile bleibt hier kaum zurück, wie die folgenden Verse zeigen: Allá en la parva de paja, ay, donde primero te vi, quiero encontrarte de nuevo, ay, para dejar de sufrir.22
2 0 Vgl. Ibero-Amerika-Handbuch (Fn. 3), S. 251, und Andrew Marshall (Hrsg.), The South American Handbook 1970, o. O., S. 267. 21 Vgl. Patricio Manns, Violeta Parra — Laguitare indocile, Paris 1977, S. 29-35. 22 „Auf der Tenne dort, ach, / wo ich zuerst Dich sah, / will ich Dich wiedertreffen, ach, / damit ich nicht mehr leide." Zit. nach Fernando Barraza, La Nueva Canción Chilena, Santiago 1972 (= Nosotros los Chilenos, Bd. 26), S. 22.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Soweit die ursprünglichen - anonymen— Vorlagen Politisches enthielten, wurden sie systematsich „gesäubert", wie Manns a m Repertoire der bekanntesten Gruppe, den Huasos Quincheros, feststellt. Ironisch heißt es bei ihm, daß dieses „erste politische Lied" Chiles (das zweite ist die Nueva Canción, die in Violeta Parra ihre Begründerin hat) die „wirksamste Waffe" der chilenischen Kulturgeschichte geworden sei: N o n s e u l e m e n t elle d é s a r m e i d é o l o g i q u e m e n t le p a y s a n j u s q u ' à d e s e x t r ê m e s i n c o n c e v a b l e s , m a i s , m ê m e a u j o u r d ' h u i , c'est la c h a n s o n q u e l ' o n c h a n t e d a n s t o u t e s les fêtes, u r b a i n e s et r u r a l e s ; la c h a n s o n q u e r é p è t e la c h o r a l e d u lycée, la c h a n s o n q u e l ' h o m m e p o l i t i q u e o u le d i r i g e a n t p r o g r e s s i s t e a i m e n t à
écouter
a p r è s m a n g e r , la c h a n s o n q u i b e r c e l'ivresse d u m i n e u r o u d u p ê c h e u r . 2 3
Bald beschränkt sich diese Musik im übrigen nicht mehr auf in Chile gängige Rhythmen, sondern übernimmt und verwertet wahllos die verschiedensten lateinamerikanischen Tanz- und Liedtypen. 2 4 Radio und Schallplatte sind aber nicht nur auf ihre Weise kreativ, sie zerstören auch. In dem Maße, in dem ihre Produkte sich aufdrängen, geraten die Originale mehr und mehr in Vergessenheit. Violeta Parra belegt dies in ihrer S a m m l u n g Poésie populaire des Andes. 25 Eine Anekdote, die von Alfonso Alcalde über die Violeta der 30er Jahre berichtet wird, verdeutlicht denselben Sachverhalt. So soll der Inhaber der Kneipe „El Tordo Azul", in der sie lange Zeit mit ihrer Schwester Hilda zuammen sang, sie nicht mehr beschäftigt haben, weil er eine „Wurlitzer", eine „Musikmaschine", anschaffen ließ. 26 Etwa gleichzeitig verlieren auch die — Bänkelsängern entfernt vergleichbaren — payadores an Zugkraft, wobei freilich die zunehmende Alphabetisierung eine zusätzliche Rolle gespielt haben muß. D i e payadores hatten, im Land
23
M a n n s (Fn. 21), S. 32. „Nicht nur daß es den Bauern ideologisch vollkommen ent-
waffnet, nein, noch heute ist es das Lied das auf allen Festen, ob in der Stadt oder auf dem Land, gesungen wird: das Lied, das der Schulchor wiederholt; das Lied, das der Politiker oder der fortschrittliche Parteiführer gern nach d e m Essen hören; das Lied, das den betrunkenen Bergmann oder Fischer einlullt." [Vgl. auch „Supplement".] 24
M a n n s (Fn. 21), S. 34.
25
Paris 1965 (= Collection Voix, Bd. 12; Bibl. 1.1), S. 18-19.
26
Alfonso Alcalde (Hrsg.), Toda Violeta Parva, Buenos Aires 1974, S. 26-27. D e n glei-
chen Sachverhalt berichten, mit etwas verändertem Personal, Bernardo Subercaseaux/Jaime L o n d o n o , Gracias a Li vida - Violeta Parra, testimonio, Buenos Aires 1976 (Bibl. 4.7), S. 39.
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umherziehend, nicht nur Unterhalterfunktion, sondern kolportierten - vorwiegend im Versmaß der décima — singend die neuesten Ereignisse, ohne Politisches auszulassen. Ein Erdbeben oder das Leben in der Salpeter-Wüste sind für sie gleichermaßen Gegenstand wie Liebesabenteuer oder Selbstdarstellung. Dabei kann die Darstellung sozialer Verhältnisse durchaus schönfarberisch sein: En el cerro el explotante siempre soterrando vive y a las pastas se apercibe con el acero brillante; avanza más adelante para alcanzar beneficios. En oscuros edificios da muestras de resistencia. Reposan todas las ciencias hombres de artes y de oficios.27 Daneben gibt es aber Lieder wie die Francisco Pezoas, von denen „La Pampa" das bekannteste ist. Dabei handelt es sich um eine das Massaker von Iquique (1907) anklagende Elegie: II
Año tras año por los salares del desolado Tamarugal,
27 „Im Berg lebt der Arbeitsmensch / und gräbt immerzu, / und den Flözen nähert er sich / mit glänzendem Stahl; / er dringt weiter vor, / um Gewinn zu erzielen. / In dunklen Gebäuden / beweist er seine Widerstandskraft. / Alle Wissenschaft ruht in ihnen, / kunstfertigen und tüchtigen Menschen." „El arte de la minería" von Nicasio Garcia, zit. nach Antonio Acevedo Hernández, Los cantores populares chilenos, Santiago 1933, S. 127. Acevedo Hernández war ein musterhafter Repräsentant der Arbeiterkultur in Chile. Als Gelegenheitsarbeiter, z. B. als Holzfäller, schließt sich der Analphabet Luis Emilio Recabarren und der KP an. Sein dauerhafter Einfluss beruht auf seiner Tätigkeit als Begründer des Theaters in Chile. [La canción rota, 1933 uraufgeführt, wurde noch 1966 im Zusammenhang mit den Nationalfeiertagen als Fernsehstück in der Regie von Miguel Littin aufgeführt. In unserem Buch Evolución en liber-
tad: El cine chileno defines de los sesenta (Santiago: Cuarto Propio, 2014) beschreiben Verónica Cortínez und ich das Stück im Detail, wobei wir uns auf die Neuausgabe des Theaters von Acevedo durch Juan Andres Piña (1999) stützen, der auch ein Vorwort zu dieser Ausgabe verfasst hat. Vgl. Cortínez und Engelbert, Bd. II, S. 592-593.]
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
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lentos cruzando van por millares los tristes parias del capital. Sudor amargo su sien brotando, llanto sus ojos, sangre sus pies; los infelices van acopiando m o n t o n e s de oro para el burgués. III Hasta que u n día, c o m o u n lamento de lo más p r o f u n d o del corazón por las callejas del c a m p a m e n t o vibró u n acento de rebelión.
U n d in „El guitarrico libertario" heißt es programmatisch: Yo canto para los pobres el canto de la miseria, que se entona p o r las calles en los días de la huelga. Ese canto de amenaza q u e en los motines se eleva
28
„I: Jahr um Jahr durch die Salzlager / des trostlosen Tamarugal / ziehen langsam zu Tausenden / die elenden Parias des Kapitals. / Bitterer Schweiß fließt aus ihrer Stirn, / Tränen aus den Augen, Blut aus den Füßen; / die Unglückseligen tragen zusammen / Haufen von Gold für den Bourgeois. II: Bis eines Tages, wie eine Klage / aus dem tiefsten Herzen / durch die Gassen der Siedlung / sich ein rebellischer Klang erhob." [Erstveröffentlichung in La Protesta, año 1, no. 3, Santiago, primera quincena de junio de 1908; s. http://anarkismo. net/article/7168.] Acevedo Hernández (Fn. 27), datiert das Lied auf 1920 (S. 218-219). Das Lied von Francisco Pezoa wird auf die Melodie einer Habanera mit dem Titel „La Ausencia" gesungen, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts als „vals" bekannt ist. [Zum Prozeß der „Folklorisierung" vgl. González und Rolle, Historia social de la música en Chile, 1890-1950, pp. 103-104. Die endgültige Kanonisierung als Volkslied geht auf Violeta Parra zurück, die das Lied 1956 aufnimmt (cf. Cantos de Chile, Le Chant du Monde LDX 74572). González und Rolle verfolgen den Weg des Liedes anhand verschiedener Textfassungen und beschreiben minutiös die musikalische Arbeit Violetas. Der feinfühlige Dokumentarfilm Santa Maria de Iquique (1971) von Claudio Sapiain (Ehrendoktor der Universität Göttingen 2006) verwendet sowohl „Ausencia" in der Version von Violeta als auch „La Pampa", gesungen von ihrem Sohn Angel.
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y que tiene un tono como de cadenas que se qu[i]ebran.29 Von Luis Emilio Recabarren, dem Gründer der Kommunistischen Partei Chiles, wird berichtet, er habe den payador Juan B. Peralta für die Mitarbeit an seiner Zeitung La Reforma gewonnen und selbst politische Lieder vorgetragen. 30 Viele dieser fahrenden Sänger haben, laut Acevedo und Manns, ihre Produkte selbst gedruckt und als Flugblätter verkauft. Ein Teil dieser Produktion scheint in einer periodisch herausgegebenen Publikation, der Lira populär eben Peraltas, überliefert zu sein.31 Acevedo zufolge ist die Kunst der payadores jedoch schon 1933 praktisch im Aussterben begriffen. 32 Vor dem Hintergrund einer entstehenden nationalen Kultur, die in ihrer traditionellen literarischen Produktion bemüht zu sein scheint, dem Verständnis und dem Interesse breiter Schichten zugänglich zu sein, die aber gleichzeitig den Massen in einem diesen zugänglichen Medium eine von den Herrschenden deformierte „Volkskunst" vorsetzt, ist die Arbeit Violeta Parras zu sehen. 33
29
„Ich singe für den Armen / das Lied des Elends, / das in den Straßen erklingt / an den Tagen des Streiks. / Jenes drohende Lied, / das sich bei den Revolten erhebt / und das eine Melodie hat / wie Ketten, die zerbrechen." Zit. nach Acevedo Hernández (Fn. 27, S. 221). 30 Vgl. Javier Martínez Reverte (ed.), Violeta Parra, Violeta delpuebla, Madrid: Visor 1976 (= Colección „Visor de poesía"), S. 14, und Acevedo Hernández (Fn. 27), S. 186. 31 Vgl. Acevedo Hernández (Fn. 27), S. 185f., und Manns (Fn. 21), S. 37. Acevedo Hernández, der Manns nicht bekannt zu sein scheint, betont übrigens wie Violeta Parra die Tatsache kultureller Entfremdung (S. 5). Er kommt - wie Violeta und Víctor Jara - aus der Nähe von Chillán (S. 11)! 32 Vgl. Acevedo Hernández (Fn. 27), S. 61 ff. 33 Vgl. Armand Mattelart, Mass media, idéologies et mouvement révolutionnaire, Chili 1970-1973, Paris 1977, S. 93: „Dans la perspective de la bourgeoisie, le populaire est en effet la copie de ses propres valeurs de classe, mises à la disposition du peuple, dans un geste paternaliste et avec un propos mercantile." ( „ A u s Sicht der Bourgeoisie ist das Populäre in der Tat die Kopie der eigenen Klassenwerte, die dem Volk mit paternalistischem Gestus und in merkantiler Absicht zur Verfügung gestellt werden.") Acevedo Hernández (Fn. 27, S. 63) illustriert diesen Prozeß, wenn er von dem payador Peralta (vgl. Fn. 30) berichtet, der seine Kunst verlernt habe und „para defender su vida, publica folletos donde ofrece los tangos de moda." („um seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, Flugblätter druckt, auf denen er die gerade modischen Tangos anbietet").
"no tomo la guitarra por conseguir un aplauso" „ich nehme die Guitarre nicht, um Beifall zu bekommen"
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II Violeta Parra wurde am 4. O k t o b e r 1 9 1 7 in San Carlos de Nuble, einem D o r f in der Nähe von Chillan im südlichen Mittelchile, geboren. In und um Chillan lebt sie, bis sie 15 wird. Die Tatsache, daß sie einen großen Teil ihrer Jugend in dieser Region verbringt, ist nicht unwichtig. Nicht zufallig heißt es am Beginn ihres ersten programmatischen Liedes ( i 9 6 0 ) : „Yo canto a la chillaneja ...". Die Provinz Nuble, deren Hauptstadt Chillan ist und aus der (zufällig?) auch Victor Jara stammt, wird von Manns als eine der ökonomisch rückständigsten Chiles geschildert, die jedoch gerade aufgrund der Erhaltung einer ausschließlich agrarischen Welt (mit all ihren Schattenseiten) in Bezug auf ihre Kultur eine der reichsten sei. 34 Violeta Parra hat diese Provinz und ihre Feste gründlich kennengelernt. Ihr Vater, ein Volksschullehrer ohne feste Anstellung, wechselt häufig den Arbeitsplatz — ihr Bruder Nicanor hat ihn deshalb " b o h e m i o " genannt [Montealegre 2 0 1 1 : 14]. 1 9 2 7 — in der Zeit der Diktatur Ibänez del Campos und der Chile doppelt treffenden Weltwirtschaftskrise (doppelt, weil sie mit der Absatzkrise des Salpeters zusammentrifft) - verliert er seine Arbeit endgültig und beginnt zu trinken (er stirbt wohl 1 9 3 0 ) . D i e Kinder - insgesamt werden es 11 — müssen früh mithelfen, das zum Uberleben Notwendige, von dem fiir den Altesten - eben Nicanor - noch ein Studium finanziert wird, zusammenzubringen. D a Mutter und Vater Gitarre und Gesang lieben, verfallen die Kinder a u f diese als Mittel zum Broterwerb (Violeta angeblich gegen den Willen ihres Vaters). 35 Praktisch seit ihrem vierten Lebensjahr habe Violeta gearbeitet — so bestätigt ihr Sohn Angel. Singend, tanzend und schauspielernd klappert sie zusammen mit ihren Geschwistern die Provinz ab, k o m m t aber regelmäßig nach Hause, um das verdiente Geld abzuliefern. 1 9 3 2 , nach einer Auseinandersetzung mit einem Zirkusdirektor, fährt sie nach Santiago, wo ihr Bruder Nicanor sich um sie kümmert:
34
Vgl. Manns (Fn. 21, S. 20-23 und Fn. 23, S. 25-41).
Vgl. Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 20. Es handelt sich um ein Zitat aus der Revista Musical von 1958. [Der ganze Text ist jetzt zugänglich bei Marisol García (ed.), Violeta 35
Parra en sus palabras - Entrevistas (1954-1967), Santiago: Catalonia 2016, S. 19-28; Zitat über den Vater auf S. 22.]
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Del momento en que llegué mi pobr' hermano estudiante se convirtió, en un instante, en pair' y maire a la vez.36 E r sorgt dafür, d a ß sie einen Ausbildungsplatz an der Escuela
(einer A r t pädagogischen H o c h s c h u l e , d e m b e r ü h m t e n Instituto Barros Arana)
Normal Nacional
b e k o m m t . Aber als er n a c h Abschluß seiner Studien Santiago
verläßt, m u ß Violeta die Ausbildung bald aufgegeben haben (nach insgesamt einem Jahr). 3 7 Inzwischen ist die ganze Familie nach Santiago g e k o m m e n , w o ihr N i c a n o r ein H a u s beschafft hat. D a s Leben verdient m a n sich wieder so, wie es gerade geht: Ayer, buscando trabajo, llamé a una puerta de fierro, como si yo fuera un perro me miran de arrib' abajo, con promesas a destajo me han hecho volver cien veces, como si gusto les diese al verme solicitar; muy caro me hacen pagar el pan que me pertenece. 38
36 „Im Augenblick meiner Ankunft / verwandelte sich mein armer / studierender Bruder plötzlich / in Vater und Mutter zugleich." Aus: „Mi vestido uniforme", in: Violeta Parra, Décimas, zuerst Santiago 1970. Ich zitiere nach der Ausgabe Barcelona 1976 (Ed. Pomaire); hier S. 167. [Vgl. auch Violeta Parra, Poesía, Valparaíso: Editorial UV de la Universidad de Valparaíso 2016, S. 145-372, hier S. 300.] 37 Manns (Fn. 21), S. 78 (in der spanischen Version nicht erwähnt); Subercaseaux/ Londofio (Fn. 26), S. 3 5 ff. [Jorge Montealegre (Violeta Parra - Instantes fecundos, visiones, retazos de memoria, Santiago: Editorial USACH, 2011) spricht unter Berufung auf ein Zeugnis von Eduardo „Lalo" Parra von zwei Studienjahren Violetas an der „Escuela Vocacional N° 1" (S. 18). Die biographische Chronologie des Libro Mayor de Violeta Parra vermeidet konkrete Daten in den beiden Ausgaben, die ich konsultieren konnte (Madrid: Ediciones Michay 1985, S. 199; Santiago: Cuarto Propio 2009, S. 225; es gibt Hinweise auf eine „2a edición" aus demselben Jahr in der Editorial José Martí, La Habana). Lalo zufolge wollten die Geschwister „nicht studieren sondern Gitarre spielen und singen" (S. 18).] Angel Parra macht vor allem finanzielle Gründe für den Abbruch der Ausbildung verantwortlich. 38 „Gestern, auf Suche nach Arbeit, / klopfte ich an eine Eisentür, / und als wenn ich ein Hund wäre, / mustert man mich von Kopf bis Fuß, / mit Versprechen haufenweise, / lockten
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Violeta, klein, angeblich ohne Stimme, von ihrer Häßlichkeit überzeugt,39 tut sich mit ihrer Schwester Hilda zusammen — und sie haben Erfolg: in den Kneipen „El Popular" und „El Tordo Azul", wo immer sie in den barrios populares auftreten, um die neuesten Filmschlager oder die gängigen Rhythmen zu spielen. Nach Alcalde und Manns entstehen in dieser Zeit die ersten Plattenaufnahmen, und Violeta beginnt, selbst zu schreiben. 1937 heiratet sie den Eisenbahner Luis Cereceda,40 von dem sie sich 1948 nach langem Schwanken trennt, um das Hausfrauenleben loszuwerden und uneingeschränkt ihrer Arbeit nachgehen zu können. In den Décimas findet man den folgenden „Verso por matrimonio": Anoto en mi triste diario: Restauran El Tordo Azul; allí conocí a un gandul de profesión ferroviario; me jura por el rosario casorio y amor eterno; me lleva muy dulce y tierno atá' con una libreta y condenó a la Violeta por diez años de infierno. Lo vi por primera vez en una gran maquinaria por la línea ferroviaria de Yungay a la Alameda, con una chaqueta nueva de cuero, por la ventana; talán, talán, la campana retumba en mi corazón
sie mich immer wieder, / als ob es ihnen Spaß machte, / mich bitten zu sehen; / sehr teuer muß ich ihnen / das Brot, das mir zusteht, bezahlen." Décimas (Barcelona, S. 169, Valparaiso, S. 302). 39 Vgl. Alcalde (Fn. 26), S. 15-16 und 24-25; außerdem das Zeugnis von Margot Loyola in Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 77: „nosotras somos dos cosas diferentes: yo tengo voz, Violeta Parra lo único que no tenía era voz." („Wir sind zweierlei Verschiedenes: ich habe Stimme, das einzige, was Violeta nicht hatte, war Stimme.") [Vgl. auch Décimas, S. 302 (Valparaíso): „Gracias a Dios que soy fea." („Dank sei Gott, daß ich häßlich bin.")] 40
Aus der Ehe gehen zwei Kinder, Angel und Isabel, hervor.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile por el joven conductor que me hace mil musarañas. Yo le pregunto contrita que me dijera su oficio él me responde malicio' que él es un gran maquinista; le creo a primera vista, l'entrego mi corazón y me ha mentí'o el bribón según más tarde un amigo diciéndome: tu mari'o es un vulgar limpia'or. Montá' en el macho no que'a otra cosa que amansarlo, pero el indino al notarlo me armó la feroz pelea; se cura, se zarandea con unos tales barracos, de farra con unos pacos llegaba de amanecía; sufriendo de noche y día pasé las de Quico y Caco. A los diez años cumplí'os por fin se corta la güincha, tres vueltas daba la cincha al pobre esqueleto mío, y p'a salvar el sentí'o volví a tomar la guitarra; con fuerza la Violeta Parra y al hombro con dos chiquillos se fue para Maitencillo a cortarse las amarras.41 41
„Ich schreib in mein trauriges Tagebuch: / Restaurant ,E1 Tordo Azul'; / dort lernte ich einen Faulenzer kennen, / Eisenbahner von Beruf; / er schwört mir beim Rosenkranz / Heirat und ewige Liebe; / ganz sanft und zärtlich bindet / er mich mit einer Heiratsurkunde / und verurteilte die Violeta / zu zehn Jahren Hölle.// Ich sah ihn zum ersten Mal / auf einer großen Maschine / der Eisenbahnlinie / von Yungay nach Alameda, / mit einer neuen Jacke
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Viel von Violeta Parra steckt in dieser Abrechnung, nicht nur in der sprachlichen Gestaltung, in der unverblümten Art der Darstellung, in der Direktheit der Bilder, in der die große Liebe des kleinen Mädchens zum stattlichen Lokführer, der nur ein Heizer ist, und die ebenso große Enttäuschung über den Mann, den es geheiratet hat, Ausdruck findet. Vor allem in der Zwiespältigkeit der Gefühle — Liebe als Naturereignis einerseits, als Fesselung der Frau andererseits, nicht gerade konventionelles Rollenverhalten und Überraschung darüber, daß der Mann „männlich" reagiert — und in der Vehemenz der Reaktion wird ihr Charakter deutlich: „apokalyptisch" nennt Manns sie einmal. 42 Der Unsicherheit der 1. Person steht eine 3. Person gegenüber, die sich an ihrer Gitarre aufrichtet. Die letzten Zeilen des Gedichtes sind die ganze Violeta. Es mag pathetisch klingen, ist aber wohl nicht anders: Ihre Kunst ist eine Lebensnotwendigkeit für sie. Dies wird in der näheren Betrachtung ihrer Lieder ebenso deutlich werden wie hier im Kontrast zwischen gestalteter und erlebter Wirklichkeit. Denn tatsächlich hat sich Violeta Parra erst fiir die Gitarre und dann gegen den Mann entschieden, der sie zu Hause halten wollte (ob aus Eifersucht, traditioneller Rollenauffassung, Bequemlichkeit oder allem zusammen spielt dabei keine Rolle). Das Umgekehrte - erst gegen die Gitarre, dann gegen die Frau - gilt im übrigen für Cereceda: Al poco tiempo nos casamos y ya empezó esa vida así... que no estaba muy conforme yo con la vida artística que llevaba ella. Al principio no era tanto, porque
/ aus Leder aus dem Fenster lehnend, / bim-bam, bim-bam hallt die Glocke / in meinem Herzen wider / wegen des jungen Lokführers, / der mir den Kopf verdreht.// Ich frage ihn beklommen, / ob er mir sagt, was er macht, / er antwortet mir heimtückisch, / daß er ein großer Lokführer sei; / ich glaube ihm auf den ersten Blick, / ich schenke ihm mein Herz, / und der Gauner hat mich belogen, / nach dem, was ein Freund mir später / sagt: Dein Mann / ist ein gewöhnlicher Heizer.// Sitzt man einmal auf dem Mann, / bleibt nur übrig, ihn zu zähmen, / aber als das der Niederträchtige merkt, / fing er einen wüsten Streit an; / er besäuft sich, er torkelt / mit ein paar Mistkerlen herum, / mit ein paar Bullen auf Zechtour/ kommt er erst morgens zurück; / ich mußte Tag und Nacht leiden, / und es ging mir fürchterlich schlecht.// Als zehn Jahre um sind / wird das Band endlich durchschnitten, / dreimal war das Lasso / um mich armes Skelett geschlungen, / und um den Kopf nicht zu verlieren, / nahm ich die Gitarre wieder; / beherzt ging die Violeta Parra / und beladen mit zwei Kindern / los nach Maitencillo, / um die Fesseln zu zerschneiden." Décimas, S. 171-172 (Barcelona); S. 304-305 (Valparaiso). 42
Manns (Fn. 21, S. 16 und Fn. 23, S. 17).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile cuando está recién casado uno se entiende mejor. Yo estuve en un principio de acuerdo en que trabajara, pero ya después le dije que no, porque yo ganaba buen sueldo y no había necesidad.43
Schließlich ist diese Ehe für Violeta wohl doch mehr gewesen als sie zugeben mag. Schenkt man der Darstellung bei Subercaseaux und Londoño Glauben, so fiel ihr die Trennung keineswegs leicht, 44 und die schnelle Eheschließung mit Luis Arce hat etwas von einer Flucht nach vorn an sich.45 Cereceda, der aktives Mitglied der KP war, hat mit Sicherheit politischen Einfluß auf seine Frau gehabt, die in der Zeit ihrer Ehe verschiedentlich direkt politisch gearbeitet hat. 46 Und die materielle Sicherheit, die er ihr bieten konnte, mag die Voraussetzung dafür gewesen sein, daß Violeta an sich selbst arbeiten konnte. Ubereinstimmend berichten ihre Biographen von zahlreichen Aktivitäten: Theater, Musik, Schriftstellerei, immer mit mehr oder weniger wichtigen Auszeichnungen verbunden. 47 1 9 4 6 soll sie ein längeres Lied-Gedicht auf González Videla geschrieben haben, „donde le decía que al pueblo no se le puede engañar" („in dem ich ihm sagte, daß man
43 „Wir heirateten bald, und schon ging es los ... ich war nämlich nicht sehr einverstanden mit dem Künstlerleben, das sie führte. - Zu Anfang ging's ja, jung verheiratet, versteht man sich ja besser. Ich war anfangs damit einverstanden, daß sie arbeitete, aber bald sagte ich, sie sollte nicht, weil ich gut verdiente und wir es nicht nötig hatten." Subercaseaux/Londofto (Fn. 26), S. 40. Vgl. auch S. 45. 44 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 46. 45 Aus dieser Ehe gehen die zwei Töchter Carmen Luisa und Rosa „Rosita" Clara hervor. Bemerkenswert ist, daß Violeta mit Luis Arce die Gruppe „Estampas de América" („Bildei aus Amerika") bildet. Mit ihr gehen sie 1954 „auf Tournée": „recorrimos todo el Norte [...]. Era un espectáculo de variedades y ahí sí Violeta aparte de cantar tuvo que hacer de todo. [...] tuvo incluso de bailar - cualquier cosa - hasta mambo le tocó." („wir kamen durch den ganzen Norden [...] Es war ein Varietätenspektakel, und hier musste Violeta nicht nur singen sondern einfach alles machen, [...] sogar tanzen musste sie - alles mögliche - sogar an Mambo musste sie ran."). (Subercaseaux/Londoño, Fn. 26, Zeugnis von Luis Arce, S. 47-48). Sie besuchen eine eindrucksvolle Kette von Ortschaften, gefördert vom Teatro Nacional, um sich in denjenigen Unternehmen zu präsentieren, die sich für „labor de chilenidad" („Pflege chilenischer Tradition") einsetzten, von „el mineral El Tofo" bei La Serena im Norte Chico bis zu den Minen im Norte Grande - „las Oficinas Salitreras, en Coya [Sur], María Elena y Pedro de Valdivia" (S. 48). [Ángel Parra erzählt dieselbe Episode in Violeta se file a los cielos, S. 48-49.] 46 Vgl. Alcalde (Fn. 26), S. 31 und 34; Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 41, und Manns (Fn. 21), S. 25. 47 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 41-42.
Einführung
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das Volk nicht betrügen kann").48 Alles, was sie schreibt, bespricht sie mit Nicanor,49 der sie nicht nur auf diesem Gebiet, sondern auch darin bestätigt, die Lieder, die sie aus ihrer Kindheit kennt, weiterzuspielen. So geht sie die zweite Phase, in der ihr Singen erneut zum Lebensunterhalt wird, entschieden selbstbewußt und mit einer Zielvorstellung an. Zwar bekommt sie — zunächst wieder mit ihrer Schwester Hilda zusammen — nach wie vor nur Gelegenheit, in fondas populares vor einem Publikum zu singen, das ausschließlich die übliche Schein-Folklore erwartet. Sie stellt sich auf dieses Publikum ein. Eine Erfolgsnummer des Duos heißt „Mujer ingrata" („Undankbare Frau"), eine andere, von Violeta komponierte, trägt den in diesem Kontext vielsagenden Titel „Judas": Un beso de traición tú me diste al partir; de Judas tu besar, yo jamás lo creí. [•••] ¿Para qué sirve la vida sin tu amor? No quiero soledad; ningún otro hombre quiero yo. Volverás arrepentido, corazón, y te he de perdonar porque no puedo odiarte, no?"
48 Roberto Parra, ein Bruder Violetas, nach Subercaseaux/Londono (Fn. 26), S. 44. Gonzalez Videla läßt 1948 die KP Chiles verbieten. Viele Parteimitglieder suchen daraufhin Asyl im Ausland, unter ihnen auch Pablo Neruda. 49 Zeugnis von Luis Cereceda in Subercaseaux/Londono (Fn. 26), S. 43. 50 „Einen Verräterkuss / gabst Du mir zum Abschied; / einen Judas-Kuss, / ich glaubte es nicht [...] Was ist das Leben ohne Deine Liebe? / Ich will keine Einsamkeit; / keinen anderen Mann will ich. / Du wirst reuig wiederkommen, Herzliebster, / und ich werd' Dir verzeihen, / weil ich Dich hassen, nein hassen nicht kann." Hilda Parra spricht von einer verloren gegangenen Platte für RCA-Victor (Subercaseaux/Londono, Fn. 26, S. 47). [Tatsächlich findet sich das Lied auf der Platte RCA-Victor-1351 B, 78 Umdrehungen, wahrscheinlich von 1953. Es handelt sich um die zweite bekannte Aufnahme von Violeta und ihrer Schwester Hilda (auf der Seite A zwei cuecas, „La misa de gallo" und „¡Que rica cena!"). Ich zitiere den Text von „Judas" nach http://wwwxancioneros.eom/nc/772/0/judas-violeta-parra. www.cancioneros. com ist ein hervorragendes Archiv der Werke von Violeta Parra.]
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Der Text ist beinahe die Umkehrung von „Undankbare Frau". Er ist
jedoch sehr viel weniger kitschig als das Ambiente — und die Kritik — zu verstehen geben. Die Lebensnotwendigkeit der Liebe ebenso wie die Infragestellung der Geschlechterrollen lassen schon die reife Violeta erkennen. Um ihre Liebe zu bewahren, wird die Frau nämlich nicht eifersüchtig und verurteilt den untreuen Mann, sondern sie vergibt ihm (bemerkenswert ist die doppelte Negation im Kehrreim). Aber an der Seite der an die Mode angepassten Sängerin und der sich herausbildenden Schöpferin sieht man eine andere Violeta mit einem dritten Ziel von lebenswichtiger Bedeutung: die Sammlerin und ihren Versuch, das wenig interessierte Publikum mit der tasächlichen Folklore Chiles vertraut zu machen. Zu diesem Zweck trägt sie festliche Lieder vor, die im weitesten Sinn mit menschlichen Problemen zu tun haben und die den sogenannten „canto a lo humano" bilden. Das Gegenstück ist der „canto a lo divino" aus Anlass von religiösen Feiern wie die Geburt Jesu, Beerdigungen und die Zeremonien zur Verabschiedung aus der Welt von kleinen Kindern, den „Totenwachen für kleine Engel" („velorios de angelitos"). 5 ' Der Erfolg: Man erklärt sie für verrückt. 52 Stellt man sich das folgende Beispiel in der geschilderten Umgebung vor, so begreift man, weshalb: "Por el mundo al revés" El mundo al revés pinta'o yo lo vi en una pintura de penitente vi un cura vi el demonio confesa o Vi a un hombre andar de cabeza y a un toro morder a un perro, sobre una montaña un cerro y un fraile que nunca reza, también vide una princesa desnuda y a pie pela'o, a un santo lo vi "cura'o", las estrellas en el suelo
51
Beispiele in Violeta Parra (Hrsg.), Poésie populaire des Andes, vgl. Fn. 25. Vgl. auch S. 88.
52
Subercaseaux/Londono (Fn. 26), S. 49 und 73; vgl. auch Alcalde (Fn. 26), S. 37.
Einführung y en las alturas del cielo
el mundo al revés pinta'o. Yo vide a un moro rezando y de monja una "chusquiza", al altar diciendo misa, y vi al trono predicando, al fuego lo vi apagando al agua con su luz pura, al mar lo vi sin hondura, p'a testiguar el ejemplo que lo profundo de un templo
yo lo vi en una pintura. Yo vi un jinete ensilla'o y arriba d'él el caballo, y haciéndole huevo al gallo las gallinas se han pilla'o, a un juez lo vi condena'o, en una prisión muy dura, el reo mucho se apura en su código leyendo, un ciego que estaba viendo,
de penitente vi un cura. V i a un hombre que estaba arando con su arado a la cintura y en aquella agricultura los bueyes lo iban picando, la mujer iba sembrando por el aire los sembrados, y en su ser desajera o en Chile estaba la Grecia, y en la puerta de la iglesia
vi el demonio confesa'o. Despedida Por fin un recién nacido a su madre la cargaba, vide un pato que nadaba sin gota de agua en el río,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile después vide que un tullido gobernaba tres naciones, un sordo oyendo canciones y un muerto tiró un balazo, dos guapos vide sin brazos peleándose a bofetones.53
Was denn wohl auch sollte ein „ungebildetes" Publikum mit dem Topos der „verkehrten Welt" anfangen können? „Warum sollte es nicht? Verkehrt genug ist die Welt, in der es lebt; und schließlich sind es .ungebildete Bauern', von denen ich dieses Lied kenne." So hätte Violeta Parra wohl geantwortet, vorausgesetzt, sie hätte den „preguntadónico" ernst genommen. Jedenfalls versteift sie sich in dem Maße, in dem sie auf Widerstand trifft, darauf weiterzuarbeiten. Als sich das D u o Violeta-Hilda 1 9 5 3 trennt, beginnt Violeta damit, systematisch Folklore zu sammeln, zunächst in der näheren Umgebung von
„Über die verkehrte Welt": Die Welt verkehrt gemalt / sah ich auf einem Bild, / den Pfarrer sah ich büßen, / den Teufel ich beichten sah.ll Ich sah einen Mann auf dem Kopf gehen / und einen Stier einen Hund beißen, / auf einem Berg einen Hügel / und einen Mönch, der niemals betet, / ich sah auch eine Prinzessin / nackt und ohne Schuhe, / einen Heiligen sah ich „besoffen", / die Sterne auf der Erde, / und am hohen Himmel / die Welt verkehrt gemalt.// Ich sah einen Mauren beten / und als Nonne ein „Freudenmädchen" / am Altar Messe lesend / und predigend den Thron, / das Feuer sah ich löschen / das Wasser mit seinem reinen Licht, / das Meer sah ich ohne Tiefe, / um das Beispiel zu bezeugen: / die Tiefe eines Tempels / sah ich auf einem Bild.// Ich sah einen Reiter gesattelt / und auf ihm reitend das Pferd, / und während sie dem Hahn ein Ei legten, / stritten sich die Hennen, / ich sah einen Richter verurteilt / in einem harten Gefängnis, / der Angeklagte strengt sich an / bei der Lektüre der Gesetze, / einen Blinden, der sehen konnte, / den Pfarrer sah ich büßen.// Ich sah einen Mann, der pflügte / mit dem Pflug an seinem Leibe, / und in jener Landwirtschaft / trieben ihn die Ochsen an, / seine Frau säte / die Saat in die Lüfte, / und bei diesem verrückten Zustand / lag Griechenland in Chile, / und in der Tür der Kirche / den Teufel ich beichten sah.// Abschied: Schließlich lud ein Neugeborenes / sich seine Mutter auf, / ich sah eine Ente schwimmen / ohne einen Tropfen Wasser im Fluß, / dann sah ich einen Lahmen / drei Länder regieren, / einen Tauben Lieder hören / und einen Toten schießen, / ich sah zwei Raufbolde ohne Arme, / die einander Ohrfeigen gaben. Poésie populaire des Andes (Fn. 25), S. 52flf. [Die cuarteta — den rahmenbildenden Vierzeiler - findet man in Violeta Parra, Cantos folklóricos chilenos (Santiago: Nascimento 1979). Dort wird er dem Liedersänger Antonio Suárez zugeschrieben, „inquilino del Fundo Tocornal" (S. 13, 15; „Tagelöhner auf dem Gut Tocornal"). Violeta selbst verfasste ein Lied in décimas auf der Grundlage dieses Topos: „Auf die verkehrte Welt", Text in Violeta Parra, Poesía, S. 427-428.] 53
Einführung
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S a n t i a g o , s p ä t e r i n a l l e n T e i l e n C h i l e s . 5 4 W i e als S ä n g e r i n ist sie a u c h als S a m m l e r i n v o n Folklore kein Einzelfall. S c h o n vor ihr hatte, freilich aus M o t i ven einer eher musealen Bildung, M a r g o t Loyola d a m i t b e g o n n e n , Lieder aus ganz C h i l e zu s a m m e l n , " u n d vor der Folklore-Welle der 4 0 e r Jahre, auf die w o h l e b e n f a l l s d i e S t i f t u n g e i n e s Preises f ü r d e n b e s t e n F o l k l o r i s t e n e i n e s J a h res ( „ P r e m i o C a u p o l i c a n " ) z u r ü c k z u f u h r e n ist, h a t t e es m i n d e s t e n s d i e I n i t i a tive A c e v e d o s g e g e b e n . A c e v e d o v e r ö f f e n t l i c h t 1 9 3 3 a u s G r ü n d e n d e s s o z i a l e n P r o t e s t s d i e b e r e i t s z i t i e r t e A n t h o l o g i e Los cantores populäres
chilenos
(vgl. F n .
2 7 ) . A b e r w a s V i o l e t a als S ä n g e r i n e h e r d e n E r f o l g s c h w e r m a c h t e — i h r b e t o n t b ä u e r l i c h e s A u f t r e t e n in e i n e r s t ä d t i s c h e n U m g e b u n g 5 6 —, ist i h r i m G e s p r ä c h m i t d e n alten M e n s c h e n a u f d e m L a n d v o n g r ö ß t e m Vorteil. Diese sehen in i h r k e i n e F r e m d e , s o n d e r n e i n e d e r i h r e n . D a „ V i o l e t i t a " w i e sie s e l b s t s p r i c h t , i ß t , s i c h k l e i d e t , j a s c h l i e ß l i c h s i n g t , g l a u b e n sie ihr, w e n n sie v o n i h n e n L i e d e r e r b i t t e t , w e i l C h i l e sie b r a u c h e ; L i e d e r , d i e f ü r d i e s e T a g e l ö h n e r u n d K l e i n b a u e r n i h r L e b e n selbst s i n d — w i e f ü r j e n e n D o n J u a n d e D i o s L e i v a [ G u i l l e r m o Reyes?] a u s B a r r a n c a s , d e r i h r e r z ä h l t : „Ich schwor, nie w i e d e r in m e i n e m Leben zu singen, weil G o t t m i r m e i n e kleine k n u d d e l i g e E n k e l i n w e g n a h m , u n d in der f ü r c h t e r l i c h e n N a c h t , in d e r ich f ü r sie singen sollte, s c h n ü r t e es m i r Brust u n d Kehle zu." O n Leiva [ D o n G u i l l e r m o ] brach seinen Schwur, als ich i h m sagte, das Vaterland b r a u c h e seine Lieder. „ F ü r Sie, Violetita, w e r d e ich das t u n , die einzige die als D i c h t e r i n vorträgt."
57
54
Eine Dokumentation dieser Tätigkeit sind die unter dem Titel Violeta Parra — presente..., ausente... Cantos de Chile erschienenen Platten (Le Chant du Monde, LDX 74572/73). Diese Ausgabe von 1975 basiert auf Einspielungen vom 26. März 1956, mit Ausnahme von El gavilán, die im März 1964 entstand. Die Platten stellen vor allem traditionelle Lieder vor, die sogar die Osterinsel einschließen. 55
Vgl. zu vorherigen Bemühungen zum Sammeln von Folklore Subercaseaux/Londofio (Fn. 26), S. 70-71. [Die Historiker der Volksmusik in Chile González, Ohlsen und Rolle unterstreichen „la labor de Margot Loyola y del grupo .Cuncumén'" als „ centrales en la década de 1950 para definir una plataforma artística desde la cual dar impulso a la renovación de la música de raíz folklórica" (Historia social de la música popular en Chile 1950-1970, S. S I I SI 2; „die Arbeiten von Margot Loyola und der Gruppe .Cuncumén'" als „in den 50er Jahren zentral für die Herausbildung einer künstlerischen Plattform, von der aus die Erneuerung der Musik mit Ursprung im Folklore vorangetrieben werden konnte."] 56
Subercaseaux/Londofio (Fn. 26), S. 46-47. Poésie populaire des Andes (Fn. 25), S. 38. [In Cantos folklóricos chilenos findet sich - mit kleineren Varianten - der gleiche Text (Fn. 53, S. 9). Vor allem aber besteht ein Durcheinander in der Zuschreibung. Das Kapitel - das erste - heißt hier „Guillermo Reyes (,On Guille')", 57
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Hier wird zugleich die Voraussetzung für den Erfolg deutlich, den Violeta in dem Augenblick hat, als ihr Raúl Aicardi, der Direktor von Radio Chilena, 1953 eher zufallig die Gelegenheit für eine Beteiligung an Musiksendungen von Ricardo Garcia gibt. Aus Gesprächen über Folklore mit Beispielen werden dabei allmählich Sendungen, die versuchen, unter Beteiligung der einfachen Leute ganze „Szenen vom Lande" musikalisch zu gestalten. 58 Inhalt, Musik und nicht zuletzt die Stimme Violetas - „una voz un poco gastada, como es la voz típica de la campesina nuestra, una voz baja, con pocas modulaciones" („eine ein wenig verbrauchte Stimme, wie diese typische Stimme unserer Bäuerinnen, eine leise Stimme mit wenigen Modulationen") 5 9 - geben gerade der bisher um ihre Identität betrogenen Landbevölkerung den Eindruck, sich selbst zu hören. Säckeweise, so berichtet Ángel Parra, sei Post in ihre Wohnung geströmt, 60 und Luis Arce hat miterlebt, wie eine Gruppe von wirklichen huasos (im Gegensatz zu den TalmiViehhirten der künstlichen Folklore) sich an ein Radio setzte, um Violeta zu hören. 61 „La jardinera" (s. S. 138) wird zu diesem Zeitpunkt im ganzen Land gespielt — vielleicht auch, weil es sich thematisch nicht allzu weit von dem Gewohnten entfernt, obgleich die strenge Stilisierung der Bilder, die auf den naiven, bei uns ebenso bekannten Kern des Refrains eingestellt ist, und die Umkehrung der Rollen im Verlauf des Liedes inhaltlich und formal einigen Abstand zur normalen Seichtheit sichtbar machen. 1954 erhält sie den „Premio Caupolicán" als beste nationale Sängerin, bald darauf eine Einladung
und auf ihn wird noch dreimal Bezug genommen. Aber der erste Absatz stellt einen "Don Juan de Dios Leiva" als Autor des Zeugnisses vor. Sowohl im Interview mit Mario Céspedes vom 5. Januar 1960 im Hotel Biobio (Concepción) als auch im Vortrag desselben Tages an der Universidad de Concepción spricht Violeta von Juan de Dios Leiva. Die schriftliche Fassung des Interviews findet sich in Marisol García (Fn. 35), S. 45; des Vortrags in El libro mayor de Violeta Parra (Fn. 37), S. 90.] 58 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 74-75. 59 So der Musikwissenschaftler Gaston Soublette, nach Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 76. 60 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 78, und Ángel Parra im Gespräch (24. Februar 1978). 61 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 79. Es soll sich um eine Reaktion auf die Invasion durch „la cultura europea, norteamericana" handeln, die sich z.B. in Adaptationen von musicab wie Oklahoma und South Pacific durch Germán Becker dokumentiere. Um das Zeugnis von Sergio Larrain zu unterstreichen reproduzieren Subercaseaux und Londoño eine Ankündigung von 1955. [Weitere Informationen finden sich im entsprechenden Abschnitt des „Supplements".]
Einführung
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zur Teilnahme am Internationalen Jugendfestival in Warschau. Von Gewissensbissen geplagt („Dejo botá' mi Nación", Décimas, S. 184/Barcelona, S. 317/Valparaíso), die sich noch verstärken, als ihre zweijährige Tochter Rosita Clara bald nach ihrer Abfahrt stirbt, reist sie nach Europa - und bleibt dort zwei Jahre. Geplant war dieser Aufenthalt nicht. Aber es ist möglich, ihn als das Ergebnis einer erneuten Herausforderung Violetas zu interpretieren, selbst wenn die Entscheidung zu bleiben jeden Tag neu getroffen wurde: „Yo creo que se quedó en Europa por romper un poco el destino que tienen los latinoamericanos en un mundo tan cerrado como el de París, donde se los considera subdesarrollados económica y mentalmente" („Ich glaube, daß sie in Europa blieb, um ein wenig mit dem Schicksal zu brechen, das Lateinamerikaner in einer so verschlossenen Welt wie der von Paris haben, wo man sie als ökonomisch und geistig unterentwickelt ansieht").62 Sicherlich wurde ihre Haltung durch die Enttäuschung über die Ablehnung vor allem seitens der chilenischen Auslandsbehörden gestärkt, mit denen sie in den Décimas wie mit Cereceda abrechnet: Oscura la circunstancia par' esta chilena errante, Mendoza muy alarmante me trata con inorancia; alega qu'en la Francia cantoras hay por centenas, que forman una cadena del mar Jónico a l'España, y que París es l'araña de Europa más traicionera. Me mete por una manga y por la otra me saca, me ha formado un alharaca, ministro de la caramba,
62 Enrique Bello, Fernsehdirektor an der Universidad de Chile, nach Subercaseaux/ Londoño, (Fn. 26), S. 93. Angel Parra hebt die „situación bastante confusa" hervor, und als Rechtfertigung der Reise durch Violeta: „nos decía que esto lo estaba haciendo por Chile, por el folklore, por los trabajadores y la música" („sie sagte uns, daß sie dies für Chile, für die Folklore, für die Arbeiter und die Musik mache") (Subercaseaux/Londoño, S. 82-83).
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Violeta Parra. Lieder a u s Chile/Canciones d e Chile repite: N o es ni u n a g a n g a servir de representante de C h i l e p'a sus cantantes, p'a sus pintores y poetas, yo no tengo ni escopeta ni pölvora abundantes/' 3 D a ß ihr „ P r e m i o C a u p o l i c a n " ihr k e i n e B o t s c h a f t s t ü r e n ö f f n e t , m a g sie
b e s o n d e r s d e s h a l b verletzt h a b e n , weil ihr S t o l z r e c h t g r o ß g e w e s e n u n d d u r c h d e n E r f o l g in W a r s c h a u b e s t ä r k t w o r d e n z u s e i n s c h e i n t . 6 4 S o e r f r i s c h e n d d i e N a i v i t ä t ist, m i t d e r sie h i e r — w i e C e r e c e d a g e g e n ü b e r — e i n e r v o r a u s s e h b a r e n R e a k t i o n b e g e g n e t ( e i n E r f o l g i m O s t b l o c k m i t t e n i m K a l t e n K r i e g als „ S e s a m - ö f f n e - D i c h " a u f der chilenischen Botschaft!), so deutlich steht diese H a l t u n g in E i n k l a n g m i t Ä u ß e r u n g e n , d i e a u f e i n e n a u s g e p r ä g t e n W i l l e n ,
63 „Undurchsichtig die Lage / für die fahrende Chilenin hier, / der wirklich empörende Mendoza / behandelt mich mit Borniertheit; / er sagt, daß es in Frankreich / Sängerinnen zu Hunderten gibt, / daß sie eine Kette bilden / vom Ionischen Meer nach Spanien / und daß Paris die tückischste / Spinne Europas ist. // Er läßt mich vorne rein / und wirft mich hinten raus, / er macht einen Riesenaufstand, / der verdammte Botschafter, / er wiederholt: es mache gar keinen Spaß, / als Vertreter zu dienen / von Chile für dessen Sänger, / gegen seine Maler und Dichter / kann man gar nicht genug / an Gewehren und Pulver haben." „Llego a París", in: Décimas (Fn. 36), S. 205-206 (Barcelona), S. 334 (Valparaiso). [Nicht immer waren die chilenischen Diplomaten so unhöflich abweisend gegenüber der Künstlerin. In El libro mayor findet sich eine lobende und herzliche Aussage aus dem Jahr 1962 des damaligen UN-Botschafters Chiles, Ramón Huidobro Domínguez. Zusammen mit seiner Frau lernt er Violeta in einem ihrer Konzerte in Genf kennen: „Tuvimos la sensación de estar en el parque un 18 de septiembre. Violeta afirmaba sus pies en un cajón de madera en el que podía leerse: 'Refinería de Azúcar de Viña del Mar'. (...) El evento terminó con prolongados aplausos y vivas a nuestra compatriota, lo que nos llenó de orgullo" (Fn. 37, S. 148; „Wir hatten den Eindruck, an einem 18. September im Parque [Cousiño/O'Higgins in Santiago] zu sein. Violeta stützte ihre Füße auf eine Holzkiste, auf der zu lesen war: 'Refinería de Azúcar de Viña del Mar'. ... Die Veranstaltung schloss mit anhaltendem Applaus und Hochrufen auf unsere Landsmännin, was uns mit Stolz erfüllte.") Im Folgenden wird eine auf Gegenseitigkeit beruhende Vertrauensbeziehung angedeutet, die auch die öffentliche Provokation durch die Anspielung auf die „Compañía Refinería de Azúcar de Viña del Mar" CRAV nicht verhindert. Die CRAV war nämlich ein Industrieunternehmen, in dem Anarchisten und Kommunisten seit den 20ern erfolgreich aktiv waren (vgl. Brian Loveman, Fn. 13 , S. 171-172). Vgl. auch Photo auf S. 261, mit einer herausgeputzten Violeta in der Botschaft Chiles.] 64 Aussagen von Orlando Rodríguez und Fernán Meza in Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 83. Zum Stolz über den „Caupolicán", vgl. S. 86. Meza und Rodríguez sind Kunstkritiker, die Violeta 1955 auf der Reise zum Festival nach Warschau begleiten.
Einführung
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anders zu sein, allein zu handeln und sich damit durchzusetzen, hinweisen und die immer wieder in ihren Biographien auftauchen. 65 Sie bezeichnen einen kleinbürgerlichen Zug im Charakter Violetas — in Bezug auf ihr Werk spricht Manns von einer „prépondérance par moments du Moi" 6 6 , der sie wohl in das übergroße Unternehmen der „Carpa de la Reina" und in den Selbstmord trieb. Noch sind wir allerdings in Paris, wo Violeta vor allem in Restaurants und Kneipen des Quartier Latin singt. Aber sie bringt es fertig, mit dem Musée de l'Homme Kontakt aufzunehmen, in dessen Auftrag sie eine Reihe von Aufnahmen macht, und am 26. März 1956 werden von der renommierten Plattenfirma Le Chant du Monde die Aufnahmen fur zwei Platten hergestellt.67 Bald danach — im September 1956 - ist Violeta wieder in Chile. Noch in demselben Jahr entsteht die erste Platte einer Serie von vier (1957 abgeschlossen), auf denen sie Folklore de Chile vorstellt; 1957 erscheint außerdem eine Platte mit eigenen Kompositionen, Composiciones de Violeta Parra. Die Hauptarbeit Violetas im Jahre 1957 ist es, im Auftrag der Universität von Concepción ein Museum fur Volkskunst einzurichten, dessen Grundstock an Ausstellungsmaterial sie durch eigene Sammeltätigkeit auf verschiedenen Gebieten zusammenträgt (neben Musik vor allem Keramik und Webkunst). Sie fuhrt ihre Sammeltätigkeit - ohne Unterstützung von offizieller Seite - auf einer langen Reise durch den Norden Chiles und während eines viermonatigen Aufenthaltes auf der Insel Chiloé (Südchile) weiter. [Zusammenfassend kann man also sagen: „Para el mundo artístico e intelectual chileno, Violeta Parra se presentaba como la descubridora de un Chile musical desconocido" (González, Ohlsen, Rolle, S. 385).] In dieser Zeit beginnt sie mit der Komposition ihrer Décimas, die erst 1970 veröffentlicht werden. Während einer langen Krankheit entdeckt sie auch die Arbeit mit Keramiken, Bildern und Wandteppichen. Schließlich entstehen einige Filmmusiken und die Platte Toda Violeta Parra mit „Yo 65 Subercaseaux/Londono (Fn. 26), S. 39, 50, 89; Alcalde (Fn. 26), S. 25, 27. [Der Liederdichter Osvaldo Rodriguez beschreibt eine heftige Eifersuchtsszene zwischen Violeta und Gilbert Favre (Cantores que reflexionan, Madrid: LAR, 1984, S. 41).] Die Charakterisierung durch Meza ist vielleicht am Drastischsten: „Tatsächlich war ihr Verhalten ein wenig aufdringlich. Hier kommt die Violeta Parra! Hier ist die Violeta Parra! Immer in der dritten Person, Egozentrik des Künstlers - dachten wir. Das ging so weit, daß wir, ihre Freunde, sie nachmachten, sie aufzogen (Subercaseaux/Londono, p. 83). 66 67
Manns (Fn. 21, S. 52 und Fn. 23, S. 71). Vgl. Fn. 54 und Subercaseaux/Londono (Fn. 26), S. 90-91.
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
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canto la diferencia" (i960). [Die Musik fíir die ersten Kurzfilme von Sergio Bravo, Pionier und Begründer einer Kinokunst in Chile, ist ein Zeugnis fur die perfekte Harmonie zwischen den beiden schöpferischen Menschen. Der in diesem Buch abgedruckte Brief von Bravo spiegelt die Begeisterung wider, mit der sie Mimbre (1957) und Trilla (1958) schufen. Insbesondere Mimbre („Korbweide") feiert die Handarbeit des Korbflechters „El Manzano" als Kunst, in der Verbindung von beinahe abstrakten Bildern und einer schnellen Montage von ständig wechselnden Formaten. Gleichzeitig stellt der dokumentarische Kurzfilm in seinen neun Minuten ohne ein einziges Wort ein Manifest zur Filmkunst dar. Die Musik — die Gitarre — Violetas greift in voller Ubereinstimmung mit dem Projekt nicht auf eines der traditionellen Lieder zurück. Sie vervollständigt vielmehr die Bilder Bravos mit einer Musik, die Züge der künstlerischen Avangarde trägt. Ihr interessantester Beitrag ist dabei, nach Olivia Concha Molinari, „el despliegue divergente de lenguajes armónico y melódico" („die gegenläufige Entfaltung harmonischen und melodischen Ausdrucks"): Se está en presencia de un músico que incorpora escalas arcaicas como modales, presentes en el repertorio campesino e indígena y que, a la vez, incursiona en la apertura y ampliación de la tonalidad.68 Auf derselben Linie einer Suche nach Synthese von wiederentdeckter Folklore und künstlerischer Avantgarde ist El gavilán (Der Sperber) angesiedelt, der Entwurf eines Ballets, an dem Violeta seit dem Ende der 50er arbeitet. Violeta trägt den ersten Teil dieses Stücks am 5. Januar i 9 6 0 im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Universidad de Concepción vor — der einzigen existierenden öffentlichen Vorführung.] Wie im Kontrast zu ihrem Versuch im künstlerischen Feld der europäischen Avantgarde entsteht aus Anlaß der 150 Jahre Unabhängigkeit Chiles von Spanien, also i960, ihr erster art poétique, „Yo canto la diferencia". Das Lied kann doppelt gesehen werden: zum einen als nüchterne, von Glorifizierung absehende Identifikation mit der eigenen Herkunft und zum anderen als Einforderung einer unkomplizierten Kunst „al servicio del pueblo" („im
68
Olivia Concha Molinari, „Violeta Parra, compositora" (1995), S. 75: „Wir begegnen
einer Musikerin, die archaische Tonleitern wie die modalen aufgreift, die im ländlichen und indigenen Repertoire gegenwärtig sind, die aber gleichzeitig mit der tonalen Öffnung und Erweiterung experimentiert."
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Dienste des Volks") wie ihr Sohn Ángel fast ein Kalbes Jahrhundert später
sagen wird (Violeta se fue a los cielos, S. 122): Yo canto a la chillaneja si tengo que decir algo, y no tomo la guitarra por conseguir un aplauso. Yo canto la diferencia que hay de lo cierto a lo falso. De lo contrario no canto. (S. 146) Eben 1 9 6 0 lernt sie zufällig den Schweizer Gilbert Favre kennen, der auf einer archäologischen Studienreise nach Chile gekommen war und dem man empfohlen hatte, unbedingt Violeta Parra zu hören. 69 Aus dem Zufall entwickelt sich eine Beziehung, die die letzten Jahre ihres Lebens bestimmt hat. Jeder — so Angel Parra — öffnet dem anderen eine neue Welt. Als Favre sich 1 9 6 6 endgültig von Violeta trennt — diese Trennung ist eines der auslösenden Momente für ihren Selbstmord —, arbeitet er als Leiter einer FolkloreGruppe in Bolivien. Mit „Gilbertito" tritt sie 1 9 6 1 über Argentinien ihren
69 Zu ihrer Beziehung ist relativ wenig bekannt. Vgl. Subercaseaux/Londofio (Fn. 26), S. 96-98, vor allem die Aussagen von Angel. [Ihm verdanken wir auch eine vom tiefen Verständnis eines nahen Freundes und eines liebevollen Sohns geprägte Darstellung. Ausgehend von der Geburtstagsfeier seiner Mutter am 4. Oktober 1960, auf der sich beide zum ersten Mal sahen, faßt er zusammen: „Celebraron intensamente, querían conocerse, se integró rapidito. Interesados en avanzar juntos, sin plazos ni fechas. Cinco años para descubrir un mundo extraño" (Violeta se fue a bs cielos, S. 19; „Sie feierten ordentlich, wollten sich kennenlernen, er paßte sich schnell ein. Zusammen wollten sie voran kommen, ohne Fristen und Termine. Fünf Jahre, um eine fremde Welt zu entdecken."). Fi sind jedoch zweifellos die Briefe Violetas, zum Teil zugänglich durch El libro mayor, die ein wenig Einblick in die normalerweise versteckte Intimität einer gleichzeitig bedingungslosen und fordernden leidenschaftlichen Liebe gewähren: „Este cementerio que es la vida, a cada momento me muestra sus nichos y sus cruces. Y como tengo mucho miedo, te llamo para que me tomes de la mano y me ayudes a pasar por este puente peligroso. (...) ¿Dónde está mi Chinito? ¿Quién es mi Chinito? Quiero ver a mi Chinito, quiero pegarle. Quiero meterle los dedos ahí, detrás de los dientes. Ahí está calientito. - ¡Chinitoooooo! - Yo soy tuya" (Brief 1963, Libro mayor, S. 179); „Dieser Friedhof, der das Leben ist, zeigt mir jeden Augenblick seine Grabnischen und Kreuze. Und weil ich viel Angst habe, rufe ich nach Dir, damit Du meine Hand nimmst und mir hilfst, diese gefährliche Brücke zu queren. ... Wo ist mein Schätzchen? Wer ist mein Schätzchen? Ich will mein Schätzchen sehen, will es schlagen. Will ihm die Finger dahin stecken, hinter die Zähne. Wo es hübsch heiss ist. - Schääätzchen! - Ich bin Dein."]
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
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zweiten, vierjährigen Europa-Aufenthalt an; Anlaß ist wiederum ein Internationales Jugendfestival (1962 in Helsinki). Die folgende Zeit verbringt sie zumeist in Paris und in der Schweiz (Genf, Lausanne). Es entstehen in dieser Periode die meisten ihrer engagierten Lieder, was zu der Legende gefuhrt hat, „La carta" sei das erste ihrer politischen Lieder.70 Sicher scheint zu sein, daß die Existenzbedingungen in Europa ihr politisches Verständnis geschärft haben. Ihre Arbeit steht nach wie vor eher am Rande des offiziellen Kulturbetriebes — aus den Kneipen des Quartier Latin kommt sie selten heraus. Zwar findet sie schließlich in der Schweiz eine gewisse Anerkennung, und ihre Teppiche kann sie 1964 in Paris im Louvre ausstellen - etwas, was vor ihr noch kein bildender Künstler Lateinamerikas erreicht hatte. Bei Maspero erscheint die bereits zitierte Sammlung Poésie populaire des Andes. Aber trotz dieser Möglichkeiten empfinden sie und ihre Kinder Angel und Isabel die Arbeit eher als Prostitution. 71 Als mit dem Regierungsantritt Freis 1964 eine größere Bewegung in die politischen Verhältnisse Chiles kommt, kehren zunächst Angel und Isabel nach Hause zurück. Es gelingt ihnen, 1965 die „Peña de los Parra" einzurichten, einen Treffpunkt von engagierten Folkloristen, in dessen Rahmen sie unabhängig von den Zwängen des Nur-Geldverdienens nach eigenen Vorstellungen arbeiten können. Die „Peña", zentral gelegen und unterstützt von vielen Intellektuellen sowie vor allem Studenten, wird ein Erfolg. Violeta, die 1965 zurückkehrt, entwickelt, wohl mit der relativen Anerkennung in Europa als zusätzlicher Motivation, den Plan fur eine „Universidad popular del folklore". In einem der gehobenen Außenviertel von Santiago, La Reina, bekommt sie von der Gemeindeverwaltung unter ihrem Bürgermeister Fernando Castillo Velasco ein Grundstück zugewiesen, auf dem sie mit der finanziellen Unterstützung ihres Freundes Sergio " Q u e c o " Larraín ein festes Zirkuszelt einrichtet — „La Carpa de la Reina" (dem auch ihre vorletzte Platte den Titel verdankt). Neben ihrer eigenen Musik will Violeta hier anderen 70
Vgl. Barraza (Fn. 22), S. 35f. und Martinez Reverte (Fn. 28), S. 15. [Paula Miranda
ist diesem Muster treu. Sie unterscheidet nämlich als eigenständigen Abschnitt „ 1 9 6 0 - 1 9 6 4 : Los cantos revolucionarios y Francia"; in: Paula Miranda Herrera, La poesia de Violeta
Parra,
Santiago: Cuarto Propio, 2 0 1 3 , S. 86-97. Ihr zufolge ist „ H a c e falta un guerrillero", das sie auf 1957 datiert, das erste Lied mit einem „sozialen und politischen T h e m a " (S. 84), „contrahegemönica" (S. 92). Ihre Studie durchzieht ein Wille, den politisch-sozialen . A n s p o r n " („impulso") zu minimisieren. Vgl. „Supplement", auch zur Datierung des Liedes.] 71
Angel Parra im Gespräch (24. Februar 1978). Z u m Verhältnis von Auslandserfahrung
u n d Kreativität vgl. M a n n s (Fn. 21, S. 51 und Fn. 23, S. 68-70).
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Gruppen und Sängern Gelegenheit zur Arbeit geben, will Gesangs-, Tanzund Keramikkurse abhalten und abhalten lassen. Eine Reihe von Bekannten und Künstler-Kollegen scheinen ihr auch zugesagt zu haben. Aber da ihr keine finanziellen Mittel zur Verfugung stehen, bleibt es bei den Zusagen, ohne daß sie realisiert werden. Als ein großes Problem erweist sich die Lage der „Carpa". Da man sie praktisch nur mit dem Auto erreichen kann — vom Zentrum Santiagos aus gibt es nur eine Busverbindung (45 Minuten Fahrzeit) —, ist sie von dem einfachen Publikum, mit dem sie hätte rechnen können, abgeschnitten. Schließlich entstehen Violeta Schwierigkeiten mit der Gemeindeverwaltung, die politisch motiviert sind.72 Der Mobilisierung größerer Bevölkerungsteile aufgrund der sozialreformerischen Vorsätze der Frei-Regierung folgt sehr schnell die Repression. Frei persönlich soll Ricardo Garcia — mit dem Violeta ihre ersten Radiosendungen gestaltete - angerufen haben, um die Sendung eines Liedes von Rolando Alarcón zu verhindern, einem „animador" der „Peña" und einer der Gestalter der Nueva Canción Chilena. Die Parras werden bald von den Medien ignoriert. Violeta wird aus fadenscheinigen Gründen der Strom gesperrt, die „Carpa" wird regelmäßig durchsucht.73 Es ergibt sich die paradoxe Situation, daß Violeta Parra ein Publikum haben könnte, von diesem aber durch politischen Druck einerseits, durch ihre persönlichen Vorstellungen andererseits ferngehalten wird. Diesen Widerspruch politisch zu lösen — im eigentlich konsequenten Verzicht auf ein eigenes Publikum im Zusammenschluß um die „Peña" — scheint weder ihr noch ihren Freunden möglich gewesen zu sein.74 Ein weiterer Faktor der existentiellen Krise Violetas mag die Welle der "Massenfolklore" gewesen sein, mit der gleichzeitigen starken Einwirkung von englischsprachigen Sängern — z.B. Pete Seeger (in Chile eingeführt von dem Jugendstar Fresia Soto), Paul Anka, Bob Dylan oder Ringo Starr — und dem Erstarken der Nueva Canción Chilena, vertreten durch alle bereits genannten — Angel und Isabel Parra, Alarcón, Jara, Manns — und viele andere. Die Konkurrenz mit beiden Phänomenen und der falschen Folklore dürfte immer schwieriger geworden sein. Diese Probleme verbinden sich mit dem zusätzlichen Druck der Auflösung ihrer Beziehung zu 72 Manns (Fn. 21, S. 48-49 und Fn. 23, S. 66) und Subercaseaux/Londoño (Fn. 26, S. 116). [Fernando Sáez schildert das Abenteuer der Carpa im Detail, beachtet jedoch nicht die politischen Umstände (La vida intranquila, 1999, S. 147-157).] 73 Vgl. Fn. 72. Das Lied von Alarcón ist „Se olvidaron de la patria" (1966). 74 Vgl. Manns (Fn. 21, S. 50 und Fn. 23, S. 67-68).
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Favre, die im übrigen auch unter einem der fiir Violeta so typischen Widersprüche gestanden haben muß: dem zwischen einem großen Bedürfnis nach Zärtlichkeit und der Unfähigkeit, diese in einer Zweierbeziehung aufrecht zu erhalten. 75 In dieser Lage versagt ihr mächtiger Lebenswille. A m 5. Februar 1967 erschießt sie sich in der Carpa de la Reina.
III Widersprüche sind in der Tat eines der Kennzeichen des Werkes von Violeta Parra. 76 D e m D a n k für ein erfülltes Leben („Gracias a la vida") steht die Verdammung alles Lebendigen und Toten gegenüber („Maldigo del alto cielo"). Scheinbar fraglos akzeptierte Elemente christlicher Religiosität — z.B. in den décimas auf ihre Tochter Rosita Clara, in „Volver a los 1 7 " oder in „Cantores que reflexionan", ihrem zweiten „arte poético" - verbinden sich mit einer scharf reflektierten Religions- und Gesellschaftskritik, die mit ebendiesen Elementen der Religiosität arbeitet („Rin del angelito"). In „La carta" führt dies zu der nur halb ironisch wirkenden Dankesbezeugung: [...] tengo nueve h e r m a n o s fuera del q u e se m e engrilló, los nueve son c o m u n i s t a s con el favor de mi D i o s , sí.
Persönlichste Liebesdichtung („Run-Run se fue pa'l norte") findet sich Seite an Seite mit der politischen Satire („Mazúrquica modérnica"). D a die chilenischen Faschisten („perdóneme el auditorio, / si ofende mi claridad") N a m e n und Lieder Violeta Parras nach dem September 1973 nicht totschweigen konnten, 7 7 haben sie diese Widersprüche dazu genutzt,
75 „necesito tanto cariño" schreibt sie 1965 in einem von Subercaseaux/Londoño zitierten Brief ohne Angabe des Adressaten (Fn. 26, S. 103); vgl. dort auch S. 119-120. Fragmente dieses Briefs auch in Libro mayor, S. 194 und 198. 76 Vgl. S. 63; Widersprüche z.B. zwischen Sicherheit und Unsicherheit, Subjektivität und Objektivität, Konservatismus und Progressivität. 77 Subercaseaux/Londoño (Fn. 26), S. 131, zitieren eine Notiz aus EI Mercurio vom 2. Oktober 1973: „Las ex-poblaciones Luis Emilio Recabarren y Violeta Parra, pasaron a denominarse con el nombre de Población Brigadier Luis Cruz Martínez": „La resolución fue motivada como manera de hacer justicia a los valores propiamente nacionales y dar término a las
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um ihr Werk zu halbieren und ihm dadurch seine Bedeutung zu nehmen. So enthält eine 1976 in Santiago erschienene Ausgabe (mit weiteren Auflagen) 78 nicht eines der politischen Lieder, abgesehen von „Cantores que reflexionan", dessen politischer Inhalt aufgrund seiner schwierigen, absichtlich konfus-esoterischen Bilder der ersten Strophen am leichtesten überlesen werden kann. Sicher nicht ohne Absicht werden auch Violetas eigene Kompositionen mit von ihr gesammelten Liedern vermischt. Die Einleitung nimmt sie für jenen nostalgisch-konservativen Agrarnationalismus in Anspruch, den sie gerade zu überwinden hoffte. [...] al fenómeno urbano, inestable y apresurado, que lleva y trae cosas sancionadas por la moda y el momento, hay que oponer ese otro hecho cultural que es la canción conservada en el seno de las familias, de los pueblos o del campo, donde se sienta como el fondo de un vino generoso el espíritu mismo de la sociedad nacional.79 Nichts liegt Violeta Parra ferner als ein derartiger kultureller Geisterkampf zwischen Stadt und Land. Dieser Gegensatz existiert für sie nicht. Stadt und Land sind in gleicher Weise von Unmenschlichkeit bedroht, Santiago ebenso wie Chiloé („Santiago, penando estás" und „Según el favor del viento"). Wenn sie die ursprüngliche ländliche Folklore pflegt und in eigenen Kompositionen umsetzt, so geschieht dies in einer doppelten Absicht. Zum einen, um eine bedrohte Tradition zu retten — das Land ist eben nicht in der harmonischen Ordnung, von der die Pseudo-Folklore und konservative Politiker designaciones políticas, tanto extranjeras como del país." („Die ehemaligen .poblaciones' Luis Emilio Recabarren und Violeta Parra wurden in .Población Brigadier Luis Cruz Martínez" umbenannt, um den wirklich nationalen Werten gerecht zu sein und mit den ausländischen und inländischen politischen Bezeichnungen Schluß zu machen.") Angel berichtete im Gespräch, diese Änderung habe sich nicht durchgesetzt. 78
21 son los dolores - Antología amorosa, Hg. Juan Andrés Piña (Santiago, 1976, 1000 Exemplare, Zweite Auflage 1977, 1500 Exemplare). Der Umschlagtitel lautet: Violeta Parra, 21 son los dolores (ohne Zusatz!). Auf S. 20 der Einleitung wird eine Strophe aus „Según el favor del viento" zitiert (ohne nähere Angaben). 79 „[...] dem Phänomen der Stadt, das, schwankend und gehetzt, die der Mode und dem Augenblick unterworfene Dinge hin- und herbewegt, muß jener andere Kulturgegenstand entgegengestellt werden, das Lied nämlich, das im Schoß der Familien in den Dörfern oder auf dem flachen Land aufbewahrt wurde, in dem man - so wie die Blume eines großen Weines - ganz den Geist der nationalen Gesellschaft spürt." (Fn. 78) S. 24. Es handelt sich um ein Zitat des Volkskundlers Tomás Lago als Beleg fiir die „fundación musical de Chile" (S. 23) durch Violeta.
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schwärmen; zum anderen, um den unterdrückten Teilen des Volkes — auch gegen deren entfremdeten Willen — die eigenen schöpferischen Kräfte zu verdeutlichen. Gerade um sie betrügt die in Anpassung an das Regime betriebene ideologieträchtige Halbierung des Werkes die Mehrheit des chilenischen Volkes erneut. Denn aufgehoben sind die Kräfte nicht in einer erfundenen Bodenständigkeit, sondern in der eingangs beschriebenen Widersprüchlichkeit, hier zwischen Gleichzeitigkeit von Tradition als kreativer Kultur und der als zerstörerisch empfundenen Modernität. Diese Widersprüchlichkeiten machen die Größe der Chilenin und ihre Glaubwürdigkeit aus — ihren Realismus, wenn man so will. Die Widersprüchlichkeit nämlich ist der persönliche Ausdruck einer als unhaltbar und zutiefst widersprüchlich erfahrenen gesellschaftlichen Situation. Der Vermittlungspunkt zwischen persönlicher Erfahrung und gesellschaftlicher Situation ist der Verlust der Liebe. Lieblosigkeit ist von „La jardinera" — ihrem ersten größeren Erfolg (1952) — bis zu „La lavandera" - dem letzten von ihr gedichteten Text (1967) - die thematische Konstante. Sie beinhaltet weit mehr als die traditionelle Thematik des Liebesschmerzes, denn der Umkreis persönlichen Gefühls (das prinzipiell selbstverständlich nicht weniger an Gesellschaft gebunden ist) wird in „Santiago, penando estás" weit überschritten: Mi pecho se halla de luto por la muerte del amor, en los jardines cultivan las flores de la traición, oro cobra el hortelano que va sembrando rencor. Por eso llorando estoy.
Die ganze Welt leidet unter dem Tod der Liebe. „Traición" ist das Schlüsselwort, das die überall — im privaten wie im öffentlichen Leben, die so nicht mehr als im Gegensatz stehend erscheinen — wirkende Kraft bezeichnet, die Geldgier, Ungerechtigkeit, Vernichtung von Schönheit, Gewalttätigkeit, Gleichgültigkeit und Anonymität erzeugt, eine lebenswerte Welt verdammungswürdig erscheinen und Liebe zu „porquería" werden läßt:80 80 Vgl. „Santiago, penando estás", „Un río de sangre", v. 4, und „Maldigo del alto cielo", v. 65. Schon in ihrem 1953 aufgenommenen Lied „Judas" ist das Wort „traición" zentral (vgl. Fn. 50).
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quemas el árbol del amor, dejas cenizas al pasar.8' Im Gegensatz dazu ist Liebe die Kraft des Guten schlechthin. In der cueca „De cuerpo entero" umfaßt sie Körper und Seele in einer oft geleugneten Einheit. Noch in der Form der cueca recortada (mit Kürzung der letzten Silbe jeden Verses) ist eine derartige Trennung als künstlich gekennzeichnet (w. 1-8). Der Gegensatz von Sinnlichkeit und Geistigkeit hebt sich in den folgenden Versen auf, und der letzte Vers, der die Lösung des Pseudoproblems enthält, wird zum Titel. Und in „Gracias a la vida" ist sie das bindende Element zwischen Individuum und Nächstem, zwischen Frau und Mann in der Gemeinschaft von Mitmenschen (w. 5, 10, 15). Das ausdrücklich als liebend bezeichnete „Ich" der ersten drei Strophen tritt dabei in den beiden folgenden hinter dem „Du" zurück, um in der letzten Strophe im gemeinsamen Gesang aufzugehen. Aber selbst dort, wo die Liebe nicht mehr wörtlich benannt wird, ist sie in der ausnahmsweise in jeder Zeile wiederkehrenden Assonanz (a-o) aufgehoben. Das im Vortrag lang ausgehaltene „tanto" des jeweils ersten Verses jeder Strophe, die Assonanz, die in der letzten Strophe zum Vollreim wird und das in den Schlußversen dieser ruhigen Hymne dreifach wiederholte Reimwort „canto" verweisen bereits auf die Einbeziehung des Publikums und der Welt in den letzten Versen. Der umarmende Binnenreim — „canto" zu Beginn und am Ende von w. 30 und 31 - macht die allumfassende Harmonie vollständig.82 [In ihrer Historia social de la música popular en Chile weisen González, Ohlsen und Rolle auf die "Bemühungen um Verschmelzung" ("gestos de fusión", S. 385) von Violeta aufmerksam. In „Gracias a la vida" wirkt diese Tendenz im Gebrauch der Instrumente und der Rhythmen. Der charango ist ein Instrument andinen Ursprungs, das hier mit der sirilla kombiniert wird, einem Tanz, der eben von Violeta auf ihrer Reise durch Chiloé wiederentdeckt wurde (1958). Die sirilla ihrerseits geht auf die spanische seguidilla arabisch-mittelalterlichen Ursprungs zurück („se deriva de la seguidilla española, forma poética, coreográfica y musical de origen arábigo medieval" (S. 339). Diese spezifische kulturelle Dichte
„Cantores que reflexionan", w. 11-12. Violeta Parra bedient sich meistens der Assonanz in den Versen gerader Zahl (nach herkömmlichem Muster des spanischen romance-Verses). Dieser feste Rahmen steht im Gegensatz zu den extrem freien Rhythmen. Vgl. Luis Advis in Gitarre des dämmernden Morgens (Fn. 1, S. 155). 81
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unterstreicht noch einmal die Tiefe des „canto de todos que es mi propio canto" (v. 31).] Allerdings ist es ein privilegierter Moment, in dem „dicha y quebranto" als Einheit der Lebensfiille begriffen werden können, utopisch insofern, als er die Überwindung der durch die zweite, gesellschaftliche Natur des Menschen gesetzten Schranken als in der Liebe gelungen anzusehen scheint und den Menschen nurmehr mit den Problemen konfrontiert, die aus seiner Gebundenheit an die Existenz als Teil einer unvollkommen beherrschten Natur entstehen. Als solchen alles verwandelnden Moment beschreibt „Volver a los 17" das Ereignis Liebe: Todo lo cambia el momento: cual mago condescendiente, nos aleja dulcemente de rencores y violencias, sólo el amor con su ciencia nos vuelve tan inocentes. (w. 25 ff.) Das Lied, das mit seiner Thematik bei schlagergeschädigten Europäern sicher mit Vorurteilen zu kämpfen hat,83 wirkt durch die strenge Form (décimas)M, die durchgehaltene Einfachheit der Bilder (der Himmel hängt eben nicht voller Geigen, sondern ist mit Ringen geschmückt!) und die beinahe mystischen Nuancen: Im Bild des Regenbogens wird der biblische Pakt zwischen Gott und Mensch (Genesis, 9), der in der spanischen Wendung (v. 13) noch direkt angesprochen ist — „el arco de las alianzas" ist eine relativ gebräuchliche Bezeichnung des Regenbogens — , auf eine menschliche Beziehung übertragen. Der Vortrag unterstützt diese Nuancen. Der Text spricht im übrigen von einer vollzogenen Verwandlung (und nicht von einem nostalgischen Wunsch nach dem Motto „man müßte noch mal 20
83 Ich spiele auf evergreens wie „17 Jahr, blondes Haar" von Udo Jürgens (1965) an oder auch auf „Man müßte noch mal zwanzig sein" (1958) mit dem zweiten Vers „und so verliebt wie damals". Von Peter Kraus stammt „Mit siebzehn" (1958) mit so unvergeßlichen Versen
wie „Mit siebzehn, mit siebzehn, / ja mit siebzehn/ träumt man noch vom großen Glück / und Liebe auf den ersten Blick". 84
Grundsätzliches bei Rudolf Baehr, Spanische
Verslehre auf historischer
Grundlage,
Tübingen 1962, S. 212ff. Die décimas, in denen Violetas „Autobiographie" geschrieben ist, kommt aus einer ehrwürdigen spanischen Tradition. Das berühmteste Beispiel ist wohl der in décimas verfaßte Monolog Segismundos am Ende des 2. Akts von Calderóns La vida es sueño.
