Leitfaden für die Einrichtung und Verwaltung von mittleren und kleinen Volks- und Schulbüchereien, Kreiswanderbibliotheken und Lesezimmern in Stadt und Land: Für die Praxis dargestellt [Reprint 2020 ed.] 9783112358283, 9783112358276


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German Pages 102 [190] Year 1913

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Leitfaden für die Einrichtung und Verwaltung von mittleren und kleinen Volks- und Schulbüchereien, Kreiswanderbibliotheken und Lesezimmern in Stadt und Land: Für die Praxis dargestellt [Reprint 2020 ed.]
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Leitfaden für die Einrichtung

und Verwaltung von mittleren und kleinen

Volks- und Schulbüchereien, Kreiswanderbibliotheken und Lesezimmern

in Stadt und Land

Für die Praxis dargestellt von

Dr. E. Jaeschke Direktor der städtischen Bücher» und Lesehallen in Düsseldorf (Bisher Direktor der Stadtbücherei Elberfeld) Leiter der Beratungsstelle für die Bolksbibliotheken im Reg.-Bez. Düsseldorf

Berlin und Leipzig

G. 3. Göschen'sche Verlagshandlung G. m. b. S.

1913

Druck von E. Haberland, Leipzig-R.

Inhalt. Seite 5

Borwort........................................................................................................................................ A.

Das Buch und seine Verbreitung. — Die verschiedenen Bibliotheksformen

B.

Die Schulbücherei..............................................................................................................

C.

Die Volksbücherei

.

7 9

1.

Ihre Aufgabe und ihre Gemeinde..............................................................................13

2.

Die Betriebsform: Stand- oder Wanderbibliothek?.......................................... 15

3.

Die Gründung einer Volksbücherei............................................................................ 17

4.

Die Beschaffung der Mittel............................................................................... .

5.

Der Büchereiverwalter................................................................................................... 24

6.

Die BücherauSwahl........................................................................................................... 28

7.

Der Büchererwerb......................................................................................................... 36

8.

Die Verarbeitung des Bücherschatzes a)

9.

10.

20

Allgemeines............................................................................................................... 37

b)

Die Gliederung und Bezeichnung des Bücherbestandes............................ 38

c)

Der Fachkatalog........................................................................................................... 42

d)

Der alphabetischeKatalog.......................................................................................... 46

e)

DerDrucktatalog........................................................................................................... 57

f)

Der Einband desBuches......................................................................................... 63

Der Raum und seine Ausstattung............................................................................67 Der Betrieb

a) Die Leseordnung.................................................................................................... 71

11.

D.

b)

Der Ausleihebeirieb................................................................................................... 75

c)

Die Statistiken......................................................................................................... 85

Die Wanderbücherei......................................................................................................... 89

Lesehallen

a) FLr Kinder...................................................................................................................... 92 b)

FLr die schulentlassene Jugend................................................................................. 96

c)

FLr Erwachsene............................................................................................................... 98

Literaturnachweis............................................................................................................................103

Vorwort. Handbücher des Bibliothekswesens gibt es bereits eine ganze Reihe. Ihr gemeinsames Kennzeichen besteht aber darin, daß sie die Verhältnisse großer Buchereim ins Auge fassen und die kleinerer und kleinster gar nicht erwähnen oder nur streifen. Wo wir etwa eine ausführlichere Behandlung derselben finden, vermissen wir den erforderlichen Überblick über das große Ganze. Die Erscheinung erklärt sich daraus» daß fast allen Leitern unserer großen Volksbibliotheken die Bedingungen kleiner Anstalten zu unbekannt geblieben sind, und umgekehrt die Verwalter der kleinen Büchereien natur­ gemäß über einen gewifien Kreis nicht hinauszusehen vermögen. Als Leiter der Beratungsstelle für die Bolksbibliotheken im Regierungs­ bezirk Düsseldorf bin ich häufig nach einem Buche gefragt worden, in dem man sich kurz über die wichtigsten Grundregeln unterrichten könnte. Stets war ich in Verlegenheit, welches Werk ich empfehlen sollte. Auch ich habe zu den oben erwähnten Leitern von großen Volksbibliotheken gehört, und die Jahre, in denen ich die Beratungsstelle leite, find für mich Lehrjahre gewesen, und find es noch heute. Nach mannigfachen Versuchen und unter eifriger Mit­ arbeit verschiedener Verwalter von kleinen Büchereien glaube ich jedoch ge­ wisse Verwaltungsformen gefunden zu haben, die sowohl den allgemeinen Grundsätzen der Bibliotheksverwaltung wie auch den speziellen Bedürfnissen der kleinen Büchereien entsprechen. Sie einem größeren Kreise nutzbar zu machen, ist der Zweck dieses Buches, das also nicht den Ehrgeiz verfolgt, die anderen größeren Werke zu verdrängen und überflüssig zu machen. Elberfeld, September 1912.

Dr. Jaeschke.

Literaturnachweis. Wie schon in der Einleitung betont, berücksichtigt die meiste Fachlite­ ratur nur großstädtische Verhältnisse. Die wichtigsten dieser Schriften sind folgende: 1. Schultze, E. Freie öffentliche Bibliotheken, Bolksbibliotheken und Lese­ hallen. 1900. — Die erste umfassende Darstellung in deutscher Sprache. Schildert auch das Bolksbibliothekswesen der anderen Länder. Heut natürlich stark veraltet, aber in vielen Teilen noch immer lesenswert. 2. TewS, I. Handbuch für volkstümliche Leseanstalten. 1904, — Das Beste an dem Buche sind die theorettschen Abschnitte. Für die Praxiwerden die Einrichtungen einiger Bibliotheken als Beispiele vorgeführt. Diese sind nicht besonders glücklich gewählt, zum Teil auch heute überholt. 3. TewS, I. Wie gründet und leitet man ländliche Volksbibliotheken? 9. Aufl. 1903. — Berücksichtigt vornehmlich die Vordrucke der Ge­ sellschaft zur Verbreitung von Volksbildung, die ich nicht in allen Punkten als praMsch anerkennen kann. 4. Küster. Anleitung zur Einrichtung und Verwaltung von Volksbiblio­ theken. 2. Aufl. 1906. — Für die besonderen Berhältniffe OberschlesienS bestimmt. 5. Greve, H. E. DaS Problem der Bücher- und Lesehallen. 1908. — Eine sehr eingehende Untersuchung aller Fragen, die das Bolksbiblio­ thekswesen betreffen. Leider sehr mangelhaft übersetzt. 6. Ladewig, P. Politik der Bücherei. 1912. — Umfassendes Werk, das auch die wissenschaftlichen Bibliotheken in den Kreis der Betrachtungen zieht. Setzt jedoch erhebliche Borkenntnisse voraus. 7. Jaeschke, E. Volksbibliotheken (Bücher- und Lesehallen), ihre Einrich­ tung und Verwaltung. (Sammlung Göschen.) 1907. — In einzelnen Teilen von der Entwickelung überholt. . 8. Bube, W. Die ländliche Bolksbibliothek. 6. Aufl. 1913. — Ist bereits auf S. 35 erwähnt. 9. Hofmann, W. Merkpunkte zum volkstümlichen Bibliothekswesen. 1912. (Flugschrift des Dürerbundes.) — Programm der „neuen" Richtung. Von einem völlig einseitigen Standpunkt geschrieben, eher geeignet zu verwirren als zu nützen. Dem Verfasser scheinen die Verhältnisse der mittleren und kleinen Bolksbibliotheken vollkommen ftemd zu sein. Ferner sind noch folgende Bücher zu empfehlen, bereit Lektüre für den Bibliothekar wünschenswert ist:

10. Meyer, A. B. Amerikanische Bibliotheken und ihre Bestrebungen. 1906. 11. Fritz, G. Das moderne Bolksbildungswesen. 1909. 12. Schultze, E. Die Schundliteratur, ihr Vordringen, ihre Folgen und ihre Bekämpfung. 2. Aufl. 1910. 13. Schoenbach, A. E. Über Lesen und Bildung. 7. Aufl. 1905. 14. Falkenberg, H. Wir Katholiken und die deutsche Literatur. 1909. Zeitschriften. Bergl. darüber die Ausführungen auf S. 27.

Ä. Das Buch und feine Verbreitung. — Die verschiedenen Bibliothekssormen. Es hat noch keine Zeit gegeben, in der so viel geschrieben und gedruckt worden ist, als in der unsrigen. Was würde der Mann, der das Wort vom „tintenklecksenden Säkulum" für das 18. Jahrhundert prägte, sagen, wenn er die Bücherflut sähe, die sich immer steigend alljährlich auf den Markt er­ gießt! Im Jahre 1911 sind nicht weniger als 32998 Druckwerke in Deutsch­ land erschienen. Selbst demjenigen, der blind durch das Leben geht, müß­ ten diese Zahlen beweisen, welch unermeßlichen Einfluß das gedruckte Wort heut auf unser öffentliches und privates Leben besitzt. In jedes Haus dringt es heut ein, sei es in Gestalt der Zeitung oder Zeitschrift, des Ka­ lenders oder Moderomans, der aktuellen Broschüre oder des mehr oder minder umfangreichen und schwierigen, belehrenden Buches. Das Druck­ werk ist zu unserem beständigen Begleiter auf dem Lebenspfade geworden und beeinflußt unser Denken und Handeln ohne Unterlaß. Wollen wir gute Bücher ständig in Berührung mit dem Volke halten, so werden sich aus den verschiedenen Verhältnissen auch notgedrungen ver­ schiedene Wege und Formen ergeben. Zwischen dem Bilderbuch und der Fibel einer- und dem systematischen Handbuch einer Wissenschaft anderer­ seits liegt eine Fülle von Zwischenstufen. Ähnliche Differenzierung zeigen die Leser, die wir befriedigen wollen: auf der einen Seite der kleine Bauern­ junge, auf der anderen der wiffenschastlich und ästhetisch feingebildete Mann. Dazu treten noch die Verschiedenheiten der örtlichen, beruflichen und wirt­ schaftlichen Verhältnisse: Wahrlich eine Mannigfaltigkeit der Erscheinungen und Bedürfnisse, die den Blick zunächst verwirrt! Dieser Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse entspricht bei uns eine Ver­ schiedenheit der Bibliothekstypen. Während in Amerika, das an keine Tra­ dition gebunden iuar, sich eine Form der Büchereien entwickelt hat, die gleichmäßig allen Bedürfnissen gerecht werden will, hat man bei uns in Deutschland die Lösung der verschiedenen Aufgaben verschiedenen Anstalten zugewiesen. Der gelehrten Forschung dienen die Universitäts- sowie die alten Provinzial- und Stadtbibliotheken. Als dann im 19. Jahrhundert sich die Notwendigkeit herausstellte, auch für die allgemeine Bildung und die edle literarische Unterhaltung der Bürger zu sorgen, wurde eine neue Biblio­ theksform, die Volksbibliothek, begründet. Zunächst war sie eine Wohl­ tätigkeitsanstalt. In einem Schulzimmer untergebracht, nur einige Stunden m der Woche geöffnet, der Bücherbestand meist schmutzig und bunt zusammm-

A. DaS Buch und feine Verbreitung. — Die verschiedenen Bibliotheksformen.

gewürfelt — ergänzte sie sich doch meist aus Geschenkml — und die Be­ nutzung an die Beibringung von Bürgschaften gebunden: so stellte sich fast überall die damalige Volksbibliothek dar, die ihren Leserkreis fast ausschließ­ lich in den untersten Schichten der Bevölkerung suchte. Da setzte etwa im Jahre 1890 eine Reform ein, die hauptsächlich durch Eduard Reyer in Wien und Constantin Rörrenberg, damals in Kiel, sowie durch die ComeniusGesellschaft herbeigeführt wurde. Rörrenberg hat die Aufgabe dieser neuen Bolksbibliothek, die man im Gegensatz zur alten auch häufig „Bücher- und Lesehalle" oder „Bildungsbibliothek" nennt, folgendermaßen umschrieben: „Sie ist nicht wie die alte eine Wohltätigkeitsanstalt zu harmloser Unter­ haltung und elementarster Belehrung der geistig Unmündigen und der unte­ ren Volksschicht, sondern eine Bildungsanstalt für alle Schichten und Gruppen des Volkes. Sie will, die Schule (niedere wie höhere) ergänzend, die geistige Bildung in universeller Weise fördern; sie will selbständige Persönlichkeiten und Charaktere bilden helfen, soweit Lektüre das kann. Über den Parteien stehend sammelt sie aus allen Literaturgattungen das Wert­ volle und sucht jedem Leser daS darzureichen, was gerade ihm gemäß und förderlich ist. Sie bietet behagliche Unterhaltung und Erquickung dem, der sich von harter Tagesarbeit erholen will; sie erzieht den literarischen Geschmack, und soweit ihre Hilfsmittel reichen, den künstlerischen; sie führt in die Elemente der Wissenschaft ein und so hoch in denselben hinauf, als der Leser eS verlangt; nur die eigentliche Fachwissenschaft überläßt sie den ge­ lehrten und Fachbibliotheken; sie bringt den Leser vorwärts in seinem Be­ ruf, sie belehrt ihn als Staatsbürger, und indem sie ihn mit vaterländischen Dingen vertraut macht, stärkt sie sein politisches und Staatsbewußtsein." In dem letzten Jahrzehnt hat auch der oben erwähnte amerikanische Bibliothekstyp in Deutschland Boden gewonnen, man nennt ihn bei uns die „Einheitsbibliothek". Charakteristifcherwetse tritt er in den jungen Städten auf, die eben auch durch keine Tradition auf diesem Gebiet gebunden sind. Die bekanntesten Einheitsbibliotheken sind die Stadtbibliotheken in Crefeld und Dortmund, die Stadtbücherei Elberfeld und die Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen. Für unsere Betrachtung scheiden alle diese großen Anstalten aus, wir beschäftigen uns hier nur mit den Verhältnissen in den mittleren und kleine­ ren Städten sowie auf dem Lande. Die Schwierigkeiten der Verbreitung guter Literatur und der Erhattung von Bibliotheken wachsen mit dem Sinken der Einwohnerzahl der einzelnen Orte. Wer eine Bücherei einrichten will, für den gilt Jagos Mahnung: „Tu Geld in deinen Beutel." Und ist es schon in größeren Städten schwer, solches für diesen Zweck zu erhalten, so oft ganz unmöglich in Klein­ städten und auf dem Lande, wo bar Geld seltener ist und ängstlicher fest­ gehalten wird. Schon diese materielle Beschränkung zwingt uns nach möglichst ein­ fachen und billigen Betriebsformen zu suchen, beweist die Notwendigkeit, jede Zersplitterung der Kräfte zu vermeiden. Dazu tritt als zweiter Grund, daß eS nicht überall gleich mehrere Personen geben wird, die sich für das 8

B. Die Schulbücherei. Amt eines Büchereiverwalters eignen oder gesonnen sind, sich in den Dienst der Sache zu stellen, zumal die Arbeit nur in seltenen Fällen bezahlt wird. Für die Verhältnisse, wie wir sie hier im Auge haben, kommen nur zwei Arten von Büchereien in Frage: die Schul- und die Volksbibliothek. Bei dieser letzteren ist eine doppelte Form, die Stand- und die Wander­ bücherei möglich. Daneben wäre noch die Lesehalle, sowohl die für Kinder wie die für Erwachsene zu erörtern.

B. Die Schulbücherei. Sie bildet den wichtigsten Unterbau des ganzen Bibliothekswesens und ist durch keine andere Einrichtung zu ersetzen. Wie groß ihre Bedeutung für die Belebung, Bereicherung und Vertiefung des Unterrichts ist, kann hier füglich unerörtert bleiben, da darüber in pädagogischen Handbüchern genügend zu finden ist. Hier sei nur auf ihren Wert in Hinblick auf die spä­ tere Benutzung der Volksbücherei hingewiesen. Durch die Schulbibliothek erhält das Kind zum erstenmal Bücher, die ein einheitlich geschlossenes Ganzes bilden, so daß es gezwungen wird, eine ganze Kette von Entwick­ lungen und Geschehniffen, eine Reihe verschiedener Persönlichkeiten im Kopfe zu behalten und zu überschauen. Es sind zum ersten Male Kunstwerke, die in den Gesichtskreis des Kindes treten. In der Schule ist es auch möglich, die Kinder streng individuell zu behandeln, sie langsam weiterzuführen. Der Lehrer kennt seine kleine Schar, er kennt seinen kleinen Bücherbestand, und er kann deshalb bei einigem Nachdenken jedem das richtige geben. Noch eine zweite Aufgabe fällt dem Lehrer zu: die Kinder an die sorgsame Be­ handlung der Bücher zu gewöhnen, eine Aufgabe, die leider nicht immer mit der nötigen Strenge durchgeführt wird. Die finanzielle Lage der Schulbüchereien ist im allgemeinen keine allzu glänzende, aber immerhin doch in den meisten Fällen eine gesichertere als die vieler Bolksbibliotheken. Daß Schulen Geld kosten, an diese Einsicht haben sich wohl alle Gemeinderatsmitglieder gewöhnt, und sie bewilligen daher die Mittel weit eher, als wenn es sich um eine besondere Bibliothek handelt. Um die rechte Wirkung einer Schulbibliothek m erzielen, sind zwei Momente wichtig: einmal die Bücherauswahl, dann bte Art der Ausgabe. über die Jugendschristenfrage ist vor einigen Jahren insbesondere in Lehrerkreisen ein heftiger Kampf entbrannt. Die ältere Richtung wertete die Jugendschrift nur nach ihrer Tendenz; war diese gut und moralisch, so war das Buch ohne weiteres zu empfehlen. Gegen diese Art der Kritik hat sich die neuere Richtung, die sogenannte Hamburger, gewandt, wobei sie er­ klärlicherweise manchmal in den entgegengesetzten Fehler verfiel. Jedenfalls ist der hier vertretene Gesichtspunkt, die Kinder schon möglichst früh an die Lestüre künstlerisch gestalteter Bücher zu gewöhnen, durchaus zu billigen. Dieser Kampf um die Jugendschrift hat jedenfalls erfreuliche Ergebnisse ge­

B. Die Schulbücherei. Amt eines Büchereiverwalters eignen oder gesonnen sind, sich in den Dienst der Sache zu stellen, zumal die Arbeit nur in seltenen Fällen bezahlt wird. Für die Verhältnisse, wie wir sie hier im Auge haben, kommen nur zwei Arten von Büchereien in Frage: die Schul- und die Volksbibliothek. Bei dieser letzteren ist eine doppelte Form, die Stand- und die Wander­ bücherei möglich. Daneben wäre noch die Lesehalle, sowohl die für Kinder wie die für Erwachsene zu erörtern.

