194 38 206MB
German Pages 776 [774] Year 1964
H E R M A N N VON G.UTTENBERG L E H R B U C H D E R A L L G E M E I N E N BOTANIK
HERMANN VON GUTTENBERG em. o. Professor der Botanik an der Universität Rostock
LEHRBUCH DER ALLGEMEINEN BOTANIK Mit 637 Abbildungen im Text, 10 Tafeln und 14 Tabellen
6. neubearbeitete Auflage
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1965
Als L e h r b u c h an den Universitäten u n d Hochschulen der D e u t s c h e n D e m o k r a t i s c h e n R e p u b l i k e i n g e f ü h r t Staatssekretariat f ü r das H o c h - u n d Fachschulwesen
Erschienen i m A k a d e m i e - V e r l a g G m b H , Berlin W 8, Leipziger S t r a ß e 3 — 4 C o p y r i g h t 1951 b y A k a d e m i e - V e r l a g G m b H L i z e n z n u m m e y : 202 • 100/438/62 G e s a m t h e r s t e l l u n g : D r u c k h a u s „ M a x i m Gorki", A l t e n b u r g B e s t e l l n u m m e r : 5037 • ES 18 G 2
VORWORT ZUR ERSTEN
AUFLAGE
Vor einer Reihe von Jahren erging an mich dje Aufforderung, das „Lehrbuch der Allgemeinen Botanik" von WABMING-JOHANNSEN n e u herauszugeben. In der Tat fehlte ein solches Lehrbuch damals gänzlich. I n keinem der vorhandenen Werke wurde der Grundstoff dieser Wissenschaft gleichmäßig u n d in der Ausführlichkeit behandelt, wie sie der Unterricht an Hochschulen erfordert. Diese Lücke wurde auch, später nicht geschlossen. Die n e u erschienenen Lehrbücher widmeten sich in einseitiger Weise der Pflanzenphysiologie, u n d -hier wieder wurde die Reizphysiologie gegenüber der des Stoffwechsels stark vernachlässigt. W e n n n u n auch in der Forschung heute physiologische Probleme i m Vordergründe stehen, so m u ß ein Lehrbuch doch auch die gesamte Morphologie in gleicher Ausführlichkeit behandeln. Das war der Vorzug des Buches von WARMINGJOHANNSEN gewesen, u n d deswegen wurde es immer wieder verlangt. Eine Neubearbeitung dieses Werkes konnte heute nicht m e h r in'Frage kommen. Dazu liegt die Zeit seines Erscheinens schon zu weit zurück. Doch hielt ich es f ü r richtig, ein entsprechendes Lehrbuch n e u zu verfassen, u m so mehr, Eds die Klagen über den Mangel geeigneter Studienbücher immer lauter wurden. Der Plein, der mich bei der Abfassung des Buches leitete, wurde schon oben angedeutet. Es sollte die Hauptabschnitte der Allgemeinen Botanik, nämlich Zellen- u n d Gewebelehre, die Morphologie der äußeren Gestalt sowie die verschiedenen Abschnitte der Physiologie möglichst paritätisch behandeln. Es lag daher nahe, von den eigenen Vorlesungen auszugehen, die den Studierenden das Ausmaß an Stoff zu bieten versuchen, das i m allgemeinen als ausreichend f ü r ihre Abschlußprüfungen betrachtet wird. W e r sich freilich ganz der Botanik widmen will, m u ß schon während der Studienzeit zu Handbüchern greifen. Bei der Darstellung des Stoffes b e m ü h t e ich mich möglichster Einfachheit u n d Klarheit, u m das Buch auch dem Anfänger zugänglich zu machen. Jeder Abschnitt wurde in der Form dargestellt, von der ich glaube, daß sie a m besten z u m Verständnis gerade dieses Stoffes f ü h r t . Meine Absicht war, ein Lehrbuch zu schreiben, das gleichzeitig auch ein „ L e r n b u c h " ist, u n d dieser Zweck wird meines Erachtens nicht erreicht, wenn der Verfasser von einer betont subjektiven Einstellung ausgeht. D a m i t würde das Buch zwar origineller, aber k a u m nützlicher. Der riesige U m f a n g des Stoffes zwang zu Einschränkungen, die ja auch im Unterricht unvermeidlich sind. An welchen Stellen m a n solche vornehmen soll, darüber werden die Ansichten i m m e r geteilt sein. Ich bin der Meinung, daß m a n
VI
Vorwort
