176 67 29MB
German Pages 251 [264] Year 1973
Götz, Immunologische PlasmaproteinDiagnostik
Immunologische PlasmaproteinDiagnostik Hilde Götz
Mit 106 Abbildungen und 6 Tabellen
w DE
G
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1973
Hilde Götz, Prof. Dr. med., Leiterin des Forschungslaboratoriums für Transplantationsund Tumorimmunologie an der Chirurg. Univ. Klinik und Poliklinik der FU Berlin, Klinikum Westend
ISBN 3 1 1 0 0 3 7 7 2 6
© Copyright 1972 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.»Berlin 30. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Ubersetzung vorbehalten. — Satz und Druck: MercedesDruck, Berlin — Printed in Germany
Vorwort
Immunologische Methoden haben seit Entwicklung der Immunelektrophorese im Agargel durch G R A B A R und W I L L I A M S (1953) in hohem Maße in die Laboratorien der Proteingrundlagenforschung, der Immunchemie und Immunbiologie, aber auch in die Laboratorien für klinisch-chemische und klinisch-immunologische Routinediagnostik, Zugang gefunden. Das liegt in erster Linie an der genialen Idee, Antigen-Antikörper-Reaktionen in einem festen Medium, Agar-Agar, zur Aufklärung von Antigenstrukturen, hier Plasmaproteinen, anzuwenden. Die Kombination von Elektrophorese und nachfolgender immunologischer Differenzierung unter Verwendung spezifischer Antiseren macht die Methode überlegen über die herkömmlichen Differenzierungsmethoden von Proteingemischen, wie Serum, Plasma, Körperflüssigkeiten, Sekreten und anderen biologischen Substraten. Darüber hinaus wurde die Technik der immunologischen Plasmaproteindifferenzierung in den letzten rund 15 Jahren von verschiedener Seite dahingehend modifiziert, daß sie insbesondere für die Belange eines Routinelaboratoriums leicht zu handhaben und ohne besondere Schwierigkeiten in ihren Befunden zu interpretieren ist. Wie alle Methoden, hat auch die Immunelektrophorese ihre Grenzen. Sie sind dort gesetzt, wo es gilt, exakte quantitative Aussagen über einzelne Plasmaproteine zu machen. Hierfür stehen heute andere immunologische Techniken im Agargel zur Verfügung, die einfache, radiale Immundiffusionstechnik nach M A N C I N I , CARBONARA und H E R E M A N S , sowie in gewissem Umfange auch die zweidimensionale Immun-DoppeldifFusions-Technik nach O U C H T E R L O N Y . Darüber hinaus ist es erforderlich, zur Bestimmung von Proteinen in sehr niedriger Konzentration radioimmunologische Methoden einzusetzen, die entweder im freien Medium oder ebenfalls im Agargel vorgenommen werden. Vorliegendes Buch wurde auf mehrfachen Wunsch und mit der Absicht zusammengestellt, vor allem dem praktisch tätigen Laborarzt wie auch der medizinisch technischen Assistentin Unterlagen und konkrete Interpretationshilfen zur Durchführung und Auswertung immunologischer Analysen in die Hand zu geben. Es vermittelt Methodik und klinischen Anwendungsbereich der wichtigsten immunologischen Untersuchungstechniken zur
