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German Pages 457 [460] Year 2005
Constanze Werner Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit bei B M W
Perspektiven Schriftenreihe der B M W Group - Konzernarchiv
Band 1
R. Oldenbourg Verlag München 2006
Constanze Werner
Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit bei BMW Im Auftrag von MTU Aero Engines und BMW Group
R. Oldenbourg Verlag München 2006
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
© 2006 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH, München ISBN10: 3-486-57792-1 ISBN13: 978-3-486-57792-1
Inhaltsverzeichnis Vorwort Geleitwort Einleitung I.
Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern: Expansion, Unternehmensfinanzierung und staatliche Einflussmaßnahmen (1933 bis 1939) 1. D e r Schein relativer Stabilität. Unternehmenslage und corporate governance bis 1933 2. Abschied vom Automobilgeschäft 3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs 4. Uberschuldung, Übergewinne, Übernahmen: Probleme der Unternehmensfinanzierung und Kapitalverfassung 5. Koordinations- und Leitungsprobleme: Aspekte der Unternehmensführung und corporate governance
II.
Die Krise als Dauerzustand: Führungskrise, Technologieprobleme, Fertigungsorganisation und Zwangsarbeit (BMW 1939 bis 1945). . 1. Kriegswirtschaft und Unternehmenspolitik 1.1. Das Ende der Ära Popp. Die Führungskrise bei B M W zwischen Privatinteressen, Unternehmensinteressen und Reichsinteressen 1.2. Von der Flugmotoren- zur Strahltriebwerks- und Raketenentwicklung. Aspekte der Innovationsfähigkeit und Technologiekompetenz von BMW unter dem NS-Regime. 1.3. Die gescheiterte Neuordnung: Unternehmenspolitik, Unternehmensfinanzierung und die Erosion der corporate governance (1942 bis 1945) 1.4. Die „Hille-Krise": Machtkämpfe, Rivalitäten, Radikalisierung 2. Die „neue Betriebsgemeinschaft". Fertigungsorganisation und Zwangsarbeitereinsatz 2.1. Der mühsame Weg zur Massenproduktion 2.2. Fertigungsorganisation und Arbeitskräfteprobleme in der Münchner Werksgruppe: Das Stammwerk Milbertshofen und das „KZ-Werk" Allach
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Inhaltsverzeichnis
2.3. Zwischen Kollegialität und Diskriminierung: Die vielen Gesichter der betrieblichen Arbeitswelt 2.4. Die Grenzen der Produktionssteuerung: Unternehmenseigene Qualifizierungsmaßnahmen und betriebliches Wohnlager-Management 2.5. Produktionssteuerung und Zwangsarbeit in der Werksgruppe Eisenach 2.6. Die Berliner Werksgruppe und das Problemwerk Zühlsdorf/Basdorf 2.7. Das Scheitern des werksübergreifenden Produktionsverbundes im Zeichen von transnationalen und lokalen Fertigungsverlagerungen: Das Zuliefersystem im Krieg . . . 2.8. Regionale Dezentralisierung und die Verlagerungsaktion „Markirch" 2.9. Kooperation mit SS und OT: Das BMW-Management und die Aktivitäten zur Untertageproduktion
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216 236 263
280 308 328
III. Am Ende der Sackgasse: Der Untergang des Flugmotorenkonzerns und der beschwerliche Aufl?ruch zur Neubegründung als Automobilunternehmen (1945 bis Ende der 50er Jahre) 349 1. Das Schicksal der Werke: Die materiellen und immateriellen Demontage- und Reparationsverluste
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2. „Private or public property"? Die Auseinandersetzungen um das Werk Allach und das Problem der corporate governance...
357
3. Der schwierige Start in die Nachkriegszeit: Unternehmensentwicklung im Schatten der NS-Vergangenheit
365
Schluss
373
Anhang
379
Liste der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder im BMWKonzern 1933 bis 1945
379
Kurzbiographien
381
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
385
Abkürzungsverzeichnis
419
Quellenverzeichnis
421
Literaturverzeichnis
431
Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen
439
Abbildungsnachweis
440
Register
441
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen des gemeinsamen Projektes „Zwangsarbeit" der M T U Aero Engines G m b H und der B M W Group entstanden. Als Rechtsnachfolgerin der B M W Flugmotorenbau G m b H München beauftragte die M T U Aero Engines G m b H im Jahr 1999 die beiden Historikerinnen Constanze Werner und Dr. Katja Klee mit Recherchen zur Geschichte der Zwangsarbeit in den Werken der B M W Flugmotorenbau G m b H M ü n chen während des Zweiten Weltkrieges. A b M ä r z 2001 beteiligte sich die B M W Group München an diesem Projekt, das ab diesem Zeitpunkt auf alle Konzernwerke der damaligen B M W AG ausgeweitet wurde. Diese Forschungsaktivitäten bildeten einen weiteren Aspekt im Engagement der beiden Unternehmen, ihre Historie aufzuarbeiten und Verantwortung für das Gewesene zu übernehmen. Bereits im Jahre 2000 hatten sich die Unternehmen - die M T U über den damaligen Mutterkonzern DaimlerChrysler AG - als Gründungsmitglieder an der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter maßgeblich beteiligt. Nach Abschluss der umfangreichen Recherchen, die auch Zeitzeugenbefragungen in den östlichen Ländern mit einschloss, entschieden sich beide Firmen gemeinsam dafür, zwei wissenschaftliche Arbeiten zu beauftragen. Sie sollten die gesammelten Quellen verarbeiten und das Wissen über den Flugmotorenbau und B M W im „Dritten Reich" erweitern. Die vorliegende Arbeit über den Zeitraum 1939 bis 1945 mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit bei B M W " konnte von Constanze Werner im Jahr 2004 abgeschlossen werden. Beide auftraggebenden Firmen haben der Autorin bei der Abfassung des Buches inhaltlich keinerlei Vorgaben oder Einschränkungen auferlegt. Ihre Wertungen und Schlüsse basieren auf den Ergebnissen der vorangegangenen Recherchen und auf der eingehenden Beschäftigung mit den erarbeiteten Quellen. Wir freuen uns, dass Frau Werner mit der vorliegenden Arbeit im Sommer 2004 erfolgreich an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert hat. Eine weitere Veröffentlichung über die Vorkriegszeit von ca. 1925 bis 1939 ist in Vorbereitung. Die fachliche Betreuung des Projektes übernahm ein wissenschaftlicher Beirat, dem Prof. Dr. Helmuth Trischler - Forschungsinstitut des Deutschen Museums - , Dr. Andreas Heusler - Stadtarchiv München - und Dr. Mark Spoerer - Universität Hohenheim - angehören. Die Mitglieder des Beirates haben mit ihren Anmerkungen und Hinweisen das Ergebnis maßgeblich gefördert, wofür ihnen der Dank beider Firmen gilt. Mit der Publikation dieser Studie und einer weiteren Arbeit setzen beide
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Vorwort
Unternehmen ihren Weg des gemeinsamen Erinnerns fort - das Los der Zwangsarbeiter verpflichtet unsere Unternehmen auch in der Zukunft. München im Juni 2005
Michael Hauger
Eva Melzer-Hollederer
Ί^ΊΖ. Richard Gaul
Florian Triebel
Geleitwort des Wissenschaftlichen Beirats Die Bayerischen Motoren Werke entwickelten sich im „Dritten Reich" zu einem Schlüsselunternehmen der nationalsozialistischen Rüstungs- und Kriegswirtschaft. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und verstärkt mit der Forcierung der Aufrüstung 1936 wurde aus dem diversifizierten Konzern ein fast völlig auf die Produktion von Flugzeugmotoren ausgerichtetes Unternehmen. Im Einflussbereich des Luftrüstungsblocks von Hermann Göring schmolzen die unternehmerischen Entscheidungsspielräume zusammen. D o c h wäre es gründlich verfehlt, B M W als politisch gelenkten, aller Handlungsoptionen beraubten Befehlsempfänger der N S - R ü s tungsbürokratie sehen zu wollen. Vielmehr waren B M W und die staatlichen Organe der Luftrüstung eng ineinander verwoben - dies wird die in Bälde erscheinende Studie von Till Lorenzen über B M W in den 1920er und 1930er Jahren nochmals unterstreichen. Die Entwicklung des Flugmotorenkonzerns mit Stammsitz München gestaltete sich als permanenter Aushandlungsprozess zwischen unternehmerischer und politischer Handlungsrationalität. Diesen ebenso komplexen wie dynamischen Prozess zeichnet Constanze Werner überzeugend nach. B M W wird im Spannungsfeld von unternehmerischer Interessenwahrnehmung, politischer Anpassung und Verstrickung in die verbrecherische Vernichtungspolitik des NS-Regimes verortet und im kontrastierenden Vergleich mit den wichtigsten Konkurrenten auf dem in besonders starkem Maße politisch gelenkten Markt der Flugmotoren - vor allem Daimler-Benz und Junkers - konturiert. Besonders deutlich wird dabei die zunehmende Deformation des Unternehmens auf der Ebene der Führungsfunktionen und Aufsichtsgremien insbesondere in der zweiten Kriegshälfte, ein Prozess, dessen Ursprünge allerdings bereits in den Jahren der Aufrüstung zu erkennen sind. Die historisch gewachsene Unternehmenskultur ging darüber weitgehend verloren und musste nach 1945 neu fundiert und „erfunden" werden. Ausdruck dieser durchaus gelungenen „Erfindung einer Tradition" (Eric H o b s bawm) nach dem Zweiten Weltkrieg ist der ausschließliche Rückbezug von B M W auf die Tradition als Automobilhersteller. Das ehedem unternehmenstragende Kerngeschäft des Flugmotorenbaus wurde gemeinsam mit dem Zweigwerk München-Allach in zwei Schritten an die M A N übertragen, die es ihrerseits in die 1969 neu zu gründende M T U einbrachte. Damit grenzte B M W die Flugmotorenentwicklung aus der Selbstwahrnehmung des Unternehmens aus und entzog sie der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit. Welcher Käufer eines Fahrzeugs der 3er-, 5er- oder 7er-Serie ist sich heute bewusst, dass die Marke B M W über einen nicht geringen Teil der Konzerngeschichte hinweg für Flugtriebwerke im Kontext der NS-Kriegswirtschaft stand?
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G e l e i t w o r t des Wissenschaftlichen Beirats
Diesen lange Zeit weitgehend verdrängten Teil der eigenen Geschichte in das kulturelle Gedächtnis des Unternehmens reintegriert zu haben, ist das Verdienst der Studie von Constanze Werner. M T U und B M W haben gut daran getan, in einem gemeinsamen Projekt die finanziellen Voraussetzungen hierfür geschaffen zu haben. Denn für moderne, global agierende Konzerne wie M T U und B M W ist es unverzichtbar, sich ihren Mitarbeiterinnen, ihren Kundinnen und der allgemeinen Öffentlichkeit gegenüber zur Gesamtheit der eigenen Geschichte zu bekennen. Zu dieser historischen Totalität gehört auch die Verantwortung gegenüber den Zehntausenden von Zwangsarbeiterinnen, die bei B M W im Zweiten Weltkrieg beschäftigt waren. Denn sie waren eine feste Größe im Kalkül des Unternehmens und ein wichtiger Faktor in der Kriegswirtschaft des Regimes. D a nicht wenige deutsche Unternehmen nach wie vor den wissenschaftlichen Diskurs zu dieser Thematik meiden, leistet diese Studie einen wesentlichen - und aus Sicht der Unternehmensgeschichte vorbildlichen - Beitrag zur Erforschung der kriegswirtschaftlichen Ausbeutung von Zwangsarbeit. Die Studie verknüpft die Analyse des Zwangsarbeitereinsatzes bei B M W mit der Untersuchung der Unternehmensentwicklung. Auf diese Weise entsteht ein dynamisches Bild des situativen Reagierens der unternehmerischen Akteure auf das sich wandelnde wirtschaftliche und politische Umfeld während des Krieges. Der Wissenschaftliche Beirat hat die vorliegende Studie in ihrer Konzeption und Realisierung beratend begleitet und dafür Sorge getragen, dass sie in voller wissenschaftlicher Freiheit und unter Offenlegung sämtlicher relevanten Quellenbestände entstehen konnte. München, im Februar 2005
Helmuth Trischler Andreas Heusler Mark Spoerer
Einleitung Die NS-Zeit war für die Bayerischen Motoren Werke (BMW) keine bloße Episode, nach deren Ende das Unternehmen einfach wieder an seine Vorgeschichte anknüpfen konnte. Dies gilt in zweierlei Hinsicht. Erstens hatte sich das Unternehmen zu einem so frühen Zeitpunkt und vor allem in einem so weitgehenden Ausmaß mit dem NS-Regime und der nationalsozialistischen Rüstungs- und Kriegswirtschaft eingelassen, dass die Unternehmensentwicklung in eine Sackgasse führte. Wie für die deutschen Flugzeugunternehmen oder auch Junkers, dem großen Konkurrenten von B M W im Flugmotorenbereich, bedeutete das Kriegsende Zerstörung, Enteignung, Demontage und Produktionsverbot. Zweitens bestand, anders als bei Daimler-Benz, dem anderen Konkurrenten im Flugmotorengeschäft, keine lange Tradition als Automobilunternehmen, an die man nach 1945 hätte anknüpfen können. Bis zur Machtergreifung des NS-Regimes, mit der auch die konsequente und gezielte Ausrichtung des Unternehmens zum reinen Rüstungs- und Flugmotorenkonzern begann, hatte BMW, bedingt auch durch die Weltwirtschaftskrise, gerade einige Tausend Automobile in der erst 1928 erworbenen Eisenacher Fabrik gebaut. Die Geschichte des BMW-Konzerns in der NS-Zeit ist daher die Geschichte eines zunehmenden Verstrickungsprozesses mit dem NS-Regime und seiner Verbrechen, an dessen Ende der gezielte Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und KZ-Häftlingen stand. Und es ist die Geschichte einer Deformation des Unternehmens, die sich nicht nur auf die Organisation, Produktion und die Unternehmensfunktionen erstreckte, sondern die auch die in und für das Unternehmen arbeitenden Menschen, insbesondere die führenden Manager, erfasste. Diese Entwicklungen in ihren unterschiedlichen Facetten und Aspekten nachzuzeichnen und zu analysieren, ist das Ziel der vorliegenden Studie. Lange Zeit herrschte in der unternehmensgeschichtlichen Forschung zur NS-Zeit eine simple Dichotomie von Staat und Unternehmen. 1 Bei der Suche nach den Zusammenhängen und Wechselwirkungen dominierte die Perspektive der Instrumentalisierung für die nationalsozialistischen Ziele sowie die Unterordnung unter eine staatliche Befehlswirtschaft, gegenüber der es für 1 Vgl. Werner P l u m p e , U n t e r n e h m e n im N a t i o n a l s o z i a l i s m u s . E i n e Z w i s c h e n b i l a n z , in: Werner A b e l s h a u s e r u . a . ( H r s g . ) , W i r t s c h a f t s o r d n u n g , Staat und U n t e r n e h m e n . N e u e F o r s c h u n g e n zur Wirtschaftsgeschichte des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s , E s s e n 2003, S. 2 4 3 266 s o w i e C h r i s t o p h B u c h h e i m , J o n a s Scherner, A n m e r k u n g e n z u m W i r t s c h a f t s s y s t e m des „ D r i t t e n R e i c h s " , in: Werner A b e l s h a u s e r u . a . ( H r s g . ) , W i r t s c h a f t s o r d n u n g , Staat und U n t e r n e h m e n . N e u e F o r s c h u n g e n zur Wirtschaftsgeschichte des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s , E s s e n 2003, S. 81-98. A l l g e m e i n jetzt auch die E i n f ü h r u n g v o n H a r t m u t B e r g h o f f , M o d e r n e U n t e r n e h m e n s g e s c h i c h t e . E i n e themen- und theorieorientierte E i n f ü h r u n g , P a d e r b o r n 2004, S. 198 ff.
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Einleitung
die Unternehmen vor allem um eine Verteidigung und Erhaltung der betrieblichen Autonomie ging. Dieser Blick hat sich nun verändert. Es geht mittlerweile vor allem darum, das komplexe Ineinanderverwobensein von Unternehmen, NS-Wirtschaft, Staat und NS-Regime, dessen Ausmaß und Geschwindigkeit das Ergebnis eines ständigen Aushandlungsprozesses zwischen den diversen Behörden und Institutionen einerseits und den Unternehmen andererseits war, zu untersuchen. Es geht um die erzwungene, meist aber im vorauseilenden Gehorsam oder als Folge staatlicher Anreize bzw. in der Verfolgung unternehmenseigener Interessen erfolgte Implementierung der „neuen Regeln" des Wettbewerbs, der betriebswirtschaftlichen Kalkulation, der Unternehmensorganisation und -führung, d. h. insgesamt des unternehmerischen und wirtschaftlichen Handelns, und vor allem auch der dann erfolgten Praktizierung und Anwendung in ihrer je spezifischen „Rationalität". Die Unternehmen waren Bestandteil des NS- und Kriegswirtschaftssystems und die Flugzeug- und Flugmotorenkonzerne in besonders hohem Maße. Die Luftrüstung war, wenn man so will, ein ganz spezifischer und von den anderen Bereichen der Wirtschaft vielfach abgesonderter bzw. abgekoppelter .militärisch-industriell-politischer Komplex', mit eigenen rüstungsund kriegswirtschaftlichen Bedingungen und Zwängen und dem Reichsluftfahrtministerium (RLM) als Oberinstanz, ähnlich einer Holding-Funktion. 2 Gerade die Branche der Flugzeug- und Flugmotorenindustrie zeigt trotz der inzwischen erschienenen Untersuchungen einer Reihe von Einzelunternehmen, dass die Analyse weiterer Unternehmen sinnvoll und notwendig ist, denn die Verstrickung, Anpassung und Interessenswahrung der Unternehmen in der NS-Zeit konnte auch innerhalb der gleichen Branche jeweils höchst unterschiedlich sein. Es gab nicht die Luftrüstungspolitik des RLM, sondern dieses musste, in einer Mischung aus Zwang und Strategie, mit jedem Unternehmen speziell die einzelnen Finanzierungs-, Investitions- und Produktionsmaßnahmen aushandeln und dann versuchen, diese mit zum Teil erheblichem Kontroll-, Steuerungs- und Sanktionsaufwand durchzusetzen. Am Beispiel der Geschichte von B M W zeigen sich gerade in diesem Punkt deutliche Abweichungen von anderen Unternehmen wie etwa DaimlerBenz. Die wesentlichen Aspekte der Luftrüstungspolitik, d.h. der politischen Geschichte der Flugzeug- und Flugmotorenindustrie in der NS-Zeit, hat Lutz Budraß in seiner umfangreichen Studie untersucht. 3 Nach wie vor fehlt eine unternehmenshistorisch angelegte Branchenuntersuchung sowie auch Einzelstudien zu Flugzeug- und Flugmotorenunternehmen wie etwa Junkers. Die Technikgeschichte dieser Branche ist allerdings nicht zuletzt vor dem Hintergrund des „Wunderwaffen-Mythos" und der InnovationsgeVgl. dazu die eingehende Studie von Lutz Budraß, Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1 9 1 8 - 1 9 4 5 , Düsseldorf 1998. 5 Budraß, wie A n m . 2. 2
Einleitung
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schichte der Strahltriebwerke relativ gut untersucht. 4 Die Forschungen zur Geschichte der Zwangsarbeit sind inzwischen kaum noch zu überblicken. 5 Neben in jüngster Zeit dominierenden regionalen und lokalen Ansätzen 6 er-
V g l . E d w a r d W. C o n s t a n t , T h e O r i g i n s of the Turbojet R e v o l u t i o n , Baltimore/Lond o n 1980; Ralf Schabel, D i e Illusion der W u n d e r w a f f e . Die R o l l e der D ü s e n f l u g z e u g e u n d F l u g a b w e h r r a k e t e n in der R ü s t u n g s p o l i t i k des Dritten Reiches, M ü n c h e n 1994; Erinnerungen. 1934-1984. F l u g t r i e b w e r k s b a u in M ü n c h e n , hrsg. von der M T U G m b H , M ü n c h e n 1984 s o w i e A n t o n y L. Kay, G e r m a n Jet Engine and Gas Turbine D e v e l o p m e n t 1930-1945, L o n d o n 2002. V g l . auch A s p e k t e d a z u am Beispiel H e i n k e l s u n d seiner D ü s e n f l u g z e u g - T e c h n o l o g i e Paul Erker, Ernst H e i n k e l u n d die L u f t f a h r t industrie i m Spannungsfeld von technologischem Wandel u n d politischem U m b r u c h , in: Paul Erker, Toni P i e r e n k e m p e r (Hrsg.), Deutsche U n t e r n e h m e r z w i s c h e n Kriegsw i r t s c h a f t u n d W i e d e r a u f b a u . Studien z u r E r f a h r u n g s b i l d u n g von Industrieeliten, M ü n c h e n 1999, S. 2 1 7 - 2 9 0 u n d allgemein H a n s M o m m s e n , Der M y t h o s von der M o dernität. Z u r E n t w i c k l u n g der R ü s t u n g s i n d u s t r i e im Dritten Reich, Essen 1999. 5 Vgl. die fundierte U b e r b l i c k s d a r s t e l l u n g von M a r k Spoerer, Z w a n g s a r b e i t unter d e m H a k e n k r e u z . A u s l ä n d i s c h e Zivilarbeiter, Kriegsgefangene u n d H ä f t l i n g e i m Deutschen Reich u n d i m besetzten Europa 1939-1945, M ü n c h e n 2001 s o w i e die nach w i e vor g r u n d l e g e n d e Studie von U l r i c h H e r b e r t , Geschichte der A u s l ä n d e r p o l i t i k in D e u t s c h land (1880 bis 2000). Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, M ü n chen 2001. Siehe auch U l r i c h H e r b e r t (Hrsg.), Europa u n d der „Reichseinsatz" ausländischer Zivilarbeiter, Kriegsgefangen u n d K Z - H ä f t l i n g e in D e u t s c h l a n d 1938-1945, Essen 1991 s o w i e zu Osterreich jetzt C l e m e n s J a b l o n e r u . a . (Hrsg.), Z w a n g s a r b e i t e r u n d Z w a n g s a r b e i t e r i n n e n auf d e m Gebiet der R e p u b l i k Österreich 1939-1945 (Band 26/1 der Veröffentlichungen der Österreichischen H i s t o r i k e r k o m m i s s i o n ) , M ü n c h e n / W i e n 2004. Z u r A r c h i v l a g e vgl. e t w a W i l f r i e d R e i n i n g h a u s , N o r b e r t R e i m a n n , Z w a n g s arbeit in D e u t s c h l a n d 1939-1945. A r c h i v - u n d S a m m l u n g s g u t , Topographie u n d Erschließungsstrategien, Bielefeld 2001; Ferun D i a z - M a c e o , Z w a n g s a r b e i t e r in S ü d t h ü ringen w ä h r e n d des Zweiten Weltkrieges. Archivalisches Quelleninventar, M e i n i n g e n 1995; R a i n e r Kubatzki, Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager. Standorte u n d Topographie in Berlin u n d im b r a n d e n b u r g i s c h e n U m l a n d 1939 bis 1945. Eine D o k u mentation, Berlin 2001. In vieler Hinsicht hier eine Vorreiterrolle spielend: A n d r e a s Heusler, A u s l ä n d e r e i n satz. Z w a n g s a r b e i t für die M ü n c h n e r Kriegswirtschaft 1939-1945, M ü n c h e n 1996. Weitere A r b e i t e n sind: A n n e t t e Schäfer, Z w a n g s a r b e i t e r u n d N S - R a s s e n p o l i t i k . Russische u n d polnische A r b e i t s k r ä f t e in W ü r t t e m b e r g 1939-1945, Stuttgart 2000; Veronika Diem, Fremdarbeit in O b e r b a y e r n . Studien zur Geschichte der Z w a n g s a r b e i t am Beispiel R o s e n h e i m u n d K o l b e r m o o r 1939-1945, Magisterarbeit Universität M ü n c h e n 2004; F r e m d - und Z w a n g s a r b e i t in Sachsen 1939-1945, hrsg. v o m Sächsischen Staatsarchiv Leipzig, H a l l e 2002; R o m a n P. Smolorz, Z w a n g s a r b e i t im „Dritten Reich" am Beispiel R e g e n s b u r g s , R e g e n s b u r g 2003; Florian Speer, A u s l ä n d e r im „Arbeitseinsatz" in W u p p e r t a l . Zivile Arbeitskräfte, Z w a n g s a r b e i t e r und Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg, W u p p e r t a l 2003; Friedrich Stamp, Z w a n g s a r b e i t in der M e t a l l i n d u s t r i e 1939-1945. Das Beispiel M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n , Berlin 2001; Tobias Weger, N a tionalsozialistischer „Fremdarbeitereinsatz" in einer bayerischen G e m e i n d e 1 9 3 9 1945. Das Beispiel O l c h i n g (Lkr. F ü r s t e n f e l d b r u c k ) , F r a n k f u r t / M a i n 1998; H e l m u t J u n g , „Das is m ' r koi M e n s c h mehr . . . " . Z w a n g s a r b e i t in Oettingen w ä h r e n d des Z w e i ten Weltkrieges, O e t t i n g e n 1999; W i e n f r i e d Meyer, Klaus N e i t m a n n (Hrsg.), Z w a n g s arbeit w ä h r e n d der N S - Z e i t in Berlin u n d B r a n d e n b u r g . Formen, F u n k t i o n und R e z e p tion, Potsdam 2001; C l e m e n s von L o o z - C o r s w a r e m (Hrsg.), Z w a n g s a r b e i t in Düsseldorf. „ A u s l ä n d e r e i n s a t z " w ä h r e n d des Zweiten Weltkriegs in einer rheinischen G r o ß Λ
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Einleitung
folgte v o r allem die Untersuchung v o n Zwangsarbeit im Branchen- und U n ternehmenszusammenhang. Die Geschichte der Unternehmen in der N S Zeit und die Geschichte der Zwangsarbeit ist allerdings in der Forschung lange Zeit nebeneinander und voneinander getrennt jeweils aus der Perspektive bzw. mit der Folie der Täter und der O p f e r erforscht worden. 7 Dabei zeigte sich insgesamt ein dynamisches Bild des Zwangs- und K Z - A r b e i t e r einsatzes, d.h. Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg w a r nicht das Ergebnis langfristiger Planung, sondern eine jeweilige Reaktion auf die Situation der Arbeitskräfteversorgung. S o w o h l die Kompetenzen (von der SS z u m Rüstungsministerium) als auch die Zielsetzungen (von der „Vernichtung durch Arbeit" zur Ökonomisierung des KZ-Systems) änderten sich im Verlauf des Krieges. 8 Zudem w u r d e auch ein je nach Unternehmen und Branche differenziertes Bild der jeweiligen Praxis des Zwangs- und KZ-Arbeitereinsatzes entwickelt, das einfache Übertragungen von einem Fall auf andere Fälle ausschließt. Die Zwangsarbeiterbeschäftigung stand im Zusammenhang mit der jeweiligen Unternehmensentwicklung und muss deshalb auch in deren K o n text analysiert werden. 9 Integrierte Darstellungen, die den Zwangsarbeitereinsatz als Teil des Fertigungsprozesses der Unternehmen im Krieg Unterstadt, Düsseldorf 2002 und Elsbeth Bösl u. a., Die vielen Gesichter der Zwangsarbeit. Ausländereinsatz im Landkreis München 1939-1945, München 2004. Typisch für die unverbundene Analyse die umfangreiche, nichts desto trotz verdienstvolle Studie von Barbara Hopmann u.a., Zwangsarbeit bei Daimler-Benz, Stuttgart 1994. Vgl. auch Valentina Maria Stefanski, Zwangsarbeit in Leverkusen: Polnische Jugendliche im I.G. Farbenwerk, Osnabrück 2000. Ein knapper Uberblick der Literatur zur Unternehmensgeschichte im NS siehe bei Paul Erker, „A New Business History?" Neuere Ansätze und Entwicklungen in der Unternehmensgeschichte, in: Archiv für Sozialgeschichte 42 (2002), S. 557-604. 8 Vgl. auch als älteren Literaturüberblick Hans-Ulrich Ludewig, Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg: Forschungsstand und Ergebnisse regionaler und lokaler Fallstudien, in: Archiv für Sozialgeschichte 31 (1991), S. 558-577 sowie auch Wolfgang Benz, Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Staat. Dimensionen - Strukturen - Perspektiven, in: Dachauer Hefte 16 (2000), S. 3-17. 9 Jüngste Beispiele zur Geschichte der Zwangsarbeit als Teilaspekt innerhalb größerer Unternehmensgeschichten: Werner Abelshauser, Rüstungsschmiede der Nation? Der Krupp-Konzern im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit 1933 bis 1951, in: Lothar Gall (Hrsg.), Krupp im 20. Jahrhundert, Berlin 2002, S. 267-472 (zur Zwangsarbeit vgl. S. 400 ff.); Bernhard Lorentz, Industrieelite und Wirtschaftspolitik 1928-1950. Heinrich Dräger und das Drägerwerk, Paderborn 2001 (S. 245 ff. und S. 317 ff.); Hans-Liudger Dienel, Die Linde AG. Geschichte eines Technologie-Konzerns 1879-2004, München 2004 (S. 178 ff.); Gregor Schöllgen, Diehl. Ein Familienunternehmen in Deutschland 1902-2002 (zur Zwangsarbeit allerdings gerade einmal 15 Seiten, S. 91-106, und im alten Duktus der Verharmlosung); Rainer Karisch, Raymond G. Stokes, Faktor Ol. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974, München 2003 (zur Zwangsarbeit S. 224 ff.); Raymond G. Stokes, Von der I.G. Farbenindustrie AG bis zur Neugründung der BASF (1925-1952), in: Werner Abelshauser (Hrsg.), Die BASF. Eine Unternehmensgeschichte, München 2002, S. 221-358 (zur Zwangsarbeit S. 311 ff.); Bernhard Lorentz, Paul Erker, Chemie und Politik. Die Geschichte der Chemischen Werke Hüls ( C W H ) 1938-1979, München 2003 (zur Zwangsarbeit S. 312ff.). 7
Einleitung
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suchen, sind aber erst seit Mommsens Studie zu V W erfolgt. 10 Neil Gregor hat diesen Ansatz dann auch für seine Untersuchung von Daimler-Benz angewendet. 11 Mommsen und Gregor zeigen dabei, dass die Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge sowohl im kurzfristigen wie langfristigen strategischen Kalkül der Unternehmen eine zentrale Rolle spielten: Sie waren der entscheidende Rückhalt bei der Aufrechterhaltung und zum Teil auch Steigerung der Rüstungsproduktion, zugleich aber auch ein wesentlicher Faktor in den Bemühungen zur Sicherung der Fertigungsanlagen über das Kriegsende hinaus. Zur Lebenswelt und zu den Erfahrungen der Betroffenen existiert darüber hinaus ein wachsender Umfang an „Erinnerungsliteratur" ehemaliger Zwangsarbeiter. 12 Lange Zeit wurde die wissenschaftliche Diskussion und Untersuchung des Zusammenhangs von Unternehmen und Zwangsarbeit zudem von der Frage nach dem Profit beherrscht. 13 Inzwischen hat vor allem Cornelia Rauh-Kühne auch hier gezeigt, dass diese Perspektive wieder in den Gesamtkontext gestellt und in eine integrierte Untersuchung zurückverwiesen werden muss. 14 B M W selbst ist dagegen noch kaum Gegenstand unternehmenshistorischer Untersuchungen geworden, was nicht zuletzt auch an der weiter unten noch näher zu erläuternden höchst zersplitterten Quellenüberlieferung liegt. 10 H a n s M o m m s e n , D a s V o l k s w a g e n w e r k u n d seine A r b e i t e r im D r i t t e n R e i c h , D ü s s e l dorf 1996.
" N e i l G r e g o r , Stern u n d H a k e n k r e u z . D a i m l e r - B e n z im D r i t t e n R e i c h , B e r l i n 1 9 9 7 . W e i t e r e B e s p i e l e für die integrierte A n a l y s e : C h r i s t i a n R u c h , M y r i a m R a i s - L i e c h t i , R o land Peter, G e s c h ä f t e u n d Z w a n g s a r b e i t : S c h w e i z e r U n t e r n e h m e n im „ D r i t t e n R e i c h " , Z ü r i c h 2 0 0 1 ; O l i v e r R a t h k o l b ( H r s g . ) , N S - Z w a n g s a r b e i t : D e r S t a n d o r t L i n z der Reichswerke Hermann Göring A G Berlin, 1 9 3 8 - 1 9 4 5 , 2 Bde., Wien 2001; Oliver Rathk o l b , C h r i s t i n e O e r t e l ( H r s g . ) , N S - Z w a n g s a r b e i t in der E l e k t r i z i t ä t s w i r t s c h a f t der „ O s t m a r k " 1 9 3 8 - 1 9 4 5 , Wien 2002; Aubrey Pomerance, (Hrsg.), Jüdische Zwangsarbeiter bei E h r i c h & G r a e t z , B e r l i n - T r e p t o w , B e r l i n 2 0 0 3 s o w i e H a n s - C h r i s t o p h Seidel, D e r „ R u s s e n s t r e b " . D i e b e t r i e b l i c h e O r g a n i s a t i o n des A u s l ä n d e r - u n d Z w a n g s a r b e i t e r einsatzes im R u h r b e r g b a u w ä h r e n d des Z w e i t e n W e l t k r i e g e s , in: G G 31 ( 2 0 0 5 ) , S. 8 - 3 7 . 12 V g l . J u l i a n Bana's, Stanislaw L a t a c z , Stefan Z u r a w i c z , A b f a h r t ins U n g e w i s s e : D r e i P o l e n b e r i c h t e n ü b e r ihre Zeit als Z w a n g s a r b e i t e r im V o l k s w a g e n w e r k von H e r b s t 1942 bis S o m m e r 1 9 4 5 (hrsg. v o n D i r k S c h l i n k e r t , M a n f r e d G r i e g e r ) , W o l f s b u r g 2 0 0 4 . G a l i n a D . K n a t ' k o , „ O s t a r b e i t e r " . W e i ß r u s s i s c h e Z w a n g s a r b e i t e r in Ö s t e r r e i c h . D o k u m e n t e u n d Materialien ( V e r ö f f e n t l i c h u n g e n des L u d w i g - B o l t z m a n n - I n s t i t u t s f ü r K r i e g s f o l g e n - F o r s c h u n g , S o n d e r b a n d 2), G r a z / W i e n 2 0 0 3 . C o e n R o o d , „ W e n n ich es nicht erzählen k a n n , muss ich w e i n e n " . A l s Z w a n g s a r b e i t e r in d e r R ü s t u n g s i n d u s t r i e , F r a n k f u r t / M a i n 2 0 0 2 . T h o m a s M u g g e n t h a l e r ( H r s g . ) , „ W i r hatten keine J u g e n d " . Z w a n g s a r b e i t e r e r i n n e r n sich an ihre Z e i t in B a y e r n , V i e c h t a c h 2 0 0 3 . H e i k e K r o k e r ( H r s g . ) , „ I c h habe die D e u t s c h e n nie als V o l k g e h a s s t " . B r i e f e e h e m a l i g e r Z w a n g s a r b e i t e r i n n e n u n d Z w a n g s a r b e i t e r aus der U k r a i n e . D o k u m e n t a t i o n einer B e g e g n u n g , H a m m 2 0 0 3 . W a l t r a u d J a c h n o w ( H r s g . ) , „ . . . und die E r i n n e r u n g tragen wir im H e r zen". Briefe ehemaliger Zwangsarbeiter B o c h u m 1 9 4 2 - 1 9 4 5 , B o c h u m 2002. 13 M a r k Spoerer, P r o f i t i e r t e n U n t e r n e h m e n v o n K Z - A r b e i t ? E i n e kritische A n a l v s e der Literatur, in: H i s t o r i s c h e Z e i t s c h r i f t 2 6 8 ( 1 9 9 9 ) , S. 6 1 - 9 5 . 14 C o r n e l i a R a u h - K ü h n e , H i t l e r s H e h l e r ? U n t e r n e h m e r p r o f i t e u n d Zwangsarbeiterl ö h n e , in: H Z 2 7 5 ( 2 0 0 2 ) , S. 1 - 5 5 .
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Nahezu sämtliche Informationen basieren auf der Darstellung von Horst Mönnich zur Gesamtgeschichte von BMW, die allerdings mehr eine literarische Erzählung und keine Analyse und wissenschaftlich-kritische Quellenauswertung ist. 15 Obwohl Mönnich umfangreiche Dokumente und Akten vorlagen und er auch mehrere Zeitzeugeninterviews geführt hat, legt der eigene Blick in die Quellen den Eindruck nahe, dass Mönnich die tatsächlichen Vorgänge bei B M W in der NS-Zeit nicht richtig in den Kontext von NS-Wirtschaft und Luftrüstungspolitik einordnen konnte. 1 6 Zudem fehlt in der bisherigen Forschung großteils die quantitative Unterfütterung. Budraß und Gall 17 behandeln in ihren Untersuchungen zwar auch einige Aspekte der BMW-Geschichte in der NS-Zeit, konzentrieren sich dabei aber im Wesentlichen auf die durchaus spektakuläre „Popp-Krise" von 1941/42. Wichtige Aspekte zur Zwangsarbeit bei den beiden Münchner BMW-Werken dagegen thematisiert Andreas Heusler in seiner lokalhistorischen Studie. 18 Einige ältere Beispiele der „Erinnerungsliteratur" ehemaliger französischer Zwangsarbeiter beschäftigten sich zum Teil auch bereits explizit mit dem „Alltag" in den verschiedenen BMW-Werken. 1 9 Für die Entwicklung von B M W nach 1945 bis Anfang der 1960er Jahre schließlich liegt nun eine Darstellung von Jürgen Seidl vor. 2 0 So dünn aber die Forschungen zur Geschichte von B M W in der NS-Zeit sind, so nachhaltig wirkende Mythen und falsche oder zumindest schiefe Bilder und Vorstellungen von der damaligen Entwicklung bestehen gleichzei-
15 Horst Mönnich, B M W . Eine deutsche Geschichte, Wien/Darmstadt 1989. Zur N S Geschichte vgl. S. 1 8 0 - 3 3 4 . 16 A u f die vielfach völlig aus dem Zusammenhang gerissenen und im Detail nicht belegten Quellenzitate Mönnichs oder dessen Thesen, die jenseits jeglicher quellenmäßigen Evidenz liegen, wird im Folgenden nicht weiter eingegangen. Vor diesem Hintergrund ist es höchst erstaunlich, dass auf Wunsch von B M W jetzt sogar eine Neuauflage des Buches (München 2004) erfolgte. 17 Lothar Gall u.a., D i e Deutsche Bank 1 8 7 0 - 1 9 9 5 , München 1995. Zur Vorgeschichte vgl. auch Rene Del Fabbro, Internationaler Markt und nationale Interessen. D i e B M W A G in der Ära Castiglioni 1 9 1 7 - 1 9 3 0 , in: Sozial.Geschichte Heft 2/2003. 18 Heusler, Ausländereinsatz (wie A n m . 6). " Vgl. C h a r l e s - H e n r i - G u y Bazin, „Deporte du Travail" a la B M W - E i s e n a c h 1 9 4 3 1945, Bordeaux 1986, Amicale des Anciens de Dachau (Henri Laffitte u.a.), Allach K o m m a n d o de Dachau, Paris 1986, Amicale des Anciens de Kaufbeuren (Fabien Lacombe und die Ehemaligen von Kaufbeuren), K o m m a n d o Kaufbeuren, Außenlager von Dachau 1944^15, Blöcktach 1995. (Die französische Originalausgabe erschien bereits Paris 1985) sowie Amicales des Anciens Deportes a Neu-Stassfurt (Vereinigung ehemaliger französischer Häftlinge), U n pas, encore un pas...pour survivre ( K o m mando Buchenwald 17. 8. 1 9 4 4 - 8 . 5. 1945), Amiens 1996 sowie Louis Terrenoire, Sursitaires de la morte lente - Cretiens et communistes organisent une operation-survie dans un camp nazi, Paris 1976.
Jürgen Seidl, D i e Bayerischen Motorenwerke ( B M W ) 1 9 4 5 - 1 9 6 9 . Staatlicher Rahmen und unternehmerisches Handeln, München 2002.
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tig. 2 1 E r s t e n s gibt es das Bild von der linearen E n t w i c k l u n g von den zuerst g r o ß e n , dann im Verlauf der N S - und K r i e g s z e i t i m m e r enger w e r d e n d e n Handlungsspielräumen
von
BMW
bzw.
dessen
Management.
Zweitens
h e r r s c h t die Vorstellung v o n der einfachen zeitlichen A b f o l g e der u n t e r n e h m e n s p o l i t i s c h e n und -strategischen A u s r i c h t u n g : Zuerst sei B M W ein auf M o t o r r a d - und A u t o m o b i l f e r t i g u n g ausgerichtetes U n t e r n e h m e n gewesen, dann durch das R L M e r z w u n g e n e r m a ß e n z u m reinen F l u g m o t o r e n - und R ü s t u n g s k o n z e r n g e w o r d e n und hätte sich schließlich nach 1945 in A n k n ü p fung an die V o r - N S - T r a d i t i o n zu einem A u t o m o b i l - und M o t o r r a d k o n z e r n entwickelt. D i e s e einfache P h a s e n a b f o l g e wird schließlich n o c h an den beiden B M W - V o r s t a n d s v o r s i t z e n d e n F r a n z J . P o p p und F r i t z Hille und ihren jeweiligen A m t s z e i t e n festgemacht. P o p p habe von A n f a n g an und mit erheblichen K o n f l i k t e n mit dem N S - R e g i m e die A u s r i c h t u n g auf die zivile F e r t i g u n g auch im F l u g m o t o r e n b e r e i c h zu verteidigen und vorausschauend auf die N a c h - N S - Z e i t die A u t o m o b i l - und M o t o r r a d p r o d u k t i o n zu erhalten versucht, w ä h r e n d H i l l e ab 1 9 4 1 / 4 2 den rücksichtslosen U m b a u von B M W z u m R ü s t u n g s - und alleinigen F l u g m o t o r e n u n t e r n e h m e n betrieben habe. In dieser (falschen) Vorstellung wird das J a h r 1 9 4 1 / 4 2 zu einer Zäsur in der U n t e r n e h m e n s e n t w i c k l u n g . D i e W i r k u n g s m ä c h t i g k e i t dieses Bildes v o m „gut e n " Vorstandsvorsitzenden P o p p und d e m „ b ö s e n " Vorstandsvorsitzenden Hille (die beide z u n ä c h s t durchaus befreundet, dann aber zutiefst verfeindet waren) führt auch dazu, dass die jeweiligen N o t i z e n und B r i e f e P o p p s bzw. Hilles entsprechend gedeutet w e r d e n . D a b e i wird völlig übersehen, dass beide, P o p p wie Hille, im Verlauf der N S - Z e i t einer D y n a m i k ihres Verhaltens und einer p e r s ö n l i c h - p s y c h i s c h e n E n t w i c k l u n g u n t e r w o r f e n waren und sich letztlich nicht auf ein b e s t i m m t e s S t e r e o t y p festlegen lassen. Schließlich bestehen auch die beiden Bilder, dass B M W als e n t r e c h t e t e s U n t e r n e h m e n ' durch das R L M und dessen Leiter M i l c h geführt w o r d e n sei, oder aber als a u t o n o m e s U n t e r n e h m e n ' von seinem starken
Aufsichtsratsvorsitzenden
und Vorstandsmitglied der D e u t s c h e n B a n k , G e o r g E m i l v. Stauß dirigiert wurde. D i e s e B i l d e r und Vorstellungen sind, das wird die folgende U n t e r s u c h u n g zeigen, e n t w e d e r falsch oder müssen erheblich differenziert werden. Einige wesentliche U r s a c h e n und E n t s t e h u n g s z u s a m m e n h ä n g e dieser M y t h e n w e r den im Verlauf der Darstellung deutlich. I n s b e s o n d e r e aber gehen sie z u r ü c k auf eine von P o p p im J a h r 1947 im Z u s a m m e n h a n g mit seinem E n t n a z i f i z i e rungsverfahren erstellte „ D e n k s c h r i f t " , deren A r g u m e n t e bis heute i m m e r wieder ü b e r n o m m e n werden. N o c h in dem erst jüngst erschienenen Beitrag zu F r a n z J . P o p p in der N e u e n D e u t s c h e n B i o g r a p h i e heißt es, P o p p selbst „stand der schnellen E x p a n s i o n der B M W A G durch die Kriegsrüstung w e -
H i e r wird v o r allem auf M ö n n i c h B e z u g g e n o m m e n , a b e r auch auf die gegenwärtig n o c h im U n t e r n e h m e n v o r h e r r s c h e n d e n Vergangenheitsbilder.
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gen der einseitigen Produktionsausrichtung eher skeptisch gegenüber." 22 Das ist, neben der von Popp erfundenen Trennung zwischen zivilem und militärischem Flugmotorenbau in der Entwicklungs- und Fertigungspolitik von BMW, nur eine der vielen Legenden, die er mit seiner Denkschrift in die Welt setzte. Die Quellen zeigen dagegen ein ganz anderes Bild. Es lässt sich geradezu eine direkte Kontinuitätslinie der Vorstellungen über BMW in der NSZeit von Popps Rechtfertigungspamphlet über die Darstellung Mönnichs bis zu heutigen Interpretationen ziehen. Das zweite Problem, mit dem sich eine historisch-wissenschaftliche Untersuchung der Geschichte von BMW in der NS-Zeit auseinandersetzen muss, ist die zersplitterte Quellenüberlieferung. Es existiert kein geschlossener und umfangreicher „BMW-Bestand" im Unternehmensarchiv. Es mussten daher Recherchen nach Parallel- oder Ergänzungsüberlieferungen in staatlichen und kommunalen Archiven des In- und Auslandes vorgenommen und die dort liegenden verstreuten Provenienzen zur BMW-Geschichte zusammengetragen werden. Dieser Aktenbestand umfasst - entsprechend den unterschiedlichen Themenfeldern und Untersuchungsaspekten - Quellen unterschiedlicher Art. Neben unternehmensinternen Akten stehen Uberlieferungen diverser staatlicher und kommunaler Stellen sowie (zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhobene und damit in ihrem Quellenwert variierende) Zeitzeugenberichte und zeitgenössisch publiziertes Material. Es werden quantitativ wie qualitativ zwar unterschiedlich dicht, insgesamt aber alle wesentlichen Untersuchungsaspekte zum Thema abgedeckt. Die Perspektive des Unternehmens bzw. des Managements lässt sich ebenso erfassen wie die gut dokumentierten Entwicklungen in den drei Werksgruppen in München, Eisenach und Berlin. Dazu kommt die Perspektive des NS-Regimes und nicht zuletzt auch die der Belegschaft bzw. der Zwangsarbeiterinnen. Neben den Akten des BMW-Archivs sind dabei vor allem jene aus dem Bestand Deutsche Bank (Bestand v. Stauß und Rummel) im Bundesarchiv am wichtigsten. Da der Vorsitz im Aufsichtsrat der BMW AG stets von einem Vorstandsmitglied der Deutschen Bank eingenommen wurde, findet sich dort eine umfangreiche geschlossene Überlieferung über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg, die zahlreiche Lücken im BMW-Archiv schließen kann. Wenngleich finanzielle, juristische und personelle Fragen des Gesamtkonzerns im Vordergrund stehen, werden auch die Hintergründe der Umstrukturierungen des Konzerns und seiner Expansion, das Verhältnis der Unternehmensspitze zum Reichsluftfahrtministerium und den verschiedenen für die Luftrüstung zuständigen Reichsstellen sowie personelle Wechsel in der Unternehmensführung oder Fusionen mit bzw. geschäftliche Beziehungen zu anderen Firmen ausführlich dokumentiert. Besonders aufschlussreich sind außerdem die Geschäftsberichte, Bilanzen und Korrespondenzen mit Patrick Oelze, Franz Josef Popp, in: Neue Deutsche Biographie 20, hrsg. von Hans Günther Hockerts, Berlin 2001, S. 623-624.
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den Tochterfirmen und Zweigwerken. Ertragreich waren auch im Freiburger Militärarchiv die Berichtserien der regionalen (Rüstungsinspektion) und lokalen (Rüstungskommando) Stellen des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamts. Erwähnenswert sind schließlich noch die im Hauptstaatsarchiv Weimar liegenden Akten zur Kalkulation der Rüstungsproduktion und der betriebswirtschaftlichen Maßnahmen zu einer „profitablen Wirtschaftsführung im Kriege". Im Staatsarchiv Augsburg sowie im Staatsarchiv München wurden die Spruchkammerakten von ehemaligen Angehörigen der Unternehmensführung wie F. J . Popp oder Max Wrba eingesehen und ausgewertet. Ergänzend wurden in Polen, der Ukraine und in Tschechien insgesamt 30 Zeitzeugeninterviews mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen geführt. Die vorliegende Studie folgt einem multiperspektivischen Ansatz. Erstens werden die Aushandlungspraxis sowie der Verstrickungs- und letztlich darin mündende Deformierungsprozess von B M W untersucht und analysiert. Es geht um den Zusammenhang von Unternehmensexpansion und Unternehmensfinanzierung, um die Entwicklung der Flugmotoren- und Triebwerkstechnologie und deren Rückwirkungen auf die Produktionsvorgaben und deren Erfüllung sowie um die Konfrontation mit der Luftrüstungspolitik des R L M und deren unternehmenspolitischen Umsetzung. Dabei wird immer auch die Frage der Verantwortlichkeit von B M W bzw. einzelner Personen des Managements gestellt. Die Geschichte von B M W im Untersuchungszeitraum ist die Geschichte einer Dauerkrise. Streitereien und Konflikte, die unter dem Vorzeichen von Rüstung und Krieg sofort auch politisch aufgeladen waren, prägten das Unternehmen. Das schuf für das R L M wie wohl in kaum einem anderen Flugzeug- und Flugmotorenunternehmen die Möglichkeit zu direkten Interventionen und Eingriffen in Unternehmensentscheidungsprozesse, wobei allerdings gleichzeitig die Grenzen der Durchsetzungsfähigkeit des R L M deutlich wurden. Das Chaos bei BMW, zu einem guten Teil vom R L M selbst mitverantwortet, machte den neben Daimler-Benz und Junkers wichtigsten Flugmotorenkonzern der NS-Zeit für die NS-Behörden schlichtweg unkontrollierbar und unlenkbar. B M W wurde dabei einer deutlichen Metamorphose und einem tief greifenden Veränderungsprozess unterzogen. Zweitens verfolgt die Studie einen integrierten Ansatz von Unternehmensund Zwangsarbeiterinnen-Geschichte. Letztere wird als Teil des Produktionssystems, der Arbeits- und Fertigungsabläufe im Rüstungsprozess begriffen. Dabei geht es nicht nur um eine Untersuchung und einen Vergleich des Produktionsmanagements, der Arbeitskräftepolitik und deren Erfahrungsgeschichte bei den BMW-Belegschaftsmitgliedern in den drei Werksgruppen in München, Eisenach und Berlin, sondern auch um die Analyse des konzernübergreifenden, äußerst labilen Produktionsverbundes, des Zuliefersystems und Fertigungsnetzwerkes, das im Verlauf des Krieges von zunächst transnationalen auf regionale und schließlich lokale Dimensionen schrumpfte und dabei immer wieder neu geknüpft werden musste. In diesem
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Zusammenhang wird auch die komplexe Geschichte der Fertigungsverlagerung des Unternehmens rekonstruiert, an Hand derer sich wesentliche Aspekte der tatsächlichen, von Widersprüchen und einer wachsenden Radikalisierung statt einem ,Speerschen Produktionswunder' geprägten ,Produktionsrealität' erfassen lassen. Drittens folgt der Gang der Untersuchung nicht der bloßen Chronologie, sondern in thematischen Zugriffen auch einer Analyse der Unternehmensabläufe von oben nach unten. Auf einer Untersuchungsebene werden mithin die Entscheidungsprozesse und das unternehmenspolitische Agieren von Vorstand und Aufsichtsrat analysiert. Der dabei angewendete methodische Leitbegriff ist die „corporate governance", das komplexe Gefüge von Kontroll-, Lenkungs-, Leitungs- und nicht zuletzt Machtstrukturen im Unternehmen 23 , wobei hier auch das R L M und die staatlichen Behörden mit einbezogen werden. Corporate governance meint zunächst allgemein die Grundsätze und wesentlichen Regelungen der Unternehmensverfassung, die die Beziehungen zwischen Anteilseigner, Aktionäre und Manager (shareholderPerspektive) bzw. zwischen den Managern und den unterschiedlichen innerwie außerbetrieblichen Interessengruppen wie Arbeitnehmer, Staat und Kommune (stakeholder-Perspektive) bestimmen. Diese Regeln und Grundsätze unterscheiden sich dabei in Deutschland spezifisch von denen etwa in den USA. Während erstere durch die duale Binnenstruktur von Vorstand und kontrollierendem Aufsichtsrat geprägt sind, erfolgt die Kontrolle der Unternehmen in den angelsächsischen Ländern primär von außen durch Kapitalmarkt und externe Investoren. 24 Prinzipiell gilt, dass das System und die Verfassung der corporate governance wesentlich die Rahmenbedingungen beeinflusst, unter denen das Management seine Entscheidungen trifft. Diese Wechselbeziehungen gilt es am Beispiel von BMW in der NS-Zeit näher zu erfassen. Als Leitbegriff zur Analyse der Überwachungs-, Leitungs- und Kontrollstrukturen von Unternehmen ist corporate governance allerdings bislang noch kaum in der Unternehmensgeschichte angewendet worden. 25 Vgl. dazu Johannes Bahr, „Corporate Governance" im Dritten Reich. Leitungs- und Kontrollstrukturen deutscher Großunternehmen während der nationalsozialistischen Diktatur, in: Werner Abelshauser u. a. (Hrsg.), Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen. Neue Forschungen zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, Essen 2003, S. 6 1 - 8 0 und Paul Erker, Corporate Governance - ein neuer Untersuchungsansatz der historischen Unternehmensforschung? Einige Überlegungen und Ergebnisse am Beispiel jüngster Veröffentlichungen, in: Rudolf Boch (Hrsg.), Unternehmer und Unternehmen im 20. Jahrhundert, Berlin 2005. 23
Vgl. Carsten Berrar, Die Entwicklung der Corporate Governance in Deutschland im internationalen Vergleich, Baden-Baden 2001 sowie Dieter Feddersen u.a. (Hrsg.), Corporate Governance. Optimierung der Unternehmensführung und der Unternehmenskontrolle im deutschen und amerikanischen Aktienrecht, Köln 1996. 25 Vgl. u.a. Christopher Kobrak, National Cultures and International Competition. T h e Experience of Schering A G , 1 8 5 1 - 1 9 5 0 , Cambridgc/N.Y. 2002 und Werner Abelshauser (Hrsg.), D i e BASF. Eine Unternehmensgeschichte, München 2002 sowie Paul Erker, Der lange Weg zu stabilen Leitungs- und Kontrollstrukturen. Aspekte der C o r 24
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Dabei bietet der Begriff einen Ansatzpunkt, das komplizierte und sich wandelnde Kräfteverhältnis innerhalb der Unternehmensleitung, vor allem aber auch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und nicht zuletzt zwischen R L M (Staat) und Unternehmen systematisch zu vermessen. Das gilt insbesondere für die NS-Zeit. Die andere Untersuchungsebene konzentriert sich auf die Arbeitswelt und die Fertigungsprozesse auf Werksebene und in den verschiedenen Verlagerungsstandorten. Der hier angewendete methodische Leitbegriff ist der der „neuen Gefolgschaft", ging es doch für das Unternehmen tatsächlich zunächst um eine von ideologischen Vorstellungen geprägte Integration der ausländischen Arbeitskräfte, die erst unter dem sich radikalisierenden U m feld Konfrontation und Ausgrenzung Platz machte. Die Zwangsarbeiterinnen bildeten zudem eine äußerst heterogene Gruppierung. Zu ihnen gehörten ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, wobei entsprechend dem rechtlichen Status wie der Behandlung die Unterscheidung von westeuropäischen und osteuropäischen Fremdarbeitern (und bei letzteren wiederum zwischen Polen und ukrainischen wie russischen Ostarbeitern) getroffen werden muss. 26 Dazu kamen in den Anfangsjahren auch noch freiwillige ausländische Zivilarbeiter. Es existierte, was den Grad der Freiwilligkeit bzw. des Zwangs angeht, letztlich eine auch für die Zeitgenossen verwirrende Vielfalt in den Arbeitsverhältnissen der Fremdarbeiter, die zudem einer zeitlichen Dynamik unterlag. 27 Die Heterogenität der deutschen und ausländischen Gesamtbelegschaft stellte vor dem Hintergrund von Gefolgschaftsideologie und Produktionserfordernissen für das Unternehmensmanagement eine erhebliche Herausforderung dar. Ins Blickfeld genommen werden daher am Beispiel von B M W vor allem bislang in der Forschung in diesem Zusammenhang wenig beachtete Aspekte wie die Qualifikation der Zwangsarbeiterinnen bzw. die Bedeutung des betrieblichen Ausbildungsund Umschulungswesens oder das „Wohnlager-Management" durch das Unternehmen, das geradezu zu einer zentralen Aufgabe für die Aufrechterhaltung der Produktion geworden war. Diese Trennung der Untersuchungsebenen korrespondiert auch mit der Unternehmenswirklichkeit von B M W in der NS-Zeit, wo Welten zwischen einem vielfach mit sich selbst beschäftigten und in dauernde Machtkämpfe und Konflikte verstrickten Vorstand und der Arbeits- und Lebenswelt der deutschen wie ausländischen BMW-Arbeiterschaft sowie des mittleren Managements auf Werksebene lagen.
porate Governance bei den C h e m i s c h e n Werken H ü l s ( C W H ) , in: Z U G 49 (2004), S. 149-172. ' 6 Zur B e g r i f f s k l ä r u n g u n d D i f f e r e n z i e r u n g vgl. detailliert Spoerer, Zwangsarbeit, S. 18 ff. und S. 94. Entsprechend muss auch zwischen westeuropäischen und osteuropäischen Kriegsgefangenen unterschieden w e r d e n , bei ersteren nahmen dazu die italienischen Militärinternierten seit 1943 einen Sonderstatus ein. Vgl. ebd., S. 99ff. 27 Vgl. Spoerer, Zwangsarbeit, S. 94 f.
