Geschichte der Stadt Neuruppin [4 ed.]
 9783428537273, 9783428137275

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Johannes Schultze

Geschichte der Stadt Neuruppin 4. Auflage

Duncker & Humblot

Johannes Schultze

Geschichte der Stadt Neuruppin

Johannes Schultze

Geschichte der Stadt Neuruppin 4. Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 1932, Verlag Buchhandlung Wilhelm Stein 2. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 1963, Verlag der Buchhandlung Günter Richter, mit einer Falttafel, einem Stadtplan und 39 Bildern auf 18 Tafeln 3. Auflage 1995, Stapp Verlag, nach Aufzeichnungen des Autors ergänzt, mit einem Nachwort versehen und herausgegeben von Gerhard Knoll 4. Auflage 2012 Alle Rechte vorbehalten © 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: DW & ID Repro- und Satzzentrum GmbH Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-13727-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ∞



Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Das Buch will einen möglichst breiten Kreis, in erster Linie die Bewohner und Besucher Neuruppins und seiner Umgebung, mit der Geschichte der Stadt, der alten Hauptstadt des Landes Ruppin, in ihren wesentlichen Zügen vertraut machen. Dieser Satz, der der ersten Auflage (1932) »Geschichte der Stadt Neuruppin« vorangestellt war, hat auch für die 4. Auflage noch seine Gültigkeit. Der Verfasser fährt fort: Zeiten der Blüte und des wirtschaftlichen Aufschwungs wechselten ab mit solchen der Zerrüttung, der Mühsal und des Kleinmuts. Die letzten rund 80 Jahre seit Erscheinen der ersten Auflage bestätigen diese Worte. Das Buch schließt mit dem Ende des 2. Weltkrieges und dem Einmarsch der Sowjetarmee in die Stadt Neuruppin. Es ist denkbar, dass die Absicht bestand, die Geschichte der Stadt weiter zu schreiben; aber äußere Umstände, die Abriegelung der Westberliner Sektoren vom Berliner Umland und familiäre Gründe, Alter und Krankheit verhinderten dies. Dank gilt dem Verlag Duncker & Humblot, der die Neuauflage ermöglichte. Velbert, im Winter 2012

Helga Schönbeck

INHALT I. Die Grafenzeit (bis 1521) 1. l ,and und Name Ruppin 2. Begründung der deutschen Herrschaft Ruppin und die

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Herren von Ruppin . . . . . . . 3. Entstehung der Stadt Neuruppin . . . . . . . . . /4,. Das Stendaler Stadtrecht . . . . . . . . . . . . .

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J. Das mittelalterliche Stadtbild und die Stadtbefestigung 6. Der Stadtbesitz . . . . . .

25 29 31

7. Die Einwohnerschaft . . . 8. Die städtische Verwaltung 9. Die Gerichtsbarkeit . . . .

17 23

35 37

10. Handel und Handwerk . . 11. Die Wehrpflicht der Ilürger . 12. Kirchen, Kloster und Hospitäler 13. Die Schule . . . . . . . . . . . . 11. Die letzten Herren von lluppin. llückblick auf die Grafenzeit

43 48 52 61 62

II. Unter dem Zepter der Kurfürsten von Brandenburg (1524-1700) 1. Die lleformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die allgemeinen Verhältnisse bis zum großen Kriege . . 3. Stadtregiment und Bürgerschaft bis zum großen Kriege .

69 73

/4. Der große Krieg . . . . . . . . . .

84 98

J. Unter dem »Großen Kurfürsten« .

107

III. Die Zeit des Absolutismus (bis 1808) 1. Die Verwaltung . . . . 2. Neubau des Rathauses . . 3. Die Garnison . . . . . . . /4. Einwohnerschaft, Handel und Gewerbe

11!l 125 127 130

5. Ereignisse des 18. Jahrhunderts Kronprinz Friedrich - Der große Brand und Wiederaufbau 140 {i. Zeitenwende - Städteordnung . . . . . . . . . . . . . . . 153

5

IV.Die neue Zeit (1809-1945) 1.Befreiungskriege.Allgemeine Entwicklung . 2. Stadtverwaltung .... 3. Gewerbe und Industrie 4. Verkehrswesen ... 5.Anlagen und Bauten 6. Schulwesen .....

159 168 170 177 180 185

7.Die Garnison .... 8. 700-Jahrfeier und Katastrophe Nachwort ...

186

Anmerkungen ...........

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Beilagen 1.Deutsche Übersetzung der Urkunde von 1256 2.Rechnung des Stadtgerichts 1619/20 ......

18 7 191

202 204

3. Das Lusthaus Friedrichs d.Gr. im Tempelgarten und 212 seine Umgestaltung im Jahre 1792 Quellen und Literatur ...... 216 Orts- und Personennamenweiser . . .

224

Biographische Angaben zum Autor . . . . . . . . ......... 237

Ruppiner Schweiz Und fragst du doch: »den vollsten Reiz Wo birgt ihn die Ruppiner Schweiz? Ist's norderwärts in Rheinsbergs Näh'? Ist's süderwärts am Molchow-See? Ist's Rottstiel tief im Grunde kühl? Ist's Kunsterspring, ist's Boltenmühl? lst's Boltenmühl, ist's Kunsterspring? Birgt Pfefferteich den Zauberring? Ist's Binenwalde?« - nein, o nein, Wohin du kommst, da wird es sein, An jeder Stelle gleichen Reiz Erschließt dir die Ruppiner Schweiz. Theodor Fontane

Dies gilt vom ganzen Land am Rhin Mit seiner Hauptstadt Neuruppin. Die Heimat birgt stets höchsten Reiz Sei's Brandenburg, sei es die Schweiz. Ist auch das Wiedersehn erschwert, Und wird uns manches Leid beschert, Die Heimat bleibt ein hohes Gut, Das fest in jedem Herzen ruht. Es wechselt Freude stets mit Leid, Das lehrt uns die Vergangenheit. Johannes Schultze

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1. Die Grafenzeit (bis 152'1)

1. Land und Name Ruppin »Land Ruppin«, »Herrschaft Ruppin« und »Kreis Huppin« stel­ len verschiedene räumliche Begriffe dar, welche die verschiede­ nen Perioden der geschichtlichen Entwicklung in unserer enge­ ren Heimat anzeigen. Das ursprüngliche Land Ruppin, wahrscheinlich schon zur Wendenzeit oder noch früher eine kleine politische und kultische Einheit, umfaßte das im Osten vom Rhin, im Süden vom Luch, im Westen von der sumpfigen Temnitzniederung und im Norden vom Sumpf und weiten Waldflächen begrenzte Landgebiet Wahrscheinlich gehörte dazu auch das östlich vom Rhinsee gele­ gene, ebenfalls inselartig von einer Luchbucht, dem Neukammer­ luch, und einer Seenkeite (Möllen, Tolmann, Werbellin) - dem ehemaligen RhinbeU - umgrenzte Gebiet, das sich von Altfrie­ sack bis Zermützel und Zippclsförde erstreckt und gelegentlich als »Land über dem See« bezeichnet wird. Man hat wohl mit Hecht angenommen, daß der Name »Rhin« dem Fluß von niederfränkischen Kolonisten nach dem großen heimatlichen Strom im Westen, der damals noch allgemein auch »Rhin« hieß, beigelegt worden sei. Diese Benennung muß sich alsdann schon sehr früh im 12. Jahrhundert für den ganzen Fluß­ lauf vom Ursprunge bis zur Mündung (von der Rhinsburg bis Rhinow) durchgesetzt haben. Vermutlich haben wir es hierbei mit der Lmgestaltung einer ähnlich lautenden älteren Bezeichnung zu tun, die in der überlieferten wendischen Stammesbezeichnung der »Riacini«, der Bewohner dieses Flußgebietes, erhalten sein

dürfte. Das heutige große Waldgebiet westlich des oberen Rhins zwischen Rhin und Dosse, das den nördlichen Teil der Herr­ schaft Huppin bildet, muß vorher ein Bestandteil des alten Lan­ des »Lieze« gewesen sein, der in frühester Zeit von den mecklen­ burgischen Dynasten, den Herren von Werle, den Herren von Huppin überlassen wurde. Die Mecklenburger behielten davon nur die Bezirke Netzeband und Rossow, welche bis in die neue­ ste Zeit als mecklenburgische Exklaven im preußischen Gebiet bestanden.

Plan der Stadt Altruppin, 1786. (Bei der Schloßmühle durchschnitt vordem noch ein Graben die Landzunge.)

Am Süd- und am Nordende des langgestreckten Rhinsees be­ fanden sich Übergangsstellen der alten Straßen nach Osten und Norden. An beiden Stellen lagen alte Siedlungen, Hingwälle weisen auf die frühgeschichtliche Bedeutung dieser Plätze. Die Ansiedlung am Nordende des Sees war die weitaus bedeuten­ dere. llier lag der Mittelpunkt der Landschaft, ein Herrensitz und wohl auch ein Stammesheiligtum innerhalb des großen Hingwal­ les auf der heute als »Poggcnwerdcr« bezeichneten Insel. Der auf der gegenüber liegenden l ,andzunge befindliche auf dem alten Plan als » Wall« be;r,eichnete Platz wurde wohl für den ersten Burgsitz der deutschen Herren ausersehen, in dessen Nähe sie später das geräumige Schloß zu ebener Erde, durch Wassergrä-

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ben gesichert, erbauten, das im Gegensatz zu dem älteren als Hochburg angelegten Bau als »Planenburg« bezeichnet wurde. Der Name dieses Platzes »Ruppin« wurde dann auch Name des ganzen Herrschaftsbereiches, der sich in der Folge erweiterte, aber wohl von Anfang an sich bis an den oberen Rhin erstreckte, wo auf der Insel in dem großen See die Rhinburg an einer nicht minder vordem bedeutsamen Stelle errichtet wurde. Ein breiter langgestreckter Landstreifen östlich des Rhins bis zur mecklen­ burgischen Grenze diente um 1230 - vermutlich, weil die Besitz­ rechte hier strittig wurden - zur Ausstattung eines Zisterzienser­ nonncnklosters, das die Edlen v. Arnstein als Herren von Ruppin in Lindow errichteten. Später erwarben diese von den Branden­ burger Markgrafen als Lehen den östlich angrenzenden Bezirk Gransee und im Westen Land und Stadt Wusterhausen mit Neu­ stadt. Als Lehen der Bischöfe von Havelberg besaßen sie im Nor­ den vermutlich schon seit frühester Zeit die Feste Goldheck öst­ lich Wittstock. Die ebenfalls als bischöfliches Lehen besessene Burg Ahrensberg südlich Strelitz hatten die Arnsteiner den Mark­ grafen bei der Inbesitznahme des l ,andes Stargard überlassen. Der Ortsname (früher Arnsberg) deutet jedoch auf die Arnsteiner als Gründer und Erbauet dieser Burg (ihr Wappenzeichen der Aar) und gibt damit auch einen Hinweis auf die anfängliche Aus­ dehnung des Arnsteiner Herrschaftsbereiches und dessen zeitli­ che Entstehung. Eine Hauptstellung der frühen Herrschaft bil­ dete am oberen Hhin die Rhinburg, das heutige Rheinsberg. Der Umfang der Herrschaft Ruppin, wie er sich im 14. Jh. erweitert hatte, deckte sich im wesentlichen mit dem des späteren Kreises, doch wurden bei dessen Bildung ( 18 15) abgelegene Teile der ehemaligen Herrschaft, wie Goldheck, abgetrennt und früher nicht dazu gehörige Bezirke, wie Löwenberg, hinzugelegt. Der Name Ruppin, ursprünglich nur Bezeichnung des wendi­ schen Gaumittclpunktes, dann des deutschen Herrensitzes am Hhin, wurde nicht allein Landesbezeichnung, er wurde auch auf die in der Nähe der Burg neu gegründete Stadt übertragen, mit deren Einrichtung, wie daraus zu schließen, der Gründer offen­ bar von vornherein den wirtschaftlichen Mittelpunkt seiner Herr-

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schaft w schaffen gedachte. Während die neue Stadtsiedlung an­ fangs mit dem einfachen Namen Ruppin in Erscheinung tritt, wurde die Burg als älterer Namenträger zum Unterschiede mit dem Zusatz »alt« gekenn:1:eichnet (1256: Olden Ruppin). Erst 1272 begegnet in einer von den askanischen Markgrafen hier ausgestellten Lrkunde der Zusatz »Neu« bei dem Namen der Stadt (in Novo Repyn), der alsdann fester Bestandteil wurde. Neben der Form »Huppin« finden sich in der alten Überliefe­ rung die Schreibungen: Hapin, Repyn, Heppin. Büsching berich­ tet in der Beschreibung seiner Heise nach Kyritz ( 1780), daß da­ mals der Name der Stadt im Volksmunde der Umgebung allgemein »Heppin« lautete. Diese Aussprache dürfte auch die äl­ teste Namensform überliefert haben. Die Ortsnamen Heppen (Land Sternberg), Rappin (Rügen, Liv­ land) stehen in enger Be:1:iehung mit Huppin und haben nicht al­ lein die gleichen sprachlichen Wurneln, sondern vielleicht auch geschichtlichen Zusammenhang. Der Name der Stadt Reppen wurde vermutlich dorthin von dem Rhinort, den man ja auch Heppin aussprach, übertragen, und die Möglichkeit solcher Bezie­ hung besteht auch bei Rappin in l ,ivland, da zu Beginn des 13. Jahrhunderts der Bruder des ersten uns bezeugten Inhabers der Hhinherrschaft, Bitter Albrecht von Arnstein, als Vorkämpfer und vielleicht auch als Kolonisator in Livland wirkte.

2. Begründung der deutschen Herrschaft Ruppin und die Herren von Ruppin 1 Über das Ruppiner Land und das ganze Rhingebiet liegen weder aus der Zeit der wendischen I lcrrschaft, noch aus der Zeit der kurzen sächsischen Herrschaft unter den sächsischen Königen irgend welche Nachrichten vor. Nicht einmal der Name der hier wohnhaften Volksgruppe ist überliefert. Sie gehört zweifellos zu dem großen Stammverband der Lutizen (Wil:1:en), der in dem weiten Raum zwischen Ostsee, Lcker und Dahme ansässig war 12

und in zahlreiche Stammesgruppen zerfiel. Da diese Volksgrup­ pen vielfach die Benennung nach den umwohntcn Flüssen trugen (Heveller, Spreewanen, Uckrer), könnte man mutmaßen, daß die Bevölkerung am Rhin zu dem als »Hiacini« bezeichneten Stamm­ verband gehörte, falls in dieser Volksbezeichnung eine frühere Bezeichnung des Rhinflusses, die, wie bereits oben angedeutet wurde, zu der Umbenennung in Rhin den Anlaß gab, enthalten war. 2) Plätze von besonderer politischer und kultischer Bedeu­ tung waren in diesem Baum zur Wendcnzeit die Inseln am Nord­ ende des Ruppiner Sees und im Hheinsbergcr Sec (Hemus-Insel). Die Frage nach dem Ursprung der deutschen l lerrschaft in die­ sem Gebiet führt zurück in die Zeit, in der deutsche Hitter und Hauern in das einst von den germanischen Stämmen geräumte und nur dünn bevölkerte Land östlich der Elbe einströmten. Mit Unrecht wurde dafür die Ernennung des Ballenstcdter Albrecht der Bär zum Markgrafen der Nordmark ( 1 13!1) als Epoche ange­ sehen. Von entscheidender Einwirkung war hierbei vielmehr der Wendcnkrcuzzug von 1 147, welcher unter großer Beteiligung die noch heidnischen Gebiete heimsuchte und nur das unter einem christlichen Fürsten stehende Ilavelland verschonte. Über den Zeitpunkt des Beginnes der deutschen Herrschaft am Rhin gehen die Ansichten sehr auseinander, sie schwanken zwischen der Zeit Albrechts des Bären und dem Termin des er­ sten Auftretens urkundlicher Nachrichten. Daß letztere für diese Frage nicht maßgebend sein können, bedarf einer besonderen Begründung nicht, da solche Beurkundungen im weltlichen Be­ reich vordem überhaupt nicht stattfanden. Darf als wahrscheinlich angenommen werden, daß der Hhin und damit auch die Siedlungen Hhinow-Rhinsburg den Namen niederländischen Einwanderern verdanken, so müssen solche schon sehr früh, d. h. nicht viel später als um die Mitte des 12. Jahrhunderts, hier Wohnsitz gefunden haben. Sodann charak­ teristisch für die Verhältnisse in dem Haum zwischen Elbe und Rhin sind die hier beim F:insetzen der schriftlichen Überlieferung im 1 :3. Jahrhundert vorhandenen und bereits fest situierten Herr­ schaften deutscher Edelgeschlechter im Besitze aller Landesho-

heitsrechte, für deren Herkunft weder eine königliche Verlei­ hung, noch eine fürstliche Belehnung nachweisbar oder auch nur wahrscheinlich sind. Es handelt sich um die Edlen Gans und v. Plotho in der Prignitz, die Edlen v. Jerichow in Friesack und um die Edlen v. Arnstein in Ruppin. Alle diese auffallenden Rechte müssen den gleichen Ursprung haben. Ein solcher läßt sich allein in der Teilnahme der betreffenden Geschlechter an dem Kreuz­ zug 1 147 gegen die heidnischen Wenden ausfindig machen. Al­ lein die Eroberung und Inbesitznahme in einem Kreuzzuge gab Anrecht auf selbständiges Besitzrecht, wie es von den genannten Herren hier in Anspruch genommen und auch getätigt wurde. Dem Aufrufe zum Kreuzzuge waren Angehörige des westelbi­ schen Adels, auch besonders aus der Harzgegend, gefolgt und zwar gewiß, um neben kriegerischem Ruhm und himmlischer Vergeltung auch irdische Güter an Land und Rechten zu erlan­ gen. Somit bietet sich damit die einfachste Erklärung für die Ent­ stehung dieser Herrschaften. Sie lassen sich nur auf den Kreuz­ zug zurückführen, in dessen Verlauf die Häupter der genannten Familien und vermutlich auch noch weitere Standesgenossen mit ihren Vasallen im Einvernehmen mit dem Havelberger Bischof zur Sicherung seiner Diözese, hier auf eigene Faust mit der Waffe Politik treibend, Besitz von den vermutlich z. T. angesichts der Gefahr von den Eigentümern verlassenen Burgorten ergriffen. Sie haben ihre Ansprüche in der Folge durch Ausbau der Befestigun­ gen und neue Burganlagen mit Hilfe ihrer zahlreichen Vasallen ge­ sichert. Burganlagen auf künstlich geschaffenen Hügeln, die in diese Frühzeit zu verlegen sind, finden sich zahlreich in der Prig­ nitz und im Land Ruppin oder lassen sich als einstmals vorhanden hier nachweisen (Wildberg, alter Burgberg Altfriesack, Räuber­ berg bei Kränzlin, Menz, die alte Rhinburg auf der Remusinsel bei Rheinsberg, nach der der See den Namen führt). 3) Auf besondere Widerstände dürften die deutschen Herren hier kaum mehr gesto­ ßen sein, da das Gebiet der Havelberger Diözese um 1 150 bereits einen so gesicherten Eindruck erweckte, daß an die Herbeizie­ hung bäuerlicher Siedler in größerem Umfange gedacht werden konnte und zu der Zeit bereits begonnen hatte. 14

Der zu jener Zeit als besonders rührig hervortretende Wal­ ter II. von Arnstein dürfte unter den Teilnehmern des Kreuzzu­ ges kaum gefehlt haben, um auch die dabei sich bietenden Chan­ cen zu nützen. Man müßte ihm daher auch das Verdienst der Begründung der Herrschaft Ruppin zuschreiben. 1) Der erste durch schriftliche Überlieferung bezeugte Herr des Landes war Walters Enkel Gebhard Edler von Arnstein, Sohn Walters III. (gest. um 1200) und der Gertrud von Ballenstedt, einer Enkelin Albrechts des Bären. Auch er war der Tradition des Geschlechts entsprechend ein tatkräftiger und unternehmender Herr, der bei Kaiser Friedrich II. in hohem Ansehen stand. Im dritten Jahr­ zehnt des 13. Jahrhunderts war er im Dienste des Kaisers in Ita­ lien tätig. Im Frühjahr 1236 befehligte er die Ritterschar, die dem kaiserlichen Heer voraus nach Italien zog. Erst für die letzten Jahre seines Lebens, nach 1240, hat Gebhard anscheinend zeit­ weise Wohnsitz in Ruppin genommen. Seine Gemahlin war Witwe des Grafen Otto von Grieben, durch die Gebhard in den Besitz der Grafschaft Grieben (zwischen Tangermünde und Wol­ mirstedt) gelangte, die er jedoch an die Brandenburger Markgra­ fen verkaufte. Seit 12 11 war Gebhard auch Schirmvogt des Stif­ tes Leitzkau, er besaß ferner die Herrschaft Lindow bei Zerbst und gräfliche Rechte in Mühlingen. Die Namen Grieben und Lin­ dow sind wie auch einzelne weitere Ortsnamen aus den Stamm­ landen in unsere Gegend gewandert. Gebhard dürfte als jüngstem Sohn aus der väterlichen Erb­ schaft die Ruppiner Herrschaft zugefallen sein. Die durch nichts zu begründende Meinung, daß er diese erst von einer dunklen Seite erworben habe, stellt nur vor neue völlig unlösbare Rätsel, um dessen einfachere Lösung zu umgehen. Ein Übergang aus markgräflichem Besitz an ihn ist jedenfalls völlig ausgeschlossen. Gebhards Sohn Günther von Arnstein nannte sich Graf in Mühlingen. Dann wird bei dessen Söhnen die Bezeichnung Graf zu Lindow (nach der Besitzung bei Zerbst) üblich, zu der erst ge­ gen Ende des 14. Jahrhunderts noch der Titel »Herr zu Ruppin« trat. Wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, wurde die Herr­ schaft Ruppin durch Erwerb der Länder Gransee und Wuster-

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hausen (1349) beträchtlich erweitert. Die Grafen haben zeitweise auch Rathenow und Friesack, das Land Bötzow (Oranienburg), den Glin und das Ländchen Rhinow pfandweise besessen, und hochfliegende Pläne mögen damals zur Zeit der Markgrafen aus dem Hause Wittelsbach die Ruppiner Herren, unter denen der Graf Ulrich II. (bis 1360) hervorragt, erfüllt haben. Um Zersplit­ terungen des Besitzes zu verhüten, schloß Ulrich II. einen Haus­ vertrag, der alle Teilungen ausschloß. Die Arnsteiner haben in äl­ terer Zeit, ebenso wie die adligen Herren in der Prignitz, als unumschränkte Landesherren über den Ruppiner Besitz verfügt, wodurch bezüglich dieses Besitzes eine Lehnsabhängigkeit von den mit ihnen verschwägerten askanischen Markgrafen ausge­ schlossen wird. Eine solche hat anfänglich für das eigentliche Land Ruppin nicht bestanden und ist noch weniger für die ver­ mutlich von Mecklenburg erworbenen Teile der Lieze anzuneh­ men. Die Lehnsrührigkeit der weiteren Erwerbungen wie Gran­ see und Wusterhausen hat jedoch dazu geführt, die von den Markgrafen zweifellos stets angestrebte l .ehnshoheit auf den ge­ samten Besitz auszudehnen und die alten Rechtsgrundlagen ver­ gessen zu lassen, wobei die Ruppiner Stände die Partei der Mark­ grafen nahmen und eine selbständige Politik ihrer Herren zu unterbinden bemüht waren. Ulrichs II. Nachfolger mußten sich daher mit der Stellung als einflußreiche Vasallen der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg begnügen. 1398 gelobten die Grafen Ulrich und Günther und mit ihnen ihre Stände: Adel und die drei Städte Neuruppin, Gransee, Wusterhausen, allezeit ge­ treu der Mark Brandenburg zu dienen. Von dem hohen Standesbewußtsein zeugt die Heiratspolitik des Geschlechts; die Burgfrauen zu Ruppin entstammten sämt­ lich reichsgräflichen und fürstlichen Geschlechtern, und ebenso führten fast ausschließlich Fürsten die Töchter heim. Nur die Schwester des letzten Grafen wurde an einen Freiherrn vermählt, man war finanziell nicht mehr imstande, fürstliche Ausstattungen zu schaffen. Mit dem Tode des jugendlichen Grafen Wichmann (1524) erlosch das Geschlecht der Herren von Ruppin. Der Titel »Graf von Ruppin«, den es bis dahin eigentlich nicht gab, da die 16

Arnsteiner den Grafenfüel nur von der westelbisehen Grafschaft Lindow führten, ging in den Titel der Kurfürsten von Branden­ burg über, die auch den Arnsteiner weißen Adler als Huppiner Wappenzeichen in ihr Wappen aufnahmen.

3. Die Entstehung der Stadt Neuruppin Bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts sind deutsche Ritterfamilien und Bauern vom Niederrhein, aus der IIarzgegend und aus der Altmark in die stark entvölkerten Gebiete der Prig­ nitz, in die Gegenden um Dosse und Rhin eingewandert und ha­ ben in Dörfern gesiedelt und Wald- und Sumpfboden gerodet. Daß das mächtige Wall- und Grabensystem, welches vom Mol­ chow- bis zum Katerbowsee eine starke Verteidigungsstellung ge­ gen das nördlich davon sich ausdehnende heutige Waldgebiet schuf, in diesen ersten Zeiten der Inbesitznahme und Siedlung angelegt wurde, muß bezweifelt werden, da gerade in diesem an­ grenzenden Raum zahlreiche später eingegangene Siedlungen entstanden, die Befestigung hier für die Frühzeit des Sinnes ent­ behrt. Sie ist eher verständlich in den unruhigen Zeiten des 14. und 15. Jahrhunderts, wo die Stadt ständig durch Raubzüge von der Prignitz und von Mecklenburg her bedroht wurde. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts war die Landaufteilung und Dorfsiedlung in unserer Gegend im wesentlichen durchgeführt, es begannen die ersten Erträge von dem neu gewonnenen Land zu fließen. Die alten Bewohner, die unter ihren slavischen Häuptlingen und Herren der persönlichen Freiheit entbehrt hat­ ten, erfreuten sich jetzt unter den neuen Herren neben den deut­ schen Siedlern des wertvollsten menschlichen Rechtes und fan­ den sich friedlich mit diesen zusammen, von irgend welchen nationalen Gegensätzen findet sich in der Überlieferung nicht die geringste Spur. Daß aber die wendischen Bestandteile nicht unbe­ trächtlich gewesen sind, geht daraus hervor, daß sich noch nach 300 Jahren in manchen Orten slavische Ilufeneinteilung und

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auch sogar der alte Hakenpflug bis in das 18. Jahrhundert erhal­ ten hat. Gleichzeitig mit der großen bäuerlichen Siedlerbewegung von West nach Ost vollzog sich eine andere Erscheinung der Zeit: Die Gründung von Städten mit besonderen Rechtsgewohnheiten als Mittelpunkten von Handel und Gewerbe. Das Ostland ging dabei in solcher Gründung dem Westen sogar voran. Um 1 160 hatte Albrecht der Bär die Stadt Stendal begründet, und 1 174 ver­ lieh Erzbischof Wichmann von Magdeburg dem Orte Jüterbog als dem Mittelpunkte einer neu besiedelten Provinz das Hecht der Stadt Magdeburg. Es trat daher auch den adligen Kolonisato­ ren in der Prignitz und am Rhin alsbald im Verlauf der ritterli­ chen und bäuerlichen Siedlung die Notwendigkeit bürgerlicher Siedlung zur Belebung der Wirtschaft und Mehrung der Einnah­ men unmittelbar vor Augen. An einzelnen Herrschafts- oder Hi­ schofssitzen, wie Hrandenburg und Havelberg, bestanden als an alten Marktorten bereits früher Niederlassungen von Händlern und Handwerkern, die sich nun schnell zu Gemeinden mit deut­ schem Stadtrecht entwickelten. Bei der Herrenburg Ruppin bot das Gelände der unmittelba­ ren Umgebung geeigneten Raum für eine breit anzulegende grö­ ßere Niederlassung nicht. Der Burg gegenüber auf der Ostseite des Hhins lag der zur Burg gehörige Fischerkietz. Vermutlich wurden die Fischer bei Anlage der deutschen Burg aus Gründen der Zweckmäßigkeit dorthin umgesiedelt. Der deutsche Kolonisa­ tor hat für die Stadt einen Platz bestimmt, dessen Wahl Bewunde­ rung über den Weitblick dieses nicht sicher bekannten Ritters ab­ nötigt. Der genaue Zeitpunkt bleibt wie der Gründer verborgen. Eine Angabe aus früherer Zeit, welche das Jahr 1 194 nennt, ent­ behrt einer beachtenswerten Unterlage, wenn sie auch zeitlich durchaus möglich ist. Als 1545 der Brandenburger Kurfürst Nachrichten über die Entstehung der Stadt forderte, vermochte man in deren Archiv nichts darüber festzustellen. Die älteste Ur­ kunde, die man besaß, war die von 1256, die uns auch heute als ältestes Stück bekannt ist. Da es bis in die ersten Jahrzehnte des 1 :t Jahrhunderts in weltlichen Herrschaftsbereichen allgemein

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noch nicht üblich war, derartige Rechts- und Gründungsvorgänge schriftlich festzulegen, man sich mit mündlichem Verfahren be­ gnügte, ist auch eine schriftliche Aufzeichnung über den zu die­ ser Zeit geschehenen Gründungsakt nicht zu erwarten. Sicher ist, daß der Gründer ein Edler v. Arnstein war und daß die neue Stadt aus Anlaß der Gründung durch ihn eine Wiese zwischen Dorf Langen und Rhin erhielt. Dies wurde der Stadt 13 15 durch Graf Ulrich bestätigt, mit der ausdrücklichen An­ gabe, daß die Stadtgründung (prima plantatio) durch seine Vorfah­ ren, deren Namen ihm kaum noch bekannt waren, geschehen sei. Auch das alte Wappen der Stadt, der Arnsteiner weiße Adler im roten Felde, bezeugt die Gründung durch ein Glied dieser Fami­ lie. Bemerkenswert ist auch die anfängliche Ausstattung der Stadt nur mit Weideland, die auch bei Jüterbog ( 1 171) vorliegt und als Merkmal der Frühgründung gewertet werden kann. Bei den um die Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgten Stadtgründungen stand die Ausstattung mit Ackerland im Vordergrunde. 1 232 wird Wusterhausen zuerst als bereits bestehende Stadt genannt, 1237 bestand auch Kyritz, und spätestens um die glei­ che Zeit wurde der alte Slavenort Wittstock in eine Stadt zu deut­ schem Recht verwandeit. Am 6. Januar 1238 weilten die Mark­ grafen Johann und Otto mit den Edlen von Plote, den Herren von Wusterhausen und Kyritz, in »Rapin«. (Der Landesherr Gebhard weilte damals in Italien.) Wir können in diesem Aufent­ haltsorte nur die Stadt Neuruppin nicht etwa die damals noch kaum geräumige Burg Altruppin erblicken. Daß die Stadt Neu­ ruppin damals bereits seit geraumer Zeit bestanden haben muß, ergibt sich aus der nächsten einwandfreien Erwähnung von 1246. In diesem Jahre wurde hier das Dominikancrklostcr begründet. Eine Niederlassung dieses Ordens, der von frommen Gaben lebte und durch Unterricht und Predigt wirken wollte, kam nur in einem bereits voll bewohnten und entwickelten Gemeinwesen in Betracht, das Kloster fand daher seinen Platz auch nur noch in dem noch freien Gelände an der Mauer. Wir dürfen daher mit Sicherheit die Anfänge der Stadt in die Zeit der Jahrhundertwende um 1 200 verlegen, denn der Zuzug

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bürgerlicher Siedler vollzog sich nicht in Scharen wie bei ländli­ chen Auswanderern, sondern nur sehr allmählich aus Überschüs­ sen anderer Städte. Der bereits 1 246 festzustellende Ausbau der Stadtbezirke, der an Umfang alle Gründungen der weiteren Um­ gebung erheblich übertraf, setzt daher wenigstens ein Menschen­ alter voraus. Bei dieser Unsicherheit muß auch die Frage offen bleiben, wem das Verdienst der Stadtplanung zuzusprechen ist, ob dem Grafen Gebhard oder schon seinem Vater Walter. Die Wahrscheinlichkeit scheint für den letzteren zu sprechen. Bodenfunde zeigen, daß es bereits in vorgeschichtlicher Zeit auf dem späteren städtischen Boden Siedlungen gab. Die in der Nachbarschaft befindlichen alten Burgwälle bei Treskow und bei Bechlin ( » Hünenwall « ) dienten als Schutz- oder Fluchtorte. Ob auf dem Stadtgelände unmittelbar vor der deutschen Gründung eine größere Niederlassung außer etwa von nur einigen Fischern bestand, ließ sich bisher nicht feststellen. Möglich ist, daß sich in der Bezeichnung des Stadtviertels und des Gartenlandes zwi­ schen Altruppiner und Seetor als Rensekow, Rentzkow der Name einer Vorsiedlung erhalten hat. Der Platz für die Stadt, welche der wirtschaftliche Mittelpunkt der neubesiedelten Herrschaft werden sollte und von Anfang an in Ausmaßen geplant war, die über den Umfang aller Prignitz­ städte hinausgingen, war von dem Gründer frei gewählt. Hier bot das feste Seeufer gegenüber der Wuthenower Lanke einen geeig­ neten Baugrund und die umliegende Niederung einen starken Schutz. Ein natürlicher Wasserlauf, der vermutlich gegenüber der Lanke mündete, ließ sich durch Vertiefung und Erweiterung nach Norden zur Heranführung des für die Bedürfnisse der Stadt sowie für die Füllung der Wallgräben erforderlichen Wassers aus­ bauen. Günstig war die Verkehrslage am Rande eines fruchtbaren Landstriches in unmittelbarer Verbindung mit den Straßen, die von den Luch- und Sumpfübergängen vom Westen und Süden nach Norden und Osten führten. Von größter Bedeutung für den damaligen Handelsverkehr war vor allem die Lage an einem Wasserwege, der die Verschiffung von Getreide und anderen Wa­ ren nach Havel und Elbe ermöglichte und gerade in ältesten Zei-

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ten mehr als man ahnt benutzt wurde. Hier war auch eine wohl schon in slavischer Zeit vorhandene Fähre über den See. Sie be­ fand sich in gräflichem Besitz, war also keine Einrichtung der Stadt. Die Fähre läßt auf einen ständigen Durchgangsverkehr schließen, und es ist durchaus möglich, daß sich hier bei einer zu­ nächst angelegten Dorfsiedlung von selbst ein gewisser Handels­ verkehr entwickelt hatte.

