Griechische Profanhistoriker des funften nachchristlichen Jahrhunderts 9783515106412, 3515106413

Das f�nfte Jahrhundert nach Christus ist eine Epoche beschleunigten Wandels in der Mittelmeerwelt. Dies gilt sowohl f�r

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INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
EINLEITUNG
ΕΥΝΑΠΙΟΥ ΙΣΤΟΡΙΑ
„… UND DIE PRONOIA HAT DIE MENSCHHEIT NOCH NICHT VERLASSEN“. DIE KONSTRUKTION DER GEISTESGESCHICHTE ALS PAGANE GEGENWELT IN EUNAPS PHILOSOPHENVITEN
DAS GESCHICHTSWERK DES OLYMPIODOR VON THEBEN
PRISKOS UND DER FELDZUG DES BASILISKOS GEGEN GEISERICH (468)
MALCHOS VON PHILADELPHEIA, DIE VANDALEN UND DAS ENDE DES KAISERTUMS IM WESTEN
ZUR HISTORIOGRAPHISCHEN KONZEPTION DES ISAURERS CANDIDUS
CANDIDUS: UM DIE GESCHICHTE DER ISAURIER
HYDATIUS VON AQUAE FL AVIAE UND DIE EINHEIT DES RÖMISCHEN REICHES IM 5. JA HRHUNDER T
DU BON USAGE DE L’HISTOIRE. REMARQUES SUR LES ENJEUX IDENTITAIRES VEHICULES PAR LES HISTOIRES ECCLESIASTIQUES INCOMPLETEMENT CONSERVEES (MILIEU VE – DÉBUT VIE S.)
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Griechische Profanhistoriker des funften nachchristlichen Jahrhunderts
 9783515106412, 3515106413

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Bruno Bleckmann / Timo Stickler (Hg.)

Griechische Profanhistoriker des ­fünften nachchristlichen Jahrhunderts

Alte Geschichte Franz Steiner Verlag

Historia – Einzelschriften 228

Bruno Bleckmann / Timo Stickler (Hg.) Griechische Profanhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts

historia

Zeitschrift für Alte Geschichte | Revue d’histoire ancienne |

Journal of Ancient History | Rivista di storia antica

einzelschriften

Herausgegeben von Kai Brodersen, Erfurt |

Mortimer Chambers, Los Angeles | Martin Jehne, Dresden | Mischa Meier, Tübingen | Walter Scheidel, Stanford

Band 228

Bruno Bleckmann / Timo Stickler (Hg.)

Griechische Profanhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts

Franz Steiner Verlag

Umschlagabbildung: Elfenbeindiptychon, Constantius III. (gest. 421 n.Chr.) zugeschrieben. Halberstadt, Domschatz. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2014 Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-10641-2

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort .........................................................................................................

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Bruno Bleckmann Einleitung ......................................................................................................

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Antonio Baldini / François Paschoud ΕΥΝΑΠΙΟΥ ΙΣΤΟΡΙΑ .................................................................................. 19 Udo Hartmann „…und die Pronoia hat die Menschheit noch nicht verlassen“. Die Konstruktion der Geistesgeschichte als pagane Gegenwelt in Eunaps Philosophenviten ........................................................................... 51 Timo Stickler Das Geschichtswerk des Olympiodor von Theben ........................................ 85 Dariusz Brodka Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468) ..................... 103 Hans Ulrich Wiemer Malchos von Philadelpheia, die Vandalen und das Ende des Kaisertums im Westen ............................................................................. 121 Hartwin Brandt Zur historiographischen Konzeption des Isaurers Candidus .......................... 161 Mischa Meier Candidus: Um die Geschichte der Isaurier ..................................................... 171 Henning Börm Hydatius von Aquae Flaviae und die Einheit des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert ............................................................................................ 195 Philippe Blaudeau Du bon usage de l’histoire. Remarques sur les enjeux identitaires véhiculés par les histoires ecclésiastiques incomplètement conservées (milieu Ve – début VIe s.) ............................................................. 215

VORWORT Im September 2010 fand im Schloss Mickeln, dem Gästehaus der Heinrich-HeineUniversität, eine Tagung zu den fragmentarischen Historikern des fünften nachchristlichen Jahrhunderts statt. Dem Wunsch vieler Beteiligter folgend, haben sich die Herausgeber dazu entschlossen, die überarbeiteten und teilweise wesentlich erweiterten Vorträge zu publizieren. Davon sind einige damals gehaltene Beiträge ausgenommen, die entweder von Anfang an nicht für die Publikation vorgesehen waren oder an anderer Stelle erscheinen sollen. Im Gegenzug hat aber Mischa Meier, der nicht an der Düsseldorfer Tagung hatte teilnehmen können, einen substantiellen Beitrag zu Kandidos beigesteuert. Die beiden Herausgeber schulden allen, die am Kolloquium und an diesem Band mitgewirkt haben, großen Dank. Die studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte an den althistorischen Lehrstühlen in Düsseldorf und Jena haben für die Formatierung der Beiträge Sorge getragen. Der Gerda-Henkel-Stiftung danken wir für die großzügige Förderung der Tagung. Düsseldorf und Jena, Mai 2013

Bruno Bleckmann

Timo Stickler

EINLEITUNG Bruno Bleckmann Das fünfte Jahrhundert nimmt in der Spätantike als das Jahrhundert des raschen Wandels einen zentralen Platz ein. Um die Bedeutung dieses Jahrhunderts zu erfassen, genügt ein Blick in den historischen Atlas. Während um 400 das Römische Reich im Großen und Ganzen als Einheit existiert, ist um 500 an die Stelle des Weströmischen Reiches ein multipolares System römisch-barbarischer Nachfolgeherrschaften getreten. Neben diesen Veränderungen in der politischen Organisation gibt es vielfachen Wandel im religions- und kirchengeschichtlichen Bereich, von der definitiven Verdrängung der traditionellen Religion bis hin zu neuen Kirchenbildungen nach der Synode von Chalkedon. Trotz einer im allgemeinen durchaus reichhaltigen Quellenlage im Bereich des Rechts oder der Kirchenpolitik ist doch das Bild des Wandels selbst weitgehend von den Informationen abhängig, die einer insgesamt sparsamen und fragmentarischen historio-graphischen Überlieferung entnommen werden müssen. Den anspruchsvollsten Zweig dieser Überlieferung stellen dabei die profangeschichtlichen griechischen Historiker dar, die die detailliertesten ereignisgeschichtlichen Darstellungen bieten. Aus der ursprünglich sehr reichen historiographischen Produktion des fünften Jahrhunderts sind durch die Vermittlung der byzantinischen Tradition – in der Hauptsache durch Photios und durch die konstantinischen Exzerpte – umfangreichere Fragmente allein von fünf Historikern gerettet worden, nämlich von Eunapios, Olympiodoros, Priskos, Malchos und Kandidos.1 Roger C. Blockley hat diese Autoren als „Classicizing Historians“ bezeichnet. Der fragmentarische Zustand, in dem diese Autoren erhalten sind, macht es allerdings sehr schwer festzustellen, in welcher Form diese Autoren „klassisch“ sind, welches historiographische Bildungserbe bei diesen Autoren wirksam blieb und in welcher Form überhaupt die Normen der Tradition galten. Photios hat beispielsweise dem Olympiodor gerade nicht den Rang eines Historikers zugebilligt, sondern sein Werk für eine den Stilgesetzen der großen Historio-

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Daneben wären etwa die unabhängigen Traditionen bei Johannes Antiochenus zu erwähnen. Dabei dürfen allerdings nicht konstantinischer und salmasischer Johannes miteinander vermengt werden. Der salmasische Johannes enthält eine andere Tradition als der konstantinische, wie etwa in den inhaltlich deutlich divergierenden Berichten zur Ermordung des Valentinian III. deutlich wird. Die Isaurika enthielten sicher nicht nur lokalgeschichtliches Material. Einige der Autoren sind nach Blockley erneut herausgegeben worden, vgl. zu Priskos Carolla 2008, zu Malchos Cresci 1982.

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graphie nicht entsprechende Materialsammlung gehalten.2 Auch das Geschichtswerk des Kandidos, das in großem Umfang kirchengeschichtlichen Stoff und andere nicht zur klassischen militärisch-politischen Geschichte gehörige Sujets berücksichtigt hat, kann nur sehr eingeschränkt als „classicizing“ betrachtet werden.3 Wenn bei den vorgestellten Autoren traditionelle Modelle historiographischen Schreibens übernommen worden sind, so kann es hierfür neben der Fortführung einer nicht weiter reflektierten Praxis weitere Motive geben, nämlich entweder einen bewußten Akt der Opposition zu einer der Bildungstradition nur noch teilweise verpflichteten christlichen Umwelt oder umgekehrt – wie bei Malchos – den Versuch, als Christ die klassische historische Bildungstradition in Anspruch zu nehmen.4 Zu überlegen ist auch, inwiefern das Erbe der klassischen Historiographie mit ihrer Gepflogenheit der Erfassung militärischer und politischer Vorgänge bei der Wahrnehmung der Gegenwart erkenntnisfördernde Kriterien angeboten oder umgekehrt die Wahrnehmung der Gegenwart getrübt und durch Topoi eine zutreffende Beschreibung der großen Probleme dieser Zeit verhindert hat. Solche Fragen können nur durch detaillierte Einzeluntersuchungen der einzelnen Autoren bzw. der einzelnen Fragmente dieser Autoren gelöst werden. Die Betrachtung und Analyse dieser Autoren voranzutreiben, war das Ziel der Düsseldorfer Tagung. Zugleich ging es um die Vorbereitung eines damals von Markus Stein und mir beantragten, in der Zwischenzeit von der Union der Akademien bewilligten Projekts einer Sammlung der „Kleinen und Fragmentarischen Historiker der Spätantike“, in der Autoren vom vierten bis zum siebten Jahrhundert ediert, übersetzt und kommentiert werden sollen. In diesem Projekt werden die Autoren in thematischen Gruppen behandelt, also ähnlich den von Jacoby verfolgten Gliederungsprinzipien, wobei diese thematische Gruppen, dem Zeitgeist und Richtlinien für die Antragstellung folgend, als „Module“ bezeichnet werden. Eines dieser Module besteht eben aus den griechischen, der langen Tradition der Historiographie verpflichteten profangeschichtlichen Autoren des fünften Jahrhunderts. Es schien sinnvoll – drei Jahrzehnte nach Blockley5 – gerade für diese Historikergruppe Experten zusammenzuführen, um durch die Diskussion das Bewußtsein für (auch die übrigen fragmentarischen Autoren dieser Sammlung betreffende) methodische Probleme der Fragmentenedition zu schärfen. Zu diesen in immer neuen Varianten zu diskutierenden Problemen gehören drei Fragenkomplexe: Zunächst sind Fragmente nie reine Splitter und Reste, bloße Spiegel der verlorenen Werke. Vielmehr sind bei der Wiedergabe der Fragmente

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Phot. bibl. cod. 80 (I 167 Henry) = Olympiodoros fr. 1, 1 Müller = Olympiodoros Testimonium Blockley. Siehe den Beitrag von Stickler. Siehe die Beiträge von Brandt und Meier. Vgl. zur Verbindung von historiographischer Perfektion und christlichem Bekenntnis jedenfalls das Urteil bei Phot. bibl. cod. 78 (I 161 Henry). Siehe den Beitrag von Wiemer. Vgl. aber auch die erneute Zuwendung zu diesen Historikern durch Blockley 2003.

Einleitung

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Verzerrungen durch die zitierenden Quellen in Rechnung zu stellen. So bietet Photios keine einfache Inhaltsangabe und zitiert auch nur in Ausnahmefällen wörtlich. Vielmehr verfasst er eine Art früher Literaturkritik, die persönlichen und nicht immer durchschaubaren Maßstäben folgt.6 In anderer Weise sind bei den konstantinischen Exzerpten zumindest für die einleitenden Partien Verzerrungen durch die Kürzungstechniken der konstantinischen Exzerpte in Rechnung zu stellen. Generell muss für jedes Fragment der Kontext, in dem es überliefert ist, ermittelt und müssen die Gründe, aus denen es überliefert ist, rekonstruiert werden. Ferner stellt sich die Frage, wie beim Zuschnitt und der Auswahl von Fragmenten zu verfahren ist: Die puristische Lösung, die man bei der Sammlung der Fragmente von Gedichten oder Dramen ohne weiteres wählen kann, besteht darin, nur direkte, mit einem Autorennamen versehene Zitate zu verwenden, alle übrigen Anspielungen allenfalls als Testimonien gelten zu lassen. Nun ist aber etwa evident, dass in vielen Fällen spätere Epitomatoren einer Hauptquelle folgen oder zu folgen scheinen, ohne dies immer deutlich zu machen (ein prominentes Beispiel wäre die Epitomierung des Ephoros oder des Hieronymos von Kardia durch Diodor). Diese Versionen bieten einen größeren Zusammenhang und erlauben dann oft erst eine annähernde Einordnung bisweilen kontextlos überlieferter „direkter“ Fragmente. Ob man in der Fragmentsammlung dann die Gesamtheit späterer Bearbeitungen übernimmt oder nicht, grenzt bisweilen an Willkür. Denn es gibt zahlreiche Nuancen und eine Unschärfe lässt sich von Natur aus nicht vermeiden. Für die Historiker des fünften Jahrhunderts stellt sich die Frage vor allem für EunapiosZosimos, ferner für die Fragmente, die nicht aus Photios oder der konstantinischen Exzerptensammlung stammen, sondern beispielsweise aus der kompilierenden Chronik des Johannes Antiochenus. Eine weitere zu behandelnde Frage ist schließlich diejenige, ob man sich bei der Beschreibung, Bestimmung oder Isolierung mutmaßlicher Fragmente von einem Gesamtbild des verlorenen Historikers und seiner mutmaßlichen Tendenz leiten lassen darf, die ja ihrerseits wiederum aus der Diskussion von Fragmenten gewonnen worden sind. Als heuristisches Prinzip ist das Verfahren wertvoll, auch wenn man auf der anderen Seite vor den Gefahren des Zirkelschlusses auf der Hut sein muss. Die bisweilen aus einer heterogenen Fülle von Fragmenttraditionen, meist aber durch wenige Textzeugen (Photios und/oder die konstantinischen Exzerpte) bekannten Autoren bieten, nicht nur, was die Überlieferungswege, sondern auch den zufällig erhaltenen Umfang der Fragmente insgesamt und die Länge der Fragmente im einzelnen betrifft, zu unterschiedliche Voraussetzungen, um diese Fragen in irgendeiner Form systematisch entscheiden zu können. Die Beantwortung kann nur aus der konkreten Arbeit an den Einzelautoren erfolgen, die in diesem Sammelband bald in ihrer Gesamtheit (Eunapios, Olympiodoros, Kandidos),

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Schamp 1987.

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Bruno Bleckmann

bald unter besonderer Berücksichtigung einzelner Fragmente oder Fragmentgruppen untersucht werden. Die Reihe der im einzelnen untersuchten Autoren wird mit Eunapios von Sardeis eröffnet. Da zumindest die zweite Auflage seines Geschichtswerks frühestens mit dem Jahre 404 endete, gehört er in den Horizont des Kolloquiums, obgleich der Schwerpunkt seiner Darstellung auf dem im Rückblick betrachteten vierten Jahrhundert liegt. Die Rekonstruktion der Historien des Eunapios muss von drei Ansätzen ausgehen, der Analyse der direkt Eunapios zuzuweisenden Fragmente, der Verwertung der Beschreibungen des Photios (etwa über die beiden Auflagen des Eunapios oder die Benutzung des Eunapios durch Zosimos) und der Lektüre der von Zosimos gebotenen Eunapios-Epitome. Die Benutzung des Eunapios durch Zosimos ist zwar unbestreitbar, über den Umfang, in dem dies geschehen ist, gibt es jedoch verschiedene Ansichten. F. Paschoud und A. Baldini, die die Gemeinsamkeiten und Gegensätze in ihrer bereits durch eine große Zahl von Publikationen untermauerten Gesamtdeutung der Historien des Eunapios vorstellen, beziehen hier klar Position. Sie gehen davon aus, dass der von Zosimos gebotene eigene Anteil sich im wesentlichen auf stilistisch-gestalterische Mittel beschränkt, dass Zosimos einen (lückenhaften und oft missverständlichen) Auszug aus Eunapios bietet und dass die Verwertung dieses Auszugs für die Rekonstruktion der vom verlorenen Autor gebotenen Gesamtinterpretation erlaubt ist. In der Tat gibt es für diese Annahme neben der Tatsache, dass Photios explizit ein solches Verhältnis zwischen Eunapios und Zosimos sieht, zahlreiche Anhaltspunkte im Zosimos-Text selbst,7 abgesehen von der Tatsache, dass ein solches Verhältnis zwischen historiographischen Großwerken und Epitomai einer gewissen Regelhaftigkeit im antiken Literaturbetrieb entspricht.8

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Vgl. dazu (in der zweiten Auflage seiner Zosimos-Ausgabe) Paschoud 2000, XXXVI–LXXI. Gegenüber der ersten Auflage hat Paschoud vor allem seine Beurteilung zur Quelle zum ersten Buch (Zos. 1, 1–45) geändert, für das er Benutzung von Eunapios annimmt. Für die Partien 1, 47–5, 25 ist Eunapius als Quelle anzunehmen, für 5, 26 bis zum Ende Olympiodor. Skepsis bei Szidat 2012, 369, Anm. 6: „Generell ist es wohl unmöglich, die Form und den Grad der Abhängigkeit der Historia nova lediglich mit Hilfe der wenigen Fragmente, die von Eunaps Geschichtswerk noch erhalten sind, und der Aussagen, die Photius zu Zosimus’ Vorgehen macht, genauer zu bestimmen. So bleibt nur der Rückschluß von Zosimus auf Eunap und dann wieder zurück zu Zosimus, der immer die Gefahr eines Zirkelschlusses enthält.“ Eine Bestandsaufnahme der Parallelen zwischen Zosimos und den Fragmenten des Eunapios für das dritte und vierte Buch bei Paschoud 2006. Aus der abschließenden Tabelle ergeben sich (in Fett gedruckt) immerhin zweinundzwanzig Fälle eines „équivalent clair“ für EunapiosPassagen bei Zosimos. Das ist angesichts der Überlieferungslage für die Eunapios-Fragmente, nämlich vor allem aus dem Kontext gelöste und auf ein Zitat zugespitzte Fragmente in der Sammlung „De sententiis“, durchaus beachtlich. Probleme bestehen bei diesen Rückschlüssen allerdings darin, dass Zosimos Dinge überspringt und missversteht. Weitreichende Schlussfolgerungen über die Quellen des Zosimos gewinnt Szidat jetzt daraus, dass der Bericht des Zosimos zur persönlich von Arbogast durchgeführten Ermordung Valentinians II. (4, 54) eine Rückprojektion der Erzählung zur Tötung Valentinians III. (Johannes Antiochenus fr. 293

Einleitung

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Paschoud und Baldini sind sich weiter auch darin einig, dass Eunapios wiederum – bei aller Prägung durch pagane Milieus des Ostens – in den Grundzügen seiner Geschichtsinterpretation einen westlich-senatorischen Standpunkt widerspiegelt.9 Paschoud hat – auch hier besteht Einigkeit – die These von Baldini akzeptiert, dass Zosimos für die erste Hälfte des ersten Buches Eunapios und nicht etwa Dexippos benutzt hat, wobei dann anzunehmen ist, dass diese ersten Kapitel aus der ersten Auflage des Eunapios stammen, die noch nicht als Fortsetzung des Dexippos konzipiert gewesen sein kann. Verschiedene Ansichten existieren dagegen vor allem für die Beschreibung der ersten und der zweiten Auflage des Eunapios, insbesondere zum Werkende und damit zusammenhängend zu den historiographischen Konzeptionen dieses Autors. Während Baldini die erste Auflage nur bis zur Zäsur von Adrianopel und dem Tod Gratians reichen läßt, umfasst bei Paschoud die erste Auflage noch die Regierung Theodosius’ des Großen. Ähnliches gilt für die von beiden auf Eunapios zurückgeführte „polybianische“ historiographische Grundkonzeption, derzufolge das Römische Reich in nicht ganz 53 Jahren zerfallen ist. Bei Paschoud handelt es sich um den Zeitraum von 363 bis 410, bei Baldini von 326 bis 378. Während bei dem einen die Schlacht von Adrianopel eine tiefe Zäsur darstellt (Baldini), ist sie für den anderen wenig bedeutend (Paschoud). Eine besondere Bedeutung für die Frage nach der Geschichtskonzeption des Eunapios hat die Gegenüberstellung der Fragmente der Historien und der vollständig erhaltenen Philosophenviten des gleichen Autors. Dieser methodische Weg wird bei Baldini und Paschoud nicht vernachlässigt, insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Eunapios selbst in den Philosophenviten auf die Historien verweist, und zwar sowohl auf bereits verfasste Partien, als auch programmatisch auf zukünftig noch zu entwickelnde Äußerungen. Evident ist auch,

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Roberto) sein soll und damit seiner Ansicht nach der Bericht des Zosimos nicht auf Eunapios zurückgehen kann. Gemeinsam sind den Erzählungen des Zosimos und des Johannes Antiochenus nämlich drei Elemente, wie Szidat (2012, 375) ausführt: „Der ahnungslose Kaiser wird bei militärischen Übungen vor der Stadt überraschend angegriffen und getötet. Seine Mörder sind Barbaren. Die Anwesenden greifen nicht ein.“ Diese Gemeinsamkeiten sind die wichtigsten Belege für die weitreichende These, dass bei Zosimos eine Rückprojektion der Ereignisse von 455 vorliegen soll. Mit leichten Varianten findet man diese drei Elemente allerdings nun aber auch in der bald nach 430 verfassten Erzählung des Philostorgios (12, 1): Der Kaiser wird bei Spielen fern vom Palastzentrum angegriffen; seine Mörder sind Barbaren; die eigentlich zuständigen Leibwächter sind gerade beim Frühstücken. Diese Ähnlichkeiten zeigen auf jeden Fall, dass die Grundversion der Erzählung des Zosimos nicht aus einer bloßen Rückprojektion der Ereignisse von 455 hervorgegangen sein kann. Die Arbeit von Baldini und Paschoud enthält noch keine detaillierte Auseinandersetzung mit Cameron 2011. Cameron bestreitet entschieden, dass es so etwas wie eine (westliche) pagane Deutung der Geschichte des spätrömischen Reiches gegeben hat und hält sämtliche Ergebnisse der diesbezüglichen Forschung, von der Frage „westlicher“ Inspiration bis zur Annahme einer in der Epitome de Caesaribus, bei Zonaras (sogenannte „Leoquelle“) bis hin zu Ammianus greifbaren Grundtradition in ihrer Gesamtheit für absurd.

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Bruno Bleckmann

dass die Philosophenviten und die Historien in etwa das gleiche Bild von der schlechten, durch christliche Kaiser zu verantwortenden Gegenwart und das gleiche positive Bild des gegen den Trend kämpfenden Kaiser-Philosophen Julian und der heidnischen Philosophen Sopatros, Maximos und anderer geboten haben. Udo Hartmann geht aber weiter davon aus, dass die Historien auch, was die gesamte Deutung des Laufs der Geschichte betrifft, sich nicht vom relativ einfachen Ansatz der Philosophenviten unterschieden hätten. Dieser Ansatz läuft auf die Feststellung einer trotz der widrigen Realitäten der Völkerwanderungszeit durchaus optimistische Gesamtperspektive hinaus: Die pronoia der Götter zeigt sich, wie das Auftauchen der als heidnische Heroen verehrten Philosophen und die Bestrafung christlicher Philosophenverfolger belegt, auch in der Gegenwart als wirksam. Die mit den christlichen Kaisern angebrochene „Periode der schlechten Herrschaft und der Gottesferne“ bedeute angesichts der Einwirkung der Götter auf den geschichtlichen Prozess noch keineswegs einen „unabwendbaren Niedergang oder einen Untergang des Römischen Reichs.“ Für die weitere Arbeit am fragmentarisch erhaltenen Historiker Eunapios enthält Hartmanns Aufsatz eine Reihe von interessanten Impulsen. Er behandelt zum einen die Frage, inwiefern der Geist eines verlorenen Werks durch ein vollständig erhaltenes weiteres Werk des gleichen Autors rekonstruiert werden kann. Weiter behandelt er das bereits beschriebene Problem, inwiefern für die Rekonstruktion von Historikern Nachfolgewerke eingesetzt werden können, die in großem Umfang aus einem verlorenen Werk exzerpiert haben. Auf diese Frage gibt es bekanntlich eine große Bandbreite von Antworten, die bei Diodor-Ephoros anders ausfallen als bei Plutarch-Ktesias. Bei Eunapios ist es das bereits erläuterte Grundproblem, inwiefern Zosimos Eunapios widerspiegelt. Hartmann kehrt hier wieder zu der Auffassung zurück, dass die bei Zosimos entwickelten Geschichtskonzeptionen das Werk dieses späten Autors selbst sind. Eine weitere zu diskutierende Frage, die sich ähnlich etwa bei Philostorgios stellt, wäre die, inwiefern überhaupt Verlierer des historischen Prozesses zu einer kohärenten Geschichtskonzeption gelangen konnten. Denn einerseits bedeutete der Glaube an Gott oder Götter für einen solchen Verlierer, dass letztlich weiterhin von der Wirksamkeit des auf der Seite der eigenen Partei stehenden Göttlichen ausgegangen wurde, andererseits mussten die historischen der eigenen Tendenz zuwider laufenden Entwicklungen mit einer Wende zum Schlechteren und damit letztlich mit einem Untergangsszenario erklärt werden. Dieser nicht aufzuhebende Widerspruch schlug sich bei einem aus einer Minderheitenposition argumentierenden Geschichtswerk in einer inkohärenten Gesamtdeutung nieder. Bei Zosimos werden dementsprechend schlechte Kaiser wie Gratian zwar von der göttlichen Rache heimgesucht, wird aber durch den punktuellen Eingriff der göttlichen Macht die Gesamtentwicklung zum Schlechteren keineswegs unterbunden. Ähnliches lässt sich für Philostorgios und dessen Beschreibung des Endes schlechter, mit der Homousie sympathisierender Kaiser erkennen, wobei wegen des fragmentarischen Charakters seines Geschichtwerks eine eindeutige Aussage über Kohärenzen und Inkohärenzen seiner Geschichtskonzeption nicht möglich ist.

Einleitung

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Wichtigster Autor zur Ereignisgeschichte des ersten Jahrhundertviertels des fünften Jahrhunderts ist Olympiodoros, dessen Geschichtswerk durch die mit literaturkritischen Bemerkungen versehene Notiz des Photios (bibl. cod. 80) und die Übernahmen bei Zosimos und bei Sozomenos bekannt ist. Zosimos und Sozomenos haben ihre Vorlage den jeweiligen Bedürfnissen ihrer Geschichtswerke angepasst, aber auch Photios bietet keinen bloßen Spiegel, kein Exzerpt oder keine Inhaltsangabe des Olympiodoros, sondern folgt eigenwilligen Auswahlprinzipien, die im Beitrag von Timo Stickler besprochen werden. Zu diesen Prinzipien gehört etwa die Privilegierung des Exotischen und überhaupt die Tatsache, dass keine gleichmäßige Behandlung der ereignisgeschichtlichen Zusammenhänge, sondern in bunter Folge gewissermaßen lesenswerte, aus dem Kontext gerissene Lesefrüchte angeboten werden, wobei bald der Wortlaut des Olympiodoros erhalten, bald aber insbesondere in den Ein- und Überleitungen eigene Formulierungen des Photios begegnen. Ein besonderes Augenmerk richtet Stickler auf die bereits oben erwähnte Tatsache, dass Photios das Geschichtswerk des Olympiodoros nicht für hohe Historiographie, sondern eher für Rohmaterial für eine historiographische Darstellung hielt, und dies, obgleich in den erhaltenen Resten des Olympiodoros durchaus das für das Hochgenre Übliche begegnet, etwa was das Proömium oder die von Photios selbst hervorgehobene Aufteilung in Bücher betrifft. Sicher ist, dass das Geschichtswerk des Olympiodoros auf jeden Fall als reguläre Geschichte, nämlich als „Historien“, konzipiert war. Bei der Beurteilung und Abwertung der Geschichte des Olympiodoros als unfertige Materialsammlung, deren Titel „hyle historias“ von Photios dann wörtlich genommen wird, sind weniger antike, als für die byzantinische Epoche gültige Maßstäbe angelegt wurden, wie auch gewisse Ähnlichkeiten mit den in der „hyle historias“ des Nikephoros Bryennios verfolgten historiographischen Konzeptionen beweisen. Trotz einer keineswegs geringfügigen Basis überlieferten Textmaterials zu Olympiodoros ist Stickler recht skeptisch, was die Rekonstruktion der ursprünglichen Gesamtdimensionen und Gesamtproportionen betrifft. Bei dieser Rekonstruktion darf jedenfalls nicht ohne weiteres von der Bildung vermeintlicher Schwerpunkte ausgegangen werden, die der Rest des zufällig Überlieferten zu suggieren scheint. Es ist daher wohl kaum möglich, in Olympiodoros einen sich ausschließlich auf die Geschichte des Westens konzentrierenden Historiker zu erkennen. In ähnlicher Weise muss sich auch beim Nachfolger des Olympiodoros, bei Priskos, die Rekonstruktion des Werkganzen von dem durch die Überlieferung gegebenen ersten Eindruck lösen. Aufgrund ihrer prominenten Rolle in den Excerpta de legationibus sind aus dem Geschichtswerk des Priskos vor allem die Passagen über die Hunnen erhalten geblieben, die nachdrücklich unser Bild von Attila und Ostrom prägen. Dieser Eindruck ist aber einseitig und die wirklichen Dimensionen des Geschichtswerks, der „Römischen Geschichte“ des Priskos, die die Gesamtheit des Reiches und durchaus auch innenpolitisch-religiöse Entwick-

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Bruno Bleckmann

lungen im Blick hatte, erschließen sich, wenn man insbesondere die Fragmente, die außerhalb der Gesandtschaftsexzerpte erhalten geblieben sind, beachtet, etwa seine Erzählung über die Unruhen in Alexandreia nach der Absetzung des Dioskoros.10 Dariusz Brodka beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem Bericht des Priskos über die gescheiterte Expedition des Basiliskos gegen den Vandalenherrscher Geiserich, den Theophanes aus Priskos gewonnen hat. Brodka zeigt, dass bei der Isolierung der Priskosanleihen bei Theophanes über Müller und Blockley hinausgegriffen werden muss. Auch die Bemerkungen über die Ambitionen des Aspar, der das Scheitern des Basiliskos mit inspiriert haben soll, gehören in einen erzählerischen Gesamtzusammenhang, in dem die verunglückte Riesenexpedition gegen Geiserich eng mit dem intriganten Geschehen am Kaiserhof von Konstantinopel in Verbindung steht. Brodka vergleicht dabei die Parallelen mit dem sehr viel ausführlicheren Bericht des Prokopios und den Andeutungen bei Theodoros Lektor. Er kommt zum Ergebnis, dass auch der Bericht des Prokopios letztlich aus Priskos stammen muss. Einen interessanten Zeugen für diesen in eigentümlicher Weise byzantinische Außenpolitik und Innenpolitik verbindenden Bericht bietet schließlich die Kirchengeschichte des Nikephoros Xanthopoulos, der aber partiell die Benutzung einer inhaltlich völlig abweichenden Tradition erkennen läßt, die wohl auf Kandidos zurückgeführt werden kann. In dieser zu rekonstruierenden Darstellung des Priskos, die das Scheitern der letzten großen Aktion der oströmischen Macht im Westen des römischen Reiches mit dem Versagen der herrschenden Elite, mit deren Korruption, mit Intrigen, Verrat und der Vernachlässigung des Gesamtwohls erklärt, sieht Brodka eher einen Beweis für die Leistungskraft der Analyse der profangeschichtlichen Tradition als personalistische Reduktion. Einen weiteren Aspekt der historiographischen Behandlung der römischvandalischen Beziehungen behandelt Hans-Ulrich Wiemer, der die hier einschlägigen Passagen bei Malchos von Philadelpheia analysiert. Malchos von Philadelpheia beschrieb in den sieben Büchern seines Geschichtswerks, die Photios einsehen konnte, die Jahre 473 bis 480 aus einer insgesamt gegenüber Zeno und den Isauriern feindlichen Perspektive. Wichtige Ereignisse, die für den Westen von schlechthin epochaler Bedeutung waren, beginnend mit dem von Nepos eingeräumten Verzicht auf den größten Teil Galliens, über den Nichtangriffspakt Ostroms mit dem Vandalenherrscher Geiserich und dem Ende des westlichen Kaisertums, hat der Historiker in einem gesonderten, dem Westreich gewidmeten Buch behandelt. Im Vordergrund steht im Beitrag von Wiemer die Einzelanalyse des Fragmentes über die Verhandlungen zwischen Geiserich und einer römischen Gesandtschaft, sowie des Fragmentes über die Gesandtschaft Hunerichs zu Kaiser Zenon. Die Frage, ob Malchos über „das geistige Rüstzeug verfügte, das es ihm erlaubt hätte,“ die Ereignisse „im Rahmen längerfristiger Prozesse zu deuten“, beantwortet Wiemer letztlich negativ, indem er auf die durch Parallelquellen (Vic-

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Prisk. fr. 22 Müller = 28 Blockley. Vgl. Evagr. HE 2, 5.

Einleitung

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tor von Vita) gegebenen Aufschlüsse zurückgreift. Malchos blendet absichtlich – was einer Verkennung der Realitäten der Zeit gleichkommt – wiederholt religionspolitische Aspekte der römisch-vandalischen Beziehungen aus, indem etwa diesbezügliche Vertragspunkte oder Forderungen – die Gegenforderung Hunerichs bezüglich der Arianer in Konstantinopel – ignoriert werden, und dies, obwohl Malchos über Details der Verhandlungen, wie die richtigen Angaben über die auch bei anderen Germanen belegbare Beuteteilung zeigen, durchaus informiert ist. Weitere historiographische Techniken – etwa die im übertriebenen Kontrast zwischen dem energischen Geiserich und dem verweichlichten Hunerich greifbare personalisierende Geschichtsdeutung – bewirken, dass Erkenntnisse über das wirkliche historische Geschehen durch seine Darstellung nicht sehr befördert werden. Neben Malchos hat ein weiterer, der klassischen Geschichtstradition verpflichteter Autor, nämlich Kandidos, die Epoche Zenons und die Phase der isaurischen Dominanz am byzantinischen Kaiserhof behandelt, aus einer dem Malchos entgegengesetzten Perspektive. Dabei ist im dritten Buch des Kandidos dort dann auch die an Windungen reiche und letztlich bis zur Usurpation des Leontios führende Rebellion des Illos behandelt und sind auch die Ereignisse bis zum Tode des Zenons berücksichtigt worden. Die Historien des Kandidos waren also als Reichsgeschichte mit einer besonderen Berücksichtigung des isaurischen Elements konzipiert. Sie sind darin anderen Isaurika vergleichbar, die nicht als bloße Lokalgeschichte missverstanden werden dürfen.11 Angesichts dieser belegbaren Vielfalt von Isaurika im ausgehenden fünften Jahrhunderts stellt sich die Frage, ob jenseits der Inhaltsangabe des Photios andere Reste der „isaurischen“ Geschichtsschreibung überhaupt Kandidos zugeschrieben werden können. Dies betrifft vor allem in der Suda und bei Johannes Antiochenus enthaltenen Passagen zu dieser Episode des „isaurischen Kaisers“ und der „isaurischen“ Dominanz. In seiner quellenkritischen Untersuchung kommt Hartwin Brandt zum Ergebnis, dass diese Stücke keineswegs zwingend dem Kandidos zuzuordnen seien. Vielmehr sprächen entschiedene Argumente gegen eine solche Zuweisung, zumindest sei eine ausschließliche Benutzung des Kandidos ausgeschlossen. Fraglich ist für Brandt weiter, ob bei dem geringen Umfang der gesicherten Reste des Kandidos umgekehrt überhaupt der „isaurische“, d. h. der zugunsten der Isaurier eingenommene Standpunkt des Kandidos gesichert sein kann, auch wenn dieser selbst auf seine isaurische Herkunft und seine Zeit im Dienst von Isauriern hingewiesen hat. Dem späteren Gegner des isaurischen Einflusses am Hofe Leons I., dem Alanen Aspar, wird von Kandidos immerhin explizit bescheinigt, im Zusammenhang mit einer Konstantinopel verheerenden Feuerbrunst für das „Gesamtwohl“ gehandelt zu haben. Der Isaurier Zenon werde eher neutral gesehen. Wichtiger ist für 11

Vgl. zu den Isaurika des Christodoros (hier allerdings Kämpfe gegen die Isaurier) Feld 2005, 335–337. Daneben sind vor allem die Isaurika des Kapiton Lykios und des Pamprepios hervorzuheben.

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Brandt als Ausgangspunkt tendenziöser Überformung weniger die mehr oder weniger pro-isaurische Einstellung als die chalkedonische Konfession des Kandidos gewesen. Einen teils ergänzenden, teils abweichenden Akzent zur Frage des isaurischen Standpunkts des Kandidos bietet Mischa Meier. Modellhaft wird deutlich, wie abweichende quellenkritische Entscheidungen – insbesondere die Frage der Bewertung des Johannes Antiochenus und der bei ihm erhaltenen Fragmente, die die Wunschvorstellung des Gleichgewichts unter isaurischen Größen formulieren und die Meier wie Umberto Roberto dem Kandidos zuschreibt – auch zu abweichenden Einschätzungen der Gesamttendenz führen. Meier geht es vor allem um die im Zentrum des historiographischen Entwurfs des Kandidos gestellte isaurische Identität, insbesondere um dessen demonstrative Betonung der Abkunft der Isaurier von Esau, die von der traditionellen Identifizierung und Ableitung der Isaurier von den Solymern oder den Kilikiern abweicht. Die Ableitung der Isaurier von Esau sei keineswegs allein als etymologische Spielerei, sondern als Versuch zu verstehen, im Gegensatzpaar Jakob und Esau typologisch den Gegensatz von Römern und Isauriern vorwegzunehmen. Mit dieser positiven Umdeutung der Isaurier als einen ernsthaften Gegenpart der römischen Welt reagiert Kandidos, so die Überlegungen von Meier, auf eine aktuelle negative Bewertung der Isaurier als geschlossene Gruppe. „Die“ Isaurier als ein angeblich homogener Verband, der den Alanen-Goten in der Zeit Leons I. entgegentritt, habe es nämlich in dieser Zeit nicht gegeben, die Deutung einer geschlossenen Gruppe von Isauriern sei in rückprojizierender Form erst in der Zeit des Anastasios geschehen. Meier verbindet in seinem Beitrag historiographische Betrachtungen mit Ergebnissen der jüngsten Ethnogeneseforschung. Wie für die Goten – in der Gotengeschichte Cassiodors – habe auch für die Isaurier die Historiographie grundlegend zur Formung einer ethnischen Identität beigetragen. Das Unterfangen des Kandidos dürfte jedenfalls ernsthafter gewesen sein, als es die kritischen Bemerkungen des Photios erkennen lassen. Bei letzterem sei in Rechnung zu stellen, dass Isaurier aufgrund der sogenannten Isaurischen Dynastie, insbesondere des Wirkens der Ikonoklastenkaiser Leon II. und Konstantinos V., bei Photios keinen guten Ruf hatten, so dass er den isaurierfeindlichen Malchos positiv und als Richtschnur guter historiographischer Praxis bewertet, dem Kandidos dagegen schwere Mängel vorwirft. Dass die Position des Photios im Bilderstreit in vielfacher Hinsicht sein Interesse an der Geschichte der Spätantike prägt, ist in der Tat von der althistorischen Forschung bisher vielleicht nicht ausreichend gewürdigt worden.12

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Dieses Interesse ergibt sich vor allem daraus, dass Photios enge Parallelen zwischen der arianischen und der ikonoklastischen Häresie gesehen hat. Vom Interesse für die Arianer ausgehend, hat er dann die Spätantike als Gegenstand eines besonderen (dogmengeschichtlich geprägten) Interesses entdeckt. Die Behandlung spätantiker Profanhistoriker bot ihm Aufschlüsse über den Kontext dieser dogmengeschichtlich herausgehobenen Epoche, vgl. dazu insgesamt Bleckmann [im Druck].

Einleitung

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Damit haben alle in die Sammlung von Blockley aufgenommenen „Classicizing Historians“ in diesem Sammelband Berücksichtigung gefunden. Die beiden abschließenden Beiträge betten diese klassizistischen Historiker in den Kontext zeitgenössischer historiographischer Tätigkeit ein, nämlich der zeitgeschichtlichen Chronistik und der Kirchengeschichtsschreibung. Die von Henning Börm untersuchte Chronik des Hydatius beleuchtet die Wahrnehmung zeitgenössischer Ereignisse aus der äußersten westlichen Perspektive und zeigt, dass es auch in dieser Peripherie trotz der weit fortgeschrittenen Fragmentierung des westlichen Reiches weiterhin ein Bewußtsein gab, dem Reich anzugehören. Die für das Reichsganze zuständige Kompetenz des Ostkaisers wird etwa für die beiden MonarchiaSituationen von 423 und 455 ausdrücklich anerkannt. Hydatius hat trotz seiner Klagen über fehlende Informationen und trotz tatsächlich nachweisbarer Irrtümer zur Geschichte im Osten die Gesamtheit der Ereignisse des Reiches im Blick, wobei insbesondere die auf dem Seeweg bis nach Galicien gelangenden Gesandtschaften wertvolle Informationsquellen darstellten. Wie Olympiodoros oder Malchos durch Kenntnisse von westlichen Ereignissen bis ins Detail auffallen, so sind durchaus auch Hydatius die Ereignisse in Italien, Konstantinopel oder Antiocheia präsent. In einigen Fällen finden sich sogar Informationen zur Reichsgeschichte nur bei ihm, wie Börm für den Caesar Palladius, den Sohn des Petronius Maximus, zeigen kann. Die Behandlung eines kirchengeschichtlichen Autors im letzten Beitrag erinnert daran, dass eine Trennung von Kirchengeschichte und Profangeschichte für die Geschichte der spätantiken Historiographie, besonders für die des fünften Jahrhunderts, nicht möglich ist. Die Kirchenhistoriker behandeln profangeschichtliche Details. Kirchengeschichtliche Aspekte sind umgekehrt von den auf die Profangeschichte konzentrierten Autoren durchaus nicht völlig ausgeblendet worden, auch wenn hier ein selektives Vorgehen zu verzeichnen ist. Vor allem die durch die Synoden von Ephesos, besonders aber von Chalkedon ausgelösten Kontroversen mussten wegen ihrer deutlichen politischen Implikationen Berücksichtigung finden und haben dementsprechend ihren Niederschlag in den Darstellungen des Priskos, des Malchos und des Kandidos gefunden. Diese Autoren schreiben vor dem Hintergrund einer kirchengeschichtlichen Historiographie, die gerade in der zweiten Hälfte des fünften und im beginnenden sechsten Jahrhundert außerordentlich reich gewesen sein muss, weil es darauf ankam, den Standpunkt der eigenen kirchlichen Richtung auch durch die historiographisch-tendenziöse Darstellung der Ereignisse der jüngeren Vergangenheit zu untermauern. Diese vor allem aus der miaphysitischen und der nestorianischen Perspektive operierende Geschichtsschreibung ist, was den griechischsprachigen Bereich betrifft, nur aus Fragmenten zu rekonstruieren. Bei Zacharias Rhetor sind – dank einer syrischen Bearbeitung und dank einiger Passagen bei Euagrios – die Reste sehr umfangreich, und das gilt auch für die Geschichte des Theodoros Lektor. Andere Autoren sind nur noch schemenhaft zu greifen. Dies trifft etwa für die von Philippe Blaudeau vorgestellte Kirchengeschichte des Hesychios von Jerusalem zu, deren Einordnung kontrovers ist. Blaudeau macht plausibel, dass Hesychios wohl im hohen Alter, vermutlich erst nach Chalkedon (451), eine Geschichte verfasst hat, die vor allem die Bedeu-

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tung des Patriarchats von Jerusalem in der neuen Struktur der fünf Patriarchate hervorhob. Methodisch aufschlussreich ist es aber zu verfolgen, in welcher Form die Geschichte des Hesychios dann später zur Unterstützung argumentativer Gesichtspunkte in konziliaren Verhandlungen während des Dreikapitelstreits benutzt worden ist. Blaudeau gibt in diesem zweiten Teil seines Aufsatzes wichtige Hinweise darauf, wie auch heterodoxe Autoren verwendet werden konnten, um den eigenen Standpunkt in einer Bandbreite dogmatischer Auseinandersetzungen deutlich zu machen. BIBLIOGRAPHIE Bleckmann, B., [im Druck], Die Notizen des Photios zu Philostorgios im Kontext seiner Behandlung der spätantiken Historiographie und seiner Bildungsinteressen, in: Blaudeau, Ph. (Hg.), Kolloquium Angers. Blockley, R. C., 2003, The Development of Greek Historiography: Priscus, Malchus, Candidus, in: Marasco, G. (Hg.), Greek and Roman Historiography in Late Antiquity. Fourth to Sixth Century A. D., Leiden / Boston, 289–315. Cameron, Al., 2011, The Last Pagans, Oxford. Carolla, P. (Hg.), 2008, Priscus Panita. Excerpta et fragmenta, Berlin. Cresci, L. R. (Hg.), 1982, Malco di Filadelfia. Frammenti, Testo critico, introdu-zione, traduzione e commentario, Neapel. Feld, H., 2005, Barbarische Bürger. Die Isaurier und das Römische Reich, Berlin / New York. Paschoud, F., 2000, Zosime. Histoire Nouvelle. Bd. 1: Livres I et II, 2. Aufl., Paris. Paschoud, F., 2006, A propos des Fragments 8–61 de l’ouvrage historique d’Eunape correspondant aux livres 3 et 4 de l’Histoire nouvelle de Zosime, in: ders., Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta minora, Bari, 473–491. Schamp, J., 1987, Photios, historien des lettres. La Bibliothèque et ses notices biographiques, Paris. Szidat, J., 2012, Historische Fiktion bei Zosimus: Der Tod Valentinians II., Historia 61, 368–382.

ΕΥΝΑΠΙΟΥ ΙΣΤΟΡΙΑ Antonio Baldini – François Paschoud FAITS (F.P.) – IPOTESI CONDIVISE (A.B.) – HYPOTHÈSES PROPRES À F.P. – IPOTESI PROPRIE A A.B. 1. FAITS 1.1. Origine des fragments Les trois cinquièmes des fragments conservés de l’ouvrage historique d’Eunape sont transmis par les Excerpta de sententiis de Constantin Porphyrogénète : ils occupent 33 pages (71–103) de l’édition critique de base due à Ursule Philippe Boissevain (1906). Le quatrième cinquième se trouve dans la sous-série de legationibus gentium ad Romanos de ces mêmes Excerpta : ils occupent 9 pages (591– 599) dans l’édition de Carl de Boor (1903). Le reste provient de la Suda (édition d’Ada Adler [1928–1938]). Les fragments de cette dernière catégorie, assez nombreux mais le plus souvent fort brefs, dérivent tous, comme Adler l’a montré (vol. I, XIX–XX), de collections non conservées des Excerpta constantiniens, et résultent donc de deux opérations successives d’extraction. Une partie seulement de ces fragments de la Suda sont authentifiés par l’addition du nom d’Eunape. Les autres ont été attribués à cet historien, le plus souvent par Jean-François Boissonade, 1822, en raison de leur proximité avec certains passages de Zosime ou de leur diction typiquement eunapienne. Il convient en outre de mentionner le codex 77 de la Bibliothèque du patriarche Photios, qui fournit des données importantes concernant l’ouvrage historique d’Eunape, notamment sur son inspiration païenne fortement polémique et sur ses deux éditions. La même encyclopédie, dans son codex 98, contient l’affirmation qu’Eunape est la source unique de l’Histoire nouvelle de Zosime. 1.2. Image trompeuse fournie par les fragments Les spécificités des critères de choix des excerpteurs constantiniens ont pour conséquence que l’impression que suggèrent les fragments d’Eunape est dans leur majorité trompeuse, car elle ne fournit qu’une image déformée de l’original. Tel est aussi le cas d’une partie des fragments issus de la Suda, qui ne se sont conservés qu’en raison des particularités lexicographiques qu’ils contiennent. Cette image déformée a été abusivement exploitée pour prétendument démontrer que Zosime n’est de loin pas aussi proche d’Eunape que ne l’affirme Photios. Il convient

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de ne pas oublier face à cette affirmation que l’essentiel de ce qui a séduit les excerpteurs constantiniens a été omis par l’abréviateur Zosime, tandis que les parties narratives de ce dernier échappaient aux catégories définies par les excerpteurs.1 Il est par ailleurs aussi problématique de déduire de passages apparemment voisins des Vitae sophistarum des conclusions concernant l’ouvrage historique car, comme le dit Eunape lui-même, la perspective de ces deux œuvres n’est pas identique.2 1.3. Éditions et numérotation des fragments Jusqu’en 1983, on a presque toujours cité Eunape d’après le quatrième volume de Müller (1851). Cette édition est certes depuis fort longtemps vieillie : l’établissement du texte est de seconde main, la traduction latine trop souvent imprécise, le commentaire embryonnaire tout à fait insuffisant. Cette édition possède cependant un avantage non négligeable, celle de comporter une numérotation des fragments qui a prévalu du milieu du 19e s. jusque dans les années 80 du 20e s. Il est bien connu que les excerpteurs ont respecté la succession naturelle des extraits telle qu’elle prévalait dans les textes complets sur lesquels ils travaillaient. On peut s’en convaincre aisément par la confrontation de l’ordre des extraits avec certains originaux conservés intégralement en tradition directe, comme c’est le cas par exemple pour le livre 1 de Polybe. En outre, pour ce qui concerne spécifiquement Eunape, l’œuvre presque intégralement conservée de Zosime rend aisée l’insertion des quelques excerpta de legationibus et d’une proportion importante des passages issus de la Suda dans la succession des excerpta de sententiis. Müller a placé en queue de sa collection les fragments issus de la Suda dont le contenu est trop imprécis pour qu’on puisse les insérer dans la succession chronologique fondée sur Zosime. La numérotation de Müller n’est assurément pas à l’abri de toute critique, mais elle est globalement fort satisfaisante. En 1983 parut l’édition de Roger C. Blockley, qui contenait aux p. 2–150 le texte des fragments historiques d’Eunape accompagnés d’une traduction anglaise et de notes. Grâce à cette traduction, cet ouvrage est malheureusement devenu, au-delà même du monde anglo-saxon, l’édition la plus souvent citée d’Eunape. Malheureusement pour trois raisons : 1) Blockley, sans motifs suffisants, a modifié la numérotation des fragments ; cette malencontreuse initiative provoque maintenant depuis plus de trente ans un grand désordre dans le mode de citation de l’ouvrage historique d’Eunape. 2) Sa traduction n’est pas toujours aussi précise et digne de confiance qu’on pourrait le souhaiter. 3) Last but not least, il a pris l’initiative méthodologiquement

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Cf. Baldini cité dans Paschoud 2006, 159. Il convient de préciser que seules quatre séries d’excerpta nous sont parvenues, alors qu’il en avait existé un beaucoup plus grand nombre. Eunap. VS 8, 2, 3 Giangrande: καὶ ταῦτα µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς, ἐὰν τῷ δαίµονι δόξῃ, γραφήσεται, οὐ τὸ καθ’ ἕκαστον ἔχοντα, ἀλλὰ τὸ κοινὸν ἐκεῖ σαφέστερον λελέξεται.

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indéfendable de mêler aux fragments authentiques d’Eunape une série de textes qui certes fournissent une tradition historique parallèle à Eunape et issue de lui, mais qui appartiennent à d’autres auteurs, notamment Zosime. Parmi ces textes, il y en a aussi qui, issus de Jean d'Antioche, ou bien de la Suda sans indication de provenance, peuvent éventuellement contenir des séquences reproduisant plus ou moins fidèlement les ipsissima uerba d'Eunape. Ils sont certes importants pour la bonne intelligence d’Eunape, mais n’ont pas à figurer parmi les passages authentiques de cet auteur ni à s’introduire dans leur numérotation. Leur place est dans un appendice de textes parallèles, comme je l’ai fait dans les volumes I2, III 1 et III 2 de mon édition de Zosime dans la collection des Universités de France pour Eunape, Olympiodore, Sozomène et Philostorge.3 J’ose exprimer l’espoir que, dans l’entreprise projetée par Bruno Bleckmann, les fragments d’Eunape porteront leurs numéros Müller, et non leurs numéros Blockley. 1.4. Importance de Zosime pour reconstituer Eunape Photios (bibl. cod. 98, 84b, 27–28) prétend que Zosime offre un reflet servile d’Eunape : Εἴποι δ' ἄν τις οὐ γράψαι αὐτὸν ἱστορίαν, ἀλλὰ µεταγράψαι τὴν Εὐναπίου, τῷ συντόµῳ µόνον διαφέρουσαν. Cette affirmation ne peut pas être entièrement vraie, car, comme on le sait, l’Histoire nouvelle se poursuit au-delà de 404, point terminal d’Eunape, en recourant à une nouvelle source, Olympiodore. Cette imprécision de Photios nous révèle que son examen du problème a été assez rapide, et fait naître le soupçon que d’autres, parmi ses affirmations, ne doivent être acceptées que cum grano salis. Il reste néanmoins que, pour le segment 3, 1– 5, 25, tous les indices convergent pour donner raison à Photios. Aujourd’hui, après une interminable controverse, un consensus au moins relatif semble s’être formé quant au fait que Zosime n’est qu’un épitomateur très négligent d’Eunape. Cela signifie donc que l’Histoire nouvelle apporte un témoignage capital pour la reconstruction de l’ouvrage historique d’Eunape.

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Mon intention initiale était identiquement d’ajouter les passages parallèles d’Eunape dans les rééditions des volumes II 1 et II 2, qui allaient bientôt être épuisés quand est intervenu l’incendie du dépôt des Belles Lettres. Pour survivre, la collection des Universités de France s’est vue contrainte de numériser et d’ainsi rendre à nouveau disponible tout son fonds dans les plus brefs délais. Cette conjoncture excluait le remaniement prévu des volumes II 1 et II 2. J’y ai suppléé en ajoutant en appendice à mon recueil cité à la n. 1 le texte et la traduction française des fragments d’Eunape correspondant aux livres 3 et 4 de Zosime, publiés comme voll. II 1 et II 2 dans mon édition. Cette solution, assurément peu heureuse, m’a été imposée par une uis cui resisti non potest.

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1.5. Conséquences fâcheuses d’une lacune dans le manuscrit de Zosime Un chrétien plus dévot qu’éclairé a arraché dans le Vaticanus Graecus 156 – le seul manuscrit porteur de la tradition qui nous ait conservé l’ouvrage historique de Zosime (les autres manuscrits conservés ne sont que des copies de ce Vat. Graec. 156) – un quaternion entier, soit huit feuillets, ou seize pages. Celles-ci contenaient de toute évidence une version des événements précédant l’abdication des Augustes tétrarques de 305 qui était pour lui parfaitement indigeste. C’est ainsi que, dans l’Histoire nouvelle, il manque aujourd’hui le récit des années 282–306. Cette lacune comporte comme autre conséquence que nous ignorons où se situait exactement la frontière entre les livres 1 et 2 de Zosime. Il en résulte par cascade aussi une conséquence pour Eunape. Au début d’un fragment provenant des excerpta de sententiis qui appartient de toute évidence à l’introduction à l’époque de Julien, il y a dans la marge du « carbonaccio », le seul manuscrit (palimpseste) qui a conservé les extraits de sententiis, la précision ΠΡΟΟΙΜΙΟΝ ΤΟΥ Β ΛΟΓΟΥ. Il n’y a aucune raison de mettre en doute l’exactitude de cette donnée. On en déduit le plus souvent – je crois à juste titre – que le premier livre de la seconde édition de l’ouvrage historique d’Eunape – car les excerpta dérivent explicitement de celle-ci4 – traitait des années 270–355. Or Zosime – qui abrège ! – consacre à ces quatre-vingt-cinq années un nombre de pages (plus d’un livre entier) qui dépasse de loin l’ampleur que pouvait avoir un livre d’Eunape, surtout si l’on tient en outre compte du fait que, dans son état actuel, comme signalé ci-dessus, le récit de Zosime est amputé de seize pages. Il en résulte que le récit de Zosime pour les années 270–355 ne peut en aucune manière dériver, du moins intégralement, de la seconde édition du livre 1 d’Eunape, quand bien même cet important segment ne comporte aucune spécificité non eunapienne, contrairement à ce qui est très clairement le cas à partir de 5, 26 quand Zosime se met à suivre Olympiodore. Il convient en outre de relever que, mis à part le long fragment 1 Müller, extrait de l’introduction générale de la seconde édition – lequel paradoxalement n’a presque rien en commun avec l’introduction de l’Histoire nouvelle – on ne décèle pratiquement aucun contact entre les fragments d’Eunape peu nombreux et brefs qui correspondent à la période couverte par Zosime 1, 47–2, 55 et ces deux livres de l’Histoire nouvelle. Il n’y a là qu’un seul passage de quatorze lignes provenant des excerpta de sententiis concernant la jalousie que Constance II éprouvait envers Julien, un testimonium tiré des Vitae sophistarum sur Constantin et Ablabios, et six textes issus de la Suda, dont trois anonymes attribués conjecturalement à Eu-

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Cela est attesté par leur titre : ἐκ τῆς ἱστορίας […] τῆς µετὰ Δέξιππον νέας ἐκδόσεως. Les excerpta de legationibus gentium ad Romanos ne comportent pas cette précision, mais on peut admettre sans grand risque de se tromper qu’ils provenaient du même volume d’Eunape que les excerpta de sententiis. Le même raisonnement s’applique aux fragments issus de la Suda qui proviennent de séries non conservées d’excerpta. Cf. supra, n. 1.

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nape, tous très brefs à l’exception d’un seul concernant Carin, qui compte dix-huit lignes. 1.6. Des œuvres inachevées D’après les indications fournies par Photios (bibl. cod. 77, 53b, 37–54a, 4), le récit de l’ouvrage historique d’Eunape s’achève en 404. Que ce point terminal soit insolite est révélé par la peine que Photios a pour le définir. Comme on le sait, la pratique constante des historiens de l’époque impériale consistait à conclure leur œuvre avec la mort d’un empereur, ou bien quelque épisode très marquant, ce qui n’est évidemment pas le cas pour l’année 404. Le terminus post quem pour la seconde édition est fourni par la mention, dans le Fragment 87 Müller, du nom de l’impératrice Pulchérie, soit 414. À cette date, Eunape était déjà assez âgé. Supposer qu’il est mort avant d’avoir pu achever son livre n’est pas une hypothèse excessivement audacieuse. Dans un passage dérivant de cet historien, Zosime 4, 59, 2, à propos d’un épisode situé en 394, fait une allusion limpide à la future prise de Rome de 410 dans un contexte providentialiste. On se trouve donc en droit de penser que la démonstration providentialiste s’achevait avec cet épisode dramatique, et que l’intention d’Eunape était d’aller au moins jusqu’à ce point. On n’en a malheureusement pas la preuve, ni par Zosime, dont le livre 6 s’achève brusquement, au bout de treize pages, au début de l’été 410 (circonstance due sans doute, elle aussi, à la mort de l’auteur), ni par le résumé fort arbitraire d’Olympiodore fourni par Photios (bibl. cod. 80), car le très pieux patriarche ne s’est évidemment pas soucié de conserver à la postérité une interprétation de la prise de Rome qui heurtait ses convictions. Tel a par ailleurs aussi été le cas pour Sozomène qui, pour l’histoire profane de cette période, exploite beaucoup Eunape. On le voit, le « cas Eunape » soulève une multiplicité de points d’interrogation des plus embarrassants. Il n’y a donc pas lieu de s’étonner que cette situation suscite un grand nombre d’hypothèses évidemment fort controversées. La seconde partie de ce rapport présente une première catégorie d’hypothèses, sur lesquelles Antonio Baldini et François Paschoud convergent. 2. IPOTESI SOSTANZIALMENTE CONDIVISE DA BALDINI E PASCHOUD (A. B.) 2.1. Avvertenza preliminare A Düsseldorf, nella sede del Colloquio, in una scenografia particolare, la scelta condivisa è stata per un’articolazione scandita in quattro momenti: punti fermi (Paschoud), punti condivisi (io), punti controversi e proposte (Paschoud), punti controversi e proposte (io). L’impressione è stata che la coreografia abbia funzionato: ci sono stati interventi e questioni da parte di „profani“, che hanno ulteriormente ravvivato la problematica. Per la mia parte, confesso la difficoltà e

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l’imbarazzo nel ripetere in forma scritta quanto si è svolto sulla scena di Düsseldorf, dove erano prevalenti istanze di brevità e di chiarezza espositive. Ora che mi accingo alla redazione scritta, vedo quali sono per me i problemi, che derivano in ultima analisi dal mio approccio ad Eunapio-Zosimo, e quindi alla persona di Paschoud, nel suo aspetto di studioso. In tutta franchezza, mi sento di dichiarare apertis verbis che mai, deliberatamente e/o aprioristicamente, io mi sono posto in contrasto con Paschoud; d’altronde, in una materia come questa, più che in termini di contrasto si dovrebbe parlare in termini di alternativa. Come una specie di paguro Bernardo, io ho seguito e studiato le ipotesi e le argomentazioni di Paschoud; semplicemente, quando non ho trovato soluzioni per me convincenti, ho cercato di proporre soluzioni appunto diverse per me persuasive. Ma „il grosso“ del lavoro era già stato fatto. Credo sia umanamente comprensibile la difficoltà in cui mi trovo nell’applicare alla redazione scritta uno schema espositivo come quello adottato nel Colloquio di Düsseldorf, là dove il sottinteso era molto più dell’espresso. Anche in questa redazione scritta, ho seguito gli stessi spiriti: c’è una prima breve parte in cui credo di confortare quanto si è venuto elaborando, ed una seconda, in cui esprimo le mie alternative lasciando per necessità di spazio molti sottintesi, che solo il lavorio di Paschoud può esplicitare.5 2.2. Le fonti di Eunapio e le sue caratteristiche Nel complesso, gli elementi fondamentali della problematica in oggetto sono espressi da François Paschoud nel suo contributo, e a questo rimando, limitandomi in questa prima parte del mio ad aggiungere alcune nozioni che non sono contrastive. Eunapio scrive ai primi del V secolo la sua seconda edizione della Storia, che costituisce (è dato per scontato) l’unica fonte per la parte in proporzione più cospicua della Storia Nuova di Zosimo, che a sua volta lavora ai primi del VI secolo: il primo evidente problema è quello delle fonti di Eunapio. Lo spunto si può prendere dall’episodio del figlio di un re barbaro reclamato in ostaggio al tempo di Giuliano. L’episodio è riferito da Pietro Patrizio (fr. 18 Müller, FHG IV 191 = Excerpta de Legationibus, 396, 3–15 de Boor), Eunapio (fr. 12 Müller, FHG IV 17–19 = Excerpta de Legationibus, 591, 7–593, 19 de Boor), e Zosimo (3, 7, 6–7). Quando ci siamo indipendentemente uno dall’altro occupati dell’episodio io e Paschoud6 sono tornati utili alcuni risultati dello studio

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È opportuno il rinvio a Paschoud 2006 tra le pagine 494 e 496 sono elencati i punti fermi e quindi dati per sicuri; a p. 496 sono esposti i problemi relativi ai primi due libri della Storia Nuova nel loro rapporto con la produzione di Eunapio: per questi, allo stato dell’arte, mia impressione credo condivisa è che in assenza di elementi nuovi ci si debba rassegnare alla sospensione. Baldini 2000, 148–151; Paschoud 2006, 395–402.

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di Bruno Bleckmann:7 dapprima, Eunapio non è fonte diretta di Pietro Patrizio, e poi in Pietro Patrizio è presente una fonte latina, pagana, filosenatoria, la cui presenza a sua volta si coglie con una certa frequenza in Eunapio, e per sua via in Zosimo. Lo schema narrativo dell’episodio è comune, ma se è evidente che Zosimo abbrevia Eunapio, in Pietro Patrizio c’è un particolare aggiunto di una certa importanza, e cioè che i barbari pensano che Giuliano stia richiedendo in ostaggio una persona che è già morta, perché non vuole fare pace.8 La fonte latina si rintraccia in Eunapio-Zosimo, ad esempio in Zos. 4, 36,5, con il gioco di parole comprensibile solo in latino tra pontefice massimo e Massimo usurpatore e uccisore di Graziano. Prima ancora, il rinvio plausibile è alla lunga (2, 1–7) digressione sui ludi saeculares presente in Zosimo; né va taciuto che dal punto di vista fattuale la leggenda nera su Costantino presente in Zosimo è strettamente congiunta a quanto è nell’Epitome de Caesaribus, 41, 11–12: rispetto alle altre fonti che compongono il dossier9, solo nell’Epitome e in Zosimo si ha il ruolo attivo della madre di Costantino Elena nella punizione di Fausta. È appena il caso di richiamare la prossimità dell’Epitome con un settore ben preciso dell’aristocrazia senatoria, tanto da farne suggerire lo scopo di redazione come di un tentativo di salvataggio degli Annales di Nicomaco Flaviano senior.10 A corollario, è accettato il fatto che nel complesso generale Eunapio (via Zosimo) ed Ammiano Marcellino non hanno contatti degni di nota, con l’eccezione del racconto della spedizione persiana di Giuliano: ma qui entra in campo l’ὑπόµνηµα di Oribasio. Ancora in sintonia con quanto suggerito da Paschoud, le caratteristiche strutturali della mente di Zosimo impediscono di credere che egli abbia raccolto da Eunapio i nudi fatti e li abbia conditi, come dire, con considerazioni di stampo provvidenzialistico pagano ispirate da altri autori (quali?); ancora peggio sarebbe ritenere che le suddette considerazioni provvidenzialistiche siano dovute alla sua originalità di pensiero. Tutti gli sviluppi ideologici che rendono così caratteristica (e per certi aspetti inquietante) la Storia Nuova erano già presenti nell’originale Eunapio: il che anticipa di circa un secolo la testimonianza di una coscienza dell’avvenuta fine dell’impero romano. Quello che può trarre in inganno, ed indurre ad una prospettiva deformata, è anche il fatto che Zosimo scrive dopo il 476 d. C., per cui si può facilmente cadere nell’equivoco e farne „il primo storico della

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Bleckmann 1992, con Paschoud 2006, 293–316. Tra il momento in cui ho svolto oralmente queste considerazioni, e quello in cui le sto trasferendo in iscritto, è apparso Cameron, 2011. Non è possibile tenerne integralmente conto in questa sede: il riposizionamento di moltissime assunzioni, mie ed altrui, comporterebbe uno stravolgimento generale. In attesa che quanto sostenuto da Cameron venga assorbito, cfr. le 627–690 (The Annales of Nicomachus Flavianus, I e II), ed in particolare 673–674, sul passo specifico. Paschoud 2006, 459–472. Già Schlumberger 1974, 233–245, 246–248.

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caduta di Roma“11: in realtà, Zosimo arriva a stento al 410 nella sua tradizione manoscritta, ma non siamo affatto autorizzati, aggiungo io, a ritenere che l’avvenimento che marca questa data, cioè il sacco di Roma ad opera di Alarico, fosse il punto terminale prescelto; infatti, il sacco di Alarico era contenuto sì nella sua seconda fonte certa, cioè Olimpiodoro di Tebe,12 ma questi proseguiva fino al 425, diluendo di fatto l’episodio all’interno della sua narrazione,13 e non sappiamo se nelle intenzioni di Zosimo fosse di compilare lavorando sulla “catena” degli storici profani a lui anteriori. Stabilito che la coscienza, o consapevolezza, della distruzione fossero già di Eunapio, solo per congettura si può arrivare a dove con esattezza fosse collocato il punto della distruzione; ma sulle cause non ci possono essere dubbi: i Romani hanno distrutto il loro impero con le loro stesse mani, passando dalla religiosità tradizionale (in tutte le sue manifestazioni esteriori) al cristianesimo. I principali responsabili sono quegli imperatori che hanno danneggiato il paganesimo favorendo il cristianesimo, e primo fra tutti Costantino, seguito da altri, ad esempio Graziano e Teodosio. Il perno di tutta la costruzione storiografica è infatti nell’esito di Zosimo 2, 29, il capitolo della conversione di Costantino: qui, è dispiegata al massimo la capacità di costruire un „falso“ attraverso il montaggio di elementi „veri“; e bisogna ricordare anche le elaborazioni storiografiche su Graziano e Teodosio appunto. Perché gli scopi prefissi abbiano una plausibile realizzazione storiografica è essenziale mettere al bando la precisione cronologica nel riferire gli avvenimenti (che impedirebbe il collegamento causale-provvidenzialistico tra gli avvenimenti stessi), e proporre un proprio modo di esposizione, che tenga conto solo dei fatti,14

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In questi termini tempo addietro si espresse ad es. Goffart 1971, 412–441; il rinvio per le controargomentazioni è a Paschoud 2006, 60. Olymp. fr. 3 Müller, FHG IV 58 = Phot. bibl. cod. 80 (56b, 42–57a, 16 / I 167f. Henry): „Che Alarico, il capo della tribù dei Goti […] assedia e saccheggia Roma (πολιορκεῖ καὶ ἐκπορθεῖ τὴν Ῥώµην) […]“. Olymp. fr. 1 Müller, FHG IV 58 = Phot. bibl. cod. 80 (56b, 6–29 / I 166f. Henry): „[…] Prende inizio dal settimo consolato dell’imperatore di Roma Onorio e dal secondo di Teodosio (407 d. C.) e giunge fino a quando Valentiniano il figlio di Placidia e di Costantino [così nel testo, ma si legga ,Costanzo‘, (scil.: III) fu proclamato al potere imperiale di Roma […].“ Il „frammento” è integralmente dalle mani di Fozio, per cui più correttamente lo si dovrebbe definire un testimonium, come appunto fa giustamente Blockley 1983, 152. Sull’edizione Blockley, mi approprio delle perplessità espresse da Paschoud nel suo contributo in questo stesso volume; mi ero già espresso decisamente in questo senso in Baldini 2004, 49 e nota 4. Eun., fr. 1 Müller, FHG IV, 11–13 = exc. sent. 1, 71, 12–75, 18 Boissevain: „[…] Io faccio questa affermazione programmatica (προαγορεύων πόρρωθεν) nei confonti dei lettori, che mi sono accinto a quest’opera fidando nella mia capacità di narrare il passato, e che ho rifiutato come un racconto inopportuno il rendiconto minuto anno per anno e giorno per giorno (τὸ µὲν κατ’ ἐνιαυτὸν καὶ καθ’ ἡµέραν), avendo giudicato più veritiero quello per quanto accadde secondo i tempi circoscritti dagli imperatori (τὸ δὲ κατὰ χρόνους, οἱ τοῖς βασιλεῦσι περιγράφονται, κρίνας ἀληθέστερον). Si leggerà dunque che questi fatti sono accaduti sotto

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ma non dei tempi („secondo i tempi circoscritti dai regni degli imperatori“). In questo modo Eunapio (via Zosimo) ha mano libera nel suo gioco di montaggio di elementi, sì veri nel loro naturale contesto, ma che risultano falsi nel complesso della notizia: esempio evidente è la conversione di Costantino in Zosimo 2, 29. 2.3. Ripresa sulle fonti di Eunapio Menzionare Zosimo 2, 29, significa ricordare immediatamente gli stretti contatti, soprattutto per quello che riguarda i rapporti famigliari, che la vicenda costantiniana ivi contenuta ha con l’Epitome de Caesaribus, espressione di una cerchia precisa dell’aristocrazia senatoria pagana romana. Sempre per la via di Zosimo, è abbastanza chiaro che per gran parte Eunapio ha presente una fonte latina, soprattutto in passi ideologicamente impegnati. In più di un contributo, Paschoud,15 per dichiarato amor di quieto vivere, si adatta ad indicare questa fonte latina come „Leoquelle“, cioè la fonte (latina) che ha profondamente inciso su Leo Grammaticus; amo il rischio, ed uso la denominazione di Annales di Nicomaco Flaviano senior: trattandosi di una specie di gettone, è solo questione di nomi, ma la sostanza rimane. Se è in questione Nicomaco Flaviano senior, suicidatosi nel 394 d. C., gli Annales difficilmente superavano il 383 d. C., che è poi l’anno di Zosimo 4, 36, rifiuto del pontificato massimo da parte di Graziano, e conseguente gioco di parole. Il fatto è che una tradizione occidentale in latino estremamente attenta alle cose di Roma si coglie anche per periodi successivi al 383 d. C.: si confronti Zosimo 4, 59 (visita di Teodosio a Roma dopo il Frigido ed obbligo per il senato di abbandonare la religiosità tradizionale), che presuppone la conoscenza dell’avvenuto sacco di Roma ad opera di Alarico. Zosimo 5, 38 e 5, 40–41, vanno nello stesso senso, e derivano da Olimpiodoro di Tebe,16 quant’altri mai attento all’Occidente e a Roma. Nel mio lavoro su Olimpiodoro, mi è parso necessario tornare all’ipotesi di un Ignotus del 410 che Paschoud aveva già proposto nel 1975 nelle Cinq études sur Zosime; possiamo anche parlare in termini di Nicomachus continuatus, o in altri modi: resta la necessità di credere ad una lunga tradizione di ambiente romano, ora perduta, che si occupava di fatti salienti per il paganesimo, almeno a partire da Costantino per giungere per lo meno al sacco di Roma del 410.

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questo o quell’imperatore, ma in che anno e in che giorno si diverta a dirlo qualcun altro […].“ Paschoud 1991, 217–269; Baldini 2000, 207–240. Baldini 2004, 271f.

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2.4. La prima edizione della Storia di Eunapio come fonte del primo libro della Storia Nuova Un’altra serie di problemi, più o meno collaterali, che ha per lungo tempo attratto l’attenzione mia e di Paschoud, potrebbe essere riassunta nella „scansione dell’attività di Eunapio storico“. Qui sono in gioco le affermazioni del patriarca Fozio, al codice 77 della sua Bibliotheca (quello sulla Storia di Eunapio), come pure al codice 98 (quello sulla Storia Nuova di Zosimo); si aggiungono le autocitazioni nelle Vite dei Sofisti dello stesso Eunapio di una (prima?) propria opera storica unitamente al dichiarato proposito (sempre nelle Vite dei Sofisti) di aggiungere all’opera stessa fatti sì menzionati nelle Vite dei Sofisti, ma trattati, come sottolineato da Paschoud nel suo contributo, secondo la prospettiva del genere della biografia filosofica (τὸ καθ’ ἕκαστον), e non quella della collettività propria del genere storico [(κατὰ) τὸ κοινόν]. Fin dall’incipit, il patriarca Fozio dichiara di riferire di una seconda o nuova edizione della Storia di Eunapio: Ἀνεγνώσθη Εὐναπίου χρονικῆς ἱστορίας τῆς µετὰ Δέξιππον, νέας ἐκδόσεως, ἐν βιβλίοις τεσσαρεσκαίδεκα; in parallelo, gli Excerpta de Sententiis dichiarano di attingere alla seconda, o nuova, edizione della Storia di Eunapio: Ἐκ τῆς ἱστορίας Εὐναπίου Σαρδιανοῦ τῆς µετὰ Δέξιππον νέας ἐκδόσεως: la Storia di Eunapio che noi presumiamo di conoscere è dunque soltanto una Storia che si presentava come una nuova edizione; conferendo a τῆς una funzione attributiva, si ottiene che il titolo era grosso modo „Storia dopo Dexippo, (cioè) nuova edizione“. Dexippo finiva la sua Cronaca con Claudio Gotico, cioè al 270 d. C.; Zosimo comincia da prima, almeno da Augusto, ed amplia gradualmente ma evidentemente la scala del racconto fino alla lacuna tra gli attuali libri 1 e 2, diventando anche più analitico di Aurelio Vittore. Da tempo ormai, ed anche recentemente, si è stabilito che la Storia Nuova non può essere una somma di Dexippo + Eunapio + Olimpiodoro, se non altro per l’evidenza che Dexippo non è fonte diretta di Zosimo: al più si può pensare ad un autore (lo stesso Eunapio?) che avesse utilizzato anche Dexippo.17 È venuto in soccorso il patriarca Fozio, che ad un certo momento della sua recensione ad Eunapio dice che egli ha composto due edizioni di una Storia, comprendenti ambedue la stessa materia in uno stesso arco cronologico; e del resto, l’avere a che fare con un’opera che esplicitamente si definisce „nuova“ edizione comporta l’esistenza di una prima edizione appunto. Rimando qui, per i problemi posti dalla testimonianza di Fozio, alla seconda parte del mio contributo; per ora, credo comunque che si debba tenere gran conto delle caratteristiche mentali del Patriarca.

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Paschoud 1991, 217–269; Baldini 2000, 207–240.

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Essenzialmente: il primo libro della Storia Nuova non presenta alcuna soluzione di continuità, ma solo un ampliamento della scala narrativa; anche nei primissimi capitoli l’impronta ideologica è coerente con quasi tutto il resto dell’opera che deriva da Eunapio. Si aggiungono argomenti a cavallo tra il testuale e l’ideologico, di cui offro qui una scelta esemplificativa. L’espressione ἀναρρίψαι τὸν κύβον si trova in Zosimo, a 4, 55, 2 (certamente da Eunapio), in Zosimo, 1, 5, 2, e nella Vita di Fabio Massimo (14, 2) di Plutarco: per Eunapio, nelle Vite dei Sofisti, Plutarco è ὁ θεσπέσιος; altrove è „il divinissimo“, e citazioni ed echi letterali da Plutarco si trovano alle pagine 11, 12, 63, 84, 87 dell’edizione Giangrande. Continuo nella selezione proposta: in Zosimo, 1, 7, 1, Marco Aurelio e Lucio Vero sono ἡ τῶν ἀδελφῶν συνωρὶς Βῆρος καὶ Λούκιος, ed il rinvio è a Giuliano, Caesares, 312a (τῆς τῶν ἀδελφῶν ξυνωρίδος, Βήρου καὶ Λουκίου). Ancora, Settimio Severo in Zosimo, 1, 8, 2, è περὶ τοὺς ἁµαρτάνοντας ἀπαραίτητος, ed in Giuliano, Caesares, 312d, Settimio Severo è τὸ λίαν ἀπηνὲς καὶ ἀπαραίτητον. Richiamo infine l’attenzione su un’espressione proverbiale estremamente rara: in Zosimo a 1, 21, 2, si ha τῇ θετταλικῇ λεγοµένῃ πειθανάγκῃ χρησάµενος; la „persuasione tessalica“ compare nella prima Orazione di Giuliano a Costanzo, 32a (τῇ Θετταλικῇ πειθανάγκῃ), e sempre in Giuliano compare nell’Epistola agli Ateniesi, 274c (καὶ τὸ λεγόµενον ἡ Θετταλικῇ περιβάλλεται πειθανάγκῃ). L’espressione compare anche nelle Vite dei Sofisti di Eunapio (23, 2, 3, 92, 22–23 Giangrande): καὶ οἱ πεµφθέντες στρατιῶται µετὰ τιµῆς τὴν Θετταλικὴν ἐπῆγον πειθανάγκην. Gli esempi possono essere sufficienti per suggerire che la distanza, cronologica se non altro, tra Giuliano e Zosimo, unitamente alle caratteristiche intellettuali di quest’ultimo, fanno respingere l’idea che proprio Zosimo abbia improntato la sua prosa a quella di Giuliano. Queste espressioni sono certo il segno di un influsso forte di Giuliano su Eunapio, ed insieme un ammiccamento al lettore. Una conseguenza, è che tutto quanto è in Zosimo fin dall’inizio pertiene ad Eunapio e alla sua ideologia, compresi il richiamo a Polibio di 1, 1, 1, la dottrina provvidenzialistica di 1, 1, 2, e la polemica contro il potere monarchico di 1, 5. A corollario, appare plausibile ritenere che il punto iniziale della prima edizione della Storia di Eunapio fosse il regno di Augusto, cioè la fondazione del Principato. Sulla data finale di questa prima edizione, come su altri punti salienti, si continua a discutere. 3. HYPOTHÈSES PASCHOUD NON PARTAGÉES PAR BALDINI (F.P.) Comme cela arrive souvent, les hypothèses de Baldini que j’ai peine à partager n’ont néanmoins pas cessé de nourrir mes réflexions. La perspective du colloque de Düsseldorf m’a ensuite conduit à un réexamen global des problématiques liées à Eunape et amené à construire un modèle un peu différent de celui que j’avais développé dans des travaux antérieurs, et surtout à divers égards plus précis. Je suis parfaitement conscient de son caractère hautement hypothétique, et nullement prêt à mettre pour sa défense ma tête sur l’échafaud. Je pense néanmoins que le

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contexte si difficile des questions eunapiennes n’offre pas d’autres possibilités que l’exploration de diverses voies, même si elles sont semées d’embûches et menacées de se perdre dans des taillis inextricables. Ce genre de tentatives successives, qui ne débouchent évidemment pas sur des solutions pleinement acceptables, permettent cependant de fixer certains repères et de circonscrire des zones sensibles, même s’il faut se résigner à admettre que l’espoir de découvrir le trésor reste illusoire. J’incorpore à la présente version traduite en français et remaniée de mon exposé en allemand à Düsseldorf certains éléments qui sont apparus au cours de la discussion. Une question fondamentale porte son ombre perfide sur l’ensemble de la problématique eunapienne : celle des deux éditions de l’ouvrage historique. Photios est ici notre seul témoin, mais il convient de l’écouter d’une oreille suspicieuse, car le patriarche ne travaille pas avec toute l’attention, la clarté et la précision qu’on pourrait souhaiter. Une première phrase, explicite en son début, invite par sa fin à une déduction implicite, laquelle, si elle est correcte, révèle une première bévue de l’auteur : bibl. cod. 77, 53b, 34–35 : ἀνεγνώσθη Εὐναπίου χρονικῆς ἱστορίας τῆς µετὰ Δέξιππον, νέαν ἔκδοσιν. De ces mots, je crois pouvoir déduire, à la suite de Baldini, qu’il existait une παλαιὰ ἔκδοσις, qui n’était pas µετὰ Δέξιππον, mais commençait avant ou après 270, date finale de la Chronique de Dexippe. Photios s’est donc trompé quand il affirme, 54a, 26–27, δύο δὲ πραγµατείας τὴν αὐτὴν περιέχουσας ἱστορίαν συνεγράψατο, πρώτην καὶ δευτέραν. On voit apparaître ici un autre terme, πραγµατεία, dont heureusement Photios nous précise qu’il l’emploie à peu près dans le même sens qu’ ἔκδοσις : 54a, 31–32 δὲ τῇ δευτέρᾳ (sc. πραγµατείᾳ), ἣν καὶ νέαν ἔκδοσιν ἐπιγράφει. Nous savons en outre par un témoignages d’Eunape lui-même que les deux éditions se distinguaient aussi par leur point final : uitae sophistarum 7, 3, 4 Giangrande : […] ὧν τὰ µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς τῆς ἱστορίας εἴρηται, τὰ δέ, ἐὰν ἐπιτρέπῃ τὸ Θεῖον, λελέξεται : certains événements antérieurs ont déjà été narrés (sc. dans la première édition), d’autres, postérieurs, seront narrés plus tard (sc. dans la seconde édition). Pour ce qui concerne cette seconde édition, son début et sa fin sont clairement définis par Photios, 53b, 35–54a, 4, et, pour ce qui concerne le point final, ce dernier est confirmé par l’aspect de l’Histoire nouvelle de Zosime : 270– 404. Cf. sur cela supra, partie 1, point 6. Question : quand commençait et quand finissait la première édition ? Le problème du point initial a déjà été en partie traité supra, partie 1, point 5, et par Baldini dans la partie 2 : le récit de Zosime pour la période d’Auguste à 355 impose comme hypothèse audacieuse, mais non invraisemblable, que la première édition commençait avec Auguste et traitait avec un certain luxe de détails divers épisodes des années antérieures à 270. Une nouvelle question se pose dès lors : pourquoi Eunape a-t-il choisi un point initial plus tardif pour sa seconde édition ? Le procédé est si insolite qu’il obère l’hypothèse d’un début antérieur.

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Un détour par les sources d’Eunape est ici indispensable. Comme dans sa seconde édition, Eunape a utilisé dans la première, entre autres sources, un ouvrage en latin de tendance païenne et prosénatoriale, dont on décèle aussi l’influence dans Ammien Marcellin, l’Histoire Auguste et Pierre le Patrice.18 Cet ouvrage se terminait en 383 avec la mort de Gratien et a été publié peut-être vers 390. On peut, si on le désire, lui accoler l’étiquette « Annales de Nicomaque Flavien (mort en 394) ». Cette œuvre proposait au lecteur une interprétation providentialiste païenne d’une série d’événements du 4e s. : le contraste entre les tétrarques et Constantin, l’omission par Constantin en 314 des Jeux Séculaires, la version païenne de la conversion de Constantin au christianisme, la mise en évidence des conséquences tragiques de la mort de Julien et celles de l’abandon par Gratien du titre et des fonctions de pontifex maximus. Certains prétendent qu’un tel ouvrage ne peut pas avoir été publié sous le règne de Théodose, voire même lui avoir été dédié. À tort ! On trouve des raisonnements providentialistes païens absolument identiques dans des textes adressés aux empereurs chrétiens, et notamment à Théodose : le Discours 24 de Libanios sur la nécessité de venger Julien et la Relatio 3 de Symmaque sur l’autel de la Victoire. Cette source païenne, se terminant en 383, ne pouvait en revanche en aucune manière comporter la démonstration providentialiste quasi complète que nous lisons chez Zosime, possible seulement après 410. Il se trouve par ailleurs que cette démonstration providentialiste se déploie chez Zosime avec une cohérence totale avant et après la coupure de 5, 25 (passage chez Zosime d’Eunape à Olympiodore), donc aussi bien dans la partie eunapienne que dans la partie olympiodorienne. Vu que Zosime – cela est très largement reconnu – est tout à fait incapable de construire un récit autonome, je suis conduit à partager l’hypothèse de Baldini qu’il a dû exister un ouvrage qui, prenant appui sur la chaîne des sacrilèges exposés dans la source païenne (Flavien ?), en continue et développe le récit et les conséquences pour la période 383–410, la prise de Rome par Alaric couronnant définitivement l’enchaînement des crimes et des châtiments. La cohérence idéologique de Zosime avant et après 5, 25 nous contraint je crois à admettre l’existence d’un tel ouvrage, et à formuler l’hypothèse qu’il a été exploité aussi bien par Eunape que par Olympiodore. Comment faut-il se représenter ce texte ? Non pas tant, je pense, comme un récit d’amples dimensions, une sorte d’antiorosienne Historia aduersus christianos, que plutôt comme un pamphlet concis ressemblant à un de mortibus antilactancien aboutissant à la même conclusion : µὴ θεοµαχεῖν :19 le raisonnement est le même, mais il ne s’agit pas des mêmes divinités ! C’est à mon sens l’apparition de ce pamphlet après 410 qui a incité Eunape à enfin réaliser le projet longuement caressé d’entreprendre une seconde édition de son ouvrage historique, dont la rédaction, nous l’avons vu plus haut, se situe après 414. 18 19

Cf. Paschoud 2006, 386–388. Sur la destinée littéraire des « ennemis de dieu », on consultera toujours encore avec profit l’étude de Nestle 1936, 246–269.

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Si le modèle que je propose dans les lignes qui précèdent correspond à la réalité, il faut admettre que la démonstration providentialiste se présente de manière plus complète et cohérente dans la seconde édition que dans la première, surtout si l’on me suit dans l’idée que l’ouvrage achevé devait, dans l’intention de son auteur, comporter le récit de la catastrophe de 410. Une grande période de décadence commençait avec l’abdication des deux Augustes de la première tétrarchie en 305 et s’achevait en 410 avec la prise de Rome. Dans cette perspective, tout ce qui précédait 305 perdait de son intérêt. Mais, m’objectera-t-on, la seconde édition commence en 270, et pas en 305. Assurément, répondrai-je, mais il y avait de bonnes raisons de commencer en 270. 1) Cela permettait d’englober la catastrophe de Palmyre avec la victoire d’Aurélien pour laquelle Eunape avait de toute évidence une documentation précise dans ses dossiers, et qui s’achevait par une considération providentialiste selon laquelle la fin de Palmyre constituait un parallèle en plus petit et une annonce de la future chute de Rome, comme cela apparaît très clairement chez Zosime 1, 57–58, et surtout 1, 58, 4. 2) La date de 270 permettait à Eunape de se poser en continuateur de Dexippe tout en prenant le contrepied de ce dernier quant à la chronologie et en se plaçant ainsi dans l’auguste tradition littéraire inaugurée par Thucydide en critiquant son prédécesseur. La justification du rejet de toute chronologie exacte dans la préface de la seconde édition était fonctionnelle du fait que plusieurs des démonstrations providentialistes païennes étaient fondées sur des falsifications chronologiques (conversion de Constantin, refus du grand pontificat par Gratien, suspension du financement des cultes païens par Théodose). 3) Commencer en 270 permettait en outre de parler de deux empereurs païens victorieux dont les succès préparent ceux de la tétrarchie, Aurélien et Probus. En outre, Wolfram Brandes, durant le colloque, a fait observer que, à d’autres points de vue aussi, l’an 270 constituait une coupure: pour la première fois Aurélien instituait, avec le culte solaire, une véritable religion moderne d’État. Enfin ce prince est le premier qui intervient autoritairement dans le règlement d’un problème interne de l’Église chrétienne en décidant de l’expulsion de Paul de Samosate du siège épiscopal d’Antioche. Pour ce qui concerne la fin de la première édition, j’en reste au point de vue opposé à celui de Baldini que j’ai depuis toujours défendu, à savoir qu’elle s’achevait avec la mort de Théodose en janvier 395. J’appuie cette affirmation sur un texte à mon avis d’une clarté limpide qui a déjà été cité en partie plus haut, Eunape, uitae sophistarum 7, 3, 4 Giangrande : […] καὶ οὐκ εἰς µακρὰν πολλῶν καὶ ἀδιηγήτων ἐπικλυσθέντων κακῶν, ὧν τὰ µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς τῆς ἱστορίας εἴρηται, τὰ δέ, ἐὰν ἐπιτρέπῃ τὸ Θεῖον, λελέξεται, ὁ [τε] Ἀλλάριχος ἔχων τοὺς βαρβάρους διὰ τῶν Πυλῶν παρῆλθεν […]. Parmi les maux qui ont accablé la Grèce, les uns ont déjà été narrés dans la première édition, il s’agit de l’extirpation des cultes païens en Grèce dès 392, les autres le seront dans la seconde édition, il s’agit de l’invasion d’Alaric en Grèce en 395–396. J’en viens à la mention de Polybe et au motif des cinquante-trois années qui, selon cet historien, ont vu la très rapide expansion de l’Empire romain (Zosime 1, 1, 1 et 1, 57, 1). Ce motif tiré de la littérature grecque ne peut guère être issu d’une source occidentale, ni être attribué à l’invention de Zosime. Il d’agit donc

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d’ajouts appartenant en propre à Eunape. Le fait que la donnée chiffrée précise de 1, 1, 1 soit reprise en 1, 57, 1 par une double expression plus vague, ἐν ὀλίγῳ χρόνῳ, ἐν οὐ πολλῷ χρόνῳ montre à mon avis que le parallèle entre expansion et rétrécissement de l’Empire joue non pas sur un nombre précis d’années, mais sur une période à peu près identique. Pour moi, le début de l’écroulement de l’Empire romain est marqué par un fait sans précédent, à savoir la cession, dans un traité de paix, d’une partie du territoire romain à Sapor en 363. L’idée dominante est celle de l’extension territoriale de l’Empire et la progressive réduction de celle-ci. Dès cette date, l’Empire se réduit peu à peu comme un peau de chagrin : 1, 58, 4 ἡ Ῥωµαίων ἀρχὴ κατὰ βραχὺ βαρβαρωθεῖσα εἰς ὀλίγον τι. Quarante-sept ans plus tard, Alaric s’empare de Rome, l’Empire n’existe plus que dans sa capitale, laquelle est à son tour la proie des Barbares, καὶ αὐτὸ διαφθαρέν. J’aborde pour terminer le point le plus délicat, à savoir une précision fournie par Photios sur l’aspect des deux éditions qu’il a eues à disposition. Il s’agit du sens d’une phrase à faire damner un régiment de philologues, 54a, 36–39, ἀµφοῖν δὲ ταῖς ἐκδόσεσιν ἐν παλαιοῖς ἐνετύχοµεν βιβλίοις, ἰδίως ἑκατέραν ἐν ἑτέρῳ τεύχει καὶ ἑτέρῳ συντεταγµένην · ἐξ ὧν αὐτῶν καὶ τὴν διαφορὰν ἀναλεξάµενοι ἔγνωµεν. Je remercie ici Markus Stein qui, étant intervenu sur ce point dans la discussion, a eu l’amabilité de me remettre une note écrite résumant son point de vue. J’énumère diverses interprétations qui ont été proposées. Henry 1959, 159– 160 :« Nous avons trouvé ces deux éditions dans de vieux exemplaires ; dans l’un, chacune des deux était à part, dans l’autre, elles étaient combinées. C’est d’après ces éditions mêmes que nous avons, à la lecture, constaté la différence entre elles ». Goulet 1980, 68 : « Nous avons trouvé ces deux éditions dans de vieux exemplaires, chaque édition étant disposée à part en deux tomes distincts ».20 Baldini 1984, 220 propose une traduction en italien équivalant à la traduction française d’Henry. Baldini (ibid., 222) propose une traduction alternative, proche de celle de Goulet. Blockley 1983, 5 : « I have come across both editions in old collections : in one case each was separate, in another on the same roll ». Moi-même (Paschoud 2006, 185) : « Nous sommes tombé sur les deux éditions dans de vieux livres, chacune des deux à part dans un exemplaire, et dans l’autre réunies. » Markus Stein pense que les mots ἐν ἑτέρῳ τεύχει καὶ ἑτέρῳ συντεταγµένην ne forment qu’une seule expression, « dans un volume et dans un autre volume », chacune des deux éditions constituant un τεῦχος séparé. Elle équivaudrait à ἑκατέραν ἐν ἑκατέρᾳ τεύχει συντεταγµένην. Il fait à juste titre observer que συντεταγµένην signifie « mis ensemble », apparemment à la suite l’une de l’autre. Si Photios avait voulu parler d’un exemplaire avec les deux éditions combinées, mélangées, il aurait plutôt dit µεµειγµένην ou σύµµεικτον. J’avoue être incapable de trancher

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Goulet 1980 modifie à la suite de Bekker le texte des mss reproduit par Henry 1959 il lit ἑκατέρᾳ et συντεταγµένῃ. La syntaxe se trouve ainsi normalisée, le verbe ἐνετύχοµεν étant de cette manière régulièrement construit avec deux datifs. Le texte des mss présente une anacoluthe, ou peut-être une sorte d’accusatif absolu.