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Viertens schließlich wird der Vergleich mit den entsprechenden Entwicklungen bei Daimler-Benz und Junkers, den beiden Hauptkonkurrenten von B M W im Flugmotorengeschäft, gezogen, um bestimmen zu können, inwieweit die Unternehmensentwicklung von B M W in der NS-Zeit repräsentativ oder aber von spezifischen Bedingungen geprägt war. Die Literaturlage erlaubt es dabei allerdings bedauerlicherweise nicht, dass dieser Vergleich konsequent durchgehalten werden kann. Insbesondere zum Junkers-Konzern fehlt noch eine umfassende Studie. Drei konkrete Fragestellungen und Erkenntnisinteressen werden daraus abgeleitet: 1. Wie verlief der Formierungs- und Deformierungsprozess des Unternehmens als Rüstungskonzern, wie entwickelten sich die Leitungs- und Kontrollstrukturen (corporate governance) und inwieweit veränderte B M W dabei seinen Charakter, d. h. wurde es vom privatwirtschaftlichen Unternehmen zum Staatskonzern? (Eine Frage, die noch vor Kriegsende intern aufgeworfen, vor allem aber nach 1945 von der amerikanischen Militärregierung gestellt wurde). 2. Wie verlief der Einsatz von Zwangsarbeiterinnen im BMW-Konzern im Kontext und Verlauf des Rüstungsproduktionsprozesses? Wie waren die Arbeits- und Lebensbedingungen der Zwangsarbeiterinnen, unterschieden nach den drei Werksgruppen in München, Berlin und Eisenach sowie in den Verlagerungsstandorten ? 3. Lässt sich schließlich der Grad der Zwangsläufigkeit, Eigendynamik und Intention bei allen diesen Prozessen auf den beiden Untersuchungsebenen bestimmen, sei es das Schicksal und die Arbeitswelt der Zwangsarbeiter oder die Unternehmenspolitik und das Verhalten des oberen BMW-Managements? Und steht das Beispiel B M W dabei für die deutschen (Luft)Rüstungskonzerne insgesamt oder zeigt sich nur die spezifische Entwicklung eines einzelnen Unternehmens? Der Untersuchungszeitraum der Studie erstreckt sich von den letzten Jahren der Weimarer Republik bis in die Frühphase der Bundesrepublik und umfasst damit eine zentrale, vielfach in sich abgeschlossene Periode der Politisierung der Flugzeug- wie Flugmotorenfec/wo/ogze und der Luftrüstungsindustrie. Die nationalsozialistische Steuerungspolitik wirkte ja nicht voraussetzungslos auf diesen Bereich ein, sondern konnte auf vielen institutionellen und personellen Gegebenheiten aufbauen. Schon in der Weimarer Republik herrschte in weiten Bereichen des Flugmotorengeschäfts jenes spezifische Wechselverhältnis von Staat und Unternehmen mit jeweiligen Strategien und Zielen, das dann in der NS-Zeit noch viel ausgeprägter werden sollte. Ein kurzer Blick auf die Weltwirtschaftskrisenjahre ist aber auch wegen der Periodisierung der Unternehmensgeschichte von B M W erforderlich, war doch in jener Phase die unternehmensstrategische Option und Ausrichtung des Konzerns zwischen Flugmotoren-, Automobil- und Motorradgeschäft noch offen und erst dann folgte die Entscheidung zum Rüstungs- und Flugmotoren-
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konzern. Der Zeitraum 1945 bis Mitte/Ende der 50er Jahre bietet sich als Zäsur deshalb an, weil mit Demontage und Entwicklungs- wie Produktionsverbot durch die alliierten Militärregierungen das Ende der eigenständigen deutschen Luftrüstungspolitik gekommen war, B M W als Flugmotorenkonzern zu existieren aufhörte und erst in einem langwierigen Neugründungsprozess zu einem Automobilunternehmen wurde. Die Untersuchung ist in vier Kapitel aufgeteilt. Das erste Kapitel greift in einem kurzen Rückblick die Unternehmenslage und die Entwicklung der corporate-governance-Strukturen in der Endphase der Weimarer Republik bzw. in der Zeit der Weltwirtschaftskrise auf und verfolgt vor diesem Hintergrund im zweiten Kapitel die Umbrüche in der ersten Phase der NS-Zeit bis zum Kriegsausbruch: Der Abschied vom Automobilgeschäft, die Expansion des Flugmotorenbereichs und die sich dabei ergebenden rüstungswirtschaftlichen Folgen für die Unternehmensfinanzierung und Unternehmensführung in der sich dem Ende zuneigenden „Ära Popp". Das dritte und deutlich umfangreichste Kapitel bildet den Hauptteil der Studie. In ihm wird zum einen die Unternehmenspolitik in der Kriegswirtschaft, zum anderen die Entwicklung von Zwangsarbeitereinsatz und betrieblicher Arbeitswelt im Zeichen von Rüstungs- und Kriegsproduktion näher untersucht. In diese Phase fällt nicht nur nach der „Popp-Krise" der Wechsel der Unternehmensführung zu Hille, sondern auch dessen gescheiterte Neuordnungsversuche, die B M W finanziell wie technologisch beschleunigt in eine Sackgasse führten. Das galt auch für den werks- und konzernübergreifenden Produktionsverbund mit seinen skrupellos betriebenen Übertage- und Untertageverlagerungen, in denen das Unternehmen zerfasert wurde und ein Großteil der Werksbelegschaften und der Werkzeugmaschinen auf eine Odyssee geschickt wurden, die erst mit der Besetzung Deutschlands endete. Am Ende steht der im vierten Kapitel mit seinem kurzen Ausblick auf die Nachkriegszeit geschilderte Untergang des Flugmotorenkonzerns B M W und der mühsame Neuanfang als Motorrad- und Automobilunternehmen.
Die vorliegende Studie wurde im Sommersemester 2004 von der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Meiner Doktormutter PD Dr. Elisabeth Kraus danke ich für die ebenso geduldige wie engagierte Begleitung der Arbeit. Der Anstoß zu dieser Arbeit lag auch hier in der öffentlichen Debatte um die Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern. Sie hat das damalige Management der M T U Aero Engines als Rechtsnachfolger der B M W Flugmotorenbau GmbH und dann auch die BMW-Group veranlasst, eine Untersuchung zur historisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung des Zwangsarbeitereinsatzes zu initiieren. Von den Leitungen der verschiedenen staatlichen wie nichtstaatlichen Archive sei vor allem Herrn Helmut Schubert, dem ehrenamtlichen Leiter
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Einleitung
des Archivs der M T U und den Mitarbeitern des BMW-Archivs für ihre engagierte Unterstützung gedankt. Dank gilt auch dem wissenschaftlichen Beirat, der die Ergebnisse der vorliegenden Studie kritisch-konstruktiv begutachtete: Prof. Dr. Helmuth Trischler, P D Dr. Mark Spoerer und Dr. Andreas Heusler. Ein besonderer Dank gilt Frau Eva Melzer-Hollederer von der M T U , ohne deren Hartnäckigkeit es keine Studie in dieser Form gegeben hätte. Ich bedanke mich nicht zuletzt bei den ehemaligen Zwangsarbeiterinnen für ihre Bereitschaft, mich an ihren Erinnerungen Teil haben zu lassen.
I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern: Expansion, Unternehmensfinanzierung und staatliche Einflussmaßnahmen (1933 bis 1939) 1. Der Schein relativer Stabilität. Unternehmenslage und corporate governance bis 1933 D i e Bayerischen M o t o r e n w e r k e hatten die Weltwirtschaftskrise vergleichsweise gut überstanden - zumindest auf den ersten Blick. D e r U m s a t z , der 1929 mit 40 M i o . R M noch eine neue R e k o r d h ö h e erreicht hatte, war zwar bis 1932 auf die H ä l f t e geschrumpft, aber das U n t e r n e h m e n k o n n t e auch in den Krisenjahren einen, wenn auch bescheidenen, G e w i n n ausweisen. 1 Tab. 1: Die wichtigsten Kennzahlen Jahr
der BMW AG 1928 bis 1933
Umsatz
Gewinn
Umsatzrendite
(in M i o .
(in M i o .
(in % )
RM)
RM)
Beschäftigte
Produktivität' 1 " (in R M )
1928
27,2
2,91
10,7
4676
1929
40,0 36,5
1,32
3,3
3309
0,68
1,8 2,7
3150
12088 (208) 11587 (199)
2370
11603 (199)
4,1 3,3
3148
6 2 5 8 (107)
6514
5 0 0 4 ( 86)
1930 1931
0,75
1932
27,5 19,7
1933
32,6
1,09
0,81
5817 (=100)
Q u e l l e : Z u s a m m e n g e s t e l l t u n d b e r e c h n e t n a c h den A n g a b e n in den G e s c h ä f t s b e r i c h t e n . * ( U m s a t z je B e s c h ä f t i g t e )
Dass das U n t e r n e h m e n nicht tiefer in die Krise stürzte, k o n n t e man der D i versifikations- und Lizenzstrategie des Firmengründers und autokratisch regierenden Generaldirektors F r a n z J . P o p p zuschreiben. P o p p hatte nach der Neugründung des U n t e r n e h m e n s am 5. J u n i 1922 sowie nach dem Ende der Inflationswirren zunächst die beiden im M ü n c h n e r Stammwerk k o n z e n 1 A l l e r d i n g s sind die offiziell ausgewiesenen Z a h l e n des M ü n c h n e r U n t e r n e h m e n s mit V o r s i c h t zu b e w e r t e n . D e r eigentliche T i e f p u n k t der R e n t a b i l i t ä t war, anders als die pub l i z i e r t e n Z a h l e n es nahe legen, n i c h t bereits 1930, s o n d e r n erst 1931 erreicht, denn tats ä c h l i c h w a r e n im operativen G e s c h ä f t nur 95 0 0 0 R M verdient w o r d e n . D e r G r o ß t e i l des v e r k ü n d e t e n G e w i n n s von 0 , 7 5 M i o . R M speiste sich dagegen aus B u c h g e w i n n e n infolge von A k t i e n r ü c k k ä u f e n . V g l . N o t i z v o m 17. 2 . 1932, in: B A B e r l i n , R 8 1 1 9 F ( B e stand D e u t s c h e B a n k ) P O 3 1 2 7 , B l . 9 6 f .
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I. D e r U m b a u zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
trierten klassischen Standbeine von B M W - den Flugmotorenbau sowie die Motorradproduktion - gestärkt und ausgebaut. Anfang 1928 war Popp mit dem Erwerb der Lizenz auf den 525 PS starken luftgekühlten 9-Zylinder „ H o r n e t - M o t o r " des amerikanischen Flugmotorenkonzerns Pratt & Whitney Aircraft C o . ein Coup gelungen. E r verschaffte dem Unternehmen ohne große eigene Entwicklungsaufwendungen den Einstieg in die neue luftgekühlte Flugmotorentechnologie. Die „ B M W H o r n e t " wurde zudem bald zum Standardmotor der Ju 52-Flugzeuge der Deutschen Lufthansa. 2 Das dennoch weitgehend vom Auslandsabsatz abhängige Flugmotorengeschäft erwies sich allerdings als äußerst schwankungsanfällig. 3 Das Flugmotorengeschäft war, soweit es den deutschen Heimatmarkt betraf, seit jeher eine hochpolitische Angelegenheit. Einerseits spielte der Staat eine zentrale Rolle, indem er durch das Nachfragemonopol der Lufthansa sowie vor allem durch gezielte Subventionen eine aktive Industrie- und Rüstungspolitik in der Flugzeug- und Flugmotorenbranche verfolgte. Das Reichsverkehrsministerium stellte insbesondere seit der Währungsreform 1924 wachsende Mittel aus dem Reichshaushalt für die finanzielle Unterstützung und für Auftragsvergaben zum Auf- und Ausbau der im Gefolge des Ersten Weltkriegs daniederliegenden Branche zur Verfügung. Anfangs waren es nur knapp 3 Mio. R M , 1929 aber bereits 17,5 Mio. R M und selbst in den Krisenjahren 1931/32 noch 12,5 bzw. 16,1 Mio. R M . 4 Die Gelder dienten jedoch weniger der zivilen Luftfahrt, sondern wurden vielmehr entsprechend den Zielen und Plänen der Reichswehr und des Heereswaffenamtes eingesetzt. 5 Das Militär bestimmte eigentlich und letztendlich die Politik und Entwicklung der Flugzeug- und Flugmotorenindustrie - und B M W nahm von Anfang an in deren Rüstungsplänen eine zentrale Position ein. 6 D e m Münchner Unternehmen war unter anderem die zentrale Motorenzulieferposition für die Flugzeuge des dominierenden Junkers-Konzerns zugedacht gewesen, allerdings hatte dieser schon 1922 wegen Lieferproblemen von B M W die Entscheidung getroffen, die B M W - F l u g m o t o r e n selbst nachzubauen und damit in das Flugmotorengeschäft einzusteigen. Im November 1923 waren die
Vgl. dazu Geschichte des B M W - K o n z e r n s , S. 10 f., in: B M W U A 15. Das Auf und A b der Exportkonjunktur spiegelte sich deutlich in der Umsatzentwicklung dieses Geschäftsbereichs wider: Nach 8,3 Mio. R M im J a h r 1924 kletterte der U m satz rasant auf 15,1 Mio. R M (1925), brach 1926 wieder auf 9,6 Mio. R M ein, erholte sich 1927 aber mit 17,0 Mio. R M ebenso rasant wieder, ehe 1928 erstmals mit 27,2 Mio. R M eine kontinuierliche Steigerung zu verzeichnen war. D e r Motorradabsatz, obwohl Ende der 20er Jahre immerhin ein Drittel des Gesamtumsatzes ausmachend, konnte bis dahin demgegenüber nur wenig zur Stabilisierung der Geschäftsentwicklung beitragen. 4 Vgl. dazu Budraß, S. 166. 5 Vgl. ebd., S. 164 f. Budraß spricht sogar davon, dass die Abteilung Luftfahrt im Reichsverkehrsministerium „eine Art legaler A r m der Reichswehr" darstellte und nicht zuletzt personelle Verflechtungen dafür sorgten, „dass die Luftfahrtgelder im Etat des Verkehrsministeriums vornehmlich den militärischen Interessen zugute [kamen]". 6 Vgl. dazu ebd., S. 127. 2 3
1. D e r S c h e i n relativer Stabilität
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Junkers Motorenbau G m b H (Jumo) gegründet worden, die rasch zum wichtigsten deutschen Flugmotorenhersteller neben B M W aufsteigen sollten. 7 B M W hatte sich damit letztlich selbst einen der größten Konkurrenten geschaffen, der in der Folgezeit neben Siemens 8c Halske (Daimler-Benz kam erst in der NS-Zeit dazu) die Wettbewerbsverhältnisse in diesem Produktionsbereich prägte. Andererseits versuchte auch Popp währenddessen nicht ohne Erfolg, in diesem militärisch-industriell-staatlichen Interessengeflecht eine aktive Rolle zu spielen. Der BMW-Generaldirektor stand mit an erster Stelle bei den Versuchen der Flugzeugindustrie, sich von der Hegemonie durch Junkers zu lösen. Vor allem erhob Popp im O k t o b e r 1928, als mit der wachsenden Finanzund Wirtschaftskrise des Reichs auch das Gerangel um die Subventionsmittel des RVMi zunahm, die Forderung, die Flugzeug- und Flugmotorenindustrie rigoros auf wenige Hersteller zu konzentrieren - ein Gedanke, der im Reichsverkehrsministerium tatsächlich aufgegriffen wurde. 8 Firmen, die offensichtlich oder vermeintlich unwirtschaftlich arbeiteten, sollten auf einen Schlag vom Subventionstropf abgehängt werden. B M W hatte bis dahin erheblich von den Staatsgeldern profitiert. Von der Gesamtsumme über 72,145 Mio. R M , die zwischen 1924 und 1928 in Form von Darlehen, Beihilfen und vor allem Aufträgen verteilt worden waren, hatten sie mit 11,9 Mio. R M nach Junkers am meisten partizipiert. 9 Prinzipiell, so die Überlegungen auf Regierungsseite, sollten in Zukunft nur noch vier Flugzeugfirmen (Junkers, D o r nier, Heinkel und B F W ) sowie drei Motorenfirmen (BMW, Siemens, J u m o ) in den Genuss von Aufträgen seitens des Reichsverkehrsministeriums kom10
men. Was den Fahrzeugbau anging, so hatte die damalige BMW-Führung unter Popp und Castiglioni schon seit Ende des Ersten Weltkriegs die Option erwogen, die auch in Deutschland absehbare Motorisierung zu nutzen und die V g l . ebd., S. 7 6 f . I n n e r h a l b der R e i c h s w e h r hatte es dabei aber z u n ä c h s t auch Pläne g e g e b e n , die J u m o w e g e n der Ä h n l i c h k e i t der M o d e l l e beider F i r m e n in eine I n t e r e s s e n s g e m e i n s c h a f t mit B M W zu ü b e r f ü h r e n , eine Idee, die auch bei J u n k e r s 1924, als C a s t i g l i o n i in finanzielle S c h w i e r i g k e i t e n geraten war, aufgegriffen w u r d e - allerdings in F o r m einer Ü b e r n a h m e der B M W - A k t i e n m e h r h e i t . D i e s e Ü b e r l e g u n g e n z e r s c h l u gen sich dann aber n i c h t z u l e t z t w e g e n der E x i s t e n z k r i s e des J u n k e r s - K o n z e r n s . Vgl. B u d r a ß ; S. 150 und S. 172. Z u r J u n k e r s - K r i s e vgl. ebd., S. 2 6 1 ff. s V g l . B u d r a ß , S. 2 5 3 . 7
V g l . dazu die e n t s p r e c h e n d e n Z a h l e n bei B u d r a ß , S. 2 1 3 . W o b e i die Planspiele der S c h l ü s s e l k o m m i s s i o n des R V M i eine F u s i o n v o n B M W mit d e m F l u g m o t o r e n - B e r e i c h von S i e m e n s v o r s a h e n . G l e i c h z e i t i g hatten im H e e r e s w a f f e n a m t u n d in der A b t e i l u n g L u f t f a h r t des R V M i D i s k u s s i o n e n ü b e r die B i l d u n g eines n i c h t n u r im F l u g m o t o r e n b e r e i c h tätigen, s o n d e r n integrierten „ z w e i t e n K o n z e r n s " als G e g e n g e w i c h t zu J u n k e r s eingesetzt - b e s t e h e n d aus den m i t t e l g r o ß e n F l u g z e u g h e r stellern R o h b a c h , A l b a t r o s , F o c k e - W u l f und dazu B M W . All diese Pläne z e r s c h l u g e n sich zwar, a b e r sie zeigten d o c h , w e l c h e s G e w i c h t B M W in den strategischen und i n d u s t r i e p o l i t i s c h e n G e d a n k e n s p i e l e n zur F l u g z e u g i n d u s t r i e b e s a ß . Vgl. dazu ebd., S. 2 5 4 v
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I. Der U m b a u zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
Produktion von Automobilen aufzunehmen. Mehr als erste Entwicklungsarbeiten und die Übernahme der Generalvertretung für Automobile der Austro-Daimler-Werke für Deutschland konnte Popp aber Anfang der 20er Jahre nicht vorweisen. D e r Automobilbau war - wie der Flugmotorenbau nicht nur technologie-, sondern auch sehr kapitalintensiv, und daher konzentrierte B M W seine Kräfte zunächst auf den Flugmotoren- und Motorradbau. Angesichts des Mangels von B M W an K n o w - h o w und Kapital suchte Popp nach Kooperationspartnern und stieß bei der Deutschen Bank und insbesondere dessen Direktor Emil Georg v. Stauß, der seit 1925 den Aufsichtsratsvorsitz bei B M W innehatte, auf offene Ohren. V. Stauß war die treibende Kraft bei der Finanzierung der „new e c o n o m y " der Zwischenkriegszeit - der Filmindustrie, Automobilbranche und Luftfahrt - und band Popps Pläne rasch in seine weit reichenden industriepolitischen Ziele ein.'' V. Stauß, der auch bei der 1926 fusionierten Daimler-Benz A G den Aufsichtsratsvorsitz übernahm, initiierte Kooperationsgespräche zwischen Popp und dem Daimler-Benz-Generaldirektor Wilhelm Kissel, die zwar in keine weitere F u sion, aber in einen Freundschaftsvertrag zwischen Daimler-Benz und B M W mündeten und auch mit personellen Verflechtungen besiegelt wurden: Popp trat in den Aufsichtsrat von Daimler-Benz ein, Kissel übernahm die entsprechende Funktion bei BMW. 1 2 Beide Unternehmen spielten nun in den strategischen Planspielen zur Formierung eines deutschen Automobil-Trusts - hinter denen mit konkurrierenden Interessen v. Stauß und die Deutsche Bank sowie J a k o b Goldschmidt und die Danat-Bank standen - eine zentrale Rolle, und das, obwohl B M W zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Automobil entwickelt oder gebaut hatte. 13 Schließlich bot sich B M W im Jahr 1928 die Gelegenheit, die Fahrzeugfabrik Eisenach zu übernehmen, die als Zweigwerk der Gothaer Waggonfabrik mit Lizenz der britischen Automobilfirma Austin einen Kleinwagen namens Dixi baute. Mit Hilfe eines über v. Stauß vermittelten Großkredits der Deutschen Bank gelang Popp damit endlich der Einstieg ins Automobilgeschäft. Mit Eisenach verleibte sich B M W eine sanierungsbedürftige Fabrik ein, stieg aber gleichzeitig ohne eigenen Entwicklungsaufwand sofort in die führende Position als Kleinwagenhersteller auf, denn der „Austin Seven", auf dem die Dixi-Lizenz beruhte, war neben dem „Laubfrosch" von O p e l und den Kleinwagen von Citroen ein auf dem europäischen Markt etabliertes Pkw-Modell. Trotz des äußerst ungünstigen Zeitpunkts des Markteintritts am Vorabend der Weltwirtschaftskrise gelang es B M W , mit ca. 5500 produzierten Autos (1929), was einen Marktanteil von 6 bis 9 Prozent ausmachte, eine gesicherte Position im Automobilgeschäft zu erobern und diese gegen
11 Vgl. dazu Gerald D . Feldman, D i e Deutsche Bank und die Automobilindustrie, in: Z U G 44 (1999), S. 3 - 1 4 , hier S. 4 ff. 12 Vgl. dazu auch Mönnich, S. 137 f. 13 Vgl. ausführlich dazu Feldman, S. 7 ff. und Gall, Deutsche B a n k , S. 242 f. und S. 244.
1. Der Schein relativer Stabilität
Foto la/1b: Franz Josef
Der Vorstandsvorsitzende und der Aufsicbtsratsvorsitzende Popp und Emil Georg von Stauß (ca. 1935 j
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von
BMW:
die e r d r ü c k e n d e M a r k t m a c h t v o n O p e l (ca. 2 5 P r o z e n t M a r k t a n t e i l ) u n d den a u s l ä n d i s c h e n A u t o m o b i l k o n z e r n e n wie F o r d u n d C i t r o e n (jeweils ca. 3 0 P r o z e n t ) a u c h in d e n F o l g e j a h r e n ( t r o t z H a l b i e r u n g d e r v e r k a u f t e n bzw. p r o d u z i e r t e n A u t o m o b i l e ) zu v e r t e i d i g e n . 1 4 In der F o l g e z e i t i n v e s t i e r t e
BMW
e r h e b l i c h e M i t t e l in d e n A u s b a u u n d die M o d e r n i s i e r u n g der E i s e n a c h e r F e r t i g u n g s s t ä t t e , t r i e b a b e r g l e i c h z e i t i g die B e m ü h u n g e n z u r E n t w i c k l u n g eines neuen eigenen A u t o m o b i l m o d e l l s voran. D a i m l e r - B e n z , o b g l e i c h m i t e i n e m U m s a t z v o n 121,4 M i o . R M im J a h r 1 9 2 7 n o c h ca. s i e b e n M a l so g r o ß wie B M W , wies u n t e r d e s s e n einen e r h e b l i c h e n R e s t r u k t u r i e r u n g s b e d a r f auf. D i e F u s i o n v o n 1926 w a r l e t z t l i c h eine F l u c h t n a c h v o r n u n d die S u c h e n a c h e i n e m A u s w e g aus U b e r k a p a z i t ä t e n u n d u n r e n t a b l e n F e r t i g u n g s m e n g e n g e w e s e n , o h n e dass a b e r die f e r t i g u n g s t e c h n i s c h e n u n d K o s t e n p r o b l e m e gelöst w o r d e n waren. 1 : 1 B e i U m s a t z r e n d i t e
^ D a s g e l a n g n i c h t z u l e t z t a u c h d e s h a l b , «-eil d i e P r ä s e n z d e r a u s l ä n d i s c h e n H e r s t e l l e r a u f d e m d e u t s c h e n A u t o m o b i l m a r k t in d e n K r i s e n j a h r e n r a s a n t a u f k n a p p IC P r o z e n t fiel.
V g l . d a z u S e h e r - T h o s s , S. 2 2 3 ff. s o w i e d i e A n g a b e n a u f S. 5 5 7 u n d a u c h in
BA
R 8 1 1 9 F, B A B e r l i n , R 81191-, P O 3 1 0 0 . V g l . d a z u G r e g o r , S. 3 4 f f . B e i a n h a l t e n d u n a u s g e l a s t e t e n K a p a z i t ä t e n v o n g e r a d e e i n m a l 5 8 P r o z e n t b e r e i t s i m J a h r 1 9 2 8 , k o n n t e das U n t e r n e h m e n n a c h d e n d r a m a t i s c h e n Verlusten von 1926 ( - 2 6 , 5 M i o . R.M) nur k u r z e Zeit G e w i n n e erwirtschaften, ehe man 1 9 3 0 e r n e u t in d i e r o t e n Z a h l e n r u t s c h t e u n d i n s g e s a m t b i s 1 9 3 2 fast 3 3 M i o . R M V e r -
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I. D e r U m b a u zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
Schaubild 1: Entwicklung der Umsatzstruktur bei BMW 1926 bis 1933 (in % des Gesamtumsatzes)
•Flugmotoren Motorräder
-
-
-Automobile Heeresgerät
Quelle: Zusammengestellt und berechnet nach den Angaben in den Geschäftsberichten sowie N o t i z v o m 2 7 . 3 . 1 9 3 1 , in: B A R 8 1 1 9 F , P O 3071, Bl. 51.
und Rentabilität fiel Daimler-Benz damit in den Krisenjahren weit hinter B M W zurück und auch bei den Neuzulassungen im Automobilgeschäft rangierte man hinter dem Münchner Unternehmen. 1 6 B M W , so zeigte der Vergleich, kam dem insgesamt immer noch etwa drei Mal so großen Wettbewerber deutlich näher und es war abzusehen, dass die einst befreundeten Unternehmen über kurz oder lang im Automobil- wie im Flugmotorengeschäft zu erbitterten Konkurrenten werden würden. Flugmotorenbau, Automobilbau und der ebenfalls forcierte Motorradbau, das waren mithin die drei Produktionsgebiete, auf deren Fundament B M W durch Popp und v. Stauß gestellt wurde mit dem Ziel, die drei Bereiche „in einem gesunden gegenseitigen Verhältnis zu halten, um allen Konjunkturschwankungen erfolgreich begegnen zu können". 1 7 Ein genauerer Blick auf die Entwicklung der Umsatzstruktur zwischen 1926 und 1933 zeigt, dass dies tatsächlich gelang. 1930 etwa glichen die Zuwächse beim Flugmotorenabsatz die konjunkturell bedingten Rückgänge bei Motorrädern und Automobilen zumindest parluste anhäufte. Vgl. die Zahlen zu Daimler-Benz in: Gregor, S. 58 sowie Karl Heinz R o t h , Michael Schmid, D i e Daimler-Benz A G 1 9 1 6 - 1 9 4 8 . Schlüsseldokumente zur Konzerngeschichte, Nördlingen 1987, S. 333. 16 Vgl. Seher-Thoss, S. 223. 17 Popp-Denkschrift 1947, S. 5.
1. Der Schein relativer Stabilität
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tiell aus, 1931 dagegen milderte das anziehende Motorradgeschäft die U m satzeinbrüche im Flugmotorenbereich. 1 8 1931 und 1932 erreichten die drei Produktionsstandbeine schließlich ein annähernd gleiches Gewicht bei der Umsatzstruktur. Dazu kam, dass es dem BMW-Management gelang, in den Krisenjahren die Liquidität des Unternehmens nachhaltig zu verbessern. Der Erwerb des Werkes Eisenach, „der das Unternehmen krank gemacht hat" 19 und die im Zusammenhang damit nötigen Restrukturierungsaufwendungen ließen im Sommer 1929 die Bankschulden von B M W auf 15 Mio. R M und damit nahezu auf die Höhe des gesamten Aktienkapitals (16 Mio. R M ) bzw. in die Nähe des Buchwertes der Anlagen (17,2 Mio. R M ) anschwellen. Durch einen radikalen Schuldenabbau senkte B M W jedoch in den folgenden Jahren seine Kreditschulden und damit auch die Zinsbelastungen auf zunächst 10,2 (1930), dann 3,3 Mio. R M (1931) und tilgte schließlich im Jahre 1932 seine Verbindlichkeiten vollständig. 20 Popp brachte das Kunststück fertig, gespeist aus Mittelzuflüssen von Kapitalerhöhungen (zuletzt im Juli 1928), Rationalisierungsmaßnahmen, Auflösung von Rückstellungen und der Hebung versteckter Reserven in Form von veränderten Bewertungsmaßstäben, mitten in der Weltwirtschaftskrise trotz weiter sinkender Umsätze dem Unternehmen Liquidität zu verschaffen. Die Kapitalreserven wuchsen von 0,3 Mio. R M (1924) auf 3,1 Mio. R M (1931). 21 Und dennoch zeigte sich bei genauerem Hinsehen, dass „bei B M W keineswegs alles im Lot war". 2 2 V. Stauß' Rationalisierungsexperte Otto Max Müller „hatte in der Flugmotoren- und Motorradfertigung eine Reihe von Unzulänglichkeiten entdeckt und auch bei der Preisbildung und der Vermarktung gab es Probleme". 2 3 Schwierigkeiten in technischer wie betriebswirtschaftlicher Hinsicht bestanden insbesondere im Flugmotorenbereich. Im Juli 1930 berichtete v. Stauß an das BMW-Aufsichtsratsmitglied Raimund Hergt, „dass man beim RVMi der Ansicht ist, dass die B M W für einen 800-PS-Motor, der gebaut werden soll, keine so gute Konstruktion hat wie andere Firmen, die damit befasst sind, insbesondere Daimler. Gleichwohl will man der B M W den Auftrag geben, da die Herren, vor allem auch der Flugverkehr, der Ansicht sind, dass man B M W als das Rückgrat der deutschen Flugmotorenindustrie betrachten muss. Man will also die guten Ideen von anderen fruktifils Vgl. d a z u auch Bericht Popps g e g e n ü b e r dem Aufsichtsrat am 1 2 . 2 . 1931, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3071, Bl. 39 sowie Bericht des Vorstandes auf der Generalvers a m m l u n g vom 25. 6. 1931, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3071, Bl. 351. Vgl. dazu im Detail auch die H a l b j a h r e s b i l a n z v o m 31. 8. 1931 W e r k M ü n c h e n , in: BA Berlin, R 8119F, P O 3100, Bl. 2 4 6 - 3 2 4 . " So das Urteil in einer N o t i z vom 17. 2. 1932, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3127, Bl. 97. 20 Vgl. dazu auch Geschäftsbericht 1929, S. 3 sowie Geschäftsbericht 1930, S. 2. -' Vgl. B A Berlin, R 8119F, P O 3131, Bl. 2 - 5 . - Gall, Deutsche Bank, S. 245. Ebd. Vgl. im Detail den Bericht M ü l l e r s vom 30. 12. 1929, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3080, Bl. 419, 1 - 6 sowie Bericht Pinner v o m 14. 12. 1929, in: ebd., Bl. 3 9 6 ^ 0 1 .
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
zieren und möglicherweise Zeichnungen von Daimler gegen Lizenzabgabe an letztere bei der B M W ausführen lassen." 24 In der Folgezeit nahm die Kritik aus dem RVMi an der Produktqualität der BMW-Motoren jedoch zu. Sie gipfelte in dem offenen Vorwurf, dass B M W mit seiner Flugmotorenentwicklung technologisch mehr und mehr ins Hintertreffen gerate. Ausführlich legte das RVMi, gestützt auf ein Gutachten der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, eine ganze Reihe technischer Mängel an den BMW-Motoren dar und kritisierte, dass auch die in der Entwicklung befindlichen BMWFlugmotoren „nach Ansicht weiter Kreise der Technik und Wissenschaft die Kennzeichen neuzeitlicher wassergekühlter Motoren nicht in ausreichendem Maße aufweisen" 2 5 . Zudem, so lautete ein weiterer Vorwurf, habe B M W eine falsche Investitionspolitik betrieben, indem man erhebliche Mittel in die Erweiterung der Produktionskapazitäten gesteckt und damit letztlich Uberkapazitäten geschaffen hatte, „für die Weiterentwicklung Ihrer wassergekühlten Motoren [dagegen] aus Eigenem nichts wesentliches getan [worden war]". 2 6 Popp versuchte jedoch, die Schuld für die Situation im Flugmotorenbereich den staatlichen Stellen zuzuschieben. 2 7 „Das Hauptübel", so notierte auch der BMW-Aufsichtsrat Hergt, „bleibt natürlich immer noch der Dualismus, in dem die Lufthansa und mit ihr die ganze deutsche Luftfahrt-Industrie lebt. Die Lufthansa soll Verkehrsfliegerei mit Militär-Motoren betreiben und dabei nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen arbeiten. Das geht auf die Dauer nicht. Das Reich muss unbedingt einsehen, dass es für Entwicklungsarbeiten in der Flugzeugindustrie, insbesondere in der Motoren-Industrie, ganz andere Leistungen als bisher aufzubringen hat." 28 Erschwerend kam hinzu, dass zwischen Lufthansa-Vorstand Milch und Popp erhebliche persönliche Animositäten herrschten, die sich in den folgenden Jahren, als Milch zum einflussreichen Staatssekretär des Reichsluftfahrtministeriums aufstieg, keineswegs abmildern sollten. Im Jahr 1932 musste sich B M W schließlich einer rigorosen Rentabilitätsund Leistungsfähigkeitsüberprüfung durch das RVMi unterziehen. Im Februar und Oktober 1932 beauftragte das RVMi die Deutsche Revisions- und Treuhand A G mit zwei Sonderprüfungen bei BMW. Gegenstand der ersten Ebd., Bl. 19. Brief des RVMi an B M W vom 22. 11. 1930, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3070, Bl. 214/ 1-5. 26 Ebd. 27 Brief Popp an das RVMi vom 1. 12.1930, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3070, Bl. 215/114. 2S Brief Hergt an v. Stauß vom 20. 11. 1930, in: BA Berlin, R 8119F, PO 3070, Bl. 199 f. sowie ders. vom 26. 11. 1930, in: ebd., Bl. 203 ff. Gleichzeitig räumte der B M W - A u f sichtsrat Hergt gegenüber v. Stauß aber tatsächliche Mängel seitens B M W ein. Ein Teil der von der Lufthansa und dem RVMi erhobenen Beanstandungen sei zweifellos unbegründet oder stark übertrieben, „ich habe aber den Eindruck, dass Herr Milch und seine Leute in einer ganzen Reihe von Punkten recht haben". 24
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1. D e r S c h e i n r e l a t i v e r S t a b i l i t ä t
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U n t e r s u c h u n g w a r die Rentabilität u n d Existenzfähigkeit der F l u g m o t o r e n abteilung angesichts der v o m M i n i s t e r i u m f ü r e t w a 3 M i o . R M erteilten A u f t r ä g e , die w e i t unter der von B M W selbst als M i n d e s t a u f t r a g s v o l u m e n von 6 M i o . R M angesehenen A u s l a s t u n g s g r e n z e lagen. 2 9 Das T r e u h a n d - G u t achten deckte dabei auf, in w e l c h geradezu archaischem Zustand das betriebliche R e c h n u n g s w e s e n bei B M W war. Der F l u g m o t o r e n b a u u n d der M o t o r radbau, so mussten die Betriebsprüfer feststellen, w a r e n fabrikatorisch w i e kalkulatorisch eng verzahnt. „ D e m F l u g m o t o r e n b a u [ w u r d e ] nach uns gegebener M i t t e i l u n g der besseren A u s n u t z u n g der A n l a g e n u n d des Personals w e g e n der M o t o r r a d b a u angegliedert. Die D u r c h f ü h r u n g der die M o t o r r a d herstellung betreffenden A r b e i t s v o r g ä n g e erfolgt daher z u m Teil auf M a s c h i nen und durch Arbeiter, die für diese Fabrikationsart verhältnismäßig teuer sind, deren V e r w e n d u n g hierfür aber erst eine wirtschaftliche A u s n u t z u n g der f ü r den F l u g m o t o r e n b a u geschaffenen A n l a g e n und des f ü r n o t w e n d i g gehaltenen S t a m m p e r s o n a l s ermöglicht. Eine z a h l e n m ä ß i g e Feststellung dieser d e m F l u g m o t o r e n b a u z u g u t e k o m m e n d e r F a k t o r e n lässt sich [deshalb] n a t u r g e m ä ß nur s c h w e r und gegebenenfalls auch nur annähernd d u r c h f ü h ren." 3 0 K u r z u m : die S o n d e r p r ü f u n g k a m zu d e m Ergebnis, dass B M W im F l u g m o t o r e n b a u viel zu teuer u n d unrentabel produzierte. Die zweite v o m R V M i angestrengte S o n d e r p r ü f u n g im O k t o b e r 1932 konzentrierte sich daher auf die Preis- u n d K o s t e n n a c h p r ü f u n g bei der E n t w i c k l u n g u n d dem Bau von Versuchsmotoren. 3 1 B M W , so zeigte sich, hatte ein w e i t g e h e n d auf Schätz u n g e n basierendes u n d damit höchst undurchsichtiges und z u m Teil auch w i d e r s p r ü c h l i c h e s Kosten- u n d Kalkulationsgebaren; es gab keine Erfassung über die Zahl der den L o h n b e t r ä g e n z u g r u n d e liegenden A r b e i t s s t u n d e n und keine A u f t e i l u n g des M a t e r i a l a u f w a n d e s . 3 2 B M W w a r alles in allem weit davon entfernt, m o d e r n e Verfahren der betriebswirtschaftlichen w i e technologischen Steuerung u n d Kontrolle zu besitzen. U n d die chaotischen Verhältnisse in diesen Bereichen spiegelten die T u r b u l e n z e n und k e i n e s w e g s stabilen S t r u k t u r e n der corporate governanceVerfassung des U n t e r n e h m e n s insgesamt wider. C a m i l l o Castiglioni, der langjährige Hauptanteilseigner, hatte B M W vielfach nur als spekulatives Kapitalinvestment gesehen und durch eine von ihm e r z w u n g e n e g r o ß z ü g i g e Dividendenpolitik das M ü n c h n e r U n t e r n e h m e n regelrecht ausgeplündert. 3 3 V g l . d a z u B e r i c h t d e r T r e u h a n d A G v o m 1 . 3 . 1932, in: R 8 1 3 5 / 5 0 1 3 . E b d . , S. 3. Erst i m G e s c h ä f t s j a h r 1932 w u r d e bei B M W ein m o d e r n e s B u d g e t i e r u n g s s v s t e m eingeführt, das eine T r e n n u n g der festen u n d b e w e g l i c h e n bzw. p r o p o r t i o n a l e n U n k o s t e n erlaubte u n d damit erstmals ü b e r h a u p t zuverlässige A u s s a g e n über die Err e c h n u n g des R e n t a b i l i t ä t s p u n k t e s des U n t e r n e h m e n s lieferte. " V g l . B e r i c h t d e r T r e u h a n d A G , in: B A B e r l i n , R 8 1 3 5 / 5 2 4 7 . '' Ein i l l u s t r a t i v e s B e i s p i e l f ü r d i e u n z u l ä n g l i c h e n K a l k u l a t i o n e n bei d e r B M W - F l u g m o t o r e n f e r t i g u n g ist a u c h d e r B r i e f v o n P o p p an d a s R V M i v o m 13. 12. 1930, in: B A 8 1 1 9 F, B A B e r l i n , R 8119F, P O 3 0 7 0 , Bl. 2 2 9 ff. 1924 b i s 1928 h a t t e B M W i n s g e s a m t 3 9 M i o . R M d . h . p r o J a h r z w i s c h e n 10 u n d 16 P r o z e n t D i v i d e n d e n v e r t e i l t . V g l . N o t i z v o m 28. 8. 1934, in: B A B e r l i n , R 8119F, P O 3
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
Durch die Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes durch v. Stauß und die Einführung der BMW-Aktien an der Börse im Jahr 1925 war zwar ein deutliches Gegengewicht zur Machtposition Castiglionis geschaffen worden, aber erst im Oktober 1929, als Castiglioni in finanzielle Bedrängnis geriet, gelang es der Deutschen Bank, den Spekulanten endgültig aus dem Aufsichtsrat von BMW zu verdrängen, zumal sich Castiglioni inzwischen auch mit Popp heillos zerstritten hatte. 34 Auf den ersten Blick besaß BMW nun mit den beiden starken Männern, dem autokratisch regierenden Generaldirektor Popp und dem einflussreichen Bankier v. Stauß, stabile corporate-governance-Strukturen. Aber zwischen Popp und v. Stauß bestand ein höchst gespanntes Verhältnis gegenseitigen Misstrauens. V. Stauß unterstellte Popp in dem Konflikt mit dem RVMi und Lufthansa-Chef Milch im Herbst 1930, dass der Generaldirektor den Aufsichtsrat viel zu spät und dann ungenügend informiert hätte. 35 Auch innerhalb des Vorstands kam es zu erheblichen Streitereien und Differenzen, die 1931 unter anderem zur Ablösung und Entlassung des erst im Frühjahr 1929 für das Eisenacher Automobilgeschäft zuständig erklärten Direktors Arnold Neubroch führte. 36 Neben Popp saßen zwar noch Max Friz als technischer Direktor und Fritz Klopfer sowie ab 1932 auch Franz Kleber als kaufmännische Direktoren im BMW-Vorstand, aber die herausragende und alles dominierende Position Popps spiegelte sich schon allein in den Gehältern wider: Popp erhielt 100000 RM, Friz 40000 RM und die beiden Kaufleute je 30000 RM pro Jahr. 37 Das Ausscheiden von Castiglioni hatte daher nur für kurze Zeit für Ruhe und Stabilität gesorgt und das RVMi aufatmen lassen, zumal auch im Juli 1930 Gerüchte auftauchten, dass Pratt & Whitney „noch immer sehr großes Interesse am Erwerb der BMW haben und deren Erwerb bei Eintreten normaler Verhältnisse in den Vereinigten Staaten wieder aufnehmen wollen" 38 . Im April 1931 entstanden dann neue Spekulationen über ein Kaufinteresse des amerikanischen Automobilkonzerns Chrysler für Eisenach sowie einer britischen, stark im Automobilgeschäft engagierten Investmentgruppe. 39 Der BMW-Vorstand begann daher, zur Abwehr den Reservefonds „mit namhaften Beträgen auszustatten", und ließ sich im Herbst 1931 vom Aufsichtsrat die Genehmigung erteilen, ein 3131, B1.3. Angesichts dessen erscheint die Darstellung bei Del Fabbro, der Castiglioni als Opfer der Banken darstellt, umso absurder. Vgl. Rene Del Fabbro, Internationaler Markt und nationale Interessen. Die B M W AG in der Ära Castiglioni 1917-1930, in: Sozial.Geschichte Heft 2/2003, S. 35-62. 34 Vgl. dazu auch Gall, Deutsche Bank, S. 246. 35 Vgl. Brief Hergt an v. Stauß vom 20. 11. 1930, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3070, Bl. 199 f. 36 Vgl. dazu näher u.a. Bericht des Aufsichtsratsmitglieds Pinner vom 14. 12. 1929, in: BA R 8119 F BA Berlin, R 8119F, P O 3080, Bl. 386ff. 37 Vgl. BA Berlin, R 8119F, P O 3106, Bl. 47 f. 38 Notiz des Sekretärs von v. Stauß, Eugen Wörner, nach Mitteilung von Hergt, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3070, Bl. 37. 39 Vgl. Aktennotiz vom 9. 4. 1931, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3071, Bl. 67.
1. Der Schein relativer Stabilität
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groß angelegtes Aktienrückkaufprogramm in Höhe bis zu nominell 1,6 Mio. eigene Aktien zu starten, „und so die Sicherheit der Gesellschaft zu erhöhen". 40 Nach dem Tiefpunkt im Herbst 1931 zogen denn auch die Notierungen der BMW-Aktie wieder deutlich an und mündeten im Frühjahr 1933, ausgelöst durch entsprechende Äußerungen der neuen NS-Regierung über die Förderung der Luftfahrt und Steuererleichterungen für Automobile, in eine regelrechte Hausse. BMW, so zeigte sich, war schon lange vor 1933 in ein enges Interessengeflecht von Staat, Militär und eigenen unternehmenspolitischen Zielen eingebunden. Die Diversifikationsstrategie war denn auch nicht das Ergebnis unabhängiger Aktivitäten seitens Popps, deren Erfolg durch den sich verstärkenden Rückenwind einer bereits vor 1933 anziehenden Konjunktur unterstützt wurde. 4 1 Erst recht richtete der BMW-Vorstand seine Unternehmens-
Brief P o p p an v. Stauß v o m 1 9 . 6 . 1931, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3127, Bl. 11 f. s o w i e v. Stauß an die A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r vom 5. 10. 1931, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3127, Bl. 34 f. 41 Vgl. dazu C h r i s t o p h Buchheim, Zur N a t u r des W i r t s c h a f t s a u f s c h w u n g s in der N S 4:
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
politik nicht von Anfang an auf das primäre Ziel des Fahrzeug- und A u t o m o bilbaus, wie Popp später in seiner Rechtfertigungsschrift Glauben machen wollte. 4 2 B M W startete in die N S - Z e i t finanziell stark, aber mit einer, was die technologische Kompetenz und die betriebswirtschaftlichen Abläufe angeht, durchaus prekären Verfassung. Dazu kamen spezifische Verwerfungen in den corporate-governance-Strukturen. Es war abzusehen, dass sich das Unternehmen erheblichen Herausforderungen stellen musste, insbesondere einer weiteren Politisierung des Flugmotorengeschäfts und der wachsenden K o m plexität der Flugzeug- und Flugmotorentechnologie. All diese in der Phase 1924 bis 1932 sich herauskristallisierten Konfliktkonstellationen und Problemlagen bei der Technologie und in der Unternehmensorganisation, beim Verhältnis von Aufsichtsrat und Vorstand und bei den Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Reichsstellen sollten sich fortsetzen, zum Teil aufgrund der „rüstungswirtschaftlichen Aufladung" erheblich verschärfen und schließlich 1942 zur Eskalation führen.
2. Abschied vom Automobilgeschäft Die wirtschaftliche Erholung hatte noch deutlich vor der Machtübernahme des NS-Regimes eingesetzt. Sie wurde durch eine zunächst mit konventionellen Mitteln der staatlich finanzierten Konjunkturbelebung, dann, seit 1936, mit wachsenden Aufrüstungsprogrammen betriebenen nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik verstärkt und mündete schließlich in einen regelrechten B o o m . Dessen negative volkswirtschaftliche Auswirkungen mit staatlichem Außenhandelsmonopol, Devisenkontrolle und Rohstoffknappheit sollten aber nach und nach immer deutlicher werden. In dieser Phase zwischen Staatskonjunktur und verstärkten rüstungswirtschaftlichen Planungs- und Lenkungsmaßnahmen des NS-Regimes legte BMW, von der „neuen Politik" massiv profitierend, ein geradezu atemberaubendes Wachstums- und Expansionstempo vor. Der Konzernumsatz explodierte von 42 Mio. R M (1933) auf 280 Mio. R M (1939), d.h. um mehr als das Sechseinhalbfache, während gleichzeitig die Belegschaft um das Vierfache von 6514 auf knapp 2 7 0 0 0 wuchs. 1 B M W wuchs, zumindest bis 1936 und dann wieder ab 1939, schneller als seine Konkurrenten. Daimler-Benz, allerdings 1933 absolut mit etwa dem Zeit, in: Ders. u.a. (Hrsg.), Zerrissene Zwischenkriegszeit. Wirtschaftshistorische Beiträge. Knut Borchardt zum 65. Geburtstag, Baden-Baden 1994, S. 9 7 - 1 2 2 . 42 Vgl. Popp-Denkschrift „Zur Geschichte der Bayerischen Motoren Werke. Eine Rechtfertigung von Generaldirektor F. J . Popp, vom N o v e m b e r 1947, S. 7, in: M T U Archiv, O r d n e r 2. 1 Das Anlagevermögen folgte dieser Entwicklung. Es stieg von 12,3 Mio. R M (1933) auf über 66 Mio. R M (1939), ohne dass sich allerdings etwas am Stammkapital änderte. Es blieb unverändert bei 15 Mio. R M .
2. Abschied vom Automobilgeschäft Tab. 2: Umsatz- und Belegschaftsentwicklung Jahr
1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939
BMW-Konzern
Flugmotoren GmbH (in Mio. RM)
BMW AG (in Mio. RM)
(1933 bis 1939)
Konzern insg. (in Mio. RM)
9,4 36,8 75,6 69,4 78,1 99,1 190,5
32,6 44,4 52,4 55,5 65,5 80,5 89,8
27
42,0 81,2 127,9 124,9 143,7 179,6 280,3
Belegschaft
6514 12576 11 113 13761 13 860 16968 26919
Quelle: Geschäftsberichte; Geschichte des BMW-Konzerns, M T U U A 2. 5. 06.01, S. 23; U m s a t z statistik Flugmotorenbau v o m 22. 4. 1939, in: B M W U A 16, Bl. 104.
2,5-fachen U m s a t z auf weit h ö h e r e m N i v e a u startend, gelang es n u r vergleichsweise langsam, sich z u m R ü s t u n g s k o n z e r n u m z u w a n d e l n u n d v o n d e n k r i e g s v o r b e r e i t e n d e n M a ß n a h m e n des Regimes zu p r o f i t i e r e n . E r s t 1936/37, mit d e m Bau des Werkes G e n s h a g e n bei Berlin u n d d e m Einstieg in die G r o ß s e r i e n f e r t i g u n g v o n F l u g m o t o r e n , beschleunigte sich auch das W a c h s t u m s t e m p o der Stuttgarter erheblich. 2 B M W hatte sich dagegen s c h o n längst in diesem Bereich positioniert u n d e n t s p r e c h e n d investiert. D e r a n d e r e K o n k u r r e n t , J u n k e r s M o t o r e n b a u , blieb ebenfalls z u n ä c h s t h i n t e r B M W z u r ü c k , w u c h s d a n n aber seit 1937 weit d y n a m i s c h e r als B M W u n d D a i m l e r - B e n z u n d k o n n t e schließlich w i e d e r eine d o m i n i e r e n d e Rolle im F l u g m o t o r e n b e r e i c h spielen. 1936 hatte J u m o mit 37,6 M i o . R M n o c h fast die H ä l f t e des B M W - U m s a t z e s mit F l u g m o t o r e n aufgewiesen, 1938 da-
Tab. 3: Umsatzwachstum
BMW und Daimler-Benz
1933 bis 1939 (1933=100)
Jahr
BMW-Konzern
Daimler-Benz
1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939
100 193,3 304,5 297,4 342,1 427,6 667,4
100 145,5 224,1 292,5 395,5 457,9 522,9
Quelle: DB-Zahlen bei Neil Gregor, S. 58.
- Vgl. dazu Gregor, S. 95 ff.
28
I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
gegen mit 173 Mio. RM bereits nahezu das doppelte Umsatzvolumen erreicht. 3 B M W entwickelte sich hinsichtlich der Gewichtung der drei Produktionsstandbeine in die schon vor 1933 eingeschlagene Richtung, allerdings nun forciert durch einen von Popp konsequent und vehement betriebenen Konzernumbau. Die Umsatzstruktur zwischen 1933 und 1939 zeigt deutlich, wie stark bereits 1934 das Flugmotorengeschäft ausgebaut worden war, der Automobilbereich dagegen rasant an Bedeutung verloren hatte. Tab. 4: Entwicklung der Umsatzstruktur und in % Gesamtumsatz) Jahr
1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939
BMW-Konzern
1933 bis 1939 (in Mio. RM
BMW AG Automobil
Motorrad
Sonst.
Flugmotorenbau G m b H Flugmotoren
15,2 (46,6) 25,7 (31,6) 29,6 (23,1) 32,5 (26,0) 39,9 (27,7) 48,2 (26,8) 45,7(16,3)
6,3 (19,3) 13,2 (16,2) 14,6 (11,4) 14,9(11,9) 15,6(10,8) 21,3(11,9) 25,8 ( 9,2)
1,7 (5,2) 5,4 (6,6) 7,7(6,0) 8,1 (6,5) 10,1 (7,0) 11,0 (6,1) 13,1 (4,7)
9,4 36,8 75,6 69,4 78,1 99,1 190,5
(28,8) (45,3) (59,1) (55,5) (54,3) (55,2) (68,0)
Q u e l l e : Z u s a m m e n s t e l l u n g v o m 21. 4. 1939, in: B M W U A 16.