Ältester Stadtplan von Neuruppin. 1720

Diese Ansicht scheint durch den alten Grundriß der Stadt Bestä­ tigung zu finden. Den Kern der Stadt, wie sie der Grundriß zeigt, bildet eine breite Straße, welche dem Zuge der von Bechlin und Fehrbellin kommenden Wege folgt, an deren südlichem Ende die wohl älteste, dem Nikolaus geweihte Kirche lag. Diese Straße, 21

welche ganz der emes Angerdorfes entsprach, ist dann in der M itte mit Rathaus, Marktbuden und anderen Gebäuden besetzt worden, so daß hier später zwei in geringem Abstand nahezu par­ allele, an den Enden ineinander laufende Straßen die beiden Tore im Süden und N orden verbanden. Die zwischen diesen bei­ den ehemaligen Straßen (die älteste Bezeichnung ist » Mittlere Straße « und » Bauern straße«) befindlichen Gebäudekomplexe er­ scheinen so eingekeilt, daß es sich hierbei nur um eine nicht von Anfang an vorgesehene E ntwicklung handeln kann. Der sich in dem zunächst nur aus der einzigen breiten Straße bestehenden Ort entwickelnde Marktverkehr und Gewerbebetrieb führte zur Er­ richtung von Buden inmitten dieser Straße, die man dann in feste Häuser verwandelte. Gleichzeitig erfolgte der Ausbau zur Stadt Das Gelände bis zum See und der Garten streifen auf der ande­ ren Seite wurden in den Stadtbezirk einbezogen, welchen man mit dreifachem Wall und Graben sicherte. Senkrecht zur Haupt­ straße geführte Querstraßen teilien die Stadtfläche in rechteckige Blöcke. Ein großer rechteckiger Platz wurde unweit des Sees als » neuer Markt« ausgespart, der vornehmlich als Fischmarkt diente, und ebenso in der M itte der Stadt für eine neue, der Jung­ frau Maria zu weihende Kirche der Platz gelassen. Drei Tore ver­ mittelten den Zugang : an den beiden Enden der Hauptstraße und vom See her. Das Seetor kennzeichnet die Bedeutung des Was­ serverkehrs. Erweiterung und Ausbau der Stadt waren 1 246 be­ reits vollzogen. Der Umfang der alten Stadt ist durch den Verlauf der noch heute z. T. vorhandenen Wälle gekennzeichnet, nach Süden z u reichte s i e b i s hinter d i e spätere Karlstraße, d i e einst » Taschen­ berg « hieß. Dieser Raum hat der Entwicklung der Stadt bis ins 1 8. Jahrh undert genügt Erst nach dem Brande von 1 7 8 7 erfolgte eine Erweiterung nach Süden. Das Wasser für die Wallgräbcn lieferte der Klappgraben (so genannt nach den den Wasserstand innerhalb der Stadt regulie­ renden Klappen, die älteste Bezeichnung ist Slus = Schleuse). Von dem inneren Wallgraben führte er von Anfang an mitten durch die Stadt zum See. D ie Stadtanlage setzt, wie der Grundriß 22

zeigt, den Graben voraus, die von ihm geschnittenen Baublöcke sind entsprechend breit angelegt. Nach älteren Andeutungen zu schließen, hatte der Graben am unteren Ende vor der heutigen Siechenstraße eine Abzweigung, die durch den Klosterplatz nach dem See führte. Da diese Abzweigung nicht für das Kloster her­ gestellt sein kann, ergibt sich die Möglichkeit, daß ursprünglich auf dem hochgelegenen Platz am See eine gräfliche Burg geplant war, deren Platz dann dem Kloster eingeräumt wurde. Die Lage entspricht der alten markgräflichen Burg in Berlin neben dem Grauen Kloster. I n dem Visitationsbericht von 154 1 findet sich bei Wuthenow die Angabe, daß die Kirche von Wuthenow die Mutterkirche von Neuruppin gewesen sei. Daraus müßte geschlossen werden, daß die Wuthenower Pfarre älter war und ihr ursprünglich die älteste Siedlung jenseits des Sees vor der Stadtgründung eingepfarrt war. Es handelt sich hierbei aber wohl um einen Irrtum. Die Wuthe­ nower wollten wohl nur behaupten, daß ihre Kirche ursprünglich \,1utterkirche war, nicht eine Filia, und daß ihre Kirche als gleich­ berechtigte Kirche mit der Neuruppiner (wohl zur Verbesserung des Pfarreinkommens) vereinigt wurde. Das 1525 aufgenommene Landbuch sagt auch im Gegenteil bei Wuthenow: »Das Pfarrle­ hen ist ein filial, gehört in der Pfarr zu Neuen Ruppin«. Wir kön­ nen daher die entgegengesetzte Angabe des Visitationsberichts, die auch anderweitig übernommen wurde, kaum als Grundlage zu Schlüssen für die Gründungszeit der Stadt heranziehen. Die Pfarre Wuthenow gehörte, nach ihrer Ausstattung zu schließen, jedoch zu den ältesten Pfarreien des Landes. 1

4. Das Stendaler Stadtrecht Die Rechtsverhältnisse, unter denen die Bürger in den im Raum östlich der Elbe neu entstehenden Städten lebten, richteten sich nach den Gewohnheiten, die sich in den westelbischen Städten entwickelt hatten. Für den mittleren Osten im Bereich der späte-

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ren Mark Brandenburg war vornehmlich Magdeburg das Vorbild. Bei der Gründung der Stadt Ruppin dürften besonders Stendaler Bürger beteiligt gewesen sein, da die Rechtsgewohnheiten der Stadt Stendal hier später als maßgebend galten. Die angehenden Bürger erhielten ihren Anteil am städtischen Boden und an der Feldmark als freies vererbliches E igentum gegen Leistung eines Grundzinses an den Stadtherrn. Die Gemeindeangelegenheiten leitete nach Stendaler Vorbild der Rat (consules), der anfänglich vom Stadtherrn aus den angesehensten Bürgern gebildet wurde. Mit der wirtschaftlichen Erstarkung der Städte begann allgemein das Streben der Bürgerschaften nach politischer Selbständigkeit und entsprechender Erweiterung der Rechte des Ratskollegs. So auch in Neuruppin. Graf Gebhard scheint die Rechte des Stadt­ herren noch weitgehend behauptet zu haben. Schriftliche Ab­ machungen wurden von ihm mit seinen Bürgern n och nicht getroffen. Unmittelbar nach seinem Tode (Anfang 1 2 56) hat der Rat offenbar gegenüber dem Nachfolger auf Grund der Sten­ daler Gewohnheiten Ansprüche geltend gemacht. Er fand auch bei dem neuen Herrn Günther von Arnstein , Graf in Mühlingen, williges Gehör, der am 9. M ärz 1 2 5 6 zu » O lden Ruppyn « die ge­ troffenen Abmachungen durch seinen Schreiber Sibodo in Ge­ genwart des Stöffiner Pfarrers Arnold beurkunden ließ. So ent­ stand das erste schriftliche Zeugnis von der Stadt und ihren Zuständen. (Deutsche Übertragung Beilage 1 ). Der Graf übertrug darin seiner Stadt, d. h. dem Rat, für alle Zeit als Geschenk die bis­ her vom Stadtherrn zu 1/i und vom Schulzen zu ½ genossenen Einkünfte aus M arktverkehr, Gewerbeabgaben und Marktpolizei. Nähere Bestimmungen betrafen Vergehen im Markthandel und deren Ahndung. Weiter wurde dem Rat die Polizeiaufsicht über Gärten, Bauten, Häu servorbauten ( »vorsollere « ), Gossenanlagen und über das Holz des Stadtwaldes ü berlassen. Von besonderer Bedeutung war auch das dem Rate, wie es hei ßt, mit Zustimmung der Gemeinde (universitatis) zugestandene Recht, sich selbst zu ergänzen. Die städtische Verwaltung wurde dadurch weitgehend verselbständigt. Daß dies von seiten des Grafen nicht ohne jegli­ che Gegenleistung geschah, i st anzunehmen.

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Erwähnt werden in der Urkunde das Kauf- oder Rathaus auf dem Alten Markt (theatrum antiqui fori), der Ratskeller, die Ver­ kaufsstände der Fleischer, Wurstmacher und der Fischer, eine Heringsbrücke, das Haus der Krämer und Kürschner, dessen Grundzins dem Stadtherrn vorbehalten blieb, ferner die Gewerbe der Bäcker, Wollen- und Leineweber, Weinschank und Weinhan­ del. Wir erhalten somit Einblick in ein bereits reiches, voll ent­ wickeltes Leben städtischen Gewerbes und Handels. Der hier ge­ nannte alte Markt setzt das Bestehen des neuen voraus, den man auch bereits bei der Gründung des Dominikanerklosters ( 1 246) als vorhanden annehmen muß. Über die in der Urkunde enthalte­ nen Angaben über die Gerichtsbarkeit siehe Abschnitt 9. Der feierliche Beurkundungsakt geschah in Gegenwart ansehn­ licher Zeugen, zu denen aus der Stadt der Vogt und der Schult­ heiß, sowie 5 Mitglieder des Rats gehörten. Von besonderem In­ teresse ist auch die an erster Stelle genannte Persönlichkeit des fütters Albert von Luge. Er war kein gräflicher Vasall, sondern anscheinend ein Experte oder Spezialist des Städtewesens, dem ein Jahr später ( 1 2 5 7) Markgraf Johann von Brandenburg als sei­ nem lieben Getreuen den Aufbau der von ihm gegründeten Stadt Landsberg an der Warthe übertrug, wo er zugleich das Schult­ heißenamt erhielt. Das Stendaler Stadtrecht blieb in der Folge für die Neuruppi­ ner verbind lich. Es wurde 1 3 1 5 von dem Grafen Ulrich zusam­ men mit seinen Söhnen aufs neue allen Bürgern zur Richtschnur gemacht mit dem au sdrücklichen Verbot, ein neues Hecht einzu­ führen. Von Stendal wurden dann auch die Statuten für die Neu­ ruppiner Zünfte entlehnt.

5. Das mittelalterliche Stadtbild und die Stadtbefestigung Die Häuser der ersten Ansiedler können nur sehr dürftige I Iolz­ bauten gewesen sein, sie wurden j edoch bald mit dem wachsen25

den Wohlstand durch festere Fachwerkbauten, kaum jedoch schon durch Steinbauten ersetzt, die sich zunächst auf die Kir­ chen beschränkten. Die Hausdächer bestanden aus Stroh, Schilf oder auch aus Holzschindeln. Bei den Wohnhäusern lagen, ebenso wie in den Dörfern, Stallungen und Scheunen, denn die Landwirtschaft behielt auch in der damaligen Stadt ihre Bedeu­ tung. Auch der kleine Handwerker konnte die Haltung wenig­ stens eines Schweines nicht entbehren. Die Ackerbau treibenden Bürger hatten ihre Wohnung anfänglich wohl nur an den die bei­ den Haupttore verbindenden Hauptstraßen, deren eine »Bauern­ straße« (platea agricolarum) hieß. Nehmen wir die Entstehung der Stadt aus einer Dorfsiedlung an, so wäre in diesen Hauptstra­ ßen die alte Dorfstraße mit dem Dorfanger zu erblicken. Anfäng­ lich war genügend Haum zu breiter llofanlage bei den Häusern vorhanden. Mit dem Wachsen der Bevölkerung wurde die stär­ kere Raumausnützung notwendig, und es stieg der Wert des Bo­ dens. Man rückte die Häuser dichter aneinander und setzte Stock­ werke auf, bei denen man noch durch l linausrücken in die Straße Raum zu gewinnen suchte. Auf den freien Stellen der Grund­ stücke wurden vielfach von den Besitzern kleine, armselige H üt­ ten, sogenannte Huden errichtet, welche man an geringere I ,eute, die sich meist zur Arbeit verdingten, vermietete. Die Budenleute waren nicht »Bürger«, sie genossen nur geringere Rechte und bil­ deten das Proletariat der mittelalterlichen Stadt. Zuerst wurden nächst den Hauptstraßen die quer zu ihnen laufenden Gassen mit Häusern besetzt. U m 1 350, wo etwa 420 zinsbare Hausstellen gezählt wurden, waren letztere annähernd bebaut. Dann begann man auch das Gartenland an den den Hauptstraßen parallel laufenden Verbindungsgängen zwischen diesen Querstraßen und an der Mauer als Grundstück zu nutzen und mit Häusern oder meist nur Buden zu bebauen. So entstan­ den bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts weitere 200 Hausgrund­ stücke. Um diese Zeit war der Höhepunkt der Stadtentwicklung erreicht. Die Straßen waren eng, trotzdem legte man noch in den Hauptstraßen kleine Vorbauten vor den Häusern ( »vorsollere«)

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an, wo man den Feierabend in freier Luft und in Unterhaltung mit dem Nachbar verbrachte. Straßenpflaster gab es frühestens gegen Ausgang des 1 5. Jahrhunderts und dann auch nur in der Hauptverkehrsstraße. Auf den Straßen tummelten sich Schweine und Hühner, aller U nrat wurde dorthin geworfen, und die vor­ handenen Gossenanlagen reichten nur eben aus, um bei starken Regengüssen einen teilweisen Abfluß herbeizuführen, soweit er nicht durch Mist und andere D inge ganz verhindert wurde. Die Straße der Stadt unterschied sich, abgesehen von der E nge, noch in keiner Weise von der eines Dorfes. Die Hauptverkehrs- und Geschäftsstraßen waren : 1. die Bauernstraße ; 2 . die Parallel­ straße zu ihr, sie hieß 1 3 6 5 : » Mittelstraße « (platea media), um 1 50 0 : » Lange « oder » Große Straße « , später, seit 1 5 50, nach er­ folgter Pflasterung : » Steinweg« oder » Hoher Steinweg « (später Friedrich-Wilhelm-Straße) ; 3. die » Markt- « oder » Scharren­ straß e « , welche alten und neuen Markt verband (Fischbänken­ straße � Schinkelstraße). An ihrem Schnittpunkte inmitten der Stadt lag das alte Rathaus. Der schon 1 2 56 erwähnte Bau wird aus Holz ausgeführt gewesen sein. Um 1 30 0 ist dann ein neuer Bau aus Stein und Fachwerk errichtet worden mit hohem goti­ schen Giebel, den der Stich von Merian zeigt. Der Bau wurde in der Folge erweitert, denn das Rathaus bestand später aus zwei mit einem Gang verbundenen Gebäuden. lm Erdgeschoß lag der Stadtkeller, die gewölbten Räume darüber und das Obergeschoß dienten als Verkaufsräume der Kaufleute, insbesondere der Ge­ wandschneider, zu den Sitzungen des Rates und zu Festlichkei­ ten. U nter einem vorgebauten Laubengewölbe fanden die Sitzun­ gen des Gerichtes statt. Dies Rathaus wurde 1 7 1 5 als baufällig abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Hier war der Mittelpunkt der Stadt und in der Hegel der stärk­ ste Verkehr, hier wurde auf engem Raum auch Wochen- und Jahrmarkt gehalten . Unweit davon lagen in der » Mittelstraße « die Brotscharren der Bäcker und in der »Markt- « oder » Scharren­ straße « die Fleischscharren der M etzger, und nur wenige Schritte entfernt erhob sich die I fauptkirche der Stadt St. Marien. 1 2 9 1 wird zuerst das » neue Kaufhaus« (theatrum) erwähnt, 27

das auf dem » N euen Markte « errichtet wurde, wo u. a. die Schu­ ster ihre Erzeugnisse verkauften. Das äußere Stadtbild wurde bestimmt in erster Linie durch die hochragenden Bauten der drei Kirchen (Kap. 1 2) und durch die Hefestigung. Letztere bestand zu Anfang nur aus dem noch heute z. T. erhaltenen dreifachen Wall und Graben auf den drei Land­ seiten, wozu vielleicht noch ein Pallisadenwerk trat. Erst später ging man daran, noch eine steinerne Schutzwehr zu errichten, zu­ nächst an den Toren. 1 2 9 1 wird bereits ein » steinernes Tor« (wohl das Altruppiner) erwähnt. Das 1 !J,. Jahrhundert, die Blüte­ zeit des deutschen Städtewesens, brachte dann als Schutz gegen das besonders in der Mark anwachsende Raub- und Fehdewesen den großartigen Ausbau einer stattlichen Ringmauer mit ihren zahlreichen Weichhäusern und mächtigen Torbauten . Die Weich­ häuser (Wighäuser = Kampfhäuser) waren rechteckige, nach au­ ßen vorspringende, nach der Stadt zu offene Türme (5-6 m breit, 2 ½ m tief) mit Schießscharten, au s denen man den Raum längs der Mauern mit Geschossen bestreichen konnte. Das Alt­ ruppiner Tor schützte ein breites, hohes, rechteckiges Torge­ bäude, am Hechbner Tor befand sich ein hoher, runder Turm mit spitzem ] leim. Zeichnungen davon sind nicht vorhanden. Das Seetor war nur durch einen kleineren Torbau gesichert. Der wehrhafte Anblick der Stadt wurde noch verstärkt durch zwei weitere hohe, runde Türme, von denen der eine an der See­ ecke, der andere am Ende der Schulzenstraße lag. Ob man diese Stelle als besonders gefährdet betrachtete, oder ob die Türme hier in erster Linie als Wachtposten gedacht waren, bleibt dahin­ gestellt. Der Turm an der Schulzenstraße, » Fangeturm « später auch Pulverturm genannt, diente wohl gleichzeitig im Mittelalter zur Unterbringung der Schwerverbrecher, die hier in dunkler Tiefe die Fahrt zur Richtstätte erwarteten. Er wurde 1 7 88 abgebro­ chen. In der Nähe dieses Turmes in der Schulzenstraße befand sich auch »der bliden hof « , das Zeughaus des Rates, wo man die Wurfmaschinen (bliden) verwahrte. Am meisten drohte der Stadt Gefahr von den Zugangsstraßen 28

aus Norden. Hier war, eme knappe Stunde von der Stadt ent­ fernt, die bereits erwähnte mächtige Landwehr angelegt worden, die sich zum Teil an den hier ansteigenden natürlichen Höhen­ zug anlehnt. An der Stelle der höchsten Erhebung befand sich der Durchlaß für die Straße. Hier errichtete man einen steiner­ nen Wartturm, die sogenannte Kuhburg, von dem aus man jeder­ zeit W arnungssignale nach der Stadt gelangen lassen konnte, um noch rechtzeitig eine Abwehr von der Landwehr aus zu versu­ chen.

6. Der Stadtbesitz Nimmt man an, daß der Stadt eine Dorfsiedlung voranging, so müßte zu dieser eine Feldflur gehört haben, die deshalb bei dem älteren Stadtbesitz nicht erwähnt wird, aber in dem 1 3 1 5 neben­ bei genannten campus civitatis (Stadtfeld) ,m erblicken ist, das sich um das Stadtgebiet und nach N orden bis etwa an den Wall­ graben erstreckte. Dies Gebiet war als Ackerland nur sehr dürftig, besser war das angrenzende Wiesenland. Als Zuwendung aus Anlaß der Stadtgründung wird nur die Luchwiese bei Langen ge­ nannt. 1 3 1 5 fügten die Grafen den Hagen (indago ), ein Wald­ stück zwischen Kränzlin und Bechlin, mit dem Zugangswege hinzu. 6 ) Der Landbesitz der Stadt war mithin anfangs nur sehr mäßig, der für ein größeres Dorf und zahlreiche Bauernnahrungen kaum ausreichte. In die Frühzeit dürfte j edoch auch der erst spä­ ter belegte Besitz des Hütungs- und H olzungsreviers der » Qäste « (mit niedrigem Strauchwerk bewachsenes Land) und der Wende­ mark 7 ) zurückreichen. Die Bürgerschaft ist im Laufe der Zeit bemüht gewesen, von den geldbedürftigen Landesherren nicht nur Einnahmen und Rechte, sondern auch weiteren stark benötigten Landbesitz zu er­ werben. Von der Abtretung einzelner Gefälle aus der Gewerbe­ polizei und Gewerbesteuer im Jahr 1 2 5 6 war bereits die Rede. Diese Rechte erweiterten sich. Der in der Stadt vom Warenver-

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kehr durch die Grafen erhobene Zoll war 129 1 ebenso wie be­ deutende Gefälle von den Gewerbebetrieben in den Besitz der Stadt gelangt. F:ine Aufstellung der jährlichen Geldeinnahmen aus diesem Jahre beziffert sie auf etwa 35 Pfund Silber. Unter diesen Einnahmen befand sich auch ein Zins vom Burgwall (rich­ tiger Burgberg) bei Kränzlin. l 323 gelang es den Grafen, den Zoll wieder an sich zu bringen. Der Stadt wurden dafür hinsicht­ lich der Kornausfuhr und der Rechtspflege Zugeständnisse ge­ macht. 1,1„1,6 befand sich der Rat wieder im Besitz einer jährli­ chen Hebung von 8 Pfund aus dem Zoll, und 1466 verpfändeten die Grafen weitere 5 Pfund für 100 rheinische Gulden. Einen großen Erfolg der städtischen Politik bedeutete der An­ kauf des benachbarten Dorfes Treskow, welches Graf Ulrich IV. 1395 mit allen Rechten der Stadt für 40 Mark Silber abtrat. Die Feldmark umfaßte 52 Hufen, welche mit der städtischen Feld­ mark vereinigt wurden. Das Dorf als solches verschwand in der Folge. Die Hauern zo­ gen wohl zum Teil in die Stadt, oder die Höfe wurden von Bür­ gern ausgekaufi. Kirche und Pfarre gingen ein. Der Rat bildete im 16. Jahrhundert aus einem von ihm erworbenen Lehngut des Bar­ tel Friederichen ein Vorwerk in Treskow, dessen Erträge fortan einen wichtigen Posten in den Kämmereieinnahmen darstellien. 1537 wurde eine Schäferei für :r no Schafe dort eingerichtet. Der Rat wurde, dem Zuge der Zeit folgend, damit Großgrundbesitzer, der seinen Hesitz zu erweitern strebte. Seit wann die Kämmerei im Besitz des Stadthofes in der Schul­ zenstraße war, zu dem später etwa 2 Hufen l ,and gehörten, läßt sich nicht feststellen (vgl. Abschn. 9). 1595 besaß der Rat in Tres­ kow 10 ½ Hufen, 2 Hufen Morgenland und den Burgwall, dazu 1 Hufe im Stadtfelde neben der »kalten Nonne«. Er hielt damals in Treskow 10 .Joch Ochsen, 1 1 Zugpferde, 7 1 Stück Rind­ vieh.

:rn

7 . Die Einwohnerschaft Über die ältesten Bürgerfamilien wissen wir wenig. 1256 werden uns fünf Ratsherren genannt: Salomon Münzer, Lambert von Moringen, Johannes von Schwalenberg, Berthold Plumkow, Her­ mann Schuster. Die zwei Herkunftsbezeichnungen deuten zu­ nächst darauf, daß Einwanderung städtischer Gewerbetreibender auch aus dem Wesergebiet stattgefunden hat. Die Familie Moring gab es auch in Stendal, und es ist wahrscheinlich, daß starke Fa­ milienbeziehungen dorthin bestanden. Die Ratsliste von 129 1 nennt zwei Nachkommen der vorhin genannten: Johannes Plu­ meke, Joh. Morinch, daneben Joh. von Pritzwalk, Heinrich Schreiber, Gerhard von Rheinsberg, Joh. Guderthyr. Es ist also schon eine Zuwanderung aus benachbarten Orten zu verzeichnen. Im 14. Jahrhundert taucht unter den Ratsfamilien die Familie Witte auf, die lange eine Rolle in der Stadt gespielt hat. Sie soll Ende des 13. Jahrhunderts aus Holland eingewandert sein. Ein Zinsverzeichnis von 1365 führt alle zinspflichtigen Häu­ ser mit ihren Besitzern auf. Es gab damals rund 420 Haus- und Budengrundstücke. Rechnen wir durchschnittlich fünf Personen auf ein Haus, so erhalten wir etwa 2 000 Einwohner für jene Zeit. Unter den aufgeführten Familiennamen sind die Namen vieler Dörfer der Umgegend vertreten, die als Herkunftsnamen anzuse­ hen sind. Es zogen also zahlreiche Angehörige der bäuerlichen Bevölkerung in die Stadt. Die Bürger sind deutscher Herkunft, nur ein Reineke Slavus ist verzeichnet, der dicht an der westli­ chen Stadtmauer wohnte, aber auch dieser führte einen deut­ schen Vornamen, es handelte sich wohl um Latinisierung des Fa­ miliennamens Wend. Mehrere Adlige der Umgegend hatten Grundbesitz in der Stadt, auch die Klosterfrauen von Lindow be­ saßen hier ein Quartier. Die Bürgerschaft setzte sich zusammen aus Ackerbürgern, Kaufleuten und Handwerkern, doch hatten die meisten Hausei­ gentümer etwas Landwirtschaft und Viehzucht. Fischer führt das Zinsverzeichnis nicht auf, da sie an den Grafen zinsten, nur das Fährhaus (navigium) in der danach benannten Fährstraße. In ge31

sellschaftlicher Hinsicht bestanden streng voneinander geschie­ dene Schichten: die Hatsfamilien, zu denen die größeren Grund­ besitzer und die wohlhabenden Kauf- und Handelsleute zählten, die Handwerker, unter denen sich wiederum die Angehörigen der bedeutenden Zünfte von denen der geringeren sonderten. Außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft standen die Buden- und Dienstleute und Leineweber, Badstuber, Büttel. Wenn auch die Huppiner Zünfte gemäß dem herrschenden Brauch in ihren Sta­ tuten Personen wendischer Abkunft ausschlossen, so hatte dies hier kaum eine Bedeutung, da es in der Umgegend solche Abson­ derung längst nicht mehr gab. Der Ausschluß konnte sich nur auf fremdsprachliche Elemente aus den eigentlichen Wendenbezir­ ken in der Lausitz beziehen. Die Angehörigen ritterlichen Stan­ des pflegten höchstens mit den Ratsfamilien Verkehr. Die Zulassung neuer Bürger erfolgte durch den Rat gegen Ent­ richtung des Bürgergeldes. 1466 wurde bestimmt, daß die Erwer­ bung des Bürgerrechts den Besitz eines Eigentums oder Gilden­ werkes zur Voraussetzung habe, der neue Bürger hatte dem Grafen Treue und der Stadt Gehorsam zu schwören. Für die Be­ sprechung der bürgerlichen Angelegenheiten bestand seit ältesten Zeiten die Einrichtung der sogenannten Bauersprachen (Burspra­ chen), die in den einzelnen Stadtvierteln im Einverständnis mit dem Rat abgehalten wurden. Da diese Versammlungen im Laufe der Zeit vielfach dazu benutzt wurden, um die Bürgerschaft ge­ gen das Regiment des wohlweisen Rates zu erregen, hat dieser die Versammlungen möglichst unterdrückt und eingeschränkt und ihrer politischen Bedeutung entkleidet. 1550 hob sie Joa­ chim II. wegen ihrer politischen Tendenzen auf. Zu erwähnen sind unter den Einwohnern noch besonders die Juden. Sie gehören wohl zu den ältesten städtischen Elementen. Die heute z. T. nicht mehr bestehende Straße von der Nordseite des Neuen Marktes an der Marienkirche vorbei zur Mittelstraße, also mit eine Hauptstraße der Stadt, führte 1365 und später die Bezeichnung »Judenstraße«. Die Juden scheinen also von An­ fang eine Niederlassung in Neuruppin gehabt zu haben. Sie stan­ den im besonderen Schutze der Grafen, die aus ihnen erhebliche

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Einnahmen zogen und sich ihrer zu Geldgeschäften bedienten. Jn der Judenstraße zwischen N euem Markt und Kirche lagen im 1 1. Jahrhundert die Synagoge und die Behausungen der Juden (domus et case judeorum), die hier einen ghettoartig abgeschlos­ senen Bezirk bildeten, der auch als »judendorp « bezeichnet wird. Ein Judenbad befand sich damals dicht an der Stadtmauer in der heutigen Leinweberstraße. Die jüdische N iederlassung in Neu­ ruppin dürfte danach eine der ältesten und bedeutendsten in der Mark gewesen sein. Ende des 1 5. Jahrhunderts heißt die Straße am N euen Markt »Alte Judenstraße « . Das erklärt sich dadurch, daß das Judenquartier eine U msiedlung erfahren hatte. Es befand sich mit Synagoge damals in der Fährstraße (heute Seestraße). Vielleicht hat die dichte Lage bei der Kirche die Verlegung veran­ laßt. Erwähnt werden die Juden zuerst 1 3 1 5. Die Grafen behiel­ ten sich damals die ausschließliche Gerichtsbarkeit über sie vor. 1 3 2 3 erhielten die Juden wohl al s Entschädigung für Geldhil­ fen die Erlaubnis, für ihren Bedarf Vieh zu schlachten und Korn für ihr Hrot und Bier zu kaufen. Von der Synagoge und dem angebauten Hause erhielt der Rat im 1 4. Jahrhundert vierteljährlich ½ Mark Silber (später l Gul­ den) und zu Ostern 1 2 Schillinge. Bei der Aufnahme hatte jeder Jude dem Rate ¼ Mark Silber ( M 7 2 1 Gulden) und ein Schock Neunaugen oder statt letzterer einen Schoppen Wein von minde­ stens 2 Schillingen Wert zu entrichten. Der Stadtschreiber und die Stadtdiener erhielten je I Groschen. 1 4 72 gaben alle Juden zusammen zu Michaelis » von der loff­ richiinge« (Laubhüttenfest) eine Tonne Bernauer Bier und 4 Gänse. Es besaßen damals mindestens vier Judenfamilien Bu­ den in der Fährstraße. Ein Steuerverzeichnis von 1 4 77 nennt in dieser Straße : Salomon, H elias, M oses den Trumper, Salomon, Joses I saaks Tochtermann, den alten Jakob und Meister Jakob. Die Huden, in denen sie wohnten, waren an scheinend vom Rat erbaut, dem sie dafür einen Zins zahlten, der erste und vierte je 1 Pfund, der zweite und dritte je 1 Schock Groschen. Außerdem hatten sie alle Hausreparaturen selbst vorzunehmen. 1 ,'J.8 1 gestat­ tete der Rat der M eghelin, des Meisters Jakob Schwiegermutter, 33

selbst das Haus, darin Isaak wohnte, zu bauen, wofür 1 Jahr Zins­ freiheit gewährt wurde. Die Juden führten ein unstetes Leben, sie zogen schachernd im Lande und auf den Märkten umher und waren daher meist abwesend, auch fand ein häufiger Wechsel statt. 1478 zahlten »die Klepper« und Aaron Hauszins, 1484 wurde noch ein Phibis ( = Phöbus) und 1490 ein Levi in die Bürgerschaft aufgenom­ men. Die Juden waren im Mittelalter äußerlich auffallende Erschei­ nungen. Sie trugen lange, bunte Kaftane, als Kopfbedeckung waren ihnen hohe, spitze Hütchen von roter oder gelber Farbe vorgeschrieben. Die allgemeine Vertreibung aus der Mark Brandenburg im Jahre 15 10, aus Anlaß des großen Berliner Pro­ zesses wegen einer angeblichen Hostienschändung, scheint sich auch in der Herrschaft Ruppin ausgewirkt zu haben ; sie treten später nicht mehr als Einwohner in Erscheinung. Bratring ver­ merkt noch 1805: »Nach einem alt hergebrachten Recht nimmt die Stadt keine Juden auf.« Die fremden jüdischen Händler muß­ ten beim Besuch der Märkte vor der Stadt im Gasthause »Schwarzer Adler« (vorher »Galgenkrug«, später Schloßgarten) Quartier nehmen. Das preußische Edikt betr. die Judenemanzipa­ tion ( 18 12) brachte erst eine Wandlung. Die Einwohnerschaft erfuhr bis gegen Ausgang des Mittelalters eine erhebliche weitere Vermehrung. Um 1500 war die Zahl der Häuser auf rund 600 angewachsen, die sich bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts hielt. Dazu kamen noch über 100 Buden. 1595 wurden 623 Häuser (außer den Freihäusern) und 1 14 Buden ge­ zählt. Dem wird eine Zahl von etwa 4 000 Seelen entsprochen ha­ ben. Neuruppin stand an Bevölkerung unter den mittelmärki­ schen Städten an fünfter Stelle. Berlin und Cölln besaßen 1573 zusammen 1 185, Frankfurt 1 029, Prenzlau 723 Häuser, Neurup­ pin 625.

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8. Die städtische Verwaltung Die städtischen Angelegenheiten leitete der aus der Bürgerschaft gebildete Rat. Er wurde anfangs vom Stadtherrn erwählt. 1 2 5 6 erhielt d e r zeitweilige Rat d as Recht, d i e Ergänzung de s Rates ·selbst vorzunehmen. Diese Zuwahl erfolgte dann stets aus einem eng begrenzten Kreise der einflußreichsten Familien ; es bildete sich eine städtische Aristokratie, das Patriziat, ein erster Stand der ratsfähigen Geschlechter, die meist durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden waren. Zu diesen Ratsverwandten ge­ hörten zunächst die größeren Grundbesitzer und die Angehöri­ gen der oberen Kaufmannschaft. Uer Rat bestand aus 1 2 Mitglie­ dern, von denen je 6 im jährlichen Wechsel die Geschäfte führten. Der Wechsel fand am Dienstage nach Johannistag statt. Bei wichtigen Angelegenheiten vereinigte sich der geschäftsfüh­ rende Rat mit dem alten Rat. Die Ratsherrenwahl erfolgte zu­ nächst auf eine bestimmte Zeit. Durch die Wiederwahl wurde das Amt in Praxi s wmeist ein lebenslängliches. Der Rat hielt anfäng­ lich wohl nur einmal wöchentlich (nundinis) seine regelmäßigen Sitzungen im Stadtham (theatrum) ab. Der ruhende Pol in der Stadtverwaltung war bei dem jährlichen Amtswechsel der Stadt­ schreiber, der dadurch besondere Bedeutung und Einfluß ge­ wann. Anfänglich wurden noch Geistliche, die allein der Schrift kundig waren, mit diesem Amt betraut. Um die Mitte des 1 4. Jahrhunderts war ein Johann Oldendorf Stadtschreiber. Um 1 43 0 erfolgte eine Änderung der Ratsverfassung. An der Spitze des Rates standen von nun ab 2 Bürgermeister, in deren Händen wohl die laufende Geschäftsführung lag, daneben ver­ blieben 6 Ratsherren, so daß der regierende Rat nun aus 8 Perso­ nen bestand. Ferner wurden 3 Ratskollegien gebildet, die jährlich einander abwechselten, so daß ein abtretender Rat erst nach Ab­ lauf von zwei Jahren wieder an die Reihe kam. Der Gesamtrat be­ stand somit aus 6 Bürgermeistern und 1 8 Ratsherren. Diese Ordnung wurde später, anscheinend noch zur Grafen­ ,r,eit (nach anderer Angabe 1 51), 1 durch Kurfürst Joachim II.), abermals geändert und der zweijährige Wechsel zwischen 2 Kol-

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legien wiederhergestellt, so daß seitdem im ganzen 4 Bürgermei­ ster und 12 Ratsherren vorhanden waren. Sehr wahrscheinlich hing die erste Neuordnung und erhebliche Erweiterung des Rates damit zusammen, daß man genötigt war, Vertretern weiterer Kreise aus den Handwerkszünften den Zutritt zum Rate zu eröff­ nen. Die wirtschaftliche Erstarkung des Handwerks löste in den Städten das Bestreben aus, die Alleinherrschaft der alten Ratsfa­ milien zu brechen und den Gilden einen Einfluß am Stadtregi­ ment zu sichern. Dies hat in vielen Städten zu heftigen revolutio­ nären Erschütterungen geführt und eine mehr oder weniger starke soziale Umschichtung mit sich gebracht. In Neuruppin hö­ ren wir nur einmal 13 15 von der Unterdrückung einer Zünftebe­ wegung. Die Grafen ordneten damals an, um unrechtmäßige Be­ strebungen zu unterdrücken, daß die Gilden dem Rat zu gehorchen hätten. 1382 wird zum ersten Male in einem Rechtsge­ schäft des N euruppiner Rates die Mitwirkung der Gilden er­ wähnt. Die Zustimmung der Gildemeister - es handelte sich da­ bei nur um die der sogenannten Viergewerke (vgl. Kap. 10) wird alsdann in allen Urkunden des Rates ausdrücklich erwähnt, sie war also jetzt verfassungsmäßig notwendig. Man kann anneh­ men, daß seitdem auch Angehörige der vier Hauptgewerke in den Rat aufgenommen worden sind und daß damit die Ratserwei­ terung um 1430 zusammenhing. Jedenfalls wurde durch die Er­ weiterung des Rates eine vermehrte gegenseitige Kontrolle ge­ schaffen und der Interessenwirtschaft damit vorgebaut. Diese Verfassung hat dann bis spätestens 1 540 bestanden. 1474 er­ folgte die Aufnahme einer Anleihe von 200 Gulden seitens des Rates mit Zustimmung der ältesten Ratmannen, der Gildemeister der Vierwerke und der »clukesten unser stad«. Es scheint also damals bereits ein Ausschuß der Bürgerschaft bestanden zu ha­ ben, wozu man die »Klügsten« erwählte. Die Bürgerschaft er­ langte eine verfassungsmäßige Vertretung im Stadtregiment durch » Verordnete« erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Die Ratsherren genossen erhebliche Rechte : Freiheit vom Wach- und Tordienst, Erlaß der halben Steuer. Sie empfingen Abgaben vom Weinschank, die Aufnahmegebühren neuer Bürger

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und Juden, allerhand Gebühren für Rechtsgeschäfte, soweit der Rat dafür wständig war, und Polizeistrafen. Bürger, die vom Rat vorgeladen wurden und trotz dreimaliger Ladung nicht erschie­ nen, hatten eine Buße von 5 Schillingen zu erlegen, die den Rats­ herren zufiel. Jeder neu gewählte Hatsherr leistete einen Eid, der Stadt unparteiisch gegenüber jedermann zu dienen. Nach dem Hatswechsel wurde alljährlich »an Arm und Reich« eine Spende ausgeteilt. Der Rat selbst veranstaltete am Tage darauf auf dem Hathause einen Schmaus, zu dem auch die Richter und Honora­ tioren eingeladen wurden. Zum ersten Male gewählte Ratsherren hatten dabei einen tiefen Griff in ihren Beutel :w tun, wovon wir später noch hören. Die Aufgaben des Hates waren zunächst auf die rein bürgerli­ chen Angelegenheiten beschränkt: Wehrhaftigkeit der Stadt und Bürger, Bau-, Straßen-, Gewerbe- und Marktpolizei, Feldord­ nung, Verwaltung der städtischen Güter und Gelder, Steuerein­ ziehung, Aufsicht über die Gilden (seit U 15). Dazu kam die Vor­ nahme von Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht das Stadtgericht dafür zuständig war, in Schuld- und Pfand­ sachen und dergleichen. Das Bestreben der städtischen Ratskollegien ging allgemein da­ hin, auch die gerichtlichen Aufgaben an sich zu ziehen. Das wurde auch in Neuruppin angestrebt und tritt schon 1256 in Er­ scheinung.

