Geheimnisse der Waldfotografie: Die faszinierende Welt der Bäume verstehen und stimmungsvoll in Szene setzen 9783864909542, 9783969109694, 9783969109700, 9783969109717

Das Buch für Naturfotograf:innen und Naturbegeisterte!Der Wegweiser zu zahlreichen Motiven und faszinierenden Fotoergebn

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German Pages 590 [256] Year 2023

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Geheimnisse der Waldfotografie: Die faszinierende Welt der Bäume verstehen und stimmungsvoll in Szene setzen
 9783864909542, 9783969109694, 9783969109700, 9783969109717

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Yvonne Albe ist eine deutsche Natur- und Landschaftsfotografin, die sich besonders in der Welt der Bäume zu Hause fühlt. Wälder sind die Quelle ihrer Inspiration. Ihr Markenzeichen sind atmosphärische Bilder, in denen die Schönheit ihrer Motive durch Nebel und stimmungsvolle Lichtsituationen verstärkt wird. Durch vorausschauende Planung hinsichtlich besonderer Wetterlagen porträtiert sie Wälder und Bäume auf einzigartige Weise. Hinter dieser Motivwahl verbirgt sich Yvonne Albes tiefe Verbundenheit zu Wäldern und Bäumen. Mit ihren Bildern möchte sie die Schönheit und Vielgestaltigkeit eines wunderbaren Naturraums zeigen, der heute durch Klimawandel, Übernutzung und Abholzung weltweit bedroht ist, und damit deutlich machen, was wir im Begriff sind zu verlieren. Sie setzt sich aktiv im Naturschutzbund und einer Bürgerinitiative für den Erhalt der Wälder in ihrer Umgebung ein. Yvonne Albe wurde 1975 in München geboren und studierte Sozialpädagogik in Dresden und in den USA. Sie arbeitete in verschiedenen Feldern der sozialen Arbeit. Heute ist sie als selbstständige Fotografin aktiv und leitet Workshops zur Wald- und Landschaftsfotografie in ihrer Region Bergstraße-Odenwald.

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Yvonne Albe

Geheimnisse der ­Waldfotografie Die faszinierende Welt der Bäume verstehen und stimmungsvoll in Szene setzen

Yvonne Albe [email protected] www.yvonnealbe.de Lektorat: Anja Ehrlich, Gerhard Rossbach Copy-Editing: Alexander Reischert, www.aluan.de Satz & Layout: Birgit Bäuerlein Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de, unter Verwendung eines Fotos der Autorin Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe (Saale) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: Print PDF ePub mobi

978-3-86490-954-2 978-3-96910-969-4 978-3-96910-970-0 978-3-96910-971-7

1. Auflage 2023 dpunkt.verlag GmbH Wieblinger Weg 17 69123 Heidelberg Hinweis: Dieses Buch wurde mit mineralölfreien Farben auf FSC®-zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft gedruckt. Der Umwelt zuliebe verzichten wir zusätzlich auf die Einschweißfolie. Hergestellt in Deutschland. Schreiben Sie uns: Falls Sie Anregungen, Wünsche und Kommentare haben, lassen Sie es uns wissen: [email protected]. Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und A ­ bbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen. Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen. Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autorin noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen. 543210

Für meine Eltern, die in mir die Liebe zur Natur geweckt haben.

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Vorwort If the artist has outer and inner eyes for nature, nature rewards him by giving him inspiration. Wassily Kandinsky

24 mm, 1/80 s, f/11, ISO 100

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»Wohin des Wegs?«, möchte man dieses märchenhafte Baumwesen fragen, das beschwingt durch einen verschneiten Winterwald zu laufen scheint. 14 mm, 1/10 s, f/11, ISO 100.

Bei den meisten Menschen hinterlässt der Wald bleibende Eindrücke und prägt ihr Leben auf die eine oder andere Weise. Auslöser können Waldspaziergänge in der Kindheit gewesen sein, Fahrradtouren durch den Wald oder Wanderungen durch Gebirgswälder. Vielleicht haben auch Sie Erinnerungen an einen Park mit vielen mächtigen Bäumen, in dem Sie sich gerne aufgehalten haben? Eventuell verbindet Sie etwas mit einem ganz bestimmten Baum. Möglicherweise gab es sogar ein Baumhaus, Kletterabenteuer in der Kindheit oder Reisen in andere Länder, bei denen Sie mit Verwunderung feststellten, dass die Wälder und Bäume ganz anders aussehen als bei uns. Wir kennen den Wald auch aus Filmen, mal düster, mal heiter dargestellt.  Kurzum: Fast jeder wird in seinem Leben Erlebnisse mit Wäldern und Bäumen gehabt haben. Und ich bin mir sicher: Wenn Sie nicht eine gewisse Verbindung zu Bäumen hätten, würden Sie dieses Buch wohl nicht in Ihren Händen halten. 

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In jeder Fotografie steckt etwas von dem Menschen, der bei der Aufnahme hinter der Kamera gestanden hat. Beim Fotografieren im Wald entsteht eine Verbindung mit der Natur, die sich in den Bildern ausdrücken wird. Die Begeisterung für einen schönen Baum, für einzelne wunderbare Momente im Wald und eindrucksvolle Szenen sind der Grund dafür, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt auf den Auslöser drücken. Die Bilder, die wir schaffen, offenbaren also viel von uns selbst, wie wir fühlen und wie wir die Welt sehen. Wir können mit unseren Waldfotografien aber auch Geschichten über den Wald und seine Bewohner erzählen: Es gibt Bäume, die sich umarmen, ineinander verwachsen oder sich die »Hand« geben, und solche, die gleich menschlichen Wesen durch den Wald zu spazieren scheinen. Manche stehen in einer engen Beziehung zueinander, wieder andere wenden sich ab. Doch nicht hinter jeder Waldszene muss sich eine Geschichte verbergen; manche sind auch nur um ­ihrer selbst willen schön oder strahlen aufgrund der Lichtstimmung etwas Besonderes aus.

Meine Entdeckungsreise durch die Wälder führte mich zu Beginn durch die Wirtschaftswälder in meiner Region, später dann auch durch urwüchsige Naturwälder in anderen europäischen Ländern. 70 mm, 1/60 s, f/7,1, ISO 500.

Für mich sind die Spaziergänge und Fototouren durch die Wälder zu Lichtpunkten in meinem Leben geworden. Viele Erlebnisse im Wald wirken wie eine Glücksquelle auf mich. Die Freude, die ich empfinde, wenn die Sonnenstrahlen durch das Blätterdach brechen, kann mich durch den ganzen Tag tragen. Dabei vergesse ich die Welt um mich herum und kann von allem Belastenden abschalten. Ich versuche dabei die schönen Momente mit meiner Kamera einzufangen, um sie für mich, aber auch für andere festzuhalten. Jeder hat eine andere Motivation, die ihn mit der Kamera in die Wälder treibt. Bei mir steht an oberster Stelle, die Schönheit des Waldes sichtbar zu machen, damit sie Menschen dazu veranlasst, diese Naturräume zu schützen und zu erhalten. Ich möchte darüber hinaus Stimmungen vermitteln und die Freude, die ich in besonderen Naturmomenten fühle. Selbstverständlich spielt beim Aufenthalt im Wald auch dessen wohltuende und gesundheitsfördernde Wirkung eine Rolle für mich.

Vielleicht motivieren Sie ja ähnliche Ziele. Oder Sie haben Bilder von Malern oder Fotografen entdeckt, die Sie inspirieren und den Wunsch geweckt haben, auch solche Kunstwerke zu erschaffen. Möglicherweise suchen Sie aber auch einfach ein neues Hobby und wollen das Naturerlebnis mit einer bleibenden Erinnerung verbinden. Es gibt sicherlich fotografische Naturtalente, die in der Lage sind, mit wenig Einarbeitung und Wissen zu stimmigen und künstlerisch ansprechenden Aufnahmen von Wäldern und Bäumen zu gelangen. Doch für die meisten von uns braucht das Fotografieren im Wald viel Übung, ungeteilte Aufmerksamkeit und auch etwas Wissen über das Ökosystem Wald. Kameraeinstellungen, Bildkomposition, Wetterbedingungen und vieles mehr wollen beachtet werden. Auch eine gewisse Frustrationstoleranz ist vonnöten. Denn es wird immer wieder Tage geben, an denen Sie enttäuscht aus dem Wald zurückkommen, weil die Bedingungen nicht gut waren, Ihre Lieblingsbäume der Säge des Waldarbeiters zum Opfer gefallen oder die Bilder verwackelt sind. Unzählige Male war ich selbst mit solchen Situationen konfrontiert.

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Unweit von der Hütte im Tiroler Voralpenland, wo ich mit meinen Geschwistern und Eltern oft die Ferien verbrachte, gab es hübsche kleine Leberblümchen in allen erdenklichen Farben im Wald. 50 mm, 1/640 s, f/2,8, ISO 100.

Nicht aufzugeben und immer wieder nach neuen Perspektiven und anderen Wäldern zu suchen, ist wichtig für Ihr Vorankommen in der »Königsdisziplin der Landschaftsfotografie«, wie die Waldfotografie häufig genannt wird. Dieses Buch soll Ihnen den Einstieg in die Waldfotografie erleichtern und Sie mit den Grundlagen für das Fotografieren in Wäldern vertraut machen. Alles Übrige liegt an der Schönheit des Waldes und Ihrer Bereitschaft, sich auf die dortige stille Welt einzulassen. An jeder Weggabelung und bei jedem Baum erwartet uns eine neue Überraschung und ein fotografischer Erkenntnisgewinn. Ich lerne bei jeder Tour Neues dazu. Inspiration hole ich mir immer wieder bei Malern, die den Wald auf Leinwand und Papier dargestellt haben, oder bei

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anderen Fotografen, die den Wald auf ihre ganz individuelle Weise darstellen. Ich hoffe, die Fotografien in diesem Buch können Ihnen auch eine Inspirationsquelle sein. Sie stammen zu großen Teilen aus meiner Umgebung im Odenwald und aus der Rheinebene. Im Rahmen der Familienurlaube oder auch bei gezielten Einzeltouren konnte ich aber mittlerweile auch in anderen Wäldern Deutschlands und Europas fotografische Eindrücke sammeln. Wälder gibt es fast überall auf der Welt. Sie sind ungeheuer vielgestaltig, es findet sich nirgendwo eine Wiederholung und jede noch so kleine Waldszene ist einzigartig. Für Sie als Waldfotograf bedeutet dies: Es gibt unfassbar viel zu entdecken und die Motive werden Ihnen niemals ausgehen. 

Mein Weg zur Waldfotografie Es ist schwer zu sagen, wann ich meine Liebe zum Wald entdeckte. Vielleicht spielte die Waldtapete eine Rolle, die mich während der ersten drei Lebensjahre in meinem Kinderzimmer umgab. Vielleicht weckten meine Eltern die Begeisterung für die Natur in mir, als sie meine Geschwister und mich zu unzähligen Wanderungen auf die Berge und durch die Wälder motivierten. Ich kann mich an M ­ omente voller Licht und Tannenzapfengerüche, an große Ameisenhaufen und wilde Blumen erinnern. Im Wald, der unsere kleine Hütte in Tirol umgab, sammelten wir oft Pilze. Im Chiemgau, wo ich mit meinen Großeltern oft die Ferien verbrachte, unternahmen wir viele Spaziergänge durch die Birkenwälder am Moor. Einen großen Einfluss auf mich hatte wohl auch die naturverbundene Weltsicht der Kinderbücher von Astrid Lindgren. Ich las sie komplett, und das viele Male. In meiner Fantasie zog ich mit den Kindern von Bullerbü oft durch die lichten Birkenwälder und blütenreichen Wiesen Schwedens oder mit Ronja durch den dichten Räuberwald. Meine Studienjahre verbrachte ich in großen Städten. Auch dort zog es mich immer wieder hinaus in die Natur. Ich verbrachte viel Zeit in Wäldern, Parks und an Seen, nahm dabei auch Stifte und Pinsel mit, um meine Eindrücke auf Papier festzuhalten. Als ich als Sozialpädagogin zu arbeiten begann und eine Familie gründete, zogen wir in ein Haus in Alleinlage im Odenwald. Dort spielte der Wald in meinem Leben zwischen Arbeit und Kindern zunächst nur eine untergeordnete Rolle – bis zu dem Zeitpunkt, als mich ein plötzlicher gesundheitlicher Schicksalsschlag aus meinem Alltag riss. Ich kämpfte mich langsam ins Leben zurück und begann nach einem wiederholten Rückschlag 2017 mit einer gebrauchten Spiegelreflexkamera die Wälder um unser Haus herum zu erkunden. Ich hatte durch den krankheitsbedingten Perspektivwechsel gelernt, die kleinen Dinge zu schätzen, und fand im Wald eine Welt voller Wunder vor. Eine meiner ersten Erkenntnisse war, wie die Wetterbedingungen die Stimmung im Wald grundlegend verändern können: Ein heller, freundlicher Wald im Sonnenschein verwandelt sich in einen geheimnisvollen, mystischen Ort, wenn der Nebel vom Tal aufsteigt. In meinem ersten Fotografiejahr schaute ich voller Erstaunen auf die Bilder, die ich im selben Wald zu unterschiedlichen Jahreszeiten gemacht hatte: Aus einem von Lebendigkeit sprühenden, grünen Wald im Frühjahr wurde im Herbst ein farbenfroher, leuchtender Wald, der sich dann im Winter im weiß-grauen Kleid zur Ruhe legte. Der Wald hatte nun meine Leidenschaft für die Fotografie entfacht und ich wollte gern alles festhalten, was mir dort an Schönem und Faszinierendem begegnete. Bald begann ich nach Wäldern zu

Dies war eines der Waldstücke, in denen ich meine ersten Fotografieversuche unternahm. Auf der rechten Seite sehen Sie ein Baumensemble, das ich damals »Vater und Sohn« genannt habe. Eine kleine, aufwachsende Buche scheint den Baum, von dem sie wahrscheinlich abstammt, liebevoll zu umfassen. 24 mm, 1/8 s, f/16, ISO 1000.

xi

Das Erleben solcher Lichtmomente ließ die Sehnsucht nach eben diesen immer größer werden. 35 mm, 1/80 s, f/8, ISO 250.

suchen, die anders waren als die meisten Wirtschaftswälder in unserer Region. Ich forschte nach Naturschutzgebieten und Naturwäldern, in denen es noch alte Bäume gab, und entwickelte eine Leidenschaft für solche Exemplare, die sich charaktervoll von den anderen abheben. Ich entdeckte außerdem eindrucksvolle Einzelbäume in den Landschaften des Odenwaldes, von denen ich ebenfalls viele Bilder mit nach Hause brachte.  Ich lernte jeden Tag etwas dazu, kannte bald viele Baumarten, die sich in unseren heimischen Wäldern finden, deren Rindenstrukturen und Blattformen. Ich probierte verschiedene Kompositionen aus und experimentierte mit Kameraeinstellungen. Ich fing an, Artikel über Fotografie zu lesen und mir Tutorials zur Bildbearbeitung anzusehen. In der Auseinandersetzung mit der Wetterfotografie war ich bald in der Lage, das Wetter, welches ich mir für meine Waldbilder wünschte, auch vorhersagen zu können. Meine Leidenschaft für diese fantastischen Naturräume ging so weit, dass ich anfing, mich für den Erhalt von Bäumen und Wäldern sowie einen respektvollen Umgang mit ihnen einzusetzen. Zu oft waren Wälder in meiner Umgebung durch riesige Forstmaschinen zur Unkenntlichkeit verstümmelt und Bäume, die mir ans Herz ge-

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wachsen waren, gefällt worden. Ich gründete zusammen mit einem Freund eine Waldgruppe innerhalb des örtlichen Naturschutzbundes (NABU). Gemeinsam mit anderen Menschen, die sich um das Wohl des Waldes sorgen, rief ich zudem die Bürgerinitiative »Netzwerk Bergsträßer Wald« ins Leben. Heute engagiere ich mich für den Erhalt der Wälder durch vielfältige Aktivitäten: Zusammen mit meinen Mitstreitern organisiere ich Schutz-, Pflanz- und Müllsammelaktionen im Wald, Informationsveranstaltungen, initiiere Petitionen und suche das Gespräch mit Politikern und Forstleuten. Der respektvolle Umgang mit unseren Wäldern, eine naturgemäße Forstwirtschaft und das Zulassen von mehr wilder Natur sind Ziele, die uns leiten. In einem atemberaubenden Tempo hat sich mein Leben durch die Fotografie und die Entdeckung des Waldes gewandelt: Aus einer perspektivlosen Situation habe ich in ein durch schöne Momente in der Natur angefülltes Leben zurückgefunden. Mir liegt der Erhalt dieser Naturräume persönlich sehr am Herzen. Ich hoffe, dass immer mehr Menschen bewusst wird, was wir im Begriff sind zu verlieren. Unsere Wälder sind weltweit auf vielfältige Weise bedroht. Sie brauchen mehr Wertschätzung und Schutz, um zu überleben.

Dieses Bild zeigt die erste Lichtszene, die ich im Wald fotografisch festgehalten habe. Genau dieser Wald war dann nach einem forstlichen Eingriff nicht mehr ­wiederzuerkennen: Maschinen hatten in engen Abständen Schneisen in den Wald geschlagen, viele Bäume verletzt und gefällt. Um zu verhindern, dass so etwas wieder mit »meinem Wald« geschieht, begann ich mich für seinen Erhalt und Schutz zu engagieren. 18 mm, 1/250 s, f/8, ISO 200.

Ich würde mich freuen, wenn ein kleiner Funke der Leidenschaft, die ich für diese Naturräume habe, auch auf Sie überspringt. Ich möchte Ihnen in diesem Buch das fotografische Wissen mitgeben, das ich mir im Laufe der letzten Jahre angeeignet habe, um Wälder und Bäume in ihrer Anmut und Eleganz bestmöglich darzustellen. Vielleicht gehen Sie mit einem veränderten Blick durch die Wälder, nachdem Sie dieses Buch gelesen haben. Durch bewegende Fotografien von Wäldern und Bäumen kann jeder von uns Botschafter für den Erhalt dieser fantastischen Baumlandschaften werden.

Wie Sie dieses Buch lesen können Ich habe in diesem Buch einige Themen behandelt, die den Wald als ein sich wandelndes und weltweit bedrohtes Ökosystem in den Fokus rücken. Das erste Kapitel »Die Geschichte des Waldes« und das

Nachwort zeigen auf, woher unsere Wälder kommen, wie sie sich im Laufe der Zeitgeschichte verändert haben und in welchem Zustand unsere Wälder heute sind. Auch im zweiten Kapitel »Wald ist nicht gleich Wald« erfahren Sie Wissenswertes über den Naturraum Wald und einzelne Baumarten. Diese Kapitel haben nicht in erster Linie etwas mit Fotografie zu tun, helfen aber dabei, ein tieferes Verständnis für unsere heutigen Wälder und ihre Erscheinungsformen zu entwickeln. Wer lieber mit den Themen zur Fotografie einsteigen möchte, kann die ersten beiden Kapitel überspringen und zu einem späteren Zeitpunkt lesen. Noch ein Hinweis: Dieses Buch ist für alle Personen, die sich für das Thema Wald und die Waldfotografie interessieren. Um aber eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, habe ich mich in meinen Texten für das generische Maskulinum entschieden.

xiii

Inhaltsverzeichnis 1

Die Geschichte des Waldes

1.1

Die Entstehung der Wälder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2

1.2

Der Einfluss des Menschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.3

Der Wald weicht den Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.4

Mensch und Wald in Mittelalter und Früher Neuzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.5

Ein Umdenken – das Prinzip der Nachhaltigkeit wird geboren. . . . . . . . 11

1.6

Die Folgen der naturfernen Forste und das ­Waldsterben. . . . . . . . . . . . . 13

2

Wald ist nicht gleich Wald

2.1

Wirtschaftswald und Naturwald. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2.2

Waldtypen und -arten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1

17

2.2.1 Laubwälder und ihre Bäume. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Buche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Eiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Hainbuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Birke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kirsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Ahorn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kastanie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Weide. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Erle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Lorbeerbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20 20 24 25 25 26 27 27 28 30 30

2.2.2 Nadelwälder und ihre Bäume. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Fichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kiefer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Lärche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Douglasie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Weißtanne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Riesen-Lebensbaum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 32 33 34 34 35

2.3

Eindrucksvolle Waldformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.3.1 Lichte Wälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.3.2 Niederwälder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.3.3 Hutewälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.3.4 Vom Wind geformte Wälder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.3.5 Wälder mit einem hohen Totholzanteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Schutzgebiete im Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

xiv

3

Wissens­wertes zum Fotografieren in Wäldern

3.1

Betreten auf eigene Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Wetter und waldtypische Gefahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewitter und Sturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnee und Eis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.3

Tiere im Wald. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3.4

Waldarbeiten und Jagden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3.5

Orientierung/Navigation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3.6

Der Wald als ein mystischer Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

3.7

Verantwortung gegenüber der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

4

Kamera­equipment und ­hilfreiche Ausrüstung

4.1

Kamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

4.2

Objektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

4.3

Stativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4.4

Filter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4.5

Fotorucksack. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.6

Weiteres hilfreiches Equipment für die Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.7

Kleidung und Schuhwerk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

4.8

Verpflegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

5 Aufnahmetechnik

49 50 50 52 53

61

73

5.1

Format. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

5.2

Modusauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

5.3

Blende, Zeit, ISO-Wert und Schärfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3

Weitere Faktoren, die für die Schärfe im Bild ­Relevanz haben. . . . . . . . . Beugungsunschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Objektivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sensorgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.5

Fokusmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

5.6

Korrekte Belichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

5.7

Weißabgleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5.8

Selbstauslöser, Fernauslöser, Spiegelvorauslösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

5.9

HDR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5.10

Focus Stacking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

77 77 77 77

xv

6 Motive

87

6.1 Das Schichtsystem des Waldes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 6.1.1 Die Wurzelschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 6.1.2 Die Bodenschicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Pilze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Moose und Flechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Blätter auf dem Waldboden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 6.1.3 Die Krautschicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Schneeglöckchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Leberblümchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Bärlauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Hasenglöckchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Roter Fingerhut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Hohler Lerchensporn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Farne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Totholz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 6.1.4 Die Strauchschicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Die Verjüngung oder der Jungwuchs des Waldes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Sträucher im Wald. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Fehlende Strauchschicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Spinnweben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.1.5 Die Baumschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6 6.2.7 6.2.8

Besondere Waldmotive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Wälder und Bäume um und im Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Wälder mit Wasserfällen und Bächen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Wälder mit Felsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Aus dem Wald in die Landschaft fotografieren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Tiere im Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Alleen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Baumrindenstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Zum Licht gewachsene Bäume. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Einzelbäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

xvi

7

Komposition und Bild­gestaltung

7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.1.6

Wald-Innenansichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Drittelregel und Goldener Schnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Symmetrie und zentrierter Bildaufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Linienführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Balance – Ausgeglichenheit der Elemente im Bild. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Auf den Winkel kommt es an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Die Wahl des Ausschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

127

7.1.7 7.1.8 7.1.9 7.1.10 7.1.11 7.1.12 7.1.13 7.1.14 7.1.15 7.1.16

Das Bildformat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Die Bildausrichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Licht und Lichtführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Blicklenkung durch Schärfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Störende Elemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Natürliche Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Größenvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Nebel als Kompositionshilfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Farbe als Bildgestaltungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

7.2

Wald-Außenansichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

8

Wälder im Wandel der Jahreszeiten

8.1

Frühling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

8.2

Sommer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

8.3

Herbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

8.4

Winter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

151

Durch geschärfte Wahrnehmung zu besseren Bildern. . . . . . . . . . . 157

9

Planung und Wetter­vorhersage

9.1

Der richtige Ort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

163

9.2 Geeignete Tageszeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 9.2.1 Sonnenaufgang und -untergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 9.2.2 Dämmerung und Nacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 9.3

Die Wettervorhersage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.4.5 9.4.6 9.4.7 9.4.8

Nebelarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Bodennebel, Nebelschleier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Dichter Bodennebel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Hochnebel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Tiefe Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Feuernebel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Nebelstrahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Steigender Nebel nach Regen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Dampfendes Wasser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

9.5

Schnee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

9.6

Raureif. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

9.7

Regen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

xvii

10 Bearbeitung von Wald­fotografien 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4 10.1.5 10.1.6 10.1.7 10.1.8 10.1.9 10.1.10

199

Bearbeitung in Lightroom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Beschneiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Weißabgleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Licht im Hintergrund partiell hervorheben, Kontraste erhöhen. . . . 201 Allgemeine Anpassungen in den Grundeinstellungen . . . . . . . . . . . . 203 Chromatische Aberration entfernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Vignette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Farbe als Bildgestaltungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Selektive Anpassungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Rauschreduzierung und Schärfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Transformieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

10.2 Bearbeitung in Photoshop. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 10.2.1 Störende Elemente entfernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 10.3 Das Endergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 10.4 Weitere Bildbearbeitungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 10.4.1 Focus Stacking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 10.4.2 Orton-Effekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Nachwort einer Waldschützerin

217

Wie geht es unserem Wald heute?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Folgen der Bewirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Die Bedeutung des Waldes im Klimawandel und ­ politische ­Bestrebungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225



Gibt es Hoffnung für die Wälder?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226



Was können wir tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228



Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Literatur

232



Zitierte und empfohlene Bücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232



Fachliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Index

234

  Es sind die Sternstunden der Waldfotografie, wenn die ­Sonne durch den Nebel bricht. 18 mm, 1/80 s, f/11, ISO 100.

xviii

xix

1 Die Geschichte des Waldes Der Wald ist ein besonderes Wesen, von unbeschränkter Güte und Zuneigung, das keine Forderungen stellt und großzügig die Erzeugnisse seines Lebenswerks ­weitergibt; allen Geschöpfen bietet er Schutz und s­ pendet Schatten, selbst dem Holzfäller, der ihn zerstört. Siddhartha Gautama

23 mm, 1/13 s, f/9, ISO 100

1

Wer die Geschichte des Waldes kennt, weiß einzuschätzen, wie er sich im Laufe der Jahrmillionen immer wieder verändert hat. Er kann nachvollziehen, wie der Wald durch die Hand des Menschen geprägt wurde, und wird unsere heutigen Wälder in einem anderen Licht betrachten. Ich bin überzeugt, dass uns die Kenntnis der Geschichte des Waldes dazu befähigt, ein tieferes Verständnis für diesen Naturraum zu entwickeln und die Eigenheiten und Besonderheiten der verschiedenen Wälder und Bäume besser wahrzunehmen. Diese gesteigerte Wahrnehmung, die durch das Wissen um den Wald entsteht, wird Ihnen helfen, einen guten Blick für Waldmotive zu entwickeln. Deshalb möchte ich in diesem Kapitel von der Veränderung der Wälder im Laufe der Geschichte berichten. Der Fokus liegt hierbei auf den Wäldern Mitteleuropas. Die Fotografien in diesem Kapitel können zusätzlich als Inspiration für Ihre eigene Waldfotografie dienen.

1.1

Die Entstehung der Wälder

Nachdem es mit dem Ende der Eiszeit vor 400 Mio. Jahren langsam wärmer wurde, entstanden die ersten Pflanzen auf dem Land. Das waren zunächst nur krautige Gewächse, aber sie hatten schon den Stoff in sich, aus dem Holz aufgebaut ist, das Lignin. Es begann ein Konkurrenzkampf der Pflanzen um Sonnenlicht. Solche, die in die Höhe wuchsen und somit mehr Licht bekamen, hatten bessere Chancen zu überleben. Einige unter ihnen entwickelten blattartige Auswüchse. So wurden aus den ersten Landpflanzen langsam Bäume, die in ihren Stängeln Holz bildeten. Sie vermehrten sich schnell und

Ein fossiler, baumartiger Schachtelhalm aus dem Unterperm (vor 299–270 Mio. Jahren). Das Fossil wurde in Freital in Sachsen ­gefunden. ­Sammlung des Botanischen Gartens Dresden.

2

Mammutbäume gehörten im Zeitalter des Tertiärs zur natürlichen Vegetation Mitteleuropas. Die heute in den USA heimische Baumart wurde Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem in Gärten und Parks gepflanzt und auf diese Weise wieder in Mitteleuropa eingeführt. 14 mm, 1/125 s, f/10, ISO 320.

begannen Gesellschaften zu bilden: Die ersten Wälder entstanden. Es war das Zeitalter des Karbons, das vor etwa 358 Mio. Jahren begann. Namensgebend für dieses Zeitalter war die Entstehung der Kohleflöze (lat. carbo, dt. Kohle). Aus den abgestorbenen Bäumen und sonstigen Pflanzen wurde zunächst Torf, der sich im Laufe der Zeit unter großem Druck zu Steinkohle verwandelte. In der nachfolgenden Eiszeit starben viele Pflanzenarten wie Farne, Schachtelhalme und Bärlappe aus. Doch Samenpflanzen, aus denen sich wieder Wälder bilden konnten, überlebten. Als auf der Erde Gebirge entstanden, gab es immer mehr Bereiche, in denen die Bäume vom Grundwasser abgeschnitten waren und sich anpassen mussten. So geschah es, dass sich vor etwa 270 Mio. Jahren Nadelbäume in bergigen und trockenen Gebieten ansiedelten. In der Kreidezeit entfalteten sich Blütenpflanzen, welche möglicherweise die Vorfahren unserer Eichen, Platanen, Esskasta­ nien und Weiden sind. Im nachfolgenden Zeitalter des Tertiärs, das vor etwa 66  Mio. Jahren begann, entwickelte sich bei einem wesentlich wärmeren Klima, als wir es heute kennen, eine große Fülle verschiedener Gehölzarten in Mitteleuropa. Je nach Klimazone und ­Höhenlage unterschieden sich Laub-, Nadel- oder Mischwälder.  Damals befand sich Mitteleuropa noch in der Nähe des Äquators, wo tropische Bedingungen herrschten. So entdeckte man aus dieser Zeit sowohl Zeugnisse von Bäumen, die mit unseren jetzigen Laub-

Ein Birkenwäldchen in Finnland. Auch heute noch sind Birken sogenannte Pioniere, die sich nach Störungen wie Kahlschlägen und Windwürfen als eine der ersten Baumarten wieder ansiedeln. 200 mm, 1/125 s, f/13, ISO 100.

bäumen verwandt sind, als auch von Palmen, Zitronen- und Orangenbäumen, Kiefern, Mammutbäumen, Zypressen und Lebensbäumen. Die Überreste dieser Bäume verwandelten sich im Laufe der Jahrmillionen zu Braunkohle. Als sich Europa und Amerika vor etwa 60 Mio. Jahren voneinander trennten – vor 250 Mio. Jahren bestand die Landmasse der Erde noch aus einem einzigen großen Kontinent »Pangäa« – und die Kontinente mehr und mehr die Form erhielten, wie wir sie heute kennen, entwickelten sich auf den jeweiligen Kontinenten eine eigenständige Flora und Fauna. Die Pflanzenarten, die gegen Ende des Tertiärs die Erde bewuchsen, sind den Pflanzen, wie wir sie heute kennen, sehr ähnlich.  Am Ende des Tertiärs vor etwa 2,6 Mio. Jahren veränderte sich das Klima grundlegend. Es kam abwechselnd zu Kalt- und Warmzeiten. Viele Bäume kamen mit den starken Temperaturschwankungen nicht zurecht, was zu einem kontinuierlichen Rückgang der Artenvielfalt führte. Es gab immer weniger Baumarten, innerhalb einer Baumart existierten wohl aber viele Unterarten. Die Rotbuche hatte zu bestimmten Zeiten in Mitteleuropa keine Heimat mehr, dafür entwickelten sich Eibe und Hainbuche umso prächtiger. Auch die damals vorhandene Tierwelt beeinflusste die Vegetation: Pflanzen, die den Tieren besonders gut schmeckten, wurden zurückgedrängt, während sich bitter oder zäh schmeckende Pflanzen ausbreiteten. 

Vor etwa 18.000 Jahren begannen nach der kältesten Periode der letzten Eiszeit – der sogenannten Würm- oder Weichselzeit – die Temperaturen langsam zu steigen. Im Holozän, welches auch das Nacheiszeitalter genannt wird, schmolzen die riesigen Eismassen über Teilen von Eurasien und Nordamerika. Durch das geschmolzene Wasser, die steigenden Temperaturen und die auftauchenden Landmassen entstand eine üppige Vegetation zwischen den Alpen und dem schmelzenden nordischen Eis. Nach einem Übergangsstadium, in dem vor allem Steppenlandschaften vorherrschten, breiteten sich wieder Wälder in Mitteleuropa aus. Zwei Baumarten machten den Anfang bei dieser Wiederbewaldung: die Birke und die Kiefer. Anfangs waren die Wälder noch licht, sie verdichteten sich aber im Laufe der Jahrtausende immer weiter, vor allem dort, wo es warm und feucht war. Die Temperaturen wurden zunehmend stabiler und pendelten sich etwa vor 10.000 Jahren bei den Temperaturwerten ein, die heute auf der Erde herrschen. Damit sich Wälder optimal entwickeln können, brauchen sie Verbündete im Boden: Ein Netzwerk von Pilzen und Feinwurzeln fast aller Pflanzenarten, das sogenannte Mykorrhiza, geht mit den Bäumen des Waldes eine Lebensgemeinschaft ein. Dieses Pilznetzwerk versorgt die Bäume mit Wasser und Nährstoffen, im Gegenzug geben Bäume Zucker an die Pilze weiter, den letztere zur Sporen- und Fruchtkörperentwicklung brauchen. Diese Netzwerke bildeten sich

3

im Laufe der Zeit heraus, und nur dort, wo diese fein aufeinander abgestimmte Symbiose gelang, waren optimale Wuchsbedingungen für die Wälder gegeben. Kiefernwälder konnten sich deshalb so erfolgreich ausbreiten, weil sie in der Lage sind, mit 25 verschiedenen Pilzarten eine Lebensgemeinschaft zu bilden. Eine weitere Erwärmung im westlichen Teil Europas wurde durch das Vordringen des warmen Golfstroms ausgelöst. Dadurch kam es zu Ausbreitungen verschiedener Baumarten. So machte sich die Hasel auf den Weg, um allmählich immer weiter in den Osten vorzudringen. Gleichzeitig breitete sich die Fichte von Nordrussland Richtung Westen aus und besiedelte dort die höheren Lagen. Die Erle konnte sich vor etwa 8000 Jahren durch eine Erhöhung des Meeresspiegels massenweise in Flusstälern ansiedeln, die in die Nordsee mündeten. Allmählich zogen auch Eichen, Ulmen, Linden und Eschen in die Wälder ein und drängten die Pioniere der Nacheiszeit, die Kiefern und Birken, zurück. 

1.2

Der Einfluss des Menschen

Als die Ausbreitung der Wälder zunahm und diese immer dichter wurden, begann der Mensch Wälder zu roden. Die Jagd nach Tieren war in den dichten Wäldern beschwerlich. Also schuf der Mensch in der Jungsteinzeit Lichtungen, um besser jagen zu können. Er machte zudem gerodete Flächen zu Äckern, um darauf Getreide anzubauen oder Viehherden zu halten. Diese Entwicklung soll auf verschiedenen Kontinenten etwa zur gleichen Zeit begonnen haben, ohne dass es erkennbare Kontakte zwischen den Ackerbauern gegeben hätte. Dabei blieben die Ackerflächen lange Zeit vom Wald umschlossen. Der sorgte für ausgeglichene Temperaturen während der Jahreszeiten und schützte die Ackerflächen vor Erosion und Austrocknung. Das durch die Rodungen gewonnene Holz wurde zum Heizen und Kochen in der kalten Jahreszeit verwendet.

Kiefern sind heute vor allem auf der N ­ ordhalbkugel heimisch (wie hier auf der finnischen Insel Åland), aber bestimmte Kiefern­ arten besiedeln auch mediterrane, t­ ropische und subtropische Gebiete. 50 mm, 1/30 s, f/10, ISO 100.

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Vor etwa 7000 Jahren übernahm die Buche die Vorherrschaft über viele Wälder in Mitteleuropa. 42 mm, 5 s, f/8, ISO 200.