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entre ces diverses possibilités, et au fond ne pas comprendre la phrase de Photios. Contrairement à ce que j’ai soutenu à Düsseldorf, il me semble maintenant assez difficile de me fonder sur elle pour imaginer l’existence d’un exemplaire dans lequel les deux éditions auraient été d’une manière ou d’une autre mélangées. Je me demande cependant si Photios a vraiment compris ce que constituaient les divers volumes qu’il a eus en main. Le moins qu’on puisse dire est qu’il s’est exprimé d’une manière fort obscure. À défaut de pouvoir bien saisir le mécanisme qui aboutit aux livres 1–2 de Zosime tels que nous les lisons aujourd’hui à partir de ce qui constituait à l’origine les deux éditions d’Eunape dont je crois pouvoir désormais maintenir que l’une était µετὰ Δέξιππον et l’autre pas, il me semble qu’on peut du moins se replier sur une ambition plus modeste : tenter de procéder à l’inventaire, dans ce que nous avons de Zosime 1–2,21 de ce qui peut provenir de l’une ou de l’autre édition, en partant axiomatiquement du double fait que la seconde commence en 270 et traite en un seul livre de la période 270–355, tandis que la première, dans la perspective de l’hypothèse de Baldini, commence avec Auguste, et traite avec beaucoup plus de détail que la seconde la période d’Auguste à 355. 1, 1, 1 : Polybe et les cinquante-trois années. Élément de polémique antichrétienne focalisé sur la décadence de l’Empire. Se trouvait certainement dans la préface de l’éd. 2, mais a été omis par les excerpteurs pour des raisons idéologiques, et n’apparaît donc pas dans Eunape, fr. 1. 1, 1, 2–1, 5, 2a : Motif de la succession de périodes fastes et néfastes, illustré par une très bref résumé de l’histoire gréco-romaine de la Guerre de Troie à Auguste. Il s’agit là aussi d’un thème de propagande païenne, illustré également par l’Histoire Auguste.22 Concrètement, après le règne catastrophique de Théodose, les hauts et bas de l’histoire romaine permettent d’espérer une nouvelle période heureuse, comme ce fut dans le passé avec l’avènement de la tétrarchie. Tout cela a bien sûr été laissé de côté par les excerpteurs chrétiens, si du moins cela figurait dans la préface de l’éd. 2. Chez Zosime en effet, cette partie débouche sur le récit progressivement plus étoffé de la période qui va de Tibère à Claude II, lequel manquait dans l’éd. 2. Je ne sais pas comment résoudre cette difficulté. 1, 5, 2b–4 : Critique du régime monarchique. C’est là un troisième thème de polémique antichrétienne, qui cependant ne devient compréhensible pour le lecteur que quand il a pris connaissance de l’ensemble de l’Histoire nouvelle : il sait alors que, selon l’interprétation proposée par cette œuvre, le triomphe du christianisme est dû exclusivement à la décision autocratique de quelques empereurs : Constantin, Gratien, Théodose. Le sens implicite du passage ici examiné est que, dans un régime oligarchique ou démocratique, des décisions aussi lourdes de

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L’abondance accrue des fragments équivalant à Zosime 3, 1–5, 25 permet d’affirmer catégoriquement que, pour cette section de son livre, Zosime dépend exclusivement de la seconde édition. Cf. Paschoud 2001 a, 335–346, ainsi que Paschoud 2001 b, 324 et 332–337.

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conséquences n’eussent pas pu être prises aussi facilement. Grâce à quelques mots hélas gravement mutilés dans le « carbonaccio », nous avons la preuve que ce thème était aussi abordé dans la préface d’Eunape 2 : exc. sent. p. 75, 19 Boissevain Ὅτι ἐξουσία ἐστὶ […] πονηρας […].23 Observons au passage que les excerpteurs constantiniens n’ont pas compris le caractère implicitement antichrétien de cette polémique antimonarchique : si tel n’avait pas été le cas, ils eussent évité de conserver ce passage dans leurs extraits. On notera en outre que la polémique antimonarchique réapparaît dans Eunape fr. 48, à propos de Théodose. Avant de quitter la préface de Zosime, il convient encore d’observer que la polémique contre la chronologie précise qui occupe une si grande place dans la préface d’Eunape 2 y est omise, ce qui prouve que Zosime –cela n’étonnera personne ! – n’en a pas compris la signification. Globalement, on constate que le seul élément commun entre la préface d’Eunape 2 et la préface de Zosime est la polémique antimonarchique, échappée par miracle aux excerpteurs chrétiens. Pour le reste, le double effet de leur vigilance et de la sottise de Zosime a oblitéré les liens entre ces deux textes. 1, 6–46 Histoire de l’Empire d’Auguste à Claude II. Il est évident que rien dans cette section ne peut provenir d’Eunape 2. Je rappelle au passage que 1, 23– 46, traitant surtout des guerres contre les Goths, contient essentiellement (exclusivement ?) du matériel provenant de Dexippe, sans doute plutôt de la Chronique que des Scythica.24 Mais il faut souligner que la diction de tout ce passage contient des « eunapismes », mais nullement les « thucydidéismes » si caractéristiques du style de Dexippe.25 Pour la longue période 270–355, qui était traitée dans Eunape 2, mais de manière beaucoup trop concise pour avoir alimenté Zosime 1, 47–2, 55, on ne peut faire que quelques constatations éparses. L’histoire de la grandeur et de la chute de Palmyre occupe les chapitres 1, 50–1, 61, 1, avec une insertion providentialiste en 1, 57–58. L’épisode de Lydios à Cremna s’étale en deux longs chapitres en 1, 69–70. La digression sur les Jeux Séculaires occupe les chapitres 2, 1–7, avec une conclusion providentialiste en 2,7. L’histoire de la lutte contre Magnence occupe les chapitres 2, 44–54. Ce sont là quatre sections qui pourraient avoir été fortement abrégées dans Eunape 2 par rapport à Eunape 1, sauf pour ce qui concerne les commentaires providentialistes bien délimités en 1, 57–58 et 2, 7. Les fr. 2–7a d’Eunape, dont trois lui sont attribués conjecturalement, ne sont pas de nature à suggérer l’existence dans Eunape 2 de développements hors de proportion avec ce que nous lisons dans les passages correspondants de Zosime.26 Il n’y a certes pas

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Il vaudrait la peine de procéder à un réexamen de cette partie du « carbonaccio » avec les moyens techniques actuels. C’est ce qu’a fait Martin 2006 pour des fragments de Dexippe. Cf. Paschoud 1991. Cf. à ce sujet Martin 2006. Signalés dans Paschoud 1979 I², 290–293.

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lieu d’exagérer la portée de ces observations. Elles peuvent néanmoins donner éventuellement une idée du rapport qui existait entre Eunape 1 et Eunape 2. Au terme de cet exposé, je tiens à insister sur le fait que l’abondance de points d’interrogation que suscite l’ouvrage historique d’Eunape ne laisse le choix qu’entre deux voies : un scepticisme général, ou des hypothèses risquées. Je suis parfaitement conscient du caractère fortement conjectural ce qui précède. Puisse le lecteur y trouver au moins une stimulation pour tenter à son tour de faire pénétrer quelque lumière dans l’enfer de cette selva oscura. Le lecture de la très intéressante contribution d’Udo Hartmann (ci-dessous, p. 51–79) m’amène à répondre à deux de ses affirmations : 1) Il n’y a pas de développements providentialistes dans les fragments conservés de l’ouvrage historique d’Eunape (cf. infra 61f). Cela est parfaitement vrai. Mais précisément il ne s’agit que de fragments. Comment savoir si il n’y avait pas de tels développements dans les parties non conservées ? Les excerpteurs de Constantin Porphyrogénète étaient chrétiens. Il me paraît par conséquent hautement invraisemblable qu’ils aient introduit, afin de les sauver pour l’avenir, des passages de tonalité hostile à la prédominance du christianisme et favorables à la survie des cultes païens. 2) Les développements providentialistes qu’on lit dans l’Histoire nouvelle sont des ajouts de Zosime lui-même à la trame du récit historique d’Eunape (cf. infra, p. 63). L’extrême maladresse de la suture à l’endroit où Zosime passe d’Eunape à Olympiodore (après 5, 25) nous prouve qu’il est très emprunté quand il s’agit de lier des développements appartenant à deux trames narratives différentes. Or, de telles maladresses ne s’observent ni avant, ni après aucun des développements providentialistes. Bien au contraire, ceux-ci sont intimement liés au contexte. 2, 29, le récit de la conversion de Constantin, constitue le pivot central de récit du règne de cet empereur, tous ses succès sont placés avant, tous ses revers après, au mépris de la chronologie. C’est notamment le cas pour les réformes institutionnelles censurées, placées chez Zosime après 2, 29, alors qu’elles sont en bonne partie antérieures à la mort de Crispus et de Fausta. De même, le récit de la fin du grand pontificat, lié par la notion de pont à ce qui précède, est annoncée par la falsification consistant à faire mourir Gratien sur un pont, alors qu’en fait il n’a été que arrêté sur un pont, détail en soi insignifiant, mais tué peu après au cours d’un banquet. Quant au développement de 4, 59, qui déplace les mesures antipaïennes de 382 en 394, il crée un lien avec la mort de Théodose à un moment très critique, en châtiment de son impiété. Il est donc exclu que le maladroit Zosime ait pu rajouter si opportunément des éléments de son cru dans une trame étrangère.

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4. IPOTESI BALDINI NON CONDIVISE DA PASCHOUD (A.B.) 4.1. Una mia posizione attuale di incertezza Un punto è tenuto fermo in comune: via Zosimo, in Eunapio è presente una fonte occidentale senatoria di Roma, pagana, e di scarso peso è la questione su che nome darle. La differenza consiste nel fatto che Paschoud la ritiene presente anche nella prima edizione della Storia di Eunapio, che accetta essere fonte del primo libro della Storia Nuova di Zosimo. Diversamente, a me pare che in tutto il suddetto primo libro non vi sia alcuna traccia di una qualche fonte occidentale: di conseguenza, l’intera Prefazione della Storia Nuova risale all’Eunapio della prima edizione, di cui rivendico l’originalità di pensiero espressa nel richiamo a Polibio ed al suo dato dei cinquantatré anni, ed a quanto espresso nei pochi primi capitoli che introducono ad Augusto; ma su questo dirò ancora qualcosa più avanti. In Zosimo, a partire dal secondo libro (che è separato dal primo da una lacuna nel manoscritto di 16 pagine, si badi) sono estremamente evidenti le tracce della fonte occidentale: secondo me, il vero e proprio rifacimento che si definisce „nuova edizione“ è dovuto alla conoscenza da parte di Eunapio di questa stessa fonte occidentale. Il passaggio in Zosimo dalla prima alla seconda edizione, a me pareva di collocarlo tra gli attuali libro primo e secondo, senza rendermi conto delle difficoltà che il suggerimento comportava. Le conversazioni che a Düsseldorf si sono svolte ai margini del Colloquio mi inducono ora a fare, come si suol dire, marcia indietro, e a lasciare per lo meno sospesa la questione. Si tratta di questo: la seconda edizione della Storia di Eunapio era in 14 libri; nel „carbonaccio“ degli Excerpta de Sententiis, accanto all’Escerto 527 c’è una nota – atramento – che recita ΠΡΟΟΙΜΙΟΝ ΤΟΥ Β ΛΟΓΟΥ; il frammento dice che nella parte precedente (ἐν τοῖς ἔµπροσθεν) si sono raccontati velocemente gli avvenimenti dalla fine della composizione di Dexippo (270 d. C.) fino agli esordi del regno di Giuliano: osservando le proporzioni rispettive, si vede che è piuttosto difficile che un solo libro di Eunapio sia alla base di quanto è in Zosimo da Aureliano a Costanzo II inclusi. Il mio suggerimento era che l’amanuense si fosse confuso: trovandosi in presenza di un secondo Proemio, lo abbia scambiato per un libro; anche perché, se i libri erano 14, ci sarebbe da pensare ad altrettanti Proemi. Così risolvendo ho comunque fatto violenza ad un dato testuale, riconosco, ed il procedere secondo quello che fa comodo non è il più rigoroso: lascio quindi la questione, senza avere la possibilità, per incapacità, di proporre una qualche soluzione. Ora esporrò gli argomenti su cui tengo ad essere preciso circa le mie opinioni, che fino ad ora hanno subito le variazioni dovute al passare del tempo: in questo senso, che c’è un certo numero di punti estremamente particolari e minuziosi, la

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76, 14–77, 5 Boissevain 1906. Cfr. 76, in apparato a 14; ed anche Müller 1851, fr. 8, 15.

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cui soluzione non porta nessun cambiamento al complesso dell’edificio, e questi punti particolari li tralascio deliberatamente. Mi permetto ancora un’avvertenza ed una raccomandazione al contempo: in quanto segue, c’è concordia discors, per cui è imprescindibile almeno le lettura preliminare del contributo di Paschoud in questo stesso volume. Le ripetizioni non vogliono essere prese come ridondanze, ma semplicemente come riprese di punti senza i quali il mio ragionamento rischia di poggiare sul vuoto. 4.2. Cautele su Fozio In via preliminare, una acquisizione tutta personale che mi è venuta studiando Olimpiodoro di Tebe e in parte Filostorgio, è che è opportuna una sana diffidenza quando si ha a che fare con il patriarca Fozio. Il Patriarca non mostra di seguire un suo criterio fisso, che sia valido per tutti i codices della sua Bibliotheca; in linea di massima, la sua attenzione è sullo stile degli autori che recensisce, o se è il caso sulla loro ortodossia religiosa: si parla a giusto titolo di „maniere“ di Fozio. Per la mia esperienza, una delle „maniere“ di Fozio consiste in questo: il Patriarca mostra una specie di ansia di completezza, per quanto riguarda la comprensione, e sembra che non voglia mai dare l’impressione di lasciare trascurato qualcosa; la lettura delle opere non è quasi mai completa dall’inizio alla fine, ma quando muove un rilievo o fa un’osservazione si sforza di trarne le conseguenze che a parer suo sono logiche, e quindi rispondenti a realtà: è quindi rischioso appropriarsi integralmente delle sue affermazioni, quasi fossero oro colato. Queste cautele vanno applicate quando si legge la recensione di Fozio ad Eunapio (e anche Zosimo), la quale è comunque un elemento costitutivo fondamentale nel dossier relativo allo storico di Sardi. 4.3. Le due edizioni Quello di due edizioni da parte di un medesimo autore di una medesima opera storica è caso direi se non unico almeno raro nella storiografia antica, e costituisce il tema di fondo su cui ho le maggiori difficoltà ad adeguarmi al modello Paschoud. In sostanza, noi parliamo di due edizioni, una prima ed una seconda (come Fozio del resto28), perché siamo a conoscenza di una Storia che portava il titolo di „nuova edizione“ (come Fozio, del resto), e logicamente ne deduciamo l’esistenza di una prima (come Fozio del resto? Ma lui dichiara di averla vista). Questa „prima edizione“, viene naturale identificarla con quella cui Eunapio stes-

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Phot. bibl. cod. 77 (54a / I 159, 26–27 Henry): Δύο δὲ πραγµατείας τὴν αὐτὴν περιέχουσας ἱστορίαν συνεγράψατο, πρώτην καὶ δευτέραν.

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so rinvia nelle sue Vite dei Sofisti29 (giunte intatte, ed ignote a Fozio): qui si afferma la diversità di racconto per un medesimo episodio, dovuta alla diversità dei generi, come pure il proposito di continuazione con altri avvenimenti. Sembrerebbe che l’opera storica di Eunapio fosse in realtà una sola, ma una sorta di work in progress. Ma questa immagine è solo un desiderio dell’autore, perché le due opere avevano punti di inizio differenti (la prima Augusto, la seconda Aureliano), si è visto. La seconda edizione (quella che bene o male conosciamo) non era un proseguimento della prima, ma un rifacimento. Questa constatazione, è quella che mi ha condotto a ritenere che il motivo del rifacimento sia stato il confronto con la fonte latina occidentale, di cui già si è detto. Questo spiega quanto di „occidentale“ (o „flavianeo“) si riscontra in Zosimo a partire dal libro secondo. Logicamente, di solito, un rifacimento, disponendo già del materiale di base, comporta meno tempo di un’elaborazione ex novo. L’attività di Eunapio è scandita secondo tre momenti: prima edizione della Storia, Vite dei Sofisti, seconda edizione della Storia. Le Vite dei Sofisti furono composte nel 399 / 400 d. C.;30 alla seconda edizione Eunapio lavorava ancora nel 414 / 415 d. C.: 15 anni per un rifacimento. Altrettanto tempo, se non di più, sarà occorso per redigere ex novo un’opera storica: se a 400 sottraiamo 14 o più, arriviamo nel pieno del regno di Teodosio. Non si scrive dell’imperatore regnante, quindi la materia almeno della prima opera storica non sembra dovesse comprendere il regno di Teodosio (sotto cui forse Eunapio scriveva), ma al massimo comprendeva l’immediata vigilia dell’avvento di questo imperatore, così funesto per il paganesimo. 4.4. Il codice 77 di Fozio Fin dall’incipit il codice 77 della Bibliotheca di Fozio31 si presta ad osservazioni: Ἀνεγνώσθη Εὐναπίου χρονικῆς ἱστορίας τῆς µετὰ Δέξιππον, νέας ἐκδόσεως, ἐν βιβλίοις τεσσαρεσκαίδεκα. Considerando accettata la proposta di conferire a τῆς una funzione attributiva, ed anche di ritenere più vicino al vero il testo degli Excerpta de Sententiis, come già visto sopra, resta da spiegare il titolo che si ricava da Fozio: „Fu letta di Eunapio la Storia in forma di Cronaca, quella dopo Dexippo, e cioè la nuova edizione in quattordici libri“. Così come la definisce Fozio, dal titolo la Storia di Eunapio parrebbe in contraddizione con la violenza alla cronologia che noi moderni riscontriamo, ma soprattutto con la polemica verso il modo

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I passi delle Vite dei Sofisti in cui Eunapio rinvia alla sua opera storica sono raccolti da Paschoud 2006, 63–164. Cf. Banchich 1984, 83–192. Phot. bibl. cod. 77 (53b / I 158, 34–35 Henry).

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di scrivere storia secondo scansione cronologica, proprio delle Cronache.32 Siamo già in presenza di uno di quei casi in cui è necessaria cautela prima di dare fiducia a Fozio: non importa citare anche solo brani del fr. 1 Müller (Prefazione all’opera intera, di necessità vista per prima dal Patriarca), per vedere con quanta frequenza compaia la parola „Cronaca“; solo che Fozio non si è accorto (perché non ha letto con la dovuta attenzione) del tenore polemico del passo: da qui la notizia che l’opera di Eunapio era una „Storia in forma di Cronaca“. Quello che resta è che nella cosiddetta nuova edizione la Storia di Eunapio prendeva inizio dalla fine dell’opera di Dexippo; e la conferma si ha da Eunapio stesso, nel fr. 8 Müller (FHG IV 15–16 = Excerpta de Sententiis, 5, partic. 76, 14–16 Boissevain): „Gli avvenimenti dunque che dalla fine della composizione di Dexippo si distendono fino ai tempi di Giuliano sono stati esposti nelle parti precedenti a sufficienza come era al meglio possibile per chi correva attraverso le cose necessarie […]“. La menzione del regno di Claudio II come termine dell’opera di Dexippo e come punto iniziale di quella di Eunapio, Fozio deve averla trovata nella Prefazione stessa di Eunapio. 4.5. Un intervento personale del Patriarca … […], però, mi sembra di poterlo cogliere nella definizione dell’episodio finale. Il contesto, si è bene accorto essere il regno di Arcadio e Onorio, figli di Teodosio, ma le sue peculiarità gli hanno fatto compiere un intervento tutto personale su di un aspetto particolare. Secondo Fozio, Eunapio pone termine alla sua Storia quando la moglie di Arcadio, incinta e vittima di un aborto, perse la vita (404 d. C.), ma soprattutto quando Arsacio cominciò ad esercitare la sua funzione sacerdotale essendo stato posto sul trono arcivescovile, dopo la deposizione della bocca d’oro della chiesa Giovanni.33 Giovanni (Crisostomo) certo compariva nella parte finale della Storia di Eunapio, ma, a giudicare dal riflesso Zosimo, come un suscitatore di disordini, trattato negativamente senza nessun appellativo. Escluderei che in Eunapio Fozio possa avere trovato la definizione di Giovanni come di τοῦ χρυσοῦ τῆς ἐκκλησίας στόµατος, riprendendola tale e quale; così come dubito che in Eunapio fosse esattamente detto che Arsacio […] εἰς τὸν ἀρχιερατικὸν θρόνον ἀνηγµένος ἱεράτευεν: sono interventi, a parer mio, dovuti alle idiosincrasie di Fozio, su una notizia certo fornita in maniera più prosaica.

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Tutto il fr. 1 Müller (FHG IV, 11–13 = exc. sent., 1, 71, 12–75, 18 Boissevain) batte su questo tasto, e già si è visto come l’insistere su questo tema abbia valore strumentale al proprio modo di costruzione di falsi attraverso l’assemblaggio di elementi veri. Phot. bibl. cod. 77 (53b–54a / I 158, 37–44 Henry).

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4.6. Fozio e le due edizioni Poco oltre c’è un passo che è all’origine di una problematica che allo stato sembra difficile a chiudersi. Phot. bibl. cod. 77 (54a / I 159, 26–160, 3 Henry): „Egli poi ha composto due opere (πραγµατείας) contenenti la stessa storia, una prima ed una seconda; e nella prima sparge molta diffamazione contro la pura fede di noi cristiani, ed esalta la superstizione ellenica, rivolgendo molte calunnie ai pii imperatori; nella seconda, quella che intitola anche nuova edizione (νέαν ἔκδοσιν) reprime la grande tracotanza ed insolenza che spargeva contro la pietà, ed avendo poi connesso il restante assieme della materia storica, lo intitola, come dicemmo, nuova edizione, che ancora mostra molto del livore di quell’altra. Abbiamo trovato queste due edizioni in antichi esemplari: in uno ciascuna delle due era a parte, nell’altro, erano combinate. Da queste stesse edizioni, alla lettura, abbiamo constatato la differenza tra loro: Ἀµφοῖν δὲ ταῖς ἐκδόσεσιν ἐν παλαιοῖς ἐνετύχοµεν βιβλίοις, ἰδίως ἑκατέραν ἐν ἑτέρῳ τεύχει καὶ ἑτέρῳ συντεταγµένην· ἐξ ὧν αὐτῶν καὶ τὴν διαφορὰν ἀναλεξάµενοι ἔγνωµεν. (Non mi sembra lecito correggere il testo tradito con un più facile συντεταγµένῃ)]. Fozio trae le conseguenze (οὖν) da quanto detto nella parte finale della recensione, dalla linea 39 alla linea 45 di p.160 dell’edizione Henry: „Accade dunque che nella nuova edizione molti dei passi si trovano ad essere oscuri per gli avvenuti tagli dei contenuti letterali, sebbene egli sia studioso della chiarezza; ma in qual modo non so dire, non avendo ben raccordato i discorsi (libri) secondo i tagli, danneggia l’intelligenza dei lettori. Con ciò è finito.“ Da più parti, in sintesi, si osserva che è difficile immaginare un codice come quello descritto da Fozio, con due edizioni combinate: le sconnessioni di cui si lamenta Fozio possono esser dovute alla morte, che ha impedito ad Eunapio di rifinire l’opera; ancora, la data finale, 404 d. C., non ha in sé nulla di epocale, e non coincide con la fine di nessun regno; ed altro ancora si osserva, che qui non mette conto riferire. La mia traduzione, che ora propongo, del brano di Fozio, dalla linea 37 di p. 159 fino alla linea 3 di p. 160 dell’edizione Henry, è la seguente: „Leggemmo (ci imbattemmo in) ambedue le edizioni in antichi esemplari, ordinate ciascuna separatamente dall’altra, una in un volume, l’altra in un altro: da queste stesse avendo letto comprendemmo la differenza tra loro“. Con questa traduzione si rende possibile a chi lo volesse accedere ad ambedue le edizioni. Gli esemplari erano antichi ai tempi di Fozio, ma forse non erano così antichi ai tempi di Zosimo, che poté quindi prendere visione per la sua µεταγραφή di ambedue le edizioni. 4.7. Considerazioni sul codice 77 Posizioni da me tenute un tempo devono ora essere sfumate alla luce di più recenti esperienze con Fozio. Si può anche pensare che buona parte del codice 77 debba la sua ragion d’essere alla voglia del Patriarca di fare sfoggio di completezza e di chiarezza. Fozio ha visto un codice con l’intestazione „nuova edizione“; è stato

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colpito dalla stranezza del fatto, ed ha cercato una spiegazione, per sé e per il lettore: l’esemplare che ha per le mani è una „seconda edizione“, che ragionevolmente ne presuppone una prima, di necessità (per Fozio) diversa. Nell’esemplare tra le mani Fozio ha colto caratteristiche di stile, e soprattutto si è accorto dell’anticristianesimo dell’autore, nelle critiche a Costantino e nell’esaltazione di Giuliano. Ma il resto potrebbe essere il frutto della volontà di portare a conclusione una recensione in termini plausibili. Il suo punto di partenza è l’esistenza concreta di una seconda edizione; il presupposto è quindi l’esistenza di una prima, che può anche non avere mai visto. Alla domanda sul perché di una seconda edizione, trova risposta in un addolcimento dell’anticristianesimo. La nostra (mia) risposta è nel confronto con un’opera di spiriti „flavianei“. Ma per conferire autorevolezza alla sua, di risposte, Fozio dice di avere potuto fare un confronto fra i due esemplari, in un periodo confuso perché è il riflesso della confusione di Fozio stesso. Questa confusione, in Fozio, ha origine dalla dichiarazione che ambedue le opere storiche coprivano lo stesso arco cronologico con gli stessi avvenimenti (Δύο δὲ πραγµατείας τὴν αὐτὴν περιέχουσας ἱστορίαν συνεγράψατο, πρώτην καὶ δευτέραν: 159, 26–27 Henry). Si potrebbero fare altre considerazioni dello stesso tenore, ed il risultato sarebbe comunque di esortare alla prudenza, e non lavorare sui dati di Fozio come su solidità. L’unica nozione su cui mi sento abbastanza sicuro, è che l’Eunapio su cui possiamo lavorare è quello della seconda edizione della Storia. 4.8. Ripresa sulle due edizioni La nuova edizione della Storia di Eunapio iniziava col 270 d. C. e si interrompeva al 404 d. C.: e questo mi pare essere un dato certo. Questa seconda edizione è stata trascritta da Zosimo, come dice Fozio, che conosce a modo suo sia Eunapio che Zosimo. Nella Storia Nuova gli sviluppi provvidenzialistici anticristiani sono intimamente connessi al tessuto narrativo: e Zosimo non può averli trovati altrove e averli incollati secondo un suo progetto, ma questi stessi sviluppi dovevano essere presenti nella sua fonte, in cui componente ideologica e componente narrativa erano fuse. Il fatto è che Zosimo comincia prima del 270 d. C. e finisce dopo il 404. Per la parte finale, il problema delle fonti è praticamente risolto: tra 5, 26 e 5, 27 attuali Zosimo è passato ad usare Olimpiodoro di Tebe. Per la parte iniziale, l’idea è che tutto quanto l’attuale libro primo della Storia Nuova dipenda dalla „prima edizione“ della Storia di Eunapio, disponibile a dire di Fozio in „antichi esemplari“ ai tempi suoi, ma non tanto antichi ai tempi di Zosimo. Una tenue conferma si è aggiunta quando si è notato che l’Escerto de Sententiis 2, alla linea 19 di p. 75 Boissevain, contiene un brandello di frase (Ὅτι ἐξουσία ἐστὶ πονεράς) che sembra appartenere ad un brano di critica del potere assoluto, rinviando alla critica del potere monarchico presente in Zosimo 1, 5. Mi sento di avvicinare anche l’Escerto de Sententiis 48 (fr. 48 Müller, FHG IV 35), alle linee 1–10 di pagina 87 Boissevain, particolarmente linee 1–3: „L’imperatore Teodosio, avendo preso simile

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potere ed impero, rese piena testimonianza agli antichi (παλαιοῖς) quanto grande male sia il potere […].“ Τὸ παλαιόν può anche avere il valore avverbiale di „precedentemente“; ma il mio suggerimento è che sia una citazione di rimando alla prima opera storica, del tipo di quella nel frammento 41 Müller (FHG IV 30–31), che è l’Escerto de Sententiis 39, in particolare alla linea 21 di pagina 84 Boissevain: Τὰ µὲν οὖν πρῶτα τῆς συγγραφῆς. L’impressione forte, è che il rifacimento della seconda edizione non comportasse un rinnegamento o un’espunzione di quanto era nella prima. 4.9. Ricorso alle Vite dei Sofisti Il ragionamento si può articolare nella seguente maniera: per quanto pertinenti a due generi letterari diversi, con proprie regole di forma e di contenuto, le Vite dei Sofisti (giunte praticamente intatte) e la Storia (giunta per frammenti) sono state composte da una medesima persona. Sul piano della dichiarazione dei principi, il pensiero di Eunapio mostra una sua coerenza interna. Nella Prefazione alle Vite dei Sofisti, Eunapio espone i criteri per raccontare una storia filosofica delle vite degli uomini migliori, a 2, 2, 5, pp. 4, 22–5, 3 Giangrande: „Ed io ho intrapreso questo scritto in modo da non trascurare o con il silenzio o con la malevolenza quante cose per sentito dire o per lettura o per indagine sugli uomini del mio tempo sono venuto a sapere, ma venerando solo quanto era sul vestibolo o sulla porta della verità in modo da trasmetterle a quanti in futuro vogliano ascoltarle o abbiano la possibilità di spingersi verso l’eccellenza“; e subito di seguito (2, 2, 6, p. 5, 4–5 Giangrande): „il corso del tempo ebbe infatti come una sorta di ferita profonda e spaccatura per via delle comuni disgrazie (ἔσχε µὲν οὖν διακοπήν τινα καὶ ῥῆξιν ὁ χρόνος διὰ τὰς κοινὰς συµφοράς)“; e poco dopo (2, 2, 8, p. 5, 12–14 Giangrande): „Ma davvero in questa composizione buona sorte tocca ai regnanti, poiché la superiorità per virtù viene computata secondo quella per fortuna.“ In parallelo, secondo quanto dichiarato nel fr. 1 Müller, il criterio di scansione nella Storia adottato da Eunapio è quello secondo i tempi circoscritti dai regni dei singoli imperatori. Le Vite dei Sofisti, per dichiarazione dell’autore, sono state composte allo scopo di fornire paradigmi di virtù in seguito ad una frattura del corso del tempo „per via delle comuni disgrazie“. Un chiarimento, almeno parziale, può venire da 8, 2, 2–4, pp. 58, 22–59, 4 Giangrande: „[…] Eppure, anche Ilario fu tra quelli che davvero trassero un bel vantaggio dalla comune disgrazia (ἀλλ’ ὅµως καὶ Ἱλάριος τῶν ἀπολαυσάντων ἦν τῆς κοινῆς συµφορᾶς) dal momento che si trovava fuori da Atene – non so come, infatti si tratteneva nelle vicinanze di Corinto – e fu fatto a pezzi dai barbari assieme ai suoi schiavi. E queste cose, se parrà bene alla divinità, saranno scritte nei libri di ambito generale della Storia, che non comprendono ogni cosa in particolare (o „secondo la prospettiva del singolo“), ma lì più chiaramente sarà detto ciò che riguarda la collettività (καὶ ταῦτα µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς, ἐὰν τῷ δαίµονι δόξῃ, γραφήσεται, οὐ τὸ καθ’ ἕκαστον ἔχοντα, ἀλλὰ τὸ κοινὸν ἐκεῖ σαφέστερον λελέξεται); ora quanto accadde in relazione ad un singolo è stato

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detto in maniera adatta alla presente narrazione.“ Storicamente, il contesto del passo è dato da Zosimo, 5, 6, 1–2, in cui la visione di Atena Promachos atterrì Alarico e salvò Atene (395 / 396 d. C.). Mi sembra da trattenere quanto è al § 3, in cui Zosimo (Eunapio, seconda edizione) ricorda per analogia la salvezza di Atene al tempo di Valente, e rinvia a 4, 18 (sempre Eunapio, seconda edizione). In considerazione degli spiriti delle Vite dei Sofisti cui ho fatto cenno, non direi che per Eunapio le „comuni disgrazie“ si debbano identificare con l’invasione della Grecia da parte di Alarico, quanto piuttosto con le dure proibizioni teodosiane relativamente ai templi dell’Ellade. Nel passo ora in considerazione delle Vite dei Sofisti, subito prima della morte di Ilario, c’è una frase relativa al filosofo Prisco che merita attenzione. 8, 1, 10–11 / 58, 12–15 Giangrande: si parla del filosofo Prisco appunto, che arrivò a più di novanta anni, e deridendo l’umana debolezza „trovò infine la morte assieme ai templi dell’Ellade. Ed in quel tempo, mentre molti gettavano via la vita a causa del dolore, altri ancora furono fatti a pezzi dai barbari [(fra questi, Proterio e Ilario) τοῖς τῆς Ἑλλάδος ἱεροῖς συναπώλετο· πολλῶν καὶ ἄλλων ἐν τῷδε τῷ χρόνῳ τῶν µὲν διὰ λύπην προϊεµένων τὸν βίον, οἱ δὲ καὶ ὑπὸ τῶν βαρβάρων κατεκόπτοντο].“ Questo „gettare via la vita a causa del dolore“ non va messo in relazione con l’invasione di Alarico della Grecia, quanto piuttosto con la morte dei templi dell’Ellade provocata dalle interdizioni di Teodosio: sento che Eunapio stabilisce un nesso molto forte (ἐν τῷδε τῷ χρόνῳ) fra la politica religiosa antipagana di Teodosio e l’invasione di Alarico, in un legame provvidenzialistico. Se nella Storia generale cui è fatto rimando uno dei due elementi non era narrato, non lo era nemmeno l’altro, cioè quella parte del regno di Teodosio in cui era descritta la sua politica religiosa. 4.10. Adrianopoli come termine dalla prima edizione Propongo di applicare la stessa elasticità nell’ultimo passo problematico delle Vite dei Sofisti in cui è fatta allusione alla „prima edizione“ della Storia. Si tratta di 7, 3, 1–5, pp. 45, 8–46, 11 Giangrande, in particolare p. 45, 10–11 e p. 46, 1–11 (le difficoltà testuali sono state risolte da Giangrande ed è forza seguire il suo testo). È la descrizione di uno ierofante eleusino, che iniziò anche Eunapio, e per questo non ne viene fatto il nome. Buona parte è dedicata a fare identificare al lettore lo ierofante: è presupposta la conoscenza di un’opera storica, la sua, in cui non aveva scritto da filosofo. Questo ierofante dovrebbe identificarsi con il Nestorio ricordato da Zosimo, a 4, 18, che salvò Atene nel 375 / 376 d. C.,34 e comunque per le Vite dei Sofisti è quello che aveva previsto la distruzione finale dei templi e la rovina di tutta l’Ellade (ὁ καὶ τὴν τῶν ἱερῶν καταστροφὴν καὶ τῆς Ἑλλάδος ἀπώλειαν ἁπάσης προγνούς: anche qui, morte dei templi e rovina di tutta l’Ellade

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Non pare avere dubbi al proposito lo stesso Paschoud 1979, II 2, 367–369, nota 138, 367.

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sono strettamente congiunte); questi aveva anche previsto la sua sostituzione con uno ierofante indegno, al tempo del quale sarebbero stati distrutti e saccheggiati i templi, e prima ancora sarebbe cessato il culto delle dee. Quando lo ierofante indegno entrò in carica traboccarono molti ed indescrivibili mali, di cui alcuni sono narrati nella Storia generale, gli altri lo saranno se parrà al dio. Segue senza soluzione di continuità l’invasione della Grecia da parte di Alarico, con la complicità dei monaci, e „la legge e il vincolo spezzati delle norme ierofantiche“: anche qui, è stabilito un nesso piuttosto forte fra politica teodosiana („la legge e il vincolo spezzati delle norme ierofantiche“) ed invasione di Alarico. Dal passo, sembra che l’invasione di Alarico sia da trattare ancora nella Storia generale; e se questa invasione è intimamente connessa con la politica teodosiana, per trascinamento è da ritenere che anche questa politica non fosse ancora narrata. Quanto al contenuto dei „molti ed indescrivibili mali“, non riesco in alcun modo a vedere un’allusione specifica ai mali della sola Grecia: se tutto quanto, sulla base di Zosimo 4, 18, ha un riferimento cronologico al 375/376 d. C., la battaglia di Adrianopoli ebbe un’eco tale35 da potere rientrare tranquillamente nella categoria dei „molti ed indescrivibili mali“. La menzione dalla battaglia di Adrianopoli, in cui trovò la morte l’imperatore Valente, non è casuale, ma è fatta a ragion veduta, perché questo episodio era sicuramente narrato nella prima edizione della Storia. Il passo delle Vite dei Sofisti a conferma è 7, 6, 4–9, partic. 55, 2–6 e 22–24 Giangrande. Il filosofo Massimo predice che „dopo la comune e multiforme rovina di tutti, nella quale saremo oggetto della strage, l’imperatore morirà in modo per così dire sorprendente, neppure stimato degno di cerimonia funebre né di illustre sepolcro. E le cose andarono proprio così, come è scritto con più accuratezza nella mia Storia generale (καὶ ταῦτα ἔσχεν ὅτως, καὶ ἐν τοῖς διεξοδικοῖς ἀκριβέστερον γέγραπται)“. La profezia ebbe compimento in tutte le sue parti e „l’imperatore infatti in una grande battaglia contro gli Sciti scomparve in modo strano, così che neppure un osso ne fu trovato nello sgombero dei cadaveri“. Non mi sento di prendere una posizione decisa sul lungo passo relativo al filosofo Antonino, ed alla sua previsione circa la distruzione del Serapeo di Alessandria (391 d. C., età teodosiana), con l’introduzione nei luoghi sacri dei cosiddetti monaci.36 La frase ἀλλὰ περὶ τούτων µὲν καὶ ἐν τοῖς καθολικοῖς τῆς ἱστορίας συγγράµµασιν εἴρηται sembra avere un riferimento ambiguo: o si riferisce alla distruzione del Serapeo, ed allora almeno una parte del regno teodosiano era compresa nella prima edizione della Storia; oppure, il riferimento è ai soli monaci appena descritti, e allora ai monaci poteva essere fatta allusione in un punto qualunque della Storia (prima edizione). Il rinvio alla Storia è incastonato fra due

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Straub 1943, 225–286. Subito dopo la distruzione del Serapeo si ha l’introduzione nei luoghi sacri dei cosiddetti monaci, con descrizione inorridita dei loro costumi: 6, 11, 6–10, 39, 13–40, 6 Giangrande; il rinvio alla Storia è a 39, 20–21 Giangrande.

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menzioni dei monaci, la prima generica, e la seconda, immediatamente, più specifica: „stabilirono questi monaci qui anche al Canopo […]“: l’impressione mia è che il riferimento sia ai soli monaci, impedendo di trarre conclusioni precise. A quanto prima fa contrasto la decisione con cui Paschoud afferma che nella Storia Nuova l’episodio di Adrianopoli non ha alcun rilievo di epocalità:37 Eunapio quindi non aveva interesse per questo episodio appunto. Però, in questa parte della Storia Nuova che comprende Adrianopoli siamo in presenza della trascrizione della nuova edizione, che non era una ripetizione pura e semplice della prima edizione. A 4, 21 (introduttivo alla battaglia), in Zosimo è rimasto un prodigio, che preannuncia le funeste sorti dell’impero. Malvagi governanti e funzionari sono i responsabili; e poi la narrazione prosegue senza conferire alla battaglia alcun carattere di epocalità, è vero. Ma tutte le dichiarazioni di intenti che si colgono nelle Vite dei Sofisti inducono a credere che il progetto della nuova edizione comprendeva un ampliamento cronologico in avanti: si capisce come il primo episodio a subire interventi potesse essere quello terminale della prima edizione. In Zosimo è rimasto il relitto della parte introduttiva alla catastrofe finale, in forma di un prodigio cui forse Eunapio era rimasto „affezionato“, per così dire. 4.11. Conclusioni sulla “prima edizione” Soccorre il fr. 41 Müller,38 relativo agli Unni, che si può sintetizzare nel suo tenore nella maniera seguente: nella prima edizione della Storia, Eunapio non aveva informazioni di prima mano sugli Unni, per cui si era limitato a riferire secondo verosimiglianza e secondo testimonianze „dagli antichi“; ora (che ha nuove ed attendibili informazioni), nella seconda edizione aggiungerà le nuove informazioni appunto, senza rinnegare quanto era nella prima. Il frammento si perde in un concatenarsi di similitudini e paragoni ai limiti della sopportazione. Nel passo corrispondente, 4, 20, 3, Zosimo risolve con τοῦτο γὰρ εὗρον ἱστορηµένον. Si badi che Zosimo cita Erodoto („gli antichi“ di Eunapio), ed aggiunge ben poche cose. La nuova edizione, programmaticamente, non era una cancellazione della prima, ma un ri-aggiustamento, con ampliamento cronologico, già progettato(?) all’atto di redazione delle Vite dei Sofisti. L’ampliamento deve essere stato condizionato dal confronto con una qualche opera importante, così da risultare un „rifacimento“: questo infatti significa „nuova edizione“. Il rifacimento comportava un diverso punto di inizio (da qui, l’aggancio a Dexippo), e soprattutto comportava un diverso punto di arrivo (almeno come progetto), che lo stato della tradizione di

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Fra le Tesi date per sicure, ad esempio, in Paschoud 2006, 495, punto 15, si legge: „Chez Eunape (première et seconde éditions), tout comme chez Zosime, le récit du désastre d’Andrinople ne comportait pas d’interprétation providentialiste païenne.“ FHG IV 30–31 = exc. sent. 39, 84, 23–85, 12 Boissevain.

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Zosimo ci costringe ad ignorare, a meno di non concordare con Paschoud, che vede il punto finale prescelto nel 410 d. C., sacco di Roma ad opera di Alarico. Un suggerimento accettato è che Zosimo ha potuto prendere visione della prima edizione della Storia di Eunapio, che iniziava da Augusto. La storiografia di solito aveva davanti a sé una duplice opzione, per cominciare: l’inizio del Principato (Eunapio, prima edizione), oppure la continuazione di un predecessore possibilmente illustre (Dexippo: Eunapio, seconda edizione). Nel plausibile utilizzo da parte di Zosimo della prima edizione, si vede che ciò che differenzia il primo libro dagli altri è l’assenza praticamente assoluta di fonti occidentali, che sono invece estremamente evidenti a partire dall’attuale libro secondo. Io credo ancora che l’impulso ad un rifacimento così drastico sia venuto ad Eunapio dalla conoscenza e dal confronto con un prodotto che per comodità si può assimilare a Nicomaco Flaviano senior e alla sua tradizione famigliare. Il problema posto dal rapporto in dimensioni tra primo libro della Storia di Eunapio (seconda edizione) e i primi due libri della Storia Nuova si potrebbe aggirare riflettendo che non sappiamo nulla della partizione in libri della prima edizione. Comunque, le riflessioni fatte al proposito acquisiscono, e con il passare del tempo, un peso tale da farmi confermare allo stato la mia sospensione. 4.12. L’Introduzione della Storia Nuova Non trovo però ostacoli seri alla presenza nel primo libro della Storia Nuova della prima edizione della Storia di Eunapio. Ora, una Prefazione, di solito, si scrive alla fine di un’opera, e la Storia Nuova è interrotta a prima della fine. Io penso che i primi capitoli della Storia Nuova riflettano la parte introduttiva della prima opera storica di Eunapio, per cui, quando era composto l’originale dei primi capitoli di Zosimo, il suo autore (Eunapio, prima edizione) considerava come avvenuta al tempo suo la distruzione dell’impero dei Romani. Una auto-distruzione, in verità, dovuta alla stolta presunzione che ha fatto abbandonare le forme della religiosità tradizionale. L’ipotesi che per il primo Eunapio la battaglia di Adrianopoli con le sue conseguenze fosse il momento puntuale dell’avvenuta distruzione richiede poche considerazioni sulla parte introduttiva della Storia Nuova. Dunque, secondo me, i capitoli compresi tra 1 e 5 del primo libro della Storia Nuova sono già risultato della µεταγραφή di Zosimo, e non devono nulla alla sua originalità. Zosimo non è il primo storico della caduta di Roma, perché in realtà non la narra; la Storia Nuova non è neppure un „rovesciamento delle Storie Ecclesiastiche“, perché queste cominciano da Cristo (Eusebio), o dalla conversione di Costantino (i cosiddetti „Sinottici“). Zosimo non oppone la guerra di Troia a nulla di cristiano perché in lui la menzione della guerra di Troia ha una funzione puramente dimostrativa. All’esordio, si ha un richiamo a Polibio: lo storico di Megalopoli ha narrato come i Romani per cinquecento anni dalla fondazione della città non abbiano compiuto nulla di ragguardevole, e poi come in meno di cinquantatré anni abbiano praticamente conquistato il mondo conosciuto. Il paragrafo seguente

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(1, 1, 2) è collegato concettualmente (si consideri che siamo già in presenza di una µεταγραφή): questo tipo di successo non dipende dalla virtù umana, ma da una volontà dei Fati, che impongono alle azioni di svolgersi in un certo modo: positivamente, se gli animi sono fertili, negativamente, se gli animi sono sterili. Il chiarimento è preannunciato ἐπὶ τῶν πραγµάτων, con una terminologia che volutamente richiama Polibio, e che sarà usata anche in passi successivi. Si nota che il richiamo a Polibio è piuttosto un divertissement, perché le concezioni espresse sono antitetiche a quelle polibiane. I capitoli seguenti sono la dimostrazione sul piano storico (ἐπὶ τῶν πραγµάτων) dell’affermazione precedente: in uno stato, l’unione degli animi è segno di prosperità, garanzia di successo. Nella guerra di Troia i Greci erano uniti, poi non fecero nulla di ragguardeole; sotto la minaccia persiana si unirono ed ebbero dei successi; poi si divisero, Filippo poté vincerli e lasciare l’impero ad Alessandro; i successori di Alessandro si divisero e furono conquistati dai Romani. La variazione fondamentale, è che i Romani in seguito alle discordie interne si diedero alla monarchia: si inserisce qui la tirata contro il potere monarchico in generale. In particolare, la prima conseguenza negativa del Principato di Ottaviano fu l’introduzione della danza pantomimica: in fase di µεταγραφή, Zosimo deve essere stato attratto da questo solo tra i tanti mali conseguenti. Da qui inizia il resoconto sulla storia imperiale, resoconto che continua in maniera via via meno sbrigativa: devo dire che quando Fozio dice che Zosimo comincia da Augusto39 ha dato prova di una certa sensibilità, accorgendosi del carattere proemiale dei primi capitoli. 4.13. Storia Nuova e Historia Augusta Se questo approccio alla „Prefazione“ della Storia Nuova è corretto, la storia imperiale diventa la dimostrazione sulla base dei fatti di quanto espresso in precedenza (Καὶ ὅτι ταῦτα ἔχει τὸν τρόπον, αὐτὴ σαφῶς ἔδειξε τῶν ἐκβεβηκότων ἡ πεῖρα […]):40 quando gli stati sono compatti al loro interno, prosperano, decadono quando si dividono; la compattezza è nella fertilità degli animi, la divisione è nella sterilità. Nel tempo in cui l’originale è stato scritto prevale la sterilità ([…] ἀφορίας δὲ ἐπιπολαζούσης ἐς τὸ νῦν ὁρώµενον σχῆµα κατενεχθῆναι· χρὴ δὲ ἐπὶ τῶν πραγµάτων ὃ λέγω διασαφῆσαι).41 Confesso di cogliere molto alla lontana contatti tra questa concezione e quella espressa nel Prologo della Vita Cari nell’Historia Augusta – l’improntarsi di Zosimo a quanto è nella Historia Augusta deporrebbe per la presenza di una fonte occidentale fin dagli esordi della prima edizione della Storia di Eunapio: a me pare che questo debba escludersi. Nella

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Phot. bibl. cod. 98 (84b / II 65, 8–9 Henry): Ἄρχεται µὲν τῆς ἱστορίας, ὡς ἄν τις εἴποι, ἀπὸ Αὐγούστου […]. Zos. 1, 6, 1. Zos. 1, 1, 2 (le ultime linee del capitolo).

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Historia Augusta, l’alternarsi di alti e bassi mi sembra riferito ai singoli regimi imperiali di singoli imperatori; in Zosimo (Eunapio, prima edizione), il riferimento è piuttosto agli animi degli stati: accosterei piuttosto, se è il caso di parlare di impronte, le considerazioni che Ammiano Marcellino svolge alla vigilia del racconto sulla battaglia di Adrianopoli, a 31, 5, 11–17, in polemica contro gli antiquitatum ignari. L’enormità del disastro è spiegata con l’assenza ai suoi tempi di quella congruenza tra summi et infimi che una volta aveva permesso di risollevare le sorti: potrebbe essere un esempio di circolazione delle idee, ma non voglio oltrepassare i confini di questo contributo. 4.14. Adrianopoli come punto terminale della prima edizione e il richiamo a Polibio Quello che può costituire un problema, è dato dal fatto che in Zosimo il richiamo iniziale a Polibio è ellittico, e l’ellissi si chiude ben più di cinquanta capitoli dopo: Polibio ha narrato come i Romani hanno conquistato il loro impero in poco tempo (ἐν ὀλίγῳ χρόνῳ), e Zosimo (Eunapio, prima edizione) vuole narrare come in non molto tempo (ἐν οὐ πολλῷ χρόνῳ: è litote, nega il contrario) essi lo distrussero (διέφθειραν42). Su cause e modi, già molto si è detto; preme sottolineare la puntualità dell’aoristo: l’azione di distruzione è considerata compiuta, all’atto di stesura dell’originale. Si può avere un atteggiamento indulgente verso Eunapio, e considerare deliberatamente generico il numero degli anni da lui attribuito al processo di distruzione (iniziato comunque con Costantino),43 in modo da svincolare i tempi da lui stabiliti da un aggancio con la realtà. Ma, più che altro d’istinto, io colgo in questo attardato pagano una sfaccettatura come di una sorta di giocoliere con i casi della storia. Teniamo fisso il dato dei cinquantatré anni: non c’è una sola data epocale cui fare riferire questi cinquantatré anni con una certa precisione, se non dilatandoli o comprimendoli. Un solo anno resta in gioco, e cioè il 378 d. C.: battaglia di Adrianopoli. La ripresa del dato dei 53 anni si colloca nel 273, spedizione di Aureliano contro Palmira, in cui è il contesto di richiamo. Sommando 53 a 273 si ottiene 326, che è l’anno in cui è collocata la conversione di Costantino al cristianesimo, perno imprescindibile di tutta quanta la costruzione storiografica. Poco meno („in poco tempo“ / „in non molto tempo“) di 53 anni vanno dal 326 al 378 d. C., anno di Adrianopoli. Da questa prospettiva, è impostato un gioco tragico, che ha senso solo nella prima edizione della Storia di Eunapio; da

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Zos. 1, 57, 1; e cfr. 1, 58, 4 (διαφθαρέν). Zos. 2, 34, 2: καὶ ἁπλῶς εἰπεῖν τῆς ἄχρι τοῦδε τῶν πραγµάτων ἀπωλείας αὐτὸς τὴν ἀρχὴν καὶ τὰ σπέρµατα δέδωκε; e cfr. 2, 39, 1: Τούτοις ἅπασι τοῖς τρόποις ὁ Κωνσταντῖνος τῷ πολιτεύµατι λυµηνάµενος ἐτελεύτησε νόσῳ („in una parola causò e seminò la rovina dello stato, che continua fino ad oggi“; „Dopo aver mandato in rovina in tutti questi modi lo stato, Costantino morì di malattia“: tradd. Conca).

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qui, forse, la scelta di cambiare il punto di inizio, ricollegandosi a Dexippo nella nuova edizione: l’ampliamento cronologico dell’opera rende vano il gioco impostato nella prima. BIBLIOGRAPHIE Adler, A. (ed.), 1928–1938, Suidae lexicon, 4 vol., Leipzig. Baldini, A., 1984, Ricerche sulla storia di Eunapio di Sardi, Bologna. Baldini, A., 2000, Storie perdute (III secolo d. C.), Bologna. Baldini, A., 2004, Ricerche di tarda storiografia (da Olimpiodoro di Tebe), Bologna. Banchich, T. M., 1984, The Date of Eunapius’ Vitae Sophistarum, Greek, Roman, and Byzantine Studies 25, 183–192. Bleckmann, B., 1992, Die Reichskrise des III. Jahrhunderts in der spätantiken und byzantinischen Geschichtsschreibung. Untersuchungen zu den nachdionischen Quellen der Chronik des Johannes Zonaras, München. Blockley, R. C. (ed.), 1983, The fragmentary classicising historians of the later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, vol. 2: Text, translation and historiographical notes, Liverpool. Boissevain, U. Ph. (ed.), 1906, Excerpta de sententiis, Berlin. Boissonade, F. (ed.), 1822, Eunapii Sardiani vitas sophistarum et fragmenta historiarum, Amsterdam. Cameron, Al., 2011, The Last Pagans of Rome, Oxford. De Boor, C. (ed.), 1903, Excerpta de legationibus gentium ad Romanos, Berlin. Goffart, W., 1971, Zosimus, the First Historian of Rome’s Fall, American Historical Review 76, 412–441. Goulet, R., 1980, Sur la chronologie de la vie et des œuvres d’Eunape de Sardes, Journal of Hellenic Studies 100, 60–72. Henry, R. (ed.), 1959, Photius, Bibliothèque, vol. 1, Paris. Martin, G. (ed.), 2006, Dexipp von Athen, Einführung, Übersetzung und begleitende Studien, Tübingen. Müller, C. (ed.), 1851, Fragmenta Historicorum Graecorum, vol. 4, Paris. Nestle, W., 1936, Legenden vom Tod der Gottesverächter, Archiv für Religionswissenschaft 33, 246–269 (nouvelle édition dans : Nestle, W., Griechische Studien. Untersuchungen zur Religion, Dichtung und Philosophie der Griechen, Stuttgart 1948, 567–596). Paschoud, F., 1975, Cinq études sur Zosime, Paris. Paschoud, F. (ed.), 1979–2000, Zosime, Histoire Nouvelle. Édition, traduction, commentaire, vol. I2, II 1, II 2, III 1, III 2, Paris. Paschoud, F., 1991, L’Histoire Auguste et Dexippe, dans : Bonamente, G. / Duval, N. (eds.), Historiae Augustae Colloquium Parisinum (1990), Macerata, 217–269. Paschoud, F., 2001a, Une réponse païenne au providentialisme chrétien, Comptes rendus de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (2001), 335–346 (nouvelle édition dans : Paschoud 2006, 403–411). Paschoud, F. (ed.), 2001b, Histoire Auguste, V 2: Vies de Probus, Firmus, Saturnin, Proculus et Bonose, Carus, Numérien et Carin, Édition, traduction, commentaire, Paris. Paschoud, F., 2006, Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta minora, Bari. Schlumberger, J., 1974, Die Epitome de Caesaribus. Untersuchungen zur heidnischen Geschichtsschreibung des 4. Jahrhunderts n. Chr., München. Straub, J., 1943, Die Wirkung der Niederlage bei Adrianopel auf die Diskussion über das Germanenproblem in der spätrömischen Literatur, Philologus 95, 255–286.

„… UND DIE PRONOIA HAT DIE MENSCHHEIT NOCH NICHT VERLASSEN“. DIE KONSTRUKTION DER GEISTESGESCHICHTE ALS PAGANE GEGENWELT IN EUNAPS PHILOSOPHENVITEN Udo Hartmann Der Sophist Eunap von Sardeis war alles andere als ein um Objektivität und ausgewogenes Urteil bemühter Zeithistoriker:1 Mit scharfer Kritik überzieht er in seinen Historien die christlichen Kaiser,2 mit Bitternis und Empörung konstatiert er die Tempelzerstörungen und die durch kaiserliche Untätigkeit ermöglichten Verwüstungen durch die Goten, mit Haß und Verachtung beschreibt er die neuen christlichen Eliten und die „sogenannten Mönche“ und ihr Wüten gegen die traditionellen Kulte, mit Abscheu schildert er Verschwendung, Machtmißbrauch und Ausplünderung durch den Hof und die ungebildeten, korrupten Beamten unter der Herrschaft des Theodosius.3 Als Gegenentwurf zu diesem in dunkelsten Tönen

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Zu Eunap (PLRE I 296, Nr. 2) vgl. bes. Penella 1990; Goulet 2000a (mit Literatur); vgl. auch Goulet 1977/81 (I), 297f.; 1980, 60ff.; 2000b (vgl. zu Goulets Chronologie aber Banchich 1987); vgl. ferner die Lexikonartikel Schmid 1907 und Opelt 1966 sowie die kurzen Überblicke bei Blockley 1981, 1ff.; Steinrück 2004, 1ff.; Civiletti 2007, 57f.; Treadgold 2007, 81ff. Ein herzlicher Dank gilt Toni Glas (Berlin) und Valeria Lilie (Kiel) sowie den Teilnehmern der Düsseldorfer Tagung für ihre Kritiken und Hinweise. Kritisiert wird insbesondere Constantin, vgl. Phot. bibl. cod. 77 (I 158–159 Henry); vgl. Eunap. hist. fr., 9, 1 Blockley (= Suda Κ 2285 s. v. Κωνσταντῖνος, ὁ µέγας βασιλεύς: περὶ οὗ ἔγραψεν Εὐνάπιος φληνάφους). Zu Eunaps Kritik an Constantin in den Historien und den Philosophenviten vgl. Opelt 1966, 933; Ridley 1969/70, 581; Blockley 1981, 19f.; Penella 1990, 126f.; Liebeschuetz 2003, 192; Cameron 2011, 655ff. Aber auch die Regierungen des Valens und des Theodosius werden scharf verurteilt (s. u.). Zur moralisierenden Kritik Eunaps an der generellen Korrumpierung durch die Macht (bei christlichen und paganen Kaisern) vgl. außerdem Sacks 1986, 58ff. Zu den nur fragmentarisch erhaltenen Historien s. u. Vgl. etwa Eunap. hist. fr., 29, 1 Blockley (= Ioh. Ant., fr. 273, 2 Roberto; aus Suda Ι 401 s. v. Ἰοβιανός: Iovian ist ungebildet und unfähig); fr. 39, 8 Blockley (= fr. 39, FHG IV 29; aus Suda Φ 279 s. v. Φῆστος: Verfolgung paganer Intellektueller unter Valens); fr. 39, 9 Blockley (= fr. 38, FHG IV 29: Morde unter Valens); fr. 46, 1 Blockley (= fr. 48, FHG IV 35: scharfe Kritik an Theodosius, der durch die Macht verdorben wird und das Reich in den Ruin führt); fr. 48, 2 Blockley (= fr. 55, FHG IV 38f.: Kritik an den verkleideten Mönchen, die den Goten beim Überschreiten der Donau helfen); fr. 48, 3 Blockley (= fr. 56, FHG IV 39; zur von Gott verhängten Instabilität unter Theodosius; nach Philipp von Makedonien sollte ein König sich nicht nach Eseln richten müssen; „unsere Zeit scheint aber komplett auf den Rücken von Eseln zu schwanken“, ὁ δὲ καθ' ἡµᾶς χρόνος ἐκινδύνευσεν ὅλος ἐπὶ τοῖς ὄνοις σαλεύειν); fr. 56 Blockley (aus Eunap. VS 6, 11, 7 p. 472; Tempelzerstörungen durch den Bischof von

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gehaltenen Bild christlicher Herrschaft in der Gegenwart gestaltet er in den Historien die Figur Kaiser Iulians.4 Auf den ersten Blick handelt es sich bei Eunap somit um einen paganen Intellektuellen, der die Zeitgeschichte als Niedergang der alten Welt beschreibt – ein Niedergang, der durch ruchlose Herrschaft, Mißachtung der Götter, Verfolgung von paganen Intellektuellen, Verheerungen der „Skythen“, Amtsmißbrauch sowie durch Frauen- und Eunuchenwirtschaft am Hof gekennzeichnet ist. Eunap scheint dabei mit einer äußerst pessimistischen Einstellung die sich radikal verändernden Verhältnisse und den moralischen Verfall nach dem Beginn der Völkerwanderung und nach der Christianisierungswelle unter Theodosius zu bewerten. Das Reich scheint sich für ihn nach Iulians Tod in einem konsequenten Abwärtstrend zu befinden. Aber ist Eunap wirklich der Chronist des Niedergangs des Reiches, wie in der Forschung vielfach unterstellt wird? Bietet er seinen Lesern lediglich eine pessimistische, resignative Weltsicht?5 Und welche Rolle kommt in Eunaps Be-

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Alexandreia und die Mönche unter Theodosius); fr. 64, 2 Blockley (= fr. 65, FHG IV 43; aus Eunap. VS 7, 3, 4–5 p. 476; die Zerstörungen durch Alarich-Goten). Zu Eunaps negativem Theodosius-Bild in den Historien vgl. Kaegi 1968, 83f.; Ridley 1969/70, 581; Blockley 1981, 21; Buck 1988; Paschoud 1997a, 193ff.; Ernesti 1998, 470ff.; Liebeschuetz 2003, 192 und 193f.; Cameron 2011, 655ff.; vgl. auch Stenger 2009, 283ff.; zum Bild des Theodosius in den Philosophenviten vgl. ferner Penella 1990, 141f. Zum Bild Iulians vgl. Anm. 19. In der Forschung wird zumeist angenommen, Eunap habe ähnlich wie der von ihm abhängige Zosimos den Niedergang des Römischen Reiches unter den christlichen Herrschern auf Grund der Mißachtung des Götterkults beschrieben, vgl. etwa Petre 1965, 265 (Zosimos’ „idée des causes religieuses de la décadence“ gehe auf Eunap zurück); Barnes 1978, 122f. (Zosimos sei von Eunap ganz abhängig, er teile daher auch seine politischen Grundideen; 123: „Eunapius set out to explain how the Romans ruined their empire in a short time by their own blind folly“); Breebaart 1979, 373 („After Julian’s death, deterioration set in and ἀρετή was in decline. The only consolation was that the gods had foretold that the world was moving downwards and that great men of παιδεία could prophesy by their πρόνοια what was going to happen. The invasion of Greece by Alaric in 396 and the destruction of the pagan sanctuaries in 392 was a nadir of history.“); Paschoud 1984, 645 („die zentrale These der Historía néa“ sei aus Eunap übernommen: „Einzige Ursache der immer schwieriger werdenden Lage des Römischen Reiches ist die Vernachlässigung der herkömmlichen Religion“; mit 2006, 125); 1985a, 249f. (Zosimos’ Niedergangsschema in 1, 57, 1; 2, 1–7; 4, 59 stamme aus Eunap); 1993, 202f. (Zosimos gebe im Proömium mit seiner Dekadenztheorie die Geschichtsauffassung seiner Quelle Eunap wieder); 2000, XXIII (das Dekadenz-Schema als Gegenentwurf zu Polybios’ Darstellung des römischen Aufstiegs habe Zosimos aus Eunaps erster Edition der Historien übernommen); XLVff.; LXXf. (Eunap habe für sein Niedergangskonzept auf die lateinischen Annalen des Nicomachus Flavianus zurückgegriffen); 2003, Bd. III 2, 82; 2006, 70; Baldini 1986, 85f. (Zosimos’ Niedergangsschema im Proömium stamme aus Eunap); Fitton 1976, 112ff. (Zosimos sei weitgehend von Eunap abhängig, „the main constituents of Zosimus’ viewpoint were present in Eunapius’ work“, 140; von ihm stamme Zosimos’ pessimistische Sicht auf die Christianisierung und den Niedergang des Reiches; inbesondere in der zweiten Auflage habe Eunap den Niedergang des Reiches festhalten wollen; einzig den Bezug auf Polybios habe Zosimos hinzugefügt, auf ihn gehe auch „the emphasis

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trachtung historischer Abläufe der Geistesgeschichte zu, die er in seinem zweiten Werk, den Philosophenviten, beschreibt? Nach einer Vorstellung des Autors soll in diesem Beitrag zuerst Eunaps Sichtweise auf den Geschichtsablauf betrachten werden, wobei insbesondere die Rolle der göttlichen Pronoia erörtert wird. Danach wird in einem zweiten, kürzeren Teil ein möglicher Zusammenhang von Universal- und Geistesgeschichte beleuchtet, den der Sophist in seinen Historien bzw. in den Philosophenviten dar-

on the idea of the empire’s decline“ zurück, 140); Sacks 1986, 60 („Thus Zosimus’ notion of decline, based partly on imperial corruption, may have come from Eunapius, and it may be that Zosimus is also reflecting Eunapius’ view that decline is a function of the evil of aristocracy“). Von einem Niedergangsszenario bei Eunap (ohne Bezug auf Zosimos) sprechen ebenfalls Goulet 1977/81 (III), 314 („une vision très pessimiste de l’historie du IVe siècle“ bei Eunap; für den Niedergang seien die christlichen Kaiser verantwortlich gewesen); 315 („Le jugement final que porte Eunape sur l’Empire chrétien est celui d’une décadence“; der Niedergang des Reiches habe mit der Hinrichtung des Sopatros durch Constantin begonnen); Kulikowski 2007, 144 („For Eunapius, it seems, the Roman empire itself had ended at Adrianople“); Stenger 2009, 225 (Eunap entwerfe das „pessimistische Bild“ der Gegenwart und gelange zur Einsicht, „daß sich das Christentum auf breiter Front durchsetzt, während die Anhänger des alten Götterkultes für eine verlorene Sache einzutreten scheinen.“); 235 („Die Grundhaltung der Resignation gegenüber einer immer stärker vom Christentum geprägten Zeit führt zwar nicht zur völligen Passivität, aber zum weitgehenden Rückzug aus der Welt in den Bereich des Privaten“). Auch nach Kaegi (1968, 80ff.) beschreibt Eunap den Niedergang des Reiches. Dieser setze für Eunap mit der Hinrichtung des Sopatros unter Constantin ein (S. 81f.). Mit dem „decline of philosophy and religion“ seit Constantin habe auch „the deterioration of the Roman state“ begonnen (S. 82). Seine pessimistische Sicht auf den Niedergang des Reiches unterscheide sich aber von der des Zosimos: Eunap habe keine Theorie über diesen Niedergangsprozeß entworfen (S. 84f.). „More emphatically“ als Eunap habe Zosimos den Niedergang Roms zum Thema seines Geschichtswerks gemacht. „He had read and indeed borrowed data from the works of Eunapius and Olympiodorus, but the basic mood of his history differed from that of his pagan predecessor, Eunapius, who viewed Roman decay in terms of political incompetence and corruption, barbarian invasions, and the disappearance of pagan rites“ (S. 102). Zosimos habe um 500 auf den Verlust großer Teile des Reiches verweisen können. Für den Niedergang habe er zudem „divine causes“, die Abwendung der göttlichen Pronoia, verantwortlich gemacht (S. 111f.). Gegen ein Niedergangsszenario bei Eunap plädiert indes Liebeschuetz (2003, 195f.): Neben den von Zosimos in die Neue Geschichte eingefügten Exkursen gebe es für einen Niedergang des Reiches nach der Annahme des Christentums durch die Kaiser in Eunaps Geschichtswerk keine Hinweise; auch in den Philosophenviten spiele dieses Motiv keine Rolle. Das Thema, „that the adoption of Christianity would inevitably bring about the collapse of the Empire […] was simply not emphasised by Eunapius.“ Nach Liebeschuetz (2003, 213) entwarf erst Zosimos das Konzept einer Geschichte des Untergangs des Reiches. Diese Konzeption des Niedergangs des Reiches schreiben auch Berardo (1976, 478f.) und Salamon (1978, 119ff.) erst Zosimos zu. In der ersten Auflage seiner Zosimos-Edition hatte Paschoud (1971, LXIf.) ebenfalls noch diese Position eingenommen: Er beantwortete hier die Frage „Faut-il donc croire qu’il n’y a absolument aucun ajout personnel de Zosime dans l’Histoire nouvelle?“ noch mit: „Ce qui provient […] sans le moindre doute de lui, ce sont les observations sur la décadence de l’Empire romain, car la chronologie interdit qu’on les attribue à ses sources“; ähnlich Paschoud 1974, 316.

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stellt. Dabei soll eine einheitliche Konzeption des Geschichtsablaufs aufgezeigt werden, die beiden Werken Eunaps trotz ihrer unterschiedlichen Thematik und literarischen Tradition zugrunde liegt; zugleich möchte ich die Funktion der Philosophenviten näher beschreiben. Am Anfang sollen Autor und Werk sehr kurz vorgestellt werden; diese einführenden Bemerkungen sind vor allem notwendig, weil über kaum einen spätantiken Autor so viele unterschiedliche Theorien über Lebensdaten und Werkchronologie aufgestellt wurden: Eunap wurde um 347 in Sardeis geboren und erhielt ab 362/63 in Athen eine profunde rhetorische Ausbildung. Im Jahr 366/67 kehrte er nach Sardeis zurück und lehrte hier nun sein restliches Leben lang Rhetorik, gleichzeitig besuchte er nachmittags die Philosophie-Vorlesungen des Neuplatonikers Chrysanthios. Dieser Schüler des Aidesios, der wiederum ein Student Iamblichs war, informierte ihn umfassend über die Neuplatoniker der Epoche.6 Eunap starb nach 414, wahrscheinlich um 420.7 Aus seiner Feder stammen zwei Werke: die βίοι φιλοσόφων καὶ σοφιστῶν, in denen Eunap die Lebensläufe von griechischen Philosophen, Sophisten und Ärzten aus dem 3. und vor allem 4. Jahrhundert darstellt,8 sowie die Historien (ἱστορικὰ ὑποµνήµατα), ein Geschichtswerk im Anschluß an die Chronik des Dexippos, die Eunap in zwei Auflagen vorlegte.9 Während die wohl 399/400 abge-

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Zu dieser mündlichen Quelle Eunaps vgl. bes. Watts 2005. In der zweiten Auflage seiner Historien erwähnt Eunap noch die im Jahr 414 von Theodosius II. zur Augusta erhobene Pulcheria (vgl. Anm. 75). Zu Eunap s. o. Ausführlicher betrachte ich seine Person und seine Philosophenviten in meiner Habilitationsschrift. Zu Eunaps vitae philosophorum et sophistarum vgl. bes. Penella 1990; Civiletti 2007; vgl. auch Criscuolo 1997/98 und 2005; Cox Miller 2000, bes. 235ff.; Goulet 2000a, 314ff.; Watts 2005 und 2010, 37ff.; vgl. ferner Wright 1921, 319ff. (Einleitung in der Loeb-Ausgabe); Goulet 1977/81 und 2001b; Baldini 1984, 90ff.; 1997; 2001; Hahn 1990 (bes. zum Proömium); Buck 1992; Di Branco 2006, 29ff. (zum Bild Athens in den Viten). Eine philologische Untersuchung mit teilweise problematischen Interpretationen legt Steinrück 2004 vor; wenig instruktiv Rizzo 1997 und 1998. Eunaps vitae philosophorum et sophistarum sind kritisch ediert von Giangrande 1956; griechisch-englisch bei Wright 1921, 319–565 (Loeb); griechisch-italienisch mit umfangreichen Anmerkungen bei Civiletti 2007; französisch mit kurzer Einleitung und knappen Anmerkungen D’Jeranian 2009. Zu den Historien vgl. bes. Paschoud 1980; 1985a; 1989 (zum Proömium); 2000, XLff. (Quelle für Zosimos); 2006 (mit weiteren Studien); Blockley 1981, 1ff. und 97ff.; Liebeschuetz 2003, 177ff.; vgl. auch Chalmers 1953; Kaegi 1968, 76ff. (zur Geschichtsauffassung); Breebaart 1979; Goulet 1980, 64ff. und 2000a, 318ff.; Baldini 1984; 1986; 2000, 179ff.; 2001; Sacks 1986; Penella 1990, 9ff.; Treadgold 2007, 81ff.; vgl. ferner Ridley 1969/70, 575ff.; Fitton 1976 (bes. zur Abhängigkeit des Zosimos von Eunap); Hunger 1978, 279ff.; Baker 1988; Baldwin 1990 (zu Sprache und Stil); Ochoa 1990 (zur Überlieferung); Rohrbacher 2002, 64ff.; Stenger 2009, 294f.; Cameron 2011, 668ff. Die Fragmente ediert mit englischer Übersetzung und kurzen Anmerkungen Blockley 1983, 2–150; vgl. auch Carl Müllers ältere Fragmentsammlung in FHG IV, 7–56; Müllers Fragmente 8–61 mit französischer Übersetzung bei Paschoud 2006, 504–553. Vgl. zudem die Kommentare zu einzelnen Fragmenten bei Paschoud 1992 und 2006, 473ff. Nicht einsehen konnte ich: David F. Buck 1977, Eunapius of

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schlossenen Philosophenviten vollständig erhalten sind,10 blieben von den Historien nur Fragmente, die durch den Text der ἱστορία νέα des um 500 schreibenden paganen Historikers Zosimos ergänzt werden, der laut Photios nur eine Kurzfassung Eunaps liefert.11 Nach Photios behandelten die Historien (in der zweiten Auflage) den Zeitraum von 270 bis 404; die νέα ἔκδοσις, die zweite Fassung, habe Eunap in ihrem antichristlichen Ton gegenüber der ersten wesentlich abgemildert.12 Beide Werke richten sich an die gebildete Oberschicht in den städtischen Zentren Kleinasiens, Griechenlands und Syriens, die sich den traditionellen Werten der Paideia und der paganen Gottesverehrung verpflichtet fühlen.

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Sardis, Diss. Oxford; Thomas M. Banchich 1985, The historical fragments of Eunapius of Sardis, Diss. State University of New York, Buffalo, Ann Arbor. Zu dieser Datierung vgl. bes. Banchich 1984, 184ff. (die Viten entstanden „in or slightly after the autumn or winter of 399“); ähnlich Baker 1988, 391; Penella 1990, 9; Baldini 1997, 196 und 2001, 486ff.; Rohrbacher 2002, 64; Steinrück 2004, 2; Criscuolo 2005, 772; Stenger 2009, 197, Anm. 23; um 400 verfaßt nach Breebaart 1979, 362; Liebeschuetz 2003, 179f.; vgl. dagegen Cameron/Long 1993, 51, Anm. 175 (Datierung der Viten in die Mitte der 390er Jahre); vgl. aber Banchich 2000 mit einer Verteidigung seiner Datierung. In der Forschung wird die Vitensammlung sonst kurz nach 395/96 gesetzt, vgl. etwa Chalmers 1953, 165; Opelt 1966, 929; Goulet 1980, 64f.; Blockley 1981, 130, Anm. 3; Civiletti 2007, 13 (zwischen 396 und 399); Treadgold 2007, 83. Ins 5. Jahrhundert datieren die Philosophenviten Sacks 1986, 64, Anm. 50 (kurz nach 404); Goulet 2000a, 315 (Anfang des 5. Jahrhunderts); so auch Paschoud 1975, 171 (um 413 oder kurz darauf). Später übernahm Paschoud (2003, Bd. III 2, 86) aber Banchichs These. Phot. bibl. cod. 98 (II 66 Henry): εἴποι δ' ἄν τις οὐ γράψαι αὐτὸν ἱστορίαν, ἀλλὰ µεταγράψαι τὴν Εὐναπίου, τῷ συντόµῳ µόνον διαφέρουσαν […] τὰ δ' ἄλλα κατὰ τὴν ἱστορίαν σχεδόν τι ὁ αὐτός, καὶ µάλιστα ἐν ταῖς τῶν εὐσεβῶν βασιλέων διαβολαῖς. Für die Zeit von 270 bis 404 nutzte Zosimos (1, 48–5, 25) vor allem die zweite Auflage der Historien Eunaps als Quelle. Zu Zosimos (PLRE II 1206, Nr. 6) und seiner (wohl unvollendeten) ἱστορία νέα in sechs Büchern vgl. bes. Paschoud 1972; 1975; 1984; 1993; 2000, viiff. (Einleitung in die BudéEdition); 2006 (mit weiteren Studien); Liebeschuetz 2003, 206ff.; vgl. außerdem von Ranke 1883, 264ff.; Ridley 1969/70 (zum Verhältnis zu Eunap) und 1972; Scavone 1970 (zu Quellen neben Eunap und Olympiodoros); Hunger 1978, 285ff.; Baldini 1984, 19ff. und 2000, 179ff.; Veh 1990, 1ff. (Einleitung in die deutsche Übersetzung); Treadgold 2007, 107ff.; Cameron 2011, 644ff. Zu seiner Geschichtsauffassung und seiner Weltsicht vgl. auch Kaegi 1968, 99ff.; Cichocka 1991 (bes. zum Christentum); vgl. ferner Condurachi 1941/42; Розенталь 1962; Petre 1965, die Zosimos eine eigenständige Geschichtstheorie unterstellt; wenig instruktiv dagegen Goffart 1971; Berardo 1976. Den Text ediert Mendelssohn 1887; griechisch-französisch mit hervorragendem Kommentar bei Budé von Paschoud 2000 und 2003; deutsch mit Anmerkungen von Veh 1990. Phot. bibl. cod. 77 (I 159–160 Henry): δύο δὲ πραγµατείας τὴν αὐτὴν περιέχουσας ἱστορίαν συνεγράψατο, πρώτην καὶ δευτέραν. καὶ ἐν µὲν τῇ πρώτῃ πολλὴν κατὰ τῆς καθαρᾶς ἡµῶν τῶν Χριστιανῶν πίστεως κατασπείρει βλασφηµίαν, καὶ τὴν Ἑλληνικὴν ἀποσεµνύνει δεισιδαιµονίαν, πολλὰ τῶν εὐσεβῶν βασιλέων καθαπτόµενος· ἐν δὲ τῇ δευτέρᾳ, ἣν καὶ νέαν ἔκδοσιν ἐπιγράφει, τὴν µὲν πολλὴν ὕβριν καὶ ἀσέλγειαν, ἣν κατὰ τῆς εὐσεβείας ἐσκέδαζεν, ὑποτέµνεται.

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Umstritten ist nun vor allem, was unter der von Photios erwähnten „ersten Auflage“ zu verstehen ist und wann diese abgeschlossen wurde.13 Da Eunap aber in den Philosophenviten den Leser mehrmals auf die ausführlichere Darstellung in

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Der Schluß der ersten Fassung der Historien, ihr Publikationsdatum und ihr Umfang sind in der Forschung stark umstritten. An dieser Stelle kann das Problem aber nicht umfassend diskutiert werden, es soll lediglich ein kurzer Überblick zu den wichtigsten Modellen über die erste Fassung der Historien gegeben werden: Daß die Darstellung in der ersten Auflage bis zum Jahr 378/79 (bis zur Schlacht von Adrianopel) führte, meinen Barnes 1978, 114ff. (Veröffentlichung um 380); Baldini 1984, 100ff. und 155f.; 1986, 90f.; 2000, 191f. (Veröffentlichung in den 380er Jahren); Banchich 1986 (Publikation vor 383); 1988; 1998, 363; Zecchini 1993, 51ff.; Liebeschuetz 2003, 180ff. (Ende mit 379); Stenger 2009, 294 (391/96 publiziert); vgl. Cameron 2011, 672f. („first installment“ der Historien führte wahrscheinlich bis 378). Daß die erste Auflage bis 383 reichte, denkt Barnes 1981, 403f., Anm. 5. Daß Eunap in der ersten Fassung die Ereignisse bis zum Tod des Theodosius 395 führte, meinen Carl Müller (in FHG IV, 1851, 8); Chalmers 1953, 165ff. (Eunap verfaßte in der ersten Auflage ein Leben Constantins und Iulians sowie eine Geschichte von 363 bis 395, vgl. dagegen Paschoud 1985a, 256ff.); Paschoud 1975, 170ff. (Publikation 412); 1980; 1985a, 284ff.; 2006, 72 (die erste Edition der Historien erschien nach 395, die Philosophenviten und die zweite Edition nach 414) und 105f.; Fitton 1976, 148f.; Hunger 1978, 280; Baker 1987, 19ff., bes. 39 (bis 395 oder 396); Ochoa 1990, 36; Penella 1990, 9ff.; Rohrbacher 2002, 67; Treadgold 2007, 82f. (um 397 Arbeit beendet). Breebaart (1979, 362) meint, daß die Historien „in installments“ entstanden, Eunap habe den ersten Teil (bis 395) vor 400 verfaßt und den zweiten Teil (bis 404) kurz nach oder zugleich mit den Philosophenviten fertiggestellt. Diese erste Auflage von 270 bis 404 sei dann später von Eunap noch einmal zur νέα ἔκδοσις überarbeitet worden. Blockley (1981, 2ff.) unterstellt drei Phasen der Entstehung der Historien: eine erste Fassung von Aurelian bis Iovian (270–364), eine zweite bis Adrianopel (378) und eine dritte bis zum Ende der Historien (404). Laut Sacks (1986, 64ff. mit Anm. 50) umfaßten beide Auflagen den Zeitraum von 270 bis 404, die nach 410 verfaßte zweite Edition habe Eunap um biographisches Material aus den Philosophenviten erweitert. Nach Goulet (1980, 64ff.) schrieb Eunap die Historien in zwei Abschnitten, der erste Teil sei vor 396 veröffentlicht worden und habe die Geschichte bis 364 dargestellt; da die erste und die zweite Fassung nach Photios den gleichen Zeitraum beschrieben, sei die Frage der Entstehung der ersten Fassung von der der νέα ἔκδοσις bei Photios zu trennen. Es sei daher unsicher, ob diese entschärfte Edition überhaupt von Eunap angefertigt worden sei (ähnlich Goulet 2000a, 322ff.); vgl. dagegen bes. Paschoud 1985a, 261ff. Bereits de Boor (1892, 323) mutmaßte, daß die νέα ἔκδοσις eine christliche Überarbeitung der Historien Eunaps durch einen „Buchhändler“ in frühbyzantinischer Zeit gewesen sei; ähnlich Schmid 1907, 1124; Fitton 1976, 152. Auch Baker 1988 meint, daß die νέα ἔκδοσις nicht von Eunap stammt; er habe zwar seine Historien „in installments“ publiziert, sei aber nie von seiner antichristlichen Geschichtsdeutung abgewichen. Die von Photios gelesene νέα ἔκδοσις habe jedoch den gleichen Umfang wie die erste ἔκδοσις gehabt, Photios könne daher über den Entstehungsprozeß der Historien keinen Aufschluß geben; vgl. Baker 1987, 50f. (die νέα ἔκδοσις sei eine christliche Überarbeitung); ähnlich Cameron 2011, 670f. Nach Baldini (1984, 208ff.) stellte die erste Edition die Geschichte von Augustus bis Adrianopel dar (der Beginn entspreche dem bei Zosimos); erst die zweite Edition habe an Dexippos angeschlossen; ebenso Baldini 1986 und 2000, 179ff.; so nun auch Paschoud 2000, XLIIIff.; 2006, 70f. und 199. Zur Forschung vgl. außerdem Paschoud 2003, Bd. III 2, 84ff.

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seinen Historien verweist,14 da er in der ersten Auflage seines Geschichtswerks einerseits bereits die Tempelverwüstungen unter Theodosius I., die Zerstörung des Sarapeions in Alexandreia 391/92 und die Untaten der ägyptischen Mönche geschildert hatte,15 andererseits den in den Philosophenviten erwähnten Einfall Alarichs nach Griechenland im Jahr 396 noch nicht beschrieben hatte, sondern diesen erst noch schildern wollte, wenn es die Gottheit erlaube,16 umfaßte meines Erachtens die erste Auflage der Historien den Zeitraum vom Tod des Claudius Gothicus bis zum Tod des Theodosius im Januar 395, sie wurde wohl um 395/96 veröffentlicht; die zweite Auflage führte Eunap bis 404 fort.17 I. Wie läßt sich das Geschichtsbild Eunaps charakterisieren? Beschreibt er den Niedergang oder gar den bevorstehenden Untergang Roms? Liest man die Fragmente der Historien zu den Regierungen des Valens, Theodosius und Arcadius – Eunap konzentriert sich zumeist auf das Geschehen im Osten des Reiches –, so besteht kein Zweifel, daß er über diese Herrscher kein gutes Wort zu verlieren hat. Auch

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Zu den Rückverweisen vgl. Barnes 1978, 115f.; Paschoud 1985a, 253ff.; Ochoa 1990, 29ff.; vgl. zudem Baldini 1984, 75ff.; 1995, 280f.; 2001, 489ff. Eunap. VS 6, 11, 7 p. 472 (= hist., fr. 56 Blockley): ἀλλὰ περὶ τούτων µὲν καὶ ἐν τοῖς καθολικοῖς τῆς ἱστορίας συγγράµµασιν εἴρηται. Barnes (1978, 115f.) bezweifelt, daß sich dieser Verweis auf einen Bericht über die Aktivitäten der Mönche unter Theodosius im Jahr 391 bezieht; anders Ridley 1969/70, 581; Goulet 1980, 66f.; Paschoud 1980, 150 und 1985a, 270 („allusion à la destruction du Sérapéum en 391“); vgl. auch Civiletti 2007, 431f., Anm. 292. Eunap. VS 7, 3, 4 p. 476 (= hist., fr. 64, 2 Blockley = fr. 65, FHG IV 43): οὐκ εἰς µακρὰν πολλῶν καὶ ἀδιηγήτων ἐπικλυσθέντων κακῶν, ὧν τὰ µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς τῆς ἱστορίας εἴρηται, τὰ δέ, ἐὰν ἐπιτρέπῃ τὸ Θεῖον, λελέξεται, ὁ [τε] Ἀλλάριχος ἔχων τοὺς βαρβάρους διὰ τῶν Πυλῶν παρῆλθεν, ὥσπερ διὰ σταδίου καὶ ἱπποκρότου πεδίου τρέχων. Vgl. Eunap. VS 8, 1, 10–2, 3 p. 482 (= hist., fr. 64, 3 Blockley; fr. 65, FHG IV 43). Das Übel des AlarichEinfalls nach Griechenland 396 möchte Eunap erst noch schildern; die von Eunap (laut VS 7, 3, 4) in den Historien bereits beschriebenen Übel, die vom Hierophanten prophezeiten Tempelzerstörungen und der Untergang Griechenlands (VS 7, 3, 2–3 p. 475–476), umfaßten wohl die Verwüstungen der Tempel unter Theodosius I.; vgl. Paschoud 1980, 150ff. und 1985a, 271ff.; Baldini 1984, 102ff.; Penella 1990, 12 und 142f.; vgl. auch Ochoa 1990, 35f.; Baldini 2001, 492ff.; Civiletti 2007, 466f., Anm. 368 und 556, Anm. 524. Dagegen bezieht Blockley (1981, 3f.) diese Notiz auf die Katastrophen unter Valens wie das Erdbeben von 375; ebenso Liebeschuetz 2003, 180ff. Photios’ Angabe, beide Auflagen hätten „denselben Zeitraum“ umfaßt (bibl. cod. 77 I 159 Henry), sollte man sicherlich nicht auf die Goldwaage legen, da die Aktualisierung der νέα ἔκδοσις nur neun Jahre umfaßte, der Schlußpunkt der beiden Ausgaben unterschied sich also nicht wesentlich. Auch Photios’ Einschätzung, Zosimos stelle lediglich eine Epitome aus Eunap dar (Phot. bibl. cod. 98 II 66 Henry), ist ungenau, da Zosimos für die Jahre 404–410 auf Olympiodoros zurückgriff (vgl. Paschoud 2000, LXVff.).

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die Darstellungsabsicht des Autors wird sofort deutlich. Eunap betont zwar mehrmals, daß es ihm um die Wahrheit der Darstellung gehe,18 im Mittelpunkt seiner Schilderungen steht aber das Enkomion Iulians, wie Eunap in den Proömien zum ersten und zum zweiten Buch der Historien betont und wie auch Photios in seiner Einschätzung des Geschichtswerks bemerkt.19 Iulian verkörpert für Eunap den idealen Herrscher, an ihm wird nur in Nuancen vorsichtige Kritik geübt.20 Dieses Idealbild wird mit den schlechten, dummen und unfähigen Nachfolgern Iulians und deren verderblichem Wirken kontrastiert. Verfall und Schicksalsschläge in der Gegenwart sind in den Historien und Philosophenviten überall mit Händen zu greifen.21 Photios informiert uns nun, daß Zosimos nicht nur den Text des Eunap zusammenfasse, sondern auch mit ihm in seinen Wertungen und insbesondere in seinen Angriffen auf die christlichen Kaiser ganz übereinstimme.22 Finden sich bei Zosimos also Hinweise auf Eunaps Geschichtskonzeption? Zosimos bietet ein recht eindeutiges und einfaches Geschichtsbild:23 Auf Grund der Mißachtung des 18

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Eunap. hist., fr. 1 Blockley (= fr. 1, FHG IV 12): τέλος ἱστορίας καὶ σκοπὸς ἄριστος τὰ πραχθέντα ὅτι µάλιστα δίχα τινὸς πάθους ἐς τὸ ἀληθὲς ἀναφέροντα γράφειν. hist., fr. 30 Blockley (= fr. 28, FHG IV 25f.); fr. 66, 1 Blockley (= fr. 73, FHG IV 46: mit Kritik an anderen Historikern); fr. 66, 2 Blockley (= fr. 74–75, 1, FHG IV 46f.). Vgl. Ridley 1969/70, 580f.; Breebaart 1979, 370ff.; Blockley 1981, 9f. Eunap hist., fr. 1 Blockley (= fr. 1, FHG IV 13; καὶ πάντα γε ἐς τὸν Ἰουλιανὸν ἀναφέρειν ἐδόκει, ὃς ἐβασίλευσε µὲν ἐφ' ἡµῶν, τὸ δὲ ἀνθρώπινον αὐτὸν ὥσπερ τινὰ θεὸν προσεκύνουν ἅπαντες); fr. 15 Blockley (= fr. 8, FHG IV 15f.); vgl. auch Eunap. hist., fr. 18, 1 Blockley (= fr. 10, FHG IV 16f.; Iulian als idealer Herrscher); fr. 28, 1 Blockley (= fr. 23, FHG IV 23; Nekrolog); Iulian als „göttlicher“ Herrscher: Eunap. VS 6, 3, 8 p. 464; 7, 2, 4 p. 474; 7, 2, 12 p. 475; 16, 2, 6 p. 496. Zu Eunaps Kritik an den christlichen Kaisern und zum Lob Iulians vgl. Phot. bibl. cod. 77 (I 158–159 Henry): Eunaps Historien seien eher ein Enkomion auf Iulian. Zu Iulian als Eunaps Idealkaiser vgl. Opelt 1966, 934f.; Civiletti 2007, 30ff.; zum Bild Iulians in den Historien vgl. zudem Blockley 1981, 21ff.; Liebeschuetz 2003, 192f.; zum Bild Iulians in den Philosophenviten vgl. Penella 1990, 118ff.; vgl. außerdem Stenger 2009, 247ff. (zur paganen Erinnerung an Iulian in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts). So kritisiert Eunap vorsichtig, daß der Rhetoriklehrer Prohairesios (PLRE I 731) unter Iulian seinen Athener Lehrstuhl verlor (VS 10, 8, 1 p. 493; vgl. hist., fr. 26, 2 Blockley = fr. 25, FHG IV 24f.), und erwähnt den Mißerfolg des Perserfeldzugs (VS 7, 4, 10 p. 478 = hist., fr. 28, 7 Blockley; vgl. fr. 22, FHG IV 23; ὡς δὲ τὰ πράγµατα συντόνως ἀπὸ τῶν µεγάλων ἐκείνων καὶ λαµπρῶν ἐλπίδων ἐς τὸ ἀφανὲς καὶ ἄµορφον κατερράγη καὶ διωλίσθησεν, ὡς ἐν τοῖς διεξοδικοῖς τοῖς κατὰ Ἰουλιανὸν εἴρηται). Von einer deutlichen Kritik Eunaps spricht dagegen Sacks 1986, 55f.; ähnlich Watts 2005, 342, Anm. 26. Vgl. Anm. 3 und 44. Phot. bibl. cod. 98 (II 66 Henry); vgl. Anm. 11. Zu Zosimos’ Geschichtstheorie und seinem Dekadenzmodell vgl. bes. Kaegi 1968, 102ff.; Paschoud 1972, 825ff.; 1975, 139ff.; 1984; 1993, 192ff.; 2000, LXXIff.; Liebeschuetz 2003, 207; 211; 213f.; vgl. auch von Ranke 1883, 265f.; Ridley 1972, 283ff.; Cracco Ruggini 1973, 166ff.; Berardo 1976, 478ff.; Hunger 1978, 288ff.; Salamon 1978, 118ff.; Veh 1990, 17ff. Zur antichristlichen Konzeption des Zosimos vgl. ferner Cichocka 1991. Nach Petre (1965, 264f.) sieht Zosimos den Niedergang des Reiches nicht nur in der Vernachlässigung des Göt-

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Götterkultes ist das Römische Reich seit Constantin im konsequenten Niedergang begriffen. Zosimos stellt sich neben Polybios: So wie der Historiker aus Megalopolis den schnellen Aufstieg, wolle er nun den unfruchtbaren Zustand, den Niedergang Roms erklären: „Während Polybios nämlich erzählte, wie die Römer ihr Reich in kurzer Zeit erwarben, werde ich berichten, wie in kurzer Zeit dieses Reich durch ihre Freveltaten zugrunde gerichtet wurde.“24 Der Geschichtslauf sei abhängig von der Notwendigkeit der Moiren, der Konstellation der Gestirne und dem Willen des Gottes. Im Proömium schreibt Zosimos zu den Erfolgen der römischen Republik: „Aber diese dürfte niemand der menschlichen Macht zuschreiben, sondern der Notwendigkeit der Moiren oder der Wiederkehr der Sternbewegungen oder dem Willen des Gottes, der die menschliche Sphäre gemäß der Gerechtigkeit begünstigt. Diese Momente bilden nämlich eine gewisse Verknüpfung der Ursachen für zukünftige Ereignisse, die die Art und Weise festlegt, wie die Ereignisse notwendig ablaufen müssen, und rufen bei denjenigen, die die Dinge richtig beurteilen, die Ansicht hervor, daß die Aufsicht über die Angelegenheiten der Menschheit einer gewissen göttlichen Vorsehung (θεία πρόνοια) anvertraut worden ist.“25 Die drei Momente der Notwendigkeit, der Sternkonstellationen und des Götterwillens bestimmten ursächlich den zukünftigen Ablauf der Geschichte, die von einer „gewissen göttlichen Vorsehung“ (τοῦ

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terkultes, sondern auch durch die Einführung der Monarchie unter Augustus begründet (unter Verweis auf Zos. 1, 5). Condurachi (1941/42, 119ff.) und Розенталь (1962, 612) nehmen ebenfalls an, daß Zosimos die Monarchie ablehnt und daher den Niedergang des Reiches mit Augustus beginnen läßt. Zosimos (1, 5, 2–4) kritisiert die monarchische Staatsform zwar scharf, spricht aber in der Passage zu Augustus nicht vom beginnenden Niedergang Roms. Zum antimonarchischen Exkurs in Zos. 1, 5 vgl. Paschoud 1975, 1ff.; 2000, 132f. (aus Eunap); 2006, 494. Für Paschoud (1993, 201; 2000, 133; 2001, 336f.) stellt diese von Eunap übernommene Monarchiekritik eine pagane Reaktion auf die von Eusebios propagierte Verbindung von Christentum und Kaisertum dar („une première réponse au providentialisme propagé après Constantin par l’essentiel de l’intelligenzia chrétienne“, 2001, 337). Zos. 1, 57, 1 (am Anfang des Exkurses zu den Vorzeichen für Palmyras Untergang): Πολυβίου γὰρ ὅπως ἐκτήσαντο Ῥωµαῖοι τὴν ἀρχὴν ἐν ὀλίγῳ χρόνῳ διεξελθόντος, ὅπως ἐν οὐ πολλῷ χρόνῳ σφῇσιν ἀτασθαλίῃσιν αὐτὴν διέφθειραν ἔρχοµαι λέξων. Zum Bezug auf Polybios vgl. auch Zos. 1, 1, 1. Zu Zosimos’ Rekurs auf Polybios vgl. Kaegi 1968, 103ff.; Ridley 1972, 283f.; Paschoud 1974, 308ff. (Zosimos griff direkt auf Polybios zurück und wollte „le Polybe de la fin de Rome“ sein, 310f.); 1975, 184ff.; 1993, 202f. (Bezug aus Eunap übernommen); 2000, XXIff. (ebenso); 2003, Bd. III 2, 92; Fitton 1976, 120ff.; Baldini 1986, 85f. (aus Eunap übernommen); Liebeschuetz 2003, 207 und 213; vgl. ferner Petre 1965, 267ff.; Scavone 1970, 60f.; Salamon 1978, 119. Goffart 1971 meint, daß für Zosimos das Römische Reich bereits untergegangen sei. Zos. 1, 1, 2: ἀλλὰ τούτων µὲν οὐκ ἄν τις ἀνθρωπίνην ἰσχὺν αἰτιάσαιτο, Μοιρῶν δὲ ἀνάγκην ἢ ἀστρῴων κινήσεων ἀποκαταστάσεις ἢ θειοῦ βούλησιν τοῖς ἐφ' ἡµῖν µετὰ τὸ δίκαιον ἀκόλουθον οὖσαν· ταῦτα γὰρ εἱρµόν τινα αἰτιῶν τοῖς ἐσοµένοις εἰς τὸ τοιῶσδε δεῖν ἐκβαίνειν ἐπιτιθέντα, δόξαν τοῖς ὀρθῶς τὰ πράγµατα κρίνουσιν ἐµποιεῖ τοῦ θείᾳ τινὶ προνοίᾳ τὴν τῶν ἀνθρωπίνων ἐπιτετράφθαι διοίκησιν. Vgl. Paschoud 1984, 641f.; vgl. ferner Ridley 1972, 287f.; Veh 1990, 18.

