Grundfragen der Anstiftung: Strafgrund – agent provocateur – Objektsverwechslung [1 ed.] 9783428512461, 9783428112463

Im Mittelpunkt der hier vorgelegten Untersuchung stehen drei Grundfragen aus dem Bereich der Anstiftung, die seit Jahrze

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German Pages 199 Year 2004

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Grundfragen der Anstiftung: Strafgrund – agent provocateur – Objektsverwechslung [1 ed.]
 9783428512461, 9783428112463

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Schriften zum Strafrecht Heft 146

Grundfragen der Anstiftung Strafgrund – agent provocateur – Objektsverwechslung

Von

Marios Nikolidakis

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Marios Nikolidakis · Grundfragen der Anstiftung

Schriften zum Strafrecht Heft 146

Grundfragen der Anstiftung Strafgrund – agent provocateur – Objektsverwechslung

Von

Dr. Marios Nikolidakis

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-11246-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Óôïõò ãïíåßò ìïõ

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist meine im Wintersemester 2002 / 2003 abgeschlossene Dissertation, die von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angenommen wurde. Bis April 2003 erschienene Literatur wurde soweit wie möglich berücksichtigt. Mein aufrichtigster und herzlichster Dank gilt meinem verehrten Doktorvater und Lehrer, Herrn Prof. Dr. Wilfried Küper, der die Arbeit thematisch angeregt und ständig gefördert hat. Für seine fürsorgliche Betreuung und seine Hilfsbereitschaft bin ich ihm zutiefst verbunden. Durch zahlreiche Gespräche hat er die Arbeit engagiert und liebevoll betreut und ist mir stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Herrn Prof. Dr. Olaf Miehe danke ich für die Erstellung des zweiten Gutachtens. Meinen liebevollen Eltern, Emmanouel und Olga Nikolidakis, sowie meinem Bruder, Nikos Nikolidakis, möchte ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen. Ohne ihre bedingungslose und unschätzbare Unterstützung wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ihnen ist diese Arbeit in großer Dankbarkeit gewidmet. Frau Olympia Kosma und Herrn Sascha Schmidt danke ich für ihre Hilfe bei den sprachlichen Korrekturen der Arbeit. Zu danken habe ich ferner meinen Freunden in Heidelberg und besonders Frau Elpida Kallia und Herrn Angelos Tillios für ihre ständige Ermutigung und Unterstützung. Ein ganz besonderer Dank geht schließlich an Angeliki, nicht nur für ihre Hilfe bei der Erstellung des Literatur- und Sachwortverzeichnisses, sondern vor allem für ihr Verständnis, ihre Geduld und ihren Beistand während der Entstehung dieser Arbeit. Heidelberg, im Mai 2003

Marios Nikolidakis

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

A. Der Strafgrund der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Die Schuldteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

2. Die Unrechtsteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

a) Die modifizierte Unrechtsteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

3. Die Unrechtslehre Ottos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

4. Die Solidarisierung mit fremdem Unrecht als Strafgrund der Teilnahme . . . .

33

II. Die Verursachungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

1. Die reine Verursachungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

2. Die Teilnahme als abstraktes Gefährdungsdelikt (Herzberg) . . . . . . . . . . . . . . . .

41

3. Die akzessorietätsorientierte Förderungs- oder Verursachungstheorie . . . . . . .

44

4. Die Teilnahme als akzessorischer Rechtsgutsangriff (Roxin) . . . . . . . . . . . . . . .

46

III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

1. Die versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

2. Die Bestrafung des Anstifters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

I. Provokation eines Deliktsversuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

1. Objektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB . . . . . . . . . .

58

a) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2. Subjektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB . . . . . . . . .

60

a) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

10

Inhaltsverzeichnis II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen . . . . . . . . . . . . . . . .

71

1. Tatvollendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

2. Grundsätzliches zur Deliktsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Delikte mit iterativer Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Delikte mit vorverlegtem Vollendungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

c) Konsequenzen der Unterscheidung von Vollendung und Beendigung der Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

d) Tatbestandsbezogene Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

e) Der Beendigungsbegriff und der „agent provocateur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

3. Objektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB . . . . . . . . . .

80

a) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

4. Subjektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB . . . . . . . . .

81

a) Die Provokationsproblematik beim Diebstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

b) Die Problematik bei den Fällen mit vorverlegter Strafbarkeit . . . . . . . . . . . .

89

aa) Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur ohne Rechtsgutsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

bb) Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur und Rechtsgutsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

cc) Provokation bei den abstrakten Gefährdungsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 III. Kritik des BGH-Urteils – Das Akzessorietäts- und das Vorhersehbarkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Die Unbeachtlichkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Die Überlassung der Opferindividualisierung an den Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Die Fehlkonkretisierung des Tatopfers seitens des Anstifters . . . . . . . . . . . . 119 2. Die Unbeachtlichkeit der Fehlkonkretisierung = Die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Abwälzung des Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Inhaltsverzeichnis

11

4. Konkretisierung der Haupttat durch den Anstifter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Die Ansicht Stratenwerths . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Die Ansicht Küppers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Die Ansicht Weßlaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5. Das Zufallsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6. Die Ansicht Strengs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 V. Erstes Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 VI. Die „aberratio ictus“-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Anstiftung zum Versuch (?) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Das „Gemetzelargument“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Vergleich zwischen den Exzeß- und den Objektsverwechslungsfällen . . . . . . 148 4. Mißverstehen und Objektsverwechslung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 VII. Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 VIII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

D. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I. Der Strafgrund der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 II. Die Anstiftung und der „agent provocateur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 III. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Abkürzungsverzeichnis a. F. Abs. Alt. Anm. AnwBl Art. AT Aufl. BayObLG Beschl. BGB BGH BGHSt BT BtMG BVerfG bzw. d. h. ders. dies. f. ff. FG FS Fußn. GA GG ggf. h. L. h. M. i. E. i. e. S. i. S. insbes. iVm

alte Fassung Absatz Alternative Anmerkung Anwaltsblatt Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluß Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Besonderer Teil Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) Bundesverfassungsgericht beziehungsweise das heißt derselbe dieselbe folgende fortfolgende Festgabe Festschrift Fußnote(n) Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls herrschende Lehre herrschende Meinung im Ergebnis im engeren Sinne im Sinne insbesondere in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis JA JR Jura JuS JZ krit. Lb LG LK-StGB m. E. m. w. N. MDR MSchrKrim n. F. NJW Nr. NStZ o. OLG OWiG RGSt Rn S. scil. SK-StGB sog. Stb StGB StPO StrR StrRG StV Tb u. u. a. u. ä. unstr. Urt. usw. v. vgl. V-Mann

Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung kritisch Lehrbuch Landgericht Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch meines Erachtens mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht oben Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Randnummer(n) Seite scilicet (nämlich) Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch sogenannt Studienbuch Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Strafrecht Strafrechtsreformgesetz Strafverteidiger Teilband unten unter anderem und ähnliches unstreitig Urteil und so weiter vom vergleiche Vertrauensmann

13

14 vor z. B. z. T. ZStW

Abkürzungsverzeichnis Vorbemerkungen zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einführung Als Anlaß für die meisten Monographien und Dissertationen wird vorwiegend die geringe Aufmerksamkeit angeführt, die das Thema, mit dem sie sich jeweils beschäftigen, gefunden hat. Genau das Gegenteil hat den Anstoß zu der vorliegenden Untersuchung gegeben. Man braucht nur einen Blick in ein Lehrbuch des Allgemeinen Teils des StGB oder in einen Kommentar zum StGB zu werfen, um festzustellen, daß die Institution der Anstiftung eine breite Diskussion in der strafrechtlichen Wissenschaft erfährt. Anstiftung ist das vorsätzliche Bestimmen eines anderen zu der von ihm vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Tat (§ 26 StGB). Im Gegensatz zu den Vorschriften des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches wird mit § 26 StGB ein Verhalten unter Strafe gestellt, das nicht selbst die Merkmale eines Deliktstatbestandes verwirklicht (dualistisches Beteiligungssystem = Täterschaft und Teilnahme1). Es wird nicht die Begehung einer eigenen Straftat, sondern die Beteiligung an einer fremden Tat in der Form des Veranlassens zur Verwirklichung eines Deliktstatbestandes bestraft. Eine Anstiftung kann somit nur in Verbindung mit einer fremden vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat (i. S. des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) erfaßt werden (Akzessorietätsprinzip). Dieser begriffsnotwendigen Unselbstständigkeit der Anstiftung2 entspringen Problemfragen, deren Schwierigkeitsgrad und deren Bedeutung sich in der jahrzehntelangen Beschäftigung der Strafrechtslehre mit der Teilnahmeproblematik widerspiegeln. Darunter befinden sich auch die drei Fragen, mit denen sich die vorliegende Untersuchung befaßt, nämlich die Frage nach dem Strafgrund der Anstiftung, nach der Strafbarkeit des „agent provocateur“ und das Problem der Auswirkung der Objektsverwechslung des Täters auf den Anstifter. Erfüllt der Anstifter selbst nicht die Tatbestandsmerkmale eines Delikts des Besonderen Teils des StGB, in dem der Gesetzgeber bestimmte sozialschädliche Verhaltensweisen beschreibt und unter Strafe stellt, erhebt sich die Frage, aus welchem Grund das Gesetz die Teilnahme an einer fremden Tat unter Strafe stellt. Die Lösung vieler Probleme, die im Bereich der Teilnahme bzw. der Anstiftung auftauchen, (z. B. agent provocateur, Irrtumsfälle, usw.) ist erst dann in überzeugender 1 Im Gegensatz zu dem Einheitstätersystem, das im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt (§ 14 OWiG). Danach wird jeder, der einen ursächlichen Beitrag zur Tatbestandsverwirklichung geleistet hat, als Täter angesehen. 2 Hiermit soll nicht die Antwort auf die Frage vorweggenommen werden, ob die Anstiftung ein delictum sui generis ist, ob also die Akzessorietät rein faktischer oder rechtlicher Natur ist. Es soll nur betont werden, daß die Anstiftung insoweit unselbstständig ist, als sie sich stets auf eine andere Tat bezieht.

16

Einführung

Weise möglich, wenn geklärt ist, welche Zwecke das Gesetz mit der Bestrafung der Teilnahme verfolgt. Obwohl sich die Bestimmung des Strafgrundes der Teilnahme seit sehr vielen Jahren als Problem darstellt, ist darüber noch keine Einigkeit erzielt worden, und das Thema bleibt weiterhin sehr umstritten. Das Gesetz selbst hat zu den Schwierigkeiten, die bei der Bestimmung des Strafgrundes auftauchen, dadurch beigetragen, daß es Regelungen enthält, die entweder widersprüchlich sind oder deren gemeinsamer übergeordneter Gesichtspunkt noch nicht gefunden worden ist. Im ersten Teil der Untersuchung soll dargestellt werden, welche Theorien die Wissenschaft zum Strafgrund der Anstiftung entwickelt hat. Durch die Auseinandersetzung mit alten und neuen Theorien werden die dogmatischen Grundlagen herausgearbeitet, die eine Strafbarkeit des Anstifters begründen. Es wird sich zeigen, daß diese Streitfrage eng mit der Frage nach den Gründen der Strafbarkeit überhaupt zusammenhängt. Es wird nicht nur das Wesen der Anstiftung in dem Sinne erörtert werden, daß Anstiftung etwa Teilnahme an fremder Schuld oder Unrecht sei, sondern es wird versucht, eine Antwort auf die Frage zu geben, was den Gesetzgeber berechtigt, ein solches Verhalten unter Strafe zu stellen. Im Rahmen der Diskussion über den Anstiftervorsatz taucht immer wieder die Frage auf, ob derjenige als Anstifter zu bestrafen ist, der einen anderen zu einer Straftat veranlaßt, ohne jedoch die Vollendung der Haupttat zu wollen. Die von ihm veranlaßte Tat soll dem Vorsatz des Anstifters entsprechend im Stadium des Versuchs steckenbleiben. Ob eine derartige Beteiligung an versuchter Tat als Anstiftung zum Versuch zu bestrafen ist, wird im zweiten Teil der Arbeit untersucht. Seit einiger Zeit sind in die Problematik auch Fälle einbezogen worden, bei denen der Veranlasser nicht nur den Versuch, sondern auch die formelle Vollendung der Haupttat will, nicht jedoch ihre materielle Beendigung. Auf diese Fallkonstellation wird besonders eingegangen werden. Zunächst werden die Fallgruppen dargestellt, bei denen überhaupt eine solche Konstellation in Betracht kommen kann. Danach werden die Konsequenzen erörtert, die der fehlende Beendigungswille des Provokateurs für seine Strafbarkeit hat. Dabei wird auch die sehr umstrittene Frage der Beurteilung des Provokateurs im Rahmen der abstrakten Gefährdungsdelikte diskutiert. Der Betrachtung sämtlicher Problemfälle wird das Schema [„agent provocateur“ = Anstifter?] zugrundegelegt. Die eventuelle Strafbarkeit des Provokateurs aus anderen Gründen ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht von Interesse. Im dritten Teil der Untersuchung wird die Problematik des Täterirrtums erörtert. Irrt sich ein Täter über die Identität oder über die Eigenschaften des Angriffsobjekts, so spricht man von einem „error in persona vel obiecto“. Die Frage nach den Auswirkungen einer solchen Objektsverwechslung auf die strafrechtliche Bewertung der Handlung des Täters ist inzwischen überwiegend dahingehend entschieden worden, daß ein solcher Irrtum für die Strafbarkeit des Täters unbeachtlich ist3, wenn das vorgestellte und das tatsächlich angegriffene Objekt gleichwer3 Anderer Ansicht zuletzt v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 1919, S. 170 f., wonach Versuch und gegebenenfalls ein Fahrlässigkeitsdelikt anzunehmen ist.

Einführung

17

tig sind4. Denn die Objektsverwechslung stelle das Vorhandensein des Tatbestandsvorsatzes nicht in Frage5. Wird jedoch der Täter von einer anderen Person zur Begehung einer Straftat bestimmt und unterläuft ihm bei der Ausführung der Tat ein „error in persona“, erhebt sich die Frage, wie sich die Objektsverwechslung des Täters auf die strafrechtliche Behandlung des Anstifters auswirkt, ob also die Existenz des doppelten Anstiftervorsatzes in solch einem Fall zweifelhaft ist. Der Beantwortung dieser Zurechnungsfrage wird der dritte Teil der Untersuchung gewidmet. Dabei werden die wichtigsten Argumente der bisher vertretenen Auffassungen dargestellt. Es wird ihre Aussagekraft geprüft und anschließend eine Antwort auf die gestellte Frage gegeben. Obwohl es sich hier um eine Untersuchung handelt, die sich mit Streitfragen aus dem Bereich der Anstiftung befaßt, scheint es an manchen Stellen unausweichlich zu sein, auf Fragen einzugehen, die nicht anstiftungsspezifisch sind. Diese Notwendigkeit folgt aus dem Wesen der Anstiftung als Form der Teilnahme, die sich immer auf eine Haupttat bezieht. Auf die entsprechenden Fragen wird also nur im unbedingt notwendigen Umfang eingegangen werden, weshalb kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Den Anstoß zur Beschäftigung mit diesen drei Streitfragen aus dem Bereich der Anstiftung gab einerseits das große Interesse, das ihnen in der Strafrechtswissenschaft entgegengebracht wird, und andererseits die Tatsache, daß trotz der ausgiebigen Auseinandersetzung der Lehre mit diesen Problemen immer noch Unklarheiten bestehen. Über die sich aus dem Wesen der Teilnahme als Bezugsbegriff ergebenden Schwierigkeiten hinaus, mit denen jede Untersuchung konfrontiert wird, die sich mit dem Bereich der Teilnahme befaßt6, sieht sich die vorliegende Untersuchung der zusätzlichen Schwierigkeit ausgesetzt, daß sie sich mit drei Fragen beschäftigt, die voneinander in dem Sinne unabhängig zu sein scheinen, daß sie jeweils eine separate, vollständige Bearbeitung der Materie fordern. Gemeinsamer Nenner bei der Bearbeitung der drei Streitfragen wird der Versuch sein, die jeweiligen Lösungsvorschläge auf dogmatische Grundlagen zu stützen und kriminalpolitische 4 Zur erforderlichen Gleichwertigkeit der Handlungsobjekte beim „error in persona“ siehe Warda, Blau-FS, S. 159 ff. 5 Die Unbeachtlichkeit eines solchen Irrtums folge daraus, daß sich der Täter über einen Umstand irre, der für die Erfüllung des Tatbestandes irrelevant sei (also kein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 StGB). Angriffs- und Verletzungsobjekt seien hier identisch. Siehe dazu Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 249; BGHSt 11, 268; BGHSt 37, 214; Bemmann, MDR 1958, 817; Loewenheim, JuS 1966, S. 311 f.; Müller-Dietz und Backmann, JuS 1971, S. 413; Alwart, JuS 1979, S. 351 ff.; Herzberg, JA 1981, S. 472; Prittwitz, GA 1983, S. 110 ff.; Schreiber, JuS 1985, S. 873; Kuhlen, Irrtum, insbes. S. 479 ff.; Streng, JuS 1991, S. 912 f.; Geppert, Jura 1992, S. 163; Schlehofer, Vorsatz, S. 170 f. und passim. 6 Vgl. Kantorowicz, MSchrKrim 1910 / 11, S. 306: „Die Teilnahmelehre ist das dunkelste und verworrenste Kapitel der deutschen Strafrechtswissenschaft“.

2 Nikolidakis

18

Einführung

Erwägungen nur insoweit in Betracht zu ziehen, als sie mit den dogmatischen Grundlagen vereinbar sind. Dabei werden notwendigerweise auch diverse Entscheidungen des Gesetzgebers in Frage gestellt. Denn eine Untersuchung soll nicht nur die Aufgabe haben, die jeweiligen gesetzgeberischen Entscheidungen auszulegen, sondern soll ihrer dogmatischen Konzeption treu bleiben und daraus entwikkelte Lösungen vorschlagen. So auch dann, wenn die Ergebnisse, die dabei gewonnen werden, nicht immer dem Rechtsgefühl und den gesetzgeberischen Bestimmungen entsprechen7. Angesichts der Vielfalt der Untersuchungen, welche die Probleme des Strafgrundes der Anstiftung, des „agent provocateur“ und der Auswirkung der Objektsverwechslung des Täters auf den Anstifter behandeln, und der daraus folgenden Vielzahl der Lösungsvorschläge dieser Zurechnungsprobleme erübrigt sich eine ausführliche Darstellung dieser Vorschläge, um Wiederholungen vorzubeugen, aus denen keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden können. Es wird vielmehr der Versuch unternommen, sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen, denen bisher keine überzeugenden Einwände entgegengesetzt worden sind.

7 So daß die die Wissenschaftlichkeit der Rechtswissenschaft bestreitenden Worte von Kirchmanns, Wertlosigkeit, S. 19, nicht bestätigt werden können, nämlich: „Drei berichtigende Worten des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zu Makulatur“.

A. Der Strafgrund der Anstiftung Im ersten Teil der Untersuchung werden zuerst die, wie sich zeigen wird, zu Recht als überholt betrachteten Schuld- und Unrechtsteilnahmetheorien als auch deren Varianten kurz dargestellt. Dann wird tiefer in die Problematik eingedrungen, und es werden diejenige Theorien gründlicher diskutiert, die heute noch über den Strafgrund der Anstiftung streiten.

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie 1. Die Schuldteilnahmetheorie Die Schuldteilnahmetheorie erblickt den Zweck des Verbots einer Teilnahmehandlung an einer fremden Tat in der Bewahrung des Haupttäters vor „Verstrikkung in Schuld und Strafe“. Der Grundgedanke dieser Theorie in ihrer reinen Form ist, daß sich der Teilnehmer an der Person des Haupttäters vergeht; der Anstifter und der Gehilfe sind deswegen strafbar, weil sie den Haupttäter in Schuld und Strafe geführt haben8. „Jeder Teilnahme ist das Moment einer gewissen Korruption des Vordermannes eigen, sei es, daß der böse Wille des Anstifters sich auf den Handelnden überträgt, sei es, daß der letztere in seinem eigenen bösen Wollen bestärkt wird“9. Die Korruptionstheorie, wie die Schuldteilnahmetheorie auch genannt wird, hat ihren Ursprung im kanonischen Recht und in der gemeinrechtlichen Lehre und in der dort vertretenen Auffassung, daß der Verführer dem Verführten ein besonderes Unrecht tue, er begehe einen „Seelenmord“. Diese Seelenverderbnis, die Verführung eines Mitmenschen, das Sündig-werden-lassen war dieser Ansicht nach der Strafgrund des „Mandanten“, d. h. des Anstifters mit eigenem Tatinteresse. Diese Auffassung spiegelt sich in der klassischen Formulierung des Farinacius wider: „Mandans plus delinquit quam mandatarius, nam primo delinquit in se, secundo in mandatarium, tertio in occisum; mandatarius autem non delinquit nisi in se et in 8 Beling, ZStW 18 (1898), S. 272. Allerdings hat Beling diese Ansicht später (Die Lehre vom Verbrechen, S. 426) aufgegeben: „. . . die Rechtswidrigkeit der Teilnahmehandlung besteht eben darin, daß zu fremdem rechtswidrigem Tun ein Scherflein beigetragen wird. Etwas anderes ist es, selber einen Tatbestand erfüllen, etwas anderes, fremder Rechtswidrigkeit Vorschub leisten“. Nach diesen Äußerungen ist Beling nicht mehr als Vertreter der Schuldteilnahmetheorie einzustufen. 9 Maurach, Schuld, S. 61; siehe auch Nagler, Teilnahme am Sonderverbrechen, S. 142; Schaffstein, ZStW 57 (1937), S. 323.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

interfectum“ 10. Später wurde diese Formel fast wörtlich von Carpzov übernommen11. Im 19. Jahrhundert wurde diese Lehre wieder durch Hälschner12 und Schütze13 aufgenommen14. In ihrer extremsten Form sieht die Schuldteilnahmetheorie den Erfolg und demzufolge den Strafgrund der Anstiftung schon in der Bestimmung des Angestifteten zum Tatentschluß, in dem Angriff gegen die gesetzestreue Gesinnung des Haupttäters, in seiner Korruption15. Für die meisten Verfechter der Schuldteilnahmetheorie beschreibt allerdings der Korrumpierungsgedanke nur einen zusätzlichen Schutzzweck16. Deswegen ist es nicht richtig, den Inhalt der Schuldteilnahmetheorie allein darin zu sehen, daß der Anstifter den Haupttäter schuldig werden läßt, ihn korrumpiert und verführt17. Der bekannteste Verfechter der Schuldteilnahmetheorie war H. Mayer. Nachdem er den Strafgrund der Anstiftung ursprünglich eng gefaßt hat18, hat er versucht, die Schuldteilnahmetheorie allgemeiner zu formulieren: „Der Anstifter hat sich in doppelter Weise verfehlt. Er bewirkt die verbrecherische Tat und er verführt den Täter“. Und weiter: „Mag der Angriff des Anstifters auf das Rechtsgut nicht so intensiv sein, daß man sagen könnte, er hat den Mord gemacht, so hat er doch jedenfalls den Mörder gemacht“19. Nur durch die Verbindung dieser beiden Gesichtspunkte (Verführung des Täters und Rechtsgüterverletzung) sei die gleiche Bestrafung des Anstifters und des Täters zu rechtfertigen. Nach der Schuldteilnahmetheorie wird bei der Anstiftung die geringere Erfolgsnähe gegenüber der Täterschaft durch das Moment der Korruption kompensiert20. Die Schuldteilnahmetheorie ist nicht zu Unrecht auf heftige Kritik gestoßen. Der schwerwiegendste Einwand gegen diese Lehre ist, daß sie nicht mit dem GeOpera IX Qu. 135 nr. 6, zit. nach Schütze, Notwendige Teilnahme, S. 126. Practica nova, pars I, quaest. IV, nr. 12; Carpzov „unterstreicht das secundo in mandatarium delinquere durch die Einfügung: quem corrumpit“ – Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 37. 12 Hälschner, System I, S. 363. Nach Hälschner ist der Anstifter der geistige Schöpfer der verbrecherischen Absicht und der Verführer, der Angestiftete dagegen der Verführte. 13 Schütze, Notwendige Teilnahme, S. 81. 14 Ausführlich über den Ursprung der Schuldteilnahmetheorie Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 36 ff.; vgl. dazu Trechsel, Strafgrund, S. 3 ff. 15 So z. B. Heilborn, Der Agent provocateur, S. 81. 16 Dahm, Siber-FS, S. 239; Höpfner, ZStW 26 (1906), S. 624 f.; Perten, Beihilfe, S. 145; Kohlrausch, Bumke-FS, S. 48; Mayer, StrR AT, S. 319; ders., Rittler-FS, S. 255 ff.; Mayers Äußerungen in StrR d. dt. Volkes, S. 334, waren allerdings einseitig auf den Korruptionsgedanken abgestellt; siehe auch Gallas, Beiträge, S. 119 ff. 17 Richtig dazu Küper, GA 1974, S. 323 f.; Otto, Lange-FS, S. 202 f. 18 Mayer, StrR d. dt. Volkes, S. 326 ff., 333 ff., wo das Moment der Verführung überbetont ist und fast als alleiniger Strafgrund der Anstiftung betrachtet wird. 19 Mayer, StrR AT, S. 319; (Hervorhebung übernommen). 20 Vgl. dazu Perten, Beihilfe, S. 142 ff., insbes. 146 f. Näher zum Thema der Gleichbestrafung des Anstifters und des Täters siehe u. S. 55 ff. 10 11

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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setz vereinbar sei. Wenn der Strafgrund der Anstiftung darin besteht, daß der Anstifter den Täter in Schuld und Strafe führt, wie diese Theorie neben der Verantwortung des Anstifters für die Rechtsgüterverletzung annimmt, dann sollte die Schuld des Täters die Strafbarkeit des Anstifters bestimmen. Dies ist jedoch nicht mit der Limitierung der Akzessorietät vereinbar, wie sie in § 29 StGB angeordnet wird, wonach die Schuld des Täters unbeachtlich für die Bestrafung des Teilnehmers ist21. Die angeführte Kritik mag zwar richtig sein, sie löst jedoch das Problem nur de lege lata, was allerdings der de-lege-ferenda-Betrachtung der ganzen Problematik nicht entgegenstehen sollte. Gegen die Schuldteilnahmetheorie wurden viele Argumente eingewandt. Lange22 argumentiert meistens gegen die Schuldteilnahmetheorie in ihrer reinen Form, die Anstiftung als ein Korruptionsdelikt betrachtet: „Wenn der Erfolg der Anstiftung nicht erst der Eintritt des Erfolges der Tat, zu der angestiftet wurde, sondern bereits die Bestimmung des späteren Täters als solche wäre, dann wäre auch nicht einzusehen, weshalb das Gesetz noch den weiteren Erfolg der Tat des Angestifteten verlangt, . . . vor allem aber, weshalb es den Strafrahmen des selbständigen Korruptionsdelikts von dem der Straftat des Korrumpierten abhängig macht“23. Denn was könnte dies anderes bedeuten, als daß eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen der Tätertat und der Handlung des Teilnehmers existiert? Wenn also H. Mayer24 die Begehung der Tätertat als Voraussetzung der Strafbarkeit des Teilnehmers anerkennt, ist die Behauptung inkonsequent, das Unrecht des Täters sei nicht bestimmend für das Unrecht des Teilnehmers. Wie jedoch bereits festgestellt25, wird die Schuldteilnahmetheorie nicht mehr in ihrer reinen Form vertreten, sondern sie sieht das Moment der Korruption als zusätzliches Element neben der Einwirkung auf die Rechtsgüterverletzung. Weiterhin wendet Lange ein, die Schuldteilnahmetheorie würde dazu führen, daß die versuchte Anstiftung allgemein bestraft werden sollte, denn das Verbre21 In diesem Punkt sind sich alle Gegner der Schuldteilnahmetheorie einig, z. B. Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 41 ff.; Schroeder, Täter, S. 206 ff.; Less, ZStW 69 (1957), S. 44 f.; Hoyer, SK-StGB, vor § 26 Rn 7; Jakobs, StrR AT, S. 658; Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 685; Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 10. 22 Die notwendige Teilnahme, S. 41 ff. 23 Anders Lüderssen, Strafgrund, S. 56, insbes. Fußn. 54, der die Art und Schwere der Haupttat als Maßstab für die Gefährlichkeit der Korruption begreift. Vgl. dagegen Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 107 f.: Nach seiner Ansicht wären die Teilnahmetatbestände angesichts ihrer am Täterdelikt orientierten Strafrahmen keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Sanktionsnormen, wenn die Teilnahmeverhaltensnormen auch dem Schutz des Haupttäters vor Unrechts- und Schuldverstrickung dienten. Und weiter: „Die Minderung des sozialen Ansehens und die Behinderung des beruflichen Fortkommens hängen oft nicht von der Schwere der Deliktsart ab.“ 24 Mayer, Rittler-FS, S. 255. 25 Siehe o. S. 20.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

chen gegen den Täter sei bei dieser Tätigkeit schon mit dem Versuch der Bestimmung begangen26. Andererseits wird behauptet, daß die Existenz des § 30 Abs. 1 StGB nur auf der Basis der Schuldteilnahmetheorie einen Sinn habe, nämlich den, daß der präsumtive Anstifter den Täter zu korrumpieren versuche. Denn nach der Verursachungstheorie sei die versuchte Anstiftung nur eine Vorbereitungshandlung im Hinblick auf die intendierte Rechtsgutsverletzung und es sei folglich nicht erklärbar, warum der Anstifter im Gegensatz zu dem Täter, der ein Verbrechen nur vorbereitet, strafbar sein soll27. Auch wenn dieser Einwand einleuchtend erscheint, reicht er nicht aus, um diese Theorie zu stützen. Denn § 30 Abs. 1 StGB stellt nur die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen unter Strafe. Nach der Schuldteilnahmetheorie müßte aber, wie von Lange richtig erkannt, auch die versuchte Anstiftung zu einem Vergehen bestraft werden. Denn der Anstifter hätte auch in diesem Fall versucht, den Täter zu korrumpieren. § 30 Abs. 1 StGB ist also auch unter dem Blickwinkel der Schuldteilnahmetheorie nicht vollständig zu erklären. Ferner wirft Lange der Schuldteilnahmetheorie vor, daß ihr zufolge auch derjenige bestraft werden müsse, der nicht wolle, daß das Rechtsgut verletzt werde, denn schon der Versuch korrumpiere den Täter, und demzufolge sei der agent provocateur grundsätzlich strafbar28. Andererseits erwidert Mayer, daß nur die Schuldteilnahmetheorie es ermögliche, denjenigen zu bestrafen, der lediglich einen Versuch des Täters verursachen wolle29. Es ist also zu erkennen, daß jede Seite in diesem Fall ihre Argumente auf ihre Ansicht über den Strafgrund der Teilnahme stützt; hier handelt es sich also um eine petitio principii30. Der Schuldteilnahmetheorie wird entgegengehalten, daß sie nicht erklären kann, wie es möglich ist, einen schon korrumpierten Täter nochmals zu korrumpieren31. Nach H. Mayer handelt es sich um die Bestärkung des Willens zur konkreten rechtswidrigen Tat, und jede derartige Bestärkung trage die Gefahr der Charakterverderbnis in sich. Kein Mensch sei so schlecht, als daß er nicht noch schlechter werden könnte32. Schroeder33 fragt, ob die Behauptung von der regelmäßigen Korrumpierung des Angestifteten nicht eine „Bankrotterklärung jeder Spezialprävention“ enthalte. Zur Bestärkung seiner Ansicht erwähnt er das von Zimmerl schon vorgebrachte Argument, daß durch eine einmalige böse Tat der Charakter ebensoLange, Die notwendige Teilnahme, S. 47. Less, ZStW 69 (1957), S. 47 f. in bezug auf die Unrechtsteilnahmetheorie; vgl. dazu Franzheim, Teilnahme, S. 57. Auf die Problematik der versuchten Anstiftung wird später eingegangen, siehe u. S. 53 ff. 28 Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 48. 29 Mayer, StrR AT, S. 336. 30 Näher zur Streitfrage der Strafbarkeit des agent provocateur siehe u. S. 112 ff. 31 Nach Bockelmann, Untersuchungen, S. 113, und Esser, GA 1958, S. 322 f., ist die Charakterverderbnis oft gar nicht mehr möglich, weil der Anstifter beim Täter bereits einen verdorbenen Charakter vorfinde. 32 Mayer, Rittler-FS, S. 256. 33 Schroeder, Täter, S. 211. 26 27

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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wenig verderbt werden müsse, wie eine solche Tat der Beweis für einen schlechten Charakter sei. Es sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden, daß der Grad der Korruption des Täters von Person zu Person variiert, je nach dem, ob der Angestiftete eine unbescholtene Person, eine zu der Tat fast entschlossene34 oder sogar ein Gewohnheitsverbrecher ist35. Es ist H. Mayer darin beizupflichten, daß niemand so schlecht sei, als daß er nicht schlechter werden könne. Man sollte aber nicht außer Acht lassen, daß das Korruptionsmoment, wenn man es als Teil des Unrechts ansehen will, verschiedene Stufen hat, in sich nach der Schwere graduierbar ist, da eben verschiedene Unrechtsstufen bestehen. Es ist also dabei zu beachten, wie schlecht der Angestiftete war und wie schlechter er durch die Korruption geworden ist36. Es ist auch nicht einzusehen, warum das Korruptionsmoment – wenn man es als strafrechtlich relevant betrachten sollte – nur bei der Anstiftung verwertet werden soll. Der Täter kann auch der Verführer seines Mittäters oder seines Gehilfen sein37. Zu Recht fragt also Bitzilekis38, warum in diesen Fällen das Korruptionsmoment außer Acht geblieben sei. Wird die Korrumpierung des Täters als Teil des Unrechts der Teilnahme betrachtet, das Unrecht der Anstiftung also auch in dem Angriff gegen die Person des Angestifteten gesehen, dann stellt sich auf diese Weise die Anstiftung zum Teil als ein delictum sui generis dar: Anstiftung als Teilnahme an der Rechtsgüterverletzung durch den Täter und als Täterschaft gegen den Angestifteten. Und auch wenn dem Vorwurf, daß in solch einem Fall die Anstiftung in den Besonderen Teil des StGB gehören würde39, entgegengehalten werden kann, daß „die systematische Stellung im Gesetz keine erschöpfende Orientierung über die Auslegung einer Be-

34 Vgl. dazu Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 115, der auch die Umstimmungsfälle erwähnt, bei denen der Ratgeber den Täter zu einer anderen Tat anstiftet. Hier habe sich der Täter bereits selbst korrumpiert. 35 Vgl. dazu Esser, GA 1958, S. 323. 36 A. M. Lüderssen, Strafgrund, S. 53, der der Meinung ist, daß die Schuldteilnahmetheorie doch Grade der Schuld anerkennt: „Es wäre sehr wohl vertretbar, den Teilnehmer, in den Fällen, in denen er den Täter lediglich in die Schuld oder das Unrecht einer weniger schweren Straftat zu verstricken im Begriff ist, nur für die wirklich eingetretene Verschuldung des Täters haftbar zu machen“. Dieser Gedanke trifft aber nicht zu, denn die wirkliche Korruption des Täters oder seine soziale Desintegration (darüber siehe u. S. 26 ff.) hängt nicht immer von der Schwere der Haupttat ab. Vgl. dazu Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 47, 53; Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 107 f. 37 Siehe auch Esser, GA 1958, S. 322 f., der hinzufügt, daß der Täter in manchen Fällen auch seinen Anstifter verführen könne. 38 Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 47. 39 Bauer, Die akzessorische Natur der Teilnahme, S. 13 f., 51 f.; Kosterlitz, L’agent provocateur, S. 33; siehe auch Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 41: „Dem (scil. der Auffassung, die in den Teilnahmebestimmungen Sonderdelikte erblickt) steht schon die Systematik des Gesetzes, nach der die Anstiftung wie die Beihilfe allgemeine Erscheinungsformen des Verbrechens sind, eindeutig entgegen“.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

stimmung gewährt“40, spricht sicher schon einiges gegen eine Betrachtung der Anstiftung als ein delictum sui generis. Zunächst ist die Darstellung der Anstiftung als Sonderdelikt gegen den Täter nicht mit der Tatsache vereinbar, daß dieses eigene Unrecht der Anstiftung (die Korrumpierung des Täters) nicht in einer Unrechtsskala eingestuft wird41. Zweitens müßte die Annahme der Schuldteilnahmetheorie folgerichtig dazu führen, daß der Anstifter auch dann bestraft werden muß, wenn das vom Täter angegriffene Rechtsgut dem Anstifter gegenüber nicht geschützt ist, wie z. B. in dem Fall, in dem der Täter das Opfer nach dessen Verlangen zu töten versucht. Wenn das der Fall ist, heißt das gleichzeitig, daß das Rechtsgut vom Anstifter nicht angegriffen werden kann, da in diesem Fall der Anstifter kein taugliches Subjekt des Verbrechens ist42. Der Anstifter müßte aber, wenn man in vollem Umfang den Prinzipien der Schuldteilnahmetheorie folgt, trotzdem bestraft werden, wenn auch milder, weil er an der Korrumpierung des Täters schuld sein soll, auch wenn er für die Tat des Täters keine Schuld tragen kann! Das ist aber von keinem Anhänger der Schuldteilnahmetheorie behauptet worden. Dies wäre jedoch zu erwarten, wenn gleichzeitig nach dieser Theorie sich die Korrumpierung des Täters als Rechtfertigungsgrund für die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung43 oder der gleichen Bestrafung des Anstifters mit dem Täter44 darstellen soll. Das ist ein weiterer Widerspruch dieser Theorie. Hinzu kommt das von Esser vorgebrachte Gegenargument, daß das deutsche Strafrecht keine Einzelvorschrift kenne, in der eine Verantwortung für das Straffälligwerden anderer in der Weise klar zutage träte, daß der Täter im besonderen Hinblick auf seine eingetretene Straffälligkeit zugleich in der Rolle des Verletzten erschiene45. Wenn das der Fall wäre, müßte eigentlich der Verletzte, also in diesem Fall der Täter, ein Recht dazu haben, gegen denjenigen, der ihn verführt und demzufolge verletzt hat, gerichtlich vorzugehen!46 Nach alledem scheint es inadäquat, die Anstiftung als ein von den Vorschriften des Besonderen Teils unabhängiges Delikt zu betrachten. Wenn §§ 26, 27 StGB die „gesetzestreue Gesinnung“ des Täters oder seinen Charakter schützen sollten, dann würden diese Rechtsgüter „etwas eigentümlich Verschwommenes und Unbestimmtes haben“47. Man könnte dagegen einwenden, daß so viele Typen von Angriffen auf die Persönlichkeit des Täters oder die Allgemeinheit existierten, wie 40 41 42 43 44 45 46 47

Less, ZStW 69 (1957), S. 55. Siehe o. S. 23. Näher zu dieser Problematik siehe u. S. 45, 46 und insbes. 51 ff. Siehe o. S. 21. Siehe o. S. 20. Esser, GA 1958, S. 322. Manoledakis, StrR AT, Rn 643. Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 42.

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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es Delikte im Besonderen Teil gebe48. Aber diese mittelbare Bestimmung der geschützten Rechtsgüter ist nicht mit dem Grundsatz „nullum crimen nulla poena sine lege“ vereinbar49. Aus der doppelten Natur der Anstiftung (Täterschaft gegen den Täter und Teilnahme an der vom Täter begangenen Rechtsgüterverletzung) ergeben sich weiterhin schwer zu lösende Probleme im Bereich der Konkurrenz. Wie bereits ausgeführt50, kann der Täter zugleich der Anstifter seines Mittäters sein. In solch einem Fall müßte man ihn der Schuldteilnahmetheorie zufolge sowohl als Täter als auch als Anstifter bestrafen. Selbst wenn die nachfolgende Täterschaft nach ganz h. M.51 die Anstiftung aufzehrt, wäre dies aber nach der Schuldteilnahmetheorie kaum zulässig, „wenn bei der Anstiftung die geringere Erfolgsnähe durch das Korrumpierungsmoment kompensiert würde, da durch die nachfolgende Täterschaft zwar die geringere Erfolgsnähe aufgezehrt wird, nicht aber das Korrumpierungsmoment, das dann in der Luft hängt“52. Wollte man in solchen Fällen eine reale Konkurrenz annehmen53, würde dieses Korruptionsmoment mit der nachfolgenden Täterschaft konkurrieren. Denn die teilnehmerische Seite der Anstiftung (Teilnahme an der Tätertat) wird von der nachfolgenden Täterschaft aufgezehrt. Wie aber dieses Korruptionsmoment ausgewertet wird, bleibt unklar, da es nicht in einer Vorschrift des StGB deutlich umschrieben ist. Demnach liegt der Schluß nahe, daß das Strafgesetz den Gesichtspunkt der Verführung nicht berücksichtigt. Nach der heftigen Kritik, die gegen die Schuldteilnahmetheorie geäußert wurde, hat H. Mayer versucht, eine allgemeinere Definition dieser Theorie zu formulieren, um dem Einwand entgegenzutreten, daß die Schuldteilnahmetheorie zwar den Strafgrund der Anstiftung, nicht aber den der Beihilfe erkläre, da es nicht einzusehen sei, wie der Gehilfe den Täter korrumpieren könne. Der Strafgrund der Teilnahme kann nach der modifizierten Auffassung H. Mayers „nur darin gefunden werden, daß einerseits die Tat wirklich geschehen ist, andererseits der Teilnehmer seinen Willen mit dem schuldhaften Täterwillen vereinigt und diesen Entschluß zum Zweck der Tatunterstützung auch hinreichend betätigt“54. Mit dieser Formulierung glaubt H. Mayer, auch den Strafgrund der Beihilfe erfaßt zu haben, und zwar auch in denjenigen Fällen, in denen der Täter von der ihm gewährten Unterstützung gar nichts weiß: „Die Willenseinigung des Teilnehmers mit dem Willen Lüderssen, Strafgrund, S. 55 f. So letztlich auch Lüderssen, Strafgrund, S. 56; anders Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 103. 50 Siehe o. S. 23. 51 Ausführlich dazu Geerds, Konkurrenz, S. 188 f. m. w. N. siehe auch Roxin, LK-StGB, § 27 Rn 67. 52 Schroeder, Täter, S. 207; siehe auch Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 54 f. 53 Less, ZStW 69 (1957), S. 55 f., mit der Begründung, daß der Unrechtsgehalt der Anstiftung bei einer Bestrafung als Täter nicht ausgeschöpft werde, denn die Anstiftung sei nicht ein Minus gegenüber der Täterschaft, sondern ein Aliud. 54 Mayer, Rittler-FS, S. 254 (Hervorhebung übernommen). 48 49

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

des Täters kann eine wechselseitige oder einseitige sein“55. Durch seine Unterstützung eigne sich der Gehilfe selbst den Täterwillen an. Allerdings ist es nicht haltbar, daß eine Willenseinigung auch in solchen Fällen existiert. Denn Willenseinigung heißt bewußtes Zusammenhandeln und nicht zufälliges. H. Mayer stellt die Behauptung auf, daß die Willenseinigung auch eine einseitige sein könne, ohne sie konkreter zu begründen. Denn er rechtfertigt die Bestrafung eines Gehilfen, von dem der Täter nichts weiß, lediglich mit der Begründung, er habe seinen Willen mit dem des Täters vereinigt. In der Darstellung Mayers ist jedoch nicht ersichtlich, wieso eine solche Willenseinigung möglich sein soll, wenn der Täter von der Unterstützung des Gehilfen keine Kenntnis hat. Ein weiterer Vorwurf gegen die Willenseinigungstheorie von H. Mayer ist die Nähe zu der längst aufgegebenen subjektiven Teilnahmelehre. Nach dieser Lehre unterwirft nämlich der Teilnehmer seinen Willen demjenigen des Täters. Das unterscheidet sich nicht sehr von der Auffassung Mayers56, nach der sich der Teilnehmer den Täterwillen aneignet57. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich bei dieser Theorie in bezug auf die Abgrenzung der Täterschaft von der Teilnahme, wenn bei der Täterschaft mehrere Personen beteiligt sind. Die Willenseinigung ist nämlich kein ausschließliches Charakteristikum der Teilnahme. Die Mittäterschaft setzt die Vereinigung des Willens der Beteiligten ebenso voraus58. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß die Schuldteilnahmetheorie in allen ihren Variationen nicht nur de lege lata59, sondern auch de lege ferenda abzulehnen ist.

2. Die Unrechtsteilnahmetheorie Die heftige Kritik, auf die die Schuldteilnahmetheorie insbesondere bezüglich der Regelung der limitierten Akzessorietät in § 29 StGB gestoßen ist, hat den Anstoß zur Entwicklung der Unrechtsteilnahmetheorie gegeben. Nach dieser Lehre verursacht der Anstifter nicht nur eine Straftat, sondern setzt den Täter dadurch, daß er ihn zu seiner Tat veranlaßt, der „sozialen Desintegration“ aus60. Er verstrik-

Mayer, Rittler-FS, S. 255 (Hervorhebung übernommen). Siehe o. Fußn. 55. 57 Siehe auch Trechsel, Strafgrund, S. 21. 58 So auch Schroeder, Täter, S. 207, der darin eine „Entleerung der Schuldteilnahmetheorie“ sieht. 59 Siehe o. S. 20. 60 Less, ZStW 69 (1957), S. 47; Trechsel, Strafgrund, S. 55; ähnlich auch Androulakis, Poin. Chron. 1976, S. 202: Der Anstifter führe den Täter zur Begehung der Straftat und verstricke ihn auf diese Weise ins Verbrechen, und auf alle Fälle setze er ihn in der Gesellschaft als Verbrecher aus. Einerseits greife der Anstifter das Rechtsgut an, das der Täter verletze, andererseits greife er den Haupttäter an, indem er seine soziale Integrität beeinträchtige. 55 56

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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ke ihn zwar nicht in Schuld, sondern in Unrecht61. Und da auch der schuldlose Täter der Gefahr der sozialen Desintegration ausgesetzt sei, gelingt es dieser Lehre, dem Einwand der limitierten Akzessorietät zu entgehen. Denn sie setzt nicht einen schuldhaften Haupttäter voraus62. Diese Lehre sieht also den Strafgrund der Anstiftung darin, daß der Anstifter an der verbrecherischen Tat mitwirkt und auch den Täter angreift63. Die „soziale Integrität“ des Täters64, die „Achtung vor seiner Persönlichkeit“65 ist also das Rechtsgut, das nach dieser Theorie vom Anstifter zusätzlich angegriffen wird. Dieser Theorie gelingt es trotzdem nicht ganz, die Akzessorietätslockerungen des § 28 StGB zu erklären. Der Angestiftete, z. B. eines Sonderverbrechens (Intraneus), wird einer erhöhten „sozialen Desintegration“ ausgesetzt. Der Unrechtsteilnahmetheorie zufolge sollte der Anstifter zu einem solchen Verbrechen (Extraneus) für dieses erhöhte Unrecht einstehen, was aber nicht mit der in § 28 Abs. 1 StGB vorgeschriebenen obligatorischen Strafmilderung in Einklang steht66. Die meisten Autoren betrachten die Unrechtsteilnahmetheorie als eine Weiterentwicklung der Schuldteilnahmetheorie 67. Allerdings sollte der unterschiedliche Ansatz dieser beiden Theorien nicht übersehen werden. Die Schuldteilnahmetheorie sieht die zusätzliche Komponente des Strafgrunds der Anstiftung in dem Angriff auf die psychische Welt des Haupttäters (Angriff auf die innere Welt des Täters), während die Unrechtsteilnahmetheorie diese Komponente in der Minderung der sozialen Achtung des Täters erblickt (Angriff auf die äußere Welt des Täters)68. Es steht fest, daß der gemeinsame Gesichtspunkt dieser beiden Theorien die Betrachtung der Anstiftung als Angriff auf das durch den Täter verletzte Rechtsgut und zugleich als Angriff auf den Haupttäter ist. Diesem gemeinsamen Gesichtspunkt zufolge sprechen auch gegen die Unrechtsteilnahmetheorie viele Argumente, die schon gegen die Schuldteilnahmetheorie vorgebracht wurden69. Zusätzlich kann gegen die Unrechtsteilnahmetheorie folgendes eingewandt werden: Von einigen Autoren wird dargelegt, daß es letztlich der Täter selbst sei, der sich der „sozialen Desintegration“ aussetze, weil er regelmäßig voll verantwortlich den 61 Less, ZStW 69 (1957), S. 53, spricht von einer Verstrickung des Täters in Zwiespalt mit der Rechtsgemeinschaft. 62 So auch Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 103 f.; Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 114. 63 „Doppelter Unrechtsgehalt“ der Anstiftung – Less, ZStW 69 (1957), S. 47. Gegen die doppelte Natur der Teilnahmevorschriften siehe die schon erwähnten Argumente in bezug auf die Schuldteilnahmetheorie (siehe o. S. 21 ff.). 64 Trechsel, Strafgrund, S. 12, 55. 65 Less, ZStW 69 (1957), S. 52: „Indem der Anstifter einen anderen dazu bringt, Unrecht zu tun, verletzt er dieses Rechtsgut (Achtung vor der fremden Persönlichkeit). Er stört den Gewissensfrieden des anderen und gefährdet die soziale Achtung, die jener genießt“. 66 So auch Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 114. 67 So z. B. Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 113; Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 11. 68 So zutreffend Charalambakis, Die mittelbare Täterschaft, S. 108. 69 Siehe o. S. 21 ff.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

entscheidenden Schritt dazu vollziehe70 und auf diese Weise in die Gefährdung seiner sozialen Integrität einwillige71. Auf den Gegeneinwand Trechsels72, der Verzicht des Angestifteten auf seine soziale Integrität verstoße gegen die guten Sitten, antwortet Stein, daß die Einwilligungsschranke der „guten Sitten“ keinesfalls zum Verbot und zur Pönalisierung bloßer Moralwidrigkeiten dienen dürfe73. Das Argument der Selbstverantwortung des Angestifteten ist aber nicht so zwingend, wie es auf den ersten Blick scheint. Dies mag zwar als Einwand gegen die Schuldteilnahmetheorie zutreffen, da nach dieser Theorie stets ein schuldhafter Haupttäter vorausgesetzt wird, reicht aber bei der Unrechtsteilnahmetheorie nicht aus. Denn es bleibt zweifelhaft, ob ein schuldloser Haupttäter eine Einwilligung in die Verletzung seiner eigenen Integrität abgeben kann. In sochen Fällen, in denen z. B. der Angestiftete die Gefährdung seiner sozialen Desintegration nicht ganz einsieht, etwa weil er minderjährig oder betrunken oder geistig zurückgeblieben ist, kann nicht immer davon ausgegangen werden, daß der Täter durch sein Verhalten die Verantwortung für seine soziale Desintegration oder für die Mißachtung seiner Persönlichkeit in vollem Umfang übernimmt74. Roxin75 wendet gegen die Unrechtsteilnahmetheorie u. a. ein, daß bei einem unentdeckt bleibenden Delinquenten die Beeinträchtigung seiner sozialen Integrität schwer aufweisbar sein werde. Charalambakis76 bezweifelt freilich die praktische Bedeutung der Überlegung von Roxin mit der Begründung, daß in einem sol70 So z. B. Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 114; Jakobs, StrR AT, S. 658; Keller, Provokation, S. 165 f.; Letzgus, Vorstufen, S. 217 f.; Schroeder, Täter, S. 212 f. Letzterer jedoch in bezug auf die Schuldteilnahmetheorie: „Unbestreitbare Tatsache ist doch, daß es letztlich der Angestiftete selbst ist, der sich in Schuld und Strafe führt. Insofern liegt eine gewisse Parallele zu den Fällen der Veranlassung zur Selbstverletzung vor“. 71 In dem Sinne Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 45. 72 Trechsel, Strafgrund, S. 13. 73 Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 105 f.: „Die Schranke der guten Sitten kann, wenn überhaupt, frühestens dort eingreifen, wo die Gefahr der Verhängung einer langen Freiheitsstrafe besteht“; vgl. auch Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 45. 74 Vgl. dazu Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 106. 75 LK-StGB, vor § 26 Rn 11. Zu dem anderen Argument Roxins über den schon desintegrierten Täter (siehe auch Lüderssen, Strafgrund, S. 57), siehe o. S. 23, was zu dem gegen die Schuldteilnahmetheorie eingewandten Gewohnheitsverbrecher-Argument dargelegt wurde. Dagegen bringt Androulakis, Poin. Chron. 1976 S. 204 Fußn. 38 vor, daß auch die soziale Integrität eines in der Vergangenheit schon desintegrierten Täters erneut beeinträchtigt werden könne. Der Unterschied zwischen den Fällen eines schon desintegrierten Täters und eines bisher unbescholtenen Täters sei nur quantitativ und nicht qualitativ. Androulakis bringt nur den Gedanken einer fakultativen Strafmilderung des Anstifters in dem Fall zum Ausdruck, in dem die zum Verbrechen verführte Person schon desintegriert ist. Dagegen wendet Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 53 Fußn. 29, ein, es sei höchstwahrscheinlich, daß ein Richter denjenigen Anstifter als strafwürdiger ansehen würde, der etwa einem vorbestraften Dieb oder einem Profikiller den entscheidenden Anstoß gebe, und auf diese Weise die Wahrscheinlichkeit eines Mißerfolges verringere, als denjenigen, der einen unerfahrenen Täter verführe. 76 Charalambakis, Die mittelbare Täterschaft, S. 109.

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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chen Fall ein Beweis gar nicht nötig sei. Denn es gebe keinen Grund und auch keine Möglichkeit, Teilnahmeformen an einer Tat zu suchen und zu analysieren, wenn diese Tat nicht entdeckt worden sei. Das ist aber nicht ganz korrekt. Erweist sich der Einwand von Charalambakis möglicherweise in denjenigen Fällen als richtig, in denen die Haupttat unentdeckt bleibt, trifft er allerdings nicht zu, wenn die Haupttat entdeckt ist, aber nur der Haupttäter unbekannt bleibt. Denn in derartigen Fällen ist natürlich die Teilnahme an der entdeckten Haupttat zu analysieren; die soziale Desintegration des unbekannten Haupttäters ist jedoch schwer zu erkennen. Probleme tauchen unter dem Aspekt der Unrechtsteilnahmetheorie auch bei der Bestimmung der vom Anstifter verletzten Rechtsgüter auf. Sind die „soziale Integrität“ des Täters oder die „Achtung vor der fremden Persönlichkeit“ tatsächlich Rechtsgüter, deren Verletzung nach unserer Rechtsordnung bestraft werden soll, wie die Anhänger der Unrechtsteilnahmetheorie behaupten77? Aus sozial-ethischer Sicht können diese Verletzungen als verwerflich betrachtet werden, aber es ist nicht außer Acht zu lassen, daß vage Hinweise auf das Rechtsgefühl der Gesellschaft als nicht genügend angesehen werden dürfen. Derartige Pflichtverletzungen sind strafrechtlich nur relevant, wenn der Gesetzgeber sie auch als solche angesehen hat und sie in Tatbeständen von Strafnormen niedergelegt und unter Strafe gestellt hat. Es würde weiterhin gegen das Gebot der Tatbestimmtheit verstoßen, wenn Rechtsgüter auf diese abstrakte Weise abgeleitet werden könnten. Was unmittelbar geschützt werden soll, was sich also als Rechtsgut im Sinne unserer Rechtsordnung darstellt, kann nur der Gesetzgeber bestimmen. Die „soziale Integrität“, die „Achtung vor der fremden Persönlichkeit“ und der „soziale Frieden“ mögen zwar hochwertige Güter sein, deren Schutz letztendlich auch unser Strafrechtssystem durch seine Sanktionsnormen erreichen will; sie sind selbst allerdings keine Rechtsgüter78. Demzufolge steht der Schutz der Person des Haupttäters vor Verstrickung in Unrecht im Widerspruch zu der Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüter zu bewahren79. Ferner ist zu bemängeln, daß es der Unrechtsteilnahmetheorie ebensowenig wie der Schuldteilnahmetheorie 80 gelungen ist, den Strafgrund der Beihilfe zu erklären. Denn es bleibt unerklärlich, wie ein Gehilfe einen schon zur Tat entschlosseSiehe o. S. 27. So auch Bloy, Beteiligungsform, S. 209; Franzheim, Teilnahme, S. 55 f.; letzterer behauptet, daß die Verstrickung ins Unrecht nur für die Höhe der Strafe bedeutsam sein könne. Gegen eine Verwertung der Unrechtsteilnahmetheorie im Bereich der Strafzumessung siehe o. S. 27; vgl. dazu auch Schroeder, Täter, S. 208. 79 Gegen eine solche Betrachtung der Aufgabe des Strafrechts Otto, ZStW 87 (1975), S. 560, 575. Näher zur Lehre Ottos siehe u. S. 31 ff. Vgl. auch Welzel, Strafrecht, S. 3: „Wesentlicher als der Schutz der konkreten einzelnen Rechtsgüter ist die Aufgabe, die reale Geltung (Befolgung) der Aktwerte rechtlicher Gesinnung sicherzustellen . . . Die tiefste Aufgabe des Strafrechts . . . ist positiv-sozialethischer Natur“. 80 Siehe o. S. 25. 77 78

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

nen Täter desintegrieren kann81. Trechsel82 selbst kann den Strafgrund der Beihilfe nur darin erblicken, daß sie einen kausalen Beitrag zur Begehung der Haupttat darstelle. Somit gelingt es ihm nicht, den Strafgrund der Beihilfe unter dem Gesichtspunkt der Unrechtsverstrickung zu erörtern. Indem jedoch der Strafgrund der Beihilfe auf anderen Weg erläutert wird als derjenige der Anstiftung, zerbricht man die Einheit des Teilnahmestrafgrundes83. Somit führen zahlreiche Gründe zu der Erkenntnis, daß die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorien nicht geeignet sind, den Strafgrund der Anstiftung zu erklären. Der Schutz der Person des Täters vor Verstrickung in Schuld und Unrecht kann nicht die Strafbarkeit des Anstifters rechtfertigen, da unser Strafrechtssystem einen solchen Schutz nicht gewährleistet. a) Die modifizierte Unrechtsteilnahmetheorie Nach einer anderen Version der Unrechtsteilnahmetheorie ist entscheidend, daß der Teilnehmer an der Entstehung fremden Unrechts mitgewirkt hat und auf diese Weise die Allgemeinheit mit der Begehung einer „sozial unerträglichen“ Straftat belastet84. Diese Variante unterscheidet sich von der Unrechtsteilnahmelehre von Less und Trechsel vor allem dadurch, daß der Teilnehmer nicht dem Täter, sondern der Allgemeinheit Unrecht zufügt. Nach dieser Theorie führt der Anstifter einen fremden Handlungsunwert herbei, und damit verursacht er eine Störung des sozialen Lebens. In der Verursachung des vertrauenserschütternden Eindrucks der Haupttäterhandlung glaubt diese Theorie den entscheidenden Grund für die Strafwürdigkeit des Anstifters gefunden zu haben85. Gegen diese Theorie sprechen ebenfalls die Argumente, die gegen die Schuldteilnahmetheorie und die Unrechtsteilnahmetheorie von Less und Trechsel in be81 Vgl. auch Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 367: „Und was die Beihilfe betrifft, so ist der Einfluß einer einzelnen Hilfeleistung auf die kriminelle Karriere eines Delinquenten bedeutungslos oder allenfalls ganz geringfügig“. 82 Strafgrund, S. 107 ff. 83 So auch Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 11. 84 So Welzel, ZStW 61 (1942), S. 213; ders., Strafrecht, S. 115; Stratenwerth, MDR 1953, S. 720. 85 Dies wird deutlich bei den Äußerungen Stratenwerths über die Strafbarkeit des agent provocateur, MDR 1953, S. 720: „Will der Teilnehmer jedoch an einem Versuch des Täters – wenn auch nur an einem Versuch – teilnehmen, so will er – wenn auch keinen Erfolgsunwert – zumindest den im Versuch des Täters liegenden Handlungsunwert (mit)herbeiführen . . . Mit anderen Worten: auch der agent provocateur will, daß ein anderer Unrecht tue . . .“. Inzwischen – siehe StrR AT I, S. 345 – scheint er allerdings seine Meinung geändert zu haben: „Dieses Unrecht besteht jedoch allein im Handlungsunwert, so daß, vom Teilnehmer aus gesehen, der (mittelbare) Angriff auf das rechtlich geschützte Interesse entfällt, der auch die Teilnahme charakterisiert“. Hervorhebung übernommen. Vgl. auch Otto, JuS 1982, S. 558 f., der behauptet, der Teilnehmer gefährde die Vertrauensgrundlage der Rechtsgemeinschaft durch sozialschädliches Verhalten.

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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zug auf die doppelte Natur der Teilnahmevorschriften vorgebracht worden sind86. Denn die Behauptung dieser Theorie, der Anstifter füge der Allgemeinheit ein Unrecht zu, meint nichts anderes, als daß die Anstiftung sich als ein delictum sui generis darstellt, was aber – wie bereits anhand der Kritik der oben genannten Theorien gezeigt wurde – nicht zu halten ist. Die Tendenz dieser Theorie, das Unrecht der Teilnahme allein in dem Handlungsunwert und nicht in dem Erfolgsunwert der Haupttat zu sehen, ergibt dogmatische Schwierigkeiten. Obwohl der Erfolgseintritt nicht zwingende Voraussetzung für die Strafbarkeit der Teilnahme ist (z. B. Anstiftung zum Versuch), darf nicht übersehen werden, daß das Handlungsunrecht immer in Verbindung mit dem Erfolgsunrecht zu betrachten ist. Schließlich ist es der Erfolgswille, welcher der Handlung einen Unwert verleiht. Dies ist beim Versuch deutlich, wo das bloße Handlungsunrecht zum Ausdruck kommt. Das Handlungsunrecht konstituiert zwar die Strafbarkeit des Versuchs, dieser wäre jedoch ohne den Erfolgswillen nicht denkbar87. Es kann nicht einseitig auf das Handlungsunrecht zurückgegriffen werden, ohne das Erfolgsunrecht zu berücksichtigen. Sonst würde jede Verbindung der Teilnahme zu den Rechtsgütern verloren gehen, mit der Folge, daß ihr Unwert schwer zu definieren wäre. Ferner kann die Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit und die Störung des sozialen Lebens kein ausschlaggebender Grund für die Strafbarkeit des Anstifters sein. Erstens stört auch der Täter durch sein Verhalten das soziale Leben. Dies ist also kein ausschließliches Charakteristikum der Anstiftung. Zweitens, wie schon oben festgestellt wurde88, stellen das „soziale Leben“ und das „Vertrauen der Allgemeinheit“ keine schutzbedürftigen Rechtsgüter unter dem Aspekt unseres am Rechtsgüterschutz orientierten Strafrechtssystems dar. Diese Werte können nur als entfernte Ziele angesehen werden. Folglich kann ihre Störung nicht den Strafgrund der Anstiftung darstellen. 3. Die Unrechtslehre Ottos Um die Sicherung der „Vertrauensgrundlage der Rechtsgesellschaft“ geht es auch nach Otto89, jedoch etwas differenziert, da er das Erfolgsunrecht der Haupttat nicht ignoriert. Der Vorsatz des Teilnehmers richte sich auf den Eintritt einer Rechtsgüterverletzung90. Ausschlaggebend ist aber nach Otto nicht die Rechtsgüterverletzung, sondern der durch sie verursachte Vertrauensschaden. Der soziale Schaden sei mehr als die bloße Rechtsgüterverletzung91. Otto hat seinen Ansatz 86 87 88 89 90 91

Siehe o. S. 23 und Fußn. 63. So zu Recht Küper, GA 1974, 326. Siehe o. S. 29. Otto, ZStW 87 (1975), S. 539 ff., insbes. S. 562. Otto, Lange-FS, S. 215 f. Otto, ZStW, 87 (1975), S. 562.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

bezüglich der Aufgabe des Strafrechts im Rahmen seines Versuchs entwickelt, die Schuld als Unrechtsmerkmal zu konzipieren. Eine Stellungnahme zu den Thesen Ottos zur Entwicklung der personalen Unrechtslehre und zur Frage der Beziehung zwischen Unrecht und Schuld würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen92. Es folgt lediglich eine Auseinandersetzung mit den Konsequenzen, die Ottos Auffassung für die Teilnahme hat. Eine personale Unrechtslehre, so führt Otto aus, solle die unrechtssetzende Person in der Fülle ihres Wesens, d. h. als freie, zu den Gemeinschaftswerten Stellung nehmende Persönlichkeit betrachten. Die geistige Beziehung des Täters zur Rechtsgemeinschaft sei entscheidend. Durch sein Verhalten breche der Täter das die Rechtsgenossen verbindende Vertrauen und schade auf diese Weise dem sozialen Leben93. In der Gefährdung der inneren Verbundenheit, der Vertrauensgrundlage der Gesellschaft liegt nach der Ansicht von Otto der eigentliche Kern des strafrechtlichen Unrechts94. Die Tat solle als Produkt der freien Einstellung des Menschen zur Rechtsordnung aufgefaßt werden95. Freiheit und Vernunft, deren Existenz überhaupt erst die Interpretation der Norm als Pflichtnorm ermögliche, lassen sich nach Otto nicht aus dem Normansinnen eliminieren, dieses beruhe vielmehr auf ihnen96. Und ferner: „Mit der Verpflichtung, bestimmte Manifestationen einer Einstellung zu unterlassen, die die innere Verbundenheit der Mitglieder der Rechtsgesellschaft zerstört, wenden sich die Rechtsnormen des geltenden Rechts unmittelbar an die Fähigkeit der Person, ein Kausalgeschehen in bestimmter Weise zu steuern, d. h. den eigenen Willen den Geboten oder Verboten der Rechtsordnung entsprechend – final – einzusetzen . . . Die Grenzen des Willens markieren auch die Grenzen der strafrechtlichen Haftung“97. Otto versteht das Recht als Sollens-, d. h. Pflichtenordnung. Die Pflicht knüpfe an die Fähigkeit der Person an, gemäß ihrer Vernunft Kausalverläufe zu bestimmen und die Umwelt zu gestalten98. Auf diese Weise verleiht Otto, wie überzeugend Mylonopoulos darlegt, dem Unrechtsbewußtsein eine ausschlaggebende Bedeutung im Rahmen des Unrechts und betrachtet die Schuld als ein Unrechtsmerkmal99. Ausführlich zur Unrechtslehre Ottos Mylonopoulos, Verhältnis, S. 111 ff., m. w. N. Otto begreift das Vertrauen als diejenige Beziehung der Sozietätsmitglieder, die auf einem Gefühl innerer Verbundenheit beruht, welche trotz aller sonstigen Verschiedenheiten nicht in Frage gestellt ist. – Otto, ZStW 87 (1975), S. 554. 94 Otto, ZStW 87 (1975), S. 561 f. 95 Otto, ZStW 87 (1975), S. 560. 96 Otto, ZStW 87 (1975), S. 571. 97 Otto, ZStW 87 (1975), S. 569 f. Hervorhebung übernommen. 98 Otto, ZStW 87 (1975), S. 563. Ähnlich auch Hardwig, Rechtsphilosophie, S. 196, der behauptet, daß ohne Freiheit die Norm sinnlos sei. Das Recht verlange von einem konkreten Rechtssubjekt nur das, was zu erfüllen dem Subjekt objektiv und subjektiv möglich sei. Vgl. auch ders., JZ 1969, S. 463: Die Schuld sei der Kern des personalen Unrechtsgehalts; denn sie bestehe im falschen Eingestelltsein des Willens zu den Werten und Pflichten der Rechtsgemeinschaft trotz Möglichkeit normgemäßen Verhaltens. 99 Mylonopoulos, Verhältnis, S. 118. 92 93

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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Stellt man jedoch mit Otto auf eine freie, vernünftige und demzufolge schuldfähige Person als Normadressat ab, dann verstößt man auf diese Weise gegen den Grundsatz der limitierten Akzessorietät. Denn § 29 StGB setzt bei der strafbaren Teilnahme keinen schuldhaften Täter voraus. Wird allerdings die Schuld als Teil des Unrechts und demgemäß nur das, was auch schuldhaft ist, als rechtswidrig angesehen, dann ist nicht einzusehen, wie unter diesem Aspekt eine strafbare Teilnahme möglich sein soll, wenn der Haupttäter schuldlos handelt. Strafbare Teilnahme setzt nämlich keine schuldhaft begangene Tat voraus, doch jedenfalls eine rechtswidrige. Sind jedoch nach Otto Rechtswidrigkeit und Schuld nicht voneinander zu trennen, dann wäre die Möglichkeit einer strafbaren Teilnahme an der Tat eines schuldlosen Haupttäters ausgeschlossen, was folgerichtig die Rückkehr zur strengen Akzessorietät bedeuten würde.

4. Die Solidarisierung mit fremdem Unrecht als Strafgrund der Teilnahme Nach einer von Schumann entwickelten Konzeption liegt der Strafgrund der Teilnahme in der Solidarisierung des Teilnehmers mit fremdem Unrecht. Sein Ausgangspunkt ist die Problematik der strafrechtlichen Haftungsbegrenzung aufgrund des Verantwortungsprinzips. Aus diesem Prinzip der Selbstverantwortung100 ergebe sich, daß der Strafgrund der Teilnahme nicht in der Verursachung der Rechtsgutsverletzung liegen könne, weil dieser Erfolg im Verantwortungsbereich des Haupttäters liege. Demzufolge müsse ein weiteres Unwertelement hinzukommen. Schumann erblickt dieses Unwertelement in dem „besonderen Aktunwert“ der Teilnahmehandlung, „der sie als ein für die Rechtsgemeinschaft ,unerträgliches Beispiel‘ erscheinen läßt“101. Die Sozialschädlichkeit der Teilnahmehandlung, die nach Schumann102 ausschlaggebend ist, besteht darin, daß sie „eine sozialpsychologische Gefahr für die Geltungskraft des Rechts bildet und geeignet ist, das Gefühl gesicherten Rechtsfriedens zu erschüttern“103. Das Handlungsunrecht ist also nach Schumann der Kern des strafrechtlichen Unrechts. Er begegnet den Einwänden, die gegen eine einseitige Betrachtung des Teilnahmeunrechts als Handlungsunrecht bestehen, indem er das Erfordernis einer mittelbaren Rechtsgutsverletzung, also das Erfolgsunrecht, als eine „Minimalanforderung an den Unrechtsgehalt der Teilnahme“ einstuft104. Diesen besonderen Handlungsunwert findet 100 Schumann, Selbstverantwortung, S. 42, legt dar, daß jeder sein Verhalten nur so einzurichten brauche, um selbst keine geschützten Rechtsgüter zu verletzen. 101 Schumann, Selbstverantwortung, S. 49. 102 Schumann, Selbstverantwortung, S, 49 f., im Anschluß an Welzel, Strafrecht, S. 3, 115 und ZStW 61 (1942), S. 213; vgl. o. S. 30. 103 Schumann, Selbstverantwortung, S. 49 f. 104 Schumann, Selbstverantwortung, S. 44; vgl. aber dazu Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 369: „Die Friedensstörung durch Solidarisierung ist aber im Regelfall nichts, was zur

3 Nikolidakis

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Schumann in dem Gesichtspunkt der „Solidarisierung mit fremdem Unrecht“105. Der Teilnehmer solidarisiere sich mit fremdem Unrecht, mache sich mit der fremden Tat gemein, und dadurch störe er den Rechtsfrieden in unerträglicher Weise106. In der Sozialschädlichkeit der Teilnahmehandlung sowie in der Störung des Rechtsfriedens liegt die Ähnlichkeit dieser Theorie mit der Unrechtsteilnahmelehre und mit der Lehre Ottos. Damit sieht sie sich denjenigen Argumenten ausgesetzt, die gegen diese Theorien bezüglich jener Gesichtspunkte vorgebracht wurden107. Ferner sind die Teilnahmetatbestandsmerkmale „bestimmen“ und „Hilfe leisten“ sehr restriktiv auszulegen, sollte man der Ansicht Schumanns folgen. Diese Tatbestände sind jedoch nicht so eng zu interpretieren. Wie Roxin richtigerweise darlegt, gehen das „Bestimmen zur Tat“ und die „Hilfeleistung“ „als Veranlassung, Ermöglichung und Beeinflussung einer strafbaren Tat über die ,Solidarisierung‘ weit hinaus“108. Es ist etwa an die Konstellation zu denken, bei der jemand bei einer Straftat nur aus enormer Geldnot Hilfe leistet, obwohl er tief in sich mit der Begehung der Tat ganz und gar nicht einverstanden ist oder sogar Abneigung empfindet und sich für seine eigene Tat sehr schämt. Trifft es in solch einem Fall tatsächlich zu, daß sich dieser Gehilfe mit fremdem Unrecht solidarisiert? Eher nicht, doch kann die Verneinung dieser Frage nicht dazu führen, ihn strafrechtlich nicht als Gehilfen zu behandeln. Einen weiteren Einwand gegen die Lehre Schumanns bringt Ingelfinger109 vor. Ihm zufolge ist es nicht konkretisierbar, wann von einer Solidarisierungshandlung des Teilnehmers gesprochen werden kann. Tatsächlich ist es in vielen Fällen sehr schwer, zwischen neutralen Handlungen und Solidarisierungshandlungen zu unterscheiden, insbesondere im Bereich der Beihilfe. Wann z. B. ein Taxifahrer, der seinen Kunden an den Ort des Verbrechens fährt, als Gehilfe des Täters anzusehen ist, ist nach dieser Lehre nicht eindeutig. Denn die Handlung des Taxifahrers stellt sich nach außen als neutrale Handlung dar, obwohl der Fahrer die von seinem Kunden verfolgten Ziele kannte oder ihn Rechtsgutsverletzung als entscheidend Neues und Strafbegründendes hinzukommt. Sie tritt vielmehr an Sozialschädlichkeit hinter der mittelbar bewirkten Rechtsgutsverletzung weit zurück und bildet nur einen für sich genommen straflosen Begleiteffekt“. 105 Schumann, Selbstverantwortung, S. 50 f. 106 Schumann, Selbstverantwortung, S. 51. 107 Siehe o. S. 29, 31; vgl. auch Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 21: „Nicht ein so vages Rechtsgut wie die Störung des Rechtsfriedens durch Schaffung eines unerträglichen Beispiels wird vom Teilnehmer verletzt, sondern er verursacht eine ganz konkrete Tatbestandserfüllung“. Nach Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 368, liegt die Friedensstörung, die von der Teilnahme ausgehe, in dem, was der Teilnehmer durch Veranlassung und Unterstützung anrichte, also im Erfolg. Soweit die Solidarisierung sich auf den Erfolg auswirkt, erfaßt sie Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 368, höchstens als psychische Beihilfe. 108 Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 21; vgl. auch Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 113. 109 Anstiftervorsatz, S. 119 f.

I. Die Schuld- und die Unrechtsteilnahmetheorie

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sogar deswegen hingefahren hatte, um ihm auf diese Weise zu helfen. Das Befördern eines Kunden könnte ebenso – und zwar im Regelfall – eine erlaubte Tätigkeit darstellen. Wann also eine Solidarisierung mit fremdem Unrecht vorliegt, ist schwer zu sagen. Schumann versucht, diesen Einwurf zu entkräften, indem er in Anlehnung an die sog. Eindruckstheorie bezüglich des Strafgrunds des Versuchs objektive Erkennbarkeit der Solidarisierung verlangt110. Auf die Erkennbarkeit der Solidarisierung abzustellen, heißt jedoch zugleich, das Rechtsgefühl als Unterscheidungskriterium zu benutzen, was aber nicht zur Rechtssicherheit beiträgt. Denn in vielen Fällen hängt die Feststellung, ob eine Handlung sich nach außen als Solidarisierungshandlung darstellt, davon ab, welchen Eindruck die Mitglieder der Gesellschaft von dieser Handlung bekommen, was wiederum von der Kenntnis verschiedener Umstände abhängt. Sind z. B. die Abmachungen zwischen dem Teilnehmer und dem Täter bekannt, etwa weil der Teilnehmer seine Unterstützung ausdrücklich angeboten hat, dann wird der Beobachter geneigt sein, die Handlung des Teilnehmers als Solidarisierungshandlung zu charakterisieren. Bleiben dagegen diese Umstände dem Beobachter unbekannt, wird er wahrscheinlich den Teilnehmer nicht als solchen einstufen. Demnach führt ein derart relatives Kriterium zu ungenauen Ergebnissen. Somit scheitert der Versuch Schumanns, seiner Theorie durch das Erfordernis der Erkennbarkeit der Solidarisierung Objektivität zu verleihen, gerade daran, daß die Beurteilung – wie oben dargelegt – in vielen Fällen doch subjektiv ist oder dem Zufall überlassen bleibt. Das Verhalten des Teilnehmers stellt sich nach Schumann als ein „für die Gemeinschaft unerträgliches Beispiel“ dar111. Damit ist gemeint, daß die Solidarisierung mit fremdem Unrecht, die diese Lehre für die strafbare Teilnahme voraussetzt, auch deswegen eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt, weil durch sie andere Mitglieder der Gesellschaft veranlaßt werden könnten, künftig Rechtsgüter anzugreifen. Die Strafwürdigkeit der Teilnahme aber auf diese abstrakte Gefährlichkeit der Teilnahmehandlung zu stützen, würde nach Stein eine unverhältnismäßige Einschränkung der Verhaltensfreiheit bedeuten. Denn die Rechtsgutsobjektverletzungen seien ex ante nicht näher konkretisierbar, und ihre Zahl sei ungewiß112. In der Darstellung der Teilnahme als ein „für die Gemeinschaft unerträgliches Beispiel“ liegt aber zugleich ein Widerspruch dieser Theorie. Einerseits behauptet Schumann, jeder brauche sein Verhalten nur so einzurichten, daß er selbst geschützte Rechtsgüter nicht verletze (Selbstverantwortungsprinzip)113, doch andererseits sei der Teilnehmer ein schlechtes und gefährliches Beispiel für die anderen Mitglieder der Gesellschaft. Trägt jedoch der Täter allein die Verantwortung für 110 Schumann, Selbstverantwortung, S. 50, 61, 63. Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 368, wendet ein, daß man die erfolgreiche Teilnahme, die eine tatbestandliche Rechtsgüterverletzung bewirkt habe, nicht mit dem untauglichen Versuch auf eine Stufe stellen könne, der nichts bewirke. 111 Schumann, Selbstverantwortung, S. 49 f. 112 Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 116 f. 113 Siehe o. Fußn. 100.