B. Die Schulbücherei. Sie bildet den wichtigsten Unterbau des ganzen Bibliothekswesens und ist durch keine andere Einrichtung zu ersetzen. Wie groß ihre Bedeutung für die Belebung, Bereicherung und Vertiefung des Unterrichts ist, kann hier füglich unerörtert bleiben, da darüber in pädagogischen Handbüchern genügend zu finden ist. Hier sei nur auf ihren Wert in Hinblick auf die spä­ tere Benutzung der Volksbücherei hingewiesen. Durch die Schulbibliothek erhält das Kind zum erstenmal Bücher, die ein einheitlich geschlossenes Ganzes bilden, so daß es gezwungen wird, eine ganze Kette von Entwick­ lungen und Geschehniffen, eine Reihe verschiedener Persönlichkeiten im Kopfe zu behalten und zu überschauen. Es sind zum ersten Male Kunstwerke, die in den Gesichtskreis des Kindes treten. In der Schule ist es auch möglich, die Kinder streng individuell zu behandeln, sie langsam weiterzuführen. Der Lehrer kennt seine kleine Schar, er kennt seinen kleinen Bücherbestand, und er kann deshalb bei einigem Nachdenken jedem das richtige geben. Noch eine zweite Aufgabe fällt dem Lehrer zu: die Kinder an die sorgsame Be­ handlung der Bücher zu gewöhnen, eine Aufgabe, die leider nicht immer mit der nötigen Strenge durchgeführt wird. Die finanzielle Lage der Schulbüchereien ist im allgemeinen keine allzu glänzende, aber immerhin doch in den meisten Fällen eine gesichertere als die vieler Bolksbibliotheken. Daß Schulen Geld kosten, an diese Einsicht haben sich wohl alle Gemeinderatsmitglieder gewöhnt, und sie bewilligen daher die Mittel weit eher, als wenn es sich um eine besondere Bibliothek handelt. Um die rechte Wirkung einer Schulbibliothek m erzielen, sind zwei Momente wichtig: einmal die Bücherauswahl, dann bte Art der Ausgabe. über die Jugendschristenfrage ist vor einigen Jahren insbesondere in Lehrerkreisen ein heftiger Kampf entbrannt. Die ältere Richtung wertete die Jugendschrift nur nach ihrer Tendenz; war diese gut und moralisch, so war das Buch ohne weiteres zu empfehlen. Gegen diese Art der Kritik hat sich die neuere Richtung, die sogenannte Hamburger, gewandt, wobei sie er­ klärlicherweise manchmal in den entgegengesetzten Fehler verfiel. Jedenfalls ist der hier vertretene Gesichtspunkt, die Kinder schon möglichst früh an die Lestüre künstlerisch gestalteter Bücher zu gewöhnen, durchaus zu billigen. Dieser Kampf um die Jugendschrift hat jedenfalls erfreuliche Ergebnisse ge­

B. Die Schulbücherei.

zeitigt, berat er führte dazu, einmal gründlich Musterung zu halten. Dabei flog viel über Bord, das man aus alter Gewohnheit und Bequemlichkeit jahrelang mitgeschleppt hatte. Manchmal ging man auch zu radikal vor» denn das eine oder andere von Nieritz, Hofmann, Horn usw. ist auch heute noch verwendbax. Eine weitere Folge dieser kritischen Auseinandersetzungen war die größere Sorgfalt, die jetzt die Verleger auf die Ausstattung, ins­ besondere die bildliche, legen. Vergleicht man die Verzeichnifle empfehlens­ werter Jugendschristen, die alljährlich zu Weihnachten von den verschiedenen Prüsttngsausschüssen herausgegeben werden, so findet man eine ganze An­ zahl in allen aufgeführt. Man kann fich also mit geringer Mühe eine Zu­ sammenstellung machen, die keine der Parteien verletzt. Die wichtigsten dieser Verzeichnifle sind auf S. 35 aufgeführt. Die Bücher werden aber erst dann ihre rechte Wirkung ausüben, wenn der Lehrer die Ausgabe derselben nicht als eine lästige Pflicht ansieht oder sie gar einem Schüler überläßt. Durch ein paar freundliche, einführende Worte wird er auch einem Buche Jnterefle werben, das das Kind zunächst wenig freundlich ansieht, sei eS, weil Bilder fehlen, sei es, daß ihm der Titel nicht'gefällt. Gelegentliche Empfehlungen von Büchern während des Unter­ richts wirken oft Wunder. Lebhafte Kinder erzählen gern, was sie gelesen haben. Gibt man ihnen dazu Gelegenheit, so steigert man nicht nur ihre Freude am Lesen, sondern regt auch andere Schüler dazu an. Ein erfahre­ ner Pädagoge wird noch andere solcher lleinm Mittel finden. Jedenfalls ist der Geist, mit dem der Lehrer die Bibliothek behandelt, ausschlaggebend für den Erfolg. Die technische Einrichtung der Schulbücherei ist äußerst einfach. Bon vornherein soll man den einzelnen Klaffen bestimmte Büchergruppen zuteilen und ihre Verwaltung dem betr. Klassenlehrer übertragen. Zweck­ mäßig wird jede dieser Klassenbüchereien mit einem großen lateinischen Buchstaben bezeichnet: A, B, C usw. Jedes Buch erhält eine Nummer, und zwar wird in jeder Gruppe mit 1 angefangen. Doppelstücke bekommen den Zusatz a zu der Nummer, also z. B. A15a. Hinsichtlich der Kataloge emp­ fiehlt sich die Anlage eines Hauptinventars mit Hilfe des auf S. 42 be­ schriebenen Formulars. Hier werden für jede Klaffe mehrere Seiten frei gelaffen, um Platz für die Zugänge zu schaffen. Dieses Hauptverzeichnis bleibt in den Händen des Rektors. Für die Bedürfnisse des KlasienlehrerS genügt ein Katalog in Form eines Quartheftes, der nur Verfasser und Titel enthält. Ein weiteres Heft dient als Ausgabejournal. Am Kopf jeder Seite steht der Name des Schülers, darunter wird die Nummer des Buches ein­ getragen, das der Schüler z. Z. hat. Gibt er es zurück, so wird die Zahl ausgestrichen und die Nummer des neuen Buches eingeschrieben. Über die Vermehrung der Schulbücherei entscheidet die Lehrerkonferenz. In letzter Zeit haben sich Bestrebungen geltend gemacht, ein und das­ selbe Buch von der ganzen Klaffe gleichzeitig lesen zu taffen und dieses Werk dann zu besprechen. Dieses Vorgehen der Lehrerschaft ist mit großer Freude zu begrüßen, denn so ist es möglich, die Kinder in das Verständnis eines Dichtwerkes, das alle kennen, einzuführen. Allerdings fetzt diese Auf-

B. Die Schulbücherei.

gäbe literarischen Geschmack und eine taktische Geschicklichkeit auf Seiten des Lehrers voraus, sonst kann das gerade Gegenteil der beabsichtigten Wirkung eintreten. Unter Umständen wird man diese schwierige Aufgabe einem dafür besonders befähigten Lehrer übertragen, gleichviel ob er Klassenlehrer ist oder nicht. Diese Klassenlektüre kann nur betrieben werden, wenn die betreffenden Bücher in so vielen Exemplaren vorhanden sind, als die Klaffe Schüler zählt. Es ist ganz natürlich, daß eine Schule für sich allein die Mittel für diese Anschaffung nicht aufbringen kann. Selbst wenn sie es könnte, wäre es Verschwendung. Hier kann nur durch ein Zusammengehen mehrerer Schulen, einer Stadt oder eines Kreises eine zweckmäßige Ausnutzung des in die Bücher gesteckten Kapitals erfolgen. Ob sich derartige „Zweckverbände" bereits gebildet haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein Versuch mit der Klassenlektüre läßt sich aber auch heute schon mit wenig Geld machen. Die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung in Berlin hat derartige Bibliotheken zusammengestellt und verleiht sie je nach ihrem Wert gegen eine Gebühr von 6,10,12,15 oder 20 Mark. Sie hat beschlossen, dieses System noch weiter in der Weise auszubauen, daß sie diese Büchereien gegen Er­ stattung der Einbandskosten unentgeltlich an solche Schulen abgibt, die Mit­ glieder der Gesellschaft sind.

Eine andere Frage, die mit der Schulbücherei in engster Beziehung steht, ist die der Fortbildungsschulbibliotheken. Diese Frage wird immer brennender, je mehr Gemeinden derartige Schulen errichten. Sie steht in engster Beziehung zur Jugendpflege. Auch in dem bekannten Erlaß des preußischen Kultusministers wird die Errichtung von Jugendbüchereien als ein Mittel der geistigen Förderung der Jugend empfohlen. Charakteristische Merkmale unseres deutschen Volksbüchereiwesens sind Zersplitterung, Mangel an Geld und häufig auch Mangel an geeigneten Verwaltern. Diese Sachlage sollte uns vorsichtig in der Gründung einer neuen Art von Bibliotheken machen. In Großstädten, wo die Verhältnisse ganz andere sind, wird man aus besondere Fortbildungsschulbüchereien auf die Dauer nicht verzichten können. Anders aber in Orten, wie wir sie hier tut Auge haben. Hier würde von einem getrennten Vorgehen weder die Fortbildungsschule noch die Volksbibliothek einen Vorteil haben. Ein ge­ wisser Teil der Bücher würde in beiden vorhanden sein. Es würde unter Umständen vorkommen, daß in der einen Bücherei Werke vorhanden sind und keinen Leser finden, die in der anderen stark begehrt werden. Darum vereinige man die Mittel und agitiere gemeinsam für diese Einrichtung! Dann kann die eine besser und reicher ausgestattet werden. Dazu kommen noch die Schwierigkeiten der Verwaltung. Von den Freunden besonderer Fortbildungsschulbibliotheken wird angeführt, daß es notwendig ist, die Bücher von den Lehrern unter die Fortbildungsschüler verteilen zu lassen, die einmal individueller vorgehen und dann auch die Bücher als Ergänzung des Unterrichts verwenden könnten. Diese Vorteile sind allerdings nicht

B. Die Schulbücherei.

gering anzuschlagen, aber muffen sie notwendig durch die Bereinigung von FortbildungSschul- und Volksbücherei verloren gehen? Mit nichte«. Der Büchereiverwalter wird in 98 von 100 Fällen selbst Fortbildungsschullehrer sein, und außerdem ist die Bibliothek fast stets in der Schule untergebracht. Bei einigermaßen gutem Willen wird sich also leicht ein Weg finden laffen, die Vorteile der Bereinigung der Büchereien mit der der Ausgabe zu ver­ einigen. Diese braucht nur im Anschluß an den Unterricht zu erfolgen, oder der betr. Fachlehrer läßt sich die Bücher, die er zu verteilen wünscht, von dem Mbliotheksverwalter geben. In dieser Weise wird z. B. bereits tm Landkreise Solingen verfahren, wo man damit die besten Erfahrungen gemacht hat. Wenn ich den Sinn der Jugendpflege recht verstehe, so hat sie nicht nur den Zweck, die Jugend in gesunde Bahnen z« lenken, sondern sie will auch, daß sie später, wenn sie der eigentlichen Pflege entwachsen ist, auf diesen Bahnen weiter wandelt. Führen wir sie schon jetzt der Volksbücherei zu, so wird sie ihr auch später treu bleiben. Es tritt keine Unterbrechung ein, und dieser Gesichtspunkt darf nicht unterschätzt werden. Entschließt man sich trotzdem zu einer besonderen FortbildungSschulbibliothek, so wird man sie als ein geschlossenes Ganze behandeln und sie nicht in Klaffenabteilungen zerlegen; denn die literarischen Bedürfniffe sind im Alter von 14—17 Jahren fast die gleichen. Ebenso zeigen Auffaffungsgabe vnd Aufnahmefähigkeit nur geringe Unterschiede. Für die technische Verwaltung gilt das oben bei den Schulbibliotheken Gesagte. Nur dürste eS sich empfehlen, die Bücher ihrem Inhalte nach in Gruppen zu zerlegen. Dafür könnte man etwa folgendes Schema zugrunde legen: U Unterhaltungsschriften. E Erdkunde, Reisebeschreibungen. G Geschichte. N Naturwissenschaften, Gesundheitslehre, Sport und Spiel. R Rechtskunde, Bürgerkunde. T Technik, Handwerk.

In einfachen Verhältnissen lassen sich die Gruppen E und G sowie N und T zusammenziehen, so daß also statt 6 nur 4 Abteilungen vorhanden wären. In jeder Abteilung wird mit Nr. Izu zählen begonnen. Wünschens­ wert wäre es auch, eine Stattstik über die Benutzung zu führen, die dann diese Einteilung in die Erscheinung treten laffen müßte. Für die Zusammenstellung der Bücherei würden die JugendschriftenVerzeichniffe sowie auch noch andere auf S. 34 genannte Kataloge gute Dienste tun. Bei der Verteilung der Bände auf die einzelnen Abteilungen würde man etwa 40% auf ü, je 15% auf E, G, T, 10% auf N und 5% auf R rechnen müssen.

C. Die Volksbücherei.

1. Ihre Aufgabe und ihre Gemeinde.

C. Die Volksbücherei. 1. Ihre Aufgabe und ihre Gemeinde. Über die Theorie der Volksbibliothek gibt es eine ganze Reihe so vor­ trefflicher Schriften, daß ich mich hier ganz kurz fassen kann. Der Zweck der Volksbücherei ist in den oben angeführten Worten Norrenbergs klar umschrieben. Hier seien darum nur noch einige Anmerkungen hinzugefügt. In letzter Zeit hat sich eine Strömung bemerkbar gemacht, welche die Aufgabe der Volksbibliothek, Kenntnisse zu verbreiten, als die hauptsäch­ lichste ansieht, und in ihrer Mnseitigkeit so weit geht, den Wert der Arbeit einer solchen Anstalt lediglich nach dem Prozentsatz der von ihr ausge­ liehenen belehrenden Literatur zu bemessen. Dieser Anschauung muß auf das schärffte widersprochen werden. Einmal ist die Ausleihe belehrender Bücher nur zu einem Teil durch bibliothekarische Vermittlertätigkeit zu er­ zielen. Sie ist in der Hauptsache abhängig von dem Charakter der Be­ völkerung und ihrer Berufstätigkeit sowie von der Wirkung, die andere Mittel geistiger Anregung, wie Presse, Borträge, Fachvereine usw. ausüben, also von Momenten, auf die die Bücherei so gut wie gar keinen Einfluß hat. Schließlich spielt auch die Existenz anderer Büchereien am Ort eine gewisse Rolle. Ferner unterschätzt diese „neue" Richtung den bildenden Wert guter Unterhaltungsliteratur außerordentlich. Unsere heutigen gediegenen Ro­ mane sind mehr als harmlose Liebesgeschichten, sie ziehen alle Fragen, die die Gegenwart berühren, in den Kreis der Darstellung. Sie sind also, richtig gelesen, auch „belehrende Literatur". Wenn unsere schöngeistige Literatur so geringwertig ist, warum machen denn selbst ernsthafte Zeit­ schriften soviel Aufheben- von ihr? Wozu beschäftigen wir uns denn über­ haupt mit Literaturgeschichte? Nach den Anschauungen der oben bezeich­ neten Herren muß dann ein Leser, der Bücher über die Literatur liest, höher stehen, als der, der aus den Quellen selbst zu schöpfen sucht. Denn der erste Leser liest belehrende, der zweite aber nur „Unterhaltungsliteratur". Steht ferner jedes belehrende Buch ohne weiteres über dem Roman? Sind die zahlreichen Kriegs- und Reiseerlebnisse, die KoSmosbändchen usw. höhere Leistungen als die Romane von Fontane» Polenz, Hesse, Ebner-Eschen­ bach usw.? Vermittelt uns Bölsches Mittagsgöttin nicht ein echteres Bild von dem eigentümlichen Leben und Zauber des Spreewaldes, als es ein dickes „belehrendes" Buch bieten könnte? Geht die so weit verbreitete Kenntnis von der Natur, der Sprache und Sitte der Schweiz nicht auf „Unterhaltungsliteratur" zurück? Solcher Beispiele ließen sich noch viele anführen. Will man die Volksbibliothek lediglich im Sinne der „neuen" Richtung als BildungS- oder vielmehr Lerninstitut betrachten, so sei'man konsequent und scheide alle UnterhaltungSliteratur aus und mache sie zu einem Seitenffück unserer Universitätsbibliotheken. Man stelle nur belehrende Bücher ein und von der schönen Literatur nur die hervorragendsten Erscheinungen. Diese letzteren leihe man ferner nur unter gewiffen einschränkenden

C. Die Volksbücherei.

Bedingungen aus. Der Unterschied in der Bücherauswahl liegt dann nur in dem Maß der geforderten Borkenntnisse. Dieses Vorgehen wäre konse­ quent und würde bald------------ die Notwendigkeit einer neuen Volksbücherei erweisen. Diese einseitige Wertung der Volksbibliothek birgt eine schwere Gefahr, da sie eine Seite ihrer Wirkung außer acht läßt: die soziale. Daß unser Bolkskörper von vielen Gefahren bedroht ist, braucht nicht erst ausführlich auseinandergesetzt zu werden. Ein großer Teil dieser Schäden entspringt der Unfähigkeit, die Zeit der Muße in zweckentsprechender Weise zu füllen. Wir sehen, wie sie die Leute auf die Straße treibt, in die Kneipen, Tingel­ tangels, Kinos usw., also in jene Orte, wo sie nicht nur einen Teil ihres oft so sauer verdienten Arbeitslohnes nutzlos vergeuden, sondern sogar noch Schaden an Leib und Seele nehmen. Hier gilt nur der Mann, der Geld hat, und reicht das ehrlich verdiente nicht aus, so verfällt der moralisch Schwache bald der Versuchung, eS sich auf unehrliche Weise zu verschaffen. Man sehe sich darauf einmal unsere Gerichtsberichte an, und man wird diese Beobachtung hundert- und tausendfach bestätigt finden. Diese Gefahren aber wachsen immer mehr» je mehr die Bestrebungen, die Arbeitszeit zu ver­ kürzen, Erfolge erzielen. Die „Erholung", die weite Volksmassen sich heute an Sonntagen angedeihen kaffen, wird am besten durch die Beobachtung charakterisiert, daß an keinem Wochentage die Betriebsunfälle so häufig sind, wie an Montagen. So schwächt diese „Erholung" Körper und Sinne. Man kann beinahe sagen, daß diese Leute sich von ihrer Erholung bei der Arbeit erholen müssen. Die richtige Ausfüllung der Mußezeit ist eine Frage von hoher Bedeutung sowohl in moralisch-sittlicher tote in wirtschaftlicher Be­ ziehung. Alle Bestrebungen, die Volksunterhaltung zu hebe«, ihr einen geistigen Inhalt zu geben, aus ihr einerseits den Stumpffinn, andererseits den hohlen Tamtam zu verbannen und sie von großen Geldausgaben ftei zu machen, sind deshalb auf das energischste zu fördern. Eines der Mittel, die diesem Zwecke dienen, ist die Volksbücherei. Darum ist es für sie von großem Wert, möglichst viele Leser um sich zu sammeln, fie alle mit der gleichen Liebe zu bedienen, gleichviel, ob sie ein belehrendes oder unter« haltendes Buch wünschen. Gewiß sind hohe Ausleiheziffern nicht das Ideal, dem man unbedingt nachjagen soll, aber sie behalten trotzdem ihren Wert. Eine Volksbücherei, die nicht stark benutzt wird, hat einen erheblichen Teil ihrer Aufgabe verfehlt. Bon diesem sozialen Gesichtspunkte aus erhält der Wert und die Bedeutung der vielgeschmähten Unterhaltungsliteratur ihre richtige Beleuchtung. Nicht nach Zahlen und Prozenten soll man darum die Arbeit einer BolkSbibliothek bewerten, sondern nach dem Geist, der in ihr wohnt, und der stillen Arbeit, die in ihr geleistet wird, eine Arbeit, die äußerlich so wenig hervortritt und deshalb auch so selten geachtet wird. In vielen'Kreisen herrscht heute noch die Anschauung vor, die einst bei der alten BolkSbibliothek die maßgebende war, die Volk gleich plebs, gleich 4. Stand setzte. Man fragt darum gern, wieviel Arbeiter haben Sie als Leser? und glaubt darin einen Wertmeffer für die betreffende Anstalt gefunden zu haben. So erfteulich es nun ist, möglichst viele 14

2. Die Betriebsform: Stand- oder Wanderbibliothek?

Arbeiter für die Bücherei zu gewinnen, so müssen wir doch an dem Standpunkt festhalten, daß die Volksbibliothek eine Veranstaltung für das ganze Volk ist, vom Ärmsten bis zum Reichsten, vom Ungebildetsten bis zum Gebildetsten. Sie soll für alle Klassen und Stände geeignetes Lese­ material bieten. Es ist ganz selbstverständlich, daß die Büchereiverwaltung den geistig Schwachen mit besonderer Liebe entgegen kommen muß, aber sie muß Wert darauf legen, alle Schichten der Bevölkerung für sich zu ge­ winnen. Es liegt ein besonderes erzieherisches Moment darin, daß sie auch die Honoratioren der Gemeinde zu ihren Lesern zählt. Das Gefühl der Gemeinsamkeit wird dadurch gestärkt, ein gewisses geistiges Band um alle geschlungen. Da man sich erfahrungsgemäß in kleinen Orten leicht an Äußerlichkeiten stößt, empfehle ich stets die Bezeichnung Gemeinde» oder Stadtbücherei.