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θείᾳ τινὶ προνοίᾳ) determiniert wird. Diese πρόνοια sorgt für die Durchsetzung einer göttlichen Gerechtigkeit und für einen sinnvollen Geschichtsablauf: Gottgerechtes Handeln wird gefördert, gottlose Taten werden bestraft. Die Aufgabe des Götterkults und der Verzicht auf die Feier der Saecularspiele durch Constantin 314 hätten daher zum Verlust größerer Teile der römischen Herrschaft sowie zur Zerrüttung und Barbarisierung des Reiches geführt, zu dem „noch heute“ (also um 500) anhaltenden schmählichen Zustand. Für Zosimos beginnt mit Constantins Regierung der Niedergang des Römischen Reiches. Constantin habe den Staat ruiniert; das Reich sei dann seit Theodosius allmählich zerfallen und größtenteils von den Barbaren erobert worden.26 Auch wenn man Zosimos in der Forschung zumeist nicht allzuviel historiographisches Können zutraut und seine fast sklavische Abhängigkeit von Eunap betont,27

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Zos. 1, 58, 4 (am Ende des Exkurses zu den Vorzeichen für Palmyras Untergang); 2, 7, 2 (εἰς τὴν νῦν συνέχουσαν ἡµᾶς ἐλθεῖν τὰ πράγµατα δυσκληρίαν, am Ende des Exkurses zu den ludi saeculares); vgl. Paschoud 2000, XXX und 203ff., Anm. 12; vgl. ferner Cichocka 1991, 90f. Zu Zosimos’ Kritik an Constantin vgl. auch Zos. 2, 29; 2, 32–38; 2, 39, 1 (Ruin des Staates); 5, 24, 6; vgl. Kaegi 1968, 107; 110; 115ff.; Paschoud 1975, 125ff.; Blockley 1981, 20; Leven 1988, 179ff.; Cameron 2011, 654ff.; vgl. zudem Розенталь 1962, 615ff.; Hunger 1978, 289. Als Fazit zu Theodosius erwähnt Zosimos (4, 59, 3–4) die stückweise Verkleinerung des Reiches nach der Aufgabe des Opferritus durch den Kaiser; das Reich sei zum Wohnsitz der Barbaren geworden; vgl. außerdem Zos. 3, 32, 6 (nach dem Tod Iulians begannen die bis heute anhaltenden Gebietsverluste Roms); 4, 21, 3 (unter Valens Vorzeichen zum geschlagenen Staat, der schließlich durch die Schlechtigkeit der Herrscher zugrunde gehen wird). Zu Zosimos’ Kritik an Theodosius vgl. Kaegi 1968, 122ff.; Paschoud 1975, 125ff. und 1997a, 193ff.; Leven 1988, 182ff.; Cameron 2011, 654ff.; vgl. auch Buck 1988; Liebeschuetz 2003, 211. Die Etappen des Niedergangs nach dem Verzicht auf die Saecularspiele sind für Zosimos die Bekehrung Constantins (2, 29), der Tod Iulians und seine Folgen (3, 32, 6), die Ablehnung des Pontifex-Amtes durch Gratian (4, 36) und Theodosius’ Abschaffung der Opferkulte in Rom (4, 59). Vgl. Paschoud 1984, 642f. und 1993, 200; vgl. ferner Paschoud 2003, Bd. II 2, 472f. Zosimos zeigt zudem an drei Stellen auf, wie die Pflege des Götterkults Unheil verhindern kann und wie verheerend daher die Abwendung der Kaiser vom Kult war: der Hierophant Nestorios kann durch Götterkult Athen vor einem Erdbeben retten (Zos. 4, 18; Zosimos greift hier auf einen Hymnos des Neuplatonikers Syrianos zurück); eine Erscheinung der Göttin Athene schützt Athen vor Alarichs Goten (Zos. 5, 6, 1–3); zwei Götterbilder des Zeus und der Athena vor dem Senat schützen sich bei einem verheerenden Brand in Constantinopel und bleiben so erhalten (Zos. 5, 24, 7–8). So etwa Paschoud 1972, 810f.; 1975, 144 („Zosime suit sa source unique avec une totale servilité“); 1985a, 247f.; 1989, 212f.; 1993, 190f. und 200f.; 2000, XXXVIff. und LXIX; 2006, 70 („Zosime est un abréviateur maladroit et négligent, incapable d’initiative personnelle“); Fitton 1976, 7ff. (Zosimos könne man keine „originality“ zuschreiben, 43; Zosimos „convicts himself of total subservience to his sources“, 79); Barnes 1978, 122f.; Cichocka 1991, 102; ähnlich Ridley 1972, 280f.; Hunger 1978, 287f.; Baldini 1984, 19ff.; Veh 1990, 11; vgl. auch Ridley 1969/70, 582ff. (Zosimos schloß sich eng an Eunap an, übernahm aber nicht alle Angaben sklavisch); vorsichtig auch Breebaart 1979, 360 und 367, Anm. 33. Liebeschuetz 2003, 207ff.) betont dagegen, daß Zosimos den Auszügen aus Eunap eigenes Material (so die Exkurse) hinzugefügt habe; von Zosimos stamme auch die Konzeption des Nieder-

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dürfte diese Sicht nur teilweise aus seiner Hauptquelle Eunap stammen. Die einfache Konzeption eines konstanten Niedergangs des Reiches durch Mißachtung der Götter findet sich lediglich in Zosimos’ Exkursen zu den Vorzeichen für Palmyras Untergang und zu den ludi saeculares und als eine allgemeine Wertung am Ende der Darstellung zu Theodosius I. sowie als Andeutung im Proömium des Geschichtswerk, in dem der Aufstieg Roms und dessen Beschreibung durch Polybios als die Folie vorgestellt wird, vor der Zosimos sein Niedergangskonzept entfalten möchte – alles offenbar Texte, die Zosimos selbständig ohne Rückgriff auf Eunap um 500 nach dem Untergang des Westreiches verfaßte.28 In den Fragmenten aus

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gangs des Reiches, erst sein Geschichtswerk beschreibe „the reversal of the process of imperial growth which had been described by Polybius“ (S. 213). Vgl. außerdem Cameron 2011, 653 (Zosimos habe mehrere Quellen neben Eunap genutzt; „Photius’s sweeping claim that he did not so much write a history as transcribe Eunapius’s should not be taken so literally“). Die Eigenständigkeit des Zosimos, der ein neues Geschichtskonzept entwickelt habe, betonen auch Petre 1965, 265f.; Kaegi 1968, 99ff.; Berardo 1976, 478f.; Salamon 1978, 118ff. Vgl. Cracco Ruggini 1973, 169 („Quello che, forse, è più nuovo in Zosimo, rispetto agli storici e intellettuali bizantini ancora al tempo della rivolta di Illus, è appunto la coscienza saldissima che il decadimento […] è ormai processo compiuto e irreversibile“). Zos. 1, 1; 1, 57, 1; 1, 58, 4; 2, 7, 2; 4, 59, 3–4. Zu diesen Exkursen des Zosimos, zu den Vorzeichen für Palmyras Untergang (1, 57–58), zu den Saecularspielen (2, 1–7), zum Orakel über die Größe Constantinopels (2, 36–37), zur Rettung Athens vor einem Erdbeben (4, 18, 2–4) sowie zum collegium der pontifices und dem pontifex maximus (Zos. 4, 36), die nicht aus Eunap stammen, vgl. Liebeschuetz 2003, 195 und 208ff.; Cameron 2011, 644f. und 650ff. (auch zu möglichen Quellen der Exkurse); vgl. außerdem Kaegi 1968, 115f.; 120f.; 125; Veh 1990, 12f. (Proömium und Exkurse sind eigenständige Zugaben des Zosimos); Athanassiadi 1999, 354f. (der Exkurs Zos. 4, 18 aus Syrianos zeige, daß Zosimos Kontakt zu neuplatonischen Kreisen geknüpft habe); vorsichtiger so ebenfalls Ridley 1972, 280f. Bereits Mendelssohn (1887, XXXVIIf.; 54f.; 92f.; 173; 192) hatte diese Exkurse (ab Buch 2) als Zusätze des Zosimos gewertet. Dagegen meint Paschoud (1985a, 249f.; 2000, XXIII; XXX; XLVff.; LXV; 173; 192; 255; 2003, Bd. II 2, 367f. und 416ff.), daß sich Zosimos’ Aussagen im Proömium (der Bezug auf Polybios, die Dekadenztheorie, der Providenzialismus und die Monarchiekritik) und seine Exkurse bereits bei Eunap fanden; ähnlich Fitton 1976, 89ff. (zu den Exkursen); Baldini 1986, 85f. Zosimos’ Palmyra-Exkurs scheint auf den ersten Blick aus Eunap zu stammen. Zosimos berichtet hier, daß die Priester des Tempels des Apollon Sarpedonios im kilikischen Seleukeia allen, die unter Heuschreckenplagen gelitten hätten, „seleukiadische“ Vögel übergeben hätten. Zosimos erläutert seinen Lesern kurz, um welche Vogelart es sich dabei handelt (1, 57, 3): Σελευκιάδας παραδιδοὺς (ὄρνεα δὲ ταῦτα ἐνδιαιτώµενα τοῖς περὶ τὸ ἱερὸν τόποις). In der Suda findet sich ebenfalls eine Erklärung zum Vogel Seleukis (Σ 199 s. v. Σελευκίς: ὄρνεόν ἐστιν εὔπεπτον καὶ ἀκόρεστον καὶ πανοῦργον. καὶ τὰς ἀκρίδας χανδὸν λαφύσσον), die als Auszug aus Eunaps Historien (aus dem Bericht zu Aurelians PalmyraFeldzug) von Boissonade (1822, Bd. 1, 490: fr. 2 aus der Suda) sowie von Müller und Blockley (in eckigen Klammern) in ihre Fragmentsammlungen aufgenommen wurde (Eunap. hist., fr. 2, FHG IV = fr. 2 Blockley); als Zeugnis für eine Abhängigkeit des Zosimos von Eunap im Palmyra-Exkurs gewertet von Mendelssohn 1887, 41; Fitton 1976, 11 und 91f.; an der Zuschreibung von Suda Σ 199 zu Eunap zweifelt dagegen Paschoud 1985a, 241f.; 1992, 614f.; 2000, 174. Die Suda sagt nicht, daß der Eintrag aus Eunap stammt. Der Suda-Artikel und der Zosimos-Text bieten keine Gemeinsamkeiten (außer der Erwähnung, daß diese Vögel

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Eunaps Historien gibt es dagegen für diese Konzeption keine Hinweise. Eunap klagt zwar die Mißstände unter Theodosius und seinen Söhnen deutlich an, beschreibt diesen Geschichtsverlauf aber nicht mit Metaphern des Unter- oder Niedergangs, verursacht durch die Mißachtung der Götter.29 An welchen Stellen thematisiert Eunap den Niedergang im Reich? In einer allgemein-philosophischen Bemerkung sagt Eunap in den Historien, daß das Begehren nach Geld zu Konflikten führe: „Wachsender Streit aber führt zum Aufblühen von Krieg und Mord; die aus dem Mord erwachsende Frucht ist indes der Untergang des Geschlechts und das Verderben. Dies genau passierte aber unter Valens.“30 Später beschreibt er dann die dauerhaften Verwüstungen in Thrakien durch die „Skythen“, also die Goten.31 Der neuerhobene Kaiser Theodosius gibt dann das Geld mit vollen Händen aus: „Und so konnte damals ein vernünftiger Beobachter wie von einem Wachturm aus sehen, daß keine Art der Schlechtigkeit und der Zügellosigkeit unterlassen wurde, um den Staat zu zerstören.“32 In beiden Fällen denkt Eunap zweifelsohne nicht an eine wirkliche Zerstörung oder auch nur an eine deutliche Verkleinerung des Reiches, sondern an die Zerrüttungen, die aus der falschen Politik des Valens gegenüber den Goten und aus der Verschwendung der Staatsgelder durch Theodosius resultierten. Ein deutlicher Niedergang oder gar Untergang Roms wird hier nicht thematisiert. Zudem ist eine Sicht, wie sie Zosimos vertritt, – insbesondere die drastische Verkleinerung des Reiches – erst zur Entstehungszeit der Neuen Geschichte um 500 sinnvoll, als die Germanen ihre Staaten auf ehemaligem Reichsboden gefestigt hatten. In den Philosophenviten thematisiert Eunap nur einmal explizit einen Niedergang: Er vergleicht die Hinrichtung des Philosophen Sopatros von Apameia durch Constantin mit der des Sokrates durch die Athener; so wie nach Sokrates’ Tod Athen, ja ganz Griechenland untergegangen sei, sei auch Constantinopel unter Constantin dem Niedergang anheimgefallen – früher habe Byzantion die Athener noch mit Korn versorgen können, nun reichten nicht einmal die Kornflotten aus

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Heuschrecken fressen). Da der Vogel Seleukis (wohl der Rosenstar) auch sonst in der antiken Literatur erwähnt wird (vgl. u. a. Plin. nat. 10, 75; Ail. nat. 17, 19), bleibt diese Zuschreibung spekulativ. Nach Liebeschuetz (2003, 213f.) griff Zosimos für den Palmyra-Exkurs auf eine Orakelsammlung zurück. Paschoud (1985a, 249f.; 2000, XXX und 204) meint, daß Zosimos’ Theorie, mit der Unterlassung der Feier der Saecularspiele 314 durch Constantin habe der Niedergang des Reiches eingesetzt, sei bereits von Eunap in den Historien vertreten worden. Eunap. hist., fr. 39, 9 Blockley (= fr. 38, FHG IV 29): ἔρις δὲ αὐξηθεῖσα πολέµους ἀνεβλάστησε καὶ φόνους· φόνων δὲ ὁ φυόµενος καρπὸς φθορὰ τοῦ γένους καὶ ὄλεθρος· ἃ δὴ καὶ ἐπὶ Οὐάλεντος συνεπράττετο. Als Zeugnis für Eunaps Dekadenz-Schema werten das Fragment Barnes 1978, 123; Kulikowski 2007, 144. Eunap. hist., fr. 42 Blockley (= fr. 42, FHG IV 31–33). Eunap. hist., fr. 46, 1 Blockley (= fr. 48, FHG IV 35): οὕτω καὶ τότε ἦν ὁρῶντα ἐπισκοπεῖν ὥσπερ ἐκ περιωπῆς, τόν γε ἔµφρονα, µηδένα τρόπον ἀµελούµενον κακίας καὶ ἀκολασίας ἐς τὴν κοινὴν τῶν πραγµάτων διαφθοράν.

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Ägypten, Kleinasien, Syrien und Phönikien aus, um die betrunkene Volksmasse zu versorgen, die Constantin hier versammelt habe.33 Die Analogie ist wenig passend, sie impliziert aber nicht, daß Eunap nun das ganze Römische Reich seit Constantin im Niedergang sah.34 Eunap thematisiert in dieser Passage vielmehr den Niedergang der einst stolzen und reichen Stadt Byzantion nach Constantins Neugründung. Diese Kritik an der neuen Hauptstadt und den mit ihr verbundenen Kosten war bei paganen Intellektuellen des 4. Jahrhunderts nicht unüblich.35 Die aus Zosimos’ Proömium bekannte Konzeption einer allgegenwärtigen göttlichen Vorsehung (θεία πρόνοια), die das menschliche Leben vorherbestimmt, steuert und beurteilt, die die Gottesfreunde fördert und Übeltäter bestraft, dürfte dagegen auf Eunap zurückgehen;36 sie bietet einen wichtigen Schlüssel zum Ge-

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Eunap. VS 6, 2, 6–8 p. 462. Zum Bild des Sopatros bei Eunap vgl. Baldini 1995, 282f.; Criscuolo 2005, 788f. Zum Philosophen Sopatros (PLRE I 846, Nr. 1) vgl. bes. Penella 1990, 49ff.; Baldini 1995, 274ff.; Olszaniec 2000; vgl. ferner Marasco 1993, 151ff. Die These von Woods 2006, Sopatros habe sich am Hof Constantins dem Christentum zugewandt und sei nur deshalb so einflußreich geworden, ist unbegründet. Anders deuten die Passage etwa Kaegi 1968, 81f. (mit der Ermordung des Sopatros beginne für Eunap der Niedergang des Reiches; Eunap „considered the murder of Sopater as a turning point, as important for Roman history as the execution of Socrates was for the Athenian and Greek history“, 82); ebenso Goulet 1977/81, 314f. (wie Athen nach dem Tod des Sokrates befinde sich das Reich nach der Ermordung des Sopatros im Niedergang: „L’acte initial de la décadence de l’Empire fut de même l’injuste condamnation du philosophe Sopater“, 315); vgl. dagegen Blockley 1981, 135, Anm. 100. Zur Parallelisierung des Sopatros mit Sokrates vgl. auch Cracco Ruggini 1972, 206, Anm. 60; Breebaart 1979, 372; Di Branco 2006, 32f.; Criscuolo 2005, 788; Civiletti 2007, 358, Anm. 153. Vgl. zudem Eunap. VS 16, 1, 6 p. 495. Zu Eunaps Kritik an Constantinopel vgl. Penella 1990, 135; Civiletti 2007, 359, Anm. 157; 360f., Anm. 158 und 161; Cameron 2011, 654. Auch bei Libanios findet sich diese Kritik, vgl. or. 1, 215; 1, 279; 30, 37; 49, 2. Vgl. allgemein Cracco Ruggini 1971, 409f. und 1972, 204ff. Den moralischen Verfall im Reich beklagt Eunap noch einmal im Zusammenhang mit dem Wüten der Mönche in Ägypten (VS 6, 11, 6–8 p. 472): Man habe in Kanopos „sogenannte Mönche“ angesiedelt, diese seien zwar vom Aussehen her Menschen, doch leben sie wie Schweine; sie hätten in aller Öffentlichkeit unzählige üble Taten geduldet und begangen. Eine tyrannische Macht habe damals jeder genossen, der eine schwarze Kutte getragen habe. Zu solcher Vortrefflichkeit sei die Menschheit vorangeschritten, schließt Eunap sarkastisch die Passage (6, 11, 7: εἰς τοσόνδε ἀρετῆς ἤλασε τὸ ἀνθρώπινον). Vgl. Stenger 2009, 224f. Zu Eunaps Kritik an den Mönchen vgl. zudem Opelt 1966, 933f.; Ridley 1969/70, 581; Cox Miller 2000, 223ff.; Hahn 2004, 94; vgl. ferner Kaegi 1968, 77f.; Bartelink 1969, 297ff.; Cracco Ruggini 1972, 289ff.; Civiletti 2007, 29 (und die Anmerkungen 427ff.). So Liebeschuetz 2003, 195; ähnlich Ridley 1972, 287 (Zosimos’ Gedanken der göttlichen Verursachung und des „punishment by the gods“ gehen wohl auf Eunap zurück); Paschoud 1975, 139f.; 1993, 202f.; 2000, XLVf.; Fitton 1976, 99. Dagegen meint Kaegi (1968, 111f.), daß dieser Gedanke einer göttlichen πρόνοια von Zosimos aus der philosophischen Diskussion seiner Zeit übernommen wurde (also nicht aus Eunap stammt); ähnlich wohl ebenfalls Cracco Ruggini 1973, 166f. („provvidenzialismo negativo“ des Zosimos). Auch Leven (1988, 184 mit 195, Anm. 81) spricht vom pessimistischen „Providentialismus“ des Zosimos, geht

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schichtsverständnis des Sophisten aus Sardeis. Die in den konstantinischen Exzerptsammlungen und der Suda erhaltenen Textpassagen aus den Historien liefern dazu kaum Material, in den Philosophenviten nutzt Eunap dagegen den Begriff der πρόνοια, um den Geschichtsablauf zu erklären und als sinnvoll zu bestimmen; er verweist dabei zumeist auf die entsprechenden Schilderungen in den Historien. Die Vorsehung führt so Iulian auf den Thron und bewahrt ihn vor Constantius’ Nachstellungen: In der Maximos-Vita schildert Eunap, wie Constantius II. Iulian als Caesar nach Gallien sendet, damit er dort umkomme: „Als Caesar wur-

aber dennoch davon aus, daß Zosimos Eunap in seiner Polemik folge (S. 186). Scavone (1970, 61) vermutet in Zos. 1, 1, 2 eine Übernahme aus Polybios. Problematisch ist hier eine Passage aus der zweiten Hälfte des fünften Buches des Zosimos, in der der Autor nicht mehr auf Eunap, sondern auf Olympiodoros zurückgreift. Zosimos (5, 38) berichtet, daß Serena, die Frau Stilichos, für eine gotteslästerliche Freveltat von der Dike (ἡ τοὺς ἀσεβεῖς µετιοῦσα Δίκη, 5, 38, 4) bestraft worden sei; sie sei auf Betreiben des Senats hingerichtet worden. Als Theodosius nach dem Sturz des Eugenius Rom besucht habe, habe Serena über die Vertreibung der Priester und Priesterinnen nur gelacht; zudem habe sie im Metroon (dem Tempel der Magna Mater) eine Halskette der Göttin Rhea gestohlen und sich umgelegt. Eine alte Vestalin habe Serena, ihren Gatten und ihre Kinder wegen dieser Asebie verflucht. Im Traum sei Serena sogar der nahe Tod angekündigt worden, doch habe sie sich nicht darum gekümmert (5, 38, 1–4). Auch ihr Gatte Stilicho sei wegen einer ähnlichen Gottlosigkeit von der Dike mit einem elenden Tod bestraft worden; er habe nämlich Gold an den Türen des Tempels auf dem Kapitol abschaben lassen (5, 38, 5). Vgl. Paschoud 2003, Bd. III 1, 258ff. Hier liegt offensichtlich die gleiche Konzeption der göttlichen Bestrafung wie in den auf Eunap zurückgehenden Passagen des Zosimos zugrunde (vgl. Zos. 4, 59). Nach Cameron (1969, 259) war Olympiodoros an dieser Stelle Zosimos’ Quelle. Paschoud hat verschiedene Deutungen vorgelegt: Paschoud (1975, 139ff.) nahm ursprünglich an, daß Eunap und Olympiodoros auf eine lateinische Quelle (eine Historia adversus Christianos) zurückgegriffen hätten, in der ein Ignotus kurz nach dem Fall Roms 410 mit einem providentialistischen Konzept die Folgen der Aufgabe des paganen Kults für das Reich darstellt habe (so ließen sich die Bezüge zwischen Zos. 4, 59 aus Eunap und Zos. 5, 38 aus Olympiodoros am besten erklären); vorsichtiger Paschoud 2003, Bd. III 1, 263f. Als gemeinsame Quelle des Eunap und des Olympiodoros vermutete Paschoud (2003, Bd. III 2, 86f.) später einen kurz nach 410 verfaßten lateinischen „libelle, qui pourrait être très bref“, „une sorte de De mortibus persecutorum païen“. Schließlich möchte Paschoud (2006, 74) auch nicht ausschließen, daß Zosimos in 5, 38 Eunap genutzt habe, der im Kontext des Rom-Besuchs des Theodosius in einer Antizipation den Tod der Serena und des Stilicho geschildert habe. Ohne eine westliche Quelle sei dies aber kaum vorstellbar. Bereits Mendelssohn (1887, 266) nahm an, daß Zosimos in 5, 38 auf Eunap zurückgriff. Liebeschuetz (2003, 213) meint, daß Zosimos für seine Exkurse zum Westen sowie für Zos. 4, 59 und 5, 38 ein Pamphlet eines „unknown pagan apologist“ aus dem Westen genutzt habe. Meines Erachtens wäre es durchaus möglich, daß sich auch in Olympiodors Geschichtswerk die philosophische Konzeption einer strafenden göttlichen πρόνοια fand; ihm widmete der Neuplatoniker Hierokles seine Schrift περὶ προνοίας (Anm. 64). Wahrscheinlicher ist aber eine Vorausschau Eunaps zur Bestrafung der Serena und des Stilicho, die Zosimos in 5, 38 nutzte. Die einfachste Lösung des Problems wäre allerdings die Annahme, daß Zosimos Eunaps Konzeption der göttlichen πρόνοια übernahm und auch auf spätere Fälle anwendete, über die Eunap nicht mehr berichtete. Zum Prozeß gegen Serena (PLRE I 824) und ihrer Hinrichtung im Jahr 408 vgl. Demandt/Brummer 1977.

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de er nach Gallien geschickt, nicht allein, damit er das dortige Gebiet beherrsche, sondern damit er in der Herrschaft zugrunde gehe; aber entgegen der Erwartungen aller und durch die Vorsehung der Götter blieb er unversehrt, vor allen verbergend, daß er die Götter verehrt, alle besiegend, weil er die Götter verehrte; und er überschritt den Rhein und überwältigte und vernichte fast alle barbarischen Völker jenseits dieses Flusses, trotz der vielen Verschwörungen und Anschläge, die gegen ihn angezettelt wurden – wie ich es in den ihm gewidmeten Abschnitten (der Historien) geschrieben habe.“37 Das Schema, das dieser Ansicht zugrunde liegt, ist denkbar einfach: Iulian wandte sich seit seinem Studium in Kleinasien bei den Neuplatonikern Aidesios aus Kappadokien und Maximos von Ephesos sowie seiner Einweihung durch den Hierophanten in Eleusis während seines Aufenthalts in Athen den Göttern zu und steht nun unter ihrem Schutz; sie verleihen ihm den Sieg: Iulian habe alle besiegt, weil er die Götter verehrt habe. Die πρόνοια fördert somit diejenigen, die die Götter verehren, und bestraft jene, die sich gegen die Götter und ihre Schützlinge versündigen. Letzteres beschreibt Eunap in seinen Philosophenviten an mehreren Stellen, an denen er wiederum auf seine ausführlichere Darstellung in der ersten Fassung der Historien Bezug nimmt. Nur sehr kurz rekurriert er in den Philosophenviten auf die Bestrafung des Constantin und des Valens für ihre Untaten. Constantin sei schließlich für die Ehren, die er seinem Prätorianerpräfekten Ablabios, dem Hauptschuldigen an der Hinrichtung des Philosophen Sopatros, erwiesen habe, bestraft worden. Eunap führt nicht aus, wie der Kaiser durch die Gottheit gerichtet wurde, er verweist lediglich auf die entsprechende Passage in seinen Historien.38 Zosimos sagt nur, daß Constantin, nachdem er den Staat ruiniert hatte, an einer Krankheit starb.39 Vielleicht schilderte Eunap in der ersten Auflage seiner Historien ausführlich die Leiden des todkranken Kaisers als göttliche Strafe.40

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Eunap. VS 7, 3, 7 p. 476 (= hist., fr. 14, 2 Blockley = fr. 14, FHG IV 20): πεµφθεὶς δὲ Καῖσαρ ἐπὶ Γαλατίας οὐχ ἵνα βασιλεύῃ τῶν ἐκείνῃ µόνον, ἀλλ' ἵνα ἐν τῇ βασιλείᾳ διαφθαρῇ, παρὰ δόξαν ἅπασαν ἐκ τῆς τῶν θεῶν προνοίας ἀνήνεγκεν, πάντας µὲν λανθάνων ὅτι θεραπεύει θεούς, πάντας δὲ νικῶν ὅτι ἐθεράπευε θεούς, καὶ τόν τε Ῥῆνον ἐπεραιώθη, καὶ πάντα ὅσα ὑπὲρ ἐκεῖνον ἔθνη βάρβαρα συνελὼν καὶ δουλωσάµενος, πολλῶν ἐπιβουλῶν καὶ µηχανηµάτων πλεκοµένων αὐτῷ (ὡς ἐν τοῖς περὶ ἐκεῖνον ἀναγέγραπται). Vgl. Civiletti 2007, 477f., Anm. 380–381. Auch Eunaps Rhetoriklehrer Prohairesios steht unter dem Schutz der göttlichen Vorsehung (VS 10, 2, 3 p. 486: ὁµολογῶν τὰ ἐς αὐτὸν θεοῦ τινος προνοίας τετυχηκέναι). Eunap. VS 6, 3, 8 p. 464 (= hist., fr. 9, 2 Blockley = fr. 7, FHG IV 14f.): Κωνσταντῖνος µὲν οὖν καὶ Ἀβλάβιον τιµῶν ἐκολάζετο, καὶ ὅπως γε ἐτελεύτα ἐν τοῖς περὶ ἐκείνου γέγραπται. Vgl. Blockley 1981, 16 mit 133, Anm. 71; Paschoud 1992, 620ff.; Civiletti 2007, 369ff., Anm. 173. Zu Ablabios s. u. Zos. 2, 39, 1: τούτοις ἅπασι τοῖς τρόποις ὁ Κωνσταντῖνος τῷ πολιτεύµατι λυµηνάµενος ἐτελεύτησε νόσῳ. Vgl. Paschoud 1997b, 15 und 2000, 262f., Anm. 52. Ridley (1969/70, 590) sieht hier einen Unterschied zwischen Zosimos und Eunap: während Eunap im Zusammenhang mit dem Tod Constantins von einer Bestrafung spreche, finde sich bei Zosimos keine Referenz auf diese Strafe; ebenso Breebaart 1979, 372, Anm. 46; anders Fitton 1976, 41f. Le-

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Valens sei, wie es der neuplatonische Theurge Maximos von Ephesos in seiner Orakeldeutung prophezeit habe, für die von ihm angeordnete Hinrichtung paganer Intellektueller im Zusammenhang mit der Verschwörung des Theodoros durch einen Tod „auf fremde Art“ im Kampf gegen die „Skythen“ bestraft worden; auch hier verweist Eunap den Leser auf die detaillierte Darstellung in den Historien zur Niederlage des Valens gegen die Goten bei Adrianopel: Eunap beschreibt, wie Maximos das berühmte Theodoros-Orakel gedeutet und den Tod der Verschwörer gegen Valens, seine eigene Hinrichtung und den Tod vieler Unschuldiger prophezeit habe; „die Deutung vollendend fügte er (Maximos) hinzu: ‚Nach der allgemeinen und mannigfaltigen Vernichtung aller, in der wir Mord herbeiführen werden, wird der Kaiser auf gewisse fremde Art umkommen, ohne mit einer Begräbnisfeier gewürdigt zu werden, ohne ruhmvolles Grab.‘ Und so kam es auch, wie ich es detaillierter in den ausführlichen (Historien) geschrieben habe […] Nachdem er (der proconsul Asiae Festus) viele hingerichtet hatte, Schuldige wie Unschuldige, tötete er von ihnen auch den großen Maximos. Und so fand die

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ven (1988, 181) meint, daß auch Zosimos durch die enge Verbindung mit der Ruinierung des Staates Constantins Tod „gleichsam als Strafe für sein Treiben erscheinen“ läßt; ähnlich Civiletti 2007, 371f., Anm. 173. Vgl. Ridley 1969/70, 581 (Constantins Tod als Strafe für seine Verbrechen); Fitton 1976, 41; Blockley 1981, 133, Anm. 71; Civiletti 2007, 369ff., Anm. 173; Stenger 2009, 225 mit Anm. 168. Paschoud (1992, 620f. und 1997b, 14f.) bestreitet dagegen, daß Eunap (in fr. 9, 2 Blockley) zwischen Constantins Bestrafung für das in Ablabios gesetzte Vertrauen und Constantins Tod einen ursächlichen Zusammenhang hergestellt habe; es handele sich lediglich um „a simple juxtaposition“ (1992, 621). Constantins Strafe besteht für Paschoud (1997b, 16) in einer „Selbstbestrafung“ durch den Mord an Crispus und Fausta sowie in einer postumen Bestrafung durch den Mord an seinen Familienmitgliedern im Jahr 337. Hierzu verweist er auf Libanios’ Rede Für die Tempel, in der von einer Bestrafung Constantins sowohl durch sich selbst als auch durch die Familienmorde nach seinem Tode gesprochen wird (or. 30, 37: δέδωκε δίκην τὰ µὲν αὐτὸς αὑτὸν µετιών, τὰ δ' ἤδη καὶ τεθνεὼς πάσχων ἐπ' ἀλλήλους τε ἰόντων τῶν ἐκ τοῦ γένους καὶ λελειµµένου µηδενός); vgl. zudem Paschoud 1989, 213, Anm. 56. Auch Cameron (2011, 645) lehnt einen Zusammenhang zwischen der Bestrafung Constantins und seinem Tod ab. Er meint ebenfalls, Constantin sei postum durch die Ermordung seiner Familienmitglieder bestraft worden. „There is nothing here or elsewhere to support the idea that Eunapius’s history highlighted ‚deaths of persecutors‘“. Baldini (1995, 286, Anm. 49) vermutet, daß Eunap ähnlich wie Philostorgios (HE 2, 16 und 16 a = Eunap. hist., fr. [9, 3] Blockley) in der ersten Auflage der Historien von der Vergiftung Constantins durch seine Brüder als Bestrafung berichtet habe. Auch Penella (1990, 126f.) nimmt an, daß Eunap in den Historien die Vergiftung Constantins als göttliche Strafe genannt habe; erwogen von Civiletti 2007, 372, Anm. 173. Nach Barnes (1981, 398, Anm. 12) griff Philostorgios sogar auf Eunap zurück; vgl. dagegen Blockley 1983, 130, Anm. 17 („Philostorgius’ version looks like a propagandistic justification of Constantius’ execution of Constantine’s brothers, and it would, therefore, not be Eunapian.“); Paschoud 1997b, 16. Der einzige Zeuge für Eunaps Bericht über den Tod Constantins ist Zosimos, so daß die Annahme, Eunap habe die Vergiftung des Kaisers geschildert, wenig wahrscheinlich ist. Der Bericht des Philostorgios dürfte eher aus einer homöischen Quelle stammen. Zu Philostorgs Passage über den Tod Constantins und den möglichen Quellen vgl. zudem Amerise 2006, bes. 333ff. (mit Literatur).

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Prophezeiung ihre Erfüllung, das übrige Prophezeite ereignete sich aber ebenfalls auf diese Weise: Der Kaiser nämlich verschwand in einer großen Schlacht mit den Skythen auf eine gewisse fremde Art, so daß nicht einmal ein Knochen zum Beerdigen gefunden wurde. Der Dämon aber setzte noch ein anderes, gewaltigeres Zeichen hinzu.“ Im folgenden beschreibt Eunap die göttliche Bestrafung des proconsul Festus für seine Schandtaten.41 Eunap illustriert in dieser Passage zu Valens die prophetischen Gaben des göttlichen Philosophen Maximos, den er als paganen Märtyrer stilisiert;42 zugleich wird aber auch die Wirkung der göttlichen πρόνοια an einem für die Zeitgenossen einschneidenden Ereignis, der Schlacht von Adrianopel und dem Tod des christlichen Kaisers und Philosophenverfolgers, veranschaulicht.43 In den Philosophenviten thematisiert Eunap zwar immer wieder auch diverse Untaten der christlichen Kaiser Constantin, Valens und Theodosius,44 hier ist aber

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Eunap. VS 7, 6, 4–5 p. 480 (VS 7, 6, 5 p. 480 = hist., fr. 39, 7 Blockley; vgl. fr. 39, FHG IV 30); 7, 6, 7–9 p. 480: (6, 4) ἀνύτων δὲ ἐπέθηκεν ὅτι „µετὰ τὴν ἁπάντων κοινὴν καὶ πολύτροπον φθοράν, ἐν ᾗ τὸν φόνον εἰργασάµεθα, ὁ βασιλεὺς ξένον τινὰ ἀναφθαρήσεται τρόπον, οὐδὲ ταφῆς ἀξιωθείς, οὐδὲ ἐνδόξου τάφου.“ (5) καὶ ταῦτα ἔσχεν οὕτως, καὶ ἐν τοῖς διεξοδικοῖς ἀκριβέστερον γέγραπται […]. (7) πολλοὺς γὰρ προκατακόψας αἰτίους τε καὶ ἀναιτίους, καὶ τὸν µέγαν Μάξιµον αὐτοῖς ἐπέσφαξε. (8) κἀκεῖνο µὲν εἶχεν ἡ µαντεία τέλος, ἀπέβαινε δὲ καὶ τὰ λειπόµενα. (9) ὅ τε γὰρ βασιλεὺς ἐν µεγάλῃ τῶν Σκυθῶν µάχῃ ξένον τινὰ ἠφανίσθη τρόπον, ὥστε οὐδὲ ὀστέον εἰς ἀναίρεσιν εὑρέθη· προσεπέθηκε δὲ ὁ δαίµων καὶ ἕτερόν τι µεῖζον. Vgl. Lenski 1997, 154f.; Civiletti 2007, 49; 536ff., Anm. 480–482; 547f., Anm. 493. Zu Festus: Eunap. VS 7, 6, 9–13 p. 481 (s. u.). Zu Theodoros s. u. Zu Maximos von Ephesos (PLRE I 583f., Nr. 21) vgl. bes. Penella 1990, 65ff.; Delfim Santos 2005. Zu Eunaps Darstellung des Martyriums des Maximos vgl. Penella 1990, 72ff.; Anderson 1994, 200f. Zum Tod des Valens vgl. auch Zos. 4, 24, 2 (Feuertod nach der Schlacht von Adrianopel in einem Dorf). Das Ereignis wird bei Zosimos nur beschrieben und nicht weiter (etwa als göttliche Strafe) gedeutet, er berichtet aber immerhin noch über schlechte Vorzeichen (4, 21, 2– 3). Zosimos verkürzt hier offenbar die Darstellung in Eunaps Historien. Zur paganen Geschichtsapologetik in Eunaps Darstellung der Niederlage des Valens vgl. Barnes 1978, 120f.; Baldini 1984, 228f.; Lenski 1997, 153 („divine punishment“ des Valens); 156; 160; Civiletti 2007, 548 (Bestrafung des Valens durch eine „divina provvidenza“ bei Eunap); Kulikowski 2007, 144. Paschoud (1980, 160ff.; 1993, 203; 2006, 495) meint dagegen, daß Zosimos den Text des Eunap genau widerspiegele; weder in Eunaps Historien (in der ersten und der zweiten Auflage) noch bei Zosimos sei die Niederlage von Adrianopel als Argument der paganen Apologie genutzt worden, um die verheerenden Folgen der Christianisierung für das Reich aufzuzeigen. Bei Zosimos spiele Valens’ Christentum keine Rolle; bei beiden Autoren „le récit du désastre d’Andrinople ne comportait pas d’interprétation providentialiste païenne“ (2006, 495). Zu zeitgenössischen Reaktionen auf die Schlacht von Adrianopel vgl. bes. Lenski 1997; vgl. auch Lenski 2002, 340. Constantin habe bedeutende Tempel niederreißen und christliche Gebäude errichten lassen (Eunap. VS 6, 1, 5 p. 461). Eunap kritisiert zudem seine Gründung von Constantinopel und verurteilt die Hinrichtung des Philosophen Sopatros (VS 6, 2, 4–12 p. 462–463). Valens wird vor allem für die Verhaftung, Folterung und Hinrichtung des Philosophen Maximos verurteilt (VS 7, 4, 11–17 p. 478; 7, 6, 5–8 p. 480). Schließlich kritisiert Eunap scharf die Zerstörung

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nicht die Förderung und Strafe der Herrscher durch die πρόνοια, sondern das Wirken der Götter in Bezug auf die Intellektuellen das zentrale Thema, daher verweist Eunap für das Schicksal der Kaiser auf die universalhistorische Darstellung in seinem Geschichtswerk. In den Philosophenviten widmet er sich dagegen ausführlicher der göttlichen Bestrafung der Philosophenverfolger Ablabios und Festus, die er offenbar in den Historien nur kurz angedeutet hatte.45 Als Gegenbilder zu den paganen Märtyrern Sopatros und Maximos, die Constantin und Valens hinrichten ließen, werden die beiden christlichen kaiserlichen Beamten, der Prätorianerpräfekt Ablabios und der proconsul Asiae Festus entworfen.46 Eunap beschreibt sie in dunklen Tönen: sie stammen aus den niedrigsten Schichten, sind ohne Bildung und Kultur und ohne Gottesfurcht, steigen durch die Tyche begünstigt auf, agieren dann roh und grausam, erhalten aber schließlich die gerechte Strafe für ihre Schandtaten. In diesen stereotypen Gestalten fließt die Verachtung der paganen Intellektuellen für bildungsferne Neuaufsteiger aus der Unterschicht, die nicht den Werten der Paideia verpflichtet sind, mit dem Haß auf christliche Beamte und ihr gottloses, unmoralisches Tun zusammen.47 Nach dem Tod seines Lehrers Iamblichos geht der Neuplatoniker Sopatros von Apameia an den Hof Constantins und wird hier ein wichtiger Berater des Kaisers. Der aus niedrigen Verhältnissen aufgestiegene Prätorianerpräfekt Ablabios denunziert dann aber aus Neid auf den Einfluß des göttlichen Philosophen Sopa-

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des Sarapeions unter Theodosius (VS 6, 11, 1–7 p. 472). Vgl. auch Anm. 3. Zur Darstellung der Kaiser in den Philosophenviten vgl. bes. Penella 1990, 118ff. Zur Zeitkritik bei Eunap allgemein vgl. zudem Sacks 1986; Stenger 2009, 1ff. Eine Kurzfassung aus Eunaps Historien zur göttlichen Bestrafung des Ablabios findet sich bei Zosimos (2, 40, 3). Er erwähnt indes nur die Verfolgungen des proconsul Festus, nicht seinen Tod (4, 15, 2–3), so daß nicht genau gesagt werden kann, ob Eunap die finale Bestrafung des Festus auch in den Historien notierte. Zu Flavios Ablabios aus Kreta (PLRE I 3f., Nr. 4) vgl. Chastagnol 1968, 329ff.; Barnes 1982, 104; 132; 134f.; 142; 2011, 160ff. und 168; Marasco 1993; Porena 2003, 409ff. (Prätorianerpräfekt von Mitte 329 bis 337) und 544ff.; vgl. auch Dupont 1972, 829ff. und 841ff.; von Haehling 1978b, 57f., Nr. 3; Penella 1990, 129f.; Paschoud 2000, 265f.; Chausson 2002, 205ff.; Civiletti 2007, 363f., Anm. 167. Zu Festus aus Tridentum (PLRE I 334f., Nr. 3) vgl. den Boer 1972, 178ff.; Malcus 1967, 114ff.; von Haehling 1978, 145f., Nr. 15 (proconsul 372–378); vgl. auch Penella 1990, 133f.; Wiebe 1995, 143ff.; Lenski 2002, 65 und 225f.; Civiletti 2007, 541f., Anm. 487. Da der magister memoriae und proconsul Asiae Festus (Amm. Marc. 29, 2, 22–27; Eunap. hist., fr. 39, 8 Blockley = fr. 39, FHG IV 29; VS 7, 6, 6–13 p. 480–481; Zos. 4, 15, 2–3) wohl ein Christ war, ist die vielfach unterstellte Identität mit dem paganen lateinische Historiker Festus, der für Valens ein Breviarium rerum gestarum populi Romani verfaßte, wenig wahrscheinlich. Diese Gleichsetzung unterstellen u. a. PLRE I 334f., Nr. 3; Eadie 1967, 4ff.; Malcus 1967, 115; von Haehling 1978b, 145f.; Rohrbacher 2002, 57ff.; Paschoud 2003, Bd. II 2, 361f.; vgl. dagegen bes. den Boer 1972, 178ff.; Arnaud-Lindet 1994, Xff.; mit starken Zweifeln an der Identität auch Fele 2009, 39ff. (mit weiterer Literatur); unsicher Grote 2011, 704. Zur Kritik paganer Intellektueller an diesen neuen Eliten des 4. Jahrhunderts vgl. Stenger 2009, 193ff. (auch bei Libanios und Themistios).

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tros am Hof diesen als einen Zauberer. Als Hauptverantwortlicher für den Justizmord steuert Ablabios den an dieser Stelle ganz passiv beschriebenen Herrscher.48 In einem langen Exkurs zu Ablabios beschreibt Eunap danach den Aufstieg des von der Tyche begünstigten Beamten, der mächtiger als der Kaiser geworden sei, sowie seinen Fall nach seiner Freveltat.49 Constantius II. wird dabei ironischerweise zum Werkzeug der πρόνοια: Er habe Ablabios nach seinem Machtantritt in den Ruhestand nach Bithynien geschickt und ihn, da er des Strebens nach der Kaiserherrschaft verdächtigt worden sei, schließlich ermorden lassen.50 Eunap beschreibt diese Episode detailliert: Constantius schickt Soldaten zu Ablabios, diese werfen sich vor ihm wie vor einem Kaiser nieder. Hochmütig nimmt Ablabios daraufhin einen Brief entgegen und verlangt von den Emissären den Purpurmantel. Diese erklären ihm, daß sie nur den Brief zu überbringen hätten, andere Soldaten stünden aber noch draußen. „Diejenigen, denen es nun gestattet wurde einzutreten, waren aber sehr viele und sie trugen alle Schwerter, und statt des Purpurmantels brachten sie ihm (Ablabios) den ‚purpurnen Tod‘; sie zerstückelten ihn, so wie ein Tier in einem Festmahl in Stücke geschlagen wird. Und so bestrafte die Dike den glückreichen Ablabios für Sopatros.“ Die πρόνοια habe so gezeigt, daß sie die Menschheit noch nicht verlassen habe, resümiert Eunap.51 In den Historien erwähnte Eunap diese göttliche Bestrafung des Ablabios offenbar nur kurz. Bei Zosimos heißt es zum Jahr 337: „In dieser Zeit wurde aber auch der praefectus praetorio Ablabios getötet; die Dike verhängte so über ihn die gerechte Strafe dafür, daß er durch eine Verschwörung den Tod des Philosophen Sopatros bewirkt hatte, wozu ihn der Neid auf das enge Verhältnis Constantins zu jenem getrieben hatte.“52 Zosimos übernimmt in dieser kurzen Notiz alle wichtigen Punkte aus den Historien Eunaps, die sich auch in den Philosophenviten finden: den Einfluß des Sopatros auf Constantin, den Neid des Ablabios auf Sopatros, die Bestrafung des Prätorianerpräfekten durch die Dike und die Funktion des 48 49

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Eunap. VS 6, 2, 12 p. 463 (ὁ δὲ τῶν κακῶν ἁπάντων αἴτιος ἦν Ἀβλάβιος); VS 6, 3, 7 p. 464. Vgl. Civiletti 2007, 366ff., Anm. 172. Zu Sopatros vgl. Anm. 33. Eunap. VS 6, 3 p. 463–464. Zum Bild des Ablabios bei Eunap vgl. Blockley 1981, 20; Penella 1990, 126f. und 129f.; Marasco 1993, 145f.; Baldini 1995, 276f.; Stenger 2009, 199 und 225. Vgl. auch die Anmerkungen zu Eunap bei Civiletti 2007, 362ff. Zur literarischen Gestaltung des Ablabios-Exkurses vgl. ferner Steinrück 2004, 45f.; 62f.; 75ff. Eunap. VS 6, 3, 8–13 p. 464. Eunap. VS 6, 3, 8–4, 1 p. 464; 6, 3, 13–4, 1: οἱ δὲ συγχωρηθέντες εἰσελθεῖν πλῆθός τε ἦσαν καὶ ξιφηφόροι πάντες, καὶ ἀντὶ τῆς ἁλουργίδος ἐπῆγον αὐτῷ „τὸν πορφύρεον θάνατον,“ κρεουργηδόν, ὥσπερ τι τῶν ἐν ταῖς εὐωχίαις ζῷον, κατακόψαντες. καὶ ταῦτα ἔτισε Σωπάτρῳ δίκην ὁ πάντα εὐδαίµων Ἀβλάβιος. (4, 1) τούτων δὴ οὕτω κεχωρηκότων καὶ τῆς Προνοίας οὐκ ἀφιείσης τὸ ἀνθρώπινον (es folgt der Bericht über das Leben des Philosophen Aidesios). Vgl. Civiletti 2007, 373ff., Anm. 178–180. Zum Ausdruck τὸν πορφύρεον θάνατον vgl. Hom. Il. 5, 83; Civiletti 2007, 373, Anm. 177. Zos. 2, 40, 3: ἀνῃρέθη δὲ τότε Ἀβλάβιος ὁ τῆς αὐλῆς ὕπαρχος, τῆς Δίκης ἀξίας αὐτῷ ποινὴν ἐπιθείσης ἀνθ’ ὧν ἐπεβούλευσε θάνατον Σωπάτρῳ τῷ φιλοσόφῳ φθόνῳ τῆς Κωνσταντίνου πρὸς αὐτὸν οἰκειότητος. Vgl. Paschoud 2000, 265f.

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Constantius als Werkzeug des göttlichen Strafgerichts. Die Göttin des Rechts verurteilte Ablabios also für seine Schandtaten und bestrafte den Aufsteiger, der sich mit der Denunzierung des „göttlichen Mannes“ Sopatros wider die Götter vergangen hatte, mit einem schrecklichen Tod. Ein ähnliches Schicksal ereilte den Philosophenverfolger Festus, der im Auftrag des Valens in Asia die Untersuchung im Zuge der Theodoros-Verschwörung durchführte, in die – wie erwähnt – auch verschiedene pagane Intellektuelle wie der Neuplatoniker Maximos von Ephesos verwickelt waren. Eunap charakterisiert den proconsul Asiae Festus wenig schmeichelhaft: Festus habe die Seele eines Mörders und Schlächters gehabt. Valens, der sich selbst nicht getraut habe, den gottgleichen Maximos in Antiocheia hinzurichten, habe ihn dem Schlächter Festus übergeben, der ihn in Asia neben vielen anderen, Schuldigen wie Unschuldigen, habe umbringen lassen.53 Der göttliche Daimon aber habe auch Festus bestraft, wie Eunap angeblich als Augenzeuge berichtet. Der neue Kaiser Theodosius habe den proconsul Asiae des Amtes enthoben. Nach einem Besuch beim neuen Herrscher sei Festus nach Asia zurückgekehrt, um hier als Privatmann mit seiner reichen Frau ein luxuriöses und ruhiges Leben zu führen.54 Für den dritten Tag nach den Kalenden des Januars habe er ein großes Fest für die hohen Beamten und die Honoratioren angekündigt, sei aber nach dem Besuch eines Nemesis-Tempels von der πρόνοια für seine Mordtaten bestraft worden: „Er aber ging in den Nemesis-Tempel (und ganz gewiß hatte er niemals gesagt, daß er die Götter verehre, sondern vielmehr alle für ihre Götterverehrung mit dem Tode bestraft), gleichwohl ging er nun hinein und erzählte den Anwesenden eine Traumvision und weinte während des Erzählens beständig. Der Traum aber ging so: Er erzählte, daß Maximos ihm eine Schlinge um den Hals gelegt und ihn in den Hades hinabgezogen habe, um ihn vor Plutos Gericht zu stellen. Die Anwesenden aber, obgleich sie sich fürchteten und die Taten des Mannes bedachten, trockneten sich gegenseitig ihre Tränen und forderten ihn auf, zu den Göttinnen zu beten. Er aber gehorchte und betete. Beim Verlassen des Tempels versagten indes seine beiden Füße, der Körper fiel auf den Rücken und lag stumm da. Nachdem man ihn weggetragen hatte, verstarb er sogleich; man meinte, daß die Vorsehung so das beste Werk vollbracht habe.“55

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Eunap. VS 7, 6, 5–8 p. 480. Vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 540ff. Zu Festus vgl. auch Eunap. hist., fr. 39, 8 Blockley (= fr. 39, FHG IV 29; aus Suda Φ 279 s. v. Φῆστος). Für Eunap trug der notarius Theodoros (PLRE I 898, Nr. 13) die Schuld, da er sich durch die Aussicht auf kaiserliche Macht zu der Verschwörung hatte verführen lassen, hist., fr. 39, 1 Blockley (= fr. 38, FHG IV 28f.); vgl. Sacks 1986, 60f. Zur Theodoros-Verschwörung im Jahr 371/72 und der Prozeßwelle im Osten vgl. nur Wiebe 1995, 86ff.; Lenski 2002, 213ff. und 223ff.; Paschoud 2003, Bd. II 2, 356ff. Eunap. VS 7, 6, 9 p. 481. Zu Eunaps Bericht als Augenzeuge vgl. Penella 1990, 8; Goulet 2000a, 311. Eunap. VS 7, 6, 9–13 p. 481; 7, 6, 11–13: ὁ δὲ παρῆλθε µὲν εἰς τὸ τῶν Νεµέσεων ἱερόν (καί τοί γε οὐδέποτε φήσας θεραπεύειν θεούς, ἀλλ' οὓς ἐκόλασεν ἅπαντας διὰ τοῦτο ἀνῃρηκώς),

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Nach Valens wird so auch Festus für die Beteiligung an der Verfolgung der paganen Intellektuellen bestraft. Zuerst quält ihn ein Albtraum, dann stirbt er plötzlich und unerwartet beim Verlassen des Nemesis-Tempels, wo der Christ und Gottesfeind sich Hilfe von den religiösen Experten erhofft hatte. Sein Tod vor dem Nemesis-Tempel ist ein deutliches Zeichen der Wirkung der πρόνοια, die das Verbrechen des Festus rächt. Mit dem Hinweis, er sei Augenzeuge gewesen, bekräftigt Eunap die Historizität des wunderbaren Zeichens. Die πρόνοια hat nicht nur den Geschichtsverlauf vorherbestimmt, der sodann mit Notwendigkeit abläuft, sie greift auch – gleichsam im Auftrag der Dike – in den Prozeß strafend ein und begünstigt zugleich diejenigen, die gerecht und fromm handeln. Ob indes neben Constantin, Ablabios, Valens und vielleicht Festus in Eunaps Historien noch weitere gottlose Übeltäter von der πρόνοια bestraft wurden, ist ungewiß.56

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παρελθὼν δὲ ὅµως, αὐτοῖς ὄναρ ἀπήγγειλε καὶ κατεδάκρυε τὴν ὄψιν διηγούµενος. (12) τὸ δὲ ὄνειρον ἦν· τὸν Μάξιµον ἔφασκεν τραχηλάγχην ἐπιβαλόµενον ἕλκειν αὐτὸν εἰς τὸν ᾅδην, ὡς δικασόµενον ἐπὶ τοῦ Πλουτέως. οἱ δὲ παρόντες, καίπερ δεδιότες καὶ πρὸς τὸν ὅλον τοῦ ἀνδρὸς ἀναφέροντες βίον, τά τε δάκρυα ἀπέψηχεν ἕκαστος, καὶ ταῖν Θεαῖν ἐκέλευον εὔχεσθαι· ὁ δὲ ἐπείθετο καὶ ηὔχετο. (13) ἐξιόντι δὲ αὐτῷ, τοῖν ποδοῖν ἀµφοῖν ὑπενεχθέντων, ἐπὶ τὰ νῶτα ἐξολισθαίνει τὸ σῶµα, καὶ ἄναυδος ἔκειτο· καὶ ἀπενεχθεὶς αὐτίκα ἐτελεύτησε, καὶ τοῦτο ἔδοξεν εἶναι τῆς Προνοίας ἔργον ἄριστον. Vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 549ff. Zum Bericht Eunaps über Festus und seine Bestrafung vgl. zudem Blockley 1981, 15f.; Wiebe 1995, 150ff.; Steinrück 2004, 62f. Eunap nennt den Ort, in dem Festus starb, nicht. Es handelt sich eventuell um den Nemesis-Tempel von Smyrna, vgl. Penella 1990, 8; Lenski 2002, 233 (Geschehen als historisch betrachtet); Civiletti 2007, 549, Anm. 499. Zum Bild des Festus bei Eunap vgl. auch Penella 1990, 133f.; Civiletti 2007, 541ff.; Stenger 2009, 225f. Über Eunaps Darstellung des Todes des Theodosius wissen wir nichts. Zosimos (4, 59, 4) sagt nur, daß der Kaiser kurz nach dem Verbot des Opferkults in Rom nach Constantinopel zurückkehrte und dort an einer Krankheit starb. Vgl. Paschoud 2003, Bd. II 2, 473, Anm. 214. Nach Paschoud (1993, 199 und 1997a, 195f.) stellte Zosimos Theodosius’ baldigen Tod nach dem Opferverbot als Strafe für sein Sakrileg dar; vgl. dagegen Cameron 2011, 645. Eine solche eindeutige Verbindung wird meines Erachtens von Zosimos nicht hergestellt. In den Historien schreibt Eunap aber immerhin, daß die Menschheit unter Theodosius von den Göttern bestraft werde: Die Ursachen der Erkrankung in den Gedärmen „in unserer Zeit“ sei leicht aufzuzeigen, sie seien nicht physisch, sondern göttlich, da die Menschheit offenkundig durch die Furien verfolgt werde (hist., fr. 48, 1 Blockley = fr. 54, FHG IV 38: οὐκ εἰς φυσικὴν ἄν τις εἰκότως, ἀλλ' εἰς θειοτέραν ἀνενέγκοι κίνησιν, ποινηλατεῖσθαι σαφῶς τὸ ἀνθρώπινον). Der Schlußpunkt der Historien, der Tod der Eudoxia im Jahr 404 durch eine Fehlgeburt (Phot. bibl. cod. 77 I 158 Henry), war vielleicht in der Form einer solchen Gottesstrafe gestaltet. Arcadius’ Gattin Eudoxia wird bei Zosimos (5, 24, 2) scharf kritisiert. In Constantinopel verursacht sie indirekt einen Großbrand: Der aus der Verbannung zurückgekehrte Bischof Iohannes versucht, die Massen in Constantinopel mit seinem Geschwätz gegen die Augusta aufzuhetzen, seine Anhänger legen Feuer an die Kirche, wobei auch der Senat abbrennt (5, 24, 3–8); vgl. zudem Zos. 5, 25, 4. Daß Eunap den Tod der Eudoxia als Gottesstrafe darstellte, meinen Rohrbacher 2002, 70; Liebeschuetz 2003, 201 (das Exil des Iohannes Chrysostomos, der Tod der Eudoxia, der Brand in Constantinopel und die Isaurier-Unruhen „were indeed widely seen as divine punishment, and therefore could be presented as a dramatic

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In den Philosophenviten gibt Eunap zudem eine Reihe von Beispielen von „göttlichen Menschen“, die auf Grund ihrer Freundschaft zu den Göttern und ihrer philosophischen Lebensweise die Gunst der πρόνοια genießen. Sie offenbart sich diesen mit besonderen Gaben ausgestatteten göttlichen Philosophen. Diese Helden Eunaps stehen in einem Nahverhältnis zu den Göttern und sind mit prophetischen Fähigkeiten ausgestattet, sie können durch ihre πρόνοια kommendes Glück und Unheil vorhersehen, Orakel korrekt ausdeuten oder mittels der Theurgie göttlichen Beistand herbeiholen. Eunap stellt seinen Lesern mehrere pagane Wunderphilosophen vor, die den heißen Draht zur göttlichen πρόνοια haben: Die kleinasiatische Philosophin Sosipatra sagt ihrem Gatten Eustathios nach einer Vision das Schicksal voraus;57 ihr Sohn, der in Kanopos als Asket lebende Philosoph Antoninos, verfügt über eine besondere πρόνοια und prophezeit zutreffend, nach seinem Tod würden die Tempel zerstört werden, allen voran das berühmte Sarapeion in Alexandreia.58 Der ungenannte eleusinische Hierophant sagt ebenfalls den Untergang der Tempel und die Zerstörung Griechenlands voraus, als Eunap während seines Athener Studiums in Eleusis weilt.59 Maximos von Ephesos deutet die Orakel im Kontext der Theodoros-Verschwörung korrekt und prophezeit nicht nur den Tod der Verschwörer und seine eigene Hinrichtung, sondern auch den Tod des Verfolgers Valens.60 Iulian gehört für Eunap ebenfalls in diese Kategorie: Mitten im Perserkrieg habe er die „skythischen Bewegungen“, die Gotenzüge nach dem Donauübertritt, vorhergesehen. Seine πρόνοια habe soweit gereicht, daß er sogar habe sagen können, die Skythen blieben nur in seiner Zeit ruhig.61

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endorsement of the anti-Christian tendency of the whole History.“). Zur göttlichen Bestrafung der Serena und des Stilicho bei Zosimos vgl. Anm. 36. Eunap. VS 6, 8, 3–6 p. 469. Vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 392ff. Zu Sosipatra (PLRE I 849) vgl. Penella 1990, 53ff. Zu dieser Episode vgl. Criscuolo 2005, 791f.; Hartmann 2006, 70 (mit Literatur). Eunap. VS 6, 9, 17 p. 471: αὐτὸς µὲν οὖν ἔτι ἄνθρωπος εἶναι δοκῶν καὶ ἀνθρώποις ὁµιλῶν, πᾶσι τοῖς ὁµιληταῖς προὔλεγεν, ὡς µετ' ἐκεῖνον οὐκ ἔτι τὸ ἱερὸν ἔσοιτο, ἀλλὰ καὶ τὰ µεγάλα καὶ ἅγια τοῦ Σεράπιδος ἱερὰ πρὸς τὸ σκοτοειδὲς καὶ ἄµορφον χωρήσει καὶ µεταβληθήσεται, καὶ τὸ µυθῶδες καὶ ἀειδὲς σκότος τυραννήσει τὰ ἐπὶ γῆς κάλλιστα. ὁ δὲ χρόνος ἀπήλεγξεν ἅπαντα, καὶ τὸ πρᾶγµά γε εἰς χρησµοῦ συνετελέσθη βίαν. Vgl. Civiletti 2007, 414ff., Anm. 255. Eunap. VS 6, 11, 10 p. 473: τοῦτο γοῦν εἰς µεγάλην πρόνοιαν καὶ (so Giangrande nach Boissonade 1822, Bd. 1, 284: εὐστοχίαν oder ἀγχίνοιαν; Giangrandes Ergänzung abgelehnt von Civiletti 2007, 59f.; 138; 435, Anm. 301) Ἀντωνίνου συνετέλεσεν, ὅτι πρὸς ἅπαντας ἔφασκεν τὰ ἱερὰ τάφους γενήσεσθαι. Zu Antoninos (PLRE I 75, Nr. 7) vgl. bes. Goulet 1989; Penella 1990, 59; Hahn 2004, 30f. Eunap. VS 7, 3, 2–3 p. 475 (πρόνοια in 3). Zum Text vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 463ff. Zur Deutung der Passage vgl. Paschoud 1985a, 272ff. Er sagt dem Prohairesios auch vorher, wie lange Iulian regieren werde (VS 10, 8, 1 p. 493). Zum eleusinischen Hierophanten vgl. Clinton 1974, 43f., Nr. 36. Eunap. VS 7, 6, 4–5 p. 480. Vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 535ff. Eunap. hist., fr. 27, 1 Blockley (= fr. 22, 1, FHG IV 23): ὅτι τῷ Ἰουλιανῷ ἤκµαζεν ὁ πρὸς Πέρσας πόλεµος, τάς τε Σκυθικὰς κινήσεις ὥσπερ ἐν κωφῷ ἔτι κύµατι συνετίθει πόρρωθεν ἢ

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Eunap beschreibt somit in den Philosophenviten und den Historien die Gegenwart unter den christlichen Kaisern als eine Periode der schlechten Herrschaft und der Gottesferne, erkennt aber zugleich überall im Geschichtsverlauf sinnvolles, planendes göttliches Wirken, eine πρόνοια, die für Gerechtigkeit sorgt. Gottesfreunde werden gefördert, den göttlichen Philosophen offenbart die πρόνοια die Zukunft. Gottlose Taten und die Verfolgung der göttlichen Philosophen bleiben nicht ungesühnt, sondern werden früher oder später drastisch bestraft: Militärische Katastrophen im Kampf gegen die „Barbaren“ und der Tod der Verfolger paganer Philosophen zeugen von der Wirkkraft der πρόνοια.62 Ähnlich wie Lactantius in de mortibus persecutorum beschreibt Eunap diesen Tod der Verfolger als göttliche Strafe. Ob Eunap hier eine direkte Übernahme einer Konzeption aus christlichen Schriften vornahm oder sich die Darstellungsmuster der christlichen und paganen Texte unabhängig voneinander entwickelten, ist schwer zu entscheiden;63 wahrscheinlich ist Eunap hier aber eher durch zeitgenössische philosophische Diskussionen im Neuplatonismus beeinflußt.64 In jedem Fall charakterisiert beide

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θεοκλυτῶν ἢ λογιζόµενος. λέγει οὖν ἐπιστέλλων, „Σκύθαι δὲ νῦν µὲν ἀτρεµοῦσιν, ἴσως δὲ οὐκ ἀτρεµήσουσιν.“ ἐς τοσόνδε ἐξικνεῖτο χρόνον ἡ τῶν µελλόντων αὐτῷ πρόνοια ὥσθ' ὅτι τὸν ἐπ' αὐτοῦ µόνον καιρὸν ἡσυχάσουσι προγιγνώσκειν. Sarkastisch bemerkt Eunap, Valens’ Geistesschärfe und seine πρόνοια hätten das Skythenproblem (den Gotenkrieg) zu einer sicheren Lösung geführt, hist., fr. 37 Blockley (= fr. 37, FHG IV 28: τῇ δὲ τοῦ βασιλέως ὀξύτητι καὶ προνοίᾳ κατενεχθεὶς ἐπὶ τὸ σταθερὸν καὶ ἀσφαλέστερον). Der Christ Valens verfügt nicht über die Fähigkeit, die Zukunft zu erkennen. Zu diesem Sarkasmus vgl. Blockley 1983, 138, Anm. 81. Zu diesem Motiv der Strafe durch die πρόνοια bei Eunap vgl. Goulet 1977/81, 315 („une vision providentialiste“); Stenger 2009, 225; vgl. auch Geffcken 1920, 169f. (Bestrafung nach dem Modell de mortibus persecutorum); Cracco Ruggini 1972, 206, Anm. 60; 1973, 168; Penella 1990, 126f.; Liebeschuetz 2003, 195; Civiletti 2007, 369ff., Anm. 173. Zur πρόνοια bei Eunap vgl. ferner Breebaart 1979, 373. Cameron (2011, 645) bestreitet dagegen, daß Eunap das Motiv „deaths of persecutors“ (in den Historien) genutzt habe (es sei weder für Constantin noch für Theodosius nachweisbar). Der Topos des grausamen Todes des Gottesverächters (θεοµάχος) als Strafe für sein gottloses Verhalten findet sich schon in der griechischen Mythologie und in der frühen griechischen Geschichtsschreibung und läßt sich durch die ganze Antike verfolgen, vgl. bes. Nestle 1936, 247ff. Nestle (1936, 265ff.) bietet auch eine Übersicht zu den Motiven und eine Tabelle der berichteten Vergehen und Strafen. Eine Übernahme christlicher Deutungsmuster durch Eunap unterstellen Goulet 1977/81, 315; Stenger 2009, 225f.; ähnlich Wiebe 1995, 217ff.; Reaktion auf christliche Polemik nach Paschoud 1993, 192f. Zur Bestrafung der Christenverfolger bei Lactantius vgl. Heck 1987, 186ff. Lactantius übernahm das heidnische Deutungsschema und zahlreiche Motive aus der griechischen Literatur, vgl. Nestle 1936, 268f. Die Diskussion um die πρόνοια war sowohl an der Schule Iamblichs als auch an der Athener Schule um 400 aktuell: Iamblichs Schüler Sopatros von Apameia verfaßte eine Schrift über die Vorsehung (Suda Σ 845 s. v. Σώπατρος: περὶ προνοίας καὶ τῶν παρὰ τὴν ἀξίαν εὐπραγούντων ἢ δυσπραγούντων). Hierokles von Alexandreia (PLRE II 559f., Nr. 1), ein Schüler des Athener Scholarchen Plutarchos, veröffentlichte wohl in den 420er oder 430er Jahren die Schrift περὶ προνοίας καὶ εἱµαρµένης, die er dem Historiker Olympiodoros widme-

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Muster eine klare Kausalität von Freveltat und unabwendbarer göttlicher Strafe, die selbstverständlich auch frevelnde Altgläubige treffen kann.65 Mit anderen Worten: trotz des überaus pessimistischen Blickes auf die Gegenwart unter Theodosius und seinen Söhnen und der scharfen Kritik an Kaisern, Kaiserinnen, Beamten, Bischöfen und Mönchen vermittelt Eunap seinen Lesern eine grundsätzlich positive Sicht auf den historischen Prozeß. Laut Eunap ist es Aufgabe und Nutzen der Geschichte, den Leser zu belehren, was zu tun und was zu lassen sei.66 Der Leser wird also über das moralische und politische Fehlverhalten der gegenwärtigen Kaiser aufgeklärt, zugleich aber auch über das unmittelbare göttliche Wirken informiert. Das Reich ist in einem schlechten Zustand, dies wird aber nicht immer so bleiben, suggeriert Eunap dem Leser, da die πρόνοια die Menschheit nicht verlassen hat. Ein unabwendbarer Niedergang oder ein Unter-

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te; Kritik und Auszüge bei Phot. bibl. cod. 214 (III 125–130 Henry); bibl. cod. 251 (VII 189– 206 Henry); englisch mit ausführlichen Anmerkungen von Schibli 2002, 327–362. So deutet Eunap (VS 7, 3, 2–5 p. 475–476; VS 7, 3, 4 p. 476 = hist., fr. 64, 2 Blockley = fr. 65, FHG IV 43, vgl. Anm. 16) den Einfall der Alarich-Goten nach Griechenland (der zur Verwüstung von Eleusis führte) als eine göttliche Bestrafung für die gegen sakrale Gesetze verstoßende Bestimmung eines Mithras-Anhängers aus Thespiai zum Hierophanten von Eleusis (kurz vor 396); dieser unrechtmäßige Hierophant habe im Mithras-Kult bereits den Weihegrad eines Pater erreicht. Diese Mißachtung der Bestimmungen zur Hierophanten-Berufung (VS 7, 3, 5 p. 476: ὁ τῶν ἱεροφαντικῶν θεσµῶν παραρραγεὶς νόµος καὶ σύνδεσµος) habe kurz darauf zu vielen Katastrophen in Griechenland geführt, die Eunap teilweise bereits in den Historien beschrieben habe. So seien damals Alarich und seine Goten ungehindert durch die Thermopylen nach Griechenland vorgedrungen. Der widerrechtlich bestimmte Hierophant habe somit das Ende des Kults in Eleusis erlebt. Die göttliche Strafe und die Katastrophen waren Eunap bereits vom rechtmäßigen Vorgänger im Hierophantenamt aus dem Geschlecht der Eumolpiden prophezeit worden. Im Satz ἅµα τε γὰρ ὁ † ἐκ θεσπιὼν † ἐγίνετο, πατὴρ ὢν τῆς Μιθριακῆς τελετῆς (VS 7, 3, 4 p. 476) schlägt Giangrande (1956, 45) die Lesung ἐκ θεσπίσεων vor; ihm folgt Civiletti 2007, 151 („ierofante colui che era stato annunciato dagli oracoli“) und 465f., Anm. 366. Dagegen vertreten die Lesung ἐκ Θεσπιῶν u. a. Boissonade 1822, Bd. 1, 52; Wright 1921, 436f. („the citizen of Thespiae“); Blockley 1983, 145, Anm. 135; Paschoud 1985a, 276. Unwahrscheinlich ist die Überlegung von Cumont (1888, 180f.), der letzte Hierophant und Mithrasanhänger sei mit Vettius Agorius Praetextatus gleichzusetzen (statt ὁ ἐκ Θεσπιῶν liest er ὁ Ἀγόριος Οὐέττιος). Zum letzten eleusinischen Hierophanten aus Thespiai vgl. auch Clinton 1974, 43. Zu den vielfältigen Problemen der Deutung dieser Eunap-Passage vgl. die Anmerkungen bei Civiletti 2007, 461ff.; vgl. ferner Paschoud 1980, 150ff. und 1985a, 272ff. Eunap. hist., fr. 1 Blockley (= fr. 1, FHG IV 12): εἰ γὰρ ἔσχατος ὅρος τῶν περὶ τὴν ἱστορίαν καλῶν τὸ πολλῶν καὶ ἀπείρων πραγµάτων ἐν ὀλίγῳ χρόνῳ καὶ διὰ βραχείας ἀναγνώσεως πεῖραν λαβεῖν καὶ γενέσθαι γέροντας ἔτι νέους ὄντας δι' ἐπιστήµην τῶν προγεγονότων, ὥστε τίνα µὲν φευκτέον, τίνα δὲ αἱρετέον, εἰδέναι. Vgl. auch Eunap. hist., fr. 44, 1 Blockley (= fr. 46, FHG IV 34: Valens hätte Nutzen aus der Geschichte ziehen können); fr. 66, 2 Blockley (= fr. 75, 1, FHG IV 47: wahre Geschichtsschreibung wirke wie eine bittere Medizin zum Heil, ἐπὶ σωτηρίᾳ). Vgl. Blockley 1981, 8; Sacks 1986, 60; Liebeschuetz 2003, 192f.

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gang des Römischen Reiches gehört nicht zu diesem Konzept.67 Die göttliche πρόνοια ist zudem keine unkalkulierbare, unerkennbar wirkende Kraft: Den Philosophen des Iamblich-Kreises erschließt sie sich in Orakeln und Visionen und stiftet so auch in einem scheinbar chaotischen Geschichtsablauf einen Sinnzusammenhang und gibt dem Prozeß ein Ziel. II. In welchem Zusammenhang stehen nun die Historien und die kurz nach ihrer ersten Auflage verfaßten Philosophenviten? Beide Schriften behandeln auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Themen, die Reichsgeschichte ab 270 auf der einen, die Lebensläufe berühmter Philosophen, Sophisten und Iatrosophisten der Epoche auf der anderen Seite; das eine Werk steht in der Tradition der griechischen Universalgeschichte, das andere in der der alexandrinischen Gelehrtenbiographie und der Philosophenvita mit der Gestaltung eines Idealcharakters sowie eines paradigmatischen philosophischen Lebensentwurfs. Die Philosophenviten gehen auf das Einzelne, die Historien auf das Allgemeine, sagt Eunap.68 Beide Werke aus der zweiten Hälfte der 390er Jahre haben jedoch eine Reihe formaler und inhaltlicher Gemeinsamkeiten: Beide nutzen das biographische Schema zur Strukturierung des Materials, die Historien sind nach den Regierungen der Kaiser, die Philosophenviten nach den Viten der Gelehrten aufgebaut; in beiden spielen die paganen griechischen Gelehrten eine prominente Rolle;69 durch Rückverweise sind beide Schriften eng miteinander verknüpft.70 Sie verstehen sich zudem als Enkomion auf Iulian, der in beiden Werken als Philosophiestudent und Idealkaiser eine prominente Rolle spielt. In beiden Schriften wird an den Herrschaftsverhältnissen an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert und am Chri-

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Polybios wird bei Eunap nicht erwähnt. Den ‚Anti-Polybios‘ zum Untergang Roms verfaßte erst Zosimos. Eunap. VS 8, 2, 3 p. 482: καὶ ταῦτα µὲν ἐν τοῖς διεξοδικοῖς, ἐὰν τῷ δαίµονι δόξῃ, γραφήσεται, οὐ τὸ καθ' ἕκαστον ἔχοντα, ἀλλὰ τὸ κοινὸν ἐκεῖ σαφέστερον λελέξεται· νυνὶ δὲ ὅσον ἐπέβαλεν τὸ καθ' ἕκαστον ἱκανῶς ἐς ἀφήγησιν εἴρηται. In den Philosophenviten verweist Eunap auf verschiedene Exkurse in den Historien zu bedeutenden Sophisten, so zu Prohairesios (VS 10, 1, 1 p. 485 = hist., fr. 11, 1 Blockley; vgl. fr. 25, FHG IV 25), zu Libanios (VS 16, 1, 9 p. 495 = hist., fr. 26, 1 Blockley; vgl. fr. 25, FHG IV 25) und zu Tuskianos (VS 9, 1, 3 p. 483 = hist., fr. 25, 2 Blockley; vgl. fr. 25, FHG IV 25), sowie zur Beziehung zwischen Iulian und dem Iatrosophisten Oreibasios (VS 21, 1, 4 p. 498 = hist., fr. 21, 2 Blockley; vgl. fr. 14, FHG IV 20). In den Historien wurden auch die Philosophen Maximos und Priskos (wohl als Berater Iulians) vorgestellt (hist., fr. 25, 4 Blockley = fr. 19, FHG IV 22; aus Suda Υ 175 s. v. ὑπαίθριον). Zu den Einschüben zu den Intellektuellen in den Historien vgl. Blockley 1981, 17; Penella 1990, 13ff. (mit weiteren Zeugnissen). Zu den Rückverweisen in den Philosophenviten auf die Historien vgl. Anm. 14.

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stentum scharfe Kritik geübt; und beiden liegt, wie im ersten Abschnitt erwiesen wurde, eine einheitliche Geschichtskonzeption zugrunde. Im Proömium der Philosophenviten zeigt Eunap zudem selbst einen engen Zusammenhang zwischen Universal- und Geistesgeschichte auf, auch wenn dieser etwas gezwungen wirkt: die höchste ἀρετή der Philosophen entspreche der höchsten τυχή der Kaiser, glückliche Zeiten der Universalgeschichte korrelieren also mit ertragreichen Zeiten der Geistesgeschichte, die Eunap als Abfolge von intellektuellen „Blüten“ und von Lehrer-Schüler-Generationen beschreibt.71 So liegt es nahe zu vermuten, daß es auch einen engen Zusammenhang in der Darstellungsabsicht beider Schriften gibt. Eunap verfaßt mit den Historien und Philosophenviten zwei komplementäre Werke: Während die Historien in ihrem letzten Teil das Scheitern und die Unfähigkeit der christlichen Kaiser in der Gegenwart und die Bestrafungen, die sie und ihre Helfershelfer durch die Gottheit erfuhren, in den Mittelpunkt stellen, bieten die Philosophenviten zu diesem negativen Bild des Zustands im Reich ein positives, hoffnungsvolles Bild der Lebenswelt paganer Philosophen. Die Viten schildern stereotype Charakterbilder paganer Gelehrter edler Herkunft, die ihr Leben der Gotteserkenntnis, der Askese, der Lehre und der Bewahrung der Paideia widmen. Die Viten beschreiben ein Geschlecht göttlicher Männer (und einer göttlichen Frau), die durch gegenseitige Lehrer-Schüler-Beziehungen verbunden und durch ein enges Verhältnis zu den Göttern ausgezeichnet sind. Sie stehen unter dem Schutz der Götter und können mittels Theurgie ihre Hilfe erwirken, ihre πρόνοια erschließt ihnen die Zukunft. Dieses Leitbild eines paganen „heiligen Mannes“ ist nicht nur ein paradigmatischer Lebensentwurf, das philosophische Leben dieser Gottesmänner formt auch ein Gegenbild zu den herrschenden, eher pessimistisch stimmenden politischen Zuständen im Reich, an dem sich Eunaps Zielgruppe orientieren, aufrichten und erbauen kann. Eunaps „heilige Männer“ zeigen in positiver Weise das unmittelbare Wirken der Götter in der Welt.72 Iulian verbindet als Philosoph und als idealer Herrscher beide Werke und bildet so die zentrale Identifikationsfigur. Die lange Reihe der göttlichen Philosophen von Plotin über Porphyrios, Iamblichos, dessen Schüler und Enkelschüler bis zu Chrysanthios, der wiederum Eunap unterrichtete, wird als eine vierte „Blüte“ der Philosophie beschrieben; sie endet zwar in den „Schicksalsschlägen“73 der Gegenwart, dennoch schließt das Werk optimistisch: Nach der Vita des Chrysanthios von Sardeis, der als vollkommener Philosoph beschrieben wird, folgt

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Eunap. VS 2, 2, 8 p. 455: ἀλλὰ εὐτυχές γε ὑπάρχει τοῖς βασιλεῦσι κατὰ τὴν συγγραφήν, ὅτι τὸ κατ' ἀρετὴν ὑπερέχον ἀριθµεῖται τῷ κατὰ τὴν τύχην. Zu den „Blüten“ vgl. Eunap. VS 2, 2, 6–7 p. 455. Vgl. dazu Goulet 1979, 161ff.; Baldini 1984, 92f.; 1997, 200ff.; 2001, 466ff.; Hahn 1990, 477ff.; Civiletti 2007, 285f., Anm. 13 und 295f., Anm. 26. Zur Konstruktion des Leitbildes vgl. Stenger 2009, 198ff. Zu den κοιναὶ συµφοραί (Eunap. VS 2, 2, 6 p. 455) vgl. Baldini 1997, 203f. und 209f.; 2001, 476f.; Civiletti 2007, 291f., Anm. 25.

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eine kurze Passage zu seinen Nachfolgern Epigonos aus Sparta und Beronikianos aus Sardeis; beide seien würdig, Philosoph genannt zu werden. „Beronikianos aber opferte mehr den Grazien, und er kann geziemend die Menschen unterrichten. Möge er noch lange leben!“ Von Beronikianos versprach sich Eunap offenbar eine erfolgreiche Fortsetzung des philosophischen Lehrbetriebs in Sardeis.74 Die Viten der Neuplatoniker und des Iatrosophisten Oreibasios konstruieren damit die Geistesgeschichte neben der eher trostlosen Reichsgeschichte als eine positive Gegenwelt der „heiligen Männer“, formen einen „paganen Fluchtraum“ für die gebildete städtische Oberschicht des Ostens, in dem die Werte der traditionellen Paideia nach wie vor uneingeschränkt gelten und das Wirken der alten Götter evident ist. Die nach den antipaganen Gesetzen des Theodosius, nach der Zerstörung des Sarapeions in Alexandreia und der Schließung vieler Tempel, nach dem Goten-Einfall in Griechenland sowie angesichts der sozialen Umbrüche um 400 n. Chr. zutiefst verunsicherte intellektuelle Leserschaft sollte so mental wieder aufgebaut und gestärkt werden. Die Philosophenviten dienen als Erbauungsliteratur, die die zeitkritische Diagnose in den Historien zu einem Gesamtbild komplettieren, in dem das göttliche Wirken und die Sorge der πρόνοια um die Gottesfreunde und zugleich um die ganze Menschheit aufgezeigt wird. Der enge Zusammenhang von Historien und Philosophenviten, von Universal- und Geistesgeschichte versichert dem Leser zudem, daß die göttliche πρόνοια sowohl auf das Einzelne als auch auf das Allgemeine gerichtet ist; sie sorgt sich nicht nur um die Errettung des Einzelnen, der wenigen „göttlichen Menschen“, sondern auch um die Erhaltung des sinnvollen Weltganzen, des politischen Rahmens der Polis sowie des von Barbaren und schlechten, unfähigen Machthabern bedrohten Reiches. Möglicherweise gab Eunap am Ende der Historien ebenfalls einen optimistischen Ausblick für Götterfreunde: Zosimos (5, 24) berichtet von den Schandtaten der Eudoxia, von der kurzen Rückkehr des Bischofs Iohannes Chrysostomos aus dem Exil in die Hauptstadt und dem darauffolgenden verheerenden Brand der Hagia Sophia im Jahr 404, bei dem auch das Senatsgebäude in Flammen aufging. Die vor dem Gebäude stehenden Statuen des Zeus und der Athene seien dagegen auf wundersame Weise gerettet worden: „Dies verlieh den Geistreicheren bessere Hoffnungen für die Stadt, daß diese Götter beabsichtigen, sich immer mit ihrer Vorsehung um sie zu kümmern. Mag aber alles weiterhin so voranschreiten, wie 74

Eunap. VS 24, 1, 1–2 p. 505: εἰσὶν δὲ µετ' αὐτὸν διάδοχοι φιλοσοφίας Ἐπίγονός τε ὁ ἐκ Λακεδαίµονος, καὶ Βερονικιανὸς ὁ ἐκ Σάρδεων, ἄνδρες ἄξιοι τοῦ τῆς φιλοσοφίας ὀνόµατος· (2) πλὴν ὅσα γε ὁ Βερονικιανὸς ταῖς Χάρισιν ἔθυσεν, καὶ ἱκανὸς ἀνθρώποις ὁµιλεῖν ἐστι· καὶ εἴη. Zu Epigonos (PLRE I 280, Nr. 3) vgl. Richard Goulet, E 41. Épigonos de Sparte, DPhA 3 (2000), 183f. Zu Beronikianos (PLRE I 952, Nr. 2) vgl. Richard Goulet, B 25. Béronicianus de Sardes, DPhA 2 (1994), 94f.; Penella 1990, 31 und 65; Civiletti 2007, 671, Anm. 883. Beide sind sonst unbekannt. Ähnlich heißt es am Ende der Vita des Arztes Oreibasios von Pergamon (PLRE I 653f.; Boudon-Millot/Goulet 2005): Der enge Freund und Begleiter Iulians Oreibasios lebe noch und möge noch lange leben! Jeder wahre Philosoph könne ihn treffen und mit ihm reden, Eunap. VS 21, 2, 6–7 p. 499 (καὶ εἴη).

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es der Gott beschließt!“ Vielleicht handelt es sich bei diesem Wunsch um eine hoffnungsvolle Passage aus der Schlußpartie der Historien, in der die Bestrafung von Kaiserin, Bischof und Kirche, aber auch die Rettung der Götterstatuen durch die göttliche πρόνοια geschildert wurde, die weiterhin über die gottesfrommen, „geistreicheren“ Menschen ebenso wie über die ganze Menschheit wacht.75 Fassen wir zusammen: In den Philosophenviten stellt Eunap das Leitbild des griechischen Intellektuellen im allgemeinen und des paganen „heiligen Mannes“ im besonderen vor, der sich der traditionellen Paideia, seiner philosophischen Lebensweise, der Gotteserkenntnis und Gottesverehrung widmet und der sich des Beistands der Götter sicher sein kann. In der Gestaltung dieses Bildes sowie in der in den Historien in aller Ausführlichkeit entfalteten Kritik an den herrschenden Zuständen, an den christlichen Kaisern und an Machtgruppen am Hof, an der neuaufgestiegenen Beamtenschaft, den Bischöfen und den Mönchen formt Eunap für seine Leser ein positives Identifikationsmuster, das sowohl der Selbstvergewisserung als auch der Selbstbehauptung der Vertreter der alten, paganen Bildungselite im Osten unter den veränderten Umständen an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert dient. Das gotterfüllte Leben der paganen „heiligen Männer“ steht als Bezugspunkt neben den traurigen Zuständen der Zeitgeschichte. Die Leser können sich so von den christlichen Herrschern, der Kirche und den neuen Eliten abgrenzen und erhalten zugleich ein positives hoffnungsvolles Geschichtsbild, das sie sowohl an Iulians Regentschaft als kollektivem Bezugspunkt erinnert als auch der in Zukunft wirkenden göttlichen Gerechtigkeit als sinnstiftendes Element im

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Zos. 5, 24, 8 (= Eunap. hist., fr. 70 Blockley): ὅπερ ἅπασι τοῖς χαριεστέροις ἀµείνους ἐπὶ τῇ πόλει δέδωκεν ἔχειν ἐλπίδας, ὡς δὴ τῶν θεῶν τούτων ἔχεσθαι τῆς ὑπὲρ αὐτῆς ἀεὶ βουλοµένων προνοίας. ἀλλὰ ταῦτα µέν, ὅπῃ τῷ θείῳ δοκεῖ, πάντα προίτω. Vgl. Paschoud 2003, Bd. III 1, 185ff., Anm. 50. Laut Kaegi (1968, 140) handelt es sich hierbei um einen genuinen Gedanken des Zosimos. Nach Photios (bibl. cod. 77 I 158 Henry) schloß Eunap mit der Absetzung des Bischofs Iohannes Chrysostomos und dem Tod der Eudoxia. Iohannes Chrysostomos verließ am 20. Juni 404 die Stadt, Eudokia starb am 6. Oktober 404. Zum Brand vgl. Socr. HE 6, 18, 17–18; Soz. HE 8, 22, 4–5. In 5, 25 berichtet Zosimos von den Isaurier-Kämpfen; der Tod der Eudoxia wird bei ihm nicht erwähnt. Die Kapitel Zos. 5, 24– 25 korrespondieren mit Eunap. hist., fr. 71, 4 Blockley (= fr. 86, FHG IV 51f.: Einfall der Isaurier in Pamphylien); fr. 72, 1–2 Blockley (= fr. 87, FHG IV 52f.: Vorschau zu Pulcheria, ἐπὶ Πουλχερίας). Es handelt sich bei Zos. 5, 24–25 also wohl um Auszüge aus der Schlußpassage der Historien Eunaps, vgl. Paschoud 1985b und 2000, LXV. Zu den Kapiteln Zos. 5, 23–24 vgl. auch Cichocka 1991, 94ff.; Paschoud 2003, Bd. III 1, 181ff.; vgl. ferner Gregory 1973, 66ff. (zu Zosimos’ Darstellung der Unruhen in Constantinopel 404 und der Bevölkerung der Stadt in 5, 23). Da die Darstellung in Eunaps Historien mit dem Jahr 404 endete, schlägt Blockley (1980 und 1981, 5f.) in fr. 72, 1 die Emendation ἐπ' Εὐδοξίας für ἐπὶ Πουλχερίας vor; ebenso Rohrbacher 2002, 70; Treadgold 2007, 83; Stenger 2009, 294, Anm. 209; vgl. dagegen Paschoud 1985a, 280ff. und 1985b, bes. 60f.; Sacks 1986, 53; Ochoa 1990, 11f. und 130f.; Penella 1990, 9 (Tod Eunaps nach 414); Goulet 2000a, 314 und 320; Criscuolo 2005, 773, Anm. 12; unsicher Liebeschuetz 2003, 186. Da Eunap am Ende seiner Historien in einem Exkurs über Pulcheria gesprochen haben könnte, ist Blockleys Texteingriff unnötig.

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historischen Prozeß vergewissert. Eunap beschreibt in den Historien und in den Philosophenviten somit nicht einen notwendigen Prozeß des Niedergangs des Reiches, sondern diagnostiziert die politischen und moralischen Fehlleistungen der Herrschenden und zeigt die Ursachen für die Rückschläge auf, verweist zugleich aber auch auf die über die „göttlichen Menschen“ und über die gesamte Menschheit wachende πρόνοια sowie auf die Zeugnisse ihres göttlichen, gerechten Wirkens. Ob Eunap auf einen politischen Umschwung, einen neuen Iulian und eine pagane Restauration hoffte, wissen wir nicht, zweifellos durchzieht sein Denken aber nicht der resignative Zug eines Zosimos. Auch in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts keimten bei paganen griechischen Intellektuellen sowohl unter Anthemius (467–472) als auch im Illus-Aufstand (484) noch einmal Hoffnungen auf einen religionspolitischen Wandel auf, über den Damaskios in der vita Isidori berichtet; für unumkehrbar wird also auch Eunap den Prozeß der Christianisierung noch nicht gehalten haben.76

Nachtrag (Mai 2013): Das Manuskript dieses Aufsatzes wurde im Januar 2012 abgeschlossen. Seitdem publizierte Matthias Becker eine Reihe von wichtigen Arbeiten zu Eunaps Philosophenviten, die von mir leider nicht mehr berücksichtigt werden konnten; neben zwei Aufsätzen (Der schlechtere Weg ist das Ziel: Zum Leitbild des Philosophen in den Biographien des Eunapios, Zeitschrift für antikes Christentum 15, 2011, 450–475; Philosophen zwischen Reichtum und Armut – Sozialer Status und asketischer Anspruch bei Eunapios aus Sardes, Millennium 9, 2012, 123–143) erschien vor allem die opulente deutsche Übersetzung mit einem detaillierten und hervorragenden Kommentar (Eunapios aus Sardes, Biographien über Philosophen und Sophisten. Einltung, Übersetzung, Kommentar, Stuttgart 2013), die Grundlage aller weiteren Beschäftigung mit diesem Autor sein wird.

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Zu den mit der Regierung des Anthemius verbundenen Hoffnungen: Damasc. v. Isid. Epit. Phot. 64 p. 94, 1–3 Zintzen (fr. 51A p. 144 Athanassiadi/ p. 40f. Asmus; mit v. Isid. fr. 116 p. 95, 1 Zintzen). Zu den paganen Hoffnungen im Vorfeld des Illus-Aufstands: Damasc. v. Isid. fr. 294 (= Epit. Phot. 287) p. 237, 8 Zintzen (fr. 113C p. 272 Athanassiadi/ p. 105 Asmus; in Alexandreia); vgl. auch Zach. Rhet. v. Sev. (PO II 40, 2–11; in Aphrodisias); v. Isaiae Mon. (CSCO [7], syr. 10, 11–25; in Gaza). Vgl. Kaegi 1968, 91ff.

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DAS GESCHICHTSWERK DES OLYMPIODOR VON THEBEN Timo Stickler Der Titel dieses Aufsatzes gibt vor, worum es im Folgenden eigentlich gehen müsste: um eine Gesamtcharakterisierung von Olympiodors „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ nämlich, bewerkstelligt und plausibel gemacht durch die entsprechende Anordnung und Interpretation von Passagen aus seinem Werk. Auf den ersten Blick scheint dies auch keineswegs ein hoffnungsloses Unterfangen zu sein. Im Unterschied zu so manch anderem Historiker des 5. Jahrhunderts n. Chr. sind von Olympiodor vergleichsweise zahlreiche und aussagekräftige Bruchstücke auf uns gekommen. Carl Müller hat sie in seiner Edition in 46 Fragmenten angeordnet.1 Hinzu kommen Passagen bei Sozomenos und Zosimos, zwei Autoren, die offensichtlich direkt aus Olympiodors Geschichtswerk geschöpft haben.2 Auch von anderen Schriftstellern – Philostorg und Prokop – wird Gleiches behauptet, aber in diesen beiden Fällen sind die unterschiedlichen Meinungen der Forscher über das Ob und Wie noch nicht in einen Konsens eingemündet.3 Es sieht in Bezug auf die Möglichkeit einer Gesamtcharakteristik Olympiodors und seines Werkes also grundsätzlich nicht schlecht aus, und doch muss ich sagen, dass man an der eingangs gestellten Aufgabe im Grunde nur scheitern kann. Dies hängt paradoxerweise gerade damit zusammen, dass Olympiodor in der modernen Forschung über ein so großes Renommee verfügt. Sein Werk gilt als 1

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Müller 1851, 57–68. In jüngerer Zeit viel benutzt wird die mit einer englischen Übersetzung versehene Textausgabe von Blockley 1983, 152–220. Sie ist im einzelnen bei der Zusammenstellung und Präsentation der Fragmente aber nicht unproblematisch; siehe die berechtigte Kritik von Van Nuffelen 2004, 85 Anm. 35. Die gleiche Problematik weist im übrigen die englische Olympiodor-‚Gesamtausgabe‘ von Chaffin 1993 auf. Bei Sozomenos erstreckt sich die Benutzung Olympiodors auf nahezu das gesamte neunte und letzte Buch seiner „Kirchengeschichte“, im einzelnen Soz. 9, 4–15; dazu ausführlich Van Nuffelen 2004, 81–97. – In der „Neuen Geschichte“ des Zosimos setzt die Benutzung Olympiodors in Zos. 5, 26 ein und erstreckt sich bis zum Abbruch des Werkes ebd. 6, 13. Hierzu ausführlich Paschoud ²2003, LXVff.; vgl. auch dens. 1986, 191ff. und dens. 1989, 99f.; ferner Matthews 1970, 81ff. Die Benutzung Olympiodors durch Philostorg wird von einem Großteil der Forscher mit mehr oder weniger großer Gewissheit angenommen, so etwa von Maisano 1979, 12; Baldwin 1980, 228ff.; Gillett 1993, 3ff.; Zuccali 1993, 254; Chaffin 1993, XXXIIIf.; Liebeschuetz 2003, 206 und Van Nuffelen 2004, 85. Siehe allerdings die überzeugenden Gegenargumente von Bleckmann 2007, 101ff. – Zur Benutzung Olympiodors durch Prokop siehe u. a. Blockley 1981, 108f. und Treadgold 2007, 215f.