9. Die Gerichtsbarkeit Inhaber der Gerichtshoheit blieb in der Stadt der Landes- und Stadtherr. Für alle :wr hohen Gerichtsbarkeit gehörigen Fälle, Vergehen gegen Leib und Leben, war und blieb das Landgericht bei der l lerrenburg Altruppin unter dem Vorsitz des Herren oder seines Vogtes zuständig bis 1 :n S. Die niedere Gerichtsbarkeit über die Bürgerschaft und städtische Angelegenheiten wurde da­ gegen in der Stadt selbst geübt durch einen vom Stadtherren mit

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dem richterlichen Schulzenamte belehnten Schulzen. Es war die Regel, daß die Persönlichkeit, welche im Auftrage des Grundher­ ren bei Ortsgründungen die Geschäfte der Ansiedlung und Be­ sitzaufteilung übernahm, das einträgliche Schulzenamt mit einem ansehnlichen Schulzenhof und mehreren steuerfreien Hufen Landes als erbliches Lehen erhielt. Er bezog außerdem 1/1 der Gerichtsfälle ; während die restlichen % dem Stadtherren, hier dem Grafen, zustanden. Bei Stadtgründungen war es wohl meist eine Person aus dem Kreise der ritterlichen Vasallen oder Dienst­ mannen des Gründers. Das war auch hier der Fall. In der Ur­ kunde von 1256 ist als Zeuge der Schulze (prefectus) Hugo ge­ nannt. Da 132 1 und danach ein gräflicher Knappe Burchard (Husse) von Trippene als Schulze der Stadt erscheint, dürfte jener Hugo als dessen Vorfahr und Angehöriger der gleichen Familie anzusehen sein. Sie führte den Namen von dem Dorf Trippchne Kr. Jerichow 1. in der im arnsteinischen Besitz befind­ lichen l lerrschaft Möckern, gehörte also zu den Vasallen des Stadtgründers. Nachweislich besaß die Familie Trippene (auch als von Treppen, Treppcnen, geschrieben) erheblichen Grundbe­ sitz in der Ruppincr Feldmark. * Die Dürftigkeit der Überlieferung läßt Näheres über die Fami­ lie Trippene und über das Schicksal des Neuruppincr Schulzcn­ amtes und Schulzengutes nicht erkennen. Ein Angehöriger der Familie erscheint etwa 100 Jahre später unter den Ratsherren, sie war danach anscheinend bürgerlich geworden. Offenbar hatte der Rat, d. h. die Stadt, wie dies vielfach in den Städten der Fall war, das Schulzenamt mit seinem Zubehör erworben. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, daß sich der Rat im 16. Jahrhundert im Besitz des Drittels der Gerichtsfälle aus der niederen Gerichtsbar­ keit, d. h. des ehemaligen Anteils des Schulzen daran, befand, sie erlangt weiter Gewißheit dadurch, daß in dem später im Besitz der Kämmerei befindlichen »Stadthofe« in der Schulzenstraße

*) Die Familie von Trippehne in Neuruppin in Brandenburg, Jg. ö, 1 9 28, l ieft 20, E berswalde 1 9 2 8

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mit zwei zugehörigen Hufen Landes doch wohl der alte Schul­ zenhof zu erblicken ist. Daß dieser Schulzenhof in der nach dem Sitz des Schulzen benannten Straße lag, deren Benennung zwei­ fellos auf älteste Zeit zurückging, darf als sicher angenommen werden. Üher Zeitpunkt und Umstände der Erwerbung durch den Rat fehlt jede Nachricht. Das Häuserverzeichnis von 1 :165 gibt einen Hinweis nicht, ein hier in der Fährstraße aufgeführtes Haus des Schulzen (perfecii) kommt nicht in Frage, da es Abga­ ben zahlte, der Schulzenhof aber steuerfrei war. Busso Trippene besaß damals auch steuerbare Häuser in der Marktstraße (Schar­ renstraße) und in der Judenstraße. In Frage könnte sonst noch ein später als »Grafenhof« benanntes Freihaus in der Scharren­ straße kommen (an der Stelle der heutigen Superintendentur), das zuerst 1177 als »llaus der Gräfin« (domus comitisse) ge­ nannt wird und 1499 bis 1526 Witwensitz der Gräfin Anna war. Mit dem Haus des Husso Trippene in dieser Straße dürfte es der Abgaben wegen nicht identisch sein, es könnte sich eher um alten landesherrlichen Besitz handeln, da das Bestehen eines gräflichen Quartiers in der Stadt anzunehmen ist. Es bleibt mithin am wahr­ scheinlichsten, den alten Schulzenhof mit dem späteren Stadthof in der Schulzenstraße zu identifizieren. Das Schulzenamt erlosch spätestens im 15. Jahrhundert. Der 1477 genannte Richter Pritzerbe war anscheinend nur auf Zeit eingesetzt. In der Folgezeit wurden gelehrte Juristen mit dem Amt betraut. Dem Schulzen zur Seite stand in Stendal wie auch in den Städ­ ten Magdeburger Rechts ein vom Rate gesondertes Schöppenkol­ legium für die Urteilsfindung. Wir vermissen hier in Neuruppin für die älteste Zeit jegliche Erwähnung. In der Urkunde von 1256 nennt Graf Günther als Richter seiner Stadt den Vogt (ad­ vocatus) und den Schulzen (prefecius) und deren Kompetenz­ streit mit dem Rat (consules), der durch die Bestimmungen über die Marktvergehen behoben werden sollte. Wenn zum Schluß dieser Spezialbestimmungen die Richter, also Vogt und Schult­ heiß, ausdrücklich von aller Jurisdiktion des Rates befreit und eximiert werden, so wurde damit durch den Grafen die gericht39

liehe Funktion des Rates offenbar anerkannt, ihm auch in Markt­ angelegenheiten durch die Anordnungen überlassen. In einigen Stadtrechtsgruppen, wie in Mecklenburg, fehlte ein besonderes Schöppenkolleg, in dem der Rat gleichzeitig auch die Funktion ausübte. Ein solcher Fall, der mit dem Vorbild Stendals im Wi­ derspruch stände, kann hier kaum vorliegen, da es dabei wohl nicht zu den erwähnten Konflikten mit dem Rat (rancoris scrupu­ lus et controversiae) kommen konnte. Es ist vielmehr, wie bereits am Schluß des vorigen Abschnitts bemerkt, eine allgemeine Er­ scheinung in den Städten mit getrennter Gerichtsfunktion, daß der Rat stets darauf bedacht war, seine Kompetenz auf den Be­ reich des Schultheißen- und Schöppengerichts in der niederen und freiwilligen Gerichtsbarkeit auszudehnen, welchem Zweck auch eine Erwerbung des Schulzenamtes d iente. Wenn auch erst später, 1 3 2 1 zum ersten Male, kurz Schöppen neben den Ratmannen erwähnt werden, eine Bezeichnung als Schöppe auch in den Zeugenlisten fehlt, so m u ß doch angenom­ men werden, daß ein bürgerliches Schöppenkolleg von sieben Personen von Anfang an den 1 2 5 6 genannten gräflichen Richtern zur Seite stand. I nwieweit es vom Rate personell gesondert oder teilweise mit ihm verbunden war, läßt sich bei dem Fehlen jegli­ cher Nachricht aus den ersten Jahrhunderten nicht einmal mut­ maßen. Die Schöppen wurden anfänglich vermutlich vom Grafen bestellt und ergänzten sich später, wie auch der Rat, selbst. Der Wechsel im Schöffenkolleg vollzog sich alljährlich zu Ostern. Rat und Schöppen bildeten bis in das 1 8. Jahrhundert in Neuruppin getrennte Körperschaften. Die Konkurrenz zwischen beiden hat in Neuruppin fortbestanden. Die Bedeutung des städtischen Gerichts wuchs, als 1 3 1 5 die Bürgerschaft durch den Landesherren vom gräfli chen Landge­ richt befreit wurde. Bei allen Blutvergehen waren seitdem auch die Stadtrichter zuständig. Jeder Bürger blieb jedoch verpflichtet, persönlich vor dem Grafen zu erscheinen, wenn bei ihm Anklage gegen einen solchen erhoben wurde. Der Graf behielt damit die letzte Entscheidung. Mit dem Übergang der Herrschaft an den Kurfürsten, ging die Gerichtshoheit auch an diesen über. 40

Richter und Schöppen stritten noch 1579 auf Grund alten Her­ kommens und der Gerichtsbücher dem Rate alle richterlichen Funktionen ab, während der Rat, offenbar auf Grund der Erwer­ bung des Schulzenamtes, die Untergerichte für sich in Anspruch nahm. Auch das Treskower Schulzengericht war auf den Rat übergegangen und damit wohl auch dessen Gerichtsbarkeit in diesem Gebiet. Die Verhältnisse waren bereits so unklar und ver­ wickelt, daß schon im 16. Jahrhundert bei den Eingeweihten selbst Unklarheit bestand. Die Gerichtssitzungen fanden nur an bestimmten Tagen statt, anfänglich zweimal im Monat, später zweimal in der Woche am Dienstag und Freitag. Gerichtsort war eine offene ! l alle unten im oder am Rathaus, »unter den vierscharen«, die 1:32 1 als »lovene« (Laube) bezeichnet ist. Als die Iländel sich mehrten und das im 16. Jahrhundert eingeführte schriftliche Verfahren besondere An­ forderungen stellte, baten die Schöppen den Hat, ihnen einen Teil des Kaufhauses auf dem Neuen Markt zu überlassen, damit sie nicht ihre Registratur von einem Ort zum anderen schleppen müßten. Dieses wurde ihnen auch samt einem kleinen Höfchen daselbst eingeräumt. Die gewöhnlichen Rechtstage und öffentli­ chen Verhandlungen sollten jedoch wie bisher »unter den vier­ scharen« gehalten werden. Die Schöppen rissen dann das Kaufhaus, wohl vor 1550, auf eigene Faust nieder und erbauten mit kurfürstlicher Hilfe ein neues Haus (das Schöppenhaus). Den Hofraum aber nahm ihnen der Rat ab, da der Neue Markt wegen Feuergefahr ein freier Platz bleiben sollte. Damals wurde auch ein Gerichtsknecht ange­ nommen, der Wohnung im unieren Schöppenhause erhielt. Die­ ses Schöppenhaus auf dem Neuen Markt ging 161:3 ein. Sch> Wrüge« * Die Brauerei betrieben 1 HO noch 67 Braueigner, von denen 29 das Bier nach Berlin, Potsdam usw. ausführten, die anderen den Ortsbedarf und die der Stadt zugewiesenen Landkrüge belie­ ferten. ( 1595 übten noch 26 5 Häuser das Braurecht, z. T. wohl nur für den Hausbedarf, aus.) Es gab in Neuruppin seit alters kein Reihebrauen, wonach jedem sein Quantum zugewiesen war. Man braute nach Belieben. Wer gutes Bier braue, hieß es, wer­ den es auch los. Es bestanden nur Bestimmungen :wr Verhinde­ rung gegenseitiger Konkurrenz. Man klagte über die verbotene Einfuhr von Getreide aus Mecklenburg, über die :w geringe Bier­ taxe, die keinen Verdienst mehr abwerfe. Die Biermakler in Ber­ lin verpantschten das Bier und brächten es in M ißkredit. Etwa ein Dutzend der früher der Stadt zugewiesenen 65 Landkrüge waren von anderer Seite der Stadt entzogen worden, z. B. die Krüge auf dem Rottstiel und bei Pfefferteich vom Amt Ruppin. Der Adel verlangte Gegenleistungen für die Belieferung seiner Krüge. Das Ruppiner Hier wird als »dick und nahrhaft« bezeichnet. Das Quart kostete in Berlin nach der Taxe von 17'1, 0 1 Groschen 1 Pfennig, das Bernauer und das Brandenburger Bier waren billi­ ger und kamen nur auf 10 Pfennig zu stehen. Teurer waren dage­ gen Zerbstcr Bier und Brühan, die mit 1 Groschen 7 Pfennig an­ gesetzt waren. ( 1 Pfund Schweinefleisch kostete 1710 nach der Taxe 1 Groschen 5 Pfennig.) Die Huppiner Bierknechte, welche die Bierwagen führten, erfreuten sich keines guten Rufes, man hatte sie in Berlin ständig im Verdacht, die Fässer unterwegs zum Verkauf an die Bauern anzuzapfen und mit Wasser aufzufüllen. Dadurch kam das Bier in Verruf, und der Absatz wurde geschä-

*) llittkau, S. 1 :rn L Hi edel A I V , 229 ff.

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digL Nachdem schon 1722 und 1735 dagegen Verordnungen erlassen worden waren, erging am 19. November 1713 ein er­ neutes königliches Edikt: »Wegen Abstellung der von den Rup� pinischen Knechten verübten Bier-Verfälschungen«, in dem für solche Vergehen eine Strafe von 20 Rtlr. oder 3 Monaten Gefäng­ nis, ja dreimonatlichem »lndiekarreschließen« angedroht wurde. Den Fuhrleuten war es auch untersagt, Personen oder Pakete zum Nachteil der Post mitzunehmen. Die Ruppiner Bierproduk­ tion hatte seit Anfang des Jahrhunderts eine starke Zunahme er­ fahren. Nach 1735 setzte ein Rückgang ein. Der umfangreiche Bierexport betrug in runden Zahlen 1736/37: 22 100, 1737;:rn: 20 500, 1738/39: 19 900, 1746/47: 20 200, 1 71.s/4B: 17 400, 1 7S 1/52: 22 800 Tonnen. 36 Bierwa­ gen gingen »in 14 Tagen 3mal« nach Berlin »Jahraus und Jahr­ em«. Die Belieferung der Landkrüge betrug 1 749/50 bis 175 1/52 jährlich 4 500 Tonnen. Die Bierlieferungen der einzelnen Brauer nach Berlin usw. schwankten nach einem sechsjährigen Durch­ schnitt damals zwischen 2 62 und 2 3 16 Tonnen jährlich. Bürger­ meister Litzmann lieferte 1 106, der Ratsherr Valentin Rose 2 3 16 Tonnen. Sehr verschieden war der Bedarf der Landkrüge. l•:s benötigten 1749/50 Bechlin 7 1, Manker 135, Nietwehr (Niet­ werder) 22, Radensleben 57, Wustrau 122, Wuthenow 25, Wild­ berg 387, Zernitz 3:37 Tonnen usw. Auf Grund der Klagen über den zunehmenden Hückgang ließ König Friedrich wiederholt Un­ tersuchungen über die Gründe des Verfalls anstellen. Nach einer Aufstellung von l 756 besaßen !l l Bürger noch das Braurecht, von diesen brauten 25 nur noch für den Ausschank im Hause, 28 hatten den Betrieb ganz eingestellt Man erblickte die Ursache des Rückganges vornehmlich in dem Fehlen einer Brauordnung und mangelnder Verteilung des Absatzgebietes, wobei die kleineren Brauer benachteiligt und aus­ geschaltet worden waren. Man beschloß die Errichtung einer Brauergilde und einer Brau-lnnungsordnung. 175 1 wurde ein Braureglement ausgearbeitet und die Brau-ln­ nungsordnung 1753 vollzogen. Auf die Beschwerden des Magi133

strats und aus Brauerkrei sen hob der König das Reglement durch Kabinettsorder vom 2. Juni 1 7 5 6 wieder auf. Er gab darin der Ansicht Ausdruck, daß sich die Braunahrung nicht durch Regle­ ments genieren lasse, man beschränke dadurch die Konsumenten in der Freiheit des Einkaufes, und die Brauer würden die Güte des Bieres vernachlässigen nach Aufhebung freier Konkurrenz. Der reichere Brauer sei imstande, ein besseres Bier herzustellen als der kleine. 1 7 6 7 erneuerten eine Anzahl Brauer die Bitte um Einführung des Reglements ; da aber die Meinungen in der Stadt auseinandergingen, verblieb es bei dem vorigen Zustande. Die Zahl der Brauereibetriebe ging dann schnell zurück. Ge­ gen Ende des Jahrhunderts waren es nur noch 1 4. Die Ursachen des auffallend starken Rückganges, den die folgende Steuerta­ belle anzeigt, waren mehrere. Einmal die Konkurrenz anderer Getränke : des französischen Wein s, des Branntweins und des Kaffees. 1 7 9 6 wurden 57 Branntweinbrenner in der Stadt ge­ zählt. Man hatte der Getränkekonkurrenz durch Hebung der Bierqualität und Besteuerung des Weines entgegenzuwirken ver­ sucht, » daß der arme und gemeine, auch halbarme Mann solchen nicht trinken kann, sondern absolut Bier trin ken muß « . Sodann aber stieg gerade im 1 8. Jahrhu ndert die Biererzeugung in Berlin ganz beträchtlich, so daß sich schon daraus der Rückgang des Ex­ ports dorthin erklärt Es muß aber auch die frühere Vorliebe für das Ruppiner Bier, als Qualitätsbier, und damit die Nachfrage aufgehört haben, was dem einheimischen Berliner Gebräu z ugute kam. Nach einem Bericht von Bratring um 1 804 lag es an der Qualität : »Jetzt gehört das Bier (das Huppiner) zu den schlechte­ sten Getränken, die in unsern Provinzial städten gebraut werden. I ch konnte es wenigstens nicht genießen . « Besser schmeckte ihm erst seit kurzem gebrautes Weißbier. Die Entwicklung des Neuruppiner Brauwesen s zeigen am be­ sten die Zah len der vom B ürgerbrauen erhobenen jährlichen Steuer, des Neuen Biergeldes - einer Malzschrottsteuer -, die ein i nteressantes Bild ergeben :

l :l4

1 550 : 4 068 Gulden ( = 1 5 7 2 : :1 2 1 8 Tlr. 1 ) 1 59 0 : 1 6 1 7 Tlr. 1 5!M : 2 44 7 Tlr. 1 59 9 : 1 !J90 Tlr. 1 60 1 : :M7 2 Tlr. 1 60 5 : :1 21\0 Tlr. 1 6 1 0 : 2 1\09 Tlr. 1 62 1 : :1 2 2 2 Tlr. 1 6:lO : 1 9:16 Tlr. 1 6:15 : 2 207 Tlr. 1 61\0 : 2:M Tlr. 2 ) 1 61\ 5 : 112 1 Tlr. 3 ) 1 650 : 1 2011 Tlr.

C.

:rnoo Tlr.)

1 !i5 5 : 1 füi5 Tlr. 1 660 : 1 !i54 Tlr. 1 6 7 0 : 1 70!\ Tlr. 1 69 0 : 1 669 Tlr. 1 ) 1 69 5 : 1 7 5 7 Tlr. 1 7 00 : 1 Mi Tlr. 1 705 : !\ II 1 6 Tlr. 1 7 1 0 : !\ 0 7 2 Tlr. 1 7 1 5 : 2 7 00 Tlr. 1 7 2 0 : 2 5!i8 Tlr. 1 7 2 5 : :l 9 7 0 Tlr. 1 7 :lü : !\ !J!\ 2 Tlr. 1 73 5 : 5 1\ 9 11 Tlr.

1 7 1\5 : 1 7 50 : 1 75 5 : 1 760: 1 765: 1 770: 1 775: 1 7 110 : 1 7 11 5 : 1 79 1 : 1 795: l ll O O : 1 1105 :

3 93 7 Tlr. 3 895 Tlr. :r n27 Tlr. 2 09!i Tlr. 2 ß0 2 Tlr. 2 7 0 7 Tlr. 1 6110 Tlr. 1 553 Tlr. 1 1 58 Tlr. 1 05(i Tlr. 65 1 Tlr. 7 :M Tlr. !\.!\II Tlr.

1 ) Von einem Wispel (= 1 Gebräu) 3 Tlr. 2 ) Von 1 592 bis 1 MO wurden bezahlt je 3 Tlr. 1 2 Gr. von einem Gebräu zu :l6 Scheffel. :\) 1 61\3- 1 6 7 0 sind 7 Tlr-. für ein Gebräu berechnet. '1 ) Von 1 6!)() ab i st ein Gebräu von 2 W ispel 1 6 Scheffel mit :1 Tlr. 1 2 Cr. S1euer belegt. Die Steuermi nderung ist hier also bei den Zahlen in Anschlag zu bringen.

Der dritte Haupterwerbszweig waren die Tuchmacherei und der Tuchhandel. Wir müssen hier etwas weiter zurückgreifen. Dieses Gewerbe hatte durch den 30jährigcn Krieg wohl am meisten ge­ litten und konnte sich nur sehr allmählich erholen. Seit dem 14. Jahrhundert besaß ein Teil der Tuchmacher auch das Hecht, die selbsigefertigten Waren in der Stadt und auf den Jahrmärkten innerhalb des Landes Ruppin auszuschneiden. Die Wolle war nach dem Kriege so im Preise gestiegen, daß der Verkauf der Fertigwaren, wie die Tuchmacher 1673 klagten, kaum den Fuhr­ lohn und sonstige Unkosten deckte. Auf ihre Bitte erteilte ihnen der Kurfürst 167:3 das Privileg, gleich wie die Berliner Tuchma­ cher und wie die Gewandschncider auch mit fremden Tüchern zu handeln. Da um diese Zeit die Neuruppiner Gewandschnei­ dergildc ganz einging, lag der gesamte Tuchhandel nun in den Händen der Tuchmacher. Dieses Privileg bestätigten die späteren Gildebricfe, zuletzt der von 17 13, und es wurde darin noch den Krämern ausdrücklich der Ausschnitt einheimischer und fremder Tuche untersagt.

Da gelang es drei Neuruppiner Kaufleuten, Johann Schnacken­ burg, Valentin und Johann Rose (sie hatten auch große Braue­ reibetriebe), am 23. August 1727 die Wiederaufrichtung der »Schöngewandschneiderinnung« für sich zu erlangen und damit den Tuchmachern empfindliche Konkurrenz zu machen. Nach dem neuen Innungsstatut der Gewandschneider besaßen die Ge­ wandschneider nebst den mit dem Gewandschnitt privilegierten Tuchmachern nach altem Brauch den Vorstand auf den Jahr­ märkten, über die Reihenfolge entschied das Los. Eine weitere Beschneidung der Rechte der Tuchmacher brachte dann das im Zusammenhange mit den allgemeinen Reformen ihnen erteilte neue Gewerbestatut, welches ihren Handel wieder auf einheimi­ sche Tuche, Fries, Boy und Flanell, beschränkte. Die Neurup­ piner Tuchmacher haben sich auf das energischste gegen die Konkurrenz der Kaufleute und gegen die Beschränkung ihrer Privilegien gewehrt, suppliziert und prozessiert, jedoch ohne Er­ folg. 1740 waren 133 Meister vorhanden (etwa ein Zehntel aller in der Kurmark außer Berlin und Frankfurt arbeitenden Meister), davon arbeiteten 53 nur als Gesellen, weil sie selbst nicht im­ stande waren, die Rohstoffe einzukaufen. Das Übergewicht der Kapitalkräftigen machte sich fortschreitend geltend. Der frühere Absatz nach dem Auslande, besonders nach Dänemark und Schweden, hatte infolge der dortigen E infuhrverbote ganz aufge­ hört. Die Kaufleute führten nur noch Tuche (Etamine, Camelotte, Rasch, Serge) nach Mecklenburg aus. Den Ersatz für den Wegfall der Ausfuhr bildete die Beliefe­ rung der Armee. Den Neuruppiner Tuchmachern waren außer dem Ruppiner Regiment noch zwei weitere Regimenter und ein Bataillon zugewiesen. Sie baten jetzt um noch einige Regimenter. Sie klagten darüber, daß das Lagerhaus in Berlin die beste Wolle im Lande aufkaufe, der Tuchmacher müsse selbst in den Höfen herumlaufen, um Wolle zu teurem Preise zu erhalten, die Fabri­ kation erziele bei den niedrigen Taxpreisen für die Fertigwaren keinen Gewinn. Die Innung besaß zwei Walkmühlen zu Zippels­ förde und zu Wustrau, wofür sie 130 Tlr. Pacht bezahlte. (Die alte Walkmühle beim Bechliner Tore bestand nicht mehr.) Vor136

handen waren sechs Tuchscherer und drei Schönfärber. König Friedrich überwies den Neuruppiner Tuchmachern noch weitere Truppenteile. 1749 versorgten sie 13 Bataillone. Damals wurden 11 1 Tuchmacher gezählt. Trotzdem wurde über die schlechte Lage des Handwerks geklagt. König Friedrich ordnete 17119, nachdem er sich selbst von den ungünstigen Verhältnissen überzeugt hatte, die Bestallung eines Fabrikeninspektors für Neuruppin an, um durch strenge Aufsicht die Interessen der Tuchmacher gegenüber den Lieferanten zu schützen. Ferner wurde ein Wollmagazin eingerichtet, das den ar­ men Tuchmachern die Hohmaterialien lieferte. Die Zahl der Tuchmachermeister vermehrte sich bis gegen Ende des Jahrhunderts auf nahezu 200. 1796 wird eine Produk­ tion von 9 983 Stück Tüchern auf 146 Stühlen angegeben. Ge­ zählt wurden in diesem Jahr 159 Tuchmachermeister, 52 Gesel­ len, ;i o Lehrlinge, dazu noch 10 Tuchscherer, ;rn Wollspinner. 180 l waren 180 Tuchmacher und 176 Stühle vorhanden. Tuch­ macherei und I Ialbwollenarbeit beschäftigten im gleichen Jahre im ganzen 858 Personen. Die jährliche Produktion belief sich auf 141 755 Rtlr. Die Preise für Militärstoffe waren jedoch so bemes­ sen, daß kleineren I landwcrkern, auch soweit sie selbständig arbei­ teten, kaum ein Verdienst blieb. Die Tuchmacher, welche zu größe­ rem Wohlstande gelangten, verdankten dies der Übernahme von Lieferungen und Handelsgeschäften. Nach den Gildeprotokollen lieferte die Neuruppiner Tuchmacherinnung 1810 rund 10 000 El­ len Militärtuche, 18 15 wurden 2:l O00 Ellen gefordert; und dieser Bedarf steigerte sich in der Folgezeit. Erwähnt sei hier, daß die bekannten Brüder Struensee, von de­ nen der eine zum allmächtigen Minister in Dänemark emporstieg und nach seinem Sturz auf dem Schafott endete, der andere preu­ ßischer \ilinister wurde, aus Neuruppiner Tuchmacherfamilien stammten, desgleichen die Frau des Neuruppiner Superintenden­ ten Johann Christoph Schinkel ( 1736- 1787), die Mutter des be­ rühmten Architekten. Schinkels Urgroßvater Barthold war in Wittstock Tuchmacher. Die Struensee (Herkunft aus Strubensee) werden schon im 15. Jahrhundert erwähnt. 137

Die Schneider und Gamweber klagten 1 7 40 darüber, daß die 1 7 35 eingerichteten selbständigen Altruppiner Innungen die Landmeister an sich zögen, die Zimmerleute über die Konkur­ renz der Landmeister. Den Buchbindern tat es Eintrag, daß Krä­ mer und Nadler mit Katechismen, Fibeln und Kalendern handel­ ten, daß die Prediger gebundene Bücher aus Halle und Berlin bezogen und daß die auf dem Lande hausierenden Juden alte Bücher einbanden. So hatte ein j eder seine Klagen. Die Schuhmacher hatten Man­ gel an Eichenborke. Die Pantoffelmacher beschwerten sich, daß die Landleute noch zahlreich hölzerne Pantinen trugen ( das war zugunsten der anderen Schuhbekleidungsfabrikanten verboten worden). Die unterste Schicht der Stadtbevölkerung bildeten die Tage­ löhner ( 1 7 9 6 : 2 2 0). Die Wochenmärkte fanden mittwochs und sonnabends statt, die Jahrmärkte : Johannis, Mariae H eimsuchung ( 2. Juli) und Mi­ chaelis. Zu letzteren kamen die Kaufleute au s Wusterhausen, Lindow und Gransee, sowie Juden aus Nauen, Rathenow, Frie­ sack, Fehrbellin, Oranienburg u sw., Kaufleute von au ßerhalb des Kreises aber nichi. Viehmärkte wurden nach Ostern (seit 1 698) und zu Martini (seit 1 65 5 ) abgehalten. Der älteste am Freitag vor Michaeli s war anscheinend abgestellt. Das Standgeld bei den Jahrmärkten be­ trug 2-3 Groschen. Man klagte über den hohen Zoll für mecklenburgische B utter, es sei daher gute Butter in der Stadt nicht mehr zu haben. Die Entwicklung der Stadt kam nicht vorwärts, die alten, einst gewinnbringenden Nahrungszweige gingen z urück, und aus eige­ nem Antrieb versuchte man nichts Neues. Der König war aus An­ laß eines Besuches in Neuruppin 1 7 49 sehr ungehalten über die vorgefundenen Zustände. Er hatte sieben Häuser » durch Lieder­ lichkeit der Besitzer ledig « gefunden. » Verschiedene Bürger« heißt es in einer Kabinettsorder - » sind daselbst von so übler und schlechter Conduite, daß, wenn sie das Ihrige durchgebracht ha­ ben, selbige sodann in dortige Kasernen (vgl. S. 1 2 8) ziehen, dar1 38

innen aber wieder auf das Leichtfertigste wirtschaften und Fen­ ster, Türen, auch wohl gar die Sparren und Balken vom Hause ausschneiden und verkaufen.« Wie lange die 1691, von Mahler begründete und von Acker­ mann fortgeführte Buchdruckerei bestanden hat, ist nicht be­ kannt. 1725 druckte Wendelin Müller in Neuruppin eine Kyritzer Schulschrift des Hektors Johann Buchholz. Mir liegt eine feierli­ che lateinische Einladung des Rektors Hoppe von 1753 zu einer Schulfeier vor, gedruckt in Neuruppin mit Typen des Daniel ßro­ sius. 17!lü faßte der Buchbinder Joh. Bernhard Kühn, dessen Vorfahr Anfang des Jahrhunderts zugewandert war, den Plan, eine Druckerei in Verbindung mit einer Buchhandlung einzurich­ ten. Er war unternehmend und wollte Kupferstecher, Form­ schneider und Setzer aus Augsburg heranziehen. Trotz des Pro­ testes der Berliner Buchdrucker erhielt Kühn mit Hilfe des Ministers v. Voß ein Privileg. Dieses Unternehmen sollte Bestand haben. Die Zeiten, in die es hineinwuchs, waren andere als das zurückliegende Jahrhundert. 1780 wurden in Neuruppin 776 Wirte, 1 0O!J. Frauen, 720 Söhne, 781, Töchter, im ganzen 3 940 Zivilpersonen gezählt, das waren rund 500 mehr als 1740. Dazu kamen l 2 17 Militär­ personen mit 534 Frauen, 356 Söhnen und 3:35 Töchtern, zu­ sammen 2 442 Personen. 180 1 zählte die Zivilbevölkerung 4 33:3 Seelen, das Militär mit Anhang 2 603 Seelen. Gegen Ende des Jahrhunderts bestand als einziges Fabrikunternehmen eine Tabakfabrik. In den 131 Dörfern des Kreises Ruppin wohnten im Jahr 1800 auf 1 328 Feuerstellen 3 1 619 Personen. Unter den ländlichen Gewerbetreibenden wurden u. a. 11,7 Leineweber, 106 Hutma­ cher, 59 Schneider, 4 Schuster, 1 Bäcker gezählt.

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5. Ereignisse des 18. Jahrhunderts Das Äußere der Stadt erfuhr mancherlei Veränderungen. Der Rathausneubau wurde bereits erwähnt. Eine wesentliche Verän­ derung des Stadtbildes bedeutete die von König Friedrich Wil­ helm 1., wohl zur besseren Ausnutzung des Geländes und leichte­ ren Ausbreitung der Stadt, angeordnete Beseitigung der Wälle und Gräben. Das wurde auf einem Teil der Nord- und an der Südseite durchgeführt. Auf der Westseite blieben sie erfreulicher­ weise durch die Bemühung des Kronprinzen Friedrich erhalten. Die Straßenpflasterung wurde bereits erwähnt. Um die Mitte des Jahrhunderts fiel leider eine weitere Zierde : die Wahrr.eichen der alten Stadtherrlichkeit, die Tortürme. Die Türme waren baufällig geworden, der Regimentskommandeur befürchtete Unglück und verlangte den Abbruch. 1752 fiel das Bechliner Tor der Spitz­ hacke zum Opfer; 1756 folgte das Altruppiner Tor. König Fried­ rich war bemüht gewesen, der Stadt wenigstens dies Baudenkmal w erhalten. Prinz Ferdinand sprach sich gegen die Wiederher­ stellung aus. In diesem Tore befand sich der sogenannte Bernau­ ische Keller, wohl das älteste Stadtgefängnis. Das Seetor besaß niemals einen besonderen Torbau. Ein erschütterndes Ereignis war es, als am 9. September 17:12 eine 705 Seelen starke Schar Salzburger Emigranten auf ihrem Zuge nach einer neuen Heimat vor dem Bechliner Tor anlangte. Am folgenden Tage kamen abermals 500. Sie wurden hier vor dem Tore von der Schule mit einem Gesang begrüßt, den ihr Hektor Hoppe verfaßt hatte und drucken ließ. M an nahm sie lieb­ reich und feierlich auf, und der Bürger tat, was er konnte, um ihnen während der Rast eine gute Verpflegung angedeihen zu las­ sen. 1756 war der Siebenjährige Krieg um Schlesien ausgebrochen. Durch die zahlreichen Wechselfälle dieses Krieges wurde auch Neuruppin betroffen. Es waren zunächst die alten Bekannten, die Schweden, die der Stadt einen Besuch abstatteten. Am 16. Sep­ tember 1758 bezog das schwedische Korps unter dem General Graf von Hamilton ein Lager w Seebeck bei Lindow. Eine Ab140

teilung unter Generalmajor Graf Hessenstein errichtete ein Lager bei Altruppin an der Ostseite des Sees (Lagerskizze in Stock­ holm). Am 18. September waren die Schweden in Neuruppin, ihr Lager erstreckte sich hier zwischen N euruppin, Treskow, Bechlin und Kränzlin. Der Stab und :i 000 Mann lagen in der Stadt selbst. Der Kreis mußte 50 000 Taler Kontribution zahlen, wovon die Stadt Neuruppin sofort 20 000 Taler aufbrachte. Der Weiter­ marsch über Fehrbellin wurde durch preußische Truppen ver­ hindert. Am 12. Oktober erfolgte der Rückzug. Der General widersetzte sich dabei allen Plünderungsabsichten. Preußische Husaren verfolgten die Schweden. N euruppin berechnete seinen Verlust auf 40 000 Taler, Altruppin hatte 5 000, Rheinsberg 7 000 und das Amt Lindow 16 000 Taler Schaden. Im November 1760 war es einem Trupp von 6 Kosaken möglich, bis nach Neuruppin vorzudringen und die Stadt einzuschüchtern, daß sie 2 000 Taler versprach und dafür drei Geiseln stellte, die man in Gransee aus­ lösen mußte. Im übrigen blieb die Stadt verschont, wenn sie auch die Lasten des Krieges verspürte. Der Bürger war wohl bereits so an die Soldaten gewöhnt, daß man nach dem Friedensschluß ihre Hückkehr mit Freuden begrüßte. Bemerkenswert ist das in diesem Jahrhundert in Erscheinung tretende Interesse für die Lokalgeschichte. 1725 erschien in Ber­ lin die »Historische Nachricht von den Grafen von Lindow und Huppin« . . . von Martin Dieterich, der von 1705 bis 1708 als Konrektor an der l\euruppiner Stadt.schule lehrte. 1 m Anhang dazu gab er Nachrichten von den Geistlichen und Gelehrten Neuruppins. Nicht minder wertvoll waren die geschichtlichen Ar­ beiten eines späteren N achfolgers an der Huppiner Schule, Diet­ rich Hoppe, seit 1720 Konrektor, ab 1729 bis 1763 als Rektor Leiter der Schule. Hoppe war ein tüchtiger und vielseitiger Ge­ lehrter. Von seinen lokalgcschichtlichen Arbeiten, die leider zum größten Teil verloren gingen, ist besonders eine Genealogie der bedeutenden r\euruppiner Bürgerfamilien hervorzuheben (De clarissimis civitatis Neoruppinensis familiis). Die Familie Witte wurde darin auf 57 Quartbläitern behandelt. Besondere Verdienste um die Stadtgeschichte erwarb sich

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dann der Physikus des Ruppiner Kreises Dr. med. Bernhard Feldmann dadurch, daß er mit großem FleiB und ebenso großer Sorgfalt Archivalien des städti schen Archivs, die später dem Brande zum Opfer fielen, kopierte und dadurch der Nachwelt er­ halten hat. Die Stadtschule war durch den Krieg derart zurückgegangen, daß sich die Lehrer in kümmerlichster Lage befanden. Auf An­ trag des Magistrats regte die kurmärkische Kammer an, den Schulbedienten insgesamt eine Zulage von 3 0 0 Talern au s der Kämmerei zu bewilligen. Das Generaldirektorium gab den An­ trag am 2 7 . Oktober 1 7 64 an den König, der sich einverstanden erklärte mit dem Vermerk : » Guht es müssen aber auch tüchtige Schul Regenten angeschafet werden F. « Von den 3 0 0 Talern erhielten n un Rektor und Konrektor je 60, Tertius und Quartus je 50, der Kantor 40, der Organist 30 Taler, zu sammen 2 9 0 Taler. Die restlichen 1 0 Taler wurden wm Ankauf von B üchern für die Schüler »zur Aufmunterung bei dem jährl ichen Examen « bestimmt. Die wichtigsten Ereigni sse für die Stadt im 1 8. Jahrhundert waren der Aufenthalt des Kronprinzen Friedrich und der große Brand von 1 7 8 7 . Beides ist noch heute in der Erinnerung leben­ dig.