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sein"; s. Fn. 83). Die Verwandlung durch Liebe macht wieder empfänglich für Welt — das Nest, in das der Regenbogen dringt, ist nicht nur Symbol der Geborgenheit, sondern auch der Zurückgezogenheit. D i e Liebe aber macht auch bereit zur Veränderung, die nun freilich auch verletzlich macht: volver a ser de repente tan frágil c o m o u n s e g u n d o , ( w . 5-6)
Ist der magische M o m e n t vorüber oder verpaßt, dann nützt keine Beschwörung, sondern nur der Rückzug auf sich selbst. D i e Schutzlosigkeit der nicht mehr erwiderten Liebe ist Gegenstand von „Pupila de águila" und „RunRun se fue pa'l norte", das die Gleichgültigkeit erloschener Liebe in den hilflosen Gesten vor dem Schmerz des anderen zeigt. O h n e Liebe ist Leben kaum möglich. Wenn in den zuletzt angeführten Liedern Liebe als etwas Magisches, Irrationales erscheint, so ist doch gleichzeitig die Tatsache zu betonen, daß sie es ist, die Erkenntnis erst ermöglicht: Im Nächsten erschließt sich die Welt, Liebe macht nicht blind, sondern sehend. Tod der Liebe ist gleichbedeutend mit der hartherzigen Indifferenz, die in „Santiago, penando estás" dargestellt wird. D a m i t scheint sich allerdings ein Teufelskreis abzuzeichnen, aus d e m eben doch nur ein Wunder heraushelfen kann. Weil es keine Liebe gibt, herrscht die Lieblosigkeit, und weil sie herrscht, kann es keine Liebe geben. Allein moralische Appelle wären in diesem Fall noch möglich. Gelegentlich finden sich in der Tat auch nur moralische, tatsächliche gesellschaftliche Kräfte verdeckende Untertöne. 8 5 Aber Violeta ist von der täglichen Erfahrung von Klassengegensätzen geprägt. D a r u m ist sie vor allem Rationalistin. Sie sieht Menschen am Werk, die leben wollen und daran von anderen Menschen gehindert werden. Der am Ende jeder Strophe von „Porque los pobres no tienen" wiederholte Vers konzentriert diesen Gegensatz in der Gleichzeitigkeit von Entrüstung über die Behandlung der Armen und Staunen über die Möglichkeiten des Lebens: ¡ Q u é cosas tiene la vida, zambita! (Was gibt's nicht alles im Leben, ja r u n d geht's!)
85 Etwa in „Yo canto la diferencia", w. 31-32, und in „Santiago, penando estás", das eine nicht unproblematische Idyllisierung des 18. Jahrhunderts enthält (w. 22-32).
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Das „Gracias a la vida", das am Anfang jeder Strophe des gleichnamigen Liedes wiederholt wird, ist in gewißer Weise die optimistische Fortsetzung von „Porque los pobres no denen". Liebe gehört zu seinen Möglichkeiten ebenso wie Ausbeutung. Liebe ist für alle Menschen lebensnotwendig, Ausbeutung zerstört Leben im Interesse einiger weniger. Liebe m u ß daher, wenn sie sich durchsetzen will, genau wie Leben, das sich entfalten will, politisch werden — was ein Gegensatz schien, hebt sich in einer notwendigen Einheit auf, in der Liebe Politik und Politik Liebe ist. Selbstverständlich löst diese widersprüchliche Einheit nicht die Probleme, die sich aus der aufgezwungenen, aus entfremdeter Arbeit resultierenden Trennung von Individuum (Privatheit/Liebe/Muße) und Gesellschaft (Öffentlichkeit/Politik/Arbeit) ergeben — eine Erfahrung, die Violeta ebenso gemacht hat wie die Erfahrung der Zerstörung des Individuums durch Gesellschaft (in ihrer Ehe mit Cereceda und der komplexen Beziehung zu Favre zum einen, zum anderen z.B. im Tod ihres Vaters). Aber es wird deutlich, daß das Ineinander von Persönlichem und Politischem in ihrem Werk kein Zufall, sondern einheitlicher Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation ist, in die die Spaltung des Individuums in ein gesellschaftliches und ein privates zwar hineingetragen, aber als künstlich erfahren wird, weil man sie sich nicht leisten kann. Weil das persönliche Leiden als gemeinsames Leiden an einer nicht als Schicksal hinnehmbaren Gesellschaft erfahren wird, schlägt die individuelle Betroffenheit um in gesellschaftlichen Protest. Daß Lebenszerstörung und Ausbeutung als Klasseninteresse begriffen werden (selbst wenn das Wort „Klasse" nirgends fallt), ist ebenso eine Konstante Violetas wie das Leiden an fehlender Liebe. In „La lechera" (1956; s. „Kommentar"), dem ersten explizit engagierten Lied, das bisher bekannt ist und in dem eine Tagelöhnerin um ihr Leben kämpft, heißt es in dem lakonischen Refrain: Inquilino y patrón dos cosas son con distinción; inquilino y patrón, oro y terrón. (S. 140, Kehrreim) In „Porque los pobres no tienen" ist nicht nur von den Armen und ihren Ängsten die Rede, sondern vom Gegensatz von Kapital und Arbeit (w. 29ff.), der in „AI centro de la injusticia" (1966) das Bild Chiles bestimmt.
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Meist ist dabei die persönliche Erfahrung oder Betroffenheit direkt ausgedrückt („Yo canto la diferencia", „ ¿ Q u é dirá el Santo Padre?", „Al centro de la injusticia" u.a.). Aber die Subjektivität der Erfahrung nimmt ihr nichts von ihrer Objektivität, sondern verstärkt im Zusammenspiel von Bericht, E m pörung und Anklage die Glaubwürdigkeit der Aussage. „Y arriba q u e m a n d o el sol" möge hier als Beispiel dienen. Unmittelbarer Anlaß für seine Entstehung ist Violetas Reise in den Norden 1958, und wie ein Reisebericht ist das Lied aufgebaut. D i e Probleme des Bergbaus sind ihr — mindestens über die Salpeterprobleme — so bekannt wie jedem Chilenen. D a s Massaker von lquique (1907, von Pezoa in dem erwähnten „La Pampa" behandelt), bei dem mit größter Wahrscheinlichkeit 2 2 0 0 Arbeiter erschossen wurden, ist, nach Lühr, „auch außerhalb der Arbeiterschaft mit der Vorstellung eines nationalen Traumas" verbunden. 8 6 Violeta ist überzeugt, daß ihre Lieder im Norden gebraucht werden: Mañana me voy pa'l Norte a cantarle a los Nortinos. (Morgen fahre ich nach Norden um den Nördlichen zu singen).87 Der Schock, den die unmittelbare Erfahrung auslöst und sie verstummen läßt, ist in der ersten Strophe eingefangen. D i e folgenden Strophen beschreiben den alltäglichen Schrecken einer gnadenlos Menschen und Natur ausgelieferten Existenz, was zu der Feststellung führt:
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Lühr (Fn. 5), S. 130. D i e Zahlen schwanken zwischen 195 und 3 6 0 0 Toten, wobei die
Zahl 2 2 0 0 die am ehesten akzeptierte ist. Die hier verwendete Zahl 3 6 0 0 wurde durch die G r u p p e Q u i l a p a y ú n und die Cantata popular Santa María de lquique ( 1 9 7 0 , K o m p o n i s t Luis Advis) popularisiert. N i e m a n d scheint zu bezweifeln, daß es sich u m ein außergewöhnliches Massaker handelt. 87
„Mañana m e voy pa'l norte", Text nach einer Cassette von Angel Parra, die die A u f n a h m e
einer Platte mit dem Titel Una Chilena en Paris enthält. Ich konnte diese Platte nicht näher identifizieren (vielleicht anderer Titel für die von Alcalde erwähnte Platte Recordando a Chile von 1965; vgl. Alcalde, Fn. 26, S. 12). Hier auch die besprochene Version von „Y arriba quem a n d o el sol". [Tatsächlich heißt die Platte Viokta Parra (una chilena en París). Recordando a
Chile, E M I - O d e ó n - L D C - 3 6 533-Serie Estelar (Angabe nach http://www.cancioneros.com/ nd/1113/4/recordando-a-chile-violeta-parra).]
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Enterraron la justicia, enterraron la razón. (S. 144; w . 4 0 - 4 1 )
Um den Bericht abzusichern, wird auf die bekannte Bergwerksstadt Chuquicamata — ein riesiger Tagebau zur Kupfergewinnung — hingewiesen und gleich darauf, verbunden mit einer Steigerung, auf ein unbekanntes Nest. Daß man über die Mißstände in Santiago nichts oder nur wenig weiß — der Bericht also notwendig ist —, wird aus der angedeuteten erzeugten Bewußtlosigkeit der Bergleute (w. 47-48) und der Berichterstattung in Santiago (w. 51-52) erklärt.88 Gegenüber der Schönfärberei — die auch die Revolte noch für überflüssig erklären möchte — besteht das Lied auf der schwarzweißen Realität (vgl. „Gracias a la vida"!), wohl wissend, daß man diese als Märchen bezeichnen wird. Im Gegensatz zur Nacht untertage wird die natürlich-unbeteiligte Sonnenglut zum Symbol der unnatürlich-gleichgültigen Menschenherrschaft. Inhalt und Form sind vollkommen aufeinander abgestimmt. Die Eintönigkeit des Lebens in der Wüste, die Gleichgültigkeit von Natur und Gesellschaft werden in der durchgehenden agudo-Assonasrz, (der betonte Vokal ,,ó") und im Rhythmus des trote, eines Tanzes aus dem Norden, sinnfällig gemacht. Nur Trommeln und Händeklatschen markieren den Rhythmus während des Gesangs, dessen Melodie von einer Quena eingeführt und vor der Schlußstrophe wiederholt wird, wodurch noch einmal die Distanz zwischen Norden und Santiago unterstrichen wird. Bis in die Instrumentierung ist das Lied so auf die Wirkung in Santiago angelegt: Die Quena ist nur im Norden des Landes bekannt, nicht aber in Zentralchile. 88 [Seit 1958 hat sich in Chuquicamata (bei Calama) einiges verändert. Nach gewißen Verbesserungen in den 60ern, vor allem aufgrund der Verstaatlichung, verursachten der wachsende Bedarf an Gelände für die Kupfergewinnung und die verheerende Umweltverschmutzung die Verlegung der gesamten Bevölkerung nach Calama. „Chuqui" ist heute eine Geisterstadt. Das bei Vallenar gelegene Santa Juana ist im Zusammenhang mit dem Bau des gleichnamigen Stausees verschwunden. Osvaldo Rodriguez (Fn. 65) beschreibt es als „uno de los [minerales] mds pobres de todo el norte" („eine der ärmsten Minen des gesamten Nordens"). Er berichtet von dem reichen Geschäftsmann („acaudalado hombre de negocios") Osvaldo de Castro, der Violeta eine Reise in den Norden angeboten habe, um die unter den Bergarbeitern überlebende Folklore zu erforschen („ofrecio a Violeta un viaje al norte para que ella pudiera investigar el foklore sobreviviente entre los mineros"; zit. nach Cantores que reflexionan, S. 46). Eine Panne am Auto habe zu einer Änderung der Reiseroute gefuhrt und sie zu diesem Ort gebracht, der überall nach Exkrementen stank („entero olia a excrementos"). Aus dieser Erfahrung sei „Arriba quemando el sol" entstanden. Zur poetischen Lizenz im Bild des Bergbaus vgl. „Kommentar" und „Supplement".]
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Es ist angesichts der Vereinnahmung dieses Instruments durch die europäisch-amerikanische Schlagerindustrie zur Signalisierung von Fernweh und großer Freiheit 89 wichtig, sich zu verdeutlichen, daß Violeta Parra nach José María Arguedas die erste war, die das von den Spaniern u n d Kreolen verachtete Indio-Instrument bewußt verwendete. Arguedas, der weiß, wovon er spricht — der peruanische Romanautor hat einen Teil seiner Jugend zusammen mit Indios verbracht 90 — hat auf einem Symposion ein Jahr nach Violetas Tod ihre Arbeit wie folgt charakterisiert: Hasta hace unos treinta años, en Lima era un acto temerario tocar quena. Lo consideraban salvaje, hasta lo podían meter a uno a la cárcel. Eso quiere decir que quien tocaba la quena era un sujeto marginado, menospreciado. Ahora la quena es un elemento unificador, y lo es en Chile, por obra de Violeta Parra que incorporó la quena [...]." W e n n ich Violeta Parra als Rationalistin bezeichnet habe, so scheint dies im Widerspruch vor allem zu ihrer Religiosität zu stehen. 92 Aber auch diese Antinomie löst sich in einer Einheit des Erlebens auf, in der Religion gegen ihre ideologische Funktion beim Wort genommen u n d dadurch entlarvt wird. Gerade weil Violeta das tröstende Bild himmlischer Gerechtigkeit in allen Nuancen kennengelernt hat, ist sie in deren Gegenüberstellung mit den Praktiken ihrer irdischen Vertreter zur Ent-täuschung fähig. „Porque los pobres no tienen", „Ayúdame, Valentina" u n d „¿Qué dirá el Santo Padre" sprechen in ihrer großen aufklärerischen Verve für sich. Aus „Ayúdame, Valentina" wie aus „Me gustan los estudiantes" spricht dabei ein Vertrauen in Wissenschaft und Technik, das sich aus deren gezieltem Einsatz für das 89 Beispiele sind das obskure Freiheitsbegehren der „El condor pasa"-Version von Simon und Garfunkel, das unverschämt mit Liebe und Freiheit unter mexikanischen (?) Sternen kokettierende „Fernando" der Gruppe ABBA und der deutsche (!) Hit „Bora-Bora" von Tony Marshall. [Zur Amerikanisierung und zur Rolle deutscher Lieder, vgl. „Supplement".]
Diese Jugend ist Hintergrund für seinen Roman Los ríos profundos (1958). „Bis vor etwa dreißig Jahren war es eine verwegene Tat, in Lima Quena zu spielen. Man wurde als Wilder betrachtet, man konnte sogar dafür eingesperrt werden. Das heißt, derjenige, der Quena spielte, war ein Asozialer, wurde verachtet. Jetzt ist die Quena ein Element der Einheit, und in Chile ist sie dies aufgrund des Wirkens von Violeta Parra, die die Quena aufnahm." Vgl. Revista de Educación (Santiago), Nr. 13, 1968, S. 75 (Abdruck einer Podiumsdiskussion auf den S. 66-76). 90 91
92 Vgl. hierzu auch ausführlich Manns (Fn. 2 1 , S. 58-69; Fn. 23, S. 81-94). [s. a. „Supplement" zur Frage der Religiosität.]
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Wohl der Menschen ergibt — eine Haltung, die uns nicht zufallig abhanden zu kommen droht. Noch deutlicher als in der Auffaßung der Liebe (als Inbegriff menschlicher Möglichkeiten einerseits und als Unmöglichkeit schlechthin andererseits) wird hier freilich, daß rationale Erkenntnis im ureigensten Interesse trotzdem nur schwer irrational Erlerntes vergessen machen kann. Ein Beispiel möge auch dies erläutern. Eine der häufigsten Gelegenheiten, bei denen im ländlichen Chile gesungen wurde, waren die velorios de angelito, von denen bereits die Rede war und die ihren Stellenwert aus der entsetzlich hohen Kindersterblichkeit in Chile bekamen: Um 1970 betrug sie 128 auf Tausend. 93 In Poésie populaire des Andes findet sich der folgende Text eines traditionellen Liedes, mit dem der „kleine Engel" sich aus der Welt verabschiedet: Madre mía yo me voy para el cielo muy contento dándole agradecimiento por toda mi criación, ya me recogió el Señor de esta tierra santa hermosa, la Virgen está gloriosa, me tiene cuna de flores, y al sonido de primores yo estoy cuidando una rosa. Adiós padres, adiós hermanos, ya se me cumplió la hora para marcharme a la gloria con este ramo en las manos; como fui un fiel cristiano mi alma se va victoriosa a esa tierra tan hermosa que es un verdadero encanto, y al pie del madero santo yo estoy cuidando una rosa. 93
Vgl. South-American Handbook, 1970, (Fn. 20), S. 267. Danach soll die Kindersterblichkeit nur in Ägypten, Guatemala und Ecuador höher sein. [Auf diesem Gebiet hat Chile enorme Fortschritte gemacht. Von 157%o im Jahr 1955 fiel sie auf 10%o in 1999 (Heinz-Hermann Krüger/Cathleen Grunert (Hg.), Handbuch Kindheits- und Jugendforschung, Opladen: Leske+Budrich 2002, S. 409)]
Einführung
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Llegó el tiempo de marcharme, y al emprender mi camino, adiós queridos padrinos que fueron a cristianarme y fueron a bautizarme a esa iglesia milagrosa, adiós madre cariñosa, m e voy, le dejo u n consuelo, p o r q u e en las puertas del cielo yo estoy cuidando una rosa. Ya me van a sepultar, mi alma se retira lejos, c o m o recuerdo le dejo mi sentimiento y pesar; qué sacamos con llorar por esta vida engañosa; no llore madre amorosa si m e voy a separar: en los jardines de A b r a h a m yo estoy cuidando una rosa,94
94 Liebe Mutter, ich breche auf / in den Himmel ganz zufrieden, / und ich danke ihm / fur mein ganzes Leben, / schon nahm mich auf der Herr / dieser schönen heiligen Erde, / die Jungfrau ist gnadenreich, / sie hält eine Blumenwiege für mich bereit, / und bei wunderschönen Klängen / pflege ich eine Rose. // Lebt wohl, Eltern; lebt wohl, Geschwister, / die Stunde ist gekommen, / in der ich zum Heil aufbreche, / mit diesem Strauße in den Händen; / da ich ein guter Christ war, / wandert meine Seele siegreich / in dieses so schöne Land, / das wahrlich zauberhaft ist, / und am Fuß des heiligen Holzes / pflege ich eine Rose.// Die Zeit ist gekommen, ich muß gehn, / und da ich mich auf den Weg mache: / lebt wohl, geliebte Paten, / die ihr mir den Namen gegeben / und die ihr mich getauft habt / in dieser wundertätigen Kirche, / lebt wohl, zärtliche Mutter, / ich gehe und lasse Euch Trost, / denn an den Türen des Himmels / pflege ich eine Rose. // Schon wird man mich begraben, / meine Seele zieht sich weit zurück, / als Erinnerung laß ich Euch / meinen Schmerz und meine Trauer; / was bringt es uns zu weinen / um dieses trügerische Leben; / weine nicht, liebevolle Mutter, / wenn ich jetzt scheide, / in den Gärten Abrahams / pflege ich eine Rose. Poésie populaire des Andes (Fn. 25), S. 40 ff. [Schon 1959 verteidigt Violeta das Ritual gegenüber dem Vorwurf, ein Saufgelage zu sein (Violeta Parra, „Velorios de angelitos", Pomaire III.16/Dez. 1958-Feb. 1959, S. 1). Charakteristisch fur die doppelte Bewertung der „velorios" ist die Debatte über die Sequenzen des „velorio de angelito" in dem Film Largo viaje (1967) von Patricio Kaulen (vgl. Cortinez und Engelbert, Fn. 27, Bd. 1, S. 181-186.)]
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Obwohl Violeta Parra den Ideologiecharakter derartiger Lieder und von
Religion überhaupt längst durchschaut hat, entstehen noch gleichzeitig mit „Yo canto la diferencia" die décimas a u f ihre Tochter Rosita Clara, deren Tod sie in schwere Gewissenskonflikte gestürzt hatte. Dieses Gedicht läßt keinerlei Distanz zu der Trostfunktion der traditionellen Lieder erkennen: Vor dem persönlichen Schmerz (und der Notwendigkeit der Kompensation) versagt die Vernunft: Rosita se fue a los cielos igual que paloma blanca, en una linda potranca le apareció el ángel bueno, le dijo: Dios en su seno, niña, te v'a recibir, las llaves te traigo aquí, entremos al paraíso que afuera llueve granizo, pequeña flor de jazmín. Pequeña flor de jazmín, del mundo vienes llegando; aquí t'están esperando la Madre y un querubín, glorioso ha sido tu fin, cuéntaselo a tu mamita cuando ella esté dormidita, así le darás paciencia, valor y condescendencia y resignación infinita. Resignación infinita, por voluntad del Señor le quiso dar bendición, tú eres la causa bendita, apúrate palomita que la Virgen del Carmelo te ha de cuidar con desvelo, lo mismo el ángel guardián; los ángeles cantarán el canto del arroyuelo.
Einführung
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El canto del arroyuelo lo habrás de oír mañana, el coro de tus hermanas v'a derramarse en los cielos, de aquí verás que en los suelos marcha tu maire querida, tú irás en su compañida en forma de mariposa para cuidar afanosa cuando se sient' afligida. En este jardín de flores entremos por un momento, te doy el despedimento, niñita de mis amores; los pajaritos cantores dividen esta mansión, a la derecha el Señor con todo el apostolado y allí el vergel encantado del angelario mayor. 95
Rosita brach auf in den Himmel / wie eine weiße Taube, / auf einem schönen Füllen / erschien ihr der Engel des Guten, / er sagte zu ihr: Gott nimmt Dich, / Kind, in seinen Schoß, / die Schlüssel bringe ich Dir hier, / laß uns ins Paradies eintreten, / denn draußen hagelt es kräftig, / kleine Jasminblüte.// Kleine Jasminblüte, / aus der Welt kommst Du an; / hier erwarten Dich schon / die Mutter Gottes und ein Cherub, / Dein Ende war gnadenreich, / erzähl das Deiner Mutter, / wenn sie gerade fest schläft, / so gibst Du ihr Geduld, / Mut und Bereitwilligkeit / und unendliche Ergebenheit.// Unendliche Ergebenheit, / durch den Willen des Herrn / sollte sie gesegnet werden, / Du bist der gesegnete Grund, / beeil Dich, Täubchen, / denn die Jungfrau vom Berg Karmel / wird Dich unermüdlich pflegen, / so wie auch Dein Schutzengel; / die Engel werden singen / das Lied vom Bächlein.// Das Lied vom Bächlein / wirst Du morgen hören, / der Chor Deiner Schwestern / wird in den Himmel schallen, / von hier wirst Du sehen, daß auf der Erde / Deine geliebte Mutter geht, / Du wirst sie begleiten / in der Gestalt eines Schmetterlings, / um sie mit Fleiß zu pflegen, / wenn sie sich traurig fühlt.// In diesen Blumengarten / laß uns kurz eintreten, / ich verabschiede mich von Dir, / mein geliebtes Mädchen; / die zwitschernden Vögel / teilen dieses Haus, / zur Rechten der Herr / mit allen Aposteln / und dort der verzauberte Garten / der großen Engelschar. Décimas (Fn. 36), S. 215-216 (Barcelona), S. 342-343 (Valparaiso). 95
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Auf diesem Hintergrund wird, so meine ich, erst die große Menschlichkeit der Religionskritik, die der „Rin del angelito" (1966) enthält, recht deutlich. Das Schema der Vertröstung auf das Jenseits angesichts abgeschnittener Möglichkeiten im Diesseits wird einerseits bis in manche Details hin aufgegriffen und doch auch von Anfang an modifiziert. Denn die Seele kann sich gar nicht von der Schönheit der Welt trennen. Die Fragenreihe der Schlußstrophe gewinnt so ihre Berechtigung, und die Entdeckung des Todes als absolutem Ende verweist den Menschen desto nachdrücklicher auf die Notwendigkeit, sich in der einzig existenten Welt zu verwirklichen. Daß die Autorin in ihrer Lebensbewältigung nicht immer auf der Höhe dieses Anspruchs handeln und schreiben konnte, verstärkt nur den Eindruck der Tiefe der zu bewältigenden Not. Der „Rin del angelito" erfüllt, wie viele andere Lieder Violetas, in bewundernswerter Weise die Funktion, die sie selbst ihrer Kunst zuschreibt: „abrir surcos al vivir" („Cantores que reflexionan", v. 46). Daß Violeta Parra dabei alles andere als provinziell ist, mag gerade die Problematik der Religion zeigen, die nie aktueller war als heute. Aufklärung ist schon bei „Randerscheinungen" wenig gefragt — und an das „Zentrum des Unrechts" zu rühren, ist ein Wagnis. Die Probleme sind jedoch an der Peripherie des Unrechts und im Zentrum des Profits keine anderen, sie werden nur leichter verdrängt. Auf Violeta Parra zu hören ist daher nicht nur ein ästhetisches Vergnügen, es liegt auch in unserem eigenen Interesse.96
96 In der erwähnten Podiumsdiskussion fährte der Maler Eduardo Martínez Bonati aus: „Quiero plantear a Violeta Parra como una artista moderna, como una persona integrada al doble drama de una realidad subcultural y de una realidad subdesarrollada latinoamericana, que tenía sin embargo, una conciencia clara de que estas parcialidades culturales están aconteciendo en un mundo cuyos límites son cada vez más diluidos y acortados." (Für mich ist Violeta Parra eine moderne Künstlerin, eine Persönlichkeit, die an dem zweifachen Drama einer subkulturellen Wirklichkeit und einer unterentwickelten Wirklichkeit in Lateinamerika teilhat, die jedoch ein sehr klares Bewußtsein davon hatte, daß diese kulturellen Eigenheiten in einer Welt existieren, deren Grenzen sich immer mehr verwischen und niedriger werden. Fn. 91, S. 74).
Introducción
En la República Federal de Alemania, a diferencia de lo que sucede en otros lugares y muy especialmente en Francia, Violeta Parra sigue siendo un "soplo" que circula entre personas sospechosas de ser más o menos simpatizantes del Chile de la Unidad Popular. No se sabe que "la Violeta" ayudó a constituir un vasto sector de la cultura actual, no solo de Chile, y ciertamente no solo de la época de Allende, sino masivamente de toda Latinoamérica. Es cierto que se trata de un ámbito cultural que entre nosotros es considerado poco relevante y que, de acuerdo a ello, se descarta todavía con más facilidad que el denominado "gran arte", que despertó un interés mayor por lo menos desde aquella Feria del Libro que tuvo como eje temático a Latinoamérica en 1976. Incluso ya denominaciones como "folklore", "canción política" o chanson pueden suscitar prejuicios negativos en los usuarios corrientes de literatura o materias afines. Las canciones políticas siguen siendo fastidiosas, las canciones, ckansons y baladas populares, son productos para mercados masivos, y la probabilidad de que contengan valor literario es baja. Más aún, esta condición pareciera casi necesaria, ya que arte y masas aparentan excluirse, tal y como se presumen alejados arte y política.1 Típico de estas percepciones es el hecho de que Nicanor Parra, el hermano mayor de Violeta, que con toda seguridad es un poeta interesante, aun 1 Son reveladoras las entradas correspondientes en el Sachwörterbuch der Literatur de Gero von Wilpert, Stuttgart (desde 1955 en distintas ediciones). El artículo "Interpretation eines Chansons und seiner Gattung" ("Interpretación de una chanson y de su género", en: Die Neueren Sprachen 9, 1960, pp. 153-167) de Harald Weinrich es un mirlo blanco, pues concede - por lo menos para la chanson francesa - la posibilidad de que "la canción literaria pudiera llenar aquel vacío que surgió cuando la lírica moderna se desvió cada vez más hacia los campos difícilmente accesibles de la esotérica" (p. 167; la traducción es mía). En Francia, los textos de Violeta Parra están disponibles en la antología de Patricio Manns (Bibliografía 4.8) y tres antologías más dedicadas a la "Nueva Canción", de Meri Franco-Lao, Régine Mellac y Jean Clouzet, respectivamente (Bibliografía 3.1, 3.2, 3.4). En lengua alemana existen dos antologías dedicadas a la "Nueva Canción Chilena" (Gitarre des dämmernden Morgens y Cantaré - Songs aus Lateinamerika, Bibliografía 3.3 y 3.5), las dos editadas por Carlos Rincón y Gerda Schattenberg.
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cuando para la cultura chilena no de la misma significación que su hermana, es conocido desde hace tiempo en traducciones y ya es materia de investigación académica. 2 Quiere la ironía que justamente haya sido Nicanor quien desempeñara un papel importante en el desarrollo artístico de Violeta. Sin embargo, antes de entrar en las circunstancias personales que dieron marco al surgimiento de su obra, intentaré trazar las condiciones particulares del momento histórico en que esta se produjo.
I
El contexto para la aceptación y el rechazo que Violeta Parra vivió al mismo tiempo es aquel que, con el término "segunda independencia", marcó el desarrollo de las postrimerías de los años cincuenta y sesenta. A continuación de las guerras de independencia de las colonias frente a España, que al fin y al cabo casi en toda Latinoamérica terminaron con el establecimiento político de una oligarquía criolla, siguió, especialmente en la segunda mitad del siglo xix, el desarrollo de una nueva dependencia bajo el signo del imperialismo. La imbricación de los capitales internos con intereses comerciales ingleses, fue relevada, en el siglo xx, por el predominio de los intereses económicos norteamericanos. 3 Ello correspondió con una orientación política y cultural de la clase dominante que se inclinaba hacia Europa y Norteamérica, frente a la cual los intentos de constitución de una cultura nacional quedaron en un decaído segundo plano. 4 El nacionalismo de alta modulación, que a 2 Ver Nicanor Parra, Und Chile ist eine Wüste - Poesie und Antipoesie, eds. Federico Schopf y Peter Schultze-Kraft, Wuppertal 1975; Jürgen v. Stackelberg, "Zehn Gedichte von Nicanor Parra", en: Erich Köhler (ed.), Sprachen der Lyrik - Festschrift für Hugo Friedrich zum 70. Geburtstag, Frankfurt am Main 1975, pp. 850-863 (este artículo ofrece indicaciones sobre literatura crítica). Informaciones importantes sobre la relación entre hermano y hermana se encuentran en Leonidas Morales, La poesía de Nicanor Parra, Santiago 1972, y Alvaro Salvador Jofre, Para una lectura de Nicanor Parra (Elproyecto ideológico y el inconsciente), Sevilla 1975. Nicanor escribió una larga "Defensa de Violeta Parra" (publicada como introducción a las Décimas, Bibliografía 1.2). Violeta puso música a partes de su "Cueca larga". 3
Ver las elocuentes informaciones en Lbero-Amerika - Ein Handbuch, publicado por el Ibero-Amerika-Verein, Hamburg, 6 a edición corregida 1966, pp. 256-259. 4 Las informaciones respectivas para el ámbito literario se encuentran, por ejemplo, en Jean Franco, An Introduction to Spanish-American Literature, Cambridge 1971, pp. 183, 230, y Rudolf Grossmann, Geschichte und Probleme der lateinamerikanischen Literatur, München 1969, pp. 346, 439.
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menudo pareció marcar la vida política, desempeñó apenas un rol de música de acompañamiento en el proceso de separación de España, por un lado, y por otro, en la confrontación entre intereses económicos, que, de manera regular, no eran los de la nación, sino de capitales dependientes del extranjero. Una muestra perfecta de lo anterior es la Guerra del Pacífico (1879-1883), guerra chileno-peruana por el salitre que los chilenos ganaron gracias a la instrucción de oficiales prusianos y al apoyo de la marina inglesa, y que dio a los ingleses la explotación casi ilimitada de los depósitos salitreros.5 En la justificación de estas relaciones, el nacionalismo tuvo "la función de un símbolo de integración, que más bien cubrió que puso en evidencia la brecha entre los dominantes y los dominados".6 Sus partidarios no despreciaron ni la apelación a los "genuinos" valores españoles, ni la utilización de tenores racistas hacia la población nativa, que compone de hecho la mayor parte de las naciones latinoamericanas. En el juego conjunto entre vencedores y vencidos de la Guerra del Pacífico, ambas argumentaciones se vuelven una unidad, lo que resulta en un importante indicador del estado de alienación cultural. Así, el historiador chileno Francisco A. Encina, declara responsable de la formación del carácter chileno superior, por una parte, a la capacidad emprendedora de los vascos (¡!) y por otra, a la ética de los castellanos.7 Ricardo Palma, con cuyas Tradiciones peruanas se establece un hito de la literatura nacional del Perú, declara en buena complementación que la mayoría de la nación (peruana) la forma una raza "abyecta" y "degradada", responsable de la derrota ante los chilenos: "El indio no tiene el sentimiento de la patria".8 Jean Clouzet describe la significativa inclinación europea de la clase alta chilena mediante una anécdota contada por Osvaldo Rodríguez, uno de los representantes de la "Nueva Canción Chilena": en la hacienda de su abuelo fue animado a cantarle a los jornaleros y personal de servicio, pero eso era algo que el niño solo sabía hacer en idioma inglés.9
5 Informaciones más extensas, en Francisco A. Encina, Resumen de la Historia de Chile, redacción, iconografía y apéndices de Leopoldo Castedo, sin año y lugar [Santiago 1954], tomo II, 9 a edición, cap. IX; Volker Lühr, Chile: Legalität, Legitimität und Bürgerkrieg, Darmstadt y Neuwied 1973, cap. 3; Arno Münster, Chile -friedlicher Weg?, Berlin s. a. [1973], parte 1. 6 Ver Lühr (n. 5), p. 45. 7 Encina (n. 5), p. 1407. 8 Cit. según Jean Franco (n. 4), p. 68. 9 Jean Clouzet, La nouvelle chanson chilienne, Paris 1975, pp. 19-20. Para Argentina disponemos del análisis de David Viñas (Literatura argentina y realidad política. De Sarmiento
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En Chile — dentro del contexto general de estructuras capitalistas de dependencia — se observa un desarrollo particular aún fortalecido a comienzos del siglo xx. Esta particularidad conduce, en efecto, a que el nacionalismo instalado en Chile se vuelva - más rápidamente que en otras naciones latinoamericanas - tan contradictorio que, especialmente luego del triunfo de la Revolución Cubana y durante la presidencia de Eduardo Frei Montalva, se transforme en un "símbolo de integración" de las masas oprimidas. En él se percibía — y se sigue percibiendo — la independencia de la nación como un acto liberador frente a la explotación económica en el propio territorio por parte de una gran burguesía dependiente del extranjero. 10 Afirma Lühr, a propósito del particular desarrollo chileno: "El sector interno capitalista de Chile nunca se ha limitado a los así llamados servicios, como el comercio, sino que desde un comienzo se ha impulsado hacia una industrialización que resulta sorprendente dentro de los cánones latinoamericanos". 11 C o m o causa de la tendencia a las inversiones productivas y menos a la especulación con tierra y suelo, Lühr aduce, con cautela y junto con la constitución de capitales a través de la temprana industria minera, otro factor: "el gran número de inmigrantes europeos, provenientes de Italia, Inglaterra y Alemania, que ya en el siglo xix y en el primer tercio del siglo xx impregnaron al elemento hispánico tradicional imperante en Chile de nuevas ideas y criterios y cuyos intereses, desde el mismo inicio, se pudieron haber dirigido hacia una sistemática valorización y acumulación de capitales".12
a Cortázar, Buenos Aires (s. a.). En nuestro contexto interesa sobre todo la parte "El viaje a Europa". 10 Se trata de un fenómeno que se observa en toda América Latina. En cuanto a Chile debe indicarse que ya durante la presidencia de José Manuel Balmaceda (1886-1891) se intentó ponerle límites a la dependencia internacional. Ver Münster, (n. 5), p. 19. [Para Chile, cf. Gabriel Salazar/Julio Pinto, Historia contemporánea de Chile III. La economía: mercados, empresarios y trabajadores, Santiago: L O M Ediciones, 2002, p. 38. Un valioso resumen del problema entrega Stefan Rinke en Encuentros con el yanqui: Norteamericanización y cambio sociocultural en Chile 1898-1990, 2004. Trad. del alemán Mónica Perl y Marisol Palma. Santiago: Dirección de Bibliotecas, Archivos y Museos, 2013, sección 3B.]
" Ver Lühr (n. 5), p. 104. Cifras en Lühr, pp. 91-92, en el Ibero-Amerika-Handbuch 3), pp. 252-262, y en Wolfgang Weischet, Chile —seine länderkundliche Individualität Struktur, Darmstadt 1974 (= Wissenschaftliche Länderkunden, Bd. 2/3).
(n. und
12 Lühr (n. 5), pp. 105-106; ver también pp. 127 y 135. Según Münster (n. 5, p. 26) el desarrollo industrial empieza más tarde (a partir de 1930). El análisis de Lühr es confirmado por informaciones de Fernando Mires, Del Frente Popular a la Unidad Popular, Frankfurt,
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De manera paradojal se debería precisamente a la supuesta influencia extranjera el hecho de que, en contraposición a la gran burguesía de orientación internacional, se formara una pequeña burguesía que argumentara con valores nacionalistas y cuya inclinación política se encauzara claramente en contra del capital imperialista. Esto es perceptible en las formulaciones del Partido Demócrata y del Partido Radical. 13 Desde luego, esta fracción de la burguesía ha estado y está aún en conflicto de intereses respecto de la creciente clase obrera industrializada robustecida precisamente gracias a la misma existencia de la pequeña burguesía. La clase obrera se organiza desde entonces en luchas llenas de vicisitudes con el objeto de encontrar finalmente aquella "auténtica articulación" de sus intereses, como los denomina Lühr cuando se refiere a la Unidad Popular. 14 Al respecto hay que subrayar que desde los años treinta la práctica política fue un trabajo conjunto de fuerzas (pequeño) burguesas — en el gobierno del Frente Popular de 1938 de radicales, comunistas y socialistas — que no solamente trajo consigo contratiempos, sino que también fomentó el contradictorio posicionamiento de las clases medias, proporcionando así a la clase trabajadora ciertas posibilidades de desarrollo e influencia que no se encontraban en otros países de Latinoamérica. La búsqueda de soluciones democráticas y, en definitiva, socialistas para las crisis del capitalismo chileno a partir de los comienzos de la década del cincuenta, solo fue posible gracias a esa constelación. 15 De la mano de este particular desarrollo de Chile — donde la burguesía no solo se encuentra en conflicto con la clase trabajadora, sino también consigo
1975 (= "Cuadernos de Investigación Historia Social de América Latina, Serie Chile"), p. 15, y Antoine Acquaviva et al., Das Chile der Volkseinheit, Frankfurt am Main 1972, p. 44. 13 Ver Münster (n. 5, p. 54) y Acquaviva (n. 12), p. 48. [Para este complejo temático, ver también Brian Loveman, Chile — The Legacy of Hispanic Capitalism, New York/Oxford: Oxford University Press 2001 (3 a edición), pp. 206-217.] 14
Lühr (n. 5), p. 134. Ver Lühr, (n. 5), pp. 133 ss. y Münster (n. 5), pp. 60 ss. A propósito del papel de las clases medias durante la Unidad Popular, ver Urs Müller-Plantenberg, "Grundzüge u n d Ergebnisse der Bündnispolitik der chilenischen Linken 1970-1973", en: Chile-Nachrichten, Sondernummer 2, 20 junio 1974, pp. 13-26. La necesidad de implicar a las capas medias en consideraciones sobre el diseño de una política crítica del capitalismo no es negada ni por Müller-Plantenberg ni por Münster (n. 5, p. 205). Su crítica de la Unidad Popular, por cierto, no es injustificada. Sin embargo, ellos tampoco pueden presentar una propuesta convincente para la cuadratura del círculo de una política con las capas medias contra ellas (o por lo menos su conciencia). 15
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misma — viene también la manifiesta toma de posición de los intelectuales. 16 Por un lado, las funciones que cumplen se deben al continuo crecimiento del sistema capitalista. Por otro, como apenas se les conceden algunos privilegios y su status de "obreros del intelecto" siempre queda tangible, se les vuelve difícil refugiarse en la aparente neutralidad de los intelectuales europeos. En el ámbito de la literatura, ya desde comienzos del siglo xx, se puede detectar una tendencia al compromiso con la problemática social de la nación chilena por parte de los autores provenientes de las clases medias. 17 En términos generales, se trata normalmente de la producción de obras más bien abstractas y humanitarias, que en la dicotomía ciudad/campo formula una creciente crítica a la civilización y a menudo cae en una idealización del campo. 18 Esto es válido también para la poeta Gabriela Mistral, cuya obra fue reconocida en 1945 con el premio Nobel y que se constituye en el punto más álgido de la producción literaria pequeñoburguesa nacional. N o obstante, de manera paralela a ella, se desarrolla también ya una literatura cuyos autores provienen de la clase trabajadora y cuyas obras, a menudo de manera indirecta, llegan a articular una crítica social que refleja las relaciones de poder. Junto a Manuel Rojas y Pablo de Rokha (tan desconocidos para nosotros alemanes como Violeta Parra) se encuentra por supuesto el lugar de Neruda, cuyo premio Nobel (1971) significó la consagración de una literatura decididamente partidaria y, por eso mismo, humana. Tanto los poemas de Gabriela Mistral como ios de Neruda intentan mantenerse cercanos a la sensibilidad popular a través de la temática elegida, así como de la utilización de elementos formales específicos: Mistral lo realiza privilegiando el apoyo en la forma de rimas infantiles y el esfuerzo de acercarse con empatia a la poesía popular, a través del vocabulario y de las imágenes. Neruda, por su parte, busca esa cercanía mediante la incorporación de elementos rítmicos, que logran aproximar sus poemas a una forma de canto. 19 16
VerLühr (n. 5), pp. 135-136. Ver Franco (n. 4), pp. 168 y 181ss., y Grossmann, (n. 4), pp. 345-346. 18 Ver Franco (n. 4), p. 181. 19 Ver Franco (n. 4), pp. 258-259 y p. 279 ss., en particular p. 288. Las observaciones de Grossmann (n. 4, pp. 439-441 y 450 ss.) son notables por su condescendencia y sus matices ideológicos. Por ejemplo, se habla a propósito de Gabriela Mistral de su "fervor maternal" ("mütterlichen Inbrunst", p. 440) y de su lenguaje que carecería de una "cultura intuitiva, armónica" ("die intuitive, ebenmäßige Kultur") "que podría haberle dado un nivel más alto de educación" ("die ihr ein höherer Bildungsstand hätte geben können", p. 441). En cuanto a Neruda, Grossmann anota que "durante años" habría sido "un fugitivo político profesional" 17
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Aun así, las obras de ambos permanecen ligadas al medio del libro. (Recién con el desarrollo de la "Nueva Canción" este nexo algo se resuelve.) Una proporción importante de los receptores que ambos tienen en mente vive en un país que en 1960 tiene en promedio todavía un 16% de analfabetismo urbano, aumentado incluso a un 33,6% en zonas rurales. Por lo tanto, una parte considerable de su público potencial está fuera del alcance de su arte. 20 El mérito de Violeta Parra es que logra fomentar y crear, gracias al uso de la radio y del disco, una forma de arte que merece el nombre de arte popular. Las premisas con las que tiene que contar no son significativamente distintas en el ámbito del folklore que en el de la literatura. Si adoptamos la visión de Patricio Manns, alrededor de 1940 se produce una primera oleada de producción folklórica que en un comienzo surge de manera espontánea, aunque no casual, pero que luego se maneja en forma consciente, y con una función específica que consiste en proporcionar material "nacional" al incipiente medio radial. En paralelo y de forma solapada, debía tener un efecto apaciguador de los agudizados enfrentamientos de clases. Pienso en la "República Socialista" de 1932, en la sangrienta represión de las revueltas campesinas perpetrada en 1934 por Arturo Alessandri, y - una vez más — en el Frente Popular de 1938. 21 Una producción de esas características podía darse solamente en las zonas rurales, en virtud de la orientación europea de la clase dominante de las ciudades. El resultado de ese proceso es un folklore que, armado de espuelas vistosas y de sombreros de ala ancha, canturreando sobre amor y armonía, sigue siendo para nosotros los alemanes "auténticamente latinoamericano". Baste el recuerdo de las "señoritas" y los "gauchos" de Heino y Udo (Jürgens). Pero también Chile no queda muy atrás, como lo muestran los versos siguientes:
("jahrelang politischer Flüchtling im Hauptberuf", p. 450). El Canto general podría "juzgarse solo dentro de límites con criterios del este por su raigambre en la tierra americana" ("kann wegen seiner Verwurzelung im amerikanischen Erdreich nur sehr bedingt nach östlichen Maßstäben beurteilt werden", p. 451). Estos límites parecen tener su origen en el "radicalismo de izquierda" de Neruda y de su "línea de política radical" que habría manifestado ya en su posición frente a la Guerra Civil española ("Linksradikalismus", "radikalpolitische Linie", pp. 450-451). 20
Ver Ibero-Amerika-Handbuch
(n. 3), p. 251 y Andrew Marshall (ed.), The
American Handbook 1970, s. 1., p. 267. 21
Ver Patricio Manns, Violeta Parra — La guitare indocile, Paris, 1977, pp. 29-35.
South
100
Violeta Parra. L i e d e r a u s C h i l e / C a n c i o n e s d e C h i l e Allá en la parva de paja, a y, d o n d e primero te vi, quiero encontrarte de nuevo, ay, para dejar de sufrir. 2 2
En cuanto las propuestas originales y anónimas dejaban ver contenido político eran sistemáticamente "limpiadas", como Manns constata en el repertorio del conocido grupo folklórico Los Huasos Quincheros. Irónicamente, en la opinión de Manns, esta "primera canción política" de Chile - la segunda es la "Nueva Canción" cuya fundadora es Violeta Parra - se volvió el "arma más efectiva" de la historia cultural chilena: Ella no s o l a m e n t e d e s a r m a
ideológicamente el c a m p e s i n o
hasta
extremos
inconcebibles, sino que, incluso hoy en día, es la canción q u e se canta en todas las fiestas, urbanas y rurales, la canción q u e se repite en los coros del liceo, la canción q u e el h o m b r e político o el dirigente progresista a m a escuchar de sobremesa, la canción q u e mece la e m b r i a g u e z del minero o del pescador. 2 3
Por lo demás, pronto esta música no se limita a los ritmos habituales en Chile, sino que se apodera de los más variados tipos de cantos y danzas latinoamericanos y los adapta azarosamente a sus propios fines.24 Pero la radio y los LP, a su manera, no resultan solamente creativos, también logran destruir. En la medida en que sus producciones se imponen, los originales caen más y más en el olvido. Violeta Parra demuestra este desarrollo en su colección Poésiepopulaire des Andes P Una anécdota que cuenta Alfonso Alcalde sobre la Violeta de los años treinta explícita los mismos hechos. Es así como el bar "El tordo azul", en el que ella cantó durante mucho tiempo junto a su hermana Hilda, dejó de contratarla porque el dueño prefirió conseguirse una "Wurlitzer", una "máquina musical".26 Más o menos en la misma época
22 Citados en Fernando Barraza, La Nueva Canción Chilena, Santiago, 1972 (= Nosotros los Chilenos, tomo 26), p. 22. 23 Patricio Manns, Violeta Parra, Madrid: Ediciones Júcar 1978, p. 43 (el libro es la traducción de Bibliografía 4.8; en esta edición, p. 32). 24 Manns (n. 21, p. 34 y n. 23, p. 45). 25 Paris 1965 (Bibliografía 1.1), pp. 18-19. 26 Alfonso Alcalde (ed.), Toda Violeta Parra (Bibliografía 1.5), pp. 26-27. La misma anécdota narran, cambiando algo los protagonistas, Bernardo Subercaseaux y Jaime Londofio, Buenos Aires, 1976 (Bibliografía 4.7), p. 39.
Introducción
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p e r d i e r o n s u a t r a c c i ó n t a m b i é n l o s p a y a d o r e s — c o m p a r a b l e s l e j a n a m e n t e a los
Bänkelsänger
alemanes
h e c h o e n el q u e la c r e c i e n t e a l f a b e t i z a c i ó n d e b e d e
h a b e r t e n i d o u n a c i e r t a i n c i d e n c i a . E s t o s p a y a d o r e s , q u e r e c o r r í a n los c a m p o s , c u m p l í a n la f u n c i ó n d e llevar e n t r e t e n c i ó n , p e r o a d e m á s , c o n s u s c a n t o s , p r e p o n d e r a n t e m e n t e b a j o la f o r m a d e u n a d é c i m a , d i v u l g a b a n los a c o n t e c i m i e n t o s m á s recientes, s i n e x c l u i r l o s t e m a s p o l í t i c o s . U n t e r r e m o t o o la v i d a e n el d e s i e r t o d e l salitre e r a n p a r a ellos a s u n t o s d e i g u a l i m p o r t a n c i a q u e u n a a v e n t u r a a m o r o s a o u n a p r e s e n t a c i ó n p e r s o n a l . E n s u s c a n t o s , el relato c a n t a d o d e r e l a c i o n e s s o c i a l e s p o d í a ser t o t a l m e n t e e u f e m í s t i c o : E n el cerro el explotante siempre soterrando vive y a las pastas se apercibe con el acero brillante; avanza m á s adelante para alcanzar beneficios. E n oscuros edificios d a muestras d e resistencia. R e p o s a n todas las ciencias h o m b r e s d e artes y d e oficios. 2 7 S i n e m b a r g o , t a m b i é n h a y c a n c i o n e s c o m o la d e F r a n c i s c o P e z o a , e n t r e las q u e " L a P a m p a " - u n a e l e g í a a c u s a d o r a d e la m a s a c r e d e I q u i q u e e n 1 9 0 7 — es la m á s c o n o c i d a : II A ñ o tras a ñ o por los salares del desolado tamarugal,
27 Nicasio García, "El arte de la minería", cit. en Antonio Acevedo Hernández, Los cantores populares chilenos, Santiago: Nascimento 1933, p 127. Acevedo Hernández fue un representante ejemplar de la cultura de los trabajadores en Chile. En el contexto de sus diferentes trabajos, entre otros como leñador, el analfabeto se une con Luis Emilio Recabarren y el Partido Comunista. Su impacto más duradero lo tiene como uno de los fundadores del teatro en Chile. [La canción rota, estrenada en 1933, todavía se presenta en el contexto de las Fiestas Patrias de 1966 como un teleteatro dirigido por Miguel Littin. En nuestro libro Evolución en libertad: El cine chileno de fines de los sesenta (Santiago: Cuarto Propio, 2014), Verónica Cortínez y yo damos más detalles, en parte basados en la reedición del teatro de Acevedo por Juan Andrés Piña (1999) y su prólogo a esta misma edición (Cortínez y Engelbert, tomo II, pp. 592-593).]
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile lentos cruzando van por millares los tristes parias del capital. Sudor amargo su sien brotando, llanto sus ojos, sangre sus pies; los infelices van acopiando montones de oro para el burgués. III Hasta que un día, como un lamento de lo más profundo del corazón por las callejas del campamento vibró un acento de rebelión.
Y, en " E l guitarrico libertario", se afirma programáticamente: Yo canto para los pobres el canto de la miseria, que se entona por las calles en los días de la huelga. Ese canto de amenaza que en los motines se eleva y que tiene un tono como de cadenas que se qu(i)ebran. 29 Del fundador del Partido C o m u n i s t a de Chile, Luis Emilio Recabarren, se cuenta que había logrado conseguir que el payador Juan Peralta colaborara en
28 [Primera publicación en La Protesta, año 1, n° 3, Santiago, primera quincena de junio de 1908, en http://anarkismo.net/article/7168.] También en Acevedo Hernández (n. 27, pp. 218-219), quien no indica fuente y da como fecha de composición el año 1920. "La Pampa" de Francisco Pezoa se canta sobre la melodía de una habanera, "Ausencia", conocida desde el comienzo del siglo xx como vals. [Ver, sobre la "folklorización", González y Rolle, Historia social de la música popular en Chile, 1890-1950, pp. 103-104. La canonización definitiva como canción popular se debe a Violeta, quien la graba en 1956 (cf. Cantos de Chile, Le Chant du Monde, LDX 74572). González y Rolle documentan el camino de la canción comparando varias versiones del texto y describiendo minuciosamente el trabajo musical de Violeta. El fino documental Santa María de Iquique (1971) de Claudio Sapiaín (doctor honoris causa por la Universidad de Gotinga en 2006) aprovecha tanto "Ausencia" en la versión de Violeta como "La Pampa" cantada por su hijo Ángel.] 29
Cit. según Acevedo Hernández (n. 27), p. 221.
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su periódico La Reforma. El mismo Recabarren habría declamado canciones políticas.30 Muchos de los payadores, según Acevedo Hernández y Manns, imprimían sus propias creaciones y las vendían bajo la forma de volantes. Una parte de estas aparecen en la Lira popular, una publicación que Peralta editaba con periodicidad.31 Según Acevedo Hernández, a pesar de todo, ya en 1933 el arte de los payadores estaba en proceso de extinción.32 La emergente cultura nacional se va plasmando con una producción literaria tradicional que parece esforzarse por estar al alcance del interés y la comprensión de amplios sectores de la población. Pero, al mismo tiempo, ofrece a las masas, a través de un medio que les resulta accesible — la radio —, un "arte popular" deformado por el poder dominante. Es en este contexto donde tenemos que situar el trabajo de Violeta Parra.33
II Violeta Parra nació el 4 de octubre de 1917 en San Carlos de Nuble, poblado en las cercanías de Chillán, en el sur de Chile Central. Hasta los 15 años de edad vive en Chillán y sus alrededores. Esto constituye un hecho relevante. No es casual que al principio de su primera canción programática (1960), manifieste: "Yo canto a la chillaneja...". De la provincia de Nuble, cuya capital regional es precisamente la ciudad de Chillán, también procede (¿casualmente?) Víctor Jara. Manns la define como una de las partes de Chile económicamente menos desarrollada, pero que aun así y precisamente 30 Ver Javier Martínez Reverte (ed.), Violeta Parra, Violeta del pueblo, Madrid: Visor 1976 (= Colección "Visor de poesía", vol. LXX), p. 14 y Acevedo Hernández (n. 27), p. 186. 31 Ver Acevedo Hernández (n. 27), pp. 185 ss.; Manns (n. 21, p. 37, n. 23, p. 51). Acevedo Hernández - n o mencionado por Manns - subraya, como después lo hará Violeta, el hecho de la alienación cultural. Su origen es - como el de Violeta y Víctor Jara - ¡la provincia de Chillán! 32 Ver Acevedo Hernández (n. 27), pp. 61 ss. 33 Ver Armand Mattelart, Mass media, idéologies et mouvement révolutionnaire, Chili 19701973, Paris 1977, p. 93: "Dans la perspective de la bourgeoisie, le populaire est en effet la copie des propres valeurs de classe, mises à la disposition du peuple, dans un geste paternaliste et avec un propos mercantile" ("En la perspectiva de la burguesía lo popular es, en efecto, una copia de sus propios valores de clase, con un gesto paternalista y con un propósito mercantil"). Acevedo Hernández (n. 27, p. 63) ilustra ese proceso al hablar de Peralta (n. 30), quien perdió la práctica de su arte y "para defender su vida, publica folletos donde ofrece los tangos de moda".
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Die ernste Seite des Lebens / El lado serio de la vida (ca. 1930) © Fundación Violeta Parra
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debido a la preservación de un mundo eminentemente agrario (con todos sus lados oscuros) resulta ser una de las más ricas respecto de la cultura.34 Violeta conoció en profundidad su provincia y sus fiestas tradicionales. El padre, un maestro de enseñanza primaria sin estabilidad laboral, cambia de manera permanente sus trabajos y Nicanor lo llama "bohemio" (Montealegre, n. 37, 2011, p. 14). En 1927, en el tiempo de la dictadura de Ibáñez del Campo y de la doble crisis chilena — aquella económica mundial que coincidió con el episodio de crisis interna por la baja en la exportación del salitre —, pierde su empleo de manera definitiva y comienza a beber en exceso (muere, parece, en 1930). Los hijos, en total once criaturas, deben ayudar tempranamente con el sustento de la familia, que contemplaba también el financiamiento de los estudios del hijo mayor, Nicanor. Dado que tanto el padre como la madre amaban la guitarra y el canto, los niños encontraron en ello un modo de ganarse el pan, en el caso de Violeta, al parecer contra la voluntad de su padre.35 Violeta habría trabajado prácticamente desde su cuarto año de vida, según su hijo Ángel. Cantando, bailando y actuando recorre la provincia en compañía de sus hermanos, volviendo siempre regularmente a casa para entregar el dinero obtenido. En 1932, luego de un enfrentamiento con el director de un circo, se traslada a Santiago, y queda a cargo de su hermano Nicanor: D e l m o m e n t o en q u e l l e g u é mi pobr' hermano estudiante se c o n v i r t i ó e n u n i n s t a n t e , en p a i r ' y m a i r e a la v e z . 3 6
El hermano mayor se preocupa de que ella obtenga un cupo para asistir a la Escuela Normal (el famoso Instituto Nacional Barros Arana), pero al momento de dejar él Santiago, una vez culminados sus estudios, Violeta debe abandonar los suyos (aproximadamente un año después de haberlos 34
Ver M a n n s (n. 2 1 , pp. 2 0 - 3 0 y n. 2 3 , pp. 2 5 - 4 1 ) .
35
L o n d o ñ o y Subercaseaux (n. 2 6 ) citan una "entrevista a Violeta Parra" de la Revista
Musical de 1958 (p. 20). [El texto entero se puede consultar hoy en Marisol García (ed.) Violeta Parra en sus palabras.
Entrevistas (1954-1967),
Santiago: Catalonia 2 0 1 6 , pp. 19-28;
la cita sobre el padre, en p. 22.] 36
Violeta Parra, Décimas,
I a edición, Santiago 1970. C i t o según la edición Barcelona:
Pomaire 1976, p. 167. [Ver también Violeta Parra, Poesía, Valparaíso: Editorial U V de la Universidad de Valparaíso, 2 0 1 6 , pp. 145-372, aquí p. 3 0 0 . ]
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comenzado). 3 7 En el intertanto, toda la familia se había trasladado a Santiago, a una casa que les había conseguido Nicanor. La vida, intentaban ganársela bajo estas condiciones: Ayer, buscando trabajo, llamé a una puerta de fierro, como si yo fuera un perro me miran de arrib' abajo, con promesas a destajo me han hecho volver cien veces, como si gusto les diese al verme solicitar; muy caro me hacen pagar el pan que me pertenece.38 Violeta, menuda, supuestamente con escasa voz, convencida de ser poco agraciada, 39 se une a su hermana Hilda y finalmente logran los resultados que buscan: un trabajo en los bares "El Popular" y "El Tordo Azul", con lo que se internan en los barrios populares para interpretar canciones de películas o los ritmos en aquel entonces en boga. Tanto según Alcalde c o m o Manns, es en este m o m e n t o cuando Violeta empieza a componer y en el que aparecen también las primeras grabaciones de discos. En 1937 se casa con el trabajador ferroviario Luis Cereceda, 40 del que se separa en forma definitiva en
37
Ver Manns (n. 21), p. 78 (versión francesa; no se menciona en la española); Subercaseaux/ Londoño (n. 26), pp. 35 ss. [Jorge Montealegre (Violeta Parra — Instantes fecundos, visiones, retazos de memoria, Santiago: Editorial USACH, 2011) habla de dos años de estudios de Violeta en "la Escuela Vocacional n° 1" aduciendo un testimonio de Eduardo "Lalo" Parra (p. 18). La cronología biográfica del Libro mayor ¿le Violeta Parra evita fechas concretas en las dos ediciones que he podido manejar (Madrid: Ediciones Michay, 1985, p. 199; Santiago: Cuarto Propio, 2009, p. 225; se indica la existencia de una "2 a edición" del mismo año por la Editorial José Martí de La Habana). Según Lalo, los dos hermanos "no queríamos estudiar sino guitarrear y cantar" (p. 18).] Ángel Parra aduce sobre todo razones financieras como causa del abandono de los estudios. 38
Décimas, p. 169 (Barcelona), p. 302 (Valparaíso). Ver Alcalde (n. 26), pp. 15-16 y 24-25 y el testimonio de Margot Loyola en Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 77: "nosotras somos dos cosas diferentes: yo tengo voz, Violeta Parra lo único que no tenía era voz". [Ver también Décimas, p. 302 (Valparaíso): "Gracias a Dios que soy fea".] 40 El matrimonio va a tener dos hijos, Ángel e Isabel. 39
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1 9 4 8 , l u e g o d e u n l a r g o p e r í o d o d e vacilación. L o h a c e p a r a d e s p o j a r s e d e s u v i d a d e d u e ñ a d e c a s a y p o d e r seguir c o n s u l a b o r c r e a d o r a , libre d e t o d a a m a r r a . E n las Décimas
se e n c u e n t r a el s i g u i e n t e " V e r s o p o r m a t r i m o n i o " : Anoto en mi triste diario: Restaurán El Tordo Azul; allí conocí a un gandul de profesión ferroviario; me jura por el rosario casorio y amor eterno; me lleva muy dulce y tierno atá' con una libreta y condenó a la Violeta por diez años de infierno. Lo vi por primera vez en una gran maquinaria por la línea ferroviaria de Yungay a la Alameda, con una chaqueta nueva de cuero, por la ventana; talán, talán, la campana retumba en mi corazón por el joven conductor que me hace mil musarañas. Yo le pregunto contrita que me dijera su oficio él me responde malicio' que él es un gran maquinista, le creo a primera vista, l'entrego mi corazón y me ha mentí'o el bribón según más tarde un amigo diciéndome: tu mari'o es un vulgar limpia'or. Montá' en el macho no que'a otra cosa que amansarlo, pero el indino al notarlo
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me armó la feroz pelea; se cura, se zarandea con unos tales barracos, de farra con unos pacos llegaba de amanecía; sufriendo de noche y día pasé las de Quico y Caco. A los diez años cumplios por fin se corta la güincha, tres vueltas daba la cincha al pobre esqueleto mío, y p'a salvar el sentí'o volví a tomar la guitarra; con fuerza la Violeta Parra y al hombro con dos chiquillos se fue para Maitencillo a cortarse las amarras.41 Hay mucho de Violeta Parra en esta rendición de cuentas, no solo en la conformación del habla, en la llaneza expositiva, en la inmediatez de las imágenes con que se narran el gran amor que la jovencita siente por el gallardo conductor de trenes que resulta no ser más que un fogonero, y la no menor desilusión respecto del hombre con que contrajo matrimonio. E n la vehemencia de su reacción se percibe, además, con claridad su carácter, que Manns define c o m o "apocalíptico". 4 2 Ese rasgo apocalíptico se nota sobre todo en la contradicción de sentimientos: el amor por un lado c o m o un evento natural y, por otro, c o m o opresión de la mujer; un modo de vivir los roles para nada típico y la actitud de asombro respecto del varón que reacciona "virilmente". La inseguridad de la primera persona contrasta con la tercera persona de la mujer que finalmente toma su destino en sus propias manos y se endereza con su guitarra. E n los últimos versos de la décima, Violeta se muestra entera. Podría sonar patético, pero probablemente es así: su arte constituye una necesidad vital para ella. Esa convicción profunda se revelará tanto en un examen riguroso de las canciones-poemas c o m o aquí, en las décimas citadas, a través del contraste entre realidad modelada y realidad
41 42
Décimas, pp. 171-172 (Barcelona), pp. 304-305 (Valparaíso). Manns (n. 21, p. 16 y n. 23, p. 17).
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experimentada. Porque efectivamente Violeta se decide primero por la guitarra y solo después contra el hombre que pretendió confinarla a la casa (si por celos, visión tradicional de los roles masculino y femenino, comodidad o una combinación de todo ello, no tiene ninguna importancia). La actitud complementaria — primero contra la guitarra, luego contra la mujer — se encuentra por cierto en Cereceda: Al p o c o t i e m p o nos c a s a m o s y ya e m p e z ó esa vida a s í . . . q u e n o estaba m u y conf o r m e yo c o n la vida artística q u e llevaba ella. Al principio n o era tanto, p o r q u e c u a n d o está recién casado u n o se entiende mejor. Yo estuve en un principio d e acuerdo en q u e trabajara, pero ya después le dije q u e no, p o r q u e yo g a n a b a buen sueldo y n o había necesidad. 4 3
En rigor este matrimonio fue para Violeta más de lo que ella admitiría. Si se le otorga crédito a las afirmaciones de Subercaseaux y Londoño, a ella no se le hizo nada fácil la separación, 44 y el posterior apresurado compromiso matrimonial con Luis Arce tendría un sentido de fuga hacia adelante. 45 Cereceda, que era un miembro activo del Partido Comunista, sin duda ejerció sobre su mujer una influencia política, dado que ella trabajó de manera frecuente y directa en temas políticos durante el matrimonio. 4 6 Y la seguridad material que él podía ofrecerle, habrá sido la condición para que Violeta pudiera trabajar en su propia formación personal. Todos sus biógrafos concuerdan en aludir a sus múltiples actividades: teatro, música, escritura,
Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 40, también p. 45. Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 46. 45 D e este matrimonio nacen las dos hijas, Carmen Luisa y Rosita Clara. Es notable que con Luis Arce Violeta forma el conjunto "Estampas de América" con el que salen, en 1952 "de gira": "recorrimos todo el Norte [...]. Era un espectáculo de variedades y ahí sí Violeta aparte de cantar tuvo que hacer de todo, [...] tuvo incluso que bailar - cualquier cosa - hasta mambo le tocó" (Subercaseaux/Londoño, n. 26, testimonio de Luis Arce, pp. 47-48). Es impresionante el número de lugares que visitan entre "el mineral El Tofo" (cerca de La Serena), en el Norte Chico, y "las Oficinas Salitreras, en Coya [Sur], María Elena y Pedro de Valdivia" en el Norte Grande, "auspiciados por el Teatro Nacional" y "disfrutando de los privilegios previstos para todas las Compañías que hacían labor de chilenidad" (p. 48). [Ángel Parra cuenta el mismo episodio en Violeta se fue a los cielos, pp. 48-49.] 43
44
46 Ver Alcalde (n. 26), pp. 31 y 34; Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 41; Manns (n. 21, p. 25 y n. 23, p. 33). [Ver el párrafo sobre las actividades políticas de Violeta en el "Suplemento".]
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siempre con reconocimientos más o menos importantes. 47 En 1946 parece haber escrito un más bien largo poema a González Videla "donde le decía que al pueblo no se le puede engañar". 48 Todo lo que escribía, lo conversaba con Nicanor, 49 que la motivaba no solo en el campo de la creación, sino también en el de seguir interpretando y manteniendo vigentes las canciones aprendidas durante su niñez. Así comienza Violeta una segunda etapa, luego de tomar en plena conciencia la decisión de reiniciar el canto y volverlo una vez más el medio de su sustento. Tal como antes, la única oportunidad de cantar se le ofrece, junto a su hermana Hilda, en fondas populares frente a un público que solo está a la espera del típico producto folklórico manipulado. Ella se ajusta a esa realidad. Un número exitoso del dúo se llama "Mujer ingrata"; otro, compuesto por Violeta, lleva por título un nombre significativo en este contexto, "Judas": Un beso de traición tú me diste al partir; de Judas tu besar, yo jamás lo creí. [...] ¿Para qué sirve la vida sin tu amor.? No quiero soledad; ningún otro hombre quiero yo. Volverás arrepentido, corazón, y te he de perdonar porque no puedo odiarte, no.50
47
Subercaseaux/Londoño (n. 26), pp. 41-42. Testimonio de Roberto Parra, un hermano de Violeta, en Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 49. En 1948, González Videla prohibe el PC, lo que obliga a Neruda, entre muchos otros, a buscar asilo en el extranjero. 49 Testimonio de Luis Cereceda, en Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 43. 50 El testimonio de Hilda da por "no conocido" el disco grabado para RCA-Victor (Subercaseaux/Londoño, n. 26, p. 47). [De hecho, la canción se encuentra en el disco RCAVictor 90-1351 B, probablemente de 1953. Es la segunda grabación en 78 rpm de Violeta Parra, junto con su hermana Hilda (dos cuecas en el lado A: "La misa de gallo" y "¡Qué rica cena!"). Cito el texto de "Judas" según http://www.cancioneros.com/nc/772/0/judas-violetaparra. Este sitio de www.cancioneros.com es un archivo excelente de la obra de Violeta Parra.] 48
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El texto es algo como la inversión de la "mujer ingrata". Pero es mucho menos cursi de lo que el ambiente - y la crítica - sugiere. La necesidad vital del amor tanto como el cuestionamiento de los roles de género ya dejan entrever a la Violeta madura. Pues la mujer, para salvaguardar el amor, no se pone celosa condenando, sino que perdona al hombre infiel (notable la doble negación del último verso del estribillo). Pero al lado de la cantora adaptada a la moda y de la creadora en ciernes se descubre la otra Violeta con una tercera meta de vital importancia: la coleccionista y su intento de familiarizar al público con el auténtico folklore de Chile, ofreciéndole cantos de fiestas relacionados en términos muy amplios con problemas humanos, el llamado "canto a lo humano". La contraparte del canto a lo humano es el "canto a lo divino" dedicado a celebraciones religiosas, como el nacimiento de Jesús, los entierros o las ceremonias de despedida de niños pequeños, los velorios de angelito. 51 El resultado: se la considera una persona loca, que "estaba cucú". 52 Si uno se sitúa en el contexto dado, puede percibir la razón: "Por el mundo al revés" El mundo al revés pinta'o yo lo vi en una pintura de penitente vi un cura vi el demonio confesa'o Vi un hombre andar de cabeza y a un toro morder a un perro, sobre una montaña un cerro y un fraile que nunca reza, también vide una princesa desnuda y a pie pela'o, a un santo lo vi "cura'o", las estrellas en el suelo en las alturas del cielo el mundo al revés pinta'o.
51 52
Ejemplos en Parra, Poésie populaire des Andes (n. 25), p. 94. Ver, más abajo, p. 132. Subercaseaux/Londofio (n. 26), pp. 49-50 y 73; ver también Alcalde (n. 26), p. 37.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Yo vide a un moro rezando y de monja una "chusquiza" al altar diciendo misa, y vi al trono predicando, al fuego lo vi apagando al agua con su luz pura, al mar lo vi sin hondura, p'a testiguar el ejemplo que lo profundo de un templo yo lo vi en una pintura. Yo vi un jinete ensilla'o y arriba d'él el caballo, y haciéndole huevo al gallo las gallinas se han pilla'o, a un juez lo vi condena'o, en una prisión muy dura, el reo mucho se apura en su código leyendo, un ciego que estaba viendo, de penitente vi un cura. Vi a un hombre que estaba arando con su arado a la cintura y en aquella agricultura los bueyes lo iban picando, la mujer iba sembrando por el aire los sembrados, y en su ser desajera'o en Chile estaba la Grecia, y en la puerta de la iglesia vi el demonio confesa'o. Despedida Por fin un recién nacido a su madre la cargaba, vide un pato que nadaba sin gota de agua en el río, después vide que un tullido gobernaba tres naciones, un sordo oyendo canciones
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y un muerto tiró un balazo, dos guapos vide sin brazos peleándose a bofetones. 53
¿Y qué debiera hacer un público "iletrado" con el tópico del "mundo al revés"? "¿Por qué no?" —diría Violeta. "Suficientemente al revés está el m u n do en que vivimos, y, finalmente, de los 'iletrados' campesinos aprendí yo esta canción". Así habría respondido con seguridad Violeta, si es que hubiera tomado en serio al "preguntónico" imaginado aquí. En todo caso, en la medida en la cual encuentra oposición, más se empecina en su trabajo. Cuando el dúo Violeta-Hilda se separa en 1953, Violeta comienza la recopilación sistemática de folklore, en un principio en las cercanías de Santiago, y luego, a lo largo del país. 54 N o es la única ni como cantora ni como recopiladora. Ya antes que ella, Margot Loyola, con un criterio más bien de coleccionista para museos, había comenzado a reunir canciones de todo Chile. 55 Además, la ola del folklore de los años cuarenta - a la que se atribuye también la creación, en 1950, del "Premio Caupolicán" para los mejores representantes de la música nacional —, tiene por lo menos un antecedente con la iniciativa de Antonio Acevedo Hernández. Por un impulso de protesta social, Acevedo publica en 1933 Los cantores populares chilenos, ya citado (ver n. 27). A la cantante Violeta le dificultó el éxito inmediato su modo marcadamente campesino en un entorno urbano. 56 Este, en cambio, le resulta muy favorable en su acercamiento a los ancianos del campo, que no ven en ella 53 Poésiepopulaire des Andes (n. 25), pp. 52 ss. [La cuarteta de la canción se encuentra en Violeta Parra, Cantos folklóricos chilenos (Santiago: Nascimento, 1979), atribuida al cantor Antonio Suárez, "inquilino del Fundo Tocornal" (pp. 13, 15). Violeta misma compuso una canción en décimas sobre el tópico: "Por el mundo al revés", texto en Violeta Parra, Poesía, pp. 427-428.] 54 Una documentación sonora de esta actividad representan los dos discos con el título Violeta Parra. Presente... ausente... (Le Chant du Monde, LDX 74572/73). Esta hermosa edición de 1975 se basa en grabaciones hechas el 26 de marzo de 1956, con la excepción de El gavilán, de marzo de 1964. Comprende canciones tradicionales incluso de la isla de Pascua. 55 Los esfuerzos anteriores en la colección del folklore se describen en Subercaseaux/ Londoño (n. 26), pp. 70-71. [Los historiadores de la música popular chilena González, Ohlsen y Rolle destacan la "labor de Margot Loyola y del grupo Cuncumén" como "centrales en la década de 1950 para definir una plataforma artística desde la cual dar impulso a la renovación de la música de raíz folklórica" (Historia social de la música popular en Chile 1950-1970, pp. 311-312).] 56 Subercaseaux/Londoño (n. 26), pp. 46-47.
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a una afuerina, sino a uno de los suyos. Debido a que "la Violetita" habla, come, se viste y canta como ellos, resulta creíble cuando les pide canciones, porque anda "buscando el verdadero canto de Chile" (Cantos folklóricos chilenos [n. 53], p. 75, en conversación con Berta Gajardo). Son canciones que para esos pequeños campesinos y jornaleros significan su vida misma. C o m o para aquel don Juan de Dios Leiva [¿Guillermo Reyes?] de Las Barrancas, quien le dice: "Yo j u r é n o volver a c a n t a r m á s en m i vida, p o r q u e D i o s m e llevó a m i nieticita regalona y la n o c h e terrible q u e t u v e q u e c a n t a r pa'ella, la [es decir, "la voz"] t e n g o a n u d á ' e n el p e c h o y la garganta". O n Leiva [ D o n G u i l l e r m o ] r o m p i ó su j u r a m e n t o c u a n d o le d i j e q u e la p a t r i a necesitaba sus c a n t o s . " P o r u s t e d lo voy a hacer, Violetita, q u e es la ú n i c a q u e t r a s m i t e a lo pueta". 3 7
Con esto, se despejan las condiciones para el éxito que Violeta comienza a tener a partir del momento en que Raúl Aicardi, director de Radio Chilena, le ofrece, en 1954, la posibilidad de participar en los programas radiales de Ricardo García, el animador de la famosa emisión Discomanía de Radio Minería. Son programas de conversaciones sobre folklore en las que se van intercalando ejemplos de canciones que lentamente pasan a tomar la forma de verdaderas "escenas campesinas" en las que participa mucha gente del pueblo. 58 Gracias al contenido, a la música, y no menos a la voz de Violeta — "una voz un poco gastada, como es la voz típica de la campesina nuestra, una voz baja, con pocas modulaciones" 59 — se entrega precisamente a la gente de los sectores campesinos, que hasta entonces habían sido engañados sobre su verdadera identidad, la sensación de estarse oyendo a sí mismos. Llegaron
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Poésie populaire des Andes (n. 25), p. 38. [En Cantos folklóricos chilenos (n. 25), donde también se lee esta cita (n. 53, p. 9), encontramos algunas variantes menores, pero sobre todo una confusión en la atribución de los apellidos. El capítulo (primero) se titula "Guillermo Reyes ('On Guille')" y a él se le refiere tres veces más. Sin embargo, el primer párrafo nos presenta a un "Don Juan de Dios Leiva" como autor del testimonio. Tanto en la entrevista con Mario Céspedes del 5 de enero de 1960 en el Hotel Biobío de Concepción como en la charla del mismo día en la Universidad de Concepción, Violeta habla de Juan de Dios Leiva (La transcripción de la primera se encuentra en Marisol García, Violeta Parra en sus palabras, (n. 35), p. 45; la segunda se publica en el Libro mayor de Violeta Parra, n. 37, p. 90).] 58
Subercaseaux/Londoño (n. 26), pp. 74-75. Según el testimonio del musicólogo Gastón Soublette, en: Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 76. 59
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por correo a su casa sacos enteros de cartas, según cuenta Ángel Parra, 60 y Luis Arce (el segundo marido de Violeta) fue testigo de cómo un grupo de auténticos huasos, a diferencia de aquellos que eran una baratija pastoril del folklore artificial, c o m o " L o s Cuatro Huasos", se instalaba junto a uno de los todavía escasos aparatos de radio para oír a Violeta. 6 1 En este momento " L a jardinera" (ver p. 138) se interpretaba en todo el país, tal vez también porque desde un punto de vista temático se alejaba menos de las canciones más usuales. Sin embargo, resulta sorprendente este éxito considerando la austera estilización de las imágenes poéticas, centradas en el núcleo ingenuo del estribillo, que también se conoce en Alemania. Además, la inversión de roles en el transcurso de la canción — la mujer que sufre indica que podría ser el hombre el que va a sufrir — se junta con la forma novedosa para marcar cierta distancia respecto de la habitual superficialidad de los productos más conocidos. En 1954 Violeta recibe el "Premio Caupolicán" como mejor cantante nacional, y poco después, una invitación a participar en el Festival Internacional de la Juventud, celebrado en Varsovia. Se va a Europa aquejada de sentimientos de culpa ( " D e j o bota' mi Nación", Décimas, p. 184/Barcelona, p. 317/Valparaíso), que se agudizan cuando, poco después de su partida, muere su hija de dos años Rosita Clara. Así viaja Violeta, y permanece en el extranjero por dos años. N o fue una estadía planificada, pero es posible considerarla como el resultado de un nuevo desafío de Violeta, aun cuando cada día se replanteara la decisión de volver. Enrique Bello, durante largo tiempo director del Canal 9 de la Universidad de Chile, afirma: "Yo creo que se quedó en Europa por romper un poco el destino que tienen los latinoamericanos en un m u n d o tan cerrado como el de París, donde se les considera subdesarrollados económica y mentalmente". 6 2 C o n certeza su terquedad fue provocada por la desilusión
60 Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 76 y entrevista personal con Ángel Parra (24 de febrero de 1978). 61 Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 79. Se trataría de una reacción contra la invasión de "la cultura europea, norteamericana" que se manifestaría, por ejemplo, en adaptaciones de mustiáis como Oklahoma y South Pacific a través de la labor de Germán Becker. Para subrayar el testimonio de Sergio Larraín, Subercaseaux y Londofio reproducen un anuncio de 1955. [Para más informaciones, ver el párrafo respectivo en el "Suplemento".]