Bis 1939 drittelte sich der Anteil des Automobilgeschäfts am Gesamtumsatz auf marginale 16,3 Prozent (auch wenn die absoluten Umsatzzahlen stiegen), der Anteil des Flugmotorenbereichs dagegen verdoppelte sich auf 68 Prozent des Gesamtumsatzes. Auch der Motorradbau trug nur noch 9,2 Prozent statt einst fast 20 Prozent zum Gesamtgeschäft bei. Dafür wies aber infolge der staatlichen Rüstungspolitik das Geschäft mit Heeresgeräten trotz insgesamt eher stagnierender Umsatzanteile beträchtliche Wachstumsraten von durchschnittlich 27 Prozent pro Jahr auf. Der zu diesem frühen Zeitpunkt bereits nahezu vollzogene Umbau von B M W zum Flugmotoren- und Rüstungskonzern war dabei keineswegs vom Reichsluftfahrtministerium erzwungen, sondern entsprach weitestgehend dem unternehmerischen Kalkül des BMW-Vorstandes, der seit 1933 eine deutliche Vernachlässigung des Automobilsektors zugunsten des militärischen und rüstungsrelevanten Flugmotorenbereichs betrieb. Bereits im Juni 1933 schrieb Popp an Milch, der inzwischen Staatssekretär im R L M geworden war, einen langen Brief, in dem er sich ausführlich mit der „Verstärkung unseres Flugmotorenbaus mit Rücksicht auf die heutige Zeitlage und die
3
Zur Jumo vgl. Budraß, S. 382.
2. Abschied v o m A u t o m o b i l g e s c h ä f t
29
kommenden Notwendigkeiten" beschäftigte. 4 „Sie wissen", so hieß es in Popps Schreiben, „dass ich mit Herz und Seele nur Flugmotorenbauer bin und nur einen Wunsch hatte, mich mit anderen industriellen Problemen nicht beschäftigen zu müssen. Die Nachkriegszeit hat ja leider dies nicht ermöglicht, aber ich glaube, dass die Zukunft dies wieder bringen muss. [...] Es ist mir gelungen, in den sehr schweren letzten 5 Jahren die finanzielle Bürde, die uns Eisenach auferlegte, ganz erheblich abzubauen und dank unserem großen Aktienkapital eine erhebliche Liquidität dadurch zu erreichen. Diese freigesetzten Mittel möchte ich nun voll und ganz dem Flugmotorenbau zugute kommen lassen." 5 Wie weit sich die jeweiligen Pläne von R L M und B M W deckten, zeigte sich unter anderem darin, dass Popp ab Januar 1934 das Konstruktionsbüro für den Automobilbau, das man erst eineinhalb Jahre zuvor von Eisenach nach München verlegt hatte, „auf Wunsch des Luftfahrtministers, der sich aber auch mit unseren Absichten deckt", wieder nach Eisenach zurückversetzte; ein deutliches Zeichen dafür, dass die künftigen Schwerpunkte am zentralen Konzern-Entwicklungsstandort in München woanders als im Automobilbau liegen sollten. 6 Eigentlich gehörte die Automobilindustrie zu den ersten Wirtschaftsbranchen, die nach der Machtübernahme des Nationalsozialismus vom Aufschwung profitierten. 7 Das Bündel steuerlicher, infrastruktureller und propagandistisch-psychologischer Anreize, das die „Automobil-Politik" der NS-Regierung kennzeichnete, ließ die Zahl der produzierten und verkauften Personenwagen in Deutschland von insgesamt 90041 (1933) auf 276804 (1938) hochschnellen und anfangs schlug sich diese Entwicklung auch in den Absatzzahlen von B M W nieder. Hatte man 1932 noch 3300 P K W gebaut, so wurden 1933 bereits ca. 6500 Stück und 1935 über 8000 Automobile gefertigt. 8 Das Unternehmen konnte jedoch nur unterdurchschnittlich von der Automobilkonjunktur profitieren. Die Produktionszahlen stagnierten im Wesentlichen bis 1938/39, die Marktanteile schrumpften von 6,7 Prozent (1933) auf 3,4 Prozent (1938/39). 9 Wie stark das Automobilgeschäft vernachlässigt wurde, zeigt vor allem der Vergleich mit Daimler-Benz. Während die Stuttgarter die PKW-Produktion zwischen 1933 und 1938/39 um 230 Prozent überdurchschnittlich steigerten (die gesamte AutomobilprodukVgl. Brief P o p p an M i l c h vom 9. 6. 1933, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3128, Bl. 17-22. Ebd., Bl. 19f. Popps spätere B e h a u p t u n g , das S c h w e r g e w i c h t von B M W habe i m m e r auf d e m Gebiet des F a h r z e u g b a u s gelegen und das U n t e r n e h m e n k ö n n e „niemals in erster Linie als F l u g m o t o r e n f a b r i k zu betrachten sein", erwies sich damit als nachträglich in die Welt gesetzter M y t h o s . Vgl. P o p p - D e n k s c h r i f t „Zur Geschichte der B a y e r i schen M o t o r e n Werke, S. 5, in: M T U - A r c h i v , O r d n e r 2. 6 Schreiben P o p p an v. Stauß v o m 9. 12. 1933, in: B A R 8119 F, P O 3106, Bl. 158 f. 7 Vgl. d a z u Gregor, S. 56 ff. 8 Vgl. B M W - G e s c h ä f t s b e r i c h t e 1932 ff. ' Vgl. Seher-Thoss, S. 328. Zu den genauen Zahlen vgl. Lieferübersicht B M W vom 16. 6. 1951, S. 2, in: B M W U A 701/1 bzw. die (niedrigeren) A n g a b e n in den Geschäftsberichten; vgl. auch Seher-Thoss, S. 328 b z w . S. 557; Gregor, S. 61 u n d 70 f. 4 5
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I. D e r U m b a u z u m R ü s t u n g s - u n d F l u g m o t o r e n k o n z e r n
tion stieg in Deutschland um 200 Prozent), konnte B M W nur einen Zuwachs von 34 Prozent verzeichnen. Und hatten die Münchner bei den Neuzulassungen 1933 noch an fünfter Stelle rangiert, so war man 1938/39 auf Platz neun zurückgefallen, von einst kleineren Konkurrenten wie Hansa/Borgward, Wanderer und Hanomag überrundet. Die schwache Marktposition von B M W war umso bedeutender, als das Unternehmen vom anhaltenden Trend zum Kleinauto neben Opel der Hauptnutznießer dieser Entwicklung war, eigentlich überdurchschnittlich hätte profitieren müssen, zumal Daimler-Benz mit seinem Versuch zum Neueinstieg in dieses Marktsegment im Wesentlichen scheiterte. 10 Dann aber veränderte das Volkswagen-Projekt des NS-Regimes die Struktur des Automobilmarktes Mitte der 30er Jahre grundlegend, denn den privaten Automobilherstellern war bewusst, dass sie mit dem Volkswagen als preiswertem Massenautomobil nicht konkurrieren konnten." Wie alle anderen Automobilhersteller drängte auch Popp daher angesichts der konkreter werdenden VW-Werk-Pläne in der zweiten Hälfte der 30er Jahre in den Mittel- und Oberklassenmarkt. Man stieß jedoch vor allem auf Daimler-Benz als mächtigen Wettbewerber und läutete damit das Ende des einstigen Kooperationsverhältnisses ein. 12 Scheinbar konnte Popp zunächst Erfolge vermelden: Die neu auf den Markt gebrachten 1,9 Liter-Modelle verzeichneten gute Absatzerfolge im In- und Ausland. Das Volumen des Auslandsabsatzes stieg etwa von 0,4 Mio. R M (1934) auf 3,0 Mio. R M (1938). 13 Aber bei näherem Hinsehen zeigte sich, dass das Automobilgeschäft bei B M W höchst unrentabel war. Bereits die aufwendigen Entwicklungs- und Anlaufkosten verschlangen mit 7,5 Mio. R M zwischen 1935 und 1938 U n summen, u.a. auch für die Entwicklung und den Aufbau eines eigenen Karosseriewerks, nachdem die Entwicklungsgemeinschaft mit Daimler-Benz in diesem Bereich in die Brüche gegangen war. 14 Auch von einer rentablen Großserienfertigung konnte keine Rede sein, insbesondere bei einem Vergleich mit den Weltmarktpreisen. Erlöste B M W 1938 im Inland pro Automobil durchschnittlich 4800 R M , so waren es im Exportgeschäft für densel-
Vgl. dazu Gregor, S. 59 ff. Zur weiteren A u t o m o b i l p o l i t i k Popps vgl. Brief P o p p an v. Stauß v o m 17. 3. 1934, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3128, Bl. 63 ff., Brief v. Stauß an P o p p v o m 19. 3. 1934, in: ebd., Bl. 6 9 f . sowie Brief P o p p an v. Stauß v o m 22. 3. 1934, in: ebd., Bl. 71 f. Vgl. auch Brief Popps an den Treuhänder der A r b e i t , Kurt Frey, v o m 23. 6. 1936, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3075, Bl. 168 ff. u n d Popp an Werlin, Vorstandsmitglied von DaimlerBenz, am 29. 7. 1936, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3075, Bl. 172 f., schließlich Brief P o p p an v. Stauß vom 1 1 . 6 . 1937, in: ebd., Bl. 157 f. 12 Vgl. dazu Gregor, S. 61 f. s o w i e auch M ö n n i c h , S. 215 f. " Vgl. dazu auch die A u f s t e l l u n g : „ B M W - A n t e i l am Privatgeschäft" von 1934-1938 v o m 22. 4. 1939, Bl. 103, in: B M W U A 16. 14 Vgl. dazu den detaillierten Bericht Popps an v. Stauß über die E n t w i c k l u n g s - u n d A n laufkosten v o m 15. 2. 1938, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3075, Bl. 3 2 1 - 3 3 3 . 10
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2. A b s c h i e d v o m A u t o m o b i l g e s c h ä f t
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ben Wagen nur 3085 R M , d.h. 35,7 Prozent weniger. 15 Im Sommer 1938 war es angesichts dessen zu heftigen Konflikten im BMW-Vorstand gekommen. Als Popps Gegenspieler erwies sich vor allem Fritz Hille, der 1935 als Finanzvorstand zu B M W gestoßen war. Zwischen ihm und Popp sollte sich rasch eine Intimfeindschaft bilden. In einem ausführlichen Memorandum an Popp legte Hille seine grundsätzlichen Vorstellungen „über die Frage Eisenach und des Automobilbaus" dar. 16 Hilles Schreiben glich einer schonungslosen Generalabrechnung mit dem desolaten Zustand des Eisenacher Werks und des Automobilbaus bei B M W , dessen Verantwortlicher dafür letztlich Popp sei. „Als ich vor 2Vi Jahren zu B M W kam", so Hille, „hatte ich sehr bald das Gefühl, dass Eisenach aus der Art der Übernahme, aus seiner Lage heraus und aus seiner Historie noch nicht so mit B M W verschmolzen war, wie es im Sinne einer homogenen Geschäftsführung notwendig gewesen wäre. [...] Ich habe dann im vergangenen Frühjahr den Vorschlag gemacht, die gesamten betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Belange der Firma [...] durch die Person des Herrn Dr. Wrba zunächst in Eisenach als den gefährlichsten Punkt anpacken zu lassen, um dann daraus eine Art übergeordnete Konzern-Betriebsleitung herauswachsen zu lassen." 1 7 Und dennoch wechselte in der Folgezeit die Werksleitung in Eisenach fast monatlich; eine ganze Handvoll BMW-Manager hatte sich vergeblich darum bemüht, die Probleme in den Griff zu bekommen. Die betriebswirtschaftliche Lage des ungeliebten Standorts war daher auch 10 Jahre nach der Übernahme desolat. Das „jetzige C h a o s " für die laufenden Typen, so Hille, sei „erschreckend".' 8 Es war offenkundig, dass sich insbesondere die Vernachlässigung des Automobilbereichs nach 1933 und die unschlüssige Politik Popps in diesem Geschäftsfeld rächten. Hille plädierte zwar letzten Endes für einen Erhalt des Automobilstandorts Eisenach, allerdings nur unter der Voraussetzung einer strikten Modernisierung, Rationalisierung und insbesondere quantitativen wie qualitativen Verstärkung des dortigen Managements. Nach Hilles Vorstellungen sollten 1938/39 insgesamt 3 bis 3,5 Mio. R M und damit beträchtliche Summen an Neuinvestitionen für Eisenach zur Modernisierung und Rationalisierung des " Vgl. B e r i c h t des V o r s t a n d s an den A u f s i c h t s r a t v o m 1 1 . 3 . 1940, S. 5, in: B M W U A 16. U n d dass man b e i m A u s l a n d s g e s c h ä f t auch die I d e o l o g i e v o r R e n t a b i l i t ä t setzte, zeigt das Beispiel d e r h o l l ä n d i s c h e n V e r t r e t u n g . O b w o h l B M W bei der langjährigen Z u s a m m e n a r b e i t mit der dortigen R o t t e r d a m e r F i r m a S t o k v i s & Z o n e n „in j e d e r H i n sicht nur gute E r f a h r u n g e n " g e m a c h t hatte, versicherte P o p p im N o v e m b e r 1 9 3 6 geg e n ü b e r v. Stauß, dass es „selbstverständlich nicht u n s e r e A b s i c h t [ist], einer j ü d i s c h e n F i r m a im A u s l a n d e unsere V e r t r e t u n g zu geben o d e r zu belassen, selbst auf die G e f a h r hin, d a d u r c h eventuell an U m s a t z zu verlieren, w e n n keine gleichwertige arische F i r m a gefunden w e r d e n k a n n . In diesem Sinne w e r d e n w i r die A n g e l e g e n h e i t weiter b e h a n d e l n " . B r i e f P o p p an v. S t a u ß v o m 5. 11. 1936, in: B A B e r l i n , R 8 1 1 9 F , P O 3 0 7 5 , B l . 85. v
ls
B r i e f H i l l e an P o p p v o m 26. 8. 1 9 3 8 , in: B A B e r l i n , R 8 1 1 9 F , P O 3 0 6 5 , B l . 2 4 6 - 2 5 8 . Ebd. Ebd.
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
A u t o m o b i l b a u s bereitgestellt werden, u m „dessen Wirtschaftlichkeit, nicht zuletzt auch im H i n b l i c k auf die - B M W allerdings w o h l nur indirekt treffende - V o l k s w a g e n k o n k u r r e n z [zu] e r h ö h e n " . 1 9 D a s P r o b l e m des A u t o mobilbaus und -geschäfts bei B M W löste sich dann aber mit A u s b r u c h des Krieges von alleine durch die äußeren U m s t ä n d e ohne weiteres Z u t u n des K o n z e r n m a n a g e m e n t s . I m D e z e m b e r 1940 lief die Automobilfertigung von „handelsüblichen W a g e n " bei B M W schließlich aus und Anfang 1941 erfolgte reichsweit offiziell die Einstellung des zivilen A u t o m o b i l b a u s .
3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs D a s N S - R e g i m e nahm den A u f - und A u s b a u einer schlagkräftigen und u m fangreichen Luftwaffe rasch in Angriff. Seit A n f a n g 1934 wurde im R L M an den Plänen für den „ M o b - F a l l " der Flugzeugzellen- und F l u g m o t o r e n industrie gearbeitet, die schließlich im S o m m e r 1935 in den wesentlichen Grundlagen vorlagen. 1 D i e „Industrierüstungsgrundlagen" ( I R G ) hatten alle E l e m e n t e einer industriellen G r o ß p l a n u n g und sahen vor, bis z u m 1. April 1938 eine Luftwaffe mit 2 3 7 0 Flugzeugen zur Verfügung zu haben, was letztlich vor dem Hintergrund potentieller Verluste und Reparaturen bedeutete, dass die Industrie 1 8 0 0 0 Flugzeuge bzw. eine entsprechend höhere Zahl an F l u g m o t o r e n produzieren sollte. Das R L M induzierte damit die Errichtung einer großindustriellen Grundstruktur, die einen erheblichen G r a d an Flexibilität aufweisen musste, u m auch weiter steigende Rüstungsvorgaben erfüllen zu können. 2 Letztlich hieß das, dass riesige Kapazitäten aufgebaut wurden, die allerdings im Frieden nur zu einem minimalen Prozentsatz ausgelastet waren. D i e Flugzeugzellen- wie F l u g m o t o r e n u n t e r n e h m e n p r o d u zierten damit auf der Basis gewaltiger Überkapazitäten und entsprechend unrentabel. D i e E i n b i n d u n g der Industrie in den Planungsprozess funktionierte dabei vor allem über so genannte Projektierungsvorgaben, in denen die genaue Zahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt monatlich zu produzierenden Flugzeuge und M o t o r e n bestimmt wurde. 3 I m J u n i 1934 erging die A u f f o r derung an B M W , „zu prüfen, o b durch Verlegung des A u t o m o b i l b a u s v o n Eisenach nach M ü n c h e n eine Dezentralisierung des F l u g m o t o r e n b a u s zu erreichen ist. E i n Teil des F l u g m o t o r e n b a u s würde dann in den jetzt vorhandenen R ä u m e n des F l u g m o t o r e n w e r k s in M ü n c h e n verbleiben, ein anderer in die Werkstätten der Süddeutschen B r e m s e n A G , M ü n c h e n , verlegt
" Notiz zur Finanzlage der BMW AG vom 18. 8. 1938, in: BA Berlin, R 8119F, PO 3145, Bl. 235 f. 1 Vgl. dazuBudraß, S. 344 ff. 2 Vgl. ebd., S. 346. 3 Vgl. ebd., S. 347.
3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs
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werden". 4 Diese Maßnahmen des R L M zur Steuerung und Planung der Rüstungsproduktion griffen tief in die Branchenstruktur der Flugmotorenindustrie ein. Die I R G - P l ä n e sahen für 1938 insgesamt 13 Flugmotorenwerke vor, unter denen sich neben den „Großen Vier" B M W , J u m o , Siemens und Daimler-Benz vor allem neu gegründete Ableger von Automobilherstellern wie Büssing, Humbold-Deutz, Stoewer und Henschel befanden. 5 Für B M W bedeutete all das neben riesigen Expansionschancen im Flugmotorenbereich gleichzeitig eine wachsende Zahl von Konkurrenten und eine Bedrohung der einst mächtigen Oligopolstellung. Tatsächlich nahm die Zahl der Beschäftigten in der Flugzeug- und Flugmotorenindustrie von 8357 Mitte 1933 auf knapp 180000 Ende 1938 zu, hatte damit schon 1936 jene des Automobilbaus deutlich überrundet und die Luftfahrtindustrie zum neuen „Leitsektor" der NS-Wirtschaft werden lassen. 6 Aber der Anteil von BMW, der 1936 (gemessen an der Zahl der Beschäftigten) noch fast 30 Prozent betragen hatte, rutschte schon ein Jahr später auf unter 15 Prozent. 7 Nicht nur die Branchenstruktur, auch die innerbetrieblichen Abläufe wurden durch das R L M erheblich verändert. Das Technische Amt des R L M dirigierte die Verteilung und Produktion von Rohstoffen, Halbzeugen, Zubehör und Waffen in einem selbst im Ersten Weltkrieg nicht gekannten Ausmaß. 8 Letztlich simulierte der Luftfahrtblock insgesamt einen Großkonzern. „Der derzeitige strukturelle und finanzielle Aufbau der Luftfahrtindustrie ähnelt demjenigen eines großen Industriekonzerns, der durch eine Dachgesellschaft - das R L M - wirtschaftlich und finanziell betreut wird", hieß es dazu in einer N o t i z des Verwaltungsamtes des R L M . Das Konstruktionsbüro repräsentierte die Abteilung L C II des R L M , die Fabrikationsoberleitung hatte L C III inne und die finanzielle Kontrolle übernahm die Abteilung L D I. 9 Der gesamte Industrieausbau stand unter dem Zeichen einer weitgehenden Abschottung von der restlichen deutschen Industrie. Sämtliche Kontakte der Luftfahrtindustrie zur Öffentlichkeit liefen über das R L M . 1 0 B M W passte sich den Expansions- und Aufrüstungsplänen des R L M rasch an. A m 21. Dezember 1934 wurde rückwirkend zum 1. Januar der Flugmotorenbereich aus der A G ausgegründet und die B M W Flugmotorenbau-Gesellschaft m b H , München, mit einem Stammkapital von 7,5 Mio. R M ins Leben gerufen." In sie wurden die gesamten für den Flugmotorenbau arbeiten-
Projektierungsaufgabe für den Flugmotorenbau der B M W vom 28. 6. 1934, in: B A r c h - M A R H 8 1/942, zitiert nach Budraß, S. 348. 5 Vgl. Budraß, S. 351 f. " Vgl. die Zahlen bei: ebd., S. 376 ff. 7 Insgesamt betrug 1936 die Zahl der Beschäftigten im Flugmotorenbereich 2 8 3 5 3 , bei B M W 7600; 1937 lauteten die Zahlen 45 536 bzw. 6752. s Vgl. dazu Budraß, S. 354 f. 9 Vgl. Budraß, S. 355. D o r t auch das Zitat. Vgl. ebd. " Der Gesellschaftervertrag der G m b H in: B M W U A 7 sowie die Eröffnungsbilanz 4
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
den fertigen und im Bau befindlichen Anlagen in München und Eisenach eingebracht. Das neue Verhältnis von Mutter- und Tochterfirmen regelte wenig später, am 15. Januar 1935, ein Betriebsgemeinschaftsvertrag. Dabei ging es insbesondere um die Neben- und Hilfsbetriebe im Münchner Stammwerk, die für beide Gesellschaften arbeiteten, was eine getrennte Erfassung der Kosten nicht möglich machte. A m 16. Oktober 1936 wurden in einem nächsten Schritt die inzwischen in Eisenach aufgebauten Flugmotoren-Fertigungsanlagen, vor allem das in deren unmittelbarer Nähe errichtete neue Flugmotorenwerk Dürrerhof, in der eigens gegründeten „Flugmotorenfabrik Eisenach GmbH, Eisenach" eingebracht. 12 Anfänglich übernahmen B M W A G und B M W Flugmotorenbau G m b H je 50 Prozent des Stammkapitals, traten dann aber nach einer kräftigen Kapitalerhöhung von 20000 R M auf 5 Mio. R M insgesamt 70 Prozent der Anteile an das Reich ab. Allerdings regelte ein Optionsvertrag mit dem R L M , dass die B M W Flugmotorenbau G m b H nach und nach die Anteile zurückerwerben konnte. Mitte Dezember 1939 firmierte die Eisenacher G m b H daher entsprechend der inzwischen abgebauten Reichsbeteiligung in „ B M W Flugmotorenfabrik Eisenach G m b H " um. Erst im Februar 1940 hielt B M W das Gesellschafterkapital wieder ganz in den eigenen Händen (0,4 Prozent seitens der B M W AG, 99,6 Prozent durch die B M W Flugmotorenbau GmbH). Zeitgleich mit dem Eisenacher Flugmotorenwerk war im Oktober 1936 zudem in München-Allach ein weiteres neues Flugmotorenwerk in Planung, das nun als „Flugmotorenfabrik Allach G m b H " firmierte. Die Verteilung der Gesellschaftsanteile erfolgte zunächst nach dem gleichen Muster wie in Eisenach/Dürrerhof: A G und G m b H übernahmen je die Hälfte des anfänglichen Stammkapitals von 20000 R M . Im August 1937 wurde das inzwischen auf 5 Mio. R M aufgestockte Stammkapital zu 100 Prozent an das R L M weitergereicht und das Werk an die G m b H zurückverpachtet. Anfang Juli 1939 erfolgte schließlich die Übernahme der vormals Siemens & Halske gehörenden Brandenburger Motorenwerke G m b H (Bramo) und deren Umbenennung in „ B M W Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH, Berlin-Spandau". Das Kapital von 24 Mio. R M blieb diesmal ganz in den Händen der B M W Flugmotorenbau G m b H in M ü n chen. Der letzte, bereits in die ersten Kriegsjahre reichende Expansionsschritt war dann im September 1941 die Gründung der „Niederbarnimer Flugmotorenwerke GmbH, Berlin", in das die nahe Berlin errichteten beiden neuen Flugmotorenwerke in Zühlsdorf und Basdorf eingebracht wurden. Auch hier übernahm die B M W Flugmotorenbau G m b H , München, mit nur 1 Prozent des Stammkapitals von 30 Mio. R M eine Minderheitsbeteiligung gegenüber dem R L M , das die restlichen 99 Prozent besaß. Allerdings gab es
mit einem anfänglichen Anlagevermögen von 4,46 Mio. R M bei gleichzeitigen Verbindlichkeiten von 9 Mio. RM, in: BA R 8119 F, PO 3145, Bl. 7ff. '· Vgl. dazu Geschichte der BMW, 1945, S. 8 f., in: B M W U A 22 sowie „Konzernentwicklung der B M W AG seit dem Jahre 1934", in: B M W U A 15.
3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs
Schaubild
3: Organisation
des BMW-Konzerns
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(1939)
auch hier die O p t i o n des vollständigen Rückkaufs durch BMW. Alles in allem waren damit in rascher Folge neben den Stammwerken in M ü n c h e n und Eisenach fünf neue F l u g m o t o r e n w e r k e aufgebaut und erworben worden und vor allem eine komplexe K o n z e r n s t r u k t u r mit verschachtelten Beteiligungsverhältnissen entstanden. Das Anlagevermögen, das 1934 erst 30,24 Mio. R M betragen hatte, war infolge des Kapazitätenauf- und -ausbaus auf 66,2 Mio. R M (1939) gestiegen. U b e r 70 Prozent davon (47,8 Mio. R M ) entfielen dabei auf den F l u g m o t o r e n bereich. Mit 8600 Beschäftigten arbeiteten inzwischen auch mehr als die Hälfte der BMW-Konzernangehörigen in einer der F l u g m o t o r e n w e r k e GmbHs.13 Es mag scheinen, dass B M W bei dieser Entwicklung z u m Empfänger u n d ausführenden O r g a n einer durch das R L M und den NS-Staat ausgeübten Befehlswirtschaft abgesunken war, in der der Unternehmensleitung kaum eigene Handlungsspielräume verblieben waren. U m das U n t e r n e h m e n vor den staatlichen Eingriffen zu schützen, so behauptete auch P o p p später in seiner Rechtfertigungsschrift, „brachte ich auch bereits 1935 den Flugmotorenbau von B M W in eine separate Gesellschaft ein, die B M W Flugmotorenbau G m b H , sodass die Muttergesellschaft, die B M W A G , nur mehr den A u t o mobil- und M o t o r r a d b a u betrieb u n d dadurch den Zugriffen des Luftfahrt" A G im J a h r 1938: 8370 Beschäftigte, G m b H : 8598 Beschäftigte.
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I. D e r U m b a u zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
ministeriums entzogen war. Darüber hinaus lehnte ich aber auch eine weitere Vergrößerung des Flugmotorenbaus bei B M W ab, so weit ich nach privatwirtschaftlichen Gründen glaubte, keine genügende Beschäftigung nach B e endigung der Aufrüstungsperiode finden zu können. Ich schlug dem R L M deshalb die Errichtung von Staatsfabriken vor, wenn die für mich undurchsichtigen Ziele des R L M eine größere Kapazität erfordern würden und so kam es auch dann zur Gründung des Reichswerkes Allach." 1 4 Die Realität sah jedoch ganz anders aus. Der Blick in die Quellen enthüllt, dass die BMW-Unternehmensleitung, allen voran Popp, bei der Expansion erhebliche Eigeninitiative an den Tag legte und eine den R L M - P l ä n e n vielfach vorauseilende unternehmenseigene Strategie des Konzernausbaus verfolgte. Bereits im Juni 1933, als im R L M noch von einer strategischen Planung der Luftrüstung keine Rede sein konnte, hatte Popp in einem Schreiben an RLM-Staatssekretär Milch, wie bereits erwähnt, angeboten, die Flugmotorenfabrik auszubauen oder ein anderes Flugmotorenwerk zu übernehmen. 1 5 Im Sommer 1933 nun hatte B M W vom R L M den ersten (Rüstungs)Großauftrag zur Lieferung von 1240 Hornet-Flugmotoren erhalten und daraufhin von sich aus dem R L M bei einer Reihe von Besprechungen Ende O k t o b e r 1933, also noch bevor im R L M die intensiven Arbeiten mit den I R G - P l ä n e n einsetzten, einen ganzen Katalog neuer Vorschläge unterbreitet, wie das Unternehmen so schnell wie möglich die dafür benötigten Produktionskapazitäten errichten könnte. Immerhin bedeutete der R L M Auftrag eine Steigerung der Flugmotorenausbringung von 30 Stück auf 190 Stück pro Monat, d.h. eine Versechsfachung der Fertigungsmöglichkeiten. B M W beabsichtigte, so wurde den RLM-Vertretern bei einem Besuch in München versichert, auf einem Grundstück neben den bestehenden Werksanlagen in Eisenach eine zusätzliche Flugmotorenmontagehalle zu errichten, sowie auf dem in der Nähe gelegenen Grundstück Dürrerhof Bremsstände für die Motorenerprobung und -prüfung zu bauen. 1 6 Alles in allem veranschlagte B M W dafür einen Finanzbedarf von ca. 8,5 Mio. R M , von denen Popp sich aber bereit erklärte, mindestens 2,5 Mio. R M aus unternehmenseigenen Mitteln und ohne RLM-Zuschüsse zu finanzieren. Im November 1933 schließlich, als Milch und andere hohe R L M - F u n k t i o n ä r e sich, diesmal in Berlin, zu einer neuen Besprechung mit der B M W - F ü h r u n g trafen, konfrontierte Popp die Rüstungsfachleute mit noch weiter gehenden Plänen der Flugmotorenstrategie des Münchner Unternehmens. „Von B M W wurde [... vorgeschlagen, die Kraftwagenfabrikation an die Firma Daimler-Benz abzutreten, damit die Kraftwagenabteilung des BMW-Werkes Eisenach für die 14 Popp-Denkschrift „Zur Geschichte der Bayerischen Motoren Werke., S. 6, in: M T U Archiv, O r d n e r 2. 15 Vgl. Schreiben Popp an Milch vom 9. 6. 1933, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3128, Bl. 20. 16 Vgl. dazu und zum Folgenden die „Aktennotiz über die Besprechung bei B M W " am 23., 24. und 25. 10. 1933, in: B A - M A , R L 3 / 2 8 0 .
3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs
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Herstellung von F l u g m o t o r e n zur Verfügung stehe", hieß es in der Besprechungsnotiz zu dem Treffen. 1 7 D e r M o t o r r a d b a u sollte nach den Vorstellungen P o p p s n u n zur Firma Z ü n d a p p nach N ü r n b e r g verlegt u n d das Berliner F l u g m o t o r e n w e r k von Siemens f ü r die Fertigung von H o r n e t - M o t o r e n herangezogen werden, letzteres w o h l mit dem Hintergedanken, das Werk übernehmen zu k ö n n e n u n d damit den lästigen K o n k u r r e n t e n auszuschalten. Milch u n d das R L M lehnten diese Vorschläge ab, was P o p p dazu veranlasste, dem R L M eingehend den forcierten Ausbau des M ü n c h n e r Werks anzudienen. „ D u r c h den Ausbau des Werkes", so P o p p in einem Brief an Milch am 10. N o v e m b e r 1933, w ü r d e eine getrennte Flugmotorenfabrik u n d eine getrennte M o t o r r a d f a b r i k entstehen, die nichts mehr gemeinsam hätten als die zentrale Verwaltung. Die Flugmotorenfabrik hätte dann eine zweischichtige Spitzenkapazität von 130 Flugmotoren und die Motorradfabrik w ü r d e f ü r den Rüstungsfall sofort zur Verfügung stehen, um den Flugmotorenbau entsprechend verstärken zu können. 1 8 Die Gesamtkosten des Ausbaus schätzte P o p p auf 5 bis 6 Mio. R M , aber B M W war sogar bereit, vom R L M diesbezüglich „keine besonderen Darlehen oder Finanzierungshilfen [zu] verlangen, sondern teils unsere vorhandenen flüssigen Mittel zur Verfügung [zu] stellen, teils Bankkredite in A n s p r u c h [zu] nehmen, die wir ohne weiteres erhalten und die wir eventuell in einem späteren Zeitpunkt durch eine Kapitale r h ö h u n g abdecken würden". 1 9 A u c h der Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes zur Flugmotorenfertigung auf dem G r u n d s t ü c k in Eisenach stehe nichts entgegen. D e r Vorzug dieses Projektes liege nicht nur in der geographisch günstigen Situation Eisenachs vom militärischen Standpunkt aus, sondern auch darin, dass durch die verbleibende Automobilfabrik im Rüstungsfalle eine sofortige Verdreifachung der Flugmotorenerzeugung möglich sei, wenn die Automobilfabrikation in diesem Falle stillgelegt würde. 2 1 A u c h wenn hinter der neuen Unternehmenspolitik von B M W letztlich die Vorgaben des R L M zur rapiden E r h ö h u n g der Flugmotorenfertigung standen, so war doch auch offensichtlich, dass P o p p seinerseits dem A u f r ü s tungsdruck des NS-Staates bereitwillig nachgab und mit allen Mitteln den R L M - A u f t r a g erfüllen wollte, um sich im sich abzeichnenden Rüstungsb o o m des Flugmotorengeschäfts gegenüber den potenziellen K o n k u r r e n t e n eine möglichst gute Ausgangsposition zu verschaffen. Daimler-Benz begann 1934 damit, das Werk Berlin-Marienfelde so schnell wie möglich auf die Flugmotorenserienproduktion - zunächst noch von B M W - M o t o r e n in Lizenz, dann aber von Eigenentwicklungen - auszurüsten. 1935 w u r d e der Bau des ganz auf Flugmotorenfertigung ausgelegten neuen Werkes Genshagen in Angriff genommen. Produzierte Daimler-Benz 1936 erst 419 Stück Flugmo-
'' A k t e n n o t i z vom 2. 11. 1933, in: B A - M A R L 3/280. ,s Brief P o p p an Milch vom 10. 11. 1933, in: B A - M A , RL 3/250. » Ebd. Ebd.
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I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
Foto 2: Popp erläutert Werksanlagen
Hitler
anlässlich dessen Besuchs bei BMW
im Juli 1935 die
t o r e n , so stieg d e r e n Zahl bis 1939 rapide auf 3700 Stück. 2 1 B M W hatte d e m gegenüber 1936 mit ca. 1400 gefertigten F l u g m o t o r e n weit die N a s e vorne, verlor aber mit 5740 Stück im J a h r 1939 deutlich an Vorsprung. 2 2 G e f ä h r l i c h dabei w a r f ü r B M W aber i n s b e s o n d e r e die v. Stauß f ü r die beiden U n t e r n e h m e n geplante A b s p r a c h e bei der F l u g m o t o r e n p r o d u k t i o n nach u n t e r s c h i e d lichen Technologien: D a i m l e r - B e n z sollte wasser-, B M W n u r l u f t g e k ü h l t e M o t o r e n herstellen u n d entwickeln. 2 3 G e f a h r d r o h t e f ü r das B M W - F l u g m o t o r e n g e s c h ä f t aus Sicht der M ü n c h ner U n t e r n e h m e n s l e i t u n g aber gerade auch v o n J u n k e r s , die u n t e r F ü h r u n g des agilen G e n e r a l d i r e k t o r s H e i n r i c h K o p p e n b e r g einen rasanten W i e d e r a u f stieg g e n o m m e n hatten. U n t e r K o p p e n b e r g , der n o c h m e h r als P o p p k o m p r o m i s s l o s u n d entschieden eine Strategie der A u f r ü s t u n g s e x p a n s i o n verfolgte, ü b e r r u n d e t e d i e j u m o 1938/39 mit einem U m s a t z v o n 225,1 M i o . R M s o w o h l B M W (ca. 150 M i o . R M ) als auch D a i m l e r - B e n z (ca. 130 M i o . R M ) im F l u g m o t o r e n a b s a t z klar. 24 Wie weit P o p p im K o n k u r r e n z k a m p f mit J u n kers zu gehen bereit war, zeigte sich nicht zuletzt a m Beispiel der „Arisie21
Die Zahlen nach Roth, Daimler-Benz-Buch, S. 354, Tab. 27. " Die Zahlen zu BMW in: Berichte der Unternehmensleitung für das 3. Quartal 1939, S. 5, in: BMW U A 16. -3 Vgl. dazu Gall, Deutsche Bank, S. 360 sowie im Einzelnen zur Technologieentwicklung siehe Kap. 3/2. ^ Die Zahlen vgl. bei Budraß, S. 626. Zu Koppenberg, ebd., S. 427 bzw. 431.
3. Die Expansion des Flugmotorenbereichs
39
rungsvorgänge" der Argus-Motorenwerke. 2 5 Die Initiative zur „Arisierung" dieser kleinen, aber durchaus bedeutenden Firma des jüdischen Motorenunternehmers Moritz Strauß mit einem Umsatz von 25 Mio. R M und ca. 3000 Beschäftigten ging ohne Zweifel von Popp aus. Dem Direktorium der Deutschen Bank wurde im Frühjahr 1938 bedeutet, dass der Generaldirektor der B M W „sehr scharf darauf" sei, „im Falle einer Arisierung Argus in die Hand zu bekommen". 2 6 Da aber auch die Henschel-Flugmotorenwerke in Kassel Interesse bekundet hatten, empfahl die Deutsche Bank den beiden Unternehmen B M W und Henschel, zu gegebener Zeit zusammenzuarbeiten, aber „das Fell des Bären" nicht zu zerlegen, „ehe man es hat". 27 Im Mai 1938 berieten Ernst Udet, der zwei Jahre zuvor Chef des Technischen Amtes im R L M geworden und nun zum Generalluftzeugmeister aufgestiegen war, und Göring über das weitere Vorgehen bei der „Arisierung" in der Flugzeugindustrie und entschieden im Fall von Argus bzw. Strauß, ihn zu einem Verkauf des Unternehmens „zu bewegen". Popp legte daraufhin ein Angebot von 2 bis 3 Mio. R M vor, was geradezu ein Butterbrot für die Argus-Werke bedeutete, wenn man den Buchwert der Werksanlagen mit 11 Mio. R M in Betracht zieht. Es war kein Wunder, dass das BMW-Angebot von Seiten des R L M als zu niedrig empfunden wurde. Das Rennen machte daher schließlich Koppenberg und die Jumo, ironischer Weise auch mit Hilfe von Krediten der Deutschen Bank. Insgesamt 5,2 Mio. R M ließ sich Junkers bzw. Koppenberg den Argus-Erwerb kosten, das Doppelte dessen, was B M W ursprünglich in Aussicht gestellt hatte, aber eben auch immer noch nur die Hälfte der 11 Mio. R M Buchwert der Argus-Werke. Bedenken, B M W mit den Überkapazitäten und dem wachsenden finanziellen Risiko der Investitionsaufwendungen in eine betriebswirtschaftliche Schieflage zu bringen, spielten bei Popp eher eine untergeordnete Rolle. B M W verfügte nun über drei reine Flugmotorenwerke, deren Produktionsund Umsatzzahlen deutlich nach oben schnellten. Während vor allem bei Siemens, aber auch im Daimler-Benz-Vorstand warnende Stimmen gegenüber den Gefahren einer übertriebenen Expansion und einer allzu großen Abhängigkeit des Unternehmens von Staatsaufträgen laut wurden, fand Popp erst im Nachhinein in seiner Rechtfertigungsschrift kritische Worte. B M W habe keine „Expansionspolitik durch Zusammenkauf anderer Firmen" gewollt und sei „ausschließlich [durch] äußere Verhältnisse mehr oder weniger [dazu] gezwungen worden". 2 8 Popps Verhalten in der ersten Hälfte der 30er Jahre lässt ein ganz anderes Bild entstehen. Das schloss aber nicht aus, dass dennoch das Problem der Kostenbelastung und die Frage der UnZ u m Folgenden vgl. B u d r a ß , S. 578 t. N o t i z des Deutsche B a n k - M a n a g e r s und B M W - A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s v. Rintelen an R u m m e l vom 2. 3. 1938, in: B A r c h R 81 F/15425, Bl. 190f., zitiert nach B u d r a ß , S. 578. " Ebd. Js P o p p - D e n k s c h r i f t „Zur Geschichte der Bayerischen M o t o r e n Werke., S. 6 f., in: M T U - A r c h i v , O r d n e r 2. Vgl. auch Gall, Deutsche Bank, S. 397.
40
I. Der Umbau zum Rüstungs- und Flugmotorenkonzern
ternehmensfinanzierung sowie die unterschiedlichen Rentabilitäts- und Preisvorstellungen von Konzern und R L M bald das weitere Verhältnis von NS-Staat und B M W maßgeblich bestimmen sollte.
4. Uberschuldung, Ubergewinne, Ubernahmen: Probleme der Unternehmensfinanzierung und Kapitalverfassung Die nachhaltigen und von B M W als nachteilig angesehenen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der vom R L M verordneten Expansion auf die Finanzlage des Konzerns und seine Kosten- und Kapitalsituation machten sich schon in der zweiten Hälfte des Jahres 1934 bemerkbar. Hauptproblempunkt waren die vom R L M diktierten Abschreibungsregeln und Preisfestsetzungen, durch die die Ertrags- und Gewinnlage des Unternehmens seitens der staatlichen Stellen praktisch willkürlich kontrolliert und gesteuert werden konnte. „Die Abschreibungssätze", so klagte die BMW-Führung, „seien völlig unzureichend" und lägen zum Teil deutlich unter den bislang branchenüblichen Sätzen. Popp und Klebe pochten darauf, dass wegen der hohen Risiken - im Frieden waren die großen Produktionsanlagen unausgelastet und unrentabel, im Krieg durch Luftangriffe gefährdet - „die Anlagen eines Werkes der Flugmotorenindustrie in kürzester Zeit, d.h. höchstens innerhalb 2 Jahren, abgeschrieben sein müssten". 1 Die Münchner forderten daher, dass das R L M höhere Abschreibungssätze gewährte und vor allem auch eine staatliche Abschreibungsgarantie gab, die es B M W ermöglichte, „diese notfalls in der Bilanz als einen Anspruch an das Reich zu aktivieren". 2 Auch die Preispolitik und das vom R L M praktizierte Festpreissystem sorgten für Differenzen und Kalkulationsunsicherheit im Unternehmen. „Die gesamten Anschauungen über die Preisfestsetzung" waren im R L M selber noch nicht geklärt und sollten erst 1938 in den „Leitsätzen für Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Leistungen für öffentliche Auftraggeber" (LSO) formell niedergelegt und konkretisiert werden. Von den einen R L M - B e a m ten bekam B M W daher die Auskunft, dass die vom Unternehmen nicht verantworteten Fehlleistungen dem Unternehmen im künftigen Festpreis ersetzt würden, während gleichzeitig andere Stellen des Göring-Ministeriums verlauteten, dass „derartige Fehlbeträge selbstverständlich aus den Übergewinnen [und damit vom Unternehmen selbst] zu decken seien". 3 Uberhaupt wolle man zudem den Gewinn nicht, wie ursprünglich vorgesehen,
' Protokoll der Besprechung im R L M vom 4. 12. 1934, in: BA Berlin, R 8119 F, P O 3123, Bl. 2-11. 2 Ebd. 3 Ebd.
4. Überschuldung, Übergewinne, Übernahmen
41
nach dem Kapital, „sondern nach den Selbstkosten des Umsatzes bemessen lassen". 4 All dies führte dazu, dass bei B M W nicht nur die Kalkulationsunsicherheit wuchs, sondern auch eine Zerrüttung der Finanzverhältnisse und eine Uberschuldung des Unternehmens drohte. „ B M W " , so reklamierte Popp auf der Dezember-Sitzung 1934 gegenüber dem R L M , „habe seine soliden Bilanzierungsgrundsätze während der ganzen krisenhaften Jahre unverändert angewandt und habe noch vor einem Jahr als ein schuldenfreies Unternehmen mit Bankguthaben wohlangesehen und gesund dagestanden. Wir würden es nicht verstehen können, dass in einer Zeit höchster Beschäftigungssteigerung diese gesunden Grundlagen erschüttert werden könnten. Wenn wir uns schon mit Rücksicht auf die schweren gegenwärtigen Verhältnisse bereit finden, die Richtlinien für die Preisbildung anzuerkennen, so könne man uns nicht zumuten, dies in der AG-Bilanz zu tun . ,." 3 B M W schlage daher die Einbringung des Flugmotorenbaus in eine gesonderte G m b H vor, was allerdings auch aus der „Notwendigkeit einer Tarnung [der Bilanz gegenüber der Öffentlichkeit und dem Ausland C.W.]" geboten sei. Die Differenzen über die Eingriffe des R L M in die betriebswirtschaftlichen Steuerungs- und Regelungsmechanismen des Unternehmens zogen sich in der Folgezeit wie ein roter Faden - nicht nur bei B M W - durch das Verhältnis von NS-Staat und Unternehmen. Dahinter verbarg sich das Gerangel um die Abwälzung der wirtschaftlichen Risiken und Kosten der aufgebauten Rüstungskapazitäten. Die Unternehmen forderten staatliche Subventionen, Garantien und finanzielle Hilfen, das Reich dagegen war nur zu einer Anschubfinanzierung bereit und strebte danach, das fertigungstechnische und finanzielle Potenzial der Unternehmen für seine Rüstungsinteressen zu mobilisieren. Die strategisch wichtige Flugzeugmotorenindustrie stand dabei im Mittelpunkt dieses Ringens um die Durchsetzung der jeweils eigenen Interessen. B M W zeigte in diesem Aushandlungsprozess ein vielfach ambivalentes Verhalten von berechtigten Klagen über die Verletzung von Unternehmensinteressen und vorauseilendem Gehorsam und Anpassung an die R L M Wünsche und -Forderungen. 6 Zunehmend komplex und nicht nur für Außenstehende undurchsichtig wurde auch das System der Unternehmensfinanzierung. Insgesamt invesEbd. Ebd., S. 6. « Ο Kl.fealw,blwfrv» J.Qn*»v, Eeltrqw hrt illatfi, . ill** lodaHwrt htill^btil Μ r i ^ e t o m v t » grandrtur; 16. JibmiMr, l*tpl« Hyrfrbro*«* rrltfiltt«· i n w t w w n rl» k9. KMWI, WI θ*Ίΐη-&ρη*ι,toJullutm * · 3B Π.Euq* Grill, «Urin tr tute 16»t» Μ ll«*rtwnlM- Flu^tgnriwrt« Ort*., ^ ΐ,Im «tfteni,Piri« >. FIB btorwt OM. BrllU CMttrf (Mill tladrlaril·) 19. • ' ' , hrt irr*p >. FIB Itort» — — UtfrW. fflifbwn' S. UX, fnrffirl/fct. •I fkpBtorwitltrlk (liiti CeW, Ä. • · ' ,fcrtItege Itilwl [im» ·9 η SOI, f»rll 77. FW l>j«njvtre*. 0> toliln, P«rl. S3, tu, βατβΜα ι »Hl 9tat) BIUL, tlMdi./Q 2. fculw, Sülfeld lb Lltterli. *m#c [imh θ Π. «uftrtdr mt Η -6rt«fwM ler
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II. Die Krise als Dauerzustand
betriebswirtschaftliche Untersuchungen, Kostenvergleiche, Ergebnis- und Umsatzanalysen zwischen den einzelnen Werken und Gesellschaften durchführen zu können und vor allem die geplante Serienfertigung des BMW-801Motors in den einzelnen Werken „auf das Genaueste zu durchleuchten". 3 2 6 Belastend wirkte sich auch die organisatorische Ein- und Angliederung der Reichswerke bzw. die in Eisenach, Zühlsdorf/Basdorf und Allach bestehenden Staatsbeteiligungen aus, da sie den privatwirtschaftlichen Charakter des BMW-Konzerns weiter durchlöcherten. Mit dem verstärkten Rückkauf der Reichsanteile hatte Hille versucht, diesem Trend Einhalt zu gebieten, aber im September 1943 stellte sich das Problem mit den inzwischen aufgezogenen bzw. übernommenen Reparaturwerken Litzmannstadt und Iglau, die erheblichen Kapitalbedarf erforderten, erneut. Der Vorstand dachte kurzzeitig daran, diese Betriebe als selbständige G m b H s aufzuziehen, verwarf diesen Plan aber bald wieder. Auch ein Erwerb durch eine der Flugmotoren GmbHs schloss sich aus, da dadurch, auch im Falle, dass die G m b H Spandau die Zühlsdorfer G m b H erwarb, „im Konzern sogar Urenkelgesellschaften entstehen würden, die das Gebilde unklar und unübersichtlich machen würden". 3 2 7 Das Organigramm des BMW-Konzerns vom Januar 1943 zeigt damit eine mehr denn je reichlich komplizierte Struktur. Dass aus all dem erhebliche Führungs- und Verantwortungsprobleme der Ressorts resultierten, hatten die „Popp-Krise" und danach Hilles Probleme mit der Konzernführung deutlich gezeigt. Im Mai 1944 startete schließlich ein letzter Versuch zur Neuordnung der Konzernorganisation. Die Idee stammte diesmal nicht von Hille, der sich sonst so viele Gedanken über die Konzernorganisation von B M W gemacht hatte, sondern von Rummel selbst. Er schlug vor, dass die B M W AG „im Pachtwege die Betriebe aller Tochtergesellschaften übernimmt und führt, so dass die Tochtergesellschaften lediglich als Liegenschaftsgesellschaften bestehen bleiben. [...] Durch diese sozusagen kalte Fusion des Konzerns in der B M W A G würde diese neben ihrer Eigenschaft als Konzernholding und organisatorische und führungsmäßige Konzernspitze auch industriell wieder das Stammwerk des Konzerns werden." 3 2 8 Damit, so hofften Vorstand und Aufsichtsrat, als die Maßnahme so im Juni 1944, rückwirkend zum 1. Januar 1944 beschlossen wurde, „können nicht nur die bilanzmässige Seite, sondern besonders jetzt auch im Rahmen der Verlagerungsschwierigkeiten, die organisatorischen, abrechnungstechnischen und führungsmäßigen Probleme am klarsten und einwandfreisten gelöst werden". 3 2 9 „Die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften", so hieß es dazu weiter in einer Beschlussvorlage des Ebd. Notiz Wörner vom 3. 7. 1941, in: Β Α Berlin, R 8119F, P O 3146, Bl. 402. 328 Notiz Rummel vom vom 7. 6. 1944, in. BA Berlin, R 8119F, P O 3086, Bl. 81 sowie vgl. auch schon Notiz Rummel vom 14. 4.1944, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3086, Bl. 48 und auch Hille an Rummel am 7. 12. 1944, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3067, Bl. 277 ff. 329 Notiz Vorstand vom 26. 5. 1944, in: BA Berlin, R 8119F, P O 3068, Bl. 32/1-6. 326
327
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
145
BMW-Vorstands, „werden, soweit sie nicht bereits Mitglieder des Vorstandes der B M W A G sind, zu Bevollmächtigten des Vorstandes der B M W A G ernannt". 3 3 0 Die Führungsorganisation des Konzerns w ü r d e sich im Sinne einer straffen G e s a m t f ü h r u n g mit entsprechender selbständiger Verantwortung der Werksleitungen selbstverständlich auch f ü r das wirtschaftliche Ergebnis ihrer Werke klarer gestalten. „Da wir zur Zeit den Betrieb der reichsbeteiligten Niederbarnimer F l u g m o t o r e n w e r k e G m b H Zühlsdorf u n d Basdorf im Sinne der gesamten Konzernhilfe u n d der Verlagerung so einschalten, als ob es eigene Betriebe wären, halten wir es f ü r zweckentsprechend und notwendig, auch diese Betriebe zu pachten." 3 3 1 Die G m b H s waren damit nominell verschwunden u n d firmierten nun einheitlich als B M W A G , Werk M ü n c h e n bzw. Werk Allach, Eisenach und Spandau. 3 3 2 So viel klarer nun damit im Sommer 1944 die Konzernorganisation auch erschien, so bestand sie letztlich nur auf dem Papier. Auf die Werksorganisation, die Fertigungseffizienz u n d die Arbeitsabläufe hatte sie keine A u s w i r k u n g mehr.
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft". Fertigungsorganisation und Zwangsarbeitereinsatz Auf die Werksebene u n d im konkreten P r o d u k t i o n s - u n d Arbeitsprozess schlugen die Konflikte und Differenzen zwischen K o n z e r n f ü h r u n g und R L M zunächst nur mittelbar durch. Die Werksleiter und Meister, das mittlere BMW-Management, waren vor O r t mit einer ganz anderen Realität des N S - und Kriegswirtschaftssystems konfrontiert. Die große H e r a u s f o r d e r u n g bestand zunächst darin, die komplexe Flugmotoren- und Triebwerkstechnologie so schnell wie möglich in möglichst einfache Teilefertigungsschritte zu zerlegen und in die Massenproduktion ü b e r z u f ü h r e n . A n d e r e Personen und G r u p p i e r u n g e n innerhalb des B M W - K o n z e r n s rücken damit ins Blickfeld: Der Produktionsvorstand Erich Zipprich, ein „vollkommen unpolitischer Mann, der f ü r seine Technologie lebte und starb"', der f ü r das Personalwesen und damit für den A u f b a u und das Funktionieren der „neuen Betriebsgemeinschaft" zuständige Vorstandsmitglied Max Wrba, die Werkleiter - Kurt D o n a t h in München-Milbertshofen, Karl G ü n t h e r (später Wilhelm Doris) in Allach, August Fattier in Eisenach, Max Friz in D ü r r e r h o f , O t t o Dvckhoff in Spandau und Max Eichler in Zühlsdorf - sowie der D A F - H a u p t b e t r i e b s -
i3:
R u n d s c h r e i b e n des B M W - V o r s t a n d s v o m 9. 8. 1944, in: B M W U A 178. Vgl. e b d . i3: D e r P a c h t v e r t r a g v o m 5. 6. 1944, in: B M W U A 178. 1 Z e i t z e u g e n i n t e r v i e w M o n n - W e i ß , e h e m a l s A n g e s t e l l t e r in d e r B M W - A r b e i t s v o r b e r e i t u n g , am 9. 2. 1987, in: B M W U A 744. Z i p p r i c h w a r 1938 zu B M W g e k o m m e n u n d v o r h e r bei Z ü n d a p p in N ü r n b e r g g e w e s e n . Vgl. F r a g e b o g e n in: S t A M , S p k A K a r t o n 2050. 5,1
146
II. D i e Krise als Dauerzustand
obmann Chlodwig Schmid und schließlich die vielen namenlosen deutschen BMW-Belegschaftsangehörigen, die Kriegsgefangenen, ausländischen Zwangsarbeiter und die KZ-Häftlinge. All deren Wirken und Handeln ist aktenmäßig weit weniger dokumentiert und lässt sich oft nur mühsam und schlaglichtartig über spätere Zeitzeugenaussagen hinter den nackten Zahlen von Motorenausbringung und aufgewendeten Fertigungsstunden sichtbar machen. Die Werksebene und die Arbeitsplätze an den Werkzeugmaschinen waren zugleich aber auch die Schnittstelle, an der die Diskrepanzen zwischen amtlich verordneter Sollvorgaben und betrieblichen Ist-Auslieferungen konkret bewältigt werden mussten. Im Fall der Flugzeugindustrie und damit auch bei B M W bedeutete das, dass die Fertigungsprozesse nicht nur unter den erschwerten Bedingungen des Krieges mit fehlenden Werkzeugmaschinen, Rohstoffmangel und Arbeitskräfteproblemen erfolgten, sondern auch noch unter der militärischen und vor allem auch politischen Priorität der Flugmotorentechnologie zu leiden hatten. Die wachsende Dringlichkeit der Triebwerksherstellung schlug mehr und mehr auf die Arbeitsprozesse durch - mit rigiden Akkordregelungen, Arbeitszeitverlängerungen und der zunehmenden Praktizierung eines Sanktionssystems, das Produktionsfehler, Arbeitsverweigerung und Materialausschuss hart bestrafte. D e r „Alltag" der Organisation der Fertigungsabläufe korrespondierte mit der wachsenden „Pathologie der Luftrüstung" 2 und der in zunehmende Irrationalität mit Material sparenden, zugleich aber Menschen verschleißenden rüstungspolitischen Maßnahmen hineinsteuernde NS-Kriegswirtschaftspolitik. 3 In der Flugzeugindustrie wurde wie in keiner anderen Branche daher auch Zwangsarbeit und KZ-Häftlingseinsatz so massiv, so frühzeitig und so skrupellos eingesetzt. B M W machte hier keine Ausnahme.