2. Die Betriebsform: Stand- oder Wanderbibliothek? Mit möglichst geringen Mitteln ein großes Ziel zu erreichen, muß das Bestreben der Volksbücherei sein. Dazu zwingt sie schon ihre wirtschaftliche Lage. Wie vorhin betont, wächst die Schwierigkeit der Verbreitung guter Literatur bzw. die Errichtung von Volksbüchereien mit der abnehmenden Größe der Orte. Man stellt es nun stets als das Ideal hin, daß jeder, auch der kleinste Ort seine eigene Bibliothek besitzt. Diesem Grundsatz kann ich nur bedingt zustimwen, denn er ist unwirtschaftlich. Alle Orte mit guten Büchereien auSzustatten, scheitert oft schon an der Geldfrage, denn eS handelt sich dabei nicht um eine einmalige Einrichtung, sondern ihre Erhaltung und Weilerführung erfordert alljährlich neue Mittel. Sobald der Bücherbestand nicht ständig vermehrt wird, schwindet daS Interesse, zunächst natürlich bei den eifrigen Lesern. Sie bleiben schließlich aus. Ihr Verlust aber ist da» schlimmste Mißgeschick, das die Bibliothek treffen kann, denn sie sind die lebendige Propaganda der Anstalt. Solche Erscheinungen zeigen sich leicht nicht nur in kleineren, sondern auch in mittelgroßen Orten. In diesen letz­ teren kann man weiter beobachten, daß die eifrigen Leser mit der Zeit an­ spruchsvoller werden, nach einer höheren Art von Literatur verlangen. Fehlt e» nun an entsprechender Zufuhr, so gehen sie leicht verloren. Ater selbst angenommen, eS wären überall reichliche Geldmittel vor­ handen, so wäre die Errichtung größerer Büchereien auch in den kleinsten Orten trotzdem kaum zu rechtfertigen. Die Aufgabe der Volksbücherei ist es nicht, Büchermengen kommenden Geschlechtern aufzustapeln, sondern ihre Bücher so oft umzusetzen, bis sie verbraucht sind. In einer kleinen Ortschaft wird sich kaum das Jntereffe so vieler einem einzelnen Buche in dem Maße zuwendm, daß eS voll ausgenutzt wird. Der Bücherbestand würde also alljährlich immer mehr wachsen und damit die Kosten der Verwaltung. Ein großer Teil der Bücher würde allmählich veralten und müßte entfernt Werden, ohne daß der in ihm wohnende Gebrauchswert voll auSgeschöpst wäre. Will man eine wirkliche Ausnutzung de» im Bücherbestände äuge-

C. Die Volksbücherei.

legten Kapitals erzielen, so gibt eS nur einen Weg: die Bücher oder wenig­ stens einen Teil derselben immer wieder einem neuen Leserkreise zuzuführen, sie „wandern" zu lassen. Diese Betriebsform setzt voraus, daß die Bücher nicht Eigentum einer einzelnen Gemeinde sind, sondern daß sich mehrere zu einem Verbände zusammenschließen. Die naturgemäße Grundlage für eine solche Organisation bildet der Kreis. Darum sind Kreiswanderbüchereien das Ziel, das zunächst erstrebt werden muß. Die Wanderbibliothek ist ein wandelbares Gebilde, daS sich den jeweils vorhandenen Bedürfnissen aufs engste anzupassen vermag. Die Orte, die sie mit Literatur versehen will, kann man in zwei Klaffen teilen: in solche, die überhaupt keine eigene Bücherei besitzen und in solche, deren Büchereien gesteigerten Ansprüchen nicht zu genügen vermögen. In jedem dieser Fälle läßt sich durch die Wanderbücherei Abhilfe schaffen, nur muß bei der Zu­ sammensetzung deS Bücherbestandes auf die gegebenen Verhältnisse sorgsam Rücksicht genommen werden. Es müssen sowohl die Orte ohne eigene Bibliotheken zu ihrem Rechte kommen wie auch die, welche nur eine Ver­ stärkung ihrer eigenen Bestände wünschen. Fassen wir das Gesagte noch einmal kurz zusammen, so ergibt sich: man richte in Orten, wo eS sich lohnt, eigene Standbibliotheken ein. Für kleinere Dörfer begnüge man sich mit einer Schulbücherei und baue auf sie auf eine Wanderbibliochek. In den Schulbüchereien kann man ev. gewisse Nachschlagebücher, ein Bürgerliches Gesetzbuch usw. dauernd aufftellen, aber nur solche Bücher, die man leicht einmal einzusehen wünscht. Größere Dörfer jedoch sowie kleinere Städte versehe man mit selbständigen, kleinerm Bibliotheken und richte außerdem eine Kreiswanderbücherei ein, die eine Ergänzung, ein Oberbau für die bestehenden Standbibliotheken ist. Eine andere Frage, die häufig in weit gebauten Orten insbesondere der Jndustriebezirke austaucht, ist die: Soll in solchen Fällen eine Zentral­ oder mehrere gleichwertige Filialbüchereien errichtet werden? Ich rate stet» für den Anfang zu einer. Die Mittel, die für den Zweck zur Verfügung stehen, sind meist beschränkte. Aus ihnen läßt sich nur eine genügende Anstalt schaffen, die wirklich ihren Lesern etwas zu bieten vermag. Er­ richtet man dagegen zwei oder drei Büchereien, so sind sie so bescheiden, daß sie nur die elementarsten Bedürfniffe zu befriedigen vermögen. Me Er­ fahrung lehrt, daß die Leser lieber einen etwas weiteren Weg machen, wenn ihnen eine größere Auswahl von Büchern zur Verfügung steht, als daß sie in ihrer Nähe eine kleine Anstalt aufsuchen, deren Bestände sehr gering, und in der meist die Bücher, die sie haben wollen, ausgeliehen sind. In jedem Orte gibt es ein Zentrum des geschäftlichen Verkehrs. Legt man dorthin die Bücherei und öffnet sie möglichst auSgiebig, so bietet sich jedem die Gelegenheit, sie zu benutzen. Ist die eine Anstalt gut fundiert und hat sie sich genügende Bestände beschafft, so können später aus ihren Doppel­ exemplaren immer noch Zweiganstalten errichtet werden, ev. mit Beständen, die jährlich ausgewechselt werden. Für den Anfang jedoch muß man die Politik verfolgen, die vorhandenen Mittel nicht zu zersplittern und zunächst erst einmal eine wirklich genügende Anstalt zu schaffen.

3. Die Gründung einer Volksbücherei.

3. Die Gründung einer Volksbücherei. Im allgemeinen sind die Schwierigkeiten, die sich heute der Gründung von Volksbüchereien entgegenstellen, lange nicht mehr so groß wie noch vor etwa 10 Jahren, seitdem fast überall die Regierungen der Büchereifrage sehr wohlwollend gegenüberstehen und nachdrücklich auf ihren Nutzen und ihre Notwendigkeit Hinweisen. Für die Propaganda kommt die Einwirkung in Wort und Schrift in Frage: Besuche bei den maßgebenden Personen im Orte und Verteilung von geeigneten Broschüren, Artikel in der Lokalpresse und ein öffentlicher Vor­ trag. Um wirksamsten ist der letztere, denn er gibt in der anschließenden Diskussion Gelegenheit, falsche Ansichten zu beseitigen, Widersacher zu widerlegen und die Wünsche der Allgemeinheit kennen zu lernen. Sehr wichtig ist es dabei, nicht übertriebene Forderungen zu stellen, sondern gleich mit Vorschlägen hervorzutreten, die sick nach Lage der Dinge verwirklichen lassen. Die junge Geschichte des Volksbibliothekswesens lehrt bereits, daß ein Standpunkt: alles oder nichts, auf unserem Gebiete fast stets zum „nichts" führt. Alle unseren großen Anstalten haben klein angefangen. Sie muß­ ten erst ihre Daseinsberechtigung beweisen, ehe man ihnen größere Mittel zur Verfügung stellte. Ist eine gute Grundlage geschaffen, und der rechte Mann an die Spitze gestellt, so ergibt sich das weitere ganz von selbst. Als Vortragenden sollte man, wenn irgend möglich, einen erfahrenen und rede­ gewandten Fachmann zu gewinnen suchen. In Westfalen und der Rhein­ provinz ist diese Forderung leicht zu erfüllen, da für diese Gebiete staat­ liche Beratungsstellen bestehen, die Rat und Hilfe kostenlos gewähren. Für Westfalen befindet sich die Beratungsstelle in Dortmund (Leiter: Bibliotheks­ direktor Dr. E. Schulz), für die Rheinprovinz in Düsseldorf (Leiter: der Verfasser). In anderen Gegenden wendet man sich am besten an eine der benachbarten großen Volksbibliotheken. Wenn man es irgend ermöglichen kann, soll man auch den Landrat und Bürgermeister nicht nur für die Teil­ nahme an der Versammlung, sondern auch als Diskussionsredner gewinnen. Die Frage, über die schon in dieser Versammlung eine Entscheidung herbeigeführt werden soll, ist die: Wer wird der Träger der Bücherei? Über­ blicken wir unsere deutschen Volksbibliotheken, so ergibt sich hinfichtlich der Eigentumsverhältnisse eine bunte Mannigfaltigkeit. Wir haben An­ stalten, die Kreisen, Städten, Vereinen, Kirchengemeinden, Stiftungen, Jndustriewerken oder Privatpersonen gehören. Der Staat scheidet als Unternehmer vollständig ans. Seine Organisation erfordert eine gewisse Uniformierung, er kann sich den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht in dem Maße anpassen, wie es für die Volksbibliothek erforderlich ist. Er muß sich ähnlich wie in der Jugendpflege darauf beschränken, Unternehmungen Dritter zu unterstützen und zu fördern. Die Grundsätze für die Stellung des Staates zu den Volksbibliotheken formuliert ein Erlaß des Kultus­ ministers von Bosse vom 18. Juli 1899 folgendermaßen: In dem Bestreben, alles zu vermeiden, was diese Eigenart [als freie Ver­ anstaltungen) zu beeinträchtigen geeignet wäre, wird die Mitwirkung der staat­ lichen Organe sich im wesentlichen darauf beschränken dürfen, zu der Errichtung Jaeschke, Leitfaden für Schul- und Volksbüchereien.

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C. Die Volksbücherei.

von Volksbibliotheken anzuregen, die unmittelbar Beteiligten bezüglich der zu treffenden Einrichtungen zu beraten und durch Gewährung staatlicher Beihilfen, soweit dieselbe nach Lage der Verhältnisse erforderlich ist, den weiteren Fortgang der Sache nach Möglichkeit zu fördern. Die durch diese Aufgaben bezeichneten Grenzen wird die staatliche Mitwirkung schon aus dem Grunde beachten müssen, weil die Volksbibliotheken sich als lebensfähig nur da erweisen werden, wo sie aus einem wirklichen Bedürfnis der Bevölkerung hervorgegangen unter der freien Mitwirkung möglichst weiter Bevölkerungskreise sich unabhängig ent­ wickeln können.

Dieser Standpunkt wird in Preußen auch heute noch innegehalten. Eine Erweiterung seiner Pflichten gegen die Volksbüchereien hat der Staat inzwischen durch die Errichtung der oben genannten Beratungsstellen ein­ treten lassen. Die beiden größten Organisationen auf dem Gebiet des Bolksbibliothekswesens, die wir in Deutschland haben, die ProvinzialWanderbibliothek in Posen und der Verband oberschlesischer Volksbiblio­ theken leben in der Hauptsache von staatlichen Mitteln. Im allgemeinen kommen hauptsächlich Vereine und Städte als Träger der Bücherei in Betracht. Man hat besonders früher den ersteren den Vorzug gegeben, indem man ihnen eine größere Bewegungsfreiheit zuerkünnte. Diese Begründung ist im allgemeinen wohl durch die Entwicklung widerlegt worden. Wägt man ruhig die Vorteile einer Verwaltung durch den Verein oder durch die Stadt gegeneinander ab, so wird die Entscheidung zugunsten der letzteren fallen, denn sie gibt der Anstalt ein höheres Ansehen und verbürgt eine ge« wisse Stetigkeit. Bei einem Verein ist die Bibliothek von zu vielen Zufällen abhängig, einmal von der Zahl und der Beitragshöhe der Mitglieder, ferner von den oft sehr zufälligen Majoritäten der Versammlungen und schließlich von der Arbeitsfreudigkeit und dem Verständnis des Vorstandes. Diesen Schwankungen ist die Bücherei unter kommunaler Verwaltung viel weniger ausgesetzt, und darum ist ihr stets der Vorzug zu geben. Biele Vereins­ bibliotheken werden bereits heut von den Städten unterstützt, so daß sie zum Teil von ihnen abhängig sind. Es ist dann also mit ihrer gerühmten Bewegungsfreiheit mehr oder weniger vorbei. Will man aus gewissen Gründen trotzdem einen Verein gründen, so empfiehlt sich das gegenteilige Verfahren: die Stadt richtet die'Bibliothek ein und zu ihrer Unterstützung in finanzieller und moralischer Hinsicht wird ein Verein gegründet. Für einen Verein, der die Bücherei selbst einrichten will, seien hier folgende Satzungen empfohlen: § 1. Der Verein fiihrt den Namen und verfolgt den Zweck, Mittel zur Errichtung und Erhaltung einer Volksbücherei auszubringen. § 2. Mitglieder können alle über . . . Jahre alte Einwohner des Orts werden, die schriftlich oder mündlich ihren Beitritt einem der Vorstandsmit­ glieder erklären. § 3. Der Jahresbeitrag beträgt mindestens 1 M. Das Geschäftsjahr be­ ginnt mit dem 1. Januar eines jeden Jahres. 5 4. Die Mitgliedschaft erlischt 1. durch den Tod, 2. durch eine Austritts­ erklärung» die bis spätestens zum 1. Dezember eines Jahres erfolgen mutz. Bleibt ein Mitglied länger als ein Jahr mit der Beitragszahlung im Rückstände, so kann es auf Beschluh der Hauptversammlung gestrichen werden. 5 5. Den Mitgliedern steht das Recht zu, die Bücherei für ihre Person un­ entgeltlich zu benutzen und an der Hauptversammlung teilzunehmen.

3. Die Gründung einer Volksbücherei. § 6. Der Vorstand umfatzt folgende Personen: einen Vorsitzenden, einen Schriftführer, einen Kassenwart und einen Büchereiverwalter. Für jeden der­ selben w^rd ferner ein Stellvertreter gewählt. Auch Damen sind wählbar. Der Vorstand führt die Geschäfte des Vererns und ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Die Beschlüsse werden durch Stimmen­ mehrheit gefaßt, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. * 8 7. Die Wahlperiode erstreckt sich stets auf 2 Jahre mit der Maßgabe, daß in jedem Jahre die Hälfte ausscheidet. Wiederwahl ist zulässig. 8 8. In der Hauptversammlung werden zwei Rechnungsprüfer gewählt, die die Kassenführung zu prüfen und der Versammlung über ihr Ergebnis zu berichten haben. 8 9. Alljährlich findet im Januar eine Hauptversammlung statt, in der der Vorstand einen Geschäftsbericht geben muß. 8 10. Außerordentliche Versammlungen kann der Vorstand je nach Bedarf einberufm; sie müssen stattfinden, wenn mindestens. . . Mitglieder sie schrift­ lich beim Vorstand beantragen. 8 11. Die Einladungen zu allen Versammlungen erfolgen mindestens 8 Tage vorher durch Anschlag in der Bücherei und durch Inserat im................. Aus den Einladungen mutz die Tagesordnung angegeben sein.

Für einen Verein, der die städtische Bibliothek unterstützen will, können die Satzungen des Elberfelder Stadtbücherei-BereinS als Vorbild dienen: 8 1. Der Verein führt den Namen „Stadtbücherei-Berein" und hat seinen Sitz in Elberfeld. Er verfolgt den Zweck, der Stadtbücherei Mittel zur Ergänzung und Erhaltung ihres Bücherbestandes zuzuführen. 8 2. Mitglieder des Vereins können unbescholtene über 16 Jahre alte Personen männlichen und weiblichen Geschlechts werden. Die Anmeldung kann mündlich oder schriftlich beim Vorstande erfolgen. 8 3. Der Mitgliedsbeitrag wird jährlich erhoben und beträgt mindesten1 Mark. 8 4. Das Geschäftsjahr beginnt am 1. Januar eines jeden Jahres. 8 5. Die Mitgliedschaft erlischt 1. durch den Tod, 2. durch eine Austritts­ erklärung, die bis spätestens zum 1. Dezember eines Jahres für das folgende Jahr erfolgen mutz. 8 6. Die Mitglieder des Vereins erhalten je eine Leihkarte und die Vor­ merkungen in der Stadtbücherei unentgeltlich. 8 7. a) Der Vorstand umfaßt einen Vorsitzenden, einen stellvertretenden Vorsitzenden, einen Schriftführer, einen Kassenwart, zwei Beisitzer (sämtlich aus den Reihm der Vereinsmitglieder), zwei Mitglieder des Verwaltungsrates der Stadtbücherei und den Stadtbibliothekar, b) Der Vorstand wird, mit Ausnahme der zwei vom Berwaltungsrat der Stadtbücherei zu wählenden Mitglieder, von der Generalversammlung gewählt. Die Ämter des Vorsitzenden, Schriftführers und Kassmwarts verteilt der Vorstand unter sich, c) Unter den Mitgliedern des Vorstandes soll sich möglichst eine Dame befinden, d) Die Wahlperiode erstreckt sich auf zwei Jahre mit der Maßgabe, daß in jedem Jahre drei Mitglieder aus­ scheiden. 8 8. Alljährlich findet im Januar eine Generalversammlung statt, in der vom Vorstand ein Geschäftsbericht gegeben wird. 8 9. Außerordentliche Versammlungen werden je nach Bedarf einberufen; sie müssen stattfinden, wenn mindestens 30 Mitglieder dies beim Vorstand be­ antragen. 8 10. Die Einladungen zu allen Versammlungen erfolgen mindestens acht Tage vorher durch Anschlag am Gebäude der Stadtbücherei.

Wichtig ist darin die Bestimmung des 81, wonach dem Verein kein Einstuß auf die Bücheranschaffungen und die Verwaltung der Bibliothek zusteht.