Enrique Bello, director de televisión en la Universidad de Chile, según Subercaseaux/ Londoño (n. 26), p. 93; Ángel Parra destaca "la situación bastante confusa" y la justificación del viaje por parte de Violeta: "nos decía que esto lo estaba haciendo por Chile, por el folklore, por los trabajadores y la música" (Subercaseaux/Londoño pp. 82-83). 62
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que resulta del rechazo, en especial de todas las autoridades del cuerpo diplomático chileno, contra las que se descarga — como contra Cereceda — en sus Décimas: Oscura la circunstancia par' esta chilena errante, Mendoza muy alarmante me trata con inorancia; alega qu'en la Francia cantoras hay por centenas, que forman una cadena del mar Jónico a l'España, y que París es l'arafia de Europa más traicionera. Me mete por una manga y por la otra me saca, me ha formado un alharaca, ministro de la caramba, repite: No es ni una ganga servir de representante de Chile p'a sus cantantes, p'a sus pintores y poetas, yo no tengo ni escopeta ni pólvora abundantes.63 Sin lugar a dudas le dolió mucho la indiferencia de la Embajada chilena para prestarle apoyo luego de ese "Premio Caupolicán" que a ella tanto orgullo 63 „Llego a París", en: Décimas (n. 36), pp. 205-206 (Barcelona), p. 334 (Valparaíso). [No siempre los diplomáticos chilenos fueron tan displicentes con la artista. En el Libro mayor se encuentra un testimonio elogioso y cordial de 1962 del entonces embajador de Chile ante las Naciones Unidas, Ramón Huidobro Domínguez. Junto con su mujer conoce a Violeta en uno de sus recitales en Ginebra: "Tuvimos la sensación de estar en el parque un 18 de septiembre. Violeta afirmaba sus pies en un cajón de madera en el que podía leerse: 'Refinería de Azúcar de Viña del Mar'. (...) El evento terminó con prolongados aplausos y vivas a nuestra compatriota, lo que nos llenó de orgullo" (p. 148). En lo siguiente se insinúa una relación de confianza mutua no impedida por la provocadora alusión a la "Compañía Refinería de Azúcar de Viña del Mar" CRAV, una de las industrias donde anarquistas y comunistas habían estado activos desde los años veinte (ver Loveman, n. 13, pp. 171-172). Ver también foto en p. 261, con una Violeta acicalada en la Embajada de Chile.]
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le produjo, acrecentado casi de inmediato por el éxito que obtuviera en Varsovia.64 Por cierto, resulta sobrecogedor pensar que un triunfo en el Bloque del Este, en la mitad de la Guerra Fría, pudiera funcionar como un "ábrete sésamo" ante las puertas cerradas de la Embajada de Chile (¡!). El candor con el que se pronuncia tanto en los versos ya citados contra Cereceda como frente a los diplomáticos chilenos está en clara sintonía con otras manifestaciones de la vehemencia de su voluntad de ser diferente, manejarse sola y lograr imponerse. Estos rasgos "apocalípticos" según la acertada observación de Manns serán formulados una y otra vez por sus biógrafos.65 Indican un rasgo pequeñoburgués del carácter de Violeta que el mismo Manns describe como "une prépondérance par moments du Moi" ("una preponderancia por momentos del Yo").66 Finalmente, este rasgo puede haberla conducido a emprender el proyecto demasiado ambicioso de la "Carpa de la Reina" cuyo fracaso será una de las causas de su suicidio. Por el momento todavía estamos en París, donde Violeta canta sobre todo en bares y restaurantes del Barrio Latino. También logra tomar contacto con el Musée de l'Homme, bajo cuyo encargo realiza, el 26 de marzo de 1956, una serie de grabaciones editadas en 1975 en dos discos del renombrado sello Chant du Monde.67 Poco después, en septiembre de 1956, Violeta vuelve a Chile. El mismo año aparece el primer disco de una serie de cuatro (que se completa en 1957), en los que ella presenta Folklore de Chile-, y en 1957 se publica además un disco con sus propios poemas-canciones, Composiciones de Violeta Parra. El quehacer principal de Violeta en el año 57 es poner en funcionamiento un museo de arte popular bajo el encargo de la Universidad de Concepción. La base del material para ser expuesto viene de sus propias actividades de coleccionista en campos diversos (junto a la música, sobre
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Testimonios de Orlando Rodríguez y Fernán Meza en Subercaseaux/Londoño (n. 26), p. 83. Para su orgullo con el Caupolicán, ver, en el mismo libro, p. 86. Meza y Rodríguez son críticos de arte que acompañan a Violeta en el viaje al Festival de Varsovia en 195565
Subercaseaux/Londoño (n. 26), pp. 39, 50, 89; Alcalde (n. 26), pp. 25, 27. [El cantautor Osvaldo Rodríguez describe una violenta pelea por celos entre Violeta y Gilbert Favre (Cantores que reflexionan, Madrid: LAR, 1984, p. 41).] La caracterización por Fernán Meza es tal vez la más drástica: "La verdad es que tenía un estilo que era un poco saca-pica. ¡Aquí está la Violeta Parra!¡Llegó la Violeta Parra! Siempre hablaba en tercera persona, egocentrismo de artista -pensábamos nosotros. Así que incluso los amigos la imitábamos, la jodiamos" (Subercaseaux/Londoño, p. 83). 66 67
Manns (n. 21, p. 52 y n. 23, p. 71). Ver n. 54 y Subercaseaux/Londoño (n. 26), pp. 90-91.
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todo cerámica y arte textil). Al mismo tiempo lleva adelante su trabajo de recolección, sin ningún apoyo de autoridades, durante un largo viaje por el norte de Chile y luego, en el transcurso de una estadía de cuatro meses en la isla de Chiloé. [En suma: "Para el m u n d o artístico e intelectual chileno, Violeta Parra se presentaba como la descubridora de un Chile musical desconocido" (González, Ohlsen, Rolle, p. 385).] En ese tiempo comienza la composición de las Décimas que se publican recién en 1970. Durante una larga enfermedad también empieza a crear cerámicas, cuadros y arpilleras. C o m p o n e además algunas músicas incidentales para películas y el disco (LP) Toda Violeta Parra, con "Yo canto la diferencia" (1960). [La música para los primeros cortos de Sergio Bravo, el pionero y maestro de un cine de arte chileno, es testimonio de la perfecta armonía entre los dos creadores. La carta de Bravo, incluida en este libro, ilustra el entusiasmo con el que crearon Mimbre ( 1 9 5 7 ) y Trilla ( 1 9 5 8 ) . Mimbre, en particular, enaltece c o m o arte el trabajo manual a través de imágenes casi abstractas y un montaje rápido de formatos que van cambiando constantemente. Al m i s m o tiempo, el cortometraje documental se transforma, sin una palabra a lo largo de los nueve minutos de duración, en un manifiesto sobre el arte cinematográfico. L a música — la guitarra — de Violeta, en plena consonancia con el proyecto, no recurre a una de las canciones tradicionales recolectadas por ella. C o m p l e m e n t a las imágenes de Bravo con una música semejante a la música experimental de la vanguardia culta. Pero "el más interesante aporte" constituye, según Olivia C o n c h a Molinari, el "despliegue divergente de lenguajes armónico y melódico": Se está en presencia de un músico que incorpora escalas arcaicas como modales, presentes en el repertorio campesino e indígena y que, a la vez, incursiona en la apertura y ampliación de la tonalidad/'8 En la m i s m a línea de búsqueda de una síntesis entre un folklore recobrado y una música de vanguardia "culta" se sitúa El gavilán, el esbozo de un ballet en el que Violeta trabaja desde finales de los cincuenta. La primera parte de esta pieza — la única presentación pública que existe — Violeta la entrega el 5 enero de 1960 en el marco de su actividad en la Universidad de Concepción.]
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Olivia Concha Molinari, "Violeta Parra, compositora" (1995), p. 75.
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C o m o en contraste con su incursión al campo artístico de la vanguardia europea, Violeta crea su primer arte poético, "Yo canto la diferencia", con ocasión de los 150 años de la independencia de Chile, es decir, en 1960. Se puede leer y escuchar como reivindicación de sus orígenes sin glorificaciones falsas y de un arte sin sofisticaciones "al servicio del pueblo", como dirá su hijo Ángel casi medio siglo después (Violeta se fue a los cielos, p. 122): Yo canto a la chillaneja si tengo que decir algo, y n o t o m o la guitarra por conseguir u n aplauso. Yo canto la diferencia que hay de lo cierto a lo falso. D e lo contrario, no canto (p. 146).
También en 1960 conoce casualmente al suizo Gilbert Favre, que había llegado a Chile en un viaje de estudios arqueológicos y al que le habían recomendado escuchar sin falta las canciones de Violeta Parra.69 De esta casualidad surge una relación que marca los últimos años de su vida. Cada uno, cuenta Ángel Parra, le abre al otro un mundo nuevo. Cuando Favre se separa definitivamente de Violeta en 1966 — hecho que se vuelve uno de los desencadenantes de su suicidio — se va a trabajar en Bolivia como director de un grupo folklórico. Con "Gilbertito" emprende ella, en 1961, su segundo viaje a Europa, pasando por Argentina. La estadía será de cuatro años. El motivo es otra vez un festival internacional de música juvenil (Helsinki, 1962). El resto del tiempo lo pasan sobre todo en París y en Suiza (Ginebra, Lausana). 69
No se sabe mucho de su relación amorosa. Ver Subercaseaux/Londofio (n. 26), pp. 9698, sobre todo el testimonio de Ángel. [A Ángel debemos también un retrato inspirado por la comprensión profunda de un amigo cercano y de un hijo tierno. Partiendo del cumpleaños de su madre, el 4 de octubre de 1960, cuando se conocieron los dos, resume: "Celebraron intensamente, querían conocerse, se integró rapidito. Interesados en avanzar juntos, sin plazos ni fechas. Cinco años para descubrir un mundo extraño" (Violeta sefue a los cielos, p. 19). Pero sin duda son las cartas de Violeta, accesibles en parte por el Libro mayor, las que permiten conocer en algo la intimidad normalmente escondida de una pasión amorosa incondicional y exigente a la vez: "Este cementerio que es la vida, a cada momento me muestra sus nichos y sus cruces. Y como tengo mucho miedo, te llamo para que me tomes de la mano y me ayudes a pasar por este puente peligroso. (...) ¿Dónde está mi Chinito? ¿Quién es mi Chinito? Quiero ver a mi Chinito, quiero pegarle. Quiero meterle los dedos ahí, detrás de los dientes. Ahí está calientito. - ¡Chinitoooooo! - Yo soy tuya" (carta de 1963, Libro mayor, p. 179).]
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En este período se gesta casi la totalidad de las canciones comprometidas, lo que lleva a la leyenda de que "La carta" (1962) sería la primera de sus canciones políticas. 70 Lo que sí se puede afirmar es que las condiciones de vida en Europa aguzan su entendimiento político. Su labor todavía permanece más bien al margen del bullicio de la cultura oficial - rara vez puede salir de los bares del Barrio Latino. Es en Suiza donde encuentra finalmente u n cierto reconocimiento, que le despeja el camino a la exposición de sus arpilleras en 1964 en el Museo del Louvre, en París, algo que ningún artista plástico latinoamericano había jamás logrado hasta entonces. Aparece en Maspero la ya citada colección Poésie populaire des Andes. A pesar de todo ello, Violeta y sus hijos Ángel e Isabel consideran su trabajo como una especie de prostitución. 71 Cuando llega Frei al gobierno en 1964 se produce una mayor movilidad en el ambiente político de Chile. Ángel e Isabel son los primeros que deciden volver a casa. En 1965 les resulta poner en marcha la Peña de los Parra, un punto de encuentro de folkloristas de compromiso, dentro de cuyos marcos por fin pueden crear a sus anchas y liberarse de la presión de tener que hacer música solo para sobrevivir. La "Peña", céntricamente ubicada y apoyada por muchos intelectuales y, sobre todo, por estudiantes, se vuelve un gran éxito. Violeta regresa al país en 1965 con el plan de desarrollar una "Universidad popular del folklore", motivada también por el relativo reconocimiento recibido en Europa. En uno de los barrios más bien altos de la periferia de Santiago, La Reina, la administración municipal, con su alcalde Fernando Castillo Velasco, le concede un terreno en el que instala una gran carpa de circo que había podido comprar con el apoyo financiero de su amigo Sergio "Queco" Larraín, la Carpa de La Reina. (Ese título llevará también el penúltimo de sus discos.) Además de dar a conocer su propia música, Violeta dará una oportunidad de trabajo a otros cantantes y grupos musicales, organizará cursos de canto, danza y cerámica, enseñados por ella y por otros. Un número considerable de conocidos y colegas artistas parece haberle prometido 70
Ver Barraza (n. 22), pp. 35 ss., Martínez Reverte (n. 28, p. 15). Paula Miranda sigue este patrón al distinguir como etapa sui generis "1960-1964: Los cantos revolucionarios y Francia", en: La poesía de Violeta Parra, Santiago: Cuarto Propio, 2013, pp. 86-97. Según Miranda, la primera canción de "tema social y político" (p. 84), "contrahegemónica" (p. 92), sería "Hace falta un guerrillero" que ella fecha en 1957. A lo largo de su estudio se nota un afán de minimizar el "impulso" político-social. Ver "Suplemento", también para la fecha de la canción. 71
Entrevista personal con Ángel Parra (24 de febrero de 1978). En cuanto a la relación entre experiencia del extranjero y creatividad, ver Manns (n. 21, p. 51 y n. 23, pp. 68-70).
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su cooperación, pero como Violeta no cuenta con medios financieros, estos compromisos no pasan de la palabra a los hechos. La ubicación de la Carpa resulta ser un escollo importante. Era accesible prácticamente solo con auto, además de un microbús que, desde el centro de la capital, demoraba 45 minutos en llegar. Con eso, la Carpa se vuelve un lugar inalcanzable para el público humilde con el que hubiera podido contar. Violeta se ve envuelta además en problemas con la Municipalidad, que tienen su origen en circunstancias políticas.72 A la movilización de grandes sectores de la población en respuesta a las intenciones de reforma social de Frei, sigue pronto una represión. Frei habría llamado personalmente a Ricardo García — con el que Violeta había concebido sus primeras intervenciones radiales — para impedir que saliera al aire una canción de Rolando Alarcón, uno de los animadores de la Peña y exponente de la "Nueva Canción Chilena". Los Parra muy pronto son ignorados por los medios. A Violeta le cortan la electricidad con argumentos gratuitos, la Carpa es allanada con frecuencia.73 Nos encontramos entonces con una situación paradójica en la que Violeta Parra podría recibir directamente a su público pero este se aparta de ella tanto por intimidación política como por las exigencias personales de la artista: tener su lugar propio. No parece haber sido posible ni para ella ni para sus amigos encontrar una solución precisamente política, concertada, como la idea bastante obvia de renunciar a un público personal y concentrar los esfuerzos alrededor de la Peña.74 Otro factor de la crisis existencial de Violeta habrá sido la ola del "folklore de masas", con la fuerte incidencia de cantores de lengua inglesa por un lado — por ejemplo Pete Seeger (introducida por la estrella juvenil Fresia Soto), Paul Anka, Bob Dylan o Ringo Starr — y el auge de la "Nueva Canción Chilena", representada por sus propios hijos Ángel e Isabel, Rolando Alarcón, Víctor Jara o Patricio Manns, entre muchos otros. La competencia con esos fenómenos habrá sido cada vez más difícil [ver "Suplemento"]. Estos problemas se conjugan con la presión que ejerce la ruptura de la relación con Gilbert, relación que parece haber sido condicionada por otra de las contradicciones suyas, la enorme necesidad de cariño y la incapacidad de
Manns (n. 21, pp. 48-49 y n. 23, p. 66) y Subercaseaux/Londoño (n. 26, p. 116). [Fernando Sáez cuenta en detalle la aventura de la Carpa, pero no considera las circunstancias políticas (La vida intranquila, 1999, pp. 147-157).] 73 Ver n. 72. La canción de Alarcón es "Se olvidaron de la patria" (1966). 74 Manns (n. 21, p. 50 y n. 23, pp. 67-68). 72
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mantenerlo en una convivencia de pareja.75 En tales circunstancias, la inmensa energía vital de Violeta se agota. El 5 de febrero de 1967 se pega un tiro en su Carpa de la Reina.
III Una característica de la obra de Violeta Parrra es, en efecto, la presencia de contradicciones.76 Junto al agradecimiento por una vida plena ("Gracias a la vida") se encuentran los juramentos en contra de todo lo vivo y lo muerto ("Maldigo del alto cielo"). A la par con ciertos elementos de religiosidad cristiana aceptados sin la menor duda — como en las décimas a su hija Rosita Clara, en "Volver a los 17" o en "Cantores que reflexionan", su segunda "arte poética", siendo la primera "Yo canto la diferencia" — se manifiesta un punzante y pensado cuestionamiento de temas religiosos y sociales, que se apoya precisamente en estos elementos de religiosidad tradicional ("Ayúdame, Valentina", "¿Qué dirá el Santo Padre?", "Rin del angelito"). En "La carta" esto se lleva a una forma de agradecimiento de un efecto solo a medias irónico: [ . . . ] tengo nueve hermanos fuera del que se me engrilló, los nueve son comunistas con el favor de mi Dios, sí (p. 164).
La poesía de amor más personal ("Run-Run se fue pa'l norte") se encuentra codo a codo con la sátira política ("Mazúrquica modérnica"). Ya que los fascistas chilenos ("perdóneme el auditorio, / si ofende mi claridad") no pudieron silenciar por la fuerza ni el nombre ni las canciones de Violeta Parra después de 1973, 77 sacaron provecho de estas contradicciones 75 "necesito tanto cariño", escribe en una carta sin fecha de 1965, citada por Subercaseaux/ Londoño (n. 26, p. 103; ver también pp. 119-120). Fragmentos de esta carta en el Libro mayor, pp. 194 y 198. 76 Ver p. 108; contradicciones como, por ejemplo, entre seguridad e inseguridad, subjetividad y objetividad, conservadurismo y progresismo. 77 Subercaseaux/Londoño (n. 26, p. 131) citan una noticia de El Mercurio del 2 de octubre de 1973: "Las ex-poblaciones Luis Emilio Recabarren y Violeta Parra pasaron a denominarse con el nombre de Población Brigadier Cruz Martínez": "La resolución fue motivada como manera de hacer justicia a los valores propiamente nacionales y dar término a las
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para partir su obra por la mitad y, a través de ello, quitarle su sentido. Es así como en 1976, en una edición que aparece en Santiago (con varias reediciones), no se encuentra ni una sola de sus canciones políticas, con la salvedad de "Cantores que reflexionan", cuyo contenido político puede ser fácilmente soslayado dada la intencional dificultad de sus imágenes, a la vez esotéricas y confusas. 78 Con todo propósito se mezclan las composiciones originales de Violeta con aquellas recopiladas. En la introducción se la toma como una representante del nacionalismo agrario, nostálgico y conservador, que ella precisamente trata de sobrepasar: [ . . . ] al f e n ó m e n o u r b a n o ,
inestable y a p r e s u r a d o , q u e lleva y trae cosas
s a n c i o n a d a s p o r la m o d a y el m o m e n t o , h a y q u e o p o n e r ese o t r o h e c h o c u l t u r a l q u e es la c a n c i ó n c o n s e r v a d a e n el s e n o d e las familias d e los p u e b l o s o del c a m p o , d o n d e se sienta c o m o el f o n d o d e u n v i n o g e n e r o s o el e s p í r i t u m i s m o d e la s o c i e d a d nacional. 7 9
Nada es más ajeno a Violeta Parra que la fantasmal lucha cultural entre ciudad y campo. Esa contraposición no existe para ella. La ciudad y el campo están amenazados por igual por la misma deshumanización, Santiago no menos que Chiloé ("Santiago, penando estás" y "Según el favor del viento"). Si ella cuida el folklore original campesino y lo cultiva en sus propias composiciones, lo hace con un doble propósito. En primer lugar, quiere rescatar una tradición amenazada: el mundo agrario no tiene, en efecto, ese orden armonioso con el que fantasean el pseudo-folklore y los políticos conservadores. Por otro lado, quiere mostrarles a las capas oprimidas del pueblo su propia fuerza creativa, incluso más allá de su enajenada voluntad. Es exactamente eso lo que se le arrebata una vez más a la mayoría del pueblo chileno a través de la división arbitraria de la obra de Violeta, una ruptura motivada por querer adaptarse al régimen dictatorial. Porque tal fuerza creativa no se
designaciones políticas, tanto extranjeras como del país". En una conversación, Ángel anotó que este cambio no pudo imponerse (entrevista personal con Ángel Parra, 24 de febrero de 1978). [En la actualidad el barrio existe con su nombre previo.] 78
21 son bs dolores — Antología amorosa, editada por Juan Andrés Piña (Santiago 1976, 1000 ejemplares, segunda edición, 1977, 1500 ejemplares). En la portada falta el subtítulo que explica la selección. En la p. 20 de la introducción se cita una estrofa de "Según el favor del viento" sin indicar el título de la canción. 79
Se trata de una cita del etnólogo Tomás Lago para dar crédito a la frase "fundación cultural de Chile" por Violeta (p. 23).
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conserva en un arraigo ficticio a la tierra, sino en las contradicciones descritas al principio de este párrafo: en este caso la presencia simultánea de la tradición considerada como cultura creadora y la modernidad sentida como destructiva. Estas contradicciones son constituyentes de la grandeza y la credibilidad de la chilena — su realismo, si así se quiere. Pues lo contradictorio es la expresión personal de una situación social vivida como insostenible y profundamente contradictoria. El punto de mediación entre la experiencia personal y la situación social es la pérdida del amor. La falta de amor es la temática constante desde "La jardinera" - su primer gran éxito en 1952 - hasta "La lavandera" (1967), la última de sus canciones poéticas. Esta temática abarca mucho más que la típica alusión al sufrimiento por amor, pues el ámbito del sentimiento personal (que esencialmente, por supuesto, no está menos ligado a lo social) se sobrepasa ampliamente en "Santiago, penando estás": Mi pecho se halla de luto por la muerte del amor, en los jardines cultivan las flores de la traición, oro cobra el hortelano que va sembrando rencor. Por eso llorando estoy (p. 174). El m u n d o entero sufre ante la muerte del amor. La palabra clave es "traición", que en todo — tanto en la vida privada como en la pública, porque en esto no parecen contraponerse — deja ver su omnipresente fuerza. Una fuerza que genera la codicia, la injusticia, la aniquilación de la belleza, la violencia, la indiferencia, el anonimato, y hace que el m u n d o que merecería ser vivido aparezca como digno de ser maldito y vuelva una "porquería" el amor: 80 quemas el árbol del amor, dejas cenizas al pasar.81
80 Ver "Santiago penando estás", v. 4; "Un río de sangre", v. 4; "Maldigo del alto cielo" v. 65. Ya en su "Judas", canción grabada en 1953 (ver n. 50), la palabra "traición" es central. 81 "Cantores que reflexionan", w . 11-12.
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En contraposición con lo anterior, el amor sigue siendo la fuerza del bien por antonomasia. La cueca "De cuerpo entero" abarca cuerpo y alma en una muchas veces negada unidad. Incluso a través de la forma de la cueca recortada tal división se señala como artificial (w. 1-8). La oposición entre sensualidad y espiritualidad se anula en los versos siguientes y encuentra su resolución en el último verso que sirve de título. Y en "Gracias a la vida", el amor se vuelve el elemento conector entre el individuo y el otro, entre mujer y hombre en la convivencia de todos los humanos (w. 5, 10, 15). El "yo" que se establece explícitamente como amante en las primeras tres estrofas, se recoge en las dos siguientes detrás de un "tú", para finalmente unirse los dos a un canto general en la última de las estrofas. Pero incluso allí donde el amor no aparece mencionado siquiera como palabra, gravita en la reminiscencia en cada verso, a través de la inusual reiteración de la rima asonante (a-o). El "tanto" — largamente sostenido — de los respectivos primeros versos de cada estrofa, la asonancia que se vuelve rima en la última estrofa y la palabra "canto" tres veces repetida en la rima de los versos que cierran este himno tranquilo preparan y sostienen la inclusión del público y del mundo entero en el abrazo verbal por el "canto" al comienzo y al final de los versos concluyentes.82 De ese modo se completa la armonía que lo abarca todo. [En su Historia social de la música popular en Chile, González, Ohlsen y Rolle reparan en los "gestos de fusión" de Violeta (p. 385). En "Gracias a la vida" esta tendencia se nota tanto en el uso de los instrumentos como en el ritmo. El charango es un instrumento de origen andino combinado aquí con la sirilla, una danza redescubierta por la propia Violeta en su viaje a Chiloé (1958). La sirilla "se deriva de la seguidilla española, forma poética, coreográfica y musical de origen arábigo medieval" (p. 339). Este particular espesor cultural realza todavía más el profundo sentido del "canto de todos que es mi propio canto" (v. 31).] Es verdad que se trata de un momento privilegiado aquel en el cual "dicha y quebranto" se pueden percibir como unidad de la plenitud de la vida; momento utópico en la medida en que considera como lograda a través del amor la superación de las barreras establecidas por la segunda naturaleza, la social. En esta circunstancia, el ser humano estaría confrontado tan solo con los problemas que vendrían de la dependencia de su existencia como parte 82 Violeta utiliza por sobre todo la rima asonante en los versos de números pares, según el ejemplo tradicional del verso "romance" español. Este marco fijo está en contraste con la extrema libertad rítmica. Ver Luis Advis en Gitarre des eiammernden Morgens (n. 1, p. 155).
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de una naturaleza controlada de manera incompleta. Como un instante así, que todo lo transfigura, se describe el acontecimiento del amor en "Volver a los 17": Todo lo cambia el momento: cual mago condescendiente, nos aleja dulcemente de rencores y violencias, sólo el amor con su ciencia nos vuelve tan inocentes (w. 25 ss.). La canción — que con su temática seguramente deberá luchar contra prejuicios de europeos dañados por cantantes de música oreja 83 — funciona a través de su rigurosa forma (décimas), 84 la constante simplicidad de sus imágenes (¡el cielo no está lleno de violines, sino que se adorna con aretes!) y los matices casi místicos: en la imagen del arcoíris se alude directamente al pacto bíblico entre Dios y el Hombre (Génesis, v. 9) con la imagen del "arco de las alianzas" (v. 13) — el "arco de las alianzas" es una denominación del arcoíris relativamente corriente. Pero este pacto bíblico se transfiere a una relación humana. La manera de cantar respalda estas sutilezas. Es de notar que el texto habla de una transformación acabada y no de un deseo nostálgico según el citado lema alemán "Si uno tuviera otra vez veinte / y estuviera tan enamorado como entonces" (ver n. 83). Esta renovación a través del amor vuelve al ser humano sensible frente al mundo — el nido en el que el arcoíris penetra no es solo símbolo de seguridad, sino también de recogimiento. El amor por su parte predispone a querer cambios y con ello desde luego también a la vulnerabilidad:
83 Aludo a títulos como el evergreen "17 Jahr, blondes Haar" (1965) del austríaco Udo Jürgens o como "Man miisste noch mal zwanzig sein" (1958) con el segundo verso "und so verliebt wie damals" ("Si uno tuviera otra vez veinte / y estuviera tan enamorado como en-
tonces"). De Peter Kraus proviene "A los diecisiete" (1958) con versos tan inolvidables como "A los diecisiete, a los diecisiete, / a los diecisiete, sí / todavía se sueña con la felicidad / y el amor a primera vista". 84 La décima empleada por Violeta a lo largo de su "autobiografía en versos" es una de las venerables formas que viene de la tradición española. El ejemplo más famoso es probable-
mente el soliloquio de Segismundo al final del segundo acto de La vida es sueño de Calderón.
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volver a ser de repente tan frágil como un segundo (w. 5-6). Si el mágico momento termina o se pierde, entonces no sirven las súplicas o conjuraciones, solo la vuelta a sí mismo. El desamparo del amor que deja de ser correspondido es el tema de "Pupila de águila" y "Run-Run se fue pa'l norte", que muestra la indiferencia de un amor apagado en los torpes gestos frente al dolor del otro (w. 28-32). Sin amor la vida es apenas posible. Cuando en las últimas canciones mencionadas el amor aparece como algo mágico, irracional, se debe subrayar al mismo tiempo que es este sentimiento el que permite el conocimiento: en el otro se despliega el mundo, el amor no enceguece, por el contrario, permite ver. La muerte del amor tiene el mismo significado que la indiferencia del corazón endurecido que vemos en "Santiago, penando estás". Sin embargo, parece cerrarse así un círculo vicioso del que se podría escapar precisamente solo con un milagro. Porque no hay amor, reina la falta de amor; y porque esa carencia reina, no puede existir amor. Solo una apelación moral sería en este caso aún posible. Ocasionalmente se encuentran, en efecto, algunas sugerencias exclusivamente moralistas que no hacen más que encubrir fuerzas sociales reales.85 Pero Violeta fue marcada por la cotidiana experiencia de antagonismos de clases. Por ello es sobre todo racional. Ella ve a seres humanos que trabajan, que quieren vivir y a los que otra gente les impide hacerlo. En "Porque los pobres no tienen", el verso repetido al final de cada estrofa de la canción concentra esta oposición en la simultaneidad de la indignación acerca del trato a los pobres y el asombro a propósito de las posibilidades que ofrece la vida: ¡Qué cosas tiene la vida, zambita! El "Gracias a la vida" repetido al inicio de cada estrofa de la canción homónima es como la continuación optimista de "Porque los pobres no tienen". El amor pertenece a las posibilidades que ofrece la vida tanto como la explotación. El amor es vital para todos los hombres, la explotación destruye la vida por el interés de unos pocos. Tanto el amor, entonces, si quiere hacerse respetar, al igual que la vida que quiere desplegarse, han de volverse 85
Por ejemplo en "Yo canto la diferencia", w. 3 1 - 3 2 y en "Santiago, penando estás" w .
2 2 - 3 2 , cuya presentación del siglo
xviii como
idilio resulta problemática.
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políticos — lo que aparenta ser contradictorio se equilibra en una necesaria unidad, en la que el amor es política y la política, amor. Evidentemente esta tensa unidad no resuelve los problemas que surgen de la separación impuesta, producto de trabajos alienados, entre individuo (privacidad/amor/ ocio) y sociedad (vida pública, política en sentido estricto/trabajo). Violeta ha experimentado el poder constructivo del amor compartido, así como ha vivido la destrucción del individuo a través de la sociedad (lo primero en su matrimonio con Cereceda y la compleja relación con Favre; lo segundo, por ejemplo, en el episodio de la muerte de su padre). Pero se hace patente que en su obra no es casual la imbricación entre lo individual y lo político, sino que constituye la expresión unitaria de una situación social, en la que la escisión del hombre en u n ser social por u n lado y un ser privado, por otro, de hecho se realiza, pero se vive como artificial, como un lujo impagable. Porque el dolor personal se experimenta como dolor compartido frente a una sociedad que no se puede aceptar como fatalidad, el padecimiento individual se transforma en protesta social. La concepción de la destrucción de la vida y de la explotación como interés de clases (aunque el término "clase" nunca aparece) es una constante en Violeta, tanto como el sufrimiento por falta de amor. En "La lechera" (1956; ver "Comentario"), la primera canción de compromiso explícito conocida hasta el momento, en la que una jornalera lucha por su vida afirma en el lacónico estribillo: Inquilino y patrón dos cosas son con distinción; inquilino y patrón, oro y terrón, (p. 140, Estribillo) En "Porque los pobres no tienen" se habla no solo de los pobres y sus miedos, sino también del contraste entre el capital y el trabajo (w. 29-34), que define la imagen de Chile en "Al centro de la injusticia" (1966). En la mayoría de los casos la experiencia personal y la consternación se expresan directamente ("Yo canto la diferencia", "¿Qué dirá el Santo Padre?", "Al centro de la injusticia", entre otros). Pero la subjetividad de la experiencia n o le quita nada de su objetividad, sino que refuerza la credibilidad del testimonio en el concierto del relato, la indignación y la acusación. Puede servir como ejemplo "Y arriba q u e m a n d o el sol".
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El motivo directo para su creación es el viaje de Violeta al Norte, en 1958, y la canción se construye como la narración de un viaje. Los problemas de la minería — al menos, los problemas de los mineros de las salitreras - son tan conocidos para ella como para cualquier otro chileno. La masacre de Iquique (1907), tratada por Pezoa en la mencionada "La Pampa", en la que 3.600 mineros fueron acribillados, está, según Lühr, "incluso fuera del ámbito de los obreros, ligada con la noción de un trauma nacional".86 Violeta está convencida de que sus canciones se necesitan en el Norte: M a ñ a n a m e voy pa'l N o r t e a cantarle a los N o r t i n o s . 8 7
El shock de la experiencia inmediata del "Norte", que la deja muda, Violeta lo expresa en la primera estrofa. Las siguientes estrofas describen el espanto cotidiano de una existencia expuesta a los hombres y la naturaleza, igualmente despiadados, hasta afirmar: Enterraron la justicia, enterraron la razón, ( w . 4 0 - 4 1 )
Para apoyar la veracidad de su relato, se señala la conocida ciudad minera de Chuquicamata — una mina de cobre enorme a tajo abierto — y, en seguida, un pueblo de mala muerte o, retomando la comparación del texto (v. 46: "pero en Santa Juana es peor"), de peor muerte. En Santiago poco o nada se sabe de esta precaria situación del Norte, lo que se explica por la inducida falta de conciencia de los mineros (w. 47-48) y por la versión santiaguina
86 Lühr (n. 5), p. 130. Las cifras de asesinados varían mucho. La mencionada corresponde a la versión popularizada por el grupo Quilapayún en su Cantata popular Santa María de Iquique (1970, música de Luis Advis). Los números varían entre 195 y 3.600, siendo la más aceptada 2.200. Nadie parece dudar que se trata de una masacre de grandes dimensiones. 87 "Mañana me voy pa'l Norte"; cito según un cásete, que debo a Ángel Parra, con la grabación de un disco con el título Una chilena en París. No pude identificar este disco con precisión (puede ser otro título del disco Recordando a Chile de 1965, mencionado por Alcalde, n. 26, p. 12). En este casete/disco se encuentra también la versión de "Arriba quemando el sol" utilizada en este libro. [El disco se llama, de hecho Violeta Parra (una chilena en París). Recordando a Chile, EMI-Odeón L D C - 3 6 533-Serie Estelar, según http://www.cancioneros. com/nd/1113/4/recordando-a-chile-violeta-parra.]
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de los hechos (w. 51-52). 88 Por ende, el informe-canción efectivamente es necesario. En contraste con el maquillaje — en el que incluso la revuelta se pinta como superflua - la canción insiste en la realidad negra y blanca (como se dice en "Gracias a la vida"), a sabiendas de que esta se descalificará como cuento ("de ponderación", v. 44). En oposición a la noche de las galerías subterráneas, el brillo del sol, con su natural indiferencia, se vuelve símbolo del dominio insensible del ser humano. Contenido y forma se imbrican a la perfección. La monotonía de la vida en el desierto, la imperturbabilidad de la naturaleza y la sociedad se reflejan en el empleo de la rima asonante aguda en cada verso, con acentuación en la vocal "o" que hace presente al "sol" a lo largo de la canción, y finalmente en el ritmo del también reiterativo baile nortino del trote. Tan solo tambores y golpes de mano marcan el ritmo durante el canto cuya melodía se introduce con una quena. Esta melodía tocada por la quena se repite antes de la última estrofa, con lo que una vez más se subraya la distancia entre el Norte y Santiago. Incluso a través de la instrumentalización se busca el más adecuado efecto para impactar en la capital: la quena es un instrumento cuyo origen es el Norte y que en la época casi no se conoce en el Chile Central. Importa subrayar que recién en los años sesenta la industria europeoamericana de canciones de consumo masivo se apropia de este instrumento con la finalidad de señalar en ellas una nostalgia de lo exótico y una libertad sin ningún límite. 89 Es Violeta, según José María Arguedas, la primera en utilizar, a propósito, este instrumento indígena, despreciado tanto por españoles como criollos. Arguedas, que sabe lo que dice — el novelista peruano 88 [Desde 1958, algunas cosas cambiaron en Chuquicamata (cerca de Calama). Después de ciertas mejoras en los sesenta sobre todo gracias a la estatización, la creciente necesidad de terrenos para la explotación del cobre y la catastrófica contaminación causaron el traslado de la población entera a Calama. "Chuqui" hoy en día es un pueblo fantasma. Santa Juana, cerca de Vallenar, hoy desaparecido en el contexto de la construcción del embalse del mismo nombre, se describe por Osvaldo Rodríguez como "uno de los minerales más pobres de todo el norte". Cuenta que un "acaudalado hombre de negocios", Osvaldo de Castro, "ofreció a Violeta un viaje al norte para que ella pudiera investigar el folklore sobreviviente entre los mineros" (Cantores que reflexionan, n. 65, p. 46). Una "falla mecánica" en el auto causaría un desvío hacia este pueblo que "entero olía a excrementos", y sería la causa de "Arriba quemando el sol". En cuanto a la licencia poética en la imagen de la minería, ver el "Comentario" y el "Suplemento".] 89
Son ejemplos de esta explotación "El cóndor pasa" en la versión de Simón y Garfunkel, el "Fernando" del grupo ABBA, que coquetea de manera escandalosa con el amor y la libertad bajo las estrellas (¿mexicanas?) y el novísimo hit alemán (¡!) "Bora-Bora" de Tony Marshall. [Ver más sobre americanización y cancionero alemán en el "Suplemento".]
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fuera de serie pero demasiado desconocido pasó una parte de su juventud con indígenas 90 - , en un simposio realizado un año después de la muerte de Violeta, caracterizó así su trabajo: Hasta hace unos treinta años, en Lima era un acto temerario tocar quena. La consideraban salvaje, hasta lo podían meter a uno a la cárcel. Eso quiere decir que quien tocaba la quena era un sujeto marginado, menospreciado. Ahora la quena es un elemento unificador, y lo es en Chile, por obra de Violeta Parra que incorporó la quena [ . . . ] . " H e descrito a Violeta c o m o racionalista, y esto parece ir muy especialmente en contra de su religiosidad. 92 Pero también esta antinomia se ve resuelta en la unidad de la experiencia, donde la religión, contra su función ideológica, es tomada al pie de la letra, y a través de ello, es desenmascarada. Precisamente porque Violeta ha conocido en todos sus matices la reconfortante imagen de la justicia celestial, es capaz del desengaño cuando se la contrasta con la práctica de los representantes terrenales de esa justicia. "Porque los pobres no tienen", "Ayúdame, Valentina" y " ¿ Q u é dirá el Santo Padre?", en su brío entusiasta heredado del Siglo de las Luces, hablan por sí mismos. Tanto en "Ayúdame, Valentina" c o m o en " M e gustan los estudiantes" se expresa una confianza en la ciencia y en la técnica que resulta de su uso encauzado hacia el bienestar de los humanos, postura que no casualmente nos amenaza con perderse de vista. Más claramente que en la concepción del amor (como esencia de las posibilidades humanas, por un lado, y c o m o imposibilidad por antonomasia, por otro) se descubre aquí que el conocimiento racional, guiado por el más puro interés personal, solo con mucha dificultad puede hacernos olvidar un aprendizaje irracional. El siguiente ejemplo puede resultar iluminador al respecto. Los velorios de angelito, que ya he mencionado y cuya importancia provenía de las cifras sobrecogedoramente altas de mortalidad infantil, eran una de las ocasiones más frecuentes en que el Chile rural acostumbraba cantar.
90
Esta juventud forma el marco de su novela Los ríos profundos
(1958).
Cf. Revista de Educación (Santiago), n° 13, 1968, p. 75 (publicación de los aportes a una mesa redonda, pp. 66-76). 91
92
Ver la detallada explicación en Manns (n. 21, pp. 58-69; n. 23, pp. 81-94). [Más infor-
maciones sobre el problema de la religiosidad en el "Suplemento".]
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En Chile, alrededor del año 1 9 7 0 , era de 1 2 8 / 1 . 0 0 0 . 9 3 E n Poésie
populaire
des Andes se encuentra el siguiente texto de un canto tradicional, en el que el "pequeño ángel" se despide del mundo: Madre mía yo me voy para el cielo muy contento dándole agradecimiento por toda mi criación, ya me recogió el Señor de esta tierra santa hermosa, la Virgen está gloriosa, me tiene cuna de flores, y al sonido de primores yo estoy cuidando una rosa. Adiós padres, adiós hermanos, ya se me cumplió la hora para marcharme a la gloria con este ramo en las manos; como fui un fiel cristiano mi alma se va victoriosa a esa tierra tan hermosa que es un verdadero encanto, y al pie del madero santo yo estoy cuidando una rosa. Llegó el tiempo de marcharme, y al emprender mi camino, adiós queridos padrinos que fueron a cristianarme y fueron a bautizarme a esa iglesia milagrosa, adiós madre cariñosa, me voy, le dejo un consuelo,
Cf. South-American Handbook, 1970 (n. 20), p. 267. La mortalidad infantil sería más alta solo en Egipto, Guatemala y Ecuador. En este terreno, Chile ha hecho enormes progresos. Desde el 157%o en 1955 bajó al 10%o en 1999 (Heinz-Hermann Krüger/Cathleen Grunert [eds.], Handbuch Kindheits- und Jugendforschung, Opladen: Leske+Budrich 2002, p. 409). 93
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porque en las puertas del cielo yo estoy cuidando una rosa. Ya me van a sepultar, mi alma se retira lejos, como recuerdo le dejo mi sentimiento y pesar; qué sacamos con llorar por esta vida engañosa; no llore madre amorosa si me voy a separar: en los jardines de Abraham yo estoy cuidando una rosa,94 A pesar de que Violeta Parra desde m u c h o antes había c o m p r e n d i d o el carácter ideológico de este tipo de canciones y, en general, de la religión, escribe al m i s m o t i e m p o que "Yo canto la diferencia" las décimas a su hija Rosita Clara, cuya m u e r t e la s u m i ó en dolorosos conflictos de conciencia. Estos versos no se apartan en nada de la f u n c i ó n consoladora propia de las canciones tradicionales: ante el dolor personal (y la necesidad de la c o m p e n sación) la razón sucumbe: Rosita se fue a los cielos igual que paloma blanca, en una linda potranca le apareció el ángel bueno, le dijo: Dios en su seno, niña, te v'a recibir, las llaves te traigo aquí, entremos al paraíso que afuera llueve granizo, pequeña flor de jazmín.
94
Poésie populaire des Andes (n. 25), pp. 40 ss. [Ya en 1959, Violeta defiende el ritual
contra la mala fama de ser una borrachera (Violeta Parra, "Velorios de angelitos", Pomaire 111.16, dic. 1958-feb. 1959, p. 1). Es característico de esta valoración doble el debate sobre las secuencias del "velorio de angelito" en la película Largo viaje (1967) de Patricio Kaulen (ver Cortínez y Engelbert, n. 27, Evolución en libertad, tomo I, pp. 181-186).]
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Pequeña flor de jazmín, del mundo vienes llegando; aquí t'están esperando la madre y un querubín, glorioso ha sido tu fin, cuéntaselo a tu mamita cuando ella esté dormidita, así le darás paciencia, valor y condescendencia y resignación infinita. Resignación infinita, por voluntad del Señor le quiso dar bendición, tú eres la causa bendita, apúrate palomita que la Virgen del Carmelo te ha de cuidar con desvelo, lo mismo el ángel guardián; los ángeles cantarán el canto del arroyuelo. El canto del arroyuelo lo habrás de oír mañana, el coro de tus hermanas v'a derramarse en los cielos, de aquí verás que en los suelos marcha tu maire querida, tú irás en su compañida en forma de mariposa para cuidar afanosa cuando se sient' afligida. En este jardín de flores entremos por un momento, te doy el despedimento, niñita de mis amores; los pajaritos cantores dividen esta mansión, a la derecha el Señor con todo el apostolado
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y allí el vergel e n c a n t a d o del angelario mayor. 9 5
Nada más que en este entorno, pienso, se percibe de manera muy clara la gran humanidad de la crítica religiosa que contienen los versos del "Rin del angelito" (1966). El esquema del consuelo por las promesas del paraíso, en vista de la restricción de posibilidades en este mundo, se reproduce hasta con detalles, por una parte, pero por otra, se modifica desde el mismo comienzo. Pues el alma no es capaz de separarse de la belleza del mundo. Sobre este fondo se justifica la seguidilla de preguntas en la estrofa final del "Rin". El descubrimiento de la muerte como final absoluto pone a los hombres aún más enérgicamente en la necesidad de buscar su realización en el único mundo existente. El hecho de que la autora en su propio afán vital no pudo estar y escribir siempre a la altura de estas pretensiones refuerza la impresión del profundo carácter de la angustia sufrida. Como muchas otras canciones de Violeta, el "Rin del angelito" cumple de manera admirable con la función que ella misma le adjudica a su arte: "abrir surcos al vivir" ("Cantores que reflexionan", v. 46). Q u e Violeta Parra sea en este afán todo menos que una provinciana lo demuestra la problemática de la religión, más actual que nunca. La demanda ya es poca si se trata de emplear las luces solamente para aclarar lo que se considera un "fenómeno marginal". Y tocar el "centro de la injusticia" es una osadía. Sin embargo, los problemas no son diferentes en la periferia de la injusticia y en el centro de las ganancias del capital, pero se olvidan con más facilidad. Escuchar a la Violeta no solo es un placer estético, es algo que concierne nuestro propio interés.96
95
Décimas (n. 36), pp. 215-216 (Barcelona), pp. 342-343 (Valparaíso). Durante la mesa redonda mencionada (n. 91), el pintor Eduardo Martínez Bonati dijo: "Quiero plantear a Violeta Parra como una artista moderna, como una persona integrada al doble drama de una realidad subcultural y de una realidad subdesarrollada latinoamericana, que tenía sin embargo, una conciencia clara de que estas particularidades culturales están aconteciendo en un mundo cuyos límites son cada vez más diluidos y acortados" (p. 74). 96
Eine nachdenkliche Sängerin / Cantora que reflexiona © Fundación Violeta Parra
Canciones Lieder
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile L a jardinera
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Para olvidarme de ti voy a cultivar la tierra, en ella espero encontrar remedio para mis penas. Aquí plantaré el rosal de las espinas más gruesas, tendré lista la corona para cuando en mi te mueras. Creciendo irán poco a poco los alegres pensamientos, cuando ya estén florecidos irá lejos tu recuerdo. De la flor de la amapola seré su mejor amiga, la pondré bajo la almohada para dormirme tranquila. Cogollo de toronjil, cuando me aumentan las penas, las flores de mi jardín han de ser mis enfermeras. Y si acaso yo me ausento antes que tú te arrepientas, heredarás estas flores, ven a curarte con ellas. Estribillo: Para mi tristeza violeta azul, clavelina roja pa' mi pasión, y para saber si me corresponde deshojo un blanco manzanillón: si me quiere mucho, poquito, nada, tranquilo queda mi corazón.
Canciones/Lieder
Die Gärtnerin
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U m Dich vergessen zu können, will ich den Boden bestellen, so werde ich hoffentlich Mittel für meinen Schmerz finden. Einen Rosenstock werde ich pflanzen, den mit den spitzesten Dornen, die Krone wird fertig sein, wenn D u in meinem Herzen stirbst. Allmählich wachsen u n d wachsen die fröhlichen Gedanken, wenn sie dann in Blüte stehen, denke ich kaum noch an Dich. Mit der Blüte des Feldmohns werde ich gut befreundet sein, unters Kopfkissen steck ich sie, u m ruhig schlafen zu können. Das Gartenmelissenblatt, wenn meine Schmerzen zunehmen, die Blumen meines Gartens sollen meine Krankheit pflegen. U n d für den Fall, daß ich gehe, bevor D u Deinen Sinn änderst, hinterlaß ich Dir die Blumen, komm, laß Dich von ihnen heilen. Kehrreim: Gegen meine Trauer das blaue Veilchen, rote Nelken für meine Leidenschaft, und um zu erfahren, ob auch er mich liebt, zerpflück ich ein weißes Gänseblümchen: er liebt mich sehr, ein wenig, gar nicht, beruhigt schlägt nun wieder mein Herz.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
La lechera1* No porque yo sea lechera y no tenga más amparo que el calorcito 'e la leche cuando yo la estoy sacando, ni porque es suya la casa y todo lo que estoy mirando voy a entregarle la poca vida que me está quedando.
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Sin embargo, la lechera por no perder su trabajo empezó a amarrar la "Pinta", con los ojos entelados, y al manear a la "Clavela" cayó muerta en el establo.
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Estribillo:* Inquilino y patrón, dos cosas son con distinción; inquilino y patrón, oro y terrón.
1
De aquí en adelante, el asterisco marca la existencia de variantes que se registran en el
"Comentario".
Canciones/Lieder
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Die Melkerin2* Zwar bin ich nur die Melkerin und habe zu meinem Schutze nur die gute Wärme der Milch, wenn ich sie gemolken habe; zwar ist das Haus Ihr Eigentum, und alles, was ich sehen kann: doch deshalb geb' ich das bißchen Leben, das mir bleibt, nicht Ihnen.
5
Und dennoch fing die Melkerin, um die Arbeit zu behalten, an, die „Pinta" festzubinden ihre Augen waren trübe; und beim Fesseln der „Clavela" fiel sie tot hin in den Stall.
10
Kehrreim:* Tagelöhner und Grundherr sind zwei Dinge verschiedener Art; Tagelöhner und Grundherr, Gold und Erdkloß.
2
Der Asterisk markiert hier und im Folgenden im „Kommentar" aufgeführte Varianten.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Arriba quemando el sol
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Cuando fui para la pampa llevaba mi corazón contento como un chirigüe, pero allá se me murió, primero perdí las plumas y luego perdí la voz. Y arriba quemando el sol. Cuando vide los mineros dentro de su habitación me dije: mejor habita en su concha el caracol o a la sombra de las leyes el refinado ladrón. Y arriba quemando el sol. Las hileras de casuchas, frente a frente, sí Señor, las hileras de mujeres frente al único pilón, cada una con su balde y su cara de aflicción. Y arriba quemando el sol. Fuimos a la pulpería para comprar la ración, veinte artículos no cuentan la rebaja de rigor, con la canasta vacía volvimos a la pensión. Y arriba quemando el sol. "Zona seca de la pampa", escrito en un cartelón, sin embargo, van y vienen las botellas de licor,
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Und die Sonne am Himmel brennt
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Als ich aufbrach in die Wüste, war mein Herz noch unbeschwert, unbeschwert wie das des Vogels, aber dort stand es mir still, erst verlor ich meine Federn, dann verlor die Stimme ich. Und die Sonne am Himmel brennt. Als ich die Minenarbeiter in ihrer Behausung sah, sagte ich mir, daß die Schnecke besser wohnt in ihrem Haus oder im Schatten der Gesetze der geschickte, schlaue Dieb. Und die Sonne am Himmel brennt. Lange Reihen Elendshütten, Wand an Wand, jawohl mein Herr, lange Reihen auch von Frauen vor dem einzigen Wasserhahn, alle gleich mit ihrem Eimer und mit verhärmtem Gesicht. Und die Sonne am Himmel brennt. Wir gingen in die Kantine, wollten den Tagesbedarf, auf die meisten Sachen gab's nicht den gesetzlichen Rabatt, und mit leerem Einkaufskorbe kamen wir nach Haus zurück. Und die Sonne am Himmel brennt. „Hier beginnt die Trockenzone", steht auf einem großen Schild, trotzdem aber wandern Flaschen hin und her mit Alkohol,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile claro que no son del pobre, contrabando o que sé yo. Y arriba quemando el sol. Paso por un pueblo muerto, se me nubla el corazón, aunque donde habita gente la muerte es mucho mayor. Enterraron la justicia, enterraron la razón. Y arriba quemando el sol. Si alguien dice que yo sueño cuentos de ponderación, digo que esto pasa en Chuqui, pero en Santa Juana es peor, el minero ya no sabe lo que vale su sudor. Y arriba quemando el sol. Me volví para Santiago sin comprender el color con que pintan la noticia, cuando el pobre dice no. Abajo, la noche oscura, oro, salitre y carbón. Y arriba quemando el sol.
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klar, die sind nicht für die Armen, Schmuggelware, was weiß ich. Und die Sonne am Himmel brennt. Eine ausgestorbene Ortschaft macht mich trübsinnig gestimmt, obgleich dort, wo Menschen wohnen, das Sterben viel größer ist. Die Gerechtigkeit begrub man, wie man die Vernunft begrub. Und die Sonne am Himmel brennt. Wenn jemand sagt, das seien Träume übertriebener Phantasie, sag ich: so geht's zu in Chuqui, schlimmer in Santa Juana noch, längst hat der Bergmann vergessen, welchen Wert sein Schweiß besitzt. Und die Sonne am Himmel brennt. Ich kam zurück nach Santiago, ohne zu verstehen, weshalb Nachrichten verpackt werden, sagt der Arme einmal: Nein! Unten herrscht nächtliches Dunkel, Kohle, Salpeter und Gold. Und die Sonne am Himmel brennt.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Yo canto la diferencia
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Yo canto a la chillaneja, si tengo que decir algo, y no tomo la guitarra por conseguir un aplauso. Yo canto la diferencia que hay de lo cierto a lo falso. De lo contrario no canto. Les voy a hablar en seguida de un caso muy alarmante: atención el auditorio, que va a tragarse el purgante, ahora que celebramos el dieciocho más galante: la bandera es un calmante. Yo paso el mes de septiembre con el corazón crecido de pena y de sentimiento de ver mi pueblo afligido, el pueblo amando a la Patria y tan mal correspondido: el emblema por testigo. En comandos importantes juramento a la bandera. Sus palabras me repican de tricolor las cadenas con alguaciles armados en plazas y en alamedas y al frente de las iglesias. Los ángeles de la guarda* vinieron de otro planeta ¿Por qué su mirada es turbia, su sangre de mala fiesta?
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Über den Unterschied sing ich
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Ich sing, wie man in Chillan singt, wenn ich was zu sagen habe, und ich nehme die Gitarre nicht, um Beifall zu bekommen. Uber den Unterschied sing ich, der die Wahrheit trennt von Lüge. Von anderem singe ich nicht. Ich will Ihnen gleich berichten von einem bestürzenden Fall: Publikum, paß auf jetzt, denn Du wirst zu schlucken haben, heute, wo wir ganz besonders unsern Nationaltag feiern: eine Pille ist die Fahne. Den ganzen Monat September lebe ich mit schwerem Herzen, ich bin traurig, und ich leide an den Sorgen meines Volkes; seine Liebe zum Vaterland findet wenig Gegenliebe: Zeuge dafür ist das Wappen. Wichtige Armee-Einheiten schwören ihren Fahneneid. Ihre Worte lassen klingen nationalfarbig die Ketten aus bewaffneten Gendarmen auf Plätzen und in Alleen und den Kirchen gegenüber. Die uns beschützenden Engel* Kommen von fremdem Planeten. Warum ist ihr Blick wohl trübe und ihr Blut von bösen Lüsten?
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Profanos suenan tambores, clarines y bayonetas. Dolorosa la retreta. Afirmo, Señor Ministro, que se murió la verdad. Hoy día se jura en falso por puro gusto nomás. Engañan al inocente sin ni una necesidad. ¡Y arriba la libertad! Ahí pasa el señor vicario con su palabra bendita. —¿Podría su Santidad oírme una palabrita? Los niños andan con hambre, les dan una medallita o bien una banderita. Por eso, su Señorida,* dice el sabio Salomón, hay descontento en el cielo, en Chuqui y en Concepción. Ya no florece el copihue y no canta el picaflor. Centenario de dolor. Un caballero pudiente agudo como un puñal, me mira con la mirada de un poderoso volcán y con relámpagos de oro desliza su Cadillac. Cueca de oro y libertad. De arriba alumbra la luna
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con tan amarga verdad
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Profan tönen die Trommeln, Trompeten und Bayonette. Schmerzhaft ist der Zapfenstreich. Ich behaupte, Herr Minister, Wahrheitsliebe, die ist tot. Heute schwört man einen Meineid zum Vergnügen, einfach so. Man betrügt den Ahnungslosen einfach ohne jeden Grund. U n d die Freiheit lebe hoch! Dort kommt ja auch der Herr Pfarrer, gesegnet sind seine Worte. — Würden Ihre Heiligkeit mich hören, nur auf ein Wörtchen? Die Kinder leiden an Hunger, man schenkt ihnen ein Medaillon oder eine kleine Fahne. So, Euer Hochwohlgeboren,* steht denn auch bei Salomo, Unzufriedenheit gibt es im Himmel, in Chuqui und Concepción. Lang schon blüht nicht der Copihue und singt nicht der Kolibri. Schmerzens-Jubiläumsfeier. Ein reicher feiner Herr, scharf wie ein geschliffner Dolch, blickt mich an und blickt mich an wie ein mächtiger Vulkan, und in goldenen Blitzen gleitet hin sein Cadillac. Cueca aus Gold und Freiheit. Der M o n d am Himmel erleuchtet mit dieser bitteren Wahrheit
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile la vivienda de la Luisa que espera maternidad. Sus gritos llegan al cielo, nadie la habrá de escuchar en la Fiesta Nacional. La Luisa no tiene casa, ni una vela, ni un pañal. El niño nació en las manos de la que cantando está. Por un reguero de sangre mañana irá el Cadillac. Cueca amarga nacional. La fecha más resaltante, la bandera va a flamear. La Luisa no tiene casa. La parada militar. Y si va al Parque la Luisa, ¿adonde va a regresar? Cueca triste militar. Yo soy a la chillaneja, Señores, para cantar. Si yo levanto mi grito no es tan sólo por gritar. Perdóneme el auditorio, si ofende mi claridad. Cueca larga militar.
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die Behausung der Luisa, die ein Kind gebären wird. Himmelwärts gehen ihre Schreie, aber niemand wird sie hören am Nationalfeiertag. Kein Zuhause hat Luisa, keine Kerze, keine Windeln. Das Kind ist geboren worden in die Hände der, die hier singt. In einem Rinnsal aus Blut rollt ein Cadillac vorbei. Bitterer Nationaltanz Cueca. Das allerwichtigste Datum, und die Fahnen werden flattern. Luisa hat kein Zuhause. Die Parade der Soldaten. Und wenn Luisa in den Park geht, wohin soll sie denn zurück? Triste Cueca der Soldaten. Ich bin, wie in Chillan alle, Herrschaften, zum Singen da. Wenn ich meine Stimme erhebe, mach ich's nie nur um zu schreien. Mag das Publikum verzeihen, wenn es meine Klarheit kränkt. Lange Cueca der Soldaten.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Porque los pobres no tienen
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Porque los pobres no tienen adonde volver la vista, la vuelven hacia los cielos con la esperanza infinita de encontrar lo que su hermano en este m u n d o le quita, ¡palomita! ¡ Q u é cosas tiene la vida, zambita! Porque los pobres no tienen adonde volver la voz, la vuelven hacia los cielos buscando una confesión, ya que su hermano no escucha la voz de su corazón, ¡palomita! ¡ Q u é cosas tiene la vida, zambita! Porque los pobres no tienen en este m u n d o esperanzas, se amparan en la otra vida como a una justa balanza: por eso las procesiones, las velas, las alabanzas, ¡palomita! ¡ Q u é cosas tiene la vida, zambita! D e tiempos inmemoriales que se ha inventado el infierno para asustar a los pobres con sus castigos eternos, y el pobre, que es inocente, con su inocencia creyendo, ¡palomita! ¡ Q u é cosas tiene la vida, zambita! El cielo tiene las riendas, la tierra y el capital, y a los soldados del "Papa" les llena bien el morral,
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Weil die Armen gar nichts haben
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Weil die Armen niemand haben, auf den zu blicken sich lohnte, blicken sie aufwärts zum Himmel in der unendlichen Hoffnung, dort zu finden, was ihr Bruder in dieser Welt ihnen wegnimmt, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's! Weil die Armen niemand haben, an den zu wenden sich lohnte, wenden sie sich an den Himmel und suchen ein offenes Ohr, denn ihr Bruder will nicht hören, was sein Herz zu sagen hat, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's! Weil die Armen gar nichts haben, auf das sie im Diesseits hoffen, vertrauen sie auf das Jenseits wie auf eine genaue Waage: und darum die Prozessionen, die Kerzen, die Lobgesänge, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's! Vor unerdenklichen Zeiten hat man die Hölle erfunden, um den Armen mit ewigen Strafen in Angst zu versetzen, und der Arme, der ohne Schuld ist, glaubt daran in seiner Unschuld, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's! Fest hält der Himmel die Zügel, den Boden und das Kapital, und den Soldaten des Papstes füllt er die Tornister voll,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile y al que trabaja le meten la gloria como un bozal, ¡palomita! ¡Qué cosas tiene la vida, zambita! Para seguir la mentira, lo llama su confesor, le dice que Dios no quiere ninguna revolución, ni pliego, ni sindicato, que ofende su corazón, ¡palomita! ¡Qué cosas tiene la vida, zambita!
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und dem, der arbeitet, hängt man die Seligkeit als Maulkorb um, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's! Um bei der Lüge zu bleiben, läßt ihn sein Beichtvater kommen, Gott, sagt er, hat kein Gefallen an einer Revolution, an Flugblatt oder Gewerkschaft, das schneidet ihm in sein Herz, mein Täubchen! Was gibt's nicht alles im Leben, ja rund geht's!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Según el favor del viento
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Según el favor del viento va navegando el leñero, atrás quedaron las rucas para dentrar en el puerto; corra Sur o corra Norte la barquichuela gimiendo, llorando estoy, sea con hambre o con sueño, me voy, me voy. Del monte viene el pellín que colorea en cubierta, habrán de venderlo en Castro, aunque la lluvia esté abierta, o queme el sol de lo alto como un infierno sin puerta, llorando estoy, o la mar esté revuelta, me voy, me voy. En un rincón de la barca está hirviendo la tetera, a un lado pelando papas las manos de alguna isleña, será la madre del indio, la hermana o la compañera, llorando estoy, navegan lunas enteras, me voy, me voy. Chupando su matecito o bien su pescado seco, acurrucado en su lancha va meditando el isleño, no sabe que hay otro m u n d o de raso y de terciopelo,
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Je nach Laune des Windes
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Je nach Laune des Windes fährt der Holzfäller über's Meer, es blieben zurück die Rucas, um in den Hafen zu kommen; nach Süden oder Norden, der arme alte Kahn stöhnt — ich weine, manchmal hungrig, manchmal müde, ich fahr, ich fahr.
10 Von dem Bergen kommt der Pellin, der sich auf dem Deck verfärbt, in Castro muß verkauft werden, selbst wenn es in Strömen regnet oder die Sonne vom Himmel 15 brennt wie eine Hölle ohne Ausweg — ich weine, oder in Aufruhr das Meer ist, ich fahr, ich fahr.
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In einer Ecke des Kahnes steht dampfend ein Kessel mit Tee; daneben schälen Kartoffeln die Hände einer Inselfrau, die Mutter des Indios wird's sein, die Schwester oder Gefahrtin — ich weine, sie segeln Monat um Monat, ich fahr, ich fahr. Sein bißchen Mate-Tee schlürfend oder auch Trockenfisch kauend, in seinem Kutter geduckt, grübelt der Mann von der Insel, er weiß nicht, daß es noch eine Welt gibt aus Samt und aus Seide —
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile llorando estoy, que se burla del invierno, me voy, me voy. Con su carguita de leña* que viene a vender al puerto compra su kilo de azúcar para endulzar sus tormentos, y hasta su cabo de vela* para alumbrar sus recuerdos, llorando estoy, según el favor del viento me voy, me voy. N o es vida la del chilote, no tiene letra ni pleito, tamango llevan sus pies, milcao y ají su cuerpo, pellín para calentarse del frío de los gobiernos, llorando estoy, que le quebrantan los huesos, me voy, me voy. Despierte el hombre, despierte, despierte por un momento, despierte toda la patria antes que se abran los cielos y venga el trueno furioso con el clarín de San Pedro, llorando estoy, y barra los ministerios, me voy, me voy. Quisiera morir cantando sobre de un barco leñero y cultivar en sus aguas un libro más justiciero,
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ich weine, für die der Winter ein Spaß ist, ich fahr, ich fahr. Mit seiner kleinen Holzladung — zum Verkauf im nächsten Hafen — ersteht er sein Kilo an Zucker, um seine Qual zu versüßen, und auch noch einen Stumpf Kerze, um das Vergangne zu hellen ich weine, je nach Laune des Windes, ich fahr, ich fahr. Kein Leben ist das des Chiloten, ohne Recht und ohne Besitz, grobe Schuhe an den Füßen, Puffer und Knoblauch im Körper, Pellin, um sich aufzuwärmen in der Kälte der Behörden — ich weine, die ihm die Knochen zerbrechen, ich fahr, ich fahr. Es möge der Mensch erwachen, erwachen nur einen Moment, das ganze Land soll erwachen, ehe sich die Himmel öffnen und ein gewaltiges Donnern mit des Heiligen Petrus Posaune — ich weine, die Ministerien hinwegfegt, ich fahr, ich fahr. Ich möchte gern singend sterben auf dem Boot eines Holzfällers, und in seinem Wasser möchte ich ein bessres Gesetzbuch pflegen
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile con letras de oro que diga no hay padre para el isleño, llorando estoy, ni viento pa' su leñero, me voy, me voy. De negro van los chilotes más que por fuera, por dentro, con su plato de esperanza y su frazada de cielo, pidiéndole a la montaña su pan amargo centeno, llorando estoy, según el favor del viento, me voy, me voy.
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mit Goldbuchstaben, die sagen: der Inselmensch hat keinen Vater — ich weine, und nicht einmal Wind für sein Boot ich fahr, ich fahr. In Trauer gehen die Chiloten, im Innern mehr noch als außen, mit ihrem Teller voll Hoffnung und ihrer Decke aus Himmel erbitten sie vom Gebirge ihr bitteres Brot aus Roggen — ich weine, je nach Laune des Windes ich fahr, ich fahr.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
La carta
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Me mandaron una carta por el correo temprano, en esa carta me dicen que cayó preso mi hermano, y sin lastima, con grillos, por la calle lo arrastraron, sí. La carta dice el motivo que ha cometido Roberto,* haber apoyado el paro que ya se había resuelto. Si acaso esto es un motivo, presa también voy, sargento, sí. Yo que me encuentro tan lejos esperando una noticia, me viene a decir la carta que en mi patria no hay justicia, los hambrientos piden pan, plomo les da la milicia, sí. De esta manera pomposa quieren conservar su asiento los de abanico y de frac sin tener merecimiento, van y vienen de la iglesia y olvidan los mandamientos, sí. Habráse visto insolencia, barbarie y alevosía, de presentar el trabuco y matar a sangre fría a quien defensa no tiene con las dos manos vacías, sí.
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Der Brief Einen Brief habe ich heute mit der Morgenpost bekommen, man schreibt mir in diesem Briefe, festgenommen sei mein Bruder, 5
ohne Mitleid und in Fesseln habe man ihn fortgeschleppt, ja. In dem Brief steht auch der Anlaß des Verhaltens von Roberto:* Unterstützung eines Streikes,
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der schon aufgehoben war. W e n n das etwa ein Grund ist, dann, Wachtmeister, sperrt auch mich ein, ja. Ich, die ich so weit weg lebe und auf eine Nachricht warte,
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in dem Brief geschrieben,
daß mein Vaterland kein Recht kennt; die Hungernden wollen Brot, Blei verteilen die Soldaten, ja. Solchermaßen aufgeblasen 20
wollen ihre Stellung wahren die mit Fächer und mit Frack, ohne es verdient zu haben; eifrig gehen sie zur Kirche und vergessen die Gebote, ja.
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G a b es jemals solche Frechheit, Heimtücke und Hinterlist, die Knarre einfach zu nehmen und den kaltblütig zu töten, der mit seinen leeren Händen
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sich nicht verteidigen kann, ja.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile La carta que he recibido me pide contestación, yo pido que se propale por toda la población que el "león" es un sanguinario en toda generación, sí. Por suerte tengo guitarra para llorar mi dolor, también tengo nueve hermanos* fuera del que se me engrilló, los nueve son comunistas* con el favor de mi Dios, sí.
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Der Brief, den ich bekommen habe, verlangt nach einer Antwort, ich verlang, daß man verkünde öffentlich im ganzen Ort, daß den „Löwen" nach Blut dürstet, gleich in welcher Generation, ja. Zum Glück hab ich die Gitarre, meinen Schmerz auszuweinen, auch habe ich neun Geschwister,* außer dem gefangenen Bruder; alle neun sind Kommunisten,* dank der Gunst des lieben Gottes, ja.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Me gustan los estudiantes
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¡Que vivan los estudiantes, jardín de las alegrías! Son aves que no se asustan de animal ni policía, y no le asustan las balas ni el ladrar de la jauría. Caramba y zamba la cosa, ¡que viva la astronomía! ¡Que vivan los estudiantes que rugen como los vientos cuando les meten al oído sotanas o regimientos! Pajarillos libertarios, igual que los elementos. Caramba y zamba la cosa, ¡vivan los experimentos! Me gustan los estudiantes, porque son la levadura del pan que saldrá del horno con toda su sabrosura, para la boca del pobre que come con amargura. Caramba y zamba la cosa, ¡viva la literatura! Me gustan los estudiantes, porque levantan el pecho cuando le dicen harina, sabiéndose que es afrecho, y no hacen el sordomudo cuando se presenta el hecho. Caramba y zamba la cosa, ¡el código del derecho!
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Mir gefallen die Studenten
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Hoch sollen sie leben, die Studenten, Gärten voller Lust und Freude. Vögel sind sie ohne Angst vor wilden Tieren und Polizei, ohne Angst auch vor den Kugeln oder dem Bellen der Meute. Zamba, Caramba nochmal, hoch lebe die Astronomie! Hoch sollen sie leben, die Studenten, die wie Stürme wütend heulen, wenn sie vorgesetzt bekommen Sutanen oder Regimenter. Hübsche Vögel, ungebunden, ganz so wie die Elemente. Zamba, Caramba nochmal, hoch leben die Experimente! Mir gefallen die Studenten, weil sie Hefe sind im Teig des Brotes, das aus dem Ofen frisch und lecker kommen wird; gegen den Hunger des Armen, der mit Bitterkeit sonst ißt. Zamba, Caramba nochmal, hoch lebe die Literatur! Mir gefallen die Studenten, weil sie erst mal tief Luft holen, wenn man ihnen von Mehl redet und jeder weiß, es ist Kleie, und sie stellen sich nicht taub wenn die Tatsache sich enthüllt. Zamba, Caramba nochmal, die Vorschriften des Gesetzes!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Me gustan los estudiantes que marchan sobre las ruinas. C o n las banderas en alto va toda la estudiantina: son químicos y doctores, cirujanos y dentistas. Caramba y zamba la cosa, ¡vivan los especialistas! Me gustan los estudiantes que van al laboratorio, descubren lo que se esconde adentro del confesorio: ya tienen un gran carrito que llegó hasta el Purgatorio. Caramba y zamba la cosa, ¡los libros explicatorios! Me gustan los estudiantes que con muy clara elocuencia a la bolsa negra sacra le bajó las indulgencias. Porque, ¿hasta cuando nos dura, Señores, la penitencia? Caramba y zamba la cosa, ¡que viva toda la ciencia!
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Mir gefallen die Studenten, die über Trümmer steigen. Mit hoch erhobenen Fahnen geht die Studentenschaft voran: Chemiker sind's und Doktoren, Chirurgen und Zahnärzte. Zamba, Caramba nochmal, es leben die Spezialisten! Mir gefallen die Studenten, die ins Laboratorium gehen, sie entdecken, was versteckt ist tief im Inneren des Beichtstuhls: toll ist ihr Wagen, der schon bis in das Fegefeuer kam. Zamba, Caramba nochmal, die aufklärerischen Bücher! Mir gefallen die Studenten, die mit eindeutiger Rede dem schwarzen Klingelbeutel die Ablaßeinnahmen schmälern. Denn bis wann wohl sollen wir noch Buße tun, Ihr werten Herren? Zamba, Caramba nochmal, die Wissenschaft, sie soll leben!
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Un río de sangre
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Señores y señoritas, en esta gran circunstancia voy a dejarles constancia de una traición infinita que consumó la maldita canalla del carnaval* contra la fuerza leal y el cuerpo de cinco emblemas que vivían los problemas de la razón popular. Así el m u n d o quedó en duelo y está llorando a porfía por Federico García con un doliente pañuelo. N o pueden hallar consuelo las almas con tal hazaña. ¡Qué luto para la España, qué vergüenza en el planeta de haber matado un poeta nacido de sus entrañas! Un río de sangre corre por los contornos del mundo, y un grito surge iracundo de todas las altas torres, no habrá temporal que borre la mano de la injusticia que con crecida malicia profanó al negro Lumumba:* su cuerpo se halla en la tumba y su alma clama justicia. Se oscurecieron los templos, las lunas y las centellas cuando apagaron la estrella
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Ein Strom von Blut
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Meine Herren, meine Damen, ich ergreife die Gelegenheit und will Kenntnis Ihnen geben von einem Verrat, der maßlos ist; es beging ihn das verfluchte sich maskierende Gesindel* an der gesetzestreuen Kraft und dem Leben von fünf Symbolen dafür, daß vom Volk erkannte Probleme man leben kann. So erfüllte die Welt Trauer, und sie weint in einem fort um Federico Garcia mit betrübtem Taschentuch. Keinen Trost können die Seelen bei so großer Untat finden. Welch ein tiefer Schmerz für Spanien, welche Schmach für den Planeten, einen Dichter umzubringen, der ihr eigenes Fleisch und Blut! Es ergießt ein Strom von Blut sich, er umfließt den Erdkreis ganz und gar, und es erhebt sich ein Wutschrei überall auf hohen Türmen, kein Unwetter kann das Werk der Ungerechtigkeit auslöschen, die mit noch größerer Bosheit den Neger Lumumba entehrte:* in einem Grab ruht sein Körper, seine Seele fordert laut ihr Recht. Es wurden die Kirchen dunkel, die Monde und die Gestirne, als man den hellsten der Sterne
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile más clara del firmamento, callaron los instrumentos por la muerte de Zapata, sentencia la más ingrata que en México se contempla. Para lavar esta afrenta no hay agua en ninguna patria. Dejando voy, peregrina, mi llanto de rosa en rosa por Vicente Peñaloza de la nación argentina. Banderas de popelina pa' recoger tanta sangre, que ningún viento desgarre* porque han de seguir flameando. Pues Chile sigue llorando a Rodríguez y Recabarren.
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am Firmament auslöschte; es schwiegen die Instrumente wegen des Todes Zapatas, die hartherzigste Entscheidung, die man in Mexiko fällte. Von dieser Schmach reinzuwaschen, reicht das Wasser in nicht einem Land.
Ich ziehe umher und lasse Tränen auf jeder Rose zurück um Vicente Penaloza aus dem Lande Argentinien. 45 Fahnen aus Popeline, um all das Blut aufzufangen, und kein Wind soll sie zerreißen,* denn sie müssen weiterwehen. Chile nämlich weint noch immer 50 um Rodriguez und Recabarren.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Santiago, penando estás
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Mi pecho se halla de luto por la muerte del amor, en los jardines cultivan las flores de la traición, oro cobra el hortelano que va sembrando rencor. Por eso llorando estoy. Los pajarillos no cantan, no tienen dónde anidar, ya les cortaron las ramas donde solían cantar, después cortarán el tronco y pondrán en su lugar una letrina y un bar. El niño me causa espanto, ya no es aquel querubín, ayer jugaba a la ronda, hoy juega con un fusil, no hay ninguna diferencia entre niño y alguacil, soldados y polvorín. ¿Adonde está la alegría del Calicanto de ayer? Se dice que un presidente lo recorría de a pie: no había ningún abismo entre el pueblo y su merced. El de hoy, no sé quién es.
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Santiago, Du leidest schwer
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Mein Herz ist erfüllt von Trauer, denn die Liebe ist gestorben, in den Gärten läßt man wachsen die Blumen der Treulosigkeit, der Gärtner wird mit Gold entlohnt, sät er nur Gehässigkeit. Darum eben weine ich.
Die kleinen Vögel singen nicht, fiir ihr Nest ist nirgends Platz, 10 abgesägt sind schon die Zweige, wo ihr Zwitschern sonst erklang, bald wird auch der Stamm gefällt, und an seine Stelle kommt eine Kneipe und ein Klo. 15
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Die Kinder sind zum Entsetzen, Engel sind sie längst nicht mehr, gestern spielten sie Ringelreihn, heute ist ihr Spielzeug ein Gewehr, es gibt keine Unterschiede zwischen Kind und Henkersknecht, Soldaten und Pulverturm. Was wurde aus der Fröhlichkeit der Calicanto von gestern? Ein Präsident ging angeblich häufig zu Fuß über sie. Es lagen noch keine Welten zwischen Euer Gnaden und Volk. Wer's heute ist, weiß ich nicht.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Santiago del ochocientos, para poderte mirar, tendré que ver los apuntes del Archivo Nacional. Te derrumbaron el cuerpo y tu alma salió a rodar. Santiago, penando estás.
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Santiago um 1800, wenn ich Dich betrachten will, bleiben mir nur noch die Skizzen in dem Nationalarchiv. Abgerissen ist Dein Körper, Deine Seele irrt umher. Santiago, D u leidest schwer.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Arauco tiene una pena* Arauco tiene una pena, que no la puedo callar, son injusticias de siglos que todos ven aplicar, 5
nadie le ha puesto remedio pudiéndolo remediar. Levántate, Huenchullán. Un día llegó de lejos* huescufe conquistador,
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buscando montañas de oro que el indio nunca buscó. Al indio le basta el oro que le relumbra del sol. Levántate, Curimón.