3*

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

sein eigenes Verhalten, so ist es inkonsequent zu behaupten, daß das Verhalten eines anderen (des Teilnehmers) für ihn (den Täter) ein schlechtes Beispiel und aus diesem Grund strafwürdig sei. Ein „unerträgliches Beispiel“ darzustellen heißt folgerichtig, schlechten Einfluß auf jemanden zu haben, eine (schlechte) Rolle bei seinen Entscheidungen und Verhaltensweisen zu spielen. Wie die Beeinflussung eines anderen mit dem Selbstverantwortungsprinzip in Einklang steht, ist demnach nicht zu erkennen. Folgt man dem Selbstverantwortungsprinzip in vollem Umfang, ist man also davon überzeugt, daß letztendlich jeder nur für das Rechenschaft ablegen muß, was in seinem Verantwortungsbereich liegt, so ist kein Grund ersichtlich, weshalb man zugleich demjenigen einen Vorwurf macht, dessen Verhalten ein schlechtes Beispiel sein soll: ein Beispiel für jemanden, der für seine Handlungen allein verantwortlich ist und sich nicht damit rechtfertigen kann, daß er dem Beispiel eines anderen gefolgt sei. Ein in sich widersprüchlicher Ansatz. II. Die Verursachungstheorien Im Gegensatz zu den oben besprochenen liegt den nun folgenden Theorien die Auffassung zugrunde, daß der primäre Grund für die Bestrafung der Teilnahme die Verursachung der durch den Täter begangenen Rechtsgutsverletzung sei. Der Anstifter sei nicht deswegen strafwürdig, weil er (auch) den Täter angreife, sondern weil er die durch die Tatbestände des Besonderen Teils geschützten Rechtsgüter angreife. Die Verursachungstheorie wird in verschiedenen Varianten vertreten. Es ist zwischen zwei Grundrichtungen zu unterscheiden: der reinen Verursachungstheorie und der akzessorietätsorientierten Förderungstheorie (auch akzessorische Verursachungstheorie genannt). 1. Die reine Verursachungstheorie Diese Theorie, deren Hauptverfechter Lüderssen114 und Schmidhäuser115 sind, geht davon aus, daß die Teilnahme ein eigenständiges Delikt darstellt (Teilnehmerdelikt). Ihrem theoretischen Ansatz liegt also die Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts und dessen Unabhängigkeit vom Täterunrecht zugrunde. Dieser Punkt weist insofern eine Ähnlichkeit mit der Unrechtsteilnahmetheorie auf, als die letztere ebenfalls eine gewisse Eigenständigkeit des Teilnahmeunrechts anerkennt. Der Unterschied der beiden Theorien besteht jedoch in der Erfassung des Inhalts des Teilnahmeunrechts. Aus der Sicht der reinen Verursachungstheorie besteht nämlich das Teilnehmerunrecht nicht in der Verletzung des Haupttäters, sondern im Angriff auf die durch den Besonderen Teil des StGB geschützten Rechtsgüter. Nach dem Ausgangspunkt dieser Lehre ist der Teilnehmer nicht wegen seines Beitrages zur fremden Tat, sondern für sein eigenes tatbestandliches Unrecht ver114 115

Lüderssen, Strafgrund, S. 119 ff. Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 532 ff.

II. Die Verursachungstheorien

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antwortlich. Wie Schmidhäuser bezeichnend formuliert: „wie der Täter, so hat auch der Teilnehmer seine Straftat für sich“116. Und weiter: „der Teilnehmer nimmt nicht an unerlaubter Tat teil, sondern er nimmt unerlaubt an fremder Tat teil. Nicht so ist es, daß nur der Haupttäter den Rechtsgutsanspruch verletzt und der Teilnehmer daran teilhat, sondern so, daß der Teilnehmer selbst den Rechtsgutsanspruch verletzt, . . . sei es i. S. der Hervorrufung eines Tatentschlusses des anderen, sei es i. S. der Unterstützung fremden Handelns. Auch beim Teilnehmerdelikt ist grundlegend der Handlungsunwert im Handeln des Teilnehmers und nicht der Erfolgsunwert, der nur z. T. in der Ausführung der rechtswidrigen Hauptat durch den Täter liegt. Diese Auffassung von einem Eigenunwert der Teilnahme geht von einer Selbständigkeit des Unrechtstatbestandes des Teilnehmerdelikts aus“117. Die Unabhängigkeit des Teilnehmerdelikts betont auch Lüderssen. Die Deliktstatbestände des Besonderen Teils beschreiben nach seiner Auffassung nämlich nicht nur die Täterschaft, sondern auch die Teilnahme, zumindest ihrem Wesen nach118. Der Teilnehmer müsse daher selbst die Tatbestandsmerkmale erfüllen. Die Abhängigkeit seiner Strafbarkeit vom Vorliegen einer Haupttat sei rein faktischer Natur119. Ähnlich Schmidhäuser, der sich ebenso wie Lüderssen120 gegen das akzessorische Denken im Bereich der Teilnahme wendet: „wenn das Strafgesetz das Teilnehmerdelikt weitgehend von einer begangenen Hauptat abhängig macht, so hat das seinen Grund nur in der Strafwürdigkeit (nicht anders als der Erfolgseintritt beim Täterdelikt auch)“121. Die Akzessorietät ist demzufolge für ihn nur eine Art Strafbarkeitsvoraussetzung122. Diese rechtliche Unabhängigkeit des Teilnahmeunrechts vom Tatunrecht hatte Schmidhäuser anfänglich zu der Annahme einer Straflosigkeit des Extraneus in Fällen von Teilnahme an echten Sonderdelikten geführt, da die durch diese Delikte geschützten Rechtsgüter nicht von demjenigen verletzt werden könnten, den diese Sonderpflicht nicht treffe123. Inzwischen räumt er allerdings ein, daß das Gesetz in der Regelung des § 28 Abs. 1 StGB die Strafbarkeit des Teilnehmers am echten Sonderdelikt anordnet. Er hält jedoch diese Regelung nach wie vor für sachwidrig124. Lüderssen weicht von diesem Ergebnis ab, obwohl er, wie schon erwähnt wurde, die Abhängigkeit der Teilnahme von der Haupttat als rein faktische betrachtet. In Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 532. Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 533 (Hervorhebungen übernommen). 118 Lüderssen, Strafgrund, S. 28. 119 Lüderssen, Strafgrund, S. 119. 120 Strafgrund, S. 192. 121 Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 532. 122 In dieser Richtung äußerte sich schon Höpfner, ZStW 26 (1906), S. 600, als er die Begehung der Haupttat zur bloßen „Bedingung“ der Bestrafung der Anstifter- und Gehilfenhandlungen erklärte. 123 Schmidhäuser, StrR AT Lb (1. Aufl.), S. 438 ff. 124 Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 546. 116 117

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

Fällen einer Teilnahme an einem echten Sonderdelikt nimmt er eine Strafbarkeit des teilnehmenden Extraneus an. Der Extraneus könne das auch ihm gegenüber geschützte Rechtsgut aber nur durch den Intraneus angreifen. Genau deswegen sei er milder zu bestrafen: „. . . wer selbst ein Rechtsgut angreifen kann, haftet (prinzipiell) schärfer als derjenige, der dazu eines anderen bedarf“125. Hier widerspricht Lüderssen seinem eigenen Ansatz. Denn einerseits geht er von der völligen Unabhängigkeit der Teilnahme vom Vorliegen einer Haupttat aus und wendet sich gegen die Akzessorietät der Teilnahme, und andererseits nimmt er in Fällen der Teilnahme an Sonderdelikten eine Strafbarkeit des Extraneus und folglich eine Abhängigkeit seiner Tat von der Tätertat an126. Lüderssen kritisiert die Gewohnheit, im konkreten Fall nach Feststellung der deliktischen Qualität der Haupttat das Unrecht der Teilnahmehandlung gar nicht mehr zu prüfen. Es sei aber nach dem eigenen tatbestandlichen Unrecht des Teilnehmers zu fragen. Die Herbeiführung ein und desselben Erfolges durch mehrere Personen könne je nach dem, welchen Verursacher man ins Auge fasse, tatbestandsmäßig rechtswidrig oder rechtmäßig sein oder einen verschiedenen Grad von Rechtswidrigkeit aufweisen127. Lüderssen plädiert also auch für die Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts und versucht, das Problem zu lösen, indem er für sämtliche Deliktstatbestände prüft, ob das darin geschützte Rechtsgut gerade auch vor einem Angriff durch den Anstifter geschützt wird. Wenn das tatbestandliche Rechtsgut dem Anstifter gegenüber geschützt ist, kommt Lüderssen zu einer Teilnahmestrafbarkeit, auch wenn keine Haupttat vorliegt. Demzufolge soll die Teilnahme am Selbstmord als solche strafbar sein, da das Rechtsgut „Leben“ des Suizidenten gegenüber dem Teilnehmer geschützt sei und daher vom Anstifter angegriffen werden könne128. Fraglich ist jedoch, ob diese theoretische Konzeption der Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts mit der geltenden Rechtsordnung vereinbar ist. Eine Betrachtung der Ergebnisse der Lehre von Lüderssen und Schmidhäuser wird zur Ablehnung dieser Theorie de lege lata führen. Das zeigt sich insbesondere bei der These Schmidhäusers über die Strafbarkeit des Extraneus in Fällen der Teilnahme an echten Sonderdelikten, bei der er die Strafbarkeit des Extraneus nur unter dem Druck der Regelung des § 28 Abs. 1 StGB anerkannt hat129. Seine Bemerkung, er halte diese Regelung für sachwidrig, bestätigt die Unvereinbarkeit seines Ansatzes mit dem geltenden Recht130.

Lüderssen, Strafgrund, S. 137 f. Nach Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 15, ist der Hinweis Lüderssens auf die nicht wegzudisputierende „faktische Natur“ der Akzessorietät eine „Verlegenheitsauskunft“, die nichts daran ändert, daß das entscheidende Unrechtselement der Haupttat die Teilnahmebestrafung rechtlich trägt“. Siehe auch Charalambakis, Die mittelbare Täterschaft, S. 114. 127 Lüderssen, Strafgrund, S. 119 f. 128 Lüderssen, Strafgrund, S. 168. 129 Siehe o. S. 37. 125 126

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Ebensowenig ist der Verzicht Lüderssens auf die Notwendigkeit einer Haupttat mit dem Gesetz vereinbar. Denn § 26 StGB, der von dem Prinzip der limitierten Akzessorietät ausgeht, fordert ausdrücklich eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat. Selbstmord ist keine rechtswidrige Haupttat, und demzufolge kann derjenige, der einen anderen zur Begehung von Selbstmord veranlaßt, nicht als Anstifter bestraft werden. Das Erfordernis einer Haupttat kann, wie es Ingelfinger131 richtigerweise formuliert, nur contra legem umgangen werden. Der deutschen Rechtsordnung ist also die Preisgabe der Akzessorietät der Teilnahme, wie sie von dieser Lehre postuliert wird, fremd. De lege ferenda sind diese Gedanken ebenfalls abzulehnen. Ein Verzicht auf das Vorliegen einer Haupttat würde zu einer unzulässigen Ausdehnung der Strafbarkeit führen. Die Akzessorietät der Teilnahme hat eine doppelte Rolle, nämlich diejenige der Begründung und zugleich der Begrenzung der Teilnehmerstrafbarkeit. Wäre Teilnahme auch dann möglich, wenn es an einer Haupttat fehlt, dann könnte jedes für den Erfolg kausale Verhalten Teilnahme sein, was ferner zu einer Auflösung der Tatbestandsbestimmtheit führen würde132. Die Rolle der Akzessorietät erschöpft sich jedoch nicht in der Begrenzung der Teilnehmerstrafbarkeit. Vielmehr legitimiert sie die Teilnehmerstrafbarkeit, indem sie den Teilnehmer an eine Haupttat bindet und auf diese Weise die Teilnahme nicht in der Luft hängen läßt. Denn vom restriktiven Täterbegriff ausgehend, der den Teilnehmer außerhalb der Tatbestandsverwirklichung stellt, ist die Teilnehmerstrafbarkeit ohne die Verbindung zu einer Haupttat schwer zu rechtfertigen und würde deshalb gegen das Prinzip „nullum crimen nulla poena sine lege“ verstoßen. Die Akzessorietät der Teilnahme ist keine Fiktion des Gesetzgebers, sondern eine Notwendigkeit. Es gibt nämlich keine Teilnahme an sich, sondern nur Teilnahme an einer fremden Tat133. Die Behauptung Schmidhäusers, der Anstifter verletze selbst den Rechtsgutsanspruch, indem er den Tatentschluß hervorrufe, wirft die Frage auf, wie das ohne eine Haupttat möglich ist. Da die Haupttat für die Rechtsgutsverletzung seitens des Teilnehmers erforderlich ist, stellt sie sich folglich als Voraussetzung für das Teilnahmeunrecht dar. Schmidhäuser bezweifelt das, indem er das Unrecht der Teil130 Vgl. auch Spendel, Lange-FS, S. 155 f., der ebenso wie Schmidhäuser die Straflosigkeit des Extraneus für sachgerecht hält, wenn auch nicht für gesetzeskonform. Bei Roxin, LKStGB, vor § 26 Rn 13, heißt es, daß die reine Verursachungstheorie ein rechtspolitisches Programm ist und die Struktur der Teilnahme im geltenden Recht nicht erfaßt. 131 Anstiftervorsatz, S. 116. 132 Jakobs, StrR AT, S. 658 f., bezeichnet die reine Verursachungstheorie als Abkömmling der Urheberlehre, die in reiner Ausprägung zum extensiven Täterbegriff führt; vgl. auch Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 5; so auch Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 116. 133 So auch Vogler, Heinitz-FS, S. 300; vgl. dazu Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 6, der die Teilnahme als „sekundären“ Begriff bezeichnet, weil sie sich als täterschaftslose Mitwirkung an fremdem Verhalten darstelle und daher ihr Umfang durch die Reichweite der Täterschaft wesentlich mitbestimmt werde. Siehe auch Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 116: „Gerade durch die Anbindung an eine Haupttat als notwendige Voraussetzung erlangt die Teilnahme ihre Konturen“.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

nahme grundsätzlich in dem Handlungsunrecht und nicht in dem Erfolgsunrecht erblickt134. Allerdings ist eine solche einseitige Betrachtung des Teilnahmeunrechts, wie bereits bei der Kritik der Unrechtsteilnahmetheorie von Welzel und Stratenwerth gezeigt wurde135, nicht zu billigen. Nach M.-K. Meyer136 ist die Leugnung eines selbständigen Teilnehmerunrechts und die rechtliche Abhängigkeit der Teilnahme von der Haupttat weder bei einer formellen137 noch bei einer materiellen 138 Betrachtungsweise der gesetzlichen Teilnahmebestimmungen bewiesen. Im Gegenteil: nur die Anerkennung eines Teilnehmerdelikts trage dem Grundsatz der Individualisierung strafrechtlicher Verantwortlichkeit Rechnung und vermeide Systembrüche139. § 30 Abs. 1 StGB, der die versuchte Anstiftung unter Strafe stellt, zeigt nach M.-K. Meyers Meinung, daß der rechtsgutsverletzende Charakter der Teilnahme unabhängig von der Existenz einer Haupttat ist. Ebensowenig sei die Orientierung des Strafrahmens der Teilnahme am Strafrahmen der Haupttat geeignet, die rechtliche Abhängigkeit der Teilnahme von der Haupttat zu beweisen. Diese Orientierung zeige nur, daß der Teilnehmer, der dasselbe Rechtsgut wie der Täter angreife, grundsätzlich auch nach dem für diesen Angriff auf die Rechtsordnung festgelegten Strafrahmen zu bestrafen sei140. Mit dem Argument, das M.-K. Meyer aus § 30 Abs. 1 StGB ableitet, werden wir uns an anderer Stelle ausführlich beschäftigen141. In bezug auf das zweite Argument der Schülerin Schmidhäusers, die Orientierung des Strafrahmens des Teilnehmers am Strafrahmen der Haupttat betreffend, ist folgendes zu bemerken: Wird der Anstifter deswegen bestraft, weil er, wie M.-K. Meyer einräumt, dasselbe Rechtsgut wie der Täter angreift, dann bedeutet dies, daß die Haupttat erforderlich ist, damit die Teilnahme die Rechtsgutsordnung verletzt und somit ihr Unrecht begründet wird. Fraglich ist, welches Rechtsgut der Teilnehmer angreift, wenn ein Angriff seitens des Haupttäters nicht vorliegt. Denn ohne Haupttat gibt es keine RechtsSiehe o. S. 37 f. Siehe o. S. 31. 136 M.-K. Meyer, GA 1979, S. 252 ff. 137 M.-K. Meyer, GA 1979, S. 253. 138 M.-K. Meyer, GA 1979, S. 256. 139 M.-K. Meyer, GA 1979, S. 254. Es sei korrekt, daß die Anbindung an eine Haupttat die Teilnahme konturiere und ihre Strafwürdigkeit begrenze (GA 1979, S. 254 f.); das heiße aber längst nicht, daß die Rechtsgutsverletzung des Teilnehmers von Rechts wegen nur über den Haupttäter möglich sei und die Rechtsgutsverletzung des Teilnehmers nur strafbar sei, wenn die Haupttat mit dem Versuch begonnen habe. 140 M.-K. Meyer, GA 1979, S. 255 f. 141 Siehe u. S. 53 ff. Doch es wurde bereits festgestellt, daß sich aus § 30 StGB keine feststehenden Folgerungen ableiten lassen, da diese Vorschrift unterschiedlich ausgelegt werden (siehe o. S. 21) oder sogar als eine Ausnahmeregelung behandelt werden kann (so Franzheim, Teilnahme, S. 57; Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 58 Fußn. 36), die daher nicht zwingend zu allgemeinen Schlüssen führt. 134 135

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gutsverletzung. Diese Erkenntnis läßt jedoch den Schluß zu, daß die Anbindung an eine Haupttat ein Teilnahmeunrechtselement darstellt. Die Orientierung des Strafrahmens des Teilnehmers am Strafrahmen des Täters zeigt also, entgegen der Auffassung von M.-K. Meyer, daß das Unrecht des Täters bestimmend für das Unrecht des Teilnehmers ist142. Die Grundthese der reinen Verursachungstheorie, die Abhängigkeit der Teilnahme von einer Hauptat sei nur eine faktische143 oder eine bloße Strafbarkeitsvoraussetzung144, ist nach alledem nicht überzeugend. Denn es wurde gezeigt, daß die Anbindung an eine Haupttat das Teilnahmeunrecht konstituiert. Die Rechtsgutsverletzung auf der Täterseite ist für das Maß des Teilnahmeunrechts bestimmend; es bestimmt nämlich nicht nur das „Ob“, sondern auch das Ausmaß der Teilnehmerstrafe. Die vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat ist demzufolge Voraussetzung und zugleich Element des Teilnahmeunrechts und nicht bloß eine Strafbarkeitsvoraussetzung. Die Abhängigkeit der Teilnahme vom Vorliegen einer Haupttat ist folglich nicht eine „faktische“, sondern eine rechtliche, eine funktionelle Abhängigkeit145.

2. Die Teilnahme als abstraktes Gefährdungsdelikt (Herzberg) Als Befürworter eines selbständigen Teilnehmerdelikts ist auch Herzberg einzustufen. Er unterscheidet sich jedoch von den Vertretern der reinen Verursachungstheorie, indem er davon ausgeht, daß die Teilnahmevorschriften echte Deliktstatbestände enthalten146. Er sieht also die selbständigen, von der Täterschaft abzuhebenden, Teilnahmetatbestände in den §§ 26, 27 StGB und nicht etwa, wie Lüderssen, in ungeschriebenen Abwandlungen der Deliktstypen des Besonderen Teils. Aber auch mit dieser abweichenden Auffassung vom eigenständigen Teilnehmerdelikt sieht sich Herzberg den Einwänden ausgesetzt, die schon gegen Lüderssen und Schmidhäuser vorgebracht wurden, nämlich wie das eigene, unabhängige Teilnahmeunrecht mit der rechtlichen Abhängigkeit von der rechtswidrigen Haupttat zu vereinbaren ist147. Die Voraussetzung einer Haupttat stelle allerdings kein 142 Siehe auch o. S. 21 zur Kritik an der Annahme eines selbständigen Teilnehmerdelikts unter dem Gesichtspunkt der Schuldteilnahmetheorie. Ob jedoch die gleiche Bestrafung des Anstifters mit dem Täter gerechtfertigt ist, wird später (siehe u. S. 55 ff.) erörtert werden. 143 Siehe o. S. 37. 144 Siehe o. S. 37. 145 So auch Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 685 f.; Jakobs, StrR AT, S. 659; Hoyer, SKStGB, vor § 26 Rn 14; Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 116; Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 15; Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 57. Dagegen Sax, ZStW 90 (1978), S. 927 ff.; M.-K. Meyer, GA 1979, S. 252 ff., die auch Befürworter eines selbständigen Teilnehmerdelikts sind. 146 Herzberg, GA 1971, S. 2. 147 Siehe dazu oben S. 113 ff.

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Hindernis dar, erwidert Herzberg, denn die Tatsache, daß ein Tatbestand die Verwirklichung eines anderen verlange, nehme ihm noch nicht die Eigenständigkeit. Zur Begründung seiner Ansicht führt Herzberg die Begünstigung (§ 257 StGB) an, die ebenfalls das Vorliegen einer Straftat voraussetzt, ohne deshalb ihre Eigenständigkeit zu verlieren148. Herzberg verkennt aber, daß die Begünstigung im wahren Sinne des Wortes eigentlich keine Teilnahme an einer Haupttat ist. Der Gebrauch der Vergangenheitsform in den §§ 26, 27 StGB („zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt“ bzw. „Hilfe geleistet hat“) ist keine bloße gesetzestechnische Einzelheit, wie Herzberg meint149, sondern sie ordnet ausdrücklich ein wesentliches begriffliches Merkmal der Teilnahme an, nämlich daß Teilnahme nur an etwas möglich ist, das noch stattzufinden hat, oder an etwas, das jetzt stattfindet, nicht aber an etwas, das schon geschehen ist. Die Begünstigung dagegen (§ 257 StGB) erfüllt diese zeitliche Voraussetzung nicht, da sie nach der Vollendung der Tat stattfindet. Sie verbindet sich zwar mit einer Haupttat, indem sie eine solche voraussetzt, sie nimmt aber nicht an dieser Tat und an deren Rechtsgutsverletzung teil, sondern sie verletzt ein anderes, von dem Angriff der Haupttat unabhängiges und stets gleichbleibendes Rechtsgut, nämlich die staatliche Rechtspflege. Sie ist tatsächlich ein eigenständiges Delikt, und ihre Verbindung mit einer anderen Straftat geschieht aus sachlicher Notwendigkeit. Deswegen ist auch das Maß ihres Unrechts unabhängig von dem Unrecht der anderen Straftat. Wie auch Herzberg zugibt150, hat die Begünstigung ein eigenes Schutzobjekt und einen festliegenden Strafrahmen. Der Aussage Herzbergs, daß sich die Teilnahmenormen in der Strafhöhe nach der Haupttat zu richten haben, nur weil sie variable Rechtsgüter schützen, steht das Prinzip „nullum crimen nulla poena sine lege“ entgegen. Denn eine solche Betrachtung würde zur Auflösung der Tatbestimmtheit führen. Die Orientierung des Strafrahmens des Teilnehmers am Strafrahmen der Haupttat ist gesetzlich festgelegt, weil die Teilnahme, wie auch bei der Kritik der reinen Verursachungstheorie gezeigt wurde151, rechtlich von der Haupttat abhängt. Daß die Teilnahme kein eigenes Schutzobjekt und keinen festliegenden Strafrahmen hat, ist die konkrete Folge ihrer Unselbständigkeit. Herzberg befaßt sich ferner mit dem Wesen der Beihilfe. Obwohl hier vorrangig die Anstiftung interessiert, ist auch auf diese Überlegungen Herzbergs einzugehen, denn in ihnen spiegelt sich seine Auffassung über das ganze Spektrum der Teilnahme wider. Ihm zufolge ist die Beihilfe ein Erfolgsdelikt, dessen Erfolg sich in dem „Hilfe leisten“ des § 27 StGB erschöpfe: „Die Hilfe muß er ,leisten‘, was soviel heißt: er muß sie (mit Tatherrschaft) verursachen“152. Ob in concreto die geleistete Hilfe ohne schädliche Auswirkung bleibe, sei für ihre Strafbarkeit irrelevant. Die 148 149 150 151 152

Herzberg, GA 1971, S. 2. Herzberg, GA 1971, S. 2. Herzberg, GA 1971, S. 2. Siehe o. S. 38 ff. Herzberg, GA 1971, S. 5.

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Beihilfe sei ein abstraktes Gefährdungsdelikt, sie sei also deswegen verboten, weil sie im Regelfall die Gefahr für das bedrohte Rechtsgut erhöhe153. Eine Schwäche dieser Theorie besteht darin, daß sie den Erfolg der Teilnahme bzw. der Beihilfe in dem „Hilfe leisten“ erblickt und daher die Beihilfe zunächst als Erfolgsdelikt einstuft. Die Erfolgsdelikte setzen jedoch den Eintritt eines von der Tathandlung abgrenzbaren Erfolges voraus. Selbst bei Annahme der Selbständigkeit des Teilnehmerdelikts ist nicht einzusehen, wie die Beihilfe als Erfolgsdelikt einzustufen ist, wenn ihr Erfolg in dem „Hilfe leisten“ gesehen wird. Denn die Hilfeleistung ist die Tathandlung und nicht ein von ihr abgrenzbarer Erfolg. Herzberg scheint das verwechselt zu haben, so daß seine Konzeption der Beihilfe als Erfolgsdelikt abzulehnen ist. Doch die Charakterisierung der Beihilfe als abstraktes Gefährdungsdelikt weist ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten auf. Der Verzicht Herzbergs auf die tatsächliche Förderung der entsprechenden Haupttat seitens des Gehilfen führt zu einer unzulässigen Ausdehnung der Teilnehmerstrafbarkeit. Denn das „Hilfe leisten“ des § 27 StGB könnte jede Unterstützung des Täters umfassen, da es unerheblich sein soll, ob die geleistete Hilfe in concreto schädlich für das Rechtsgut war und die Tätertat tatsächlich gefördert hat154. Im Gegensatz zu den abstrakten Gefährdungsdelikten, die der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB angeordnet hat155, ist der objektive Tatbestand der Beihilfe generell formuliert. Sieht man also bei der Beihilfe von der Förderung der Haupttat ab, geht die strafbarkeitsbegrenzende Funktion der Abhängigkeit von der geförderten Haupttat verloren. Diese fast unabgrenzbare Ausdehnung der Teilnehmerstrafbarkeit richtet sich offensichtlich gegen die Rechtssicherheit und die Tatbestandsbestimmtheit. Ferner ist nach dieser These die vollendete von der versuchten Beihilfe nicht zu unterscheiden. Wie ist sonst zu entscheiden, ob Hilfe schon geleistet worden ist oder nur eine bloße Unterstützungshandlung vorliegt, die nicht als Hilfe im Sinne des Gesetzes einzustufen ist, wenn nicht im Hinblick auf die Haupttat? Wenn es unerheblich ist, ob die geleistete Hilfe in concreto die Haupttat gefördert hat, wird es schwer zu beurteilen sein, ob die Beihilfe im Versuchsstadium geblieben oder ob sie vollendet ist156. Herzberg kritisiert die Preisgabe der Akzessorietät bei der Lehre Lüderssens157 und geht von einer Beihilfe auch in den Fällen aus, in denen die Tätigkeit des MitHerzberg, GA 1971, S. 7. So auch Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 61. 155 Z. B. §§ 306a Abs. 1, 326, 328 Abs. 1, 2 StGB. 156 Vgl. dazu Vogler, Heinitz-FS, S. 301: „Da sich die Beihilfe auf die Verursachung von Hilfe reduziert, soll an die Stelle der Kausalität als Kriterium für die Abgrenzung vollendeter und versuchter Beihilfe die Frage entscheiden, ob wirkliche „Hilfe“ geleistet worden ist. Damit aber tauchen die vermeintlich beseitigten Schwierigkeiten ungelöst wieder auf, wenn es gilt, die wirkliche Hilfe von der sonstigen Unterstützung abzugrenzen“. Selbst Herzberg, GA 1971, S. 7, gibt zu, daß mit dem Verzicht auf die Erfolgskausalität ein Stück Versuchsbestrafung in den § 49 StGB hineingerät, die dort, wo der Vergehensversuch nicht strafbar ist, sogar über die des Täters hinausgeht. 157 Herzberg, GA 1971, S. 3. 153 154

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

wirkenden in concreto ohne schädliche Auswirkung bleibt158. Dennoch ist auch bei seiner Konzeption nicht ersichtlich, wie die Akzessorietät Beachtung findet. Verliert etwa nicht die Abhängigkeit der Teilnahme von einer Haupttat ihre rechtliche Natur, wenn die Beihilfe schon dann als vollendet angesehen wird, wenn nur die Hilfeleistung ohne Rücksicht auf die Förderung der Haupttat durch den Gehilfenbeitrag stattgefunden hat? Hierbei zeigt sich, daß Herzberg das Wesen der Akzessorietät der Teilnahme verkennt. Sie sei zwar berücksichtigt worden, dennoch belegen die von ihm aufgestellten Thesen das Gegenteil. Nach alledem ist auch die Konzeption Herzbergs im Hinblick auf die Teilnahme als selbständiges abstraktes Gefährdungsdelikt abzulehnen. Wie Vogler richtig sagt: „die Beihilfe ist kein selbständiger Tatbestand, sondern ein bloßer Bezugsbegriff . . . Die Teilnahmevorschriften haben zwar strafbegründende Wirkung; diese Wirkung entfalten sie aber nur im Zusammenhang mit bestimmten Deliktstypen . . . Die Teilnahmevorschriften sind an selbständige Vertypungen angehängt, ohne selbständig vertatbestandlicht zu sein“159. Nur in bezug auf die Haupttat gewinnt also die Teilnahme an Bedeutung. Wie bei der Auseinandersetzung mit den Thesen Herzbergs gezeigt wurde, basiert seine theoretische Konstruktion auf fehlerhaften Überlegungen und verdient demnach nicht den Vorzug.

3. Die akzessorietätsorientierte Förderungsoder Verursachungstheorie Die heute herrschende akzessorietätsorientierte Förderungstheorie sieht den Strafgrund der Anstiftung und generell der Teilnahme in der Mitverursachung der tatbestandlichen Rechtsgüterverletzung. Das Unrecht der Teilnahme ist danach aus dem der Haupttat abzuleiten und zugleich von ihm abhängig. Der Teilnehmer verletzt nach dieser Theorie nicht selbst die im Deliktstatbestand enthaltene Norm, sondern sein Unrecht besteht darin, daß er an der Normverletzung des Täters mitwirkt160. Es ist allerdings etwas überraschend, daß nach allen Diskussionen über den Strafgrund der Teilnahme und nach den vorgebrachten Argumenten die herrschende Meinung sich mit einer schlagwortartigen, auf Akzessorietätsgedanken basierenden Beschreibung des Teilnahmestrafgrundes ohne nähere Begründung begnügt. Die fehlende Begründung des Ansatzes der akzessorietätsorientierten Förderungstheorie war Anlaß dafür, daß manche Autoren die Richtigkeit dieser Theorie Herzberg, GA 1971, S. 7. Vogler, Heinitz-FS, S. 299. 160 So Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 685 f.; Esser, GA 1958, S. 333; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, 639 ff.; Rudolphi, Maurach-FS, S. 51 ff. (66); Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, vor § 25 Rn 17; Lackner / Kühl, StGB, vor § 25 Rn 8; Kühl, StrR AT, S. 786 f.; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 552; BGHSt 9, 370 (379); BGHSt 4, 355 (358). 158 159

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bezweifelt haben. Es wird ihr z. B. vorgeworfen, daß diese Theorie zwar von der h. L. vertreten wird, jedoch nichts erklärt wird. Es fehle die Begründung für die Notwendigkeit von Akzessorietät – abgesehen von dem Hinweis auf das Gesetz161. Verzichtet man auf eine Begründung des Akzessorietätserfordernisses, nähert man sich auf diese Weise dem extensiven Täterbegriff162. Denn wie Baumann bezeichnend ausführt, „wenn Täter und auch Teilnehmer wegen ihrer Verursachung der Straftat strafwürdig sind, so ist die scharfe Abschichtung nicht recht verständlich“163. In Begründungsschwierigkeiten kommt nach diesen Autoren die akzessorische Verursachungstheorie bei der Behandlung der notwendigen Teilnahme, der Aufforderung zur Strafvereitelung zugunsten des Auffordernden sowie in dem Fall eines überlebenden Opfers einer versuchten Tötung auf Verlangen und in ähnlichen Konstellationen. Denn in solchen Fällen liegt stets eine Mitwirkung an einer vorsätzlich rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung vor, und konsequenterweise müßte die akzessorische Verursachungstheorie die bereits erwähnten Personen (den notwendigen Teilnehmer, den Auffordernden, das überlebende Opfer) wegen Anstiftung für strafbar erklären164. Zwar verlangt die h. L., daß das vom Haupttäter angegriffene Rechtsgut auch dem Teilnehmer gegenüber geschützt sein muß, aber sie erklärt nicht, worauf sie dieses Erfordernis stützt.

161 Siehe z. B. Schumann, Selbstverantwortung, S. 46, der der akzessorietätsorientierten Theorie vorwirft, sie biete als Strafgrund der Teilnahme nicht mehr als einen Verweis auf deren gesetzliche Elemente: „Denn wenn davon die Rede ist, Teilnahme sei Unrechtsteilnahme, sie leite ihr Unrecht aus der vom Teilnehmer mitverursachten Haupttat ab, so liegt darin nicht mehr als eine schlagwortartige Beschreibung des Kausalitätserfordernisses und der Akzessorietät der Teilnahme ohne eigenständigen Aussagegehalt darüber, was es rechtfertigt, den Teilnehmer am Unrecht der Haupttat teilnehmen zu lassen“. 162 So Schumann, Selbstverantwortung, 46 f.: „. . . so wird . . . der restriktive Täterbegriff in Wahrheit teilweise aufgegeben, die Behauptung, zur Erfassung der Teilnahme bedürfe es besonderer Strafausdehnungsgründe, zurückgenommen und eine stillschweigende Anleihe bei dem zuvor abgelehnten extensiven Täterbegriff gemacht“ (S. 47). In diesem Zusammenhang wirft Schumann der h. L. vor, sie lege den Akzent einseitig auf den Erfolgsunwert, so daß das Handlungsunrecht der Teilnahme sich in dem durch die Vorsätzlichkeit der Mitverursachung begründeten Intentionsunwert erschöpfe, mit der Folge, daß sofern Vorsatz gegeben sei, vielmehr jedes beliebige, für den Erfolg kausale Verhalten Teilnahme sein könne (Selbstverantwortung, S. 48). Ferner sieht Schumann, Selbstverantwortung, S. 48, Schwierigkeiten der akzessorischen Verursachungstheorie in den Fällen der Teilnahme Extraner am echten Sonderdelikt: „Denn auch der extensive Täterbegriff vermag denjenigen nicht zu erfassen, der nicht Adressat der dem Tatbestand zugrundeliegenden Norm ist“. 163 Baumann, JuS 1963, S. 128. 164 So Schumann, Selbstverantwortung, S. 45; Hoyer, SK-StGB, vor § 26 Rn 15; Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 18. Nach den letzteren beiden Autoren läßt sich auch die Straflosigkeit des agent provocateur aus dem Ansatz der Mitverursachung der Rechtsgüterverletzung nicht erklären, denn auch der Versuch des Täters sei ein Erfolg im Rechtssinne, der zur Bestrafung wegen Teilnahme am Versuch führen könnte – vgl. dazu Hoyer, SK-StGB, vor § 26 Rn 15; Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 18. Näher dazu siehe u. S. 62. Ausführlich über die Streitfrage der Strafbarkeit des agent provocateur siehe u. S. 112 ff.

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Ob diese Kritik der herrschenden akzessorietätsorientierten Förderungstheorie zutreffend ist, wird im folgenden erörtert. In einem Punkt ist jedoch im voraus den obengenannten Autoren beizupflichten, insbesondere darin, daß von dem Leitsatz aus, die Teilnahme sei strafbar wegen Mitverursachung der tatbestandlichen Rechtsgüterverletzung und leite ihr Unrecht aus dem der Haupttat ab, mit dem die h. L. sich begnügt, die abgeleiteten Ergebnisse nicht selbstverständlich sind. Solange die Strafwürdigkeit der Mitverursachung der Haupttat nicht hinreichend begründet ist, erscheinen derartige Einwände überzeugend.

4. Die Teilnahme als akzessorischer Rechtsgutsangriff (Roxin) Die obengenannten Begründungsschwierigkeiten der von der herrschenden Meinung vertretenen akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie gaben den Anlaß zu Roxins Auffassung, die zwar von den gleichen Prämissen ausgeht, derzufolge aber das Unrecht der Teilnahme nicht ausschließlich aus dem Akzessorietätsprinzip erklärbar sein soll165. Neben der akzessorischen Verursachung einer Tätertat sei ein selbständiger Rechtsgutsangriff des Teilnehmers erforderlich. Der Strafgrund der Teilnahme erschöpfe sich nicht in der mittelbar-akzessorischen Verwirklichung eines Tatbestandes. Der Angriff auf ein auch dem Anstifter gegenüber geschütztes Rechtsgut müsse als selbständiges Element des Teilnahmeunrechts hinzukommen166. Diese Auffassung leitet das Unrecht der Teilnahme teils aus der Tätertat und teils aus dem eigenen Rechtsgutsangriff des Mitwirkenden ab167. Sie ist nach Roxin eine gemischte Verursachungstheorie168. Durch diese Zusammenfügung des Teilnahmeunrechts aus selbständigen und abgeleiteten Elementen ist es Roxin gelungen, die Einseitigkeiten der reinen und der akzessorischen Verursachungstheorie zu vermeiden. Seine Konzeption stellt sich als „Synthese“ dieser beiden Verursachungstheorien dar169. Diese gemischte Verursachungstheorie scheint verschiedene Problemfälle tatsächlich besser überwinden zu können als die anderen Theorien. Indem sie als zusätzliches Element einen selbständigen Rechtsgutsangriff des Teilnehmers verlangt, ist sie in der Lage, die Fälle strafloser Teilnahme problemlos zu erklären. Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 3; ders., Stree / Wessels-FS, S. 369. Roxin, Stree / Wessels-FS, S. 370: „Die fehlende Geschütztheit des verletzten Rechtsgutes gegenüber dem ,Teilnehmer‘ schließt trotz akzessorischer Verursachung einer strafbaren Tätertat das Teilnahmeunrecht aus. Nur der Täter, nicht auch der ,Anstifter‘ führt in einem solchen Fall einen Rechtsgutsangriff aus“. Und weiter (S. 372): „Es fehlt ein eigener Rechtsgutsangriff und damit trotz Mitwirkung an einer strafbaren Tätertat der Strafgrund der Teilnahme“. ders., LK-StGB, vor § 26 Rn 2, 3. 167 So auch Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 177; Charalambakis, Die mittelbare Täterschaft, S. 132 f. 168 Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 22. 169 Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 22. 165 166

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Das überlebende Opfer einer versuchten Tötung auf Verlangen ist demzufolge nicht wegen Anstiftung zur versuchten Tötung strafbar, obwohl es einen anderen zu einer rechtswidrigen und vorsätzlichen Tat veranlaßt hat. Denn das verletzte Rechtsgut (das eigene Leben) ist nicht gegenüber dem überlebenden Opfer geschützt170. Der Anstifter kann nicht sein eigenes Leben angreifen. Durch das Erfordernis eines selbständigen Rechtsgutsangriffs seitens des Teilnehmers als Element des Teilnahmeunrechts läßt sich die Straflosigkeit des Teilnehmers in derartigen Fällen hinreichend begründen. Andererseits entgeht die Lehre Roxins der Gefahr der Auflösung der Tatbestandsbestimmtheit bei der Teilnahme. Das Unrecht der Teilnahme bestehe auch in den aus dem Unrecht der Haupttat abgeleiteten Elementen. Der Teilnehmer greife zwar selbst das Rechtsgut an, eine strafbare Teilnahme sei jedoch nur über einen tatbestandsmäßig handelnden Täter möglich171. Diese Bindung an die Tatbestandshandlung verhindere, daß die Strafbarkeit mit Hilfe eines vom Tatbestand abgelösten Teilnahmebegriffs maßlos ausgedehnt werde172. Auf den ersten Blick erscheint die Konzeption Roxins überzeugend, da sie ihrer Struktur zufolge verschiedene Streitfragen im Bereich der Teilnahme beantworten kann. Ob allerdings die von dieser Theorie vertretene Doppelnatur173 des Teilnahmeunrechts tatsächlich zur Begründung der Teilnahmestrafbarkeit geeignet ist, ist zweifelhaft. Gegen sie spricht die Anerkennung selbständiger Elemente des Teilnahmeunrechts und die – wie im folgenden gezeigt wird – dogmatisch fehlerhafte Logik der „Synthese“ unabhängiger und akzessorischer Aspekte des Teilnahmeunrechts. Zuerst wäre zu bemängeln, daß Roxin, sofern er den Angriff des Teilnehmers auf das Rechtsgut als selbständiges, unabhängiges Unrechtselement betrachtet, sich den Einwänden ausgesetzt sieht, die gegen die reine Verursachungstheorie vorgebracht wurden174; Einwände, die zum Teil Roxin175 selbst gegen jene Theorie vorbringt! Ihm zufolge werden diese Schwächen dadurch überwunden, daß er auch akzessorische Unrechtselemente der Teilnahme anerkennt; seine Konzeption

Das zeigt sich an der Straflosigkeit der Selbsttötung. Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 7. 172 Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 5. 173 Mit dem Begriff „akzessorischer Rechtsgutsangriff“ deutet Roxin an, daß das Teilnahmeunrecht teils aus der Tätertat und teils aus dem eigenen Rechtsgutsangriff des Teilnehmers abzuleiten ist: „Der Begriff des ,Rechtsgutsangriffs‘ umschreibt dabei den tragenden Grund der Teilnahmebestrafung und liefert eine inhaltliche Begründung für die selbständigen Elemente des Teilnahmeunrechts. Die Hinzufügung des Adjektivs ,akzessorisch‘ macht andererseits deutlich, daß eine strafbare Teilnahme nur über einen tatbestandsmäßig handelnden Täter möglich ist, daß also das Teilnahmeunrecht zum guten Teil auch aus dem Unrecht der Haupttat abgeleitet wird . . .“ – Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 7. 174 Siehe o. S. 38 ff. 175 LK-StGB, vor § 26 Rn 12 ff.; ders., Stree / Wessels-FS, S. 365 f. 170 171

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

erweist sich aber auf diese Weise als inkonsequent. Denn obwohl Roxin die theoretische Basis der reinen Verursachungstheorie akzeptiert, nämlich den unabhängigen Angriff auf das strafrechtlich geschützte Rechtsgut, lehnt er die Ergebnisse dieser Theorie ab, indem er auch eine rechtliche Anbindung an eine Haupttat verlangt, die ihm die de lege lata wünschenswerten Ergebnisse verschafft. Folglich handelt es sich um einen in sich widersprüchlichen Ansatz. Der Versuch Roxins, den Strafgrund der Teilnahme aus einer „Synthese“ der verschiedenen Verursachungstheorien abzuleiten, scheitert schon an seinem Ausgangspunkt – er ist dogmatisch verfehlt. Bloy führt richtigerweise aus, Roxin setze de facto das Teilnahmeunrecht aus zwei heterogenen Teilen additiv zusammen und gelange deshalb nicht zu einer Einheit höherer Ordnung. Es bleibe letztlich bei einem in der Binnenstruktur beziehungslosen Nebeneinander zweier Prinzipien, wobei die Berechtigung, diese unter ein gemeinsames Dach zu bringen, nicht nachgewiesen werde176. Denn das Teilnahmeunrecht besteht entweder in der mittelbaren Verursachung der Rechtsgüterverletzung – und ist in diesem Fall abhängiges, vom dem der Haupttat abgeleitetes Unrecht –, oder in dem unmittelbaren, selbständigen Angriff auf das Rechtsgut – und ist dabei unabhängiges Unrecht –. Es kann nicht gleichzeitig akzessorisches und selbständiges Unrecht sein. Obwohl Roxins Konstruktion einige vorteilhaft erscheinende Konsequenzen aufzuweisen hat, geht sie von einem theoretischen Ansatz aus, dessen Legitimation anhand der bisher vorgebrachten dogmatischen Aspekte abzulehnen ist. Allein die Tatsache, daß diese gemischte Theorie die Einseitigkeiten anderer Theorien vermeidet, genügt nicht, um sie zu stützen. Sie leidet an der von ihr bezüglich der akzessorischen Verursachungstheorie kritisierten Begründungslosigkeit ihrer Ansätze. Denn die Zusammenstellung von heterogenen Teilen, wie die selbständigen und die von der Haupttat abgeleiteten Elemente des Teilnahmeunrechts, ist nicht hinreichend begründet. Die Behauptung, die Teilnahme leite ihr Unrecht teils aus der Tätertat und teils aus dem eigenen Rechtsgutsangriff des Mitwirkenden ab, setzt das zu Beweisende voraus177. Gewiß gelangt eine solche Konzeption zu wünschenswerten Ergebnissen, aber der von ihr beschrittene Weg beruht auf fehlerhaften theoretischen Teilüberlegungen. Und wie Bitzilekis zu Recht betont, ist eine Theorie nicht nur nach ihren Ergebnissen zu bewerten, sondern auch nach den theoretischen Fundamenten, auf denen diese Ergebnisse basieren178.

176

Bloy, Beteiligungsform, S. 253 f.; ähnlich Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung,

S. 65. 177 Roxin scheint die Begründung seiner These darin zu sehen, daß durch sie manche Problemfälle konsequent gelöst werden können. In der Erläuterung seiner These in Stree / Wessels-FS, S. 365 ff. (369 ff.), sieht man, daß Roxin die Ergebnisse darlegt, zu denen seine These führt, und sie – genau weil sie die erwünschten sind – als genügenden Beweis für die Richtigkeit seiner Konzeption betrachtet. 178 Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 65.

III. Stellungnahme

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III. Stellungnahme Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Teilnahmetheorien ergab, daß die Strafwürdigkeit der Teilnahme ohne Berücksichtigung des Akzessorietätsprinzips nicht erklärt werden kann. Diese Schlußfolgerung soll jedoch nicht als bloße Aussage stehenbleiben. Bei der Darstellung der herrschenden akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie wurde dargelegt, daß der Leitsatz, der Teilnehmer werde deswegen bestraft, weil er am Erfolg der Haupttat mitgewirkt habe, und das Teilnahmeunrecht sei aus dem der Haupttat abzuleiten und daher von ihm nach Grund und Maß abhängig, wegen seiner Begründungslosigkeit auf Kritik gestoßen ist179. Diese Kritik ist insoweit gerechtfertigt, als sich die h. L. mit der Selbstverständlichkeit ihrer Thesen begnügt. Der Verzicht der h. L. auf Beweise für die Richtigkeit ihrer Behauptung ist m. E. Folge der Schwäche anderer Konzeptionen, eine einleuchtende dogmatische Konstruktion bezüglich des Teilnahmestrafgrundes zu präsentieren. Zugleich ist er Folge der Mehrheit der Stimmen, die die Notwendigkeit der Akzessorietät anerkannt und sich damit für die von der akzessorischen Verursachungstheorie vertretene Auffassung geäußert haben180. Ob jedoch die Kritik gegen die h. L. in materiell-rechtlicher Hinsicht ebenfalls berechtigt ist, erscheint zweifelhaft. Der akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie wird von ihren Gegnern unterstellt, sie sei einseitig auf das Erfolgsunrecht abgestellt181. Dieser Vorwurf trifft jedoch nicht zu. Schon bei der Betrachtung der Lehre von Welzel und Schmidhäuser wurde erläutert, daß das Erfolgsunrecht ein wesentliches und erforderliches Element des Teilnahmeunrechts darstellt, ohne das die Teilnahmetatbestände dem Anspruch des Rechtsgüterschutzes nicht gerecht werden182. Dennoch bedeutet die Erforderlichkeit des Erfolgsunrechts nicht, daß das Handlungsunrecht der Teilnahme vernachlässigt wird. Das „Veranlassen“ und die Anbindung an eine Haupttat sind nicht wegzudisputierende Elemente der Anstifterstrafbarkeit. Nur durch sie wird die Anstiftung strafbar. In dem „Veranlassen“ liegt der Handlungsunwert, der erfüllt werden muß, damit strafwürdige Anstiftung vorliegt. Der Handlungsunwert der Anstiftung wird insofern ausreichend berücksichtigt, als nicht jede beliebige Mitwirkung den Anforderungen der strafwürdigen Anstiftung genügt. Dazu ist das „Bestimmen“ des Täters erforderlich. Nur durch eine Kombination des Handlungsunwerts (Bestimmung des Täters zur Straftat) mit dem Erfolgsunwert (Verletzung des Rechtsguts) wird das Unrecht der Teilnahme konstituiert. Handlungs- und Erfolgsunwert sind nicht absolut voneinander abgrenzbar. Der Handlungsunwert bezieht sich auf den Erfolgsunwert, da der erste seine strafrecht179 180 181 182

Siehe o. S. 44 f. Siehe o. Fußn. 160. Siehe o. Fußn. 162. Siehe o. S. 31.

4 Nikolidakis

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

liche Bedeutung dem zweiten zu verdanken hat183. Das Erfordernis der Erfolgsintention des Teilnehmers ist nicht Folge einer einseitigen Betrachtung, sondern der Berücksichtigung der Aufgabe des Strafrechts, nämlich des Rechtsgüterschutzes. Letzteres ist auch der tragende Grund für die Ausdehnung der Strafbarkeit durch §§ 26, 27 StGB. Der Handlungsunwert der Teilnahme wird durch die Ausrichtung des betätigten Willens auf die Verletzung eines Rechtsguts konstituiert. Indessen bedeutet dies nicht, daß, sofern Vorsatz gegeben ist, jedes beliebige, für den Erfolg kausale Verhalten Teilnahme sein kann184. Die Ausrichtung des besagten Willens muß schließlich durch das „Bestimmen“ des Täters zur Straftat geschehen und nicht durch jedes beliebige Verhalten. Diese Gedanken erklären auch die Notwendigkeit der Akzessorietät. Der Erfolg der Haupttat ist auch der Erfolg des Teilnehmers. Die Verursachung dieses Erfolges ist jedoch eine mittelbare. Genau deswegen ist das Teilnahmeunrecht aus dem der Haupttat abzuleiten, da der Teilnehmer das Rechtsgut nur durch einen anderen verletzt, nämlich den Haupttäter. Die Akzessorietät der Teilnahme und die Funktion, die sie erfüllt, ist, wie bereits gezeigt wurde185, nicht eine formelle, nur dem Gesetz entsprechende Notwendigkeit, sondern eine rechtliche. Die Unselbständigkeit der Teilnahme ergibt sich weiterhin aus der Tatsache, daß die Teilnahme nur in Verbindung mit einer fremden Tat einen Sinn hat. Daß der Teilnehmer sein Unrecht aus dem der Haupttat ableitet, schließt jedoch ein eigenes Unrecht des Teilnehmers nicht aus. Sein Unrecht besteht darin, daß er an einer Straftat teilnimmt und deren Erfolg mitverursacht, sei es durch die Hervorrufung eines Tatentschlusses des anderen (Anstiftung), sei es durch die Unterstützung fremden Handelns (Beihilfe). Die Hervorrufung des Tatentschlusses bzw. die Unterstützung fremden Handelns bilden nicht den Erfolg der Teilnahme. Sie sind nur die Mittel zum Zweck, nämlich zur Rechtsgüterverletzung. Sowohl das Unrecht des Täters als auch das des Teilnehmers basieren auf dieser Rechtsgüterverletzung. Das Täterunrecht ist ursprüngliches Unrecht, da der Täter das Rechtsgut unmittelbar verletzt. Das Teilnahmeunrecht ist abgeleitetes Unrecht, da die Rechtsgutsverletzung durch den Täter vorausgesetzt wird. Abgeleitetes Unrecht heißt jedoch nicht, daß der Teilnehmer für fremdes Unrecht haftet. Das wäre mit den Grundlagen des Strafrechts nicht vereinbar, die im Gegensatz zu denen des Zivilrechts186 keine Verantwortung für das Verhalten anderer anerkennen. Der Teilnehmer haftet also für sein eigenes Unrecht, das aber aus dem Unrecht der Haupttat abgeleitet ist. Dies führt jedoch nicht zu dem Schluß, das Teilnahmeunrecht habe eine Doppelnatur, es bestehe aus selbständigen und akzessorischen Elementen. Die Ableitung des Teilnahmeunrechts aus dem der Haupttat bestimmt seinen Ursprung, sein Zustandekommen. Ohne das Tatunrecht hätte das Teilnahmeunrecht keinen Bestand, es 183 184 185 186

Vgl. dazu o. S. 31. Siehe Fußn. 162. Siehe o. S. 39 f. Siehe z. B. § 831 BGB. – Siehe auch Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 68.

III. Stellungnahme

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würde seine legitimierende Basis verlieren. Doch ist die Haupttat ausgeführt und hat eine Teilnahme an ihr stattgefunden, dann hat der Teilnehmer sein eigenes Unrecht, das konkret in seiner Teilnahme an einer Straftat, nämlich in der Mitverursachung einer Rechtsgüterverletzung besteht. Der Anstifter etwa leitet zwar sein Unrecht aus dem Unrecht der Haupttat ab, da ohne sie eine Anstiftung nicht vorstellbar ist, er haftet aber nicht für die Handlung des Täters, sondern für seine eigene Tat, sein eigenes Unrecht, nämlich die Verursachung der Rechtsgutsverletzung durch Veranlassung einer tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen Tat. Dieses Unrecht ist in den §§ 26, 27 StGB vertatbestandlicht, nicht aber im Sinne eines delictum sui generis, sondern als Beschreibung eines nicht täterschaftlichen, jedoch rechtswidrigen Verhaltens, das immer in Anbindung an eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat zu betrachten ist. Die §§ 26, 27 StGB sind Strafausdehnungstatbestände. Das eigene Unrecht der Teilnahme liegt exakt darin, daß es – wie es auch in den Strafausdehnungstatbeständen der §§ 26, 27 beschrieben ist – akzessorisch ist! Um Mißverständnissen vorzubeugen: diese Behauptung widerspricht nicht der an Roxins Theorie geübten Kritik187. Nach Roxin besteht das Teilnahmeunrecht zugleich aus selbständigen und akzessorischen Elementen, was, wie bereits gezeigt wurde, abzulehnen ist. Die hier entwickelte Konzeption besagt lediglich, daß das Teilnahmeunrecht insoweit akzessorisch ist, als es aus dem Unrecht der Haupttat abzuleiten ist, da ohne die Haupttat keine Teilnahme und folglich auch kein Teilnahmeunrecht existieren kann. Sein Ursprung, bzw. seine Ursache ist akzessorisch, da es ohne fremdes Unrecht nicht nur seine Strafwürdigkeit, sondern vielmehr seine strafrechtliche Existenz verliert. Genau in dieser akzessorischen, existentiellen Verbindung des Teilnahmeunrechts mit dem Tatunrecht liegt auch das nach dogmatischen Grundlagen notwendige eigene Unrecht des Teilnehmers. Er handelt rechtswidrig, indem er akzessorisch handelt. Nehmen wir z. B. den Fall einer Anstiftung zur Körperverletzung. Die vorsätzliche rechtswidrige Körperverletzung durch den angestifteten Haupttäter ist strenge Voraussetzung der Existenz einer Anstiftung, sie ist sozusagen die Quelle ihres – somit akzessorischen – Unrechts. Allerdings haftet der Anstifter nicht, weil der Haupttäter eine Körperverletzung rechtswidrig begangen hat, sondern weil der Anstifter an der Herbeiführung des Erfolges der Haupttat, insbesondere an der Körperverletzung, mitgewirkt hat, indem er einen anderen dazu veranlaßt hat. Er hat dadurch akzessorisch gehandelt, daß er an einer fremden Tat teilgenommen hat. Dieses akzessorische Verhalten bildet sein eigenes Unrecht, das anders nicht begründbar wäre. Nach alledem stellt sich die Geschütztheit des verletzten Rechtsgutes gegenüber dem Teilnehmer nicht mehr als ein unüberwindbares Problem dar. Betrachtet man die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie unter dem erläuterten Aspekt, kommt man zu dem Ergebnis, daß das verletzte Rechtsgut auch dem Teilnehmer gegenüber geschützt sein muß. Denn der durch den Teilnehmer herbeigeführte Erfolg ist, wie gezeigt, der Erfolg der Haupttat. In dieser – akzessorischen – Verursa187

4*

Siehe o. S. 47 f.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

chung des Erfolges liegt das teilnehmerspezifische Unrecht. Dieser Konzeption zufolge ist eine akzessorische Verursachung einer strafbaren Tätertat überhaupt nicht möglich, wenn die Geschütztheit des angegriffenen Rechtsgutes gegenüber dem Teilnehmer fehlt. In solch einem Fall ist das Unrecht des Teilnehmers nicht begründet, weil er nicht in der Lage ist, den Erfolg der Haupttat, nämlich die Rechtsgutsverletzung, die zugleich der Erfolg seiner Handlung ist, in strafrechtlich beachtlicher Weise herbeizuführen. Im Falle z. B. eines überlebenden Opfers bei der Tötung auf Verlangen kann das Opfer nicht als Anstifter einer versuchten Tötung bestraft werden. Der Erfolg der Haupttat kann nämlich nicht als sein Erfolg angesehen werden. Denn der Erfolg des Anstifters besteht, wie gesehen, nicht in der Herbeiführung des Tatentschlusses, sondern in der Verletzung des Rechtsgutes durch die Bestimmung eines anderen. Im angeführten Fall kann sich jedoch das überlebende Opfer nicht selbst auf strafbare Weise verletzen, somit ist der Erfolg der Haupttat für das Opfer kein tauglicher Erfolg. Demzufolge stellt die Veranlassung eines anderen dazu keine strafwürdige Anstiftung dar. Dieser Gedankengang führt jedoch nicht zwingend zu der Annahme, der Extraneus müsse bei den echten Sonderdelikten straflos bleiben, wie manche Gegner der h. L. mit der Begründung behaupten, der Extraneus sei nicht Adressat der dem Tatbestand zugrundeliegenden Norm188. Daß der Extraneus nicht Täter eines echten Sonderdelikts sein kann, heißt nicht, daß er nicht Adressat jener Norm ist, sondern nur, daß er das geschützte Rechtsgut nicht als Täter verletzen kann. Dazu muß er besondere Eigenschaften besitzen, über die er allerdings nicht verfügt. Er ist aber durchaus in der Lage, einen anderen zu dieser Rechtsgutsverletzung zu veranlassen. Das Rechtsgut ist in dieser Konstellation auch gegenüber dem Extraneus geschützt, denn er darf es auch nicht verletzen. Er ist lediglich kein tauglicher Täter jenes Delikts. Im oben besprochenen Fall der fehlenden Geschütztheit des Rechtsgutes gegenüber einer Person geht es darum, daß diese Person überhaupt kein taugliches Subjekt des Delikts sein kann. Wenn das Rechtsgut einer Person gegenüber nicht geschützt ist, kann sie es auf keine Weise verletzen, weder als Täter noch als Teilnehmer. Doch im Falle eines echten Sonderdelikts kann derjenige, der nicht über die erforderlichen besonderen Eigenschaften verfügt, nicht das Rechtsgut als Täter verletzen, er kann aber dessen Verletzung als Teilnehmer verursachen, indem er z. B. einen tauglichen Täter dazu veranlaßt. Ein Amtsträger z. B., der eine Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) begeht, verletzt unmittelbar das Rechtsgut des allgemeinen Vertrauens in die Wahrheitspflicht der mit der Aufnahme öffentlicher Urkunden betrauten Amtspersonen189. Dieses Rechtsgut ist gegenüber allen geschützt, die die Möglichkeit haben, es anzugreifen. Ob dieser Angriff unmittelbar oder mittelbar ausgeführt wird, ist für den Anspruch des Rechtsgutsschutzes unerheblich. Das Verbot der Rechtsgutsverletzung richtet sich gegen jederman. Demnach kann der Extraneus, der nicht unmittelbar in der Lage ist, das Rechtsgut zu verletzen, da er nicht über die erforderlichen Eigenschaften 188 189

Siehe o. Fußn. 162. BGHSt 37, 207.

III. Stellungnahme

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des Handlungssubjekts verfügt, das Rechtsgut durchaus mittelbar angreifen, indem er einen Amtsträger zu einer Falschbeurkundung anstiftet. Das Vertrauen der Allgemeinheit wird zweifellos auch durch einen derartigen Akt erschüttert. Als Täter kann der Extraneus dieses Rechtsgut nicht verletzen, als Teilnehmer jedoch schon. Denn die im gesetzlichen Tatbestand eines Sonderdelikts geforderte Eigenschaft des Handlungssubjekts grenzt nur den Täterkreis ein, nicht jedoch den Kreis der Personen, die das Rechtsgut auf andere Weise verletzen können.

1. Die versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB) Wie bereits festgestellt190, stützen die Verfechter der verschiedenen Teilnahmetheorien ihre Vorschläge auch auf § 30 Abs. 1 StGB. Der Verweis auf § 30 Abs. 1 ist jedoch nicht stichhaltig, da er das zu Beweisende, nämlich den Strafgrund der Teilnahme, bereits voraussetzt. Allerdings ist diese Vorgehensweise umzukehren, d. h. die dogmatischen Grundlagen der Strafbarkeitsausdehnung durch § 30 Abs. 1 StGB sind anhand der gewonnenen Erkenntnisse über den Strafgrund der Teilnahme näher zu betrachten. Eine erschöpfende Auseinandersetzung mit § 30 Abs. 1 StGB, der die versuchte Anstiftung unter Strafe stellt, würde jedoch eine selbständige Abhandlung erfordern. Deswegen ist hier lediglich auf die Ergebnisse bezüglich der Strafwürdigkeit der versuchten Anstiftung einzugehen, zu denen der hier vertretene Strafgrund der Teilnahme führt. Wie bereits ausgeführt, wird der Teilnehmer deswegen bestraft, weil er am Erfolg der Haupttat mitgewirkt hat, bzw. die Rechtsgutsverletzung mittelbar, nämlich durch den Haupttäter, (mit)verursacht hat. Fehlt jedoch die rechtswidrige Haupttat, wie im Falle einer versuchten Anstiftung, dann fehlt zugleich der Ursprung des Teilnahmeunrechts, nämlich das Tatunrecht, aus dem das Teilnahmeunrecht abzuleiten ist. In einem solchen Fall gibt es keine strafbare Teilnahme, denn die §§ 26, 27 StGB stellen, wie gezeigt, kein delictum sui generis dar. Dem Akzessorietätsprinzip zufolge erhält die Teilnahme nur in Verbindung mit einer rechtswidrigen Haupttat ihren strafrechtlichen Sinn. Liegt jedoch diese Haupttat vor, dann ist die Handlung des Teilnehmers schon als vollendete Teilnahme an dieser Haupttat (sei es eine vollendete, sei es deren Versuch) anzusehen. Das Teilnahmeunrecht ist akzessorisches Unrecht, es setzt das Tatunrecht voraus. Wenn es vorliegt, ist die Teilnahme vollendet, liegt es nicht vor, ist gar keine Teilnahme verwirklicht, nicht einmal versuchte, da ihre legitimierende Basis fehlt, nämlich die entsprechende Haupttat. Aufgabe des Strafrechts ist, was im Rahmen dieser Arbeit wiederholt hervorgehoben worden ist, der Rechtsgüterschutz. Eine Bestrafung der versuchten Anstiftung dehnt die Strafbarkeit m. E. in unzulässiger Weise aus. Es wurde bereits gezeigt, daß die Teilnahme kein delictum sui generis ist, durch dessen Begehung 190

Siehe o. S. 21, 40 f. und Fußn. 26, 27.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

der Teilnehmer Rechtsgüter unmittelbar verletzen kann. Das Akzessorietätsprinzip verschafft der Teilnahme die erforderliche Anbindung an die Rechtsgüter und rechtfertigt somit deren Bestrafung. Fehlt allerdings die Haupttat, geht diese Anbindung verloren. Eine versuchte Anstiftung sollte folglich straflos bleiben, denn ohne die Anbindung an eine rechtswidrige Haupttat kann ihr Unrecht nicht bestehen. Eine solche Handlung hat keinen Unwertgehalt. Denn ohne die zumindest versuchte Haupttat gibt es keine strafwürdige Gefährdung der Rechtsgüter und demzufolge auch keine Möglichkeit einer Teilnahme an ihr. Eine versuchte Anstiftung befindet sich also in dem strafrechtlich irrelevanten Vorfeld der Teilnahmeformen. Um diesem Einwand der fehlenden Akzessorietät und somit des fehlenden Unwertgehalts der versuchten Anstiftung zu entgehen, hat Maurach den Begriff der „hypothetischen Akzessorietät“ eingeführt191. Ihm hat sich die h. L. angeschlossen192. Nach dieser Konstruktion soll es ausreichen, daß die Abhängigkeit der Teilnahme von der Haupttat in der Vorstellung der Beteiligten besteht, die deren Vollendung beabsichtigen. Zu Recht wurde jedoch erwidert, daß essentiell kein Teilnahmeunrecht vorliegen kann, wenn es an einer realen Tat mangelt193. Die angesonnene Haupttat kann nämlich die fehlende reale Haupttat nicht ersetzen. Denn was als Quelle und erforderlicher Bezugspunkt des Teilnahmeunrechts angesehen wird, kann nicht etwas Hypothetisches sein. Ein solcher Gedankengang würde nur zu einer enormen und unkontrollierbaren Strafbarkeitsausdehnung führen. Die erwünschte Verknüpfung mit der Welt der Rechtsgüter durch die Anbindung an eine Haupttat und somit die legitimierende Basis für die Bestrafung der versuchten Anstiftung ist demnach mit der Konstruktion der „hypothetischen Akzessorietät“ nicht erreicht worden. Damit eine Handlung strafwürdig erscheint, muß sie eine objektive Gefährlichkeit für die Rechtsgüter aufweisen. Bei der versuchten Anstiftung handelt es sich jedoch um eine im geistigen Bereich verbleibende „Gefährlichkeit“. Eine solche Willensbetätigung unter Strafe zu stellen, ohne daß sie eine objektive Gefährdung oder Verletzung des Rechtsguts herbeiführt, birgt die Gefahr der Umwandlung eines am objektiven Unrecht orientierten Strafrechts in ein Gesinnungsstrafrecht, das in totalitären Staatsordnungen zu finden ist194. Maurach, Deutsches Strafrecht, AT, S. 699. Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 683 f.; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 30 Rn 3; Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 701 f. m. w. N. 193 Roxin, LK-StGB, § 30 Rn 2; vgl. auch dazu Letzgus, Vorstufen, S. 219, und Bloy, Beteiligungsform, S. 185. 194 Der Einwand Roxins, LK-StGB, § 30 Rn 4, in bezug auf die ähnlichen Gedanken Langes, Kohlrausch / Lange StGB, § 49a Anm. II, III, der Gesetzgeber sei nicht prinzipiell gehindert, gefährliche Vorbereitungshandlungen unter Strafe zu stellen, ist nicht zutreffend. Erstens ist die konturenlose Strafbarkeitsausdehnung durch Vorschriften fraglich, die keinen Bezug auf ein Rechtsgut aufweisen (siehe z. B. u. S. 105 f. die Bedenken über die abstrakten Gefährdungsdelikte). Zweitens werden gefährliche Vorbereitungshandlungen – genau wegen ihrer Natur – nur ausnahmsweise und nur in bezug auf konkrete Delikte und Rechtsgüter unter Strafe gestellt (z. B. Vorbereitung der Fälschung von Geld und Wertzeichen § 149, Vorberei191 192

III. Stellungnahme

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Auch wenn aus kriminalpolitischen Gründen eine Bestrafung der versuchten Anstiftung in manchen Fällen dem Rechtsgefühl als gerecht oder als adäquat erscheint, darf nicht vergessen werden, daß das Rechtsgefühl nicht der entscheidende Faktor für die Gesetzgebung sein soll. Aus dogmatischer Sicht ist eine solche Vorschrift wie § 30 Abs. 1 StGB nicht zu rechtfertigen. Wenn die dogmatischen Grundlagen für die Bestrafung eines Verhaltens fehlen, ist dessen Bestrafung nur aus sozial-ethischen oder kriminalpolitischen Gründen nicht legitimiert; sie ist vielmehr willkürlich und gefährlich. Denn in solch einem Fall fehlt außer den dogmatischen Grundlagen für die Bestrafung eines Verhaltens auch ihre gewährleistende Funktion im Hinblick auf ein konsequentes Strafrechtssystem. Es wurde bereits gezeigt, daß die Bestrafung der versuchten Anstiftung weder mit den Grundlagen des Versuchs (es fehlt das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung) noch mit denen der Teilnahme (es fehlt die notwendige Haupttat) vereinbar ist. Der Gesetzgeber erweist sich also als inkonsequent, indem er in § 30 Abs. 1 StGB die versuchte Anstiftung unter Strafe stellt. Denn auf diese Weise durchbricht er den wichtigsten dogmatischen Grundsatz der Teilnahmelehre, nämlich das Akzessorietätsprinzip. Aus alledem ist zu folgern, daß die versuchte Anstiftung unserer Strafrechtsordnung fremd ist. Sie ist überhaupt nicht möglich und § 30 Abs. 1 StGB, der sie vertatbestandlicht und unter Strafe stellt, sollte de lege ferenda abgeschafft werden.

2. Die Bestrafung des Anstifters Nach § 26 StGB wird der Anstifter gleich einem Täter bestraft. Diese Vorschrift wurde ebenso wie die über die versuchte Anstiftung von manchen Autoren als ein zusätzliches Argument de lege lata für ihre These über den Strafgrund der Teilnahme gesehen195. Die Problematik der Bestrafung des Anstifters sollte jedoch in bezug auf den Strafgrund der Teilnahme erörtert werden und nicht umgekehrt. Die Schlüsse, die aus der Diskussion über den Strafgrund der Teilnahme gezogen wurden, sind auch bezüglich der Bestrafung des Anstifters maßgebend. Es wurde bereits festgestellt, daß die Anstiftung eine akzessorische Rechtsgutsverletzung darstellt. Ohne die Herbeiführung des Erfolges der Haupttat (also deren Vollendung oder deren Versuch) wäre sie nicht strafwürdig, weil sie, wie bereits gezeigt wurde, über kein selbständiges Unrecht verfügt. Sie leitet ihren Unwert aus dem der Haupttat ab, und das ist dogmatisch korrekt, weil es mit der Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüter zu schützen, in Einklang steht. Ohne die Haupttat wäre tung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens § 310 StGB). Die Bestrafung der versuchten Anstiftung hat dagegen einen generellen Charakter: jede versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen wird bestraft. Eine solche Ausdehnung der Strafbarkeit ohne Anbindung an bestimmte Rechtsgüter ist unzulässig und nicht mit den nur ausnahmsweise strafbaren Vorbereitungshandlungen zu vergleichen. Vgl. dazu Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 166 f. 195 Siehe o. S. 20.

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A. Der Strafgrund der Anstiftung

die Anstiftung nicht in der Lage, Rechtsgüter zu gefährden, ihrer Strafbarkeit fehlte in solch einem Fall die Basis. Dogmatisch betrachtet, kann derjenige, der mittelbar das Rechtsgut verletzt, der an einer rechtswidrigen Handlung teilnimmt und sie nicht selbst ausführt, nicht gleich demjenigen bestraft werden, der den Tatbestand des Besonderen Teils selbst erfüllt. Wie kann ein akzessorisches Unrecht das ursprüngliche Unrecht übertreffen, aus dem es abgeleitet ist? Die unmittelbare Gefährdung des Rechtsgutes, die der Täter herbeiführt, kann nicht gleichwertig sein mit der nicht selbständigen, nur mittelbaren, akzessorischen Gefährdung des gleichen Rechtsgutes, die der Anstifter zu verantworten hat. Letzterer wird schließlich bestraft, weil er einen anderen dazu veranlaßt hat, eine rechtswidrige Haupttat zu begehen. Diese Begehung der Haupttat ist also die Quelle sowohl des Täterunrechts als auch des Teilnehmerunrechts. Folgerichtig ist demnach, daß derjenige, der den tatbestandsmäßigen Erfolg, den Ursprung des täterschaftlichen und des teilnehmerischen Unrechts herbeiführt, auch schärfer zu bestrafen ist als derjenige, für dessen strafrechtliche Haftung diese tatbestandsmäßige Herbeiführung des Erfolges durch einen anderen Voraussetzung ist. Es ist richtig, daß in manchen Fällen der Anstifter strafwürdiger erscheint als der Täter. Es ist etwa an den Fall zu denken, in dem jemand einem in großer Geldnot Befindlichen eine beträchtliche Geldsumme bietet, so daß letzterer ein Delikt begeht. In dieser Konstellation spricht das Rechtsgefühl dafür, den Anstifter gleich dem Täter oder sogar schärfer als ihn zu bestrafen. Denn die Rolle, die der Hintermann in solch einem Fall spielt, erscheint bestimmend und dominant. Trotzdem ist nicht außer Acht zu lassen, daß das Rechtsgefühl der Gesellschaft eine gewisse Rolle bei den Entscheidungen des Gesetzgebers spielen kann, keinesfalls jedoch dürfte es tragender Grund sein. Die dogmatischen Regeln sind von zentraler Bedeutung und ihre Aufrechterhaltung von großem Belang für die Rechtssicherheit. Schließlich ist es auch in solchen Fällen der Haupttäter, der den Tatbestand verwirklicht, der die Sache in der Hand hat. Der Anstifter, auch wenn er bestimmend erscheint, verletzt das Rechtsgut nicht selbst, sondern nur durch den Täter. Das verwirklichte Unrecht des Täters ist die Basis seines Unrechts, das akzessorisch und demzufolge zweitrangig bleibt. Die Tatsache, daß der Richter einen großen Spielraum hat und den Anstifter in concreto milder bestrafen kann, ist nicht ausreichend. Denn das Problem ist nicht nur die Strafe, die dem Anstifter in einem bestimmten Fall auferlegt wird. Das Problem ist, daß eine Gleichbestrafung des Anstifters mit dem Täter, auch wenn sie in concreto vermeidbar ist, dogmatisch nicht zu rechtfertigen ist. Es ist eine obligatorische Strafmilderung zugunsten des Anstifters vorzusehen. Denn wenn das Unrecht des Anstifters darin bestehen soll, daß er bei der Rechtsgutsverletzung mitgewirkt hat, indem er einen anderen dazu veranlaßt hat, wenn es außerdem als akzessorisches, von dem der Haupttat abgeleitetes Unrecht angesehen wird, dann ist im Hinblick auf eine solche Betrachtung des Strafgrundes der Anstiftung eine Gleichbestrafung des Anstifters mit dem Täter dogmatisch abzulehnen.

B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“ Wie schon der Titel des Kapitels andeutet, wird die „agent provocateur“-Problematik nur insoweit erörtert, als sie umstrittene Fragen im Bereich der Anstiftung aufweist. Insbesondere sind die Fälle, in denen der „agent provocateur“ als (Mit)Täter oder als Gehilfe agiert, nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Ebenfalls nicht untersucht wird der prozessuale Aspekt der Problematik196. Denn eine umfassende Analyse der „agent provocateur“-Thematik würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Daher beanspruchen die Ergebnisse keine generelle Aussagefähigkeit für die Strafbarkeit des „agent provocateur“. Ziel der Untersuchung ist ausschließlich die Erörterung der Frage, ob der „agent provocateur“ als Anstifter behandelt werden kann und als solcher zu bestrafen ist. Folglich ist nicht der Strafbarkeit oder Straflosigkeit des „agent provocateur“ nachzugehen, sondern der Frage, ob sein Verhalten unter die von § 26 StGB erfaßten Konstellationen subsumiert werden kann.

I. Provokation eines Deliktsversuchs Einige Autoren sind im Hinblick auf die umfangreiche Literatur197 und Rechtsprechung198 der Auffassung, die Thematik des klassischen „agent provocateur“ sei ausdiskutiert199. Diese Ansicht wird durch die Tatsache unterstützt, daß die herrschende Meinung die subjektive Tatbestandslosigkeit einer solchen „Anstiftung“ vertritt200. Die früher für die Strafbarkeit des „agent provocateur“ plädieren196 Zum prozessualen Aspekt siehe z. B. Quentin, JuS 1999, S. 134 ff.; Lüderssen, StV 1985, 178 ff.; Schünemann, StV 1985, S. 424 ff.; Gropp, ZStW 95 (1983), S. 992 ff.; Meyer, ZStW 95 (1983), S. 835 ff.; Ostendorf / Meyer-Seitz, StV 1985, S. 73 ff.; Körner, StV 1982, S. 382 ff.; Sieg, StV 1981, S. 636 ff. 197 Siehe z. B. Mitsch, Straflose Provokation; Drywa, Die materiellrechtlichen Probleme des V-Mann-Einsatzes; Karge, Der agent provocateur; Stratenwerth, MDR 1953, S. 717 ff.; Plate, ZStW 84 (1972), S. 294 ff.; Küper, GA 1974, S. 321 ff.; Maaß, Jura 1981, S. 514 ff.; Seelmann, ZStW 95 (1983), S. 797 ff.; Herzberg, JuS 1983, S. 737 ff.; Sommer, JR 1986, S. 485 ff.; Seier / Schlehofer, JuS 1983, S. 50 ff.; Thiel, Die polizeiliche Verfolgungspflicht; Schwarzburg, Tatprovokation; Franzheim, NJW 1979, S. 2014 ff.; Gnägi, Der V-Mann-Einsatz; Suhr, JA 1985, S. 629 ff. 198 Z. B. RGSt 53, 336; 65, 145; BGHSt 4, 199; BGH GA 1975, S. 333; BGH, Urt. vom 3. 6. 1981 – 2 StR 668 / 81; StV 1981, S. 549; BGHSt 4, 199; BGH, MDR 1981 bei Holz, BVerfG NStZ 1985, S. 131; BGHSt 32, 345. 199 So z. B. Franzheim, NJW 1979, S. 2014.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

de Ansicht gilt heute als widerlegt, und als Ergebnis des Meinungsstreits steht die Straflosigkeit des Provokateurs fest. Allerdings ist sich die h. M. lediglich im Ergebnis über die Straflosigkeit des Provokateurs einig201, zuweilen auch über das oft als bloße Behauptung erscheinende Erfordernis des doppelten Anstiftervorsatzes, der im Falle eines „agent provocateur“, dessen Vorsatz den Versuch, nicht jedoch die Vollendung der Haupttat umfasse, fehle202. Diese Begründung setzt jedoch das zu Beweisende schon voraus, nämlich den Vollendungswillen des Anstifters. Zudem bleibt es fraglich, ob die oberflächliche Anknüpfung am Strafgrund der Teilnahme (= Mitverursachung der Haupttat – herrschende Verursachungstheorie) genügt, um die Notwendigkeit des Vollendungswillens des Anstifters zu begründen. Demnach erscheint es durchaus sinnvoll, die Problematik noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Vor der Vorsatzprüfung des Anstifters erscheint es zweckmäßig, die Frage zu klären, ob die objektiven Erfordernisse der Strafbarkeit des Anstifters im Falle des „agent provocateur“ vorliegen oder ob das Verhalten des Provokateurs bereits den objektiven Tatbestand der Anstiftung zum Versuch nicht erfüllt.

1. Objektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB § 26 StGB normiert zwei objektive Tatbestandsmerkmale für die Bejahung der Anstifterstrafbarkeit: a) eine vorsätzliche, rechtswidrige Tat seitens des Angestifteten und b) das „Bestimmen“ des Täters zu dieser Tat seitens des Anstifters. Das zweite Tatbestandsmerkmal des „Bestimmens“ bereitet keine provokationsspezifischen Probleme. Denn der „agent provocateur“ veranlaßt einen anderen zu einer Straftat genauso wie ein „normaler“ Anstifter. Das ist auch begriffsnotwendig, denn gerade die Bestimmung eines anderen zur Begehung einer Straftat hat Anlaß dazu gegeben, den „agent provocateur“ unter dem Blickwinkel der Anstiftung zu betrachten. Fraglich ist es, ob der Täterversuch, den der „agent provocateur“ gewollt und herbeigeführt hat, taugliches objektives Tatbestandsmerkmal der Anstiftung sein kann, ob also der Versuch des Täters als rechtswidrige Tat zu qualifizieren ist. Das Reichsgericht hat diese Frage in seiner grundlegenden Entscheidung zur 200 Vgl. z. B.: Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 20; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 67; Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 348 f.; Jakobs, StrR AT, S. 683 f.; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 649 ff.; Karge, Der agent provocateur, S. 31; Otto, Grundkurs AT, S. 316 f.; Küper, GA 1974, S. 331 ff.; Herzberg, GA 1971, S. 11 f.; ders., JuS 1983, S. 737 ff.; zur h. M. vgl. die ausführl. Hinw. bei Keller, Provokation, S. 160, Fußn. 1. 201 So auch Herzberg, GA 1971, S. 11; Küper, GA 1974, S. 322. 202 Siehe z. B. Trechsel, Strafgrund, S. 98; Stratenwerth, StrR AT I, S. 344 (früher anders, in MDR 1953, S. 717 ff.); Seier / Schlehofer, JuS 1983, S. 52; Suhr, JA 1985, S. 629; Diercks, AnwBl. 1987, S. 160 m. w. N.

I. Provokation eines Deliktsversuchs

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agent-provocateur-Problematik verneint, mit dem Argument, der Versuch sei keine „mit Strafe bedrohte Handlung“ i. S. des § 48 StGB a. F. (§ 26 StGB n. F.). Damit seien nur die im Besonderen Teil des StGB pönalisierten Handlungen gemeint203. Diesem Argument wurde jedoch zu Recht entgegengesetzt, daß dann überhaupt keine Anstiftung zum Versuch möglich wäre, nicht einmal, wenn der Anstifter mit Haupttatvollendungswillen den Täter zu seiner im Versuch steckengebliebenen Tat veranlaßt hat204. § 26 StGB erfordert eine „rechtswidrige Tat“. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist rechtswidrige Tat „nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht“. Der Haupttäter muß also zu einer Tat bestimmt werden, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, damit der Veranlasser als Anstifter zu qualifizieren ist. Man könnte also behaupten, daß der Versuch keine rechtswidrige Tat i. S. der §§ 11 Abs. 1 Nr. 5, 26 StGB sei, denn derjenige, der eine Straftat versuche, setze gem. § 22 StGB nur unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes an, er verwirkliche ihn jedoch nicht. Das würde aber bedeuten, daß der Versuch kein taugliches objektives Tatbestandsmerkmal der Anstiftung sein kann, was die Straflosigkeit des Provokateurs, der nur den Versuch der Tat will und herbeiführt und sich demnach tatbestandslos verhält, zur Folge hätte. Dasselbe würde auch für den Fall gelten, in dem, unabhängig von dem Willen des Veranlassers, die Haupttat im Versuchsstadium steckengeblieben ist. Somit wäre die These des Reichsgerichts205 bezüglich der Untauglichkeit des Versuchs als Haupttat i. S. des § 26 StGB bestätigt. Eine nähere Betrachtung der strafrechtlichen Konstruktion „Versuch“ leuchtet das Problem aus. Sowohl der Versuch als auch die Teilnahme sind Strafausdehnungstatbestände. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, bestimmte Verhaltensweisen, die an sich keinen Deliktstatbestand des Besonderen Teils erfüllen, dennoch unter Strafe zu stellen. Ob zu Recht oder nicht, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Fest steht jedenfalls, daß diese Verhaltensweisen aufgrund ihrer Verbindung zu den Straftatbeständen des Besonderen Teils als strafwürdig qualifiziert worden sind. Der „Versuch“ ist demnach sowohl dogmatisch als auch begrifflich nicht als solcher faßbar, sondern immer nur in Verbindung mit einem Straftatbestand des Besonderen Teils. Es gibt nämlich keinen einfachen Versuch, sondern nur einen Versuch eines bestimmten Delikts. Demzufolge ist der „Versuch“ immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Tatbestand zu erörtern, zu dessen Verwirklichung der Täter unmittelbar angesetzt hat. Derjenige also, der einen Mord zu begehen versucht, verwirklicht den Tatbestand der §§ 22, 23 Abs. 1, 211 StGB. Nur auf diese Weise ist der „Versuch“ zu verstehen, der folglich unter den Begriff „rechtswidrige Tat“ des § 11 Abs. 1 StGB subsumiert werden kann. Wer auf den Wortlaut des § 22 StGB abstellt und daraus die Untauglichkeit des „Versuchs“ als 203 204 205

RGSt 15, 315 (317 f.). Siehe Herzberg, GA 1971, S. 11 Fußn. 50; Küper, GA 1974, S. 322. Siehe o. S. 58.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

Haupttat i. S. des § 26 StGB folgern will, verkennt den Strafausdehnungscharakter der Versuchsvorschriften und verleiht dem Versuch eine Eigenständigkeit, die jedoch, wie gezeigt wurde, schon begrifflich ausgeschlossen ist206. Der Versuch eines Delikts ist also durchaus taugliches objektives Tatbestandsmerkmal der Anstiftung, die als Haupttat eine rechtswidrige Tat erfordert. Denn die Voraussetzung der Verwirklichung eines Straftatbestandes, die erforderlich ist, damit eine Tat als „rechtswidrige Tat“ eingestuft werden kann, ist bereits mit der Begehung eines Versuchs einer Straftat erfüllt. Derjenige also, der einen anderen zur Begehung eines Mordes veranlaßt, erfüllt den objektiven Tatbestand der Anstiftung zum versuchten Mord gem. §§ 26, 22, 23 Abs. 1, 211 StGB, falls die Haupttat im Versuchsstadium steckengeblieben ist, selbst wenn der Veranlasser es nicht zur Vollendung des Mordes kommen lassen wollte. a) Zwischenergebnis Der klassische „agent provocateur“, der einen anderen zur Herbeiführung einer Straftat bestimmt, ohne selbst die Vollendung dieser Straftat zu wollen, erfüllt die objektiven Tatbestandsmerkmale der Anstiftung zum Versuch und ist demzufolge nicht schon wegen objektiver Tatbestandslosigkeit seines Verhaltens straflos. Die Frage also, ob der klassische „agent provocateur“ als Anstifter zu qualifizieren ist, kann erst dann beantwortet werden, wenn auch der subjektive Tatbestand der Anstiftung zum Versuch untersucht worden ist. 2. Subjektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB Nach § 26 StGB muß der Anstifter vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt haben. Unter dem Begriff „Vorsatz“ ist üblicherweise das „Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsverwirklichung“ zu verstehen. Wer also vorsätzlich handelt, muß nach h. M. diejenigen Merkmale kennen und wollen, die den objektiven Tatbestand seiner Tat ausmachen207. Der Anstiftervorstatz müßte sich demnach auf die oben angeführten208 objektiven Tatbestandsmerkmale der Anstiftung beziehen, nämlich auf das „Bestimmen“ des Täters und auf die vorsätzliche rechtswidrige Tat des Haupttäters. Wenn es also dem Haupttäter nicht gelingt, die vom Anstifter veranlaßte Straftat zu vollenden, und seine Tat nur das Versuchsstadium erreicht, müßte sich dieser Ansicht nach der Vorsatz des Anstifters auf die vom Täter begangene Tat beziehen, nämlich auf den Versuch der Straftat, der, wie schon gezeigt wurde, als rechtswid206 207 208

Ähnlich Mitsch, Straflose Provokation, S. 41. Vgl. dazu Lackner / Kühl, StGB, § 15 Rn 3 ff. m. w. N. Siehe o. S. 58 ff.

I. Provokation eines Deliktsversuchs

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rige Tat zu qualifizieren ist und den objektiven Tatbestand der Anstiftung erfüllt209. Will der Tatveranlasser nur den Versuch der Haupttat, wie im Falle des „agent provocateur“, dann würde sein Vorsatz die vom Täter begangene Tat erfassen, so daß der subjektive Tatbestand der Anstiftung zum Versuch erfüllt wäre. Mit dieser Betrachtungsweise des Vorsatzbegriffs ließe sich die Straflosigkeit des „agent provocateur“ auch im subjektiven Tatbestand nicht begründen. Der Provokateur wäre als Anstifter zu qualifizieren210. Das Reichsgericht hat versucht, diesen Einwand zu entkräften, indem es den Vollendungswillen, ein konstitutives Begriffselement des Versuchs, auch für die Teilnahme am Versuch forderte211. Dem ist insoweit beizupflichten, als der Vollendungswille des Täters als unerläßliche Voraussetzung seiner Versuchsstrafbarkeit gefordert wird, nicht jedoch dahingehend, daß dieselbe Voraussetzung analog für die Teilnahme am Versuch gelte. Küper wandte dagegen ein, daß die begrifflichen Mindesterfordernisse der Anstiftung zum Versuch lediglich die versuchte Haupttat und die vorsätzliche „Bestimmung“ zu einer solchen Tat seien; der Erfolgsvorsatz des Anstifters gehöre nicht dazu212. Die h. M. knüpft überwiegend an den Strafgrund der Anstiftung an, um zur Straflosigkeit des „agent provocateur“ zu gelangen. Der Anstifter wird nach der herrschenden akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie deswegen bestraft, weil er an der Normverletzung des Täters (Haupttat) vorsätzlich mitwirkt, indem er den Tatentschluß des Täters hervorruft213. Demzufolge sei der Vollendungsvorsatz erforderlich. Denn wenn der Veranlasser die Normverletzung des Täters nicht wolle, dann fehle seine vorsätzliche Mitwirkung an dieser Normverletzung und zugleich der Grund für seine Strafbarkeit214. Würde man dagegen der Schuldteilnahmetheorie folgen, dann müßte man die Strafbarkeit des „agent provocateur“ annehmen, da letzterer den Haupttäter „in Schuld und Strafe“ geführt habe. Diese Schlußfolgerung haben viele ihrer Gegner der Schuldteilnahmetheorie unterstellt215, jedoch zu Unrecht. Denn, wie bereits bei der Darstellung dieser Theorie festgestellt216, setzt auch die SchuldteilnahmetheoSiehe o. S. 59 f. So z. B. Heilborn, Der Agent provocateur, S. 87 f. Küper, GA 1974, S. 322, der für die Straflosigkeit des „agent provocateur“ plädiert, räumt ein, daß diese These im elementaren Bezirk einer vorwiegend logisch-begrifflichen Gesetzesauslegung nicht angreifbar sei. Allein teleologische Erwägungen könnten die Einschränkung rechtfertigen, daß der Teilnehmer insoweit nicht anders behandelt werden könne als der Täter (GA 1974, S. 323). Vgl. dazu Mitsch, Straflose Provokation, S. 49 m. w. N. 211 RGSt 16, 25 (27). 212 Küper, GA 1974, S. 323; so auch Schwarzburg, Tatprovokation, S. 11. 213 Ausführlich dazu siehe o. S. 44 ff. 214 So z. B. Letzgus, Vorstufen, S. 24; Karge, Der agent provocateur S. 12; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 573. 215 So z. B. Lange, Die notwendige Teilnahme, S. 48; Maaß, Jura 1981, S. 517. 216 Ausführlich dazu siehe o. S. 19 ff. 209 210

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

rie – neben der Verführung des Täters – die Herbeiführung der Haupttat voraus. Nur die strenge Schuldteilnahmetheorie sieht den Erfolg der Anstiftung ausschließlich in der Korruption des Haupttäters. Der Korrumpierungsgedanke beschreibt für die meisten Verfechter der Schuldteilnahmetheorie lediglich einen zusätzlichen Schutzzweck. Die Schuldteilnahmetheorie führt folglich nicht zwingend zur Strafbarkeit des „agent provocateur“217. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist, wie Küper zutreffend darlegt218, die Alternative „Schuldteilnahme- oder Verursachungstheorie“ irrelevant. Diese Folgerung soll allerdings nicht als Einwand gegen die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie gelten. Sie beweist nur, daß die Beurteilung der agent-provokateur-Frage nicht unbedingt von der Wahl des Strafgrundes der Anstiftung abhängt. Die aus der Untersuchung des Strafgrundes gewonnenen Erkenntnisse sollen allerdings im weiteren Verlauf der Arbeit verwertet werden. Von der Begründungslosigkeit der herrschenden akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie ausgehend, behauptet Roxin, die Straflosigkeit des „agent provocateur“ ergebe sich nicht schon daraus, daß man aus dem Verursachungsgedanken die Notwendigkeit eines auf die Erfolgsherbeiführung gerichteten Teilnehmervorsatzes ableite; denn auch der Versuch des Täters sei ein Erfolg im Rechtssinne, der zur Bestrafung wegen Teilnahme am Versuch führen könnte219. Er vertritt weiterhin, daß die herkömmliche Verlagerung des Problems in den Anstiftervorsatz bei denjenigen Fällen einseitig sei, bei denen der Hintermann jemanden zu einem Versuch veranlaßt, dessen Untauglichkeit der Hintermann von vornherein kennt. Denn in einem solchen Fall fehle ein Rechtsgutsangriff schon objektiv. Das leuchtet aber nicht ein. Solange der untaugliche Versuch vom Gesetzgeber unter Strafe gestellt wird220, reicht lediglich dessen Untauglichkeit für die Straflosigkeit des Hintermannes nicht aus, genausowenig wie sie für die Straflosigkeit des Täters ausreicht. Die Straflosigkeit des Provokateurs ist auch in solchen Fällen ein Vorsatzproblem. Sonst wäre eine Anstiftung zum untauglichen Versuch überhaupt nicht möglich, auch wenn der Veranlasser die Untauglichkeit der Tat nicht kennt und die Rechtsgutsverletzung will. Das erkennt auch Roxin und fordert das Wissen des Hintermannes über die Untauglichkeit der Tätertat. Damit verlegt aber auch Roxin das Problem in den subjektiven Bereich. Der Rechtsgutsangriff seitens des Anstifters kann erst dann – wenn überhaupt – verneint werden, wenn der fehlende Verletzungswille sowie dessen Eigenschaften bezüglich der Qualifizierung einer Handlung als Rechtsgutsangriff feststehen. Es muß also der Vorsatz des Hintermannes untersucht werden, denn auf der objektiven 217 So auch Trechsel, Strafgrund, S. 100; Plate, ZStW 84 (1972), S. 297, Fußn. 9; Küper, GA 1974, S. 323 f.; Otto, Lange-FS, S. 202 f.; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 68, Fußn. 82. 218 Küper, GA 1974, S. 323 f. 219 Roxin, LK-StGB, vor § 26 Rn 18, § 26 Rn 68. Zur Kritik der Konzeption Roxins siehe o. S. 46 ff. 220 Vgl. u. Fußn. 565.

I. Provokation eines Deliktsversuchs

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Ebene ist die Straflosigkeit des „agent provocateur“ nicht nachweisbar221. Auf das Argument von Roxin, der Versuch sei auch ein Erfolg im Rechtssinne, wird später eingegangen, nachdem die Vorsatzfrage gründlicher untersucht worden ist222. Mitsch wirft der h. M. vor, sie stütze sich auf übergesetzliche Argumente, nämlich auf den Strafgrund der Anstiftung und auf das Rechtsgüterschutzprinzip, um die differenzierte Anwendung des Vorsatzbegriffs auf die Anstiftung zum Versuch rechtfertigen zu können223. Denn im Gegensatz dazu fordere der allgemeine Vorsatzbegriff die Übereinstimmung von Vorsatzinhalt und objektivem Tatbestand. Der Vorsatz des Anstifters muß nach h. M. auf die Haupttatvollendung gerichtet sein, auch wenn die Haupttat nur das Versuchsstadium erreicht. Der Anstiftervorsatz stimmt in diesem Fall nicht mit dem objektiven Tatbestand überein. Der „agent provocateur“, der diesen Vollendungsvorsatz nicht hat, sei demzufolge straflos. Mitsch lehnt die Methode der h. M. ab, da ihr die positivgesetzliche Fundierung fehle224. Er gelangt zur Straflosigkeit des klassischen „agent provocateur“, indem er die Anstiftung zum Versuch wertmäßig als Versuchsdelikt qualifiziert, denn die Anstiftung zum Versuch stelle, ebenso wie der Täterversuch, eine nichtvollendete Rechtsgutsbeeinträchtigung dar225. Der Versuch der §§ 22 ff. StGB habe eine inkongruente Tatbestandsstruktur, denn der Vorsatz des Täters beziehe sich auf objektive Tatbestandsmerkmale, die nicht erfüllt worden seien, nämlich auf die Vollendung der im Versuchsstadium steckengebliebenen Straftat. Aus der Identifizierung der Anstiftung zum Versuch mit dem Täterversuch folgert Mitsch, daß auch die Anstiftung zum Versuch eine inkongruente Tatbestandsstruktur habe226. Anstiftung sei genau wie Täterschaft ein Rechtsgutsangriff. Der tatbestandlich umschriebene Erfolg dieses Angriffs sei notwendiger Inhalt jedes strafbegründenden Vorsatzes. Da der „agent provocateur“ diesen über den objektiven Tatbestand hinausgreifenden Vorsatz nicht habe, erfülle er nicht den subjektiven Tatbestand eines Anstiftungsdelikts. Sein Verhalten weiche vom Modell des verSiehe o. S. 58 ff. Siehe u. S. 67 f. 223 Mitsch, Straflose Provokation, S. 50 f. 224 Mitsch, Straflose Provokation, S. 51. Die h. M. stellt auf den Strafgrund der Teilnahme ab und fordert den Vollendungswillen des Anstifters. Der Anstifter greife nämlich das tatbestandlich geschützte Rechtsgut an. Wenn er die Vollendung nicht wolle, wie im Fall des „agent provocateur“, habe er nicht den unrechtskonstitutiven Verletzungswillen und müsse straflos bleiben. Mitsch kritisiert diese Methode, denn „das StGB enthält keine Vorschrift, die etwas über den Strafgrund der Teilnahme oder über den Zweck des Strafrechts unmittelbar verlautbart“. Wenn nach der h. M. die Anwendung des allgemeinen Vorsatzbegriffs zu einem dem Strafgrund der Teilnahme konträren Ergebnis führen würde, führt Mitsch an, so könne das auch daran liegen, daß entweder die Bestimmung des Strafgrundes oder die Schlußfolgerungen aus dem Strafgrund falsch seien. Somit könne auch die Lösung des agent provocateurProblems nicht unmittelbar aus überpositiven Rechtsprinzipien erschlossen werden (Straflose Provokation, S. 50 f.). 225 Mitsch, Straflose Provokation, S. 53, 60. 226 Mitsch, Straflose Provokation, S. 54, 60 ff. 221 222

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

suchten Rechtsgutsangriffs auf der subjektiven Seite ab und könne daher nicht als Anstiftung zum Versuch strafbar sein227. Bei seinem Versuch, die wünschenswerte Straflosigkeit des „agent provocateur“ nachzuweisen, unterlaufen Mitsch jedoch die gleichen Fehler, die er an der h. M. kritisiert, nämlich die Anknüpfung an übergesetzliche Argumente. Denn zum Zweck der Gleichstellung des Täterversuchs und der Anstiftung zum Versuch greift er sowohl auf den Strafgrund der Anstiftung, nämlich den Rechtsgutsangriff seitens des Anstifters, als auch auf den Zweck des Strafrechts, nämlich den Rechtsgüterschutz, zurück228. Demnach widerspricht er sich, indem er die Methode der h. M. wegen ihres Mangels an positivgesetzlicher Fundierung kritisiert. Seine Konzeption basiert auf der Identifizierung des Täterversuchs mit der Anstiftung zum Versuch. Diese Methode ist jedoch nicht weniger übergesetzlich als die der h. M., denn diese Identifizierung beruht nur auf der materiellen Ähnlichkeit der beiden Institutionen und nicht auf klaren gesetzlichen Vorgaben. Immerhin ist die Anstiftung zum Versuch kein delictum sui generis, sondern eine vollendete Teilnahme am Versuch des Täters. Da es Mitsch nicht gelingt, dem Einwand der Übergesetzlichkeit der Methode der h. M. zu entgehen, die zugleich der einzige Kritikpunkt dieser Meinung ist, stellt sich folgerichtig die Frage nach der Zweckmäßigkeit des Umweges, den er beschreitet, um zum Erfordernis des Verletzungswillens des Anstifters zu gelangen, insbesondere zur Qualifizierung der Anstiftung zum Versuch als ein Versuchsdelikt. Die Begründungsschwierigkeiten, mit denen sowohl die h. M. als auch ihre Kritiker konfrontiert sind, sind auf deren Versuch zurückzuführen, den Verzicht auf den allgemeinen Vorsatzbegriff bei der Anstiftung zum Versuch zu rechtfertigen. Denn der Vorsatz des Anstifters müsse auf die Haupttatvollendung gerichtet sein, auch wenn die Haupttat im Versuchsstadium steckengeblieben ist; der Vorsatz gehe also in diesem Fall über den objektiven Tatbestand hinaus. Im folgenden wird jedoch gezeigt, daß diese Vorgehensweise keinesfalls nötig ist. Ausgangspunkt der vorliegenden Überlegungen ist die essentielle Frage nach der Aufgabe des Strafrechts, insbesondere danach, warum der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen unter Strafe gestellt hat. Diese Aufgabe besteht in dem Schutz der Rechtsgüter, d. h. „konkrete(r) für unser gesellschaftliches Leben Mitsch, Straflose Provokation, S. 59 f., 101 f. Mitsch betrachtet die Anknüpfung an den Strafgrund der Teilnahme nur als Verifikation seiner Thesen (Straflose Provokation, S. 61). Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß seine Konzeption in der Luft hängt, wenn ein anderer Strafgrund als der der Mitverursachung der Rechtsgutsverletzung angenommen wird. Denn, angenommen der Rechtsgutsangriff seitens des Anstifters ist nicht der Hauptgrund seiner Strafwürdigkeit, wie kann Mitsch in einem solchen Fall den Verletzungswillen des Anstifters fordern? Die Anknüpfung an den Strafgrund der Teilnahme ist demnach auch für Mitsch ein essentieller Punkt seiner Thesen. Die Betrachtung des Strafgrundes als Verifikation seiner Konzeption ist lediglich eine nicht fundierte Ausrede. Hier liegt ein weiterer Widerspruch der Konzeption von Mitsch – vgl. o. Fußn. 224. 227 228

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konstitutive(r) Funktionseinheiten“229. Dem möglichen Vorwurf der Übergesetzlichkeit solcher Überlegungen ist zum einen entgegenzuhalten, daß das ganze Strafrechtssystem auf vorpositiven Werten fundiert ist230, und zum anderen, daß sich nicht alle sittlichen Werte als Rechtsgüter darstellen. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden, welche sozialen Werte rechtlich anerkannt und welche Beeinträchtigungen dieser Werte strafrechtlich relevant sind. Folglich sind derartige Überlegungen, die von der Aufgabe des Strafrechts ausgehen, nicht ganz übergesetzlich. Das Verbrechen ist also nicht als bloßer Widerspruch zu einer Norm zu verstehen (formeller Aspekt), sondern auch als sozialschädliches Verhalten, das die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Rechtsgemeinschaft dadurch gefährdet, daß es Rechtsgüter beeinträchtigt (materieller Aspekt)231. Der materielle Aspekt des Verbrechens ist vielmehr der Grund für seine formelle Existenz. Das bedeutet, daß ein sozialschädliches Verhalten nur insoweit strafrechtlich relevant ist, als es im Widerspruch zu geschriebenen Normen steht; und umgekehrt, daß ein Widerspruch zu einer Norm nur insoweit als Verbrechen zu verstehen ist, als er die Voraussetzungen seiner Vertatbestandlichung erfüllt, nämlich wenn er sozialschädlich ist, indem er Werte von essentieller Bedeutung für die Rechtsgemeinschaft (Rechtsgüter) beeinträchtigt. Die funktionelle Bedeutung des Rechtsgutsbegriffs für das Strafrechtssystem nimmt allmählich Konturen an: Einerseits fungiert er unrechtsbegründend, da er den tragenden Grund für die Strafwürdigkeit solcher Verhaltensweisen darstellt, die seine soziale Realität oder die damit verbundene Verfügbarkeit über diese soziale Realität beeinträchtigen232. Die geschriebenen Normen sind nichts anderes als der Versuch, dem Anspruch der Abwendung oder Ahndung rechtsgutsverletzender Handlungen gerecht zu werden. Sie sind aus der Notwendigkeit des Rechtsgüterschutzes entstanden. Zugleich hat aber der Rechtsgutsbegriff auch eine strafbarkeitseinschränkende Funktion, nämlich insoweit, als die Rechtsgutsbeeinträchtigung sich als Folge des unter Strafe gestellten Verhaltens darstellen muß. Wie Binding richtigerweise darlegt, sind allein durch menschliches Verhalten vermeidbare Rechtsgutsbeeinträchtigungen normwidrig233. 229 Rudolphi, Maurach-FS, S. 61; näher zur Problematik des Rechtsgutsbegriffs Amelung, Rechtsgüterschutz; Hassemer, Theorie; Rudolphi, Honig-FS, S. 151 ff.; vgl. auch die Hinweise bei Maurach / Zipf, AT / 1, S. 266 f. 230 Um Mißverständnissen vorzubeugen: Damit ist nicht gemeint, daß das Strafrechtssystem eine bloß sittliche Ordnung ist. Es soll nur betont werden, daß der Gesetzgeber aufgrund der sozialen Gegebenheiten Entscheidungen zur Wahrung der Sozialordnung und zum störungsfreien Zusammenleben ihrer Mitglieder trifft. 231 Vgl. Zipf, Kriminalpolitik, S. 106 ff. 232 Vgl. Gössel, Oehler-FS, S. 102. 233 Binding, Die Normen IV, S. 340 f.; vgl. auch Gössel, Oehler-FS, S. 100: „Nur soweit das vom Strafgesetz beschriebene Verhalten auch normwidrig ist, d. h. eine durch menschliches Verhalten vermeidbar herbeigeführte Rechtsgutsbeeinträchtigung darstellt, kann es be-

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Demnach hat der Strafgesetzgeber die Aufgabe, solche rechtsgutsverletzenden Verhaltensweisen unter Strafe zu stellen. Dazu bedient er sich der verschiedenen Straftatbestände, in denen er die Mindestvoraussetzungen strafbaren menschlichen Verhaltens festlegt. Nur wer diese objektiven und subjektiven Voraussetzungen erfüllt, kann wegen seines sozialschädlichen, nämlich rechtsgutsbeeinträchtigenden Verhaltens bestraft werden. Das ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, daß derjenige, der die Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfüllt, sich auch strafbar gemacht hat. Sein Verhalten muß, um als strafbar angesehen zu werden, stets das aufweisen, was die Basis und den Existenzgrund jedes Straftatbestandes ausmacht, nämlich die Beeinträchtigung des entsprechenden, vom Gesetzgeber als schutzwürdig bewerteten Rechtsgutes. Andernfalls würden die positivrechtlich festgelegten Normen ihre Legitimation verlieren, wenn die Erfüllung eines Tatbestandes in formeller Hinsicht für die Bejahung der Strafbarkeit ausreichend wäre. Denn die Normen könnten dann nicht mehr als Instrument zur Durchführung der Aufgabe des Strafrechts, insbesondere des Rechtsgüterschutzes, angesehen werden. Daraus folgt, daß die Berücksichtigung des Rechtsgutsverletzungsaspektes für die Gesetzesanwendung unerläßlich und nicht ein bloßes Auslegungshilfsmittel ist. Fehlt die Rechtsgutsbeeinträchtigung, so fehlt notwendigerweise auch die Tatbestandsmäßigkeit desjenigen Verhaltens, das die in Schriftform festgehaltenen Tatbestandsmerkmale erfüllt (tatbestandslose Tatbestandsmäßigkeit). Denn, wie Gössel richtigerweise ausführt, sind die Beeinträchtigung der sozialen Realität und die der formalen Rechtsstellung des Rechtsgutes Tatbestandselemente ungeschriebener Art234. Ist also der Vorsatz als das „Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsverwirklichung“ zu verstehen235, so ist damit das Wissen und Wollen nicht nur der geschriebenen Tatbestandsmerkmale, sondern auch, wie die bisherige Untersuchung gezeigt hat, des möglicherweise in der strafgesetzlichen Tatbestandsbeschreibung nicht enthaltenen Merkmals der Beeinträchtigung der sozialen Realität und der damit verbundenen formalen Rechtsstellung des jeweiligen Rechtsgutes gemeint. Demnach bezieht sich der Vorsatz auf die tatbestandsmäßige Rechtsgutsbeeinträchtigung 236. Nach der hier entwickelten Konzeption muß derjenige, der einen anderen zu einem Verbrechen bestimmt, stets Rechtsgutsbeeinträchtigungswillen haben. Wenn straft werden (= strafbarkeitseinschränkende Wirkung durch den materiellen Verbrechensbegriff). 234 Gössel, Oehler-FS, S. 104. 235 Siehe o. S. 60. 236 Eine Ausnahme bilden hier die Gefährdungsdelikte: Bei den konkreten Gefährdungsdelikten muß sich der Vorsatz des Täters nur auf die konkrete Gefährdung beziehen und nicht unbedingt auf die Rechtsgutsverletzung. Bei den abstrakten Gefährdungsdelikten muß sich der Tätervorsatz nicht einmal auf die Gefährdung beziehen, sondern bloß auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes. Das ist aber eine Besonderheit dieser Deliktsart. Ausführlich dazu siehe u. S. 103 ff.

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also die Haupttat nur das Versuchsstadium erreicht, muß der Veranlasser dieser Tat die Verletzung des durch die Vorschriften des Besonderen Teils des StGB geschützten Rechtsguts angestrebt haben, um als Anstifter zur versuchten Tat bestraft werden zu können. Es reicht also nicht aus, wenn der Tatveranlasser nur den Versuch der Tat will; sein Vorsatz muß sich auf die Tatvollendung beziehen. Dagegen ist möglicherweise einzuwenden, daß der Versuch auch ein Erfolg im Rechtssinne sei237 oder daß er auch eine Rechtsgutsbeeinträchtigung darstelle; sonst wäre der Versuchstäter nicht strafbar oder eine Teilnahme am Versuch überhaupt nicht möglich. Das ist jedoch nur scheinbar so. Denn der Versuch an sich stellt keine Rechtsgutsverletzung dar. Der Rechtsgutsverletzungswille des Versuchstäters verleiht ihm seine Strafwürdigkeit. Ohne diesen Willen wäre der Versuch bloß ein strafrechtlich irrelevanter Scherz. Der „agent provocateur“, der es nicht zur Vollendung der Tat kommen lassen will, kann nicht als Anstifter zum Versuch betrachtet werden. Denn es fehlt am Grund jeder Strafbarkeit, wie er der Aufgabe des Strafrechts zufolge festgelegt ist, nämlich am Rechtsgutsbeeinträchtigungswillen. Sein Vorsatz unterscheidet sich von dem des „normalen“ Anstifters zum Versuch exakt in dem Punkt, der die Strafbarkeit des Anstifters zum Versuch rechtfertigt, obwohl keine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist, insbesondere in dem Vorliegen des Rechtsgutsverletzungswillens. Der Versuch ist auch ein Erfolg im Rechtssinne, jedoch nur dann, wenn der Täter die Vollendung erstrebt. Das gleiche gilt für den Tatveranlasser. Er ist nur insoweit als Anstifter zum Versuch zu betrachten, als er die tatbestandsmäßige Rechtsgutsverletzung will, nicht jedoch, wenn er bloß den Versuch der Tat wünscht. Es ist also der herrschenden Meinung zuzustimmen, die für die Straflosigkeit des „agent provocateur“ aufgrund fehlenden Vollendungsvorsatzes plädiert. Und das nicht, weil der Vorsatz im Falle einer Anstiftung zum Versuch anders als der allgemeine Vorsatzbegriff zu definieren ist, sondern weil der Vorsatzbegriff stets den Rechtsgutsverletzungswillen fordert. Die Notwendigkeit des Rechtsgutsverletzungswillens für die Begründung des Anstifterunrechts bestreitet Plate238, der im Anschluß an Schmidhäuser239 zwischen „Zielunrecht“ und „Gefährdungsunrecht“ unterscheidet. Nach der Auffassung von Plate verwirklicht Gefährdungsunrecht, „wer mit einem an sich neutralen Willensziel handelt, aber unter Umständen tätig wird, die die Gefahr der Herbeiführung eines solchen Unwertsachverhalts in sich bergen“240. Dem „agent provocateur“ also, der in seinem Verhalten kein Zielunrecht verwirkliche241, bleibe dennoch die Möglichkeit einer rechtswidrigen Rechtsgutsverletzung, nämlich dann, wenn sein Handeln objektiv die Gefahr der Herbeiführung eines dem RechtsSo bereits Roxin, siehe o. S. 62. Plate, ZStW 84 (1972), S. 294 ff. 239 Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 206 f., 533, 555. 240 Plate, ZStW 84 (1972), S. 305 f. 241 Er will ja die Herbeiführung eines dem Rechtsgut widersprechenden Unwertsachverhalts durch den Haupttäter verhindern; vgl. Plate, ZStW 84 (1972), S. 306. 237 238

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gut korrespondierenden Unwertsachverhalts in sich berge und insoweit rechtsgutsverletzend sei. Es sei demzufolge von Fall zu Fall danach zu unterscheiden, ob ein Rechtsgut – unter dem Aspekt der Gefährdung – verletzt werde242. Für die Bejahung der tatbestandsmäßigen Rechtswidrigkeit des Verhaltens des „agent provocateur“ i. S. des § 26 StGB reicht also nach Plate aus, daß der Provokateur die Gefährdung des Rechtsguts verursacht, auch wenn er die Rechtsgutsverletzung nicht beabsichtigt. Im Ergebnis stimmt jedoch Plate der h. M. zu und erklärt auch den „agent provocateur“ für straflos, wenn er nur den Versuch der Haupttat will. Zu diesem Ergebnis gelangt Plate durch die Verlagerung der Vorsatzfrage in den Schuldbereich. Denn er verlangt für die Bejahung der Anstiftungsschuld den Verletzungsvorsatz des Anstifters im Sinne des Bewußtseins der Rechtsgutsverletzungsmöglichkeit seiner Handlung243. Plates Auffassung ist zu Recht auf Kritik gestoßen244. Küper wendet richtigerweise ein, daß selbst derjenige, der die Deliktsvollendung gar nicht will, den Unrechtstatbestand der Anstiftung zur vollendeten Verletzungstat erfüllen könnte, wenn die gewollte Gefährdung des Rechtsgutsobjekts für das tatbestandliche Unrecht der Anstiftung genügen würde245. Als Beispiel sei der Fall genannt, in dem die Tat entgegen der Vorstellung des „agent provocateur“ zur Vollendung kommt. Der Auffassung Plates zufolge ist die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung dieses Provokateurs i. S. des § 26 StGB anzunehmen und der Provokateur als Anstifter zum vollendeten Delikt anzusehen! Denn er hat immerhin die Möglichkeit der Deliktsvollendung durch den Täter geschaffen. Nach Plates Konzeption reicht es für die Ablehnung der Tatbestandsmäßigkeit der Handlung des Provokateurs nicht aus, daß die Vollendung gegen seinen Willen eingetreten ist. Erst auf der Schuldebene wird dieses Ergebnis korrigiert und der „agent provocateur“ aufgrund seiner fehlenden Schuld als straflos angesehen. Doch genau darin erweist sich die Konzeption Plates als inkonsequent. Denn ihr zufolge ist der gefährliche „agent provocateur“ stets strafbar, weil er einen anderen zu einem Verbrechen veranlasse und somit durch seine Handlung stets eine Gefahr für das geschützte Rechtsgut schaffe: die Gefahr, daß die Verletzung durch den Täter eintreten werde. Der Provokateur kennt auch diese Möglichkeit, obwohl er sich nicht mit ihrer Verwirklichung abfindet. Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt, die laut Plate für ein vorsätzlichschuldhaftes Verhalten eines strafbaren Anstifters erforderlich sind, nämlich eine willentliche Handlung, das Setzen einer Gefahr für ein Rechtsgut und die Kenntnis dieser Gefahrschaffung. Eine Unterscheidung zwischen „dolus eventualis“ und „bewußter Fahrlässigkeit“ ist danach nicht möglich, und der „agent provocateur“, Plate, ZStW 84 (1972), S. 306, 308, 312. Der Vorsatz enthält nach Plate, ZStW 84 (1972), S. 313 f., kein voluntatives Moment. Werde der Täter oder Teilnehmer nicht in dem Bewußtsein tätig, das Rechtsgut zu verletzen, treffe ihn nur der leichtere Schuldvorwurf der bewußten Fahrlässigkeit, wenn er zu diesem Bewußtsein auch hätte gelangen können. 244 Siehe Küper, GA 1974, S. 333 ff.; Schwarzburg, Tatprovokation, S. 15 ff. 245 Küper, GA 1974, S. 334. 242 243

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der die Möglichkeit des Erfolgseintritts erkennt, wäre konsequenterweise stets als Anstifter strafbar. Plate versucht diesem Einwand zu entgehen, indem er im Anschluß an Schmidhäuser das Kriterium des Vorliegens oder Fehlens des Unrechtsbewußtseins verlangt246. Wie kann es aber an einem Unrechtsbewußtsein fehlen, wenn der „agent provocateur“ die Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkennt? Nur indem man, wie Schmidhäuser247 und Plate248, das „Sich-Abfinden mit dem Erfolgseintritt“ und das „Vertrauen auf das Ausbleiben des Erfolges“ so versteht, daß im ersten Fall das konkrete Gefahrbewußtsein bejaht, im zweiten dagegen aufgrund einer Verdrängung der Erkenntnis der Gefahr des Erfolgseintritts das Gefahrbewußtsein abgelehnt wird, kann man die oben angeführten Einwände überwinden. Das wäre jedoch mit einer wenig plausiblen und unnötigen Umdeutung der voluntativen Kriterien in intellektuelle gleichzusetzen249. Daraus ergeben sich die Schwäche und Widersprüche dieser Konzeption, die letztendlich – wenn auch indirekt – auf das Vorliegen oder Fehlen eines Rechtsgutsverletzungswillens (zumindest in der Form des „dolus eventualis“) des Veranlassers zurückgreifen muß, um seine Strafbarkeit bzw. seine Straflosigkeit als Anstifter annehmen zu können. Die Gefährdung des vom Täter angegriffenen Schutzobjekts allein reicht also nicht aus, um die Anstifterhaftung desjenigen zu begründen, der nur den Versuch der Haupttat in seinen Vorsatz aufnimmt, selbst wenn er lediglich die Gefährdung, nicht jedoch die Realisierung der Gefahr wollte. Die Untersuchung hat ergeben, daß der Vollendungswille unerläßlich bleibt. Schafft dagegen der „agent provocateur“ die Rechtsgutsverletzungsgefahr und findet er sich mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts ab, ist er als Anstifter zum Versuch zu bestrafen, wenn die Haupttat nur das Versuchsstadium erreicht hat. Dies widerspricht nicht der bereits angeführten Kritik an der Betrachtung der willentlichen Herbeiführung einer Gefahrenlage als hinreichendem Anstiftungsunrecht. Denn in solch einem Fall ist der „agent provocateur“ nicht wegen seines Gefährdungsunrechts zu bestrafen, sondern wegen des Rechtsgutsangriffs, den er vorsätzlich herbeigeführt hat. Findet er sich mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts ab, dann heißt das zugleich, daß er das Risiko der Tatbestandsverwirklichung in Kauf nimmt; damit ist aber bedingter Vollendungsvorsatz gegeben, der, wie allgemein anerkannt250, für den Anstiftervorsatz ausreicht. Die versuchte Haupttat stellt sich dann auch aus der Sicht des Veranlassers als gewollter Rechtsgutsangriff dar. Der Provokateur wird also in diesem Fall wegen seines Vollendungsvorsatzes und nicht wegen seines Gefährdungswillens als Anstifter bestraft251. Plate, ZStW 84 (1972), S. 313 Fußn. 67. JuS 1980, S. 245. 248 ZStW 84 (1972), S. 313 Fußn. 67. 249 Vgl. dazu Schwarzburg, Tatprovokation, S. 17. 250 Vgl. Lackner / Kühl, StGB, § 26 Rn 4; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 16; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 65; BGHSt 2, 279. 251 So auch Küper, GA 1974, S. 333. 246 247

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

Der Erfolg der Haupttat ist auch der Erfolg des Anstifters, der, wie im vorigen Kapitel festgestellt wurde252, deswegen bestraft wird, weil er am Erfolg der Haupttat mitgewirkt hat. Diesen Erfolg muß also der Anstifter in seinen Vorsatz aufnehmen. Das Erfordernis des Erfolgsunrechts ergibt sich aus dem Anspruch des Rechtsgüterschutzes, der die Ausdehnung der Strafbarkeit durch § 26 StGB rechtfertigt. Der „agent provocateur“, der es nur zum Versuch der Haupttat kommen lassen will, erfüllt diese Voraussetzung nicht und ist demzufolge nicht als Anstifter i. S. des § 26 StGB zu behandeln. Diejenigen Auffassungen, die das Handlungsunrecht des „agent provocateur“ für die Anstifterhaftung ausreichen lassen253, gehen fehl, denn sie verkennen das Aufeinanderbezogensein von Handlungs- und Erfolgsunrecht. Das Erfordernis der Erfolgsintention des Veranlassers für die Begründung seines Handlungsunrechts ist notwendige Folge der Aufgabe des Strafrechts, nämlich des Rechtsgüterschutzes. Der „agent provocateur“ also, der die Vollendung der Hauptat nicht will, verwirklicht kein Handlungsunrecht, da er den Erfolg der Tat nicht anstrebt254. Darüber hinaus wurde gezeigt255, daß der Versuch der Tat nur dann als Erfolg im Rechtssinne zu betrachten ist, wenn der Vollendungsvorsatz vorliegt256. Die Aufgabe des Strafrechts und die Schutzfunktion der Teilnahmevorschriften sind es also, die den Vollendungswillen des Anstifters fordern und die es konsequenterweise nicht erlauben, daß das Verhalten des „agent provocateur“ als tatbestandsmäßige Anstiftung zum Versuch qualifiziert wird. Die Störung des Rechtsfriedens, die der Versuch der Haupttat darstellt, ist dogmatisch nicht ausreichend, um die Strafbarkeit des „agent provocateur“ als Anstifter zu diesem Versuch zu rechtfertigen. Denn der „Rechtsfrieden“ an sich ist kein Rechtsgut, dessen Verletzung die Bestrafung des Versuchstäters oder des Anstifters zum Versuch begründet257. a) Ergebnis Demnach erfüllt der klassische „agent provocateur“, der nur den Versuch der Haupttat in seinen Vorsatz aufnimmt, mangels Haupttatvollendungswillens nicht Siehe o. S. 55 ff. So Stratenwerth, MDR 1953, 717 ff. Anders aber in StrR AT I, S. 345: „Dieses Unrecht (scil. des herbeigeführten Versuchs) besteht jedoch allein im Handlungsunwert, so dass, vom Teilnehmer aus gesehen, der (mittelbare) Angriff auf das rechtlich geschützte Interesse entfällt, der auch die Teilnahme charakterisiert“. 254 Ausführlich dazu und gegen die Lehre Stratenwerths siehe o. S. 26 f., 49 f. 255 Siehe o. S. 66 f. 256 Vgl. auch Schwarzburg, Tatprovokation, S. 14: „Die Anstiftung zu einem Deliktsversuch ist daher ebensowenig ,unrecht‘ wie die täterschaftliche Verwirklichung eines Sachverhalts, der als Straftatversuch aufzufassen wäre, wenn der Täter den Verwirklichungswillen hätte“. 257 Ausführlich dazu siehe o. S. 31 ff. und 33 ff. bei der Kritik Ottos und Schumanns. Ein anderes, hier nicht zu erörterndes Thema ist, ob diese Störung für eine Bestrafung des Provocateurs ausreichen sollte, nicht jedoch im Rahmen der Anstifterstrafbarkeit, sondern als delictum sui generis. 252 253

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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den subjektiven Tatbestand der Anstiftung gem. § 26 StGB und ist demzufolge nicht als Anstifter zum Versuch anzusehen. II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen Mit der Beantwortung der Frage der Anstifterstrafbarkeit des klassischen „agent provocateur“ ist jedoch die Problematik unter dem Aspekt der Anstiftung noch nicht als abgeschlossen anzusehen. Denn es tauchen Fälle auf, bei denen der Vorsatz des Veranlassers tatsächlich auf die Vollendung, nicht aber auf die materielle Beendigung der Haupttat gerichtet ist. Fraglich ist, ob dieser Veranlasser auch als strafloser „agent provocateur“ oder als Anstifter zur begangenen Haupttat zu behandeln ist. Da das StGB keine Definition dieser beiden Begriffe (Vollendung / Beendigung) enthält, erscheint es vor der Erörterung der Anstifterstrafbarkeit eines die Vollendung, nicht jedoch die Beendigung der Tat wollenden Veranlassers zweckmäßig, eine Begriffserklärung vorzunehmen. 1. Tatvollendung Eine Tat ist vollendet, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale, wie sie in der entsprechenden Vorschrift des Besonderen Teils des StGB umschrieben sind, erfüllt sind. Das ist allgemein anerkannt258. Es gibt zwar keine gesetzliche Definition für die Vollendung, ihre begriffliche Erklärung ergibt sich aber schon aus § 23 Abs. 2 StGB, der für die Bestimmung der Strafe der versuchten Tat auf die vollendete Tat abstellt, deren Strafrahmen als Basis für die mildere Bestrafung der versuchten Tat dient. Die einzigen Vorschriften jedoch, die feste Strafrahmen anerkennen, sind die des Besonderen Teils, deren Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen, damit der jeweilige Strafrahmen zur Anwendung kommt. Wenn also in § 23 Abs. 2 StGB von „vollendeter Tat“ gesprochen wird, kann nichts anderes gemeint sein als die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Vorschriften des Besonderen Teils259. Der Gesetzgeber legt also den Zeitpunkt der Vollendung formell durch die von ihm in den einzelnen Tatbeständen geforderten Voraussetzungen fest. Folglich ist der Veranlasser, der die Vollendung der Haupttat will, derjenige, der die Verwirklichung der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Tat will, wie sie in der entsprechenden Vorschrift des Besonderen Teils umschrieben sind. 2. Grundsätzliches zur Deliktsbeendigung Das jeweilige Delikt ist also mit der Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale vollendet. Es ist jedoch in der strafrechtlichen Lehre und Rechtsprechung seit lan258 Vgl. z. B. Lackner / Kühl, StGB, vor § 22 Rn 2; Vogler, LK-StGB, vor § 22 Rn 20; Rudolphi, SK-StGB, vor § 22 Rn 6; Kühl, JuS 1982, S. 110; Mitsch, Straflose Provokation, S. 140. 259 So auch Mitsch, Straflose Provokation, S. 139 f.

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gem anerkannt, daß sich das deliktische Geschehen in manchen Fällen mit dem Eintritt der Vollendung nicht als abgeschlossen darstellt260, daß es zwar vollendet, aber nicht auch schon beendet ist261. Die Beendigung der Tat tritt nach noch herrschender Meinung erst dann ein, wenn alle (auch außertatbestandliche) Umstände verwirklicht sind, die das Unrecht der Tat mitprägen262. In bezug auf den Eintritt der Vollendungsstrafe ist die eventuelle Beendigungsphase des deliktischen Geschehens zwar insoweit irrelevant, als den Täter mit der Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale die Vollendungsstrafe trifft, auch wenn das Delikt nicht bereits beendet ist. Bevor die Konsequenzen und die Berechtigung einer rechtlichen Anerkennung dieser deliktischen „Nachzone“ zwischen der Vollendung und der Beendigung der Tat geprüft werden, sollen zuerst die Fälle dargestellt werden, in denen eine derartige „Beendigungsphase“ in Betracht kommt, in denen also die Vollendung der Tat sich von deren Beendigung unterscheidet. Man kann die in Betracht kommenden Fallgruppen in zwei Kategorien einordnen263:

a) Delikte mit iterativer Struktur Zu dieser Gruppe gehören zunächst diejenigen Delikte, die eine iterative Deliktsstruktur aufweisen. Insbesondere sind solche Delikte einschlägig, bei denen der Tatbestand durch kontinuierliche Handlungen bzw. Unterlassungen immer weiter verwirklicht wird. Diese Handlungen bilden eine tatbestandliche Handlungseinheit und werden durch diese rechtliche Konstruktion als eine Handlung betrachtet. Dies ist bei den sogenannten Dauerdelikten der Fall, die dadurch gekennzeichnet sind, daß der Täter einen rechtswidrigen Zustand schafft und aufrechterhält und damit den Tatbestand ununterbrochen weiterverwirklicht. Diese Delikte sind mit 260 Beling, Die Lehre vom Verbrechen, S. 246 f., hat schon von einer „Nachsphäre“ gesprochen, die das Delikt „fortführt“. 261 Siehe z. B. BGHSt 4, 132 f.; 8, 390 f.; 20, 196; Hau, Die Beendigung der Straftat, S. 24 ff. und passim; Stratenwerth, JZ 1961, S. 95; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 590 ff.; Jescheck, Welzel-FS, S. 683 ff.; Sch-Sch-Eser, StGB, vor § 22 Rn 4; Rudolphi, SK-StGB vor § 22 Rn 7, je m. w. N. Zu der Beendigungsproblematik vgl. auch Hruschka, GA 1968, S. 193 ff.; ders., JZ 1969, S. 607; ders., JZ 1983, 216 ff.; Küper, JZ 1981, S. 251 ff.; ders., JuS 1986, S. 868 ff.; Bitzilekis, ZStW 99 (1987), S. 723 ff.; Vogler, LK-StGB, vor § 22 Rn 23 ff.; Lackner / Kühl, StGB, vor § 22 Rn 2; Isenbeck, NJW 1965, S. 2326; Kühl, JuS 1982, S. 113 ff.; ders., StrR AT, S. 493 ff.; ders., Roxin-FS, S. 665 ff. m. w. N. 262 Vgl. die Beschreibung der Beendigungslehre bei Lackner / Kühl, StGB, vor § 22 Rn 2. Die Beendigung, von manchen Autoren auch „materielle Vollendung“ (z. B. Stratenwerth, StrR AT I, S. 337) oder „materielle Beendigung“ (z. B. Rudolphi, SK-StGB, vor § 22 Rn 7) oder „tatsächliche Beendigung“ (z. B. Sch-Sch-Eser, StGB, vor § 22 Rn 4) genannt, wird innerhalb der h. M. unterschiedlich definiert. Vgl. die Definitionsübersicht bei Vogler, LKStGB, vor § 22 Rn 23. 263 Vgl. auch die Einteilung in Fallgruppen bei Jescheck, Welzel-FS, S. 685 ff.; Vogler, LK-StGB, vor § 22 Rn 24 ff.; Bitzilekis, ZStW 99 (1987), S. 725 ff.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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dem Schaffen des rechtswidrigen Zustands vollendet, aber erst mit dessen Aufhebung beendet. So ist z. B. bei der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) die Tat mit der vorsätzlichen Einsperrung des Opfers schon vollendet, das Delikt dauert aber solange an, wie die Freiheitsberaubung des Opfers aufrechterhalten wird und wird erst mit seiner Freilassung beendet264.

Eine tatbestandliche Handlungseinheit weisen auch diejenigen Delikte auf, bei denen die Handlungsbeschreibung ausdrücklich eine Vielzahl von Einzelakten umschließt265. Der Zeitpunkt der Vollendung des Delikts ist mit der Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale gegeben, die Beendigung des Delikts tritt dagegen erst dann ein, wenn der Täter die letzte tatbestandsmäßige Handlung vornimmt. Denn alle diese natürlichen Handlungen des Täters bilden durch ihre Verknüpfung zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit „eine rechtliche Bewertungseinheit“266. So ist z. B. das Delikt des § 98 StGB mit der ersten nachrichtendienstlichen Tätigkeit vollendet, beendet aber erst dann, wenn der Täter seine Agententätigkeit aufgibt.

Von den Delikten mit iterativer Deliktsstruktur sind die Delikte mit iterativer Handlungsstruktur zu unterscheiden. Letztere sind dadurch gekennzeichnet, daß mehrere gleichartige Handlungen, die wegen ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs eine „natürliche Handlungseinheit“ bilden und daher als eine Handlung zu betrachten sind267, den Tatbestand kontinuierlich verwirklichen268. So wird z. B. die Tat im Fall der Körperverletzung (§ 223 StGB) durch mehrere Schläge sogleich mit der ersten Integritätsbeeinträchtigung vollendet, aber erst mit dem letzten Schlag beendet.

In diesen Fällen ist trotz der mehreren natürlichen Handlungen, die den Tatbestand wiederholt verwirklichen, nur eine Tat, also im obigen Beispiel eine Körperverletzung, anzunehmen269.

264 Weitere Dauerdelikte sind z. B. § 123 StGB (Hausfriedensbruch), § 316 StGB (Fahren in untüchtigem Zustand). Letzteres ist zugleich ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Zu den Dauerdelikten vgl. statt vieler Sch-Sch-Stree, StGB, vor § 52 Rn 81 m. w. N. 265 So z. B. die Ausübung einer Agententätigkeit (§§ 98, 99 StGB), die Vornahme unzüchtiger Handlungen (§§ 174 ff. StGB), die Schlägerei (§ 231 StGB). 266 So Bitzilekis, ZStW 99 (1987), S. 725 f. 267 Näher zu dem Begriff der „natürlichen Handlungseinheit“ Maiwald, Handlungseinheit, S. 76 f., 85 ff., 90 ff. und passim; Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 724 f.; Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 712 ff.; Lackner / Kühl, StGB, vor § 52 Rn 4; Lackner / Kühl, § 24 Rn 6, Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 764 ff., jeweils m. w. N. 268 Zur Unterscheidung zwischen „Delikts-“ und „Handlungsstruktur“ vgl. Hau, Die Beendigung der Straftat, S. 35 ff.; Hruschka, GA 1968, S. 195 f. 269 Weitere Beispiele: Beleidigung durch mehrere Schimpfwörter (§ 185 StGB), Wegnahme in mehreren Einzelakten (§ 242 StGB). In beiden Fällen ist eine Tat anzunehmen, also eine Beleidigung und ein Diebstahl.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

b) Delikte mit vorverlegtem Vollendungszeitpunkt Zu dieser Gruppe gehören diejenige Delikte, bei denen der Gesetzgeber den Eintritt der Vollendung und somit die Strafbarkeit aus kriminalpolitischen Gründen in dem Sinne vorverlegt hat, daß das Delikt vor dem Zeitpunkt der Verletzung eines Rechtsguts oder vor der Verwirklichung etwaiger Täterabsichten vollendet wird. In Betracht kommen zuerst die Absichtsdelikte mit überschießender Innentendenz, bei denen also der Täter mit einer Absicht handelt, die über den objektiven Tatbestand hinausgreift270. Das Delikt ist dann vollendet, wenn der Täter die im Tatbestand umschriebene Handlung vorgenommen hat, beendet aber ist es erst dann, wenn die im subjektiven Tatbestand festgelegte Absicht auch verwirklicht wird. So ist z. B. das Delikt der Geldfälschung (§ 146 StGB) schon mit dem Nachmachen oder Verfälschen des Geldes in Gebrauchsabsicht vollendet, beendet aber erst, wenn das Falschgeld als echt in Verkehr gebracht wird271.

Vorverlegt wird die Strafbarkeit auch bei den Gefährdungsdelikten, bei denen bereits die Herbeiführung einer Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt (konkrete Gefährdungsdelikte) oder die Vornahme einer objektiv gefährlichen Handlung (abstrakte Gefährdungsdelikte) zum Delikt erhoben wird. Diese Delikte werden mit der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale vollendet. Ihre Beendigung tritt aber mit dem Eintritt der Verletzung des geschützten Rechtsgutsobjekts bzw. mit dem Wegfall der Gefährdung ein. So ist z. B. das Delikt des § 308 StGB (Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion), das mit der Gefährdung eines anderen Menschen oder fremden Sachen vollendet ist, erst beendet, wenn die Gefahr sich verwirklicht hat oder endgültig nicht verwirklicht werden kann.

Zu dieser Gruppe der Delikte mit vorverlegtem Vollendungszeitpunkt, bei denen die Vollendung sich von der Beendigung der Tat unterscheiden läßt, gehören schließlich die Unternehmensdelikte, bei denen Versuch und Vollendung gleichgestellt sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB). So ist z. B. das Delikt des Hochverrats (§ 81 StGB) schon mit der ersten Gewaltanwendung vollendet, die Beendigung der Tat tritt dagegen erst mit dem Gelingen des Umsturzes oder mit der Aufgabe des Tatentschlusses durch den Täter ein.

270 Es gibt auch Absichtsdelikte mit kongruenter Tatbestandsstruktur, bei denen das Absichtsmerkmal nur eine qualifizierte Form des Tatvorsatzes im Sinne eines zielgerichteten Erfolgswillens darstellt. So z. B. bei §§ 226 Abs. 2, 258 StGB. Vgl. dazu Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 211 f. 271 Weitere Beispiele: Betrug (§ 263 StGB), räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB).

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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c) Konsequenzen der Unterscheidung von Vollendung und Beendigung der Tat Die gerade dargestellten Fallgruppen zeigen, daß es tatsächlich Delikte gibt, bei denen ihre Vollendung sich von der Beendigung der Tat unterscheidet. In diesen Fällen ist nämlich das deliktische Geschehen nicht bereits mit der Erfüllung der tatbestandlichen Merkmale abgeschlossen. Es wurde jedoch zu Recht betont, daß mit der Anerkennung einer der Vollendung zeitlich nachfolgenden Beendigungsphase noch nichts über die rechtlichen Konsequenzen dieser Phase gesagt ist272. Nach der Rechtsprechung und dem ihr folgenden überwiegenden Teil des Schrifttums besteht jedoch die Straftat auch noch nach ihrer Vollendung fort, und zwar nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich. Handlungen nach Vollendung können dieser Ansicht zufolge zur Begehung der Tat gehören, auch wenn sie kein Tatbestandsmerkmal mehr erfüllen273. Der Gesetzgeber wolle nämlich immer „das deliktische Gesamtgeschehen unter Strafdrohung verbieten“274. Diese rechtliche Anerkennung der Beendigungsphase hat sowohl strafschärfende als auch strafbegründende, aber auch strafmildernde Folgen275: Die wegen ihrer strafbarkeitsbegründenden Funktion schwerwiegendste Folge der Beendigungsphase ist die Möglichkeit einer sukzessiven Beteiligung im weiteren Sinne (also Mittäterschaft und Beihilfe) an der Straftat. Besteht nämlich die Straftat, wie die h. M. und die Rechtsprechung annimmt, auch nach ihrer Vollendung und bis zu ihrer Beendigung fort, dann soll es für jemanden bis zur Beendigung möglich sein, an der Straftat sowohl als sukzessiver Mittäter als auch als sukzessiver Gehilfe teilzunehmen276. Hat z. B. der Betrüger, der das Vermögen eines anderen durch Täuschung schon geschädigt hat (also das Delikt des § 263 StGB schon vollendet hat), den beabsichtigten Vermögensvorteil noch nicht erlangt, so ist derjenige, der ihm nur dabei hilft, indem er etwa das Geld abholt, das der Betrogene bereits an einem vereinbarten Ort gelassen hat, als Gehilfe zu bestrafen, obwohl er seinen Beitrag nach der Tatvollendung geleistet hat.

Für den Alleintäter hat zwar die Beendigungsphase keine strafbegründende Bedeutung, sie kann aber eine strafschärfende Funktion haben, nämlich wenn der

Kühl, JuS 1982, S. 113. Siehe z. B. BGHSt 4, 132; 8, 390; 20, 194; 28, 229; 38, 295; BGH NStZ 1998, S. 354; BGH NStZ 1999, S. 510; BGH NStZ 2000, S. 31; Stratenwerth, JZ 1961, S. 95 ff.; Furtner, JR 1966, S. 169; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 591 ff.; Schroeder, JZ 1993, S. 52; Sch-SchEser, StGB, vor § 22 Rn 8; Jescheck, Welzel-FS, S. 683 ff.; eingehend Hau, Die Beendigung der Straftat. 274 Jescheck, Welzel-FS, S. 689 f. Hervorhebung übernommen. 275 Vgl. den Überblick bei Kühl, StrR AT, S. 497 f., 503. 276 Vgl. z. B. Hau, Die Beendigung der Straftat, S. 114 ff.; BGHSt 2, 346; 14, 280; 19, 225; Jescheck, Welzel-FS, S. 696 f. m. w. N. 272 273

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

Täter Merkmale nach der Tatvollendung verwirklicht, welche die Tat zu einer qualifizierten Tat machen277. So ist z. B. der Räuber, der erst bei der Flucht (also nach der Vollendung des Raubes gem. 249 StGB) eine Waffe bei sich führt, gem. § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB statt nur gem. § 249 StGB zu bestrafen.

Auch für den Verjährungsbeginn spielt die Unterscheidung zwischen Vollendung und Beendigung eine den Tatbeteiligten benachteiligende Rolle. Denn erst wenn das jeweilige Delikt beendet ist, kann die Verfolgungsverjährung zu laufen beginnen. Die Beendigungsphase wirkt also hier verfolgungsverlängernd278. In bonam partem wirkt dagegen die Beendigungsdoktrin in der Konkurrenzlehre. Eine Tateinheit gem. § 52 StGB und nicht Tatmehrheit gem. § 53 StGB ist nämlich auch dann anzunehmen, wenn die Überschneidung eines Delikts, bei dem Vollendung und Beendigung auseinanderfallen, mit der Tatbestandsausführungshandlung eines anderen Delikts erst im Abwicklungsstadium stattfindet279. Bringt z. B. der seine Beute transportierende Dieb durch rücksichtslose Fahrweise einen anderen Menschen auf einem Fußgängerüberweg fahrlässig in Lebensgefahr, dann ist er, der Beendigungslehre zufolge, gem. §§ 242, 315c Abs. 1 Nr. 2c, Abs. 3 Nr. 1, 52 StGB zu bestrafen280.

d) Tatbestandsbezogene Beendigung Hinsichtlich dieser Konsequenzen, die sich aus der rechtlichen Anerkennung einer Beendigungsphase bei den einschlägigen Delikten ergeben, stellt sich die Frage, ob eine solche Erweiterung des Deliktsbereichs über die Vollendung hinaus berechtigt ist. Bedenken erheben sich angesichts des Verfassungsgebotes „nullum crimen sine lege“ (Art. 103 Abs. 2 GG) insbesondere bezüglich der strafbegründenden und strafschärfenden Rechtswirkungen der Beendigungsdoktrin. Deswegen ist es notwendig, wie Küper zu Recht betont, „das Beendigungsstadium in rechtsstaatlich vertretbarer Weise normativ – und nicht nur über den faktischen Annex eines „tatsächlichen Abschlusses“ – mit dem Tatbestand des jeweiligen Delikts zu verbinden281. Die nach Küper für die Anerkennung einer deliktischen Nachzone zentrale Frage, nämlich ob der Tatbestand auch ein der Vollendung nachfolgendes Geschehen 277 Vgl. z. B. BGHSt 20, 194; 22, 227 mit Anm. Hruschka, JZ 1969, S. 606 (607) ff.; BGH NJW 1985, S. 814; BGHSt 38, 295; BGH NStZ 1998, S. 354. 278 Vgl. z. B. BGHSt 11, 347; 16, 209; 38, 165; BGH NJW 1991, S. 1315; vgl. dagegen Kühl, JZ 1978, S. 549 ff. m. w. N. 279 Vgl. z. B. BGHSt 26, 28; BGH NJW 1992, S. 2103 f.; BGH NStZ 1995, S. 588; SchSch-Stree, StGB, § 52 Rn 11; vgl. dagegen Warda, JuS 1964, S. 87; Mitsch, JuS 1993, S. 385 f. 280 Beispiel von Mitsch, JuS 1993, S. 386. 281 Küper, JZ 1981, S. 251 f.; ders., JuS 1986, S. 869. Hervorhebung übernommen.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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oder Verhalten noch miterfasse282, kann bezüglich der Delikte mit iterativer Delikts- und Handlungsstruktur283 ohne Bedenken bejaht werden. Es gehört nämlich zum Wesen dieser Delikte, daß der Tatbestand ununterbrochen284 bzw. wiederholt285 verwirklicht wird. Bei diesen Delikten liegt also bis zu deren Beendigung innertatbestandliches Verhalten vor, so daß die rechtliche Anerkennung einer Beendigungsphase bei diesen Fallgruppen keine verfassungsmäßigen Probleme bereitet286. Genau wegen der dauernden bzw. sich wiederholenden Tatbestandserfüllung erweist sich aber die Beendigungsdoktrin bei diesen Fällen als unerheblich, zumindest was ihre rechtliche Konsequenzen anbelangt. Denn die Rechtswirkungen, die mit der rechtlichen Anerkennung der Beendigungsphase verbunden sind, ergeben sich, wie es richtig von Hruschka287 und Bitzilekis288 erkannt wurde, aus der Struktur dieser Delikte. Es handelt sich hier vielmehr um eine Fortführung des Delikts in der Vollendung und nicht um eine klare Ausdehnung des Deliktsbereichs über die Vollendung hinaus289. Der Deliktstatbestand wird nach der ersten Vollendung immer weiter verwirklicht, so daß z. B. eine Teilnahme an der Tat ohne weiteres möglich ist, ohne daß dazu der Beendigungsbegriff herangezogen werden muß. Denn bis zum letzten Moment ist das Täterverhalten innertatbestandlich. Trotz dieser Erkenntnisse braucht man nicht auf den Gebrauch des Beendigungsbegriffs in diesen Fällen zu verzichten. Es ist eher eine terminologische Angelegenheit, ob man nun die letzte tatbestandliche Vollendungshandlung als Beendigung bezeichnet290. Problematisch wird dagegen die rechtliche Anerkennung der Beendigungsphase bei denjenigen Straftaten, bei denen der Tatbestand, im Gegensatz zu den Delikten ders., JZ 1981, S. 252 und JuS 1986, S. 869. Dazu siehe o. S. 72 ff. 284 Bei den Straftaten mit iterativer Deliktsstruktur z. B. bei der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB). 285 Bei den Straftaten mit iterativer Handlungsstruktur z. B. bei der Körperverletzung durch mehrere Schläge (§ 223). 286 So auch Küper, JZ 1981, S. 252; ders. JuS 1986, S. 868; Vogler, LK-StGB, vor § 22 Rn 35; Jescheck, Welzel-FS, S. 695 f.; Kühl, StrR AT, S. 500; ders., Roxin-FS, S. 676 ff.; ders., JuS 1982, S. 113. 287 GA 1968, S. 204 f., für die Verzichtbarkeit des Beendigungsbegriffs bei Dauerdelikten. 288 ZStW 99 (1987), S. 727, für die Verzichtbarkeit des Beendigungsbegriffs auch bei Delikten mit iterativer Delikts- und Handlungsstruktur. Bitzilekis lehnt die Rechtsfigur der „Beendigung der Straftat“ überhaupt ab. 289 Vgl. Hruschka, JZ 1969, S. 607. 290 Obwohl also der Beendigungsbegriff bei diesen Fällen nichts Entscheidendes zur Folge hat, kann man ihn ohne Probleme gebrauchen, um auf diese Weise die Beseitigung des Dauerzustandes bzw. den Zeitpunkt der letzten tatbestandsmäßigen Handlung klarer zu kennzeichnen. Denn es wurde gezeigt, daß bei den Straftaten mit iterativer Delikts – und Handlungsstruktur die Anerkennung einer Beendigungsphase keine Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlichen Konformität bereitet. 282 283

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

mit iterativer Delikts- und Handlungstruktur, nicht ausdrücklich ein der Vollendung nachfolgendes Geschehen erfaßt291. Der tatsächliche Abschluß des Tatgeschehens hat als solcher keine rechtliche Bedeutung. Die von Küper292 geforderte normative Verbindung des Beendigungsstadiums mit dem Tatbestand des jeweiligen Delikts ist unentbehrlich, will man eine verfassungskonforme Beendigungsdoktrin anerkennen, die nicht gegen die strafbegründende und strafbegrenzende Funktion des Tatbestandes verstößt. Denn ohne diese Bindung an den Tatbestand wird die Anerkennung einer Beendigungsphase keine Anhaltspunkte im Gesetz haben und demzufolge keine legitimierende Basis. Diese normative Bindung an den Tatbestand ist durch die Auslegung der Tatbestandsmerkmale zu erzielen, die das aus Art. 103 Abs. 2 GG folgende Analogieverbot und das Verbot strafbegründenden Gewohnheitsrechts respektieren muß293. Andernfalls würden die Grenzen der Strafbarkeit ohne gesetzliche Grundlage ausgedehnt. Dem Einwand der h. M., die der Vollendung unmittelbar nachfolgende Abschlußphase solle bloß wegen der Vorverlegung der Strafbarkeit nicht straflos bleiben, da sie noch zur Unrechtsverwirklichung gehöre294, ist folgendes entgegenzuhalten: Gewiß sind die Merkmale des jeweiligen Tatbestandes im Hinblick auf dessen Schutzzweck zu interpretieren. Aber auch wenn der Beendigungsbegriff der h. L. an den materiellen Unrechtsgehalt des betreffenden Tatbestandes insoweit angeknüpft wird, als eine weitere Beeinträchtigung des von diesem Tatbestand geschützten Rechtsguts in der Phase nach der Tatvollendung stattfindet, reicht diese Tatsache entgegen der Auffassung der h. L.295 nicht aus, um den Beendigungsbegriff mit all seinen Konsequenzen zu legitimieren. Eine teleologische Auslegung der Tatbestandsmerkmale muß sich, soll sie den rechtsstaatlichen Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG genügen, im Rahmen des (möglichen) Wortsinns des jeweiligen Tatbestandes halten. Sonst geht nicht nur die Rechtssicherheit wegen der Unbestimmtheit des Beendigungsbegriffs, sondern auch die Garantiefunktion der gesetzlichen Unrechtstypisierung verloren. Letztere besteht darin, daß nur das im Tatbestand beschriebene Verhalten oder Geschehen unter Strafe gestellt werden kann. Denn andernfalls interpretiert man, wie Bitzilekis zu Recht betont, „nicht die Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes, sondern ersetzt sie durch andere“296. Siehe o. S. 74 ff. Siehe o. S. 76. 293 Genau gegen dieses Verbot verstößt der Versuch, die Beendigung als Institut des Allgemeinen Teils gewohnheitsrechtlich zu legitimieren, wie Jescheck, Welzel-FS, S. 684 u. 691 zutreffend gegen Hau, Die Beendigung der Straftat, S. 26 f., 49 ff. eingewandt hat. 294 So Jescheck, Welzel-FS, S. 690; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 592. 295 Vgl. Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 592. 296 Bitzilekis, ZStW 99 (1987), S. 733; so auch Kühl, JuS 1982, S. 114. Zu Recht wendet Kühl, Roxin-FS, S. 675, gegen eine extensive, den Wortsinn nicht beachtende, teleologische Auslegung ein, daß man mit dem Verzicht auf die besonderen Handlungsmodalitäten der einzelnen Delikte aus verhaltensgebundenen Delikten in der Beendigungsphase reine Erfolgsdelikte mache. Das ist jedoch hinsichtlich der rechtsstaatlich begrenzenden Funktion des Handlungsunwertes nicht erlaubt. Dies sieht Jescheck, Welzel-FS, S. 691, anders und fordert 291 292

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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Nur eine tatbestandsbezogene Beendigung wird also dem Anspruch der Tatbestimmtheit gerecht. Ein Täterverhalten, das nach der Vollendung der Tat stattfindet, muß folglich dieselben Voraussetzungen wie jedes Täterverhalten erfüllen, damit ihm strafbegründende und strafschärfende Konsequenzen zugesprochen werden können: es muß sich durch zulässige Auslegung sowohl sprachlich als auch sachlich in den jeweiligen Tatbestand einbeziehen, es muß also vom Wortsinn des Tatbestandes gedeckt sein und zugleich sich als Bestandteil des Unrechts der Tat darstellen297. Ob eine Beendigungsphase rechtlich anerkannt werden kann, kann somit nicht generell beantwortet werden. Man muß bei den einzelnen Delikten ansetzen und prüfen, ob das jeweilige Täterverhalten den bereits dargestellten, vom Grundgesetz diktierten Anforderungen genügt.

e) Der Beendigungsbegriff und der „agent provocateur“ Diese Erkenntnisse müssen andererseits nicht dazu führen, der außertatbestandlichen Beendigung jegliche strafrechtliche Relevanz abzusprechen. Die auch nur tatsächliche Beendigung der Tat, i. S. des Eintritts der Rechtsgutsverletzung oder der Verwirklichung etwaiger im subjektiven Tatbestand beschriebener Absichten, ist stets strafrechtlich relevant, und zwar insoweit, als der Täter sie erstreben muß, damit er als strafwürdig erscheint298. Als strafrechtlich relevante Phase, während der die Straftat mit den damit notwendig verbundenen rechtlichen Konsequenzen weiterhin existiert, kann sie jedoch nur dann anerkannt werden, wenn die obigen verfassungsmäßigen Voraussetzungen vorliegen. Für den „agent provocateur“ ist folglich die Beendigungsproblematik, wie sie bereits dargestellt wurde, nicht von großer Bedeutung. Denn bei der „agent provocateur“-Frage geht es nicht darum, ob der Provokateur an der Straftat nach deren Vollendung teilnimmt, sondern nur darum, ob der Provokateur, der die Vollendung der Tat will, straflos bleiben soll, wenn er den Eintritt der Beendigung nicht in seinen Vorsatz einbezogen hat. Ob nun der Beendigungsphase rechtliche Konsequenzen zugesprochen werden oder nicht, ist für die Strafbarkeit des Provokateurs unerheblich. Denn auch in den Fällen, in denen sich ein der Vollendung nachfolgendes Geschehen nicht in den Deliktstatbestand durch zulässige Auslegung integrieren läßt, bleibt die Frage offen, ob der tatsächliche Abschluß des Gescheeine Lockerung der Bindung der Auslegung an dem möglichen Wortsinn. Dadurch würde aber, wie Küper, JZ 1981, S. 252 Fußn. 79, richtig einwendet, der Ausgangspunkt aufgegeben, daß die Beendigungsfrage ein Problem der Tatbestandsinterpretation ist; eine These, von der auch Jescheck, Welzel-FS, ausgeht. 297 Vgl. Küper, JZ 1981, S. 252 f., ders., JuS 1986, S. 869; Stratenwerth, JZ 1961, S. 95; Kühl, Roxin-FS, S. 675; ders., JuS 1982, S. 113 f. 298 Eine Ausnahme bilden die Gefährdungsdelikte, bei denen der Täter nicht die Verletzung des geschützten Rechtsguts erstreben muß, um strafbar zu sein. Ausführlich dazu siehe u. S. 103 ff.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

hens, den der Täter bezweckt haben muß, damit er sich als strafwürdig erweist, auch vom Vorsatz des Provokateurs erfaßt sein muß. Auch wenn z. B. das Stadium zwischen dem Vermögensschaden des Getäuschten im Falle des § 263 StGB und der Erlangung des Vermögensvorteils seitens des Täters nicht als rechtlich anerkannte Beendigungsphase betrachtet werden kann, mit der Folge, daß während dieser Phase keine Teilnahme am Delikt mehr möglich ist, ist damit für die Strafbarkeit des „agent provocateur“, der die Vollendung der Haupttat will, nicht jedoch die Bereicherung des Täters, noch nichts gesagt. Der Provokateur handelt nicht nach der Vollendung der Tat, so daß die Beendigungsproblematik nicht über seine Strafbarkeit entscheidet. Somit ist in den Fällen, in denen die Beendigung nichts anderes als ein „faktisch-tatbestandsneutrales Anschlußstück des Delikts“299 darstellt, die Bewertung der Strafbarkeit des Provokateurs, der den Eintritt dieses „Anschlußstückes“ nicht wünscht, zweifelhaft. Im folgenden soll also erörtert werden, ob für die Qualifizierung des Veranlassers des Haupttäters als Anstifter die Tatsache genügt, daß er in Fällen fehlender Deckungsgleichheit zwischen subjektivem und objektivem Tatbestand nur die formelle Vollendung der Haupttat will, oder ob der Tatveranlasser in solchen Fällen auch die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der Haupttat, der über den objektiven Tatbestand hinaus geht, erstreben muß. Mit anderen Worten: ist das Verhalten eines Provokateurs, der die formelle Vollendung der Haupttat will, objektiv und subjektiv tatbestandsmäßig i. S. des § 26 StGB, obwohl er die Verletzung des zu schützenden Rechtsgutes oder die Verwirklichung der etwaigen Absichten nicht wünscht oder sogar verhindern will?

3. Objektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB Die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Anstiftung seitens des Provokateurs, der die Vollendung der Haupttat will, bereitet keine großen Probleme. Denn die beiden objektiven Tatbestandsmerkmale, die für die Bejahung der Anstifterstrafbarkeit gem. § 26 StGB vorliegen müssen, sind im Falle der Provokation einer Deliktsvollendung erfüllt. § 26 StGB setzt nämlich eine „rechtswidrige Tat“ und eine „Bestimmung“ zu dieser Tat voraus. Es wurde schon erwähnt, daß das Tatbestandsmerkmal „Bestimmen“ keine provokationsspezifischen Schwierigkeiten bereitet300. Unproblematisch ist aber in dem Fall der Provokation einer Deliktsvollendung auch die Erfüllung des objektiven Tatbestandsmerkmales „rechtswidrige Tat“. Denn die vollendete Tat läßt sich problemlos unter den Begriff „rechtswidrige Tat“ subsumieren. Vollendet ist eine Tat nämlich dann, wenn alle Tatbestandsmerkmale der entsprechenden Vorschrift des Besonderen Teils erfüllt 299 300

So Küper, JuS 1986, S. 869. Siehe o. S. 58.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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sind301. Damit ist aber zugleich die Voraussetzung, die § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB für die Qualifizierung einer Tat als „rechtswidrige“ normiert, erfüllt. a) Zwischenergebnis Der „agent provocateur“, der die Vollendung der Haupttat will, handelt objektiv tatbestandsmäßig gem. § 26 StGB. Folgerungen zu seiner Strafbarkeit als Anstifter sind demzufolge nur nach der Erörterung der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens gem. § 26 StGB möglich. 4. Subjektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB Bestimmt der Provokateur den Täter zur Begehung einer Tat und will er, daß die Tat zur Vollendung kommt, so scheinen alle Voraussetzungen der Anstifterstrafbarkeit, wie sie in § 26 StGB festgelegt sind, erfüllt zu sein. Der Vollendungswille, dessen Fehlen der Grund für die Straflosigkeit des klassischen „agent provocateur“ ist, liegt hier vor. Die vom Täter begangene vorsätzliche rechtswidrige Tat ist vorsätzlich vom Provokateur veranlaßt worden. Letzterer will nämlich den Tatentschluß beim Täter hervorrufen und will auch, daß der Täter die Tat vollendet. Er scheint also den gem. § 26 StGB erforderlichen doppelten Anstiftervorsatz zu haben. Damit wäre aber die subjektive Tatbestandsmäßigkeit seines Handelns bereits gegeben und die Frage seiner Anstifterstrafbarkeit bejaht. In den Fällen, in denen die Vollendung der Haupttat mit der Verletzung des zu schützenden Rechtsgutes oder der Verwirklichung der im subjektiven Tatbestand festgelegten Absichten zusammenfällt [das ist der Fall bei den Verletzungsdelikten wie z. B. § 303 StGB (Sachbeschädigung)]302, ist die Qualifizierung des Provokateurs mit Vollendungswillen als Anstifter i. S. des § 26 StGB unproblematisch. Sein Überführungszweck kann ihn nicht entlasten, denn sein Vorsatz bezüglich der Verwirklichung des vollen Unrechts der Haupttat (Vollendung und zugleich Siehe o. S. 71. Vgl. die Definition bei Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 24: „Verletzungs(erfolgs)delikte sind solche Erfolgsdelikte, bei denen jenes von der Handlung abstrahierbare Ereignis, der Erfolg, in der Verletzung, d. h. Schädigung = negativen Veränderung / Beeinflussung eines Handlungsobjekts besteht“. Es sollte hier allerdings betont werden, daß mit der „Verletzung eines Handlungsobjekts“ die Verletzung des Rechtsgutsobjekts gemeint ist. Deswegen ist § 306a Abs. 1 StGB (schwere Brandstiftung) nicht zu den Verletzungs(erfolgs)delikten zu zählen. Denn hier wird zwar ein Erfolg („In-Brand-Setzen eines Wohngebäudes“) herbeigeführt, die Tat wird aber nicht deswegen bestraft (geschütztes Rechtsgut ist nicht das Eigentum), sondern wegen ihrer generellen Gefährlichkeit für das geschützte Rechtsgutsobjekt, nämlich das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheit. Die Verletzung des Tatobjekts ist also nicht mit der Verletzung des geschützten Rechtsgutsobjekts zu verwechseln. 301 302

6 Nikolidakis

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

Rechtsgutsbeeinträchtigung) bleibt davon unberührt. Kongruiert jedoch die formelle Vollendung nicht mit der Rechtsgutsverletzung oder mit der Absichtsverwirklichung, weist also das Delikt eine überschießende Innentendenz auf, ist die Sache komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. a) Die Provokationsproblematik beim Diebstahl Die Problematik wird am häufigsten durch das Diebstahlsbeispiel illustriert: A will den B überführen. Er veranlaßt ihn, in das Haus des C einzubrechen und von dort ein Gemälde zu stehlen. Zuvor hat A die Polizei verständigt, die vor dem Haus wartet, und sobald B mit dem Gemälde herauskommt, verhaftet sie ihn.

B hat hier einen vollendeten Einbruchsdiebstahl (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB) begangen. Die Beendigung der Tat, nämlich die Zueignung der Sache, ist jedoch nach der h. M. ausgeblieben303. Nach der h. M. hat also A den Täter B zu seiner vollendeten Tat veranlaßt, die Beendigung des Delikts bzw. die Zueignung der Sache und damit die Verletzung des Rechtsguts „Eigentum“, die nach h. M. der Wegnahme der Sache nachfolgt, war jedoch nicht von seinem Vorsatz umfaßt. Es ist also fraglich, ob der Vollendungsvorsatz des Veranlassers für seine Anstifterstrafbarkeit ausreicht. Wenn nämlich ein Rechtsgutsverletzungswille hinzukommen müßte, dann wäre der Veranlasser eines Diebstahls, der die Wegnahme der Sache seitens des Täters und damit die Vollendung des Diebstahls, nicht jedoch die Zueignung der weggenommenen Sache und damit die Beendigung der Tat wollte, strafloser „agent provocateur“. Es ist allerdings zweifelhaft, ob das Diebstahlsbeispiel zu der von der h. M. erstrebten Beendigungslösung führen kann, und ob es überhaupt zur Erörterung der Beendigungsfrage geeignet ist. Es ist nämlich fraglich, ob der Diebstahl als ein kupiertes Erfolgsdelikt bzw. ein Delikt mit überschießender Innentendenz einzuordnen ist, so daß man überhaupt unterscheiden kann zwischen einem Veranlasser, der nur die Vollendung, nicht aber die Beendigung der Tat bzw. die Verletzung des Rechtsguts „Eigentum“ will, und einem Veranlasser, der sowohl die Tatvollendung als auch die Rechtsgutsverletzung erstrebt. Dies wird nach verbreiteter Auffassung bejaht304. Diese Auffassung, die auch vom Wortlaut des § 242 StGB unterstützt wird, sieht in der Wegnahme der Sache eine Vorverletzungshandlung gegen das Rechtsgut „Eigentum“, dessen eigentliche Verletzung die im Zeitpunkt der Wegnahme erst beabsichtigte Zueignung der weggenommenen Sache sei, die nach dieser Meinung der Wegnahmehandlung nachfolgt305. Der Wortlaut des § 242 StGB scheint diese Auffassung zu 303 So z. B. Ruß, LK-StGB, § 242 Rn 32; Hoyer, SK-StGB, vor § 242 Rn 10; Sch-Sch-Eser, StGB, § 242 Rn 46. 304 Siehe die Nachweise in Fußn. 303. 305 So z. B. Maaß, Jura 1981, S. 518; Mohrbotter, NJW 1970, S. 1858; Tenckhoff, JuS 1980, S. 726; Esser, GA 1958, S. 331.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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stützen, indem die Zueignung, auf die sich die Täterabsicht beziehen muß, im objektiven Tatbestand des Diebstahls nicht beschrieben wird. Die Frage nach der Strafbarkeit des Provokateurs, der einen anderen zur Begehung eines Diebstahls mit dem Willen veranlaßt, ihn nach der Vollendung der Wegnahme und somit des Diebstahls aber vor der Zueignung der weggenommenen Sache zu fassen, setzt jedoch voraus, daß eine solche Konstellation möglich ist. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, muß zuerst Klarheit über den Zueignungsbegriff herrschen. Würde nämlich die Zueignung entgegen der Ansicht der h. L. in der Wegnahme, also im Bruch fremden und in der Begründung neuen Gewahrsams, erblickt, dann wären Zueignungs- und Wegnahmehandlung beim Diebstahl identisch, auch wenn die bloße Wegnahme lediglich gegen den Gewahrsam, die Zueignung jedoch gegen das Eigentum gerichtet ist306. Nach allgemeiner Auffassung ist die Zueignung als Anmaßung einer eigentümerähnlichen Stellung („se ut dominum gerere“) unter dauerndem Ausschluß des Berechtigten zu verstehen307. Die Einführung der Drittzueignungsabsicht durch das 6. StrRG berührt den Zueignungsbegriff nicht308. Dadurch wollte der Gesetzgeber nämlich nur sicherstellen, daß auch diejenigen Fälle unter Strafe gestellt werden, bei denen der Täter in der Absicht handelt, die von ihm weggenommene Sache an einen Dritten weiterzugeben309. Die Erfordernisse, die an den Zueig306 Da der Dieb an der von ihm weggenommenen Sache grundsätzlich kein Eigentum erwerben kann (§ 935 Abs. 1 BGB), bedeutet Zueignung nicht Eigentumserwerb, sondern die Erlangung eines Quasi-Eigentums, d. h. einer tatsächlichen (und nicht rechtlichen) Machtstellung, einer faktischen Möglichkeit also, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen. Vgl. dazu Tenckoff, JuS 1980, S. 723; Rudolphi, GA 1965, S. 38; Mitsch, StrR BT / 2 Tb 1, § 1 Rn 102 ff.; Kindhäuser, Geerds-FS, S. 655. 307 Vgl. z. B. Welzel, Strafrecht, S. 341; Lackner / Kühl, StGB, § 242 Rn 21; Arzt / Weber, StrR BT, § 13 Rn 71; Sch-Sch-Eser, StGB, § 242 Rn 47; Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, § 2 Rn 136; Küper, StrR BT, S. 447; Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn 60; Mitsch, StrR BT / 2 Tb 1, § 1 Rn 101 ff.; Tenckoff, JuS 1980, S. 723. 308 So z. B. Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, § 2 Rn 127, 153; Küper, StrR BT, 455 ff. 309 Der Täter mußte nach der alten Fassung des § 242 StGB die Sache in der Absicht wegnehmen, sie sich zuzueignen. Unklar war aber, wie die Fälle behandelt werden müssen, in denen der Täter in der Absicht handelte, die Sache an einen Dritten weiterzugeben. Eine Auffassung verstand jede Drittzueignung bereits als „Sich-Zueignen“, denn niemand könne einem anderen eine Sache zueignen, ohne sie vorher sich selbst zugeeignet zu haben [so im Entwurf 1847 zum Preuß. StGB (Goltdammer, Die Materialien zum Straf-Gesetzbuche für die Preußischen Staaten II, 1852, S. 467); so auch Rudolphi, GA 1965, S. 42 f.; Tenckhoff, JuS 1980, S. 725; Otto, Jura 1989, S. 144; Wolfslast, NStZ 1994, S. 544; Roxin, LK-StGB, § 25 Rn 141 – jeweils m. w. N.]. Demgegenüber verlangte die h. M. für die Annahme von Diebstahl eine für den Täter selbst vorteilhafte Drittverfügung (so z. B. Welzel, Strafrecht, S. 343; Werle, Jura 1979, S. 485 f.; Küper, JuS 1986, S. 867 f.; BGHSt 4, 238 f.). Diese Unklarheit wollte der Gesetzgeber mit der die Drittzueignung aufnehmenden Neufassung des § 242 StGB beseitigen. Die genauere Abgrenzung zwischen „Sich-Zueignen“ und Drittzueignung ist also, wie Küper, StrR BT, S. 456, zu Recht anmerkt, „praktisch obsolet geworden“.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

nungsbegriff gestellt werden, werden dadurch nicht beeinflußt, weswegen auf die Problematik der Drittzueignung nicht näher eingegangen wird310. Allgemein anerkannt ist auch, daß sich die Zueignung aus zwei Komponenten, einer positiven und einer negativen, zusammensetzt, nämlich der zumindest vorübergehenden Aneignung des Diebstahlsobjekts durch den Täter und der auf Dauer311 angelegten Enteignung des Berechtigten312. Das negative Strukturelement der Zueignung, die Enteignung, ist erfüllt, wenn der Täter den Eigentümer faktisch aus seiner bisherigen Position verdrängt, wenn er also mit seinem Verhalten dem Berechtigten die Sachherrschaft auf Dauer entzieht. Das Enteignungselement dient dazu, die Zueignung gegenüber der – meist straflosen313 – Gebrauchsanmaßung („furtum usus“) abzugrenzen. Nimmt z. B. das Kindermädchen A ein Abendkleid aus der Garderobe der Hausherrin B, um es bei einem Ball zu tragen und danach zurückzubringen, scheidet eine Zueignung aus, denn die Täterin wollte das Kleid nur vorübergehend benutzen. Sie hat den von ihr begründeten Besitz an der Sache nicht als Eigenbesitz, sondern als Fremdbesitz verstanden und ausgeübt314.

Für die Annahme einer Zueignung muß der Täter (zusätzlich) die Sache für eigene Zwecke nutzen, sich die Sache also aneignen. Das positive Strukturelement der Zueignung dient dazu, die Zueignung von der Sachbeschädigung, der Sachentziehung und von eigenmächtigen Verfügungen zugunsten des Eigentümers abzugrenzen. Zwar ist die Zerstörung einer Sache sicher eine Ausübung des Eigentumsrechts, denn nur der Eigentümer darf die Sache zerstören, sie ist jedoch in der Regel315 nicht als Aneignung zu betrachten. Denn der Täter, der die Sache wegnimmt, 310 Näher zur Drittzueignung Küper, StrR BT, S. 455 ff.; Dencker, Einführung, S. 16 ff.; Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, Rn 153 ff.; Gropp, JuS 1999, S. 1044 f.; Jäger, JuS 2000, S. 651 ff.; Lackner / Kühl, StGB, § 242 Rn 26a; Sch-Sch-Eser, StGB, § 242 Rn 42; Arzt / Weber, StrR BT, § 13 Rn 114 ff. 311 Kritisch Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn 57 ff.; ders., Jura 1997, S. 468. 312 Vgl. statt vieler Tenckhoff, JuS 1980, S. 723 ff.; Küper, StrR BT, S. 447 ff.; Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, § 2 Rn 136 ff.; Lackner / Kühl, StGB, § 242 Rn 21 ff. – jeweils m. w. N. 313 Strafbar nur bei der Gebrauchsentwendung eines Kfz oder Fahrrads (§ 248b StGB) und bei dem Gebrauch von Pfandsachen durch öffentliche Pfandleiher (§ 290 StGB). 314 Anders dagegen, wenn sie das Kleid genommen hätte, um es der Eigentümerin wieder zu verkaufen. Auch wenn in diesem Fall die Sache an den Berechtigten zurückgegeben werden soll, ist hier eine Enteignung des Berechtigten anzunehmen. Denn das Veräußern der Sache ist eine Ausübung des quasi-Eigentums seitens des Täters, das Täterverhalten stellt also eine Eigentumsleugnung dar. Hier fehlt der für die bloße Gebrauchsanmaßung erforderliche Rückführungswille. So die h. M. – Vgl. z. B. RGSt 57, 199; BGHSt 24, 119; Wessels, NJW 1965, S. 1156; Rudolphi, GA 1965, S. 43; Tenckhoff, JuS 1980, S. 724; Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, § 2 Rn 158 f.; Lackner / Kühl, StGB, § 242 Rn 26 – jeweils m. w. N. Anders Maiwald, Zueignungsbegriff, S. 111 ff.; ders., JA 1971, S. 581; Schröder, JR 1965, S. 27, Seelmann, JuS 1985, S. 290. 315 Anders, wenn im geplanten Verbrauch der Sache ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch liegt, wie z. B. im Falle des Verzehrs von Speisen.

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um sie zu zerstören, will nicht seine, sondern eine fremde Sache schädigen316. Der Täter muß sich also eine eigentümerähnliche Verfügungsgewalt zu eigenen Zwekken anmaßen, auch wenn es sich um eine einmalige Nutzung der Sache handelt317. Es stellt sich also heraus, daß für die Annahme einer Zueignung sowohl das positive Element der Aneignung der Sache als auch das negative Element der Enteignung des Berechtigten erfüllt werden muß. Der Täter bringt nämlich mit der Zueignung zum Ausdruck, daß er sich die Eigentümerposition anmaßt. Das heißt, daß es ihm nicht nur darum geht, den Berechtigten von der Sachherrschaft auszuschließen (Enteignung), sondern auch darum, selbst umfassende Sachherrschaft über eine fremde Sache zu begründen, weil er diese eigenmächtig gebrauchen will (Aneignung)318. Zueignungshandlung und Zueignungswille sind miteinander so eng verbunden, daß eine Handlung ohne diesen Willen nie eine Zueignung darstellen kann. Nur durch diese enge Verknüpfung ist die Enteignung von der Gebrauchsanmaßung und die Aneignung von der Sachentziehung bzw. der Sachbeschädigung zu unterscheiden. Die Zueignung ist kein rein objektiv definierbares Ereignis, wie z. B. die Tötung eines Menschen. In letzterem Fall ist der von einem Menschen herbeigeführte Tod eines anderen Menschen rein objektiv feststellbar. Der bei der Herbeiführung des Todes vorhandene (dann vorsätzlich) oder nicht vorhandene (dann evtl. fahrlässig) Wille des Täters ist nur bezüglich der Zurechenbarkeit des Todes zu dem Täter relevant. Die objektive Gegebenheit der Tötung eines Menschen wird dadurch nicht beeinflußt. Bei der Zueignung dagegen ist ohne die Kenntnis des Willens des Täters nicht feststellbar, ob eine Enteignung und eine Aneignung vorliegen. Damit ist sicherlich nicht gemeint, daß die Zueignung nur subjektiv feststellbar ist. Es soll nur klargestellt werden, daß die Zueignung eine objektiv-subjektive Einheit ist319. Objektiv ist für die Herbeiführung der Zueignung zwar eine Zueignungshandlung nötig, die den Ausschluß des Berechtigten und die Anmaßung der eigentümerähnlichen Position seitens des Täters zum Ausdruck bringt, diese Handlung stellt sich jedoch ohne die subjektive Seite der Zueignung, nämlich 316 So Kindhäuser, NK-StGB, § 242 Rn 108; ders., Geerds-FS, S. 669 und die ganz h. M. – Vgl. z. B. OLG Düsseldorf NJW 1987, S. 2526 f.; BGH NJW 1977, S. 1460 f.; Lackner / Kühl, StGB, § 242 Rn 21; Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, § 2 Rn 137 f.; Küper, StrR BT, S. 447; Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn 56 ff.; ders., Jura 1989, S. 143, der jedoch die Absicht wirtschaftlicher Nutzung von der Aneignung unterscheidet. – Anders Wallau, JA 2000, S. 255. 317 Fehlt aber eine solche Nutzung, so ist eine Zueignung mangels Aneignung der Sache abzulehnen. Nimmt z. B. der Täter das Fahrrad seines Feindes B weg, um es einige Straßen weiter abzustellen, nur um seinen Feind dadurch zu ärgern, dann ist hier mangels Aneignung der Sache keine Zueignung, sondern lediglich eine straflose Sachentziehung anzunehmen. Der Täter macht sich nämlich die Sache nicht nutzbar. Darunter ist, wie Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn 56, zu Recht anmerkt, nicht nur Nutzung im Wirtschaftsverkehr zu verstehen, sondern auch Gebrauchen, bestimmungsgemäßes Verbrauchen, in Besitz haben u. ä. 318 Vgl. Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn 60. 319 Vgl. Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, Rn 280.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

den Ent- und Aneignungswillen, die kumulativ vorliegen müssen, nicht als eine Zueignungshandlung dar. Diese Zueignungsvoraussetzungen sind aber bereits mit der Wegnahme in Zueignungsabsicht erfüllt. Denn mit dem Bruch des Gewahrsams des Berechtigten und der Begründung neuen Gewahrsams bringt der Täter zum Ausdruck, daß er den Berechtigten von der Sachherrschaft ausschließt und selbst Sachherrschaft über die Sache begründet. Der Täter eignet sich die fremde Sache genau dadurch zu, daß er sie wegnimmt. Gewiß reicht die bloße Wegnahme der Sache zur Begründung der Zueignung nicht aus. Denn auch der fur usus nimmt die Sache weg. Der Täter eignet sich jedoch die Sache zu, indem er sie in Zueignungsabsicht wegnimmt. Diese Absicht objektiviert sich in der Wegnahmehandlung, solange sie bei der Wegnahme der Sache vorhanden war. Nur dann, aber auch bereits dann ist die Wegnahmehandlung eine Zueignungshandlung. Somit ist die bereits beschriebene objektiv-subjektive Sinneinheit gegeben: eine objektive Handlung, die den Ausschluß des Berechtigten und die Anmaßung der eigentümerähnlichen Position seitens des Täters zum Ausdruck bringen kann, und eine subjektive Seite, die Zueignungsabsicht, die diese Voraussetzungen liefert und dieser Handlung ihre Zueignungsqualitäten verleiht. Selbst Hegler, einer der ersten Vertretern der Auffassung, Diebstahl sei ein Delikt mit überschießender Innentendenz320, hat dies erkannt und erklärt, daß die durch § 242 StGB inkriminierte Handlung Zueignung durch Wegnahme und daher unter die Delikte einzureihen sei, bei denen der Wille des Täters die „sinngebende Absicht“ der Tatbestandshandlung darstelle321. Die bei der Wegnahme vorhandene Zueignungsabsicht macht tatsächlich den Bruch des Gewahrsams bereits zur Enteignung und die Begründung neuen Gewahrsams bereits zur Aneignung. Der Täter maßt sich eine eigentümerähnliche Position an, indem er die Sache dem Berechtigten endgültig entzieht, um diese eigennützig zu gebrauchen. Wie Mylonopoulos richtig anmerkt, ist die Endgültigkeit der Enteignung nicht begriffsnotwendig mit der Unmöglichkeit der Rückerlangung identisch322. Auch wenn der Eigentümer die Sache zurückerlangen kann, ist die endgültige Enteignung des Berechtigten bereits eingetreten, wenn er um die Herrschaft über die Sache kämpfen muß, wenn also die Ausübung dieser Herrschaft für ihn nicht mehr eine Selbstverständlichkeit darstellt323. Diese Situation ist bereits mit der Wegnahme der Sache in Zueignungsabsicht geschaffen worden. Denn der Täter nimmt die Sache mit dem Anspruch, nunmehr unter Ausschluß anderer über sie zu verfügen324. Die Sache ist also für den Eigentümer verloren gegangen und das Rechtsgut Eigentum bereits verletzt. Die von der h. M. vertretene Auffassung, die Zueignung beim Diebstahl sei ein der Wegnahme nachfolgender Akt, also ein tatsächliches Ereignis, das nach der 320 321 322 323 324

Hegler, ZStW 36 (1915), S. 31 ff. ders., Frank-FS I, S. 310. Mylonopoulos, Roxin-FS, S. 921. Vgl. Mylonopoulos, Roxin-FS, S. 921 f., 924. So Kindhäuser, Geerds-FS, S. 660.

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Vollendung der Wegnahme eintritt, leuchtet nicht ein. Zu Recht fragt Küper325, wann die Endgültigkeit der Enteignung dieser Ansicht nach als eingetreten zu betrachten sei, wenn der Täter eine Sache mit dem Willen wegnehme, sie zu behalten oder später einmal zu verkaufen: nach zwei Monaten, drei Jahren usw.? Die h. M. ist weiteren Einwänden ausgesetzt326. Würde die Zueignung als eine tatbestandsexterne Absichtsverwirklichung verstanden, so würde dies bedeuten, daß Diebstahl die Vorbereitung einer Unterschlagung wäre. Denn bei der Unterschlagung (§ 246 StGB) ist die Zueignung objektiv tatbestandsmäßige Handlung. Es leuchtet aber wenig ein, daß der Gesetzgeber für einen Vorverletzungstatbestand (Diebstahl) einen höheren Strafrahmen vorsieht als für den eigentlichen Verletzungstatbestand (Unterschlagung)327. Weiterhin erweist sich die h. M. insoweit als widersprüchlich, als sie den Irrtum über die Rechtswidrigkeit der Zueignung als einen Tatbestandsirrtum behandelt328. Denn es ist nicht ersichtlich, wie einerseits der Irrtum über die Rechtswidrigkeit der Zueignung ein Irrtum über den objektiven Tatbestand sein soll, während die Zueignung andererseits als ein der Wegnahme nachfolgender, tatbestandsexterner Akt verstanden wird329. Leugnet der Täter den Besitz einer Sache mit der Absicht ab, sie später zu veräußern oder sogar sie für immer zu behalten, ist eine Zueignung, wie allgemein anerkannt330, mit dem Ableugnen des Besitzes anzunehmen. Warum es anders sein sollte, wenn der Täter die Sache mit gleicher Absicht wegnimmt, ist nicht ersichtlich. § 246 StGB verlangt für die Annahme einer Unterschlagung und somit einer Zueignung nicht mehr331, daß der Täter die Sache vor der Zueignungshandlung in Besitz oder Gewahrsam hat. Unterschlagung und somit Zueignung ist also auch durch Wegnahme möglich. Dann aber ist nicht einzusehen, warum die in § 242 StGB beschriebene Handlung (Wegnahme) keine Zueignungshandlung sein soll. Der Gesetzgeber hat, wie die Untersuchung ergeben hat, in § 242 StGB eine Zueignungshandlung erfaßt, nämlich die Zueignung durch Wegnahme. Mit der Vollendung der Wegnahme ist auch die Zueignung der Sache eingetreten. Dazu ist ein weiterer Akt des Täters nicht notwendig. In dem Moment, in dem der Täter die Sache mit Zueignungsabsicht weggenommen hat, hat er sich die Sache zugeeignet. Denn er hat die Sache dem Berechtigten endgültig entzogen und mit dem Anspruch an sich genommen, über sie wie ein Eigentümer 325 Küper, JuS 1986, S. 870; vgl. auch Maiwald, Zueignungsbegriff, S. 174; Mitsch, Straflose Provokation, S. 226 f. 326 Siehe die ausführliche Kritik der h. M. von Mitsch, Straflose Provokation, S. 224 ff.; Kindhäuser, NK-StGB, vor § 242 Rn 12 ff.; Maiwald, Zueignungsbegriff, S. 174 ff. 327 So Mitsch, Straflose Provokation, S. 225; Kindhäuser, NK-StGB, vor § 242 Rn 14. 328 Vgl. statt vieler Hillenkamp, Probleme BT, S. 103 f. m. w. N. 329 Vgl. Kindhäuser, NK-StGB, vor § 242 Rn 16. 330 Vgl. z. B. Wessels / Hillenkamp, StrR BT / 2, Rn 280. 331 Nach dem 6. StrRG 1998.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

zu verfügen332. Die Wegnahme ist also nicht eine Vorverletzungshandlung, der die eigentliche Verletzung, nämlich die Zueignung nachfolgt. Die Wegnahme ist selbst eine Zueignungs- und somit Verletzungshandlung, sofern sie mit Zueignungsabsicht begangen wird. Das Rechtsgut „Eigentum“ wird also bereits mit der Vollendung der Wegnahme verletzt. Die Frage, wie derjenige zu bestrafen ist, der einen anderen zur Begehung eines Diebstahls mit dem Willen veranlaßt, ihn nach der Vollendung der Wegnahme und somit des Diebstahls, aber vor der Zueignung der weggenommenen Sache zu fassen, ist somit überflüssig geworden. Denn eine solche Konstellation ist überhaupt nicht vorstellbar. Derjenige, der einen anderen zur Begehung eines Diebstahls veranlaßt und dabei den Willen hat, den Täter nach der Vollendung der Tat zu fassen, ist wegen Anstiftung zum Diebstahl nach §§ 26, 242 Abs. 1 StGB zu bestrafen. Der Veranlasser hat in diesem Fall vorsätzlich eine Rechtsgutsverletzung verursacht. Denn, wie schon gezeigt, ist die Rechtsgutsverletzung bereits mit der Wegnahme der Sache in Zueignungsabsicht eingetreten. Und diese Wegnahme in Zueignungsabsicht seitens des Täters hat der Provokateur vorsätzlich veranlaßt. Der Wille des Provokateurs, den Täter nach Vollendung der Tat zu fassen und die Sache dem Eigentümer zurückzugeben, kann nur im Rahmen der Strafzumessung (§§ 46 Abs. 2, 46a Abs. 1 und 2) berücksichtigt werden. Für seine Straflosigkeit reicht er dagegen nicht aus. Denn der Provokateur hat eine Rechtsgutsverletzung vorsätzlich veranlaßt. Er kann nicht behaupten, er habe keine Zueignungsabsicht und somit keinen Rechtsgutsverletzungswillen gehabt. Es ist bereits erwiesen, daß der Diebstahl kein Delikt mit überschießender Innentendenz ist, so daß der Provokateur behaupten könnte, er handelte ohne diesen überschießenden Willen. Wenn er einen anderen vorsätzlich zur Begehung eines Diebstahls veranlaßt und ihn nicht im Versuchsstadium, sondern nach der Vollendung der Tat fassen will, dann hat der Veranlasser auch mit Rechtsgutsverletzungsvorsatz gehandelt. Es ist das gleiche, als ob der Provokateur jemanden veranlaßt, eine fremde Fensterscheibe zu zerschlagen, um ihn danach zu fassen. Daß der Veranlasser in diesem Fall dem Eigentümer eine neue Scheibe besorgen will, ändert nichts daran, daß eine Eigentumsverletzung (§ 303 StGB) bereits eingetreten ist. Der Rückführungswille des Provokateurs beim Diebstahl ist also im Grunde ein Wiederherstellungswille. Er hat nicht den Vorsatz, die Rechtsgutsverletzung zu vermeiden, sondern den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Deswegen ist er als Anstifter zum vollendeten Diebstahl zu bestrafen. Sein Überführungszweck reicht nicht aus, um ihn zu entlasten333. Es mag sein, daß es meistens vom Zufall abhängt, ob der Haupttäter vor oder nach Begründung des Gewahrsams gefaßt wird334. Abgesehen davon, daß von die332 Wie hier auch Mitsch, Straflose Provokation, S. 222 ff.; Kindhäuser, NK-StGB, vor § 242 Rn 12 ff.; ders., Geerds-FS, S. 660 f.; Hirsch, JZ 1963, S. 149 Fußn. 8; Welzel, Strafrecht, S. 350; Otto, Struktur, S. 126 ff.; Küper, JuS 1986, S. 869 f.; Maiwald, Zueignungsbegriff, S. 172 ff. 333 Siehe o. S. 81.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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sem Zufall die Strafbarkeit des Täters abhängt (Versuch oder Vollendung), ändert das nichts daran, daß er im einen Fall eine Rechtsgutsverletzung noch nicht herbeigeführt hat, im anderen Fall dagegen schon. Und diese Rechtsgutsverletzung hat der Veranlasser vorsätzlich verursacht. Wenn der Veranlasser mit dem gleichen Vorsatz, nämlich die Sache dem Berechtigten zurückzugeben, als Täter gehandelt hätte, wäre er straflos. Das darf uns aber nicht verwirren. Denn er hätte sich in einem solchen Fall (als Täter agierend) mangels Zueignungsabsicht (es fehlt die Enteignungsabsicht) nicht strafwürdig verhalten. Agiert er jedoch mit dem gleichen Willen als Anstifter, erscheint er als strafwürdig. Denn er hat, wie bereits gezeigt, eine Rechtsgutsverletzung vorsätzlich verursacht (einen vollendeten Diebstahl), die nicht eingetreten wäre, wenn er mit dem gleichen Vorsatz nicht als Anstifter, sondern als Täter agiert hätte. Im Grunde ist also der Vorsatz in diesen beiden Fällen (als Anstifter einerseits, als Täter andererseits) nicht der gleiche, sondern nur ähnlich. Im Falle des Täters ist der Wille, die Sache dem Berechtigten zurückzugeben, ein Rückführungswille (also kein Rechtsgutsverletzungswille), im Falle des Anstifters ist der Wille, die Sache dem Eigentümer zurückzugeben, jedoch ein Wiederherstellungswille (also ein Wille, den bereits entstandenen Schaden wiedergutzumachen), der ihm nur im Bereich der Strafzumessung zugute kommen kann. Da der Diebstahl kein Delikt mit überschießender Innentendenz ist, erweist er sich als untauglich für die Erörterung der Problematik der Strafbarkeit des Provokateurs, der die Vollendung, nicht jedoch die Beendigung einer Tat will.

b) Die Problematik bei den Fällen mit vorverlegter Strafbarkeit Eine Vorverlegung der Strafbarkeit findet aber unstrittig z. B. bei dem Delikt des § 146 Abs. 1 und 2 StGB (Geldfälschung) statt. Die Problematik läßt sich besser durch ein Beispiel illustrieren: A will den Gauner B endlich überführen. Da A weiß, daß B große Schulden hat, veranlaßt er ihn, Geld nachzumachen, um mit dem falschen Geld seine Schulden zu bezahlen. A hat vor, B zu verhaften, bevor er das Geld in Verkehr bringt. Sein Plan gelingt.

B hat hier eine vollendete Geldfälschung (§ 146 Abs. 1 StGB) begangen. Eine Rechtsgutsverletzung ist jedoch trotz der Tatvollendung nicht eingetreten. Denn das Rechtsgut „Sicherheit und Zuverlässigkeit des Geldverkehrs“ ist mit dem bloßen Nachmachen von Geld noch nicht verletzt. Erst das In-Verkehr-Bringen des falschen Geldes verletzt das von § 146 StGB geschützte Rechtsgut. Die Strafbarkeit ist also vorverlegt, damit ein möglichst umfassender Rechtsgutsschutz erreicht 334 Vgl. Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 20: „Bei der Anstiftung zum Diebstahl kann es z. B. nicht darauf ankommen, ob der Anstifter den Täter während der Ausführung zu verhaften trachtet oder ob er dies unmittelbar nach der Vollendung der Tat mit dem Ziel tun will, dem Dieb die gestohlene Sache sofort wieder abzunehmen“.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

wird. A hat B zu seiner vollendeten Tat veranlaßt, die Beendigung des Delikts bzw. die Verletzung des Rechtsguts „Sicherheit und Zuverlässigkeit des Geldverkehrs“ war jedoch nicht von seinem Vorsatz erfaßt. Genau diese Vollendungsvorverlegung hat viele Autoren dazu veranlaßt, die subjektive Tatbestandsmäßigkeit der Provokation gem. § 26 StGB zu bestreiten, obwohl der Provokateur die Haupttatvollendung doch in seinen Vorsatz einbezogen hat335. Denn in solchen Fällen sei kein strafwürdiges Unrecht verwirklicht. Die Tatvollendung trete zu einem früheren Zeitpunkt als die Rechtsgutsverletzung ein. Derjenige also, der die Vollendung, nicht jedoch den Eintritt der Rechtsgutsverletzung will, muß nach der Meinung dieser Autoren straflos bleiben. Die Beendigung der Tat und nicht deren Vollendung soll deshalb maßgeblicher Anknüpfungspunkt des strafbarkeitsbegründenden Vorsatzes sein. A soll also im obigen Beispiel nach dieser Ansicht straflos bleiben. Gegen diese Gleichbehandlung des Provokateurs mit Vollendungswillen mit dem klassischen „agent provocateur“, der die Tat nur bis zum Versuchsstadium kommen lassen will, argumentiert eine andere Ansicht, die auf die Vollendungsgrenze abstellt. Der Tatbestand sei der Angelpunkt des Strafvorwurfs. Folge man den ausdehnenden Auffassungen, die für die Straflosigkeit des die Vollendung, nicht jedoch die Beendigung der Haupttat wollenden Provokateurs plädieren, dann entferne man sich stark vom gesetzlichen Tatbestand und leiste auf diese Weise Rechtsunsicherheiten Vorschub336. Die mit der Rechtssicherheit und -klarheit zusammenhängenden Bedenken sind allerdings nicht berechtigt. Stellt man auf den Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Veranlassers ab, heißt das nicht zugleich, daß man sich vom gesetzlichen Tatbestand entfernt. Es wird nämlich auf die tatbestandsmäßige Rechtsgutsverletzung abgestellt. Die Garantiefunktion des Tatbestandes bleibt weiterhin unberührt. Es wurde schon gezeigt337, daß der Rechtsgutsbegriff eine fundamentale Bedeutung für das Strafrechtssystem hat. Das führt jedoch nicht zur Auflösung des Tatbestandes, sondern zur Forderung zusätzlicher Strafbarkeitsvoraussetzungen, die als ungeschriebene Tatbestandsmerkmale angesehen werden müssen. Die Rechtsgutsbeeinträchtigung ist zwar eine unverzichtbare Strafbarkeitsvoraussetzung, allerdings nur eine zusätzliche: eine Rechtsgutsbeeinträchtigung kann nur insoweit bestraft werden, als sie durch das im Strafgesetz beschriebene Verhalten herbeigeführt worden ist. Nur wer die im gesetzlichen Tatbestand festgelegten Voraussetzungen erfüllt, kann wegen seines rechtsgutsbeeinträchtigenden Verhaltens bestraft 335 Nicht jedoch mit einheitlicher Begründung. Siehe z. B. Maaß, Jura 1981, S. 517 ff.; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 69 ff.; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 20; Sommer, JR 1986, S. 487 ff.; Diercks, AnwBl. 1987, S. 161 ff. m. w. N.; diff. Franzheim, NJW 1979, S. 2016, der auf die Beendigung der Tat, nicht jedoch auf die Rechtsgutsverletzung, abstellt. 336 Seier / Schlehofer, JuS 1983, S. 53; ähnliche Bedenken bezüglich jedoch nur der Auffassungen, die die Straflosigkeit des Provokateurs auf den fehlenden Rechtsgutsverletzungsvorsatz stützen, hat auch Franzheim, NJW 1979, S. 2016. 337 Siehe o. S. 65 f.

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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werden. Die Befürchtungen also, welche die Verfechter der Vollendungslösung bezüglich der Auflösung des Tatbestandes geäußert haben, sind nicht gerechtfertigt. Denn die im gesetzlichen Tatbestand beschriebenen Merkmale müssen auch nach den Ansichten vorliegen, die auf die Beendigung der Tat bzw. die Rechtsgutsverletzung abstellen. Die Garantiefunktion des Tatbestandes, wie sie in Art. 103 II GG zum Ausdruck kommt, bleibt auch aus einem anderen Grund unberührt: das Prinzip „nulla poena sine lege“ besagt nur, daß es keine Bestrafung ohne die gesetzliche Bestimmung der Strafbarkeit geben kann. Die Forderung des Beendigungs- bzw. Rechtsgutsverletzungsvorsatzes als Voraussetzung der Strafbarkeit wirkt jedoch strafbarkeitseinschränkend. Die strafbarkeitsbegründende Funktion eines solchen Vorsatzes beschränkt sich auf die Lieferung des Grundes für die Strafbarkeit des vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Verhaltens. Wer jedoch ohne Rechtsgutsverletzungsvorsatz agiert, sollte dem fehlenden Vorsatz zufolge straflos bleiben, auch wenn er die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt hat338. Diese strafbarkeitseinschränkende Wirkung verleiht der zusätzlichen Forderung des Rechtsgutsverletzungsvorsatzes ihre Verfassungsmäßigkeit. Der Verletzungsvorsatz begründet nämlich keine bisher nicht existierende Strafbarkeit; er engt vielmehr den Strafbarkeitsbereich ein und steht folglich nicht im Widerspruch zu Art. 103 II GG. Die Garantiefunktion des Tatbestandes bleibt somit unangetastet339. Ein weiteres Argument gegen die Beendigungslösung liefern Seier / Schlehofer. In dem von ihnen konstruierten Fall legt der Dieb das Geld zurück, weil er das Gefühl hatte, die Sache könne schiefgehen. Die Tat ist vollendet, aber nicht beendet. Der Dieb ist jedoch wegen vollendeten Diebstahls zu bestrafen, obwohl er freiwillig die Beendigung der Tat und damit die anfänglich angestrebte Rechtsgutsverletzung aufgegeben hat. Eine direkte Anwendung des § 24 StGB ist ausgeschlossen, denn diese Vorschrift betrifft nur die Fälle eines Rücktritts vom Versuch. Der Dieb hat aber hier die Tat vollendet. Eine Analogie zu § 24 StGB scheidet nach h. M. ebenfalls aus340. Wenn aber das Rücktrittsprivileg dem Täter einer vollendeten Tat versagt wurde, scheint es nach der Meinung von Seier / Schlehofer ungerecht, den Veranlasser straflos zu lassen. Der Täter müßte konsequenterweise in einem solchen Fall auch straffrei bleiben, da er „sich eines Besseren besonnen und die Tatfolgen freiwillig abgewandt hat“341. Da das Diebstahlsbeispiel sich als untauglich zur Erörterung der hier interessierenden Problematik erwiesen hat, ist es besser, das obige Beispiel von Seier / Schlehofer durch das Ausführlich zur „tatbestandslosen Tatbestandsmäßigkeit“ siehe o. S. 65 ff. Ähnlich auch Sommer, JR 1986, S. 488 ff., der jedoch nicht auf die fehlende Rechtsgutsverletzungsabsicht des Provokateurs abstellt, sondern auf das fehlende Erfolgsunrecht. Denn die Rechtsgutsverletzungsabsicht sei zu abstrakt im Gegensatz zum Erfolgsunrecht, das einen konkreten Zustand der Außenwelt beschreibe und nicht, wie der Rechtsgutsbegriff, ein vergeistigtes Ideal wiedergebe. 340 Siehe dazu Seier / Schlehofer, JuS 1983, S. 52. 341 Seier / Schlehofer, JuS 1983, S. 53. 338 339

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“ Beispiel der Geldfälschung zu ersetzen. Es sei also so zu verstehen, daß der Geldfälscher das nachgemachte Geld verbrennt, bevor er es in Verkehr bringt. Der übrige Gedankengang von Seier / Schlehofer ist, wie er bereits dargestellt wurde, unangetastet zu verstehen.

Daß das Rücktrittsprivileg nur dem Versuchstäter zugute kommt, heißt nicht unbedingt, daß der die Vollendung der Tat wollende Provokateur ebenso wie der von der Beendigung zurücktretende Täter strafbar sein soll. Die Autoren, die eine solche Gleichstellung verfechten, verkennen den essentielen Unterschied zwischen den beiden Beteiligten: der Täter hat mit Rechtsgutsverletzungswillen eine Tat vollendet und damit alle Voraussetzungen seiner Strafbarkeit erfüllt. Im Gegensatz dazu hat der Provokateur einen anderen zur Begehung einer Tat veranlaßt, er hatte aber zu keinem Zeitpunkt einen Rechtsgutsverletzungswillen. Deswegen bleibt er straflos und nicht etwa, weil er seinen rechtsgutsfeindlichen Willen aufgegeben hat. Er hat im Gegensatz zum Täter nicht subjektiv tatbestandsmäßig gehandelt. Er genießt kein Rücktrittsprivileg. Denn er hat den Rechtsboden überhaupt nicht verlassen! Eine andere Frage ist, ob der Täter, der in Fällen, in denen die Vollendung und die Rechtsgutsverletzung auseinanderfallen, die Vollendung der Tat begangen, die Rechtsgutsverletzung dagegen freiwillig abgewandt hat, eine bessere strafrechtliche Behandlung verdient342. Fest steht jedenfalls, daß wegen der Unterschiedlichkeit der beiden Fälle die Strafbarkeit des Täters nichts über die Anstifterstrafbarkeit des Provokateurs auszusagen vermag. Kritisch gegenüber der Auffassung, die auf die Beendigung der Haupttat oder auf die Rechtsgutsverletzung abstellt, äußert sich auch Plate: der Gesetzgeber habe die Grenzen der Tatbestände im Prinzip so gezogen, daß ein voll tatbestandsmäßiges Handeln das jeweilige Rechtsgutsobjekt, wenn schon nicht immer verletze, so doch ernstlich gefährde. Postuliert man die Straflosigkeit des Provokateurs, der die Vollendung, nicht jedoch die Beendigung der Tat oder die Schädigung des Rechtsguts in seinen Vorsatz einbezieht, dann erhebt sich nach Plate die Frage, „warum eine vom Gesetzgeber aufgrund der Tatbestandsauffassung erkennbar als strafwürdig gewertete Rechtsgutsobjektsgefährdung für den agent provocateur erlaubt sein soll“343. Es trifft tatsächlich zu, daß der Gesetzgeber mit der Schaffung solcher Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur nicht die Verletzung des jeweiligen Rechtsgutes, sondern die Tendenz zu einer solchen Verletzung unter Strafe stellt. Die in diesen Tatbeständen beschriebenen Verhaltensweisen werden wegen des Verletzungsrisikos, das sie beinhalten, bestraft. Im Gegensatz jedoch zu den Gefährdungsdelikten beruht dieses Verletzungsrisiko auf dem RechtsgutsverletzungsvorDie Erörterung dieser Frage würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Plate, ZStW 84 (1972), S. 315 f. Er räumt jedoch ein, daß, wenn eine materiell gesehen ungefährliche Versuchshandlung als (formell) vollendetes Delikt erscheint, der „agent provocateur“ nicht unerlaubt handelt, sofern er es nicht zu einer materiellen Beendigung der Haupttat, einer irreparablen Schädigung des Rechtsgutsobjekts kommen läßt. Das entscheidende materielle Kriterium sei nämlich, ob der „agent provocateur“ gefährlich oder ungefährlich für das jeweilige Rechtsgutsobjekt handele (ZStW 84 (1972), S. 317 ff.). 342 343

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satz des Täters. Ohne den entsprechenden Vorsatz liegt keine Gefährdung des Rechtsguts vor und demzufolge auch kein strafwürdiges Verhalten des Täters. Das läßt sich durch das folgende Beispiel illustrieren: A hat einen neuen, sehr teuren Farbdrucker gekauft. Er will die Genauigkeit und Qualität des neuen Druckers testen und stellt deswegen mit dem Drucker eine unechte Urkunde her, indem er auf ein Schreiben den Stempel der Universität Heidelberg druckt. Nachdem er mit dem Ergebnis zufrieden ist und sich über seinen tollen Drucker freut, wirft er die Urkunde weg.

A hat sich nicht gem. § 267 StGB strafbar gemacht. Das durch diese Vorschrift geschützte Rechtsgut, nämlich die Sicherheit des Rechtsverkehrs, wird mit einem solchen Verhalten nicht beeinträchtigt. Denn dem bloßen Herstellen einer unechten Urkunde wohnt nicht die Gefahr der Rechtsgutsverletzung inne. Diese Gefahr, die den Grund für die Strafwürdigkeit des in § 267 StGB beschriebenen Verhaltens liefert, wird erst dadurch begründet, daß der Täter mit Täuschungsabsicht die unechte Urkunde herstellt. Der Verletzungsvorsatz verleiht also dem Verhalten seine Gefährlichkeit und folglich auch seine Strafwürdigkeit, was jedoch Plate bei seiner oben angeführten Kritik verkennt. Bei den Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur wird ein Verhalten unter Strafe gestellt, weil in ihm das Risiko der Rechtsgutsverletzung steckt. Das Verletzungsrisiko kann jedoch nur insoweit als Komponente eines Verhaltens betrachtet werden, als dieses Verhalten von einem Verletzungsvorsatz angetrieben wird. Die vom Gesetzgeber in Fällen von Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur unter Strafe gestellte Handlung wurde deswegen als strafwürdig gewertet, weil sie eine Rechtsgutsgefährdung darstellt, indem sie vom Rechtsgutsverletzungsvorsatz initiiert ist. Allmählich wird klar, daß dem „agent provocateur“ keine vom Gesetzgeber als strafwürdig gewertete Rechtsgutsgefährdung, wie Plate meint, erlaubt ist. Denn dem Verhalten des „agent provocateur“ fehlt die Komponente, die seiner Handlung den Charakter einer Rechtsgutsgefährdung verleihen würde, nämlich der Rechtsgutsverletzungsvorsatz. Man sieht, daß die Argumente, die gegen die ausdehnenden Auffassungen bezüglich der Grenzen der Straflosigkeit des „agent provocateur“ vorgebracht wurden, nicht überzeugen konnten. Manche Autoren begnügen sich jedoch nicht mit dem fehlenden Verletzungsvorsatz des Provokateurs. Der Provokateur müsse nämlich, um straflos zu bleiben, Vorkehrungen oder Gegenmaßnahmen treffen, die den Eintritt der Rechtsgutsbeeinträchtigung verhindern344. Der gefährdenden Verwirklichungshandlung müsse selbst durch ein entgegengesetztes Handeln des Lockspitzels die rechtsgutsrelevante Wirkung genommen werden. Dieses handlungsneutralisierende Verhalten des Provokateurs hat dieser Ansicht nach zur Folge, daß immer nur eine versuchte Haupttat gegeben ist, auch wenn der Täter alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat. Denn seine tatbestandserfüllende Handlung werde durch die gegenläufigen Vorkehrungen des Provokateurs entwertet. Sei aber 344

So Schwarzburg, Tatprovokation, S. 35 ff., 62; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 70 ff.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

nur ein Versuch gegeben, dann bleibe der Provokateur wegen fehlenden Vollendungsvorsatzes straflos345. Dieser methodische Weg basiert nach der Meinung von Schwarzburg auf den Schwächen der Konzeption, die sich mit dem fehlenden Verletzungsvorsatz des Provokateurs begnügt. Er wirft dieser Meinung einige Mängel in ihrer rechtlichkonstruktiven Begründung vor. Aus der nicht rechtsgutsbeeinträchtigenden Handlung des Lockspitzels folge nämlich nicht unmittelbar die Straflosigkeit der Anstiftung. Denn die Herbeiführung einer strafwürdigen Rechtsgutsbeeinträchtigung sei auch keine Strafbarkeitsvoraussetzung für den Täter346. Das trifft jedoch nicht zu. Im Bereich der Delikte mit überschießender Innentendenz, wo die Rechtsgutsverletzung und die Vollendung auseinanderfallen, ist eine objektiv tatbestandsmäßige Handlung trotz der fehlenden Verletzung nur insoweit als rechtsgutsbeeinträchtigend zu betrachten, als sie von einem rechtsgutsfeindlichen Willen angetrieben wird. Dieser Verletzungsvorsatz läßt die Handlung gefährlich erscheinen. Fehlt er beim Veranlasser, kann er nicht wegen Anstiftung bestraft werden, denn seiner Handlung fehlt die Qualität eines Rechtsgutsangriffs. Das gleiche würde jedoch für den Täter gelten, der nicht rechtsgutsbeeinträchtigend handelt. „Nicht rechtsgutsbeeinträchtigend“ heißt, ohne den erforderlichen Verletzungsvorsatz zu handeln, der der im gesetzlichen Tatbestand beschriebenen Handlung ihre Gefährlichkeit für das geschützte Rechtsgut verleiht und sie folglich als rechtsgutsbeeinträchtigend und deswegen als strafwürdig erscheinen läßt. Fehlt der Verletzungsvorsatz, dann fehlt notwendigerweise auch der rechtsgutsbeeinträchtigende Charakter der Handlung, so daß auch ihre Strafbarkeit entfällt. Eine solche Handlung stellt nämlich keine Rechtsgutsbeeinträchtigung mehr dar. Die Herbeiführung einer strafwürdigen Rechtsgutsbeeinträchtigung ist also auch für den Täter eine Strafbarkeitsvoraussetzung347. Sich selbst widersprechend räumt Schwarzburg in bezug auf das Schwarzburg, Tatprovokation, S. 37; siehe auch Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 72 f. Schwarzburg, Tatprovokation, S. 22. 347 In den meisten Fällen von Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur ergibt sich die Forderung des Verletzungsvorsatzes begriffsnotwendig. Denn genau letzterer ist es, der die Legitimationsbasis für die Strafbarkeit solcher Delikte liefert, deren Vollendung nicht eine Rechtsgutsverletzung oder objektive Gefährdung in sich trägt. Deren Gefährlichkeit und folglich deren Strafwürdigkeit ergibt sich erst aus dem Verletzungsvorsatz des Handelnden. Aber auch wenn die überschießende Innentendenz nicht einen rechtsgutsfeindlichen Vorsatz aufweist, ist er ohnehin aus dem Prinzip der tatbestandslosen Tatbestandsmäßigkeit zu folgern (siehe o. S. 65 f.). Nach Schwarzburg würde die von ihm als „subjektive Lösung“ bezeichnete Auffassung, die den Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Veranlassers fordert, um seine Anstifterstrafbarkeit zu bejahen, zum Tatbestandsausschluß der Anstiftung auch in Fällen der rechtsgutsbeeinträchtigenden Tatveranlassung führen. Denn der tatbestandliche Unrechtssachverhalt sei beispielsweise mit der täuschungsbezogenen Existenz unechter oder verfälschter Urkunden, und nicht erst mit der Täuschung des Rechtsverkehrs selbst, verwirklicht (Tatprovokation, S. 29). Es ist aber nicht ersichtlich, inwiefern letztere – kaum strittige – Erkenntnis der von Schwarzburg kritisierten Auffassung widerspricht, und wie diese Auffassung zum Tatbestandsausschluß der Anstiftung auch in Fällen der rechtsgutsbeeinträchtigenden Tatveranlassung führt. Schwarzburg scheint dabei zu verkennen, daß eine rechtsguts345 346

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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Beispiel des § 267 StGB (Urkundenfälschung) ein, daß die tatbestandsspezifische Rechtsgutsbeeinträchtigung in der um der Täuschung willen348 begründeten Existenz unechter oder verfälschter Urkunden besteht349. Wenn der Täuschungswille fehlt, besteht keine tatbestandsspezifische Rechtsgutsbeeinträchtigung. Bezüglich der Vorkehrungen und der Gegenmaßnahmen, die die oben angeführte Auffassung von dem Provokateur verlangt, um seine Straflosigkeit zu bejahen, ist folgendes einzuwenden: Auch wenn der Provokateur Vorkehrungen trifft, um einen schädigenden Erfolg gemäß seinem Willen zu vermeiden, steht das Ausbleiben des Erfolges nicht mit absoluter Sicherheit fest. Niemand kann z. B. ausschließen, daß der von der Polizei überwachte Täter schließlich die unechten Urkunden in Verkehr bringt. Die Unmöglichkeit der Rechtsgutsverletzung läßt sich nur ex post feststellen, was aber der Rechtsunsicherheit Vorschub leistet und folglich als Kriterium für die strafrechtliche Behandlung des Provokateurs untauglich ist. In den wenigen Fällen, in denen die Unmöglichkeit der Verletzung aufgrund der Vorkehrungen des Provokateurs anzunehmen ist, ist die Straflosigkeit des Provokateurs zu bejahen, weil in solchen Fällen die Haupttat nicht als vollendet betrachtet werden kann, sondern einen untauglichen Versuch darstellt. Dennoch ist damit die Problematik der Provokation im Vollendungsbereich nicht abgedeckt. Dogmatisch kann also dieser methodische Weg nicht befriedigen. Vorkehrungen und Maßnahmen seitens des Veranlassers, um den Eintritt des schädlichen Erfolges zu verhindern, sind rechtspolitisch sicherlich erwünscht und kommen auch als Beweishilfe für das Fehlen des Rechtsgutsverletzungsvorsatzes des Provokateurs gelegen, sie sind jedoch dogmatisch nicht haltbar. Die Beurteilung der Provokation im Vollendungsbereich bleibt ein Vorsatzproblem. Von manchen Autoren wird der Auffassung, die auf den Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Veranlassers abstellt, vorgeworfen, ein solcher Vorsatz sei nicht hinreichend konkretisierbar und demzufolge scheide er als Strafbarkeitsvoraussetzung aus350. Man dürfe nämlich den Bezugspunkt der Anstiftung nicht auf ein jenseits des Tatbestandes liegendes fernes Endrechtsgut verlegen, sondern müsse bei den Gefahren stehenbleiben, die der Tatbestand verhindern soll351. Das von Sommer vorgebrachte Beispiel, wonach ein Täter, der einen falschen 20-DM-Schein in den Verkehr gebracht hat, sich darauf berufen könnte, er wollte die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Geldverkehrs nicht tangieren352, beweist jedoch nicht, wie Sommer glaubt, die Untauglichkeit des Rechtsgutsverletzungsvorsatzes als Strafbarbeeinträchtigende Tatveranlassung bei diesen Delikten nur insoweit besteht, als der Veranlasser die Verletzung will. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es keine Rechtsgutsbeeinträchtigung, da sich die Gefahr aus dem rechtsgutsverletzenden Willen ergibt. 348 Hervorhebung vom Autor. 349 Schwarzburg, Tatprovokation, S. 24 f. 350 So z. B. Jakobs, StrR AT, S. 684; Sommer, JR 1986, S. 489; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 75. 351 Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 75. 352 Sommer, JR 1986, S. 489.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

keitsvoraussetzung. Denn sobald der Täter den falschen 20-DM-Schein als echten in Verkehr bringt, bedeutet das, daß er ihn als Zahlungsmittel verwenden will. Damit ist aber gleichzeitig die Sicherheit des Geldverkehrs gefährdet. Es spielt keine Rolle, daß es sich um eine kleine Geldsumme handelt. Nur die Tatsache, daß der Schein als echter in Verkehr gebracht wurde, reicht aus, um die Sicherheit des Geldverkehrs zu erschüttern. Das Vertrauen ist vernichtet. Denn keiner weiß z. B., daß nur dieser einzige Schein in Verkehr gebracht wurde, und nicht mehrere. Wenn der Täter die Sicherheit des Geldverkehrs nicht erschüttern möchte, bedeutet das, daß er nicht wünscht, daß sein Schein als echt angenommen wird. Möchte er dagegen den Schein als echten in Verkehr bringen, so möchte er konsequenterweise auch die Sicherheit des Geldverkehrs tangieren. Es wäre ebenso absurd, das Gegenteil anzunehmen, wie zu behaupten, daß der Täter, der mit Farbspray ein fremdes Auto besprüht, nicht das Eigentum des Autobesitzers verletzen wolle, weil der Täter nur Spaß haben wolle und keine böse Absicht habe! Zugegebenermaßen bereitet in manchen Fällen die Bestimmung der Rechtsgüter aufgrund ihrer Abstraktheit Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Festsetzung für die materielle Tatvollendung im Einzelfall. Diese Erkenntnis darf jedoch nicht zu einer Abweichung von der Prämisse führen, daß der Rechtsgutsverletzungsvorsatz stets vorhanden sein muß, damit die Anstifterstrafbarkeit bejaht werden kann. Im Gegenteil, es sollte der Versuch unternommen werden, die Rechtsgüter zu konkretisieren. Denn die Straftatbestände dienen immerhin deren Schutz. Die Einwände, die gegen die ausdehnenden, auf die Rechtsgutsverletzung abstellenden Auffassungen vorgebracht wurden, können nicht überzeugen. Damit ist jedoch die Frage nach der Anstifterstrafbarkeit des Provokateurs im Vollendungsbereich noch nicht entschieden. Aus der Vielfalt der Begründungen innerhalb dieser Auffassungen erwachsen Bedenken, zugleich aber auch die Forderung, sich der Problematik erneut anzunehmen. Dabei ist zwischen Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur, deren Vollendung keine Rechtsgutsverletzung nach sich zieht, und Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur, deren Vollendung mit der Rechtsgutsverletzung zusammenfällt, zu unterscheiden. aa) Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur ohne Rechtsgutsverletzung Bei dieser Deliktsgruppe handelt es sich um Vorverletzungstatbestände. Das bedeutet, daß trotz Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale noch keine Verletzung des von der jeweiligen Vorschrift geschützten Rechtsgutes eingetreten ist. Die Strafwürdigkeit dieser Delikte ergibt sich aus deren überschießender Innentendenz, die den Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Täters enthält. Hierzu gehören z. B. manche echte (z. B. § 309 Abs. 1, 2 StGB) und manche unechte Unternehmensdelikte (z. B. 292 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB), bei denen die Vollendung durch Handlungen möglich ist, die objektiv nicht rechtsgutsverletzend wirken. Die sog. Vorbereitungsdelikte (z. B. §§ 83, 149, 275 StGB), die eine Vorstufe anderer Straf-

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taten darstellen und eine Rechtsgutsverletzung lediglich vorbereiten, sind auch unter diese Deliktsgruppe zu zählen, ebenso wie diejenigen Absichtsdelikte, die eine rechtsgutsbezogene überschießende Innentendenz aufweisen (z. B. §§ 146 Abs. 1 und 2, 265, 267, 288 StGB). Der Täter muß, um als strafwürdig zu gelten, mehr als die Erfüllung des objektiven Tatbestandes dieses Delikts in seinen Vorsatz einbezogen haben. Der subjektive Tatbestand erfaßt vielmehr die Rechtsgutsverletzung, deren Verwirklichung jedoch nicht objektives Tatbestandsmerkmal ist. Nicht die Rechtsgutsverletzung, sondern der über den objektiven Tatbestand hinausgreifende Rechtsgutsverletzungswille ist der tragende Grund der Strafbarkeit des in diesen Delikten beschriebenen Verhaltens353. Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß der Veranlasser eines Delikts mit inkongruenter Tatbestandsstruktur ebenso wie der Täter diesen überschießenden Vorsatz aufweisen muß, um als Anstifter dieses Delikts betrachtet werden zu können. Fehlt dem Veranlasser dieser Vorsatz, ist er strafloser Provokateur. Die Begründung für die postulierte Straflosigkeit des „agent provocateur“, der die Vollendung der Tat in seinen Vorsatz einbezieht, folgt denklogisch der gleichen Prämisse, die bei der Erörterung der Problematik des klassischen „agent provocateur“ herausgearbeitet wurde: der Vorsatz des Anstifters ist stets Rechtsgutsverletzungsvorsatz354. Im Falle des klassischen „agent provocateur“ wurde die Erkenntnis gewonnen, daß der Wille zur Herbeiführung einer versuchten Haupttat für eine Bestrafung des Tatveranlassers als Anstifter nicht genügt. Dieser muß mindestens Vollendungsvorsatz aufweisen355. Das bedeutet jedoch nicht, daß seine Anstifterstrafbarkeit bejaht werden muß, solange er Vollendungsvorsatz hat. Der Vollendungsvorsatz reicht für die Begründung der Anstifterstrafbarkeit nur insoweit aus, als die Vollendung mit der Rechtsgutsverletzung zusammenfällt. Ist dies nicht der Fall, wie bei dem Provokateur, der die Tatvollendung, nicht aber den Eintritt der Rechtsgutsverletzung wünscht, ist die Anstifterstrafbarkeit nicht begründet. Die inkongruente Tatbestandsstruktur mancher Delikte darf nicht verwirren. Die Struktur des Anstiftervorsatzes ist in beiden Fällen die gleiche; der Tatveranlasser erstrebt die Verletzung des geschützten Rechtsgutes und ist deswegen als Anstifter zu bestrafen. Fehlt dieser rechtsgutsfeindliche Wille, bleibt der Veranlasser straflos, sei es, weil er nur den Versuch der Haupttat will, sei es, weil er (nur) die Vollendung der Tat will, stets aber ohne Rechtsgutsverletzungsvorsatz agiert. Die Straflosigkeit des „agent provocateur“ ergibt sich also aus der Tatsache, daß bei ihm der Wille zur Herbeiführung einer Rechtsgutsverletzung nicht vorhanden ist. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Erscheinungsformen der Deliktsprovokation ist, daß bei der ersten die nicht gewollte Rechtsgutsverletzung mit der Tatvoll353 Siehe o. S. 92 f. Wie weit die Strafbarkeit durch solche gesetzestechnischen Schöpfungen vorverlegt werden darf, ist jedoch fraglich. Dieser verfassungsrechtlichen Frage nach den Grenzen, die dem Gesetzgeber gesetzt sind, kann hier nicht nachgegangen werden. – Siehe dazu z. B. Rudolphi, SK-StGB, vor § 1 Rn 11a. 354 Siehe o. S. 64 ff. und insbes. S. 66 ff. 355 Siehe o. S. 70 f.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

endung zusammenfällt, während bei der zweiten die nicht gewollte Rechtsgutsverletzung der Tatvollendung nachfolgt. Entscheidend ist, daß es sich bei den beiden erörterten Konstellationen (Versuch – Delikte mit rechtsgutsbezogener überschießenden Innentendenz) um Vorverletzungstatbestände handelt, deren Legitimation als Normen, die der Aufgabe des Strafrechts und insbesondere des Rechtsgüterschutzes gerecht werden, auf dem Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Täters bzw. Anstifters basiert. bb) Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur und Rechtsgutsverletzung Bei dieser Gruppe dagegen wird die Strafbarkeit nicht vorverlegt, um den Rechtsgüterschutz bereits im Vorfeld der endgültigen Rechtsgutsverletzung zu gewährleisten. Es handelt sich zwar um Absichtsdelikte, die eine überschießende Innentendenz aufweisen; diese ist jedoch nicht auf die endgültige Rechtsgutsverletzung gerichtet, weil letztere schon mit der tatbestandlichen Vollendung eingetreten ist (so z. B. bei §§ 253, 263 StGB). Die überschießende Innentendenz besteht darin, daß die Verwirklichung der Absicht, die der subjektive Tatbestand fordert, vom objektiven Tatbestand nicht erfaßt ist. Sie bezieht sich aber nicht auf die Rechtsgutsverletzung, hat vielmehr mit ihr nichts zu tun. Die Absicht ist bei diesen Delikten nicht rechtsgutsbezogen. Bedenken bereitet die Existenz dieser Delikte im Hinblick auf die Straflosigkeit der Provokation im Vollendungsbereich. Denn der Provokateur, der die Vollendung des Delikts in Kauf nimmt, nicht jedoch die Verwirklichung der Absicht, nimmt auch notwendigerweise die Verletzung des geschützten Rechtsgutes in Kauf, die von der objektiv tatbestandsverwirklichenden Handlung bereits verursacht worden ist. Die Problematik läßt sich am deutlichsten durch ein Beispiel erörtern: A täuscht dem B vor, er sei Vertreter einer humanitären Organisation, und überzeugt ihn, eine erhebliche Geldsumme für die Kinder der dritten Welt zu spenden. B hinterlegt das Geld an der vereinbarten Stelle; A möchte das Geld später an dieser Stelle abholen. A war zu der Tat durch X veranlaßt worden, der aber von vornherein eine Bereicherung des A verhindern wollte. Er wollte nur den von ihm gehaßten B schädigen. Daher holt er das Geld ab und verbrennt es.

A verwirklicht den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB und ist demzufolge wegen Betrugs strafbar. Er hat es zwar nicht geschafft, sich zu bereichern; das ist aber für die Vollendung des Betrugs unerheblich. Denn der Betrug ist ein Delikt mit überschießender Innentendenz. Es besteht nämlich keine Kongruenz zwischen seinem subjektiven und seinem objektiven Tatbestand. Für die Strafbarkeit des A reicht es vielmehr aus, daß durch sein Verhalten (Täuschung) ein Vermögensschaden des B eingetreten ist. Der Vermögensschaden ist durch die Hinterlegung des Geldes entstanden. Die Verwirklichung der Bereicherungsabsicht ist gem. § 263 StGB für die Strafbarkeit des A nicht erforderlich. Ihr Vorhandensein ist Strafbarkeitsvoraussetzung, nicht jedoch ihre Verwirklichung,

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die jenseits des objektiven Tatbestandes liegt. Das ist unstrittig. Probleme bereitet jedoch die Bewertung des Verhaltens des X, der den A zu dieser Handlung veranlaßt hat. X hat vorsätzlich den A zu seiner vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat (Betrug gegenüber dem B) verleitet. Dabei hatte X die Vollendung der Tat in seinen Vorsatz einbezogen. Was er nicht wollte, war lediglich die Verwirklichung der Bereicherungsabsicht des Täters. Ob jedoch dieser Mangel genügt, damit X nicht als Anstifter zur Straftat des A betrachtet werden kann, ist fraglich. Denn er hat immerhin vorsätzlich die Vollendung einer Straftat veranlaßt und damit auch vorsätzlich die Verletzung des geschützten Rechtsguts verursacht. Darin unterscheidet sich diese Fallkonstellation von den Fällen, in denen der Mangel der überschießenden Innentendenz gleichbedeutend mit dem Fehlen des Rechtsgutsverletzungsvorsatzes war. Das geschützte Rechtsgut „Vermögen“356 ist bereits durch die objektiv tatbestandsmäßige Handlung verletzt, die schon deswegen den Charakter eines strafwürdigen Rechtsgutsangriffs hat. Die überschießende Bereicherungsabsicht unterscheidet sich also von dem Verletzungswillen; sie hat vielmehr typisierende Bedeutung357. Der Sinn solcher typisierender Merkmale liegt darin, den Tatbestand auf die typischen Fälle zu beschränken und die kriminalphänomenologisch vorgegebenen Deliktsbilder, wie sie im sozialen Bewußtsein lebendig sind, nachzuzeichnen358. Die sich typisierend auswirkende überschießende Innentendenz ist also für den materiellen Unwert der Tat irrelevant. Die Straflosigkeit des Provokateurs, der die Vollendung eines solchen Delikts in Kauf nimmt, kann folglich nicht auf den fehlenden Verletzungsvorsatz gestützt werden. Denn die fehlende überschießende Innentendenz ist für den materiellen Umfang der Rechtsgutsverletzung unerheblich. Der Vorsatz des Provokateurs, der die Vollendung der Tat, nicht jedoch die Verwirklichung der Bereicherungsabsicht anstrebt, ist zugleich Rechtsgutsverletzungsvorsatz. Daß X keine Bereicherung wünscht und sogar das Geld verbrennt, spielt für die Verletzung des Vermögens des B keine Rolle. Sein Verhalten erfüllt die von dem Strafzweck des Rechtsgüterschutzes gesetzten Voraussetzungen und müßte demzufolge die Anstifterstrafbarkeit des X rechtfertigen. Denn es weist jenes Merkmal auf, dessen Fehlen bisher die Straflosigkeit des Provokateurs begründete359, nämlich den Rechtsgutsverletzungsvorsatz. Dies veranlaßte manche Autoren dazu, die nicht rechtsgutsbezogenen Absichtsmerkmale streng akzessorisch zu behandeln360. Es genüge, wenn der Anstifter, ohne die Absicht zu teilen, deren Vorliegen beim Täter kenne361. Die Bereicherungsabsicht des Täters wird also nach Siehe z. B. Lackner / Kühl, StGB, § 263 Rn 2. Herzberg, JuS 1983, S. 739; ders., GA 1991, S. 174; Jakobs, StrR AT, S. 686; Mitsch, Straflose Provokation, S. 218. 358 Herzberg, GA 1991, S. 174. 359 Siehe o. S. 96 ff. 360 So Mitsch, Straflose Provokation, S. 218 f.; Herzberg, JuS, 1983, S. 738 f.; ders., GA 1991, S. 174. Für die Bestrafung des Provokateurs bei Betrugsvollendung auch Maaß, Jura 1981, S. 519; Drywa, Die materiellrechtlichen Probleme des V-Mann-Einsatzes, S. 100. 356 357

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

diesen Autoren dem Teilnehmer zugerechnet, der demzufolge als Anstifter zum Betrug zu bestrafen ist. Es ist richtig, daß die Bereicherungsabsicht nicht die Funktion hat, einem objektiv unschädlichen Verhalten die Qualität eines strafwürdigen Rechtsgutsangriffs zu verleihen. Das bedeutet jedoch nicht, daß das Rechtsgüterschutzprinzip ihre akzessorische Behandlung gebietet. Festzuhalten ist jedenfalls, daß die hier vertretene These, die auf den fehlenden Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Provokateurs abstellt, die nicht akzessorische Behandlung solcher typisierender, nicht rechtsgutsbezogener Absichtsmerkmale nicht erklären kann. Damit ist aber nicht schon das Gegenteil bewiesen. Es ist zutreffend, daß das Akzessorietätsprinzip die Teilnehmerstrafbarkeit durch die Bindung an eine Haupttat legitimiert362. Dieses Prinzip bewirkt jedoch nicht, daß sämtliche Tatbestandsmerkmale aus den vom Teilnehmer selbst zu erfüllenden Strafbarkeitsvoraussetzungen ausgeklammert werden. Das Akzessorietätsprinzip hat vielmehr den Sinn, diejenigen Merkmale dem Teilnehmer zuzurechnen, die er aufgrund seiner teilnehmerischen Beteiligung nicht selbst aufweisen kann, wie z. B. die auf den Täter zugeschnittenen Handlungsmerkmale. Der Anstifter soll nämlich nicht unbestraft bleiben, weil er nicht selbst den objektiven Tatbestand eines Delikts des Besonderen Teils erfüllt hat. Eine Durchbrechung der Akzessorietät ist, wie bereits gezeigt wurde363, bezüglich des rechtsgutsbezogenen überschießenden Vorsatzes geboten. Diese Durchbrechung war allerdings aus Strafzweckgründen gerechtfertigt, die bei der Bereicherungsabsicht nicht vorliegen. Eine Akzessorietätsdurchbrechung könnte aber in bezug auf persönliche Merkmale aus Strafgerechtigkeitsgründen geboten sein. Hiermit ist nicht die Akzessorietätslockerung des § 28 Abs. 1 StGB bezüglich der strafbarkeitsbegründenden besonderen persönlichen Merkmale gemeint, die als beschränkt akzessorisch behandelt werden. Diese beschränkte Zurechnung nicht in der eigenen Person verwirklichter Merkmale ist, wie Jakobs richtig darlegt, nur angebracht, „wenn dem qualifikationslos Beteiligten durch die Beteiligung etwas erreichbar wird, was er rechtlich allein nicht erreichen kann, d. h. bei Beteiligung an Sonderdelikten und an eigenhändigen Delikten“364. Im Gegensatz zu diesen Delikten, bei denen die beschränkt akzessorische Behandlung der besonderen persönlichen Merkmale gem. § 28 Abs. 1 StGB auf der in diesen Fällen größeren Distanz des Teilnehmers zur Täterschaft aufgrund der praktischen Unmöglichkeit täterschaftlicher Beteiligung beruht, weist das Fehlen Herzberg, JuS 1983, S. 738 m. w. N. Siehe o. S. 39 f. und 50 f. 363 Siehe o. S. 96 ff. 364 Jakobs, StrR AT, S. 682. Hervorhebung übernommen. Für eine gründliche Auseinandersetzung mit der Problematik der §§ 28, 29 StGB ist hier kein Raum. Vgl. dazu Jakobs, StrR AT, S. 678 ff.; Küper, ZStW 104 (1992), S. 559 ff. 361 362

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höchstpersönlicher Merkmale in der Person des Teilnehmers, wie etwa der Bereicherungsabsicht, eine (Absichts-)Divergenz zur Täterschaft auf, die eine nicht akzessorische Behandlung solcher Merkmale rechtfertigen könnte. Denn es erscheint fragwürdig, dem Anstifter ein strafbegründendes voluntatives Merkmal im Wege der Akzessorietät zuzurechnen, nur weil es typisierenden Charakter hat. Es ist zwar richtig, daß rein typisierende Merkmale, die keine Bedeutung für den materiellen Unwert der Tat haben, uneingeschränkt akzessorisch zu behandeln sind, nicht jedoch, wenn es sich um höchstpersönliche Merkmale handelt, wie z. B. Gesinnungsoder Absichtsmerkmale. Denn die höchstpersönliche Natur solcher Merkmale verbietet ihre akzessorische Behandlung, insbesondere wenn sie strafbegründende Funktion haben. Die Bereicherungsabsicht ist ein voluntatives Merkmal, das die Strafbarkeit des Betrügers begründet. Es ist nicht einzusehen, wie ein solches Merkmal dem Anstifter zugerechnet werden kann. Aus welchem Grund jeder Mensch agiert, ist individuell zu betrachten. Motive können einem Menschen nicht akzessorisch zugerechnet werden, wenn er sie selbst nicht aufweist. Der akzessorischen Behandlung steht nämlich entgegen, wie Jakobs richtig ausführt, „daß bezüglich der Antriebe keine Koordination des Verhaltens der Beteiligten stattfindet, nicht einmal, wie immerhin noch bei den Absichten als Planungszusammenhängen, in der Planung. Zwar können mehrere Personen zusammen planen, aber nur aus je eigenem Antrieb“365. Jakobs hat versucht, die nicht akzessorische Behandlung von typisierenden Vorsätzen wie der Bereicherungsabsicht beim Betrug mit der Selbstverständlichkeit ihrer Höchstpersönlichkeit zu begründen: „Dies ist so selbstverständlich, wie die Höchstpersönlichkeit des Vorsatzes auf eine typisierende Beschreibung des Angriffswegs selbstverständlich ist (etwa der Vorsatz auf die Täuschung beim Betrug, die Wegnahme beim Diebstahl). Ohne diesen Vorsatz ist das vom Beteiligten ins Auge gefaßte deliktische Geschehen nicht komplett. Insbesondere muß auch jeder Beteiligte die Vollendung des Typisierenden wollen, so wie er bei Wegbeschreibungen den Vorsatz der Verwirklichung auf dem bestimmten Weg (und nicht etwa den Vorsatz der Verwirklichung auf einem anderen Weg) haben muß“366. Das ist jedoch nicht überzeugend. Denn die Täuschung beim Betrug oder die Wegnahme beim Diebstahl sind tatsächlich typisierende Beschreibungen eines Verhaltens, insbesondere des Angriffswegs. Der Gesetzgeber ist dazu berechtigt, bestimmte Angriffe gegen Rechtsgüter unter Strafe zu stellen. Er kann bestimmen, welche gegen ein Rechtsgut gerichtete Verhaltensweisen strafwürdig sind und welche nicht. Somit ist es auch folgerichtig, den Anstifter nur dann als solchen zu bestrafen, wenn er diese bestimmte rechtsgutsfeindliche Verhaltensweise, und nicht eine andere, in seinen Vorsatz einbezogen hat. Die Bereicherungsabsicht ist jedoch keine Verhaltensbeschreibung, sondern ein nicht rechtsgutsbezogenes voluntatives Element. Die Tatsache, daß auf sie das Prinzip der Akzessorietät nicht 365 366

Jakobs, StrR AT, S. 686. Jakobs, StrR AT, S. 686.