2.1. Der mühsame Weg zur
Massenproduktion
Das prinzipielle Problem der Fertigung bei B M W und damit von Zipprich war, dass infolge der zuerst zögerlichen, dann unklaren Entwicklungspolitik der Konzernleitung die Großserienfertigung erst spät anlief. Während Daimler-Benz und Junkers aufgrund frühzeitiger Entwicklungserfolge in der Lage waren, noch vor Ausbruch des Krieges Großserienwerke zu errichten, fiel bei B M W der Aufbau und Anlauf des Werkes Allach sowie der Zühlsdorfer Fertigungsstätte mitten in die Kriegszeit. Zudem ging der vom R L M dringend verlangte 8 0 1 - M o t o r noch unreif in Serie und gelangte viel zu früh an die Front. Erst im Januar 1941 begann das Münchner Stammwerk mit der Serienfertigung des 801-Motors, allerdings in bescheidenem Umfang. Mitte 1941 nahm es dann auch die Reihenproduktion im Spandauer Werk auf. Die grundlegende Umstellung der Fertigungsorganisation und -abläufe, die der 2 3
Budraß, S. 891. Vgl. dazu allgemein Mommsen, Mythos.
2. D i e „ n e u e B e t r i e b s g e m e i n s c h a f t "
147
Wechsel v o m alten 132er-Baumuster auf den neuen M o t o r erforderte, zog eine Fülle von P r o b l e m e n und S c h w i e r i g k e i t e n technischer u n d organisatorischer A r t nach sich, w o b e i zu diesem Z e i t p u n k t schon abzusehen war, dass es sich dabei nur u m eine v o r ü b e r g e h e n d e P r o d u k t i o n s m a ß n a h m e handelte. D e n n M ü n c h e n u n d Spandau sollten die R o l l e von A n l a u f w e r k e n für die E n t w i c k l u n g ü b e r n e h m e n , w ä h r e n d die G r o ß s e r i e n f e r t i g u n g auf die aber noch im Bau befindlichen M o t o r e n w e r k e Allach und Zühlsdorf konzentriert w e r d e n w ü r d e . 4 Von einer m o d e r n e n , effizient organisierten Serienfertigung bei B M W k o n n t e daher 1940/41 keine R e d e sein. „Die L i e f e r u n g e n im ersten Kriegsjahr", so hieß es d a z u auch in einem ausführlichen „Bericht über die P r o g r a m m e r f ü l l u n g B M W 801", „waren gekennzeichnet durch erhebliche A n l a u f s c h w i e r i g k e i t e n , die d u r c h die u n g e n ü g e n d e Serienreife des M o t o r s verursacht w u r d e n . Diese w i r k t e n sich in einem a u ß e r o r d e n t l i c h u m f a n g r e i chen A n d e r u n g s a n f a l l aus, der s o w o h l die F e r t i g u n g und L i e f e r u n g stark behindert hat, als auch der Qualität u n d B e w ä h r u n g des M o t o r s sehr hinderlich war. Die Gesamtlieferung im J a h r e 1940 betrug 232 M o t o r e n gegenüber einem für die einzelnen M o n a t e gültigen Soll von insgesamt 525 M o t o r e n ( = 4 4 % ) . " ' Die Lieferungen k a m e n ausschließlich aus d e m M ü n c h n e r S t a m m w e r k , in d e m man mit M ü h e die Werkstätten so u m g e r ü s t e t und eingerichtet hatte, dass z u m i n d e s t 140 B M W - 8 0 1 - M o t o r e n im M o n a t p r o d u ziert w e r d e n konnten. 6 A b e r auch das stand auf d e m Papier, denn tatsächlich lieferte das M ü n c h n e r Werk im 1. Quartal 1940 erst 16 M o t o r e n , im 2. Q u a r tal i m m e r h i n schon 32, im 3. Q u a r t a l dann 72 und im 4. Q u a r t a l 112 F l u g motoren des neuen B a u m u s t e r s . Die geringen Lieferzahlen w a r e n in der H a u p t s a c h e Folge der Serienunreife und des zu späten F a b r i k a t i o n s b e g i n n s der M o t o r e n . „Die vorbereitenden Arbeiten zur A u f n a h m e der F a b r i k a t i o n w a r e n bei w e i t e m nicht so fortgeschritten, dass im J a h r e 1940 von einer Serienfabrikation i r g e n d w i e die R e d e sein k o n n t e " , hieß es d a z u in einem weiteren Bericht, den vermutlich Zipprich A n f a n g 1945 r ü c k b l i c k e n d erstellte. „ A b e r die Situation der d a m a l i g e n Zeit verlangte es, u m Versäumtes aus den J a h r e n 1935 bis 1939 nachzuholen, koste es w a s es wolle, M o t o r e n zu fabrizieren und zu liefern." 7 Massive Schwierigkeiten gab es auch bei der Fertigung der K o m m a n d o g e r ä t e , die f ü r B M W und die d a f ü r eingesetzten N a c h b a u f i r m e n eine v o l l k o m m e n neu a u f z u z i e h e n d e Fabrikation bedeutete, für die w e d e r F a b r i k e i n r i c h t u n g e n , Erfahrungen und sonstige Kenntnisse vorhanden w a r e n . A n f a n g 1940 w u r d e n vom R L M die B M W W e r k e M ü n c h e n und Spandau für insgesamt 300 K o m m a n d o g e r ä t e je M o n a t vorgesehen, die
J a h r e s b e r i c h t d e r F l u g m o t o r e n G m b H f ü r 1940 v o m 5 . 6 . 1941, in: B A B e r l i n , R 8119F, P O 3 1 4 9 , Bl. 225 ff. 4 B e r i c h t v o n A n f a n g 1945, in: B A R 3/1752, Bl. 3 4 f t . ( a u c h in: B M W U A 968/1). " Vgl. ebd. " B M W - B e r i c h t ( v e r m u t l i c h v o n Z i p p r i c h ) v o m F r ü h j a h r 1945, in: M T U - A r c h i v , O r d n e r 2 ( K o p i e n a u s d e m B A ( S p e e r - C o l l e c t i o n , F D 4 9 6 9 / 4 5 , Bl. 37). 4
148
II. Die Krise als Dauerzustand
Nachbaufirmen mit zusammen weiteren 200 Geräten pro Monat. 8 Aber die Liefersoll-Zahlen wurden auch hier bei weitem nicht eingehalten. Als Zipprich im Januar 1941 einen ausführlichen Bericht über das erste Kriegsproduktionsjahr 1940 erstellte, konnte sich der unbedarfte Leser wundern, dass überhaupt bei BMW-801-Flugmotoren produziert worden waren. Der Bericht über den „bisherigen Verlauf der Reihenfertigung des Baumusters 801" musste in den Augen des BMW-Vorstands niederschmetternd wirken. Es wurde deutlich, dass Zipprich offenbar das Unmögliche möglich machen sollte: die Serienfertigung eines Motors, der noch laufend weiterentwickelt und verbessert wurde. Monatlich kamen Hunderte von Anderungsanweisungen aus den konzerneigenen Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen, dazu immer wieder auch neue Anforderungen des R L M an den neuen Motor, die wiederum weitere Konstruktionsänderungen nach sich zogen. 9 „Die Anzahl der ab Januar 1939 durchgeführten Konstruktionsänderungen und Berichtigungen beträgt 11 000 Stück", notierte Zipprich in dem Bericht nüchtern, „von denen 75 Prozent Änderungen der Fertigungs- und Bestellunterlagen sowie der Betriebsmittel zur Folge [hatten]. Die Anzahl der verschiedenen Teile je Motor beträgt 3500. Legt man hierauf die Anzahl der Konstruktionsänderungen um, so ergeben sich je Teil 3,15 Änderungen." 10 Allein das Olpumpengehäuse wurde in diesem Zeitraum von knapp zwei Jahren 40 Mal geändert. Die Folge war, „dass bei 157 verschiedenen Teilen wegen der Konstruktionsänderungen im Ganzen 32595 Stück Ausschuss gemacht werden musste [...]. Die Konstruktionsänderungen haben ca. 63 Prozent der Betriebsmittel betroffen und eine zusätzliche Belastung des Vorrichtungskonstruktionsbüros um annähernd den gleichen Prozentsatz verur-
8 Vgl. ebd. ' Zu den vom R L M befohlenen Änderungsaktionen vgl. etwa die Notizen über die Amtschefbesprechungen beim Generalluftzeugmeister (GL, d.h. Milch) vom 27. 1. 1942 bis 14. 7. 1942, in: B M W U A 368. Im Protokoll vom 9. 6. 1942 hieß es: „Obersting. Mahnke berichtet. Im Juni 42 werden insgesamt 800 Motoren B M W 801 voraussichtlich geliefert. Hierin ist der Neubau mit 500 Motoren beteiligt. Oberst Vorwald meldet, dass eine neue Änderungsaktion für den B M W 801 gestartet werden muss. Die ATMOS-Anlage für den Winterstart muss auf den zweiten Stern ausgedehnt werden. Ein Ausbau des Motors ist hierbei jedoch nicht erforderlich. Obersting. Mahnke wirft die Frage auf, ob es möglich ist, mit der ATMOS-Anlage für den zweiten Stern nur bei den Flugzeugen auszukommen, die bei Temperaturen unter 20 eingesetzt werden. Die Erscheinung, dass der zweite Stern nicht anspringt, hat sich bei Minus 35 Grad gezeigt. Der Generalfeldmarschall entscheidet, dass Norwegen unbedingt versorgt werden muss. Im Westen soll der Einbau der zusätzlichen ATMOS-Anlage grundsätzlich bei der Grundüberholung gemacht werden. Oberstabsing. Mann meldet, dass schon im vorigen Jahr von der Ε-Stelle Rechlin und vom Technischen Amt der Einbau der ATMOS-Anlage gefordert worden ist. B M W hat sich geweigert, da Direktor Sachse auf dem Standpunkt stand, dass der Motor auch durch Regelung ohne Einspritzvorrichtung anspringt. Der Generalfeldmarschall ordnet an, dass die Fa. B M W die Kosten zu tragen hat, die durch den Einbau der ATMOS-Anlage anfallen." 10 Bericht Zipprichs vom 10. 1. 1941, in: B M W U A 368/1, S. 1.
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
149
sacht." 1 1 U n d die geringe Fertigungstiefe von B M W - nur 1350 M o t o r e n t e i l e , d . h . 38,6 Prozent, w u r d e n selbst hergestellt - potenzierte die Probleme, da auch die Zulieferer mit entsprechenden Ä n d e r u n g s a n f o r d e r u n g e n u n d deren U m s e t z u n g k o n f r o n t i e r t w a r e n . „Für 4500 Betriebsmittel", so f u h r Zipprich fort, „musste eine zusätzliche Bestell- und Planungsarbeit im W e r k z e u g b a u geleistet w e r d e n ; das sind b e z o g e n auf die 10100 Betriebsmittel je M o t o r 44 Prozent. A l s o w u r d e der ohnehin schon zu s c h w a c h e W e r k z e u g b a u u m annähernd diesen P r o z e n t s a t z überbelastet. Es w u r d e n f ü r das B a u m u s t e r 801 insgesamt 3 2 0 0 0 0 Stunden vorberechnet, bis heute sind aber 5 5 0 0 0 0 Stunden geleistet, das sind plus 70 Prozent [ . . . ] . Zuletzt sei noch e r w ä h n t , dass die Betriebsmittel-Lieferanten, die in der heutigen Zeit s o w i e s o schlecht liefern, durch die vielen Ä n d e r u n g e n noch schlechter lieferten bzw. ihre schlechten L i e f e r u n g e n durch die Ä n d e r u n g e n zu entschuldigen suchten [ . . . ] . Besonders stark w i r k t e n sich alle Störungen in der K o m m a n d o g e r ä t e fertigung aus, da es sich hier u m eine Fertigung handelt, die andere M e t h o d e n bedingt, als der n o r m a l e F l u g m o t o r e n b a u . Das K o m m a n d o g e r ä t nähert sich in seiner A r t stark der F e i n m e c h a n i k u n d d e m A p p a r a t e b a u . Es ist deshalb n o t w e n d i g , für diese Fertigung eine eigene Betriebsleitung zu bilden und sie bezüglich ihrer inneren O r g a n i s a t i o n besonders zu gestalten." 1 2 K u r z u m der 8 0 1 - M o t o r überforderte völlig die Fertigung bei B M W . D a z u , so konstatierte Zipprich abschließend, „ist der M o t o r trotz der 11 000 Ä n d e r u n g e n heute noch nicht so betriebssicher, w i e es für den Einsatz n o t w e n d i g ist", und er fügte eine Liste von 13 gravierenden u n d dringend erforderlichen g r u n d s ä t z lichen Verbesserungen an. Im L a u f e des J a h r e s 1941 änderte sich jedoch k a u m etwas an dieser P r o d u k t i o n s l a g e bei B M W . „Die E n t w i c k l u n g der M o t o r e n l i e f e r u n g im J a h r e 1941 n a h m bei gleichbleibenden S c h w i e r i g k e i t e n hinsichtlich der technischen Reife des M o t o r s u n d der v e r f ü g b a r e n Fertigungskapazität gleichen Verlauf", hieß es in d e m Bericht z u r P r o g r a m m e r f ü l l u n g . „Insbesondere ist zu v e r m e r ken, dass der geplante u n d p r o g r a m m m ä ß i g festgelegte Einsatz weiterer Lief e r w e r k e w i e F i r m a Klöckner, Firma A r g u s , B M W Spandau und schließlich B M W Allach z u m Teil erst in den letzten M o n a t e n des J a h r e s z u m Tragen k a m u n d z w a r [auch] n u r im W e r k Spandau und bei Klöckner [ . . . ] . Die A u f teilung der Lieferung auf nicht w e n i g e r als 7 L i e f e r w e r k e , von denen jedes komplette M o t o r e n liefern sollte, die vom R L M seinerzeit mit Rücksicht auf strategische G e s i c h t s p u n k t e ( L u f t e m p f i n d l i c h k e i t ) festgelegt w u r d e , k o n n t e auch z w a n g s l ä u f i g nur zu einer außerordentlichen Ü b e r l a s t u n g der W e r k zeugs- und W e r k z e u g m a s c h i n e n - I n d u s t r i e s o w i e des Bausektors führen." 1 -' Tatsächlich sah die F e r t i g u n g s p l a n u n g des R L M für den 8 0 1 - M o t o r folgen-
Ebd. Ebd. , s B e r i c h t ü b e r die P r o g r a m m e r f ü l l u n g B M W 801 von A n f a n g 1945, in: B A R 3/1752, Bl. 3 4 f f . 11
150
Foto 11: Produktionsstraße
II. D i e Krise als D a u e r z u s t a n d
von
BMW-801-Flugmotoren
dermaßen aus: Das Werk München sollte bis 1943 monatlich 160 Motoren liefern, Allach ab Januar 1942 100 Motoren mit avisiertem Ausbau auf 200 Motoren im Monat, für das Werk Spandau war die Ausbringung von 75 Motoren ab Februar 1941 bis Mitte 1943 vorgesehen, dann sollte das Werk Zühlsdorf, das zunächst noch mit nur 50 Motoren im Monat eingeplant war, auf 200 Motoren hochgefahren werden, und schließlich die drei Lizenzwerke Klöckner, Argus und Avia mit insgesamt 285 Motoren pro Monat ab Frühjahr 1941 bzw. April 1942, mit Ausbauzielen auf 400 bis 500 Motoren. 1 4 Insgesamt war damit eine Monatsproduktion von 670 BMW-801-Motoren geplant, von denen etwa die Hälfte auf Lizenzwerke entfiel. Dieses Gesamtprogramm des R L M zeigte, so notierte später Zipprich, „eine große Zersplitterung. Die Fabrikationsstückzahlen je Werk gestatteten eine ausgesprochene Serienfabrikation nur in geringem Umfang. Die Aufteilung auf die vielen Fertigungsstätten, die zudem fast alle gleichzeitig außer dem Werk München in Anlauf gebracht werden mussten, war sehr aufwendig, da für die Nachbauwerke die benötigten Fach- und Führungskräfte, Werkzeugmaschinen und Betriebsmittel, Fabrikräume und Einrichtungen mehrmals für denselben Zweck beschafft werden mussten. Bei der Engpasslage, die der Krieg schon damals auf allen Gebieten mit sich brachte, stellten 14 Bericht Zipprichs vom F r ü h j a h r 1945, in: M T U - A r c h i v , O r d n e r 2 bzw. B A (SpeerCollection, F D 4969/45.
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
151
sich h i e r a u c h b e s o n d e r e S c h w i e r i g k e i t e n e n t g e g e n . D e r A n l a u f der N a c h b a u w e r k e S p a n d a u , K l ö c k n e r u n d A r g u s v e r z ö g e r t e sich a u c h d a n n u n d k o n n t e die e r w a r t e t e M o t o r e n l i e f e r u n g , w i e i m P r o g r a m m v o r g e s e h e n , i m A n l a u f v o n d i e s e n W e r k e n n i c h t e r r e i c h t w e r d e n . " 1 3 A u c h k o n n t e n die F i r m e n t r o t z g r o ß e r U n t e r s t ü t z u n g v o m W e r k M ü n c h e n die s c h w i e r i g e F a b r i kation der K o m m a n d o g e r ä t e nicht kurzfristig einrichten und durchführen. D a s R L M z o g s o g a r die F i r m a Avia u n v e r m i t t e l t v o m N a c h b a u des B M W 8 0 1 - M o t o r s a b u n d s e t z t e sie auf d e n N a c h b a u des
Daimler-Benz-Motors
D B 6 0 1 an. D a z u k a m e n U n k l a r h e i t e n in B e z u g auf das R e i c h s w e r k Z ü h l s d o r f . Z u n ä c h s t w a r es f ü r die F e r t i g u n g l u f t g e k ü h l t e r E i n s t e r n - M o t o r e n v o r g e s e h e n , d a n n s a h e n die P l a n u n g e n p l ö t z l i c h d e n d r e i s t u f i g e n A u s b a u auf die Ausbringung von zunächst 50, dann 100 und schließlich 200 B M W - 8 0 1 - M o t o r e n vor, s c h l i e ß l i c h a b e r w u r d e das W e r k d a n n w i e d e r f ü r das E i n s t e r n M o t o r e n - P r o g r a m m benötigt. D i e F o l g e d i e s e r P l a n u n g u n d die U n z u l ä n g l i c h k e i t e n d e r B M W z u g e w i e s e n e n L i z e n z b a u f i r m e n war, dass das W e r k M ü n c h e n ü b e r die v o r h a n d e n e K a p a z i t ä t hinaus die a u s g e f a l l e n e n L i e f e r u n g e n d e r N a c h b a u w e r k e ü b e r n e h m e n m u s s t e , u m die L i e f e r s o l l s d e r M o t o r e n d e n n o c h i r g e n d w i e zu e r f ü l l e n . „ D e r s c h l e c h t e E i n l a u f des M o t o r s 8 0 1 " , s o n o t i e r t e Z i p p r i c h in s e i n e m B e r i c h t später, „der d u r c h die v e r s p ä t e t e K o n s t r u k t i o n u n d E r p r o b u n g u n d d u r c h n i c h t g e n ü g e n d e s V o r h a n d e n s e i n der K a p a z i t ä t f ü r die L i e f e r u n g f e r n e r d u r c h Z u w e i s u n g s c h w a c h e r F i r m e n als N a c h b a u w e r k e f ü r M o t o r u n d K o m m a n d o g e r ä t u n d n i c h t z u l e t z t a u c h die u n z u l ä n g l i c h e
Unterstützung
des R L M u n d d e r ü b r i g e n A m t s s t e l l e n f ü h r t e d a z u , dass das L i e f e r s o l l bis 1941 n i c h t g e h a l t e n w e r d e n k o n n t e " . 1 6 I n s e i n e r N o t s c h l u g Z i p p r i c h d e n v o n P o p p h e f t i g u m k ä m p f t e n U m z u g der M o t o r r a d f e r t i g u n g n a c h E i s e n a c h vor, u m w e i t e r e F e r t i g u n g s k a p a z i t ä t e n in d e m n o c h i m m e r die H a u p t l a s t der S e rienfertigung
tragenden
Münchner
Stammwerk
frei zu b e k o m m e n .
g a n z e A n g e l e g e n h e i t v e r z ö g e r t e sich a b e r bis A u g u s t / S e p t e m b e r
Die
1 9 4 1 , so
dass z u m J a h r e s e n d e 1941 sich m e h r d e n n je „eine a u ß e r o r d e n t l i c h e A n s p a n n u n g der B e l a s t u n g des W e r k s e r g a b , das d e n L i e f e r a u s f a l l d e r ü b r i g e n W e r k e a u s z u g l e i c h e n h a t t e " , u n d z w a r n i c h t n u r b e i m 8 0 1 - M o t o r , s o n d e r n auch bei der K o m m a n d o g e r ä t e - F e r t i g u n g . 1 7 D i e G e s a m t l i e f e r u n g e n e r r e i c h t e n
1941
somit nur 1708 M o t o r e n gegenüber einem Liefersoll von 2 2 2 0 M o t o r e n , d.h. 77 P r o z e n t . E i g e n t l i c h w a r geplant g e w e s e n , die G r o ß s e r i e n f e r t i g u n g des 8 0 1 - M o t o r s a b O k t o b e r 1941 i m W e r k A l l a c h zu s t a r t e n , a b e r d o r t w a r e n die F e r t i g u n g s a n l a g e n , s o w e i t sie sich ü b e r h a u p t s c h o n in b e t r i e b s b e r e i t e m Z u s t a n d b e f a n den,
zunächst
mit
Kleinserienfertigung
Ebd., Bl. 38 "· Ebd. Ebd. 15
Ersatzteilefertigung, von
drei
Flugmotorenreparaturen
verschiedenen
sowie
Flugmotoren-Baumustern
152
II. Die Krise als Dauerzustand
( B M W 132 Κ mit 75 Stück/Monat; B M W 132 Ν mit 15 Stück/Monat und B M W 801 mit 250 Stück/Monat) belegt. Die anhaltende chaotische Produktionssituation bei B M W im Jahre 1941 beschrieb denn auch der „Werner-Bericht" treffend und sparte dabei die Verantwortung des R L M für die Lage nicht aus. „Die m.E. erste und wichtigste Frage, die einer endgültigen Klärung zugeführt werden muss", so hieß es in dem Bericht, „ist die Klarstellung der Programmgestaltung. Es muss für den Begriff ,wo wird was wann fabriziert?' eine endgültige Entscheidung herbeigeführt werden. [...] Bei B M W bestand durchaus nicht ohne weiteres die Voraussetzung, eine derartige umfangreiche Aufgabe rechtzeitig zu lösen. M a n war speziell bei der fabrikatorischen Seite für die Herstellung kompletter Triebwerke, für die eine so geringe Entwicklungszeit zur Verfügung stand, nicht genügend gerüstet." 18 Tatsächlich lag eine wesentliche Ursache der andauernden Produktionsprobleme darin, dass gleich bei Anlauf der Motorenlieferung des 801 vom R L M „gewünscht" worden war, die Motoren als komplette Triebwerke zu liefern, und z w a r sowohl für Jäger-, als auch für Bomberflugzeuge. Da jedoch die erforderlichen Einigung mit den Flugzeugunternehmen wegen konstruktiver Verschiedenheiten zwischen Jäger- und Bomberausführungen nicht zustande kam, blieb es bis Mitte 1942 bei der Lieferung „nackter" Motoren. Im Verlauf des Jahres 1941 trat auch mehr und mehr die empfindliche Abhängigkeit des BMW-Konzerns von den Zulieferfirmen, vor allem aber den Lizenzbauunternehmen zu Tage. Die dortigen Produktionsausfälle ließen die Fertigungsplanungen bei B M W regelmäßig zu Makulatur werden. Die Argus Motorenwerke und die Flugmotorenwerke Klöckner wurden für Zipprich zu Dauerproblemkindern im Produktionsverbund des Konzerns. Argus war eigentlich, wie erwähnt, vom R L M mit dem Anlauf der 801-Ausbringung für Mai 1941 vorgesehen. Da sie die erforderlichen Fertigungskapazitäten wegen des aus Sicht von B M W ungenügenden Einsatzes der Firma nicht rechtzeitig erstellen konnten, musste der Anlauf mehrmals verschoben werden: vom Mai 1941 auf den August, dann auf den Oktober, November, Januar und schließlich auf den Februar 1942. Der Lieferanlauf erfolgte dabei mit ganzen drei Motoren, und auch erst, nachdem hierzu das Werk München die wichtigsten Teile zur Unterstützung geliefert hatte. In der Folgezeit gelang es Argus nicht einmal annähernd, das RLM-Lieferprogramm und die Produktionsforderungen von B M W zu erfüllen. Die geringen Lieferungen von Argus waren weiterhin nur möglich, da von den Werken München und Spandau in erheblichem Maß Unterstützung und Zulieferung kamen. 1 9 Ende 1942 schied Argus endlich aus dem BMW-Fertigungsverbund aus. Bei Klöckner sah es aber nicht viel besser aus. Obwohl es dort nicht um den Aufbau von neuen Fertigungskapazitäten, sondern nur um eine Umstellung der Lizenzproduktion vom Baumuster 323 auf den 801 ging, verschob 18 19
Zitiert nach ebd., Bl. 39f. Vgl. dazu ebd., Bl. 47f.
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
153
sich der Lieferanlauf von d e m u r s p r ü n g l i c h zugesagten Termin im M ä r z 1941 auf September 1941 mit gerade einmal 19 M o t o r e n . Im M a i 1942 sollte d a n n z w a r i m m e r h i n eine M o n a t s a u s b r i n g u n g von 100 M o t o r e n erreicht w e r d e n , aber auch hier w a r die Fertigungsleistung n u r d u r c h p e r m a n e n t e Teilezuliefer u n g e n aus d e m W e r k Allach möglich. Zipprich w o l l t e daher eigentlich auch K l ö c k n e r als L i z e n z p r o d u z e n t e n loswerden, w a s d u r c h eine entsprechende A u f s t o c k u n g der 8 0 1 - F e r t i g u n g im Werk S p a n d a u auch ohne P r o b l e m e m ö g lich g e w e s e n w ä r e . Der Industrierat u n d das R L M jedoch untersagten Mitte 1942 einen A u s b a u der 801-Kapazitäten im Berliner B M W - W e r k . Die H i n t e r g r ü n d e konnte Zipprich n u r v e r m u t e n . O f f e n b a r plante die A u t o - U n i o n die L i z e n z - F e r t i g u n g eines so genannten Η - M o t o r s auf Stahlbasis bei B M W Spandau u n d W i l l i a m Werner hatte in Personalunion als Vorstandsvorsitzender des A u t o - K o n z e r n s und Vorsitzender der Industrierats entsprechend gegen die anders gerichteten Pläne des B M W - V o r s t a n d s agiert. 2 : Als Zipprich im J a n u a r 1942, i n z w i s c h e n auch in der F u n k t i o n als „ B M W R i n g f ü h r e r T 3 " , einen r ü c k b l i c k e n d e n Lagebericht zur F l u g m o t o r e n p r o d u k t i o n an das R L M schickte, stellte sich die Situation unverändert angespannt dar. 21 Das M ü n c h n e r S t a m m w e r k hatte z w a r z u m i n d e s t im D e z e m b e r 1941 seine S o l l - L i e f e r u n g e n von 160 M o t o r e n gehalten, d a f ü r w i e s aber das Eisenacher Werk bei der L i e f e r u n g von B M W - 1 3 2 - F l u g m o t o r e n einen R ü c k stand von 158 M o t o r e n auf, der sich allerdings, so versuchte Zipprich d e m R L M vorzurechnen, bei g e n a u e r e m H i n s e h e n in eine U b e r e r f ü l l u n g von 137 M o t o r e n verwandelte. Es gab jedoch P r o b l e m e bei der Stahl- und Leichtmetallversorgung, die A u s s t a t t u n g der W e r k e mit W e r k z e u g m a s c h i n e n w a r u n z u r e i c h e n d („der R ü c k s t a n d beim M a s c h i n e n - S o f o r t - B e d a r f nimmt in so langsamen M a ß e ab, dass von einer p l a n m ä ß i g e n Zuteilung der M a s c h i n e n nicht die R e d e sein k a n n " 2 2 ) und die A r b e i t s k r ä f t e v e r s o r g u n g desolat. Als eigentlichen Engpass der 8 0 1 - M o t o r e n a u s l i e f e r u n g identifizierte Zipprich die u n z u l ä n g l i c h e K o m m a n d o g e r ä t e f e r t i g u n g , „wobei insbesondere die Lieferungen der Firmen A r g u s und Grill zu w i e d e r h o l t e n Ausfällen und in der Folge davon zu P r o g r a m m k ü r z u n g e n und -Verschiebungen [bei der 801 A u s l i e f e r u n g ] Anlass gaben". 2 3 M a n sah sich daher g e z w u n g e n , einen Teil der ausgelagerten K o m m a n d o g e r ä t e f e r t i g u n g w i e d e r z u r ü c k ins S t a m m w e r k nach M ü n c h e n zu holen. Der Blick auf D a i m l e r - B e n z zeigt, dass auch der Stuttgarter K o n k u r r e n t mit ähnlichen S c h w i e r i g k e i t e n zu k ä m p f e n hatte. Das R L M hatte 1941 für das F l u g m o t o r e n w e r k in Genshagen ebenfalls massive Kapazitätsaufs t o c k u n g e n gefordert - von k n a p p 300 M o t o r e n im M o n a t auf 1200 M o t o -
Vgl. ebd., Bl. 49. Vgl. den 16-seitigen Bericht vom 17. 1. 1942, in: B A Berlin, R 8119F, P O 3108, Bl. 7 - 2 2 . -- Ebd. -"· Ebd.
154
II. D i e Krise als D a u e r z u s t a n d
Foto 12: Fertigungsstraße für Planetenradträger des BMW 801. Im Vordergrund ein mit den Buchstaben SU gekennzeichneter sowjetischer Kriegsgefangener in Uniform ren. 24 Dabei erreichte man schon die U n t e r g r e n z e von 300 Motoren/Monat unter anderem wegen erheblicher Engpässe bei den Zulieferern nur mit M ü h e . Störungen im Fertigungsablauf brachte dazu im Frühjahr 1941 die erforderliche U m r ü s t u n g auf die Serienfertigung der DB-601 -Motoren, wobei parallel dazu die weitere Fertigungsumstellung auf das Modell D B 605 erfolgte. 2 3 W ä h r e n d Daimler-Benz im Werk Genshagen in der Folgezeit aber nach und nach die Großserienfertigung ihrer Flugmotoren in den Griff b e k a m und im O k t o b e r 1942 dort erstmals die M a r k e von 500 gefertigten Motoren übertraf, nahmen bei B M W die Produktionsschwierigkeiten im Verlauf der folgenden Jahre eher zu als ab. A b J a n u a r 1942 liegen monatliche Aufstellungen und Kurzberichte aus dem Vorstandsressort Zipprichs vor, die das ganze D r a m a der Fertigungsentwicklung bei B M W im Detail sieht- und nachvollziehbar werden lassen. 2 '' Im Frühjahr sorgte Kraftstoffmangel an den Prüfständen für so häufige Ausfälle, dass die Motorenfertigung vorübergehend gestoppt werden musste. Dazu kamen Lieferausfälle und Qualitäts-
Vgl. dazu näher Gregor, S. 162 ff. Vgl. dazu ebd., S. 168 ff. A n f a n g 1944 forderte das R L M schließlich eine a b e r m a l i g e P r o d u k t i o n s u m s t e l l u n g im Genshagener Werk auf den F l u g m o t o r D B 603, w a s aber auf erheblichen W i d e r s t a n d in der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g stieß. V g l . dazu ebd., S. 196f. Vgl. den bereits e r w ä h n t e n Bericht zur P r o g r a m m e r f ü l l u n g B M W 801 (1939-1944), in: B M W U A 968/1 bzw. B A R 3/1752, Bl. 34ff. 24
J5
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
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m ä n g e l bei w i c h t i g e n Z u l i e f e r e r n : D i e F i r m a S t o l z e n b e r g k o n n t e w e g e n F l i e g e r s c h a d e n k e i n e Z a h n r ä d e r m e h r liefern, die B r e n n s t o f f f ö r d e r p u m p e n d e r F i r m a M a i h a k w i e s e n D e f e k t e a u f u n d v o r a l l e m f u n k t i o n i e r t e n die V D M G e r ä t e v i e l f a c h n i c h t . I m m e r h i n z o g i m M a i 1 9 4 2 eine R e i h e v o n F e r t i g u n g s abteilungen v o m S t a m m w e r k M ü n c h e n endlich nach Allach um. D e r damit gebildete lokale Fertigungsverbund zwischen den beiden Werken sorgte für etwas Entlastung im Milbertshofener Werk. Tatsächlich k o n n t e dadurch der m o n a t l i c h e A u s s t o ß an 801 - M o t o r e n v o n 2 1 2 ( M ä r z 1 9 4 2 ) auf 5 0 0 (Juli 1 9 4 2 ) m e h r als v e r d o p p e l t w e r d e n . B i s z u m F r ü h j a h r 1 9 4 3 k o n n t e n in der F o l g e z e i t die S o l l - Z a h l e n n a h e z u erfüllt w e r d e n , t r o t z d e r e r w ä h n t e n P r o b l e m e m i t dem Lizenzunternehmen
A r g u s . D a f ü r gelang es a b e r n u n Z i p p r i c h
im
H e r b s t 1 9 4 2 , das W e r k E i s e n a c h / D ü r r e r h o f m i t d e m g r ö ß t e n Teil s e i n e r K a p a z i t ä t e n f ü r die 8 0 1 - F e r t i g u n g z u z u s c h a l t e n , so dass das F a z i t d e r M o t o r e n l i e f e r u n g e n a m E n d e des J a h r e s 1 9 4 2 für B M W gar n i c h t so s c h l e c h t ausfiel: 5 2 2 5 M o t o r e n w a r e n gefertigt u n d a u s g e l i e f e r t w o r d e n , bei e i n e m S o l l v o n 5 4 4 5 M o t o r e n , d . h . Zipprich war nur 5 P r o z e n t unter den Planungen und F o r d e r u n g e n des R L M g e b l i e b e n , o b w o h l sich „die u n g e n ü g e n d e D r i n g l i c h keit d e r F l u g m o t o r e n p r o g r a m m e g e g e n ü b e r a n d e r e n R ü s t u n g s p r o g r a m m e n in j e d e r B e z i e h u n g ( M a t e r i a l v e r s o r g u n g , A r b e i t s k r ä f t e z u w e i s u n g , B e t r i e b s m i t t e l ) als b e s o n d e r s n a c h t e i l i g a u s w i r k t e " , w i e sich der B M W - F e r t i g u n g s vorstand beim R L M beklagte.27 I m F r ü h j a h r 1 9 4 3 b e k a m e n die F e r t i g u n g s p r o b l e m e eine n e u e Q u a l i t ä t . A n f a n g M ä r z b e s c h ä d i g t e n L u f t a n g r i f f e das M ü n c h n e r S t a m m w e r k stark, die M o n t a g e in M i l b e r t s h o f e n ging d a d u r c h völlig v e r l o r e n . D i e 8 0 1 - F e r t i g u n g w a r j e t z t in den N e r v g e t r o f f e n , d e n n n a c h wie v o r trug das S t a m m w e r k einen w e s e n t l i c h e n Teil der S e r i e n f e r t i g u n g . Z i p p r i c h sah sich n u n g e z w u n g e n , ü b e r s t ü r z t die g e s a m t e M o t o r e n - u n d K o m m a n d o g e r ä t e - M o n t a g e ins A l l a c h e r W e r k zu v e r l a g e r n . D u r c h g l e i c h z e i t i g v e r s t ä r k t e A b g a b e v o n M a t e r i a l an das W e r k S p a n d a u u n d an K l ö c k n e r v e r s u c h t e er, d u r c h s o f o r t i g e A u f s t o ckung der dortigen Fertigungen einen Ausgleich der M ü n c h n e r
Produkti-
o n s a u s f ä l l e zu e r r e i c h e n . B e i K l ö c k n e r z e i c h n e t e sich a b e r statt einer e r h ö h ten M o t o r e n a u s b r i n g u n g im G e g e n t e i l ein s t a r k e r L i e f e r r ü c k g a n g ab. D a s K l ö c k n e r - W e r k m u s s t e auf W e i s u n g des R L M im S o m m e r 1 9 4 3 ü b e r s t ü r z t n a c h B r ü n n u n d G u r e i n in das P r o t e k t o r a t B ö h m e n u n d M ä h r e n u m s i e d e l n , so dass „ g e n ü g e n d e A u f n a h m e b e r e i t s c h a f t f ü r u n g e h i n d e r t e n W e i t e r l a u f der F e r t i g u n g n i c h t g e g e b e n w a r ( P r ü f s t ä n d e ! ) " . 2 S U n d d e n n o c h k o n n t e sich Z i p p r i c h s L e i s t u n g s b i l a n z a m E n d e des J a h r e s 1 9 4 3 in den A u g e n des B M W V o r s t a n d s d u r c h a u s s e h e n lassen. 8 6 5 8 gelieferten M o t o r e n u n d T r i e b w e r k e n s t a n d e n 8 9 2 0 v o m R L M g e f o r d e r t e M o t o r e n g e g e n ü b e r , ein L i e f e r a u s f a l l v o n n u r n o c h 3 P r o z e n t . E s w a r u n ü b e r s e h b a r , dass die F l u g m o t o r e n f e r t i g u n g v o n B M W n u n e n d l i c h , im f ü n f t e n K r i e g s j a h r , a u c h als G r o ß s e r i e n p r o d u k ' Ebd., S. 6. Ebd., S. 7.
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2. Die „neue Betriebsgemeinschaft"
157
tion in G a n g g e k o m m e n war. Im D e z e m b e r 1943 hatte Zipprich erstmals in der M o n a t s a u s b r i n g u n g die 1 0 0 - M o t o r e n - G r e n z e überschritten und d a m i t die S t ü c k - P r o d u k t i o n gegenüber S o m m e r 1942 verdoppelt. Vor diesem H i n t e r g r u n d lässt sich das Eingreifen des R L M in der Ä r a Popp aus p r o d u k t i o n s - und rüstungstechnischer Sicht noch nachvollziehen, die massiven Interventionen in der Ä r a H i l l e jedoch k a u m mehr rechtfertigen. D e r relative P r o d u k t i o n s e r f o l g von B M W w a r nicht zuletzt das Ergebnis u m f a n g r e i c h e r R a t i o n a l i s i e r u n g s m a ß n a h m e n gewesen, die seit d e m „WernerBericht" und mit den v o m Industrierat installierten P r o d u k t i o n s k o m m i s s a ren u n t e r n o m m e n w o r d e n w a r e n . A n erster Stelle stand die w e i t e r e A u s r i c h tung u n d Zentrierung der verschiedenen Fertigungsanlagen u n d -Werkstätten in den einzelnen W e r k e n auf die F l u g m o t o r e n p r o d u k t i o n . Im W e r k Eisenach verstopften zeitweise vier völlig unterschiedliche Fertigungslinien die P r o d u k t i o n s k a p a z i t ä t e n : der später a u f g e g e b e n e Heeresgerätebau, der von M ü n chen verlagerte Krafträderbau, die F l u g m o t o r e n i n s t a n d s e t z u n g für das 132er-Baumuster u n d schließlich die P r o d u k t i o n der T r i e b w e r k s v e r k l e i d u n g f ü r den 801-Motor, die in der bisherigen Karosseriebau-Werkstätte untergebracht w u r d e . Die als großes Ziel geplante Koordination der Werke Allach und Zühlsdorf als Großserienfertigungsstätten, M ü n c h e n und Spandau als N u l l s e r i e n w e r k e für die N e u e n t w i c k l u n g u n d die beiden Eisenacher Werke als quasi flexible Kapazitätsreserve f ü r die G r o ß s e r i e n f e r t i g u n g wie für die Teilezulieferung, gelang aber n u r langsam und letztlich unvollständig. H a t t e Zipprich mit der O r g a n i s a t i o n dieses k o n z e r n i n t e r n e n P r o d u k t i o n s v e r b u n des schon genug zu tun, so potenzierten sich die S c h w i e r i g k e i t e n mit den A n f o r d e r u n g e n u n d A u f g a b e n des fertigungsorganisatorischen M a n a g e m e n t s der W e r k e , die im k o n z e r n ü b e r g r e i f e n d e n P r o d u k t i o n s v e r b u n d des Sonderausschusses T r i e b w e r k e z u s a m m e n g e s c h l o s s e n e n w a r e n . „Mit der Z u s a m m e n f a s s u n g aller an B M W - T r i e b w e r k e n arbeitenden M o toren· und Einzelteilehersteller traten auf d e m Gebiet der technischen Betreuung der H a u p t - u n d Unterlieferanten ganz neue G e s i c h t s p u n k t e an B M W heran, die insbesondere den technischen Mitarbeiterstab vor u n g e heure A u f g a b e n stellten", hieß es dazu in einem Kriegsleistungsbericht des Vorstandes für 1942. „Vor allem betrafen sie die Fertigungsvorbereitung, der d u r c h B e r ü c k s i c h t i g u n g aller für den N a c h b a u wesentlichen M e r k m a l e eine stark erweiterte A u f g a b e n s t e l l u n g e r w u c h s . Alle Fertigungsunterlagen mussten so ausgeführt w e r d e n , dass die anderen W e r k e ohne S c h w i e r i g k e i t e n nachbauen konnten. [ D a z u k o m m t ] die Schaffung einer Zentralplanung, von der die gesamte P r o g r a m m a t i k des Sonderausschusses und die Sicherstellung der Kontingente, W e r k z e u g m a s c h i n e n , Einrichtungen, A r b e i t s k r ä f t e gesteuert w e r d e n . [ . . . ] Die angeschlossenen W e r k e traten mit Ü b e r n a h m e des neuen B a u m u s t e r s 801 in die B e t r e u u n g durch B M W ein und mussten g e w i s sermaßen von G r u n d auf neu ausgerichtet w e r d e n . D u r c h einheitliche Steuerung, zwischenbetrieblichen A u s g l e i c h vorhandener Einrichtungen und
158
II. Die Krise als Dauerzustand
Übermittlung der Herstellmethoden konnten in der Regel die Voraussetzungen für den Anlauf geschaffen werden. Durch die Nachbauverbindungsstelle, die mit ungefähr 16 Hauptlieferanten ständig Verbindung aufrecht zu erhalten hat, wurden u. a. außer dem lfd. Briefwechsel allein je Monat bis zu 20000 Zeichnungen, 1500 Arbeitspläne, 8500 Änderungsbenachrichtigungen usw. als Bearbeitungsunterlagen und zur Erfahrungsübermittlung auf dem Gebiete der Fertigungstechnik an die Nachbauwerke gegeben." 2 9 Wie die Realität der Fertigungsorganisation bei den Lizenzunternehmen allerdings aussah, hatten die Entwicklungen bei Klöckner und Argus gezeigt. Dennoch gelang es Zipprich immerhin, „trotz der oft unüberwindbar erscheinenden Schwierigkeiten", bei den Nachbaufirmen monatliche Ausbringungszahlen von 120 bis 150 Motoren zu erreichen. Mit ausgeklügelten betriebswirtschaftlichen Methoden versuchte man dabei auch parallel zum technischen Gedankenaustausch Zeit- und Kostenvergleiche zwischen Stamm- und Nachbauwerken zu erstellen, das Abrechnungswesen konzernübergreifend zu vereinheitlichen und dadurch „wertvolle Anhaltspunkte über die Verschiedenartigkeit der Herstellungsmethoden und die in den Herstellkosten ihren Ausdruck findende Wirtschaftlichkeit der einzelnen [Produktions]verfahren [zu gewinnen]." 3 0 In zahllosen Besprechungen wurde vor allem zusammen mit den Zulieferern über Fertigungsvereinfachungen und Rohstoffeinsparungen beraten. Im Dezember 1942 etwa wurde nahezu jedes der Hunderte Motorenteile des 801 auf eine Teilstahlumstellung hin überprüft, von der man sich eine Leichtmetalleinsparung von ca. 30 Prozent erhoffte. 31 Oft genug mussten die BMW-Techniker sich aber auch von den Zulieferfirmen anhören, dass geforderte Stückzahlerhöhungen von Motorenteilen „ohne seriengerechte Konstruktion abgelehnt [werden müssten], da die Ausführung weitestgehend Handfertigung verlangt". 32 Die Rationalisierungspotenziale, darüber waren sich Zipprich und die RLM-Kontrolleure ausnahmsweise einig, waren bei näherem Hinsehen aber gewaltig. Insbesondere versprachen der groß angelegte Austausch der bisher verwendeten Mehrzweck-Werkzeugmaschinen gegen die für die Massenproduktion erforderlichen Sonder- und Spezialmaschinen und die Einrichtung von Fließbändern und neuen Vorrichtungen, die Zipprich ab Frühjahr 1943 verstärkt in Angriff genommen hatte, endlich dauerhafte Produktionssteigerungen. Aber auch hier ließ sich das große Ziel der „Einrichtung der Großserienfertigung des verbesserten Flugmotors 801 mit Arbeitsbestverfahren im Werk Allach und bei einigen Konzern- und Ringwerken", das der BMW-
Kriegsleistungsbericht B M W AG und B M W Flugmotorenbau GmbH (80 Seiten) vom 10.3. 1943, S. 52, in: B M W U A 551. Ebd. Vgl. Niederschrift der Besprechung vom 14.-18. 12. 1942, in: B M W U A FA 3. Ebd.
2. Die „neue B e t r i e b s g e m e i n s c h a f t "
Hauptausschuss Triebwerke (William Werner)
Insgesamt 16 Sonderausschüsse
Sonderausschuss Junkers-Triebwerke
Sonderausschuss Leichtmetallguss für Triebwerke und Zubehör
Sonderausschuss Daimler-Benz-Triebwerke (18 Betriebe)
Sonderausschuss Einspritzpumpen
Sonderausschuss Kurbelwellen
Sonderausschuss Argus-Triebwerke
Sonderausschuss Hirth-Triebwerke
Sonderausschuss Metallluftschrauben und Regler
Sonderausschuss Triebwerksverkleidungen
Sonderausschuss Kraftstoffförderpumpen
Sonderausschuss BMW-Triebwerke (Dr. Zipprich) angeschlossene Betriebe 1. BMW Flugmotorenbau GmbH 2. BMW Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH 3. Argus Motoren G m b H 4. Niederbarnimer Flugmotorenwerke G m b H 5. BMW Flugmotorenbau GmbH Werk II 6. BMW Flugmotorenfabrik Eisenach GmbH 7. Gustloff-Werke Waffenwerk Suhl 8. Klöckner Flugmotorenbau GmbH 9. Eugen Grill Maschinenfabrik Hallein 10-Waffenwerke Brünn AG betreut durch BMW Verbindungsstelle Paris 11 .Societe des Moteurs Gnome et Rhone 12.Societe Generale Mecanique et d' Aviation 13.Voisin 14.Atelier Industriel de Γ Air 15.Talbot
Scbaubild
10: Organisation
der Rüstungsproduktion
im
Fhigrnotorenbereicb
159
160
II. Die Krise als Dauerzustand
Vorstand im Kriegsleistungsbericht Anfang 1943 noch groß verkündet hatte, nur langsam und bruchstückhaft erfüllen. 33 So blieb zunächst vor allem die Mobilisierung der Rationalisierungs- und Leistungsbereitschaft der BMWBelegschaft, um rasch sichtbare Produktionserfolge verzeichnen zu können. Eine ganze Welle von innerbetrieblichen Rationalisierungsaktionen schwappte daher seit Anfang 1942 über die Arbeiter und Angestellten in den Werken hinweg, angefangen von der Verbesserungsaktion „Wir vereinfachen" und der Propagierung des betrieblichen Vorschlagwesens, über die Aktion „Dein Werkzeug - Deine Waffe", die zu sparsamem und pfleglichem U m g a n g mit den knappen Werkzeugen aufrief, bis zur Aktion „Wir sparen Werkstoff". „Wir müssen die Leistung unserer Betriebsgemeinschaft steigern!", forderte Personalvorstand Wrba im Juli 1942 in der BMW-Werkszeitschrift. „Sparsamkeit in der Verwendung von Werkzeugen und Hilfsmitteln, elektrischem Strom, Pressluft usw. ist Pflicht jedes einzelnen! Es ist aber ebenso seine Pflicht, nicht nur für seinen unmittelbaren Bereich sparsam zu wirtschaften, sondern durch kameradschaftliches Einwirken auf andere Arbeitskameraden zu einem haushälterischen Verbrauch für den Gesamtbetrieb beizutragen. Wer an einer unnötig brennenden Lampe vorbeigeht, ohne sie auszulöschen, handelt verantwortungslos an dem uns anvertrauten G u t des deutschen Volkes. Wer Beobachtungen dieser Art macht und nicht für Abstellung sorgt, ist kein vollwertiges Glied der Betriebsgemeinschaft! Im Laufe der letzten Jahre haben wir viele neue Arbeitskameraden in unsere Reihen aufgenommen, denen - aus anderen Verhältnissen kommend - das Einleben und die Einfügung in unsere Betriebsgemeinschaft nicht immer leicht gefallen ist. Hier sehe ich ein weites und fruchtbares Feld für eine gegenseitige, kameradschaftliche Erziehung! Steht unter vollem Einsatz eurer ganzen Leistungsfähigkeit zusammen als geschlossene, starke Betriebs- und Leistungsgemeinschaft." 3 4 U n d Otto Dyckhoff, ein von VW zu B M W gewechselter Rationalisierungsexperte, schrieb in derselben Ausgabe zu der von ihm gestellten Frage „Warum rationalisieren?", „dass uns die Pflicht äußerster Sparsamkeit und höchster Leistungssteigerung im Kriege und die Sorge um die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit im Frieden dazu zwingen". 3 5 Unter dem Strich konnte Zipprich bis Mitte 1944 tatsächlich zahlreiche beeindruckende Rationalisierungserfolge vermelden: Die gesamten Fertigungsstunden je Motor waren von 3260 Anfang 1941 auf 1860 (Anfang 1943) und schließlich 865 Stunden (Dezember 1944), d.h. auf nahezu ein Viertel, gesunken. 3 6 Allerdings lag man damit auf dem Niveau der gesamten FlugmoKriegsleistungsbericht B M W A G und B M W Flugmotorenbau G m b H (80 Seiten) vom 10. 3. 1943, S. 2, in: B M W U A 551. 34 BMW-Werkszeitschrift H e f t 4/5/6 Jg. 1 (1942), S. 3 f. 35 Ebd., S. 4. 36 D a z u und zu den Rationalisierungserfolgen in den einzelnen Fertigungsschritten vgl. näher Bericht (vermutlich Zipprichs) 1945, in: MTU-Archiv, Ordner 2 (Kopien aus dem B A (Speer-Collection, F D 4969/45, Bl. 57). 33
2. Die „neue Betriebsgemeinschaft" Foto 13: Besuch Albert Speers, Erhard Milchs und William Werner (Vorsitzender des Industrierats des RLM) hei BMW im Frühjahr 1943. Von links nach rechts: Werksdirektor Kurt Donath, William Werner (mit Hut), Erhard Milch, BMWBetnebsobmann Chlodwig Schmid, Albert Speer, BMWDirektor Erich Zipprich (mit Hut)
torenindustrie. Henschel, J u n k e r s und D a i m l e r - B e n z verzeichneten ähnlich deutliche V e r k ü r z u n g e n der Herstellungszeiten und letztere hatten in Genshagen im D e z e m b e r 1942 die P r o d u k t i o n s z e i t eines F l u g m o t o r s schon auf 1200 Stunden r e d u z i e r t . ' 7 Dabei w a r gerade auch bei B M W ein nicht unerheblicher Teil der eingesparten F e r t i g u n g s s t u n d e n im R a h m e n der „Entf e i n e r u n g s a k t i o n " zulasten der Fertigungsqualität gegangen: Vereinfachter O b e r f l ä c h e n s c h u t z , G e w i n d e r o l l e n statt Fräsen, Spritzguss statt Sand- bzw. Kokillenguss, vereinfachte O b e r f l ä c h e n g ü t e , Härtevorschriftcn und A n w e n d u n g gröberer Passungen. Das schwierigste Gussstück mit zugleich größtem Materialeinsatz, der Z v l i n d e r k o p f , w a r zunächst aus kupferhaltigen A l u m i n i u m - L e g i e r u n g e n hergestellt w o r d e n , nun aber w u r d e es, w e g e n der Ersparnis von 17 kg Kupfer je Motor, aus H y d r o n a l i u m , einer Sparstoff-Legierung, gegossen. Insgesamt, so rechneten die P r o d u k t i o n s f a c h l e u t e von B M W d e m R L M vor, hatte sich das G e w i c h t je M o t o r von 1940 bis 1944 halbiert und damit w a r e n auch entsprechende M a t e r i a l e i n s p a r u n g e n erreicht w o r d e n . Die E i n f ü h r u n g der Fließfertigung 1943/44 ließ auch für die anderen wichtigen Teile des F l u g m o t o r s die Fertigungszeiten rapide sinken: bei der L u f t s c h r a u b e n w e l l e u m 72 Prozent, bei der Z y l i n d e r l a u f b ü c h s e um 70 Prozent, bei der
V g l . d a z u G r e g o r , S. 184 f.
162
II. Die Krise als Dauerzustand Schaubild 11: Entwicklung der Produktivität (Umsatz je Kopf der Belegschaft in RM) im BMW-Konzern 1939-1944
16000 15000 14000 13000 12000 11000 10000 9000 1939
1940
1941
1942
1943
1944
Durchschnitt Gesamtbelegschaft
. . . .
Zwangsarbeiter 50%
bericht BMW, S. 10,32 und
Daimler-Benz
34 u n d für Daimler-Benz nach R o t h , S. 336.
K u r b e l w e l l e u m 77 P r o z e n t . 3 8 D i e P r o d u k t i v i t ä t , so zeigten es die B M W - e i genen B e r e c h n u n g e n , w a r d a m i t rasant angestiegen u n d hatte sich, z u m i n d e s t was die F e r t i g u n g s z e i t e n je Belegschaftsmitglied angeht, v e r d o p p e l t . D e r gen a u e r e Blick auf die A r b e i t s e f f i z i e n z , gemessen als U m s a t z p r o K o p f der Belegschaft, zeigt allerdings ein sehr differenziertes Bild. D e r Anstieg b e t r u g z w i s c h e n 1939 u n d 1943 n u r ca. 26 P r o z e n t , d a n n k n i c k t e die P r o d u k t i v i t ä t bereits deutlich u n d nachhaltig ein. I m Vergleich mit der Vorkriegsphase h a t t e der eigentliche P r o d u k t i v i t ä t s s c h u b bei B M W mit plus 60 P r o z e n t bereits hier, z w i s c h e n 1933 u n d 1939 gelegen. D e r B M W - V o r s t a n d versuchte dessen u n g e a c h t e t jedoch, seine Leist u n g s b i l a n z in d e n Kriegsjahren s c h ö n zu r e c h n e n . „Bei einer B e t r a c h t u n g des je Gefolgschaftsmitglied erzielten U m s a t z e s zeigt sich", so hieß es in d e m Kriegsleistungsbericht, „dass auch dieses Verhältnis als A u s d r u c k der Leist u n g s s t e i g e r u n g ständig besser g e w o r d e n ist. B e s o n d e r s aufschlussreich ist 18
Vgl. ebd. sowie auch Kriegsleistungsbericht BMW AG und BMW Flugmotorenbau GmbH (80 Seiten) vom 10. 3. 1943, in: BMW UA 551.