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eine zentrale Quelle für die spätantike Geschichte im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts n. Chr. Zwischen Eunap, der 404 endet, und Priskos, der frühestens 434 beginnt,4 ist uns kein Historiker vom Range und der Qualität Olympiodors bekannt – vielleicht hat es tatsächlich auch keinen gegeben.5 Übereinstimmend lobt die philologische und althistorische Sekundärliteratur die ungewöhnlich präzise, detailreiche und glaubwürdige Darstellung des ägyptischen Historikers. Besonders hervorgehoben wird Olympiodors unabhängiger Blickwinkel auf die Geschehnisse, die er beschrieb.6 Dieser habe es ihm zum Beispiel ermöglicht, obgleich Heide und Oströmer, doch Partei für den Heermeister Stilicho zu ergreifen, den Halbgermanen, prononcierten Christen und gefährlichen Rivalen des Konstantinopler Establishments in den Jahren um 400 n. Chr.7 Zahlreiche Exkursfragmente zeugen von den vielseitigen Interessen und der umfassenden Bildung Olympiodors, die er sich, als Wanderpoet einerseits, als Diplomat im Dienste Kaiser Theodosius’ II. andererseits, angeeignet hatte.8 So steht er also vor uns, „a significant personality of his own age“, wie John F. Matthews hervorhebt,9 der Autor eines „work of insight and quality“, wie Roger C. Blockley rühmt.10 Wann immer man Olympiodor heute heranzieht, um die Ereignisgeschichte im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts zu erhellen, dann tut man das mit Warren T. Treadgold in dem Bewusstsein, eine „excellent source“ zu nutzen,11 eine Quelle, die nicht nur laut Antonio Baldini über einen „valore autoritativo“ verfügt.12 Soweit der common sense. Sieht man freilich näher hin, so muss man erkennen, dass es auch und gerade in den Ergebnissen der Olympiodor-Forschung zahlreiche nur vermeintliche Gewissheiten und zugleich viele Widersprüchlichkeiten gibt. Unklarheit herrscht zum Beispiel über den Zeitpunkt des Einsetzens von Olympiodors Geschichtswerk. In Fragment 1 Müller (= test. Blockley) wird diesbezüglich ausdrücklich das Konsulatsjahr 407 genannt, doch gibt es zugleich

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Girotti 2005 sieht in Priskos den Fortsetzer Olympiodors und lässt aus diesem Grunde sein Werk mit dem Jahre 425 n. Chr. einsetzen. Wirklich beweisen lässt sich das allerdings nicht; siehe Blockley 1981, 50. So die Vermutung von Van Nuffelen 2004, 85. Ob Olympiodor allerdings ausdrücklich Eunap fortgesetzt hat, muss angesichts unseres lückenhaften Materials offen bleiben; dazu Buck 1987, 48ff. und Treadgold 2004, 729. Vgl. z. B. Blockley 1981, 47 („not only independent and a realist, but also an optimist“) und Treadgold 2004, 733 („the viewpoint of an intelligent imperial functionary”); siehe hierzu ferner Austin 1983, 55 und bes. 64. Siehe ausführlich Matthews 1970, 83ff. mit den Belegen. Zum intellektuellen Profil Olympiodors Cameron 1965, bes. 490f.; bei ihm auch die bis heute in der Forschung folgenreiche Klassifizierung unseres Autors als „wandering poet“. Siehe ferner, mit zum Teil unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen, Mugelli 2000; Treadgold 2004 und Baldini 2004, 155ff. Matthews 1970, 79. Blockley 1981, 47. Treadgold 2004, 733. Baldini 2004, 39.

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Hinweise darauf, dass sich Olympiodor auch zu Ereignissen vor diesem Datum geäußert hat.13 Hat der Autor seinem Werk eine Art ‚Archäologie‘ vorgeschaltet, die bis ins Jahr 404,14 39515 oder gar 378/7916 hinaufreichte? Auch hinsichtlich anderer Fragen herrscht in der Forschung keineswegs Einigkeit. Während zum Beispiel die Mehrzahl der Wissenschaftler, ausgehend von dem Material, das bei Sozomenos und Zosimos fassbar ist, Olympiodors Erzählweise als mehr oder weniger annalistisch charakterisiert,17 wollen andere in dessen Werk eine bloße Ansammlung von historisch verwertbarem ‚Rohmaterial‘ erkennen und berufen sich dabei auf niemand geringeren als den Autor selbst, der seinen Text immerhin als ὕλη συγγραφῆς bzw. ὕλη ἱστορίας aufgefasst habe.18 Alles in allem scheint Olympiodor in der historiographischen Tradition Herodots zu stehen, aber müssen wir deshalb annehmen, dass er alle seine wesentlichen Kenntnisse durch eigene Nachforschung und eigene Erlebnisse gewonnen hat, wie ein Teil der modernen Sekundärliteratur nahelegt?19 Demgegenüber versuchen andere Wissenschaftler, ausgehend von offenkundigen Ähnlichkeiten zwischen Olympiodor und Ammian einerseits, Olympiodor und Priskos andererseits, unseren Autor in der freilich nahezu verlorenen historiographischen Tradition der Jahrzehnte um 400 n. Chr. zu verorten.20 Nicht nur in diesen grundsätzlichen Fragen, sondern auch in Bezug auf die inhaltliche Ausrichtung von Olympiodors Werk gibt es allerhand Unklarheiten. Grundsätzlich muss man von einer legalistischen, der theodosianischen Dynastie wohlgesonnenen Grundeinstellung des Autors ausgehen, denn immerhin ist das Werk Theodosius II. gewidmet gewesen.21 Aber wie sind hiermit offenkundig

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Zu der Problematik ausführlich Paschoud 1985, 145ff. Der Endpunkt des Geschichtswerkes Eunaps: vgl. Buck 1987, 48ff. Der Herrschaftsantritt Stilichos: vgl. Matthews 1970, 87f. und Treadgold 2004, 729. Der Endpunkt des Geschichtswerkes Ammians bzw. der Herrschaftsantritt Theodosius’ des Großen: vgl. Baldini 2000, 497ff. In diesem Sinne Thompson 1944, 49 und Matthews 1970, 87. Vgl. Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley): ὃ καὶ αὐτὸς ἴσως συνιδὼν οὐ συγγραφὴν αὑτῷ ταῦτα κατασκευασθῆναι, ἀλλὰ ὕλην συγγραφῆς ἐκπορισθῆναι διαβεβαιοῦται; und ebd. weiter unten: ὕλην δὲ ἱστορίας ταῦτα καλῶν. Dieser Gesichtspunkt wird etwa von Treadgold 2004, bes. 733 („Yet what Olympiodorus produced was not precisely a history.“) besonders hervorgehoben, ungeachtet dessen, dass auch er ebd., 730 das annalistische Prinzip in Olympiodors Werk angewandt sieht; siehe schon ähnlich Blockley 1981, 107f. Dazu die Kritik von Paschoud 1985, 147ff. So etwa Matthews 1970, 89ff. und Rohrbacher 2002, 80f.; siehe auch Treadgold 2004, 723ff. Siehe hierzu die ausführlichen Erörterungen von Baldini 2004, 225ff., zusammenfassend 267ff. Dazu ders. 2000, 501f.; ferner Thompson 1944, 52; Liebeschuetz 2003, 205 und Paschoud 2005, 454f. Siehe Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley): καὶ πρὸς Θεοδόσιον τὸν βασιλέα, ὃς ἀνεψιὸς ἐχρηµάτιζεν ʽΟνωρίου καὶ Πλακιδίας, ʼΑρκαδίου δὲ παῖς, πρὸς τοῦτον τὴν ἱστορίαν ἀναφωνεῖ. Dieser legalistische, gleichsam oströmische Blickwinkel Olympiodors ist von der bisherigen Forschung durchaus registriert worden, wobei unterschiedliche Folgerungen aus

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dynastiekritische Passagen zu vereinbaren? Kaiser Honorius und seine Schwester Galla Placidia kommen jedenfalls keineswegs gut bei Olympiodor weg.22 Hat sich unser Autor wirklich nur auf die Geschichte des Weströmischen Reiches konzentriert, wie ein erster Blick auf unser Material zu suggerieren scheint? Welche Rolle können dann Fragmente gespielt haben, die eher östliche Schauplätze in den Blick nehmen: Ägypten,23 die Dodekaschoinos,24 Thrakien,25 das Hunnenland?26 Dass wir mit der Einschätzung von Olympiodors Werk so große Schwierigkeiten haben, hängt mit dem Charakter der Fragmente zusammen, die Carl Müller in seiner Edition versammelt hat. Es handelt sich nämlich nicht um Fragmente im eigentlichen Sinne, sondern um eine Kurzcharakterisierung des Gesamtwerks zu Beginn – Fragment 1 Müller, eigentlich eher eine Art Testimonium – und anschließend um 45 Exzerpte, die Fragmente 2 bis 46 Müller (= fr. 1–43 Blockley). Patriarch Photios von Konstantinopel (um 810–893/94) ist es gewesen, der all diese Texte einst zusammengestellt und in den Codex 80 seiner berühmten „Bibliothek“ aufgenommen hat.27 In dieser Form sind uns also Teile von Olympiodors Geschichtswerk erhalten geblieben. Sozomenos und Zosimos können zwar in gewisser Weise zur Ergänzung und Präzisierung dieses Materials herangezogen werden, allerdings nur bedingt, denn beide benutzten den ägyptischen Historiker in durchaus eigenwilliger Manier.28 Doch gilt dies nicht auch für Photios selbst? Es ist dieser Punkt, der bei der Beschäftigung mit Olympiodor in besonderer Weise mein Interesse geweckt hat; ihm will ich mich im Folgenden widmen. DER PATRIARCH PHOTIOS ALS LESER UND EXZERPTOR DER „ΙΣΤΟΡΙΚΟΙ ΛΟΓΟΙ“ OLYMPIODORS Es ist ja keineswegs so, dass die moderne Forschung die Eigenheiten der „Bibliothek“ des Photios, die mit ihrem privaten und informellen Charakter zusammenhängen, gänzlich ignoriert hätte.29 Grundsätzlich ist klar, dass die Texte, die in ihr versammelt sind, von dem gelehrten Patriarchen nach gänzlich subjektiven Krite-

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dem Befund gezogen wurden; siehe Sirago 1970, 11ff.; Gillett 1993, 18ff. und Treadgold 2004, 731ff. Zu diesem Aspekt nun ausführlich Stickler 2013 und Van Nuffelen 2013. Siehe insbes. Olymp. fr. 39 Müller (= fr. 37 Blockley) und fr. 40 Müller (= fr. 38 Blockley); dazu Matthews 1970, 90ff. Olymp. fr. 33 Müller (= fr. 32 Blockley). Olymp. fr. 37 Müller (= fr. 35, 2 Blockley). Olymp. fr. 27 Müller (= fr. 27 Blockley). Olymp. fr. 18 Müller (= fr. 19 Blockley). Siehe Phot. bibl. cod. 80 (I 166–187 Henry). Dies zeigt für Zosimos, bes. aber für Sozomenos, nun Van Nuffelen 2004, bes. 96f. Davon zeugt die moderne Photios-Literatur; siehe Maisano 1979, 13ff.; Treadgold 1980, passim; Schamp 1987, passim und Wilson 1994, 1–22. Vgl. auch, mit direktem Bezug auf Olympiodor, Paschoud 1985, 149ff.; Baldini 2000, 488ff. und dens. 2004, 49ff.

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rien ausgewählt, angeordnet und – nicht immer, aber oft – umgestaltet worden sind. Auch im Falle Olympiodors ist dies so; dennoch werden allzuoft die in der „Bibliothek“ überlieferten Texte in einer Art und Weise benutzt, als stellten sie sozusagen den ‚reinen‘ Olympiodor dar. Dies ist aber keineswegs der Fall, sondern sie liegen in einer durch den Leser, Literaturkritiker, Referenten und Exzerptor Photios gestalteten – man könnte auch sagen: kontaminierten – Form vor. Welche Möglichkeiten gibt es nun, das Photianische vom Olympiodorischen zu scheiden, und wie wirkt sich das auf unser Bild vom Werk des ägyptischen Historikers aus? Der schwedische Philologe Tomas Hägg hat in den 1970er Jahren die Arbeitsweise des Photios intensiv erforscht und ist dabei zu interessanten Erkenntnissen gekommen, die auch für unseren Umgang mit Olympiodor von Bedeutung sind.30 Methodisch ging Hägg so vor, dass er sich Werke aus der „Bibliothek“ herausgriff, über die wir heute noch im Ganzen verfügen. Auf diese Weise vermochte er das Vorgehen des Patriarchen bei der Erstellung seiner Referate und Exzerpte gewissermaßen am Original zu überprüfen. Es kommt unserer Sache entgegen, dass sich Hägg auf Beispiele aus der Profanliteratur der hohen und späten Kaiserzeit, insbesondere auf Philostrats „Lebensbeschreibung des Apollonios von Tyana“, konzentriert hat;31 auch historische Werke wie die „Perserkriege“ Prokops und die „Jüdischen Altertümer“ des Flavius Josephus finden sich unter seinen Beispielen.32 Die Ergebnisse, die am Ende vorliegen, dürfen ganz gewiss nicht verallgemeinert werden, aber sie lassen doch bestimmte Gesetzmäßigkeiten in der Arbeitsweise des Photios erkennen, die auch die Interpretation unserer Olympiodor-Texte beeinflussen, uns in jedem Fall aber aufhorchen lassen und für bestimmte Dinge sensibilisieren sollten.33 Hägg unterscheidet bei Photios verschiedene Formen von Fragmenten: das Kurzreferat, das analytische Referat und die Exzerpte, wobei er zwischen Sach-

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Hägg 1975, passim. Phot. bibl. cod. 44 (I 28–30 Henry) und 241 (V 170–201 Henry); dazu Hägg 1975, 15–124 im ersten Hauptteil seines Werkes. Siehe hierzu Hägg 1975, 184–194 mit Bezug auf Phot. bibl. cod. 63 (I 64–76 Henry) und 238 (V 141–155 Henry). Das Resümee Häggs ist auf den ersten Blick geradezu ernüchternd; vgl. dens. 1975, 195 zu Beginn seines Schlusskapitels: „Insofern die im folgenden gegebenen Richtlinien einer Ergänzung oder Korrektur bedürfen, muss diese auch eher in negativer Richtung geschehen; vor vielen Fallen soll hier gewarnt werden, andere können im einzelnen codex gestellt sein.“ Andererseits führt an der folgenden Erkenntnis des Autors nichts vorbei (ebd., 204): „Nicht Photios ist zu tadeln, sondern der moderne Benutzer seines Sammelwerks, der die Typen (scil. Referate und Exzerpte) auseinanderzuhalten und ihre Beschränkungen einzusehen nicht vermag – oder nicht will, weil die Bibliotheke für ihn vielleicht die einzige Quelle ist. Innerhalb der somit gegebenen Grenzen und im Hinblick darauf, dass Photios sein Werk nicht für unsere besonderen Zwecke geschaffen hat, ist die Brauchbarkeit viel höher, als wir verlangen könnten.“

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und Stilexzerpten differenziert. Jede Fragmentform hat ihm zufolge bestimmte Eigenheiten, die anschließend an Beispielen exemplifiziert werden. So ist es etwa kennzeichnend für die Kurzreferate, dass sie nachträglich, hauptsächlich aus dem Gedächtnis, doch auch auf Basis von Notizen hergestellt worden sind. Sie bieten in der Regel den Werkinhalt in allgemeiner, gedrängter Form, und zwar durchaus nicht den gesamten Werkinhalt, sondern oft nur eine ganz und gar subjektive Auswahl dessen. Vollständigkeit, selbst in Bezug auf die Hauptthemen eines Werkes, darf nicht erwartet werden. Hägg betont ausdrücklich, dass die Proportionen im Verhältnis zum Original gewaltig verschoben sein können.34 Die photianischen Kurzreferate sind, wie gesagt, sehr komprimiert und knapp gehalten. Dies trägt dazu bei, dass sie beim Leser bisweilen einen unsystematischen Eindruck erwecken, denn sie lösen sich bewusst von der Reihenfolge und den Kompositionsprinzipien des Originals, sind auch, da sie nach der Lektüre erstellt worden sind, nicht frei von Missverständnissen und Gedächtnisfehlern. Ihr Wert liegt primär darin, dass sie eine persönliche Stellungnahme des Photios zu der vorliegenden Schrift und zu den in ihr behandelten Themen bieten; auch sprachlich-stilistisch sind sie ganz photianisch. Ich übergehe im folgenden die „Bibliothek“-Fragmente, die als analytische Referate anzusprechen sind, weil sich für sie im Falle der Olympiodor-Texte kein Beispiel findet, und gehe gleich zu den Sach- und Stilexzerpten über.35 Sie sind Hägg zufolge von dem Patriarchen noch während der Lektüre oder zumindest unter ständiger Konsultierung der Vorlage erstellt worden. Das ist insofern von Bedeutung, als man aus diesem Befund ableiten kann, dass die photianischen Exzerpte in der Regel die Reihenfolge des gelesenen Werkes grundsätzlich einhalten.36 Andererseits bieten sie nur eine Auswahl spezieller, konkreter Stoffgebiete, nicht etwa ein Kompendium des Gesamtinhalts der Vorlage.37 Folglich dürfen wir auch von ihnen nur lückenhafte Einblicke in die Komposition eines Werkes erwarten, auch in so wichtigen Fragen wie, welcher Handlungslinie der Autor folgte, ob er etwa Reden einlegte und dergleichen. Die Exzerpte sind in der Regel aus ihrem Zusammenhang gerissen; sie fangen abrupt an oder werden von Photios durch kurze Sätze, oft, aber nicht immer, mit ὅτι, eingeleitet. In sich bieten sie gedrängte, detaillierte Informationen zu Themen, die das Interesse des Patriarchen während der Lektüre erregt haben. So erfahren 34 35 36 37

Siehe zusammenfassend Hägg 1975, 197ff. Siehe ebd., 198 und 201ff. Vgl. ebd., 203: „Die Reihenfolge stimmt normalerweise mit der des Originals überein.“ Daraus abzuleiten, Photios habe mit der chronologischen Reihenfolge seiner Vorlage gänzlich gebrochen und ein Resümee erstellt, „qui semble ordonné en quelque sorte per species“, erscheint mir demgegenüber nicht zwingend; in diesem Sinne allerdings Paschoud 2005, 450. Vgl. auch dens. 1985, 147ff. mit Bezug auf Blockley 1981, 107f.; ferner Baldini 2004, 142: „Lo stravolgimento dell’ordine dei fatti ed il loro accorpamento come per rubriche che talora è dato riscontrare nei frammenti olimpiodorei sono dunque da addebitare all’intervento personale di Fozio.“

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wir denn allerhand naturhistorische, geographische, paradoxographische und exotische Einzelheiten, die der jeweilige Autor in sein Werk eingestreut hat. Es handelt sich also wiederum um eine völlig eigenwillige, subjektive, ganz und gar nicht repräsentative Auswahl von Textstellen, die die eigentlich dem exzerpierten Werk zugrunde liegende literarische Komposition nicht etwa transparenter macht, sondern sie im Zweifelsfalle sogar eher noch verunklart. Im Unterschied zu den Kurzreferaten ist in den Exzerpten die sprachlichstilistische Eigenart des betreffenden Autors erkennbar. Photios hat den ihm vorliegenden Text nicht absichtlich umstilisiert oder, etwa in attizistische Richtung, korrigiert; Werturteile leistet er sich nur selten. Allerdings scheut er nicht davor zurück, substantielle Eingriffe in den Text vorzunehmen, vor allem am Anfang der Exzerpte, um sie aus ihrem Zusammenhang in der Vorlage zu lösen. Solche Eingriffe sind oft nicht ohne weiteres zu erkennen und können nur durch den Vergleich mit dem Original, so es denn vorliegt, als solche identifiziert werden. Hägg hat also die Charakteristik der photianischen Kurzreferate und Exzerpte durch deren Vergleich mit heute noch vorliegenden Originalen erarbeitet. Wenn seine Vorgehensweise bei Olympiodor ähnlich gewesen sein sollte wie etwa im Falle von Philostrats „Lebensbeschreibung des Apollonios von Tyana“, dann können bei uns nur die Alarmglocken schrillen. Da müssen wir nämlich beobachten,38 dass Photios im Zuge seiner Arbeit mit der Vorlage immer wieder kürzt, zusammenstreicht und erzählerische Kontexte amputiert; auf die Komposition des Werkes durch den Autor wird von ihm keinerlei Rücksicht genommen. Dass Philostrat gern Quellen benutzt und sie auch nennt, dass er mit Vorliebe direkte Reden in seine Darstellung einflicht, davon erfahren wir nichts. Wichtige Gesichtspunkte des Werkes, von denen wir eigentlich sogar annehmen müssten, dass sie den Patriarchen von Konstantinopel interessierten, etwa Hinweise auf eine imitatio Christi des Apollonios, fallen überraschenderweise unter den Tisch. Überhaupt: Theologisches, Philosophisches, ja allgemein Griechisch-Römisches tritt völlig in den Hintergrund, zugunsten zum Beispiel exotischer Details. Photios konzentriert sich offenbar auf ihm Unbekanntes, Wunderbares, in jeder Hinsicht Merkwürdiges. Die „Bibliothek“ ist auch ein Zeugnis für sein Interesse an zu seiner Zeit wenig bekannten Inhalten und selten gelesenen Büchern. KONSEQUENZEN AUS UNSEREM BEFUND: OLYMPIODORS GESCHICHTSWERK ALS YΛΗ ΣΥΓΓΡΑΦHΣ Unter diesem und den anderen Aspekten, wie sie bisher entwickelt worden sind, wollen wir also nun noch einmal auf die Olympiodor-Texte schauen, über die wir dank Photios verfügen, ganz unabhängig von der Parallelüberlieferung; es geht

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Siehe die ausführliche Analyse von Hägg 1975, 64–124.

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zunächst nur um den Blickwinkel des Patriarchen und die Art, wie er gelesen, referiert und exzerpiert hat. Blicken wir zuerst auf Fragment 1 Müller (= test. Blockley). Es ist nach den Häggschen Kriterien ein Kurzreferat;39 als solches ist es sprachlich und stilistisch ganz photianisch. Wie in den anderen Fällen wird der Patriarch den kurzen Text nach der Lektüre von Olympiodors Geschichtswerk aus dem Gedächtnis erstellt haben, vielleicht unter Zuhilfenahme der einen oder anderen Notiz. Unser Kurzreferat gibt das subjektive Resümee des Photios wieder. Sowohl was die Nennung der Hauptthemen betrifft als auch in Bezug auf die Komposition des Werkes ganz allgemein dürfen wir nicht mit Vollständigkeit rechnen. Argumente e silentio sind nicht statthaft. Vielmehr vermag Fragment 1 Müller (= test. Blockley) von vornherein allenfalls einen Ausschnitt des Werkganzen zu repräsentieren. Verzerrungen und Lücken sind jederzeit zu gewärtigen, Missverständnisse und Gedächtnisfehler keinesfalls auszuschließen. Was bleibt nach alledem? Es bleiben die Aussagen über Olympiodor selbst, seine Herkunft, seinen Beruf und seine religiöse Einstellung. Wir erfahren, dass sein Werk 22 Bücher umfasste und dass es Kaiser Theodosius II. gewidmet war. Der chronologische Anfangs- und Endpunkt des Geschichtswerks wird fixiert – 407 bis 425 n. Chr. Über etwaige Inhalte hingegen informiert uns Photios nicht nur lückenhaft, sondern gar nicht. Der Schwerpunkt seiner Äußerungen liegt vielmehr auf der Charakterisierung von Olympiodors literarischem Stil. Dieser, so der Patriarch, lasse es nicht zu, in Bezug auf die „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ von einem Geschichtswerk im eigentlichen Sinne zu sprechen. Vielmehr handele es sich allenfalls um eine Materialsammlung, eine ὕλη συγγραφῆς bzw. ἱστορίας. Was es mit dieser Einschätzung auf sich hat, ist schwer zu beurteilen. Offensichtlich störte sich der attizistisch geprägte Stilist Photios daran, dass in den Inhalten, vor allem aber im Ausdruck des olympiodorischen Werkes zu wenig Nachahmung der Alten spürbar war. Der Patriarch operiert bei seiner literarischen Kritik in einem fort mit Vokabeln aus den Assoziationsfeldern „spannungslos“ und „formlos“, „niedrig“ und „gemein“.40 Das, was uns Heutige an Olympiodor reizt – sein individuell und unkonventionell erscheinender Zugriff, seine Aufge-

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Insofern ist die Aussage von Van Nuffelen 2004, 85 Anm. 35 („Das Resümee kann als Fragment betrachtet werden.“) meiner Meinung nach unpräzise; richtig hingegen Paschoud 2005, 449. Siehe Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley): οὕτως ἄµορφος καὶ ἀνίδεος καὶ αὐτῷ τοῦ λόγου ὁ χαρακτὴρ κατεφαίνετο. καὶ γὰρ οὐδεµίᾳ τῶν ἰδεῶν καλλωπίζεται, πλὴν εἴ τις ἔν τισι τῇ ἀφελείᾳ πλησιάζειν ἐκβιάσοιτο· τῷ γὰρ λίαν ταπεινῷ καὶ ἐξηυτελισµένῳ καὶ ταύτης ἐκπίπτων εἰς ἰδιωτισµὸν ὅλως ὑπενήνεκται. Vgl. auch weiter oben ebd.: σαφὴς µὲν τὴν φράσιν, ἄτονος δὲ καὶ ἐκλελυµένος καὶ πρὸς τὴν πεπατηµένην κατενηνεγµένος χυδαιολογίαν, ὥστε µηδʼ ἄξιος εἰς συγγραφὴν αὐτῷ ἀναγράφεσθαι ὁ λόγος. Photios greift hier auf stilistische Urteile zurück, die wir bereits bei früheren Rhetoren wie etwa Dionys von Halikarnass (vgl. Dion. Hal. Demosthenes 19f. Usener/Radermacher) und Hermogenes von Tarsos (vgl. Hermog. de ideis 2, 11 Rabe) vorfinden; in diesem Sinne Haedicke 1939, 204.

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schlossenheit für Neues, ihm Fremdes, – hatte für Photios stilistische Konsequenzen, die für ihn schwerer wogen als das mit ihnen Erkaufte. Er war nicht bereit, hinzunehmen, dass σαφές/„Klarheit“ und ἀφέλεια/„Schlichtheit“ unter dem Diktat der Inhalte zur, wie er sagt, „Sprechweise des gemeinen Mannes“ – ἰδιωτισµός, χυδαιολογία, letzteres ein von Photios geprägtes Wort – herabgedrückt wurden.41 Die Einschätzung der „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ als ὕλη συγγραφῆς bzw. ἱστορίας beruht nicht nur auf dem Stilurteil des Photios, sondern, wenn wir dem Patriarchen glauben dürfen – und es gibt keinen Grund, es in diesem Falle nicht zu tun, – auf der Einschätzung Olympiodors selbst: ὃ (scil. ʼΟλυµπιόδωρος) καὶ αὐτὸς ἴσως συνιδὼν οὐ συγγραφὴν αὑτῷ ταῦτα κατασκευασθῆναι, ἀλλὰ ὕλην συγγραφῆς ἐκπορισθῆναι διαβεβαιοῦται.42 Die Forschung hat seit jeher mit dieser Aussage ihre Schwierigkeiten gehabt. Sucht man nach Parallelen, so findet man diese nicht etwa in der (Spät-)Antike, man muss vielmehr bis zu dem mittelbyzantinischen Autor Nikephoros Bryennios (um 1080–1138) vordringen, um vergleichbare Textzeugnisse heranziehen zu können. Dieser war Verfasser eines Geschichtswerkes über den Aufstieg von Kaiser Alexios I. Komnenos (reg. 1081–1118) in vier Büchern. Im Proöm seiner „Historien“ charakterisierte er sein Vorhaben wie folgt: οὔτε γὰρ ἱστoρίαν συγγράφειν προῄρηµαι οὔτε πλέκειν ἐκείνῳ (scil. τῷ βασιλεῖ ʼΑλεξίῳ) ἐγκώµιον – […] – ἀλλʼ ἀµορφήν τινα παρασχεῖν βουλόµενος τοῖς τὰ ἐκείνου συγγράφειν ἐθέλουσι πρὸς ταυτηνὶ τὴν γραφὴν ἐξώρµησα· ταύτῃ τοι καὶ ῞Υλη ἱστορίας ὄνοµα ἔστω τῷ λόγῳ.43 Die Parallelen sind frappierend: Sowohl Olympiodor als auch Nikephoros Bryennios weisen den Anspruch, ein Geschichtswerk im engeren Sinne verfassen zu wollen, zurück und sehen ihre Aufgabe offensichtlich darin, Material für ein solches, noch erst zu schreibendes, vorzulegen. Die Begründung dafür scheint in erster Linie stilistischer Natur zu sein. Nikephoros sagt ausdrücklich von sich, er verfüge nicht über die Fähigkeiten eines Demosthenes oder Thukydides.44 Im Falle Olympiodors sind wir auf den Wortlaut des Patriarchen Photios angewiesen; er charakterisiert den Stil des Ägypters ausdrücklich als ἄµορφος, ein Wort, das auch bei Nikephoros wiederkehrt.45 Die Entscheidung darüber, ob man eine ὕλη ἱστορίας oder ἱστορίαι im eigentlichen Wortsinne schrieb, wurde offenbar an Hand stilistischer Kriterien gefällt. Im Übrigen müssen wir bei beiden Autoren mit dem Bescheidenheitstopos rechnen. Das Werk des Nikephoros entbehrt keinesfalls der Kunstfertigkeit,46 und auch Photios muss zugeben, dass Olympiodors „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ allen vermeint-

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Siehe Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley). Ebd. Siehe auch oben S. 87 mit Anm. 18. Nikeph. Bryenn. praef. 11 (Gautier). Ebd. Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley). Vgl. ausführlich Seger 1888, passim; siehe auch Carile 1969, passim.

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lichen Mängeln zum Trotz Elemente ‚echter‘ Geschichtsschreibung aufwiesen – etwa die Einteilung in Bücher und die Verwendung von Proömien.47 Eine nähere Beschäftigung mit dem Begriff ὕλη und seinen lateinischen Entsprechungen silva und materia mag weiteren Aufschluss darüber geben, was es bedeutet, dass Olympiodor und Photios ihn bei der Charakterisierung der „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ gebrauchten. In der Bedeutung „Rohmaterial“, „Materie“, „Stoff(sammlung)“, „Vorrat“ „Entwurf“, „Skizze“ u. dgl. wird er von vielen antiken Schriftstellern gebraucht. Vor diesem Hintergrund ist es einsichtig, dass KarlErik Henriksson in einer ὕλη kein im eigentlichen Sinne literarisches Werk erblickt, keinen Buchtitel,48 sondern „eine Bezeichnung für gesammelte Materialien“, für „Stoffsammlungen im Besitze oder im Nachlasse der Verfasser“.49 Eine solche ὕλη war nicht von vornherein für die Edition bestimmt; sie konnte aber dessenungeachtet durchaus in Bücher gegliedert sein und bestimmte literarische Standards erfüllen.50 Quintilian hat die silva als rasch und mit Schwung zusammengetragenes, sogleich ausformuliertes Themenmaterial definiert.51 Dabei schwingt der Vorwurf der mangelnden Sorgfalt (cura) mit, einer levitas, die im Gegensatz zur erwünschten gravitas des Textes steht.52 Andererseits hat silva neben der besagten Bedeutung noch eine andere; sie bezeichnet dann einfach eine Stoffsammlung, die inhaltlich verschiedenartige Gegenstände umfasst, ohne zuallererst darüber ein

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Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley). In der Tat war der Titel des olympiodorischen Geschichtswerkes „ʽΙστορικοὶ λόγοι“, nicht etwa „῞Υλη ἱστορίας“, wie man es noch in der früheren Forschung finden kann; hierzu Haedicke 1939, 202. Auch dies ist im übrigen eine merkwürdige Parallele zum Werk des Nikephoros Bryennios. Dessen Titel lautete „ʽΙστορίαι“, nicht „῞Υλη ἱστορίας“, wie Gautier 1975, 37f. zutreffend herausgestellt hat. Henriksson 1956, 125. Vgl. ebd., 124f. Von hier ausgehend, liegt die Verbindung mit dem literarischen Genus des commentarius nahe, die schon Haedicke 1939, 207 hergestellt hat: „Im ganzen stellt sich das Geschichtswerk des O(lympiodor) dar als das, was es sein sollte: eine ὕλη συγγραφῆς, d. h. commentarii, nun freilich nicht rerum suarum wie bei Caesar, sondern Aufzeichnungen eines vielseitig interessierten und gelehrten Beobachters der Zeitgeschichte.“ Siehe Quint. inst. 10, 3, 17: Diversum est huic eorum vitium qui primo decurrere per materiam stilo quam velocissimo volunt, et sequentes calorem atque impetum ex tempore scribunt: hanc silvam vocant. Repetunt deinde et componunt quae effuderant; sed verba emendantur et numeri, manet in rebus temere congestis quae fuit levitas. Quintilian steht mit dieser Sichtweise nicht allein; vgl. Cic. orat. 12: ubertas et quasi silva dicendi […], nec satis tamen instructa ad forensis causas; Suet. gramm. 24, 4: (scil. M. Valerius Probus) reliquit autem non mediocrem silvam oberservationum sermonis antiqui; Serv. Aen. 1, 310: nemus […] composita multitudo arborum, silva diffusa et inculta; SHA v. Car. 21, 2: Habe, mi amice, meum munus, quod ego, ut saepe dixi, non eloquentiae causa, sed curiositatis in lumen edidi, id praecipue agens, ut, si quis eloquens vellet facta principum reserare, materiam non requireret, habiturus meos libellos ministros eloquii.

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stilistisches Urteil zu fällen.53 Mit dieser zuletzt genannten Verwendungsweise von silva bzw. ὕλη lässt sich das Urteil des Patriarchen Photios über Olympiodors „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ in Übereinstimmung bringen. Sie implizierte durchaus eine gewisse Ungebundenheit und mangelnde stilistische Fügung, ungeachtet künftiger Nachbesserungen, die man von dem betreffenden Autor durchaus erwartete, auch erwarten konnte. Falls sie unterblieben, bedeutete das ein Verharren im Mittelmäßigen, literarisch Ungeschliffenen. Eine solche ὕλη war dann tatsächlich nur ‚Rohmaterial‘, das für künftige Reden oder Geschichtswerke noch bearbeitet werden musste. Es scheint allerdings nicht, dass die Werke des Olympiodor und des Nikephoros Bryennios in diese Kategorie gehört haben. Gerade das stilistische Urteil des Patriarchen Photios zeigt, dass die „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ zu jenen, vielleicht eher seltenen Fällen zählten, da eine ὕλη die ihr eigenen Merkmale mit einem gewissen literarischen Anspruch zu verbinden wusste.54 DIE EXZERPTE DES PHOTIOS UND IHR VERHÄLTNIS ZUM OLYMPIODORISCHEN URTEXT Blicken wir nun auf die Exzerpte, die der Patriarch während seiner OlympiodorLektüre angefertigt hat. Wenden wir die Häggschen Kriterien an, so können wir zunächst einige grundsätzliche Aussagen treffen, etwa die folgenden: Die Fragmente 2–46 Müller (= fr. 1–43 Blockley) repräsentieren nicht etwa die Substanz des olympiodorischen Geschichtswerks, sondern sie stellen lediglich unzusammenhängende Bruchstücke dar. Gerade zu Beginn der jeweiligen Passagen ist mit Eingriffen des Photios in den Text zu rechnen, ohne dass dies für uns notwendig erkennbar wäre. Bestimmte Eigenheiten des Autors – zum Beispiel die Benutzung von Quellen, die Einfügung direkter Reden – können so schlichtweg unter den Tisch gefallen sein.55 Auch der erzählerische Kontext ist in den meisten Fällen unwiederbringlich zerstört. Allerdings dürften die Olympiodor-Exzerpte während der Lektüre des Patriarchen oder zumindest unter ständiger Konsultierung der

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Siehe Coleman 1988, XXIIf. mit Bezug u. a. auf Suet. gramm. 10, 5: de quorum (scil. commentariorum L. Ateii Philologi) tamen copia sic altera ad eundem Hermam epistula significat: ‚hylen nostram aliis memento commendare, quam omnis generis coegimus, uti scis, octingentos in libros‘; Gell. praef. 5f.: Nam (scil. scriptores) quia variam et miscellam et quasi confusaneam doctrinam conquisiverant, eo titulos quoque ad eam sententiam exquisitissimos indiderunt. Namque alii Musarum inscripserunt, alii silvarum, […]. Vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil von Thompson 1944, 47: „In this […] I think that Olympiodorus was an innovator.“ Dass Olympiodor Reden in sein Werk eingefügt hat, ist im Übrigen durchaus möglich; Treadgold 2004, 730f. z. B. rechnet damit. Allerdings hebt Baldwin 1980, 225f. richtig hervor, dass die Aussage des Photios, ὅµως καὶ λόγοις διαιρεῖ (scil. ὕλην) [Olymp. fr. 1 Müller (= test. Blockley)], nicht als Beleg für Reden in den „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ herangezogen werden kann.

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Vorlage erstellt worden sein. Insofern kann man davon ausgehen, dass sie die Reihenfolge des gelesenen Werkes prinzipiell einhalten. Was wir nun durch die Exzerpte erfahren, ist, was Photios’ Interesse während der Lektüre erregt hat, so dass er es sich herausschrieb. Aber das waren eben nicht die inhaltlichen Grundlinien, die Olympiodors Werk zugrunde lagen, ja es war überhaupt nicht das Naheliegende, dem Patriarchen möglicherweise Geläufige, sondern das für ihn Neuartige, ihm wunderlich oder sonst irgendwie merkwürdig Erscheinende. Dazu konnte der Papagei des Olympiodor56 ebenso gehören wie kannibalistische Praktiken,57 die näheren Todesumstände historischer Handlungsträger desgleichen58 wie die angebliche apotropäische Wirkung heidnischer Statuen.59 Manchmal fand Photios bei seiner Lektüre Passagen vor, die ihn als Stilisten ansprachen: dann schrieb er sie auf, und so erfahren wir vom Einzug des Konsuls Constantius in Ravenna im Jahre 414.60 Auffällig ist auch im Falle der Olympiodor-Exzerpte das Interesse des Patriarchen für – aus seiner Sicht – exotische Schauplätze und Inhalte. Ihm verdanken wir das Wissen darüber, dass Olympiodor auch ferne Länder und Völker wie Britannien, Gallien und Spanien,61 die Hunnen62 und die Blemmyer63 im Blick gehabt hat und dass er hier und da lateinische Begriffe in sein Geschichtswerk einzufügen pflegte.64 Aber repräsentativ ist das alles weniger für Olympiodors Geschichtswerk als vielmehr für die Art des Photios, dieses zu exzerpieren.

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Olymp. fr. 36 Müller (= fr. 35, 1 Blockley). Olymp. fr. 4 Müller (= fr. 7, 1 Blockley) und fr. 30 Müller (= fr. 29, 2). Stilicho: Olymp. fr. 2 Müller (= fr. 5, 1 Blockley); Serena: Olymp. fr. 6 Müller (= fr. 7, 3 Blockley); Olympius: Olymp. fr. 8 Müller (= fr. 8, 2 Blockley); Alarich: Olymp. fr. 10 Müller (= fr. 11, 4 Blockley); Eusebius: Olymp. fr. 13 Müller (= fr. 14 Blockley); Allobich: Olymp. fr. 14 Müller (= fr. 15, 1 Blockley); Konstantin (III.): Olymp. fr. 16 Müller (= fr. 17, 1 Blockley); Sarus: Olymp. fr. 17 Müller (= fr. 18 Blockley); Iovinus: Olymp. fr. 19 Müller (= fr. 20, 1 Blockley); Athaulf: Olymp. fr. 26 Müller (= fr. 26, 1 Blockley); Constantius III.: Olymp. fr. 34 Müller (= fr. 33, 1 Blockley); Honorius: Olymp. fr. 41 Müller (= fr. 39, 1 Blockley). Olymp. fr. 15 Müller (= fr. 16 Blockley) und fr. 27 Müller (= fr. 27 Blockley). Olymp. fr. 23 Müller (= fr. 23 Blockley). Britannien: Olymp. fr. 12 Müller (= fr. 13 Blockley); Gallien: Olymp. fr. 17 Müller (= fr. 18 Blockley) [ἐν Μουνδιακῷ τῆς ἑτέρας Γερµανίας]; Olymp. fr. 19 Müller (= fr. 20, 1 Blockley) und fr. 21 Müller (= fr. 22, 2 Blockley); Spanien: Olymp. fr. 30 Müller (= fr. 29, 2 Blockley). Zu den geographischen Interessen Olympiodors siehe Thompson 1944, 49f. Olymp. fr. 18 Müller (= fr. 19 Blockley). Olymp. fr. 37 Müller (= fr. 35, 2 Blockley). Olymp. fr. 7 Müller (= fr. 7, 4 Blockley) [τὸ Βουκελλάριος ὄνοµα] und fr. 11 Müller (= fr. 12 Blockley) [βουκελλάτον, βουκελλαρίων]; Olymp. fr. 7 Müller (= fr. 7, 4 Blockley) [φοιδεράτων]; Olymp. fr. 9 Müller (= fr. 9 Blockley) [ὀπτίµατοι]; Olymp. fr. 37 Müller (= fr. 35, 2 Blockley) [die Stadt Πρῖµα]; siehe auch Olymp. fr. 29 Müller (= fr. 29, 1 Blockley) [τροῦλα]. Dazu Thompson 1944, 48 und Matthews 1970, 85ff.

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Wie im Falle von Fragment 1 Müller (= test. Blockley), so gilt auch für die zuletzt besprochenen Exzerpte die unangenehme, aber gültig bleibende und zu beherzigende Wahrheit, dass wir auf ihrer Basis nur sehr bedingt etwas über Olympiodors Werk, seine inhaltlichen Grundlinien und seine formale Gestaltung erfahren. Peter Van Nuffelen hat einmal geäußert: „Es gibt […] keine zuverlässige Quelle, die einen unmittelbaren Blick auf die ursprüngliche Gestalt der Geschichte des Olympiodoros und ihre Tendenz gewährt. Die Rekonstruktion seines Werkes erfordert ein vollständiges Verständnis der Methode und des Geschichtsverständnisses seiner Benutzer.“65 Die Aussage Van Nuffelens ist auf unsere Parallelquellen Sozomenos und Zosimos gemünzt; sie gilt aber in gleicher Weise und mit vielleicht noch drastischeren Konsequenzen für die durch Photios überlieferten Textpassagen, denn diese bieten nur vordergründig einen direkten, weniger verfälschten Zugang zum verlorenen Geschichtswerk Olympiodors. Die Interessen, Vorlieben und Aversionen des Patriarchen verstellen diesen vielmehr nicht weniger wirksam als die Ungeschicklichkeit und Tendenziösität eines Sozomenos oder eines Zosimos. Die inhaltlichen Hauptlinien der „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ sind und bleiben vor diesem Hintergrund alles andere als klar, denn sie nachzuzeichnen stellte gerade nicht das Hauptinteresse des Photios dar. Es war eine folgenreiche Entscheidung des Patriarchen; was uns durch sie entgangen sein mag, darüber kann man nur spekulieren. Nur ein Beispiel: Hat sich Olympiodor wirklich nahezu ausschließlich mit weströmischer Geschichte befasst, wie ein Großteil der Forschung auf Basis unserer bruchstückhaften Überlieferung postuliert?66 Niemand kann von sich behaupten, die Antwort auf die gestellte Frage sicher zu kennen; eine gewisse Vorsicht scheint mir deshalb angesichts dessen, was man inzwischen über die Arbeitsweise des Photios weiß, angebracht. Gerade in den späteren Fragmenten, die nicht mehr mit Zosimos parallelisiert werden können, gibt es Hinweise auf oströmische Handlungsstränge: die Gesandtschaft Olympiodors zu den Hunnen,67 barbarische Einfälle im thrakischen Raum,68 vor allem diejenigen Exzerpte, die sich auf die Thebaïs, das südlich angrenzende Zwölfmeilenland und die ägyptischen Oasen beziehen.69 Wir wissen ja, dass es im Verlaufe des 5. Jahrhunderts n. Chr. an der Südgrenze Ägyptens immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Konstantino-

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Van Nuffelen 2004, 97. Siehe stellvertretend die prononcierte Aussage von Liebeschuetz 2003, 204: „Unlike Ammianus and Eunapius, Olympiodorus did not attempt to write a history of the whole Empire.“ Olymp. fr. 18 Müller (= fr. 19 Blockley). Dazu Maenchen-Helfen 1978, 53f., der Olympiodor allerdings vom Weströmischen Reich in die Große Ungarische Tiefebene, nicht von Konstantinopel aus ins Nordpontosgebiet reisen lässt; siehe auch Treadgold 2004, 714. Olymp. fr. 27 Müller (= fr. 27 Blockley); Van Nuffelen 2004, 89f. bringt diese Stelle mit Soz. 9, 5 in Verbindung. Olymp. fr. 33 Müller (= fr. 32 Blockley) und fr. 37 Müller (= fr. 35, 2 Blockley).

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pel und den nomadischen Blemmyern kam. Das Quellenmaterial hierfür ist dicht: hagiographische, papyrologische, auch literarische Quellen, sie alle weisen auf ernsthafte Spannungen in diesem Raum während der genannten Zeitspanne hin.70 So erfahren wir in der „Historia monachorum in Aegypto“ von einer Prophezeiung des in der Zeit kurz vor 400 n. Chr. lebenden Asketen Johannes von Lykopolis, in der dieser gewaltsame Auseinandersetzungen an der südägyptischen Grenze des Imperiums ankündigte.71 Ein Papyrus aus dem zweiten Viertel des 5. Jahrhunderts überliefert das Hilfsgesuch des Bischofs Appion von Syene an die Kaiser Theodosius II. und Valentinian III., in dem dieser Beistand gegen die einfallenden Blemmyer und Nobaden erbat.72 Gerade die zuerst Genannten sind es, die in unseren Quellen immer wieder für die Destabilisierung der oberägyptischen Grenzregionen verantwortlich gemacht werden. Es handelte sich dabei nicht nur um Gebiete in der Thebaïs und der Dodekaschoinos längs des Nils, sondern auch um die Oasen der angrenzenden Wüstengebiete. So berichtet Euagrios Scholastikos in seiner „Kirchengeschichte“ von einem Einfall der Blemmyer in der sogenannten Großen Oase (al-Charga).73 Die Geschehnisse lassen sich in die Zeit um 430/35 n. Chr. datieren, und bei der Oase handelt es sich just um jenen Ort, dem Olympiodor in seinen „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ einen eigenen Exkurs gewidmet hat.74 Die Spannungen mit den Blemmyern waren kein vorübergehendes, letztlich vernachlässigenswertes Ereignis; sie setzen sich bis in die zweite Jahrhunderthälfte fort und erfuhren sogar (mindestens) eine epische Aufarbeitung in Gestalt der sogenannten „Blemyomachie“.75 Noch unter Kaiser Marcian um 451/52 n. Chr. berichtet der Diplomat und Historiker Priskos von Panion von – im übrigen nur vorübergehend erfolgreichen – Friedensverhandlungen seines einstigen Vorgesetzten Maximinus mit den Blemmyern und Nobaden.76 Warum sollte Olympiodor nicht zumindest über einen Teil dieser Ereignisse, die zwar in ihren konkreten Auswirkungen regional fixiert blieben, nichtsdesto-

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Siehe hierzu ausführlich Weber 2002, 18ff. Hist. mon. 1, 2 (Festugière). P. Leid. Z (= SB 20, 14606); dazu Millar 2006, 62ff. Evagr. HE 1, 7 (13f. Bidez / Parmentier). Olymp. fr. 33 Müller (= fr. 32 Blockley). Teile dieses Epos sind auf einem Papyrus erhalten geblieben; siehe P. Berol. 5003. Dass wir es beim Autor der „Blemyomachie“ mit Olympiodor persönlich zu tun haben, wie Livrea 1978, 23ff. glaubt (vgl. auch bereits dens. 1976, passim), ist ein reizvoller Gedanke, aber nicht abschließend beweisbar. Immerhin zeugt das Epos von dem publizistischen Potential, das den Blemmyerkriegen im 5. Jh. n. Chr. innewohnte. Prisk. fr. 21 Müller (= fr. 27, 1 Blockley). Die Parallele zu Priskos ist frappierend, nicht nur an dieser Stelle: Auch Priskos reiste zu den Hunnen (Prisk. fr. 7–11 Müller [= fr. 11–14 Blockley]) und nach Rom (Prisk. fr. 16 Müller [= fr. 20, 3 Blockley]), beide Male in diplomatischer Mission. Leider lässt der fragmentarische Zustand sowohl von Olympiodors als auch von Priskos’ Text es nicht zu, mögliche Ähnlichkeiten zwischen beiden Autoren näher zu bestimmen.

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trotz aber auch in Konstantinopel durchaus registriert wurden, berichtet haben, zumal er aus Oberägypten stammte? Gerade dann, wenn lokalpatriotisches Interesse unseren Autor geleitet haben mag, wäre es nur verständlich, wenn er Geschichtsereignisse von diesem Ende der Welt in seine „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ aufgenommen und den Geschehnissen im fernen Nordwesten Britanniens und Galliens sozusagen gegenübergestellt hätte. Damit soll nicht gesagt sein, dass die Geschehnisse im Oströmischen Reich von Olympiodor in derselben ausführlichen Weise behandelt worden sind wie diejenigen im Westen des Imperiums. „Even when complete, however, Olympiodorus’ history can scarcely have included a continuous narrative of Eastern events.“77 Das Urteil Warren T. Treadgolds ist einerseits zutreffend, andererseits nicht. Zutreffend ist es, weil der Blick unseres ägyptischen Autors auf den Westen gerichtet gewesen ist; er wollte seiner oströmischen Leserschaft diesen Reichsteil und seine spezifischen Probleme erklären und nahebringen. Um dieses primäre Ziel zu erreichen, war er sogar bereit, Abstriche im Stilistischen zu machen und sich dem Verdacht auszusetzen, kein ‚richtiger‘ historischer Schriftsteller zu sein. Aber all das hatte doch nur Sinn, wenn es gelang, in einem zweiten Schritt die Geschehnisse in dem in mancher Hinsicht so andersartigen Westen wieder an den Osten zurückzubinden, sie mit diesem Reichsteil unlösbar zu verknüpfen. Wenn unser Autor wirklich so ernsthaft, unabhängig und detailfreudig mit der ὕλη, dem ,Stoff‘ seines Geschichtswerkes umgegangen ist, wie die moderne Forschung zu Recht glaubt, dann ist es schwer zu glauben, dass ihm die das Geschehen auch des 5. Jahrhunderts determinierende Dimension des einen imperium Romanum entgangen sein sollte. Immerhin führte sein ganzes Werk auf die Aktualisierung dieser Dimension gleichsam wie auf die Erfüllung eines Telos zu, endete es doch mit dem Bürgerkriegssieg Theodosius’ II. und der Thronbesteigung des weströmischen Kaisers Valentinian III., beides im Jahre 425.78 All das musste erklärt, ereignisgeschichtlich hergeleitet, inhaltlich begründet werden. Es war auch möglich, in 22 Büchern „ʽΙστορικοὶ λόγοι“ dies ausführlich zu tun. Ein Rekurs auf oströmische Ereignisse, sei es in Thrakien, Oberägypten oder anderswo,79 vermochte den Triumph des Jahres 425 n. Chr. sogar noch zusätzlich zu akzentuieren, etwa dahingehend, dass nun, nachdem die Autorität des Kaisers Theodosius II. an allen Außengrenzen des Oströmischen Reiches wiederhergestellt war, auch der Westen mit den Segnungen von dessen Herrschaft versehen worden sei. Freilich, wir ver-

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Treadgold 2004, 730. Derartige Äußerungen finden sich in der Forschung häufig; siehe etwa oben S. 97, Anm. 66 sowie Gillett 1993, 25 Anm. 106: „Olympiodorus’s references to the East, however, are all autobiographical digressions; there is no treatment of political events in the East comparable to the western narrative.“ So nun mit Verve Van Nuffelen 2013. Freilich müsste man in diesem Zusammenhang auch eine Stellungnahme Olympiodors zum Perserkrieg Theodosius’ II. 421/22 n. Chr. vermuten; dieser bedeutenden kriegerischen Auseinandersetzung lässt sich allerdings keines unserer verbliebenen Fragmente zuordnen.

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mögen nicht mehr genau zu sehen, wie Olympiodor den Schlussteil seines Geschichtswerkes im einzelnen konzipiert und gestaltet hat. Die Schwelle zur Spekulation ist hier leicht überschritten. EINE ERNÜCHTERNDE BILANZ, EIN ZAGHAFT OPTIMISTISCHER AUSBLICK Es ist unbefriedigend, das Ergebnis, das am Ende dieser Untersuchung steht. Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass das Geschichtswerk Olympiodors, von dem durch die Müller-Fragmente einer Schätzung François Paschouds zufolge allenfalls der vierzigste Teil auf uns gekommen ist,80 zahlreichen Inhalten gewidmet war, die heute nicht mehr rekonstruiert oder auch nur notdürftig erfasst werden können. Es gilt, sich die Kontaminierung des im eigentlichen Sinne Olympiodorischen durch den gelehrten Patriarchen Photios immer wieder bewusst zu machen. Sozomenos und Zosimos mögen hier und da Abhilfe bieten, aber auch sie sind in sich problematisch. Das Dilemma, vor dem wir stehen, ist nicht unbedingt olympiodorspezifisch, sondern typisch für viele fragmentarisch erhaltene Geschichtsschreiber des 5. Jahrhunderts n. Chr. Durch die vielfache Begrenztheit unserer Überlieferung wird über ein gewisses, beschränktes Maß an Gewissheiten nicht hinauszugelangen sein. Dass jedoch gerade diese Begrenztheit in ihren Voraussetzungen und Konsequenzen noch nicht zufriedenstellend erklärt ist, eröffnet Deutungshorizonte, die meines Erachtens noch nicht klar genug herausgearbeitet, geschweige denn hinsichtlich ihres Interpretationspotentials ausgeschöpft worden sind. Auf sie den Blick zu lenken, dazu diente dieser Beitrag. BIBLIOGRAPHIE Austin, N. J., 1983, Autobiography and History: Some Later Roman Historians and their Veracity, in: Croke, B. / Emmett, A. M. (Hgg.), History and Historians in Late Antiquity, Sydney u. a., 54–65. Baldini, A., 2000, Considerazioni sulla cronologia di Olimpiodoro di Tebe, Historia 49, 488–502. Baldini, A., 2004, Ricerche di tarda storiografia (da Olimpiodoro di Tebe), Bologna. Baldwin, B., 1979, Olympiodorus of Thebes, L’Antiquité Classique 49, 212–231. Bleckmann, B., 2007, Krisen und Krisenbewältigung: Die Eroberung Roms durch Alarich in der Darstellung Philostorgs, in: Scholten, H. (Hg.), Die Wahrnehmung von Krisenphänomenen. Fallbeispiele von der Antike bis in die Neuzeit, Köln, 97–109. Blockley, R. C., 1981, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, Liverpool.

80

Siehe Paschoud 1985, 144.

Das Geschichtswerk des Olympiodor von Theben

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PRISKOS UND DER FELDZUG DES BASILISKOS GEGEN GEISERICH (468) Dariusz Brodka Der Feldzug des Basiliskos gegen das Vandalenreich im Jahr 468 stellte eine breit angelegte militärische Operation dar, die der vandalischen Bedrohung endgültig ein Ende setzen sollte. Zwei Zeugnisse bestätigen eindeutig, dass Priskos wirklich über diesen Feldzug berichtet hat. Wichtig ist vor allem die Notiz bei Euagrios (Evagr. HE 2, 16), der schreibt, dass Basiliskos, der Bruder von Verina, Frau des Kaisers Leo, mit einer starken Armee gegen Geiserich ausgesandt worden sei. Das alles habe der Rhetor Priskos mit großer Genauigkeit dargestellt.1 Diese Feststellung impliziert, dass die Darstellung des Unternehmens ziemlich umfangreich und detailliert gewesen sein muss. Auch der Chronist Theophanes beruft sich auf Priskos in einem kurzen Bericht über den Feldzug gegen Geiserich (Theoph. AM. 5961). Aus diesem Grund wird diese Passage in den modernen Priskos-Ausgaben sowohl von Blockley als auch von Carolla berücksichtigt (Prisk. fr. 53, 1 Blockley, Prisk. exc. 42 Carolla).2 Den Basiliskos-Feldzug hat aber auch Candidus von Isaurien dargestellt. In einem erhaltenen Fragment berechnet er die Kosten der Expedition auf insgesamt etwa 64 000 Pfund Gold und 700 000 Pfund Silber.3 Aus der Photios-Epitome lässt sich ablesen, dass das Geschichtswerk des Candidus um die Zeit nach 491, also später als dasjenige des Priskos, veröffentlicht worden sein muss. Mit Candidus beginnt eine von Priskos abweichende Quellentradition, obgleich möglich ist, dass sie unter gewissen Aspekten bereits von Priskos abhängig ist. Die CandidusTradition ist wohl mit einigen Fehlern bei Johannes Lydos (Lyd. mag. 3, 43)4 und

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Evagr. HE 2, 16: Ἐκπέµπεται δὲ στρατηγὸς κατὰ Γιζερίχου Βασιλίσκος, ὁ τῆς Λέοντος γυναικὸς Βερίνης ἀδελφός, µετὰ στρατευµάτων ἀριστίνδην συνειλεγµένων. Ἅπερ ἀκριβέστατα Πρίσκῳ τῷ ῥήτορι πεπόνηται. Die Fragmente des Priskos werden nach Blockley 1981 / 1983 und nach Carolla 2008 zitiert. Candid. fr. 2 (Blockley): 47 000 Pfund Gold vom PPO, 17 000 Pfund Gold und 700 000 Pfund Silber vom CSL, dazu eine unbestimmte Summe aus Konfiskationen von Anthemius. Lydos gibt 65 000 Pfund Gold und 700 000 Pfund Silber an. Die von Lydos angegebenen Zahlen der Schiffe (10 000) und Soldaten (400 000) sind so absurd hoch, dass es zu bezweifeln ist, dass sie auf Candidus zurückgehen können. Möglicherweise geht es hier um eine verzerrte Überlieferung: Lydos hätte die Zahlenangaben vergrößern können. Dies würde auf etwa 1000 Schiffe und 40 000 Soldaten hinweisen.

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Kedrenos zu erkennen (11./12. Jh.) (Kedr. I, 613, P 350).5 Darauf weisen vor allem ähnliche Zahlenangaben bei der Berechnung der Kosten des Feldzugs hin, obwohl auch gewisse Unstimmigkeiten festzustellen sind. Kedrenos gibt darüber hinaus die wahrscheinliche Zahl der Schiffe an: 1113 (Kedr. I, 613, P 350). Seiner Meinung nach bildete die schlechte Entscheidung (κακοβουλία) des Basiliskos den Grund für die Niederlage. Von besonderer Bedeutung für unsere Fragestellung ist eine Passage aus der Chronik des Theophanes, weil wir in diesem Fall mit dem längsten Fragment zu tun haben, das sicher auf Priskos zurückgeht. Es ist nicht klar, ob Theophanes ihn hier direkt oder indirekt benutzte. Das gesamte Kapitel, das den Feldzug darstellt, ist in drei Sektionen zu gliedern: 1) die Vorbereitung und der Anfang der Expedition; 2) Aspar und sein Einfluss auf Basiliskos 3) die entscheidende Schlacht und die Vernichtung der römischen Flotte. Die modernen Priskos-Ausgaben betrachten nur die erste und dritte Sektion als Priskos-Fragmente, lehnen hingegen die zweite als nicht-priskianische ab. Laut Theophanes/Priskos ist die Expedition gegen Geiserich eine unmittelbare Reaktion des Kaisers Leo auf die Raubzüge der Vandalen, die nach dem Tod des Kaisers Marcian erfolgten (Theoph. AM 5961): Um sich mit den Vandalen auseinandersetzen zu können, sammelte Kaiser Leo eine riesige Flotte. Laut Theophanes bestand sie aus 100 000 Schiffen: Blockley hält diese absurd hohe Zahl für eine entstellte Lesart und schlägt, in Anlehnung an die Zahlenangaben des Kedrenos (1113 Schiffe) und der Ausgabe von Müller folgend, die Korrektur ἑκατὸν καὶ χιλιάδα (1100) statt ἑκατὸν χιλιάδας (100 000) vor.6 Blockley bemerkt darüber hinaus zutreffend, ohne aber die notwendigen Folgerungen daraus zu ziehen, dass die von Theophanes genannte Zahl der Schiffe (100 000) der Zahl der Soldaten bei Prokopios entspricht. Meiner Meinung nach ist die Verbesserung des originalen Theophanes-Textes in diesem Fall nicht notwendig, denn die fehlerhafte Lesart bei Theophanes könnte aus einer Verwirrung der ursprünglichen Zahlen der eingesetzten Schiffe, Soldaten und Seeleute resultieren, die wohl Priskos geboten hatte. Die Zahl von 1100 Schiffen erscheint dann auch bei Nikephoros Kallistos (Nik. Kall. HE 15,27). Es ist unmöglich festzustellen, ob diese Verwirrung erst auf Theophanes oder bereits auf eine eventuelle Mittelquelle zurückgeht. Abgesehen von den Zahlenangaben kann man vermuten, dass Priskos an dieser Stelle zahlreiche wichtige Informationen bot, die die Größe der römischen Armee präzise bestimmten. Offensichtlich lassen sich die genannten Angaben nicht wirklich auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Es scheint aber, dass die Zahl von ungefähr 1100 Schiffen der Realität entsprechen

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6

Kedrenos berechnet die Kosten des Feldzugs auf 650 000 Pfund Gold und 700 000 Pfund Silber. Im Fall der Goldsumme geht es wohl um eine fehlerhafte Zahlenüberlieferung – entweder durch Kedrenos selbst oder durch seine Vorlage. Es musste hier ursprünglich um 65 000 gehen. Müller 1851 (FHG IV) 110, Blockley 1983, II, 398 Anm. 183. Dies nimmt auch Carolla 2008 an (Prisk. exc. 79). Keine Korrektur machen hier hingegen Mango / Scott 1997, 180.

Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468)

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könnte.7 Anschließend werden die für die Expedition aufgewendeten Summen bestimmt: Mit dem Hinweis auf seine nicht näher zu bestimmende Quelle (φασὶ) hebt zwar der Verfasser in gewissem Maß seine Distanz zu dieser Information hervor. Möglicherweise hat Theophanes diesen Hinweis von Priskos entlehnt, denn ähnliche Formeln kommen auch bei Prokopios in dem parallelen Kontext vor. Hier werden die Kosten des Feldzugs auf 130 000 Pfund Gold (1300 centenaria) eingeschätzt. Diese Zahl bildet ein wichtiges Detail, weil sie zu einem charakteristischen Merkmal der gesamten Priskos-Tradition wird, die sich vor allem in diesem Punkt von derjenigen des Candidus unterscheidet. Die Summe bei Priskos ist höher als diejenige bei Candidus. Mit Recht wurde aber bemerkt, dass die Berechnungen des Priskos nicht zu hoch zu sein brauchen: es ist möglich, dass Priskos hier alles in Pfund Gold umrechnet. Addiert man die Pfunde Gold und Pfunde Silber, von denen Candidus spricht, erhält man nur die Summe von etwa 103 000 Pfund Gold. Es kommt jedoch noch ein finanzieller Beitrag hinzu, den Anthemius zu leisten hatte. Möglicherweise hat Priskos einfach alle Einzelangaben zusammengezählt. Das würde erklären, warum seine Zahlen höher sind als diejenigen des Candidus.8 Hinzuweisen ist hier darauf, dass die von Candidus genannten Summen insgesamt zuverlässig zu sein scheinen: sie sind präzise und bestimmen die Herkunft einzelner Summen.9 Die nächste Information bei Theophanes/Priskos bezieht sich auf den Oberfeldherrn: Das Kommando wurde Basiliskos, dem Bruder der Kaiserin Verina anvertraut, der bereits Konsul gewesen war und einige Male die „Skythen“ in Thrakien besiegt hatte (Theoph. AM 5961 = Prisk. fr. 53,1 Blockley, Prisk. exc. 42 Carolla).10 Der Chronist fügt noch hinzu, dass das oströmische Heer durch

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8 9 10

Heather 2006, 462 vergleicht diese Zahlenangaben mit ähnlichen Informationen über die Expeditionen Maiorians 461 (300 Schiffe) und Belisars (über 500 Schiffe) und hält sie für zuverlässig. Die Gesamtzahl der Soldaten berechnet er hingegen auf etwa 50 000. Wenig überzeugend hingegen Courtois 1955, 202ff., der angenommen hat, dass diese Berechnungen durch die Autoren des 6. Jahrhundert aus propagandistisch-ideologischen Gründen vergrößert worden seien. Besonders aufschlussreich ist vor allem der Vergleich mit Belisars Feldzug im Jahr 533: An der Expedition nahmen 500 Transportschiffe und 30 000 Seeleute teil. Diese Schiffe transportierten insgesamt 16 000 Soldaten (Prok. bell. 3, 11, 1–16). Vorausgesetzt, dass die Armada des Basiliskos aus etwa 1100 Schiffen bestand, brauchten sie ungefähr 70 000 Seeleute und konnten etwa 33 000 Soldaten transportieren. So ist also die Heeresstärke des Basiliskos einzuschätzen. Addiert man Seeleute und Soldaten, ergibt dies die Summe von etwa 100 000 Mann. Es ist plausibel, dass die Zahl bei Prokopios (100 000) sich gerade auf die Summe von Soldaten und Seeleuten bezieht, die an dem Basiliskos-Feldzug teilgenommen haben. Heather 2006, 461f.; Henning 1999, 237 Anm. 72. Zu dieser Zeit lag die Gold-SilberRelation bei 1:13 bis 1:18. Die moderne Forschung betrachtet diese Berechnungen als glaubwürdig: vgl. z. B. Courtois 1955, 201; Heather 2006, 462; Castritius 2007, 119. Der Begriff „die Skythen” passt gut zu der sprachlichen klassizistischen Manier des Priskos, der gerne Archaismen verwendet.

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Verstärkung aus dem weströmischen Reich wesentlich unterstützt wurde. Dann erzählt er, dass Basiliskos’ Flotte einige Male die Vandalen in Seeschlachten besiegte. In einem auktorialen Kommentar fügt er hinzu, Basiliskos hätte Karthago selbst einnehmen können.11 Ohne Zweifel vertrat Priskos also die Meinung, dass die Expedition mit einem großen Sieg hätte enden können und sollen. Zugleich erklärt er aber die Gründe für ihr Scheitern: Basiliskos habe sich durch Geiserich bestechen und folglich freiwillig (ἑκών) besiegen lassen. Die Erklärung für den Misserfolg in den Kategorien individueller Schwäche und Fehler einer führenden Persönlichkeit ist recht typisch für die Antike und kommt in einigen Fragmenten des Geschichtswerkes des Priskos vor (vgl. Prisk. fr. 9, 3 Blockley = Prisk. exc. 5, 5 Carolla). Mit diesem Vorwurf endet die erste Sektion. Gerade an dieser Stelle nennt Theophanes explizit den Priskos als seine Vorlage: „wie Priskos das dargestellt hat“ (ὡς Πρίσκος ἱστόρησεν ὁ Θρᾷξ). Sowohl Carolla als auch Blockley sind daher der Meinung, dass nur diese erste Sektion auf Priskos zurückgeht. In gewissem Maß ist eine solche Annahme begründet. Es stellt sich dennoch die Frage, was der Hinweis auf Priskos für die Quellenforschung bedeutet. Markiert er wirklich eine Zäsur und muss er zwangsläufig bedeuten, dass der Chronist hier seine Vorlage gewechselt hat? Blockley scheint davon auszugehen, dass der folgende Abschnitt (die Aspar-Sektion) auf eine andere Quelle zurückgeht: Einen Wechsel sollte die Feststellung φασὶ δέ τινες implizieren.12 Eine derartig vage Feststellung braucht allerdings nicht für den Wechsel der Vorlage zu sprechen: In der ersten, sicher auf Priskos zurückgehenden Sektion, erscheint diese Formel (φασὶ) ebenfalls in Bezug auf die Kosten des Feldzugs. Dies zeigt, dass entweder Priskos Feststellungen dieser Art in seinem Text verwendet haben muss – oder dass der echte Priskos-Text in der ersten Sektion um einige wichtige Zusätze erweitert wurde: Diese Überarbeitung könnte entweder auf eine hypothetische Priskos-Epitome oder auf die Tätigkeit des Theophanes selbst zurückgehen. Diese zweite Lösung halte ich für weniger plausibel. Die Worte „wie Priskos sagt” brauchen nicht auf einen Quellenwechsel hinzuweisen. Die Information, dass der General ein Verräter gewesen sei, kann die Leser so schockiert haben, dass Theophanes (bzw. seine unmittelbare Vorlage) die Quelle seiner Information präzise angab, um seine Glaubwürdigkeit zu verstärken. Es ist somit möglich, den Bezug auf Priskos als ein Element der literarischen Strategie zu betrachten, die die Autorität eines Historikers hervorheben, nicht aber einen Quellenwechsel markieren soll. Ich bin somit der Meinung, dass der gesamte Passus von Theoph. AM 5961

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Theoph. AM 5961 = Prisk. fr. 53, 1, Prisk. exc. 42 Carolla: συµπλακεὶς εἰς ναυµαχίας πολλάκις τῇ Γιζερίχου τῶν νεῶν τῷ βυθῷ παραδούς, εἶτα καὶ αὐτὴν ἠδυνήθη Καρχηδόνα κρατῆσαι. Ὕστερον δέ, δώροις ὑπὸ Γιζερίχου καὶ πλείστοις χρήµασι δελεασθείς, ἐνέδωκε καὶ ἡττήθη ἑκών, ὡς Πρίσκος ἱστόρησεν ὁ Θρᾷξ; (Πρίσκος corr. Περσίκος). Blockley 1981, 115; II 399 Anm. 186. Davon spricht Blockley bei der Analyse des Textes des Prokopios von Kaisareia.

Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468)

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aufgrund seiner thematischen Einheitlichkeit und der logischen Kohärenz einzelner Sektionen auf Priskos zurückgeht. Die wichtigste Parallelüberlieferung bildet hier offensichtlich Prokopios bell. 3, 6, wo die umfangreichste Darstellung der Expedition gegen die Vandalen gegeben wird. Laut Blockley geht dieser Passus auf Priskos zurück, Carolla hingegen hält ihn für dubium, ohne allerdings seine Auffassung zu begründen. Der Anfang des Berichtes (Prok. bell. 3, 6, 1–2) weist eine große Ähnlichkeit mit dem Theophanes-Text auf: Prokopios bewertet die Motive der Entscheidung von Kaiser Leo auf dieselbe Weise wie Theophanes, obwohl seine Erzählung weitaus umfangreicher ist. In dem vorausgehenden Kapitel, d. h. in Prokopios bell. 3, 5, 8–25 war die aggressive Kriegspolitik Geiserichs nach dem Tod Marcians detailliert geschildert worden. Diese Darstellung entspricht im Prinzip der kurzen Notiz bei Theophanes. Prokopios bringt, ähnlich wie Theophanes, Leos Entscheidung mit der aggressiven Politik Geiserichs in unmittelbaren Zusammenhang: Die Expedition sollte die Vandalen bestrafen (Prok. bell. 3, 6, 1: Τῶνδε εἵνεκα τίσασθαι Βανδίλους βασιλεὺς Λέων βουλόµενος). Dem folgt in beiden Berichten die Information über die außerordentliche Größe des Unternehmens sowie seiner Kosten. In beiden Fällen erscheint, wie gesagt, die einschränkende Feststellung „man sagt”, wobei Prokopios sie sogar einige Male benutzt, um wichtige Details einzuführen: Er fängt mit λέγουσι an, dann nennt er die Zahl der Schiffe. Während er hingegen über die Kosten spricht, beginnt er mit φασὶ γοῦν αὐτῷ. In demselben Kontext wiederholt dies auch Theophanes: φασὶ γὰρ αὐτόν. Es ist wenig plausibel, dass zwei Autoren an derselben Stelle unabhängig voneinander, auf dieselben Formeln zurückgegriffen haben. Die Formel φασὶ, λέγουσι kann aus einer gemeinsamen Vorlage sowohl von Prokopios als auch von Theophanes entlehnt werden. Prokopios gibt mehr Details an: Er schätzt Basiliskos’ Kräfte auf 100 000 Mann. Bei Theophanes bezieht sich diese Angabe auf die Zahl der Schiffe. In beiden Berichten stellte die ganze Ostküste Schiffe (Prok. bell. 3, 6, 1: ἐξ ἁπάσης τῆς πρὸς ἕω θαλάσσης ἀθροίσας ~ Theoph. AM 5961: ἐξ πάσης τῆς ἀνατολικῆς θαλάσσης […] ἀθροίσας). Zusätzlich ist auch gesagt, dass sich der Kaiser den Soldaten gegenüber sehr freigebig zeigte, damit unzeitige Sparsamkeit sein Bestreben, die Barbaren zu strafen, nicht vereitelte. Die Kosten schätzt Prokopios ähnlich wie Theophanes auf 130 000 Pfund Gold ein. Der Satz selbst lautet aber anders als bei Theophanes, der offensichtlich die gesamte Aussage vereinfacht. Anschließend wird in beiden Texten der Oberfeldherr, d. h. Basiliskos, der Bruder der Kaiserin Verina genannt.13 An diesem Punkt lässt sich nachweisen, weshalb Prokopios nicht die Quelle des Chronisten gewesen sein kann. Prokopios erwähnt nämlich die Seeschlachten mit den Vandalen nicht, die sich bei Theophanes finden. Bei Theophanes liest man den Kommentar, dass Basiliskos damals die Mög-

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Mit Hilfe der Stilmittel, die sich an Herodot orientieren (οὐκ ἔδει Βανδίλους […] ἀπολωλέναι) blickt hier Prokopios proleptisch auf das künftige Scheitern der Expedition.

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lichkeit gehabt habe, Karthago einzunehmen. Dieser Kommentar begegnet auch bei Prokopios, er steht aber in einem anderen Kontext (Prok. bell. 3, 6, 10), zudem gibt es keine wörtlichen Entsprechungen. Aus dem Vergleich beider parallelen Texte ist die Folgerung abzuleiten, dass der Bericht des Theophanes insgesamt weniger detailliert ist als derjenige des Prokopios. Obwohl sich der Chronist auf Priskos beruft, ist nicht auszuschließen, dass er hier eine Epitome benutzte, wohl das Geschichtswerk des Eustathios, das auch in diesem Zusammenhang den Namen des Priskos enthalten haben muss. Prokopios kann hingegen sowohl Priskos selbst als auch irgendeine Mittelquelle benutzt haben. Aber auch er hat seine Vorlage teilweise gekürzt. Aufschlussreich ist ferner der Umstand, dass die Sequenz der folgenden Erzählung sowohl bei Theophanes als auch bei Prokopios identisch ist: Beide Historiker führen nun die Person Aspars ein. Diese Aspar-Sektion wird jedoch weder von Carolla noch von Blockley als priskianisch angesehen.14 Meines Erachtens ist es allerdings unrichtig, die Aspar-Sektion von dem vorangehenden Abschnitt zu trennen. Beachtenswert ist vor allem die Tatsache, dass sich Prokopios und Theophanes hier deutlich voneinander unterscheiden. Theophanes geht von der Feststellung aus, Basiliskos habe sich durch Geiserich bestechen und freiwillig (ἑκών) besiegen lassen. Dieser Gedanke geht sicher auf Priskos zurück – eine Beobachtung, die Ausgangspunkt für die Analyse der AsparSektion sein muss. Mit der Aspar-Sektion versucht der Chronist diesen Gedanken und zugleich die Anklage zu begründen. Die Erörterungen über Aspars politische Bedeutung sind an dieser Stelle völlig logisch und beeinträchtigen keinesfalls die Kohärenz des ganzen Kapitels – sie erklären einfach die Anklage gegen Basiliskos. Seine Aspar-Sektion beginnt Theophanes mit der Formel: φασὶ δέ τινες, die, wie schon gesagt, nicht auf einen Quellenwechsel zu verweisen braucht. Er verbindet den Verrat seitens des Basiliskos mit Aspar. Gerade von Aspar sollte Basiliskos zum Verrat verleitet werden. Hier wird erwähnt, dass Leo von Aspar und Ardabur zum Kaiser gemacht worden sei, denn Aspar selbst habe als Arianer nicht zur Herrschaft gelangen können. Trotzdem habe Aspar in der Praxis die Regierung kontrollieren wollen. Weil aber Kaiser Leo die Rolle einer Marionette in Aspars Händen abgelehnt habe, habe Aspar nach einem Umsturz und nach einer Störung der guten Herrschaft gestrebt. Deswegen habe er vorgehabt, Basiliskos die Kaisermacht zu übertragen, wenn er sich durch Geiserich besiegen ließe. Dabei betont Theophanes, dass der Vandalenkönig, ähnlich wie Aspar, Arianer war (Theoph. AM 5961). Theophanes erklärt somit die tiefsten Gründe der Niederlage mit einem innenpolitischen Machtkampf in Konstantinopel. Beachtenswert ist dabei die Tatsache, dass hier nicht bestimmt wird, welchen konkreten politischen Nutzen Aspar aus dem Scheitern der Expedition hätte ziehen können. Es wird nur

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Zu Aspar vgl. Croke 2005.

Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468)

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auf einen religiösen Aspekt angespielt: Aspar habe seine arianischen Glaubensgenossen retten wollen. Aspars Arianismus bildet somit den Rahmen des gesamten Abschnitts.15 Deutlich sind somit die orthodoxe Stellung des Chronisten, sein negatives Verhältnis zu Aspar und sein positives zu Kaiser Leo. Prokopios (bell. 3, 6, 3–4) stimmt mit Theophanes in den wichtigsten Details überein. Es gibt aber auch viele Unterschiede. Anders als der Chronist geht Prokopios davon aus, dass Basiliskos mit allen Kräften nach der Kaisermacht gestrebt habe und dass er deswegen die Freundschaft Aspars habe gewinnen wollen (Prok. bell. 3, 6, 2). Die Akzente sind also anders gesetzt. Bei Prokopios ist es Basiliskos, der kalkuliert und einen bestimmten Nutzen aus seiner Entscheidung ziehen will. Es stellt sich die Frage, ob die Notiz zu den großen Ambitionen des Basiliskos nicht erst nach 476 entstand, d. h. nach dem Ende seiner Regierung - in diesem Fall hätten wir es mit einer Interpretation ex posteriori zu tun. Die eventuelle Antwort sagt aber nichts über die Autorschaft dieser Notiz, weil die Abfassungszeit von Priskos’ Geschichtswerk nach wie vor unbekannt bleibt. Daraufhin erklärt Prokopios die Stellung Aspars: Als Arianer habe er nicht Kaiser werden können, aber er sei mächtig genug gewesen, einen anderen zu erheben. So sei er verdächtig gewesen, gegen den legitimen Kaiser zu intrigieren. Die Grundtendenz beider Texte ist gleich. Beide Autoren stellen Aspar übereinstimmend als einen mächtigen Kaisermacher dar.16 Es finden sich aber auch kleine Unterschiede. Anders als Prokopios sagt Theophanes nicht, dass Aspar seinen Glauben nicht ändern wollte. Von Prokopios wird hingegen Ardabur hier nicht erwähnt. Darüber hinaus ist bei ihm keine Rede davon, dass Leo keine Marionette in Aspars Händen sein wollte. Stattdessen gibt sich Prokopios mit dem vagen Hinweis auf einen Konflikt zwischen Leo und Aspar zufrieden. In diesem Punkt bietet er somit weniger Details als Theophanes. Die Einstellung des Theophanes zu Aspar ist deutlich feindlicher: Bei ihm will Aspar die gute Regierung Leos zerstören (ἠγωνίζοντο διαστρέφειν τὰ ὑπʼ αὐτοῦ καλῶς διοικούµενα). Prokopios spricht hingegen mehr über die Motive Aspars: Unter Verweis auf eine nicht näher bestimmte Quelle stellt er fest, Aspar habe befürchtet, dass Leo durch den Sieg über die Vandalen seine Stellung stärken würde. Eine solche logische Erklärung bietet Theophanes nicht. Deswegen habe er – so Prokopios – die Vandalen und ihren König retten wollen (Prok. bell. 3, 6, 4). Hier werden somit die innenpolitischen Aspekte des Feldzugs und sein Einfluss auf die politische Stellung der wichtigsten Figuren in Konstantinopel stark und präzise akzentuiert. Verschwiegen werden hingegen die vermeintlichen religiösen Motivationen Aspars. Insgesamt enthalten beide AsparSektionen keine wesentlichen Widersprüche, es gibt hingegen viele Ähnlichkeiten. Dieser Umstand könnte darauf hinweisen, dass beide Autoren hier unabhängig voneinander auf dieselbe Quelle oder dieselbe Quellentradition zurückgriffen. 15 16

Aus diesem Grunde nahm Blockley 1981, 115 an, dass diese Information auf einen orthodoxen Christen zurückgehen muss. Vgl. auch Prok. bell. 3, 5, 7.

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Gerade durch diese Unabhängigkeit könnte man die bestehenden Unterschiede erklären. Chronologisch betrachtet, erscheint eine derartige Reihenfolge der Informationen (der Feldzug – der Verrat des Basiliskos – Aspar) zum ersten Mal in der Kirchengeschichte des Theodoros Anagnostes (Lector) (Theod. Lect. HE 399),17 der sein Werk um 530 abgefasst hat. Erhalten ist aber nur eine epitomierte Fassung dieses Werkes. Dort findet sich eine kurze Notiz zu den Ereignissen des Jahres 468. Theodoros betont die Größe des Unternehmens und bietet einige Details. Hier kommt zum ersten Mal die Zahl von 7 000 Seeleuten vor. Der Kirchenhistoriker muss diese Angaben, egal wie verzerrt oder falsch überliefert sie sind, einer Profangeschichte entnommen haben. Es ist also anzunehmen, dass bereits Theodoros Anagnostes (Lector) irgendeine ältere Tradition widerspiegelt: entweder die Tradition des Priskos oder die des Candidus. Er erwähnt auch die Korruption und den Verrat des Basiliskos.18 Dieser Umstand scheint die Darstellung des Theodoros mit Priskos zu verbinden. Ähnlich wie Theophanes und Prokopios erklärt auch Theodoros Anagnostes (Lector) die fehlende Aktivität des Basiliskos durch sein Einvernehmen mit Aspar: Laut Theodoros habe sich Basiliskos durch Geiserich bestechen lassen, denn Aspar habe ihn dazu veranlasst. So entsteht die Frage, ob Theodoros der erste war, der die Person Aspars in die Geschichte des Basiliskos-Feldzugs einführte. Wäre die Antwort positiv, würde dies zu dem Ergebnis führen, dass Prokopios, der sein Geschichtswerk einige Jahre später schrieb, die Kirchengeschichte des Theodoros Anagnostes (Lector) als seine Vorlage bei der Darstellung des Basiliskos-Feldzugs benutzt hätte. Meines Erachtens ist es aber wenig plausibel, dass Prokopios seinen umfangreichen Bericht über die Expedition entweder auf dieser Kirchengeschichte gründete oder mit ihrer Hilfe ergänzte. Sein Bericht ist ja keine isolierte Erzählung, sondern ein logischer und wichtiger Teil der kontinuierlichen Schilderung der politischen Geschichte des 5. Jahrhunderts. Bei Theodoros Anagnostes (Lector) gibt es hingegen keine derartige kontinuierliche Darstellung der politischen Ereignisse in dieser Periode. Bestenfalls hat sein Interesse daran einen selektiven Charakter. Weitaus wahrscheinlicher ist es, dass sowohl Prokopios als auch Theodoros auf dieselbe Hauptquelle (bzw. Quellentradition) zurückgriffen und sie dann gemäß ihren Zwecken und Interessen modifizierten. Theodoros baute wohl den religiösen Aspekt aus und legte auf die arianische Konfession Aspars und der Vandalen Nachdruck (dies hätte aber bereits die Mittelquelle tun können). Aufschlussreich ist dabei gerade der Umstand, dass die Religionsfrage bei Prokopios keine Rolle in der Erklärung der Ursachen der Katastrophe spielt. Der Bericht des Prokopios ist, trotz der Erwähnung der arianischen Konfession Aspars, durchaus profan,19 und als solcher wäre er in vol-

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Dies bemerkt bereits Blockley 1981, 166 Anm. 24 . Theod. Lect. 399: Βασιλίσκος […], οὔπω τοῦ Σινδιρίχου ἡττᾶσθαι µέλλοντος χρήµατα λαβὼν πάντα προέδεκε παραινέσει Ἄσπαρος. Prok. bell. 3, 6, 3: Weil Aspar Arianer war, konnte er nicht zur Herrschaft gelangen.

Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468)

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lem Maß dem Geschichtsdenken eines Priskos angepasst. Gerade diese Erwähnung könnte einen Anhaltspunkt für eine spätere Umarbeitung dieses Themas im Sinne einer rechtgläubigen Deutung geben; daraus wiederum resultierte eine religiös motivierte Erklärung der Intrige Aspars, wie sie bei Theophanes und Nikephoros Kallistos zu finden ist.20 Theodoros Anagnostes (Lector) interessierte sich - worauf die Epitome seiner Kirchengeschichte hinzuweisen scheint - nicht für den Machtkampf in Konstantinopel, der den Kern der Aspar-Sektion bei Prokopios und Theopanes bildet.21 Die Epitome schweigt auch völlig über den Tod Aspars, der gerade in diesem Zusammenhang bei Prokopios und Theophanes erscheint.22 Dies spricht meiner Meinung nach dafür, dass Theodoros Anagnostes (Lector) und bald danach auch Prokopios unabhängig voneinander aus derselben Tradition schöpften. Eine nuancierte Betrachtung politisch orientierter egoistischer Beweggründe des Basiliskos und des Aspar würde gerade auf Priskos als den Schöpfer dieser Tradition hinweisen.23 Über den weiteren Verlauf des Feldzugs und über die Schlacht am Cap Bon spricht Theophanes relativ wenig: Er beschränkt sich nur auf eine kurze Notiz, dass Geiserich Brander verwendete, um die römische Flotte zu vernichten. Die Überreste der Flotte konnten sich nach Sizilien retten. In dieser Situation seien sich alle des Verrats des Basiliskos bewusst geworden. Der Bericht des Prokopios ist unvergleichbar umfangreicher. Auch hier griff Theophanes nicht auf Prokopios zurück, denn von der Flucht nach Sizilien ist bei Prokopios keine Rede. In seinem Bericht erzählt Prokopios nicht nur über die Schlacht am Cap Bon, sondern er stellt auch die Vorgeschichte der Invasion dar. Sowohl Carolla als auch Blockley nehmen an, dass diese detaillierte Darstellung der Expedition gegen die Vandalen auf Priskos zurückgeht, wobei Carolla dies vorsichtig für dubium hält.24 Insgesamt bietet Prokopios in seiner Darstellung das Bild einer breit angelegten militärischen und politischen Operation, die damals der Ostkaiser Leo unternahm. Prokopios bringt Leos Pläne für die Intervention in Afrika und die Erhebung des Anthemius zum Westkaiser in direkten Zusammenhang (Prok. bell. 3, 6, 5). Er erwähnt auch, dass Geiserich die Situation in Italien zu beeinflussen versuchte, indem er Olybrius zum Westkaiser machen wollte. Ohne Zweifel wurde gerade dieser Aspekt der

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Zu Nikephoros Kallistos vgl. unten. Hansen 1971, XVII bemerkt, im Vergleich mit Sokrates oder Evagrios interessiere sich Theodoros wenig für die Profangeschichte. In der Chronik von Victor von Tununna, der das Werk des Theodoros Anagnostes (Lector) benutzte, gibt es hingegen die Notiz zu Aspars Tod. Dass Prokopios und Theophanes im ersten Teil Priskos bzw. Eustathios oder eine anonyme Priskos-Epitome, im zweiten Theodoros Anagnostes (Lector) unabhängig voneinander als Vorlage benutzt hätten, halte ich für unwahrscheinlich. Gegen Blockley 1981 / 1983, I 115. Blockley 1981 / 1983 nimmt Priskos als Quelle für Prok. bell. 3, 6, 5–27 an, Carolla 2008 für Prok. bell. 3, 6, 5–25.

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Politik Geiserichs von Priskos in seinem Geschichtswerk betont.25 In diesem Kontext wird auch erwähnt, dass Leo einen Marcellinus gewann,26 der aufgrund der Vereinbarung mit dem Kaiser die Vandalen aus Sardinien vertrieb (Prok. bell. 3, 6, 7–8). Endlich schildert Prokopios die militärische Operation des Heraclius, der Tripolis eroberte (Prok. bell. 3, 6, 9).27 Von dort aus versuchte er auf dem Landweg Karthago anzugreifen. In bell. 3, 6, 11 stellt Prokopios explizit fest, dass die damalige Situation der Vandalen wegen des Verlusts von Sardinien und Tripolis recht kritisch war. Heraclius wird dann noch in bell. 3, 6, 25 erwähnt: Während der Historiker über das Ende des Krieges berichtet, informiert er auch über den Abzug des Heraclius aus Tripolitanien. Die militärischen Operationen von Marcellinus und Heraclius sollten nur das Vorspiel des Krieges bilden (Prok. bell. 3, 6, 9). Hinzweisen ist hier auf den Bericht über Heraclius. Dem Text lässt sich entnehmen, dass der Angriff auf Tripolitanien dem Basiliskos-Feldzug vorausging. Möglicherweise sollten beide Angriffe auf Karthago – zu Lande durch Heraclius, und zu Wasser durch Basiliskos – koordiniert werden.28 Zweifel erweckt aber die Aussage des Theophanes, nach dessen Angabe es zum Angriff auf Tripolitanien drei Jahre später, d. h. im Jahr 470, kam (Theoph. AM 5963).29 Es scheint aber nicht, dass Heraclius zwei Mal Tripolis angriff und eroberte.30 Prokopios hat wohl Recht, wenn er über eine Operation spricht. Er erzählt einige Male über die Handlungen des Heraclius und verbindet sie in jedem Fall logisch mit der jeweiligen Situation im Krieg gegen die Vandalen. Der Theophanes-Text enthält hingegen einige wesentliche Einzelheiten, die bei Prokopios fehlen. Der Chronist gibt an, dass nicht nur Heraclius, sondern auch Marsus das Kommando hatte, und die oströmischen Truppen aus Ägypten stammten. Die Byzantiner nahmen Tripolis leicht ein, weil es ihnen gelang, die Vandalen zu überraschen. Hinzu kommt der Kommentar, dass diese Aktion für Geiserich mehr Probleme als der ganze Basiliskos-Feldzug bewirkt habe. Theophanes datiert diese Ereignisse auf 470/1 und bringt sie mit dem Ende der Kriegshandlungen in Zusammenhang. Er deutet noch an, dass Kaiser Leo damals bereit war, Frieden mit Geiserich zu schließen, denn er brauchte seine Generäle, um sich mit Aspar auseinandersetzen zu können. Leos Bereitschaft zur Kommunikation in der Zeit um 472 erwähnt auch Malalas: Der Kaiser sandte Olybrius als Vermittler im Konflikt zwischen Anthemius und Ricimer nach Italien. Von dort aus sollte sich Olybrius nach Afrika begeben, um Gei-

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Vgl. Brodka 2009, 22. Zu Marcellinus vgl. vor allem Kulikowski 2002. Vgl auch MacGeorge 2002, 15–67. Zu Heraclius vgl. PRLE 2 (Heraclius 4), 541f. Vgl. Blockley 1992, 76; Merrills / Miles 2010, 122. Dieses Datum nahm Courtois 1955, 204 an. Gegen Wolfram 1994, 248; Berndt 2007, 200; Henning 1999, 238 Anm. 238, die einen erneuten Vorstoß gegen Karthago im Jahr 470 nicht ausschließen.

Priskos und der Feldzug des Basiliskos gegen Geiserich (468)

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serich zu überzeugen, Frieden zu schließen (Joh. Mal. 14, 45; vgl. auch Chron. pasch. 594 Dindorf., Paul. Diac. hist. Rom. 15, 4).31 Auszugehen ist somit nur davon, dass die Quellen von ein und demselben Heraclius-Feldzug sprechen. Wie sind aber die Unterschiede in der Chronologie zu erklären? Der Vorstoß des Heraclius, der wohl nicht allzu große Kräfte hätte einsetzen können, da ihm vor allem die Truppen aus Ägypten zur Verfügung standen, hätte tatsächlich der Invasion des Basiliskos vorausgehen können, um die Aufmerksamkeit der Vandalen abzulenken, ihre Stellung abzuschwächen, und sie zur Teilung der Kräfte zu zwingen. Darauf weist auch Prokopios in bell. 3, 6, 11 hin, der betont, dass sich Geiserich seiner schwierigen Situation nach dem Verlust von Sardinien und Tripolis vollkommen bewusst war. Ich rekonstruiere somit die chronologische Reihenfolge auf folgende Weise. Wohl im Jahr 468 fuhr Heraclius zuerst mit seiner Flotte nach Tripolis.32 Nachdem er die dort ansässigen Vandalen bekämpft hatte, ließ er die Flotte zurück und marschierte auf dem Landweg gegen Karthago.33 Die Koordination der Handlungen von Basiliskos und Heraclius muss aber schlecht gewesen sein. Ein erneuter Vorstoß gegen Karthago zwei Jahre nach der Katastrophe des Feldzugs, der das Reich so ernsthaft finanziell, militärisch und logistisch beschädigt hatte, scheint wenig plausibel. Theophanes oder seine unmittelbare Quelle hat hier möglicherweise eine ungeschickte Kürzung gemacht. Er muss einzelne Ereignisse, die sich auf ein und dieselbe Operation des Heraclius beziehen, aus dem ursprünglichen Zusammenhang herausgelöst und in einen neuen chronologischen Zusammenhang gebracht haben, was im Endergebnis zu einer unrichtigen Datierung des gesamten Unternehmens führt. Prokopios datiert den Abzug des Heraclius nach der Niederlage des Basiliskos (Prok. bell. 3, 6, 25), während Theophanes ihn mit der Ermordung Aspars durch Leo in chronologischen Zusammenhang bringt. In dieser Hinsicht stimmen also beide Geschichtsschreiber überein.34 Daraus darf man den Schluss ziehen, dass Heraclius angesichts des Scheiterns des Basiliskos seine Offensive im Jahr 468 abbrechen musste, und schließlich zogen die römischen Truppen im Jahr 470 oder 471 aus Tripolitanien ab, weil der Krieg verloren wurde.35 Sowohl Prokopios als auch Theophanes geben die Elemente derselben Quellentradition wieder. Diese Tradition ist durch den Vergleich beider Texte in Umrissen zu rekonstruieren. Die entscheidende Schlacht der Invasion fand am heutigen Cap Bon in Tunesien ungefähr 60 km von Karthago statt. Die Schilderung der Schlacht ist bei Pro-

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Dazu Henning 1999, 49, der diese Ereignisse auf 472 datiert. Dies musste mindestens einige Monate vor dem Beginn des Feldzuges des Basiliskos stattfinden. Terminus post quem ist der 12.04.467 – die Wahl des Anthemius zum Westkaiser. Möglicherweise resultierte das Zögern des Basiliskos daraus, dass er die auf dem Landweg marschierenden Truppen des Heraclius erwartete. Die Ermordung Aspars wird auch von Prokopios erwähnt (Prok. bell. 3, 6, 27). Vgl. Strzelczyk 1992, 144; Blockley 1992, 76; Williams / Friel 1999, 175; Merrills / Miles 2010, 122.