Allmählich entdeckten die Menschen Holz auch als Baumaterial für ihre Häuser und Hütten, zur Herstellung von Werkzeugen und Alltagsgegenständen. Der Bedarf an Holz stieg und die gerodeten Flächen um die Wälder wurden so groß, dass sich die Menschen entschieden, weiterzuziehen, um in noch unangetasteten Waldgebieten neue Siedlungen zu errichten. Dort, wo Menschen ihre Behausungen und Ackerflächen zurückließen, kehrten die Natur und die natürliche Tierwelt zurück, der Wald schloss sich wieder. Die Rotbuche war damals Nutznießer der vom Menschen verlassenen Gebiete. So sieht das jedenfalls ein Teil der Fachwelt heute. Sie soll sich vor allem dort ausgebreitet haben, wo der Mensch Rodungsflächen hinterließ, da er durch sein Eingreifen die Konkurrenzverhältnisse unter den einzelnen Baumarten verändert hatte. Andere Forscher sehen die Ursache ihrer Verbreitung in den klimatischen Veränderungen dieser Zeit. Die Buche hatte es zuvor nur in den hö­

heren Mittelgebirgen Süddeutschlands und in den Mittelgebirgslagen der Alpen gegeben. Sie breitete sich nun langsam über ganz Mitteleuropa aus. Der Wald büßte viele seiner Ulmen, Eichen und Haselbüsche ein und wurde ein von der Buche beherrschter Wald. In der Eisenzeit (750 v. Chr. bis 1025 n. Chr.) gingen die Bauern nach demselben Muster vor wie ihre Vorfahren aus der Jungsteinzeit: Sie rodeten den Wald, errichteten Siedlungen und schufen Ackerland, trieben ihr Vieh in die Wälder und verließen den Ort nach einigen Jahrzehnten wieder. In Bergregionen wie den Alpen oder ­Pyrenäen bildeten sich Siedlungsstrukturen in den Tälern heraus. Die Tiere wurden im Sommer auf die Weiden in Hochlagen getrieben. Zwischen den Ackerflächen und Siedlungen im Tal und den Weiden im Hochland blieb der Wald noch erhalten, aber vom Tal her wurde der Wald aus Fichte, Buche, Tanne und Bergahorn zunehmend zurückgedrängt. Durch die Viehwirtschaft und Rodungen in den höhe­ren

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1.3

Der Wald weicht den Städten

Die Bevölkerungsdichte stieg im Laufe der Jahrtausende weiter und so fingen die Menschen an, sich in größeren Zusammenhängen zu organisieren. In der Antike waren vom Nahen Osten bis zum westlichen Rand des Mittelmeeres viele Städte entstanden. Die Menschen wurden sesshaft und rodeten die Wälder rund um die Städte, um das Holz für ihre Bedürfnisse zu nutzen. Als es keine Wälder in der Nähe der Städte mehr gab, wurden Möglichkeiten zum Transport von Holz geschaffen. Auf Flüssen und Meeren konnte man per Schiff Holz aus dichter bewaldeten Gebieten heranschaffen. Zudem begann man wirtschaftlich wichtige Bäume anzupflanzen. Im Mittelmeerraum wurden von den antiken Hochkulturen gezielt Olivenbäume zur Herstellung von Olivenöl gepflanzt, aber auch Pinien, Feigen-, Mandelund einige andere Bäume, die mit ihren Früchten zur Ernährung der Menschen beitrugen. Obstgärten und Haine entstanden anstelle des Waldes. Wo Bäume abgeholzt wurden und der Wind die fruchtbare Humusschicht abgetragen hatte, entstanden durch Erosion Wüsten. Die Römer schlugen viele Eichen sowohl südlich als auch nördlich der Alpen, die

Lärchenwälder unterhalb des Morteratschgletschers in der Schweiz. In der Jungsteinzeit erstreckte sich der Lebensraum der Lärchen und Arven noch bis hinauf zum Berninapass. Das beweisen u. a. Funde von Lärchenstämmen im Torf der Berninaseen am Pass. 35 mm, 1/30 s, f/10, ISO 100.

Lagen verschob sich außerdem die Waldgrenze zunehmend nach unten. Hier büßten Lärche und Arve (Zirbelkiefer) ihren Lebensraum ein. Von dem Historiker Publius Cornelius Tacitus ist die erste schriftlich festgehaltene Bemerkung über die Wälder nördlich der Alpen überliefert. Er schrieb, das Land der Germanen mache mit seinen schaurigen Wäldern einen »widerwärtigen« Eindruck. Diese Aussage legt nahe, dass dichte, urwüchsige Wälder noch große Gebiete des Landes bedeckten. In Pollenanalysen konnte man aber nachweisen, dass die Wälder in vorrömischer Zeit zu weiten Teilen keinen natürlichen Ursprung mehr hatten, sondern bereits durch den Menschen geprägt waren.

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Ein sonnendurchfluteter Pinienwald bei Barbate an der Küste Andalusiens. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Pinie ist der nördliche Mittelmeerraum. Gerade in Anatolien, Italien und Spanien wurde diese Art so häufig a­ ngepflanzt, dass es schwer nachzuvollziehen ist, welche Bestände auf natürliche Weise entstanden oder Folge von Anpflanzungen sind. 92 mm, 1/80 s, f/7,1, ISO 200.

ihnen als Bauholz dienen sollten. Tannen wurden für den Schiffsbau geerntet. Am Ende der römischen Zivilisation bekam der Wald eine neue Chance, sich auszubreiten. Während des Übergangs von der Spätantike ins Frühmittelalter löste sich die kulturelle und politische Einheit auf, die sich während der griechisch-römischen Antike im Mittelmeerraum entwickelt hatte. In dieser Zeit brachen etliche Zivilisationen zusammen und Handelswege wurden aufgegeben. Damit konnte der Wald in einst besiedelten Gebieten wieder die Vorherrschaft übernehmen.

1.4

Mensch und Wald in Mittelalter und Früher Neuzeit

Im beginnenden Mittelalter bekam der Prozess der Urbarmachung von Land neuen Aufschwung und der Wald wurde erneut zurückgedrängt. Mit Einführung der Grundherrschaft bekamen Bauern von ihren Grundherren Werkzeuge und Gerätschaften an die Hand, um das Land nutzbar zu machen. Im Gegenzug mussten sie neue Ackerflächen schaffen und Abgaben leisten. Karl der Große legte 795 fest, dass jeder Grundherr zu verhindern habe, dass sich auf dem bereits geschaffenen Ackerland wieder Wald ansiedelte. Die Wälder veränderten sich nun nach den Vorstellungen der Grundherren und wurden immer weniger durch Standortfaktoren geprägt, sondern mehr danach, welche Nutzungsinteressen vorherrschend waren. Da man Nadelbäume häufiger zur Holznutzung benötigte, wurden sie gefördert und ausgesät, der Anteil der Laubwälder verringerte sich.  Um die Ackerflächen gab es vielerorts noch dichten Wald, der die Fantasie der Menschen anregte: Märchen und Sagen erzählten von wilden Tieren, Hexen und Zauberern, Riesen und Zwergen oder Räubern und Jägern, die in den Wäldern ihr Unwesen trieben. Je nach Nutzungsform entstanden Nieder- oder Hochwälder. In Niederwäldern aus Eichen, Hainbuchen und Birken wurde Holz in kürzeren Umtriebszeiten geschlagen; das bedeutet, die Bäume in diesen Wäldern wurden schon nach etwa 15 bis 20 Jahren geerntet. Aus den Stöcken trieben wieder neue Triebe aus, die dann Jahre später erneut geschlagen wurden. Sie entstanden meist in den Niederungen in der Nähe der Ortschaften. Ihr Holz wurde aufgrund seiner häufig krummen Wuchsform gern im Schiffbau eingesetzt. Hochwälder aus Buchen, Tannen, Fichten, Bergahorn und Eichen gab es vorrangig auf den Höhen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sich ihre Baumindividuen aus jeweils einem Samen zu großen, hoch aufragenden Bäumen entwickeln. Blieben ein paar große Bäume aus einem Hochwald nach einem Hieb stehen und nutzte man den Rest des Waldes als Niederwald, wurde aus diesem ein sogenannter Mittelwald. In den durch Vieh bewirtschafteten Wäldern, den Hute-

Der Wald regte die Menschen zu allerlei Fantasien an. Vielleicht trugen auch Baumgestalten wie diese dazu bei, dass sich Menschen vor dem Wald ­fürchteten. 6 mm, 1/40 s, f/11, ISO 500.

wäldern, entwickelten sich Einzelbäume mit mächtigen Kronen und teils bizarren Wuchsformen. Mit einem Wald hatten diese Flächen aber nur noch wenig gemein. An verschiedenen Stellen in Europa betrieb man eine Wechselwirtschaft. Dabei wurde Wald zunächst gerodet und das Holz genutzt, die Reste auf Haufen geschichtet und verbrannt. Die Asche brachte man dann als Dünger auf die gerodete Fläche aus, die nun zu Ackerland wurde. Nach ein paar Jahren gab man dem Wald die Chance, wieder zurückzukommen. In den Städten wurde sehr viel Holz benötigt, sodass sich die Wälder um die Städte mehr und mehr zurückzogen. Sie waren vielerorts in einem erbärmlichen Zustand. Man brauchte den kostbaren Rohstoff Holz für Häuser, Mühlen, Schiffe, Wagen, Bergbau, als Brennstoff, zur Verhüttung, Holzkohlegewinnung, Salzgewinnung, für die Glasbläserei und vieles mehr. An manchen Orten wurden daher schon im Mittelalter erste Waldschutz- oder Wiederherstellungsmaßnahmen eingeleitet, wie z.  B. das Ausbringen von Kiefernsaat im Nürnberger Reichswald im Jahre 1368. Mit Kiefernsaaten wurden auch später andere Stadtwälder aufgeforstet, etwa der Frankfurter Stadtwald. Einige stadtnahe Wälder durften schon im 13. Jahrhundert nicht mehr gerodet werden. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden dann erste Verordnungen zum Schutz der Wälder erlassen. So gab es beispielsweise Weisungen, jeden neunten oder zehnten Baum ste-

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Bis heute existieren Reste der ehemaligen Hutewälder (siehe dazu Abschnitt 2.3.3 »Hutewälder« auf Seite 39). Diese prächtige alte Hutebuche mit beeindruckendem Wurzelwerk und Alpenveilchen hat sich auf der Insel Korsika erhalten. Dort ziehen nach wie vor Rinder, ­Ziegen und Schafe durch die Wälder. 14 mm, 6 s, f/16, ISO 100.

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hen zu lassen, wenn ein Hochwald abgeholzt wurde, damit die verbleibenden Bäume wieder Nachkommen zeugen konnten. In manchen Gebieten war sogar die Weidenutzung in den Wäldern verboten. Es wurden Wegenetze auf Wasser und zu Land ausgebaut, um an das kostbare Gut Holz zu kommen. Vor allem lange Stämme für den Bau kamen aus weiter entfernten Regionen in Floßform oder durch Trift auf Flüssen in die Städte. Die Stadt ­Venedig bekam ihr Holz aus der Alpenregion. Der Rhein und die Elbe wurden Hauptverkehrsadern für die Verschiffung von Holz. Dies hatte zur Folge, dass die Wälder nicht nur um die Städte herum immer weniger wurden, sondern auch die Wälder entlang der Flüsse, die Hochwälder der mitteleuropäischen Gebirge und boreale Nadelwälder in großem Ausmaß dezimiert wurden. Bäume wurden auch zur Gewinnung von Nahrung genutzt. So »köpfte« man sie z. B. für die Honigproduktion, um darin Bienenvölker zu halten. Der Wald musste auch den Interessen der Adligen, die in ihren Wäldern jagen wollten, dienen. So gewann er als Jagdrevier zu­ nehmend an Bedeutung. Er wurde zeitweise wieder als schützenswert angesehen und mancherorts sogar vergrößert. Viele Forste wurden so gestaltet, dass man bequem darin jagen konnte. Es entstanden die ersten Jagdschlösser in den Wäldern. Das ausschweifende Leben an den Fürstenhöfen und der gestiegene Lebensstandard des Bürgertums ließen den Holzhunger weiter ansteigen. Mit dem aufkommenden Buchdruck entstanden im 15. und 16. Jahrhundert zahlreiche Papierbetriebe, die für die Produktion ebenfalls Holz benötigten. Die Konflikte um Holz waren auch (Mit-)Ursache von Kriegen wie z. B. dem Bauernkrieg von 1525 und dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648). Man nimmt an, dass die Ausbeutung der Wälder in Mitteleuropa bis zum 19. Jahrhundert größere Ausmaße erreichte als heute. Geschlossene Wälder gab es kaum noch. Besonders gravierend war diese Entwicklung in England. In Deutschland konnten sich durch den Einfluss der Landesherren, die ihre Wälder vorrangig für die Jagd nutzen wollten, im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig viele Wälder erhalten. Wo der Wald verschwand, war das Heidekraut auf dem Vormarsch, die Waldböden waren verarmt und ausgeplündert. Man holte sich ein Stück Natur in die Städte und um die Schlösser, indem man begann, in Gärten und Parks die Natur nach dem eigenen Geschmack zu gestalten. Baumarten aus anderen Ländern und Kontinenten hielten darin Einzug. Ehemalige Hutewälder wurden, wie z. B. der Englische Garten in München, Ende des 18. Jahrhunderts in Parks umgewandelt. 

Was im Mittelalter in vielen Wäldern eine übliche Form der Bewirtschaftung war, ist in Deutschland heute nur in noch ausgewählten Wäldern, die speziellen Naturschutzzielen dienen, erlaubt. Dieser Wald an der hessischen Bergstraße wird mit Eseln, Ziegen und Schafen beweidet, um die Baumart Kiefer zu fördern und ihn von Unterwuchs freizuhalten. 30 mm, 1/25 s, f/9, ISO 500.

Das Moritzburger Jagdschloss bei Dresden hat seinen Ursprung in einem ­schmucken Jagdhaus, der »Dianenburg«, das im späten Mittelalter zum ­Übergang zur Neuzeit erbaut worden war. Das Renaissanceschloss ist noch heute von ­ausgedehnten Wäldern umgeben, welche die Fürsten der damaligen Zeit als ­Jagdrevier nutzten. 24 mm, 1/10 s, f/10, ISO 250.

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Wo der Wald gerodet worden war, breitete sich an vielen Stellen die Heide aus. Diese Heidelandschaften werden heute noch als Kulturlandschaften gepflegt und durch die Bewirtschaftung mit Schafen waldfrei gehalten. 24 mm, 1/6 s, f/16, ISO 100.

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1.5

Ein Umdenken – das Prinzip der Nachhaltigkeit wird geboren

Der Rechtswissenschaftler und Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz erkannte als einer der Ersten das wachsende Problem der Holzknappheit und verfasste 1713 ein Lehrbuch für die Forstwirtschaft mit dem Titel »Sylvicultura oeconomica«, in dem er zur Aufforstung kahl geschlagener Waldflächen aufrief, damit der Rohstoff Holz auch für nachfolgende Generationen noch zur Verfügung stehen konnte. Es sollte nur so viel Holz geschlagen werden, wie durch Aufforstung wieder nachwachsen konnte. Er legt damit den Grundstein für das Prinzip der Nachhaltigkeit.  In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden der Beruf des Försters geboren und Forstakademien eingerichtet, um eine nachhaltige Bewirtschaftung in den Wäldern zu sichern und aus bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen wieder Wald zu machen. Es ging dabei aber vorrangig um den Wald als Geldquelle und Wirtschaftsfaktor. So wurden die lukrativen und vielseitig verwendbaren Nadelbäume in großem Maßstab angepflanzt und die so entstandenen Wirtschaftswälder mit Forstwegen durchzogen. Die schnell wachsende Fichte übernahm die Vorherrschaft. Obwohl die Gefahren der Reinbestände damals schon bekannt waren, wurden diese Warnungen überhört. So entwickelte beispielsweise der bayerische Forstwissenschaftler Karl Geyer alternative Waldkonzepte auf Grundlage der Naturgesetze und setzte sich für den Mischwald und die natür­ liche Verjüngung ein (»Der Waldbau«, 1878). Man forstete nicht nur auf und brachte Saatgut ein; es wurden zudem ausgewählte Bereiche eingezäunt, um sie vor Wildverbiss zu schützen. Eichen oder Buchen wurden häufig auch als Büschel gepflanzt, indem man viele junge Bäume gemeinsam in eine Pflanzgrube setzte. Die dicht beieinander wachsenden Pflanzen sollten durch diese Art der Pflanzung zu geradem Wuchs erzogen werden. Die einzelnen Bäume konnten sich zudem gegenseitig Schutz vor dem gefräßigen Wild sowie Wind und Wetter geben. Ihre Pflanzung wurde vor allem in Gebieten mit starkem Verbiss und in Hochlagen mit rauen klimatischen Bedingungen empfohlen. Die einzelnen Bäumchen wuchsen aber häufig zusammen und wurden zu Bäumen mit beträchtlichem Stammumfang. Diese Bäume, zusammengewachsen oder in Einzelstämmen, kann man bis heute noch hier und da entdecken. Es war auch die Zeit der Alleen und Chausseen. Hierzulande wurden vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Alleen an Landstraßen und in Schlossgärten gepflanzt. Für das Vieh wurden Flächen eingezäunt oder mit Wallhecken umgeben. Dadurch schonte man die verbliebenen Wälder. Die alten Eichen der deutschen

Durch Stockaustrieb nach einer Niederwaldbewirtschaftung oder Büschelpflanzung entstanden? In diesem Fall ist die Ursache der »Vielarmigkeit« vermutlich ein Stockaustrieb. Doch bei Bäumen mit vielen Stämmen ist der Ursprung des Baumes nicht immer eindeutig zu klären. Sie sind aber meistens durch den Einfluss des Menschen entstanden. 42 mm, 1/25 s, f/8, ISO 500.

Hutewälder wurden im Zuge der Grundgedanken der Französischen Revolution zu geheiligten Symbolen von Stärke und Freiheit und einer einst urwüchsigen Natur. Die Eiche wurde zum »Baum der Deutschen«, die in dieser Zeit zunehmend im Wald nach ihrer Identität zu suchen begannen. Mit Beginn der Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Wald zu einem Ort der Sehnsucht. Dichter und Maler machten ihn zum Symbol einer ersehnten, heilen und träumerischen Welt. Die Romantik war eine Antwort auf die beginnende Industrialisierung und den Abbau von bewaldeten Gebieten. Auch wenn sich ein Wandel abzeichnete, so blieb der Zustand der Wälder bis Mitte des 19. Jahrhunderts schlecht. Die ständig wachsenden Industrien benötigten Holz. Da einige Länder kaum mehr Wald besaßen, rodeten sie Wald in anderen Teilen der Erde. So begann England für seinen wachsenden Bedarf die Wälder seiner Kolonien zu plündern.  Eine wesentliche Entlastung gab es für den Wald durch den Abbau von Stein- und Braunkohle, die statt Holz als Brennstoff dienen konnten. Zusätzlich ersetzten neue Baustoffe wie Beton, Stahl und Kunststoff das Holz in seiner Funktion. Die Waldflächen nahmen be-

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Im Dritten Reich benutzten die Nationalsozialisten in Deutschland den Wald als Kulisse für ihren »Idealstaat« und erließen Gesetze zum Schutz des Waldes sowie ein Reichsjagdgesetz. Im Gegensatz zu den scheinbaren Naturschutzbestrebungen der neuen Machthaber, mit denen sie Pluspunkte bei der Bevölkerung sammeln wollten, hatte sich der Wald aber den Kriegszielen und der geplanten Autarkie des Landes unterzuordnen. Der bis dahin verfolgte Grundsatz der Nachhaltigkeit wurde aufgegeben. Laut Hermann Göring sollte versucht werden, so viel wie möglich aus dem deutschen Wald herauszuholen. Der Wald litt unter den steigenden Entnahmemengen. 

Der sächsische Maler Eduard Leonhardi (1828–1905), der für seine roman­ tischen Landschaftsbilder bekannt ist, trägt den Beinamen »Maler des deutschen Waldes«. Er fertigte 1887 dieses Gemälde und gab ihm den Namen »Waldeinsamkeit«. Darin kommt die tiefe Sehnsucht nach einer ursprünglichen und unberührten Natur zum Ausdruck. Albertinum, Dresden.

sonders in Deutschland durch gezielte Aufforstung sukzessive zu, was sich positiv auf erodierte Böden, den Grundwasserspiegel und das Bestandsklima auswirkte.  Der Wald wurde wieder zu einer Lebenswirklichkeit der Menschen und regte zu allerhand Fantasien und Geschichten an. So spielt er beispielsweise in den Grimmschen Märchen oder auch in den Opern von Richard Wagner eine zentrale Rolle. Der künstlich angepflanzte Wald wurde zu dem, was die Menschen als »urwüchsige Natur« assoziierten. Sie suchten ihn auf, um sich dort von dem schnellen und oft schmutzigen Leben in den Industriestädten zu erholen. Die um 1900 aufkommenden Naturschutzbewegungen be­ gannen sich für den Schutz der Wälder einzusetzen. Im Zuge der Wanderbewegung entdeckten viele Menschen den Wald als einen Ort der Erholung.

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Die Fichtenmonokulturen, die den deutschen Wald bis heute dominieren, haben ihren Ursprung zum großen Teil in den Aufforstungen der Nachkriegsjahre. 35 mm, 1/13 s, f/8, ISO 320.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren große Teile der Versorgung und Infrastruktur in Europa zusammengebrochen, und was einst Entlastung für den Wald gebracht hatte, nämlich Kohle und anderes Heizmaterial, war an vielen Orten nicht mehr verfügbar. Die kalten Winter trieben die Menschen in die Wälder, um sich mit Brennholz zu versorgen. Die Siegermächte bedienten sich an den deutschen Wäldern in ihren jeweiligen deutschen Besatzungszonen und in den Waldgebieten jener Länder, die sich mit den Deutschen verbündet hatten. Die französischen, englischen und sowjetischen Besatzer wollten entschädigt werden für den Raubbau und die Zerstörung von Wäldern in den eigenen Ländern durch die Deutschen. Im Rahmen der sogenannten Reparationshiebe wurden nach 1945 große Waldflächen in Deutschland ohne Rücksicht auf Boden, Ökosysteme und Landschaft kahlge­schlagen. Bodenerosion und -verdichtung, Störung des Wasserhaushalts und das Versiegen von Quellen waren die offensichtlichsten Folgen. Die Bilder der durch Krieg und Hiebe zerstörten Wälder wirken bis heute verstörend. Es wurde um ein Vielfaches mehr Holz geschlagen, als im gleichen Zeitraum nachwachsen konnte.  Bei der Wiederaufforstung in den Nachkriegsjahren spielten vor allem die Frauen eine bedeutende Rolle. Sie pflanzten und pflegten auf den Kahlschlagflächen eine neue Waldgeneration, die wie im 18.  Jahrhundert vorrangig als Nadelholz-Reinbestände begründet wurde.

1.6

Die Folgen der naturfernen Forste und das ­Waldsterben

Die vielfältigen Probleme, mit denen die künstlich begründeten Forste zu kämpfen hatten, waren nicht nur ein Problem der darauffolgenden Jahrzehnte, sondern wirken bis in unsere Zeit fort: Die Forste werden von Insekten wie dem Buchdrucker oder Nonnenraupen heimgesucht, die sich in Reinbeständen besonders gut entwickeln können. Durch das flache Wurzelwerk und den hohen Wuchs sind Fichtenmonokulturen besonders anfällig für Sturmkatastrophen. Auch sind sie Schnee- und Eisbruch häufig nicht gewachsen. In Kiefernbeständen treten immer wieder fatale Waldbrände auf. Doch an manchen Standorten begann man nach dem Zusammenbruch von künstlichen Fichten- und Kiefernforsten auch Mischbestände zu begründen. Das Dauerwaldprinzip setzte sich mehr und mehr durch. Ein Dauerwald zeichnet sich durch eine Mischung einzelner Baumarten und das Vorhandensein unterschiedlich alter Bäume aus. Des Weiteren legt dieses Prinzip Wert auf die Gesundheit und den Schutz des Waldbodens sowie eine kahlschlagfreie Bewirtschaftung. Es werden dabei nur Einzelbäume genutzt und es wird auf eine nachhaltige Bewirtschaftung Wert gelegt.

Arm an Artenvielfalt und Widerstandsfähigkeit: Die gepflanzten Fichten, die einst die »Brotbäume« der Deutschen waren, brechen wie hier im Schwarzwald unter den vielfältigen Belastungen zusammen. 24 mm, 1/60 s, f/8, ISO 80.

Mit dem Europäischen Naturschutzjahr 1970 wurden erstmals Wälder aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen. Erste Nationalparks entstanden im Bayerischen Wald und in Berchtesgaden. Naturschützer setzten sich gegen die Abholzung von Wäldern für industrielle Großprojekte ein und erhielten immer mehr Zuspruch und Unterstützung. Um 1980 zogen erstmals Umweltschutzparteien in die Parlamente ein. Großen Zulauf erlebten sie durch ein Phänomen, das immer mehr Wälder in die Knie zwang: die Emissionen der Industrien, verursacht vor allem durch die Verbrennung schwefelhaltiger Kohle und schwefelhaltigen Benzins. Mit dem »Waldsterben«, 13

Am Fuße eines Baumes zu sitzen, durch den Wald zu spazieren oder ihn zu fotografieren, lässt uns für ein paar ­Momente unsere Sorgen und die Hast des Alltags vergessen. 50 mm, 1/10 s, f/6,3, ISO 400.

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Wenn immer mehr Naturräume schwinden, wird die Sehnsucht des Menschen nach ihnen stärker. 24 mm, 1/15 s, f/10, ISO 100.

das sich Ende der 1970er-Jahre erstmals an den Tannen zeigte, wurde der Untergang der Wälder prophezeit. In der Folge unternahm man große Anstrengungen für die Verbesserung der Luftqualität: Emissionen und der Einsatz von stark schwefelhaltiger Braunkohle wurden reduziert, Katalysatoren in Autos eingebaut und verbleites Benzin aus dem Handel genommen. Die Forschung zum Themenfeld der Ökologie und Waldschadensforschung wurde in Deutschland intensiv ausgebaut. In unserer heutigen Zeit, in der die Industrialisierung der Welt weiter fortschreitet und große Maschinen in den Wäldern Einzug gehalten haben, scheint die in der Romantik geborene Sehnsucht des Menschen nach dem intakten Wald weiter zu wachsen. Die Bedeutung des Waldes als Erholungsraum hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr zugenommen. Er ist ein Zufluchtsort, in dem der von Stress geplagte Mensch Ruhe und Entspannung finden kann.

Der Wald muss nach wie vor verschiedenen Nutzungsinteressen gerecht werden und steht in deren Spannungsfeld. Vom Jäger über den Förster und Holzverarbeiter bis hin zu Erholungssuchenden, Foto­grafen und Naturschützern – alle beanspruchen einen Anteil am Wald und möchten ihn zu ihrem Zweck formen. Und wäre das nicht schon der Stressfaktoren genug, kommt nun mehr und mehr der Klimawandel ins Spiel, der den Wald wohl auf eine der größten Proben seiner Geschichte stellen wird. Im »Nachwort einer Waldschützerin« ab Seite 217 erfahren Sie, mit welchen Stressfaktoren der Wald heute außerdem zurechtkommen muss. Es werden dort mögliche Wege aufgezeigt, die eine Entlastung für den Wald bedeuten würden. Was wir selbst tun können, um diesen wertvollen Naturraum zu unterstützen, ist ebenfalls Teil dieses abschließenden Kapitels.

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2 Wald ist nicht gleich Wald Keine Beschreibung, kein Bild, kein Buch kann das ­wirkliche Sehen der Bäume mit dem ganzen Leben, das sich um sie herum im Wald abspielt, ersetzen. Die Bäume strömen etwas aus, was zur Seele spricht, etwas, was kein Buch und kein Museum vermitteln kann. Maria Montessori

50 mm, 1/13 s, f/9, ISO 100

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2.1

Wirtschaftswald und Naturwald

Ich bin in der Anfangszeit meiner fotografischen Leidenschaft ohne weitere Recherche durch die Wälder im Umfeld meines Hauses gezogen. Mit der Zeit stellte ich fest, dass es in manchen Teilen des Waldes mehr alte Bäume und mehr Vegetation gab als in anderen. Daraufhin besorgte ich mir über das Bürgerinformationssystem meiner Gemeinde Karten, die mir anzeigten, bei welchem Wald es sich um Gemeindewald handelte und welche Waldflächen nicht mehr forstlich genutzt wurden. Da es daneben auch noch andere Eigentumsverhältnisse gibt, nämlich Privat- und Staatswald, befragte ich Bauern, Waldbesitzer und Alteingesessene in der Gegend sowie Forstämter, die mir Auskunft geben konnten, wem der Wald gehört. Die erhaltenen Informationen erklärten, warum es in verschiedenen Teilflächen so unterschiedlich aussah. Dort, wo seit einer Weile keine wirtschaftliche Nutzung erfolgt war, aber auch in ungenutzten Privatwäldern fand ich einen größeren Anteil alter Bäume, interessante Totholzbäume und liegendes Totholz. Auch waren dort »Charakterbäume«, also schief und krumm gewachsene Exemplare, häufiger anzutreffen. Im Winterhalbjahr machten mir in den Wirtschaftswäldern die durch die Bäume brechenden Forstmaschinen und kreischende Sägen zu schaffen. Das Wissen um Waldgebiete, in denen keine Holzwirtschaft mehr betrieben wird, half mir, meiner Fotografie vor allem in dieser Jahreszeit weitestgehend ungestört und ohne Frustration nachzugehen. Da in Deutschland derzeit gut 97 % aller Wälder Wirtschaftswälder sind, werden Sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem solchen wiederfinden. Doch es lassen sich auch in bewirtschafteten Forsten eindrucksvolle Bilder für die Waldfotografie finden. Die Intensität und Art der Bewirtschaftung variiert von Wirtschaftswald zu Wirtschaftswald erheblich. Die Spanne reicht von naturgemäß bewirtschafteten Wäldern, in denen Maschineneinsätze auf ein Mini­ mum beschränkt und die Gesetzmäßigkeiten der Natur beachtet wer­den, bis hin zu in Reih und Glied gepflanzten Monokulturen, in denen man kaum mehr Tier- und Pflanzenarten findet, dafür umso mehr Spuren von maschinellen Erntemethoden. Im Vergleich zu weitgehend naturbelassenen Wäldern lassen sich in bewirtschafteten Wäldern mitunter etwas einfacher Kompositionen finden, da dichter Unterwuchs dort seltener vorkommt. Woraus sich aber keine allgemeingültige Regel ableitet. In vielen intensiv durchforsteten Wäldern liegt nach Erntemaßnahmen häufig so viel Kronenholz auf dem Waldboden, dass es schwierig ist, in diesem Wirrwarr Ästhetik und Struktur ins Bild zu bekommen. Ehe-

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mals bewirtschaftete Wälder wie die Nieder- oder Hutewälder sind für Waldfotografen besonders interessant, weil sie charakteristische Wuchsformen hervorbringen. Urwälder, also vom Menschen unbeeinflusste Wälder, gibt es in Deutschland und auch in den meisten anderen europäischen Ländern nicht mehr. Heutzutage prägt vor allem der Mensch Aussehen, Struktur und Artenvielfalt unserer Wälder. Lediglich im Dinarischen Gebirge, im Balkan und den Karpaten konnten sich großflächige Buchen-Urwaldgebiete erhalten. Doch es gibt immer mehr Wälder, in denen die Natur sich selbst überlassen wird und wo »urwüchsige« Waldstrukturen entdeckt werden können. Von diesen sogenannten Naturwaldreservaten gibt es derzeit 747 in Deutschland. Der Totholzanteil und das Vorkommen von älteren Bäumen sind in diesen Gebieten meist höher als in Wirtschaftswäldern, natürlich in Abhängigkeit von der Dauer und dem Ausgangszustand ihrer Stilllegung. Listen dazu finden sich im Internet bei den verschiedenen Forsten der einzelnen Länder und auf Wikipedia (Stichwort: Naturwaldreservat). Auf der Webseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung findet man ebenfalls eine Übersicht über alle Naturwaldreservate: https://fgrdeu. genres.de/ naturwaldreservate/details. Auf der Webseite »Protected Planet«, die eine Datenbank zu allen Schutzgebieten zur Verfügung stellt, können Sie weltweit nach Reservaten und Wäldern in allen Schutzkategorien recherchieren (https://www.protectedplanet.net). Des Weiteren lohnt es sich, die Wälder der Nationalparks und Bio­sphärenreservate Deutschlands und anderer Länder zu erkunden. So kann man beispielsweise in den Kernzonen im Nationalpark Bayerischer Wald rauschende Bäche inmitten einer wilden Natur erleben und abgestorbene Fichtengerippe in einem neu entstehenden Wald fotografieren. Zusammen mit dem benachbarten tschechischen Böhmerwald bildet der Bayerische Wald das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Europas.  Die folgenden Nationalparks bieten fantastische Möglichkeiten für Ihre Waldfotografie: Nationalpark Eifel, Nationalpark Kellerwald-Edersee (Rabenstein), Nationalpark Sächsische Schweiz, Nationalpark Schwarzwald, Nationalpark Müritz (Serrahner Buchenwald), Nationalpark Berchtesgaden, Nationalpark Harz, Nationalpark Berchtesgaden, Nationalpark Hunsrück-Hochwald, Nationalpark Jasmund, Nationalpark Hainich. Gehen Sie dort auf die Suche nach interessanten Orten und lassen Sie sich durch die vielfältigen Wälder inspirieren.

Kein Urwald im eigentlichen Sinne, aber schon lange nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt: die Lorbeerwälder auf der Insel Madeira. 70 mm, 1/20 s, f/10, ISO 250.

2.2 Buchtipps: Einen guten Überblick über die schönsten Wälder Deutschlands finden Sie in dem 2022 erschienenen Buch von Björn Nehrhoff von Holderberg »Deutsche Wälder«. Dort sind »die 162 magischsten Wälder von der Küste bis zu den Alpen« aufgeführt und beschrieben. Kilian Schönberger ist in seinem Buch »Deutschland, Deine Wälder« sagen- und mythenumwobenen Wäldern auf der Spur, hier können Sie auch Anregungen für das Erkunden von Wäldern für Ihre eigene Fotografie finden. In Nobert Rosings und Monika Rösers Buch »Deutschlands wilde Wälder« wird der Fokus auf die Wildheit des Waldes gelegt. Auch hier finden Sie Inspira­ tionen für einzigartige Waldgebiete in Deutschland.

Waldtypen und -arten

Jeder Wald ist in seiner Struktur und Zusammensetzung unterschiedlich. Der Standort, die Höhenlage und die Bodenbeschaffenheit haben Einfluss darauf, welche Baum- und Pflanzenarten vorherrschen. Auch das Klima, die Wetterbedingungen, die Verfügbarkeit von Licht und Feuchtigkeit sowie die Population von Waldtieren formen ihn auf die eine oder andere Weise. Wälder setzen sich aus unterschiedlichen Baum- und Pflanzenarten zusammen, werden aber meistens von einer Baumart dominiert. Ich will Ihnen im Folgenden Wald- und Baumarten vorstellen, die ich in Bezug auf die Fotografie als besonders interessant erachte. Die Auswahl ist geprägt von den Wäldern, die ich bisher erkundet habe. 

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Ein Buchenbestand direkt an der dänischen Küste. Diese Bäume sind Wind und Wetter tagtäglich ausgeliefert. An ihrer Rinde setzen sich helle Flechten fest, die Buche wächst nicht gerade nach oben, sondern passt sich den Witterungsbedingungen an. 45 mm, 1/8 s, f/7,1, ISO 500.

2.2.1

Laubwälder und ihre Bäume

Die Buche  Ohne Einflussnahme des Menschen wären Deutschland und große Teile Mitteleuropas von Buchenwald bedeckt. Die Rotbuche hatte während der Eisenzeit die Vorherrschaft über den Wald gewonnen. Sie ist eine der Baumarten, die auch im Schatten wachsen. Unter dem Dach der Altbäume entwickeln sich die Sprösslinge zunächst langsam, erhöhen dann aber ihr Wachstum erheblich, sobald Licht auf den Boden fällt. Durch diese Eigenart könnte die Buche andere Baumarten dominieren – wenn der Mensch nicht wäre. Der Großteil

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unserer Buchenwälder wurde sukzessive durch schnell w ­ achsende Nadelwälder ersetzt, die den steigenden Bedarf an Holz decken sollten. Heutzutage machen Buchenwälder nur noch 16 % des deutschen Waldanteils aus. Bezogen auf die Gesamtfläche Deutschlands ist ihr Anteil von einst zwei Dritteln auf 4,8 % gesunken. Alte Buchenwälder ab einem Alter von 180 Jahren gibt es kaum noch. Ihr Anteil beträgt gerade mal 0,16 %.

Moos, Flechten und Schnee: Diese Buchen auf dem Höhenzug des Taunus haben mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen und passen sich diesen in Wuchsform und Größe an. 42 mm, 1/6 s, f/10, ISO 100.

Buchenwälder sind für mein Empfinden an Schönheit nicht zu übertreffen. Im Frühjahr rollen sich zartgrüne Blättchen aus den Zweigen, im Sommer kann man unter ihrem dichten Kronendach Abkühlung finden, im Herbst zaubern sie gelbe, orangefarbene und braune Farbtöne in den Wald und im Winter bestechen sie schließlich durch ihre stille Schlichtheit, aber auch die Vielfältigkeit ihrer Baumstämme. Sie bieten auch einen ungeheuren Reichtum hinsichtlich ihrer Wuchsform und ihres Erscheinungsbildes. Je nachdem, an welchen Standorten die Buche wächst und welche Transformationen sie vollzogen hat, entwickelt sich der Baum auf ganz unterschiedliche Weise. Wurde sie in ihrer Vergangenheit vielfach beschnitten oder durch Tiere verbissen, so hat sie beeindruckende Strategien gefunden, um zu überleben, und bildet zum Teil bizarre und interessante Wuchsformen aus. Ihre Rinde verändert sich je nach Alter stark. Während junge bis mittelalte Bäume noch eine Immer und immer wieder zur G ­ ewinnung von Holz beschnitten, bildeten diese Buchen im ­Baskenland e­ igenartige W ­ uchsformen aus. 32 mm, 1/30 s, f/8, ISO 400.

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Ein Hainsimsen-Buchenwald im Odenwald. Die Blütezeit der Wald-Hainsimse erstreckt sich von Mai bis Juni. Wenn die Sonne auf sie trifft, zeigen ihre bewimperten Stängel eine besondere Strahlkraft. 24 mm, 1/30 s, f/8, ISO 100. 

glatte Rinde haben, wird diese im Alter oft rissig und nimmt verschiedene Farben an, wenn sich Flechten und Moose auf ihr niederlassen. Ihre Geschichte wird anhand ihrer Rinde und Wuchsform spürbar. An Extremstandorten im Mittelgebirge passt sich die Buche den Witterungsbedingungen an. Sie wird kleinwüchsiger und wächst dorthin, wohin der Wind sie treibt.