2. D i e „ n e u e B e t r i e b s g e m e i n s c h a f t "
163
dabei die Feststellung, dass sich bei Ansatz der Ausländerleistung mit der Hälfte einer Leistung deutscher Gefolgschaftsmitglieder die Kurve wesentlich steiler nach oben bewegt u n d dann mit der Kurve aus dem Verhältnis U m s a t z zu Fertigungslohn parallel läuft. Damit ist der Beweis f ü r die Berechtigung dieser R e c h n u n g erbracht, denn andererseits ist der Fertigungslohn je Gefolgschaftsmitglied seit Einsatz der Ausländer ständig gefallen. D u r c h die Einrichtung der Großserie wird es möglich sein, auch die Ausländer noch besser als bisher einzusetzen, so dass wir hoffen, künftig eine Verbesserung des Leistungsverhältnisses erzielen zu können." 3 9 Diese Rechnung war in vieler Hinsicht unseriös, denn tatsächlich kann man keine pauschalen Angaben zur Arbeitsleistung der Zwangsarbeiter machen. Sie schwankte zwischen 40 und 110 Prozent der Leistung der deutschen Belegschaftsangehörigen, denn je nach G r u p p i e r u n g u n d Zeitpunkt gab es erhebliche Differenzen. So war die Arbeitsleistung der russischen Kriegsgefangenen z u m Teil deutlich höher als die der französischen und italienischen Zivilarbeiter, zumal seit 1942, als die Lebensmittelrationen besser wurden. Seit 1944 trat allerdings wieder eine deutliche Verschlechterung der E r n ä h r u n g der Zwangsarbeiter ein. Die „Produktivitätsdiskrepanz" lag mit der „ B M W - R e c h n u n g " 1941 um neun Prozent zu hoch, 1944 sogar u m 25 Prozent. U n d was das BMW-Management nicht erwähnte, war, dass ohne die Zwangsarbeiter faktisch überhaupt keine Serienfertigung des Konzerns möglich gewesen wäre u n d ein Großteil der Werke hätte geschlossen werden müssen. Im Vergleich zu Daimler-Benz machte B M W in der Kriegszeit größere Produktivitätsfortschritte und stand auf den ersten Blick damit besser da. Im Stuttgarter K o n z e r n war der U m s a t z je Kopf der Beschäftigten zwischen 1939 und 1943 nicht einmal gewachsen, sondern von 12334 RM auf 10993 R M , d . h . um fast 11 Prozent, gesunken. 4 0 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass B M W von einem deutlich niedrigeren Niveau aus startete. Daimler-Benz hatte schon viel früher, 1937/38, mit der Großserienfertigung des D B - 6 0 1 - F l u g m o t o r s in seinen Werken Berlin-Marienfelde und Genshagen begonnen und 1940 und 1941 bereits 12000 M o t o r e n produziert, während B M W in diesem Zeitraum gerade einmal 1900 Flugmotoren des 801-Baumusters gefertigt hatte. Während Zipprich 1942 noch mühsame Verhandlungen mit den Werkzeugmaschinenfabriken über die Lieferung von Spezialmaschinen f ü r die Großserienfertigung führte, hatte Daimler-Benz schon längst die Umstellung von den Mehrfachwerkzeugmaschinen in seinen Fabriken abgeschlossen. 4 1 Mit 1450 gelieferten 801-Flugmotoren erreichte B M W im Mai 1944 schließlich sein P r o d u k t i o n s m a x i m u m . Danach sackte die Ausbringung im-
K r i e g s l e i s t u n g s b e r i c h t B M W A G u n d B M W F l u g m o t o r e n b a u G m b H (80 Seiten) v o m 10. 3. 1943, S. 32, in: B M W U A 551. J: Vgl. die Z a h l e n a n g a b e n bei R o t h , S. 336. Siehe a u c h G r e g o r , S. 187t. Vgl. d a z u auch G r e g o r , S. lOOff.
164
II. Die Krise als Dauerzustand
Foto 14: Fertigung von Luftschraubenantriebswellen Zwangsarbeiter
des BMW 801 durch russische
mer schneller ab und wies beispielsweise im O k t o b e r 1944 nur noch 499 M o toren auf. D i e Produktionslage des Konzerns trat nun in eine neue Phase. Das Hauptproblem bildete nicht mehr die innerbetriebliche Fertigungsorganisation, sondern Mangel an Zulieferteilen, die entweder die Zulieferfirmen nicht mehr produzieren konnten oder wegen der wachsenden Transportschwierigkeiten zu spät in die B M W - W e r k e gelangten. 42 Ein Bombenschaden bei der Firma Ortlinghaus ließ die Versorgung mit Schaltladerkupplungen zum Erliegen kommen und wegen der starken Zerstörungen der Schweinfurter Kugelfischer-Werke fehlten Kugellager. Die Liste der fehlenden Zulieferteile wurde immer länger. Auch die kaum in Gang gekommene Großserienfertigung im Werk Allach musste wegen der zunehmenden B o m benagriffe wieder aufgeteilt und in verschiedene Ausweichfabriken verlagert werden. U n d während immer weniger Neubaumotoren die B M W - W e r k e verließen, stauten sich gleichzeitig die reparatur- und instandsetzungsbedürftigen 801-Motoren - allein im Juli 1944 8069 Motoren. 4 3 Die Luftwaffe erhielt weder neue noch reparierte B M W - M o t o r e n . Die Verhaftung Zipprichs
Vgl. dazu Bericht über die Programmerfüllung von 1945, S. 9ff., in: B M W U A 968/1. 43 Vgl. dazu den monatlichen Lagebericht des BMW-Sonderausschusses Τ 3 für Juni 1944, in: Β A - M A R 3/3058. 42
2. D i e „ n e u e B e t r i e b s g e m e i n s c h a f t "
165
und die N e u o r d n u n g der F ü h r u n g s v e r a n t w o r t u n g im Bereich der Fertigungsoberleitung bei B M W sowie im Sonderausschuss Τ 3 im Juli 1944 tat das Übrige, um in der Produktionsorganisation f ü r U n r u h e und Chaos zu sorgen. Aus Sicht Zipprichs war es geradezu eine Tragik, dass zwar nun endlich das m o d e r n e Großserienwerk in Allach, z u m Teil auch das Zühlsdorfer Werk angelaufen waren, infolge des Kriegsverlaufs das erhebliche P r o d u k t i onspotenzial, über das B M W nun verfügte, aber zu spät bereit stand und letztendlich nur noch wenig nützte. Die Lieferbilanz f ü r 1944 fiel dementsprechend schlecht aus: Statt 16195 geforderten 801-Motoren waren nur 12222 M o t o r e n geliefert worden, d . h . 75,2 Prozent des Solls oder 24,7 P r o zent darunter. Der eigentliche G r u n d f ü r den raschen Niedergang der Flugmotorenfertigung bei B M W ist im Z u s a m m e n b r u c h der Logistik und K o m m u n i k a t i o n innerhalb des konzernübergreifenden Produktionsverbundes zu sehen. Das N e t z w e r k zwischen Zulieferern, BMW-Werken und N a c h b a u f i r m e n , aber auch innerhalb der Werke zwischen den einzelnen zum Teil verlagerten Fertigungsabteilungen, w u r d e immer löchriger und zerriss schließlich weitgehend. „Die von Seiten des R L M und der Rüstungsdienststellen geforderten Verlagerungen eines Teiles der Fertigungsbetriebe z u m Zwecke des Schutzes gegen Luftangriffe konnten f ü r einen rationell arbeitenden Betrieb nur eine Ubergangslösung darstellen", hieß es in einer 1945 vom BMW-Vorstand erstellten Denkschrift über „Die Auswirkungen von Luftangriffen auf die Motorenausbringung des B M W - K o n z e r n s und der Nachbaufirmen". 4 4 Der sowieso zu geringe Stand an Fach- und Führungskräften gestaltete sich dadurch noch ungünstiger, da die Verlagerung der Fabrikationsabteilungen einen rationellen Einsatz dieser kaum mehr erlaubte. Zudem war eine Sicherung gegen Angriffe aus der Luft „nur in bescheidenem U m f a n g gegeben", da die Verlagerung zum größten Teil kurzfristig nur oberirdisch möglich war. D u r c h die befohlene „überstürzte Verlagerung" seien die ersten größeren Liefereinbrüche eingetreten, da ein Vorarbeiten der Fertigung zur Ü b e r b r ü ckung des durch die Verlagerung bedingten Fertigungsausfalles nicht in genügendem Maße gegeben war. 43 Ende 1944 brach auch der Güterzugverkehr der Reichsbahn nahezu zusammen. Die Laufzeiten der Waggons aus dem mitteldeutschen R a u m nach M ü n c h e n betrugen trotz höchster Beförderungsdringlichkeit bis zu 14 Tage, sofern sie nicht überhaupt verloren gingen. Die Transportlage war so desolat, dass sich Ende Januar 1945 das A m t des Reichsministers f ü r Rüstung und Kriegsproduktion entschloss, trotz des bestehenden Treibstoffmangeis Lastwagen einzusetzen, um B M W mit den notwendigsten Materialien zu versorgen. A u ß e r d e m gestaltete sich seit D e z e m ber 1944 die Versorgung mit Kohle so schwierig, dass in der ersten Januarhälfte 1945 der Betrieb wegen Mangel an Energie und Heizmaterial ruhen 44
D i e D e n k s c h r i f t in: B M W U A 796/1. Ebd.
166
II. Die Krise als Dauerzustand
musste. Die ungewöhnlich lange starke Frostperiode wirkte sich auf die M o torenausbringung katastrophal aus. Sie sank von einer Sollzahl von 1840 Stück auf eine Istzahl von 631 Motoren. Gleichzeitig war der gesamte Nachrichtenverkehr durch die Luftangriffe stark unterbunden. Briefe dauerten 14 Tage und mehr, soweit sie überhaupt ihre Adressaten erreichten. Fernsprechleitungen waren durch die Störungen des Netzes unbrauchbar geworden, Telegramme und Fernschreiben konnten nur über Sonderleitungen in beschränktem Maße durchgeführt werden. 46 Was zu diesem Zeitpunkt von den Rationalisierungsmaßnahmen übrig blieb, die sich zunächst nur wenig von ähnlichen Maßnahmen in der amerikanischen oder britischen Flugmotorenindustrie unterschieden, waren zwei radikalisierte und unter dem menschenverachtenden Vorzeichen des N S - R e gimes betriebene spezifisch deutsche Varianten eines Produktionssteigerungsprogramms: Die radikale Ausweitung der Arbeitszeit auf 72 Stunden in der Woche und der verstärkte Zwangseinsatz von Menschen. Je mehr sich die Produktionsmöglichkeiten verschlechterten, desto massiver forderten das R L M und der Rüstungsstab Leistungssteigerungen und erhöhten den Druck auf die Fertigungsmanager in den Unternehmen. „Herr Saur muss feststellen", so hieß es in der N o t i z der Jägerstab-Besprechung vom 27. Mai 1944, als es wieder einmal um die Lieferunterschreitung von Seiten B M W ging, „dass die Lieferleistung der Motorenindustrie nach wie vor völlig ungenügend ist. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, um hier grundlegend Wandel zu schaffen. Hierzu sind alle in den Werken vorhandenen Kräfte zu mobilisieren. Vorschläge der Werksingenieure zu Leistungssteigerungen sind in breitester Form anzuregen und dem Jägerstab unmittelbar zuzuleiten. Bisher herrscht in der Motorenindustrie noch nicht der Geist, der in der übrigen Luftrüstung bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Herr Saur erwartet, dass zumindest während der Pfingsttage von den Motorenwerken mit der gesamten Belegschaft voll durchgearbeitet wird, um das Soll doch noch zu erreichen." 47 Mitte März 1945 aber kam schließlich der Befehl aus Berlin, die Fertigung des BMW-801-Motors sofort stillzulegen. 48 D a s Beispiel B M W zeigt geradezu exemplarisch die Wirklichkeit des viel beschworenen „Speerschen Produktionswunders". Die beiden Hauptprobleme der deutschen Rüstungsindustrie in den ersten Kriegsjahren waren die unzureichenden Kapazitäten sowie die fehlende Gesamtplanung der verschiedenen Produktionsprogramme und im Zusammenhang damit die fehlende Schwerpunktbildung innerhalb der Rüstung gewesen. 49 Mit Speer wurde das Zusammenspiel von Rüstungswirtschaft und Staat effizienter, vor Vgl. ebd. Jägerstab-Protokoll vom 27. 5. 1944, in: B A - M A R/1756a. 48 Vgl. N o t i z vom 15. 3. 1945, in: B A - M A R 3/1633, Bl. 18. 4 nommen. Die Auseinandersetzung zwischen amerikanischer Militärregierung und BMW von 1950/51 ist deshalb so interessant und erwähnenswert, weil sie die Reflexion und das Denken über die Unternehmensführung in der NS-Zeit im BMW-Management maßgeblich geprägt hat. Eigentlich kam mit der Frage 23
Schreiben des O f f i c e of the U S H i g h Commissioner for G e r m a n y v o m 26. 1. 1951, in: B M W U A 59. Antwortschreiben Mangoldts an H I C O G v o m 16. 2. 1951, in: B M W U A 59 sowie auch A k t e n n o t i z Kraffts z u m Schreiben der H I C O G , o.D., in: ebd. 25 Ebd. Vgl. zu dieser Argumentation auch die umfangreiche, w o h l auch von Krafft ca. Mitte 1951 erstellte „Schilderung des Falles", in: B M W U A 449. 26 Erklärung des ehemaligen Prokuristen und Abteilungsdirektors im Finanzressort, Paul Thomas, vom 23. 2.1951, in: B M W U A 59. In einer N o t i z Kraffts als Vorbereitung f ü r das Antwortschreiben an die H I C O G heißt es auch z u r Finanzierung: „Speziell f ü r den A u f b a u des Allacher Werkes sind seitens des NS-Staates keine Gelder zur Verfügung gestellt w o r d e n . Wenn, dann w u r d e n sie immer der Gesellschaft zur Verfügung gestellt. Es lag im R a h m e n der Dispositionen u n d der Verantwortung der Gesellschaft, diese Gelder f ü r die zweckmäßigste Verwendung einzusetzen." Vgl. ebd. Das war auch die Darstellung Rummels, der ebenfalls an die H I C O G eine eidesstattliche Erklärung ablieferte, in: ebd. 24
3. Der schwierige Start in die Nachkriegszeit
365
um den Status von Allach das ganze komplexe Beziehungsgeflecht und der Aushandlungsprozess zwischen dem Unternehmen und dem R L M bzw. dem NS-Staat noch einmal auf die Tagesordnung, aber statt einer kritischen, differenzierten Rückschau dominierte, aus zum Teil allerdings auch nachvollziehbaren Gründen, eine formale, gesellschaftsrechtliche Sichtweise, in der die tatsächliche Entwicklung stark vereinfacht und beschönigt wurde. Die Mechanismen dieser Beschönigung und Simplifizierung führten dabei zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen, wie die „Denkschrift" Popps zeigt. E r setzte hier und auch in seinem Spruchkammerverfahren alles daran, Allach als Fremdkörper und vom R L M aufgezwungenen Rüstungsbetrieb darzustellen und nachzuweisen, dass nur aufgrund der Zwänge und Drohungen des R L M B M W schließlich den Weg zur Rüstungsproduktion und zum militärischen Triebwerkbau eingeschlagen habe. Die Diskussionen um das Werk Allach zwischen Militärregierung und B M W führte unter dem Strich zur Entstehung eines doppelten, sich gleichwohl widersprechenden Mythos, der bis in die Gegenwart die Sichtweise von der Unternehmensentwicklung des B M W Konzerns in der NS-Zeit bestimmt: Dem Mythos von dem nahezu autonomen, bestenfalls durch den Krieg zweckentfremdeten, aber in seinen Entscheidungen gegenüber dem R L M „resistenten" Unternehmen (wie ihn der Vorstand vertrat) und dem Mythos von dem völlig entrechteten, zum bloßen Spielball des R L M und O p f e r der Befehlswirtschaft und der kriegswirtschaftlichen Zwänge gewordenen Unternehmens (wie es Popp vertrat). Die Wirklichkeit war dagegen weit komplexer.
3. Der schwierige Start in die Nachkriegszeit: Unternehmensentwicklung im Schatten der NS-Vergangenheit Angesichts des alliierten Verbots der Flugzeug- und Flugmotorenproduktion und des Kapitalmangels von B M W behinderte die Beschlagnahmung des Werkes Allach und seine Nutzung durch die U S - A r m e e bis 1955 letztendlich die weitere Unternehmensentwicklung von B M W bzw. die Suche nach einem neuen Weg nach 1945 nicht. 1 Ü b e r erste Ansätze und Überlegungen für ein neues Produktionsprogramm waren die Bemühungen des neuen B M W - V o r standes bis Ende 1948, Anfang 1949 nicht hinausgekommen. Die Aktivitäten konzentrierten sich zunächst auf eine Bereinigung der Organisationsstrukturen des Konzerns. Mit der DM-Eröffnungsbilanz vom Juni 1948 firmierte das Unternehmen als Aktiengesellschaft mit einem umgestellten und herabgesetzten Grundkapital von 30 Mio. D M sowie der 100%igen Tochter B M W Flugmotorenbau G m b H , deren einzige Beteiligung jetzt aber nur noch die 1
V g l . Seidl, S. 4 8 .
366
III. A m Ende der Sackgasse
B M W Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH, sprich das Werk Spandau, war. Beide Beteiligungsgesellschaften wurden wenig später umgegründet und firmierten in der Folgezeit als B M W Verwaltungsgesellschaft m b H (mit einem Grundkapital von 42 Mio. D M , das bis Mai 1953 sukzessive auf 10 Mio. D M reduziert wurde) und als B M W Maschinenfabrik Spandau G m b H (mit 5,4 Mio. D M Grundkapital). 2 Ein zweiter Schwerpunkt der A k tivitäten der Unternehmensleitung bestand in der Schaffung einer tragfähigen Kapitalbasis. Vorausschauend hatte hier noch der alte Konzernvorstand in den letzten Kriegstagen intensiv versucht, größere Außenstände und Forderungen einzutreiben. Auf z u m Teil abenteuerliche Weise war es gelungen, in der Japanischen Botschaft in Berlin einen Scheck über 20 Mio. R M für Lizenzgebühren des 003-Triebwerks zu erhalten sowie vom R L M 13,5 Mio. R M für Produktionsausfälle beim Kommandogerät und weitere 50 Mio. R M für geleistete Lieferungen zu bekommen. 3 Aus diesen Mitteln wurde sofort ein Großteil der Bankschulden und Verbindlichkeiten beglichen: insgesamt 24 Mio. R M an die Deutsche Bank, 12 Mio. R M an die Dresdner Bank und 37,5 Mio. R M an die Bank der Deutschen Luftfahrt. 4 Probleme gab es nur mit dem so genannten Investitionskredit III über 50 Mio. R M der Bank der deutschen Luftfahrt. Ein Umschuldungsabkommen sah schließlich vor, dass die Kreditsumme zu je einem Drittel in gleichmäßige Direktanteile an B M W für die Bayerische Creditbank (= Dresdner Bank), Bayerische Bank für Handel und Industrie (= Deutsche Bank) und die Bank der Deutschen Luftfahrt A G umgewandelt wurden. 5 1951 erhielten Deutsche und Dresdner Bank Ausgleichsforderungen vom Bayerischen Staat, dem im Gegenzug ein BMWAktienpaket im Nominalwert von 1 Mio. D M übertragen wurde. 6 Ein drittes Problem, dem sich Donath, Krafft und Mangoldt gegenüber sahen, war die Weiternutzung von Allach nach einem Rückzug der US-Armee. Schon im Verlauf des Jahres 1949 waren entsprechende Gerüchte und Befürchtungen aufgetaucht und B M W konnte die erheblichen Fertigungskapazitäten des Werks zu diesem Zeitpunkt auch nicht annähernd sinnvoll belegen und nutzen. Es begannen daraufhin unter Vermittlung und mit Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung Verhandlungen und Gespräche mit einer ganzen Reihe von Automobilunternehmen, die letztlich auf die Suche nach einem geeigneten Fusionskandidaten hinausliefen. Donath war deshalb zunächst nach Frankreich zu Simca gefahren, dann zu Ford in die U S A und schließlich nach Ingolstadt zu der inzwischen dort residierenden Auto-Union. 7 Alle diese Verhandlungen blieben ohne Ergebnis und so war es schließlich kein Vgl. dazu Vgl. dazu 4 Vgl. dazu 1916-1948, 5 Vgl. ebd. 6 Vgl. dazu 7 Vgl. dazu 2 3
Geschäftsberichte 1948 ff. und Seidl, S. 52 f. Mönnich, S. 316ff. die Aufstellungen zur statistischen Entwicklung der BMW-Gesellschaften in: B M W U A 168. die nicht ganz klare Darstellung bei Seidl, S. 51. Seidl, S. 35 f. und auch Mönnich, S. 394.
367
3. D e r s c h w i e r i g e Start in die N a c h k r i e g s z e i t
W u n d e r , dass im L a u f des J a h r e s 1 9 5 0 auch mit D a i m l e r - B e n z und dessen n o c h i m m e r bzw. w i e d e r amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden H a n s R u m mel ü b e r den V e r k a u f des A l l a c h e r Werkes bzw. eine F u s i o n mit B M W ges p r o c h e n w u r d e . 8 A u c h aus diesen G e s p r ä c h e n wurde aber wegen der anhaltenden U n s i c h e r h e i t über die P r ä s e n z der U S - A r m e e im Allacher W e r k nichts. A n f a n g / M i t t e 1954 j e d o c h , als die A u f l ö s u n g des K O D durch die A m e r i k a n e r endlich feststand, setzten e r z w u n g e n e r m a ß e n neue hektische Aktivitäten
des B M W - V o r s t a n d s
und im H i n t e r g r u n d
der
Bayerischen
Staatsregierung ein, für das W e r k Allach endlich eine dauerhafte L ö s u n g zu finden.
E i n letztes Mal versuchte sich dabei n o c h einmal P o p p ins Spiel z u -
bringen. E r schlug den Verkauf von Allach an V W vor, aber die daraufhin tatsächlich
erfolgten
Gespräche
zwischen
dem
VW-Vorstandsvorsitzenden
H e i n r i c h N o r d h o f f und der B M W - F ü h r u n g verliefen im Sande. 9 M i t t e 1954 begannen schließlich Verhandlungen mit dem N u t z f a h r z e u g - und M o t o r e n hersteller M A N und im April 1955 erfolgte dann für 2 8 , 5 M i o . D M der Teilverkauf des Werkes A l l a c h ( N o r d g e l ä n d e ) an den A u g s b u r g e r K o n z e r n . I = Was
den
eigentlichen
Neuanfang
der
Fertigung
im
Milbertshofener
S t a m m w e r k von B M W anging, so waren seit 1948 die B e m ü h u n g e n zur A u f n a h m e der M o t o r r a d e n t w i c k l u n g , - k o n s t r u k t i o n und -fertigung intensiviert w o r d e n . " A n f a n g 1 9 4 9 liefen schließlich die ersten M o t o r r ä d e r v o m B a n d und sollten den ersten S c h w e r p u n k t des neuen P r o d u k t i o n s p r o g r a m m s von B M W bilden. B i s E n d e 1952 s u m m i e r t e n sich die für den M o t o r r a d b e r e i c h aufgewendeten Investitionen auf insgesamt 25 M i o . D M . Weit schwieriger, zeitaufwendiger und kostenintensiver gestaltete sich der A u f b a u der A u t o m o b i l p r o d u k t i o n . B i s nach langen D i s k u s s i o n e n und z ö g e r l i c h e m Verhalten des B M W - V o r s t a n d e s sowie nach der U b e r w i n d u n g von k o n s t r u k t i o n s t e c h nischen M ä n g e l n die ersten B M W - A u t o m o b i l e die Werkshalle verließen, dauerte es bis M i t t e 1953. Zu dem im Vergleich zu den K o n k u r r e n t e n V W , F o r d , D a i m l e r - B e n z und O p e l späten M a r k t e i n t r i t t k a m e n n o c h finanzielle R e s t r i k t i o n e n . G a n z e 4 0 , 3 5 M i o . D M hatte B M W bis dahin in den A u t o m o bilbau gesteckt, eine gegenüber den W e t t b e w e r b e r n geradezu v e r s c h w i n d e n d geringe S u m m e , die d e n n o c h die F i n a n z i e r u n g s k r a f t von B M W ü b e r f o r d e r t e und nur über staatliche K r e d i t e und
finanzielle
A u f b a u h i l f e n vor allem von
Seiten des B a y e r i s c h e n Staates hatte aufgebracht werden k ö n n e n . 1 2 Z u s a m m e n mit strategisch-technischen
F e h l e n t s c h e i d u n g e n des
BMW-Manage-
ments schlug sich all dies in einer bis weit in die 5 0 e r J a h r e hinein geradezu
» V g l . e b d . s o w i e M ö n n i c h , S. 3 9 9 f f . V g l . dazu Seidl, S. 4 2 , A n m . 4 0 s o w i e auch z u r G e s c h i c h t e von V W V o l k e r W e l l h ö n e r , „ W i r t s c h a f t s w u n d e r " , W e l t m a r k t , W e s t d e u t s c h e r F o r d i s m u s . D e r Fall V o l k s w a g e n Münster 1996. i : V g l . näher dazu Seidl, S. 4 4 ff. s o w i e M T U - B u c h , S. 71 f. Z u n ä c h s t w u r d e nur etwa die H ä l f t e des gesamten A l l a c h e r W e r k s g e l ä n d e s und G e b ä u d e b e s t a n d e s v e r k a u f t . " V g l . dazu u n d z u m F o l g e n d e n Seidl, S. 54 ff. V g l . dazu Seidl, S. 6 9 ff. und S. 95 ff.
v
368
III. Am Ende der Sackgasse
erschreckenden Bilanz von B M W nieder. N a c h der W ä h r u n g s r e f o r m war man im J a h r 1 9 4 8 / 4 9 bereits mit einem Verlust von 1,9 M i o . D M gestartet, dann schwankten die Ergebnisse auf dem Niveau eines gerade n o c h ausgeglichenen Ertrags, trotz der d o c h deutlichen U m s a t z e x p a n s i o n um fast das Vierfache. Einzigen L i c h t b l i c k b o t die E n t w i c k l u n g der Produktivität, die sich fast verfünffachte, ein deutliches Indiz für die schnelle Ausweitung der Automatisierung der Fertigung. U n t e r dem Strich blieb die Tatsache, dass mitten in den „Wirtschaftswunderjahren" und dem Motorisierungs- und A u t o m o b i l i s i e r u n g s b o o m , der die Bundesrepublik erfasst hatte, es dem „ M o t o r r a d - und A u t o m o b i l u n t e r n e h m e n " B M W nicht gelang, davon auch nur annähernd zu profitieren. Tab. 23: Die wichtigsten Kennzahlen der BMW AG 19)0 bis 1955 fahr
1950 1951 1952 1953 1954 1955
Umsatz (in Mio D M ) 37,0 57,5 63,0 79,8 94,4 138,3
Gewinn/ Verlust 0,07 0,70 -0,09 0,06 1,15 0,10
Umsatzrendite ( i n % ) 0,2 1,2 -0,1 0,1 1,2 0,1
Beschäftigte 8310 9730 9833 9360 8236 7195
Produktivität (Umsatz/Beschäftigte) 4452 5909 6407 8525 11462 19221
Quelle: Zusammengestellt und berechnet nach den Angaben in den Geschäftsberichten sowie vgl. auch Seidl, S. 125 ff.
A u c h die 1 9 5 4 / 5 5 , nach dem E n d e des alliierten Verbots, versuchte Wiederanknüpfung an die F l u g m o t o r e n - und Triebwerkfertigung erwies sich als weitgehend erfolglos. A m 22. J a n u a r 1954 entschied sich der B M W - V o r stand, eine neue Tochtergesellschaft zu gründen: die B M W Studiengesellschaft für Triebwerkbau G m b H , im M ä r z 1957 u m b e n a n n t in B M W Triebwerkbau G m b H . U n t e r den leitenden Entwicklungsingenieuren der Gesellschaft fanden sich bald wieder eine Reihe bekannter N a m e n : Harald Wolff, H e l m u t h Sachse und H e l m u t v. Z b o r o w s k i . D i e B M W - T r i e b w e r k b a u e r befassten sich in der Folgezeit allerdings vor allem mit Marktuntersuchungen und Projektstudien und waren insbesondere auf der Suche nach potenten L i z e n z · und Kooperationspartnern wie R o l l s - R o y c e und General Electric. 1 3 Z u r L ö s u n g der auch hier bestehenden F i n a n z p r o b l e m e erfolgte schließlich im F e b r u a r 1960 eine Kapitalerhöhung, die den 5 0 % i g e n Einstieg der M A N A G , Augsburg mit sich brachte. D i e s e hatte im J a h r e 1958 bereits eine T o c h tergesellschaft gegründet, die „ M A N T u r b o m o t o r e n G m b H " , die dann Mitte 1965 mit der B M W Triebwerkbau G m b H zusammengelegt wurde und
" V g l . M T U - B u c h , S. 72 ff.
3. D e r s c h w i e r i g e Start in die N a c h k r i e g s z e i t
369
unter dem Namen „ M A N - T u r b o G m b H " firmierte. Damit war die endgültige Aufgabe der Flugmotoren- und Triebwerkaktivitäten von B M W besiegelt. 14 1969 ging dann aus einer Gemeinschaftsgründung von Daimler-Benz und deren Triebwerkaktivitäten mit M A N die Motoren- und TurbinenU n i o n München G m b H ( M T U ) hervor. In ihr und nicht in der B M W A G liegen somit die eigentlichen Kontinuitätslinien des B M W - K o n z e r n s aus der Zeit vor 1945. Was aber war aus den Zwangsarbeitern geworden und vor allem, inwieweit spielten sie eine Rolle im Denken und in den Reflexionen der alten wie neuen Manager nach 1945 über die unheilvolle Verstrickung des B M W - K o n z e r n s mit dem NS-Regime und seiner Verbrechen? Explizit zu Art und Umfang des Einsatzes von „slave labor" bei B M W äußerte sich nur Eugen Wörner, v. Stauß' ehemaliger Privatsekretär, anlässlich einer Vernehmung durch die Militärregierung bzw. das Office of Chief of Council for War Crimes Ende Dezember 1945. 1 5 Wörner gab sich dabei weitgehend unwissend und verwies vor allem auf die Zwänge durch das R L M bzw. des Speer-Ministeriums und dem sich daraus ergebenden Arbeitskräftemangel. Er habe, so Wörner, erstmals Mitte 1943 vom Einsatz von KZ-Häftlingen bei B M W erfahren, aber wessen Idee bei B M W es war, Häftlinge zu beschäftigen, könne er nicht sagen. Für Einzelheiten des Personalmanagements bei B M W seien Max Wrba und dessen Stellvertreter Ernst Flatow zuständig gewesen. Soweit er wisse, seien die Lebensmittelrationen wie die Löhne für die Zwangsarbeiter von den Reichsstellen festgesetzt gewesen, viele Unternehmen aber hätten jeweils eigene Zuschläge gewährt. U n d für die KZ-Häftlinge sei die SS zuständig gewesen. Das war alles und repräsentierte letztlich diejenige Position, die die Unternehmer nach 1945 jahrzehntelang zum Problem der Zwangsarbeit in der NS-Zeit einnehmen sollten. Auch in den Spruchkammerverfahren tauchte die Zwangsarbeiter-Frage nur vereinzelt auf. Wrba und Sachse waren praktisch die einzigen der ganzen Führungsriege des B M W - K o n z e r n s , die sich dezidiert gegenüber Vorwürfen der schlechten Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte und wegen des Einsatzes von KZ-Häftlingen verteidigen mussten. Beide wurden schließlich von der jeweiligen Spruchkammer 1947/48 in Gruppe V und damit als entlastet bzw. „nicht betroffen" eingestuft, ebenso wie Fritz Fiedler und Erich Zipprich. 1 6 Komplizierter, aber aus seiner Sicht völlig zu Unrecht, gestaltete sich die Entnazifizierung Popps. E r war im August 1947 zunächst in Gruppe I als Hauptschuldiger eingestuft und verurteilt worden, wobei allerdings der Zwangsarbeiter- und K Z - H ä f t lingseinsatz als eventuell belastender Faktor keine Rolle spielte. Popp gab sich dabei aber ganz als verarmtes und verfolgtes Opfer von R L M und BMW-Führung, pries, skrupellos alle Register seiner Verteidigung ziehend,
14 15
Vgl. ebd., S. 8 5 - 9 3 . V g l . V e r h a n d l u n g s p r o t o k o l l v o m 27. 12. 1945, in: I f Z - A r c h i v , N I D - 6 8 7 4 . V g l . dazu S t a M ü , S p k A K a r t o n 4 0 6 (Fiedler) bzw. K a r t o n 2 0 5 0 ( Z i p p r i c h ) .
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III. A m Ende der Sackgasse
seine Judenfreundlichkeit und verstieg sich dabei sogar zu der Behauptung, nur auf Rat seiner damals noch überwiegend jüdischen Aufsichtsratsmitglieder 1933 in die N S D A P eingetreten zu sein. 17 Das Spruchkammergericht ließ sich offenbar davon ebenso beeindrucken wie von der Argumentation seines Verteidigers, der darauf hinwies, dass „in meinem Mandanten ein gewaltiges wertvolles geistiges Industriepotenzial verkörpert [ist], dieses der deutschen Wirtschaft zu erhalten, besteht ein lebhaftes Interesse. Solche geistigen Kapazitäten und erfinderischen Köpfe sind für den Wiederaufbau der darniederliegenden Wirtschaft eine unabweisbare Notwendigkeit." 1 8 Im September 1947 wurde Popp in die Gruppe IV als Mitläufer eingestuft und zur Zahlung einer Sühneleistung von 2000 R M verurteilt. Sein eigener milder Verfahrensausgang hielt ihn aber nicht davon ab, gegenüber seinem alten Widersacher Hille ein weit härteres Urteil zu fällen. Popp ließ es sich nicht nehmen, gegen Hille bei dessen Spruchkammerverfahren belastendes Material vorzulegen, was wesentlich dazu beitrug, dass Hille als Gruppe III, „minderbelastet" eingestuft wurde, ein Urteil, das Popp als „sehr günstig" für Hille wertete, „denn wäre ich als Zeuge [direkt] aufgetreten und hätte die Wahrheit gesagt, dann wäre Hille wohl als .Belasteter' eingestuft worden". 1 9 Hille wurde nach Aufnahme eines Revisionsverfahrens 1948 schließlich gleichfalls entlastet. 20 Letztlich traf die Entnazifizierung des Führungspersonals bei B M W nur einen wirklich hart: den ehemaligen Hauptbetriebsobmann Chlodwig Schmid. Er wurde als „Kurbel des politischen Motors der B M W " und Mittelpunkt „eines über den riesigen Konzern geworfenen politischen Spinnennetzes" bezeichnet, „dessen Fäden bei dem Betroffenen zusammenliefen". 2 1 Ihm wurden auch die Misshandlungen und Ubergriffe gegen Ausländer und KZ-Häftlinge im Werk Allach zur Last gelegt. Schmids geradezu verzweifelten Entgegnungen, dass er für das Werk Allach keine Verantwortung besessen habe und er hauptsächlich auf sozialem Gebiet bei B M W tätig gewesen sei, wurde als unglaubwürdig abgewiesen. Schmid wurde als Hauptschuldiger (Gruppe I) zu vier Jahren Haft in einem Arbeitslager sowie Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt und erhielt dazu auf zehn Jahre das Verbot, „in einem freien oder selbständigen Beruf und in nicht selbständiger Stellung anders als in gewöhnlicher Arbeit" beschäftigt zu sein. 22 Im Revisionsverfahren Ende 1948 erhielt Schmid dann nicht nur eine entlastende Be-
Vgl. StaMÜ, SpkA Karton 1341. Ebd., S. 21. 19 Brief Popp vom 8. 9. 1947, in: ebd. 20 Gleichzeitig erhielt Hille das Angebot, als Vorstandsmitglied bei Siemens einzutreten. Wegen einer Krebserkrankung lehnte er aber ab und starb bereits 1949. Popp, der sich noch erfolgreich mit Hinweis auf sein verlorenes Vermögen um die Leistung der Sühnezahlung gedrückt hatte, starb im Juli 1954 als wohlhabender Pensionär in Stuttgart. Rummel, nicht minder wohlhabend, starb im August 1964 in Oberstdorf. 21 Spruchkammerurteil vom 23. 9. 1946, in: StaMü, SpkA Karton 1631. 22 Ebd. 17
18
3. Der s c h w i e r i g e Start in die N a c h k r i e g s z e i t
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stätigung seitens des B M W - V o r s t a n d s , sondern auch S o l i d a r i t ä t s b e k u n d u n gen aus der B M W - B e l e g s c h a f t , in denen das „unfassbare Urteil gegen den größten B M W - B o n z e n , Generaldirektor P o p p " beklagt w u r d e , „der in G r u p p e IV eingereiht w u r d e u n d als Sühne ein paar A m i z i g a r e t t e n - P ä c k c h e n leisten muss". 2 3 Selbst eine ehemalige französische Z w a n g s a r b e i t e r i n trat als Entlastungszeugin auf, u m zu bestätigen, dass Schmid „ i m m e r sein M ö g lichstes getan [habe], u m Differenzen, die z w i s c h e n ausländischen Arbeitern und deutschen Vorgesetzten auftreten konnten, aus der Welt zu schaffen". 2 4 Schmid w u r d e aber im N o v e m b e r 1948 nur w e n i g entlastet in G r u p p e II („Belasteter") eingestuft, seine über z w e i j ä h r i g e Haftzeit als abgegolten angerechnet und die V e r m ö g e n s e i n z i e h u n g auf 10 Prozent reduziert. 2 3 Erst im J u n i 1949, nach erneuter W i e d e r a u f n a h m e des Verfahrens, erfolgte die „ A n e r k e n n u n g " als M i t l ä u f e r ( G r u p p e IV). E n t s c h ä d i g u n g s z a h l u n g e n an die ehemaligen Z w a n g s a r b e i t e r leistete B M W bis Ende der 1990er J a h r e nicht. Bis weit in die 80er J a h r e hinein vertrat man bei B M W die auch in der übrigen deutschen Industrie vorherrschende A u f f a s s u n g , dass Z w a n g s a r b e i t e r als Verfolgte des N S - R e g i m e s d u r c h die B u n d e s r e p u b l i k Deutschland auf der G r u n d l a g e des B u n d e s entschädigungsgesetzes von 1956 finanzielle W i e d e r g u t m a c h u n g erhalten hätten. Die betroffenen Firmen zogen sich auf eine rein formaljuristische A r g u m e n t a t i o n z u r ü c k und z u d e m lieferte im Falle von B M W M ö n n i c h s Firmengeschichte scheinbar zahlreiche zusätzliche A r g u m e n t e zur A b s t ü t z u n g der eigenen Position. Die A u s l ä n d e r aus den besetzten Gebieten hätten sich - mehr oder w e n i g e r freiwillig - z u m Arbeitseinsatz in Deutschland selber verpflichtet. Von Z w a n g s a r b e i t e r n im regulären Sinne k ö n n e man daher n u r bei den Kriegsgefangenen, bei den ehemaligen SS-Strafgefangenen s o w i e bei den K Z - H ä f t l i n g e n sprechen. U b e r h a u p t unterlag das Werk hinsichtlich P r o d u k t i o n und E n t w i c k l u n g d e m maßgeblichen Einfluss durch das R L M , von d e m die P r o d u k t i o n s v o r g a b e n g e k o m m e n seien. M a n konnte dabei auf entsprechende Passagen bei M ö n n i c h verweisen, in denen M i l c h als „der eigentliche H e r r s c h e r über das H a u s B M W " bezeichnet w u r d e . A u c h der von M ö n n i c h geschilderte Vorgang, w o n a c h die W e r k s l e i t u n g anlässlich eines Diebstahls von Arbeitsmaterial d u r c h vier russische Kriegsgefangene auf eine harte Bestrafung drängte, k o n n t e so u m g e d e u t e t w e r d e n , dass die D i s z i p l i n a r g e w a l t der Werksleitung gegenüber den Zwangsarbeitern z u m i n dest eingeschränkt gewesen sei. I r g e n d w e l c h e R e c h t s g r u n d l a g e n für A n s p r ü che gegen B M W , so lautete die Schlussfolgerung, bestünden nicht. Z u d e m : Sollten je A n s p r ü c h e von Z w a n g s a r b e i t e r n gegen die B M W F l u g m o t o r e n b a u G m b H bestanden haben, so w a r e n sie i n z w i s c h e n verjährt bzw. w ü r d e n nun gegen die M T U G m b H bestehen.
24
Vgl. Schreiben vom 21. 1. 1948, in: ebd. Eidesstattliche E r k l ä r u n g von Georgette M o i s a n v o m 10. 4. 1948, in: ebd. S p r u c h k a m m e r u r t e i l vom 3. 11. 1948, in: ebd.
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I I I . A m Ende der Sackgasse
Erst im Laufe der 1990er Jahre setzte sich bei B M W die Erkenntnis durch, dass diese Sicht der Zwangsarbeit weder rechtlich haltbar war noch vor allem den Tatsachen entsprach. Im Jahr 2001, 56 Jahre nach ihrem erzwungenen Arbeitseinsatz im BMW-Konzern, erhielt zumindest ein Teil der Betroffenen im Rahmen des Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft, an dem sich sowohl B M W wie auch die M T U Aero Engines G m b H über ihren damaligen Mutterkonzern Daimler-Chrysler beteiligten, Wiedergutmachungszahlungen. 26 Die französischen, italienischen und vor allem russischen Kriegsgefangenen aber, so sehen es die internationalen Regelungen vor, haben nie eine Entschädigung für ihre Zwangsarbeit erhalten. Für die russischen Kriegsgefangenen und auch für viele ehemalige Ostarbeiter war nach der Rückkehr in die Sowjetunion, diffamiert als „Kollaborateure" und „Verräter", vielmehr eine neue Odyssee des Leidens und der Sklavenarbeit in den stalinistischen Lagern gefolgt. 27
Vgl. dazu Mark Spoerer, Moralische Geste oder Angst vor B o y k o t t ? Welche G r o ß u n ternehmen beteiligten sich aus welchen Gründen an der Entschädigung ehemaliger N S Zwangsarbeiter?, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 3 (2002), S. 3 7 - 4 8 ; ders., Zwangsarbeit im Dritten Reich und Entschädigung. Verlauf und Ergebnisse einer wissenschaftlichen und politischen Diskussion, in: Fremd- und Zwangsarbeit in Sachsen 1 9 3 9 - 1 9 4 5 , hrsg. vom Sächsischen Staatsministerium des Innern, Halle 2002, S. 8 9 - 1 0 6 . Vgl. auch Anja Rüge, Die Lohnersatzansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter gegen deutsche Industrieunternehmen, Frankfurt/Main 2001 und Stuart E. Eizenstat, Unvollkommene Gerechtigkeit. Der Streit um die Entschädigung der O p f e r von Zwangsarbeit und Enteignung. München 2003 und die offiziöse Darstellung von Susanne-Sophia Spiliotis, Verantwortung und Rechtsfrieden. Die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Frankfurt/Main 2003. 26
Vgl. dazu Constanze Werner, Kiew-München-Kiew. Schicksale ukrainischer Zwangsarbeiter, hrsg. vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München, München 11
2000.
Schluss Die Geschichte von B M W in der NS-Zeit lässt sich weder mit dem Fluchtp u n k t auf ein zunächst z u n e h m e n d , dann völlig entrechtetes u n d v o m R L M „geführtes" U n t e r n e h m e n hin untersuchen, noch als Geschichte der weitgehend erfolgreichen Verteidigung und Bewahrung der U n t e r n e h m e n s a u t o n o mie. D e r in dieser Studie angelegte Untersuchungsansatz geht von einem komplexen, wechselseitigen u n d vor allem dynamischen Aushandlungsprozess zwischen dem U n t e r n e h m e n u n d dem NS-Staat aus, bei dem sich die Gewichte u n d Machtpositionen verschieben k o n n t e n u n d damit auch die D e f o r m i e r u n g e n u n d Verstrickungen des U n t e r n e h m e n s unterschiedlichen Schüben und D y n a m i k e n u n t e r w o r f e n waren. Z e h n Ergebnisse sollten noch einmal gesondert herausgehoben werden. 1. Die Entscheidung des BMW-Vorstands bzw. Popps, B M W z u m Rüstungs- u n d reinen F l u g m o t o r e n k o n z e r n u m z u b a u e n , fiel weit früher u n d auch gezielter als bisher angenommen, praktisch schon bei Machtantritt des NS-Regimes. D e r erste staatlich-militärische G r o ß a u f t r a g kam bereits im Sommer 1933 u n d nicht erst 1936 oder gar 1939. Trotzdem war B M W wegen der unentschiedenen und zögerlichen F&E-Politik dann aber zu spät auf dem Rüstungsmarkt präsent. Der Nachteil, dass erst während des Krieges die Serienfertigung in Gang kam, k o n n t e nicht mehr aufgeholt werden. Das U n t e r n e h m e n bekam die komplexe Flugmotoren- u n d Triebwerkstechnologie entwicklungstechnisch wie fertigungsmäßig bis zum Ende des Krieges nicht in den Griff. A u c h organisatorisch blieb das Verhältnis von B M W A G und B M W Flugmotorenbau G m b H ungeklärt und ein Belastungsfaktor. 2. A m Beispiel von B M W lässt sich deutlich zeigen, dass und wie Zwangsarbeit vor dem H i n t e r g r u n d sich wandelnder Machtformationen auf dem von Lenkungs- u n d Steuerungsprozessen sowie von Chaos u n d Improvisation geprägten R ü s t u n g s m a r k t sowie einer z u n e h m e n d zersplitterten U n t e r nehmensorganisation erfolgte. B M W war dabei einer der Vorreiter des Zwangs- wie auch KZ-Arbeitereinsatzes in der deutschen Rüstungsindustrie, wie die f r ü h e n Überlegungen und Initiativen Popps sowie die Konzeption des Werkes Allach als „ K Z - W e r k " zeigten. Zwangsarbeit hatte dabei auch innerhalb des Konzerns viele Gesichter, sowohl hinsichtlich der zeitlichen Abfolge (von den Integrationsbemühungen zur Ausgrenzungspolitik), der örtlichen Praktizierung (Stammwerke, „Staatswerke", Verlagerungsbetriebe und Untertagefertigung) und der nationalen Unterschiede. 3. A m Beispiel B M W w u r d e n auch die G r e n z e n und die Ineffizienz der Rüstungsfertigung in der NS-Zeit bzw. im Krieg deutlich. Diese w u r d e n vom U n t e r n e h m e n selbst mit aufwendigen betriebswirtschaftlichen Methoden und K o n t r o l l m a ß n a h m e n analysiert u n d erkannt und man versuchte glei-
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Schluss
chermaßen sie zu beseitigen wie zu verdecken. Das Produktionsmanagement bei B M W stand zunächst vor der Aufgabe der Schaffung neuer Kapazitäten und Werke, dann galt es, die Fertigung zwischen den lokalen wie überlokalen Werksverbünden neu zu ordnen; es folgten gleichzeitig die Bemühungen zum Aufbau eines nationalen wie transnationalen Zuliefersystems, das schließlich durch die gewaltigen Anstrengungen zur kleinräumlichen Verlagerung der Produktion abgelöst wurde. Die Folge war die Zersplitterung der werksinternen Fertigungsabläufe, begleitet von absurden Irrfahrten von Menschen und Maschinen. Das alles vor dem Hintergrund von Rohstoffmangel, praktisch unerfüllbaren Produktionsvorgaben, nicht serienreifer Produkte und einem massiven Arbeitskräfteproblem. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das BMW-Management gegenüber all diesen Problemen und Herausforderungen scheiterte. Dabei gab es gleichzeitig, gerade was den Zwangsarbeitereinsatz angeht, von Seiten der B M W durchaus aufwendige Bemühungen, den Arbeitskräftemangel und die sich daraus ergebenden Engpassfaktoren rational zu bewältigen. Die Qualifikationsanstrengungen bei ausländischen Arbeitskräften und auch das „Wohnlager-Management" waren Beispiele dafür, ganz abgesehen von den anfänglichen durchaus ernst gemeinten Versuchen der Integration der Fremdarbeiter und der Schaffung einer „neuen Gefolgschaft". Diese Ansätze mündeten aber schließlich in einer zunehmenden Diskriminierung und systematischen Ausbeutung der Zwangsarbeiterinnen und der KZ-Häftlinge. 4. B M W versuchte wie wohl kaum ein anderes Unternehmen, den Einsatz von Zwangsarbeiterinnen betriebswirtschaftlich in seinen Auswirkungen auf Gemeinkosten, Anlern- und Umschulungskosten, Produktivlohnanteile und Produktivität zu erfassen, und zwar jenseits einer einfachen Lohnkostenersparnis- und Profitrechnung, die aufgrund der laufenden Gewinnabschöpfung und der Preispolitik des R L M , das bei sinkenden Kosten auch mit sinkenden Preisen reagierte, auch gar nicht möglich war. Durch das ständige Hin und Her der quantitativen wie qualitativen Produktionsvorgaben durch das R L M und die daraus resultierende fehlende Planungssicherheit auf der einen Seite und dem Unvermögen und Scheitern der Fertigungsorganisation und des Produktionsmanagements durch das Unternehmen auf der anderen Seite entstand ein kumulativer Effekt. Die Gleichzeitigkeit von Kapazitätsengpässen in den einen Werken und Überkapazitäten in den anderen Werken und der gescheiterte Aufbau eines rationellen konzerninternen Produktionsverbundes war der deutliche Ausdruck dafür. D e r BMW-Vorstand war dabei gleichzeitig, wie andere Unternehmensleitungen auch, einem Deformierungsprozess ausgesetzt. E r bietet einen Erklärungsansatz dafür, warum die Manager zu guter Letzt den Wahnsinn der Untertageverlagerungen trotz aller erkennbaren kurz- wie langfristigen Schäden für die Flugmotorenausbringung und das maschinelle Anlagevermögen des Unternehmens mitgemacht und sogar noch aktiv vorangetrieben haben. Das Verhalten der Beteiligten zeigt sich auf der individuellen Ebene in dieser Hinsicht geradezu als
Schluss
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rationale Strategie der P r o b l e m b e w ä l t i g u n g in einer Z u s a m m e n b r u c h w i r t schaft u n d -gesellschaft. 5. Die U n t e r s u c h u n g hat gezeigt, dass das B M W - M a n a g e m e n t in vielen Bereichen direkte w i e indirekte V e r a n t w o r t u n g u n d M i t s c h u l d f ü r die und an den Verbrechen des N S - R e g i m e s trug. Das M a n a g e m e n t besaß z w e i f e l l o s die M ö g l i c h k e i t zur Verbesserung der U n t e r k u n f t s - u n d Ernährungsverhältnisse der K Z - A r b e i t e r in deren Lagern, hatte man doch in M ü n c h e n sogar Verwalt u n g s a u f g a b e n f ü r das K Z - L a g e r mit ü b e r n o m m e n . Z u m Teil, aber eben h ä u fig auch nicht, w u r d e entsprechend, und dann auch erfolgreich, interveniert. A u c h dass es den W e r k s l e i t u n g e n in vielen Fällen nicht gelungen war, die M a c h t ü b e r g r i f f e der SS in die U n t e r n e h m e n s s p h ä r e hinein zu verhindern, gehört auf das „ S c h u l d e n k o n t o " der B M W - F ü h r u n g . Weitgehend u n k o n t r o l liert ließ man z w e i f e l l o s auch den W e r k s c h u t z agieren. A m deutlichsten zeigt sich die direkte Verstrickung bei den B u n k e r - u n d U n t e r t a g e v e r l a g e r u n g s b a u m a ß n a h m e n , die lange Zeit allein der SS u n d O T zugeschrieben w u r d e n . Die Initiative von Zipprich für den Bau der „ D o g g e r w e r k e " in H e r s b r u c k , die enge Z u s a m m e n a r b e i t der B M W - B a u a b t e i l u n g mit den staatlichen O r g a nen beim A u s b a u von M a r k i r c h und die s k r u p e l l o s e Vorgabe von Leistungsn o r m e n beim U n t e r t a g e a u s b a u von Bad S a l z u n g e n durch die dortige B M W W e r k s l e i t u n g bedeuten eine nicht mehr bloß indirekte M i t s c h u l d am Tod H u n d e r t e r K Z - H ä f t l i n g e und Kriegsgefangener. Die B e d i n g u n g e n an den A r b e i t s p l ä t z e n in den W e r k e n und an den Verlagerungsstandorten s o w i e das A u s m a ß von Ü b e r g r i f f e n , B e s t r a f u n g e n und Schlägen hingen sehr von den einzelnen Personen ab: von den Werksleitern, A b t e i l u n g s i n g e n i e u r e n und den Meistern. H i e r versuchte die B M W - L e i t u n g die U n t e r n e h m e n s a u t o n o mie zu verteidigen, prinzipiell zunächst die innerbetrieblichen Sanktionsm e c h a n i s m e n zur A n w e n d u n g k o m m e n zu lassen und Eingriffe von SS oder G e s t a p o zu verhindern. Das gelang aber nicht immer, sei es aus A n g s t der W e r k s l e i t u n g gegenüber der SS oder w e g e n der E i g e n d y n a m i k der betrieblichen P a r t e i f u n k t i o n ä r e w i e B e t r i e b s o b m ä n n e r und vor allem der A b w e h r beauftragten u n d Werkschutzleiter. U b e r h a u p t ist gerade die Rolle des W e r k s c h u t z e s als B e w a c h u n g s - , Sanktions- und U n t e r d r ü c k u n g s i n s t i t u t i o n an der Schnittstelle z w i s c h e n staatlich-ideologischer Repression und betrieblichen Sicherheits- und O r d n u n g s i n t e r e s s e n gegenüber den Z w a n g s a r b e i t e r n besonders deutlich g e w o r d e n , ein A s p e k t , der bisher w e n i g berücksichtigt w u r d e und in weiteren F o r s c h u n g e n sicherlich mehr Beachtung bedarf. W e n i g e r die Meister, als v i e l m e h r die W e r k s c h u t z l e u t e w a r e n es, die für Ü b e r g r i f f e gegen Z w a n g s a r b e i t e r i n n e n v e r a n t w o r t l i c h w a r e n . 6. In der Frage, w i e repräsentativ die E n t w i c k l u n g von B M W in der N S Zeit ist, zeigt sich zweierlei. Z u m einen macht der Vergleich mit DaimlerB e n z deutlich, dass sich die U n t e r n e h m e n in vieler Hinsicht unterschieden. D a i m l e r - B e n z w a r ein wesentlich geschlosseneres und eine eigene K o n z e r n strategie verfolgendes U n t e r n e h m e n als B M W . Die Stuttgarter verloren nie ihr traditionelles Standbein in der A u t o m o b i l f e r t i g u n g aus d e m A u g e , w a r e n
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Schluss
aber gleichzeitig im Flugmotorengeschäft mit ihren technisch ausgereiften Motoren und der noch vor Kriegsbeginn anlaufenden Serienfertigung ihrer Produkte weit erfolgreicher. Die vielfach geglückte Wahrung der eigenen Unternehmensinteressen und stabile corporate-governance-Strukturen sowie auch eine weit ausgeprägtere Unternehmenskultur als bei B M W verhinderten allerdings nicht, dass sich Daimler-Benz nicht weniger in das NS-System und seine Verbrechen verstrickte. Für die geschundenen Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge blieb es im Ergebnis gleich, ob ein U n ternehmen gegenüber dem R L M und der Speer-Administration seine Interessen zu wahren verstand und eine eigene Strategie zu verfolgen versuchte, oder ob es wie B M W gegenüber dem R L M nahezu kapitulierte und versuchte, die vorgegebenen Maßnahmen zu erfüllen. Insgesamt wurden die Zwangsarbeiterinnen bei B M W zweifellos besser behandelt als bei DaimlerBenz und anderen deutschen Rüstungsunternehmen. Dieser Befund ist allerdings zu relativieren, wenn man an die Untertageprojekte denkt. 7. Die Entwicklung von B M W in der NS-Zeit ist aber in vieler Hinsicht repräsentativ für die Krise der Luftrüstungsindustrie insgesamt. Flugzeugund Flugmotorenkonzerne wie Heinkel, Junkers oder Messerschmitt waren ebenso von dem Durcheinander in der Produktionspolitik des R L M betroffen, sie hatten ebenso mit dem Problem unausgereifter Technologien und mangelnder Großserienfertigung zu kämpfen und sie waren wie B M W massiven Interventionen durch das R L M in personellen, finanziellen und entscheidungsmäßigen unternehmensinternen Belangen ausgesetzt. Selbst die als BMW-spezifisch erscheinende auffällige Diskrepanz zwischen der quälend langen Führungskrise und der damit kontrastierenden gleichzeitigen technologischen Dynamik des Unternehmens war typisch für die Luftrüstungskonzerne. Auch ein Vergleich mit den britischen und amerikanischen Flugmotorenunternehmen im Krieg (Rolls-Royce, Curtiss Wright oder Pratt & W h i t n e y ) würde vermutlich eine ganze Reihe von Parallelen aufzeigen, etwa was die Organisation, die Effizienzprobleme oder das polykratische Chaos in der Luftrüstungspolitik angeht. Dies muss aber einer anderen Studie vorbehalten bleiben. 8. Was B M W gegenüber den Herausforderungen und Pressionen des NSRegimes so anfällig gemacht hatte, war letztendlich eine nur schwach ausgebildete Unternehmenskultur. Der Konzern war von seiner Identität her im Grunde mit dem Stammwerk in Milbertshofen gleichzusetzen (bezeichnenderweise kam es nach 1945 auch gesellschaftsrechtlich zu dieser Gleichsetzung), weder die Fusion mit dem Eisenacher Werk noch mit der Berliner Bramo wurde entsprechend verarbeitet und die aus dem Boden gestampften Werke Allach, Dürrerhof und Zühlsdorf verstärkten diese Problematik noch. Es fehlte B M W die Solidarität und die Verbundenheit oder zumindest die Verständigung über gemeinsame Unternehmens- und Konzerninteressen auf Seiten des Führungspersonals. Statt dessen gab es ständig Intrigen und Machtkämpfe zwischen Popp und den übrigen Vorstandsmitgliedern, dann
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vor allem gegen Hille, schließlich zwischen Hille u n d Schaaf. Zipprich erhielt von seinen übrigen Vorstandskollegen keine Rückendeckung; sie ließen ihn im Produktionsdesaster letztendlich im Stich. Die Forschungs- u n d Entwicklungsabteilungen fochten unterschiedliche Interessenskämpfe aus u n d es gab den, was das Schicksal von B M W in seinen Auseinandersetzungen mit dem R L M anging, weitgehend indifferenten bzw. vielfach sogar der Regimepolitik gegenüber willfährigen Aufsichtsrat mit v. Stauß u n d R u m m e l an der Spitze. Im Endeffekt bedeuteten all diese Faktoren, dass man als U n t e r n e h men im permanenten Aushandlungsprozess mit dem R L M u n d den staatlichen Stellen eine schlechte Position inne hatte und vor allem, dass dadurch die Transformation z u m R ü s t u n g s k o n z e r n (bei gleichzeitiger psychischer D e f o r m a t i o n der Personen) u n d die Verstrickung von B M W in die Verbrechen des NS-Regimes leicht gemacht und beschleunigt w u r d e n . 9. Die U n t e r s u c h u n g hat nicht zuletzt auch neue Kontinuitäts- u n d Diskontinuitätslinien in der Unternehmensgeschichte von B M W gezogen. In der Regel fielen die politischen Zäsuren der NS-Zeit mit den unternehmenswirtschaftlichen Zäsuren nicht zusammen. Bei B M W war dies aber der Fall. Praktisch mit der Machtergreifung stellte die U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g bewusst und gezielt die Weichen zu einer Unternehmensentwicklung, die B M W vom Schicksal des NS-Regimes abhängig machte u n d einem tief greifenden Veränderungsprozess unterwarf. Ging es dem Vorstand zunächst nur um die Ausn ü t z u n g der Aufrüstungschancen und die damit verbundenen Expansionsmöglichkeiten (begleitet von einer zwar nicht praktizierten aber deutlich geäußerten Bereitschaft zu „Arisierungsmaßnahmen"), so folgte bald die Kapitulation gegenüber den laufenden M a ß n a h m e n des R L M zur A u s h ö h l u n g der Unternehmensfinanzierung und Kapitalverfassung. Sichtbar w u r d e dies am Wandel des Finanzgebarens, das zunächst noch an rationalem Kostenu n d Gewinnmanagement orientiert war und sich in Konflikten mit dem R L M gegen die Verschuldung stemmte, dann aber rasch zu einem riskanten Investitions- und Verschuldungsverhalten umschlug. An der Person Hilles und seinem Verhalten als Finanzvorstand u n d späterem Konzernvorstand wird dieser Wandel besonders sichtbar. Gleichzeitig war man bereit oder vielmehr aktiv, das Arbeitskräfteproblem durch den massiven Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und K Z - H ä f t l i n g e n zu lösen. Diese skrupellos betriebene Politik gipfelte in den Ubertage- wie Untertageverlagerungen. A m Ende dessen stand 1945 der Untergang des Regimes wie des Unternehmens. B M W teilte damit das (keineswegs zwangsläufige) Schicksal der anderen U n ternehmen der deutschen Luftrüstungsindustrie. Viele U n t e r n e h m e n leben mit weitgehend falschen, von Legenden und M y t h e n geprägten Vorstellungen über ihre eigene Vergangenheit und die dabei aufgetretenen Kontinuitäten und Zäsuren u n d diese Vorstellungen sind oft sogar Teil der U n t e r n e h menskultur geworden. B M W gehört dazu. Insofern hat die vorliegende U n tersuchung auch den Versuch u n t e r n o m m e n , zur notwendigen Korrektur dieser historischen Fehlperzeption beizutragen.