Differenzierung menschlicher Plasmaproteine. Im einzelnen werden die Immunelektrophorese mit reichlichem Anschauungsmaterial und mit ausführlichen Interpretationshilfen, ferner die zweidimensionale Immun-Doppeldiffusion zur Aufklärung der Antigeneigenschaften von Einzelproteinen sowie die einfache, radiale Immundiffusion im Agargel zur semiquantitativen bzw. quantitativen Bestimmung von Plasmaproteinen, ebenfalls mit zahlreichen Hinweisen auf deren praktisch-klinische Nutzbarkeit, dargelegt. Der Diagnostik der Paraproteinämien, der Defektpathoproteinämien sowie der Hepatopathien wird besonderer Raum geschenkt. Ferner werden die heute üblichen immunologischen Nachweismethoden einiger erst in den jüngsten Jahren entdeckter pathologischer Plasmafaktoren, wie AU/SHAntigen (HAA) und -Antikörper, «j-Foetoprotein sowie LP-X aufgeführt. In besonderen Abschnitten werden darüber hinaus Prinzip und Indikationsbereiche einiger anderer immunologischer Methoden, die sich von Immunelektrophorese und Immundiffusionsmethoden ableiten, für die Praxis jedoch weniger geeignet erscheinen, besprochen Zu ihnen gehören die Zweiphasenelektrophorese nach L A U R E L L , die Elektroimmundiffusionstechnik, radioimmunologische Methoden, sowie eine Reihe anderer Kombinationsverfahren von Elektrophorese und immunologischer Antigenidentifizierung. In einem Anhang werden Normalwerte, die wichtigsten Funktionen und einige besondere Parameter einiger für klinische Belange bedeutsamer Plasmaproteinfraktionen sowie deren quantitativ faßbare Änderungen unter Krankheitsbedingungen angegeben. Außerdem findet sich eine Zusammenstellung von Krankheitsgruppen mit entsprechenden immunologisch objektivierbaren Plasmaprotein-Befunden. Schließlich werden in einem Firmennachweis die wichtigsten technologischen sowie chemischen Fabriken benannt, bei welchen Grundausrüstung, Zubehör und/oder Reagenzien für die abgehandelten immunologischen Techniken bezogen werden können. Bei der Bearbeitung des vorliegenden Buches wurde besonderer Wert auf die p r a k t i s c h e Anwendbarkeit immunologischer Methoden für die klinische Plasmaproteindiagnostik gelegt Aus diesem Grunde wurde der theoretische Teil auf die wichtigsten Voraussetzungen für das Verständnis immunologischer Reaktionen im Agargel beschränkt. Im praktischen Teil wurde aus demselben Grund bewußt auf die Darlegung einiger aus der Proteingrundlagenforschung wohlbekannter Plasmaproteine verzichtet. Dies im übrigen auch deshalb, weil solche Einzelproteine einerseits z. B. mit handelsüblichen, polyvalenten Antiseren nicht ohne weiteres identifiziert und andererseits mit Bezug auf ihre klinische Bedeutung noch nicht
genügend diagnostisch verwertet werden können Desgleichen wurden bei der Beschreibung von Plasmaproteinen nur diejenigen Charakteristika herausgestellt, welche im Verein mit immunologischen Befunden Bedeutung erlangen. Die Nomenklatur richtete sich nach den Angaben bei SCHULTZE/HEREMANS ( 1 9 6 6 ) sowie nach Empfehlungen der W H O . Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. F . SCHEIFFARTH, Erlangen-Nürnberg, der im Jahre 1955 die Anregung dazu gab, die Immunelektrophorese und andere immunchemische Techniken in sein Laboratorium einzuführen und auf dessen Initiative hin ich damals bei Herrn Prof. Dr. PIERRE G R A B A R , Paris, die verschiedenen Agartechniken aus erster Hand erlernen durfte. Mlle J . COURCON erwies sich dabei als eine eminent tüchtige technische Beraterin. Mein Dank gilt darüber hinaus Fräulein ANDERS, Berlin, die den weitaus größten Teil der hier demonstrierten Immunelektrophoresen, einschließlich der biochemischen Zusatzanalysen, vorgenommen hat, ferner Frau REGELSBERGER, Erlangen, aus deren Analysenreihen ebenfalls Befunde mitverwertet wurden, Frau LEBECK, Berlin, für ihre Assistenz bei den hier vorgenommenen Analysengängen sowie Herrn FRANKE, Berlin für seine phototechnischen Künste. Berlin, den 1. Januar 1973 Prof. Dr. med. HILDE GÖTZ