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Je nach den unterhalb der Bäume wachsenden Sträuchern und Gräsern lassen sich verschiedene Buchenwaldtypen unterscheiden. Am häufigsten kommt der Hainsimsen-Buchenwald vor, benannt nach der Hainsimse, einem Binsengewächs, das sich unter Buchen wohlfühlt. Wo Sie den Waldmeister im Buchenwald finden, handelt es sich in der Regel um den Waldmeister-Buchenwald. Weitere Buchenwaldtypen sind u. a. der Perlgras-Buchenwald oder der Orchideen-Buchenwald.

UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwälder Um die letzten Buchenwälder in Deutschland und anderen Teilen Europas zu schützen, wurde 2007 das UNESCO-Weltnaturerbe »Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas« ins Leben gerufen. In den Buchenwäldern der Karpaten, die sich von Tschechien bis nach Rumänien erstrecken, findet man noch weitestgehend unberührte Wälder und uralte Buchen mit einem Alter von rund 350 Jahren. Das Waldgebiet Izvoarele Nerei in Rumänien zählt dabei zu den ältesten und noch unberührten Buchenurwäldern Europas und beherbergt Buchen bis zu einem Alter von 477 Jahren. Dieses Waldgebiet ist schwer zugänglich und markierte Wanderwege sind offenbar kaum vorhanden. Ich empfehle eine ausgiebige Recherche, falls Sie die Buchenurwälder der Karpaten entdecken möchten. Zum UNESCO-Weltnaturerbe »Alte Buchenwälder und Buchenurwäldern der Karpaten und anderer Regionen Europas« zählen Waldgebiete in 18 Staaten. In Deutschland sind folgende Buchenwaldgebiete mit aufgenommen worden: der Buchenwald Grumsin, der Nationalpark Hainich, der Kellerwald-Edersee, der Nationalpark Jasmund und der alte Buchenwald von Serrahn im Müritz-Nationalpark.

Die »Betteleiche« ist eines der Wahrzeichen des Nationalparks ­Hainich in Thüringen. Sie ist umgeben von üppigem Buchen­ mischwald, der 1997 zum Nationalpark ausgewiesen wurde. Der ­Hainich ist die größte nutzungsfreie Laubwaldfläche Deutschlands. 24 mm, 1/30 s, f/11, ISO 100.

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Dieser Eiche sieht man ihr Alter an der Rinde an. In einem sonst von Buchen geprägten Wald sticht diese Eiche durch die Struktur und Farben ihrer Borke eindrucksvoll hervor. 52 mm, 1/5 s, f/13, ISO 100.

Die zwei Arme (ein sogenannter Zwiesel) dieser Hainbuche weisen darauf hin, dass sie in der Vergangenheit »auf Stock gesetzt«, also abgeschlagen wurde, und dann neu ausgetrieben hat. 58 mm, 1/2 s, f/11, ISO 100.

Die Eiche Eichen sind häufig ein Teil der Vegetation in Buchen- und Mischwäldern, bilden aber an bestimmten Standorten auch eigene Wälder aus. In Deutschland sind Stiel- und Traubeneiche die am häufigsten vorkommenden Eichenarten, es gibt aber weltweit über 600 verschiedene Arten dieser sommergrünen heimischen Bäume. Eichen können über 1000 Jahre alt werden und eine stattliche Größe erreichen. Sie sind in Mitteleuropa absolute Spitzenreiter in puncto Artenvielfalt. Auf keiner anderen heimischen Baumart versammeln sich mehr Tier- und Pflanzenarten. Eichen sind in der Lage, sich an extremen Standorten anzusiedeln, und vertragen Dürre und Trockenheit besser als viele andere Bäume. Um zu gedeihen, braucht sie aber vor allem eines: Licht. In dichten Buchenwäldern hat es die langsam wachsende Eiche daher oft schwer, das Rennen ums Licht

zu gewinnen. Wenn sie genügend Raum und Licht bekommt, wie z. B. in Hutewäldern, bildet sie imposante Kronen aus. Sie strahlt Robustheit und Stärke aus und macht sich fotografisch durch ihre stark gefurchte Rinde und ihre hübsche Blattform mit trichterförmigen Einbuchtungen, die an Wolken erinnern, interessant. Als Einzelbaum oder Waldbaum bietet die Eiche viele fotografische Möglichkeiten. Gerade wenn sie alt, dick und knorrig wird, verdeutlicht sie, wie kurz die Lebensspanne des Menschen im Vergleich zu ihrer ist. Die Eiche besitzt die Eigenart, absterbende Äste nicht abzuwerfen, sondern an ihrem Stamm zu behalten. Das verleiht ihr einen besonderen, zuweilen etwas unheimlichen Ausdruck, wenn sie im Absterbeprozess begriffen ist.

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Die nah aneinanderstehenden jungen Birken in einem kleinen Birkenwäldchen regten mich dazu an, einen engeren Bildausschnitt zu wählen, um die Besonderheit der weißen Borke und die Strukturen herauszustellen. 70 mm, 1/8 s, f/10, ISO 100.

Die Hainbuche Man möchte aufgrund ihres Namens meinen, die Hainbuche sei eine Unterart der Buche. Sie gehört aber der Familie der Birkengewächse an. Sie hat hinsichtlich bestimmter Merkmale Ähnlichkeiten mit der Rotbuche und trägt deshalb die Bezeichnung »Buche« in ihrem Namen. Da sie sehr trockentolerant ist, wird sie auch häufig außerhalb des Waldes, auch als Hecke, gepflanzt. Sie wächst zuweilen auch in »Hainen«, also kleinen Wäldern. Wird sie gefällt, kommt ihre außerordentliche Fähigkeit, sich neu zu erfinden, zum Tragen: Sie treibt aus dem Stock neu aus und bildet Tentakel und Zwiesel aus. Ihre Rinde gehört meiner Ansicht nach zu den charakteristischsten und interessantesten Baumrinden, die man im Wald entdecken kann. Sie kann bei älteren Bäumen in der Längsrichtung aufreißen und sich auch verdrehen. Manchmal sieht ihre Rinde aus, als wäre sie aus einzelnen Muskelsträngen zusammengesetzt. Ihre Borke weist oft Unregelmäßigkeiten auf, was sie neben ihrer Fähigkeit, sich auf interessante Weise zu vermehren, für die Waldfotografie so interessant macht.

Die Birke Die Birke gehört zu den sogenannten Pionierbäumen, die in der Lage sind, nach Störungen Waldflächen neu zu besiedeln. Wo sie wächst, ist dies ein Zeichen für die Wiederkehr des Waldes. Es gibt sie aber auch vereinzelt oder als Gruppen in bereits bestehenden Wäldern, z. B. in Buchenwäldern. In ihrer ganzen Erscheinung ist sie ein zartes Wesen. Mit ihrer hellen Borke und den hellgrünen Blättern bringt sie Helligkeit in den Wald. Einst Freya, der nordischen Göttin für Fruchtbarkeit und Helferin in Liebesnöten geweiht, prägt sie bis heute unsere Wälder und Landschaften. Es gibt über 100 Birkenarten. Bei uns kommt vorrangig die Gemeine Birke, auch Weißbirke genannt, vor. Birken sind sehr schnellwüchsig und können innerhalb weniger Jahre große Wuchshöhen erreichen. Dafür werden sie aber nicht so alt wie viele andere heimische Baumarten. Ihr Höchstalter beträgt etwa 160 Jahre. In Nord- und Osteuropa fühlt sich die Birke besonders wohl. Durch ihre strahlend weiße Rinde, die erst im Alter brüchig und bräunlich wird, ist sie auch im Winter ein wunderbares Motiv.

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Diesen wundersam verdrehten und moosbewachsenen Kirschbaum konnte ich bei Hochnebel an der Nebelgrenze festhalten. Er stand direkt am ­Waldesrand, sodass die Nebelstrahlen ihre Wirkung voll entfalten konnten. 70 mm, 1/80 s, f/8, ISO 100.

Die Kirsche  Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Kirschbäume in unseren Wäldern entdecke. Bei genauem Hinsehen sind das im Odenwald gar nicht mal so wenige. Ich freue mich nicht nur deshalb, weil die Früchte der Vogelkirsche (auch Süßkirsche genannt) im Sommer für einen kleinen Snack zwischendurch sorgen, sondern weil mir ihre Rinde und ihre weiß-rosafarbenen Blüten außerordentlich gut gefallen. Der Baum hat eine rötlich-braune, manchmal auch graue Rinde, die ringförmig und waagerecht gestreift ist. Im Alter brechen diese sogenannten Lentizellen längsseitig auf und verändern das Rindenbild der Kirsche hin zum Gröberen, machen sie aber auch charakterstark. Auch ihr gelb-rotes Herbstlaub gehört zu den schönsten des Waldes. Dieses ziert ab Mitte Oktober den Wald.  Die Kirsche gehört der Familie der Rosengehölze an und man findet sie mit Ausnahme von Nordosteuropa und Teilen der Mittelmeerküste in ganz Europa. Lange feuchte Perioden kann sie nicht ertragen; sie liebt mäßig trockenen bis trockenen und frischen, nährstoffreichen Boden. In Eichen-Hainbuchen-Wäldern fühlt sie sich sehr wohl. Häufig findet man sie auch am Waldrand. Kirschbäume kommen nicht in Reinbeständen vor, sondern sind in Wäldern eine begleitende Baumart. Fängt die Kirsche im Frühjahr – ihre Blütezeit ist je nach Standort März bis April – an zu blühen, ist sie ein willkommener Blickfang.

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Der Große Ahornboden im Karwendelgebirge beheimatet einen der größten Ahornwälder Europas. Hier stehen eindrucksvolle, teilweise über 500 Jahre alte Exemplare des Bergahorns, der mit seiner geschuppten Rinde einzigartige Motive bietet. Gerade im Herbst, wenn sich die Blätter des Ahorns gelb ­verfärben, bietet dieser lichte Wald ein wahrhaftiges Naturspektakel. 10 mm, 1/250 s, f/14, ISO 200.

Der Ahorn Ahornbäume gibt es in 150 Arten überall auf der Welt. In Mitteleuropa sind vor allem der Bergahorn, der Spitzahorn und der Feldahorn verbreitet. Diese drei Arten unterscheiden sich teils stark voneinander. Während der Bergahorn eine eher glatte, in großen Teilen geschuppte Rinde aufweist, wirkt die des Spitzahorns massiv und erinnert an die Rinde einer Eiche. Der Feldahorn ist in Bezug auf die Rinde ein Zwischending zwischen den beiden ersten Arten, leicht schuppig, aber doch rau. Auch die Blätter und paarig geflügelten Früchte, die wir uns als Kinder auf die Nase geklebt haben, unterscheiden sich in ihren Merkmalen. Übrigens: Der Name des Ahorns leitet sich von dem lateinischen »acer« ab, was »spitz« bedeutet und auf seine spitzen Blätter hinweist. Sogar Goethe hat in seinem »Faust« diese Eigenart des Ahorns aufgegriffen: »Und eigensinnig zackt sich Ast an Ast; Der Ahorn mild, von süßem Safte trächtig, Steigt rein empor und spielt mit seiner Last.« Ahornarten kommen in vielen Buchen- und Mischwäldern vor, sie können aber in Einzelfällen auch Reinbestände bilden, so z. B. auf dem Großen Ahornboden im Engtal im Karwendelgebirge. Ahornbäume sorgen im Herbst für beeindruckende Farbfeuerwerke in den Wäldern.  Die Kastanie Zwei Kastanienarten sind in Mitteleuropa besonders bekannt: zum einen die Edelkastanie, auch Esskastanie genannt, zum anderen die Rosskastanie. Sie unterscheiden sich in vielen Merkmalen und gehören auch unterschiedlichen Baumfamilien an. Eine Gemeinsamkeit weisen sie jedoch auf: Sie bilden braune Früchte aus, die in stacheligen Hülsen heranwachsen. Die Wiege der Esskastanie vermutet man im Kaukasus. Schon die alten Griechen nutzten die Früchte dieser zu den Buchengewächsen gehörenden Baumart und sorgten für ihre Verbreitung in anderen Regionen. Sie wurde die »Eichel des Zeus« genannt. Während der Römerzeit gelangte sie im Reiseproviant der Soldaten über die Alpen. Große Vorkommen von Esskastanien gibt es im Pfälzerwald und in den Vogesen. Aber man findet sie auch im Schwarzwald, Odenwald, im Taunus und am Niederrhein. Auf Korsika, im Tessin, in den Cevennen und in Graubünden wird dieses Birkengewächs sogar kultiviert, um seine schmackhaften Früchte nutzen zu können. Im Herbst färben sich die gezackten, länglichen Blätter der Esskastanie gelb und sorgen dadurch für etwas Abwechslung beispielsweise in Buchenwäldern, die zur gleichen Zeit schon ins Orangefarbene tendieren. Auf Sizilien kann man den größten und ältesten Kastanienbaum der Welt bestaunen: »Castagno dei cento Cavalli« (dt. »Kastanie der hundert Pferde«). Sein Alter wird auf 2000 bis 4000 Jahre geschätzt.

Zahlreiche uralte Esskastanien findet man in den Wäldern der f­ ranzösischen Region Castagniccia auf Korsika, im »Reich der Kastanienbäume«. Sie scheinen unverwüstlich und treiben sogar nach Feuern wieder aus. Wenn sie ihre ­stacheligen Früchte bilden, heben sie sich auf besondere Weise von den ­anderen Baumarten ab. 28 mm, 1/100 s, f/8, ISO 320.

Die Rosskastanie ist ein schöner Alleebaum und nicht nur im Herbst ein Fest fürs Auge. 105 mm, 1/200 s, f/5,6, ISO 100.

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Die Rosskastanie wird oft als Alleebaum in Parks oder auch in Biergärten gepflanzt und gehört zu den Seifengewächsen. Sie stammt ursprünglich aus den Berg- und Schluchtwäldern des Balkans und gelangte Ende des 16.  Jahrhunderts durch den Menschen nach Westeuropa. Ihre zartrosafarbenen Blüten sind im Frühling eine Augenweide und auch ihre Blätter – groß und fingerförmig gegliedert – haben einen ganz besonderen Reiz. Die Blütezeit liegt in den Monaten Mai und Juni. Im Herbst nehmen ihre Blätter eine wunderbare rostrote Färbung an. Die Struktur der Borke wandelt sich während ihrer Lebenszeit von glatt bis grob-rissig. Während die Rosskastanie in frühen Jahren eine hellbraune bis braune Färbung aufweist, wird sie später rötlich oder grau-braun. Die Weide Weiden sind zusammen mit Erlen, Eschen und Pappeln die typische Baumvegetation der Auenwälder. Die dort vorkommenden Baumarten haben ein ausgesprochen hohes fotografisches Potenzial. Auenwälder entstehen dort, wo es sehr feucht ist, vorwiegend im Überflutungsbereich von Flüssen und Bächen. In diesen Wäldern siedelt sich Bruchweiden wachsen hier entlang eines kleinen Bachlaufs. Ihre mit­ unter schlangenartigen Stämme und ihre grobe Rinde machen sie zu reizvollen Waldmotiven. 24 mm, 1/3 s, f/11, ISO 100.

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auch häufig der Bärlauch an, der feuchte Standorte benötigt, um wachsen zu können. In Auenwäldern bilden sich Dunst und Nebel wesentlich häufiger als in Wäldern trockener Standorte. In Phasen der Überschwemmung kommt der Aspekt des Wassers noch hinzu: Die Bäume spiegeln sich im Wasser, was wunderbare Effekte in Ihren Aufnahmen erzeugt: Der Wald verdoppelt sich. Die verschiedenen Weidenarten – weltweit gibt es etwa 500 – nehmen beschnitten (Kopfweiden) oder auch unbeschnitten interessante und vielgestaltige Formen an. Während manche Weidenarten mit wenigen Zentimetern zwergartig klein oder strauchartig bleiben, wachsen andere bis in Höhen von 30 Metern. Diese anspruchslosen Pionierbäume, die zu den Ersten gehören, die sich nach Störungen wieder ansiedeln, machen sich auch durch die Art ihrer Rinde interessant: Sie ist in der Tendenz grobrissig und offenbart einen ganz eigenen Charakter. Die Weidenkätzchen, die sich zur Blütezeit der Weide zeitig im Frühjahr bilden, eignen sich auch sehr gut zur Makrofotografie, besonders wenn sich dort Insekten gütlich tun.

Diese Kopfweiden in den Rheinauen, die eingekürzt wurden, damit sie der Rutengewinnung dienen, konnte ich an einem kalten Wintermorgen fotografisch ­festhalten, als gleichzeitig Saharastaub in der Luft war. 31 mm, 1/4 s, f/11, ISO 100.

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erreichen. Sie bildet an der Oberfläche kleine oder auch größere knollenartige Gewächse an den Wurzeln aus. Erlen erkennt man an ihren zapfenartigen Fruchtständen, die ebenfalls sehr fotogen sind. In Deutschland findet man große zusammenhängende Erlenwälder vor allem im Norddeutschen Tiefland, beispielsweise im Spreewald bei Berlin. Aber auch in den Tälern der Mittelgebirge, z. B. in den Vogesen und im Pfälzerwald, kommt sie vor. Durch Entwässerung und Grundwasserabsenkungen schwindet der Lebensraum der Erle aber vielerorts. Der Lorbeerbaum Lorbeerwälder finden sich in der subtropischen Klimazone, wo die Sommer warm und die Winter mild sind. Es handelt sich um immergrüne Wälder, sie verlieren also im Winter nicht ihr Blattwerk, was sie auch in der kalten Jahreszeit zu willkommenen Motiven macht. Sie besitzen dunkelgrüne, glänzende und ledrige Blätter, brauchen Feuchtigkeit und wachsen oft dort, wo Wolken die Hochlagen streifen. Auch aus diesem Grund bieten sie uns einmalige Motive: Eingehüllt in den Nebel der Wolken kommen sie mit ihren moos- und flechtenbewachsenen Stämmen besonders gut zur Geltung und ha­ ben in ihrer Urwüchsigkeit eine geheimnisvolle Ausstrahlung. In Europa findet man sie beispielsweise auf den Kanarischen Inseln, auf Madeira, an der Schwarzmeerküste in Georgien und in der Türkei. 

Ein ehemaliger Erlenbruchwald, dem das Wasser entzogen wurde. Das fas­ zinierende oberirdische Wurzelwerk hat mittlerweile Moos angesetzt. 55 mm, 1/30 s, f/8, ISO 100.

Die Erle Erlen gehören zur Gattung der Birkengewächse und sind ausgesprochene Wasserspezialisten. Insbesondere die Schwarzerle hat sich auf sehr nasse und moorige Standorte spezialisiert. Von den etwa 30 Erlenarten ist sie die häufigste Vertreterin in den Wäldern Europas, vorrangig in Auenwäldern. Man findet sie in den sogenannten Erlenbruchwäldern, in überfluteten Feuchtgebieten. Dort bildet sie ein besonderes Wurzelwerk aus, das sie dazu befähigt, an sehr feuchten Standorten Halt zu finden und Nährstoffe optimal aufzunehmen. Bei Wassermangel kann sie sogar in tiefen Schichten noch Wasser

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Ein skurril gewachsener Lorbeerbaum auf der Insel Madeira. Der »Laurissilva« (Lorbeerwald) ist hier der vorherrschende Waldtyp, der in den höheren Lagen dieser Insel zu finden ist. 24 mm, 1/15 s, f/14, ISO 100.

An diesem Tag hingen auf den Höhen des Thüringer Waldes die tiefen Wolken in den Wäldern und tauchten diesen Fichtenbestand in eine melancholische Stimmung. Während viele Fichten­forste in dieser Region derzeit absterben, war der hier fotografierte noch weitest­ gehend intakt. 26 mm, 1/10 s, f/14, ISO 100.

2.2.2

Nadelwälder und ihre Bäume

Nadelwälder sind die natürliche Vegetation der borealen, kaltgemäßigten Zone, welche die Nordhalbkugel mit einem 700 bis 2000 Kilo­meter breiten Band umspannt. Deren überwiegend stachelige Vertreter fühlen sich in den kälteren Klimaten wohl. Daher gibt es in Mitteleuropa natürliche Nadelwälder vor allem in den Hochlagen der Mittelgebirge und in den Alpen. Kiefernwälder können als potenzielle natürliche Vegetation in trockenen Gebieten auch im Flachland vorkommen. Trifft man Nadelwälder an anderen Standorten an, handelt es sich in der Regel um menschengemachte Monokulturen, meist aus Fichten oder Kiefern.  Die Fichte Die Fichte als eine schnell und gerade wachsende Baumart wurde und wird in Deutschland und anderen europäischen Ländern an für sie eher ungeeigneten Standorten gepflanzt, um der stetig wachsenden Nachfrage nach Bau- und Brennholz nachzukommen. Durch die zunehmende Trockenheit verliert die Fichte an Widerstandskraft, und scharenweise auftretende Borkenkäferpopulationen, die unter der Rinde die Lebensadern des Baumes kappen, bringen sie vielerorts zum Absterben. Leider werden absterbende Fichtenbestände meist großflächig geräumt, was fatale Konsequenzen für den Boden und das Mikroklima des Waldes hat. Die Lebensräume von Wildtieren

werden damit vernichtet. Wir Fotografen finden auf diesen Einöden keine Waldmotive mehr. In für Tier- und Pflanzenarten lebensfeindlichen Fichten-Monokulturen fällt kaum Licht ein. Meist fehlt deshalb der Unterwuchs, es können sich aber an lichten Stellen Moose flächig ausbreiten. Da Pilze kein Sonnenlicht benötigen, sorgen sie vor allem in der feuchteren Jahreszeit für Farbflecken im Wald, die wirkungsvoll in ein Bild integriert werden können. Hier und da verirrt sich dennoch eine andere Baumart in die Fichtenforste. Gerade im Herbst machen sich kleine, belaubte Buchen gut, wenn sie die Eintönigkeit der Monokultur mit Farbigkeit durchbrechen. In Fichtenforsten lassen sich Kompositionen oft etwas leichter finden als in auf natürliche Weise gewachsenen Wäldern. Symmetrien sind hier aufgrund der meist in regelmäßigen Abständen und in Reihen gepflanzten Bäume leichter auszumachen. Wer die Fichte in ihrem natürlichen Lebensraum fotografisch einfangen möchte, muss in Europa etwas höher steigen oder in nördliche Gefilde reisen. Die Fichte kann bis 600 Jahre alt werden und hat in jüngerem Lebensalter eine dünn geschuppte, braun-rötliche Rinde, alte Exemplare werden – wie wir Menschen – im Alter grau. Sie ordnet ihre Nadeln auf den Ästen im Kreis an, ihre nach unten hängenden Zapfen unterscheiden sich von den auf den Zweigen stehenden Zapfen der Tanne.

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Die Kiefer Die Kiefer ist relativ anspruchslos und kann auch sehr trockene Standorte, ja sogar Sandböden besiedeln. Aus diesen Gründen wird sie häufig und auch in Monokulturen gepflanzt. In Deutschland ist sie nach der Fichte die zweithäufigste Baumart, in Brandenburg sogar die Hauptbaumart. Für die Forstwirtschaft gilt die Kiefer weltweit als wichtigste Baumart und wird überall dort angebaut, wo sie Fuß fassen kann. Gerade auf Störungsflächen nach Rodungen oder Waldbränden wird sie häufig angesiedelt oder sät sich von selbst aus. Ihre Heimat hat die Kiefer ursprünglich auf der Nordhalbkugel, weltweit gibt es etwa 100 verschiedene Arten.  Es ist gar nicht so leicht, innerhalb von gepflanzten Kiefernwäldern augenfällige Kompositionen zu finden. Ihre Stämme wachsen dort meist kerzengerade nach oben und die Kronen befinden sich in großen Höhen, sodass man sie selten in den Bildausschnitt integrieren kann. Dort, wo Kiefern Widrigkeiten ausgesetzt sind, also auf Felsen, in Hochlagen, am Meer oder anderen Extremstandorten, können sie jedoch interessante Wuchsformen ausbilden. In der Sächsischen Schweiz, im Pfälzerwald und in den Vogesen wachsen sie auf   Diese Kiefern auf dem Feldberg im Schwarzwald trotzen Wind und Wetter und zeigen krüppelige und vom Wind beeinflusste Wuchsformen. 24 mm, 1/25 s, f/11, ISO 200.

Diese Kiefern konnte ich in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet auf der finnischen Insel Åland festhalten. Auf einer mit Heidekraut ­bewachsenen Kahlschlagfläche siedeln sich die trockenresistenten Nadelbäume hier wieder an. 10 mm, 1/15 s, f/10, ISO 100.

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und an Felsen und können dort wirkungsvoll in Kompositionen eingebaut werden. Wenn Kiefern vereinzelt in Buchenwäldern vorkommen, bilden sie mit ihrer rötlich-braunen, im Sonnen­ licht reflektierenden Rinde einen schönen Kontrast zu den etwas farbloseren Buchenstämmen.  Die Lärche Die Europäische Lärche ist ein langlebiger, anspruchsloser Baum und kann bis zu 1000 Jahre alt und über 50 Meter groß werden. Im Altertum galt sie sogar als heiliger Baum, weil man vermutete, dass sie feuerfest sei. Die zu den Kieferngewächsen gehörende lichtbedürftige Pionierbaumart hat ihre Heimat in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel, in den Tälern der Alpen und im Jura, wird aber aufgrund ihres harten und witterungsbeständigen Holzes häufig in Wirtschaftswäldern angepflanzt. Im Gegensatz zu allen anderen Nadelbäumen verliert die Lärche im Herbst ihre Nadeln. Sie folgt auch der Färbung vieler Laubbaumarten: Ihre Nadeln leuchten dann in wunderschönen Gelbtönen durch den Wald. Ich schätze die Lärche als Motiv sowohl an ihren natürlichen Standorten, z. B. im Alpenraum und in nordischen Ländern, als auch als besonderer Blickfang in Wirtschaftswäldern. Sie hebt sich im Alter mit ihrer tief gefurchten, schuppigen und grau-braunen Borke von den Bäumen mit glatter Rinde ab. Die Lärche passt sich in ihrer Wuchsform den Gegebenheiten vor Ort an, in dichten Waldbeständen wird ihre Krone daher sehr klein, in lichten Wäldern breitet sie sich dagegen meist kegelförmig aus.

Hier sieht man die Lärche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in den Schweizer Alpen. Sie kann hier große Kronen ausbilden. 10 mm, 1/100 s, f/10, ISO 100.

Die schuppigen Stämme der Lärchen auf der rechten Seite des Bildes heben sich in einem schönen Kontrast von der glatten Rinde der Buche ab, die in diesem Wald in der Überzahl ist. 52 mm, 1/40 s, f/11, ISO 100.

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Die Douglasie Die Douglasie, auch Douglastanne genannt, kommt aus Nordamerika, wird aber zunehmend aufgrund ihrer Schnellwüchsigkeit und ihres vielseitig verwendbaren Holzes in europäischen Wirtschaftswäldern angebaut. Sie wurde durch den schottischen Botaniker D ­ avid Douglas, nach dem sie benannt ist, 1827 nach Europa gebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewann die Douglasie zunehmend an Bedeutung und wurde auch in Reinbeständen aufgebaut. Auch in der heutigen Zeit spielt sie eine zunehmend wichtige Rolle, da sie von vielen Förstern als ein Zukunftsbaum angesehen wird, der die scheidende Fichte ersetzen soll. Die größten deutschen Douglasien-Wälder findet man in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die Douglasie kann enorme Wuchshöhen von mehr als 60 Metern und ein stattliches Alter von 600 bis 1400 Jahren erreichen. Sie unterscheidet sich von anderen Nadelbäumen wie z. B. der Fichte durch ihr gefiedertes Nadelwerk, bei dem die Nadeln einzeln am Ast stehen. Während jüngere Exemplare noch eine glatte Rinde haben, wird diese mit zunehmendem Alter immer grobrissiger, rötlicher und charaktervoller. Es bilden sich lange und tiefe Riefen, welche die Douglasie etwa von der Fichte unterscheidet. Auch ihr gefiedertes Nadelwerk bringt einen schönen Schmuck in den Wald.

Mächtige Douglasien auf dem Großen Feldberg im Taunus. 14 mm, 1/50 s, f/16, ISO 100.

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Der winterliche Buchenwald hat seine Blätter verloren und gibt den Blick auf zwei alte Tannen frei, die ein Waldbauer einst an den Ausläufern des Oden­ waldes gepflanzt hat. Im Hintergrund sieht man den »Tannenberg«, der zwar nach der Tanne benannt wurde, aber vorrangig von Buchen und Fichten bewachsen ist. 55 mm, 5 s, f/11, ISO 100. 

Die Weißtanne Die immergrüne Weißtanne besingen wir alljährlich zu Weihnachten als »Tannenbaum« und holen sie zu uns in die Wohnzimmer. Die heimische Tanne ist leider in den deutschen Wäldern selten geworden, da sie der schnell wachsenden und lukrativeren Fichte Platz machen musste. Sie prägte ursprünglich die Gebirgswälder und kam in Laub-Nadel-Bergmischwäldern vor. Häufig wird die Tanne mit der Fichte verwechselt. Selbst die Brauerei, die das »Tannenzäpfle-Bier« herstellt, scheint die Eigenarten der Tanne nicht zu kennen, denn auf dem Flaschenetikett ist eindeutig der Zweig einer Fichte zu sehen. Und das, obwohl sich die Brauerei in einem der tannenreichsten Gebiete Deutschlands befindet: dem Schwarzwald. Man unterscheidet sie von der Fichte durch die nach oben stehenden Zapfen und weichen, abgerundeten und flachen Nadeln. Wenn die Zapfen ihre Samenschuppen verlieren, bleibt die nackte Spindel übrig, die dann allmählich zerfällt. Die »Tannenzapfen«, die wir auf dem Waldboden finden, sind also nie Tannenzapfen, sondern immer Fichtenzapfen, denn diese werfen ihre Zapfen im Gegensatz zur Tanne ab. Aus diesem Grund ist auch die Tanne vor allem im Sommer, Herbst und Winter ein schönes Motiv. Gerade wenn man von etwas weiter oben auf sie blickt, kann man ihre reiche Zapfenpracht einfangen. Immer wieder findet man Einzelexemplare oder auch Gruppen von Weißtannen in den Laubwäldern der Mittelgebirge. Verlieren die Laubbäume ihre Blätter, so komm die immergrüne Tanne zum Vorschein.

Der Riesen-Lebensbaum Der Riesen-Lebensbaum hat seinen Namen nicht von ungefähr: Er kann mehr als 70 Meter hoch und über 1000 Jahre alt werden. Seine Heimat ist Nordamerika, jedoch findet man ihn mittlerweile auch in Europa vereinzelt oder auch in Gruppen oder Reinkultur gepflanzt. Er wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst als Parkund Gartenbaum in verschiedenen europäischen Ländern eingeführt. Auch in Deutschland findet man ihn z. B. im Arboretum Burgholz in Nordrhein-Westfalen, wo er im trauten Verein mit Riesen-Mammutbäumen und Buchen steht. Den auch als Riesen-Thuja bezeichneten Baum erkennt man an seinen charakteristischen, platt gedrückten und gefiederten Nadeln, die man von den Thuja-Hecken kennt. Er ist immergrün und hebt sich gerade im Winter in Laubwäldern von den anderen Bäumen ab. Seine Rinde, die weich, rötlich und faserig ist, bildet einen schönen Blickfang und so lohnt es sich in jedem Fall, auch nach diesen Bäumen Ausschau zu halten. Ich habe Riesen-Lebensbäume in verschiedenen Wäldern und Parks immer wieder entdecken können.

Diese Anpflanzung von Riesen-Lebensbäumen fand ich in einem Buchenwald in den Niederlanden in einer schönen morgendlichen Lichtstimmung vor. 24 mm, 1 s, f/10, ISO 100.

2.3

Eindrucksvolle Waldformen

Für die Waldfotografie eignen sich ganz besonders Wälder, die sich in Bezug auf ihre Seltenheit und Andersartigkeit abheben. Sie zeichnen sich beispielsweise durch ihr Alter oder besondere Wuchsformen aus, die entweder durch die Hand des Menschen oder durch Wind und Wetter entstanden sein können. In diesem Kapitel möchte ich Ihnen ein paar Waldformen vorstellen, die sich in meinen Augen ganz besonders für die Waldfotografie eignen. In den einzelnen Abschnitten präsentiere ich Ihnen auch eine kleine Auswahl von Waldgebieten in europäischen Ländern, die mir persönlich besonders reizvoll erscheinen. 2.3.1

Lichte Wälder 

Lichte Wälder bilden einen Wald oder ein Ensemble von Einzelbäumen, die kein gemeinsames Kronendach besitzen. Sie können auf natürliche Weise entstehen oder auch künstlich geschaffen sein. Lichte Wälder, die über einen langen Zeitraum bestehen, siedeln sich häufig an Extremstandorten, z. B. auf felsigem Untergrund, oder dort an, wo sie den Auswirkungen der Witterung ausgesetzt sind. Auch in Feuchtgebieten und Mooren findet man Ansiedlungen von lichten Wäldern. Dort, wo z. B. ein Sturmwurf oder der Biber für eine Auflichtung gesorgt hat, entstehen zeitlich beschränkt lichte Wälder, die dann in der Folge wieder zu dichten Wäldern werden können. Dem gegenüber stehen künstlich geschaffene, lichte Wälder. Sie werden gepflanzt beziehungsweise durch Viehtrieb oder ehemalige Holznutzungsformen freigehalten. Auch die höfische Jagd hat in früheren Zeiten dafür gesorgt, dass Wälder offen gehalten wurden. In lichten Wäldern kommen Tier- und Pflanzenarten wie Tagfalterarten und Reptilien vor, die es in anderen Lebensräumen nicht oder kaum gibt und die teilweise auch vom Aussterben bedroht sind. Daher ist der Erhalt dieser Lebensräume aus Gründen des Artenschutzes von Relevanz. Lichte Wälder sind zusätzlich Zeugnisse kultur- und naturhistorischer Prozesse. Durch die Trennung von forst- und landwirtschaftlichen Nutzungsformen im 19. Jahrhundert sind sie aber sehr selten geworden. Heutzutage gefährdet die starke Überdüngung auf den Feldern, der Straßenbau und die Zersiedlung die übrig gebliebenen Bestände. Auch das Einbringen von fremden Pflanzen- und Tierarten ist eine Ursache dafür, dass lichte Wälder immer seltener werden. Noch gibt es sie aber hier und dort. Es lohnt sich, auf die Suche nach ihnen zu gehen, denn für uns Waldfotografen bieten lichte Wälder fantastische Möglichkeiten für Motive. Die Bäume stehen weiter auseinander und es gibt kaum störende Elemente, sodass sie relativ

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Dieser Wald auf einer finnischen Insel wird von Schafen beweidet und auf diese Weise offen gehalten. 20 mm, 2,5 s, f/8, ISO 100.

einfach in Szene zu setzen sind. Es verlangt aber dennoch etwas Experimentierfreude, um einen guten Winkel zu finden. Der Große Ahornboden mit seinen erhabenen Ahornbäumen im Karwendelgebirge oder auch der Lorbeerwald im Fanal auf Ma­ deira sind Beispiele solcher eindrucksvollen Baumansammlungen.

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2.3.2

Niederwälder

In Wäldern, die vor einigen Jahrzehnten oder während der letzten Jahrhunderte wirtschaftlich genutzt und dann der Natur ü ­ berlassen wurden, trifft man oft auf sehr interessante Wuchsformen von Bäumen. Wie in Kapitel  1 »Die Geschichte des Waldes« beschrieben, wurden bestimmte Baumarten immer wieder auf Stock gesetzt, um Brennholz zu gewinnen. Aus dem angeschlagenen Stumpf kamen neue Triebe hervor, die sich wiederum zu Bäumen entwickelten.

Treiben zwei oder mehrere Nachkommen aus einem Baumstumpf aus, nennt man diese »Zwiesel«. Diese besonderen Wuchsformen in ehemaligen sogenannten Niederwäldern sind auch heute noch an vielen Stellen zu entdecken. Aktiv genutzte Niederwälder finden sich heutzutage kaum noch, in Teilen des Nationalparks Jasmund auf Rügen soll diese Tradition der »Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung« aber wiederbelebt werden (Wald bei Mönkvitz). Auch im Teutoburger Wald gibt es ein Projekt, bei dem alle 10 bis 30 Jahre Buchen auf Stock gesetzt werden sollen. Das Ergebnis werden erst nachfolgende Generationen sehen und evtl. für die Fotokunst nutzen können, falls die Wälder irgendwann sich selbst überlassen werden. Die Spuren der alten Niederwälder oder auch einzelne Bäume, die aus Stockaustrieben gewachsen sind, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den Wäldern Ihrer Umgebung finden. Im Teutoburger Wald und Eggegebirge, im Naturwald Visbeck und im Niederwald Odin im Sauerland sind besonders schöne Beispiele dieser ehemaligen Nutzungsform zu finden. In Bayern und Rheinland-Pfalz ist der Anteil der aus Stockausschlag entstandenen Wälder mit 83.000 Hektar am größten. Die ehemaligen Niederwälder erstrecken sich in Rheinland-Pfalz bis heute vor allem über schwer zugängliche große Bergrücken und Täler. Auch im Bio­sphärenreservat Rhön finden sich so manche Zeugen der alten Niederwaldwirtschaft (z. B. auf dem Gangolfsberg). Einen besonders eindrucksvollen und sehr alten Wald dieser Art kann man im Nationalpark Rebild in Dänemark im Waldgebiet Rold Skov, dem »Troldeskoven« (dt. Koboldwald), bewundern. Im gesamten Waldgebiet Rold Skov trifft man an vielen Stellen auf skurrile Baumgestalten. In Spanien gibt es auf den Höhenzügen im Baskenland mehrere Wälder, in denen Buchen interessante Wuchsformen zeigen. Man findet sie z. B. in den Waldgebieten von Gorbeia, Urkiola und Aiako Harria. Auch sie sind nicht auf natürliche Art und Weise gewachsen. Meinen Recherchen zufolge wurden die Stämme durch Köhler für die Holzkohlegewinnung immer wieder gespalten und beschnitten. Diese eigenwillig gewachsenen Bäume bieten sehr attraktive Fotomotive. Da die Wälder aufgrund ihrer Höhe häufig in tiefe Wolken eingehüllt sind, haben Sie gute Chancen, die Bäume bei besten Bedingungen abzulichten. Einzelne Stämme einer Buche wachsen in diesem Wald im dänischen Nationalpark Rebild Bakker wie Tentakeln aus einem gemeinsamen Ursprung. Sie verbinden sich sogar mit ihren Ästen etwas weiter oben am Stamm. 24 mm, 5 s, f/10, ISO 100.