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Entonces corre la sangre, no sabe el indio qué hacer, le van a quitar su tierra, la tiene que defender. El indio se cae muerto
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y el afuerino de pie. Levántate, Manquilef. ¿Adonde se fue Lautaro? Perdido en el cielo azul. Y el alma de Galvarino,
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¿se la llevó el viento sur? Por eso pasan llorando los cueros de su kultrún. Levántate, pues, Callfull. D'el año mil cuatrocientos
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que el indio afligido está, a la sombra de su ruca lo pueden ver lloriquear.
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Arauco ist voller Schmerzen*
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Arauco ist voller Schmerzen, und ich muß sagen, weshalb. Jahrhundertelanges Unrecht ist gar nicht zu übersehen, niemand hat ihm geholfen, obwohl Hilfe möglich war. Erhebe Dich, Huenchullän! Von außen kam eines Tages* der Teufel Konquistador, suchte nach goldenen Bergen, die der Indio nie gesucht, dem Indio nämlich reicht das Gold, das leuchtend die Sonne schenkt. Erhebe Dich, Curimön. Blut fließt daraufhin in Strömen, der Indio weiß nicht, was tun, sein Land wolln sie ihm nehmen, er muß es verteidigen. Der Indio sinkt tot zu Boden — und fest steht der Eindringling. Erhebe Dich, Manquilef. Was wurde aus Lautaro? Verloren im Himmelsblau. Und die Seele Galvarinos, riß sie der Südwind fort? Deshalb weinen fortwährend die Felle seines Kultrün. Erhebe Dich doch, Callfull. Seit dem Jahre Vierzehnhundert, seit dem man den Indio quält, kann man im Schatten der Ruca ihn vor sich hin weinen sehen.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Totora de cinco siglos nunca se habrá de secar. Levántate, Curimán. Arauco tiene una pena* más negra que su chamal, ya no son los españoles los que les hacen llorar, hoy son los propios chilenos los que les quitan su pan. Levántate, Quilapán. Ya rujen las votaciones, retumban por no dejar, pero el quejido del indio, ¿por qué no se escuchará, aunque resuene en la tumba la voz de Caupolicán? Levántate, Callupán.*
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Fünfhundert Jahre altes Schilfrohr wird niemals austrocknen. Erhebe Dich, Curimän. Arauco ist voller Schmerzen,* schwärzer noch als sein Chamal, jetzt sind es nicht mehr die Spanier, die sie zum Weinen bringen, heute nehmen die Chilenen selbst ihnen das täglich Brot. Erhebe Dich, Quilapan. Schon tobt der Wahlkampfrummel, und zum Spaß hört man ihm zu, aber das Klagen des Indio — warum nur hört man es nicht, obwohl aus dem Grabe deutlich Caupolicans Stimme ertönt? Erhebe Dich, Callupän.*
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Ayúdame, Valentina*
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Q u é vamos a hacer con tantos y tantos predicadores, unos se valen de libros, y otros de bellas razones, algunos de cuentos varios, milagros y apariciones y algotros de la presencia de esqueletos y escorpiones. Mamita mida, y los escorpiones Q u é vamos a hacer con tanta plegaria sobre nosotros, que alega en todas las lenguas de gloria y esto que lo otro, de infiernos y paraísos, de limbos y purgatorios, edenes y vida eterna, arcángeles y demonios. Mamita mida, y con los demonios. Q u e sí, que adoren la imagen de la señora María, que no se adore ninguna señora ni señorita; que sí, que no, que mañana, que un viernes de amanecida, que pa' dentrar a la gloria dinero se necesita. Mamita mida, y se necesita.
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Komm und hilf mir, Valentina* Was machen wir nur mit all den Legionen von Predigern? Die einen verwenden Bücher, die anderen schöne Reden, 5 manche verschiedene Märchen, Erscheinungen oder Wunder, wieder andere das Dasein von Skeletten und Skorpionen. Du lieber Himmel, 10 und von Skorpionen!
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Was machen wir nur mit all dem Gebete, das über uns kommt und in allen Sprachen das Heil predigt, und dieses und jenes von Höllen und Paradiesen, von Limben und Fegefeuern, Eden und ewigem Leben, Erzengeln und Dämonen Du lieber Himmel, Und von Dämonen! Gewiß doch, anbeten soll man das Bild der Jungfrau Maria, nicht anbeten aber soll man eine Frau oder ein Fräulein; ja doch, nein doch, sicher morgen, eines Freitags in der Frühe, und um das Heil zu gewinnen, sind Gelder erforderlich. Du lieber Himmel, erforderlich.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Se ve que no son muy limpios los trigos en esta viña, y la cizaña pretende comerse toda la espiga. Poco le dice la forma con que ha de clavar su espina para chupar el más débil: qué diabla la sabandija, mamita mida, y la sabandija. Qué vamos a hacer con tanto tratado del alto cielo, ayúdame, Valentina, ya que tú volaste lejos, dime de una vez por todas que arriba no hay tal mansión, mañana la ha de fundar el hombre con su razón. Mamita mida, y con su razón. Qué vamos a hacer con tantos embajadores de dioses, me salen a cada paso con sus colmillos feroces, apúrate, Valentina, que aumentaron los pastores porque ya viene el derrumbe del cuento de los sermones. Mamita mida, y de los sermones. Qué vamos a hacer con tanta mentira desparramada, Valentina, Valentina, pasemos la escobillada.
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Man sieht: nicht gerade gut steht der Weizen in diesem Weinberg, und das Unkraut versucht eifrig, alles Korn zu ersticken, ziemlich einerlei ist ihm, wie es den Dorn einschlagen wird, um den Schwächsten auszusaugen: wie teuflisch ist der Schmarotzer. Du lieber Himmel, der Schmarotzer! Was machen wir nur mit all den Traktaten vom Hohen Himmel? Komm und hilf mir, Valentina, denn Du bist so weit geflogen, sage ein für alle Mal, daß oben dort ein Haus nicht gibt, aber das Fundament baut morgen der Mensch mit seiner Vernunft. Du lieber Himmel, mit seiner Vernunft! Was machen wir nur mit all den Abgesandten der Götter? Mit ihren grausamen Hauern verfolgen sie mich ständig, beeile Dich, Valentina, größer ward die Zahl der Hirten, weil dem Zusammenbruch naht die gepredigte Geschichte, Du lieber Himmel, gepredigte Geschichte! Was machen wir nur mit all den so weit verbreiteten Lügen? Valentina, Valentina, wir wollen den Besen schwingen,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Señores, debajo 'e tierra la muerte quedó sellada, y todo cuerpo en la tierra el tiempo lo vuelve nada. Mamita mida, y lo vuelve nada.
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meine Herren, unter der Erde liegt der Tod ganz fest verschlossen, jeden Körper in der Erde läßt die Zeit in Nichts zerfallen. D u lieber Himmel, in nichts zerfallen.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
¿Qué dirá el Santo Padre? Miren cómo nos hablan de libertad cuando de ella nos privan en realidad. Miren cómo pregonan tranquilidad cuando nos atormenta la autoridad. 5
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Miren cómo nos hablan del paraíso cuando nos llueven balas como granizo.* Miren el entusiasmo con la sentencia sabiendo que mataban a la inocencia. El que oficia la muerte como un verdugo tranquilo está tomando su desayuno. Con esto se pusieron la soga al cuello, el quinto mandamiento no tiene sello.* Entre más injusticia, Señor Fiscal, más fuerzas tiene mi alma para cantar. Lindo se dará el trigo en el sembra'o regado con tu sangre, Julián Grimau.
Estribillo: ¿Qué dirá el Santo Padre que vive en Roma, que le están degollando a sus palomas?
Canciones/Lieder
Was sagt der Heilige Vater wohl?* Seht nur, wie von der Freiheit man uns erzählt und man sie uns in Wirklichkeit doch nehmen will. Seht nur, wie laut sie schreien: bewahrt die Ruhe, und uns die Obrigkeit dabei mißhandelt. 5
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Seht nur, wie man vom Paradies uns viel erzählt, wenn auf uns Kugeln fallen wie Hagelschlag.* Seht nur die Begeisterung über den Urteilsspruch, obwohl sie wissen, daß die Unschuld ermordet worden ist. Derjenige, der wie ein Henker den T o d zelebriert, nimmt jetzt in aller Ruhe sein Frühstück ein. D a m i t legten die Schlinge sie um den eigenen Hals, es hat nun keine Geltung mehr das fünfte G e b o t . * Je größer die Ungerechtigkeit, Herr Staatsanwalt, desto mehr Kraft, u m zu singen, hat meine Seele. Schön wird der Weizen auf dem Felde stehn, das Dein Blut bewässert hat, Julián Grimau. Kehrreim: Was sagt der Heilige Vater wohl — er lebt in R o m — dazu, daß man seinen Tauben den Hals umdreht.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
En los jardines humanos En los jardines humanos que adornan toda la tierra pretendo de hacer un ramo de amor y condescendencia. 5
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Permiso para cortar la flor del comprendimiento, la yerba de la esperanza, la hojita del sentimiento. En el centro de mi ramo la rosa del corazón, el árbol más amistoso y el fruto de la pasión. Estribillo: Es una barca de amores que va remolcando mi alma y va anidando en los puertos como una paloma blanca.
Canciones/Lieder
In den Gärten der Menschen In den Gärten der Menschen, die überall die Welt schmücken, möchte ich einen Strauß binden aus Liebe und Gutwilligkeit. Pflücken möchte ich, bitte, die Blume des Verständnisses, das heilende Kraut der Hoffnung, das zarte Blatt des Gefühls. Im Innersten meines Straußes die Rose der herzlichen Liebe, der Baum der festen Freundschaft und die Frucht der Leidenschaft. Kehrreim:
Ein Schiff der Liebe ist es, das meine Seele im Schlepp mitfuhrt und das in den Häfen sein Nest wie eine weiße Taube baut.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Cantores que reflexionan En la prisión de la ansiedad medita un astro en alta voz, gime y se agita como león, como queriéndose escapar. 5 ¿De dónde viene su corcel con ese brillo abrumador? Parece falso el arrebol que se desprende de su ser. Viene del reino de Satán, 10 toda su sangre respondió, quemas el árbol del amor, dejas cenizas al pasar.
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Va prisionero del placer y siervo de la vanidad, busca la luz de la verdad, mas la mentira está a sus pies. Gloria le tiende terca red y le aprisiona el corazón en los silencios de su voz que se va ahogando sin querer. La candileja artificial le ha encandilado la razón. Dale tu mano, amigo sol, en su tremenda oscuridad. ¿Qué es lo que canta? digo yo. No se consigue responder. Vana es la abeja sin su miel, vana la hoz sin segador. ¿Es el dinero alguna luz para los ojos que no ven? Treinta denarios y una cruz responde el eco de Israel. ¿De dónde viene tu mentir y adonde empieza tu verdad?
Canciones/Lieder
Sänger, die nachdenken
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Im Gefängnis der Seelenangst fuhrt ein Stern ein Selbstgespräch, d e m Löwen gleich klagt und wandert er hin und her, als wollte er fliehen. Von woher k o m m t sein feuriges Pferd und dessen übermäßige Pracht? Falsch scheint der Morgenglanz zu sein, in dem seine Gestalt erstrahlt. Es k o m m t aus Satans Königreich, gab zur Antwort all sein Blut, wenn D u den B a u m der Liebe verbrennst, läßt auf d e m Weg D u Asche zurück.
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Er ist Gefangener der Lust und ein Sklave der Eitelkeit, nach dem Licht der Wahrheit sucht er, aber die Lüge hat er um sich. R u h m wirft sein festes Netz nach ihm und schlägt in Fesseln sein Gemüt, wenn seine Stimme manchmal schweigt und erstickt, ohne daß er es will. Die künstliche Beleuchtung hat ihm geblendet den Verstand. Freund Sonne, reiche ihm die H a n d in seiner großen Dunkelheit. Was singt er denn?, so frage ich. Antwort darauf erhält man nicht. Die Biene taugt ohne H o n i g nichts, nichts die Sichel ohne den Mäher. Ist etwa Geld ein wenig Licht, für die Augen, die nichts sehen? Dreißig Denare und ein Kreuz, schallt das Echo aus Israel. Was ist der Grund, weshalb D u lügst, und wo fangt für Dich Wahrheit an?
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Parece broma tu mirar, llanto parece tu reír. Y su conciencia dijo al fin: cántele al hombre en su dolor, en su miseria y su sudor y en su motivo de existir. Cuando del fondo de su ser entendimiento así le habló un vino nuevo le endulzó las amarguras de su hiél. Hoy es su canto un azadón que le abre surcos al vivir, a la justicia en su raíz y a los raudales de su voz. En su divina comprensión luces brotaron del cantor.
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Nicht ernsthaft scheint Dein Blick zu sein, zu weinen scheinst Du, wenn D u lachst. Und sein Gewissen schließlich sprach: sing für den Menschen in seinem Schmerz, von seinem Elend und seinem Schweiß, von dem, was ihn am Leben hält. Als aus der Tiefe seines Seins seine Vernunft so zu ihm sprach, versüßte ihm ein neuer Wein, was ihm so bitter wie Galle war. Ein Spaten ist heut sein Gesang, der Furchen für das Leben gräbt, für Gerechtigkeit von Grund auf, für seine Stimme in ihrem Strom. In seiner göttlichen Einsicht brach neues Licht aus dem Sänger hervor.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Al centro de la injusticia Chile limita al norte con el Perú y con el Cabo de Hornos limita al sur, se eleva en el oriente la Cordillera y en el oeste luce la Costanera. 5
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Al medio están los valles con sus verdores donde se multiplican los pobladores, cada familia tiene muchos chiquillos, con su miseria viven en conventillos. Claro que algunos viven acomodados, pero eso con la sangre del degollado. Delante del escudo más arrogante la agricultura tiene su interrogante. La papa nos la venden naciones varias, cuando del sur de Chile es originaria. Delante del emblema de tres colores la minería tiene muchos bemoles. El minero produce buenos dineros, pero para el bolsillo del extranjero, exuberante industria donde laboran por unos cuantos reales muchas señoras. Y así tienen que hacerlo porque al marido la paga no le alcanza pa'l mes corrido. Pa' no sentir la aguja de este dolor en la noche estrellada dejo mi voz.
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Linda se ve la patria, Señor Turista, pero no le han mostrado las callampitas. Mientras gastan millones en un momento, de hambre se muere gente, que es un portento.
Canciones/Lieder
Das Zentrum des Unrechts Chile grenzt im Norden an Peru, und es endet im Süden am Kap Horn, es erhebt sich im Osten die Kordillere, und im Westen leuchtet das Küstengebirge. 5
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Dazwischen liegen die Täler mit ihrem Grün, wo die Zahl der Bewohner sich ständig vermehrt, die Kinderschar ist groß in jeder Familie, in Mietskasernen wohnen sie in ihrem Elend. Natürlich geht es einigen ausgezeichnet, aber an den Händen haben sie Henkersblut. Angesichts des allerstolzesten Wappenbildes ist die Landwirtschaft ein Fragezeichen. Einige Länder verkaufen uns die Kartoffeln, die ursprünglich doch aus Chiles Süden kommen. Angesichts des Symboles in den drei Farben singt der Bergbau ein Lied von seinen Problemen. Die Bergleute erzeugen Gelder in Mengen, aber fiir ausländische Geldtaschen nur, die Industrie blüht, und in ihr müssen schuften fiir wenige Pfennige sehr viele Frauen. Und sie können nicht anders, weil ihren Männern der Lohn nicht reicht für den laufenden Monat. Um diesen stechenden Schmerz nicht so zu spüren, sing ich mit lauter Stimme in sternklarer Nacht.
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Sehr schön ist unser Vaterland, werter Tourist, aber die Armenviertel zeigt man Ihnen nicht. Während man Millionen zum Fenster hinauswirft, sterben Menschen Hungers, das ist eins der Weltwunder!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Mucho dinero en parques municipales y la miseria es grande en los hospitales. Al medio de Alameda de las Delicias Chile limita al centro de la injusticia.
Canciones/Lieder Viel Geld steckt man in öffentliche Grünflächen und in den Krankenhäusern ist das Elend groß. In der Mitte der Hauptstraße Alameda grenzt Chile an das Zentrum des Unrechts.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Mazúrquica modérnica
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Me han preguntádico varias persónicas si peligrósicas para las másicas son las canciónicas agitadóricas: ay ¡qué pregúntica más infantílica! Sólo un piñúflico la formulárica, pa' mis adéntricos yo comentárica. Le he contestádico yo al preguntónico, cuando la guática pide comídica pone al cristiánico firme guerrérico por sus poróticos y sus cebóllicas, no hay regimiéntico que los deténguica si tienen hámbrica los populáricos. Preguntadónicos, partidirísticos, disimuládicos y muy malúlicos son peligrósicos más que los vérsicos, más que las huélguicas y los desfílicos bajito cuérdica firman papélicos, lavan sus mánicos como Piláticos. Caballeríticos almidonádicos, almibarádicos, mini mini mini, le echan carbónico al inocéntico y arrellanádicos en los sillónicos cuentan los muérticos de los encuéntricos como frivólicos y bataclánicos. Varias matáncicas tiene la histórica en sus pagínicas bien imprentádicas, para montárlicas no hicieron fáltica las refalósicas revolucionáricas, el juraméntico jamás cumplídico
Canciones/Lieder
Kleinmodische Kleinmazurka
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Manche Kleinmitbürger haben mich kleingefragt, ob kleingefährlich nicht für die Kleinmassen sind kleinagitatorische Kleingesänge: ei, wie kleinkindlich ist doch diese Kleinfrage, nur ein Kleindümmling kann auf sowas kleinkommen, so kleinkommentierte meine Kleinseele dies. Kleingeantwortet hab ich dem Kleingroßfrager, daß wenn der Kleinmagen nach Kleinmahlzeiten knurrt, der Kleinchrist dadurch zum tapfren Kleinkämpfer um seine Kleinbohnen und seine Kleinzwiebeln wird, und kein Kleinregiment kann dann kleinaufhalten das breite Kleinvolk, das ständig Kleinhunger hat. Kleingroßproblemwälzer, die kleinparteilichen, die kleinklammheimlichen und kleinverdorbenen, sind kleingefährlicher als die Kleinverszeilen, als Kleinarbeitskampf und als Kleindemonstration, kleininsgeheim trifft man sich zu Kleinabsprachen, wie Kleinpilatos wäscht man sich die Kleinhände. Kleinfeine Herren in Kleinschlips und Kleinkragen, Kleinsüßholz raspelnd, äh, äh, äh, äh, äh, äh, sie kleinprovozieren die armen Kleinteufel, und kleinzurückgelehnt in die Kleinklubsessel schwatzt man von Kleintoten beim Kleinzusammenstoß auf kleinfrivole und auf kleinkarierte Art. Manche Kleinmassaker kennt die Kleingeschichte auf ihren Kleinseiten, den gut kleingedruckten, um sie kleinaufzuziehn, war es kleinunnötig, kleinrevolutionär Kleinlieder zu singen, niemals kleinerfüllte Kleinamtsverpflichtungen
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile es el causántico del desconténtico, ni los obréricos, ni los paquíticos tienen la cúlpica, Señor Fiscálico. Lo que yo cántico es una respuéstica a una pregúntica de unos graciósicos, y más no cántico porque no quérico, tengo flojérica en los zapáticos, en los cabéllicos-, en el vestídico, en los riñónicos y en el corpíñico.
Canciones/Lieder 30
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sind Kleinursachen der Kleinunzufriedenheit, weder Kleinarbeiter noch Kleinbullen sind es, Herr Kleinstaatsanwalt, die daran Kleinschuld haben. Was ich hier kleinsinge, ist eine Kleinantwort auf eine Kleinfrage von einem Kleinwitzbold, und mehr kleinsing ich nicht, weil ich nicht mehr kleinmag, die Kleinschlaffheit steckt mir in meinen Kleinschuhen, in meinen Kleinhaaren, in meiner Kleinkleidung, in meinem Kleinkreuz und in meinem Kleinmieder.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Rin del angelito
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Ya se va para los cielos ese querido angelito a rogar por sus abuelos, por sus padres y hermanitos. Cuando se muere la carne, el alma busca su sitio adentro de una amapola o dentro de un pajarito. La tierra lo está esperando con su corazón abierto, por eso es que el angelito parece que está despierto. Cuando se muere la carne, el alma busca su centro en el brillo de una rosa o de un pececito nuevo. En su cunita de tierra lo arrullará una campana, mientras la lluvia le limpia su carita en la mañana. Cuando se muere la carne, el alma busca su diana en el misterio del m u n d o que le ha abierto su ventana. Las mariposas alegres de ver el bello angelito alrededor de su cuna le caminan despacito. Cuando se muere la carne, el alma va derechito a saludar a la luna y de paso al lucerito.
Canciones/Lieder
Lied vom kleinen Engel
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Schon macht sich auf in den Himmel unser geliebter kleiner Engel, für die Großeltern zu beten, für Eltern und für Geschwister. Nähert der Tod sich dem Körper, sucht sich die Seele ein Plätzchen in einer Blüte des Feldmohns oder im Leib eines Vogels. Schon wartet auf ihn die Erde mit weitgeöffhetem Herzen, deshalb sieht der kleine Engel aus als wach er noch wäre. Nähert der Tod sich dem Körper, dann sucht die Seele sich Ruhe im hellen Glanz einer Rose oder eines munteren Fischleins. In seiner Wiege aus Erde wird eine Glocke ihn schaukeln, während am Morgen der Regen ihm das Gesichtelchen säubert. Nähert der Tod sich dem Körper, sucht Auferstehung die Seele in dem Geheimnis des Weltalls, das ihr ein Fenster geöffnet. Die Schmetterlinge, voll Freude, den schönen Engel zu sehen, fuhren ihn um seine Wiege mit großer Vorsicht spazieren. Nähert der Tod sich dem Körper, bricht geradenwegs die Seele auf, um den Mond zu besuchen und zugleich den Stern am Morgen.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile ¿Adonde se fue su gracia y adonde fue su dulzura? ¿Por qué se cae su cuerpo como la fruta madura? Cuando se muere la carne, el alma busca en la altura la explicación de su vida cortada con tal premura, la explicación de su muerte prisionera en una tumba. Cuando se muere la carne, el alma se queda oscura.
Canciones/Lieder
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Wohin verschwand seine Anmut und wohin nur seine Zartheit, warum fallt nur sein Körper wie eine reife Frucht fallt? Nähert der Tod sich dem Körper, sucht in der Höhe die Seele zu verstehn, warum ihr Leben so früh abgeschnitten wurde, zu verstehen, daß nach dem Tode sie gefangen liegt im Grabe. Nähert der Tod sich dem Körper, wird ewig dunkel die Seele.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
De cuerpo entero El huma el h u m a n o esta formado de un espí de un espíritu y un cuerpo, de un cora de un corazón que palpita al son de al son de los sentimientos.
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Ay, no entiendo los amores, ay ay ay del alma sola, cuando el cuerpo es un río, ay ay ay de bellas olas. De bellas olas, sí, ay ay ay que le dan vida. Si falta un elemento, ay ay ay negra es la herida. Comprende que te quiero ay ay ay de cuerpo entero.
Canciones/Lieder
Von ganzem Körper
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Der Sterbli der Sterbliche setzt sich zusammen aus der See aus der Seele und dem Körper, aus einem Herz aus einem Herzen, das klopfend schlägt zum Klang zum Klang der Empfindungen. Ach, ich versteh nicht die Liebe, ach, ach, ach, allein der Seele, wo doch der Körper ein Strom ist, ach, ach, ach, aus schönen Wellen. Aus schönen Wellen, ja, ach, ach, ach, die sein Leben sind. Fehlt aber ein Element, ach, ach, ach, ist böse die Wunde. Versteh, daß ich Dich liebe, ach, ach, ach, von ganzem Körper.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Volver a los 17
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Volver a los diecisiete después de vivir un siglo es como descifrar signos sin ser sabio competente, volver a ser de repente tan frágil como un segundo, volver a sentir profundo como un niño frente a Dios, eso es lo que siento yo en este instante fecundo. Mi paso retrocedido cuando el de ustedes avanza, el arco de las alianzas ha penetrado en mi nido, con todo su colorido se ha paseado por mis venas y hasta la dura cadena con que nos ata el destino es como un diamante fino que alumbra mi alma serena. Lo que puede el sentimiento no lo ha podido el saber, ni el más claro proceder, ni el más ancho pensamiento. Todo lo cambia el momento: cual mago condescendiente, nos aleja dulcemente de rencores y violencias; sólo el amor con su ciencia nos vuelve tan inocentes. El amor es torbellino de pureza original,
Canciones/Lieder
Noch einmal siebzehn
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Noch einmal siebzehn zu werden, nachdem man ewig gelebt hat, ist wie das Entziffern von Zeichen, ohne sicher etwas zu wissen, ist plötzlich wieder zerbrechlich zu sein wie eine Sekunde, ist wieder tief zu empfinden, wie ein kleines Kind vor Gott: das alles empfinde ich in der Fülle dieses Momentes. Ich bin zurückgegangen, und ihr seid weiter voran, der Bogen des Friedensbundes drang in mein Nest hinein, mit all seiner Farbenpracht hat er mich ganz durchflutet, und selbst die schwere Kette, mit der uns das Schicksal fesselt, ist wie ein klarer Diamant, der meine ruhige Seele erhellt. Was das Gefühl vermag, hat weder das Wissen vermocht, noch das genaueste Verfahren, noch das umfassendste Denken. Ein Augenblick ändert alles: einem freundlichen Zauberer gleich läßt sanft er uns Abstand nehmen von Groll und Gewalttätigkeit; nur Liebe in ihrer Weisheit gibt uns die Unschuld zurück. Ein Wirbelsturm ist die Liebe von Reinheit, die wir geerbt,
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile hasta el feroz animal susurra su dulce trino, detiene a los peregrinos, libera a los prisioneros, el amor con sus esmeros al viejo lo vuelve niño, y al malo sólo el cariño lo vuelve puro y sincero. De par en par la ventana se abrió como por encanto, entró el amor con su manto como una tibia mañana, al son de su bella diana hizo brotar el jazmín, volando cual serafín al cielo le puso aretes y mis años en diecisiete los convirtió el querubín. Estribillo: Se va enredando, enredando, como en el muro la hiedra, y va brotando, brotando, como el musguito en la piedra, ay sí sí sí.
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sogar die wilden Tiere summen zärtlichen Gesang, sie hält den Rastlosen auf, sie befreit die Gefangenen, in ihrer Sorgfalt macht Liebe den Greisen wieder zum Kind, und der Böse braucht nur Zärtlichkeit, um lauter und arglos zu werden. Weit öffnete sich das Fenster, so wie von Zauberhand, herein kam mit weitem Mantel wie ein lauer Morgen die Liebe, der Klang ihres schönen Weckrufs ließ den Jasmin aufblühen, einem schwebenden Lichtengel gleich, schmückt' sie den Himmel mit Ringen, und aus meinem Alter machte der Engel siebzehn Jahre. Kehrreim: Sie wächst und umschlingt, wächst und umschlingt, gleich dem Efeu an der Mauer, und sie keimt unwiderstehlich wie zartes Moos auf dem Stein, ach ja, ja, ja.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Pupila de águila
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Un pajarillo vino a posarse bajo mi arbolito, era de noche, yo no podía ver su dibujito. Se lamentaba de que una jaula lo hizo prisionero, que las plumillas, una por una, se las arrancaron. Quise curarlo con mi cariño, mas el pajarillo guardó silencio como una tumba hasta que amaneció. Llegaron los claros de un bello día, el viento sacudió todo el ramaje de mi arbolito y allí se descubrió que el pajarillo tenía el alma más herida que yo, y por las grietas que le sangraban su vida se escapó. En su garganta dolido trino llora su corazón, le abrí mi canto y en mi vihuela lo repitió el bordón. Ya mejoraba, ya sonreía con mi medicina, cuando una tarde llegó una carta de su jaula antigua. En mi arbolito brotaron flores negras y moradas, porque el correo vino a buscarlo, mis ojos lloraban. Desaparece, me deja en prenda toda su amargura. Se lleva ufano mi flor más tierna, mi sol y mi luna. En el momento de su partida, en mi cuello un collar dejó olvidado, y como Aladino yo lo empecé a frotar. Pasan minutos, pasan las horas, y toda una vida, por el milagro de aquella joya lo he visto regresar: con más heridas, con más silencio y con garras largas, su "buenos días" mi piel desgarra con ácida maldad. Ave que llega sin procedencia y no sabe dónde va, es prisionera en su propio vuelo, ave mala será. Ave maligna, siembra cizaña, bebe, calla y se va: cierra tu puente, cierra tu canto, tira la llave al mar. Un pajarillo vino volando, lo quise consolar, toqué sus ojos con mi pañuelo, pupila de águila, pupila de águila.
Canciones/Lieder
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Raubvogelaugen
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Ein kleiner Vogel lcam angeflogen, setzt' sich unter meinen Baum, es war Nacht und unmöglich zu sehen, wie er gemustert war. Er jammerte, daß in einem Käfig eingefangen er war, daß man die Federn, eine nach der andern, ihm ausgerissen hätt'. Mit meiner Liebe wollte ich ihn pflegen, aber das Vögelchen s t u m m wie ein Grab schwieg es sich aus, bis daß der Morgen kam.
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Es kam das Licht eines schönen Tages, es schüttelte der W i n d alle Aste an meinem Bäumchen, und da entdeckte ich, daß der kleine Vogel in seiner Seele verwundeter als ich war, daß mit dem Blute aus seinen Wunden er das Leben verlor. Weinenden Herzens aus voller Kehle zwitschert der Vogel sein Leid, ich gab ihm mein Lied, und meine Leier wiederholte es dumpf. Schon ging's ihm besser, schon könnt' er lächeln dank meiner Medizin, als eines Tages ein Brief aus seinem einstigen Käfig kam. Mein Bäumchen trieb plötzlich Blüten in Violett und Schwarz, meine Augen weinten, weil mit der Post man ihn zu holen kam. Er macht sich fort, zurück bleibt als Pfand mir all seine Bitterkeit. Hochmütig nimmt er mir meine zarteste Blume, die Sonne, den Mond. In dem Moment, in dem er Abschied nahm, vergaß er eine Kette an meinem Hals, und wie Aladin, so fing ich zu reiben sie an. Es vergehen Minuten, es vergehen Stunden und ein Leben sogar, mit Wunderkräften hat jenes Schmuckstück ihn mir zurückgebracht: schwerer verwundet, noch viel verschwiegener und die Krallen geschärft, sein „Guten T a g " zerreißt mir die H a u t mit beißender Böswilligkeit. Ein Vogel, der von nirgendwo k o m m t und nicht weiß, wohin er fliegt, ist im eignen Flug noch gefangen: böse m u ß der Vogel sein. Boshafter Vogel stiftet nur Zwietracht, trinkt, schweigt und fliegt fort: sperr Deine Brücke, verschließe Dein Lied und wirf den Schlüssel [ins Meer. Ein kleiner Vogel kam weinend geflogen, trösten wollte ich ihn, mit meinem Tuche wischt ich seine Augen, Augen eines Raubvogels, Augen eines Raubvogels.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Run-Run se f u e pa'l norte
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En un carro de olvido, antes del aclarar de una estación del tiempo, decidido a rodar Run-Run se fue pa'l norte, no sé cuando vendrá. Vendrá para el cumpleaños de nuestra soledad. A los tres días, carta con letra de coral, me dice que su viaje se alarga más y más, se va de Antofagasta sin dar una señal, y cuenta una aventura que paso a deletrear. ¡Ay ay ay de mí! Al medio de un gentío que tuvo que afrontar, un trasbordo por culpa del último huracán, en un puente quebrado cerca de Vallenar, con una cruz al hombro Run-Run debió cruzar. Run-Run siguió su viaje, llegó al Tamarugal, sentado en una piedra se puso a divagar, que si esto, que lo otro, que nunca, que además, que la vida es mentira, que la muerte es verdad. ¡Ay ay ay de mí!
Canciones/Lieder
Run-Run fuhr weg nach Norden
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In einem Wagen des Vergessens, noch vor dem Morgengrauen, von einem Bahnhof der Zeit, entschlossen abzureisen, fuhr Run-Run in den Norden, wer weiß, wann er wiederkommt. Vielleicht kommt er zum Geburtstag unserer Einsamkeit. Ein Brief hier nach drei Tagen, korallenrot die Schrift, er sagt mir, daß die Reise noch immer länger wird; er verläßt Antofagasta, von sich hören läßt er nicht und erzählt ein Abenteuer, es zu entziffern kostet mich. Ach, ich Ärmste, ach! Im Gedränge der Menschen, die er erdulden mußt', hieß es umsteigen aufgrund des letzten großen Sturms. Eine Brücke war eingestürzt, nahe bei Vallenar, und ein Kreuz auf den Schultern kreuzte Run-Run den Fluß. Run-Run reiste dann weiter, er kam ins Tamarugal, saß dort auf einem Steine und fing zu grübeln an, daß wenn dies, daß wenn jenes, daß niemals, daß zudem, daß das Leben eine Lüge, daß einzig wahr der Tod, ach, ich Ärmste, ach!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile La cosa es que una alforja se puso a trajinar, sacó papel y tinta, un recuerdo quizás. Sin pena ni alegría, sin gloria ni piedad, sin rabia ni amargura, sin hiél ni libertad, vacía como el hueco del m u n d o terrenal Run-Run mandó su carta por mandarla no más. Run-Run se fue pa'l norte, yo me quedé en el sur, al medio hay un abismo sin música ni luz. ¡Ay ay ay de mí! El calendario afloja por las ruedas del tren los números del año sobre el filo del riel. Más vueltas dan los fierros, más nubes en el mes, más largos son los rieles, más agrio es el después. Run-Run se fue pa'l norte, qué le vamos a hacer, así es la vida entonces, espinas de Israel, amor crucificado, corona del desdén, los clavos del martirio, el vinagre y la hiél. ¡Ay ay ay de mí!
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In seiner Reisetasche fing er zu kramen an, griff sich Papier und Tinte, ein Andenken wohl auch. Ohne Trauer, ohne Lust, ohne Jubel, ohne Trost, ohne Wut und Bitterkeit, ohne Groll und Offenheit, hohl und leer wie die Leere der ganzen Erdenwelt schrieb Run-Run seine Zeilen, nur um zu schreiben halt. Run-Run fuhr weg nach Norden, im Süden blieb nur ich, dazwischen liegt ein Abgrund ohne Licht und Musik. Ach, ich Ärmste, ach! Mit dem Rollen der Räder wird der Kalender dünn, Blatt auf Blatt des Jahreslaufs liegt auf dem Schienenstrang, je mehr sich die Räder drehn, je wolkiger der Tag, je länger die Gleise sind, je bitterer das Danach. Run-Run fuhr weg nach Norden, was kann man da noch tun, so also ist das Leben: die Dornen Israels, ans Kreuz geschlagne Liebe, die Krone aus Spott und Hohn, die Nägel des Martyriums, Essig und Bitterkeit. Ach, ich Ärmste, ach!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Maldigo del alto cielo
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Maldigo del alto cielo la estrella con su reflejo, maldigo los azulejos destellos del arroyuelo, maldigo del bajo suelo la piedra con su contorno, maldigo el fuego del horno, porque mi alma está de luto. Maldigo los estatutos del tiempo con sus bochornos. ¡Cuánto será mi dolor! Maldigo la Cordillera de los Andes y de la Costa, maldigo, Señor, la angosta y larga faja de tierra también la paz y la guerra, lo franco y lo veleidoso, maldigo lo perfumoso, porque mi anhelo está muerto. Maldigo todo lo cierto y lo falso con lo dudoso. ¡Cuánto será mi dolor! Maldigo la primavera con sus jardines en flor, y del otoño el color yo lo maldigo de veras, a la nube pasajera la maldigo tanto y tanto, porque me asiste un quebranto, maldigo el invierno entero con el verano embustero. Maldigo profano y santo. ¡Cuánto será mi dolor!
Canciones/Lieder
Verflucht sei am hohen Himmel
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Verflucht sei am hohen H i m m e l der Stern mit seinem Gefunkel, verflucht sei das blaue Glitzern der Tropfen des schmalen Baches, verflucht sei am niederen Boden der Stein mit seiner Umgebung, verflucht sei das Ofenfeuer, weil meine Seele Trauer trägt. Verflucht seien die Gesetze des Wetters und die Gewitter. Wie unbeschreiblich mein Schmerz!
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Verflucht sei die Kordillere der Anden und an der Küste, verflucht sei, o Herr, der schmale und lange Streifen Erde, zugleich der Krieg und der Frieden, Entschlossenheit und Zauderei, verflucht seien die Wohlgerüche, meine Sehnsucht ist ja doch tot. Verflucht sei alles Gewisse, D a s Falsche wies Ungewisse. Wie unbeschreiblich mein Schmerz! Verflucht sei die Zeit des Frühlings mit ihren blühenden Gärten, und die Farbenpracht des Herbstes, ich will sie bestimmt verfluchen, vorüberziehende Wolken verfluche ich immer wieder, denn das Unglück bleibt mir ständig, verflucht sei der ganze Winter, mit ihm der verlogene Sommer. Verflucht sei Profanes und Heiliges. Wie unbeschreiblich mein Schmerz!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Maldigo la solitaria 35 figura de la bandera, maldigo cualquier emblema, la Venus y la Araucaria, el trino de la canaria, el cosmos y sus planetas, 40 la tierra y todas sus grietas, porque me aqueja un pesar. Maldigo del ancho mar sus puertos y sus caletas. ¡Cuánto será mi dolor! 45
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Maldigo luna y paisaje, los valles y los desiertos, maldigo muerto por muerto y el vivo de rey a paje, el ave con su plumaje, yo la maldigo a porfía, las aulas, las sacristías, porque me aflige un dolor. Maldigo el vocablo amor con toda su porquería. ¡Cuánto será mi dolor! Maldigo por fin lo blanco, lo negro con lo amarillo, obispos y monaguillos, ministros y predicandos, yo los maldigo llorando; lo libre y lo prisionero, lo dulce y lo pendenciero le pongo mi maldición en griego y en español por culpa de un traicionero. ¡Cuánto sera mi dolor!
Canciones/Lieder
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Verflucht das einsame Zeichen des Sterns in unserer Fahne, verflucht auch alle Symbole, Venus und die Araukarie, Kanarienvogelgezwitscher, der Kosmos und die Planeten, die Erde mit ihren Spalten, weil ein Kummer mich bedrückt. Verflucht sei das weite Meer mit seinen Häfen und Buchten. Wie unbeschreiblich mein Schmerz! Verflucht seien Mond und Landschaft, fruchtbare Täler und Wüsten, verflucht seien alle Toten und was lebt, König wie Diener, den Vogel und sein Gefieder, mit Fluch überhäufe ich ihn, die Schulen, Sakristeien, weil ein Schmerz mich traurig macht. Verflucht sei das Wort Liebe mit seinem gesamten Saudreck. Wie unbeschreiblich mein Schmerz! Verflucht sei schließlich das Weiße, das Schwarze mitsamt dem Gelben, Bischöfe und Chorknaben, Ministranten und Prediger, ich verfluche sie und weine; was frei ist und was gefangen, was sanft und was angriffslustig, ich verfluch es insgesamt auf Griechisch und auf Spanisch — die Schuld trägt ein Verräter. Wie unbeschreiblich mein Schmerz!
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Gracias a la vida
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Gracias a la vida que me ha dado tanto. Me dio dos luceros que cuando los abro perfecto distingo lo negro del blanco y en el alto cielo su fondo estrellado y en las multitudes el hombre que yo amo.
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Gracias a la vida que me ha dado tanto. Me ha dado el oído que en todo su ancho graba noche y día grillos y canarios, martillos, turbinas, ladridos, chubascos, y la voz tan tierna de mi bien amado.
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Gracias a la vida que me ha dado tanto. Me ha dado el sonido y el abecedario, con él las palabras que pienso y declaro: madre, amigo, hermano, y luz alumbrando la ruta del alma del que estoy amando.
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Gracias a la vida que me ha dado tanto. Me ha dado la marcha de mis pies cansados; con ellos anduve ciudades y charcos, playas y desiertos, montañas y llanos, y la casa tuya, tu calle y tu patio.
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Gracias Me dio cuando cuando cuando
a la vida que me ha dado tanto. el corazón que agita su marco miro el fruto del cerebro humano, miro el bueno tan lejos del malo, miro el fondo de tus ojos claros.
Gracias a la vida que me ha dado tanto. Me ha dado la risa y me ha dado el llanto;
Canciones/Lieder
Ich danke dem Leben
5
Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab mir sternklare Augen, und wenn ich sie öffne, erkenne ich deutlich, was schwarz und was weiß ist und die Sternentiefe des hohen Himmels und in der Menge den Mann, den ich liebe.
10
Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab das Gehör mir, das mit großer Schärfe Tag und Nacht wahrnimmt, Kanarienvögel und Grillen, Hämmer, Turbinen, Gebell, Regengüsse und die zärtliche Stimme meines Geliebten.
15
Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab mir den Ton und das ABC-Buch, mit ihm die Wörter, die ich denke und sage: Mutter, Freund, Bruder und leuchtendes Licht für den Weg der Seele meines Geliebten.
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Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab mir den Gang meiner ermüdeten Füße; mit ihnen ging ich durch Städte und Pfützen, durch Wüsten, über Strände, Gebirge und Ebenen und durch Dein Haus, Deine Straße und Deinen Patio.
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Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab mir ein Herz, das seine Grenzen verachtet, wenn ich die Frucht seh' des menschlichen Denkens, wenn ich das Gute so fern seh' vom Bösen, wenn ich den Grund seh Deiner hellen Augen. Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles. Es gab mir das Lachen, und es gab mir das Weinen;
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile así yo distingo dicha de quebranto, los dos materiales que forman mi canto, y el canto de ustedes que es el mismo canto y el canto de todos que es mi propio canto. Gracias a la vida que me ha dado tanto.
Canciones/Lieder
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so unterscheid' ich Freude und Kummer, die zwei Elemente, aus denen mein Lied ist und Euer Lied, das dasselbe Lied ist, und das Lied aller, das mein eigenes Lied ist. Ich danke dem Leben, denn es gab mir so vieles.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
La lavandera Aquí voy con mi canasto de tristezas a lavar al estero del olvido, dejen, déjenme pasar. 5
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Tu cariño fue un rebozo que nos abrigó a los dos. Lo manchaste una mañana, cuando me dijiste adiós. En la corriente del río he de lavar con ardor la mancha de tu partida que en mi pañuelo quedó. Pero el río está tan lejos, tan cerrado el matorral, tan pesado mi canasto, tanta mancha que lavar. Soy que con que
la torpe lavandera va a lavar su ilusión la escobilla de espinas clavan mi corazón.
Soy la torpe lavandera, pierdo el tiempo en mi labor: el dolor es una mancha que no sale con jabón.
Canciones/Lieder
Die Wäscherin Seht mich hier mit meinem Korbe voller Trauer waschen gehen zu dem Bache des Vergessens, laßt mich, bitte, laßt mich durch. 5
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Deine Liebe war ein Mantel, und er hielt uns beide warm; Du verdarbst ihn eines Morgens, als Du sagtest ich geh fort. In der Strömung des Flusses will ich waschen ohne Rast an dem Schmutzfleck, den Dein Abschied in mein Taschentuch gemacht. Doch so weit ist es zum Flusse, so dicht wachsend das Gestrüpp, so schwer das Gewicht des Korbes und so groß, so groß der Fleck. Ich ungeschickte Wäscherin, säubern will ich meinen Traum mit einer Bürste aus Dornen, die sich um mein Herz gelegt. Ich ungeschickte Wäscherin, Zeitvergeudung ist mein Tun: Liebesschmerzen sind ein Schmutzfleck, der sich nicht in Seife löst.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Le pregunto a la montaña, si mi ropa ha de blanquear, la montaña me responde: con el tiempo y nada más. La corriente se ha llevado la escobilla y el jabón, el rebozo y el pañuelo, pero mis pesares no.
Canciones/Lieder
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Ich stell die Frage an die Berge, ob die Wäsche weiß noch wird, und der Berge Antwort lautet: mit der Zeit und sonst mit nichts. Fortgetragen hat die Strömung die Bürste und die Seife auch, den Mantel und das Taschentuch, aber meine Trauer nicht.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Arriba quemando el sol
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Canciones/Lieder
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
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Kommentar
„La jardinera": tonada, 1952 (Ángel Parra). [Erste Plattenaufnahme 1953, 78 RPM Odeón 89-952 (vgl. www.cancioneros.com/ca/4/0/cancionero-devioleta-parra.) Das Lied ist der erste Publikumserfolg, die Plattenaufnahme kann eine Konsequenz dieses Erfolgs sein. Das von Angel angegebene Datum der Entstehung ist deshalb nicht unwahrscheinlich. Die tonada ist - neben der offiziellen cueca - seit den dreißiger Jahren das Herzstück chilenischer „Massenfolkore" im Unterschied zur internationalen Schlagermusik. In diesen Bereich gehört die guaracha „El funicular". Trotz eines Publikumserfolgs möchte Violeta das Lied am liebsten nicht zu ihren eigenen Kompositionen zählen (vgl. „Supplement"). Die typisch „chilenische Musik" setzte auf den „lyrischen Charakter" der tonada, auf „ihre einfache Struktur und ihre Verankerung in der ländlich-nationalen Kultur" oder was man dafür hielt. (Die als Zitate markierten Stellen sind meine Ubersetzungen aus González, Ohlsen, Rolle, Historia social de la música popular en Chile, 1950-1970, S. 323.) „La jardinera", eine tonada mit Kehrreim, sei „eine der klassischen des chilenischen Volksrepertoires" geworden (S. 385). Violeta widmet 1959 eine ihrer Langspielplatten diesem Genus. Die Plattenhülle ist von Nemesio Antúnez, einem der großen chilenischen Maler gestaltet (abgebildet in „cancioneros").] „La lechera": tonada, 1956 (Ángel Parra) [1954 Violeta Parra, Poesía, p. 25.] Text (bisher — 1978 — unveröffentlicht) nach einer Gedächtnisniederschrift von Ángel Parra. Der Hintergrund des Liedes ist insofern autobiographisch, als sein Anlaß der Tod von „mama Rosa", der Frau eines „cantor popular" ist, den Violeta Parra sehr gut kannte, Isaías Angulo. [Don Isaías ist eine der wichtigen Quellen für die von Violeta auf dem Land gesammelten Volkslieder (vgl. Violeta Parra, Cantos folklóricos chilenos, S. 15-19). Es ist nicht ausgeschlossen, daß er auch die „canción popular" „La lechera" an Violeta weiter gab. Als solche ist sie in „cancioneros" aufgenommen. Dieser Text ist aber nur teilweise identisch mit dem von Ángel überlieferten Text, den er inzwischen in Violeta se fite a los cielos (2006, S. 86-87) mit zwei Varianten veröffentlicht hat: v. 6 ohne „und"; v. 11 „melken" statt „festbinden". Das
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Volkslied, dem diese Varianten entsprechen, erzählt eine etwas längere Geschichte von der „mutigen Melkerin", der wesentliche Unterschied liegt jedoch im Kehrreim. Im Volkslied heißt es: Tagelöhner und Grundherr sind zwei Dinge. So helfe mir Gott! Tagelöhner und Grundherr sind zwei Dinge. In der Fassung von Violeta/Ángel dagegen: Tagelöhner und Grundherr sind zwei Dinge verschiedener Art; Tagelöhner und Grundherr, Gold und Erdkloß. Es handelt sich also um eine deutliche Zuspitzung. Pächter und Herr werden nicht nur schärfer unterschieden (v. 3), sondern auch als ganz unterschiedliche Nutznießer gekennzeichnet — als Gold und als Erdklumpen (v. 5). Nicht nur fiir Isabel Parra (Miranda in Violeta Parra, Poesía, S. 25-26), sondern auch für Angel (Violeta se fue a los cielos, S. 87 und 90) ist „La lechera" „eines der politischen Lieder, geschrieben mit der heißen Feder der Wahrheit, der Begegnung mit der Realität" (Violeta se fue a los cielos, S. 87). Angemerkt sei auch, daß Violeta in einem in Versen geschriebenen Brief aus Paris an ihren Bruder Nicanor vom Juni 1963 an eine ähnliche Episode erinnert: „Weiß jemand, daß die Rosita vom Hof Juan Estay / mit ihren achtzig Jahren noch melken / und in der dreckigsten Brühe die Milch aufbereiten muß?" (Libro mayor, Santiago 2009, S. 154).] „Pinta" (v. 11) und „Clavela" (v. 12) sind die Namen von Kühen, v. 13 manear: „amarrar las patas"/ „fesseln". „Arriba quemando el sol": trote, 1958 (Ángel Parra). [Erstaufnahme 1962 {Elfolklore de Chile según Violeta Parra, 1962, EMI-Odeón LDI-503).] Strophen 4 und 5 (w. 22-35) werden in der Version von Violeta Parra (Una chilena en París) — Recordando a Chile von Violeta ausgelassen (entsprechend bei Clouzet - vgl. Bibliographie 3.4., S. 115-116). Der Text stimmt in Poésie
Kommentar
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populaire des Andes (vgl. Bibl. 1.1., S. 150ff., Überschrift „Estilo nortino"), Alcalde (Bibl. 1.5., S. 121f.) und Martínez Reverte (Bibl. 1.6., S. 82f.) mit der Aufnahme von 1962 überein - bei letzterem fehlt v. 40, bei Alcalde die ganze Strophe 6 (w. 36-42). Keinerlei Ubereinstimmung besteht in Bezug auf den „Kehrreim" (w. 7, 14 usf.). „Und" erscheint in der Version 1962 in jedem dieser Verse, in den gedruckten Versionen willkürlich. Ich habe - der Version 1962 folgend — vereinheitlicht. [Siehe auch „Supplement".] v. 1 pampa: die Salzwüste im Norden Chiles. v. 3 chirigüe: häufig vorkommender Vogel, dunkelgrün mit schwarzen Flügeln und gelber Brust (nach Manns — Bibl. 4.8., S. 180). v. 8 vide: altspanische, in ländlich-„vulgärer" Sprache gebräuchliche Form für „vi" (1. Person Sing. Perfekt von „ver"). v. 22 pulpería: Die „pulpería" — etwa „Einkaufsmarkt" — war in gleicher Hand einem Unternehmen angeschlossen, so daß überhöhte Preise oft zusätzliche Ausbeutung zur Folge hatten. Eine gesetzliche Vorschrift sah für lebenswichtige Güter Höchstpreise vor (vgl. w. 24-25). In den Minen wurde häufig mit Bons bezahlt und nicht mit Geld, so daß die Bergleute nur in der „pulpería" einkaufen konnten. v. 45 Chuqui: gebräuchliche Abkürzung für Chuquicamata, dem großen Kupferminenzentrum. Santa Juana war dagegen ein eher unbekannter Ort in der Nähe von Vallenar (vgl. „Einführung", Fn. 88). „Yo canto la diferencia": canción (mit Einbeziehung von Elementen der tonada und des canto a lo poeta), 1960. [Erstaufnahme 1961 ( Toda Violeta Parra - el folklore de Chile, vol. VIII, Odeón LDC 36344). Bei Martínez Reverte (Bibl. 1.6., S. 84ff.) und Manns (Bibl. 4.8., S. 181ff.) fehlen w. 2935 (Strophe 5) und w. 57-63 (Strophe 9). So auch Ángel Parra (Violeta se fue a los cielos, S. 119-121). In Poésie populaire des Andes (Bibl. 1.1, S. 154fï.) und Alcalde (Bibl. 1.5., S. 123f.) fehlen w. 8-14 (Strophe 2) und w. 29-35 (Strophe 5). Ich folge der Erstaufnahme. Die Angaben zur Gattung entnehme ich Gonzalez, Ohlsen, Rolle, Historia social de la música popular en Chile 1950-1970,
S. 3 8 5 . ]
v. 1 a la chillaneja: vgl. „Einführung", Abschnitt II und „Supplement", v. 13 más galante: Anlaß des Liedes ist der 150. Jahrestag der chilenischen Unabhängigkeit, als deren Stichdatum der 18. September 1810 gesetzt ist (Nationalfeiertag). An diesem Tag trat das erste chilenische „Parlament" {Cabildo Abierto) zusammen. Vgl. auch w. 56 und 78. v. 53 Chuqui: vgl. „Arriba quemando el sol", v. 45.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
v. 54 copihue: rot blühende Blume, Teil der nationalen Folklore Chiles, v. 66 Luisa: Bekannte Violetas „aus dem Volk". Auch dieses Lied hat einen autobiographischen Hintergrund, den Angel in Violeta se fue a los cielos beschreibt (S. 118-119). v. 77 cueca: chilenischer Nationaltanz, angeblich dem Balzen des Hahns um die Henne nachempfunden. v. 82 al Parque: Parque Cousiño, großer öffentlicher Park in Santiago, in dem am Nationalfeiertag und den beiden folgenden Tagen neben Militärparaden die verschiedensten Veranstaltungen stattfinden. „Porque los pobres no tienen": tonada, i960? (Ángel Parra). [Das E r stellungsdatum ist nicht genau auszumachen. Anfang 1962 soll Violeta das Lied in Buenos Aires aufgenommen haben, die Platte sei aber verboten worden (so Fernando Sáez, La vida intranquila, S. 122-123). Francisco Luque (Violeta Parra, „El disco ausente", www.cancioneros.com/.../violeta-parrael-disco-ausente-por-Francisco-Luque, 12-11-2009) weist nach, daß Violeta selbst das Lied wohl nie aufgenommen hat. Sicher ist, daß sie 1962 u. a. in Berlin (DDR) zusammen mit Isabel und Ángel gastierte und dort Aufnahmen gemacht wurden. Die erste nachweisbare Plattenaufnahme ist die von Isabel Parra 1965 gesungene Version {Lieder der Völker, Nr. 7, Süd- und mittelamerikanische Volksmusik, ETERNA 830 014). v. 6 le: der grammatischen Norm entsprechend wäre „les" zu erwarten. Singular fiir Plural beim Dativpronomen ist jedoch geläufig (vgl. Emilio M. Martínez Amador, Diccionario gramatical y de dudas del idioma, Barcelona o.J., S. 1226-1227). w. 5-6 Variante: „encontrar lo que a su hermano / en este mundo le quitan": Süd- und mittelamerikanische Volksmusik und Axel Hesse/Uwe Schreiber (Hg.), Cancionero Violeta Parra, zweisprachig mit Gitarrensätzen, Berlin (DDR), Verlag Neue Musik 1977, S. 49-50 sowie Ángel Parra, CD Violeta se fue a los cielos (Anlage zu Violeta se fue a los cielos). Ich folge hier der Version von Alcalde, Manns und Reverte. Zum einen gibt diese dem Verb „quitan" ein konkretes Subjekt („hermano") und dem Dativpronomen (im Plural) einen folgerichtigen Bezug auf „pobres". Schließlich ergibt sich so eine deutliche Parallele zur zweiten Strophe (w. 12-13). Das ironische Spiel mit dem „falschen" Bruder wird noch deutlicher.] v. 7 zambita: von „la zamba", ein Tanz, der ähnlich wie die cueca ursprünglich Liebeswerben zum Ausdruck bringt; heute vor allem in Argentinien bekannt. Hier als lebhafter Ausruf.
Kommentar
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„Según el favor del viento": sirilla, 1961 (Ángel Parra). [Erste Aufnahme (Tonband) 1962 in Buenos Aires, als Platte veröffentlicht 1987 (Violeta Parra: temas inéditos — homenaje documental (Mandioca MSD-016; zit. nach cancioneros, coni). Diese Aufnahme — ebenso wie die in der Anthologie Violeta Parra — Grabaciones originales en EMI-Odeón 1954 -1966{2012) enthaltene Version (4 CD, EMI 9914975-78, hier 9914978) - ist die vollständigste. Beide Aufnahmen unterscheiden sich in der Reihenfolge der Strophen: die Reihenfolge der Anthologie ist -gegenüber der Aufnahme Buenos Aires: 1 -4, 6-8-5-7-9. Ich folge der in „cancioneros" zugänglichen Textversion, mit Ausnahme von v. 41 (s. dort). Ich ziehe die Version „Buenos Aires" vor, weil sie mit der Wiederholung von „según el favor del viento" die zentrale Stellung der 5. Strophe zu belegen scheint. Die sirilla ist eine in Anlehnung an die spanische seguidilla entstandene Form, die sich auf Chiloé erhielt und die Violeta während ihrer Forschungsreise auf die Insel (1958) wiederentdeckt und in Zentralchile populär machen wird (vgl. González, Ohlsen, Rolle, S. 339-340).] v. 3 ruca: Hütte der Ureinwohner (Araukaner/Mapuche). v. 10 pellin (Chile): Buchenart. Vgl. v. 50. v. 12 Castro: Stadt auf der Insel Chiloé im Süden Chiles, neben Ancud im Norden der Insel die einzige größere Ansiedlung. v. 41 Variante: „ya está su cabo de vela" („schon hat er seinen Stumpf Kerze") v. 46 chilote: Einwohner der Insel Chiloé. Vgl. v. 73. v. 48 tamango: grober Lederschuh. v. 49 milcao: entspricht unserem Kartoffelpuffer (vgl. zur Kartoffel „AI centro de la injusticia", w. 13-14). „La carta": canción, 1962. [Erstaufnahme 1963 (Erstveröffentlichung: Canciones reencontradas en París, 1971 DICAP DCP 22, zugänglich über perrerac.org/chile/violeta-parra-canciones-reencontradas-en-Paris). v. 8 Variante: „de haber prendido a Roberto" (Reverte, Manns). Es kann sich um eine „Verbesserung" des nicht ganz durchsichtigen Originals handeln. Roberto: jüngerer Bruder von Violeta (insgesamt neun Geschwister und zwei Halbschwestern, vgl. Libro mayor, Santiago, S. 33). Roberto (1921-1995) ist als cantautor und Verfasser der Décimas de la negra Ester bekannt geworden. w. 35-36 „león": Anspielung auf Arturo Alessandri und seinen Sohn Jorge. Arturo Alessandri, Präsident Chiles von 1920-1926 (mit einer Unterbrechung 1924) und 1932-1938, entwickelte sich von einem liberalen zu einem strikt
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
konservativen Politiker. Er ist in den Jahren 1925 und 1934 für Massaker verantwortlich, bei denen Hunderte umkamen. Wegen dieser Blutbäder erhielt er den Beinamen „el león" — „Der Löwe". Auch sein Sohn Jorge, Präsident von 1958-1964, ist für verschiedene blutige Zwischenfalle verantwortlich. Das Lied spielt wohl auf die blutige Repression im Elendsviertel „José María Caro" von Santiago im November 1962 an. w. 39 und 41 Variante: „siete", z.B. Hesse/Schreiber, Cancionero Violeta Parra, S. 48. Auch Osvaldo Rodríguez zitiert diese Zahl „siete", wobei er sich auf die Version der Gruppe Quilapayún bezieht (Cantores que reflexionan, S. 48). Die Zahl „neun" bedeutet, daß Violeta sich in die Gruppe der Geschwister einbezieht. v. 41 Varianten: „los nueve son izquierdistas" (Violeta, Antología, CD 3, Nr. 12, Titel „He recibido carta" („Ich habe ein Brief bekommen"); das ganze Lied mit anderer Instrumentalgestaltung, nicht identisch mit Canciones reencontradas en París; „todos revolucionarios", Quilapayún). Osvaldo Rodríguez merkt an, daß nicht alle Geschwister Violetas Kommunisten oder Revolutionäre gewesen seien (s.o., S. 48). In dem Cancionero — Virtud de los elementos, Violeta Parra (Fundación Violeta Parra - Alerce Producciones, Santiago 1993, S. 47) findet sich eine autographische Illustration der letzten vier Zeilen, in der eindeutig von „nueve" und „comunistas" die Rede ist.] „Me gustan los estudiantes": estilo parabién, 1962 (Angel Parra). Erstpublikation Angel Parra y su guitarra, 1965 Demon LPD-07. Es ist keine Aufnahme von Violeta bekannt. Begrüßungslied auf bäuerlichen Festen und Zeremonien (Cancionero — Virtud de los elementos, Violeta Parra, 1993, S. 175). v. 5 le: vgl. „Porque los pobres no tienen", v. 6. v. 45 carrito: Anspielung auf die ersten Satelliten (vgl., .Ayúdame, Valentina"). „Un río de sangre": canción, 1962. Erstaufnahme (Tonband) 1963. Erstpublikation auf Canciones reencontradas (1971). Das Webarchiv „cancioneros" stellt die Wiedergabe eines Autographen zur Verfügung, das im Hinblick auf den Inhalt wichtige Varianten enthält, v. 6 Variante: „capital" (!). v. 8 „cinco emblemas": Wappen/Fahne = Länder, die durch die erwähnten Menschen verkörpert werden. Vgl. „Yo canto la diferencia", v. 21. v. 13 Federico García: Federico García Lorca (1898-1936). Der spanische Dichter wurde bei Ausbruch des Bürgerkriegs von Faschisten umgebracht.
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v. 28 Variante: „al jefe Lumumba" (!). Die Variante „jefe" („Häuptling") vermeidet einen rassistisch wirkenden Unterton. Patrice Lumumba (1925-1961) wurde während der Kämpfe im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit des Kongo in Katanga ermordet. Lumumba wurde zu einer Symbolfigur („emblema") des Kampfs gegen Kolonialismus und Imperialismus. 1963 komponierte Paul Dessau sein „Requiem für Patrice Lumumba". v. 36 Zapata: Emiliano Zapata (1889-1919). Während der mexikanischen Revolution einer der entschlossensten Vertreter einer Neuverteilung des Bodens. Er wurde ermordet, als die Revolution sich „institutionalisierte", v. 43 Vicente Peñaloza: Angel Vicente Peñaloza (1798-1863), „el Chacho", argentinischer Caudillo; kämpfte gegen den Diktator Rosas, wurde angeblich von einem Verräter ermordet, dem er gerade das Leben gerettet hatte, v. 47 Variante: „desgarren" (auch in Parra, Poesía, S. 126). Es ist wohl von einem Versehen auszugehen, da das Subjekt des Verbs „viento" und nicht „banderas" ist. v. 50 Rodríguez y Recabarren: Manuel Rodríguez (1786-1818), organisierte 1816-1817 eine Guerilla gegen die Spanier. Er wurde 1818 aufgrund politischer Rivalitäten ermordet. Nach Encina (vgl. Einleitung Fn. 5, tomo 1, S. 673-674) Symbolfigur der Unabhängigkeitskämpfe. Luis Emilio Recabarren (geb. 1876, Selbstmord 1924), Gründerfigur des Kommunismus in Chile. „Santiago, penando estás": canción, 1962. [Erstaufnahme 1963 (Tonband); Erstpublikation Canciones reencontradas (1971). Der Rhythmus des Lieds lehnt sich an das Bittgebet der Mapuche an, das loncomeo heißt, aber es erinnert auch an die Marktschreie im alten Santiago.] v. 23 Calicanto: eigentlich „Cal y Canto" (Kalk und Stein). Name für die eben aus diesem Material 1782 eingeweihte Brücke über den Mapocho ein Produkt von Sträflingsarbeit unter dem sittenstrengen corregidor (Polizeichef) Luis Manuel Zañartu. Die Brücke stand bis Ende des 19. Jahrhunderts und war nach Encina ein Mittelpunkt des Stadtlebens (Bd. 1, S. 298ff. und S. 430). v. 24 presidente: bis zur Unabhängigkeit Bezeichnung für die spanischen Gouverneure, da diese auch Präsidenten des obersten Gerichts („Audiencia Real") der Provinz Chile waren. Eine bestimmte Persönlichkeit konnte ich nicht ermitteln. Aber die Anekdote paßt zu dem — zu schönen — Bild des ausgehenden 18. Jahrhunderts, das auch Encina zeichnet (Bd. 1, S. 418).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
„Arauco tiene una pena": estilo parabién, 1962. [Erstpublikation in Argentinien: Elfolklore de Chile según Violeta Parra 1962, Odeón LDI 503. „Cancioneros" stellt eine angeblich erste Version zur Verfügung (nach der LP El folklore y la pasión, 1994). Diese Fassung kehrt die Reihenfolge der 6. und 7. Strophe (w. 36-42 bzw. 43-49) um. Außerdem ersetzt Strophe 6 die w. 36 und 37 durch „Seit dieser Zeit sind vergangen / Monde in großer Zahl". Die neue Strophe 8 lautet: „Schon blüht nicht mehr der Mañio, / gibt keine Frucht mehr die Pinie, / am Vertrocknen ist die Araukarie, / der Zitronenstrauch duftet nicht mehr, / weil mitten in das Herz des Mapuche / man einen Nagel schlägt. / Erhebe Dich, Curimón!" Miranda, Loncon und Ramay ziehen diese Fassung wegen des Wortes „Mapuche" im vorletzten Vers vor, um daraus im Zusammenhang mit den spezifisch südchilenischen Bäumen und Sträuchern eine Weltsicht der Ureinwohner abzuleiten (S. 74). Ich folge der Aufnahme von 1962. Das Lied ist auch unter dem Titel „Levántate, Huenchullán" bekannt.] v. 1 Arauco: Volksname der Araukaner (Mapuche), der Urbevölkerung Chiles. Die Mapuche leisteten bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein Widerstand gegen die Integrierung, die für sie vor allem Verlust von Land und Selbständigkeit bedeutete. Auch eine der chilenischen Provinzen heißt Arauco (Hauptstadt Lebu). v. 7 Huenchullán (v. 14 Curimón usw.): es handelt sich um araukanische (Mapuche) Namen. Ob es sich — wie in den entsprechenden Fußnoten in Poésie populaire des Andes (Bibl. 1.1.), Martínez Reverte (Bibl. 1.6.) und Manns (Bibl. 4.8.) angegeben — um Häuptlinge handelt, die sich im Kampf gegen die Spanier auszeichneten, konnte ich nicht ausmachen. Zu den bekannten Namen der Geschichte gehören sie nicht. [Vielleicht könnte ein derartiger Anspruch für Huenchullán, Quilapán und aus unterschiedlichen Gründen für Curimón und Manquilef geltend gemacht werden (vgl. meine Mutmaßungen zu den entsprechenden Versen). Sicher ist, daß es sich um Familiennamen handelt, die auch heute noch in den Stammgebieten der Mapuche geläufig sind. Diese Tatsache gibt dem Lied einen sehr präzisen Sinn, den die Totenbeschwörung nicht hätte: das Lied wäre ein Aufruf zum Widerstand an die Lebenden.] Eine Auflösung der Namen in ihre etymologischen Bestandteile brachte übrigens keine für die Interpretation aufschlußreichen Daten (z.B. v. 14 Curimón = „terreno productivo en ortigas" (brennesselreiche Erde); v. 35 Quilapán = „tres leones, nombre del cacique dueño" (drei Löwen, Name des leitenden Cacique) - nach P. Ernesto
Kommentar
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Wilhelm de Moesbach, Voz de Arauco — Explicación de los nombres indígenas de Chile, 2. Aufl., o.O.u.J., unter den entspr. Stichwörtern), v. 7 Huenchullán: [Mitkämpfer des Mestizen Alejandro de Vivar, „ N a n c u " (oder „ N a m c u " ) gegen die Spanier in der zweiten Hälfte des 17. Jahrunderts. Ich verdanke diese Information Paula Miranda und Allison Ramay, die mir freundlicherweise ihr zusammen mit Elisa Loncon verfaßtes Buch Violeta Parra en el Wallmapu (Santiago: Pehuén 2 0 1 7 ) auf elekronischem Weg zur Verfíigung stellten. Bezug hier auf S. 73-74.] v. 8 Variante: „un día llega de lejos" („Von Ferne kam eines Tages"), v. 9 huescufe: Geist des Bösen bei den Mapuche; vgl. folgende Definition bei Tomás Guevara, Psicolojía del pueblo araucano, Santiago 1908, S. 3 0 0 : „espíritus inferiores, intensamente maléficos, que se llaman huecuve en el norte i huecufe en el sur" (niedrige, sehr böse Geister die im Norden huecuve und im Süden huecufe heißen. Graphische Varianten sind häufig), v. 14 Curimón: [Name eines strategisch wichtigen Ortes im Aconcagua-Tal, da hier ein Ubergang des Flusses möglich war. Schon vor den Spaniern hatten die Inkas die Stelle als Einfallsort benutzt. Auch im Unabhängigkeitskrieg war der O r t zwischen den Fronten von Realisten und Liberalen von Wichtigkeit. Die Verse 10-13 könnten sich also auf die Goldsucht von Inkas und Spaniern beziehen.] v. 21 Manquilef: [Manuel Manquilef war ein Mapuche, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Ethnologe die Welt der indígenas in Südchile erforschte. 1 9 1 2 / 1 9 1 4 erschienen seine Comentarios del pueblo araucano. In den 30ern war er Parlamentsabgeordneter. S. auch Miranda, Loncon, Ramay, S. 24.] v. 2 2 Lautaro (v. 2 4 Galvarino, v. 4 8 Caupolicán): Heerführer der Mapuche in den ersten Kriegen gegen die Spanier (16. Jahrhundert). Lautaro besiegte 1552 die Spanier unter Valdivia, er fiel 1557 nach einem Verrat. Sein Nachfolger Caupolicán geriet 1558 in Gefangenschaft und wurde von den Spaniern gepfählt. Galvarino zeichnete sich 1557 durch seinen Gleichmut gegenüber der Grausamkeit der Spanier aus. Alle drei verdanken ihren R u h m in gewisser Weise der Stilisierung durch das zwischen 1569 und 1589 veröffentlichte Epos La Araucana des Spaniers Alonso de Ercilla y Zúñiga. Ein Aufruf zur Tat wäre vorstellbar, wenn die Heldenstatuen der Vergangenheit als lebendige Vorbilder für die Gegenwart gedacht würden, v. 2 7 kultrún: Trommel (mapuche). v. 2 9 mil cuatrocientos: nicht als exakte Jahresangabe, sondern als Hinweis auf die im 15. Jahrhundert einsetzende Fremdherrschaft über die Mapuche (Inka-Invasion um 1460, Spanier ab 1535) zu verstehen.
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v. 31 ruca: vgl. „Según el favor del viento", v. 3. v. 37 chamal: auch „chamall", Kleidungsstück der Männer, eine Art langer Poncho (vgl. Moesbach, Kommentar zu v. 7, entspr. Stichwort), v. 42 Quilapán: [José Santos Quilapán war der letzte im Kampf gegen die — nun republikanischen — Invasoren erfolgreiche Mapuche. Auf der argentinischen Seite des von den Mapuche eingeforderten Gebiets gelang ihm 1868 bei Quechereguas ein Sieg gegen die Regierungstruppen. Zur Bekanntheit des Namens mag auch eine Erzählung von Baldomero Lillo (1867-1923) beigetragen haben, der 1907 in dem Sammelband Subsole die Novelle „Quilapán" veröffentlicht. In ihr wird die Geschichte des Widerstands des Kleinbauern Quilapán gegen die gewaltsame Enteignung durch einen Großgrundbesitzer erzählt. Für Miranda gehörte die Familie Quilapan (sie) zum Umkreis ihrer Zeugen (S. 23-25).] „Ayúdame, Valentina": canción-, 1963. [Erstaufnahme 1963; Erstpublikation 1971 {Violeta Parra — Canciones reencontradas en París, DICAP DCP 22; von mir benutzte Ausgabe als Santiago, penando estás, DICAP/Pläne P 12 DF 45. Pläne war eine in der BRD angesiedelte, von der DDR finanzierte Produktionsfirma in Dortmund. Das Lied hat auch den Titel „¿Qué vamos a hacer?".] Titel: Anspielung auf die erste Kosmonautin, Valentina Tereschkowa (Juni 1963). w. 31-34: Spiel mit zwei Bibel-Gleichnissen (Matthäus 13,24 und 20,1). „¿Qué dirá el Santo Padre?": canción/sirilla, 1963. [Erstpublikation 1965 (Recordando a Chile — Canciones de Violeta Parra, EMI-Odeón LDC-36533; zugänglich auf Antología Violeta Parra (CD 4, Nr. 19). Die Version auf Un río de sangre (1974, Arion ARN 34222) ist um die vierte Strophe gekürzt. Ich folge der Version auf Recordando a Chile (bis auf v. 12). Zu diesem Lied, vgl. auch „Supplement".] v. 6 Variante: „nos llueven balas" (auf uns Kugeln fallen; Un río de sangre). v. 12 Variante: „el sexto mandamiento" (das „sechste" Gebot; Un río de sangre). Es handelt sich um einen evidenten Lapsus, da auf das Fünfte Gebot angespielt wird ("Du sollst nicht töten"). v. 15 Variante: „Lindo segar el trigo en el sembra'o" (Wie schön ist es, den Weizen auf das Feld zu säen; Un río de sangre). v. 16 Julian Grimau: spanischer Kommunist, der 1963 zum Tode verurteilt und trotz zahlreicher Proteste erschossen wurde, nachdem er gefoltert
Kommentar
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worden war und einen nie aufgeklärten „Fenstersturz" überlebt hatte. Bei Martínez Reverte fehlt der Name, weil seine Anthologie 1976, noch während der Franco-Diktatur veröffentlicht wurde (Bibl. 1.6., S. 98). „En los jardines humanos": triste y huayno, (nach "cancioneros") [Erstaufnahme 1963; Erstpublikation 1971 (Canciones reencontradas en París, hier nach Santiago, penando estás, Pläne 1975). Tanz aus dem „Altiplano", ursprünglich Peru; s.a. Kommentar zu „ Pupila de águila".] v. 6 comprendimiento: Neubildung, „comprensión". „Cantores que reflexionan": refalosa [Erstpublikation RCA Victor CML2456, 1966; hier nach RCA Victor XXPL1-016, 1974: wie 1966, aber mit Begleitung von Saiteninstrumenten).] Die refalosa war in Zentralchile Tanz der Unabhängigkeitskriege, v. 31 treinta denarios: vgl. Matthäus 26,15. „AI centro de la injusticia": pericona, 1966. Vertonung von Isabel Parra (Lapeña de los Parra, 1971; mit Ángel Parra). „Mazúrquica modern i ca": mazurka, 1966. Die Mazurka wurde wie die Polka im 19. Jahrhundert als Modetanz von der Oberschicht nach Chile importiert. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelten beide Genera als veraltet. Populäre Verbreitung fanden sie über Drehorgeln. Violeta Parra hat mehrere Polkas für Gitarre geschrieben. Mit der „modernen Mazurka" verspottet sie eine anachronistische Oberschicht, -ico ist ein DiminutivsufFix. Gebräuchlicher sind -ito und -illo. Grundsätzlich werden Diminutivsuffixe in Lateinamerika sehr häufig verwendet, um ein Wort (Adjektiv, Partizip, Gerundium, Adverb neben Nomen) affektiv zu nuancieren. v. 5 piñufle, piñufla: Adjektiv (Chile, Argentinien) = „mezquino" (dürftig) (Morinigo). v. 8 guata: Chile, Peru, „barriga o panza" (Bauch) (Morinigo). v. 13 partidirista: Neubildung nach „partidarista" (= „partidista") (parteilich). v. 21 echar carbón: Chile, „reizen". v. 24 bataclánicos: von „la bataclana" (Chile), „Schlager-/Nachtclubstar". v. 31 paco: Schimpfwort für Polizist (Bulle).
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„Rin del angelito": rin danza, 1966 (Últimas composiciones). Der rin ist ein Tanz aus Südchile, genauer Chiloé. [Auch diese Form ist von Violeta wieder entdeckt worden. Vgl. González, Ohlsen, Rolle, S. 391-392.] „De cuerpo entero": cueca, 1966 (Ultimas
composiciones).
„Volver a los 17": sirilla-canción, 1966 (Ultimas composiciones). v. 32: „pureza original": Der spanische Text ersetzt das christliche „pecado original" (Erbsünde) durch „pureza original" (Erbreinheit). Die Ubersetzung versucht eine Nachbildung, die den Rhythmus erhält. „Pupila de águila": huayno, 1966 (Ultimas composiciones). Ursprünglich ist der huayno ein Liebeslied der Inkas. Heute als Gruppentanz vor allem in Bolivien, Peru und Nord-Argentinien bekannt. Titel und v. 30 águila: hat in Chile die Nebenbedeutung „petardista" (Gauner, Betrüger). [Das Lied wird häufig im Zusammenhang mit El gavilán erwähnt.] „Run-Run se fiie pa'l norte": rin huayno, 1966 (Ultimas composiciones). [Zur musikalischen Gestaltung s. González, Ohlsen, Rolle, S. 391-392. Die Musikwissenschaftler betonen erneut die Fusion von Elementen aus dem Norden (Annäherung an den „huayno") und dem Süden Chiles. Titel und v. 5 Run-Run: Phantasiename nach „runrún" = „bramadera" (Kinderschnarre); hier wohl auch lautmalerisch im Zusammenhang mit dem Rhythmus des „rin": „macht den unerbittlichen Lauf der Zeit und die Bewegung eines Zugs deutlich, der den Geliebten in eine ungewisse Zukunft bringt" (González, Ohlsen, Rolle, S. 392).] v. 27 el Tamarugal: pampa del Tamarugal (Teil der Salpeterwüste in Nordchile). v. 36 trajinar: Chile, „hurgar, registrar" (kramen) (Morinigo). „Maldigo del alto cielo": sirilla-canción, 1966 (Ultimas composiciones). v. 14-15 „la angosta / y larga faja": geläufiger Ausdruck fiir Chile, gemäß der Geographie des Landes. v. 18 „perfumoso": Neubildung, wohlriechend. w. 34-35 „solitaria figura de la bandera": der einzelne Stern in der chilenischen Flagge. v. 59 „predicando": Neubildung (Partizip zu Nomen).
Kommentar
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„Gracias a la vida": sirilla, 1966 (Últimas composiciones). „La lavandera": canción valseada, 1966. Text nach dem mir von Isabel Parra zur Verfugung gestellten Original. Ihre leicht abweichende, kürzere Vertonung enthält einen Kehrreim (auf: La peña de los Parra, vol. 1, 1969): Lunita, luna, / no me dejes de alumbrar, v. 3 estero: Chile, „riachuelo" (Bach) (Morínigo).