C. Die Volksbücherei.

4. Die Beschaffung der Mittel. Die Finanzfrage ist bei der Bibliothek eine der schwierigsten. Alle Be­ geisterung nützt nichts, wenn nicht genügend Geld vorhanden ist. An dieser Klippe sind schon viele Gründungen gescheitert. Man kann deshalb nur immer wieder den Rat erteilen, lieber noch einige Jahre zu warten, bis sich eine gewisse Summe angesammelt hat, als vorschnell mit völlig ungenügen­ den Mitteln eine Bücherei einzurichten, die doch bald an Entkräftung wie­ der zugrunde gehm muß. Ein solcher mißglückter Versuch schädigt die Sache an dem betreffenden Orte für lange Jahre, denn die Gegner der Bolksbtbliothek werden immer wieder darauf Hinweisen und mit scheinbarer Be­ rechtigung den Beweis dadurch zu erbringen suchen, „wie hierorts eine der­ artige Einrichtung überflüssig und lebensunfähig sei." Bei der Beschaffung der Mittel müssen zunächst die örtlichen Quellen er­ schlossen werden. Ist es möglich, gleich von vornherein Geld von Privat­ personen dafür zu gewinnen, so ist das von nicht zu unterschätzender Bedeu­ tung. Schon um des Eindrucks willen, der dadurch auf die Öffentlichkeit und auf die Stadtväter gemacht wird. Dann kommen die öffentlichen Mittel in Frage. Wo eine Sparkasse am Orte ist, fei man darauf bedacht, einen Teil ihrer Überschüsse zu erhalten, da die Hälfte derselben laut Gesetz zur Be­ friedigung außerordentlicher Gemeindebedürfnisse verwandt werden darf. Ferner bemühe man sich um einen Zuschuß aus der Stadtkasse. Des wei­ teren gewähren viele Kceise Unterstützungen. Auch wohl alle deutschen Bundesstaaten haben bestimmte Fonds für diesen Zweck zur Verfügung. In Preußen sind im Etat des Kultusministeriums 100000 M. zur Unter­ stützung von Bolksbibliotheken und zwar im Ordinarium eingesetzt. Mese Summe wird alljährlich an die Regierungspräsidenten verteilt, die wieder den einzelnen Kreisen entsprechende Betrüge überweisen, von denen sie dann dem jeweiligen Empfänger zugeführt werden. Gesuche um staatliche Beihilfen müssen naturgemäß den umgekehrten Instanzenweg gehen und sind also an den Landrat zu richten. Die dafür geeigneten Monate sind Januar und Februar. Die Auszahlung erfolgt im Herbst. Voraus­ setzung für die Gewährung von Staatsbeihilfen ist, daß die Bücherei öffent­ lich ist und keine politischen oder konfessionellen Ziele verfolgt. Bon ande­ ren Bundesstaaten habe ich folgendes in Erfahrung bringen können. Baden gewährt bisher keine staatlichen Beihilfen, dagegen hat das Königreich Sachsen für diesen Zweck 26000 M. vorgesehen. Das Herzogtum Gotha hatte im Etat 1907/09 3000 M. für Volksbüchereien eingestellt, während das benachbarte Weimar nichts dafür aufwendet. Besser gestellt sind die Altenburger, die staatliche Hilfe erlangen können. In Mecklenburg-Schwe­ rin sind 3000 M. für unseren Zweck vorgesehen. Die Gesuche sind an das Kultusministerium zu richten. Das gleiche soll in Mecklenburg-Strelitz der Fall sein. Auch das Fürstentum Lippe unterstützt die Volksbüchereien, ebenso Württemberg, allerdings nur mit 4000 M. Tews berichtet in seinem Handbuch für volkstümliche Leseanstalten (S. 87) über staatliche Beihilfen außerdem aus Anhalt-Dessau, Braunschweig und Hessen.

4. Die Beschaffung der Mittel.

Außerdem empfiehlt es sich durch Borträge, Konzerte, Unterhaltungs­ abende oder durch Herantreten an wohlhabende Mitbürger, Vereine oder Firmen die Mittel der Bibliothek zu stärken. Helfer in der Not sind die großen Vereine, die fick die Unter­ stützung der Volksbibliotheken zum Ziele gesetzt haben. Zunächst aber sollte man grundsätzlich Unterstützung am eigenen Orte suchen. In Frage kommen hauptsächlich: a) Die Deutsche Dichter-Gedächtms-Stiftung in Hamburg-Grohborstel. Sie ist gegründet 1901 und erstrebt, „hervorragenden Dichtern durch Verbreitung ihrer Werke ein Denkmal im Herzen des deutschen Volkes zu setzen". Die Stif­ tung sucht diese Ziele zu erreichen 1. durch Unterstützung von Volksbibliotheken, 2. durch Massenverbreitung guter Volksschriften, 3. durch eigene Herausgabe guter Bücher und 4. durch Ehrung einzelner Dichter bei besonderer Gelegenheit. Die Stiftung veranstaltet alljährlich Verteilungen bestimmter Büchergruppen, die nur gegen Ersatz der Einbindekosten abgegeben werden. In Fällen be­ sonderer Hilfsbedürftigkeit wird auch davon abgesehen. Bewerbungen sind an die Stiftung zu richten. b) Die Gesellschaft für Bervreitung von Volksbildung in Berlin (Lüne­ burger Straße 21). Die Unterstützung von Volksbibliotheken bildet das Haupt­ arbeitsfeld der 1871 gegründeten Gesellschaft. In einem von ihr herausgegebenen Flugblatt werden die Bedingungen folgendermaßen angegeben:

I. Wanderbibliotheken. Wanderbibliotheken werden von der Gesellschaft geliefert imWertevon 60 M. beieinem Jahresbeiträge von 6 M. h „ m 80 „ „ „ „ „ 8 „ „ M W 100 ,, » M „ ,, 10 „ „ . „ 120 „ „ 12 „ »» ff ff 150 ,, „ „ „ „ 15 „ „ „ „ 200 „ „ „ 20 Bei diestr Berechnung werden die Preise für Bücher mit Einband angesetzt. Die Wanderbibliotheken können jederzeit abgegeben und um­ getauscht werden. Der Beitrag wird immer auf ein volles Jahr berechnet; er ist beim Eintritt und dann immer nach Jahresftist zu zahlen. Für jeden Bei­ trag können die Bibliotheken ein volles Jahr benutzt werden. Als Nückgabetermin gilt das auf der Bücherliste angegebene Abfertigungsdatum.

II. Eigenbüchereien. Eire Erweiterung der Eigenbüchereien ist in der Weise erfolgt, daß nach dem Katrlog „Bücher für Volksbibliotheken" zusammengestellt werden können: a) kleine Bibliotheken im Gesamtwerte von 24—40 M., bei Zahlung eines Mitgliedsbeitrages von jährlich 6—10 M. 4 Jahre lang. b) mitllere Bibliotheken im Gesamtwerte von 50—80 M., bei Zahlung eines Mitgliedsbeitrages von jährlich 12,50—20 M. 4 Jahre lang. c) größere Bibliotheken im Werte von 100—200 M., bei Zahlung eines Mitgliersbeitrages von jährlrch 25—50 M. 4 Jahre lang. Dieselben Bedingungen gelten auch, wenn der 4mal zu zahlende Jahres­ beitrag in 3 oder 2 Raten gezahlt wird. (3 x 8 M. bzw. 13,35 M. usw. oder 2 x 12 N. bzw. 20 M. usw.) Die Gesellschaft liefert nach freier Wahl des Leiters der Bibliothek alle in dem Katalog angegebenen Werke nach den Bedingungen der Eigen­ büchereim, stellt auf Wunsch aber auch Beispiele für die Zusammenstellung von Ggenbühereien von verschiedenem Werte unentgeltlich zur Verfügung.

C. Die Volksbücherei.

Jede Eigenbücherei wird so geliefert, daß der Preis für die gelieferten Bücher und der Preis der Einbände zusammen genau der Summe der zu zahlen­ den Jahresbeiträge gleichkommt Ferner werden die der Gesellschaft angeschlossenen Bibliotheken nach Maß­ gabe der Mittel der Gesellschaft und der Bedürftigkeit der betreffenden Bibliothek fortlaufend unterstützt. Im Jahre 1909 wurden an 2785 bereits bestehende Bibliotheken fast 30 000 Bände völlig unentgeltlich abgegeben, außerdem etwa 40 000 Bände von 2800 Bibliotheken gegen Vergütung des Einbandes. Für diesen Zweck steht der Gesellschaft außer ihren Beiträgen noch die RickertStiftung zur Verfügung. Die Gesellschaft steht auf liberalem Standpunkt. Vorsitzender ist Heinrich Prinz zu Schoenaich-Carolath, Generalsekretär I. Tews. c) Eine protestantische Gründung ist der Z^entralverein zur Gründung von Volksbibliotheken, der eine Abteilung der Schristenvertriebsanstalt G. m. b. H. (Berlin 8. W. 68, Alte Jakobstr. 129) bildet. Die Bedingungen, unter denen er Hilfe leistet, sind folgende: „Ohne weitere Förmlichkeit wird man durch Zahlungsverpflichtung eines viermaligen Jahresbeitrages von je 6 M. oder je 10 M. Mitglied dieses Vereins und erhält als solches Anrecht auf einmalige Lieferung einer Büchersammlung in Dermatoid-Einbänden zum Eigentum. Die Auswahl erfolgt nach dem Ver­ zeichnis F nebst Anhang hierzu (enthält Jugendschriften) und bleibt dem freien Ermessen des Mitglieds überlassen. Sie kann aus all Diesen Verzeichnissen be­ liebig oder nur aus einem einzelnen getroffen werden. Wieviel Bände man erhält, hängt von der Art der Auswahl, der Höhe der Beiträge und davon ab, ob dieselben einfach, doppelt oder mehrfach entrichtet werden. In den Verzeich­ nissen ist bei jedem einzelnen Werk der Preis für das geheftete und gebundene Buch vermerkt. Es können nur Bücher im Gesamtwert der Beiträge bezogen wer­ den. (Also z. B. bei viermaligem einfachen Beitrag von je 6 M. Bücher im Werte von 24 M., bei doppeltem Beitrag Bücher im Werte von 48 M.; bei viermaligem einfachen Beitrag von je 10 M. Bücher im Werte von 40 M., bei doppeÜem Beitrag Bücher im Werte von 80 M. usw.). Wer von eigener Auswahl absehen will, kann feste, vom Zentralverein vorgeschlagene und zusammengestellte Bücher­ sammlungen für ländliche und städtische Verhältnisse und für die Jugend von 20, 25 und 50 Bänden, je nach Stärke, erhalten. Man ist nicht an viermalige Zahlung des Beitrags gebunden, sondern kann ihn auch auf einmal in einer Summe entrichten." d) Der Verein zur Verbreitung guter volkstümlicher Schriften (Berlin W. 57, Mansteinstr. 6) unterstützt Volksbibliotheken durch kostenlose Aufstellung von Verzeichnissen. Beim Bezüge von Büchereien werden auf Wunsch folgende Erleichterungen gewährt: a) Die Zahlung kann in vier Jahres-Teilzahlungen erfolgen, so daß die Büche­ rei nach vier Jahren in den Besitz des Bestellers übergeht. b) Auf Wunsch werden Büchereien gegen eine jährliche Leihgebühr von 10 vom Hundert des Betrages leihweise zur Verfügung gestellt. Ferner unterstützt der Verein bedürftige Bibliotheken auf Antrag durch Zuwendungen in Gestalt von Büchern nach Maßgabe der verfügbaren Mittel. So wurden in den letzten Jahren durchschnittlich für 2500 M. Bücher nach freier Wahl geschenkweise geliefert. e) Eine viel geschlossenere Organisation besitzt der im Jahre 1845 ge­ gründete Verein vom Heiligen Karl Borromäus zur Verbreitung guter Bücher (Bonn, Münsterplatz). Wie schon der Name besagt, steht er auf katholischem Standpunkt und nimmt nur Katholiken als Mitglieder auf. Generalsekretär ist Herr Braun. Seine Hauptverbreitung hat der Verein in der Kölner Kirchenpro­ vinz. Der Verein läßt jährlich allen Vereinsangehörigen nach Maßgabe ihres Beitrages und der Bereinsmittel eine oder mehrere Schriften als Bereinsgabe unentgeltlich zugehen und errichtet und unterstützt aus den jährlichen Überschüssen

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4. Die Beschaffung der Mittel. Biblictheken, zu deren Benutzung die betreffenden Bereinsangehörigen berech­ tigt fnd. Der Verein unterscheidet Mitglieder, Teilnehmer und Ehrenmit­ glieds:, deren Rechte genau festgesetzt sind. Die Beiträge sind abgestuft und be­ trage: für Mitglieder 6 M., für Teilnehmer 1,50—3 M. Der Verein errichtet je nah Bedarf und Wunsch an den verschiedenen Orten Hilfsvereine, die ihrerseit de Bibliotheken einrichten und verwalten. Diese können auch Nichtmitgliedern zugärglich gemacht werden. Geht der Hilfsverein ein, so bleibt die Bücherei Eige^um der Zentrale. Die Zahl der Vereinsangehörigen betrug 1910 203 300, die dec Hilfsvereine 3962.

:) Der Rhein-Mainische verband für Volksbildung (Frankfurt a. M., Stiftfr. 32), der seine Tätigkeit, wie sein Name besagt, auf ein bestimmtes Ge­ biet beschränkt. Der Beitrag beträgt für persönliche Mitglieder mindestens 3 M., für kirperschastliche Mitglieder mindestens 10 M. Über seine Leistungen auf dem Oebiete des Bibliothekwesens gibt der Verband folgendes bekannt: a) Serabfolgung von Wanderbibliotheken an kleinere Vereine ohne Ksondere Vergütung. Die Zusammenstellung dieser Bibliotheken erfolgt inter möglichster Berücksichtigung der Wünsche unserer angeschlossenen Verene durch die Geschäftsstelle. Der Umtausch der Bibliotheken kann in Avischenräumen von einem oder zwei Jahren geschehen. Der Ankauf der Wanderbibliotheken durch die Vereine kann unter günstigsten Bedingungen erfolgen. b) Tie Abgabe von Standbibliotheken auf Grund eines besonderen «Kataloges mit etwa 1000 Bänden. Durch diese Einrichtung sollen besmders unsere kleineren Vereine in die Lage gebracht werden auf vort'ilhafteste Weise sich in den Besitz guter Bibliotheken zu setzen. Korpershaftliche Mitglieder, die keinerlei sonstige Ansprüche an den Verband stellen, also keine Wanderbibliotheken verlangen, keine Theatervorstellungen veransalten und keine Rednerzuweisungen wünschen, können auf Grund dieser Gnrichtung kostenftei bestimmte Büchergruppen nach ihrer Wahl erhalten, dieselben werden im vierten Benutzungsjahre unbeschränktes Eigentum des Sereins. Durch Zuzahlung von jährlich 6 M. oder einer andern durch 6 tnlbaren Summe, deren Zahlung auf 4 Jahre verteilt werden kann, können arch größere Vereine derartige Bibliotheken beziehen. — Persönliche MitAeder können durch Zuzahlung zu ihrem Mitgliederbeitrage in der gleichen Weise solche Volksbibliotheken erwerben. Wir geben ihnen damit Gelegen­ heit, durch Darbietung von guten Büchern die Volksbildungsarbeit an ihren Wohnorten aufzunehmen, wenn ein Anfang auf andere Weise nicht gut zu nachen ist. Bei einem Wechsel des Wohnortes können diese Bibliotheken nitgenommen werden. Kreisverwaltungen, die sich dem Verbände anschließen, stehen ins er e Volksbibliotheken gegen Zahlung von 6 M. für jeden Ort und jede Bücherreihe zur Verfügung. Auch Schülerbibliotheken und Bibliotzeken für die nachschulpflichtige Jugend können unter den gleichen Beüngungen von den Kreis- oder Gemeindeverwaltungen erworben werden. Die Auswahl unseres Bibliothekskataloges ist so getroffen, daß den verchiedensten Geistes- und Geschmacksrichtungen Rechnung getragen ist. Äibliotheksverwalter, die nicht über große Erfahrungen verfügen oder einxlne Bücher des Katalogs nicht kennen, werden deshalb gut tun, vor der endgrltigen Zusammenstellung ihrer Bibliothek den Rat der Geschäftsstelle einzrholen. Wo man die Einrichtungen guter Hausbibliotheken betreiben wer die Schundliteratur durch örtliche Bücherniederlagen oder Hausblportage bekämpfen will, liefern wir gern, soweit es möglich ist, das wtwendige Büchermaterial kommissionsweise. An vielen Orten haben wir cuch bereits auf eigene Rechnung Bücherverkaufsstellen eingerchtet, und wir sind gern bereit, derartige Verkaufsstellen weiter zu eriffnen.

C. Die Volksbücherei. Unseren Mitgliedern auf dem Lande, die keine regelmäßigen Verbindungen mit öffentlichen Bibliotheken haben, liefern wir Bücher zur Lektüre und zum Studium gegen Ersatz der entstehenden Unkosten. c) Bearbeitung von Katalogen bei Gründung von Bibliotheken; Lieferung ganzer Bibliotheken und der Betriebsformulare, sowie von Bücherschränken. Vermittlung guter antiquarischer Bücher. Der Ertrag unseres Buchhandels kommt dem gesamten Volksbildungsbetrieb zugute. g) Für Bayern kommt noch der Katholische Preßverein in Frage, der gleichfalls Volksbibliotheken unterhielt.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch von sozialdemokrati­ scher Sette jetzt große Anstrengungen gemacht werden, die den freien Ge­ werkschaften und Parteiorganisationen gehörenden Bibliotheken zu heben, bzw. ihre Zahl zu vermehren.