Kronprin11 Friedrich Am 2 6 . Februar 1 7 :3 2 verließ Kronpri n11 Friedrich Küstrin, wo schreckliche Erlebnisse und ernste Arbeit ihn hatten reifen las­ sen. Schon am 2 7 . N ovember 1 7 3 1 hatte ihm der König das In­ fanterieregiment von der Goliz versprochen, am 2 9 . Februar l 7 :J 2 erhielt er das Patent al s Oberst. Am 1 0. März wurde er mit Elisabeth Christine von Braunschweig verlobt. Das Regiment von der Goltz war aus der Prignitz nach Nauen zusammengezogen worden, wo der Kronprinz Ende April das Kommando ü bernahm. Um diese Zeit stattete er wohl zuerst N euruppin einen flüchtigen Besuch ab, wohin ein Bataillon ver­ legt werden und er künftig Wohnung nehmen sollte. lm Juni war 1 42

das Regiment zu emer Besichtigung in Berlin, von wo es am 2 3 . Juni nach Nauen zurückkehrte. M it dem ersten Bataillon sollte der Kronprinz jetzt nach N euruppin übersiedeln. In der N acht vom 2 7 . zum 28. Juni fand der Ausmarsch aus Nauen statt, am 2 8. Juni 1 7 3 2 betrat Kronprinz Friedrich an der Spitze seiner Truppe N euruppin, feierlich und festlich begrüßt von der gesamten Bürgerschaft. Eine königliche Order hatte dafür gesorgt, daß zuvor der Kot aus der Stadt geschafft und der Abputz der Häuser vorgenommen wurde. Auch den Militärgalgen auf dem N euen Markt, wo man die Deserteure zu hängen pflegte, hatte man aus der Stadt entfernt. Als Quartier war ihm zugewiesen das Litzmannsche Haus in der » Baustraße « zwi schen h eutiger Rosen­ und Prinzenstraße, wo vorher der Oberst von Wreech gewohnt hatte. Mit Eifer widmete sich Friedrich den Regimentsgeschäften und im besonderen dem Exerzieren. Am 2 3 . Oktober 1 7 3 2 schreibt er : » Gott weiß, daß i c h jetzt s o eingezogen lebe, wie nur irgend möglich. Ich widme mich dem Regiment ; viel Exerzieren ! Die wirtschaftlichen Aufgaben, die mir der König gestellt hat, ge­ ben mir auch zu tun, dann kommt die E ssenszeit, dann die Pa­ role ; darauf fahre ich entweder auf irgendein Dorf, oder ich un­ terhalte mich mit Lesen oder Musizieren. Um sieben U hr komme ich mit den Offizieren zusammen, da spielen wir Karten. Um 8 Uhr esse ich, um neun ziehe ich mich zurück, und so vergeht ein Tag wie der andere . . . Mein Vergnügen besteht darin, eine Fahrt auf dem See zu machen oder in meinem Garten vor der Stadt Schwärmer oder Raketen steigen zu lassen . « I n einem Brief an die Schwester Wilhelmine heißt es : » Uns Kleinstädtern ge­ bührt es nicht, so lange bei Tisch zu sitzen wie in Berlin. Statt der gelehrten Reden speisen wir uns hier mit Torheiten ab, denn sonst wird man in dieser Gesellschaft schwermütig. « Mit den jungen Offizieren verlebte der Kronprinz lu stige und ausgelassene Stunden, manch toller Jugendstreich wurde ver­ ü bt. Die Frauen spielten, wie im Leben eines jeden jungen Offi­ ziers, eine Rolle. Eine Äußerung Friedrichs aus dieser Zeit lautet etwas zynisch : » I ch liebe das schöne Geschlecht, aber meine 1 43

Liebe ist sehr flatterhaft, ich bin für den Genuß, nachher ver­ achte ich sie. « Der Zwang, der ihm bei der Heirat angetan wer­ den sollte, trug wohl zu dieser Auffassung bei. Er liebte Gesellig­ keit und U nterhaltung. Die Post aus Hamburg, die zweimal wöchentlich damals nach Neuruppin kam, brachte Hamburger Kapaunen, Steinbutten und englische Austern, wozu dann immer drei bis vier Freunde eingeladen wurden. Mehr Gäste, » mit so kostbarem Futter zu sättigen « , dazu reichten, meinte Friedrich, seine M ittel nicht aus. Manch vornehmer Hesuch kam jetzt nach Neuruppin. Bälle und Maskeraden wurden an besonderen Tagen und zur Unter­ haltung von Gästen veranstaltet. Daneben pflegte der Kronprinz auch edlere Kunst. Er musizierte viel und komponierte. Der Gei­ ger Joh. Gottlieb Graun und der Sänger Karl Heinrich Graun be­ fanden sich in seinem Dienst in N euruppin. Zu dem engeren Krei se des Kron pri nzen gehörten sein Stallmeister, der Freiherr Dietrich von Keyserlingk gen. Cäsarion, der Kammerjunker von Hohwedell, der Major de Hege, der Page Karl Siegmund von Knobel sdorff, welcher feine Hi störchen und galante Lügen erzäh­ len konnte, die Leutnants von Hudden brock und von der Grö­ ben. Die kronprinzliche l I ofhaltung zog gelegentlich auch Komö­ dianten an, aber Friedrich erzählte nur mit Spott und ! lohn von solch einem mißglückten Versuch. Von Zeit zu Zeit wurde dem Waidwerk gehuldigt, für das je­ doch der Kronprinz nicht die Leidenschaft seines Vaters hatte. Der Kronprinz schoß Hirsche u nd Schweine, konnte er doch da­ mit ohne Kosten seine Tafel bereichern und einflußreichen Per­ sonen in Berlin auf billige Weise Präsente machen, welche die H.uppiner Bierwagen beförderten. Der Vorliebe der Zeit für ländliche Idylle entsprechend legte auch Friedrich sich ein solches Gartenidyl l in dem alten Wallge­ lände außerhalb der Mauer an. Er war empfängl ich für die Schönheiten der Natu r ; daß ihm die Erhaltung der schönen Wall­ pariien z u verdanken i st, wurde schon erwähnt. Der Garten in der » l ieblichen Wildnis « , den er nach einem altrömischen Vor] !] !].

bilde seine »Amalthea« nannte, wurde sein Lieblingsaufenthalt zur Sommerzeit. Er konnte ihn durch ein besonderes Mauer­ pförtchen über den Wall erreichen. Hier pflanzte er Bäume und schuf Anlagen im Geschmack der Zeit. In einem Treibhaus wur­ den südliche Früchte gezogen, Weinreben und Melonen. Die l lauptzierde des Gartens wurde ein Lusthäuschen, das Friedrich 1735 durch den Architekten Georg Wenceslaus von Knobelsdorff in Gestalt eines Tempels erbauen ließ, nach dem der Garten heute »Tempelgarten« genannt ist. Der Bau ist noch heute eine Zierde und Sehenswürdigkeit Neuruppins, wenn er schon in späterer Zeit sehr erhebliche Entstellung erfahren hat. Es war ein aus leichtem Material errichteter, freistehender, offe­ ner Tempel, dessen von acht dorischen Säulen getragene flache Kuppel eine Apollofigur krönte. Dieser Tempel war 179 1 baufäl­ lig, und es ist dem damaligen Minister von Voß zu danken, daß seine Erhaltung angeordnet wurde. Leider wurde diese in völlig falscher Weise zum höchsten Befremden des Ministers ausge­ führt. Der Oberst von Tschammer, welcher diesen Platz zu sei­ nem Garten gezogen hatte, machte in seinem Privatinteresse ein mit Wänden abgeschlossenes Gartenhaus daraus und baute einen Keller mit Küche darunter, so daß von Voß den alten Tempel nicht mehr wiederzuerkennen vermochte. Die Kuppel mußte er­ neuert werden, die Säulen waren ausgewittert, der verfaulte Apollo wurde durch einen »Tannenapfel« ersetzt. Der einstige Charakter des Baues war völlig verändert. * An diesen stimmungsvollen, einsamen Ort zog sich Friedrich mit Vorliebe zurück, um hier unter dem Schutze des Gottes Apollo zu lesen und zu dichten, die Flöte zu blasen und zu kom­ ponieren, und in diesem Tempel wurde im Freundeskreise die Lieblingsschwester Wilhelmine gefeiert. Mit Aufmerksamkeit verfolgte man in Berlin und von ander­ wärts das Leben und Treiben des preußischen Thronfolgers. Neuruppin war mit einem Schlage zu einem bedeutsamen Orte

*) Siehe Beigabe S. 2 1 2

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geworden, und der Hürger sah sich dem Hofleben und den Welt­ geschehnissen nähergerückt. Im Juni 1733 fand die Vermählung des Kronprinzen statt, aber der Kronprinz kehrte ohne die junge Gattin nach Neuruppin zu­ rück, von wo ihn in den nächsten Jahren kriegerische und andere Aufgaben längere Zeit fortführten. Als Residenz für das Kronprinzenpaar hatte der König Schloß Rheinsberg angekauft, das im modernen Geschmack umgebaut und ausgestattet wurde. Im Herbst 17:36 wurde Rheinsberg vom Kronprinzenpaar bezogen. Friedrich hat selbst gesagt, daß er erst seitdem angefangen habe zu leben. Hier eröffnete sich ihm im Kreise seiner Freunde und des Hofstaats seiner Gemahlin in einem geschmackvollen Heim inmitten einer entzückenden Natur eine verfeinerte Geselligkeit, in deren Mittelpunkt schöne Frauen standen. Hier wurden neben heiteren Zerstreuungen alle edlen Künste gepflegt und ernste Studien getrieben. Die Straße von Neuruppin nach Rheinsberg erfuhr jetzt einen regen Verkehr. Während der 1Iauptexer11ierzeit weilte Friedrich häufiger und länger in Neuruppin, wo er sich dann mit Vorliebe in seinem Gar­ ten und Tempel aufhielt. So schrieb er am 22. Juni 1737: »Den 25. gehe ich nach Amalthea, meinem lieben Garten in Ruppin. Ich brenne vor Ungeduld, meinen Wein, meine Kirschen, meine Melonen wiederwsehen. « Sein Herz gehörte aber doch von jetzt ab dem geliebten Rheinsberg. Ein Interesse für die Stadt Neuruppin hat Friedrich auch als König behalten, wenn er es auch wohl nur dreimal ganz flüchtig wiedersah aus Anlaß von Besichtigungen der Garnison im Fe­ bruar 171 1 und am 8. Juli 1749, sowie da11wischen am ] 5. Juli 1746 bei der Rückreise von Rheinsberg, wo er mit der Mutter zu­ sammentraf. Er schrieb darüber dem Bruder August Wilhelm an diesem 15. Juli (in Übertragung): » Heute habe ich in Ruppin und in Nauen und an allen Orten Station gemacht, wo ich an die glücklichen Jugendtorheiten erinnert wurde. Als ich wieder durch die Schauplätze meiner lärmenden Freuden kam, hörte ich die al­ ten Bürgersleute sich ins Ohr flüstern: > Gewiß ist unser guter Kö­ nig der größte Narr in seinen Staaten. Wir kennen ihn und wis146

sen, was er taugt, unsere Fensterscheiben noch mehr. Gottlob haben wir jetzt endlich ganze Fenster, seit dieser Narr sich aufge­ macht hat, um der Königin von Ungarn die Fenster einzuwerfen. < Du kannst Dir denken, wie meine Eigenliebe duch diese schöne Lobrede gedemütigt wurde. Aber ich machte es wie die Pudel, ich habe mich geschüttelt und lief fort. Ein Prophet, sagte ich zu mir, gilt nirgends weniger als in seinem Vaterlande . . . « Als die Berliner Kammer, wohl um sich beliebt zu machen, eine Ausbesserung des Weges von Neuruppin nach Rheinsberg in Aussicht nahm, bemerkte der junge König dazu ungnädig: »Ich kenne den Weg und mus mir die Kriegskammer vohr ein grof3es Heest halten.« Für den Ausbau der Stadt schenkte Friedrich nach dem Regie­ rungsantritt :r n 000 Taler. Eine weitere Spende von 100 000 Ta­ lern zum gleichen und anderen Zwecke machte er in seinem letz­ ten Regierungsjahre, auch die Stadtschule erhielt davon eine namhafte Beihilfe. Die Erinnerungen, die Neuruppin mit Fried­ rich dem Großen verbanden, haben vermutlich stark mitgewirkt, daß der Stadt nach dem jetzt zu schildernden großen Unglück von 1787 eine so großzügige Hilfe zuteil wurde. Stadtphysikus war nach Schreiben vom Juni 1789 Dr. Rudel.

Der große Brand und der Wiederaufbau Der 26. August 1787 gehört zu den schwärzesten Tagen in der Geschichte Neuruppins. Es war ein Sonntag, von Südwesten her raste ein mächtiger Sturm über die Stadt. Alles war nach Beendi­ gung des Mittagsgottesdienstes in festtäglicher Stimmung. Da brach um ½ 2 Uhr in einer der vor dem Berliner Tor liegenden, mit Getreide gefüllten Scheunen Feuer aus, das mit Windeseile auf die Nachbarscheunen übergriff. Der Sturm führte das bren­ nende Stroh über die mit Hauch bedeckte Stadt. Das schlechte Bauwerk, die Schindeldächer der Hinterhäuser boten nur zu leicht entzündlichen Brennstoff, und in kurzer Zeit loderten an vielen Stellen die Flammen in der Stadt selbst auf, die bald einem einzigen Flammenmeer glich, aus dem wie gewaltige Fackeln die 147

brennenden Kirchtürme herausragten. Alles menschliche Bemü­ hen war gegenüber dem entfesselten Feuerorkan machtlos. Der Superintendent Schinkel, der Vater Karl Friedrichs, war gerade zum Gottesdienst in Wuthenow. Mit Entsetzen sah er von hier das furchtbare Geschick der Stadt, und kein Kahn vermochte ihn bei dem Sturm zu den bedrohten Seinen zu bringen. So lief er zu Fuß über Altruppin an den Ort des Verderbens. Hierbei zog er sich eine tödliche Krankheit zu, die ihn bald danach ( 1787) hin­ wegraffte. Am Abend lag die Stadt bis auf ganz geringe Reste in Glut und Asche. Verschont und gerettet wurden die Klosterkirche mit der nächsten Umgebung, die Umgebung des Neuen Marktes, die Häuser am Seetor und in der heutigen Leinwcberstraßc sowie ein Streifen längs der Mauer von der Rosen- bis zur Schäferstraßc. Diese Teile heben sich noch heute von der dazwischenliegenden neuen Stadt ab. Stehen blieben auch die beiden Kasernen. Ver­ nichtet wurden die herrliche Maricnkirche, die reformierte Kirche, das Rathaus mit seinen archivalischen Schätzen, 534 Häuser und 38 Scheunen. Das ��lend der obdachlosen und aller Nahrungs­ mittel beraubten Bevölkerung war grenzenlos. Erst allmählich konnte aus der Umgebung Hilfe kommen. Dann setzte aber eine allgemeine l .iebesiätigkeit ein, und es gelang bald, die schlimm­ ste Not zu lindern. Das Peruquiergewerk erbat am 1 4. 1 0. 1787 in seiner Not die I lilfc des Gewerks in Potsdam. Die märkische Sappho Anna Luisc Karschin widmete der un­ glücklichen Stadt eine Ode, der Kupferstecher Daniel Chodo­ wieeki verfertigte einen allegorischen Stich (die Stadt dargestellt durch eine auf den Brandtrümmern liegende nackte weibliche Gestalt mit der !\llauerkrone auf dem Haupt, l,;ngelmann Nr. 589). Der Text darunter lautet: »Berlins Menschenliebe kommt Ruppin in der Asche liegend zu l lülfe, die Hoffnung zeigt ihr den � (Kö­ nig), der es wieder erheben wird. Engel des Himmels freuen sich dieser Wohltaten, den abgebrannten Ruppinern gewidmet von D. Chodowieeki.« Der Wiederaufbau des Zerstörten wurde schnellstens betrie­ ben. Die preußische Regierung hat sich dieser Aufgabe sofort in

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großzügiger Weise unterzogen. Die Art und Weise, in welcher Friedrich Wilhelm II. den Wiederaufbau Neuruppins aus öffentli­ chen Mitteln vornehmen ließ, verdient uneingeschränkte Aner­ kennung. Die Stadt sah mit Recht in diesem König, der neben menschlichen Schwächen ausgezeichnete Eigenschaften besaß, ihren zweiten Gründer. Der Schaden wurde auf 596 227 Taler geschätzt, die meisten Häuser waren ja von sehr geringem Werte gewesen. Die Feuer­ kasse zahlte 221 7 18 Taler. Eine Kirchenkollekte für die Abge­ brannten erbrachte rund 60 000 Taler. Der Staat wandte nach und nach über eine Million Taler auf. Unter der Aufsicht des Kammerpräsidenten und Staatsministers v. Voß wurde eine Reta­ blissementskommission in Neuruppin eingesetzt, zu der außer dem Steuerrat von Lindenau, Vertretern des Magistrates und einem Offizier der Bauleiter Bauinspektor Brasch und der Geh. Oberbaurat Berson gehörten. Von Brasch rührt ein Plan der Stadt her, den er bald nach dem Brande zeichnete und der den abge­ brannten Teil kennzeichnet. 550 Jahre hatte der Raum von etwa 1 80 Morgen, den der Gründer der Stadt zugewiesen hatte, ausge­ reicht. Aber die Straßen waren doch recht schmal, der einzige größere Platz der Neue Markt gewesen. Man beschloß jetzt, die Stadt nach Treskow zu um etwa 80 Morgen zu erweitern, breite Straßen und größere Plätze zu schaffen. Der Plan dazu ist wieder von Brasch entworfen. Er sah an Stelle der früheren in geringem Abstand vom Bechliner nach dem Altruppiner Tor parallel lau­ fenden zwei Straßen (Steinweg und Baustraße) eine breite Haupt­ straße, die Friedrich-Wilhelm-Straße, vor, die rechtwinklig von den Querstraßen geschnitten wurde. Drei große Plätze wurden ausgespart : 1 . um die Pfarrkirche und das ihr gegenüberliegende Rathaus, 2. um das Schulgebäude, 3. in dem neuen Teil der Kö­ nigsplatz als Paradeplatz, dessen Mitte die reformierte Kirche ein­ nehmen sollte, deren Bau jedoch nicht zustande kam. Ferner wurden da, wo vorher nur enge Verbindungsgäßchen waren, zwei breite Parallelstraßen zur Hauptstraße: die Ludwig- und die Fried­ richstraßc, gezogen. Der im 1 6. Jahrhundert zugeschüttete Klapp­ graben wurde als Kanal von Hrasch wieder einbezogen und sein

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Lauf, der früher die Häuserblocks in der Mitte schnitt, in die Schinkelstraße verlegt und an beiden Kasernen vorbeigeführt. Brasch hat mit diesem im wesentlichen au sgeführten Plan ein Stadtbild von außerordentlicher Klarheit und Feinheit geschaffen. Es wäre wohl möglich gewesen, die prächtige Marienkirche, deren Außenmauern stehen geblieben waren, wiederherzustellen. Sie paßte aber mit ihrer schrägen Lage nicht in den gleichmäßig angelegten Bauplan, und so ist sie diesem leider geopfert worden. Sie wurde abgebrochen und das Steinmaterial zum großen Teile zum Bau des Kanals verwendet. Alle Wohngebäude wurden massiv hergestellt bis zu zwei Stockwerken aus Staatsmitteln. W eitere Wünsche sowie die Er­ richtung der Nebengebäude blieben Sache der Besitzer, denen dafür die Feuerkassengelder zuflossen. Die Scheunen vor dem Bechliner Tor, deren Platz jetzt zur Stadt gezogen wurde, wurden an den See verlegt. Schließlich erhielt die Stadt in dem neuen, so­ gleich mit Mauer umgebenen Viertel im Zuge der Präsidenten­ straße zwei neue Tore : Das Tempel- und das Scheunentor. Das Berliner oder Bechliner Tor wurde hinausgerückt und erhielt den Namen » Königstor« . Zwei Straßen wurden zu Ehren der Reta­ blissementskommission benannt : die » Kommissionsstraße« und die » Präsidentenstraße « nach dem Präsidenten von Voß. Aus An­ laß des Wiederaufbaues wurden die Mesche und andere Lände­ reien vor dem Altruppiner Tor unter die Bürger verteilt. Im Frühjahr 1 7 88 begann der Bau, zunächst der neuen Stadt­ mauer, außerdem wurden 7 1 Häuser in diesem Jahre errichtet. 1 7 89 folgten 90 weitere Privathäuser und eine Anzahl öffentliche Gebäude ; der König kam selbst im August, um den Fortgang zu besichtigen. Das Gymnasium wurde 1 7 9 0 erbaut. Es erhielt die Inschrift : » civibus aevi futuri « (den Bürgern der kommenden Zeit). Die Einweihung fand am 24. N ovember 1 7 9 1 in Gegenwart des Mini­ sters von Voß statt. Durch Kabinettsorder vom 1 6 . l. 1 7 9 2 ver­ lieh der König auf Antrag der Lehrer der Schule den Namen : » Friedrich-Wilhelms-Schule « . Infolge der politi schen Lage und des Geldmangel s verlang1 50

samte sich das Fortschreiten der Bauten. Bis 1 7 9 3 waren etwa 340 Häuser fertiggestellt. Die im klassizistischen Stile erbauten Gebäude jener Zeit sind leicht erkenntlich. Es befinden sich dar­ unter recht stattliche Privathäuser, wie das Haus Ludwigstraße 1 3 oder Friedrichstraße 2 2 . 1 7 9 7 erbauten die märkischen Stände für 3 7 0 0 0 Taler i n dem neuen Stadtteil in der Schifferstraße ein Landirrenhaus zur Un­ terbringung von etwa 1 00 Irren. Es wurde am 1 . Februar 1 80 1 eröffnet* und 1 86 5 nach Eberswalde verlegt. Der Neubau des Rathauses begann erst 1 80 0 nach einem Plan des Oberbaurats Berson, ungefähr an der gleichen Stelle, wo das alte gelegen hatte. Er wurde 1 804 beendet. Es war ein stattlicher Bau mit hufeisenförmigem Grundriß. Der Vorderbau bestand in einem dreistöckigen Mittelbau, an den sich zu beiden Seiten nie­ dere Flügel anlehnten, die sich in je fünf hohen Rustikaarkaden nach der Straße zu öffneten. Auf der linken Seite befand sich die von der Garnison bezogene Wache, auf der rechten lagen die Brotscharren, dahinter im Hofflügel die Fleischscharren und die Ratswaage. Im Mittelbau lagen der Ratskeller sowie das Akzise­ zimmer, die Rats- und Gerichtsräume. Dieses Gebäude wurde 50 Jahre später ausschließlich dem Gericht überlassen. An seiner Stelle errichtete die Justizverwaltung nach der Neuordnung der Gerichtsverfassung 1 880 das heute vorhandene, breitere Landge­ richtsgebäude. Für das Exerzieren der Rekruten, das früher auch im Rathaus vorgenommen wurde, war ein besonderes » Exerzier­ Haus« errichtet worden. Ebenfalls nach dem Plan des Baurates Berson wurde die jet­ zige Pfarrkirche 1 80 1 - 1 804 erbaut, ein rechteckiger Putzbau mit einem Kuppelbau in der Mitte der Vorderseite. Der recht nüchterne Innenraum ist mit einer hölzernen Tonne überdeckt.

*) Reglement für die zu Neuruppin angelegte Kurmärkische Irrenanstalt Ber­ lin, 1 6. 4. 1 80 2 . 2 0 S. folio, gedr. G. Decker, gez. Friedrich Wil helm. Kosmann, Denkwürdigkeiten und Tagesgeschichte der Preußischen Staaten, Dezember 1 80 1 . Laschenshof im SO der Stadt, nahe am See.

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Die in die Höhe gezogene Kuppel trägt eine große viereckige La­ terne. Die Einweihung erfolgte am 23. März 1806. Damit war das Werk des Wiederaufbaues vollendet. Die Stadt haue die schön­ sten Bauwerke verloren, den Reiz ihres altertümlichen Charak­ ters eingebüßt, aber sie hatte dafür gesunde Häuser, Licht, Luft und Heinlichkeit eingetauscht. Unersetzlich war der Verlust des Stadtarchivs. Wenn wir trotz­ dem heute noch soviel von der Vergangenheit der Stadt wissen, so verdanken wir dies, wie bereits erwähnt, dem Neuruppiner Arä und Magistratsmitgliede Dr. Bernhard Feldmann und einem besonderen Glücksfall. Feldmann hatte auf etwa 1 200 mit klein­ ster Schrift beschriebenen Blättern die wichtigsten Urkunden und Handschriften des Stadtarchivs und Kirchenarchivs, auch die Kir­ chenbücher, ausgeschrieben. Dieses handschriftliche Werk be­ fand sich zur Zeit des Brandes leihweise bei Hratring in Berlin und entging so dem Verderben. Es bildet heute den kostbarsten Schai;1 des Stadtarchivs neben dem ebenfalls durch Zufall erhal­ tenen l läuserkataster von 1711. Der Wiederaufbau Neuruppins hat leider noch den Verlust eines der älteskn und mächtigsten Bauwerke des Landes nach sich ge;,:ogen. Die alte Grafenburg Aliruppin, welche den Dreißig­ jährigen Krieg überdauert und noch 1675 eine Plünderung durch die Schweden überstanden hatte, wurde damals als baufällig mit ihren Mauern, Türmen und Gebäuden als Steinbruch benutzt. Sie ist in die Neuruppiner Neubauten restlaus aufgegangen. Andererseits gab die l leranschaffung der Baumaterialien den Anlaß zum Bau einer Wasserstraße nach der Havel und Berlin. Der Ruppiner Kanal wurde in den neunziger Jahren angelegt. *

*) Hcglemcnl, wonach d i ejen igen Schiffer, welche den Huppiner Canal befah­ ren, sich z u achten haben. Berl in :l 1 . 1 0. 1 7 H 1 . !I S. folio, K urmärkischc Kammer.

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6. Zeitenwende - Städteordnung Mit der Neuanlage und dem Aufbau der Stadt hatte die Landes­ regierung eine Leistung vollbracht, deren das alie Stadtregiment von sich aus niemals fähig gewesen wäre. Wie oft hatten seit frü­ hesten Zeiten Feuersbrünste gan:,;e StadUeile eingeäschert (zu­ letzt 1699), man baute auf dem Schutte in der alten Weise not­ dürftig wieder auf (nach einer Angabe des Magistrats von 1773 hatte sich der Boden der Stadt um mehr als 6 Fuß erhöht) und mußte stets einer neuen Katastrophe gewärtig sein. Erst die Feuerordnungen griffen erzieherisch ein, aber man kam ihren Be­ stimmungen nur langsam und widerwillig nach. Jetzt war ganze Arbeit zur Abstellung der Gefahr gemacht worden. Die Stadt hatte im 18. Jahrhundert ihre alte Selbständigkeit verloren, der Magistrat war ein Glied im Staatsorganismus gewor­ den, aber er gewann als solches an Autorität ; die jahrhunderte­ langen, oft lächerlichen Zänkereien zwischen Stadtregiment und Bürgerschaft hatten aufgehört. Daß der alte Krakeclgeist der Bür­ ger noch nicht ganz ausgestorben war, das zeigte ein Vorkommnis beim Tode Friedrichs des Großen, den die Bürger entgegen dem Verbot des Magistrats mit einem tumultuarischen Aufzuge unter Herumtragen eines Sarges begingen, wobei obendrein den Magi­ stratsangehörigen die Fenster eingeworfen wurden. Das Wirtschaftsleben der alten Stadt war ganz auf sich selbst gestellt. Gewerbe und Handel innerhalb der Stadt und in ihrem Umkreis waren beherrscht von der Kirchturmspolitik der städti­ schen Zünfte, die bei der zunehmenden Verschlechterung der all­ gemeinen wirtschaftlichen Lage immer mehr in Engherzigkeit ausartete. Jetzt hatte eine zielbewußte Staatswirtschaftspolitik die Stadt in den Kreislauf der größeren Wirtschaftseinheit eingeschal­ tet, l landel und Gewerbe neue Antriebe und freiere Regelung zu geben versucht. Die Ergebnisse sind jedoch hinsichtlich des äußeren Wohlstandes für Neuruppin nur bescheiden. Die Bevöl­ kerung erfuhr zwar eine Vermehrung, aber neue gewinnbrin­ gende Industrien vermochten sich hier noch nicht :,;u entwickeln. Die Brauerei ging zurück. Die Tuchmacherei nahm zu, doch

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lebte sie fast ausschließlich vom Heeresbedarf, der nur eine sehr bescheidene Existenz der Mehrzahl ermöglichte. I mmerhin ge­ lang es einzelnen kapitalkräftigen Unternehmern, zu beachili­ chem Wohlstand damit zu gelangen. Die Stadt blieb im Haupt­ charakter eine Landstadt. Auf landwirtschaftlichem Gebiete begann in der zweiten Hälfte des 1 8. Jahrhunderts eine Umwäl­ zung durch E inführung neuer Wirtschaftsmethoden, Aufhebung der Gemeinheiten, Übergang zu intensiverer Wirtschaft. Auch der Ackerbürger mußte zu diesen Fragen Stellung nehmen. Auch auf geistigem Gebiet war ein Fortschritt bemerkbar. Die enge Verknüpfung mit dem Staatsganzen erweiterte den bürgerli­ chen Horizont. Die ständige Garnison, das Offiziersleben, die prinzliche Hofhaltung vermittelten neue Eindrücke, andere Le­ bensanschauungen und Lebensgewohnheiten. Die Stadtschule war nicht allein durch den Krieg, sondern auch durch Mängel im Unterricht nach dem Tode des Rektors Hoppe ( 1 7 63) in Verfall geraten . Ein Neuruppiner Lehrer mußte 1 7 6 7 klagen : » Wir Lehrer wohnen so beschränkt und so unge­ mächlich enge, daß uns alle Redlichen des Landes bedauern. « Er war das Verdienst des aus Perleberg gebürtigen Bürgermei­ sters Daniel Heinrich Noeldechen, daß die Schule eine grundsätz­ liche Umwandlung erfuhr. Auf sein Betreiben wurden 1 7 7 7 die kurz zuvor als Hauslehrer i n die Stadt gerufenen Freunde Philipp Julius Lieberkühn und Johann Stuve mit der Leitung der Stadt­ schule betraut, um sie » im philanthropi stischen Geiste nach den I deen Basedows « in eine »vereinigte Bürger- und Gelehrten­ schule« umzugestalten. Heide wirkten nur bis 1 7 84/85 in Neu­ ruppin. Von Lieberkühn heißt es : » Er gehörte w den Leuten mit dem I deal im Kopf und dem Vollkommenheitstrieb im Herzen, die sich hienieden bald aufreiben « , er starb kaum 34 Jahre ali 1 7 88 in Breslau als Rektor des Elisabeth-Gymnasiums. In der Stadtschule wurde durch sie das sogenannte Fachsy­ stem, das den Neigungen und Talenten der Schüler Rechnung trug, eingeführt. Die deutsche Sprache, Naturkunde und Erd­ kunde traten in den Vordergrund des Unterrichts. Der Stock als Unterrichtsmittel verschwand. Die Zahl der Lehrer stieg von 5

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auf 8, die der Schüler von 30 auf 100, wovon ein erheblicher Teil von auswärts kam. Minister von Zedlitz nannte die Neuruppiner Schule 1787 unter den Musterschulen des preußischen Staates. Von Interesse ist, daß sich hier auch um diese Zeit ein Sohn der bekannten ländlichen Dichterin Anna Luise Karschin befand, wie aus an einen Lehrer in Neuruppin gerichteten Versen hervorgeht: »Dich Lehrer des Philantropins bitt' ich, dies Brieflein mitzunehmen zum kleinsten Schulmann Neu Ruppins. Er ist mein Sohn, er mag sich schämen, daß er so lange mir nicht schrieb.« Diese Beziehung gab wohl den Anlaß, daß die Karschin dem Brande Ruppins, der auch die Schule vernichtete, eine Ode wid­ mete. Sie vermachte ihrem Sohn aus erster Ehe, Johann Christian Hiersekorn, erstem Lehrer beim Regiment Prinz Ferdinand, testa­ mentarisch 2 000 Taler, sie starb 179 1. Die zunehmende geistige Regsamkeit gab ja auch den Anlaß, daß Joh. Bernhard Kühn an die Begründung einer Buchdruckerei und Buchhandlung ging. Die Aufklärungsbewegung hatte mit manchem alten Aberglauben aufgeräumt. Die Hexenprozesse ge­ hörten der Vergangenheit an. Die Folter wurde abgeschafft. Die Ereignisse der Französischen Revolution lösten in Neurup­ pin kaum tiefere Beachtung aus, man hatte in jenen Jahren genug mit sich zu tun, und man konnte seiner Landesregierung nur dankbar sein. Die in die Kuppel der Pfarrkirche 1804 niedergelegte Schrift führte bewegliche Klage über die Schattenseiten der damaligen Zeit: den zunehmenden Unglauben, Verwirrung der sittlichen Be­ griffe, den Leichtsinn, den Hang zum Luxus, die Spiel- und Ge­ winnsucht in allen Gesellschaftsschichten und die Leere der Kir­ chen. 1804 bestand die Einwohnerzahl aus 4 783 Seelen. Vorhanden waren 766 Feuerstellen, von denen noch 370 aus Fachwerk be­ standen. Die Lebensmittelpreise befanden sich in starkem Stei­ gen und lösten Klagen aus. Der Scheffel Getreide kostete 1804 in Neuruppin: Weizen 2 bis 3 Taler, Roggen 1 Taler 16 Groschen

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bis 2 Taler, Gerste 1 Taler 8 Groschen bis 1 Taler 16 Groschen, Hafer bis 1 Taler 8 Groschen; 1 Pfund Rindfleisch 2 Groschen 6 Pfennig, 1 Pfund Schweinefleisch 3 Groschen, 1 Pfund Butter im Sommer 7-9 Groschen, im Winter 8-9 Groschen. Der Zim­ mergesell verdiente beim Kirchenbau täglich 8- 10 Groschen, der Maurer 5 bis 6 Groschen. In dem Bericht eines ungenannten Reisenden, der 1804 nach Neuruppin von Fehrbellin her wanderte, heißt es: »Da lag das schöne Ruppin ausgebreitet vor mir auf einer zur Linken sich senkenden Ebene von ansehnlichen Dörfern umgeben. Rechts schlängelte sich der spiegelblanke Rhinsee bis nach Altruppin; hier war sein Ufer von Gehölzen, da von Wiesen, dort von grü­ nen Saatfeldern bekränzt. Hoch ragten die von den letzten Strah­ len der Sonne geröteten Wipfel der Bäume auf dem Wall über die Stadt hin. Diesen malerischen Anblick gewährte mir ein ho­ her Standpunkt auf einer Anhöhe, von der eine Allee von Obst­ bäumen, die noch an des großen Friedrichs Anwesenheit in Rup­ pin erinnert, in gerader Richtung zur Stadt führt . . . Ohne Umstände wollen wir in das geschmackvolle, mit preußi­ schen Adlern und den Insignien des Krieges geschmückte Kö­ nigstor einziehen. Freund, es ist wirklich ein überraschender An­ blick, sich da, wo man vor 13 Jahren das alte Gemäuer einer Kirche sah, in eine 300 Ruten lange und einige 70 Fuß breite, mit eleganten H äusern besetzte Straße versetzt zu sehen. Wer noch jetzt mit dem Namen Ruppin den Begriff verbindet, den er sich von diesem weiland engen und räucherichten Ort gemacht hat, wie angenehm wird sich der getäuscht finden ! Statt der ehemali­ gen Schneckengänge durchschneiden sich jetzt alle Straßen in ge­ raden Richtungen. Auf einem gewissen Standpunkt, da wo die Friedrich-Wilhelm-Straße von der Präsidentenstraße durchschnit­ ten wird, erblicken Sie zu gleicher Zeit vier Tore. Nur das einzige Seetor ist in dem alten vom Brande verschonten Teil der Stadt versteckt . . . « Er durchwandert die Straßen und kommt zu dem Ergebnis: »Das Resultat bleibt immer: Ruppin ist jetzt eine der schönsten Städte Deutschlands.« Er wanderte dann durch das Rheinsberger 156

Tor, um in dem davor gelegenen »Schwarzen Adler« zu über­ nachten. Deshalb muß er sich rechtfertigen, denn »laut eines al­ ten, nichts weniger als löblichen, Herkommens darf kein Jude in der Stadt Ruppin übernachten«, und er könne in Verdacht gera­ ten, daß er als solcher genötigt worden sei, vor dem Tore zu logie­ ren. Kaum war der völlige Ausbau der Stadt mit Einweihung der Pfarrkirche (23. März 1806) beendet, so brach das Kriegsunglück über Preußen herein. Nach den Niederlagen bei Jena und Auer­ stedt flutete die geschlagene Armee nach Norden. Am 25. Okto­ ber und den folgenden Tagen trafen der Fürst llohenlohe und Blücher mit ihren Truppen in Neuruppin ein, um von hier den Weg nach Mecklenburg zu nehmen. Das Neuruppiner Regiment marschierte durch die Prignitz über Wittstock durch Mecklen­ burg. Es ergab sich am 29. Oktober in Pasewalk den Franzosen, nachdem Hohenlohe am Tage wvor bei Prenzlau kapituliert hatte. In Neuruppin folgten den preußischen Truppen die Franzosen auf dem Fuße. I leydemann hat die F:reignisse der Franzosenzeit eingehend beschrieben. Von dem ersten Einmarsch der Franzo­ sen in die Stadt und den dabei von Friedrich Wilhelm von dem Knesebeck geleisteten Diensten erzählt auch Fontane, Wanderun­ gen, Bd. ;J,, unter Löwenbruch. Einquartierungen und Lieferungen für die französischen Truppen erfüllten die Jahre 1807 bis 1808. Die Requisitionen an Geld und Naturalien betrugen vom 27. Ok­ tober bis 20. Dezember 1806 15 230 Rtlr. Es mußte in Neurup­ pin ein l ,azarett für 300 bis 100 Kranke eingerichtet werden, welches der Stadt dauernd große Kosten verursachte. Die Übernahme von Liefergeschäften war für manch einen ein gutes Geschäft, die Masse der Bürgerschaft aber klagte über große Not. Im Sommer 1808 bezogen drei Regimenter, etwa 9 000 Mann, von Ende Mai bis August ein Zeltlager vor der Stadt zwischen der Rheinsberger und der Altruppiner Straße. Das war natürlich ein Ereignis, von dem man noch lange ernählte. Die dabei vielsei­ tig in Anspruch genommene Stadt berechnete allein ihren Verlust an l lolz aus der Stadtheide auf 21 0;J.7 Taler. 157

Nach dem Frieden von Tilsit begannen die Maßnahmen zur Erneuerung des so ruhmlos zusammengebrochenen Staates Friedrichs des Großen. Eines der ersten grundlegenden Gesetze war die am 1 9. November 1 808 erlassene Städteordnung, wel­ che die Selbstverwaltung der Städte unter Aufsicht des Staates einführte. Die Verwaltung der Stadt wurde dadurch einem Magistrat und den Stadtverordneten übertragen. Die Stadtverordneten wurden von den Bürgern erwählt, erstere wählten dann den Magistrat. Die Zahl der Stadtverordneten sollte in mittleren Städten (3 500 bis 1 0 0 0 0 Einwohner) 36 bis 60 betragen, der Magistrat sich in eben solchen Städten aus einem besoldeten Bürgermeister, je einem Hatsherrn als Kämmerer und als Syndikus und 7 bis 1 2 unbesoldeten Hatsherren zusammenseh:en. Der Staat behielt sich vor, eigene Polizeibehörden einzu setzen oder die Polizei dem Magistrate zu ü bertragen, der dann in dieser Hinsicht als Staats­ behörde zu gelten hatte. Losgetrennt wurde von der Stadtverwal­ tung das Ju stizwesen. Die Stadt verlor damit die selbständige Ge­ richtsbarkeit, welche an den Staat überging. Die Einführurg der Städteordnung war ein Epoche machendes Ereignis. Mit ihr beginnt das moderne Stadtwesen. Gleichzeitig wurde auch durch die Gesetze von 1 8 1 0 und 1 8 1 1 , welche den Zunftzwang aufhoben und die Gewerbefrei heit einführten, eine grundlegende Wandlung im städti schen Erwerbsleben herbeige­ führt.