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anwendbar ist, stützt sich nicht darauf, daß ohne sie das vom Beteiligten ins Auge gefaßte deliktische Geschehen nicht komplett ist, sondern auf ihren voluntativen und damit höchstpersönlichen Charakter. Die Ansicht, die in der Bereicherungsabsicht jenes Merkmal sieht, das das spezifische Unrecht des Vermögensverschiebungsdelikts „Betrug“ konstituiert367, ist nichts anderes als der Versuch, die Antinomie zu erklären, die sich daraus ergibt, daß ein höchstpersönliches, nicht rechtsgutsbezogenes und damit unrechtsneutrales Merkmal strafbegründend auswirkt. Dieser Versuch schlägt jedoch fehl. Denn der Vermögensschaden ist vorsätzlich verursacht worden, auch wenn die Bereicherungsabsicht nicht vorliegt. Letztere intensiviert diese Rechtsgutsverletzung nicht. Wollte der Gesetzgeber eine typische Erscheinungsform einer Rechtsgutsverletzung erfassen und unter Strafe stellen, dann hätte er durch Verhaltensbeschreibungen zu dem gewünschten Ergebnis gelangen sollen, nicht jedoch durch die Verleihung einer strafbegründenden Funktion an ein nicht rechtsgutsbezogenes, voluntatives Merkmal. Herzberg versucht, durch den Vergleich zwischen der Täuschungsabsicht bei der Urkundenfälschung und der Bereicherungsabsicht beim Betrug die akzessorische Behandlung letzterer zu rechtfertigen: „Man blickt dann auf den Tatunwert, insonderheit die Rechtsgutsverletzung – Schädigung fremden Vermögens hier, Beeinträchtigung des Beweisverkehrs dort –, und stellt fest, daß dafür zwar der Vorsatz, mit der Urkunde im Rechtsverkehr zu täuschen, von Bedeutung ist, nicht aber die Absicht, nach Zufügung des Schadens den abgelisteten Wert in einem anderen Vermögen zu bewahren“368. Denn nach Herzberg ist ein persönliches Merkmal dann streng akzessorisch zu behandeln, „wenn es entweder funktionell und seinem eigentlichen Sinne nach ein sachliches ist oder als rein typisierendes Merkmal keine Bedeutung für den Tatunwert hat“369. Diese „unbedeutende“ Absicht begründet jedoch die Strafbarkeit des Täters! Das erkennt zwar auch Herzberg, der zwischen Tatunwert und deliktsspezifischem Unrecht unterscheidet370. Der Strafgerechtigkeit und derselben Logik zufolge und unter Berücksichtigung des höchstpersönlichen Charakters dieser Absicht sollte sie sich gleichermaßen auf die Strafbarkeit des Anstifters auswirken wie auf die des Täters. Denn für den Vermögensschaden ist es ebensowenig von Bedeutung, ob der Täter ihn mit Bereicherungs- oder mit Schädigungsabsicht hat entstehen lassen. Die Argumentation Herzbergs ist richtig, nicht jedoch bezüglich der streng akzessorischen Behandlung der Bereicherungsabsicht, sondern in bezug auf den strafbegründenden Charakter eines solchen typisierenden Merkmals. Die Irrelevanz der Bereicherungsabsicht für den materiellen Unwert des Betrugs ist kein Grund, sie Siehe z. B. Jescheck, Welzel-FS, S. 693; Stratenwerth, StrR AT I, S. 338 f. Herzberg, GA 1991, S. 177. 369 Herzberg, GA 1991, S. 146. 370 Herzberg, GA 1991, S. 175: „Daß durch Einbau des Merkmals in einen Straftatbestand juristische Wertungsstufen entstehen, ist klar“. 367 368

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akzessorisch zu behandeln, sondern vielmehr dafür, sie als strafbegründendes Merkmal abzuschaffen. Welche dogmatische Grundlage rechtfertigt es, denjenigen, der vorsätzlich fremdes Vermögen ablistet, zu bestrafen, wenn er mit Bereicherungsabsicht gehandelt hat, ihn dagegen straffrei zu lassen, wenn er nur Schädigungsabsicht hatte? Gesinnungsmerkmale und Motive, die mit dem Umfang der Rechtsgutsverletzung nichts zu tun haben, sollten höchstens im Bereich der Strafzumessung eine Rolle spielen, nicht jedoch eine strafbegründende Funktion haben. Strafbegründende überschießende Innentendenzen ohne rechtsgutsbezogenen Charakter sind der Aufgabe des Strafrechts fremd und ungerecht. Soweit sie aber existieren, müssen sie auch in der Person des Anstifters vorliegen und dürfen ihm nicht im Wege der Akzessorietät zugerechnet werden. Weist er sie nicht selbst auf, dann ist er strafloser Provokateur. Die Rechtsgutsverletzungslösung versagt bei Delikten mit bloß typisierender, strafbegründender überschießender Innentendenz, weil solche Delikte willkürlich und ohne dogmatische Grundlagen geschaffen sind. cc) Provokation bei den abstrakten Gefährdungsdelikten Die Kriminalitätsszene hat sich heutzutage zweifellos geändert. Nicht nur der einzelne Täter, sondern auch kollektive, perfekt organisierte Gruppen „bereichern“ die gegenwärtige Verbrechensrealität und bedrohen durch geschickte Verhaltensweisen die Rechtsgüter. Man braucht nur an die Rauschgiftsszene oder an den Waffenhandel zu denken, um festzustellen, daß in der heutigen Realität der organisierten Kriminalität der häufigere Einsatz des polizeilichen „agent provocateur“ aus kriminalpolitischer Sicht geboten erscheint. Dieser Wandel der Kriminalitätsszene hat auch den Gesetzgeber veranlaßt, durch die Schaffung der abstrakten Gefährdungsdelikte die Strafbarkeit in manchen Fällen sehr weit vorzuverlegen. Bei den abstrakten Gefährdungsdelikten stellt der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen wegen ihrer generellen Gefährlichkeit unter Strafe, ohne Rücksicht darauf, ob es tatsächlich zu einer Verletzung oder einer konkreten Gefährdung des jeweiligen geschützten Rechtsguts gekommen ist. Für die Vertatbestandlichung solcher Handlungen genügt es, daß sie generell gefährlich sind, d. h. daß sie typischerweise eine Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung zur Folge haben. Zündet z. B. jemand ein Wohnhaus an, wird er wegen schwerer Brandstiftung gem. § 306a Abs. 1 StGB bestraft, unabhängig davon, ob das Leben von Menschen tatsächlich verletzt oder gefährdet wurde. Es genügt für die Begründung seiner Strafbarkeit, daß er das Wohnhaus in Brand gesetzt hat. Denn eine solche Handlung (das „In-Brand-Setzten“ von Wohnhäusern) ist nach Ansicht des Gesetzgebers generell gefährlich für das menschliche Leben, weil sie nämlich typischerweise zu einer Beeinträchtigung des Rechtsguts „Leben“ führt371.

371 Die generelle Gefährlichkeit der Handlung bedeutet jedoch nicht, daß eine konkrete Gefährdung oder Verletzung des Rechtsguts in der Mehrzahl der Fälle eintreten muß. So führt Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 150, aus: „Eine Verhaltensweise muß nicht, um als

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Ebenso verhält es sich z. B. in dem Fall, in dem jemand einem Brunnen Arsen beimischt. Der Täter ist gem. § 314 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen gemeingefährlicher Vergiftung zu bestrafen, auch wenn kein Mensch dadurch verletzt oder gefährdet wurde. Der Gesetzgeber hat ein solches Verhalten als generell gefährlich betrachtet und deswegen unter Strafe gestellt, unabhängig davon, ob es im Einzelfall zu einem Schaden oder einer Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Menschen tatsächlich gekommen ist oder nicht. Fährt A seinen Wagen, obwohl er über 1,1% Alkohol im Blut hat372, dann ist er gem. § 316 StGB zu bestrafen, unabhängig davon, ob durch das Verhalten des Fahrers ein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet oder verletzt wurde. Da das Führen eines Fahrzeuges unter Trunkenheit typischerweise zur Verletzung anderer Verkehrsteilnehmer führt, ist nach der Ansicht des Gesetzgebers ein solches Verhalten generell gefährlich für die Straßenverkehrssicherheit373.

Der Eintritt der Rechtsgutsbeeinträchtigung (Verletzung oder konkrete Gefährdung) ist demnach für die Vollendung der Tat unerheblich. Er ist „ein tatbestandsexternes Ereignis“374. Nach alledem drängt sich die Frage nach der Behandlung des Provokateurs auf, der die Vollendung eines abstrakten Gefährdungsdelikts, nicht jedoch die Beeinträchtigung (Verletzung oder konkrete Gefährdung) des geschützten Rechtsguts will. Es wird jedoch im folgenden gezeigt, daß das Problem der Strafbarkeit des Provokateurs bei den abstrakten Gefährdungsdelikten nicht ein rein teilnahmespezifisches Problem ist, sondern daß es mit den allgemeinen Problemen zusammenhängt, die diese Deliktsart aufweist. Veranlaßt der Provokateur jemanden zur Begehung eines abstrakten Gefährdungsdelikts, ohne die Verletzung oder konkrete Gefährdung des geschützten Rechtsguts in seinen Vorsatz einbezogen zu haben, so scheinen diejenigen Voraussetzungen vorzuliegen, die in den bisher behandelten Fällen zur Straflosigkeit des Provokateurs geführt haben. Die Vollendung des Delikts fällt nämlich zumindest nicht begriffsnotwendig375 mit der Rechtsgutsbeeinträchtigung (Verletzung oder konkrete Gefährdung) zusammen376. Darüber hinaus fehlt der rechtsgutsfeindliche generell gefährlich eingestuft werden zu können, in der überwiegenden Zahl der Fälle (tatsächlich) gefährlich sein. Es genügt vielmehr, daß sie „häufig“, „in vielen Fällen“ gefährlich ist. Sie muß also keineswegs „überwiegend“ sein, jedenfalls nicht – statistisch – nachgewiesenermaßen“. 372 BGH 37, 89. 373 Andere abstrakte Gefährdungsdelikte sind z. B. der Vollrausch (§ 323a StGB), die Bodenverunreinigung (§ 324a StGB), die Luftverunreinigung (§ 325 StGB), der unerlaubte Umgang mit gefährlichen Abfällen (§ 326 StGB), das unerlaubte Betreiben von Anlagen (§ 327 StGB), der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kreditbetrug (§ 265b StGB) usw. 374 Mitsch, Straflose Provokation, S. 231. Hervorhebung übernommen. 375 Der abstrakte Charakter dieser Delikte besagt nur, daß eine konkrete Gefährdung des Rechtsguts für die Erfüllung der jeweiligen Tatbestände nicht erforderlich ist, nicht jedoch, daß diese ausgeschlossen ist. 376 Seelmann, ZStW 95 (1983), S. 803, erhebt jedoch Bedenken: „Aber wann ist dieses Rechtsgut [„die Volksgesundheit“ in bezug auf die BtM-Delikte] „verletzt“ im Sinne der Tatbeendigung [Hervorhebung übernommen], wann nur gefährdet? Führt nicht die Schaffung

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Wille des Veranlassers. Dieser fehlende Rechtsgutsverletzungsvorsatz hat in den bisher erörterten Fällen die Straflosigkeit des Provokateurs begründen können, weil es um Vorverletzungstatbestände ging, bei denen der Rechtsgüterschutz objektiv vorverlegt war und die Strafbarkeit auf dem bestehenden Verletzungswillen beruhte377. Die abstrakten Gefährdungsdelikte sind jedoch nicht Delikte mit überschießender Innentendenz. Sie weisen keine inkongruente Tatbestandsstruktur auf. Der Vorsatz des Täters geht nicht über die Erfüllung des objektiven Tatbestandes hinaus, der jedoch keine Rechtsgutsbeeinträchtigung (Verletzung oder konkrete Gefährdung) beinhaltet. Die Strafbarkeit ist bei den abstrakten Gefährdungsdelikten nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv vorverlegt. Nicht der rechtsgutsfeindliche Wille ist bei diesen Vorverletzungstatbeständen der tragende Grund ihrer Strafbarkeit, sondern die generelle Gefährlichkeit des jeweiligen Verhaltens. Der Gesetzgeber hat nämlich mit den abstrakten Gefährdungsdelikten lediglich ein bestimmtes Verhalten beschrieben und wegen seiner typischen Schadensgeneigtheit unter Strafe gestellt. Ob der Gesetzgeber das Recht hat, die Strafbarkeit so weit vorzuverlagern, ist eine – nicht teilnahmespezifische – Frage, der hier nicht nachgegangen werden kann378. Es sei nur kurz angemerkt, daß bezüglich der Strafbarkeit eines Verhaltens, das im konkreten Fall das geschützte Rechtsgut überhaupt nicht beeinträchtigt, sowohl strafrechtlich-dogmatische als auch verfassungsmäßige Bedenken entstehen379. Angesichts solcher Bedenken wäre es vielleicht aus dogmatischer – aber nicht aus kriminalpolitischer – Sicht besser, wenn der Gesetzgeber abstrakte Gefährdungen nur in der Form von Ordnungswidrigkeiten ahnden würde, bei denen die Ahndung durch Geldbuße auch aus ethischer Sicht nicht gravierend ausfällt, und ins StGB, wo das Strafmaß hoch ist (so z. B. beim § 306a Abs. 1 StGB), nur Delikte aufnehmen würde, die zumindest einen Verletzungsvorsatz aufweisen, deren Gefährlichkeit also aus diesem Rechtsgutsverletzungsvorsatz resultieren würde. Fest steht jedenfalls, daß das Fehlen eines Rechtsgutsbeeinträchtigungsvorsatzes der Strafbarkeit des Täters eines abstrakten Gefährdungsdelikts – zumindest de lege lata – nicht entgegensteht. Diese Erkenntnis hat aber zur Folge, daß der fehlende Verletzungs- oder Gefährdungswille des Provokateurs seine Straflosigkeit ebensowenig begründen kann. Denn zur Anstiftung ist nicht mehr an Vorsatz erforderlich als zur Haupttat380. Ist ein Rechtsgutsbeeinträchtigungswille für die Strafbarkeit des Täters nicht erforderlich, so kommt es auch dem Teilnehmer nicht zugute, daß er ihn nicht aufweist. Bei den abstrakten Gefährdungsdelikten abstrakter Gefährdungsdelikte zugleich zur Produktion vorverlagerter, „vergeistigter“ Rechtsgüter mit der Folge, daß Gefährdung und Verletzung in einem Punkt zusammenfallen?“ 377 Siehe o. S. 96 ff. 378 Zu dem Problem der „absoluten Ungefährlichkeit“ sogleich im Text. 379 Vgl. dazu Otto, Grundkurs BT, § 78 Rn 5; Arzt / Weber, StrR BT, § 35 Rn 52 ff. 380 So auch Seelmann, ZStW 95 (1983), S. 806; Jakobs, StrR AT, S. 684; Drywa, Die materiellrechtlichen Probleme des V-Mann-Einsatzes, S. 108; Mitsch, Straflose Provokation, S. 236.

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begründet also das Fehlen des rechtsgutsfeindlichen Willens, im Gegensatz zu den Verletzungsdelikten, nicht die Straflosigkeit des „agent provocateur“381. Die Realisierung der generellen Gefährlichkeit, die das von ihm veranlaßte Verhalten des Haupttäters mit sich bringt, muß er – ebenso wie der Täter – weder gewollt noch in Kauf genommen haben, um strafbar zu sein. Es genügt, daß er diese generell gefährliche Handlung veranlaßt hat. Um dieses aus kriminalpolitischer Sicht unerwünschte Ergebnis der Strafbarkeit des Provokateurs zu korrigieren, wurde versucht, dessen Straflosigkeit durch eine einengende Tatbestandsauslegung der abstrakten Gefährdungsdelikte in denjenigen Fällen zu begründen, in denen der Provokateur durch Vorkehrungen dafür gesorgt hat, daß sich die abstrakte Gefahr nicht verwirklichen kann. In solchen Fällen liege nämlich nur ein Versuch vor382. Diese Lösung überzeugt jedoch nicht. Zu den bereits vorgebrachten Einwänden383 gegen die Ansicht, die auf die tatbestandsaus381 Ebenso verhält es sich bei den konkreten Gefährdungsdelikten (z. B. §§ 307 Abs. 1, 308 Abs. 1, 315b Abs. 1, 315c Abs. 1 StGB). Bei ihnen wird zwar im Gegensatz zu den abstrakten Gefährdungsdelikten der Eintritt einer konkreten Gefahr für das jeweils geschützte Rechtsgut verlangt; es ist aber weder eine Rechtsgutsverletzung noch ein darauf gerichteter Vorsatz für die Strafbarkeit des Täters erforderlich (Gefährdungsvorsatz genügt – vgl. Arzt / Weber, StrR BT, § 35 Rn 101 ff.). Die Strafbarkeit ist auch hier sowohl objektiv als auch subjektiv vorverlegt. Der fehlende Verletzungswille des Provokateurs kann also ebensowenig wie bei den abstrakten Gefährdungsdelikten seine Straflosigkeit begründen. Wie Mitsch, Straflose Provokation, S. 236, richtig bemerkt, „das Fehlen des Verletzungswillens beim Teilnehmer führt zu keinem Strafwürdigkeitsdefizit im Verhältnis zu einem lediglich die notwendigen Strafbarkeitsvoraussetzungen eines Gefährdungsdelikts erfüllenden – also ohne Verletzungsvorsatz handelnden – Täter“. 382 So Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 74; Diercks, AnwBl. 1987, S. 163; Schünemann, StV 1985, S. 429, der bei abstrakten Gefährdungsdelikten eine Vollendung mit der Begründung ablehnt, „daß ex ante absolut ungefährliche Verhaltensweisen im Wege einer teleologischen Reduktion generell aus dem Anwendungsbereich der abstrakten Gefährdungsdelikte auszuscheiden sind“. In bezug auf die BtM-Delikte nimmt auch Schwarzburg, Tatprovokation, S. 56 f., eine Straflosigkeit des Provokateurs in manchen Fällen an, nämlich, wenn der Provokateur ein handlungsneutralisierendes Verhalten aufweist, wenn er also durch geeignete Maßnahmen die Möglichkeit ausschliesse, daß das Rauschgift durch den Handel auf dem Weg zum Konsumenten weiterkomme (Tatprovokation, S. 27). Sich selbst widersprechend räumt jedoch Schwarzburg in bezug auf das abstrakte Gefährdungsdelikt der schweren Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 StGB n. F.) ein, daß auch unter Einbeziehung der Handlungsneutralisierung eine Reihe von Fällen der Provokation im Vollendungsbereich übrig bleibe, die nicht befriedigend zu lösen seien. „Das gilt für Delikte, deren Wortlaut keinen hinreichenden Bezug zu der strafwürdigen Rechtsgutsbeeinträchtigung herstellen . . . Dieser Rest von nicht rechtsgutsbeeinträchtigenden, aber gemäß § 26 StGB tatbestandsmäßigen Anstiftungshandlungen muß wegen des Geltungsanspruchs des geschriebenen Rechts hingenommen werden“ – Tatprovokation, S. 37. Solche Delikte sind aber auch die BtM-Delikte, bei denen jedoch Schwarzburg eine strafbefreiende Funktion der Handlungsneutralisierung annimmt. 383 Siehe o. S. 95 f. Siehe auch dazu Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 357: „. . . ob die zur Gefahrhinderung ergriffenen Gegenmaßnahmen wirklich gleich wirksam waren wie das gebotene Unterlassen der fraglichen Handlung, kann auch bei einer in bezug auf das Ausbleiben einer Rechtsguts(objekts)verletzung und -gefährdung noch so günstigen (ex ante-)

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schließende Wirkung des handlungsneutralisierenden Verhaltens des Provokateurs abstellt, ist hinzuzufügen, daß bei einigen abstrakten Gefährdungsdelikten die Unterscheidung zwischen Versuch und Vollendung der Tat schwerfällt384. Eine derartige restriktive Tatbestandsauslegung ist weiterhin mit dem Willen des Gesetzgebers und der Struktur der abstrakten Gefährdungsdelikte nicht vereinbar. So führt der BGH in seiner oft zitierten Entscheidung über die Problematik der Beteiligung an den abstrakten Gefährdungsdelikten aus (allerdings in Form der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln §§ 11 BtMG, 27 StGB)385: „. . . wegen Beihilfe kann nur bestraft werden, wer den zur Vollendung der Haupttat erforderlichen Erfolg, die Verletzung des durch den Straftatbestand geschützten Rechtsguts, wollte386, oder – bei bedingtem Vorsatz – doch damit rechnete und die Unterstützungshandlung auch für diesen Fall vorgenommen hat387. . . . Mißbilligter Erfolg im Sinne des Straftatbestandes des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist aber nur ein solcher Vorgang, der das Rauschgift auf dem Weg zum Konsumenten weiterbringt, nicht aber ein Umsatz, durch den es der Polizei in die Hände gespielt und damit aus dem Verkehr gezogen wird“. Über die Tatsache hinaus, daß der Weg des Rauschgifts zum Konsumenten ex ante fast nie mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, so daß die Gegenmaßnahmen des Provokateurs schon deswegen als Kriterium für seine Straflosigkeit scheitern müssen, ist auch einzuwenden, daß die am geschützten Rechtsgut orientierte Restriktion, die der BGH vornimmt, der Struktur der abstrakten Gefährdungsdelikte fremd ist. Diese Entscheidung fordert nämlich zur Vollendung des Straftatbestandes des Handeltreibens einen Verletzungserfolg und einen darauf gerichteten Vorsatz (Zitat: „. . . den zur Vollendung der Haupttat erforderlichen Erfolg, die Verletzung des durch den Straftatbestand geschützten Rechtsguts . . .“)! Eine solche Begründung umgeht jedoch die Institution der abstrakten Gefährdungsdelikte, deren Wesen und Besonderheit genau in dem Fehlen eines (Verletzungs)Erfolges und eines RechtsgutsverPrognose zuverlässig erst ex post beurteilt werden, wenn nämlich feststeht, ob der zu verhindernde Erfolg auch wirklich ausgeblieben ist“. 384 Z. B. bei dem Subventionsbetrug (§ 264 StGB): Die Tat ist bereits vollendet, sobald der Täter die unrichtigen oder unvollständigen Angaben macht. Eine Täuschung der Behörde ist nicht erforderlich. Wann von einem Versuch (hier straflos) gesprochen werden kann, ist unter dieser Tatbestandsauffassung nicht offensichtlich. Denn bereits mit den Angaben ist die Tat vollendet. Schwierigkeiten können auch beim § 298 StGB (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen) auftauchen. Mit der Abgabe des Angebots durch den Täter ist die Tat bereits vollendet. Wann ein (strafloser) Versuch liegt, ist nicht leicht zu erkennen. Ebenso bei § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Dieser Tatbestand ist, wie richtig Seelmann, ZStW 95 (1983), S. 803 anmerkt, „bereits mit jeder auf den Umsatz gerichteten Tätigkeit, mit jedem Verhandlungsangebot vollendet“, so daß – angesichts der Weite des Vollendungstatbestands – eine Unterscheidung zwischen Versuch und Vollendung der Tat große Schwierigkeiten bereitet. 385 BGH StV 1981, 549. Die Rechtsprechung hält den Einsatz von Lockspitzeln vor allem bei der organisierten Kriminalität grundsätzlich für notwendig und akzeptabel. So z. B. BVerfG NStZ 1991, 445; siehe weit. Nachw. bei Roxin, LK-StGB, § 26 Fußn. 86. 386 Hervorhebung von mir. 387 Hervorhebung von mir.

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letzungswillens besteht388. Eine solche Auslegung würde die Umdeutung der abstrakten Gefährdungsdelikte in Verletzungsdelikte bedeuten, offensichtlich gegen den Willen des Gesetzgebers, der die abstrakten Gefährdungsdelikte gezielt so strukturiert hat, damit die für das geschützte Rechtsgut generell gefährlichen Handlungen erfaßt werden, ohne daß eine (gewollte oder ungewollte) Gefährdung oder Verletzung des Schutzguts im Einzelfall erforderlich ist. Es scheint jedoch tatsächlich merkwürdig, in Fällen absoluter Ungefährlichkeit eine Strafbarkeit anzunehmen. Deswegen wurde der Versuch unternommen, in Fällen absoluter Ungefährlichkeit eine Straflosigkeit des Provokateurs zu begründen. So hat Schröder389 die Auffassung vertreten, daß bei einigen abstrakten Gefährdungsdelikten der Gegenbeweis der Ungefährlichkeit der tatbestandsmäßigen Handlung möglich sei. Nehmen wir das folgende Beispiel an: B setzt ein Wohnhaus in Brand. Zu dieser Handlung wurde er von A angestiftet, der sich zuerst nach sorgfältiger Durchsuchung des Gebäudes davon überzeugt hat, daß sich kein Mensch im Gebäude aufhielt. Tatsächlich tritt eine Gefährdung anderer Menschen, wie von A geplant, nicht ein.

A wäre nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen wegen Anstiftung zur schweren Brandstiftung gem. §§ 26, 306a Abs. 1 StGB strafbar. Denn die konkrete Gefährdung eines Menschenlebens und der darauf gerichtete Vorsatz sind für die Bejahung der Strafbarkeit gem. § 306a Abs. 1 StGB nicht erforderlich. Sowohl der subjektive als auch der objektive Tatbestand ist bereits mit der vorsätzlichen Handlung des „In-Brand-Setzens“ erfüllt; ein solches Verhalten wurde vom Gesetzgeber gerade aufgrund seiner generellen Gefährlichkeit für das menschliche Leben vertatbestandlicht. Der Provokateur wollte auch die Durchführung dieser Handlung, obwohl er die Realisierung der Gefahr, die eine solche Handlung typischerweise mit sich bringt, nicht in seinen Vorsatz aufgenommen hat und sich des weiteren über das Ausbleiben des Gefahreintritts, zu dem es auch tatsächlich nicht gekommen ist, vergewissert hat. In solchen Fällen absoluter Ungefährlichkeit will Schröder den Gegenbeweis zulassen, daß in concreto eine Gefährdung ausgeschlossen war: „In einem derartigen Fall können aber die Beweisschwierigkeiten, die bei anderen abstrakten Gefähdungsdelikten auftreten, kaum als durchschlagend anerkannt werden. Man wird daher annehmen müssen, daß in solchen Fällen die gesetzliche Vermutung der Gefährlichkeit nicht unwiderleglich ist, vielmehr dem Gericht die Befugnis zusteht, den Gegenbeweis gegen die Gefährlichkeit im Einzelfall zu führen und den Tatbestand dann nicht anzuwenden, wenn festgestellt werden kann, daß die Tat zu keiner denkbaren Gefährdung von Menschenleben geführt hat“390. Eine gründliche Auseinandersetzung mit der Auffassung Schröders ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Denn diese Auffassung betrifft das Wesen der 388 389 390

Siehe o. S. 104 f. Schröder, ZStW 81 (1969), S. 15 ff.; so auch Rudolphi, Maurach-FS, S. 59 f. Schröder, ZStW 81 (1969), S. 16.

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abstrakten Gefährdungsdelikte und ist daher nicht teilnahmespezifisch391. Der Forderung des Gegenbeweises der Ungefährlichkeit, der nach dieser Auffassung zur Straflosigkeit des Provokateurs führt, soll nur kurz folgendes entgegengesetzt werden: man kann nicht einen Beweis gegen etwas vorbringen, was vom Gesetzgeber gezielt nicht in den Tatbestand aufgenommen wurde392. Wie kann die Ungefährlichkeit eines Verhaltens bewiesen werden, wenn seine Gefährlichkeit überhaupt nicht verlangt wird? Der Gegenbeweis der Ungefährlichkeit würde in diesem Fall das Motiv des Gesetzgebers betreffen. Der Gesetzgeber hat nämlich eine Handlung wegen ihrer generellen Gefährlichkeit als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet. Die generelle Gefährlichkeit des Verhaltens ist der Grund für seine Vertatbestandlichung; sie ist jedoch selbst kein Tatbestandsmerkmal. Die Forderung, einen Gegenbeweis der Ungefährlichkeit eines Verhaltens zuzulassen, kann also nur als Forderung an den Gesetzgeber verstanden werden, insbesondere die abstrakten Gefährdungsdelikte durch eine einschränkende Bestimmung zu begrenzen. Wenn andererseits – auf der Basis der Präsumtionstheorie393 – die konkrete Gefahr bei den abstrakten Gefährdungsdelikten als ein unrechtsbegründendes ungeschriebenes (präsumiertes) Tatbestandsmerkmal angesehen wird394, dann bedeutet eine solche Betrachtung zugleich die Umwandlung der abstrakten in konkrete Gefährdungsdelikte, was jedoch eine Umgehung der Institution der abstrakten Gefährdungsdelikte und des Willens des Gesetzgebers zur Folge hat395. Der Provokateur bleibt also der Natur der abstrakten Gefährdungsdelikte zufolge auch in den Fällen absoluter Ungefährlichkeit strafbar. Ein Teil der Literatur hat die Straflosigkeit des „agent provocateur“ trotz Vollendung des abstrakten Gefährdungsdelikts bei denjenigen Gefährdungstatbeständen bejaht, bei denen das Gesetz eine strafbefreiende „tätige Reue“ nach deren Vollendung zuläßt. Eine strafbefreiende tätige Reue ist bei den §§ 264 Abs. 5 (Subventionsbetrug), 265b Abs. 2 (Kreditbetrug) und 298 Abs. 3 (Wettbewerbsbe391 Näher zum Ganzen und insbes. in bezug auf die Auffassung Schröders: Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 199 ff. und passim. Gegen die Möglichkeit eines Gegenbeweises der Ungefährlichkeit schon Franzheim, NJW 1979, S. 2016 f.; Drywa, Die materiellrechtlichen Probleme des V-Mann-Einsatzes, S. 104 f.; Gnägi, Der V-Mann-Einsatz, S. 23, der jedoch für die Straflosigkeit des Provokateurs in Fällen absoluter Ungefährlichkeit plädiert (S. 26); Mitsch, Straflose Provokation, S. 238 ff. 392 Die Klausel der „tatbestandslosen Tatbestandsmäßigkeit“ (dazu siehe o. S. 65 f.) findet bei abstrakten Gefährdungsdelikten keine Anwendung. Denn die Vertatbestandlichung eines Verhaltens und somit seiner Strafbarkeit trotz fehlender Rechtsgutsbeeinträchtigung in concreto macht die Natur der abstrakten Gefährdungsdelikte aus. 393 Diese Theorie geht von dem vermeintlichen Erfordernis eines Gefahrerfolges oder / und der Gefährlichkeit der Handlung im Einzelfall aus. Ausführlich dazu Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 151 ff. 394 So z. B. Rabl, Der Gefährdungsvorsatz, S. 19 ff.; Michels, Strafbare Handlung, S. 73. 395 Siehe auch o. Fußn. 392. Zur verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit der Präsumtionstheorie siehe Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, 349 ff. Nach Graul ist an eine Einschränkung der Strafbarkeit nur in Form von Strafausschließungsgründe i. e. S. zu denken (Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 352, 358 ff.).

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

schränkende Absprachen bei Ausschreibungen) StGB zugelassen. So führt Mitsch aus, daß bei diesen Delikten die Straflosigkeit tatprovozierenden Verhaltens dogmatisch begründbar sei, wenn der Provokateur selbst nach Vollendung der Tat dafür sorge, daß der in den Rücktrittsvorschriften näher umschriebene Erfolg nicht eintrete396. Die Straflosigkeit beruht nach der Meinung von Mitsch auf direkter oder entsprechender Anwendung der Sondervorschriften über „tätige Reue“, welche den Erfolgsabwendungsbemühungen der Tatbeteiligten nach Tatvollendung strafbefreiende Wirkung verleihen397. Nach Seelmann kommt ein Rückgriff auf die Vorschriften über „tätige Reue“ für den „agent provocateur“ nicht in Betracht. Denn „viele dieser Vorschriften . . . stellen ohnehin die Straflosigkeit nur als eine alternative Möglichkeit neben die Strafmilderung . . . Im übrigen sind diese Vorschriften eng auszulegen und passen in ihrer Ratio nicht auf den Lockspitzel“398. Eine analoge Anwendung der Rücktrittsregelung des § 24 Abs. 2 StGB auf den Provokateur ist in der Tat abzulehnen. Nicht nur weil diese Vorschrift den Rücktritt vom Versuch regelt, sondern auch, weil ihre Ratio nicht auf die Figur des „agent provocateur“ paßt. Diese Regelung ist nämlich für denjenigen Tatbeteiligten gedacht, der sich sowohl subjektiv als auch objektiv gegen ein Rechtsgut richtet und die Ausführung der Tat noch im Versuchsstadium freiwillig aufgibt (als Täter agierend) oder freiwillig die Vollendung verhindert (als Tatbeteiligte agierend). Die Rücktrittsregelung will ihm ein Motiv geben sowie ihn dafür belohnen, daß er auf den Rechtsboden zurückgekehrt ist. Der Sinn dieser Vorschrift besteht also nicht darin, den Provokateur freizusprechen, der die Rechtsgutsverletzung von Anfang an nicht wollte und demzufolge nie strafwürdig wurde399. Dieses Muster ist also nicht auf die Provokation bei abstrakten Gefährdungsdelikten zu übertragen. Der Provokateur genießt kein Rücktrittsprivileg. Die Vorschriften über „tätige Reue“, die manche abstrakte Gefährdungsdelikte enthalten400, sind jedoch aus anderen Gründen geschaffen worden. Sie bieten dem Täter keine Motivation zur Unterbrechung des Rechtsgutsangriffs an. Denn ein auf die Rechtsgutsverletzung gerichteter Vorsatz ist bei abstrakten Gefährdungsdelikten nicht erforderlich. Es genügt, wie gezeigt wurde, daß der Täter eine Handlung vornimmt, die generell gefährlich ist. Die Vorschriften über die „tätige Reue“ wollen lediglich denjenigen honorieren, der sich in concreto als ungefährlich erweist, indem er die Realisierung der Gefahr, die seine Handlung mit sich bringt, abwendet. Die Untersuchung hat ergeben, daß der Provokateur bei abstrakten Gefährdungsdelikten als Anstifter zu bestrafen ist. 396 397 398 399 400

StGB.

Mitsch, Straflose Provokation, S. 245. Mitsch, Straflose Provokation, S. 249. Seelmann, ZStW 95 (1983), S. 814. Siehe o. S. 91 f. Siehe z. B. §§ 306e Abs. 1, 314a Abs. 2 Nr. 1, 264 Abs. 5, 265b Abs. 2, 298 Abs. 3

II. Provokation einer Deliktsvollendung ohne Beendigungswillen

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Die Vorschriften über tätige Reue, die eine fakultative Strafmilderung oder Strafbefreiung vorsehen (so z. B. §§ 306e Abs. 1, 314a Abs. 2 Nr. 1), können auch nicht die Straflosigkeit des „agent provocateur“ begründen. Denn auch wenn es dem Provokateur gelingt, den Verletzungserfolg in solchen Fällen abzuwenden, ist daraus seine Straflosigkeit nicht zwangsläufig abzuleiten. Es steht nämlich dem Gericht frei, ob es in einem solchen Fall den Provokateur straffrei spricht oder nicht, oder ob der Provokateur nur milder bestraft wird. Ein eindeutiger Schluß auf die Straflosigkeit des Provokateurs läßt sich also von diesen Vorschriften nicht ziehen. In den Fällen jedoch, in denen eine strafbefreiende „tätige Reue“ zugelassen ist (§§ 264 Abs. 5, 265b Abs. 2, 298 Abs. 3 StGB), soll der Provokateur straflos bleiben, wenn er ein erfolgsverhinderndes Verhalten aufweist. Denn er erfüllt die Voraussetzungen, die diese Vorschriften fordern. Er erfüllt nämlich den subjektiven und objektiven Tatbestand eines Strafgesetzes (§ 26 in Verbindung mit dem jeweiligen abstrakten Gefährdungsdelikt) und wendet durch sein Verhalten den (Verletzungs)Erfolg ab. Die Herbeiführung einer generell gefährlichen Handlung, die zunächst seine Strafbarkeit begründet, wird durch sein in concreto erfolgsabwendendes Verhalten in den Fällen kompensiert, in denen das Gesetz einen strafbefreienden Rücktritt von der Vollendung zuläßt. Demnach liegt eine straflose Provokation bei abstrakten Gefährdungsdelikten mit Vorschriften über eine strafbefreiende „tätige Reue“ vor, nämlich bei den Delikten Subventionsbetrug (§ 264 Abs. 5 StGB), Kreditbetrug (§ 265b Abs. 2 StGB) und Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 Abs. 3 StGB)401. In diesen Fällen erfolgt jedoch die Straflosigkeit des Provokateurs nur, wenn er tatsächlich den Verletzungserfolg abwendet. Die strafbefreiende tätige Reue ist ein Strafaufhebungsgrund, sie kommt also in Betracht, nachdem die Strafbarkeit des Provokateurs als Anstifter bejaht wird. Der Provokateur eines abstrakten Gefährdungsdelikts, das eine strafbefreiende tätige Reue zuläßt, wird, vorausgesetzt er hat durch sein Verhalten den Verletzungserfolg verhindert, straflos bleiben, nicht jedoch, weil er nicht die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Anstiftung erfüllt, sondern nur, weil er den Verletzungserfolg abgewendet hat. Gelingt es ihm nicht, dann ist er als Anstifter zu bestrafen. c) Ergebnis Bei Delikten, die eine inkongruente Tatbestandsstruktur haben, ist eine straflose Provokation im Vollendungsbereich zu bejahen. Denn der Provokateur, der die überschießende Innentendenz nicht aufweist, erfüllt nicht den subjektiven Tatbestand einer Anstiftung zu diesen Delikten, unabhängig davon, ob es sich um Delikte handelt, bei denen die Rechtsgutsverletzung nicht vom objektiven Tatbestand erfaßt wird (wie z. B. beim § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB), oder um Delikte, bei denen die Rechtsgutsverletzung bereits mit der Erfüllung des objektiven Tatbestandes 401

So auch Mitsch, Straflose Provokation, S. 249.

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B. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

eintritt (wie z. B. beim § 263 StGB). Im ersten Fall ergibt sich die Straflosigkeit des Provokateurs aus der Rechtsgutslösung, die der Aufgabe des Strafrechts entsprechend auch die Straflosigkeit des klassischen „agent provocateur“ begründet (der Provokateur nimmt die Rechtsgutsverletzung nicht in seinem Vorsatz auf). Im zweiten Fall ist die Straflosigkeit des Provokateurs, der die unrechtsbegründende überschießende Innentendenz ohne Rechtsgutsbezug nicht aufweist, aus der höchstpersönlichen Natur solcher Merkmale (Innentendenzen) abzuleiten (der Provokateur weist nicht diejenige Merkmale auf, die der Gesetzgeber als erforderlich für eine Strafbarkeit betrachtet hat). In Fällen der Provokation bei abstrakten Gefährdungsdelikten ist jedoch eine Anstifterstrafbarkeit des Provokateurs wegen der Besonderheiten dieser Delikte anzunehmen. Eine Ausnahme bilden die abstrakten Gefährdungsdelikte, die eine strafbefreiende „tätige Reue“ zulassen. Bei diesen Delikten ist eine straflose Provokation strafbarer Tatbestandsverwirklichung nur dann, aber auch stets dann anzunehmen, wenn es dem Provokateur gelingt, den in den Vorschriften über die tätige Reue näher umschriebenen Erfolg (§§ 264 Abs. 5, 265b Abs. 2, 298 Abs. 3 StGB) abzuwenden.

C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters I. Die Rechtsprechung Es ist mehr als 140 Jahre her, daß diese Rechtsfrage in Deutschland höchstrichterlich entschieden worden ist („Rose-Rosahl“-Fall)402. Das Preußische Obertribunal bestätigte die Anklage, die gegen Rose auf vollendeten Mord und gegen Rosahl auf Anstiftung zu diesem Mord lautete. In bezug auf die Strafbarkeit des Anstifters hat das Gericht folgendermaßen argumentiert403: Der Anstifter solle so bestraft werden, wie wenn er die Tat „selbst als Thäter (physischer Urheber) begangen hätte. Seine Strafbarkeit ist von der Thätigkeit des Angestifteten, in dessen Hand er die Ausführung gelegt und dessen Geschicktheit oder Ungeschicktheit er diese anvertraut hat, dergestalt abhängig, daß nur ein wirklicher Exzeß – wo ein Mehreres oder ein Anderes getan ist – ihm nicht zuzurechnen ist. Ein solcher wirklicher Exzeß liegt aber da nicht vor, wo – wie hier – der gedungene Lohnmörder nur durch Irrthum in der Person desjenigen, gegen welchen er seine Thätigkeit richtet, sich in dem Schlachtopfer vergreift. Dieser handelt aber dann nicht etwa bloß auf Veranlassung des Anstifters oder bei Gelegenheit der Ausführung des Auftrages, sondern die Anstiftung ist für ihn dergestalt fortdauernd bestimmend gewesen, daß seine That als Produkt der Anstiftung erscheint. Es hat Kausalnexus zwischen der Anstiftung zu einem Mord, und der eine qualitativ gleiche Handlung ausmachenden That stattgefunden und nur hat der Anstifter, in Folge des bei der Ausführung eingetretenen Irrthums des Thäters seinen Zweck nicht erreicht, was für den Thatbestand des angestifteten Verbrechens und für die Strafbarkeit des Anstifters ebensowenig, als für die des angestifteten Thäters von rechtlicher Bedeutung ist.“

Im Jahre 1990 hat sich der BGH zum ersten Mal seit dem berühmten „Rose-Rosahl“-Fall höchstrichterlich zu der Frage geäußert, wie sich der „error in persona“ des Haupttäters auf den Anstifter auswirkt404. Der BGH hat ebenfalls eine vollendete Anstiftung des Angeklagten bejaht. In seiner Begründung folgt der BGH 402 Preuß. Obertribunal, GA 7 (1859), 322 ff. In diesem berühmten Fall hat Rosahl den Rose veranlaßt, den Schliebe zu ermorden. Aufgrund einer Objektsverwechslung, der Rose erlag, tötete er jedoch nicht den Schliebe, sondern den Harnisch. 403 Preuß. Obertribunal, GA 7 (1859), 336 ff. 404 BGHSt 37, 214. In diesem sogenannten „Hoferbenfall“ hatte der Angeklagte, der die Tötung des eigenen Sohnes K zur Rettung seiner Familie und seines Hofes aufgrund des schlechten Benehmens seines Sohnes für nötig erachtete, den S veranlaßt, ihn (K) zu töten. Dem Mitangeklagten S ist jedoch bei der Ausführung der Tat ein Identitätsirrtum unterlaufen, demzufolge er nicht den K, sondern den B erschoß.

8 Nikolidakis

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

ähnlichen dogmatischen Wegen wie das Preußische Obertribunal. Mit den Worten des BGH405: „Nach Ansicht des Senats muß Ausgangspunkt das im Gesetz geregelte Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme sein. Nach § 26 StGB wird der Anstifter gleich dem Täter bestraft. Hiernach verwirklicht der Anstifter grundsätzlich gleiches Unrecht wie der Täter. ... Hiernach bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, wenn ein in der Person des Täters unbeachtlicher Umstand im Gegensatz dazu bei dem Anstifter als rechtserheblich behandelt werden soll. . . . Der Irrtum des Mitangeklagten stellte sich für den Angeklagten zwar als eine Abweichung vom geplanten Tatgeschehen dar, sie ist aber rechtlich unbeachtlich, weil sie sich in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hielt, so daß eine andere Bewertung der Tat nicht gerechtfertigt ist. . . . Die Regeln für das Fehlgehen des Angriffs (aberratio ictus) finden bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden keine Anwendung. Sie sind – als Sonderfall der Kausalabweichung – für Geschehensabläufe entwickelt worden, in denen der Täter das Angriffsobjekt vor sich sieht, an seiner Stelle aber ein anderes Objekt verletzt“.

Der BGH hat sich im Jahre 1997 erneut mit der gleichen Problematik befaßt und an seiner Entscheidung von dem Jahre 1990 festgehalten, ohne jedoch eine weitergehende Begründung vorzunehmen406: „Auch für diese Angeklagten als Anstifter ist der Fehler der Täter . . . rechtlich unbeachtlich. Diese Rechtsfolge für einen Anstifter hat der BGH bereits entschieden. . . . Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der erhobenen Kritik fest. . . . Für die Anstifter lag hier jedenfalls die Verwechslung ebenso wie für die Täter ,in der Streubreite des . . . gesehenen Risikos‘ “.

Da eine weitergehende Begründung im zweiten BGH-Urteil fehlt, wird bei den nachfolgenden Erwägungen kein Bezug darauf genommen. Es folgt jedoch eine Auseinandersetzung mit der ersten BGH-Entscheidung („Hoferbenfall“). II. Meinungsstand Anläßlich dieser höchstrichterlichen Entscheidungen hat die Strafrechtswissenschaft in diesen 140 Jahren nicht aufgehört, sich mit dieser Rechtsfrage intensiv zu beschäftigen, ohne jedoch dabei zu Einigkeit zu gelangen. Manche Autoren befürworten das Ergebnis der Revisionsgerichte, demzufolge die Objektsverwechslung des Haupttäters für den Anstifter grundsätzlich unbeachtlich sein soll407. DemBGHSt 37, 217 f. BGH, Urt. v. 7. 10. 1997 – NStZ 1998, S. 294 f. (295). 407 Schröder, JR 1958, S. 428; Backmann, JuS 1971, S. 119 f.; Müller-Dietz und Backmann, JuS 1971, S. 412 ff.; Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 353 f.; Puppe, GA 1984, S. 120 ff.; dies., NStZ 1991, S. 123 ff.; Streng, JuS 1991, S. 910 ff.; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 23; Mitsch, Jura 1991, S. 373 ff.; Küpper, JR 1992, S. 294 ff.; Geppert, 405 406

III. Kritik des BGH-Urteils

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gegenüber erblickt die heute herrschende Lehre in dem „error in persona“ des die Tat Ausführenden ein Fehlgehen des Angriffs („aberratio ictus“) des Hintermannes mit der Folge, daß dieser nur wegen versuchter Anstiftung und gegebenenfalls fahrlässiger Tat bestraft werden kann408. Manche Verfechter der h. M. nehmen jedoch eine Anstiftung zum Versuch an409. III. Kritik des BGH-Urteils – Das Akzessorietätsund das Vorhersehbarkeitskriterium Der BGH hat sich, wie bereits ausgeführt, der Entscheidung des Preuß. Obertribunals angeschlossen und sie im wesentlichen bestätigt, jedoch mit der Einschränkung, daß nur bei vorhersehbaren Verwechslungen, wie es bei dem von ihm behandelten Sachverhalt der Fall sei, eine Anstiftung durch den Hintermann vorliegen soll. Von der Gleichstellung des Anstifters mit dem Täter ausgehend, die in § 26 StGB Ausdruck findet, verlangt der BGH für die Annahme einer erheblichen Auswirkung des (unbeachtlichen) Identitätsirrtums des Täters auf den Anstifter eine besondere Begründung und eröffnet somit erneut die Diskussion über die Irrtumsproblematik. Diese oberflächliche Auseinandersetzung mit den Fragen, die sich bei solchen Konstellationen erheben, läßt einige Wünsche offen und gibt Anlaß zu Kritik. Die Begründung des BGH-Urteils ist schon in ihrem Ausgangspunkt verfehlt. Aus der Gleichstellung des Anstifters mit dem Täter gem. § 26 StGB folgt nämlich nicht zwingend die Unbeachtlichkeit des Objektsirrtums des Täters für den Anstifter410. Jura 1992, S. 166 ff.; Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 105 ff.; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 577 ff. 408 Binding, Normen III, S. 214 ff.; Bemmann, MDR 1958, S. 817 ff.; ders., Stree / Wessels-FS, S. 397 ff.; Loewenheim, JuS 1966, S. 312 ff. der, obwohl er den „aberratio ictus“-Regeln folgt, mit dem Ergebnis des Revisionsgerichts übereinstimmt, da er die „aberratio ictus“ ebenso wie den „error in persona“ als unbeachtlich betrachtet; Letzgus, Vorstufen, S. 54 ff.; Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 66; Sax, ZStW 90 (1978), S. 947; Alwart, JuS 1979, S. 351 ff.; Rudolphi, SK-StGB, § 15 Rn 30; Otto, JuS 1982, S. 562, ders., Grundkurs AT, S. 316; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 659; Schreiber, JuS 1985, S. 877; Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 158 ff.; Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 90 ff.; ders., JZ 1991, S. 680 f.; ders., Spendel-FS, S. 289 ff.; Müller, MDR 1991, S. 830 f.; Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 203; Schlehofer, GA 1992, S. 307 ff.; Stoffers, JuS 1993, S. 837 ff.; Sowada, Jura 1994, S. 37 ff. 409 Puppe, NStZ 1991, S. 124, die zwar keine Vertreterin der „aberratio ictus-Lehre“ ist, behauptet aber, daß der Täterangriff auf das falsche Objekt gerade den Versuch darstelle, den im Sinne des Anstifters richtigen zu treffen; Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 561; anders aber ders., StrR AT Stb, S. 316 Fußn. 67; Stratenwerth, Baumann-FS, S. 68 f. m. w. N., der früher (StrR AT I, 3. Aufl. Rn 287) für die „aberratio ictus“-Lösung plädierte, stellt jedoch inzwischen (Baumann-FS, S. 57 ff.) auf die Vorgaben des Anstifters ab. Zur Annahme einer Anstiftung zum Versuch siehe u. S. 136 ff. 410 So aber Schröder, JR 1958, S. 428. Vgl. auch Mitsch, Jura 1991, S. 375: „Irrtümer, die den Vorsatz des Haupttäters nicht ausschließen, können auch die Strafbarkeit des Teilneh8*

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

Denn, wie bereits bei der Erörterung der „agent provocateur“-Frage gezeigt wurde411, ist der Anstiftervorsatz nicht akzessorisch zu behandeln. Nur diejenigen Merkmale, die der Anstifter wegen der teilnehmerischen Natur seiner Beteiligung an der Straftat nicht selbst erfüllen kann, sind ihm im Wege der Akzessorietät zuzurechnen. Den Vorsatz muß er dagegen selbst aufweisen. Die Tatsache also, daß der „error in persona“ des Täters seinen Vorsatz nicht ausschließt, bedeutet nicht zugleich, daß auch der Anstiftervorsatz notwendigerweise unangetastet bleibt. Nur wenn der Hintermann alle objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 26 StGB erfüllt hat, ist er als Anstifter zu bestrafen. Eine dieser Voraussetzungen ist das Vorliegen des Anstiftervorsatzes. Die Behauptung, aus der Gleichstellung des Anstifters mit dem Täter ergebe sich die Unerheblichkeit des Objektsirrtums des Täters für den Anstifter, setzt das zu Beweisende voraus, nämlich daß der Anstiftervorsatz vorhanden ist. Ob das jedoch immer noch zutrifft, wenn dem Haupttäter eine Objektsverwechslung unterläuft und ein anderes Objekt als das vom Hintermann vorgestellte getroffen wird, ist die Frage, um die es letztendlich geht412. Die Schwäche seiner Argumentation selbst erkennend413, versucht der BGH seine Folgerungen abzusichern, indem er die Einschränkung hinzufügt, daß die Objektsverwechslung des Täters nur dann als unbeachtlich für den Anstifter angesehen werden dürfe, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren liege. Der Vorhersehbarkeitsgedanke hat bei manchen Autoren Anklang gefunden, die mit der Entscheidung des BGH übereinstimmen414. Im Schriftum sind allerdings auch Stimmen zu finden, die das gleiche Kriterium der Vorhersehbarkeit der Verwechslung mers nicht beeinflussen“. Ähnlich auch Puppe, NStZ 1991, S. 126: „Wenn der Täter keinen Exzeß begeht und der Erfolg der Haupttat nicht aus Gründen, die in der Person des Anstifters liegen, für diesen kein Unrecht darstellte, so haftet der Anstifter für das Unrecht des Erfolges unter den gleichen Voraussetzungen wie der Täter“. 411 Siehe o. S. 96 ff. und 100 ff. 412 Gegen die Ableitung der Unerheblichkeit des Täterirrtums für den Anstifter aus Akzessorietätsgrundsätzen auch Bemmann, MDR 1958, S. 819 f.; Streng, JuS 1991, S. 914; Schlehofer, GA 1992, S. 310; Sowada, Jura 1994, S. 42. 413 „Allerdings ist die rechtliche Verknüpfung von Täterschaft und Teilnahme nicht absolut“ – BGHSt 37, 217. 414 So z. B. Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 579: „Unterläuft dem Täter, der weisungsgetreu zu handeln sucht, bei der ihm überlassenen Auswahl des Opfers ein Fehler, so muß der Anstifter sich das Ergebnis zurechnen lassen, wenn die Verwechslung sich unter den gegebenen Umständen noch in den Grenzen dessen hält, was nach der allgemeinen Lebenserfahrung voraussehbar ist“. Vgl. auch Streng, JuS 1991, S. 915, obwohl er (S. 914) die Offenheit dieses Kriteriums und die Notwendigkeit einer weiteren Absicherung des Ergebnisses anerkennt: „Eine Personenverwechslung, die dem Anstifter als gedachtem Täter selbst (in Form eines rechtlich unbeachtlichen Irrtums) unterlaufen könnte oder die er bei dem zur Tatbegehung veranlaßten Dritten nach dessen erkennbaren Fähigkeitsgrenzen für möglich halten mußte, muß er sich selbst als nur erhebliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf zurechnen lassen. Im Ergebnis wäre es auch nicht einzusehen, weshalb eine Abwälzung des Identifizierungsrisikos auf den unmittelbar Handelnden dem Hintermann zugute kommen sollte, wenn sich das vom Anstifter geschaffene Irrtumsrisiko in vorhersehbarer Weise realisiert“.

III. Kritik des BGH-Urteils

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anwenden, doch nicht zu den Anhängern der „Unbeachtlichkeitslehre“ zählen415, was zugleich dessen Untauglichkeit zur Klärung der Problematik belegt. Die Verschwommenheit dieses Kriteriums läßt beide Ansichten als vertretbar erscheinen416. Der Vorhersehbarkeitskriterium trägt also aufgrund seiner Unbestimmtheit wenig zur Rechtssicherheit bei. Wie Schlehofer richtig darlegt: „als möglich läßt sich alles prognostizieren. Auch die allgemeine Lebenserfahrung lehrt, daß es absolut sicheres Wissen über die Zukunft nicht gibt. Dann können wir für sie aber auch nichts mit absoluter Sicherheit ausschließen“417. Auch wenn man die Vorhersehbarkeit eines Geschehens mit Sicherheit annehmen könnte, würde die Einschränkung des BGH nicht zwingend zur Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter und folglich zum Vorliegen des Anstiftervorsatzes führen. Die objektive Vorhersehbarkeit eines Ereignisses taugt lediglich dazu, fahrlässiges Handeln nachzuweisen, nicht jedoch das Vorliegen vorsätzlichen Handelns. Auch wenn der Hintermann die Möglichkeit einer Objektsverwechslung erkannt hat, wenn also das Geschehen auch subjektiv vorhersehbar war, belegt dies lediglich bewußte Fahrlässigkeit. Denn der Vorsatz (auch in Form des dolus eventualis) fordert vielmehr neben dem „Wissen“ auch das „Wollen“ des Geschehens (oder das „Sich-damit-Abfinden“)418. Die Vorhersehbarkeit des Identitätsirrtums des Täters kann nach alledem nicht für dessen Auswirkung auf die Anstifterstrafbarkeit entscheidend sein419.

415 So z. B. Alwart, JuS 1979, S. 355. Vgl. auch Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65 f., der nach dem Vorhersehbarkeitskriterium der Entscheidung des BGH, nicht jedoch der des Preuß. Obertribunals zustimmt. 416 Immerhin hat die Vorinstanz, LG Bielefeld, Urteil vom 23. 10. 1989 – 10 Ks M 1 / 88 X –, S. 58, angenommen, daß das Erscheinen des falschen Opfers „schon objektiv nicht vorhersehbar“ war. Tatsächlich befremdet die Leichtigkeit, mit der der BGH die Vorhersehbarkeit eines Geschehens bejaht hat, in dessen Verlauf eine Person abends den Hof des Nachbarn betrat, dem Nachbarssohn in der Statur ähnelte und auch noch eine Tüte mit sich in der Hand führte, wie dies der Sohn des Nachbarn zu tun pflegte. Kritisch auch Roxin, JZ 1991, S. 680 Fußn. 1; Schlehofer, GA 1992, S. 308; Bemmann, Stree / Wessels-FS, S. 402. 417 Schlehofer, GA 1992, S. 308. Hervorhebung übernommen. 418 So auch Müller, MDR 1991, S. 830; Roxin, JZ 1991, 680. 419 Gegen die Betrachtung des Problems als einen Irrtum des Anstifters über den Kausalverlauf, wobei „nur wesentliche, d. h. außerhalb jeder Lebenserfahrung liegende Abweichungen erheblich sein sollen“, wendet Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 107 f., ein, der Angestiftete sei für den Anstifter nicht ein beliebiges Glied in der Kette von Kausalfaktoren, über dessen Rolle und Wirkungsweise er sich im Zweifel keine Vorstellung mache oder das entgegen seiner Vorstellung gar nicht zu existieren brauche. „Dem Anstifter geht es gerade nicht nur um den Erfolg der Haupttat, den er «irgendwie» erreichen will, sondern es kommt ihm auf den «Kausalfaktor» Täter an . . . Für den Teilnehmer kann der Täter demnach nicht wie ein erfolgsbewirkender Kausalfaktor behandelt werden, und entsprechend können die auf ihn zurückgehenden Abweichungen nicht als bloße Kausalverlaufsabweichungen betrachtet werden“.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre 1. Die Überlassung der Opferindividualisierung an den Täter Als ebensowenig stichhaltig erweisen sich die Argumente eines Teils der Literatur, der die Meinung der Rechtsprechung zu stützen versuchte. Es wurde behauptet, daß der „error in obiecto“ des Täters jedenfalls dann für den Anstifter unbeachtlich sei, wenn letzterer dem Täter die Individualisierung des Opfers überlassen habe420. Abgesehen davon, daß die von den Verfechtern dieser Meinung vorgebrachten Beispiele verwirrend sind421, überzeugt diese Ansicht nicht. Denn bei den „error in persona“-Konstellationen geht es ohnehin nur um Fälle, bei denen der Anstifter die Individualisierung des Opfers dem Täter überlassen hat. Wenn der Hintermann den Täter dazu veranlaßt, denjenigen zu erschießen, der z. B. um eine bestimmte Zeit aus einem bestimmten Haus herauskommen wird, dann unterliegt der Täter, der auftragsgemäß handelt, keiner Objektsverwechslung, wenn nicht der vom Hintermann gewünschte, sondern ein anderer Mann zum vorgesehenen Zeitpunkt das Haus verläßt. Der Täter irrt sich nämlich in solch einem Fall nicht über die Identität des Opfers; er erschießt genau denjenigen, den er nach den Vorgaben des Anstifters erschießen sollte. Die Tatsache, daß ein anderer als der vom Anstifter gewünschte, getötet wird, liegt also nicht an einem „error in persona“ des Täters, sondern an einer Fehlkonkretisierung des Opfers seitens des Anstifters, der das Opfer selbst individualisiert hat. Probleme ergeben sich erst, sobald der Hintermann die Individualisierung des Opfers dem Täter überläßt, denn nur dann kann letzterem eine Objektsverwechslung unterlaufen. Das „töte den da!“ des Anstifters läßt dem Täter keinen Spielraum. Er wählt sein Opfer nicht selbst aus, und demzufolge kann er keinem Identitätsirrtum unterliegen. Die Aussage, der „error in persona“ 420 So Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 353 f.; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 23; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 579. 421 Siehe z. B. Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 353 f.: „Stiftet A den B an, denjenigen Menschen, der um eine bestimmte Zeit eine bestimmte Waldschneise überschreitet, zu erschießen (dieser Mensch konnte nach dem Vorstellungsbild des A nur der C sein, dem der Schuß gelten sollte) und wird auftragsgemäß der Passant ermordet, der sich später als der gänzlich unbeteiligte D herausstellt, so liegt gleichwohl Anstiftung zu vollendetem Morde vor, denn der Anstifter hat das Opfer, wenn auch nicht dem Namen nach, so doch auf andere Weise ausreichend individualisiert, . . . anders natürlich, wenn der Anstifter dem Ausführenden die Individualisierung nicht überläßt: in diesem Fall läge eine aberratio ictus vor“. Einerseits vertritt Gössel die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter, wenn dieser die Individualisierung des Opfers dem Täter überlassen hat, und andererseits führt er zur Stützung seiner These ein Beispiel an, in dem der Anstifter gerade nicht die Individualisierung dem Täter überlassen hat! Denn, hat der Anstifter das Opfer „ausreichend individualisiert“, wie ist es dann gleichzeitig möglich, die Individualisierung des Opfers dem Täter zu überlassen? Was hier mit „Individualisierung“ gemeint ist, bleibt unklar. Außerdem ist dem Ausführenden in dem von Gössel gebrachten Beispiel kein „error in persona“ unterlaufen. Er hat das anvisierte Opfer getötet, ohne sich dabei zu irren. Trotzdem betrachtet Gössel diesen Fall als einen „error in persona“, bei dem die Individualisierung des Opfers dem Täter überlassen wurde!

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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des Täters sei für den Anstifter dann unbeachtlich, wenn er dem Täter die Individualisierung des Opfers überlasse, erweist sich also als nichts anderes als eine bloße Widerspiegelung der Problematik mit einer gleichzeitigen Stellungnahme für die „Unbeachtlichkeitslehre“, wobei ein Eingehen auf die eigentlichen Probleme fehlt. Somit erweist sich diese Behauptung als eigenständiges Argument als nicht haltbar.

a) Die Fehlkonkretisierung des Tatopfers seitens des Anstifters Hat der Anstifter dem Täter die Individualisierung des Opfers nicht überlassen, sondern selbst das Tatopfer durch bestimmte Vorgaben identifiziert und damit eine Identitätsvorstellung verbunden, so ist die Literatur erstaunlicherweise bisher unwidersprochen davon ausgegangen, daß es sich um einen „error in persona“ beim Anstifter handelt, wenn der Täter, obwohl er auftragsgemäß gehandelt hat, nicht das vom Anstifter vorgestellte Opfer trifft, weil eine andere Person zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort auftaucht. Bei einer solchen Konstellation handelt es sich tatsächlich um einen unproblematischen Fall, bei dem die volle Verantwortung des Anstifters für die vom Täter begangene Tat unzweifelhaft feststeht. Nicht jedoch, weil dem Anstifter ein „error in persona“ unterlaufen ist, sondern weil der Täter auftragsgemäß gehandelt hat und, ohne sich dabei zu irren, genau denjenigen getroffen hat, den er nach den Vorgaben des Anstifters treffen sollte. Der Anstifter ist in solch einem Fall nicht unbedingt einer Personenverwechslung unterlegen. Befindet sich z. B. der Hintermann zusammen mit dem Täter an einem Ort und veranlaßt er diesen, „den“ vorbeikommenden Passanten zu erschießen, in dem Glauben, es handele sich um X, dann unterläuft dem Anstifter ein unbeachtlicher „error in persona“, wenn sich der Passant als ein anderer erweist. Wenn jedoch der Hintermann gegenüber dem Täter lediglich Angaben macht, die sich als falsch in dem Sinne herausstellen, daß sie zur Erschießung eines Opfers führen, das der Identitätsvorstellung des Anstifters nicht entspricht, dann kann man nicht von einem „error in persona“ seitens des Anstifters reden. Denn letzterer war nicht derjenige, der das Opfer anvisiert hat, er hat es nicht selbst unmittelbar identifiziert, und demzufolge konnte ihm auch keine Verwechslung unterlaufen. Sein Vorsatz bleibt auch hier unangetastet, und dem Anstifter ist die Straftat des Täters – wie im Normalfall – zuzurechnen. Denn er hat vorsätzlich den Täter zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat veranlaßt. Die Fehlkonkretisierung des Opfers seitens des Anstifters ist also nicht immer einem „error in persona“ gleichzustellen. Die Fehlvorstellung des Anstifters, die zur Fehlkonkretisierung des Opfers geführt hat, stellt einen unbeachtlichen Motivirrtum dar, der sich jedoch vom „error in persona“ unterscheidet. Im ersten Fall, bei dem der Anstifter selbst einem „error in persona“ unterliegt, stellt der Identitätsirrtum des Anstifters das Motiv der Tatveranlassung dar. Er veranlaßt den Täter, „das“ Opfer zu erschießen, weil er – der Hintermann – das Opfer ver-

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

wechselt hat. Diese Verwechslung bildet sein Motiv. Stellt sich dagegen der Hintermann vor, daß X zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort erscheinen wird, unglücklicherweise jedoch ein anderer auftaucht, hat keine Verwechslung stattgefunden. Die fehlerhafte Vorstellung des Anstifters und nicht die Opferverwechslung hat den Anstoß zur Tatveranlassung gegeben. Diese Vorstellung des Anstifters ist ebenso wie der „error in persona“ ein unbeachtlicher Motivirrtum. Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei angemerkt, daß damit nicht gemeint ist, es sei dabei entscheidend, ob sich der Anstifter die Ausführung der Tat durch den Täter ansieht oder nicht. Entscheidend ist, daß sich der Anstifter einerseits zur Tatveranlassung entscheidet, weil er das Opfer verwechselt hat, während er andererseits zu seinem Entschluß kommt, weil er sich einen anderen Geschehensablauf als den tatsächlich eingetretenen vorgestellt hat, ohne dabei einem „error in persona“ zu unterliegen. Im einen Fall identifiziert der Anstifter das Opfer, weil er es sieht und es für ein anderes hält, im anderen Fall identifiziert er es lediglich durch dessen Stellung im Kausalverlauf, da er glaubt, daß nur die von ihm vorgestellte Person zu der vorgesehenen Zeit am vorgesehenen Ort erscheinen kann. Selbstverständlich kann er auch in diesem Fall den Täter bei der Ausführung des Auftrages beobachten, er hat ihm jedoch den Auftrag nicht deswegen erteilt, weil er das Opfer persönlich anvisiert und verwechselt hat, sondern aufgrund seiner – als fehlerhaft erwiesenen – Vorstellung vom Geschehensablauf. Es handelt sich dabei um zwei unterschiedliche Motivirrtümmer, die jedoch beide zu demselben Ergebnis führen, insbesondere den Vorsatz des Anstifters unangetastet lassen. 2. Die Unbeachtlichkeit der Fehlkonkretisierung = Die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums? Die Tatsache, daß der Anstiftervorsatz im Falle einer Fehlkonkretisierung des Tatopfers seitens des Anstifters unantastbar bleibt, wurde von manchen Autoren als Argument für die Nicht-Anwendbarkeit der „aberratio ictus“-Figur auf die Anstiftung herangezogen. Die Unbeachtlichkeit der Fehlkonkretisierung führe nämlich auch zur Annahme der Unbeachtlichkeit des „error in persona“ des Täters für den Anstiftervorsatz. Nach der herrschenden Meinung ist im Falle einer Objektsverwechslung des Haupttäters, bei dem der Hintermann dem Täter die Individualisierung des Tatopfers überlassen hat422, eine „aberratio ictus“ des Anstifters anzunehmen, während die Unbeachtlichkeit einer Fehlkonkretisierung des Anstifters auch von der h. M. angenommen wird. Der Vergleich dieser beiden Fälle zeige, daß deren unterschiedliche Behandlung höchst unplausibel und ungerechtfertigt sei. Denn es widerspreche dem Sinn der Konkretisierungsanforderungen, die an die Anstiftung gestellt werden müssen, wenn es sich zu Gunsten des Anstifters auswirken solle, 422

Siehe o. S. 118 f.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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daß er auf eine genaue Konkretisierung, wie im Falle eines Identitätsirrtums des Täters, verzichte423. Die Rolle der Konkretisierung sei es, die Tätertat problemlos dem Anstifter zurechnen zu können. Der Anstifter müsse sich folglich um so mehr mögliche Tatabläufe zurechnen lassen, je ungenauer er die Tat, zu der er anstiften wollte, konkretisiert habe. Nähme man eine „aberratio ictus“ des Anstifters im Falle einer Objektsverwechslung des Täters an, während die Fehlkonkretisierung des Opfers seitens des Anstifters unstreitig seinen Vorsatz unberührt lasse, so würde das bedeuten, „daß der Anstifter gerade in weiterem Umfang haftet (unbeachtlicher error in persona), wenn er eine sehr genaue Konkretisierung der Tatgelegenheit vorgenommen hat, sich jedoch unter Berufung auf einen abweichenden Tatverlauf entlasten könnte, wenn er eine solche Konkretisierung unterlassen und dem Täter allein die Identifizierung des „richtigen“ Tatobjekts überlassen hätte“424. Aus der Tatsache der Unbeachtlichkeit der Fehlkonkretisierung des Opfers seitens des Anstifters soll nach dieser Ansicht auch die Unbeachtlichkeit des „error in persona“ des Täters für den Anstifter folgen. Die unlogischen und zugleich unerwünschten Folgen, die sich nach dieser Meinung aus der gegenteiligen Annahme der Beachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstiftervorsatz ergeben, sollen die Richtigkeit dieser These stützen. Es erscheint tatsächlich sinnwidrig, den Anstifter, der dem Täter gegenüber eine genaue Konkretisierung vornimmt, wie das bei einer Fehlkonkretisierung der Fall ist, in größerem Umfang haften zu lassen als denjenigen, der bei der Veranlassung der Tat auf eine solche Konkretisierung verzichtet und sich damit begnügt, z. B. den Täter, dem letztendlich eine Personenverwechslung unterläuft, bloß dazu aufzufordern, den X zu erschießen. Eine sorgfältigere Betrachtung dieser beiden Abweichungskonstellationen ergibt jedoch, daß dieser Denkvorgang nicht zwingend zur Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter führt. Die Verfechter der oben angeführten Ansicht versuchen aus der Tatsache, daß der Anstifter einerseits die Individualisierung des Opfers selbst übernimmt und es letztendlich fehlkonkretisiert, andererseits die Individualisierung des Opfers dem Täter überläßt, ohne selbst eine genaue Konkretisierung des Opfers vorzunehmen, zu der Folgerung – als ein Argument a majore ad minus – zu kommen, wenn im ersten Fall der Anstiftervorsatz unangetastet bleibe, dann müsse das gleiche erst recht im zweiten Fall angenommen werden, so daß beide Konstellationen nicht unterschiedlich behandelt werden könnten425. Allerdings könnte dieser Vergleich nur zu einem solchen Ergebnis führen, wenn den verglichenen Konstellationen die gleiche Problemlage zugrunde läge. Ist das nicht der Fall, dann sind die Erkennt423 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 112. Siehe auch Müller-Dietz und Backmann, JuS 1971, S. 416: „Ist aber schon die falsche Auswahl des konkreten Angriffsobjekts durch den Anstifter (die Fehlkonkretisierung) unbeachtlich (= error in persona), dann muß es erst recht das Offenlassen des konkreten Angriffsobjekts (der Verzicht auf eine Konkretisierung) sein“. – Hervorhebungen übernommen. 424 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 112 f. 425 Müller-Dietz und Backmann, JuS 1971, S. 416.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

nisse, die aus diesem Vergleich gewonnen wurden, nicht gerechtfertigt. Wirft man einen vorsichtigen Blick auf die dargestellten Konstellationen, wird man feststellen, daß sie sich mit unterschiedlichen Problemlagen befassen. In beiden Fällen erhebt sich zwar die zentrale Frage, ob der Anstiftervorsatz unangetastet bleibt und folglich die Haupttat dem Anstifter zuzurechnen ist; diese Frage taucht jedoch jeweils aus verschiedenen Gründen auf. Im ersten Fall, bei dem der Anstiftervorsatz unstreitig unberührt bleibt426, wird das vom Anstifter gewünschte Opfer nur deswegen nicht getroffen, weil er selbst das Opfer fehlkonkretisiert hat. Im zweiten Fall dagegen wird nicht das „richtige“ Opfer getroffen, weil der Täter einem Identitätsirrtum unterliegt, was Zweifel hinsichtlich des Vorhandenseins des Anstiftervorsatzes aufkommen läßt. Müller-Dietz427, Backmann428 und Weßlau429 begehen den Fehler, eine Schlußfolgerung aus einem Vergleich ziehen zu wollen, die jedoch aufgrund der grundlegenden Verschiedenheit der verglichenen Konstellationen nicht haltbar ist. Denn die Frage nach dem Vorhandensein des Anstiftervorsatzes im zweiten strittigen Fall erhebt sich nicht wegen der genauen oder ungenauen Opferkonkretisierung seitens des Anstifters, sondern wegen der Personenverwechslung, die dem Täter unterlaufen ist. Sowohl die gemeinsame Frage, ob die Tätertat dem Anstifter zuzurechnen ist, als auch die gemeinsame Folge beider Konstellationen, daß das – gemäß den Wünschen des Anstifters – „falsche“ Opfer getroffen wurde, darf nicht davon ablenken, daß es sich hier um unterschiedliche Problemkonstellationen handelt, deren Vergleich daher nicht als stichhaltiges Argument gegen die Annahme einer „aberratio ictus“ des Anstifters im Falle eines „error in persona“ des Haupttäters taugt. Die engere Haftung des Anstifters, der eine profunde Opferkonkretisierung unterlassen hat, gegenüber der weitergehenden Haftung des Anstifters, der eine sehr genaue Konkretisierung der Tatgelegenheit vorgenommen hat, mag auf den ersten Blick befremden. Sie läßt sich jedoch damit erklären, daß im ersten Fall – aus der Sicht der h. M. – nicht die ungenaue Konkretisierung, sondern der Identitätsirrtum des Täters ausschlaggebend für die Privilegierung des Anstifters ist. Ein solcher Irrtum fehlt dagegen im zweiten Fall, und deswegen bleibt der Vorsatz des Anstifters und folglich auch seine Strafbarkeit unberührt. Nach alledem kann die NichtAnwendung der „aberratio ictus“-Figur auf die Anstiftung nicht aus dem Vergleich dieser beiden Abweichungskonstellationen gefolgert werden. 3. Abwälzung des Risikos Wenn jedoch eine „aberratio ictus“ des Anstifters angenommen werde, dann, so wenden Müller-Dietz und Backmann ein, „könnte jeder Urheber einer Tat das Risi426 427 428 429

Siehe o. S. 119 f. JuS 1971, S. 416. JuS 1971, S. 416. ZStW 104 (1992), S. 112.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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ko eines error in persona ohne weiteres von sich abwälzen, indem er auf eine eigene Konkretisierung des Angriffsobjekts im oben beschriebenen Sinne verzichtet und sie dem Täter überläßt“430. Aber genau dies ist die Frage, um die es letztlich geht, nämlich ob der Täterirrtum, der – wie bereits gezeigt431 – nur möglich ist, wenn die Opferkonkretisierung dem Täter überlassen wird, den Vorsatz des Anstifters berührt oder nicht. Diese Frage kann nicht bloß damit beantwortet werden, daß die Erheblichkeit des Täterirrtums für den Anstiftervorsatz eine ungerechte Abwälzung des Identifizierungsrisikos auf den Täter darstelle. Abgesehen davon, daß diese Behauptung eine kriminalpolitische, sozial-ethische Überlegung ist und demzufolge nicht als schlüssiges Argument betrachtet werden kann, erscheint sie auf einer solchen Basis nicht überzeugend. Die Annahme einer „aberratio ictus“ des Anstifters im Falle eines „error in persona“ des Täters führt gewiß zu einer Abwälzung des Risikos einer Objektsverwechslung auf den Täter. Man könnte aber erwidern, daß das letztendlich nicht so ungerecht sei, wie die Mindermeinung es erscheinen lassen will. Der Anstifter trägt immerhin das Risiko dafür, daß das von ihm ausgewählte Objekt nicht getroffen wird, ohne daß er selbst einem Irrtum unterliegen muß. Konkretisiert er dagegen selbst das Angriffsobjekt, geht er nur das Risiko ein, daß er selbst das Opfer fehlkonkretisiert, wofür aber er natürlich einzustehen hat. Die Sachlage stellt sich demnach nicht unbedingt so dar, daß jeder das Risiko einer Personenverwechslung einfach von sich abwälzen könnte, wenn er auf eine selbst vorgenommene Opferkonkretisierung verzichten würde. Denn aus sozial-ethischer Sicht könnte diese Abwälzung durchaus als gerechtfertigt erscheinen. Damit ist selbstverständlich die Richtigkeit der h. M. nicht bewiesen worden. Es sollte nur gezeigt werden, daß derartige Überlegungen rein sozial-ethischer Natur, die mit Strafrechtsdogmatik nichts zu tun haben, nichts zur Lösung oder zur Erörterung der Problematik beitragen. Die Gerechtigkeit einer Lösung ist oft eine subjektive Sache; sie hängt vom Standpunkt und vom Blickwinkel des jeweiligen Betrachters ab. Auf solche Argumentationen und die sich daraus ergeben den Resultate sollte man sich also nicht einlassen.