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Überaus skurrile ­Wuchsformen findet man in den Bergwäldern im Baskenland. 26 mm, 1,6 s, f/11, ISO 100.

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Der Urwald Sababurg beherbergt noch viele alte, ausladende Eichen und Buchen aus der Zeit, als noch Vieh in die Wälder getrieben wurde. Der Wald wurde durch die Initiative des Malers Theodor Rocholl 1907 unter Schutz gestellt. 20 mm, 1 s, f/10, ISO 250.

2.3.3

Hutewälder

Inspirierende Motive bieten auch die einstigen Hutewälder. Diese Wälder wurden vor mehreren Jahrhunderten zur Viehhaltung genutzt. Eicheln und Bucheckern dienten Schweinen und Rindern als Futter. Der Verbiss durch die Weidetiere verzögerte oder verhinderte das Aufkommen des Jungwuchses und ältere, fruchttragende Bäume konnten sich ausbreiten. Der Urwald Sababurg, der Hutewald Halloh am Nationalpark Kellerwald-Edersee, der lichte Eichenhutewald im Naturpark Münden, der Hasbruch bei Delmenhorst oder die Ivenacker Eichen in Mecklenburg-Vorpommern sind eindrucksvolle Beispiele dieser alten Weideform. Dort haben sich uralte Eichen und Buchen erhalten, die in ihrer Form einzigartig sind. Moosbewachse-

ne Wurzeln, Totholz und skurril gewachsene »Urwaldbäume« bieten fantastische Motive für Ihre Waldfotografie. Auch der Darßwald an der Ostsee wurde einst mit Vieh bewirtschaftet, wodurch viele Buchen auffällige Wuchsformen zeigen. Im New Forest im Süden Englands finden sich ebenfalls Wälder, die durch die Waldweidewirtschaft geprägt sind. Auch heute wird der Wald von Ponys und Pferden und anderen Tieren bewirtschaftet. Dort sind eindrucksvolle, ausladende Exemplare alter Buchen und Eichen zu entdecken. Die Kastanienwälder auf der Insel Korsika werden bis heute von halbwilden Ziegen, Schafen und Schweinen beweidet. Uralte Baumriesen findet man dort in großer Zahl.

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Entscheidend für die Ausbildung dieser typischen Windflüchter-Wuchsform sind mehr oder weniger konstante und starke, aber nicht stürmische Windverhältnisse. Bäume oder Sträucher werden so über viele Jahre in die dem Wind abgewandte Richtung gebogen. 24 mm, 1/10 s, f/10, ISO 100.

2.3.4

Vom Wind geformte Wälder

Besondere Wuchsformen findet man auch an Waldrändern, die starken Winden ausgesetzt sind, speziell auf Bergrücken oder in Küsten­ regionen. Diese von Wind und Wetter geformten Bäume und Sträucher nennt man »Windflüchter«. Sie bilden ein weit verzweigtes Astund Wurzelwerk aus. Man findet sie beispielsweise in den oberen Höhenlagen der Mittelgebirge, wie auf dem Foto dieser Seite an einem Waldrand im Biosphärenreservat Rhön zu sehen. Es gibt sie auch in den Bergen der Kanaren z. B. in den Lorbeerwäldern des Anagagebirges auf Teneriffa, im Nationalpark Garajonay auf La Gomera oder im Fanal auf der Insel Madeira.

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Da diese Wälder recht hoch liegen, sorgt Nebel für kräftigen Moosund Flechtenbewuchs auf Stämmen und Ästen und für eine mystische Stimmung. Auch der Darßwald bei Zingst an der Ostsee sowie der Gespensterwald Nienhagen bei Rostock wurden über Jahrzehnte durch den vom Meer einfallenden Wind geformt. Ein weiteres Beispiel eines über viele Jahrhunderte stark vom Wind geprägten Waldes ist der Whistman‘s Wood in Dartmoor, England. Es handelt sich hierbei um ein kleines Waldstück innerhalb des Naturschutzgebietes Dart Valley. Krumme moosbedeckte und flechtenbehangene Eichen verleihen dem Wald einen märchenhaften Charakter.

Die eigenwillig geformten Bäume, interessante Totholzstrukturen und Baumpilze im Speulderbos bieten mannigfaltige Motivmöglichkeiten. 52 mm, 1/5 s, f/10, ISO 100.

2.3.5

Wälder mit einem hohen Totholzanteil

Da in den Wirtschaftswäldern die meisten Bäume nur etwa ein Drittel ihrer eigentlichen Lebenszeit erreichen, ist stehendes oder liegendes Totholz zu einer Rarität geworden. Dort, wo die »Großelterngeneration« der Bäume noch ein Zuhause hat, spürt man eindrucksvoll die Vergänglichkeit. Die alten und sterbenden Bäume machen die Jahrhunderte, die seit der Entstehung dieser Bäume ins Land gegangen sind, in ihrer Rinde, Statur und Größe sichtbar. Das Totholz zeigt uns, dass das Sterben zu den Prozessen im Wald dazugehört, und bietet uns großartige Möglichkeiten für die Motivfindung.

Ein Wald, der schon seit den 1960er-Jahren nicht mehr forstlich genutzt wird, ist der Speulderbos (bos = Wald) in der Veluwe in den Niederlanden. Er wird auch »Wald der tanzenden Bäume« genannt, weist einen sehr hohen Anteil an stehendem und liegendem Totholz auf und beeindruckt durch interessante Wuchsformen der Bäume. Baumpilze haben sich an den toten Bäumen gebildet und machen sie zu besonderen Schmuckstücken. Gerade im Herbst, wenn Nebelstimmungen häufiger werden und die Bäume in buntem Laub stehen, lohnt es sich, diesen Wald aufzusuchen. Auch der bereits erwähnte Urwald Sababurg bietet einen hohen Anteil an moos- und pilzbewachsenem Totholz.

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Schutzgebiete im Wald Beglückt ist, wer entflieht Der Welt, zurück sich zieht In Waldeseinsamkeit; Dort hat er gute Zeit, Wo er nicht hört noch sieht, Was in der Welt geschieht. Friedrich Rückert

18 mm, 1/160 s, f/10, ISO 200

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Weltweit wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte Naturschutzgebiete eingerichtet, in denen der Erhalt von Arten und Lebensräumen oberstes Ziel ist. Der Anteil dieser Schutzgebiete variiert stark von Land zu Land. Während Luxemburg den größten prozentualen Anteil an Schutzgebieten in Europa ausweist, nämlich mehr als zwei Drittel seiner Landesfläche(!), existieren in Bosnien-Herzegowina mit 2 % der Landesfläche nur wenige geschützte Gebiete. Deutschland besitzt zwar europaweit die meisten ausgewiesenen Naturschutzgebiete, befindet sich aber im flächenmäßigen Ranking mit allen anderen europäischen Ländern nur auf Platz 10. Eine Übersicht über alle Schutzgebiete in Deutschland stellt das Bundesamt für Naturschutz online zur Verfügung. Sie finden sie unter https://geodienste.bfn.de/schutzgebiete?lang=de. Wer weltweit nach Schutzgebieten sucht, dem sei die Webseite von Protected Planet (https://www.protectedplanet.net) empfohlen. Es gibt verschiedene Arten von Schutzgebieten mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Häufig überlappen sich die einzelnen Kategorien. So kann z. B. ein Naturschutzgebiet »Natura 2000«-Gebiet und gleichzeitig ein Vogelschutzgebiet sein. Ich möchte Ihnen hier die einzelnen Schutzkategorien kurz vorstellen, in denen Wälder und Bäume eine Rolle spielen. Wenn Sie wissen, in welcher Art von Wald Sie unterwegs sind, können Sie nicht nur Ihr eigenes Verhalten den sensiblen Naturräumen anpassen, sondern auch beurteilen, ob Sie dort unbehelligt von Störungen wie forstwirtschaftlichen Maßnahmen fotografieren können. Kennen Sie die Schutzkategorie eines Waldes, können Sie im Vorfeld besser einschätzen, ob dort »wilde« Natur mit ihren typischen Erscheinungsformen (Totholz, alte Bäume etc.) oder vom Menschen beeinflusste Naturräume zu erwarten sind. Q Nationalparks Auf diesen großräumigen und weitgehend unzerschnittenen Flächen soll sich Natur ungestört entwickeln dürfen. In Deutschland gibt es derzeit 16 Nationalparks, von denen die meisten allerdings nur teilweise die Kriterien für eine ungestörte Entwicklung erfüllen. Sie werden in drei verschiedene Zonen aufgeteilt: Entwicklungszone, Pflegezone und Naturdynamikzone (Kernzone). Nur in Letztgenannter ist eine vom Menschen ungestörte Entwicklung garantiert.

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Q Naturschutzgebiete Diese Schutzkategorie gibt es seit 1920. Naturschutzgebiete gehören formell zu den streng geschützten Flächen in Deutschland. Hierzulande existieren 8878 davon (Stand 2019). Dennoch werden viele Naturschutzgebiete weiterhin durch Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Verkehr und Freizeitnutzung beeinträchtigt. Q Natura 2000 (FFH-Gebiete) Die Europäische Union will mit den »Natura 2000«-Gebieten, den Flora-Fauna-Habitaten, ein europaweites Verbundnetz an Naturschutzgebieten zum Erhalt der biologischen Vielfalt schaffen. In Deutschland ist die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie seit 1998 rechtsverbindlich. In diesen Gebieten ist Forstwirtschaft erlaubt, solange sie die Erhaltungsziele nicht beeinträchtigt. Eine unabhängige Kontrolle findet aber nicht statt. In manchen FFH-Gebieten/Naturschutzgebieten müssen Eingriffe erfolgen, um die dort vorkommenden Arten zu erhalten. Q Biosphärenreservate Auf diesen Flächen soll ein großräumiger Schutz von Natur- und Kulturlandschaften stattfinden (z. B. Rhön oder Thüringer Wald). Diese werden in drei Zonen aufgeteilt: in Kernzone, Pflegezone und Entwicklungszone. Während sich in der Kernzone Natur weitestgehend unbeeinflusst vom Menschen entwickeln darf, werden in der Pflegezone vom Menschen beeinflusste Ökosysteme durch Pflegemaßnahmen erhalten. Sie soll außerdem einen Schirm für die Kernzone bieten. In der Entwicklungszone soll eine nachhaltige Entwicklung umgesetzt und die Natur in einen besseren Erhaltungszustand versetzt werden. Q Landschaftsschutzgebiete Sie dienen dem Erhalt und Schutz bestimmter Landschaften sowohl in kulturell-sozialer als auch ökologischer Hinsicht. Hier gibt es geringere Nutzungseinschränkungen als in Naturschutzgebieten. Q Naturparks Sie dienen dem Erhalt und Schutz von Kulturlandschaften hinsichtlich der Biotop- und Artenvielfalt sowie vorrangig der Erholung. Nachhaltiger Tourismus, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung sowie eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung sind weitere Naturpark-Ziele. Hier sind alle Eingriffe verboten, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen, in der Realität findet nur ein sehr geringer Schutz statt.

In diesem von der Europäischen Union geschützten »Natura 2000«-Gebiet im Odenwald sollen verschiedene Buchenwaldtypen Schutz erfahren, um den natür­lichen Lebensraum von Tieren und Pflanzen zu erhalten. Forstwirtschaft findet aber weiter statt, wie an den Baumstümpfen zu erkennen ist. 24 mm, 1/8 s, f/13, ISO 400.

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Diese Süntelbuche wurde aufgrund ihrer besonderen Wuchsform, Schönheit und Seltenheit als Naturdenkmal ausgewiesen. 16 mm, 1/30 s, f/16, ISO 100.

Q Naturdenkmal Ein Naturdenkmal ist ein natürlich entstandenes Element in der Natur, das aufgrund seiner Eigenart, Seltenheit oder Schönheit bzw. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen unter Schutz gestellt wird. Es kann sich dabei um ein einzelnes Objekt wie einen Baum handeln oder auch eine gewisse Ausdehnung haben, wie z. B. eine Wiese oder eine größere Ansammlung von Felsen. Dieser Schutz kann aufgehoben werden, wenn übergeordnete Interessen verfolgt werden. Q Nationale Naturmonumente Schutz von besonderen Naturdenkmälern, die auch einen wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen oder

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landeskundlichen Wert haben oder sich durch Schönheit und besondere Eigenarten auszeichnen, z. B. archäologisch oder historisch bedeutsame Stätten (Grünes Band) in der Natur oder Ansammlungen alter Bäume (Ivenacker Eichen). Q Geschützte Landschaftsbestandteile Schutz von Landschaftsbestandteilen oder Gruppen, z. B. Bäume, Hecken, Raine, Alleen, Wallhecken, Feldgehölze und Wasserläufe. Q Gesetzlich geschützte Biotope Schutzgebiete im Bereich stehender und fließender Gewässer.

Wenn Sie in Wäldern unterwegs sind, werden Ihnen zusätzlich auch folgende Begriffe immer wieder begegnen: Q Bannwald Ein Bannwald ist ein Wald, der vor allem in Ballungsgebieten als unersetzlich für Wasserhaushalt, Klima und Luftreinigung angesehen wird. Welchen Schutzstatus ein Bannwald besitzt, regeln die Bundesländer unterschiedlich. In Baden-Württemberg ist ein Bannwald streng geschützt, jegliche Nutzung ist damit untersagt. Er dient hier u. a. der Erforschung von Prozessen innerhalb des Waldes. In allen anderen Bundesländern ist Forstwirtschaft erlaubt oder sogar ausdrücklich erwünscht. Ein Bannwald, der im Bundeswaldgesetz als »Schutzwald« und »Erholungswald« definiert ist, darf z. B. in Bayern gerodet werden, wenn dafür angrenzende Ersatzflächen aufgeforstet werden. Q Naturwald (auch Naturwaldreservat) Naturwälder dienen der biologischen Vielfalt und dem Klimaschutz. Hier darf sich die Natur frei entfalten und nach den eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Sie sind reich an stehendem und liegendem Totholz und Habitatbäumen. Q Kernflächen In Kernflächen von staatlichen und kommunalen Wäldern finden keine Eingriffe mehr statt. Die Natur wird sich selbst überlassen. Doppelter Schutz: Hier wurde ein hessischer Bannwald zusätzlich zum Naturwaldreservat erklärt. 31 mm, 1/4 s, f/10, ISO 100.

Vor menschlichen Eingriffen geschützt sind – abgesehen von notwendigen ­Verkehrssicherungsmaßnahmen – die Kernzonen in Nationalparks, Kern­ flächen, Naturwälder und die Bannwälder in Baden-Württemberg. Alle anderen Schutzgebiete besitzen nur unzureichenden Schutz. Diese Aufnahme habe ich in einem Naturwaldreservat gemacht. Hier ist jede Menge Totholz zu finden, das die Grundlage für Artenvielfalt in Wäldern bildet. 24 mm, 1/6 s, f/16, ISO 100.

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3 Wissens­ wertes zum  Fotografieren in Wäldern Wenn die Wurzeln tief sind, braucht man den Wind nicht zu fürchten. Chinesische Volksweisheit

200 mm, 1/80 s, f/11, ISO 100

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Das Fotografieren in Wäldern hat so unfassbar viele schöne ­Seiten. Der Wald kann mal freundlich, mal mystisch wirken, sich voller Pracht präsentieren, aber auch zurückhaltend schlicht zeigen. Von der nachgewiesenen beruhigenden und ausgleichenden Wirkung des Waldes profitiert jeder, auch derjenige, der darin »arbeitet«. Ich komme von meinen Fototouren im Wald meistens völlig entspannt und voller Glücksgefühle zurück. Wenn man sich mit der Fotografie in Wäldern eingehender beschäftigt, stellt man fest, dass mit dem Aufenthalt im Wald auch Unwägbarkeiten verbunden sind. Die zunehmende Destabilisierung der Wälder in Zeiten des Klimawandels und andere Faktoren wie Wetter­ ereignisse oder Begegnungen mit Tieren machen es notwendig, sich im Vorfeld mit waldtypischen Gefahren auseinanderzusetzen und diese im Hinterkopf zu haben, wenn wir uns in Wäldern bewegen. Ich möchte Ihnen in diesem Kapitel ein paar Tipps an die Hand geben, die das Fotografieren in Wäldern erleichtern und für Ihre Planung hilfreich sein können. Da Sie mit der Kamera in sensiblen Ökosystemen unterwegs sind, haben Sie auch eine Verantwortung gegenüber der Natur. Das soll ebenfalls Gegenstand dieses Kapitels sein.

3.1

Betreten auf eigene Gefahr

Grundsätzlich sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie den Wald und die Waldwege immer auf eigene Gefahr betreten. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2012 machte deutlich, dass eine Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers nicht für »waldtypische Gefahren« gilt. Diese schließen alle Gefahren mit ein, die auf natürliche Prozesse im Wald zurückzuführen sind. Das Sterben von Bäumen oder Absterben von Ästen gehört zum Kreislauf des Waldes, und Totholz ist ein wichtiger Bestandteil dieses Ökosystems. Nach einem wegweisenden Urteil aus dem Jahr 2020 müssen Waldbesitzer selbst auf stark frequentierten und touristisch beworbenen Waldwegen und bei offensichtlichen waldtypischen Gefahrenquellen nicht tätig werden. Eine Verkehrssicherungspflicht haben sie lediglich an öffentlichen Straßen, Bebauungen, Einrichtungen und bei »atypischen Gefahren« im Wald, also solchen, die der Waldbesitzer geschaffen hat, wie z. B. ungesicherte Holzstapel. Das bedeutet für Sie und Ihre Streifzüge mit der Kamera: Sie übernehmen im Wald die Verantwortung für sich selbst.

Bei Wind, Sturm und Gewitter ist der Wald ein Ort, den Sie meiden sollten. Vor allem bei vorgeschädigten Bäumen hat der Wind leichtes Spiel. 20 mm, 0,8 s, f/14, ISO 100.

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3.2

Wetter und waldtypische Gefahren

Bevor Sie in den Wald gehen, machen Sie sich am besten vorab ein Bild von der Wetterlage zum geplanten Zeitpunkt. Dieses Wissen um die Wetterbedingungen vor Ort ist nicht nur eine gute Grundlage für Ihre Waldbilder, sondern dient auch dazu, Gefahren besser einschätzen zu können. (Mehr zur Wettervorhersage finden Sie in Kapitel 9 »Planung und Wetter­vorhersage« ab Seite 163.)  3.2.1

Gewitter und Sturm

Sind Gewitter oder Sturm angesagt, sollten Sie Ihre Tour in jedem Fall verschieben. Ein Regenguss kann den Wald zwar von seiner schönsten Seite zeigen; Sie sollten aber kein Risiko eingehen, wenn sich Gewitterfronten oder Starkregenereignisse ankündigen. Bäume sind durch ihre Höhe potenzielle Blitzableiter, unter denen es gefährlich werden kann. Besonders einzeln stehende Bäume werden gerne von Blitzen heimgesucht, aber auch innerhalb des Waldes kann es zu Blitzeinschlägen kommen. Dabei macht es keinen Unterschied, unter welcher Baumart man steht. Die Redensart »Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen« führt in die Irre. Sie ist deshalb entstanden, weil Blitzrinnen vor allem an Bäumen mit rauer Rinde beobachtet wurden, nicht aber an Baumarten wie der Buche, die eine glatte Rinde haben. Der Blitz wird bei der Buche auf dem

Ein vom Borkenkäfer befallener Fichtenwald im Winter. 36 mm, 1/10 s, f/13, ISO 100.

Wasserfilm der Rinde in den Boden geführt, bei rauen Rinden kann der Blitz nicht glatt ablaufen und setzt die Rinde so stark unter Spannung, dass sie aufplatzt. Während Nadelwälder vor allem durch die Winterstürme leiden und zuweilen Bäume umfallen oder abbrechen, können in Laubwäldern Starkregen und Wind vor allem im Sommer gefährlich werden. Wenn viel Regen in kurzer Zeit auf die gesammelte Blattmasse fällt und nicht schnell genug ablaufen kann, besteht die Gefahr, dass ganze Kronenteile abbrechen. Bei Nebel können sich durch die starke Feuchtigkeit abgestorbene Äste mit Wasser vollsaugen und überraschend zu Boden gehen. Durch den Klimawandel und die Zunahme von Hitze- und Dürreperioden sind viele Wälder zusätzlich geschwächt und die Gefahren haben sich dadurch noch erhöht. In den letzten Jahren wurden in einigen Regionen Deutschlands vom Borkenkäfer befallene Fichtenwälder kahlgeschlagen. Die an solche Kahlflächen angrenzenden

Bäume sind nun besonders durch Windwurf bedroht. Auch in noch stehenden, sich aber im Absterben befindenden Waldbeständen besteht eine erhöhte Gefahr durch umstürzende Bäume. Selbst mehrere Tage nach Stürmen besteht ein Risiko, durch abgebrochene Zweige oder Äste, die jederzeit herunterfallen können, getroffen zu werden. Ich war beispielsweise ein paar Tage nach einem Sturm in einem Wald unterwegs, als ein paar Meter neben mir ein starker Ast zu Boden ging. Daher sollten Sie stets ein waches Auge auf das Kronendach haben und reagieren, sobald Sie hören oder sehen, dass ein Ast bricht. Wälder in Tallagen sind weniger windbruchgefährdet als solche in Höhenlagen. Auch wenn man es nicht vermutet: Selbst auf der windabgewandten Seite kann es zu Gefahren kommen. Beobachten Sie deshalb im Vorfeld Ihrer Waldtour in einer Wetter-App die Windstärke und die Windböen. Ab Windböen von 70 bis 100 km/h ist es ratsam, den Wald zu meiden. 

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Die Zweige dieser mächtigen Nadelbäume sind durch die große Schnee- und Eislast stark beschwert und können leicht brechen. 18 mm, 1/500 s, f/8, ISO 200.

3.2.2

Schnee und Eis

Ein tief verschneiter Winterwald ist ein Eldorado für ­Waldfotografen. Doch auch hier können große Schneelasten die Äste zum Brechen bringen. Das passiert insbesondere dann, wenn Schnee nass und dadurch schwer geworden ist. Durch eisigen Schnee, der sich durch Wind- oder Sturmeinfluss unter den Ästen und Zweigen anlagert, oder durch Eisanhang, der durch gefrierenden Regen oder abwechselndes Tauen und Gefrieren von Schnee entsteht, haben Bäume enorme Lasten zu tragen. Sie erkennen eine solche Gefahr durch

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stark gebogene, tief herabhängende Äste. Gerade dort, wo die Stütze durch einen Nachbarbaum fehlt, wie es z. B. an Waldwegen der Fall ist, stehen die Äste dann unter starker Spannung und das Holz kann urplötzlich mit einem lauten Knall brechen. Bei einer Tour durch den tief verschneiten Winterwald im Taunus erlebte ich einen solchen Knall, bei dem der Ast und eine große Masse an Schnee und Eis nicht weit von mir zu Boden fielen. Ein paar Meter weiter wäre ich darunter begraben worden.

3.2.3

Feuer

Die Brandgefahr ist in den vergangenen Jahren in Europas Wäldern durch den Klimawandel und damit die längeren Dürre- und Hitze­ perioden drastisch gestiegen. In Laubwäldern und naturbelassenen Mischwäldern mit heterogener Altersstruktur können sich Feuer schwerer entfachen, denn deren Bäume sind in der Lage, sowohl in der Blattmasse als auch im Totholzanteil mehr Wasser zu speichern. Nadelwälder hingegen – vor allem Monokulturen mit gleich alten Bäumen – sind umso gefährdeter, Opfer von Bränden zu werden. Sie sind aufgrund ihrer Harze und Nadeln leicht brennbar. Verursacher für Waldbrände ist in fast allen Fällen der Mensch. Lediglich Blitze können natürliche Auslöser sein. Vorsätzliche Brandstifter, achtlos hingeworfene Zigarettenstummel oder Lagerfeuer im Wald sind für die meisten Brände verantwortlich. Daher sind im Wald folgende Regeln dringend zu beachten: Machen Sie kein Feuer im Wald, auch nicht an Waldrändern. Rauchen ist in Wäldern ebenfalls tabu. Im Sommer sollten keine Autos oder Motorräder auf Waldwegen oder Wiesen abgestellt werden. Heißgelaufene Katalysatoren können z. B. trockenes Gras oder Laub leicht entfachen. Wenn Sie einen Brand oder ein Schwelfeuer entdecken, rufen Sie unverzüglich die 112 an und verlassen Sie den Wald. Dabei sollten Sie seitlich zur Windrichtung vom Waldbrand flüchten und Waldhänge meiden.

Ein unerschrockenes Reh in einem Wald auf der finnischen Insel Ruissalo. 200 mm, 1/800 s, f/3,2, ISO 1600.

3.3

Tiere im Wald

Bei Streifzügen durch den Wald begegnen einem immer wieder Tiere wie z. B. Rehe, Hirsche, Hasen, Wildschweine, verschiedene Vogelarten, Füchse oder Dachse. Sie werden Reißaus nehmen, wenn sie jemand in ihrer Nähe spüren. Vielleicht gelingt es Ihnen auch einmal, diese Tiere in ihrer natürlichen Umgebung mit der Kamera festzuhalten. Das ist dann ein schöner Glücksmoment, der Ihnen ein unvergessliches Motiv eröffnet. Respekt haben sollten Sie aber vor Wildschweinen, wenn diese im Frühjahr ihre Frischlinge aufziehen. Wenn Ihnen einmal eine Rotte oder ein Einzeltier gegenübersteht, bleiben Sie möglichst ruhig und ziehen sich langsam zurück. Achten Sie dabei darauf, den Wildschweinen eine Rückzugsmöglichkeit zu geben. Ich habe immer wieder Begegnungen mit Wildschweinen in den Wäldern gehabt. Die Strategie, sich langsam zurückzuziehen bzw. still zu warten, bis die Rotte an einem vorübergezogen ist, hat sich jedes Mal bewährt. Diese Begegnungen ereigneten sich alle in nächster Nähe zu Verjüngungen, also dicht an dicht stehenden jungen Bäumen, oder Brombeergestrüpp. Die Tiere halten sich tagsüber darin auf und fühlen sich gestört, wenn man in ihre Nähe kommt. Es ist daher ratsam, mit etwas Abstand um Gestrüpp oder Verjüngungen herumzulaufen. Falls Sie doch einmal in die eher unwahrscheinliche Situation geraten, von einem Wildschwein angegriffen zu werden, machen Sie sich möglichst groß und klatschen Sie in die Hände. In Deutschland haben sich in einigen Gebieten wieder Wölfe angesiedelt. In den Wäldern der skandinavischen Länder oder in den Karpaten können Sie sogar Bekanntschaft mit Bären machen. Sollten Sie in Wäldern fotografieren, wo es größere Wolfs- oder Bärenpopulationen gibt, gelten bei einer Begegnung dieselben Verhaltenshinweise wie für Wildschweine. Aber es gibt auch die kleinen Vertreter, die Ihnen beim Aufenthalt im Wald begegnen können. Dabei handelt es sich vor allem um Insekten. Mit einer Art werden Sie als Waldfotograf regelmäßig konfrontiert sein, nämlich mit der Zecke. Sie befindet sich gerne im Unterholz und im Gras und wartet dort, bis sie einen Wirt findet, in dem sie das für sie lebenswichtige Blut findet. Zecken können mehr als 50 verschiedene Krankheiten übertragen, die am weitesten verbreiteten sind hierzulande Borreliose und FSME. Immer mehr Gebiete in Deutschland wurden in den letzten Jahrzehnten als Hochrisikogebiete für die Übertragung der Krankheit eingestuft. Informieren Sie sich im Internet, ob die Wälder, die Sie besuchen wollen, innerhalb solcher Gebiete liegen. Unter www.zecken.de finden Sie umfassende Informationen zum Thema Zecken und zu den Risikogebieten in ganz Europa. Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht regelmäßig

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Ein Bär in einem finnischen Wald in der Nähe der russischen Grenze. 600 mm, 1/800 s, f/8, ISO 500.

Informationen zu den Verbreitungsgebieten in Deutschland. Der Süden des Landes ist dabei wesentlich stärker betroffen als der Norden. FSME kann eine lebensbedrohliche oder lebenseinschränkende Gehirnhautentzündung auslösen. Doch es gibt gegen diese Erkrankung einen Impfstoff. Sind Sie häufig in FSME-Gebieten unterwegs, empfiehlt sich vorbeugend diese Impfung. Da ich in einem FSME-Risikogebiet wohne und ein Magnet für Zecken zu sein scheine, habe ich regelmäßig mit den kleinen Tierchen zu tun und mich daher für diese Impfung entschieden. Gegen Borreliose gibt es hingegen keine Impfung. Bei dieser Krankheit zeigt sich oft – aber nicht immer – ein paar Tage nach dem Stich eine sogenannte Wanderröte, eine kreis-

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förmige Rötung. Im Verlauf kann es zu Abgeschlagenheit, Fieber und Kopfschmerzen kommen. Bleibt die Krankheit weiter unentdeckt, kann sie auf das Nervensystem übergreifen. Lähmungen, Herzpro­ bleme und Gelenkentzündungen können die Folge sein. Eine Antibiotika-Therapie im Anfangsstadium ist in der Regel wirksam. Um zu verhindern, dass sich die kleinen Tierchen richtig festbeißen, suchen Sie sich nach einem Waldspaziergang gründlich ab. Im Sommer verwende ich meistens auch insektenabweisende Mittel, die nicht nur zur Mücken-, sondern auch für die Zeckenabwehr geeignet sind. Und ich trage auch immer ein Taschenmesser mit einer kleinen Pinzette bei mir, um für die eindringenden Plagegeister ge-

Der Eichenprozessionsspinner besiedelt alle Eichenarten: die Stieleiche, die Traubeneiche und die Roteiche. Er liebt Einzelbäume und lichte Eichenwälder. In besonders trockenen Jahren kann es zu Massenvermehrungen kommen. 24 mm, 1,6 s, f/8, ISO 100.

wappnet zu sein und sie im Fall des Falles schnell entfernen zu können. (Für weitere nützliche Tipps siehe auch Abschnitt 4.7 »Kleidung und Schuhwerk« auf Seite 71.) Neben Zecke und Mücke gibt es noch einen anderen kleineren Vertreter, mit dem Sie ungewollte Erfahrungen in Wäldern machen können: dem Eichenprozessionsspinner. Diese Tiere haben, wie der Name schon sagt, ihre Heimat vor allem auf Eichen und können als Raupe durch ihre Brennhaare Hautentzündungen hervorrufen. Diese Haare werden auch vom Wind durch die Luft getragen und können beim Einatmen zu Beeinträchtigungen der Atemorgane und

zu Entzündungsreaktionen der Haut und Schleimhäute führen. Sie erkennen die Raupen daran, dass diese gleich einer Prozession aneinandergereiht an Stämmen und Ästen entlangkriechen. Bei Befall von Eichen wird meist auf Schildern auf den Eichenprozessionsspinner hingewiesen. Nehmen Sie solche Warnungen ernst und meiden Sie die entsprechenden Gebiete. Sollten Sie doch einmal in Kontakt mit diesen Brennhaaren gekommen sein, wechseln Sie so bald wie möglich Ihre Kleidung und duschen Sie sich nach dem Waldgang gründlich ab. In der Regel klingen nach ein bis zwei Wochen die Beschwerden, die die Brennhaare ausgelöst haben, wieder ab.

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3.4

Waldarbeiten und Jagden

Ab September beginnen in den meisten Waldgebieten Forstarbeiten, die in der Regel bis März andauern. Meistens werden dann Waldwege abgesperrt und es wird auf Gefahren hingewiesen. Ich habe aber auch immer wieder erlebt, dass diese notwendigen Absperrungen nicht erfolgt sind. Geräusche von Sägen sind untrügliche Zeichen, dass Waldarbeiten stattfinden. Diese Gebiete sollte man umgehen. Außerhalb der gesetzlichen Brut- und Setzzeiten finden in Wäldern auch immer wieder Jagden statt, entweder als Einzel- oder Gruppenjagd, wie z. B. Treibjagden. In der Regel werden Waldbesucher mit Schildern an den Eingängen zu Waldwegen davor gewarnt, den Wald zu betreten. Um nicht mit dem Wild verwechselt zu werden, ist hier Vorsicht geboten und die Absperrung zu beachten.

3.5

Orientierung/Navigation

Vertieft in die Schönheiten des Waldes oder auf der Suche nach immer neuen Motiven kann man im Wald schon mal die Orientierung verlieren. Gerade wenn dichter Nebel in die Wälder zieht und man nicht mehr sieht, wo sich der nächste Weg befindet, ist es wichtig, die Orientierung zu behalten. Installieren Sie auf Ihrem Mobiltelefon eine Navigations-App wie Google Maps oder Outdooractive. Solange Sie Empfang haben, werden Ihnen diese Hilfsmittel gute Dienste leisten. In manchen Wäldern – vor allem in Schluchten oder sehr abgelegenen Waldgebieten – kann es aber sein, dass der Empfang schlecht ist. Die Erinnerung an eine Fototour in einem großen Waldgebiet in den Niederlanden, bei dem es zeitweise unmöglich war, ein GPS-Signal bzw. Zugang zum Mobilfunknetz zu bekommen, und ich recht orientierungslos im Wald umherirrte, hat mich gelehrt, nicht nur auf das Mobiltelefon zu vertrauen. Daher ist es hilfreich, vorab Wanderkarten abzufotografieren oder Screenshots von Ihren geplanten Routen zu machen. Sie können alternativ auch die gute alte Wanderkarte verwenden, um sich zu orientieren. Diese Methode rettet Sie in der Regel auch dann, wenn der Akku Ihres Telefons leer ist. Falls die Sonne noch am Himmel steht, können Sie sich anhand der Himmelsrichtungen zu orientieren versuchen.

Gerade in uns unbekannten, großen oder sehr dichten W ­ äldern kann man schon mal die Orientierung verlieren. Eine gute ­Vorbereitung, Wanderkarten, Navigations-Apps und ein ­aufgeladener ­Smart­phone-Akku sind hilfreich, um sich auch dann im Wald zurecht­zufinden. 38 mm, 1,3 s, f/9, ISO 100.

Bei Forstarbeiten besteht für Waldbesucher Lebensgefahr.

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3.6

Der Wald als ein mystischer Ort

Auch wenn die meisten unserer Wälder nicht mehr so dunkel und undurchdringlich sind wie zu Zeiten unserer Vorfahren, so ist für viele Menschen der Wald doch immer noch ein Ort, der zuweilen etwas unheimlich wirken kann. Nachts bzw. in der Morgen- oder Abenddämmerung im Wald allein unterwegs zu sein, kann eine Herausforderung darstellen: Da knackt es an vielen Ecken, Käuzchenrufe schallen durch die Nacht, Rehe bellen, Füchse schreien. Ich kenne einige Menschen, die sich allein im Wald nicht wohlfühlen. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, mit der Furcht im Rücken in den Wald zu gehen. Denn dann haben Sie keinen Blick für die Motive, die Ihnen der Wald bietet. Aber es gibt dagegen ein einfaches Rezept: Ziehen Sie zu zweit oder mit mehreren Freunden los. Sie müssen sich ja nicht am selben Spot aufhalten, können aber in Sichtweite bleiben und fühlen sich so sicherer.

3.7

Verantwortung gegenüber der Natur

Wälder sind sensible Ökosysteme, die uns Menschen mit lebensnotwendigen und wichtigen Ressourcen versorgen: Sie liefern uns nicht nur die Luft zum Atmen, sondern auch Ruhe und Erholung sowie den Wertstoff Holz. Und uns Fotografen bietet der Wald durch seine Ästhetik mannigfaltige Motive und bereichernde Stunden unter seinem Blätterdach. Bei der Entdeckung des Waldes als Erholungsraum sind nicht mehr nur die Eingriffe der Forstindustrie und der Klimawandel ein Problem für den Wald: Auch die zunehmenden Freizeitaktivitäten der Bevölkerung haben Einfluss auf die dortige Flora und Fauna. Wir Waldfotografen sind eine von vielen Gruppen, die den Wald für ihre Zwecke nutzen. Wir bekommen viel von ihm geschenkt und sind es ihm im Gegenzug schuldig, ihn mit Respekt und Rücksichtnahme zu behandeln. Wenn wir einen Wald betreten, sind wir dort zu Gast in

Die Sonne war schon längst untergegangen und die Dunkelheit brach über den Wald herein, als ich in diesem winterlichen Nebelwald unterwegs war. Baumstümpfe, die im Hellen nicht weiter auffallen, nehmen dann zuweilen unheimliche Formen an. 68 mm, 4 s, f/8, ISO 100.