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IV. Die neue Zeit ( 1 809- 1 9/J.5)

1 . Befreiungskriege und allgemeine Entwicklung Tm Februar 1 80 9 zogen wieder preußische Soldaten in Neurup­ pin ein. Ein halbes Jahr später ging man daran, nach den Vor­ schriften der Städteordnung den neuen Selbstverwaltungskörper der Stadt zu bilden (folgender Abschnitt). Die allgemeine Ent­ wicklung vollzog sich auf Grund der preußischen Reformgesetz­ gebung nicht wesentlich anders als in allen mittleren Städten der Mark, ohne daß sich der äußere und innere Charakter der Stadt im Laufe des Jahrhunderts gegen früher grundlegend veränderte. Es hing zweifellos mit der Verselbständigung der Stadtverwaltung zusammen, wenn sich im gleichen Jahre der Neuordnung 1 80 9 in der oberen Schicht der B ürgerschaft eine gesellige Vereinigung unter dem Namen Die Kasinogesellschaft bildete, welche 1 84 5 Korporationsrechte erhielt. Seit 1 8 1 1 bestand eine Freimaurer­ loge )) Ferdinand zum roten Adler « . Zunächst bestimmten i n den folgenden Jahren die Angelegen­ heiten und Nöte des Vaterlandes das Leben und Denken auch in Neuruppin. Der 9. Februar 1 8 1 3 brachte die allgemeine Wehr­ pflicht. Dem Aufrufe des Königs vom 1 7 . März folgten soglei ch zahlreiche E inwohner, darunter 1 8 Schüler des Gymnasiums. Die Opferfreudigkeit der B ürgerschaft war groß. Schmucksachen und silberne Hausgeräte wurden freudig in großer Zahl gespen­ det. Die Pfarrkirche opferte vier Kelche, die Gewerke gaben ihre Schaustücke her und ansehnliche Summen in bar. Das 6 . kur­ brandenburgische Landwehrregiment wurde in Neuruppin gebil­ det. Die übrigen waffenfähigen Männer vereinigten sich im 1 59

l ,andsturm. Die Ruppiner Landwehr focht mit in den Schlachten bei Hagelberg und Denncwitz, sowie im folgenden Feldzuge bei Belle-Alliance. Ein großes Friedensfest feierte man am Tage nach der am 1 0. Januar 18 16 erfolgten Rückkehr der l ,andwehr. Die Zeiten der Fremdherrschaft lehrten den Wert politischer Freiheit erkennen und schätzen. Die großen Erfolge, zu denen ein jeder in seiner Weise beigetragen hatte, steigerten das Selbst­ bewußtsein des Bürgers und die Liebe wr engeren Ileimai. Der neue Geist wirkte sich auch auf das von der Bürgerschaft wieder selbst geleitete Stadtwesen aus. Zunächst lagen jedoch noch die großen Lasten der Kriege schwer auf dem ganzen Lande. Die Sieger hauen großmütig davon abgesehen, die Wiedergutma­ chung der angerichteten Schäden von dem Gegner zu fordern. Es gehörte zu den ersten Maßnahmen der neuen Stadtverwal­ tung, die städtische Feldmark von dem IIütungsrecht zu befreien, welches das Domänenamt Altruppin darauf bis zum Klappgraben besaß. Man erreichte dies durch Abtretung eines Landstriches östlich des Chausseehauscs bis an den Sec und den Weg von Alt­ ruppin nach Storbeck. Am Tage der Schlacht bei Leipzig wurde die neue Grenze gewgen. Dies zumeist sandige Gelände konnte jedoch 1828 für 3 400 Taler zurückerworbcn werden, um durch Bepflam:ung mit Kiefern den beträchtlichen Forstbesitz der Stadt zu vermehren. Das 19. Jahrhundert hat allgemein eine räumliche Fortentwick­ lung der Städte gebracht in einem vordem noch nicht erlebten Ausmaße. Das gilt auch für Neuruppin. Die Stadt, die sechs Jahr­ hunderte mit dem Raume ausgekommen war, den ihr der Grün­ der zugewiesen haUe, breitete sich in Folge auch über den schon beim Wiederaufbau nach dem Brande erweiterten Raum aus. Die Bevölkerung wuchs infolge Freizügigkeit, Gewerbefreiheit, Indu­ strialisierung und Ausdehnung des Verkehrs bis gegen Ende des 1 9. Jahrhunderts um ein Mehrl"aches des anfänglichen Hestandes. Diese Zunahme macht sich bereits 1829 bemerkbar. Die Einrich­ tung neuer Behörden (Landgericht 1 883), Anstalten (Provinzial­ irrenanstalt 18!l7), sowie mehrfache Eingemeindungen ließen später bisweilen die Zahl der Hevölkerung sprunghaft ansteigen. 1 60

Durch die Eingemeindungen des 20. Jahrhunderts erweiterte sich auch das Stadtgebiet beträchtlich. Am 1. Oktober 1928 wurde der früher zur Stadt gehörige Gutsbezirk Treskow wieder mit ihr ver­ einigt. Ein Jahr später traten die jenseits des Sees belegenen Sied­ lungen : Kolonie Wuthenow und Gildenhall himm. Die Bevölke­ rungsbewegung zeigt sich in den nachstehenden Zahlen der Einwohnerschaft. Bevölkerungsbewegung davon Häuser Einwohner Militär 6 017 1 6 18 765*) 1800 : 5 6 17 ? 18 16 : 7 357 ? 737 ( . . . Wohnhäuser ?) 1829 : 7 61 7 Einwohner, dazu : 1 463 Militärs vom ln­ 1835 fanterieregiment Nr. 24., 100 Landwehrstamm, 20 Gens d'armerie : insgesamt 9 200. 757 768 (48 öffentl. Gebäude) 10 290 1858 : 9 835 (ohne Militär) 186 1 : 928 (3 M3 Haushaltungen) ? 1869 : 11711 ? 12 ;J,70 1875 : 13 937 1 178 (Belegung der Irrenanstalt) 1880 : '? 15 600 1896 : ? 16 ;39;3 1898 : ? 16 701 1900 : 1 798 18 765 19 13 : 3 80 :3 19 585 19 18 : 5 059 19 708 19 19 : 1 448 17 2:r n 1920 : 1 390 1930 : 18 705 2 1 29 1 700 1935 : 19:r n (Mai) : 26 8 12 etwa 3 000 1!}45 (Dez.) : 25 057 19!J6 (Okt.) : 26 040 25 74 1 1947 : *) Nach Bra!ring zu 1 B0 1 , für 1 B00 gib! er 7B:l an, danach die Zahlen ungenau, das gleiche ergib! sich bei den Zahlen der massiven l lä u ser 1 B00 : 442, 1 B0 1 : 400, desgl. der Scheunen 1 B00 : 9 1 , 1 B0 1 : 7 6 .

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Die städtische Feldmark umfaßte 19 1 2 3 8 10 ha, davon Eigenbe­ sitz der Stadt 1 2 1 2 ha. Der Exerzierplatz auf der Quäste gehörte zur Feldmark Altruppin. Auf der Kurmark lastete aus den Napoleonischen Kriegen ( 1 806- 18 1 3) eine Kriegsschuld von 6 Millionen Talern. Diese Schuld wurde in 7 Perioden zu je 10 Jahren, d. h. in 70 Jahren, beginnend 1822, bis 1892 getilgt. Die Stadt Neuruppin trug dazu im ganzen rund 1 3 7 608 Taler oder ;J, 12 8 2 6 Mark bei. Die Jahres­ rate betrug 1 8 2 2 ;J. 11,0 1 Taler und sank in der letzten Periode auf etwa 1 000 Taler oder 3 000 Mark. Erst im Jahre 1892 waren demnach in der Mark die finanziellen Folgen von 1806 über­ wunden. Im Jahre 1 9 1 2 waren 2 858 Personen zur Einkommensteuer veranlagt, davon 53 1 mit einem Einkommen von 900- 1 050 Mark, als Ilöchstbestcucrter einer mit einem Einkommen von 811 000 Mark. Wenn auch das Leben der Neuruppiner Bürger zumeist in be­ schaulicher Ruhe in alter Weise, mehr oder weniger erfüllt mit der Sorge um das tägliche Brot, dahinfloß, so gab es doch von Zeit zu Zeit 'Vlomentc der freudigen Erregung ebenso wie Vor­ gänge, welche Aufregung oder auch tiefe Erschütterung hervor­ riefen. Der ländliche Charakter der Stadt zeigte sich äußerlich in den vor den Toren angelegten Scheunenvierteln : am Sec vor dem nach ihnen benannten Schcunentor und vor dem Hheinsberger Tor. Die »Ackergilde« bestand noch bis zur Gegenwart. Der Brauereibesitzer Eylert war 1920 ihr Vorsitzender. Es war für die Bürger eine Schreckensnachricht, als am 26. August 1 7 8 7 die in 5 Reihen zwischen dem alten Friedhof und der Wittstockcr Alice gelegenen 51 Scheunen infolge Brandstiftung in Flammen aufgin­ gen. Nachmittags um ½ 2 Uhr brach der Brand aus. Der gleiche Tag wurde zwei Jahre später als ein Freudentag festlich begangen mit der Einweihung des Denkmals des Königs Friedrich Wil­ helm I I . Man wollte damit die Dankesschuld an den Neugründer der Stadt abtragen. Die Stadtverordneten hatten dazu II, 000 Taler bewilligt. Nach der königl. Genehmigung hatte der Baudirektor

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Schinkel als Kind der Stadt bereitwilligst den Entwurf dazu ge­ macht, nach dem Professor Tieck den Bronzeguß des Standbildes ausführte. Der Vorgang i st beachtenswert für den Wandel der Zeiten und den veränderten Bürgersinn. 1 00 Jahre zuvor war man nicht im stande, für den Bau des zusammenbrechenden Rat­ hauses 7 0 0 0 Taler in der Stadt aufzubringen, und noch vor 50 Jahren hatte die städtische Verwaltung die übelsten Zustände mit fast stumpfsinnigem Gleichmut hingenommen, weil man es für nicht möglich hielt oder sich nicht getraute, die zur Abstellung erforderlichen wenigen tau send Taler aus eigener Initiative flüssig zu machen. Jetzt brachte man aus freien Stücken eine größere als die damal s erforderliche Summe für einen rein idealen Zweck auf. Man erkennt aber auch daraus, daß die wirtschaftlichen Ver­ hältnisse der Stadt sich von den Kriegsnöten erholt hatten. We­ nige Jahre später trat ein Hückschlag ein durch den zeitweisen Ab:wg der Garnison nach Erfurt ( 1 8:r n- 1 83 2 ) und d urch Ab­ nahme des Tuchhandel s infolge der C holera und der polnischen U nruhen. Der darüber besorgte Yl agi sirat richtete 1 8 :3 2 eine Ein­ gabe an den Prinzen Wil helm mit der Bitte um Erhöhung der Tuchaufträge für das Vl ilitär, sodann regte er zur Hebung der Stadt an, die Oberrechenkammer oder das Oberbergamt oder das Joachimsthalsche Gymnasi um nach N euruppin zu verlegen. Einen beträchtlichen Forschritt in der Bewirtschaftung der Ak­ ker- und Wiesengrundstücke brachten die in der Feldmark d urchgeführten Separation en, wobei es sich im besonderen um die Abfind u ng der I lütungsrcchte der Hau sbesit11er handelte. Die Maßnahmen da: w, welche für die beteiligten Kreise sicherlich nicht ohne Aufregung verblieben, vollzogen sich nacheinander in den verschiedenen Feldteilen : in der M csche, nach Altruppin zu, und in den Kahlcnbergen von 1 840 bis 1 85 7. E s wurden da­ durch beträchtliche Stücke dem Acker- und Gartenbau zuge­ führt, wodurch sich auch eine Verschöneru ng des Landschaftsbil­ des ergab. Allgemeines Interesse fand die Bild ung einer Schützengilde 1 846, sie beging 1 89 6 das 5 0jährige Bestehen. Festliche Tage für die Bürgerschaft waren die Besuche König Friedrich Wil-

helms IV. Der erste erfolgte aus Anlaß der Einweihung der Klo­ sterkirche am 16. Mai 184 1. Die Klosterkirche war, seitdem sie den Franzosen zur Unterbringung von Gefangenen und als Maga­ zin gedient hatte, nicht mehr als Kirche benutzt worden und in Verfall geraten. Nachdem der König sich 1834 bereit erklärt hatte, die Kosten zu übernehmen, erfolgte die Wiederherstellung. Die Einweihung mußte wegen des Ablebens des Königs Fried­ rich Wilhelm III. verschoben werden und wurde dann in Gegen­ wart seines Nachfolgers vollzogen. Den zweiten Anlaß zum Be­ such dieses Königs gab die Feier der sechshundertjährigen Wiederkehr des Tages der Stadtrechtserweiterung von 1256 am 9. März 1856. Es waren naturgemäß Ereignisse, an denen die ganze Bürgerschaft Anteil nahm. Das Stadtgericht wandelte sich am 1. April 1849 in ein Kreis­ gericht. Die politischen Vorgänge, die Pariser Revolution, dann die Berliner Vorgänge im März 1848, die preußische Nationalver­ sammlung und das Frankfurter Parlament ließen auch die Neu­ ruppiner nicht unberührt. Das Jahr zuvor 1847 hatte infolge einer Mißernte eine starke Verteuerung der Lebensmittel ge­ bracht. Die dadurch verursachte Notlage der breiteren städti­ schen Bevölkerungsschichten bildete einen guten Nährboden für eine von außen herangetragene politische Erregung. Anfang März 1848 hatte die Garnison bis auf eine kleine Abteilung die Stadt verlassen. Die Vorgänge des 18. März in Berlin wurden schnell in Neuruppin bekannt und wirkten sich hier wie in allen märkischen Städten alarmierend aus. Am 25. März wurde eine Fahne mit den Farben Schwarz-Rot-Gold auf dem Rathause ge­ hißt. Eine Petition aus vornehmlich Arbeiterkreisen forderte die Aufhebung der bei der Bevölkerung sehr unbeliebten, an den Stadttoren erhobenen Mahl- und Schlachtsteuer. Im Einverneh­ men mit Stadtverordneten und Magistrat unternahm es ein Ober­ lehrer des Gymnasiums, Dr. Wilhelm Kämpf, die Wahlen zur preußischen Nationalversammlung (eröffnet 22. Mai 1 848) in ge­ ordnete Bahnen zu leiten, für die er selbst mit Erfolg kandidierte. Er war der Vater des späteren Reichstagspräsidenten Johannes 164

Kämpf ( 19 12), der damals die Ruppiner Schule besuchte und

1 859 hier die Reifeprüfung bestand. Wie überall bildeten sich Wahlvereine, und als Organ für die fortschrittliche Propaganda erschien ein Ruppiner Volksblatt (aus der Druckerei von Oeh­ migke u. Riemschneider ?), welches Friedrich Ludwig Kühling, Lehrer an der Bürgerschule, redigierte (2 1 Nummern des Blattes im Neuruppiner Stadtarchiv). Es gab wohl den Anlaß, daß die politische Gegenseite als Beilage zu dem von G. Kühn verlegten »Gemeinnützigen Anzeiger« die vom Gymnasiallehrer Dr. Campe geleitete Provinzialzeitung herausgab (siehe Abschn. 3). Im gro­ ßen und ganzen vollzog sich jedoch die Bewegung der stürmisch erregten Gemüter in gemäßigten Formen. Es war ja das erste Mal seit langer Zeit, daß der Bürger wieder in Straßendebatten und Versammlungen politische Forderungen vernehmen konnte und in die Lage kam, dazu mehr oder weniger temperamentvoll Stel­ lung zu nehmen. Ein Antrag in der Stadtverordnetenversammlung, den König durch eine Petition zur Entlassung des Ministeriums Branden­ burg zu bewegen, wurde am 13. November 1848 mit 2 1 gegen 17 Stimmen abgelehnt. Am 18. und 19. November kam es infolge des Steuerverweigerungsbeschlusses der Nationalversammlung zu größeren Aufläufen an den Stadttoren zwecks gewaltsamer Verhinderung der dortigen Steuererhebung. Man hielt Volksver­ sammlungen wie bereits früher in dem alten Militär-Exerzier­ schuppen. Am 29. November rückte ein Landwehrbataillon in die Stadt ein, während eine Kürassiereskadron in Bechlin Quartier nahm. Doch konnte dies Militäraufgebot schon nach wenigen Wochen wieder abgezogen werden. Am 5. Februar 1849 fanden die Wahlen zum Abgeordnetenhaus auf Grund des geheimen gleichen Wahlrechts statt, in denen Kämpf dem konservativen Gegner unterlag. Dieser Wahlausgang bewirkte eine starke Erre­ gung unter den Städtern, die zu einem Sturm auf das Wahllokal »Zirbecks Hotel« führte. Man vermied es dabei, die unsichere Bürgerwehr aufzubieten. Im Verlauf der Reaktion blieben für die Beteiligten an den Ge­ schehnissen unangenehme Nachspiele nicht aus. Der Lehrer 165

Kühling erntete für seine Tätigkeit als Volkstribun eine kurze Fe­ stungsstrafe und, was schlimmer war, für die Herausgabe des Volksblattes die Entlassung aus dem Schuldienst. Dies gleiche Schicksal teilte mit ihm sein Kollege Wilhelm Ahrens. Dem Fa­ brikanten Riemschneider wurde die Herstellu ng von Schreibhef­ ten mit llevolutionsbildern zum Vorwurf gemacht. Nach Ileydemann erlitt der damalige Bürgermeister Bienengrä­ ber infolge der Aufregungen dieser Zeit schweren Schaden an seiner Gesundheit. Dadurch, daß sich von nun an die Bevölkerung auch an den Parlamentswahlen zu beteiligen hatte, wurden auch deren z u­ rückhaltende Teile genötigt, sich mit den öffentlichen Angelegen­ heiten vertraut zu machen und sich eine Meinung zu bilden. Die Belebung und Bereicherung, die der Geist des Bürgertums da­ durch im Laufe der Zeit erfuhr, läßt sich auch aus der Entwick­ lung des lokalen Zeitungswesens ablesen. Hatte sich das bürgerli­ che Selbstbewußtsein schon durch die erlangte Freiheit im werktätigen Leben sowie durch die Mitwirkung bei der Verwal­ tung des Gemeinwesens gehoben, so wurde es weiter gesteigert durch die Möglichkeit der Teilnahme an den Aufgaben des Staa­ tes und an den W ünschen der Nation. Der H orizont des Blickfel­ des hatte sich gegen früher wesentlich erweitert. Das wirkte sich auch auf Handel und Gewerbe aus. Wagemut und Unterneh­ mungslust fanden weites Betätigungsfeld und schafften starken Persönlichkeiten Reichtum und E influß. Es entwickelte sich eine neue bürgerliche Kultur. Männer wie Gustav Kühn, Johann Christian und A lexander Gentz sind 1 00 Jahre früher auf dem Boden Neuruppins schwer denkbar. Der Einblick in die Zeitver­ hältnisse würde durch die nähere Schilderung des Lebensganges, der Lebensverhältnisse und der bürgerlichen Umwelt einzelner besonders hervortretender Persönlichkeiten sehr erweitert wer­ den, doch muß davon im Rahmen dieses kurzen Ü berblickes über die allgemeine Stadtentwicklung abgesehen werden. Für die Familie Ccntz kann auf die ausführlichen Erzählungen Fontanes in den » Wanderungen « und auf die Schrift von Fritz Haagen ver­ wiesen werden. 1 66

Ein Männer- Turnverein entstand 186 1, semem Begründer Karl Loose wurde zusammen mit dem Turnvater Jahn 19 1 1 ein Denkmal in der Parkstraße geset:ili. Auf Betreiben Karl Looses übertrug man dann auch die Brandbekämpfung, die in Neurup­ pin eine besondere Bedeutung haben mußte, einer Freiwilligen Turner-Feuerwehr, die Löschgeräte stellte die Stadt. 1880 wurde die Equipicrung dieser freiwilligen Wehr für bisher 29 Mann auf 67 erhöht. Da jedoch in der Folge die Zahl der Freiwilligen stark zurückging, beschloß im August 1897 eine Bürgerversammlung auf Anregung des Ersten Bürgermeisters Trcnckmann die Bil­ dung einer A llgemeinen freiwilligen Feuerwehr unter Aufhebung der bisherigen Turner-Feuerwehr. Sie trat mit 120 Mann in Tätig­ keit und zählte im Jahre danach schon 157 Personen. »Oberfüh­ rer« war der Bürgermeister Trenckmann, den 1899 nach seinem �'ortzug der Turnlehrer Fink ersetzte. Das beschauliche Leben des Bürgers mit seinen Freuden und Leiden erfuhr wie überall im Lande eine jähe Unterbrechung durch den 19 1 4 ausbrechenden Krieg, der zu einem ersten Welt­ kriege ausartete. Wenn auch die Stadt von unmittelbaren Kriegs­ einwirkungen verschont blieb, die Verluste von Angehörigen so­ wie die Nöte der Verpflegung wurden tief und schwer empfunden. Dem bitteren Ausgang folgten die Jahre der Geldent­ wertung und manchen Verlusts sauer erworbenen Vermögens. Die Wertziffern der von der Stadt gedruckten Notgeldscheine geben eine Vorstellung von der Lage -, ihre Bilder bezeugen zu­ gleich den dabei bekundeten Heimatsinn. Kaum waren die Schrecken überwunden und begann man wieder freier zu atmen, erschütterte eine Wirtschaftskrise die Welt und brachte eine aus­ gedehnte Arbeitslosigkeit. Einern fremden Abenteurer gelang es, mit J\usnüiwng der allgemeinen Unzufriedenheit nicht allein eine breite leichtgläubige Masse, sondern auch Personen mit Ver­ stand und Erfahrung zu betören, um die Führung des deutschen Volkes als Reiter aus der Not an sich zu reißen. In der Tat mußte auch der »Führer« als ein solcher Retter des Volkes erscheinen durch die Beseitigung des Grundübels der Arbeitslosigkeit, durch die Schaffung von Verdienstmöglichkeiten aller Art, durch die 167

energische Bekämpfung von Schieberei und Verbrechertum und nicht wletzt auch durch seine politischen Erfolge. Aus der militä­ rischen Aufrüstung zog die Stadt Neuruppin ganz besondere Vor­ teile. Alle diese Dinge, die Verheißung einer »tausendjährigen« glücklichen Zukunft eines reinrassigen Volkes berauschte die Massen. Aber diese Erfolge waren erkauft mit steigender öffentli­ cher Verschuldung, dem Verlust der politischen Freiheit, Aufgabe des Rechtsstaates und Gewalttaten aller Art. Der proklamierte Rassenkampf hatte unter den Neuruppiner Bürgern auch einige beklagenswerte Opfer zu verzeichnen. Der Weg von Rechtsbruch zu Rechtsbruch bei maßloser Überheblichkeit konnte nur in den Abgrund führen. Dieser Ausgang bleibt dem Schlußabschnitt vor­ behalten.

2 . Stadtverwaltung Nach Erlaß der Städteordnung vergingen etwa B Monate, bis sieh in Neuruppin die neue Stadtverwaltung konstituierte. Zuerst er­ folgte die Wahl der 36 Stadtverordneten, deren erster Vorsteher der Kaufmann Joachim Friedrich Protzen wurde. Bei der Wahl des aus 13 Personen bestehenden Magistrats ging, da man sieh über die vorgeschlagenen Kandidaten nicht einigen konnte, selt­ samerweise ein Arzt Dr. med. Braun als Bürgermeister und Stadt­ oberhaupt hervor. Allerdings hatten ja schon in der früheren Zeit Stadtärzte in der Neuruppiner Stadtverwaltung eine Rolle gespielt und auch das Bürgermeisteramt versehen. Dr. Braun verlor damit eine gute Praxis, die er, als eine Wiederwahl nicht erfolgte, nicht wiedergewinnen konnte, so daß er im Alter in Not geriet. Direk­ tor des nun von der Stadtverwaltung abgetrennten Stadtgerichts wurde der Justizrat Goering. Er vertauschte dies Amt später mit dem des Stadtverordnetenvorstehers. Es werden ihm besondere Verdienste um das Stadtwesen zugeschrieben. Er starb bereits 1835. Die Wahl des Stadtsyndikus fiel auf den Justizamtmann Wal-

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ther, die des Kämmerers auf den Regimentsquartiermeister Te­ chen. Die feierliche Amtseinführung des Magistrats erfolgte am 10. Februar 1810. Ich verzeichne nachstehend die Namen der Bürgermeister und der Stadtverordnetenvorsteher nebst ihrer Amtszeit bis 1915. Bürgermeister: Dr. med. Hraun 1810- 18 16; Ualthasar Friedrich Knoevenagel, Justizrat, 18 16- 1822; Ernst Adolph Hienengräber (vorher Hauptmann lnf.-Reg. 24) 1822- 185 1 (1. 10. 185 1 Ehrenbürger); Ch. L. G. von Schulz (vorher Prem.-Leutnant Reg. 2/J) 6. 11. 1852 bis 1888, ab 15. 1 1. 1875 erster Bürgermeister; Adolph Trenckmann, erster Bürgermeister (vorher Gerichtsas­ sessor und Stadtrat in Spandau) 1889-18!l!l, wurde 1899 Bürgermeister in Mühlhausen; Max Warzecha, erster Bürgermeister (vorher Bürgermeister in Schwiebus) 1899- 1!)23; Dr. Ernst Hlümel, erster Bürgermeister (vorher Stadtverwal­ tung Liegnitz) 1!) 23-19:33, starb im Amt; Kurt Krüger l 934- l 94S. Zweite Bürgermeister: L. Müller (vorher Beigeordneter) 1875- 1888; H. Burghardt 1888-1918; Johann Possin 191!) bis 31. 10. 1937. Stadtverordnetenvorsteher: Joachim Friedrich Protzen l 809Goering, Justizrat, - 1835; Strubelt ( l 83 :i)-1844; Gottlob Haack 1844-1846; Sauerlandt, Kaufmann, 18/J,7-(1852); Beuster 1851-1860; Höpfner, Kreistierarzt, 1860-1880; Heinrich Michaelis, Kürschnermeister, 1880- 1893; Paelegrimm, Rechtsanwalt, 1 893- 1898; Herrn. Schultze, (19 18 Ehrenbürger), 1899-1920; 169

Karl Hochstädt, Eisenbahndirektor, 1920- 1921; Moritz Siebold, Schriftsetzer, 1922- 1924; Ekhard Müller, Rechtsanwalt, 1924-1929; Moritz Siebold 1929- 1932.

3. Gewerbe, Industrie und Handel Das selbständige Handwerk, früher ein Reservat der Städte, er­ fuhr Abbruch durch die Gewerbefreiheit, welche innerhalb der Stadt die Konkurrenz erleichterte, sodann die Verlagerung von Zweigen des allgemeinen Bedarfs (Schneider, Schuster, Tischler) auf die Dörfer zur Folge hatte. Der ärgste Feind einzelner Zweige wurde jedoch die Maschine. Das am meisten betriebene Gewerbe war nach dem starken Rückgang der Brauerei noch die Tuchmacherei, aber auch sie hatte sich erheblich infolge der allgemeinen ungünstigen Lage dieser Fabrikaticm vermindert. Sie beschäftigte jetzt nur noch 115 Meister, während 114 dem Schuster- und Pantoffelmacher­ gewerbe angehörten. 1828 wurden 10 449 Stück Tuche gefertigt und 6 203 Zentner Malz verbraut. Die Schuhmacherei nahm in der Folge noch zu. 1870 arbeiteten hier 180 Schuhmacher, wel­ che z. T. den Berliner Markt versorgten. Schon waren mehrere Handwerksbetriebe seit geraumer Zeit zu fabrikmäßiger Produk­ tion übergegangen. Zwei Tuchmachermeister (Düring und Chri­ stian Ebell) betrieben seit 18 16 die Tuchfabrikation mit Pferde­ kraft. Jetzt kam die Dampfmaschine auf, welche diesen Unternehmern bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnete, aber die kleineren, noch selbständigen Tuchmachermeister in schwie­ rige Lage brachte und sie der alten Selbständigkeit beraubte. 1835 erhoben sich die ersten Fabrikschornsteine am See- und Scheunentor, die einer Tuchfabrik der Gebrüder Ebell, Söhne Christian Ebells, und einer Ölmühle. Letztere wurde aber bald von emem anderen Ebell zur Tuchfabrik umgewandelt. Die Ebells sind eine alte Neuruppiner Tuchmacherfamilie, die hier 170

schon im 1 5. Jahrhundert ansässig war. Sie hatten sich wohl be­ reits im 1 8. Jahrhundert als Unternehmer betätigt und waren da­ durch w größerem Vermögen gelangt. In der Folge entstanden noch weitere Tuchfabriken. Um 1850 waren drei Tuchfabriken im Besitze der Familie Ebell, dazu kam 186 1 die �'abrik von Carl Haagen, und 1869 gründeten eine weitere gemeinsam der Kauf­ mann Heinrich Ebell und der Wittstoeker Tuchmachermeister Robert Schultz. Die Tuchmacherinnung errichtete am Seetor eine Spinnerei für die kleinen Meister. Deren Zahl ging nach 1850 mehr und mehr zurück, so daß die Innung gegen Ende des Jahr­ hunderts gam1 einging. Das weitaus größte Unternehmen war das von Christian �:bell begründete, es lieferte Tuche u. a. für Küras­ siere und für die Herliner Schutzleute. 1895 konnte die Firma (unter Louis Ebell) das hundertjährige Hestehen feiern, aber schon fünf Jahre später verfiel sie der Auflösung. Die Lage der Neuruppiner Tuchfabrikation hatte sich gegen das Ende des Jahrhunderts verschlechtert, auch die anderen Fa­ briken gingen in dieser Zeit ein. Nur das von Gottfried Ebell be­ gründete Unternehmen hielt sich bis 1928, wo es unter Ge­ schäftsaufsicht kam. Es hatte sich um 1870 umgestelli auf die l lerstellung von Zuckertuch und dann auf Anfertigung von Treibriemen aus Wollhaaren, später aus Seide. Auch diese Fabrik wurde stillgelegt. Weit größere Bedeutung erlangte ein Unternehmen anderer Art, das den Namen Neuruppins in alle Weltteile trug, das damit weltbekannt wurde wie kaum eine zweite märkische Stadt. Drei Männer haben durch ihre Wirksamkeit in der Stadt deren Namen über die Landesgrenzen hinausgetragen: Prior Wichmann von Arnstein, Kronprinz Friedrich und Gustav Kühn. Des letzteren Ruf drang am weitesten. Johann Bernhard Kühn (t 1826), der, wie erzählt, gegen Ausgang des vorigen Jahrhunderts eine Druk­ kerei einrichtete, verband damit die Herstellung von Bilderbogen nach Art der Nürnberger. Sein Sohn Gustav (2 1. 9. 1794- 1868) baute diesen Industriezweig mit Geschick und Erfolg aus. Aus einem bescheidenen l landbetriebe entwickelte sich ein industriel­ ler Großbetrieb, der alle Konkurrenz weit überflügelte. Der Neu17 1

ruppiner Bilderbogen »zu haben bei Gustav Kühn« wurde zu einem beliebten und einträglichen Handelsartikel, der nicht nur zu dem Warenbestande aller einheimischen Lumpensammler ge­ hörte, sondern sich allmählich über ganz Deutschland verbreitete und dann auch im Welthandel sich großer Nachfrage erfreute. 1823 belief sich die Jahresproduktion schon auf 7 000 bis 8 000 Blatt, sie betrug aber im Jahre 1 832 bereits über eine Mil­ lion Bilderbogen, um sich in der Folgezeit noch weiter zu stei­ gern. Besonders beliebt waren die Kriegsbilderbogen, 1870/7 1 wurden solche in drei Millionen Blättern umgesetzt. Einzelne Bo­ gen hatten Auflagen bis zu 200 000 Stück. Noch im Anfange des 20. Jahrhunderts fanden die Ncuruppi­ ner Bilderbogen guten Absatz. Der veränderte Geschmack und die veränderte Technik führten dann zwangsläufig das Ende des hundertjährigen Bilderdruckes herbei, das eine beachtliche kultu­ relle Bedeutung gehabt hat. Die Firma Custav Kühn feierte 1925 das 150jährige Bestehen. Gustav Kühn starb am 29. 8. 1 868. Er ruht auf dem alten Friedhof. Neben Gustav Kühn versuchten sich noch andere Unterneh­ mungen auf dem Gebiete der Bilderfabrikation : Ochmigke und Riemschncidcr und ßcrgcmann, ohne die Bedeutung der Kühn­ sehen Produktion zu erreichen. Der einst jedem Kinde bekannte Name Custav Kühn ist heute fast vergessen. Gustav Kühn errichtete wohl auch die erste Leihbibliothek in der Stadt. Der mir vorliegende leider undatierte Katalog (um 1830 ?) enthält 1 3 12 Nummern, heute oder wenigstens mir unbe­ kannte Erzeugnisse. Ein interessantes Zeugnis für das geistige Ni­ veau und die geistige Nahrung der damaligen bürgerlichen Kreise, auf deren Bedürfnisse doch wohl diese Auswahl einge­ stellt war. Die Zahl, deren Erweiterung angekündigt ist, läßt auch auf eine rege Nachfrage schließen. Die Titel klangen auch zu­ meist recht verlockend. Seit 18 19 gab es in Neuruppin auch eine Zeitung, das R upp i­ nische Wochenblatt, womit der Gymnasiallehrer Dr. Völperling das Bildungsniveau der Bürger zu heben bestrebt war. Das be172

lebte geistige und politische Interesse machte ein solches Unter­ nehmen schon lebensfähig. Es waren sehr bescheidene Anfänge. Wie der Titel besagt, erschien die Zeitung nur einmal wöchent­ lich, und sie umfaßte nur einige Blätter in Quartformat. Der In­ halt erscheint uns heute als ungemein dürftig. 1822 übernahm der Oberlehrer Faulstich diese Aufgabe, er gab dem Blatt, das bei Kühn gedruckt wurde, den Namen Ruppinischer Anzeiger. Als Faulstich 1826 verzog, trat der Zeichenlehrer Masch an seine Stelle. Dieser mußte aber das Unternehmen aufgeben, als Gustav Kühn am 2. 1. 1828 den Gemeinnützigen Anzeiger für Ruppin und die Umgegend herausbrachte und halbwöchentlich erschei­ nen ließ. 1847 erfolgte die Erweiterung als Kreisblatt unter dem Titel: Gemeinnütziger A nzeiger für den Ruppinischen Kreis und Umgegend. Eine dazu als Beilage gedruckte von Dr. Campe redi­ gierte »Provinzialzeitung« ( 1. 7. 1848- 1849) nahm Anteil an den politischen Vorgängen im Sinne des gemäßigt liberalen Bürger­ tums für eine konstitutionelle Monarchie. Ab 2 1. September 1 86 1 vergrößerte der »Anzeiger« das Format und vermehrte zu­ gleich sein Erscheinen auf dreimal wöchentlich (Dienstag, Don­ nerstag, Sonnabend) zum gleichen Preise wie zuvor von 1 1 Sil­ bergroschen für das Vierteljahr. Unter dem seit dem 22. 3. 1 878 veränderten Titel Märkische Zeitung hat diese Zeitung als Tageblatt bestanden bis 1945 im Verlage der Geschäftsnachfolger Gustav Kühns. Von dem nur kurze Zeit 1818/49 in Wirksamkeit getretenen Ruppiner Volks­ blatt wurde in Abschnitt 1 berichtet. Ein Konkurrent erwuchs dem »Anzeiger« erst 186 1 in der in der Druckerei von Buchbin­ der gedruckten Ruppiner Zeitung. Sie erschien auch wöchentlich dreimal und brachte ab Nr. 1 in Fortsetzungen eine Geschichte der Stadt ab 1787. Politisch diente sie den liberalen Bestrebun­ gen. Das Blatt ging 18 16 ein. Das im Neuruppiner Adreßbuch 1920 verzeichnete Ruppiner Tageblatt (Göringstraße 6) der »Ruppiner Druckerei-Gesellschaft« konnte sich nicht durchset­ zen, es ging mit Nr. 224 am 30. 9. 1920 ein. Bei den früheren industriellen U nternehmungen, die im allge­ meinen zu bescheiden waren und blieben, um Ruppin den Stern1 73

pel der Industriestadt aufzudrücken, ist noch die in der ersten I lälfte des 1 9 . Jahrhunderts einsetzende Au sbeutung des Luchtor­ fes w erwähnen, die erhebliche Geldmittel in das uml iegende Land und auch nach N euruppin ,mg. Bei den steigenden Preisen für Ilolz, das bisher das einzige Beizmittel gewesen war, gewann der Torf für den l laushalt und industrielle Zwecke eine außeror­ dentliche Bedeutung. Die Austorfung des l ,uches brachte den Unternehmern große Gewinne und Tausenden von Arbeitern gu­ ten Verdienst. Der Ilauptahsat:,,; ging nach Berlin. U m 1 8 5 0 fuh­ ren durch den Ruppiner Kanal jährlich etwa 1 0 0 0 Torfkähne. Die Namen der bekannten N euruppiner Kaufleute Joh. C hristian und A lexander Gentz sind eng mit diesen Torfunternehmungen verknüpft ; aus ihnen wurden die M ittel zur A nlage des Gutes Gentzrode gewonnen, das Th. Fontane in seinen » Wanderungen « geschildert hat. Als der Torf die Bedeutung verlor, geriet Alexan­ der 1 88 0 in Konkurs. Er starb 1 888 in Stralsund. Nach 1 8 7 0 hatte die sich steigernde Zufuhr von Braun- und Stei nkohle den im Vergleich damit als Heizkraft minderwertigen Torf allmählich Yöllig verdrängt. Die viele Jahre reich sprudelnde Geldquelle versi egte. Zur Verwertung der ländlichen Produkte wurde 1 86 0 die erste Stärkefabrik eingerichtet, zu der bald noch weitere kamen. Etwa 1 M illion Zentner Kartoffeln wurden jährlich in Neuruppin verar­ beitet. Das bedeutendste industrielle Werk der Stadt war nach dem Ersten Weltkrieg die Feuerlöschapparatefabrik der Minimax­ A. - C. Sie wurde 1 9 0 5 von Berlin-Schöneberg in die Räu me einer vordem Ebellschen Tuchfabrik in der N ähe des Seetores verlegt und erfuhr in der Folge eine bedeutsame Erweiterung, mußte aber auch Krisen überstehen . Der Holzreichtum der U mgebung versorgt mehrere Schneide­ m ühlen von beträchtlichem U mfange. Ähnlich wie dem städti schen Handwerk geschah auch dem städtischen Kleinhandel dadurch Eintrag, daß sich fast in allen Dörfern auch Klei nhandelsgeschäfte etabl i erten . Dieser Abgang wurde j edoch durch das Anwachsen der städti schen Bevölke1 74

rung, sowie durch die Steigerung des Bedarfs an Verbrauchsgü­ tern aller Art einigermaßen ausgeglichen. Außerdem bezogen die dörflichen Verkaufsunternehmen ihren Bedarf vorwiegend aus der Kreisstadt, woraus jedoch nur die Großhändler Gewinn zo­ gen. Der Kleinhandel unterließ es daher nicht, die Forderung nach Einschränkung des Handels auf dem l ,ande zu stellen, da der Handel nach altem Herkommen Privileg der Stadt sei. Mit solchen Klagen war auch ein Antrag der Neuruppiner Kaufleute erfüllt, der um 1B48 eine Herabsetzung der Gewerbesteuer for­ derte. Es wurde darin auch hingewiesen auf die Verschuldung der Hausbesitzer, die geringen Mieten, welche die Zinsen nicht deckten, auf die isolierte Verkehrslage infolge des Baues der Hamburger Chaussee über Wusterhausen und der Eisenbahn über N eustadt. Die vorhandenen 54 Kaufleute seien ganz auf den örtlichen Verbrauch beschränkt. Bei einer Bevölkerung von 8 000 Personen entfielen nur 150 Konsumenten auf den einzel­ nen Kaufmann. Im Hinblick darauf sei der Steuersatz von 18 Ta­ lern unmöglich. Daß es trotz alledem in diesen Jahren einem soliden tüchtigen Geschäftsmann möglich war, es auch in Neuruppin w etwas zu bringen, zeigt das Beispiel der Firma C. E. K nöllner, die einen schnellen Aufstieg nahm und bis in die Gegenwart eine führende Holle im Neuruppiner Geschäftsleben und darüber hinaus ge­ spielt hat. Carl Eduard Knöllner aus Burg bei Magdeburg eröffnete als junger Mann mit Hilfe des Joh. Christian Gentz 1844 in der Friedrich-Wilhelm-Straße Nr. 1,50 eine Handlung mit Materialwa­ ren, Weinen, Tabak, Geschirr usw. Das Geschäft lag neben dem Gasthaus Zirbeck, das der König bei seinem Besuch als Absteige­ quartier benutzte. Schon zwei Jahre danach konnte er das ! laus Nr. 611 der gleichen Straße erwerben, das er 1849 bezog. 1860 ging auch das Eckhaus derselben Straße am Schulhaus in sein Ei­ gentum über, wohin er den Vertrieb der Porzellan-, Glas- und Eisenwaren verlegte, den er 1 873 einem Verwandten überließ. Das eigene Geschäft beschränkte sich auf den Material-, Wein­ und Tabakhandel, wobei die Bedürfnisse der ländlichen Land175

wirtschaft (Futter-, Düngemittel usw.) im Vordergrunde standen. Daw trat ein lebhaftes Bankgeschäft. 1 86 2 wurde eine Dampf­ dreschmaschine angeschafft, der bald eine zweite folgen mußte, um den Bedarf der umliegenden Güter zu befriedigen. Der zu­ nehmende Warenverkehr erforderte Einrichtung eines Speichers am See mit Anlegebrücke, wo die Waren vom Rhein, von Ham­ burg, Schlesien entladen wurden und hier von den Verbrauchern sogleich abgeholt werden konnten. 1 8 7 4 folgte ein großer Spei­ cher hinter dem Geschäftshaus, sowie auf dem Ilof der Hau einer Destillation. Das damals für die Beleuchtung wichtige Petroleum wurde in einem Erdkel ler vor dem Königstor gelagert. Im Ge­ schäftshaus befanden sich Schankräume (die sogen. » Pastoren­ stube « für das bessere Publikum), in denen sich an den Marktta­ gen die auswärtigen Marktbesucher erfrischten und ihre Kenntnisse bereicherten. Von großem Ausmaß war der l landels­ verkehr mit den Landorten. I n ;i:ahlreichen großen Planwagen er­ folgte die Zustellung an die Kunden im Kreise und darüber hin­ aus. Reisende der Firma besuchten die weitverstreute Kund­ schaft, boten ihre Waren an und nahmen die Bestellungen entgegen. So b ildete sich ein enges Vertrauensverhältnis zwischen der Firma und den Kunden. Nicht nur in der Stadt und im Kreise, sondern auch in der deutschen Geschäftswelt erfreute sich die Firma eines ausgezeichneten Rufes. Söhne angesehener Großkaufleute aus den verschieden sten Teilen des Reiches er­ warben sich hier als Lehrlinge die Fachausbildung. Der Gründer der Firma ( er starb 1 896) und seine Söhne sind ehrenamtlich auch in der Stadtverwaltung tätig gewesen. Als das Ilaus C. E. Knöll ner 1 9!J,;J, das l 0 0jährige Bestehen feierte, ahnte es nicht, daß die Tage seiner Wirksamkeit bereits gezählt waren. Eine besondere An;i:iehungskraft für die Käufer aus Stadt und Land übte seit den letzten Jahrzehnten des 1 9. Jahrhunderts das Unternehmen von E mil Müller aus, das sich in einem stattlichen N eubau in der Hauptstraße ;i:u einem modernen Warenhaus ent­ wickelte und sich durch außerordentlich billige Preisgestaltung auszeichnete. Im Mai 1 9 35 beging die N euruppiner Kaufmannschaft eine 1 76

»600-Jahrfeier«. Merkwürdigerweise gibt die dazu verfaßte Fest­ schrift einen Hinweis auf das dieser Jubelfeier zugrunde liegende Ereignis nicht. Es läßt sich ein solches auch 1335 nicht ermit­ teln. Das Adreßbuch von 1920 verzeichnet an »Zwangsinnungen«: Bäcker, Barbiere, Sattler, Schmiede, Schuhmacher ; an freien In­ nungen: Bürstenmacher, Dachdecker, Maler, Maurer und Zim­ mermeister, Müller, Schlächter, Schlosser, Schneider, Stellma­ cher, Tischler, Töpfer.