4. Konkretisierung der Haupttat durch den Anstifter Zum Wesen der Anstiftung gehört es nach h. M., daß die Haupttat seitens des Anstifters hinreichend konkretisiert sein muß, sei es in seinem Vorsatz, sei es in einem Verhaltensvorschlag, so daß die Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat weiterhin bestehen bleibt und der Anstifter nicht in den Fällen haftet, in denen seine Strafwürdigkeit als äußerst zweifelhaft erscheint432. 430 JuS 1971, S. 416; siehe auch Backmann, JuS 1971, S. 120; zustimmend auch Streng, JuS 1991, 915. 431 Siehe o. S. 118 f. 432 BGHSt 34, 64. Überwiegend wird das Bestimmtheitserfordernis im subjektiven Tatbestand loziert. So z. B. Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 688; Küpper, JR 1992, S. 295 f.; Stratenwerth, Baumann-FS, S. 62 f.; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 572; BGHSt, 34, 63, mit

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

a) Die Ansicht Stratenwerths Dieses Bestimmtheitserfordernis, das (auch) der Haftungsbegrenzung des Anstifters dient433, hat manche Autoren dazu veranlaßt, die Lösung des Problems aus der Konkretisierung der Haupttat durch den Anstifter herleiten zu wollen. Nach Stratenwerth kommt es für die Zurechnung der Haupttat zum Anstifter darauf an, durch welche Vorgaben der Hintermann das von ihm anvisierte Angriffsobjekt identifiziert434. Nach einer Darstellung des Meinungsstandes zu dieser Frage und einer Auseinandersetzung mit den dazu vertretenen Ansichten kommt er zu der Erkenntnis, daß die Antwort nur in dem Versuch bestehen könne, „das Verwechslungsrisiko, je nach Art und Ausmaß, dem einen oder anderen Beteiligten zuzuordnen“435. Der von Stratenwerth unternommene Versuch einer solchen Zuordnung ist krit. Anm. Roxin, JZ 1986, S. 908 f.; ausführlich dazu Ingelfinger, Anstiftervorsatz, insbes. S. 75 ff., 220 ff., der das „Bestimmen“ als „Lenken auf eine konkrete Tat“ versteht und es als eine objektiv-subjektive Sinneinheit erfaßt, wobei das subjektive Moment der Lenkung, nämlich „die innere Seite der als objektiv-subjektive Sinneinheit zu verstehenden Bestimmungshandlung“ entscheidend sei (Anstiftervorsatz, S. 79, 81). Auf diese Weise versucht Ingelfinger, den Meinungsstreit hinsichtlich der Einordnungsfrage zu relativieren. Kritisch zu der Verlegung des Problems in den subjektiven Tatbestand Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 128, mit der Einschränkung, daß die auf ein bestimmtes, „wenigstens umrißhaft individualisiertes Geschehen“ gerichtete Vorstellung des Anstifters sich auch in einem entsprechenden Verhaltensvorschlag niederschlagen müsse. „Die Beschränkung der Strafbarkeit des Anstifters durch entsprechende Konkretisierungsanforderungen muß sich also bereits im objektiven Tatbestand der Anstiftung niederschlagen“. Fehlt ein hinreichend bestimmter Verhaltensvorschlag, so muß nach Weßlau der Tatbestand der Anstiftung überhaupt verneint werden, „weil derart unkonkrete Äußerungen oder Verhaltensweisen nicht geeignet sind, eine ,Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat‘ herzustellen“; gegen das Bestimmtheitserfordernis als subjektives Tatbestandsmerkmal auch Herzberg, JuS 1987, S. 617 ff.: „Die Forderung, der Vorsatz des Anstifters müsse sich auf eine ,bestimmte‘ oder ,konkretisierte‘ Tat richten, paßt also nicht in den dogmatischen Gesamtzusammenhang“ [S. 619]. Oft wird die Bestimmtheitsproblematik sowohl im Rahmen der Anstiftungshandlung als auch beim Anstiftervorsatz behandelt – vgl. z. B. Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 344, 347; siehe auch Stratenwerth, Baumann-FS, S. 62 f., der einen konkreten Anstiftervorsatz verlangt und dann auf die Vorgaben des Hintermannes für die Lösung des Problems der Zurechnung des Objektsirrtums des Täters zu dem Anstifter abstellt. – Gegen ein Konkretisierungserfordernis und für ein Erfordernis bloßer Gattungskongruenz (tatbestandliche Gleichwertigkeit) für die subjektive Zurechnung der Tat schon bezüglich des Tätervorsatzes plädieren Noll, ZStW 77 (1965), S. 5 ff.; Loewenheim, JuS 1966, S. 310 ff.; Welzel, Strafrecht, S. 73; Puppe, GA 1981, 1 ff.; Kuhlen, Irrtum, S. 492 ff. Nach dieser (Minder)Ansicht, die lediglich auf die tatbestandliche Gleichwertigkeit von vorgestelltem und verletztem Objekt abstellt, ist also die „aberratio ictus“ ebensowenig beachtlich wie ein „error in persona“. Demzufolge bereitet die hier zu behandelnde Problematik für diese Meinung keine Schwierigkeiten. Denn auch wenn der „error in persona“ des Täters als „aberratio ictus“ des Anstifters betrachtet wird, bleibt er nach dieser Ansicht auch für den Anstifter unbeachtlich. 433 Siehe dazu Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 88 ff. (110). Nach Ingelfinger dient die Tatbestimmtheit auch der Rechtfertigung der Gleichstellung des Anstifters mit dem Täter – Anstiftervorsatz, S. 111 ff. Gegen diese Gleichstellung, siehe o. S. 55 ff. 434 Stratenwerth, Baumann-FS, S. 63. 435 Stratenwerth, Baumann-FS, S. 64.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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jedoch eher verwirrend als einleuchtend. Dem Anstifter sei der Erfolg der Haupttat zweifellos zuzurechnen, wenn die Mittelsperson sich weisungsgemäß verhalte. „Irrt sich schon der Hintermann über die Eigenheiten, die das eigentlich anvisierte Angriffsobjekt auszeichnen, oder sind seine Instruktionen so beschaffen, daß sie auch auf ein anderes Objekt zutreffen, so ist er es, der die Verwechslung436 zu verantworten hat“437. Stratenwerth stellt also auf die Unbestimmtheit der Direktiven des Anstifters ab, um ihm die Haupttat zurechnen zu können. Sind aber die Anweisungen des Anstifters bezüglich der Auswahl des Angriffsobjekts so weitmaschig, daß letztendlich die vom Täter ausgeführte Opferauswahl innerhalb des Rahmens des vorgegebenen Musters bleibt, dann ist seine Tat nicht als „error in persona vel obiecto“ zu bewerten. Denn in einem solchen Fall hat der Täter die Anweisungen des Anstifters befolgt und ein Objekt angegriffen, das diesen Anweisungen entsprach. Ist das angegriffene Objekt nicht das vom Anstifter gewünschte Opfer, dann liegt dies, wie bereits gezeigt, nicht an einer Personenverwechslung des Täters, sondern an der Nuancierung der Direktiven des Anstifters. Welche Verwechslung ist also damit gemeint? In solch einem Fall unterliegt nämlich der Täter keinem „error in persona“. Er trifft das von ihm angegriffene Objekt, ohne sich dabei über seine Identität zu irren. Es trifft zwar zu, daß in einem solchen Fall der Anstifter für den Erfolg der Haupttat einzustehen hat; diese Erkenntnis trägt jedoch zur Beantwortung der Grundfrage nach den Auswirkungen der Objektsverwechslung des Täters auf die Strafbarkeit des Hintermannes nichts bei. Denn in einer solchen Konstellation geht es eher um eine Fehlkonkretisierung seitens des Anstifters und nicht um einen Identitätsirrtum des Haupttäters438. Stratenwerth glaubt ferner, die Antwort auf die Frage gefunden zu haben, wann die Verwechsung allein der Mittelsperson zuzuschreiben sei, nämlich dann, „wenn sie sich über klare Vorgaben des Hintermannes hinwegsetzt, beispielsweise deshalb, weil sie glaubt, daß dieser sich bei der Beschreibung des anvisierten Opfers geirrt habe. Hier stellt sich das Geschehen aus dem Blickwinkel des Hintermannes als aberratio ictus dar“439. Die Frage, die sich hier erhebt, ist die gleiche wie in der oben angeführten Konstellation: welche Verwechslung ist hiermit gemeint? Für welchen Irrtum hat hier nur der Täter – nicht dagegen der Anstifter – einzustehen? In einer solchen Fallkonstellation, bei der der Haupttäter klare Anweisungen des Anstifters mißachtet, liegt kein Fall eines „error in persona“ vor. Es handelt sich vielmehr um einen Exzeß. Der Täter irrt sich nicht, ihm unterläuft kein Objektsirrtum, sondern er greift bewußt ein anderes Objekt an als das vom Anstifter erwähnte. Gewiß muß in diesem Fall der Anstifter nicht für die Tat des Täters haften, denn eine solche Tat hat er zweifellos nicht veranlaßt. Die Frage jedoch, die unbeantwortet bleibt, ist, ob sich der Anstifter für einen „error in persona“ des Täters verantworten muß, und nicht, ob ein klarer Exzeß des Täters dem Hintermann zuzurechnen ist. In einem Fall wie 436 437 438 439

Hervorhebung von mir. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65. Vgl. dazu o. S. 119 f. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

diesem geht es also überhaupt nicht um die Zuordnung des Verwechslungsrisikos, denn eine Verwechslung hat schlechthin nicht stattgefunden. Nach der Darstellung dieser – wie gezeigt unglücklichen – Überlegungen gelangt Stratenwerth zu der Überzeugung, daß der „error in obiecto“ des unmittelbar Handelnden dem Hintermann „umso eher zuzurechnen ist, je weitmaschiger die Direktiven hinsichtlich der Auswahl des Angriffsobjekts waren440 und je näher, nach der Situation, auf die sie sich bezogen, die Möglichkeit einer Verwechslung lag. Umgekehrt formuliert, erscheint der Irrtum des Handelnden für den Hintermann . . . umso eher als aberratio ictus, je unwahrscheinlicher er nach Lage der Dinge war“441. Diesen Erkenntnissen zufolge stimmt Stratenwerth dem BGH im „Hoferbenfall“442 zu, nicht dagegen dem Preuß. Obertribunal im „Rose-Rosahl“-Fall443: „Rose kannte Schliebe persönlich, so daß Rosahl von einer Identifikation nach jener unbestimmten Vielzahl individueller Merkmale ausgehen konnte, durch die wir einen Menschen als bestimmte Person erkennen“444. Anders verhalte es sich jedoch im BGHFall, in dem der Täter das vorbestimmte Opfer nicht kannte. Hier bestehe die Gefahr einer Verwechslung fort und demzufolge sei der eingetretene Erfolg auch dem Anstifter zuzurechnen445. Darf man aber wirklich annehmen, daß die Verwechslungsgefahr im BGH-Fall weiter bestand, nur weil der Täter das Opfer nicht persönlich kannte? Und ist eine solche Gefahr im „Rose-Rosahl“-Fall abzulehnen, obwohl der Täter das Opfer bei beträchtlicher Dunkelheit erkennen sollte? Es erscheint merkwürdig, daß in einer dogmatischen Konzeption über die Zuordnung des Verwechslungsrisikos bei Beteiligungsverhältnissen die persönliche Bekanntschaft des Täters mit dem vorbestimmten Opfer eine so große Aussagekraft besitzen soll. Stratenwerth gelangt zu diesem Ergebnis, weil der Irrtum des Rose unwahrscheinlich „nach Lage der Dinge war“, während die Möglichkeit einer Personenverwechslung des Täters im „Hoferbenfall“ „näher lag“. Wann jedoch die „Lage der Dinge“ einen Irrtum als wahrscheinlich erscheinen läßt und wann nicht, oder wann die Möglichkeit einer Verwechslung „nahe liegt“ und wann sie als ausgeschlossen betrachtet werden kann, ist äußerst fraglich. Kriterien wie die persönliche Bekanntschaft des Täters mit dem „richtigen“ Opfer sind wegen ihrer Vagheit nur als Indizien zu betrachten und sind nicht zufriedenstellend. Es wurde bereits gezeigt446, daß das Wahrscheinlichkeitskriterium, das auch der BGH in seiner Begründung anführt, eher zur Rechtsunsicherheit und weniger zur Lösung des Problems beiträgt. In dem Resümee seiner Konzeption über die Zuordnung des Verwechslungsrisikos bei Beteiligungsverhältnissen führt Stratenwerth aus, daß die Direktiven, die 440 441 442 443 444 445 446

Siehe dazu o. S. 125 f. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65. Hervorhebungen von mir. Siehe o. S. 113. Siehe o. S. 113. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65 f. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 66. Siehe o. S. 116 f.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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das vorbestimmte Opfer beschreiben, entscheidend für die Bewertung der Objektsverwechslung des Täters als „error in obiecto“ oder als „aberratio ictus“ aus der Sicht des Anstifters seien: „Werden sie nicht befolgt, so kommt es darauf an, inwieweit das Verwechslungsrisiko schon in ihnen selbst begründet war“447. Letztere Überlegungen rufen jedoch eine gewisse Verwirrung im Hinblick auf das – nach Stratenwerth – Vorhandensein eines Identitätsirrtums hervor. Auf der einen Seiten legt Stratenwerth dar, daß der Hintermann die Verwechslung des Täters zu verantworten habe, wenn sich letzterer weisungsgemäß verhalte448. Auf der anderen Seite behauptet er jedoch, daß es darauf ankomme, inwieweit das Verwechslungsrisiko in den Direktiven selbst begründet wäre, wenn der Täter sie nicht befogt habe. Aus der letzteren Überlegung ist zu folgern, daß mit dem „Nicht-Befolgen der Direktiven“ das Vorliegen eines „error in persona“ gemeint ist. Denn sonst, wenn das „Nicht-Befolgen der Direktiven“ keinem „error in persona“ des Täters gleichzustellen wäre, sondern die bewußte Mißachtung der Weisungen des Anstifters durch den Täter bedeutete, wäre dies ein klarer Exzeßfall, und Stratenwerth würde nicht über ein Verwechslungsrisiko sprechen. Daraus ist wiederum zu folgern, daß nach den Darlegungen von Stratenwerth dem Täter kein Objektsirrtum unterlaufen ist, wenn er sich weisungsgemäß verhalten hat, wenn also die Direktiven des Anstifters vom Täter doch befolgt wurden. Dann aber ist es nicht verständlich, daß Stratenwerth, wie bereits erwähnt, trotzdem von einer Verwechslung spricht, die der Anstifter zu verantworten habe, wenn sich der Täter weisungsgemäß verhalte. Stratenwerths Konzeption ist also den Einwänden ausgesetzt, die sich aus den Unklarheiten ergeben, die darin verborgen sind.

b) Die Ansicht Küppers Das Erfordernis einer hinreichend konkretisierten Haupttat hat auch Küpper veranlaßt, die Lösung des Problems in den Vorgaben des Anstifters sehen zu wollen. Entscheidend sei, ob sich der Täter „an die Maximen der Konkretisierung gehalten hat“449. Mit dem „Sich an die Maximen der Konkretisierung halten“ scheint Küpper, genauso wie Stratenwerth, das Nicht-Vorliegen einer Objektsverwechslung seitens des Täters zu meinen. Denn Küpper nimmt nur dann eine vollendete Tat an, wenn beim Anstifter selbst ein „error in persona“ vorliegt. „Ansonsten wird die Tötung des ,falschen‘ Opfers nicht mehr vom Vorsatz des Anstifters umfaßt, vielmehr handelt es sich um eine exzeßähnliche Situation“450. Wenn also der „error in persona“ des Täters als eine exzeßähnliche Situation bezeichnet wird, dann ist denk447 Stratenwerth, Baumann-FS, S. 69; anders früher, in StrR AT I, 3. Aufl., Rn 287, wo Stratenwerth den „error in obiecto“ des Täters stets als „aberratio ictus“ des Anstifters betrachtet. 448 Stratenwerth, Baumann-FS, S. 65. Siehe auch o. S. 125 f. 449 Küpper, JR 1992, S. 296. 450 Küpper, JR 1992, S. 296.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

logisch das „Sich an die Maximen der Konkretisierung halten“ als der Zustand zu verstehen, in dem kein „error in persona“ stattgefunden hat, in dem also alles nach dem Plan des Anstifters verlaufen ist. Dann aber erweist sich die Konzeption Küppers als genauso verwirrend wie die Stratenwerths. Denn wie kann Küpper eine Personenverwechslung des Täters als Nicht-Einhaltung der Maximen der Konkretisierung des Anstifters und demzufolge als exzeßähnliche Situation betrachten und zugleich als entscheidend die Frage hervorheben, ob sich der Täter, der einem „error in persona“ unterlag, an die Maximen der Konkretisierung gehalten habe451? Der Ansatz Küppers scheint deshalb widersprüchlich zu sein. Nach Küpper ist, wie bereits erwähnt, der Identitätsirrtum des Täters stets als eine exzeßähnliche Situation zu betrachten, die nicht vom Anstiftervorsatz umfaßt ist und folglich ihm nicht zugerechnet werden kann. Nur wenn der Anstifter selbst einem Irrtum bei der Beschreibung des Opfers erlegen ist, hat er – nach der Meinung von Küpper – die Haupttat zu verantworten. Dann ist aber nicht verständlich, daß Küpper der BGH-Entscheidung („Hoferbenfall“)452 beipflichtet, wo dem Täter eine Personenverwechslung unterlaufen ist und die Haupttat trotzdem dem Anstifter zugerechnet wurde. Auch der Anstifter erlag hier nach der Meinung von Küpper einem unbeachtlichen „error in persona“, denn er ging von der Vorstellung aus, der Täter „werde eine nach äußerlichen Merkmalen individualisierte, den Stall betretende Person erschießen, und bei dieser Person würde es sich um M handeln“453. Das ist aber nicht richtig. Der Anstifter unterliegt in diesem Fall nämlich weder einem Identitätsirrtum noch einer Fehlkonkretisierung des Angriffsobjekts. Letzteres wäre zutreffend, wenn er den Täter dazu veranlaßt hätte, denjenigen zu erschießen, der in dem Moment vorbei kommt, in dem Glauben, es sei das von ihm gewünschte Opfer, oder denjenigen, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auftaucht, in dem Glauben, es handele sich um das von ihm gewünschte Opfer. Das ist aber in diesem Fall nicht geschehen. Der Anstifter hat zwar Vorgaben im Hinblick auf die Tatausführung, wie Angaben zu Person, Zeit und Ort gemacht, nicht jedoch im Sinne einer kompletten Individualisierung des Tatobjekts. Er hat vielmehr die Individualisierung der Tat dem Täter überlassen. Deswegen war auch ein Identitätsirrtum seitens des Täters überhaupt möglich454. Der Anstifter hat sich also nicht bei der Beschreibung des Opfers geirrt, sondern der Täter ist bei der Ausführung der Tat einer Personenverwechslung unterlegen. Küppers Konzeption erweist sich also in zwei weiteren Punkte als widersprüchlich. Erstens, weil er dem BGH im „Hoferbenfall“ zustimmt, in dem der Täter 451 „Überträgt man deshalb die Grundsätze der Tatindividualisierung im Anstiftervorsatz auf den error in persona des Täters, so ist entscheidend, ob sich dieser (scil. der Täter, dem ein „error in persona“ unterlaufen ist) an die Maximen der Konkretisierung gehalten hat“. – Küpper, JR 1992, S. 296. – Hervorhebungen übernommen. 452 BGHSt 37, 214 ff.; siehe o. S. 113. 453 Küpper, JR 1992, S. 296. – Hervorhebungen übernommen. 454 Siehe dazu o. S. 118 f.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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einem „error in persona“ erlegen ist, den der Anstifter auch zu verantworten hat, obwohl Küpper den Identitätsirrtum des Täters stets als eine exzeßähnliche, dem Anstifter nicht zurechenbare Situation betrachtet. Zweitens, weil Küpper im „Hoferbenfall“ einen „error in persona“ auch des Anstifters annimmt, also einen Identitätsirrtum sowohl des Täters als auch des Anstifters. Irrt sich aber schon der Anstifter bei der Beschreibung des Angriffsobjekts und ist diesem Irrtum zufolge das „falsche“ Opfer angegriffen worden, dann ist dem Täter kein „error in persona“ unterlaufen. Er hat ein anderes als das vom Anstifter gewünschte Opfer angegriffen, nicht weil er einen Fehler gemacht hat, sondern weil der Anstifter infolge eines Identitätsirrtums selbst das Angriffsobjekt fehlkonkretisiert hat. Wenn also Küpper von einem Irrtum des Anstifters spricht, kann er nicht gleichzeitig einen „error in persona“ des Täters anerkennen. Um selbst einem „error in persona“ zu unterliegen, muß der Anstifter das Angriffsobjekt auch selbst individualisieren. Ist das der Fall, dann entfällt die Möglichkeit eines „error in persona“ des Täters, der genau denjenigen angegriffen hat, den er nach den Beschreibungen des Anstifters angreifen sollte. c) Die Ansicht Weßlaus Auf die Konkretisierungsanforderungen der Haupttat, die jedoch nicht nur die Vorstellung des Anstifters betreffen, sondern sich zugleich in einem entsprechenden Verhaltensvorschlag niederschlagen müssen, stellt auch Weßlau455 ab, die – ebenso wie Küpper und Stratenwerth – die Einhaltung der Vorgaben des Anstifters als entscheidend für die Lösung des Problems betrachtet. Nach ihrer Ansicht ist der „error in persona“ des Täters immer dann dem Anstifter zuzurechnen, wenn der Täter sich an das verabredete Vorgehen gehalten hat. Unterliege er dabei einer Personenverwechslung, „so zeigt sich daran, daß die Möglichkeit einer solchen Verwechslung schon in dem insoweit konkretisierten Verhaltensvorschlag enthalten gewesen ist. Indem sich diese Möglichkeit realisiert hat, hat sich zugleich eine durch den Verhaltensvorschlag geschaffene Gefahr realisiert. Der Anstifter kann sich davon nicht mit dem Argument distanzieren, er habe diese Abweichung nicht gewollt“456. Weßlaus Auffassung basiert auf dem der objektiven Zurechnung entlehnten Gedanken der Risikoschaffung457, wonach es nicht darauf ankommt, „ob der Täter seinen Tatentschluß irgendwie infolge von Äußerungen oder Verhaltensweisen anderer Personen gefaßt hat, sondern ob angesichts des konkreten Inhalts solcher Äußerungen oder Verhaltensweisen von einer relevanten Gefahrschaffung ausgegangen werden kann“458. Dieser Betrachtungsweise der Anstiftung als Schaf455 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 128 ff.; siehe auch o. Fußn. 432. Ebenso Herzberg, JuS 1987, S. 619. 456 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 130; ähnlich Mitsch, Jura 1991, S. 375: „Die Anstiftung zur Tötung eines bestimmten Menschen begründet das Risiko, daß der Angestiftete eine Person töten wird, die er für das vom Anstifter beschriebene Opfer hält“. 457 Vgl. Kühl, StrR AT, 43 ff.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

fung eines Risikos ist entgegengehalten worden, daß sie wenig zur Lösung des Problems der Auswirkung der Personenverwechslung des Täters auf die Anstifterstrafbarkeit beitrage: „Ein solches Risiko läßt sich hier schwerlich verneinen, doch fraglich bleibt weiterhin, ob der Täter denn auch die ,angesonnene‘ Tat begangen hat“459. Nach Weßlau ist das stets der Fall, wenn sich der Täter bei der Tatausführung an das verabredete Vorgehen gehalten hat. Weiche er dagegen von dem Verhaltensvorschlag des Anstifters ab und beruhe die Verwechslung gerade auf dieser Abweichung, so realisiere sich nicht die durch den Verhaltensvorschlag geschaffene Gefahr460. Mit dieser Einschränkung gelingt es Weßlau, dem oben angeführten Einwand zu entgehen. Der Täter habe weisungsgemäß gehandelt und folglich die „angesonnene“ Tat begangen. Seine Tat sei die Verwirklichung der vom Anstifter durch die Veranlassung geschaffenen Gefahr. Daß der Täter dabei einer Objektsverwechslung unterliegt, ist nach dieser Konzeption unerheblich, denn seine Tat – mit oder ohne Verwechslung – stellt sich immer als Verwirklichung des vom Anstifter geschaffenen Risikos dar, stets unter der Voraussetzung, der Täter habe sich bei der Tatausführung an die im Verhaltensvorschlag des Anstifters vorgegebenen Maximen der Konkretisierung gehalten. Dennoch vermag diese Konzeption nicht zu überzeugen. „Mit der Gefahrverwirklichung“, so wendet Roxin ein, „ist jedoch erst die Zurechnung zum objektiven Tatbestand begründet, die zur Bestrafung wegen fahrlässiger Tat führt. Die Zurechnung zum Vorsatz erfordert die zusätzliche Wertung, daß sich im Erfolg auch der Plan des Anstifters verwirklicht“461. Es ist tatsächlich nicht bloß das Risiko der Begehung der Haupttat, das die Anstifterstrafbarkeit begründet. Der Anstifter wird vielmehr deswegen bestraft, weil er vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener Tat bestimmt hat. Die Frage nach dem Anstiftervorsatz bleibt jedoch nach der Konzeption Weßlaus weiterhin offen. Die Schaffung eines Risikos und dessen Verwirklichung tragen nicht einmal einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Die Sorgfaltwidrigkeit des Anstifters bezüglich der Verwirklichung dieses Risikos muß erst bewiesen werden. Gewiß ist nach einer solchen Betrachtungsweise die Kausalität zwischen der Anstiftungshandlung und der Haupttat oder sogar die Zurechnung zum objektiven Tatbestand gegeben462. Damit ist aber längst nicht 458 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 129; ähnlich auch Herzberg, JuS 1987, S. 620 f., der die Anstiftung als die Schaffung des Risikos betrachtet, daß der Beeinflußte die ihm angesonnene Tat wirklich begehe (JuS 1987, S. 620). „Die Frage . . . lautet vielmehr, ob er (der Anstifter) mit seiner Beeinflussung unter den besonderen Umständen des jeweiligen Falls die Grenze zur rechtlich relevanten Risikoschaffung überschritten hat und ihm deshalb die Haupttat, wenn sie begangen wird, als Folge seines Wirkens ,objektiv zuzurechnen‘ wäre“ (JuS 1987, S. 621). 459 Küpper, JR 1992, S. 296, in bezug auf die Auffassung von Herzberg – siehe Fußn. 458. 460 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 130 f.; im Ergebnis in Übereinstimmung mit Jakobs, StrR AT, S. 669 f., 618 f. 461 Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 96. 462 Unter dem Gesichtspunkt der Schaffung einer Gefahr, die sich später durch den „error in persona“ des Täters realisiert, betrachtet auch Alwart, JuS 1979, S. 355, die Anstiftung. Nach seiner Ansicht ist jedoch damit nur die objektive Zurechenbarkeit zu bejahen.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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über die Anstifterstrafbarkeit entschieden. Daß die Möglichkeit einer Objektsverwechslung „schon in dem insoweit konkretisierten Verhaltensvorschlag enthalten gewesen ist“, besagt nichts Neues. Denn die Möglichkeit einer Verwechslung ist in jedem Verhaltensvorschlag enthalten. Mit Sicherheit kann man nämlich nichts ausschließen. Das Bestehen einer solchen Möglichkeit bedeutet aber bei weitem nicht, daß ihre Realisierung, also das Eintreten eines Identitätsirrtums des Täters bei der Ausführung der Haupttat, dem Anstifter nur deswegen zuzurechnen ist, weil er durch sein Verhalten diese Möglichkeit geschaffen hat. Der Anstifter muß diesbezüglich zumindest bedingten Vorsatz aufweisen. Ob jedoch letzterer vorliegt, muß erst bewiesen werden.

5. Das Zufallsargument Gegen die herrschende Meinung, die eine „aberratio ictus“ des Anstifters im Falle einer Objektsverwechslung des Täters annimmt, wendet Gropp463 ein, die Voraussetzungen jener Konstruktion seien in einer solchen Konstellation nicht gegeben. Die Grundlage eines Zurechnungsausschlusses bei der „aberratio ictus“ bildet nach der Meinung von Gropp der Zufall. Würde der Täter, der auf einen Menschen zielt und vorbei schießt, anstatt eines anderen Menschen dessen Hund treffen, dann würde niemand eine vorsätzliche Sachbeschädigung annehmen, weil der abweichende Kausalverlauf unmittelbar das Erfülltsein bzw. Nichterfülltsein von Tatbestandsmerkmalen zur Folge habe. „Soll nun etwas anderes gelten, wenn der A versehentlich nicht gar nichts und auch nicht den Hund des B, sondern den – demselben Tatbestand unterfallenden – C trifft? Nein! Denn die tatbestandliche Identität ist rein zufälliger Natur“. Der Täter könne nicht für Erfolge verantwortlich gemacht werden, „die mit den von ihm erstrebten nur zufällig übereinstimmen“464. An dieser zufälligen Natur der tatbestandlichen Gleichwertigkeit des getroffenen mit dem gezielten Objekt, auf die sich die Beachtlichkeit der „aberratio ictus“ stütze und die den wesentlichen Unterschied zwischen „aberratio ictus“ und „error in persona“ ausmache465, fehlt es nach der Meinung von Gropp in Konstellationen, in denen der Angestiftete einer Objektsverwechslung unterliegt. „Denn die Beauftragung des Täters durch den Bauern geht dahin, einen bestimmten Menschen zu töten. Auch wenn der Täter einer Personenverwechslung erliegen sollte, so beruht es Gropp, Lenckner-FS, S. 55 f. Gropp, Lenckner-FS, S. 63. Hervorhebungen übernommen. Ähnlich auch Blei, StrR AT, S. 123; Janiszewski, MDR 1985, S. 533 ff. (insbes. 537 f.); Streng, JR 1987, S. 434; Jakobs, StrR AT, S. 303; Geppert, Jura 1992, S. 165 f.; vgl. auch Moojer, Diskrepanz, S. 60. Allerdings folgern nur Geppert (siehe u. Fußn. 466) und Gropp (siehe o. im Text S. 131 bzw. Fußn. 466) aus dieser Begründung auch die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter. 465 Gropp, Lenckner-FS, S. 64. 463 464

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

gerade nicht auf Zufall, daß das betroffene Objekt derselben tatbestandsmäßigen Einordnung unterliegt wie das anvisierte. Wir haben eine Konstellation vor uns, bei der der Hintermann nicht nur damit rechnen muß, sondern weiß, daß selbst im Falle einer Verwechslung ein Objekt aus der Gattung betroffen sein wird. Die Gattungszugehörigkeit des vorsätzlich zu verletzenden und schließlich auch verletzten Tatobjekts, die tatbestandsmäßige Rechtsgutsverletzung, ist vorprogrammiert “466. Ob jedoch die Zufälligkeit der tatbestandlichen Identität entscheidend für die Unterscheidung zwischen „aberratio ictus“ und „error in obiecto“ ist, scheint zweifelhaft zu sein. Ist es nämlich auch beim „error in obiecto“ nicht ein Zufall, daß ein mit dem vom Täter gewünschten tatbestandlich gleichwertiges Objekt getroffen wurde? Das läßt sich besser durch ein Beispiel illustrieren: Der Täter lauert im Dunkeln und schießt auf sein Opfer, das vorbei kommt. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse erkennt er jedoch nicht, daß derjenige, der vorbei kommt, nicht der von ihm angenommene, sondern eine von einem kleinen Kind getragene Puppe ist. Oder: Der Täter schießt auf eine Vogelscheuche in dem Glauben, sie sei der von ihm gehaßte Bauer X.

Es ist offensichtlich Zufall, daß das in den obigen Beispielen vom Täter angegriffene Objekt kein Mensch war. An der Stelle der Puppe oder der Vogelscheuche hätte durchaus ein anderer Mensch, etwa ein zufällig vorbei kommender Passant oder ein anderer Bauer sein können. Trotz der Zufälligkeit der tatbestandlichen Gleichwertigkeit des gewünschten mit dem getroffenen Objekt in dieser letzten Konstellation ist die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums nicht zu bezweifeln. Wenn jemand (A) auf einen anderen (B) schießt, dann entstehen zwei Möglichkeiten: a) Daß er (A) das anvisierte Opfer trifft. Verwirklicht sich diese Möglichkeit (unabhängig davon, ob sich der getroffene tatsächlich als der von A Gemeinte B erweist oder nicht), dann ist die Tat dem A auch subjektiv zuzurechnen. Denn diese Eventualität wurde auch von seinem Vorsatz erfaßt, vorausgesetzt, daß das von ihm anvisierte und getroffene und das von ihm gewünschte Objekt gleichwertig waren (sonst liegt ein Tatbestandsirrtum vor – § 16 Abs. 1 StGB). b) Daß der Täter (A) fehlschlägt und einen anderen (C, eine Sache oder nichts) trifft. Verwirklicht sich diese Möglichkeit, dann ist der Erfolg dem A objektiv zuzurechnen. Denn er hat durch sein Handeln diesen objektiv voraussehbaren Erfolg verursacht, der sich als Verwirklichung der Gefahr darstellt, die durch die Verletzungshandlung des Täters geschaffen worden ist (außer natürlich dem Fall, in dem er einfach vorbei schießt, denn mangels Erfolges wird hier keine Gefahr verwirklicht). Subjektiv jedoch ist die Tat ihm eventuell nur als eine fahrlässige zuzurechnen, denn die Verwirklichung dieser Eventualität war nicht von seinem Vorsatz erfaßt. Der Unwert des eingetretenen Erfolges ist nicht das im Falle eines Vorsatz466 Gropp, Lenckner-FS, S. 65. Hervorhebungen übernommen. Ähnlich auch Geppert, Jura 1992, S. 168; anders jedoch Blei, StrR AT, S. 285, der für eine „aberratio ictus“ des Anstifters plädiert, obwohl auch er die Beachtlichkeit der „aberratio ictus“ auf das „Zufallsmerkmal“ stützt – vgl. o. Fußn. 464.

IV. Die Unbeachtlichkeitslehre

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delikts dem Handlungsunrecht des Täters zugrundeliegende Erfolgsunrecht. In einem solchen Fall (Fehlschlag des Täters) ist letzteres nicht verwirklicht worden. Es fehlt also am erforderlichen Unrechtszusammenhang zwischen Handlung und Erfolg467. Diesem fehlenden Zusammenhang zufolge kann die Tat nicht dem Vorsatz des Täters zugerechnet werden. Ob der fehlschlagende Täter einen Menschen (§ 222 StGB) oder eine Sache (nach § 303 StGB straflos) getroffen hat, ist bezüglich seines vorsätzlichen Handelns unerheblich, erheblich jedoch nur in bezug auf seine – eventuelle – Strafbarkeit als fahrlässiger Täter468. Der Zufall spielt also keine entscheidende Rolle. Entscheidend ist vielmehr, daß sich der Vorsatz des Täters sowohl auf das anvisierte Objekt als auch auf dessen tatbestandliche Qualität bezieht. Auch beim „error in persona“ trifft der Täter zufällig einen anderen Menschen statt des gewünschten, und er wird trotz dieser Zufälligkeit wegen vorsätzlichen Handelns bestraft. Denn er hat getroffen, auf was er gezielt hat, ohne sich dabei über dessen tatbestandliche Qualität zu irren. Der Unterschied zwischen „aberratio ictus“ und „error in obiecto“ liegt nach alledem nicht an der „Zufälligkeit der tatbestandlichen Identität“ der betroffenen Objekte. Denn eine solche Zufälligkeit besteht, wie bereits gezeigt wurde, auch im Falle einer Objektsverwechslung des Täters. Somit ist aber Gropps Konzeption schon in ihrem Ausgangspunkt verfehlt. Nach der Meinung von Gropp muß im „Hoferbenfall“ der Tod des Nachbarn dem Bauern dann als vorsätzlich verursacht zugerechnet werden, „wenn er genau gewußt hat, daß der Täter – auch im Falle einer Verwechslung – einen Menschen töten würde“469. An diesem Wissen fehlt es jedoch hier. Der Hintermann weiß also nicht, „daß selbst im Falle einer Verwechslung ein Objekt aus der Gattung betroffen sein wird“. Die Gattungszugehörigkeit des vorsätzlich zu verletzenden und schließlich auch verletzten Tatobjekts ist keineswegs „vorprogrammiert“. Denn es wurde gezeigt, daß sowohl in der Konstellation einer „aberratio ictus“ als auch in der eines „error in obiecto“ die tatbestandliche Identität des Erreichten mit dem Erstrebten auf Zufall beruht, so daß man die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter nicht aus dessen angeblich sicherem Wissen über die tatbestandliche Qualität des Opfers folgern kann. Ein Zufall läßt Von einem fehlenden Unrechtszusammenhang spricht auch Streng, JuS 1991, S. 912. Auf die Problematik der rechtlichen Unterscheidung zwischen „error in obiecto“ und „aberratio ictus“ (Konkretisierungstheorie – Gleichwertigkeitstheorie) kann hier nicht gründlich eingegangen werden. Dazu wäre eine selbstständige Untersuchung erforderlich. Dennoch kann eine Bezugnahme auf diese – eigentlich nicht teilnahmespezifische – Problematik nicht vermieden werden. Denn die Beantwortung der mit dieser Problematik verbundenen Frage, wann ein Fehlgehen der Tat anzunehmen sei, spielt eine erhebliche Rolle für die hier behandelte Problematik der Auswirkung der Objektsverwechslung des Täters auf die Anstifterstrafbarkeit (siehe u. S. 159 ff.). Es wird in der vorliegenden Arbeit auf der Basis der überwiegend herrschenden Konkretisierungstheorie argumentiert, die den „error in obiecto“ und die „aberratio ictus“ bezüglich ihrer rechtlichen Behandlung (unbeachtlich – beachtlich) voneinander unterscheidet. Vgl. dazu z. B. die Hinweise auf Fußn. 5 und 432; siehe auch Hettinger GA 1990, S. 531 ff.; Hruschka, JZ 1991, S 488 ff. 469 Gropp, Lenckner-FS, S. 66 f. 467 468

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

sich nämlich nicht vorprogrammieren. Eine auf eine solche „Vorprogrammierung“, auf ein sicheres Wissen des Hintermannes abstellende Ansicht kann somit nicht überzeugen. 6. Die Ansicht Strengs Auf das unmöglich sichere Wissen des Hintermannes stützen sich allerdings manche Autoren, um den Täterirrtum doch als unbeachtlich für den Anstifter zu erklären. Sein Wissen über das Geschehen beschränke sich auf die Auswahl des Täters und auf die Vorgaben der Tatdeterminanten. Wenn der Hintermann aber nicht wissen könne, ob der Täter das „richtige“ Opfer treffen wird oder nicht, könne er das Geschehen nicht weiter beeinflussen und folglich könne ihm diesbezüglich auch kein (i. S. des § 16 Abs. 1 StGB) beachtlicher Irrtum unterlaufen. Der Anstifter gebe also dem Täter auf, „denjenigen zu töten, welchen der Täter auf der Basis der erhaltenen Informationen als das „richtige“ Opfer ansieht – mehr als ein solches Vorgehen kann der Anstifter realistischerweise nicht erwarten“470. Hiergegen wendet Bemmann in bezug auf den „Rose-Rosahl“-Fall ein, daß eine solche Behauptung nur dann stimme, wenn der Anstifter mit der Möglichkeit einer dem Täter unterlaufenden Objektsverwechslung gerechnet habe. „Allein, daß Rose einen anderen Menschen als den Schliebe umbringen könnte, hat Rosahl nicht im mindesten geahnt, geschweige denn gewollt“471. Dem muß man Recht geben. Denn die Ansicht, daß der Anstifter den Täter beauftrage, denjenigen zu töten, den der Täter als den „richtigen“ ansehe, ist eine Behauptung ohne Begründung. Das gilt auch für das Gegenargument von Puppe: „gerade dann, wenn der Anstifter sich sicher ist, daß der Täter den richtigen identifizieren werde, weiß und will er, daß er genau den treffen solle, den er als den richtigen identifiziert“472. Diese Gleichstellung des dolus directus mit dem dolus eventualis ist unzulässig. Sonst könnte man behaupten, daß jede abweichende Handlung des Täters dem Anstifter zuzurechnen wäre, denn auch sie läge letztendlich außerhalb des Rahmens seiner – nach den Worten von Streng473 – „Beeinflussungsmöglichkeiten des weiteren Geschehens“. Die Annahme, es solle der getötet werden, den der Täter als den richtigen identifiziere, erweist sich nur dann als richtig, wenn der Anstifter selbst durch Beschreibungen (Ort, Zeit, äußere Erscheinung usw.) das Opfer konkretisiert. In solch einem Fall liegt aber, wie schon gezeigt wurde474, keine Objektsverwechslung des 470 Streng, JuS 1991, S. 914; im Anschluß an Ibach, Die Anstiftung, S. 81; so auch Puppe, NStZ 1991, S. 124; Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 23; im gleichen Sinn bereits das Preuß. Obertribunal, GA 7 (1859), 337: Rosahl habe „den Rose angestiftet, den Schliebe, also denjenigen, den er als den Schliebe errkennen würde, zu töten“. 471 Bemmann, MDR 1958, S. 821; so bereits Korn, Der Vorsatz des Anstifters, S. 41 f.; Binding, Normen III, S. 214. 472 Puppe, NStZ 1991, S. 124. 473 Streng, JuS 1991, S. 914. 474 Siehe o. S. 118 ff.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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Täters vor, der weisungsgemäß gehandelt hat und nur infolge der falschen Beschreibung des Opfers seitens des Anstifters ein anderes als das vom Anstifter gewünschte Opfer getroffen hat. Der Täter soll nämlich in einem solchen Fall – aber auch nur dann – tatsächlich denjenigen töten, den er auf der Basis der erhaltenen Informationen als das „richtige“ Opfer identifiziert. Überläßt dagegen der Anstifter die Individualisierung des Opfers dem Täter, dann ist nicht selbstverständlich, daß der Anstifter denjenigen getötet wissen wollte, den der Täter als den „Richtigen“ ansieht. Rechnet der Anstifter mit der Möglichkeit einer Verwechslung und findet er sich damit ab, dann hat er diesbezüglich bedingten Vorsatz, und er hat demzufolge die Haupttat zu verantworten. Weist er keinen solchen Vorsatz auf, kann ihm ein dolus eventualis nicht einfach unterstellt werden, bloß weil er – angeblich – „realistischerweise“ mehr als ein solches Vorgehen des Täters nicht erwarten könne475. Dies würde eine eigenwillige und somit willkürliche Objektivierung subjektiver Merkmale bedeuten. Das Vorhandensein eines Vorsatzes muß erst bewiesen werden, und eine dogmatische Begründung kann nicht durch eine Behauptung ersetzt werden. Auch derjenige, der jemandem 300.000 DM anbietet, damit letzterer ein „Van Gogh“-Gemälde stehle, kann, obwohl er den Täter nur zu einer Tat veranlaßt hat, „realistischerweise“ nicht erwarten, daß der Täter, der infolge eines Objektsirrtums das „falsche“ Gemälde gestohlen hat, dabei bleiben und nicht erneut versuchen wird, das „richtige“ Gemälde zu stehlen, das ihm 300.000 DM bringen wird. Trotzdem würde fast kein Verfechter der Mindermeinung behaupten, der Vorsatz des Anstifters bezüglich des zweiten oder dritten Gemäldes sei in diesem Fall gegeben476. Ohne eine dogmatische Begründung kann also eine solche Behauptung nicht überzeugen. V. Erstes Zwischenergebnis Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß der Meinung, die die Unbeachtlichkeit des Objektsirrtums des Täters für den Anstifter vertritt („Unbeachtlichkeitslehre“), nicht (zumindest nicht ohne weiteres) zugestimmt werden kann. Die verschiedenen Begründungen, die zur Stützung dieser These vorgebracht wurden, haben nicht die von dieser Meinung gewünschte Aussagekraft und lassen aus dogmatischer Sicht einige Wünsche offen. Es bleibt noch zu prüfen, ob sich die gegenteilige Auffassung als überzeugender erweist. VI. Die „aberratio ictus“-Lehre Die Begründungsschwierigkeiten der „Unbeachtlichkeitslehre“ haben auch dazu beigetragen, daß die entgegengesetzte Auffassung, wonach der „error in persona“ So aber Streng, JuS 1991, S. 914. Näher zu dem „Gemetzelargument“ von Binding, das hier abgewandelt dargestellt wurde, siehe u. S. 139 ff. 475 476

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

des Täters als eine „aberratio ictus“ des Anstifters zu betrachten ist, immer mehr Anhänger gewonnen hat und heute als vorherrschende Meinung im Schrifftum gilt477. Nach dieser Ansicht ist der Tatveranlasser in der Regel wegen versuchter Anstiftung gegebenenfalls in Tateinheit mit fahrlässiger Tat zu bestrafen.

1. Anstiftung zum Versuch (?) Wenn die Haupttat ein Vergehen ist, bleibt der Hintermann dieser Ansicht zufolge straflos, da gem. § 30 Abs. 1 StGB die versuchte Anstiftung nur bei Verbrechen strafbar ist. Um dieses – kriminalpolitisch gesehen – unerwünschte Ergebnis zu vermeiden, nehmen manche Autoren als Folge der „aberratio ictus“-Lehre eine Anstiftung zum Versuch an478. Streng erwidert, daß für eine solche Annahme jede Basis fehle, wenn man richtigerweise das Vorliegen eines Versuchs erst bei einer aus der Tatplanperspektive anzunehmenden Gefährdung des Rechtsguts bejahe, „denn bei Zugrundelegung eines für den Anstifter erheblichen Irrtums ist der Versuch als Ausführungshandlung gegenüber dem ,falschen‘ Opfer genausowenig vom Vorsatz des Anstifters gedeckt wie eine Tatvollendung“479. Diese Erkenntnis hat jedoch die Annahme einer Anstiftung zum Versuch nicht gehindert. Denn die Befürworter einer solchen Annahme vertreten nicht die Bejahung einer Anstiftung zum Versuch gegen das „falsche“ Opfer, der aus der Sicht der „aberratio ictus“-Lehre vom Vorsatz des Anstifters nicht gedeckt ist, sondern sie plädieren für eine Anstiftung zum Versuch gegen das „richtige“ Opfer als Folge des – nach dieser Lehre – für den Anstifter erheblichen Identitätsirrtums des Täters. Diese Auffassung basiert offensichtlich auf dem Gedanken, daß die Ausführung der Tat am falschen Objekt immerhin den Versuch darstelle, die Tat am richtigen Objekt auszuführen480. Der Anstifter solle folglich zumindest für den Versuch des Täters haften, den von ihm hervorgerufenen Entschluß in die Tat umzusetzen481. Genau dieser Gedanke hat aber den Kernpunkt der Kritik an dieser Auffassung gebildet. Nach Roxin ist im „Hoferbenfall“ eine Anstiftung zum Versuch abzulehnen. „Denn andernfalls müßte der Ausführende nicht nur wegen vollendeter Tötung des Nachbarn, sondern auch noch wegen versuchter Tötung des Sohnes – also zweimal – bestraft werden, was nicht angeht, weil er nur einen Menschen erschießen wollte und erschossen hat“482. Diese doppelte Bestrafung sei aber, „wenn man Siehe o. Fußn. 408. Siehe o. Fußn. 409. 479 Streng, JuS 1991, S. 911; ähnlich auch Bemmann, Stree / Wessels-FS, S. 399. 480 So z. B. Stratenwerth, StrR AT I, S. 139 f.; ders., Baumann-FS, S. 68; Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 561; anders aber ders., StrR AT Stb, 316 Fußn. 67; Schroeder, LK-StGB, § 16 Rn 14. 481 Stratenwerth, Baumann-FS, S. 68; vgl. auch Puppe, NStZ 1991, S. 124. 482 Roxin, Spendel-FS, S. 300; ders., LK-StGB, § 26 Rn 97; so auch Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 65; Schreiber, JuS 1985, S. 877; vgl. auch Müller, MDR 1991, S. 831; 477 478

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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eine Anstiftung zum Versuch annehmen will, wegen des Akzessorietätsgrundsatzes ebenso unausweichlich wie unmöglich. Denn natürlich kann keinen zweifachen Tötungsvorsatz haben, wer nur einen Menschen erschießen wollte“483. Dieser Kritik ist Recht zu geben. Es sind nicht nur die Folgen der Annahme einer Anstiftung zum Versuch, die gegen eine solche Annahme sprechen. Es ist vielmehr der Ausgangspunkt dieser Auffassung, der fraglich erscheint, nämlich der Ansatz, daß es bei einer Objektsverwechslung des Täters einen Versuch gegen das „richtige“ Objekt gegeben habe. Dem kann nicht zugestimmt werden. Denn der Täter hat im Moment der Tatausführung dasjenige Objekt angegriffen und getroffen, auf das er gezielt hat. Er hat versucht, ein Objekt zu treffen, und das ist ihm gelungen, auch wenn dessen Identität nicht diejenige ist, die der Täter gewünscht hat. Das ist die Konstellation jedes – strafrechtlich irrelevanten – Identitätsirrtums. Nähme man in einem solchen Fall einen Versuch gegen das „richtige“ Objekt an, dann würde man diese Irrelevanz des Motivirrtums nach Belieben in Frage stellen. Wie Hillenkamp zu Recht einwendet, würde man dann „die gerade als strafrechtlich irrelevant erkannte Individualisierung nach der Identität des Objekts etc. für bedeutsam erklären, also praktisch mit zwei verschiedenen Willensbegriffen arbeiten“484. Der Täter hat aber keinen Versuch gegen das „richtige“ Objekt begangen. Denn er hat nicht unmittelbar zu dessen Verletzung angesetzt. Das tat er nur in bezug auf das „falsche“ Objekt, das er vorsätzlich traf. Seine gegenüber dem „richtigen“ Objekt feindliche Tätigkeit ist im Vorbereitungsstadium steckengeblieben und hat nicht die Versuchsschwelle erreicht. Denn der Täter hat seinen Angriff willentlich gegen das Objekt gerichtet, das er tatsächlich getroffen hat. Man kann nicht behaupten, daß der nur eine Tötung wollende Täter mit der gleichen Angriffshandlung einen Versuch gegen den „Richtigen“ und eine vorsätzliche Tötung gegen den „Falschen“ begangen hat. Der Vorsatz des Täters richtet sich im Moment der Tatausführung gegen denjenigen, den der Täter als Opfer identifiziert hat. Der Wunsch des Täters, das von ihm angegriffene Opfer möge das „richtige“ sein, kann keinen weiteren Versuch begründen485. Der Täter hat, als er in der irrigen Meinung, A sei B, auf diesen schoß, nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tötung desjenigen unmittelbar angesetzt, den er anvisiert hat, also zur Tötung von A. In diesem Moment stellt er sich vor, er töte denjenigen Menschen, auf den er zielt. Die Identität spielt dafür keine Rolle, denn andernfalls müßte jeder „error in persona“ beKüpper, JR 1992, S. 295; Schlehofer, GA 1992, S. 317; Stoffers, JuS 1993, S. 840, nach denen die Ausführung am falschen Objekt kein Versuch der Ausführung am richtigen Objekt ist. 483 Roxin, Spendel-FS, S. 301. 484 Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 37 Fußn. 34. Vgl. auch Roxin, Spendel-FS, S. 301: „Der error in persona des Ausführenden kann nicht einerseits zu Lasten des Täters mit der Folge einer vollendeten Vorsatztat für unbeachtlich und im selben Atemzug ebenfalls zu seinen Lasten doch für beachtlich und versuchsbegründend erklärt werden“. 485 Vgl. Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 66: „Der Irrtum über die Identität vermag die Tat nicht in zwei von verschiedenen Vorsätzen getragene Teilakte aufzuspalten. Versuch und Vollendung sind vielmehr von ein und demselben Vorsatz bestimmt“.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

achtlich sein. Das wird aber auch von den Vertretern der Annahme einer Anstiftung zum Versuch nicht behauptet. Wäre es so, dann würde man keine vollendete Tat am „falschen“ Objekt annehmen können. Einen Versuch gegen das „richtige“ Objekt gibt es also nicht. Dann aber kann infolge der Akzessorietät auch keine Anstiftung zum Versuch angenommen werden, da es an einer Haupttat i. S. von § 26 StGB fehlt. Stratenwerth, der Hauptvertreter dieser Minderansicht innerhalb der „aberratio ictus“-Lehre, hat versucht, seine Meinung bezüglich der Annahme einer Anstiftung zum Versuch im Falle eines „error in persona“ des Täters durch einen Vergleich zu bekräftigen: „Es kann ja auch kaum geleugnet werden, daß der Versuch dem Anstifter trotz eines solchen Irrtums zuzurechnen ist, solange der Täter nur auf den notorischen Baumstrunk oder gar auf ein bloßes Phantom schießt. Nach jener Auffassung (scil. die eine versuchte Anstiftung annimmt) müßte dem Tatentschluß also nur dann, wenn sich herausstellt, daß das irrigerweise angegriffene Objekt (auch) ein Mensch war, die wundersame Metamorphose widerfahren, nunmehr ein gänzlich anderer als der vom Anstifter hervorgerufene zu sein“486. Dieser Vergleich führt jedoch nicht zu den von Stratenwerth gewünschten Ergebnissen, so lebhaft er ihn auch darstellt. Denn die beiden verglichenen Fälle sind trotz des ersten Anscheins nicht die gleichen. Im ersteren Fall hat der Täter einen untauglichen Versuch gegen das „richtige“ Objekt und gegebenenfalls eine Fahrlässigkeitstat gegen das „falsche“ begangen, im zweiten dagegen hat er eine vollendete Tat gegen das „falsche“ Objekt verübt (unbeachtlicher „error in persona“). Im ersteren Fall (Schuß auf den Baum) irrt sich der Täter nicht (nur) über die Identität des Opfers, sondern (auch) über dessen tatbestandliche Qualität. Deswegen scheidet eine Vollendungstat aus, und deswegen ist ein untauglicher Versuch anzunehmen. Denn der Täter hat nach seiner Vorstellung von der Tat auf einen Menschen und nicht auf einen Baum geschossen. Trifft er dagegen einen Menschen in der irrigen Meinung, es handele sich um einen anderen Menschen, dann hat er nicht einen untauglichen Versuch begangen. Denn er hat genau das getroffen, auf was er nach seiner Vorstellung von der Tat gezielt hat und was er treffen wollte, nämlich den vor ihm stehenden Menschen. Es ist nicht die Opferidentität, die im ersteren Fall einen untauglichen Versuch des Täters begründet, sondern die tatbestandliche Qualität des Opfers, die sich vom vorgestellten Objekt im ersteren Fall unterscheidet, im zweiten dagegen nicht. Nach § 22 StGB kommt es tatsächlich auf die Vorstellung des Täters an. Dieser meinte aber, daß ein Mensch vor ihm stehe, und in dieser Meinung hat er im zweiten Fall mit Tötungsvorsatz auf die vor ihm stehende Person geschossen und folglich zu deren Tötung unmittelbar angesetzt. Wenn man im zweiten Fall (Schuß auf ein gleichwertiges Objekt) einen untauglichen Versuch gegen das „richtige“ Objekt annehmen wollte, würde man dann eine Beachtlichkeit des „error in persona“ annehmen müssen und höchstens eine fahrlässige Tat gegen das „falsche“ Objekt anerkennen. Denn die Annahme eines untauglichen Versuchs ge486

Stratenwerth, Baumann-FS, S. 68. Hervorhebung übernommen.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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gen die „richtige“ Person bedeutet, daß der Tätervorsatz auf die Tötung dieser Person gerichtet war. Dann könnte man aber nicht zugleich behaupten, die Tötung der tatsächlich getroffenen Person sei dem Tätervorsatz ebenfalls zuzurechnen. Sein Vorsatz kann nämlich nicht auf die „richtige“ und gleichzeitig auf die „falsche“ Person gerichtet sein, wenn der Täter nur einen Menschen töten wollte. Dann aber gerät die Problematik in ein ganz anderes Blickfeld (Beachtlichkeit des „error in persona“). Bejaht man dagegen, wie es Stratenwerth auch tut, die Unbeachtlichkeit des „error in persona“, dann bleibt keine Möglichkeit offen, eine Anstiftung zum Versuch anzunehmen. Denn ein solcher Versuch hat, wie bereits gezeigt, nicht stattgefunden. 2. Das „Gemetzelargument“ Die Gegenmeinung, die den Hintermann trotz des Identitätsirrtums des Täters wegen Anstiftung zur vollendeten Tat bestrafen will, ist auf Kritik gestoßen, weil sie nach den Verfechtern der „aberratio ictus“-Lehre zu unangemessenen Ergebnissen führt. Eines der beliebtesten und am häufigsten zitierten487 Argumente der herrschenden Meinung gegen die Unbeachtlichkeit des Objektsirrtums des Täters für den Anstiftervorsatz ist das von Binding in die Diskussion eingeführte „Gemetzelargument“. Die „Unbeachtlichkeitslehre“ müsse zu dem „ungeheuerlichen Ergebnis“ kommen, daß, „auch wenn Rose Dutzende von falschen Schliebes erschlagen hätte – immer in der Meinung nun endlich den richtigen zu treffen“, Rosahl als „der Anstifter zu dem ganzen Gemetzel“ zu bestrafen sei488. Der BGH will die Unangemessenheit einer solchen Konsequenz nicht einsehen und nimmt, sofern der Irrtum innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren liege, eine Anstiftung „zu den beiden Tötungsakten“ an489. Mit den Worten des BGH490: 487 Siehe z. B. Korn, Der Vorsatz des Anstifters, S. 48 f.; Bemmann, MDR 1958, S. 820 f.; ders., Stree / Wessels-FS, S. 402; Müller, MDR 1991, S. 831; Stoffers, JuS 1993, S. 839; Sowada, Jura 1994, S. 42; Roxin, JZ 1991, S. 681; ders., Spendel-FS, S. 296 ff.; ders., LK-StGB, § 26 Rn 93, 95. 488 Binding, Normen III, S. 214, Fußn. 9. Hervorhebungen übernommen. – Diese Konstellation geht eigentlich auf Siegel, Verwechslungsfälle bei Anstiftung, S. 39 ff., zurück, der jedoch in einem solchen Fall für die Zurechnung der vom Täter begangenen Taten zum Anstifter plädiert. Diese Problemkonstellation stammt nach Siegel, Verwechslungsfälle bei Anstiftung, S. 39, Fußn. 1, vom Göttinger Professor Ziebarth, der den Fall in seinen çriminalistischen Uebungen“ als Aufgabe gestellt habe. Binding hat als erster dieses Argument gegen Siegel und die „Unbeachtlichkeitslehre“ gebraucht und das Ergebnis, zu dem Siegel gelangt ist (der Anstifter sei strafrechtlich verantwortlich sogar für den ganzen „Leichenhaufen“, Siegel, Verwechslungsfälle bei Anstiftung, S. 40), als ein „ungeheuerliches“ bezeichnet. 489 So bereits Siegel, Verwechslungsfälle bei Anstiftung, S. 39 f., unter der Voraussetzung, daß der Täter immer noch im Einvernehmen mit dem Anstifter zu handeln glaubte; zustimmend auch Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 580. 490 BGHSt 37, 219. Hervorhebung übernommen.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

„Wenn der Täter nach dem Erkennen seines Irrtums außerdem das vom Anstifter bezeichnete Opfer tötet, sind ihm in der Regel zwar die beiden Tötungen zuzurechnen, wenngleich er nur einer Anstiftung zu den beiden Tötungsakten schuldig zu sprechen ist. Beruht der Irrtum des Täters dagegen auf dem Anstifter nicht zurechenbaren, nämlich außerhalb der Lebenserfahrung liegenden Umständen, scheidet insoweit eine strafrechtliche Haftung aus.“

Der BGH will also den Hintermann wegen einer Anstiftung zur zweifachen Tötung bestrafen, obwohl dessen Vorsatz nur eine Tötung erfaßte. Zu Recht hat Roxin diese Lösung als „undenkbar“ bezeichnet 491. Weder dogmatisch noch logisch kann dem Gedankengang des BGH gefolgt werden. Dem Vorsatz des Hintermannes eine zweite Tat zuzurechnen, obwohl ein solcher Vorsatz bezüglich einer zweiten Tat evident fehlt – der Tatveranlasser wollte nämlich nur eine Tat bewirken –, ist willkürlich und steht jedem Prinzip eines Rechtsstaates entgegen. Die BGH-Lösung kann also wegen dieses sowohl gesetzlichen als auch logischen Oxymorons der Bejahung eines Vorsatzes, während dieser eindeutig fehlt, nicht befriedigen. Puppe will den Hintermann bei mehreren verwechslungsbedingten Tötungshandlungen des angestifteten Täters richtigerweise nur für eine Anstiftung zu einer Tötung bestrafen lassen. Die übrigen vom Täter begangenen Tötungen seien dem Anstifter nicht zuzurechnen. Allerdings läßt Puppe offen, welche der Tötungen diejenige ist, für die der Anstifter haftbar gemacht werden kann492. Roxin hat zu Recht diese Lösung als inakzeptabel bezeichnet: „Denn solange es beim ersten Mord (aufgrund der Objektsverwechslung) bleibt, rechnet Puppe dem Anstifter diesen Erfolg als Anstiftung zur vollendeten Tat zu. Diese Zurechnung kann nicht nachträglich wieder ins Unbestimmte gerückt werden, wenn der Ausführende später auch noch das ,richtige‘ Opfer umbringt“493. Es sind nicht nur die Rechtsunsicherheit494 oder die praktischen Probleme495, die sich aus dieser Konzeption ergeben, die ihre Ablehnung fordern. Es sind vielmehr die dogmatischen Schwächen, die sie aufweist und die sie als unzulässig erscheinen lassen. Der von einem Täter vorsätzlich herbeigeführte Erfolg wird einem anderen nur dann als Anstifter zugerechnet, wenn letzterer den Täter vorsätzlich zur Herbeiführung dieses Erfolges bestimmt hat, wenn also alle objektiven und subjektiven Merkmale der Anstiftung erfüllt worden sind. Ist die Bestimmung des Täters zur begangenen Tat durch den 491 Roxin, JZ 1991, S. 681; ders., Spendel-FS, S. 297; ders., LK-StGB, § 26 Rn 95; gegen BGH auch Geppert, Jura 1992, S. 168; Stoffers, JuS 1993, S. 839. 492 Puppe, NStZ 1991, 125. 493 Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 95; siehe auch Roxin, Spendel-FS, S. 297 f.: „Die bereits vollzogene Zurechnung wird also nachträglich wieder ins Belieben des Beurteilers gestellt“. 494 Man muß doch wissen können, welche Tat ihm nicht zugerechnet werden darf und welche er zu verantworten hat, welche Handlung des Täters also außerhalb der ihm erteilten Vorgaben liegt und einen Exzeß darstellt. Und umgekehrt: Die Opfer einer Tat haben ein Recht zu wissen, ob die gegen sie begangene Tat auch dem Anstifter zugerechnet wird, ob sie also auch gegen ihn Ansprüche erheben können oder nicht. 495 Z. B. welches Opfer gegen den Anstifter gerichtlich vorgehen kann und welches nicht.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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Anstifter schon bejaht, heißt das zugleich, daß diese Tätertat nicht als Exzeß betrachtet worden ist496; sie ist vielmehr genau die vom Anstifter angeordnete Tat, denn sonst wäre sie ihm nicht zugerechnet worden. Diese bereits vollzogene Zurechnung plötzlich aufzuheben, weil angeblich nicht mehr festzustellen ist, welche von den letztendlich mehreren Tätertaten die vom Anstifter veranlaßte ist, ist sowohl logisch als auch dogmatisch inkonsequent. Es ist wahr, daß, wenn der Anstifter nur eine Tat veranlaßt hat, ihm auch nur eine Tat zuzurechnen ist. Und zwar diejenige, die sich nicht als Exzeß darstellt. Das bedeutet, daß alle anderen Taten des Täters außer dieser einen Tat als Exzesse beurteilt werden müssen. Die Frage jedoch, welche die Tat ist, für die der Anstifter auch haftet, ist bereits – von Puppe selbst – beantwortet worden. Es ist die ihm bereits, d. h. nach Prüfung und Bejahung aller erforderlichen Bedingungen, zugerechnete (erste) Tat. Diese nach gesetzlichen und dogmatischen Grundlagen vollzogene Zurechnung wieder in Frage zu stellen, würde wohl heißen, daß diese Grundlagen in Frage gestellt werden. Wenn Puppe auf einmal nicht mehr weiß, ob die erste Tat des Täters einen Exzeß für den Anstifter darstellt, falls der Täter anschließend mehrere Taten (aufgrund mehrerer Objektsverwechslungen) begeht, dann bedeutet dies, daß die erste Zurechnung eine Scheinzurechnung war, was natürlich dogmatisch inakzeptabel ist. Puppe hat versucht, diesem Einwand zu entgehen, indem sie auch andere Fälle des Exzesses nennt, in denen es unentschieden bleiben könne, „welche konkrete Handlung des Täters dem Anstifter zugerechnet wird. Beauftragt der Täter den Anstifter497, für ihn 5 gleichartige Gegenstände aus einem Lager wegzunehmen und nimmt dieser 11 gleichartige Gegenstände weg, so kann auch nicht entschieden werden, welche von diesen 11 Gegenständen die 5 sind, zu deren Wegnahme ihn der Anstifter angestiftet hat“498. Wiederum ist Roxins Gegenargumentation richtig, die ersten 5 Diebstahlsakte seien als durch die Anstiftung gedeckt und die anschließenden als Exzeß zu beurteilen499. Denn, wie bereits gezeigt wurde, haftet der Anstifter nur für die Tat, die er veranlaßt hat. Ist sie begangen worden (also die ersten 5 Diebstahlsakte), dann ist jede weitere Tat (die übrigen 6 Diebstähle) ein ihm nicht zurechenbarer Exzeß500. 496 Sonst könnte man nicht sagen, daß der Anstifter den Täter zur Begehung dieser Tat bestimmt hat. 497 Offensichtlich ist hier das Gegenteil gemeint: der Anstifter beauftragt den Täter und nicht der Täter den Anstifter. 498 Puppe, NStZ 1991, 125. 499 Roxin, Spendel-FS, S. 299. 500 Problematisch könnte es jedoch werden, wenn der Täter die Gegenstände nicht nacheinander nimmt, sondern mit einem gewaltigen Zugriff mit beiden Armen 11 Gegenstände auf einmal zusammenrafft (Beispiel nach Toepel, JA 1997, S. 346). In einem solchen Fall kann nicht zwischen den ersten 5 gestohlenen Gegenständen und den nachfolgenden 6 unterschieden werden. Infolgedessen kann dieser Fall nicht nach dem obigen Muster gelöst werden, nach dem nur die ersten Tatbestandsverwirklichungen, die den Vorgaben des Anstifters entsprechen, ihm zugerechnet werden können. Das bedeutet aber nicht, daß dieser Lösungsvorschlag sich als insuffizient erweist. Das Problem taucht nur bei gleichzeitiger Tatbestands-

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

Nach Toepel501, der sich Puppes Meinung bezüglich der Nicht-Festlegung der dem Hintermann zurechenbaren Tat anschließt, gibt es „keinen allgemeinen Grundsatz, der besagt, bei Fehlschlägen sei stets gerade die erste Tat wegen Unbeachtlichkeit des error in persona vom Vorsatz des Hintermannes umfaßt“. Das ist jedoch nicht so unzweifelhaft, wie die kategorische Formulierung Toepels vermuten läßt. Abgesehen davon, daß es sich hier nicht um „Fehlschläge“ des Hintermannes handelt (das bleibt noch zu beweisen), besteht vielmehr ein allgemeiner Grundsatz, der besagt, daß der Anstifter für die von ihm veranlaßte und vom Täter begangene Tat haftet. Wenn nämlich der Angestiftete die erste Tat begeht, dann ist sie zugleich die vom Anstiftervorsatz umfaßte Tat. Die nachfolgenden Taten vermögen daran nichts zu ändern. Der Vordermann hat sich während der nachfolgenden Taten nur scheinbar an alle Instruktionen des Hintermannes gehalten. Denn diese Instruktionen besagten nichts über ein Weiterhandeln des Täters502. Toepel wendet dagegen ein, daß, wenn man jede weitere außer der ersten Tat als Exzeß beurteilen würde, es konsequent wäre, in Fällen gleichzeitiger Tatbestandsverwirklichung „keine der Tatbestandsverwirklichungen dem Hintermann zuzurechnen, weil jeweils festgestellt werden müßte, daß es sich nicht um die erste Tatbestandsverwirklichung handelte“. Das wäre aber nach Toepel „kein akzeptables Ergebnis“503. Die – in der Tat – kriminalpolitische Unerwünschtheit des Ergebnisses reicht jedoch zu dessen Ablehnung nicht aus. Vielmehr müssen dogmatische Gründe dagegen sprechen, wie das bei der Konzeption von Toepel der Fall ist, derzufolge man nicht sagen kann, bezüglich welchen Tatobjekts der Irrtum beachtlich war. Deswegen unternimmt Toepel eine Gesamtbetrachtung, wonach nur auf die Anzahl der vom Hintermann vorgestellten Opfer abzustellen ist. Werde diese Anzahl überschritten, „so können ihm die über diese Anzahl hinausgehenden Tatbestandsverwirklichungen allenfalls als Fahrlässigkeitstaten zugerechnet werden“504. Merkwürdig ist jedoch, daß nach der Konzeption von Toepel die überzähligen (und höchstens als Fahrlässigkeitstaten bezeichneten) Taten wieder relevant für den Anstiftervorsatz werden können, „wenn einzelne Taten nicht zur Beurteilung herangezogen werden, z. B. aufgrund einer unklaren Beweislage im Bereich verwirklichung auf, wo nicht feststellbar ist, welche Tatbestandsverwirklichung die erste ist. In solch einem Fall greift der Grundsatz „in dubio pro reo“ ein. Dem Hintermann als Anstifter können nur diejenigen Taten zugerechnet werden, die er veranlaßt hat. Kann jedoch wegen der gleichzeitigen Tatbestandsverwirklichung nicht festgestellt werden, welche von den begangenen Taten die vom Anstifter angeordneten sind, dann ist ihm keine Tat zuzurechnen, weil bei der Beurteilung jeder einzelnen Tat „in dubio pro reo“ angenommen werden muß, daß es sich nicht um die erste – zurechenbare – Tat handelt. Der Hintermann wird also im obigen Beispiel, wo der Täter mit einem Griff 11 statt 5 Gegenstände genommen hat, für keinen Diebstahlsakt haften, obwohl er den Täter zur Wegnahme von 5 Gegenständen bestimmt hat. 501 Toepel, JA 1997, S. 348. 502 Ausführlich dazu siehe im Text S. 143 ff., insbes. 145 ff. 503 Toepel, JA 1997, S. 348. 504 Toepel, JA 1997, S. 347.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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des objektiven Tatbestands bezüglich eines Opfers“505. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch jeder dogmatischen Regel. Wie ist es denn möglich, eine dem Anstifter bereits als Fahrlässigkeitstat zugerechnete Tat wieder als Vorsatztat zu betrachten? Es ist nicht nur die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit, die dagegen spricht. Ist eine Tat bereits als eine Fahrlässigkeitstat eingestuft worden, so heißt das eben, daß diejenige Merkmale fehlen, die eine andere Beurteilung der Tat (als Vorsatztat) fordern würden, und zugleich, daß diejenigen Voraussetzungen evident erfüllt worden sind, welche die Tat als eine fahrlässige qualifizieren. Eine Tat wird nämlich jemandem nur dann als Fahrlässigkeitstat zugerechnet, wenn er sie fahrlässig506 herbeigeführt hat. Diese nach gesetzlichen und dogmatischen Grundlagen erfolgte Zurechnung plötzlich aufzuheben und nachträglich dieselbe Tat als Vorsatztat zu qualifizieren, ohne daß die vorhandenen Beweise eine solche Änderung rechtfertigen können, ist dogmatisch inakzeptabel. Kriminalpolitisch betrachtet, ist die Straflosigkeit des Anstifters in Fällen gleichzeitiger Tatbestandsverwirklichung seitens des Täters sicherlich nicht befriedigend. Denn der Hintermann, der immerhin den Täter zur Begehung einer Tat bestimmt hat, wird letzten Endes nicht für diese Tat haftbar. Die Befremdlichkeit eines solchen (immerhin aus prozeßrechtlichen und nicht materiellrechtlichen Grundsätzen folgenden) Ergebnisses507 darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Ansicht Puppes und Toepels, es sei nicht festzulegen, welche von den mehreren Taten des Täters einen Exzeß für den Anstifter darstelle, mehr Probleme bereitet, als sie zu lösen glaubt, und daß sie wegen der dogmatischen Schwächen, die sie aufweist, nicht nachvollziehbar ist. Das „Gemetzelargument“ und die Schwierigkeiten, die es nach der h. M. für die „Unbeachtlichkeitslehre“ bereitet, glaubt Puppe entkräften zu können, indem sie es Toepel, JA 1997, S. 348. Wenn der Täter also die gebotene Sorgfalt außer Acht läßt und deshalb die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt (unbewußte Fahrlässigkeit) oder wenn er die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, jedoch pflichtwidrig darauf vertraut, daß sie nicht eintreten werde (bewußte Fahrlässigkeit). – Siehe dazu Lackner / Kühl, StGB, § 15 Rn 35; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 661. 507 Der „in dubio pro reo“-Grundsatz, dieses essentielle Prinzip eines Rechtsstaates, gelangt auch in anderen Fällen zu aufsehenerregenden Ergebnissen, wie z. B. in dem von Arthur Kaufmann, Eb. Schmidt-FS, S. 211 gebildete Fall: A und B schießen gleichzeitig, aber ohne voneinander zu wissen, auf C. Der eine Schuß trifft den C ins Gehirn, der andere ins Herz. Es ist nicht zu klären, ob der Gehirn- oder der Herzschuß den sofortigen Tod des C verursacht hat. Ebenfalls nicht zu klären ist, wer welchen Schuß abgegeben und wer zuerst geschossen hat. In diesem Fall ist „in dubio pro reo“ zugunsten eines jeden anzunehmen, daß sein Schuß nicht der tödliche war. A und B sind also nur wegen versuchter Tötung zu bestrafen. Siehe auch BGH, Urt. v. 12. 7. 1966 – NJW 1966, S. 1823 f. Dem prozeßrechtlichen Grundsatz „in dubio pro reo“ kann hier nicht nachgegangen werden, ohne den Rahmen dieser Arbeit zu sprengen, denn er ist nicht teilnahmespezifisch. Es soll allerdings festgehalten werden, daß kriminaltaktische Zweckmäßigkeitserwägungen oder vage Hinweise auf das Rechtsgefühl der Gesellschaft oft den dogmatischen Regeln widersprechen, ohne daß die letzteren ihre entscheidende Rolle bei der Rechtsfortbildung und der Rechtsanwendung verlieren. 505 506

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

– unter der Voraussetzung seiner Richtigkeit – auch gegen die h. M. als zutreffend ansieht: „Es tritt auch für sie (scil. die Anhänger der h. M.) auf, wenn der Haupttäter statt eines error in objecto eine aberratio ictus begeht. Dann können auch sie nicht bestreiten, daß der auf den auch im Sinne des Anstifters „richtigen“ gezielte Angriff einen Versuch darstellt, eben den im Sinne des Anstifters richtigen zu töten. Dasselbe müßte auch dann gelten, wenn der Täter in Handlungsmehrheit Dutzende von Versuchen begeht, das richtige Opfer zu töten. Also wäre der Hintermann dann auch nach Binding ,der Anstifter zu dem ganzen Gemetzel‘. Zum Glück ist das Argument nicht richtig. Sedes materiae ist nicht die Lehre von der Vorsatzkonkretisierung, sondern die vom Täterexzeß“508 . Demgegenüber erwidert Roxin, daß diese Parallelisierung nichts beweise. Denn im Falle einer „aberratio ictus“ des Täters, der nach dem ersten fehlgegangenen Angriff erneut auf den „richtigen“ schießt und ihn tödlich trifft, trete der vorangehende Versuch hinter dem durch den zweiten Schuß vollendeten Mord als subsidiär zurück. Der Tatveranlasser werde dann nur wegen Anstiftung zum vollendeten Mord bestraft. Die Anstiftung zum Versuch sei auch insoweit subsidiär: „Selbst wenn der S mehrfach vorbeischösse, bevor er den Sohn tödlich trifft, wäre der Bauer immer nur wegen einer Anstiftung zum vollendeten Mord zur Verantwortung zu ziehen; die Anstiftung deckt zwar nur einen Erfolg, sehr wohl aber mehrere Versuchshandlungen, die zu seiner Herbeiführung nötig sind“509. Der Täter, der das Opfer erst nach mehreren Schüssen trifft, wird tatsächlich nur wegen vollendeten Mordes und nicht auch wegen der vorangehenden Versuche bestraft. Denn der Versuch einer Tat tritt bekanntlich hinter deren Vollendung als subsidiär zurück510. Aber auch wenn die mehreren Versuchsakte des Täters nicht zur Vollendung der Tat gelangen, ist keine andere Beurteilung bezüglich der für die Strafbarkeit des Täters in Betracht kommenden Taten gerechtfertigt. Denn die mehreren Versuchshandlungen des Täters gegen dieselbe Person bilden wegen ihres engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs eine „natürliche Handlungseinheit“511 und sind infolgedessen als eine Tat (ein Versuch) zu 508 Puppe, NStZ 1991, S. 125. Für einen Exzeß des Täters in einem solchen Fall plädieren auch Streng, JuS 1991, S. 915; Geppert, Jura 1992, S. 167 f.; Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 353 f.; Jakobs, StrR AT, S. 619 Fußn. 100. 509 Roxin, Spendel-FS, S. 299 f. 510 Unechte Konkurrenz zwischen Versuch und Vollendung der Tat. Der Versuch ist in einem solchen Fall eine mitbestrafte Vortat, denn die Verwirklichung des Tatbestandes des jeweiligen Delikts des Besonderen Teils schließt den Unrechts- und Schuldgehalt der vorausgegangenen selbständigen Versuchshandlung mit ein – vgl. Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 793. Es gilt insofern der Grundsatz „lex primaria derogat legi subsidiariae“. Das primär anzuwendende Strafgesetz ist hier das jeweilige Delikt des Besonderen Teils. Dieses Gesetz verdrängt das sekundär anzuwendende Gesetz, das den Versuch dieses Delikts erfaßt (§ 22 StGB iVm dem jeweiligen Straftatbestand des Besonderen Teils). Die Strafvorschrift des Versuchs eines Delikts ist also nur hilfsweise anwendbar, d. h. sie greift nur in dem Fall ein, in dem das einschlägige Delikt nicht zur Vollendung kommt (stillschweigende Subsidiarität zwischen Versuch und Vollendung bei demselben Straftatbestand).

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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betrachten512, zu der auch der Anstifter mitwirkt. Veranlaßt A den Täter B, den C zu erschießen und gelingt es C, nach drei von B abgefeuerten, aber fehlgegangenen Schüsse zu entkommen, dann hat B eine versuchte Tötung (und nicht drei) begangen, die auch die Grundlage für die Bestrafung des Anstifters bildet; letzterer wird wegen Anstiftung zur versuchten Tötung bestraft. Diese Erkenntnis hat natürlich keine Auswirkung auf die hier interessierende Frage nach der Anstifterstrafbarkeit bei der „Gemetzel“-Konstellation. Denn in diesem Fall greift der Täter nicht dasselbe Opfer mehrmals an, bis er es endlich trifft, sondern er greift mehrere Personen an, bis er die „richtige“ erwischt. Diese Akte des Täters sind natürlich – im Gegensatz zu dem oben angeführten Fall – nicht als eine Tat zu betrachten. Der mehreren Objektsverwechslungen unterlegene Täter „nimmt mehrere Willensbetätigungen und damit mehrere Handlungen ,im natürlichen Sinn‘ vor“513, er begeht also mehrere Taten, und die Frage ist, welche von ihnen dem Anstifter zuzurechnen ist. Es ist allerdings Puppe darin beizupflichten, daß in der „Gemetzel“-Konstellation von Binding die Beachtlichkeit der weiteren Täterhandlungen für den Anstifter aus der Lehre vom Täterexzeß folgt514. Auch wenn der Vordermann Dutzende von Opfern erschlagen hätte – immer in der Meinung, den „richtigen“ zu treffen – müßte der Hintermann nicht für das ganze Gemetzel bestraft werden, auch wenn der Irrtum des Täters für ihn unbeachtlich bleibt. Jeder weitere Mord ist ein Exzeß für den Anstifter, der deshalb nur für den ersten Mord zur Verantwortung gezogen werden kann. Er hat ja zu einer Tat den Täter veranlasst, und nur dafür kann der Anstifter bestraft werden. Handelt der Täter weiter, ohne dazu vom Hintermann bestimmt worden zu sein, dann sind diese weitere Handlungen des Täters nicht vom Vorsatz des Anstifters gedeckt515. Die Tatsache, daß der Täter nach der Tö511 Näher zu dem Begriff der „natürlichen Handlungseinheit“: Maiwald, Handlungseinheit, S. 76 f., 85 ff., 90 ff. und passim; Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 724 f.; Küper, JZ 1983, S. 264 ff.; Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 712 ff.; Lackner / Kühl, StGB, vor § 52 Rn 4; Lackner / Kühl, StGB, § 24 Rn 6, Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 763 ff. jeder m. w. N. 512 Fehlt es jedoch an diesem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen den Täterhandlungen, dann ist der erforderliche Sinnzusammenhang nicht begründet, mit der Folge, daß für die rechtliche Beurteilung dieser Handlungen nicht eine einzige Straftat angenommen werden kann. Schießt B auf C und verfehlt ihn, dann sind zwei Versuchstaten anzunehmen, wenn er einige Tage später – und nicht etwa kurz darauf – erneut auf C ohne Erfolg schießt. Denn der zweite Angriff ist wegen der erheblichen zeitlichen Unterbrechung nicht mehr als eine Weiterführung des ursprünglichen Tatentschlusses zu betrachten, sondern er ist von einer erneuten – wenn auch identischen – Erfolgsintention des Täters initiiert. Genau deswegen (erneute Erfolgsintention des Täters) ist in einem solchen Fall dieser zweite Angriff dem Hintermann nicht zuzurechnen, auch wenn dieser Angriff zu der vom Anstifter anfänglich gewünschten Vollendung geführt hat, es sei denn, es ist aus den Angaben des Anstifters zu folgern, daß der Täter solange weiter handeln sollte, wie es für das Erreichen des gewünschten Erfolges nötig wäre. 513 Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 758. Hervorhebung übernommen. 514 Siehe o. Fußn. 508. 515 So auch Jakobs, StrR AT, S. 619 Fußn. 100.