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kopios ziemlich umfangreich (Prok. bell. 3, 6, 10–24), während sich Theophanes auf eine kurze Darstellung beschränkt. Prokopios bietet zahlreiche konkrete Informationen sowie auktoriale Kommentare zum Verhalten des Basiliskos. Basiliskos ankerte mit der ganzen Flotte 280 Stadien von Karthago. Prokopios unterstellt ihm bewusstes Zaudern und stellt fest, dass er, wäre er sofort auf Karthago losgegangen, die Stadt ohne Mühe eingenommen und die Vandalen unterjocht hätte. Diese Meinung stimmt völlig mit der Ansicht des Priskos überein, die, wie bereits gesagt, in einem anderen Kontext von Theophanes überliefert wird. Prokopios beschränkt sich aber nicht auf die bloße Konstatierung, dass der Sieg über die Vandalen möglich war, sondern blickt auf die damalige Situation der Vandalen aus einer breiteren Perspektive, indem er daran erinnert, dass die Vandalen bereits Sardinien und Tripolitanien verloren hatten. Prokopios stellt somit ein klares, logisches Bild des Geschehens dar, in welchem alle Ereignisse in einem Kausalzusammenhang stehen, und formuliert eine überzeugende These. So sind die Abschnitte Prokopios bell. 3, 6, 5–9 und bell. 3, 6, 10–25 eng verbunden. Der endgültige Sieg wurde aber durch Basiliskos’ Zaudern verhindert: Es habe entweder aus Feigheit (κακότητι) oder Verrat (προδοσίᾳ) resultiert.36 Dies würde darauf hindeuten, dass bereits Priskos beide Möglichkeiten hätte berücksichtigen können, aber das Thema des Verrats für die folgenden Generationen wohl attraktiver schien. Die Unentschlossenheit des Basiliskos nutzte Geiserich aus. Er schickte eine Gesandtschaft an ihn mit einer Bitte um einen fünftägigen Waffenstillstand, der ihm gewährt wurde. Der Vandalenkönig erwartete nämlich einen günstigen Wind, der es ihm ermöglichte, seinen Angriff auf die römische Flotte durchzuführen. Hier spricht Prokopios erneut über die Motive des Basiliskos (bell. 3, 6, 14–16). Diesmal formuliert er drei Vermutungen. Auch hier lässt sich eine gewisse Distanz zu diesen Vermutungen beobachten, worauf die Formel λέγουσι hinweist, welche aber, wie schon vorher bemerkt wurde, auch auf die Vorlage zurückgehen kann. So habe sich Basiliskos entweder durch Geiserich bestechen lassen, oder er habe sich Aspar verabredetermaßen gefällig erweisen wollen. Der Historiker schließt aber auch nicht aus, dass der Feldherr eine Strategie habe verwirklichen können, die er unter den jeweiligen Umständen für richtig gehalten habe. Unklar bleibt, ob es alle Alternativversionen bereits bei Priskos gab, oder ob erst Prokopios sie gesammelt hat. Die Darstellung des Angriffs der Vandalen mit Brandern gegen die römische Flotte ist bei Prokopios voll von Einzelheiten, während sich Theophanes auf das Wichtigste beschränkt. Prokopios berichtet, dass die Vandalen angriffen, als ein günstiger Wind aufkam. Sie benutzten eine große Zahl von Brandern, die vom Wind getrieben auf die vor Anker liegende römische Flotte zufuhren. Die Brander steckten zahlreiche römische Schiffe in Brand und lösten große Verwirrung unter

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Vgl. auch Prok. bell. 3, 6, 22.

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den Römern aus. Danach griffen auch die Vandalen selbst an und vernichteten die insgesamt untätige Invasionsflotte endgültig. Über diesen unmittelbaren Angriff der Vandalen schweigt Theophanes, doch enthüllt sein kurzer Bericht einige wichtige Details, die bei Prokopios fehlen. Theophanes betont, dass der Angriff mit den Brandern bei Nacht stattfand, denn die Vandalen wollten ihre Feinde völlig überraschen. Er hebt somit die Überraschung und die völlige Ahnungslosigkeit der Römer hervor. Das sind also die wichtigen Faktoren, die aus dem Bericht des Prokopios zwar mittelbar abzulesen sind, aber explizit von ihm nicht genannt werden. Es fehlt bei Prokopios auch die Notiz, dass sich die Überreste der Flotte nach Sizilien retten konnten. Insgesamt ist zu konstatieren, dass beide Berichte in diesem Punkt komplementär sind, wobei Prokopios diejenigen Details und Episoden berichtet, die es ihm aufgrund ihrer Plastizität und Direktheit erlauben, Dramatik und Anschaulichkeit herzustellen. Die gesamte Darstellung des Basiliskos-Feldzug endet bei Prokopios mit der knappen Information über das Ende des Krieges, den Abzug des Heraclius und den Tod des Marcellinus (bell. 3, 6, 25). Zum Schluss erzählt er zusätzlich kurz von dem Rückkehr des Basiliskos nach Konstantinopel: Ihm wurde zwar Gnade erwiesen, aber er konnte zu dieser Zeit nicht zum Thron gelangen, was die Antriebskraft aller seiner Handlungen war (bell. 3, 6, 26). In diesem Zusammenhang findet sich auch die Information, dass sich Kaiser Leo mit Aspar und Ardabur auseinandersetzte, da er sie des Komplotts verdächtigte (bell. 3, 6, 26–27).37 Beachtenswert ist die Tatsache, dass das gesamte Kapitel Prokopios bell. 3, 6 wichtige außen- und innenpolitische Probleme thematisiert. Die Expedition gegen die Vandalen ist mit den innenpolitischen Ereignissen eng verbunden. Zum einen bezieht sich die Erzählung auf die breit angelegte Offensive gegen die Vandalen, zum anderen auf den inneren Machtkampf in Konstantinopel, an dem einerseits Kaiser Leo, andererseits Aspar und Basiliskos teilnehmen, wobei vor allem Aspar als Störfaktor betrachtet wird. Die letzten beiden Sätze des Kapitels zeigen das Ergebnis dieses Kampfes: Basiliskos bedeckt sich mit Schande, Aspar wird im Palast getötet. Hier erscheint auch die Person Ardaburs, der von Prokopios zuvor nicht erwähnt worden war. An der Parallelstelle bei Theophanes wird hingegen der Tod von Aspar, Ardabur und Patricius erwähnt. All dies spricht dafür, dass Prokopios bell. 3, 6, 26–27 auf einen detaillierten Bericht zurückgeht, auf dem

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Blockley 1981, 166 Anm. 25 ist der Meinung, Prok. bell. 3, 6, 26–27 könne nicht auf Priskos zurückgehen, denn hier fehle die Person des Patricius, welchen Priskos laut Evagrios in diesem Kontext berücksichtigt habe. Prokopios kann aber Patricius völlig bewusst missachtet haben. In den von Priskos erzählten Ereignissen muss Ardabur eine gewisse Rolle gespielt haben. Vielleicht deswegen wird er auch von Prokopios erwähnt, während Patricius keine vergleichbare Bedeutung gehabt hätte. Insgesamt aber ist meines Erachtens das Fehlen des Namens des Patricius für unsere Fragestellung wenig relevant.

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auch die abgekürzte Erzählung des Theophanes beruht.38 Von besonderer Bedeutung ist hier das Zeugnis des Euagrios, der eindeutig bestätigt, dass Priskos den Basiliskos-Feldzug und den Tod von Aspar, Ardabur und Patricius detailliert darstellte (Evagr. HE 2, 16).39 Daraus lässt sich erkennen, dass Priskos seine Berichte über den Basiliskos-Feldzug und über die Ermordung Aspars verband, bzw. die Reihenfolge des Erzählten bei ihm so aussah wie bei Prokopios und Euagrios. Deswegen bin ich der Meinung, dass auch Prokopios bell. 3, 6, 26–27 auf Priskos zurückgeht.40 Eine andere Frage stellt sich nach dem Verhältnis des Priskos zu Aspar. Euagrios beantwortet sie nicht: In seinen Worten ist aber wohl eine Kritik an dem hinterlistigen Mord an Aspar zu erkennen. Dies zeugt aber weniger von einer positiven Einstellung des Priskos zu Aspar, als vielmehr von einer negativen bzw. kritischen zu Kaiser Leo. Es steht außer Frage, dass Priskos die wichtige Rolle Aspars bei der Erhebung Leos hervorhob.41 Mit Recht betont man, dass das innenpolitische Chaos zu den Hauptthemen in Priskos’ Bericht über Leos Herrschaft gehört, ähnlich wie im Fall des scharf kritisierten Theodosius II.42 Die innenpolitischen Unruhen scheinen insbesondere in dem Rivalisieren der einzelnen hohen Offiziere ihren Grund zu haben.43 Gerade derartige Probleme konnten in Priskos’ Darstellung des Basiliskos-Feldzugs behandelt werden. Wenn man annimmt, dass die Aspar-Sektion des Prokopios und des Theophanes ihren Ursprung bei Priskos hat, führt dies zu dem Schluss, dass Priskos das Scheitern der Invasion durch die innenpolischen Faktoren erklärte. Das Rivalisieren, der Kampf um Macht und Einfluss, die allzu großen Ambitionen der Feldherren und Würdenträger führen zu Vernachlässigung des Staatsinteresses, Korruption und Verrat. Die fehlende Orientierung des eigenen Verhaltens am Gemeinwohl unter den führenden Persönlichkeiten in Ostrom vereitelt jegliches Streben nach dem Wiederaufbau der alten Macht des Imperium Romanum. Gerade Basiliskos wird aus der Perspektive des 38

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Weder Blockley 1981 / 1983 noch Carolla 2008 erkennen hier die Spuren der PriskosTradition. Dies ist aber eine logische Konsequenz der Tatsache, dass sie die Aspar-Sektion von dieser Tradition trennen. Ἐκπέµπεται δὲ στρατηγὸς κατὰ Γιζερίχου Βασιλίσκος […]. Ἅπερ ἀκριβέστατα Πρίσκῳ τῷ ῥήτορι πεπόνηται· ὅπως τε δόλῳ περιελθὼν ὁ Λέων µισθὸν ὥσπερ ἀποδιδοὺς τῆς ἐς αὐτὸν προαγωγῆς ἀναιρεῖ Ἄσπαρα τὴν ἀρχὴν αὐτῷ περιθέντα, παῖδας τε αὐτοῦ Ἀρταβούριόν τε καὶ Πατρίκιον […]. Wenn Photios in seiner Zusammenfassung von Candidus’ Geschichtswerk die ursprüngliche Reihenfolge des Erzählten bewahrt, wurden der Basiliskos-Feldzug und die Ermordung Aspars von Candidus nicht in Zusammenhang gebracht: Anders als bei Priskos wäre zuerst die Ermordung Aspars und erst dann, in einem anderen Kontext, die Expedition des Basiliskos dargestellt worden. Vgl. Blockley 1981, 67. Blockley 1981, 66f. plädiert für die These, Priskos sei Kaiser Leo gegenüber eher negativ eingestellt gewesen, obwohl ein eindeutiges Urteil in dieser Hinsicht wegen der fragmentarischen Überlieferung des Werkes unmöglich sei. Blockley 1981, 67.

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Priskos zu einem Modellbeispiel dieser negativen Tendenz. Deswegen scheint die Meinung von Blockley, dass die Korruption des Basiliskos laut Priskos der einzige Grund für das Scheitern der Invasion sei, zu vereinfacht zu sein.44 Die historiographische Tradition, an welcher Prokopios, Euagrios und Theophanes festhalten, spricht für eine komplexere und tiefer greifende Einsicht in die innere Situation des oströmischen Reiches im 5. Jahrhundert, als bisher in der Forschung angenommen wurde. So kann die Bestechlichkeit des Basiliskos ein Element einer breiteren politischen Analyse gewesen sein: die individuellen, egoistischen Ambitionen und der Kampf um die Macht am Hof in Konstantinopel zwischen verschiedenen politischen Gruppen trugen zur Katastrophe im Jahr 468 bei. Zu beachten ist noch hier die Kirchengeschichte des Nikephoros Kallistos Xanthopulos aus dem 14. Jahrhundert. Es handelt sich also um einen sehr späten Text, der aber auf einer sehr frühen Tradition beruht. Es ist nicht klar, ob und in welchem Maß Nikephoros Kallistos (Nik. Kall. HE 15, 27) zur Priskos-Tradition gehört:45 Seine Darstellung des Basiliskos-Feldzugs weist Ähnlichkeiten mit denjenigen von Prokopios und Theophanes auf, es gibt aber auch deutliche Unterschiede gegenüber diesen Schriftstellern, die beweisen, dass Nik. Kall. HE 15, 27 von Prokopios und Theophanes nicht abhängig sein kann.46 Die Frage, ob er auf eine gemeinsame Urquelle zurückgriff, ist nicht leicht zu beantworten.47 Das Hauptproblem bilden die unterschiedlichen Zahlenangaben, die weder mit Prokopios und Theophanes noch mit Candidus übereinstimmen. Die Sequenz des Erzählten ist in hohem Maß parallel zu derjenigen bei Prokopios und Theopanes. Nikephoros Kallistos berechnet die Größe der oströmischen Flotte auf 1100 Schiffe, was der Wahrheit am besten zu entsprechen scheint, während Theophanes von 100 000 Schiffen spricht, und Prokopios diese Information völlig übergeht. Die Kosten der Expedition berechnet Nikephoros Kallistos nur auf 120 000 Pfund Gold (1200 centenaria).48 Die genannte Zahl der Seeleute – 7000 – scheint hingegen auf irgendeine Verbindung mit Theodoros Anagnostes (Lector) hinzuweisen.49 Anschließend spricht der mittelalterliche Kirchenhistoriker über Basiliskos und, ähnlich wie Prokopios, über dessen politische Ambitionen: Er habe nach der Kaiserherrschaft gestrebt und sich zu diesem Zwecke mit Aspar und Ardabur verständigt. Der Unterschied besteht darin, dass Prokopios Ardabur in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Ardabur wird hingegen in der Aspar-Sektion von

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Blockley 1981, 69. Abgesehen von einem unrichtigen Verweis auf Evagr. HE 2, 15 werden keine konkreten Quellen für diese Passage von Gentz / Winkelmann Berlin 1966, 153 genannt. Möglich ist jedoch, dass er die Chronik des Theophanes hier an einigen Stellen benutzte. Rubin 1954, 142 meint, dass Nikephoros hier auf Eustathios zurückgeht. Dazu Rubin 1954, 142. Rubin ist der Meinung, dass die hier genannten 1200 Goldzentenarien (gegen 1300 bei Prokopios und Theophanes) auf Schreibfehler bei den Ziffern zurückgehen dürften. Es ist auch möglich, dass Nikephoros hier das Werk des Eustathios von Epiphaneia benutzte.

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Theophanes erwähnt. Ähnlich wie Prokopios und Theophanes betont auch Nikephoros Kallistos, dass Aspar (und Ardabur) als Arianer die Kaiserwürde nicht erlangen konnte. Von besonderer Bedeutung ist der Umstand, dass Leo als ihr Kurator (κουράτωρα σφῶν) bezeichnet wird. Dieser Begriff erscheint in einem ähnlichen Zusammenhang bei Theophanes (κουράτωρα αὐτῶν) (Theoph. AM 5961).50 Anschließend stellen sowohl Theophanes als auch Nikephoros Kallistos fest, dass Leo nicht die Rolle einer Marionette in Aspars Händen habe spielen wollen. Nikephoros Kallistos erweitert dann das religiöse Thema: Aspar und Ardabur als Arianer hätten sich den Sieg ihres Glaubensgenossen Geiserich gewünscht, damit die Richtigkeit ihrer Konfession bestätigt werden konnte. Der Arianismus als Beweggrund der verräterischen Intrige Aspars wird hingegen von Theophanes lediglich vage angedeutet. So ändert sich bei Nikephoros Kallistos die Perspektive: Aspar und Ardabur schlagen Basiliskos die Vereinbarung und die Herrschaft vor. Diese Sichtweise ist typisch für Theophanes, aber nicht mehr für Prokopios. Daraufhin erzählt Nikephoros Kallistos über den Verrat des Basiliskos: Den Wunsch Aspars erfüllend, habe Basiliskos seine Flotte verraten, und es den Vandalen ermöglicht, sie zu vernichten. Die Zerstörung der Flotte wird nur kurz dargestellt, wobei der unmittelbare Angriff der Vandalen erwähnt wird, was bei Theophanes fehlt, aber von Prokopios berichtet wird. Anders als Prokopios und Theophanes werden hingegen die römischen Verluste geschätzt: Kein Schiff habe sich gerettet. In diesem Punkt lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit nur mit Malalas erkennen (Joh. Mal. 14, 44). Der abschließende Teil des Abschnitts bezieht sich auf den Tod Aspars, aber er weist keine Parallelen zu den bisher analysierten Darstellungen auf. Anders als Priskos (laut Euagrios) oder Theophanes gibt Nikephoros Kallistos an, dass Aspars Sohn Patricius überlebte.51 Damit stimmt er wohl nur mit Candidus (Candid. fr. 1 = Phot. bibl. cod. 79, 55b Bekker) überein, obwohl auch eine fehlerhafte Zusammenfassung des Werkes von Candidus an der relevanten Stelle in der Photios-Epitome in Frage kommt.52 Es liegt nahe, dass diesem letzten Abschnitt eine Quelle zugrunde liegt, die nicht mehr zur PriskosTradition, sondern zur Candidus-Tradition gehört.53 Insgesamt lässt sich also nicht eindeutig sagen, in welchem Maß Nikephoros Kallistos die Priskos-Tradition vertritt. Es gibt Parallelen sowohl zu Prokopios als auch zu Theophanes. Viel spricht hier für die Benutzung sowohl der Chronik des Eustathios von Epiphaneia als auch der Kirchengeschichte des Theodoros Anagnostes (Lector) durch Nikephoros Kallistos, möglicherweise noch bei der gleichzeitigen Benutzung des The-

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Zum curator-Amt Leos vgl. Siebigs 2010, 200 Anm. 33, 747ff. Die Quelle für diese Nachricht scheint Priskos zu sein – gegen Siebigs 2010, 200 Anm. 33. Dazu Blockley 1983 472 Anm. 5. Deswegen ist Evagrios nicht die Quelle für diese Information – gegen Gentz / Winkelmann 1966, 153. Zu diesen Ereignissen vgl. Croke 2005, 199. Theodoros Anagnostes (Lector) hat den Tod Aspars, soweit dies aus der Epitome seiner Kirchengeschichte zu entnehmen ist, wohl nicht erwähnt.

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ophanes und Prokopios.54 Klar ist dabei, dass die Kirchengeschichte des Theodoros Anagnostes (Lector) eine wichtige Rolle für die Untersuchung der verlorenen Geschichtsschreibung des 5. Jahrhunderts spielt. Meines Erachtens griff bereits Theodoros Anagnostes (Lector) auf das Geschichtswerk des Priskos oder auf dessen epitomierte Fassung (d. h. wohl auf Eustathios von Epiphaneia) zurück. Dies würde sowohl die offensichtlichen Parallelen als auch die gravierenden Unterschiede in den untersuchten Texten erklären. Es liegt nahe, dass gerade Theodoros Anagnostes (Lector) neben Eustathios von Epiphaneia einen wichtigen Vermittler zwischen Priskos und den folgenden Generationen der Historiker bildet.55 Es ist möglich, dass gerade Theodoros Anagnostes (Lector) in die ursprüngliche Priskos-Tradition die religiöse Komponente eingeführt hat. Was die priskianische Darstellung des Basiliskos-Feldzugs anbelangt, bildet die Kriegsgeschichte des Prokopios von Kaisareia ihren umfangreichsten Textzeugen: Das gesamte Kapitel Prokopios bell. 3, 6 geht aller Wahrscheinlichkeit nach direkt auf Priskos zurück, obwohl man hier von zahlreichen Kürzungen und gewissen Bearbeitungen ausgehen sollte. Deswegen meine ich, dass der ursprüngliche Bericht des Priskos aus einigen Teilen bestand: Zuerst wurden die Ursachen der Invasion dargestellt, dann die Vereinbarung Leos mit Marcellinus und die Offensive des Heraclius in Tripolitanien. Detailliert wurden die Vorbereitungen auf die Invasion geschildert. Ein integrales Element des priskianischen Diskurses bildete auch die Aspar-Sektion, in welcher die Möglichkeit der geheimen Vereinbarung zwischen Basiliskos und Aspar erörtert wurde. Dies führte zu einer dramatischen Klimax, d. h. zur Schilderung der Schlacht am Cap Bon. Dieser ganze Geschehenskomplex endete mit der Ermordung Aspars und seiner Söhne durch Leo im Jahr 471. Dies führt folglich zu dem Ergebnis, dass Priskos ein umfangreiches, facettenreiches Bild der breit angelegten militärisch-politischen Operation bot, die das Vandalenreich zu zerstören vorhatte. Ebenfalls interessant und eindrucksvoll scheint seine Darstellung der Intrigenspiele und Machtkämpfe in Konstantinopel, die teils offen, teils hinter den Kulissen stattfanden. Aus eigener Erfahrung wusste Priskos, wie wichtig derartige geheime Politik ist und wie stark sie das Geschehen beeinflussen kann. In seinem Geschichtswerk zeigte er somit, dass die große Politik nicht nur durch den Einsatz der militärischen Kräfte und durch Diplomatie, sondern auch durch Intrigen, Verschwörungen und Geheimverträge gemacht wird.

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Gentz/Winkelmann 1966, 189 sind der Meinung, dass Nikephoros die ganze Kirchengeschichte des Theodoros Anagnostes (Lector) nicht benutzt habe, aber vielleicht eine umfangreichere Epitome gekannt habe. Wenig aufschlussreich ist die Überlieferung des Zonaras. Er stellt nur fest, dass es die Alternativversionen gibt: die einen Historiker erklären die Niederlage der Invasion durch das schwache Kommando des Basiliskos, die anderen durch seine Bestechlichkeit (Zon. 14, 1, 24–25).

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Aus Priskos’ Perspektive führte somit die Interaktion verschiedener politischer und militärischer Faktoren endgültig zur Katastrophe des Jahres 468. BIBLIOGRAPHIE Berndt, G., 2007, Konflikt und Anpassung. Studien zu Migration und Ethnogenese der Vandalen, Husum. Blockley, R. C., 1981, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, Liverpool. Blockley, R. C., 1983, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire, Bd. 2: Text, Translation and Historiographical Notes, Liverpool. Blockley, R. C., 1992, East Roman Foreign Policy. Formation and Conduct from Diocletian to Anastasius, Leeds. Brodka, D., 2009, Pragmatismus und Klassizismus im historischen Diskurs des Priskos von Panion, in: Goltz, A. u. a. (Hgg.), Jenseits der Grenzen. Beiträge zur spätantiken und frühmittelalterlichen Geschichtsschreibung, Berlin / New York, 11–24. Carolla, P. (Hg.), 2008, Priscus Panita. Excerpta et fragmenta, Berlin. Castritius, H., 2007, Die Vandalen, Stuttgart. Courtois, Ch., 1955, Les Vandales et l’Afrique, Paris. Croke, B., 2005, Dynasty and Ethnicity: Emperor Leo I and the Eclipse of Aspar, Chiron 35, 147– 203. Gentz, G. / Winkelmann F., 1966, Die Kirchengeschichte des Nicephorus Callistus Xanthopulus und ihre Quellen, Berlin. Hansen, G. H. (Hg.), 1971, Theodoros Anagnostes, Kirchengeschichte, Berlin. Heather, P., 2006, Upadek cesarstwa rzymskiego, Poznań. Henning, D., 1999, Periclitans res publica. Kaisertum und die Eliten in der Krise des Weströmischen Reiches 454/493 n. Chr., Stuttgart. Kulikowski, M., 2002, Marcellinus of Dalmatia and the Dissolution of the fifth century Empire, Byzantion 72, 177–191. MacGeorge, P., 2002¸ Late Roman Warlords, Oxford. Mango, C. / Scott, R. (Hgg.), 1997, The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford. Merrills, A. H. / Miles, R., 2010, The Vandals, Oxford. Müller, C. (Hg.), 1851, Fragmenta Historicorum Graecorum, Bd. 4, Paris. Rubin, B., 1954, Prokopios von Kaisareia, Stuttgart. Siebigs, G., 2010, Kaiser Leo I. Das oströmische Reich in den ersten drei Jahren seiner Regierung (457–460 n. Chr.), Berlin. Strzelczyk, J., 1992, Wandalowie i ich afrykańskie państwo, Warschau. Williams, St. / Friell, G., 1999, The Rome that did not fall. The Survival of the East in the Fifth Century, London / New York. Wolfram, H., 1994, Das Reich und die Germanen. Zwischen Antike und Mittelalter, Berlin.

MALCHOS VON PHILADELPHEIA, DIE VANDALEN UND DAS ENDE DES KAISERTUMS IM WESTEN Hans-Ulrich Wiemer* 1. DAS WERK UND SEIN GEGENSTAND Das Geschichtswerk des Sophisten Malchos1 behandelte die Geschichte des römischen Reiches von der Herrschaft Constantins des Großen bis zu Kaiser Anastasios, so heißt es in dem Artikel, der diesem Autor in der „Suda“ gewidmet ist.2 Die Vermutung liegt nahe, dass diese Informationen direkt oder indirekt auf das literaturgeschichtliche Werk des jüngeren Zeitgenossen Hesychios von Milet zurückgehen.3 Die erhaltenen wörtlichen Zitate – sie stammen allesamt aus der konstan-

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Ich danke den Teilnehmern am Düsseldorfer Kolloquium, insbesondere Hartmut Leppin und Markus Stein, für die konstruktive Diskussion des Vortrags, aus dem dieser Aufsatz hervorgegangen ist, Bruno Bleckmann, Wolfram Brandes und Roland Steinacher für bibliographische Hinweise sowie Raphael Jakob und Agnes Luk für die gründliche Korrektur des Manuskripts. Meinem gräzistischen Kollegen Stephan Schröder schließlich bin ich für Denkanstöße und Präzisierungen in den Übersetzungen zu großem Dank verpflichtet. Malchos wird in diesem Aufsatz nach der maßgeblichen Ausgabe von Lia Raffaella Cresci zitiert: Cresci 1982. Auf dieser Ausgabe fußt auch der Text der im Anhang übersetzten Testimonien und Fragmente des Malchos (unten Teil V), auch wenn ich den Text an wenigen Stellen anders herstelle. Da Crescis Zählung der Fragmente mit derjenigen Karl Müllers in den „Fragmenta Historicorum Graecorum“ (Müller 1868, 111–133) und Ludwig Dindorfs in den „Historici Graeci Minores“ (Dindorf 1870, 383–424) übereinstimmt, erübrigen sich Verweise auf diese Editionen. Roger C. Blockley (1981) hat zunächst ebenfalls auf Müllers Zählung verwiesen, in seiner Ausgabe der Texte dann aber eine neue Zählung eingeführt (Blockley 1983, 402–473), was die Benutzung einer Konkordanz erforderlich macht. Die Abkürzungen ELR und ELG verweisen auf die „Excerpta de legationibus Romanorum“ und auf die „Excerpta de legationibus gentium ad Romanos“ (ed. C. de Boor, 2 Bde., Berlin 1903–1905). Alle Zitate, bei denen der Name des Autors nicht genannt ist, beziehen sich auf Malchos. Suda Μ 120 s. v. Μάλχος = T 1: Μάλχος, Βυζάντιος, σοφιστής. ἔγραψεν ἱστορίαν ἀπὸ τῆς βασιλείας Κωνσταντίνου καὶ ἕως ᾿Αναστασίου· ἐν ᾗ τὰ κατὰ Ζήνωνα καὶ Βασιλίσκον καὶ τὸν ἐµπρησµὸν τῆς δηµοσίας βιβλιοθήκης καὶ τῶν ἀγαλµάτων τοῦ Αὐγουσταίου καὶ ἄλλα τινὰ διεξέρχεται µάλα σεµνῶς καὶ τραγῳδίας δίκην ἀποθρηνῶν αὐτά. Über diesen Autor vgl. jetzt Kaldellis 2005. Laut Suda Η 611 s. v. Ἡσύχιος verfasste er einen Ὀνοµατολόγος ἢ Πίναξ τῶν ἐν παιδείᾳ ὀνοµαστῶν unter Ausschluss kirchlicher Autoren. Dass die Suda dennoch zahlreiche Artikel über kirchliche Autoren enthält, wird seit Wentzel 1895 und Wentzel 1898 meist damit erklärt, dass das Werk im 9. Jahrhundert mit der griechischen Übersetzung der viri inlustres des Hieronymus und einigen Ergänzungen zu einer „Epi-

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tinischen Enzyklopädie – beziehen sich jedoch ohne Ausnahme auf den kurzen Zeitraum, der zwischen dem 17. und letzten Regierungsjahr des oströmischen Kaisers Leon, 473/474, und der Ermordung des letzten weströmischen Kaisers Nepos im Frühjahr 480 beschlossen liegt.4 Der Teil des Werks, der sich auf die mehr als 100 Jahre zuvor bezog, ist offenbar früh verloren gegangen; bereits Photios las eine Ausgabe des Malchos, die in sieben Büchern eben diese sieben Jahre behandelte, und auch die Exzerptoren Konstantins VII. arbeiteten mit diesen sieben Büchern. Photios fand jedoch im Text selbst Indizien dafür, dass es sich um eine unvollständige Ausgabe handelte: Wie der Anfang habe erkennen lassen, dass der Autor andere Bücher verfasst habe, die den sieben Büchern vorhergegangen seien, so habe das Ende darauf hingedeutet, dass er beabsichtigt habe, sein Werk über das Jahr 480 hinaus fortzuführen. Dass Malchos diese Absicht nicht ausgeführt habe, erklärte sich Photios – ob zu Recht oder zu Unrecht, kann hier auf sich beruhen – mit dem vorzeitigen Tod des Autors.5 Zufällige Umstände sind also dafür verantwortlich, dass Malchos für uns nur noch als Darsteller eines sehr kurzen Zeitraums einigermaßen deutlich erkennbar ist, eben der Jahre 473–480. Diese sieben Jahre freilich hatten es in sich. Allein die Vorgänge in der Hauptstadt waren an Dramatik kaum zu übertreffen.6 Mehrere Kaiser starben, andere wurden hingerichtet oder abgesetzt; zeitweise herrschte offener Bürgerkrieg. Die Unglücksserie begann mit dem Tod Kaiser Leons am 18.

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tome“ verarbeitet worden sei; so etwa von Henry 1959, XXIII; Treadgold 1980, 31–32, 52– 66; Kaldellis 2005, 385–389. Schamp 1987, 53–68 bestreitet indessen die Existenz dieser „Epitome“, rechnet mit direkter Benutzung des Hesychios und betont die Vielfalt biographischer Quellen, die Photios zur Verfügung gestanden hätten. Eine plausible Alternative zu Hesychios lässt sich freilich mit unseren Mitteln nicht namhaft machen. Nach Photios, bibl. cod. 78 (54a Bekker) = T 2, Z. 3–22 waren der Aufstand des Markianos gegen Zenon, die Einnahme von Epidamnos durch Theoderich und der Tod des Nepos die zeitlich letzten Ereignisse, die Malchos im siebten Buch erwähnte. Phot. bibl. cod. 78 (54b Bekker) = T 2, Z. 26–31: Οὗτοι οἱ ζ’ τῆς ἱστορίας λόγοι καὶ προηγουµένους ὑποφαίνουσι αὐτῷ λόγους ἄλλους διαπεπονῆσθαι· καὶ ἡ ἀπαρχὴ δὲ τῶν ἑπτὰ τοῦ πρώτου λόγου τοῦτο παραδηλοῖ· οὐ µὴν ἀλλὰ καὶ ἑποµένους, εἰ τὸ ζῆν προσῆν τῷ συγγραφεῖ, ὡς τοῦ ἑβδόµου λόγου τὸ πέρας ἐνδείκνυσι. Schamp 1987, 413–417 meint allerdings, Photios resümiere hier eine Ankündigung des Malchos, der erklärt habe, seine Darstellung der Jahre 474–480 sei nur eine Vorarbeit für ein viel umfangreicheres Werk, das früher einsetzen und später aufhören werde. Der Suda-Artikel beziehe sich daher nicht auf die von Photios referierten „Byzantiaka“, sondern auf dieses wesentlich umfangreichere Werk, das sonst keinerlei Spuren hinterlassen habe. Diese Deutung passt indessen schlecht zum Wortlaut des Textes und lässt unerklärt, wie Photios zu der Ansicht gelangte, dass den sieben Büchern, die ihm vorlagen, andere vorhergegangen seien: Ein Geschichtsschreiber mag eine Fortsetzung seines Werks ankündigen; dass er zugleich ankündigt, bei derselben Gelegenheit auch die Vorgeschichte nachzuliefern, ist schwer zu glauben. Näher liegt die Annahme, dass Photios Verweise auf Teile des Werkes las, die in seinem Exemplar fehlten. Da ich im Folgenden bekannte und unbestrittene Tatsachen referiere, begnüge ich mich mit dem Verweis auf deren Darstellung in Ernst Steins „Histoire du Bas-Empire“ (Stein 1949, 7– 76; Stein 1959, 360–400) und Lippold 1972.

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Januar 474. Ihm folgte zunächst sein gleichnamiger Enkel, ein Knabe von sieben Jahren, der aus der Ehe zwischen Leons Tochter Ariadne und dem Heermeister Zenon hervorgegangen war. Die tatsächliche Herrschaft lag von Anfang an bei Zenon, der am 9. Februar zum Mitkaiser erhoben wurde und seit dem frühen Tod seines Sohnes im November 474 auch nominell allein herrschte. Nur kurze Zeit später musste Zenon jedoch aus der Hauptstadt in seine Isaurische Heimat fliehen, nachdem der hochrangige Senator Basiliskos, der Bruder der Kaiserwitwe Verina, sich gegen ihn erhoben hatte. Basiliskos wurde am 10. Januar 475 zum Kaiser gekrönt und konnte sich gut anderthalb Jahre behaupten. Seine Herrschaft endete, als die Heermeister Illus und Harmatius, die eigentlich den Auftrag hatten, Zenon niederzuwerfen, die Seiten wechselten. Sie führten Zenon Ende 476 nach Konstantinopel zurück, und Basiliskos wurde getötet. Zenon belohnte seine Retter gebührend; Harmatius’ Sohn Basiliskos wurde sogar als Caesar an der Herrschaft beteiligt. Auch dieses Arrangement war nur von kurzer Dauer, denn schon im folgenden Jahr wurde Harmatius hingerichtet, sein Sohn abgesetzt und zum Priester ordiniert.7 Nur zwei Jahre später, 479, wäre es um Haaresbreite erneut zu einem Herrscherwechsel gekommen, als sich in der Hauptstadt Marcianus, der Sohn des einstmaligen weströmischen Kaisers Anthemius, gegen Zenon erhob. Wiederum hatte Zenon seine Rettung wohl vor allem Illus zu verdanken, der ihm in höchster Not zu Hilfe geeilt war.8 Freilich sollte das Einverständnis zwischen dem Kaiser und seinem Isaurischen Heermeister danach nicht mehr lange anhalten: Nach einem Anschlag, für den Verina verantwortlich gemacht wurde, kehrte Illus dem Kaiserhof den Rücken und ließ sich als Befehlshaber der Orientarmee nach Antiocheia versetzen.9 Malchos hat diese verwickelten Ereignisse detailliert beschrieben und mindestens bis zum Anschlag auf Illus und die darauf folgende Verbannung der Verina verfolgt.10 Die auf diese Ereignisse zu beziehenden Fragmente lassen noch erkennen, dass er um eine effektvolle Darstellung des wechselvollen Geschehens bemüht war, indem er es dramatisierte und personalisierte; mit moralischen Urteilen wurde dabei nicht gespart. Malchos schilderte Basiliskos als habgierigen Tyrannen, der selbst von Bischöfen und Handwerkern Geld eintrieb,11 Harmatius als einen überheblichen Gecken, der mit Zenonis, der Gemahlin des Basiliskos, Ehebruch beging. Sensationsgierige Leser kamen dabei auf ihre Kosten: Die Symptome erotischer Leidenschaft des Harmatius für Zenonis wurden eingehend beschrieben, seine Ermordung erschien als gerechte Strafe für seine Missetaten, die unter allgemeinem Beifall vollzogen worden sei.12 Dem flüchtigen Kaiser Zenon

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Stein 1959, 361–364; Lippold 1972, 157–165. Stein 1949, 15–16; Lippold 1972, 175–178. Stein 1949, 18–20; Lippold 1972, 179–180. Phot. bibl. cod. 78 (54a–b Bekker) = T 2, Z. 15–21. Basiliskos: fr. 7 = Suda Β 164 s. v. Βασιλίσκος. Harmatius: fr. 8 = Suda Α 3970 s. v. Ἁρµάτος.

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legte Malchos den Gedanken in den Mund, der Mensch sei ein bloßes Spielzeug in den Händen Gottes.13 Malchos hat sich indessen keineswegs darauf beschränkt, die Ereignisse in Konstantinopel zu schildern, sondern ist auch auf die beiden gotischen Kriegergruppen eingegangen, die zu dieser Zeit auf dem Balkan agierten.14 Das war unvermeidlich, denn ihre Anführer versuchten beide, vom Kaiser eine rechtliche Anerkennung und materielle Absicherung ihrer Stellung zu erlangen, und verliehen ihren Forderungen immer wieder gewaltsam Nachdruck; sie verwüsteten erhebliche Teile der Diözesen Thracia, Dacia und Macedonia, und mindestens einmal erschien Theoderich Strabon auch vor den Mauern der Hauptstadt selbst.15 Malchos hat die Konkurrenz zwischen den beiden Theoderichen mit großem Interesse verfolgt, den Tod des Anführers der thrakischen Goten aber wohl nicht mehr beschrieben, wenn sein Werk tatsächlich mit dem Jahre 480 abbrach.16 Die Geschichte der Jahre 473 bis 480 war also prall gefüllt mit Ereignissen von höchster Dramatik, die sich in Konstantinopel und seinem europäischen Vorfeld abspielten. Dass ein Geschichtsschreiber, der in Konstantinopel wirkte, sie in den Mittelpunkt seiner Darstellung stellte, ist keine Überraschung. Von den Beziehungen zu Persien hingegen ist in den Resten, die von Malchos’ Geschichtswerk erhalten geblieben sind, nur einmal die Rede, anlässlich des Übertritts des arabischen Scheichs Amorcesus aus persischen in römische Dienste. Dieser Befund ist aber deswegen schwerlich signifikant, weil es an der Ostgrenze des Reiches in den Jahren 473–480, soweit wir wissen, nicht zu Konflikten gekommen ist, die gewaltsam ausgetragen wurden.17 Welche Rolle aber spielte der „Westen“ in Malchos’ Darstellung? Wie stand er zum Vandalenreich in Nordafrika, wie zu dem auf Italien zusammengeschrumpften Rest des Westreiches? Diese Gebiete waren ja noch einmal in den Fokus der oströmischen Politik gerückt, als Kaiser Leon 467 Anthemius als Kaiser für das Westreich mit Truppen und Geld nach Italien schickte und im Jahr darauf eine Armada ins westliche Mittelmeer sandte, die das Vandalenreich zer-

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Fr. 8b = ELR 5; fr. 9, Z. 1–10. Damit habe ich mich an anderer Stelle ausführlich beschäftigt: Wiemer 2009, 25–60. Dort ist auch die ältere Literatur zu Malchos aufgeführt. Malchos fr. 19 = ELR 2; Joh. Ant. fr. 211, 3–4 Müller = fr. 303, Z. 48 Roberto. Das bedrohliche Szenario sollte sich in den 480er Jahren noch zwei Mal wiederholen: Marc. com. s.a. 481, § 1; Jord. Rom. 346; Eustathius fr. 3 = Evagr. HE 3, 25; Theoph. AM 5970, 126, Z. 10–19 de Boor; Joh. Ant. fr. 211, § 5 Müller = fr. 303, Z. 76–91 Roberto (Theoderich Strabon, 481); Joh. Ant. 214, 8–9 Müller = fr. 306, Z. 65–70 Roberto; Marc. com. s.a. 487; Prok. BG 1, 1, 9; Joh. Mal. 15, 9, 383 Dindorf; Theoph. AM 5977, 131, Z. 9–12 de Boor (Theoderich der Große, 486). Der Tod des Theoderich Strabon wird durch Marc. com. s.a. 481 und Theoph. AM 5970 auf 481 datiert. Fr. 1 = ELG 1. Malchos erwähnt in diesem Zusammenhang selbst den 422 geschlossenen, „hundertjährigen“ Frieden. Vgl. dazu Stein 1959, 279–281; Blockley 1991, 59–86.

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schlagen sollte, was freilich zu einer katastrophalen Niederlage führte.18 Aber selbst nachdem Anthemius 472 ein böses Ende genommen hatte, gab Leon Italien nicht verloren, auch wenn ihm die Mittel fehlten, um noch einmal einen Kaiser für das Westreich mit Ressourcen des Ostreiches auszustatten. Immerhin aber unterstützte er Iulius Nepos, der in Dalmatien über eine eigene Machtbasis verfügte, zumindest dadurch, dass er ihn als Heermeister einsetzte und durch Heirat in die kaiserliche Familie aufnahm. Leons Nachfolger Zenon hat darum Nepos als Westkaiser anerkannt, als dieser im Juni 474 Glycerius stürzte und selbst an dessen Stelle trat. Nepos hat den Anspruch, der einzige legitime Kaiser des Westreiches zu sein, bekanntlich bis zu seinem Tode im Jahre 480 erhoben, obwohl er schon 475 aus Italien nach Dalmatien flüchten musste. Der hübsche Knabe Romulus, der am 31. Oktober 475 von seinem Vater Orestes zum Kaiser erhoben wurde, war für Nepos keineswegs der „letzte weströmische Kaiser“, sondern bloß ein Usurpator wie so viele andere vor ihm. Als Romulus im September 476 durch Odovakar abgesetzt wurde, gab es in seinen Augen einen Usurpator weniger.19 Die moderne Forschung kann sich freilich nicht damit begnügen, Herrscher als legitim oder illegitim zu klassifizieren. Aus der Rückschau ist leicht zu erkennen, dass in den Jahren 473–480 Entscheidungen fielen, deren Wirkung lange anhalten sollte. Nach 476 sollte eben niemals mehr ein römischer Kaiser in Italien regieren, ob nun legitim oder nicht. Und seit 480 gab es überhaupt keinen Kaiser im Westen mehr. Zudem hatte Nepos schon 475 in einem Vertrag mit dem westgotischen König Eurich auf den größten Teil Galliens verzichtet, indem er die Rhône als Grenze anerkannte.20 Aber auch das Verhältnis des Imperium Romanum zu den Vandalen wurde in diesem Zeitraum auf eine neue Grundlage gestellt, da Zenon einen immerwährenden Nichtangriffspakt mit König Geiserich abschloss, der für zwei volle Generationen Bestand hatte. Geiserich stellte den Kaperkrieg gegen das Ostreich ein, und Zenon verzichtete im Gegenzug auf alle Bestrebungen, Nordafrika zurückzuerobern.21 Damit begann wohl im Jahre 474 eine Friedensperiode, die bis 533 andauerte.

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Vgl. dazu etwa Stein 1959, 359–360; Kaegi 1968, 43–45; Blockley 1991, 75–76; Henning 1999, 237–238; Heather 2006, 399–407; Merrills / Miles 2010, 121–123. Das historiographische Echo dieser Niederlage im Osten war stark: Die Zeitgenossen Priscus, von dem Prokop (BV 1, 6, 1–2 + 5–25), Evagrios (HE 2, 16), Jordanes (Rom. 337) und Theophanes (AM 5961 + 5963) abhängen, und Candidus (fr. 1 = Phot. bibl. cod. 79 [5a Bekker] + fr. 2 = Suda Χ 245 s. v. Χειρίζω) haben ausführlich darüber berichtet. Johannes der Lyder datierte später den Niedergang des Reiches vom Scheitern der Vandalenexpedition: mag. 3, 43–44. Ennod. VEpif. 95; 100–101; Cass. Chron. s.a. 476; Auct. Havn. ordo prior s.a. 476, § 2 (MGH AA IX 445); Auct. Havn. ordo post. s.a. 476, § 2 (ebd.); Malchos fr. 13 = ELG 5; Marc. com. s.a. 476, § 2; Prok. BG 1, 1, 1–8; Jord. Rom. 345; Get. 242; Anon. Val. 2, 37. Vgl. dazu etwa Stroheker 1937, 75–83; Stein 1959, 395–396; Henning 1999, 306–311. Vgl. dazu unten Teil II. Zudem scheint Geiserich Odovakar schon bald nach 476 Sizilien abgetreten zu haben: Vict. Vit. 1, 14: Quarum unam illarum, id est Siciliam, Oduacro Italiae

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Malchos, der sein Geschichtswerk nach 491 verfasst haben muss, da er beabsichtigte, es bis zum Regierungsantritt des Anastasios zu führen, besaß genügend Abstand, um die Wirkungen, die von den Ereignissen der Jahre 473–480 auf die Geschichte des Mittelmeerraums ausgingen, einigermaßen beurteilen zu können. Die Frage ist jedoch, ob er auch über das geistige Rüstzeug verfügte, das es ihm erlaubt hätte, sie im Rahmen längerfristiger Prozesse zu deuten. Ja es ist nicht einmal sicher, wieviel Aufmerksamkeit er ihnen geschenkt hat. Photios notierte sich im Anschluss an sein Referat der Ereignisse im Ostreich, Malchos sei „im Rahmen dieser Schilderung auch auf die Ereignisse in Rom eingegangen“ und habe den Tod des Nepos zum Ende des siebten Buchs gemacht.22 Da Photios anschließend ausführt, Nepos habe die Herrschaft übernommen, indem er Glycerius habe absetzen und zum Bischof weihen lassen, schließlich aber sei er von diesem getötet worden, darf man wohl annehmen, dass Malchos den Tod des Nepos zum Anlass genommen hat, auf dessen Leben zurückzublicken.23 Das kann, muss aber nicht im Rahmen eines Exkurses erfolgt sein, der die Geschichte des Westreichs insgesamt zum Gegenstand hatte. Sicher scheint lediglich, dass Malchos „die Angelegenheiten in Rom“ weniger ausführlich behandelt hat als die Geschichte des Ostreichs. Weiter sollte man jedoch nicht gehen, denn argumenta e silentio sind bei Exzerpten besonders gefährlich: Während Photios mit keinem Wort erwähnt, dass Malchos auf die Beziehungen des Reiches zu den Vandalen eingegangen ist, haben sich in den konstantinischen Exzerptensammlungen zwei Auszüge erhalten, die den Austausch von Gesandten zwischen den beiden Mächten schildern. Um diese beiden Auszüge wird es im folgenden Abschnitt gehen. 2. MALCHOS UND DIE VANDALEN Der erste der beiden Auszüge handelt von einer römischen Gesandtschaft, die in Karthago mit „dem Vandalen“, gemeint ist König Geiserich, Frieden schließen soll. Dem Text zufolge unternahm Geiserich, als er erfuhr, dass eine römische Gesandtschaft zu ihm unterwegs sei, rasch noch einmal eine Kaperfahrt und eroberte dabei Nikopolis (in der Provinz Epirus vetus). Dem römischen Gesandten, der ihm deswegen Vorwürfe macht, erklärt er dann, dass damals noch Krieg ge-

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regi postmodum tributario iure concessit; ex qua eis Oduacar singulis quibusque temporibus ut dominis tributa dependit, aliquam tamen sibi reservantibus partem. Phot. bibl. cod. 78 (54a Bekker) = T 2, Z. 21–26: ταῦτα διεξιών διέξεισι καὶ τὰ ἐπὶ ῾Ρώµης καὶ τέλος τοῦ ἑβδόµου λόγου ποιεῖται τὸν Νέπωτος θάνατον, ὃς ἐκβαλὼν τῆς ἀρχῆς Γλυκέριον τήν τε Ῥωµαικὴν ἰσχὺν περιεβάλετο, καὶ εἰς σχῆµα κείρας κληρικοῦ ἀντὶ βασιλέως ἀρχιερέα κατέστησεν ὑφ’ οὗ καὶ ἐπιβουλευθεὶς ἀνῄρηται. Leider lässt sich kaum entscheiden, ob ταῦτα διεξιών auf alle vorher erzählten Ereignisse zu beziehen ist oder nur auf die zuletzt genannten. So Errington 1983, 89 Anm. 14. Unbegründet ist hingegen die Annahme, Malchos habe das ganze siebte Buch der Geschichte des Nepos gewidmet (so Zecchini 1993, 68).

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herrscht habe; jetzt aber sei er bereit, den Frieden anzunehmen. Tatsächlich erscheint Geiserich durch die Begegnung mit dem römischen Gesandten, einem Senator namens Severus, der von Zenon vor Antritt der Reise kurzerhand zum patricius ernannt worden war,24 wie verwandelt: Der König habe Severus’ maßvolle Lebensweise bewundert und seine Rede bestaunt und sei durch den Gerechtigkeitssinn des Römers so sehr beeindruckt gewesen, dass er bereit gewesen sei, alles zu tun, was dieser vorschlug. Was das konkret bedeutet, erfahren wir aus dem Exzerpt trotz seiner Länge leider nicht, denn es ist ganz und gar dem Lob des Severus gewidmet. Malchos schreibt ihm in eigenem Namen die Kardinaltugenden Mäßigung (σοφροσύνη) und Gerechtigkeitssinn (δικαιοσύνη) zu, und die ganze Erzählung ist darauf angelegt, diese Urteile zu bestätigen. Darum wird ausführlich geschildert, dass Severus die üblichen Geschenke für Gesandte abgelehnt und stattdessen darum gebeten habe, dass Geiserich „die Gefangenen“ freigebe. Und als Geiserich Severus erklärt, dass er ihm zwar die Gefangenen geben könne, die ihm selbst und seinen Söhnen bei der Beuteteilung durch Los zuteil geworden seien, nicht aber diejenigen, die in den Besitz der „Masse“ (πλῆθος) übergegangen seien,25 da lässt Severus nicht bloß alle Gefangenen frei, die er von Geiserich selbst erhalten hat, sondern veräußert seine gesamte Habe, um mit dem Erlös möglichst viele der übrigen Gefangenen freikaufen zu können. Auch wenn nicht ganz klar ist, ob Malchos mit dieser Geschichte eher die Gerechtigkeit oder die Mäßigung des Severus demonstrieren möchte, liegt auf der Hand, dass er sie deswegen erzählt, weil er Severus’ Verhalten als vorbildlich betrachtet. Dieser Bericht ist so sehr auf Severus ausgerichtet, dass man die historische Bedeutung der Verhandlungen, die er in Zenons Auftrag mit Geiserich führte, ohne die Hilfe anderer Zeugnisse kaum ermessen könnte. Tatsächlich bezieht sich Malchos’ Bericht nämlich auf einen der bedeutendsten Verträge, die jemals zwischen dem Imperium Romanum und dem Königreich der Vandalen geschlossen wurden.26 Bei Victor von Vita lesen wir, dass Zenon Geiserich durch den patricius Severus gebeten habe, die Kirche von Karthago wieder zu öffnen und ihren Klerikern die Rückkehr aus dem Exil zu gestatten, was dann auch geschehen sei.27 Und in Prokops Bericht über die Vandalenkriege Justinians heißt es, Geiserich

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Vgl. Mathisen 1986, 39. Fr. 3 = ELR 3: οὓς µὲν ἐγὼ, ἔφησεν, σὺν τοῖς ἐµοῖς υἱέσι τῶν αἰχµαλώτων ἀπέλαχον, τούτους σοι πάντας ἀφίηµι· ἣν δὲ τὸ πλῆθος αὐτῶν κατενείµατο µοῖραν, τούτους σοι µὲν ἐξέσται παρ’ ἑκόντων, εἰ βούλει, πρίασθαι τῶν ἐχόντων, αὐτὸς δ’ ἂν οὐ δυναίµην οὐκ ἐθέλοντας ταῦτα τοὺς εἰληφότας βιάσασθαι. Das Verbum ἀπολαγχάνειν meint sensu stricto die Teilung durch Los, doch könnte es auch im abgeschwächten Sinn gebraucht sein. Grundlegend ist Modéran 2002, 88–97, bes. 93; vgl. auch Schmidt ²1942, 92f.; Stein 1959, 362; Courtois 1955, 204; Ausbüttel 1991, 16–17; Merrills / Miles 2010, 123. Vict. Vit. 1, 51: Post haec Geisericus ecclesiam Carthaginis claudi praecepit, dissipatis atque dispersis per diversa exiliorum loca, quia episcopus non fuerat, presbyteris et ministris. Quae vix reserata est Zenone principe supplicante per patricium Severum, et sic universi ab exilio redierunt.

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habe das ganze römische Reich geplündert und ausgeraubt, bis Kaiser Zenon mit ihm einen unbefristeten Vertrag geschlossen habe, der beide Seiten verpflichtet habe, feindselige Handlungen gegen die andere zu unterlassen, und dieser Vertrag sei bis zu Kaiser Justinus auch eingehalten worden.28 Da sich alle drei Autoren offenkundig auf dieselben Verhandlungen beziehen, erhebt sich die Frage, wie die Unterschiede gegenüber Malchos erklärbar sind. Weil wir es eben mit einem Exzerpt zu tun haben, kann es auf sie keine sichere Antwort geben. Möglicherweise wurden die Vertragsbestimmungen einfach nicht mit exzerpiert. Einer solchen Kürzung könnten auch die religionspolitischen Stipulationen zum Opfer gefallen sein, die nur bei Victor von Vita erwähnt werden. Ebenfalls möglich ist freilich, dass Malchos diesen Teil der Mission des Severus nicht für berichtenswert hielt, weil er für die Situation der nordafrikanischen Kirchen nur wenig Interesse aufbrachte. Ausschließen kann man dagegen wohl die Annahme, Malchos sei über den Vertrag nur unzureichend unterrichtet gewesen, denn er verfügte offenkundig über Informationen, die er von Severus selbst oder Personen aus dessen Umgebung erhalten hatte. Die aufschlussreiche Mitteilung über die Modalitäten der Beuteteilung bei vandalischen Kriegszügen darf darum als gut beglaubigt gelten und sollte in der modernen Historiographie einen Platz neben der bekannten Erzählung Gregors von Tours über die Beuteteilung bei den Franken erhalten.29 Die Ausbeute, die sich aus diesem Fragment für die Kenntnis des Geschichtsschreibers Malchos gewinnen lässt, beschränkt sich aber nicht auf die Erkenntnis, dass Vorsicht geboten ist, wenn man historische und/oder historiographische Schlussfolgerungen aus fragmentarischen Texten ziehen möchte. Vielmehr bestätigt das Fragment die Vermutung, dass Malchos das historische Geschehen in hohem Maße personalisierte. Damit soll nicht nur gesagt sein, dass der Fokus auf einzelne Personen gerichtet ist. Vielmehr geht es um die Neigung, deren Handeln nicht aus einer rationalen Kalkulation von Chancen und Interessen, sondern im Sinne antiker Popularpsychologie aus fixen und stereotypen Verhaltensdispositionen, ihrem „Charakter“ also, abzuleiten: Zenon schickt eine Gesandtschaft, weil er unkriegerisch ist. Gewiss beginnt das Exzerpt mit der Feststellung, dass Zenon von allen Seiten durch Chaos bedrängt worden sei; das liest sich wie eine kom-

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Prok. BV 1, 7, 26: Γιζέριχος δὲ τότε ἀπάτῃ τε περιελθὼν καὶ κατὰ κράτος ἐξελάσας, ὡς πρόσθεν εἴρηται, τοὺς πολεµίους, οὐδέν τι ἧσσον, εἰ µὴ καὶ µᾶλλον, ἦγέ τε τὰ ῾Ρωµαίων καὶ ἔφερε ξύµπαντα, ἕως αὐτῷ βασιλεὺς Ζήνων ἐς ὁµολογίαν ἀφίκετο σπονδαί τε αὐτοῖς ἀπέραντοι ξυνετέθησαν, µήτε Βανδίλους πολέµιόν τι ἐς τὸν πάντα αἰῶνα Ῥωµαίους ἐργάσασθαι µήτε αὐτοῖς πρὸς ἐκείνων ξυµβῆναι. ταύτας τε τὰς σπονδὰς Ζήνων τε αὐτὸς διεσώσατο καὶ ὃς µετ’ ἐκεῖνον τὴν βασιλείαν παρέλαβεν Ἀναστάσιος. διέµειναν δὲ καὶ ἐς Ἰουστῖνον αὐτοκράτορα. Greg. Tur. Hist. 2, 27. Zur Beuteteilung bei den Kriegszügen der Vandalen vgl. auch Vict. Vit. 1, 25: individuelle Anteile, Trennung der Gefangenen nach Geschlecht und Alter. Beute bei den Burgunden: Ennod. VEpif 170. Für die Goten vgl. Berndt 2011, 121–147.

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primierte Zusammenfassung des Kontexts, dem das Fragment entstammt.30 Die Annahme, Malchos habe an anderer Stelle selbst darauf hingewiesen, dass das Reich zu dieser Zeit von Hunnen und Sarazenen bedrängt wurde, ist daher naheliegend;31 als Motiv für die Verhandlungen mit Geiserich war für ihn jedoch die Feigheit des Kaisers entscheidend, ein Charakterzug, den er auch an anderen Stellen tadelt.32 Severus dagegen ist gerecht und maßvoll, darum schenkt er so vielen Gefangenen wie möglich die Freiheit, ohne sich um seinen materiellen Vorteil zu kümmern. So lobte man damals Gesandte des Kaisers.33 Geiserich wiederum ist ein Barbar, einerseits skrupellos und gerissen, andererseits leicht zu beeindrucken, darum flößen ihm Gerechtigkeit und Mäßigung staunende Bewunderung ein. Dieses Charakterbild entsprach den Stereotypen, die griechisch-römische Autoren seit vielen Jahrhunderten zur Beschreibung der „Anderen“ verwandten.34 In welches Jahr fällt die Gesandtschaft, von der Malchos berichtet? Auszugehen ist von der Tatsache, dass die im Auftrage Konstantins VII. tätigen Exzerptoren die Texte von vorne nach hinten durcharbeiteten. Aus diesem Grund entspricht die Reihenfolge, in welcher die Auszüge aus einem bestimmten Werk innerhalb der einzelnen Abteilungen der konstantinischen Enzyklopädie stehen, mit sehr wenigen Ausnahmen derjenigen, in welcher sie im exzerpierten Text aufeinander folgten.35 Wenn es sich bei dem exzerpierten Werk um eine streng chronologisch gegliederte Erzählung handelt, darf von der Reihenfolge der Exzerpte innerhalb einer Sammlung auf die relative Chronologie der Ereignisse geschlossen werden. Tatsächlich findet sich in den Malchos-Fragmenten, die durch die konstantinische Enzyklopädie überliefert sind, nicht selten ein Verweis auf ein be-

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Fr. 3 = ELR 3: πολλῆς πανταθόθεν ταραχῆς ἐφεστώσης; vgl. fr. 1 = ELG 1: πάντων παντα χόθεν τεταράχθαι δοκούντων. Evagr. HE 3, 2; Theoph. AM 5966. Richtig beobachtet von Baldwin 1977, 103; vgl. fr. 16 = ELG 6, Z. 49–50: ἐπεὶ δὲ εἰς τὴν αὐτοῦ φερόµενος ὁ Ζήνων ἀνεχώρησε φύσιν καὶ ὑπὸ τῆς συµφύτου ἀπεσβέσθη δειλίας. Gillett 2003, 159f. weist mit Recht darauf hin, dass Malchos’ Bericht in auffälliger Weise der Schilderung gleicht, die Ennodius vom Auftreten des Epiphanius am Hof des Burgunderkönigs Gundobad gibt: VEpif 170. Ähnlich überschwänglich rühmen auch Eunapios (V.S. 6, 5, 1–10) die Überredungskunst des Philosophen Eustathius (PLRE I Eustathius 1), der 358 als Gesandter erfolglos mit dem Perserkönig verhandelte, oder Libanios diejenige seines Neffen Spectatus (PLRE I Spectatus 1), der an derselben Gesandtschaft teilnahm: Ep. 331; vgl. Ep. 333. Den besten Überblick zum Barbarendiskurs der Spätantike vermitteln Opelt / Speyer 1967; vgl. auch Vogt 1967; Ladner 1976 sowie speziell zum 4. Jahrhundert Chauvot 1998. Zur Barbarentopik in Ostrom s. Lechner 1954, bes. 73–114; Lechner 1955. Gezeigt von Croke 1983, 297f.; Errington 1983, 83f. Zur Entstehung und Anlage der Enzyklopädie vgl. Wachsmuth 1895, 70–77; Büttner-Wobst 1906; Schreiner 1987. Die Handschriften sind spät: Moravcsik ²1958, 482–483; Cresci 1982, 49–56.

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stimmtes Jahr.36 Nun hat das Exzerpt, in welchem von der Gesandtschaft des Severus die Rede ist, in den Handschriften, welche die Sammlung von Berichten über römische Gesandtschaften enthalten, in einer Serie von insgesamt neun Exzerpten die dritte Stelle inne. Bereits Karl Müller hat jedoch aus guten Gründen angenommen, dass die ersten beiden Malchos-Exzerpte in den Handschriften nicht dort stehen, wo sie hingehören, nämlich ans Ende der Serie.37 Unser Fragment war demnach der erste für das Thema „Römische Gesandtschaften“ einschlägige Text, auf welchen die Exzerptoren bei Malchos stießen. Da innerhalb der Sammlung ein Exzerpt folgt, das von Ereignissen handelt, die auf 474 datiert sind, ergibt sich unter der oben genannten Voraussetzung der Schluss, dass die Gesandtschaft des Severus ebenfalls in die Zeit vor der Flucht Zenons aus Konstantinopel im Januar 475 gehört,38 zumal auf unser Exzerpt ein kurzer Auszug aus einer direkten Rede folgt, die sich wahrscheinlich auf das Exil Zenons bezieht.39 Falls unser Fragment freilich aus einem Kontext stammt, der thematisch und eben nicht streng chronologisch strukturiert war, verlieren die angestellten Überlegungen ihre Gültigkeit, und die Datierung der Gesandtschaft muss auf anderem Wege geleistet werden. Da sowohl Victor als auch Prokopios im Anschluss an den Vertragsschluss vom Tod des Geiserich berichten,40 kann man unter dieser Voraussetzung erwägen, ob die Gesandtschaft des Severus nicht in die Monate nach der Rückkehr Zenons aus dem Exil fällt. Dann ergibt sich eine Datierung in den Herbst 476.41 Die Existenz eines Vandalen-Exkurses ist freilich ein Postulat, das selbst zu beweisen ist. Das zweite, auf die Vandalen bezügliche Malchos-Fragment stammt aus der Sammlung barbarischer Gesandtschaften an die Römer und steht dort in einer Se-

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„Datierende“ Einleitungsformeln: fr. 1 = ELG 1 (ἐν τῷ ἑπτακαιδεκάτῳ ἔτει τῆς βασιλείας Λέοντος τοῦ Μακέλλη), fr. 11 = ELG 4 (ἐν τῷ ἑξῆς ἔτει ἐπὶ Ζήνωνος), fr. 13 = ELG 5 (τῷ αὐτῷ ἔτει), fr. 14 = ELR 7 (ἐν τῷ αὐτῷ χρόνῳ), fr. 19 = ELR 2 (ἐπὶ Ζήνωνος βασιλέως). Müllers Anordnung der Fragmente wird von Blockley 1984 mit Recht verteidigt. Dass fr. 18 = ELR 1 durch einen Überlieferungszufall ans Ende der Serie geraten ist, wird auch von Errington 1983, 84f. zugegeben. Fr. 4 = ELR 4. Der Heermeister Heraclius wurde nach Joh. Ant. fr. 302 = 210 Müller getötet, bevor sich Basiliskos gegen Zenon erhob. Errington 1983, 89 betrachtet diese Angabe als fehlerhaft, weil fr. 4 = ELR 4 in seiner Rekonstruktion nach fr. 19 = ELR 2 zu stehen kommt, das auf 479 datiert ist. Fr. 8b = ELR 5. Errington 1983, 89 mit Anm. 16 bezweifelt, dass sich das Fragment auf Zenon bezieht, und meint, es könne sich ebenso gut „um Markianos oder irgendeinen anderen prominenten Exilierten handeln“. Fr. 10 = ELG 3 zeigt jedoch, dass Malchos die Wechselhaftigkeit des Schicksals gerade an der Verbannung Zenons illustrierte. Prok. BV 1, 7, 26–29; Vict. Vit. 1, 51–2, 1. So Errington 1983, 88 mit Anm. 12; Lounghis / Blysidu / Lampsakes 2005, 51 Nr. 16. Terminus ante quem ist der Tod Geiserichs am 24. oder 25. Januar 477: Laterculus regum Vandalorum (MGH AA XIII 458), § 3; Vict. Vit. 1, 51; Vict. Tonn. s.a. 464; Prok. BV 1, 7, 29–30 mit Courtois 1955, 395.

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rie von sechs Exzerpten an vorletzter Stelle.42 Dieses Fragment handelt von einer Gesandtschaft König Hunerichs an Zenon, die auf ihrem Weg von Karthago nach Konstantinopel von einem Mann namens Alexander begleitet wurde, der zuvor als Gesandter Zenons nach Nordafrika geschickt worden war. Auch bei diesem Fragment ist die Datierung der geschilderten Ereignisse untrennbar mit der Frage verknüpft, wie das Geschichtswerk des Malchos aufgebaut war, denn nur bei einer streng chronologischen Erzählung darf vorausgesetzt werden, dass die Reihenfolge der Exzerpte innerhalb einer Sammlung der Chronologie der Ereignisse entspricht. Unter dieser Voraussetzung kommen für die Ankunft der Gesandten Hunerichs in Konstantinopel allein die Jahre 477 oder 478 in Betracht: Das fragliche Exzerpt steht nämlich zwischen einem Auszug, der von einer Gesandtschaft des Theoderich Strabon an Zenon handelt, die in der Forschung meist auf 477 datiert wird,43 und einem anderen, der auf den Nichtangriffspakt zwischen den beiden Theoderichen Bezug nimmt und wohl ins Jahr 478 gehören dürfte.44 Tatsächlich hat sich Lia Raffaella Cresci in ihrer Ausgabe für die Annahme ausgesprochen, dass die Gesandten Hunerichs noch vor Ende des Jahres 477 in Konstantinopel eintrafen, freilich ohne das Jahr 478 auszuschließen. Sie hat dabei jedoch übersehen, dass die Gesandtschaft des Alexander nach Karthago in der Forschung ganz überwiegend auf die Jahre 480 oder 481 datiert wird, was die Entsendung einer Gegengesandtschaft Hunerichs vor dem Jahre 480 ausschließt. Grundlage dafür ist eine Angabe des Victor von Vita, der berichtet, die Kirche von Karthago habe an einem 18. Juni im Beisein unseres Alexanders einen Mann namens Eugenius zum Bischof gewählt, nachdem sie „dieser Zierde“ (tali ornamento) für 24 Jahre beraubt gewesen sei.45 Da der Tod des Amtsvorgängers Deogratias in die Zeit zwischen dem 24. Oktober 456 und dem 24. Oktober 457 fallen muss,46 folgert man, dass Alexander am 18. Juni des Jahres 480 oder 481 in Kar-

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Fr. 13 = ELG 5. Fr. 11 = ELG 4. Zur Datierung Cresci 1982, 197f. Fr. 16 = ELG 6. Cresci 1982, 218f. datiert mit der Mehrheit der Forschung auf 478, doch ist 479 nicht ganz ausgeschlossen. Am Ende des Fragments steht in den Handschriften der Zusatz τέλος τῆς ἱστορίας Μάλχου. Fr. 16 = ELG 6 knüpft inhaltlich an fr. 15 = ELR 8 an, wo von einem Abkommen zwischen Zenon und Theoderich dem Großen die Rede ist. Vict. Vit. 2, 2–3: Dedit autem licentiam (sc. Hunericus), Zenone imperatore atque Placidia relicta Olybrii rogantibus, ut Carthaginiensis ecclesia sibi quem vellet episcopum ordinasset, quae iam per viginti quattuor annos tali ornamento fuerat destituta. Mittit ergo nunc ad ecclesiam Alexandrum inlustrem huiusmodi legationem ferentem ut praesentia eius catholicus populus dignum sibi peteret sacerdotem, destinans quoque per notarium suum, nomine Vitarit, edictum quod publice legeretur hunc continens modum. Die continuatio Reichenauiensis der Chronik des Prosper Tiro (MGH AA IX 490) datiert die Ordination des Deogratias auf den 25. Oktober 454 (von Courtois 1954, 58 Anm. 284 auf den 24. Oktober korrigiert, weil der 25. Oktober 454 ein Montag war). Nach Vict. Vit. 1, 27 dauerte sein Episkopat drei Jahre. Dem Kalender der karthagischen Kirche zufolge wurde er wie sein Nachfolger Eugenius an einem 5. Januar beigesetzt: Kal. Carth., PL 13, 1228. Für letzte-

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thago gewesen sein müsse. Tatsächlich wird diese Schlussfolgerung in den prosopographischen und chronologischen Handbüchern zur Spätantike ebenso wie in den kommentierten Ausgaben der „Historia persecutionis Africanae provinciae“ als gesichertes Wissen dargeboten.47 Die vandalische Gesandtschaft an Zenon könnte demnach frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 480 in Konstantinopel eingetroffen sein. Diese Datierung wiederum hätte Rückwirkungen auf unsere Vorstellung vom Aufbau des Geschichtswerks des Malchos. Denn wenn das fragliche Fragment tatsächlich von Ereignissen handelte, die sich 480 oder 481 abgespielt haben, dann könnte es nicht Teil einer annalistisch gegliederten Erzählung sein, und das, obwohl das Fragment mit dem Verweis auf ein bestimmtes Jahr beginnt. Vielmehr wäre davon auszugehen, dass Malchos die römischvandalischen Beziehungen im thematischen Zusammenhang behandelt hat, wie er ja auch die Geschichte des Nepos zusammenhängend darstellte. Damit würde sich die Vermutung Malcolm Erringtons bestätigen, dass es bei Malchos eine Art Vandalen-Exkurs gegeben habe.48 Man könnte dann versucht sein, diesem Exkurs auch das Exzerpt über die Gesandtschaft des Severus zuzuweisen. Die Prämisse, die dieser Kombination zugrunde liegt, ist jedoch durchaus problematisch. Am Ende des Malchos-Exzerpts heißt es nämlich, dass Zenon die Gesandten Hunerichs freundlich empfangen, Alexander aber zum comes rerum privatarum ernannt habe. Nun hat die Neuedition eines seit langem bekannten Edikts der orientalischen Präfektur jedoch ergeben, dass Alexander dieses Amt bereits am 1. August 480 ausgeübt hat.49 Dieses Edikt wurde nämlich auf die Beschwerde eines gewissen Theodulus hin erlassen, die dieser im Auftrag Alexanders und eines Johannes vorgebracht habe.50 Da Alexander als comes rerum priva-

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ren wird das Tagdatum durch das „Martyrologium Hieronymianum“ (edd. G. B. de Rossi, L. Duchesne, ASS Nov. II, 1, Brüssel 1894) bestätigt. So Courtois 1954, 54 Anm. 231 („480 ou 481“); Maier 1973, 303; PLRE II Alexander 12; PCBE I Eugenius 2 („480 ou 481“); Lounghis u. a. 2005, 66 Nr. 89; Lancel 2002, 295 Anm. 119 („480, avec les habitudes du comput antique“); Vössing 2011, 167f. Anm. 118 (480/481). Errington 1983, 88f. SEG 44, 909, übersetzt und eingehend kommentiert von Feissel 1994, 275–297; auch in: Feissel 2010, 444–476. Tag und Monat sind in der subscriptio genannt. Das Jahr ergibt sich daraus, dass der Präfekt, der das Edikt erlassen hat – Fl. Illus Pusaeus Dionysius –, im Jahre 480 als Verschwörer gegen Zenon hingerichtet wurde: Joh. Ant. fr. 211, § 4 Müller = fr. 303, Z. 70–72 Roberto. Die Amtszeit des Dionysius war sehr kurz, denn noch am 1. Mai 480 ist sein Vorgänger im Amt bezeugt (PLRE II Sebastianus 5); sein Nachfolger (PLRE II Aelianus 4) hatte das Amt am 28. Dezember desselben Jahres bereits angetreten. SEG 44, 909, Z. 2–4: Θεόδουλος τὸν λόγον ποιο[ύ]µενος ὑπὲρ Ἀλεξανδρου τοῦ µεγα̣[λ]οπρ(επεστάτου) κόµ(ητος) τῶν θίων πριουάτων, γενικοῦ κουράτορος τῶν προσ̣[ηκόν]των | πραγµάτων Πλακιδίᾳ τῇ ἐπιφανεστάτῃ καὶ Ἰωάννου τοῦ λαµπρ(οτάτου) φροντίζοντος καὶ αὐτοῦ πραγµάτων τὴς αὐτ̣[ῆ]ς | ἐπιφανεστάτης οἰκίας. Es ging um Verstöße gegen bestehende Regeln für die Quittierung gezahlter Steuern, die der Präfekt erneut einschärfte, indem er anordnete, ein diesbezügliches Edikt eines Amtsvorgängers in der gesamten Präfektur zu publizieren.

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tarum und zugleich als curator der nobilissima domus der Placidia beschrieben wird, steht die Identität der Personen außer Frage. Das Jahr 481 kommt daher als Datum für die Gesandtschaft des Alexander nicht mehr in Frage. Aber auch eine Datierung ins Jahr 480 muss jetzt als sehr unwahrscheinlich gelten. Gewiss ist es nicht geradezu unmöglich, dass Alexander bereits Ende Juli 480 in Konstantinopel seines Amtes waltete, obwohl er sich noch am 18. Juni dieses Jahres in Karthago aufgehalten hatte.51 Mehr als seine Unterschrift war vermutlich nicht erforderlich, um in seinem Namen eine Beschwerde beim Präfekten – die von einem Advokaten vorgebracht wurde – einzureichen, und diese Unterschrift mag eine seiner ersten Amtshandlungen gewesen sein. Aber die Reise von Nordafrika an den Bosporos wäre in der zur Verfügung stehenden Zeit – kaum mehr als vier Wochen – nur bei außerordentlich günstigen Windverhältnissen möglich gewesen. Die Annahme, das Bistum Karthago sei nach einer 24jährigen Vakanz neu besetzt worden, kann daher schwerlich zutreffen. Roland Delmaire hat aus diesem Grund vorgeschlagen, die Gesandtschaft des Alexander auf das Jahr 478 oder 479 zu datieren.52 Für das frühere Datum führt er an, dass der 18. Juni in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel.53 Nun ist die Annahme, die Wahl des Eugenius habe an einem Sonntag stattgefunden, gewiss nicht zwingend, zumal der Termin doch wohl von Hunerich festgelegt worden war.54 Die Möglichkeit, dass die Wahl des Eugenius zum Bischof von Karthago auf den 18. Juni 479 fiel, kann daher keinesfalls ausgeschlossen werden.55 Wenn die Datierung auf 479 richtig wäre, ließe sich der Bericht über die Gesandtschaft Hunerichs in einem annalistischen Schema nur schwer unterbringen, weil die Rückkehr Alexanders dann im Herbst 479 stattgefunden hätte. Da diese Datierung indessen nur eine von zwei gleichermaßen plausiblen Möglichkeiten ist, lässt sich die Existenz des postulierten Exkurses auf diese Weise weder beweisen noch widerlegen.

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Angaben über Reisegeschwindigkeiten im Mittelmeer macht Casson 1971, 281–290; vgl. auch Claude 1985, 58–66; McCormick 2001, 481–500. Delmaire 1987, 85–89; Delmaire 1989, 227–230; akzeptiert von Feissel 1994, 282f. (= 460f.); Modéran 2002, 93. Delmaire 1987, 89. Als Erklärung für die 24 Jahre bei Victor schlägt Delmaire vor, dieser habe nicht die Dauer der Sedisvakanz, sondern den Abstand zur letzten Wahl seines Bischofs im Oktober 454 auf 24 Jahre beziffern wollen. Diese Deutung verträgt sich jedoch schlecht mit dem Wortlaut des Textes, dessen Aussage, die Kirche Karthagos sei für 24 Jahre einer „solchen Zierde“ (tali ornamento) beraubt gewesen, natürlich auf den unmittelbar zuvor genannten Bischof und nicht auf den Akt der Wahl oder Ordination zu beziehen ist. Eine Verwechslung scheint mir wahrscheinlicher. Wenn Victor nicht begonnene, sondern vollendete Jahre zählte, passt die Zahl auch auf den Juni 479. Der Wahl des Bischofs ging die Verlesung eines königlichen Edikts voraus: Vict. Vit. 2, 3–5. Wenn die Zeitbestimmung πάλαι tatsächlich zu ἐτύγχανε πεµφθείς gehörte, wie die Übersetzer annehmen, dürfte man schließen, dass Alexanders Aufenthalt in Karthago ungewöhnlich lange gedauert hat. Tatsächlich sprechen jedoch sowohl die Bedeutung des Adverbs („seit langem“, nicht „vor langer Zeit“) als auch die Wortstellung dafür, die Zeitbestimmung auf das Partizip συνθελούσης zu beziehen; vgl. unten Teil V.

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Weiter führt hingegen ein Blick auf die Überlieferung der Fragmente, denn er zeigt, dass der Bericht über die Gesandtschaft Hunerichs auch dann, wenn er das annalistische Schema tatsächlich durchbrochen haben sollte, schwerlich demselben narrativen Kontext entstammt wie derjenige über die Gesandtschaft des Severus: Während nämlich der Bericht über die Gesandtschaft des Severus an den Anfang einer Serie von neun Exzerpten gehört, ist derjenige über die Gesandtschaft Hunerichs als letzter in einer Serie von fünf Exzerpten überliefert. Diese Diskrepanz verträgt sich schlecht mit der Vermutung, die Exzerptoren hätten beide Texte ein und demselben Buch entnommen, und spricht daher gegen die Annahme, Malchos habe sich mit den Vandalen im Rahmen eines ausführlichen Exkurses beschäftigt. Wenden wir uns nun dem Inhalt des Fragments zu. Der Text spricht von Gesandten, die Geiserichs Sohn und Nachfolger Hunerich nach Konstantinopel geschickt hatte. Wie sie hießen, verrät uns Malchos nicht. Sein Interesse gilt dem besagten Alexander, der als Verwalter (ἐπίτροπος) für die Ehefrau des ehemaligen Westkaisers Anicius Olybrius, die jüngere Placidia, eingeführt wird.56 Von Alexander berichtet Malchos, dass er von Zenon nach Karthago geschickt worden sei, was auch dem Wunsch der Placidia entsprochen habe, und nun die Gesandten Hunerichs eskortiert habe. Diese Gesandtschaft wird von Malchos als bekannt vorausgesetzt. Malchos referiert in indirekter Rede ausführlich, was die Gesandten im Namen Hunerichs vorgetragen hätten: Der vandalische König habe beteuert, ein Freund des Kaisers und der Römer zu sein, und erklärt, alle Vorwürfe fallen zu lassen, die er und sein Vater früher erhoben hätten. Worum es dabei ging, wird nur kurz angedeutet: einerseits um Einkünfte und Vermögenswerte, die Leon Hunerichs verstorbener Gattin Eudocia genommen habe,57 andererseits um Güter, die zu Beginn des römisch-vandalischen Krieges bei „vandalischen“ Händlern beschlagnahmt worden waren. Malchos verlässt sich auch hier darauf, dass seine Leser diese Andeutungen zu verstehen imstande sind. Indem er Hunerich versichern lässt, er wolle Frieden haben und sei daher entschlossen, „den Vertrag und die bereits getroffenen Vereinbarungen“ einzuhalten, verweist er anscheinend zurück auf die Darstellung, die er vorher selbst vom Zustandekommen und Inhalt

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Alexander war also für die Domänen zuständig, die Placidia als Apanage zugewiesen waren und als eigener Güterkomplex (domus) innerhalb der res privata verwaltet wurden: Feissel 1994, 282–285 (= 460–463) sowie allgemein Delmaire 1989, 223–228; Brandes 2002, 32–48. PLRE II Eudocia 1. Eudocia war 455 mit ihrer Mutter Licinia Eudoxia und ihrer Schwester Placidia von Geiserich aus Rom nach Nordafrika entführt worden, wo sie mit Hunerich vermählt wurde. Nach Theoph. AM 5964 und Zon. 13, 25, 29–30 blieb sie 16 Jahre in Nordafrika, dann ging sie nach Jerusalem, starb dort aber nach wenigen Tagen. Eudocias Tod lag folglich schon einige Jahre zurück, als Hunerich Ansprüche auf ihr Vermögen erhob. Priskos von Panion hat über das Schicksal der kaiserlichen Frauen eingehend berichtet: fr. 24 Müller = fr. 31 Blockley = ELR 7; fr. 29 Müller = fr. 38 Blockley = ELR 10. Wenn Joh. Ant. fr. 204 Müller = fr. 296 Roberto aus Priskos geschöpft ist, dann hat Priskos auch berichtet, dass bereits Geiserich das Vermögen der Eudocia für seinen Sohn beansprucht hatte.

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dieses Vertrages gegeben hatte. Dann gibt er ausführlich, erst in indirekter, dann in direkter Rede,58 die Begründung wieder, die Hunerichs Gesandte für den Friedenswillen ihres Königs angeführt hätten. Weil er, Hunerich, erfahren habe, in wie hohen Ehren Zenon die Frau des Olybrius halte, sei er bereit, alles zu tun, was der Kaiser wolle. Wiederum setzt Malchos voraus, dass seine Leser über die Hintergründe im Bilde sind: Die Ehefrau des Olybrius war die Schwester von Hunerichs verstorbener Gattin Eudocia, die zur Zeit der Gesandtschaft als nobilissima femina in Konstantinopel lebte.59 Für uns wird die Bedeutung, die Placidia in Malchos’ Erzählung hat, indessen erst dann voll verständlich, wenn wir Victor von Vita zum Vergleich heranziehen. Aus seinem Bericht geht hervor, dass Alexander Hunerich im Namen von Zenon und Placidia gebeten hatte, der katholischen Kirche Karthagos die Wiederbesetzung des Bistums von Karthago zu gestatten, das damals seit 24 Jahren verwaist gewesen sei. Hunerich hatte diese Bitte gewährt, aber nur unter der Bedingung, dass Zenon seinerseits den „Arianern“ in seinem Herrschaftsbereich die freie Ausübung ihrer Religion gestatte. Alexander muss darauf eingegangen sein, auch wenn Victor dies nicht ausdrücklich sagt, denn er war persönlich anwesend, als an jenem 18. Juni in Karthago ein entsprechendes Edikt Hunerichs verlesen wurde, bevor man zur Wahl eines neuen Bischofs schritt. Zwar habe man eingewandt, unter den von Hunerich diktierten Bedingungen wolle man lieber ohne Bischof bleiben, berichtet Victor, Alexander aber habe diesen Protest ignoriert, und als sich dann das Volk lautstark für die Wahl eines Bischofs ausgesprochen habe, sei schließlich ein Mann namens Eugenius gewählt worden.60 Auch in diesem Fall also sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass ein gar nicht einmal kurzes Exzerpt aus dem Geschichtswerk des Malchos einen in seiner

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Der Wechsel von der indirekten in die direkte Rede, bei Malchos häufig, ist weder von Cresci noch von Blockley bemerkt worden; vgl. unten Teil V. PLRE II Placidia 1. Die jüngere Placidia war schon um 461 mit ihrer Mutter Licinia Eudoxia von Geiserich freigelassen und nach Konstantinopel geschickt worden. Nobilissima femina: Coll. Avell. 62; Vict. Vit. 2, 3; IGC 240. Papst Simplicius ließ ihr im Oktober 478 durch den vir spectabilis et comes Petrus einen an Kaiser Zenon adressierten Brief zustellen: Coll. Avell. 62. Vict. Vit. 2, 2–3 (zitiert oben in Anm. 45). Darauf folgt im Wortlaut das in Karthago verlesene Edikt Hunerichs (§ 3–4): Iussit vobis domnus dici: quia imperator Zenon et nobilissima Placidia per Alexandrum virum inlustrem scripserunt petentes ut ecclesia Carthaginis religionis vestrae proprium episcopum habeat, hoc fieri praecepit atque eis rescripsit vel legatis ab eis directis dici iussit ut, sicut petierunt, vobis episcopum quem volueritis ordinetis, sub eo ut nostrae religionis episcopi qui apud Constantinopolim sunt et per alias provincias Orientis ex eius praecepto liberum arbitrium habeant in ecclesiis suis quibus voluerint linguis populo tractare et legem Christianam colere, quemadmodum vos hic vel in aliis ecclesiis quae in provinciis Africae constitutae sunt liberum arbitrium habetis in ecclesiis vestris missas agere vel tractare, et quae legis vestrae sunt quemadmodum vultis facere. Nam, si hoc circa eos non fuerit observatum, tam episcopus qui ordinatus fuerit vel clerici, sed et alii episcopi cum clericis suis qui in Africanis provinciis sunt iubentur inter Mauros mitti.

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Einseitigkeit geradezu irreführenden Bericht über die diplomatischen Beziehungen zwischen den Vandalen und dem Kaiser bietet. Denn es ist kaum zu bezweifeln, dass die Gesandten Hunerichs sich keineswegs mit allem einverstanden erklärten, was Zenon forderte, wie das Malchos-Fragment suggeriert. Der König war ja auf die Forderung, die Wahl eines neuen Bischofs von Karthago zu gestatten, nur unter der Bedingung eingegangen, dass Zenon seinerseits den „Arianern“ in seinem Herrschaftsbereich die freie Ausübung ihrer Religion gestatte. Wie brisant diese Forderung in Konstantinopel wirken musste, lehrt das Beispiel des Papstes Johannes, der zwei Generationen später von Theoderich mit einem ganz ähnlichen Auftrag zum Kaiser geschickt wurde.61 Im Übrigen war das Entgegen kommen Hunerichs gegenüber den „Katholiken“ auch nur von kurzer Dauer.62 Natürlich ist auch beim zweiten Vandalen-Fragment des Malchos nicht auszuschließen, dass seine Ausführungen über die religionspolitische Dimension einer Gesandtschaft den Exzerptoren zum Opfer gefallen sind. Gegen diese Annahme scheint mir jedoch schwer ins Gewicht zu fallen, dass der exzerpierte Bericht klare Merkmale der Abgeschlossenheit trägt: Malchos kommentiert die Rede der Gesandten in eigenem Namen, berichtet dann weiter, dass Zenon die Gesandten freundlich aufgenommen und reich beschenkt habe, und fügt schließlich auch noch hinzu, dass Alexander anschließend zum comes rerum privatarum ernannt worden sei. Für das Thema „Duldung von Ketzern“ ist hier kein Platz zu finden. Wenn diese Überlegungen das Richtige treffen, fassen wir hier ein recht klares Beispiel dafür, dass Malchos die religiöse Dimension politischer Konflikte nicht oder jedenfalls nicht immer angemessen berücksichtigt hat, sei es, dass er sie unterschätzte, sei es, dass er sie bewusst herunterspielte. Auch seine Neigung zur Personalisierung im eingangs erläuterten Sinn wird an diesem Beispiel wieder sehr deutlich. Malchos erklärt den in Wahrheit ja bereits von Geiserich eingeleiteten Wandel der vandalischen Politik gegenüber dem Kaiser durch die zunehmende Verweichlichung der Herrscher, welche nach dessen Tod um sich gegriffen habe: Geiserich werden Tatkraft und schnelles Handeln bescheinigt, seine Nachfolger dagegen sind furchtsam und vernachlässigen die Kriegsrüstungen; daher streben sie nach Frieden.63 Nun haben sich die vandalischen Eroberer tatsächlich rasch den Lebensstil spätrömischer Senatoren zu eigen gemacht, und Prokop hat die Niederlage gegen Belisar später auf den aus maßlosem Luxus resultierenden Mangel an Ausdauer und Abhärtung zurückgeführt.64 Malchos jedoch analysiert nicht die Akkulturation einer kriegerischen Elite an ihre demilitarisierte Umwelt, sondern leitet einen Politikwechsel unmittelbar aus dem Charakter der Herrschen-

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Vgl. dazu etwa Löwe 1953; Ensslin 1951. Zur Christenverfolgung des Hunerich vgl. Schmidt ²1942, 102–108; Courtois 1955, 293–299; Modéran 2003; Merrills / Miles 2010, 184–192. Auch Prok. BV 1, 8, 1–4 erwähnt kurz, dass Hunerich keine Kriege geführt habe, außer gegen die Mauren, legt den Akzent aber auf die Verfolgung der „katholischen“ Christen. Prok. BV 2, 6, 4–14.

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den ab, dessen Bestimmung seinerseits durch die konventionelle Barbarentopik geprägt ist. Immerhin verdient sein moralisierendes Räsonnement auch aus historischer Sicht insofern Beachtung, als es zeigt, dass Zenons Entgegenkommen gegenüber den Vandalen nicht überall auf Zustimmung stieß. Der Schock über die verheerende Niederlage von 468 saß offenbar keineswegs bei allen so tief, wie man nach Prokops berühmter Schilderung des Kronrats, in welchem 533 der Beschluss zum Angriff auf Gelimer gefasst wurde,65 glauben könnte. Malchos gehörte als Sophist zu den Oberschichten Konstantinopels und scheint Senatoren wie Adamantius und Severus persönlich gekannt zu haben;66 er wird mit seiner Meinung daher wohl nicht alleine gestanden haben. 3. MALCHOS, ODOVAKAR UND ZENON Während Photios mit keinem Wort erwähnt, dass Malchos die Beziehungen des Reiches zu den Vandalen überhaupt thematisiert hat, stellt er ausdrücklich fest, dass der Geschichtsschreiber in seinem Werk auch „die Ereignisse in Rom“ schilderte. Dabei ging er bis auf das Jahr 474 zurück, in welchem Glycerius durch Nepos abgesetzt wurde. Als Abschluss für diesen Exkurs, der am Ende des siebten Buchs stand, wählte er den Tod des Nepos im Jahre 480. Das Fragment, das nun als drittes und letztes besprochen werden soll, handelt von der berühmten Gesandtschaft des römischen Senats, die Zenon im Auftrag Odovakars mitteilte, man brauche in Italien hinfort keinen eigenen Kaiser mehr. Da man den Volksnamen „Römer“ (Ῥωµαῖοι) in Konstantinopel freilich seit langem für sich beanspruchte, steht auch dieses Fragment in der Sammlung von Gesandtschaften an die Römer, wo es die dritte Stelle einnimmt. Ein narrativer Zusammenhang mit dem NeposExkurs ist daher sehr unwahrscheinlich: Wenn die Exzerptoren unser Fragment dem siebten Buch entnommen hätten, müsste es am Ende der Serie von insgesamt neun Exzerpten stehen. Durch seinen Inhalt ist es auf die Zeit nach der Rückkehr Zenons in die Hauptstadt datiert; die geschilderten Ereignisse dürften in den Herbst 476 oder das Frühjahr 477 gehören.67 Das Fragment fehlt in keiner modernen Darstellung, die dem Ende des Kaisertums im Westen gewidmet ist, und wird oft mehr oder weniger wörtlich paraphrasiert. Ich möchte den Text an dieser Stelle 65 66

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Prok. BV 1, 10. Obwohl Malchos berichtet, Alexander habe das Amt eines comes rei privatae, das seinem Inhaber den Rang eines illustris einbrachte, erst nach der Rückkehr aus Karthago erhalten, schreibt Victor von Vita 2, 3 ihm diesen Rang bereits für die Zeit des Aufenthalts in Nordafrika zu. Diese Schwierigkeit lässt sich indessen durch die Annahme beheben, dass Alexander den Rang schon vor dem Aufbruch erhalten hatte, das Amt hingegen erst nach der Rückkehr. Ganz ähnlich hatte Zenon auch den Rang des Severus erhöht, indem er ihn zum patricius ernannte, bevor er ihn als Gesandten zu Geiserich schickte: fr. 3 = ELR 3. Fr. 10 = ELG 3. Zur Datierung vgl. Stein 1949, 47 Anm. 1. Fr. 11 = ELG 4 beginnt mit der Wendung ἐν τῷ ἑξῆς ἔτει.

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freilich rein historiographisch betrachten, was auch deswegen angebracht erscheint, weil in der Forschung zwischen dem, was man für historisch plausibel hält, und dem, was Malchos sagt, nicht immer hinreichend unterschieden wird.68 Das Exzerpt beginnt abrupt mit der Aussage, Augustus, der Sohn des Orestes, habe den Senat gezwungen, eine Gesandtschaft an Zenon zu schicken, um diesem mitzuteilen, „dass sie“ – so heißt es wörtlich – „einer eigenen Kaiserherrschaft nicht bedürften, vielmehr ein gemeinsamer Herrscher für beide Teile genüge“. Diese Aussage ist nur unter der Voraussetzung verständlich, dass Malchos vorher dargestellt hat, wie Odovakar erst Orestes besiegt und dann Romulus zur Abdankung bewogen hatte. Malchos referiert dann den Auftrag der Gesandten: Sie sollten im Namen des Senats erklären, man habe Odovakar wegen seiner politischen und militärischen Tatkraft als Beschützer nominiert und bitte nun darum, dass der Kaiser ihm die Würde eines patricius verleihe und zugleich die Verwaltung Italiens anvertraue. Diese Gesandtschaft traf nach Malchos in Konstantinopel auf eine zweite, die von Iulius Nepos ausgesandt worden war; sie habe darum gebeten, dass Zenon Nepos für die Rückkehr nach Italien Truppen und Geld zur Verfügung stelle. Von dieser Gesandtschaft ist im Folgenden dann jedoch nicht mehr die Rede. Vielmehr erzählt Malchos ohne jede Erläuterung, dass Zenon zunächst „den Leuten aus dem Senat“ (τοῖς µὲν ἀπὸ τῆς βουλῆς) und dann „den Leuten des Barbaren“ (τοῖς δὲ ἐκ τοῦ βαρβάρου) geantwortet habe. Er hat demnach vorher berichtet, welche Personen dieser Gesandtschaft, die im Namen des Romulus aus Rom nach Konstantinopel reiste, angehörten. Zenons Antworten werden in indirekter Rede referiert, weswegen das Prädikat der Hauptsätze stets entweder im obliquen Optativ erscheint oder als Infinitiv; ob es sich um Feststellungen oder Aufforderungen handelt, muss daher aus dem Kontext erschlossen werden. Die Antwort an „die Leute aus dem Senat“ beginnt mit einer verklausulierten Aufforderung: Solange es noch einen Kaiser gebe, erklärte Zenon, werde er keinen anderen Vorschlag machen, als Nepos bei der Rückkehr aufzunehmen. Die implizite Bitte, Nepos als abgesetzt zu betrachten, war damit abgelehnt. Die Antwort an „die Leute des Barbaren“ bedarf einer näheren Betrachtung, denn die für den Sinn entscheidenden Verbformen sind in der maßgeblichen Handschrift fehlerhaft überliefert. Barthold Georg Niebuhr hat daher in dem durch ὅτι eingeleiteten Objektsatz einen Optativ des Futurs (πράξοι) und in der folgenden Infinitivkonstruktion einen Infinitiv derselben Zeitstufe (ἐκπέµψειν) hergestellt. Dieser Textfassung sind alle späteren Herausgeber bis hin zu Cresci gefolgt.69 Gegen den

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Auf die durch Wes 1967 ausgelöste Debatte über die Genese des Epochendatums 476 in der antiken Historiographie ist hier nicht einzugehen; vgl. dazu etwa Momigliano 1973, 5–21; auch in: Momigliano 1980, 159–179; Demougeot 1978; Markus 1982; Croke 1983; Zecchini 1993; Goltz 2007. Im codex Ambrosianus N 135 sup. aus dem Jahr 1574, von dem alle Handschriften der Excerpta de legationibus gentium abhängen, stehen die ungrammatischen Formen πράξοιε und ἐκπέµψαν. Vgl. auch unten Teil V.