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An dieser Stelle verlassen Waldbesucher immer wieder den Weg und verdichten damit den Waldboden so stark, dass der Aufwuchs der Vegetation in diesem Bereich unmöglich wird. Die Sauerstoff- und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens wird dadurch ­verringert. 32 mm, 1/10 s, ­ f/9, ISO 100.

einem Ökosystem, das uns zu seinem Überleben nicht braucht. Es ist unsere Pflicht, uns so zu verhalten, dass die Natur nicht übermäßig gestört wird. Daher möchte ich jeden, der mit der Kamera in die Wälder zieht, bitten, verantwortungsbewusst mit diesen Naturschönheiten umzugehen. Dazu zählt das Verhalten vor Ort, aber auch der Umgang mit konkreten Ortsangaben von sensiblen Fotospots innerhalb von Waldökosystemen. In den letzten Jahren wurden diverse Plätze in der Natur durch deren Verbreitung in sozialen Medien zu sogenannten Hotspots. Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen für die Natur: Vermüllung, Bodenverdichtung, Beschädigung von Pflanzen und Störung der Tierwelt lassen sich mittlerweile weltweit in Naturräumen beobachten. Wenn Sie einen bemerkenswerten Baum oder eine besondere Stelle mit empfindlichen Pflanzen entdeckt haben, den bzw. die Sie gerne erhalten möchten, dann gehen Sie behutsam mit der Verbreitung konkreter Ortsangaben in sozialen Netzwerken um. Es macht einen großen Unterschied, ob fünf Leute am Tag einen einzigartigen Baum besuchen oder Hunderte von Menschen. Der Boden wird verdichtet und Wurzelschäden sowie Absterbeerscheinungen können die Folge sein, wenn viele Menschen ein und dieselbe Stelle im Wald immer wieder besuchen. In Naturschutzgebieten herrscht meistens ein Wegegebot. Auf Tafeln an den Zuwegen wird darauf hingewiesen. Sind Sie in Wirtschaftswäldern oder nicht geschützten Privatwäldern unterwegs, können Sie auch im Bestand fotografieren. Achten Sie aber auf die Vegetation am Waldboden, wenn Sie abseits der Wege im Wald un-

terwegs sind. Wegen des starken Verbisses durch Rehe mangelt es vielen Wäldern an gesunden Nachkommen. Daher ist besondere Umsicht dort geboten, wo sich Baumsprösslinge ihren Weg ans Licht suchen. Dasselbe gilt für Moose, die den Waldboden und Totholz bewachsen. Es mag vorkommen, dass Sie eine wunderbare Stelle im Wald entdeckt haben, aber ein kleines Detail nicht Ihrer kompositorischen Vorstellung entspricht (Näheres dazu in Kapitel 7 »Komposition und Bild­gestaltung« ab Seite 127). Ich räume dann hin und wieder einen auf dem Boden liegenden Zweig ein wenig zur Seite oder entferne ein paar Blätter von einem Baumstumpf. Jedoch sehe ich von größeren »Aufräumarbeiten« ab und suche mir dann lieber eine neue Stelle, die weniger unübersichtlich ist. Es gibt auch immer wieder Situationen, in denen z. B. ein Ast störend in eine Bildkomposition hineinragt. Brechen Sie ihn nicht ab, sondern gehen Sie dann besser ein paar Schritte zur Seite, um ihn aus dem Bild zu eliminieren. Ich stelle in solchen Fällen auch gerne mal den Selbstauslöser auf 10 bis 20 Sekunden, um einen Ast für einen Moment aus dem Bild zu halten. Falls Ihr Hund Sie bei fotografischen Touren begleitet, lassen Sie ihn sicherheitshalber an der Leine, wenn Sie sich dem Fotografieren widmen, um Waldbewohner vor allem in der Brut- und Setzzeit nicht zu stören. Wenn wir beim Aufenthalt im Wald alle gewissen Regeln folgen und uns verantwortungsvoll gegenüber der Natur verhalten, können wir sie und ihre Schönheit auch für die kommenden Genera­ tionen bewahren.

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4 Kamera­ equipment und ­hilfreiche Ausrüstung Das Wichtigste ist, zu sehen, was für andere unsichtbar ist. Robert Frank

18 mm, 1/100 s, f/13, ISO 320

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Es gibt im Wald häufig Situationen, in denen man den ISO-Wert erhöhen muss, um Fotografien zu erhalten, die eine gewisse Ruhe ausstrahlen und auch bei lichtschwachen Verhältnissen Licht ins Bild bringen. Daher ist in der Waldfotografie eine Kamera mit guter ISO-Performance vorteilhaft. 31 mm, 1/2 s, f/7,1, ISO 1000.

4.1

Kamera

Als ich anfing, in Wäldern zu fotografieren, war ich mit einer einfachen und gebraucht gekauften Spiegelreflexkamera mit APS-C-Sensor unterwegs. Ich war damit eine Weile völlig glücklich, bis meine eigenen Ansprüche an die Fotografie langsam stiegen. Nun haderte ich mit dem schlecht aufgelösten Display, auf dem man mehr raten als sicher wissen konnte, ob ein Bild scharf war. Und ich merkte auch, dass diese Kamera im Wald, wo man weniger Licht als im Offenland zur Verfügung hat, an ihre Grenzen stieß. Als mich immer mehr Menschen nach großformatigen Drucken von meinen Fotografien fragten, wollte ich gerne Bilder liefern können, die nicht schon bei einem ISO-Wert von 400 körnig, unscharf und verrauscht wirkten. (Der ISO-Wert bestimmt die Lichtempfindlichkeit des Sensors: Je höher er eingestellt ist, umso mehr Bildrauschen gibt es. Bei Vollformatkameras fällt das Rauschen insgesamt geringer aus als bei Kameras mit kleineren Sensoren.)

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Die Frage nach der geeigneten Kamera für die Waldfotografie hängt also stark damit zusammen, was man mit seinen Bildern machen bzw. erreichen möchte oder ob man sich als Einsteiger zuerst einmal an die Materie herantasten will oder bereits fortgeschritten ist und ein Upgrade sucht. Zusätzlich ist die Wahl der Kamera auch immer eine Frage der vorhandenen finanziellen Ressourcen. Eine Handykamera kann ausreichen, wenn Sie Bilder für sich selbst machen, Schnappschüsse für Blogbeiträge erstellen oder dokumentarische Szenen im Wald festhalten wollen. Wenn Sie mit Ihren Fotos aber mehr Möglichkeiten ausloten wollen, was Verwendung und auch Bildbearbeitung betrifft, lohnt es sich, über Kameras nachzudenken, die den besonderen Bedingungen im Wald gewachsen sind. Einige Eigenschaften, die ich Ihnen im Folgenden nenne, sind von besonderem Vorteil, wenn Sie in Wäldern fotografieren möchten: 

Nass war es an diesem Tag in den Mittelgebirgen des Odenwaldes. Der Regen brachte den Nebel in die Höhenlagen. Dieses milchige Weiß enthielt so viel Luftfeuchtigkeit, dass es unaufhörlich von den Bäumen tropfte, selbst als es aufgehört hatte zu regnen. Bei solchen Wetterlagen zahlen sich eine wetterfeste Kamera und ein zusätzlicher Kameraschutz aus. 29 mm, 1/20 s, f/8, ISO 320.

Blende, Zeit und der ISO-Wert sollten unabhängig voneinander einstellbar sein. Je nach eigenen Vorlieben können Sie im manuellen Modus oder mit der von mir bei der Waldfotografie bevorzugten Zeitautomatik arbeiten. Essenziell ist, dass Ihre Kamera Bilder im RAW-Modus aufnehmen kann. RAW-Dateien enthalten die unkomprimierten Daten der Aufnahmen des Kamerasensors. Es sind die Rohdaten eines Fotos, die nachfolgend digital bearbeitet werden müssen. Durch diese Bearbeitung entscheiden Sie selbst, wie Ihr Bild am Ende aussehen wird. Je nachdem, welchen Anspruch Sie an Ihre Fotografien haben, lohnt es sich, in eine hochwertige Kamera zu investieren. Dabei hat sich in der Auseinandersetzung mit der Fotografie im Wald ein Kameramerkmal als besonders bedeutend herausgestellt: das Rauschverhalten, also die ISO-Performance. Der Wald ist dunkler als offene Landschaften und es bleibt häufig nicht aus, dass man mit höheren

ISO-Werten fotografieren muss. Auch wenn Sie mit Stativ arbeiten, kann Ihnen der Wind einen Strich durch die Rechnung machen. Es reicht ein kleiner Windstoß, und Blätter bzw. Äste sehen auf Ihrer Aufnahme verwischt aus. Hier brauchen wir kürzere Belichtungszeiten, um diesen Effekt zu vermeiden. Das erreichen wir durch einen höheren ISO-Wert. Daher ist eine gute ISO-Performance der Kamera bei der Waldfotografie und für die Qualität der Bilder in meinen Augen von Vorteil. Die andere Option wäre, die Blende weiter zu öffnen. Dies wirkt sich aber zu Ungunsten der Schärfentiefe aus. Optimal sind deshalb in den meisten Fällen Blenden, die zwar Licht »schlucken«, aber einen großen Schärfebereich haben, also Blenden von f7,1 bis f16. Wenn Sie allerdings den eben angesprochenen »Verwisch-Effekt« grundsätzlich in Ihre Bilder einbauen möchten, spielt diese Überlegung für Sie keine Rolle. Der Effekt bringt Bewegung ins Bild und

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zeigt die Dynamik der Situation vor Ort. Dennoch strahlt ein Bild mehr Ruhe und Ausgeglichenheit aus, wenn Blätter und Zweige nicht verwischt sind. Sicherlich ist es aber gut, die Wahl zwischen einer statischen Aufnahme und einer, die Dynamik ins Bild bringt, zu haben. Da Vollformatkameras mit der Sensorgröße 36 × 24 mm (Kleinbildformat) in der Regel eine bessere Leistung beim Rauschverhalten aufweisen als APS-H-, DX- oder APS-C-Kameras, empfehle ich ambitionierten Fotografen, mit Vollformat zu arbeiten und dabei ein Modell zu wählen, das bekannt für eine gute Leistung bei hohen ISO-Werten ist. Ich arbeite vorrangig mit einer Nikon D750, die diese Voraussetzungen erfüllt. Erkundigen Sie sich im Fachhandel, welche Kameras diese Eigenschaften besitzen.  Falls Sie sich fragen, wie viele Megapixel Ihre Kamera mitbringen sollte: 20 bis 30 Megapixel sind meiner Meinung nach völlig ausreichend. Sollten Sie aber planen, sehr große Drucke anzufertigen oder Teile aus Bildern auszuschneiden, wodurch sich die Pixelanzahl verringert, kann es sinnvoll sein, in eine Kamera zu investieren, die Ihnen mehr Megapixel bietet. Beim Fotografieren im Wald ist auch die Qualität des Displays wichtig. Mit einem guten Display können Sie überprüfen, ob ein Bild scharf geworden ist, ob sie den Fokus richtig gesetzt haben oder ob sich störende Elemente im Bild befinden. Ein hochauflösendes Display kann Ihnen deutlich zeigen, ob Ihre Aufnahme gelungen ist oder ob Sie noch einen weiteren Versuch unternehmen sollten, das Motiv nach Ihren Wünschen abzubilden. Ihre Kamera sollte auf jeden Fall einen Selbstauslöser besitzen. Sehr praktisch ist außerdem, wenn die Kamera automatische Belichtungsreihen aufnehmen kann (sogenanntes Bracketing), denn im Wald kann es immer vorkommen, dass Sie mit einer Belichtung nicht auskommen, weil der Dynamikumfang einfach zu groß ist. Anstatt »von Hand« unterschiedliche Belichtungen zu wählen, erleichtert ­Ihnen diese Funktion eine schnelle Aufnahme mit unterschiedlichen Belichtungen. Bei meinen Touren durch regennasse und feucht-neblige Wälder wurde mir immer wieder bewusst, wie wichtig es ist, dass eine Kamera ein gewisses Maß an Feuchtigkeit aushalten kann. Dieses Kriteri-

um halte ich für eines der wichtigsten – es sei denn, man beschränkt sich auf Schönwetterfotografie. Das Fotografieren im Wald erfordert den Einsatz verschiedener Brennweiten. So bleibt es nicht aus, dass hin und wieder ein Objektiv gewechselt werden muss. Dieser Wechselvorgang kann mit dem Eindringen von Staub oder Feuchtigkeit verbunden sein. Bei Spiegelreflexkameras hält der Spiegel einigen Staub davon ab, sich auf den Sensor zu setzen und damit unerwünschte Sensorflecken zu erzeugen; bei den wesentlich leichteren spiegellosen Kameras werden Sie wesentlich häufiger Staub vom Sensor entfernen müssen – dafür haben Sie aber weniger Gewicht durch den Wald zu tragen. Die geringere Batterielaufzeit bei spiegellosen Kameras ist allerdings ein Argument für eine Spiegelreflexkamera. Wie bereits erwähnt, habe ich mit einer solchen im APS-C-Modus zu fotografieren begonnen. APS-C-Kameras sind günstiger als Vollformatkameras und der engere Bildausschnitt, den deren Sensor aufweist, kann in bestimmten Situationen von Vorteil sein (Crop-Faktor) – z. B. wenn man Tiere im Wald näher heranholen möchte. Allerdings fällt auf den kleineren Sensor der APS-Kamera weniger Licht im Vergleich zur Vollformatkamera, was sich negativ auf das Rauschverhalten auswirkt. Objektive für Vollformatkameras lassen sich auch an APS-Kameras verwenden. Achten Sie beim Kauf außerdem darauf, dass die Kamera ein Stativgewinde besitzt. Sie werden beim Fotografieren im Wald bald bemerken, dass ein Stativ unerlässlich ist, um qualitativ hochwertige Fotografien zu erzeugen. Daher sollte diese Grundvoraussetzung gegeben sein.  Fazit: Zum Fotografieren im Wald kann eine Kompaktkamera, eine Systemkamera, eine Spiegelreflexkamera oder eine spiegellose Kamera zum Einsatz kommen. Für was Sie sich entscheiden, hängt von Ihren individuellen Zielen und Präferenzen sowie Ihrem Geldbeutel ab. Features wie z. B. Wasserfestigkeit und eine gute Performance im Rauschverhalten sind von Vorteil, wenn Sie stimmungsvolle Bilder in Wäldern machen möchten. Viel wichtiger als eine gute Kamera ist aber ein Blick für das Besondere, das es im Wald zu entdecken gibt. Denn ohne ein gutes Auge für eindrucksvolle und bewegende Motive nützt Ihnen die beste Kamera nichts.

  Durch den Einsatz eines Weitwinkelobjektivs konnte ich einerseits die leuchtend grünen Wurzeln dieses Baumes zeigen, andererseits dem Betrachter auch einen Einblick in den Wald gewähren. 15 mm, 1/13 s, f/16, ISO 100.

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4.2

Objektive

Der Wald bietet Ihnen mannigfaltige Motive, die Sie mit unterschiedlichen Brennweiten festhalten können. Je nachdem, welche Bildwirkung und Stimmung Sie in Ihren Bildern erzielen wollen, wählen Sie unterschiedliche Brennweiten. Möchten Sie in eine Szene hineinzoomen und einen engen Bildausschnitt haben, verwenden Sie eine lange Brennweite (z. B. 70–300 mm); soll der Bildausschnitt mehr von der Szene zeigen bzw. einen weiteren Winkel aufweisen, greifen Sie nach einer kurzen Brennweite (z. B. 14–50 mm). Mehr zu diesem Thema erfahren Sie auch in Abschnitt 7.1.6 auf Seite 136. Brennweiten zwischen 14 mm und 200 mm machen meiner Meinung nach im Wald am meisten Sinn. Längere als 200 mm braucht man höchstens, um Tiere zu fotografieren, die sich in einem großen Abstand von uns aufhalten. Meine meistgenutzten Brennweiten liegen zwischen 24 mm und 120 mm. Wenn Sie Objektive in diesem Brennweitenbereich besitzen, sind Sie für die Waldfotografie bestens gewappnet. Je nach Situation kann es aber Sinn machen, mit einem stärkeren Weitwinkel zu arbeiten, z. B. wenn Sie sowohl ein Objekt in der Nähe als auch eine Szene im Hintergrund gleichzeitig abbilden möchten, etwa eine bemooste Baumwurzel im Vordergrund mit dem Wald im Hintergrund. Auch wenn sehr große Bäume aus der Nähe in Szene gesetzt werden sollen, bietet sich ein Weitwinkelobjektiv an.

An dieser Stelle in einem lichten Buchenwald, dessen Waldboden von Tausenden Hasenglöckchen bedeckt war, entschied ich mich für ein Teleobjektiv, um die Szene intimer zu gestalten. 165 mm, 1/10 s, f/16, ISO 100.

Für manche Waldszenen sind Teleobjektive das Werkzeug der Wahl. Gerade wenn nicht viel Nebel im Wald vorhanden ist, können diese durch die »Verdichtung« des Ausschnitts eine intimere Stimmung schaffen und Einzelobjekte in den Fokus rücken. Vorder-, Mittel- und Hintergrund werden durch den Einsatz von Teleobjektiven komprimiert. Wenn Sie z. B. in einer Allee oder einem alleenartigen Waldweg fotografieren, lassen sich damit motivisch starke Bäume ins Blickfeld rücken oder von größeren Entfernungen aus die Motive ins Bild holen. Der Betrachter kann durch die Verdichtung der Elemente ins Bild eintauchen und fühlt sich fast so, als wäre er vor Ort. Sie werden sich sicher fragen, ob ein lichtstarkes Objektiv im Wald von Vorteil ist, bei dem man mit größeren Blenden (f/1,8 bis f/4) fotografieren kann. Da Sie es im Wald meistens mit dunklen Lichtsituationen zu tun haben, eröffnet Ihnen diese Option die Möglichkeit, auch bei sehr schlechten Licht- und Windverhältnissen noch passa­ ble und scharfe Bilder zu bekommen. Ein echter Nachteil lichtstarker Objektive ist ihr Gewicht. Je nachdem, wie lange Sie unterwegs sind und wie viel Equipment Sie sonst noch dabeihaben, sollten Sie abwägen, ob ein lichtstarkes Objektiv für Ihr Vorhaben sinnvoll ist.  Wie ich zu Festbrennweiten bei der Waldfotografie stehe? Ein Objektiv mit einer festen Brennweite (z. B. 35 mm) kann auch im Wald dienlich sein. Gerade wenn Sie in diesem Metier neu anfangen, kann der Blick durch einen festgelegten Brennweitenbereich dabei hel-

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fen, das Auge für interessante Motive zu schulen. Die Abbildungs­ qualität von Festbrennweiten schlägt zudem meist die der Zoomobjektive. Ich war zu Beginn meiner fotografischen Versuche im Wald häufig mit einem 35-mm-Objektiv auf einer APS-Kamera unterwegs. Bei der Durchsicht meiner Bilder stellte ich im Nach­ hinein fest, dass die besten Bilder aus dieser Zeit mit diesem Objektiv entstanden sind. Das geringe Gewicht dieser Objektive ist ein weiterer Bonuspunkt. Megazoom-, Superzoom-, All-in-One- oder sogenannte Reise­ objektive sind in der Lage, einen sehr großen Brennweitenbereich abzubilden. Sie erweisen sich daher sowohl für Weitwinkelaufnahmen (sehr großer Bildausschnitt) als auch für Teleaufnahmen (das fotografierte Objekt wird nah herangeholt) als geeignet. Und Sie als Fotograf sind damit für (fast) jede Situation im Wald vorbereitet. Mit der stetigen Verbesserung der Leistung von Megazoom-Objektiven sollte diese Option erwogen werden. Argument Nummer eins ist natürlich das Gewicht. Sie brauchen so nicht mehrere Objektive mit verschiedenen Brennweiten in den Wald mitzunehmen, sondern können sich auf ein Objektiv beschränken. Auch kosten mehrere Objektive in den gewünschten Brennweiten sehr viel mehr als ein einzelnes, das alle diese Brennweiten abbilden kann. Ein wichtiger Punkt ist zudem: Im Wald kann es häufig nass und feucht sein. Mit einem Superzoom-Objektiv sind keine Objektivwechsel nötig. Zudem können Sie damit vollkommen flexibel auf die Situation vor Ort reagieren.  Ein paar Haken hat die Sache mit den Superzooms dennoch: Die Abbildungsqualität ist nicht ganz so gut wie bei Festbrennweiten oder bei Zooms mit beschränkten Brennweiten. Bilder wirken manchmal »matschig« – vor allem wenn man Objekte zu sehr heranzoomt. Obwohl Schärfe und Bildqualität in der Bildmitte oft ziemlich gut ausfallen, fallen sie doch meist zu den Rändern des Bildes hin mäßig bis stark ab. Diese Objektive sind zudem häufig nicht besonders lichtstark. Die Option, mit offenen Blenden zu fotografieren, besteht also meistens nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei Blenden im mittleren Bereich (f/8 bis f/13) die Qualität der Bilder, die ich mit dem Tamron 28–300 mm F/3.5–6.3 gemacht habe, erstaunlich gut ist. Befinden Sie sich auf Reisen oder haben keine Lust, viel Equipment mit in den Wald zu nehmen, können Sie die Option erwägen, mit einem Objektiv loszuziehen, das Ihnen einen größeren Umfang an Brennweiten bietet. Hier kam ein 35-mm-Objektiv auf einer APS-Kamera zum Einsatz. Die Fest­ brennweite ermöglichte es mir, das Wesentliche der Szene zu erfassen. Dieser alte Kirschbaum scheint in der Komposition mit den Felsen eine Symbiose ­einzugehen. In einer S-Form führt der Baum die Biegung des Felsens fort. 35 mm, 1 s, f/10, ISO 100.

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Diese Fotografie ist mit dem »All in One«-Objektiv von Tamron 28–300 mm F/3.5–6.3 aufgenommen. Die Schärfe in der Bildmitte ist sehr gut, während sie an den Außenbereichen des Bildes etwas abnimmt. Wer mit diesen Abstrichen in der Bildqualität leben kann, ist mit einem Superzoom-Objektiv im Wald gut aufgestellt. 35 mm, 1/2 s, f/10, ISO 640.

4.3

Stativ

Neben der Kamera ist das Stativ das zweitwichtigste Equipment, das Sie zum Fotografieren in Wäldern benötigen. Da der Wald dunkler ist als das Offenland, kommen Sie nicht um den Einsatz eines Stativs herum. Dieses hilft Ihnen dabei, Ihre Bilder länger zu belichten, wenn die Lichtverhältnisse schlecht sind. Da sich die Morgen- und Abendstunden, in denen Licht Mangelware ist, für die Waldfotografie am besten eignen, werden Sie sicher bald feststellen, welch gute Dienste ein Stativ leistet. Stabilität ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Stativ b ­ esitzen sollte. Leichte Reisestative auf dünnen Beinen eignen sich für Wald-­ Unternehmungen nicht. Diese Erkenntnis entspringt meiner eigenen Erfahrung. Waldböden sind oft uneben und nachgiebig. Steht ein Stativ auf wackeligen Beinen, können unscharfe Bilder die Folge sein. Zu schwer sollte es allerdings auch nicht sein, damit Sie schnell und flexibel auf Situationen reagieren können und nicht übermäßig

viel Gewicht mit sich herumtragen. Karbonstative haben ein geringes Gewicht und sind in der Regel auch sehr stabil. Dafür muss man beim Kauf etwas tiefer in die Tasche greifen. Da die Stabilität des Stativs im Wald sehr wichtig ist, würde ich bei kleinem Geldbeutel eher ein schwereres Gewicht in Kauf nehmen (Aluminium). Mein Stativ wiegt etwa zwei Kilogramm. Das ist meines Erachtens gewichtsmäßig zumutbar für kleinere Touren und sorgt für die nötige Stabilität, auch wenn es mal etwas windiger ist. Die Höhe des Stativs sollte – ohne Auszug der Mittelsäule – zu ­Ihrer Körpergröße passen. Ich arbeitete lange Zeit mit einem viel zu kleinen Stativ. Als ich endlich eines erworben hatte, bei dem ich in ausgestreckter Körperhaltung durch den Sucher schauen konnte, merkte ich erst, welche Arbeitserleichterung das mit sich brachte. Ein stabiler und leichtgängiger Kugelkopf ist ebenfalls hilfreich, um die Kamera bei Bedarf schnell drehen zu können.

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Der L-Winkel wird unten an der Kamera angebracht und zieht sich auf einer Seite der Kamera im rechten Winkel nach oben. So kann man die Kameraposition auf dem Stativ problemlos vom Quer- ins Hochformat wechseln.

Eine Anschaffung möchte ich Ihnen zusätzlich ans Herz legen: den L-Winkel. Es passiert doch allzu oft, dass sich die Kamera Bei diesen gänzlich unbearbeiteten Bildern können Sie die Wirkung eines Polfilters auf die Sättigung der aus der Schnellwechselplatte herausdreht ­Farben erkennen. Beim ersten Bild wurde kein Polfilter verwendet, beim zweiten der CPL-Landscape-Filter und dann langsam nach unten kippt, wenn von NiSi. Rot- und Grüntöne erscheinen beim Einsatz des Polfilters brillanter und gesättigter. Sie gerade dabei sind, ein Bild vom Stativ 24 mm, 1/8 s, f/11, ISO 100 ohne und mit Polfilter.  aus zu machen. Der L-Winkel wird an der Kamera und – je nach Ausrichtung des Bildes – hoch oder quer mit der kurzen oder langen Seite am Stativ zaubern. Polfilter, die speziell auf diesen Effekt abzielen, etwa der NiSi befestigt. Er garantiert Ihnen die Stabilität, die Sie für unverwackelte Landscape CPL, helfen Ihnen hier noch zusätzlich. Prüfen Sie aber Waldbilder benötigen. immer, ob Ihnen die Wirkung, die ein Polfilter erzeugt, auch zusagt. Manchmal filtert dieser nämlich das besondere Leuchten aus Szenen 4.4 Filter heraus, das Ihnen vielleicht gerade gut gefällt. Womöglich möchten Es gibt nur einen Filter, den Sie beim Fotografieren im Wald wirklich Sie auch puristisch an ein Bild herangehen und streben keine zusätzbenötigen: den Polarisationsfilter, auch Polfilter genannt. Sie brauliche Brillanz von Farben an. chen ihn vor allem dann, wenn sich spiegelnde Oberflächen bilden. In vielen Fällen werden Sie aber im Wald keinen Polfilter brauNach einem Regenguss oder bei Sonne im Wald verwandeln sich chen. Wenn keine Sonne in den Wald fällt, die Blätter trocken sind Blätter in reflektierende Flächen, die im Bild dann keinerlei Information oder in trüben Schnee- und Nebelwäldern macht der Einsatz eines mehr enthalten. Um diesen Effekt zu vermeiden, drehen Sie den PolfilPolfilters höchstens in Ausnahmefällen Sinn. Da er Licht »schluckt« ter so lange, bis die Reflexionen weniger werden oder verschwinden und lange Belichtungszeiten im Wald eher ungünstig sind, muss (nie mehr als 90 Grad, denn drehen Sie ihn um 180 Grad, haben Sie man von Situation zu Situation abwägen, ob ein Polfilter eine Verdieselbe Wirkung wie bei der Ausgangsstellung). Er zeigt auch seine besserung für das Bild bringt.  Stärken, wenn sich Wasserflächen oder Tropfen im Bild befinden. Der »Black-Mist-Filter« produziert Effekte, die je nach persönEin weiterer willkommener Effekt eines Polfilters ist die Verstärlichem Geschmack für die Waldfotografie hilfreich sein können. Mit kung von Farben. Gerade in grünen Frühlings- oder bunten Herbstseiner Hilfe werden die Lichter in einer Waldszene mit einem träuwäldern können Sie mit dem Polfilter mehr Sättigung in Ihre Bilder merischen Leuchten versehen, Kontraste werden vermindert und

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Diese Waldszene habe ich an einem dunstigen Sommertag einmal mit und einmal ohne den Black-Mist-Filter (Stärke ¼) aufgenommen. Die Lichter erscheinen in einem leichten Glühen, die Kontraste werden schwächer und es liegt ein wenig mehr Dunst in der Luft. 70 mm, 1/3 s, f/8, ISO 100 ohne und mit Black-Mist-Filter.

das Bild erscheint dunstiger und wärmer. Dieses sanfte Glühen kann man mit ein paar Tricks auch in der Nachbearbeitung ins Bild hineinzaubern, allerdings nimmt dies wesentlich mehr Zeit in Anspruch als das einfache Anbringen eines Filters. Diesen gibt es in unterschied­ lichen Stärken (⅛, ¼, ½). Sie werden sich vielleicht fragen, ob auch Grauverlaufsfilter eventuell eine Berechtigung bei der Waldfotografie haben, da es ja Sinn machen könnte, den oberen, immer helleren Teil im Bild abzudunkeln. Das Problem hierbei ist, dass Sie damit auch die Stämme der Bäume partiell abdunkeln. Während Kronen und der größte Teil des Baumes abgedunkelt sind, erscheint dann dessen unterer Teil hell. Dieser Effekt ist in der Nachbearbeitung nur schwer zu entfernen. Wir brauchen also andere Methoden, um mit den starken Kontrasten im Wald zurechtzukommen. In Kapitel 5 »Aufnahmetechnik« (ab Seite 79) werde ich auf dieses Thema speziell eingehen. Neutraldichtefilter (ND-Filter) nehme ich nur in den Wald mit, wenn ich weiß, dass mich dort Wasserfälle oder fließendes Wasser erwarten. Mit diesen Filtern lässt sich die Belichtungszeit erhöhen, sodass Wasser einen fließenden Charakter bekommt. Bei dunklen Lichtverhältnissen reicht es aber aus, den Polarisationsfilter zu verwenden oder die Blende weiter zu schließen, um längere Belichtungszeiten zu erhalten. Näheres erfahren Sie in Abschnitt 6.2.2 »Wälder mit Wasserfällen und Bächen« auf Seite 109.

4.5

Fotorucksack

Für welchen Fotorucksack Sie sich entscheiden, hängt vor allem davon ab, ob Sie vorrangig kleine Touren unternehmen oder auch mal mehrere Tage unterwegs sind. Für kleine Touren reicht ein mittelgroßer Rucksack, in dem Sie Ihr Fotoequipment unterbringen können und gleichzeitig Platz für Essen und Trinken haben. Für größere Unternehmungen lohnt sich die Anschaffung eines größeren Exemplars. Wichtig ist in jedem Fall, dass er bequem zu tragen ist. Ein zusätzlicher Regenschutz ist unabdingbar, der in den meisten Rucksäcken aber bereits integriert ist.

4.6

Weiteres hilfreiches Equipment für die Fotografie

Beim Fotografieren im Wald können noch weitere Dinge nützlich sein. Dazu zählen u. a. Tücher, um die Objektive von Staub und Regenwasser zu befreien. Am besten eignen sich feine Microfaser- oder Brillenputztücher, um die Frontlinsen zu reinigen. Für die Reinigung der Kamera von Spritzwasser reicht auch ein normales Tuch aus Baumwolle. Falls Sie im Regen fotografieren möchten, brauchen Sie einen geeigneten Kameraschutz. Es gibt professionelle Kameraabdeckungen, aber es genügt auch eine einfache Plastiktüte, die Sie zwischen den Aufnahmen über die Kamera stülpen.

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Eisig kalt war es an diesem Morgen in einem beeindruckenden Wald auf den Höhen des Biosphärenreservats Rhön. Warme Winterkleidung, Handschuhe, gefütterte Schuhe und ein warmer Tee sind unabdingbar, um es bei solchen Wetterlagen im Wald für längere Zeit auszuhalten. Da man sich beim Fotografieren nicht über­ mäßig bewegt, empfehle ich immer, eine Schicht mehr anzuziehen, als man das üblicherweise bei einem solchen Wetter tun würde. 26 mm, 1/15 s, f/11, ISO 100.

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Ein Fernauslöser kann dienlich sein, wenn Sie mit etwas Abstand zur Kamera fotografieren möchten. Ich arbeite gerne mit dem Selbstauslöser – eingestellt auf 2 oder 5 Sekunden –, um Verwacklungen zu vermeiden; wer aber mit einem Fernauslöser besser zurechtkommt, kann diesen verwenden. Auch ein Inbusschlüssel zum Festziehen von gelösten Schrauben am Stativ oder L-Winkel sollte in Ihrer Grundausstattung nicht fehlen. Ich führe auch immer ein kleines Erste-Hilfe-Set mit Pflastern, Verbandszeug und kleinem Taschenmesser mit mir.

4.7

Kleidung und Schuhwerk

Im Sommer bewirkt das Waldinnenklima, dass es im Wald kühler ist als auf Freiflächen. Im Winter ist der Wald etwas wärmer als das Freiland. Der Wind wird durch Bäume abgeschirmt, sodass es im Wald weniger stürmisch ist als außerhalb. Dennoch kann es im Winter je nach den vorherrschenden Temperaturen sehr kalt werden – gerade auch deshalb, weil man beim Fotografieren häufig an einer Stelle steht und sich nicht so viel bewegt, wie man dies auf einer Wanderung tun würde. Daher ist eine dem Wetter angemessene Kleidung unabdingbar, wenn Sie zum Fotografieren in den Wald gehen. Sollten Sie nicht nur auf Waldwegen unterwegs sein, sondern auch abseits der Wege im Bestand fotografieren, kommen Sie in Kontakt mit Ästen, Brombeeren und sonstigen Sträuchern. Daher empfiehlt sich zu jeder Jahreszeit eine reißfeste Hose, durch die keine Dornen dringen können. Kurze Hosen sind im Wald zu keiner Zeit empfehlenswert. Auch zum Schutz vor Zecken und Mücken ist im Frühsommer auf jeden Fall eine lange Hose zu empfehlen. Um das Eindringen der kleinen Tierchen zu vermeiden, macht es Sinn, die Socken über die Hose zu ziehen. Das sieht zwar lustig aus, hat aber den gewünschten Effekt, dass sich keine Zecke in Ihre Hose verirrt. Auch Mücken werden am besten durch Textilien ferngehalten, die dicht sind und möglichst große Teile des Körpers bedecken. Je nach Kälteempfindlichkeit, Temperatur und Feuchtigkeit wägen Sie ab, welche Kleidung Sie für Ihre Tour im Wald bevorzugen. Ihren Oberkörper versorgen Sie am besten mit mehreren Schichten von Kleidungsstücken. Sobald Sie das Gefühl haben, ins Schwitzen zu geraten, ziehen Sie besser ein Kleidungsstück aus, um nicht zu viel Flüssigkeit zu verdampfen und dann anschließend zu frieren. Eine Jacke, die beim Kontakt mit Dornen nicht gleich reißt, ist empfehlenswert.

Wenn Sie bei Regen unterwegs sind, denken Sie an eine wasserdichte Jacke und eine Regenhose. Waldwege können bei starkem Regen zu kleinen Bächen mutieren, sodass sich bei solchen Wetterverhältnissen Gummistiefel anbieten. Ich habe ein Paar für alle Fälle immer im Auto, damit ich notfalls auch ins Wasser steigen kann, falls ich in einem Wald unterwegs bin, wo es auch Wasserfälle und Bäche zu fotografieren gibt. Bei der Wahl des Schuhwerks bieten sich im Sommer Wander- bzw. feste Schuhe an, die wasserdicht oder zumindest wasserabweisend sind. Im Winter tragen Sie am besten gefütterte Schuhe. Handschuhe, welche die Hände warmhalten, zugleich aber auch die Bewegungsfreiheit der Finger zum Bedienen der Kamera gewährleisten, sind schwer zu finden. Ein Trick, bei dem man die dicken Handschuhe anlassen und trotzdem die kleinen Knöpfe an der Kamera bedienen kann, ist folgender: Befestigen Sie einen Bleistift mit Radiergummi an einer Schnur und hängen Sie beides an Ihr Stativ. Mit dem Radiergummiende können Sie dann die Einstellungen an Ihrer Kamera vornehmen. Ein echter Segen für verfrorene Fotografen wie mich sind Wärmepads für Füße und Hände. Diese gibt es im Handel sowohl für den Einmalgebrauch als auch mit Batterien zum mehrfachen Einsatz. Handschuhe, die mit einer wiederaufladbaren Lithium-Batterie über mehrere Stunden für Wärme sorgen, waren eine meiner besten Investitionen.

4.8

Verpflegung

Wie oft war ich unterwegs und musste feststellen, dass meine Fototour doch länger gedauert hatte als geplant, weil es einfach so viel Schönes zu entdecken gab. Wenn der Wald einen über Stunden in seinen Bann zieht, gibt es den einen Moment, in dem man feststellt, dass man lange nichts mehr gegessen oder getrunken hat. In diesen Situationen bin ich dann immer froh, an eine kleine Verpflegung und Getränke gedacht zu haben.

71

5 Aufnahmetechnik Ein Foto aufzunehmen, das den Moment einfriert, ­offenbart, wie reich die Realität wirklich ist. Unbekannt

58 mm, 1/15 s, f/8, ISO 500

73

5.1

Format

Wer sich alle Optionen bei der Bearbeitung offenhalten möchte, der sollte – wie bereits erwähnt – seine Fotos im RAW-Format aufnehmen. Bei fast jeder Kamera kann man in den Einstellungen dieses Format festlegen. RAW ist das Rohdatenformat, das alle Bildinformationen beinhaltet. Demgegenüber nimmt das JPG-Format schon eine Interpretation Ihres Bildes vorweg und legt die von Ihnen in der Kamera gespeicherten Informationen für das Bild fest. Die Größe des Bildes ist zwar geringer und verbraucht weniger Speicherplatz; durch das Komprimieren der Daten gehen aber viele Informationen verloren, die Ihnen später noch dienlich sein könnten. So lassen sich die dunklen Bereiche eines Fotos im RAW-Format beispielsweise in einem viel größeren Maß aufhellen als im JPG-Format. Gerade bei schwierigen Lichtverhältnissen und großen Kontrasten, wie sie im Wald oft anzutreffen sind, profitieren Sie vom Fotografieren im RAW-Format. Sie erhalten damit alle speicherbaren Farbtöne, während diese im JPG-Format stark reduziert werden. Natürlich können Sie ein Foto auch im JPG-Format bearbeiten, es treten dann aber häufig Bildfehler (sogenannte Artefakte) auf, die eher unschön wirken, weil Strukturen in dunklen Bereichen verloren gegangen sind. Helle Bereiche erscheinen, wenn sie überbelichtet sind, ausgebrannt und können nicht mehr hergestellt werden. Im RAW-Format haben Sie dagegen auch bei leicht überbelichteten Fotos noch einen kleinen Spielraum.