Grenzen besonders da zu ziehen hat, wo ein Verständnis ohne Heranziehung anderer Wissenschaften nicht mehr erzielt werden kann. Das gilt besonders für die physiologische Chemie, deren botanischer Teil in einem besonderen Lehrbuch behandelt werden müßte, das uns leider fehlt. Auch die Genetik konnte nur kurz dargestellt werden, um so mehr,. als hierfür verschiedene Lehrbücher zur Verfügung stehen.' Möglichste Reichhaltigkeit und Sorgfalt wurde bei" der Bebilderung des Buches • angestrebt. Vorhandene, in jeder Hinsicht einwandfreie Abbildungen wurden übernommen, da hier Neuzeichnungen überflüssig und zum Teil aus Materialmangel gar nicht möglich waren. Ich danke besonders Herrn Prof. Dr. TROLL für die freundliche Erlaubnis, aus seiner „Vergleichenden Morphologie der höheren Pflanzen" Bildmaterial entnehmen zu dürfen. Daß ich im Sinne meiner verstorbenen Lehrer G. HABEBLANDT und R. v. W E T T S T E I N handelte, wenn ich aus ihren klassischen Werken Abbildungen auswählte, darf ich als sicher einnehmen. Eigene Bilder fertigte ich überall dort an, wo mir passende Darstellungen bisher zu fehlen schienen. Ich versuchte ferner, durch teilweise Umzeichnung eine möglichst einheitliche Bebilderung zu erreichen und dabei frühere. Fehler zu verbessern. Daß der Verlag die hohen Kosten nicht scheute, die dieses Verfahren mit sich brachte, verpflichtet mich ihm gegenüber zu ganz besonderem Dank. Von einem besonderen Literaturverzeichnis nahm ich Abstand, da es kaum mehr möglich ist, aus der Fülle der Arbeiten eine auch nur einigermaßen objektive Auswahl zu treffen. Überdies wäre ein sehr großer Teil davon den Studenten heute gar nicht zugänglich. Ich beschränkte mich daher darauf, bei den Hauptabschnitten auf Handbücher und zusammenfassende Referate hinzuweisen, die über die Originalarbeiten Auskunft geben. So übergebe ich das Buch den Studierenden der Biologie, Pharmazie, Landwirtschaft und Medizin in der Hoffnung, eine brauchbare Unterlage für ihr Studium geschaffen zu haben, und mit dem Wunsche, daß es 'manchen unter ihnen zu späterer eigener Forschung anrege. Den Fachkollegen bin ich für eine kritische Beurteilung nur dankbar; andererseits erbitte ich aber auch ihr Nachsicht in Anbetracht der ungemein schwierigen Umstände, unter denen dieses Buch zustande kam. Rostock, im Januar 1950
HEBMANN VON GTJTTENBEBG
VORWORT ZUR V I E R T E N A U F L A G E
Das "Erscheinen dieser vierten Auflage bot mir die erwünschte Gelegenheit, a m vorliegenden Lehrbuch Verbesserungen u n d Ergänzungen vorzunehmen. Solche lagen mir selbst a m Herzen, auch wurden manche durch Beurteiler u n d Leser des Buches angeregt. Ich danke allen, die mir durch kritische Bemerkungen eine Verbesserung ermöglichten, u n d bitte auch weiter, mich auf Fehler oder Mängel aufmerksam zu machen. Der rasche Absatz der ersten drei Auflagen gestattete n u r geringfügige Korrekturen. N u n m e h r stand m e h r Zeit zur Verfügung u n d vor edlem auch die neue ausländische Literatur, von der ich bei der ersten Bearbeitung so gut wie abgeschnitten war. Die Ergebnisse der neueren u n d neuesten Forschung machen die Arbeit freilich nicht leichter. Sie liegen in erster Linie auf dem Gebiet der chemischen Physiplogie, u n d so wird es immer schwerer, Darstellungen zu finden, die allgemein verständlich sind. Die Meinung mancher Beurteiler des Buches, daß der zweite Teil, nämlich die Physiologie, gegenüber dem ersten Teil, der Morphologie, an U m f a n g zurückstehe, ist freilich irrtümlich. Die höhere Seitenzahl des ersten Teiles wird n u r durch die zahlreichen Abbildungen bedingt, die Textlänge ist die gleiche. Auch war es ausgesprochene Absicht, die Morphologie ausführlich zu behandeln u n d