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
V
1 Grundlagen der Immunpräzipitation
1
1.1 Begriffsbestimmungen, Definitionen Immunpräzipitat Antigene Antikörper Antigen-Antikörper-Reaktion Präzipitationssysteme 1.2 Entwicklung verschiedener Präzipitationstechniken Immundiffusionstechniken: im freien Medium, im Agargel Immunelektrophorese 1.3 Begriffsbestimmungen verschiedener Immundiffusions-Techniken . . . 1.3.1 Techniken der einfachen Immundiffusion 1.3.2 Techniken der Doppel-Immundiffusion 1.4 Prinzip der Immunelektrophorese 1.5 Gesetzmäßigkeiten der Immundiffusion und der Immunelektrophorese . . . 1.5.1 Immundiffusion 1.5.2 Immunelektrophorese 1.6 Interpretation von Präzipitationsergebnissen 1.7 Radioimmunologische Techniken (Prinzipien)
1 1 2 3 3 4 5 5 6 7 7 8 10 11 11 17 20 29
2 Praxis der Immunpräzipitation 2.1 Immunelektrophorese 2.1.1 Technik 2.1.2 Häufigste Fehlerquellen 2.1.3 Normalbefunde 2.1.4 Biochemische Charakterisierung 2.1.5 Indikation der Immunelektrophorese und Analysenplan 2.1.6 Abwandlungen der Immunelektrophorese-Technik 2.2 Zweidimensionale Doppel-Immundiffusion 2.2.1 Technik 2.2.2 Indikation 2.3 Einfache, radiale Immundiffusion 2.3.1 Technik 2.3.2 Fehlerquellen 2.3.3 Indikation
30 30 30 45 48 53 62 67 75 75 78 81 81 86 88
3 Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken 3.1 Die Gruppe der y-Globuline 3.1.1 D a s I m m u n g l o b u l i n s y s t e m : IgG, IgA, IgM, IgD und IgE
90 90 90
....
X
Inhaltsverzeichnis 3.1.1.1 3.1.1.2 3.1.1.3 3.1.1.4
Antigenüberschuß-Phänomene Antikörperüberschuß-Phänomene Paraprotein-Phänomene Immunchemische Diagnostik besonderer Globuline des Ig-Systems 3.1.2 A n d e r e P r o t e i n e d e s y - G l o b u l i n - B e r e i c h e s 3.1.2.1 Das j8 2 k-Protein 3.1.2.2 Das C-reaktive Protein 3.2 D i e Gruppe der ^-Globuline 3.2.1 Das Transferrin 3.2.2 Das Hämopexin 3.2.3 Das Komplementsystem 3.2.4 Das Properdinsystem 3.2.5 Das /S 2 -Glykoproteid I 3.2.6 Das ß-Hämoglobin-bindende Protein
98 99 108 135 143 143 143 146 146 149 149 153 153 153
3.3 Das Fibrinogen
153
3.4 D i e Gruppe der a 2 -Globuline 3.4.1 Das «¡¡-Makroglobulin 3.4.2 Das a 2 -Coeruloplasmin 3.4.3 Das
^ ^
^
7 IgM
IgA
f) IgD
IgG
ImmL
~
r*
AHS
CRP
AHS
V» IgD IgM
CRP IgA
IgG
Abb. 49a—i
AHS
3.1.
Die Gruppe der y-Globuline
101
Abb. 49a—i Immunelektrophoretische Befunde (Ausschnitte des Ig-Bereiches) mit Verstärkung von Ig-Präzipitaten. a) Vergleichsweise mitanalysiertes Normalserum. b) Vermehrung des IgG, IgA und des IgM. c) Verstärkung vorwiegend des IgG und des IgM. d) Verstärkung vorwiegend des IgG. e) Verstärkung (Antigenüberschuß!) des IgG über den gesamten Bereich des Präzipitats. f ) Verstärkung des IgG, vorwiegend im Bereich der zweiten Hälfte des Ig-Präzipitats. g) Ähnlicher Befund wie bei f). Außerdem IgD- sowie CRP-Nachweis. h) Verstärkung des IgG über den gesamten Bereich des Präzipitats mit teilweiser Abdiffusion (starker Antigenüberschuß!). In diesem Beispiel findet sich außer dem IgA und IgM das IgD sowie das CRP (CRPj) deutlich dargestellt. i) Verstärkung des IgG vorwiegend im mittleren Drittel des Ig-Präzipitats.