10 Nikolidakis

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

tung der „falschen“ Opfer anschließend noch das „richtige“ Opfer erschießt, hat keine Auswirkung auf die Haftung des Anstifters, der nur für die erste Tötung einzustehen hat516. Alle anderen Tötungen, auch die des „richtigen“ Opfers, sind, da sie nicht vom Hintermann angeordnet wurden, als Exzesse des Angestifteten zu betrachten und als solche dem Anstifter nicht zuzurechnen. Diese mögliche Entwicklung des Geschehens innerhalb der „Gemetzel“-Konstellation, d. h. die anschließende Tötung des „richtigen“ Opfers, schreckt die Anhänger der h. M. vor der Annahme eines Exzesses zurück: „Der zusätzliche Mord“, so heißt es bei Bemmann, „wäre er begangen worden, wäre doch genau die Tat, auf die der Vorsatz des Anstifters gerichtet war. Diese Tat als einen Exzeß des Angestifteten zu begreifen ist mir unmöglich“517. Ähnliche Bedenken finden sich auch bei Roxin518 und Sowada519. Wäre jedoch der „Richtige“ nicht getroffen worden, hätten die Verfechter der h. M. gegen die Annahme eines Exzesses des Angestifteten nichts einzuwenden. Die anschließende Tötung des „richtigen“ Opfers als einen Exzeß zu bezeichnen, scheint tatsächlich auf den ersten Blick befremdlich zu sein. Es ist jedoch nur diese äußerliche Befremdlichkeit, die den Anhaltspunkt der Gegenauffassung bildet. Nach der Logik einer solchen auf dem Rechtsgefühl basierenden Anschauung wäre auch die Strafbarkeit eines Täters, der infolge eines Identitätsirrtums seinen eigenen Bruder tötet, nicht zweifelsfrei zu begründen. Könnte man nicht auch in diesem Fall behaupten, die Bestrafung des Täters widerspreche den „psychologischen Realitäten“ 520? Dennoch sind solche sozial-ethischen Gedanken dogmatisch nicht nachvollziehbar. Die Tatsache, daß das letzte Opfer des Angestifteten schließlich das „richtige“ war, darf uns nicht verwirren und davon ablenken, daß es sich bei seiner Tötung – genau wie bei den anderen Tötungen (nach der ersten) – um eine Handlung des Täters handelt, die vom – nach der ersten Täterhandlung verbrauchten – Anstiftervorsatz nicht erfaßt ist. Nicht die Tötung des „richtigen“ Opfers wird als Exzeß bezeichnet, sondern jede weitere Handlung des Täters stellt sich als ein dem Anstifter nicht zurechenbarer Exzeß dar. Ob dabei das „richtige“ Opfer getötet wurde, ist für die Beurtei516 Vgl. auch Streng, JuS 1991, S. 913: „Ein vom Tatplan des Anstifters nicht erfaßtes mehrfaches Ansetzen zu Deliktsverwirklichungen liegt demnach eindeutig außerhalb seines Vorsatzes, ganz unabhängig von einer möglichen Kongruenz mit seiner deliktischen Basismotivation“. 517 Bemmann, Stree / Wessels-FS, S. 402. 518 Nach Roxin, Spendel-FS, S. 298, „widerspricht es kraß den psychologischen Realitäten“, die Tötung des gemeinten Opfers als Exzeß zu beurteilen. 519 Nach Sowada, Jura 1994, S. 42, ist eine „Ungereimtheit“, den Anstifter für die Tat an dem ungewollten Opfer zu bestrafen, für die zweite, an dem tatsächlich gemeinten Opfer begangene Tat ihn dagegen straflos zu lassen. Abgesehen davon verbleiben nach Sowada,,ungerechte Ergebnisse in jenen Fällen, in denen der erste Fehlschlag nur zur Verletzung, nicht aber zur Tötung des Opfers führt, während die ,Nachbesserung‘ gegenüber dem ursprünglich beabsichtigten Tatopfer mit dessen Tötung endet. Die an sich gebotene Anstiftung wegen Totschlags wäre mit der Unbeachtlichkeitstheorie nicht zu begründen“. Hervorhebung von mir. 520 Siehe o. Fußn. 518.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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lung des Geschehens unerheblich. Wesentlich ist dagegen, daß der Täter zu einer Tat angestiftet wurde. Diese Tat war, wie sich herausstellte, die Tötung des ersten („falschen“) Opfers, obwohl sie nicht mit dem Wunsch des Anstifters übereinstimmte. Handelt der Täter ohne entsprechende Anweisungen des Anstifters weiter, so überschreitet er den Rahmen der ihm erteilten Aufgabe. Auch wenn eine seiner weiteren Handlungen sich als die vom Anstifter gewünschte erweist, ändert dies nichts an ihrem exzessiven Charakter. Sie bleibt weiterhin außerhalb des Rahmens der Vorgaben des Hintermannes. Das läßt sich besser durch folgendes Beispiel veranschaulichen: A veranlaßt B, den C zu erschießen. Der Täter (B) mißversteht jedoch die Anweisungen des Hintermannes und glaubt, er solle den D töten. Infolge eines Identitätsirrtums trifft er jedoch tatsächlich den C.

Der vom Täter (B) letztendlich getroffene C ist im obigen Beispiel das „richtige“ – weil das vom Anstifter anfänglich gemeinte – Opfer. Trotzdem ist dieser Mord auch nach der h. M.521 dem Anstifter nicht zuzurechnen, obwohl C genau der war, den der Anstifter getötet wissen wollte. In diesem Fall scheitert nämlich eine vollendete Anstiftung wegen subjektiver Tatbestandslosigkeit, die aus dem Fehlen am „vorsätzlichen Bestimmen“ des Täters seitens des Hintermannes folgt. Der Hintermann hat zwar den Täter zu dessen vorsätzlicher und rechtswidriger Tat bestimmt, denn der Täter hat die Haupttat nur deswegen ausgeführt, weil er dazu vom Hintermann veranlaßt zu sein glaubte. Der Hintermann wollte jedoch einen anderen Tat521 Siehe z. B. Letzgus, Vorstufen, S. 57 f.; Bemmann, MDR 1958, S. 822. Nach der Meinung dieser Autoren könnte Rosahl unstreitig nicht wegen Anstiftung zum vollendeten Mord, sondern nur wegen versuchter Anstiftung bestraft werden, wenn Rose den Rosahl mißverstanden und in dem Glauben, er solle den Harnisch – und nicht den Schliebe – umbringen, diesen (den Harnisch) in Kenntnis der Person erschossen hätte. Die Tatsache, daß in unserem Beispiel der Täter letztendlich das „richtige“ Opfer wegen eines Identitätsirrtums – also nicht in Kenntnis der Person – tötet, unterscheidet den Fall nicht erheblich von der von diesen Autoren erwähnten Konstellation. Denn der Grund für die Nicht-Zurechnung des Mordes zum Anstifter ist das Mißverstehen des Täters, der deswegen (wegen des Mißverständnisses) eine andere Handlung unternimmt, als die, zu der ihn der Anstifter zu bestimmen versuchte. In dem Moment, in dem der Täter den Hintermann mißverstanden hat, ist der Versuch des letzteren, den Täter zu der von ihm (dem Anstifter) gewollten Tat zu bestimmen, gescheitert. Wegen des Mißverständnisses besteht nicht die erforderliche Verbindung zwischen dem Anstiftervorsatz und dem Tatentschluß des Täters. Es fehlt somit am „vorsätzlichen Bestimmen“, und eine vollendete Anstiftung kann wegen des Fehlens dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals nicht angenommen werden (anders jedoch Puppe, GA 1984, S. 121). Was der Täter nach diesem Mißverständnis unternimmt, kann dem Hintermann nicht zugerechnet werden. Er hat nämlich den Täter nicht vorsätzlich dazu bestimmt (subjektive Tatbestandslosigkeit). Ob nun die Tat des Täters letztendlich zufällig (wegen seines Identitätsirrtums) mit dem übereinstimmte, zu dem der Hintermann ihn zu bestimmen versuchte, spielt für die Strafbarkeit des Hintermannes keine Rolle. Denn der Täter hat immerhin infolge und im Rahmen seines Mißverstehens gehandelt. Der Hintermann wird lediglich wegen versuchter Anstiftung und eventuell, wenn er das Mißverstehen des Täters voraussehen konnte, wegen fahrlässiger Tat bestraft. Der fehlende Anstiftervorsatz bezüglich des vom Täter erfaßten Tatentschlusses kann durch die zufällige Gegebenheit, daß der Täter im Verlauf des Geschehens einer Personenverwechslung erlag, nicht ersetzt werden.

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entschluß in ihm wecken. An der Herbeiführung des vom Täter letztendlich gefaßten Entschlusses hat der Hintermann nicht vorsätzlich mitgewirkt, und somit ist er nur wegen versuchter Anstiftung, möglicherweise in Tateinheit mit fahrlässiger Nebentäterschaft, zu bestrafen522. Es zeigt sich, daß die Tötung des „richtigen“ Opfers nicht zwangsläufig zu der Haftung des Hintermannes führt, obwohl eine solche Entwicklung des Geschehens dem anfänglichen Wunsch des präsumtiven Anstifters gleicht. Wenn nicht alle objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung erfüllt sind, kann eine Anstiftung, auch unter dem Blickwinkel der „Unbeachtlichkeitslehre“, nicht angenommen werden. Daran ändert die Tötung des „richtigen“ Opfers nichts, die auf eine Weise erfolgte, die sie nicht als diejenige Tat erscheinen läßt, zu der der Täter vom Hintermann vorsätzlich bestimmt wurde. Diese Tat stellt sich nämlich nicht als eine vom Anstifter akzessorisch verursachte Tätertat dar. Die Tötung des „richtigen“ Opfers verkörpert also nicht immer den Tätererfolg, an dem der Hintermann vorsätzlich mitgewirkt hat523. Das „Gemetzelargument“ der h. M. erweist sich somit nicht als stichhaltig. Denn wenn man die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter annimmt, dann ist die von der „Unbeachtlichkeitslehre“ vorgenommene Beurteilung der späteren Tötung des „richtigen“ Opfers als ein Exzeß des Angestifteten – entgegen den kriminalpolitischen Erwägungen der h. M. – dogmatisch nicht nur begründbar, sondern vielmehr geboten. 3. Vergleich zwischen den Exzeßund den Objektsverwechslungsfällen Es ist allerdings Letzgus darin beizupflichten, daß aus einem solchen Fall (wie der „Gemetzel“-Konstellation) nicht die entscheidenden dogmatischen Argumente gewonnen werden können, „da bei einer derartigen Betrachtungsweise allein vom Ergebnis her argumentiert wird, was niemals eine system-immanente Begründung ersetzen kann“. Entscheidend sei die Frage, ob die begangene Tat vom Vorsatz des Anstifters noch gedeckt werde524. Zur Stützung seiner gegenüber dieser Frage ablehnenden These unternimmt Letzgus einen Vergleich zwischen den Exzeß – und den Objektsverwechslungsfällen und kommt zu dem Ergebnis, daß aus der Sicht des Anstifters der Unterschied der beiden Fälle in einem nur in der Begehungsweise unterschiedlichen Herbeiführen desselben „aliud“ liege: Hätte der Täter bewußt ein „aliud“ begangen, so Letzgus, dann sei der Anstifter unstreitig für diesen Erfolg nicht haftbar. „Wenn der Täter nun irrtümlich genau denselben vom Anstiftervorsatz abweichenden Erfolg herbeiführt, kann die Abweichung vom Anstifter her betrachtet nicht plötzlich geringer und deshalb von seinem Vorsatz noch gedeckt Siehe o. Fußn. 521 und insbes. u. S. 156 f., 158 ff. Ohne eine solche nachgewiesene Mitwirkung ist die Bestrafung des Anstifters jedoch nicht gerechtfertigt. Zum Strafgrund der Anstiftung siehe o. S. 55 ff. 524 Letzgus, Vorstufen, S. 56. 522 523

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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sein. Die Tatsache, ob der Täter bewußt oder unbewußt das Handlungsobjekt wechselt, kann doch den Grad der Abweichung nicht ändern, zumal es völlig unabhängig vom Willen des Anstifters ist, ob sich der Täter irrt“525 . Weßlau, eher eine Vertreterin der Unbeachtlichkeitslehre 526, räumt tatsächlich ein, daß dieses Argument auf der Basis der Exzeßdogmatik nicht zu widerlegen sei: „Denn für die Kategorie des Exzesses spielt es prinzipiell keine Rolle, ob der Haupttäter infolge eines Vorsatzwechsels oder infolge eines Irrtums von dem vom Anstifter Gewollten abgewichen ist“527. Dieses Argument mag zwar auf den ersten 525 Letzgus, Vorstufen, S. 56 f. Hervorhebungen übernommen. So bereits Bemmann, MDR 1958, S. 822 (im Anschluß an Hugo Böhlau, Der Kriminal-Prozeß Rose und Rosal, 1859, S. 29): „Sowenig Rosahl dann Anstifter wäre, wenn Rose beim Anblick des Harnisch aus Mordlust den Entschluß gefaßt hätte, den ihm vor Augen gekommenen Menschen niederzuschießen, ebensowenig ist er es im vorliegenden Fall, wo bei sonst gleicher Sachlage nur das Motiv, aus dem heraus Rose handelte, statt Mordlust Irrtum war“. Ähnlich auch Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 59 f., 65; Sax, ZStW 90 (1978), S. 947 (nach Sax fehlt bereits die Haupttat); Bitzilekis, Die teilnehmerische Handlung, S. 160; Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 203; Roxin, Spendel-FS, S. 290; Sowada, Jura 1994, S. 42. Für die letzten beiden Autoren ist die Objektsverwechslung des Täters ein fahrlässiger Exzeß. 526 Im Ergebnis und nicht in der Begründung. Siehe o. S. 129 f. 527 Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 116 f. Den Grund für die unterschiedliche Behandlung irrtümlicher und bewußter Objektsvertauschung sieht Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 117 [im Anschluß an Montenbruck, ZStW, 84 (1972), S. 323 f.] in folgender, „rechtlich-wertender“ Überlegung: „Da dem Anstifter, wäre er selbst der Täter gewesen, der Irrtum genauso hätte unterlaufen können, soll ihn der Irrtum des von ihm angestifteten Täters nicht entlasten . . . Beruht die Abweichung hingegen auf einer bewußten Abweichung des Täters, so hätte der Anstifter diese abweichende Tat selbst nicht begangen“. Ähnliche Überlegungen klingen in der Entscheidung des Preuß. Obertribunals an [GA 7, (1859), 336 – siehe o. S. 113]. Warum jedoch darauf abzustellen ist, ob sich der Anstifter als Täter in der gleichen Situation gleich hätte verhalten können, erklärt Weßlau nicht (allerdings räumt sie selbst bezüglich der Montenbruckschen Zurechnungskriterien ein, daß sie „weder explizit genannt noch gar begründet werden“ – ZStW 104 (1992), S. 117). Der Gedanke, was man hypothetisch tun könnte, kann keine Grundlage für eine Zurechnung bilden. Handelt z. B. der vom Tatort wegfliehende Täter fahrlässig und überfährt einen Passanten mit dem von ihm gestohlenen Auto, heißt das längst nicht, daß der Anstifter zu diesem Autodiebstahl auch für die fahrlässige Tötung seitens des Täters nur deswegen verantwortlich ist, weil er als Täter genauso fahrlässig hätte handeln können. Es liegt auf der Hand, daß aus einer solchen rein fiktiven Betrachtungsweise nicht die entscheidenden Folgerungen gezogen werden können. Denn es bliebe nicht viel übrig, was der Anstifter als Täter nicht tun könnte (außer den bewußten Exzeßtaten). Entscheidend für die Zurechnung der Haupttat zum Hintermann ist nicht, was letzterer an der Stelle des Täters getan haben könnte, sondern was er tatsächlich getan hat, ob er also vorsätzlich (Anstifter) oder fahrlässig (Nebentäter) zur begangenen Tätertat mitgewirkt hat oder nicht. Den Grund für die Unzurechenbarkeit des bewußten Exzesses erblickt jedoch Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 117 f., richtigerweise im in diesem Fall fehlenden objektiven Tatbestand der Anstiftung. Zu Recht wirft Weßlau der herrschenden Exzeßlehre vor, sie bejahe auch in den Exzeßfällen ohne weiteres das „Hervorrufen“ des Tatentschlusses, da die Anstiftungshandlung – nach der Exzeßlehre – lediglich mitursächlich für die Entstehung des Tatentschlusses sein müsse, was aber nach Weßlau nicht einleuchtend ist (ZStW 104 (1992), S. 119 ff.). – Vgl. dazu o. im Text S. 150 ff. Weßlau versucht dann, auch die Objektsverwechslungsfälle unter dem Aspekt der

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Blick unbestreitbar erscheinen, hält jedoch einer näheren Betrachtung nicht stand. Führt der Täter bewußt eine andere Tat als diejenige aus, zu welcher ihn der Anstifter bestimmt oder zu bestimmen versucht hat (qualitativer Exzeß) oder tut er mehr, als der Anstifter ihn zu tun veranlaßt hat (quantitativer Exzeß), ist dieses „aliud“ oder „plus“ des Täters dem Anstifter unstreitig nicht zuzurechnen. Denn der Täter hat in solchen Fällen die Tat nicht aus dem vom Anstifter in ihm erweckten Vorsatz heraus begangen, er wurde also zu seiner Tat nicht vom Anstifter bestimmt. Ob sich jedoch daraus die Erheblichkeit des „error in persona“ des Täters für den Anstifter folgern läßt, ist fragwürdig. Denn diese Denkweise, die auf einen solchen Vergleich abstellt, setzt das zu Beweisende voraus. Die hier zu beantwortende Frage ist nämlich, ob der Erfolg des Täters im Falle einer Objektsverwechslung ein „aliud“ für den Anstifter darstellt, ob also der Tätererfolg in einem solchen Fall tatsächlich vom Anstiftervorsatz abweicht. Man kann das nicht vorentscheiden, indem man den Täterirrtum als „fahrlässigen Exzeß“ oder als „abweichenden Erfolg“ bezeichnet. Die Objektsverwechslung des Täters als einen „fahrlässigen Exzeß“ zu bezeichnen, ist eine unbegründete Behauptung. Denn Exzeß heißt nach der herrschenden Exzeßlehre, etwas mehr oder etwas anderes als das zu tun, was der Anstifter in seinen Vorsatz aufgenommen hat528. Aber das wäre – wie gesagt – erst zu beweisen, nämlich ob der infolge eines „error in persona“ des Täters eingetretene Erfolg wirklich etwas anderes als das vom Anstiftervorsatz Erfaßte ist. Die eventuelle Bezeichnung der Tätertat als „Exzeß“ sollte das Ergebnis der Untersuchung sein und nicht ihren Ausgangspunkt bilden. Eine nähere Betrachtung dieser beiden Fallgruppen (Exzeß und Objektsverwechslung) zeigt ferner, daß ihr Vergleich ihre identische Behandlung nicht begründen kann. Denn bei einem Exzeß handelt der Täter nicht aus dem vom Anstifter hervorgerufenen Vorsatz heraus, bei einer Objektsverwechslung dagegen schon. Bemmann mag zwar Recht haben, daß das nicht ausreicht, um eine Anstiftung zu begründen529, man kann jedoch nicht bestreiten, daß das Verursachen des Tatentschlusses ein essentielles Element ist, ohne das eine Anstiftung überhaupt nicht in Frage kommen kann. Die Argumentation der h. M. basiert auf einer fehlerhaften Überlegung: Der Täter soll in beiden Fällen denselben vom Anstiftervorsatz abweichenden Erfolg herbeigeführt haben, und deswegen könne die Abweichung vom Anstifter her betrachtet nicht plötzlich geringer sein530. Aber man kann nicht sagen, daß der Tätererfolg im Falle einer Objektsverwechslung vom Anstiftervorsatz abweicht, bevor nachgewiesen ist, daß der Anstiftervorsatz einen solchen Erfolg nicht erfaßt. Eine Divergenz zwischen dem Tätererfolg und der „deliktischen Baobjektiven Zurechnung zu lösen, was jedoch – wie schon gezeigt (siehe o. S. 129 f.) nicht überzeugt. 528 Diese Verlagerung der Zurechenbarkeitsfrage in Fällen des bewußten Exzesses in den subjektiven Tatbestand ist jedoch fragwürdig. Dazu sogleich im Text. 529 Bemmann, MDR 1958, S. 821: „Zur Anstiftung gehört eben mehr als das Verursachen des Tatentschlusses beim Täter. Zur Anstiftung gehört vor allem der Anstiftervorsatz“. 530 So Letzgus, Vorstufen, S. 57.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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sismotivation“531 des Hintermannes bedeutet genausowenig eine Abweichung des Tätererfolges vom Anstiftervorsatz, wie eine entsprechende Kongruenz die Dekkung des Tätererfolges mit dem Anstiftervorsatz bedeutet532. Damit festgestellt wird, ob die Haupttat vom Anstiftervorsatz abweicht, muß auch die Entstehungsweise dieser Tat geprüft werden. Die Prämisse, daß es nicht darauf ankomme, wie die Abirrung entstehe533, trifft hier nicht zu, denn das „Wie“ der Entstehung der Tätertat spielt eine große Rolle für ihre Bezeichnung als „Abirrung“. Im Falle eines bewußten Exzesses weiß der Täter, daß er ein anderes als das vom Anstifter gemeinte Objekt angreift. Er unterscheidet zwischen den beiden Taten (also zwischen der angeordneten und der von ihm begangenen Tat), und diese Gegebenheit (d. h. die Begehung der Tat nicht aus dem vom Anstifter in ihm erweckten Vorsatz heraus) läßt seine Tat als Abweichung erscheinen534. Der einem Identitätsirrtum unterlegene Täter dagegen denkt nicht an zwei verschiedene Objekte; er greift das Objekt an, ohne einen neuen Entschluß gefaßt zu haben. Die unterschiedliche Weise, auf die diese beiden Taten entstehen, weckt Zweifel bezüglich ihrer Gleichbehandlung, obwohl in beiden Fällen das Ergebnis das gleiche zu sein scheint (in beiden Fällen wurde ein anderes als das vom Anstifter gewünschte Objekt angegriffen). Die Erheblichkeit der Entstehungsweise der Tätertat läßt sich durch folgende Beispiele veranschaulichen, die zugleich eine Antwort auf das Beispiel von Bemmann darstellen, den die äußerliche Ähnlichkeit der beiden Fälle dazu veranlaßt hat, ihre Gleichbehandlung zu postulieren535: a) A veranlaßt B, den C zu erschießen. B stimmt zu, aber kurz darauf gibt er wegen schlechten Gewissens seinen Entschluß auf. Aus Neugier will er den C sehen. Als er ihn 531 So bezeichnet Streng, JuS 1991, S. 915, den Wunsch des Anstifters, daß der Täter ein bestimmtes Opfer treffen wird. Siehe o. Fußn. 516. 532 Das wurde bereits durch das Beispiel mit dem mißverstehenden und zugleich einem „error in persona“ erliegenden Täter (siehe o. S. 147) gezeigt. Er trifft genau das vom Anstifter gewünschte Opfer, und trotzdem wird seine Tat dem Anstifter nicht zugerechnet. Die Unerheblichkeit einer solchen Kongruenz übersehen aber Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 64 („. . . so tritt doch real ein Tatbestandserfolg ein, den der Anstifter gerade nicht gewollt hat“) und Bemmann, Stree / Wessels-FS, S. 401 („Die Tat des Siegfried wich jedoch von dem, was Fritz getan wissen wollte, ab“). Anderes Beispiel: A veranlaßt B, den C zu töten. B wartet auf C. Als er kommt, glaubt B, es sei D, sein ewiger Feind, und erschießt ihn. Dann gibt er den von A in ihm erweckten Entschluß auf und geht. Ein Mord pro Tag reicht ihm. Oder: Der Angestiftete trifft den D in dem Glauben, es sei der vom Anstifter gewünschte C. Und dann trifft er aus eigenem Entschluß den C in dem Glauben, es sei der von ihm gehaßte D. In diesen Beispielsfällen tritt genau der Erfolg ein, den der Anstifter sich gewünscht hat. Trotzdem sind diese Tätererfolge als Exzesse zu betrachten (der Täter agiert aus eigenem Entschluß) und werden ihm nicht zugerechnet. Es zeigt sich, daß die Kongruenz zwischen Anstifterwunsch und Tätererfolg nicht entscheidend für die Bejahung einer Anstiftung ist. 533 So die h. M. – siehe o. Fußn. 525. 534 Dabei bliebe es, auch wenn der auf eigenen Entschluß agierende Täter letztendlich (z. B. durch einen Identitätsirrtum oder weil er den Entschluß schon vorher allein gefaßt hatte) doch den „richtigen“ im Sinne des Anstifters erschießt. Siehe dazu das im Text folgende Beispiel. 535 Siehe o. Fußn. 525.

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sieht, stellt er zu seiner Überraschung fest, daß C derjenige ist, der vor Jahren seine Schwester vergewaltigt hat. Von Wut und Rachegefühlen überwältigt, schießt er auf ihn und tötet ihn. b) A verspricht B eine Belohnung von 100.000 DM, wenn er den C tötet. B, der sein ganzes Leben lang vom großen Geld träumte, nimmt den Vorschlag an und führt den Auftrag problemlos aus. Die große Geldsumme hat seine Gewissensbisse gemildert.

Man sieht, daß bei diesen beiden Fallkonstellationen das Ergebnis das gleiche ist, daß, um mit Bemmanns Worten zu sprechen536, bei sonst gleicher Sachlage (A wollte jeweils den C durch B getötet wissen, und das ist in beiden Fällen geschehen) nur das Motiv, aus dem B heraus handelte, statt Rache (Fall a) Geldgier (Fall b) war. Trotz dieser äußerlichen Ähnlichkeit würde niemand diese beiden Fälle gleich behandeln. Denn im Grunde unterscheiden sich diese Fallkonstellationen essentiell voneinander. Im ersten Fall hat B letztendlich das vom Hintermann gewünschte Opfer angegriffen; das tat er jedoch nicht als Folge der Veranlassung des präsumtiven Anstifters, sondern seinem eigenen, frei von jeglicher Beeinflussung des Hintermannes gefaßten Entschluß zufolge. Seine Tat stellt sich demnach als ein dem Hintermann nicht zurechenbarer Exzeß dar, obwohl sie dem Wunsch des Hintermannes entsprach537. Denn der Hintermann hat bei diesem Erfolg nicht mitgewirkt. Es gibt zwar keinen Dissens zwischen Anstifterwunsch und Tätererfolg, es fehlt aber an dem Konsens zwischen Anstifter und Täter bezüglich dieses Erfolges. Anders jedoch im zweiten Fall, wo der Täter zu seiner Tat vom Anstifter bestimmt wurde. Die Tätertat ist in diesem Fall zweifellos dem Anstifter zuzurechnen. Es stellt sich heraus, daß der Grund für die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkonstellationen nicht das unterschiedliche Motiv des Täters (Rache statt Geldgier) ist, sondern die Entstehungsweise dieser Taten, die Tatsache also, daß der Erfolg sich im einen Fall als ausschließliches Werk des Täters darstellt, der den entsprechenden Entschluß allein gefaßt hat, während der Tätererfolg im anderen Fall – infolge der Veranlassung des Täters durch den Hintermann – sich auch als Erfolg des Anstifters erweist. Die äußerliche Ähnlichkeit der beiden Erfolge kann diesen essentiellen Unterschied nicht wettmachen. Somit wird etwas klar, was von den meisten Autoren verkannt wird, nämlich der wahre Grund für die Nicht-Zurechenbarkeit eines (bewußten) Exzesses. Begeht Siehe o. Fußn. 525. In die Kategorie des Exzesses stuft auch Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 658 diesen Fall ein. Anders jedoch Letzgus, Vorstufen, S. 34 f., 51 f., der diesen Fall als eine Erscheinungsform der „unwirksamen Anstiftung“ betrachtet. Für den von uns aufgeführten Vergleich ist dieser schematische Unterschied ohne Bedeutung. Was hier allerdings interessiert, ist, daß die Tätertat in diesem Fall sowohl nach Weber als auch nach Letzgus nicht dem Hintermann zuzurechnen ist, und zwar aus dem gleichen Grund, nämlich weil die Täterhandlung auf einem neuen, selbständig gefaßten Entschluß des Täters beruhe (so Letzgus, Vorstufen, S. 34) und demzufolge die Kausalität zwischen der Anstiftungshandlung des Hintermannes und der Tat des Täters fehle (so Weber, StrR AT, S. 658 und Letzgus, Vorstufen, S. 51). 536 537

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der Täter bewußt eine Tat, die eine andere rechtliche538 oder tatsächliche539 Qualität gegenüber der vom Anstifter veranlaßten Tat aufweist (qualitativer Exzeß), dann kann eine vollendete Anstiftung nicht angenommen werden. Der Grund für die Nicht-Zurechnung der Tätertat zum Anstifter liegt nicht in der von den meisten Autoren540 angenommenen Abweichung der Tat vom Anstiftervorsatz, also in einem Mangel des subjektiven Tatbestands der Anstiftung, sondern bereits in einem Mangel des objektiven Tatbestands. Der Haupttäter begeht die Tat aus eigenem Entschluß und nicht aus dem in ihm vom Anstifter hervorgerufenen Vorsatz heraus, was aber die Annahme einer vollendeten Anstiftung ausschließt, da das objektive Tatbestandsmerkmal „Bestimmen“ fehlt541. Der Täter hat zwar eine vorsätzliche und rechtswidrige Tat begangen, er wurde aber zur Begehung dieser Tat nicht vom Anstifter bestimmt. Mangelt es aber am objektiven Tatbestand, dann scheidet eine vollendete Anstiftung schon deswegen aus, und es ist nicht mehr zu prüfen, ob der Anstiftervorsatz die Tätertat umfaßt oder nicht. Tut der Täter bewußt mehr, als er tun sollte (quantitativer Exzeß), so ist dieses „Plus“ nach allgemeiner Meinung dem Anstifter nicht zuzurechnen, „da sein Vorsatz nicht so weit reicht“542. Wiederum ist diese Verlagerung des Problems in den subjektiven Tatbestand der Anstiftung nicht richtig. Denn die Nicht-Zurechenbarkeit des „Plus“ der Tätertat folgt schon aus der Tatsache, daß der Täter dieses „Plus“ aus eigenem Entschluß begeht. Es fehlt somit das objektive Tatbestandsmerkmal „Bestimmen“, und eine Anstiftung in bezug auf dieses „Plus“ des Täters scheidet bereits wegen objektiver Tatbestandslosigkeit aus. Auch wenn der präsumtive Anstifter schließlich die Täterhandlung im vollen Umfang billigt, kann dies den Mangel am objektiven Tatbestand nicht kompensieren. Wichtig ist, daß der Haupttäter die „Plus“-Tat aus eigenem Entschluß und nicht wegen der Veranlassung des Hintermannes begangen hat. Es mag sein, daß die Anstifterhandlung kausal in bezug auf die ganze Tätertat war, denn hätte der Anstifter den Täter nicht zur leichteren Tat veranlaßt, wäre vielleicht der Täter nicht auf die Idee gekommen, die „Plus“-Tat zu begehen. Diese entfernte Kausalität reicht jedoch nicht aus, um eine Anstiftung zu begründen. Die Tatsache, daß der Täter aus eigenem Entschluß agiert543, daß er also zu der „Plus-Tat“ vom Hintermann nicht bestimmt 538 Z. B.: Der Täter begeht eine Vergewaltigung (§ 177 StGB) statt der vom Hintermann veranlaßten Körperverletzung (§ 223 StGB). 539 Z. B.: Der Täter tötet in Kenntnis der Person den X statt des vom Anstifter gewollten Y. 540 So z. B. Sch-Sch-Cramer / Heine, StGB, § 26 Rn 22; Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 575; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 655 f., 622. 541 Ähnlich Loewenheim, JuS 1966, S. 314: „Hierfür kann der Anstifter schon deswegen nicht haften, weil er den Tatentschluß zu diesen Taten (scil. den bewußten Abweichungen) des Täters nicht hervorgerufen hat“; vgl. auch Schmidhäuser, StrR AT Lb, S. 558 f.; ders., StrR AT Stb, S. 314 f. 542 Letzgus, Vorstufen, S. 44. 543 Natürlich agiert der Angestiftete immer aus einem eigenen, bewußt gefaßten Entschluß. Sonst wäre er kein angestifteter, voll verantwortlicher Täter, sondern lediglich ein Werkzeug. Wenn von einem aus eigenem Entschluß handelnden Täter im Gegensatz zu ei-

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

wurde, hat zur Folge, daß seine Tat dem Hintermann objektiv nicht zugerechnet werden kann. Nach der h. M. muß jedoch eine vollendete Anstiftung bezüglich des leichteren, vom Anstiftervorsatz noch umfaßten Delikts angenommen werden. So sei z. B. derjenige, der zur Körperverletzung anstiftet, auch dann nach §§ 26, 223 StGB zu bestrafen, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich totschlägt544. Es muß allerdings hier danach differenziert werden, wann der Täter den Vorsatz zur Begehung der „Plus-Tat“ gefaßt hat. Wenn der Täter im obigen Beispiel den Tötungsvorsatz gefaßt hat, nachdem er mit der Ausführung der veranlaßten Körperverletzung begonnen hat, dann ist der Hintermann tatsächlich wegen vollendeter Anstiftung zur Körperverletzung (§§ 26, 223 StGB) zu bestrafen. Für die nachfolgende Tötung haftet er nicht, denn der Täter handelt diesbezüglich aus eigenem Entschluß, ohne dazu vom Anstifter veranlaßt zu sein (objektive Tatbestandslosigkeit der Anstiftung bezüglich der „Plus“-Tat wegen Fehlens des objektiven Tatbestandsmerkmals „Bestimmen“). Handelt der Täter dagegen von Beginn an mit Tötungsvorsatz, ist er also vor der Einwirkung des Hintermannes dazu entschlossen, das Opfer zu Tode zu prügeln, dann hat eine vollendete Anstiftung überhaupt nicht stattgefunden, nicht einmal bezüglich des leichteren Delikts der Körperverletzung. Denn der Täter hat von Anfang an aus eigenem Entschluß gehandelt, er ist ein sog. „omnimodo facturus“, der folglich nicht angestiftet werden kann545. Der Hintermann hat in einem solchen Fall keinen Tatentschluß im Täter hervorgerufen und ist eventuell nur wegen versuchter Anstiftung zu der von ihm gewünschten Tat zu bestrafen [im obigen Beispiel bleibt also der Hintermann gem. § 30 I StGB straflos, weil die Körperverletzung (§ 223 StGB) ein Vergehen ist]. Eine vollendete Anstiftung ist nicht nur in bezug auf die „Plus-Tat“, sondern auch bezüglich des leichteren Delikts wegen des Mangels am objektiven Tatbestand (die Bestimmung des Täters zur Tat fehlt) ausgeschlossen546. Es zeigt sich, daß bei den Fällen, in denen der Täter einen bewußten Exzeß begeht, eine vollendete Anstiftung bereits wegen objektiver Tatbestandslosigkeit nicht angenommen werden kann547. Anders jedoch bei einer Objektsverwechslung des Angestifteten, bei der die objektive Tatnem zu seiner Tat bestimmten Täter die Rede ist, soll damit nur darauf hingewiesen werden, daß im Exzeßfall der Täter seinen Entschluß ohne die entscheidende Beeinflussung des Hintermannes gefaßt hat, während der einer Objektsverwechslung unterliegende Täter zu dessen Tat vom Anstifter veranlaßt wurde. 544 So Letzgus, Vorstufen, S. 45. 545 Siehe z. B. Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 569; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 647. 546 Anders verhält es sich bei den erfolgsqualifizierten Delikten (§ 18 StGB). Bei diesen Delikten kann der Anstifter auch für das „Plus“ des Täters haften, soweit dem Anstifter in bezug auf den Eintritt der Erfolgsqualifikation mindestens Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ist das nicht der Fall, bleibt eine vollendete Anstiftung zum Grunddelikt. Begeht der zu einer Körperverletzung (§ 223 StGB) angestiftete Täter eine Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB), dann ist der Anstifter auch gem. §§ 26, 227 StGB zu bestrafen, wenn er hätte erkennen können, daß der schwere Erfolg (also der Tod des Opfers) eintreten kann. Näher dazu Letzgus, Vorstufen, S. 45; Baumann / Weber / Mitsch, StrR AT, S. 643; Sch-Sch-Cramer / Sternberg-Lieben, StGB, § 18 Rn 7; Lackner / Kühl, StGB, § 18 Rn 5 ff. 547 So auch Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 117 ff. – Siehe auch o. Fußn. 527.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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bestandsmäßigkeit zweifellos zu bejahen ist. Denn es gibt dann sowohl eine rechtswidrige und vorsätzliche Haupttat als auch eine Hervorrufung des Tatentschlusses seitens des Anstifters. Es erscheint also auch deswegen zweifelhaft, ob ein Vergleich zwischen diesen beiden Fällen zur Klärung der Problematik beitragen kann. Nach der Meinung von Letzgus kann die Tatsache, ob der Täter bewußt oder unbewußt das Handlungsobjekt wechselt, den Grad der Abweichung nicht ändern. Denn in solchen Fällen sei für den Anstifter nur die Begehungsweise desselben aliud unterschiedlich548. Diese Behauptung hat sich jedoch als nicht zutreffend erwiesen. Denn es wurde gezeigt, daß es auch von der Entstehungsweise einer Tat abhängt, ob sie sich als Abweichung vom Anstiftervorsatz präsentiert. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß es im Falle einer Objektsverwechslung des Täters keinen unbewußten Wechsel des Handlungsobjekts seitens des Täters gibt, sondern nur eine Verwechslung des „richtigen“ Objekts mit einem anderen. Das ist kein Wortspiel. Denn die Tatsache, daß es sich einerseits um einen Wechsel, andererseits um eine Verwechslung des Handlungsobjekts handelt, deutet schon darauf hin, daß es hier um zwei objektiv (also nicht nur im Motiv) unterschiedliche Fallkonstellationen geht. Hillenkamp behauptet, daß es „für das Vorliegen einer aberratio ictus nichts verschlagen kann, ob die Ursache des Fehlgehens, des Objektsaustausches, ein Wechsel im Vorsatz, ein Fehlgehen des Angriffs des Täters oder ein Irrtum ist“549. Das trifft jedoch nicht zu. Denn ein Wechsel im Vorsatz des Täters hat eine nur versuchte Anstiftung zur Folge, während ein Fehlgehen des Angriffs des Täters eine Anstiftung zum Versuch bedeutet. Nur wenn man unter „Vorsatzwechsel des Angestifteten“ diejenige Fälle versteht, in denen der Täter mit der Ausführung eines mehraktigen Delikts schon begonnen hat und dann seinen Vorsatz wechselt550, ist auch eine Anstiftung zum Versuch anzunehmen, denn der Täter hat in einem solchen Fall schon mit der Ausführung der angesonnenen Tat begonnen551. Unter „Vorsatzwechsel des Angestifteten“ sind jedoch auch diejenigen Fälle zu verstehen, in denen der Angestiftete einen Objektswechsel aufgrund eines neuen Entschlusses vornimmt. In diesen Fällen, die nach Hillenkamp den Vorsatzwechsel-Fällen verwandt sind und auch eine „aberratio ictus“ für den Anstifter bedeuten552, hat der Täter mit der Ausführung der angestifteten Tat nicht begonnen553. Der Hintermann Letzgus, Vorstufen, S. 57. Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 65. 550 So z. B. in dem von Baumann, JuS 1963, S. 134, 5c gebildeten Fall, wo der Angestiftete in ein Haus einbricht, um einen Rembrandt zu stehlen, dann aber den daneben hängenden Macke, der ihm besser gefällt, wegnimmt. 551 Im obigen Beispiel ist der Täter in das Haus eingebrochen, um einen Rembrandt zu stehlen – § 22 iVm § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB – Baumann, JuS 1963, S. 134, nimmt hier eine Anstiftung zum schweren Diebstahl an. 552 Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 56 f. 553 So z. B. im Maurachschen Fall (Maurach / Gössel / Zipf, StrR AT / 2, S. 353 f.), in dem „A den B anstiftet, seinen, des A, Feind C zu ermorden, B es aber vorzieht, seinen Widersacher D zu beseitigen“. 548 549

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

wird hier lediglich wegen versuchter Anstiftung bestraft, denn die von ihm veranlaßte Tat ist nicht einmal ins Versuchsstadium eingetreten. Aber auch die rechtlichen Konsequenzen, die Hillenkamp aus seiner Erkenntnis zieht, daß der Vorsatzwechsel des Angestifteten eine „aberratio ictus“ für den Anstifter bedeute, sind unzutreffend. Nach Hillenkamp „müßten zwar diejenigen, die bei der aberratio ictus Versuch und fahrlässige Tat ideal konkurrierend bejahen554, hier eine Anstiftung zum Versuch, möglicherweise verbunden mit einer fahrlässigen Nebentäterschaft, annehmen“555. Das trifft jedoch nicht zu. Wenn bei der „aberratio ictus“ ein Versuch und ggf. eine fahrlässige Tat angenommen wird, dann führt dies konsequenterweise dazu, daß der Anstifter, für den nach Hillenkamps Ansicht die Tat des Täters eine „aberratio ictus“ bedeutet, nur wegen versuchter Anstiftung und ggf. fahrlässiger Nebentäterschaft bestraft werden müßte und nicht, wie Hillenkamp meint, wegen vollendeter Anstiftung zum Versuch und fahrlässiger Tat. Denn sonst wäre bei einer „aberratio ictus“ nicht Versuch und ggf. fahrlässige Tat zu bejahen. Die „Begehungsweise“ der Tat spielt also doch eine erhebliche Rolle. Auch wenn hier vom Ergebnis her argumentiert wird, vermag das nichts an der gewonnenen Erkenntnis zu ändern, daß es auch aus der Perspektive des Anstifters gesehen nicht gleich ist, wie die von seinem Wunsch556 abweichende Tätertat entsteht. Allein die Tatsache, daß das vom Täter letztendlich angegriffene Objekt nicht das vom Anstifter gewünschte ist, kann nicht zu schlüssigen Ergebnissen führen. Man kann also aus dem Vergleich zwischen den Fällen des bewußten Exzesses und der Objektsverwechslung des Täters keine dogmatisch stichhaltigen Argumente gegen die „Unbeachtlichkeitslehre“ gewinnen. Die Frage, ob der einem „error in persona“ erlegene Täter eine vom Anstiftervorsatz nicht erfaßte und folglich dem Vorsatz des Anstifters nicht zurechenbare Tat begeht oder zu seiner Tat vorsätzlich vom Anstifter bestimmt wurde, bleibt weiterhin offen.

4. Mißverstehen und Objektsverwechslung Überzeugender – zumindest auf den ersten Blick – scheint dagegen ein anderer Vergleich zu sein, nämlich derjenige zwischen dem Fall, in dem der Täter den An554 So auch Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 108 ff., insbes. S. 113 – 116 bei höchstpersönlichen Rechtsgütern. 555 Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 60. 556 Der „Wunsch“ ist mit dem „Vorsatz“ nicht zu verwechseln. Der Vorsatz kann vorhanden sein, obwohl der Wunsch fehlt. Klassisches Beispiel eines solchen Falles ist der „error in persona“ des Täters, wobei der eingetretene Erfolg vorsätzlich vom Täter herbeigeführt wird, obwohl dieser Erfolg seinem Wunsch nicht entspricht. Und umgekehrt: der Vorsatz kann fehlen, obwohl der eingetretene Erfolg dem Wunsch des Täters entspricht. Z. B.: A fährt zum Haus seines Feindes B, um ihn zu erschießen. Auf den Weg dorthin überfährt er fahrlässig einen Passanten, der sich überraschend als B erweist (Beispiel von Herzberg, JA 1981, S. 373 und 471). – siehe auch o. S. 150 f. insbes. Fußn. 532.

VI. Die „aberratio ictus“-Lehre

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stifter mißversteht und deshalb ein anderes Opfer erschießt und dem „error in persona“-Fall. Es wurde bereits erwähnt, daß die Tat eines mißverstehenden Täters dem Anstifter nicht zuzurechnen ist557. Nicht anders soll aber nach der Meinung mancher Verfechter der h. M. das Ergebnis sein, wenn der Täter einem „error in persona“ unterliegt. Denn der einzige Unterschied zwischen den beiden Konstellationen sei, „daß der Irrtum des Täters an einer anderen Stelle einsetzt. Einmal ist die Anstiftungshandlung bereits beim Hervorrufen des Tatentschlusses abgeirrt, zum anderen erst als Rose seinem Irrtum erlag und den Harnisch für den Schliebe hielt . . . In beiden Fällen handelt der Täter nicht auf Grund eines Entschlusses, den der Anstifter in ihm hervorrufen wollte, sondern auf Grund eines anderen, abweichenden Entschlusses, den er irrtümlich für identisch mit jenem hält . . . Der Unterschied besteht also lediglich darin, daß der Täter einmal nur einen abweichenden Entschluß faßt, im anderen Fall dagegen den abweichenden Entschluß neben bzw. nach einem richtigen“558 . Das trifft jedoch nicht zu. Der einer Objektsverwechslung erlegene Täter faßt nämlich nicht einen neuen abweichenden Entschluß neben dem richtigen. Denn das würde heißen, daß der Haupttäter irrtümlich seinen Vorsatz gewechselt hat. Ein bewußter Wechsel des Vorsatzes scheidet bei einem Identitätsirrtum begriffsnotwendig aus, denn sonst wäre ein klarer Exzeßfall gegeben. Wie ist es aber möglich, daß jemand seinen Vorsatz, der das Wissen und Wollen bezüglich seiner Tat voraussetzt, irrtümlich wechselt? Genau das wird aber im Grunde von dieser Konzeption behauptet: Denn wenn der Täter irrtümlich seinen Vorsatz bei der Tatausführung für identisch mit dem von ihm zuerst gefaßten, „richtigen“ Vorsatz hält, heißt das logischerweise, daß er irrtümlich seinen Vorsatz gewechselt hat. Behauptet man, daß der einer Objektsverwechslung erlegene Haupttäter bei der Tatausführung einen neuen abweichenden Entschluß gefaßt habe, den er irrtümlich für identisch mit dem richtigen halte, dann müßte man konsequenterweise annehmen, daß derjenige Haupttäter, der den Auftrag irrtumsfrei ausgeführt hat, bei der Tatausführung einen neuen Entschluß gefaßt hat, den er richtigerweise für identisch mit demjenigen Entschluß hält, den er beim Hervorrufen des Tatentschlusses durch den Anstifter gefaßt hat. Wenn nämlich ein neuer Täterentschluß bei der Objektsverwechslung des Täters angenommen wird, dann muß das gleiche auch für den Normalfall gelten. Ob der neue Entschluß eine Abweichung gegenüber dem richtigen darstellt, kann logischerweise erst dann erörtert werden, wenn es einen neuen Entschluß gibt. Die Annahme eines neuen Entschlusses des Täters bei der Tatausführung würde jedoch dazu führen, daß der Haupttäter stets zwei Entschlüsse faßt, nämlich den ersten bei seiner Bestimmung durch den Anstifter und den zweiten bei der Ausführung der Tat, einen Entschluß, den der Täter stets – falls kein be-

Siehe o. S. 147 insbes. Fußn. 521. Letzgus, Vorstufen, S. 57 f. Hervorhebungen übernommen; so bereits Korn, Der Vorsatz des Anstifters, S. 40 f.; ähnlich auch Bemmann, MDR 1958, S. 822. Von einem Vorsatzwechsel auch beim „error in persona“ spricht auch Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 130. 557 558

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

wußter Exzeß angenommen werden soll – (richtigerweise oder irrtümlich) für identisch mit dem ersten hält. Diese Aufspaltung des Tätervorsatzes in zwei voneinander zu unterscheidende Vorsätze, die tatsächlich identisch sein oder für identisch gehalten werden können, erscheint äußerst fragwürdig. Faßt der Täter einen neuen Vorsatz bei der Tatausführung, so würde das die Auflösung der Anstiftung bedeuten, denn ein neuer Vorsatz, auch wenn er für identisch mit dem vom Anstifter hervorgerufenen Vorsatz gehalten wird, ist stets ein anderer als der vom Hintermann erweckte Vorsatz. Die Haupttat würde sich in solch einem Fall als Verwirklichung des zweiten Vorsatzes des Täters darstellen, als ein Werk also, zu dessen Herbeiführung der Hintermann nicht mitgewirkt hat. Denn er hätte lediglich den ersten Vorsatz im Täter hervorgerufen, nicht jedoch den zweiten, für die Ausführung der Tat entscheidenden Vorsatz, den der Täter, auch wenn er ihn (richtigerweise oder irrtümlich) für identisch mit dem ersten hält, allein gefaßt hat. Sonst wäre die Rede nicht von einem neuen Entschluß des Täters, sondern von einer Beibehaltung des ersten, vom Anstifter hervorgerufenen Vorsatzes. Der Haupttäter faßt allerdings nur einen Vorsatz, den der Anstifter in ihm erweckt hat, und infolge dieses Vorsatzes führt er die Tat aus. Der Irrtum, der ihm bei einer Objektsverwechslung unterläuft, berührt lediglich seine Motivation. Er liefert nicht die Grundlage für einen neuen Vorsatz; der bereits bestehende, vom Anstifter erweckte Vorsatz bleibt unberührt. Der Haupttäter faßt während der Tatausführung keinen neuen Vorsatz, sondern er handelt aufgrund des in ihm ursprünglich vom Anstifter hervorgerufenen Entschlusses, den er aufrechterhält und auf dessen Verwirklichung er sein Handeln richtet. Der Unterschied zwischen dem Fall, in dem der Täter den Anstifter mißversteht, und dem Fall, in dem der Täter einem „error in persona“ unterliegt, besteht also nicht darin, „daß der Täter einmal nur einen abweichenden Entschluß faßt, im anderen Fall dagegen den abweichenden Entschluß neben bzw. nach einem richtigen“559. Der Unterschied besteht vielmehr darin, daß der Irrtum im Fall des Mißverstehens im Moment der Hervorrufung des Tatentschlusses, im Fall der Objektsverwechslung dagegen im Moment der Tatausführung eintritt. Dieser Unterschied ist jedoch nicht so unbedeutend, wie ihn die Verfechter der h. M. erscheinen lassen wollen560. Es ist bereits erwähnt worden, daß im Falle eines Mißverstehens des Täters der Versuch des Hintermannes, ihn zu der von ihm gewollten Tat zu bestimmen, gescheitert ist, da der Hintermann den Täter nicht vorsätzlich zu dessen Tat bestimmt hat561. Die Anstiftungshandlung ist in einem solchen Fall bereits beim Hervorrufen des Tatentschlusses fehlgegangen. Gewiß ist eine Anstiftung erst mit der Ausführung der Haupttat und nicht schon mit dem Hervorrufen des TatentSiehe o. S. 157 und Fußn. 558. Siehe z. B. Korn, Der Vorsatz des Anstifters, S. 41: „Da aber beide Male der richtige, d. h. der dem Willen des Anstifters entsprechende Vorsatz nicht ausgeführt wird, sondern nur der abweichende, so besteht unseres Erachtens kein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Fällen“. So auch Letzgus, Vorstufen, S. 58; Bemmann, MDR 1958, S. 822. 561 Siehe o. Fußn. 521. 559 560

VII. Lösungsvorschlag

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schlusses als vollendet zu betrachten. Demzufolge kann der Versuch des Anstifters auch in der Zeit zwischen dem Hervorrufen des Tatentschlusses und der Tatausführung scheitern562. Diese Erkenntnis gleicht jedoch die beiden Fälle (Mißverstehen und Objektsverwechslung) nicht aus. Denn der Irrtum ist im ersten Fall beim Hervorrufen des Tatentschlusses eingetreten, also während das Geschehen noch im Handlungsbereich des präsumtiven Anstifters war. Im Falle einer Objektsverwechslung ist der Irrtum dagegen im Handlungsbereich des Haupttäters eingetreten, also als der Hintermann die Tat schon aus der Hand gegeben hat. Im ersten Fall geht das eigene Handeln des Hintermannes fehl, während dies im zweiten Fall nicht behauptet werden kann, da der Hintermann in diesem Zeitpunkt nicht handelt. Auch wenn der angestiftete Haupttäter nicht mit der Ausführung der Tat beginnt, weil er z. B. plötzlich erkrankt, kann nicht von einem Fehlgehen des Handelns des Hintermannes gesprochen werden, obwohl in diesem Fall nur eine versuchte Anstiftung anzunehmen ist. Im letzteren Fall fehlt die Haupttat, was eine vollendete Anstiftung ausschließt. Im Falle eines Mißverstehens des Täters ist der Hintermann selbst derjenige, der „fehlschlägt“. Seine eigenen Handlungen treffen nicht richtig das erste Ziel (Hervorrufen des Tatentschlusses), das die Voraussetzung für die mittelbare Erreichung (durch den Haupttäter) des eigentlichen Ziels (Rechtsgutsverletzung) ist. Treffend erscheinen daher die Einwände Strengs gegen die Argumente, die die Verfechter der h. M. aus dem Vergleich zwischen dem Fall des Mißverstehens des Täters und dem der Objektsverwechslung des Angestifteten ableiten: „Allerdings liegt hier ein ganz grundsätzlich anderer Irrtum vor, nämlich eine echte Parallele zur täterschaftlichen aberratio ictus. Denn mit dem Hervorrufen oder Zulassen eines Mißverständnisses beim Täter geht dem Anstifter bereits das eigene Handeln fehl; er selbst gibt den Geschehnissen eine seinen Vorstellungen vom Kausalverlauf widersprechende Richtung. Angesichts dieses grundlegenden Unterschieds zur Rose-Rosahl – Konstellation erscheint der Anspruch einer identischen Behandlung beider Irrtumsformen bereits im Ansatz unbegründet“563.

VII. Lösungsvorschlag Langsam kristallisiert sich der Weg heraus, der zur Klärung der Problematik führen kann. „Aberratio ictus“ heißt „Fehlgehen des Wurfes“. Damit aber von einem „Fehlgehen“ gesprochen werden kann, ist vorauszusetzen, daß das schon anvisierte Objekt angegriffen, aber nicht getroffen wurde. Ob dabei ein anderes Objekt getroffen wurde, spielt für die Beurteilung eines Geschehens als „aberratio ictus“ eigentlich keine Rolle564. Es muß lediglich festgestellt werden, daß der Angriff sein fest562 Richtig insofern Korn, Der Vorsatz des Anstifters, S. 40; Bemmann, MDR 1958, S. 822; Letzgus, Vorstufen, S. 58. 563 Streng, JuS 1991, S. 915. 564 Interessant und zugleich problematisch wird es allerdings erst recht dann, wenn ein anderes als das anvisierte Objekt getroffen wurde, und umsomehr, wenn dieses Objekt gleich-

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

gesetztes, genau definiertes Ziel verfehlt hat, daß also das bereits angegriffene Objekt verfehlt wurde. Die Präsenz des Angriffsobjekts scheint dabei unentbehrlich zu sein. Man kann nämlich kein Objekt angreifen und vorbeitreffen, wenn dies überhaupt im Angriffsfeld fehlt565. Die Präsenz eines – schließlich nicht getroffenen – wertig mit dem anvisierten ist. Denn sonst, bei Ungleichwertigkeit der beiden Objekte, scheint der Fall spätestens wegen § 16 StGB unproblematisch zu sein: Will z. B. der Täter allein einen Menschen töten und trifft statt dessen das daneben geparkte Auto, ist die herbeigeführte Sachbeschädigung gem. § 16 StGB nicht vom Vorsatz des Täters erfaßt. 565 Die in einem solchen Fall mögliche Annahme eines untauglichen Versuchs spricht nicht gegen diese Feststellung. Denn der untaugliche Versuch wird nicht wegen der Rechtsgutsbeeinträchtigung bestraft, sondern lediglich wegen des rechtserschütternden Eindrucks, den er auf die Allgemeinheit hervorruft und auf diese Weise den Rechtsfrieden stört (so die heute überwiegende „Eindruckstheorie“ – siehe z. B. Roxin, JuS 1979, S. 1, PapageorgiouGonatas, Vorbereitungshandlungen, S. 200, Lackner / Kühl, StGB, § 22 Rn 11, je m. w. N.). Der taugliche Versuch wird zwar nach dieser Theorie aus dem gleichen Grund bestraft, ihm wohnt aber eine Gefährdung des jeweiligen Rechtsgutes inne, wie auch immer man diese Gefährdung näher präzisiert. [Das hat offenbar auch Roxin eingesehen und seine Meinung bezüglich des Strafgrundes des Versuchs insofern geändert, als er jetzt eine „Vereinigungstheorie“ vertritt: „Der Strafgrund des Versuchs liegt in dem general- oder spezialpräventiven Strafbedürfnis, das im Regelfall aus der vorsätzlichen tatbestandsnahen Gefährdung, ausnahmsweise aber auch schon aus einem in einer tatbestandsnahen Handlung sich manifestierenden rechtserschütternden Normbruch hergeleitet wird“ – Roxin, Nishihara-FS, S. 158 und passim]. Diese „kritische Lage“ für das strafrechtlich geschützte Objekt, die den (tauglichen) Versuch wesentlich charakterisiert (so in anderem Zusammenhang Küper, JZ 1983, S. 367), fehlt im Falle eines untauglichen Versuchs (sie existiert nur in der Tätervorstellung), dessen Strafbarkeit sich nur unter dem Aspekt des rechtserschütternden Eindrucks rechtfertigen läßt. Ob jedoch die fakultativ mildere strafrechtliche Behandlung des Täters gem. § 23 Abs. 1 (tauglicher und untauglicher Versuch) und Abs. 3 StGB (grob unverständiger Versuch) und insbesondere die Bestrafung des untauglichen Versuchs mit den dogmatischen Grundlagen des deutschen Strafrechts vereinbar ist, erscheint mehr als fragwürdig. Nach Roxin, Nishihara-FS, S. 159, bedarf der untaugliche Versuch als dogmatische Besonderheit zusätzlicher Rechtfertigung, die Roxin in den sozialschädlichen Auswirkungen eines Verhaltens sieht, das trotz seiner Untauglichkeit, ein Rechtsgut zu beeinträchtigen, eine Friedensstörung begründe und einen „rechtserschütternden Eindruck“ hervorrufe (Nishihara-FS, S. 160). Sind aber die „sozialschädlichen Auswirkungen eines Verhaltens“ nicht genügend (und zugleich einschränkend) dadurch berücksichtigt worden, daß die Tatbestände des Besonderen Teils Verhaltensweisen oder ihre Erfolge erfassen, die die Rechtsgüter beeinträchtigen? Die Wahrung des Rechtsfriedens mag zwar eines der Ziele des Gesetzgebers gewesen sein, sie ist aber dadurch zu erreichen, daß rechtsgutsbeeinträchtigende Verhaltensweisen oder -erfolge vertatbestandlicht werden. Auf diese Weise werden diese Tatbestände der Aufgabe des Strafrechts, den Schutz von Rechtsgütern zu gewährleisten, gerecht. Dieser Schutz trägt auch zur Beibehaltung des Rechtsfriedens bei. Die auf kriminalpolitischen Gedanken basierende Eindruckstheorie scheint ein unglücklicher Versuch zu sein, die ebenfalls mißglückte Vorschrift des – unter dem Einfluß der finalen Handlungslehre konzipierten – § 22 StGB zu erklären und damit die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs zu rechtfertigen. Wie Küper, JZ 1992, S. 345, zu Recht betont, muß das Täterverhalten „stets den materiellen Bedingungen eines Versuchs genügen; es muß auch sachlich, unter dem Aspekt der unmittelbaren Rechtsgutsbedrohung gesehen, Versuchsunrecht sein“. Es ist merkwürdig, daß bei den meisten Versuchen, die in Schrifttum und Rechtsprechung unternommen wurden, um den Strafgrund des Versuchs zu finden, innerhalb des Rahmens der §§ 22, 23 StGB argumentiert wurde. Das aber setzt das zu Beweisende voraus, nämlich daß der Gesetzgeber eine richtige Entschei-

VII. Lösungsvorschlag

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Objekts im Angriffsfeld reicht jedoch für die Feststellung einer Abirrung nicht aus. Dieses Objekt muß zusätzlich vom Angreifer als dasjenige Objekt identifiziert werden, das das Ziel seiner Angriffshandlung bilden soll. Ein Fehlgehen des Angriffs gegen ein bestimmtes Objekt kann also nur dann angenommen werden, wenn es ein letztlich nicht getroffenes Objekt gibt, das eine zielsetzende Funktion erfüllte, indem es – als Zielobjekt – der Angriffshandlung ihre Richtung gab566. In denjenigen Fällen, in denen der Täter das Zielobjekt vor sich hat, ist eine Abirrung leicht festzustellen. Der Täter identifiziert nämlich das im Angriffsfeld existierende Objekt, indem er es sieht, es von anderen Objekten unterscheidet und auf es zielt. Die Identität des Opfers spielt dabei keine Rolle. Es mag sein, daß sie der initiierende Faktor für den Angriff auf ein bestimmtes Objekt ist, sie ist jedoch nur der Anlaß für die Identifizierung des Angriffsobjekts und nicht die Identifizierung selbst. Letztere erfolgt in diesem Fall lediglich durch das unmittelbare Zielen auf ein bestimmtes Objekt. Warum der Täter seine Angriffshandlung gegen dieses Objekt steuert, ist unerheblich (unbeachtliches Motiv). Wird das Objekt, auf das sich die Handlung des Täters richtet, nicht getroffen, entsteht eine Divergenz zwischen seiner Identifizierung des Angriffsobjekts und dem eingetretenen Erfolg. Die Angriffshandlung des Täters stellt sich als eine unmittelbare Folge seiner Identifizierung des Angriffsobjekts dar (das Zielobjekt gibt der Angriffshandlung ihre Richtung), und der eingetretene Erfolg stellt sich wiederum als unmittelbare Folge seiner auf ein anderes Objekt gerichteten Angriffshandlung dar. Die objektive Tatbestandsmäßigkeit der Täterhandlung ist somit begründet, nicht jedoch die subjektive Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens. Denn der Tätervorsatz richtet sich nicht gegen das tatsächlich getroffene Objekt, sondern auf das von ihm dadurch als „Ziel“ identifizierte Objekt, daß er es vor sich hatte und daß er auf es mit der Absicht gezielt hatte, es zu treffen. Sein Angriff ist abgeirrt. Hiermit ist nicht gemeint, daß die Beobachtung des Angriffs seitens des Täters an sich maßgeblich für die Zurechnung des Geschehens zum Tätervorsatz ist. Eine gewichtige Rolle spielt dagegen die Unmittelbarkeit des Zusammenhangs zwischen der Identifizierung des Objekts seitens des Täters, der Täterhandlung und dem letztendlich eingetretenen Erfolg: Der Täter greift unmittelbar, d. h. durch eigenes Handeln, ein von ihm undung getroffen hat, als er sowohl den tauglichen als auch den untauglichen Versuch unter Strafe gestellt und der subjektiven Vorstellung des Täters so viel Gewicht beigemessen hat. Der eventuelle (und aus dogmatischen Grundlagen abzuleitende) Strafgrund des Versuchs sollte jedoch der Leitsatz für den Gesetzgeber sein und nicht etwa – umgekehrt – aus dem Text des Gesetzes gefolgert werden. Auf diese Problematik kann hier allerdings nicht näher eingegangen werden; – Vgl. dazu z. B. Otto, JA 1980, S. 641 ff. (643); Jakobs, ZStW 97 II (1985), S. 751 ff. (763 f.); Roxin, Nishihara-FS, S. 157 ff.; Rath, JuS 1998, S. 1007 ff.; Stratenwerth, StrR AT I, S. 260 ff. (263); BGHSt 30, 363 ff.; BGH, Urt. v. 26. 8. 1986 in NStZ 1987, S. 20; BGH, Urt. v. 25. 10. 1994 in NStZ 1995, S. 120 f.; BGH, Beschl. v. 14. 3. 2001 in StV 2001, S. 621 f. Festzuhalten ist: wird bei Abwesenheit des gewünschten Objekts ein untauglicher Versuch angenommen, dann wird somit nicht zugleich ein Angriff gegen das fehlende Rechtsgut anerkannt. 566 Vgl. auch Backmann, JuS 1971, S. 113 ff. insbes. 118 f. 11 Nikolidakis

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

mittelbar, d. h. durch sinnliche Wahrnehmung567, identifiziertes Objekt an und trifft es nicht. Sein eigenes Handeln schlägt fehl, indem es nicht das vom Täter unmittelbar identifizierte Objekt trifft. Diese im Falle einer sinnlicher Wahrnehmung des Angriffsobjekts leicht festzustellende Divergenz zwischen der Identifizierung des Objekts seitens des Täters und dem aus dessen Handlung resultierenden Erfolg ist die Grundlage für die Annahme einer „aberratio ictus“, und nicht etwa die Divergenz zwischen Identitätsvorstellung des Täters bezüglich des anvisierten Opfers einerseits und tatsächlicher Erfolgsverwirklichung andererseits. Nicht also die Beobachtung des Angriffs an sich ist entscheidend, sondern die Tatsache, daß der Angriff auf ein bestimmtes Objekt genau wegen der Identifizierung durch sinnliche Wahrnehmung (in diesem Fall durch die Anschauung des Angriffsobjekts) stattgefunden hat. Die Anschauung des Opfers spielt folglich nicht als solche, sondern als Akt der Identifizierung des Angriffsobjekts eine Rolle568. Der 567 Für eine Beschränkung der „aberratio ictus“ auf Fälle der sinnlichen Wahrnehmung bereits Puppe, GA 1981, S. 4 ff.; Puppe, GA 1984, S. 121, derzufolge der Unterschied zwischen „error in obiecto“ und „aberratio ictus“ sich verflüchtigt, „sobald sich Täter und Opfer nicht mehr Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen“ (GA 1981, S. 4) – übereinstimmend Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 110 f.; Prittwitz, GA 1983, S. 127 ff., stellt ebenfalls auf die sinnliche Wahrnehmung des verfehlten Tatobjekts ab: nur dann sei eine „aberratio ictus“ anzunehmen, wenn die Rechtsgutsverletzung an anderer Stelle eintrette. In anderen Fällen, in denen die Identifizierung des Angriffsobjekts nicht durch sinnliche Wahrnehmung erfolgt, kommt für Prittwitz nur ein „error in obiecto“ in Betracht (GA 1983, S. 130 ff.). Diese Auffassung, die auf der kriminalpolitischen Wertung basiert, daß bei einer Identifizierung des Objekts durch sinnliche Wahrnehmung eine geringere Gefahr für unbeteiligte Tatobjekte besteht (GA 1983, S. 128) als bei einer andersartigen Identifizierung, ist zu Recht auf Kritik gestoßen (siehe z. B. Janiszewski, MDR 1985, S. 536 f.; Kuhlen, Irrtum, S. 490 f.; Geppert, Jura 1992, S. 165; Stratenwerth, Baumann-FS, S. 60; Rath, Strafrechtliche Behandlung, S. 173 ff.; Grotendiek, Strafbarkeit, S. 23). Denn, wie Rath, Strafrechtliche Behandlung, S. 174 f., richtig ausführt, „bedeutet gerade eine so pauschale Bezugnahme auf Rechtsgefühl und kriminalpolitische Wertung wie vorliegend den Einlaß unterschiedlichster Beurteilungskomponenten in die Strafrechtsdogmatik. Dies führt zu ganz erheblichen Wertungsimponderabilien“. Die in der vorliegenden Arbeit vertretene Konzeption, die auf der Basis der Konkretisierungstheorie von einer Unterscheidung zwischen „error in obiecto“ und „aberratio ictus“ ausgeht, stellt dagegen auf die Unmittelbarkeit des Angriffs, im Sinne eines möglichst engen Zusammenhangs zwischen der unmittelbaren Identifizierung des Angriffsobjekts und der Angriffshandlung, als Bedingung für die Annahme einer „aberratio ictus“ ab. Unter diesem Aspekt wird auch an die Identifizierung des Angriffsobjekts durch „sinnliche Wahrnehmung“ angeknüpft. 568 Somit erweisen sich die gegen das „Sichtbarkeitsargument“ von BGHSt, 37, 219 und Puppe, (o. Fußn. 567) vorgebrachten Einwände von Roxin, JZ 1991, S. 680 f.; ders., SpendelFS, S. 292 ff., als ungerechtfertigt. Roxin lehnt die sinnliche Wahrnehmung des Angriffsobjekts als Voraussetzung der „aberratio ictus“ ab. In bezug auf den vielgenannten „Enzianflaschenfall“ (eine Frau schickt ihrem Mann eine Flasche vergifteten Enzianschnaps in die Kaserne, um ihn zu töten. Der Mann gibt einem Kameraden zuerst davon, der an dem Gift stirbt) bemerkt Roxin, es sei für die Annahme einer „aberratio ictus“ völlig gleichgültig, ob die Frau bei dem Vorgang anwesend war oder nicht. Das ist natürlich richtig. Mit dem Gedanken der „sinnlichen Wahrnehmung“ wurde dies aber überhaupt nicht behauptet. Denn die sinnliche Wahrnehmung des Angriffsobjekts spielt – wie gezeigt – nur als Akt der Identifizierung eine erhebliche Rolle. Es macht ja keinen Unterschied, ob der Täter seinen Angriff sieht

VII. Lösungsvorschlag

163

Täter greift ein bestimmtes Objekt an, weil er es sieht und es von anderen unterscheidet. Verfehlt er es, wird das tatsächlich getroffene Objekt nicht dem Tätervorsatz zugerechnet („aberratio ictus“)569. Dies nicht etwa deshalb, weil es eine andere Identität besitzt als die vom Täter gewünschte oder weil es nicht vom Täter gesehen wurde (der Täter kann ja auch das getroffene Objekt gesehen haben), sondern weil das getroffene Objekt nicht dasjenige ist, das der Täter – durch das „Sehen“ – als das Objekt identifiziert hat, das er angreifen will, weil es also nicht dasjenige Objekt ist, das der Täterhandlung ihre Richtung gegeben hat. Die Feststellung einer Abirrung des Täterangriffs mag bei den Fällen, in denen der Täter das Angriffsobjekt durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert und deswegen seinen Angriff unmittelbar auf dieses Objekt richtet, wie bereits gezeigt, problemlos sein; bei Fällen andersartiger Indentifizierung des Angriffsobjekts ist ein Fehlgehen des Angriffs jedoch nicht leicht zu konstatieren. Nehmen wir z. B. den von Herzberg gebildeten Fall, in dem der Täter zwei mit dem Auto vor ihm fliehende Personen (A und B) verfolgt. Als er den Wagen abgestellt findet, schießt er aus einiger Entfernung durch die Heckscheibe, ohne die Personen sinnlich wahrzunehmen, vermutend, daß sie im Auto sitzen. Er trifft jedoch ein Liebespaar (X und Y), das sich heimlich im Auto niedergelassen hat. Die Verfolgten hatten den Wagen verlassen, um zu Fuß weiterzuflüchten570. oder nicht, sehr wohl aber, wenn er den Angriff genau deswegen auf das bestimmte Opfer richtet, weil er es sinnlich wahrnimmt. Wenn der BGH und Puppe sagen, daß die „aberratio ictus“-Regeln auf diejenigen Fälle zugeschnitten seien, in denen der Täter das Angriffsobjekt sinnlich wahrnehme, an seiner Stelle aber ein anderes verletze, ist damit natürlich nicht gemeint, daß es entscheidend ist, ob der Täter Zuschauer seines eigenen Angriffs ist oder nicht, sondern ob der Täter ein bestimmtes Objekt als Angriffsobjekt identifiziert und es demzufolge zum Zielobjekt seiner Angriffshandlung macht, indem er es sinnlich wahrnimmt. Für die Frau im „Enzianflaschenfall“ spielt die sinnliche Wahrnehmung ihres Mannes keine Rolle, denn das Opfer wird nicht dadurch, sondern andersartig identifiziert. Dazu aber sogleich im Text. Für die Annahme eines „error in persona“ im „Enzianflaschenfall“, Jakobs, StrR AT, S. 303 f.; Stratenwerth, Baumann-FS, S. 61; anders, für „aberratio ictus“, Jescheck / Weigend, StrR AT, S. 313 f. 569 Vorausgesetzt natürlich, daß der Täter dabei nur einen Verletzungsvorsatz hat. Nimmt er auch eine Verletzung des daneben stehenden und tatsächlich getroffenen Objekts in Kauf, dann ist die eingetretene Verletzung dem Täter zuzurechnen, da sie von seinem Vorsatz erfaßt wurde (dolus eventualis). Eine „aberratio ictus“ ist auch in einem solchen Fall anzunehmen, da das eigentliche Zielobjekt, das der Täterhandlung ihre Richtung gegeben hat, verfehlt wurde. Nur die strafrechtlichen Folgen der „aberratio ictus“ sind in diesem Fall nicht die üblichen, denn der Täter hält hier die Verletzung des tatsächlich getroffenen Objekts nicht bloß für möglich, während er auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut (bewußte Fahrlässigkeit), sondern er nimmt die Verletzung des von ihm nicht anvisierten Objekts hin und findet sich mit ihrem Eintritt ab (bedingter Vorsatz). 570 Herzberg, JA 1981, S. 474. Bei fehlender sinnlicher Wahrnehmung betrachtet Herzberg, der auf der Basis des Rechtsgefühls argumentiert, die geistige Identitätsvorstellung des Täters bezüglich des Angriffsobjekts als maßgeblich. Im obigen Beispiel nimmt Herzberg dem Identitätsvorstellungskriterium zufolge eine „aberratio ictus“ an, deren grundsätzliche Beachtlichkeit er jedoch in diesem Fall nach Gerechtigkeitserwägungen verneint. Herzberg ist die eigene Meinung entgegenzuhalten, nämlich nicht „von Fall zu Fall ein vages Rechts11*

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

Als erstes ist bei dieser Fallkonstellation zu bemerken, daß sie nicht der eines „error in persona“ entspricht. Denn der Täter schießt hier nicht auf jemanden, über dessen Identität er sich irrt. Gewiß trifft der Täter nicht diejenigen Personen, die er sich wünscht. Das liegt jedoch nicht an einer dem Täter unterlaufenen Personenverwechslung. Obwohl der Täter glaubt, er hätte die von ihm Verfolgten A und B erschossen, während er in Wirklichkeit die Personen X und Y getroffen hat, ist der (aus seiner Sicht) Mißerfolg seiner Tat nicht auf einen „error in persona“ zurückzuführen. Der Täter verwechselt nämlich niemanden. Auf die Weise, in der er den Angriff ausführt, kann ihm eben kein Identitätsirrtum unterlaufen. Denn er visiert seine Opfer nicht an, er identifiziert sie nicht unmittelbar, indem er sie z. B. sieht oder andersartig sinnlich wahrnimmt. Er stellt sich lediglich vor, daß in dem Wagen, auf dessen Scheiben er schießt, die von ihm Verfolgten sitzen und von seinen Kugeln getroffen werden. Er zielt auf die Scheiben des Wagens und nicht direkt auf die Menschen, die sich im Auto befinden. Dann aber kann er nicht behaupten, er habe diese Menschen verwechselt. Denn er hat sie nicht gesehen oder irgendwie anders sinnlich wahrgenommen und sie für jemanden anderen gehalten. Er schießt (indirekt) auf sie, nicht weil er seine tatsächliche Opfer mit den von ihm gewünschten Opfern verwechselt, sondern weil er denkt, daß sich die von ihm verfolgten Personen im Auto befinden, was sich als falsch erweist. Die fehlerhafte Vorstellung des Geschehens seitens des Angreifers und nicht eine Personenverwechslung hat also den Anstoß zu seiner Tat gegeben. Seine Fehlvorstellung des Geschehens gleicht nicht einer Personenverwechslung. Denn der Täter hat – wie bereits gezeigt – in einer solchen Konstellation, in der er sein Opfer nicht sinnlich wahrnimmt und direkt angreift, gar nicht die Gelegenheit zu einem solchen Irrtum571. gefühl entscheiden zu lassen“ (JA 1981, S. 474). Zu Recht erwidert Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 113 f., es sei keineswegs so, daß in den Fällen, in denen der Täter das Tatobjekt nicht sinnlich erfaßt, nur die geistige Identitätsvorstellung als Bezugspunkt für die Bestimmung des Zielobjekts übrig bleibt. Man könnte auch auf die Zielbildung abstellen, die der Täter durch die Art und Weise vorgenommen habe, wie er die Stellung des Angriffsobjekts im Kausalverlauf definiert habe. Aber auch bei Fällen sinnlicher Wahrnehmung relativiert Herzberg, dem Rechtsgefühl entsprechend, die sonst auch von ihm angewandten Kriterien der Zielerreichung und der Zielverfehlung. So z. B. in dem Fall des wütenden Hausherrn, der eine Porzellanfigur zerschlägt, als er den vermeintlichen Hund des Nachbarn verprügeln will, oder in dem Fall des Schülers, der in der irrigen Meinung, er tue nur einem Mitschüler einen harmlosen Gefallen (falsches Entschuldigungsschreiben für die Schule), eine in Wirklichkeit wichtige Urkunde (falsche Einziehungsermächtigung) fälscht (Herzberg, JA 1981, S. 474). Die Tat ist nach der Meinung von Herzberg in diesen Fällen so völlig anders als die, die der Täter sich vorgestellt hat, daß sich die trennende Bewertung – Versuch und fahrlässige Tat – empfiehlt. Auf diese Weise läßt aber Herzberg das Rechtsgefühl von Fall zu Fall entscheiden, was zur Rechtsunsicherheit beiträgt, ohne daß ein solches Vorgehen zugleich dogmatisch geboten ist. Dem Rechtsgefühl ist in solchen Fällen dadurch Rechnung zu tragen, daß der Richter bei der Strafzumessung einen gewissen Spielraum hat, innerhalb dessen er bei seiner Entscheidung u. a. auch das Rechtsgefühl berücksichtigt; – gegen Herzberg auch Janiszewski, MDR 1985, S. 534 ff. 571 Nicht richtig insofern Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 110, als sie behauptet, daß man solche Fälle auch als „error in persona“ betrachten könnte, „weil der Verletzungserfolg tat-

VII. Lösungsvorschlag

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Die Ablehnung eines „error in persona“ des Angreifers in einem Fall wie diesem, in dem der Täter unter den gegebenen Umständen ein anderes als das von ihm gewünschte Opfer getroffen hat, führt jedoch nicht zwangsläufig zu der Annahme einer „aberratio ictus“ seitens des Angreifers. Es wird im folgenden gezeigt, daß die Lösung der Fälle, in denen ein anderes als das vom Angreifer gewollte Opfer verletzt wird, nicht immer aus der Alternative „entweder ein error in persona oder eine aberratio ictus“ abzuleiten ist. Anlaß zu Bedenken gibt schon die Tatsache, daß in dem Herzbergschen Fall das „richtige“ (= das vom Täter gewünschte) Opfer überhaupt im Angriffsfeld fehlt. Als der Täter auf die Scheiben des geparkten Wagens schießt, befinden sich die von ihm verfolgten und als Opfer gedachten Personen nicht im Auto. Die Annahme eines Fehlgehens des Angriffs des Täters gegen diese Personen erscheint also schon deshalb fragwürdig, weil der gewünschte Angriff gegen sie in Wirklichkeit überhaupt nicht stattfindet. Die Angriffshandlung des Täters ist nämlich im Moment ihrer Ausführung nicht auf das vom Täter gewünschte Opfer gerichtet, das sie dann verfehlt haben soll. Wenn aber auf das vom Täter gewünschte Objekt nicht einmal gezielt wurde, ist es unmöglich, von einer Abirrung zu sprechen, die – wie bereits gezeigt572 – die Existenz eines Zielobjekts voraussetzt, gegen das sich die Angriffshandlung des Täters wendet. Das Verfehlen eines Ziels setzt begriffsnotwendig voraus, daß es ein Ziel gibt, also ein Objekt, gegen das sich die Täterhandlung richtet. Die Annahme eines untauglichen Versuchs des Täters in demjenigen Fall, in dem kein Mensch im Auto sitzt, widerspricht, wie bereits gezeigt573, nicht der hier vertretenen These. Die Angriffshandlung des Täters im Herzbergschen Fall ist weiterhin hinsichtlich ihrer Ausführungsweise nicht fehlgegangen. Denn sie ist genau dort eingetroffen, wohin der Täter sie gesteuert hat, nämlich auf die Menschen hinter den Autoscheiben. Der gewünschte Erfolg ist nur ausgeblieben, weil die vom Täter gewünschten Opfer letztendlich nicht diejenige Stellung im Kausalverlauf besaßen, die der Täter angenommen und durch die er seine wirklichen Opfer identifiziert hat. Eine „aberratio ictus“ wäre in einer solchen Konstellation dann gegeben, wenn der Täter, in der Meinung, die von ihm gewünschten Opfer befänden sich im Auto, auf dessen Scheiben er geschossen hat (Versuch gegen die Menschen, die sich im Auto befinden), aber daneben – etwa ein anderes Auto – getroffen hat (straflose fahrlässige Sachbeschädigung §§ 303, 15 StGB). In diesem Fall geben nämlich nicht die vom Täter gewünschten Opfer der Täterhandlung sächlich bei dem Objekt eintritt, auf den die Angriffsmittel ausgerichtet waren, und der Täter nur eine falsche Identitätsvorstellung hatte“ (so auch Jakobs, StrR AT, S. 303 f.). Denn es wurde gezeigt, daß dem Täter, der sein Opfer nicht sinnlich wahrnimmt und es folglich nicht unmittelbar selbst identifiziert, kein Identitätsirrtum unterlaufen kann, mag er dabei auch eine bestimmte Vorstellung von der Identität des Opfers haben, die sich letztlich als falsch erweist. 572 Siehe o. S. 159 f. 573 Vgl. dazu o. Fußn. 565.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

ihre Richtung574, sondern das Auto, in dem sie sich vermeintlich versteckt haben. Dieser Teil des Angriffs (das Schießen auf das Auto) befindet sich in einem solchen Fall immer noch im Rahmen des unmittelbaren Angriffs (der Täter zielt auf das Auto) und kann deswegen fehlgehen. Der eigentliche Angriff richtet sich natürlich nicht gegen den Wagen (er ist nur das Zwischenziel), sondern gegen dessen Insassen, die aber der Täter im Moment der Tatausführung nicht sieht. Dieser Angriff ist aber, der fehlenden Wahrnehmung dieser Personen zufolge, nur mittelbar ausgeführt. Die Insassen selbst bilden kein unmittelbares Ziel für den Täter und geben demzufolge seiner Handlung nicht ihre Richtung. Damit soll nicht gesagt werden, daß es im Herzbergschen Fall keinen Angriff gegeben hat. Es sollte nur gezeigt werden, daß kein Angriff gegen die vom Täter gewünschten Personen stattgefunden hat. Diese logischen Erkenntnisse sind jedoch nicht der einzige Grund, der gegen die Annahme einer „aberratio ictus“ in denjenigen Fällen spricht, in denen der Täter das von ihm angegriffene Objekt nicht sinnlich wahrnimmt. Die in solchen Fällen fehlende sinnliche Wahrnehmung des Opfers hat als notwendige Folge, daß der Täter sein Angriffsobjekt nur indirekt identifiziert, und zwar aus dessen Stellung im Kausalverlauf. Der Täter richtet seine Angriffshandlung nicht auf ein von ihm unmittelbar identifiziertes Objekt, das als Zielobjekt seiner Handlung die Richtung vorgibt. Er richtet lediglich seinen Angriff auf einen Ort, annehmend, daß sich das von ihm gewünschte Objekt an diesem Ort befindet575. So identifiziert z. B. der Täter im Herzbergschen Fall seine Opfer nicht direkt, indem er sie sieht und unmittelbar auf sie zielt, sondern durch deren Stellung im Kausalverlauf, nämlich dadurch, daß sie sich in dem Auto befinden, auf dessen Scheiben er schießt. Erweist sich seine Vermutung als falsch und befinden sich im Auto nicht die vom Täter gewünschten Personen, sondern andere Menschen, die von seinen Kugeln getroffen werden, so liegt das nicht an einer Abirrung seines Angriffs, sondern lediglich an seiner Fehlvorstellung des Geschehens, also an einem Motivirrtum des Täters576. Sein Angriff ist nicht abgeirrt. Er hat sein mittelbar – durch dessen Stellung Ihre gewünschte Tötung bildet lediglich das Motiv für den Täter. Die Identitätsvorstellung des Täters ist, wie auch beim „error in persona“, ein strafrechtlich irrelevantes Motiv. Sie mag zwar den inneren Grund für das Handeln des Täters bilden, fungiert jedoch nicht richtunggebend und kann folglich für die Frage des Fehlgehens des Täterangriffs keine Rolle spielen. Die Identifizierung des Angriffsobjekts seitens des Täters ist der maßgebliche Aspekt, unter dem festzustellen ist, ob der Angriff fehlgegangen ist oder nicht. 576 Dieser Irrtum ist jedoch nicht mit einem „error in persona“ zu verwechseln, denn hier ist dem Täter keine Personenverwechslung unterlaufen. Dies konnte ihm – wie bereits gezeigt (siehe o. S. 164) – nicht passieren, denn er hat die Opfer nicht unmittelbar durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert. Man kann nämlich keine Person verwechseln, wenn man diese Person nicht sinnlich erfaßt, sondern lediglich den Angriff an dem Ort ausführt, an dem die Person sich angeblich befindet. Das ist auch ein (Motiv)irrtum (die Fehlvorstellung des Geschehens hat den Täter veranlaßt, die Tat auszuführen), allerdings keine Personenverwechslung. Die Konstellation „ich hab’ dich mit jemand anderem verwechselt“ („error in persona“) 574 575

VII. Lösungsvorschlag

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im Kausalverlauf – definiertes Ziel getroffen, nämlich die Personen, die sich im Auto befanden. Diese Menschen stellen aber nicht ein anderes, unterschiedliches Objekt dar als das Objekt, das der Täterhandlung ihre Richtung gibt, so daß man behaupten könnte, daß der Angriff fehlgeschlagen ist. Ein solches, eine zielsetzende Funktion erfüllendes Objekt gibt es nämlich in diesem Fall nicht. Denn bei der Weise, in der der Täter seine Opfer identifiziert, kann nicht die Rede sein von einem bestimmten Objekt, verschieden von dem tatsächlich getroffenen, auf das die Angriffshandlung des Täters ursprünglich gerichtet war, das aber letztendlich nicht getroffen wurde. Die Angriffsweise bestimmt hier das Ziel. Dies sind die Menschen, die hinter den Autoscheiben im Wagen sitzen, und nicht etwa die vom Täter verfolgten Personen. Auf sie hat der Täter im Moment der Tatausführung seinen Angriff nicht gerichtet. Dieser war von Anfang an auf diejenigen Personen gerichtet, die sich im geparkten Wagen befanden. Die Tatsache, daß der Täter glaubt, im Auto lägen die von ihm Verfolgten, ist lediglich ein unerhebliches Motiv, eine unbeachtliche Fehlvorstellung, eine letztendlich „irrelevante Zusatzindividualisierung“577. In einem solchen Fall besteht also keine Divergenz zwischen der Identifizierung des Opfers seitens des Täters (= die Menschen, die sich im Auto befinden) und dem Erfolg (= das Liebespaar, das sich im Auto niedergelassen hat), was jedoch für die Annahme einer „aberratio ictus“ notwendig wäre. Diese Feststellungen treten noch deutlicher im vielgenannten Bombenlegerfall578 hervor: A installiert eine Bombe am Auto von B, um ihn zu töten. Die Bombe soll bei Betätigung des Zündschlüssels explodieren. Entgegen der Erwartung des A fährt mit dem Auto jedoch nicht B, sondern seine Frau C, die durch die Explosion ums Leben kommt.