nicht n u r auszugsweise, wie es in vielen Lehrbüchern der Allgemeinen Botanik geschehen ist. Dieser Grundsatz wurde beibehalten, "doch wurde, die Physiologie in manchen Abschnitten beträchtlich ergänzt oder auch ganz n e u bearbeitet. Das gilt besonders f ü r die Darstellung der chemischen Konstitution, der Nährsalzaufnahme, der Atmung, der Wuchsstofflehre, der Vitamine u n d der Viren. Auch in der Morphologie wurde manches verbessert. So wurde die Embryologie der Angiospermen ausführlicher dargestellt; sie wird vielfach zu knapp behandelt. Der Abschnitt über die Entwicklung des Wurzelvegetationspunktes wurde umgearbeitet. Er k a n n trotzdem n u r ein Provisorium darstellen, da zur vollen Klärung des Problems weitere Untersuchungen notwendig sind. Das gleiche gilt f ü r die Entwicklung der Vegetationsspitze des Sprosses. Ich habe n u n m e h r die Tunica-Corpuslehre akzeptiert, m u ß t e aber darauf hinweisen, daß sie deshalb nicht voll befriedigen kann, weil sie n u r die Bauverhältnisse des Vegetationskegels schildert, aber kejne Hinweise f ü r die Histogenese liefert. Ferner n i m m t das Dermatogen der Angiospermen sowohl anatomisch als auch physiologisch eine so klare Sonderstellung ein, daß es nicht befriedigen kann, diese Zellenlage n u r als erste Tunicaschicht zu bezeichnen. Von einigen Seiten wurde die Ansicht geäußert, das Buch sei wohl f ü r Biologen brauchbar, nicht aber f ü r Mediziner, Landwirte, Pharmazeuten usw. Offenbar
VIII
Vorwort
wurde vermißt, daß nicht im einzelnen auf die besonderen Bedürfnisse dieser Studienrichtungen eingegangen wurde. Das ist aber meines Erachtens nicht mehr Aufgabe eines Lehrbuches der Allgemeinen Botanik. Ein solches kann und soll, wie schon der Name sagt, nur die Kenntnis der allgemeinen Grundlagen der Botanik vermitteln, nicht aber spezielle Anweisungen für die praktische Verwertung von Pflanzen geben. So hoffe ich, daß das Buch in seiner verbesserten und etwas .erweiterten Form edlen Studierenden, die sich mit botanisch -biologischen Problemen zu befassen haben, ein.nützlicher Helfer und Begleiter sein wird. Rostock, im März 1954
HEBMANN V. GUTTENBEBG
VORWORT ZUR SECHSTEN AUFLAGE Mit dem vorliegendem Bande lege ich die 6. Auflage dieses Lehrbuches vor. Seit dem Erscheinen der letzten (1956) sind nunmehr 5 Jahre verflossen. So kurz diese Zeitspanne auch erscheint, so genügte sie doch, um unser Wissen auf dem Gebiet der Allgemeinen Botanik erheblich zu erweitern. Das machte es. notwendig, den Inhalt nach Möglichkeit zu revidieren und zu ergänzen. Auf dem Gebiete der Morphologie sind es besonders die Ergebnisse der Elektronenmikroskopie, die zu berücksichtigen waren; dafür waren auch einige neue Abbildungen erforderlich, und ich danke den Kollegen, die sie mir zur Reproduktion überließen. Meine Studien über die Histogenese ermöglichten es, diese Abschnitte einheitlich neu zu fassen. Die Pflanzenphysiologie befindet sich, besonders infolge der Einführung neuer Methoden, in so rapider Entwicklung, daß es wohl für niemanden mehr möglich ist, sie in allen ihren Teilen voll zu beherrschen. Das seither erschienene Handbuch der Pflanzenphysiologie legt dafür ein klares Zeugnis ab. Es konnte aus der Fülle des Stoffes nur einiges prinzipiell Wichtige ausgewählt werden; so wurde der Abschnitt über die Photosynthese ergänzt und die Virusforschung stärker berücksichtigt. Auch die Genetik wurde überholt und etwas erweitert. Dieses Kapitel soll, was manchen Kritikern wohl nicht ganz klar wurde, nur eine kurze Einführung in dieses ausgedehnte Wissensgebiet bringen, die für jene Studierenden bestimmt ist, denen ein Lehrbuch der Vererbungslehre nicht zur Verfügung steht. Daß an sehr vielen weiteren Stellen des Buches kleinere Ergänzungen und Verbesserungen vorgenommen wurden, wird dem Leser nicht so deutlich ins Auge fallen. Sie durften deshalb nicht zu weit gehen, weil sonst die Gefahr bestand, daß der-Rahmen eines Lehrbuches für, Studierende gesprengt würde. Ich hoffe, daß es mir trotz aller Schwierigkeiten gelungen ist, eine dem heutigen Stande unseres Wissens entsprechende Unterlage für das Studium der Allgemeinen Botanik zu schaffen. Rostock, im September 1961