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Infinitiv des Futurs spricht an dieser Stelle jedoch, dass die Aussage ohne Zweifel einen irrealen Sinn besitzt, weil das Prädikat im bedingenden Nebensatz (ἐπεφθάκει) im Plusquamperfekt steht: Zenon erklärt, dass er selbst Odovakar den patrizischen Rang geschickt haben würde, wenn ihm Nepos nicht zuvorgekommen wäre.70 Ein Infinitiv des Futurs in indirekter Rede als Irrealis wäre jedoch ein syntaktischer Latinismus, der sich mit Malchos’ Sprachgebrauch schlecht verträgt.71 Es empfiehlt sich daher, einen Infinitiv des Aorist mit folgendem ἂν herzustellen, indem man ἐκπέµψ ἂν schreibt.72 Anstößig ist jedoch auch der Optativ des Futurs im vorhergehenden Satz. Cresci hat ihn ebenso wie Roger Blockley als Ausdruck einer vergangenen Handlung aufgefasst und entsprechend übersetzt: Odovakar habe gut daran getan, die Würde eines patricius von Nepos in Empfang zu nehmen. Dieser Deutung zufolge hatte Odovakar also die Verleihung der Würde eines patricius durch Nepos bereits angenommen, als seine Gesandten in Konstantinopel vorstellig wurden, und Zenon billigte nun diesen Schritt. Der Optativ des Futurs steht jedoch in der indirekten Rede nur dann, wenn in direkter Rede der Indikativ des Futurs stehen könnte.73 Wenn man daher an Niebuhrs Konjektur festhält, muss man den Text anders übersetzen: Odovakar werde gut daran tun, die Würde eines patricius von Nepos in Empfang zu nehmen. Die Antwort Zenons würde sich demnach auf ein Angebot des Nepos beziehen, das von Odovakar noch nicht angenommen worden war. Will man dagegen die von Cresci und Blockley vertretene Übersetzung verteidigen, muss der Text anders hergestellt werden: Statt eines Optativs des Futurs benötigt man einen solchen des Aorist: πράξειε. Da beide Verbformen nur um einen einzigen Buchstaben von der Überlieferung abweichen, kann allein der narrative Kontext die Entscheidung für eine dieser beiden Möglichkeiten rechtfertigen. Der Zusammenhang deutet nun allerdings darauf hin, dass die Aussage, die Zenon von Malchos in den Mund gelegt wird, sich auf die Vergangenheit und

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So ist der Text auch von den Übersetzern verstanden worden; vgl. unten Teil V. Malchos verwendet mitunter aus dem Lateinischen abgeleitete, technische Begriffe, bemüht sich aber um einen attizistischen Stil: vgl. Cresci 1982, 41–48, zum Wortschatz auch Baldwin 1977, 105–107. Blockley 1983, 458 Anm. 21 hat das Problem erkannt und durch die Emendation ἐκπέµψ’ ἂν zu lösen versucht. Die Elision einer Infinitivendung wäre jedoch sehr ungewöhnlich, zumal Malchos Hiate keineswegs streng meidet (vgl. nur ἀποστεῖλαι ἀξίαν in Z. 9). Dass Malchos das Verbum ἐκπέµπειν verwendet, um die Verleihung eines Titels zu bezeichnen, wirkt dagegen wohl bloß auf den ersten Blick anstößig. Gewiss bezeichnet das Verbum sonst häufig das Entsenden von Personen, und auch Malchos selbst hat es in der Regel so verwandt (fr. 12, Z. 2; fr. 16, Z. 9–10; fr. 19, Z. 18; fr. 20, Z. 21). An der vorliegenden Stelle ist jedoch eindeutig vom Versenden eines Kodizills die Rede; vgl. βασίλειον γράµµα […] πέµπειν im folgenden Satz. Kühner / Gerth 1963, 183–185 § 389, 5. Dass Malchos sich des auf die Zukunft gerichteten Sinns des Optativs Futur bewusst ist, zeigt καταδέξοιτο in Z. 29. Karl Müllers Übersetzung ist daher die einzige, die zu Niebuhrs Text passt; vgl. unten Teil V.

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nicht auf die Zukunft bezieht: Wenn Odovakar die Ernennung zum patricius durch Nepos bereits angenommen hatte – oder Zenon dies zumindest unterstellte –, wird verständlich, weshalb Zenon Odovakar anschließend dafür lobt, dass er auf diese Weise begonnen habe, die den Römern gebührende Ordnung zu bewahren, und erklärt, darauf zu vertrauen, dass Odovakar Nepos, der ihn in dieser Weise ausgezeichnet habe, baldigst zurücknehmen werde. Zudem fügt Malchos seinem Bericht über die Verhandlungen die Bemerkung hinzu, Zenon habe den Gesandten Odovakars ein Schreiben mitgegeben, in welchem er diesen als patricius titulierte. Diese Aussage wäre kaum zu verstehen, wenn Zenon Odovakar aufgefordert hätte, er solle das Angebot eines patricius-Titels durch Nepos annehmen, weil Zenon damit die Erfüllung des Wunsches vorweggenommen hätte. Malchos nämlich deutet den Bescheid, den Zenon den Gesandten aus Italien gab, als Unterstützung für Nepos und nennt zwei Gründe, weshalb der Kaiser sich für Nepos eingesetzt habe: einerseits das Mitgefühl mit einem Mann, der dasselbe Schicksal erlitten habe wie er selbst, und andererseits den Einfluss der Verina, die mit Nepos’ Frau verwandt gewesen sei.74 Die Aussage des Textes ist demnach folgende: Die Senatoren baten Zenon darum, Odovakar den Rang eines patricius zu verleihen; der aber erklärte, Odovakar habe diesen Rang bereits von Nepos erhalten, und leitete aus dieser Ehrung sogar die Verpflichtung ab, Nepos die Rückkehr nach Italien zu gestatten. Odovakar war der Darstellung des Malchos zufolge also bereits patricius, als die Senatoren Zenon um die Verleihung dieser Würde baten. Die Bitte der Senatoren zielte demnach auf die Verbindung des Patriziats mit der Herrschaft über Italien, folglich auf eine Stellung, wie sie die obersten Heermeister des Westens schon seit Jahrzehnten innehatten. Diesen Wunsch hat Zenon den Senatoren indessen nicht erfüllt, sondern sich damit begnügt, den Patriziat als Ehrentitel anzuerkennen, indem er den Titel selbst als Anrede für Odovakar gebrauchte.75 Die in der Forschung verbreitete Auffassung, Zenon habe Odovakar mit den Befugnissen eines obersten Heermeisters ausgestattet,76 ist also durch den Text ebenso wenig gedeckt wie diejenige, Odovakar habe den Patriziat im Gegensatz zu Theoderich nicht erhalten.77 Malchos war daher aus zwei Gründen berechtigt, Zenons Antworten an die beiden Gesandtschaften aus Italien als Unterstützung für Nepos zu deuten: zum einen, weil Zenon die Senatoren aufgefordert hatte, in Nepos ihren 74 75

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Die Gattin des Nepos ist nicht namentlich bekannt: Brandes 1993, 432 (mit Stammbaum). Richtig z. B. Stein 1949, 46f., der freilich meint, Odovakar habe das Amt eines magister militum praesentalis später (479) doch noch erhalten; Jones 1962, 126 (auch in: Jones 1974, 366); Henning 1999, 63f.; Heather 2006, 429f. So z. B. Mommsen 1910, 383 + 476–478 (vgl. jedoch 445 Anm. 2); Baynes 1922, 228f.; Bury 1923, 406f.; Ensslin 1940, 381; Várady 1984, 24f. So z. B. Mommsen 1910, 383 + 445 Anm. 2; Schmidt 1941, 321; Heil 1966; Kohlhas-Müller 1995, 46; Lippold 1972, 167; Thompson 1982, 67: „the emperor addressed Odoacer as a patrician when in fact he was not a patrician“. Nach Wolfram 2005, 161 hat Zenon dem Odovakar die Ernennung zum patricius 476 lediglich in Aussicht gestellt.

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Kaiser zu erkennen, und zum anderen, weil er Odovakar die Bitte abgeschlagen hatte, ihm zusammen mit dem Patriziat die Verwaltung Italiens zu übertragen. Malchos’ Bericht über diese Verhandlungen ist so detailliert, dass man nur schwer um die Annahme herumkommt, er habe seine Informationen aus Hofkreisen bezogen. Ein Detail vermag diese Annahme zu untermauern: Die Eigenschaften, welche die Senatoren Odovakar bei Malchos zuschreiben, um dessen Anspruch auf die Verwaltung Italiens zu begründen – politischer Verstand und militärische Tüchtigkeit –,78 entsprechen bis in die Wortwahl hinein den Wendungen, deren sich norditalische Chronisten bedienten, um die Qualifikation Odovakars als Herrscher zu beschreiben; offenbar handelt es sich um eine Sprachregelung, die vom König selbst propagiert wurde.79 Einem so gut informierten Zeitgenossen wird man schwerlich den Glauben verweigern wollen, wenn er behauptet, Nepos habe Odovakar tatsächlich zum patricius ernannt, auch wenn wir keine Zeugnisse dafür haben, dass der König diesen Titel jemals geführt hat. Da die wenigen Zeugnisse für die Herrschertitulatur des Odovakar allesamt aus der Zeit nach dem Tode des Nepos stammen,80 beweist das argumentum e silentio in diesem Fall wenig, und selbst wenn Odovakar sich bereits zu Lebzeiten des Nepos mit dem Titel rex begnügt haben sollte, ließe sich das mit dem Willen erklären, den Eindruck zu vermeiden, er sei ein Amtsträger des Nepos.81 In anderer Hinsicht hingegen lässt Malchos’ Bericht an Klarheit durchaus zu wünschen übrig. Denn sein abschließendes Urteil, Zenon habe Nepos durch seine Antwort unterstützt, ist einseitig und anfechtbar. Nepos brauchte und wollte Geld und Soldaten, und genau das war ja nach Malchos’ eigenem Bericht das Anliegen, weswegen seine Gesandten bei Zenon vorstellig wurden. Aus Nepos’ Sicht war der Ausgang der Verhandlungen daher ohne Zweifel enttäuschend. Auch die Erklärung, die Malchos für das Verhalten Zenons gegenüber den konkurrierenden Gesandtschaften gibt, vermag kaum zu befriedigen, denn auch in diesem Fall führt der Historiograph eine politische Entscheidung auf rein persönliche Motive zurück, ohne den Handlungsspielraum auszuloten, den der Kaiser bei rationaler Kalkulation seiner Herrschaftsinteressen haben mochte.

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Fr. 10 = ELG 3: ἱκανὸν ὄντα σώζειν τὰ παρ’ αὐτοῖς πράγµατα, πολιτικὴν ἔχοντα σύνεσιν ὁµοῦ καὶ µάχιµον . Zur Textgestaltung vgl. unten Teil V. Auct. Havn. ordo prior s.a. 476, § 2 (MGH AA IX 445): Intra Italiam Eruli, qui Romano iuri suberant, regem creant nomine Odoacrem X k. Sept., hominem et aetate et sapientia gravem et bellicis rebus instructum; Ord. post. margo s.a. 476, § 2 (ebd.): nam Heruli intra Italiam habitatores regem creant nomine Odoacrem, hominem et arte et sapientia gravem et bellicis rebus instructum. P. Italiae 10, I, Z. 10: Odovacar rex; II, Z. 11–12: praecellentissimi regis Odovacris; Acta synhodi Romae habitae anno DII, § 4 (MGH AA XII 445): praecellentissimi regis Odovacris; vgl. Lib. Pont. 50. Dem Verhältnis Odovakars zu den Kaisern Nepos und Zenon gehe ich an anderer Stelle nach: Odovakar und Theoderich. Herrschaftsmodelle nach dem Ende des Kaisertums in Italien (erscheint in den Akten der Weingartner Tagung „Chlodwigs Welt“).

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Schließlich ist festzustellen, dass Malchos’ Darstellung der Komplexität der verhandelten Fragen kaum gerecht wird. Immerhin schlugen die Senatoren Zenon im Auftrage Odovakars nicht weniger als die Abschaffung des westlichen Kaisertums vor. Wenn die Gesandten Zenon bei dieser Gelegenheit die Insignien des westlichen Kaisertums übergaben,82 wurde die Tragweite ihres Vorschlags durch eine symbolische Handlung unterstrichen, die an Eindeutigkeit kaum zu übertreffen war. Da ihr Gesuch darauf zielte, den Rang eines patricius mit der Verwaltung Italiens zu verbinden, ist anzunehmen, dass Odovakar für sich die Stellung eines einzig und allein Zenon verantwortlichen magister militum et patricius in Italien anstrebte. Patriziat und Heermeisteramt gehörten im Westen seit langem zusammen, weil dem obersten Heermeister dort regelmäßig die Würde eines patricius verliehen wurde, der dann als der patricius schlechthin galt. Im Osten dagegen wurde der Titel viel häufiger verliehen und zwar sowohl an Militärs als auch an Zivilisten; er bezeichnete daher keineswegs die Spitze der Ämterhierarchie.83 Da Zenon Odovakar als patricius anerkannte, ohne ihm das magisterium militum zu verleihen, sieht es so aus, als habe er die Gesandten aus Italien bewusst ins Leere laufen lassen, indem er die von Odovakar intendierte Verbindung von Würde und Amt stillschweigend ignorierte. Das Verständnis dieser diplomatischen Feinheiten setzt freilich ein Wissen voraus, das aus dem Text allein nicht zu gewinnen ist. Man darf daher zweifeln, ob sie unserem Gewährsmann überhaupt bewusst waren; seine Darstellung kulminiert in einem moralisierenden Epilog, nicht in einer Analyse von Verhandlungspositionen und Handlungsoptionen. 4. MALCHOS ALS HISTORIOGRAPH Die Rekonstruktion von Geschichtswerken, die uns nur durch Exzerpte, Referate oder gar Allusionen und Polemik erhalten sind, ist und bleibt ein mühsames und unsicheres Geschäft. Auch wörtliche Zitate von einiger Länge sind schwer einzu-

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Anon. Val. 64: Facta pace cum Anastasio imperatore per Festum de praesumptione regni, et omnia ornamenta palatii, quae Odoacar Constantinopolim transmiserat, remittit; vgl. Cass. Chron. s. a. 476 (MGH AA II 159): nomenque regis Odovacar adsumpsit, cum tamen nec purpura nec regalibus uteretur insignibus. Wann die ornamenta palatii (zum Begriff vgl. Cod. Iust. 1, 27, 6–7) nach Konstantinopel gekommen waren, sagt der Anonymus Valesianus nicht, doch liegt ein Zusammenhang mit unserer Gesandtschaft nahe; in diesem Sinn z. B. Stein 1949, 46; Prostko-Prostyński 1994, 158; Henning 1999, 62. Die viel diskutierte Frage, ob Anastasios Theoderich tatsächlich die kaiserlichen Herrschaftszeichen zurückgab, die Odovakar an Zenon geschickt hatte, oder ihm nicht vielmehr den Ornat eines Königs überbringen ließ, ist in diesem Zusammenhang nebensächlich; vgl. dazu etwa Prostko-Prostyński 1994, 155–168 oder Kohlhas-Müller 1995, 143–160. Grundlegend sind Heil 1966, bes. 37–113 und Mathisen 1991 (Prosopographie); vgl. auch Henning 1999, 63.

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ordnen und zu deuten, wenn der narrative Kontext unbekannt ist.84 Auch die alte Regel, dass Inhaltsangaben die Interessen desjenigen widerspiegeln, der sie anfertigt, hat sich bestätigt: Photios strebte auch dann keineswegs nach Vollständigkeit, wenn er den Inhalt eines Buchs ausführlich zusammenfasste; andernfalls hätte er die Beziehungen Ostroms zu den Vandalen erwähnt.85 Fortschritte im Verständnis eines Geschichtswerks, dessen ursprüngliche Textform unwiederbringlich verloren ist, können allein durch eine genaue Interpretation der Fragmente erreicht werden, welche die literarischen Produktions- und Rezeptionsbedingungen angemessen berücksichtigt. Dass dabei zwischen Inhaltsangaben und wörtlichen Zitaten streng zu unterscheiden ist, versteht sich von selbst. Wichtiger scheint es, daran zu erinnern, dass die Rekonstruktion eines verlorenen Geschichtswerks von derjenigen der Ereignisse, die es darstellte, möglichst getrennt werden sollte: Je mehr Annahmen, die nicht aus den Fragmenten selbst gewonnen werden können, sondern aus dem mehr oder weniger gesicherten Wissen um das Geschehen selbst stammen, in die Rekonstruktion eingehen, desto niedriger ist der Grad von Gewissheit, mit welchem das historiographische Profil eines fragmentarischen Autors gezeichnet werden kann. Es gilt freilich auch das Umgekehrte: Wenn hypothetische Merkmale eines im Original verlorenen Geschichtswerks wie etwa Gliederungsprinzipien oder Erzählstrategien zur Grundlage für die Rekonstruktion von Ereignisfolgen gemacht werden, dann bleiben auch diese Rekonstruktionen mit mehr oder weniger großen Unsicherheiten behaftet. Dieser hermeneutische Zirkel erschwert auch die Interpretation der hier besprochenen Fragmente aus den „Byzantiaka“ des Malchos von Philadelpheia: Annahmen über den Aufbau des Werks beruhen auf hypothetischen Datierungen, während der vermutete Aufbau selbst wieder Anhaltspunkte für die Datierung einzelner Ereignisse liefert. Beweiskräftige Indizien für die Annahme, Malchos habe die Geschichte des Westens in einem oder mehreren Exkursen dargestellt, konnten jedoch nicht gefunden werden: Die beiden Vandalen-Fragmente stammen schwerlich aus demselben narrativen Kontext, und der Bericht über die Verhandlungen, die Zenon mit den Gesandten Odovakars und des Nepos führte, wurden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht dem siebten Buch entnommen, in welchem vom Herrschaftsantritt und Tod des Nepos die Rede war. Malchos hat demnach weder die Geschichte Italiens noch diejenige Nordafrikas in einem der sieben Bücher, die von Photios referiert werden, zusammenhängend behandelt.

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Vgl. allgemein Strasburger 1977; auch in: Strasburger 1990, 169–218; Brunt 1980; auch in: Alonso-Núñez (Hg.) 1991, 334–362. Zur Problematik von Fragmentsammlungen vgl. auch Most 1997 sowie Burkert 1999 (mit der Diskussion auf 198–206). Der Befund darf verallgemeinert werden: Hägg 1975, 195–204, bes. 199–201; Treadgold 1980, 81–96. Treadgold rechnet das Malchos-Exzerpt mit Recht zu den „precise summaries“, für deren Abfassung der originale Text herangezogen wurde (183). In der Terminologie Häggs wäre von einem „analytischen Referat“ zu sprechen.

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Dieser Befund schließt gewiss nicht aus, dass Malchos seine chronologisch strukturierte Erzählung gelegentlich unterbrochen hat, um Ereignisse und Zustände zu schildern, die nicht direkt mit dem wechselvollen Geschehen im östlichen Mittelmeerraum verknüpft waren, weil ihre Kenntnis für das Verständnis diplomatischer oder militärischer Aktionen erforderlich war, die das Ostreich und seine Hauptstadt Konstantinopel betrafen. Wenn er solche Erläuterungen einfügte, war es fast unvermeidlich, dabei auch zeitlich zurückzugreifen.86 Wie der Bericht über den Phylarchen Amorcesus zeigt, hat er diese erläuternden Rückgriffe jedoch nicht zum Anlass genommen, ausführliche Exkurse einzulegen, die einem bestimmten Schauplatz oder Volk gewidmet waren: Malchos leitet den Bericht über dessen aufsehenerregenden Empfang in Konstantinopel ein, indem er den Friedensvertrag zwischen Theodosius II. und dem Perserkönig resümiert und erzählt, wie dieser arabische Scheich zu Macht und Reichtum gelangt war, bevor er Verhandlungen mit Kaiser Leo aufnahm, schreibt aber keinen Sarazenen- oder Ara-bien-Exkurs.87 Die Goten auf dem Balkan hat der Geschichtsschreiber nachweislich in engem Zusammenhang mit den Ereignissen in der Hauptstadt behandelt; das geht aus den an anderer Stelle analysierten Fragmenten über die gotisch-römischen Beziehungen zweifelsfrei hervor und entspricht im Übrigen dem Programm, das in dem Titel „Byzantinische Geschichte“ enthalten ist:88 Für Malchos war Konstantinopel das Zentrum des Reiches, und alles, was außerhalb geschah, erhielt seine Bedeutung durch die Auswirkungen, die es auf dieses Zentrum hatte. Aus seiner Perspektive lagen Arabien und Italien, erst recht aber Nordafrika, an der Peripherie des Reiches. Wie bei seinem Zeitgenossen Candidus war der Fokus auf das Ostreich gerichtet, und der westliche Mittelmeerraum kam nur dann in den Blick, wenn es zu diplomatischen oder militärischen Kontakten kam.89 Ein hervorstechendes Merkmal der Fragmente, die aus Malchos’ Bericht über die Auseinandersetzungen zwischen dem Imperium Romanum und den gotischen Kriegergruppen auf dem Balkan stammen, sind die zahlreichen, teilweise sehr ausführlichen Reden, die der Darstellung einen multiperspektivischen Charakter verleihen, da häufig entgegensetzte Standpunkte vertreten werden.90 Auch in den

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Malchos ist anscheinend noch öfter auf die Vandalen zu sprechen gekommen, denn er setzt in fr. 2 = ELG 2 beim Leser die Fähigkeit voraus zu verstehen, weshalb Theoderich Strabon dem Kaiser gegen jeden Feind Waffenhilfe zu leisten bereit ist, nur nicht gegen die Vandalen. Hat er also auch von Kontakten zwischen Geiserich und Theoderich Strabon berichtet? Fr. 1 = ELG 1; vgl. dazu ausführlich Shahîd 1989, 59–133. Dazu kann ich auf meine oben in Anm. 14 genannte Untersuchung verweisen. Dass der Westen Malchos weniger interessierte als noch Olympiodor von Theben oder auch Priskos von Panion, betont mit Recht Blockley 1981, 93, der jedoch irrt, wenn er schreibt, Malchos habe sich ausschließlich mit dem Osten befasst. Eine zunehmende Verengung des Gesichtsfeldes auf den östlichen Teil des Imperium Romanum lässt sich auch bei den synoptischen Kirchenhistorikern des 5. Jahrhunderts feststellen: Kaegi 1968, 176–204; Cracco Ruggini 1980, 160–169; Leppin 1996, 31–32. Zu Candidus vgl. unten Anm. 101. Zu diesen Reden Wiemer 2009, 45–56.

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hier besprochenen Fragmenten wird von diesem Darstellungsmittel ausgiebig Gebrauch gemacht: Die Antworten, die Geiserich Severus erteilte, werden zunächst in indirekter, dann aber in direkter Rede wiedergegeben; die Gesandten Hunerichs legen den Standpunkt des Königs in einer längeren Rede dar, die als indirektes Referat beginnt, aber mit einem direkten „Zitat“ endet. Während die Reden in diesen beiden Fragmenten vor allem der Verlebendigung des Geschehens dienen, bewirken sie im Bericht über die Verhandlungen, welche die Gesandten aus den Herrschaftbereichen Odovakars und des Nepos mit Zenon führten, zugleich auch, dass dem Leser konträre Positionen verdeutlicht werden, zwischen denen der Kaiser eine Entscheidung treffen musste. Die auffallende Prominenz von Reden in den wörtlichen Fragmenten dürfte freilich auch damit zusammenhängen, dass alle aus den Sammlungen über Gesandtschaften stammen. Es kann daher keineswegs ausgeschlossen werden, dass Malchos mit diesem Darstellungsmittel in anderen Zusammenhängen wesentlich sparsamer umgegangen ist. Die beiden Fragmente, die sich auf die römisch-vandalischen Beziehungen beziehen, erwecken den Eindruck, dass Malchos die religiöse Dimension politischer Konflikte wenig beachtet, vielleicht sogar bewusst heruntergespielt hat: Wären wir allein auf seinen Bericht angewiesen, wüssten wir weder, dass Severus Geiserich bewegen konnte, die Rückkehr der verbannten Kleriker der „katholischen“ Kirche Karthagos zu gestatten, noch dass Alexander mit Hunerich später die Wiederbesetzung dieses Bistums aushandelte. Die Marginalisierung des Christentums als Faktor des historischen Prozesses schlägt sich auch in der distanzierten Art und Weise nieder, wie Malchos über die Bekehrung des Phylarchen Amorcesus und die Anfeindungen gegen den Heiden Pamprepius berichtet,91 und passt zu der Entscheidung für eine klassizistische Form der Geschichtsschreibung. Wie stark die Verzerrungen waren, die durch diese Perspektive verursacht wurden, ließe sich freilich nur dann genauer bestimmen, wenn uns Malchos’ Bericht über die Herrschaft des Basiliskos erhalten wäre. Da die antichalkedonische Politik des Usurpators zu Unruhen in Konstantinopel geführt hatte, bei denen neben dem Patriarchen Akakios auch der Stylit Daniel eine prominente Rolle spielte,92 war eine Stellungnahme zu religionspolitischen Fragen in diesem Kontext schwer zu vermeiden. Der Überlieferungszustand gestattet uns jedoch nicht, diese Probe aufs Exempel zu machen.93

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Amorcesus: fr. 1 = ELG 1; Pamprepius: fr. 20 = Suda Π 137 s. v. Παµπρέπλος. Vgl. etwa Redies 1997; Blaudeau 2006, 172–188. Leider ist ungewiss, wie viel Malchos in den aus der Suda geschöpften Fragmenten steckt. Der Suda-Artikel über den Patriarchen Akakios (Α 783 = fr. 2b Cresci) wird ihm von Blockley ganz abgesprochen, wohl mit Recht, denn die detaillierte Schilderung einer kirchlichen Laufbahn passt besser zu Candidus. Dagegen deutet die klassizistische Floskel τῶν λεγοµένων µοναχῶν im Suda-Artikel über Basiliskos (Β 163 = fr. 7 Cresci = fr. 9, 3 Blockley) tatsächlich auf Malchos. Demnach erwähnte er also das Eingreifen der Mönche.

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Die politischen Urteile des Malchos sind weder profund noch originell: Geiserich ist verschlagen, entschlussfreudig und tatkräftig, sein Sohn Hunerich dagegen verweichlicht, furchtsam und untätig.94 Die Einschätzung, dass Geiserich ein gefährlicher Gegner war, findet sich vor Malchos bei Priskos und nach ihm bei Prokopios; letzterer teilt auch die Auffassung, dass Hunerich unkriegerisch gewesen sei.95 Für Malchos stellt das Reich der Vandalen daher schon unter der Herrschaft Zenons keine Gefahr für das Imperium Romanum mehr dar. Dass Zenon überhaupt mit Hunerich verhandelt, ist ein Zeichen seiner Schwäche. Diese Einschätzung entspricht der Art, wie Malchos die Gotenpolitik Zenons bewertet. Auch dort wünscht Malchos sich einen starken Kaiser, der die Barbaren in die Schranken weist.96 Dass der Geschichtsschreiber in Nepos den legitimen Kaiser des Westreichs sah, will freilich wenig besagen, denn es entsprach der offiziellen Sprachregelung des Ostreichs.97 Zenons Aufforderung, Odovakar solle Nepos die Rückkehr gestatten, nahm Malchos ernst, denn er bewertete sie als Zeichen des Mitgefühls mit einem Mann, der ins Unglück geraten ist. Wir können noch erkennen, dass Malchos auf dieses Thema später zurückgekommen ist; in anderem Zusammenhang erzählt er nämlich, Theoderich, der Sohn des Thiudimir, der sich damals in Epirus aufhielt, habe dem Kaiser das Angebot unterbreitet, nach Dalmatien abzuziehen, um Nepos wieder in Italien einzusetzen.98 Die einzige Aussage über Odovakar, die Malchos in eigenem Namen trifft, besteht darin, dass er ihn als Barbaren bezeichnet. Damit ist ein pejoratives Urteil impliziert.99 Ob Malchos dem König darüber hinaus auch Eigenschaften zugesprochen hat, die ihn als Individuum charakterisierten, lässt sich kaum entschei-

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Priskos fr. 24 Müller = fr. 31 Blockley = ELR 7 (Geiserich verweigert Auslieferung der kaiserlichen Frauen, οὕτε τῶν προηγησαµένων ἐπὶ τῇ πρεσβείᾳ ῥηµάτων ἐπιείκεια οὕτε ὁ ἀπειληθεὶς φόβος µέτρια τὸν Γεζέριχον φρονεῖν ἠνάγκασεν); fr. 29 Müller = fr. 38, 1 Blockley = ELR 10 (Geiserich verwüstet Italien und Sizilien οὐκέτι ταῖς πρὸς Μαιοριανὸν τεθείσαις σπονδαῖς ἐµµένων); fr. 30 Müller = fr. 39 Blockley = ELG 14 (Weströmer bitten Leon um Vermittlung eines Friedens mit Marcellinus und den Vandalen; Geiserich lehnt ab und verwüstet Italien; vorenthaltener Anteil an der Erbschaft Valentinians III. und des Aetius als Vorwand); vgl. fr. 31 Müller = fr. 41, 1 Blockley = ELG 15 (Weströmer bitten Leon um Vermittlung eines Friedens mit den Vandalen); fr. 32 Müller = fr. 41, 2 Blockley = ELR 11 (Gesandtschaft an Geiserich erfolglos); fr. 40 Müller = fr. 52 Blockley = ELR 13 (Geiserich lehnt Einstellung der Angriffe auf Italien und Sizilien ab). Prok. BV 1, 4, 12–14 (Voraussicht und Tapferkeit Geiserichs, Vertrag mit Valentinian III.); 1, 5, 22–25 (Plünderungszüge); 1, 6, 1–27 (Basiliskos-Expedition); 1, 5, 1–5 (Plünderung Roms); 1, 7, 26–30 (Plünderungszüge; Vertrag mit Zenon; Nachfolgeregelung). Hunerich unkriegerisch: BV 1, 8, 1–2. Barbarentopik: fr. 8 = Suda Α 3968 s. v. Ἁρµάτιος, Z. 34–35; fr. 19 = ELR 2, Z. 23–24; fr. 18 = ELR 1, Z. 88–90 mit Wiemer 2009, 52. Henning 1999, 204–208. Fr. 18 = ELR 1, Z. 259–260. Anders Zecchini 1993, 69: „Malco inserisce di suo un giudizio del tutto lusinghiero su Odoacre“.

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den: Die Behauptung, Odovakar verfüge über politischen Verstand und sei kriegstüchtig, ist Teil einer Gesandtenrede, die vom Erzähler nicht kommentiert wird. Auch der Vergleich mit Candidus erlaubt es nicht, das Profil des Malchos schärfer zu konturieren, weil Photios, der sich einen Auszug aus dem Geschichtswerk des Candidus in drei Büchern angefertigt hat (Codex 79), Ereignisse im Westen nur kurz erwähnt und gegen Ende nur noch wenige Stichpunkte festhält.100 Diesem Auszug zufolge schilderte Candidus am Ende des ersten Buchs, das von 457 bis 476 reichte, wie Orestes seinem Sohn Augustulus dazu verholfen habe, „nach Nepos, dem Kaiser Roms (βασιλεὺς Ῥώµης), […] als Kaiser über Rom zu herrschen (Ῥώµης βασιλεύειν)“. Aus dem zweiten Buch notierte sich Photios, Candidus erzähle, dass „nach der Ermordung des Kaisers Nepos und der Vertreibung des auf ihn folgenden Augustulus Odovakar allein über Italien und Rom geherrscht“ habe. Als „die Gallier im Westen“ (δυσµικοὶ Γαλάται) gegen ihn rebelliert und beide, die Gallier und Odovakar, eine Gesandtschaft an Zenon geschickt hätten, habe dieser Odovakar „stärker zugeneigt“.101 Diesen lapidaren Aussagen lässt sich allenfalls entnehmen, dass Candidus Odovakars Herrschaft als illegitim betrachtet hat, da er ihm keinen Herrschertitel beilegt.102 In allen hier betrachteten Fragmenten wird deutlich, dass Malchos’ Verständnis der römischen Außenpolitik durch dieselben Schablonen bestimmt wird, die auch seine Analyse der Innenpolitik prägen: Fast immer erscheinen fixe und stereotype Charaktereigenschaften als bewegende Kräfte des Geschehens. Soweit es sich bei den Akteuren um Nicht-Römer handelt, wird dabei von der konventionellen Barbarentopik reichlich Gebrauch gemacht. Die politischen Urteile des Malchos verraten eine Mischung aus Wunschdenken und Gemeinplätzen, die wenig Spielraum für eine angemessene Würdigung politischer Entscheidungen lassen.

100 Zu Candidus vgl. Roberto 2000. Photios (bibl. cod. 79) zufolge beschrieb Candidus im ersten Buch u. a. die Vandalenexpedition von 468 und die Erhebung des Romulus zum Kaiser anstelle des Nepos. Das zweite Buch scheint die Darstellung bis zum Jahre 480 fortgeführt zu haben; in ihm war nicht bloß von der Usurpation des Marcianus, sondern u. a. auch von der Ermordung des Nepos und der Herrschaft Odovakars in Italien die Rede. Zum dritten Buch vgl. unten Anm. 102. 101 Candidus fr. 1 = bibl. cod. 79 (56a Bekker): ὡς µετὰ τὴν ἀναίρεσιν τοῦ βασιλέως Νέπωτος Ῥώµης καὶ τὸν διωγµὸν τοῦ µετ’ αὐτὸν Αὐγουστούλου Ὀδόακρος Ἰταλίας καὶ αὐτῆς ἐκράτησε Ῥώµης· καὶ στασιασάντων αὐτῷ τῶν δυσµικῶν Γαλατῶν, διαπρεσβευσαµένων τε αὐτῶν καὶ Ὀδοάκρου πρὸς Ζήνωνα, Ὀδοάκρῳ µᾶλλον ὁ Ζήνων ἀπέκλινεν. 102 Aus dem dritten Buch notiert Photios (bibl. cod. 79) allein die Revolte des Illus und die Erhebung des Leontius zum Kaiser bis zu dessen Niederlage und Tod im Jahre 488 und stellt dann lediglich fest, dass Candidus die übrigen Ereignisse bis zum Tode Zenons behandelt habe. Wenn Johannes Antiochenus seine Informationen über den Rugierkrieg aus Candidus geschöpft hat (fr. 214 Müller = fr. 316 Roberto) – dafür spricht der narrative Konnex mit der Rebellion des Illus –, ist dieser noch mehrfach auf den Westen zu sprechen gekommen. Der Bericht über den Untergang des Anthemius und die anschließenden Ereignisse bis zur Kaiserproklamation des Nepos scheint jedoch eher aus Priskos zu stammen: fr. 209 Müller = fr. 301 Roberto (= Priskos fr. 64 + 65 Blockley).

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Der Einschätzung, der Geschichtsschreiber sei eine „Persönlichkeit von politischem Scharfblick“ gewesen,103 sollte man sich daher nicht anschließen. So sehr wir es bedauern müssen, dass uns ein Werk verlorengegangen ist, das eine der bewegtesten Perioden in der Geschichte der Mittelmeerwelt aus der Perspektive Konstantinopels mit großer Freude am Detail schilderte – eine der Komplexität des Gegenstands angemessene Deutung hat dieses Werk nicht geboten. Dieser Befund ist nun freilich insofern auch wieder aussagekräftig für die Vorstellungswelt und Denkweise ziviler Eliten des oströmischen Reiches, als Malchos allem Anschein nach keineswegs ein Außenseiter war. Er wirkte nicht bloß als Sophist in der Hauptstadt; er verkehrte offenbar mit Senatoren und hatte Zugang zu Hofkreisen; andernfalls hätte er so genaue Informationen über diplomatische Verhandlungen kaum erlangen können. Malchos kann daher als Repräsentant jener Kreise gelten, die den krisenhaften Erfahrungswandel ihrer Zeit mit althergebrachten Denkfiguren zu bewältigen versuchten. In einer Zeit, in der weite Kreise von eschatologischen Ängsten geplagt wurden und viele versuchten, die Gegenwart als Teil einer christlichen Heilsgeschichte zu deuten,104 hielten diese „Traditionalisten“ an Deutungsmustern fest, die eine ungebrochene Kontinuität mit der vorchristlichen Vergangenheit suggerierten, und pochten auf den Wert einer als „klassisch“ geltenden Bildung, die sie sich in mühevoller Anstrengung angeeignet hatten. Dieselben Kreise wussten später die Geschichtswerke eines Prokopios oder Agathias zu schätzen.105 Für uns zeugt Malchos’ Werk von der Beharrungskraft, die profane Sinnkonzepte um 500 dem Vordringen christlicher Vorstellungen und Werte entgegensetzten, aber auch von den Verkürzungen, die eine Imitation historiographischer Modelle, die ein Jahrtausend früher entstanden waren, unweigerlich zur Folge haben musste, als Religion und Politik immer weniger getrennt werden konnten.

103 Laqueur 1928, 854. Ähnlich Blockley 1981, 84: „The History of Malchus seems to have been well able to stand comparison with the best works of the late period. It appears that he had access to some good sources, at least for events in the eastern Empire, and using this information he formed some judicious judgements, which he expressed clearly and directly […] even when moralising and personal considerations are brought to the fore, the analysis does not usually become simplistic“. 104 Vgl. dazu neben dem wegweisenden Aufsatz von Brandes 1997 vor allem Meier 2009, 38– 52. Zur Entwicklung in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts Cameron 1979; auch in: Cameron 1981, Nr. XVIII; Meier 2004. 105 Zur Tradition klassizistischer Geschichtsschreibung vgl. neben den grundlegenden Monographien von Averil Cameron zu Agathias (Cameron 1970) und Prokopios (Cameron 1985) vor allem Blockley 1981 sowie Meier 2004. Überblicksartige Darstellungen findet man bei Marasco (Hg.) 2003, 289–316 (Blockley) bzw. 391–448 (Cataudella).

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5. ANHANG: TEXT UND ÜBERSETZUNG DER DISKUTIERTEN MALCHOS-FRAGMENTE 5.1. Suda Μ 120 s. v. Μάλχος = Malchos T 1 Μάλχος, Βυζάντιος, σοφιστής. ἔγραψεν ἱστορίαν ἀπὸ τῆς βασιλείας Κωνσταντίνου καὶ ἕως ᾿Αναστασίου· ἐν ᾗ τὰ κατὰ Ζήνωνα καὶ Βασιλίσκον καὶ τὸν ἐµπρησµὸν τῆς δηµοσίας βιβλιοθήκης καὶ τῶν ἀγαλµάτων τοῦ Αὐγουσταίου καὶ ἄλλα τινὰ διεξέρχεται µάλα σεµνῶς καὶ τραγῳδίας δίκην ἀποθρηνῶν αὐτά. Malchos, aus Byzanz, Sophist. Er verfasste ein Geschichtswerk, das von der Herrschaft Constantins bis zu Anastasios reicht. Darin beschreibt er die Ereignisse um Zenon und Basiliskos, den Brand der öffentlichen Bibliothek und der Kunstwerke im Augusteum und einiges andere sehr feierlich und klagt darüber im Stil einer Tragödie.

5.2. Photios, bibl. cod. 78 = Malchos T 2 Ἀνεγνώσθη Μάλχου σοφιστοῦ Βυζαντιακὰ ἐν βιβλίοις ἑπτά. Ἄρχεται µὲν ἐξ οὗ Λέοντα τὸν βασιλέα ἡ νόσος ἐπίεζε, τούτῳ δὲ τῆς βασιλείας ἔτος ἑπτακαιδέκατον παρετείνετο. διέρχεται δὲ τήν τε Ζήνωνος ἀνάρρησιν, καὶ τὴν ὑπερόριον τῆς βασιλείου δόξης διατριβήν, καὶ τὴν Βασιλίσκου ἀνάρρησιν, καὶ τὴν τῆς ἁλουργίδος ἀπόθεσιν καὶ τὴν ἐπὶ τῇ βασιλείᾳ πάλιν κάθοδον Ζήνωνος τήν τε τοῦ προειρηµένου Βασιλίσκου διὰ ξίφους ἀναίρεσιν, ἧς καὶ γυνὴ καὶ τέκνα παρανόµῳ κρίσει ἐκοινώνησαν, καὶ ὅτι Ἁρµάτος, ὁ Ζήνωνα κατάγων, τοιαύτης ἀντιµισθίας ἀπώνατο, διὰ Ὀνούλφου δεξάµενος τὴν σφαγήν. διαλαµβάνει δὲ καὶ τὴν Θευδερίχου τοὺ Ὀτριαρίου στάσιν, καὶ τὴν Θευδερίχου τοῦ Μαλαµείρου φιλίαν, καὶ τὸν πρὸς τὸν τοῦ Ὀτριαρίου Θευδέριχον πόλεµον, καὶ τὴν κατὰ Ζήνωνος πάλιν στάσιν καὶ τὴν Μαρκιανοῦ ἐπανάστασιν, καὶ πρό γε τούτου τὴν τῆς πενθερᾶς Βηρίνης ἐπιβουλήν, καὶ τὴν διὰ τοῦτο φυγαδείαν τὴν ἀΐδιον, καὶ τὴν κατὰ ῎Ιλλου πρότερον ἐπιβουλὴν Βηρίνῃ συσκευασθεῖσαν, καὶ τὴν Ἐπιδάµνου ὑπὸ Θευδερίχου τοῦ Μαλαµείρου ἐν δόλῳ κατάσχεσιν. ταῦτα διεξιὼν διέξεισι καὶ τὰ ἐπὶ ῾Ρώµης καὶ τέλος τοῦ ἑβδόµου λόγου ποιεῖται τὸν Νέπωτος θάνατον, ὃς ἐκβαλὼν τῆς ἀρχῆς Γλυκέριον τήν τε Ῥωµαϊκὴν ἰσχὺν περιεβάλετο, καὶ εἰς σχῆµα κείρας κληρικοῦ ἀντὶ βασιλέως ἀρχιερέα κατέστησεν ὑφ’ οὗ καὶ ἐπιβουλευθεὶς ἀνῄρηται. Οὗτοι οἱ ζ’ τῆς ἱστορίας λόγοι καὶ προηγουµένους ὑποφαίνουσι αὐτῷ λόγους ἄλλους διαπεπονῆσθαι· καὶ ἡ ἀπαρχὴ δὲ τῶν ἑπτὰ τοῦ πρώτου λόγου τοῦτο παραδηλοῖ· οὐ µὴν ἀλλὰ καὶ ἑποµένους, εἰ τὸ ζῆν προσῆν τῷ συγγραφεῖ, ὡς τοῦ ἑβδόµου λόγου τὸ πέρας ἐνδείκνυσι. ἔστι δὲ ὁ συγγραφεὺς Φιλαδελφεὺς, εἴ τις ἄλλος κατὰ συγγραφὴν ἱστορίας ἄριστος, καθαρὸς, ἀπέριττος, εὐκρινής, λέξεων ταῖς ἀνθηροτάταις καὶ εὐσήµοις καὶ εἰς ὄγκον τινὰ ἀνηγµέναις χρώµενος· οὐδὲ αἱ καινοπρεπεῖς αὐτῷ, ὅσαι τὸ ἐµφατικὸν καὶ εὔηχον καὶ µεγαλεῖον ἔχουσιν, παραβλέπονται ὥσπερ τὸ καὶ τοιαῦτ’ ἔνια. καὶ ὅλως κανών ἐστι ἱστορικοῦ λόγου, σοφιστὴς δ’ ἦν τὸ ἐπιτήδευµα, καὶ ῥητορικῆς εἰς ἄκρον ἐληλακώς, καὶ τὴν θρησκείαν οὐκ ἔξω τοῦ χριστιανικοῦ θειασµοῦ. Gelesen: „Byzantinische Geschichte“ des Sophisten Malchos in sieben Büchern.

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Hans-Ulrich Wiemer Er beginnt in dem Moment, als die Krankheit Kaiser Leon quälte und das siebzehnte Jahr seiner Herrschaft ins Land ging. Er schildert die Kaiserproklamation Zenons und das Exil des kaiserlichen Ruhms, die Kaiserproklamation des Basiliskos, das Ablegen des Purpurs durch Zenon und seine Rückkehr zur Herrschaft, die Ermordung des besagten Basiliskos durch das Schwert, woran aufgrund eines ungesetzlichen Urteils auch dessen Frau und Kinder teilhatten. Und dass Harmatos, der Zenon (aus dem Exil) zurückführte, in gleicher Weise belohnt wurde, indem er von Hunwulf den Todesstoß empfing. Er behandelt aber auch die Revolte Theoderichs des Sohns des Otriarios und die Freundschaft Theoderichs des Sohns des Malameiros, den Krieg gegen Theoderich den Sohn des Otriarios, die erneute Revolte gegen Zenon und die Usurpation des Marcianus, davor aber den Anschlag der Schwiegermutter Verina und die daraus resultierende ewige Verbannung sowie den Anschlag, den Verina vorher gegen Illus eingefädelt hätte, und schließlich die durch eine List erreichte Einnahme von Epidamnos durch Theoderich den Sohn des Malameiros. Im Verlauf dieser Schilderung schildert er auch die Ereignisse in Rom und macht den Tod des Nepos zum Abschluss des siebten Buches. Dieser Nepos hatte Glycerius aus der Herrschaft vertrieben und sich die römische Macht angeeignet; er hatte ihn durch die Tonsur des Klerikers aus einem Kaiser zum Erzpriester gemacht. Von ihm ist er durch einen Anschlag auch getötet worden. Diese sieben Bücher des Geschichtswerks lassen erkennen, dass er andere Bücher ausgearbeitet hatte, die vorhergingen.106 Das zeigt auch der Anfang des ersten der sieben Bücher. Es gäbe aber auch Folgebücher, wenn der Autor lange genug gelebt hätte; das beweist das Ende des siebten Buches. Der Autor stammt aus Philadelphia. Als Verfasser eines Geschichtswerks ist er unübertrefflich: Sein Stil ist rein, schlicht und klar; sein Vokabular ist mit Bedacht gewählt, verständlich und zu einer gewissen Würde gesteigert. Neologismen, die sich durch Nachdruck, Wohlklang und Erhabenheit auszeichnen, verachtet er nicht, wie zum Beispiel […] und einiges andere von dieser Art.107 Alles in allem ist er ein Muster historischer Darstellung. Von Beruf war er Sophist und hat es in der Rhetorik bis zur Vollendung gebracht.108 Dem Glauben nach stand er nicht außerhalb der christlichen Religion.

5.3. Malchos fr. 3 Müller / Cresci = fr. 5 Blockley (Excerpta de legationibus Romanorum Nr. 3, p. 164,32–p. 165,25 de Boor) Ὅτι Ζήνων ἀνὴρ ὢν ἀπόλεµος ἄγαν, καὶ πολλῆς πανταχόθεν ταραχῆς ἐφεστώσης, ἔγνω πρὸς τὸν Βάνδιλον εἰς Καρχηδόνα πρεσβεύσασθαι καὶ Σευῆρον ἐκ τῆς βουλῆς πρεσβευτὴν αἱρεῖται, ἄνδρα καὶ σωφροσύνῃ διαφέρειν δοκοῦντα καὶ τῷ ἐθέλειν τὰ δίκαια, καὶ πατρίκιον αὐτὸν ποιήσας ἀποπέµπει, ὅπως ἐκ τῆς ἀξίας τῆς πρεσβείας τὸ σχῆµα κατασκευάσῃ

106 Schamp 1987, 414 übersetzt ungenau mit „en guise de préambules“. Richtig Blockley: „books which preceded them“. 107 Treadgold 1980, 73 meint, Photios selbst habe hier eine Lücke gelassen, um später Beispiele einzufügen, diese Absicht aber nicht in die Tat umgesetzt. Baldwin 1977, 106f. hat ἅπαξ λεγόµενα bei Malchos gesammelt. 108 Schamp 1987, 413 bezieht diese Aussage auf die berufliche Stellung des Malchos („parvenu à un poste en vue“). Richtig Blockley: „reached the pinnacle of the orator’s art“.

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σεµνότερον. καὶ ὁ µὲν ἑξέπλευσεν, ὁ δὲ Βάνδιλος, µαθὼν ὅτι ἥξοι πρεσβεία, φθάσας ἔκπλουν ποιεῖται καὶ Νικόπολιν εἷλεν. ὁ δὲ πρεσβευτὴς Σευῆρος διαβὰς ἀπὸ Σικελίας εἰς Καρχηδόνα ἀφῖκτο καὶ πολλὰ διὰ τὸν ἔκπλουν ἐµέµφετο τὸν Βάνδιλον. ὁ δὲ τὰ µὲν ἔλεγεν ὡς πολέµιος πρᾶξαι· τὸν δὲ περὶ τῆς εἰρήνης, ἐπειδὴ πρεσβεύοιτο, νῦν ἔφη λόγον προσδέχεσθαι. τοῦ δὲ Σευήρου τό τε σῶφρον τοῦ βίου θαυµάσας καὶ τῶν λόγων ἠγάσθη, καὶ τῆς δικαιοσύνης ἀεὶ πεῖραν λαµβάνων πᾶν ἕτοιµος ἦν ποιεῖν, ὅπερ ἐκεῖνος προβάλλοιτο. µάλιστα δὲ ἔδοξεν αὐτῷ δίκαιος εἶναι, ὅτι, τὰ χρήµατα αὐτῷ τοῦ βαρβάρου διδόντος, καὶ τὰ πρέποντα δῶρα πρεσβευτῇ δωρούµενος ἀπεώσατο πάντα εἰπὼν, ὡς ἀντὶ τούτων δῶρόν ἐστιν εὔσχηµον πρεσβεύοντι ἀνθρώπῳ τοὺς αἰχµαλώτους κοµίσασθαι. ὁ δὲ τῆς διανοίας ἐπαινέσας τὸν ἄνδρα· οὓς µὲν ἐγὼ, ἔφησεν, σὺν τοῖς ἐµοῖς υἱέσι τῶν αἰχµαλώτων ἀπέλαχον, τούτους σοι πάντας ἀφίηµι· ἣν δὲ τὸ πλῆθος αὐτῶν κατενείµατο µοῖραν, τούτους σοι µὲν ἐξέσται παρ’ ἑκόντων, εἰ βούλει, πρίασθαι τῶν ἐχόντων, αὐτὸς δ ἂν οὐ δυναίµην οὐκ ἐθέλοντας ταῦτα τοὺς εἰληφότας βιάσασθαι. ἐνταῦθα ὁ Σευῆρος ἀπέλυσε µὲν προῖκα οὓς αὐτὸς εἶχεν ὁ Βάνδιλος· ἃ δὲ εἶχε χρήµατα καὶ ἐσθῆτας καὶ σκεύη πάντα ὑπὸ κήρυκι δηµοσίᾳ πωλήσας τούτοις ὅσους ἴσχυσε τῶν αἰχµαλώτων ἐπρίατο. Auf allen Seiten von Chaos bedrängt, beschloss Zenon, der ein völlig unkriegerischer Mann war, eine Gesandtschaft an den Vandalen nach Karthago zu schicken, und wählte dafür den Senator Severus als Gesandten, einen Mann, der sich durch Mäßigung und Gerechtigkeitssinn auszuzeichnen schien. Bevor er ihn losschickte, machte er ihn zum patricius, um durch diese Würde den Rang der Gesandtschaft vornehmer zu machen. Er segelte los; der Vandale aber, der erfahren hatte, dass eine Gesandtschaft kommen würde, kam ihm zuvor, unternahm eine Ausfahrt und eroberte Nikopolis. Der Gesandte Severus war von Sizilien nach Karthago übergesetzt und machte dem Vandalen wegen der Ausfahrt viele Vorwürfe. Der aber sagte, er habe dies als Feind im Krieg getan; jetzt aber, da eine Gesandtschaft angekommen sei, sei er bereit, den Friedensvorschlag anzunehmen. Er bewunderte die maßvolle Lebensweise des Severus und bestaunte seine Rede; als er seine Gerechtigkeit immer besser kennenlernte, war er bereit, alles zu tun, was dieser vorschlug. Insbesondere schien er ihm gerecht zu sein, weil er, als der Barbar ihm das Geld geben wollte und er die für einen Gesandten angemessenen Geschenke erhielt, alles zurückwies und erklärte, dass ein passendes Geschenk für einen Mann auf Gesandtschaft stattdessen darin bestehe, die Gefangenen zurückzuerhalten. Der aber bewunderte die Gesinnung des Mannes und sagte: „Diejenigen Gefangenen, die ich mit meinen Söhnen erlost habe,109 übergebe ich dir allesamt. Den Teil allerdings, den die Masse unter sich aufgeteilt hat, kannst du, wenn du willst, von den Besitzern kaufen, wenn diese einverstanden sind. Ich jedoch kann diejenigen, die sie in Besitz haben, nicht gegen ihren Willen dazu zwingen.“ Daraufhin ließ Severus die Gefangenen, die der Vandale selbst gehabt hatte, umsonst frei. Alles, was er an Geld, Kleidern und Ausstattung hatte, ließ er durch einen Herold öffentlich versteigern und kaufte damit so viele Gefangene frei, wie er konnte.

109 Das Verbum ἀπολαγχάνειν bedeutet „durchs Los erhalten“: LSJ9 s. v. Die Übersetzer verstehen es freilich im abgeblassten Sinn: Blockley: „all of the prisoners which I and my sons obtained in the division of spoils“; Cresci: „I prigionieri che toccarono a me e ai miei figli“.

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5.4. Malchos fr. 13 Müller / Cresci = fr. 17 Blockley (Excerpta de legationibus gentium Nr. 5, p. 572, 34–p. 573, 20 de Boor) Ὅτι τῷ αὐτῷ ἔτει πρέσβεις ἐκ Καρχηδόνος ἐς Βυζάντιον ἦλθον, οὓς Ἀλέξανδρος ἦγεν ὁ τῆς Ὀλυβρίου γυναικὸς ἐπίτροπος· ὃς ἐτύγχανε πεµφθεὶς ὑπὸ Ζήνωνος πάλαι συνθελούσης καὶ αὐτῆς τοῦτο τῆς Πλακιδίας. ἔλεγον δὲ οἱ πρέσβεις ὅτι Ὀνώριχος φίλος τε τῷ βασιλεῖ καθεστήκοι ἀδόλως καὶ στέργοι τὰ Ῥωµαίων, καὶ ἀφίησιν πάντα, ἂ πρόσθεν ἐνεκάλει περί τε τῶν προσόδων καὶ τῶν ἄλλων χρηµάτων, ἃ τῆς αὐτοῦ γυναικὸς προειλήφει ὁ Λέων, καὶ ὅσα τῶν ἐµπόρων τῶν ἐκ Καρχηδόνος ἄρτι καθισταµένου τοῦ πολέµου ἐλήφθη, καὶ εἴ τι ἄλλο πάλαι ὁ πατὴρ πρὸς Ῥωµαίους ὁπωσοῦν ἔσχεν αἰτίαν τήν τε εἰρήνην ἔχειν ἀξιοίη βεβαίαν, καὶ µηδὲν εἶναι λοιπὸν τοῖς Ῥωµαίοις ὕποπτος τῷ µὴ οὐχὶ γνησίως τὰς σπονδὰς ἐµπεδώσειν καὶ ὅσα ἤδη συνέκειτο. εἰδέναι γὰρ χάριν ὅτι τὴν Ὀλυβρίου τετιµήκοι γυναῖκα. καὶ ταῦτα πυθόµενος πάντα ἕτοιµος ἦν βασιλεῖ πράττειν ἃ βούλοιτο. ἦν δὲ τοῦτο πρόσχηµα εὐπρεπὲς τῷ λόγῳ, ἐπεὶ τό γε ἀληθὲς πᾶσαν ἐδεδοίκεσαν ὑποψίαν πολέµου, καὶ µετὰ τὸν θάνατον Γινζερίχου πεσόντες ἐς πᾶσαν µαλακίαν οὕτε τῆν αὐτὴν ῥώµην ἐς πράγµατα ἕσχον οὔτε τὰς αὐτὰς ἔτι συνεῖχον παρασκευάς, ἃς ἐκεῖνος πρὸς πᾶσαν πρᾶξιν εἶχεν ἐφόρµους, ὡς θᾶττον ἀεὶ πράττειν ἢ ὡς ἂν ἄλλοι βουλεύσαιντο. δεξάµενος δὲ αὐτοὺς φιλοφρόνως ὁ Ζήνων τιµῆς µὲν ἠξίωσε δεούσης τοὺς πρέσβεις, καὶ δώροις ἀπέπεµψε τοῖς πρέπουσι κοσµήσας, Ἀλέξανδρον δὲ ποιεῖ τῶν πριβάτων κόµητα. ὕποπτος τῷ µὴ οὐχὶ. […] ἐµπεδώσειν Schröder; ὕποπτος τῷ µὴ οὐχὶ. […] ἐµπεδώσειν A, editores. Im selben Jahr kamen Gesandte aus Karthago nach Byzanz, eskortiert von Alexander, dem Verwalter von Olybrius’ Frau. Der war von Zenon ausgeschickt worden, was seit langem auch Placidia selbst gewollt hatte.110 Die Gesandten sagten, Hunerich sei ohne Arglist ein Freund des Kaisers und liebe die römischen Dinge;111 er lasse alle Vorwürfe fallen, die er früher erhoben habe, wegen der Einkünfte, wegen der anderen Vermögenswerte, die Leo seiner Frau früher entzogen habe, wegen der Sachen, die man den Händlern aus Karthago bei Kriegsausbruch genommen habe, und was sein Vater sonst noch den Römern vorgeworfen habe. Er wolle verlässlichen Frieden haben und den Römern keinen Grund geben, ihn zu verdächtigen, dass er den Vertrag und die bereits getroffenen Vereinbarungen nicht einhalten

110 Blockley und Cresci beziehen πάλαι auf ἐτύγχανε πεµφθείς: „had been earlier sent out by Zeno“ bzw. „già tempo addietro era stato mandato“; Müller lässt das Wort in der Übersetzung aus, setzt jedoch ein Komma nach πάλαι. Bedeutung und Wortstellung des Adverbs sprechen jedoch für die Beziehung auf συνθελούσης. 111 Gemeint ist offenbar eine Huldigung an den „Roman way of life“; vgl. Blockley: „loved everything Roman“; Cresci: „favorevole ai Romani“. Die Alternative bestünde darin, das Verbum στέργειν im Sinne von „sich abfinden, zufriedengeben mit“ aufzufassen. τὰ Ῥωµαίων wäre dann ein verkürzter Ausdruck für die Verhandlungsposition der Römer. Müller übersetzt mit „Romanorum partem amplecti“.

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werde.112 Er sei ihm nämlich dankbar, dass er die Frau des Olybrius geehrt habe. Als er dies gehört habe, war er bereit, alles für den Kaiser zu tun, was er wolle. Dies aber war bloß ein schöner Vorwand für den Vorschlag, da sie in Wirklichkeit jeden Verdacht eines Krieges fürchteten; sie waren nach dem Tod des Geiserich völlig verweichlicht und hatten daher nicht mehr dieselbe Tatkraft noch hielten sie dieselben Streitkräfte im Hafen einsatzbereit,113 die jener für jede Aktion stets zur Verfügung gehabt hatte, so dass er schneller handeln konnte, als andere Pläne fassen. Nachdem Zenon die Gesandten freundlich aufgenommen hatte, erwies er ihnen die schuldige Ehre und entließ sie, nachdem er sie mit geziemenden Geschenken ausgezeichnet hatte. Alexander aber machte er zum comes (rerum) privatarum.

5.5. Malchos fr. 10 Müller / Cresci = fr. 14 Blockley (Excerpta de legationibus gentium Nr. 3, p. 570, 28–p. 571, 26 de Boor) Ὅτι ὁ Αὔγουστος ὁ τοῦ Ὀρέστου υἱὸς ἀκούσας Ζήνωνα πάλιν τὴν βασιλείαν ἀνακεκτῆσθαι τῆς ἕω τὸν Βασιλίσκον ἐλάσαντα, ἠνάγκασε τὴν βουλὴν ἀποστεῖλαι πρεσβείαν Ζήνωνι σηµαίνουσαν, ὡς ἰδίας µὲν αὐτοῖς βασιλείας οὐ δέοι, κοινὸς δὲ ἀποχρήσει µόνος ὢν αὐτοκράτωρ ἐπ’ ἀµφοτέροις τοῖς πέρασι, τὸν µέντοι Ὀδόαχον ὑπ’ αὐτῶν προβεβλῆσθαι ἱκανὸν ὄντα σώζειν τὰ παρ’ αὐτοῖς πράγµατα, πολιτικὴν ἔχοντα σύνεσιν ὁµοῦ καὶ µάχιµον · καὶ δεῖσθαι τοῦ Ζήνωνος πατρικίου τε αὐτῷ ἀποστεῖλαι ἀξίαν καὶ τὴν τῶν Ἰταλῶν τούτῳ ἐφεῖναι διοίκησιν. ἀφικνοῦνται δὴ ἄνδρες τῆς βουλῆς τῆς ἐν ῾Ρώµῃ τούτους εἰς Βυζάντιον κοµίζοντες τοὺς λόγους, καὶ ταῖς αὐταῖς ἡµέραις ἐκ τοῦ Νέπωτος ἄγγελοι τῶν τε γεγενηµένων συνησθησόµενοι τῷ Ζήνωνι καὶ δεόµενοι ἅµα ταῖς ἴσαις τῷ Νέπωτι συµφοραῖς χρησαµένῳ συσπουδάσαι προθύµως τῆς βασιλείας ἀνάκτησιν, χρήµατά τε καὶ στρατὸν ἐπὶ ταῦτα διδόντα καὶ τοῖς ἄλλοις, οἷς δέοι, συνεκπονοῦντα τὴν κάθοδον, ταῦτά τε τοὺς λέξοντας ὁ Νέπως ἀπέστελλεν. Ζήνων δὲ τοῖς ἥκουσι τοῖς µὲν ἀπὸ τῆς βουλῆς ἀπεκρίνατο ταῦτα, ὡς δύο ἐκ τῆς ἕω βασιλέας λαβόντες τὸν µέν ἐξεληλάκασιν, Ἀνθέµιον δὲ ἀπέκτειναν· καὶ νῦν τὸ ποιητέον αὐτοὺς ἔφη γινώσκειν· οὐ γὰρ ἂν βασιλέως ἔτι ὄντος ἑτέραν ηγήσεσθαι

112 ὕποπτος im passiven Sinn wird nach LSJ9 s. v. mit dem einfachen Infinitiv (Thuk. 6, 75, 3) konstruiert. Hier ist das Adjektiv jedoch mit einem substantivierten Infinitiv verbunden, weswegen Stephan Schröder vorschlägt, vor ὕποπτος die Präposition ἐπί zu ergänzen; vgl. Luc. Cal. 29: τοὺς […] ἐπὶ προδοσίᾳ τῆς Ἑλλάδος ὑπόπτους γενοµένους. Cresci 1982, 206 hält wie alle früheren Herausgeber an der Überlieferung fest und schreibt dem substantivierten Infinitiv kausalen Sinn zu. Die Übersetzungen zeigen jedoch, dass der Ausdruck den Inhalt des Verdachts bezeichnet: Müller: „necque quicquam suspicionis Romanis relinquere statuisse, quominus pax et foedus sine fraude componeretur“; Cresci: „non voleva che ai Romani restassero motivi di sospetto circa la sua buona fede sia nella tregua da concludere sia nei patti già stipulati“; Blockley: „to leave no ground for the Romans to suspect that he would not honestly adhere to the treaty and the matters already agreed upon“. 113 ἔφορµος bedeutet „im Hafen / vor Anker liegend“: LSJ9 s. v. mit Verweis auf Thuk. 3, 76: νῆες ἔφορµοι οὖσαι. Die Übersetzer verstehen es jedoch im abgeschwächten Sinn: Müller: „exercitus quos […] ad omnes occasiones instructos habebat“; Blockley: „military establishment which he had kept ready for use“; Cresci: „le stesse forze militari che quello teneva pronte per ogni azione“.

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Hans-Ulrich Wiemer γνώµην ἢ κατιόντα προσδέχεσθαι· τοῖς δὲ ἐκ τοῦ βαρβάρου ὅτι καλῶς πράξειε παρὰ τοῦ βασιλέως Νέπωτος τὴν ἀξίαν τοῦ πατρικίου δεξάµενος Ὀδόαχος· ἐκπέµψ ἂν γὰρ αὐτόν, εἰ µὴ Νέπως ἐπεφθάκει. ἐπαινεῖν δὲ ὡς ἀρχὴν ἐπιδέδεικται ταύτην τοῦ τὸν κόσµον φυλάττειν τὸν τοῖς Ῥωµαίοις προσήκοντα, καὶ πιστεύειν ἐντεῦθεν ὡς καὶ τὸν βασιλέα τὸν ταῦτα τιµήσαντα καταδέξοιτο θᾶττον, εἰ ποιεῖν θέλοι τὰ δίκαια. καὶ βασίλειον γράµµα περὶ ὧν ἠβούλετο πέµπων τῷ Ὀδοάχῳ πατρίκιον ἐν τούτῳ τῷ γράµµατι ἐπωνόµασε. ταῦτα δὲ συνεσπούδαζε τῷ Νέπωτι ὁ Ζήνων ἐκ τῶν ἑαυτοῦ κακῶν τὰ ἐκείνου οἰκτείρων καὶ τό γε κοινὸν τῆς τύχης εἰς ὑπόθεσιν ἔχων τῷ δυστυχοῦντι συνάχθεσθαι. ἅµα δὲ καὶ Βηρίνα συνεπώτρυνε τοῦτον τῇ Νέπωτος γυναικὶ συγγενεῖ οὔσῃ συσπεύδουσα. ὁµοῦ καὶ µάχιµον Niebuhr; ὁµοῦ καὶ µάχιµον A, editores. ηγήσεσθαι γνώµην Bekker; ἡγήσεσθαι A, editores. πράξειε Wiemer; πράξοι Niebuhr, Müller, Dindorf, de Boor, Blockley, Cresci; πράξοιε A. ἐκπέµψ ἂν Wiemer; ἐκπέµψ’ ἂν Blockley; ἐκπέµψειν Niebuhr, Müller, Dindorf, de Boor, Cresci; ἐκπέµψαν A. Als Augustus der Sohn des Orestes hörte, dass Zenon die Kaiserherrschaft im Osten wieder zurückgewonnen und Basiliskos vertrieben hatte, zwang er den Senat, eine Gesandtschaft an Zenon zu schicken, um zu erklären, dass sie einer eigenen Kaiserherrschaft nicht bedürften, vielmehr ein gemeinsamer Herrscher auch alleine für beide Enden genüge. Sie hätten Odovakar ausgewählt, weil er sich als fähig erwiesen habe, ihre Angelegenheiten zu schützen – er verfüge nämlich über politischen Verstand und sei zugleich kriegerisch –,114 und bäten Zenon, ihm die Würde eines patricius zu senden und die Verwaltung Italiens zu übertragen. Es trafen also Angehörige des römischen Senates in Byzanz ein und überbrachten diese Worte, und in denselben Tagen auch Boten des Nepos, um sich mit Zenon über dessen Erfolg zu freuen; sie baten gleichzeitig darum, dass er für Nepos, der dasselbe Schicksal erlitten habe (wie er), eifrig die Rückgewinnung der Kaiserherrschaft mit betreibe, indem er dafür Geld und ein Heer zur Verfügung stelle und auch sonst mit allem Nötigen die Rückkehr unterstütze. Diejenigen, die das sagen sollten, hatte Nepos geschickt. Zenon antwortete den Leuten aus dem Senat, dass sie zwei Kaiser aus dem Osten erhalten hätten; den einen hätten sie vertrieben, Anthemius sogar getötet. Jetzt, sagte er, wüssten sie, was zu tun sei: Denn solange es noch einen Kaiser gebe, werde er keinen anderen Vorschlag machen, als ihn bei der Rückkehr aufzu-

114 Herausgeber und Übersetzer folgen der Lesart des codex Ambrosianus N 135 sup. Die Übersetzungen zeigen jedoch, dass das Adjektiv µάχιµος („kriegstüchtig”) schwerlich mit dem Substantiv σύνεσις („Klugheit“) verbunden werden kann: Müller: „et scientia rei publicae administrandae et rei militaris peritia praestare“; Blockley: „a man of military and political experience“; Cresci: „dotato di abilità politica e militare“. Für Niebuhrs Konjektur sprechen zwei Beobachtungen: Zum einen scheint Malchos eine Stelle bei Lukian zu adaptieren (Hist. Conscr. 34), wo die Junktur σύνεσις πολιτική ebenfalls begegnet. Bei Lukian ist diese Junktur jedoch mit einem zweigliedrigen Ausdruck verbunden: ἕχοντα […] σύνεσίν τε πολιτικὴν καὶ δύναµιν ἑρµηνευτικήν. Zum anderen entspricht die Formulierung bei Malchos in auffallender Weise dem Wortlaut zeitgenössischer Chroniken aus Norditalien (vgl. oben Anm. 79); dort aber haben die beiden Eigenschaften auch sprachlich dasselbe Gewicht.

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nehmen.115 Den Leuten des Barbaren hingegen, Odovakar habe gut daran getan, dass er den Rang eines patricius von Nepos empfangen habe. Denn er selbst würde ihn verliehen haben, wenn Nepos ihm nicht zuvorgekommen wäre.116 Er lobe es, dass er auf diese Weise begonnen habe, die den Römern gebührende Ordnung zu bewahren, und vertraue deshalb darauf, dass er auch den Kaiser, der ihn so ausgezeichnet habe, schleunigst aufnehmen werde, wenn er tun wolle, was gerecht sei. Er schickte Odovakar ein kaiserliches Schreiben bezüglich dessen, was dieser wollte, und betitelte ihn in diesem Schreiben als patricius. Auf diese Weise unterstützte Zenon Nepos, weil er aus der Erfahrung eigenen Übels heraus Mitgefühl für dessen Lage hatte und weil ihm die Gemeinsamkeit des Schicksals die Regel gab, Mitleid mit dem zu haben, der ins Unglück gerät. Zugleich trieb ihn auch Verina an, da sie Nepos’ Frau unterstützte, mit der sie verwandt war.

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115 Da die Konstruktion γνώµην ἡγήσεσθαι mit folgendem Infinitiv dem Sprachgebrauch widerspricht, hat Immanuel Bekker vorgeschlagen, ηγήσεσθαι γνώµην zu lesen, weil dieses Verbum für das Einbringen von Vorschlägen und Anträgen geläufig ist, deren Inhalt anschließend durch eine Infinitivkonstruktion angegeben wird; vgl. LSJ9 sowie den Index zu Syll.3 jeweils s. v. Als Subjekt ist dann der Sprecher anzusehen. Herausgeber und Übersetzer halten dagegen an der Überlieferung fest, schreiben dem Ausdruck γνώµην ἡγήσεσθαι die sonst nicht nachweisbare Bedeutung „eine Meinung oder Absicht haben“ zu und beziehen ihn auf die Angeredeten: Müller: „non aliam debere valere sententiam, quam ut illum redeuntem exciperent“; Blockley: „they should entertain no other thought than to welcome him on his return“; Cresci: „non dovevano avere altro pensiero che di accogliere di buon grado il suo ritorno“. 116 Meine Übersetzung beruht auf der Emendation πράξειε. Seit Niebuhr wird allgemein πράξοι gelesen, was freilich allein Müller auch übersetzt hat: „recte et juste facturum, si a Nepote imperatore Odoacer patriciatus dignitatem susciperet“. Anders Blockley: „that it was better that Odovacer had received the patriciate from the emperor Nepos, although he would have conferred it if Nepos had not done so first“; Cresci: „che Odoacre avrebbe fatto bene a ricevere dall’imperatore Nepote la dignità di patrizio: egli stesso gliel’avrebbe inviata, a meno di essere preceduto da Nepote“.

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ZUR HISTORIOGRAPHISCHEN KONZEPTION DES ISAURERS CANDIDUS Hartwin Brandt VORBEMERKUNGEN Unter den nur fragmentarisch erhaltenen spätantik-frühbyzantinischen Geschichtswerken des 5. Jahrhunderts n. Chr. gehört jenes des Candidus bekanntlich zu denjenigen, von denen besonders wenig überliefert ist. In den „Fragmenta historicorum Graecorum“ Müllers und den „Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire“ Blockleys (Bd. II) werden ihm nur ein längeres Photios-Exzerpt als Fragment 1 und ein knapper Suda-Eintrag als Fragment 2 zugewiesen.1 Der Titel dieses Beitrags zeugt also gleichermaßen von Hybris seines Verfassers wie von seinem Mut der Verzweiflung. Da es laut dem Rahmenthema der Tagung insbesondere auch um den aktuellen Forschungsstand gehen soll, werde ich mich im folgenden nach knappen allgemeinen Bemerkungen zu Candidus und seinem Werk (1) vor allem auch der in jüngster Zeit sehr kontrovers diskutierten Frage zuwenden, ob Candidus weitere Textstücke zugewiesen werden können (2). Den abschließenden 3. Teil werden dann einige knappe Bemerkungen zu historiographischen Merkmalen des Geschichtswerks des Candidus bilden. 1. CANDIDUS UND SEIN WERK „Almost all that is known about Candidus the Isaurian and his History comes from the inventory of his work in Photios’ Bibliotheca.“2 Letztere bildet „eine Art Büchertagebuch“ aus dem 9. Jahrhundert, in welchem Photios seinem Bruder Tarasius 386 Bücher schildert und beschreibt, „die er – so jedenfalls die literarische Fiktion – mit einem kleinen Kreis gleichgesinnter Gelehrter gelesen hat.“3 Aus Photios’ Beschreibung geht hervor, dass Candidus ein ἱστορία genanntes Werk in drei Büchern verfaßt hat. Es behandelte den Zeitraum von 457 bis 491, d. h. den Zeitraum von der Kaiserproklamation Leos I. bis zum Regierungsantritt Anastasios I.4 Candidus stammte laut eigener Auskunft in seinem Werk (ὡς αὐτός φησι)5

1 2 3 4

FHG IV s. v. Candidus Isaurus fr.1 und 2, 135–137; Candid. fr. 1–2 (464–471 Blockley). Blockley 2003, 312 mit Verweis auf Phot. bibl. cod. 79. Hansen, s. v. Photios, in: Schütze 1997, 538. Candid. fr. 1 Z. 1–10 (Blockley).

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aus Isaurien, also aus derjenigen Region Anatoliens, in welcher die seit Mitte des 5. Jahrhunderts in Konstantinopel einflußreichen Isaurer beheimatet waren, die mit Zeno von 474 bis 491 sogar einen eigenen Kaiser stellten. Candidus selbst gehörte als Zivilbeamter (ὑπογραφεύς)6 zum Stab führender Isaurischer Funktionäre in Konstantinopel und hing als orthodoxer Christ den Lehrsätzen des Konzils von Chalkedon an.7 Ob er sein Geschichtswerk tatsächlich „from an Isaurian standpoint“ aus verfaßt hat,8 wird noch näher zu erörtern sein. 2. GESICHERTE UND UNGESICHERTE FRAGMENTE Neben der relativ ausführlichen Paraphrase bei Photios und dem knappen SudaEintrag gibt es keine weiteren Candidus mit großer Sicherheit zuzuweisenden Überlieferungssplitter. Allerdings haben gerade in jüngster Zeit diverse Gelehrte dafür plädiert, weitere bruchstückhaft tradierte Texte Candidus zuzuschreiben, zumal es zu den oströmischen Vorgängen im letzten Drittel des 5. Jahrhunderts parallele Überlieferungen gibt (etwa zwischen Malchos und Candidus)9 und offenbar ein lebhaftes literarisches Echo der kurzen Isaurerherrschaft in Konstantinopel und ihrer Niederschlagung durch Anastasios I. existiert hat.10 Wenden wir uns also zunächst der Frage zu, ob sich der schmale Fragmentbestand zu Candidus durch weitere, wenigstens plausible Zuweisungen hypothetisch erweitern läßt. Jüngst hat Warren Treadgold11 die von Roger C. Blockley ohne Zuschreibungsvorschlag als „Anonyma e Suda“ rubrizierten Fragmente 1, 2, 4, 5 und 712 „tentatively“ für Candidus in Anspruch genommen. Dieser Versuch, für den Treadgold weitere Begründungen schuldig bleibt, kann meines Erachtens in keinem einzigen Fall wirklich überzeugen. Im Fragment 1 Blockley (Suda A 783) steht Akakios im Mittelpunkt, wie sein Vorgänger Gennadios als πατριάρχης Κωνσταντινουπόλεως (Z. 1 und 14) eingeführt. Candidus hingegen spricht in dem sicher durch Photios beglaubigten Text mit nur einer Ausnahme13 stets nur von „der Stadt“, wenn es um Konstantinopel geht. Das verbindet ihn mit Malchos, für den Konstantinopel „die Stadt schlecht-

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Ebd. Z. 10. Ebd. Z. 11. Ebd. Z. 12–14. So Blockley 2003, 313; ebenso Treadgold 2007, 103 und Wiemer 2009, 29 („aus einer Isaurischen Perspektive“). Treadgold 2007, 104f.; Wiemer 2009, 29. Wiemer 2009, 26ff.; zur Ausschaltung der Isaurer in der Zeit des Anastasios I.: Meier 2009, 75ff. Treadgold 2007, 105 mit Anm.104. Blockley 1983, 474–481. Candid. fr. 1 Z. 57 (Blockley).

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hin“ ist und der sie daher „oftmals einfach ‚die Stadt‘ nennt.“14 Die Zuweisung des in Rede stehenden Fragments an Malchos erscheint mir daher zumindest nicht weniger plausibel als diejenige an Candidus, zumal (mutmaßlich) Malchos an anderer Stelle Ἀκάκιον τὸν Κωνσταντινουπόλεως ἐπίσκοπον erwähnt.15 Fragment 2 Blockley (Suda A 3970) gilt Harmatios (Armatus), der hier in – für Candidus eher untypischer – blumiger Manier charakterisiert wird. Auffällig ist zudem, wie Blockley hervorhebt, hier der umgangssprachliche, sexuell konnotierte Gebrauch des Adverbs ἐκτόπως.16 Fragment 4 Blockley (Suda Z 84) gibt in anekdotenhafter Manier eine vermeintliche Äußerung Zenos wieder, und im Fragment 5 Blockley (Suda I 368) geht es um den Isaurischen Aufrührer Indacus17 – in beiden Textstücken gibt es kein vernünftiges Indiz für eine Zuweisung an Candidus. Letzteres gilt schließlich auch für das knappe Fragment 7 Blockley (Suda Π 137), welches Pamprepius und Illus betrifft – dieses in der Regel Malchos zugeordnete Textstück könnte (im Sinne Treadgolds) laut Karl Feld „aus dem Illusfreundlichen Candidus exzerpiert sein“,18 aber da wir ohnehin mit etlichen verlorenen ‚Isaurika‘ zu rechnen haben, sehe ich auch in diesem Falle keinen plausibleren Grund für eine Zuweisung des Stücks an Candidus als etwa an Malchos.19 Komplizierter steht die Sache mit den unter dem Namen „Johannes Antiochenus“ kompilierten Fragmenten, von denen einige Candidus zugesprochen werden, und damit komme ich in aller gebotenen Kürze zur „Johanneischen Frage“20 und zu den jüngst besonders lebhaft geführten Debatten, für welche vor allem die Namen Umberto Roberto und Sergei Mariev stehen. In einem langen, im Jahre 2000 publizierten Aufsatz „Sulla tradizione storiografica di Candido Isauro“,21 der noch jüngst von berufener Seite als „grundlegend“ bezeichnet wurde,22 hat Roberto den großangelegten Versuch unternom-

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Wiemer 2009, 36. Malchos fr. 9 [3] Blockley (Suda B 164). Blockley gibt allerdings zu bedenken (Blockley 1983, 457 Anm. 18): „Although this article is usually attributed to Malchus, the style and the name Constantinople suggest otherwise.“ Zum Problem der Zuweisung von Suda-Artikeln an Malchos s. auch die wertvollen Bemerkungen von Wiemer 2009 (33f. Anm. 43). Blockley 1983, 482 Anm. 2 mit Hinweis auf Malchos fr. 8 Blockley (Suda Z 84) Z. 6f. Vgl. zum „schnellen Läufer“ Indacus Feld 2005, 30. 187. 282 u. ö. Wiemer 2009 (33f. Anm. 43) glaubt im Anschluß an Mommsen und Roberto, die Indacus-Notiz gehe „wohl nicht direkt auf Candidus zurück“, sondern sei „durch verlorene Teile des Johannes Antiochenus vermittelt“. Zu diesem Problem s. gleich weiter unten. Feld 2002, 276 Anm. 40. Skeptischer mit Blick auf Malchos ist hingegen Blockley 1983, 482 Anm. 9. „Die sogenannte ‚Johanneische Frage‘ in ihrer ganzen Breite erschließt sich nur nach der Lektüre von G. Sotiradis, Zur Kritik des Johannes von Antiochia, Leipzig 1888 und aller (Hervorhebung von Mariev) Aufsätze von Patzig, Boissevain und de Boor“ (Mariev 2009, 178 A. 9). Roberto 2000. Wiemer 2009, 29 Anm. 24.

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men, Candidus als Hauptquelle des Johannes Antiochenus „für die Geschichte Zenons und der Isaurer (fr. 210–214a Müller = fr. 302–307 Roberto)“23 zu erweisen. Er geht sogar so weit, fast durchgängig von einer „tradizione di CandidoGiovanni“24 zu sprechen, und diese Auffassung bestimmt dann folgerichtig die Auswahl und Annotierung der Fragmente 302–307 in Robertos 2005 publizierter Ausgabe der Fragmente des Johannes Antiochenus.25 Letztgenannte Edition und die ihr zugrundeliegenden Prämissen sind wiederum von Mariev scharf kritisiert worden.26 In seiner neuen, 2008 erschienenen Johannes Antiochenus-Edition verfährt Mariev denn auch mit Blick auf Candidus erheblich zurückhaltender und versieht die in Rede stehenden Fragmente 233–238 Mariev (= 302–307 Roberto) nur mit dem Zusatz „Candidus?“ – the question mark is not necessarily intended to cast doubt on the attribution but merely recognises that the attribution is unproven.“27 Mir scheint diese von Mariev geforderte und praktizierte Zurückhaltung in der Tat geboten zu sein, mehr noch, ich halte erhebliche Skepsis gegenüber einer allzu ‚großzügig‘ vorgenommenen Zuschreibung der fraglichen Textstücke für angezeigt, und zwar aus mehreren Gründen.28 Zunächst ist erneut darauf hinzuweisen, dass mit der Existenz etlicher, leider verlorener ‚Isaurika‘ zu rechnen ist,29 die Johannes Antiochenus allesamt vorgelegen haben könnten. Überdies scheint mir keinesfalls ausgemacht zu sein (obwohl dies regelmäßig angenommen wird), dass die unter Anastasios I. angefertigten „Byzantiaka“ des Malchos, die ebenfalls, wie die Geschichte des Candidus, die Geschehnisse zur Zeit Leos I. und Zenos enthielten, nicht von Johannes benutzt worden sind, mögen sie auch „nur wenig gelesen“30 und von jüngeren Autoren offenkundig nur in geringem Maße ausgeschrieben worden sein.31 Jüngst hat

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Ebd. Roberto 2000, 719 u.ö. Roberto 2005. Zum auch an Candidus gewiesenen Textstück fr. 21 Roberto Z. 3f. (Cod. Paris. gr. 1630) s. u. Anm. 46. Mariev 2006, bes. 537: „Diese Edition bricht mit den Ergebnissen der philologischen Forschung in radikalster Weise.“ Siehe auch die kritischen Bemerkungen von Bleckmann 2009, 66 mit Anm. 24. Durchaus zutreffend beschreibt Roberto (2010, 116) den Beitrag von Mariev 2006 als „excessively critical discussion“ seiner Johannes-Edition. Mariev 2008, 41*; siehe zu dieser Problematik auch Goltz 2008, 130 mit Anm. 180f. Daran halte ich trotz der ausführlichen Replik Robertos (Roberto 2010) auf Marievs Kritik fest. Darin wirft Roberto seinerseits Mariev vor (ebd. 116), „a wholly reductionistic approach to the ‚Historia chronike‘“ zu bieten. S. bereits o. 163 und Wiemer 2009, 26f.; ferner Feld 2005, 228f. Wiemer 2009, 32. Blockley 1981, 71. 124f. Anm. 5, bes. aber 125 (mit Bezug auf die Fragmentzählung bei Müller, FHG): „Even John of Antioch, the most likely user of Malchus (Hervorhebung H.B.), shows considerable divergences, for instance in a different version of the deaths of Heracleius (fr. 210), in calling Epidamnus Dyrrhachium (fr. 211,4) and Byzantion Constantinople (Fr. 211,5) and in the over-use of the λεγόµενος-formula (fr. 211, 3,4 and 5).“ Diese Indizien scheinen mir aber eine Benutzung des Malchos durch Johannes keineswegs auszuschließen,

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überdies Bruno Pottier in seiner Studie zur hagiographischen Überlieferung des heiligen Konon deutlich machen können, dass es weitere Texte gab, die im Umfeld (und zum Teil auf Initiative) von Zeno, Illus und Pamprepius entstanden und zeitgeschichtliche Themen und Ereignisse zum Gegenstand hatten.32 Zwar hat Johannes Antiochenus gewiß, worin Roberto zuzustimmen ist, Candidus gelesen und verwertet,33 aber er dürfte sich nicht allein darauf beschränkt haben, „wenig oder gar nicht bearbeitet(e) Textauszüge“ zu kompilieren,34 sondern in diversen Fällen – etwa bei der Benutzung von Plutarch und der Kirchengeschichte des Sokrates – läßt sich zeigen, dass „John of Antioch does not excerpt this material in a linear fashion, i.e. he does not follow the chronological sequence of his source, but selects facts and expressions which he integrates into his narrative here and there wherever they suit his purpose.“35 Wir dürfen also keineswegs erwarten, Candidus gewissermaßen ‚in Reinkultur’ bei Johannes Antiochenus vorzufinden, und in dieser Hinsicht verfährt Roberto meines Erachtens bisweilen allzu optimistisch und sorglos.36 Es lassen sich denn auch an manchen Stellen deutliche Divergenzen zwischen Candidus und Johannes Antiochenus zeigen, was hier nur exemplarisch verdeutlicht werden soll. Im Fragment 237 Mariev (= 306 Roberto) des Johannes geht es um die Rebellion des Illus, der Kontakte zu Odoaker im Westen sucht: πρὸς τὸν Ὀδόακρον ἔστελλε, τὸν τῆς ἑσπερίας Ῥώµης τύραννον. Candidus hingegen bezeichnet Odoaker nicht als Usurpator im Westen, sondern als Herrscher über Italien und Rom: Ὀδόακρος Ἰταλίας καὶ αὐτῆς ἐκράτησε Ῥώµης (fr. I Blockley Z. 85f.). Während Johannes stets von Κωνσταντίνου πόλις spricht, begnügt sich Candidus im – unumstrittenen – Photios-Exzerpt (bei nur einer Ausnahme) stets mit der

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zumal letzterer die von ihm ausgeschriebenen Texte nachweislich bearbeitet hat, siehe Goltz 2008, 130f. und Mariev 2008, 32*, der einräumt, daß nur „in most cases the fragments (of John of Antioch, H.B.) preserve the wording of the sources John of Antioch used.“ Zu entsprechenden Ausnahmen siehe gleich unten. Pottier 2005. Gegen die (ihm offenbar noch unbekannt gebliebenen) Auffassungen Pottiers plädiert jetzt Wood (2009, 134ff.) für eine Datierung der Biographie des Heiligen Konon erst in die justinianische Zeit. Roberto 2000, passim; siehe auch (wohl zu optimistisch) Pottier 2005, 473 mit Anm. 171. Bleckmann 2009, 65. Mariev 2008, 37*. Anders hingegen Roberto 2010, 117. Angesichts der Tatsache, daß uns auch das Werk des Johannes Antiochenus nur mittelbar durch die konstantinischen Exzerptoren überliefert worden ist (mögen diese auch, wie Roberto, ebd., postuliert, allenfalls „slight alterations“ an den von ihnen vorgefundenen Texten vorgenommen haben), ist es natürlich besonders heikel, Aussagen über den Umgang des Johannes selbst mit seinen Quellen treffen zu wollen. Auch in dieser Hinsicht verfährt Roberto zu sorglos. Zu den (vermeintlichen) lateinischen Quellen des Johannes siehe jetzt noch Ratti 2009. Und dies gilt dann in der Konsequenz auch für diejenigen, die sich in dieser Hinsicht auf Roberto berufen, etwa für manche Äußerungen von Wiemer (2009, 29f.; 41 u. ö.), der mehrfach die hier in Rede stehenden Fragmente des Johannes Antiochenus vorbehaltlos für Positionen des Candidus in Anspruch nimmt.

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Erwähnung von ἡ πόλις. Überdies hält Johannes die beiden Theoderiche häufig durch Zusätze auseinander (Theoderich Strabo: fr. 233 Mariev, 424 Z. 1: Θεοδώριχος ὁ Τριαρίου; fr. 234 Mariev, 426 Z. 21f.: Θευδέριχον τὸν ἐπιλεγόµενον Στραβόν; ebd. 428 Z. 28: ὁ Τριαρίου Θευδέριχος u.ö.; Theoderich, Sohn des Thiudimir, den späteren „Großen“: fr. 234 Mariev, 430 Z. 13: ὁ ἕτερος Θεοδώριχος ὁ Οὐαλάµερος u.ö.), Candidus hingegen läßt den aufständischen Prokopius laut Photios-Exzerpt einfach πρὸς Θεοδώριχον τὸν ἐν Θράκῃ (d. h. zu Theoderich Strabo) fliehen (fr. 1 Blockley Z. 99). Im Detail gut vergleichen lassen sich Candidus fr. 1 Blockley Z. 89–102 und die im Vergleich zum Photios-Exzerpt viel längere Paralleldarstellung bei Johannes Antiochenus fr. 234 Mariev 426 Z.10–430 Z. 19 (= fr. 303 Roberto Z. 8–Z. 68). Etliche inhaltliche und wörtliche Parallelen lassen keinen Zweifel daran, dass Johannes den Candidus-Text gekannt und benutzt hat,37 gleichwohl sollte man sich davor hüten, den ausführlichen Johannes-Text ohne weiteres als wörtliche Übernahme der Candidus-Vorlage anzusehen. So wird etwa die schillernde Figur des Pamprepius38 bei Candidus allein durch das (aus Candidus’ Zugehörigkeit zu den Anhängern des Chalcedonense erklärliche) Attribut δυσσεβής einführend (und negativ) charakterisiert,39 Johannes hingegen stellt seiner Leserschaft Pamprepius als ἄνδρα ἐκ τῆς Πανὸς ὡρµηµένον πόλεως Αἰγύπτου, γραµµατικὴν δὲ µετιόντα καὶ ἐκ πολλοῦ κατὰ τὴν Ἑλλήνων οἰκήσαντα vor.40 Und die versuchte Tötung des Illus schreibt Candidus einem Alanen zu (Ἀλανός τις), bei Johannes hingegen erscheint dieser als βάρβαρός τις Ἀλανὸς τὸ γένος,41 und auch ansonsten verwendet Johannes gern und häufig den von dem Isaurer Candidus möglicherweise bewußt gemiedenen Barbarenbegriff. Schon aus diesen knappen Bemerkungen dürfte deutlich geworden sein, dass man nicht mit Roberto die mutmaßlich von Johannes Antiochenus auch (keineswegs sicher nur!) auf der Basis von Candidus verfaßten Abschnitte seines Werkes vereinfachend gleich vollumfänglich für letzteren selbst in Anspruch nehmen kann. Und es geht im übrigen genausowenig an, aus der zufälligen und sehr bruchstückhaften Überlieferung der frühbyzantinischen Historiographie leichtfertig eine wechselseitig verbundene Abfolge von Vorläufern und Nachfolgern zu postulieren, wie dies etwa Wolf Liebeschuetz tut: „While Ammianus had no successors in Latin, Eunapius stands at the head of a succession of Greek historians: Olympiodorus (407–25), Priscus (433–472),

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Vgl. z. B. Candid. fr. 1 Z. 96f. (Blockley): ὡς ἐµφύλιος συνέστη Ζήνωνι πόλεµος ἐξάρχοντος Μαρκιανοῦ καὶ Προκοπίου […] und Johannes Antiochenus fr. 234 (Mariev 428 Z. 17f.): Συνέστη δὲ καὶ πόλεµος ἐµφύλιος πρὸς τῷ τέλει τῆς Ζήνωνος ὑπατείας ὑπὸ Μαρκιανοῦ καὶ Προκοπίου τῶν ἀδελφῶν […]. Zu ihm siehe nur Feld 2002. Candid. fr. 1 Z. 95 (Blockley). Joh. Antioch. fr. 234, (Mariev 428 Z. 4–6). Candid. fr. 1 Z. 89 (Blockley); Joh. Antioch. fr. 234 (Mariev, 426 Z. 10).