Abb. 50a—k Einzelbeispiele mit Ig-Verstärkung im Rahmen einiger definierter Krankkeitsprozesse. a) Aggressive Hepatitis: Beachte die starke IgM-Verstärkung! Die IgMLinie zeigt darüber hinaus eine paraproteinämische Verformung. b) Chronische Hepatitis: Verstärkung aller drei Ig-Hauptkomponenten, insbesondere aber des IgG; somit Verdacht auf Übergang in Leberzirrhose. c) Zustand nach infektiöser Hepatitis: Relative Verstärkung des IgG; die übrigen Immunglobuline nicht verstärkt; somit gute Prognose. d) und e) Befunde bei chronischer rheumatoider Arthritis: Verstärkung des IgG und des IgM; beide Globuline erweisen sich jedoch als nur mäßig verstärkt.
102
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
+ Zu Abb. 50
f) g) h) i) k)
Befund einer Leberzirrhose (bioptisch gesichertes Anfangsstadium). Vergleichsweise mitanalysiertes Normalserum. Ahnlicher Befund wie bei e): gesicherte Präzirrhose. Vergleichsweise mitanalysiertes Normalserum. Chronische Bronchitis: Verstärkung sämtlicher Ig-Präzipitate, insbesondere des IgA!
Nach allgemeiner Übereinkunft wurden die verschiedenen Kombinationen des molekularen Antikörpermangelsyndroms (AKMS) in folgenden Typen zusammengefaßt (Tab. 6).
Typ
1
Stark erniedrigtes oder fehlendes I g G Fehlen des IgA Fehlen des IgM IgG normal oder nur gering vermindert
Typ II
Fehlen des IgA Fehlen des IgM IgG normal oder nur gering vermindert
Typ III
isoliertes Fehlen des IgA IgM normal oder vielfach überhöht I g G normal oder nur gering vermindert
Typ IV
IgA normal isoliertes Fehlen des IgM
Tab. 6: Erläuterung der vier Typen des molekularen Antikörpermangelsyndroms.
3.1.
Die Gruppe der "/-Globuline
103
Das Antikörpermangelsyndrom (Tab. 7'a — b). Einteilung nach vorwiegend klinischen sowie genetischen Gesichtspunkten. (Nach H I T Z I G [207]) Tabelle (7 a) A) I d i o p a t h i s c h e s i s o l i e r t e s A K M S I) I d i o p a t h i s c h - i s o l i e r t e s A K M S m i t l y m p h o r e t i k u l ä r e r D y s p l a s i e 1) AKMS mit l y m p h a t i s c h e r H y p o p l a s i e a) Kongenitales AKMS ohne Lymphopenie, jedoch mit hypoplastischen Organen. Rezessiver Erbgang. Betroffen nur Knaben. Manifestation Ende des ersten Lebensjahres. BRUTON-Typ. b) Kongenitales AKMS mit Lymphopenie und erheblicher Hypoplasie der lymphatischen Organe. Autosomal-rezessiver Erbgang. Betroffen sind Knaben und Mädchen. Manifestation im ersten bis sechsten Lebensmonat. SCHWEIZER Typ. c) Kongenitales AKMS mit L e u k o p e n i e (retikuläre Dysgenesie) und rudimentären lymphoretikulären Organen. Mit dem Leben nicht vereinbar. 