4. Verkehrwesen Von größter Bedeutung für die weitere Entwicklung des Stadtwe­ sens war die Herstellung neuer und zeitgemäßer Verkehrswege. Die alten Handelsstraßen des Mittelalters hatten ihre Bedeutung verloren. Im 18. Jahrhundert lag Neuruppin nur an einer Post­ straße, der von Berlin nach Güstrow, welche über Fehrbellin, Neuruppin, Rhcinsber.g, Zechlin, Wittstock führte. Seit 1766 ging noch eine Post über Lindow, Gransee nach Zehdenick. Der nach dem Brande angelegte Huppiner Kanal hatte eine ausgezeichnete neue Wasserverbindung nach Berlin geschaffen. Das 19. Jahrhundert brachte zunächst den Bau der Kunststra­ ßen. Die bedeutsame Straße, welche 1829 von Berlin nach Ham­ burg gebaut wurde, ging in großer Entfernung an Neuruppin vor­ bei: das Hindernis des Sees hatte in erster Linie die anderweitige Führung veranlaßt. Aus dem gleichen Grunde wurde auch die Eisenbahn Berlin-Hamburg (18,'J.6) nicht über Neuruppin ge­ baut. Die Stadt bemühte sich deshalb bereits 181,5, eine Verbin­ dung über den See durch Damm oder Brücke herzustellen, um darüber die von Neustadt nach Herzberg geplante Chaussee an­ statt über Altruppin zu führen. Schon Friedrich der Große soll den Plan einer Brücke erwogen haben. Die Hegierung versagte jetzt die Genehmigung. So erfolgte der Bau der Chaussee von Neustadt über Neuruppin, Altruppin, l lerzbcrg nach Kremmen

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in den Jahren 1847 bis 185 1. Eine Kunststraße nach Fehrbellin schloß sich 1852 an. Nach 1870 wurde das Straßennetz weiter ausgebaut. 1870 tauchte der Plan einer Eisenbahn von Berlin über Kremmen, Neuruppin nach Kiel auf. Die Ausführung wäre für Neuruppin von größter Bedeutung gewesen. Man erhoffte schon damals eine Steigerung des Fremdenverkehrs dadurch zu erlangen und wies darauf hin, daß Neuruppin ein geeignetes Ziel für Berliner Sonntagsausflüge sei. Der Plan scheiterte. 1879 er­ hielt die Stadt die erste Eisenbahnverbindung durch den ßau der Kleinbahn nach Paulinenaue. Sie bedeutete einen großen Fort­ schritt. Bis dahin war Berlin mit der Eisenbahn nur von Neustadt oder Löwenberg zu erreichen, wohin ein Omnibus die Verbin­ dung vermittelte. Das Bahnhofsgebäude erfuhr 1900 einen Neu­ bau trotz Opposition der gesamten Bürgerschaft. 1897 folgte dann die Bahnlinie Kremmen-Neuruppin-Wittstock. Oktober 1897 wurde der Bau des Seedammes begonnen, ein Jahr später die Strecke in Betrieb genommen. Es folgten 1903 die weiteren Bahnbauten nach Neustadt und Herzberg, nachdem bereits 1899 die Bahnlinie Löwenberg-Ilerzberg-Lindow-Hheinsberg ge­ schaffen worden war. Der Erste Bürgermeister Trenckmann war bei den letzten Uahnbauten die treibende Kraft. 1923-1926 wurde schließlich im Anschluß an den Bahndamm eine breite Dammstraße über den See gelegt, welche eine enge Verbindung mit dem anderen Seeufer herstellte, das bald danach durch �:in­ gemeindung der Kolonien Wuthenow und Gildenhall in den Stadtbezirk einbezogen wurde. 193 1 wurde der Bahnhof Kremmen-Wittstocker Bahn auch Ausgangspunkt für die Bahn nach Paulinenaue, so daß sich jetzt in diesem Bahnhof alle Linien, die in den Besitz des Kreises übergegangen waren, vereinigten. Außer diesem Zentralbahnhof lagen auf dem Stadtgebiet fünf Haltestellen. Die llauptverkehrsader war die Linie Neuruppin-Kremmen­ Berlin, die besonders im Sommer zum Wochenende unzählige Ausflügler beförderte, war doch Neuruppin ein bequemer und allgemein beliebter Ausgangspunkt für alle Ausflüge in das herrli­ che Wald- und Seengebiet der Huppi ner Schwei;,;. Seit 1863 be1 78

steht ein ständiger Dampferverkehr. Zu dem Dampfer Germania (Besib:er Barleben) trat 1884 die Undine (Besitzer Jenge sen.). Durch den regelmäßigen Verkehr zahlreicher bequemer Dampfer wurde in der Folge eine ständige Verbindung mit den Ausflugsor­ ten geschaffen. Der Dampferkapitän Otto Jengc ( »Onkel J.«) ent­ wickelte sich zu einem Iluppiner Original. Die Verkehrswege und Verkehrsmittel der Gegenwart brachten ein weiteres nicht minder wichtiges Moment für die Entwicklung Ncuruppins : den Fremdenverkehr. Die bevorzugte Lage der Stadt am Wasser und an einem unge­ mein abwechslungsreichen, lieblichen Seen- und Flußgebiet, in unmittelbarer Nähe weit ausgedehnter prachtvoller Laub- und Nadelwälder machte sie zum geeigneten Ziel als Aufenthaltsort oder als Ausgangspunkt für Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung, nach Altruppin, Wustrau, Fchrbellin, in die Ruppiner Schweiz, nach Lindow, Hheinsberg, Zechlin oder zum geheimnis­ vollen Stechlinsee, um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Die bequeme und laufend verbesserte Verbindung mit Berlin gab Neuruppin die denkbar günstigsten Aussichten als Erholungs­ stätte und Wochenendziel für den Großstädter und als Durch­ gangsort für den Wanderv erkehr zu Lande und zu Wasser. Damit schien der künftige Entwicklungsgang der Stadt bestimmt. Er wies nicht auf einen düsteren Industrieort mit qualmenden Schornsteinen und Mietskasernen, sondern auf eine liebliche Gartenstadt mit Siedlungen von einfachem, ländlichem, zu dau­ ernder Niederlassung einladendem Gepräge. In den zahlreichen Prospekten bezeichnet sich Neuruppin als »Luftkurort« und »Perle der Mark«. Durch den Hitlerkrieg und dessen Folgen er­ litt diese Entwicklung einen jähen Abbruch.

5. Anlagen und Bauten Das äußere Stadtbild hatte sich nach dem Wiederaufbau erheb­ lich verändert. Die Tortürme und Weichhäuser waren zwar schon

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lange vor dem Brande gefallen, jetzt fehlten aber auch die stolzen Türme der Marienkirche, das eigentliche Wahrzeichen der alten Stadt. Die Kuppel der neuen Pfarrkirche trat nicht so beherr­ schend hervor. Die Stadt war seewärts verlängert und rings mit einer schmucklosen Mauer abgeschlossen. Charakteristisch für die neue Zeit wurden die in der früheren Stadtgeschichte unbe­ kannten Bestrebungen, die natürliche Landschaft der nächsten Umgebung durch künstliche Gestaltung zu bessern. Der Gedanke der » Verschönerung« taucht auf, und es bildete sich Anfang 1835 in der Bürgerschaft ein »Verschönerungsverein« unter dem Protektorate des Prinzen Wilhelm, des späteren Kaisers. Früher hatten nur große Herren Promenaden und Parkanlagen geschaf­ fen. Im 18. Jahrhundert war die Anlage von Parks bei den länd­ lichen Adelssitzen Mode geworden, jetzt erwachte auch in der Bürgerschaft der Sinn für die Natur, für das Ergehen im Freien und damit das Verlangen nach Baumanlagen und Promenaden. Hierbei richteten sich die Gedanken zunächst auf das Seeufer, wo sich der Wunsch nach Anlage einer Promenade mit den prak­ tischen Bedürfnissen des Wasserverkehrs begegnete. Schon im Mittelalter hatte ein ständiger Frachtverkehr zu Was­ ser bestanden. Anlagen dafür aber hatte man anscheinend nicht geschaffen. Die flach gebauten Fahrzeuge konnten dicht an das Ufer gelangen, und die Wagen fuhren in das Wasser an die Schiffe heran und besorgten so Ein- und Ausladen. So geschah es auch noch jetzt. Durch den Ruppiner Kanal hatte sich jedoch der Schiffsverkehr erheblich gesteigert, und bei stürmischem Wetter wurden die Mängel des primitiven Umladeverfahrens oft bitter empfunden. Das Seeufer hatte überhaupt in der früheren Zeit je­ der Pflege entbehrt. Das Wasser reichte dicht an die Stadtmauer heran, das Ufer war hier von den Wagen zerfahren und sumpfig, und wie auf die Straßen, so warf man auch in das Wasser allen Unrat. 1825 gab der Magistrat zum ersten Male die Absicht kund, das Seeufer vom neuen Scheunentor bis zu der am Ende der ehema­ ligen Wallgräben liegenden Lohmühle gerade zu legen und das Ufer durch Faschinen und Anpflanzung zu sichern. Erst zehn 180

Jahre später erhielt die Umgestaltung des Seeufers Cinen ent­ scheidenden Antrieb durch den um Kreis und Stadt sehr verdien­ ten Landrat von Zieten, welcher die Schaffung von gesicherten Anlegestellen für die Schiffahrt als unbedingt notwendig erklärte. Er schlug vor, für die Uferbefestigung die Materialien der alten Stadtmauer zu verwenden. Jetzt nahm sich auch der unter Füh­ rung des Carnisonkommandeurs Oberst von Wulffen gebildete » Verschönerungsverein« der Sache tatkräftig an. Unter reger Teilnahme der Bürgerschaft wurde die Auffüllung und Festigung der Uferstrecke durchgeführt. Bäume und Sträucher wurden auf dem dem See abgewonnenen Gelände angepflanzt und ein höl­ zernes Bollwerk zum Anlegen der Schiffe erbaut. Der Plan von Wulffen, hier eine prächtige Wasserpromenade bis zum Wein­ berg zu schaffen, kam leider nicht zustande, aber es wurde doch der Stadt der Zugang ;mm Wasser und das Verständnis für die Schönheit des Sees erschlossen. Auf Antrag von Wulffen schenkte der König im November 18:36 sechs Schwäne für den See. Ihre Erhaltung machte man­ cherlei Sorgen. Es wirft ein schlechtes Licht auf die Bevölkerung, daß ständig über Nachstellungen und Eierraub zu klagen war. 185 1 war nur noch ein Paar vorhanden. Eine zweite Großtat, an welcher allein dem Verschönerungs­ verein und vor allem dem Oberst von Wulffen das besondere Verdienst zukommt, war die Schaffung von Anlagen an dem Wege nach Altruppin zwischen Stadt und Weinberg, die heute die Zierde der Umgebung bilden. I lier lagen vor dem Rheinsber­ ger Tore rechter Hand zunächst am Beginn der heutigen Garten­ straße gegenüber dem »Schwarzen Adler« ein Gehöft, genannt die »Sieben Brüder«, ein ehemals sehr besuchtes Gasthaus, dann die Scharfrichterei und die städtische Ziegelei. Am Wege nach Altruppin lag weiter der »Brandsehe Garten« mit »artigen Anla­ gen«, ein beliebter Belustigungsort der Neuruppiner. Dahinter bis zu dem von den Bürgern auch häufig besuchten Weinberg er­ streckte sich ein wüstes, z. T. sumpfiges Gelände. In der Nähe des Weinberges lagen die Schießstände der Garnison. Dieses Gebiet wurde jetzt durch Grabenziehung und Anlage eines Teiches trok-

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kengelegt und unter Heirat des König!. Gartendirektors Lenne in eine Parkanlage umgewandelt, die bald die Erholungsstätte der Bürger wurde. Dieser städtische Park, die Schöpfung einer opfer­ freudigen bürgerlichen Vereinigung, ist ein dauerndes Zeugnis von dem neuen Bürgersinn und der bürgerlichen Schaffensfreu­ digkeit, die auch im Mittelalter lebte, als ein gleicher Gemeingeist die hohen Kirchenbauten schuf und sie mit reichem Schmuck ausstattete. In der Nähe des Weinberges wurde auch ein Turn­ platz errichtet. Hinter dem Weinberg nach Altruppin zu befand sich ein weiter Sandfleck, dessen Triebsand bei stürmischem Wetter sehr lästig war. Hier geschah wohl, in der Nähe des jüdi­ schen Friedhofs* , 183 1 die grausige, zum letzten Male in mittel­ alterlicher Weise vollzogene Hinrichtung einer unglücklichen Kin­ desmörderin, die hier öffentlich mit dem Rad zu Tode gebracht und verscharrt wurde. 1845 wurde auch die Bepflanzung dieses Geländes im Anschluß an das bereits Geschaffene beschlos­ sen. Bei der Anlage der Chaussee nach Altruppin wurde die neue Straße auf beiden Seiten mit Baumpflanzungen versehen und da­ durch auch hier eine weitere anmutige Promenade geschaffen. In neuester Zeit ist durch Anlage einer prächtigen Badeanstalt in der Nähe des Stadtparkes den Bedürfnissen der Neuzeit Rechnung getragen worden. Gleichzeitig mit diesen äußeren Anlagen erfolgte auch die Be­ pflanzung der Plätze und Straßen innerhalb der Stadt Im Zusam­ menhang mit der Anlage am Seeufer wurde die Stadtmauer am Kloster niedergelegt, um den Ausblick nach Wuthcnow, wo der Neubau der Kirche stattgefunden hatte, freizumachen. Der offene Kanal an der Schinkelstraße (vorher »Am Kanal«) mußte wegen der daraus aufsteigenden Gerüche 1878 überwölbt werden. Später haben die Bedürfnisse des Verkehrs und der Neubau­ ten immer weitere Lücken in den Mauerring gerissen, so daß heute nur noch Teilstücke vorhanden sind. *) auf Meßlischblat! 1 8B2 an der Stelle „ Begr. PI. « , 182

Beim Wiederaufbau der Stadt waren nüchterne Torbauten in Verbindung mit den Häusern für Torschreiber und Wachen ange­ legt worden. Am bemerkenswertesten war das Königstor, dessen Torpfosten mit Kronen und Ritterrüstungen geschmückt waren. Es sollte erhalten bleiben, als 1875 die Genehmigung zum Ab­ bruch der anderen Tore erteilt wurde. Man hat es trotzdem ge­ opfert. Unter den Anlagen bei der Stadt ist noch der Tempelgarlen, die Erholungsstätte des Kronprinzen Friedrich, zu erwähnen. Das Gelände war Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Besitz der Stadt in Privatbesitz übergegangen und erweitert worden. 1853 erwarb der Kaufmann Johann Christian Gentz den Garten für 1 650 Ta­ ler und schmückte ihn und den bereits früher völlig veränderten Tempel im Rokokostil aus, auch erbaute Gentz 1854 hier ein Haus in arabischem Stil nach Plänen des Baumeisters Diebisch, das er bis zu seinem Tode 1867 bewohnte. Nach dem Zusammenbruch der Firma Gentz kaufte der Kreis 1880 den Tempelgarten mit Haus und einer Baumschule und er­ schloß damit diese Erinnerungsstätte der Allgemeinheit. Das Gentzsche Gebäude wurde 19 1 1 dem neubegründeten Kreis­ Zietenmuseum überwiesen. Erst im Zusammenhang mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwunge nach der Begründung des Deutschen Reiches setzte ein erneutes und rasches Wachstum der Stadt über den beim Wiederaufbau erweiterten Mauerring ein, und es entstan­ den die neuen Stadtviertel vor dem Rheinsberger-, dem Königs­ und dem Tempeltor. 1882/83 entstand in der »verlängerten Präsidentenstraße« der Bau einer katholischen Kirche. Der Neuruppiner katholische Pfarrsprengel umfaßte anfänglich auch die Städte Fehrbellin, Wusterhausen, Wittstock und Neustrelitz. 1874 errichtete der Kreis seinen in den drei letzten Kriegen gefallenen Söhnen ein Ehrenmal vor dem Gymnasium. Es wurde, baufällig geworden, 19 13 ersetzt durch die Gestalt des »Fahnen­ trägers von Vionville« vom 24. Regiment. Zwei weitere Denkmale errichtete die Stadt ihren berühmt gewordenen Söhnen: 188 1 183

dem 178 1 als Sohn des Neuruppiner Superintendenten und der Dorothea Rose geborenen Oberlandesbaudirektor Karl Friedrich Schinkel (t 184 1) und 1907 dem märkischen Dichter Theodor Fontane, der 18 19 hier als Sohn des Apothekers das Licht der Welt erblickte (t 1898 in Berlin). Die drei Denkmäler wurden von Max Wiese geschaffen. 1880 wurden die Bauten des Semi­ nars und eines Lazarettes beendet. Letzteres wurde als »eine Zierde des neuen Stadtteiles« bezeichnet. 188 1 entstanden die Postund 188 1- 1883 das Landgerichtsgebäude an der Stelle des 1800- 1804 erbauten Rathauses. Letzteres wurde in die Wich­ mannstraße verlegt. Später folgten das Kreishaus und 1906 das Johanniter-Kreiskrankenhaus, welches 193 1/32 einen stattlichen Erweiterungsbau erhielt. Im März 1896 begann der Bau eines Wasserwerkes, ein Jahr später wurde es in Betrieb genommen. 1909 begann die Kanalisierung der Stadt. In den Jahren 19 19/20 erfuhr das 1864 vor dem Seetor ange­ legte städtische Gaswerk einen den Anforderungen der Zeit ent­ sprechenden Ausbau. Seine Anlagen wurden in den folgenden Jahren noch erweitert. Auf dem Platze der ehemaligen Spinnerei, unmittelbar am See, neben den Anlegeplätzen der Dampfer, erstand eine Gartengast­ wirtschaft, der »Strandgarten«. Von großer Bedeutung für das Gemeinwesen wurde die Er­ richtung der Provinzial-Irrenanstalt, zu der die Stadt ein umfang­ reiches Gelände an dem Wege nach Treskow erwarb. Die Anstalt wurde am 1. Mai 1897 eröffnet und in der Folge erheblich erwei­ tert. In ihr lebten um 1930 mit F:inschluß der Angestellten bei­ nahe 2 000 Personen. Das 1797 begründete Landes-Irrenhaus bestand bis zum 1. 1 1. 1865 - Laschenshof. Dann wurde es nach Eberswalde verlegt.

181,

6. Schulwesen Die Stadtschule, welche 1792 den Namen Friedrich- Wilhelms­ Schule erhielt, wurde 1799 mit sieben anderen Anstalten der Provinz als »Gelehrtenschule« gekennzeichnet und nach den Be­ freiungskriegen als humanistisches Gymnasium ausgestaltet. Von 1 813 bis 1!l 15 haben 858 Schüler hier das Reifezeugnis erwor­ ben. Außer aus dem Kreise Ruppin kamen Schüler auch aus der Prignitz und aus dem Havelland. Das Friedrich-Wilhelms-Gym­ nasium ist in städtischer Verwaltung geblieben. Mehrfache Versu­ che, es zu verstaatlichen, kamen nicht zustande. Eine Bürgerschule für Knaben wurde 1829 im Siebmannstift eingerichtet, sie wurde 1889 als Mittelschule anerkannt. Gemein­ deschulen für Knaben und Mädchen wuchsen aus Privatschulen heraus. Die höhere Mädchenschule (I,yzeum} wurde in neuester Zeit mit einer Staatlichen Aufbauschule (Lehrplan der Oberreal­ schule) verbunden, welche den Namen Fontaneschule erhielt und in dem Gebäude d es ehemaligen Lehrerseminars unterge­ bracht wurde. Das staatliche Lehrerseminar wurde 187;J, eingerichtet, es be­ zog 1880 einen Neubau an der Bechliner Straße. 192!J, konnte das Seminar noch festlich das 50jährige Bestehen feiern, aber schon bald darauf, im Jahre 1926, mußte es infolge der Neuord­ nung der l ,ehrerausbildung seine Tore schließen, nachdem be­ reits 1923 die Präparande aufgelöst worden war. 1 500 Lehrer er­ hielten ihre Ausbildung auf dem Neuruppiner Seminar. 1875 wurde auch eine städtische gewerbliche Fortbildungsschule ein­ gerichtet, die jedoch zehn Jahre später wieder geschlossen wurde. Erst 1 909 wurde wieder eine gewerbliche Berufsschule eröffnet, an der seit 1931 hauptamtlich angestellte Gewerbelehrer unter­ richten. Eine kaufmännische Berufsschule gründete 1905 die Handelskammer zu Potsdam, 192!J, übernahm sie die Stadt, wel­ che 193 1 den Unterricht hauptamtlichen I fandclslehrern über­ trug. Daneben bestand noch eine landwirtschaftliche Lehranstalt als Fortbildungsschule für die ländliche Jugend. 185

7 . Die Garnison Nach Beendigung der Befreiungskriege war Neuruppin zunächst ohne Garnison. Das Landwehrregiment wurde nach seiner Heim­ kehr alsbald entlassen. Erst im September 1820 rückten zwei Ha­ taillone des 24. Regiments, das 18 13 aus verschiedenen Truppen­ teilen gebildet worden war, mit dem Stab in die Stadt ein, das Füsilierbataillon kam nach Prenzlau. Die Geschichte des 24. Regi­ ments ist seitdem bis zu seiner Auflösung eng mit Neuruppin ver­ knüpft. Die Garnison war jetzt ein Lebensbedürfnis der Bürger­ schaft geworden. Chefs des Regiments waren seit 1842 die Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin. In dem Revolutions­ jahre 18/4,8 wurde das Regiment zur Bekämpfung der Aufstände in Dresden und im Großherzogtum Haden abgezogen. 1852 kehrte ein Bataillon in die Stadt zurück. Bei der Armeeorganisation 1860 kamen das erste und das Fü­ silierba1aillon mit dem Regimentsstab nach Neuruppin, das zweite Bataillon erhielt Havelberg als Standquartier. Bekannt sind die Taten der 24er bei Düppel und Alsen, bei Vionville und Le Mans. Es waren die Söhne des Landes Huppin, die in diesen Schlachten ihr Blut für das Vaterland opferten. Ein 1897 in Neuruppin neu gebildetes und in Baracken un­ tergebrachtes zweites Bataillon des lnfanterieregimentes 15 1 sie­ delte 1898 nach Allenstein über, dagegen wurde am 1. Oktober 190 1 das bis da in Havelberg verbliebene zweite Bataillon des Regiments 24 nach Neuruppin verlegt, für das die »Friedrich­ Franz-Kaserne« am Königstor erstand. Im gleichen Jahre wurde auch der bisherige Exerzierplatz an der Wittstocker Chaussee mit einem Gelände der »Altruppiner Quäste« am Wege nach Mol­ chow vertauscht. Im Ersten Weltkriege erhielt eine Fliegerersatzabteilung ihren Standort in Neuruppin, für die ein Flugplatz geschaffen wurde. Seine Verwendung nach dem Ausgange dieses Krieges für friedli­ che Sportveranstaltungen war leider nicht von langer Dauer. Die Taten des Regiments 24 im Ersten Weltkriege wurden aus­ führlich von berufener Seite geschildert. Es kehrte am 2 1. Dezem186

her 19 18 in seine Garnison zurück, um im folgenden Jahre zur Auflösung zu kommen. Das im Mai 19 19 hier untergebrachte dritte Bataillon des Reichswehr-Schützenregiments Nr. 6 siedelte bereits Ende des Jahres 1920 nach Greifswald über. Als ein gewisser Ersatz für den Verlust der Garnison war die Verlegung einer Polizeischule 192 1 nach Neuruppin gedacht, auch ihr Verbleib war hier jedoch nicht von Dauer, da sie 1926 der Stadt Brandenburg (Havel) zu­ geteilt wurde. Die Bemühungen des Magistrats um die Wiedergewinnung des militärischen Elements hatten den Erfolg, daß das zweite Batail­ lon des 5. lnfanterieregiments von Prenzlau nach Neuruppin ver­ legt wurde, wo es am 3 1. März 1928 feierlichen Einzug hielt, um schon nach wenigen Jahren diesen Standort mit Landsberg/ Warthe zu vertauschen. Im Zusammenhang mit der nationalso­ zialistischen Aufrüstung wurde jedoch auch Neuruppin reich be­ dacht. 1934 erstand der Militärflugplatz wieder, zunächst getarnt als »Deutsche Verkehrsfliegerschule«, dann als »Fliegerschule Neuruppin«. Es folgten die Einmärsche der 1. Abteilung des Ar­ tillerieregiments 75 am 20. Oktober 1935 und eines Panzerregi­ ments am 1 4. Juni 1936. Für letzteres wurden an der Chaussee nach Altruppin neue Kasernengebäude errichtet, denen man An­ fang 1939 die Bezeichnung »Fridericus-Kaserne« beilegte.

8. 7 0 0-Jahrfeier und Katastrophe Mit einer glänzenden Festwoche vom 27. Mai bis 4. Juni 1939 be­ gingen die Stadt Neuruppin und der Kreis Ruppin die 700jährige Wiederkehr des Tages der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortsnamens Ruppin. Der Verf. gab bei der Festsitzung der Stadt einen kurzen Überblick über den geschichtlichen Ablauf. Von den zahlreichen Veranstaltungen der bürgerlichen und militäri­ schen Kreise sei hier nur die von der Polizeischule Rathenow auf dem Paradeplatz ausgeführte Kopie des Ritterturniers von 15 12 187

hervorgehoben. Der Frankfurter Professor Publius Vigilantius, dessen Beschreibung der Aufführung zugrunde lag, bezeichnete das Turnier als eine » Vorübung für den Krieg « (Bellica Progym­ nasmata). Schon drei Monate später war dieser da, vom Zaune gebrochen von einem gewissenlosen Abenteurer, den sich eine durch Propaganda betörte breite Volksschicht zum » Führer« er­ koren hatte. Daß dies frevelhafte Unterfangen nur mit dem Sturz des Diktators enden konnte, war dem ein sichtig gebliebenen Teil des deutschen Volkes gewiß, und solche Ü berzeugung konnte die Hoffnung auf eine günstige Wendung der Dinge noch in letzter Stunde erwecken, aber sie barg ebenso eine große Wahrschein­ lichkeit für den Untergang des Reiches und Volkes in sich, wenn die Erkenntni s zu spät die verantwortlichen Kreise in Zivil und Militär, sowie die Massen ergriff. Der soldatische Gehorsam, un­ ter den früheren Verhältnissen eine bewährte Tugend, jetzt in fal­ schem Pflichtbewußtsein bis zum Äußersten bewahrt gegenüber einer Persl listorischen Kommis­ sion für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Ber­ l in < . I n deren Veröffentlichungsreihe erschienen seine Quellen­ editionen : das Landbuch der Mark Brandenburg von 1 3 7 5 und das Landregister der Herrschaft Sorau. 1 !! 5 0 rief er den Verein für die Geschichte der M ark Brandenburg wieder ins Leben, um dessen Vermögen u. a. für die Vollendung des Askanierregesten­ werkes zu verwenden. 1 9 58 wurde, wiederum auf seine Anregung, die > 1 1 istorische Kommission zu Berlin < begründet. Seine vielfäl­ tigen Kenntnisse der Landschaft und der Landes- und Ortsge­ schichte und ihrer Quellen, sein kriti scher Blick für Personen und Zusammenhänge und nicht zuletzt seine in Jahrzehnten zu­ sammengetragene landesgcschichtliche Bibliothek befähigten ihn zur Abfassung seines Lebenswerkes, der Darstellung der Ge­ schichte der Mark Brandenburg in fünf Bänden, erschienen in Berlin 1 960 - 1 9 6 9 . Auch hiervon verschickte er unermüdlich Exemplare in die damalige DUH. N och in seinem Todesjahr er­ schien das gemeinsam mit Wolfgang Hibbe herausgegebene Land­ buch des Klosters Zinna, ein wichtiges Quellenwerk zur märki­ schen Kloster- und Wirtschaftsgeschichte. Johannes Schultze starb am 2. 1 0. 1 9 7 6 .

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Seine persönlichen Be;o;iehungen zu Neuruppin und seiner Umge­ bung schilderte er kritisch und plastisch in > Meine Erinnerun­ gcr n . 1 Ich war damals nicht mehr so stark an Marburg interessiert. Meine Verbundenheit mit Berlin und der Mark hatte sich noch anderweitig verstärkt. 19211, war mein Vater verstorben. Mutter und Schwestern sie­ delten 1926 an den Ruppiner See über, in die Kolonie Wuthe­ now, wo ihnen der Schwiegervater meines Bruders ein Ilaus ge­ baut hatte. Dies gab den Anlaß, auch ein Grundstück dort unmittelbar am See mit Hohhaus zu erwerben, wo wir die Wo­ chenenden und Ferien verbringen konnten. Die l ,age war para­ diesisch schön. Das etwa ein Morgen große Grundstück mit herr­ lichem Baumwuchs auf dem tiefen Abfall zum See hatte auch reichen Bestand an Obstbäumen. Ich schaffte mir ein Segelboot an, mit dem wir schöne Fahrten unternehmen konnten. Nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen wurde in der Regel von der Familie ein Bad im See genommen. Das Ilaus wurde am 10. 1. 1915 zerstört beim Bombengroßangriff auf ausgerechnet dieses Grundstück, den ic:h überlebte. (Darüber später) Das Kriegsende 2 Das Kriegsende erlebte ich am Ruppiner See und wurde hier am 10. II,. 1945 auf meinem Grundstück das Ziel eines schweren ame­ rikanischen Bombenangriffes, der unser Häuschen mit einer 500 m entfernten Luftnachrichtenstelle verwechselt (hatte). Spio­ nage mußte dies gemeldet haben. Ich war gerade vormittags beim Angeln, als der Angriff begann. Ich verließ das Grundstück, um Schutz in einem Unterstand zu suchen, kam aber nicht so weit. Der Luftdruck einer Bombe drückte mich m Boden. Etwa 10 m vor mir entstand ein großer ßombcntrichter, eine Bombe fiel auf

1 ) l:lcrlin 1 9 7 6 , S. :l!J/40. 2 ) S. fill/69

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einen Obstbaum und explodierte in der Luft, wodurch das Häus­ chen umgedrückt wurde. Etwa ein Dutzend Bomben gingen um mich herunter. Ich blieb unverletzt. In unmittelbarer Nähe des einen Bombentrichters hatte ich eine Kiste mit Porzellan und Kri­ stall vergraben, auch ihr Inhalt blich heil. Aber alle Glieder taten mir weh ! Der Garten war völlig verwüstet, nur ein Schotenheet unversehrt. Als ich dies acht bis vierzehn Tage später mit meiner inzwischen aus Berlin eingetroffenen Frau, Tochter und Schwe­ stern besichtigte, hörte ich plötzlich ein Rauschen in der Luft und schrie : »Auf den Boden « ! Schon spritzten die Funken, und eine Russenhomhe hatte das Schotcnheet zerstört. Wunderbarerweise blieben wir alle unverletzt. Dann kamen die Russen, die sich leid­ lich anständig gegenüber meinen Frauen benahmen. Wir wohn­ ten bei meinen Schwestern und begrüßten die Russen als Be­ freier. Da wir uns inmitten des aus dem zerstörten Hause geborgenen Krames befanden, glaubten sie wohl, daß schon an­ dere Russen sich hier betätigt hätten. l;nsere Wohnung in Berlin war unbeschädigt. Russen hatten darin gewohnt, aber außer hin­ terlassenem Schmutz keinen Schaden angerichtet, auch nichts zerschlagen. Nur eine Hausgenossin, die den Schlüssel hatte, hatte unseren Schränken Wäsche und dergleichen entnommen, womit sie in den folgenden Monaten sich auf dem Lande durch Tausch mit l ,chensmitteln versorgte. Ich konnte meinen Kriegs­ schaden, der in dem zerstörten Haus in Neuruppin mit zwei Zim­ mern, Küche, Glasveranda und voller Einrichtung für vier Perso­ nen bestand, erst vor einigen Jahren bei dem Ausgleichsamt (Bcrlin -) Zehlendorf anmelden. Dies bewilligte meiner Frau als der Eigentümerin eine Entschädigung von sage und schreibe : 1 0 5 DM ! Die Zeitungen (Tagesspiegel, Morgenpost) wagten es nicht, meine Darstellung davon abzudrucken. Ein Zeichen der Zeit, etwa 1 9 7 0 ! * Unsere Rückkehr nach Berlin war mit den

*) Die Frage der Grundstücksentschädigung für die Parzelle am Ruppiner See hatte den alten Herrn so beschäftigt, daß er sie sehr geschickt bei der Überrei­ chung des Bundesverdienstkreuzes 1 9 7 2 oder 1 9 7 :l durch den ßerliner Wissen-

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größten Schwierigkeiten verbunden, da nur vereinzelt Züge gin­ gen. Zuerst versuchten es Frau und Tochter, die dabei Milchwa­ gen benutzten und viel Nöte ausstanden ! Es ist mir heute unbe­ greiflich, wie ich sie dabei allein lassen konnte. Viel Mühe machte dann der Rücktransport der verlagerten Sachen, z. T. mit dem Schiff über Spandau. Einmal geriet ich, vollgestopft mit Büchern auf dem Bahnhof Gesundbrunnen in größte Gefahr, als Leute hinter mir auf der Treppe einen Handwagen mit Brettern in mei­ nen Rücken sausen ließen. Ich wurde hinabgeschleudert ! Wun­ derbarerweise erlitt ich keinen Schaden, selbst die Töpfe mit Ein­ gemachtem, die ich trug, blieben erhalten. Das Leben muß doch wohl mit mir noch etwas vorgehabt haben. Alles staunte über den glücklichen Ausgang, so kam ich heil nach Dahlem. Die späteren Transporte wurden meist mit Schiff gemacht. Unsere Tochter mußte in Neuruppin bleiben, da ihr der Zuzug nach Berlin nicht genehmigt wurde. Ich konnte sie erst später mit Hilfe meines Pförtner Freundes Holthöfer 1 948 nach Berlin zurückbringen.