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Malchus (474–480 sic! H.B.), Candidus (457–491), then after a gap Procopius’ account of the wars of Justinian (527–53), Agathias (553–59), Menander the Guardsman (560–582) […] The series ends with Theophylactus (582–602). We notice that each of these histories, except the one of Candidus, starts very close to the end-point of the previous writer in the succession, and that each of the last three deliberately wrote a continuation of his predecessor.“42 Hier werden geradlinige wirkungs- und überlieferungsgeschichtliche Verbindungen vorausgesetzt, die erst im einzelnen zu erweisen wären. Die tatsächlichen Traditionslinien dürften erheblich weniger eindeutig verlaufen sein, und nach diesen etwas weiter ausholenden Überlegungen sollen nun noch einige Bemerkungen zu historiographischen Eigenheiten des Candidus folgen. 3. HISTORIOGRAPHISCHE MERKMALE Zwei Merkmale sind für die Geschichte des Candidus charakteristisch: „die Vermischung der Traditionen profaner und kirchlicher Geschichtsschreibung“43 und die deutliche Beschränkung des Gesichtsfeldes auf Konstantinopel und Anatolien.44 Als den Lehrsätzen des Chalcedonense anhängender Christ und aus der Region Isaurien stammender Historiker, der in einem Nahverhältnis zu führenden Isaurern in Konstantinopel stand,45 interessierte sich Candidus für die Geschichte, Abstammung und das Schicksal seiner Isaurischen Heimat und seiner Landsleute, deren ethnischen Ursprung er offenbar aufgrund phonetischer Ähnlichkeiten auf Esau zurückführte.46

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Liebeschuetz 2003, 216. Wiemer 2009, 58; siehe vor allem Candid. fr. 1 Z. 12–14 (Blockley). Blockley 2003, 314. Candid. fr. 1 Z. 11f. (Blockley): ἐπιτήδευµα δὲ ἔσχεν ὑπογραφεὺς τῶν ἐν Ἰσαύροις πλεῖστον ἰσχυσάντων. Roberto (2000, 726) zeigt sich „überzeugt“ („convinto“), „di poter chiarire la notizia di Fozio: Candido fu ὑπογραφεύς di Illus o della cerchia dei suoi più stretti collaboratori e visse in quel vivace gruppo culturale che accoglieva intorno ad Illus personaggi come Pamprepios, e forse pure Pelagius e Capitone Licio.“ Auch dies sind allenfalls plausible Hypothesen. Candid. fr. 1 Blockley Z. 23f.: οὗτος ἰσχυρίζεται τὴν Ἰσαυρίαν ἀπὸ τοῦ Ἡσαῦ λαβεῖν τὴν ἐπωνυµίαν. Ebd. Z. 50f.; Λεπτοµερής τε τῆς Ἰσαύρων γενεαλογίας ἀφήγησις· καὶ ὡς εἴησαν ἀπόγονοι τοῦ Ἡσαῦ, πολλὴ σπουδὴ καὶ διήγησις. Zu dieser etwas kurios anmutenden Überlieferung gibt es eine Parallele im heftig diskutierten Codex Paris. gr. 1630, die Roberto (2005 fr. 21 Z. 3f.) in seine Johannes Antiochenus-Edition aufnimmt und – wie etwa auch Feld (2005, 37 mit Anm. 3) – auf Candidus zurückführt: Ἰσαὰκ δὲ ἐγέννησε τὸν Ἰακώβ, τὸν κληθέντα Ἰσραήλ, καὶ τὸν Ἠσαῦ, ἀφ’ οὗ Ἴσαυροι καὶ Ἰσραηλῖται µετωνοµάσθησαν. Mariev lehnt das strikt ab und akzeptiert in seiner Johannes-Edition (Mariev 2008) das von ihm als „spurium“ qualifizierte Fragment Roberto (2005) 21 nicht; die detaillierte Begründung findet sich vor allem in Mariev 2009 (das hier in Rede stehende Fragment ist die Nr.67 in der Liste von Mariev 2009, 182). – Wood (2009, 133) glaubt nicht, daß diese Herleitung der Isaurer

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Candidus zeigt also gewiß ein deutliches Interesse für Isaurische Belange, aber dass sein Werk „from an Isaurian standpoint“ verfaßt worden sei,47 ergibt sich daraus noch nicht zwangsläufig und wird man in dieser pointierten Weise vielleicht auch nicht postulieren müssen. So attestiert er etwa dem Alanen Aspar, ἐπὶ τὸ κοινῇ συµφέρον gehandelt zu haben,48 er kennt und berücksichtigt immerhin die wesentlichen Begebenheiten in Rom und Italien und vermerkt die Namen der Protagonisten (Iulius Nepos, Orestes, Romulus Augustulus, Odoaker), und dem Isaurischen Kaiser Zeno steht er eher unbeteiligt und neutral gegenüber.49 Illus hingegen widmet er einen knappen Panegyricus.50 Candidus betreibt also die Integration der Isaurer in die ‚große Geschichte‘ von Reich und Kirche oder, gemäß der Einschätzung von Philip Wood: „Candidus sought to give the Isaurians a civilised Christian history.“51 Aber er liefert nicht unbedingt eine vom Isaurischen Standpunkt aus vorgeprägte Interpretation dessen, was er berichtet. Im übrigen könnte auch Candidus – wie etwa auch Malchos52 – direkte Reden in sein Werk eingefügt haben, denn laut Photios hat er den Dissens zwischen Leo I. und Aspar geschildert καὶ οἷα εἰς ἀλλήλους ἀπεφθέγξαντο.53 Die Kategorien, nach welchen Candidus die Protagonisten seiner Geschichte bewertet, sind relativ schlicht und eindeutig. Anders als etwa für Malchos54 spielt für ihn die Zugehörigkeit zur christlichen Konfession, und dabei zum Chalcedonense, eine entscheidende Rolle, und entsprechend deutlich scheint er seine Urteile formuliert zu haben.55 Die Antriebskräfte des historischen Geschehens bestehen nach Candidus nahezu ausschließlich in den auf die Vermehrung der eigenen Macht zielenden Absichten der Handelnden bei Hofe, in der kaiserlichen Familie oder unter den hohen Würdenträgern, etwa in den Hoffnungen der Leo-Witwe Verina auf eine Verbindung mit dem zum Kaiser zu befördernden ehemaligen magister officiorum Patrikios oder in den Ambitionen des Harmatios (Armatus), der gleich mehrfache atemberaubende Wendemanöver unternahm.56 Eine Aus-

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von Esau aufgrund der „superficial similarity in spelling“ erfolgt sei, sondern er sieht darin den Versuch des Candidus, seinem Heimatvolk „a respectable past“ zu verschaffen und damit dem Vorwurf des Barbarentums zu begegnen – diese Hypothese überzeugt mich nicht. Blockley 2003, 313; ähnlich Wiemer 2009, 29 („aus einer Isaurischen Perspektive“). Candid. fr. 1 Z. 27f. (Blockley) Anders – aber ohne nähere Begründung – Kiel-Freytag 2010, 291. Candid. fr. 1 Z. 81–83 (Blockley). Wood 2009, 134. Wiemer 2009, 49. Candid. fr. 1 Z. 29 (Blockley). Insofern wäre die Aussage von Blockley (2003, 312), laut welcher „Candidus’ History cannot be categorized as one written within the classicizing tradition“, vielleicht etwas einzuschränken. Wiemer 2009, 38. Candid. fr. 1 Z. 13f. (Blockley): τήν τε γὰρ τετάρτην σύνοδον ἐπαίνοις στέφει, καὶ τοὺς κατ’ αὐτῆς καινοτοµοῦντας καθάπτεται δικαίως. Allerdings „läßt sich nichts über die Haltung des Kandidos gegenüber den Heiden“ sagen: Winkelmann 1998, 127. Vgl. Kiel-Freytag 2010, 297.

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nahme bildet hier nur Illus mit dem schon erwähnten Kurzpanegyricus des Candidus, welcher dessen Vertrautheit mit dem Kanon traditioneller Herrschaftstugenden verrät:57 ὡς Ἴλλους πολλὰ τῇ Ῥωµαίων συνήνεγκε πολιτείᾳ ταῖς τε κατὰ πόλεµον ἀνδραγαθίαις καὶ ταῖς κατὰ πόλιν φιλοτιµίαις τε καὶ δικαιοπραγίαις. Dies ist die einzige Stelle im gesicherten Fragmentbestand, an der Candidus einem Akteur übergeordnete, am Gemeinwohl orientierte Handlungsmotive attestiert. Immerhin tritt bisweilen das Bestreben des Candidus hervor, einzelne Handlungen und Begebenheiten in einen Kausalzusammenhang zu bringen. So vermochte Leo I. es zunächst nicht, seinen Schwiegersohn Zeno als seinen Nachfolger zu etablieren, da es an der öffentlichen Zustimmung fehlte.58 Ansonsten gilt für seine Darstellung wohl in ähnlicher Weise das, was Hans-Ulrich Wiemer für Malchos konstatiert hat, nämlich die weitgehende Personalisierung und Moralisierung historischer Vorgänge.59 Laut Photios hat Candidus συµµιγῆ τὴν ἱστορίαν καὶ ἐξ ἀνοµοιοτάτων komponiert,60 eine uneinheitliche Geschichtsdarstellung, in welcher er Disparates zusammenbindet. Diese polemisch und kritisch gemeinte Wertung des Photios könnte den Charakter der leider weitgehend verlorenen ‚Isaurika‘ des Candidus durchaus treffend bezeichnet haben, denn es finden sich darin Kirchengeschichtliches und Profangeschichtliches, Reichsgeschichte in Konstantinopel und Regionalgeschichte in Isaurien, Exkurse zur Etymologie und Genealogie Isauriens wie Hofklatsch aus der kaiserlichen Familie – also eine bunte Mischung unter besonderer Berücksichtigung Isaurischer Protagonisten. BIBLIOGRAPHIE Bleckmann, B., 2009, Fragmente heidnischer Historiographie zum Wirken Julians, in: Goltz 2009, 61–78. Blockley, R. C., 1981, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, Liverpool. Blockley, R. C., 1983, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, Bd. 2: Text, Translation and Historiographical Notes, Liverpool. Blockley, R. C., 2003, The Development of Greek Historiography: Priscus, Malchus, Candidus, in: Marasco 2003, 289–314. Feld, K., 2002, Pamprepius. Philosoph und Politiker oder Magier und Aufrührer?, in: Goltz, A. u. a. (Hgg.), Gelehrte in der Antike, Köln, 261–280. Feld, K., 2005, Barbarische Bürger. Die Isaurier und das Römische Reich, Berlin. Goltz, A., 2008, Barbar – König – Tyrann. Das Bild Theoderichs des Großen in der Überlieferung des 5. bis 9. Jahrhunderts, Berlin.

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Candid. fr. 1 Z. 81–83 (Blockley). Zu Illus siehe nun ausführlich Kiel-Freytag 2010. Candid. fr. 1 Z. 46ff. (Blockley): τῶν ὑπηκόων µὴ παραδεχοµένων. Wiemer 2009, 46; 53. Candid. fr. 1 Z. 22 (Blockley).

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CANDIDUS: UM DIE GESCHICHTE DER ISAURIER Mischa Meier Wirft man einen Blick in die Literatur zur Geschichte des Oströmischen Reiches in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts, so wird man immer wieder mit Schlagwörtern wie „Isaurierfrage“ (A. Demandt), „Isaurian dynasty“ (St. Mitchell), „Isaurierherrschaft“ (A. Demandt) bzw. „Isaurian domination“ (E. W. Brooks) und „Isaurian (pre)dominance“ (J. B. Bury, F. K. Haarer) oder gar „Isaurierjoch“ (E. Kornemann) konfrontiert.1 Im Hintergrund dieser Begriffsprägungen stehen die häufigen und vielfach unübersichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser, seiner unmittelbaren Umgebung und hochrangigen Mitgliedern der Oberschicht um Macht und Einfluss in Konstantinopel – Konflikte, in die seit den späten 440er Jahren zunehmend Isaurier involviert waren und die sich seit der Thronbesteigung des Isauriers Zenon (474–491) besonders auf die Person des Kaisers hin zuspitzten, bis sie dann im Bürgerkrieg der Jahre 491–498 endgültig eskalierten, in dem es Anastasios (491–518) schließlich gelang, die direkte Einflussnahme Isaurischer Größen auf das Machtzentrum in Konstantinopel dauerhaft zu beenden.2 Die prominente Rolle der Isaurier in den politischen Rankünen dieser Jahrzehnte wurde erstmals im Jahr 1893 von Ernest W. Brooks prononciert herausgearbeitet. Brooks entwickelte die These, dass die Isaurier von Kaiser Leon I. (457– 474) gezielt nach Konstantinopel beordert worden seien, um einen wirksamen Gegenpol gegen die allmächtige alanisch-gotische Fraktion um den magister militum Aspar zu bilden, der Leon überhaupt erst auf den Thron gebracht und seinen Einfluss in einer für den Herrscher unerträglichen Weise ausgedehnt hatte. Unter diesen Neuankömmlingen, die einer „race of hardy mountaineers“ entstammten, habe sich besonders der spätere Kaiser Zenon hervorgetan, und seit seiner Beförderung zum magister militum um 466 oder wenig später „there were two factions at the court of Constantinople, the Isaurian and the barbarian, which for convenience we may call the Gothic faction“.3 Brooks’ Vorstellung von zwei homogenen, ethnisch konstituierten Blöcken, die seitdem in der oströmischen Kapitale miteinander konkurriert hätten, entwickelte eine bemerkenswerte Zählebigkeit und wird verschiedentlich auch heute

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Vgl. etwa Brooks 1893, 209–238, bes. 210; Seeck 1920, 316; Bury 1923, Bd. 1, 400; Kornemann 1978, 168; Haarer 2006, 7; 18–21; 27; Demandt ²2007, 225; 227; Mitchell 2007, 24. Zur Ereignisgeschichte für diesen Zeitraum, der in der Forschung weiterhin unterrepräsentiert ist, vgl. einstweilen Lee 2000, 33–62; Feld 2005, 207ff. Brooks 1893, 211f.

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noch vertreten.4 Dies ist umso bemerkenswerter, als die Ethnogeneseforschung der letzten Jahrzehnte gerade mit Blick auf die ‚germanischen‘ Verbände der Völkerwanderungszeit die Kategorie der ethnischen Identität in hohem Maße problematisiert hat, wobei beide Komponenten, sowohl ‚Ethnos‘ als auch ‚Identität‘, auf den Prüfstand geraten sind;5 wie auch immer man sich innerhalb dieses vielschichtigen Diskussionszusammenhanges positionieren mag, so dürfte doch Konsens darüber zu erzielen sein, dass das Postulat eines ‚germanischen Blocks‘ in Konstantinopel ein allzu simples Bild der ungleich komplexeren Gesamtsituation entwirft. Wird man somit kaum von einer kohärenten ethnisch-germanischen Faktion ausgehen können, so stellt sich dieselbe Frage auch für die Isaurische Seite. Zwar bescheinigt eine neuere Untersuchung den Isauriern einmal mehr „ein ausgeprägtes eigenes ethnisches Bewußtsein“,6 doch sollte man in diesem Punkt zunächst einmal skeptisch bleiben, zumal es dem Autor, Karl Feld, nicht gelingt, diese Behauptung argumentativ zu fundieren; der von ihm gebotene höchst deskriptive Ereignisüberblick vermag die Analyse des Materials nicht zu ersetzen und sein Einwand, gegen andere Positionen sprächen „die meisten zeitgenössischen Quellen“,7 wird nirgendwo weiter ausgeführt. Tatsächlich stößt man bei der Suche nach ‚den‘ Isauriern auf durchaus gravierende Probleme. Sie beginnen bereits mit der Frage der geographischen Erfassung der Ἰσαυρία,8 deren Grenzen in der Antike offenbar keineswegs durchgängig fest definiert waren und sich mehrfach verschoben haben (zumal in den Quellen nicht immer scharf zwischen der Landschaft, der Verwaltungseinheit, den Städten und den Bewohnern differenziert wird) – insbesondere die Abgrenzung zu Kilikien, Lykaonien und Pamphylien bereitete Schwierigkeiten; eine eigenständige Provinz Isauria wurde erst von Diokletian eingerichtet.9 Auch die Stellung der Isaurier

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Prominente Vertreter in der Vergangenheit waren u. a. Seeck 1920, 316; Thompson 1946, 18–31; Bury 1923, Bd. 1, 317f.; Stein 1959, Bd. 1, 358; Kornemann 1978, 157f. Aus der jüngeren Literatur siehe etwa Minor 1979, 117–127, bes. 124f.; Hild / Hellenkemper 1990, Bd. 1, 40; Heather 1991, 254f.; Burgess 1992, 874–880, hier 875; Martin 42001, 45; Lilie 2003, 60; Morrisson 2004, 3–47, bes. 21f.; Haarer 2001, 11; Feld 2005, 237–239; zuletzt Demandt 2 2007, 222; Mitchell 2007, 114; Greatrex 2008, 232–248, hier 243. Vgl. etwa (als exemplarische Auswahl): Pohl 1998, 17–69; ders. 2002, 221–239; ders. 22005; Heather 1999, 234–258; Goffart 2006; ders. 2009; Brather 2000, 139–177; Gillett 2006, 241– 260; Halsall 2007; von Rummel 2007; Kulikowski 2009; Wolfram 52009. Feld 2005, 235; ähnlich ebd., 240: „die dramatische Rivalität der beiden ethnischen Gruppen“; 246f. Feld 2005, 238, Anm. 8. So das Lemma Steph. Byz. s. v. Ἰσαυρία (Ι 96, 292 [= Billerbeck / Zubler 2011]). Dort siehe auch die Hinweise zum unklaren Textbefund (293, Anm. 96), der mir die bereits in der Antike bestehenden Unsicherheiten in den geographischen Zuordnungen zu reflektieren scheint. Ἰσαυρία auch der Terminus im Candidus-Exzerpt des Photios, vgl. Candid. fr. 1 (464, 10; 464, 23; 468, 102 Blockley). Zu Isaurien, seiner geographischen Lage und Geschichte siehe Magie 1950, Bd. 2, 1170f., Anm. 22; Hild / Hellenkemper 1990, Bd. 1, 22ff.; 30ff.; Burgess 1990, 109–121, bes. 111–

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innerhalb des kaiserzeitlichen und spätantiken Imperium Romanum war keineswegs eindeutig. Isaurier galten zumal im 4. und 5. Jahrhundert häufig als unzivilisierte, halbbarbarische Banditen und Räuber,10 doch scheint es auch längere Phasen einer friedlichen Koexistenz gegeben zu haben – insbesondere in der Prinzipatszeit bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts.11 Selbstverständlich besaßen auch die Isaurier das römische Bürgerrecht. Stephen Mitchell hat das spätantike Isaurien zuletzt als „a large enclave of barbarian territory within the frontiers of the eastern empire“ bezeichnet,12 doch ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass dieses „barbarian territory“ durchaus hochgebildete Persönlichkeiten (im Sinne des antiken Bildungsideals) hervorbringen konnte.13 In der Spätantike scheint es in der Region Isaurien – verglichen mit den ersten nachchristlichen Jahrhunderten – wieder unruhiger geworden zu sein. Mehrfach sind jetzt Turbulenzen und Aufstände bezeugt,14 und gegen Mitte des 4. Jahrhunderts wurde die Region in einen eigenständigen Militärbezirk verwandelt, dessen Kontrolle einem comes et praeses Isauriae anvertraut wurde.15 Andererseits galten Isaurier aber gerade in der Spätantike auch als schlagkräftige Soldaten; bis in das 6. Jahrhundert begegnen daher immer wieder Isaurische Einheiten als eigenständige Truppenkörper im römischen Heer (wenngleich das nicht bedeutet, dass sie auch vollständig aus Isauriern bestehen mussten), auch Isaurische Offiziere sind mehrfach belegt; erst mit dem Übergang vom 6. zum 7. Jahrhundert treten die Isaurischen Soldaten in der Überlieferung zurück – was aber angesichts der generell sich verschlechtern-

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113; Shaw 1990, 199–233; 237–270; Lenski 1999, 413–465 (u. a. als Antwort auf Shaw); Mietke u. a. 2004, 803–864, bes. 804–808; Feld 2005, 13ff.; Haarer 2006, 13ff.; Wood 2009, 129–138. S. etwa HA Probus 16, 4–6; Amm. 14, 2, 1–20; Eunap. fr. 71, 4 (114–116 Blockley); Prisk. fr. 10 (242, 13–14 Blockley); Theod. epist. 40; Zos. 1, 69; Cod. Theod. 9, 35, 7 [a. 408]. Vgl. Shaw 1990, 237ff.; Burgess 1992, 875; Lenski 1999, 427; 450; Elton 2000, 293–307, bes. 293; 296; ders. 2000, 393–407, bes. 393; Roberto 2000, 685–727, bes. 685f.; Feld 2005, 200ff. So jedenfalls Lenski 1999a, 431–439; ähnlich auch Feld 2005, 200f. Mitchell 2007, 114. Vgl. Elton 2000a, 296f.; ders. 2000b, 402f.; ders. 2007, 77–85; Feld 2005, 223ff. Schwere Unruhen kennen wir z. B. aus den Jahren 353/54, 359, 368, 375, 404–408, 441 sowie mehrfach in den 470er Jahren. 471/72 wurden neue Militärverwaltungen in Pamphylia, Isauria, Lycaonia und Pisidia eingerichtet, offenbar, um die ständigen Unruhen unter Kontrolle zu bringen. Siehe Prisk. fr. 10 (242, 13–15 Blockley); Marc. Com. s. a. 441, 1 (80 Mommsen); Joh. Ant. fr. 298 (504 Roberto); Mirac. Thecl. 13; 16; 19; 26; 27; 28; 32 (113ff. Dagron); Cod. Iust. 9, 12, 10 [a. 468]. Vgl. Minor 1979, 121–124; Hild / Hellenkemper 1990, Bd. 1, 35ff.; Shaw 1990, 240ff.; Lenski 1999a, 422–425; 443f.; ders. 1999b, 308–325; Elton 2000a, 296; Feld 2005, 138ff.; Haarer 2006, 14f.; Pottier 2005, 443–474. Hild / Hellenkemper 1990, Bd. 1, 35; Woods 1998, 109–119.

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den Quellenlage für diesen Zeitraum keine sicheren Rückschlüsse auf ihre tatsächliche Präsenz zulässt.16 Deutlich sollte jedenfalls sein, dass die Frage nach ‚den‘ Isauriern in der Spätantike sich keineswegs in wenigen Worten beantworten lässt, so dass Brooks‘ These von der Blockbildung in Konstantinopel auch mit Blick auf die Isaurische Seite auf Schwierigkeiten stößt. Mit gutem Grund wurde daher in neueren Arbeiten auf die Schwächen dieses Ansatzes hingewiesen. William D. Burgess richtete die Aufmerksamkeit auf die massiven Auseinandersetzungen zwischen einzelnen ambitionierten Isaurischen Persönlichkeiten unter der Herrschaft Zenons und deutete diese als Ausdruck der Konkurrenz zweier mächtiger Isaurischer Familien (zum einen um den Kaiser, zum anderen um Illus); damit war zwar der erste Schritt zur Auflösung des kohärenten ‚Isaurierblocks‘ getan, doch blieb die ethnische Komponente weiterhin Teil des Argumentationszusammenhangs, insofern Burgess gleichsam die Binnenstruktur des ‚Isaurierblocks‘ freizulegen sich bemühte.17 Auch Noel Lenski glaubte immerhin noch von einem „sense of community“ bei den Isauriern sprechen zu können.18 Erst Hugh Elton hat mit allem Nachdruck betont, dass sich nirgendwo Aktionen Isaurischer Akteure sicher auf ein ethnisches Bewusstsein zurückführen lassen können, und machte dies exemplarisch an der Karriere des Isaurischen Feldherrn Illus (cos. 478, patricius seit 477, magister officiorum 477–481, magister militum per Orientem 481–483)19 deutlich, der sich mehrfach auf die Seite Zenons begab und diesen dann doch wieder bekämpfte, ohne dass dabei ein Isaurisches Gruppenbewusstsein auch nur ansatzweise erkennbar wäre.20 Vollends wurde die Vorstellung eines ‚Isaurierblocks‘ schließlich von Brian Croke ad absurdum geführt, der in einer differenzierten Untersuchung der Konflikte um Leon I., Aspar und Zenon zeigen konnte, dass ‚Isauriertum‘ für keinen der Akteure zu irgendeinem Zeitpunkt einen handlungsleitenden Faktor dargestellt hat.21 Mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand wird man daher die von Brooks so wirkmächtig entworfene These vom Konflikt zweier kohärenter, ethnisch definierter Blöcke getrost aufgeben dürfen. „Such an interpretation is belied“.22 Wirft man indes einen genaueren Blick in die Quellen, so stößt man auf Material, das diesem Befund diametral zu widersprechen scheint. Der Historiker Can-

16 17 18 19 20 21 22

Elton 2000b, 394f.; vgl. 397; Palme 2004, 157–173; Haarer 2006, 27, mit Anm. 86; Feld 2005, 208ff. Burgess 1992, der 874f. explizit weiterhin an der Vorstellung von den zwei Blöcken festhält. Lenski 1999a, 454. PLRE II 586–590 (Illus1). Elton 2000b, 393–407. Croke 2005, 147–203, bes. 165ff.; 200. Croke 2005, 200.

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didus,23 selbst Isaurischer Herkunft,24 hat offenbar in seinem Werk wiederholt von ‚den‘ Isauriern gesprochen und mit diesen durchaus klare Vorstellungen verbunden – jenseits der bis dahin gängigen, eher unpräzisen, dafür aber situativ aktualisierbaren Assoziationen mit halbbarbarischen Räubern.25 Folgt man seiner Darstellung, die freilich nur in einer gerafften Zusammenfassung des Photios († 891) vorliegt,26 so scheinen die Isaurier zumindest unter Anastasios, der Wirkungszeit des Candidus,27 selbst ein Gruppenbewusstsein, d. h. eine eigene Identität – wie auch immer sie definiert war – besessen zu haben. Und auch in der Außenperspektive müssen spätestens seit den Jahren um 500 präzise Vorstellungen davon existiert haben, wer Isaurier war und wer nicht. Malchos aus Philadelphia (heute Amman), der sein Geschichtswerk wahrscheinlich ebenfalls unter Anastasios verfasste,28 traute ‚den‘ Isauriern zu, Konstantinopel in Brand zu legen, assoziierte mit ihnen also bestimmte Vorstellungen.29 Vor allem aber lässt sich ein Zeugnis Prokops, in dem Isaurier dezidiert von Lykaoniern abgegrenzt werden, nicht anders verstehen als in dem Sinne, dass es irgendwelche Zuordnungskriterien gegeben haben muss.30

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Alle nachfolgenden Verweise auf das Geschichtswerk des Candidus beziehen sich auf die Edition von Blockley 1983, 464–470. Zu Candidus siehe Blockley 2003, 289–315, bes. 312– 314; Roberto 2000, 691; 696f. Candid. fr. 1 (464, 10–11 Blockley). Vgl. Candid. fr. 1 (466, 30–31 Blockley): τὸ Ἰσαύρων γένος; ferner fr. 1 (466, 34 Blockley): τοὺς Ἰσαύρους. Zu älteren Vorstellungen, die sich mit ‚den‘ Isauriern verbanden, s. u. Anm. 30. Phot. bibl. cod. 79 (I 161–166 Henry). Sicher zuzuweisen ist Candidus zudem das Lemma der Suda X 245 (Candid. fr. 2 [470 Blockley]). Über weitere Textstücke, die indirekt auf Candidus zurückgehen könnten, wird in der Forschung diskutiert. Es handelt sich um fünf Fragmente über die Herrschaftszeit Zenons aus der unter Konstantin VII. entstandenen ExzerptSammlung Excerpta de insidiis (fr. 94–98 [132–140 de Boor]), die Johannes von Antiocheia zugewiesen werden, der aber an diesen Stellen auf Candidus zurückgegriffen haben dürfte. Die Diskussion über die Herkunft der Fragmente wird aktuell geführt. Während sich Roberto 2000, bes. 696, entschieden für eine Rückführung dieser Texte auf Candidus einsetzt (vgl. fr. 302–306; 510–526 Roberto) und in dieser Position von Wiemer 2009, 25–60, hier 29, Anm. 24, unterstützt wird, ist Mariev in seiner neuen Johannes-Edition vorsichtiger, versieht den Namen ‘Candidus’ im Quellenapparat mit einem Fragezeichen, merkt aber ausdrücklich an, dass „the question mark is not necessarily intended to cast doubt on the attribution but merely recognises that the attribution is unproven“ (Mariev 41*; die Fragmente: fr. 233–237; 424– 442 Mariev). Vgl. Blockley 2003, 313. Zu Malchos siehe jetzt auch Wiemer 2009, 31f., mit Anm. 38, zur Datierung seines Geschichtswerks in die Zeit des Anastasios. Weitere Literatur ebd., 35, Anm. 49. Malch. fr. 22 (450, 24–452, 27 Blockley). Dazu Wiemer 2009, 45. Prok. BP 1, 18, 38–40, mit Elton 2000a, 293. Prokops Differenzierung zwischen Isauriern und Lykaoniern könnte aus dem Umstand resultieren, dass seit Mitte des 4. Jh. einige Städte, die ‚Isaurien‘ im Namen führten (Isaura Palaia [seit Leon I. Leontopolis? – Heute wahrscheinlich Zengibar Kalesi], Isaura Nea [Isauropolis? Lokalisierung unsicher, evtl. Aydoğ-

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Wie also ist dieser Quellenbefund zu erklären? Sollten wir doch von ‚den‘ Isauriern sprechen, wie es bereits Brooks – unter anderem unter Berufung auf Candidus31 – getan hatte, und müssen wir ihnen ebenso ein Gruppenbewusstsein, eine eigene Identität, attestieren, wie möglicherweise für Nicht-Isaurier explizite Abgrenzungskriterien existierten? Widmen wir uns zur Beantwortung dieser Fragen zunächst dem erhaltenen Auszug aus dem Geschichtswerk des Candidus, dessen Analyse auch Aufschluss über die Hinweise auf ‚die‘ Isaurier bei Malchos und Prokop verspricht. Der byzantinische Patriarch Photios hat von Candidus ebenso wenig gehalten wie von dessen Historien,32 die in drei Büchern die Zeit vom Herrschaftsantritt Leons I.

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muş]; allerdings ist die Identifikation und Lokalisierung dieser Orte keineswegs sicher, vgl. Lenski 1999a, 445, Anm. 166; Burgess 1990, 110f.; Belke ²2004, 180f.; 198–200; Stiernon 1997, 131–136; Behrwald 2010, 763–798, bes. 791f., sowie bereits Magie 1950, Bd. 2, 1171f., Anm. 24, und Jones 21971, 138; 441, Anm. 28; 534 [Append. IV]), in der Provinz Lykaonien lagen. Wäre dies der Fall, dann hätte Prokop Provinzgrenzen als Abgrenzungskriterium verwendet, vgl. Feld 2005, 19, mit Anm. 4. Auch in älteren Zeugnissen begegnet man mitunter ‚den‘ Isauriern, doch sollte daraus nicht voreilig auf eine Isaurische Identität bzw. auf präzise Vorstellungen von ‚Isauriertum‘ in der Außenperspektive geschlossen worden. Die entsprechenden Zeugnisse beziehen sich zumeist auf ganz konkrete Situationen, in denen ‚die‘ Isaurier synonym für Räuber- oder Plündererscharen stehen, ohne dass dabei konkrete Zuordnungskriterien erkennbar wären, außer dass es prinzipiell um Überfälle, Räuberei und Brigantentum geht. Vgl. z. B. Eunap. fr. 71, 4 (114– 116 Blockley), wo mit Blick auf Plünderungszüge in Pamphylien (Ende 4. Jh.) sogar „Isaurierkriege“ (Ἰσαυρικοὶ πόλεµοι) genannt werden; doch diente dies vor allem der Hervorhebung der Leistungen Fravittas (PLRE I 372f.) in der Bekämpfung der Unruhen, die von Zosimos (5, 20, 1) denn auch ohne expliziten Bezug auf ‚die‘ Isaurier als „Räuberplage“ (τῶν λῃστῶν λύµη) bezeichnet werden. Ähnlich konkret und situationsbezogen, wiewohl angereichert mit den traditionellen Assoziationen des Isaurisch-halbbarbarischen Räubertums, ist wohl auch Philostorg. fr. 11, 8 (139, 21 Bidez / Winkelmann) zu verstehen, der mit Blick auf die Isaurischen Plünderungszüge vom „Volk der Isaurier“ (τὸ Ἰσαύρων γένος) spricht. Dass einzelne Räubergruppen in bestimmten Situationen durchaus pauschal als „die Isaurier“ bezeichnet werden konnten, geht aus Prisk. fr. 55 (368 Blockley) = Joh. Ant. fr. 298 (504 Roberto) = fr. 229 (416–418 Mariev) eindeutig hervor. Vgl. etwa Brooks 1893, 210. Eine zentrale Stellung nimmt in dieser Diskussion ein Satz des Photios ein, wonach – Candidus zufolge – Leon I. sich mit dem génos der Isaurier – vertreten durch Zenon – verbunden habe; auch Ardabur habe sich mit dem Gedanken getragen, die Isaurier zu gewinnen, um seinerseits gegen Leon I. vorzugehen, vgl. Candid. fr. 1 (466, 30–35 Blockley): καὶ ὡς ὁ βασιλεὺς διὰ τοῦτο ἡταιρίσατο τὸ Ἰσαύρων γένος διὰ Ταρασικοδίσσα Ῥουσουµβλαδεώτου, ὃν καὶ Ζήνωνα µετονοµάσας γαµβρὸν ἐποιήσατο […]. καὶ ὡς Ἀρδαβούριος ἐς τὸ ἐναντίον µελετῶν τῷ βασιλεῖ, καὶ αὐτὸς οἰκειοποιήσασθαι τοὺς Ἰσαύρους διενοήθη. Über diese Äußerung (zu ihr s. u.) urteilte bereits Elton 2000b, 397, sie sei „far from proving that Zeno or Isaurians were seen as a counter to Aspar and his faction“ (ohne dies allerdings näher zu begründen). Der Originaltitel des Werks ist nicht überliefert.

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(457) bis zur Thronbesteigung des Anastasios (491) behandelt haben.33 In einem eigenen Abschnitt listet er die in seinen Augen kritikwürdigen Punkte auf:34 Candidus, aus Isauria Tracheia stammend und als orthodoxer Christ den Beschlüssen des Konzils von Chalkedon (451) anhängend,35 habe ein Geschichtswerk hinterlassen, das weder formal noch stilistisch den Ansprüchen seriöser Historiographie genügt habe. „Er hat keinen Stil, wie er sich für eine historische Darlegung ziemt“ (τὴν δὲ φράσιν οὐκ ἔχει πρέπουσαν λόγῳ ἱστορικῷ).36 Geschmacklos (ἀπειρόκαλος) und kindisch (µειρακιώδης) sei seine Vorliebe für poetisches Vokabular, schwer zu ertragen der Satzbau; Innovationen in der Syntax (νεωτερίζει δὲ καὶ ταῖς συντάξεσιν) hätten dem Werk die Eleganz geraubt, sein Vortrag sei kein Hörvergnügen gewesen.37 Und überhaupt: Man könne Candidus dabei ertappen, dass er sein Geschichtswerk zusammengewürfelt und aus disparaten Versatzstücken komponiert habe (συµµιγῆ τὴν ἱστορίαν καὶ ἐξ ἀνοµοιοτάτων ἁρµόζων ἁλίσκεται).38 Dieses vernichtende Urteil scheint unter anderem daraus zu resultieren, dass Photios Probleme damit gehabt haben dürfte, das Geschichtswerk des Candidus zu klassifizieren. Der klassizistischen Profanhistoriographie scheint man es nicht zurechnen zu können;39 offenbar fügte es sich auf der stilistischen Ebene nicht in die entsprechende Tradition, aber auch inhaltlich muss es sich als sperrig erwiesen haben: Es hat die Ablösung des antiochenischen Patriarchen Petrus Fullo durch Kalandion – also einen genuin kirchenhistorischen Themenzusammenhang – ebenso behandelt40 wie die Priesterweihe des Usurpators Markian41 und diskutierte in einem längeren Exkurs die vermeintliche Abstammung der Isaurier vom alttestamentlichen Esau (s. u.).42 Doch auch als kirchenhistorische Darstellung vermochte das Werk nicht zu überzeugen, weil es – so jedenfalls lässt die Zusammenfassung des Photios erkennen – allzu sehr auf politische Ereigniszusammenhänge im Umfeld der Kaiser konzentriert war – mit nur vereinzelten Aus-

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Vgl. Candid. fr. 1 (464, 8–10 Blockley): „Wie gesagt, beginnt der Historiograph (ὁ συγγραφεύς) sein Geschichtswerk mit dem Anfang der Herrschaft Leons und er endet mit der Proklamation des Anastasios“. Candid. fr. 1 (464, 15–24 Blockley). Candid. fr. 1 (464, 10–14 Blockley). Candid. fr. 1 (464, 15 Blockley). Candid. fr. 1 (464, 15–21 Blockley). Candid. fr. 1 (464, 21–23 Blockley). So auch Blockley 2003, 312: „Candidus’ History cannot be categorized as one written within the classicizing tradition“. Candid. fr. 1 (468, 77–79 Blockley). Möglicherweise unter Verwendung des christlichen Terminus πρεσβύτερος, sofern dieser nicht von Photios stammt: Candid. fr. 1 (468, 98–99 Blockley). Vgl. Blockley 2003, 313, der von der Thematisierung religiöser Aspekte „to a degree unacceptable to the norms of late classicizing historiography“ spricht.

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blicken in andere Regionen.43 Photios hatte also aus seiner eigenen Perspektive guten Grund, mit den Historien des Candidus zu hadern. Vor allem aber scheint ihn die Fokussierung des Gesamtwerks des Isauriers auf Ereigniskomplexe, in denen ‚die‘ Isaurier im Zentrum standen, erheblich gestört zu haben.44 Grundsätzlich wird man einwenden können, dass eine dreiseitige Zusammenfassung kaum Rückschlüsse darauf zulässt, wo der Autor eines ursprünglich dreibändigen Werkes seine Schwerpunkte gesetzt hat. Aber es erscheint doch möglich, gewisse Indizien für die These beizubringen, dass Candidus sich tatsächlich vor allem mit ‚den‘ Isauriern beschäftigt hat. Zum einen fällt die Anordnung der inhaltlichen Aspekte auf, die Photios resümiert. Buch 1 schien zunächst – so jedenfalls suggeriert es der Byzantiner – direkt auf das ‚Bündnis‘ zwischen Leon I. und den Isauriern zuzulaufen, um sich im Folgenden dann immer mehr auf das Wirken Zenons zu konzentrieren.45 Buch 2 muss insbesondere die Figur des Illus in den Vordergrund gerückt und die Zuspitzung des Konflikts zwischen dem Isaurischen Kaiser und seinem Isaurischen Rivalen ausgeführt haben;46 möglicherweise stellte die Entwicklung vom freundschaftlichen Verhältnis der beiden zur erbitterten Gegnerschaft sogar ein strukturbildendes Element dar.47 Die Auseinander-

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Es handelt sich um das Afrika-Unternehmen des Basiliskos, die Geschehnisse um Petrus Fullo in Antiocheia, die Ablösung und Vertreibung des Iulius Nepos durch Romulus Augustulus im Westen sowie die Ablehnung einer Bitte der Gallier, sie gegen Odoaker zu unterstützen, durch Zenon: Candid. fr. 1 (466, 44–45 [Afrika-Unternehmen]; 466, 57–59 [Kaisererhebung des Romulus]; 468, 77–79 [Petrus Fullo]; 468, 84–88 [Ereignisse um Iulius Nepos, Romulus Augustulus und Odoaker] Blockley). Vgl. Blockley 2003, 414: „There was apparently little interest in events outside Constantinople and its Asia Minor hinterland“. Auch die vermeintlich ‘äußeren’ Ereigniszusammenhänge, die wir aus Candidus’ Werk kennen, lassen sich aber jeweils indirekt mit Konstantinopel als politischem Gravitationszentrum in Verbindung bringen, so dass auch in diesen Fällen ein primäres Interesse an den Vorgängen in der Hauptstadt vorgelegen haben könnte, vgl. Blockley, a. a. O., 414. Die Thematisierung der Afrika-Expedition des Basiliskos könnte der Charakterisierung des späteren Usurpators gegen Zenon gedient, die Ereignisse um Petrus Fullo mit den Aktivitäten des Illus im Osten zusammengehangen haben; die Vertreibung des Iulius Nepos verwies möglicherweise auf Zenons Interesse an Dalmatien, die Ablehnung der gallischen Gesandtschaft könnte zur Charakterisierung der kaiserlichen Politik gegenüber Odoaker beigetragen haben. Diese Fokussierung konstatiert auch Blockley 2003, 313, der Candidus’ Historien wie folgt charakterisiert: „[…] it was a history of those reigns, of Leo and Zeno, that witnessed the Isaurians in power at Constantinople, and it was written from an Isaurian standpoint with a very heavy emphasis on events in and around Constantinople“. Vgl. Candid. fr. 1 (464, 25–466, 59 Blockley). Roberto 2000, 698. Vgl. Candid. fr. 1 (466, 60–470, 103 Blockley). Dies geht jedenfalls andeutungsweise aus Photios’ Zusammenfassung hervor, der direkt nach der Ersterwähnung des Illus – kurz nach dem Beginn des 2. Buches – dessen hervorragendes Verhältnis zu Zenon betont (Candid. fr. 1 [468, 68 Blockley]: καὶ εὐδοκιµῶν ἐπὶ Ζήνωνος) und am Ende seines Überblicks über Buch 2 auf die Gegnerschaft der beiden verweist, in einer Formulierung, die nahe legt, dass diese sich im Verlauf des 2. Buches allmählich aufge-

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setzungen kulminierten schließlich in der Revolte des Illus und des von ihm unterstützten Gegenkaisers Leontios (484–488), die Gegenstand des 3. Buches waren.48 Auffällig ist, dass Photios diesem abschließenden Buch gerade einmal vier Zeilen widmet, wohingegen die Zusammenfassungen der beiden vorangegangenen Bücher immerhin jeweils etwa eine Seite umfassen (in Roger Blockleys Edition). Nach der Niederschlagung des Illus-Leontios-Aufstandes wurde der weitere Fortgang der Ereignisse aber offenbar uninteressant – entweder für Candidus selbst oder für Photios. Lapidar fasst letzterer jedenfalls zusammen: „[…] und dann [folgt] noch der Rest bis zu Zenons Tod“ (καὶ τἄλλα ἕως τῆς Ζήνωνος τελευτῆς).49 Mit der endgültigen Entscheidung des Konflikts zwischen den beiden Isaurischen Großen sah Photios offenbar den Höhepunkt des ihm vorliegenden Geschichtswerks erreicht – sowohl dramaturgisch wie auch inhaltlich-konzeptionell. Doch spiegelt sich darin nur seine eigene Wahrnehmung oder hat Candidus sein Werk tatsächlich in dieser Weise komponiert? Ich wage die Vermutung, dass Photios uns einen zuverlässigen Eindruck vermittelt. Offenbar stellte die Konzentration auf Ereigniszusammenhänge, in denen Isaurier eine tragende Rolle spielten, tatsächlich das distinkte Charakteristikum der Historien dar. Um dies zu untermauern, muss der Blick noch einmal auf den bereits erwähnten Abschnitt gerichtet werden, in dem Photios den Isaurischen Historiographen so massiv kritisiert: Nach den Einwänden gegen Stil und Gesamtkomposition des Werks fährt Photios nämlich mit einem signifikanten Satz fort: „Dieser [sc. Candidus] beharrt darauf, dass Isaurien seine Bezeichnung von Esau erhalten habe“ (οὕτος ἰσχυρίζεται τὴν Ἰσαυρίαν ἀπὸ τοῦ Ἡσαῦ λαβεῖν τὴν ἐπωνυµίαν).50 Die Fokussierung der Historien auf die Isaurierthematik stellte für den byzantinischen Patriarchen also einen weiteren zentralen Kritikpunkt dar, und auch an anderer Stelle weist er noch einmal auf die bemerkenswerte Versessenheit hin, mit der Candidus eine alttestamentliche Abkunft der Isaurier von Esau verfochten haben muss: „Und dass sie Nachfahren des Esau waren, darauf verwendet er viel Eifer und eine ausführliche Darstellung“ (καὶ ὡς εἴησαν ἀπόγονοι τοῦ Ἡσαῦ, πολλὴ σπουδὴ καὶ διήγησις).51 Eine Auseinandersetzung mit ‚den‘ Isauriern scheint also in der Tat ein grundsätzliches Anliegen des Candidus gewesen zu sein. Diesen Rückschluss legt nicht nur der Aufbau seines Werkes nahe – zumindest so, wie er sich im Exzerpt des Photios präsentiert –, sondern insbesondere auch die Kritik des Byzantiners,

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baut hat: καὶ ὡς ἡ πρὸς Ἴλλουν ἔχθρα τῷ βασιλεῖ συνέστη καὶ ηὐξήθη (Candid. fr. 1 [468, 102–470, 103 Blockley). Candid. fr. 1 (470, 104–107 Blockley). Candid. fr. 1 (470, 106–107 Blockley). Candid. fr. 1 (464, 23–24 Blockley). Candid. fr. 1 (466, 50–51 Blockley).

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die gerade auf diesen Punkt zielte. Weitere Beobachtungen bestätigen diesen Eindruck: Sollte sich Candidus tatsächlich vor allem mit jenen Angelegenheiten beschäftigt haben, in die Isaurier prominent verwickelt waren, so hätte dies – im Vergleich zu anderen Darstellungen der Zeit, wie z.B. derjenigen des Malchos – unweigerlich den Eindruck eines verzerrten Bildes hinterlassen und Fragen nach der Disposition des Materials evoziert; es ist aber exakt dies einer der Punkte, an denen Photios seine Kritik festmacht: Unausgewogenheit in der Anordnung des Materials (s. o.). Diese mag sich u. a. darin gespiegelt haben, dass Candidus das Massaker an den Isauriern in Konstantinopel unter Basiliskos in besonderer Weise hervorgehoben hat.52 Auffällig ist zudem, dass Candidus, soweit erkennbar, ein zwar nicht positives, aber immerhin vergleichsweise ausgewogenes Zenon-Bild vertrat; jedenfalls fügt er sich nicht in die Reihe jener Autoren, die dem Kaiser aus unterschiedlichen Gründen pauschal persönliche Schwäche, mithin völlige Unfähigkeit vorwarfen – wie etwa wiederum sein näherer Zeitgenosse Malchos –, sondern zeichnete Zenon eher passiv und hat ihn wohl insbesondere für den Bruch mit Illus verantwortlich gemacht.53 Vor allem aber scheint der Autor erkennbare Sympathien für Zenons Rivalen Illus besessen zu haben, den er in besonderer Weise herausstellt und dessen Bewunderung sein Zenon-Bild unverkennbar negativ beeinflusst hat.54 Erst Illus’ unselige Verbindung mit dem Philosophen Pamprepios († 488)55 habe die Katastrophe des Feldherrn herbeigeführt;56 hält man mit Umberto Roberto die Zuweisung einiger Fragmente des Johannes von Antiocheia an Candidus für sicher,57 dann würde das erhaltene Textmaterial sogar den Schluss zulassen, dass der Isaurische Historiograph den Untergang des Illus geradezu als eine Tragödie ausgemalt hat: Von Zenon in eine ausweglose Lage getrieben, die ihm nur noch die Möglichkeit einer offenen Revolte beließ, wird der Belagerte von einem ehe52 53

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Candid. fr. 1 (466, 57 Blockley). Letzteres geht zumindest aus dem Bericht des Johannes von Antiocheia in den konstantinischen Excerpta de insidiis hervor (Exc. de insid. fr. 98 [136, 10–15 de Boor] = Joh. Ant. fr. 306 [518, 1–5 Roberto] = fr. 237 [434, 7–12 Mariev]), der wahrscheinlich auf Candidus zurückzuführen ist (s. o. Anm. 26). Zum Bild des Kaisers Zenon in den Quellen siehe Laniado 1991, 147–173, bes. 147–150 (Malchos); 153f. (Candidus); ferner Feld 2005, 278–284, bes. 279 (Malchos); 282 (Candidus). Speziell zu Malchos: Roberto 2000, 689; Wiemer 2009. Zu Candidus’ überschwänglicher Illus-Verehrung siehe Candid. fr. 1 (67–470, 103 Blockley [bes. 468, 81–83: ὡς Ἴλλους πολλὰ τῇ Ῥωµαίων συνήνεγκε πολιτείᾳ ταῖς τε κατὰ πόλεµον ἀνδραγαθίαις καὶ ταῖς κατὰ πόλιν φιλοτιµίαις τε καὶ δικαιοπραγίαις]; daneben Joh. Ant. fr. 303 [512–516 Roberto] = fr. 234 [426–432 Mariev]; Joh. Ant. fr. 306 [518–526 Roberto] = fr. 237 [434–442 Mariev]). Laniado 1991, 154; Roberto 2000, 700ff.; Feld 2005, 282; Wiemer 2009, 29. PLRE II 825–828. Candid. fr. 1 (468, 94–96 Blockley); vgl. Joh. Ant. fr. 303 (512, 25–29; 514, 36–37 Roberto) = fr. 234 (428, 4–7; 428, 15–17 Mariev). Vgl. Roberto 2000, 710. S. o. Anm. 26.

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maligen Getreuen nach dem anderen verlassen, verfällt in zunehmende Verzweiflung, wird in den Kampf gegen Johannes Skytha, dem er verbunden ist, gezwungen und fällt schließlich durch Verrat;58 aufrichtig und fromm bis zum Moment des Todes wird er hingerichtet. Und dann ereignen sich Phänomene, die gar die Kreuzigung Christi evozieren: „Blitze und Donner, dazu Hagel und Sturm fuhren gegen die Anwesenden, und der Henker ward von Sinnen und sprachlos nach Tarsos verbracht“.59 Doch auch ohne Rückgriff auf die nicht mit endgültiger Sicherheit dem Candidus indirekt zuweisbaren Johannes-Fragmente bleibt die bemerkenswerte Zeichnung der Kontrahenten Zenon und Illus auch im Photios-Exzerpt sichtbar (s. o.). Roberto hat vor diesem Hintergrund sogar die Vermutung geäußert, dass die von dem Patriarchen erwähnte Tätigkeit des Candidus als Hypographeus (‚Sekretär‘) eines machtvollen Isauriers (ἐπιτήδευµα δὲ ἔσχεν ὑπογραφεὺς τῶν ἐν Ἰσαύροις πλεῖστον ἰσχυσάντων)60 sich auf eine Anstellung bei Illus bezogen haben müsse.61 Unabhängig von der Frage, ob man dieser Mutmaßung zustimmen möchte, scheint mir indes Robertos Beobachtung, dass Candidus ein „equilibrio“ unter den Isaurischen Größen als Idealzustand propagiert habe, zutreffend zu sein.62 Offenbar sah der Historiograph im wiederholten, ja geradezu permanent aufflackernden Streit einzelner Isaurier untereinander bzw. in der Beteiligung von Isauriern an Aufständen (wie z.B. der Usurpation des Basiliskos) eine dauerhafte Bedrohung, die fatale Konsequenzen nach sich ziehen konnte, wie etwa das „unsägliche Gemetzel“ (ἀµύθητος σφαγή) an den Isauriern in Konstantinopel unter der Herrschaft des Basiliskos.63 Robertos Ausführungen zum Ideal des innerisaurischen „equilibrio“ als einem zentralen Aspekt der Historien des Candidus bestärken damit ebenfalls den Eindruck, dass dieser Autor sich in besonderer Weise mit ‚den‘ Isauriern beschäftigt hat. Eine zentrale Bedeutung nimmt in diesem Zusammenhang die Behauptung des Candidus ein, Isaurien bzw. die Isaurier seien auf die alttestamentliche Figur des Esau zurückzuführen. Candidus muss auf diesen Punkt besonderen Wert gelegt haben.64 Wie bereits angedeutet, betonte bereits Photios (der die EsauGenealogie sogar zweimal in seiner kurzen Zusammenfassung erwähnt),65 dass Candidus einen auffälligen Ehrgeiz in die entsprechenden Ausführungen gelegt habe. Überdies scheint Candidus seinen ebenso ausführlichen wie feinteiligen 58 59

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Joh. Ant. fr. 306 (518–526 Roberto) = fr. 237 (434–442 Mariev). Vgl. Roberto 2000, 707ff. Joh. Ant. fr. 306 (524, 98–100 Roberto) = fr. 237 (442, 5–7 Mariev): ἀστραπαὶ δὲ καὶ βρονταὶ σὺν χαλάζῃ καὶ ἀνέµῳ κατὰ τῶν παρόντων ἠνέχθησαν, καὶ ὁ ἀνελὼν αὐτοὺς ἐξέστη καὶ ἄναυδος ἐν Ταρσῷ ἐκοµίσθη. Vgl. Roberto 2000, 707f. Candid. fr. 1 (464, 11–12 Blockley). Roberto 2000, 726; ähnlich Feld 2005, 282. Vgl. dazu im Einzelnen die Argumentation bei Roberto 2000, 704ff. Candid. fr. 1 (466, 57 Blockley). In diesem Sinne vgl. auch Roberto 2000, 697. Candid. fr. 1 (464, 23–24; 466, 50–51 Blockley).

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Exkurs (λεπτοµερής […] ἀφήγησις) unmittelbar im Anschluss an die Krönung Zenons eingefügt zu haben, d. h. an einer Schlüsselstelle seines Werkes: dem Übergang von einem der beiden behandelten Kaiser zum anderen (das kurze Intermezzo der Herrschaft Leons II. [474] wird man hier außer Betracht lassen können):66 Mit der Erhebung des ersten Isauriers zum römischen Kaiser wurde also die Genealogie der Isaurier ausgebreitet. Die Rückführung der Isaurier auf den biblischen Esau bot sich zunächst einmal aus rein pragmatischen Gesichtspunkten an, denn die klanglichen Assonanzen zwischen Esau (in zeitgenössischer itazistischer Aussprache: Isav) und den Isauriern (Isavri) waren unüberhörbar. Aber das Esau-Exempel dürfte noch weitere Implikationen besessen haben, die dann ersichtlich wurden, wenn man es typologisch67 ausdeutete: Esau war der erstgeborene Sohn des Patriarchen Isaak im 1. Buch Mose. Sein Zwillingsbruder Jakob kam kurz nach ihm zur Welt und entwickelte sich zum Liebling der Mutter Rebekka, während der Vater Isaak den struppigen, rauen Esau bevorzugte. Eines Tages kam Esau hungrig von der Jagd zurück und tauschte bei Jakob das Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht ein. Als später der erblindete Isaak seinen älteren Sohn Esau segnen wollte, gelang es Jakob mit Rebekkas Hilfe, den Vater zu täuschen, so dass Esau um den ihm zustehenden Segen gebracht und gleichzeitig zum Knecht seines betrügerischen Bruders erklärt wurde. Ihm blieb nun lediglich noch Isaaks Prophezeiung: „Siehe, du wirst wohnen ohne Fettigkeit der Erde und ohne Tau des Himmels von oben her. Von deinem Schwerte wirst du dich nähren, und deinem Bruder sollst du dienen. Aber es wird geschehen, dass du einmal sein Joch von deinem Halse reißen wirst.“ Später jedoch versöhnten sich Jakob und Esau, Letzterer siedelte im Bergland Seïr und erscheint im Völkerkatalog Gen 36 als Stammvater der Edomiter.68 Die Geschichte des betrogenen Esau bot zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine Gruppe, die innerhalb des Imperium Romanum nie zu der Anerkennung gelangt war, die sie sich erhofft haben mag. Es dürfte den zeitgenössischen Isauriern nicht allzu schwer gefallen sein, sich in die Rolle Esaus hineinzubegeben: Eigentlich der ältere Bruder, doch um die Segnungen des höheren Alters vom Jüngeren betrogen, fristeten sie als dessen Knechte ihr Leben im unwirtlichen Gebirge – rau, borstig und abgedrängt wie auch ihr ‚Vorfahr‘ Esau. Doch einst, so die Prophezeiung Isaaks, werde der Betrogene das Joch des jüngeren Bruders abwerfen

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Candid. fr. 1 (466, 48–51 Blockley). In der freieren Verwendung des Typologie-Paradigmas: nicht nur auf das Neue Testament bezogen, sondern auf die Zeitgeschichte. Vgl. Gen. 25, 21–26 (Geburt Esaus und Jakobs; haariges, struppiges Aussehen Esaus); 25, 27–34 (Verkauf des Erstgeburtsrechts an Jakob); 27,1–40 (Jakobs Betrug an Esau; Segnung Jakobs durch Isaak [27, 18–29]; Prophezeiung Isaaks an Esau [27, 39–40]); 32, 1–22 (Jakob sucht die Aussöhnung mit Esau); 33, 1–20 (Versöhnung der beiden Brüder); 36, 1–43 (Nachkommen Esaus); 38, 8 (Niederlassung Esaus im Bergland Seïr).

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und selbst wieder in seine ihm zustehende Stellung gelangen. Es war durchaus naheliegend, dies auf den Erfolg der Isaurier zu beziehen, die mit der Thronbesteigung Zenons erstmals einen der ‚Ihren‘ in der höchsten Position, die auf der irdischen Welt zu erreichen war, sehen durften. Doch bot die Esau-Typologie noch ein Weiteres: Die Aussicht auf dauerhaften Frieden zwischen Römern und Isauriern, wie er in der abschließenden Versöhnung Esaus und Jakobs präfiguriert schien. Sollte also die Kaisererhebung Zenons die Erfüllung der Prophezeiung Isaaks – das Abwerfen des Joches des Jüngeren – eingelöst haben, so könnte die endgültige Aussöhnung der Brüder eine Perspektive für die Zukunft von Römern und Isauriern aufgewiesen haben. Diese Deutung gewinnt umso höhere Wahrscheinlichkeit, wenn man sich bewusst macht, dass das Geschichtswerk des Candidus unter Anastasios entstanden ist, der in einem mehrjährigen Bürgerkrieg die Isaurier niederkämpfen ließ – in einer Phase also, in der sich beide Seiten unversöhnlich gegenüberstanden. Folgt man dieser – typologischen (und damit dem zeitgenössischen ATVerständnis entsprechenden) – Interpretation der Esau-Genealogie des Candidus, so gelangt man zu einer bemerkenswerten historischen Verankerung der Isaurier: Ihre Anbindung an den älteren Sohn Isaaks verleiht ihnen eine Tiefendimension in der Vergangenheit, die Perspektive einer dauerhaften Versöhnung mit den Römern die Hoffnung auf eine gleichberechtigte Existenz in naher Zukunft. Insbesondere die ‚Historisierung‘ der Isaurier dürfte dabei – wie ich an anderer Stelle darzulegen versucht habe – einen wesentlichen Schritt im Prozess der Ausbildung einer Isaurischen ‚Identität‘ (insbesondere in der Innenperspektive) dargestellt haben.69 Damit war zugleich eine wichtige Voraussetzung erfüllt, um von Isauriern als Gruppe sprechen zu können: Sie erhielten eine kollektive, fundierende Geschichte. Doch das Esau-Exempel reichte noch weiter: Wir kennen verschiedene Beispiele für den Versuch spätantiker oder frühmittelalterlicher Gruppen, sich durch die Ausformung fundierender historischer Narrative eine gemeinsame Geschichte zu geben und dadurch innerhalb des sich allmählich vollziehenden Ethnogeneseprozesses innere Stabilität und Kohärenz als Kollektiv zu gewinnen. Am bekanntesten dürfte das Diktum des ostgotischen Herrschers Athalarich sein, der im Jahr 533 unter Hinweis auf die Gotengeschichte des römischen Senators Cassiodor schwärmte, dieser habe „den Ursprung der Goten zur römischen Geschichte gemacht“.70 Bemühungen dieser Art71 können sich in einer möglichst in die mythische Frühzeit projizierten Ur-Anbindung an die griechisch-römische Oikumene manifestieren; sie lassen sich aber auch durch eine Einfügung in die jüdischchristliche Geschichte umsetzen. Letztere Strategie verfolgte offensichtlich Candidus – soweit diese Konstruktion genuin auf ihn zurückgeht, was mangels Zeugnis69 70 71

Vgl. Meier 2012, 281-300. Cass. var. 9, 25, 5: „Originem Gothicam historiam fecit esse Romanam.“ Allgemein vgl. dazu Plassmann 2006.

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sen offen bleiben muss72 – mit der Rückführung der Isaurier auf Esau. Daraus jedoch ergaben sich zwei wichtige Konsequenzen: Zum einen ließen sich die Isaurier damit als eine von den Römern unabhängige Gruppe definieren, denn sie waren älter als diese; zum anderen implizierte das höhere Alter den Anspruch auf Überlegenheit – ganz so wie der christliche Altersbeweis im apologetischen Schrifttum der Kaiserzeit und Spätantike funktionierte.73 In dem Bemühen, einen Platz im griechisch-römischen Kontext zu finden, war somit immer auch ein Streben nach dezidierter Abgrenzung impliziert. ‚Isaurier‘ sollte eine distinktive Bezeichnung bleiben. Das war möglicherweise auch der Grund, warum Candidus auf die Esau-Typologie zurückgriff und gerade nicht die Angebote aufnahm, welche die antike Oikumene durchaus zur Verfügung gestellt hatte: Es wäre leicht für ihn gewesen, ältere Gleichsetzungen von Isauriern mit Solymern oder Kilikern aufzugreifen und weiterzuspinnen; noch sein Zeitgenosse Zosimos merkt eigens an, Isaurier würden auch Pisider, Solymer oder bergbewohnende Kiliker genannt.74 Diesen Weg aber scheint Candidus gerade nicht gegangen zu sein, und man mag sich fragen, warum. Die Beantwortung dieser Frage erfordert einen Blick auf die zeitgenössische politische Publizistik unter Anastasios, bei dem sich rasch zeigt, dass die Identifikation der Isaurier mit Kilikern und Solymern um 500 durchaus praktiziert wurde: Der Dichter Priskian behandelt in seinem wohl um 502 komponierten75 Panegyricus auf Anastasios auch dessen erfolgreichen Krieg gegen die Isaurier und stößt dabei seinerseits in historische Tiefe vor, wenn er die Isaurier mit den Solymern gleichsetzt,76 gegen die der von ihm gleichfalls erwähnte Bellerophon bereits in

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Die vermeintliche Abkunft der Isaurier von Esau findet sich ansonsten nur noch bei Johannes von Antiocheia, der an dieser Stelle aber wohl auf Candidus rekurriert (vgl. Joh. Ant. fr. 21 [48, 3–4 Roberto]); Elton 2000a, 297. Siehe allerdings auch Mariev 2009, 177–190, der das betreffende Fragment der Malalas-Tradition zuweist; aber auch in diesem Falle wäre es nach Candidus anzusetzen. Vgl. Fiedrowicz 32000, 212–215. Zos. 4, 20, 1: καλοῦσι δὲ αὐτοὺς οἳ µὲν Πισίδας, οἳ δὲ Σολύµους, ἄλλοι δὲ Κίλικας ὀρείους. Die Datierung dieses Panegyricus ist nicht sicher. Zur Diskussion und zur Begründung meiner Frühdatierung um 502 (die Spätdatierung setzt den Text um 513–515 an) siehe Meier 2012, 284, Anm. 8. Priskian. Laud. Anast. 80–86: Graecia iam taceat iactans mihi Bellerophontem, qui vicit Solymos, ut rursus bella moverent: at semel hos dominus noster felicibus armis sic domuit, post haec ne possint esse rebelles; quod nec ductorum Servilius optimus olim, pro merito laudum cui nomen Isauricus illo Marte datum fuerat, potuit praestare Latinis. Zu Priskian vgl. die Arbeit von Chauvot 1986, mit Kommentar zu den Dichtungen. Zu Priskians Behandlung des Isaurierkriegs siehe auch Wiemer 2009, 25–27.

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der Ilias gekämpft hatte.77 Darüber hinaus verweist Priskian aber auch auf den römischen Feldherrn Pompeius, der trotz seiner militärischen Erfolge die Isaurier – anders als nun Anastasios – einst noch unbezwungen (indomitum) zurückgelassen habe;78 dies bezieht sich ganz offenkundig auf die Feldzüge des Pompeius gegen kilikische Piraten 67 v. Chr. und impliziert damit eine Gleichsetzung von Isauriern und Kilikern.79 Letzteres finden wir auch beim ägyptischen Dichter Christodoros von Koptos,80 der – ebenfalls unter Anastasios wirkend – in seinen Versen auf die Statue des Pompeius in den Zeuxipposthermen einmal mehr auf den ‚Isaurierkrieg‘ des Pompeius eingeht und insofern dessen Unternehmungen gegen kilikische Piraten mit Anastasios‘ Krieg gegen die Isaurier in Beziehung setzt.81 Geschichte wird in diesen Texten zum Argument: In derselben Weise, in

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Vgl. Il. 6, 184–185. Zur Gleichsetzung von Solymern und Isauriern siehe auch Theod. Hist. rel. 10, 5; Zos. 4, 20, 1; Prok. Gaz. Pan. 9; Elton 2000a, 297. Priskian. Laud. Anast. 10–18. Vgl. Meier 2012 – auch zum Folgenden. Hauptquelle zu Christodoros, dessen Werk um 500 n. Chr. anzusetzen ist, ist ein Lemma in der Suda (Χ 525). Er wird dort als Sohn des Paniskos aus dem ägyptischen Koptos und Verfasser epischer Dichtungen (ἐποποιός) vorgestellt, der unter Anastasios 6 Bücher Isaurika über die Niederringung der Isaurier durch den Kaiser, darüber hinaus 12 Bücher Patria Konstantinoupoleos in epischer Form sowie weitere Patria (Thessalonike [25 B.], Nakle, Milet, Tralleis, Aphrodisias) verfasst habe, daneben eine Ekphrasis der Statuen (die erhalten ist) sowie „vieles weitere“ (ἄλλα πολλά). Möglicherweise ist mit diesem Christodoros ein gleichnamiger, in der Suda unmittelbar darauf genannter Dichter identisch (Χ 526). Die meisten Werke des Christodoros sind nicht mehr erhalten. Wir besitzen heute lediglich noch zwei Epigramme auf Johannes, den Konsul des Jahres 467 (PLRE II 600f. [Ioannes 29]): Anth. Graec. 7, 697–698. Zu Christodoros von Koptos siehe Baumgarten 1899, 1881; ders., Christodoros, RE III 2, 2450–2452; Stupperich 1982, 210–235; Nicks 2000, 183–203, bes. 185f.; Whitby 2003, 593–606. Die wichtigste neuere Arbeit ist Tissoni 2000 (Einleitung und Kommentar zu den Dichtungen). Anth. Graec. 2, 398–406: Καὶ πρόµος εὐκαµάτων Ποµπήιος Αὐσονιήων, φαιδρὸν ἰσαυροφόνων κειµήλιον ἠνορεάων, στειβοµένας ὑπὸ ποσσὶν Ἰσαυρίδας εἶχε µαχαίρας σηµαίνων, ὅτι δοῦλον ὑπὸ ζυγὸν αὐχένα Ταύρου εἴρυσεν ἀρρήκτῳ πεπεδηµένον ἅµµατι Νίκης· κεῖνος ἀνήρ, ὃς πᾶσιν ἔην φάος, ὃς βασιλῆος ἠγαθέην ἐφύτευσεν Ἀναστασίοιο γενέθλην. τοῦτο δὲ πᾶσιν ἔδειξεν ἐµὸς σκηπτοῦχος ἀµύµων δῃώσας σακέεσσιν Ἰσαυρίδος ἔθνεα γαίης. („Und dann der Vorkämpfer der Mühe erduldenden Ausonier, Pompeius, der, ein strahlender Schatz Isauriermordender Stärke, unter den Füßen die Isaurischen Schlachtmesser zertreten hielt, verkündend, dass er unter sklavisches Joch den Nacken des Tauros gezogen hat, gefesselt mit dem unzerreißbaren Band Nikes – jener Mann, der allen ein Licht war, der des Kaisers Anastasios heiliges Geschlecht gezeugt hat.

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der Pompeius (der aufgrund des wohl gleichnamigen Vaters des Anastasios82 zum Vorfahr des Kaisers stilisiert wurde) die Großtaten des oströmischen Herrschers präfiguriert und damit ihre historische Einordnung ermöglicht, erhalten die Isaurier durch ihre Gleichsetzung mit den Kilikern jetzt ebenfalls eine Geschichte – freilich eine recht unerfreuliche: Seit frühesten Zeiten haben sie den Römern mit Überfällen und Banditentum zugesetzt; Pompeius hat erste Erfolge gegen sie errungen, konnte sie jedoch nicht endgültig aus dem Feld schlagen – diese heroische Leistung blieb Anastasios vorbehalten. In dieser Sichtweise – der Perspektive, die in offiziösen Texten aus der Herrschaftszeit des Anastasios zum Ausdruck kommt und die insofern offenbar die Deutung durch das kaiserliche Umfeld spiegelt – werden die Isaurier zu einem fest umgrenzten Langzeitgegner der Römer stilisiert, dessen Treiben nun endlich Einhalt geboten worden sei. Wir lernen sie hier als äußere Feinde des Imperium Romanum kennen, als etablierte Reichsfeinde,83 die in harten Kriegen zu bekämpfen sind, in Kriegen, die sogar ein Anastasios gegenüber kritisch eingestellter Chronist wie Marcellinus Comes explizit von Bürgerkriegen absetzte.84 Die Isaurier – so die zugrundeliegende Botschaft – sind keine Römer, sondern auswärtige Gegner, und dies seit Jahrhunderten. Anastasios hatte in den ersten Jahren seiner Herrschaft, während des kurz nach seiner Thronbesteigung ausgebrochenen Krieges gegen die Isaurier (491– 498), durchaus gute Gründe, in dieser Weise zu verfahren: Seine Herrschaft war alles andere als unumstritten und gefestigt.85 Mit Longinos (cos. 486 und 490), dem Bruder Zenons, existierte ein gefährlicher, in der hauptstädtischen Führungs-

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Dies aber hat allen mein Herrscher gezeigt, der treffliche, da er mit Waffen vernichtet hat die Völker Isaurischen Bodens“). Vgl. Cameron 1978, 259–276, bes. 259–263. Vgl. Priskian. Laud. Anast. 50 (tyranni); 57 (scelerata gens); ebenso Prok. Gaz. Pan. 9–10; Orakel von Baalbek (um 503/04) (15, 109 Alexander): τυράννων γένος ἰσχυρόν; Anth. Graec. 9, 656, 1 und 9, 656, 19 (Anastasios als τυραννοφόνος und als ἰσαυροφόνος); Anth. Graec. 9, 210 (Isaurier in einer Reihe mit äußeren Reichsfeinden); ähnlich Marc. Com. s. a. 441, 1 (80 Mommsen), wo die Isaurier – in einer Rückprojektion aus dem frühen 6. Jh. auf das Jahr 441 – ebenfalls in einer Reihe auswärtiger Gegner des Imperium Romanum mit eigenem Territorium (finibus suis egressi) genannt werden. In einer ähnlichen Reihe unter äußeren Feinden des Reiches erscheinen Isaurier freilich bereits bei Priskos (Prisk. fr. 10 [242, 10–15 Blockley]): Hunnen, Perser, Vandalen, Isaurier, Araber (Sarazenen), Aithiopier. Allerdings steht ‚Isaurier‘ hier letztlich wieder in der traditionellen Verwendung als Synonym für ‚Räuber‘, wie Priskos selbst klarmacht: […] καὶ Ἰσαύρους πρὸς τὴν λῃστείαν διανισταµένους […]. Zum Bezug des Fragments auf das Jahr 447/48 siehe Croke 1983, 297–308. Marc. Com. s. a. 492 (94 Mommsen): bellum Isauricum; Marc. Com. s. a. 493, 1 (94 Mommsen): bella civilia; ähnlich später dann auch Prok. HA 6, 4: πόλεµος πρὸς τὸ Ἰσαύρων ἔθνος. Vgl. Haarer 2006, bes. 21ff.; Meier 22010, 75ff.

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elite wohlvernetzter Rivale im Ringen um den Thron.86 Ihn galt es rasch zu eliminieren, denn die unmittelbare Eheschließung des neuen Kaisers mit Zenons Witwe Ariadne änderte nichts an der Tatsache, dass dieser keiner etablierten Familie oder gar Dynastie entstammte. Zudem zweifelte Euphemios, der Patriarch von Konstantinopel, an der Rechtgläubigkeit des Anastasios und stand damit offenbar keineswegs allein. Auch war Anastasios mit etwa 60 Jahren bereits betagt und dürfte damit von Anbeginn seiner Herrschaft Spekulationen über die weitere Nachfolge evoziert haben. In dieser Situation war es nur allzu verständlich, den bald ausbrechenden Konflikt mit den Anhängern Zenons und des Longinos – also ‚den‘ Isauriern – für eine Stabilisierung der eigenen Herrschaft zu instrumentalisieren. Indem ‚die‘ Isaurier nun zu altbekannten Feinden des Imperium Romanum stilisiert wurden, ließ sich auf der eigenen Seite neue Kohärenz gewinnen – die ‚Römer‘ rückten gegen die Bedrohung von ‚außen‘ zusammen.87 Wie ich an anderer Stelle zu zeigen versucht habe, dürfte die Propagierung dieser Position wesentlich zur Ausformung eines Isaurischen Gruppenbewusstseins bzw. einer Isaurischen Identität beigetragen haben – bedingt durch den äußeren Druck.88 In dem Maße, in dem die offiziösen Texte der Anastasios-Seite die Isaurier zu einer distinkten Gruppe kondensierten und ihnen allmählich Konturen als festes Kollektiv verliehen, mussten die so Angesprochenen für Zeitgenossen als homogene Einheit hervortreten. Insofern nimmt es nicht wunder, dass Malchos ‚den‘ Isauriern eine Brandlegung in Konstantinopel zutrauen und Prokop einige Jahrzehnte später ganz selbstverständlich darlegen konnte, wer Isaurier war und wer Lykaonier (s. o.). Die Kriterien wurden offenbar während des Isaurierkrieges des Anastasios festgelegt – aber: Dieser Vorgang konnte nicht nur in eine Richtung hin verlaufen, sondern scheint in einen komplexen Aushandlungsprozess gemündet zu sein, den wir allerdings nur noch in spärlichen Reflexen greifen können. Wir wissen jedoch, dass das allgemeine Interesse an ‚den‘ Isauriern und ihrer ‚Geschichte‘ in den Jahren um 500 zunahm. Damals verfasste nicht nur Christodoros seine Isaurika in 6 Büchern über die „Eroberung Isauriens durch Anastasios“ (ἔχει δ’ τὴν Ἰσαυρίας ἅλωσιν τὴν ὑπὸ Ἀναστασίου τοῦ βασιλέως γενοµένην)89 – also wohl ebenfalls mit panegyrischer Tendenz. Auch die 8 Bücher umfassenden Isaurika des Lykiers Kapiton, über deren Inhalt oder Intention wir keine Informationen besitzen, datieren in das frühe 6. Jahrhundert.90 Von den Isaurika des Pamprepios, die noch unter Zenon entstanden sein müssen, kennen

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PLRE II 689f. (Fl. Longinus 6). Vgl. Theoph. AM 5983 (I 135, 34–35; 136, 1–3 de Boor); Evagr. HE 3, 29; Haarer 2006, 21. Zum Isaurierkrieg des Anastasios siehe Haarer 2006, 21ff.; Meier 22010, 75ff. Meier 2012. Suda Χ 525. FHG 4, 133–134; FGrHist 750; Suda Κ 342. PLRE II 259f.; Schwartz 1899: Capito (10) aus Lykien, RE III 2, 1527; Roberto 2000, 688f., mit Anm. 6; Feld 2005, 228. Aus Steph. Byz. s. v. Ψίµαδα geht hervor, dass Kapiton den Isaurierkrieg des Anastasios behandelt hat.

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wir ebenfalls nur den Titel.91 Möglich ist, dass auch die schriftliche Niederlegung der in verschiedenen Fassungen überlieferten Vita Cononis Isaurici, die im späten 5. oder im 6. Jahrhundert erfolgte, in diesen Diskussionskontext gehört.92 Dieses zunehmende Interesse an Isaurien und seiner ‚Geschichte‘ vornehmlich auf die Thronbesteigung Zenons und den damit einhergehenden Erfolg ‚der‘ Isaurier (der sich durchaus in Repräsentationsmaßnahmen Isaurischer Größen spiegelt)93 zurückzuführen, wie Elton es vorgeschlagen hat,94 erscheint mir allerdings problematisch. Denn das Gruppenbewusstsein ‚der‘ Isaurier, wie es sich bei Candidus manifestiert, und ihre konturierte Eingrenzung in den offiziösen Texten, die unter Anastasios entstanden, scheinen im Sinne einer Innen- und einer Außenperspektive miteinander zu korrespondieren, mit anderen Worten: M. E. setzt der Entwurf des Candidus die aufgezeigte, unter Anastasios verbreitete Programmatik voraus und antwortet darauf; er war also Teil des Diskurses der um 500 offenbar über ‚die‘ Isaurier geführt wurde und diese – als eindeutig definierte Gruppe – damals erst erfand. Zenon hingegen dürfte selbst gar kein größeres Interesse daran gehabt haben, dass unter seiner Herrschaft ausgerechnet über Isaurier und ‚Isauriertum‘ eine breitere Diskussion geführt wurde; der Makel seiner halbbarbarischen Herkunft lastete schon schwer genug auf ihm und brauchte nicht noch durch weitere Bemühungen eigens vertieft zu werden. In einem fragmentarisch erhaltenen Panegyricus auf Zenon wird dessen Isaurische Abkunft denn auch vornehm unterschlagen.95 Unter Anastasios gestaltete sich die Situation hingegen anders: Die offensive Ausformung eines historisch fundierten Isaurierbildes, das diese als eigenständige Gruppe definierte, musste – wie der Krieg selbst ohnehin – zu einem Zusammenrücken der auf diese Weise inkriminierten, ehemals weitgehend vereinzelten bzw. individuell agierenden Isaurier96 führen. Diese setzten sich offenbar nicht nur über Jahre hin, während des Waffengangs 491–498, militärisch zur Wehr, sondern entwarfen auch alternative Konzepte in Reaktion auf jene, die aus dem Umfeld des Anastasios an die Öffentlichkeit gelangten. Eines dieser Konzepte spiegelt sich m. E. in der Esau-Typologie des Candidus: Der Historiograph vermied offen-

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FGrHist 749; Suda Π 136. PLRE II 825–828; Asmus 1913, 320–347; Cameron 1965, 470– 509, bes. 481, mit Anm. 64; Kaster 1988, 329–332, Nr. 114; Feld 2002, 261–280; ders. 2005, 52ff.; 229; 272ff.; Roberto 2000, 688f., mit Anm. 6. Halkin 1935, 366–381; Halkin 1985, 5–34; Trautmann / Klostermann 1934, 299–324. Wood 2009, 134; 136f., datiert die Konon-Vita in justinianische Zeit und interpretiert sie als Teil einer Diskussion über die barbarische Herkunft der Isaurier im 6. Jh.; Pottier 2005, bes. 455; 465–474, sieht in der Vita eine im späten 5. Jh. entstandene Lobschrift auf Zenon. Vgl. dazu Mietke u. a. 2005, 814f., mit dem Material. Vgl. Elton 2000a, 298; 299–301. McCail 1978, 38–63, mit Einordnung des Textes in die Herrschaftszeit Zenons, gegen Viljamaa 1968, 55–57, der den Text in die Zeit des Anastasios datiert. Vorsichtig im Sinne McCails vgl. Tissoni 2000, 16f. Vgl. Elton 2000b, 404–406.

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bar ganz gezielt den Rekurs auf ältere Vorstellungen, nach denen sich die Isaurier als Kiliker oder Solymer in die antike Oikumene einbinden ließen, denn diesen Ansatz hatte bereits die Seite des Anastasios für ihre Zwecke instrumentalisiert. Stattdessen boten die klanglichen Assonanzen des Namens, mehr aber noch das Schicksal des biblischen Esau hinreichend Anknüpfungspunkte, um ein neues Bild ‚der‘ Isaurier zu entwerfen. Auch dieses zeichnet sie nunmehr als eine eigenständige Gruppe; aber die Typologie ermöglichte noch mehr: Sie erlaubte die Deutung des Schicksals der (in der Eigenwahrnehmung um 500) stets marginalisierten Isaurier als alttestamentlich präfigurierten Kampf um die Rückgewinnung ursprünglicher Vorrechte und sie bot die Perspektive einer Versöhnung zwischen ‚den‘ älteren Isauriern und den Römern. Insbesondere letzterer Punkt scheint mir auf einen Ansatz für eine präzisere Datierung der Historien des Candidus hinzuführen: Dieses Geschichtswerk sollte nicht nur vage in die Herrschaft des Anastasios gesetzt werden, sondern es muss in Zusammenhang mit dem Isaurierkrieg 491–498 gebracht werden. Denn nur vor diesem Hintergrund ergibt die aufgezeigte Perspektive einen Sinn, nur vor diesem Hintergrund besitzen die EsauTypologie und die generelle Fokussierung des Werks auf die Isaurier einen Sinn; die Historien gehören in die früh-anastasianische Zeit. Der Historiograph Candidus muss sich als Isaurier unter der Herrschaft des Anastasios bereits vor der Abfassung seiner Historien einem hohen Druck ausgesetzt gesehen haben; an der Tatsache, dass ‚die‘ Isaurier nunmehr plötzlich als kohärente Gruppe angesehen wurden, wird er nichts mehr haben ändern können – wahrscheinlich wird ihm diese fundamentale Neujustierung auch kaum wirklich zu Bewusstsein gekommen sein. Für ihn galt es jetzt lediglich, die Gruppe ‚der‘ Isaurier zu rehabilitieren. Aus diesem Grund wird er den Gruppencharakter bzw. die Einheit ‚der‘ Isaurier auch nicht infrage gestellt, sondern lediglich anders als das offiziöse Schrifttum aus dem Umfeld des Anastasios bewertet haben. So konnte es zu dem berühmten Satz kommen, auf den Brooks und Spätere ihre These von ‚den‘ Isauriern, die einst von Leon I. gegen ‚die‘ Goten um Aspar herbeigeholt worden waren und dann temporär die Herrschaft über das Oströmische Reich übernommen hatten, aufgebaut haben: καὶ ὡς ὁ βασιλεὺς διὰ τοῦτο ἡταιρίσατο τὸ Ἰσαύρων γένος διὰ Ταρασικοδίσσα Ῥουσουµβλαδεώτου, ὃν καὶ Ζήνωνα µετονοµάσας γαµβρὸν ἐποιήσατο […]. καὶ ὡς Ἀρδαβούριος ἐς τὸ ἐναντίον µελετῶν τῷ βασιλεῖ, καὶ αὐτὸς οἰκειοποιήσασθαι τοὺς Ἰσαύρους διενοήθη.97 Es handelt sich schlicht um eine Rückprojektion aus der frühanastasianischen Zeit. Candidus wollte offensichtlich eine Rechtfertigung ‚der‘ von Anastasios als Gruppe attackierten Isaurier vorlegen, denen er sich selbst zugehörig fühlte.98 Zu

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Candid. fr. 1 (466, 30–35 Blockley). Roberto 2000, 699. Insofern glaube ich, dass man etwas weiter gehen muss, als in Candidus einen Vermittler zwischen den unterschiedlichen Kulturen – einer griechisch-römischen und einer Isaurischen – zu sehen, wie Roberto 2000, 697; 725, es vorschlägt. Zum möglichen Anliegen des

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diesem Zweck grenzte er seine Historien zeitlich auf jene Phase ein, in der Isaurier eine wichtige Rolle am Kaiserhof zu Konstantinopel spielten – die Herrschaft der Kaiser Leon I. und Zenon; zu diesem Zweck scheint er innerhalb dieses Zeitabschnitts jene Geschehnisse, an denen Isaurier prominent beteiligt waren, gegenüber anderen Ereigniskomplexen privilegiert zu haben – das erklärt die Kürze der Anmerkungen des Photios zum 3. Buch; zu diesem Zweck bemühte er sich um ein ausgewogenes Zenon-Bild und stilisierte Illus offensichtlich zur eigentlichen Hauptfigur seines Werkes; zu diesem Zweck entwickelte er die von Roberto herausgearbeitete Vorstellung vom „equilibrio“ der Isaurischen Größen als Grundlage stabiler Verhältnisse in und um Konstantinopel; zu diesem Zweck griff er die unter Anastasios verbreiteten Anmutungen zum Gruppencharakter der Isaurier auf, deutete sie aber naturgemäß ganz anders; zu diesem Zweck platzierte er die EsauTypologie an prominenter Stelle seines Geschichtswerks und erläuterte damit zum einen den Ort der Isaurier in der Geschichte und zum anderen ihr Verhältnis zu den Römern; und zu diesem Zweck schließlich dürfte er auch – über die EsauTypologie – die Perspektive einer Versöhnung von Römern und Isauriern entwickelt haben. Dies alles scheint in eine Darstellung gemündet zu sein, welcher damit eine schwere Last aufgebürdet war und die möglicherweise an den eigenen Ansprüchen gescheitert ist – wir können uns darüber aufgrund des Verlusts der Historien des Candidus kein Urteil mehr erlauben. Photios hingegen, dem das Werk noch vorlag, bildete sich ein Urteil, und dieses fiel ausgesprochen negativ aus. Über die möglichen Gründe habe ich bereits räsoniert (s. o.), doch ist mit Blick auf die Abneigung des Patriarchen gegenüber dem Isaurischen Historiographen noch ein weiterer Aspekt zu bedenken: Photios wirkte in der Phase des ausgehenden Bilderstreites und war ein prominenter Vertreter der Ikonodulen, die insbesondere die Urheber des Ikonoklasmos, die Kaiser Leon III. (717–741) und Konstantin V. (741–775), zutiefst verachteten. Die Herkunft dieser Kaiser (‚Syrische Dynastie‘) wurde vielfach fälschlich in Isaurien verortet. Dies hatte zur Folge, dass ‚Isaurier‘ unter den Bilderverehrern des 8./9. Jahrhunderts schlichtweg ein beleidigendes Schimpfwort war.99 Insofern dürfte Candidus im Angesicht des Photios von vornherein chancenlos gewesen sein: Was hatte ein ‚Isaurier‘ schon vom ikonodulen Patriarchen zu erwarten?100 Candidus siehe jetzt auch Wood 2009, 133, der in eine ähnliche Richtung tendiert wie ich, wenn er festhält, „that we can see the defence of the alleged descent of the Isaurians in Candidus as a reply to other accusations within Constantinople, an attempt to build a respectable past for a people whom others wished to exclude from the civilised world and to render positive a negative comparison with Esau“. 99 Vgl. Gero 1973, 10. 100 In diesem Zusammenhang sei auch auf das ausgesprochen positive Urteil hingewiesen, das Photios über den Isaurierfeindlichen Historiographen Malchos gefällt hat (ἄριστος) – wenngleich Photios dabei den Isaurier-Aspekt nicht eigens erwähnt, vgl. Phot. bibl. cod. 78 (I 160– 161 Henry); Roberto 2000, 689.

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HYDATIUS VON AQUAE FLAVIAE UND DIE EINHEIT DES RÖMISCHEN REICHES IM 5. JAHRHUNDERT Henning Börm* „Nicht dichte Wälder oder hohe, unerklimmbare Berge, nicht tobende Ströme mit ihren gewaltigen Wirbeln, nicht sorgfältig angelegte Festungen, nicht Städte, umgeben von Mauern, nicht Stellungen, umflutet von der See, nicht das Elend entlegener Verstecke, nicht die Finsternis von Höhlen, nicht unfreundliche Hütten zwischen Felsen – nichts hat etwas genützt, um uns vor den Barbaren zu beschützen, die uns in Horden jagen.“1 (Orientius, Commonitorium 2, 167–172)

Diese Verse stammen nicht von Hydatius, dem Autor, dem sich der vorliegende Beitrag widmet, sondern aus dem Commonitorium, das sein älterer Zeitgenosse Orientius um 435 verfasst haben dürfte. Orientius ist sehr wahrscheinlich identisch mit dem gleichnamigen Bischof von Augusta Ausciorum in Südwestgallien,2 und die Welt, deren Zustand er so eindringlich beklagte, war auch die seines Amtskollegen Hydatius in der Provinz Gallaecia, der sie gleichfalls von den Angriffen wilder „Barbaren“ zerrüttet sah und überdies allerorts Häretiker erblickte.3 Die Worte des Orientius spiegeln mithin eine Sicht auf die Ereignisse dieser Jahre wider, die auch Hydatius geteilt haben dürfte. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass das 5. Jahrhundert n. Chr. den Historiker vor ein besonderes Problem stellt: Gerade für eine Zeit, in der sich zumal im Westen des Mittelmeerraumes entscheidende Entwicklungen vollzogen, in deren Verlauf sich die Anführer föderierter Armeen in einem komplexen Prozess schrittweise in de facto unabhängige Territorialherren verwandelten,4 sind die erhaltenen Berichte zur Ereignisgeschichte besonders lückenhaft. Während die Überlieferungssituation dabei bezüglich der klassizistischen griechischen Geschichtsschreibung dieser Jahrzehnte schlecht ist, ist sie in Hinblick auf den lateinischen Westen schlichtweg katastrophal. Die profane lateinische Historiographie des 5. Jahrhunderts ist so gut wie restlos verloren. In der Forschung hat dies teil-

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Ich danke Soi Agelidis, Benjamin Biesinger, Wolfgang Havener, Johannes Geisthardt und Christian Seebacher sowie den Teilnehmern der Düsseldorfer Tagung für Anregungen und konstruktive Kritik. Non densi nemoris, celsi non aspera montis / flumina non rapidis fortia gurgitibus / non castella locis, non tutae moenibus urbes / invia non pelago, tristia non heremo / non cava, non etiam tetricis sub rupibus antra / ludere barbaricas praevaluere manus (ed. Rapisarda). Vgl. Portmann 1993 (mit weiterer Literatur). Hydat. praef. 6. Zu Hydatius’ Blick auf Häresien vgl. Cardelle de Hartmann 1994, 57–61. Vgl. Börm 2013.

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weise dazu geführt, dass man irrtümlich sogar davon ausging, es habe nach Ammianus Marcellinus überhaupt keine klassische lateinische Geschichtsschreibung mehr gegeben.5 Angesichts dieser Wüstenei kommt den christlichen Chroniken dieser Zeit,6 wie schon Theodor Mommsen erkannte, eine herausragende Bedeutung zu. Das gilt insbesondere für den Hispanier Hydatius, den selbst Mommsen, wahrlich kein großer Bewunderer spätantiker Literatur, im Vorwort seiner Edition von 1894 als auctor pro aetate diligens et fidei optimae würdigte.7 Warum nun wird im Rahmen eines Bandes, der die fragmentarischen griechischen Historiker des 5. Jahrhunderts behandelt, ein lateinischer Chronist als Gegenstand gewählt, der doch ganz offensichtlich aus dem Rahmen fällt? Folgt man Richard Burgess, der 1993 die heute – mit gewissen Einschränkungen8 – maßgebliche Edition der Chronik des Hydatius vorgelegt hat, so sind zwar insgesamt fast zwölf Prozent des ursprünglichen Textes bereits in der ausgehenden Spätantike verloren gegangen,9 so dass man von einem fragmentarischen Charakter des Werkes sprechen könnte. Doch natürlich wäre das eine fadenscheinige Begründung. Auch kann man leider nicht behaupten, dass sich bei Hydatius und den übrigen lateinischen Chronisten dieser Zeit Echos und Residuen der verlorenen westlichen Geschichtsschreibung des 5. Jahrhunderts greifen ließen. Im Gegenteil, Hydatius selbst stellt fest, zumindest für die entscheidenden vier Jahrzehnte nach 427 literarische Quellen nicht mehr herangezogen zu haben.10 Und dennoch: Betrachtet man die Historiographie des 5. Jahrhunderts, so scheint ein Blick in den Westen des Imperium Romanum eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zu sein. Dass die griechischen Historiker dieser Zeit durchaus nicht nur Ostrom, sondern noch das gesamte Mediterraneum im Auge hatten –

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„After Ammianus no one wrote a classical history in Latin again“, Treadgold 2007, 79. Vgl. hierzu Brodka 2007, der dagegen mit Recht auf Autoren wie Sulpicius Alexander, Renatus Profuturus Frigeridus und Q. Memmius Symmachus verweist. Grundlegend ist noch immer Poole 1926. Vgl. daneben Croke 1983a und Burgess / Kulikowski 2013. Mommsen 1894, 7. Daran, dass Burgess’ Edition der Mommsens in vielen Punkten überlegen ist und wichtige Korrekturen bietet, besteht kein Zweifel; an einigen Stellen ist Mommsens zurückhaltende Lesart allerdings überzeugender, weshalb letztlich ein paralleler Gebrauch beider Ausgaben geraten ist. Unnötige Verwirrung stiftet dabei bedauerlicherweise Burgess’ abweichende Nummerierung. Vgl. hierzu auch die gründliche Rezension Rebenich 1999. Burgess 1993, 47f. Genau genommen ist davon die Rede, bis zum 3. Herrschaftsjahr Valentinians III., in dem Hydatius Bischof wurde, lägen der Chronik literarische Quellen und andere Berichte zugrunde, danach gebe es einen Einschnitt; Hydat. Chron. praef. 6. Da sich Hydatius nun für die Einträge nach 427 mehrfach ausdrücklich auf Briefe, Reisende und Gesandte als Informanten beruft, kann die praefatio eigentlich nur so verstanden werden, dass er ab diesem Zeitpunkt keine literarische Vorlage mehr benutzte. Zu Hydatius’ Quellen, besonders für die Jahre vor 427, vgl. Muhlberger 1990, 204–212.

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wenngleich vermutlich in unterschiedlichem Ausmaß –, ist bekannt. So beklagen nicht nur Orientius und Hydatius den Einbruch von „Barbaren“ in die westlichen Provinzen, sondern auch Olympiodor berichtet aus der Ferne von vandalischen Attacken und – genau wie Hydatius11 – sogar von Kannibalismus in den belagerten Städten der Iberischen Halbinsel.12 Wichtiger als diese Gemeinsamkeit sind aber die Unterschiede: Hydatius lebte und schrieb im Gegensatz zu Autoren wie Priskos oder Malchos nicht in einem der Zentren des Imperiums, ganz im Gegenteil. Seine Chronik ergänzt daher das Bild, das wir uns von der Geschichtsschreibung seiner Zeit machen können, nicht nur um die Perspektive der westlichen Reichshälfte, sondern auch um die der Provinzen im Unterschied zu jener der Metropolen. Im Folgenden sollen vor allem zwei Fragen im Zentrum stehen. Was wusste Hydatius seinerseits von den Zentren des Imperiums, von Italien und Ostrom? Und verstand sich dieser Bischof einer unbedeutenden civitas an der äußersten Peripherie des Reiches noch immer als Angehörigen einer einzigen griechischrömischen Ökumene? Doch zunächst einige Worte zu Hydatius und seiner Umwelt. Über das Leben des Chronisten sind wir vergleichsweise gut informiert, da er, nicht uneitel, ungewöhnlich viel über sich preisgibt.13 Er dürfte in den letzten Jahren des 4. Jahrhunderts in der civitas Lemicorum im Norden der Iberischen Halbinsel geboren worden sein. Hydatius gehörte augenscheinlich zu einer Familie der Oberschicht, da es ihm möglich war, um das Jahr 406 als Kind an einer Pilgerreise in den römischen Orient teilzunehmen, wo er unter anderem dem Kirchenvater Hieronymus begegnete und bis nach Alexandria gelangte.14 416 trat er in den Klerus ein, 427 wurde er Bischof. Ungeachtet der Einwände von Edward A. Thompson15 spricht alles dafür, dass er von diesem Zeitpunkt an bis zu seinem Tod gut 40 Jah-

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Debaccantibus per Hispanias barbaris et seviente nihilominus pestilentiae malo opes et conditam in urbibus substantiam tyrannicus exactor diripit et milites exauriunt. Fames dira crassatur adeo ut humanae carnes ab humano genere vi famis fuerint devoratae; Hydat. Chron. 40 (Mommsen 48). – „Während die Barbaren durch Hispanien tobten und eine tödliche Pestilenz unvermindert wütete, plünderte ein tyrannischer exactor das Hab und Gut, das sich in den Städten befand, und die Soldaten verbrauchten es. Eine schwere Hungersnot brach aus, so schlimm, dass Menschenfleisch von menschlichen Wesen, getrieben vom Hunger, verzehrt wurde.“ Ὅτι κατὰ τὰς Ἱσπανίας τῶν Ουανδάλων καταδραµόντων, καὶ τῶν Ῥωµαίων εἰς τὰς τετειχισµένας πόλεις καταφυγόντων, τοσοῦτος αὐτῶν λιµὸς κατεκράτησεν ὡς εἰς ἀλληλοφαγίαν ἐκβιασθῆναι; Olymp. fr. 29, 2 (Blockley). – „Als die Vandalen in die hispanischen [Provinzen] einbrachen und die Römer in die ummauerten Städte flüchteten, befiel diese ein derartiger Hunger, dass sie gezwungen waren, einander zu verspeisen.“ Vgl. zu Olympiodor auch Matthews 1970. Vgl. zur Biographie des Hydatius Seeck 1914, Thompson 1982, 139f., Burgess 1993, 3–6, Cardelle de Hartmann 1994, 1–5, Fontaine 2005 und Pangerl 2010. Hydat. Chron. 33 (Mommsen 40). Thompson 1982, 139f.