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10. Die Untersuchung der NS-Zeit hat schließlich deutlich gemacht, mit welch großen Hypotheken B M W bzw. das, was von dem Konzern übrig blieb, in die Nachkriegszeit starten musste. Da waren ja nicht nur die zerbröckelte Kapitalbasis, die Demontagen, Beschlagnahmungen, Reparationsleistungen und überhaupt das Fertigungs- und Entwicklungsverbot des Kerngeschäfts Flugmotoren- und Triebwerksbau, sondern auch das völlige Fehlen halbwegs stabiler Leitungs- und Führungsstrukturen und vor allem auch kompetenter Personen. Das Ubergangsmanagement im „neuen" Vorstand wie Aufsichtsrat rekrutierte sich trotz des großen formalen Bruchs weitgehend noch aus der zweiten Reihe der „Kriegsmanager" von BMW. Was aber bei den meisten anderen deutschen Unternehmen funktionierte, entwickelte sich bei B M W zu einem neuen Desaster mit Missmanagement und strategischen Fehlentscheidungen. Diese Hypothek wurde Anfang der 1960er Jahre mit der „Erfindung der neuen B M W " endgültig überwunden. Dem bzw. der unbedarften Leserin mögen sich noch zwei abschließende Eindrücke nach der Lektüre der Studie aufdrängen. Zum einen erscheint es aus der zeitlichen Entfernung gesehen merkwürdig und bestürzend, dass und wie sich mitten in Krieg und NS-Diktatur ein Unternehmensvorstand persönlichen Interessen und Feindschaften hingab und ein ganzer Konzernvorstand eines kriegswichtigen Betriebes sich mit lähmenden Intrigen und Machtkämpfen beschäftigte, ohne sich viel darum zu kümmern, was vor Ort in den Werken und im Produktionsalltag geschah. Zum anderen spielten Frauen in dieser ganzen Geschichte weder auf Seite der agierenden Unternehmensmanager noch auf Seite der NS-Institutionen wie dem R L M und dem Jägerstab eine Rolle. Wenn sie auftauchen, dann nur als Zwangsarbeiterinnen, weibliche KZ-Häftlinge oder als Prostituierte in den Lagerbordellen. Dass die Geschlechterhierarchien selbst die ideologischen Hierarchien z w i schen Zwangsarbeiterinnen und deutschen Arbeitern in der NS-Zeit überlagerten, ist auch eine bestürzende Erkenntnis aus der Geschichte von B M W in dieser Zeit.
Liste der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder im BMW-Konzern 1933 bis 1945
Vorstand Popp, Franz Josef (Generaldirektor) Hille, Fritz (ab Juli 1942 Vorstandsvorsitzender) Friz, Max (Technik) Klopfer, Fritz (Finanzen) Klebe, Franz (Finanzen) Wrba, Dr. Max (Personal) Schuld, Heinrich (Finanzen) Fiedler, Fritz (Technik) Zipprich, Erich (Produktion) Bruckmann, Bruno (F&E) Schaaf, Wilhelm (ab 6. 2. 1945 Vorstandsvorsitz) Scholl, Theodor Stoffregen, Heinrich
5. 30. 25. 11. 12. 31. 30. 4. 12. 4. 15. 6. 6.
6. 10. 4. 7. 1. 8. 8. 8. 5. 6. 6. 2. 2.
1922 1935 1925 1929 1932 1938 1939 1941 1942 1942 1943 1945 1945
bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis
29. 11. 13. 3. 24. 8. 19. 8. 8. 8. 8. 16. 8.
6. 12. 10. 1. 1. 5. 3. 5. 5. 5. 5. 8. 5.
1942 1944 1937 1934 1936 1945 1940 1945 1945 1945 1945 1945 1945
5. 4. 6. 6.
1926 1927 1931 1931
bis bis bis bis
11. 4. 17. 15.
12. 1942 6.1935 6. 1933 7. 1943
Aufsichtsrat v. Stauß, Emil Georg (Aufsichtsratsvorsitz) (Vorstandsmitglied Deutsche Bank und Aufsichtsratsvorsitzender bei der Daimler-Benz A G ) 21. Hagen, Karl (Bankier) 27. Hagen, Louis (Bankier) 25. Noris, Hans (Dipl. Ing.) 25. Schmid, Max H . (Vorstandsvorsitzender der Zellstofffabrik Waldhof) 25. Weil, Ludwig (Deutsche Bank) 25. Kissel, Dr. Wilhelm (Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz A G ) 19. Pinner, Dr. Albert (Justizrat; Deutsche Bank) 17. v. Wassermann, Max (Bankier; Deutsche Bank) 16. v. Kleemann, Wilhelm 19. Blinzig, Alfred (Deutsche Bank) 17. v. Mallinckrodt, Gustav-Wilhelm 17. Rummel, Hans (Deutsche Bank) (ab Januar 1942 Aufsichtsratvorsitz) 17. Schippel, Hans (Dresdner Bank) 17.
6. 1931 bis 8. 5.1945 6. 1931 bis 17. 5. 1934 3. 12. 5. 3. 6. 6.
1932 1921 1923 1932 1933 1933
bis 19. 7. 1942 bis Januar 1933 bis 19. 5. 1934 bis 17. 6. 1933 bis 4. 6.1935 bis 8. 5.1945
6. 1933 bis 8. 5.1945 5. 1934 bis 8. 5.1945
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Liste der Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder
v. Rintelen, Dr. Viktor (Deutsche Bank) 17. 5.1934 Borbet, Dr. Walter (Generaldirektor Vereinigte Stahlwerke) 4. 6.1935 Rienecker, Georg Otto (Dresdner Bank) 15. 7.1936 Popp, Franz Josef 29. 6.1942 Tix, Arthur (Vorstandsvorsitzender Hanomag) 29. 6.1942 Lahs, Rudolf (Präsident der Wirtschaftsgruppe Luftfahrtindustrie) Januar 1943 Rohland, Dr. Walter (Vereinigte Stahlwerke) 15. 7.1943 Bruhn, Dr. Richard (Auto-Union) 13. 7.1943 Ostertag, Heinz Ludwig (Wehrkreisbeauftragter) 28. 6.1944 1. 6. 1944 Schaaf, Wilhelm (zugl. Vorstandsvorsitzender)
bis 8. 5. 1945 bis bis bis bis
4. 15. 8. 27.
1. 1942 7. 1943 5. 1945 6. 1944
bis 8. 5. 1945 bis 27. 6. 1944 bis 8. 5. 1945 bis 8. 5. 1945 bis 8. 5. 1945
Kurzbiographien Bruckmann, Bruno Entwicklungsmanager bei den Brandenburgischen Motorenwerken GmbH (Bramo), nach der Übernahme durch BMW Leiter der F & E im Konzern bis Kriegsende. April 1942 bis Februar 1945 stellvertretendes Vorstandsmitglied der BMW AG, danach bis Mai 1945 noch ordentliches Vorstandsmitglied. Nach Kriegsende ging Bruckmann in die USA als leitender Entwicklungsingenieur zu General Electric. Bruhn, Richard, ::"25. 6. 1886 Cismar (Schleswig-Holstein), f 8 . 7. 1964 Düsseldorf Seit 1930 Aufsichtsratmitglied der Zschopauer Motorenwerke, nach der Fusion 1932 von Audi, DKW, Horch und Wanderer zur Auto-Union dort Vorstandsmitglied. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs betrieb Bruhn erfolgreich den Wiederaufbau des Audi-Konzerns in Ingolstadt. Donath, Kurt, * 15. 9. 1902 Berlin, f 19. 2. 1973 München Nach dem Maschinenbaustudium ging Donath zunächst 1922 zu Siemens & Halske und wurde im Januar 1941 dort Betriebsdirektor des Flugmotorenwerks (Bramo). Nach der Übernahme durch BMW einer der Geschäftsführer der BMW Flugmotorenwerke GmbH, München. Vom 1. 8. 1942 bis Mai 1945 Leiter der Flugmotorenfertigung im Werk München-Milbertshofen, seit Juli 1944 dort Vertreter Fritz Fiedlers für die Fertigungsoberleitung. Nach Kriegsende von der amerikanischen Besatzungsmacht zum kommissarischen Vorstand von BMW ernannt, seit 10. 6. 1947 ordentliches Vorstandsmitglied bis 28. 2. 1957. Nach seinem Ausscheiden bei BMW als technischer Berater tätig. Fiedler, Fritz, * 9 . 1. 1899 Potsdam, + 8. 7. 1972 Schliersee Studium an der T H Charlottenburg, danach in den 20er Jahren als leitender Konstrukteur bei den Deutschen Kraftfahrzeugwerken Berlin-Spandau, den Stoewer-Werken Stettin sowie bei den Horch-Werken Zwickau. Ab August 1932 zu BMW als Chefkonstrukteur für Automobile in Eisenach. 1939/40 Leiter der Kfz-Entwicklung von BMW, Juni 1941 bis Februar 1945 stellvertretendes Vorstandsmitglied bei BMW, im Februar 1945 noch zum ordentlichen Vorstandsmitglied ernannt. Nach vorübergehendem Ausscheiden bei Kriegsende und Tätigkeiten in Großbritannien sowie bei Opel seit Anfang 1951 Leiter der Kfz-Entwicklung bei BMW und stellvertretendes Vorstandsmitglied bis 1964. Danach nur noch bis 1968 beratend für BMW tätig.
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Kurzbiographien
Friz, Max, Dr. Ing.eh., * 1. 10. 1883 Urach, f 9 . 6. 1966 Tegernsee Nach technischer Lehre Tätigkeit im Konstruktionsbüro der Daimler-Motorengesellschaft, dort maßgeblich an der Mercedes-Rennwagenmotorenentwicklung beteiligt. Mitglied der Deutschen Akademie für Luftfahrtforschung. 1917 als Chefkonstrukteur zu den Rapp-Motorenwerken nach München gekommen. Entwicklung zahlreicher BMW-Motoren sowie 1923 Konstruktion des R 32-Motorrades. Seit 1924 Direktor und Vorstandsmitglied der BMW A G und bis 1937 erster Chefkonstrukteur sowie Technischer Direktor im Vorstand. Ab Juli 1936 bis Kriegsende Geschäftsführer der Flugmotorenfabrik Eisenach G m b H . 1945 in den Ruhestand getreten. Hille, Fritz, *27. 9. 1891 Berlin, +2. 1. 1949 München Nach kaufmännischer Lehre und Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg in führenden Positionen bei A E G und Siemens in Berlin. 1926 kaufmännisches Vorstandsmitglied bei den Bayerischen Flugzeugwerken, der späteren Messerschmitt AG. 1930 ging Hille nach Rostock als kaufmännischer Direktor zu den Heinkel-Flugzeugwerken. Ab November 1935 Eintritt in den BMWVorstand. 1939 bis 1942 stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Juni 1942 bis Dezember 1944 Vorstandsvorsitzender als Nachfolger Popps. Nach Inhaftierung und Entnazifizierung 1948 Angebot, Vorstandsmitglied bei Siemens zu werden. Wegen einer Krebserkrankung lehnte Hille aber ab. Er starb 1949. Krafft v. Delmensingen, Heinrich, * 19. 5. 1910 München, f 12. 4. 2000 München Nach dem Jurastudium ging er 1938 zu BMW, wo er seit 1940 die Rechtsabteilung leitete. Seit 1942 Direktor. Nach Kriegsende im kommissarischen Vorstand der BMW tätig, seit August 1948 stellvertretendes Vorstandsmitglied der BMW AG, seit Januar 1956 bis August 1960 ordentliches Mitglied des Vorstands. Nach dem Ausscheiden bei BMW beratende Tätigkeit für die Familie Krupp/Bohlen. Popp, Franz Josef, * 14. 1. 1886 Wien, +29. 7. 1954 Stuttgart Nach Abschluss des Studiums für Maschinenbau und Elektrotechnik arbeitete Popp zunächst bei der AEG-Union in Wien, dann im Ersten Weltkrieg als Inspekteur der Flugmotorenproduktion bei den Austro-Daimler Werken. Als Beauftragter der k.k. Marine wurde er dabei nach München geschickt, um den Lizenzflugmotorenbau zu überwachen. Enge Bekanntschaft mit Camillo Castiglioni und im Juli 1917 Übernahme der Geschäftsführung der Bayerischen Motorenwerke G m b H . Ein Jahr später wurde Popp erster Generaldirektor der BMW AG, deren Großaktionär damals Castiglioni war. Bis Juli 1942 blieb Popp Vorstandsvorsitzender von BMW, danach wechselte er in den Aufsichtsrat, ohne das Mandat aber aktiv wahrzunehmen. Im Juni
Kurzbiographien
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1945 Verhaftung durch die Militärregierung und Entnazifizierungsverfahren. Danach Rückzug in den Ruhestand. Rummel, Hans, * 9 . 3 . 1882 Krautostheim (Mittelfranken), f 2 0 . 8 . 1964 Oberstdorf N a c h einer Banklehre war Rummel zunächst zwischen 1905 und 1918 bei der Bayerischen Staatsbank tätig, wurde 1918 Direktor der Bayerischen Diskonto- und Wechselbank in Kempten. 1921 Direktionsmitglied der Deutschen Bank, Filiale Augsburg, 1927 ging er nach Berlin und wurde 1930 stellvertretendes, 1933 dann ordentliches Vorstandsmitglied der Deutschen Bank (Ressort: Bilanz- und Organisationsfragen).'Januar 1942 bis Mai 1945 Aufsichtsratsvorsitzender bei BMW. N a c h der Entnazifizierung war Rummel maßgeblich am Wiederaufbau der Deutschen Bank im Süddeutschen Raum beteiligt und Aufsichtsratsmitglied bei Daimler-Benz, Krauss-Maffei und anderen. Scbaaf, Wilhelm O k t o b e r 1936 Geschäftsführer der BMW Flugmotoren G m b H Eisenach, 1942 in leitender Funktion in der Speerschen Rüstungsbürokratie, u.a. als Leiter des Hauptausschusses Kraftfahrzeuge und Leiter der Wirtschaftsgruppe Fahrzeugindustrie. A b März 1943 Vorstandsmitglied der BMW A G , Juni 1944 Wechsel in den Aufsichtsrat, zugleich aber in den Vorstand als Produktionsmanager in der Nachfolge Zipprichs delegiert. Von Februar bis Juni 1945 als Nachfolger Hilles zum Vorstandsvorsitzenden der B M W A G ernannt. Verbleib und Tätigkeit nach Kriegsende unbekannt. Stauß, Emil Georg v., ::'6. 10. 1877 Friedrichstal/Württemberg, 111. 12. 1942 Berlin Nach Banklehre 1898 Eintritt bei der Deutschen Bank als Privatsekretär des damaligen Vorstandsvorsitzenden Georg v. Siemens. Seit 1915 Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, in den 20er Jahren bis zu 40 Aufsichtsratsmandate in deutschen Großunternehmen, u.a. bei Daimler-Benz, der U f A , Lufthansa und BMW. Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank. Seit 1932 bis zu seinem Tod Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank und einer der einflussreichsten Wirtschaftsmanager der Weimarer Republik und der NS-Zeit. 1930-1933 Reichstagsmitglied, zunächst für die DNVP, dann für die NSDAP. Wrba, Max, D r . I n g . , 1 8 . 4. 1899 München 1935 bis 1937 Prokurist bei der Weser Flugzeugbau G m b H und technischer Betriebsdirektor. Im September 1938 Eintritt bei BMW als Personalvorstand. Übte diese Funktion bis Mai 1945 aus. 1941 bis 1945 auch Geschäftsführer der BMW Flugmotorenbau G m b H . Tätigkeit nach dem Entnazifizierungsverfahren unbekannt.
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Zipprich, Erich, * 1892 Berlin Ausbildung als Dreher und später Werkmeister bei Ludwig Löwe & Co. in Berlin, ab 1923 bei den Hansa Lloyd-Werken AG in Bremen und Leiter der Fertigung, 1925 Wechsel zu der Hannoverschen Maschinenbau AG (Hanomag), 1930 Eintritt bei den Wanderer-Werken als Leiter des Fabrikationsbüros. 1932 bis 1940 Technischer Leiter und Betriebsdirektor bei den ZündappWerken in Nürnberg. Im Februar 1940 Betriebsdirektor der BMW Flugmotorenbau G m b H , seit Januar 1942 bis Juli 1944 Technikvorstand der BMW AG. Tätigkeit nach dem Entnazifizierungsverfahren unbekannt.
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews Zeitzeugeninterview mit Karp I. Wolkotrub, :: "1925, 17.-24. 2. 2002 Chmelnizki (Ukraine) (Constanze Werner, Dolmetscherin: Victoria Drylewa) Ich wurde 1924 geboren und ich heiße Karp Iwanowitsch Wolkotrub. Ich hatte eine harte Kindheit, die Zeiten waren sehr schwer damals. Als die Sowjets an die Macht kamen und begannen, Kolchosen zu gründen, musste man, wenn man in einer Kolchose war, alles abgeben, alle eigenen Pferde, Kühe, alles was man besaß. Alles was wir besaßen, mussten wir an die Kolchose abgeben. 1937 wurde mein Vater verhaftet. Sie sagten, er sei ein Verräter und haben ihn deswegen verhaftet. Nachdem unser Vater verhaftet worden war, galt unsere Familie auch als feindliche Familie und unsere Mutter und der älteste Bruder wurden in einen anderen Oblast deportiert. Mein Vater und mein Bruder und die anderen Familienmitglieder schrieben Briefe und baten darum, wieder zurückkehren zu dürfen. Dann kehrten alle zurück und wir traten der Kolchose bei. Das war 1939. In der Kolchose habe ich drei Jahre gearbeitet. 1941, 1942, ich kann mich nicht an das genaue Datum erinnern, aber es war im Sommer, Mitte Juli, daran kann ich mich noch erinnern, das weiß ich noch gut. An diesem Tag es war ein Samstag, wurden wir von unserem D o r f nach Chmelnizki geschickt. Dort blieben wir eine Woche. Eine K o m mission hat sich mit uns beschäftigt. Es waren genau 30 Männer, die nach Chmelnizki kamen und fünf Frauen. Nachdem die Kommission uns angeschaut hatte, wurden wir zu den Zügen gebracht. An den genauen O r t kann ich mich nicht erinnern, es war irgendwo in der Nähe. Sie verschlossen alle Türen und wir fuhren los. Dann machte der Zug irgendwo halt und an einem Tag wurden wir gewaschen. Es gab sehr viel Ungeziefer, Flöhe und alles Mögliche. Nach dem Waschen fuhren wir weiter nach Deutschland und kamen nach Dachau. Wir wussten aber zuerst nicht, wo wir angekommen waren. In Dachau blieben wir ein oder zwei Tage, dann wurden wir in einer Reihe aufgestellt und verschiedene Bauern aus den umliegenden Orten suchten sich Arbeiter unter uns aus. Jeder Bauer schaute, dass er den kräftigsten, den stärksten Mann bekam. Es gab Altere und auch Jüngere unter uns. Wir blieben übrig, weil wir die Jüngsten, die Kleinsten und die Magersten von allen waren. Dann zählten sie uns, die übrig geblieben waren. Die Menschen aus meinem D o r f versuchten, zusammen zu bleiben, damit sie zusammen irgendwo hin kamen. Wir hatten uns so aufgestellt beim Zählen, dass wir alle zusammen standen und so zusammen kamen. Dann kam ein Bus und wir stiegen ein. Wieder wussten wir nicht, wohin wir kamen. Wir fuhren fünf oder zehn Minuten. Da waren Dachau und Mün-
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chen. Rechts standen ein paar Polizisten mit Hunden, die begleiteten uns dann zu unseren weißen Baracken, als wir ausgestiegen waren. Wir sahen damals zum ersten Mal das Werk, das Kraftwerk. Gleich neben dem Lager stand das Kraftwerk. Es lag praktisch auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Wir kamen gerade zum Mittagessen an und sahen einen Mann, der beim Essen war und eine Suppe aß. Der lud uns gleich zum Suppeessen ein. „ K o m m t her, diese Suppe ist supergut!" E r hatte ganz komische Kleidung an, dreckige Hosen. Später stellte sich dann heraus, dass er bei den Schweinen arbeitete. Das waren gefärbte Hosen, die ich bis dahin noch nie gesehen hatte. Bei uns gab es so was nicht. Es hört sich vielleicht lustig an, aber damals war das für uns alles nicht so lustig. Man gab uns Löffel und kleine Schüsseln und jemand schenkte Suppe ein. In dieser Suppe waren Bruckwa (Kohl) und Würmer drin. Wir schauten uns die Suppe an und sagten uns: „Nein, das essen wir nicht!" Sie antworteten: „Gut, wenn ihr jetzt nicht wollt - morgen werdet ihr darum kämpfen und ihr werdet noch mehr davon wollen." Ja, an dem Tag haben wir nichts davon gegessen, aber am nächsten Tag waren wir froh, dass wir die Suppe essen konnten. Es war die Suppe vom Vortag. Wir schlossen unsere Augen und aßen die Suppe ganz auf. Langsam gewöhnten wir uns an alles. In der Nähe gab es eine Kantine, eine Art Mensa, w o alles gekocht wurde. Dann wurden wir für unsere Arbeitsstellen eingeteilt. Es gab verschiedene Firmen, bei denen man arbeiten konnte. D e r Meister meiner Firma hieß Kunz und die Firma hieß Messbau. Es war eine Baufirma. In meinem Werk waren zwei oder drei Meister und meine Aufgabe war es, Beton zu hauen und alles sauber zu machen. All diese Bauarbeiten fanden statt, um das Werk zu renovieren und wir waren auch damit beschäftigt, den Boden zu verlegen. Das dauerte ungefähr einen Monat. Nachdem das alles fertig war, kam ein Deutscher und nahm mich mit in eine Halle. Ich bekam eine Schürze. Es gab eine Scheibe und Schmirgelpapier und damit musste ich diese Scheibe polieren und schleifen. Ich musste alles sauber machen und polieren. Dann waren da Zylinder, die ich polieren musste, weil irgendwelche Schichten darauf waren. Die Maschinen waren voll mit O l , das auf meine Beine tropfte und sie verätzte. Ich bekam Wunden dadurch. Uberall hatte ich diese Öle, auf den Beinen und im Gesicht. Als die Meister sahen, dass ich überall ölverschmiert war, sagten sie: „Jetzt mach etwas anderes!" Sie gaben mir eine Schachtel, in der Leim war. Ich musste die Scheibe erst in den Leim eintunken und dann in pulverisierten Sand. Diese Arbeit musste ich dort ein, zwei, drei Monate lang machen. In dieser Zeit kamen auch tschechische Mädchen zu uns. Sie arbeiteten an den Bohrmaschinen. Ich habe dann mit ihnen zusammen gearbeitet und für sie das Werkzeug geschärft. Dann kam die Zeit, als alles sehr stark bombardiert wurde. Einige Abteilungen wurden woanders untergebracht, manche sind jedoch noch dort geblieben. Unsere Abteilung kam nach Eisenach. In der Nähe gab es ein G e -
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birge u n d Wald. Es w a r ein sehr großes Lager dort, in d e m J u n g e n und M ä d chen z u s a m m e n w a r e n . W i r w a r e n in einem kleineren Lager. In M ü n c h e n w a r e n w i r zu fünft, die bei B M W z u s a m m e n gearbeitet haben und unsere M ü n c h n e r A b t e i l u n g k a m nach Eisenach. U n s e r e Arbeitszeit begann eine Stunde später als die der anderen. W i r w u s s t e n nicht, w a s in den anderen W e r k e n p r o d u z i e r t w u r d e , w i r haben i m mer n u r in u n s e r e m Werk gearbeitet. A b e r egal w o ich war, B r u c k w a hat mich überall verfolgt. A u c h die L ä u s e u n d W a n z e n haben uns verfolgt, es w a r u n m ö g l i c h , nachts zu schlafen. W e n n man das Licht anmachte, fielen sie einfach von oben nach unten. D a k o n n t e man Tausende sehen. Wenn es hell w u r d e , v e r s c h w a n d dieses U n g e z i e f e r und erst dann k o n n t e man ruhig einschlafen. Ich hoffte dann, endlich eine Stunde schlafen zu k ö n n e n . Einmal, gerade als ich eingeschlafen war, k a m ein Dolmetscher aus Polen oder O s t e r reich. Er konnte Russisch sprechen. Als er mich schlafen sah, holte er einen Eimer mit kaltem Wasser u n d überschüttete mich damit. Ich w a c h t e von d e m kalten Wasser auf u n d w a r sehr böse auf ihn. Voller W u t nannte ich ihn Pollacke. Als er das hörte, w a r er sehr böse auf mich und schrie: „Jetzt kannst du w a s erleben!" Er n a h m einen Knüppel und schlug überall auf mich ein, auch auf den Kopf. Ich habe sehr stark geblutet. Ich musste dann t r o t z d e m in die A r b e i t gehen, aber ich w a r sehr s c h w a c h . A l s ich an den Polizisten vorbeiging, fragten sie mich, w a r u m ich voller Blut wäre, w a s mit mir passiert w ä r e . Sie holten dann einen Dolmetscher, damit ich meine Geschichte erzählen konnte. Ich erzählte ihm, w a s los war. D a n n riefen sie meinen Meister im W e r k an. Die Polizisten sagten, sie wüssten nicht, ob er k o m m e oder nicht. Als ich dann zu m e i n e m Werk kam, w u s s t e n sie schon Bescheid. A n s c h e i nend hat der Meister dann mit d e m D o l m e t s c h e r telefoniert u n d mit ihm geschimpft, dass er mich arbeitsunfähig gemacht hatte. F ü r ein oder z w e i Tage w u r d e n w i r zu den anderen in eine internationale Baracke gebracht. D o r t bek a m e n w i r ein kleines Zimmer, in d e m w i r zu fünft w o h n t e n , alles U k r a i n e r aus d e m Dorf. D o r t ging es uns ein bisschen besser. A u c h das Essen dort w a r wesentlich besser. U n s e r Mittagessen aßen w i r im Werk, w o auch die russischen M ä d c h e n w a r e n . W i r haben im gleichen W e r k gearbeitet, nur ein bisschen w e i t e r w e g g e w o h n t . D o r t durfte ich mich nicht frei b e w e g e n und w u s s t e nur ungefähr, w a s sie dort machten. Ich ging nur von meiner B a r a c k e zur Arbeit und wieder zurück. A l s die A m e r i k a n e r erfuhren, dass unser W e r k sich dort befand, begannen sie, es zu b o m b a r d i e r e n . W i r w a r e n im unteren Geschoss. Da w a r auch ein M a n n aus meiner H e i m a t . W i r u m a r m t e n uns und versteckten uns unter den Stühlen. W i r dachten, dass in d e m M o m e n t unser Tod k ä m e und n i e m a n d dann erfahren w ü r d e , w o w i r gestorben sind. W i r w ü r d e n eines Tages g e f u n den und ausgegraben w e r d e n . Ein bisschen Luft hatten wir, weil Löcher vorhanden w a r e n . Das rettete uns. Eine ganze Zeit dauerten diese B o m b e n angriffe, aber das K r a f t w e r k w a r vorerst heil geblieben. N a c h d e m Angriff haben w i r t r o t z d e m w e i t e r gearbeitet. In einigen R ä u m e n k o n n t e man noch
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
arbeiten, andere waren total kaputt. In den meisten Räumen waren alle Fenster ausgeschlagen. In dieser Zeit kamen auch russische Kriegsgefangene ins Werk. Meine Aufgabe war es damals, die Späne von den Werkzeugmaschinen aus der Halle wegzubringen. Damals habe ich mir eine Augenerkältung zugezogen und bin seitdem auf einem Auge blind. Das andere Auge ist auch nicht besonders gut, aber ich kann noch damit sehen. Ich kam dann in ein Krankenhaus, in die Augenklinik in Jena. Ich kam abends dort an und der Fliegeralarm begann gerade wieder. Alle hatten sich versteckt und ich blieb einfach dort, ich wusste nicht, wohin. Ich saß also mit meiner Einweisung in der Klinik, aber kein Mensch war da. Als der Alarm vorbei war, kam das Signal, dass die Flugzeuge weg waren. Ich fragte mich, warum ich weiter so rumsitzen sollte und beschloss, mir die Stadt anzusehen. Als ich durch die Straßen lief, sah ich, dass nirgends Licht war, nur schmale Lichtstreifen waren ab und zu an den Fenstern zu sehen. Auf einmal sah ich, dass auf einem Schild „Augenklinik" stand. Ich ging wieder hinein. A m Empfang saß jetzt eine Frau und ich gab ihr die Uberweisung. Dann kam eine Krankenschwester, die mich mitnahm. Wir gingen ungefähr 200 Meter, von einem Gebäude in das nächste. Dann stiegen wir Treppen hinauf und sie zeigte mir mein Bett. Nebenan lagen auch deutsche Kranke. Mit mir zusammen lagen noch ein Russe und drei Polen im Zimmer. A m nächsten Tag wurde ich untersucht und bekam irgendwelche Tropfen. Mein Auge wurde dann mit Wärme behandelt und mit einer grünen Salbe. Dann ging der Alarm dort wieder los. Es gab schwarz gekleidete Frauen in dem Krankenhaus, vielleicht waren es Nonnen, ich weiß es nicht genau. Die Leiterin der Abteilung, eine ältere Dame, war eine Deutsche. Sie sagte zu mir: „ K o m m mit mir, Karpo, versteck' dich! Die Flugzeuge k o m men." Sie sagte mir dann noch, ich solle auch alle die, die nicht sehen können, alle Blinden - Deutsche und Ausländer - nach unten in den Bunker bringen. D a ich noch ein Auge hatte und die anderen nicht, nahm ich sie mit. Alle hielten sich an mir fest und ich schrie: „Schnell, schnell, k o m m t ! " Als der Angriff dann vorbei war, kamen wir alle langsam wieder raus, auch die Krankenschwester und ich. Danach kamen dann ihre Frauen zu Besuch zu ihnen. Sie brachten Geschenke mit, ein bisschen etwas zu essen. Es war eine gute Zeit. In der Nähe stand noch ein Werk, irgendetwas mit Glas. Ich weiß nicht, was das für ein Werk war. Es war schlimm, als sie anfingen, dieses Werk zu bombardieren. Auch das Krankenhaus wurde getroffen und die Kranken wurden in andere Krankenhäuser gebracht. Ich überlegte dann, nach Eisenach zu fahren, weil man nicht länger in Jena bleiben konnte. Ich blieb dann einen weiteren Monat in Eisenach, vielleicht etwas weniger als einen Monat und arbeitete dort. Als wir einen Schützengraben aushoben, kamen wieder die Flugzeuge und bombardierten und wir wurden verletzt. Ich kann mich nicht gut erinnern.
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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D a n n k a m eine m e r k w ü r d i g e Z e i t , die A m e r i k a n e r w a r e n s c h o n in E i s e n a c h . I n d e m W e r k gab es s o eine A r t S c h u p p e n , w o g e k o c h t w u r d e . W i r h a t t e n d o r t a u c h e t w a s zu essen. U n s e r e J u n g s b e s o r g t e n N u d e l n , die w i r d a n n a ß e n . E i n e s T a g e s k a m e n a u c h D e u t s c h e u n d liefen d u r c h das W e r k . S i e s a g t e n , es s ä h e s c h l e c h t aus. Sie s a h e n , dass w i r die S a c h e n g e s t o h l e n h a t t e n u n d s a g t e n , alle, die d a r a n b e t e i l i g t w a r e n , w ü r d e n g e h ä n g t w e r d e n . W a s s o l l t e n w i r j e t z t m a c h e n ? W e n n w i r in d e n W a l d liefen, w ü r d e n w i r v o n d e n D e u t s c h e n o d e r den A m e r i k a n e r n e r s c h o s s e n . W i r liefen ü b e r das F e l d u n d b e s c h l o s s e n , zu d e n A m e r i k a n e r n zu g e h e n . W i r liefen also d u r c h e i n e n W a l d u n d als w i r ihn d u r c h q u e r t h a t t e n , s a h e n w i r A m e r i k a n e r F u ß b a l l spielen. A l s w i r d a n n z u r ü c k k a m e n , w a r e n a u c h bei u n s i m L a g e r s c h o n die A m e r i k a n e r . W i r h a b e n in d i e s e r Z e i t n a t ü r l i c h n i c h t m e h r g e a r b e i t e t , weil w i r v o n d e n A m e r i k a n e r n b e f r e i t w o r d e n w a r e n . W i r h a t t e n z w a r g e n u g zu essen d o r t , aber unsere G e d a n k e n kreisten trotzdem i m m e r ums Essen. Also versuchten w i r bei j e d e r G e l e g e n h e i t , E s s e n zu s a m m e l n u n d b e i s e i t e z u s c h a f f e n , o b w o h l w i r e i g e n t l i c h s c h o n satt w a r e n . D i e A m e r i k a n e r s a g t e n : „ D i e R u s s e n sind s c h l e c h t , sie k l a u e n das E s s e n . " I n der N ä h e gab es eine S c h u l e o d e r e i n e n C l u b u n d die A m e r i k a n e r gingen m i t allen i h r e n S a c h e n d o r t hin. U b e r N a c h t w a r e n sie d a n n w i e d e r bei uns, denn nachts kamen noch G r u p p e n und erschossen M e n s c h e n .
Alle
U k r a i n e r u n d R u s s e n w u r d e n d a n n z u s a m m e n g e b r a c h t , u m n a c h H a u s e ges c h i c k t zu w e r d e n . Sie sagten u n s , w e r n a c h A m e r i k a w o l l e , solle sich links hin stellen u n d w e r nach H a u s e w o l l e , solle sich r e c h t s h i n s t e l l e n . E i n i g e stellten sich links h i n . E s k a m ein L a s t w a g e n u n d alle, die n a c h A m e r i k a w o l l ten, s e t z t e n sich da rein. Sie f u h r e n d a n n a u c h n a c h A m e r i k a . U n g e f ä h r eine W o c h e s p ä t e r w u r d e n w i r a n d e r e n in L a s t w a g e n n a c h M e i ß e n g e s c h i c k t . D a gab es a u c h K a s e r n e n , die n i c h t zu E n d e g e b a u t w o r d e n w a r e n . E s gab n o c h keine Elektrizität. W i r blieben ungefähr einen M o n a t dort, sammelten überall Lebensmittel und bereiteten uns Suppe daraus. D a n n k a m e n
Amerikaner
u n d b r a c h t e n u n s zu den R u s s e n . V o n M e i ß e n k a m e n w i r d a n n n a c h C h e m n i t z . D o r t m u s s t e n w i r alles, w a s w i r b e s a ß e n , a b g e b e n , a u c h u n s e r e G e w e h r e u n d a n d e r e W a f f e n , die w i r in d i e s e r Z e i t g e s a m m e l t h a t t e n . A l s w i r n a c h C h e m n i t z k a m e n , w a r es s e h r s c h w i e r i g , E s s e n zu b e k o m m e n . T e i l w e i s e m u s s t e n die L e u t e z w e i , drei T a g e a n s t e h e n , u m eine S u p p e zu e r h a l t e n . D i e S t ä r k e r e n b e k a m e n z w e i M a l e t w a s zu essen u n d die S c h w ä c h e r e n h a t t e n n i c h t g e n u g zu essen. W i r w a r e n u n g e f ä h r eine o d e r z w e i W o c h e n d o r t u n d liefen in d e r G e g e n d r u m , u m K a r t o f f e l n zu s a m m e l n . W i r w a r t e t e n in C h e m n i t z auf e i n e n Z u g , weil w i r i r g e n d w a n n n a c h R u s s l a n d f a h r e n m u s s ten. V o n C h e m n i t z aus k a m ich in i r g e n d e i n e a n d e r e Stadt, a b e r an den N a m e n k a n n ich m i c h n i c h t m e h r e r i n n e r n . D o r t w u r d e n w i r n a c h J a h r g ä n g e n e i n g e teilt u n d sie b e r e i t e t e n uns f ü r die A r m e e vor. W i r ü b t e n M a r s c h i e r e n u n d s a n g e n d a b e i . D a s w a r die Z e i t , als d e r K r i e g m i t J a p a n b e g a n n u n d w i r s o l l ten d o r t hin. A l l e k a m e n aus D e u t s c h l a n d z u r ü c k u n d es w a r ein t o t a l e s
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Durcheinander. Die Menschen fuhren auf und unter den Zügen mit. Wir haben geübt und geübt und erfuhren dann, dass der Krieg mit Japan vorbei war. Man sagte uns, jetzt könnten wir gehen. Als wir hier zuhause ankamen, meldeten wir uns bei den lokalen Behörden zurück. Die einzige Möglichkeit für uns war, in die Kolchosen zurückzukehren, aber dort wurden wir als Verräter abgestempelt. Ich konnte doch nichts dafür. Ich war damals 17 Jahre alt, als ich nach Deutschland deportiert wurde. Ich bin doch nicht freiwillig gegangen. Wir wurden unter Waffengewalt zum Konvoi gebracht damals und jetzt sollte ich ein Verräter sein. Ich bin doch kein Verräter. So war das. Was kann ich noch erzählen.
Ich wollte noch etwas fragen. Wie war das bei den Bombenangriffen chen? Gab es da einen Bunker?
in Mün-
Im Lager war ein Bunker.
Und in Eisenach? In Eisenach war im Werk selber ein Raum, in dem man sich verstecken konnte. In München gab es einen extra Bunker. Als das Werk in Eisenach verschüttet wurde, mussten wir den ganzen Tag unter den Werkstrümmern liegen.
Mussten Sie das Ostarbeiterzeichen
tragen?
Ja, wir mussten das immer tragen. Hätten wir das nicht getragen, wären wir sehr böse geschlagen worden.
Sie haben vorhin erzählt, dass Sie auch manchmal nach München sind.
gefahren
1944 hatten wir mehr Freiheiten und konnten auch nach München. Anfangs durften wir überhaupt nicht rausgehen. Zunächst waren wir elf Leute aus unserem Dorf. Vier Männer aus unserem D o r f waren so alt, dass die Deutschen sie wieder in die Ukraine zurückgeschickt haben. Dann waren wir nur noch sieben. Fünf von uns versuchten zu fliehen, diese fünf wurden erwischt und sie starben dann im K Z . N u r zwei von uns blieben also am Leben.
Wie war die Zusammenarbeit
mit den deutschen
Meistern?
Es gab gute und schlechte Meister in dem Werk. Ich hatte einen guten Meister. Aber was konnte er mir schon viel helfen? Ich konnte kaum Deutsch, aber er zog mich manchmal in einem unbeobachteten Moment auf die Seite und sagte: „Hitler kaputt. Aber sag das keinem!"
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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Da waren ja auch Polen, Franzosen und Italiener, Hatten Sie auch mit den anderen Nationalitäten Kontakt f Ja, ich konnte mit ihnen sprechen. Auch mit Deutschen konnte ich sprechen. U b e r Politik durften wir nicht reden, aber über die Arbeit. Die Deutschen fragten uns manchmal, ob wir Familien und Kinder hätten. Ein bisschen sprachen wir miteinander. Es gab damals, so wie auch heute, gute und schlechte Menschen. Ich habe nie gesehen, dass dieser Meister etwas Besseres gegessen hat. Ich nehme an, er war auch arm, denn er aß auch die Suppe mit Bruckwa und Spinat und ging nicht in die Kantine. Es gab wohl auch arme Deutsche. Ich habe die ganze Zeit davon geträumt, endlich Kartoffeln zu essen. Einmal, als Hitler Geburtstag hatte, bekamen wir alle zwei nussgroße Kartoffeln. Das war die Erfüllung unserer Träume. Sie waren ganz ganz klein, wie Nüsse.
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Zeitzeugeninterview mit Apollinary Kielkiewic, " 1925, Warschau (Polen), 5. 3. 2002 (Constanze Werner, Dolmetscherin: Dorota Weger) Ich wurde in Pruskuv geboren, dann zogen wir nach Kuttnow um und wohnten im Gut Horgienta. Ich war in der siebten Klasse. Dann begann die Okkupation. Die Deutschen kamen und schrieben alle persönlichen Angaben und Daten auf. Zu dieser Zeit, es war 1941, hatte ich eine Lehre beim Friseur gemacht. Dann kamen auf einmal zwei Zivilisten vom Arbeitsamt. Sie wählten nicht einfach der Reihe nach aus, sondern sie wählten mich aus. Sie zeigten einfach auf mich. Ich tat so, als ob ich nichts verstehen würde, aber sie nahmen mich einfach mit. Ich wurde nach Litzmannstadt in ein Zwischenlager transportiert. Dort waren wir ungefähr drei Monate lang. Eines Tages, nach dem Frühstück, kamen Männer, die Listen bei sich hatten. Auf diesen Listen standen verschiedene Namen, auch meiner wurde verlesen. Sie wählten ungefähr 40 Personen aus. Wir wurden zu einem ganz normalen Personenzug gebracht und fuhren dann nach Leipzig. Dort mussten wir umsteigen und warteten ungefähr IV2 Stunden. Dann kam ein Zug und wir wurden im letzten Wagen weiter transportiert. Die Reise zog sich ewig hin. Auf einmal stellte einer fest, dass wir in Eisenach waren. Wir konnten nichts von der Stadt sehen, weil es überall dunkel war. Wir wurden dann von Wachmännern abgeholt und in ein Lager gebracht. Das war Dürrerhof, Stückhauser Straße. Dort wurden wir von ihnen einfach der Reihe nach, nicht der Liste nach, 16 Mann pro Stube eingeteilt. Es gab dort Stockbetten. Unmittelbar, nachdem sie uns platziert hatten, wurden wir in die Fabrik geführt. Dort bekamen wir warmes Essen. Es gab Kohlsuppe. Wer noch Hunger hatte, bekam noch einen Nachschlag. Wir dachten uns damals, es würde schon nicht so schlimm werden. Nach dem Essen wurden wir wieder in das Lager geführt. Dort durften wir uns hinlegen. Aber sobald wir eingeschlafen waren, wurden wir vom Alarm aufgeweckt. Wir bekamen natürlich einen großen Schreck. Dann wurden wir wiederum in die Fabrik geführt. Hier wurden die Meister gerufen. Sie sollten sich Leute auswählen. Alle wurden verteilt, nur ich und ein junger Mann aus Litzmannstadt blieben übrig. Uns wollte keiner nehmen, weil wir so jung waren - 1 6 Jahre. Letztendlich entschied sich dann doch noch ein Meister für uns. Er nahm mich und meinen Kollegen mit. Er war ein älterer Mann. Er führte uns in eine Halle, wo wir Lehrlinge sein sollten. Ich war Lehrling bei einem Italiener. Sie produzierten dort ganz kleine Teile. Man hätte nicht feststellen können, dass es Flugmotoren werden sollten. Ich habe dort verschiedene Dinge getan, zum Beispiel Kleinteile gezählt und kleinere Arbeiten verrichtet. Die Lehre dauerte ungefähr vier Wochen. Irgendwann zeigten sie mir eine neue Maschine und sagten, ich sollte jetzt daran arbeiten. Ich war sehr erschrocken, weil ich das noch nie vorher gemacht hatte. Das habe ich aber
D o k u m e n t a t i o n : Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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ganz schnell gelernt. Es war auch in meinem Interesse, das schnell zu lernen. Später bekam ich eine Aushilfe, auch einen Polen. Der Meister hatte gesagt, als er mir die Maschine zuwies: „Junge, das ist deine Maschine." Als wir nach Schweinach, nach einem Bombardement, bei dem alles zerstört worden war, evakuiert wurden, wurde auch meine Maschine mit mir zusammen geholt. Etwa 35 km entfernt von Eisenach lag die Stadt Schweinach, bei Bad Riebenstein. D o r t gab es eine Spinnerei, wir räumten sie aus, brachten alles auf einen Speicher und zogen dann mit unseren Maschinen dort ein. Das hier ist das erste Papier, das ich in Eisenach bekam. Das ist eine Einwohnermeldeamtsanmeldung. Hier steht Friseur, Umschüler. Das hier ist eine Bestätigung der Ausbildungswerkstätten des Reichsluftfahrtministeriums vom 07. 07. 1942. Dass Sie als Umschüler eingestellt waren. Hier steht, Sie waren Dreher bei BMW, Flugmotorenfabrik Eisenach. Ab dem 18. 09. 1942. Das hier ist noch ein anderes Dokument. Es ist vom Arbeitsamt. Das stammt aus der zweiten Hälfte 1944. Hier steht etwas von Eisenach, 31.03. Hier, Ol. 07. 1944, das muss es sein. Lager Gustav, steht hier. Wie lange war denn Ihre tägliche Arbeitszeit? Wir haben von 6 bis 18 U h r gearbeitet. U n d das schichtweise, das heißt, eine Woche tagsüber und eine Woche nachts. Sowohl in Eisenach als auch in Schweinach. Es waren immer 12 Stunden. Eine Woche Tagschicht, eine Woche Nachtschicht. Das schlimmste war der Hunger. Wir bekamen einen kleinen Brotlaib f ü r fünf Tage, 120 g Zucker und ganz wenig Butter. U n d dann gab es die Suppe. Marmelade haben wir auch bekommen. Einmal täglich gab es warmes Essen, die Suppe. Wo gab es das Essen f Die Fabrik hatte damit nichts zu tun. Das gab es im Lager. Es gab einen Lagerführer, der das alles erledigte. Wir hatten auch zusätzlich zum Lagerführer zwei Dolmetscher. Sie haben dort alles übersetzt und waren auch für den Briefverkehr zuständig. Die Post wurde dann auf eine komische Weise verteilt. Das heißt, es gab zwei verfeindete Gruppen. Die aus Zentralpolen wollten unbedingt nur ihren eigenen Dolmetscher haben, sie stritten sich. Sobald der Lagerführer das merkte, rief er die beiden Dolmetscher zu sich. Natürlich verstand er sich mit dem Dolmetscher aus Posen besser. Er kannte die U m gangssprache und das war praktischer. Der Dolmetscher aus Zentralpolen konnte nur Schuldeutsch, vielleicht nicht ganz so gut wie der andere. Der Lagerführer entschied sich für den aus Posen und der wurde dann bis zum Ende der Dolmetscher der Gruppe. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Postverteilung und er musste verschiedene Sachen erledigen.
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Es gab also eine Art Eifersucht zwischen den polnischen Regionen ? Der Lagerführer war sehr rigoros. Wir hatten Angst vor ihm, wie vor der Pest. Diese Gruppen hatten zwei verschiedene Mentalitäten, deswegen klappte es nicht so mit der Verständigung.
War der Lagerführer
ein SS-Mann?
Einer von der nationalsozialistischen Arbeiterpartei.
Wie viele Wachleute waren in dem Lager? E r war alleine in diesem Lager. E r war der Einzige. Es gab wahrscheinlich mehrere Aushilfen. Aber der Oberste war einer für die verschiedenen Lager. D a gab es auch Holländer, Franzosen, Ukrainer. Ukrainerinnen gab es ganz viele.
Waren alle in einem
Lager?
Das war ein Lager. N u r die Baracken hatten sie nach Nationalitäten verteilt. Man durfte mit den anderen sprechen und wir haben uns gegenseitig auch besucht. Das war ein Zwangsarbeiterlager, kein KZ-Lager. Daher war es nicht ganz so streng. Das Lager war gerade für uns ganz neu erbaut worden. Sie hatten es auch noch nicht geschafft, es zu umzäunen. Es gab eine Art Kantine, in der haben wir uns getroffen. Wir Polen haben alle P-Buchstaben getragen. O b es ein Hitlerjunge war, ein Busfahrer oder sonst wer, man hatte die Pflicht, immer „Guten Tag" zu sagen. O h n e Ausnahme musste man „Guten Tag" sagen, das war Pflicht. U n d natürlich musste man jeden, der eine Uniform trug, grüßen. Zurück zum Lagerführer. Eines Tages brachten sie Kleider zu uns, höchst wahrscheinlich aus Buchenwald. Die lagen auf einem Haufen in einem Raum. Sie wollten diese Kleider verteilen, weil unsere zivile Kleidung nur noch aus Fetzen bestand. Auf jeden Fall wurden vom Lagerführer jeweils fünf Männer bestimmt. Diese durften dann dort hinein und sollten sich Hose, Hemd, Anorak oder dergleichen holen. Viele haben sich nur einfach daraufgeschmissen. Der eine wollte unbedingt eine Hose, der andere wollte ein Hemd. Sie haben auch untereinander gestritten. Weil ich ganz anders erzogen war, habe ich mich nicht ins Getümmel geschmissen, sondern wartete am Rand. D e r Lageführer hatte mich dort bemerkt und fragte mich, warum ich nicht wie die anderen wäre. Ich sagte ihm dann, alles sei zu klein oder zu groß. Ich wüsste nicht, was ich da sollte. D e r Lageführer stieg dann mit den Schuhen auf den Kleiderhaufen und hat mir zwei Jacken und zwei Hosen und Hemden herausgesucht. E r gab mir das dann. Nach der ganzen Aktion sagten meine Kameraden zu mir, ich hätte großes Glück gehabt. E r hätte mich ja verprügeln können. Von Buchenwald, das war nicht weit ent-
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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f e r n t , vielleicht 3 0 k m , h a b e n w i r i m m e r N a c h r i c h t e n b e k o m m e n . D a s w a r n a t ü r l i c h alles h e i m l i c h , m a n d u r f t e es n i c h t . A b e r i r g e n d w i e hat m a n alles g e w u s s t , w a s in B u c h e n w a l d passierte.
Also wussten Sie, dass Buchenwald
ein Konzentrationslager
war?
J a , das w a r s c h r e c k l i c h . A u f i r g e n d e i n e g l ü c k l i c h e W e i s e w a r ein P o l e v o n B u c h e n w a l d g e f l o h e n . E s ist i h m i r g e n d w i e g e l u n g e n . E r e r r e i c h t e das A r beitslager und war mit uns darin, mit uns z u s a m m e n . E r erzählte uns, was d o r t alles v o r k a m . W i r h a b e n es a n f a n g s n i c h t g e g l a u b t . E s w a r e n so s c h r e c k l i c h e G e s c h i c h t e n , dass w i r es n i c h t g l a u b e n k o n n t e n . W i r k o n n t e n es n i c h t fassen u n d d a c h t e n , er sei ein Irrer. D e r L a g e r f ü h r e r w u r d e i n s g e s a m t als s e h r s t r e n g u n d s e h r r i g o r o s b e z e i c h n e t . A b e r d a d u r c h , dass e r m i r die K l e i d e r g e s c h e n k t h a t t e , hat er ein m e n s c h l i c h e s G e s i c h t g e z e i g t , G e r e c h t i g k e i t . E r w a r also nicht nur rigoros, sondern auch gerecht.