5. Der Büchereiverwalter. Der schon oben erwähnte Vorkämpfer der modernen Volksbibliothek, Dr. Nörrenberg, hat die Bedeutung des Bücherwarts kurz in die Worte ge­ faßt: „Mit dem Bibliothekar steht und fällt die Bibliothek". Das will be­ sagen, daß auch die besteingerichtete Bücherei ihren vollen Wert erst durch die Tätigkeit ihres Verwalters erhält. Die selbstverständliche Voraussetzung für eine ersprießliche Arbeit sind naturgemäß literarische Kenntnisse. Bor allen Dingen muß der Bibliothekar die Bücher kennen, die er in seiner An­ stalt hat; nur so wird es ihm möglich sein, Mißgriffe zu vermeiden und das richtige Buch an die richtigen Leser zu bringen. Insbesondere in Orten, wo die konfessionellen oder politischen Verhältnisse eine gewifle Schärfe besitz.en, ist eine Kenntnis des Bücherschatzes bis ins kleinste unbedingt er­ forderlich. Eine weitere wichtige Fähigkeit des Büchereiverwalters ist die, sich möglichst schnell ein Bild von der geistigen Beschaffenheit des Lesers zu machen, seine Wünsche und Absichten gewissermaßen zu erraten. Je kleiner der Ort, desto einfacher ist das, denn der Bibliothekar wird dann alle Leser persönlich kennen. Aber die Schwierigkeiten wachsen mit der Größe der Gemeinde, und entsprechend wächst gewöhnlich auch der Bücherbestand. In solchen Fällen ist es Pflicht des Büchereiverwalters, seine besondere Auf­ merksamkeit den weniger gebildeten und deshalb auch meist ungewandteren Lesern zuzuwenden. Gerade bei ihnen liegt die Gefahr nahe, daß sie in der Auswahl der Bücher fehlgreifen und die Freude am Lesen verlieren. Aller­ dings darf die Raterteilung nicht in Schulmeisterei ausarten, nur bei vor­ sichtigem, taktvollem Vorgehen ist Erfolg zu erwarten. Wie weit der Bibliothekar in diesem Punkte gehen kann oder darf, hängt sehr von den Umständen ab, so daß sich eine allgemeingültige Regel nicht aufstellen läßt. Grundsätzlich muß die Wahl der Lektüre dem Leser überlassen bleiben, denn wir haben es hier mit keiner Schule, sondern mit einer freien Bildungs-

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s. Der Büchereiverwalter.

anstatt, nicht mit Kindern, sondern mit Erwachsenen zu tun. Vorenthalten darf der Bücherwart dem Leser ein Werk nur dann, wenn seine Lettüre dem betreffenden statt Nutzen Schaden bringen würde. Das trifft insbesondere bei jugendlichen Personen zu. Wünscht ein Erwachsener ein Buch, das nach dem Ermessen des Bibliothekars für diesen ungeeignet ist, so hat er die Pflicht, ihn auf den Mißgriff aufmerksam zu machen und ihm ein anderes geeigneteres zu empfehlen. Beharrt der Leser trotzdem auf seinem Verlangen, so ist der Büchereiverwalter frei von der Verantwortung. Bei derartigen Aussprachen ist aber» um es nochmals hervorzuheben, jeder schulmeisterliche Ton, jede Belehrung von oben herab sorgfältig zu vermeiden. Um den Bibliothekar während der Ausleihestunden möglichst von nie­ deren Arbeiten zu entlasten, empfiehlt eS sich, ältere Schulkinder für das Einstellen und Heraussuchen von Büchern heranzuziehen. Den Kindern be­ reitet diese Tätigkeit viel Vergnügen, so daß es nicht schwer fällt, sie dafür zu gewinnen. Daß der Bücherwart auch seine Kataloge, Bücher usw. sorgsam in Ordnung hatten muß, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Die eben skizzierten Anforderungen, die wir an einen tüchtigen Bibliothekar stellen, machen Vorsicht bei der Wahl zur Pflicht. In erster Linie sind es Lehrer, die für dieses Amt in Frage kommen, in zweiter Linie städtische Beamte, Geistliche und sonstige gebildete Personen. Auch Frauen haben seit Jahren auf diesem Gebiet eine erfolgreiche Tätigkeit entfaltet, allerdings bisher nur selten in kleineren Orten. Welche Persönlichkeit im einzelnen Falle die geeignetste ist, muß von den örtlichen Instanzen ent­ schieden werden. Ungeeignet ist stets derjenige, der im öffentlichen Partei­ leben eine scharf betonte Stellung einnimmt, denn er wird sich das Ver­ trauen der Andersgesinnten auch an dieser Stelle nur schwer oder gar nicht erringen können. Das Amt des Bücherwarts wird heute in den meisten Fällen noch ehrenamtlich versehen. Leider! Denn eine Bibliothek richtig zu verwalten, erfordert einen großen Aufwand an Arbeit und Zeit. Ebensowenig wie man von irgendeinem Arbeiter verlangt, daß er alle Wochen soundso viel Stunden über die ausbedungene Zeit unentgeltlich tätig ist, sollte man ein solches Ansinnen an einen Lehrer usw. stellen, besonders in Gemeinden, wo bei einigem guten Willen eine Bezahlung sich ermöglichen läßt. Selbst wenn diese auch noch so bescheiden ist, sie spornt trotzdem an. Die Güte der Arbeit leidet sicher nicht darunter. Der Idealismus, mit dem die Volksschullehrerschaft sich bisher unentgeltlich in den Dienst der guten Sache gestellt hat, verdient alle Anerkennung.

Eine hauptamtliche Verwaltung der Bücherei findet auch in mittel­ großen Städten bisher nur in einigen wenigen Fällen statt. Die Erfah­ rungen, die man dort macht, sind aber so gute, daß man eine weitere Aus­ dehnung dieses Versuchs wünschen muß. Die Schuld, daß dies bisher noch nicht geschehen ist, liegt zum Teil daran, daß den Bürgermeistern die ein­ schlägigen Verhältnisse zu wenig bekannt sind, und zum Teil daran, daß

C. Die Volksbücherei.

man ältere Rechte nicht verletzen will. Für solche Stellen kommen junge Damen in Frage, die an einer guten Volksbibliothek vorgebildet sind. Sie besitzen höhere Töchterschulbildung, beherrschen Stenographie und Schreib­ maschine und haben einepraktische bibliothekarische Lehrzeit von 1—1^ Jahr durchgemacht. Das Anfangsgehalt beträgt im allgemeinen 100—150 M. monatlich. Die für den Bibliotheksdienst ausgebildeten Damen haben sich zu einer „Vereinigung bibliothekarisch tätiger Frauen" zusammen» geschlossen, die auch eine Stellenvermittelung errichtet hat. Bei der Sichtung der eingehenden Bewerbungen empfiehlt es sich, einen Fach­ mann zu Rate zu ziehen, da die Ausbildung der Damen bei dem mannig­ fachen Charakter der ausbildenden Bibliotheken eine sehr verschiedene ist; sonst läuft man Gefahr, fehlzugreifen. Die Vorteile der hauptamtlichen Verwaltung der Volksbücherei sind dieselben wie bei jeder hauptamtlichen Verwaltung. In unserem Falle ist besonders wichtig, daß die Öffnungs­ zeiten der Bibliothek, frei von allen Rücksichten auf das Hauptamt, lediglich nach den Bedürfnissen der Leser festgesetzt werden können. Dem Einwand, daß die Bücherei nicht die ganze Arbeitszeit und Arbeitskraft einer Beamtin in Anspruch nehme, läßt sich dadurch begegnen, daß man die Bibliothekarin in ihrer bibliotheksfteien Zeit mit Registratur- oder statistischen Arbeiten oder im Dienst anderer sozialer Aufgaben beschäftigt. Arbeitsmangel gibt es auf diesen Gebieten wohl nirgends. Sehr im argen liegt bisher die bibliothekarische Schulung der Bücherei­ verwalter. Man hat sich bisher auf den bequemen Standpunkt gestellt: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den nötigen Verstand. Daher kommt eS, daß man in den Volksbibliotheken ost die schlimmsten Verstöße gegen die einfachsten Verwaltungsregeln, veraltete, unpraktische Einrich­ tungen usw. antrifft. Wie sollte es auch anders sein? Die Aufgabe, die Damen und Herren für ihre Tätigkeit vorzubilden, kann nicht von einer einzelnen Gemeinde gelöst werden, sie erfordert Verbände oder staatliche Mithilfe. In der letzten Zeit hat sich auch bereits eine Wendung zum Besse­ ren vollzogen. So veranstalten die staatlichen Bibliotheksorganisationen in Posen und Oberschlesien und der Verein vom hl. Karl Borromäus Kurse zur Aus- und Weiterbildung von Büchereiverwaltern. Die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung plant das gleiche. Durch die von mir ge­ leitete Beratungsstelle für die Volksbibliotheken im Regierungsbezirk Düssel­ dorf sind wenigstens für einige Kreise regelmäßige Zusammenkünfte der Bibliocheksverwalter durchgeführt worden, in denen über technische und literarische Fragen gesprochen wird. Ein Ausbildungskursus, der schonvon vielen Seiten gewünscht wurde, ist für das nächste Jahr vorgesehen. Ähn­ liches wird auch von der westfälischen Beratungsstelle beabsichtigt. Aber wie gesagt, bisher sind es nur Ansätze. Durchaus erforderlich ist, daß regel­ mäßige Kurse an bestimmten Bibliotheken stattfinden und ihr Besuch von den beteiligten Instanzen ebenso gefördert wird wie der von Obstbauund ähnlichen Kursen. Diese Frage ist um so wichtiger, als es heute sehr schwierig, ja beinahe unmöglich ist, den Verwaltern kleinerer oder mittelgroßer Bolksbibltotheken

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6. Die Bücherauswahl.

auch nur eine bescheidene Fühlung mit den literarischen Neuerscheinungen zu vermitteln. Und dies ist um so notwendiger, als er ja letzten Endes dazu berufen ist, für eine geeignete Vermehrung der Bücherbestände Sorge zu tragen. Gne Zeitschrift, die man vorbehaltlos für diese Zwecke empfehlen könnte, gibt es bisher nicht. Die „Bücherwelt" (jährlich 4 M.), die der Borromäus-Verein herausgibt, steht auf katholischem Standpunkt, sucht je­ doch gerade den kleineren Anstalten wertvolle Fingerzeige zu geben. Der „Eckart" (jährlich 6 M.), den die protestantische Schriftenvertriebsanstalt erscheinen läßt, bringt meist vorzügliche Aufsätze, nimmt aber auf die klei­ neren Verhöltniffe sehr wenig Rücksicht. Ähnlich steht es mit den „Blättern für Bolksbtbliotheken und Lesehallen" (jährlich 4 M.), deren bibliotheks­ technischer Teil fast ausschließlich sich mit Problemen der großen Anstalten beschäftigt. Die von der Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung herausgegebene „Volksbildung" (jährlich 4,80 M.) hat ein zu großes Pro­ gramm, als daß es sich mit bibliothekarischen Fragen ausführlich beschäftigen könnte. Den speziellen Bedürfnissen Oberschlesiens dient die sehr gut ge­ leitete „Volksbücherei in Oberschlesien" (jährlich 4 M.). So zahlreich unsere

1.

2.

Verfasser, Titel, Verlag, Preis, Seitenzahl, Format, Ausstattung. (Bet Büchern, die nicht zurückgeaeben werden, sind genaue Angaben in dieser Spalte sehr erwünscht.)

Ist Buches a) in b) in c) in

gegen den Inhalt des etwas einzuwenden religiöser sittlicher nationaler Beziehung?

(Hier bitte streng zu verfahren und zu­ treffendenfalls Seitenzahlen anzugeben!)

Für welchen Leserkreis eignet sich das Buch? a) Jugend oder Erwachsene? Im letzteren Falle:

3.

I. Für Leseanfänger (bet leicht faß­ licher und anregender DarstellUM nahe­ liegender Stoffe, z. B. Grimm« Märchen.) II. Für fortgeschrittene Leser (bei Büchern, die schon Borkenntniffe in geo­ graphischer, geschichtlicher oder sonstiger Hin­ sicht verlanaen. Beispiel: CooperS Lederstrumpf.Erzählungen. III. Für höhergebildete Leser. Beispiel: Storms Novellen und Erzählungen.

b) Für welchen Stand „ welches Geschlecht eignet sich das Buch besonders?

Sonstige Bemerkungen.

4.

(Hier sind nähere Angaben über den In­ halt erwünscht; bei ErzählungSschrtften kann auch eine kritische Würdigung ange­ schloffen werden.)

G. Die Volksbücherei.

deutschen Zeitschriften find, eine für die besonderen Bedürfnisse des mitt­ leren und kleineren Bibliothekswesens fehlt vorläufig. Wir werden sie wohl auch kaum in absehbarer Zeit erhalten, da sich ihr zu viele Schwierigkeiten in den Weg stellen. Ähnliche Hemmungen ergeben sich bei dem Bestreben, wenigstens den wichtigsten Teil der Neuerscheinungen den Bibliothekaren zur Prüfung zuzuführen. Wer übernimmt die erste Sichtung und scheidet von vornherein alle die Bücher aus, die überhaupt nicht in Frage kommen können? Wer liefert die Bücher zur Ansicht und gestattet, daß sie ausgeschnitten werden? Auch hier wieder eine Aufgabe, die sich nur durch eine gewisse Zen­ tralisation lösen läßt! Sehr gut ist das Verfahren des Verbandes ober­ schlesischer Volksbibliotheken. Hier sichtet der Verbandsbibliothekar, ver­ schafft Leseexemplare und schickt diese mit einem Fragebogen folgenden In­ halts an die Büchereiverwalter (siehe Seite 27). Da dasselbe Buch an mehrere Herren geschickt wird, die unabhängig voneinander urteilen, ergeben diese Fragebogen wichtiges Material. In bescheideneren Grenzen besitzt eine ähnliche Einrichtung der Landkreis So­ lingen. Bon der Beratungsstelle für die Volksbibliotheken im Regierungs­ bezirk Düsseldorf ist ein ähnliche- Verfahren beabsichtigt. Es mußte trotz der schon vorhandenen Vorarbeiten bisher aber zurückgestellt werden, da die damit verknüpften Arbeiten zu groß sind.

6. Die Bücherauswahl. In den vorhergehenden Betrachtungen ist die Frage der Bücherauswahl bereit- mehrfach gestreift worden. Wir haben gesehen, daß die Volksbiblio­ thek sowohl belehrende wie unterhaltende Literatur besitzen muß, daß eferner wünschenswert, ja notwendig ist, auch Jugendschriften einzustellen. Eine letzte Gruppe bilden die illustrierten Zeitschriften, die sogenannten Familienblätter. Neben dem Bibliothekar bildet die richtige Bücherauswahl die erste Vorbedingung für eine ersprießliche Wirkung der Volk-bibliothek. Den Ausgangspunkt für die Auswahl bilden die örtlichen Verhältnisse. Diese zeigen die größte Mannigfaltigkeit hinsichtlich der Konfession, des Bildungs­ grades, des Berufe- usw. der Bewohner. Diese Punkte müsien sorgsam in Berechnung gezogen werden. Darum ist es auch fast unmöglich, wirklich gute Vorschläge für Bücheranschaffungen zu machen, wenn man diese örtlichen Vorbedingungen nicht kennt. In den Orten, wie wir sie hier im Auge haben, spielen besonder- die konfessionellen Verhältnisse eine sehr gewichtige Rolle, eine viel gewichtigere, als in den Großstädten, während umgekehrt hier öfter polttische Gegensätze hervorgekehrt werden, die in den mittleren und kleineren Städten sowie auf dem Lande gemeinhin zurücktreten. Diese konfessionellen Verhältnisse haben leider zur Gründung konfessioneller Volksbibliotheken geführt, wodurch eine Zersplitterung der ohnehin schon schwachen Mittel herbeigeführt und die

28

6. Die Bücherauswahl.

Spaltung des Volkes vertieft wird. Die paritätische Volksbücherei, die ins­ besondere von katholischer Seite abgelehnt wird, wird jedem, der die Einheit unseres Volkes im Fühlen, Denken und Handeln als eines der höch­ sten Ziele anerkennt, das erstrebenswerte sein. Allerdings muß sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Eine jede Konfession darf Achtung für ihre reli­ giösen Anschauungen fordern. Es wäre also falsch, Bücher einzustellen, die diese verletzen. Glaubt man auf einige Bücher dieser Art wegen ihres lite­ rarischen oder sonstigen Wertes nicht verzichten zu können, so ist es die un­ abweisbare Pflicht des Bibliothekars, darüber zu wachen, daß sie nicht in unrechte Hände kommen. So nehmen z. B. katholische Kreise leicht Anstoß an Werken von G. Keller und C. F. Meyer. Hier also würde ein Schul­ beispiel für das eben Gesagte vorliegen. Umgekehrt können manche katho­ lischen Bücher, etwa solche, die sich mit Luther beschäftigen, Erregung bei Protestanten hervorrufen. Je zugespitzter die konfessionellen Verhältnisse an einem Orte sind, um so größere Vorsicht ist geboten, sonst ruinieren die Beschwerden und Angriffe das ganze Unternehmen. Allerdings ist es auch nicht angängig, immer und stets den konfessionellen Standpunkt herauszu­ kehren, gegenseitige Toleranz ist bei jeder Zusammenarbeit notwendig. Die Stärkung der religiösen Anschauungen ist zudem mehr Aufgabe der kirch­ lichen Vereinigungen als der Volksbücherei.

Weniger schwierig-liegen, wie schon gesagt, in mittleren und kleinen Orten die politischen Verhältnisse. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Man sollte grundsätzlich davon absehen, politische Streitschriften in die Bücherei aufzunehmen und diese den politischen Vereinen überlassen. Einen weiteren wichtigen Punkt bilden die Bildungs- und Berufsver­ hältnisse der Bewohner. Es ist ein großer Unterschied, ob die Bevölkerung schon an das Lesen von Büchern gewöhnt ist oder ob sie erst dazu erzogen werden muß. Ein aufstrebender Industriearbeiter wird andere Anforde­ rungen stellen als ein ländlicher Tagelöhner. Ebenso spielt die Art des Berufs eine große Rolle. In ländlichen Bezirken werden Bücher über Eisenhüttenwerke nur wenige Leser finden, während sie in Jndustrieorten stark begehrt werden.

Diese Punkte müffen also stark in Rechnung gezogen werden. Läßt man sich von einem der vorhin genannten Vereine Vorschlagslisten auf­ stellen, so ist es notwendig, diese Verhältnisse vorher klar zu schildern, damit Mißgriffe möglichst vermieden werden. Gemeinhin sind die Mittel für die Anschaffungen sehr beschränkt. Bei der ersten Einrichtung wird man deshalb Wert darauf legen müssen, nicht nur recht viel für sein Geld zu bekommen, sondern auch Bücher zu erhalten, die „ziehen". Daraus folgt, daß man zunächst die billigen Sammlungen, die der Büchermarkt besitzt, ausschöpft, und daß man ferner die unterhaltenden Bücher bevorzugt. Als solche billige Sammlungen kommen in der Hauptsache folgende in Betracht:

C. Die Volksbücherei.

1. 2.

3. 4. 5. 6. 7. 8.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

a) Unterhaltenden Inhalts. Max Hesses Volksbücherei. (Preise verschieden.) Wiesbadener Volksbücher (Preise der Hefte 10—50 Pf., 5—7 Nrn. in einem Band geb. 1,80 M.). Hamburger Hausbibliothek (geb. ä, 0,50—1,50 M.). Hausbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung (geb. ä 1 M.) Volksbücher der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung (geb. ä 0,40—1 M.). Rheinische Hausbücherei (geb. ä 0,75 M.). Engelhorns Romanbibliothek (geb. ä 0,75 M. Sehr mit Auswahl!). Cottasche Handbibliothek (Preise verschieden). b) Belehrenden Inhalts. Sammlung Göschen (geb. ä 0,90 M.). Aus Natur und Geisteswelt (geb. ä 1,25 M.). Wissenschaft und Bildung (geb. ä 1,25 M.). Bücher des Wissens (geb. ä 0,70 M.). Wissenschaftliche Volksbücher (geb. ä 1,50 M.). Bibliothek der Volksbildung (Preise verschieden). Voigtländers Quellenbücher (0,60—1,30 M ).

c) Vermischten Inhalts. 1. Bibliothek der Gesamtliteratur des In- und Auslandes (Preise verschieden). 2. Reclams Universalbibliothek (Preise verschieden). 3. Mehers Volksbücher (Preise verschieden).

Sammlun gen, die auf p ositiv»-christlich er G rundla ge steh en. Aus Vergangenheit und Gegenwart (ungeb. ä 0,30 M.). BachemS Novellen-Sammlung (geb. ä 1 M.). Bachems Roman-Sammlung (geb. L 2 M.). Münchener Volksschristen (in 5 Nrn. geb. ä 1,75 M ). Volksbücherei der Styria (ungeb. ä 0,20 M.). Sammlung Kösel (geb. ä 1 M.). Geschichtliche Jugend- und Bolksbibliothek (geb. ä 1,70 M.). Naturwissenschaftliche Jugend- und Volksbibliothek (geb. ä 1,70 M.). d)

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Verzeichnisse der einzelnen Sammlungen besorgt jede Buchhandlung. Bei diesen billigen Büchern empfiehlt es sich, stets gebundene Exemplare zu nehmen. Bei der Anschaffung achte man darauf, daß die Bücher nicht zu dünn sind. Von den oben genannten billigen Heften bindet man zweckmäßig immer mehrere Nummern in einen Band. Wenn die Leser häufig nur dünne Bücher bekommen, so werden sie leicht unwillig, besonders wenn sie einen längeren Weg darum machen müssen. Wenden wir uns nun der Betrachtung der einzelnen Abteilungen des Bücherschatzes zu, so wäre folgendes zu erwähnen. Über den Wert und die Bedeutung der Unterhaltungsliteratur ist schon

ftüher ausführlich gesprochen worden. Bei der Auswahl ist zu beachten, daß man den verschiedenen Geschmacksrichtungen nachgeben muß. ES ist nicht angängig, nur Gipfelleistungen der Dichtkunst aufzunehmen. Ihre Schönheiten und ihr wahrer Wert erschließen sich erst allmählich dem Ver­ ständnis, manchem auch nie. Ebenso verkehrt ist es, nur neuere und neueste Werke einzustellen. Namen, die heute in Mode sind, vergehen oft gar schnell.