2) A K M S mit l y m p h a t i s c h e r H y p e r p l a s i e In diesem Falle ist eine maligne, funktionell untüchtige Wachstumstendenz lymphatischer Elemente anzunehmen. II) I d i o p a t h i s c h e s i s o l i e r t e s A K M S o h n e l y m p h o r e t i k u l ä r e D y s p l a s i e (normogammaglobulinämisches AKMS) III) E r w o r b e n e s , i d i o p a t h i s c h e s i s o l i e r t e s A K M S B) F r ü h k i n d l i c h e s t r a n s i t o r i s c h e s A K M S I) K o n n a t a l e A g a m m a g l o b u l i n ä m i e bei Agammaglobulinämie der Mutter. II) Physiologische Hypogammaglobulinämie. Normalisierung nach ca. einem Jahr mit Ingangkommen der kindeseigenen Antikörper- bzw. Gammaglobulin-Bildung. III) Pathologische Hypogammaglobulinämie bei verzögerter Immunglobulin-Bildung. C) S y m p t o m a t i s c h e F o r m e n des A K M S I) H ä m o b l a s t o s e n 1. Plasmozytom 2. Makroglobulinämie WALDENSTRÖM 3. Lympho-retikuläre Systemerkrankungen 4. Chronische Lymphadenose 5. Chronische myeloische Leukämie 6. Lymphosarkomatose II) E n d o k r i n o p a t h i e n 1. Morbus CÜSHING 2. Hypothyreose 3. Hypogonadismus III) M e t a b o l i s c h e K r a n k h e i t e n Diabetes mellitus
104
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
Spur IgM
A b b . 5 1 a — m Hypogammaglobulinämien. a ) - d ) Typ I i) und e) T y p III 1) u n d m) T y p I V e ) - h ) T y p II
3.1.
Die Gruppe der y-Globuline
105
AHS
Zu Abb. 52 a—m NS = Normalserum bzw. Serum mit komplettem Ig-System
106
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
a)
b)
c)
Abb. 52a—d Beispiele für erworbenes Antikörpermangel-Syndrom. a) Maligne Retikulose (oben): Hypogammaglobulinämie mit Verschmälerung und relativer Verkürzung des IgG-Präzipitats und weitgehendem Schwund des IgA und des IgM. Unten: Normalserum. b) Lupus erythematodes disseminatus: Hypogammaglobulinämie mit Fehlen des IgA und Reduzierung des IgM. ..'..s, c) Lymphogranulomatose: Oben: Endstadium inii Hypogammaglobulinämie mit Vermehrung sämtlicher Ig-Klassen, insbesondere des IgM und des IgG. IgM erwies sich als pathologisch verformt. d) Leukose (unten): Hypogammaglobulinämie mit Fehlen des IgA. Das IgM erwies sich als relativ niedermolekular und zeigte stärkere Diffusionsfähigkeit als das physiologische IgM.
3.1.