Das Bild im RAW-Format mag zunächst enttäuschend und flach auf Sie wirken. Aber die echte Kunst wird erst dann sichtbar, wenn Sie die Rohdaten nach Ihrem eigenen Stil in der Bildbearbeitung gestalten.  Nikon nennt sein RAW-Format »NEF«, Canon hat dafür die Endungen .crw, .cr2 oder .cr3 eingeführt. Und bei Sony besitzt das RAW-Format die Endung .arw.

5.2

Modusauswahl

Sie können in Ihrer Kamera verschiedene Modi einstellen und zwischen Blendenautomatik (»S« bei Nikon, »Tv« bei Canon), Zeitautomatik (»A« bei Nikon, »Av« bei Canon) oder manuellem Modus (»M«) wählen.  Ich fotografiere im Wald meistens mit der Zeitautomatik, das heißt: Ich wähle die Blende vor und lasse die Kamera die Zeit berechnen. Meiner Erfahrung nach ist es einfacher, mit der Zeitautomatik statt mit dem manuellen Modus zu fotografieren, da man nur einen Wert einstellen muss. Bei sich schnell ändernden Stimmungen zählt ja manchmal jede Sekunde. Ist die Belichtung nicht korrekt, arbeite ich mit der Belichtungskorrektur. Es gibt aber natürlich auch Situationen, in denen der manuelle Modus die bessere bzw. die einzig mögliche Wahl darstellt, etwa wenn es sehr dunkel ist und Sie mehr als 30 Sekunden belichten möchten. Wenn Sie es gewohnt sind, im manuellen Modus zu fotografieren, spricht nichts dagegen, diesen zu verwenden. Den generellen Automatikmodus empfehle ich nicht, da Sie hier weder auf die Blende noch die Zeit Einfluss haben. Der Zweig einer ­Lärche habe ich mit einer relativ geschlossenen Blende aufgenommen, doch erlaubt es die ­unmittelbare Nähe zum Objekt nicht, dass der Hintergrund ­ebenfalls scharf erscheint. 50 mm, 1/20 s, f/10, ISO 200.

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Durch die weit geschlossene Blende konnten sowohl die nah an der Linse befindlichen Stammteile als auch diejenigen, die etwas weiter weg sind, scharf abgebildet werden. Selbst die Bäume und Zweige im Hintergrund erscheinen noch scharf. 10 mm, 1/2 s, f/16, ISO 100.

5.3

Blende, Zeit, ISO-Wert und Schärfe

Wer ein Bild korrekt belichten und zusätzlich die Schärfentiefe im Bild kontrollieren möchte, braucht ein grundsätzliches Verständnis der drei Parameter Blende, Zeit und ISO. Sobald Sie einen Wert verändern, wirkt sich dies auf die anderen beiden Parameter aus.  Die Blende bestimmt, wie viel Licht auf den Sensor fällt und wie groß die Schärfentiefe im Bild ist. Eine weit geöffnete Blende (­kleine Zahl) erzeugt einen kleinen Bereich der Schärfenausdehnung im Bild, eine stark geschlossene (große Zahl) erzeugt eine große Ausdehnung der Schärfentiefe. Mit der Belichtungszeit steuert man die Zeit, in der das Licht auf den Sensor fällt. Die Länge der Belichtungszeit bewirkt aber auch, ob sich bewegende Objekte im Bild scharf oder verwischt dargestellt werden. Der ISO-Wert schließlich bestimmt die Lichtemp­ findlichkeit. Je niedriger der Wert, desto rauschärmer, präziser und »feinkörniger« ist die Darstellung. Je höher der Wert, desto stärker und »grobkörniger« ist das Bildrauschen. Welche Einstellungen wir für die einzelnen Parameter bei der Waldfotografie wählen, hängt davon ab, wie viel Schärfentiefe wir im Bild haben möchten, wie hell es im Wald ist und ob es Bewegung im Bild gibt.

Widmen wir uns zunächst der Blendenvorauswahl und dem Einfluss der Blende auf die Schärfe im Bild:  Meistens verfolge ich das Ziel, dass meine Waldfotografien einen möglichst großen Schärfebereich aufweisen (Nahaufnahmen mit gewolltem Bokeh ausgenommen). Alle Bereiche scharf abzubilden, ist faktisch kaum möglich, da jenseits des Fokuspunktes die Schärfentiefe immer abnimmt. Ich kann aber durch die Wahl der Blende dafür sorgen, dass möglichst viele Bereiche im Bild scharf sind.  Meine bevorzugten Blenden in der Waldfotografie liegen zwischen f/7,1 und f/16. Welche Blende ich wähle, hängt u. a. von der Komposition ab. Bei der Schärfentiefe spielt zusätzlich eine Rolle, wie weit Sie vom nächsten Objekt und von den Objekten, die im Hintergrund auch noch scharf erscheinen sollen, entfernt sind. Fotografieren Sie z. B. einen liegenden Baumstamm, der sich in Ihrer Nähe befindet, und möchten Sie zusätzlich im Hintergrund noch möglichst viel scharf abbilden, müssen Sie die Blende schließen, also beispielsweise f/16 verwenden. Sehr schlechte Lichtverhältnisse und/oder sich im Wind bewegende Zweige können Ihnen aber einen Strich durch die Rechnung

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Dieses Bild wurde mit einer offenen Blende aufgenommen. Es begann dunkel zu werden und die Blätter und Zweige der Bäume bewegten sich stark im Wind. Um trotzdem eine Aufnahme mit ruhiger Stimmung zu bekommen und eine Belichtungszeit von 1/20 Sekunden zu erreichen, wählte ich eine Blende von 3,5 und erhöhte den ISO-Wert auf 800. Ich legte den Fokuspunkt auf den Baum im Vordergrund. Durch die geringe Schärfentiefe werden der Hintergrund sowie der vordere Bereich des Bildes unscharf dargestellt. 60 mm, 1/20 s, f/3,5, ISO 800.

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machen, wenn Sie geplant haben, eine Szene mit einer geschlossenen Blende aufzunehmen: Je geschlossener die Blende (je größer die Blendenzahl), umso länger wird bei gleicher ISO-Einstellung die Belichtungszeit. Längere Belichtungszeiten können dann zu verwischten und unscharfen Blättern und Zweigen führen. In einer solchen Situation müssen Sie möglicherweise einen Kompromiss eingehen und eine offene Blende wählen. Alternativ oder parallel können Sie auch die Lichtempfindlichkeit, also den ISO-Wert erhöhen, um je nach Intensität der Bewegungen im Bild Verschlusszeiten von 1/10 bis 1/200 Sekunden zu bekommen.  Um aber möglichst rauschfreie Bilder zu erhalten, sollte der ISOWert so gering wie möglich gehalten werden. Das heißt, Sie stellen ihn im Optimalfall auf den niedrigsten Wert ein. Das bedeutet je nach Kamera ISO 50 oder ISO 100. Passen Sie den ISO-Wert individuell der Situation an. Entscheiden Sie sich, mit einer offenen Blende zu fotografieren, ist Folgendes zu bedenken: Die Offenblende verringert die Schärfentiefe. Das heißt, Sie können nur einen kleinen Teil des Bildes scharf darstellen. Das muss kein Nachteil sein, wenn man bestimmte Bereiche des Bildes unscharf darstellen möchte oder z. B. Nebel im Wald sowieso die weiter entfernten Bereiche im Bild verschwinden lässt; aber in diesem Fall ist es von besonderer Bedeutung, den Fokuspunkt auf die für Sie wichtigste Stelle im Bild zu setzen. Um den Einfluss der Blende auf die Schärfentiefe zu verdeutlichen, habe ich eine Szene ohne Nebel und bei Tageslicht ausgewählt. Dieselbe Situation wurde zunächst mit einer sehr offenen Blende (f/2,8) und anschließend mit einer stark geschlossenen Blende (f/16) aufgenommen (siehe Bilder auf der nächsten Seite). Wie können Sie am besten überprüfen, ob der Bildausschnitt, den Sie ausgewählt haben, scharf ist? Verwenden Sie die Lupenfunktion an Ihrem Display und zoomen Sie zunächst die Stelle heran, auf die Sie die Schärfe gesetzt haben. Überprüfen Sie danach alle anderen Bereiche, die Sie gerne noch scharf hätten. Die Abblendtaste zeigt Ihnen ebenfalls, welche Bereiche im Bild scharf sein werden. Sie können auch Testbilder machen und an diesen ebenfalls mithilfe der Lupe verschiedene Bereiche auf ihre Schärfe hin überprüfen. Eine weitere Möglichkeit, sich im Vorfeld über die Schärfentiefe klar zu werden, ist die Berechnung der hyperfokalen Distanz. Diese bezeichnet die Entfernung zwischen Kamera und Motiv mit der größten Schärfentiefe bei einer bestimmten Blende und Brennweite. Die hyperfokale Distanz zeigt Ihnen an, welche Brennweite und Blende Sie verwenden sollten, um das Bild in allen Bereichen scharf zu bekommen. Verschiedene Apps können für Sie diese Berechnung vornehmen, z. B. PhotoPills, HyperFocal Pro oder der DoF Calculator. 

Die offene Blende sorgt dafür, dass nur der Fuß der bemoosten Buche und die Blätter im Vordergrund scharf abgebildet werden. Die Bäume im Hintergrund nimmt man nur noch schemenhaft wahr. Damit wird das Objekt, auf dem der Fokus liegt, besonders akzentuiert. 24 mm, 1/200 s, f/2,8, ISO 100.

5.4 5.4.1

Durch die geschlossene Blende können fast alle Elemente des Bildes scharf abgebildet werden. Das Bild gewinnt an Tiefe, wirkt aber gleichzeitig weniger »verträumt«. 24 mm, 1/8 s, f/16, ISO 100.

Weitere Faktoren, die für die Schärfe im Bild ­Relevanz haben Beugungsunschärfe 

Je weiter Sie abblenden (größere Blendenzahl), umso größer ist die Gefahr, dass das Foto durch die sogenannte Beugungsunschärfe an Schärfe verliert. Diese tritt erst ab einer bestimmten Blende auf, die abhängig von der Sensorgröße und Anzahl der Megapixel ist. Es spielt eine Rolle, ob Sie mit einer APS-C- oder mit einer Vollformat-Kamera fotografieren. Je kleiner das Loch ist, durch das Licht auf den Sensor fällt, desto stärker fällt dieser Effekt ins Gewicht. Kameras mit kleinen Sensoren sind daher eher von der Beugungsunschärfe betroffen. PhotoPills stellt ein Tool zur Berechnung der Beugungsunschärfe für verschiedene Kameras zur Verfügung. Sie finden es unter https://www.photopills.com/calculators/diffraction. Sie können aber auch einfach mit Ihrer Kamera experimentieren, um herauszufinden, ab welcher Blendeneinstellung die Beugungsunschärfe zu einem sichtbaren Problem wird. Bis zu einer Blende f/16 habe ich mit meiner Nikon D750 keine nennenswerte Beugungsunschärfe feststellen können.

5.4.2

Wahl des Objektivs

Je nach Wahl des Objektivs in Kombination mit der Kamera verändert sich auch unabhängig von der Blendenauswahl die Schärfentiefe. So werden Sie mit einem Weitwinkelobjektiv Vorder- und Hintergrund schon bei mittleren Blendenwerten scharf bekommen; wenn Sie aber mit einem Teleobjektiv fotografieren, müssen Sie stark abblenden, um eine große Schärfentiefe zu erreichen.  5.4.3

Sensorgröße

Was Sie ebenfalls berücksichtigen sollten: Die Größe des Sensors Ihrer Kamera hat auch Einfluss auf die Schärfentiefe Ihrer Bilder. So können Kameras mit kleinen Sensoren (MFT-Kameras, Sensorgröße 17,3 × 13 mm) schon bei Blende f/8 Vordergrund und Hintergrund perfekt scharf abbilden. Bei größeren Sensoren müssen Sie stärker abblenden, um mehr Schärfentiefe in das Bild zu bekommen.

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Bei dieser Aufnahme habe ich den Einzelfokus auf jenen Baum gesetzt, den ich als wichtigstes Element im Bild hervorheben wollte. Mit dem Plug-in »Show Focus Points« für Lightroom können Sie sich auch später noch anzeigen lassen, wo Sie den Fokuspunkt gesetzt haben (www.lightroomfocuspointsplugin.com). 24 mm, 1/20 s, f/5,6, ISO 500.

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5.5

Fokusmodus

Die Schärfentiefe dehnt sich immer von dem Punkt aus, auf den Sie die Schärfe setzen. Dieser Punkt wird Fokuspunkt genannt. Damit wir es immer in der Hand haben, wo dieser Punkt liegt, wählen wir bei der Waldfotografie in unserer Kamera den automatischen Einzelfokus (AF-S) und die Einzelfeldsteuerung (S) aus. So können Sie flexibel festlegen, welchem Bereich Sie die größte Schärfe geben möchten.  Der kontinuierliche Autofokus (AF-C) macht im Wald selten Sinn, da sich Objekte nicht so stark bewegen, dass der Fokuspunkt nachgeführt werden müsste. Beim automatischen Autofokus (AF-A) würden Sie dem Autofokus komplett freie Hand in der Fokusauswahl lassen. Dieser kommt also für das Fotografieren im Wald auch nicht infrage. Überlassen Sie diese Wahl niemals der automatischen Messfeldsteuerung. Im Wald stehen die Chancen schlecht, dass die Kamera automatisch ausgerechnet den Punkt wählen wird, den Sie für den wichtigsten halten.  Selbstverständlich können Sie auch den manuellen Fokus (M) verwenden, also die Schärfe selbst einstellen. Sie werden dann aber feststellen, dass dieses Unterfangen im Wald manchmal seine Tücken haben kann, da es oft zu dunkel ist, um die Schärfe präzise einzustellen, bzw. es oft länger dauert, als wenn Sie den automatischen Einzelfokus verwenden. Bei besonders schlechten Lichtverhältnissen kann es aber vorkommen, dass Ihre Kamera nicht in der Lage ist, den Fokus automatisch einzustellen. Hier empfiehlt sich der manuelle Fokus oder die Fokussierung auf lichtere Stellen und Kanten. Wenn Sie manuell fokussieren, verwenden Sie am besten die Lupenfunk­ tion Ihrer Kamera und zoomen Sie die Stelle heran, die Sie scharfstellen möchten. So lässt sich am besten beurteilen, ob der ausgesuchte Bereich scharfgestellt ist.

5.6

Korrekte Belichtung 

Bei der automatischen Belichtung versucht die Kamera immer einen mittleren Grau- bzw. Helligkeitswert als korrekte Belichtung herzustellen. Fotografieren Sie bei Nebel oder Schnee, führt dies häufig dazu, dass Ihre Bilder eher unterbelichtet sind. Um Ihre Fotografien optimal zu belichten, empfiehlt es sich, das Histogramm immer Blick zu haben und die Belichtung entsprechend anzupassen. Für diejenigen, die noch nicht mit dem Histogramm gearbeitet haben, möchte ich kurz erklären, was es damit auf sich hat: Das Histogramm ist eine Darstellung der Helligkeitsverteilung des Bildes. Von der Mitte bis zum äußeren linken Rand werden die dunklen Töne abgebildet, auf der anderen Seite die hellen Töne. Je mehr weiße Fläche auf der rechten Seite zu sehen ist, desto mehr helle Bereiche gibt es im Bild. Stößt die weiße Fläche an den rechten Rand an, bedeutet dies, dass das Bild in Teilen überbelichtet ist. Befinden sich mehr dunkle Bereiche im Bild, zieht sich die weiße Fläche in die linke Hälfte des Histogramms zurück. Man kann das Histogramm auch mit einer Gebirgslandschaft vergleichen: Die hohen Berggipfel im linken Bereich des Histogramms bilden stärker die dunklen Töne ab, während jene im rechten Bereich die hellen Töne abbilden. Bei der Waldfotografie haben Sie es vor allem bei Tageslicht mit starken Kontrasten zu tun: Der Himmel ist sehr hell, die Baumstämme und der Boden sind dunkel. So kommt es innerhalb eines Bildes mitunter gleichzeitig zu Unter- und Überbelichtung. Man kann in der Nachbearbeitung bei Aufnahmen im RAW-Modus dunkle Bereiche aufhellen und diese sichtbar machen; Informationen aus ausgebrannten bzw. überbelichteten Stellen herauszuholen, gelingt aber nur in den wenigsten Fällen. Sind dagegen Bereiche im Bild zu stark in den dunklen Tönen »abgesoffen«, entstehen bei Anhebung der Tiefen in der Bearbeitung Farbfehler und Artefakte. Es kommt dabei auch auf die Leistungsfähigkeit Ihrer Kamera an, wie gut sie mit starken Helligkeitsunterschieden umzugehen vermag. In Situationen, in denen die Helligkeitsunterschiede im Wald sehr stark sind, erstelle ich daher sicherheitshalber mehrere Belichtungen. Manche Fotografien machen sich nämlich mit einer Überbelichtung recht gut. Andere profitieren davon, dass sie eher dunkel gehalten werden. Es kommt eben auch auf die Stimmung, das Motiv und Ihre persönlichen Präferenzen an, welche Belichtung sich am besten eignet. Ziel ist es jedoch, innerhalb einer Aufnahme eine bestmögliche Helligkeitsverteilung zu erreichen, um später alle Optionen für die Bearbeitung zu haben.

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Hier gibt es keine sehr hellen und auch keine sehr dunklen Bereiche. Die Helligkeit ist über den mitt­ leren Helligkeitsbereich verteilt. 200 mm, 1/8 s, f/16, ISO 100.

Bei dem ersten Bild handelt es sich um ein korrekt belichtetes Bild. Sie haben hier die Möglichkeit, alle Bildbereiche nach eigenem Gutdünken heller oder dunkler zu gestalten. Die nächste Aufnahme zeigt ein teilweise überbelichtetes Bild. Sie sehen, dass am oberen Rand Bereiche ausgebrannt sind und im Histogramm der weiße Bereich am rechten Rand anstößt.

Die hellen Bereiche in der oberen Bildhälfte können in der Bearbeitung nicht mehr hergestellt werden. 150 mm, 1/2 s, f/16, ISO 125. 

80

Dieses Bild wurde sehr dunkel belichtet, um die hellen Töne nicht ausbrennen zu lassen. Die Gefahr ist hier, dass sehr dunkle Stellen bei der Bearbeitung unschöne Bildfehler aufweisen. 122 mm, 1/40 s, f/16, ISO 100.

Anhand des dritten Bildes wird deutlich, mit welchen Schwierigkeiten wir es in Bezug auf die Belichtung häufig zu tun haben. In einem Buchenwald, wo die ersten Sonnenstrahlen schon durch die Blätter drangen, habe ich versucht, das Bild korrekt zu belichten. Die weiße Fläche stößt nur leicht an der rechten Seite des Histogramms an. Doch die dunklen Flächen sind so dunkel, dass man beim Hochziehen der tiefen Töne in der Bearbeitung mit Artefakten rechnen muss. Hätte ich es heller belichtet, wären die hellen Stellen in der Bearbeitung nicht mehr herzustellen gewesen. In diesem Spannungsfeld befindet man sich häufig in der Waldfotografie. In Abschnitt  5.9 »HDR« (High Dynamic Range) werde ich eine alternative Methode zu diesem Problem vorstellen, die aber je nach den Bedingungen vor Ort nicht immer angewendet werden kann. Am besten ist es sicherlich, solche enormen Dynamikunterschiede im Wald zu vermeiden. Das dritte Bild wurde zu einem Zeitpunkt aufgenommen, als die Sonne schon relativ hoch stand. Daher: Gehen Sie in den frühen Morgenstunden oder abends in den Wald bzw. lassen Sie den Nebel für sich arbeiten. Nun stellen Sie sich sicher die Frage, wie Sie die Helligkeit am besten steuern können. Wenn Sie mit der Zeitautomatik fotografieren (A), regeln Sie die Helligkeit über die Belichtungskorrektur (+/-) und verändern diese so lange, bis Ihr Histogramm eine ausgeglichene bzw. bestmögliche Belichtung anzeigt. Wenn Sie manuell fotografieren (M), können Sie über die Zeit- und/oder Blendeneinstellung Einfluss auf die Helligkeit des Bildes nehmen. Verlassen Sie sich

nicht auf die Anzeige im Display, denn sie kann trügerisch sein – je nachdem, wie hell es um Sie herum ist und auf welchen Helligkeitsgrad Ihr Display eingestellt ist.

5.7

Weißabgleich

Das Licht verändert im Tagesverlauf nicht nur seine Helligkeit, sondern auch seine Farbtemperatur. Diese Temperatur wird in Kelvin gemessen (Hinweis: 273 Kelvin entspricht 0 °C). Während sich das »normale« Tageslicht im Bereich von 5000 bis 6000 Kelvin bewegt, hat das »warme« Licht bei Sonnenaufgang oder -untergang um die 3000 Kelvin. Beim »kalten« Licht im Schatten, unter blauem Himmel und zur blauen Stunde liegt der Wert dagegen bei 9000 Kelvin und höher. Ihre Kamera besitzt nicht so ausgefeilte Fähigkeiten wie Ihr Auge, das die Temperatur automatisch anpassen kann. Wählen Sie in der Kamera den automatischen Weißabgleich, ermittelt sie die hellste Stelle im Bild. Sie geht davon aus, dass diese neutralweiß ist. Denn dort liegt die Farbtemperatur des normalen Tageslichts. Die Berechnung der Farbtemperatur wird entsprechend vorgenommen. Gibt es aber keine neutralweiße Fläche, ist die Kamera nicht in der Lage, die Temperatur adäquat anzupassen. Im Dämmerlicht oder im schattigen Wald versagt der automatische Weißabgleich häufig und die Bilder bekommen dann einen Farbstich. Auch in einem schneebedeckten Wald wird das Weiß des Schnees oft ins Bläuliche

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In einem schneebedeckten Winterwald zog die Kamera beim eingestellten automatischen Weißabgleich die Temperatur ins Bläuliche. Um das Weiß des Schnees tatsächlich weiß darzustellen, veränderte ich bei der Bildbearbeitung den Wert für die Temperatur ins Gelbliche, um ein Weiß zu erhalten, das dem des Schnees vor Ort entsprach. Für welche Version Sie sich ­entscheiden, hängt von Ihrem Geschmack und der intendierten Bildwirkung ab. 35 mm, 1/15 s, f/10, ISO 200.

oder gelegentlich auch ins Gelbliche verschoben. Da wir es im Wald oft mit schlechteren Lichtverhältnissen zu tun haben, wird der automatische Weißabgleich also nicht immer die Farbtemperatur abbilden, die Ihre Augen vor Ort sehen. Sie können in den Einstellungen Ihrer Kamera verschiedene Vorgaben auswählen, z. B. »automatisch«, »bewölkt«, »Schatten«, »Sonnenlicht«, »manuell« etc. Ideal ist aus meiner Sicht, dass der Weißabgleich bei der Aufnahme in etwa der Farbtemperatur in der aktuellen Situation entspricht. So kann ich auch nach längerer Zeit nachvollziehen, wie die Stimmung vor Ort war, und die Temperatur nachträglich in der Bildbearbeitung nach eigenem Gutdünken verändern (siehe Kapitel 10 »Bearbeitung von Wald­fotografien« auf Seite 201).  Experimentieren Sie vor Ort, welche Weißabgleich-Einstellung die Situation am besten abbildet. Ich habe meistens den automatischen Weißabgleich aktiviert, verändere diesen aber auf »schattig«, »wolkig« etc., wenn erkennbar ist, dass die Farben deutlich von der Situation vor Ort abweichen. Bei Schnee empfehle ich den Weißabgleich »schattig«. Wenn keine der Vorgaben ein zufriedenstellendes Ergebnis liefert, stellen Sie den Weißabgleich manuell ein. Bei nächtlichen Waldbildern hat sich eine Farbtemperatur von 3000 Kelvin bewährt, bei der die kühleren Farbtöne der Nacht gut zum Tragen kommen.

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5.8

Selbstauslöser, Fernauslöser, Spiegelvorauslösung

Manchmal wundert man sich, warum Bilder verwackelt oder unscharf sind, obwohl die Belichtungszeit kurz genug, der Bildstabilisator auf dem Stativ ausgeschaltet war und auch der Fokus auf der richtigen Stelle lag. Da wir unser Stativ im Wald oft auf unebenen, nachgiebigen Boden stellen, kann es zusätzlich zu Verwacklungen kommen. Ich empfehle Ihnen daher, immer den Selbstauslöser auf mindestens 2 Sekunden zu stellen oder einen Fernauslöser zu verwenden. Auch das Gewicht des Objektivs spielt hierbei eine Rolle. Verwenden Sie z. B. ein schweres Teleobjektiv, kann dieses schon durch das Hochklappen des Spiegels in Vibration versetzt werden, es ist generell störanfälliger. Wenn Sie eine Spiegelreflexkamera besitzen, ist es vor allem beim Arbeiten mit Teleobjektiven sinnvoll, zusätzlich die Spiegelvor­ auslösung zu aktivieren. Diese sorgt dafür, dass der Spiegel vor der Belichtung hochklappt und die Belichtung zeitverzögert ausgelöst wird. Dann sind die (gedämpften) Eigenschwingungen von Kamera und Objektiv zum Zeitpunkt der Aufnahme schon weitestgehend ab­geklungen. 

Um die starken Helligkeitsunterschiede in diesem Bild auszugleichen, wurden drei verschiedene Belichtungen in Lightroom zu einem HDR-Bild verschmolzen. So konnte ich die Tiefen im Bild ohne Qualitätseinbußen etwas anheben und gleichzeitig waren die Lichter nicht ausgebrannt. Es herrschte in diesem Moment Windstille, sodass sich keine Gräser, Büsche oder Blätter bewegten. 24 mm, 1/8 s, f/14, ISO 100.

5.9

HDR

Wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits erwähnt, haben wir es im Wald häufig mit starken Kontrasten zu tun. Die Kamera ist dann – je nach ihrer Performance – damit überfordert, alle Helligkeitsbereiche abzubilden. In der Landschaftsfotografie wird zur Lösung dieses Problems oft mit HDR (High Dynamic Range) gearbeitet. Dabei werden mehrere Bilder in unterschiedlichen Belichtungen aufgenommen und in einer Bildbearbeitungssoftware übereinandergelegt.

Diese verschmilzt sie zu einem Bild, das an keiner Stelle zu hell oder zu dunkel ist. Meine Erfahrungen zeigen, dass diese Methode bei Waldfotos in vielen Fällen keine guten Ergebnisse liefert. Das hängt damit zusammen, dass es im Wald fast immer kleine oder größere Bewegungen gibt. Der kleinste Luftzug bringt Blätter oder Äste zum Schwingen. Wenn Sie die unterschiedlich belichteten Bilder dann übereinander-

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legen und genau hinsehen, werden Sie feststellen, dass es zu unschönen Artefakten kommt. Wenn jedoch weitestgehend Windstille herrscht und Sie eher den unteren Bereich des Waldes mit soliden Baumstämmen in den Fokus nehmen, können HDR-Aufnahmen Sinn machen. Die bessere Methode ist allerdings, im Wald zu Zeiten zu fotografieren, wenn die Kontraste nicht allzu stark ausfallen. Falls die Kontraste größer sind, wie z. B. in einer Szene bei von hinten einfallendem Licht und dunklen Stämmen, erstelle ich häufig sicherheitshalber drei unterschiedliche Belichtungen, um die Möglichkeit für eine HDR-Aufnahme zu haben. Manche Kameras bieten auch die Möglichkeit, eine HDR-Aufnahme direkt innerhalb der Kamera zu erstellen. Diese wird aber in der Regel als JPG gespeichert, was bedeutet, dass die Bearbeitungsmöglichkeiten im Anschluss beschränkt sind.

5.10 Focus Stacking Es gibt Situationen, in denen es nicht möglich ist, Vorder- und Hintergrund im Bild scharf abzubilden. Das ist u. a. dann der Fall, wenn wir aufgrund schlechter Lichtverhältnisse mit offenen Blenden arbeiten müssen oder Bildelemente zu weit voneinander entfernt sind. Bei der Methode »Focus Stacking« nimmt man mehrere Bilder auf und setzt bei jeder Aufnahme den Fokus auf eine andere Stelle: einmal im Vordergrund, einmal im Mittelgrund und einmal im Hintergrund, und das immer auf verschiedene, wichtige Bildelemente. Wer optimale Schärfentiefe im Bild erreichen möchte, braucht je nach Tiefe und Objektivwahl mehr Aufnahmen. Diese Bilder werden dann in einer Bearbeitungssoftware, z. B. Photoshop oder Helicon Focus, zusammengesetzt.

Die Focus-Stacking-Methode hat im Wald jedoch ihre Tücken. Ein Ast oder Blatt bewegt sich oft innerhalb von Millisekunden an eine andere Stelle. Überblendet man nun die verschiedenen Bilder, stellt man fest, dass das Bild unter dieser Methode leidet. Photoshop tut sich zudem oft schwer damit, in dem Wirrwarr von Ästen und Bäumen die scharfen Bereiche bei der automatischen Überblendung zu erkennen. Wir können diese Verfahrensweise also nur anwenden, wenn wir entweder bereit sind, viel Zeit in die Bildbearbeitung zu investieren und mit dem Pinsel oder Auswahlwerkzeug bestimmte scharfe Zonen im Bild herauszuarbeiten, oder wenn völlige Windstille herrscht und die Komposition dieses Verfahren erlaubt. So können z. B. feststehende Elemente wie Felsen und Baumstämme im Vordergrund mit eher beweglichen Bildteilen im Hintergrund mittels Focus Stacking zusammengeführt werden. Da diese Methode meistens mit relativ viel Arbeitsaufwand am Computer verbunden ist, wende ich sie sehr selten an. Der Aufwand kann je nach den Bedingungen vor Ort groß sein. Perfektion hat eben ihren Preis. Überlegen Sie daher, auf was Sie Ihren persönlichen Fokus legen wollen. Die Zeit, die Sie am Computer verbringen, fehlt Ihnen vielleicht an anderer Stelle, z. B. beim Entdecken neuer spannender Wälder. Wenn Sie aber das bestmögliche Ergebnis aus Ihren Bildern herausholen möchten und eine hohe Perfektion im Hinblick auf durchgehende Tiefenschärfe anstreben, können Sie mit dieser Methode bei optimalen Ausgangsbedingungen gute Ergebnisse erzielen.

  In diesem Bild wurde Focus Stacking angewendet. Die B­ ildelemente ließen sich in einer einzelnen Aufnahme nicht scharf abbilden, denn die ­Lichtverhältnisse waren zu schlecht und die Bildelemente zu weit ­voneinander entfernt. Wie man am Blattwerk sehen kann, wurde in Kauf genommen, dass einzelne Blätter verwischt wurden, um ISO nicht weiter erhöhen zu müssen. So wurde zunächst der Fokus auf den mit Blättern bedeckten Felsen im Vordergrund gerichtet und anschließend auf die Bäume im hinteren Bereich. Diese beiden Bilder wurden anschließend in Photoshop zusammengefügt. 55 mm, 1/6 s, f/9, ISO 500.

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6 Motive Die Bäume, die Sträucher, die Pflanzen sind der Schmuck und das Gewand der Erde. Jean-Jacques Rousseau

75 mm, 1/15 s, f/16, ISO 100

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Der Wald ist ein dynamisches System, das nie gleich bleibt. Pflanzen entstehen und vergehen. Ein Wald kann sich innerhalb weniger Jahrzehnte in seinem Erscheinungsbild wandeln. Und das, was wir vor ein paar Jahren in einem Wald entdeckt haben, kann heute schon verschwunden sein oder sich verändert haben. Dafür bekommen dann andere Pflanzenarten eine Chance. Sie suchen den Weg ans Licht und bilden neue Lebensräume. Dieses reichhaltige Ökosystem beschenkt uns Waldfotografen mit einer Fülle von verschiedenartigen Motiven. Wo immer Sie den Blick hinwenden, werden Sie Schönes entdecken, das Sie mit Ihrer Kamera festhalten können. So sind Bäume zunächst am augenfälligsten. Wer genau hinsieht, wird bemerken, dass sie individuell sind in Form, Farbe, Größe und Dicke und dass jede Baumart unterschiedliche Rindenstrukturen hat. Bäume stehen teils allein, teils in kleinen Gruppen. Junge Bäume bestechen durch ihre frische Farbe und die zarte Rindenstruktur, alte Bäume gewinnen mit den Jahren mehr und mehr an Charakter und Einzigartigkeit. Der Wald gliedert sich in unterschiedliche Schichten, die jeweils besondere Eigenarten aufweisen. Nur in ihrer Gesamtheit ergeben sie ein funktionierendes Ökosystem. In der Ökologie wird dieses

Schichtsystem »Stratifikation« genannt. Für uns Waldfotografen bietet jede Ebene ganz besondere Motive, bei denen wir mal ganz nah, mal von weiter weg den Wald fotografisch darstellen können. Aufbauend auf diesem Schichtsystem eines Waldes möchte ich Ihnen zunächst Anregungen für verschiedene Motive geben und im Anschluss auf weitere Waldmotive eingehen, die sich für mich in den letzten Jahren als besonders interessant und eindrucksvoll erwiesen haben.

6.1 6.1.1

Das Schichtsystem des Waldes Die Wurzelschicht 

Bäume, Sträucher und alle anderen Pflanzen graben sich mit ihren Wurzeln in den Waldboden und bilden gemeinsam die Wurzelschicht. Wo Mäuse, Füchse und Dachse ihre Baue und viele Insekten, Amphibien und Reptilien ihr Zuhause haben, kommen wir Waldfotografen in der Regel nicht hin. Doch dort, wo ein Wurzelwerk freiliegt, können wir diese Ebene aus interessanten Wurzelverwebungen und -armen in unsere Bilder einbauen. Diese findet man vor allem dort, wo Wege entlang eines Hanges gebaut wurden; aber auch in tiefen Der Wald lässt sich in verschiedene ­Stockwerke oder Schichten einteilen, in denen jeweils bestimmte ­Pflanzenund Tierarten vorherrschend sind. Jede Schicht hat ihre besonderen Reize. Je nach Jahreszeit treten diese mal mehr, mal weniger hervor.

Baumschicht

Strauchschicht

Krautschicht

Bodenschicht

Wurzelschicht

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Durch Erosion und Wegebau wurde das Wurzelwerk dieser großen Buche in Hanglage freigelegt. Es bietet einen interessanten Blickfang in dieser ­verwunschenen sommerlichen Waldszene. 55 mm, 1/2 s, f/10, ISO 200.

Die Wurzeln dieser alten Buche hatten mit der Zeit Moos angesetzt und bildeten Spalten, in denen sich nach einem Regenguss Wasser ansammelte. Die Buche steht auf der Höhe eines kleinen Hügels direkt am Waldrand und ist dort Wind und Wetter ausgesetzt. Mit dem Weitwinkelobjektiv festgehalten, eröffnet sich der Blick über das Wurzelwerk in den Wald. 14 mm, 0,6 s, f/16, ISO 100. 

Taleinschnitten, Schluchten oder alten Steinbrüchen sind diese frei liegenden Wurzelwerke zu entdecken. Wo Hänge abgebrochen oder durch Wassermassen ausgespült worden sind, wird häufig Wurzelwerk sichtbar. Auch werden an exponierten Standorten durch Erosion Bodenschichten abgetragen. Bäume, die auf oder um Felsen herum wachsen, zeigen ihr Wurzelwerk auf besonders eindrucksvolle Weise. Moosbedeckte, leuchtend grüne Wurzeln bieten gerade im Winter, wenn viele Farben und leuchtende Blätter im Wald verschwunden sind, besonders eindrucksvolle Motive. Sie können diese Wunder der

Natur in Waldszenen einbauen, aber auch Nahansichten davon anfertigen. Wie können wir als Fotografen diese Motive am besten einfangen? Mit einem Weitwinkelobjektiv können Sie beispielsweise ausgehend vom Wurzelwerk in Bodennähe in einen Wald hineinfotografieren und so Tiefe erzeugen. Begeben Sie sich ganz nah an ein freigelegtes Wurzelsystem und nehmen Sie ein Weitwinkelobjektiv zur Hand. Um möglichst viele Bereiche im Bild scharf zu bekommen, sind bei Windstille kleine Blenden angeraten. 