6. Die Bücherauswahl. Es ist die Pflicht der Volksbücherei, auch das bewährte alte, aber nicht das veraltete, zu pflegen. Eine sehr strittige Frage ist die, wie weit man bei der Auswahl nach der unteren literarischen Grenze gehen soll und darf. Literarischen Wert soll jedes in die Bücherei aufgenommene Werk besitzen, aber das Urteil ist hänfig sehr schwankend. Manche glaubten, ohne Karl May nicht auskommen zu können. Heute dürfte diese Ansicht überwunden sein. Ähnlich ergeht es mit der Marlitt, Heimburg, Werner und Eschstruth. Auch diese sollten wir aus der Bücherei fortlassen. Wer sich daran „erbauen" will, mag sie sich kaufen. Wir haben eine so große Schar gediegener Unterhaltungsschrift­ steller und Schriftstellerinnen, daß wir auf jene gut verzichten können. Für die Aufnahme eines Buches kann aber der literarische Wert eines Buches allein nicht maßgebend sein. Die Stellung der Volksbibliothek bringt es mit sich, daß auch pädagogische Gesichtspunkte dabei berücksichtigt werden müssen. Bor einigen Jahren hat diese Frage eine lebhafte Ausein­ andersetzung in der Tagespresse hervorgerufen. Es ist ganz natürlich, daß die Anschauungen darüber oft himmelweit auseinandergingen, zumal sich dazu auch Leute äußerten, die offensichtlich gar keine Ahnung von den in Volksbüchereien herrschenden Verhältnissen hatten. Zwischen den verschie­ denen Bolksbibliotheken bestehen sehr große Unterschiede, die sich natürlich auch in der Bücherauswahl bemerkbar machen. Was für die eine recht, ist für die andere noch lange nicht billig. In der mittleren und kleineren Bücherei kommen wir ohne eine pädagogische Kritik nicht aus. Ein Beispiel mag das zeigen. Ein Buch kann künstlerisch außerordentlich hochstehen, aber ein sehr schwieriges sexuelles Problem behandeln. Würde der literarische Wert allein maßgebend sein, so gehörte es in die Volksbibliothek. Welcher Bücherwart würde die Verantwortung dafür übernehmen wollen? Die Volksbüchereien sollen das Gerade, Gesunde und Starke pflegen. Glücklicher­ weise hat das „Volk" noch kein Verständnis für das Hyperästhetentum unserer Kaffeehausliteraten, für die „Seelenzerfaserung" und ähnliche mo­ derne Erscheinungen. Es ist jedoch auf der anderen Seite nicht angängig, Bücher bloß ihrer Tendenz wegen einzustellen. Das, was oben über die Tendenzfrage der Jugendschriften gesagt ist, gilt auch von der Unterhaltungsliteralur. Faffm wir das eben Ausgeführte kurz zusammen, so ergibt sich für die Auswahl der Unterhaltungsliteratur folgendes: Mischung von älterer und neuester Literatur, reiche Berücksichtigung der sogenannten Bolksschriftsteller, Einhaltung eines gewissen literarischen Niveaus, Fernhaltung alles Krank­ haften und beabsichtigt Tendenziösen. Der Prozentsatz der Unterhaltungsschriften im Verhältnis zu den an­ deren Abteilungen wird zu Anfang höher, allmählich aber auf 50—60% anzusetzen sein. über die Jugendschriften ist oben so ausführlich gesprochen worden, daß sich hier ein nochmaliges Eingehen erübrigt. In der Mitte zwischen unterhaltender und belehrender Literatur stehen die illustrierten Familienzeitschriften. Gerade von einfachen Lesern werden

C. Die Volksbücherei.

sie wegen ihres vielseitigen Inhalts und ihrer Bilder stark begehrt. Sie bieten der ganzen Familie etwas. Vor allen dienen sie auch den Kindern als Bilderbuch. Will man gewisse Kreise als Leser gewinnen, so ist es fast unmöglich, obne diese Zeitschriften auszukommen. Auf der anderen Seite aber bilden sie eine beständige Quelle des Ärgers für den Bibliothekar. Das Papier derselben ist nicht das beste. Da sie stark strapaziert werden, sind sie unaufhörlich reparaturbedürftig und besitzen meist keine lange Ver­ brauchsdauer. Sie erfordern darum verhältnismäßig erhebliche Geldopfer. Die belehrenden Abteilungen sollen möglichst ein vollkommenes Bild menschlichen Wissens und menschlicher Tätigkeit geben. Erforderlich ist, daß das einzelne Buch dem neuesten Standpunkt der betreffenden Wissenschaft entspricht und in allgemeinverständlicher Form abgefaßt ist. Die BeNutzung der einzelnen Fächer ist sehr verschieden. Bei beschränkten Mitteln wird uns diese Beobachtung auch ein Fingerzeig für die An­ schaffungen sein, denn es ist verständlich, daß ein Bücherwart zunächst für solche Bücher sorgen wird, von denen er weiß, daß er ein Publikum für sie besitzt. Ein Vergleich der Benutzungsstatistiken der verschiedenen Volks­ bibliotheken zeigt, daß — von einzelnen Schwankungen abgesehen — der Geschmack der Leser überall der gleiche ist. Am beliebtesten sind Erdkunde, Geschichte, Naturwissenschaften und Technik. Die anderen Gebiete folgen dann meist erst in weitem Abstande. In der Erdkunde sind es nicht die geographischen Handbücher, die ver­ langt werden, sondern die Reisewerke. Die Taten kühner Forscher wie Stanley, Wißmann, Nansen, Hedin usw. interessieren am meisten. Auch unsere reiche Kolonialliteratur findet viele Leser. Für kleine Bibliotheken ist eS meist sehr schwer, sich diese Werke zu beschaffen, da sie meist sehr teuer find. Für sie kommen deshalb die lleineren Ausgaben in Frage. Gerade auf diesem Gebiet kann eine Wanderbücherei sehr wertvolle Hilfe bringen. Ähnlich liegen die Verhältnisse in der Abteilung „Geschichte". Auch hier werden weniger die systematischen Darstellungen verlangt, als vielmehr Schilderungen der Helden und Schlachten. Besonders die Selbsterlebniffe in den verschiedenen Kriegen werden stark begehrt. Daß darunter die Kriege der neuesten Zeit das meiste Interesse erwecken, ist verständlich. Bei der reichen Auswahl von Büchern dieser Art auch zu einem mäßigen Preise ist die Befriedigung dieser Bedürfnisse nicht allzu schwierig. Eifrige Leser finden auch an Lebensbeschreibungen und besonders an Autobiographien viele Freude. Der erzieherische Wert, der gerade solchen Büchern innewohnt, muß den Bibliothekar veranlassen, das Publikum immer wieder auf fie auf­ merksam zu machen. Bücher kulturgeschichtlichen Inhalts werden leider nicht so häufig verlangt, als man es wünschen möchte. In den Naturwissenschaften erfreuen sich die zoologischen Bücher der größten Beliebtheit. Daneben sind besonders Chemie und Physik zu er­ wähnen. Auch Werke über Astronomie werden häufiger begehrt. Die in den Städten neuerdings wieder sehr beliebt gewordenen Aquarien und Terrarien haben eine starke Nachfrage nach Literatur dieser Ärt gezeitigt. In der Botanik werden Schriften über Blumenpflege und Blummzucht 32

6. Die Bücherauswahl. öfter gefordert. Am beliebtesten sind kurz gefaßte und reich illustrierte Bücher in der Art der Kosmos-Bändchen. In der Technik spielen natürlich die örtlichen Berufsverhältnisse eine große Rolle. Diesen muß die Volksbücherei sich anpassen. Aber auf ge­ wisse Bücher der allgemeinen Technik, der Maschinenkunde, Luftschiffahrt und der Elektrotechnik wird keine verzichten können. Schriften über die einzelnen Handwerke werden leider viel zu wenig begehrt. Die anderen Fächer stehen hinsichtlich der Benutzung dann weit zurück. Bücher über Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte finden nur in gebilde­ teren Kreisen Leser. In der Erziehungskunde sind es fast ausschließlich Werke über Berufswahl, die verlangt werden. Auch ein Buch über Um­ gangsformen sollte nicht fehlen. Aus der Rechtskunde werden Bücher über Erb- und Mietrecht und das Strafgesetzbuch verhältnismäßig noch am ehe­ sten begehrt. Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaften interessieren nur sehr wenig, sooft und soviel auch das Gegenteil in Zeitungen usw. behauptet wird. Eine wichtige Frage ist die: Wer soll die Bücher auswählen? Auch hier läßt sich keine allgemeingültige Antwort geben. Auch hier wird sich die Entscheidung nach den örtlichen Verhältnissen und insbesondere nach den Persönlichkeiten richten. Im allgemeinen dürfte es sich empfehlen, die erste Auswahl in einer Kommission zu treffen und für diese die literatur­ kundigsten Personen des Ortes zu gewinnen. Den entscheidenden Einfluß vor allen Dingen bei dem weiteren Ausbau muß jedoch der Bibliothekar be­ halten, da er am besten seinen Bücherbestand und die Wünsche seines Publi­ kums kennt. In vielen Orten besteht die Einrichtung, daß der Bücherwart Vorschlagslisten aufstellt, die dann den Mitgliedern der Kommission zur Begutachtung und Genehmigung vorgelegt werden, ein Verfahren» das viele Vorteile bietet. Wie oben bereits ausgeführt, ist es für den Bibliothekar sehr schwer, fich geeignete Literaturkenntnisse zu erwerben und hinsichtlich der Neuer­ scheinungen auf dem laufenden zu bleiben. Darum empfiehlt es sich stets, wenn man es irgend erniöglichen kann, einen erfahrenen Fachmann zu Rate zu ziehen. In Westfalen und der Rheinprovinz wende man sich also an die Beratungsstellen. In anderen Gegenden suche man Fühlung mit einer be­ nachbarten größeren Volksbibliothek. Wenn möglich, erledige man ferner solche Angelegenheiten mündlich, denn einmal ist das Briefeschreiben für beide Teile umständlich, und ferner fassen sich durch Frage und Antwort die Bedürfnisse und damit auch die Geeignetheit der Bücher klarer und schneller feststellen. Noch auf einen Fehler, der häufig gemacht wird, sei hier hingewiesen. Auf Bücherlisten, die mir zur Begutachtung vorgelegt wurden, habe ich öfter vollständig ungeeignete Werke gefunden. Fragte ich dann den betreffenden Bibliothekar, wie er zu diesen Vorschlägen gekommen sei, so erhielt ich meist zwei Antworten; entweder: das hat mir Herr 3E empfohlen, oder: das hat unsere Zeitung sehr gelobt. Daraus folgt die Lehre: man sehe sich die Herren und Damen, die einem Bücher empfehlen, sehr genau an. Wenn Jaeschke, Leitfaden für Schul- und Volksbüchereien.

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C. Die Volksbücherei.

ihre literarische Bildung nicht zweifelsfrei und ihre Kenntnis der besonderen Bibliotheksverhältnisse nicht erwiesen ist, dann sei man gegen solche Emp­ fehlungen sehr mißtrauisch. Und noch mißtrauischer sei man gegen An­ preisungen in der Lokalpresse. Nur ein geringer Teil unserer Tageszeitungen verfügt über einen zuverlässigen Stab von literaturkritischen Mitarbeitern und ist unabhängig von der Berlegerreklame. Aber auch bei diesen Zeitungen spielen die obenerwähnten pädagogischen Gesichtspunkte keine Rolle, so daß man auch hier noch Enttäuschungen erleben kann. Weit schlimmer ist es mit der kleinen Presse bestellt. Ihr werden häufig Bücher durch die Ver­ leger zugesandt und diesen sogenannte „Waschzettel" beigefügt, d. h. lobende Besprechungen, die der Verleger selbst verfaßt hat. Skrupellose Zeitungen drucken dann diese ohne jeden Vermerk ab, so daß dadurch der Anschein entsteht, als stamme diese „Kritik" von einem Mitgliede der Redaktion. Ein Hilfsmittel für die Bücherauswahl bieten die Musterkataloge. Über ihren Wert und Unwert ist viel gestritten worden. Das, was ihr Name verheißt, sind sie jedoch nicht und können sie nicht sein, da die ört­ lichen Bedingungen eben zu verschieden sind. Diese Berzeichniffe bieten nur eine mehr oder minder gelungene Zusammenstellung guter Bücher, aus denen man sich das für seine Verhältnisse geeignete heraussuchen muß. Also Kritik, eigenes Wissen und Nachdenken sind auch hier vonnöten. Die Brauchbarkeit dieser Verzeichnisse ist weiterhin dadurch beschränkt, daß sie einmal schnell veralten, insbesondere in den technischen Fächern, und ferner, daß die meisten nur die Titel der Bücher ohne charakterisierende Bemer­ kungen oder Angabe der Schwierigkeitsgrade bringen. Die bekanntesten dieser Musterverzeichnisse sind folgende: 1. Literarischer Ratgeber, herausgegeben v. F. Avenarius vom Dürerbund. 1912 (3 M.). Aus dem Vorwort: „Unser Ratgeber wendet sich an die Reifen und Ernsten unter den Männern und Frauen, die wirklich Rat suchen, menschlich irrenden, hier und dort lückenhaften, aber jedenfalls sachlich und mit ehr­ lichem Bemühen um Unbefangenheit abgewogenen Rat." Darin ist seine Art klar gekennzeichnet. Für Orte mit einem einfachen Leserkreis bietet er weniger als für städtische Leser. Den einzelnen Kapiteln sind orientierende Einleitungen vorausgeschickt. Als jährliche Ergänzung erscheint zu Weihnachten der „Litera­ rische Jahresbericht" in gleicher Anordnung. 2. Musterkatalog für Volks- und Jugendbibliotheken. Hrsg. v. Gemein­ nützigen Vereine zu Dresden. 6. Ausl. 1911. (1,50 M.) Bietet eine gute Zu­ sammenstellung. Besonders empfehlenswerte, sowie die für die reifere Jugend geeigneten Werke sind gekennzeichnet. Erläuterungen fehlen. Die Einleitung über Einrichtung und Betrieb von Bibliotheken taugt nichts. 3. Bolksbibliotheken. Ratschläge zur Gründung von Volksbibliotheken. Krittsche Hinweise. Bücherverzeichnis. Hrsg, von der Schristenvertriebsanstalt. 7. Ausl. 1909 (1 M.). Die Zusammenstellung ist sehr umfangreich. Die Schwie­ rigkeitsgrade bei den einzelnen Büchern sind durch Zahlen bezeichnet. Der bibliothekstechnische Teil ist besser als bei Nr. 2. Eine kleinere, neuere Ausgabe derselben Anstalt ist 4. Volksvereins- und Jugendbüchereien. Verzeichnis empfehlenswerter Bücher usw. 1911 (25 Pf.). Den Titeln sind charakterisierende Zusätze beigesügt. Besonders für protestantische Gegenden zu empfehlen. 5. Bücher für Bolksbibliotheken, ausgewählt von der Gesellschaft für Ver­ breitung von Volksbildung. 1912. (Unentgeltlich.) Kleine Zusammenstellung mit

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6. Die Bücherauswahl. besonderer Berücksichtigung der billigen Bücher. Die für die Jugend geeigneten Werke sind gekennzeichnet. 6. Musteroerzeichnis für Volks- und Fabrikbüchereien. Herausgeg. vom Verein zur Verbreitung guter volkstümlicher Schriften. 1910. (1 M.) Hervor­ gegangen aus einem Preisausschreiben. Bücher, die für Katholiken und die für die Jugend geeignet sind, gekennzeichnet. 7. Der goldene Scknitt. Eine deutsche Bücherliste. 1912. (Unentgeltlich.) Eine Liste, die aus anoeren Musterverzeichnissen zusammengestellt ist. Diese sind bei jedem Titel angeführt. 8. Musterkatalog und Handbuch für katholische Volksbüchereien. Hrsg. v. der Redaktion der Bücherwelt (Borromäusverein). 1910. (1 M.) Speziell für katholische Büchereien. Den einzelnen Büchertiteln sind Erklärungen beigegeben. 9. Literarischer Ratgeber für die Katholiken Deutschlands. Erscheint jede Weihnachten. (1 M.) In der Anordnung gleich dem Literarischen Jahresbericht des Dürerbundes. Die empfohlenen Bücher setzen häufig erhebliche Vorkennt­ nisse voraus. 10. Bube, W. Die ländliche Bolksbibliothek. 6. Aufl. 1913. (3,60 M.) Brauchbares Buch. Für katholische Gegenden Vorsicht geboten. Den einzelnen Büchern sind Inhaltsangaben beigegeben. 11. Naturwissenschaftliche Bücherei. Ein Musterkatalog usw. Hrsg. v. Kos­ mos, Gesellschaft der Naturfreunde. 2. Ausg. 1910/11. Sucht auch anderen Anschauungen gerecht zu werden. Den Titeln sind Erläuterungen beigefügt. 12. Schüttlers Fortbildungsschulkatalog. 1911/12. (Unentgeltlich.) In der Hauptsache bearbeitet von Lehrern der Fortbildungsschule in Charlottenburg. Einzelnen, nicht allen Titeln füib Erläuterungen beigegeben. 13. Johannesson, g„ Was sollen unsere Jungen lesen? 1911. (3 M.) Der Verfasser hat seinerzeit die mit so großem Beifall aufgenommene Schülerbücherei für höhere Lehranstalten zusammengestellt, die in der deutschen Unterrichtsaus­ stellung in Brüssel zu sehen war. Ein vortreffliches Buch, das in erster Linie allerdings die Bedürfnisse der höheren Schulen berücksichtigt. Den einzelnen Titeln sind Erläuterungen beigefügt. 14. Verzeichnis empfehlenswerter Jugendschriften. Zusammengestellt von den vereinigten deutschen Prüfungsausschüssen für Jugendschristen. Erscheint jede Weihnachten. (Unentgeltlich.) Das bekannte sog. Hamburger Verzeichnis. 15. Brechenmacher, I. K., Führer durch die Jugendliteratur. HI, 1911. (1 M.) Eine Zusammenstellung von katholischer Seite mit erklärenden An­ merkungen. 16. Acker, H., Was soll ich lesen? Ein Ratgeber. 2. Aufl. 1912. (1,25 M.) Vom kath. Standpunkt. Bei der Auswahl der Bücher für eine größere Gründung ist auch die wichtige Frage der Doppelexemplare zu erörtern. Sie wird, wie die Er­ fahrung lehrt, meist gar nicht oder in zu geringem Maße beachtet. ES gibt gewisse Bücher, die, wie man im voraus weiß, sehr stark begehrt werden. Diese müssen in zwei oder mehreren Stücken vorhanden sein, da mit einem Exemplar wenig anzufangen ist. Die Beschwerden seitens der Leser nehmen sonst kein Ende und erzeugen Mißstimmung. Hat man die Auswahl der Romane, denn um diese handelt es sich am häufigsten, getroffen, so gehe man sie noch einmal sorgsam durch und prüfe sie darauf hin, welche man in mehreren Stücken anschaffen sollte. Man streiche lieber den einen oder an­ deren unbekannten und nehme von guten, bekannten zwei Exemplare. Man wird dadurch vielen Wünschen der Leserschaft entgegenkommen und sich manchen Ärger sparen.