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re später in Aquae Flaviae, dem heutigen Chaves in Portugal, residierte; der Ort war über hundertzwanzig Kilometer entfernt von der Küste und der Provinzhauptstadt Bracara Augusta.16 431 reiste der junge Bischof als Gesandter nach Gallien, um Aëtius um Hilfe gegen die Sueben in der Gallaecia zu bitten.17 445 war Hydatius an einer Verfolgung von „Manichäern“ (wohl Priscillianer) beteiligt, und 447 war er prominent genug, um gemeinsam mit zwei anderen Klerikern von Leo dem Großen brieflich mit der Organisation einer Provinzialsynode betraut zu werden, die allerdings wohl nie zusammentrat.18 Im Juli 460 schließlich wurde er in der Kirche von Aquae Flaviae von Sueben ergriffen und für einige Monate inhaftiert – bemerkenswerterweise auf Anstiftung römischer delatores.19 Es spricht alles dafür, dass er um 470 starb; zumindest finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass er Kenntnis von Ereignissen nach 468 besaß. Wahrscheinlich hat sein Tod die Arbeit an der Chronik beendet. Bereits anhand dieser knappen biographischen Skizze lässt sich ersehen, dass Hydatius keine gänzlich unbedeutende Figur gewesen sein kann und durchaus selbst einiges von der Welt gesehen hatte, über die er schrieb. Ungeklärt ist dabei die Frage, ob der Bischof bereits ab 427 an seiner Fortsetzung der Chronik des Hieronymus arbeitete, ob eine erste Fassung 456 abgeschlossen wurde, nach einer katastrophalen Niederlage des suebischen rex Rechiarius gegen westgotische foederati, oder ob er das ganze Werk erst unmittelbar vor seinem Tod in einem Zug niederschrieb.20 Unter welchen Bedingungen verfasste nun Hydatius seine Chronik? Unabhängig vom genauen Entstehungszeitpunkt lässt sich hier durchaus Grundsätzliches sagen. Genau wie in Hinblick auf das noch quellenärmere Britannien hat die Archäologie auch für das spätantike Hispanien in den letzten Jahren für erheblichen Erkenntniszuwachs sorgen können. Heute stellt sich die Situation auf der Halbinsel auch für die Jahrzehnte nach dem Einfall der Vandalen, Sueben und Alanen günstiger dar, als es die spärliche literarische Überlieferung vermuten lässt.21 Speziell im Süden und Osten deutet der archäologische Befund auf die Fortexistenz einer recht robusten Wirtschaft nach spätrömischem Muster hin.22 Die Produktion von Terra Sigillata Hispanica wurde im ganzen 5. Jahrhundert

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Seit Diokletian bildete die Gallaecia eine eigene Provinz; vgl. Lopéz Pereira 1998, 34. Hydat. Chron. 86 (Mommsen 96). Thompson 1982, 140; Burgess 1993, 5. Hydat. Chron. 196 (Mommsen 201). Thompson 1982, 141. Cardelle de Hartmann 1994, 63–65, plädiert für die Abfassung einer ersten Version um 450 und eine schrittweise Fortsetzung bis 468. Einen soliden, aber inzwischen teilweise überholten Überblick zur Ereignisgeschichte des spätantiken Hispanien bietet Stroheker 1972–74; grundlegend ist daneben Collins 1983. Eine aktuelle, problemorientierte Skizze findet sich bei Arce 2003. Vgl. hierzu den Überblick bei Kulikowski 2008.

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fortgesetzt;23 und nicht nur in zahlreichen civitates,24 sondern auch in ländlichen Regionen wie dem Ager Tarraconensis lässt sich ungeachtet der Kriege dieser Jahre eine grundsätzliche Kontinuität der materiellen Kultur und Siedlungsstruktur beobachten,25 wobei eine romano-barbarische Kriegerelite archäologisch fassbar zu sein scheint.26 Der größte Teil der Halbinsel entglitt erst um 470 endgültig der Kontrolle der kaiserlichen Zentrale – der letzte Augustus, der in der Tarraconensis inschriftlich anerkannt wurde, war Anthemius (467 bis 472).27 Ausgerechnet für Hydatius’ Heimat, die Gallaecia, muss allerdings von einer weniger günstigen Situation ausgegangen werden. Die Region war immer schon entlegen und randständig gewesen; nun, angesichts der Bedrohung durch Sueben, Goten und Bagauden, war sie – obwohl auch hier das Leben im 5. Jahrhundert grundsätzlich weiter spätrömischen Mustern folgte28 – isolierter denn je zuvor. Die römische Zentralregierung überließ die Provinz angesichts weitaus drängenderer Probleme überwiegend sich selbst; militärische Interventionen wie die des comes Censorius 440 blieben weitgehend folgenlose Ausnahmen.29 446 schließlich wurde der magister utriusque militiae Vitus entscheidend von den Sueben geschlagen.30 Bevor er im Kampf mit gotischen foederati den Tod fand,31 ließ der suebische rex Rechiarius (448 bis 456) eigene Silbermünzen schlagen, auf denen der weströmische Kaiser abgebildet war.32 Dass es sich bei diesem aber nicht um Valentinian III. (425 bis 455), sondern um den damals bereits längst verstorbenen Honorius (395 bis 423) handelte, ist bezeichnend. Ravenna war fern.33 Die teils unklare und mitunter eindeutig falsche Chronologie der Chronik sorgt bis heute für Probleme, zumal man den ingeniösen Versuch von Christian Courtois, Hydatius zu exkulpieren und fast alle seine Fehler inkompetenten Kopisten zuzuschreiben,34 bereits vor Jahren ad acta gelegt hat.35 Dass Hydatius die

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Halsall 2007, 340; vgl. aber die methodologischen Überlegungen zur Aussagekraft von Keramik bei Brandt 2009, 160f. Kulikowski 2004. Pessimistischer äußert sich Moorhead 2001, 60–62. Halsall 2007, 338–346. Dafür, den habitus barbarus nicht zwingend als „nichtrömisch“ zu begreifen, sondern allgemein als Statuskennzeichen eines spätantiken, nicht an Ethnizität gebundenen Kriegerstandes, plädiert mit sehr bedenkenswerten Argumenten von Rummel 2007. ILS 815 = CIL II 4109. Hydatius berichtet zudem von einer suebischen Gesandtschaft zu Anthemius; Hydat. Chron. 241 (Mommsen 247). Vgl. zur Anerkennung des Kaisers in der Gallaecia Henning 1999, 166. Hier sei insbesondere auf die „Duero Valley Culture“ verwiesen; vgl. Halsall 2007, 341f. Hydat. Chron. 113 (Mommsen 121). Hydat. Chron. 126 (Mommsen 134); vgl. Heather 2005, 344f. Traditionell gilt 456 als der Zeitpunkt, ab dem sich der westgotische Machtbereich auf die Iberische Halbinsel auszudehnen begann (vgl. dagegen aber Kulikowski 2008). Vgl. zu Rechiarius (Richiarius) PLRE II, 935. Zur Geschichte der Sueben in Hispanien vgl. López Pereira 1998. Courtois 1951. Vgl. Muhlberger 1990, 291–299; Burgess 1993, 27–31.

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sporadischen und widersprüchlichen Informationen, die ihm zugänglich waren, nicht immer korrekt und konsequent datieren konnte, ist aber im Grunde gar keine Überraschung. Er schrieb unter ungleich schlechteren Bedingungen als die zeitgenössischen griechischen Profanhistoriker – marginaler als Hydatius konnte man in der römischen Welt kaum positioniert sein. Burgess’ einflussreiche Hypothese, Hydatius habe für den 27. Mai 482 die Parusie Christi erwartet,36 beruht zwar, wie Stefan Rebenich mit Recht bemerkt hat, auf einer höchst problematischen Ergänzung des vorliegenden Textes.37 Dennoch lässt insbesondere die praefatio der Chronik grundsätzlich keinen Zweifel daran, dass der Bischof sich als Zeuge einer Endzeit verstand. Das Imperium Romanum, heißt es dort, sei nun eng begrenzt und dem Untergang geweiht, auch wenn es anderen überlassen bleiben werde, die bevorstehenden Letzten Tage zu beschreiben.38 Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen müssen wir sie als Warnung begreifen, die düsteren Schilderungen des Bischofs allzu wörtlich zu nehmen, denn Hydatius hielt insbesondere nach Zeichen für das nahende Weltende Ausschau39 – wobei allerdings nicht bestritten werden soll, dass der Chronist tatsächlich in unsicheren Zeiten lebte. Zum anderen belegt sie, dass sich Hydatius auch im Jahr 468, als er die praefatio niederschrieb,40 ganz selbstverständlich als Angehörigen des – wenngleich schrumpfenden – Römischen Reiches betrachtete. Ein besonders auffälliges Signal hierfür ist die exzeptionelle Aufmerksamkeit, die der Chronist dem diplomatischen Austausch zwischen der Gallaecia und ihrer Umwelt schenkt. Für die Zeit nach 427, also dem Jahr, ab dem Hydatius unabhängig ist von literarischen Quellen, zählt er volle 41 Gesandtschaften auf. Wie unlängst bereits Andrew Gillett konstatiert hat, ist dies einzigartig und keineswegs genretypisch.41 Diplomatie zwischen dem Kaiser und den foederati bzw. zwischen den gentilen Reichsbildungen42 war in der Spätantike allgegenwärtig, aber unter den Chronisten widmet ihr nur Hydatius derartige Aufmerksamkeit: Neben Briefen und den Berichten von Reisenden scheinen Gesandte ab 427 seine wichtigste Informationsquelle dargestellt zu haben, konnten diese doch – zumal, wenn sie mit kaiserlichen Repräsentanten oder gar dem Kaiser selbst zusammengetroffen waren – als zuverlässige Gewährsmänner gelten. Für Hydatius stellten sie damit nicht nur ein Symbol dafür dar, dass Hispanien nicht vergessen und abgeschnitten war, sondern wohl auch einen Garanten für die Verlässlichkeit seiner Angaben.

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Vgl. dazu ausführlich Burgess 1996. Zustimmend z. B. Traina 2009, 81. Rebenich 1999. Hydat. Chron. praef. 6. Vgl. auch Martínez 1995. Vgl. Kulikowski 2004, 155. Zur praefatio vgl. Nautin 1984/85. Gillett 2003, 37–42. Zum Gesandtschaftsverkehr zwischen den Westgoten und dem Kaiser, dem Hydatius ebenfalls erhebliche Aufmerksamkeit widmet, vgl. Vallejo Girvés 1997 und 2002.

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Man kann all dies als Ausdruck seines Bemühens begreifen, weiter teilzunehmen an allem, was in der römischen Welt vor sich ging. Wie erfolgreich war er dabei? Mit guten Gründen nimmt man an, dass der Kontakt der Gallaecia mit dem restlichen Imperium im 5. Jahrhundert vor allem über den Seeweg nach Gallien hergestellt wurde, während der Verkehr mit der Tarraconensis, der Carthaginiensis, der Lusitania und der Baetica durch Goten, Sueben und Bagauden erschwert wurde.43 Und so überrascht es nicht, wenn Hydatius deutlich mehr über Gallien und Italien zu sagen weiß als über Africa, das damals durchaus enge Kontakte mit der iberischen Ostküste unterhielt. Er kennt die weströmischen Kaiser; er berichtet vom Lynchmord am patricius Felix in Ravenna 43044 und vom Bürgerkrieg zwischen Aëtius, Bonifatius und dessen Schwiegersohn Sebastianus. Er bestätigt die Angabe bei Priskos,45 Valentinian III. habe Aëtius 454 eigenhändig (manu ipsius) erschlagen (s. u.).46 Valentinians Tod im Jahr darauf wird von ihm mit der Bemerkung kommentiert, dass mit ihm die Herrschaft der Theodosianischen Dynastie geendet habe.47 Einige Informationen über Italien sind sogar geradezu exklusiv: Soweit ich sehe, ist Hydatius die einzige zeitgenössische literarische Quelle, die den Caesar Palladius erwähnt, den glücklosen Sohn des kurzzeitigen Kaisers Petronius Maximus,48 den dieser 455 mit Valentinians Tochter Eudocia verheiratete.49 Aber auch dem Osten des Imperiums galt Hydatius’ Interesse. Er weiß vom Herrschaftsantritt und Tod der östlichen Augusti, ungeachtet mancher Fehler in der Chronologie; von der Absetzung des Patriarchen Nestorius50 und vom Erdbeben, das 461 Antiochia traf.51 Er berichtet auch von einer Entmachtung Aspars durch Kaiser Leo I. (457 bis 474) im Jahr 468, und von einer Hinrichtung von Aspars Sohn.52 In diesem letztgenannten Fall fallen allerdings zwei Punkte auf: Zum einen war es nicht Aspar, sondern sein Sohn Ardaburius, der damals das Amt des magister militum per Orientem verlor, allerdings am Leben blieb, wäh43 44 45 46 47

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Thompson 1982, 143; Kulikowski 2004, 155. Hydat. Chron. 84 (Mommsen 94). Prisk. fr. 30, 1 (Blockley). Hydat. Chron. 152 (Mommsen 160). Usque ad Valentinianum Theodosi generatio tenuit principatum; Hydat. Chron. 157 (Mommsen 164). Die Dynastie behielt allerdings noch lange ihr besonderes Ansehen; so ließ Justinian die Kinder Hilderichs 534 mit Geld und Ehren versehen, da sie von Eudocia abstammten; Prok. Hist. 4, 9, 13. PLRE II, 749–751. Hydat. Chron. 155 (Mommsen 162). Vgl. PLRE II, 821, und Henning 1999, 30. Constantinopolitane ecclesiae depulso Nestorio presidet episcopus Flavianus; Hydat. Chron. 119 (Mommsen 127). Hydat. Chron. 210 (Mommsen 215). Hydatius verortet Antiochia maior dabei allerdings irrtümlich nicht in Syrien, sondern in Isaurien. […] Asperem degradatum ad privatam vitam, filium eius occisum, adversum Romanum Imperium, sicut indicati detectique sunt, Vandalis consulentes; Hydat. Chron 241 (Mommsen 247).

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rend der mächtige Aspar selbst damals keineswegs ad privatam vitam degradiert wurde.53 Und zum anderen behauptet Hydatius, man habe Aspar und seinen Sohn der Verschwörung mit den Vandalen bezichtigt. Man weiß aber dank der Vita des Daniel Stylites, dass der Kaiser den Ardaburius um 467 vor dem Senat vielmehr der Konspiration mit den Persern angeklagt und so Aspars Zustimmung zur Absetzung seines Sohnes erzwungen hatte.54 Es scheint daher, als habe Hydatius’ Quelle die Aspar-Geschichte nicht nur mit mehr Dramatik gewürzt, sondern auch die Feinde, mit denen man gegen das Romanum Imperium konspiriert habe, westlichem Denken angepasst.55 Nicht mehr die fernen Perser, sondern die Vandalen spielten nun die Schurkenrolle.56 Doch nicht nur das, was Hydatius über Ostrom zu sagen weiß, bezeugt sein Interesse am östlichen Reichsteil. Noch eindrücklicher wird dies demonstriert, indem er einmal ganz explizit beklagt, hier weniger bieten zu können, als er eigentlich wünscht: Um 435 erreichte ein gewisser Germanus, laut Hydatius ein Presbyter „aus den arabischen Gebieten“, die Gallaecia.57 Von ihm sowie von aliquorum Gr[a]ecorum erfuhr der wissbegierige Bischof zwar offensichtlich vom Konzil von Ephesos (das er allerdings in Konstantinopel ansiedelt) und davon, dass damals Juvenal und Atticus Patriarchen von Jerusalem und Konstantinopel

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In Wahrheit fanden der übermächtige Aspar und sein Sohn erst 471 den Tod, als der Kaiser sie während einer Audienz erschlagen ließ; vgl. dazu ausführlich Croke 2005 und Börm 2010, 161f. Hydatius, dessen Chronik ja mit den Ereignissen von 468 endet, hat hiervon aber keine Kenntnis mehr gehabt. Bemerkenswerterweise datiert später auch das Chronicon Paschale (596f.) die spektakuläre Ermordung des patricius und princeps senatus Aspar sowie seiner Söhne Ardaburius und Patricius fälschlich auf 468. Andere oströmische Chronisten, so etwa Marcellinus Comes (s. a. 471), bieten dagegen das korrekte Datum. Vit. Dan. Styl. 55. Das belastende Material – angebliche Briefe des Ardaburius an die Perser – lieferte dabei der Isaurier und nachmalige Kaiser Zeno, der hierfür von Leo zum comes domesticorum befördert wurde. Natürlich muss offen bleiben, ob dies auf Hydatius oder schon auf seine Gewährsleute zurückgeht. Bei diesen handelte es sich um suebische Gesandte, die zu Anthemius geschickt worden waren; Hydat. Chron. 241 (Mommsen 247). Spätestens nach dem Scheitern der Offensive scheint allerdings in der Tat gegen diverse Beteiligte, darunter neben Aspar und seinem westlichen Gegenpart Ricimer auch bereits der Admiral und nachmalige Usurpator Basiliscus, der Vorwurf der Konspiration mit den Vandalen erhoben worden zu sein (Prok. Hist. 3, 6, 2–4; Theoph. AM 5961). Prinzipiell denkbar ist natürlich, dass Aspar und sein Sohn 467 der Konspiration sowohl mit den Vandalen als auch mit den Persern bezichtigt worden waren, doch muss dies angesichts der Quellenlage spekulativ bleiben. Vgl. zu Germanus, der offenbar als Pilger nach Hispanien gereist war, Torres Rodríguez 1957. Vielleicht war der Presbyter dabei auf der Suche nach dem „Ende der Welt“, das bereits seit Jahrhunderten in dieser Gegend vermutet wurde; so hatte schon L. Sestius Albanianus Quirinalis unter Augustus in der Gallaecia (damals Transduriana) in diesem Sinne Altäre errichten lassen; vgl. Grüner 2005.

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gewesen seien.58 Doch, so Hydatius wörtlich: „Zu welcher Zeit die Heiligen Johannes, Hieronymus und die anderen, die wir oben erwähnt haben, starben und welchen Namen der trug, der dem Johannes vor Juvenal nachfolgte, enthüllten die Reden der Informanten nicht, obwohl immerhin bekannt war, dass er ein Greis gewesen war, der nur kurz gelebt hatte.“59 Dass man im entlegenen Aquae Flaviae nicht viel Aktuelles über das Heilige Land in Erfahrung bringen konnte, überrascht im Grunde nicht; wohl aber, dass die „Griechen“, darunter immerhin ein Kleriker, ebenfalls vieles nicht wussten. War Hydatius hier ausgerechnet an besonders desinteressierte Menschen geraten? Das ist kaum anzunehmen. Vielmehr zeigt diese Episode, wie schwierig es ganz grundsätzlich abseits der Metropolen war, informiert zu bleiben, und wie langsam und unzuverlässig sich Nachrichten auf dem „flachen Land“ verbreiteten – nicht nur im unsicheren Westen, sondern auch im Osten, der Heimat der Reisenden. Ist dies wirklich erst eine Erscheinung des unruhigen 5. Jahrhunderts, oder hat man es nicht eher mit einem allgemeinen strukturellen Phänomen zu tun,60 mit dem grundsätzlichen Problem, sich jenseits des kaiserlichen Apparates einigermaßen zuverlässige Informationen zu beschaffen?61 Bereits Eunap hatte verächtlich vom Gerede der Fernhändler gesprochen, die entweder frei erfundene oder nur ihnen nützliche Informationen, aber nichts Zuverlässiges berichten würden.62 Gerne wüsste man übrigens, in welcher Sprache Hydatius mit Germanus und „den übrigen Griechen“ kommunizierte. Wurden die Reisenden von einem Dolmetscher begleitet? Sprachen sie noch selbst Latein, oder beherrschte Hydatius Griechisch? Letzteres ist nicht auszuschließen, zumal sich vereinzelt Lehnwörter wie chronografia (χρονογραφία) und singrafus (συγγραφεύς) bei ihm finden.63 Wahrscheinlicher ist aber, dass sich die besagten Oströmer tatsächlich noch auf Latein zu verständigen wussten, war diese Sprache doch im Osten damals noch

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Hierosolimis Iuvenalem episcopum praesidere Germani presbiteri Arabicae regionis exinde ad Calleciam venientis et aliquorum Grecorum relatione comperimus; Hydat. Chron. 97 (Mommsen 106). Quo vero tempore sancti Iohannes, Hieronimus, et alii, quos supradiximus, obierint vel quis nomine Iohanni ante Iuvenalem successerit, sicut et fuisse cognitum est in brevi seniorem quendam, referentum sermo non edidit; Hydat. Chron. 97 (Mommsen 106). Dass die Schwierigkeit, sich zuverlässige Informationen über entfernte Ereignisse zu beschaffen, auch bereits im 4. Jahrhundert die Handlungsfähigkeit der kaiserlichen Zentrale beeinträchtigen konnte, diskutiert Heather 2005, 100–103, am Beispiel der von Ammian überlieferten Affäre rund um den comes Africae Romanus (Amm. 28, 6, 1–27). Überspitzt formuliert findet sich dieser Gedanke auch bei Kulikowski 2004, 154: „A fourth century bishop in an obscure Gallaecian town is unlikely to have been much better-informed than Hydatius in the fifth century.“ Eunap. fr. 66, 2 (Blockley). Hydat. Chron. praef. 2f.

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weiter verbreitet als umgekehrt das Griechische im Westen.64 Fest steht jedenfalls: In den 430er Jahren konnten sich ein hispanischer Bischof und ein „arabischer“ Priester offensichtlich noch ohne größere Schwierigkeiten miteinander verständigen. Dies scheint auch noch für jene orientales gegolten zu haben, die 456 zu Schiff Hispalis angelaufen hatten und, wie Hydatius zugetragen wurde, berichteten, oströmische Truppen hätten auf Korsika (?) einen Sieg über die Vandalen errungen.65 Dass Hydatius tatsächlich, wie Mommsen und Tranoy66 annahmen, von einem römischen Sieg über die Lazen im fernen Kaukasus Kenntnis hatte, den sonst nur Priskos beiläufig erwähnt,67 hat Burgess zwar mit guten Argumenten widerlegt. Vielmehr geht es um den besagten Vandalensieg.68 Anders verhält es sich aber mit der wohl wichtigsten Information über Ostrom, die Hydatius bietet und die sonst nirgendwo überliefert ist: In Zusammenhang mit Attilas Invasion Italiens 452 findet sich bei ihm eine Version der Ereignisse, die in signifikanter Weise von jener abweicht, die sein Zeitgenosse Prosper von Aquitanien bewahrt hat.69 Denn bei Hydatius spielt anders als bei Prosper der Bischof von Rom keine Rolle; vielmehr kommt hier dem Ostkaiser Marcian entscheidende Bedeutung zu: „Im zweiten Herrschaftsjahr des princeps Marcian wurden die Hunnen, die Italien geplündert und auch einige civitates gestürmt hatten, Opfer göttlicher Strafe, indem sie von vom Himmel gesandten Plagen heimgesucht wurden: zum einen von Hunger, zum anderen von einer Seuche. Zudem wurden sie von auxilia niedergemacht, gesandt vom princeps Marcian unter dem dux Aëtius, und gleichzeitig wurden sie in ihrer Heimat sowohl von himmlischen Plagen als auch von der Armee Marcians bezwungen; und derart geschlagen, schlossen sie Frieden mit den 70 Römern und kehrten allesamt an ihre Wohnsitze zurück.“

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Vgl. zur Verbreitung des Lateinischen in Ostrom Browning 2000, 876: „Latin remained the language of the law, the army, the central administration and the imperial court, either exclusively or along with Greek, until the end of the sixth century.“ Hydat. Chron. 170 (Mommsen 177). Tranoy 1974, II, 106. Prisk. fr. 33, 1 (Blockley). Vgl. zu den Kämpfen Blockley 1992, 70. Vgl. Burgess 1988, 361f. Prosper s. a. 452. Prosper bewahrt nicht nur die berühmte Geschichte vom Eingreifen Leos des Großen, sondern übt vor allem heftige Kritik am patricius Aëtius, der anders als im Jahr zuvor bei der Abwehr der Hunnen vollständig versagt habe. Sollte der bei Hydatius genannte dux Aëtius mit dem weströmischen Heermeister identisch sein (vgl. dazu Stickler 2002, 147f.), so würden die beiden Chronisten einander in buchstäblich fast jeder Hinsicht widersprechen. Zu bedenken ist dabei, dass Prosper in der Kanzlei Leos des Großen tätig war (vgl. Breukelaar 1994) und daher aus der Perspektive des römischen Bischofs schrieb. Spätestens seit Stein 1928, 488, gibt man in der Forschung zumeist Hydatius’ Bericht den Vorzug. Vgl. zu Marcians Hunnenpolitik Kohlfelder 1984, zu den Ereignissen von 452 zuletzt Kelly 2008, 200–209 und Börm 2013, 81-89. Secundo regni anno principis Martiani [sic] Uni qui Italiam praedabantur, aliquantis etiam civitatibus inruptis, divinitus partim fame, partim morbo quodam plagis caelestibus feriuntur. Missis etiam per Martianum principem Aetio duce caeduntur auxiliis pariterque in sedibus

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Nicht nur sendet der Ostkaiser also auxilia in den Westen, die unter dem dux Aëtius die Feinde bekämpfen, sondern vor allem rücken römische Truppen über die Donau in hunnisches Gebiet vor und zwingen Attila so zum Rückzug. Burgess hat sich mit der Hypothese nicht durchgesetzt, Hydatius sei hier den Berichten oströmischer Händler aufgesessen, die Marcians Rolle bei der Abwehr Attilas übertrieben hätten.71 In der Tat enthält Hydatius’ Version, wie bereits Timo Stickler konstatiert hat,72 an sich nichts Unplausibles. Es spricht nichts gegen die Annahme, dass Ostrom 452 Ravenna durch eine Entlastungsoffensive und die Entsendung von Truppenkontingenten nach Italien zu Hilfe kam. Konstantinopel stand dem Westen in einer militärischen Krise bei, und Hydatius wusste davon. Die Anekdote von der Begegnung zwischen Attila und Leo scheint ihm dagegen unbekannt gewesen zu sein – der Bischof von Rom erscheint wiederholt in der Chronik, und es ist kein Grund erkennbar, aus dem Hydatius die Episode hätte verschweigen sollen, hätte er von ihr Kenntnis gehabt. Wirklich bemerkenswert ist hier aber etwas anderes, nämlich die Art, wie Hydatius insgesamt Marcian behandelt. Schon dessen Thronbesteigung im Jahr 450 wird in der Chronik nämlich ungewöhnlich detailliert beschrieben: „Nach dem Tod des Theodosius [II.] wurde in Konstantinopel auf der Stelle (statim) Marcian, als zweiundvierzigster [Kaiser] von den Soldaten und der Armee – auch auf Betreiben der regina Pulcheria, der Schwester des Theodosius – zum imperator gemacht. Nachdem er sie zur Frau genommen hatte, beherrschte er die Osthälfte.“73 Dieser Eintrag wirkt wie eine offiziöse, oströmische Version der Ereignisse,74 die größten Wert auf die Betonung der Legitimität des neuen Herrschers legt,75

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suis et caelestibus plagis et per Marciani subiguntur exercitum, et ita subacti pace facta cum Romanis proprias universi repetunt sedes; Hydat. Chron. 146 (Mommsen 154). Burgess 1988. Stickler 2002, 147f.; auch Blockley 1992, 68, akzeptiert Hydatius’ Version. Post quem XLII statim apud Constantinopolim Marcianus a militibus et ab exercitu, instante etiam sorore Theodosii Pulcheria regina, efficitur imperator. Qua sibi in coniugium adsumpta regnat in partibus orientis; Hydat. Chron. 139 (Mommsen 147). Vgl. dagegen die entsprechende Notiz bei Prosper Tiro, der die Legitimität des vir gravissimus Marcian zwar ebenfalls nicht bestreitet, diese aber nicht nur mit der Zustimmung der Soldaten, sondern insbesondere mit der Religionspolitik des Kaisers begründet: Theodosio imperatore defuncto et Chrysafio praeposito, qui amicitia principis male usus fuerat, interempto Marcianus consentione totius exercitus suscepit regnum, vir gravissimus et non solum rei publicae, sed etiam ecclesiae pernecessarius (s. a. 450). Wie schon im Kontext des Treffens zwischen Attila und Leo ist hier zu bedenken, dass Prosper den Standpunkt des römischen Bischofs vertrat. Deutlich erkennbar wird dies an der feindseligen Erwähnung des praepositus Chrysaphius (PLRE II, 295f.), den man für die zuletzt pro-miaphysitische Politik des Theodosius II. verantwortlich machte.

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der erst nachträglich durch Einheirat an die Valentinianisch-Theodosianische Dynastie anschloss und ohne Zustimmung oder Beteiligung Valentinians III. den Purpur genommen hatte.76 Dies war eigentlich eine Ungeheuerlichkeit.77 Der letzte Kaiser, der in das Herrscherkollegium aufgenommen worden war, ohne mit dem aktuellen senior Augustus verwandt zu sein, war 379 Theodosius I. gewesen.78 Alle anderen Prätendenten – Magnus Maximus (383 bis 388) ebenso wie Johannes (423 bis 425) und sogar Valentinians eigener Vater Constantius III., dem Theodosius II. 421 die Anerkennung verweigert hatte79 – waren seither auf Ablehnung von Seiten der Dynastie gestoßen. Aus westlicher Sicht war Marcian daher zunächst ein Usurpator;80 erst 452 scheint Valentinian III. ihn formal als Kaiser anerkannt zu haben.81 Gut denkbar ist, dass die oströmische Militärhilfe dieses Jahres eine konkrete Gegenleistung Marcians für seine letztlich erfolgte Anerkennung dargestellt hat, doch lässt sich dies natürlich nicht beweisen.82 Fest steht nur, dass all diese Spannungen zwischen den beiden Kaiserhöfen bei Hydatius vollständig ausgeblendet werden, während er zugleich demonstrativ die Rechtmäßigkeit von Marcians Machtanspruch zu betonen scheint – der neue Herrscher wird legitimiert durch den consensus universorum, symbolisiert durch die Zustim-

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Vgl. zur Erhebung Marcians eingehend Burgess 1993/94. Vgl. daneben Demandt 2007, 218f. Bemerkenswert ist, dass Hydatius Aspar, der hinter Marcians Erhebung gestanden haben dürfte (vgl. Jones 1964, 218), vor 468 nie erwähnt. Wiewohl das Römische Reich auch in der Spätantike formal keine Erbmonarchie war und die Ursprünge des Kaisertums als Ausnahmeamt weiter erkennbar blieben, hatte der dynastische Gedanke für die Herrschaftslegitimation im 5. Jahrhundert längst zentrale Bedeutung gewonnen; vgl. dazu eingehend Börm (im Druck). Direkte männliche Nachkommen eines Augustus konnten bei der Thronfolge nicht gewaltlos übergangen werden. Valentinian III., Enkel des Honorius, war 424/5 von seinem Onkel Theodosius II. als neuer Kaiser des Westens installiert worden; Hydat. Chron. 75 (Mommsen 84). Umso mehr muss es ihn erbittert haben, dass die Nachfolge seines Onkels 450 ohne seine Mitwirkung geregelt wurde. Noch Johannes von Nikiu (87, 36) betont im 7. Jahrhundert, dass Valentinian III. übergangen worden sei. Chron. Gall. 452 (s. a. 379): Gratianus parvulum fratrem habens regni consortem probatae aetatis virum Theodosium in societatem regni asciscit. – „Da Gratian nur einen ziemlich kleinen Bruder als herrscherlichen Kollegen hatte, zog er einen Mann geeigneten Alters, Theodosius, als Mitherrscher heran.“ Olymp. fr. 33 (Blockley). Hydatius erwähnt diesen Konflikt nicht; Hydat. Chron. 67 (Mommsen 75). Vgl. Burgess 1993/94, 49. Vgl. Bayless 1972, 94f.; Henning 1999, 188f. Man kann allerdings davon ausgehen, dass Valentinian III. seinen neuen Kollegen nur angesichts der Notlage, in der sich die Regierung in Ravenna zu diesem Zeitpunkt aufgrund der hunnischen Bedrohung befand, anerkannte – vermutlich auf Drängen des patricius Aëtius, dem der Kaiser eben dies dann 454 zum Vorwurf gemacht zu haben scheint (Joh. Ant. fr. 201 = Prisk. fr. 30, 1 [Blockley]), bevor er ihn erschlug; vgl. zu den Vorgängen Stickler 2002, 70–76.

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mung des Heeres,83 und den Wunsch der Schwester seines Vorgängers, seiner neuen Frau.84 Fast noch auffälliger als Hydatius’ Schilderung des Herrscherwechsels von 450 ist das, was sich anschließt: Die Datierung der folgenden Jahre bis 455 erfolgt über die Herrschaftsjahre Marcians (secundo regni anno principis Martiani… tertio regni anno principis Marciani… quarto regni anno principis Marciani…), obwohl Valentinian III. in den eigentlichen Einträgen durchaus vorkommt; in den Marginalien laufen seine Herrscherjahre unbeirrt weiter. Dieser Abschnitt der Chronik fällt noch zusätzlich dadurch ins Auge, dass secundo, tertio und quarto ungewöhnlicherweise in Majuskeln stehen.85 Marcian wird so auch optisch in einer Weise hervorgehoben, die sich bei keinem anderen Kaiser findet.86 Valentinian III. hingegen wird in diesem Teil des Werkes auffällig negativ geschildert, namentlich im Zusammenhang mit der Tötung des Aëtius: Der Vorgang wird als heimtückischer Mord an einem dux et patricius sowie zahlreichen honorati charakterisiert87 – eine Lesart, die auch in der oströmischen Tradition dominiert.88 Wie ist all dies zu erklären? Folgt Hydatius in diesem Abschnitt grundsätzlich einer östlichen Quelle, ergänzt um Einträge zu Hispanien? Irritierend ist zunächst, dass eine solche Vorlage dann das Konzil von Chalcedon 451 übergangen haben müsste. Hydatius hatte die Briefe, die Leo der Große im Vorfeld des Konzils im Westen verbreiten ließ, ausführlich beschrieben.89 Kaum hätte er darum die eigentliche Kirchenversammlung verschwiegen, wenn er von ihr Kenntnis gehabt hätte. Hätte aber eine oströmische, promarcianische Quelle Chalcedon nicht auf jeden Fall erwähnt?90 Vielleicht nicht. Wenn man sich an die mangelhafte Informiertheit des Presbyters Germanus in Kirchenfragen erinnert, kann man zumin-

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Auch prochalcedonische griechische Quellen des 6. Jahrhunderts betonen, wohl unter Bezug auf die offizielle Version, diesen Punkt; so etwa Johannes Malalas (16, 71–73) und Theodoros Anagnostes, der – ganz ähnlich wie Hydatius – feststellt, Marcian sei ὑπὸ παντὸς τοῦ στρατοῦ zum Kaiser erhoben worden (fr. 354). Vgl. zur Augusta Pulcheria Holum 1982, 79–111. Vgl. die Kritik bei Burgess 1993/94, 47f., der annimmt, die Rolle Pulcherias sei von den Antichalcedoniern übertrieben worden. Ich folge hier der Edition Burgess 1993. Dass diese Datierungsweise dann 455 wieder abbricht, könnte ein Indiz dafür sein, dass die erste Fassung der Chronik 455 / 456 endete, doch bleibt dies spekulativ. Aetius dux et patricius fraudulenter singularis accitus intra palatium manu ipsius Valentiniani imperatoris occiditur et cum ipso per spatorium eius aliqui singulariter intromissi iugulantur honorati; Hydat. Chron. 152 (Mommsen 160). Joh. Ant. fr. 201 = Prisk. fr. 30, 1 (Blockley); Prok. Hist. 3, 4, 25–28. Der Mord an einem hochrangigen Aristokraten wie Aëtius war für einen spätantiken Kaiser nicht nur mit einem hohen Risiko verbunden – nicht zufällig wurde Valentinian III. wenig später aus Rache erschlagen –, sondern auch mit einem gewaltigen Ansehens- und Legitimitätsverlust; derlei rückte den Monarchen in die Nähe eines tyrannus; vgl. Börm 2010, 168–172. Hydat. Chron. 137 (Mommsen 145). Burgess 1993/94 verweist in diesem Kontext auf die besagten orientales als Hydatius’ Quellen und geht zudem von „orthodox informants“ für die Passage aus.

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dest nicht ausschließen, dass ein etwaiger oströmischer Gewährsmann des Hydatius auch Chalcedon unerwähnt gelassen haben könnte.91 Jenseits dieser Spekulationen steht aber eines fest: Der ferne Kaiser in Konstantinopel war für Hydatius offensichtlich nicht weniger römischer princeps als Valentinian III., darum datierte er nach ihm die Ereignisse. Was nun hat all dies mit der Einheit des Römischen Reiches zu tun? Dass es nicht sinnvoll ist, Hydatius die Lücken und Irrtümer in seiner Darstellung oder eine zu starke Berücksichtigung der Gallaecia vorzuhalten, hat man längst erkannt.92 Gemessen an den Bedingungen, unter denen er arbeiten musste, sind seine Ergebnisse durchaus respektabel. Was aber meines Erachtens noch nicht ausreichend betont worden ist, ist der Umstand, dass Hydatius als Bischof einer unbedeutenden Gemeinde in einer unbedeutenden Provinz am äußersten Rand des zerfallenden Westreichs überhaupt auf den Gedanken kam, eine Chronik des Imperium Romanum seiner Tage zu verfassen. Er war eben gerade nicht der erste „spanische Nationalhistoriker“,93 sondern er hielt es für möglich und fruchtbar, zu einer Zeit, als Griechen in den Metropolen des Ostens klassizistische Profangeschichte schrieben, eine ungleich simplere, aber literarisch doch nicht völlig anspruchslose Chronik des Gesamtreichs zu verfassen.94 Hydatius versuchte sogar, seine Chronologie unter anderem an der Olympiadenzählung auszurichten.95 Die Provinz Gallaecia mochte faktisch zu einem suebischen regnum geworden sein96 und die dortigen Römer in servitus leben; für Hydatius aber ging es nach wie vor ganz selbstverständlich um das große Ganze.97 Und man darf durchaus annehmen, dass er eine ähnliche Weltsicht auch bei seinem Publikum, der

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Dies gilt umso eher, falls es sich um einen Miaphysiten gehandelt haben sollte; dieser könnte das für ihn unerfreuliche Konzil bewusst übergangen, Marcian aber dennoch positiv dargestellt haben, denn viele Antichalcedonier gaben sich dem Kaiser gegenüber durchaus loyal. Anfangs scheint man, wie erwähnt, vor allem die Augusta Pulcheria für Marcians Religionspolitik verantwortlich gemacht zu haben. Zwar finden sich in der antichalcedonischen Tradition, etwa in der Vita Dioscuri, natürlich auch sehr negative Darstellungen des Kaisers – diese sind aber, soweit ich sehe, nicht zeitgenössisch und entstammen einer Zeit, als sich die Fronten bereits verhärtet hatten. Kulikowski 2004, 154. So noch Torres Rodríguez 1956. So ähnlich bereits Thompson 1982, 142, der mit Recht konstantiert „that he tried to overcome the daunting limits of his knowledge of the outside world, and that he wanted to include in his work every scrap of information which he could find out about the Roman Empire in the East.“ Burgess 1993, 37–39. Hydat. Chron. 168 (Mommsen 175) Ähnlich Muhlberger 1990, 264–266, der Hydatius aber in Hinblick auf den Glauben an die Zukunft des Imperium Romanum für optimistischer hält, als er es war: Daran, dass der Bischof das Ende der Welt nahen sah, kann angesichts der Äußerungen in der praefatio und am Schluss des Werkes kein Zweifel bestehen.

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provinzialrömischen Elite in den verbliebenen civitates, voraussetzte.98 Dass es diese damals durchaus noch gab, ist trotz der schlechten Quellenlage unstrittig.99 Das Imperium Romanum, nicht die fremden nationes, steht im Zentrum der Chronik. Folgerichtig blickt sie auch nicht über die Reichsgrenzen hinaus. Abgesehen von einem Eintrag zum Jahr 384,100 den Hydatius fraglos einer Vorlage entnommen hat, werden insbesondere die Sasaniden, die bei den griechischen Historikern der Spätantike eine so bedeutende Rolle spielen, nicht erwähnt. Von den beiden Perserkriegen des 5. Jahrhunderts101 wusste Hydatius nichts; und auch die oströmischen Konflikte mit den Hunnen erscheinen bei ihm nur in einem für das Gesamtreich relevanten Zusammenhang. Welche Vorstellung der Bischof vom Charakter dieses Reiches hatte, wird an zwei Stellen besonders deutlich: Als Honorius 423 starb, hatte daher sein Neffe Theodosius II. laut der Chronik zunächst die monarchia im Gesamtreich inne.102 Das Gleiche wiederholte sich 455, als Marcian im vierten Jahr seines regnum, so Hydatius, Alleinherrscher geworden sei: „Der 43. [Kaiser] der Römer, Marcian, im vierten Jahr seiner Herrschaft, hatte die monarchia inne.“103 Wenig später, so Hydatius weiter, habe Marcian Avitus als Kaiser des Westens anerkannt. Dass diese Information nicht zutrifft, ist im vorliegenden Zusammenhang nebensächlich: Wie schon im Kontext von Marcians Herrschaftsantritt 450 wurden die Konflikte zwischen den Augusti von Hydatius ignoriert. Entscheidend ist das Reichskonzept, das hinter diesen Äußerungen des hispanischen Bischofs steht; Westen und Osten des Römischen Reiches bildeten für ihn nach wie vor eine Einheit. Die beiden Hälften des Imperiums hatten nicht nur unianimitas anzustreben,104 sondern im Fall einer Vakanz fiel die Herrschaft über das Gesamtreich für Hydatius offensichtlich ganz automatisch dem jeweils verbliebenen Augustus zu.105 Unter den konkreten Bedingungen um die Jahrhundertmitte konnte dies nur heißen: der weiterhin mächtige oströmische Kaiser war im Zweifelsfall auch für das schrumpfende Hesperium Imperium zuständig.

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Angesichts des zugleich kaum zu leugnenden besonderen Interesses des Chronisten an den Ereignissen in seiner engeren Umwelt, der Gallaecia, spricht Cardelle de Hartmann (1994, 66) von einer „doppelten Perspektive des Hydatius.“ Kulikowski 2004; Halsall 2007, 340f. Legati Persarum ad Theodosium Constantinopolim veniunt; Hydat. Chron. 11. Vgl. Greatrex 1993. Romanorum XLI Theodosius Arcadii filius ante aliquot annos regnans in partibus orientis defuncto patre post obitum Honorii patrui monarchiam tenet imperii cum esset annorum XXII; Hydat. Chron. 73 (Mommsen 82). Romanorum XLIII Martianus [sic!] quarto iam regni sui anno obtinet monarchiam; Hydat. Chron. 158 (Mommsen 165). Hydat. Chron. 159 (Mommsen 166). Die Vorstellung einer monarchia des Ostkaisers im Jahr 423 findet sich so weder bei Prosper Tiro noch in der Chronica Gallica 452. Sie scheint also tatsächlich auf Hydatius zurückzugehen.

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Und konnte sich Hydatius nicht bis zuletzt in dieser Sicht bestätigt fühlen, da doch ausgerechnet 467/8, also in dem Jahr, mit dem die Chronik endet, der Ostkaiser Leo den Anthemius zusammen mit einem starken Heer als neuen Augustus in den Westen entsandte, um in einer gesamtrömischen Militäroperation Africa den Vandalen zu entreißen?106 Und hatten oströmische Truppen, soweit Hydatius wusste, nicht unter dem princeps Marcian mindestens zweimal im Westen, in Italien und auf Korsika, interveniert? Schon 441 hatte Theodosius II. eine Offensive gegen die Vandalen durchführen lassen, die allerdings aufgrund einer persischen Invasion abgebrochen werden musste und von der der hispanische Chronist keine Kenntnis gehabt zu haben scheint.107 Die oströmischen Augusti waren also sehr wohl bereit, im Westen einzugreifen.108 Sie fühlten sich auch für diesen Teil des Imperiums zuständig; und – und dies ist entscheidend – dieser Umstand war auch in der fernen Gallaecia bekannt. Dass die Männer, die nach 455 von Konstantinopel als neue Herrscher in den Westen geschickt wurden, dabei meist Figuren waren, derer sich der Kaiserhof aus machtpolitischen Erwägungen heraus zu entledigen suchte,109 spielt dabei keine Rolle. Hydatius scheint daher, obwohl er die Absetzung des Romulus Augustulus durch Odoaker selbst nicht mehr erlebt haben dürfte, ein guter Gewährsmann für die Hypothese zu sein, dass das Jahr 476 aus Sicht vieler Zeitgenossen zunächst keine Zäsur dargestellt hat.110 Mit der erneuten Vakanz des westlichen Kaisertums hätte, so darf man vermuten, auch in Hydatius’ Augen ganz einfach wieder das gegolten, was für ihn schon 423 und 455 der Fall gewesen war: Das Römische Reich war wieder eine Monarchie, und der Ostkaiser automatisch der Herr des ganzen Imperiums.111 Hätte Hydatius einige Jahre länger gelebt und seine Chronik über das Jahr 476 hinausgeführt, er hätte mit großer Wahrscheinlichkeit Leos

106 Dass Hydatius vom spektakulären Scheitern der immens kostspieligen (Joh. Lyd. mag. 3, 43; Suda X 245) Operation offensichtlich keine Kenntnis hatte, ist ein starkes Argument dafür, dass die Arbeit an der Chronik tatsächlich 468 oder allenfalls 469 abgeschlossen wurde, bevor Nachrichten von der Katastrophe die Gallaecia erreicht hatten. 107 Marc. Com. ad. ann. 441 (Mommsen). Vgl. Howard-Johnston 2010, 38. 108 Bemerkenswerterweise notiert Hydatius auch die Rolle, die Konstantinopel indirekt für den Westen spielen konnte, wenn er feststellt, Aëtius’ Rivale Sebastianus sei 434 zunächst ad palatium Orientis geflohen, bevor er sich dann von dort zu den Westgoten begeben habe; Hydat. Chron. 95 (Mommsen 104) und 121 (Mommsen 120). 109 Vgl. Börm 2010, 165f. 110 Stellvertretend genannt seien hier der grundlegende Beitrag Croke 1983b sowie Goltz 2007 und 2009 (mit weiterer Literatur). 111 Erwähnung verdient an dieser Stelle auch Beda Venerabilis, der sich für seine Darstellung des 5. Jahrhunderts in der Historia ecclesiastica gentis Anglorum auf mindestens eine unbekannte ältere Quelle stützt; er vermerkt für das Jahr 423, dass nach dem Tod des Honorius fortan Theodosius II. 26 Jahre lang geherrscht habe: Anno dominicae incarnationis CCCCXXIII, Theodosius iunior post Honorium XLV ab Augusto regnum suscipiens, XX et VI annis tenuit (hist. eccl. Brit. 1, 13). Der Bericht des Gildas, der Beda für diesen Abschnitt fraglos als wichtigste Vorlage gedient hat, erwähnt hingegen nichts dergleichen.

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Nachfolger Zeno (474 bis 491) schlicht als Inhaber der monarchia im Gesamtreich bezeichnet. Vielleicht hätte er jenen zugestimmt, die damals laut Malchos feststellten, ein Mehrkaisertum sei nunmehr überflüssig.112 Zudem sollte nach 476 bzw. nach 480, als auch Iulius Nepos den Tod fand, noch über viele Jahrzehnte hinweg die Erhebung eines neuen Augustus des Westens immer wieder in greifbare Nähe rücken, so dass es lange dauerte, bis aus der scheinbar nur temporären Vakanz für jeden ersichtlich eine permanente geworden war.113 Für Hydatius und seine Zeitgenossen hingegen war diese Entwicklung schwerlich absehbar. Auch das zweite Werk, das früher manchmal mit dem Namen Hydatius verbunden wurde, die seit Mommsen so genannten fasti Constantinopolitana, die der Chronist zweifellos in irgendeiner von mehreren Versionen benutzt und vielleicht auch selbst fortgesetzt hat, verdient in diesem Zusammenhang noch eine kurze Erwähnung.114 In der Forschung herrscht weitgehende Übereinstimmung darüber, dass diese Liste, die von Brutus bis zum zweiten Konsulat des Anthemius 468 reicht, zuerst um 388 von privater Hand in Konstantinopel erstellt wurde, um dann eine Reise über Italien nach Hispanien, Nordafrika, Gallien und zurück nach Italien anzutreten.115 Das offensichtliche Interesse an derartigen, kaum weitere Informationen bietenden fasti im 5. Jahrhundert scheint ein weiterer Hinweis darauf zu sein, dass sich zumindest die Eliten weiterhin als Teil des einen Imperiums begriffen und bemüht waren, eine reichsweit einheitliche Datierung über ordentliche Konsulate zu ermöglichen. Mochte das Imperium Romanum auch vielleicht seinem Ende entgegeneilen116 – selbst in der Gallaecia gab es auch um 470 noch Menschen wie Hydatius, die sich ihm zugehörig fühlten und gierig jede Information sammelten, derer sie habhaft werden konnten. Wie selbstverständlich konnte damals ein Chronist im äußersten Westen des Reiches Ereignisse nach den Herrschaftsjahren des Ostkaisers datieren, dem er sich offensichtlich nicht weniger untertan sah als dem Augustus des Westens. Und wenn es orientales nach Hispanien verschlug, konnte man sich, wie sich gezeigt hat, durchaus noch verständigen. Dass es dem Bischof dabei gelang, sogar Kenntnis über einige Vorgänge im Gesamtreich zu erlangen, die sich zwar in der Parallelüberlieferung nicht finden, die aber zumindest zum Teil völlig plausibel sind, ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass selbst ein halb vergessener Winkel wie Aquae Flaviae damals noch nicht völlig abgeschnitten war von der übrigen römischen Welt.

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Malch. fr. 14 (Blockley). Vgl. hierzu auch den Beitrag von Wiemer im vorliegenden Band. Vgl. zum weströmischen Kaisertum nach 476 ausführlich Börm 2008. Vgl. Seeck 1889 und 1899. Vgl. Burgess 1993, 175–198. Nicht zufällig ist gerade Hydatius – ungeachtet des Umstandes, dass seine Chronik ausgerechnet mit einem Jahr endet, in dem Anthemius in der Gallaecia und in der Tarraconensis als Kaiser anerkannt wurde – oft als Hauptquelle für das Ende der römischen Herrschaft in Hispanien herangezogen worden; vgl. García Moreno 1976 und Thompson 1982.

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DU BON USAGE DE L’HISTOIRE. REMARQUES SUR LES ENJEUX IDENTITAIRES VEHICULES PAR LES HISTOIRES ECCLESIASTIQUES INCOMPLETEMENT CONSERVEES (MILIEU VE – DÉBUT VIE S.) Philippe Blaudeau Dressant un tableau des histoires ecclésiastiques qui furent composées durant l’Antiquité tardive, F. Winkelmann les répartit en trois catégories : les ouvrages entièrement conservés, les compositions dont de nombreux extraits ou d’importants passages ont été préservés, les écrits enfin que seuls quelques fragments ou des testimonia nous font connaître. Parmi les quatre œuvres incomplètes plus spécialement considérées ici parce qu’elles présentent les traces d’une trame narrative, les Histoires de Zacharie le Rhéteur et de Théodore le Lecteur figurent ainsi dans la deuxième rubrique, tandis que les rédactions d’Hésychius de Jérusalem et de Jean Diakrinomenos se voient regroupées dans la plus modeste des trois classes.1 Fondée sur l’objectivité observée de l’état documentaire, une telle affectation ne souffre guère de contestation matérielle. Cela ne signifie pas qu’aucun enseignement fiable ne puisse être tiré concernant la nature du projet éditorial initial de chacun des auteurs. De même est-il possible de distinguer plusieurs traits caractéristiques qui expliquent le Fortleben, souvent complexe et surprenant, de leur récit. Parus dans un ouvrage principal2 et plusieurs articles ou contributions,3 les principaux résultats de notre longue enquête consacrée à trois des Histoires ecclésiastiques susmentionnées, les plus récentes, incitent donc à formuler plusieurs observations susceptibles de révéler des formes d’exploitation sinon d’appropriation inattendues : face à de nouveaux enjeux identitaires, les utilisateurs de ces narrations passent outre les préventions puis les séparations confessionnelles les plus établies pour mieux assurer la cohérence de leur propre dessein. Avant de développer cette réflexion et de considérer les séquences du mouvement présidant aux usages successifs ainsi constatés, il convient tout d’abord de prêter un semblable intérêt à l’Histoire ecclésiastique d’Hésychius de Jérusalem. Si elle n’a qu’assez peu attiré l’attention des chercheurs depuis une trentaine d’années, l’importance des attestations qui la concerne, mieux son revi-

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Winkelmann 1990, 205–209. Blaudeau 2006 a, 493–696 spécialement. Cf. surtout Blaudeau 2001 a, 76–97. Voir aussi Blaudeau 2001 b, 231–234 et Blaudeau 2003, 155–193.

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val, pourrait-on dire, durant la controverse des Trois Chapitres, la recommandent spécialement à notre étude. 1. L’HISTOIRE ECCLESIASTIQUE D’HESYCHIUS : UN OUVRAGE D’ORIENTATION MIAPHYSITE EXALTANT LE SIEGE HIEROSOLYMITE? Les éléments biographiques d’Hésychius permettent de fixer sa naissance durant le dernier tiers du IVe s. Après une courte expérience monastique, il devient prêtre, est bientôt attaché au Saint-Sépulcre, tandis que sa notoriété de prêcheur semble assurée dès les environs de 412.4 Proche de Juvénal, réputé pour sa charité,5 il participe à la consécration de l’église de la laure euthymiaque (7 mai 429)6 et se distingue par ses commentaires des psaumes et ses homélies. Si cette expression de foi bien documentée présente une orientation christologique de nature cyrillienne, elle ne laisse guère apparaître de termes ou de formules techniques et partisanes ni ne semble affectée par l’enseignement conciliaire.7 Est-ce à dire qu’Hésychius se tint à l’écart des controverses ? Le diacre romain Pélage, désirant vivement le discréditer affirme au contraire qu’Hésychius « avait été l’associé d’Eutychès l’hérétique en tout, de sorte qu’il accueillit volontiers auprès de lui à Jérusalem ce même Eutychès qui fuyait l’examen du saint synode de Chalcédoine et qu’il a écrit des livres contre le saint synode de Chalcédoine et contre la lettre de Léon de bienheureuse mémoire donnée à Flavien le chef (de l’Église) de Constantinople ».8 De ces ouvrages présumés, nous ne savons rien d’autre. Quant au secours donné à Eutychès, affirmation contraire aux informations apportées par l’épistolier de Léon le Grand ou l’ouvrage de Théodore le Lecteur, il semble improbable.9 En revanche l’indication donnée par le même Pélage selon laquelle Hésychius composa son Histoire ecclésiastique « en 4 livres au sujet de ce qui se passa à Éphèse »10 mérite d’être retenue, ainsi que les quelques passages que le Romain reproduit pour mieux les réfuter. En effet, l’existence de cet ouvrage est corroborée par la production d’une importante citation énoncée lors de la cinquième session du deuxième concile de Constantinople (553),11 puis reprise en

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Théophane, Chronographie, 83. Notons que, à l’encontre de ce que nous savons par ailleurs, le chronographe, ibid., p.92, place le décès d’Hésychius en AM 5927 (AD 433–434). Cf. « Item exeuntibus nobis ad portam iure ad sanctum Isicium qui ibidem in corpore iacet, ubi etiam et panes erogantur ad homines pauperes et pereginos, quod deputavit Helena » (recensio prior, codex Rhenaugiensis 73 (nunc Turicensis), Itinerarium Antonini Placentini, 20– 8, 176. Cyrille de Scythopolis, Vie de saint Euthyme, 16, 26. Cf. la mise au point de Grillmeier 2002, 52–24, 57. S. Pélage, in defensione trium capitulorum, 224–32. Cf. en dernier lieu Horn 2006, 371. In defensione (cit. note 8), 220–21. ACO IV-1, 901–917.

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partie par le pape Pélage II dans sa troisième lettre aux évêques d’Istrie.12 Elle est également signalée par le testimonium fourni par Justinien dans son édit de 551 (Confessio rectae fidei).13 Reste à savoir quand l’Histoire ecclésiastique d’Hésychius fut composée ? Il est d’usage de considérer que son objet principal concernait le concile œcuménique de 431. En effet, on l’a vu, le diacre Pélage indique d’emblée que la matière de l’Histoire ecclésiastique était constituée par ce qui s’était passé à Éphèse. En outre, il souligne qu’Hésychius avait traité de l’actio Charisii, autrement dit d’une requête présentée par un prêtre et économe de l’Église de Philadelphie (Lydie) devant l’assemblée cyrillienne, le 22 juillet 431.14 La date du synode forme donc ipso facto le terminus post quem de l’ouvrage. Faut-il se contenter de cette seule indication ? Dans l’une de ses notes, Devreesse formule une hypothèse plus audacieuse. Selon celle-ci, le prêtre hiérosolymite aurait abordé non pas seulement la réunion de 431 mais encore celle présidée par Dioscore en août 449.15 Cette proposition ne manque pas d’intérêt mais R. Devreesse ne l’étaie guère que par la faveur à l’endroit d’Eutychès qu’aurait montrée Hésychius. Aussi L. Perrone lui préfère-t-il l’alternative d’un Sitz im Leben de l’Histoire ecclésiastique placé vers 440, au moment où, remarquons-le, Socrate de Constantinople rédigeait lui aussi son ouvrage. Le motif d’une telle entreprise, particulièrement hostile à la tradition christologique antiochienne, aurait été suggéré par la venue de Cyrille d’Alexandrie à Jérusalem, à l’occasion de la déposition des reliques de saint Étienne dans le lieu où devait s’élever l’édifice placé sous son vocable.16 Hésychius aurait ainsi participé à l’offensive propagandiste alors lancée par l’Alexandrin et soutenue par l’impératrice Eudocie, qui prenait pour cible principale l’évêque de Mopsueste, mort en 428.17 Le prêtre hiérosolymite attiserait d’autant plus volontiers la polémique qu’en tant que spécialiste, il saurait s’en prendre à l’exégèse des Psaumes imaginée par Théodore et dénoncer fermement son interprétation christologique de Hb 1, 13.18 Informée et suggestive, 12 13

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JW 1056, ACO IV-2, 12427–12516. CPG 6885, Drei dogmatische Schriften Justinians, 10818. Une mention forte brève et tardive figure enfin dans la Vie de Théodore, higoumène du monastere de Chôra (BHG 1743). Cf. Philostorge, Kirchengeschichte, 17729–30 .(J. Bidez / F. Winkelmann (eds.) Berlin 19813, 1772930). In defensione (cit. note 8) p. 51–16. Ibid., 2, note 2. Sur cette manifestation, cf. la lettre de Cyrille aux clercs et au prêtre Lampon (439 ?, n°70 = CPG 5370) dans Codex Vaticanus Gr. 1431, 16–17 ; Jean Rufus, Life of Peter the Iberian, 66–67 ; Jean de Nikiou, Chronique, 470, Théophane, Chronographie, AM 5927, 92. Voir aussi Honigmann 1950, 225. La célébration présidée par Cyrille a très probablement eu lieu le 15 mai 439. Sur la chronologie de la première venue d’Eudocie en Palestine, cf. en dernier lieu P. Laurence, dans Gérontius, Vie latine de sainte Mélanie, 67–74. Voir encore Blaudeau 2003b, 374–375. Perrone 1980, 73–75. Citons le passage correspondant tiré de l’extrait lu au concile (la traduction est nôtre): « Affaibli par le blanc âge, et alors que sa chancelante étincelle de piété, si de quelque maniè-

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une telle version ne semble guère devoir être contestée. Pourtant quelques indications partisanes nous incitent à comprendre différemment le projet d’Hésychius. Il convient tout d’abord d’insister sur le fait qu’à aucun moment, l’Hiérosolymite ne voit sa mémoire explicitement condamnée par la communauté radicalement miaphysite. Au contraire, dans les Plérophories de Jean Rufus, au début du VIe s., Hésychius nous est présenté comme l’énonciateur d’une prophétie qui aurait prédit le désastre constitué par les décisions du concile de Chalcédoine. D’après la relation en effet, il interprète une pluie de pierres survenue en Palestine comme le prodige tristement annonciateur des méfaits imputés à l’assemblée de 451. Bien mieux, il ne se contente pas d’en dévoiler la leçon mais la fait connaître, preuves à l’appui, à Eudocie ainsi qu’à la cour de Constantinople.19 Susceptible d’être lu de façon métaphorique,20 un tel récit conforte l’idée d’un Hésychius s’affichant comme un opposant à Chalcédoine, ce que lui reproche précisément Pélage près d’un siècle plus tard. Celui-ci insiste en outre sur la sénilité du prêtre- historien,21 comme si les assertions vilipendant Théodore de Mopsueste – qu’il fût jeune22 ou vieux23 – évidemment insupportables au diacre romain, n’attestaient que le déraillement des pensées de son contempteur. Or, si l’Histoire ecclésiastique d’Hésychius est bien une œuvre de vieillesse, elle pourrait fort bien avoir été écrite dans un contexte plus tardif, d’une dizained’année environ, que celui proposé

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re quelque chose avait été fort en lui, s’éteignait, il (Théodore) présuma de composer des livres contre l’apparition du Seigneur Dieu. Omettant un grand nombre de ceux-ci (et il est sacrilège de rapporter leurs propos impies) rappelons-en un seul. En effet, le Christ Jésus, Seigneur et Sauveur de notre genre, Paul l’appelle splendeur de la gloire paternelle et image de (sa) substance, disant qu’il porte toute chose par la parole de sa puissance, lui qui accomplit la purification de nos péchés et siège à la droite de la majesté paternelle (Hb 1, 3). A son sujet, Paul écrit encore dans la lettre aux Colossiens « parce que c’est en Lui que toutes les choses visibles et invisibles, au ciel et sur la terre, ont été créées, et que Lui était avant la création» (Col 1, 16–17). Or, cet insensé (Théodore), ayant osé cela à l’égard des paroles mystiques, a écrit que celui-ci (le Christ) n’est pas le Verbe incarné, comme nous l’avons appris des paroles évangéliques, mais qu’il a été uni à Dieu par la promotion de son existence et l’accomplissement de ses souffrances. Telles sont les choses qu’il disait » (ACO IV-1, 9023– 24). Jean Rufus, Plérophories, X, 23. Les pierres, formant comme autant d’aide-mémoires, pourraient renvoyer à l’Histoire ecclésiastique, tandis que l’envoi à Constantinople évoquerait un effort de diffusion soutenu en direction de la cour. Le rôle assigné à Eudocie, comme médiatrice capable encore de s’adresser, nonobstant la distance, à la cour, est rendu de façon parfaitement claire. « fatuus senex », (In defensione (cit. note 7), 313) ; « delirantis senis excusationem » (ibid., 521). « Compté au nombre du clergé antiochien dès son plus jeune âge et ayant promis qu’il se tiendrait bien, mais retourné à nouveau vers les plaisirs du siècle, il s’en réjouit. Le bienheureux évêque de Constantinople Jean, imitable en tout bien, lui écrivit alors une lettre que l’on peut lire jusqu’à aujourd’hui dans les livres ( codicibus ) et parvint à l’amener du pire vers une pénitence meilleure » (ACO IV-1, 905–10). Voir supra note 18.

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par L. Perrone. Car un passage allégué par les pères conciliaires en 553 incite à croire que l’initiative ne s’inscrivait pas parfaitement dans un registre de complète conformité avec l’incitation de Cyrille d’Alexandrie. Hésychius fait en effet savoir que « ne survivant pas très longtemps aux susdits blasphèmes contre le mystère (de l’Incarnation) Théodore (de Mopsueste) ajouta aussi cet outrage contre la nouvelle Jérusalem,24 se hâtant également de la minorer en tant que patrie du mystère de l’Incarnation ».25 Il est bien difficile de ne pas voir dans cette expression une orientation géo-ecclésiale particulièrement destinée à promouvoir l’importance du siège de Jérusalem, décidément distingué par son acception mystagogique, au sein de l’Église impériale.26 Bref, son opus aurait contribué à l’opération d’affirmation supra-métropolitaine conçue par l’évêque Juvénal et patiemment élaborée jusqu’à atteindre son comble en 450.27 A contrario, il paraît probable que l’Histoire ecclésiastique d’Hésychius s’achevait avant d’aborder défavorablement le concile de Chalcédoine, peut-être même avant de considérer, avec des intentions qui eussent été meilleures sans doute, le synode dioscorien d’Éphèse. En effet, si Hésychius avait abordé le déroulement de l’assemblée tenue en 449, Pélage n’aurait pas hésité à brandir ce grief décisif pour frapper de prescription hérétique son contenu. Sans doute le deuxième concile d’Éphèse doit-il donc être considéré comme le terminus ante quem du contenu de l’ouvrage. De même est-on incité à penser que cette même réunion conciliaire forme comme la borne chronologique avant laquelle Hésychius mit son Histoire ecclésiastique par écrit. Il est tentant en effet de concevoir le contexte le plus propice pour une telle rédaction : celui d’une montée progressive des tensions avec Antioche, dans le cadre des toutes premières manifestations de la querelle eutychienne. Fruit d’une collaboration étroite d’Hésychius aux desseins de Juvénal, collaboration évidemment impensable après 451, l’Histoire ecclésiastique aurait magnifié le rôle d’Eudocie et illustré ses pieuses fondations, peut-être même jusqu’à s’ouvrir par une dédicace à son intention. Elle aurait ainsi constitué comme la réponse à l’entreprise d’un Sozomène, particulièrement désireux d’exalter la personnalité de Pulchérie, on le sait, sans qu’il faille pour autant considérer l’avocat comme un familier de la cour ou croire qu’il tînt simultanément à effacer toute mention d’Eudocie.28 Mais Hésychius n’entendait sûrement pas se’n prendre seulement à la ligne idéologique ouvertement pro-constantinopolitaine de la publication de

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En ce qu’elle n’est plus ni la Jérusalem juive, ni l’Aelia païenne. ACO IV-1, 915–7. Cf. Honigmann 1950, 217–227 spécialement. Sur l’étroit rapport entre Lieux Saints et œuvre homilétique d’Hésychius, voir Aubineau 1978–80 et en dernier lieu Grillmeier 2002, 51–52, 58–65 Sur l’attribution des deux provinces de Phénicie et d’Arabie à la juridiction ecclésiastique de Juvénal, cf. Honigmann 1950, 238–239. Sur ce point voir l’analyse de Van Nuffelen 2004, 57–58.

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Sozomène, elle même parue vers 445 semble-t-il.29 Peut-être le prêtre hiérosolymite avait-il été informé de la parution d’une nouvelle Histoire ecclésiastique, bien plus contraire à ses convictions encore, et composée par Théodoret (en 448 sans doute).30 Si tel fut le cas, on peut imaginer qu’il n’entendit pas la laisser sans contredit. Dès lors, persuadé un peu plus encore de l’urgence de la tâche à mener, il placerait au cœur de sa narration un sévère blâme adressé non pas seulement à Théodore mais bien plus encore à ses disciples.31 On peut donc former l’hypothèse que l’ouvrage d’Hésychius fut composé et diffusé entre la fin de l’année 448 et le milieu de l’année 449. Il contribuerait ainsi à enrichir un peu plus l’arsenal argumentaire de Juvénal au moment de partir vers Éphèse. Mais l’accélération de l’histoire et les concessions auxquelles ce même Juvénal serait contraint à Chalcédoine rendraient bientôt l’ouvrage désuet sinon suspect. Car Hésychius aurait sans doute le temps encore d’exprimer dans d’autres opuscules son rejet de Chalcédoine.32 Aura-t-il vu Juvénal être réinstallé sur son siège (été 453), mieux encore, se sera-t-il associé à la démarche d’Eudocie au point de se résoudre à accepter la communion chalcédonienne (456), à l’instar de l’archimandrite Elpidius,33 avant de s’éteindre ? La mémoire du personnage telle qu’elle est longtemps conservée par les Lieux Saints, ou encore telle qu’elle est évoquée par Cyrille de Scythopolis incite à le croire. Bien mieux, le Fortleben de son Histoire ecclésiastique engage à le soutenir. Des passages de celle-ci sont convoqués au nombre des pièces fourbies par Justinien dès 551. Il se contente alors de faire allusion à leur contenu pour déprécier la nature des relations que Théodore de Mopsueste entretint avec Jean Chrysostome, tandis que d’autres écrits impériaux de la même période signalent volontiers l’ampleur de l’enquête documentaire accomplie pour ruiner les affirmations des défenseurs des Trois Chapitres, Facundus d’Hermiane en tête.34 D’où l’empereur tient-il donc cette référence ? Sûrement pas des recherches qu’il fit effectuer, entre la fin 536 et 539 sans doute, « dans les archives du palais épiscopal de l’antique Rome ».35 Pas davantage semble-t-il de la vérification entreprise dans son « divin

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Ibid., 61. Sur les questions de datation et de contexte dans lequel cette dernière est rédigée, voir A. Martin dans Théodoret de Cyr, HE, 29–37 spécialement, ainsi que nos observations critiques dans Revue des études augustiniennes et patristiques, 55 2009, 153–155. « Mais ses acolytes (sequaces) aussi étaient encouragés en ce sens, eux dont il convient de dire « se disant sages, ils se sont rendus insensés » (Rm 1, 22) : en effet ils ont changé la gloire de Dieu qui est incorruptible en image ressemblante de l’homme qui est corruptible, puisqu’ils ne glorifient pas le Christ en tant que Dieu incarné mais l’outragent comme s’il était un homme semblable à nous. » (ACO IV-1, 9034–914). Cf. supra note 8. Sur l’importance de ce ralliement, cf. Perrone 1980, 112. Sur cette quête, cf. Le Boulluec 2001, 517–520 spécialement. Lettre aux moines alexandrins (contra monophysitas), Drei dogmatische Schriften (cit. note 13), 2113–14.

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palais ».36 Plus probablement, comme l’a excellemment suggéré L. Perrone, cette indication lui est-elle venue de Théodore Askidas ou du libelle anonyme contre les Trois Chapitres adressé à l’empereur dès 546.37 Dans les deux cas, le resurgissement de l’ouvrage d’Hésychius est donc à attribuer, en dernière instance, aux milieux origénistes de Palestine. Dans un contexte de concurrence acharnée, ceuxci ont donc su conférer un second emploi à ce récit dont l’impact initial avait été limité, en raison de son inadéquation – tant en matière doctrinale que géo- ecclésiale – rapidement constatée après le choc chalcédonien. Intégré au dossier de Justinien déjà constitué en 551, l’extrait sélectionné est ensuite inséré dans le recueil transmis par les services impériaux pour mobiliser les apports historiographiques au service de la condamnation des Trois Chapitres puis, logiquement, produit lors du concile en 553. Il oblige en conséquence Pélage à développer une contre-argumentation qui prenne notamment pour objet les extraits tirés de l’ouvrage d’Hésychius. Notons avec L. Abramowski que cette impérieuse nécessité ne s’était nullement imposée au moment où Facundus rédigeait son Pro defensione.38 Inattendue, l’actualité nouvelle subitement donnée au milieu du VIe s. à un ouvrage longtemps relégué dans l’oubli s’avère instructive : elle nous permet en effet de dégager des renseignements précieux concernant sa composition et ses visées. 2. L’HISTORIOGRAPHIE ECCLESIASTIQUE : DES USAGES MODIFIES A PARTIR DU MILIEU DU VIE S. A L’ORIGINE DE L’ETAT DOCUMENTAIRE ACTUEL L’exemple du chemin parcouru par l’extrait d’Hésychius révèle donc une étape considérable : au florilège des citations patristiques s’ajoutent désormais ouvertement, lors de débats conciliaires, des passages tirés d’histoires ecclésiastiques : fermement encadrés par l’outil normatif et disciplinaire de l’assemblée, ces morceaux choisis accréditent l’idée déjà signifiée par l’empereur-théologien que l’intégrité doctrinale de l’Église impériale suppose un examen exigeant de ce que le passé a pu laisser d’imprécisions.39 Autrement dit, l’histoire, évidemment convoquée selon des critères partisans, est auditionnée au tribunal conciliaire pour faciliter la rectification d’une ligne officielle, tout à la fois inaltérable et devenue ambiguë cependant. Préparé sans doute par l’insertion de plus en plus fréquente de références et de citations dans la correspondance des théologiens (ainsi de Sé-

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Lettre contre les défenseurs des Trois Chapitres, Drei dogmatische Schriften (cit. note 13), 6617–18. Perrone 1980, 220–221. Cf. Abramowski 1956, 161, 189. Sur le recours à l’historiographie tel qu’il fut conçu et développé par Justinien et son entourage, voir Le Boulluec 2001, 511–529.

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vère d’Antioche),40 ce nouvel âge de l’exploitation historiographique est véritablement inauguré par Justinien. Or, cet usage inhabituel modifie considérablement et complique la nature des entreprises présidant à la composition d’éventuelles histoires ecclésiastiques. En effet, nettement identifiés par leur priorité et leurs préférences, ces récits étaient jusque-là conçus pour peser sur l’évolution de l’affrontement géo-ecclésial ;41 dès lors, ils risquent de ne plus être considérés en premier lieu d’après leur message partisan, comme si celui-ci n’était plus d’actualité, mais en raison de leur fonction conservatoire. Ce changement doit être bien compris : de longue date, à l’instar du sort réservé à une certaine historiographie ancienne, les histoires de l’Église avaient été exploitées et reprises, ne seraitce qu’à titre de sources. De longue date également, elles avaient contribué à ani-

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Voici les occurrences que nous avons relevées dans ses courriers : 1) Lettre à Constantin l'évêque de Séleucie avant 511, Selected Letters, 9, renvoyant à l’Histoire ecclésiastique de Théodoret (= HE V-4), à propos des ordinations épiscopales, durant la persécution des ariens, par Eusèbe de Samosate déguisé en soldat ainsi que de son martyre, puisqu’il fut abattu par une pierre (une tuile selon Théodoret) lancée par un hétérodoxe. Voir encore Alpi 2009, II, 122. 2) Lettre à Solon (a. 514–517), évêque métropolitain de Séleucie d’Isaurie, ep 96, PO, 14, 363 ; voir aussi cf. F. Alpi 2009, II, 165–166. Sévère renvoie dans ce cas à Eusèbe de Césarée (= HE III, 39, 12–13), qui dénonçait l’orientation millénariste d’Irénée de Lyon instillée dans son esprit à la suite de la lecture de Papias). 3) Lettre-traité contre les anachristes (513–518), Selected Letters, V-6, 310–312 ; ce courrier est peut-être destiné aux moines isauriens de Tagaï (cf. F Alpi 2009, I, 83 et 302 notamment). Sévère y fait place à une longue citation de Socrate (= HE VII-3) à propos de Théodose, évêque de Synada, son acharnement intéressé contre les Macédoniens, et la conversion en masse de ceux-ci qui le privent finalement de son siège au profit de leur propre évêque Agapet. 4) Lettre à Théoctenus le prêtre et archiatros (a. 515–518 ; Tarse, Cilicie 1ère), Selected Letters (cit.), V-4, 286, voir aussi F. Alpi 2009, II, 168–169. Sévère y fait mention, en se rapportant aux Histoire ecclésiastiques, d’Asterius le sophiste et arien retournant plusieurs fois à son vomi. Le passage allégué reste non identifié. 5) Lettre à Archelaus le lecteur (a. 513–518, Tyr Phénicie, ep 93, PO, 14, 344 ; voir aussi F. Alpi 2009, II, p.118). Sévère y cite Eusèbe (= HE III-31 et 68) à propos de la mort de saint Jean l’Évangéliste. 6) Lettre à Proclus, autrefois évêque de Colonnée (Cappadoce 2nde), chassé par Justin, entre 519 et 538, Selected Letters, I-56, 169–170 ; cf. aussi Alpi 2009, II, 158. Dans ce courrier, Sévère reproduit (le texte est lacunaire) la lettre de Denys d’Alexandrie à Flavien (en réalité Fabius) d’Antioche, d’après Eusèbe (HE VI-41). 7) Lettre à la diaconesse Anastasia (522–526), ep 69, PO, 14, 255, où Sévère revient sur la découverte de corps du prophète Zacharie dans le territoire d’Eleuthéropolis relatée par un « certain Sozomène » (= HE, IX-17). 8) Lettre à André le lecteur et notaire, Selected Letters, VIII-5, 414, sur les femmes qui se suicidèrent pour ne pas subir de torture lors de la Grande persécution (en se référant obliquement à Eusèbe = HE, VIII-12). Les deux infortunées sont nommées par Sévère : Domnina et Prosdocia ; d’après lui elles se sont jetées dans l’Euphrate ; chez Eusèbe, elles restent anonymes et semblent s’être précipitées dans l’Oronte. Cf. Blaudeau 2006.

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mer le débat historiographique, induisant, on l’a dit, à la composition de versions rivales. Cependant, deux règles d’usage restreignaient fortement leur influence : elles n’entraient pas, en tant qu’œuvre référée à un auteur, dans la définition de la loi ; elles ne contribuaient pas, en tant qu’ouvrages identifiés, à équiper l’argumentaire synodal, si l’on en croit les actes des conciles œcuméniques qui nous été transmis. Or, cette limitation vole en éclat avec Justinien. La raison en est relativement simple : avec l’idée d’une organisation pentarchique, il n’y a plus de compétition géo-ecclésiale qui vaille à ses yeux.42 Les visées performatives concurrentes des histoires ecclésiastiques précédentes, celles du Ve s. tout spécialement, sont donc censées être annihilées. Aussi, quelles que soient ses visées, tout récit, dont tel passage, dûment sélectionné et savamment découpé, est susceptible d’enrichir la position officielle, est-il le bienvenu. On goûtera un peu plus sa saveur s’il peut contribuer à la confusion des opposants à la ligne impériale, ainsi de telle allusion à l’Histoire ecclésiastique de Théodoret de Cyr.43 Cette position de principe est sans doute l’une des raisons pour lesquelles les défenseurs des Trois Chapitres, qui revendiquent eux aussi hautement leur appartenance chalcédonienne, ne s’engagent guère dans la rédaction d’une Histoire de l’Église. Un tel projet paraîtrait immédiatement suspect de sédition, puisqu’il signifierait ipso facto qu’une conscience ecclésiale inconciliable, et tout aussi chalcédonienne pourtant, est à l’œuvre. Ainsi le récit de Liberatus de Carthage, d’ailleurs peut-être mis par écrit après la mort de Justinien seulement, est-il fort proche par bien des caractéristiques d’une Histoire ecclésiastique, mais il n’en assume ni le titre ni l’ampleur.44 C’est moins encore le cas de l’ouvrage de Victor de Tunnuna, une simple chronique. Il n’est guère que des côtés nestorien et miaphysite, dotés d’une forte conscience de l’altérité ecclésiale désormais, que le genre suscite une pareille entreprise. Aussi, la composition de Jean d’Éphèse,45 ainsi que celles, moins bien conservées, des diphysites, avec Basile de Cilicie (achevant son propos vers 540) et Barhadbešabba46 (poussant son récit jusqu’en 569), confirment-elles alors, plus qu’elles ne contestent, le constat déjà énoncé, en raison de l’extériorité qui de facto caractérise leur positionnement à l’égard de l’Église officielle. Toutefois, rien n’empêche, une fois les tensions de la controverse des Trois Chapitres apaisées, de chercher à relancer le genre, d’autant que les modalités d’utilisation des Histoires ecclésiastiques antérieures, fortement modifiées par les

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Sur la conception pentarchique formée par Justinien, voir Gahbauer 1993, 71–74 spécialement, et notre ouvrage Le Siège de Rome et l'Orient (448-536). Etude géo- ecclésiologique, Rome 2012 (CEF 460), 280-282. Cf. ACO IV-1, 11418–21, sur l’intention polémique de cette référence très infidèle au contenu, intention déjà montrée par Justinien en 551, cf. Le Boulluec 2001, 516. Cf. Liberatus de Carthage, Causae Nestorianorum et Eutychianorum breviarium, ACO, II-5, 98–141 et Blaudeau 2010, 543–565. Sur celle-ci, cf. J. Van Ginkel 1995, spécialement 46–85, 103–201. Sur ces auteurs, voir Winkelmann 1990, 205–209 et Blaudeau 2006, 514.

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efforts heuristiques de Justinien, ouvrent à de nouvelles possibilités. La frontière confessionnelle ne peut-elle pas être franchie à son tour, pour tirer profit d’apports originaux, et non plus seulement souligner les incohérences,47 présentés par la partie irréductiblement adverse, puisqu’hérétique ? Mieux, Justinien n’a-t-il pas lui-même justifié la reproduction du courrier d’Athanase à Jovien d’après son enregistrement dans le texte de l’apollinariste Timothée de Beyrouth ?48 Adhérant à l’idée pentarchique, Évagre le Scolastique n’hésite donc guère à tirer les conclusions historiographiques de ces initiatives : il recourt fréquemment à un corpus miaphysite déjà constitué où figure spécialement l’Histoire ecclésiastique de Zacharie le Scolastique, que nous connaissons par ailleurs grâce à son insertion sous une forme résumée dans une chronique syriaque miaphysite rédigée par un moine d’Amida en 568–569.49 Cette Histoire ecclésiastique lui procure en quelque sorte le repère en fonction duquel il relate les événements de la seconde moitié du Ve s.50 En mentionnant explicitement ses lectures, en indiquant cet ouvrage spécialement, il lui confère un intérêt qui n’est pas entièrement réductible à la seule volonté d’en découdre avec son auteur. Il s’agit plutôt de convertir l’emploi de son récit. Aussi Évagre multiplie-t-il les renvois formels à l’Histoire ecclésiastique de Zacharie le Scolastique pour signifier certes que les convictions qu’elle relaie sont erronées mais pour souligner plus encore que les représentations qu’elle véhicule sont dépassées. La conception ainsi dévoilée est instructive : elle tend à subsumer l’héritage historiographique du siècle précédent. Répétons-le, il ne s’agit pas pour Evagre de procéder à un concordisme illusoire : les récits de l’antichalcédonien sont au contraire soumis à une stricte mise à distance critique.51 Ainsi Zacharie ne saurait trouver sa place dans la liste des historiens dont Évagre se réclame.52 Il n’en reste pas moins que faire véritablement mémoire de ses travaux ne paraît plus incongru. Cette même logique est portée à un haut niveau d’expression par un compilateur du début du VIIe s. Tandis qu’il dresse un compendium d’histoire ecclésiastique, l’abréviateur anonyme ne se contente pas de résumer l’œuvre de Théodore le Lecteur, de façon d’ailleurs drastique. Il y adjoint trente-sept para-

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Ainsi vers 518, Théodore le Lecteur avait peut-être fait mention en une occurrence de l’ouvrage de Jean Diakrinomenos (HE, E. 491, 142 ; voir aussi Blaudeau 2001a, 80). C’était en tout état de cause pour mieux mettre en évidence la duplicité de Sévère d’Antioche. Toutefois, la situation doctrinale de l’Empire demeurait alors bien incertaine. Lettre aux moines alexandrins (contra monophysitas), Drei dogmatische Schriften, 2120–232. Voir notamment la notice du Ps.-Zacharie dans Historia ecclesiastica Zachariae Rhetori vulgo adscripta. I. éd. et trad. latine E. W. Brooks 1919, Paris (réimpr. Louvain 1953), (CSCO 83 et 87), III, 100 -101 et plus récemment le remarquable travail collectif intitulé The Chronicle of Pseudo-Zachariah Rhetor, 95–97 notamment. Comme le relevait P. Allen 1980, 474. Cf. Blaudeau 2006, 657–668. Cf. Évagre le Scolastique, HE, V-24, 217–219.

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graphes tirés des dix livres de l’ouvrage initial rédigé par Jean Diakrinomenos,53 partiellement connu de Photios par ailleurs.54 Ce complément tiré d’un récit traitant de la controverse nestorienne jusqu’à l’intronisation de Sévère d’Antioche au moins, signale comme nous l’avons montré ailleurs, le souci d’enrichir la compilation, d’ailleurs prolongée grâce à d’autres matériaux jusqu’au règne de Phokas.55 Mais le procédé semble bien répondre à d’autres visées encore. Présentés comme très nécessaires, ces compléments permettent à l’excerpteur de contrebalancer le jugement fort négatif de Théodore le Lecteur à l’endroit de l’empereur Anastase, de désigner un espace centré sur Antioche et le patriarcat d’Orient, en première ligne face à la menace perse, plutôt que sur la capitale Constantinople, de rééquilibrer enfin une expression christologique suspecte de trop radical diphysisme, en multipliant les démonstrations de son adhésion à l’enseignement cyrillien. Bref, ce faisant, le compilateur anonyme accrédite l’idée d’une pondération indispensable entre histoires ecclésiastiques inégalement suspectes. Confrontée à la majeure formée par la relation originale de Théodore, affichant certes son appartenance chalcédonienne mais peu compatible avec sa relecture justinienne, la mineure constituée par le récit du diacrinomène, hostile à Eutychès et tenant d’une modération miaphysite face à l’acribie exigée par Sévère d’Antioche,56 est censée conférer une compensation utile. Toutefois l’épitomateur prend bien soin de mettre à distance la leçon de Jean Diakrinomenos en cas de forte signification polémique du propos. Il lui arrive même de lui conférer délibérément un sens opposé à l’intention initiale. Néanmoins, il admet que son compendium d’histoire ecclésiastique n’aurait pas atteint la complétude recherchée s’il lui avait manqué cette transmission annexe offerte par une histoire ecclésiastique d’origine miaphysite complètement oubliée, sinon déconsidérée, du côté sévérien, au contraire de l’ouvrage de Zacharie. Au terme du processus de démembrement et de réagencement sélectif qui, entre le milieu du VIe s. et le début du VIIe s., affecte nombre d’histoires ecclésiastiques traitant la période des controverses christologiques depuis l’apparition du phénomène nestorien – rappelons que parmi celles-ci, seule la relation (mais non pas même le volume documentaire) d’Évagre nous a été conservée in extenso – ce type même d’entreprise historiographique semble marqué par une forte désaffection. On sait que le récit du scolastique originaire d’Épiphanie, Évagre, ne trouve aucune continuation véritable, tandis qu’il faut attendre Nicéphore Calliste Xan-

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A la suite des fragments et de l’abrégé de l’ouvrage de Théodore ; ils figurent donc dans l’édition d’Hansen (cit note 47), 152–157. Voir encore Blaudeau 2001a, 77–79. Il n’a pu consulter que les cinq premiers livres de l’ensemble. Cf. sa Bibliothèque, éd et trad. R. Henry 1959 (19912), Paris, Les Belles Lettres, codex 41, 25–26. Blaudeau 2001a, 80–86 spécialement. Cf. ibid., 86–94.

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thopoulos pour qu’une dernière fois, au XIVe s., le genre paraisse traité.57 Parmi les multiples raisons qui tendent à expliquer cette disparition, il convient donc de souligner l’exténuation de la valeur performative conférée à de tels ouvrages, en milieu chalcédonien du moins, depuis que s’est développée, non sans résistance ni à-coups, la reconfiguration ecclésiale voulue par Justinien. En revanche, tandis que s’élaborent les premiers linéaments de la chronographie en espace syriaque,58 le droit d’inventaire exercé par les représentants de l’orthodoxie chalcédonienne se poursuit à l’égard des ouvrages du camp adverse dont l’ardeur polémique s’avère un peu plus désactivée encore puisque la conquête arabe a progressivement isolé les parties. Sorti de son contexte, un fragment de l’histoire ecclésiastique de Jean Diakrinomenos reçoit ainsi le redoutable privilège, sans doute suggéré par le travail du compilateur mentionné ci-dessus,59 de figurer, en dépit de son origine miaphysite, au nombre des pièces produites à Nicée II (787) pour dénoncer l’iconoclasme. Par la voix du diacre Stéphane,60 le passage retenu rappelle en effet l’hostilité radicale de Xénaïas/Philoxène de Mabboug /Hiérapolis à l’égard de toute forme de représentation des anges (évidemment peints sous apparence humaine) ainsi que sa mise en cause des représentations du Christ ou des colombes censées figurer l’Esprit Saint dans les églises.61 Cette opposition résolue que Jean veillait visiblement à expliquer, en regrettant peut-être le choc suscité, est évidemment exploitée par l’assemblée nicéenne comme l’un des effets de l’horrible pensée hérétique ayant animé Xénaïas. Tout occupés à alléguer ce genre d’exemples historiques exécrables à leurs yeux, les pères conciliaires ne veulent guère voir que la prévention du Hiéropolitain était fondée sur le souci de prévenir tout resurgissement déguisé de culte païen autrefois pratiqué dans la région d’Euphratésie et d’empêcher en particulier que sous prétexte de piété chrétienne réapparaisse l’oiseau sacré d’Astarté identifiée à Atargatis, Décerto et Aphrodite.62 Il est remarquable que le concile, focalisé sur la prétendue aversion pour les images de Xénaïas, ne prête plus guère d’attention à l’origine confessionnelle de la pièce versée au dossier. Ainsi s’accomplit l’annexion de l’ouvrage de Jean Diakrinomenos au nombre des histoires ecclésiastiques mobilisables par une instance conciliaire décidée à promouvoir le culte des images en l’enracinant dans la tradi-

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En vérité Nicéphore ne parvient pas à porter son récit au-delà de 610 ! Sur cet ouvrage l’étude fondamentale, relevant de la Quellenforschung, demeure celle de Gentz / Winkelmann 1966. Évolution remarquablement mise en perspective par Debié 1999. La citation de Jean Diakrinomenos est bel et bien tirée de son ouvrage et non de l’abrégé mais les pères conciliaires ont su également exploiter l’épitomé en deux occasions renvoyant à la tripartita de Théodore le Lecteur, HE, E 67 et 69, cf. Hansen, ibid., p. XXIX). Il y a donc fort à parier que le compendium ait guidé la recherche de la commission préparatoire puis que, selon les besoins, celle-ci se soit reportée vers les Histoires ecclésiastiques concernées. ACO. Series secunda. III. Concilium universale Nicaenum secundum. 2. Concilii actiones IVV, éd. E. Lamberz, Berlin 2012, p. 56611. Ibid., 56612-24. Ce que la recherche scientifique a su rappeler. Voir en dernier lieu Alpi 2009, 257–258.

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tion chalcédonienne ! Surprenant destin pour un récit qui, en ce sens, surpasse le sort de la narration d’Hésychius et oblige à considérer combien, au travers de corsi e ricorsi, la quête idéologique de l’argument historiographique, entre la fin de l’Antiquité et le début de la période médiévale, contribue à préserver la conscience d’un héritage diversifié, que les tenants de la renaissance byzantine, Photios en premier lieu, sauront revisiter et élargir. BIBLIOGRAPHIE Sources Cyrille de Scythopolis / Schwartz, E. (ed.), 1939, Kyrillos von Skythopolis, Berlin / Leipzig. Évagre le Scolastique / Bidez, J. / Parmentier, L. (eds.), 1898, The Ecclesiastical History of Evagrius with the Scolia, London (réimp. Amsterdam 1964). Gérontius / Laurence, P. (ed., trans., comm.), 2002, La vie latine de sainte Mélanie, Jérusalem. Jean de Nikiou / Zotenberg, H. (ed., trans.), 1883, Chronique. Notices et Extraits des Manuscrits de la Bibliothèque Nationale XXIV, Paris. Jean Rufus / Horn, C. / Phenix, R. R. Jr. (eds., transs.), 2008, The Lives of Peter the Iberian, Theodosius of Jerusalem, and the Monk Romanus, Leyde / Boston / Cologne. Jean Rufus / Nau, F. (ed.), 1911, Plérophories, témoignages et révélations contre le concile de Chalcédoine, dans : Patrologia Orientalis 8, 1–208. Justinien / Schwartz, E., 1939, Drei dogmatische Schriften Justinians, München. Milani, C. (ed., trans., comm.), 1977, Itinerarium Antonini Placentini. Un viaggio in Terra Santa del 560–570 d.C., Milan. Pélage / Devreesse, R. (ed., comm.), 1932, Pelagii diaconi ecclesiae Romanae “in defensione trium capitulorum”. Texte latin du manuscrit Aurelianensis 73 (70), Cité-du-Vatican. Philostorge / J. Bidez / F. Winkelmann (eds.), 1981³, Kirchengeschichte. Mit dem Leben des Lucian von Antiochien und den Fragmenten eines arianischen Historiographen, Berlin. Pseudo-Zacharie le Rhéteur / Greatrex, G. (ed.) / Horn, C. / Phenix, R. R. Jr. (transs.), 2011, The Chronicle of Pseudo-Zachariah Rhetor: Church and War in Late Antiquity, Liverpool. Pseudo-Zacharie le Rhéteur / Brooks, E. W. (ed., trans.), 1919, Historia ecclesiastica Zachariae Rhetori vulgo adscripta, vol. 1, Paris (réimpr. Louvain 1953). Schwartz, E. (ed.), 1927, Codex Vaticanus Gr. 1431, eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos, München. Sévère d’Antioche / Brooks, E. W. (ed., trans.), 1902–1904, The Sixth Book of the Selected Letters of Severus Patriarch of Antioch in the Syriac Version of Athanasius of Nisibis, London. Théodore le Lecteur / Hansen, G. Ch. (ed.), 1971 / 1995², Theodoros Anagnostes Kirchengeschichte (Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte, N. F. 3), Berlin. Théodoret de Cyr / Parmentier, L. / Hansen, G. Ch. / Martin, A. et al. (eds., transs., comms.), 2006, Histoire ecclésiastique, vol. 1 : Livres I–II, Paris . Théophane le confesseur / de Boor, C. (ed.), Theophanis chronographia, 2 vols., Leipzig, 1883– 1885.

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historia



einzelschriften

Herausgegeben von Kai Brodersen, Mortimer Chambers, Martin Jehne, Mischa Meier und Walter Scheidel.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0341–0056

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Das fünfte Jahrhundert nach Christus ist eine Epoche beschleunigten Wandels in der Mittelmeerwelt. Dies gilt sowohl für die politische Organisation des spätantiken römischen Reiches als auch für den religions- und kirchengeschichtlichen Bereich. Trotz einer durchaus reichhaltigen Quellenlage, etwa im Bereich des Rechts oder der Kirchenpolitik, ist doch das Bild des Wandels selbst weitgehend von den Informationen abhängig, die einer insgesamt sparsamen und fragmentarischen historiographischen Überlieferung entnommen werden müssen.

Dieser Band erschließt das betreffende Quellenmaterial und beinhaltet detaillierte Einzelstudien zu spätantiken Historikern wie Eunapios von Sardeis, Olympiodor von Theben, Priskos von Panion, Malchos von Philadelpheia, Kandidos und Hydatius von Aquae Flaviae. Dabei geht es immer wieder auch darum, zu bestimmen, welches historiographische Bildungserbe bei den betreffenden Historikern lebendig gewesen ist und ob überhaupt bzw. wie der fragmentarische Charakter unserer Überlieferung es zuläßt, diesbezüglich belastbare Aussagen zu treffen.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

isbn 978-3-515-10641-2