Comentario
"La jardinera": tonada, 1952 (Ángel Parra). [Primera grabación 1953, 78 RPM Odeón 89-952 (ver www.cancioneros.com/ca/4/0/cancionero-de-violeta-parra). La canción es el primer éxito de público, la grabación en disco puede ser una consecuencia de ello. Por eso no es improbable la fecha de composición que proporciona Ángel. La tonada — junto a la oficial cueca — es desde los años treinta el emblema del "folklore de masas" chileno, a diferencia de las canciones internacionales. A este ámbito pertenece la guaracha "El funicular". No obstante su éxito con el público, a la misma Violeta le hubiera gustado no tener que considerarla como una de sus composiciones originales (ver "Suplemento"). La típica "música chilena" confió en el "carácter lírico" de la tonada, en "su estructura flexible y sencilla y su arraigo en la cultura criolla nacional" (González, Ohlsen, Rolle, Historia social de la música popular en Chile, 1959-1970, pp. 322-323). "La jardinera", una tonada con estribillo, se habría transformado en "una de las clásicas del repertorio popular chileno" (p. 385). En 1959, Violeta dedica a este género uno de sus LP. La carátula es obra de Nemesio Antúnez, uno de los grandes pintores chilenos (reproducción en "cancioneros").] "La lechera": tonada, 1956 (Ángel Parra) [1954 Violeta Parra, Poesía, p. 25.] El texto (hasta ahora - 1978 - sin publicar) es una transcripción a partir de la memoria de Ángel Parra. La trama de fondo es en cierta medida autobiográfica ya que se basa en la muerte de "mama Rosa", la mujer de un "cantor popular" al que Violeta conocía muy bien, Isaías Angulo. [Don Isaías fue una de las fuentes importantes en que se nutrió Violeta para su colección de cantos populares campesinos (ver Violeta Parra, Cantos folklóricos chilenos, pp. 15-19). No es improbable que fuera él quien le proporcionara también la canción popular "La lechera". En tanto tal, está incorporada en "cancioneros". Ese texto es sin embargo solo parcialmente idéntico a aquel entregado por Ángel, quien en el intertanto lo ha publicado con dos variantes en Violeta se fue a los cielos (2006, pp. 86-87): v. 6 sin "y"; v. 11 "ordeñar" en vez de "amarrar". El canto popular que contempla estas variantes narra una historia
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algo más larga de la "valiente lechera" con una importante diferencia en el estribillo. En el canto popular dice: Inquilino y patrón dos cosas son. ¡Válgame Dios! Inquilino y patrón dos cosas son. En la versión de Violeta/Ángel, en cambio: Inquilino y patrón dos cosas son con distinción; inquilino y patrón, oro y terrón. Se trata, pues, de una evidente agudización. La diferencia entre inquilino y patrón se marca no solo de manera más contrastante (v. 3) sino también se establece como diferencia de ganancias: oro y terrón (v. 5). "La lechera" es para Isabel Parra (Miranda en Violeta Parra, Poesía, pp. 25-26), pero también para Ángel (Violeta se jue a los cielos, pp. 87 y 90) "una de las canciones políticas, escritas al calor de la verdad, del contacto con la realidad" (Violeta se fue a los cielos, p. 87). Cabe mencionar que Violeta, en una carta escrita en verso desde París a su hermano Nicanor en junio de 1963, recuerda un episodio similar: "¿Sabe alguien que la Rosita del fundo Juan Estay, / a los ochenta cumplidos está obligada a ordeñar / y en el barrial más inmundo debe la leche blanquear?" (Libro mayor, Santiago 2009, p. 154).] "Pinta" (v. 11) y "Clavela" (v. 12) son nombres de vacas, v. 13 manear: "amarrar las patas". "Arriba quemando el sol": trote, 1958 (Ángel Parra). Primera grabación 1962 {Elfolklore de Chile según Violeta Parra, 1962, EMI-Odeón LDI-503). Las estrofas cuarta y quinta (w. 22-35) son dejadas fuera en la versión Violeta Parra (Una chilena en París) — Recordando a Chile (así también en Clouzet — ver Bibliografía 3.4., p. 115-116). El texto coincide en Poésie populaire des Andes (ver Bibliografía 1.1., p. 150 ss., título "Estilo nortino"), Alcalde, Bibliografía 1.5, p. 121 ss.) y en Martínez Reverte (Bibliografía 1.6, p. 82 ss.),
Comentario
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con la grabación de 1962, salvo que en el último falta el verso 40 y en el texto de Alcalde, toda la estrofa 6 (w. 36-42). Ninguna coincidencia existe en relación al estribillo (w. 7, 14, etc.). "Y" aparece en la versión de 1962 en cada uno de estos versos, en las versiones impresas, aparece arbitrariamente. Yo las he unificado, siguiendo la versión de 1962. [Ver también "Suplemento".] v. 1 pampa: el desierto del norte de Chile. v. 3 chirigüe: pájaro bastante común, verde oscuro con alas negras y pecho amarillo (según Manns - Bibliografía 4.8., p. 180). v. 8 vide: forma arcaica para "vi" (I a persona singular del Indefinido de "ver"), usada comúnmente en el habla campesina. v. 22 pulpería: "Tienda donde se venden comestibles, vinos, licores y géneros de mercería, droguería y ferretería. Es voz que va siendo desusada" (Marcos Morínigo, Diccionario de Americanismos). La "pulpería" (un almacén) la administra un empresario por lo que los precios, con frecuencia aumentados indiscriminadamente, significaban más explotación. Una disposición legal preveía precios máximos para las mercancías de primera necesidad (w. 2425). Muchas veces en las minas se pagaba con fichas de pulpería y no con dinero, de tal manera que los mineros solo podían comprar en la pulpería de la mina. v. 45 Chuqui: abreviación para el centro minero de Chuquicamata. Santa Juana era, por el contrario, una localidad más bien desconocida en las cercanías de Vallenar (ver "Introducción", nota 88). "Yo canto la diferencia": canción (con elementos de tonada y de canto a lo poeta), 1960. [Primera grabación 1961 (Toda Violeta Parra — el folklore de Chile, vol VIII, Odeón LDC 36344). En Martínez Reverte (Bibliografía 1.6., pp. 84 ss.) y Manns (Bibliografía 4.8., p. 181 ss.) faltan w. 29-35 (estrofa 5) y w. 57 a 63 (estrofa 9). También en Ángel Parra (Violeta se fue a los cielos, pp. 119-121). En Poésiepopulaire des Andes (Bibliografía 1.1, pp. 154 ss.) y Alcalde (Bibliografía 1.5, p. 123 y ss.) faltan w. 8-14 (estrofa 2) y w. 29-35 (estrofa 5). Yo me atengo a la primera grabación. Para las indicaciones de género, me remito a González, Ohlsen, Rolle, Historia social de la música popularen Chile 1950-1970, p. 385.] v. 1 a la chillaneja: ver "Introducción II" y "Suplemento", v. 13 más galante: la canción se compone para el aniversario número 150 de la Independencia de Chile, cuya fecha oficial es el 18 de septiembre de 1810. Es el día en que se realizó el primer Cabildo Abierto. Ver también w. 56 y 78.
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v. 53 Chuqui: ver "Arriba quemando el sol", v. 45. v. 54 copihue: flor cuyo color rojo es parte de los colores nacionales chilenos: azul, blanco y rojo. v. 66 Luisa: una mujer del pueblo conocida de Violeta. También esta canción tiene un fondo autobiográfico, que Ángel cuenta en Violeta se fue a los cielos (pp. 118-119). v. 77 cueca: baile nacional chileno, supuestamente basado en el cortejo del gallo a la gallina. v. 82 al Parque: Parque Cousiño, gran parque público de Santiago donde, en el día de la Independencia y siguientes, tienen lugar la parada militar y otras celebraciones. "Porque los pobres no tienen": tonada, 1960? (Ángel Parra) [No hay datos de la fecha exacta de su composición. Se presume que Violeta grabó la canción en Buenos Aires a comienzos de 1962, pero que el disco fue prohibido (así lo afirma Fernando Sáez, La vida intranquila, pp. 122-123). Francisco Luque (Violeta Parra, "El disco ausente", www.cancioneros.com/.../violetaparra-el-disco-ausente-por-Francisco-Luque, 12-11-2009) demuestra que la misma Violeta nunca grabó la canción. Lo único seguro es que en 1962, entre otras actividades, Violeta actuó en Berlín (RDA) con Isabel y Ángel y que en esa ciudad se hicieron grabaciones. La primera grabación en disco que existe es la versión cantada de Isabel Parra en 1965 (Lieder der Vólker, n° 7, Südund mittelamerikanische Volksmusik, ETERNA 830 014). v. 6 le: según la regla gramatical correspondiente habría que esperar un "les". Sin embargo, es corriente en los pronombres dativos que se utilice el singular en vez del plural (ver Emilio M. Martínez Amador, Diccionario gramatical y de dudas del idioma, Barcelona s/f, pp. 1226-1227). w. 5-6 variante: "encontrar lo que a su hermano / en este mundo le quitan": Süd- und mittelamerikanische Volksmusik y Axel Hesse/Uwe Schreiber (ed.), Cancionero Violeta Parra, bilingüe, con posturas para guitarra, Berlin (RDA), Verlag Neue Musik 1977, pp. 49-50, y Ángel Parra, CD Violeta se fue a los cielos (anexo a Violeta se fue a los cielos). En este caso prefiero la versión de Alcalde, Manns y Reverte. Por un lado, en esta versión se le da al verbo "quitan" un sujeto concreto, "hermano", y el pronombre dativo (en plural) hace una lógica referencia a "pobres". Finalmente se da así un muy claro paralelo con la estrofa segunda (w. 12-13). El juego irónico acerca del "falso hermano" se vuelve más evidente.]
Comentario
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v. 7 zambita: de "la zamba" un baile que, como la cueca, originalmente expresa el cortejo amoroso. Hoy la zamba es muy popular en Argentina. Aquí es una exclamación vivaz. "Según el favor del viento": strilla, 1961 (Ángel Parra). [Primera grabación (cinta magnética) en 1962 en Buenos Aires, publicada como disco en 1987 (Violeta Parra: temas inéditos — homenaje documental (Mandioca MSD-016; citado según cancioneros.com). Tanto esta grabación como la de la antología Violeta Parra - Grabaciones originales en EMI-Odeón 1954-1966 (2012) (4 CD, EMI 9914975-78, aquí 9914978) son las más completas. Ambas se diferencian en la secuencia de las estrofas: la secuencia en la antología es, respecto de la de Buenos Aires: 1-4, 6-8-5-7-9. Yo sigo la versión accesible en ''cancioneros", con la excepción del v. 41 (ver ahí). Prefiero la versión "Buenos Aires" porque en ella parece justificarse la posición central de la quinta estrofa, con la repetición de "según el favor del viento". La sirilla es una forma musical que se apoya en la española seguidilla, se dio en Chiloé y fue redescubierta por Violeta durante su viaje de investigación por la isla en 1958. Luego se hizo popular en la zona central de Chile (ver González, Ohlsen, Rolle, pp. 339-340).] v. 3 ruca: choza de los aborígenes (araucanos/mapuches), v. 10 pellín (Chile): especie de haya. Ver v. 50. v. 12 Castro: ciudad de la isla de Chiloé en el sur de Chile. Junto a Ancud, en el norte de la isla, son los más grandes centros urbanos. v. 41 variante: "ya está su cabo de vela". v. 46 chilo te: habitante de Chiloé. Ver v. 73. v. 48 tamango: "calzado rústico de cuero" (Morínigo). v. 49 milcao: mezcla de papa cocida y papa cruda, típica de Chiloé (sobre la papa, ver "Al centro de la injusticia", w. 13-14). "La carta": canción, 1962. [Primera grabación 1963 (primera publicación: Canciones reencontradas en París, 1971, DICAP DCP 22, accesibles en perrerac.org/ chile/violeta-parra-canciones-reencontradas-en-Paris). v. 8 variante: "de haber prendido a Roberto" (Reverte, Manns). Puede tratarse de una "corrección" del original poco claro. Roberto: hermano menor de Violeta (en total, eran nueve hermanos y dos medio hermanos, ver Libro mayor, Santiago, p. 33). Roberto (1921-1995) se volvió conocido como autor y cantautor de las Décimas de la negra Ester. w. 35-36 "león": alusión a Arturo Alessandri y su hijo Jorge. Arturo Alessandri, presidente de Chile de 1920 a 1926 (con una interrupción en 1924) y de
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1932 a 1938. Comenzó como liberal y se fue transformando en un político estrictamente conservador. Fue responsable de masacres en los años 1925 y 1934, en las que cientos de personas perdieron la vida. Por estos hechos sangrientos fue apodado "el león". También su hijo Jorge, presidente de 1958 a 1964, fue responsable de varios incidentes de violencia. La canción alude a una sangrienta represión en la población santiaguina José María Caro, que tuvo lugar en noviembre de 1962. w. 39 y 41 variante: "siete", por ejemplo Hesse/Schreiber, Cancionero Violeta Parra, p. 48. También Osvaldo Rodríguez cita este número, "siete", cuando se refiere a la versión del grupo Quilapayún (Cantores que reflexionan, p. 48). El número "nueve" significa que Violeta se incluye en el grupo de los hermanos. v. 41 variantes: "los nueve son izquierdistas" (Violeta, Antología, CD 3, n° 12, título "He recibido carta"; toda la canción con otro arreglo musical, distinto de Canciones reencontradas en París; "todos revolucionarios", Quilapayún). Osvaldo Rodríguez señala que no todos los hermanos de Violeta eran comunistas o revolucionarios (ver arriba, p. 48). En el Cancionero — Virtud de los elementos, Violeta Parra (Fundación Violeta Parra - Alerce Producciones, Santiago 1993, p. 47) se encuentra una ilustración autográfica de las últimas cuatro líneas en las que inequívocamente se habla de "nueve" y "comunistas".] "Me gustan los estudiantes": estilo parabién, 1962 (Ángel Parra). Primera publicación Angel Parra y su guitarra, 1965 Demon LPD-07. No se conoce una grabación de Violeta. Parabienes: "forma del 'esquinazo' o saludo en fiestas y ceremonias campesinas" (Cancionero — Virtud de los elementos, Violeta Parra, 1993, p. 175). v. 5 le: ver "Porque los pobres no tienen", v. 6. v. 45 carrito: alusión a los primeros satélites (ver "Ayúdame, Valentina"). "Un río de sangre": canción, 1962. Primera grabación (cinta magnética) 1963. Primera publicación en Canciones reencontradas 1971. La plataforma virtual "cancioneros" ofrece un autógrafo que contiene variantes importantes respecto del contenido, v. 6 variante: "capital" (!). v. 8 "cinco emblemas": escudo/bandera = países que se representan a través de los personajes mencionados. Ver "Yo canto la diferencia", v. 21. v. 13 Federico García: Federico García Lorca (1898-1936). El poeta español fue asesinado por los fascistas al inicio de la Guerra Civil.
Comentario
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v. 28 variante: "al jefe Lumumba" (!). La variante evita un matiz que podría sonar racista. Patrice Lumumba (1925-1961) fue asesinado en Katanga durante los combates relacionados con la independencia del Congo. Lumumba se transformó en un emblema de la lucha contra el colonialismo e imperialismo. En 1963 Paul Dessau compuso su "Réquiem para Patrice Lumumba". v. 36 Zapata: Emiliano Zapata (1889-1919). Durante la Revolución Mexicana, uno de los defensores más convencidos de la necesidad de una nueva distribución de las tierras. Asesinado cuando la revolución se "institucionalizó", v. 43 Vicente Peñaloza: Ángel Vicente Peñaloza (1798-1863), "el Chacho", caudillo argentino; luchó contra el dictador Rosas, fue asesinado supuestamente por un traidor al que recién le había salvado la vida, v. 47 variante: "desgarren" (también en Parra, Poesía, p. 126). Se debe probablemente a un error ya que el sujeto del verbo es "viento" y no "banderas", v. 50 Rodríguez y Recabarren: Manuel Rodríguez (1786-1818), organizó en 1816-1817 una guerrilla contra los españoles. Fue asesinado en 1818a causa de rivalidades políticas. Según Encina (ver "Introducción", nota 5, tomo 1, pp. 673-674), fue figura emblemática de las luchas de independencia. Luis Emilio Recabarren (nacido 1876, suicidio en 1924), figura fundacional del comunismo en Chile. "Santiago, penando estás": canción, 1962. [Primera grabación 1963 (cinta magnética), primera publicación en Canciones reencontradas (1971). El ritmo de la canción está inspirado en la rogativa mapuche llamada loncomeo, pero también evoca los pregones callejeros del Santiago antiguo.] v. 23 Calicanto: en realidad cal y canto (cal y piedra). Nombre de un puente sobre el Mapocho — construido precisamente en ese material — cuya obra fue iniciada en 1782 por presos en trabajo forzado, bajo la vigilancia del severo corregidor (jefe de policía) Luis Manuel Zañartu. El puente estuvo en pie hasta finales del siglo xix y, según Encina, fue un centro de la vida urbana (tomo 1, p. 298 y ss. y p. 430). v. 24 presidente: hasta la Independencia fue denominación para los gobernadores españoles ya que estos eran también presidentes de la Audiencia Real de la provincia de Chile. No pude encontrar a una persona concreta. Pero la anécdota concuerda con la imagen - demasiado idílica — de fines del siglo xvm, que también se encuentra en Encina (tomo 1, p. 418). "Arauco tiene una pena": estilo parabién, 1962. [Primera publicación en Argentina: El folklore de Chile según Violeta Parra, 1962, Odeón LDI 503.
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"Cancioneros" ofrece una supuesta primera versión (según el LP Elfolklore y la pasión., 1994). Esta versión invierte las estrofas sexta y séptima (w. 36-42 y w. 43-49, respectivamente). Además, la sexta estrofa reemplaza los w. 36 y 37 con "Desde ese tiempo han pasado / las lunas en cantidad". La nueva estrofa 8 dice: Ya no florece el mañío, / ya no da fruto el piñón, / se va a secar la araucaria, / ya no perfuma el cedrón, / porque al mapuche le clavan / el centro del corazón. / ¡Levántate, Curimón!". Miranda, Loncon y Ramay privilegian esta versión por la palabra "mapuche" en el penúltimo verso que les sirve, en el contexto de árboles y arbustos del sur de Chile, para deducir una visión indígena del mundo (p. 74). Yo sigo la versión de 1962. La canción también se conoce con el título "Levántate, Huenchullán".] v. 1 Arauco: nombre de los araucanos (mapuches), pueblo aborigen de Chile. Ellos opusieron resistencia a la integración hasta la segunda mitad del siglo xix, ya que a ellos solo les significaba pérdida de tierras y de independencia. También una de las provincias chilenas se llama Arauco (capital Lebu). v. 7 Huenchullán (v. 14 Curimón, etc.): se trata de nombres araucanos (mapuches). No puedo precisar si se trató de caudillos que se destacaron en la lucha contra los españoles, como se establece en Poésie populaire des Andes (Bibliografía 1.1), Martínez Reverte (Bibliografía 1.6.) y Manns (Bibliografía 4.8). Ellos no pertenecen a los nombres conocidos de la historia. [Acaso se podría reclamar un derecho así para Huenchullán, Quilapán y, por razones distintas, para Curimón y Manquilef (ver mis suposiciones respecto de los versos correspondientes). Lo seguro es que se trata de nombres de familias que todavía hoy son corrientes en los territorios tradicionales de los mapuches. Este hecho da a la canción un sentido muy preciso que no tendrían las invocaciones rituales a los muertos: un llamado a la resistencia para los vivos.] La etimología de los nombres no trajo datos que arrojaran luces para la interpretación (por ejemplo, v. 14 Curimón = "terreno productivo en ortigas", v. 35 Quilapán = "tres leones, nombre del cacique dueño", según P. Ernesto Wilhelm de Moesbach, Voz de Arauco — Explicación de los nombres indígenas de Chile, 2 a ed., s/f, bajo los términos correspondientes, v. 7 Huenchullán: [compañero de lucha del mestizo Alejandro de Vivar, "Nancu" (o "Namcu") contra los españoles en la segunda mitad del siglo xvii. Debo esta información a Paula Miranda y Allison Ramay, que tuvieron la amabilidad de facilitarme por vía electrónica su libro, redactado con Elisa Loncon, Violeta Parra en el Wallmapu (Santiago: Pehuén, 2017). Aquí me refiero a las pp. 73-74.] v. 8 variante: "un día llega de lejos".
Comentario
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v. 9 huescufe: para los mapuches, espíritu del mal. Ver la siguiente definición de Tomás Guevara, Psicolojía del pueblo araucano, Santiago 1908, p. 300: "espíritus inferiores, intensamente maléficos, que se llaman huecuve en el norte y huecufe en el sur" (variaciones gráficas son frecuentes), v. 14 Curimón: [Nombre de un importante lugar estratégico en el valle del Aconcagua, pues allí era posible cruzar el río. Los incas lo habían utilizado ya para el mismo fin, antes de los españoles. También durante las guerras de Independencia Curimón fue un punto importante entre los frentes realistas y liberales. Por consiguiente, los versos 10 a 13 podrían aludir a la búsqueda de oro tanto de incas como de españoles.] v. 21 Manquilef: [Manuel Manquilef fue un mapuche que, a comienzos del siglo xx, investigó como etnólogo el mundo de los indígenas en el sur de Chile. En 1912/1914 aparecieron sus Comentarios del pueblo araucano. Durante los años treinta fue diputado parlamentario. Ver también Miranda, Loncon, Ramay, p. 24.] v. 22 Lautaro (v. 24 Galvarino, v. 48 Caupolicán): jefe del ejército de los mapuches durante las primeras guerras con los españoles (siglo xvi). Lautaro derrotó en 1552 a los españoles al mando de Valdivia; cayó en 1557 bajo traición. Su seguidor Caupolicán fue tomado prisionero en 1558 y empalado. Galvarino se destacó por su estoicismo frente a la crueldad de los españoles en 1557. Los tres deben su fama de alguna manera al poema épico La Araucana de Alonso de Ercilla y Zúñiga, publicado entre 1569 y 1589. Un llamado a la acción sería imaginable si las estatuas históricas se pensaran como ejemplos vivos para el presente, v. 27 kultrún: tambor (mapuche). v. 29 mil cuatrocientos: debe ser comprendido no como una fecha exacta, sino como referencia al siglo xv en que se enraizó el dominio extranjero sobre el pueblo mapuche (invasión inca alrededor de 1460, española, circa 1535). v. 31 ruca: ver "Según el favor del viento", v. 3. v. 37 chamal: también "chamall", prenda de vestir de varón ("un paño cuadrado que cubría el cuerpo del hombre de la cintura a los pies" (ver Moesbach, comentario al v. 7, bajo el término correspondiente), v. 42 Quilapán: [José Santos Quilapán fue el último de los combatientes mapuches que tuvo éxito contra los - ahora republicanos — invasores. Por el lado argentino del territorio reclamado por los mapuches, logró una victoria en Quechereguas contra las tropas gubernamentales en 1868. La notoriedad de su nombre puede deberse también a Baldomero Lillo (1867-1923), quien publicara en la colección Subsole la novela corta "Quilapán" en 1907. En ella
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se narra la resistencia de Quilapán, un pequeño campesino, contra la forzosa expropiación impuesta por un gran terrateniente. Para Miranda, la familia Quilapan (sie) forma parte del círculo de sus informantes (pp. 23-25).] "Ayúdame, Valentina": canción, 1963. [Primera grabación 1963; primera publicación 1971 (Violeta Parra — Canciones reencontradas en París, DICAP DCP 22; la edición que yo utilizo se titula Santiago, penando estás, DICAP /Pläne P 12 DF 45. Pläne era una productora establecida en la RFA (Dortmund) pero financiada por la RDA. La canción también se conoce con el título "¿Qué vamos a hacer?".] Título: Alusión a la primera cosmonauta, Valentina Tereshkova (junio 1963). w. 31-34: juego con dos parábolas bíblicas (Mateo, 13,24 y 20,1). "¿Qué dirá el Santo Padre?": canción/sirilla, 1963. [Primera publicación 1965 (Recordando a Chile — Canciones de Violeta Parra, EMI-Odeón LDC36533; disponible en Antología Violeta Parra (CD 4, n° 19). La versión de Un río desangre (1974, Arion ARN 34222) no incluye la cuarta estrofa. Sigo la versión de Recordando a Chile (salvo en el v. 12). Sobre la canción, ver también "Suplemento".] v. 6 variante: "nos llueven bala.s" (Un río de sangre). v. 12 variante: "el sexto mandamiento" {Un río de sangré). Se trata de un evidente lapsus ya que se alude al "no matarás" del quinto mandamiento, v. 15 variante: "Lindo segar el trigo en el sembra'o" (Un río de sangre). v. 16 Julián Grimau: comunista español, condenado a muerte y ejecutado en 1963 a pesar de masivas protestas, después de haber sido torturado y de haber sobrevivido a una "caída por una ventana", que nunca fue bien aclarada. En Martínez Reverte falta el nombre pues su antología se publicó en 1976, todavía bajo la dictadura de Franco (Bibliografía 1.6., p. 98). "En los jardines humanos": triste y huayno (según "cancioneros"). [Primera grabación 1963; primera publicación 1971 (Canciones reencontradas en París, aquí siguiendo Santiago, penando estás, Pläne 1975). Baile del altiplano, originario del Perú; ver también comentario a "Pupila de águila".] v. 6 comprendimiento: variante de "comprensión".
Comentario
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"Cantores que reflexionan": refalosa [RCA Víctor CML-2456, 1966; aquí según RCA Victor XXPL 1-016, 1974: como 1966, pero con acompañamiento de instrumentos de cuerda.] En el Chile Central, la refalosa fue el baile de las guerras de Independencia, v. 31 treinta denarios: ver Mateo 26,15. "Al centro de la injusticia": pericona, 1966. Musicalización de Isabel Parra {Lapeña de los Parra, 1971, con Ángel Parra). "Mazúrquica modérnica": mazurca, 1966. La mazurca, como la polca, fue un baile en boga importado por las clases altas chilenas en el siglo xix. A comienzos del siglo xx ambos géneros eran considerados pasados de moda, sin embargo perduraron en versiones populares tocadas en organillo. Violeta Parra escribió varias polcas para guitarra. Con la "mazurca moderna" ella se burla de una clase alta anacrónica, -ico es un sufijo para diminutivo. Más corrientes son -ito e -illo. En términos generales, en Latinoamérica se usan con frecuencia los diminutivos para darle un matiz afectivo a una palabra (adjetivos, participios, gerundios, sustantivos o adverbios). v. 5 piñufle, piñufla: adjetivo (Chile, Argentina) = "mezquino" (Morínigo). v. 8 guata: Chile, Perú, "barriga o panza" (Morínigo). v. 13 partidirista: variante de "partidarista" (= "partidista"), v. 21 echar carbón: Chile, "avivar". v. 24 bataclánicos: de "la bataclana" (Chile) "cantante, estrella de nightclubs". v. 31 paco: palabra irrespetuosa para carabinero. "Rin del angelito": rin danza, 1966 {Ultimas composiciones). El rin es una danza del sur de Chile, específicamente de Chiloé. [En tanto forma musical también fue redescubierta por Violeta. Ver González, Ohlsen, Rolle, pp. 391-392.] "De cuerpo entero": cueca, 1966 {Ultimas
composiciones).
"Volver a los 17": sirilla-canción, 1966 {Ultimas composiciones). v. 32 pureza original: el texto alude a la fórmula "pecado original".
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"Pupila de águila": huayno, 1966 {Últimas composiciones). Originalmente fue una canción de amor inca. Hoy es una danza grupal conocida sobre todo en Bolivia, Perú y el norte de Argentina. Título y v. 30 águila: en Chile tiene un segundo significado de "petardista" (tramposo). [La canción se menciona con frecuencia junto con El gavilán] "Run-Run se fue pa'l norte": rin huayno, 1966 (Ultimas composiciones). [Para arreglos musicales, ver González, Ohlsen, Rolle, pp. 391-392. Los musicólogos subrayan una vez más la fusión de elementos nortinos (cercanos al huayno) con elementos del sur de Chile. Título y v. 5 Run-Run: nombre de fantasía, según "runrún" = "bramadera" (juguete infantil), aquí también como onomatopeya en relación con el ritmo del "rin": "evoca el inexorable paso del tiempo y el movimiento de un tren que llevará al amante a un destino incierto" (González, Ohlsen, Rolle, p. 392).] v. 27 el Tamarugal: pampa del Tamarugal, zona del norte de Chile, v. 36 trajinar: Chile, "hurgar, registrar" (Morínigo). "Maldigo del alto cielo": sirilla-canción, 1966 (Ultimas composiciones). v. 14-15 "la angosta / y larga faja": una fórmula de uso frecuente para Chile debido a su geografía, v. 18 "perfumoso": neologismo. w. 34-35 "solitaria figura de la bandera": la única estrella de la bandera chilena. v. 59 "predicando": neologismo (participio hecho sustantivo). "Gracias a la vida": sirilla, 1966 (Ultimas
composiciones).
"La lavandera": canción valseada, 1966. Texto según original que me facilitó Isabel Parra. Su musicalización, levemente discrepante y algo más breve, contiene un estribillo {La peña de los Parra, vol. 1, 1969): Lunita, luna, / no me dejes de alumbrar, v. 3 estero: Chile, "riachuelo" (Morínigo).
Der „Guitarrón" reist von Barrancas nach Warschau und Paris (Botschaft Chiles 1954) El guitarrón viaja desde Barrancas a Varsovia y París (Embajada de Chile 1954) © Fundación Violeta Parra
Primera Feria de Artes Plásticas, Parque Forestal 1960 Im Hintergrund „Die kahle Sängerin" En el fondo, "La cantante calva" © Horacio D ' O t t o n e
Gilbert Favre - Violeta Parra: Quena und Gitarra (Genf 1962) Gilbert Favre - Violeta Parra: Quena y Guitarra (Ginebra 1962) © Fundación Violeta Parra
Louvre, Pavillon de Marsan 1964 © Fundación Violeta Parra
Supplement
Unser Wissen um und unser Verständnis von Violeta Parra ist in den vergangenen 40 Jahren ständig gewachsen. Während dieser Zeit haben sich auch die Perspektiven der Wahrnehmung ihres Werks geändert, nicht immer durch die erwähnten Fortschritte im Wissen, sondern wieder und wieder aufgrund der veränderten, im weitesten Sinn gesellschaftlichen Bedingungen. Im Vorwort zu dieser neuen Auflage habe ich auf die Färbung meines eigenen Textes hingewiesen, der ursprünglich nur wenige Jahre nach dem Sturz Allendes geschrieben wurde. Die Anlage des Gesamtwerks von Violeta Parra legt diese Zusammenfiihrung von Gesellschaft und Kultur (Dichtung, Musik, Malerei) allerdings nahe. Beide Entwicklungen - die der Faktenlage und die der Deutungsschwerpunkte - möchte ich hier im Versuch eines Uberblicks darstellen. Berücksichtigen werde ich dabei die folgenden Punkte: 1. 2. 3. 4. 5.
Quellen und Uberlieferung Biographie Kontexte und Werkdeutung: das Beispiel „Arriba quemando el sol" Kontexte und Werkdeutung: Politik und Religion Violeta im Feld der Musik
1. Quellen und Überlieferung Bis zur Eröffnung des Museums der Fundación Violeta Parra im November 2014 waren die Werke Violetas an keinem Ort gesammelt zugänglich. Die Ermittlung von ihren Liedern war ebenso wie die verläßlicher Daten zum einen von der Gründlichkeit der Suche nach Platten, Tonbändern und Dokumenten — etwa in Zeitungen — abhängig. Zum anderen war die Möglichkeit einer Unterstützung von Isabel und Angel von unschätzbarem Wert. Keine der bisher vorliegenden Veröffentlichungen zum Werk und seiner
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
D e u t u n g hat auf diese Zusammenarbeit mit den beiden Alleinverwaltern des Erbes ihrer Mutter verzichten können. D i e Entwicklung der computergestützten Information hat unsere Z u griifsmöglichkeiten inzwischen umfaßend erweitert. In Bezug a u f ihre Lieddichtung ist das Webarchiv
www.cancioneros.com/ca/4/0/cancionero-de-
violeta-parra von aller größtem Wert, da es verschiedenste Q u e l l e n sorgfältig wiedergibt u n d auswertet. M i r ist die Equipe, die hinter dieser aufwendigen Arbeit steckt nicht bekannt. Lucy O p o r t o weist a u f den Schweden H a n n e s Salo als Direktor des Diario digital de música de autor, Chile hin, so der offizielle N a m e der Website {Eldiablo
en la música, S. 4 5 1 , Fn. 4 9 0 ) . Eine weitere
Q u e l l e n s a m m l u n g zu Violeta ist der von Marisol García zusammengetragene B a n d Violeta Parra en sus palabras
— Entrevistas (1954-1967). Z u nennen ist auch die Veröffentlichung von Liedtexten in M a p u c h e , die Violeta gesammelt hat (Paula Miranda, Elisa Loncon, Allison Ramay, Violeta Parra en el Wallmapu, 2 0 1 7 ) u n d die ein helleres Licht a u f die Arbeit Violetas im mittleren Südchile wirft. Wenn es gelänge, alle diese Anstrengungen in die vollständige Katalogisierung der Schätze der Fundación Violeta Parra einzubinden - Kisten voller unveröffentlichter Briefe u n d Gedichte (Alcalde, S . 32; Montealegre, S. 7 5 ) ; eine „Historia de Chile en versos" (Montealegre, S. 96) - bestünde eine hervorragende Möglichkeit, verläßliche Grundlagen für alle weiteren, notwendigen Arbeiten aufzubauen. D i e erste Aufgabe in diesem Z u s a m m e n h a n g m u ß meiner M e i n u n g nach die Erstellung einer so weit wie möglich kritischen Gesamtausgabe ihrer Lieddichtung sein. Bisher liegen gedruckt nur Teilsammlungen vor, zuletzt die von Paula M i r a n d a ( Poesía , 2 0 1 6 ) . Bereits in ihrer Studie La poesía de Violeta Parra ( 2 0 1 3 ) stellt Miranda fest, daß es keine „kritische Anthologie ihre Lieder" gebe (S. 64). Ihre eigene Anthologie möchte zwar eine A n o r d n u n g der Texte bieten, die d e m Leser einen „sinnvollen W e g " (S. 35) eröffnen soll. Ich habe leider einen derartigen Weg nicht erkennen können. Weder chronologisch noch thematisch gibt es einen Leitfaden. D i e Zusammenstellung der beiden programmatischen Lieder a m Beginn, „Yo canto la diferencia" u n d „Cantores que reflexionan", entspricht einer thematischen Logik, die aber nicht durchgehalten wird. Möglichkeiten wären z.B. „Persönliches" vs. „Gesellschaftliches", „Trauer" vs. „Freude". Eine derartige Aufspaltung wäre im Hinblick auf die Einheit des Gesamtwerks sicher problematisch (s. „Einleitung III"). Aber das Durcheinander der Lieder — abgesehen von einer fragwürdigen Konzentration der „politischen" Lieder in der zweiten Hälfte der Anthologie - ist keine L ö s u n g des Darstellungsproblems.
Supplement
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Auch die Kriterien der Auswahl sind unklar. Warum etwa werden „La lechera" und „Porque los pobres no tienen" nicht berücksichtigt, obwohl sie als erstes „sozialkritisches" Lied bzw. als heftig kirchenkritisches Lied von Bedeutung sind? Das Argument, es lägen keine Liedaufnahmen vor (S. 25), kann in einer Anthologie, die den Akzent auf Violeta Parras Lieder als Gedichte „hoher literarischer Qualität" (S. 35) legt, sicher nicht gelten. Oder sollten die beiden erwähnten Lieder diesem Kriterium nicht entsprechen? Bei der hier eingeforderten Ausgabe kann es wohl nicht um die Festlegung einer einzig gültigen „Ausgabe letzter Hand" nach literaturwissenschaftlichem Vorbild gehen. Die mit wiederholtem musikalischem Vortrag verbundene Dichtform schließt die Möglichkeit spontaner Abweichungen ein. Die Umstellung von Strophen oder auch deren Auslaßung oder Erweiterung ist eines der häufigsten Phänomene, wie z.B. in „Yo canto la diferencia" oder in „¿Qué dirá el Santo Padre?". Dabei käme es nun weniger darauf an, die „richtige", „gültige" Fassung zu erarbeiten, sondern die Aufmerksamkeit vielmehr auf die Daten und Umstände des Vortrags zu lenken (öffentlich, im Studio, unter besonderen — etwa auf Zensur oder sogar Selbstzensur bezogenen — Umständen). Osvaldo Rodríguez gibt in Cantores que reflexionan ein entsprechendes, hier wegen seiner nur vagen Situierung und seiner vielleicht etwas verharmlosenden Diktion mit aller Vorsicht angeführtes Beispiel. Violeta sei nicht nur eine anklagende „Berichterstatterin" nach dem Muster der „lira popular" gewesen (vgl. „Einleitung I"), sondern sie hätte sich auch „taktisch" verhalten können. So habe sie während eines Konzerts in Valparaiso „La carta" vorgetragen, und da sie bemerkt habe, daß ein enger Verwandter der beiden ehemaligen Präsidenten Alessandri anwesend war, habe sie die kritischen w. 31-36 ausgelassen (s. S. 164 in dieser Anthologie): [...] sie konnte auch taktisch sein. Eines abends wurde in der Peña von Valparaiso bekannt, daß im Publikum der Senator Fernando Alessandri saß, der Bruder von Jorge Alessandri und Sohn von Arturo Alessandri, beide ehemalige Präsidenten der Republik. Violeta sang „La carta", eines ihrer eigenen Lieder, das sie wie bekannt nach dem Massaker in der Siedlung José María Caro in Santiago aus Europa schrieb. Eine der Strophen ist dem Präsidenten und seinem Vater gewidmet, den man den „Löwen von Tarapacá" nannte. An diesem Abend ließ Violeta die Strophe aus. Warum? Vielleicht, weil sie an unsere und ihre eigenen Schwierigkeiten mit der Obrigkeit dachte? Vielleicht wegen der Neigung zur Versöhnung, die wir Chilenen wohl verinnerlicht haben? (S. 4 7 )
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Derartige Anekdoten können sicher das Bild — und Selbstbild — von Violeta als einer unbeirrbaren, unerbittlichen Anklägerin von Herrschaft nuancieren (vgl. etwa auch ihre Haltung gegenüber staatlichen Instanzen und deren Stilisierung, „Einleitung II"). U m s o wichtiger wäre es, mehr zu erfahren. U n d sicher nicht, u m einen ersten Stein auf eine Frau zu werfen, die jeden Tag um ihren Lebensunterhalt zu kämpfen hatte und dennoch die fast unvorstellbare Energie besaß, der Nachwelt ein unvergleichliches und zugleich universales Werk zu schenken. Der Zusammenhang beider Bereiche — Kunst und Lebensunterhalt — wird z.B. in einem Brief an ihren Freund und Förderer in der argentinischen Stadt General Picó, Joaquín Blaya, v o m 19. Juni 1964 deutlich: Im übrigen hat Herr [Anatole] jacovsky, der das Dictionnaire des peintres naïfs du monde entier redigiert, meinen Namen in das genannte Lexikon aufgenommen. Als ich ihn zuhause besuchte, wußte nur ich, was meine Arbeiten bedeuten. In Chile, trotz Ausstellung, sagte man mir nichts, Sie wissen ja, wie die Chilenen sind. Hier jedoch: Erfolg bei der Kritik, beim Publikum, beim Verkauf [...]. Alle waren von der kleinen Chilenin bezaubert. Jeden Tag steigt der Wert meiner Bilder. [...] Selbstverständlich reicht die Kunst nicht zum Leben; die Kunst wirft erst dann wirklich Frucht ab, wenn den Kadaver des Künstlers die Würmer fressen. Na gut, um mein Leben zu bestreiten, steht immer meine Gitarre bereit. {Libro mayor, S. 184-185) 1 Ein weiteres Desiderat wäre eine neue, sorgfaltig durchgesehene Auflage des Libro mayor. Wünschenswert ist eine genauere Chronologie der Lebensstationen Violetas und der Entstehungsdaten der Lieder - eine Aufgabe, die eine verlässliche Biographie voraussetzt (s. unten). Aber auch nicht ganz
1
El Libro mayor de Violeta Parra liegt in zwei A u s g a b e n vor: M a d r i d 1 9 8 5 (Ediciones
M i c h a y ) u n d S a n t i a g o 2 0 0 9 (Editorial C u a r t o Propio). W e n n nicht anders a n g e g e b e n , zitiere ich die A u s g a b e Santiago. D a s von Violeta erwähnte Lexikon ist 1 9 7 6 in Basel erschienen. D e r ganzseitige E i n t r a g zu Violeta lautet: „Sängerin, bekannte Interpretin v o n Volksliedern, Keramikerin, W a n d t e p p i c h w e b e r i n . Diese sehr b e g a b t e Künstlerin malte in ihren M u ß e s t u n d e n auch naive Bilder, die ebenfalls die verschiedenen Aspekte der Folklore ihres L a n d e s darstellen. Schlichte, dunkle, sozusagen magische Malerei" (S. 4 5 3 ) . D e r Artikel ist m i t einer schwarz-weiß P h o t o g r a p h i e von „Fiesta en casa de V i o l e t a " illustriert ( 1 9 6 4 ; F a r b p h o t o in Violeta Parra - Obra Visual, S. 101). D e r R a h m e n „magischer R e a l i s m u s " paßt zu der stereotypen W a h r n e h m u n g Lateinamerikas in d e n 60er Jahren.
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seltene Ungenauigkeiten bei der Wiedergabe der Texte sollten korrigiert werden. Ich weise hier nur auf zwei Beispiele hin. Auf den Seiten 166-169 findet sich die Wiedergabe eines Briefs vom 4. Juni 1963 an José María Palacios, den Begründer des erfolgreichen Radioprogramms Aún tenemos música, chilenos und ebenfalls Förderer Violetas. Die erste und die letzte Seite dieses Briefes werden als Faksimile abgebildet. In einem auf Seite 168 transkribiert abgedruckten Teil „Noticias nuevas" („Neuigkeiten"), der ihre Arbeit im „museo de etnografía" in Genf betrifft, freut sie sich darüber, daß die „cantores", denen sie ihre Liedsammlung verdankt, nun Eingang in die Nachwelt erhielten. Es folgt eine Liste der „cantores a lo divino" wie „don Isaías Angulo" oder „don Gabriel Soto". Im direkten Anschluß nach einem Punkt folgen die Namen „Doña María Painén Cotaro, doña Quinileo, don Juan Quilapán". Genau diese Passage entdecke ich als Faksimile desselben Briefs in Mentira todo lo cierto — Tras la huella de Violeta Parra von Carmen Oviedo (1990, S. 85). Dort lese ich: „Doña María Painen Cotaro doña Adela Quinileo, don Juan Quilapan como cantores araucanos". Als Unterscheidungskriterium zu den „cantores a lo divino" ist dieser Zusatz von Wichtigkeit. Warum also die Auslassung? (Zur Quellenlage vgl. auch „Einleitung", Fn. 2.). In demselben Brief an Palacios versichert sie ihm ihre Freundschaft als Bruder trotz aller Streitereien um Folklore und Politik: „Lo que yo quiero decirte, que por mucho que hayamos peleado por motivos del folklore o político, tu sigues siendo un hermano, una flor del gran jardín chileno, que recuerdo y que estimo" (Libro mayor, Faksimile S. 166). Sie beschreibt dann, wie schwer es ihr fällt, all die Namen von Menschen zu würdigen, deren Namen ihr im Kopf herum schwirren. Und dann heißt es unvermittelt: So also, katholischer Freund, ist Deine arme kommunistische Schwester. Und don Vicente Salas, der alle meine Klagen aufnahm und mir half, in den Süden zu reisen und direkt in das Elend und die Traurigkeit [der?] chilenischen Holzfäller einzutauchen. Und Alfredo Lieux, der mich immer in seine improvisierte Straßenmusik einbezog. Und Radio Chilena, als es mich ein Jahr singen ließ, und Gonzalo Rojas mit seinen großartigen Schriftstellertreffen in Concepción. Der mich mitnahm, wann immer er konnte. Chilenische Beamte, trinkt Euren Tee, Johannes XXIII, Deinen Tod beweine ich. (S. 167)
Was mich hier an diesem Briefausschnitt interessiert, ist nicht die scheinbar zufällige und doch so bedeutungsvolle Aufzählung von Umständen oder
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Personen, die Violetas Leben bestimmen; auch nicht die unmittelbare Aktualität des Todes von Papst Johannes XXIII am 3. Juni 1963. Vielmehr geht es mir im Kontext meiner textkritischen Überlegungen um ein einziges Wort, nämlich „chilenos" („chilenischen"). Es macht nicht viel Sinn, in der Rede von einer Forschungsreise nach Südchile zu unterstreichen, daß es sich um chilenische Holzfäller handelt. Könnte es also sein, daß Violeta „chilotes" schrieb und daß - zusammen mit der Auslassung der Präposition „de" — eher eine Unaufmerksamkeit der Kopisten als eine Violetas vorliegt? Die Thematik von „Según el favor del viento" klingt deutlich an („Según el favor del viento / va navegando el leñero"), und auch das „llorando estoy" („ich beweine") erinnert an die in diesem Lied wiederkehrende Formel (vgl. S. 156). Es gibt also einigen Anlaß dafür, das - ich wiederhole - unentbehrliche Libro mayor noch einmal zu überarbeiten und zu vervollständigen. Die hier angeführten Zitate weisen auf ein weiteres Desiderat hin: die Zusammenstellung eines Namensindexes, der es erleichtern würde, das kulturelle Feld, das Violeta im Laufe ihres Lebens beackert, leichter abzustecken. Dieses Leben ist trotz der vorliegenden Arbeiten alles andere als erschlossen.
2. Biographie Zum Zeitpunkt meines eigenen Versuchs von 1977/1978 lagen mir die Biographien von Alcalde (1974), Reverte (1976), Subercaseaux/Londoño (1976) und Manns (1977/1978) vor, die alle im Ausland erschienen (Buenos Aires, Madrid und Paris/Madrid). Zudem konnte ich mit der Hilfe von Angel Parra rechnen. Mit Ausnahme der chronologisch angelegten, ausschließlich auf Aussagen über Violeta beruhenden Biographie von Subercaseaux und Londofio, handelt es sich um Mischformen aus Biographie und Anthologie mit dem Ziel, Leben und Werk einem Spanisch sprechenden und internationalen, vor allem europäischen Publikum zugänglich zu machen. Die Darstellungen, die im Kontext des Staatsstreichs von 1973, seiner brutalen Folgen unter Pinochet und des andauernden Kalten Kriegs entstehen, sehen aus „linken" Perspektiven Violeta Parra vor allem als Sängerin, die aus armen Verhältnissen stammt, Not aus eigener Erfahrung kennt und in der Tradition von Volksgesang neue Formen der Protestdichtung in musikalischer Form entwickelt. Erfahrungen im Elternhaus, erste Kontakte mit Folklore und Schlagermusik auf der Suche nach Unterstützung für die Familie in Zentralchile, in dem die Tradition noch in den verschiedensten Ausprägungen
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religiös, spöttisch und auch sozialkritisch lebendig ist, verbinden sich mit politischen Uberzeugungen der kommunistisch geprägten Arbeiterbewegung. Aus der unvergleichlich leidenschaftlichen, zum Teil bitteren Verbindung von privaten Umständen und deren gesellschaftlicher Erfahrung entsteht eine Lieddichtung, von der zu Recht gesagt werden kann, daß in ihr der eigene Gesang derjenige aller Menschen ist („Gracias a la vida"). Eingebettet ist dieser Gesang in weitere Kunstformen meist handwerklichen Ursprungs: auf der Basis von Jute (Sackleinen) angefertigte Wandteppiche („arpilleras"), Reliefs aus Pappmaché, Ölgemälde, Töpferarbeiten sowie aus Draht und Korbweide geflochtene Objekte. Dieser Leitfaden ist auch in den beiden Ausgaben des Libro mayor de Violeta Parra erkennbar (Madrid 1985, Santiago 2009). Die Fülle an Leben, die sich dem Leser hier entdeckt, ist herrlich und widersetzt sich vielleicht absichtlich einer „Systematisierung", die in besserwisserische Kleinkrämerei abgleiten könnte. Mein eigener Versuch entgeht wohl nicht immer einer Gefahr der „Berufskrankheit des Forschers, der die Dinge aus der Distanz und mit nur technischem Kriterium sieht" (Subercaseaux/Londoño, S. 69). Eine derartige Einstellung haßte Violeta, so der Musikforscher Gastón Soublette, der die Sängerin beim Transkribieren der gesammelten Lieder in Notenschrift unterstützte (S. 69). Angesichts der seit 1990 publizierten Biographien sehe ich jedoch die Notwendigkeit, auf möglichst klaren und entsprechend dokumentierten Angaben zu bestehen - im Sinne von Violetas „Yo canto la diferencia". Eine Fortsetzung des von Isabel Parra redigierten Libro mayor stellt der autobiographisch geprägte Lebensbericht von Angel in Violeta se fue a los cielos (2006) dar, dem eine CD mit Liedern von Violeta, vorgetragen von ihrem Sohn, beigefügt ist. Es handelt sich dabei um eine liebevolle Hommage an die Mutter, die einen Schwerpunkt im Blick auf Violetas sozio-politische Arbeit hat („Dienst am Volk", S. 122). Angesichts der gegenwärtigen Tendenz zur Bevorzugung des Bildes einer religiös geprägten Mutter ist dies ein unumgängliches Zeugnis, zumal es sich jeglicher Polemik enthält. In Wirklichkeit können nur zwei Publikationen den Titel „Biographie" für sich beanspruchen.2 Fernando Sáez ist der einzige, der seinem Buch 2 Im Moment der letzten Korrekturen in Santiago erfahre ich von der groß angelegten Biographie, die Víctor Herrero unter dem Titel Después de vivir un siglo zur Veröffentlichung 2017 (Editorial Lumen) vorbereitet. Im Gespräch mit Victor (18. August 2017) waren wir uns über die großen Linien einig. Victor greift allerdings auf ein sehr viel breiteres Material
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La vida intranquila — Violeta Parra den Untertitel „biografía esencial" gibt (1999). Bereits 1990 erscheint Mentira todo lo cierto — Tras la huella de Violeta Parra von Carmen Oviedo, das deutlich und unter Angaben von Jahreszahlen chronologisch angelegt ist und das Leben von Violeta buchstäblich von ihrer Geburt bis zu ihrem Selbstmord nachzeichnet. Sáez nimmt sich vor, die „Geschichte" einer Frau zu erzählen („contar la historia de una mujer", S. 12), die aus einfachen Verhältnissen k o m m e n d einen Gabriela Mistral und Pablo Neruda vergleichbaren Weg geht. Auch dieser verläuft chronologisch, allerdings weniger deutlich als bei Oviedo und ohne präzise Angabe seiner Quellen. Beide Darstellungen, sowohl diejenige Oviedos als auch die von Sáez, nehmen nicht nur gelegentlich romanhafte Züge an. So etwa beginnt Oviedo mit einer Szene der Geburt Violetas einschließlich der Wehen der Mutter (S. 17). Saéz seinerseits endet mit den letzten Minuten von Violeta, einer Reihe von nicht zu beantwortenden Fragen und einer genauen Identifizierung des Revolvers, mit dem sie sich erschießt (S. 163-164). Die Biographie Violetas lasse keine Halbheiten zu („medias tintas", S. 15), so heißt die Begründung dieser und anderer jedenfalls nicht besonders taktvoller Szenen. Weder Oviedo noch Sáez sehen sich zu genauen Nachweisen ihrer Aussagen verpflichtet, und ihre Bibliographien sind elementar. Bei Oviedo ist immerhin die Photosammlung sehenswert, und bei Sáez findet sich ein nützlicher Index der N a m e n . D e n Weg in den Roman vollendet Monica Echeverría Yáñez mit ihrem ausdrücklich als „novela" gekennzeichneten Lebensbericht in Ich-Erzählung (Yo, Violeta, 2 0 1 0 , 5. Auflage 2 0 1 6 ) . In ihm lernen sich Violeta und Gilbert (selbstverständlich „Favre" und nicht Favre) in Chuquicamata kennen und in einem schmutzigen Hotel lieben (S. 106-107). Neben derartigen Erfindungen verwendet Echeverría jedoch auch authentisches, geschickt verstecktes Material aus dem Libro mayor. So montiert sie auf den Seiten 154-157 die Freundschaft mit Amparo Claro aus fiktiven und im Libro mayor bzw. in Subercaseaux/Londoño dokumentierten Passagen. Z u m Beispiel ist in einen erfundenen Brief an die „liebe Freundin A m p a r o " die bereits oben erläuterte Stelle aus dem Brief an José María Palacios vom 4. Juni 1963 eingeflochten —mit Berücksichtigung der „cantores araucanos", also wohl auch unter Hinzuziehung von Oviedo. A u f Seite 157 fingiert sie ein Gespräch zwischen den beiden Frauen, in dem sie eine Passage aus Subercaseaux/Londoño (S. 109, zurück, u.a. die unveröffentlichte Autobiographie von Gilbert Favre. Ich danke Victor für die Lektüre meiner Arbeit und dafür, daß ich die Fahnenabzüge seines Buches lesen durfte.
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aus einem Brief an „Amparito") mit noch einmal einer Passage aus dem Brief an Palacios (Libro mayor, S. 166-167) vermischt. Dabei verwandelt sie in der litaneiartigen Aufzählung von Wünschen an ferne Landsleute ein „Presidente de Chile, compréndenos" in „mi Presidente de Chile, compréndenos". Und das wäre nun Violeta nach „La carta" und der Kritik an Alessandri sicher nicht eingefallen. Eine im Gegensatz zu den vorhergehenden Darstellungen nüchterne Einführung gibt Jorge Montealegre in Violeta Parra — Instantes fecundos, visiones, retazos de memoria (2011). Im ersten Kapitel, „Emergencias de una artista múltiple" (S. 9-34), faßt er die bekannten Daten zusammen, bringt sie aber auf den Punkt. So nimmt die Beziehung der Sängerin zu den „effektivsten Medien ihrer Epoche" (S. 26), dem Radio und der Schallplatte, einen großen Raum ein, und die Rolle von Rubén Nouzeilles, dem künstlerischen Leiter von EMI-Odeón, erhält einen gebührenden Platz (S. 32-33). Den hatte ihm allerdings auch schon Sáez eingeräumt (z.B. S. 61, 92). Am wichtigsten ist wohl die Insistenz von Montealegre auf die Bildung von Violeta, die zwar in materieller Armut aufgewachsen sei, nicht aber in kultureller Armseligkeit (S. 13). Als Folge ihrer menschlichen Anteilnahme und ihrer kulturellen Neugier, so wird man sagen können, flicht sie ein „Netz von Kontakten, das im Hinblick auf den kulturellen Einfluß, den damals einige ihrer Bekannten hatten, privilegiert war" (S. 30). Dieses Netz von Kontakten ist ein weiteres so gut wie unerforschtes Gebiet, das bereits angesprochene kulturelle Feld, in dem sich Violeta Parra bewegt. Immer wieder gibt es Listen von Namen, auch von Violeta selbst, wie in dem mehrfach zitierten Brief an Palacios. Aber die Zusammenhänge bleiben ungeklärt. Ihr Bruder Nicanor Parra kann als Offner einiger Türen gelten. Die Beziehung zu Neruda ab 1953 öffnet ihr die „großen Türen des Partido Comunista, der sich trotz des Verbots bester kultureller und intellektueller Gesundheit erfreute" (Herrero, Después de vivir un siglo, S. 131). Sie selbst ist es jedoch, die sich zu einer soziale Trennlinien überschreitenden „Botschafterin der Volkskultur" macht (Montealegre, S. 30); soziale Trennlinien wie etwa die zwischen Isaías Angulo aus Barrancas und dem avantgardistischen Maler „aus bestem Hause" in Santiago, Nemesio Antúnez, der die Hülle ihrer Platte La tonada presentada por Violeta Parra (1959) gestaltet. Ebenso werden realhistorische und literaturhistorische Trennlinien im wahrsten Sinne des Wortes in Gleichzeitigkeit aufgelöst. Spuren mittelalterlicher spanischer Literatur und neueste chilenische Lyrik finden sich Seite an Seite, beispielhaft in der Vertonung des Gedichts „Los burgueses" von Gonzalo
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Rojas (auch als „Sátira de la rima" bekannt, 1959 Violeta gewidmet) und der altspanischen Ballade „Biancaflor y Filumena", die im chilenischen Folklore überlebt hat und 1959 auf der eben genannten Platte dokumentiert ist. Dieselbe kulturelle und historische Dichte mit ihren Zufallen und Tücken in der Gegenwart zeigt sich im Verlauf der Rezeption von „Casamiento de negros". Das Lied, „estilo parabién", ist Bestandteil der ersten von Violeta als Solistin gestalteten Platte (Odeón DSOD/E-50040, 1955, aufgenommen Ende 1954) — nach Verleihung des „Premio Caupolicán" eben 1954. Mit Rubén Nouzeilles schließt sie einen fiir sie wenig vorteilhaften Vertrag ab (nach Isabel Parra, Libro mayor, S. 73, Montealegre, S. 32-33), was sie nicht daran hindert, eine freundschaftliche Beziehung zu dem „großen Rubén" zu unterhalten („gran Rubén", Brief an Gilbert Favre aus Buenos Aires, 1961, Libro mayor, S. 129). Vielleicht auch deshalb, weil Nouzeilles sie tatkräftig unterstützt und Violetas Dankbarkeit legendär ist. Ein Beweis für die Entstehung dieser nicht nur geschäftsbedingt opportunistischen Beziehung ist die Vermittlung von „Casamiento de negros" an den US-amerikanischen Bandleader und Filmmusiker Les Baxter. Baxter hatte gerade (1955) mit „Unchained Melody" einen großen Erfolg gehabt (über eine Million verkaufte Exemplare), und so lag es vielleicht nahe, ein Arrangement von „Casamiento de negros" als „Melodía loca" oder „The Drive-You-Crazy Song" auf der LP Round the World with Les Baxter zu platzieren (Capítol T 780 1957, aufgenommen 1956).3 Von den Einnahmen fiir den Verkauf der Rechte kann sich Violeta ein Grundstück in La Reina kaufen, auf dem sie 1956 ein Fertighäuschen baut, das für lange Jahre eine Zufluchtsstätte für die Familie wird: „Durante años esa casa fue nuestro refugio en la chacra San Carlos, Manzana 14, sitio 22" (Ángel Parra, Violeta se fue a los cielos, S. 93). Die Geschichte von „Casamiento de negros" geht jedoch weiter. Das Lied wird nämlich 1959 zum Ausgangspunkt für Sergio Bravos als verloren geltenden Dokumentarfilm Casamiento de negros, in dem die unglückliche Liebesgeschichte mit schwarzen Keramikfiguren aus dem für diese Art
3 González, Ohlsen und Rolle stellen eine Aufnahme in der ihrer Sozialgeschichte der Volksmusik beigefugten Diskette (Nr. 8) zur Verfugung. Die Rückseite der Originalhülle, die „Melodía loca" (sic) „unknown artists" zuschreibt, stellt die Musik sensationslüstern vor: „,Melodia loca' is a Chilean theme, also called the ,Drive-You-Crazy Song' because its monotonous melody and odd chord progressions are said to have driven numerous Chileans to suicide. Perhaps it should be played sparingly" (http://www.317x.eom/albums/b/lesbaxter3/ card.html).
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der Töpferarbeit bekannten Quinchamali inszeniert wird. Ángel bezeichnet seine Mutter als Filmliebhaberin und verweist auf eine Reihe französischer Filmklassiker wie Mon oncle (Jacques Tati, 1953), Si tous les gars du monde (Christian-Jaque, 1956) und Le bailón rouge (Albert Lamorisse, 1956), die er zusammen mit ihr gesehen habe (Violeta se fue a los cielos, S. 130). Eine weitere Erfahrung mit dem Kino sei Anfang der 50er Jahre die Teilnahme beider an einer Wochenschau von EMELCO in der Regie von Boris Hardy gewesen (S. 130; zu Hardy und EMELCO vgl. Cortinez und Engelbert, Bd. I, S. 80-81, 333-334). Mit Bravo, dem Begründer des Neuen Chilenischen Kinos aus dem Geist des Dokumentarfilms, arbeitet Violeta schon in dessen erstem Kurzfilm Mimbre zusammen (1957, vgl. „Einleitung II"). Bei der Sonorisierung des Films ausschließlich mit einer für ihn komponierten Musik, die „live" während der Projektion der Bilder registriert wird, hilft der brasilianische Dichter und Diplomat AmadeuThiago de Mello (vgl. Brief Bravo, vom 17.1. 2017 in diesem Buch), dem Violeta i960 eine ihrer „arpilleras" widmet. 1957 kommen der später berühmte Fotograf Sergio Larrain, den Violeta im Hause ihres Bruders Nicanor kennen lernt, und Sergio Bravo in der gemeinsamen Arbeit mit Violeta zusammen. Eines ihrer Instrumentalstücke, „El joven Sergio" („Der Junge Sergio"), wird just 1957 veröffentlicht. Beide Sergios stehen ihr bei ihrer „Feldarbeit" als Sammlerin von Folklore zusammen mit dem Musikologen Gastón Soublette zur Seite. 1959 ist das Material für Violetas Buchprojekt Cantos folklóricos chilenos mit Notensätzen von Soublette und Fotos von Bravo und Larrain druckfertig, wegen fehlender Mittel wird es jedoch erst 1979 veröffentlicht. Noch ein weiteres Mal ist Casamiento de negros aufschlußreich für die Art und Weise, in der Violeta ihre Werke unter Pflege sozialer Kontakte und der Medien publik zu machen sucht und dabei auch ihren Lebensunterhalt nicht vergißt. 1953 (nach Montealegre S. 26; vgl. „Einleitung II") lernt sie den Direktor von Radio Chilena Raúl Aicardi kennen, der ihr ab 1954 eine regelmäßige Sendung mit Ricardo Garcia ermöglicht, Así canta Violeta Parra (Sáez dokumentiert Teile einer dieser Sendungen in La vida intranquila ohne Datum, S. 68-70; vgl. auch Libro mayor, S. 58-64). Als Aicardi später Direktor des neu eingerichteten Canal 9 der Universidad de Chile ist, richtet sie sich aus Buenos Aires, wo sie gerade ihre seit 1958 entstandenen „arpilleras" und Bilder in Ol ausstellt, mit folgendem Vorschlag an ihn: Lieber Raúl, ich biete Ihnen ein Fünf-Minuten-Programm an. Zeichnungen, die ein Lied illustrieren, mit dem Lied im Hintergrund. Ich habe gerade
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„Casamiento de negros" fertig, ein Bild mit zwei Teilbildern. Um alles weniger zu komplizieren, kann das Lied aufgenommen und von Chabelita [Isabel] gesungen werden. (Libro mayor, S. 117) Eine Reproduktion des entsprechenden Ölbildes aus der Privatsammlung von Nicanor Parra findet sich in Violeta Parra — Obra visual (S. 33). Es entspricht nicht ganz der Beschreibung von 1961, stellt jedoch in Form einer Bildgeschichte den Inhalt des Liedes dar. 4 1958 entstehen zwei weitere Dokumentarfilme, deren Musik von Violeta stammt. Mit Sergio Bravo filmt sie in Canquihue nahe bei Concepción Trilla („Dreschen") im Zusammenhang mit ihrer Arbeit an der dortigen Universität (November 1957 bis Januar 1958, also paßend zur Erntezeit in Chile; die Ortsangabe entnehme ich Alicia Vega, Itinerario del cine documental chileno, S. 165). Z u diesem T h e m a gab es, nach Ángel Parra, bereits eine Sendung im Rahmen von Así canta Violeta Parra (Subercaseaux/Londoño, S. 75). Anders als in Mimbre ist die Musik hier weniger experimentell, da sie deutlicher auf cueca und tonada zurückgreift und auch gesungene Passagen enthält. Andacollo (1958) von Nieves Yankovic und Jorge di Lauro, die d e m Umfeld des Centro de Cine Experimental von Bravo zugerechnet werden können, verwendet „composiciones de Violeta Parra" zusammen mit der „música popular" verschiedener Ritualtänze, die zur „Fiesta de la Virgen de Andacollo" gehören (jeweils 25. bis 28. Dezember). O b es eine direkte Zusammenarbeit zwischen Yankovic/Di Lauro und Violeta gegeben hat, ist aus den vorhandenen Daten nicht zu entnehmen, wegen des Zusammentreffens ihrer Tätigkeit in Concepción mit dem D a t u m der Dreharbeiten von Yankovic und Di Lauro unwahrscheinlich. Schließlich ist Violeta nach dem Zeugnis von Sergio Bravo auch an den Vorarbeiten zur Restauration des chilenischen Stummfilmklassikers El húsar de la muerte (Pedro Sienna, 1925) beteiligt (vgl. Brief in diesem Buch). Bravo schildert, wie Violeta ihm 1958 eine extra zur Verwendung in diesem Film von ihr komponierte tonada vorschlägt, nämlich „Hace falta un guerrillero". Dieser Umstand erklärt wie nebenher auch den Anlaß, aus d e m
4
A m 20. September 1967 ist „Casamiento de negros" Mittelpunkt einer Ehrung Violetas
in der höchst populären Fernsehsendung Ayúdeme usted, compadre des großen Showmasters Germán Becker. Die Wahl des überzeugten Christdemokraten des aus der Frühphase Violetas stammenden Liedes ist ein Beispiel für die bereits angesprochene Tendenz, Violeta zu entpolitisieren (vgl. Cortinez und Engelbert, Evolución, Bd. I, S. 326-327 und 404-405).
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das Lied geschrieben wurde. „Vermutungen" wie die von Sáez, daß „Hace falta un guerrillero" im Zusammenhang mit dem 1955 von Vicente Bianchi als „Tonadas de Manuel Rodríguez" vertonten Gedicht „Manuel Rodríguez" von Neruda zu sehen sei {Canto general, „Los libertadores", XXV), verlieren mindestens an Bedeutung (S. 100; Miranda, La poesía, folgt Sáez, S. 92). Bei dem Versuch, die politische Reichweite des Liedes zu erfaßen, muß mit Sicherheit die Tatsache beachtet werden, daß das Wort „guerrillero" auf dem Höhepunkt der kubanischen Revolution und dem Prestige nicht nur von Fidel Castro, sondern auch von Ernesto „Che" Guevara eine aktuelle Reizwirkung hat, die weit über den „nostalgischen" Vergangenheitsbezug und eine „eschatologische", „messianische" Beschwörung der Zukunft hinausgeht (Miranda, La poesía, S. 92, auch S. 37 und 87). Damit komme ich auf die Lieder als Kernbereich des Werks zurück, deren Bedeutung nun auch als Bestandteil der kulturellen Blüte Chiles im angedeuteten Zeitraum der 50er Jahre gesehen werden kann. Ein Datierungsproblem führt dabei direkt in die Deutungsdebatte der letzten Jahre: die Entstehung von ,Arriba quemando el sol".
3. Kontexte und Werkdeutung: das Beispiel „Arriba quemando el sol" Im Kontext der bereits zitierten Passage zum Kino erzählt Angel einleitend, wie sehr seine Mutter es bedauert habe, bei der Beobachtung der dem Marienkult gewidmeten „Fiesta de La Tirana" (16. Juli) keine Kamera zur Verfügung zu haben: „Das Bild, den Ton hätte sie gestalten wollen und hätte es auch getan. Wie es heute so schön heißt fehlte die Infrastruktur". Und er fährt fort: „Deshalb kommen und gehen die Bilder und Erinnerungen, und es ist mir nicht wichtig, wann und in welcher Reihenfolge sie sich ereigneten. Sie ereigneten sich und basta" (Violeta sefue a los cielos, S. 130). Der „pituco académico" („akademische Lackaffe") kann sich das gerade im Dienste am Werk und ein wenig auch in dem von Angel betonten „Dienst am Volk", dem Violeta sich verschrieben habe, nicht darauf verzichten, wenigstens den Versuch einer genaueren Rekonstruktion ihres Lebens zu wagen. Im Hinblick auf Violeta gilt, daß zumindest in den Schlüsseljahren fieberhafter Tätigkeit zwischen 1955 und i960 biographische Daten von Wichtigkeit sind. Damit soll keinesfalls ein vereinfachender Biographismus
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in den Vordergrund gerückt werden, den ich selbst sicher nicht immer vermieden habe. Die Verquickung von Leben und Lied im Werk Violetas ist eine Tatsache. Erlebte und gestaltete Wirklichkeit müssen aber nicht immer deckungsgleich sein, wie ich an den autobiographischen décimas zur Ehe mit Luis Cereceda gezeigt habe (vgl. „Einleitung II"; zu einer eng autobiographischen Deutung — schlechter Ehemann Cereceda — bei gleichzeitiger Verallgemeinerung — alle Männer sind „Cereceda", s. Miranda, La poesía, S. 124126). Auf der anderen Seite darf eine thematische Schwerpunktsetzung im Gegensatz zu einer chronologisch-biographischen Ausrichtung nicht dazu führen, die Einheit des Werks zu zerreißen, also etwa den Liebesgesang von der politischen Lyrik zu trennen. 5 Was die Besonderheit von Violeta Parra ausmacht, ist gerade die innige Verbindung von persönlicher Erfahrung und gesellschaftlicher Situation über den von mir als Vermittlungspunkt gekennzeichneten Verlust der Liebe (vgl. „Einleitung III", S. 124). Vor allem in der Studie von Paula Miranda fallt die Tendenz auf, die Bedeutung der engagierten Lieder auf eine Etappe zu begrenzen, die Violetas zweitem Aufenthalt in Europa entspräche, 1962-1965 („Los ,cantos revolucionarios' y Francia", La poesía, S. 86-97; s.a. S. 36-37). Die Anklage der sozialen Ungerechtigkeiten verbinde sich mit der ständigen Präsenz der Folklore (S. 86) u n d einer aus Tradition und Fortschritt im Sinn der Theologie der Befreiung gespeisten Religiosität (S. 94, 96; vgl. auch S. 24). In der letzten Etappe ihres Schaffens verschmelzen, so Miranda, die sozialpolitischen Sorgen mit „anderen, eher universalen, von Liebe und Religion bestimmten Impulsen" (S. 97). Miranda verschärft diese Kernaussagen in der Einleitung zu ihrer 2016 erschienenen Werkausgabe. Die politischen
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Meine zu pauschal formulierte harsche Kritik an der Anthologie von Juan Andrés Piña („Einleitung III", S. 123) nehme ich zurück. Ein persönlicher Angriff war nicht meine Absicht. Der Hinweis Pifias darauf, daß die „soziopolitischen Inhalte" bisher im Vordergrund gestanden hätten (S. 15), ist nicht ganz unberechtigt und ein verständliches Zugeständnis an die Zensur. Den Namen Violeta Parras überhaupt im Gespräch zu halten, der Ruf nach Klarheit und Achtung des Lebens in „Cantores que reflexionan" sowie die Klage u m „la ausencia del ser querido" („die Abwesenheit des geliebten Wesens", in „¿Por qué será, Dios del cielo?", v. 12) in ihrer Zusammenstellung am Schluß des ersten Teils der Anthologie (S. 3942) könnten auch als Geste des Widerstands verstanden werden. Pifia hatte übrigens direkten Zugang zu persönlichen Materialien wie das Faksimile einer handschriftlichen Umdichtung der tonada „Ya llegó tu medio amante" („Da kam er ja, dein halber Geliebter") zeigt (S. 27, zur Quelle S. 157). Die ursprüngliche, von Pifia wieder abgedruckte Fassung findet man in Cantos folklóricos chilenos, S. 84-85, Berta „Bertita" Gajardo zugeschrieben.
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Lieder seien durch die „Tiefe der erlösenden Funktion" gekennzeichnet, und wegen ihrer „Verbindung mit einer Volks-Kultur und Volks-Religiosität" sei die Konfrontation mit sozialen Ungerechtigkeiten „niemals so direkt" und erschöpfe sich nicht „im Aktuellen" (alle Zitate aus Poesía, S. 27). Schließlich verflüchtigen sich sozialer Protest gegen den Kapitalismus (Revolution, S. 27) und Politik in einer Dichtung wie sie immer war: ein „ewiger Ort der Gemeinschaft und der Begegnung, die nur im Gesang und im Wort, in der Poesie möglich sind" (S. 33). Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen zu den „cantos revolucionarios" (s.o.) steht daher nicht zufällig „Puerto Montt está temblando" („Puerto Montt ist am Beben"), in dem das verheerende Erdbeben von i 9 6 0 als Gottesgericht über „den sterblichen Feind / des Armen und des Unschuldigen" erscheint (Poesía, S. 104). ,»Arriba quemando el sol" wird von Miranda nur als eines unter vielen Liedern aufgeführt, die in den 60er Jahren entstanden und für die „sozialen Kämpfe der 70er Jahre" in "vielen lateinamerikanischen Ländern emblematisch" gewesen seien (Miranda, La poesía, S. 95). Damit wird dem Lied (wie anderen direkt anklagenden) seine Originalität abgesprochen, die ich selbst in meiner Analyse von 1977-1978 in den Vordergrund stellte. Gleichzeitig wird die angebliche Kontingenz ihrer politischen Dichtung noch einmal unterstrichen, ein Nacheinander der Tendenzen bis zu einem bitteren Ende gegenüber ihrer Gleichzeitigkeit und ihrem Ineinander besonders betont. Ich möchte - mit einigen Präzisierungen - an meiner ursprünglichen Interpretation festhalten.6 Meine Argumentation benötigt
6
Gerade auf der Seite 86, die den Abschnitt „ 1 9 6 0 - 1 9 6 4 : Los ,cantos revolucionarios' y
Francia" bei Miranda einleitet, haben sich zwei Fehler eingeschlichen. 1.) Violeta hat nur ein Gedicht von Gonzalo Rojas vertont, nämlich „Sätira de la rima". Der Titel „Los burgueses" für dieses Gedicht geht wohl auf Violeta zurück, die das Lied nach Aussage von Rojas selbst im Juli 1 9 5 8 in Chillän vortrug
(Libro mayor,
S. 85). Rojas widmet ihr das Gedicht mit dem
Jahresdatum 1959 („Für Violeta Parra / die diesen einreimigen Furor / in jenem Winter / in ihrem Chillän in Chile / 59 explodieren ließ"; zit. nach Gonzalo Rojas,
Antologia del aire, Contra
Santiago: Fondo de Cultura Econömica 1991, S. 66; Erstveröffentlichung 1964 in
la muerte). In diesem Text, der „burgueses" vor allem in der ersten und der letzten Strophe durchgehend als Reim benutzt, wird dem „libertinaje" der Bourgeois „die Liebe / die nur von Liebe lebt" gegenüber gestellt. Dieser Gegensatz mag Violeta besonders angespornt haben. 2.) Das einem Brief an Nicanor zugeschriebene Zitat zu den „von mir in Europa geschriebenen revolutionären Liedern" stammt aus einem Brief vom 2 3 . August 1963, geschrieben in Paris, an Joaquin Blaya
(Libro mayor,
S. 172). Der Argentinier chilenischer Herkunft war
1 9 6 1 - 1 9 6 2 linksliberaler Abgeordneter im Regionalparlament von La Pampa, das auch für das Städtchen General Pico zuständig war. Während ihres Aufenthalts in Argentinien (Mitte
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eine solide fundierte Datierung, die es bisher nicht gibt. Daher muß ich ein wenig ausholen. In meiner ersten Annäherung an „Arriba quemando el sol" ging ich von der Prämisse der Einheit von unmittelbar subjektiver Erfahrung und objektiver Darstellung aus. Die Reise in den Norden 1958 (passend zu Angels Datierung des Liedes) fuhrt im ersten Kontakt mit dem Elend der Minenarbeiter zu einer schockierenden menschlichen Erfahrung. Das Entsetzen wird noch größer im Kontrast mit den frohen Erwartungen, die als in „Mañana me voy pa'l Norte" formuliert angenommen werden und in den ersten Versen von „Arriba quemando el sol" nachhallen („war mein Herz noch unbeschwert, / unbeschwert wie das des Vogels"). Das in der Anlage als Bericht in der Tradition der „lira popular" stehende Lied wird zur Anklage einer überall — ob in Chuquicamata oder Santa Juana - erbarmungslos ausbeuterischen Gesellschaft („Einleitung III", S. 129). Der bereits angesprochene anekdotische Bericht von Osvaldo Rodríguez („Einleitung III", Fn. 88) scheint diese Interpretation 1984 zu bestätigen. Von dem Zusammenhang beider Lieder in der „verheerenden Erfahrung der Salzwüste" gehen auch González, Ohlsen und Rolle aus (S. 390). Nun ist aber „die" Reise in den Norden nur eine von mehreren. Die erste Begegnung mit dem riesigen in „Norte Chico" und „Norte Grande" unterteilten Gebiet ist die Hochzeitsreise mit Cereceda 1938 (Herrero, Después de vivir un siglo, S. 71). Ihr folgt die erwähnte Tournee mit Luis Arce und der Gruppe „Estampas de América", die sie 1952 auch in Minenstädte („oficinas salitreras") im „Norte Grande" führt (vgl. „Einleitung II", Fn. 45). Deutliche Spuren im Werk haben diese Reisen unmittelbar nicht hinterlassen, es sei denn man nähme an, daß sie den entscheidenden Anstoß zu ihrer Sammeltätigkeit gegeben hätten. Herrero schreibt: „Es ist schwierig auszumachen, 1961 bis Juni 1962) pendelt sie zwischen der großherzigen Provinz und dem kalten Buenos Aires dank ihres Helfers und Freundes Blaya (Brief an Raul Aicardi 1961; I.ibro mayor S. 117). Im Februar 1962 schreibt sie aus Buenos Aires: „Ich weiß nicht, don Joaquin, was aus mir ohne Sie geworden wäre" {I.ibro mayor, S. 131). Am 21. August schickt sie Blaya einen vor Leben sprühenden Brief aus Baku so voll des Lobes für die D D R und die UdSSR, daß sie selbst meint, der Freund könne denken, sie spreche „als eifrige Propagandistin" (Libro mayor, S. 135). Und nach einer herben Kritik der Zustände in Argentinien nach dem Staatsstreich gegen Präsident Arturo Frondizi (29. März 1962) richtet sie sich an den Frondizi-Anhänger Blaya: „Wie merkwürdig, daß Sie kein Kommunist sind. Dieses Jahrhundert gehört uns, don Joaquin, es bedeutet alles" (S. 137). Ein Foto der beiden in der Carpa de La Heina findet man im Libro mayor (Foto 39, S. 206).