In dem Lager waren ja Franzosen, Polen und Ukrainer. Haben che Essen bekommen oder wurden Sie verschieden behandelt?
alle das glei-
A l l e w u r d e n i m L a g e r gleich b e h a n d e l t . A b e r die T s c h e c h e n b e i s p i e l s w e i s e d u r f t e n h e i m f a h r e n . Sie b e k a m e n i m m e r eine B e w i l l i g u n g , u m n a c h H a u s e zu f a h r e n . Sie b r a c h t e n d o r t a u c h W ä s c h e h i n , d a m i t ihre F r a u e n o d e r s o n s t j e m a n d sie w ä s c h t . Sie d u r f t e n R e i s e n u n t e r n e h m e n . V o n d e n a n d e r e n b e k a m gar k e i n e r e i n e B e w i l l i g u n g . I c h w o l l t e e i n m a l m e i n e S c h w e s t e r b e s u c h e n . Sie w a r in B r a u n s c h w e i g u n d a r b e i t e t e in einer K o n s e r v e n f a b r i k . D a s w ä r e a u c h n i c h t w e i t e r als 4 0 k m v o m L a g e r e n t f e r n t g e w e s e n . I c h b e k a m a b e r k e i n e B e w i l l i g u n g . I c h k o n n t e m i c h z w a r ü b e r a l l frei b e w e g e n , a b e r ich w o l l t e auf eine r i c h t i g e W e i s e an diese B e w i l l i g u n g k o m m e n . Falls etwas
passieren
s o l l t e , a m B a h n s t e i g o d e r d e r g l e i c h e n . O d e r falls j e m a n d m i c h fragen s o l l t e , w o ich h i n w o l l t e . A l l e b e k a m e n das g l e i c h e E s s e n aus d e m g l e i c h e n T i e g e l . A b e r die a n d e r e n b e k a m e n a u c h P ä c k c h e n v o n z u h a u s e . D i e P o l e n h a b e n diese n i c h t b e k o m m e n . I n d i e s e m S i n n e w a r e n sie b e s s e r gestellt. I n n e r h a l b v o n drei J a h r e n e r hielt ich i n s g e s a m t vielleicht drei P ä c k e n . Sie d u r f t e n n u r bis 2 kg s c h w e r sein. I c h b e k a m sie nur, weil m e i n e T a n t e eine B e k a n n t e b e a u f t r a g t hatte. A u f diese W e i s e sind die P ä c k c h e n d o r t e i n g e t r o f f e n , w o sie h i n s o l l t e n . A l s w i r nach der A n k u n f t , n a c h d e r V e r s c h l e p p u n g , an v e r s c h i e d e n e M e i s t e r verteilt w o r d e n w a r e n , w a r e n die S i t u a t i o n e n s e h r u n t e r s c h i e d l i c h , das w a r n a t ü r l i c h v o m G l ü c k abhängig. Ich hatte einen wunderbaren Meister. E r interessierte sich ü b e r h a u p t n i c h t dafür, w a s ich m a c h t e . A n d e r e , die e i n e n w e n i g e r guten Meister hatten, wurden für jeden M u c k s schlecht behandelt und geschlagen. V i e l e k a m e n zu mir, u m sich a u s z u w e i n e n . Sie s a g t e n , ich h ä t t e e i n e n S c h a t z an d e m M e i s t e r , ein g r o ß e s G l ü c k m i t i h m . I c h s o l l t e v e r s u c h e n , m i t i h m zu s p r e c h e n , o b sie n i c h t zu mir, zu d i e s e m M e i s t e r k o m m e n k ö n n t e n . I c h h a b e
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
tatsächlich mit dem Meister darüber gesprochen. Der Meister hörte sich das an und dachte darüber nach. Ein paar Tage danach kam er zu mir, als ich bei der Arbeit war. Er sagte, die Jungs müssten da bleiben, w o sie waren. Es ging einfach nicht. Aber es zählte, dass er sich menschlich gezeigt hatte. Er hatte darüber nachgedacht und überall versucht, die Arbeiter von den schlechten Meistern w e g z u h o l e n Das war sehr menschlich von ihm. Immer, wenn wir nachts arbeiteten, hatten wir auch einen sehr guten Obermeister. Er war sehr menschlich. Er war immer sehr schnell und flott und rannte immer hin und her. Eines Tages stellte er sich hinter mich und wartete, bis ich meine Schraube fertig gedreht hatte. Er fragte mich, was ich morgen machen würde. Ich sagte, „morgen ist Sonntag, morgen habe ich frei". Er fragte mich, ob ich Lust hatte, ihm im Garten zu helfen. Ich sagte ihm, das würde ich ganz gerne machen. Wir haben uns dann abgesprochen, wann und wo. Das war eine Siedlung, die extra für die Meister gebaut war. Sie war unmittelbar beim Lager. Ich ging am Sonntag auch hin. Ich habe etwas umgegraben und alles gemacht, was er von mir verlangte. Es dauerte nicht lange. Sie haben mich dann gleich zum Frühstück eingeladen. Die Frau des Meisters hat sich auch sehr herzlich zu mir gezeigt. Ich war den ganzen Tag dort und habe Mittagessen und Zwischenmahlzeiten bekommen. Abends bin ich dann wieder ins Lager gegangen. Die ganze Familie saß beim Essen am Tisch. Ich bekam mein Essen zwar auf der Küchenzeile, aber auch dasselbe, was der Meister bekam, ohne Ungerechtigkeit. Normalerweise hätte man denken können, der Pole bekommt etwas Schlechteres. Ich war dann eigentlich auch ganz froh, dass ich nicht mit am Tisch saß. Ich hätte mich in meiner Arbeitsbekleidung schlecht dabei gefühlt, ich hätte mich geniert. Die, die am Sonntag arbeiteten, hatten eine Sondergenehmigung, so genannte gelbe Zettel. Sie mussten die abgeben. Eines Tages hatte ich kein Brot, es war ja für fünf Tage gedacht. Manchmal aß man davon doch etwas mehr. Dann war es nach drei Tagen weg und die restlichen Tage musste man ohne Brot arbeiten. Als ich am Sonntag zum arbeiten kam, musste jeder seinen gelben Zettel darauf legen. Ich empfand einen Widerwillen und schmiss meinen Zettel darauf. Ich sagte, ich würde nicht arbeiten an diesem Sonntag. Der Meister kam auf mich zu. Er schrie nicht, aber er sagte mir: „Pass mal auf, du bist der Gefangene, es ist Krieg. Da musst du arbeiten!" Das erleichterte mich irgendwie. Ich sagte, ich hätte es jetzt verstanden. Ich hatte Glück, denn wenn ich einen anderen erwischt hätte, hätte er mich womöglich gehängt oder zu Tode geprügelt. So arbeitete ich, aber ich hatte ganz große Angst, ob das nicht Folgen nach sich ziehen würde, dieser Widerstand. Ich kam am Montag normal in die Arbeit. Den ganzen Tag war nichts, der Meister rannte immer nur vorbei und sprach kein Wort mit mir. Da hatte ich natürlich Angst, dass ich verprügelt werden würde. U m 18 U h r heulte wieder die Sirene, die den Schluss der Arbeit anzeigte. Es passierte nichts, aber ich hatte immer noch große Angst, dass es vielleicht am nächsten oder übernächsten Tag kommen würde. Meine Kollegen sagten, für diese Taten wartet zumindest der Knast auf dich. Noch Schlimmeres haben sie zu mir
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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gesagt und mich erschreckt. Die nächsten paar Tage verliefen ohne irgendwelche Folgen oder Konsequenzen. Am Mittwoch kam dann der Meister und legte mir in die Schublade zwei Brotscheiben. Er sagte, die seien für mich. Da war ich natürlich sehr erleichtert, denn da war ich sicher, dass ich nicht ins K Z musste oder verprügelt werden würde. Ich war sicher, dass der Meister mich nicht verpetzt hatte und nirgendwo etwas weiter gesagt hatte. Die Meister, die gerecht waren hatten genauso Angst, weil sie gute Menschen waren. Wenn er etwas gesagt hätte oder jemand hätte beobachtet, dass er mir behilflich war, wäre er genauso bestraft worden. Er erwähnte auch das KZ-Lager, das hatte mit dem Regime zu tun. Das Lager wurde schon vor dem Krieg erbaut und es wurden auch eigene Leute dort hingeschickt. Die meisten hatten ganz gewiss Angst. Haben denn im Dürrerhof oder nach der Evakuierungnn aus Buchenwald gearbeitetf
auch
KZ-Häftlinge
Nein. In den Fabriken habe ich keine KZ-Häftlinge gesehen, bis auf diesen einen, dem die Flucht gelungen war. Er hatte früher im Krematorium gearbeitet, drei Monate lang. Er war Schlesier und konnte Deutsch. Vielleicht haben KZ-Häftlinge in der Fabrik gearbeitet, aber nicht mit den Zwangsarbeitern. Bis auf diesen Schlesier eben, der dazugekommen war. In der Freizeit durfte man das Lager verlassen und das machten wir auch durchaus. Ich wollte natürlich möglichst viel rausgehen, weg vom Lager, weg vom Arbeiten und weg von diesen schrecklichen Dingen, die ich dort gesehen hatte. Das durften wir auch machen. Natürlich mussten wir diesen P-Buchstaben immer tragen. Ansonsten gab es für uns keine Probleme, hinauszugehen. Auf dem Weg zur Innenstadt gab es eine kleine Backstube. Dort haben sie Brot verkauft. Die Verkäuferin war eine ältere Dame. Ich dachte mir, vielleicht gibt sie mir etwas. Ich wartete bis alle Kunden weg waren und fragte sie, ob sie ein altes Brot zu verkaufen hätte. Sie sagte, nein, leider gäbe es heute nichts. Ich fasste das als Einladung auf. Ich dachte mir, ich könnte an einem anderen Tag noch einmal nachfragen. Irgendwann bin ich also nochmals hingegangen und sie hatte tatsächlich noch ein Brot für mich. Ich zahlte ihr zwei Mark aber sie sagte, es wäre zuviel. Es war ein 2 Tage altes Brot, aber was bedeutet das, wenn man Hunger hat? Das Brot hält ja auch länger. Ich war vielleicht vier oder fünf Mal dort und sie hatte jedes Mal ein Brot für mich. Eines Tages kam ich wieder dorthin und hoffte Brot zu bekommen. Da sah ich, dass etwas nicht stimmte. Sie zitterte und war irgendwie außer sich. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte und fragte lieber nicht mehr nach Brot. Vielleicht hatte uns jemand beobachtet. Nicht dass sie denunziert werden würde. Ich ging nicht mehr dorthin, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
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Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Haben Sie Lohn
bekommen?
Wir bekamen tatsächlich eine Entlohnung für die Arbeit. Die war aber ganz gering. Die jungen Menschen bekamen die Hälfte von dem, was die Erwachsenen erhielten. Die Alteren bekamen zum Beispiel 140 Mark. Ich habe nur die Hälfte davon bekommen. Davon musste ich mir die Lebensmittelmarken besorgen und die Unterkunft bezahlen. Das kostete schon einmal 9 0 % von meinem Lohn. Es blieb fast nichts übrig. Es war vielleicht für Briefmarken noch etwas übrig.
Sie mussten für das Lager, das Wohnen und Essen, auch noch bezahlen ? Ja, das was ich verdient habe, musste ich dort ausgeben. Ich habe mich den anderen gegenüber auch benachteiligt gefühlt. Ich habe einen Deutschen, der die Maschinen einstellte, gefragt, warum ich so wenig bekommen würde. N e ben mir arbeitete doch einer, der genau soviel produzierte wie ich. Warum bekam ich dann nur die Hälfte Lohn? D e r Deutsche führte mich zu einer Stube. D a wurde die Lohnsteuer berechnet und das alles. E r protestierte und fragte, warum der junge Mensch hier soviel arbeiten müsse und sowenig dafür bekäme. Die anderen würden genauso viel arbeiten und bekämen doppelt so viel. Sie haben ihm dann erklärt, das wäre der Jugendlohn, weil ich noch so jung sei. Das könnten sie auch nicht ändern. Aber es war sehr wichtig für mich, dass der Deutsche mich in Schutz genommen hatte. Ich habe öfter einen Aufstand gemacht und protestiert. Ich habe immer nachgefragt. Natürlich habe ich erst später erkannt, was das für Konsequenzen hätte haben können. Es war leichtsinnig. Hätte ich andere Menschen erwischt, hätte es sehr schlimm enden können. Ich habe da noch eine Anmerkung. Es gab wahnsinnig viele Läuse und Wanzen. Man konnte sie abstreifen, so viele waren es. Einmal im Jahr wurde eine Entlausung durchgeführt. Das nützte natürlich nichts, weil wir ja immer dieselben Betten hatten. Die waren voll mit diesen Nissen und kleinen Larven. Das war so schlimm, sehr sehr schlimm. Zum Waschen gab es nur einen kleinen Raum, in dem es nur kaltes Wasser gab. Ich habe mich jeden'Tag gewaschen. Man konnte sich in bestimmten Geschäften, wenn man auf dem Weg nach Eisenach war, Zahnseife zum Zähneputzen kaufen. Ich habe das auch zur Körperhygiene benutzt, denn für Seife hatte ich kein Geld mehr übrig.
Wurden Sie in Bad Liebenstein von den Amerikanern
befreit f
Ja, die Amerikaner haben uns befreit. A m 8. oder 9. Mai war das. Es hat sich nicht viel geändert. Dieselbe Kantine und dasselbe Essen. Später bekamen wir auch Päckchen von den Soldaten. Sie hatten sich nämlich verrechnet, sie dachten, der Krieg würde länger dauern. Sie hatten zu viele von diesen Päckchen. Die waren eigentlich für vier Soldaten gedacht, aber sie waren übrig ge-
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
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blieben. S o gaben sie es den H ä f t l i n g e n . D a r i n war S c h o k o l a d e , R o s i n e n , K o n d e n s m i l c h und auch Zigaretten und W ü r s t c h e n in S o ß e . D a s war s c h o n sehr nahrhaft und einmal etwas anderes. Ich k o n n t e aus verschiedenen G r ü n den erst im A u g u s t nach H a u s e z u r ü c k k e h r e n , z u m einen weil die Gleise kaputt w a r e n . Viele marschierten ja auch zu F u ß nach H a u s e . Sie haben aber nie ihr Ziel erreicht. E s gab viele B a n d e n , die sie wahrscheinlich u m g e b r a c h t haben. D i e R u s s e n dachten, die Z w a n g s a r b e i t e r hätten in d e m H i t l e r - R e g i m e mitgearbeitet und wir w u r d e n natürlich als K o l l a b o r a t e u r e b e z e i c h n e t . Sie verstanden nicht, dass wir zwangsweise d o r t hingebracht w o r d e n w a r e n . Vielleicht wollten sie es nicht verstehen.
Das Lager, in dem Sie untergebracht es Wachleute?
waren, zvar ja nicht umzäunt,
aber
gab
N e i n , das w a r nicht so richtig b e w a c h t . F l u c h t v e r s u c h e gab es auch nicht. M a n w u r d e natürlich überall e r k a n n t . S c h o n an der A r b e i t s k l e i d u n g o d e r am G e s i c h t . D a s w a r e n kleine O r t s c h a f t e n , dort k a n n t e jeder jeden. F r e m d e G e sichter hätte man gleich erkannt. Z w e i bis drei Tage hätte man sich vielleicht dort verstecken k ö n n e n , aber keiner hat es versucht. E s w a r einfach nicht machbar, die 7 0 0 k m nach P o l e n zu fliehen.
Waren denn in der Fabrik
Wachleute?
E s gab nur einen in U n i f o r m , der alles verwaltete und der am meisten zu sagen hatte. D e r U n i f o r m i e r t e w a r ein S S - O f f i z i e r mit dem T o t e n k o p f auf der U n i f o r m . E r sollte die ganze F a b r i k im A u g e behalten. E r hat das G a n z e verwaltet. W i r hatten eine irrsinnige A n g s t v o r ihm. D a s B l u t gefror uns, w e n n w i r ihn sahen. D a gab es keine G n a d e . E r hatte sein B ü r o in der F a b r i k hinter G l ä s e r n , ein halbes S t o c k w e r k h ö h e r etwa. E r muss ziemlich einflussreich gewesen sein, weil er auch die Papiere v o m A r b e i t s a m t bewilligen musste. E r musste sich all das näher ansehen, all diese Verwaltungssachen. E r hatte aber mit den A r b e i t e r n und uns eigentlich nichts zu tun. D e r O b e r i n g e n i e u r der F a b r i k w a r in Zivil. D i e anderen M e i s t e r w a r e n alle nicht uniformiert. Alle M e n s c h e n d o r t hatten sich m e h r oder weniger angepasst. J e d e r versuchte, nicht anders zu sein und nicht aufzufallen. S o n s t wäre man bestraft w o r d e n . M a n musste sich am R i e m e n reißen. W i r haben uns allerdings zwei Mal erlaubt, Widerstand gegen etwas zu zeigen. W i r hatten aber G l ü c k , dass es keinen von uns erwischt hat, dass die betreffenden P e r s o n e n Verständnis hatten.
Fällt Ihnen denn noch irgendeine
Episode ein, die Sie noch erzählen
möchten ?
In unserer Freizeit haben viele K a r t e n gespielt. Ich habe mich daran nie beteiligt, ich finde das s c h l i m m . D i e L e u t e die d o r t spielten, haben ihr G e l d ver-
400
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
spielt, Uhren, Gürtel und alles was sie hatten. Das Spiel hatte eine starke Anziehungskraft. Das war so schlimm. Sie haben dort geraucht, sie haben gerauft, sich geschlagen, wenn einer betrogen hat, zum Beispiel. Das hat mich sehr abgestoßen. Jedes Mal bin ich aus dem Lager gegangen und habe im Freien Zuflucht gesucht. Deshalb ging ich überhaupt oft weg und war sehr oft in der Stadt unterdessen. Im Lager herrschte keine gute Atmosphäre. Es wurde immer gespielt und geraucht. Das hat mich erschreckt und ich wollte dort weg. Weg von diesen Menschen. klaren Sie in dieser Zeit sehr einsam ? Die Jüngsten von uns haben eine Art Gemeinschaft geschlossen. Wir waren vielleicht drei sechzehnjährige Burschen und haben zusammengehalten. Wir haben uns ganz gut verstanden. Es gab einen älteren Herrn dort, der nicht lesen und schreiben konnte. Der ältere Mann bat mich dann einmal höflich, einen Brief für seine Frau zu schreiben. E r konnte nicht schreiben. Das war natürlich eine sehr peinliche Angelegenheit. Da hätte er nicht irgendeinen bitten können, sonst wäre er noch ausgelacht worden. Ich sagte natürlich zu und fragte, warum er das nicht eher gesagt hätte. Ich hätte das mit dem größten Vergnügen für ihn getan. Bis zum Schluss habe ich Briefe für ihn geschrieben. Die, die er von seiner Frau bekam, habe ich ihm vorgelesen. Man hat sich also gegenseitig
geholfen
f
Ich war zwar der Jüngste, aber ich wurde anerkannt. Keiner hat mir etwas Boshaftes angetan oder gesagt. Es sind aber auch unangenehme Sachen passiert. Die Zwangsarbeiter unter sich haben nicht nur gerauft und sich geschlagen. Sie haben auch geklaut. Es passierten wirklich sehr unangenehme Sachen. Anstatt miteinander zurecht zu kommen und zusammenzuhalten, haben sie sich am anderen bereichert. Das war sehr schlimm und verletzend. Die Leute waren natürlich auch durch die Situation bedrängt. Aber das Problem war vielschichtiger es kam alles zusammen: zum einen die verschiedenen Mentalitäten der einzelnen Menschen, dann aber auch Klassen- und Kulturunterschiede, wenn man es so ausdrücken will. Eine Sache war auch, dass sich die kriminell oder brutal Veranlagten nicht in die bessere Richtung entwickelt haben. Die, die besser, edler, waren, haben immer weggeschaut und den Kontakt gescheut. Sie hatten Angst, genauso zu werden. Bildeten
sich im Lager auch Hierarchien
?
Nein, das gab es nicht. Alle mussten genauso Hunger leiden wie die anderen und dieselben Arbeiten verrichten. Von daher gab es keinen großen Unterschied. Wir waren immer so hungrig. Während der Arbeit dachten wir auch
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
401
ständig an Essen. In der Fabrik roch es nach verschiedenen Metallen oder Ölen, Abgasen, also Gerüche, die nur in einer Fabrik entstehen können. Wir suchten uns unter diesen Fabrikgerüchen eine Note, die nach Torte roch oder nach Braten. Das stellte man sich so vor. Man war einfach so hungrig, so dass man sich das bei diesen ekligen Gerüchen vorstellen konnte. Hatten
Sie mit ukrainischen
Zwangsarbeitern
Kontakt?
Wir hatten zwar kein Verbot, uns mit anderen Nationen zu befreunden, aber die ukrainischen Frauen waren sehr verschüchtert. Wir haben sie als sehr komisch empfunden. Man konnte mit ihnen nicht reden. Man konnte sich mit ihnen nicht so richtig unterhalten. Sie antworteten immer ganz knapp und nüchtern mit „ja" und „nein". Es gab eine, die gleich nebenan arbeitete. Aber nach der Arbeit gab es keinen Wortwechsel, nur das, was man unbedingt brauchte. Sie wollten keine Kontakte. Sie schämten sich wahrscheinlich, hinauszugehen, weil sie immer diese Tücher trugen. Die Röcke reichten bis zum Boden. Das wurde als komisch empfunden. Es gab einige, die mit uns getauscht haben. Aber es gab keinen Kontakt außer dem Tauschen. Es gab überhaupt kein Gespräch, gar nichts. Die Frauen wohnten alle im selben Lager. Die Männer wohnten aber auch hier bei uns in den Baracken. Ukrainische Frauen gab es viele. Vielleicht
hatten sie einfach
auch Angst vor den
Männern?
Sie haben sich einfach isoliert. Es ging nicht nur um gewisse Annäherungen. Wir wollten einfach nur reden. Wenn es „Nein" hieß oder wenn ein gewisser Abstand da war, haben wir das auch nicht mehr versucht. Einige hatten auch mit verschiedenen Männern Liebesaffären, zum Beispiel mit den Franzosen. Aber nicht alle. Von daher glaube ich nicht, dass sie Angst vor den Männern hatten. Sie haben sich einfach isoliert. Sie wollten sozusagen keine Annäherung. Was denken insgesamt
Sie, wie viele Zwangsarbeiter gearbeitet?
haben
denn ungefähr
in
Dürrerhof
Das war eine relativ kleine Fabrik. Aber es dürften ungefähr 6000 gewesen sein. Nicht so ganz viele vielleicht. Wurde die Fabrik bei dem Bombardement Arbeiter auch in andere Orte evakuiert Dürrerhof gearbeitet?
total zerstört? Wurden die anderen oder haben manche weiterhin in
Die ganze Fabrik wurde total bombardiert. An jenem Tag haben wir nicht gearbeitet. Wir wurden nach Eisenach gebracht. Es war ein so genannter Ge-
402
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
sundheitstag, da wurde gebadet und entlaust und alles Mögliche. Keiner von uns hatte Schaden genommen oder wurde irgendwie verletzt. Es wurde total bombardiert. Wir sollten uns in den Bunkern verstecken, aber ich und mein Freund taten das nicht. Wir beobachteten alles. Von Α bis Ζ habe ich alles beobachten können. Dieses Flugzeug, das die Bomben enthielt, war in der Mitte. Andere Flieger flankierten dieses große Flugzeug und so konnten sie alles bombardieren. Das ging Tag und Nacht. Tagsüber hatten die Amerikaner die Sache im Griff und die Engländer machten das in der Nacht. Das Interessanteste daran war, dass das Lager fast unmittelbar neben dem Fabrikgebäude lag. Es wurde keine einzige Baracke verbrannt, nichts. Auf alles wurde gezielt, die Fabrik und die Arbeitshallen wurden zerstört. Aber die Baracken sind stehen geblieben. Sie haben es wahrscheinlich ganz gut berechnet, wo sie die B o m b e n fallen lassen sollten. An diesem Tag hatte ich Nachtschicht. Die haben die ganze Fabrik schon tagsüber vollständig zerstört. Wahrscheinlich wäre ich also sowieso verschont geblieben, weil ich Nachtschicht hatte. Es war wirklich ein ganz großes Glück. Tagsüber kam Bombenalarm. Viele Maschinen, fast alle, wurden auch noch während des Bombardements weggebracht, die Arbeiter auch. Es gab ein paar Leute, vor allem Italiener, die diese schlimmste Arbeit tun mussten. Sie waren sehr verhasst. Man übte Rache an ihnen. Sie waren die Soldaten, die Verrat begangen hatten, sie mussten also die schlimmste Arbeit verrichten. Die Maschinen waren ja eingemauert, weil sie sich natürlich sehr schnell drehten, damit sie nicht beben. Als sie die Maschinen wegbringen wollten, mussten die Italiener diesen Schutt wegmachen. Dabei wurden sie dann von den B o m b e n getroffen. Viele von ihnen kamen ums Leben, bis auf ein paar, vielleicht gerade mal 100 Menschen.
Und so wurde auch Ihre Maschine gerettet f Ja. D a drin hatte ich auch eigenes, privates Werkzeug. Das blieb dann auch dort. Ich habe mich mit der Maschine sehr gut ausgekannt. Ich holte mir zum Beispiel Bronze oder ähnliches Edelmaterial. Daraus machte ich Ringe, perfekt gedreht und mit einer Feile zurecht gefeilt. Die habe ich dann gegen B r o t getauscht. In jeder Maschine gab es eine Kammer mit Kühlwasser. D a hatte ich auch Messstäbe und verschiedene andere Werkzeuge eingetaucht, denn ich durfte mir das Werkzeug nicht jedes Mal neu holen. Das war mein ganzes Eigentum. Wieviel B r o t habe ich damit verdient.
Wussten Sie auch, dass die Bayerischen Flugmotorenwerke großes Werk hatten und in München?
in Spandau ein
Ja. In Spandau wurde auch bombardiert. Zum großen Teil wurden die Maschinen und Menschen danach nach Eisenach gebracht. Auf diese Weise kamen viele Informationen zu uns. Diese Informationen haben uns auch positiv gestimmt. Wir sprachen nur davon, wir hatten keine Bücher und Zeitungen.
D o k u m e n t a t i o n : Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
403
Es gab kein Radio u n d nichts. Z u m Schluss haben wir geahnt, dass es bald zu E n d e gehen wird. Fast jeden Tag gab es Bombenangriffe u n d auch die Leute kamen gruppenweise von woanders her. Wir haben ein baldiges Ende vermutet.
404
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Zeitzeugeninterview mit Olena Bergmanova, *1925, Trebic (Tschechische Republik), 17. 9.-21.9. 2001 (Constanze Werner, Dolmetscher: Milos Uher) Ich wurde in Kabiz geboren, das ist ein kleines Dörfchen in Böhmen, im Gebirge im Nordosten Böhmens, an der Grenze nach Polen. Mein Vater war ein Staatsbeamter und wir mussten dorthin übersiedeln, wo sein Amt war. Wir wohnten in Jelowa, in Brünn, in Trebic, dann wieder in Brünn und in Trebic. In Trebic habe ich das Realgymnasium besucht. Im Jahre 1943 machte ich die Matura, die Hochschulen waren gesperrt. 1944 fuhr ich nach München. Das war ein Totaleinsatz für alle, die in diesem Jahr 24 Jahre alt geworden waren. Ich wurde in diesem Jahr 24 Jahre alt. In München war ich nur fünf Monate, unsere Baracken wurden total zerstört, uns blieb nur, was wir auf dem Leib hatten. Ich bin dann mit vier Freundinnen nach Hause gefahren. Dann blieb ich hier, im Protektorat Böhmen und Mähren und hatte dann wieder einen Totaleinsatz bei der Firma BMW, die ihren Hauptsitz in Brünn hatte. Danach war ich in Koszima, wieder bei der Firma BMW. Zwei Tage vor dem Luftangriff auf Koszima ging ich nach Usti nad Orlici, wieder zu derselben Firma, BMW, und dort blieb ich bis Februar 1945. Dann blieb ich in Trebic. In München war ich in der Kanzlei beschäftigt. Es war eine Kanzleiarbeit, es kamen Änderungen von Plänen, es wurde umregistriert, umgeschrieben, Zahlen wurden dazugegeben. Haben Sie Pläne von Motoren
geändert?
Ja, aber ich habe sie nicht gezeichnet, ich arbeitete in der Kanzlei. Es gab dort eine große Halle, wo die Maschinen standen. Viele Leute arbeiteten dort. Es gab auch junge Deutsche dort, die von der Front geflohen waren und als Sträflinge dort gearbeitet haben. Arbeiteten
diese Sträflinge auch in dieser
Kanzlei?
Nein, sie arbeiteten nur in der Fabrik mit den Maschinen. Sie kamen auch in die Kanzlei. Diese Männer waren 18, 19 Jahre alt. Da ich von meinen Eltern einige Sachen bekommen hatte, habe ich z.B. zwei jungen Männern, die zu mir kamen, ein paar Süßigkeiten gegeben. Sie haben den deutschen Soldaten etwas Essen
gegeben?
Ja, aber das war streng verboten. Haben Sie in Allach auch KZ-Häftlinge
gesehen?
Ja, viele. Sie kamen jeden Tag aus Dachau mit dem Zug zum Arbeiten.
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews Haben Sie dort auch russische Kriegsgefangene
405
gesehen ?
Ja, viele. Wurden Sie anders behandelt als Sie? Ja, sie wurden schlechter als wir behandelt. Es gab ein so genanntes Außenlager bei BMW. Es befanden sich Häftlinge in Dachau, die in diesem Außenlager arbeiteten. Sie wurden täglich durch eine Art Korridor aus Stacheldraht geführt und mit Pistolen und Gewehren bedroht. Falls sie Anstalten machten zu fliehen, wurden sie sofort erschossen. Es gab dort also sowjetische Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge Dachau und die deutschen desertierten Soldaten.
in dem
Lager
Ja, gegenüber unserer Baracke. Wir waren in der Baracke 10. Gegenüber von uns waren die SS-Häftlinge. Was die dort gemacht haben, war mir nicht klar. Es war dort immer beleuchtet. Das war in Karlsfeld. Auch die SS war wohl manchmal nicht zuverlässig. Wir haben gesehen, wie sie im Winter geübt haben, im Schnee. N u r leicht gekleidet mussten sie in den Schnee fallen und solche Sachen. Die Menschen, denen Sie geholfen haben, waren das SS-Leute oder Soldaten ? Die Wehrmacht meinte ich, aber ich weiß es nicht, ob es nicht doch SS-Strafgefangene waren. Wie haben Sie in München
gewohntf
In München wohnten wir in Baracken. Ich habe in Ludwigsfeld gewohnt. In Karlsfeld bei München war die Firma, in Allach. Zwölf Frauen waren in einem Zimmer. Es gab dort warmes Wasser, eine Zentralheizung und viele Wanzen, das war schrecklich. Ja, die Wanzen waren überall. In der Kantine waren Kundgebungen und auch unter diesen Papieren waren Wanzen. Sie mussten in den Baracken die Wanzen mit Gas vernichten. Wir mussten für zwei Tage übersiedeln wegen der Vergasung der Wanzen. Zwölf Stunden pro Tag haben wir gearbeitet. Wenn wir dafür Zeit hatten, gab es einen Tag in der Woche frei, und wir haben Ausflüge gemacht. Entweder Samstag oder Sonntag war frei. Ja, wir waren in der Partnachklamm in Garmisch-Partenkirchen, haben auch den Starnberger See und die Umgebung gesehen, es ist eine schöne Umgebung. Auch am Ammersee, Kochelsee und am Herzogstand waren wir. In dem Lager, in dem wir wohnten, waren tschechische Mädchen und viele Französinnen.
406
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Wohnten auch polnische
und ukrainische
Mädchen
dort?
Nein, die polnischen Mädchen waren an einem ganz anderen Ort. Und was haben
diese Frauen
gearbeitet?
Sie arbeiteten auch in der Kanzlei, aber wenn die Tschechen kamen, mussten die Polen weg sein. Also haben
die Polinnen
sozusagen
eine schlechtere
Arbeit
bekommen.
Ja, genau. Wo haben
Sie gegessen ?
Ich habe nicht in der Kantine gegessen, meine Eltern und die Eltern von Mira Vankova, einem Mädchen, schickten uns Pakete mit Nahrungsmitteln. Es gab ja dort Elektrizität und die nutzten wir und haben dort gekocht. Kaffee, Tee und so hatten wir leider nicht. Das Essen in der Kantine war schrecklich. Wir haben das nicht gegessen. Mira Vankova, meine Freundin, war bei beim Werkschutz beschäftigt. Und ber?
dann
sind
Sie nach
fünf
Monaten
zurückgekommen,
im
Septem-
Nein, im Juli bin ich zurückgekommen. Mir hatte die Gestapo damals ein Telegramm geschickt, dass ich sofort nach München zurückfahren müsste, sonst würde ich eingesperrt. Aber ich habe das bei B M W gemeldet und so blieb ich hier. Ich war drei Wochen in Weidenpflug beschäftigt, dann war es ruhig diesbezüglich. Ich war wohl ein Glückspilz, dass alles so passierte, wie es kam. Vielleicht war es nicht so streng, weil ich ein Mädchen war. Sie sind regelrecht
geflohen,
einfach
gegangen ?
Es war nicht einfach. Meine Freundin war ja beim Werkschutz beschäftigt. Ich war in der Kanzlei und so hatten wir den Briefkopf der Firma. Wir nahmen den und haben darauf geschrieben, dass wir sehr bombengeschädigt wären und bis auf Weiteres Urlaub hätten. Sie haben sich also selber einen Urlaubsschein zurückgekehrt?
ausgestellt
und sind nach
Brünn
Ja, wir hatten ja den Werkschutzstempel. Das war eine große Ausnahme.
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Sie haben das nach einem Fliegerangriff Brünn oder wohin gingen Sie dann?
407
gemacht - danach waren Sie in
N a c h K o s c h i m a und G u r e i n .
Also sind Sie im Juli nach Gurein
gegangen.
D a s ist eine tschechische Stadt, der N a m e ist erst im Krieg entstanden, da w u r d e n alle O r t e u m b e n a n n t . Zuerst war ich in B r ü n n beim A r b e i t s a m t , sie wiesen mich der F i r m a K l ö c k n e r - D e u t z zu. In B r ü n n w a r das D i r e k t o r i u m und in K u k u z i n - in G u r e i n gab es eine F a b r i k , in der man dieselben M o t o ren wie in M ü n c h e n baute, für den B M W 801.
Sie sind dann einfach in das Direktorium bin ich ?
in Brünn gegangen und sagten: Hier
In K u s c h i m a w a r ich 14 Tage lang. Z w e i Tage v o r dem A n g r i f f ging ich nach U s t i nad O r l i c i , das w a r bei der Fa. K l ö c k n e r . O r l i c i ist ein Fluss.
Das ist der Ort, von dem Sie ursprünglich herkamen ? I c h h a b e in K u s c h i m a gearbeitet, nicht in der Kanzlei, aber in K u s c h i m a und U s t i nad O r l i c i , jeweils z w ö l f S t u n d e n am Tag.
In Usti nad Orlici gab es auch die Firma
Klöckner?
J a die F a b r i k hieß K l ö c k n e r . I c h hatte dort eine B e k a n n t e und w o h n t e bei ihr. Bis z u m E n d e des Krieges war ich dann dort. Z w e i M o n a t e später w a r ich dann zu H a u s e .
Haben Sie denn das Gefühl, dass diese Fabriken auch richtig gearbeitet haben ? Es war ja schon zum Ende des Krieges - wurde dort noch richtig produziert? E s w a r s c h ö n z u m E n d e des Krieges, w i r hatten k a u m n o c h A r b e i t .
In München wollte man zunächst, dass Sie dorthin zurückkehren dem Werk hier wurden Sie weiter beschäftigt?
- aber in
Ja, sie w o l l t e n das. A b e r ich bin nicht z u r ü c k g e k e h r t , ich blieb hier. Ich habe m i c h s o f o r t beim A r b e i t s a m t gemeldet, das w a r es wahrscheinlich. Es w a r m ö g l i c h , dass einige ihre Situation dadurch verbessern k o n n t e n , dass sie hierher flohen, in das P r o t e k t o r a t , dann ü b e r die G r e n z e gingen und in einer kleineren Stadt, also in W i e n , bei einem B ä c k e r beispielsweise gearbeitet haben. Weil sie nicht im P r o t e k t o r a t zu finden waren, hat man sie nicht gefunden,
408
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
dass heißt, sie hatten keine Probleme. Man musste wissen, wie man es „klug anzustellen" hatte. Die meisten
sind aber dann doch wieder
eher in Richtung
Heimat
gegangen?
Ja, aber zu Hause zu bleiben, war fast unmöglich. In Gurein waren Sie ja nur einige Tage, sagten Sie? Können was erzählen, beispielsweise wie viele Leute dort gearbeitet
Sie dazu noch ethaben und was?
Die Fabrik dort war sehr groß. Dort war ich mit meiner Freundin, mit der ich nach Trebic gefahren war. Wir bekamen Urlaub und sind nach Neumarkt gefahren, dort hatte ich Verwandte und blieb über Nacht. Morgens sind wir dann früh über die Grenze - über Genion(?) - dann fuhren wir mit dem Zug nach Trebic. Beim Zurückfahren haben wir dem Kontrolleur Zigaretten gegeben, so wurde uns das ermöglicht. Aber wir hatten Verspätung - ich kam einen halben Tag zu spät in die Arbeit. Mein Chef hat mich durch das Fenster gesehen und er rief mich und sagte mir, dass ich nicht zu ihm gekommen bin. Ich musste dann eine Strafe über fünfzig Mark zahlen und mich entschuldigen. Waren die Meister in Gurein und Usti nad Orlici
Deutsche?
Ja, es waren Deutsche. Wurden in beiden
Werken Teile für den BMW-801-Motor
hergestellt?
Ja, das war in allen Werken. Es gab in Deutschland mehrere Werke, in Eisenach, in Berlin-Basdorf, Spandau und Zühlsdorf. In Osterreich gab es Betriebe, die zwar nicht den Namen BMW trugen, aber doch für BMW tätig waren. In Österreich
auch?
Ja, in Osterreich auch. Es gab auch Werke in Kempten, in Immenstadt, in Zusammenarbeit mit der Firma Nüral, das steht für Nürnberg Aluminiumwerke. Dann gab es die neuen Werke am Ende des Krieges, wie zum Beispiel in Waldkirch und im Eisass. Wir bekamen von der Firma Nüral auch Pläne über die Aluminiumbestandteile des Motors. Und hier in Tschechien Kuschima?
waren
es also unter dem Namen
Klöckner
Gurein,
Ja, Gurein, Brodeck und Iglau. In Brünn war das Direktorium und in Kuschima war die Fabrik. BMW selbst war in Altenberg. Das weiß ich darum, weil wir die Pläne aus der Fabrik bekommen haben.
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews Zeitzeugeninterview mit J o h a n n D e n k , : : '1913, B M W - A r b e i t e r , Fräserei Allach, 12. 3. 2001 ( C o n s t a n z e Werner, H e l m u t Schubert)
Wie sind Sie denn zu BMW
Esterhofen,
409 ehemaliger
gekommen?
A l s o ich war im Russlandfeldzug und bin im September 1943 entlassen w o r den. I c h war Soldat und dann b e k a m ich eine Mittelohreiterung und kam nach Hause ins Lazarett. D a n n wurde ich dienstverpflichtet zu K r a u s s - M a f fei. D o r t wurde ich umgelernt als Bohrwerksdreher. D a war ich drei M o n a t e .
Was hat Krauss-Maffei
damals
gebaut?
L o k s und Panzer. Mein Bruder war auch da. D e r machte zwei J a h r e lang nur Schrauben für die Panzer, dann hieß es, wir brauchen Flugzeuge. D a n n wurde ich zu B M W versetzt nach Allach.
In welcher Abteilung waren Sie da? Ich war in der U - H a l l e beim Werkzeug- und Vorrichtungsbau als Fräser.
Wissen Sie noch Namen ? Ich weiß bloß noch, dass der O b e r m e i s t e r W e b e r hieß. D a n n hatten wir n o c h einen ganz Gescheiten, der war Einsteller und konnte alles, auch die Winkelberechnungen für die Fräser und solche Sachen. D e r hieß Kaiser.
Was hatten Sie dort für
Arbeitstage?
N a ja, von 6 bis 18 U h r eben mit Mittagspause und einer halben Stunde B r o t zeit.
Und wo haben Sie dann gewohnt? In Esterhofen bei meinem Schwager. Ich bin mit der B a h n bis Karlsfeld gefahren. Vor dem Krieg fuhr ja da die B a h n durch und als der Krieg anfing, wurde sie eingestellt. D a n n musste man vom B a h n h o f herunterlaufen. Wir mussten einen bestimmten Weg gehen. Ich durfte auch nie in eine andere Halle gehen. Das war ganz streng, man durfte nur mit Ausweis irgendwo hinein. W i r hatten einen polnischen Elektroingenieur, das war auch ein ganz Gescheiter. D e r hatte einen Ausweis und durfte im ganzen Werk herumgehen. E r hatte einen Sonderausweis. Wir mussten unseren Ausweis abgeben, wenn wir in unsere Halle kamen. Ich habe überhaupt nichts gesehen. Ich habe die ganze Zeit keinen F l u g m o t o r gesehen.
410
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
Also Sie waren in Ihrer Bewegungsfreiheit
eingeschränkt ?
Ja, wir haben auch nicht gewusst, dass da draußen in den Lagern K Z - l e r waren. I c h habe bei B M W nie einen K Z - l e r gesehen. A b e r Kriegsgefangene, die haben bei uns gearbeitet. Russen, F r a n z o s e n und Polen waren in meiner A b teilung, in der Fräserei.
Hatten sie die gleichen Arbeitsbedingungen
wie Sief
Sie bekamen das gleiche Essen wie wir. Sie hatten die gleichen B r o t z e i t e n und die gleiche Arbeitszeit.
Und wo haben sie gewohnt, in Lagern? D a s weiß ich nicht.
Haben Sie denn mit ihnen
geredet?
J a natürlich. Wenn wir etwas wissen wollten, haben wir die Gefangenen gefragt. D i e wussten alles v o m Ausland, die haben uns jedes Mal gesagt, was los war und w o die D e u t s c h e n waren. D i e wussten besser Bescheid über den Krieg als wir. W i r hatten so ein gutes Verhältnis zu ihnen. D e r F r a n z o s e und der Russe waren ausgebildete Fräser, die k o n n t e n alles.
Also das waren Fachleute mit Ausbildung. Ja, und der P o l e hat nicht richtig gespurt, der war ein bisschen bockig.
Bekamen sie auch die gleiche
Bezahlung?
D i e Bezahlung, das weiß ich nicht. A b e r das Essen und so war ganz das G l e i che wie für uns. U n s e r C h e f v o n der Fräserabteilung hat immer gesagt: D i e Leute müssen arbeiten, die müssen auch etwas im Magen haben. Es waren ja auch gute Leute. E s war schon bekannt, dass wir mir den Gefangenen guten K o n t a k t hatten und dass wir ihnen auch etwas z u k o m m e n ließen. Z u m B e i spiel mein Schwager und ich haben nicht geraucht. D e n ganzen Tabak habe ich meinen Gefangenen zugesteckt. M a n c h m a l wurde ich auch erwischt. U n d einmal ist es dumm ausgegangen und sie wurden daraufhin nach Immenstadt, glaube ich, verlagert. D i e guten Leute und die guten Maschinen wurden dorthin verlagert. A u c h der O b e r m e i s t e r W e b e r und der Kaiser F r a n z gingen mit. D a s war ein J a h r vor Kriegsende ungefähr. Alle guten L e u t e ! Ich hatte G l ü c k , dass ich den F r a n z o s e n und den Russen hatte, die alles k o n n t e n , denn ich war auch nur ein Angelernter. Ich arbeitete vor dem Krieg, bevor ich einrücken musste, auf einem biologischem L e h r h o f . D e n n wir arbeiteten damals schon
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
411
biologisch. Das ist nichts Neues. Die biologische Wirtschaftsweise ist ein Schweizer Patent. Dann musste ich nach Rosenheim und wurde von dort aus eingezogen, als der Krieg anging. Dort wurde ich sechs Wochen lang militärisch ausgebildet. Also, nach dieser Verlagerung 1944, standen man einfach die Kapazität erweitert?
danach
die Hallen
leer oder
hat
Nein, es war eben weniger darinnen. Aber wir bekamen dann noch mehr Russen und ein paar Deutsche, die fast nichts konnten oder auch nicht wollten. Das waren meistens Leute aus der Umgebung. Altere Leute um die 45, die den Beruf gelernt hatten. Keine Angelernten. Es gab Betriebsstilllegungen. tung eingesetzt.
Und die Belegschaften
wurden dann in der Rüs-
Ja, bei B M W oder in den Rüstungsbetrieben von Krauss-Maffei. Die Landmaschinenbetriebe hatten damals noch offen. Für die mussten wir einiges machen. Wenn ein Häcksel irgendwo kaputt gegangen war. Dann suchte der Innungsobermeister Kontakt mit dem Chef von BMW, ob er dieses oder jenes Stück machen darf. Das ist aber schwarz gewesen, nicht legal, unter der Hand. Aber der Chef hat es gewusst. Dann haben wir eben das Stück gemacht. Ich musste öfters etwas machen, Zahnräder für Häcksel. Man bekam ja nichts mehr, denn die Landmaschinenfabriken waren fast alle geschlossen. Das hat man halt so hintenherum gemacht. Zum Hinausbringen brauchte man dann einen Passierschein, dass man das Stück rausbringen konnte. Das wurde in der Nachtschicht gemacht. War das wechselnd
eine Woche Tag, eine Woche
Nacht?
Ja, wechselnde Nachtschichten. In der U-Halle wurde immer gearbeitet. Was war alles darin ? Also die Fräserei, Dreherei, Härterei, Schleiferei und die Elektroabteilung für den ganzen Betrieb, zum Maschinen anschließen. Im letzten halben Kriegsjahr wurde aber fast nichts mehr gearbeitet. Seit Anfang 1945 ist gar nichts mehr gearbeitet worden, die Maschinen wurden gar nicht angeschlossen. Dann waren da so komplizierte Maschinen dabei, die nur der polnische Ingenieur anschließen konnte. Wenn er zuviel Arbeit hatte, dann standen die komplizierten Maschinen 14 Tage bis drei Wochen da, ohne zu laufen, weil sie nicht angeschlossen waren. Der war sehr gescheit, aber auch frech. Der hat sich vom Chef nichts sagen lassen, aber sonst war er ein netter Kerl. In der Nachtschicht haben die Gefangenen nebenbei ge-
412
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
bastelt, haben Fingerringe und K r e u z e aus Abfällen gemacht und verschachert.
Wurden auch Zwangsarbeiter ben oder so was?
dafür bestraft, dass sie Schmuck gemacht
ha-
I m W e r k ist nur einmal etwas passiert. D a s war nach der Auslagerung nach Immenstadt, als unser Obermeister, ein feiner Kerl, mitgehen musste. D a nach bekamen wir einen S S - O f f i z i e r in die Dreherei.
Was hatte er für
Aufgaben?
E r war Meister in der Dreherei. E r hatte das vielleicht vorher gelernt, vielleicht. E r k o n n t e gar nichts. 60 P r o z e n t Ausschuss hatte er in seiner A b t e i lung. U n d davor war es ein Superbetrieb, ein Vorbild. Ich in der Fräserei hatte 2 P r o z e n t Ausschuss. E r erwischte mich dann einmal, wie ich einem G e f a n genen Tabak gab, und dann hat er mich angezeigt. „Sie k o m m e n auch zu den K Z - l e r n ! " sagte er. D a n n kam der C h e f der Halle und fragte: „Was wollen Sie? 6 0 % Ausschuss! D e r D e n k macht 2 P r o z e n t . " E r hat ihn so fertig gemacht. D e r andere war so, dass er die Gefangenen mit dem B l e i h a m m e r schlug und alles Mögliche. D a s war eine Bestie, zwei M e t e r lang und ein brutales Aussehen kam auch n o c h dazu. M a n kann sich nicht vorstellen, wie grausam der war. Ich hörte später, dass sie ihn erschlagen haben bei Kriegsende.
Haben Sie noch andere derartige Vorfälle erlebt? Ich habe nur n o c h einen erlebt bei der N a c h t s c h i c h t , als ich heimging. D a führten zwei SS einen hinaus, einen Gefangenen, sie traten ihn mit den F ü ßen. E r sollte wieder aufstehen, konnte aber nicht. Ich k o n n t e nicht stehen bleiben, das durfte man ja nicht sehen. Das war das einzige Mal, dass ich miterlebte, wie sie jemanden brutal zusammenschlugen.
Die Ursache, warum, das wissen Sie nicht? Nein.
Haben Sie auch Frauen im Werkzeugbau gesehen ? N e i n , im Werkzeugbau nicht. Ich habe meinen Leuten i m m e r gesagt: „ N a c h jedem 10. Stück K o n t r o l l e ! " I m m e r Stückkontrolle. S o k o n n t e nichts passieren. D a d u r c h hatten wir so ein gutes Ergebnis. Wir mussten meistens Fräser ausprobieren und entwickeln, die hochtourig laufen k o n n t e n und nicht schrubben. D a haben wir lange hingearbeitet, bis wir das geschafft hatten, dass wir hochtourig fahren k o n n t e n . W i r haben hauptsächlich den Fräser-
D o k u m e n t a t i o n : Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
413
bohrer gemacht und die Drehstellen abgefräst. Da wurde auch einmal von irgendjemand der Blattlauf geschweißt. Der war um drei Millimeter zu hoch, damit hat man natürlich nicht drehen können, deshalb musste er abgefräst werden. Solche Sachen mussten wir eben auch machen. Dann haben wir auch einen Messerkopf entwickelt. Der lief ganz hochtourig. Später sind sie dann woanders gemacht worden in Massenanfertigung. Wir haben dann nur noch die Bohrer gemacht, aber nicht mehr die Fräser. Haben Sie Bombenangriffe
miterlebt f
Bei Bombenangriffen haben uns die Gefangenen immer ausgelacht. „Was wollt ihr denn. Da braucht ihr gar nicht hinausgehen. Die werfen keine auf uns." Da ist auch keine einzige heruntergefallen. U n d sie sagten: „Da sind 3000 KZ-ler hier drinnen und wir, die bomben uns doch nicht zusammen!" Weder auf die Wiese noch auf uns ist jemals eine gefallen. Wir sind mal hinaus in den Graben, um nachzuschauen, aber sie haben keine abgeworfen. Sie meinen, man bat mit Absicht das Werk
geschont?
Ja. Die waren so sicher, die Gefangenen, die haben uns immer nur ausgelacht. Also, Sie sind dann praktisch nie in den Luftschutzbunker Ende nicht?
gegangen? Bis zum
Nein, wir sind immer in den Graben hinaus. Den Bunker brauchten sie ja für die großen Maschinen. Das gewöhnliche Volk ist nicht hineingekommen. U n d ich glaube auch, dass die anderen fast nicht hineingekommen sind. Da haben sie dann noch die Maschinen von uns hinaus und in die Bunkerhalle getan, weil kurz vor Kriegsende keine mehr angeschlossen wurden. Der Beton war ja vier Meter dick. Es war ja noch ein zweiter nicht mehr fertig.
Bunker
in Bau nebenan.
Der wurde dann
aber
Der sollte eigentlich für uns sein. Etliche Maschinen hatten wir schon heraußen. Im Dezember sollten wir dann noch ein Volkssturmgewehr bei B M W machen. BMW sollte ein eigenes Volkssturmgewehr mit beteiligt?
entwickeln.
Und daran waren Sie
Die Dreherei hatte den Lauf zum größten Teil schon gefertigt. U n d dann mussten sie zu uns kommen, sie brauchten eine Vorrichtung zum Laufziehen. Aber die fertigen Läufe waren alle zu kurz. Dann war es zu spät und es
414
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
ist nichts mehr daraus geworden. In den letzten Monaten ist nicht mehr viel gearbeitet worden. Wir sagten, die spinnen doch! Was wollen sie denn mit dem Volkssturmgewehr, wenn die anderen schon in Berlin sind? Aber Sie selbst sind nicht in den Volksturm gekommen Ihnen angedroht, dass Sie am Wochenende hin sollten?
oder
hat man
das
Nein. Aber in Vierkirchen hätten sie mich eingezogen. A m Wochenende oder in der Nachtschicht. Sonst war ich ja nicht da. Aber in Vierkirchen sagte ich zu dem, der das organisiert hat: „Wenn du dahin gehst, wo ich herkomme, dann geh ich nicht hin. Wenn du nach Russland gehst, dann gehe ich zum Volkssturm!" U n d unser Ortsgruppenleiter, das war der Hauptlehrer. D e m habe ich immer die Reparaturen gemacht, wenn im Haus irgendetwas war. D e r war für mich verantwortlich und er sagte zu mir: „Hans, bleib daheim. Die haben gar nichts zu sagen." Erstens war ich bei der Feuerwehr von B M W , zwei Tage Bereitschaft. Das war damals eine schöne Zeit, denn es ist nie etwas passiert. Das war
Bereitschaftsdienst?
Ja. Ich war Maschinist bei der Feuerwehr für die Tragpumpen. Die waren nicht schwer. Zu zweit haben wir sie hinauf gestellt und dann geschoben. Zwei kräftige Männer konnten sie tragen. Meistens waren sie zu viert. Wann sind Sie dann weg? Wie war das Ende, 45? Ist dann die ganze endgültig zusammengebrochen?
Fertigung
Ja, da ist dann nichts mehr gegangen. Ich bin ja drei Wochen nicht mehr hineingekommen, weil keine Züge mehr fuhren. So habe ich das Ende im Werk nicht miterlebt. Wissen Sie noch in etwa, wann Sie das letzte Mal im Werk waren f Drei Wochen vorher ungefähr war ich das letzte Mal da und dann konnte ich nicht mehr kommen, weil der Zug nicht mehr gegangen ist. Die Flugzeuge haben ja hauptsächlich die Bahngleise bombardiert. In Augsburg wollten sie die Unterführung zerstören. Und was haben Sie sich dann überlegt, Wie alt waren Sie damals?
wie es beruflich
weitergehen
könntef
32 Jahre. In Esterhofen habe ich in einer Werkstatt angefangen, eine Reha gemacht und Jauchepumpen gebaut. D a war alles aus H o l z bis auf die Welle. Das war ein Zollbrunnenrohr. Einmal kam ich von Russland auf Urlaub nach
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
415
Hause. Da sah ich auf einem Spaziergang diesen H o f da, wo ich jetzt bin. D a war ein Mädchen mit einem Jaucheschöpfer. U n d ich sagte zu ihr: „ H ö r auf, ich mache dir einen elektrischen. D e n bringe ich dir morgen." E r war vollkommen aus Holz. N u r die Nägel waren aus Eisen und die Welle. Aber das Lager und alles andere war aus Holz. U n d der ging wie der Teufel! Die Leute freuten sich so darüber. Nach dem Krieg wurden dann sehr viele davon gebaut. Die Bauern aus der ganzen Umgebung bekamen die hölzernen R o h r pumpen. Die wurden mehr geliefert als früher die aus Eisen. Die G r ö ß e des Rohres war 12 auf 12. Für unten hatte ich ein hölzernes Gehäuse gedreht. Das war dann das Pumpengehäuse.
Haben Sie nie mehr daran gedacht, 45, als die Amerikaner das Werk besetzt hatten und ja dann sehr bald weitermachten, dort wieder hinzugehen oder war das vorbei für Sief Ja, aber ich hatte auch so oft Kopfschmerzen. U n d der Betriebsarzt sagte mir: „Für Sie gibt es nichts anderes als zurück in die Landwirtschaft." Alleine schon die Verantwortung, überall musste man aufpassen da drinnen. In Russland hatte ich nicht soviel Angst wie oft da im Werk, dass doch einmal einer ganz rabiat wird. Aber es gab noch einen, Westermeier hieß er, der war auch aus Russland zurückgekehrt. Der kam zur SS als Wachtposten. D e r war zwischen der Fräserei und der Dreherei in der Halle. D o r t war er als Aufsicht. Aber er hat nie was gesehen. Wenn ich zu ihm hinaufgeschaut habe, hat er schon gewusst, was los war. Und dann hat er weggeschaut. Das war ein feiner Kerl.