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6.1.2

Die Bodenschicht

Die Bodenschicht besteht aus Moosen, Flechten, Pilzen und herabgefallenen Nadeln sowie Blättern. Hier gedeihen auch kleine Blütenpflanzen wie Sauerklee und Haselwurz. Viele Insekten, Spinnen und Reptilien leben auf dem Boden des Waldes, aber auch kleine Säugetiere wie Mäuse und Igel bevölkern ihn. Auch in dieser Ebene haben Sie mannigfaltige Möglichkeiten, den Wald auf Ihren Fotografien darzustellen. Makrofotografie bietet sich hier ganz besonders an. Mit offenen Blenden lassen sich schöne Effekte erzielen. Auf den Blättern kleiner Pflanzen sammeln sich nach einem Regenguss Wassertropfen, die ein gewisses Leuchten ins Bild bringen. Es bieten sich aber auch Aufnahmen an, die bestimmte Objekte wie Pilze oder Blätter im Vordergrund abbilden und dann den Betrachter weiter in den Wald hineinführen. Für deren Darstellung ist ein Weitwinkelobjektiv die richtige Wahl sowie geschlossene Blenden. Sie können aber auch mehrere Aufnahmen mit offenen Blenden mittels Focus Stacking zusammenfügen. (Näheres dazu erfahren Sie in Abschnitt 5.10 »Focus Stacking« auf Seite 84.) Aufnahmen von der Wurzel- oder Bodenschicht sind mitunter damit verbunden, dass wir mit dem Waldboden auf Tuchfühlung gehen und uns auf eine Ebene mit ihm begeben. Besitzt Ihre Kamera kein nach oben klappbares Display, ist hier dann ganzer Körpereinsatz gefragt. Das Fotografieren gerät also so zu einem unmittelbaren Naturerlebnis. Diese Unmittelbarkeit und Nähe zur Natur wird dann auch für den Betrachter Ihrer Fotografien spürbar. Eine wasserdichte Hose empfiehlt sich bei feuchten Wetterlagen.

Der Morgentau auf einem Blatt, das ich auf einer kleinen Waldlichtung fand, funkelte mir an diesem sonnigen Tag entgegen. Ich begab mich mit ihm auf eine Ebene, um diese intime Szene festzuhalten. 50 mm, 1/1250 s, f/5, ISO 100.

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Diese leuchtend roten Fliegenpilze sprangen mich in dem etwas tristen und winterlichen Wald regelrecht an. Ich brauchte einige Versuche, um dieses kleine Arrangement bildwirksam darzustellen. Focus Stacking aus drei Aufnahmen. 10 mm, 1/60 s, f/8, ISO 320.

Pilze Pilze wurden früher dem Reich der Pflanzen zugeordnet, heute aber als eigene Gattung behandelt, die näher mit den Tieren als mit den Pflanzen verwandt ist. Pilze betreiben keine Photosynthese, sie spielen aber eine wichtige Rolle beim Abbau organischer Materie und leisten einen bedeutenden Beitrag für den Stoffkreislauf des Waldbodens. Sie verwandeln organischen Abfall zu Humus und versorgen ihn mit Mineralstoffen, welche die Grundlage für Pflanzen und Kleinstlebewesen sind. Pilze bilden mit Bäumen und anderen Pflanzen eine »Mykor­ rhiza«, ein unterirdisches Pilznetzwerk, bei dem alle Beteiligten durch den Austausch von Stoffen profitieren: Der Pilz versorgt die Bäume mit Mineralstoffen und Wasser, der Baum liefert ihm im Ge-

genzug Zucker, den er für sein Wachstum benötigt. Diese Pilzfäden verbinden sich mit dem Feinwurzelsystem der Bäume, um die gegenseitige Versorgung sicherzustellen. Manche Bäume gehen nur mit ganz bestimmten einzelnen Pilzarten eine Symbiose ein, andere mit mehreren. Dieses Wissen ist für uns wichtig, wenn wir auf der Suche nach ansprechenden Pilzmotiven sind. Anhand der Baumarten, die in einem Wald vorkommen, lässt sich darauf schließen, welche Pilzarten aus dem Boden schießen. Eine besonders fotogene Pilzart ist der Fliegenpilz. Er bildet eine Mykorrhiza mit Birken und Fichten und kommt von Sommer bis in den frühen Winter in Nadel- und Laubwäldern vor. Er wächst sowohl in dichten als auch in lichten Wäldern der nördlichen gemäßigten Klimazone. Steinpilze haben gute Beziehungen zu Buchen, Eichen, Fichten und Kiefern, Pfifferlinge zur Weißtanne. Der goldgelbe Goldröhrling wächst bevorzugt in der Nähe der Lärche und der Birkenröhrling fühlt sich bei der Birke wohl. Der gelbliche Fichten-Reizker geht, wie sein Name schon sagt, eine Symbiose mit Fichten ein. Parasolpilze (Gemeine Riesenschirmlinge), die zuweilen durch ihre Größe Eindruck machen können und häufig in Gruppen vorkommen, sind nicht so spezialisiert. Sie finden sich bevorzugt in Laubwäldern, aber auch in Fichtenforsten oder auf Wiesen. Parasolpilze gehören zu den rund 60 Arten, die sogenannte Hexenringe oder Feenringe bilden können. Diese runden oder auch halbrunden Pilzgebilde entstehen dadurch, dass das Myzel eines Pilzes in alle Richtungen gleich schnell wächst. Finden Sie so einen Pilzkreis im Wald, sind Sie ein echter Glückspilz. Ein solches Motiv ist eine Rarität. Je nach Größe des Ringes bietet es sich an, mit einem Superweitwinkel­ objektiv zu arbeiten, um entweder den gesamten Ring abzubilden oder Teile des Rings von der Nahansicht ausgehend darzustellen. Pilze eignen sich auch sehr gut für Makroaufnahmen. Mit einer offenen Blende lassen sich die kleinen Naturwunder vielseitig in ­Szene setzen. Haben sie auf stehendem oder liegendem Totholz Fuß gefasst, lassen sie sich besonders schön vom Hintergrund freistellen. Moose und Flechten Gerade in der vegetationsarmen Zeit fallen uns die grünen Polster aus Moosen sowie der bläulich oder hellgraue Bewuchs der Flechten am Waldboden und auf Totholz besonders auf. Sie zeigen an, wie gut es einem Wald geht, und geben Aufschluss über die Luftqualität. Je mehr Arten von Moosen und Flechten in einem Wald zu finden sind, desto näher kommt er einem vom Menschen unbeeinflussten, natürlichen Wald. Moose wachsen dort, wo andere Pflanzen wie Farne oder Kräuter nicht existieren können, und besiedeln selbst Extremstandorte

Diese Mönchsköpfe wuchsen in einem sogenannten Hexenring. Ganz in der Nähe entdeckte ich in diesem Buchenwald weitere Pilzringe. Die Bedingungen vor Ort waren denkbar schlecht – kaum Licht und kein Nebel – und auch an den Folgetagen, an denen die Mönchsköpfe noch frisch waren, wurde es nicht besser. Auch hierfür gibt es fotografische Lösungen: Ich entschied mich, vor Ort den Fokus ganz auf die Komposition zu legen und bei der Bearbeitung den Hell-Dunkel-Kontrast herauszuarbeiten. 20 mm, 3 s, f/10, ISO 100.

wie nackte Felsen, Mauern oder auch Baumrinden in den höheren Lagen des Waldes. Sie begnügen sich mit einem Minimum an Licht und Nährstoffen. Selbst wenn Moose vollständig austrocknen, sind sie nicht tot. Bei nassen Wetterperioden nehmen sie Unmengen an Wasser auf und sind dadurch ein wichtiger Wasserspeicher im Wald. Dieses Wasser benötigen sie auch, um sich weiter vermehren zu können, und sie besiedeln dadurch eher feuchte Standorte. Wenn Sie diese Eigenarten der Moose und Flechten kennen, wissen Sie auch, wo Sie sie am ehesten entdecken können: in Wäldern, die der Natur überlassen oder lange nicht mehr bewirtschaf-

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tet wurden und in denen feuchte Bedingungen vorherrschend sind. Eine besonders große Fülle von Moosen und Flechten habe ich in Wäldern gefunden, die sich häufig in tiefen Wolken befinden und daher regelmäßig mit Feuchtigkeit versorgt werden. Moose und Flechten weisen filigrane Strukturen auf und eignen sich daher auch sehr gut für Makroaufnahmen. Moose sind ungeheuer vielgestaltig: Manche Arten muten wie Miniaturwälder an, andere bilden kleine Blätter oder zeichnen sich durch besondere Farbigkeit aus. Das gilt auch für Flechten, die in verschiedenen Farben und Formen den Wald auch in ästhetischer Hinsicht bereichern können.

Hier besiedeln Moose eine kleine Felsformation im Odenwald. 12 mm, 1/5 s, f/11, ISO 100.

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Nebelstrahlen erleuchteten das auf dem Boden liegende, orangefarbene Herbstlaub in einem Buchenwald im hessischen Odenwald. 31 mm, 1/80 s, f/10, ISO 100.

Blätter auf dem Waldboden Vor allem im Herbst und während des Übergangs zum Winter bietet ein mit farbenfrohen Blättern bedeckter Waldboden ein großartiges Motiv für Ihre Waldfotografie. Er kann von vielerlei Perspektiven aus aufgenommen werden: mal aus der Draufsicht, mal von einer Untenansicht ganz nah am Waldboden oder auch als Makromotiv. Da Blätter, gerade wenn die Sonne im Spiel ist oder es geregnet hat, reflektieren, verwende ich für solche Aufnahmen fast immer einen Polfilter. Die weißen Bereiche, die durch diese Reflexionen häufig entstehen, sind in der Nachbearbeitung nicht mehr herzustellen. Der Polfilter verstärkt auch die Sättigung der Farben ein wenig, was gerade bei farbenfrohen Motiven in der Regel erwünscht ist.

Am Morgen oder auch nach einem Regenschauer setzen sich oft kleine Tropfen auf den am Boden liegenden Blättern ab. Ein paar Sonnenstrahlen bringen diese zum Leuchten. 300 mm, 1/100 s, f/6,3, ISO 100.

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6.1.3

Die Krautschicht

Gräser, Farne, Kräuter und Blütenpflanzen sind die Kennzeichen der Krautschicht. Sie ist gewissermaßen der erste Stock des Waldes und erstreckt sich ungefähr bis in 1,5 Meter Höhe. Tiere wie Schmetterlinge, Käfer und Bienen, in der Dämmerung auch Glühwürmchen, halten sich in dieser Ebene auf. Sie bietet uns Waldfotografen eine unendlich reiche Motivauswahl. Je nach Waldtyp ist die Krautschicht üppiger oder spärlicher ausgeprägt. An Stellen, auf die viel Licht fällt, kann sie sich besonders gut entfalten, also auf Waldlichtungen oder in lichten Pionierwäldern, wo in der Regel vorrangig Bäume wie Birken, Weiden und Kiefern wachsen. In schattigen Wäldern, wo Baumarten wie Buche, Fichte oder Tanne vorherrschend sind, gelangt weniger Licht auf den Waldboden und die in der Krautschicht vorkommenden Pflanzen haben es schwerer, sich zu entfalten. Doch die Frühblüher bekommen vor allem in Buchenwäldern trotzdem ihre Chance: Solange der Wald nach dem Winter noch kahl ist und kein Blätterdach die Sonne vor dem Eindringen hindert, sprießen sie vielerorts millionenfach aus dem Boden und bilden dann beeindruckende Blütenteppiche. Besonders pittoresk sind der weiße Bärlauch, das blau bis lila gefärbte Hasenglöckchen und der Fingerhut. Aber auch Maiglöckchen, Schlüsselblumen auf Waldwiesen, Schneeglöckchen, Leberblümchen, Buschwindröschen (Anemonen), Waldveilchen, Narzissen und der Hohle Lerchensporn bieten eine Fülle an farbenfrohen Motiven. Die Anmut dieser Frühblüher ist bestechend. Sie erfüllen wahrscheinlich jeden Waldbesucher mit Freude an der vor Blütenpracht berstenden Natur. Und auch mich treibt es im Frühling in die Wälder, von denen ich weiß, dass ich dort ein Blumenmeer oder auch einzelne zarte Blüten entdecken kann. Je nach Witterung und Standort kommen diese kleinen Blühpflanzen mal früher, mal später aus dem Boden. Vielleicht fragen Sie sich nun, woher man immer so genau weiß, wann man sich für solche Motive auf den Weg machen sollte. Als Erstes sollte man sich mit der ungefähren Blühzeit der begehrten Pflanzen auseinandersetzen. Manche Gemeinden informieren sogar auf ihren Webseiten über die Entwicklung der Blüte in ihren Frühblüher-Wäldern. Eine Internetrecherche über den Wald Ihres Begehrens kann sich also lohnen. Auch über Bilder in den sozialen Netzwerken können Sie herausfinden, ob die Blüte schon begonnen hat. Oder fragen Sie einfach Ihre Bekannten bzw. anderen Fotografen, die in Diese zarten Schneeglöckchen wuchsen auf einer kleinen Waldlichtung. Das Licht der untergehenden Sonne schien durch die Bäume und erhellte die weißen Blüten der filigranen Blumen. 50 mm, 1/1250 s, f/2,2, ISO 100.

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der Nähe dieses Waldes wohnen, nach dem aktuellen Blütenstand. Und wer weiß, vielleicht ergibt sich dabei gleich noch eine gemeinsame Fototour. Bei der Ablichtung der Krautschicht und ihres Pflanzenreichtums lohnt es sich, viele verschiedene Perspektiven einzunehmen und sich mal von nah, mal von fern den Motiven zu nähern. Wenn Sie ausgewählte Motive vom Hintergrund freistellen wollen, verwenden Sie weit geöffnete Blenden (f/1,8 bis f/7 in Abhängigkeit von Ihrer Kamera, dem Objektiv und der Nähe zum Objekt) und – wenn vorhanden – Festbrennweiten. Bei der Darstellung von Waldszenen, in denen Pflanzen der Krautschicht Teil der Szenerie sind, empfehlen sich geschlossene Blenden (f/8 bis f/16). Ich möchte Ihnen nun anhand einiger Beispiele Anregungen für Ihre eigene Fotografie geben. Schneeglöckchen Diese zarten weißen Blumen zählen zu den ersten, die nach dem Winter aus dem noch kalten Waldboden austreiben. Sie kommen je nach Standort und Witterung schon im Januar und Februar ans

Ein reiches Leberblümchen-Vorkommen fand ich im April in einem höher gelegenen Wald in Tirol zwischen Wettersteingebirge und Karwendel. Um die violette Blüte eines einzeln stehenden Leberblümchens vor dem Hintergrund hervortreten zu lassen, entschied ich mich für eine offene Blende. 50 mm, 1/200 s, f/3,5, ISO 100.

Licht und geben uns das Gefühl, dass der Frühling nicht mehr weit ist. Wenn Sie Glück haben, können Sie in Wäldern Blütenteppiche von Schneeglöckchen finden, diese sind aber eher selten. Oft stehen sie in kleineren Ansammlungen an lichten Stellen im Wald, am Wald­ rand oder auf Lichtungen. Besonders auf zum Westen hin abfallenden Hängen kann man bei Sonnenuntergang eindrucksvolle Effekte erzielen. Gleiches gilt für Osthänge im Morgenlicht. Wenn die Sonne von hinten durch die zarten weißen Blüten scheint, leuchten diese wie kleine Laternen. Leberblümchen Auch Leberblümchen sind typische Frühlingsboten. In Deutschland kommen sie vor allem in den Kalk-Mittelgebirgen und den Voralpen vor. Ihr Verbreitungsraum liegt vorwiegend in den Laubwäldern der Nordhalbkugel. Sie setzen zauberhafte Farbakzente auf den braunen Waldboden und können unterschiedliche Färbungen haben. Leberblümchen wachsen in Gruppen oder auch einzeln. Da die Lebenszeit dieser Frühblüher mit etwa acht Tagen sehr kurz ist, bleibt nicht viel

Zeit, um diese von weiß- über rosa- und blau- bis lilafarbenen Schönheiten in Szene zu setzen. Sie haben ihre Blütezeit von Mitte Februar bis Ende März. In Gebirgslagen liegt die Blütezeit später und kann bis Ende April gehen. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass es diese zarten Blumen bei uns nicht mehr häufig gibt. Durch den Verlust ihrer typischen Lebensräume – den lichten Laubwäldern – werden sie immer seltener und gelten nach der Bundesartenschutzverordnung in Deutschland als »besonders geschützt«. Das Leberblümchen darf weder ausgegraben noch gepflückt werden. Wenn Sie mit Ihrer Kamera auf der Suche nach Motiven sind, lassen Sie besondere Vorsicht walten, um die Blümchen nicht zu beschädigen. Bärlauch Bärlauch schmeckt nicht nur gut, er bildet von April bis Mai auch fantastische Blütenteppiche in Wäldern, die wir für unsere Fotografien nutzen können. Er wächst bevorzugt in Auwäldern an größeren Flüssen, aber auch in schattigen, humusreichen und feuchten Laubwäl-

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Die filigranen Hasenglöckchen bilden im belgischen Wald Hallerbos einen blauen Teppich. Während des Monats April hat man – je nach Witterung – die besten Chancen auf ein dichtes Blütenmeer. 165 mm, 1/10 s, f/16, ISO 100.

In einem belgischen Wald nahe der Stadt Brüssel fand ich blütenreiche ­Bärlauch-Teppiche, auf denen sich bei untergehender Sonne ein schönes Spiel aus Licht und Schatten zeigte. 14 mm, 1/40 s, f/16, ISO 320.

dern in fast ganz Europa. Häufig sucht sich der Bärlauch dort einen Standort in Schluchten oder Bachtälern aus.  Man findet die weiß blühende Pflanze, die bis zu 30 Zentimeter hoch werden kann, vor allem in Buchenwäldern, aber auch in Eichen-, Ahorn-, Eschen- und Ulmen-Mischwäldern. Im Nationalpark Hainich bedeckt sie im Frühjahr weite Teile des Waldes und ist dort besonders eindrucksvoll. Die Bärlauch-Blüte bietet auch schöne Motive für Nahaufnahmen. Da die Blüten in der Regel dicht an dicht stehen, empfiehlt es sich, einzelne Blüten durch einen engen Bildausschnitt und die Wahl einer offenen Blende zu isolieren.

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Hasenglöckchen Das Atlantische Hasenglöckchen, auch Englisches Hasenglöckchen genannt, ist eine im April und Mai blühende Zwiebelpflanze, die in Wäldern großflächige Blütenteppiche bilden kann. Wann sie genau ihre Hochblüte erreicht, hängt wie bei allen anderen Frühblühern von der Witterung und geografischen Lage ab. In Deutschland gibt es diese zarten Blumen nur in wenigen Wäldern im Westen von Nordrhein-Westfalen, und sie sind bei uns daher streng geschützt. In England, Irland, Frankreich, Spanien, Portugal und Belgien jedoch kann man in zahlreichen lichten Buchenwäldern deren Blütenpracht bewundern. Größere Bestände findet man z. B. in Belgien im »Hallerbos«. In den Wäldern dieser Region sind aber fast überall Hasenglöckchen zu finden. Wer Menschenmassen meiden m ­ öchte, dem empfehle ich Entdeckungstouren durch die weiteren Wälder und Parks der Region um Brüssel, die reichlich mit Frühblühern gesegnet sind. In England ist das Hasenglöckchen ebenfalls in ­vielen Wäldern zu finden, z. B. in den Micheldever Woods, Brede High Woods, im Costells Wood, Old Wood (Sheringham), Tattershall Carrs und in den West Woods bei Marlborough. Im hellen Sonnenlicht strahlen die Blau- und Violetttöne besonders stark; dennoch bieten sich zum Fotografieren die frühen Morgen- oder späten Abendstunden oder leicht bedeckte Tage an, um

starke Kontraste zu vermeiden. Vor Sonnenaufgang wirken die Blüten fahl und wenig farbenprächtig. Experimentieren Sie, welches Licht Ihnen am besten gefällt. Leichter Dunst am Morgen ist großartig, um den blauen Wäldern eine gewisse Verträumtheit zu verleihen. Bei einem sonnendurchfluteten Wald hilft ein Polfilter dabei, ausgebrannte Stellen zu reduzieren. Mit einem Teleobjektiv können Sie intimere Waldszenen einfangen und den bei Tageslicht störenden Himmel hinter den Bäumen aussparen. Ein kleiner Windstoß lässt die filigranen Blütenstängel tanzen, was vor Ort zwar hübsch anzusehen ist, aber auf Bildern zu Unschärfe führt. Beobachten Sie daher die Windbedingungen und wählen Sie Ihre Belichtungszeit dementsprechend.  Die Farben Violett/Blau und das Gelb/Orange der aufgehenden Sonne sowie der leuchtend grüne Frühlingswald bilden einen für das Auge angenehmen Split- oder triadischen Komplementärkon­ trast. (Näheres dazu finden Sie in Abschnitt 10.1.7 »Farbe als Bildgestaltungselement« ab Seite 205.)

Roter Fingerhut Der Rote Fingerhut blüht später als die bisher vorgestellten Blühpflanzen; seine Blütezeit reicht von Juni bis August. Er ist in Europa fast überall zu finden und wächst besonders gerne dort, wo viel Licht in den Wald fällt. Oft sah ich ihn in den letzten Jahren auf kahl geschlagenen Fichtenflächen. Diese für den Wald fatale forstliche Vorgehensweise kann zumindest uns Waldfotografen einen kleinen Trost bieten, und zwar in Form des Roten Fingerhuts. Sie finden diese giftige Pflanze aber auch auf natürlichen Waldlichtungen und an Waldwegen. Aufgrund ihrer Größe ist es gar nicht so leicht, sie ansprechend ins Bild zu bekommen. Sie bildet keine Teppiche wie andere Frühblüher, sondern steht meist in Gruppen an lichten Stellen. Auch die Tatsache, dass Kahlschläge selten fotogen sind und größere Lichtungen zu viel leeren Raum im Bild schaffen, macht die Inszenierung dieser farbenfrohen Pflanzen zu einer Herausforderung. Daher empfehle ich, kleinere Ausschnitte zu wählen, um die Pracht dieser rosa bis violett blühenden Blume einzufangen. Der Fingerhut wendet seine Blüten zur Sonne, was bedeutet, dass Gegenlichtaufnahmen mit Blick auf die geöffneten Blütenstände kaum möglich sind. Aber auch von der Seite hat diese leuchtend ­rosa-violette Blume ihren Reiz. Suchen Sie am besten nach Lichtsituationen, in denen das Licht von der Seite oder von vorne kommt.

Auf einem Kahlschlag entdeckte ich Mitte Juni im Odenwald ein reiches Vorkommen des Roten Fingerhuts. Ich wählte einen Standort nahe dem Wald, der noch stehen geblieben war, um die im Sonnenlicht ­leuchtenden Blüten in ihrer ­Waldumgebung darzustellen. 56 mm, 1/20 s, f/11, ISO 100.

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In diesem geschützten Wald an den Flussauen der Nidda fand ich ein reiches Vorkommen des Hohlen Lerchensporns. Ich fertigte vor Ort mehrere Belichtungen an, um später bei der Bearbeitung eine HDR-Aufnahme zu erstellen. Die Kontraste beim Licht der untergehenden Sonne waren zu stark, als dass eine Aufnahme ­ausgereicht hätte, alle Helligkeiten optimal darzustellen. 24 mm, 1/13 s, f/16, ISO 100.

Hohler Lerchensporn Der Hohle Lerchensporn kann wie das Leberblümchen gleich mit mehreren Farben aufwarten. Diese giftige Heilpflanze verschönert den Waldboden mit purpurnen, violetten und weißen Blüten. Sie kommt auf lehm- und kalkreichen Böden von März bis Anfang April zum Vorschein und bildet vor allem in Buchenwäldern farbenfrohe Blütenteppiche. Der Hohle Lerchensporn ist in den meisten europäischen Ländern anzutreffen. Größere Vorkommen findet man in Deutschland vor allem in den Wäldern Bayerns, im Teutoburger Wald, im Na-

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tionalpark Hainich und in verschiedenen Auwäldern in der Nähe von Flüssen. Wer sich in diesem Blütenmeer aufhält, wird feststellen, dass ein intensiver und betörender Duft von diesen Blumen ausgeht. Um diese Blütenteppiche einzufangen, empfehle ich kleine Blenden. Je nach Bedingungen vor Ort und Wahl des Ausschnitts kann auch ein Focus Stacking in Betracht kommen, um alle Bereiche des Bildes scharf abzubilden.

Dieser Wald im spanischen Naturpark Aiako Harria in den Ausläufern der ­spanischen Pyrenäen befindet sich aufgrund seiner hohen Lage häufig in niedrigen Wolken und bietet gute Bedingungen für Feuchtigkeit liebende Farne. 24 mm, 1/40 s, f/10, ISO 500.

Farne In der Krautschicht wachsen aber nicht nur Blumen, sondern auch andere Pflanzen wie z. B. der Schachtelhalm, der Bärlapp oder Farne. Diese Gewächse sind – so wie wir sie heute kennen – nur ein Abklatsch der einstigen Riesenfarne und Schachtelhalme, die vor etwa 300 bis 400 Millionen Jahren große Wälder bildeten und die Basis für die heutigen Steinkohlevorkommen sind. Farne bilden im Wald besonders fotogene Motive. Es gibt sie auf der ganzen Welt, und so werden Sie solche auch sicher in einem Wald Ihrer Umgebung finden. Sie wachsen vorrangig dort, wo es schattig und feucht ist. Suchen Sie in dichten Wäldern, in Schluchten, Felsspalten und Bachtälern nach ihnen. Farne gedeihen aber auch dort, wo tiefe Wolken in den Bergspitzen hängen und der Boden mit genügend Feuchtigkeit versorgt wird. Totholz Liegendes Totholz ist in der Schönheit seines Zersetzungsprozesses ein wunderbares Motiv. Nicht ein flüchtiger Augenblick, sondern ein ganzer Entwicklungsprozess der Natur bildet sich darin ab. Bäume die schon Jahrhunderte gelebt haben, gehen in einen langen Zeitraum der Zersetzung über und werden irgendwann wieder zu Erde. In der Zwischenzeit siedeln sich Pilze, Moose und Tierarten im toten Holz an und können als Vordergrund oder Beiwerk in Waldfotografien eingebaut werden. In Wirtschaftswäldern finden Sie eindrucks-

In diesem ungenutzten Privatwald fand ich viel liegendes Totholz, das sich für eine gute Bildkomposition bestens eignete. Es wirkt als interessanter ­Vordergrund und führt den Betrachter in das Bild. 13 mm, 1 s, f/13, ISO 100.

volles, liegendes Totholz eher selten. Wenn Sie auf der Suche nach diesen Motiven sind, begeben Sie sich in Naturwälder, Naturschutzgebiete und Wälder, die lange nicht mehr bewirtschaftet wurden.

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Die jungen Buchen und Ahorne bilden eine Gruppe zwischen den älteren ­Bäumen und werden von diesen eingerahmt. 56 mm, 1/13 s, f/8, ISO 200.

6.1.4

Die Strauchschicht

Direkt über der Krautschicht beginnt die Strauchschicht. Wie ihr Name schon sagt, befinden sich in dieser Ebene vor allem Sträucher wie Weißdorn, Haselnuss, Hagebutte, Vogelbeere, Schlehe, Himbeere und Brombeere. In manchen Wäldern oder Parks finden sich sogar blütenreiche Rhododendren. Wenn Sträucher wie Holunder oder Rhododendron im Frühjahr zu blühen anfangen, geben sie Motive ab, die jedes Waldbild zu etwas Besonderem machen. Diese Schicht erstreckt sich bis in eine Höhe von etwa 5 Metern. Zahlreiche Vogelarten haben hier ihr Zuhause, Rehe und Wildschweine finden hier Unterschlupf. An lichtreichen Stellen ist diese Schicht besonders ausgeprägt. Sie bildet sich bevorzugt auf Lichtungen, am Waldrand und an Wegen. In der Strauchschicht des Waldes ist auch der Jungwuchs verschiedener Baumarten angesiedelt. Diese Schicht fotografisch einzufangen, ist eine große Herausforderung. Sie ist wahrscheinlich die am schwierigsten in Szene zu setzende Ebene, da Sträucher oft eine undurchdringliche Wand darstellen, die den Blick des Betrachters nicht recht ins Bild hineinlässt. Es bietet sich an, blühende Sträucher entlang eines Weges oder einer Allee in das Bild einzubinden oder im Wald einen größeren Ausschnitt zu wählen, sodass die Sträucher oder Verjüngungen Teil einer Waldszene werden.

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Die Verjüngung oder der Jungwuchs des Waldes Die neue Baumgeneration steht in sogenannten Verjüngungskegeln meist dort, wo ein Mutterbaum umgefallen ist oder gefällt wurde. Die Jungpflanzen suchen dort ihren Weg ans Licht. Diese jungen Baumgruppen können Teil einer Komposition sein oder auch als Beiwerk ein Bild ausschmücken. Sie lassen den Wald als üppigen Naturwald erscheinen, der Ursprünglichkeit vermittelt. Auch einzelne junge Bäume, die sich von älteren Bäumen oder den anderen Baum­ arten abheben, bieten schöne Motive. So kann z. B. eine einzelne kleine Buche in einem Fichtenwald ein besonderer Eyecatcher sein. Vor allem im Herbst, wenn die Blätter in Gelb, Rot und Braun durch den Wald leuchten, bieten diese Jungbäume fantastische Motive. Sträucher im Wald In vielen Wäldern finden sich in der Strauchschicht Pflanzenarten wie der Schwarze Holunder oder Weißdorn. Während des Übergangs vom Frühling zum Sommer wird der Wald immer dichter und dunkler. Die Blätter nehmen eine dunkle Färbung an und heben sich kaum noch voneinander ab. Die Blüten mancher Sträucher bringen dann im Frühjahr etwas Abwechslung in den Wald. Der Schwarze Holunder leuchtet in den Monaten Mai und Juni weiß durch manchen Wald und tritt vor allem dort auf, wo der Wald etwas lichter ist, also z. B. entlang von Waldwegen. Auch die Hundsoder Heckenrose wächst dort, wo Licht in den Wald fällt, an Waldrändern oder auch auf Lichtungen oder Kahlflächen. In einigen Wäldern oder waldartigen Parks sieht man vor allem im Mai und Juni auch

Dieser Holunderbusch wuchs am Waldrand und hob sich mit seinen hübschen weißen Blüten vom Dunkelgrün des Waldes ab. Er bringt in den Sommermonaten ­Abwechslung in den von Grüntönen dominierten Wald. 35 mm, 1/16 s, f/5, ISO 640.

Rhododendren in unterschiedlichen Farben leuchten. Sie zaubern kleine Farbflecke in Ihre Bilder, die sehr hübsch anzusehen sind. Gerade in den Niederlanden habe ich häufig Rhododendren in Wäldern entdeckt. Unter der Stichwortkombination »Rhododendron« und »Wald« finden Sie im Internet zahlreiche Hinweise darauf, wo diese Sträucher in Wäldern und Parks zu finden sind. Im Sommer und Herbst tragen dann viele Straucharten Früchte, die ebenfalls schöne Motive abgeben können. Fehlende Strauchschicht In vielen Wäldern existiert die Strauchschicht aus verschiedenen Gründen nicht. So ist beispielsweise die Strauch­ entwicklung in künstlich geschaffenen Altersklassewäldern erschwert, in denen nur eine Baumgeneration vorkommt. Im Nadelwald ist der Boden das ganze Jahr hindurch beschattet. Dort, wo die Bäume dicht an dicht stehen, kann sich aufgrund der Lichtarmut keine Strauchschicht bilden. Aber auch in natürlichen Wäldern gibt es stellenweise immer wieder Stadien der Waldentwicklung, die eine Strauchentwicklung nicht zulassen. Diese Wälder sind für uns Fotografen zuweilen etwas leichter in Szene zu setzen, weil der Blick durch die Bäume frei ist. Suchen Sie nach einem Baum, der sich von den anderen etwas abhebt, etwa durch einen belaubten Ast oder eine besondere Rindenstruktur, und setzen Sie darauf den Fokus.

Die Bäume in diesem Privatwald sind fast alle im selben Alter. Nach der E­ rzählung eines ­ortsansässigen Bauers wurde der Hang nach einem K­ ahlschlag wieder aufgeforstet. Dadurch, dass nur wenig Licht auf den ­Waldboden fällt, fehlt die junge Buchengeneration bzw. die Strauchschicht. 34 mm, 1/80 s, f/8, ISO 250. 

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Spinnen hatten in diesem Wald in Thüringen ihre Netze zwischen die Äste junger Buchen gespannt. Sie leuchteten, von der Morgensonne angestrahlt, weit durch den Wald. 200 mm, 1/6 s, f/10, ISO 100.

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Die Baumschicht ist nicht nur das Zuhause vieler Waldtiere, sondern auch das von Pilzen oder Schwämmen. Die besondere Färbung dieser Baumpilze kam in ­diesem von Weiß und Grautönen dominierten Winterwald besonders gut zur Geltung. 24 mm, 1/60 s, f/8, ISO 100.

Spinnweben Spinnen sind wahre Künstler. Filigran, leicht und zugleich von einer ungeahnten Ausdehnung sind ihre Spinnweben. Wie Netze aus kleinen silbernen oder goldenen Perlenschnüren leuchten sie mit Tauoder Nebeltröpfchen benetzt durch den Wald, wenn die Sonne auf sie trifft. Diese Kunstwerke der Spinnen findet man häufig in der Krautund Strauchschicht. Spinnweben sind im einfallenden Sonnenlicht besonders gut sichtbar, gerade wenn sie zusätzlich von Morgentau benetzt sind. Ein dunkler oder schattiger Hintergrund ist von Vorteil, damit sich die filigranen Strukturen besser abheben und sichtbar werden. Wenn das Licht direkt oder schräg von vorne kommt, bekommen die Netze eine beeindruckende Strahlkraft. Daher ist der Zeitpunkt für Aufnahmen von Spinnweben morgens oder abends besonders günstig.

6.1.5

Die Baumschicht

Das oberste Stockwerk des Waldes bildet die Baum- oder Kronenschicht. Das Dach unseres Waldes ist der Lebensraum vieler Waldtiere. Vögel, aber auch andere Tiere wie Eichhörnchen oder Baummarder nutzen diese Schicht als Brutplatz und Schutzraum vor Regen, Sonne und Fressfeinden. Wenn wir diese Schicht fotografisch einfangen wollen, so beziehen wir entweder alle anderen Schichten in die Komposition mit ein, richten die Kamera in die Baumkronen oder nehmen sie von der Außenansicht von einem erhöhten Standpunkt aus auf. Auch die Stämme der Bäume sind wichtige Komponenten der Baumschicht und auch für unsere Motivauswahl bedeutsam. Pilze, Schwämme, Flechten oder Moose siedeln sich besonders in älteren Wäldern in dieser Schicht an.

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Je nach Größe der Bäume liegt die Baumschicht höher oder tiefer. Die Baumschicht dieses uralten L­ orbeerwaldes konnte ich auf der Insel Madeira festhalten. 42 mm, 1/13 s, f/10, ISO 400. Crown Shyness: In dieser Aufnahme kann man deutlich den Abstand sehen, den Bäume zueinander halten. 23 mm, 1/250 s, f/8, ISO 100. Foto: Dag Peak, »River of Blue«, https://www.flickr.com/photos/dagpeak/13438818/.

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Ein besonderes Phänomen, die sogenannte Crown Shy­ ness, also die »Schüchternheit des Kronendaches«, kann man nur in weitestgehend intakten Wäldern entdecken, bei denen das Kronendach nicht aufgelichtet wurde. Die Kronen der einzelnen Bäume breiten sich bei einigen Baumarten demnach nur so weit aus, wie sie den nächststehenden Nachbarn nicht berühren. Von unten sieht das dann so aus wie ein weit verzweigtes Flusssystem oder wie Zellwände unter dem Mikroskop. Warum es zu diesem Wuchsverhalten kommt, ist noch nicht gänzlich geklärt. Es wird u. a. vermutet, dass Bäume diesen Abstand wahren, um bei Wind Schäden an Knospen durch Kollisionen zu vermeiden. Andere Theo­ rien sprechen davon, dass so die Verschattung reduziert wird oder Insektenlarven abgewehrt werden, weil sie nicht mehr so leicht von einem Baum auf den anderen kriechen können. Dieses Phänomen tritt nicht bei allen Baumarten auf. Es ist besonders bei Eukalyptus-Baumarten, Dryobalanops, Schwarzen Mangroven, den Sitka-Fichten und Japanischen Lärchen zu beo­b­ achten, die sehr hochgewachsen sind. Stehen verschiedene Baumarten nebeneinander, reagieren sie unterschiedlich aufeinander: Während Buchen und Linden sich gerne zu mögen scheinen und keinen Abstand einhalten, beobachtet man zwischen Buchen und Eschen einen relativ großen Abstand von mindestens einem Meter. Werfen Sie hin und wieder einen Blick in das Kronendach der Wälder, in denen Sie unterwegs sind. Bei einem Blick nach oben entdecken Sie bestimmt hin und wieder interessante Strukturen und Muster im Kronendach. Gerade im Frühjahr, wenn die frischen Blätter austreiben und sich in hellen Farben gegen den Himmel absetzen, lohnt ein Schwenk mit der Kamera nach oben. Bei genauerem Hinsehen sind immer wieder Formen auszumachen, mit denen man eine gewisse Struktur in ein Bild bekommen kann.

Von einer Burg, einem Hügel oder einem Aussichtsturm aus lassen sich die Baumwipfel des Waldes von oben betrachten. 175 mm, 3/5 s, f/10, ISO 500.

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In einem kleinen Buchenwald im Stadtgebiet München leuchteten die hellen Blätter der Birken im Licht der tief stehenden Sonne. Vier Bäume mit hellem Blattwerk schienen sich in der Mitte treffen zu wollen. Sie bilden das Zentrum des Bildes. 10 mm, 1/60 s, f/8, ISO 320.