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ob Violeta Parra von den sozialen Bedingungen der Minenarbeiter, die sie während der Tournee wahrnahm, gerührt oder entsetzt war" (Después de vivir un siglo, S. 104). In Violeta sefue a los cielos berichtet Ángel des weiteren von Reisen in den „kleinen" Norden mit Städtchen wie Andacollo oder Salamanca, in denen Violeta religiöse Rituale und ihre Musik dokumentiert (S.122; zu Salamanca vgl. Gastón Soublette in Libro mayor, S. 80). Die Erzählweise Angels erlaubt keine Datierung. Die Chronologie im Libro mayor gibt Hinweise auf Reisen in den Norden erst für 1958 (zur Fiesta de La Tirana) und 1959 (an eine Universität, deren Name nicht genannt wird, beide Angaben auf S. 227). Da schon 1958 der Dokumentarfilm Andacollo mit Musik von Violeta entsteht — „Kompositionen von Violeta Parra und Volksmusik der Bruderschaften von Chinos, Danzantes und Turbantes der Fiesta von Andacollo" heißt es in Alicia Vega, Ltinerario del cine documental chileno (S. 166, Nr. 107) - muß davon ausgegangen werden, daß Violeta spätestens im Dezember 1957 entsprechendes Material gesammelt bzw. komponiert hat (die „Fiesta" findet jeweils zu Weihnachten statt). Víctor Herrero geht davon aus, daß Violeta schon im Dezember 1956 in Andacollo gewesen sein muß, da sie während ihrer Anstellung in Concepción nicht gereist sei (e-mail, 19. August 2017). 1957 entstehen die décimas „Por despedida a Gabriela Mistral" („Hoy se llora en Chile"), die am 10. Januar starb. Es ergibt sich ein zufälliger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Tod der Mistral, der Komposition der décimas „a lo divino" und der Sammeltätigkeit im Kleinen Norden, ein Beispiel also für die häufig zu beobachtende Gleichzeitigkeit von erlebten Ereignissen und kreativer Tätigkeit („La lechera", „Hace falta un guerrillero", „Yo canto la diferencia", „Según el favor del viento", „Puerto Montt está temblando", „La carta", „Run-Run se fue pa'l norte"). 1958, so die „Cronología" im Libro mayor, fahrt Violeta in den Großen Norden „a investigar y grabar la fiesta pagano-religiosa de La Tirana" („um die heidnisch-religiöse .Fiesta de La Tirana' zu erkunden und aufzunehmen", S. 227). Sie bedauert, daß sie keine Kamera zur Hand hat, gefilmt wurde also nicht mit ihr. Ein Film „La Tirana" von Yankovic und Di Lauro, der verschiedentlich erwähnt wird, existiert nicht (vgl. Libro mayor, S. 110 [Ausgabe Madrid, S. 64]; Oviedo, S. 76; Montealegre, S. 38, Parra, Violeta Parra - Obra visual, 3. Auflage, 2012, S. 128). Es bleibt unklar, ob Violeta während dieses Unternehmens nach Chuquicamata und das relativ nahe Santa Juana kam, wie ich 1978 annahm. Für 1959 verzeichnet die „Cronología" eine letzte Reise in den Norden, um auf Einladung der 1956 gegründeten Universidad Católica del Norte in Antofagasta Unterricht in Folklore zu geben
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(Libro mayor, S. 108). Die in „Mañana me voy pa'l Norte" ausgedrückte Vorfreude darüber, daß Violeta aus dem Süden (Temuco) kommend für die „Nortinos" und die „salitreros" singen wird, könnte sich demnach auch auf diese Reise beziehen, die mit einer Einkaufstour in den Freihafen Iquique endet (Isabel Parra in Libro mayor, S. 108). Ein Indiz, daß die Annahme einer thematischen Sequenz von „Mañana me voy pa'l Norte" zu „Arriba quemando el sol" in zeitlich nahem Abstand zur Reise in den „Norte grande" von 1958 unterstützt, ist die Tatsache, daß eines der ersten Lieder von Ángel Parra, „Del norte vengo, Maruca", 1958 aufgenommen wird (Cuatro villancicos chilenos, Angel Parra y Los Norteños, Vivart EPG 72). Es handelt sich um einen nordchilenischen „ritmo de trote", auf die Wasserarmut der „salitreras" wird aufmerksam gemacht, allerdings nicht in einem kritischen Kontext. Zusammen mit „Arriba quemando el sol" ist das Lied auf der 1965 in der DDR produzierten Platte Süd- und mittelamerikanische Volksmusik zu hören (s. „Kommentar" zu „Porque los pobres no tienen", S. 152). Selbst wenn es nun kein absolut sicheres Datum für die Entstehung von „Arriba quemando el sol" gibt, so erscheint es aufgrund der Dichte der zur Verfügung stehenden Informationen zumindest als höchst wahrscheinlich, daß das Lied 1958, spätestens 1959 als Synthese der Erfahrungen im Norden komponiert wurde, die zwar die Form eines Reiseberichts annimmt, deshalb aber nicht auf ein einziges Erlebnis zurückgeht. Herrero nimmt i960 als Entstehungsdatum an (Después de vivir un siglo, S. 104). Für den angenommenen Zeitraum 1958-1960 spricht des Weiteren ein inhaltlicher Aspekt. Aufgrund meiner Annahme eines unmittelbaren autobiographischen Zusammenhangs suchte ich nach einem Santa Juana im Norden (v. 45). Dabei entging mir, daß in der Schlußstrophe nicht nur von einem Tagebau, Kupfer und Salpeter die Rede ist, sondern auch von Kohle und der Nacht untertage (w. 54-55). Man könnte hier von einer poetischen Lizenz ausgehen, die den gesamten Bergbau so zusammenfaßt. Schlüßiger ist es dann jedoch, Santa Juana nicht im Norden sondern im Süden, in der Nähe der Zentren des Kohlebergbaus um Concepción zu verorten. (Die Fiktion von Mónica Echeverría entspräche dann einer Tatsache, vgl. Yo, Violeta, S. 103-104.) Damit wären wir erst recht im Zusammenhang eines autobiographischen Weges, der von Concepción 1957 1958 nach Chuquicamata im Norden fuhrt. Für diesen Violeta-Weg spricht im übrigen, daß er in „Yo canto la diferencia" (1960) erneut — in einer Verweltlichung des machtlosen Himmels — auftaucht (Strophe 8, w. 52-53): „Unzufriedenheit gibt's im
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Himmel / in Chuqui und in Concepción", eine „Unzufriedenheit", die dem gleichgültigen Stellvertreter Gottes vorgehalten wird (Strophe 6, v. 43). Schließlich deutet auch die Musik der Komposition auf die Zeit um 1958 hin, in der Violeta anfangt, ihren Plan eines Balletts zu verwirklichen: El gavilán {Der Sperber). Nach González, Rolle und Ohlsen (S. 383) entwickelt sie das Projekt während ihres Aufenthalts in Concepción (1957-1959), Miranda gibt 1957 an {Lapoesía, S. 131), Oporto legt sich nicht fest (Ende der 50er, S. 25). An der Universidad de Concepción trifft sie mit den Malern Nemesio Antúnez und Julio Escámez sowie erneut mit dem Architekten und Filmregisseur Sergio Bravo zusammen. Allen drei Künstlern ist gemeinsam, daß sie abgesehen von ihrer politischen Nähe zum Kommunismus Alltagsmaterialien und -techniken (Flechten, Stricken, Nähen) in Kunstformen umwandeln. So arbeitet etwa Antúnez mit Tischdecken, denen Violeta das Musikstück „Los manteles de Nemesio" (1958) widmet. Zu den Vorbildern von Antúnez und Escámez gehört der mexikanische Muralist David Alfaro Siqueiros, der 1940 nach dem großen Erdbeben von 1939 eine von Mexiko geschenkte Schule in Chillán ausschmückt. Als er i960 aus politischen Gründen in seinem Heimatland verhaftet wird, schreibt Violeta wohl 1960 ihrThiago de Mello gewidmetes Lied „Siqueiro(s) prisionero". Bravo seinerseits ist von der experimentellen Tendenz des Bauhauses beeinflußt, die er durch seine Arbeit mit dem vor dem Nazi-Terror nach Chile geflüchteten Tibor Weiner in der Facultad de Arquitectura der Universidad de Chile kennen lernt. 1957 gründet er das Centro de Cine Experimental. Schon 1956 entsteht das ebenso experimentelle „Taller 99" von Antúnez, in das er auch Escámez einlädt. Es ist viel über die Anregungen für Violetas „obra visual" spekuliert worden (vgl. die einleitenden Essays zu Violeta Parra — Obra visual). Die hier skizzierten Zusammenhänge geben wenigstens handfeste Hinweise auf das künstlerische Feld, in dem sich Violeta bewegt. Es erstaunt nun kaum, daß González, Rolle und Ohlsen eine enge Verwandtschaft zwischen der Struktur von El gavilán und derjenigen der „arpilleras" feststellen. In beiden Varianten von Kunst handele es sich um Wiederverwendung von Stoff- bzw. Musikfetzen: [...] die Form von „El gavilán" [...] entsteht aus einer Summe von musikalischen und poetisch-musikalischen Stücken, womit sich das Verfahren wiederholt, das sie bei der Produktion ihrer Wandteppiche anwendete, in dem eine kontinuierliche Anhäufung von Teilstücken das ganze ergab. [...] so wie in ihren Teppichen und „arpilleras" Fetzen von Stoff und farbiger Wolle wieder
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Violeta Parra. Lieder a u s Chile/Canciones d e Chile v e r w e n d e t w e r d e n , s o w e r d e n in „ E l g a v i l á n " M u s i k f e t z e n w i e d e r v e r w e n d e t , w o b e i F o l k l o r e - M a t e r i a l i e n a u f g e g r i f f e n w e r d e n , d i e u n t e r H o c h s p a n n u n g in eine zerstückelte R e d e e i n g e b a u t w e r d e n , in d e r S i l b e n u n d
unverbundene
M o t i v e v o l l k o m m e n e K l a n g a u t o n o m i e erlangen. (S. 3 8 3 - 3 8 4 )
Im Falle von El gavilán hören wir also die musikalische Verfremdung der cueca in einer verstörten und zerstörten Liebeswelt. Ob nun El gavilán eine Abrechnung mit dem Brillenträger Sergio Bravo ist und „La muerte con anteojos" mit dem brillenlosen Julio Escámez oder umgekehrt spielt keine Rolle. Mit beiden hatte die immer nach Liebe suchende Violeta wohl gleichzeitig eine nähere Beziehung.7 Wichtig ist hier nur das Vermögen zur Synthese. Beide Kompositionen sind 1958 entstanden oder jedenfalls konzipiert worden, wiederum ein Zeichen also für die zeitliche Nähe von Erlebnissen und künstlerischer Verarbeitung. Gerade deshalb sollte man sich erneut vor allzu enger (auto) biographischer Fixierung eher hüten — wie im Fall von "Arriba quemando el sol". Der Verlust von Liebe ist ja ein roter Faden in der Lieddichtung Violetas ebenso wie die Erfüllung von Liebe (vgl. "Einleitung III", S. 80). Jedes dieser Lieder einer konkreten Beziehung zuschreiben zu wollen, hieße in den „anecdotismo banal" zu verfallen, den Oporto heftig kritisiert (S. 63-64). Als Beispiel hierfür kann noch einmal die Fiktion von Mónica Echeverría dienen, in der sie die Figur „Violeta" zum „Schmetterling" stilisiert, die sich auf dem Hintergrund der „amores en Concepción" („Liebschaften in Concepción") gegen diffamierende Angriffe sehr ungeschickt verteidigt.8 Die cueca, die Echeverría Violeta zuschreibt, ist in Wirklichkeit „Ich bin wie der Schmetterling", die Violeta durch Eduviges Candia kennen lernt (Cantos folklóricos chilenos, S. 104-105).
7
"Yo quiero que me quieran" („Ich möchte, daß man mich möchte") heißt es in einem
Brief an Adriana Borghero, in einem Text, der „Gracias a la vida" in sich trägt (Libro mayor, S. 139). Adela Gallo, Fotografin und Freundin, die an der Vorbereitung des zukünftigen Balletts mit Entwürfen von Bühnenbildern beteiligt ist, sagt im Interview mit dem „Gitano" Osvaldo Rodriguez, daß El gavildn nicht nur auf Anraten von Bravo, sondern gegen ihn komponiert worden sei: „Und wurde er auf Anregung von Sergio Bravo geschrieben? - G e g e n Sergio Bravo" (Cantores que reflexionan, S. 189). 8
"Ich bin wie ein Schmetterling / .immer herum um' die Kerze; / verbrenn' ich mir auch
die Flügel, / immer bin ich auf dem Posten. / Wie der Schmetterling, / der herum fliegt, / hab' ich kleine Lieben, / immer mal wieder". Das Lied ist nebenbei ein schönes Beispiel für die Offenheit der von Violeta gesammelten traditionellen Folklore.
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Techniken, in denen T ö n e zu einem „freien", nicht an tonale Regeln gebundenen Material werden, verwendet Violeta aber auch in d e m schon erwähnten D o k u m e n t a r f i l m Mimbre
( 1 9 5 7 ) von Sergio Bravo (vgl. „Ein-
leitung II", S. 74), hier eher zur Konstruktion eines bewegten Bildes der künstlerischen Möglichkeiten im Zusammenspiel von Handwerk des Korbflechters,
Filmaufnahmen und Musik. 9 M i t ihrer Vertonung von „El pue-
b l o " („Paseaba el pueblo sus banderas rojas") aus d e m Carito general N e r u d a (Teil X I . Las flores de Punitaqui)
von
auf der Basis ihrer experimentel-
len Komposition für Gitarre „Tres palabras" ( 1 9 5 7 ) versucht Violeta eine Übertragung neuer „akademischer" M u s i k („müsica culta") in die politische Dichtung. 1 0 D a s Ergebnis ist alles andere als ein „kämpferisches" Musterlied. Olivia C o n c h a Molinari charakterisiert „Tres palabras" als das „vielleicht geheimnisvollste aller kurzen Stücke von Violeta Parra" („Violeta Parra, compositora", S. 84). D e n ersten Teil der K o m p o s i t i o n , der den Versen 1-8 von N e r u d a s Gedicht unterlegt ist, kennzeichnet C o n c h a Molinari als tonal, in Moll gehalten u n d mit einem Triton-Intervall endend, der wie eine offene Frage wirkt (S. 8 4 ) . " Dieser erste Teil wird nach einem helleren Zwischenspiel, das den Versen 9 - 1 7 entspricht, wiederholt, sodaß der Fragecharakter des Liedes im Vergleich mit d e m Text N e r u d a s verstärkt wird. D e r Wortlaut des Gedichts läßt eine derartige Lesart zu, da das lyrische Ich als Zuschauer erscheint u n d die in der M u s i k implizierte Frage, o b der Widerstand des Volkes wohl durchzuhalten sei, von ihm gestellt werden könnte. Auch in „Arriba q u e m a n d o el sol" finden sich Spuren ähnlicher K o m position, die nun aber nicht fremden Texten dienen, sondern in die eigene
9 Als raffinierte Synthese dieser Tendenzen erscheint mir die Aufnahme von Violeta von 1964 im Zusammenhang mit ihrer Ausstellung im I.ouvre (s. Photo, S. 264). Eine ausgeklügelte Inszenierung zeigt die bildende Künstlerin auf einem dreifarbig gekachelten Boden, der perspektivisch in ein Raumdreieck führt. Sie sitzt auf einem ihrer Teppiche, ist von Masken aus Pappmache umgeben und hält die Drahtskulptur eines Tieres. Z u einem vollständigen Porträt des Gesamtkunstwerks Violeta fehlt ein Hinweis auf ihre Lieddichtung und deren politisch-soziale Komponente. 10 Die Charakterisierung der Musik von El gavildn als „culta" wird Violeta von Mario Cespedes im Interview von 1960 suggeriert (Garcia, Violeta Parra en sus palabras, S. 41).
" „Das Volk führte seine roten Fahnen aus, / und unter ihnen, auf dem Stein, den sie berührten / ich, am brausenden Tag / und in den Hochgesängen des Kampfes. / Ich sah, wie sie Schritt für Schritt eroberten. / Nur ihr Widerstand war Weg, / und allein waren sie wie Bruchstücke / eines Sterns, ohne Mund und ohne Glanz" (Obras compktas I, S. 730; Ubersetzung M.E.).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Ausdruckswelt integriert sind. Mit den bereits beschriebenen Aussageformen (Reimgestaltung, Rhythmus, Eintönigkeit) steht die im engeren Sinn kompositorische Gestaltung vollkommen in Einklang. Der durchgängig verwendete D-Dur Akkord wird in der sich wiederholenden Schlußzeile jeder Strophe - „Y arriba quemando el sol" - am Zeilenschluß auf dem Wort „sol" zu D7, also zu einem aufgrund des Halbtons nicht aufgelösten Scheinschluß (vgl. Partitur auf S. 232).12 Der erzielte Effekt des Wartens auf Fortsetzung kann auf die erbarmungslos ohne Ende scheinende Sonne übertragen werden. Aufgrund der Sachlage ist demnach die Etappeneinteilung von Miranda mehr als fragwürdig. Schon in den 50er Jahren ist die Poetik von Violeta vollkommen ausgebildet. Zu ihr gehören nicht nur ländliche Tradition in Liebeslyrik, Volksreligiosität und geschichtlichen Genrebildern, sondern auch ein waches, scharf beobachtendes umfaßendes Kulturbewußtsein, das Politik und Gesellschaft selbstverständlich - ganz wie die „lira populär" — einschließt. Die doppelte Lektüre von „Yo canto la diferencia" als Festlegung der eigenen Poetik und als Abkehr von avantgardistischen Tendenzen wird nur noch plausibler (vgl. „Einleitung II", S. 74). Soweit ich sehe sind ja auch nach i960 keine experimentellen Kompositionen mehr erschienen, und „Cantores que reflexionan" setzt einen entschiedenen Schlußpunkt.
4. Kontexte und Werkdeutung: Politik und Religion Zu einer Tendenz der Bevorzugung von ländlich-traditioneller Folklore und Liebesthematik, die in den letzten Jahren eher zugenommen hat, kommt außerdem die Betonung religiöser oder gar magischer Züge auf Kosten der sozial-politischen Komponente. Beide Komplexe — Politik und Religion — sind eng miteinander verbunden, weshalb die Privilegierung von Religion unbegründet ist. Unbestritten ist, daß Violeta wohl auch auf Anregung ihres ersten Ehemanns Luis Cereceda 1945 Mitglied des Partido Comunista (PC) wird,
12 Gonzalez, Ohlsen und Rolle beschreiben das Lied wie folgt: „Dieses Lied sparsamer Mittel basiert auf einem sich wiederholenden Rhythmus und einer akkordisch absteigenden tetraphonischen - Melodie, ausgehend von dem einzigen verwendeten D - D u r Akkord, der in
einem modalen mixolydischen Kontext mit seiner verminderten Septime erscheint" (S. 390). Die drei Musikologen entdecken in „Arriba quemando el sol" wie in „Arauco tiene una pena" Spuren des „vokalen Stils der Mapuche" (S. 388).
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um sich im Wahlkampf für Gabriel Gonzalez Videla zu engagieren. Victor Herrero kommt zu der Aussage, daß die Politik das einzige Band gewesen sei, das Violeta und Luis zuzammen gehalten habe (Después de vivir un siglo, S. 85). In der Partei wird sie schnell für ein Regionalkomitee verantwortlich (Cereceda in Alcalde, S. 33-34). Zuhause richtet sie ein Comité de dueñas de casa ein („Hausfrauen-Komittee"; Subercaseaux/Londoño, S. 44;). Schon 1938, zu Beginn der Präsidentschaft von Pedro Aguirre Cerda und des Frente Popular, vertraute ihr die Kommunistische Partei einen improvisierten Laden an, in dem grundlegende Lebensmittel zu Einkaufspreisen verkauft wurden („una especie de JAP" — Juntas de Abastecimiento y Precios — nach dem Zeugnis von Roberto Parra in Subercaseaux/Londoño, S. 41. Roberto benutzt den Namen von Einrichtungen in der Zeit der Unidad Popular). Möglicherweise geht die Behauptung einer schnellen Verdrossenheit mit der parteipolitischen Arbeit auf die Darstellung von Cereceda zurück (Alcalde, S. 34). Bei Manns heißt es sogar, sie habe nur „1946" kurz der Partei angehört („pertenecerá brevemente", Manns, Madrid 1978, S. 33).13 Dagegen steht das Zeugnis von Gladys Marín, der langjährigen Vorsitzenden des PC, die in einem Interview aus dem Jahr 2004 sagt: „Ich wurde eine gute Freundin von Violeta. Sie war eine Partei-Kommunistin" (Libro mayor, S. 133). Sie erinnert sich an die gemeinsame Seereise 1962 zur Teilnahme an den „Weltfestspielen der Jugend und Studenten", das die UdSSR periodisch finanzierte, in jenem Jahr in Helsinki. Auf Marin geht die Einladung auch zurück (Angel Parra, Violeta sefue a los cielos, S. 164). Violetas Erfahrung der DDR und der UdSSR ist von Enthusiasmus geprägt (vgl. Fn. 6). Schon die erste Europa-Reise 1955 zu den „Weltfestspielen" in Warschau, war für Violeta ein Fest der Freude und Solidarität (s. „En Varsovia", Décimas, S. 327). Das Festival ist gelegentlich auf die Katerstimmung nach dem Ende der „fiesta mágica" beschränkt worden (Décimas, S. 325; Miranda, La poesía bezieht sich auf „Fin del festival", S. 216). Dadurch ensteht jedoch eine arge Verzerrung der Wechselstimmungen eines Menschen, der zum ersten Mal auf Weltreise ist. Die anfängliche Verwirrung hat nichts mit langen parteipolitischen Reden zu tun, sondern mit der überraschenden Einladung
13
Lucy O p o r t o zitiert — mit Bezug auf das Stichwort „capitalismo" - in ihrer entspre-
chenden Fußnote Manns, Alcalde u n d Montealegre (S. 6 6 - 6 7 , Fn. 58); bei Miranda heißt es ohne Quellenangabe „Sie war einige Monate Mitglied des Partido Comunista" (La
poesia,
S. 2 0 3 , Fn. 25). Beide Male geht es darum, eine konkret definierte sozio-politische Linie zu relativieren.
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Violeta Parra. Lieder a u s Chile/Canciones d e C h i l e
zu der — von Kommunisten — organisierten Großveranstaltung, die sie dann als „jardín del amor humano" erfahrt („Garten der menschlichen Liebe", „En Varsovia", S. 327). Auch ihre ja für die Décimas geschriebenen (stilisierten?) Wutausbrüche in Wien und Paris haben nichts mit Politik zu tun („Tramitada en Viena", „Llego a París", S. 332-335) oder der „altisonancia de la excesiva discursividad" vor allem der Linken („Lautstärke der übertriebenen Rede", Miranda, La poesía, S. 216-217). In dieser Kritik, die wie aus blauem Himmel auch „Sektoren der Rechten" einbezieht, vergißt Miranda, daß Violeta in ihrer Wiener Einsamkeit nicht nur die Hilfe von „los comunistas" und „el radical" (dem Liberalen) vermißt sondern auch von „los católicos" (Décimas, S. 331 und Miranda, La poesía, S. 216). Auch den zweiten Aufenthalt in Europa — mit dem schon erwähnten Besuch der Weltjugendfestspiele in Helsinki (1962) — legt Miranda auf eine Negativstimmung fest, indem sie einen Brief von Violeta an Nicanor vom Juni 1963 zitiert.14 Wiederum übersieht sie, daß es sich um den — tiefen — Ausdruck einer Augenblicksstimmung handelt. Gleich im folgenden Brief an den Bruder hebt sich ihre Stimmung (Libro mayor, Madrid, S. 104; die Anordnung in der Ausgabe Santiago ist nicht als Sequenz angelegt, S. 152154 und S. 157-162). Trost findet sie unter anderem in El Siglo, der vom PC herausgegebenen Tageszeitung: [...] ich grüße mit randvollem Glas von Rotem San Javier, der eben aus der Kiste k o m m t , den verehrten Sänger der Hohen Sänger Enrique Lihn, berühmt f ü r seine Anfälle von W u t , und die Zeitung [-.].
El Siglo
El Siglo, w o
man sich ausheulen kann
ist wie die Hand, die dem Blinden zu sehen hilft,
wie ein Schal aus dem Süden, u m unseren Körper zu schützen.
(Libro mayor,
S. 1 5 3 ) 1 5
14 Libro mayor, Ausgabe Madrid 1985, S. 103; Ausgabe Santiago 2009, S. 157. Die Ausgabe Santiago enthält einen ungleich längeren Text, den Miranda ignoriert. Vgl. Engelbert, „Poesia y pintura en la vida de Violeta Parra", S. 100-102. 15 Enrique Lihn (1929-1988), Dichter aus dem Umfeld von Nicanor Parra, Freund und Mitarbeiter von Violeta in der Radiosendung Asi canta Violeta Parra Anfang der 50er (Oviedo, S. 50). In der Ausgabe Madrid heißt es einfach „und die Zeitung, wo man sich ausheulen kann", mit einer erklärenden Fußnote von Isabel Parra. Für Violeta gibt es halt nur eine einzige Zeitung.
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Mitte September 1963 schreibt sie an Gilbert, daß sie sich nach der „fiesta de L'Humanité', dem französischen Gegenstück zu El Siglo, ausruhen müßte: Wie schade, daß D u die Fiesta nicht gesehen hast. D e n k mal, es waren ein paar Leute da, 600 Tausend Personen. Ich habe nach Chile berichtet, wie groß dieses Fest war. Unglaublich! Es sieht so aus als ob der Pöbel zufrieden war. U n d die Partei-Genossen auch. (Libro mayor, S. 174)
Von einem kommunistischen Strohfeuer kann also nicht die Rede sein.16 Kommunistisch-marxistische Vorstellungen finden sich ebenfalls in ihrer nicht parteibezogenen Sprache. „Burgués" und „burguesía" werden oft gebraucht, spätestens seit ihrer Vertonung von „Sátira de la rima" von Gonzalo Rojas als „Los burgueses" (1958). 1963 schreibt sie an Gilbert - nach dem sie ausführlich ihre Zurücksetzung gegenüber einer „abstraite de prestigio" durch die Leitung des Louvre beklagt hat (Libro mayor, S. 175): Ich will, daß mein N a m e wächst, u m stärker u n d wichtiger zu sein, u m mein Volk besser zu verteidigen. In der Schlacht gegen die Bourgeoisie muss man stark sein, u n d ich möchte Chile mit neuem Motor sehen. (Libro mayor, S. 177; „ver"/ „sehen" könnte ein Transkriptionsfehler von „volver"/„wiedersehen" sein)
Kurz bevor sie aus einem Europa, das sie dieses Mal uneingeschränkt gut behandelt hat (Brief an Blaya Mai 1964, Libro mayor, S. 183), nach Chile zurückkehrt (Juni 1965), gibt sie Hubert Joanneton in der Schweiz ein Interview, in dem sie erklärt: Einige Zeitungen in Chile sind mir nicht wohl gesonnen; die Zeitungen der Rechten, der Bourgeoisie. Für sie ist das Wort Folklore bereits rassistisch besetzt. Ich bin eine Frau aus dem Volk. Jedes Mal, wenn ich mich in Politik einmische, regen die sich über mich auf; sie hätten gern, daß ich nur Sängerin wäre. ( Violeta Parra en sus palabras, S. 109)
16
Merkwürdig ist, daß Javiera Parra, Enkelin von Violeta, die Verbundenheit ihrer Großmutter mit dem Kommunismus kleinredet. In einem Interview mit der satirischen Zeitschrift The Clinic sagt sie: „Immer wurde Violeta ein schwarzer kommunistischer Fleck zugeschrieben. Und wir alle wissen, daß sie hunderttausendmal größer ist als das. Es handelt sich nicht um das Werk einer kommunistischen Frau, sondern es ist ein metaphysiches, philosophisches Werk" (20. Juli 2017, S. 8).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Für das Wort „capital" und seine Derivate gilt ähnliches, wenn auch sein Gebrauch unbestimmter zu sein scheint. Aber selbst Miranda, die marxistische Vorstellungen nicht liebt, kann nicht umhin, in „Mazúrquica modérnica", dessen Kern im hier angeführten Zitat enthalten ist, „die Widersprüche des kapitalistischen Systems" am Werk zu sehen {La poesía, S. 105). Violetas eigene Bemühungen, Marx zu verstehen, stecken in einer beinahe von Verzweiflung gefärbten Aussage ihrer Tochter Carmen Luisa über ihre widersprüchliche Mutter. Diese habe ihr einen regelmäßigen Schulbesuch nicht ermöglicht mit der Begründung, sie sei faul. Dann aber hätte Violeta sie mit Büchern überhäuft: Und sie kaufte mir viele, viele Bücher, und ich sag' Dir, Gitano, meine Mama versuchte, mich mit zehn Jahren Das Kapital lesen zu laßen, und sie erklärte es mir, der absolute Blödsinn! (Interview mit Osvaldo Rodríguez, Cantores que
reflexionan, S. 166) Eine gewisse Skepsis scheint sich denn auch bei der Mutter festgesetzt zu haben. Ich bin jedenfalls versucht, eine Variante im Text von „Un río de sangre" („Rodríguez y Recabarren", 1962) so zu erklären. In der geläufigen von Violeta gesungenen Version lautet v. 6: „canalla del carnaval". Damit ist das Lügengeflecht der Mächtigen gemeint, das etwa in „La carta", „Porque los pobres no tienen" oder „Ayúdame, Valentina" kritisiert wird. In einer handschriftlichen Fassung, die der Plattform „cancioneros" zur Verfügung steht, liest man an Stelle von „carnaval" „capital". Der Schluß liegt nahe, daß Violeta mit den Lügen der Machthaber vertrauter war als mit den Tücken des Kapitals und von Das Kapital. Der interessanteste Beleg ist — im Hinblick auf seine Rezeption — das Interview mit Mario Céspedes i 9 6 0 in Concepción (vgl. „Einleitung ", Fn. 57). Auf eine Bemerkung von Céspedes, Der Sperber sei ein Beispiel für „música culta" und der Raubvogel stelle den Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen „Macht und Schwäche" dar, antwortet Violeta: Das Hauptthema ist die Liebe. Die Liebe, die fast immer zerstört, nicht immer aufbaut. Der Sperber stellt den Mann dar, die männliche Hauptfigur des Balletts. Das H u h n stellt die Frau dar, die auch eine herausragende Figur ist, aber die leidende Figur, die alle folgenden Taten dieses mit Krallen und bösen Gefühlen bewehrten Sperbers erträgt, der auch die Macht darstellen mag, wie D u gesagt
hast, den Kapitalismus, den Mächtigen. (Violeta Parra en sus palabras, S. 41)
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Die allegorische Bedeutung, die Violeta betont, ist die Liebe in einer beinahe sadomasochistischen Spielart. Die Allegorie der Macht ist sekundär, durch das Tempus als möglich charakterisiert und von Céspedes vorgegeben. Der „capitalismo" ist eine Zugabe von Violeta, wird aber sofort wieder mit dem vieldeutigen Mächtigen identifiziert. Wie schwierig oder unangenehm der Begriff ist, wird an seiner Auslassung etwa durch Montealegre (S. 42) oder der Nichtbeachtung des gesamten Zitats durch Miranda {La poesía, S. 133) deutlich. Von Nichtbeachtung kann man deshalb sprechen, weil Miranda El Diablo en la música von Oporto zitiert, deren radikal politische Auslegung von El gavilán jedoch unterschlägt. Oporto bezieht sich vom ersten Kapitel an immer wieder auf das — verkürzte — Zitat von Violeta: „Violeta suchte eine Form für die nivellierende Beziehung zwischen der Liebe, die zerstört, der Macht und dem Kapital" (S. 55). Die Trennung von „poder" und „capitalismo", die bei Violeta eher gleichgesetzt werden, und die Verbannung der Möglichkeit „konstruktiver Liebe" (im Zitat angesprochen und in „Volver a los 17" dichterisch gestaltet) öffnen einer unkontrolliert assoziierenden Interpretation Tor und Tür. Oporto braucht beispielsweise seitenlange Ausführungen zu Satan und seiner Kirchengeschichte, um schließlich auf Vers 9 von „Cantores que reflexionan" zu kommen und eine „estructura oculta" zu entdecken: „ein grausames Opfer für den Teufel, vielleicht als Teil eines Rituals schwarzer Magie" (S. 301). El gavilán stellt für sie ein Werk über „die Zukunft Chiles seit 1973 unter der Egide des Faschismus und seiner Fortsetzung sowie Konsolidierung als .faschistischer Geist' seit 1990" dar (S. 27, vgl. auch S. 119, 125, 221, 285, 310, 312). Bei Miranda wird aus dieser fragwürdigen Vision ein „Tod des allen Chilenen eigenen Geistes" {La poesía , S. 133), der auch nicht überzeugt. Tod und Teufel, erfundener Opferkult (Oporto, S. 238), „Gavilán o Diablo" („Sperber oder Teufel") als Inkarnationen einer blutrünstigen Gemeinschaft (S. 204) haben nichts mit dem Text von Violeta Parra zu tun, in dem im Gegenteil „die Leute" das sich selbst für „taub" erklärende Lyrische Ich warnen (Parra, Poesía, S. 81). Oporto kann diese freundliche Geste nur in einer halsbrecherischen Umdeutung als „verdeckte Drohung der Gemeinschaft gegen das Opfer", als „billige Ratschläge", und als „nachtragende Opferungsweisheit" verstehen (S. 270). Die Verwendung des Begriffs „Faschismus" kann ich nur als fahrlässig bezeichnen, da das historische und politisch-gesellschaftliche Phänomen zu einer unumgänglichen Notwendigkeit stilisiert wird. Einziger Weg ihr zu entkommen, wäre die Kunst Violetas als „therapeutisch" im Sinne der magischen Kräfte einer „machi" der Mapuche
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
zu begreifen, die es verstünde, verlorene Kommunikationswege übernatürlicher und gesellschaftlicher Dimension wieder zu entdecken: Ausgehend vom Prozeß der von El gavildn impliziert, ist im weiten Sinn gedacht. Soll Geister aus dem Körper und
Bewußtseinsentwicklung, die die Ausarbeitung dieses Stück vielleicht als ein Exorzismus-Ritual heißen als eine Form der Austreibung der bösen der Seele Chiles vor der Katastrophe. (Oporto, S.
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Wie in einer Welt, in der Gott abwesend ist (S. 73) und das Böse als positives Prinzip und nicht nur als Mangel an Gutem herrscht (S. 313), eine gut gemeinte Interpretation wie diejenige von Oporto überhaupt entstehen kann, bleibt unerklärt, und wir brauchen dazu wohl die Hilfe Valentinas. Auch Miranda ist von der Welt der mapuche bezaubert, beflügelt durch die „beklagenswerte ,Aktualität'" {La poesia, 219), die „Arauco tiene una pena" attraktiv für ihre Studierenden mache. Das Kernstück ihrer bäuerlichen Weltsicht sei die Mapuche-Komponente (Einleitung zu Poesia, S. 33). In „El guillatün" sieht sie ein „synkretisches Ritual" (wegen der gleichzeitigen Anrufung von "Isidro, Dios y San Juan", v. 5, und der „machi", w . 6 und 18), das der „Logik der voll gültigen indigenen Kulturen" entspreche: [...] dies hat schon nichts mehr mit integrationistischen und entwicklungspolitischen Indigenismen zu tun, sondern mit der .Autonomie' und der .Selbstbestimmung' jener Völker, die den Reichtum an Erkenntnis und Traditionen bewahrt und erneuert haben, und die dank ihnen weiter überleben werden. (La poesia, S. 220-221) Diese vielleicht eher in Santiago als in Millelche („El guillatün", v. 1) geborene Utopie verbindet sich bruchlos mit dem „erlösenden und befreienden Diskurs des ursprünglichen Christentums oder mit einigen Grundzügen des II. Vatikanischen Konzils" (S. 43). Bei aller Wertschätzung von religiösen Traditionen und unterschiedlicher Interpretationsansätze werden in derartigen Klitterungen die Grenzen einer Werkanalyse überschritten, die Perspektiven für das Verständnis eben dieses Werks eröffnen sollte. Die Erfahrung von Welt der Dichtersängerin Violeta Parra ist eindeutig. Sie ist durch materielle Armut, den Willen zur Anklage und Veränderung menschenunwürdiger Verhältnisse sowie einen unerhörten Ausdrucksreichtum geprägt. Empathie mit den Leidenden und Liebe
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zum Leben in all seiner Widersprüchlichkeit sind die Leitlinien ihrer Existenz. Der Einfluß sozialistischer, durch den PC formulierten Ideen ist dabei unverkennbar. Wenn sie zum Ausdruck von Leiden und dem Wunsch nach dessen Ende je nach Kontext Elemente aus der Tradition der mapuche, der Indios aus dem Altiplano (z.B. „Mañana me voy pa'l Norte") oder, am häufigsten, der katholischen Christen benutzt, dann bleibt ihre grundsätzlich auf das Diesseits bezogene Einstellung davon unberührt, eine Einstellung, die eben den leidenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ich habe bereits in der „Einleitung" von 1978 deutlich gemacht, daß Violeta die Trostfunktion christlichen Glaubens für sich in Anspruch nehmen kann, obwohl sie deren Ideologiecharakter (Ablenkung von den weltlichen Ursachen des Leidens) durchschaut („Einleitung III", S. 90). Die folgenden Beispiele sollen ihr Verständnis von Politik als helfender, mitmenschlicher und engagierter Praxis unterstreichen. Zunächst sei noch einmal an ihre Tätigkeiten Ende der Dreißiger und Anfang der Vierziger erinnert, in der Programmpunkte der Linken — Bekämpfung von Hunger, Stärkung der gesellschaftlichen Stellung von Frauen — in Handlung umgesetzt werden. Ihre Tätigkeit im 1952 gegründeten „Comité por la Paz" — ein Sammelpunkt fur den verbotenen PC — richtet sich gegen jede Form von Aufrüstung, insbesondere gegen die atomare, und zeigt Spuren bis zu den arpilleras „Contra la guerra" (1962) und „Cristo en Bikini" von 1964.17 Wir sollten uns hüten, diese Anstrengungen nur als Folgen sowjetrußischer Propaganda abzutun, die Violeta schon erkannte (vgl. Fn. 6). 17 Silvia Urbina, selbst Folkloresängerin und Kommunistin, lernt Violeta im Komitee kennen, als sie noch nicht die „berühmte Figur" gewesen sei (Libro mayor, S. 197). Montealegre erinnert an Violetas Reise zu den Weltjugendfestspielen 1962 in Helsinki unter dem Motto „Für Frieden und Freundschaft". 1962 ist auch das Jahr der Kuba-Krise (Stationierung von sowjetischen Raketen) und der Enzyklika Pacem in terris. Seine auf Aussagen Violetas u n d Angels gestützte Analyse zeige die „complejidad mestiza" der Symbole und ihre Spitze gegen die Institution Kirche auf (das Gewehr mit einem Kreuz). Montealegre bietet auch eine ausgezeichnete Deutung des „Christus in Bikini" (und nicht „in bikini") unter Hinweis auf das Atoll, in dem die USA ihre Atombombentests durchführten (Violeta Parra, 2011, S. 4353; s.a. http://www.elmostrador.cl/cultura/2017/03/22/la-misteriosa-obra-visual-de-VioletaParra-repleta-de-simbolismos-que-es-mas-actual-que-nunca/). Der Aufsatz von Isabel Cruz de Amenabar „Violeta Parra, artista Visual" schreibt 2012 noch von einem nicht überzeugenden „witzigen Einfall" des Titels (sie verwechselt die Inselgruppe mit einem Badeanzug), der so gar nicht zu der von ihr gesehenen „Verherrlichung in der eingeengten Vertikalität des Gekreuzigten, in dem Vögelchen, das ihm wie ein Heiliger Franziskus den Nagel herauspickt" passen möchte (Violeta Parra - Obra Visual, S. 31).
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Die Wahrnehmung der UdSSR als Land gesellschaftlichen Fortschritts und als Schutzmacht gegen autoritäre Willkür (z.B. Frankismus), den Neokolonialismus (Lumumba als Märtyrer, beide Bespiele aus „Un rio de sangre") oder als Verteidigerin erkämpfter Freiheit (Kuba) ist ja aus der Perspektive einer Lateinamerikanerin, die Armut und politische Verfolgung im Namen der Freiheit kennt, die in der DDR Konzerte geben und Platten mit ihren Liedern veröffentlichen kann, mindestens verständlich. In ihrer im weiteren Sinn politischen Praxis ist Violeta ausgesprochen tolerant. Aus Paris schreibt sie an den verehrten Freund Joaquin Blaya in dem bereits zitierten Brief vom 23. August 1963 (Fn. 6), daß sie im September ein Konzert im Sitz der UNESCO geben werde — in einer Genfer Zeitung wird sie im Zusammenhang mit ihrer Ausstellung an der dortigen Universität 1963 als „Mitarbeiterin der UNESCO" bezeichnet („Collaboratrice de l'U.N.E.S.C.O", Libro mayor, Madrid, Abbildung 13, S. 107 - dort erkennt man auch einen Ausschnitt aus der DDR-Zeitung Freie Erde vom September 1962). In dem erwähnten Brief, in dem auch der Satz über die „revolutionären Lieder, die ich in Europa schrieb" steht, bezeugt sie Blaya gegenüber ihre „unermeßliche Dankbarkeit" für seine Hilfe bei der Freilassung ihres Bruders Eduardo „Lalo", der wegen eines Selbstmordversuchs, in den auch eines seiner Kinder verwickelt war, Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen hatte: Sie, don Joaquin, sind ganz jenes Städtchen. Ich kann, in diesem Fall, die Wahrnehmung des Ortes nicht von dem trennen, was Sie als menschliches Wesen sind. Und als erste politische Autorität des besagten Städtchens [General Pico], die in meinen Gedanken glänzt - ich erinnere mich, als wenn es gestern gewesen wäre, wie ich dort war, um meinen Bruder zu suchen, dem Sie halfen
und den Sie verteidigten. (Libro mayor, S. 172)
Wir finden erneut die Dankbarkeit Violetas, hier in einer bemerkenswerten Verbindung mit der politischen Rolle des Freundes, die einen Hauch von „caciquismo" haben könnte, aber eben auch das Erstaunen über eine großherzige Haltung ausdrückt, die sie aus Chile nicht zu kennen scheint. Jedenfalls stößt sie sich nicht an der parteipolitischen - liberalen - Haltung des Helfers, dem sie ohne Scheu von ihren „revolutionären Liedern" erzählt. In einem anderen Brief an Blaya vom Mai 1964 gibt sie ein weiteres Zeichen ihrer dankbaren Erinnerung: „Ihnen zu Ehren kommen in das Programm jedes meiner Konzerte argentinische Lieder: bagualas, bailecitos und
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chacareras. So erwidere ich die unermeßliche Gunst, die Sie mir erwiesen"
(Libro mayor, S. 183).
An den Präsidentschaftswahlen im September in Chile nimmt sie zumindest lebhaften Anteil. Zu diesem Ereignis fliegt sie Ende August von Paris nach Santiago, wo sie eine dumme Grippe erwischt („enferma como tonta", Brief an Gilbert vom 2. September 1964, Libro mayor, S. 199). Sie bekommt einigen Besuch von Gruppen — nur die Gruppe Millaray sei nicht gekommen - sowie „Lalo" und ihrer Schwester Hilda, von der es kurz und bündig heißt: „Die Blöde ist keine Anhängerin von Allende" ( L i b r o mayor, S. 200). Violeta selbst ist eine überzeugte Anhängerin von Salvador Allende. Zwischen dem 30. Juni und dem 8. September 1964 findet in Santiago die Ausstellung „Solidarität mit dem chilenischen Volk" statt, in der zahlreiche nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler ihre Unterstützung von Allende bezeugen. Viöletas Beitrag ist ein eher selten zu sehendes Ölbild, „La muerte del angelito", gemäß Informationen von Gonzalo Arqueros, Professor an der Universidad de Chile. 18 Es überrascht daher nicht, daß Violeta nach den Wahlen am 4. September ausgesprochen enttäuscht ist: „Gestern, am 4., bekamen wir einen großen Schreck. Wir haben die Wahlen verloren. Die Christdemokratie hat den Allendismo weggefegt. Der Schlag ist hart ( L i b r o mayor, S. 200)". Wenn man den ,^Allendismo" als Versuch versteht, eine zersplitterte Linke innerhalb eines prinzipienfesten, auf Kapitalismuskritik gegründeten Rahmens mehrheits- und regierungsfähig zu machen, dann entspricht er vollkommen der toleranten - zum eigenen Vorteil auch kompromißfähigen — Einstellung Violetas. Die vehemente Schelte ihrer letzten Liebe, Alberto Zapican („El .Albertio'") liegt, ausgehend von der wütenden Enttäuschung, politisch auf derselben Linie (Brief an den Gitano Osvaldo Rodriguez, 1966). Der Uruguayo kommt ihr als handwerkliche Hilfe in ihrer Carpa wie ein Geschenk Gottes vor, zumal die chilenischen wie die uruguayischen Arbeiter, an deren Vqrbildlichkeit sie ja glauben sollte, „ein Dreck" seien (Libro mayor, S. 211). Sie glaubt an eine „Verschmelzung von Seelen" und verliebt sich in den schweigsamen Mann ( L i b r o mayor, S. 210-211). Der jedoch entpuppt sich als halbherzig („medio amante" wie es in der traditionellen tonada und ihrer Umdichtung heißt; vgl. S. 278, Fn. 5):
18
Im Rahmen des "Coloquio Internacional Violeta Parra" in Santiago hielt Arqueros den
Vortrag, "La muerte del Angelito. Poética, visualidad, iconografía en la pintura de Violeta Parra" (31. August 2 0 1 7 ) , in dem er eine detailgenaue Analyse des Bildes vorlegte.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Kommunist, Liberaler, Konservativer? Anarchist, Philosoph? Dichter, Maler, Handwerker? Einfacher Mensch? Künstler? Nichts von allen, Osvaldo. Nichts, leider. An einem Morgen schleuderte ich ihm eine ganze Suada an den Kopf, über die romantischen Revolutionäre, tags im Café und bei Mondschein des nachts, versteckt hinter einem Schnurrbart, Koteletten und einer langen existentialistischen Mähne. Der Planet ist voll von diesen Revolutionären. (Libro mayor, S. 212)
Die politische Wendung eines persönlichen Problems ist typisch, in der vorliegenden Episode aber zu deutlich subjektiv, Ich-bezogen als das sie überzeugen könnte (vgl. „Einleitung III", S. 73). Der womöglich deutlichste Beweis für ihren konsequenten, vor allem praktischen „Allendismo" ist das bereits zitierte Interview mit Hubert Joanneton aus dem Jahr 1965 (vgl. S. 289). Im Anschluß an die Kritik „der Rechten, der Bourgeoisie" und deren Ablehnung politischer Lieder heißt es weiter: Aber es gibt auch Personen in der Bourgeoisie, die sehr offen sind und mich schätzen. Was getan werden muß, ist alle Welt zusammen zu bringen... und manchmal sind die Feinde interessanter als die Freunde. (García, Violeta Parra
en sus palabras, S. 109)19
„Alle Welt zusammen zu bringen" klingt wie eine Zusammenfaßung von „Gracias a la vida". Auf dem Hintergrund des von mir angenommenen ,allendismo" erscheint das Lied plötzlich auch als ein politisches Testament, zumal wenn man die „Gesten der Verschmelzung" im Gebrauch der Musik (Rhythmen, Instrumente) beachtet (vgl. „Einleitung III", S. 81). Ich bin überzeugt, daß diese Annahme mindestens ebenso plausibel ist wie diejenige von Paula Miranda und ihren Mitarbeiterinnen Elisa Loncon und Allison Ramay, die „Gracias a la vida" zu einem der in der Tradition der Mapuche stehenden „Gesänge eines Rituals der Dankbarkeit, Liebe und Reinigung" stilisiert {Violeta en el Wallmapu, S. 52). In La poesía de Violeta Parra verbindet Miranda die „vitalistische Weltsicht" des Liedes mit einer „intimen Beziehung mit der natürlichen Umgebung und ihren Zyklen" mit einer indigenen oder ländlichen Herkunft (S. 143). Damit engt sie aber die Weltsicht Violetas heftig ein, zu der nämlich auch „Mengen", „Hämmer", „Turbinen", „das ABC" und „Städte" gehören (vgl. die entsprechenden Verse in „Gracias a la vida").
19 Die Auslaßungspunkte sind die der Vorlage. Ich betone dies, weil sich das Zitat bestens für Manipulationen jeglicher Art eignet.
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5. Violeta Parra im Feld der Musik Der wichtigste Beitrag zu unserem Verständnis von Violeta ist ohne jeden Zweifel das Kapitel „Violeta Parra" in der schon so häufig zitierten Historia social de la música popular en Chile 1950-1970 von González, Ohlsen und Rolle (S. 379-394). Die Beachtung des ersten Teils dieser Geschichte über den Zeitraum von 1890-1950 ermöglicht weitere Einsichten in ihre Lehrjahre (González und Rolle, Historia social de la música popular en Chile 18901950). Aufschlußreich ist daneben die ebenfalls bereits zitierte Studie von Olivia Concha Molinari („Einleitung III", Fn. 68). In ihrem Zusammenspiel ergibt sich aus den beiden Untersuchungen das Bild einer Ausnahmegestalt. Violetas Praxis verbindet Spielarten von „Folklore", die kompositorische Aneignung von Zügen avantgardistischer Musik und die bewußte Entscheidung für die Entwicklung ihres Werks im Sinne einer Liedkunst, die noch lebendige Tradition von Volksmusik ist, mit einer scharfen Beobachtung und Kritik ihrer Gegenwart. So entsteht ein „Gesang, der anklagt und erneuert und letztlich, durch das Lied, eine neue Gesellschaft vorschlägt" (González, Ohlsen, Rolle, S. 386). Angeregt wird Violeta durch ihre eigene Erfahrung und „die Nähe zur aufgeklärten Welt ihrer Epoche" (S. 386). Ich möchte hier nun nicht im Detail wiederholen, was ich schon 1978 zu „Arriba quemando el sol", „Hace falta un guerrillero", „Yo canto la diferencia", „Porque los pobres no tienen", „La carta", „Ayúdame, Valentina", „Arauco tiene una pena", „Según el favor del viento", „Rin del angelito", „De cuerpo entero" und weiteren Liedern gesagt habe: daß sie von eben einem aufgeklärten Bewußtsein bestimmt sind, das ein gerechtes Leben auf der Erde einfordert und keine Vertröstung duldet. Ebenso setze ich die Rolle der erfüllten oder gescheiterten Liebe als Band zwischen Individuum und Gesellschaft als bekannt voraus und daß der Zweifel an der Welt immer wieder in ihrer Schönheit aufgehoben ist. Das Leben in der Welt ist das einzige, das es gibt — es braucht daher keine Hoffnung auf Errettung des „kleinen Engels", die Paula Miranda nicht aufgeben will (Lapoesía, S. 107). Gebraucht wird Liebe, damit Menschen ihre Lebensverhältnisse ändern können. Die auf zwölf Verse erweiterte Schlußstrophe des „Rin del angelito" läßt keine Zweifel. Die drei (rhetorischen) Fragen in den w. 33-36 zum Beginn der Strophe bringen „die Seele" auf einen Ausflug des (der) Fragenden in die „Höhe", wo ihm (ihr) deren „Leben" nicht erklärt wird (w. 37-40). Übrig bleibt die einzige Frage nach dem frühen Tod und
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dem Tod allgemein (w. 41-42). Und dieser macht Schluß mit Körper und Seele, „von ganzem Körper" („De cuerpo entero"), wie die entsprechende cueca zur einen Liebe von Körper und Geist feststellt. Die feierliche Musik des rin geht im Dunkel des Grabes zu Ende (González, Ohlsen, Rolle, S. 391). Was bleibt, ist die Hoffnung auf die Vernunft der Menschen, die sich auf der Erde ein himmlisches Zuhause bauen könnten („Ayúdame, Valentina", w. 41-44), ehe sie im Tod zu nichts werden (w. 59-62): eine nüchterne Feststellung, die der schmucklosen Musik Violetas entspricht (vgl. „Kommentar"). Der umfangreichste Versuch zur kompositorischen Seite des Werks von Violeta ist bisher die Studie von Lucy Oporto zu El gavilán (2013), auf die ich schon mehrfach verwies. Der Titel nimmt Bezug auf ein musikalisches Intervall, das drei Ganztöne umfaßt und vor allem im Mittelalter wegen seiner Dissonanz und Spannung erzeugenden Wirkung als diabolus in musica bezeichnet wurde (Oporto, S. 139). Die grundlegende Beobachtung von Oporto ist einfach und einleuchtend, daß nämlich Violeta Dissonanzen als Ausdruck von Schmerz benutzt (S. 123). Damit bewegt sie sich im Bereich der semantischen Zuweisungen an dieses Intervall (vgl. oben Concha, S. 285), und ihr Nachweis der strukturierenden Funktion des Tritonus in El gavilán ist beeindruckend (vor allem Kap. 6). Eher verwunderlich ist jedoch ihre Interpretation des Textes ausgehend davon, daß sie den „Teufel in der Musik" wörtlich nimmt und „die wirkliche Macht des Bösen" (S. 184, Fn. 235; s.a. S. 212-213) für die „perversen und ekelhaften Züge des postdiktatorialen Chile und seinen faschistischen Geist" verantwortlich macht (S. 310; vgl. auch S. 238-239). Mit diesem dantesken „lasciate ogni speranza" („laßt alle Hoffnung fahren") stellt sie den Gegenpol zu Mirandas Hoffnung auf Errettung dar. Oporto erklärt El gavilán zu „einem Werk, das seine ihm eigene Bedeutung überschreitet und sich einer unbestimmten Vielfalt von Bedeutungen und möglichen Analogien öffnet" (S. 62). Ohne auf die Vielzahl der sich hieraus ergebenden Exkurse Oportos eingehen zu können (Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, René Girard, Carl G. Jung, Pier Paolo Pasolini u.a.), möchte ich daran festhalten, daß selbst bei Anerkennung der Legitimität der Verwandlung eines Textes mit Eigenbedeutung in einen Spielball freier Assoziationen, deren Ausgangspunkt eben der Text sein sollte, nicht ein erfundener. In diesem Zusammenhang weise ich auf drei unhaltbare Behauptungen Oportos zu El gavilán hin.
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1) Der Schmerz über eine verratene Liebe, der eine Frau zerreißt, wird in die Metapher von „Sperber" gefaßt, der ihr die Eingeweide ausreißt. Die Metapher wörtlich zu nehmen (und dann „Sperber" noch mit dem Teufel gleichzusetzen), ist durch den Text nicht abgesichert. Auch musikalisch ist die Verwandlung der Metapher vom „Teufel" in eine tatsächliche Existenz des Teufels nicht haltbar. Die Kennzeichnung von „Sperber" als menschlicher Liebhaber erfolgt durch Formeln wie „lieber Schatz", „zänkischer Undankbarer", „Du tatest einen Schwur" oder „so zweigeteilte Liebe", die Unehrlichkeit und Eifersucht ins Spiel bringen. Auch die Personifizierung des Tieres weist auf ein „tierisches" Verhalten des Geliebten hin (der bestimmte Artikel wird nur zwei Mal verwendet). 2) Die Behauptung, die Frau werde tatsächlich „von einem männlichen Wesen betrogen, verraten, verfolgt und brutal ermordet" (S. 15), ist eine Erfindung Oportos ebenso wie alle daraus folgenden Überlegungen zu einem „Subjekt post mortem' (S. 119, 138-139). Der Text spricht nur von einer „verlassenen", schutzlosen Frau. Oporto vergißt mindestens, daß die Frau den Mann verfolgt und nicht umgekehrt („Und ich taube ging weiter bergauf'). 3) Oporto stilisiert „la gente" („die Leute"), die die vor Liebe „taube" („sorda") Frau vor den Krallen von Gavilán warnen, als eine eingeschworene Gemeinschaft, die nur „scheinbar freundlich und solidarisch" sei („comunidad aparentemente amable y solidaria"), dabei aber einen Ritualmord vorbereite („el sacrificio de esta víctima femenina al diablo", S. 197-198). Eine Basis im Text, in seiner formalen Struktur, hat die „These" von der kollektiven Opfergewalt nicht, wie Oporto selbst anmerkt (S. 122, 253.) Die Hartnäckigkeit, mit der die Verfaßerin ihre finsteren Visionen verfolgt, erstaunt besonders deshalb, weil sie des Öfteren — nicht nur an der soeben angeführten Stelle — auf die einfache Bedeutung des Textes zu sprechen kommt, nämlich die verratene Liebe und die Verlaßenheit als Erfahrungen gewalttätiger Erniedrigung (S. 267). El gavilán beschreibe „eine individuelle, private und intime Krise verknüpft mit einem Liebeskonflikt" (S. 247). Eine der traditionellen Formeln des männlichen Liebeswerbens („tiqui-tiqui-ti") wird als „eine Art grausamer und verbißener Ironie" (S. 189) charakterisiert. Nun kann man diese Bemerkung auch als Hinweis auf eine einfachere Lektüre nehmen, nämlich auf einen mißlingenden Dialog zwischen Frau und Mann. Dem auftrumpfenden Gehabe des Mannes (S. 189), seinem betrügerischen Machismo, stünde die insistierende Bitte der Frau nach aufrichtiger Liebe gegenüber. Ihre Formeln wirken durch die Wiederholung auf eigene
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Weise stereotyp und weisen eine lautliche Parallele mit dem „tiqui-tiquiti" auf („yo te qui, yo te qui, yo te qui"; „Gavi, gavi, gavi, gavilanga"). D a s ebenfalls für die cueca typische „Te la llevaris" ist in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr erkennbar, O p o r t o nennt die Formel „misterioso" (S. 187). Wenn man „llevarse" nicht als mit Gewalt verbunden ansehen will — so O p o r t o im Rahmen ihrer schwarzen Vision — dann bleibt die M ö g lichkeit der Nebenbedeutung „einen Preis bekommen". 2 0 D a m i t gewönne die traditionelle Formel im Zusammenhang mit dem Adjektiv „mentiroso", „fastidioso", „pretencioso" („Verlogener", „Widerwärtiger", „Anmaßender") eine in sich widersprüchliche Bedeutung: „ D u wirst sie [schon] rumkriegen, [obwohl] D u verlogen bist". N o c h einmal findet sich die sadomasochistische Nuance, die ich bereits anmerkte (S. 291). Die spöttische, ein wenig selbstkritische Beobachtung der Protagonistin zu einem Aneinander Vorbeireden hätte ihre musikalische Entsprechung in der gegenüber der traditionellen cueca aufgeplusterten experimentellen musikalischen Gestaltung. Unter diesem Blickwinkel wäre El gavilán, an d e m Violeta i 9 6 0 ja immer noch arbeitet, ohne daß eine große Weiterentwicklung deutlich wäre, so etwas wie ein Abgesang an die avantgardistischen Tendenzen der zeitgenössischen Kunst, die sie in der Zusammenarbeit mit Sergio Bravo und Sergio Larrain, dem Dialog mit Julio Escámez und Nemesio Antúnez sowie Dichtern wie Enrique Lihn, Pablo N e r u d a und Gonzalo Rojas aus nächster N ä h e kennengelernt hatte. D i e Begegnungen in Concepción 1 9 5 7 - 1 9 5 8 haben hier eine Sonderstellung im Zusammentreffen von persönlichen und künstlerischen Erfahrungen. Eine der Décimas autobiográficas ( N u m m e r 8 6 in der Ausgabe Barcelona 1970) bezieht sich im Titel direkt a u f „Engaños en C o n c e p c i ó n " („Betrüge in Concepción"), eine zweite ( N u m m e r 91), „Verso por desengaño" („Gedicht auf Entäuschung") gehört ebenfalls z u m thematischen Komplex verratener Liebe. In beiden Gedichten, von denen das zweite von Violeta vertont wurde, sind die wörtlichen Ähnlichkeiten mit El gavilán nicht zu übersehen. Die zweite Strophe von „Engaños en C o n c e p c i ó n " lautet:
„Conseguir o recibir algo, particularmente un premio", por ejemplo „se ha llevado el mejor mozo del pueblo" (María Moliner, Diccionario de uso del español. Band II, Madrid: Credos 1984, Stichwort „llevarse", S. 276; „Etwas bekommen oder erhalten, insbesondere einen Preis", z.B. „Sie hat den besten jungen Mann des Dorfs bekommen"). 20
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Herrin war ich des roten Mohns, glaubte an seine Erwiderung, dann verurteilte er mich: ist kein Korn, nur Wurm im Korn. „War nur eine Laune" sagt mir die Blume des Bösen.21 Der den Rahmen gebende Vierzeiler von „Verso por desengaño" (eine populäre Strophenform, die cuarteta asonantada) ist noch deutlicher: Bis wann, ungeheuer Undankbarer, bis wann willst Du töten? Gestern noch verletztest Du mich mit Nadeln und Nädelchen. Und in der ersten Strophe, die dem Lied seinen oft genannten zweiten Titel gibt, kommt dann auch der Teufel: Undankbarer, nicht ich bin schuld, daß zwischen uns zweien der Teufel wegen drei oder vier Vokabeln so viel Arger stiften kann. Das Lied kommt wie die gerade genannten ohne experimentelle Noten aus. Der zeitliche Zusammenhang, in dem El gavilán seinen Anfang nimmt, unterstreicht deutlich die Ausnahmestellung dieser Liedkomposition und stützt meine These, daß sie nicht unbedingt der tragisch dunkle Höhepunkt, das Meisterwerk („obra maestra", Oporto S. 399) von Violeta Parra sein 21 Ich ersetze „Nelke", die im Spanischen männlich ist, durch „Mohn". Dieser wird im Text von El gavilán auch als „lisonjero" („schmeichlerisch") und „ofensivo" („beleidigend") bezeichnet. Beide Texte („Engaños en Concepción" und „Verso por desengaño") sowie die im Folgenden genannten sind auf der bereits mehrfach zitierten hervorragenden Plattform „cancioneros" zu finden. Auf der 1 9 5 8 von Violeta publizierten LP Elfolklore de Chile, Vol. II, findet sich das Lied „Verso por desengaño" (Nr. 11). Weitere drei Titel drehen sich um dieselbe Thematik: „Ya me voy a separar" („Ich trenne mich gerade", Nr. 4, Folklore), „La muerte con anteojos" („Der Tod mit Brille", Nr. 7, Violeta Parra) und „Tonada del medio" („Tonada über das Halbe", Nr. 11, Folklore/Violeta Parra; s. Fn. 5). Die Plattenhülle ist von Julio Escámez gestaltet. „La muerte con anteojos" und „Verso por desengaño" sind auch in
Antología Violeta Parra - Grabaciones originales en Odeón enthalten (CD 2, Nrn. 15 und 22).
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muß, sondern daß es sich durchaus um eine Verspottung der Avantgarde mit deren eigenen Mitteln handeln könnte, nach dem Motto: Was Ihr macht, kann ich schon lange, aber ich will das nicht. Auch Herrero sieht eine Violeta, die sich „ein wenig über so viel Ernsthaftigkeit lustig macht" (.Después de vivir un siglo, S. 231). Diese herausfordernde Haltung findet man auch in dem Ölbild „Mitin del 2 de abril" (1964), in der die in Weiß gehaltene Frauenfigur mit einem Schild der Friedenstaube den von rechts angreifenden Soldaten die Zunge herausstreckt und den gehobenen Mittelfinger der rechten Hand zeigt (Violeta Parra — Obra visual, S. 102).22 Darauf, daß El gavilán eine Art Wendepunkt im Schaffen von Violeta darstellt, weist auch Oporto hin. In einer nicht sehr durchsichtigen Passage zur Einmaligkeit der experimentellen Musik Violetas im Rahmen der „im Folklore verwurzelten Volksmusik" stellt sie fest, daß die Komponistin Parra nicht fortfahre, auf dieser Linie zu arbeiten, sondern zu einem „eher tonalen Ausdruck" zurückkehre (S. 77). In der Tat entstehen alle ihre im avantgardistischen Sinn experimentellen Werke im Zeitraum 1957-1960. Damit erhält auch „Yo canto la diferencia" eine zusätzliche Dimension, in der die Klarheit der inhaltlichen Aussage und der musikalische Ausdruck „wie in Chillan" („a la chillaneja") zusammen gehören. „Differenz" findet sich in der ungewöhnliche Strophenform von sieben Achtsilblern nach dem Schema abcbdbb (mit wechselnden Assonanzen in jeder Strophe). Nur in der ersten Strophe gibt es die Abweichung abcbabb, wodurch „chillaneja" und „diferencia" in der Assonanz verbunden werden. Raffinierte, unmittelbar dem Ausdruck verpflichtete Einfachheit im Rahmen der Tradition, das ist also „wie in Chillán". Diese auf das lyrische Ich zentrierte „arte poética" wird 1966 ergänzt durch die nach außen gewendete zweite „arte poética", „Cantores que reflexionan" („Sänger, die nachdenken"), dessen Titel ursprünglich „Para los cantores que reflexionan" („Für die Sänger, die nachdenken") gewesen sein soll (s. „cancioneros"). Er enthält eine deutliche Absage an eine esoterische, verschlüsselte Dichtung. Ein wenig in der Sprache der „falschen Morgenröte" des „cantor" (Strophe 1) kritisiert das Lied eine durch Künstlichkeit nach Ruhm strebende „verlogene" Haltung (Strophe 2), die sogar die Wahrheit zugunsten von Käuflichkeit aufgeben könnte (Strophe 3). Schließlich 22 Der Titel des Bildes, das ich noch als „Ramona Parra" kennen lernte, bezieht sich auf die „Schlacht von Santiago" am 2. April 1957, in der eine Demonstration von Gewerkschaften blutig zerschlagen wurde.
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obsiegt der „Verstand" („comprensión") und öffnet dem „cantor" die Sicht auf das von Schmerz, Elend und Schweiß geprägte Leben des Menschen, um diesem „Furchen für das Leben" zu eröffnen (Strophe 4). Was instinktiv dem „Reich Satans" zugeschrieben wurde (Strophe 1, w. 9-10), löst sich in aus dem Inneren kommenden „göttlichem Verstehen" auf (w. 45-50). Dieser Inhalt wird durch den zweizeiligen Abschluß, der vom vorhergehenden Text abgesetzt ist, noch unterstrichen (v. 49-50).23 Die seltene Strophenform des gesamten Lieds (zwölf Neunsilbler durch den Versschluß auf betonten Vokal/„verso agudo"), die auch aus drei Quartetten zusammengesetzt sein könnte, löst sich dem Inhalt entsprechend in einem assonierenden Zweizeiler auf, der „cantor" und „comprensión" miteinander vereint. In dieser Verortung im Feld der lyrischen Musik fehlen nun allerdings zwei Sektoren, die Violeta nur allzu gut kennt, aber in ihren Liedern kaum berücksichtigt hat: die „typische Musik" als eine kommerzialisierte Form der Folklore nicht nur Chiles und die Neue Welle vor allem von US-amerikanischen Musikformen und Liedern. Die Folklore-Welle der 40er Jahre (vgl. „Einleitung II") hatte mit staatlicher Unterstützung seit der Volksfront-Regierung unter Aguirre Cerda rechnen können. Gewerkschaftlich organisierte Gruppen und Künstler hatten erreicht, daß Nachtlokale, in denen Tangos, Boleros und Fox getanzt wurden, ihr Programm mit einer tonada und drei cuecas zu beenden hatten (González und Rolle, S. 385). Dadurch eröffneten sich neue Arbeitsmöglichkeiten für chilenische Musiker.24 Es ist also kein Zufall, daß Hilda und Violeta Parra mit gemischten Programmen auftreten,
23 Im Zusammenhang mit den oben diskutierten Fragen nach dem Status von Teufel und Gott ist anzumerken, daß es sich hier um die - traditionelle - Charakterisierung extremer dem Menschen eigener Kräfte handelt (Blut, Verstand), die dieser aus eigener Kraft mobilisiert. 24 Bereits 1 9 3 5 - also vor der Volksfrontregierung - hatte es eine Gesetzgebung zur Förderung einer nationalen Kultur gegeben, die etwa die Unterstützung einer Gruppe durch die „Dirección superior del Teatro Nacional" von der Aufführung mindestens eines Werks eines chilenischen Autors abhängig machte (vgl. Cortinez und Engelbert, Evolución en libertad, Bd. I, S. 58-59 und Bd. II, S. 519). Der Weg Violetas von einem „folclore marginal" zu dessen Anerkennung als „expresión auténtica de identidad nacional" wird von Bernardo Subercaseaux als exemplarisch für die Verbindung von sozialpolitischer Praxis und Bemühungen um eine Verbindung von Elite- und Volkskultur gesehen (Subercaseaux, „Nuestro déficit de espesor cultural", in: Manuel Antonio Garretón, Saúl Sosnovski, Bernardo
Subercaseaux (Hrsg.), Cultura, autoritarismo y redemocratización
en Chile, México: Fondo de
Cultura Económica, 1993, S. 18). Selbstredend machte das Verbot des PC 1 9 4 8 die Arbeit für engagierte Künstlerinnen und Künstler nicht leichter.
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in denen etwa spanische Rhythmen, die Violeta liebte, im Vordergrund standen (Violeta se fue a los cielos, S. 33, Libro mayor, S. 52). Noch in den 40er und 50er Jahren entwickelt sich dann, vielleicht gerade aufgrund des finanziellen Anreizes, die stereotype, idyllisierende „música típica" als Teil der „lateinamerikanischen Musik". Es gab aber auch cuecas politischen Inhalts (González und Rolle, S. 401), ja sogar ein spezifisches Genus, die mapuchina, die nationale Interessen gegen den ausländischen Einfluß zu verteidigen suchte und dabei gleichzeitig die drangsalierte Minderheit der mapuche benutzte, um sie in eine integristische Ideologie einzubinden. Neben der Thematik spielen Texte in mapuche (mapudungun) und indigene Rhythmen eine nicht unbedeutende Rolle (S. 407). In den 40er Jahren machen sich in diesem Genus von Violeta durchaus geschätzte Gruppen einen Namen. Uber Raúl Velasco, ein Mitglied der Gruppe Los Cuatro Huasos, erhält sie 1953 die Gelegenheit in Radio Chilena aufzutreten (González, Ohlsen, Rolle, S. 317). Violeta soll die für die „música típica" emblematische Gruppe Los Quincheros wegen ihres Gitarrenspiels bewundert haben (S. 329). Und den Liedermacher Guillermo Soudy, der für Los Cuatro Huasos 1941 das Lied ,,Arauco" komponiert, erwähnt sie noch 1961 wegen seiner Nähe wenigstens zur „música popular", wenn auch nicht zur Folklore {El Siglo, 19. September 1961, zit. nach García, Violeta Parra en sus palabras, S. 52). Violeta hat mindestens gelegentlich und entgegen ihrer Selbststilisierung als vom Staat und Institutionen alleingelassener Künstlerin von diesem Ambiente profitiert, etwa in der Tournee mit Unterstützung des Teatro Nacional durch den Norden 1954 (vgl. „Einleitung", Fn. 45). Ebenso muß man davon ausgehen, daß nach Violetas eigenem Zeugnis ihr Aufenthalt in Chiloé 1959 von Vicente Salas Viu gefördert wurde, dem Direktor des „Instituto de Investigaciones Musicales" der Universidad de Chile und einem entschlossenen Verteidiger der traditionellen Folklore gegenüber der „música típica". Noch einmal ziehe ich die schon zitierte Stelle aus dem Brief an Palacios von 1963 heran, in dem sie Salas dankt: „Und don Vicente Salas, der alle meine Klagen aufnahm und mir half, in den Süden zu reisen und direkt in das Elend und die Traurigkeit der Holzfäller aus Chile [Chiloé?] eintauchen zu können" (Libro mayor, S. 167; zur Variante vgl. S. 270). Die kaum auffallende Danksagung enthält einen Großteil des Verständnisses ihrer eigenen Arbeit. Sie soll in Chiloé Folklore sammeln und tut dies ja auch mit Erfolg, wie etwa die Wiedereinbürgerung der sirilla bezeugt (vgl. „Kommentar" zu „Según el favor del viento"). Gleichzeitig drängt sich aber unwiderstehlich ihre sozialpolitische Wahrnehmung von Welt in den
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Vordergrund, die dann eben in der sirilla „Según el favor del viento" ausgedrückt wird. Mit dieser Auffaßung von Volkskultur, die ursprünglich traditionell ländliche Materialien in einen Volksmusik umfaßenden gesellschaflichen Protest umformulieren will u n d kann, steht Violeta recht isoliert da. In die „música típica" paßt sie nicht, da sowohl deren gefällige Musik als auch ihr unpolitischer Charakter nichts mit ihrem eigenen oft aggressiven, Dissonanzen nicht scheuenden Stil zu tun hat. Ein älteres u n d traditionalistisches Publikum (González, Ohlsen, Rolle S. 331), das den Quincheros bis 1966 den Verkauf von mehr als 100.000 LP erlaubt, erreicht sie nicht. Ihre Ablehnung „lateinamerikanischer" Melodien u n d Genera, die sie in ihren Lehrjahren zum Überleben spielte, mag ein weiterer G r u n d für ihre Schwierigkeiten mit der Konkurrenz gewesen sein. Publikumserfolge im Sinn der Plattenhersteller sucht sie einfach nicht. In dem Interview mit Marina de Navasal von 1954 antwortet sie auf die Frage, ob sie viele eigene Kompositionen habe: Ich habe sechzig eigene Kompositionen. Einige davon sind trivial, aber verkaufen sich nach den Vorstellungen der Plattenfirmen. Die populärste ist, obwohl sie mir nicht gefällt, die [kubanische] guaracha „El funicular". In der ernsten Spielart habe ich tonadas, valses usw. Ich verfasse Text und Musik. („Conozca a Violeta Parra" Ecran n° 1220, 8. Juni 1954, zit. nach García, Violeta Parra en sus palabras, S. 16) Daß sie mit ihrem Verständnis von Folklore gegen einen Strom schwimmt, ist Violeta klar. Im Entwurf eines Textes für ihre Radiosendung Así canta Violeta Parra formuliert sie, ebenfalls 1954: Während meiner Arbeit auf Suche nach chilenischer Musik sah ich, daß die Moderne die Tradition der Volksmusik umgebracht hat. Bei den Indios geht ihre Volkskunst verloren, auch auf dem Land. Die Bauern kaufen Nylon anstelle der Spitzen, die sie früher zu Hause herstellten. Die Tradition ist so gut wie ein Kadaver. Das ist traurig... Aber ich fühle mich wohl, wenn ich mich zwischen meiner sehr alten Seele und diesem Leben heute hin und her bewegen kann. {Libro mayor, S. 62) 1961, in dem Interview mit El Siglo, ist sie einerseits optimistisch, weil sie meint, ihre Arbeit habe dazu beigetragen, die chilenische Musik zu retten. Z u
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einer weiteren Stabilisierung der Lage könnten aber auch Orchesterfassungen von tonadas oder cuecas beitragen: [...] in diesem Augenblick schrecklicher Invasion ausländischer und besonders nordamerikanischer Musik (ohne Paul Anka zu beleidigen) muß man jedes musikalische Element nutzen, um ein für alle mal das Ohr des Publikums zu erreichen, das sich dieser ausländischen Musik nicht aus eigenem Geschmack hingegeben hat, sondern weil das Radio sie ihm in den Kopf geprügelt hat - am hellichten Tag, ohne daß jemand etwas sagte. ("Nos invadió la música extranjera", El Siglo, 19. September 1 9 6 1 , zit. nach García, Violeta Parra en sus
palabras, S. 52) Obwohl der Text ein Körnchen des in Chile fast überall stolz vertretenen Nationalismus enthält, hat Violeta in der Tat Recht. Der Kanadier, später US-Amerikaner Paul Anka, dessen „Diana" wohl noch in älteren Ohren nachklingen kann, ist nur einer der vielen Vertreter einer Welle jugendlicher Musiker, die seit Ende der 50er Jahre den chilenischen Musikmarkt erobern. González, Ohlsen und Rolle sprechen exakt wie Violeta von einer unaufhaltbaren Invasion nordamerikanischer Plattenerfolge (S. 501), zu der sich die „Euphorie des Twists" gesellt (S. 505). Dieser Konkurrenz ist Violeta direkt ausgesetzt. In einem Brief an die Freundin Adriana Borghero schreibt sie 1963 (oder Anfang 1964) aus Genf über ihre Eindrücke während eines von Arbeitern organisierten Weihnachtsmarktes („kermesse obrera"), auf dem sie die Herzen der Menschen erobert, aber nur eine miserable Gage bekommen habe: Die Gage, die sie mir zahlten, war ein Elend; die gute Gage bekamen die, die Twist und so weiter sangen und spielten. Die letzteren auf der Hauptbühne und ich in einem Eckchen, geschmückt mit meinen Arbeiten und meinen Fähnchen in dreifarbigen Girlanden, einfach da mit meiner Gitarre und meiner Geduld und meinem Herzen an der frischen Luft. Mein Topf voll Weihnachtspunsch verschwand auf den neugierigen und lieben Lippen der netten Gringos. (Libro
mayor, S. 140) Es scheint beinahe so, als wenn wir schon in der Carpa de la Reina wären. Aber die Rückkehr nach Chile bringt nun nicht nur Schwierigkeiten mit den Chilenen, die auf Englisch singen und mit Bill Haley als Vorbild Rock spielen, sondern auch mit den neuen Vertretern einer sehr viel
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angriffslustigeren Protestmusik, die sich zum Teil gerade auf Violeta berufen: die Nueva Canción. Das Zusammentreffen der drei Tendenzen könnte nicht besser illustriert werden als durch die Preise des Musikprogramms Discomanía. Dessen Leiter war seit 1955 Ricardo Garcia, mit dem Violeta 1954 ihr erstes Radioprogramm Ast canta Violeta Parra konzipiert hatte (s.o., S. 275). Gerade Garcia war es, der die ersten rock and roll Platten populär machte und damit in drei Jahren die Zuhörerschaft von Discomania verdreifachte (alle Angaben nach González, Ohlsen und Rolle, S. 136). Die jährlich verliehenen Preise markierten die Tendenzen des Augenblicks (S. 137). 1965 also erhielten die Preise die chilenische Rockband The Rambiers als beste Orchestergruppe, Los Primos als beste Jugendgruppe, Patricio Manns als Entdeckung des Jahres und Violeta Parra als beste Komponistin (S. 137). In welcher Konkurrenz sich Violeta zu behaupten suchte, zeigt der Erfolg von The Rambiers. Zur Weltmeisterschaft im Fußball, die 1962 in Chile ausgetragen wurde, komponierten sie „El rock del mundial". Die Single wurde zum meistverkauften Schlager in der Musikgeschichte Chiles (González u.a., S. 668-669). Schließlich verdient der von González, Ohlsen und Rolle besprochene „cancionero europeo" Beachtung (S. 464-506), in dem nicht nur englische, französische und italienische Schlagerstars vertreten sind, sondern auch deutsche (Bundesrepublikaner) wie Peter Alexander, Conny Froboess, Peter Kraus und Freddy Q u i n n (S. 491-492; s.a. „Einleitung III", Fn. 83). Die „Eintrittskarte" von Kraus in Chile war 1959 nicht etwa ein Song auf Fidel, sondern „My Havanna Love" („So groß wie das strahlenden Sternenzelt, / so tief wie die Meere auf dieser Welt / ist meine Liebe ..."; „Tan grande como el radiante cielo estrellado / tan profundo como los mares de este mundo / es mi amor..."). Innerhalb dieser globalisierten Musikwelten stellt die Carpa de La Reina ein Alternativmodell dar. Am Rande der Großstadt Santiago, in einem Ambiente, das Charakteristika einer im Aussterben befindlichen ländlichen Welt trug, wollte Violeta ein Zentrum zur Pflege und Weiterentwicklung verschiedener Spielarten von Folklore einrichten (vgl. „Einleitung II"). Die Carpa sollte - wie wir heute sagen würden — interaktiv sein, also nicht nur dem Vortrag von Musik oder der Vorstellung von Handarbeiten im weitesten Sinn dienen, sondern auch der Entfaltung der eigenen Kreativität des Publikums. Das Projekt findet zunächst große Sympathie in der Gemeindeverwaltung, dank der Hartnäckigkeit Violetas auch die einer Nachbarschaftsvereinigung („Junta de Vecinos") und sogar der privatwirtschaftlichen
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der Unternehmen Gaseo (Gasversorgung Santiago) und Sanitarios Escobar (sanitäre Einrichtungen) (Gonzalez, Ohlsen, Rolle, S. 235). Diese Unterstützung erweist sich jedoch als Strohfeuer, unter anderem aufgrund der in der „Einleitung II" dargestellten persönlichen, familiären und politischen Schwierigkeiten. Zentral ist jedoch, so meine ich, neben der Nichtbeachtung durch die Presse, die erdrückende musikalische Konkurrenz. Die Folge ist, daß das Publikum ausbleibt, auf das Violeta in dem für 500 Zuschauer gedachten Zelt gerechnet hatte. D i e schlechte Erreichbarkeit in der bewußt gewählten Randlage ist nur ein G r u n d fiir den Mißerfolg. D i e Ö f f n u n g der Carpa für die Proben einer Rockband des Viertels (González, Ohlsen, Rolle, S. 2 3 7 ) ist allerdings mehr als ein Zeichen der N o t , sie gestattet auch einen Ausblick auf die andauernde Nachwirkung Violetas, unabhängig von Moden und Festivitäten — wie etwa im Werk von Pascuala Ilabaca oder der chilotischen Musikgruppe Bordemar. Die viel, und oft ja nicht ganz zu Unrecht, kritisierten U S A haben hier, wo es um Anerkennung geht, einen Platz mit Folksängern wie J o a n Baez, Malvina Reynolds, Pete Seeger und Bob Dylan. Ihre Karrieren weisen - wie im Fall von Pete Seeger - einige wichtige Parallelen mit dem Werdegang von Violeta auf, so die Vertrautheit mit traditioneller Folklore, die N ä h e zur Arbeiterbewegung und die Verbindung von Folk und sozialpolitischem Protest. D a s von Malvina Reynolds 1962 geschriebene Lied „Little Boxes" fand dank seines Erfolgs durch die Interpretation von Seeger einen Weg nach Chile, wo Víctor Jara, der Violetas „Schüler" war, es in „Las casitas del barrio alto" umdichtete (1971). U n d Pete Seeger ist es, der im August 1980 für die in Paris ohne Herausgebernamen veröffentlichte zweisprachige Anthologie Violeta Parra ein einfühlsames Vorwort schreibt, in dem es heißt: Violeta Parra shows once again that the best of new songs grows out of the daily lives of working people, and the music reflects the ancient traditions which these people have developed through the years, even when combining elements of different traditions. [...] And she herself sets such a good example to us all, to strive to be creative, to bring our fellow human beings together... for fun, for laughter, for dancing... and for clasping hands together for struggle without which there can be no future. ( Violeta Parra, N.F.C., S. 3) Violeta zeigt einmal mehr, daß das Beste an neuen Liedern aus dem Leben von arbeitenden Menschen erwächst, und die Musik spiegelt die alten Traditionen wider, die diese Menschen über die Jahre entwickelt haben, selbst wenn sie
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Elemente verschiedener Traditionen miteinander verbinden. [...] Und sie selbst gibt uns allen so ein gutes Beispiel, uns dafür einzusetzen, schöpferisch zu sein, unsere Mitmenschen zusammenzubringen... um Spaß zu haben, um zu lachen, um zu tanzen... und um uns an den Händen zu fassen zum Kampf, ohne den es keine Zukunft geben kann.