Es wurde bereits angemerkt, daß sich in solchen Fallkonstellationen schon deswegen Bedenken hinsichtlich der Annahme einer Abirrung ergeben, weil das „richtige“ Opfer fehlt und demzufolge der Angriff nicht wirklich gegen es gerichtet wurde, so daß man behaupten könnte, dieser sei fehlgegangen. Einwände könnten jedoch diesbezüglich im obigen Fall entstehen, weil nach verbreiteter Auffassung der Versuch (und folglich der Angriff) in solchen Fällen bereits mit dem unterscheidet sich von der Konstellation „ich hab’ gedacht, du wärest woanders gewesen“ (Fehlvorstellung). Um Mißverständnisse zu vermeiden: Auch eine Personenverwechslung ist zwar eine Fehlvorstellung, eine Fehlvorstellung ist aber nicht immer eine Personenverwechslung. 577 So Jakobs, StrR AT, S. 303 f. Jakobs nimmt in solchen Fällen einen „error in persona“ an, was jedoch – wie gezeigt (siehe o. S. 119 ff.) – nicht zutrifft. Jakobs ist allerdings darin beizupflichten, daß bei solchen Fallkonstellationen (= Identifizierung des Angriffsobjekts durch dessen Stellung im Kausalverlauf) nicht eine „aberratio ictus“ vorliege und daß Fehlvorstellungen des Täters bezüglich der Identität des Opfers nicht die Vorsatzzurechnung hindern. 578 Vgl. z. B. Herzberg, JA 1981, S. 472 f.; Puppe, GA 1981, S. 8; Prittwitz, GA 1983, S. 119; Janiszewski, MDR 1985, S. 538; Stratenwerth, Baumann-FS, S. 58 ff.; Roxin, Spendel-FS, S. 294 f. (wo er eine „aberratio ictus“ annimmt); ders., StrR AT I, S. 450 (wo er für die Annahme eines unbeachtlichen „error in persona“ plädiert).

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

„Aus-der-Hand-Geben des Geschehens“ nicht nur begonnen hat, sondern schon beendet ist579. Wenn das aber so wäre, dann widerspräche Roxin insofern sich selbst, als er in diesem Fall einen „error in persona“ des Bombenlegers annimmt580 . Nimmt man nämlich bereits mit dem „Aus-der-Hand-Geben“ des Geschehens, also in diesem Fall mit dem Einbau der Bombe im Auto, einen Versuch an, dann müßte man konsequenterweise eine „aberratio ictus“ des Täters in dem Fall bejahen, in dem eine andere als die vom Täter gewünschte Person das Auto fährt und stirbt. Denn wie kann man einerseits einen Versuch gegen B (Eigentümer des Wagens) in dem Fall annehmen, in dem der Täter vor der Explosion der Bombe gefaßt wird, in dem Fall jedoch, in dem C (die Frau des Eigentümers) das Auto fährt und infolge der Explosion getötet wird, den Täter für eine vollendete Tat (error in persona) gegen C bestrafen? Was ist in einem solchen Fall mit dem bereits bejahten Versuch an B geschehen? Die Annahme eines (untauglichen) Versuchs gegen B und einer vollendeten Tat gegen C ist, wie bereits gezeigt581, keine akzeptable Lösung, die Roxin selbst ablehnt582. Mit der Bejahung einerseits eines Versuchs bereits mit dem „Aus-der-Hand-Geben“ des Geschehens und der Annahme andererseits eines „error in persona“ des Täters, erweist sich also Roxins These als inkonsequent. Es müßte von ihm im obigen Beispiel entweder eine „aberratio ictus“ des Täters angenommen werden, oder der Versuchsbeginn müßte auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden. Als inkonsequent erweist sich auch Stratenwerth, und zwar in zweierlei Hinsicht: erstens aus dem gleichen Grund, aus dem Roxins These bereits abgelehnt wurde. Denn auch Stratenwerth nimmt einen Versuch des Täters im Bombenlegerfall bereits mit dem Einbau der Bombe an, während er einen „error in persona“ des Täters bejaht583, was aber, wie bereits gezeigt wurde, nicht folgerichtig ist. Zwei579 Vgl. Roxin, JuS 1979, S. 4 ff. (insbes. S. 9, 10) m. w. N. Roxin zieht die für den unbeendeten und den beendeten Versuch von ihm entwickelten Kriterien zum Vergleich heran, um den Anfang der Tatausführung zu konkretisieren und somit den Versuch von der Tatvorbereitung zu unterscheiden. So nimmt Roxin einen Versuch an, wenn das Rechtsgut unmittelbar gefährdet ist (also nach den Kriterien für den unbeendeten Versuch: enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen Täterhandlung und Erfolgseintritt) oder wenn der Täter das Geschehen aus seinem Herrschaftsbereich entläßt (nach den Kriterien für den beendeten Versuch). Siehe auch Wessels / Beulke, StrR AT, Rn 603. 580 Roxin, StrR AT I, S. 450; anders früher in Spendel-FS, S. 294 f. 581 Siehe o. S. 136 ff. 582 „Dann müßte aber ja der im error in persona handelnde Täter neben dem vollendeten auch noch einen versuchten Mord begehen; das aber ist nicht möglich, weil er nur einen Tötungsvorsatz hatte. Ist der error in persona unbeachtlich, kann die Fehlvorstellung auch keinen Versuch begründen“. – Roxin, LK-StGB, § 26 Rn 97 (Hervorhebung übernommen), in bezug auf die These Puppes (NStZ 1991, S. 124) über die Annahme einer Anstiftung zum Versuch bei einem „error in persona“ des Täters. Vgl. auch Roxin, Spendel-FS, S. 300. 583 Vgl. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 58, wo er einen „error in persona“ des Täters annimmt, und S. 60, wo er offenbar einen Täterversuch bereits mit dem Einbau der Bombe im

VII. Lösungsvorschlag

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tens erscheint die Annahme eines Versuchs in einem solchen Fall inkonsequent hinsichtlich der Ausführungen Stratenwerths in bezug auf den Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft. Während er diesbezüglich die „Gesamtlösung“ vertritt, derzufolge nicht auf die vom mittelbaren Täter in eigener Person vollzogenen Akte allein abgestellt werden kann, sondern das Verhalten des mittelbaren Täters und des Tatmittlers als Einheit zu betrachten ist, mit der notwendige Folge, daß die Tat nicht als Versuch anzusehen ist, bevor der Tatmittler mit ihrer Ausführung beginnt584, nimmt er andererseits einen Vesuch bereits mit dem Einbau der Bombe585 oder mit der Bereitstellung des vergifteten Getränks an586. Diese Fälle müßten jedoch, als solche der mittelbaren Täterschaft, konsequenterweise von ihm als bloße Vorbereitungen eingestuft werden, da der Tatmittler (der hier das Opfer ist) mit den zur Vollendung der Tat erforderlichen Handlungen noch nicht begonnen hat. Zwar sagt Stratenwerth, daß solche Fälle besonders schwierig seien und daß hier (im Fall des vergifteten Getränks) alles für die Annahme eines Versuchs spreche587; das ist allerdings hinsichtlich seiner bereits dargelegten These über den Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft nicht verständlich; es ist vielmehr widersprüchlich, denn für diese Abweichung bringt Stratenwerth keine andere Begründung, außer, daß hier „alles für die Annahme eines Versuchs spricht“! Hier scheint Stratenwerth kriminalpolitischen Gedanken gefolgt zu sein. Er spürt wahrscheinlich, daß seine Konzeption zu Ergebnissen führt, die mit seinem Rechtsgefühl nicht vereinbar sind, und, um dies zu korrigieren (?), bejaht er einen VerAuto bejaht. Letzteres ist von Stratenwerth zwar nicht ausdrücklich angenommen worden, es resultiert jedoch aus der Annahme einer „aberratio ictus“ (= Versuch und fahrlässige Tat) im Falle, daß die Bombe vorzeitig explodiert und ein Passant getötet wird. Vgl. auch ders., StrR AT I, S. 269, wo Stratenwerth im Falle der Frau, die ihren Mann durch ein vergiftetes Getränk töten will, einen Versuch bereits mit der Bereitstellung des Getränkes annimmt, wenn die Frau erwarte, daß der Mann sich demnächst selbst bedienen werde (und nicht etwa, wenn ihr Mann sich dem vergifteten Getränk genähert bzw. es geholt hat, um es zu trinken). Selbst darin liegt ein Widerspruch zu dem Bombenlegerfall. Denn nach Stratenwerth handelt es sich um bloße Vorbereitung, wenn die Frau „ihm das Getränk erst zu einem späteren Zeitpunkt vorsetzen will; dann hat sie, nach ihrem Tatplan, zur Tatbestandsverwirklichung noch nicht unmittelbar angesetzt. Würde der Mann unvorhergesehenerweise schon vorher zu dem Getränk greifen, so käme nur eine Fahrlässigkeitshaftung in Betracht“ (StrR AT I, S. 269). Dann müßte Stratenwerth auch im Falle, daß die Bombe vorzeitig explodiert und einen Passanten tötet, bloße Vorbereitung annehmen und nicht einen Versuch bejahen. Zwar will der Täter in diesem Fall keine weitere Handlung vornehmen; das ändert jedoch nichts daran, daß beide Fälle solche der mittelbaren Täterschaft sind (das Opfer selbst müßte nämlich etwas tun, damit die Tat zur Vollendung kommt – das Getränk trinken bzw. das Auto fahren). Während im einen Fall der konkrete Tatplan nach Stratenwerth maßgeblich ist, scheint dies im anderen Fall, wo die Bombe frühzeitig (also gegen den Täterplan) explodiert, keine Rolle zu spielen. 584 Stratenwerth, StrR AT I, S. 329 f., im Anschluß an Frank, StGB, § 43 Anm. II 2 a: „Der mittelbare Täter führt durch die Mittelperson aus, also nicht früher als diese“. Hervorhebung übernommen. 585 Siehe o. Fußn. 583. 586 Stratenwerth, StrR AT I, S. 330, 269. 587 Stratenwerth, StrR AT I, S. 330.

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

such, während seiner Konzeption zufolge eine solche Annahme zu verneinen wäre. Nach Stratenwerth spricht jedoch alles für eine solche Annahme, weil „ein Erscheinen des Opfers im Wirkungsbereich des Tatmittels nach Lage der Dinge so wahrscheinlich ist, dass bereits von einer unmittelbaren Gefährdung gesprochen werden kann“588. In diesen Ausführungen treten jedoch die kriminalpolitischen Gedanken Stratenwerths deutlich hervor: um solche Gedanken auch dogmatisch vertretbar erscheinen zu lassen, versucht Stratenwerth, seine Versuchsannahme unter dem Aspekt der unmittelbaren Gefährdung des Rechtsguts zu rechtfertigen. Eine Rechtsgutsgefährdung würde jedoch voraussetzen, daß sich das Opfer räumlich und zeitlich unmittelbar der Gefahrenquelle genähert hätte. Die Tatsache, daß es „nach Lage der Dinge so wahrscheinlich ist“, daß das Opfer im Wirkungskreis des Tatmittels erscheinen werde, kann den für eine unmittelbare Gefährdung erforderlichen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Täterhandlung (also hier nach der Konzeption Stratenwerths der Handlung des Werkzeugs bzw. des Opfers) und dem erwarteten Erfolg nicht ersetzen. Es ist vielmehr der Rechtsgutsgefährdungsaspekt, der den Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft vom Handeln des Werkzeugs abhängig macht und in diesem Fall die Ablehnung eines Versuchs fordert. Der mittelbare Täter führt nach Stratenwerth durch die Mittelperson aus, „also nicht früher als diese“. Daran kann die Wahrscheinlichkeit ihres Handelns nichts ändern. Vertritt Stratenwerth die Theorie des „Aus-der-Hand-Gebens“ nicht, und das tut er offensichtlich nicht, wenn er für den Versuchsbeginn bei der mittelbarer Täterschaft auf das Handeln des Tatmittlers abstellt, dann kann er, damit er konsequent bleibt, im Bombenlegerfall keinen Versuch bereits mit dem Einbau der Bombe annehmen. Die Theorie des „Aus-der-Hand-Gebens“ entpuppt sich als nicht stichhaltig aus einem weiteren Grund. Roxin, ihr Hauptvertreter, stellt auf die unmittelbare Gefährdung des Rechtsguts ab, um den Beginn des unbeendeten Versuchs festzustellen589. Das ist jedoch mit der Annahme eines beendeten Versuchs bereits mit dem „Aus-der-Hand-Geben“ des Geschehens nicht vereinbar, denn es führt zu dogmatisch nicht akzeptablen Ergebnissen. Wie Küper richtig einwendet, werden auf diese Weise an den unbeendeten Versuch strengere Anforderungen als an den beendeten Versuch gestellt. „Wenn im letzteren Fall auf das Gefahrkriterium verzichtet wird, so ist schwer einzusehen, weshalb es für die ,schwächere‘ Versuchsform doch wieder eine Rolle spielen soll. Man kann nicht aus Gründen der Praktikabilität oder angeblicher kriminalpolitischer Bedürfnisse beliebig den Abgrenzungsmaßstab wechseln“590. Nimmt man mit Roxin bereits einen beendeten Versuch mit dem „Aus-der-Hand-Geben“ des Geschehens an, ohne auf die Gefährdung des Rechtsguts zu achten, dann müßte man konsequenterweise den – notwendig früher einsetzenden – unbeendeten Versuch auch vom Gefahrkriterium befreien. In einem 588 589 590

Stratenwerth, StrR AT I, S. 330, im Anschluß an BGHSt 43, 180 f. Roxin, JuS 1979, S. 4 ff., 9 f.; ders., Maurach-FS, S. 226. Küper, JZ 1983, S. 367.

VII. Lösungsvorschlag

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solchen Fall würde man jedoch nur noch sehr schwierig den Versuchsbeginn von der bloßen Tatvorbereitung abgrenzen können591. Das Kriterium der unmittelbaren Gefährdung, das Roxin für die Feststellung des unbeendeten Versuchs anwendet, ist richtig592, da es dem „spezifisch vermittelten Charakter der versuchsbegründenden Rechtsgutskrise“593 gerecht wird, muß jedoch auch für den beendeten Versuch gelten, um dogmatisch stichhaltige Ergebnisse liefern zu können. Ein beendeter Versuch ist somit dann anzunehmen, wenn der Täter alles zur Erfolgsherbeiführung seinerseits Erforderliche getan zu haben glaubt und eine unmittelbare Gefährdung des Rechtsguts vorliegt594. Dazu ist in Fällen der mittelbaren Täterschaft, wie in dem Bombenlegerfall, auch das Handeln des Werkzeugs nötig. Im Bombenlegerfall ist also ein Versuch nur mit der „Entlassung aus dem Herrschaftsbereich“ bzw. mit dem Einbau der Bombe zu verneinen. Das Werkzeug bzw. das Opfer muß mit den zur Vollendung der Tat erforderlichen Handlungen begonnen haben (das Opfer muß sich also hier in den Wirkungskreis des Tatmittels begeben bzw. es muß sich dem Auto genähert haben). Nur dann ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Täterhandlung und erwartetem Erfolg und folglich eine (versuchsbegründende) kritische Lage für das Rechtsgut gegeben595. Vgl. Küper, JZ 1983, S. 367 f. Vgl. Küper, JZ 1992, S. 347 Fußn. 61 m. w. N.: „Der oft kritisierte Gefährdungsgedanke erweist sich damit – jedenfalls bei Verletzungsdelikten – als unentbehrlicher Leitgesichtspunkt für die Bestimmung materiellen, am Rechtsgut orientierten Versuchsunrechts“. Vgl. auch Küper, JZ 1983, S. 367 Fußn. 42. Zur Gefährdungsformel bei den Unterlassungs-, Begehungs- und abstrakten Gefährdungsdelikten siehe Otto, Grundkurs AT, S. 244 f. m. w. N. 593 Küper, JZ 1983, S. 367. Siehe auch o. Fußn. 565. 594 So auch Otto, JA 1980, S. 644. 595 Auf die Fragen, wie man die „unmittelbare Gefährdung“ näher präzisiert und wie man das maßgebliche Vorstellungsbild bei Fällen der mittelbaren Täterschaft bestimmt, kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. dazu Küper, JZ 1983, S. 361 ff., Otto, JA 1980, S. 641 ff., je m. w. N. Hier sollte nur gezeigt werden, daß die Theorie des „Aus-der-Hand-Gebens“ nicht stichhaltig ist und daß bei der Bestimmung des Vesuchsbeginns der materiell-rechtsgutsbezogene Gefährdungsaspekt nicht außer Acht gelassen werden darf. Die diesbezüglichen kriminalpolitischen Einwände Roxins, JuS 1979, S. 10, können nicht überzeugen. Wie Küper, JZ 1983, S. 371, zu Recht einwendet, ist es sehr fraglich, „ob mehr oder weniger plausible «kriminalpolitische Bedürfnisse» dazu berechtigen, die dogmatisch-systematischen Strukturen der mittelbaren Täterschaft zu überspielen“. Aber auch die dogmatischen Einwände Roxins, (JuS 1979), – die Unmittelbarkeitsforderung löse den Übertritt ins Versuchsstadium von der Täterperson ab und verschiebe ihn auf einen zufälligen Zeitpunkt, das Gesetz verlange aber, daß der Täter und nicht, daß das Opfer zur Tatherbeiführung ansetze – leuchten nicht ein. Was die „Ablösung von der Täterperson“ betrifft, ist Küper, JZ 1983, S. 371, darin beizupflichten, daß sie „in der Struktur der mittelbar-täterschaftlichen Begehungsweise“ begründet sei, die nicht übergangen werden dürfe. Der mittelbare Täter (und ein solcher ist der Bombenleger, der das Opfer als Werkzeug benutzt) führt die Tat durch die Mittelperson aus. Deren Handlungen sind dem Täter als eigene zuzurechnen. Die Formulierung des Gesetzes in § 22 StGB („eine Straftat versucht, wer . . . unmittelbar ansetzt“) ist auf den Einzeltäter zugeschnitten und darf den Blick nicht dafür verstellen, daß bei der mittelbaren Täterschaft das Opfer als gutgläubiges Werkzeug zur Realisierung des Tatplans durch den Täter eingesetzt wird und 591 592

172

C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

Eine solche kritische Lage ist im Bombenlegerfall eingetreten, als die Frau des Autobesitzers das Auto bestieg. Die Krise ist dann zur Vollendung gekommen, als die Frau das Auto fuhr und durch die Explosion starb. Die Tatsache, daß die Bombe nicht für sie gedacht war, sondern nach der Vorstellung des Täters ihren Mann töten sollte, ist nicht entscheidend für die strafrechtliche Behandlung des Täters. Denn er hat sein Opfer nur mittelbar, d. h. durch dessen Stellung im Kausalverlauf identifiziert. Er hat seine Angriffshandlung nicht direkt auf B (den Autobesitzer) gerichtet, indem er ihn z. B. gesehen und auf ihn gezielt hat. Sein Angriff galt, aufgrund der Art und Weise, wie er ausgeführt wurde, demjenigen Menschen, der das Auto fahren wird. Der Autobesitzer (B) wurde vom Täter nicht unmittelbar als diejenige Person identifiziert, die das Ziel seiner Angriffshandlung bilden sollte. Er erfüllte keine zielsetzende Funktion, hat also keine richtungweisende Rolle für die Angriffshandlung gespielt. In diesem Fall gibt es kein Objekt, das der Täterhandlung ihre Richtung gibt. Dann kann aber von einem Fehlgehen des Angriffs nicht gesprochen werden, nur weil sich das tatsächliche Opfer als ein anderes als das vom Täter gewünschte Opfer erweist. Es besteht hier keine Divergenz zwischen der Identifizierung des Tatobjekts seitens des Täters und dem eingetretenen Erfolg. Der Täter hat lediglich eine Fehlvorstellung vom Geschehen, die aber als bloßer Motivirrtum nicht maßgeblich sein kann. Der Täter hat nämlich im Bombenlegerfall seinen Angriff so ausgeführt, daß derjenige getötet wird, der das Auto fährt. Fährt das Auto nicht B, wie vom Täter erwartet, sondern C, liegt das – wie bereits gezeigt596 – nicht an einem „error in persona“, aber auch nicht an einer „aberratio ictus“, sondern lediglich an einer Fehlvorstellung des Täters, die als Motivirrtum strafrechtlich irrelevant ist. Das tatsächliche Opfer, also hier C, besitzt genau diejenige Stellung im Kausalverlauf, durch die der Täter sein Opfer identifiziert hat, nämlich die des Autofahrers. Nach Roxin entwickelt sich der Geschehensablauf im Enzianflaschenfall597 anders, als der Täter es geplant hatte, und das sei der klassische Fall der aberratio ictus598. Das trifft aber nicht zu. Denn der klassische Fall der „aberratio ictus“ ist derjenige, in dem der Täter das von ihm unmittelbar identifizierte Angriffsobjekt verfehlt, das der Täterhandlung ihre Richtung gegeben hat, und nicht der Fall, daß „sich der Geschehensablauf anders als geplant entwickelt“. Abgesehen davon, hat sich das Geschehen nicht „anders als geplant“, sondern anders als „gewünscht“ entwickelt. Der Täter kann nämlich nur seine eigene Tätigkeit planen. Und diese bestand darin, die Bombe so zu installieren, daß sie mit dem Drehen des Zündschlüssels explodiert. Mit der auf die geplante Weise herbeigeführten Explosion der vom Täter installierten Bombe und der Tötung des daß demzufolge dessen Handlungen dem Täter als eigene zuzurechnen sind! Diese Fiktion gehört zur Natur der mittelbaren Täterschaft. Vgl. dazu auch Otto, JA 1980, S. 646. 596 Siehe o. S. 164 f. 597 Siehe o. Fußn. 568. 598 Roxin, Spendel-FS, S. 294. Das gleiche hat Roxin, Spendel-FS, S. 295, auch für den Bombenlegerfall behauptet. Später änderte er jedoch seine Auffassung und bejahte im letzteren Fall einen „error in persona“. Siehe o. Fußn. 580 bzw. S. 168.

VII. Lösungsvorschlag

173

Autofahrers ist die Tat genau wie geplant erfolgt. Die Tatsache, daß das Geschehen sich insofern anders entwickelt hat, als eine andere Person das Auto fuhr und starb, widerspricht zwar dem Wunsch des Täters, nicht jedoch seinem Plan. Dieser ist insbesondere dadurch völlig verwirklicht worden, als das vom Täter durch dessen Stellung im Kausalverlauf identifizierte Opfer (der Fahrer des Autos) durch den Täterangriff (Bombenexplosion) getötet wurde. Denn bei der Weise, in der das Opfer identifiziert wurde, kann nicht von einem bestimmten Opfer gesprochen werden, gegen das die Angriffshandlung des Täters gerichtet wurde, aber letztendlich ihr Ziel verfehlt hat. Ein solches Zielobjekt fehlt in Fällen, in denen der Täter sein Opfer nicht durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert. Der Angriff ist in solchen Fällen nicht abgeirrt, denn hier kongruiert – wie bereits gezeigt – die Identifizierung des Opfers durch den Täter (Opfer = Autofahrer) mit dem eingetretenen Erfolg (Tötung des Autofahrers). Eine solche Kongruenz besteht allerdings nicht in dem Fall, in dem die Bombe frühzeitig explodiert und einen zufällig vorübergehenden Passanten tötet. Eine „aberratio ictus“ ist aber auch in diesem Fall nicht anzunehmen, denn hier hat der Versuch des Täters, wie bereits gezeigt wurde599, noch nicht begonnen. Hier kann höchstens eine Fahrlässigkeitstat (fahrlässige Tötung des Passanten) bejaht werden. Das Kriterium von Stratenwerth, es sei maßgebend, ob das Opfer diejenigen Bedingungen erfülle, von denen der Täter den Angriff abhängig mache600, taugt zwar dazu, um festzustellen, ob das Geschehen dem Tätervorsatz als „Treffer“ zugerechnet werden kann, kann jedoch nicht eine klare Antwort darauf geben, ob das Geschehen eine „aberratio ictus“ für den Täter darstellt oder nicht. Denn, wie bereits gezeigt wurde, kann eine „aberratio ictus“ nicht bei jedem Fall angenommen werden, in dem das Geschehen nicht dem Vorsatz des Täters zugerechnet wird. Zu einer solchen Annahme reicht es nämlich nicht aus, daß das Opfer „nicht die Bedingungen erfüllt, von denen der Täter seinen Angriff abhängig macht“; es muß vielmehr einen Angriff gegen ein bestimmtes Objekt geben, der fehlgeschlagen ist. An einem solchen Angriff fehlt es z. B. im obigen Beispiel, wo die Bombe frühzeitig explodiert und einen Passanten tötet, und demzufolge kann keine „aberratio ictus“ (= Fehlgehen des Angriffs) angenommen werden. Aber auch wenn der Angriff gegen ein bestimmtes Objekt ausgeführt wird und es dabei ein Opfer gibt, das nicht die Bedingungen erfüllt, von denen der Täter seinen Angriff abhängig macht, ist die Annahme einer „aberratio ictus“ immer noch nicht zwingend. Man denke etwa an den Fall, in dem der Täter A auf seinen Feind B schießt. Er trifft ihn im Bauch, die Kugel geht jedoch durch dessen Körper ohne B zu töten und trifft auch den hinter B sitzenden C im Kopf tödlich.

In diesem Fall ist der Täter wegen Versuchs (an B) und eventuell fahrlässiger Tötung (des C) zu bestrafen. Es liegt jedoch keine „aberratio ictus“ des Täters vor, 599 600

Siehe o. S. 165 f. und 167 ff. Stratenwerth, Baumann-FS, S. 60.

174

C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

obwohl die strafrechtlichen Folgen dieselben sind (Versuch und fahrlässige Tat). Sein Angriff ist nicht fehlgegangen, denn er ist genau dort eingetreten, wohin der Täter ihn gesteuert hat. Die Tatsache, daß der Täter eine andere als die gewünschte Person getroffen hat, ist eine Nebenfolge seines Angriffs, nicht jedoch dessen Fehlgehens, was aber notwendig wäre, um eine „aberratio ictus“ zu begründen. Der Täter hat sein Ziel (B) getroffen, nur die Folge (Verletzung statt Tötung) war nicht die vom Täter gewünschte. Nach dem Kriterium von Stratenwerth ist die Tötung des C nicht dem Tätervorsatz zuzurechnen, weil C nicht die Bedingungen erfüllt, von denen der Täter den Angriff abhängig gemacht hat. Das ist richtig, denn der Täter hat seine Angriffshandlung nur gegen B gerichtet, der als unmittelbares Ziel seines Angriffs die obigen Bedingungen erfüllte. Das heißt jedoch nicht, daß dieser Fall als „aberratio ictus“ eingestuft werden muß. Das gleiche gilt in dem wie folgt variierten Bombenlegerfall: Der Täter installiert eine Bombe am Auto von B, die mit dem Drehen des Zündschlüssels explodieren soll. B steigt wie erwartet ins Auto ein, dreht den Schlüssel, die Bombe explodiert. B kommt wie durch ein Wunder nur leicht verletzt davon, nicht aber der zufällig vorübergehende Passant C, der infolge der Explosion getötet wird.

Die Tötung des C ist nach dem Kriterium von Stratenwerth zu Recht nicht dem Tätervorsatz zuzurechnen. Eine „aberratio ictus“ ist aber damit nicht bereits bejaht worden. Der Angriff ist auch in diesem Fall nicht fehlgegangen (was aber Voraussetzung einer „aberratio ictus“ wäre), denn er hat genau dort stattgefunden, wo er nach dem Tatplan stattfinden sollte, und denjenigen getroffen, den der Täter treffen wollte, nämlich den Fahrer des Autos. Auf die Weise, auf die der Täter sein Opfer identifiziert hat, konnte, wie bereits gesagt wurde, der Angriff überhaupt nicht fehlgehen. Der Passant dagegen, der durch die Explosion ums Leben kam, erfüllt nicht die Bedingungen, von denen der Täter seinen Angriff abhängig machte, vielmehr ist er nicht durch seine Stellung im Kausalverlauf identifiziert worden. Seine Tötung ist demzufolge nicht dem Tätervorsatz zuzurechnen, sie ist aber eine Nebenfolge des Täterangriffs und nicht eine Folge eines Fehlschlags seitens des Täters. Hinsichtlich der Tötung des Passanten gibt es zwar keine Kongruenz zwischen der Identifizierung des Opfers seitens des Täters (Fahrer des Autos) und dem eingetretenen Erfolg (Tötung des Passanten), der Täterangriff ist aber nicht fehlgegangen. Er hat vielmehr sein Ziel (Autofahrer) erreicht, nur die Folgen waren teilweise geringer (Verletzung des Autofahrers) und teilweise stärker (Tötung des Passanten), als der Täter gewollt hat. Die Tötung des Passanten wird dem Täter nicht zugerechnet, nicht weil der Fall einer „aberratio ictus“ gleicht, sondern weil der Passant nicht als Opfer vom Täter identifiziert wurde. Er besaß nämlich nicht diejenige Stellung im Kausalverlauf, durch die der Täter sein Opfer festgelegt hat. Es zeigt sich, daß das Kriterium von Stratenwerth zwar zu teilweise richtigen Ergebnissen führt, jedoch die hier vorgeschlagenen Kriterien der Identifizierung des Opfers durch sinnliche Wahrnehmung und – im Falle ihres Fehlens – der (notwendigen) Identifizierung des Opfers durch dessen Stellung im Kausalverlauf nicht ersetzen kann. Nach dem Kriterium von Stratenwerth wäre eine „aberratio ictus“

VII. Lösungsvorschlag

175

immer dann anzunehmen, wenn das Opfer nicht die vom Täter gestellten Bedingungen erfüllt, und umgekehrt wäre ein „error in persona“ immer dann zu bejahen, wenn diese Bedingungen vom Opfer erfüllt werden. Das aber ist, wie gezeigt wurde, nicht immer richtig. Demgegenüber zeigt das Kriterium der sinnlicher Wahrnehmung als Akt der Identifizierung des Opfers durch den Täter, daß nicht immer die Alternative „error in persona oder aberratio ictus“ die Fälle lösen kann, in denen ein anderes als das vom Täter gewünschte Opfer getroffen wird. Nur in den Fällen, in denen der Täter sein Opfer durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert, kann ein „error in persona“ oder eine „aberratio ictus“ angenommen werden. In den Fällen dagegen, in denen es kein Zielobjekt gibt, das der Täterhandlung ihre Richtung gibt, ist eine solche Unterscheidung nicht möglich. Der Täter kann nicht irren, wenn er das Opfer nicht sinnlich wahrnimmt, und er kann auch nicht etwas verfehlen, auf das er seinen Angriff nicht direkt gesteuert hat. Das heißt jedoch nicht, daß bei fehlender sinnlicher Wahrnehmung alle Fälle gleich zu behandeln sind. Es heißt nur, daß solche Fälle weder als „error in persona“ noch als „aberratio ictus“ betrachtet werden können. Damit ist aber – wie bereits gezeigt – nicht gesagt, daß jedes Opfer in solchen Fällen vom Tätervorsatz erfaßt würde. Besitzt das Opfer bei fehlender sinnlicher Wahrnehmung nicht die Stellung im Kausalverlauf, durch die der Täter sein Angriffsobjekt identifiziert hat, wie der Passant im obigen Beispiel, dann kann dessen Verletzung nicht als vorsätzlicher Erfolg des Täters betrachtet werden, auch wenn die Opferidentität diejenige wäre, die der Täter gewünscht hätte (etwa wenn der Passant im obigen Beispiel der Autobesitzer wäre und der Fahrer dessen Frau). Identifiziert der Täter sein Opfer durch dessen Stellung im Kausalverlauf, dann ist die Verletzung desjenigen Opfers, das diese Stellung tatsächlich besitzt, als „Treffer“ dem Tätervorsatz zuzurechnen, ohne Rücksicht auf Zusatzindividualisierungen, wie die Opferidentität, zu nehmen (so z. B. der „Autofahrer“ im obigen Beispiel). Das ist auch im Fangbrief-Fall601 anzunehmen, in dem der Täter A, um den von ihm verhaßten B in den Verdacht des Diebstahls zu bringen, einem von der Polizei eingefärbten Fangbrief das Geld entnahm und ihn in den Schreibtisch des B legte. Entgegen den Hoffnungen von A geriet jedoch die Sekretärin des B in Verdacht, die den Umschlag zuerst öffnete und ihre Hände dadurch verfärbte.

Hier hat der Täter das Opfer durch dessen Stellung im Kausalverlauf identifiziert, nämlich dadurch, daß derjenige verdächtigt wird, der den verfärbten und vom Täter geöffneten Brief anfassen wird. Die Identitätsvorstellung des Täters ist eine Wunschvorstellung, die für die maßgebliche Identifizierung des Opfers keine Rolle spielen darf. Nach ganz herrschender Meinung kommt es für die falsche Verdächtigung nicht auf „die Unwahrheit der Beschuldigung“, sondern auf die „Unwahrheit der Verdachtsmaterie“ an602. Der Täter wußte im obigen Fall, daß die BGHSt 9, 240. Vgl. dazu Küper, StrR BT, S. 319 ff.; Geilen, Jura 1984, S. 302 f.; Otto, Jura 2000, S. 217; Sch-Sch-Lenckner, StGB, § 164 Rn 16; anders die Rechtsprechung, BGHSt 35, 50. 601 602

176

C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

Verdachtsmaterie falsch war, er hat sie vielmehr geschaffen. Er wußte, daß derjenige, der den Brief anfassen wird, aufgrund eines falschen Beweismaterials in Verdacht gerät. Genau das ist auch geschehen. Identifizierungsobjekt (derjenige, der den Brief anfaßt) und Erfolg (die Sekretärin, die den Brief anfaßte) kongruieren hier vollkommen. Daß eine andere als die gewünschte Person diejenige Stellung im Kausalverlauf besitzt, durch die der Täter sein Opfer identifiziert hat, ist eine irrelevante Fehlvorstellung. Denn der Täter hat „wider besseren Wissens“ eine andere Person einer rechtswidrigen Tat verdächtigt. Die Tat ist also nach der hier vertretenen Konzeption dem Tätervorsatz zuzurechnen und dem BGH ist im Ergebnis zuzustimmen603.

603 So i. E. auch Prittwitz, GA 1983, S. 130 f.; anders Herzberg, ZStW 85 (1973), S. 892; Roxin, Spendel-FS, S. 294. Der vielgenannte Telefonfall (Beschl. des BayObLG v. 18. 8. 1986, JR 1987, S. 431 mit Anm. Streng) ist wegen der Eigenart des Beleidigungsdelikts (§ 185 StGB) komplizierter. Im Telefonfall hat A den B angerufen. Als C sich meldete, beschimpfte ihn A, in der irrigen Meinung, er sei B. Dieser Fall scheint insofern problematisch zu sein, als der Getroffene bei der Beleidigung nicht unbedingt der Verletzte ist. Ob der Täter sein Ziel wirklich trifft, hängt nicht nur – oder gar nicht – davon ab, ob der Gesprächspartner die Beleidigungen gehört hat oder nicht, sondern ob dadurch sein Achtungsanspruch – objektiv betrachtet – verletzt wurde (vgl. dazu Lackner / Kühl, StGB, vor § 185 Rn 1, Streng, JR 1987, S. 431 ff. je m. w. N.). Man muß also unterscheiden: Ist objektiv nicht erkennbar, daß der Täter einen anderen gemeint hat, dann ist ihm ein unbeachtlicher „error in persona“ unterlaufen, wenn der Gesprächspartner – und zugleich tatsächlich Beleidigte – sich gemeldet hat (unstr.). Denn in diesem Fall identifiziert der Täter sein Opfer durch sinnliche Wahrnehmung (er hat seine Stimme gehört, sie aber verwechselt). Meldet sich der Beleidigte nicht, dann ist die Beleidigung nach der hier vertretenen Konzeption dem Täter wieder zuzurechnen, nicht jedoch infolge eines „error in persona“, sondern weil er sein Opfer durch dessen Stellung im Kausalverlauf („Gesprächspartner“) identifiziert. In demjenigen Fall jedoch, in dem es objektiv erkennbar ist, daß der Gesprächspartner nicht der vom Täter Gemeinte ist, kann trotz des „error in persona“ des Täters eine vollendete Beleidigung nicht angenommen werden, denn der Achtungsanspruch des Gesprächspartners wurde nicht verletzt. Eine „aberratio ictus“ liegt aber nicht vor. Die Konstellation ist vergleichbar mit dem Beispiel des nicht verletzten Autofahrers und des getroffenen Passanten (siehe o. S. 174). Der Täter hat in einem solchen Fall das von ihm identifizierte Opfer (durch sinnliche Wahrnehmung oder durch dessen Stellung im Kausalverlauf) getroffen, aber – der Eigenart des Beleidigungsdelikts zufolge – nicht verletzt. Es ist hier ein Versuch gegen den Gesprächspartner anzunehmen und gegebenenfalls eine (straflose) fahrlässige Beleidigung gegen den tatsächlich Gemeinten, wenn er objektiv erkennbar ist. Daß der wirklich Gemeinte auch – im letzteren Fall – verletzt wurde, ändert nichts daran, daß er weder das unmittelbare Ziel des Täterangriffs war noch durch dessen Stellung im Kausalverlauf identifiziert wurde. Seine Identität ist nur insoweit von Bedeutung, als sie ihn als (fahrlässig) verletzt erscheinen läßt. Der Angriff ist nicht abgeirrt, denn er hat sein Ziel (den Gesprächspartner) getroffen. Andererseits kann dieser „Treffer“, wie bereits gesagt, nicht zur Annahme einer vorsätzlichen Beleidigung führen, da der Getroffene nicht verletzt wurde. Die strafrechtlichen Folgen gleichen also in diesem Fall, wie im o.g. Beispiel des Autofahrers, denjenigen der „aberratio ictus“, ohne daß jedoch dieser Fall zugleich eine wirkliche Abirrung darstellt. – Vgl. dazu z. B. Backmann, JuS 1971, S. 119; Hillenkamp, Vorsatzkonkretisierungen, S. 42; Herzberg, JA 1981, S. 474 f.; Puppe, GA 1981, S. 4 f.; Prittwitz, GA 1983, S. 134; Streng, JR 1987, S. 431 ff.; Jakobs, StrR AT, S. 303 f.; Roxin, StrR AT I, S. 451; ders., JZ 1991, S. 681 (für die Beachtlichkeit des Irrtums plädierend); anders früher, ders., Spendel-FS, S. 295 (für die Unbeachtlichkeit eines solchen Irrtums).

VIII. Ergebnis

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Die Institutionen des „error in persona“ und der „aberratio ictus“ sind also nicht bloß auf die täterschaftliche Begehung zugeschnitten, wie Weßlau behauptet604, sondern sie sind für diejenigen Fälle entwickelt worden, in denen der Angreifer das Opfer unmittelbar identifiziert. Eine bindende Individualisierung des Vorsatzes auf ganz bestimmte Tatopfer kann, wie Streng richtig ausführt, „allein auf den aus der Tätersicht unmittelbar und sicher von ihm steuerbaren deliktischen Einwirkungsmöglichkeiten auf eben diese Persone(n) beruhen“605. Solche steuerbaren Einwirkungsmöglichkeiten fehlen in den Fällen, in denen das Opfer nur mittelbar, d. h. durch dessen Stellung im Kausalverlauf, identifiziert wird. Eine „aberratio ictus“ scheidet daher aus, wenn ein anderes als das vom Täter gewünschte Opfer die Stellung im Kausalverlauf besitzt, durch die der Täter sein Angriffsobjekt identifiziert hat. VIII. Ergebnis Gibt der Anstifter dem Täter den Auftrag, den X zu erschießen, so nimmt der Anstifter selbst keinen unmittelbaren Angriff vor, der nach dem bereits Gesagten fehlgehen könnte. Durch die Form dieses mittelbaren Angriffs ist nämlich nicht festgelegt, wer das letztendliche Zielobjekt sein wird; denn der Anstifter richtet seine Angriffshandlung nicht unmittelbar gegen ein bestimmtes Objekt. Er sagt zwar „töte den X“, richtet aber nicht selbst die entscheidende Angriffshandlung gegen die Person, die tatsächlich oder vermeintlich die Identität „X“ besitzt. Die Identitätsvorstellung des Anstifters gewinnt hierbei nicht schon deswegen an Bedeutung, weil der Angriffsinitiator nicht selbst handelt. Es ist vielmehr diese in bezug auf das zu verletzende Objekt fehlende direkte Angriffshandlung des Anstifters, die die Annahme einer „aberratio ictus“ nicht erlaubt. Die Identitätsvorstellung des Anstifters bleibt, genau wie beim Täter, ein unerhebliches Motiv und kann den Mangel an einem bestimmten, unmittelbar identifizierten Zielobjekt, das der Angriffshandlung ihre Richtung gibt, nicht ersetzen. Gewiß unterscheidet sich die Anstiftung im Falle einer Objektsverwechslung des Angestifteten von den bereits dargestellten Fällen der Täterschaft dadurch, daß bei der Anstiftung eine verantwortliche Person (der Angestiftete) zusätzlich eingeschaltet wird, deren Identitätsirrtum der Grund für den von der Vorstellung des Anstifters letztendlich abweichenden Erfolg ist. Eine genaue Entsprechung zu dieser Konstellation, bei der der Anstifter die Identifizierung des Angriffsobjekts einem anderen bzw. dem Angestifteten überläßt, gibt es bei der Täterschaft nicht606. Eine solche Parallele wurde aber nicht beabsichtigt; sonst bestände die Gefahr Weßlau, ZStW 104 (1992), S. 107, 109. Streng, JuS 1991, 913. 606 Den bereits dargestellten täterschaftlichen Konstellationen (Identifizierung des Opfers durch dessen Stellung im Kausalverlauf) entsprechende Konstellationen bei der Anstiftung gibt es nur, wenn der Anstifter die Identifizierung des Opfers nicht dem Täter überlassen hat, sondern seinerseits das Opfer durch bestimmte Orts- und Zeitvorgaben identifiziert. Solche 604 605

12 Nikolidakis

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C. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

einer Rückkehr zum Einheitstätersystem, was natürlich kein akzeptabler Vorschlag wäre. Diese Erkenntnis vermag jedoch nichts daran zu ändern, daß der Anstifter sein Angriffsobjekt in den hier interessierenden Fällen der Objektsverwechslung des Angestifteten nicht unmittelbar identifiziert. Es fehlt bei ihm, genau wie beim Täter, der sein Opfer nicht durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert, die Unmittelbarkeit zwischen Identifizierung, Handlung und eingetretenem Erfolg. Denn der Anstifter greift das geschützte Rechtsgut nur mittelbar an, indem ein anderer, der von ihm veranlaßt wurde, es identifiziert und verletzt. Ob die vom Täter letztendlich angegriffene Person der vom Anstifter und Täter gewünschte X oder aber Y ist, ist sowohl für den Täter als auch für den Anstifter irrelevant. Die Unbeachtlichkeit des Objektsirrtums folgt für den Täter daraus, daß er einem irrelevanten „error in persona“ erlegen ist. Er hat nämlich denjenigen getroffen, auf den er seine Angriffshandlung unmittelbar gerichtet hat, indem er das Opfer durch sinnliche Wahrnehmung als sein Zielobjekt identifiziert hat, welches seiner Handlung ihre Richtung gegeben hat. Seine Handlung ist nicht abgeiirt. Die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter resultiert dagegen nicht aus einem „error in persona“. Dazu hatte der Anstifter in einem solchen Fall überhaupt nicht die Gelegenheit, weil er das Angriffsobjekt nicht selbst identifiziert hat607. Genau deswegen scheidet aber auch eine „aberratio ictus“ des Anstifters aus. Greift der Anstifter das Objekt nicht unmittelbar an, und das ist bei der Anstiftung nie der Fall, dann kann es keine Divergenz zwischen seiner Identifizierung des Angriffsobjekts und seinem unmittelbaren Handlungserfolg geben, was jedoch für die Annahme einer „aberratio ictus“ erforderlich wäre608. Das Opfer erfüllt insofern diejenigen Bedingungen, von denen der Anstifter den Angriff abhängig macht, als der Täter das bestimmte Opfer in Ausführung seiner vom Anstifter erteilten Aufgabe trifft, ohne, wie bereits gezeigt wurde609, dabei einen Exzeß zu begehen. Die Untersuchung hat gezeigt, daß für die Anahme einer „aberratio ictus“ eine Unmittelbarkeit zwischen der Identifizierung des Opfers, der Angriffshandlung und dem eingetretenen Erfolg notwendig ist. Eine solche Unmittelbarkeit ist nur bei Fällen gegeben, in denen der Angreifer sein Opfer durch sinnliche Wahrnehmung identifiziert und direkt angreift. Von dieser Feststellung bildet der Anstifter keine Ausnahme. Nur der unmittelbare Teil des Angriffs des Anstifters kann fehlgehen, und das ist, wie bereits gezeigt, beim Mißverstehen des Täters der Fall610. Bei der Weise Konstellationen sind jedoch, wie bereits gezeigt wurde (siehe o. S. 118 ff.), nicht problematisch und fallen, wegen der bei solchen Fällen fehlenden Objektsverwechslung des Angestifteten, nicht unter die hier interessierende Thematik der Auswirkung des „error in persona“ des Täters auf den Anstifter. 607 Siehe o. S. 164 ff. 608 Erforderlich, aber noch nicht ausreichend. Dazu muß die Unmittelbarkeit der Identifizierung und der Angriffshandlung hinkommen. Besteht aber eine solche Divergenz nicht, ist eine „aberratio ictus“ nicht möglich. Siehe o. S. 159 ff. 609 Siehe o. S. 150 ff. 610 Siehe o. S. 147 und insbes. Fußn. 521 und S. 156 f., 158 ff.

VIII. Ergebnis

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aber, in der der Anstifter das Angriffsobjekt identifiziert und angreift, fehlen die notwendigen „steuerbaren Einwirkungsmöglichkeiten“, die es erlauben würden, bestimmte Objekte als richtungsweisende Zielobjekte einzustufen, auf deren – und nur deren – Beeinträchtigung der Vorsatz des Angreifers gerichtet wird. Eine solche Bindung an bestimmte Objekte kann aber, wie die Untersuchung ergeben hat, nur bei Fällen angenommen werden, in denen der Täter sein Angriffsobjekt unmittelbar identifiziert und angreift. Eine Abirrung des (mittelbaren) Angriffs des Anstifters im Falle einer Objektsverwechslung des Täters ist nach alledem nicht anzunehmen. Die vorsätzlich begangene Tätertat ist dem Anstifter gem. § 26 StGB zuzurechnen.

12*

D. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Untersuchung hat sich mit drei Grundfragen der Anstiftung befaßt und ist dabei zu den folgenden Ergebnissen gekommen:

I. Der Strafgrund der Anstiftung Bei der Erörterung der Frage nach dem Strafgrund der Anstiftung wurde gezeigt, daß der herrschenden akzessorietätsorientierten Förderungstheorie im Ergebnis beizupflichten ist. Das Erfordernis des Rechtsgüterschutzes ist der tragende Grund für die Ausdehnung der Strafbarkeit durch § 26 StGB. Der Anstifter wird wegen seiner Mitwirkung am Erfolg der Haupttat bestraft. Es wurde gezeigt, daß der Erfolg der Haupttat auch der Erfolg des Anstifters ist. Die Verursachung dieses Erfolges ist jedoch eine mittelbare, denn der Anstifter verletzt das jeweils geschützte Rechtsgut durch den Täter (Akzessorietätsprinzip)611. Sein Unrecht besteht also darin, daß er an einer Straftat vorsätzlich teilnimmt und deren Erfolg durch die Hervorrufung des Tatentschlusses in dem Täter mitverursacht. Die Hervorrufung des Tatentschlusses bildet jedoch nicht den Erfolg der Anstiftung. Sie ist nur das Mittel zum Zweck, nämlich zur Rechtsgutsverletzung, auf der sowohl das Unrecht des Täters als auch das des Anstifters basiert. Das Täterunrecht besteht in der von ihm unmittelbar bewirkten Verletzung des geschützten Rechtsguts. Das Unrecht des Anstifters ist zwar abgeleitetes Unrecht, da für seine Existenz die Rechtsgutsverletzung durch den Täter vorausgesetzt wird; der Anstifter haftet jedoch nicht für das Unrecht des Täters, sondern für sein eigenes Unrecht612. Es besteht in seiner Teilnahme an einer Straftat, nämlich in der Mitverursachung der Rechtsgutsverletzung. Dieses Unrecht ist in § 26 StGB vertatbestandlicht. Diese Vorschrift stellt ein nicht täterschaftliches, dennoch rechtswidriges Verhalten unter Strafe, das stets in Anbindung an eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat zu betrachten ist. Das eigene Unrecht des Anstifters liegt, wie gezeigt, exakt darin, daß es akzessorisch ist. Der Anstifter haftet also nicht, weil der Täter eine Straftat begeht und dadurch ein Rechtsgut verletzt, sondern weil der Anstifter an der Herbeiführung des Erfolges der Haupttat, nämlich der Rechtsgutsverletzung, vorsätzlich mitgewirkt hat, indem er einen anderen dazu veranlaßt hat. Dieses akzessorische Verhalten bildet sein eigenes Unrecht.

611 612

Siehe o. S. 50 f. Siehe o. S. 50 f.

II. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

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Die Untersuchung hat auch ergeben, daß eine versuchte Anstiftung dogmatisch nicht möglich ist613. Fehlt die vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat, dann fehlt zugleich der Ursprung, die Quelle des Teilnahmeunrechts, nämlich das Täterunrecht, aus dem das Unrecht des Anstifters abzuleiten ist. Die Anstiftung ist kein delictum sui generis. Liegt die Haupttat vor, dann ist bereits eine vollendete Anstiftung anzunehmen. Liegt sie dagegen nicht vor, dann kann überhaupt keine Anstiftung bejaht werden, da ihre legitimierende Basis fehlt, nämlich die Haupttat, die das geschützte Rechtsgut unmittelbar angreift. Ohne Haupttat liegt keine strafwürdige Gefährdung der Rechtsgüter vor, und folglich besteht keine Möglichkeit einer Teilnahme an ihr. § 30 Abs. 1 StGB, der die versuchte Anstiftung unter Strafe stellt, ist dogmatisch inakzeptabel. Das gilt auch für die gleiche Bestrafung des Anstifters mit dem Täter, die in § 26 StGB angeordnet ist. Derjenige, der das Rechtsgut nur mittelbar angreift, indem er an einer rechtswidrigen Handlung teilnimmt, kann nicht gleich demjenigen bestraft werden, der selbst den Tatbestand des Besonderen Teils des StGB erfüllt614. Die unmittelbare Beeinträchtigung des jeweiligen Rechtsguts, die der Täter herbeiführt, kann nicht gleichwertig mit der unselbstständigen, nur mittelbaren, akzessorischen Rechtsgutsbeeinträchtigung sein, die der Anstifter verursacht. Deshalb ist es konsequent, denjenigen, der den tatbestandsmäßigen Erfolg, also den Ursprung sowohl des täterschaftlichen als auch des teilnehmerischen Unrechts herbeiführt, schärfer zu bestrafen als denjenigen, für dessen strafrechtliche Haftung diese Herbeiführung des Erfolges durch einen anderen Voraussetzung ist. Das verwirklichte Unrecht des Täters ist die Basis des Unrechts des Anstifters, das akzessorisch und folglich zweitrangig bleibt. Dogmatisch richtig wäre also eine obligatorische Strafmilderung des Anstifters gegenüber dem Täter. Die Erkenntnisse, die bei der Erörterung des Strafgrundes der Anstiftung gewonnen wurden, wurden bei der Erörterung der weiteren Grundfragen, mit denen sich die vorliegende Untersuchung beschäftigt hat, bewußt nicht direkt als Argumente verwendet. Denn die bei der Auseinandersetzung mit diesen Fragen entwickelten Konzeptionen sollten nicht lediglich auf dem Strafgrund der Anstiftung, sondern auf eigenen dogmatischen Grundlagen basieren. Es erscheint aber jetzt zweckmäßig, die Ergebnisse, zu denen diese Konzeptionen geführt haben und im folgenden zusammengefaßt dargestellt werden, auch unter dem Blickwinkel des Strafgrundes der Anstiftung zu betrachten und festzustellen, ob sie mit ihm kompatibel sind.

II. Die Anstiftung und der „agent provocateur“ Bei der Frage nach der Strafbarkeit des „agent provocateur“ als Anstifter wurden folgende Ergebnisse herausgearbeitet: 613 614

Siehe o. S. 53 ff. Siehe o. S. 55 ff.

182

D. Zusammenfassung der Ergebnisse

Wenn der Vorsatz als das „Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsverwirklichung“ zu verstehen ist, so ist damit das Wissen und Wollen nicht nur der geschriebenen Tatbestandsmerkmale, sondern auch, wie die Untersuchung gezeigt hat, des möglicherweise in der strafrechtlichen Tatbestandsbeschreibung nicht erhaltenen Merkmals der Beeinträchtigung der sozialen Realität und der damit verbundenen formalen Rechtsstellung des jeweiligen Rechtsguts gemeint615. Das resultiert aus der Aufgabe des Strafrechts, nämlich dem Schutz der Rechtsgüter, d. h. konkreter, für das gesellschaftliche Leben konstitutiver Funktionseinheiten. Der Veranlasser muß also Rechtsgutsbeeinträchtigungswillen haben. Wenn er nur den Versuch der Haupttat will, dann ist er strafloser „agent provocateur“616. Denn der Provokateur weist in diesem Fall nicht den Rechtsgutsverletzungswillen auf, den der Vorsatzbegriff stets fordert. Der „agent provocateur“ will nicht den rechtsgutsbeeinträchtigenden Erfolg der Haupttat. Dieser Erfolg ist aber auch derjenige der Anstiftung. Demzufolge kann der Provokateur, der nur den Versuch der Haupttat will, nicht als Anstifter bestraft werden. Der Versuch an sich stellt keine Rechtsgutsverletzung dar. Erst der Rechtsgutsverletzungswille des Versuchstäters verleiht ihm seine Strafwürdigkeit. Der Vorsatz des Provokateurs, der es nicht zur Vollendung der Tat kommen lassen will, unterscheidet sich vom Vorsatz des „normalen“ Anstifters zum Versuch genau in dem Punkt, der die Strafbarkeit des Anstifters zum Versuch rechtfertigt, obwohl keine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist, insbesondere im Vorliegen des Rechtsgutsverletzungswillens. Es ist also der h. M. zuzustimmen, die für die Straflosigkeit des „agent provocateur“ plädiert. Nicht jedoch, weil der Vorsatz im Falle einer Anstiftung zum Versuch anders als der allgemeine Vorsatzbegriff zu definieren ist, sondern weil der Vorsatzbegriff stets den Rechtsgutsverletzungswillen fordert617. Das Erfordernis der Erfolgsintention des Veranlassers ergibt sich aus dem Anspruch des Rechtsgüterschutzes, der, wie die Erörterung des Strafgrundes der Anstiftung ergeben hat, die Ausdehnung der Strafbarkeit durch § 26 StGB rechtfertigt. Der „agent provocateur“, der es nur zum Versuch der Haupttat kommen lassen will, erfüllt diese Voraussetzung nicht und ist folglich nicht als Anstifter i. S. des § 26 StGB zu behandeln. Somit erweist sich die Straflosigkeit des Provokateurs auch mit dem Strafgrund der Anstiftung als vereinbar. Es wurde auch die Frage beantwortet, ob das Verhalten eines Provokateurs, der die Vollendung der Haupttat will, objektiv und subjektiv tatbestandsmäßig i. S. des § 26 StGB ist, obwohl er die Verletzung des zu schützenden Rechtsguts oder die Verwirklichung der etwaigen Absichten nicht wünscht oder sogar verhindern will. Dabei wurde gezeigt, daß das Diebstahlsbeispiel nicht geeignet für die Erörterung dieser Problematik ist. Denn Diebstahl ist ein Verletzungsdelikt, bei dem also Vollendung und Rechtsgutsverletzung zusammenfallen (Zueignung durch Wegnahme). Der Provokateur eines Diebstahls ist also als Anstifter zu bestrafen. Sein Vor615 616 617

Siehe o. S. 64 ff. Siehe o. S. 66 f. Siehe o. S. 67.

II. Die Anstiftung und der „agent provocateur“

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satz, die vom Täter weggenommene Sache dem Eigentümer zurückzugeben, richtet sich nicht darauf, den Schaden zu verhindern, sondern den entstandenen Schaden wiedergutzumachen618. Bei Delikten mit inkongruenter Tatbestandsstruktur, bei denen die Vollendung nicht mit der Rechtsgutsverletzung zusammenfällt, stellt der Gesetzgeber nicht die Verletzung des jeweiligen Rechtsguts, sondern die Tendenz zu einer solchen Verletzung unter Strafe. Dieses Verletzungsrisiko beruht auf dem Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Täters, denn ohne den entsprechenden Vorsatz liegt keine Rechtsgutsgefährdung und folglich kein strafwürdiges Verhalten vor. Dem Verhalten des Provokateurs fehlt jedoch die Komponente, die seiner Handlung den Charakter einer Rechtsgutsbeeinträchtigung verleihen würde, nämlich der Rechtsgutsverletzungsvorsatz619. Die Begründung für die Straflosigkeit des Provokateurs, der die Tatvollendung, nicht jedoch die Rechtsgutsverletzung will, folgt der gleichen Prämisse, die bei der Erörterung der Problematik des klassischen „agent provocateur“ herausgearbeitet wurde: Der Vorsatz des Anstifters ist stets Rechtsgutsverletzungsvorsatz. Fehlt er beim Veranlasser, kann er nicht wegen Anstiftung bestraft werden, denn seiner Handlung fehlt die Qualität eines Rechtsgutsangriffs. Wird der Anstifter deswegen bestraft, weil er das jeweilige Rechtsgut durch den Haupttäter angreift, dann ist die Straflosigkeit des Provokateurs in diesen Fällen auch unter dem Blickwinkel des Strafgrundes der Anstiftung geboten. Es gibt aber auch Delikte mit inkongruenter Tatbestandsstruktur, bei denen die Rechtsgutsverletzung mit der Tatvollendung zusammenfällt. Die überschießende Innentendenz bezieht sich lediglich auf die Verwirklichung der rechtsgutsneutralen Absicht (z. B. §§ 253, 263 StGB). Der Provokateur, der die Tatvollendung, nicht jedoch die Absichtsverwirklichung will, nimmt auch notwendigerweise die Verletzung des geschützten Rechtsguts in Kauf, die von der objektiven tatbestandsverwirklichenden Täterhandlung bereits verursacht worden ist. Der Vollendungsvorsatz des Provokateurs ist in solchen Fällen zugleich Rechtsgutsverletzungsvorsatz620. Nach der hier vertretenen Lösung, die auf das Fehlen des Rechtsgutsverletzungsvorsatzes beim Provokateur abstellt, müßte der Provokateur strafbar sein. Das wäre auch mit dem Strafgrund der Anstiftung vereinbar, denn der Provokateur hat in solchen Fällen eine Rechtsgutsverletzung (mit)verursacht. Das würde aber heißen, das die Täterabsicht, die der Provokateur selbst nicht aufweist, dem Veranlasser akzessorisch zugerechnet werden müßte. Es wurde allerdings gezeigt, daß das Fehlen höchstpersönlicher Merkmale in der Person des Teilnehmers, wie z. B. einer Bereicherungsabsicht, eine Divergenz zur Täterschaft aufweist, die eine nicht akzessorische Behandlung solcher Merkmale rechtfertigt. Die höchstpersönliche Natur solcher Merkmale verbietet ihre akzessorische Behandlung, insbesondere wenn sie strafbegründende Funktion haben. Der „agent provocateur“ ist also auch 618 619 620

Siehe o. S. 82 ff. (88 f.). Siehe o. S. 92 ff. Siehe o. S. 98 f.

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D. Zusammenfassung der Ergebnisse

bei solche Fällen nicht als Anstifter zu bestrafen, obwohl er eine Rechtsgutsverletzung vorsätzlich (mit)verursacht hat. Die Unvereinbarkeit dieses Ergebnisses mit der vertretenen Rechtsgutslösung und mit dem Strafgrund der Anstiftung, der hier eine Strafbarkeit des Provokateurs fordert, deutet jedoch nicht eine Insuffizienz der hier vertretenen Konzeptionen an. Diese Inkompatibilität ergibt sich, wie gezeigt, lediglich aus dem Fehlgriff des Gesetzgebers, nicht rechtsgutsbezogenen und damit unrechtneutralen höchstpersönlichen Merkmalen eine strafbegründende Funktion zu verleihen621. Die Untersuchung hat weiterhin ergeben, daß der Provokateur, der einen anderen zur Begehung eines Gefährdungsdelikts bestimmt, ohne selbst die Verletzung (bei konkreten Gefährdungsdelikten) oder nicht einmal die Gefährdung (bei den abstrakten Gefährdungsdelikten) des geschützten Rechtsguts in seinem Vorsatz einbezogen zu haben, im Grunde als Anstifter zu bestrafen ist. Der fehlende Rechtsgutsverletzungsvorsatz des Provokateurs kann dessen Straflosigkeit nicht begründen622. Denn ein solcher Vorsatz ist auch für die Strafbarkeit des Täters nicht erforderlich. Die Gefährdungsdelikte weisen keine überschießende Innentendenz auf. Die Strafbarkeit ist bei ihnen nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv vorverlagert, so daß die Tatsache, daß der Provokateur nicht die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts will, ihm nicht zugute kommen kann. Der Strafgrund der Anstiftung kann allerdings dieses Ergebnis nicht verifizieren. Denn der Anstifter hat in solchen Fällen keine Rechtsgutsverletzung – bei abstrakten Gefährdungsdelikten nicht einmal eine Gefährdung – (mit)verursacht und auch keinen darauf gerichteten Vorsatz gehabt. Das belegt jedoch weder die Fehlerhaftigkeit des Strafgrundes noch die dieses Ergebnisses. Zu diesem Ergebnis führt nämlich die fragwürdige Struktur dieser Delikte, die die Strafbarkeit so weit vorverlegen. Die Strafbarkeit des Provokateurs ergibt sich also aus nicht teilnehmerspezifischen Gründen. Nur bei den Delikten, bei denen das Gesetz eine strafbefreiende tätige Reue zuläßt (§§ 264 Abs. 5, 265b Abs. 2, 298 Abs. 3 StGB), ist eine Straflosigkeit des Provokateurs anzunehmen, aber nur dann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, den in den Vorschriften über die tätige Reue näher umschriebenen Erfolg abzuwenden. In diesen Fällen handelt es sich um einen Strafaufhebungsgrund. III. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters Bei der Frage, wie sich die Objektsverwechslung des Täters auf die strafrechtliche Behandlung des Anstifters auswirkt, hat die Untersuchung folgendes ergeben: Die Institutionen des „error in persona“ und der „aberratio ictus“ sind für diejenigen Fälle entwickelt worden, in denen der Angreifer das Opfer unmittelbar identifiziert623. Unmittelbare und steuerbare Einwirkungsmöglichkeiten fehlen in den 621 622 623

Siehe o. S. 100 ff. Siehe o. S. 103 ff. Siehe o. S. 175 ff.

III. Die Anstiftung und die Objektsverwechslung des Täters

185

Fällen, in denen das Opfer nur mittelbar, d. h. durch dessen Stellung im Kausalverlauf identifiziert wird. Der Anstifter nimmt selbst keinen unmittelbaren Angriff vor, der fehlgehen könnte. Durch die Form dieses mittelbaren Angriffs ist nämlich nicht festgelegt, wer das letztendliche Zielobjekt sein wird, denn der Anstifter richtet seine Angriffshandlung nicht unmittelbar gegen ein bestimmtes Objekt. Die Identitätsvorstellung des Anstifters gewinnt hierbei nicht schon deswegen an Bedeutung, weil der Angriffsinitiator nicht selbst handelt. Es ist vielmehr diese in bezug auf das zu verletzende Objekt fehlende direkte Angriffshandlung des Anstifters, welche die Annahme einer „aberratio ictus“ verbietet. Die Identitätsvorstellung bleibt ein unerhebliches Motiv und kann den Mangel an einem bestimmten, unmittelbar identifizierten Zielobjekt, das der Angriffshandlung ihre Richtung gibt, nicht ersetzen. Die Unbeachtlichkeit des Täterirrtums für den Anstifter resultiert nicht aus einem „error in persona“ des Anstifters. Dazu hatte der Anstifter in einem solchen Fall überhaupt nicht die Gelegenheit, weil er das Angriffsobjekt nicht selbst identifiziert hat624. Genau deswegen scheidet aber auch eine „aberratio ictus“ des Anstifters aus. Es fehlt an einer Divergenz zwischen seiner Identifizierung des Angriffsobjekts und seinem unmittelbaren Handlungserfolg625. Das Opfer erfüllt insofern diejenigen Bedingungen, von denen der Anstifter den Angriff abhängig macht, als der Täter das bestimmte Opfer in Ausführung seiner vom Anstifter gestellten Aufgabe trifft. Bei der Weise, in der der Anstifter das Angriffsobjekt identifiziert und angreift, hat er nicht die Möglichkeit, bestimmte Objekte als richtungsweisende Zielobjekte zu erfassen, auf deren und nur deren Beeinträchtigung sein Vorsatz gerichtet wird. Eine Abirrung des (mittelbaren) Angriffs des Anstifters im Falle einer Objektsverwechslung des Täters kann also nicht angenommen werden. Die Tätertat ist dem Anstifter zuzurechnen. Für dieses Ergebnis spricht auch der Strafgrund der Anstiftung. Der Anstifter hat durch das Hervorrufen des Tatentschlusses in dem Täter ein Rechtsgut mittelbar angegriffen und verletzt. Zwar kann der Strafgrund der Anstiftung allein nicht zu diesem Ergebnis führen, denn dann würde es sich um eine petitio prinzipii handeln. Es zeigt sich aber, daß der entwickelte Strafgrund der Anstiftung diesem Ergebnis nicht widerspricht.

624 625

Siehe o. S. 164 ff., 178. Siehe o. S. 165 ff., 178.

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Sachwortverzeichnis Absichtsdelikte 74, 97, 98 Akzessorietätsprinzip 15, 46, 53, 55, 100, 180 Bestimmen des Täters 15, 34, 49, 50, 58, 60, 80, 124, 147, 153, 154 Betrug 74, 98, 99, 101, 102 – Bereicherungsabsicht 98, 103, 183 Bombenlegerfall 167, 169, 171, 172, 174 Dauerdelikte 73 Diebstahl 73, 74, 82, 83, 86, 89, 101, 155, 182 Eindruckstheorie 35, 160 Enzianflaschenfall 162, 163, 172 Erfolgsintention 50, 70, 145, 182 Erfolgsunrecht 30, 31, 33, 37, 40, 45, 49, 70, 91, 133 Extraneus 27, 37, 39, 52 Exzeß 113, 116, 125, 140, 146, 148, 150, 152, 153, 158, 178 – qualitativer 150, 153 – quantitativer 150, 153 Fangbrief-Fall 175 Fehlkonkretisierung des Opfers 118, 121, 125, 128 Garantiefunktion des Tatbestandes 78, 90, 91 – abstrakte 29, 35, 74, 104, 106, 110 – absolute Ungefährlichkeit 108, 109 – generelle Gefährlichkeit 103, 105, 106, 108, 109 – konkrete 66, 74, 106, 109, 184 Geldfälschung 74, 89, 92 Gemetzelargument 139, 144, 146, 148

Handlungseinheit – natürliche 73, 144 – tatbestandliche 72, 73 Handlungsunrecht 30, 31, 33, 37, 40, 45, 49, 50, 70, 133 Hoferbenfall 113, 114, 126, 128, 129, 133, 136 Inkongruente Tatbestandsstruktur 63, 97, 105, 111 Iterative Deliktsstruktur 72, 73, 77 Iterative Handlungsstruktur 73, 77 Korruption des Täters 19, 24, 62 Präsumtionstheorie 109 Rechtliche Bewertungseinheit 73 Rechtsfrieden 34, 70, 160 Risikoschaffung 129, 130 Rose-Rosahl-Fall 113, 126, 134, 159 Rücktrittsprivileg 91, 92, 110 Sinnliche Wahrnehmung des Angriffsobjekts 162, 164, 166, 173, 176, 178 Soziale Desintegration 26, 29 Tatbestandslose Tatbestandsmäßigkeit 66 Tätige Reue 109, 112, 184 Telefonfall 176 Überschießende Innentendenz 74, 82, 86, 88, 89, 94, 96, 99, 103, 105, 111, 112, 183, 184 Untauglicher Versuch 62, 160 Unternehmensdelikte 74, 96 Versuchsbeginn bei der mittelbaren Täterschaft 168, 171 Verwechslungsrisiko 124, 127

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Sachwortverzeichnis

Vorbereitungsdelikte 96 Vorhersehbarkeitskriterium 116, 117 Vorkehrungen des Provokateurs 93, 95, 106 Vorsatzwechsel des Angestifteten 155, 157 Vorverletzungstatbestände 96, 98, 105

Zueignung 82, 88, 182 – Aneignung 84, 86 – durch Wegnahme 86, 87, 182 – Enteignung 84, 87