Die Gruppe der y-Globuline
107
IV) P r o t e i n v e r l u s t - S y n d r o m e 1. Exsudative Enterophatie 2. Nephrose V) F u n k t i o n s a u s f a l l o d e r E k t o m i e l y m p h a t i s c h e r O r g a n e 1. Thymektomie, Thymom 2. Splenektomie 3. Insuffizienz lymphatischer Organe durch vorangegangene Überbeanspruchung (gehäufte Infekte). VI) I n t o x i k a t i o n d e r I g - b i l d e n d e n Z e l l e n 1. Medikamente, gewerbliche Gifte 2. Zytostatika 3. Röntgenstrahlen
Einteilung des Antikörpermangelsyndroms nach vorwiegend immunpathologischen Gesichtspunkten. Tabelle (7 b) A) V e r m i n d e r u n g o d e r F e h l e n i m m u n o l o g i s c h k o m p e t e n t e r Z e l l e n I) P r i m ä r e r D e f e k t v o n T - u n d / o d e r B - Z e l l e n 1 0 (polyclonal oder monoclonal) 1. Idiopathisch-isoliertes A K M S mit lymphatischer bzw. lympho-retikulärer Dysplasie 2. Kongenitales A K M S mit lympho-retikulärer Dysplasie 3. Frühkindliches transistorisches AKMS II) S e k u n d ä r e D e f e k t s i t u a t i o n v o n T - u n d / o d e r B - Z e l l e n 1. V e r d r ä n g u n g immunkompetenter Zellen a) Metastasierende Tumoren b) Bindegewebige oder zirrhotische, generalisierte Prozesse; Amyloidablagerung (im Gefolge chronisch entzündlicher Prozesse) c) Atrophische Prozesse im Bereich der Schleimhäute des Respirations- und Verdauungstraktes. 2) M u t a t i o n immunkompetenter Zellen a) Hämoblastosen (virusbedingt?). Mono-, di- und polyclonal. b) Isolierte Tumorenentwicklung durch Einwirkung von Röntgenstrahlen oder durch Zytostatika mit mutagenen Effekten. 3. I n t o x i k a t i o n immunkompetenter Zellen. a) Medikamente, gewerbliche Gifte. b) Zytostatika. c) Intensive Röntgenbestrahlung. 4. H y p e r a k t i v i t ä t s i n s u f f i z i e n z immunologisch kompetenter Zellen. Folge einer langanhaltenden Überbeanspruchung des immunkompetenten Systems. 10
T-Zellen = thymusabhängige Immunzellen B-Zellen = kochenmarkabhängige Immunzellen
108
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
B) V e r m i n d e r u n g o d e r F e h l e n m o l e k u l a r e r A n t i k ö r p e r
(Immunglobuline)
I) P r i m ä r e m o l e k u l a r e D e f e k t e 1. teleangiectasia Ataxia (Louis-BARR-Syndrom): angeborener IgA-Defekt, vergesellschaftet mit sinu-broncho-pulmonalem Syndrom. 2. Isolierter IgA-Defekt mit Ring-18-Chromosom. 3. Isolierter, intramolekularer Polypeptidketten-Defekte der Antigenbindungsstelle. II) S e k u n d ä r e m o l e k u l a r e D e f e k t s i t u a t i o n e n 1. Immunkomplexbildung (bei Autoimmun- und Autoaggressionskrankheiten) 2. Überstürzte Elimination: Enteropathien, Nephrotisches Syndrom. 3. Überstürzter Abbau: Hormonal gesteuerter Eiweißkatabolismus (ACTH-, Cortison-Wirkung!).
3.1.1.3
Paraprotein-Phänomene
3.1.1.3.1 Vorbemerkungen über Paraproteine. Paraproteine sind /-Globuline. In ihrem molekularen Aufbau entsprechen sie der Grundkonzeption physiologischer Immunglobuline. Sie unterscheiden sich jedoch biochemisch und immunchemisch von Immunglobulinen in folgenden Einzelheiten: Die L-Ketten der Paraproteine kommen in nur einem Typ vor, also entweder als x- oder als A-Typ. 11 Die meisten Paraproteine sind ihrer Antigenbindungsfähigkeit verlustig gegangen. Unter yG-Paraproteinen sind nicht alle vier Subtypen vertreten sondern nur zwei von ihnen. 12 Paraproteine können als freie L-Ketten vorkommen. Paraproteine können als freie H-Ketten vorkommen. Paraproteine können als Ig-Halbmoleküle vorkommen. Dies weist darauf hin, daß Paraproteine u. a. als „defekte" oder „abartige" Immunglobuline zu definieren sind. Paraproteine sind als Stoffwechselprodukte autonom wuchernder Zellgruppen, sogenannter „Clone", des lympho-plasmo-retikulären Systems, aufzufassen. Paraproteinämien. M a l i g n e F o r m e n . Gekennzeichnet durch clonale Hyperplasie von Zellen des lympho-plasmo-retikulären Systems mit Paraproteinbildung und den Zeichen des unkontrollierten Zellwachstums. 11
12
Inzwischen gewonnene eigene Befunde haben allerdings gezeigt, daß auch bei Paraproteinen « - u n d A-Typen vorkommen können. Neuere Ergebnisse weisen darauf hin, daß j/G-Paraproteine offenbar aus allen vier Subtypen hervorgehen können.