War er Β MW-Angestellter oder war er Soldat? Nein, er war zwangsverpflichtet zur SS als Wachtposten. J a wenn ich den Franzosen nicht gehabt hätte! Ich war ja nur angelernt. Das für die Bohrer und Fräser konnte ich alles nicht ausrechnen, aber die Franzosen und die Russen, die konnten das. Natürlich musste ich dann schauen, dass ich ihnen etwas gab, dadurch hatten wir so ein gutes Ergebnis.
Bekamen Sie da besondere
Prämien?
Nein, das hat es nicht gegeben. Wir haben mal einen Verbesserungsvorschlag gemacht. Die Olpumpen bei den Flugmotoren waren so ungünstig angebracht, dass man alles abmontieren musste, um sie auszuwechseln, wenn sie kaputt waren. Das habe ich mir angeschaut.
Aber die Russen, Franzosen und Polen haben keine Sabotage
betrieben?
Nein, bei mir nicht. Wir waren eine Familie. Und die Verbesserung, von der ich vorhin sprach, das war eine ganz einfache Sache. An das hintere Loch, da
416
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
konnte man nicht mehr hin, weil das Gehäuse drüber war. D a sagte ich: Schlitzen wir die Pumpe da auf und dann schieben wir sie hinein. So musste man gar nichts mehr abmontieren. So haben wir dann in alle Pumpen den Schlitz hineingefräst. Das war eine ganz einfache Sache. Dann hätten sie mich nach Berlin in eine Ingenieursschule geschickt. D o c h ich sagte: „Wenn die Russen schon an der Oder s i n d . . . " . D e r C h e f der Abteilung, von der ganzen Halle, wollte das unbedingt. E r selbst war Friseur von Beruf. Es gab doch auch eine große Gemeinschaftshalle, versammlungen und Feiern stattfanden. Haben
in der so eine Art BetriebsSie da eine mitgemacht?
Nein, nie. Ich kam da nicht hinein. Ich kannte nur den kleinen Weg aus der Halle hinaus und weiter kam ich nicht. Ich kam in kein anderes Gebäude. Wir sind so in der Arbeit gesteckt. D a mussten wir sehen, wie wir möglichst gut um die Runden kamen. Aber wo haben
Sie Mittag gegessen?
In der Kantine
oder in der
Halle?
In der Kantine. Hatten Sie bestimmte Vorgaben, Stückzahlen liefern mussten?
dass Sie zum Beispiel jeden
Tag
bestimmte
Das war so: An manchen Tagen gab es viel Arbeit, da hätten wir auch am Sonntag arbeiten müssen. D a habe ich zu meinen Leuten gesagt: „Wenn wir das am Abend fertig machen, dann habt ihr am Sonntag frei." Das war auf freiwilliger Basis. Ich habe aber nicht einen Sonntag gearbeitet. U n d trotzdem hatten wir so ein gutes Ergebnis. D e n n die Leute waren glücklich. Die standen alle hinter mir. Die ließen mich nicht im Stich. Ich selbst konnte ja fast nichts als Angelernter. Aber Sie waren
trotzdem
der Vorarbeiter
in der
Fräsarbeit?
Ja, die guten Leute hatten sie weggenommen. U n d ich war der einzige D e u t sche. Ich hatte Interesse und auch viel Glück, ganz viel Glück, dass ich die guten Leute bekommen habe. Wissen Sie noch, was man damals pro Stunde verdient
hat?
Ich bekam in der Woche 35 Mark. Wie viele Stunden Samstag auch.
waren
das? An sechs
In der Nachtschicht war ich fünfmal.
Tagen
mit je zwölf
Stunden?
Am
417
Dokumentation: Ausgewählte Zeitzeugeninterviews
War die alle zwei Wochen, oderf Die wurde immer wieder verschoben. Da hat man sich dann aufgeregt, aber unter sich gewechselt. Und für die Nachtschichten
bekam man nichts extra bezahlt f
Nein. Es war nur so bei der Nachtschicht, meistens waren wir um drei U h r schon fertig mit unserer Arbeit. Und dann konnten Sie gehen ? Nein, nein. Gehen konnte man nicht. Aber gegen drei U h r hatten wir meistens unser Soll erfüllt. Also hatten Sie im Monat so an die 120 Mark? Alle 14 Tage 70 Mark. Aber die anderen, die nach Stückzahl im A k k o r d gearbeitet haben, die verdienten schon mehr. Wir haben halt immer wieder ein paar Stunden gearbeitet, die ausgefallen waren, oder weil einer etwas nicht kapiert hatte. Das erste Stück habe sowieso immer ich gemacht. U n d das ließ ich dann meistens von einem kontrollieren, der alles wusste und gut rechnen konnte. Dann erst ging es weiter. Wie gesagt, ich hatte unheimliches Glück. Haben Sie dann eigentlich von BMW ein Zeugnis bekommen
für diese Zeit?
Nein. N u r einen Entlassungsschein. Den kann ich Ihnen zeigen.
Abkürzungsverzeichnis Aktiengesellschaft Bayerische Motoren Werke A G Brandenburgische Motorenwerke G m b H Forschung und Entwicklung Frontreparaturbetriebe G n o m e et Rhone, Paris Generalluftzeugmeister Gesellschaft mit beschränkter Haftung High Commission for Germany Junkers Motorenbau G m b H , Dessau Karlsfeld Ordnance Depot Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Leistungen Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg A G MAN MTU Motoren- und Turbinen Union München G m b H NFW Niederbarnimer Flugmotoren Werke G m b H OEEC Organisation for European Economic Cooperation OKW Oberkommando der Wehrmacht O M G U S Office of Military Government U S OT Organisation Todt RLM Reichsluftfahrtministerium Reichsmark RM R M i f R u K Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion RVMi Reichsverkehrsministerium RWiMi Reichswirtschaftsministerium SBZ Sowjetisch besetzte Zone Deutschlands SMAD Sowjetische Militäradministration in Deutschland S N E C M A Societe Nationale d'Etudes et de Construction de Moteurs d'Aviation, Paris SS Schutzstaffel TL Turbinenluftstrahl-Triebwerk VDM Vereinigung Deutscher Metallwerke, Frankfurt VSt Vereinigte Stahlwerke
AG BMW Bramo F&E FRB G&R GL GmbH HICOG Jumo KOD LSÖ
Quellenverzeichnis I. Unternehmensarchive 1. BMW Archiv FA 3 FA 4 FA 5 FA 8 UA 1 UA 3 UA 6 UA 7 UA 8 U A 10 UA 11 U A 12 UA 13 UA 14 U A 15 UA 16 UA 18 UA 19 UA 20 U A 21 UA 22 UA 25 UA 26 UA 27 UA 39 UA 40 UA 44 UA 48 UA 58 UA 59 UA 84 UA 93 UA116 UA 133 UA 139
UA 140 UA 140 UA 151 UA 160 UA 168 UA 169 UA 173 UA 178 UA 192 UA 204 UA 205 UA 210 UA 242 UA 290 UA 368 UA 421 UA 449 UA 544 UA 551 UA 607 UA 609 UA 618 UA/701/1 UA 702/1 UA 704/1 UA 705/1 UA 741 UA 744 UA 747 UA 796/1 UA 968/1 Ordner/Flugmotoren-Produktion 33-45 Ordner Gemischtes FA unsigniert UA U2/BMW - Werkzeitschrift (Allach) U U 105 U U 106 U U 1-24
422
Quellenverzeichnis
2.
MTU-Archiv
1. Ordner Trieb werksfirmen 1916—45 2. Ordner 3. Ordner U 1160 U 1160 (2) U 2561 U 2562
Frontreparaturwerke - Unterlagen Holbein Diverses U 1160 U 2. 05. 06.03 U 2560 U 2568
II. Staatliche und kommunale Archive 3. Bundesarchiv a) BDC-Akten (Berlin Document Bruckmann, Bruno Bruhn, Richard Dyckhoff, Otto Hille, Fritz Flatow, Ernst Oestrich, Hermann Popp, Franz Joseph Stauss, Emil Georg v. Wrba, Max Zborowski, Helmut v. Zipprich, Erich
Berlin
Center)
b) Oberste Reichbehörden, Reichsministerien und Organisationen und der NSDAP BA NS 3/514 B A R 3/1749 BA NS 3/668 BA R 3/1752 BA NS 4 Da/29 B A R 3/1756 BA NS 4 Fl/390 BA R 3/1756a BA NS 19/57 B A R 3/1757 BA NS 19/68 B A R 3/1760 und 1761 BA NS 19/488 B A R 3/1775 BA NS 19/1197 B A R 3/3021 BA NS 19/1966 BA R 3/3021 Korr. BA NS 19/2598 B A R 3/3126 BA NS 19/2708 BA R 3/3282 BA NS 19/3597 B A R 3/3328 BA NS 19/3652 BA R 13 XXV/18 BA NS 19/3711 BA R 13 XXV/19 BA NS 19/3717 B A R 41/277 BA NS 19/3821 B A R 3901/21351 B A R 2/25 042 B A R 3901/21353 BA R 2/Anh. 37 B A R 3901/21365 BA R 2 Anh./38 B A R 3901/21379 BA R 3/452 B A R 3901/21380
Einrichtungen
423
Quellenverzeichnis BA R BAR BAR BAR BAR BAR BAR
3/460 3/1353 3/1570 3/1631 3/1633 3/1721 3/1722
c) Bestand
BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA
R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R
Deutsche
8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P
RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL RL
3/1 3/2 3/12/1 3/12/2 3/12/3 3/13 3/43 3/52 3/54 3/1781 3/1934 3/2694 3/280 3/595 3/1127 3/1718
8121/305 8121/306 8135/5013 8135/5247 8135/6407 8135/6409 8135/6408
BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA BA
8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P 8119F/P
Bank R S119F
14 57 351 3065 3066 3067 3068 3069 3070 3071 3098 3100 3105 3106 3107 3108 3121 3123 3141 3142 3143 3144 3145
4. Bundesarchiv, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA; BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA; BA-MA; BA-MA, BA-MA,
BAR BAR BAR BAR BAR BAR BAR
R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R
Militärarchiv
3146 3147 3148 3149 3150 3151 3153 3155 3156 3158 3159 3161 3162 3164 3166 3167 3169 3172 3173 3174 3175 3176 3178
Freiburg
BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA, BA-MA,
(BA-MA)
RL 3/4030 RL 3/4268 RL 3/4460 RW 19/324 RW 19/329 RW 19/559 RW 19/577 RW 19/1503 RW 19/2123 RW 19/2199 RW 19/3225 RW 20/3/1 RW 20/3/2 RW 20/3/3 RW 20/3/5 RW 20/3/6
424
Quellenverzeichnis
BA-MA, RL 3/2694 BA-MA, RL 3/2695 BA-MA, RL 3/2697 BA-MA, RL 3/2699 BA-MA, RL 3/3639 BA-MA, RW 20/5/29 BA-MA, RW 20/5/38 BA-MA, RW 20/5/39 BA-MA, RW 20/5/45 BA-MA, RW 20/7/1 BA-MA, RW 20/7/2 BA-MA, RW 20/7/3 BA-MA, RW 20/7/5 BA-MA, RW 20/7/6 BA-MA, RW 20/7/7 BA-MA, RW 20/7/8 BA-MA, RW 20/7/10 BA-MA, RW 20/7/11 BA-MA, RW 20/7/12 BA-MA, RW 20/7/9 BA-MA, RW 20/7/13 BA-MA, RW 20/7/14 BA-MA, RW 20/7/15 BA-MA, RW 20/9/3 BA-MA, RW 20/9/4 BA-MA, RW 20/9/7 BA-MA, RW 20/9/8 BA-MA, RW 20/9/9 BA-MA, RW 20/9/13 BA-MA, RW 20/9/14 BA-MA, RW 20/9/15 BA-MA, RW 20/9/16 BA-MA, RW 20/9/17 BA-MA, RW 20/9/18 BA-MA, RW 20/9/19 BA-MA, RW 21/1/10 BA-MA, RW 21/1/15 BA-MA; RW 21/1/16 BA-MA, RW 21/1/17 BA-MA, RW 21/1/20 BA-MA, RW 21/2 BA-MA, RW 21/2/1
National RG RG RG RG
153, Β 189, F 03 153, Β 199, F 09 153, Β 203, F 04 338, Β 301, FO 3
BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA BA-MA
Archives
RW 20/3/7 RW 20/3/8 RW 20/5/16 RW 20/5/18 RW 20/5/21 RW 21/2/2 RW 21/2/3 RW 21/2/4 RW 21/2/5 RW 21/2/6 RW 21/2/7 RW 21/2/8 RW 21/17/3 RW 21/17/8 RW 21/17/9 RW 21/17/10 RW 21/17/11 RW 21/17/12 RW 21/17/14 RW 21/17/15 RW 21/17/16 RW 21/47/1 RW 21/47/2 RW 21/47/3 RW 21/47/4 RW 21/47/5 RW 21/47/6 RW 21/47/7 RW 46/439 RMfRuK 896 RMfRuK 1008 RMfRuK 1051 RMfRuK 1170 RMfRuK 1297 RMfRuK 1298 RMfRuK 1470 RMfRuK 1543 RMfRuK 1609a RMfRuK 1654a RMfRuK 1654b RMfRuK 1655a Wi IF 5/484
and Records Service Washington
(NA)
425
Quellenverzeichnis
α) Τ 73: RmfRuK (Guide No. 10) Serial 105, Roll 105, Frame No. 3 2 6 2 2 8 1 - 3 2 6 2 2 8 8
b) Τ177: RLM (Guide No. 13) Serial 16, Roll 16, Frame No. 3 7 0 0 9 2 2 - 3 701 038 Serial 39, Roll 39, Frame No. 3 729 747-3 729 832 Serial 50, Roll 5, Frame No. 3 741 719-3 742 132
6. Archives Nationales, AN Paris 72/AJ/298 AJ/40/727 Gnome & Rhone
7. Sonderarchiv 1455-1-343 1455-1-342 1455-1-341 13671-1-1 13671-1-220 1382-1-82 700-1-49 1458-35-847
Moskau
1510-1-52 500-5-62 1510-1-311 15-10-1-298 1382-1-105 700-1-36 1458-35-848 1510-1-230
8. Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Verfolgung von NS-Verbrechen IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV IV
410 AR-Z 236/76 410 AR-Z 203/75, Bd. 1 AK Allach 410 AR-Z 203/75 Allach 410 AR 3512/65 Allach, Ermittlungen gg Eberl 410 (D) AR-Z Allach-Karlsfeld 410 AR 2085/67 Allach Karlsfeld 410 AR 1219/69 AK Stephanskirchen 410 AR 139 / 69 N L Trostberg 410 AR 705/69 Kaufbeuren 410 AR 137/69 Kempten 410AR 1996/66 Blaichach 429 AR-Z 12/74 Eisenach-Dürrerhof 429 A R - Z 163/72, Bad Salzungen 429 AR-Z 145 72/ 2 Abteroda 410 AR /2628/67 410 AR 3512/65 410 AR-2628/67
Ludwigsburg für die (ZStL)
426
Quellenverzeichnis
9. Archiv der Mahn- und Gedenkstätte BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA
59—110/1—4 30/VI/Nr. 47 30/VI/Nr. 52 30/VI/Nr. 29 30/VI/Nr. 23 30/VI/Nr. 90 61-0-9 61-0-10 242 Film 29 242 Film 21 242 Film 26 242 Film 18° 242 Film 8 242 Film 17 59-110/1-4
Buchenwald
(BwA)
BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA BwA
10. Archiv der Gedenkstätte A 390 A 391 A 149 A 177 A 179 A 80 A 81 Α ohne A 82 A 83 A 377 F 552-555 F 575 F 576
F 564-i A 86 A 87 A 92 A 93 A 101 A 104 A 105 A 109 ( A 109 ( A 110 A 120 A 127 A 399
11. Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichsstatthalter Epp 471/4 MF 70682 ML 3822 MWi 6886 MWi 9141 MWi 9293 MW 9491 OMGBY O M G B Y 15/101-2/30 O M G B Y 10/107-3/5 O M G B Y 10/107-3/5 O M G B Y 10/107-3/5
Dachau
München
(BayHStA)
Quellenverzeichnis
427
12. Thüringisches Hauptstaatsarchiv
Weimar
Bestand: Thür. Staatsbank Eisenach 175 Bestand: Bayerische M o t o r e n w e r k e (BMW) Werk Eisenach 1938-1946: B M W Eisenach 22 B M W Eisenach 4 B M W Eisenach 5 B M W Eisenach 23 B M W Eisenach 24 B M W Eisenach 6 B M W Eisenach 34 B M W Eisenach 25 B M W Eisenach 40 B M W Eisenach 27 B M W Eisenach 44 B M W Eisenach 28 B M W Eisenach 29 B M W Eisenach 45 B M W Eisenach 31 B M W Eisenach 47
13. Landeshauptarchiv
Brandenburg
Rep. 2 A I S, Nr. 1360 Rep. 2 A I S, Nr. 1502 Rep. 2 A I S, Nr. 1502
14. Staatsarchiv
Augsburg (StA
Augsburg)
BLVW Außenstelle Kempten, Vermögenskontrolle 1 SpKa Kempten-Stadt, S 2/II D A F Kreiswaltung Kempten 6 I H K Augsburg 24-26
15. Staatsarchiv Bestand: Arbeitsamt Arbeitsamt 1337 Arbeitsamt 1325 Arbeitsamt 1184 Arbeitsamt 1177
München (StA
München)
N S D A P 80
Bestand Landratsämter: L R A 29774 L R A 108288 L R A 113813 L R A 205719 L R A 205 720 L R A 205 820 L R A 205 821
Bestand Spruchkammerakten: SpkAa Karton 22 Rolf (Rudolf) A m m a n n SpkA Karton 406 Fritz Fiedler SpkA Karton 426 Ernst Flatow SpkA Karton 460 Emil Friz SpkA Karton 834 Albert Kandt SpkA Karton 1341 F. J. P o p p SpkA Karton 1631 C h l o d w i g Schmid SpkA Karton 2012 Max Wrba SpkA Karton 2050 Erich Zipprich Filmrolle 2847
16. Thüringisches Staatsarchiv Thür. Amtsgericht Eisenach Nr. 306 Thür. Kreisamt Eisenach Nr. 453 L R A Mühlhausen Nr. 408
Gotha
428
Quellenverzeichnis
LR Α Mühlhausen Nr. 413 LR Α Mühlhausen Nr. 414 LR Α Mühlhausen Nr. 415
17. Thüringisches Staatsarchiv Meiningen Wintershall A G Kaiserroda Wintershall A G Werk Heiligenroda Wintershall A G Werk Heiligenroda
18. Kreisarchiv des Vogtlandes, Plauen Akten bzgl. SMAD-Befehl Nr. 163
19. Landesarchiv
Berlin
Hauptamt für Kriegsschäden A Rep. 005-07 Nr. 119 Hauptamt für Kriegsschäden A Rep. 005-07, Nr. 120
20. Institut für Zeitgeschichte München MA MA ΜA MA MA
287 325 327 332 1383
O M G U S 11/40 NG NG NG NG NG NG
1574 1545 1562 1564 1573 1596
(IfZ)
N G 1563 N G 1599 N G 1560 N G 1561 N G 1594 N G 1597 N G 1570 N G 1592 N G 1569 N G 1567 N G 1571 N G 1608 N G 1568 N I D 6874
21. Archiv der Commune
Bitschwiller
22. Stadtarchiv Eisenach, Automobilarchiv (AA) 30/8, Bestand auf der Rückseite gestempelt/teilweise übereinstimmend mit BMW UA 701/1-705/1 30/8 30/8 30/8 30/8 30/8
AA, Archiv Zimmermann Nr. 33 AA, Werksarchiv, Beständerechnung 1-9/44 AA Werksarchiv Nr. 28 AA BMW-Werk Eisenach Bauabteilung Nr. 1 AA, Werksarchiv
Quellenverzeichnis
429
30/8 A A , Bauabteilung Nr. 18 3 0 / 8 A A , Werksarchiv Nr. 27 6-123/221 6-123/29155 Sammlung Humberg, Biographien Nr. 71 Sammlung Humberg, Monographien Nr. 28 30/8 A A , Archiv Zimmermann Nr. 52
23. Stadtarchiv Kempten Ausländerakten, nach Nationalitäten geordnet Hausakt Boleiten 23 Stadtbauamt
24. Stadtarchiv
Elsterberg
Aufstellungen der Fa. H . Rentsch Kammgarnweberei, Elsterberg (Verlagerungsbetrieb der B M W Flumo G m b H Eisenach) über Fremdarbeiter
25. Stadtarchiv
Immenstadt
A 2/070-1.4
26. Sammlung Jens Paulsen Basdorf
III. Zeitzeugenbefragungen Deutschland: - Dr. Berthold Jäger, Konstruktion Allach - Bernhard Vogel, ehem. B M W Versuchsingenieur Frankreich, Basdorf - J o s e p h Adelwarth, ehem. Maschinenschlosser bei B M W , Milbertshofen, Allach, - J o h a n n Denk, ehem. BMW-Arbeiter, Fräserei Allach - Ludwig Hofmann, ehem. B M W - A r b e i t e r in Allach und Kempten - Waldemar Ball, ehem. SS-Strafgefangener - Ephtimia Nettelbeck, ehem. griech. Zwangsarbeiterin in Immenstadt - Karl Neininger, ehem. B M W - A r b e i t e r in Immenstadt und Bitschweiler
Tschechien, ehem.
Zwangsarbeiterinnen
- Dr. Milos Chmelicek, Allach - Jaroslav Lavicka, Allach, Immenstadt, Iglau - O l e n a Bergmanova, Allach, Gurein, Iglau
430 -
Quellenverzeichnis
Ribushema Machovcova, Allach, Brünn Zdenka Herzanova, Allach, Immenstadt, Iglau, Allach Dr. Jan Kokes, Allach, Klöckner Gurein Milos Uher, Allach, Gurein Johann Malek, Allach, Spandau, Trostberg Emilia Nevecna, Allach
Ukraine, ehem. Zwangsarbeiterinnen -
Dmitro Djatschuk, Allach Karp Wolkotrup, Allach, Eisenach Efrosinija Ostruk, Allach Bojko Prokop, Allach Maria Masur, Allach Nadtotschij Oleksandr, Allach Jas'mo Nadija, Allach Gnilenko Wira, Allach
Polen, ehem. Zwangsarbeiterinnen -
Franciszek Zamiatowski, Dürrerhof/Eisenach Appolinary Kielkiewicz, Dürrerhof/Eisenach Haiina Powalka, Frontreparaturbetrieb Litzmannstadt, Dürrerhof/Eisenach Edmund Witczak, Frontreparaturbetriebe Warschau, Litzmannstadt; Dürrerhof/ Eisenach
IV. Veröffentlichte Quellen CIOS-Report „Gas Turbine Development by B M W (30. 5. 1945), London 1945. CIOS-Report „Bavarian Motor Works (BMW). A Production Survey (Juni 1945), London 1945. CIOS-Report „Gas Turbine Development: BMW-Junkers-Daimler-Benz", London 1946. FIAT-Report „Untersuchungen der B M W 003-Turbine und der Verdichterbeschaufelung" von 1946. Technical Report on BMW-Reaction Engines, produced or developed 1935-1945, Part II: Rocket Engines, by Dipl. Ing. Schneider, Ristau und Wessel, vom 18. 6. 1948. United States Strategic Bombing Survey, Aircraft Division (USSBS-Report), Bayerische Motorenwerke AG, Eisenach and Durrerhof, Germany (11 June - 20 June 1945), vom 17. 10. 1945. United States Strategic Bombing Survey, Aircraft Division (USSBS-Report), Bayerische Motorenwerke AG, München/Allach, (11 June - 20 June 1945), vom 17. 10. 1945.
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Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen Tab. 1: Die wichtigsten Kennzahlen der B M W A G 1928 bis 1933 Tab. 2: U m s a t z - u n d Belegschaftsentwicklung B M W - K o n z e r n (1933 bis 1939) in Mio. RM Tab. 3: U m s a t z w a c h s t u m B M W und Daimler-Benz 1933 bis 1939 (1933=100) Tab. 4: Entwicklung der U m s a t z s t r u k t u r B M W - K o n z e r n 1933 bis 1939 (in Mio. R M und in % Gesamtumsatz) Tab. 5: Entwicklung von Umsatz, Belegschaft und Investitionen des B M W - K o n z e r n s (1939 bis 1944) Tab. 6: Belegschaftsentwicklung in der Werksgruppe München (1939 bis 1944) Tab. 7: Belegschaftsstruktur in den M ü n c h n e r Werken 1939 bis 1944 Tab. 8: Entwicklung der Arbeitszeitformen 1939 bis 1942 (in % der Gesamtarbeitszeit) Tab. 9: Entwicklung der Qualifikationsstruktur bei B M W in der M ü n c h n e r Werksgruppe (1941 bis 1943) (in Prozent aller Lohnempfänger) Tab. 10: Barackenlager und Ausländerunterkünfte von B M W (1943) Tab. 11: Belegschaftsentwicklung in der Werksgruppe Eisenach (1939 bis 1944) Tab. 12: Struktur der Belegschaft in den BMW-Werken Eisenach und Dürrerhof 1939 bis 1944 Tab. 13: Entwicklung der Qualifikationsstruktur der L o h n e m p f ä n g e r im Werk Eisenach 1939 bis 1944 Tab. 14: Entwicklung der Gemeinkosten und Fertigungslohnkosten im B M W Werk Eisenach 1940 bis 1944 (in Mio. RM) Tab. 15: U m s a t z s t r u k t u r im BMW-Werk Eisenach 1942 bis 1944 (in % des G e s a m t u m satzes) Tab. 16: Entwicklung der Produktivität (Umsatz je Kopf Beschäftigte) in den BMWWerken Eisenach und Dürrerhof (1939 bis 1944) Tab. 17: Belegschaftsentwicklung in der Werksgruppe Berlin (1939 bis 1944) Tab. 18: Nationale H e r k u n f t der Zwangsarbeiter im BMW-Werk Berlin-Zühlsdorf 1941 bis 1943 (in % ) Tab. 19: Entwicklung der Qualifikationsstruktur der Lohnempfänger im BMW-Werk Berlin-Zühlsdorf 1941 bis 1944 (in % aller Lohnempfänger) Tab. 20: Das Zuliefernetzwerk des BMW-Werk Allach (ca. 1943/44) Tab. 21: Produktionsverlagerungen der BMW-Werke bzw. der Stammwerke des Sonderausschusses Τ 3 (Stand 20. 11. 1944) Tab. 22: BMW-„Verlagerungskommandos" des K Z - D a c h a u der Werke M ü n c h e n und Allach Tab. 23: Die wichtigsten Kennzahlen der B M W A G 1950 bis 1955 Schaubild 1: Entwicklung der U m s a t z s t r u k t u r bei B M W 1926 bis 1933 (in % des Gesamtumsatzes) Schaubild 2: Kursentwicklung der BMW-Aktie (1926 bis 1939) Schaubild 3: Organisation des B M W - K o n z e r n s (1939) Schaubild 4: U m s a t z w a c h s t u m B M W und Daimler-Benz 1939 bis 1944 (1938=100) Schaubild 5: B M W K o n z e r n w e r k e (1943) Schaubild 6: Organisation B M W - F l u g m o t o r e n - E n t w i c k l u n g (Stand 1943) Schaubild 7: Kursentwicklung der BMW-Aktie 1939 bis 1945 Schaubild 8: Konzern-Organisation 1943
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Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen
Schaubild 9: Entwicklung der geplanten und tatsächlichen Flugmotorenproduktion pro Monat Januar 1942 bis Dezember 1944 Schaubild 10: Organisation der Rüstungsproduktion im Flugmotorenbereich Schaubild 11: Entwicklung der Produktivität (Umsatz je Kopf der Belegschaft in R M ) im BMW-Konzern 1939 bis 1944 Schaubild 12: Entwicklung der Durchschnittslöhne (Stücklöhne) bei B M W Werk München und Werk Allach 1939 bis 1942 (Quartale/ in RM) Schaubild 13: Entwicklung der geleisteten Arbeitsstunden im Jahr 1941 im Werk Allach Schaubild 14: Entwicklung der Fertigungskapazitäten im Werk Allach und Werk München 1939 bis 1944 (qm Nutzfläche des Werksgeländes pro Arbeiter) Schaubild 15: Akkordlöhne im BMW-Werk Eisenach (Dezember 1943/Januar 1944) Stundenlohn in Pfg./Lohngruppe Schaubild 16: Verteilung der Akkord-Lohngruppen im BMW-Werk Eisenach (Dezember 1943/Januar 1944) Schaubild 17: Entwicklung der Fertigung (Triebwerksverkleidungen) im Werk Eisenach Januar 1943 bis März 1945 (Stückzahlen) Schaubild 18: Entwicklung der Fertigungszeiten für den BMW-Flugmotor 801 im Werk Berlin-Spandau 1942 bis 1944 (Std./Motor) Schaubild 19: Gesamtausbringung und Gesamtbelegschaft der BMW- Frontreparaturbetriebe im Westen Oktober 1941 bis August 1944 Schaubild 20: Leistung und Belegschaft des Frontreparaturbetriebs Paris April 1942 bis Mai 1944 Schaubild 21: Produktion von Flugmotoren im BMW-Werk Allach Februar 1940 bis März 1945
Abbildungsnachweis Foto 7, 25, 26, 27: MTU-Archiv. Alle weiteren Fotos einschließlich Umschlagabbildung: B M W A G Historisches Archiv.
Register Personenregister A m a n n 99 A r n o l d , Richard
Erhard, Ludwig
363
115
Bassermann, Felix 362 Baumann 206 Bayer, Karl 336 Bergmanova, Olena 404-408 Bertrab, Julius von 115,142-143 Blinzig, Alfred 379 Borbet, Walter 5 9 , 1 1 9 , 3 8 0 B o r m a n n , Martin 274 Breitenauer, Karl 210 Brenner, Kurt 332-333 B r u c k m a n n , B r u n o 72, 75, 78, 87, 96-101, 108-110, 115, 119, 132, 140, 142-143, 184, 357-358, 379, 381 Bruhn, Richard 123, 133, 181-182, 228, 358-361, 380-381 Budraß, Lutz 2, 6 Buttlar, Waldemar von Buttler 302 Castiglioni, Camillo
116
17, 23-24, 114, 382
Däumling 99 Deby, Kurt 354 D e n k , J o h a n n 409-417 Dietrich 361 Dinkelbach, Heinrich 120 D o n a t h , Kurt 81, 99, 115-116, 142-143, 145, 161, 264, 354, 358-360, 362, 366, 381 Doris, Wilhelm 145, 264-265, 354, 359, 361-362 Dornier, Claude 56 D u b r o w , Iwan 301 Duckstein 99 Dürr, Ludwig 3 1 5 , 3 2 2 - 3 2 3 , 3 2 6 , 3 4 1 D y c k h o f f , O t t o 115-116, 142-143, 145, 160, 265, 270-271, 273, 276-278 Eberl, Sebastian 234 Eichler, Max 116, 142-143, 145, 265, 276 Enzensberger, H e r m a n n Rudolf 362
Fattier, August 55, 116, 142-143, 145, 238, 244, 247, 251, 262, 345, 350-351 Fichtl, Wilhelm 300-303, 305-306 Fiedler, Fritz 115, 132, 140, 142-143, 357-358, 362, 369, 379, 381 Flatow, Ernst 224, 369 Frasch 337 Friz, Emil 116,142-143,290 Friz, Max 2 4 , 5 5 , 7 0 , 9 3 , 1 1 5 - 1 1 6 , 142-143, 145, 238, 262-263, 345, 350-351, 379, 382 Frydag, Karl 7 5 - 7 6 , 7 8 Gabel, 339 Gall, Lothar 6 Giesler, H e r m a n n 170 Giesler, Paul 138,191 Göring, H e r m a n n 3 9 , 4 6 , 6 4 , 6 9 , 77,106, 112,284 Goldschmidt, J a k o b 18 Grasmann, Max 362 Gregor, Neil 5 Grewenig, H a n n s 362 G r o e b e 142 Günther, Karl 115-116, 142-143, 145, 323 Hafen, Paul 176 Hagen, Karl 58,379 Hagen, Louis 58, 379 Hagen 99 Hagner, G e o r g 210 Hallstein, Walter 363 Haspel, Wilhelm 320 Heinkel, Ernst 56, 72, 89-90, 114, 285 Henky, Karl 354-355, 358-359, 361-362 Heppeler 303 Hergt, Raimund 21-22 Hernesat 99 Heusler, Andreas 6 Hille, Fritz 7 , 1 3 , 3 1 , 3 5 , 4 6 , 4 9 , 5 2 - 5 5 , 5 7 , 64, 75-78, 81-87, 109-124, 126-130,
442
Register
132-140, 142-144, 157, 194-196,219, 237, 277, 288, 317, 329, 350, 370, 377, 379, 382-383 Himmler, Heinrich 106-108,139 Hirth, Wolf 114 Hitler, Adolf 38, 210, 259, 319, 390-391 Hlamitschka, Jaroslav 210 Hoffmann, Kurt 115, 142-143, 265, 353 Humen, Bohdan 302 Jarolin, Josef 221,234-235 Jasmo, Nadija 211 Kaiser, Franz 409-410 Kammler, Hans 322 Kandt, Albert 238, 351-352 Kastenmeier, Ernst 190-191 Kielkiewic, Apollinary 252, 392-403 Kissel, Wilhelm 18,379 Klebe, Franz 24, 40, 55, 379 Klopfer, Fritz 24, 55, 379 Kloth 139 Koppenberg, Heinrich 38-39, 56, 72 Krafft von Delmensingen, Heinrich 127, 202, 358-362, 366, 382 Kries 231,322 Kuhn, Ludwig 326 Lacombe, Fabien 333-334 Lahs, Rudolf 5 6 , 9 1 , 1 3 3 , 3 8 0 Lanjin, Nikolai 255 Lechner, Johann 302 Leeb, Emil 240 Leist, Karl 104 Lucht, Roluf 108,130,322 Mallinckrodt, Gustav-Wilhelm von 379 Mangoldt-Reibold, Hans-Karl von 355, 362, 364, 366 McCloy, John 363 Meier 334-335 Messerschmitt, Willy 72 Milch, Erhard 22, 24, 28, 36-37, 57, 64, 69,75,81-83,85,87,101,109,111-112, 115, 119, 129-130, 132-133, 161, 174176, 180, 184, 186, 273, 317-323, 371 Mönnich, Horst 6, 371 Mommsen, Hans 5 Morisi, Henri 222 Müller, Karl Christian 98 Müller, Otto Max 21
Nallinger, Fritz 320 Neubroch, Arnold 24 Nordhoff, Heinrich 367 Noris, Hans 379 Öchs 361 Oestrich, Hermann 99, 101-102, 347, 352-353, 357 Ostermayer, Herbert 55 Ostertag, Heinz Ludwig 133, 380 Otto 99 Pinner, Albert 379 Pohl, Oswald 108 Popp, Franz Josef 6 - 9 , 1 3 , 1 5 - 1 9 , 2 1 - 2 2 , 24-26, 28-31, 35, 36^11, 46-53, 56-58, 64-75,77-78,80-86,91-94,96-98,109, 113-114, 117, 119, 126, 129, 131, 140, 144, 151, 157, 173, 190, 199, 238, 264, 284, 350, 360-361, 365, 367, 369-371, 373, 376, 379-380, 382-383 Prössel 320-322 Raub-Kühne, Cornelia 5 Riedel 207 Rienecker, Georg Otto 380 Rintelen, Viktor von 120-123, 130, 135-136,380 Ristau 99 Rösch 174 Rohland, Walter 119-120, 134, 380 Rosskopf 99 Rudorf, Fritz 133,135,276 Rummel, Hans 8, 35, 48, 56, 64, 75-76, 78, 83, 113, 115, 117-118,120-124, 128-130, 132-133, 135-137, 140,277, 329, 358, 360-361, 367, 377, 383 Sachse, Helmuth 9 1 , 9 3 , 9 6 - 9 9 , 1 0 9 - 1 1 0 , 115, 117, 300-306, 357, 368-369, 379 Sauckel, Fritz 182,184 Saur, Otto 132, 174, 177, 215, 275, 307, 317-320, 322-323, 339 Schaaf, Wilhelm 55, 115, 131, 133, 135, 138-140, 142-143, 176, 238, 323, 331, 339, 342-343, 350-351, 377, 379-380, 383 Schäffer, Fritz 363 Scharnagl, Karl 354 Schell, Adolf von 99 Schilo, Walter 105,353
Unternehmensregister Schippel, Hans 379 Schmid, Chlodwig 146, 161, 1 9 0 - 1 9 1 , 196, 3 7 0 - 3 7 1 Schmid, Max H . 379 Schneider 99 Scholl, Theodor 1 4 0 , 3 7 9 Schuld, Heinrich 5 5 , 3 7 9
Seidl, Jürgen
6
Siebel, Fritz 56 Siemens, Georg von 383 Soestmeyer, C . K . 9 9 , 3 5 7 Speer, Albert 59, 74, 105-106, 112, 130, 139, 161, 166-167, 1 7 4 - 1 7 6 , 1 8 4 , 2 5 5 , 320, 328 Spiegel 99 Stauß, Emil Georg von 7 - 8 , 1 8 - 1 9 , 21, 24, 35, 38, 46, 49, 5 2 - 5 3 , 56, 64, 72, 76, 78, 8 1 - 8 3 , 8 5 - 8 7 , 9 1 - 9 2 , 96, 98, 1 1 3 - 1 1 5 , 118, 1 2 3 - 1 2 4 , 126, 140, 180, 2 3 7 - 2 3 8 , 288, 350, 369, 377, 379, 383 Stieber, Jakobus 200 Stieler von Heydekampf, Gerd 79 Stoffregen, Heinrich 140, 379 Strauß, Moritz 3 9 , 1 1 4 Streicher 142-143 Streubert, Herbert 116, 142-143 Tix, Arthur 380 Tixier, Prudent 303 Udet, Ernst 3 9 , 4 6 , 6 5 - 6 6 , 6 9 - 7 1 , 7 3 - 7 5 , 7 7 - 7 8 , 81, 85, 91, 9 7 - 9 8 , 108, 1 1 7 - 1 1 9 , 180
Uher, Milos
443 404
Verdier, Louis Vogler, Albert
286-288 119-120, 1 2 2 - 1 2 4 , 130
Wassermann, Max von 58 Weber 4 0 9 - 4 1 0 Wegener 3 1 8 , 3 2 0 , 3 3 9 Wegerer 2 1 0 , 2 1 2 Weil, Ludwig 379 Werner, William 7 3 - 7 5 , 78, 83, 1 5 2 - 1 5 3 , 157, 159, 161, 174-175, 179,263,316 Westermeier 415 W i n z , Adolf 119 Wörner, Eugen 98, 1 2 6 - 1 2 8 , 180, 288, 369 Wolff, Harald 68, 7 0 - 7 1 , 95, 9 7 - 9 9 , 103, 264 Wolkotrub, Karp I. 3 8 5 - 3 9 1 Wrba, Max 9 , 3 1 , 4 8 , 5 5 , 7 5 , 1 1 5 - 1 1 6 , 138, 142-143, 145, 190, 196-197, 2 2 5 - 2 2 6 , 287, 321, 369, 379, 383 Zborowski, Helmut von 99, 106-109, 357, 368 Ziegler 99 Zipprich, Erich 75, 79, 84, 87, 1 0 0 - 1 0 1 , 114-115, 119, 1 3 1 - 1 3 2 , 140, 142-143, 1 4 5 - 1 5 5 , 157-161, 163-165, 1 7 4 - 1 7 5 , 178-184, 1 8 9 - 1 9 1 , 2 0 1 - 2 0 2 , 2 1 8 , 3 1 7 - 3 2 3 , 3 2 6 - 3 2 7 , 3 2 9 - 3 3 1 , 358, 369, 375, 377, 379, 3 8 3 - 3 8 4
Unternehmensregister A E G , Berlin 1 0 4 , 3 8 2 Α Ι Α , Bordeaux 63 Ala Littoria, Venedig 63 Allgaier, Uhingen 307 Aluminiumwerke, Töging 282 Argus-Motorenwerke G m b H , Berlin 39, 55, 63, 65, 74, 81, 149-153, 159 Askania, Helmstädt 282 A / S Burmeister, Kopenhagen 291 A / S Motorenfabriken, Kopenhagen 291
Atelier Industriel de l'Air 159 Audi A G , Ingolstadt 381 Austin 18 A u t o - U n i o n 44, 7 3 - 7 4 , 79, 111, 123, 133, 153, 181, 2 6 7 - 2 6 8 , 366, 3 8 0 - 3 8 1 Avia, Letnanv 6 3 , 1 5 0 - 1 5 1 Avia, Prag 2 9 1 , 2 9 7 Bank der Deutschen Luftfahrt A G 77, 1 3 3 , 2 7 6 - 2 7 7 , 366
35,
444
Register
Bank für Industrieobligationen 48 Bankhaus Hagen 58 Baumwollspinnerei Kolbermoor 309312,330,336-338 Bayerische Bank für Handel und Industrie 366 Bayerische Creditbank, München 362, 366 Bayerische Disconto- und Wechselbank, Kempten 383 Bayerische Elektrizitätswerke 362 Bayerische Flugzeugwerke (BFW), Augsburg 17,382 Bayerische Landeszentralbank, München 362 Bayerische Leichtmetallwerke, München 282 Bayerische Motorenwerke (BMW) - BMW AG, München 27-28, 35, 4446, 49, 51-56, 61, 63, 83, 85, 97, 113, 125-126,134,141-145,157,237,354, 368-369,373,381-383 Gießerei und Maschinenbau G m b H , Thann/Bitschweiler 63,139, 142-143, 289-290, 311-312, 330 Niederlassung Berlin-Charlottenburg 62-63, 142-143 Niederlassung Wien 62-63, 142-143 - - Werk Eisenach 1, 8-9, 12, 18-19, 21,24, 29,31,34-36, 63, 115, 119, 132,142, 145, 151-153, 157, 178, 289-290, 296, 310, 320, 326, 349353, 356, 376, 381, 386-390, 409 Werk München-Milbertshofen 6, 8-9, 12, 33-36, 63, 69-70, 80, 94, 103, 110, 115, 128, 142-143, 147, 153, 155, 161, 168-190, 194, 199204, 214-219, 222, 227-228, 232, 236-238, 240, 242, 289, 309, 312313, 332, 336, 349, 354-356, 358, 361-362, 367, 381, 383-384, 402 - BMW Flugmotorenfabrik Eisenach G m b H , Eisenach 34, 36-37, 50-55, 63, 70-71, 80, 82, 93, 97, 111, 115, 138,142,159,236-264,281,314-318, 320, 338-342, 346-353, 382-38 - - Werk Dürrerhof 34-36,44,63,115, 142-145, 155, 237-264, 309-312, 339-340, 343, 350, 352, 376, 397, 401
- BMW Flugmotoren GmbH, München 13,27-28,32,34,44-46, 48^t9, 51-55, 57, 61, 63, 76, 78, 83-85, 93, 102, 107, 113, 124-126, 134, 141-142, 159, 173, 237, 324, 365,371,373,381 Flugmotorenfabrik Allach 6, 34, 44, 51, 55, 63, 66, 73, 75, 79-81, 110-111, 115, 126, 128, 142-147, 149-151, 153, 155, 157-158, 164-165, 168-190, 194-204, 206-208, 211-215, 217-223, 225-229, 233-237, 261, 264, 273, 282-283, 290, 302, 308-318, 320-324, 326-327, 330-332, 336, 340, 354-368, 370, 373, 376, 404-405 - Niederbarnimer Flugmotoren Werke G m b H , Berlin 34,115, 142-143, 145, 159, 264,273-279 - - Werke Basdorf/Zühlsdorf 34-35, 48, 55, 63, 66, 73, 79, 81, 97, 103, 107-108, 111, 124, 126, 135-136, 142,147,150-151, 157, 165,251, 263-280, 308-312, 317-318, 339, 346-347, 353, 376, 408 Werk Warnemünde 103 - BMW Flugmotorenwerke Brandenburg G m b H (Bramo), BerlinSpandau 34-35,46-48,51-52,63, 65, 70-73, 78, 81-82, 86, 89-90, 92, 94, 119, 142-143, 159, 178, 228, 366 - - Werk Berlin-Spandau 8-9, 12, 34-35,48,63,65,70,80-81,95,97, 101-102, 107, 111, 113, 115, 142144, 146-147, 149-153, 155, 157, 172,236, 239, 251, 263-280, 285, 291, 311, 330, 339, 346-347, 349, 353-354, 366, 402, 408 - BMW Frontreparaturbetriebe 62, 292-298 - - Albert 63 Amsterdam 63 - - Athen 63, 292 - - Bordeaux 292, 294 Budapest 63 - - Clermont-Ferrand 292, 294 Dnjepropetrowsk 63, 296-297 Horten 63
Unternehmensregister - - Iglau (Jihlava) 144, 2 9 6 - 2 9 8 - - Kjeller 63 Kopenhagen 296 Litzmannstadt (Lodz) 1 4 4 , 2 9 6 - - O s l o 292, 296 - - Paris-Argenteuil 63, 2 9 2 - 2 9 4 Saporoskje 63, 2 9 6 Star-Bychow 63, 296 Taganrok 63 - - Venedig 292 - - Warschau 292 - Verlagerungswerke - - Markirch 1 3 9 , 3 0 8 - 3 2 9 , 3 5 6 , 3 7 5 s.a. Baumwollspinnerei Kolbermoor, Hanfwerke Immenstadt, Spinnerei und Weberei Blaichach, Textilfabrik Kaufbeuren, Wolldeckenfabrik Bruckmühl -
B M W Maschinenfabrik Spandau 366 B M W (Studiengesellschaft für) Triebwerksbau G m b H 368 B M W Verwaltungsgesellschaft m b H 366 Beilhack, Rosenheim 282 Bosch A G , Stuttgart 50, 282 Bristol Aeroplane C o m p a n y 357 Büssing 33 Chrysler 24 Citroen 1 8 - 1 9 Continental A G , Hannover Curtiss Wright 376
445
Daimler-Motorengesellschaft, Stuttgart 382 Danubia, Budapest 62 Darmstädter und Nationalbank (Danat) 18 Deckel, München 282 Degussa 102 Deprag, Amberg 283 Deutsche Bank A G , Berlin 7, 8, 18, 39, 4 3 , 4 8 , 57, 114, 118, 1 2 0 - 1 2 4 , 1 2 6 - 1 2 8 , 130-136, 358, 363, 366, 3 7 9 - 3 8 0 , 383 Deutsche Edelstahlwerke, Krefeld 50, 282 Deutsche Kraftfahrzeugwerke, BerlinSpandau 381 Deutsche Luft-Hansa, Berlin 16, 22, 24, 63, 383 Deutsche Reichsbahn, Berlin 165, 307, 322 Deutsche Revisions- und Treuhandgesellschaft 22-23,141,272 D K W 381 Diehl, Nürnberg 282 Dornier, Friedrichshafen 17 Dovidat, Remscheid 282 Dresdner Bank A G , Dresden 48, 252, 366, 3 7 9 - 3 8 0 D Z R , Frankfurt a.M. 63 Dyckerhoff & Widmann 174, 220
283
Daimler Benz A G , Stuttgart 1 , 2 , 5 , 9 , 12, 17-22, 2 6 - 2 7 , 2 9 - 3 0 , 33, 3 6 - 3 9 , 44, 47,50,61-62,68,77,89,91-94,98,104, 110-111, 124, 1 2 6 - 1 2 8 , 137, 146, 151, 1 5 3 - 1 5 4 , 1 6 1 - 1 6 3 , 178, 180, 186-187, 205, 2 1 7 - 2 1 8 , 291, 297, 320, 3 2 8 - 3 2 9 , 3 4 9 - 3 5 0 , 356, 367, 369, 3 7 5 - 3 7 6 , 379, 383 - Austrowerke, Wien 1 8 , 3 8 2 - Flugmotorenwerk Colmar 284, 291 - Flugmotorenwerke Ostmark, Wien 77, 291 - Flugmotorenwerk Rzeszow 297 - Werk Berlin-Marienfelde 37, 163 - Werk Genshagen 27, 37, 44, 153-154, 163, 173, 186-187, 209, 2 1 7 - 2 1 8 , 2 7 2 , 328 Daimler-Chrysler A G , Stuttgart 372
Eberspächer, Esslingen 63, 282, 307 - Werk Leipzig 63, 282, 307 Eisengießerei Josef Zeller & Söhne, Giesing 281 Eugen Grill Maschinenfabrik, Hallein 6 2 - 6 3 , 153, 159, 2 8 2 , 3 1 2 - Werk Stuttgart 283 Europäische Zahlungsunion 362 Fahrzeugfabrik Eisenach, Eisenach 18 Farman, Boulonge-Billancourt 290 Feingerätebau, Brünn (Brno) 282 Fischer, Göppingen 282 Ford M o t o r C o m p a n y 19, 238, 3 6 6 - 3 6 7 Francke, Bremen 63 Franz H. Rentsch, Elsterberg 340 Gaspary, Leipzig 282 Geisweider Eisenwerke, Geisweid General Electric 357, 368, 381
282
446
Register
General Motors 296 Gnome et Rhone, Paris 63,67,80-81, 159, 173,283-288,290 - Werk Arrage 285 - Werk Limoges 285 Götze, Apolda 282 Gothaer Waggonfabrik, Gotha 18 Gustloff-Werke, Suhl 63, 80, 159, 282 Häusler, Baierbrunn 63 Hammesfahr, Solingen 282 Hanfwerke Immenstadt 290,309-312, 330-331,410,412 Hannoversche Maschinenbau AG, Hannover 384 Hanomag AG, Hannover 30, 119, 380 Hansa/Borgward 30 Hansa Lloyd-Werke AG, Bremen 384 Heerbrandt 103 Heinkel (Ernst-Heinkel AG) 17, 44, 55, 104-105, 347, 376, 382 Henschel-Flugzeugwerke, Kassel 33, 39, 44, 76,81, 161,329 Herder, Solingen 282 Hermann-Göring-Werke 66 Hirth Motoren G m b H , Berlin 282 Hispano-Suiza 283-285 Horch, Zwickau 381 Hotermans, Paris 63 Humboldt-Deutz AG, Köln 33, 46 Hürth, München 282 Industria Aeronautica Romana (IAR) 67 IG Farbenindustrie 358 - Chemische Werke Hüls, Marl 226 - Leuna-Werke, Bitterfeld 244, 354 Industriewerk Heiligenbeil 63 Junkers 1,9,12,16,38,63,68, 77, 80, 89, 91-94,104-105,110,146,161,169,178, 205, 284, 376 - Jumo, Dessau 17, 27, 33, 38-39, 50 Kaminsiki, Hameln 63 Kammgarnspinnerei Werra AG, Niederschmalkalden 339-340 Kellermann, Osteroda 283 Kessler, Wasseralfingen 282 Kienast, Wien 282 Kienzle AG, Villingen 282, 309 Klatte, Bremen 63, 282, 307
Klöckner Flugmotorenbau G m b H , Hamburg 62-63,65, 73,149-154,159, 306-307, 407-M8 - Verlagerungswerk Gurein (Kuschima) 306-307,312,407-408 Knecht, Stuttgart 307 Köllmann, Leipzig 282 Kolb, Stuttgart 283 Krauss-Maffei AG, München 185,210, 383,409,411 Krumm, Remscheid 282 Krupp AG, Essen 282,382 Kugelfischer AG, Schweinfurt 50, 164, 307, 347 Kuha, Hamburg 282 Kurbelwellenwerk, Hamburg 282 Lorraine-Dietrich 283-284, 293 Ludwig Löwe & Co, Berlin 384 Luftfahrtanlagen G m b H 275, Luftfahrtkontor G m b H 35, 48 Maihak, Hamburg 155,282 M A N AG, Augsburg 283, 367-369 - MAN-Turbo G m b H 369 - M A N Turbomotoren G m b H 368 Mannesmann AG, Düsseldorf 282 Marquard, Friedberg 282 Maschinen- und Apparatebauanstalt Zimmermann & Co 103 Mauxion, Saalfeld 63, 262 Messbau 386 Messerschmitt AG, Augsburg 44,104, 139, 173,281,333,376,382 Metallgummi, Harburg 283 Metzeler, München 283 Motorenwerk, Varel 63 Motosacoche, Genf 63 M T U G m b H , München 13-14,369, 371-372 NKF, Berlin 282 Nürnberg Aluminiumwerke, Nürnberg 408 Nürnberger Schraubenfabrik, Nürnberg 283 Opel (Adam-Opel AG), Rüsselsheim 18-19, 30, 47, 65, 80, 82, 282, 362, 367, 381 Ortlinghaus, Remscheid 164, 282
Unternehmensregister Peugeot 284 Präzifix, Dachau Pratt & Wittney
Stolzenberg 155 Süddeutsche Bremsen A G , M ü n c h e n
281,283 16,24,376
Rapp-Motorenwerke, München Reichsbank 383 Renault 284 Rolls-Royce 368,376
447
382
Sachse K G , Kempten 99, 282, 298-306, 309.312, 330-332,408 Scherdel, Marktredwitz 282 Selzer, Roth 283 Siemens-Konzern, Berlin 17, 33-34, 37, 3 9 , 102-103,268, 381-382 - Brandenburgische M o t o r e n w e r k e G m b H (Bramo), Berlin-Spandau 34,44,46^8,53-54,89,95,101,113, 264,279, 376, 381 - Porzellanfabrik N e u h a u s 102 Simca 290,366 S N E C M A , Paris 357 Societe d'Ajustage et de Mecanique de Precision, Paris 290 Societe de Construction et d'Exploitation des Materiels et des M o t o e u r s (SCEMM) 285,287,290 Societe Generale Mecanique et d'Aviaton (SGMA), Paris 6 3 , 1 5 9 Societe National de Construction des M o t o e u r s ( S N C M ) 283 Solvaywerke, Wittringen 319 Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) „Awtowelo" s. BMW, Werk D ü r r e r hof 352 Spinnerei und Weberei Blaichach 308, 310.313, 327, 330, 332 Süddeutsche Kalkstickstoff-Werke A G , Trostberg 3 1 0 , 3 2 6 , 3 3 0 , 3 3 2 , 3 3 5 Süddeutsche Kolbenbolzenfabrik, Stuttgart 283 Stahl & D r a h t w e r k , Röslau 282 Stehle, Stuttgart 283 Steyr-Daimler-Puch A G 47 Stoewer Automobilwerke, Stettin 33, 381
32
Talbot 6 7 , 1 5 9 Teves, F r a n k f u r t a.M. 282 Textilfabrik Kaufbeuren 309-312, 330, 332-335 U F A , Berlin 383 Uher, M ü n c h e n 298 Vereinigte Deutsche Metallwerke, Frankf u r t a.M. 282 Vereinigte Stahlwerke 58-59, 118-124, 126-127, 133-134,380 Veritas, Gelnhausen 283 Voisin, Paris 63, 67, 159, 283, 285, 290 Volkswagenwerk (VW) G m b H , Wolfsburg 5 , 3 0 , 3 2 , 6 3 , 8 0 , 8 2 , 1 6 0 , 1 7 2 , 284, 347, 356, 367 Waffenwerke Brünn A G , Brünn (Brno) 62-63, 159,282, 306 Walter, Kiel 104 Wanderer-Werke, C h e m n i t z 30,381, 383 Wayss & Freytag 176 Werkzeugbau Miller, M ü n c h e n 283 Weser Flugzeugbau G m b H , Bremen 383 Westen 307 Wintershall A G 340-346 Wolldeckenfabrik Bruckmühl 309, 311, 330, 336, 338 Württembergische Metallfabrik (WMF), Geislingen 102-103 W U M A G , Görlitz 63 Zahnradfabrik Friedrichshafen A G , Friedrichshafen 5 0 , 1 0 3 , 2 8 2 Zarges, Weilheim 282 Zellstoffabrik Waldhof 379 Zschopauer M o t o r e n w e r k e , Zschopau 381 Z ü n d a p p A G , N ü r n b e r g 37, 384