HEBMANN VON GUTTENBEBG
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
V
Einleitung
1 Erster
Teil
MORPHOLOGIE
Aufgaben und Möglichkeiten der morphologischen Erster Abschnitt: Zellenlehre (Zytologie) A. Allgemeines
Forschung
B. Der B a u der Zelle I. Zellgröße unjl Zellform II. Das Protoplasma u n d seine Einschlüsse 1. Das Zytoplasma 2. Der Zellkern 3. Der Chemismus des Zellkerns 4. Die Piastiden 5. Die Mitochondrien 6. Alloplasmatische Gebilde 7. Der Chemismus des Protoplasmas 8. Die physikalischen Eigenschaften des Protoplasmas
7 12 12 15 15 16 17 19 23 23 31 31 33 35
III. Die K e r n - u n d Zellteilung 1. Die Kernteilung (Mitosis) 2. Der Feinbau der Chromosomen 3. Die Kernteilung bei Algen und Pilzen 4. Die Meiosis (Reduktionsteilung) 5. Die Zellteilung 6. Freie Kernteilung 7. Freie Zellbildung 8. Zellabschniirung und Sprossung 9. Plasmodesmen und Zellfusionen IV. Die ergastischen Gebilde 1. Die Stärkekörner 2. Die Kristalle 3. Die Fette V. Die Vakuolen . -
36 37 42 45 45 51 53 54 56 56 58 58 61 64 65
VI. Die Zellmembran 1. B a u und Wachstum der Membran 2. Die chemische Natur der Zellmembran 3. Die Feinstruktur der Zellulosemembran und deren physikalische Eigenschaften
69 69 73 78
X
Inhaltsverzeichnis
Zweiter Abschnitt: Geweb'elehre (Histologie) A. Kolonien und Gewebe B. Die Gewebesysteme I. Die Bildungsgewebe (Meristeme) II. Das Hautsystem a) Die äußeren Häute 1. Die Epidermis 2. Die Trichome 5. Das Korkgewebe 4. Die Exodermis (Interkutis) b) Die inneren Häute 1. Die Endodermis 2. Das Polyderm III. Das Absorptionssystem 1. Die Rhizodermis 2. Die Durchlaßzellen 3. Das Velamen 4. Die Absorptionshaare der Laubblätter 5. Die Haustorien 6. Die Absorptionsemrichtungen niederer Pflanzen IV. Das Assimilationssystem V. Das Sekretionssystem 1. Die Hydathoden 2. Die Verdauungsdrüsen 3. Die Nektarien 4. Die Öl-, Harz- und Gummidrüsen a) Innere Drüsen b) Äußere Drüsen c) Milchröhren , 5. Die Kristallbehälter VI. Das Speichersystem VII. Das Durchlüftungssystem VIII. Das mechanische System 1. Die Bastzellen 2. Die Libriformfasern 5. Die Kollenehymzellen 4. Die Sklerenchymzellen IX. Das Leitungssystem 1. Die Elemente der Wasserleitung 2. Die Elemente der Stoffleitung 5. Die Gefäßbündel a) Zentrische Bündel b) Kollaterale Bündel c) Radiale Bündel 4. Die physiologische Bedeutung der Bündeltypen . . . '. X. Das Bewegungssystem XI. Das Perzeptionssystem
85 83 88 88 91 91 91 94 97 101 101 101 102 104 .104 .106 107 108 111 112 113 119 119 122 123 124 125 129 131 132 153 155 145 146 148 148 150 152 152 157 159 161 164 167 169 170 170
Dritter Abschnitt-: Morphologie der äußeren Gestalt (Organographie) A. Die Symmetrieverhältnisse der Pflanzen
171 171
Inhaltsverzeichnis
XI
B. Thallus und Kormus C. Der Thallus I. Die Thallophyten II. Die Bryophyten
172 ,
D. Der Kormus (Die Kormophyten) I. Der Embryo II. Die Keimpflanze III. Der Sproß 1. Entwicklungsgeschichte 2.. Das primäre Dickenwachstum und die Streckung 5. Die Anatomie der Achse 4. Das sekundäre Dickenwachstum des Sprosses a) Der Kambiumring und seine Elemente b) Die Bildung der Markstrahlen c) Die sekundäre Rinde d) Der Holzkörper