3.1.
Die Gruppe der y-Globuline
109
Abb. 53 Halbschematische Darstellung der Ig-Präzipitatphänomene und deren Zuordnung zu plasmozellulären (plasmoretikulären) sowie lymphozytären (lymphoretikulären) Prozessen. [ [ = Plasmozytom (Myelomatose) und plasmoretikuläre Systemerkrankungen. I //////////////////1 = Makroglobulinämien und lymphoretikuläre Systemerkrankungen.
Myelome Zugrundeliegender
Zelltyp:
Para-Plasmazellen, plasmo-retikuläre Elemente.
Paraproteintypen:
yG (verschiedene Subtypen) 66 rel. % y A (verschiedene Subtypen) 21 rel.% y D selten 1 rel.% y E (yND) Rarität! y M selten. Sonderformen der Myelome bzw. Übergänge zu plasmo-retikulären Systemerkrankungen: BENCE-JoNES-Paraproteinämie H-Kettenkrankheit, y-, « - und ¿«-spezifisch Halbmolekül-Paraproteinämien Mischformen: Diclonale oder polyclonale Paraproteinämien (Myelomatosen), z. B. yG + yA. Makroglobulinämie WALDENSTRÖM. Zugrundeliegender
Zelltyp:
Para-Lymphozyten, lympho-retikuläre Elemente.
Paraproteintyp: "/M 12 rel. %. Übergänge zu lympho-retikulären Systemerkrankungen : Makroglobulinämische Retikulosen Autoaggressionserkrankungen H-^-Ketten-Paraproteinämie
110
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
Maligne Systemerkrankungen des lympho-plasmo-retikulären Systems, vereinzelt auch Solitärtumoren [167 bis 168, 188, 277, 355]. Zugrundeliegender Zelltyp: Lympho-retikuläre-sowie plasmo-retikuläre Zellen. Paraproteintjpen: yG sowie yM. Mischformen: Makro-Paraprotein mit Myelomproteinen. B e n i g n e F o r m e n . Gekennzeichnet durch clonaleHyperplasie von Zellen des lympho-plasmo-retikulären Systems mit Paraproteinbildung, jedoch ohne die Zeichen des unkontrollierten Zell Wachstums. Rudimentäre Paraproteinämien bei völlig Gesunden (klinisch Gesunden!) [99, 234, 244, 317, 414, 428] Symptomatische Paraproteinämien bei Patienten mit den verschiedensten Erkrankungen (Diabetes, Gicht, Asthma bronchiale, akutes rheumatisches Fieber, Leberparenchymschaden), die eine Störung des lympho-retikulären Systems nicht ohne weiteres erkennen lassen [94, 104, 112]. Sonderformen: Paraproteine mit Moleküldefekten [157] H-KettenParaproteine Es handelt sich um freie H-Ketten vom Typ der Fc-Fragmente mit einem Molekulargewicht von 50 000 bis 55 000 (dimere Form). In Abweichung zum Fc-Fragment eines physiologischen Immunglobulins besitzen die Paraprotein-H-Ketten sowohl das C-terminale als auch das Nterminale Polypeptidstück [396]. Die H-Ketten-Paraproteine kommen als Monomere, Dimere (häufigste Form) oder als Polymere vor. Die intramolekulare Bindung der H-Ketten erfolgt wie beim kompletten Immunglobulin über Disulfidbrücken. Die H-Ketten-Paraproteine sind nierengängig [79]. H-Ketten-Paraproteine kommen als Hy 2 -Ketten-Paraproteine [110 bis 111, 130, 166], H« 2 -Ketten-Paraproteine [375] sowie als HJM2-Ketten-Paraproteine [31, 77, 126] vor. ~L-Ketten-Paraproteine = BENCE-JONES-Paraproteine [32, 106, 202, 227, 250, 279] = Mikro-Paraproteine Es handelt sich um freie L-Ketten mit einem Molekulargewicht von 40 000 (Dimer), die intramolekular durch Disulfidbrücken zusammengehalten werden. Insoweit entsprechen. L-Ketten-Paraproteine den physiologischerweise vorkommenden Mikroglobulinen [279]. Sie unterscheiden sich jedoch von diesen dadurch, daß sie jeweils in nur einem Typ, als «-Typ oder als
3.1.