Ein offener Schluß Die Anerkennung und die Flut von Veranstaltungen zu Violetas 100. Geburtstag haben einen etwas bitteren Nachgeschmack. Sie selbst hat wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn sie einen Stereotyp zu formulieren scheint, dieses jedoch noch einmal ihr Selbstverständnis und ihren Anspruch festhält: "die Kunst wirft erst dann wirklich Frucht ab, wenn die Würmer den Kadaver des Künstlers fressen" (1964, Brief an Joaquin Blaya, Libro mayor, S. 185). Auch sind viele dieser Ehrungen auf marktkonforme „Shows" zugeschnitten, die Violeta eher mißhandeln als streicheln. Ihre so menschlichen Widersprüche gehen verloren und ebenso ihr kämpferisches, politisches Engagement. Das ist traurig. Aber wir sollten uns nicht zu sehr bedrücken lassen. Auf die eine oder andere Weise haben alle Beiträge der letzten Dekaden versucht, Violeta dem Leben zurückzugeben, und sie verdient „de cuerpo entero" („von ganzem Körper") unsere Begeisterung für die Welt, die sie uns gab und die unsere eigene ist.
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Nuestro conocimiento y nuestra comprensión de Violeta Parra han crecido de manera constante en los últimos 40 años. También han cambiado las perspectivas en la percepción de su obra, no siempre por los avances en el conocimiento, sino también por el cambio, en el más amplio sentido del término, de las condiciones sociales. En el prefacio a esta nueva edición ya me he referido al tinte de mi propio texto, escrito originalmente solo a pocos años del derrocamiento de Allende. Es verdad que la estructura de la obra total de Violeta Parra se presta para ese ensamblaje de sociedad y cultura (poesía, música, pintura). Quiero describir ambos desarrollos — el de los hechos y el de las interpretaciones - en un intento por lograr una sinopsis de los estudios actuales. Tomaré en consideración los siguientes aspectos: 1. 2. 3. 4. 5.
Fuentes y transmisión Biografía Contextos y análisis de la obra: el ejemplo "Arriba quemando el sol" Contextos y análisis de la obra: política y religión Violeta en el campo de la música
1. Fuentes y transmisión Hasta la apertura del Museo de la Fundación Violeta Parra, en noviembre de 2014, su obra no estaba disponible de manera conjunta en ningún lugar. La identificación de sus canciones, así como el acceso a datos confiables, dependían de fuentes como discos, grabaciones en cintas magnéticas y documentos — muchas veces - provenientes de periódicos. Por otra parte, la posibilidad del apoyo de Isabel y Ángel fue extremadamente valiosa. Ningún estudio acerca de la obra y su sentido podía realizarse en ese entonces prescindiendo de los dos únicos custodios de la herencia de su madre.
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El desarrollo de la información computarizada, en el intertanto, ha ampliado inmensamente el acceso a los datos. Respecto de la producción de la poesía y música de Violeta, me ha sido de inmensa ayuda la plataforma digital www.cancioneros.com/ca/4/0/cancionero-de-violeta-parra, ya que reproduce y analiza cuidadosamente información proveniente de diferentes orígenes. Desconozco al equipo que trabaja en ese fatigoso proyecto. Lucy Oporto indica al sueco Hannes Salo como director del Diario digital de música de autor, Chile, nombre oficial del sitio web {Eldiablo en la música, p. 451, n. 490). Otra colección de fuentes de Violeta es el tomo Violeta Parra en sus palabras — Entrevistas (1954-1967), recopiladas por Marisol García. Quiero mencionar también la publicación de canciones en mapuche recopiladas por Violeta (Paula Miranda, Elisa Loncon, Allison Ramay, Violeta Parra en el Wallmapu, 2017) que arroja una luz más clara sobre su trabajo en el sur de Chile. Cuando se logre reunir todos estos esfuerzos de catalogación y se integren a los tesoros de la Fundación Violeta Parra — donde también hay cajas de cartas y poemas que no han sido revisados (Alcalde, p. 3; Montealegre, p. 75), una "Historia de Chile en versos" (Montealegre, p. 96) — se abrirá una extraordinaria posibilidad de establecer una base confiable para otros trabajos de investigación, tan necesarios. La primera tarea en este contexto debe ser, en mi opinión, el establecimiento de una edición crítica de la producción de canciones y poemas de Violeta Parra de la mayor amplitud posible. Hasta ahora se han impreso solo colecciones parciales, la última de ellas, la de Paula Miranda {Poesía, 2016). Ya en su estudio La poesía de Violeta Parra (2013), Miranda observa que no hay "antología crítica de sus canciones" (p. 64). Su propia antología se propone ofrecer un ordenamiento tal de los textos que entregue a los lectores "un recorrido con sentido" (p. 35). Lamentablemente yo no pude percibir ese recorrido. No existe un hilo conductor ni cronológico ni temático. Las dos canciones programáticas que aparecen al comienzo, "Yo canto la diferencia" y "Cantores que reflexionan" contienen una lógica temática, pero esta no se mantiene. Como opciones existirían, por ejemplo, "lo personal" y "lo social" o "el llanto" y "la risa". Una división así sería sin duda problemática desde el punto de vista de la unidad de la obra completa (ver "Introducción III"). Pero el desorden de las canciones - con excepción de una cuestionable concentración de canciones "políticas" en la segunda parte de la antología — no constituye una solución al problema de la organización del material. Tampoco los criterios de selección son claros. No se entiende por qué no se incluyen "La lechera" o "Porque los pobres no tienen" considerando que
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"La lechera" es la primera canción de crítica social y "Porque los pobres no tienen" es una canción de vehemente crítica a la Iglesia. El argumento de que no se encuentran suficientes grabaciones (p. 25) no puede primar en una antología que tiene su énfasis en las canciones de Violeta Parra en tanto "textos de alta calidad literaria" (p. 35). ¿O las canciones que menciono arriba no califican según este criterio? La edición que exijo aquí no podrá ser, evidentemente, una edición definitiva según el modelo de estudios literarios. La forma poética ligada a conciertos reiterados deja abierta la posibilidad de desviaciones espontáneas. La inversión de estrofas o incluso su omisión o ampliación es uno de los fenómenos más frecuentes, como en el caso de "Yo canto la diferencia" o "¿Qué dirá el Santo Padre?". Al respecto, lo adecuado es menos encontrar la versión "correcta" o "completa" que poner la atención en los datos y circunstancias de su grabación, en público, en estudio, bajo condiciones particulares como la censura o incluso de autocensura. Osvaldo Rodríguez, en Cantores que reflexionan, da un buen ejemplo de la práctica de Violeta. Lo aduzco con mucha cautela, pues su fecha es vaga y la dicción algo minimizada. Violeta no solo habría sido una reportera acusadora según el estilo de la "lira popular" (ver "Introducción I"), sino que además habría tenido un buen manejo táctico. Así, mientras cantaba "La carta" en un concierto en Valparaíso, y habiendo notado la presencia de un cercano pariente de ambos presidentes Alessandri, habría suprimido los críticos versos 31 a 36 (p. 64 en esta antología): [...] también sabía ser táctica. Cierta noche, en la Peña de Valparaíso, se supo que estaba entre el público el senador Fernando Alessandri, hermano de Jorge Alessandri e hijo de Arturo Alessandri, ambos expresidentes de la República. Violeta cantó "La carta", canción que le pertenece y que, como se sabe, fue escrita desde Europa después de la matanza en la población José María Caro de Santiago bajo la presidencia de Jorge Alessandri. Una de las estrofas está dedicada al presidente y a su padre a quien apodaban "El León de Tarapacá". Esa noche Violeta omitió la estrofa. ¿Por qué? ¿Tal vez pensando en las dificultades con la autoridad que nosotros y ella misma teníamos? ¿Tal vez por ese espíritu de reconciliación que parece que los chilenos llevamos tan dentro? (p. 47) Anécdotas así con certeza matizan la imagen — y autoimagen — de Violeta como una mujer que sin vacilaciones e inexorablemente denuncia el abuso del poder (ver también su actitud frente a instancias estatales y su estilización,
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"Introducción II"). Tanto más importante sería indagar en las circunstancias con mayor acuciosidad. Y, por supuesto, no con el fin de lanzar una primera piedra contra una mujer que cada día tuvo que luchar por su sustento y, sin embargo, incluso así contó con una casi inimaginable energía como para dejar a la posteridad un regalo incomparable y, a la vez, universal. El vínculo entre ambas áreas — arte y sustento — queda claro, por ejemplo, en esta carta a Joaquín Blaya, su amigo y protector en la ciudad argentina de General Picó, escrita el 19 de junio de 1964: Por otra parte, Monsieur [Anatole] Jacovsky, quien redacta el Dictionnaire des peintres naifi du monde entier, ha incluido mi nombre en dicho diccionario. Cuando pasé por su casa, yo solo sabía lo que significaban mis trabajos. En Chile, a pesar de haberlos expuesto, no me dijeron nada, usted sabe cómo son los chilenos. Sin embargo aquí: éxito de crítica, de público, de venta [...] Todos estaban encantados con la pequeña chilena. Cada día el valor de mis trabajos aumenta. [...] Claro que el arte no da para vivir; el arte viene a dar su verdadero fruto cuando el cadáver del creador está devorado por las lombrices. Entonces, para defenderme económicamente, mi guitarra está siempre en primera línea. {Libro mayor, pp. 184-185)' O t r o desiderátum sería una nueva edición, cuidadosamente revisada, del Libro mayor. Resulta deseable una cronología más precisa de las distintas etapas en la vida de Violeta y de la fecha de creación de sus canciones — una meta que necesita de una biografía confiable (ver más abajo). También deberían corregirse las inexactitudes de los textos. Señalo a continuación solamente dos ejemplos. En las páginas 166-169 se reproduce una carta fechada el 4 de junio de 1963 a José María Palacios, el fundador del exitoso programa radial Aún tenemos
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El libro mayor de Violeta Parra tiene dos ediciones: Madrid 1985 (Ediciones Michay) y Santiago 2009 (Editorial Cuarto Propio). A no ser que se diga lo contrario, cito la edición de Santiago. El diccionario mencionado por Violeta apareció en Basilea en 1976. El fragmento dedicado a Violeta dice: "Cantante, conocida intérprete de canciones populares, ceramista, tejedora de arpilleras. En sus horas de ocio, esta muy talentosa artista pintó además cuadros de arte nai'f, que también representan distintos aspectos del folklore de su país. Sencillas, oscuras, por así decirlo, pinturas mágicas" (453). El artículo está acompañado por una fotografía en blanco y negro de "Fiesta en casa de Violeta" (1964, foto en color en Violeta Parra — Obra visual, p. 101). El marco "realismo mágico" corresponde a la percepción estereotipada de Latinoamérica en los años sesenta.
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música, chilenos y también protector de Violeta. Se reproduce el facsímil de la primera y la última página de esta carta. En un fragmento impreso en la página 168, "Noticias nuevas", relacionado con la presentación de su trabajo en el "museo de etnografía" de Ginebra, ella expresa su satisfacción por el hecho de que los "cantores" a quienes ella debe su recopilación de canciones, a partir de ese momento, "pasarán a la posteridad". Sigue a continuación una lista de los "cantores a lo divino", como "don Isaías Angulo" o "don Gabriel Soto". De inmediato, luego de un punto, siguen los nombres "Doña María Painen Cotaro, doña Quilineo, don Juan Quilapán". Descubro exactamente este fragmento de la misma carta, como facsímil, en Mentira todo lo cierto — Tras la huella de Violeta Parra de Carmen Oviedo (1990, p. 85). Allí se lee: "Doña María Painen Cotaro doña Adela Quinileo, don Juan Quilapan como cantores araucanos". Como marca de diferencia frente a "cantores a lo divino" esta última parte de la oración es de importancia. ¿Por qué entonces suprimirla? (Para la índole de las fuentes, ver también "Introducción", nota 2). En la misma carta a Palacios, Violeta le asegura su amistad más allá de todas las discusiones habidas acerca de folklore y política: "lo que yo quiero decirte, que por mucho que hayamos peleado por motivos de folklore o político, tú sigues siendo un hermano, una flor del gran jardín chileno, que recuerdo y que estimo" (Libro mayor, facsímil, p. 166). Describe ella después cuán difícil le resulta honrar a todas las personas cuyos nombres le dan vueltas en la cabeza. Y luego afirma, inesperadamente: Así es, amigo católico, tu pobre hermana comunista. Y don Vicente Salas, que recibía todas mis quejas y me ayudaba a viajar al Sur, y podía entrar directamente en la miseria y tristeza [¿de?] los leñeros chilenos. Y Alfredo Lieux que siempre me incluía en sus pichangas musicales callejeras. Y Radio Chilena, cuando me tuvo un año cantando, y Gonzalo Rojas con sus tremendos Encuentros de Escritores en Concepción. Llevándome cada vez que podía. Funcionarios Chilenos, beban su té, Juan XXIII, tu muerte llorando estoy, (p. 167) Lo que me interesa en este fragmento de la carta no es la enumeración aparentemente casual y sin embargo tan significativa de acontecimientos o personas que determinan la vida de Violeta; tampoco es la inclusión de actualidad inmediata respecto de la muerte del papa Juan XXIII, el 3 de junio de 1963. Se trata más bien, en el contexto de mis reflexiones de crítica textual, de una sola palabra, "chilenos". No tiene mucho sentido, mientras se habla de un viaje de investigación al sur de Chile, subrayar el hecho de que
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se trata de leñadores chilenos. ¿Puede también haber sido que Violeta escribiera "chilotes" y que — junto con el olvido de la palabra "de" — se trate de una distracción de los copistas más que de Violeta? La temática de "Según el favor del viento" así lo sugiere ("Según el favor del viento / va navegando el leñero") y también el "llorando estoy" recuerda la presencia de la misma fórmula reiterativa de la canción (ver p. 156). Hay entonces más de una razón para que el — repito — indispensable Libro mayor sea revisado y completado. Las citas que aquí se reúnen me llevan a expresar un deseo más: la preparación de un índice onomástico que simplifique el acceso al campo cultural que Violeta fue cultivando en el transcurso de su vida. Es una vida que, a pesar de todos los estudios que se ocupan de ella, está muy lejos de estar bien explorada.
2. Biografía En el momento en que realicé mi trabajo, entre 1977 y 1978, estuvieron a mi disposición las biografías de Alcalde (1974), Reverte (1976), Subercaseaux/Londoño (1976) y Manns (1977/1978), todas aparecidas fuera de Chile (Buenos Aires, Madrid y París/Madrid). Yo pude contar con la colaboración de Ángel Parra. C o n la excepción de la conocida biografía de Subercaseaux y Londoño, que se constituye exclusivamente de testimonios acerca de Violeta dispuestos en orden cronológico, las demás obras son combinaciones de antología y biografía, cuyo objetivo es hacer accesible la vida y la obra de Violeta a un público de habla hispana y mayoritariamente europeo. Las descripciones, que surgen en el contexto del golpe de Estado de 1973, sus brutales consecuencias bajo Pinochet y el trasfondo de la Guerra Fría, ven a Violeta, desde una perspectiva de "izquierda", como una cantante de orígenes modestos, que conoce personalmente penurias y necesidad y que desarrolla formas novedosas de poesía de protesta en la tradición del canto popular. Experiencias familiares, primeros contactos con el folklore y canciones de moda en busca de recursos para la familia en Chile Central, donde la tradición todavía vive en las más diversas manifestaciones de manera religiosa, burlona y también de crítica social, se conectan con convicciones políticas del movimiento obrero marcadamente comunista. Del enlace entre situaciones privadas y conciencia social, nexo incomparablemente apasionado y en ocasiones también amargo, brota una poesía que se integra en diversas expresiones artísticas: tapices murales bordados en arpillera, relieves en papel
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maché, pinturas al óleo, cerámica, objetos trenzados en alambre y mimbre. De esta poesía se puede afirmar con total derecho que el canto de Violeta es el canto de todos los seres humanos ("Gracias a la vida"). Este hilo conductor es reconocible también en ambas ediciones de El libro mayor de Violeta Parra (Madrid 1985, Santiago 2009). La intensidad de la vida, que se despliega aquí ante el lector, es espléndida y se rehusa de manera casi consciente al intento de sistematización, para evitar que se desemboque tal vez en fruslerías de sabelotodo. Mi propio trabajo quizás tampoco logre siempre sortear el peligro de la "deformación profesional del estudioso, que mira las cosas en forma distante, con un criterio puramente técnico" (Subercaseaux/Londoño, p. 69). Violeta odiaba esta actitud, al igual que el investigador musical Gastón Soublette, quien ayudó a la cantante a transcribir al pentagrama todas sus composiciones (p. 69). Aun considerando las biografías publicadas desde 1990, insisto en la necesidad de contar con datos que tengan la mayor claridad posible y que estén también documentados con la misma precisión - en el sentido de "Yo canto la diferencia" de Violeta, distinguiendo lo falso de lo cierto. El relato marcadamente autobiográfico de Ángel Parra, Violeta se fue a los cielos (2006), acompañado de un C D de canciones de Violeta interpretadas por el hijo es una continuación del Libro mayor editado por Isabel Parra. Se trata de un amoroso homenaje filial, con el foco puesto en la obra sociopolítica de Violeta ("al servicio del pueblo", p. 122). Considerando la presente tendencia a privilegiar la imagen de una mujer impregnada de religiosidad, es este un testimonio insoslayable, especialmente porque evita cualquier polémica. En buenas cuentas, solo a dos de los trabajos publicados podemos darles el nombre de "biografía".2 Fernando Sáez es el único que subtituló su obra La vida intranquila — Violeta Parra, "biografía esencial" (1999). Ya en 1990 había aparecido Mentira todo lo cierto — Tras la huella de Violeta Parra, de Carmen Oviedo, libro claramente organizado de manera cronológica. Introducidos por indicación concreta de años, se encuentran todos
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En el momento de hacer las últimas correcciones en Santiago, me sorprende la noticia
sobre la biografía ambiciosa que Víctor Herrero prepara bajo el título Después de vivir un siglo (a publicarse en 2 0 1 7 por la Editorial Lumen). En conversación con Víctor (18 agosto de 2 0 1 7 ) , estuvimos de acuerdo sobre las grandes líneas. Víctor, es verdad, se refiere a un material mucho más amplio, por ejemplo, la autobiografía inédita de Gilbert Favre. Agradezco a Víctor la lectura de mi trabajo y el acceso a la versión maquetada de su libro.
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los acontecimientos de la vida de Violeta, literalmente desde su nacimiento hasta el momento de su suicidio. Sáez se propone "contar la historia de una mujer" (p. 12) de origen humilde que logra hacer un camino de vida comparable al de Gabriela Mistral o de Pablo Neruda. También este camino recurre al relato cronológico, aunque de una manera menos clara que el de Oviedo. Ambas obras, de Oviedo y Sáez, más que ocasionalmente caen en un estilo novelesco. Así, Oviedo comienza con una escena del nacimiento de Violeta que incluye las contracciones del parto (p. 17). Sáez, por su parte, culmina los últimos minutos de Violeta con una seguidilla de preguntas sin respuesta y una precisa identificación del revólver con el que se quita la vida (pp. 163-164). La biografía de Violeta no permitiría "medias tintas" (p. 15): es esta la justificación que da el escritor para presentar el suicidio así como otras escenas carentes de delicadeza. Ni Oviedo ni Sáez se sienten obligados a documentar sus afirmaciones y sus bibliografías son elementales. De todos modos, en el caso de Oviedo, la colección de fotos que presenta es digna de verse y, en el caso de Sáez, resulta útil el índice onomástico. El camino hacia una novelización lo completa Mónica Echeverría Yáñez, con su informe de vida en primera persona explícitamente llamado "novela" ( Yo, Violeta, 2010, 5 a edición, 2016). En sus páginas se conocen Violeta y Gilbert — por supuesto, "Favré" y no Favre — en Chuquicamata para amarse luego en un sucio hotel (pp. 106-107). Junto a invenciones de ese calibre, Echeverría también utiliza material auténtico que proviene del Libro mayor y que la autora esconde con diligencia. De este modo monta la amistad con Amparo Claro mezclando escenas ficticias con pasajes documentados del Libro mayor y de Subercaseaux/Londoño (pp. 154-157). Por ejemplo, es en una carta inventada a su "querida amiga Amparo" donde se introduce el fragmento antes mencionado de la carta a José María Palacios del 4 de junio de 1963, con el detalle de los "cantores araucanos", por lo tanto, también conoce el libro de Oviedo. En la página 157, idea una conversación entre ambas mujeres en la que mezcla esta vez un fragmento de Subercaseaux/ Londoño (p. 109, de una carta a "Amparito") con un pasaje de la carta a Palacios (Libro mayor, pp. 166-167). En la letanía donde Palacios enumera deseos para compatriotas lejanos, Echeverría cambia el "Presidente de Chile, compréndenos" por un "mi Presidente de Chile, compréndenos". Algo parecido jamás se le habría ocurrido a la Violeta, si tomamos en cuenta "La carta" y la crítica a Alessandri. Jorge Montealegre, a diferencia de los autores recién mencionados, ofrece una sobria introducción en Violeta Parra — Instantes fecundos, visiones, retazas
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de memoria (2011). En el primer capítulo, "Emergencias de una artista múltiple" (pp. 9-34), reúne todos los datos biográficos conocidos, pero además les proporciona un sentido. Así, concede un importante espacio a la relación de la cantante con "los medios más efectivos de su época" (p. 26), la radio y el disco, otorgándole un lugar destacado a Rubén Nouzeilles, director técnico de EMI-Odeón (pp. 32-33). Lo más relevante probablemente es la insistencia de Montealegre en destacar la formación de Violeta, que si bien creció en una pobreza material, no conoció pobreza cultural: "Crece en la estrechez económica, pero no en la indigencia cultural" (p. 13). Como resultado de su compasión por la humanidad y de su curiosidad por la cultura, se puede afirmar que ella "teje una red de contactos privilegiada desde el punto de vista del impacto cultural que tenían entonces algunos de sus conocidos" (p. 30). Esa red de contactos constituye otro espacio casi inexplorado, el ya mencionado campo cultural dentro del cual Violeta se mueve. Repetidas veces hay listas de nombres, también de la propia Violeta, como en la ya citada carta a Palacios. Pero los contextos continúan sin ser aclarados. Su hermano Nicanor Parra le habría abierto algunas puertas. A partir de su relación con Neruda, en 1953, "se abrieron para Violeta las puertas grandes del Partido Comunista, que inclusive prescrito gozaba de excelente salud en el frente cultural e intelectual" (Herrero, Después de vivir un siglo, p. 131). Sin embargo, es ella misma la que transgrede barreras sociales para volverse "una especie de embajadora de la cultura popular" (Montealegre, p. 30); fronteras sociales, como por ejemplo la que existe entre Isaías Angulo de Barrancas y el pintor vanguardista de la clase alta santiaguina Nemesio Antúnez, que diseñó la carátula del disco La tonada presentada por Violeta Parra (1959). Del mismo modo, las clasificaciones históricas y literarias literalmente se disuelven en contemporaneidad. Vestigios de literatura española medieval y la novísima lírica chilena se encuentran codo a codo, por ejemplo, en la musicalización del poema "Los burgueses" de Gonzalo Rojas (también conocido como "Sátira de la rima", dedicado en 1959 a Violeta) y la antigua balada española "Blancaflor y Filumena", que perduró en el folklore chileno y que en 1959 fue documentada en el disco recién mencionado. Igual densidad cultural e histórica, con sus casualidades y trampas en el presente, se despliega en el transcurso de la recepción de "Casamiento de negros". La canción, "estilo parabién", es parte del primer disco de Violeta como solista (Odeón DSOD/E-50040, 1955, grabado a fines de 1954), luego de otorgársele a Violeta el "Premio Caupolicán", en el mismo 1954. Ella cierra un contrato con Rubén Nouzeilles que le es muy poco favorable
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(según Isabel Parra, Libro mayor, p. 73, Montealegre, pp. 32-33), lo que no le impide cultivar una relación amistosa con el "gran Rubén" (carta a Gilbert Favre desde Buenos Aires, 1961, Libro mayor, p. 129). Quizás también porque Nouzeilles la apoya enérgicamente y porque la gratitud de Violeta siempre fue legendaria. Es prueba de esta relación no solo oportunista, comercial, el que Nouzeilles ofrezca "Casamiento de negros" al director de un conjunto musical norteamericano, Les Baxter, que también fue compositor de música para películas. Recién en 1955, Baxter había tenido un gran éxito con "Unchained Melody" (más de un millón de discos vendidos) y se daba tal vez entonces la oportunidad de incorporar un arreglo de "Casamiento de negros" como "Melodía loca" o "The-Drive-You-Crazy Song" al LP Round the World with Les Baxter (Capitol T 780 1957, grabado en 1956). 3 Con los ingresos de la venta de los derechos Violeta pudo permitirse comprar un sitio en La Reina, donde en 1956 construye una casita prefabricada: "Durante años esa casa fue nuestro refugio en la chacra San Carlos, Manzana 14, sitio 22" (Ángel Parra, Violeta se fue a los cielos, p. 93). La historia de "Casamiento de negros" es todavía más larga. La canción, en el año 1959, fue el punto de partida para un documental cinematográfico de Sergio Bravo, Casamiento de negros, que hoy aparece como perdido. En él la desdichada historia de amor se representó con figuras de cerámica negra, de las que típicamente se hacen en Quinchamalí. Ángel describe a su madre como una amante del cine y recuerda una serie de películas clásicas francesas como Mon oncle (Jacques Tati, 1953), Si tous les gars du monde (ChristianJaque, 1956) y Le bailón rouge (Albert Lamorisse, 1956), que habrían visto juntos (Violeta sefue a los cielos, p. 130). Otra experiencia conjunta relacionada con el cine habría tenido lugar a comienzos de los años cincuenta, donde ambos habrían participado en uno de los noticiarios de EMELCO bajo la dirección de Boris Hardy (Violeta se fue a los cielos, p. 130; para Hardy y EMELCO, ver Cortínez y Engelbert, tomo I, pp. 80-81, 333-334). Con Bravo, fundador del Nuevo Cine Chileno en el espíritu de los documentales, Violeta trabaja ya en su primer corto Mimbre (1957, ver "Introducción II").
3 González, Ohlsen y Rolle incorporan una grabación en el C D que acompaña su Historia social de la música popular (n° 8) En el reverso de la carátula original dice en un tono sensacionalista que "Melodía loca" de "artistas desconocidos" es "un tema chileno también llamado 'Drive-You-Crazy Song' porque su melodía monótona y sus extrañas progresiones de acordes parecen haber conducido a muchos chilenos al suicidio. Tal vez deba ser escuchada con cuidado" (http://www.317x.com/albums/b/lesbaxter3/card.html).
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En la sonorización del film, únicamente con música compuesta para el corto que se registra "en vivo" durante la proyección de las imágenes, les ayuda el poeta y diplomático brasileño Amadeu Thiago de Mello (ver carta de Bravo del 17 de enero de 2017 en este libro), al que Violeta dedica una de sus arpilleras. En 1957, el más adelante famoso fotógrafo Sergio Larraín, a quien Violeta conoce en casa de su hermano Nicanor, y Sergio Bravo se unen para trabajar con Violeta. Una de sus piezas instrumentales, "El joven Sergio", se publica justo en 1957. Ambos Sergios la apoyan en su trabajo en terreno como coleccionista de folklore, en conjunto con el musicólogo Gastón Soublette. El material para el proyecto de libro de Violeta Cantos folklóricos chilenos, con partituras de Soublette y fotos de Bravo y Larraín, queda listo para la impresión en 1959, sin embargo, por falta de recursos económicos, se publica recién en 1979. Una vez más "Casamiento de negros" se vuelve ilustrativo de la manera en que Violeta hace pública su labor bajo la protección de contactos sociales y de los medios de comunicación, sin descuidar el problema de su sustento. En 1953 (según Montealegre, p. 26; ver "Introducción II"), conoce al director de Radio Chilena, Raúl Aicardi, quien la integra en un programa periódico junto a Ricardo García en 1954, Así canta Violeta Parra (Sáez reproduce fragmentos de estos programas en La vida intranquila, pp. 68-70, sin indicar fecha, ver también Libro mayor, pp. 58-64). Cuando Aicardi más adelante se vuelve director del recién creado Canal 9 de Televisión de la Universidad de Chile, desde Buenos Aires, donde ella expone cuadros al óleo y sus arpilleras realizadas recién a partir de 1958, Violeta le escribe una carta con la siguiente propuesta: Querido Raúl, le ofrezco un programa de cinco minutos. Dibujos que ilustren una canción, con la canción como música de fondo. En este momento tengo listo el "Casamiento de negros" con un cuadro que comprende dos subcuadritos. Para menos complicación el canto puede ser grabado y cantado por Chabelita. (Libro mayor, p. 117)
En Violeta Parra — Obra visual (p. 33) se encuentra una reproducción del cuadro al óleo correspondiente, que pertenece a la colección privada de Nicanor Parra. No coincide exactamente con la descripción de 1961, en todo caso presenta el contenido de la canción en forma de historietas.4 4 El 20 de septiembre de 1967 "Casamiento de negros" se vuelve el centro de atención de un homenaje a Violeta en el popular programa de televisión Ayúdeme usted, compadre del gran
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En 1958 aparecen otros dos documentales cuya música es de Violeta Parra. Con Sergio Bravo filma Trilla, en Canquihue, en las cercanías de Concepción, en conexión con su trabajo en la universidad de esa ciudad (noviembre 1957 a enero 1958, en una fecha que coincide con la de la cosecha. La información del lugar la tomo de Alicia Vega, Itinerario del cine documental chileno, p. 165). Respecto del tema, según Ángel Parra, habría habido ya un programa de radio en el marco de Así canta Violeta Parra (Subercaseaux/Londoño, p. 75). A diferencia de Mimbre, la música aquí es menos experimental ya que claramente recurre a los géneros cueca y tonada, e incluye algunos pasajes cantados. Andacollo (1958), de Nieves Yankovic y Jorge di Lauro, que pueden considerarse como afines al ámbito del Centro de Cine Experimental de Bravo, incorporan "composiciones de Violeta Parra" en conjunto con "música popular" de diferentes danzas rituales, que forman parte de la "Fiesta de la Virgen de Andacollo" (cada año del 25 al 28 de diciembre). N o es posible precisar desde los datos disponibles si hubo o no una directa colaboración entre Yankovic/Di Lauro y Violeta, pero la coincidencia entre las fechas de filmación y los compromisos de ella en Concepción lo hacen improbable. Finalmente, según el testimonio de Sergio Bravo, Violeta también trabajó en los preparativos de la restauración del clásico film mudo chileno El húsar de la muerte (Pedro Sienna, 1925) (ver carta en este libro). Bravo relata cómo, en 1958, Violeta le propone una tonada escrita especialmente para ser incorporada en la película, con el título de "Hace falta un guerrillero". Esto explica tangencialmente las circunstancias bajo las cuales fue escrita la canción. Pierden sentido "suposiciones" como la de Sáez que indica que "Hace falta un guerrillero" se musicalizó en el contexto de la musicalización del poema "Manuel Rodríguez" de Neruda {Cantogeneral, "Los libertadores", X X V ) por Vicente Bianchi y bajo el título de "Tonadas de Manuel Rodríguez" (p. 100; Miranda, La poesía, siguiendo a Sáez, p. 92). En el intento de comprender el alcance político de la canción debe tomarse en cuenta que la palabra "guerrillero", en la cúspide del prestigio no solo de Fidel Castro, sino también de Ernesto "Che" Guevara, tiene de hecho un efecto actual de irritación que va mucho más allá de la referencia nostálgica y una conjuración del futuro escatológico", "mesiánico" (Miranda, La poesía, p. 92, también pp. 37 y 87). animador Germán Becker. La canción de la primera fase de Violeta fue elección del democratacristiano convencido y es un ejemplo de la ya mencionada tendencia a la despolitización de Violeta (ver Cortínez y Engelbert, Evolución, tomo I, pp. 326-327 y 404-405).
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Con esto vuelvo a las canciones en tanto núcleo de la obra, cuya importancia también puede verse ahora como parte del florecimiento cultural de Chile durante la mencionada década de los cincuenta. Un problema con el establecimiento de la fecha de creación nos lleva directamente al debate de interpretación de los últimos años: el momento de la creación de "Arriba quemando el sol".
3. Contextos y análisis de la obra: el ejemplo "Arriba quemando el sol" En el contexto del ya mencionado pasaje respecto del cine, Ángel comienza contando cuánto lamentaba su madre no haber tenido a mano una cámara para poder grabar la "Fiesta de La Tirana" durante su presencia en el culto dedicado a María (16 de julio): "La imagen, el sonido, hubiese querido plasmarlo todo y lo hubiera hecho'. Como se dice hoy no tuvo infraestructura". Y continúa: "Por esa razón se me juntan y separan las imágenes y los recuerdos y no me importa el tiempo ni el orden en que ocurrieron. Ocurrieron y punto" (Violeta se fue a los cielos, p. 130). El "pituco académico" evidentemente no puede renunciar al intento de una más precisa reconstrucción de la biografía, en parte por su compromiso con la obra y también en parte por su voluntad de estar "al servicio del pueblo" como dijera Violeta, en palabras de Ángel. Respecto de la vida de Violeta, cabe subrayar la importancia de datos biográficos exactos al menos para aquellos años clave de febril actividad, entre 1955 y 1960. No se trata de caer en una explicación biográfica simplista que en ocasiones ni yo mismo he podido evitar. La imbricación entre vida y canto en la obra es un hecho claro en el caso de Violeta. La realidad vivida y la plasmada no necesitan ser, sin embargo, necesariamente iguales, como he podido demostrar cuando hice referencia al matrimonio de Violeta con Luis Cereceda, a propósito de las décimas autobiográficas (ver "Introducción II", para una interpretación estrictamente autobiográfica — el mal marido Cereceda — con una simultánea generalización; todos los hombres son Cereceda, ver Miranda, La poesía, pp. 124-126). Por otra parte, el privilegio temático en oposición a un ordenamiento cronológico-biográfico no debe conducir a romper la unidad de la
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obra, es decir, a separar las canciones de amor de la lírica política. 5 Lo que hace tan especial a Violeta Parra es justamente el íntimo nexo entre las vivencias personales, la situación social y la pérdida del amor como punto de mediación (ver "Introducción III", p. 80). Sobre todo en el estudio de Paula Miranda llama la atención la tendencia a limitar la importancia de las canciones comprometidas a una etapa en particular, aquella que corresponde a su segunda estadía en Europa, 1962-1965 ("Los 'cantos revolucionarios' y Francia", La poesía, pp. 86-97; ver también pp. 36-37). La denuncia de las injusticias sociales se mantiene conectada con la constante presencia del folklore (p. 86) y una religiosidad alimentada por la tradición y el progreso en el sentido de la teología de la liberación (pp. 94, 96, ver también p. 24). En la última etapa de su quehacer se funden, según Miranda, las preocupaciones político-sociales con "otras pulsiones, más universales, amorosas y religiosas" (p. 97). Miranda acentúa estos enunciados centrales en la introducción de su antología de 2016. Las canciones políticas estarían marcadas por su "función profundamente redentora" y por el "vínculo con la cultura y religiosidad popular", la confrontación con las injusticias sociales "nunca fue tan directa ni su poesía se agotó en lo coyuntural" (todas las citas de Poesía, p. 27). Finalmente, la protesta social contra el capitalismo (p. 27) y la política se diluyen en una poética que, como siempre, es "el lugar eterno [que] será el de la comunidad y del encuentro, solo posibles en el canto y la palabra, en la poesía" (p. 33). No es casual, entonces, que en el centro de sus contemplaciones a propósito de los "cantos revolucionarios" (ver arriba) se encuentre "Puerto M o n t t está temblando", en la que el desastroso terremoto de 1960 aparece como una manifestación de la ley divina contra "el mortal enemigo / del pobre y
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Quiero retractarme de la dura y generalizada crítica que hice de la antología de Juan Andrés Piña ("Introducción III", p. 123). N o era mi intención hacer un ataque personal. La observación de Piña respecto de "los contenidos sociopolíticos" que habrían estado hasta el momento en primer plano (p. 15) no es del todo infundada e implica una comprensible concesión a la censura. El solo hecho de pronunciar el nombre de Violeta, el llamado a la claridad y consideración de la vida en "Cantores que reflexionan", como el lamento por "la ausencia del ser querido", en "¿Por qué será, Dios del cielo? (v. 12) presentes en su compilación al final de la primera parte de la antología (pp. 39-42) pueden también ser considerados como gestos de resistencia. Piña, a propósito, tuvo directo acceso a materiales personales, como prueba el facsímil autógrafo de la tonada "Ya llegó tu medio amante" (p. 27, para la fuente, p. 157). La versión original reproducida por Piña se encuentra en Cantos folklóricos chilenos, pp. 84-85, atribuido a Berta "Benita" Gajardo.
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del inocente" (Poesía, p. 104). "Arriba quemando el sol" es tomado por Miranda solo como una de tantas canciones creadas en los años sesenta y que en muchos países latinoamericanos fueron emblemáticas durante "las luchas sociales de los años setenta" (Miranda, La poesía, p. 95). Con este criterio, la canción - como las otras implicadas en esta afirmación — se ve despojada de su originalidad, la que personalmente destaqué en mi análisis de 1977-1978. Al mismo tiempo, se subraya una vez más la supuesta contingencia de su poesía política en una sucesión de tendencias (amorosa, religiosa, sociopolitica) hasta llegar a un amargo final, lo que se contrapone diametralmente con la simultaneidad e imbricación de aquellas tendencias. Quisiera — con algunas precisiones — mantener mi interpretación original.6 Mi argumentación requiere que las fechas se establezcan con sólida precisión, con la que hasta ahora no contamos. Necesito entonces empezar de muy atrás.
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Justamente en la página 86 del libro de Miranda, donde aparece el aparte "1960-1964: Los 'cantos revolucionarios' y Francia", se encuentran dos errores: 1) Violeta solo musicalizó un poema de Gonzalo Rojas, "Sátira de la rima". El título "Los burgueses" para este poema se remonta a Violeta, que lo cantó en julio de 1958, en Chillán, según declaración del mismo Rojas (Libro mayor, p. 85). Rojas le dedica el poema el año 1959 ("A Violeta Parra / que hizo estallar este furor / monorrimo ese invierno / de su Chillán de Chile el 59"; citado de Gonzalo Rojas, Antología del aire, Santiago: Fondo de Cultura Económica, 1991, p. 66, primera publicación de 1964 en Contra la muerte). El texto en que se utiliza el término "burgueses", sobre todo en la primera y última estrofa como rima, contrasta el "libertinaje" de los burgueses con "el amor / que solo vive del amor". Esta oposición debe haber estimulado mucho a Violeta. 2) La cita sobre los "cantos revolucionarios compuestos por mí en Europa" se la adscribe Miranda a una carta supuestamente escrita a Nicanor, pero en realidad proviene de otra carta del 23 de agosto de 1963, escrita en París a Joaquín Blaya (Libro mayor, p. 172). El argentino de origen chileno fue entre 1961 y 1962 diputado liberal de izquierda en el Parlamento Regional de La Pampa, responsable también de la pequeña ciudad de General Picó. Durante su estadía en Argentina (desde mediados 1961 hasta junio de 1962) se desplaza Violeta entre la generosa provincia y el frío Buenos Aires, gracias a su amigo y protector Blaya (carta a Raúl Aicardi, 1961; Libro mayor, p. 117). En febrero de 1962 escribe ella desde Buenos Aires: "Yo no sé, don Joaquín, qué hubiera sido de mí sin usted" (Libro mayor, p. 131). El 21 de agosto le envía otra vez a Blaya desde Bakú una misiva tan vital, tan generosa en alabanzas a la RDA y a la URSS que ella misma imagina que su amigo debe pensar que habla así "en afán de propaganda" (Libro mayor, p. 135). Y luego de una amarga crítica a la situación argentina a continuación del golpe de Estado contra el presidente Arturo Frondizi (29 de marzo de 1962), apela ella a Blaya, partidario de Frondizi: "me parece tan raro que no sea usted comunista. Este siglo es nuestro, don Joaquín, lo envuelve todo" (p. 137). En el Libro mayor es posible encontrar una foto de ambos en la Carpa de La Reina (foto 39, p. 206).
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En mi primer acercamiento a "Arriba quemando el sol" partí de la premisa de la unión entre experiencias subjetivas inmediatas y descripciones objetivas. El viaje al Norte de 1958 (concordante con el registro de Ángel respecto de la fecha de creación de la canción) conduce, frente al primer contacto con la miseria de los trabajadores mineros, a una experiencia humana de espanto. El horror se ve aumentado además en contraste con las alegres expectativas que se formulan en la letra de "Mañana me voy pa'l Norte" y que resuenan también en los primeros versos de "Arriba quemando el sol" ("llevaba mi corazón / contento como un chirigüe"). En la presentación en forma de relato según la tradición de la "lira popular" propia de la canción, se denuncia una implacable explotación social que es generalizada, sucede en Chuquicamata al igual que en Santa Juana, ("Introducción III", p. 129). La ya citada narración anecdótica de Osvaldo Rodríguez ("Introducción III", n. 88) parece corroborar esta interpretación en 1984. También González, Ohlsen y Rolle aluden a la conjunción de ambas canciones en una "desoladora experiencia en la pampa salitrera" (p. 390). Ahora bien: "el" viaje al Norte es uno entre varios. El primer contacto con la gigantesca región dividida en Norte Grande y Norte Chico es el viaje de luna de miel con Cereceda en 1938 (Herrero, Después de vivir un siglo, p.71). Sigue la mencionada gira con Luis Arce y el grupo "Estampas de América", que en 1952 los lleva también a oficinas salitreras del Norte Grande (ver "Introducción II", n. 45). Estas experiencias no dejaron huellas claras e inmediatas en la obra, a menos que se pudiera suponer que allí tuvo lugar el estímulo final necesario para emprender la labor de Violeta en tanto recopiladora de folklore. Escribe Herrero: "Es difícil establecer si Violeta Parra se conmovió o espantó por las condiciones sociales de los mineros que observó durante la gira" (Después de vivir un siglo, p. 104). En Violeta se fue a los cielos, Ángel habla además de viajes al Norte Chico, por ciudades como Andacollo o Salamanca, en los que Violeta documenta la música y los rituales religiosos del lugar (p. 122; para Salamanca, ver Gastón Soublette en Libro mayor, p. 80). La índole de la narración de Ángel no permite incluir fechas. La cronología del Libro mayor da señales de viajes al Norte recién en el año 1958 (para la Fiesta de La Tirana) y 1959 (a una universidad cuyo nombre no se especifica, ambas indicaciones en p. 227). Ya que en 1958 se filma el documental Andacollo con música de Violeta que, según Alicia Vega, consiste en "composiciones de Violeta Parra y música popular de las cofradías de chinos, danzantes y turbantes de la fiesta de Andacollo" (Itinerario del cine documental chileno, p. 166, n° 107) debemos suponer que Violeta reunió y/o
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compuso ese material a más tardar en diciembre de 1957 (la "fiesta" tiene lugar en el mes de diciembre). Víctor Herrero propone que Violeta debe haber viajado a Andacollo ya en diciembre de 1956, pues no viajó durante su compromiso en Concepción (e-mail, 19 de agosto de 2017). En 1957 se escriben las décimas "Por despedida a Gabriela Mistral" ("Hoy se llora en Chile") y la poeta fallece el 10 de enero. Se da una casual coincidencia de fechas entre la muerte de la Mistral, la composición de las décimas "a lo divino" y la actividad recopiladora en el Norte Chico, claro ejemplo de la simultaneidad de experiencias y de la labor creativa ("La lechera", "Hace falta un guerrillero", "Yo canto la diferencia", "Según el favor del viento", "Puerto Montt está temblando", "La carta", "Run-Run se fue pa'l norte"). En 1958, afirma la "Cronología" del Libro mayor, Violeta viaja al Norte Grande "a investigar y grabar la fiesta pagano-religiosa de La Tirana" (p. 227). Lamenta no tener a disposición una cámara, así que no hay filmaciones. El film La Tirana, de Yankovic y Di Lauro, que se menciona algunas veces, no existe (ver Libro mayor, p. 110 [Madrid p. 64]; Oviedo, p. 76, Montealegre, p. 38, Parra, Violeta Parra - Obra visual, 3 a edición, 2012, p. 128). Si Violeta estuvo en Chuquicamata y en la relativamente vecina Santa Juana, como yo supuse en 1978, no se puede confirmar. Durante 1959 la "Cronología" señala un último viaje al Norte, invitada a dar clases de folklore por la Universidad Católica del Norte, en Antofagasta (Libro mayor, p. 108). En "Mañana me voy pa'l Norte", Violeta expresa su alegría de poder cantar a los nortinos y los salitreros después de volver del Sur (Temuco). Esta alegría perfectamente podría referirse al viaje de 1959 que termina con una excursión para hacer compras en la zona franca de Iquique (Isabel Parra en Libro mayor, p. 108). Un indicio a favor de la suposición de que existe una estrecha cercanía temporal de la secuencia temática desde "Mañana me voy pa'l Norte" hasta "Arriba quemando el sol" y el viaje de 1958 es el hecho de que una de las primeras canciones de Ángel Parra, "Del Norte vengo, Maruca", fue grabada en 1958 (Cuatro villancicos chilenos, Angel Parra y los Norteños, Vivart EPG 72). Se trata de un nortino "ritmo de trote" que habla de la carencia de agua en las salitreras, aunque no en un contexto crítico. En conjunto con "Arriba quemando el sol", esta canción se puede escuchar en el disco producido en la RDA Süd- und mittelamerikanische Volksmusik (ver "Comentario" a "Porque los pobres no tienen", p. 252). Incluso si no existe información definitiva acerca de la fecha de producción de "Arriba quemando el sol", parece, dada la densidad de las informaciones disponibles, que la canción fue compuesta en 1958 o, a más tardar,
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en 1959, como síntesis de todas las experiencias en el Norte. Esta síntesis tomaría la forma de un relato de viaje, pero no por eso tendría que referirse a un solo viaje. Herrero propone 1960 como fecha de composición (Después de vivir un siglo, p. 104). Habla también a favor de estas fechas, 1958-1960, un aspecto relativo al contenido. Debido a que yo suponía la presencia de una inmediata correlación autobiográfica, busqué la existencia de un Santa Juana en el Norte (v. 45). Pasé por alto que, en la estrofa final, no solo se habla de explotación minera a tajo abierto, de cobre y salitre, sino también de carbón y de trabajo subterráneo (w. 54-55). Se podría hablar de una licencia poética que incluye toda la minería. Más concluyente sería identificar Santa Juana no con un lugar en el Norte, sino con la ciudad de Santa Juana en el Sur del país, en las cercanías de Concepción, donde se encuentra el centro de la explotación del carbón. La ficción de Mónica Echeverría entonces sí contendría un hecho veraz (ver Yo, Violeta, pp. 103-104). Con estas observaciones estaríamos todavía más en un camino autobiográfico que conduce desde Concepción en 1957 hasta Chuquicamata en 1958. A favor de este camino de Violeta habla también el hecho de que aparece una vez más en "Yo canto la diferencia" (1960). En el contexto de una secularización del cielo impotente y de un reproche al "señor vicario" (estrofa 6, v. 43), representante indiferente de Dios en la tierra, se canta: "hay descontento en el cielo / en Chuqui y en Concepción" (estrofa 8, w. 52-53). Finalmente, también la música de la canción indicaría una fecha alrededor de 1958, año en que Violeta comienza a realizar su plan de componer un ballet: El gavilán. Según González, Ohlsen y Rolle (p. 383) este proyecto cobra forma durante la permanencia de ella en Concepción (19571958). Miranda propone como fecha 1957 {Lapoesía, p. 131), Oporto no se pronuncia claramente (fines de los cincuenta, p. 25). En la Universidad de Concepción se encuentra Violeta con el pintor Nemesio Antúnez, Julio Escámez y una vez más con el arquitecto y cineasta Sergio Bravo. Los tres artistas comparten, más allá de su simpatía por el comunismo, el interés de transformar materiales y técnicas cotidianas (trenzar, tejer, coser) en obras artísticas. Antúnez trabaja con manteles de mesa y a él dedica Violeta la pieza musical "Los manteles de Nemesio" (1958). Uno de los maestros de Antúnez y Escámez es el muralista mexicano David Alfaro Siqueiros quien, en 1940, luego del gran terremoto de 1939, decora en Chillán una escuela donada por México. Cuando Siqueiros es apresado en su patria por razones políticas en el año 1960, Violeta escribe su canción "Siqueiro(s) prisionero", dedicada a Thiago de Mello. Bravo, por su parte, recibe impulsos de la tendencia
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experimental de la Bauhaus, con la que se familiariza a través del trabajo de Tibor Weiner, prófugo del terror nazi y a quien conoce en la Facultad de Arquitectura de la Universidad de Chile. En 1957, Bravo funda el Centro de Cine Experimental. El año previo — 1956 — Antúnez había fundado el igualmente experimental Taller 99 al que había invitado a Escámez. Se ha especulado mucho acerca de los estímulos que recibió Violeta para su "obra visual" (ver los ensayos introductorios a Violeta Parra — Obra visual). Las relaciones aquí esbozadas entregan al menos indicios sólidos acerca del campo artístico en el cual se mueve Violeta. No resulta para nada asombroso que González, Ohlsen y Rolle establezcan una estrecha conexión entre la estructura de El gavilán y la de las arpilleras. En ambas variantes artísticas se trataría de una reutilización de retazos, de tela y de música: [...] la forma de "El gavilán" [...] surge de la suma de trozos musicales y poéticomusicales con lo que repite el procedimiento que utilizaba al producir sus arpilleras, donde una sostenida acumulación de partes generaba el todo. [...] si en sus tapices y arpilleras se reutilizan retazos de tela y lanas de colores, en "El gavilán" se reutilizan retazos musicales, reciclando materiales del folklore que son tensionados al máximo en un discurso fragmentado, donde sílabas y motivos sueltos adquieren total autonomía sonora, (pp. 3 8 3 - 3 8 4 )
En el caso de El gavilán escuchamos una enajenación musical de la cueca en un mundo amoroso perturbado y destruido. Si El gavilán es un ajuste de cuentas con el portador de anteojos Sergio Bravo y si "La muerte con anteojos" tiene que ver con Julio Escámez, que no necesitaba de esos adminículos, es de nula importancia. Con ambos tuvo Violeta, siempre necesitada de cariño, una relación muy cercana.7 Lo que importa aquí solo es la capacidad de síntesis. Ambas composiciones se plasmaron, o al menos fueron concebidas, en 1958, lo que da nuevamente una señal respecto de la cercanía temporal de vivencias personales y creaciones artísticas. Justamente por ello debiera uno estar muy atento a los establecimientos de fechas 7 "Yo quiero que me quieran", afirma en una carta a Adriana Borghero, en un texto que contiene en sí "Gracias a la vida" (Libro mayor, p. 139). Adela Gallo, fotógrafa y amiga, que participa en el diseño de bocetos para la escenografía del futuro ballet, en una entrevista con el Gitano Osvaldo Rodríguez, dice que El gavilán no solo fue escrito con el aliciente de Sergio Bravo, sino también contra él: "¿Y fue escrito a instancias de Sergio Bravo? -En contra de Sergio Bravo" (Cantores que reflexionan, p. 189).
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(auto)biográficas demasiado ajustados, como en el caso de "Arriba quemando el sol". La pérdida del amor es en verdad un hilo rojo en la poesía amorosa de Violeta tanto como lo es la plenitud en el amor (ver "Introducción III", p. 124). Querer atribuirle a cada una de esas canciones una relación concreta significaría caer en el "anecdotismo banal", que Oporto critica duramente (pp. 63-64). C o m o ejemplo para esto puede servirnos una vez más la ficción de Mónica Echeverría, en la que estiliza la figura de Violeta en una mariposa que se oculta torpemente de agresiones difamatorias tras los "amores en Concepción". 8 Echeverría adscribe a su personaje novelesco de Violeta la cueca "Soy como la mariposa", que en realidad Violeta descubre a través de Eduviges Candia (Cantos folklóricos chilenos, pp. 104-105). Pero Violeta utiliza también técnicas en las que los tonos se vuelven un material "libre" desligado de reglas tonales en el ya mencionado documental Mimbre (1957) de Sergio Bravo (ver "Introducción II", p. 118), donde se construye una imagen en movimiento de las posibilidades artísticas en el concierto entre el trabajo manual del tejedor de canastos, escenas fílmicas y música. 9 Con su musicalización de "El pueblo" ("Paseaba el pueblo sus banderas rojas") del Canto general de Neruda (Parte XI, "Las flores de Punitaqui"), basada en su composición experimental para guitarra "Tres palabras", Violeta intenta una transposición de música académica nueva ("música culta") a la poesía política. 10 El resultado dista mucho de ser un ejemplo de canto comprometido. Olivia Concha Molinari caracteriza "Tres palabras" como "tal vez la más misteriosa de todas las breves piezas de Violeta Parra" ("Violeta Parra, compositora", p. 84). Concha Molinari describe la primera parte de la composición, con los versos 1-8 del poema de Neruda, como tonal, en
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"Soy como la mariposa / que anda 'alre'or' de la vela, / aunque me queme las alas / siempre estoy de centinela. / C o m o la mariposa / que va volando / tengo mis amorcillos / de vez en cuando". La canción es de paso un lindo ejemplo de la franqueza del folklore tradicional recopilado por Violeta. 9
Una fotografía de 1964 de Violeta durante su exposición en el Louvre me parece una refinada síntesis de esta tendencia (ver foto página 264). Una hábil puesta en escena deja ver a la artista sobre un suelo de baldosas de tres colores que, por la perspectiva, conduce hacia un espacio triangular. Ella aparece sentada en uno de sus tapices, está rodeada de máscaras de papel maché y tiene en su mano la escultura en alambre de un animal. Para u n cuadro completo de la obra artística total llamada Violeta falta solo un guiño a sus canciones-poemas con su correspondiente componente político y social. 10 La caracterización de la música de El gavilán como culta se la sugiere Mario Céspedes en la entrevista con Violeta de 1960 (García, Violeta Parra en sus palabras, p. 41).
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modo menor y que finaliza con un intervalo de tritono que funciona como una pregunta abierta (p. 84). 11 Esta primera parte se repite luego de un claro intervalo con los versos 9 a 17 de tal manera que el carácter interrogante de la canción se acentúa respecto del texto de Neruda. Los términos del poema permiten esta lectura porque el yo lírico aparece como observador; por tanto, la pregunta implicada en la música — si la resistencia del pueblo puede ser mantenida — es posible de ser formulada por él. También en "Arriba quemando el sol" se pueden encontrar huellas de una composición parecida, no al servicio de una creación ajena, sino integradas al propio ámbito expresivo. Junto a las ya mencionadas formas (configuración de la rima, ritmo, monotonía) se encuentra, en plena armonía con lo anterior, la composición musical en sentido estricto. El generalizado acorde Re mayor se transforma en el repetido verso final de cada estrofa, "Y arriba quemando el sol", que acompaña la palabra "sol" en Re 7, es decir, sin permitir la resolución que sugiere la presencia del tritono en el acorde de dominante (ver partitura en p. 232). 12 El efecto logrado de prolongación en la espera remite al implacable sol que brilla sin fin. Por consiguiente, debido al estado de las cosas, la división en etapas propuesta por Miranda es más que cuestionable. Ya en los años cincuenta la poética de Violeta está totalmente formada. A ella pertenecen no solo la tradición campesina de la lírica amorosa, la religiosidad popular y los cuadros de género acerca de la historia, sino también una conciencia cultural alerta de observación aguda y abarcadora que, por supuesto, incluye política y sociedad, igual que la "lira popular". La doble lectura de "Yo canto la diferencia" como fijación de su propia poética y abandono de las tendencias vanguardistas se vuelve cada vez más plausible (ver "Introducción II", p. 119). Hasta donde yo veo, ya no hay más composiciones experimentales luego de 1960 y "Cantores que reflexionan" establece un claro cierre. 11
"Paseaba el pueblo sus banderas rojas / y entre ellos en la piedra que tocaron / estuve, en la jornada fragorosa / y e n las altas canciones de la lucha. / Vi cómo paso a paso conquistaban. / Sólo su resistencia era camino, / y aislados eran como trozos rotos / de una estrella, sin boca y sin brillo" (Obras completas I, p. 730). 12
González, Ohlsen y Rolle describen la canción como sigue: "Esta canción de recursos austeros está basada en un ritmo repetitivo y una melodía acordal descendente - tetrafónica - , derivada del único acorde utilizado, Re mayor, que aparece en un contexto modal mixolidio, sumando su séptima menor" (p. 390). Los tres musicólogos descubren huellas del "estilo vocal mapuche" en "Arriba quemando el sol" así como en "Arauco tiene una pena" (p. 388).
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4. Contextos y análisis de la obra: política y religión Con una tendencia a preferir los temas de amor y de folklore tradicional campesino, que fue aumentando en los últimos años, viene también un acento en asuntos religiosos e incluso mágicos a costa de los componentes sociales y políticos. Los dos complejos — política y religión — están estrechamente interconectados, por lo que el privilegio concedido a la religión no tiene fundamento. Es indiscutible el hecho de que Violeta fue estimulada en 1945 por su primer marido, Luis Cereceda, a hacerse miembro del Partido Comunista (PC) para comprometerse en la campaña electoral de Gabriel González Videla. Víctor Herrero incluso llega a constatar que "El único pegamento que al parecer mantenía unidos a Violeta y Luis era la política" (Después de vivir un siglo, p. 85). Dentro del partido se vuelve muy pronto responsable de un comité regional (Cereceda en Alcalde, pp. 33-34). En su casa organiza un Comité de dueñas de casa (Subercaseaux/Londoño, p. 44). Ya en 1938, en los comienzos de la presidencia de Pedro Aguirre Cerda y del Frente Popular, le fue confiado por el Partido Comunista un almacén improvisado, en el que se vendían alimentos básicos a precio de compra ("una especie de JAP" — Juntas de Abastecimiento y Precios — según el testimonio de Roberto Parra en Subercaseaux/Londoño, p. 41. Roberto utiliza el nombre del servicio existente en tiempos de la Unidad Popular). Posiblemente la afirmación gratuita de un rápido aburrimiento con el trabajo político-partidista se debe a una descripción de Cereceda (Alcalde, p. 34). Para Manns, ella militó solo brevemente en 1946 ("pertenecerá brevemente", Madrid 1978, p. 33).13 En contraste, está el testimonio de Gladys Marín, presidenta del PC, que en una entrevista del año 2004, afirma: "Me hice muy amiga con la Violeta. Ella era comunista del Partido" (Libro mayor, p. 133). Recuerda el viaje por mar que hicieron juntas en 1962 para participar en el Festival Internacional de la Juventud y de los Estudiantes, financiado periódicamente por la Unión Soviética, esta vez en Helsinki. Además, a Marín también se le debe la invitación (Ángel Parra, Violeta se fue a los cielos, p. 164). La experiencia de Violeta en la RDA y en la URSS está impregnada de entusiasmo (ver n. 6). Lucy Oporto cita - respecto de la palabra clave "capitalismo" - en su nota a pie de página a Manns, Alcalde y Montealegre (pp. 66-67, n. 58); Miranda dice, sin indicar fuente, que Violeta "algunos meses militó en el Partido Comunista" (Lapoesía, p. 203, n. 25). En ambas ocasiones se trata de relativizar una línea sociopolítica concretamente definida. 13
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Ya su primer viaje a Europa en 1955 también para participar en el Festival Internacional, en Varsovia, fue para Violeta una fiesta de alegría y solidaridad (ver "En Varsovia", Décimas, p. 327). Sin embargo, el Festival se reduce varias veces a la resaca después del fin de la "fiesta mágica" (Décimas, p. 325; Miranda, La poesía, se refiere al "Fin de festival" p. 216). De este modo, se produce una grave distorsión de los caprichos anímicos de una persona que por primera vez viaja por el mundo. La confusión inicial no tiene nada que ver con largas discusiones político-partidistas, sino con la inesperada invitación al gran evento organizado por los comunistas, que luego ella describirá como "jardín del amor humano" ("En Varsovia", p. 327). Tampoco sus arrebatos de ira en Viena y París, descritos en la forma poética y estilizada de las Décimas, no tienen que ver con política ("Tramitada en Viena", "Llego a París", pp. 332-335) o la "altisonancia de la excesiva discursividad", sobre todo de la izquierda (Miranda, La poesía, pp. 216-217). En esta crítica que repentinamente incluye también sectores de la derecha, Miranda olvida que Violeta en su soledad vienesa extraña no solo la ayuda de "los comunistas" y "el radical", sino también la de "los católicos" (Décimas, p. 331 y Miranda, La poesía, p. 216). También la segunda estadía en Europa — con la ya nombrada visita al Festival de la Juventud en Helsinki (1962) — se caracteriza, según Miranda, por otro mal momento anímico apoyándose en una carta de Violeta a Nicanor de junio de 1963. 14 Nuevamente pasa por alto que se trata de la — profunda — expresión de un breve instante. En la carta al hermano inmediatamente posterior ella ya tiene otro talante (Libro mayor, Madrid, p. 104, la disposición en la edición Santiago no se presenta en secuencia, pp. 152-154 y pp. 157-162). Violeta encuentra consuelo en El Siglo, diario del PC: [...] saludo, con una copa hasta el tope de tinto de San Javier, recién sacado del cofre, al honorable cantor de los cantores mayores: Enrique Lihn, afamado con todos sus reventones, y al diario El Siglo, donde uno puede desahogar sus dolores [•••]
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Libro mayor, Madrid 1985, p. 103; Santiago 2 0 0 9 , p. 157. La edición de Santiago
contiene un texto mucho más largo, que Miranda ignora. Ver Engelbert, "Poesía y pintura en la vida de Violeta Parra", pp. 100 y 102.
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El Siglo es como la mano que ayuda a mirar al ciego, como un rebozo del Sur para abrigarnos el cuerpo. {Libro mayor, p. 153) 15
A mediados de septiembre de 1963 le escribe a Gilbert que debe descansar de la "fiesta de L'Humanite \ el equivalente francés de El Siglo. Qué pena que tú no viste la fiesta. Había un poquito de gente, fíjate, 600 mil personas. He informado a Chile de la magnitud de esta fiesta. Es algo increíble. Parece que los pelientos estaban muy contentos. Los compañeros también. (Libro mayor, p. 174)
No puede tratarse entonces de un efímero fogonazo comunista.16 Las premisas marxistas y comunistas se encuentran también en sus discursos no partidistas. "Burgués" y "burguesía" son términos que usa con frecuencia, especialmente luego de la musicalización de la "Sátira de la rima" de Gonzalo Rojas bajo el nombre de "Los burgueses" (1958). En 1963, luego de quejarse en detalle con Gilbert de que la dirección del Louvre la postergue frente a una "abstraite de prestigio" (Libro mayor, p. 175), escribe: Yo quiero que mi nombre crezca, para ser más fuerte y más importante, para defender mejor a mi pueblo. Para batallar contra la burguesía hay que ser fuerte, y quiero ver a Chile con un nuevo motor. (Libro mayor, p. 177; "ver" puede ser un error de transcripción de "volver")
Poco antes de volver a Chile (junio de 1965) de una Europa que esta vez sí la trató extremadamente bien ("Europa me ha tratado bien", carta a Blaya, mayo de 1964, Libro mayor, p. 183), da una entrevista a Hubert Joanneton en Suiza, en la que explica:
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Enrique Lihn (1929-1988), poeta del ámbito de Nicanor Parra, amigo y colega de Violeta en el programa radial Así canta Violeta Parra, a comienzos de los cincuenta (Oviedo, p. 50). La edición de Madrid dice: "Y al diario donde uno puede desahogar sus dolores", con una nota explicativa a pie de página de Isabel Parra. Para Violeta, existe un solo diario. 16 Es curioso que Javiera Parra, nieta de Violeta, minimice el nexo de su abuela con el comunismo. En una entrevista con el semanario satírico The Clinic declara: "siempre se le atribuyó a Violeta un tizne comunista. Y todos sabemos que ella es cien mil veces mayor que eso. N o se trata de la obra de una mujer comunista, sino que es una obra metafísica, filosófica..." (20 julio de 2017, p. 8).
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En Chile algunos periódicos no son muy buenos conmigo, los diarios de derecha, de la burguesía. Para ellos la palabra folclor ya es algo racista. Yo soy una mujer del pueblo. Cada vez que me meto en política, la gente se enoja conmigo; quisieran que sólo fuera cantante. (Violeta Parra en sus palabras, p. 109) C o n la palabra "capital" y sus derivados sucede algo parecido, aunque su uso parece ser menos preciso. Pero incluso Miranda, que no aprecia las concepciones marxistas, no puede evitar ver en "Mazúrquica modérnica" "las contradicciones implicadas en el sistema capitalista" {Lapoesía, p. 105). Los esfuerzos personales de Violeta por comprender a Marx se encuentran en un testimonio teñido de desesperación de su hija Carmen Luisa en el que habla acerca de su contradictoria madre. Violeta no le habría permitido a su hija una vida escolar normal alegando que "era una floja": Y me compraba muchos, muchos libros y yo te digo mi mamá intentó hacerme leer El Capital a los diez años, Gitano y me lo explicaba ella, ¡pero eso era absolutamente loco! (Entrevista con Osvaldo Rodríguez, Cantores que reflexionan, p. 166) Un cierto escepticismo parece haber aparecido también en la madre. Así intento al menos explicar una variante en el texto de "Un río de sangre" ("Rodríguez y Recabarren", 1962). En la versión más corriente cantada por Violeta, dice, en el verso 6: "canalla del carnaval". Con ello se alude a la red de mentiras de los poderosos, que se denuncia en "La carta", "Porque los pobres no tienen" o "Ayúdame, Valentina". En una versión manuscrita disponible en la plataforma virtual "cancioneros", en lugar de "carnaval" aparece "capital". La conclusión de que Violeta tiene mayor familiaridad con las mentiras de los que manejan el poder que con las astucias del capital o de El capital se impone. Respecto de la recepción del término "capital", el testimonio más interesante es la entrevista de 1960 con Mario Céspedes en Concepción (ver "Introducción", n. 57). Ante una observación de Céspedes que afirma que El gavilán sería un ejemplo de música culta y que el ave de rapiña simbolizaría la lucha entre el bien y el mal, entre "el poder y la debilidad", Violeta responde: El tema de fondo es el amor. El amor que destruye casi siempre, no siempre construye. El gavilán representa al hombre, que es el personaje masculino y principal del ballet. La gallina representa a la mujer, y que es personaje también
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile de primer orden pero el personaje sufrido, el que resiste todas las consecuencias de este gavilán con garras y con malos sentimientos, que también sería el poder, como dijiste tú, y el capitalismo, el poderoso. (Violeta Parra en sus palabras, p. 41)
El significado alegórico que subraya Violeta es el amor en una variante casi sadomasoquista. La alegoría del poder es secundaria y está caracterizada por Céspedes como posible mediante el tiempo verbal elegido. El "capitalismo" es un añadido de Violeta, pero es casi inmediatamente identificado con el término "poderoso", de múltiple significado. Lo complicado o desagradable que puede resultar el término "capitalismo" queda claro cuando Montealegre lo deja fuera (p. 42) o Miranda prescinde de la cita (La poesía, p. 133). Se puede hablar precisamente de prescindencia porque Miranda cita El Diablo en la música de Oporto, sin embargo oculta su radical interpretación política de El gavilán. Oporto se refiere desde el primer capítulo y de manera recurrente a la - incompleta - cita de Violeta: "Violeta buscaba dar forma a la relación niveladora del amor que destruye, el poder y el capitalismo' (p. 55). La distinción entre "poder" y "capitalismo" que Violeta más bien equipara, así como la exclusión de la posibilidad de un "amor constructivo" (mencionado en la cita y plasmado también poéticamente en "Volver a los 17") abren una amplia gama de interpretaciones por asociación libre, fuera de control. C o m o ejemplo, O p o r t o necesita largas disquisiciones acerca de Satán y su historia eclesiástica para llegar finalmente al verso 9 de "Cantores que reflexionan" y descubrir una "estructura oculta": "un sacrificio cruento al Diablo, tal vez, como parte de un rito de magia negra" (p. 301). El gavilán es visto por ella como "una obra acerca del futuro de Chile, bajo la égida del fascismo, a partir de 1973, y su continuidad y consolidación como 'espíritu fascista, a partir de 1990" (p. 27, ver también pp. 119, 125, 221, 285, 310, 312). Para Miranda esta cuestionable visión se vuelve "la muerte del propio espíritu de todos los chilenos" (Lapoesía, p. 133), a su vez, nada convincente. La muerte y el diablo, inventados cultos de sacrificios (Oporto, p. 238), "Gavilán o Diablo" (p. 204) como encarnaciones de una comunidad sanguinaria no tienen absolutamente nada que ver con Violeta Parra y su texto. Por el contrario, el yo lírico que se define como "sorda", no escucha las advertencias de "la gente" (Parra, Poesía, p. 81). Oporto solo puede tomar estos gestos amistosos en una arriesgada inversión de sentido como "amenaza velada de la comunidad contra la víctima", "consejos de barrio" y "resentida sabiduría sacrificial" (p. 270). El uso del término "fascismo" solo puedo calificarlo como negligente, ya que ese fenómeno político-social se ve estilizado como
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inevitable necesidad. El único modo de sortear la aparición del fascismo sería la percepción del arte de Violeta como fuerza terapéutica, en el sentido del mágico poder de una machi mapuche, que lograra redescubrir vías de comunicación perdidas de dimensiones sociales y sobrenaturales: Desde el proceso de concientización que la elaboración de El gavilán implica, tal vez esta pieza haya sido pensada como un rito de exorcismo, en sentido amplio. Es decir, como una forma de expulsar a los espíritus malignos del cuerpo y del
alma de Chile, antes de la catástrofe. (Oporto, p. 183)
De qué manera, en un mundo en que Dios está ausente (p. 73) y la maldad existe como principio positivo y no solo como carencia del bien (p. 313) puede surgir una interpretación bien intencionada como la de Oporto no se explica y parece que realmente necesitamos la ayuda de Valentina para aclararlo. También Miranda está hechizada por el mundo mapuche, estimulada por la "lamentable actualidad" {La poesía, 219) que hace que "Arauco tiene una pena" resulte atractiva para sus estudiantes. El aspecto "medular" del punto de vista campesino de Violeta sería "el componente mapuche" (Introducción a Poesía, p. 33). En "El guillatún" Miranda percibe un "ritual sincrético" (por la simultaneidad de ruegos a "Isidro, Dios y San Juan", v. 5, y a "la machi" w. 6 y 18) que se ajusta a la "lógica de la plena vigencia de las culturas indígenas": [...] tiene que ver ya no con los indigenismos integracionistas y desarrollistas, sino con la "autonomía" y la "autodeterminación" de esos pueblos, que han conservado y renovado su caudal de conocimiento y tradiciones, y que gracias a ellas podrán seguir sobreviviendo. (La poesía, pp. 220-221)
Esta utopía nacida más bien en Santiago que en Millelche ("El guillatún", v. 1) se ve luego conectada sin fracturas con el "discurso redentor y liberador del cristianismo primitivo o con algunos lincamientos del Concilio Vaticano II" (p. 43). Aun reconociendo el valor de tradiciones religiosas y de enfoques interpretativos diferentes, elucubraciones como estas transgreden los límites de un análisis que debiera abrir perspectivas para la comprensión de la obra. La experiencia vital de la poeta y cantante Violeta Parra es inequívoca. Está marcada por una pobreza material, la voluntad de denunciar y cambiar condiciones humanas indignas y desiguales y un don de expresión incomparable.
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Empatia con los que sufren y amor por la vida con todas sus contradicciones son los hilos conductores de su existencia. La influencia de ideas socialistas formuladas por el Partido Comunista no se puede negar. Según el contexto, ella utiliza para expresar sus sufrimientos y el deseo de que terminen elementos de la tradición mapuche, de los indios altiplánicos (por ejemplo "Mañana me voy pa'l Norte") o, más frecuentemente, de los cristianos católicos. Ello no impide que se mantenga intacta su actitud esencialmente dirigida al más acá, una actitud que pone al centro al ser humano que sufre. Ya en la introducción de 1978 dejé claro que Violeta puede recurrir a la función consoladora de la fe cristiana aunque haya comprendido su índole ideológica, es decir, desviar de las causas mundanas del sufrimiento ("Introducción III", p. 133). Los ejemplos siguientes quieren subrayar su comprensión de la política como una práctica de apoyo, de solidaridad y de compromiso concreto. Ante todo quiero recordar una vez más sus actividades de fines de los años treinta y comienzos de los cuarenta, donde transforma en acción los principios programáticos de la izquierda, como la lucha contra el hambre y el fortalecimiento del rol de la mujer en la sociedad. Su actividad en el "Comité por la Paz" fundado en 1952, punto de encuentro del prohibido PC, se dirige contra toda forma de armamentismo, muy especialmente contra las de origen nuclear, y deja huella de ello hasta en las arpilleras "Contra la guerra" (1962) y "Cristo en Bikini" (1964). 1 7 Deberíamos evitar ver estos esfuerzos solo como consecuencia de la propaganda soviético-rusa que Violeta conocía (ver n. 6). Asumir la Unión Soviética como un país de progresos sociales y como fuerza protectora contra arbitrariedades autoritarias (por ejemplo 17 Silvia Urbina, también cantante folklórica y comunista, conoce a Violeta en el Comité cuando todavía no era la conocida figura que llegó a ser (Libro mayor, p. 197). Montealegre recuerda el viaje de Violeta al Festival de Helsinki de 1962 bajo el lema "por la paz y la amistad". 1962 es también el año de la crisis cubana (instalación de misiles soviéticos) y de la encíclica Pacem in terris. Su análisis, apoyado en palabras de Violeta y Ángel, mostraría la "complejidad
mestiza" de los símbolos y su indirecta contra la institución de la Iglesia (la escopeta con una cruz). Montealegre ofrece también una excelente interpretación del "Cristo en Bikini" (y no "en bikini") haciendo referencia al atolón en que Estados Unidos realizó sus ensayos de bombas atómicas (Violeta Parra, 2011, pp. 43-53; ver también http://www.elmostrador.cl/ cul tura/2017/03/22/la-misteriosa-obra-visual-de-Violeta-Parra-repleta-de-simbolismos-quees-mas-actual-que-nunca/). El ensayo de Isabel Cruz de Amenábar, "Violeta Parra, artista visual", todavía en 2 0 1 2 habla de una "humorada del título" (confunde el grupo de islas con un traje de baño), que en nada se parece a su "exaltación en la verticalidad angosta del Crucificado, en el pajarito que franciscanamente le picotea y extrae el clavo" (Violeta Parra — Obra visual, p. 31).