Die hier dokumentierte enge Verbundenheit mit Neuruppin war es auch, die Schultze zu einer Neuauflage des Büchleins von 1 93 2 bewog. Er feilte bis an sein Lebensende daran herum, er­ gänzte und verbesserte. Dem Neudruck liegt sein mit Nachträgen, Korrekturen und E rgänzungen versehenes Exemplar z ugrunde, das seine Tochter, Frau Ingrid Schultze, dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Auf die Verlagsrechte hat die Witwe des

schaftssenator Prof. Werner Stein anbrachte. Der Senator fragte Schultze nach sei­ nen Erlebnissen im 1 . Weltkrieg. Auf die Auskunft, er wäre bei den Fliegern ge­ wesen, fragte ihn Stein, selbst ehemals aktiver Flieger, wo er geflogen wäre. Nie, ich war beim Bodenpersonal. Ob er denn sonst irgendwie als Ausgleich zur reichen wissenschaftlichen Tätigkeit sich in der Freizeit sportlich betätigt hätte. Ja, ich bin viel gesegelt, wir hatten nämlich ein Grundstück am Ruppiner See. Stein tappte in diese rhetorische Falle, fragte nach, und durfte sich nun die gar nicht freundlichen Ausführungen über die Entschädigungspraxis anhören.

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Verlegers der zweiten Auflage, Günter Richter verzichtet. Beiden Damen sei an dieser Stelle gedankt. Das Literaturverzeichnis wurde aus Johannes Schultzes Auf­ zeichnungen ergänzt. Für nach 1976 erschienene Literatur sei auf die angeführten Bibliographien von Geßner und Schrecken­ bach sowie auf die Darstellungen von Meier und Heinrich ver­ wiesen.

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Anmerkungen 1 ) Siehe hierzu : Joh. Schultze, Der Wendenkreuzzug 1 147 u. die Adelsherrschaften in Prignitz u. Rhingebiet, Jb. f. d. Gesch. Mittel- u. Ostdeutschlands, Bd. II, 1953, S. 96- 120 ; derselbe, Die Prignitz, Köln 1956 ; derselbe, Die Mark Bran­ denburg, Bd. I, Berlin 1961, Anhang, S. 243 ff. ; Gerd Hein­ rich, Die Grafen von Arnstein (Mitteldt. Forsch. Bd. 21), Köln 1961. 2) Siehe Karte bei Wolfgang Brüske, Untersuch. zur Gesch. d. Lutizenbundes (Mitteldt. Forsch. Bd. 3), Köln 1955. :i) Siehe da,m meine Abhandl. über den Wendenkreuzzug (Anm. l ). 1) Über die I lerkunft des Geschlechts der Arnsteiner und ihre Genealogie siehe G. Heinrich a.a.O., insbesondere über Be­ gründung der Herrschaft am Rhin S. 33,1, ff. Die dort vorgetra­ gene Ansicht, daß erst Gebhard von Arnstein innerhalb der ersten Jahrnehnte des 1 :t Jh.s das l ,and Ruppin durch Kauf oder Tausch von einem unbekannten Inhaber erworben habe, löst das Problem n;cht und ist als ganz unwahrscheinlich ab­ zulehnen. Es erscheint als ganz undenkbar, daß die damali­ gen askanischen Markgrafen Albrecht II. und noch weniger dessen Söhne Johann 1. und Otto III. angesichts der von ihnen getätigten Bestrebungen, ihren Herrschaftsbereich w erweitern, die sich seitens Albrechts 1 1. bereits erfolgreich ge­ gen die l lerrschaft der Gans in der Prignitz gerichtet hatten, den Übergang des in ihrer unmittelbaren Interessensphäre be­ legenen Landes Huppin an ein ihnen ebenbürtiges Dynasten­ geschlecht in irgendeiner Form geduldet oder gar selbst bewirkt hätten. Die markgräfliche Politik richtete sich offenkundig auf Zurückdrängung dieser eigenartigen Herr­ schaftsrechte, deren Entstehung sich nur im Zusammenhange mit dem Kreuzzuge von 1147 erklären läßt. Diesem Ziel diente auch die teilweise Unterordnung dieser Herren unter die askanische l .ehnshoheit. Es ist unverständlich, warum nicht bereits einer der sehr unternehmungsfreudigen Arnstei19!)

ner, die sicher hervorragend auch am Kreuzzuge beteiligt wa­ ren, die später erst in Erscheinung tretenden Rechte erwor­ ben haben soll. Diese einmalig erworbenen Rechte des Kreuzfahrers konnten auch gar nicht durch Verkauf auf an­ dere übertragen werden ohne Zustimmung des Königs. Ebenso unverständlich ist die S. 434 geäußerte Ansicht, daß die Realisierung der in der Prignitz und am Rhin erworbenen Rechte vor 1157 (Eroberung der Brandenburg) nicht denkbar sei. Es bestand hier keinerlei Zusammenhang mit dem Havel­ land, alles weist vielmehr darauf hin, daß im Bereich der Diö­ zese Havelberg um 1 1 50 keinerlei Hinderung für die damals bereits einsetzende Siedlung bestand. Wer sollte die Herren gehindert haben, hier in dem dünn bevölkerten und der Füh­ rung beraubten Gebiete ihre Mannen zu versorgen'? Analoge Vorgänge findet man bei der Eroberung Amerikas. Für die Spanier lag es dort wesentlich schwieriger. Es gehörten aber auch dort sehr geringe Kräfte dazu, um den Besitz zu sichern. :;) a Alter Markt mit Rathaus; b Neuer Markt; c Marienkirche; d Klosterkichc; c Nikolaikirchc; f St. Spiritus; g Altruppiner Tor; h Bechliner Tor; i Seetor; k Wall; I Stadtmauer mit Weichhäusern; m Pulvcrturm; n Klappgraben. Straßen: 1. Mittlere (lange) Straße, Steinweg; 2. Hauern-, Bau­ straße; 3. Karnipp; 1,. Nobbenholl; 5. Petersiliengasse; 6. Bad­ stubengassc, Papestraße; 7. Wedemegasse (platea dotis) (nur das Stück zwischen Scharren- und Bcginenstraße); 8. Brü­ der-, Oldbuter-, Lapp-, Siechcnstraße; 9. Rodehoff; 10. Grün­ straße; 1 1. Pribeken-, Priemkenstraße; 12. Schulzenstraßc; 1 :i. Badcien- (Boten-), Scharfrichtcrgasse; 14. Schadeland­ straße; 15. Ritterort, Rosenstraße; 16. Rensekow, Probst­ straßc; 17. Roßmühlen-, Leinwcbecrstraßc; 18. Fährstraße; 1 9. Judenstraße; 20. Markt-, Scharrenstraße; 21. Erste Begi­ nenstraßc; 22. Zweite Begincnstraße; 23. Tschcnbcrg. 6) Die Flurbezeichnung ! lagen findet sich bei den meisten früh­ deutschen Burgen, der Hagen gehörte hier zu der aHen Burg­ anlage bei Kränzlin (Räubcrbcrg). �:s handelte sich um ein wohl mit Erlen bestandenes Sumpfgelände, dessen wirtschaft200

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licher Wert kaum von Bedeutung war. Später erscheint dieses Flurstück zusammen mit der anstoßenden Mesche unter der Flurbezeichnung »Kesselhaken« nach der einem solchen äh­ nelnden Gestalt dieser Weideflur. Der Name dürfte sich nicht auf die Wendenbevölkerung be­ ziehen, er könnte gleichbedeutend mit Grenzmark sein und auf eine Zeit zurückgehen, wo hier mit der Lieze das l ,and der wendischen Herren von Werle angrenzte. Die Angaben über ihn bei Heydemann, Begemann, sowie im Ev. Pfarrerbuch von 0. Fischer sind völlig falsch. Vossenholl stammte aus Holland und war Kaufmann großen Stils. F:r tätigte Lieferungen für den kurfürstl. llof und sie­ delie nach Berlin über. Sein Geschäft in Neuruppin führten die Stiefsöhne Niclas, deren Nachkommen bis in die Gegen­ wart hier ansässig waren. »Märk. Heimat« 1 9 11/1, Nr. 1 2 sowie Rache!, Papritz, Wallich, Berliner Großkaufleute und Kapitali­ sten I, S. 375ff. M usterrolle Geh. Staatsarchiv Rep. 78 1, 69. Namensven:eich­ nis Archiv f. Sippenforschung Jg. 5, 1928 Heft 1 . Schriften der Ver. 1•• d. Gesch. Berlins XI, S. !J,7 ff. (Koenig) Historische Schilderung von Berlin 1. Beilagen. Jahrbücher d. preuß. Monarchie Jg. 1 800, Rd. 2.

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Beilage 1

Deutsche Übersetzung der ersten Urkunde. 1 256 März 9 Günther von Arnstein, Graf in Mühlingen, allen Lesern dieser Schrift Gruß immerdar. Dem menschlichen Gedächtnis ent­ schwindet schneller das, was nicht durch Schrift und Stimme von Zeugen dauernd bewahrt wird. Daher machen wir bekannt den Gegenwärtigen und Zukünftigen, daß wir aus Zuneigung zu unse­ rer Stadt Ruppin, sowie auch :w deren Vorteil und Nutzen ge­ wisse Einkünfte, von denen uns zwei Drittel, unserm Schulzen ein Drittel zustanden, der Stadt d. h. den Ratmannen geschenkt haben zu freier und dauernder Verfügung, nämlich: die Zinsen vom iheatrum des alten Marktes, von dem Keller darunter, von allen Scharren der Fleischer, von den Tischen der Wurstmacher, den Fischtischen und von der Ileringsbrücke. Ferner das Haus der Krämer und Kürschner mit Ausnahme des uns von dem Grunde dieses llauses gebührenden Zinses. Um allen möglichen Streitigkeiten zwischen den Richtern unserer Stadt, Vogt und Schulzen, einerseits und den l{atmannen andererseits vorzubeu­ gen, haben wir den jeweiligen Hatmannen gewisse Rechte ge­ schenkt, wie sie die Stadt der Hrandenburger Markgrafen Johann und Otto Stendal genießt. Es sind dies folgende: Ein der Herstel­ lung nicht einwandfreien Brotes überführter Bäcker büßt den llatmannen d. h. der Stadt mit 36 Schillingen. Einern jeden ist er­ laubt, seinen Wein überall zu verkaufen, doch hat der Verkäufer von der Kufe ;J Schilling dem Hat, der vor dem Verkauf den Wert zu bestimmen hat, zu entrichten. Wer den Wein verpanscht oder falsches Maß gebraucht, büßt ebensoviel 1 ]6] Schillinge. Desglei­ chen wer falsches Maß bei anderer Flüssigkeit benutzt. Ein Flei­ scher, der unreines Fleisch auf seinem Scharren verkauft, büßt desgleichen. Doch wollen wir gestatten, daß jemand, der nicht einwandfreies Fleisch hat, es außerhalb des Scharren über den Tisch verkauft. Wir befreien unsere !lichter von jeglicher Ge-

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richisbarkeit der Raimannen. Weiter wurde mit den Hökern ver­ einbari, daß jeder, der beim »meinkop« auf dem Markie ertappi wird, büßt, wie vorher gesagt isi, sonsi wird er mii Ruten und an­ derweiiig öffenilich auf dem Marki besiraft. Wer mit falschem Gewicht d. h. Waage, Pfund oder Elle oder einem falschen Maß überführt wird, verfälli der gleichen Buße, jedoch bei allem unbe­ schadei unser Recht. Die Verfügung über die außerhalb der Stadt angelegten oder anzulegenden Gärien und den Zins davon über­ iragen wir den Haimannen, desgleichen sind Aufbauten der Häu­ ser gen. »vorsollere« und Brunnen nach deren Rai einzurichten. Sonsiige bauliche Anlagen zum Nuizen der Stadt unterliegen un­ serer Zustimmung. Die Enischeidung über Frevel bei dem der Gemeinde gehörigen Holz übertragen wir in gleicher Weise den Ratmannen. Ein Woll- oder Leineweber, der bei falschen Fäden oder Tüchern erlappi wird, büßt, wie oben gesagi, und die Ware soll öffenilich auf dem Marki verbrannt werden. Ungesalzene Fi­ sche dürfen nicht zweimal auf den Markt gebracht werden, der Verkäufer büßt mii 36 Schillingen. Wir gestaiien den Ratmannen bezüglich des Salzmaßes, was sie rechtmäßig erlangen können, jedoch unbeschadet das Recht des Zöllners. Wer vom Rate sol­ cher Vergehen halber vorgeladen, nicht erscheini, büßi mit 5 Schillingen. M it Zusiimmung der Gemeinheii bestimmen wir, daß die Hatmannen sich jeweilig selbst ergänzen unter Hinzuzie­ hung namhafier Bürger. Um diese unsere Verordnung zu sichern, lassen wir diese Urkunde mii unserem Siegel und den Namen der Anwesenden bekräftigen. Leiztere sind: Alberi von Luge, Bor­ chard Benessen, Heidenrich IIobuse, Heinrich Vridaeh, Hoyer von Buscowe, Hiiier, Himbari, Vogt, Hugo, Schuliheiß und dessen Söhne, Salomon Münzer (Monetarius), Lamberi von Moringe, Jo­ hannes von Svalenberg, Beriold Plumcow, Hermann Schuster (Sutor), Raimannen, und andere mehr. Gegeben Olden Ruppyn durch die Hand des Notars Sibodo unter Beistand des Pfarrers in Siöffin Arnold. Im Jahre des Herrn 1256, am 7ien vor den Iden des März ! März 9].

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Beilage 2

Rechnunge von den Gerichtsgefellen zu Neuen Ruppin von O stern 1 6 1 9 bis Ostern des 1 6 2 0ten Jahres Einnahme an Strafen : 2 taler 6 silbergroschen dedit Thomas Leiste, der handelsmann, das er dem rectori scholae, wie er von einer collation sampt an­ dern seinen collegen aufm abendt bei ihme eingekehret, ge­ schlagen und zu seinem hause hinaus gestoßen. Freitags post Miserieordias Domini [ April 1 6] anno 1 6 1 9. 2 taler Donat M oller, gurtler, das er Andres Rittern, wie er mit ihme auf Corporis Christi [Mai 2 7 ] von Zehdenick zu hause gereiset, nachdem er erstlichen ein gezeng [gezänkj mit ihme angefangen, zur erden geworfen und geschlagen, den 3 1 . \1ai 1 6 1 9. 1 8 silbergroschen Michael Meves, der nagclschmidt, das er Hans Mortzen, nagelschmieden von Gransehe [Gransee], in der som­ mermarkte allhier für einen schelm und dieb gescholten und einen top furm koppe entzwei geworfen. 5 taler dedit Peter Becker allhier, das er ohne erlaubnus der ge­ richte mit einem schefferknechte zu dem gefangenen Barteld Bassuthen, der z uvorn auf demselbigen etwas gefehrliches aus­ gesaget, in des scharfrichters losier gangen und den gefangenen umbgestimmet, das er nachmals seiner reden nicht wollen ge­ stendig sein. 1, taler dederunt Barteld Vogeler von Alten Ruppin, Hans Tieffen­ bachs knecht, Dreves Kausel von Molchow, B(ürgermeister) Lietzmanns knecht, Heinrich Ellenhort von Tempelin, Andres Vilitzen knechi, und Merten Moetz, Simon Vossenhols knecht, das sie in der sommermarkt für Jonas Ilirssheiders thüre große gewalt geubet und etzliche schueknechte, so doselbst gezechet, ubel geschlagen, den 7 . Juni 1 6 1 9 . taler 1 2 silbergroschen Achim Börnicke und

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taler 3 Silbergroschen Achim Schulte, das sie einen ochsen, so Baltzer Wernicken zu Zermuetzel zugestanden, von den Kale­ bergen, wie sie im herbst anno 16 18 daselbst geackert, mit ihrer herrn ochsen in der stadt getrieben und Jurgen Schultzen zu seiner hochzeit verkauft, nachdem sie sich auch mit erwen­ ten Wernicken in der gute vorher abgefunden. Montags post Medardi [Juni l 11,) 16 1 9. 12 taler haben Achim Weinschenke und Teves Tiele von Lich­ tenberge, das sie an ,r.ween soldaten, so sich nach Bemen be­ stellen und sich in der stadt herumb trummeln lassen, ob sie ihrer mehr an sich bringen konnten, große gewalt geuhet und ohne sonderliche ursache übel verwundet, den 3. Augusti 1 6 19. 4 taler Cleman Krueger, der mahler, das er Joachim Brunkows hausfrau, so seine frau in ihrer schwachheit besuchen wollen, uhel ausgemacht und auch geschlagen, den 29. August 1 6 19. 2 taler Hans Fissmann, das er sich in der schlossergesellen colla­ tion eingemenget und ursache darzu gegeben, das ein lerm un­ ter ihnen entstanden, und 2 taler Jochim Reuchlin, das er in solchem lerm einen schlosser­ gesellen mit einem stücke vom Ziegelstein ein loch im koppe geschlagen, den 6. Septtmbris 16 19. 5 taler Peter Eggerdt, ein knape, 2 taler 1 2 silbergroschen .lochim Fischer und 2 taler 1 2 silbergroschen Jochim Engel, Bartolmes sohn, das sie den 7. septembris aufm abend umb 1 1 uhren, wie sie aus der hochzeit weggangen, auf der gassen erstlich zween schue­ knecht, und wie sie besser fortgangen, noch einen schueknecht ubel geschlagen. 6 taler noch Peter Eggert, das er einen schueknecht auf der gas­ sen uhcl geschlagen ohne einige ursache aus lauter frevel und mutwillen und sich solches noch geruhmet, als wenn ers woll ausgerichtet, den 8. Septembris. 3 taler 18 silbergroschen Adam Hewel, der schwarzfärber, der einen pauren von Wulkow etliche eilen leinewand, so er bei ihme in der schwerze gebracht, nicht wieder gehen wollen, den 1 6. Septembris 16 19.

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6 taler Thomas Moller der Junger, das er einen knecht von Lich­ tenberge im arm und dann auch Adam Engeln von Spandow, einen tuchknapen, im heupt ubel verwundet, den 18. Octobris. 2 ialer Hans Sentzke von Furstenberge, Daniel Wolterstorffs knape, das er wider etlicher burgerfrauen schimpffliche und ehrenruhrige reim und gesenge machen helfen, den 16. Fe­ bruarii 1620. 2 taler 14 silbergroschen Merten Barentin, das er einen knapen von Furstenberge in seinem hause geschlagen, auch an Mat­ thes Wolterstorffs knapen in seinem abwesen große gewalt ge­ ubet, den 17. Februarii. taler Wilke Grevenitze, der schornsteinfeger, das er Christoph von der Horst, einen frombden meusefanger, in seinem hause geschlagen, den 23. Februar 1620. 5 taler Baltzar Spier, das seine hausfrau ein schwein, welches in seinem hause lauffen kommen, mit seinen gemestet und also kein fragen darnach worden, geschlachtet und verkauffet und solchs nicht vorher von der cantzel abkundigen lassen, das es seinen rechten herren wieder zukommen mugen, den 13. Mar­ tii 1620. 43 ialer haben Hans Koppen, Thomas Moller, Friderich Fritze, Thomas Ulfert und llans Botticher, tuchknappen, geben mus­ sen, das sie fur IIans Niclauses thuere aufm Taschenberg einen lermen angerichtet, llans Niclausen geschlagen, die bank fur der thueren weggerissen, an der thueren gesturmet und oben die fenster ausgeworfen. Von diesem post kompt dem rathe der dritte teil zu. * 4 taler Peter Becker, das er uber beschehnes gerichtliches unter­ sagen eine magd, so sich bei andern in dienste versprochen ge­ habt, bei sich behalten und nicht ausvolgen lassen wollen. 18 taler sein auf 2 mahl in diesem jahre von Jurgen Kruegern ab­ gefordert, so er von seinem hause, welches Achim Pielman,

*) Vgl. oben S. 85. Der vom Hat beanspruchte frühere Anteil des Schulzen an derartigen Versehen auf der Straße.

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wegen begangener dieberei verlauffen, an erbgeldern schuldig gewesen, und hieher zur rechnung gebracht. Iliruber sein 8 taler 2 1 silbergroschen von Hans Scholenen, 8 taler 1 ½ silbergroschen von Jacob Mollern und 7 taler 13 ½ silbergroschen von Jonas Krausen eingenommen, die sich den 3. Sept. 16 19 im gericht angegeben, das sie vor drei tagen an einen kerl, so sich Peter Moller genannt und sich vor Christoph Freybergs Vogt ausgegeben, geraten, so drei ochsen hereingetrieben und zukauffe geboten mit vorwenden, das sie seinem junker zustunden, die sie ihme auch abgekauft. Und hette derselbe von ihnen begehret, das sie ihme neben der zah­ lunge ein schreiben an seinen junker mitgeben wollten, damit er ein gezeugnus hette, wie teur er sie verkauffet. Als ihnen aber solches in etwas verdechtig vorkommen, hetten sie einen eigenen boten mit dem gelde abgefcrtiget, der allein laufen und es mit einem schreiben dem vom ade) zubringen sollte. Wie derselbige nun auf jenseit Zechlin kommen, were der verkeuf­ fer an ihme gelanget und eine weile mit ihm gewandert und in einem grunde am boten begehret, das er das geld von sich ge­ ben sollte. Worauf sich derselbige zur wehre gesetzt, des an­ dern mechtig worden und unter sich geworfen und sich in et­ was mit ihme getummelt, bis ein paur gefahren kommen, den er umb hulfe angerufen, welcher ihme auch beigesprungen, da er dann den andern mit seinem spieße wohl abgeschlagen, mit dem wagen wieder zuruck gefahren und ihnen das Geld wie­ der gebracht. Also nun nach solchen ochsen oder gelde bis itz;o Ostern 1620 gar keine nachfrage gewesen, ist das geld von ihnen dreien abgefordert, nachdem ein jeder vorher abgezo­ gen, was er deswegen aufgewandt. Summa der Einnahme 162 taler 1 1 silbergroschen.

Ausgabe 10 taler 14 silhergroschen 1 1 d., der vierde Pfennig, den sämptli­ chen gerichtsverwaltern. 207

1, taler ahn l ohne] :l schock den gerichtsverwaltern auf die pfandtage verordnet. 9 taler dem gerichtsschreiber eines jahres besoldung. 1 taler 22 silbergroschen für 2 6 ½ buch pappier. - 3 silbergroschen :l ½ d. vor siegelwachs. - 4 silbergroschen 8 d. vor iinte. 1 4 taler 8 silbergroschen zu Abfindung ihres dritten teil s einem erbarn rathe wegen des l ermes, so Hans Koppen . . . [ vgl. oben] vor Hans Nidauses thuere getrieben, von ihren erlegten 43 ta­ ler strafe bezahlet. 2 taler 2 silbergroschen :l ½ d. vor 1, fueder holz, damit die ge­ richtsstuebe aufgeheitzet worden. 2 taler 1 5 silbergroschen vor 4 par schuhe, ist des quartal s ein par, dem gerichtsdiener. - 2 silbergroschen zur erbauung des brunnens kegen dem scheppenhause. - 1 ½ silbergroschen dem glaser für 8 rauten einzusetzen. - 1 silbergroschen 1 3 d. den dienern zum stü bichen hier, wie Barteldt Bassut gefangen genommen. - 2 silbergroschen 1 1 d. Baltz;er Braadten, das er wegen des ge­ fangenen Barteid Bassuts ein schreiben an die gerichtsj unker z;u Cantow getragen. - 8 silbergroschen 1 1 d. Claus Martzahn botlohn, das er nach Kyritze und Wuettke [Wutike] an die gerichte und junker we­ gen dieses gefangenen schreiben getragen. - 7 silbergroschen - Merten Kisserown, das er am herrn Licen­ tiaten nach Wittstock schreiben getragen, an welchen Örtern man sich wegen seiner unthaten erkundiget. - 1 8 silbergroschen 1 1 d. Urban Kisserown botlohn nach Bran­ denburg [zum schöppenstuhl] taler - - urthelgeld, wie diesem gefangenen die tortur zuer­ kannt. - 7 silbergroschen - Urban Kisserown botlohn etliche schrei­ ben nach Protzen, Luyow [ Lögow] und l\iefaeband [Netz;eband] zu tragen, worein etliche z;eugen gefodert worden von dieses Bassuts unthaten zu deponieren.

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- 15 silhergroschen 1 1 d. hotlohn nach Brandenburg. 2 taler - - urthclgeld, da Barteid Bassuten auf seine peinliche bekenntnis der strank zuerkandt. 2 taler I B ½ silhergroschen - vor 30 tage Meriten Seiler und 1 taler 15 silhergrosehen - vor 13 tage dem scharffrichter ver­ gnueget, Barteldt Bassuten zu speisen. 1 taler 16 ½ silhergroschen - den wechtern, so bemelten Bassu­ ten in der badeien die zeit bewachet. - 1 silhergroschen 5 d. vor 1 nossel wein, da dieser gefangener sollen ausgeführet werden. - ;J, silhergroschen - dem scharfrichter, Barteldt Bassuten nach dem urtel zu richten. - 1 silbergroschen - den stadtdienern für 2 stühichen hier, so die scheppenhank ausgesatzet und wieder weggenommen, wie dieser Barteldt Bassut gerichtet worden. - 1 silbergroschen 13 d. vor 1 stühichen hier, wie Maria Lamp­ rechts gcfenglichen angenommen. - 1 silbergroschen 13 d. zum stübichen Bier den dienern, da sie unter den pauren von Lichtenherge und soldaten friede ge­ nommen und das len1en gestillet. - 1 silbergroschen 1 3 d. noch denselben für 1 stübichen hier, wie ein paur von Lichtenberge, so das lermen anfangen helfen, gefenglich eingezogen. - 1 silhergroschen 1 ;3 d. den dienern zum stübichen bier, wie sie Kersten Fettingen gefenglich angenommen und eingesatzt. - 10 silhergroschen - Merten Seiler, das er diese gefangenen 1 ½ tage gespeiset. - 8 silbergroschen 8 ½ d. noch den dienern, wenn sie so woll auf den ordentlichen pfandtagen als extraordinarie pfandungen verrichtet. 4 taler 7½ silhergroschern - Achim Degehroten gelohnet, die Hans Nicodemusche, so von der vorigen regirung gefangen ge­ lassen worden, :M tage gespeiset. Noch demselhigen 5 taler 6 silbergroschen - die Nicodemusche vom Pfingstabend bis auf den 3. Juli zu speisen und zu warten. 6 taler 8 silhergroschen 1 1 d. Jochim Stegcmann, gcrichtsdienern, 209

vergnueget, das er die Nicodemusche bis Bartholomäi in sei­ nem losament gefangen gehalten, gespeiset und gewartet. - 15 silbergroschen 1 1 d. botlohn nach Brandenburg. - 2 silbergroschen - wartgeld und l tlr. zum urtel, so zum dritten und letzten mal der Hans Nocodemuschen wegen gefodert worden, worauf sie auch des landes verwiesen. - 10 silbergroschen - botlohn Jacob Roegelinen, der das letzte urtel in der Nicodemusche sachen an die herren cammerge­ richtsrete nach Berlin zusampt einem bericht mitgenommen, den 4. Augusti 16 19. - 1 silbergroschen - dem gerichtsdiener, das er an herrn cast­ ner wegen der pauren zu Lichtenberge und Wuetenow, so das lermen mit den verwundeten soldaten getrieben, das sie sich alhier für gerichte gestellen mochten. - 1 silbergroschen - demselbigen an herrn castner schreiben zu bringen wegen der Molchowschen pauren, so aufm stadt­ felde einen kecht von Beetze sehr ubel geschlagen, das er die cleger hieher für gerichte weisen und denen beclagten zu Mol­ chow alhier zu erscheinen auch auferlegen mochte. - 8 silbergroschen - Urban Kisserown, der ein schreiben am herrn hauptmann nach Fürstenberg wegen einer geschwenger­ ten magd, so alhier ausgetreten und daselbst sich aufgehalten, getragen.

An verehrungen auf hochzeiten 2 taler 2 1 silbergroschen für 2 silberne loffel auf des herrn cast­ ners zu Alten Huppin tochter hochzeit. 2 taler 18 silbergroschen an 2 silberne loffel auf des herrn b(ür­ germeisters) Caspar Witten tochter hochzeit. 1 taler 1 6 ½ silbergroschcn für 2 zinnern schusseln auf hcrrn I ,o­ renz Seger* sohn hochzeit. *) J ,orenz Scger geb. 1 569, gest. 1 630 an der Pcsl, siehe Leichenpredigt in Brandcnburgia XVII 510 !.

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2 taler 4 silbergroschen für 2 zannern schusseln auf des herrn b(bürgermeisters) Joachim Engels sohn hochzeiL 1 taler - für zin auf des herrn b(ürgermeisiers) Joh. Schonenberg tochier hochzeit. 2 ialer 2 silbergroschen vor 2 zinnerne schusseln auf b(ürgermei­ ster) Joh. Hechts tochter hochzeiL 1 ialer 16 silbergroschen 11 d. für 2 zinnerne schusseln auf b(ür­ germeister) Hieronimi Reuchlins tochier hochzeiL 2 taler 2 silbergroschen - für 2 zinnerne schusseln auf des herrn pfarrer tochter hochzeiL 2 taler 8 silbergroschen - für 2 zinnerne schusseln auf des herrn stadischreibers hochzeit. 2 ialer 8 silbergroschen - für 2 zinnerne schusseln auf b(ürger­ meister) Melchior Millies tochier hochzeit. 3 taler 18 silbergroschen - vor confcct in der apotheken bezah­ let, so in obgesatzten schüsseln auf den hochzeiten verehret worden. 3 taler - - sein an zween reichsialern Ern Simoni Crimio, dem neuen diacono, verehret worden, wie er seine primitias celebri­ ret. - 13 ½ silbergroschen - dem cantori, wie er die gerichie zum neuen jahre besungen. - - 10 d. vor nage!, die dielen an der scheppen wellerwand wie­ der anzuschlagen. - 3½ silbergroschen - für 2 fuder lehm am scheppenhause und der Wellerwand verbrauchet. 5 taler 8 silbergroschen 2 d. an zinsen ausgeben von den 89 tlr. 5 sgr. 3 d. form jahre verbliebenen schulden, so Churf. Gnaden wegen auf die peinliche sachen mussen gewandt werden und nun von etlichen jahren her sich aufgesammlet, weil die ein­ nahmen so hoch nicht gewesen, das die ausgaben damit kon­ nen verrichtet werden. 4 taler - - dem camerario pro studio. Summa der ausgaben l!l,;J, taler 13 silbergroschen 6 d. Bleiben von der einnahme 17 ialer 2 1 silbergroschen 9 d. 211

Beilage 3

Das Lusthaus Friedrichs des Gr. im Tempelgarten und seine U mgestaltung im Jahre 1 7 9 2 . 1 Im Jahre 1 7 3 3 ließ sich Kronprinz Friedrich in seinem Garten > Amalthea< durch den Architekten Georg Wenzeslaus von Kno­ belsdorff ein Lusthäuschen in Gestalt eines Tempels erbauen, das noch heute als Denkmal jener Zeit einen besonderen Anzie­ hungspunkt im Neuruppiner Kreisgarten bildet. E s ist aus einer vorhandenen älteren Zeichnung bekannt, daß das heutige Ausse­ hen dieses Tempelchens nicht mehr der ursprünglichen Gestalt entspricht 2 , aber man wußte nichts Näheres über die Umstände, die den Anlaß zu dieser Umgestaltung gegeben haben. Davon will ich deshalb nach den darüber vorhandenen Akten:! erzählen. Der aus leichtem Material errichtete offene Tempel, dessen von acht Säulen getragene Kuppel eine Apollofigur krönte, war beim Tode Friedrichs des Großen bereits so baufällig geworden, daß sein Einsturz bald zu erwarten stand. Als nun 1 7 8 7 das schreckli­ che Brandunglück die Stadt Neuruppin heimsuchte und es galt, die Stadt neu aufzubauen, da hätte man es bei der damaligen sonst geringen Beachtung historischer Baudenkmäler kaum er­ warten sollen, daß man diesem einstmaligen Lusthäuschen beson­ dere Beachtung schenken und noch Geldmittel dafür aufwenden würde. Dies wäre wohl auch nicht geschehen, wenn nicht der Staatsminister Freiherr v. Voß, der Bruder der Gräfin lngenheim, bei dem aus Anlaß des Wiederaufbaus der Stadt abgestatteten Besuche persönliches I nteresse an dem Tempel genommen hätte. Er ordnete im Herbst 1 7 9 1 an, das Bauwerk zum Andenken an

1 ) aus : Märkische Heimat 1, 1 9 28, 1\/r. 1 , S. :l-1. 2 ) Vgl. Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin, S. 3 18 f. ::) Geh. Staatsarchiv, Generaldirektorium Kurmark Til. 161 Ruppin Nr. 1 1.

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den großen König zu konservieren, und forderte Vorlage eines Kostenanschlages ein. Der daraufhin mit einer Zeichnung einge­ reichte Anschlag lautete auf 383 Taler. Da der Prinz Ferdinand aus Anlaß des Brandes seine ihm gehörigen Gärten bei seinem damaligen Wohnhause der Stadt geschenkt hatte, schlug die Reta­ blissementskommission vor, diese Kosten aus dem Verkauf des dort befindlichen alten Lusthauses und des großen Pferdestalles, der neben dem prinzlichen Hause erhalten geblieben war, zu be­ streiten: hatte man doch schon aus dem Erlös des genannten Lusthauses einen Graben in der Nähe des Tempels, über den frü­ her eine Brücke führte, ausgefüllt. v. Voß lehnte diesen Vorschlag ab, da diese Gegenstände Eigentum der Kämmerei waren, und er bewilligte die veranschlagte Summe aus Staatsmitteln am 6. De­ zember 179 1. Bei der Wiederherstellung war besonders der Ma­ jor von Tschammer interessiert, welcher das Stück des Walles mit dem Tempel in seinen Garten hatte einzäunen lassen und sich nun diesen Teil zum Eigentum erbat unter Übernahme der Verpflichtung, auf ewig für die bauliche Instandhaltung zu sor­ gen. v. Tschammer ließ gleichzeitig auch auf eigene Kosten einen Souterrainanbau am Tempel ausführen, da er diesen als Garten­ haus nutzen wollte. Die Arbeit am Tempel selbst war dem Unter­ nehmer Busse übertragen worden, welcher jedoch mit den bewil­ ligten Geldern nicht auskam. Es stellte sich heraus, daß noch 150 Taler darüber fehlten. Der vom Minister geforderte nähere Bericht erläuterte, daß Mehrkosten dadurch bedingt wurden, daß für die Kuppel neues Blech notwendig war und das zum Verband der Kuppel dienende völlig verfaulte Holz erneuert werden mußte. Auch die Maurerarbeiten hatten bedeutend höhere Ko­ sten verursacht. Ebenso hatte die Figur (Apollo) auf der Kuppel als gänzlich verfault abgenommen werden müssen, sie war durch einen »Tannenapfel« ersetzt worden. Im Herbste 1792 hatte der Minister v. Voß die Sache selbst in Augenschein genommen, und der Befund hatte schon sein größ­ tes Mißfallen erregt. Man hatte dem Tempel eine Gestalt gege­ ben, in welcher er die ursprüngliche Form überhaupt nicht wie­ dererkennen konnte ; umso mehr war er entrüstet, daß man zu 213

dieser »Umformung« nun noch mehr Gelder verlangte, da ihm die Bereitstellung der ersten Summe schon große Mühe gemacht hatte. Er habe, so schrieb er, nur im Auge gehabt, dieses ehrwürdige Denkmal in seiner ursprünglichen Gestalt zu erhalten, jetzt habe man den Tempel so verkleidet, daß man ihn von einem moder­ nen Lusthause nicht unterscheiden könne. Auf eine solche Um­ wandlung des Tempels in ein Gartenhaus habe er überhaupt nicht verfallen können, da auch der eingereichte Anschlag keine Kosten für Türen enthalten habe. Man habe hier auf königliche Kosten für einen Privatmann ein Gartenhaus erbaut, wofür ihm jedes Verständnis fehle. Der Oberbaurat Berson, der diese geharnischten Rügen erhielt, suchte sich zu rechtfertigen. Man habe den Tempel mit einer Mauer einfassen müssen, weil auf eine andere Art eine billige dauerhafte Herstellung unmöglich gewesen sei. Hätte man ihn wieder freistehend aufbauen wollen, so hätten die unten ganz aus­ gewitterten Säulen mit einer Rüstung umgeben und abgesteift werden müssen, um die Kuppel herunter zu nehmen, die Säulen wieder aufzumauern und die Kuppel wieder aufzusetzen. Nun habe man die kostspielige Rüstung erspart, indem man nach Auf­ führung der Mauer einfach Gebälk und Kuppel auswechseln konnte. Zur Wiederherstellung der freien Säulen hätte man keil­ förmige Steine brennen lassen und zum Fuß Würfel von Sand­ stein beschaffen müssen, auch mußten dann die Kapitäle, Archi­ trave und Hauptgesims wie bei dem alten Tempel von Holz gemacht werden. Das sei jetzt alles massiv gemauert und nun un­ gleich dauerhafter, ferner habe man auch das zur Verbindung der Säulen mit dem Gesims und Gebälk erforderliche starke Eisen­ werk erspart. Die Wiederherstellung in alter Gestalt hätte mithin viel höhere Kosten verursacht und das Gebäude wäre trotzdem dem Verfall weiter ausgesetzt geblieben. Da auch andere Tempel (z. B. der Tempel am Neuen Palais) mit Mauern eingeschlossen seien, habe er im Übrigen auch nicht geglaubt, mit dieser Umge­ staltung einen Fehler oder eine Entstellung zu begehen. Er stellte schließlich anheim, den Major v. Tschammer die Türen und Fen-

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ster selbst bezahlen zu lassen, da ihm ja das Eigentum an dem Gebäude überlassen worden sei, dann würden nur 125 Taler feh­ len. Herr v. Tschammer habe auch früher sich selbst zur Tragung der Mehrkosten erboten. Der Minister v. Voß war dadurch nicht umgestimmt, er ließ den Oberbaurat sehr ungnädig wissen, daß es überhaupt nicht darauf ankomme, »ob die gegenwärtige umge­ formte Gestalt des Tempels zierlich und architektonisch schön« sei, sondern darauf, »wie dieses Denkmal des höchstseligen Kö­ nigs ohne außerwesentliche Zusätze hat erhalten werden sollen und wirklich erhalten ist«. Letzteres sei aber nicht geschehen. Unter den vorliegenden Umständen würde er von der Reparatur überhaupt ganz abgesehen haben, da man zu einer Zeit, wo noch viele Bürgerhäuser in Asche lägen, nicht große Summen für öf­ fentliche Verzierungen ausgeben könne. Schließlich verfügte er, den Major v. Tschammer, auf dessen persönliche Wünsche man jedenfalls bei der auffallenden Bauart Rücksicht genommen habe, da sogar eine Feuerung in dem Tempel angelegt worden sei, gege­ benen Falls für die Mehrkosten heranzuziehen. Daraufhin bat je­ doch die Retablissementskommission, von einem solchen Verfah­ ren abzusehen, da v. Tschammer als rühriges Mitglied der Kommission viele Mühen gehabt habe. Der Minister gab nach und, indem er mit Rücksicht auf die Verdienste v. Tschammers darauf verzichtete, ihm einen Teil der Summe aufzuerlegen, wies er den Fehlbetrag aus Staatsmitteln am 8. Januar 1793 an. Die spezialisierte Rechnung über die Wiederherstellung beziffert diese auf 5:14 Taler 5 Groschen. Während wir es also dem Minister v. Voß verdanken, daß dieses Bauwerk nicht spurlos verschwunden ist, müssen wir es bedau­ ern, daß der Wunsch des Herrn v. Tschammer, ein modernes Gartenhaus zu besitzen, zu einer völligen Veränderung des Tem­ pels im Gegensatz zu den sehr verständigen Absichten des Mini­ sters geführt hat.