C. Die Volksbücherei.

7. Der Büchererwerb.

7. Der Büchererwerb. Der Büchererwerb wird sich im allgemeinen auf doppelte Weise voll­ ziehen: durch Geschenke und durch Kauf. Es ist natürlich, daß man bei Errichtung einer Bücherei zunächst sein Augenmerk auf die Gewinnung der im Ort vorhandenen Bücherschätze richten wird. Man wird an Vereine und Privatpersonen, die solche be­ sitzen, mit der Bitte herantreten, sie der neuen Anstalt zu stiften. Bei Ver­ einen findet man im allgemeinen wenig Entgegenkommen, da diese meist von einer Abgabe ihrer Bücherei eine Schädigung der Vereinsinteressen be­ fürchten. Gegenüber diesem Vereinsegoismus kann man nur auf zwei Gegen­ gründe Hinweisen: einmal, daß der Verein dadurch, daß er seine Literatur einem größeren Kreise zugänglich macht, für seine Interessen wirbt, und daß ferner die Verwaltung der Bücher im allgemeinen in einer größeren Bibliothek besser ist als in einer kleineren. Jene ist außerdem häufiger ge­ öffnet als diese, so daß also auch für die Bereinsmitglieder die Bücher leich­ ter und bequemer zu erhalten find. Ehe man mit Vereinen in Verhandlungen eintritt, muß man sich Über die Art der ihm gehörigen Bücher genau informieren. Sind diese ausschließ­ lich nach politischen oder konfessionellen Gesichtspunkten angeschafft worden, so geben sie der neuen Bolksbibliothek unter Umständen einen einseitigen Charakter und diskreditieren sie leicht bei allen, die auf einem anderen Standpunkt stehen. Die Parität ist aber der höchste Grundsatz. Gewöhnlich suchen sich Vereine, ehe sie ihre Bibliocheken abgeben, gewisie Sonderrechte zu sichern. Meist wird ein Eigentumsvorbehalt gemacht: der Verein behält das Recht, seine Bücher jederzeit zurückfordern zu können. Es kann vorkommen, daß ein Umschwung in der Anschauung des be­ treffenden Vereins eintritt. Die Bibliothek, die alles schön katalogisiert usw. hat, muß die Bücher wieder herausgeben und hat für ihre Arbeit nur Un­ annehmlichkeiten. Eine andere beliebte Forderung besteht darin, daß die überlassene Vereinsbibliothek getrennt von den der Volksbibliothek gehören­ den Büchern aufgestellt werden soll. Daß damit eine erhebliche Unbequemttdjfett für den Bücherwart geschaffen wird, liegt auf der Hand. Deshalb sei man bei solchen Abmachungen mit Vereinen sehr vorsichtig. Solche Sonderrechte sind meist eine Quelle aller möglichen Verstimmungen. Man verzichte lieber auf eine Vereinsbibliothek, als daß man sich ihretwegen Fesseln auferlegen läßt. Bücher werden der Volksbibliothek öfter geschenkt, und es liegt die Ge­ fahr nahe, daß man auch minderwertige oder veraltete Werke aufnimmt nach dem alten Sprichwort: Einem geschenkten Gaul usw. In kleineren Orten fällt dabei häufig noch der Gefichtspunkt in die Wagschale, daß man den Geber nicht verletzen wolle. Solche Nachsicht rächt sich mit der Zeit immer mehr, je mehr die Zahl dieser „geschenkten Gäule" wächst. Auch gegenüber den Geschenken soll man den kritischen Standpunkt nicht verlassen. Man soll sich im Zweifelsfalle dabei fragen: würdest du dieses Buch auch kaufen? Fällt die Antwort verneinend aus, dann weg damit! Die meisten

36

8. Die Verarbeitung des Bücherschatzes. großen Bibliotheken verfolgen Büchergeschenken gegenüber folgende Taktik. Sie nehmen jegliche Gabe an, behalten sich aber vor, nur das einzustellen» was wirklichen Wert besitzt. Der Spender erhält in jedem Falle ein höf­ liches Dankschreiben, selbst wenn kein einziges Buch eingereiht wird. Es wäre falsch» seine gute Absicht nicht anzuerkennen. Die unverwendbaren Bücher suche man sonst zu verwerten, und für den Erlös kaufe man ein brauchbares Werk. Dieses muß dann natürlich als Geschenk des betreffenden Spenders verbucht werden. Eine einsichtige Persönlichkeit wird gegen ein solches Verfahren nicht das mindeste einzuwenden haben. Der Kauf von neuen Büchern ist streng geregelt. Alle deutschen Buch­ händler, die Verleger sowohl wie die Sortimenter, sind in dem Börsen­ verein der Deutschen Buchhändler in Leipzig organisiert. Dieser wacht streng darüber, daß die Berkaufsbedingungen, die er aufgestellt hat, inne­ gehalten werden. Ihr Inhalt ist in großen Zügen folgender: Der Verleger setzt den Ladenpreis für jedes Buch fest. Der Buchhändler darf dieses nur zu diesem Preise verkaufen, falls nicht etwa der Ladenpreis ausdrücklich aufgehoben wird. Der Verleger liefert direkt an den Käufer in der Regel nur dann, wenn am Ort keine Sortimentsbuchhandlung vorhanden ist. Die Ansicht, daß man vom Verleger billiger kaufen könne, ist also irrig. Der Buchhändler darf der Bibliothek einen Rabatt von 5% geben, gleichviel, ob sie für 20 M. oder für 2000 M. kauft. Der Geldmangel, unter dem so ziemlich alle Volksbibliotheken zu leiden haben, zwingt diese häufig, nach anderen Einkaufsgelegenheiten zu suchen. In Frage kommt zunächst der antiquarische Büchermarkt. Besonders Ro­ mane, Reisewerke u. dgl. sind leicht auf diesem Wege zu beschaffen. Im allgemeinen soll die Bolksbibliothek den Ortsbuchhändler unter­ stützen und sich nur dann, wenn er unfähig ist, oder sich auswärts besondere Vorteile bieten, an andere Firmen wenden.

8. Die Verarbeitung des Bücherschatzes. a) Allgemeines.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen geordneten Bibliotheks­ betrieb bildet die richtige Aufzeichnung und Aufftellung des Bücherschatzes. Gerade in dieser Hinsicht ist in mittleren und kleineren Volksbibliotheken viel gesündigt worden. In den meisten Fällen liegt die Schuld allerdings an den mangelnden Kenntnissen des Bücherwarts, dem es bisher an jeder Anleitung gefehlt hat. Häufig hört man auch den Einwand: Ach für unsere kleine Bücherei ist das alles überflüssig. Gewiß, es läßt sich auch ohne das arbeiten, nur darf man nicht fragen wie. Ebenso falsch ist die Ansicht, erst müsse die Bibliothek größer sein, bis sich eine geordnete Buchführung löhne. Je länger man damit wartet» desto größer und unangenehmer wird die Aufgabe. Mngt man dagegen gleich bei der Einrichtung damit an» so sind die Mühen

C. Die Volksbücherei.

sehr gering. Eine schöne und praktische Anlage der Bibliothek erhöht natür­ lich die Freude an der Arbeit und wird sich immer wieder bezahlt machen. Bon den jeweiligen Verhältnissen ausgehend müssen wir für jeden Fall die Lösung suchen, die den Bedürfnissen am besten, d. h. einfachsten entspricht. ES wäre falsch, für kleinere Büchereien dieselben Einrichtungen zu schaffen, die unsere großen besitzen. So lehrreich und nützlich es für den Büchereiverwalter ist, die großen Anstalten kcnnm zu lernen, so falsch wäre eS, sie bis ins einzelne nachahmen zu wollen. Die Grundsätze find überall die gleichen; aber die Wege, die zum selben Ziele eingeschlagen werden müssen, sind verschieden. Die Aufzeichnungen des Bücherbestandes müssen uns im wesentlichen auf folgende Fragen Auskunft geben können: 1. Wie ist das Buch in die Bibliothek gekommen? 2. Bücher welcher Verfasser sind vorhanden? 3. Wie verteilen sich die Bücher auf die einzelnen Wissensgebiete? In großen Anstalten entsprechen diesen Fragen drei verschiedene Bücherverzeichniffe: das ZugangSbuch, der alphabetische und der systema­ tische Katalog. In kleineren Anstalten werden wir mit zweim auskommen: dem alphabetischen und dem Fachkatalog. Wir brauchen nur in den letzte­ ren die Angaben des Zugangsbuches aufnehmen. Reben diesen geschriebenen besitzen viele Bolksbibliotheken noch einen gedruckten Katalog. Das Manuskript für diesen herzustellen, ist nicht nur eine sehr zeitraubende, sondern auch sehr langweilige Arbeit. Der Wunsch, sich diese zu ersparen, ist darum ein sehr naheliegender. Auch er läßt sich erfüllen, wenn wir von vornherein den alphabetischen Katalog dafür Her­ richten. Wir erhalten also als notwendige Bestandteile einer Einrichtung den Fachkatalog, der zugleich als Zugangsbuch dient, und ferner den alphabeti­ schen Katalog, der gleichzeitig Manuskript für den sofort oder später her­ zustellenden Druckkatalog ist. Diese beiden Verzeichnifse soll man» um es noch einmal zu betonen, bei jeder Einrichtung, sei sie groß oder klein, sofort anlegen.

b) Die Gliederung und Bezeichnung des Bücherbestandes.

Voraussetzung für die Anlage des Fachkatalogs ist die Gliederung des Bücherbestandes. Gerade in diesem Punkte wird sehr viel gesündigt. Bei 9 von 10 Bibliotheken werden die Bücher einfach numeriert, so, wie sie zu­ fällig eingehen. Die Folge davon ist, daß alles bunt durcheinandersteht, daß neben einem Roman ein Geschichtswerk, daneben wieder ein natur­ wissenschaftliches oder anderes Buch seinen Platz erhält. In einer solchen Bibliothek weiß schließlich niemand mehr, wo dieses oder jenes Buch zu suchen ist; ohne Katalog ist selbst der Bücherwart ratlos. Eine Angabe, wie die einzelnen Bücher sich auf die verschiedenen Fächer verteilen, kann er ent­ weder gar nicht oder nur nach mühevollem Auszählen machen. Völlig un­ möglich sind Aufzeichnungen, welche Art von Büchern hauptsächlich gelesen 38

8. b) Gliederung und Bezeichnung des Bücherbestandes

wurden. Darum fort mit diesem Schlendrian! Bon vornherein müssen wir eine Gliederung des Bestandes festlegen und kennzeichnen sowie die Bücher der entsprechenden Abteilung zuweisen. Dann können wir ohne jede Schwierigkeiten die oben erwähnten Angaben machen. Auch ohne den Katalog in die Hand zu nehmen, kann der Bücherwartsagen, welche Bücher zurzeit verleihbar sind. Die Kennzeichnung einer solchen Büchergruppe wird am zweckmäßig­ sten durch einen Buchstaben erfolgen. Wählt man Zahlen, so ergeben sich zwei Zahlen (Abteilungs- und Buchnummer) nebeneinander. Die Folge davon sind Mißverständnisse und Verwechslungen. Bei der Wahl der Buch­ staben wird man nach mnemotechnischen Gesichtspunkten verfahren, um das Einprägen der Fachbezeichnungen zu erleichtern. In jeder Abteilung wird mit der Zahl 1 begonnen. Man gewinnt dadurch den Vorteil, möglichst lange mit niedrigen Zahlen arbeiten zu können. Wie weit man mit der Gliederung geht, hängt von der Größe und dem voraussichtlichen Wachstum der Bücherei ab. Im allgemeinen ist zu bemerken, daß eine stärkere Teilung nichts schadet; dagegen bietet ein zu eng gegriffenes System unter Umständen in der Zukunft Schwierigkeiten. Deshalb nehme man also eher eine Abteilung mehr, als eine weniger. Für eine Bücherei bis zu 10000 Bänden und darüber dürfte folgende Gliederung sich empfehlen: 1. A. Werke allgemeinen und vermischten Inhalts, Schrift- und Buchwesen.

2. B. Biographien, Memoiren und Briefwechsel. 3. C. Cultur- und Literaturgeschichte, Sprachwissenschaft. 4. D. Deutsche Geschichte. 5. B. Erd- und Völkerkunde, Reisebeschreibungen. 6. P. Fremdsprachliche Werke. 7. G. Allgemeine und autzerdeutsche Geschichte. 8. H. Heimatkunde. 9. I. Jugendschristen. 10. K. Bildende Künste, Kunstgewerbe, Theater. 11. L. Schöne Literatur im engeren Sinne (Gedichte und Dramen) in deutscher Sprache. 12. M. Musikwissenschaft. 13. N. Naturwissenschaften, Heilkunde, Mathematik, Sport und Spiel. 14. P. Pädagogik, Philosophie, Religionswissenschaften. 15. B. Rechtswissenschaft. 16. S. Staatswissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Sozialpolitik. 17. T. Technik, Handel und Gewerbe. 18. U. Unterhaltungsschriften (Romane, Novellen, Erzählungen usw.) in deut­ scher Sprache. 19. z. Zeitschriften allgemeinen und unterhaltenden Inhalts.

Dieses Schema läßt sich natürlich noch erweitern und enger soffen, je nachdem es die Verhältniffe erfordern. Für eine mittlere Bücherei käme etwa folgende Gliederung in Frage: E. Erdkunde, Reisebeschreibungen, Kolonien. G* Geschichte, Kulturgeschichte. He Heimatkunde. L Jugendschriften. f K. Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte, Sprachwissenschaft, Erziehungslehre, Philosophie.

C. Die Volksbücherei.

N. R. T. v. Z.

Naturwissenschaften, Gesundheitslehre, Sport. Rechts- und Staatswissenschaften, Volkswirtschaftslehre. Technik, Handel und Gewerbe. Unterhaltungsschristen. Zeitschriften.

Ob man in kleinen Verhältnissen diese Gliederung noch vereinfachen soll, ist mir zweifelhaft. Dies vorausgesetzt, ließe es sich ev. folgendermaßen machen: E. G. I. N. U. Z.

Erdkunde usw. Geschichte, Kultur-, Literatur-, Musikgeschichte. Jugendschristen. Naturwissenschaften und Technik. Unterhaltungsschristen. Zeitschriften.

Bürgerkunde.

Bei der Einreihung mancher Bücher geht es manchmal nicht ohne eine gewiffe Gewaltsamkeit ab. Manche Werke können ihrem Inhalt nach mit demselben Rechte 2 oder 3 Abteilungen zugewiesen werden. So kann man ein Buch über die Elektrizität und ihre Anwendungen sowohl unter Naturwissenschaften wie unter Technik stellen. Wie man es handhabt, ist im großen und ganzen gleichgültig, nur muß man an dem einmal gefaßten Standpunkt festhalten. Reiht man also ein Buch, wie das eben angeführte, das halb beschreibend nalurwissenschaftlich, halb technisch ist, unter Natnr» Wissenschaften ein, so muß man in ähnlichen Fällen ebenso verfahren. Bon den einzelnen Abteilungen ist U natürlich bei weitem die größte, sie wird meist die Hälfte oder noch mehr der vorhandenen Bücher umfassen. Deshalb empfiehlt es sich, diese Abteilung noch weiter zn gliedern, und zwar in der Weise, daß die Werke eines und desselben Verfassers möglichst nahe aneinanderrücken. Dieses Verfahren Ist anch insofern praktisch, als die Leser sehr häufig Werke desselben Autors begehren. Wenn diese nun nahe beieinanderstehen, vereinfacht man sich die Arbeit erheblich, man braucht dann nur an einer und nicht an zwei, drei oder mehr Stellen zu suchen. Dieses Ziel erreichen wir dadurch, daß wir dem ü noch einen zweiten kleinen Buchstaben beifügen, also üa, Ub, üc usw. Es werden nun in die einzel­ nen Unterabteilungen die Werke der Dichter so eingereiht, daß der An­ fangsbuchstabe des Schriftstellers dem zweiten kleinen Buchstaben entspricht. Es kommen also unter Ua Werke von Achleitner, Auerbach» Anzengruber, Arnim usw., unter üb solche von Biernatzki, Brackel, Busch, Böhlau uff. Unter ü (ohne zweiten Buchstaben) stehen Sammlungen von Novellen usw., die von verschiedenen Verfassern herrühren, z. B. Wiesbadener Volksbücher, BachemS Novellensammlung, Deutscher Novellenschatz u. dgl. Solche Sammlungen jedoch, deren Teile für sich abgeschlossene Ganze bilden, wer­ den zerlegt. ES wäre z. B. nicht richtig, die Rheinische Hausbücherei, von der jeder Band immer nur einen Autor hat, unter ü zu stellen. In diesem Falle wird man die ersten vier Bände, die von Horn sind, unter Uh, den fünften (von Pfarrius) unter Up und so fort einreihen. Ähnlich wie mit U wird man auch mit den Jugendschristen verfahren, wenn diese Abteilung sehr umfangreich ist. Unter Umständen wäre es auch 40

8. b) Gliederung und Bezeichnung des Bücherbestandes

zweckmäßig, diese Gruppe nach den Altersklassen, für die die einzelnen Bücher bestimmt sind, unterzugliedern. Man müßte es dann in ähnlicher Weise machen, wie es auf S. 94 für die Kinderlesehallen geschildert wird. Bei dem Verfahren, wie es eben für die Untergliederung von ü und J angegeben wurde, kommen die Werke der einzelnen Autoren nur zum Teil direkt nebeneinander zu stehen, eben nur insoweit, als die Bücher gleich bei der Einrichtung vorhanden sind. In diesem Falle wird man selbstver­ ständlich erst die Bücher alphabetisch nach den Verfassern sortieren und hintereinander eintragen. Der Zuwachs der späteren Jahre muß dann am Ende der Abteilung angeschoben werden. So ist also durch die Unter­ gliederung nur erreicht, daß die Werke desselben Verfassers auf einem oder höchstens zwei Brettern des Magazins und nicht in verschiedenen Regalen oder Schränken stehen. Der Vorteil ist natürlich auch so schon erheblich, aber die Lösung der Frage noch nicht vollständig gelungen. Jeder Versuch, dem Ziel, alle Bücher desselben Verfassers an einer Stelle zusammen zu haben, näher zu kommen, bietet neue Schwierigkeiten. Manche suchen sie dadurch zu überwinden, daß sie für jeden Autor eine Reihe von Nummern offen lassen, ein Verfahren, das sehr anfechtbar ist. Wer vermag vorher anzugeben, wieviel Bücher er noch von dem betreffenden Dichter anschaffen wird? Er läßt also Zahlen rein nach Gutdünken offen, und es stimmt nie; entweder find es zu viel oder es sind zu wenig. Deshalb ist man immer mehr von diesem System der sogenannten springenden Zahlen abgekommen. Die einzige vollkommene Lösung bietet die dreiteilige Bezeichnung, wobei zum Abteilungszeichen zwei Zahlen treten. Die eine derselben gibt die Nummer der Namenreihe, die zweite die des betreffenden Werkes an. Würden z. B. bei üa Achleitner Nr. 1, Alexis Nr. 2, Anzengruber Nr. 3, Auerbach Nr. 4 erhalten, so würden unter lüa alle Bücher von Achleitner, unter 2Ua die von Alexis, unter 3Ua die von Anzengruber, unter 4Ua die von Auerbach kommen. Zur Bezeichnung der einzelnen Werke würden Zahlen hinten angefügt. Nehmen wir das Beispiel Alexis an, so würde etwa sein: 2üal Die Hosen des Herrn von Bredow, 2Ua2 Der Werwolf, 2üa3 Cabanis, 2Ua4 Dorothee usw. Bei diesem Verfahren kann man natürlich nie in Verlegenheit kommen, da es ganz gleichgültig ist, ob wir von dem betreffenden Verfaffer 1,5,10 oder 20 Bücher haben bzw. erhalten. Dieselbe Art der Bezeichnung wendet man auch bei den gebundenen Zeitschriften an, wo ja ähnliche Schwierigkeiten bestehen. Auch hier gibt die erste Zahl den Namen der Zeitschrift an, z. B. 12 Gartenlaube, 2Z Uber Land und Meer, 3Z Alte und neue Welt usw. Die zweite Zahl gibt, falls die Zeitschrift Bandzählung besitzt,, die betreffende Bandzahl an. 2Z56 würde also bedeuten: Band 56 von Über Land und Meer. Nume­ riert die Zeitschrift nicht ihre Bände, so gibt man selbst ihr Zahlen und läßt einige Nummern frei, damit man nicht in Verlegenheit kommt, wenn einem ein ftüherer Jahrgang geschenkt wird. Nehmen wir den Fall an, eine Bücherei besitzt von der Gartenlaube die Jahrgänge 1890, 1892, 1894. Wie wird sie zweckmäßig verfahren? Sie wird zunächst für die früheren Jahre etwa 1—20 offen lassen. Der Jahrgang 1890 erhielte dann also