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el franquismo), el neocolonialismo (Lumumba como mártir, ambos ejemplos de "Un río de sangre") o como defensora de las libertades conquistadas (Cuba) son cosas por lo menos comprensibles desde la perspectiva de una latinoamericana que conoce la pobreza y la persecución política en nombre de la libertad, que puede dar conciertos en la RDA y puede grabar discos con sus propias canciones. En su quehacer político, en el más amplio sentido, Violeta es manifiestamente tolerante. Desde París escribe a su respetado amigo Joaquín Blaya en la carta ya mencionada del 23 de agosto de 1963 (nota 6) y le cuenta que en septiembre dará un concierto en la sede de la UNESCO. En un diario de Ginebra, a propósito de ella y su concierto en la universidad local, fue mencionada como colaboradora de la UNESCO ("Collaboratrice de rU.N.E.S.C.O.", Libro mayor, Madrid, ilustración 13, p. 107. Allí se reconoce también un recorte del diario de la RDA Freie Erde de septiembre de 1962). En la citada carta, en la que aparece también la mención a los "cantos revolucionarios compuestos por mí en Europa", queda testimonio respecto de su "inmensa gratitud" a Blaya, por su contribución a la liberación de uno de sus hermanos, Eduardo "Lalo", que tuvo problemas con la policía por un intento de suicidio en el que también se vio involucrado uno de sus hijos. Usted, don Joaquín, es ese pueblito mismo [General Picó]. Yo no puedo separar, en este caso, el sentido del pueblo y lo que es usted como ser humano. Y como primera autoridad política de dicho pueblito, el que brilla en mi pensamiento, recuerdo como si hubiera sido ayer que estuve allá para buscar a mi hermano, ayudado y defendido por usted. (Libro mayor, p. 172) Nos encontramos nuevamente con la gratitud de Violeta, aquí con una llamativa conexión con el papel político del amigc, que puede tener un toque de "caciquismo", pero que también expresa el asombro ante una actitud generosa que parece no haber conocido en Chile. En todo caso, no se escandaliza ante la postura liberal político-partidista de su benefactor, al que sin problema le cuenta de sus "canciones revolucionarias". En otra carta a Blaya de mayo de 1964 le ofrece una muestra más de su agradecimiento: "En homenaje a usted, en cada recital, incluyo en mi programa canciones argentinas: bagualas, bailecitos y chacareras. De esa manera, correspondo a los inmensos favores recibidos de parte suya" (Libro mayor, p. 183). Violeta participa por lo menos con entusiasmo en los comicios presidenciales de 1964. Para la fecha viaja de París a Santiago y cae en cama con
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gripe ("enferma como tonta", carta a Gilbert del 2 de septiembre de 1964, Libro mayor, p. 199). Recibe algunas visitas de conjuntos musicales — solo el "conjunto Millaray" no habría ido — y también de "Lalo" y de su hermana Hilda, de la que afirma, lisa y llanamente: "La estúpida no es allendista" (Libro mayor; p. 200). Violeta misma está convencida de la política de Salvador Allende. Entre el 30 de junio y el 8 de septiembre de 1964 se presenta en Santiago la exposición "Solidaridad con el pueblo de Chile" en la que numerosos artistas nacionales e internacionales afirman su apoyo a Allende. Violeta contribuye con un óleo más bien desconocido "Velorio del angelito", según datos entregados por el profesor de la Universidad de Chile, Gonzalo Arqueros. 18 N o extraña, pues, que después de las elecciones del 4 de septiembre Violeta se muestre muy desilusionada: "Ayer 4 hemos pasado el gran susto. Perdimos las elecciones. Frei salió elegido, y todos los allendistas tenemos pena. La Democracia Cristiana barrió con el allendismo. El golpe es muy duro" (Libro mayor, p. 200). Si se comprende el allendismo como el intento de reunir a la fragmentada izquierda dentro de un marco fundado en profundos principios de crítica capitalista para que sea capaz de obtener una mayoría y gobernar, entonces esta concepción corresponde plenamente a la tolerante actitud de Violeta, también capaz de compromiso para su propio beneficio. La vehemente reprimenda a su último amor, Alberto Zapicán ("El Albertío'"), se explica, políticamente, en esa misma línea, más allá de su iracunda desilusión (Carta al Gitano Osvaldo Rodríguez, 1966). El uruguayo llega hasta ella para ayudar con trabajos de mano de obra en la Carpa como enviado por el cielo ("la llegada de Alberto es providencial"), especialmente porque los trabajadores chilenos y uruguayos, en cuya ejemplaridad debería creer, eran más bien "una plasta" (Libro mayor, p. 211). Violeta siente una "fusión de almas" y se enamora del taciturno personaje (Libro mayor, pp. 210-211), pero él pronto se revela como "medio amante", es decir, tibio, según se afirma en la tonada tradicional y su elaboración poética (ver p. 345, n. 21): ¿Comunista, liberal, conservador? ¿Anarquista, filósofo? ¿Poeta, pintor, artesano? ¿Hombre corriente? ¿Creador? ¿Carpintero? Nada de esto, Osvaldo. Nada, desgraciadamente. Una mañana le vomité un discurso entero sobre los románticos
18 En el marco del "Coloquio Internacional Violeta Parra" en Santiago, Arqueros presentó una ponencia, "La muerte del Angelito. Poética, visualidad, iconografía en la pintura de Violeta Parra" (31 de agosto de 2017), donde hizo un análisis detallado del cuadro.
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revolucionarios de café durante el día y a la luz de la luna durante la noche, escondidos detrás de un bigote, unas patillas y una melena larga existencialista. De estos revolucionarios está lleno el planeta. (Libro mayor, p. 212) El giro político de un problema personal es típico, pero demasiado subjetivo, centrado en el "yo", en el ejemplo dado, c o m o si pudiera convencer (ver "Introducción III", p. 117). Probablemente la más clara señal de su allendismo consecuente y, sobre todo, pragmático es la ya citada entrevista con Hubert Joanneton del año 1965 (ver p. 334). Al final de la crítica "de la derecha de la burguesía" y su inclinación por canciones políticas, explica: Pero hay también personas pertenecientes a la burguesía que son muy distintas y me aprecian. Lo que hay que hacer es juntar a todo el mundo... y a veces los enemigos son más interesantes que los amigos. (García, Violeta Parra en sus palabras, p. 1 0 9 ) " "Juntar a todo el m u n d o " suena a una síntesis de "Gracias a la vida". Detrás de lo que he denominado "allendismo" la canción aparece de pronto también como un testamento político, particularmente cuando se presta atención a los "gestos de fusión" en el m o d o en que se usan los recursos musicales (ritmos, instrumentos) (ver "Introducción III", p. 125). Estoy convencido de que esta suposición es por lo menos tan plausible c o m o la de Paula Miranda y sus colaboradoras Elisa Loncon y Allison Ramay, que esquematizan "Gracias a la vida" como uno de los "cantos rituales de gratitud, amor y purificación" inscrito en la tradición mapuche ( Violeta en el Wallmapu, p. 52). En La poesía de Violeta Parra, Miranda conecta la "visión de m u n d o vitalista" de la canción con una "relación íntima con el entorno natural y sus ciclos", de origen campesino o indígena (p. 143). Sin embargo, de esa manera, pone estrechos límites a la visión del m u n d o de Violeta porque a ella también pertenecen "multitudes", "martillos", "turbinas", "el abecedario" y "ciudades" (ver los versos correspondientes en "Gracias a la vida").
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Los puntos que señalan omisión son los del original. Enfatizo este hecho porque la cita
se presta extraordinariamente para manipulaciones de cualquier tipo.
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5. Violeta Parra en el campo de la música La contribución más importante al estudio de Violeta es sin duda el capítulo "Violeta Parra" en la ya tan mencionada Historia social de la música popular en Chile 1950-1970 de González, Ohlsen y Rolle (pp. 379-394). La primera parte de esta historia, dedicada a 1890 y 1950, añade datos que permiten conocer mejor sus años de aprendizaje (González y Rolle, Historia social de la música popularen Chile 1890-1950). Al respecto, resulta iluminador el también ya citado estudio de Concha Molinari ("Introducción III", n. 68). El conjunto de estos estudios revela la imagen de una figura excepcional. La práctica de variantes de "folklore", de la adquisición de rasgos musicales vanguardistas y de la consciente elección del desarrollo de su obra en tanto canción artística conecta tradiciones de música popular todavía vigentes con una aguda y crítica observación del presente. Su meta es "hacer canción, donde se denuncia y se innova, proponiendo, finalmente, desde el canto, una nueva sociedad" (González, Ohlsen, Rolle p. 386). Este canto lo provoca su propia experiencia y la cercanía con el "mundo ilustrado de su época" (p. 386). No quiero repetir en detalle lo que ya dije en 1978 de "Arriba quemando el sol", "Hace falta un guerrillero", "Yo canto la diferencia", "Porque los pobres no tienen", "La carta", "Ayúdame ,Valentina", "Arauco tiene una pena", "Según el favor del viento", "Rin del angelito", "De cuerpo entero" y otras canciones: que las determina precisamente una conciencia ilustrada que reivindica una vida justa en la tierra y que no tolera falsas promesas. Del mismo modo, doy por ya explicado el papel conector del amor, tanto pleno como infortunado, entre el individuo y la sociedad y también que la duda frente al mundo se resuelve siempre al descubrir su belleza. La vida en el mundo es la única que existe. No se necesita entonces esa esperanza en la salvación del "angelito" a la que Miranda no quiere renunciar {La poesía, p. 107). Lo que se necesita es amor para que los seres humanos puedan cambiar sus condiciones de vida. La estrofa final del "Rin del angelito", ampliada a doce versos, no deja dudas al respecto. Las tres preguntas - retóricas — en los versos 33 a 36 al comienzo de la estrofa llevan al alma en una excursión a "las alturas" donde no se le explican los misterios de la vida (w. 37-40). Lo que queda es la única pregunta acerca de la temprana muerte y de la muerte en general (w. 41-42). Y esta pone fin a la carne y el espíritu, "de cuerpo entero", como declara la cueca correspondiente sobre el amor que necesariamente une cuerpo y alma. La solemne música del rin se extingue en la oscuridad de
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la tumba (González, Ohlsen, Rolle, p. 391). Lo que permanece es la esperanza en la razón de los seres humanos, que podrían construirse en la tierra un hogar celestial ("Ayúdame, Valentina", w. 41-44), antes de volverse nada en la muerte (w. 59-62): una sobria constatación, que corresponde a la austera música de Violeta (ver "Comentario"). El más largo ensayo sobre el trabajo de composición de Violeta es, hasta el momento, el estudio de Lucy Oporto acerca de El gavilán (2013), al que me he referido en diversas oportunidades. El título hace referencia a un intervalo musical que abarca tres tonos enteros y que, por su disonancia y tensión, produce un efecto descrito como diabolus in música, término empleado sobre todo en la Edad Media. Esta observación fundamental de Oporto es sencilla y aclaratoria, a saber, que Violeta utiliza disonancias cuando se trata de expresar dolor (p. 123). De esa manera, se mueve en el ámbito de los atributos semánticos de este intervalo (ver más arriba, Concha, p. 330). Su demostración de la función estructurante del tritono en El gavilán es convincente (sobre todo el cap. 6). En cambio, más bien extraña resulta su interpretación del texto, en la que toma el "diablo en la música" en su sentido literal y vuelve responsable "al real poder de las tinieblas" (p. 184, n. 235: ver también pp. 238-239) de los "rasgos perversos y abominables que caracterizan al Chile postdictatorial y su espíritu fascista" (p. 310, ver también pp. 238-239). Con esta expresión dantesca de desesperanza "lasciate ogni speranza" ("dejad toda esperanza") su texto representa el polo opuesto a la promesa redentora que formulara Miranda. Oporto convierte El gavilán en una obra que sobrepasaría su propio significado, una "obra trascendiendo su sentido propio, en apertura a una variedad indeterminada de sentidos y analogías posibles" (p. 62). Sin poder entrar en la multiplicidad de las digresiones de Oporto sobre Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, René Girard, Cari G. Jung, Pier Paolo Pasolini, entre otros, quiero insistir en que, incluso reconociendo la legitimidad de transformar un texto con sentido propio en juguete para asociaciones libres, su punto de partida debiera ser el texto y no una invención. En este contexto, quiero señalar tres afirmaciones de Oporto acerca de El gavilán que son insostenibles: 1) El dolor de una traición amorosa que desgarra a una mujer se expresa en la metáfora del ave que le "sacó las entrañas". Tomar esta metáfora al pie de la letra y luego equiparar al gavilán con el diablo es algo que el texto no permite. Tampoco es posible, ahora desde el punto de vista musical, la transformación de la metáfora del "diablo" en la existencia concreta del mismo. El reconocimiento del "gavilán" como el hombre amante se produce a
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través de fórmulas como "prenda querida", "ingrato mal avenido" "hiciste un juramento" o "amor tan dividido", que implican deshonestidad y celos. También la personificación del animal indica un comportamiento del amado igualmente animal (el artículo definido se utiliza solo en dos ocasiones). 2) La presunción de "una mujer engañada, traicionada, perseguida y asesinada brutalmente por un ser masculino" (p. 15) corresponde a un invento de Oporto, al igual que todas las disquisiciones que le siguen respecto de un "sujeto post morterrí' (pp. 119, 138-139). El texto habla solo de una mujer abandonada ("en el monte quedé abandonada") y desprotegida ("yo no tengo dónde estar"). Oporto se olvida, por lo menos, de que es la mujer la que sigue al hombre y no al revés ("Y yo sorda seguí monte arriba"). 3) Oporto esquematiza a "la gente" que advierte acerca de las garras de Gavilán a la mujer "sorda" de amor como una compacta colectividad, como "comunidad aparentemente amable y solidaria", pero que al mismo tiempo prepararía "el sacrificio de esta víctima femenina al diablo" (pp. 197-198). En la "estructura formal" del texto, no hay una base que permita esta "tesis" del sacrificio colectivo, como la misma Oporto reconoce (pp. 122, 253). La obstinación con que la autora persigue sus oscuras visiones asombra particularmente dado que ella vuelve con frecuencia al significado simple del texto, es decir, el de "el amor traicionado y el abandono, como experiencias de violenta mortificación" (p. 267) y no solo en los momentos citados anteriormente. El gavilán describe "una crisis individual, privada e íntima, asociada a un conflicto amoroso" (p. 247). Una de las tradicionales fórmulas del cortejo masculino ("tiqui-tiqui-tí") se caracteriza como "una especie de cruel y enconada ironía" (p. 189). Sin embargo, es posible tomar estas observaciones también como indicadoras de una lectura mucho más sencilla, es decir, como el malogrado intento de diálogo entre un hombre y una mujer. Al relamido engreimiento del hombre, a su traidor machismo ("se autocelebra", dice Oporto, p. 189), se opondría el ruego insistente de la mujer por un amor sincero. Las fórmulas que la mujer (la gallina) emplea logran, a través de la reiteración, un efecto estereotipado a su manera e indican un fuerte paralelo
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tiqui-tiqui-ti : yo te qui, yo te qui, yo te qui , gavi, gavi, gavi, gavilanga". El "te la llevarís", típico también de la cueca, ya no es reconocible en su significado original; de hecho, Oporto llama la fórmula "oscura expresión" (p. 187). Si no se quiere entender "llevarse" conectado con violencia — así Oporto en el marco de su visión tenebrosa — queda siempre la posibilidad de
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su segundo significado, "recibir un premio".20 Con ello la fórmula tradicional adquiriría, en relación con el adjetivo "mentiroso" ("fastidioso", "pretencioso"), una significación contradictoria en sí: "[ya] la ganarás [a pesar de que] eres mentiroso". De nuevo encontramos el matiz sadomasoquista ya anotado (p. 336). La observación burlona, un tanto autocrítica de la protagonista acerca del diálogo de sordos tendría su correspondencia musical en la forma experimental "hinchada", contraria a la tradicional cueca. Bajo este ángulo, El gavilán, en el que Violeta sigue trabajando en 1960 sin que se notara un progreso importante, sería un adiós a las tendencias vanguardistas de sus contemporáneos con las que se familiarizara a través de Sergio Bravo y Sergio Larraín, los diálogos con Julio Escámez y Nemesio Antúnez o con poetas como Enrique Lihn, Pablo Neruda y Gonzalo Rojas. Los encuentros en Concepción en 1957 y 1958 ocupan un lugar especial en el entrecruzamiento de experiencias personales y artísticas. Una de las Décimas autobiográficas (la n° 86 en la edición de Barcelona 1970) se refiere explícitamente a "Engaños en Concepción" y una segunda (n° 91), "Verso por desengaño", pertenece también al complejo temático de la traición amorosa. En ambos poemas, de los cuales el segundo fue musicalizado por Violeta, no se pueden pasar por alto las similitudes verbales con El gavilán. La segunda estrofa de "Engaños en Concepción" dice: Fui dueña del clavel rojo creí en su correspondencia, después me dio la sentencia, no es grano sino gorgojo. "Fue por cumplir un antojo" -me dice la flor del mal.21
20 "conseguir o recibir algo, particularmente un premio", por ejemplo "se ha llevado el mejor mozo del pueblo" (María Moliner, Diccionario de uso del español. Tomo II, Madrid: Gredos 1984, lema "llevarse", p. 276). 21 Reemplazo "clavel" por "amapola" en la traducción al alemán para mantener el género masculino. En El gavilán, el "clavel" es también "lisonjero" y "ofensivo". Los dos textos, "Engaños en Concepción" y "Verso por desengaño", así como los que siguen, se encuentran en la sobresaliente plataforma virtual ya citada, "cancioneros". En el LP El folklore de Chile, Vol. II, publicado por Violeta en 1958, se encuentra la canción "Verso por desengaño" (n° 11). Otros tres títulos giran alrededor de la misma temática. "Ya me voy a separar" (n° 4, Folklore), "La muerte con anteojos" (n° 7, Violeta Parra) y "Tonada del medio" (n° 11, Folklore/Violeta Parra; n. 5). La carátula es de Julio Escámez. "La muerte con anteojos" y
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La popular cuarteta asonantada que sirve de marco a "Verso por desengaño" es todavía más clara: ¿Hasta cuándo, ingratonazo, hasta cuándo matar quieres? Que ayer me dejaste heri'a Con agujas y alfileres. Y en la primera estrofa, que frecuentemente da a la canción su segundo título, no tarda en aparecer incluso el diablo mismo: No tengo la culpa yo, ingrato, de que, entre los dos, el diaulo por tres o cuatro vocablos los cause tan malos ratos. Como las canciones recién mencionadas, "Verso por desengaño" no necesita notas experimentales. El contexto temporal en el que nace El gavilán subraya la singularidad de esta composición musical y apoya mi tesis de que no necesariamente se constituye en la trágica y oscura cumbre, la "obra maestra" de Violeta (Oporto, p. 399), sino que más bien sería una burla a la vanguardia mediante la utilización de sus propios recursos, bajo el lema: lo que ustedes hacen, lo puedo hacer yo hace rato, pero no quiero hacerlo. También Herrero ve a una Violeta "burlándose de tanta seriedad" (Después de vivir un siglo, p. 231). Esta postura desafiante se detecta también en su cuadro al óleo "Mitin del 2 de abril" (1964), en el que la figura de la mujer en blanco, con una pancarta de la paloma blanca de la paz, les saca la lengua y les levanta el dedo medio de la mano derecha a los soldados que atacan desde la derecha {Violeta Parra - Obra visual, p. 102).22 Que El gavilán es una especie de punto de inflexión en la obra de Violeta, lo señala también Oporto. En un pasaje no del todo claro destaca la singularidad de la música experimental de Violeta en el marco de la "música
"Verso por desengaño" también forman parte de la antología Violeta Parra - Grabaciones originales en Odeón (CD 2, n° 15 y 22). 22 El título del cuadro, que yo conocí como "Ramona Parra", se refiere a la "Batalla de Santiago" del 2 de abril de 1957, en la que una manifestación sindical se vuelve una sangrienta derrota.
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popular de raíz folklórica" y agrega: "Violeta no continuó componiendo en esa línea, retornando a una expresión más bien tonal" (p. 77). De hecho, todas sus creaciones experimentales en sentido vanguardista pertenecen al periodo entre 1957 y 1960. En este contexto, también "Yo canto la diferencia" adquiere otra dimensión, en la que la claridad expositiva del contenido y la expresión musical "a la chillaneja" van juntas. La "diferencia" se encuentra en la forma de la estrofa, en la poco usual configuración de siete octosílabos según el esquema abcbdbb (con asonancias cambiantes en cada estrofa). En la primera se da excepcionalmente la desviación abcbabb, con lo cual "chillaneja" y "diferencia" se ven conectadas en la asonancia. Una simplicidad refinada, directamente al servicio de la expresión poética, todo en el marco de la tradición, he aquí "a la chillaneja". Este "arte poética" centrado en el yo lírico se completa con una segunda "arte poética" que esta vez se dirige hacia el otro: "Cantores que reflexionan", cuyo título originalmente parece haber sido "Para los cantores que reflexionan" (ver "cancioneros"). La propuesta contiene un claro rechazo a la poesía esotérica y codificada. Un poco en la línea del "falso arrebol" del "cantor" (estrofa 1), la canción critica una actitud mentirosa (estrofa 2) que busca la "gloria" a través de lo artificial y que incluso podría abandonar la verdad a favor de la venalidad (estrofa 3). Pero, finalmente, prevalece la "comprensión" que le permite al cantor ver el dolor, la miseria y el sudor que marcan la vida de los seres humanos abriéndoles "surcos al vivir" (estrofa 4). Lo que instintivamente se veía asociado al reino de Satanás (estrofa 1, w. 9-10), se vuelve una "comprensión divina" que brota desde el mismo interior del cantor (w. 45-50). Este contenido se subraya aún más por el cierre de dos versos separados del texto principal (w. 49-50). 2 3 La inusual forma popular y tradicional de la estrofa (doce versos de nueve sílabas porque terminan con una vocal acentuada / "verso agudo"), que también podría estar compuesta de tres cuartetos, se resuelve, en lo que concierne al contenido, en dos versos asonantes que unen al "cantor" con la "comprensión". En esta localización de Violeta en el campo de la música lírica ciertamente falta considerar dos sectores demasiado bien conocidos por la cantora, pero que en su obra resultan poco perceptibles: la "música típica" como una forma comercial del folklore no solo chileno y la "nueva ola", sobre todo de 23
En relación con las preguntas acerca del estatus del Diablo y de Dios, discutidas arriba,
hay que destacar que aquí se trata de la - tradicional - caracterización de fuerzas extremas propias del ser humano
(sangre, entendimiento), que él moviliza por sí solo.
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formas musicales y canciones norteamericanas. La ola folklórica de los años cuarenta (ver "Introducción II") contó con el apoyo estatal del gobierno del Frente Popular bajo Aguirre Cerda. Grupos y artistas organizados en sindicatos lograron que en los locales nocturnos, donde se bailaba tango, boleros y fox, culminaran las veladas obligatoriamente con una tonada y tres cuecas (González y Rolle, p. 385). De esa manera, se abrieron nuevas posibilidades de trabajo para los músicos chilenos.24 No es casual, entonces, que Hilda y Violeta participaran en programas mixtos, en los cuales los ritmos españoles — que Violeta adoraba — ocupaban un lugar destacado (Violeta se fue a los cielos, p. 33, Libro mayor, p. 52). También en los años cuarenta y cincuenta se desarrollaron los estereotipos idealizadores de "música típica" como parte de la "música latinoamericana", probablemente debido a los estímulos financieros. Sin embargo, también había cuecas de contenido político (González y Rolle, p. 401) e incluso un género muy específico, la mapuchina, que buscaba, por un lado, defender los intereses nacionales contra la influencia extranjera y, por otro, comprometer en una ideología integradora a la intimidada minoría mapuche. Junto a la temática, cumplieron un rol no menor los textos en mapuche (mapudungun) y los ritmos indígenas (p. 407). En los años cuarenta varios grupos nada despreciados por Violeta se hicieron un nombre. En 1953 se le presenta una oportunidad de participar en Radio Chilena, con la ayuda de Raúl Velasco, un miembro del grupo Los Cuatro Huasos (González, Ohlsen, Rolle, p. 317). A los emblemáticos representantes de la "música típica", Los Quincheros, Violeta los admiraba por su modo de tocar la guitarra (p. 329). Y al cantautor Guillermo Soudy, que compuso "Arauco" para Los Cuatro Huasos en 1941, lo menciona en 1961 por su cercanía al menos con la
24 Ya en 1935, es decir, con anterioridad al gobierno del Frente Popular, se promulgó una legislación para el fomento de una cultura nacional. Se contemplaba, por ejemplo, el apoyo de la "Dirección superior del Teatro Nacional" a cualquier grupo teatral que se comprometiera con presentar al menos una obra de autor nacional (ver Cortínez y Engelbert, Evolución en libertad, tomo I, pp. 58-59 y tomo II, p. 519). El camino de Violeta desde un "folklore marginal" hasta su reconocimiento como "expresión auténtica de identidad nacional" lo califica Subercaseaux como ejemplar para la relación de la práctica y los esfuerzos sociopolíticos con el fin de lograr aunar cultura de elite con cultura popular (Subercaseaux, "Nuestro déficit de espesor cultural", en: Manuel Antonio Garretón, Saúl Sosnovski, Bernardo Subercaseaux, eds., Cultura, autoritarismo y redemocratización en Chile, México: Fondo de Cultura Económica, 1993, p. 18). Evidentemente la prohibición del PC en 1948 no facilitó las cosas a los artistas.
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"música popular", ya que no con el folklore (ElSiglo, 19 septiembre de 1961, cit. en García, Violeta Parra en sus palabras, p. 52). Al menos ocasionalmente, Violeta sacó provecho de ese ambiente, incluso contra su propia imagen de artista ignorada por el Estado y las instituciones. Así fue como participó, por ejemplo, en la gira por el Norte en 1954 con el auspicio del Teatro Nacional (ver "Introducción", n. 45). También hay que señalar que, según ella misma, su estadía en Chiloé en 1959 fue posible gracias al apoyo económico de Vicente Salas Viu, director del Instituto de Investigaciones Musicales de la Universidad de Chile, además de un sólido defensor del folklore tradicional frente a la "música típica". Una vez más me valgo de la carta a Palacios de 1963, en la que ella muestra su gratitud a Salas: "Y don Vicente Salas, que recibía todas mis quejas y me ayudaba a viajar al sur, y podía entrar directamente en la miseria y tristeza de los leñeros chilenos [¿chilotes?]" (Libro mayor, p. 167; para la variante, ver p. 316). En este gesto de agradecimiento tan discreto está contenida buena parte de la conciencia de Violeta acerca de su propio trabajo, en el que siempre van juntos el entusiasmo por el folklore y el compromiso social. Ella debe recopilar folklore en Chiloé y lo consigue con pleno éxito, como se demuestra a través de la revitalización de la sirilla (ver "Comentario" a "Según el favor del viento"). Al mismo tiempo, su percepción sociopolítica del mundo desplaza la tarea original de recopilación y escribe la sirilla "Según el favor del viento", donde acusa la extrema pobreza de los chilotes. Violeta es una figura solitaria con su visión personal de una cultura popular que quiere y puede transformar en protesta social los materiales originariamente campesinos y tradicionales. Ella no tiene lugar dentro de la "música típica", cuya naturaleza agradable y cuya condición apolítica no calza con el estilo de disonancias a menudo agresivas y nada de timoratas. Tampoco tiene acceso al "público mayor y tradicionalista" (González, Ohlsen, Rolle, p. 331) que posibilita a Los Quincheros, hasta 1966, ventas por encima de los 100.000 LP. La negativa suya a continuar con géneros musicales y melodías "latinoamericanas", que en un cierto momento de sus años de aprendizaje le ayudaron a sobrevivir, puede ser una razón de peso que explique sus dificultades para entrar en la competencia. Nunca le interesó el éxito de público, en el sentido en que lo entienden las casas discográficas. En una entrevista con Marina de Navasal en 1954, ante la pregunta por el número de composiciones propias, Violeta responde:
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile Tengo sesenta composiciones originales. Algunas de ellas son triviales pero "comerciales", según el criterio de las casas grabadoras. La más popular, aunque no me gusta, es la [cubana] guaracha "El funicular". En el género serio tengo tonadas de corte folklórico, valses, etc. Escribo la letra y la música. ("Conozca a Violeta Parra", Ecran n° 1220, 8 junio de 1954, cit. en García, Violeta Parra en sus palabras, p. 16)
Violeta sabe que con su concepción del folklore nada contra la corriente. En el proyecto de u n texto para su programa radial Así canta Violeta, manifiesta: Haciendo mi trabajo de búsqueda musical en Chile, he visto que el modernismo ha matado la tradición de la música del pueblo. Los indios pierden el arte popular, también en el campo. Los campesinos compran nylon en lugar de encajes que confeccionaban antes en casa. La tradición es casi ya un cadáver. Es triste... Pero me siento contenta al poder pasearme entre mi alma, muy vieja, y esta vida de hoy. (Libro mayor, p. 62) En 1961, en una entrevista para El Siglo, se muestra optimista porque su labor habría conducido a rescatar la música chilena ("está definitivamente salvada"). Incluso arreglos orquestales de tonadas o cuecas podrían contribuir a mejorar la situación: [...] en este momento de terrible invasión de música extranjera, especialmente norteamericana (sin ofender a Paul Anka), hay que valerse de todos los elementos musicales para entrar de una vez por todas en el oído del público, el cual no está entregado por su propio gusto a esta música extranjera, sino porque la radio se la ha macheteado en la cabeza, a la luz del día, sin que nadie diga nada. ("Nos invadió la música extranjera", El Siglo, 19 septiembre 1961, cit. en García, Violeta Parra en sus palabras, p. 52) Aunque el texto permita ver un granito del orgullo nacionalista chileno, Violeta en realidad está en lo cierto. El canadiense Paul Anka, más tarde norteamericano, cuya "Diana" seguramente todavía resuena en algunos oídos, es solo u n o de los representantes de esa música juvenil que ha arrasado el mercado musical chileno desde los años cincuenta. González, Ohlsen y Rolle hablan igual que Violeta del irrefrenable asalto: "invasión incontenible de éxitos discográficos norteamericanos" (p. 501), incluida la "euforia del twist" (p. 505).
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Se trata de una competencia directa para Violeta. En una carta a su amiga Adriana Borghero escribe, en 1963 (o a comienzo de 1964), desde Ginebra, sus impresiones de una "kermesse obrera" en la que conquistó los corazones de la gente pero apenas habría recibido compensación: El sueldo que me pagaron era una miseria; el buen sueldo se lo pagaron a los que cantaban y tocaban twist y lo otro. Estos últimos en el escenario principal, y yo en un rinconcito, arreglado con mis trabajos y con mis banderitas en guirnaldas de tres colores, allí con mi guitarra y con mi paciencia y con mi corazón al aire libre. Mi olla de ponche en leche desapareció en los labios curiosos y amorosos de los gringuitos. (Libro mayor, p. 140)
Casi parece que estuviéramos en la Carpa de la Reina. Pero el regreso a Chile no solo trae dificultades con los chilenos, que cantan en inglés y bailan rock como Bill Haley, sino también con los representantes de una canción de protesta mucho más agresiva, aunque en parte se remita a Violeta: la Nueva Canción. El encuentro de estas tres tendencias no se puede ilustrar de mejor manera que recordando el premio del programa musical Discomanía. Su director fue desde 1955 Ricardo García, con el que Violeta concibiera en 1954 su primer programa radial: Así canta Violeta Parra (ver arriba, p. 321). Fue justamente García el que hiciera populares los primeros discos de rock and roll y con ello triplicara la audiencia del programa (toda la información viene de González, Ohlsen y Rolle, p. 136). El premio anual marcaba la tendencia del momento. Así fue como, en 1965, recibieron el premio The Ramblers, un grupo de rock, como mejor "conjunto orquestal", Los Primos en tanto grupo juvenil, Patricio Manns como la revelación del año y Violeta Parra como mejor compositora (p. 137). El éxito de The Ramblers ilustra entre qué competidores trataba de sobrevivir Violeta. Para el campeonato Mundial de Fútbol que se disputó en Chile en 1962 el grupo compuso "El rock del mundial". El single se volvió la canción más vendida en la historia de la música chilena (González, Ohlsen y Rolle, pp. 668-669). Por último, merece atención el "cancionero europeo" mencionado por González, Ohlsen y Rolle (pp. 464-506). En él no solamente aparecen estrellas de la música inglesa, francesa e italiana, sino también de la República Federal Alemana, como Peter Alexander, Conny Froboess, Peter Kraus y Freddy Quinn (pp. 491-492, entre otros, "Introducción III", n. 83). La entrada de Kraus a Chile en 1959 no fue una canción sobre Fidel, sino "My Havanna Love" ("Tan
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grande como el radiante cielo estrellado / tan profundo como los mares de este mundo / es mi amor..."). Al interior de estos mundos musicales globalizados, la Carpa de La Reina ofrece su modelo alternativo. En las afueras de Santiago, en un ambiente que convocaba a un mundo campesino en estado agónico, Violeta quería organizar un centro para el cultivo y el desarrollo de diversas manifestaciones artísticas relacionadas con el folklore (ver "Introducción II"). La Carpa debía ser — diríamos hoy — interactiva, es decir, debía contar con la participación de músicos, artistas y artesanos, pero también dejar espacio para la creatividad del público. El proyecto contaba en un principio con la simpatía de las autoridades municipales, la "Junta de Vecinos" y, gracias al tesón de Violeta, incluso de las empresas privadas Gaseo y Sanitarios Escobar (González, Ohlsen y Rolle, p. 235). Este apoyo duró lo que dura un suspiro, por razones personales, familiares y políticas, entre otras, como menciono en la "Introducción II". En mi opinión, sin embargo, junto a la indiferencia de la prensa, una causa importante fue la abrumadora competencia musical. Como resultado, el público permaneció alejado del lugar donde Violeta calculaba recibir 500 espectadores. El difícil acceso a la Carpa en ese sitio elegido con mucha conciencia es apenas una de las causas de su fracaso. En la Carpa se acogió a un grupo de rock del barrio que necesitaba ensayo (González, Ohlsen y Rolle, p. 235), lo que además de indicar una señal de necesidad, da también una perspectiva sobre la constante repercusión de Violeta, independiente de modas y celebraciones, como en la obra de Pascuala Ilabaca o el grupo chilote Bordemar. A Estados Unidos se le ha criticado muchas veces y muchas veces no tan sin razón, pero aquí, cuando se trata de reconocimiento, tiene su lugar positivo a través de cantores de folk como Joan Baez, Malvina Reynolds, Pete Seeger y Bob Dylan. Sus carreras tienen - como en el caso de Pete Seeger - algunos paralelos importantes con la de Violeta, como la familiaridad con el folklore tradicional, la cercanía con el movimiento obrero y la conexión del folklore con la protesta sociopolítica. La canción "Little Boxes", escrita en 1962 por Malvina Reynolds, encontró un camino a Chile gracias a su éxito a través de la interpretación de Seeger y la versión poética personal de Víctor Jara, un "alumno" de Violeta, en "Las casitas del barrio alto" (1971). Y Pete Seeger es el que, en agosto de 1980, escribe un prefacio sensible para la antología bilingüe, sin nombres de editores, Violeta Parra, publicada en París ese mismo año:
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Violeta Parra shows once again that the best of new songs grows out of the daily lives of working people, and the music reflects the ancient traditions which these people have developed through the years, even when combining elements of different traditions. [...] And she herself sets such a good example to us all, to strive to be creative, to bring our fellow human beings together... for fun, for laughter, for dancing... and for clasping hands together for struggle without which there can be no future. (Violeta Parra, N.F.C., p. 3) Violeta Parra demuestra una vez más que las mejores nuevas canciones nacen de la vida cotidiana de los trabajadores y la música refleja las antiguas tradiciones que ellos han desarrollado a lo largo de los años, incluso cuando combinan elementos de tradiciones diferentes. [...] Y ella misma nos da a todos un ejemplo tan bueno de esforzarnos por ser creativos, de unir a nuestros compañeros humanos... para divertirnos, para reír, para bailar... y para tomarnos de las manos para una lucha sin la cual no puede haber futuro.
Un final abierto El reconocimiento y la marea de actos para celebrar el centenario de Violeta tienen un dejo algo amargo. Ella misma da en el clavo una vez más cuando parece formular un estereotipo que, sin embargo, manifiesta su comprensión de sí misma y su exigencia personal: "el arte viene a dar su verdadero fruto cuando el cadáver del creador está devorado por las lombrices" (1964, carta a Joaquín Blaya, Libro mayor, p. 185). Además, muchos de estos homenajes se adaptan a "shows" conformes con el mercado y maltratan a Violeta más que hacerle cariño. Se pierden sus contradicciones tan humanas tanto como su compromiso de luchadora y de activista política. Lo que es triste. Pero no debemos agobiarnos demasiado. De un modo o de otro todas las contribuciones de las últimas décadas tratan de devolver al mundo a la Violeta y ella merece "de cuerpo entero" nuestro entusiasmo por el mundo que nos entregó que es nuestro propio mundo.
Mit der Gitarre spielend / Guitarreando Photogramme / Fotogramas Mimbre (1957) © Sergio Bravo
Gedenken an ein Arbeitsfieber
Liebe Verónica, lieber Manfred, die Wiederbelebung der Leidenschaft, die damals, vor mehr als einem halben Jahrhundert, die Filmbilder und die Musikthemen in Harmonie fügte, bei gleichzeitiger Anstrengung, diese Leidenschaft in die Neuausgabe eines Buchs von Manfred aus dem Jahr 1978 zu integrieren, bedeutet eine unerhörte Herausforderung für mich. Die praktische Seite der Arbeiten mit Violeta ist wohl ohne Interesse. Dennoch muß ich Euch in aller Deutlichkeit sagen, daß der Film ohne vorhergehende Planungen oder Schemata gedreht wurde. Die genußvolle Arbeit der Hände des Handwerkers Alfredo Manzano, die durch die Rhythmen des Lichts noch überhöht wurde, war die Herausforderung und wesentliches Ziel der Filmbilder, gleichzeitig aber auch Inspiration für die Musik Violetas. Mimbre („Korbweide") dauert neun Minuten, und seine Struktur weist sehr kurze Pausen auf, gerade eben die Zeichensetzung, die die Phasen der handwerklichen Arbeit sichtbar macht, welche mit der Vorbereitung der Korbweidenruten beginnt. Die Aufnahmen wurden direkt und ohne Ton auf 16mm Film gedreht, und ihre durch den Aufzug der Kamera begrenzte Länge betrug kaum eine halbe Minute, ein Problem, das in der Etappe des Schnitts von Bild und Ton gelöst wurde. Die Themen der Musik sind durch die Emotionen bedingt, die der transparente ästhetische Genuss bei der Vorführung der Arbeit von Alfredo Manzano hervorrief. Es gab keinerlei Vorgabe durch die Handlung — es sei denn die Tatsache, daß Violeta die Bilder ein erstes Mal nur in Begleitung des Geräuschs des Projektors sah und dann ein zweites Mal, bei dem sie die Bilder genau betrachtete und dazu Ausschnitte von Bach-Musik hörte, die Andrés Segovia auf seiner Gitarre spielte. Die Aufnahmen der Themen und ihrer Variationen wurden dadurch ermöglich, daß Thiago de Mello, Kulturattache der brasilianischen Botschaft, anbot, musikalische Alternativen mit einem gerade in der Botschaft verfügbaren neuen Tonbandgerät auszuprobieren. Eines nachts also, nach
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Dienstschluss im Konsulat, trafen wir uns mit Violeta und dem 16mm Projektor in einem der Salons, um das nagelneue Tonbandgerät auszuprobieren, das Thiago uns erklärte. Wahrend ich die Projektion vorbereitete, stimmte Violeta ihre Gitarre, und wir sprachen kein Wort über das, was wir machen wollten. In jener Nacht dachte ich daran, wie unser bewundernswerter Alfredo Manzano wohl ruhig in seiner Wohnung in der Quinta Normal schliefe, ohne sein leuchtendes Bild als Flechter wahrzunehmen... Noch beim Zurückspulen der Rolle blieben der Glanz der Weidenruten und seiner flechtenden Hände erhalten. Sobald es möglich war, begann ich mit der Projektion. Und Violeta improvisierte auf ihrem Instrument, wie bei der Begleitung von Stummfilmen. Ohne miteinander zu reden oder gar die Bilder zu kommentieren wiederholte ich die Projektion, und Violeta probierte Variationen aus. Ein Problem, das sich bei der Montage von Bild und Musik in den argentinischen Labors ergab war, daß Violeta für jede der Arbeitsphasen mit den Weidenruten verschiedene Möglichkeiten komponiert hatte, die allesamt sehr wertvoll waren; so wertvoll, daß ich in irgendeiner Ecke noch eine ganze Sammlung aufbewahre, und manchmal habe ich gedacht, daß es eine Herausforderung wäre, nicht ausgehend von den stummen Bildern Musik zu komponieren, sondern umgekehrt Bilderrhythmen auf der Grundlage jener Musik zu schaffen... Die musikalische Schaffenskraft Violetas war unerschöpflich! Was den Dokumentarfilm Trilla („Das Dreschen") betrifft, so hat der Arbeitsprozeß mit Violeta kein kompositorisches Interesse. Dafür sind unterschiedliche Probleme verantwortlich, die ich während der Dreharbeiten bekam. Ihre Musik wurde technisch eher konventionell einbezogen. Mit dem erschwerenden Umstand, daß Violeta ohne technische Grenzen während des gesamten Films leidenschaftlich und pausenlos sang, traditionelle und eigene Lieder mit Bezug auf das Dreschen mit Pferden. Violetas Leidenschaft für die Musik der Bauern war tief. Eine ganz andere, wenig bekannte Erfahrung mit dem Interesse Violetas, ihre Musik in Filmarbeiten einzubringen, bezieht sich auf den von Pedro Sienna 1925 gedrehten Stummfilm El húsar de la muerte [über den Kämpfer für die Unabhängigkeit Chiles von Spanien], den ich 1958 gerade restaurierte. Eine Woche, nachdem ich ihr den Film gezeigt hatte, kam sie zu mir und sang eine tonada, die sie für den Film komponiert hatte. Obwohl das Thema des Liedes zum Inhalt des Films von Sienna passte, war es nicht möglich, ihr klarzumachen, daß man in einen Spielfilm keine tonada mit fester Rhythmik und geschlossener Form einfügen kann. Damals
Gedenken an ein Arbeitsfieber
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hatte ich bereits die Technik des Kinegramms entwickelt und sogar Typenblätter für Phasen von einer Minute gedruckt. Damit erschöpften sich meine Argumente gegen die Verwendung dieser tonada ohne Anpassung an die rhythmischen Erfordernisse des Films. Das Ergebnis war, daß Violeta ein Klavier kaufte, um wie in den Stummfilmen zu arbeiten. Und damit ergaben sich die Probleme, daß Violeta nicht Klavier spielen konnte und erst recht keine Noten las! Daraufhin schlug ich vor, eine Anlage nach Beratung mit dem Komponisten Cirilo Vila zu benutzen. Wir trafen uns auch einige Male im Restaurant „Ii Bosco", diese Treffen trugen aber auch nach mehreren Flaschen Rotwein keine Früchte... Immerhin erfüllte die tonada „Hace falta un guerrillero" endlich ihre Bestimmung, als im Jahr 2000 in einer Retrospektive meiner Arbeit auf dem „IV Festival Internacional de Cine de Valparaíso" El húsar de la muerte gezeigt wurde, mit ¿/^-Musikbegleitung auf der Grundlage einer Partitur von Pablo Bravo Saigado, die das Thema der tonada Violetas einbezieht. Der Komponist kam aus Frankreich, um die Vorstellung vorzubereiten, und leitete die Proben und die Aufführung des Orquesta Sinfónica Regional de Valparaiso im Teatro Municipal de Valparaíso. Die letzte Arbeit mit Violeta Parra, von der ich berichten muß, ist ein Dokumentargedicht, das ich begann aber nicht abschloß und das außerdem verloren ging. Es heißt „Casamiento de Negros" [„Heirat von Schwarzen"], und seinethalben reiste ich nach Chillán, um die Töpferinnen von Quinchamali zu filmen [die mit schwarzem Ton arbeiten], und ich nahm einige Filmrollen auf, die Violeta als Spitzenklöpplerin zeigen. Alle diese belichteten Rollen wurden in den Regalen meines damaligen Büros an der Universidad de Chile deponiert - und leider erfuhr ich nie wieder etwas von ihnen, obwohl ich mich in aller Form und nachdrücklich beschwerte. Da ich nie Drehbücher schreibe ehe ich filme, hätte ich das erst recht nicht getan, um mit Violeta zu arbeiten... Nie hätte ich mir den perversen Eingriff schwarzer Engelchen vorstellen können... Sergio Bravo Ramos Viña del Mar, den 17. Januar 2017
Schön stand der Weizen auf dem Felde? ¿Lindo se dio el trigo en el sembra'o? Photogramme / Fotogramas Trilla (1958) © Sergio Bravo
Recordando afanes
Estimados Verónica y Manfired, Revivir la pasión de cuando se armonizaron las imágenes visuales y los temas musicales en el documental Mimbre, hace ya más de medio siglo, y en el afán de incluirla en la reedición de un libro publicado por Manfred el año 1978, me significa un desafío inaudito. Pienso que lo pragmático de los trabajos hechos con Violeta es algo que no interesa; no obstante, debo ser enfático en decirles que la realización se hizo sin planes ni esquemas previos. El trabajo gozoso, exaltado por los ritmos de luz y las manos del artesano Alfredo Manzano, fue el desafío y la esencia en las imágenes visuales, así como la inspiración para la música de Violeta. Mimbre dura nueve minutos y su estructura presenta muy breves silencios; apenas la puntuación que evidencia las fases del trabajo artesanal y que comienza con la preparación de las varillas de mimbre. La filmación fue directa y sin sonido en película de I6mm, limitado por la cuerda de la cámara, que duraba apenas medio minuto; problema superado en la etapa de montaje audiovisual. Los temas musicales son el fruto emocional del transparente goce estético al visionar el trabajo de Alfredo Manzano, sin atenerse a alguna motivación argumental; como no fuera el hecho de que Violeta estuvo presente una vez que veía las imágenes acompañadas solo por el ruido del aparato proyector; y una segunda vez, mientras analizaba las imágenes y escuchaba fragmentos de música de Bach de la guitarra de Andrés Segovia. El registro de los temas musicales y sus variaciones fue posible cuando Thiago de Mello, agregado cultural de la Embajada de Brasil en Chile, invitó a experimentar alternativas musicales en una grabadora recientemente instalada en su Embajada. Y una noche, terminado ya el funcionamiento consular, nos reunimos en uno de los salones, con Violeta y el proyector de I6mm, ensayando la reluciente grabadora; un aparato cuyo funcionamiento explicó Thiago. Mientras preparaba la proyección Violeta afinaba su
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
guitarra, y nada hablamos de lo que queríamos hacer. Esa noche, pensaba yo, que nuestro admirable Alfredo Manzano dormiría tranquilamente en su hogar de la Quinta Normal, sin comprobar su deslumbrante imagen de tejedor... Si hasta al rebobinar la cinta persistían los brillos del mimbre y sus manos tejiendo. Apenas fue posible comencé a proyectar y Violeta a improvisar en su instrumento, tal como en las películas mudas. Sin hablarnos, y menos comentar las imágenes, repetía yo la proyección y Violeta ensayaba variaciones. Un problema que tuve durante el montaje audiovisual en los laboratorios argentinos fue que para cada una de las fases del trabajo en el mimbre, Violeta había compuesto variadas propuestas y todas muy valiosas; tanto que aún conservo por allí un semillero, y a veces he pensado que así como desde imágenes mudas se hizo esa música, quedaría el desafío de crear tiempos visuales en base a esas músicas... ¡La creatividad musical de Violeta era inagotable! En lo referente al documental Trilla, el proceso de mi trabajo con Violeta Parra no ofrece interés composicional a causa de los diversos problemas que tuve durante esa realización, en la cual la música fue integrada técnicamente de manera algo convencional. Con el agravante de que Violeta, al no tener limitaciones, cantó apasionadamente y sin parar durante todo el documental, cantos tradicionales o propios, alusivos a la "trilla a yeguas". La pasión por la música campesina era intensa en Violeta. Una experiencia distinta y poco conocida sobre el interés de Violeta por participar con su música en el cine se refiere a cuando una semana, después de haberle proyectado El húsar déla muerte, la película muda realizada por Pedro Sienna el año 1925, y que en 1958 yo estaba restaurando, vino a verme y a cantar una tonada que había compuesto con el fin de incluirla en esa película. Aunque el tema de la canción se integra al contenido de la obra de Sienna, me fue imposible hacerla entender que en un largometraje no es posible insertar una tonada sujeta a una métrica y forma cerradas. En ese entonces ya había yo desarrollado la técnica del kinegrama y hasta había impreso hojas-tipo para tiempos de un minuto, con lo cual agoté los argumentos para no utilizar esa tonada sin adecuarla a las exigencias rítmicas del film. La respuesta fue que Violeta compró un piano vertical, con el objeto de proceder como en las películas mudas. ¡Y surgieron los problemas de que Violeta no sabía tocar piano y menos leía las notas! Entonces, propuse integrar un equipo orientado por el compositor Cirilo Vila, con quien tuvimos algunas reuniones en el restaurante II Bosco, las cuales no fructificaron después de no sé cuántas botellas de vino...
Recordando afanes
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Sin embargo, la tonada de Violeta "Hace falta un guerrillero" logró finalmente su objetivo cuando en el año 2000, durante el Programa de la Retrospectiva dedicada a mi trabajo, en el IV Festival Internacional de Cine de Valparaíso, se proyectó El húsar de la muerte con música ejecutada en directo con la partitura escrita por Pablo Bravo Salgado, quien incluye el tema de la tonada de Violeta. El compositor viajó desde Francia a preparar la exhibición, dirigiendo los ensayos y la presentación de la Orquesta Sinfónica Regional de Valparaíso en la sala del Teatro Municipal de Valparaíso. Mi último trabajo con Violeta Parra que les debo contar es un poema documental iniciado, pero no terminado, además de perdido. Se titula "Casamiento de negros", para el cual viajé a Chillán a filmar las loceras de Quinchamalí, y registré varios rollos con Violeta mientras "tejía a bolillos". Todos los rollos filmados fueron almacenados en los estantes de la oficina que ocupé en la Universidad de Chile, de los cuales penosamente nunca más supe algo, aunque hice reclamos formales e insistentes. Como nunca hago guiones antes de filmar, menos lo habría hecho para trabajar con Violeta... Jamás pude haber imaginado la perversa intervención de angelitos negros... Sergio Bravo Ramos Viña del Mar, 17 de enero de 2017
Bibliographie/Bibliografïa
In der Erstausgabe nicht berücksichtigte Publikationen erscheinen in eckigen Klammern. Las publicaciones no consideradas en la primera edición van entre corchetes.
1. Werkausgaben/Anthologien Obras editadas/Antologías 1.1.
1.2.
1.3. 1.4.
1.5.
1.6.
1.7.
1.8.
Violeta Parra, Poésie populaire des Andes. Edition bilingue traduite et présentée par Fanchita Gonzalez-Battle. Paris: François Maspero, 1965 (= Collection Voix, n° 12). Violeta Parra, Décimas — Autobiografía en versos chilenos. Introducida por Pablo Neruda, Nicanor Parra, Pablo de Rokha. Barcelona: Ediciones Nueva Universidad-Universidad Católica de Chile/Editorial Pomaire, 1970; 2 a edición Santiago: Ediciones Nueva UniversidadUniversidad Católica de Chile, 1972. Violeta Parra, Décimas, La Habana: Casa de las Américas, 1971 (= Colección La Honda). Violeta Parra, Décimas — Autobiografía en versos. Introducida por Pablo Neruda, Nicanor Parra, Pablo de Rokha, Barcelona: Editorial Pomaire, 1976. Violeta Parra, Toda Violeta Parra — Antología de canciones y poemas. Precedida de "Violeta entera" de Alfonso Alcalde. Buenos Aires: Ediciones de La Flor, 1974; 2 a edición 1975. Violeta Parra, Violeta del pueblo. Prólogo, selección y notas de Javier Martínez Reverte. Madrid: Visor, 1976 (= Colección Visor de poesía, vol. LXX). Violeta Parra, 21 son los dolores — Antología amorosa. Introducción, selección y notas de Juan Andrés Piña. Santiago: Ediciones Aconcagua, 1976; 2 a edición 1977 (= Colección Mistral). Vgl./Cf. 4.8.
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
[1.9. Violeta Parra, Cancionero Violeta Parra - Lieder aus Chile, Singstimme und Gitarre. Axel Hesse/Uwe Schreiber (Hrsg.). Berlin: Verlag Neue Musik, 1977. 1.10. Violeta Parra, Lieder aus Chile — Zweisprachige Anthologie. Manfred Engelbert (Hrsg.). Frankfurt/M: Verlag Klaus Dieter Vervuert, 1978 (= Editionen der Iberoamericana 1); 2. Auflage 1979. 1.11. Violeta Parra, Cantos folklóricos chilenos. Santiago: Nascimento, 1979. 1.12. Violeta Parra, Violeta Parra. Prologue par Pete Seeger. Paris: N.F.C., 1980. 1.13. Violeta Parra, Cancionero — Virtud de los elementos. Santiago: Fundación Violeta Parra, 1993. 1.14. Violeta Parra, Violeta Parra — Yo canto la diferencia/Ich singe den Unterschied. Marty Brito (Hrsg.). Bremen/Worpswede: Verlag Zeichen + Spuren, 1997. 1.15. Violeta Parra, Violeta Parra — Obra visual. Corporación Patrimonio Cultural de Chile (ed.). Santiago: Ocho Libros Editores, 2007; 3 a edición Santiago: Ocho Libros Editores, 2012. 1.16. Violeta Parra, Poesía. Paula Miranda (ed.). Santiago: Editorial UV de la Universidad de Valparaíso/Fundación Violeta Parra, 2016. 1.17. Violeta Parra, Violeta Parra en sus palabras — Entrevistas (1954-1967). Marisol García (ed.). Santiago: Catalonia, 2016. 1.18. Violeta Parra, Violeta Parra, 100 años. Santiago: Consejo Nacional de la Cultura y las Artes, 2017 (= Colección Cuadernos Pedagógicos, n° 6).]
2. Langspielplatten Discos LP In dieser Ausgabe habe ich die elementare Diskographie von 1978 gestrichen. Sie beruhte vor allem auf Kassetten, die mir Angel Parra zur Verfügung stellte, und ist heute überflüssig, da mit dem Webarchiv www.cancioneros. com/ca/4/0/cancionero-de-violeta-parra eine vollständige und ausserdem kommentierte Diskographie vorliegt. Elimino para esta edición la discografía elemental de 1978 - que se basaba en su mayoría en casetes proporcionadas por Ángel Parra — pues ya existe una discografía completa y además comentada en la plataforma virtual www. cancioneros.com/ca/4/0/cancionero-de-violeta-parra.
Bibliographie/Bibliografía
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3. Allgemeine Anthologien zum lateinamerikanischen Protestlied Antologías generales de la canción de protesta latinoamericana 3.1.
3.2. 3.3.
3.4. 3.5.
Meri Franco-Lao (éd.), Basta! — Chants de témoignage et de révolte de l'Amérique Latine. Paris: François Maspero, 1967 (= Collection Voix, n° 16). Régine Mellac (éd.), Chants libres d'Amérique latine — La rose qui pleure. Paris: Les Éditions du Cerf, 1974. Carlos Rincón/Gerda Schattenberg (Hrsg.), Guitarre des dämmernden Morgens — Das Neue Chilenische Lied. Berlin/Weimar: Aufbau Verlag, 1975 (= Edition Neue Texte). Jean Clouzet, La nouvelle chanson chilienne. Paris: Seghers, 1975. Carlos Rincón/Gerda Schattenberg (Hrsg.), Cantaré — Songs aus Lateinamerika. Dortmund: Weltkreis-Verlag, 1978.
4. Literatur über Violeta Parra Literatura sobre Violeta Parra 4.1.
4.2. 4.3. 4.4.
4.5. 4.6.
"Análisis de un genio popular: Violeta Parra", en: Revista de Educación, 13 (1968), pp. 66-76 (Discusión con José María Arguedas, José Ricardo Morales, Eduardo Martínez Bonati, Mario Carreño, Manuel Dannemann, Teresa Vicuña, Margot Loyola, José M. Palacios, Raquel Barros, Enrique Bello). Julio Huasi, "Violeta de América", en: Casa de las Américas, 65-66 (1971), pp. 91-104. Adolfo Martí Fuentes, "La poesía popular de Violeta Parra", en: Casa de las Américas, 69 (1971), pp. 203-206. Leonidas Morales, La poesía de Nicanor Parra. Santiago: Universidad Austral de Chile/Editorial Andrés Bello, 1972 (= Colección Anejos de Estudios Filológicos, n° 4, Serie Studia, n° 3). Fernando Barraza, La Nueva Canción Chilena. Santiago: Editorial Quimantú, 1972 (= Colección Nosotros los Chilenos, n° 26). Alvaro Salvador Jofre, Para una lectura de Nicanor Parra (El Proyecto Ideológico y el Inconsciente). Sevilla: Publicaciones de la Universidad de Sevilla, 1975.
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4.7.
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Bernardo Subercaseaux/Jaime Londoño, Gracias a la vida — Violeta Parra, testimonio. Buenos Aires: Editorial Galerna, 1976. 4.8. Patricio Manns, Violeta Parra — La guitare indocile/Anthologie des chansons de Violeta Parra. Traduction des chansons par Régine Mellac. Paris: Les Éditions du Cerf, 1977; 2e édition Violeta Parra. Madrid: Ediciones Júcar, 1978 (= Colección Los Juglares, vol. 34). 4.9. Robert D.F. Pring-Mill, "The Scope of Spanish-American Committed Poetry", in: Sabine Horl et al. (Hrsg.), Homenaje a Rodolfo Grossmann — Festschrift zu seinem 85. Geburstag. Frankfurt: Peter Lang, 1977, pp. 259-333. 4.10. Klaus Müller-Bergh, "Fulgor y Muerte de Violeta Parra", en: Revista Interamericana de Bibliografia, XXVIII (1978), pp. 47-55. 4.11. "Discusión sobre la música chilena", en: Araucaria de Chile, 2 (1978), pp. 111-173. [4.12. Osvaldo Rodríguez, Cantores que reflexionan. Madrid: LAR, 1984. 4.13. Isabel Parra, El libro mayor de Violeta Parra. Madrid: Ediciones Michay, 1985; 3 a edición El libro mayor de Violeta Parra — Un relato biográfico y testimonial. Santiago: Cuarto Propio, 2009. 4.14. Manfred Engelbert, "Poesía y pintura en la vida de Violeta Parra", in: Esther Andradi et al. (Hrsg.), Actas del Primer Simposio Internacional en Berlín occidental sobre literatura y crítica literaria de mujeres en Latinoamérica. Berlin: LAI, 1989, pp. 91-110. 4.15. Carmen Oviedo, Mentira todo lo cierto — Tras la huella de Violeta Parra. Santiago: Editorial Universitaria, 1990. 4.16. Olivia Concha Molinari, "Violeta Parra, compositora". Revista Musical Chilena, 183 (enero-junio 1995), pp. 71-106. 4.17. Fernando Sáez, La vida intranquila — Violeta Parra. Biografía esencial. Santiago: Sudamericana, 1999. 4.18. Juan Pablo González/Claudio Rolle, Historia social de la música popular en Chile 1890-1950. Santiago: Universidad Católica de Chile, 2005. 4.19. Ángel Parra, Violeta se fue a los cielos. Santiago: Catalonia, 2006. 4.20. Isabel Cruz de Amenábar, "Violeta Parra, artista visual", en: Corporación Patrimonio Cultural de Chile (ed.), Violeta Parra — Obra visual. Santiago: Ocho Libros Editores, 2007, pp. 26-33; 3 a edición Santiago: Ocho Libros Editores, 2012, pp. 26-33. 4.21. Juan Pablo González, Oscar Ohlsen y Claudio Rolle, Historia social de la música popular en Chile, 1950-1970. Santiago: Universidad Católica de Chile, 2009.
Bibliographie/Bibliografía
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4.22. Mónica Echeverría Yáñez, Yo, Violeta. Santiago: Plaza & Janes, 2010; 5 a edición 2016. 4.23. Jorge Montealegre, Violeta Parra — Instantes fecundos, visiones, retazos de memoria. Santiago: Editorial USACH, 2011. 4.24. Lucy Oporto Valencia, El diablo en la música — La muerte del amor en El gavilán, de Violeta Parra. Edición corregida y aumentada. Santiago: Editorial USACH, 2013. 4.2.5. Paula Miranda, La poesía de Violeta Parra. Santiago: Cuarto Propio, 2013. 4.26. Paula Miranda, "El poema-canción de Violeta Parra", en: Violeta Parra, Poesía. Santiago: Editorial UV de la Universidad de Valparaíso/ Fundación Violeta Parra, 2016, pp. 17-33. 4.27. Paula Miranda, Elisa Loncon y Allison Ramay, Violeta Parra en el Wallmapu. Santiago: Pehuén, 2017.]
Index/índice onomástico
ABBA: 87, 130 Acevedo Hernàndez, Antonio: 55-57, 69, 101-103, 113 Acquaviva, Antoine: 51, 97 Adorno, Theodor W.: 16, 18, 26, 28, 298, 343 Advis, Luis: 81, 85, 125, 129 Aguirre Cerda, Pedro: 287, 303, 332, 348 Aicardi, Raul: 7 0 , 1 1 4 , 275, 280, 321, 325 Alarcón, Rolando: 77, 121 Alcalde, Alfonso: 54, 61, 64, 66, 73, 85, 100, 106, 109, 111, 117, 129, 237, 238, 250-252, 266, 270, 287, 312, 316, 332 Alessandri, Arturo: 53, 99, 239, 253, 267, 273,313,318 Alessandri, Fernando: 267, 313 Alessandri, Jorge: 267, 313 Alexander, Peter: 307, 351 M e n d e , Salvador: 17, 27, 47, 93, 265, 295,311,340 Andradi, Esther: 15, 25 Angulo, Isaias: 235, 249, 269, 273, 315, 319 Angulo, Rosa: 249 Anka, Paul: 77, 121, 306, 350 Antunez, Nemesio: 235, 249, 273, 283, 300, 319, 328, 329, 345 Arce, Luis: 64, 70, 109, 115, 280, 326 Arce Parra, Carmen Luisa: 64, 109, 290, 335 Arce Parra, Rosita Clara: 64, 71, 78, 90, 91, 109, 115, 122, 133 Arendt, Hannah: 298, 343 Arguedas, José Maria: 87, 130 Arqueros, Gonzalo: 295, 340
Bach, Johann Sebastian: 355, 359 Baehr, Rudolf: 82 Baez, Joan: 308, 352 Balmaceda, José Manuel: 50, 96 Baroni, Humberto: 13, 23 Barraza, Fernando: 53, 76, 100, 120 Baxter, Les: 274, 320 Becker, Germán: 70, 115, 276, 322 Bello, Enrique: 71, 115 Bianchi, Vicente: 277, 322 Biermann, Wolf: 12, 14, 22, 24, 25 Bisama, Alvaro: 1 1 , 2 1 Blaya, Joaquín: 268, 279, 280, 289, 294, 3 0 9 , 3 1 4 , 3 2 5 , 3 3 4 , 339, 353 Bordemar: 308, 352 Borghero, Adriana: 284, 306, 329, 351 Bravo Ramos, Sergio: 17, 27, 74, 118, 274-276, 283-285, 300, 320-322, 328-330, 345, 355-357, 359-361 Bravo Salgado, Pablo: 357, 361 Calderón de la Barca, Pedro: 82, 126 Callfull: 178, 179 Callupán: 180, 181, Candia, Eduviges: 284, 330 Cárdenas, María Teresa: 13, 23 Castedo, Leopoldo: 49, 95 Castillo Velasco, Fernando: 76, 120 Castro, Fidel: 277, 322 Castro, Osvaldo de: 86, 130 Caupolicán: 180, 181, 243, 257 Cereceda, Luis: 61, 63-65, 71-72, 84, 106, 109, 110, 116-117, 128, 278, 280, 286-287, 323, 326, 332 Céspedes, Mario: 70, 114, 285, 290, 291, 330, 335, 336 Christian-Jaque: 275, 320
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Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Claro, Amparo: 272, 318 Clouzet, Jean: 47, 49, 93, 95, 236, 250 Cohen, Leonard: 12, 22 Concha Molinari, Olivia: 17, 26, 74, 118, 285, 297-298, 330, 342-343 Cortínez, Verónica: 13, 18, 23, 27, 55, 89, 101,133, 275,276, 303, 320,322,348 Cruz de Amenábar, Isabel: 293, 338 Cruz Martínez, Luis: 78, 79, 122 Cuatro Huasos, Los: 115, 304, 348 Cuncumén: 69, 113 Curimán: 180, 181 Curimón: 178, 179, 242, 243, 256, 257 D'Ottone, Horacio: 262 Dessau, Paul: 241, 255 De Rokha, Pablo: 12, 22, 52, 98 Di Lauro, Jorge: 276, 281, 322, 327 Dumas, Alexandre: 11,21 Dylan, Bob: 12, 22, 77, 121, 308, 352 Echeverría Yáñez, Mónica: 272, 282, 284, 318, 328, 330 Encina, Francisco A.: 49, 95, 241, 255 Engelbert, Manfred: 15, 25, 32, 33, 38, 39, 55, 89, 101, 133, 275, 276, 288, 303, 320, 322, 333, 348 Ercilla y Zúñiga, Alonso de: 243, 257 Escámez, Julio: 283, 284, 300, 301, 328, 329, 345 Eurípides / Eurípides: 33, 39 Favre, Gilbert: 73, 75, 78, 84, 117, 119, 128, 263, 272, 274, 317-318, 320 Fernández, Carla: 11, 21 Franco, Francisco: 245, 258 Franco, Jean: 48, 49, 52, 94, 95, 98 Franco-Lao, Meri: 47, 93 Frei Montalva, Eduardo: 50, 96 Froboess, Conny: 307, 351 Frondizi, Arturo: 280, 325 Gajardo, Berta: 114, 278, 324 Gallo, Adela: 284, 329
Galvarino: 178, 179, 243, 257 García, Marisol: 59, 70, 105, 266, 285, 296, 304-306,312, 330,341, 349-350 García, Nicasio: 55, 101 García, Ricardo: 70, 77, 114, 121, 275, 307, 321,350,351 García Lorca, Federico: 170, 171, 240, 254 Garretón, Manuel Antonio: 303, 348 Girard, René: 298, 343 González, Juan Pablo: 16, 26, 56, 69, 73, 81, 102, 113, 118, 125, 235, 237, 239, 246, 249, 251, 253, 259, 260, 274, 280, 283, 286, 297, 298, 303308, 320, 326, 328, 329, 331, 332, 342, 343, 348-352 González Videla, Gabriel: 64, 65, 110, 287, 332 Gozo, María Teresa: 18, 28 Grimau, Julián: 16, 26, 31, 37, 188, 189, 244, 258 Guevara, Ernesto Che: 277, 322 Guevara, Tomás: 243, 257 Grimm, Imre: 14, 24 Grossmann, Rudolf: 48, 52, 94, 98 Grunert, Cathleen: 88, 132 Guíñez, Carmen Gloria: 13, 23 Halbig, Matthias: 25 Haley, Bill: 306, 351 Hardy, Boris: 275, 320 Hauff, Wilhelm: 15, 24 Heino: 53, 99 Herrero, Víctor: 271, 273, 280-282, 287, 302, 317, 319, 326-328, 332, 346 Hesse, Axel: 12, 22, 238, 240, 252, 254 Huenchullán: 178-179, 242-243, 256 Huidobro, Vicente: 12, 22 Huidobro Domínguez, Ramón: 72, 116 Ibafiez del Campo, Carlos: 59, 105 Ilabaca, Pascuala: 308, 352 Jacovsky, Anatole: 268, 314 Jara, Víctor: 57, 59,77, 103,121, 308, 352
Index/índice onomástico Joanneton, Hubert: 7, 289, 296, 334, 341 Johannes XXIII / Juan XXIII: 269, 270, 315 Jung, Carl G.: 298, 343 Jürgens, Udo: 53, 82, 99, 126 Kahlau, Heinz: 12, 22 Kaulen, Patricio: 89, 133 Köhler, Erich: 48, 94 Kraus, Peter: 82, 126, 307, 351, 307, 351 Krüger, Heinz-Hermann: 88, 132 Lago, Tomas: 79, 123 Lamorisse, Albert: 275, 320 Larrain, Sergio: 70, 76, 115, 120, 275, 300, 3 2 1 , 3 4 5 Lautaro: 178-179, 243, 257 Leiva, Juan de Dios: 69, 70, 114 Lieux, Alfredo: 2 6 9 , 3 1 5 Lihn, Enrique: 288, 300, 333-345 Lillo, Baldomero: 244, 257 Littin, Miguel: 55, 101 Loncon, Elisa: 242-243, 256, 257, 266, 296,312, 341 Londono, Jaime: 54, 59, 60-61, 64-66, 69-73, 75, 77-78, 100, 105-106, 109111, 113-115, 117, 119, 121-122, 270-272, 276, 287, 316-318, 322, 332 Loveman, Brian: 51, 72, 97, 116 Loyola, Margot: 61, 69, 106, 113 Luenn, Levina: 24 Lühr, Volker: 49-51, 85, 95-98, 129 Luisa: 150, 151,238, 252 Lumumba, Patrice: 16, 26, 170, 171, 241, 255, 294, 339 Luque, Francisco: 238, 252 Luther, Martin / Lutero, Martin: 16, 26 Manns, Patricio: 11, 21, 47, 53-54, 57, 59-61, 63-64, 73, 76-77, 87, 93, 99, 100, 103, 105-106, 108, 109, 117, 120-121,131,237-239,242,251-253, 256, 270, 287, 307, 316, 332, 351
371
Manquilef, Manuel: 178-179, 242-244, 256, 257 Manzano, Alfredo: 355-356, 359, 360 Marín, Gladys: 287, 332 Marshall, Andrew: 53, 99 Marshall, Tony: 87, 130 Martienzen, Marion: 13, 23 Martínez Amador, Emilio M.: 238, 252 Martínez Bonati, Eduardo: 92, 135 Martínez Reverte, Javier: 43, 45, 57, 76, 103, 120, 237, 242, 245, 250-251, 256, 258 Marx, Karl: 16, 26, 290, 335 Mattelart, Armand: 57, 103 Maurenbrecher, Manfred: 12, 22 Mellac, Régine: 47, 93 Meza, Fernán: 72-73, 117 Millaray: 295, 340 Miranda Herrera, Paula: 13, 23, 32, 35, 38, 40-41, 76, 120, 236, 242-244, 250, 256-258,266,277-279,283,286-288, 290-292,296-298,312,322-325,328, 331-333, 335-337, 341-343 Mires, Fernando: 50, 96 Mistral, Gabriela: 12, 22, 32, 33, 38, 39, 52, 9 8 , 2 7 2 , 2 8 1 , 3 1 8 , 3 2 7 Moesbach, Ernesto Wilhelm de: 243-244, 256, 257 Moliner, María: 300, 345 Montealegre, Jorge: 59, 60, 105, 106, 266, 273-275, 281, 287, 291, 293, 312, 318-321, 327, 332, 336, 338 Morales, Leonidas: 48, 94 Morínigo, Marcos A.: 245-247, 251, 253, 259, 260 Müller-Plantenberg, Urs: 51, 97 Münster, Arno: 49, 50, 51, 95, 96, 97 Navasal, Marina de: 305, 349 Neruda, Pablo: 12, 22, 32, 38, 52, 65, 98, 99, 110, 272, 273, 277, 285, 300, 318,319, 322, 330, 3 3 1 , 3 4 5 Nouzeilles, Rubén: 273, 274, 319, 320
372
Violeta Parra. Lieder aus Chile/Canciones de Chile
Ohlsen, Oscar: 16, 26, 69, 73, 81, 113, 118, 125, 235, 237, 239, 246, 249, 251, 253, 259, 260, 274, 280, 283, 286, 297, 298, 304-308, 320, 326, 328, 329, 331, 342, 343, 348-352 Oporto Valencia, Lucy: 13, 17, 18, 23, 26-28, 266, 283, 284, 287, 291, 292, 298-302, 312, 328, 330, 332, 336337, 343, 344, 346 Oviedo, Carmen: 269, 272, 281, 288, 315,317-318, 327, 334 Painen Cotaro, María: 269, 315 Palacios, José María: 269, 272, 273, 304, 314,315,318,319, 349 Palma, Marisol: 96 Palma, Ricardo: 49, 95 Parra, Ángel: 11, 18, 28, 43-46, 56, 59, 60, 61, 64, 70, 71, 75, 76, 77, 79, 85, 102, 105, 106, 109, 115, 119, 120, 121, 123, 129, 235-240, 245, 249254, 259, 265, 270, 271, 274, 275, 276, 277, 280, 281, 282, 287, 293, 311, 316, 317, 320, 322, 323, 326, 327, 332, 338 Parra, Eduardo: 60, 106, 294, 339 Parra, Hilda: 54, 61, 65, 68, 100, 106, 110, 113, 295,303, 340, 348 Parra, Isabel: 13, 19, 23, 28, 43, 45, 46, 61, 76, 77, 106, 120, 121, 236, 238, 245, 247, 250, 252, 259, 260, 265, 271, 274, 276, 282, 288, 311, 317, 320, 321,327, 334 Parra, Javiera: 289, 334 Parra, Nicanor: 15, 25, 32, 33, 37, 38, 39, 47, 48, 59, 60, 65, 93, 94, 105, 106, 110, 236, 250, 273, 275, 276, 279, 288,319, 3 2 1 , 3 2 5 , 3 3 3 , 3 3 4 Parra, Ramona: 302, 346 Parra, Roberto: 65, 110, 162, 163, 239, 253, 287, 332 Pasolini, Paolo: 298, 343 Pefialoza, Ángel Vicente: 172, 173, 241, 255
Peralta, Juan B.: 57, 102, 103 Perl, Mónica: 96 Pezoa, Francisco: 55-56, 85, 101, 102, 129 Pinochet, Augusto: 14, 16, 18, 24, 26, 28, 270,316 Pinto, Julio: 50, 96 Pifia, Juan Andrés: 55, 79, 101, 123, 278, 324 Poisel, Phillipp: 15, 24 Primos, Los: 307, 351 Quilapán, José Santos: 180-181, 242, 244, 256, 257, 258 Quilapán, Juan: 269, 315 Quilapayún: 85, 129, 240, 254 Quilineo, Adela: 315 Quincheros, Los: 54, 100, 304-305, 348, 349 Quinn, Freddy: 307, 351 Ramay, Allison: 242-243, 256-257, 266, 296,312, 341 Ramblers, Hie: 307, 351 Recabarren, Luis Emilio: 55, 57, 78, 79, 101-103, 122, 172-173, 241, 255, 290, 335 Reyes, Guillermo: 69, 114 Reynolds, Malvina: 308, 352 Rincón, Carlos: 47, 93 Rinke, Stefan: 50, 96 Rodríguez, Manuel: 172, 173, 241, 255, 277, 290, 322, 335 Rodríguez, Orlando: 72, 117 Rodríguez, Osvaldo: 73, 86, 95, 117, 130, 240, 254, 267, 280, 284, 290, 295, 313,326, 329, 335,340 Rojas, Gonzalo: 269, 273-274, 279, 289, 300,315,319, 325,334, 345 Rojas, Manuel: 52, 98 Rolle, Claudio: 16, 26, 56, 69, 73, 81, 102, 113, 118, 12-5, 235, 237, 239, 246, 249, 251, 253, 259, 260, 274, 280, 283, 284, 286, 297, 298, 303-
Index/índice onomástico
373
308, 320, 326, 328, 329, 331, 342343, 348-352 Rosas, Juan Manuel de: 241, 255
109-111, 113-115, 117, 119, 121122, 270-272, 276, 287, 303, 316318, 322, 332, 348
Sáez, Fernando: 13, 23, 77, 121, 238, 252, 271-273, 275, 277, 317-318, 321-322 Salazar, Gabriel: 50, 96 Salas Viu, Vicente: 304, 349 Salo, Hannes: 266, 312 Salvador Jofre, Alvaro: 48, 94 Sapiaín, Claudio: 56, 102 Schattenberg, Gerda: 47, 93 Schöne, Gerhard: 12, 22 Schopf, Federico: 48, 94 Schreiber, Uwe: 12, 22, 238, 240, 252, 254
Tati, Jacques: 275, 320 Teitelboim, Volodia: 12, 22 Tereschkowa, Valentina / Tereshkova, Valentina: 87, 122, 131, 182-185, 240, 244, 254, 258, 290, 292, 297, 298, 335, 337, 342, 343 Thiago de Mello, Amadeu: 275, 283, 321, 328, 355, 359
Schultze-Kraft, Peter: 48, 94 Schulz, Paul: 16, 26 Seeger, Pete: 77, 121, 308, 352 Segovia, Andrés: 355, 359 Shakespeare, William: 31, 37 Sienna, Pedro: 276, 322, 356, 360 Simon and Garfunkel: 87, 130 Siqueiros, Davis Alfaro: 283, 328 Sophokles / Sófocles: 34, 40 Sosnovski, Saúl: 303, 348 Soto, Fresia: 77, 121 Soto, Gabriel: 269, 315 Soublette, Gastón: 70, 114, 271, 275, 281,317, 321,326 Soudy, Guillermo: 304, 348 Springsteen, Bruce: 12, 14, 22, 24 Stackelberg, Jürgen von: 48, 94 Starr, Ringo: 77, 121 Suárez, Antonio: 68, 113 Subercaseaux, Bernardo: 54, 59-61, 6466, 69-73, 75, 77-78, 100, 105-106,
Urbina, Silvia: 293, 338 Valdivia, Pedro de: 64, 109, 243, 257 Valentini, Ruth: 18, 28, 44, 46 Valenzuela Torres, Jorge del Carmen: 13, 23 Vega, Alicia: 276, 281, 322, 326 Velasco, Raúl: 304, 348 Velis, Marco Antonio: 17, 27 Vervuert, Klaus Dieter: 14, 19, 24, 29 Vila, Cirilo: 357, 360 Viñas, David: 49, 95 Vivar, Alejandro de: 243, 256 Weiner, Tibor: 283, 329 Weinrich, Harald: 47, 93 Weischet, Wolfgang: 50, 96 Wilpert, Gero von: 47, 93 Yankovic, Nieves: 276, 281, 322, 327 Zañartu, Luis Manuel: 241, 255 Zapata, Emiliano: 172-173, 241, 255 Zapicán, Alberto: 295, 340 Zurita, Raúl: 15,25,31-41