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Benutzte Quellen und Literatur* zur Stadtgeschichte Quellen : Codex diplomaticus Brandenburgensis. J/rsg. A. F. Riedel, Bd. A IV, Berlin 1 81,'J. . Kurmärkische Ständeakten aus d. Zeit KurL Joachims II. Hrsg. W. Friedensburg, 2 Bde. 1 9 1 3, 1 9 1 6. Die brandenburgischen Krichenvisitationsabschiede und Regi­ ster, Bd. 2 : Das Land Ruppin. Bearb. Gerd Heinrich (Veröff. d. IIisior. Kommission Berlin, Bd. 6), Berlin 1 9 6 3 . D i e Kunstdenkmäler d e s Kreises Ruppin (Kunstdenkmäler d. Prov. Brandenburg 1, 3), 1 9 1 4. Handschrift(. Sammlungen des Neuruppiner Stadtphysikus Dr. B ernhard Feldmann im städtischen Archiv Neuruppin. Archivalien des ehern. Preuß. Geh. Staatsarchivs und des Archivs der Branden b urgi schen Provin;,;ialverwaltung (Ständi sches Ar­ chiv).

Literatur :

W. Bartelt, Tore, Straßen, Plätze und Befestigung N euruppins. Neuruppin 1 9 2 6 .

W. Hartelt, Ruppin vor 1 00 Jahren (Ruppiner Heimat, IIcft 2). W Hartelt, die Landwehren, Schwedenschanzen und Landwehr­ gräben im Ruppiner Kreise. Neuruppin 1 9 2 3

W. Bartelt, Der Ruppiner Klappgraben. 2 . Auflage. o. J. Neurup­ pm.

W. ßartelt, Geschichte der l\curuppiner Freihäuser (in Festschrift des Ilistor. Vereins der Grafschaft Ruppin zur 7 5 . Wiederkehr des Gründungstages, S. 3 1 -6 0). N euruppin 1 930. W. Bartelt, Die Geschichte der ehemaligen Prinzenhäuser zu Neuruppin. (Veröffentl. des Ilistor. Vereins der Grafschaft Ruppin Nr. 3) N euruppin 1 9 28.

*) Die nach d e m Tod d e s Autors erschienene Lileralu r wurde nur i n knapper A u swahl aufgenommen.

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Orts- und Personennamen Vorbemerkung: Ortsbestimmung nach der Kreiseinteilung vor 1945, bei den Ortschaften des ehemaligen Kreises Ruppin fällt solche fort. Kürzungen: Bgm. = Bürgermeister, Kr. = Kreis, Pfr. = Pfarrer, Rm. = Ratsmitglied, Stv. = Stadtverordneter. Nur beiläufig erwähnte Namen wurden nicht verzeichnet. Albrecht 12 Walter II. u. I I I. 15, 20 Wichmann, Prior, 511 ff., 17 1 Weitere unter Ruppin, Herren v.

A

Ackermann, Joh. Friedr., Drucker, 1 15, 139 Ahrens, Wilh., Lehrer, 165f. Ahrensberg Kr. Stargard Meckl., 1 1 Altfriesack 9, 63, 95 Burgberg 14 Altringer, kaiserl. General, 102 Altruppin 9, 19, 52, 62 f., 70, 78, 8 1, 113, 124, 138, 141, 162, 177, 182 Schloß (Planenburg) 1 1, 17 f., 37, 65, 67, 8 1, 94, 152 Venusberg 911, Amt 68, 811, 108, 1 16, 132, 160, 2 10 Mühlen 47 f. Wall 10 Alward, Probst, 511, Anhalt, l leinr. Dr. med., Bgm., 116, 120, 122 Apotheker 1 16 Arnold, Pfr. Stöffin, 24, 203 Arnstein, Burg am Harz, Edle V. 1 1, J:3, 17, 19, 199

ß Bancr, General, 103 Harentin, Merten 206 Barleben, Richard 179 Harstorff, v. 105 Bassut, Bartei 204, 208 f. Bechlin 2 1, 29, 69, 104, 1 13, 133, 1111, 165 llünenwall 20 Hecker, Joachim, Pfr., 104 Peter 204, 206 Bcetz K r. O.-Havelld. 76, 210 Hellin, Ländchen 72 Benessen, Hurkhard, Ritter, 203 Bergemann, Fabrikant, 172 Berlin, Stadt 23, 311, 66, 76, 78, 91, 132 ff., 138, 164, 170, 177, 209 Herlin, Andreas, Bgm., 82, 88, 97, 99 Jakob 97 224

Berson, Geh. Baurat, 1 49 ff., 2 1 4 f. Beuster, Stv., 1 69 Bienengräber, E. A., Bgm., 1 69 Bindemann, .loh. 9 7 Blümcl, Dr. Ernst, Bgm., 169 Bock, Bgm., 123 Börnicke, Achim 203 Bötticher, Martin, Pfr., 7 1 f. Bötzow (Oranienburg) 16 Boiticher, Hans 205 Boyen, D. G. v., Glockengießer, 53 Braadt, Balzer 208 Brand, Achim 94 Brandenburg, Mark 21, 55, 68, 71 Markgrafen u. Kurfürsten Albrecht d. Bär 1 3 , 1 5, 18 Albrecht I I . 1 99 .loh. I . u. Otto III. 19, 25, 199, 20 2 Joachim I. 50, 64 Joachim II. 18, :1 2, ;J, 1, 56 f., 65, 68 ff., 71, 8 7 Gern. Hedwig von Polen 8 1 .loh. Georg 95 Joachim Friedrich 82 .loh . Sigismund 75, 82 Georg Wilhelm 99 ff. Friedr. Wil helm 10 7 ff. Friedrich I I 1. 1 1 5. Siehe Preußen

Brandenburg, Stadt 99, 108, 1 10, 1 26, 1 2 9, 1 32, 1 8 7 Schöppenstuhl 208 Brasch, Bernh., Bauinspektor, 119 ff. Bratring, F. W. A., Historiker, 152 Braun, Dr. med., Bgm., 1 6 9 Breddin, Kr. O.-Prignitz 1 1 5 Brosius, Daniel, Drucker, 139 Brunkow, .Joachim 205 Buchbinder, Drucker, 1 7 3 Buchow, Andreas, Pfr., 7 2 Buddenbrock, v . 1 44 Bullichius (Bülch), Albert, Arzt, 80 Burghardt, H., Bgm., 1 69 Burgsdorff, Konr., Oberst, 1 0 1 Burring, Gregor, Arzt, 7 9 Buskow 10;J, Horst 1 2 4 Buskow, Hoyer v . , Ritter, 203

C Calbe, Kaspar, Dr. med. 80 Campe s. Kampe Chodowiecki, Daniel 1 48 C hurdes, .Joh. Simon, ßgm., 1 20 Cölln a. d. Spree 3!J,, 66, 99 Domstift 6 1, 7 1 D Dabergotz 104 Dänemark, Dänen 10 1, 1 36 f. Degebrot, Achim 209 225

Diebisch, Baumeister, 1 83 Dietrich, Martin, Rektor, 7 1 , 141 Döring, Andreas, Pfr., 7 0 Düring, Fabrikant, 1 7 0

E Ebell, Farn. 1 7 1 Christian, Gottfried, Heinr. u. Louis 1 7 0 f. Eggerdt, Peter 2 0 5 Ellenhort, Heinr. 2 0 4 Engel, Adam 2 0 6 Bartei u. Joachim 205 Joachim, Bgm., 2 1 1 Ernicke, Elias, Rm., 9 7 Eylert, Brauer, 1 6 2 F Fahrenbach, Graf. v., Oberst, 1 01 Falkenrehde, Kr. O.-Havelld. 70 Faulstich, Oberlehrer, 1 7 3 Fehrbellin 2 1 , 8 2 , 99 f., 1 02, 1 06, 1 08, 1 1 3, 1 38, 1 4 1 , 1 7 7 f., 1 83 Fähre 9 5 Feldmann, Bernh., Dr. med. 1 2 3, 1 42, 1 5 2 Fetting, Kersten 208 Fink, Franz, Turnlehrer, 1 6 7 Fischergi lde 46 Fissmann, Hans 205 Fontane, Theodor 1 84 Frankfurt/Oder 34

Universität 7 9 Freyberg, Christoph v. 2 0 7 Friederich, Bartei 30 Friesack Kr. W.-Havelld. 1 3, 1 6, 1 38 Fritze, Friedr. 206

G Gadow, Forst 84, 1 1 5, 1 24 Gadow, v. 83, 1 1 5 f. Gallas, General, 1 04 f. Gans, Edelherren 1 3, 1 98 Gartow 1 04 Garz 6 3 Gebhard, Abraham, Richter, 97 Gentz, A lex. 1 66, 1 7 4 Joh. Christian 1 66, 1 H f., 1 83 Gentzrode 1 7 4 Gerlach, Joh. Gottfried, Dr. med. 8 1 , 1 1 6 Gildenhall 1 6 1 Gleichen, Grafen v. 64 Glin, Landschaft 1 6 Gnewikow 7 6 Goering, Justizrat, Stv., 1 68 f. Goldheck Kr. O.-Prignitz 1 1 Gottberg 1 04 Gransee 1 1 , 1 5, 42, 50, 63, 68, 82, 94, 1 0 2, 1 06, 1 1 8, 1 3 1 , 1 38, 1 7 7 , 204 Kloster 6 1 Graun, Joh. Gottlieb u. Heinr. 1 44 Grel le, Anna u. Bart. 5 2 f. 226

Grevenitze, Wilke 2 0 6 Grevenstein, Bertram 1 00 Grieben Kr. Stendal, Grafschaft 1 5 Grieben Kr. R uppin 1 0 3 Grimm, Simon, D iakonus, 7 1 f., 2 1 1 Groeben, v. der 1 04, 1 44 Groß Mutz 6 :3 Guderthyr, Joh., Ilm., :1 1

1-1 I Iaack, Gottlob, Stv., 1 6 9 Haag, N ik., Prediger, 1 1 5 llaagen, Carl, Fabrikant, 1 7 1 I Iami lton, Graf, General, 1 1Ul l lans, Thomas, Ilm., !l 7 Havel berg, Ort 80, 1 00, 1 0 :1, 1 86 Diözese 1 1 , 5 11 , 2 0 0 Bischöfe 1 1 , 1 4, 5 2 , ;, 8 , 6 0 J o h . v. Schlabrendorff 64 Hebron, Oberst, 10 1 Hecht, Joh., Bgm., 95, 9 7 , 2 1 1 Herzberg 6:1, 1 7 7 l lessenstein, Graf, General, MI l l iersekorn, Johann C hristian 1 55 Hirsscheider, Jenas 201 Hobuse, Heidenr., Ritter, 2 0 :1 l loch städt, Karl , Stv., 1 7 0 l loepfner, Stv., 1 6!) I löslin, Christop h v., Bgm., 1 22 l lolle, I lei nr., Bgm., 1 2 0 f.

l loppe, Dietr., Rektor, 1 :1 9, M l f., 1 54 Horst, Chri stoph v. der 2 0 6 H ugo s. Trippene T I rrenanstalt 1 5 1 , 1 M

.J

Jahn, Turnvater, 1 6 7 Jah n , Bgm., 1 2 3 Jakob, Schulmeister, 6 1 Jenge, Wilh. u. Otto 1 7 9 Jerichow, Edle v. 1 3 Jerusalemkapelle 6 0 Juden 3 2 ff. Jüdischer Friedhof 1 8 2 Synagoge :1 :1 Jüterbog 1 8 f., 9 7

K Kaempf, Joh. u. Wilhelm 1 61 Kaland 60, 7 0 Kampe, Friedr., Oberlehrer, 1 6 5, 1 7 :1 Kantow 1 01 , 2 0 8 Karschin, Anna Luise 1 18, 1 5 5 Katerbow 6 :1 Sec 1 7 Kausel, Drevcs 2 0 1, Kclber, Henni ng 42 Keilen see 8:3, 1 24 Kenkel, Bgm., 1 2 :1 Keyserling, D ietr. v. 1 41 Kisserow, Mcrten 208 Urban 208, 2 1 0 227

Kleist, v. 1 2 5 Klitzing, v. 104 Knesebeck, Friedr. Wilh. v. d. 157 Knobelsdorff, Karl Sieg­ mund v. 1 44 Georg Wenceslaus v. 1 45, 2 12 Knöllner, C. E. 1 7 5 f. Knoevenagel, B . F., Bgm., 1 69 Koch, Rm., 1 2 3 Königsberg, Köppeke 42 Köppen, Rm., 1 2 3 Kohlhase, Emanuel, Pfr., 104 f. Kolhard, Samuel 1 20 Kopp, Grete 7 4 Koppen, Hans 206, 208 Kortenbeck, Jakob, Prediger, 70 f. Joachi m 7 1 Krabbe, Nik., Rm., 9 7 Kränzlin 2 9 , 104, 1 1 3, 1 4 1 Räuberberg 14, 30 Kratz, v. 104 Krause, Steuerkommissar, 1 20 Jonas 20 7 Kremmen Kr. O.-Havelld. 7 8, 100, 1 7 7 Kriele, Farn. 53 f., 7 3 Baltzer 8 9 , 93 Jakob 89, 93 f. Krüger, Amtsrat, 1 10 Clemann 205 Jürgen 206 Kurt, Bgm., 1 69 Kühling, Friedr., Lehrer, 1 65 f.

Kühn, Joh. Bernh. 1 39, 1 55, 1 7 1 , 1 73 Gustav 1 66, 1 7 1 ff. Kyritz 1 2, 1 8, 208 L Lamprecht, Maria 209 Landirrenhaus 1 5 1 Landsberg/Warthe 25, 1 8 7 Langen 1 9, 29, 104, 1 24 Leest, v. 104 Leiste, Thomas 204 Lemm, Anna 7 4 Lenne, Gartendir., 1 82, 209 Lichtenberg 205 f., 2 10 Lichtenberg, Bartelt 94 Lieberkühn, Phil. Julius, Lehrer, 154 Lietzmann, Litzmann, Farn. 8 1 , 1 2 3, 1 43 David, Bgm., 88 Dietr. Heinr., Bgm., 1 20, 1 23, 1 33 Christian Heinr., Rm., Bgm., 1 23 Joh., Bgm., 9 7 f., 1 10, 1 1 2 f., 203 Hans 6 9 Lietzow, Litzow, Joachim, Rektor, 6 1 , 9 7 Lieze, Landschaft 1 0 , 1 6 Lilliehök, Axel, General, 105 f. Lindau (Lindow) b. Zerbst, Grafschaft 1 5 Grafen v. s. Ruppin 228

Lindow, Stadt 1 1 , 7 7 , 1 1 3, 1 3 1 , 1 38, 1 40, 1 7 7 f. Amt 1 4 1 Kloster 1 1 , 3 1 , 6 5 Livland 1 2 Lögow 104, 20 7 Löwen, Emmerich v., Oberst, 10 1 Löwenberg 1 1 , 1 7 8 Loose, Karl, Turnlehrer, 1 6 7 Lüderitz, v. 104 Luge, Albert v., Ritter, 25, 202 Luther, Martin 56, 65, 6 9 Lynar, Rochus Graf zu 9 4

M Magdeburg, Stadt 102 Stadtrecht 18, 24, 39 Mahler, Christian, Drucker, 1 1 5, 1 39 Manker 104, 133 Mansfeld, Graf Phil. v., General, 1 00 Markau Kr. O.-Havelld. 7 1 Martini, Ambrosius, Pfr., 70 Martzahn, Claus 208 Masch, Zeichenlehrer, 1 7 3 Mecklenburg, Land 40, 104, 1 3 2, 1 36, 1 38 Herzöge 64 Meerkatz, Anton 97 Meinicke, Michel 100 Menz 1 4, 63, 108 Merten, Joachim, Badstuber, 80 M erz, Feldprediger, 1 30

Meseberg, Heinr. v. 100 M etzelthin 104 Meves, M ichael 204 Michaelis, Heinr., Stv., 1 69 Michel, Paul 8 7 Milli es, Melchior, Rm., 9 7 f., 21 1 Möllensee 9 Moetz, Merten 204 Molchow 204, 2 1 0 See 1 7 Moller, Donat 204 Jakob 20 7 Peter 20 7 Thomas 9 7 , 206 Moring, Joh., Rm., 3 1 Moringen, Lambert v., Rm., 3 1, 20 2 Mortze, Hans 204 Mühlingen, Kr. Bernburg, Graf. v. 1 5 Müller, Ekhard, Stv., 1 70 Emil 1 7 6 L., Bgm., 1 69 Müller, Wendelin 1 1 5, 139 Münzer, Salomon, Rm., 3 1 , 203

N Nackel 10 1 , 104 Nauen Kr. O.-Havelld. 1 2 9, 1 38, 1 43, 1 46 Netzeband 10, 20 7 Neubrandenburg, Meckl. 102 Neukammerluch 9 Neuruppin überall 229

Stadtviertel 32, 49, 75, 90, 183 Rensekow 20, 49 Gräben, Wälle 2 2 , 28, 48, 92, 140, 144, 2 13 Stadtmauer 28, 3 1, 48, 5 7, 9 1, 96, 106, 18 1 f. Tore 2 2 , 28, 48, 183 Altruppiner (Rheins­ berger) Tor 28, 50, 59, 74, 130, 14� 1 5 � 162 Bechliner (Berliner) Tor 28, 59, 1 3� 140, 147, 149 f. Königstor 150, 1 7 6 , 1 8 3 Scheunentor 150, 162, 18 1 Seetor 2 2 , 28, 1 48, 156, 171 Tempeltor 150, 183 Seepforte 92 Türme 28, 5 7 , 92, 140 Klappe 92 Klappgraben (Kanal) 20, 22, 4 7 , 5 7 , 80, 1 2 8, 149 f., 182 Rensekowgraben 58 Stadtfeld 2 9 f., 209 Alter Markt 2 2, 47, 64, 201 Neuer Markt 2 2 , 28, 32, 4 1, 4 7 , 10� 1 2 � 130, 14� 1 49 Rathaus 2 2 , 25, 35, 41, 64, 73, 8 2 f., 9 2 f., 108, 110, 1 1 2, 1 1 5 f., 125, 130, 148, 15 1, 1 6 3 f., 184 230

Gerichtslaube 41 Neues Kaufhaus 2 7 , 41, 4 7 Schöppenhaus 4 1, 108, 208, 211 Ratskeller 25, 83, 9 0 f., 1 5 1, 202 Schulzenlehen 38 f., 8 5 Stadthof 30, 3 9, 1 18, 1 2 4 Apotheke 1 1 6, 2 1 1 Badei 42, 209 Badstuben 4 7 , 7 9 f., 92 Blindenhof 28 Exerzierhaus 1 5 1, 165 Fährhaus 3 1 Gefängnis 9 1, 140 Gräfliches Haus 64 Holzhof 1 2 5 M ü hlen 4 7 f. Walkmühlen 136 Schlachthaus 83, 124 Ziegelei 124, 1 81 Kirchen : St. Marien 2 7 , 32, 4 7 , 52 f., 60, 7 1 f., 1 13, 1 48, 150 Ritterchor 53 Pfarrhaus 54, 70 S. Nikolaus 2 1, 52, 69, 115 Reform. Kirche 52, 1 1 5, l 48 f. N eue Pfarrkirche 149, 1 5 1, 155, 159 Kathol. Kirche 183 Kloster 1 9, 23, 25, 54 ff., 60, 7 2 f., 88 f., 1 2 6 Kirche 5 5 , 65 ,., 7 2 f., 106, 148, 164

Hospitäler usw. Heil. Geist 52, 58, 1 1 5, 117 S. Georg 59 S. Gertrud 59 S. Lazarus (Laurentiuskapelle) 59 Jerusalemskapelle 60 Mönchszelle 6 1 Elendengilde 60 Synagoge :U Propstei 54 Kaland 60, 70 Schulen: Stadtschule (Gym­ nasium) 6 1, 70, B, 8 1J., 124, 1!J,0 ff., 150, 15!J,, 1 6!J sonstige Schulen 84, 185 Berufsschulen 130, 185 Seminar 184 f. Hahnhöfc 1 78 Feuerwehr 167 Gaswerk 184 Irrenanstalt, I aandesirrenhaus 15 1, 160, 184 Kasernen 128, 1 38, 150, 186 f. Krankenhaus 18!J, Kreishaus 184 Landgericht 13 1, 160 Lazarett 157, 184 Museum 183 Wasserwerk 181 Anlagen: Badeanstalt 182 Bollwerk 18 1 Denkmäler 162, 167, 184 Fähre 2 1, 5:l

Karpfenteich !} l , 94 Kuhburg 29, 126 l ßndwehr 17, 29, 79 Seedamm 178 Stadtpark 1 82 Tempelgarten 1!J,!J, ff., 183, 2 12-2 15 Weinberg !l l , 18 1 f. Gasthäuser: Schwarzer Adler 157, 18 1 Brandsehe Garten 181 Sieben Brüder 18 1 Strandgarten 184 Zirbecks Hotel 165, 175 Loge 159 Fluren: Engelpfuhl 82 ] lagen 29, 200 l lindenberge 124 Kahlenberge 163, 205 Kalte Nonne :r n Kesselhaken 124, 200 Knochenhauerwiese 93 Mesche 150, 163, 200 Quäste 29, 12!J f., 162,

186

Vossberge 121 Wendemark 29, 9 1, l 21 f., 200 Neustadt/Dosse 1 1, 6 3, 178 Neustrelitz 183 Niclas, Farn. 200 Niclaus, l lans 206, 208 Nicodemus, Hans 20 !l f. Nietwerder 133 Noeldichen, Da. 1 Ieinr., Hgm., 13!J

Nuglisch, Hauptm., 1 2 6

0 Oemigke u. Riemenschneider 1 72 Öhme, Christhülf, Gold­ schmied, 1 15 Oldendorf, Joh., Stadt­ schreiber, 3 5 Oppen, Matthias v . 68 Otto, Hans, Fähnrich, 100 p Paelegrimm, Stv., 169 Pasewalk 1 2 9 , 15 7 Paulinaue Kr. W.-l lavelld. 178 Penckow, Chri stoph, Rm., 9 7 Pfau, Samuel, Bgm., 1 20 Pfefferteich 1 3 2 Pielmann, Achim 206 Pläterich, Sanna 7 4 Plotho (Plothe), Edle v. 13, 19 Plumcow, Plumeke, Bertold, Rm., 3 1, 302 Joh., Rm., 3 1 Poggenwerder 10, 13 Possin, Joh., Bgm., 1 69 Prätorius (Schultze), Joach. 84 Prenzlau 34, 9 1, 1 5 7 Preußen, Könige : Friedr. Wilh. I. 1 19, 1 2 2 , 1 24, 140 Friedr. II. 1 19, 1 29, 133, 137, 140-147, 1 53, 1 7 1 , 177, 2 12

Friedr. Wilh. II. 149, 1 62 Friedr. Wilh. III. 56, 164 Friedr. Wilh. IV. 56, 164 Wilhelm I. 1 63, 1 80 Prinz Ferdinand 1 2 9 , 1 40, 213 Kronprinz Friedr. Wilh. 56 Pritzwalk, Joh. v., Rm., 3 1 Protzen 208 Protzen, J. F., Stv., 1 6 8 f. Pruckmann, Friedr., Geh. Rt, 93 Prügell, I lans 100

Q

Quast, Alex. Ludolf v. 1 10

R Rappin Livland u. Rügen 1 2 Radensleben 55, 105, 1 33 Rägelin siehe Reuchlin Rathenow 16, 129, 138 Rehdorf, Wolfgang Dr. 68 Reppen Kr. O.-Sternberg 1 2 Reuchlin (Rägelin, Roegelin), I lieronymus, Richter, 94 f., 97, 2 1 1 Jakob 2 10 Joachim Dr. med. 80 f., 94 Jochim 205 Rewel, Adam 205 Rheinsberg 9, 1 1 ff., 1 4, 7 7, 94, 9 7 , 1 24, 1 4 6 f� 1 7 7 f. See 1 3 Remusinsel 1 4 Rheinsberg, Gerh. v., Rm., 3 1 232

Peter v. 46 Hhin, Fluß 9 ff., 1 3, 1 7, 1 8f. Hhinburg s. Hheinsberg Rhinluch 9, 171 Hhinow Kr. W.-Havelld. 9, 1 :l, 16 Hhinsee 9 f. Riacini, Volk im Rhingebiet 9, 13 Riemschneider, Fabrikant, 1 66 Rimbart, Vogt, 25, 39, 203 Ritter, Andres 204 Rönnebeck, v. 57 Hohrbeck Kr. O.-I l avelld. 1 04 Hose, Akziseeinnehmer, 12:l Christian, Rektor, 116 f. Joh. 1 36 Valentin, Rm., 12:l, 1 :l :l, 1 36 Hossow, Meckl. 9 Hottstiel 1 32 Hudel, Dr. med., Stadtphy­ sikus, 1 47 Hüthenick 95 Ruppin, Land, Herrschaft, Kreis 9 ff., 1 2, 14 f., 46, 50, 54, 6 l f., 65 f., 74, 102, 127, 1 35, 1 :rn, 186, 199 I l erren v., Edle v. Arnstein, Grafen v. Lindow, 9 ff., 40, 1 3, 1 8, 54, 62-68, 9:l, 106, 141, 199 Gebhard (gest. 1256) 1 5, 19 1'., 21 , 51 Günther, Graf in Müh­ lingen (gcst. 1284) 15, 24, 39, 202

Ulrich I. (gest. 1 3 1 6) 1 9, 25, 45 f 1 1. (gest. 1 :356) 1 6 Günther V. (gest. 1 4 1 0) 16 Ulrich I V. (gest. 1 420) t 6, :r n Albrecht VIII. (gest. 1160) 62 Johann I I I. ( 1 455- 1498) 62 Jakob l. ( 1 1, 6 1 -1498) 62 f. verm. Anna v. Stolberg 39, 62 f. Gebhard (gest. 1 1.70 ?) 62 Joachim I. ( 1474- 1 507) 62, 61 Wichmann ( l 50:l - 1 521) 16, 62, M, 68 Huppiner Kanal 152, 177, 180 Hussen 1 4 1, 189

s

Sachsen, Herzog, Joh. 64 Salzburg, Emigranten 11•0 Sauerlandt, Stv., 169 Schildicke, Geist!., 42 Schinkel, Joh. Christoph, Superint., 1 37, 148 Karl Friedrich 1 63, 181 Schnackenbur& Joh. 1 36 Schneegaß, Elias, Anwalt, 110 f. Schönheck, Steuerrat, 126

Schönberg, Schönenberg, Joh., Bgm., 9 7 , 1 2 3, 21 1 Scholene, llans 20 7 Schramm, Joach. Friedr., Bgm., 1 20 Schreiber, Heinr., Rm., 3 1 Schütte, v. 104 Schultl':, Hobert, Fabrikant, 1 71 SchultJ1e, Fabian, Pfr. Bechlin, 69 Hermann, Seifenfabrikant, Stv., 1 6 !l Paul 111 f. s. Prätori us Schultzen, Jürgen 205 Schulz, C h . L. G. v., Bgm., 169 Schuster s. Sutor Schwalenbcrg, Joh. v., Hm., :l 1 Schwartzkopf, Joach., Superini., 103 Schweden 10:3, 1 0 5 f., 1 1 :l, 1 :l6, l 40 f. Schweiiler 11 5 Schwertfeger, Klaus 38 Sebastian, Wolfg., Pfr., 71 Seeheck 1 !J0 Segeletz 59, 104 Scger, Sceger, A ndreas 1 1 1 f. l .orenz 210 Seile, Merten 209 Senizke, Hans 206 Sibodo, gräfl. Notar, 24, 203 S iebold, Moritz, Stv., 1 70 S ieversdorl' 1 O!J. Simonis, Thomas, Domherr, j:J

Sommerfeld, General, 103 S pandau 7 8, 206 Spier, Balzer 206 Stegemann, Jochim 209 Stendal 18, 23, :l 1, :rn, 202 Stendenitz 9 1 Stöffin, Ort 24, 83, 1 15, 1 H, 203 Stoppel, I Jans 911 Storbeck 7 5, 1 1 5, 160 Strubelt, Stv., 1 69 Strubensee 1 :n Struensee, v., Minister, 1 3 7 Stuve, Joh., Lehrer, 15/4, Sutor, l l erm., Rm., :l 1, 203 Sydow, v., Major, 130 T Techen, Kämmerer, 169 Temnitz, Flu ß 9 Templin 20/4, Teufelssee b. Tornow l 15 f. Thümen, v., Marschall , 95 Tieck, Prof., Bildhauer, 163 Tieffenbach, Friedr. Dr. med. 116 l lan s 204 Ticle, Teves 205 Tilly, General, 10 2 Tolman n see 9 Tornow, Forst 8:l, 11 ;i, 1211 Trenckmann, Ad., Bgm., 16 7, 169, 1 7 8 Trcskow :l O, 4 1 , !J :l, 83, M1 , l !J 9, 161 Burgwall 20, :lO

Vorwerk :lO, 83, 9 1, 101, 116, l 2!J, Trippchne Kr. Jerichow 38 Trippene, Trcppenc, v., Schulzen, :rn Rurkhard (Busse) 38 f., !J,(i l l ugo 38 Trumper, Moses 33 Tschammer, v., Oberst, 1 ;l(), l !J S, 213 ff. U/V U lfcrt, Thomas 206 Vchr, Friedlich Wilh., Bgm., 1 2 2 f. Viehei 104 Vilitz, Andreas 20!J Thomas, Richter, 85 Völperling, Dr., Lehrer, 1 72 Vogclcr, Bartold 204 Vossenholl, Simon 82, i 99, 20!J Voß, Otto v., M i n i ster, 1 :r n, 145, l !J 9 f., 212 , 215 Vridaeh, l leinr., Bitter, 20:l

w

Walchow l 0!J Walsleben 103 ff. Walther, Syndikus, 168 f. Wambold, Phil. v. 1 1 1 Warzccha, Max, Bgm., 169 Weinschenke, Achim 205 Weil er, Bgm., 115 Wend, Bürger, ;n Wendemark s. N euruppin

Werbellinsec 9 Werder, v. 10!J Wcrle, Herren v. 10 Wernickc, Balzcr 205 Schlächter 1 1 2 Westphal, Bartei, Hm., 9 7 Wiese, Max, Bildhauer, 184 Wildberg l !J,, 63, 82, 10!J, 13;3 Wil snack, Heil. Blut 59 Witte, Farn. 3 1, 14 1 Chri stian, J\rz;t, 81 Jakob 120 Joachim, Bgm., 1 1 7, 123 Johann, Rm., 97 Kaspar, Bgm., 5:l, 81 f., 88, 95, 9 7 , 210 Wittenberg, U niv. 6 9 Wittstock 1 1 , 1 9, 80, 82, 9 5 , 1 0:l, 134, 1 7 7 f . , 18:l, 208 Woldcck, Henning v. 7 6 Wolff, llans 100 Woltersdorff, Daniel 206 Matthes 206 Wrangcl, Graf, General, 1 13 Wreech, v., Oberst, 14:l Wulffcn, v., Oberst, 18 1 W u lkow 103 f., 205 Wusterhau sen 1, 1 5, 19, !J 2, 50, 63, 68, 82, 99, 10 2, 1 O!J , 106, 118, 1 23, J :l 1 , 138, 183 Wu strau 1 :33, 136 Wu1henow 20, 23, 133, 148, 1 61, 1 7 8, 2 10 V. J ()lj. .Joachim 59 Wutike 20B

z

Zander, Grete 7 1 Zechlin 75, 8 1 , 1 7 7, 20 7 Zedlitz, v., Minister, 1 5 5 Zehdenick Kr. Templin 7 7 , 1 7 7 , 204 Zerbst, Hunert v. 93, 95

Zermüizel 9, 1 25, 205 Zernitz Kr. O.-Prignitz 1 :ß Zieten, v. l 04 Graf Friedr. 1 8 1 Kaspar 101, Zippclsförde 9, 7 5, 136 Zirbeck, Gastwirt, 165, 1 7 5

Biographische Angaben zum Autor Am 13. Mai 1881 wurde Johannes Schultze als 5. Kind des Pfarrers Paul Schultze und seiner Ehefrau Berta, geb. Zippel, in Groß Krausnigk, Kreis Luckau geboren. Er hatte drei Schwestern und einen Bruder. Als er zwei Jahre alt war, übernahm sein Vater die Gemeinde Wulkow bei Neuruppin und die Familie übersiedelte nach dort. Sein Vater betreute die Gemeinde Wulkow bis zu seinem Tode 1924. Er unterrichtete beide Söhne selbst. Der ältere entkam den Erziehungsmethoden des Vaters durch Eintritt in das Joachimsthaler Gymnasium in Berlin. Johannes Schultze schreibt in seinen Erinnerungen: »Ich hatte in einem Buch über Schulpforta gelesen und wollte dorthin. Im Alter von 14 Jahren wurde ich aufgenommen. 1901 erfolgte das Abitur. Wir waren 18 Abiturienten und stellten einen einmaligen Rekord in der Schulgeschichte auf, in dem wir alle von der mündlichen Prüfung dispensiert wurden.« Besonders angefreundet hatte er sich mit Paul Wallich, dem Sohn eines der Gründer der Deutschen Bank, Hermann Wallich. Der Wunsch des Vaters war, dass beide Söhne Theologie studieren sollten. Der ältere Bruder kam diesem Wunsche nach. Johannes Schultze aber entschied sich für den Lehrerberuf. Er begann sein Studium in Freiburg/Breisgau und setzte es in Berlin fort. Er promovierte 1905 bei Michael Tangl mit einer Arbeit über die Urkunden Lothars III. Von M. Tangl an Reinhold Koser empfohlen, begann J. Schultze am 1. August 1905 eine zweijährige Ausbildung als Archivar am Geh. Staatsarchiv Berlin. Nach Zwischenstationen in Koblenz, Magdeburg und Marburg wurde er im Oktober 1914 an das Geh. Staatsarchiv in Berlin berufen. Er heiratete am 8. 7. 1909 Elisabeth Lukosz in Beuthen / Oberschlesien. Es wurden ihnen zwei Kinder geschenkt, ein Mäd-

chen, Ingrid, geb. 29. 1. 1911, und ein Sohn, Hans Günther, geb. 3. Februar 1914. Im Sommer 1914 zog die Familie nach Berlin. Im 1. Weltkrieg war Johannes Schultze von 1915 bis zum Ende des Krieges Soldat. Nach dem Ende des Krieges arbeitete er bis zu seiner Zwangspensionierung im Herbst 1944 am Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem. Zu dieser Pensionierung kam es, weil es ihm nie gelang, seine Abneigung gegenüber den Nationalsozialisten und Adolf Hitler zu verbergen. Johannes Schultze verbrachte die letzten Monate des 2. Weltkrieges in Neuruppin, wo er seit 1927 ein Grundstück mit Ferienhaus besaß. Nicht weit davon entfernt wohnten sein Bruder und seine Schwestern. In Neuruppin erlebte er den Einmarsch der sowjetischen Armee Anfang Mai 1945. Kurz vorher, im April 1945, war bei einem amerikanischen Bombenangriff sein Ferienhaus zerstört worden. Im Sommer 1945 kehrte er mit seiner Frau nach Berlin in seine zum Glück nicht durch Bomben zerstörte Wohnung zurück. Nach dem 2. Weltkrieg wirkte Johannes Schultze noch bis 1950 am Staatsarchiv. 1949 erteilte ihm die neu gegründete Freie Universität in Berlin-Dahlem einen Lehrauftrag. 1956 wurde er zum Honorarprofessor ernannt und hielt bis zum Sommersemester 1970 Vorlesungen. Er brach ab, weil seine Frau schwer erkrankte. 1973 starb seine Frau. Professor Dr. Johannes Schultze starb am 2. Oktober 1976. Zu seinem 90. Geburtstag erschien eine Festgabe für Johannes Schultze, herausgegeben von Gerd Heinrich und Werner Vogel mit dem Titel »Brandenburgische Jahrhunderte.« Das Geleitwort endet mit den Sätzen: ». . . dem Gelehrten und dem Menschen gilt deshalb der herzlich-dankbare Glückwunsch der deutschen Geschichtswissenschaft, der Kollegen, der Freunde und der Schüler. Der Glückwunsch kommt an diesem Tage überdies aus der ganzen, der unvergänglichen Mark Brandenburg, deren geschichtliche Jahrhunderte Johannes Schultze erhellt hat.«

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