G. Die Volksbücherei.

die Bezeichnung 1221. Da eS sich, wie wir noch sehen werden, empfiehlt, die Jahrgänge solcher Zeitschriften in 2 Bände binden zu lassen, würde also der Jahrgang 1890 die Nrn. 21 und 22 beanspruchen. Für den nicht vor­ handenen Jahrgang 1891 müßten zwei Zahlen ftei gelassen werden; der Jahrgang 1892 würde dann die Bezeichnung 1225—26 erhalten, der Jahrgang 1894 1229—30 usw. Solche dreiteilige Bezeichnungen sind zwar sehr schön, machen die ganze Einrichtung jedoch komplizierter. Aus diesem Grunde empfehlen sie sich nur für größere Anstalten, kleinere kommen auch ohne sie mit Leichtigkeit auS. Der bibliothekarische Fachausdruck für die Bezeichnung der Bücher durch Zahlen und Buchstaben heißt Signatur oder Standortsbezeichnung. Bei der Aufstellung und demgemäß auch bei der Signierung spielt weiterhin die Größe der Bücher eine gewisse Rolle. Stellen wir ohne Rück­ sicht darauf die Bücher ein, so verschwenden wir einmal Raum, denn wir müssen unter Umständen wegen eines einzigen hohen Buches die Bretter des Gestells so weit auseinander stellen, daß dieses Platz hat. Ferner wer­ den leicht durch ein große- die kleineren Bücher beim Einstellen zurückge­ stoßen. Schließlich sieht ein solches Regal, in dem große und kleine Bücher bunt durcheinanderstehen, nicht schön aus. Darum ist es bester, eine Reihe von Zahlen für die großen Formate vorzubehalten, also in mittleren Bibliothekm 1—50, in größeren 1—100. Die Höhengrenze wird man auf etwa 24 cm Rückenhöhe ansetzen. Was darüber ist, kommt also in den ersten Zahlenkreis von 1—50 bzw. 1—100. Für die Unterhaltungsschristen fällt diese Teilung fort, da ja Romane u. dgl. nur in sogenannten Pracht­ ausgaben ein so hohes Format besitzen. Diese aber werden sich nur gelegent­ lich einmal in eine Bolksbibliothek verlaufen. Mit diesen Ausführungen haben wir bereits vorausgegriffen, denn die Signierung kann natürlich erst an der Hand des Fachkatalogs erfolgen.

c) Der Fachkatalog.

Der Fachkatalog führt, wie wir gesehen haben, einmal die Bücher nach Fächern auf und gibt uns zugleich Auskunft über die Art des Erwerbs. Da die Vordrucke, die von Vereine usw. für diesen Zweck auf den Martt gebracht wurden, mancherlei Mängel aufwiesen, hat die Beratungsstelle für die Volksbibliotheken im Regierungsbezirk Düffeldorf neue anfertigen lassen. Diese sind zu einem billigen Preise in einer Buchdruckerei vorrätig und be­ sitzen folgende Einteilung:

Fachbezeichnung Nr.

Dalum

Verfasser

Titel

Lieferant Preis

Bemer­ kungen

8. c) Der Fachkatalog

Die Spalten sind so breit bemessen, daß auch lange Verfassernamen und Buchtitel darin Platz haben. Jede Seite zählt 30 Zeilen, so daß also auf einem Bogen 120 Bände verzeichnet werden können. Für 1 M. erhält man 10 Bogen und damit Material für 1200 Bände. Bei größeren Be­ zügen ermäßigt sich natürlich der Preis. Infolgedessen sind in mehreren Kreisen die Formulare vom LandratSamt eingekaust und den Büchereien unentgeltlich überlasten worden, ein Verfahren, das allgemein empfohlen werden kann. Bei der Anlage des FachkatalogS müssen zunächst bei den einzelnen Fächern die für die Bücher großen Formats vorbehaltenen Zahlenreihen (1—50 oder 100) ausgezählt werden. Für jedes Fach wird ein neuer Bogen genommen, um bei späteren Nachschüben keine Schwierigkeiten zu haben. Die Aufnahme der Titel erfolgt sowohl hier wie beim alphabetischen Katalog in der einfachsten Form. Die Schreibarbeit wird auf ein Mindest­ maß beschränkt. Ebenso fallen alle Spitzfindigkeiten usw. fort, die wir auf diesem Gebiet in großen Bibliotheken sehen. ES wird nur so viel vom Titel ausgenommen, als unbedingt notwendig ist, sich über Namen und Art deS Buches zu unterrichten. Wir unterscheiden in der Volksbücherei die beiden Hauptgruppen der belehrenden und unterhaltenden Literatur. Diese Teilung tritt auch in der Katalogisierung insofern hervor, als wir bei der Titelaustlahme der beleh­ renden Bücher Auflage und Erscheinungsjahr vermerken, während wir diese Angaben bei den Romanen usw. fortlassen. DaS können wir deshalb tun, weil diese Bücher sich gleich bleiben. Ob wir vom „Hungerpastor" die 10. oder 25. Auflage haben, ist gleichgültig. Wichtig aber ist es zu wissen, ob ein Buch über die Elektrizität vom Jahre 1899 oder 1912 ist. Im Fachkatalog wird ferner der Inhalt der einzelnen Bände eines größeren Werkes nicht ausgenommen, sondern nur die Zahl derselben an­ gegeben. Eine auSgestllte Seite des FachkatalogS stehe Seite 44! Zu beachten ist bei E5, 7 und 8, daß für den Verfasternamen das Stichwort des Titels eintritt, wenn der Auwr unbekannt oder das Buch aus der Zusammenarbeit vieler entstanden ist. In der vorletzten Spalte wird der wirklich gezahlte, nicht der Laden­ preis angegeben. Ist das Buch geschenkt, so wird wie bei E7 und 8 ein G vermerkt. Doppelexemplare werden mit derselben Nummer wie das erste Exem­ plar versehen, nur wird beim zweiten Stück ein b, beim dritten ein c usw. zugefügt. Die entsprechende Eintragung erfolgt in der Spalte „Bemer­ kungen". Vergleiche Beispiel E4! Wird eine neuere Auflage eines Werkes angeschafft, so ist es dringend erwünscht, sie neben der alten stehen zu haben, damit man sofort sieht, welche zurzeit verleihbar ist. Dieses Ziel erreichen wir dadurch, daß wir die Zahl und den Buchstaben beim ersten Exemplar umstellen und die Zahl der Auflage anhängen. Von dem Buche E6 ist die 4. Auflage zunächst

Verfasser

Titel

ßunufpwS’dgtpoß 01

m /s

Datum

Durch Afrika von Ost nach West.

6./IV. 11. Schweinitz, H. H. Grs. v. In Kleinasien. 1906.

In der neuen Welt. I. 1894.

2. A. 99.

Götzen, G. A. Grs. v.

Spillmann, J.

Eroberung

Die, des Erdballs. 1908.

17} III. 12.

Das malerische und romantische Westfalen. 4. A. 1898.

Die , der deutschen Truppen in

F.

Lieferant

Preis

Gestohlen 22./X . 12.

Bemerkungen

Landratsami

5 , - ) . ________

(23./IV. 13. Mittler. 6,—).

6E 7

4b (15.(11.12. Mittler.

Müller C.

H. Wagner-Berlin

Schmidt-Cöln.

-

Nr.

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Kl

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Südwestafrika. I. 1903.

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Freiligrath , F. und Schücking, L.

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C. Die Volksbücherei.

8. c) Der Fachkatalog

vorhanden gewesen. Es wird später die 7. angeschafft. Dann stellen wir E6 in 6E um und hängen die Zahl der Auflage, also 7, an. So entsteht die Signatur 6E7. Auf dem Bücherbrett stehen nun E6 und 6E7 neben­ einander. Verlangt ein Leser das Buch, so wird ihm natürlich zunächst die neuere Auflage gegeben. Auch diese Vermerke kommen wieder in die Spalte „Bemerkungen". In dieselbe werden auch Berlustangaben usw. eingetragen. Vgl. El! Wir hatten vorhin von den dreiteiligen Standortsbezeichnungen ge­ sprochen. Der Vollständigkeit halber sei hier die Anlage der Fachkataloge pit diese geschildert. Für die Zeitschriften können wir den obigen Vordruck verwendend Nur muß für jede Zeitschrift ein besonderes Blatt reserviert bleiben. Eine Seite würde dann folgendermaßen aussehen (Beispiel v. S. 41).

D atum

1

Fachbezeichnung Verfasser

Titel

1Z21

Gartenlaube

Jahrgang 1890 I.

___ 22_

,,

Lieferant

Preis

Be­ merkungen

!

Nr.

___ 25_

»

„ II.



1899 I.

___ 26_

29 ____30

Schwarz-Berlin t

Frl. E. Schulten

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II



1894 I.

G.

Fr. M. Hamel

G.

„ II

Wird für die Abteilung ü die dreiteilige Standortsbezeichnung ge­ wünscht, so ist der ganze Apparat wesentlich umständlicher. Zunächst muß man diesen Fachkatalog auf Zetteln anlegen, da sonst für jeden Verfasser

G. Die Volksbücherei.

eine ganze Seite frer gelassen werden müßte. Auch eine alphabetische Ord­ nung ließe sich bei festen Seiten nicht ermöglichen. Die Zettel müßten dann folgendes Aussehen haben (Beispiel v. S. 41):

Willibald Alexis,

üa 2

2 Ua 1 Die Hosen des Herm von Bredow. 5./III. 10 F. C. Müller 2,50 2 Der Werwolf. 2,50 3 Cabanis. 4./X.11 Frl. E. Kremser G. 4 Dorothee. G. i» » » n n Für diese Zettel müßten Kästen oder Kapseln (vgl. unten!) angeschafft werden. Die Rechnungskonttolle ist weit schwieriger, ebenso das Aufstellen der Bücher. Alle diese Umstände mahnen also zur Vorsicht. Nur Biblio» theken mit größeren Mitteln sollten sich an diese Einrichtung wagen. Eine Notwendigkeit ist dafür nur in ganz großen Anstalten vorhanden. Ist das Buch in den Fachkatalog eingetragen, so wird auf dem Titel­ blatt die Signatur vermerkt und das Buch mit dem Stempel versehen. ES ist jetzt Eigentum der Bibliothek. Der Stempel hat am zweckmäßigsten die Form und Größe eines Fünfmarkstückes. Der Name der Bibliothek muß natürlich groß und deutlich sein. Auf Stadtwappen usw. kann man verzichten. Am besten stempelt man das Buch links unten an der Innenseite des Titelblatts, links oberhalb der Berlagsvermerks. Auf diese Weise tritt er deutlich hervor und kann nur durch Herausschneiden eines großen Teils des Titelblatts entfernt werden. Die Signatur schreibt man rechts neben den Stempel. Der Fachkatalog ist gleichfalls die Grundlage derRechnungSführung. Die eingehenden Rechnungen werden mit den hier gemachten Eintragungen verglichen. Im Fachkatalog wird bei jeder Preisangabe mit roter Tinte ein b (— bezahlt) hinzugesetzt, auf der Rechnung bei jedem Buche die Sig­ natur gleichfalls mit roter Tinte vermerkt. So ergänzen sich die Angaben des Fachkatalogs und der Rechnungen gegenseitig. Doppelbezahlungen u. dgl. sind ausgeschlossen.

d) Der alphabetische Katalog.

Der alphabetische Katalog hat den Zweck, uns ohne Schwierigkeiten zu sagen, welche Verfasser und mit welchen Werken sie in der Bücherei vertretm sind. Er bildet zugleich die Grundlage für die BtbliothekSverwaltung. Aus diesen Gründen muß auch die Aufnahme der Titel mit besonderer Sorgfalt erfolgen. Während für den Fachkatalog die Bandform die zweckmäßigste ist, muß der alphabetische Katalog auf Zetteln angelegt werden, da nur so die Möglichkeit gegeben ist, die alphabetische Ordnung für immer zu wahren. Diese Art der Anlage bringt die Gefahr des Verlustes oder des Verstellens von Zetteln nahe, wodurch allerlei Schwierigkeiten entstehen. ES war daher daS Bestreben der Bibliothekstechnik, sowohl für die Form der Zettel wie 46

8. d) Der alphabetische Katalog auch für ihre Aufbewahrung immer vollkommenere Lösungen zu suchen. Wir unterscheiden zwei Arten der Aufbewahrung, durch die auch Form und Art der Zettel bestimmt wird. Das eine System ist das Schrank-, das an­ dere das Kapselsystem. Bei dem ersten werden die Zettel in Schränken aufgestellt, sie müssen also aus steifem Karton hergestellt sein, damit sie sich leicht blättern lassen und eine große Widerstandsfähigkeit besitzen. Die Größe und Liniatur dieser Karten war bisher in den verschiedenen Bibliotheken sehr verschieden. Seit einigen Jahren jedoch wird auch in Deutschland die in Amerika längst durchgeführte Einheitlichkeit mit Erfolg angestrebt. Als Muster dienen die englisch-amerikanischen Zettel, so daß man beinahe von einem einheitlichen Weltformat in einiger Zeit wird sprechen dürfen. Diese Karten sind 121/2x7l/e cm groß und zweckentsprechend liniiert. In Deutschland werden sie von der Leipziger Buchbinderei-Aktien-Gesellschaft (Dornt. G. Fritzsche) in Leipzig sowie der G. m. b. H. Kontor-Reform in Lübeck 19 hergestellt. Da dafür ein guter Karton verarbeitet werden muß, sind diese Zettel teuer. Um ein Herausnehmen der Zettel durch Unbefugte zu verhindern und um dem ganzen Block einen festeren Halt zu geben, werden die Karten im Schrank durch eine Messingstange festgehalten, die durch ein unten in den Zetteln befindliches Loch gesteckt wird. Diese Zettelschränke weisen ver­ schiedene Konstruktionen auf. Soweit sie mir bekannt sind, sind die von dem Public Library Bureau in London hergestellten die besten. Eine der wichtigsten Bedingungen, die diese Schränke erfüllen müssen, ist der staub­ dichte Abschluß der Zettel. Diese erfordert vollständig trockenes Holz und sehr genaue Arbeit, Voraussetzungen, die man an deutschen Fabrikaten leider öfter vermissen mußte. In letzter Zeit soll es allerdings beffer geworden sein, da sich auch auf diesem Gebiet ein lebhafterer Wettbewerb bemerkbar gemacht hat. Eine weitere konstruktive Schwierigkeit besteht darin, eine Einrichtung zu treffen, wodurch die Karten stets in senkrechter Stellung gehalten werden, gleichviel ob der Kasten voll oder halb leer ist. Auch dafür hat man mehrere, allerdings auch sehr ungleichwertige Lösungen gefunden. Solche Katalogschränke werden in Deutschland hergestellt von der schon erwähnten Leipziger Buchbinderei-Aktien-Gesellschaft, von der KontorReform in Lübeck 19, der Straßburger Patent-Büchergestell-Fabrik Wolf Retter & Jacobi in Straßburg und von Glogowski & Co. Berlin N 65. Diese Art der Anlage des alphabetischen Katalogs ist zwar sehr dauer­ haft, aber auch sehr kostspielig. Außerdem ist die Arbeit daran viel um­ ständlicher als an den Kapselkatalogen. Deshalb ist der Schrankkatalog kleinen Volksbibliotheken im allgemeinen nicht zu empfehlen. Viel einfacher, billiger und darum für die Verhältnisse» die wir hier im Auge haben, geeigneter ist der Kapselkatalog. Dieser besteht aus Zetteln von gutem Schreibpapier, die durch einen Mechanismus in einer Kapsel so befestigt werden können, daß aus den einzelnen Zetteln ein Buch entsteht. Diese selbst sowie die aus Pappe und einzelnen Metallteilen hergestellten Kapseln sind wesentlich billiger als die Kartons und Schränke. Außerdem

C. Die Volksbücherei.

kann man, wenn ein gedruckter Katalog fehlt, diese Kapseln dem Publikum zur Benutzung geben. Will der Bücherwart zu Hause daran arbeiten, so kann er sie bequem mitnehmen. Alle diese Gründe sind so einleuchtend, daß die Entscheidung nur zugunsten des Kapselkatalogs fallen kann.

Solche Kapselkataloge stellen folgende Firmen her: Bibliothekar Teerig, Frankfurt a. M., Freibibliothek Stoltzestraße, Straßburger Patent-Bücher­ gestell-Fabrik Wolf Netter & Jacobi, Straßburg i. E. und Soennecken in Bonn. Wie oben schon erwähnt, gehört der alphabetische Katalog zu den wich­ tigsten Einrichtungsgegenständen. Seine Anlage muß darum mit größter Genauigkeit erfolgen. Ein besonderer Wert ist auch auf eine gute, Kare Schrift zu legen, denn nicht nur der Bibliothekar, sondern auch andere Leute wollen darin lesen. Für die Aufnahme der Titel der Bücher hat Preußen genaue Vorschriften erlassen. Diese sogenannten „preußischen Instruktionen" haben jedoch nur die Bedürfnisse der großen staatlichen Anstalten im Auge und sind deshalb für unsere Zwecke unbrauchbar. Eine Katalogisierungsordnung für VolkSbibliotheken gibt es noch nicht. In den folgenden Ausführungen kommen die Erfahrungen zum Wort, die ich in jahrelanger Praxis gesammelt habe, und die sich als vollständig sicher und ausreichend bereits bewährt haben. Wie ich schon oben ausgeführt habe, soll der alphabetische Katalog gleich so angelegt werden, daß er als Manuskript für den Druckkatalog be­ nutzt werden kann. Zu diesem Zwecke werden alle Angaben, die nicht ge­ druckt werden sollen, in Klammern gesetzt. Wenn nun der Druck erfolgen soll, brauchen die Zettel nur entsprechend geordnet zu werden. Das ist die ganze Arbeit, die der Büchenvart mit dem Manuskript hat. Für die Katalogisierung gelten zunächst folgende Grundregeln: 1. Für jedes Werk wird ein besonderer Zettel angelegt. Rei