Die Gruppe der y-Globuline
H-Ketten
-y-Ketten y
y
a-Ketten a.
et
L-Ketten
/x-Ketten ¡x
¡X
Monomer
111 [ x - oder /\.-Typ]
Dimer
SS-
Tetra mer
-S-S- s-s- SS
Halb m ol e k uIe
Abb. 54 Schematische Darstellung defekter Ig- bzw. Paraproteinmoleküle [157],
A-Typ vorkommen, während die Mikro-Leichtketten-Proteine des Gesunden sowohl als ¡»¿-Typen als auch als A-Typen nachweisbar werden. Über ihre Herkunft bestehen drei Hypothesen: Zellprodukte clonal mutierter Elemente, die physiologischerweise Mikroglobuline bilden. Intrazelluläre Synthesehemmung Ig-bildender Plasma- oder Retikulumzellen, als deren Folge freie L-Ketten (und möglicherweise auch freie H-Ketten) sezerniert werden. Exzessive L-Ketten-Synthese im Zusammenhang mit intrazellulärer Paraproteinbildung: Vergesellschaftung kompletter Paraproteine mit BENCE-JONES-Mikroproteinen.
112
3.
Klinischer Anwendungsbereich der Immunpräzipitationstechniken
L-Ketten-Paraproteine sind nierengängig. Freie L-Ketten-Paraproteine kommen als Monomere, Dimere, Tetramere oder als Polymere vor [176]. Halbmolekül-Paraproteine. Es handelt sich um -/G-Paraproteine, die entweder aus einer kompletten Hy-Kette und einer Lx-Kette bestehen [379] oder aus einem Hy-Ketten-Fragment und einem Dimer isolierter Lx-Ketten [35]. Mischformen im Sinne der reduzierten oder defekten diclonalen oder polyclonalen Gammopathien. Formanalytisch imponieren Paraproteine durch u m s c h r i e b e n e V e r f o r m u n g des ursprünglichen physiologischen Ig-Präzipitats; in den meisten Fällen durch u m s c h r i e b e n e n A n t i g e n ü b e r s c h u ß ; durch rasche D e g r a d a t i o n bei längerem Aufbewahren, auch bei —20°: Spaltungsphänomene. Für die Paraproteindiagnostik werden folgende weitere Kriterien verwertet: Elektrophoretische Position; Zuordnung zu spezifischer I g - K l a s s e ; Existenz eines BENCE-JoNES-Mikroparaproteins mit T y p e n b e s t i m m u n g im bejahenden Falle; Beurteilung der nicht paraproteinämisch verformten, verbliebenen Immunglobuline: sekundäres, komplettes oder partielles A n t i k ö r p e r mangelsyndrom; paraproteinämische Verformung verschiedener Ig-Präzipitate: D o p pelparaproteinämien. 3.1.1.3.2 yG-Paraprotein-Typen. Nach ihrer elektrophoretischen Position können folgende Typen differenziert werden: ßr, ß2- u n d y r S t e l l u n g . Eine spezifische N o m e n klatur f ü r diese Typen ist nicht gegeben. A m häufigsten k o m m e n yA-Paraproteine in ^ - S t e l l u n g vor.
+
Albumin
Alb/*