6.2 6.2.1

Besondere Waldmotive Wälder und Bäume um und im Wasser 

Wasser und Bäume bilden eine großartige Kombination. Seen sind oft umgeben von Wäldern, manchmal wachsen sogar Bäume im Wasser. Entlang von Flüssen oder Bächen siedeln sich gerne wasserliebende Baumarten wie verschiedene Pappelarten, Weiden, Eschen, Erlen oder Ulmen an. Entlang von Küsten trägt der Wind dazu bei, dass man besonders geformte Bäume findet. Diese Standorte sind für die Waldfotografie so besonders, weil das Wasser vor allem am Morgen eine ganz besondere Stimmung hervorruft. Wenn Seen oder Flüsse nach kalten, sternenklaren Nächten im Licht der aufgehenden Sonne dampfen, verwandeln sich die Szenen aus Bäumen und Wasser in Traumwelten. (Wie Sie solche Bedingungen voraussagen können, erfahren Sie in Abschnitt 9.4.8 »Dampfendes Wasser« ab Seite 189.) Aber auch sich im Wasser spiegelnde Bäume haben als Motiv ihren Reiz.

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Entlang von Flüssen kommt es während regenreicher Zeiten auch hin und wieder zu Überschwemmungen. Dann befinden sich Bäume im Wasser, die normalerweise auf dem Trockenen stehen. So konnte ich Anfang 2021, als große Teile der Rheinauen unter dem Wasser verschwanden, mystische Aufnahmen von einem Weidenbestand machen, der unter Wasser stand. Manchmal ist es Glück, wenn man solche Momente erlebt, die sich in gewisser Weise von dem abheben, was man sonst so kennt. Mit der Voraussage geeigneter und außergewöhnlicher Wetterbedingungen können sie Ihr Glück aber beeinflussen. Wenn Sie Ihre Umgebung gut kennen, lässt sich mit der Zeit immer besser einschätzen, wo es wann zu besonderen Momenten kommen könnte.

Eine Kiefer wächst auf einer kleinen Insel inmitten eines Sees in einem Naturschutzgebiet in den Niederlanden. Sie spiegelt sich im Wasser und verdoppelt so ihre Schönheit. 50 mm, 1/50 s, f/8, ISO 100.

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Diese Kopfweiden haben bei einer Überschwemmung nasse Füße bekommen. Bei Sonnenaufgang stieg Wasserdampf auf und sorgte für eine gespenstische ­Stimmung. 36 mm, 1/4 s, f/11, ISO 100. 

Der Eibsee bei Garmisch-Partenkirchen und der Hintersee in Berchtesgaden sind prominente Beispiele für Seen, in denen Bäume im Wasser wachsen. In den Niederlanden gibt es mehrere Seen, an denen man diese schönen Motive einfangen kann, u. a. im Naturschutzgebiet »Oisterwijkse Bossen en Vennen«.

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6.2.2

Wälder mit Wasserfällen und Bächen

Auch fließendes oder herabstürzendes Wasser kann im Zusammenspiel mit dem Wald eine schöne Kombination ergeben. Experimentieren Sie mit Belichtungszeiten, um das Wasser mal ruhig fließend oder mal wild und lebendig darzustellen. Zur Verlängerung der Belichtungszeit können Sie tagsüber einen Graufilter verwenden. Wenn sich die Blätter der Bäume im Wind bewegen, müssen Sie sich, um diese scharf abzubilden, in puncto Belichtungszeit an die sich bewegenden Bildteile anpassen und kurz belichten oder mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungszeiten von Wasser und Waldumgebung machen und diese später in der Bildbearbeitung so miteinander vereinen, dass die jeweils scharfen Bildteile abgebildet sind. 6.2.3

Wälder mit Felsen

Felsen im Wald sind immer eine schöne Abwechslung zu rein pflanzendominierten Wäldern. Man kann sie je nach Größe und Form als Teil einer Komposition in das Bild integrieren oder auch zum Hauptobjekt machen. Größere Felsen lassen sich mit einem Weitwinkel­ob­jek­ tiv eindrucksvoll in Szene setzen, kleinere Steine oder Felsen können als Vordergrund dienen. Man kann beispielsweise versuchen, die Felsen auf dem Waldboden perspektivisch so anzuordnen, dass sie den Betrachter in die Szene führen. Bemooste Steine oder solche mit interessanten Färbungen eignen sich hierfür besonders. Es ist aber nicht immer ganz einfach, Felsen wirkungsvoll in ein Bild einzubauen. Manchmal sind Felsen einfach zu wuchtig, erschlagen den Betrachter und lassen nur noch wenig Platz für den Wald im Bild. Wenn es die Licht-, Wetter- und Standortbedingungen zulassen, kann man in diesem Fall eine Panoramaaufnahme erwägen. Es gibt Stellen, an denen viele kleine Felsen im Wald liegen, sodass dort Bäume nicht mehr Fuß fassen können. Eine Blockschutthalde mag auf den ersten Blick interessant aussehen, für ein ansprechendes Bild ist sie aber in der Regel nur dann geeignet, wenn sich das Auge auch an vertikalen Linien festhalten kann. Suchen Sie daher nach Stellen, wo Bäume oder auch Sträucher aus den Felsen herausragen.

Der Trusetaler Wasserfall im Thüringer Wald fügt sich harmonisch in eine W ­ aldszenerie ein. 65 mm, 1 s, f/14, ISO 50.

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In dieser Aufnahme wird die Massivität der Felsen deutlich. Sie werden hier zum Hauptobjekt, der Wald ist schmückendes Beiwerk. Diese Felsgruppe im hessischen Odenwald war so groß und die Möglichkeiten, sie von weiter weg aufzunehmen, beschränkt, sodass ich mich entschied, eine Panoramaaufnahme anzufertigen. Dafür wurden drei Bilder verarbeitet. 24 mm, 1/8 s, f/8, ISO 500.

Felsen im Wald sind auch im Winter lohnende Motive. Gerade wenn etwas Schnee gefallen ist, sind die Schwarz-Weiß-Kontraste besonders eindrucksvoll. Dort, wo kein oder wenig Schnee den Felsen und die Baumstämme bedeckt, bleiben die dunklen Stellen sichtbar und bilden einen faszinierenden Kontrast zwischen Hell und Dunkel. Wenn es geregnet hat und/oder Sonnenlicht in den Wald fällt, entstehen durch die Feuchtigkeit oft Reflexionen auf den Felsen. Daher empfehle ich für diesen Fall, einen Polfilter einzusetzen.

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Felsenbestückte Wälder finden Sie u. a. in Deutschland im Pfälzerwald und in der Sächsischen Schweiz. Auch das Fichtelgebirge und der Bayerische Wald sind für ihre felsigen Wälder bekannt. Im Vorderen Odenwald in Hessen gibt es in den Wäldern Felsansammlungen und kleine oder größere Gesteinsbrocken, die häufig eine Symbiose mit den Bäumen eingehen. Diese Region wird auch »Kristalliner Odenwald« genannt. Ein in tiefen Erdschichten liegendes Gebirge wurde über Jahrmillionen von den oberen Bodenschichten befreit

Die Felsen führen vom Vordergrund in den Hintergrund des Bildes, dorthin, wo Licht den Wald durchdringt. 24 mm, 1/3 s, f/8, ISO 200.

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und kam Stück für Stück zum Vorschein. Durch ­Verwitterung bildeten sich die typischen Felsformationen heraus. Das »Felsenmeer« im Lautertal zählt wohl zu den bekanntesten Orten mit Felsforma­tionen im Odenwald, doch auch an vielen anderen Stellen findet man pittoreske Steingebilde in den Wäldern. Ein besonderes Wald-Fels-Erlebnis bietet das Felsenmeer im Wald von Huelgoat in Frankreich. Es ist der »Zauberwald« der Bretagne und er liegt im Naturschutzgebiet »Parc naturel regional d’Armorique« im französischen Departement Finisterre. Verwunschene Grotten und Schluchten mit großen Felsen in Kombination mit alten Bäumen zeichnen dieses Gebiet aus. Durch die Mullerthal-Region in der Luxemburgischen Schweiz windet sich ein 112  Kilometer langer Wandersteig, auf dem man schroffe Felsen, Felsspalten, Wasserfälle und Symbiosen von Bäumen und Felsen auf die Speicherkarte bannen kann. Die Blätter der Eichen am Waldrand bilden einen malerischen Rahmen für die Sonnenuntergangsszene an der Hessischen Bergstraße. In Ermangelung einer Kamera habe ich dieses Bild bei einem Herbstspaziergang mit meinem Smartphone aufgenommen.

6.2.4

Aus dem Wald in die Landschaft fotografieren 

Das Blätterwerk und die Stämme der Bäume am Waldrand können auch einen wunderbaren Rahmen bilden, wenn wir vom Wald hinaus in eine Landschaft schauen. 6.2.5

Dieser Baum ist mit den Felsen eine Symbiose eingegangen. Das Ensemble konnte ich in dichtem Schneetreiben aufnehmen, bei dem sich auch Nebel entwickelte. 24 mm, 13 s, f/5,6, ISO 100.

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Tiere im Wald 

Gerade wenn man in den frühen Morgenstunden oder in der Dämmerung im Wald unterwegs ist, kann es vorkommen, dass Tiere vor die Linse springen. Man kann sich aber auch ganz gezielt auf die Lauer legen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum Wald zu fotografieren. Bei meinen Touren durch deutsche Wälder war das Reh eindeutig mein meistgesehenes und fotografiertes Tier. Gerade auf Waldlichtungen oder wenn Rehe oder Hirsche Wege kreuzen, können dann besonders schöne Aufnahmen entstehen. Auch Wildschweine, Füchse, Dachse, Hasen, Eichhörnchen, Mäuse und diverse Vogelarten sind mir schon begegnet, in Hutewäldern auch Schafe, Ziegen oder Kühe. Um schnell genug auf diese Situa­ tionen reagieren zu können, kann man in seiner Kamera eine Einstellung hinterlegen, bei der man eine möglichst kurze Belichtungszeit und den Automatikmodus wählt.

Wenn in Finnland die Tage so lang sind, dass die Dunkelheit der Nacht nur wenige Stunden andauert, kann man Braunbären besonders gut in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Hier kam gegen Abend ein mächtiger Bär aus den Wäldern an der russisch-finnischen Grenze. 600 mm, 1/640 s, f/7,1, ISO 200.

Schnecken, Spinnen, Amphibien und andere kleine Tiere können als Motive für Makroaufnahmen dienen. Mittlerweile gibt es in Deutschlands Wäldern auch die Gelegenheit, Luchse und Wölfe zu fotografieren. Wer die letzten Rückzugsgebiete der Braunbären in den Karpaten, in Russland, Finnland, Schweden, Norwegen etc. aufsucht, kann mit etwas Glück das größte landlebende Tier Europas vor die Linse bekommen. Wenn man seinem Glück auf die Sprünge helfen will, kann man sich geführten Fototouren anschließen, deren Guides Erfahrung und Ortskenntnis beim Aufspüren von diesen eindrucksvollen Tieren haben, oder sich für eine Nacht in einen Verschlag legen. Diese Möglichkeit bieten z. B. diverse Anbieter an der finnisch-russischen Grenze an. Bei einem Sommerurlaub in Finnland legte ich mich für eine Nacht in einen engen Verschlag, um Braunbären und Wölfe in ihrem Lebensraum beobachten und fotografieren zu können. Diese Nacht war ein aufregendes Erlebnis, das mich nachhaltig beeindruckt hat. Die Bären kamen teilweise so nah an meinem Versteck vorbei, dass ich im Sucher meiner Kamera ein paar Mal nur Fell statt den ganzen Bären sah.

Eine Gruppe von Damhirschen traut sich in den frühen Morgenstunden auf eine Waldlichtung. 190 mm, 0,6 s, f/8, ISO 100.

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Hier experimentierte ich in einer Allee aus unterschiedlich alten Bäumen mit einer seitlichen und etwas tieferen Perspektive. Die Rindenstrukturen des alten Baumes im Vordergrund hatten es mir angetan. So nahm ich ihn als Ausgangspunkt für meine Komposition und ließ die Linie von links unten nach rechts laufen. 116 mm, 4 s, f/13, ISO 100.

6.2.6

Alleen

Alleen bieten aufgrund ihrer zentralen Perspektive großartige Motive. Sie sind zwar keine Wälder im eigentlichen Sinne, sondern Anpflanzungen von Einzelbäumen entlang von Wegen oder Straßen; da sie aber aus Bäumen – unseren Protagonisten in der Waldfotografie – bestehen, möchte ich hier auf Besonderheiten der Fotografie dieses Motivs eingehen. In Alleen bilden Blattwerk und Zweige einen fotogenen Tunnel, flankiert von dunklen Stämmen, die man als natürlichen Rahmen verwenden kann. Sehr alte Alleen beeindrucken zusätzlich durch ihre Mächtigkeit. Meistens werden Alleen in einer einzigen Baumart gepflanzt. Je nachdem, welche Baumart Sie vor sich haben, können Sie durch die Wahl der Jahreszeit die Schönheit und Einzigartigkeit Ihrer Aufnahmen steigern. So bestechen Birkenalleen durch ihr zartes Blattgrün im Frühling. Rosskastanien-Alleen sind in ihrer Blütezeit (Mai bis Juni) sehr eindrucksvoll, wenn die rosa-weißen Blüten das Grün der Blät-

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ter mit schönen Farbtupfern versehen. Die meisten anderen Baumarten haben besondere Strahlkraft, wenn sich ihre Blätter im Herbst bunt verfärben. Unbelaubte Bäume in verträumter Winterstimmung verleihen den Bildern eine gewisse Melancholie. Bei A ­ lleen mit unterschiedlichen Baumarten lassen sich auch die verschiedenen Rindenstrukturen schön in Szene setzen. Wie schon im Wald hilft Nebel auch bei der Darstellung von Alleen sehr, um verträumte oder verwunschene Aufnahmen zu kreieren. Ich verwende beim Fotografieren von Alleen bevorzugt Teleobjektive bzw. lange Brennweiten (50 bis 200 mm). Die Bäume rücken durch den verengten Blick optisch etwas näher zusammen. Sie können so auch unerwünschte lichte Bereiche ausblenden. Beim Einsatz von Weitwinkeln hat man meistens den Effekt, dass die Bäume in der Nähe übergroß, die Bäume dahinter dann sehr klein wirken. Die Brennweite muss in Abhängigkeit von Ihrem Standort und der Tiefe

der Allee gewählt werden und selbstverständlich auch davon, welcher Baum Ausgangspunkt Ihrer Komposition ist. Mit zunehmender Brennweite verringert sich der Schärfebereich. Je größer die Brennweite, umso weniger Tiefenschärfe hat das Bild. Insofern kann man auch ein Focus Stacking in Betracht ziehen, wenn eine große Tiefenschärfe gewünscht ist. Die zentrale Perspektive bietet sich bei Alleen an, aber man kann diese selbstverständlich auch aus einem anderen Blickwinkel heraus fotografieren, indem man sich etwas mehr rechts oder links des Wegs platziert und die Allee nach schräg links bzw. rechts in die Bildtiefe laufen lässt. Auch vom Boden aus – eventuell mit einem kleinen Blickfänger wie einem Blatt im Vordergrund – lassen sich diese wunderbaren Baumreihen in Szene setzen. Und wer die Allee nicht unbedingt als Stillleben wiedergeben möchte, kann auch Personen, die zu Fuß oder auf Fahrrädern vorbeikommen, in sein Bild integrieren. Diese zufälligen Momente können den Bildern eine hohe Authentizität verleihen und auch deutlich machen, wie groß die Bäume im Vergleich zu den Menschen sind. Ganz besonders hübsch finde ich persönlich, wenn Alleen entlang von Wegen anstatt von Straßen stehen. Sie haben etwas Intimeres, Heimeliges an sich, gerade wenn es enge Wege sind. Während in manchen Landstrichen Alleen höchstens noch eine Einzelerscheinung sind, gibt es sie andernorts noch zuhauf. So findet man sie z. B. in den Niederlanden und in Norddeutschland an vielen Orten. Sie sind auch zuweilen innerhalb von Wäldern zu finden, wie z. B. im holländischen Nationalpark Veluwezoom in der Provinz Gelderland. Sie sind dort Teil einer historischen Gartenund Parkanlage, welche die Barone und Prinzen des Hofes von Dieren im 17. und 18. Jahrhundert schufen. Die sehr alten Alleen bieten fantastische Kompositionsmöglichkeiten. Näheres zum Aufspüren dieser Alleen finden Sie in Kapitel 9 »Planung und Wetter­vorhersage« ab Seite 165. Neben einer größeren Alleenstraße entdeckte ich in der Nähe der Stadt Arnhem in den ­Niederlanden eine Alleenanlage, die offenbar nicht mehr als Weg genutzt wurde und mit frischem Gras bewachsen war. 105 mm, 1/40 s, f/8, ISO 320.

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6.2.7

Baumrindenstrukturen

Bäume weisen je nach Art und Alter unterschiedliche Rindenstrukturen auf. Die Rinde ist die schützende Hülle und zugleich ein wesentliches Charaktermerkmal eines Baumes. Während Buchen im jüngeren und mittleren Alter eine glatte Rinde haben, zeigen sich z. B. Eichen oder diverse Nadelbäume von ihrer rissigen oder rauen Seite. Andere sind geschuppt, blättern ab, sind fein- oder grobrissig, haben eine harte oder weiche Rinde. Jede Baumart besitzt ihre eigenen Baumrindenmerkmale und kann in den meisten Fällen allein durch deren Begutachtung bestimmt werden.  Je älter Bäume werden, desto furchiger und ausdrucksvoller zeigt sich ihre Rinde. Auch die Farben verändern sich je nach Alter und

auch nach Standort. In Wäldern, wo eine Baumart vorherrschend ist, heben sich andersartige Baumarten besonders gut durch ihre Rindenstruktur ab. Das kann z. B. eine Buche in einem Fichtenwald sein oder eine Kiefer in einem Buchenwald. So betonen rissige Rinden von Einzelexemplaren in einem Wald mit Bäumen, die eine glatte Rinde haben, deren Andersartigkeit. Versuchen Sie einmal, diese Unterschiede in Bildern herauszustellen. Rinden können natürlich auch als Einzelmotiv in einer Nahaufnahme festgehalten werden. In Kapitel 2 »Wald ist nicht gleich Wald« (ab Seite 17) werden die Rinden der verschiedenen Baumarten vorgestellt.

In diesem fast reinen Buchenwald fielen mir zwei Eichen auf, die sich im Winterwald stark von der glatten Rinde der Buchen abhoben. Ich machte die mir am nächsten stehende Eiche zum Protagonisten des Bildes und akzentuierte ihre rissige Borke, die im Abendlicht besonders gut zur Geltung kam. 18 mm, 1/6 s, f/11, ISO 100.

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Diese Bäume in den Höhenlagen der Rhön wachsen am Waldrand und haben genügend Platz, um ihre Äste weit in die Landschaft zu strecken. 24 mm, 1/8 s, f/14, ISO 100.

6.2.8 .

Zum Licht gewachsene Bäume

Da sich Bäume dorthin richten, wo sie das meiste Licht bekommen, wachsen sie an Waldrändern, Lichtungen oder Wegen zum Licht und breiten so ihre »Arme« aus. Auf Wegen können so heimelige Hohlwe-

ge entstehen, an Waldrändern wachsen sie häufig im Bogen. Dieses Phänomen lässt sich in fast jedem Wald beobachten, besonders ausgeprägt ist es an Waldrändern.

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Einzelbäume Bäume sind für mich immer die eindringlichsten Prediger gewesen. Ich verehre sie, wenn sie in Völkern und Familien leben, in Wäldern und Hainen. Und noch mehr verehre ich sie, wenn sie einzeln stehen. Sie sind wie Einsame. Nicht wie Einsiedler, welche aus irgendeiner Schwäche sich davongestohlen haben, sondern wie große, vereinsamte Menschen, wie Beethoven und Nietzsche. In ihren Wipfeln rauscht die Welt, ihre Wurzeln ruhen im Unendlichen; allein sie verlieren sich nicht darin, sondern erstreben mit aller Kraft ihres Lebens nur das Eine: ihr eigenes, in ihnen wohnendes Gesetz zu erfüllen, ihre eigene Gestalt auszubauen, sich selbst darzustellen. Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum.  Hermann Hesse

70 mm, 1,6 s, f/11, ISO 200

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In den hügeligen Landschaften der Mittelgebirge, wie z. B. dem Schwarzwald oder Odenwald, sieht man eindrucksvolle Solitäre auf Wiesen und Feldern, die Wind und Wetter trotzen. 165 mm, 1/80 s, f/11, ISO 100.

Diese Stieleiche zählt zu den größten und ältesten Bäumen im Odenwald. Unter ihr soll schon Napoleon mit seinen Truppen gelagert haben, als er mit seinen Soldaten 1813 von den Russen zurückgetrieben wurde. 15 mm, 1/160 s, f/16, ISO 100.

Dieser Text von Hermann Hesse drückt in poetischen Worten aus, was ich fühle, wenn ich vor einem eindrucksvollen Einzelbaum stehe. Mich beeindruckt die enorme Widerstandsfähigkeit und Kraft dieser Bäume. Viele von ihnen kämpfen über Jahrhunderte ums Überleben und finden immer wieder Wege, ihren Lebenssaft in neue Äste, Zweige oder gar Stämme fließen zu lassen. Selbst wenn große Äste abbrechen, ein Blitz in sie einschlägt oder der Mensch ihr Wurzelwerk mit Maschinen verletzt: Sie geben nicht auf. Auch wenn man bei einzeln stehenden Bäumen in der Landschaft nicht von »Wald« sprechen kann, so will ich hier doch auf die fotografische Darstellung von Solitären eingehen.  Leider werden Solitärbäume in unseren Landschaften immer seltener. Die Intensivierung der Landwirtschaft, bei der einzelne Bäume für die Bewirtschaftung als störend wahrgenommen wurden, hat vor allem dazu beigetragen, dass immer mehr einzeln stehende Bäume verschwunden sind. Je größer die Felder wurden, desto mehr Bäume mussten weichen. Da mittlerweile aus Forschung und Wissenschaft bekannt ist, wie einzelne Bäume, Baumreihen oder auch Sträucher das Mikroklima im Boden und die Nährstoff- und Wasserversorgung auf Feldern erheblich verbessern sowie den Ertrag erhöhen, findet mittlerweile an einigen Stellen ein Umdenken statt und es wird mit Agroforstkonzepten experimentiert. Es bleibt zu hoffen, dass sich

diese Konzepte nach und nach durchsetzen – nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern weil wir Fotografen dann auf Feld und Flur auch wieder mehr interessante Motive in Form von Einzelbäumen und Baumreihen finden können. Solitärbäume fallen durch eine gewisse Größe, ihr betagtes Alter, besonderen Wuchs und/oder durch ihre Anmut auf. Abseits des Waldes können sie sich in alle Himmelsrichtungen ungestört ausbreiten und besondere Wuchsformen sowie große Kronen ausbilden. Hier stehen sie erhaben auf Anhöhen, dort wachsen sie auf steilen Hängen oder in Tälern. Einst Einzelkämpfer, werden sie an manchen Stellen wieder von anderen Bäumen begleitet und so Teil eines Waldes. Eindrucksvoll sind auch solche Einzelexemplare, die sich durch ihre besondere Gestalt auszeichnen. Manche nehmen sogar menschen- oder tierähnliche Formen an. Mit diesen »Baumwesen« können wir uns identifizieren; sie üben eine besondere Faszination auf uns aus und regen unsere Fantasie an. Manche scheinen laufen zu können, Augen zu besitzen oder fliegen zu können. Man findet sie häufig dort, wo Wind und Wetter die Bäume prägen: an Waldrändern oder in lichten Wäldern. Ein Exemplar dieser Art sehen Sie im Vorwort dieses Buches abgebildet. Für Einzelbaumdarstellungen eignen sich auch solche Bäume, die wahre Überlebenskünstler sind. Sie wachsen z. B. auf Felsen, an Stellen, die Bäumen scheinbar keine

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Dieser kleine anmutige Baum, der sich bei genauerem Hinsehen als Haselnussstrauch bzw. -baum entpuppte, fiel mir bei heftigem Schneefall auf einer Waldlichtung ins Auge. 52 mm, 1/10 s, f/8, ISO 80.

Überlebensmöglichkeit lassen, und doch schaffen sie es, Zugang zu Nährstoffen und Wasser zu finden. Ein einzeln stehender Baum muss nicht groß sein, um der Protagonist eines Bildes zu werden. Manchmal sind es auch die unscheinbaren Bäume, die durch eine gewisse Anmut ein reizvolles Motiv abgeben. Große Einzelbäume eindrucksvoll in Szene zu setzen, ist nicht immer ganz einfach. Sie sehen beeindruckend und riesengroß aus, wenn man vor ihnen steht; doch auf einem Bild wirken sie dann oft gar nicht mehr so mächtig. Um die Größenverhältnisse deutlich zu machen, kann man eine Person oder auch Tiere im Bild platzieren.

Als sich 2020 der Komet Neowise einige Wochen in den Sommermonaten am Himmel befand, konnte ich eine Eiche auf einer kleinen Erhebung im Odenwald in Relation zu mir selbst und zum Kometen setzen. Ich stehe auf gleicher Höhe wie der Baum. Seine Größe wird erst durch diesen Vergleich ersichtlich (siehe Seite 122). Baumgruppen von einzeln stehenden Bäumen sind ebenfalls lohnende Motive. Die Herausforderung liegt hier im Arrangement bzw. der Komposition. Bei der auf Seite 123 dargestellten Baumgruppe habe ich versucht, eine Balance dadurch herzustellen, dass ich meinen Standort so aussuchte, dass die Einzelbäume in jeweils ähnlichem Abstand zueinander standen. Das Bild teilt sich auch in

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Diese Aufnahme verlangte einiges an sportlicher Ausdauer von mir, da ich bei e­ ingeschaltetem Selbstauslöser ab dem Drücken des Auslösers nur 20 Sekunden Zeit hatte, um von der Kamera bis zum Baum und unter dem Kometen zum Stehen zu k­ ommen. Bei den meisten Versuchen war von mir nur ein verschwommener Schatten zu sehen, der sich durch das Bild bewegt. 50 mm, 6 s, f/2,8, ISO 4000. 

zwei Ebenen auf: in eine Zweiergruppe im Vordergrund sowie eine Dreiergruppe im Hintergrund. Das Vorhandensein von Nebel ist hier – ebenso wie bei der Fotografie von Wäldern – hilfreich, um die Einzelexemplare vom Hintergrund abzuheben und Elemente wie Straßen oder Zäune sanft einzuhüllen, welche die Bildwirkung stören könnten. Daher bevorzuge ich die frühen Morgenstunden, wenn Nebel in den Tälern liegt, um Baumveteranen oder auch jüngere, einzeln stehende Bäume wirkungsvoll einzufangen. Eine von mir liebgewonnene Eiche, die ich 2020 durch eine Spendenaktion vor der Fällung bewahren konnte, ist eines meiner liebsten Motive im Odenwald. Sie steht an einer Geländekante und ist starken Winden sowie Trockenheit im Sommer und Schneelast im Winter ausgesetzt. Durch ihre exponierte Lage war sie schon Ziel eines Blitzes, der sie stark schädigte. Wann immer man unter ihr steht, hört man Vögel singen, die den Baum als Rastplatz aufsuchen. Im Frühjahr wird sie oft von Maikäfer-Scharen aufgesucht, die nach ei-

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nem Festmahl nur wenige Blätter übrig lassen. Ihre Wurzeln werden an einer Seite von einem asphaltierten Weg beeinträchtigt. Die Widrigkeiten, mit denen diese Eiche zu kämpfen hat, sind vielfältig, und doch hat sie nie aufgegeben und steht noch heute. Solche Bäume eignen sich im Besonderen für Aufnahmen zu den verschiedenen Jahres- oder Tageszeiten. So wie man von einem Menschen Por­ träts aus verschiedenen Blickwinkeln und Ansichten machen kann, so lässt sich auch ein Baum in all seiner Schönheit, Einzigartigkeit und in wechselnden Stimmungen porträtieren. Je nach Wetterlage, Jahres- oder Tageszeit erscheint er in einem anderen Kleid und vermittelt verschiedene Stimmungen (siehe Seite 124). Die beste Art, diese beeindruckenden Einzelexemplare zu entdecken, ist es, mit offenen Augen durch Wald und Flur zu gehen. Immer wieder finde ich auf meinen Touren beeindruckende Bäume, die nirgendwo beschrieben wurden.  Wenn Sie dazu nicht die Zeit haben, können Sie auf der Webseite »Baumkunde« auf eine große Datenbank von alten Bäumen und

Diese Gruppe von Solitären steht auf einer Hochebene auf der Insel Madeira. Jeder einzelne Baum hat eine ganz eigene, besondere Wuchsform. 24 mm, 1/25 s, f/8, ISO 100.

Naturdenkmälern zurückgreifen. Sie finden dort genaue Informationen zu Standort, Alter und Besonderheiten von alten Bäumen in allen deutschen Bundesländern. Über eine Suchmaske lassen sich die Bäume nach Baumart, Bundesland und Ort ermitteln (https://www. baumkunde.de/baumregister/). Wer nach einer bestimmten Baumart sucht, kann diese in der Suchmaske anklicken und bekommt dann die Baumveteranen in dieser Kategorie angezeigt. Im Forum können Sie selbst besondere Bäume vorstellen. Eine weitere hilfreiche Webseite zur Ermittlung alter und einzigartiger Bäume ist https://www.monumentaltrees.com/de/. Hier können Sie Bäume auf der ganzen Welt mithilfe verschiedener Parameter suchen (Land, Art, Umfang, Länge etc.). Sie können dort auch selbst Bäume einstellen, wenn Sie ein Benutzerkonto erstellen. Wer ein Faible für alte Eichen hat, dem sei das Buch »Riesige Eichen. Baumpersönlichkeiten und ihre Geschichten« von Jeroen Pater empfohlen. Darin finden Sie ausführliche Beschreibungen zu Geschichte, Alter und Eigenarten der Eichen. Auch GPS-Daten zur genauen Lokalisierung sind für jeden beschriebenen Baum hinterlegt. 

Es gibt einige besonders herausragende Landschaften, in denen Sie alte oder auch jüngere Einzelbäume besonders gut fotografieren können. Dazu zählen unter anderem die Höhenlagen der deutschen Mittelgebirge. Dort werden Sie das ein oder andere vom Wind geformte Exemplar finden. Außerdem bieten sich sämtliche Flusslandschaften an, in denen alte Bäume entlang der Flusstäler wachsen, wie z. B. das Biosphärenreservat Mittelelbe in Sachsen-Anhalt oder die Flusslandschaften entlang des Rheins. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gerade in Schutzgebieten entlang der Flüsse besonders schöne und viele Exemplare von Einzelbäumen gibt. Auch Feuchtgebiete, in denen Einzelbäume wachsen, eignen sich für solche Aufnahmen. Das Rote Moor und das Schwarze Moor in der Rhön werden Sie diesbezüglich bei passender Wetterlage nicht enttäuschen. Auch auf einer Hochfläche zwischen Deutschland und ­Belgien, dem »Hohen Venn«, ragen einzelne Bäume eindrucksvoll in die Landschaft. Über Google Maps können Sie größere, einzeln stehende Exemplare ausfindig machen und dann vor Ort feststellen, ob sich diese Bäume für stimmungsvolle Aufnahmen eignen.

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Hier sehen Sie ein und dieselbe Eiche aus unterschiedlichen Blickwinkeln, zu verschiedenen Wetterlagen sowie wechselnden Tages- und Jahreszeiten.

Sommer, Dämmerung. 65 mm, 1,6 s, f/13, ISO 100.

Herbst. 80 mm, 1/40 s, f/16, ISO 100.

Frühling. 90 mm, 1/1000 s, f/10, ISO 100.

Winter. 35 mm, 1/50 s, f/11, ISO 100.

Nacht. 13 mm, 13 s, f/5,6, ISO 640.

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Sonnenaufgang. 18 mm, 1/20 s, f/16, ISO 100.

  In einem Naturschutzgebiet in der Rhein-Main-Ebene wachsen ­stattliche Bäume auf Feuchtwiesen, über denen sich in wolkenfreien Nächten häufig ­Nebel bilden. Die Kombination von aufgehender Sonne und aufsteigendem Nebel verleiht der Szene eine besondere ­Ausstrahlung. 135 mm, 1/125 s, f/13, ISO 100.

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7 Komposition und Bild­ gestaltung Jedes Kunstwerk entsteht technisch so, wie der Kosmos entstand – durch Katastrophen, die aus dem chaotischen Gebrüll der Instrumente zum Schluss eine Symphonie bilden, die Sphärenmusik heißt. Werkschöpfung ist W ­ eltschöpfung. Wassily Kandinsky

29 mm, 2 s, f/10, ISO 100

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Der Wald ist ein Lebensraum, in dem es keine echte Ordnung gibt. Bäume stehen dort, wo der Mutterbaum seine Samen abgeworfen oder der Wind diese hingetragen hat. Daher herrscht im Wald auf den ersten Blick oft ein Durcheinander an stehenden und liegenden Bäumen sowie an Baumstümpfen und Gewächsen aller Art. Gepflanzte Wälder, wie die in Deutschland häufig vorkommenden Fichten-Monokulturen, weisen mehr Symmetrien auf und erleichtern es uns Fotografen ein wenig, Kompositionen zu finden. Allerdings besteht hier die Herausforderung darin, einen Blickpunkt zu finden, der das Bild dann auch zu etwas Besonderem macht. Ihre Aufnahme wird Ihnen genau das zeigen, was Sie aufgenommen haben. Da unsere Augen meist das Besondere sehen und unwichtige Bildteile einfach ausblenden, kann es passieren, dass Sie, wenn Sie im Wald stehen, von einer Szene völlig begeistert sind – um dann zu Hause bei genauerem Hinsehen festzustellen, dass sich die Bäume auf Ihrem Bild gar nicht richtig voneinander abheben, die Aufnahme überladen oder unstrukturiert wirkt. Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Waldfotografie, Kompositionen ausfindig zu machen, die Ausgeglichenheit vermitteln und den Betrachter einladen, in die Welt des Waldes einzutauchen. Es gilt, mithilfe des Bildaufbaus Ordnung in eine Szene aus stehenden und umgefallenen Bäumen, wildem Pflanzenbewuchs, hervorstehenden Wurzeln oder verstreuten Gesteinsbrocken zu bringen. Ein gelungener Bildaufbau kann dem Bild Tiefe verleihen oder den Blick auf bestimmte Bildbereiche lenken. Für den künstlerischen Aufbau von Bildern – ganz gleich, ob in der Malerei oder in der Fotografie – gibt es bestimmte Grundregeln, die zu einer gewissen Harmonie, Struktur und Augenfälligkeit verhelfen können. Diese können wir auch bei der Waldfotografie anwenden. Sie dienen aber lediglich als Hilfsmittel, denn eine Bildkomposition ist viel mehr als das Beachten von Regeln oder das Platzieren von Objekten entlang gedachter Linien. In diesem Kapitel möchte ich Ihnen meine Herangehensweise an die Bildgestaltung näherbringen. Auf der Suche nach beeindruckenden Szenen und eingängigen Kompositionen orientiere ich mich an Grundregeln der Fotografie bzw. Malerei, die ich aber je nach Situation verändere oder auch hin und wieder gänzlich über den Haufen werfe. Es gibt z. B. Lichtsituationen, die so beeindruckend sind, dass die Komposition zweitrangig wird und man sich nur darauf konzen­ triert, die Stimmung festzuhalten. Bei der Kompositionsfindung ist es sinnvoll, verschiedene Positionen auszuprobieren: Ein leicht veränderter Blickwinkel, ein kleiner Schritt nach rechts oder links, eine Perspektive im Sitzen oder

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Stehen machen einen enormen Unterschied bei der Bildgestaltung aus. Stellen Sie Ihr Stativ mal hoch, mal tief ein und experimentieren damit. Lassen Sie sich für die Motivauswahl und die Bildgestaltung ausreichend Zeit. Ich möchte mich zunächst mit Ihnen in den Wald begeben und dort nach Bildkompositionen suchen. Da der Wald aber auch von außen ein lohnendes Motiv ist, werden wir diesen Perspektivwechsel anschließend thematisieren.

7.1 7.1.1

Wald-Innenansichten Drittelregel und Goldener Schnitt

Die sogenannte Drittelregel beschreibt eine der zentralen Bildgestaltungsmöglichkeiten. Dabei schneidet man das Bild gedanklich sowohl horizontal als auch vertikal in je drei gleich große Teile und platziert wichtige Elemente an den Schnittpunkten beziehungsweise entlang der Linien. Dadurch können der Aufbau und das Gleichgewicht des Bildes verbessert werden. Zur Veranschaulichung der Regeln habe ich die gedachten Linien in den Beispielbildern eingezeichnet.

Die bemooste Wurzel des linken Baumes befindet sich auf der unteren ­horizontalen Linie, dessen Stamm wächst entlang der linken vertikalen Linie. Der »Horizont« verläuft auf der oberen horizontalen Linie. Der linke Baum befindet sich zwar nicht genau auf der rechten Linie, doch der linke Baum gibt dem Bild die nötige Stabilität. Er »wiegt« zudem schwerer. Für die Balance des Bildes ist es durchaus zweckmäßig, dass der linke Baum etwas weiter rechts steht.

Diese Süntelbuche eignete sich für eine Darstellung im Goldenen Schnitt. Der eindrucksvolle Stamm des Baumes führt entlang der rechten v­ ertikalen Gitternetzlinie und trifft auf der Kreuzung mit der oberen h ­ orizontalen Linie auf zwei starke Äste, die dort nach links abzweigen. Ein zentrales Bildelement, die bunten Blätter im Vordergrund, gruppiert sich um die Kreuzung der linken vertikalen und unteren horizontalen Linie.

Eine weitere Möglichkeit, den Bildaufbau interessant und harmonisch zu gestalten, ist der »Goldene Schnitt«. Bereits seit der Antike wurde dieses ästhetische Prinzip angewandt und seitdem von vielen Künstlern und Architekten in Kunstwerken sowie auch von Fotografen aufgegriffen. So wendete Leonardo da Vinci den Goldenen Schnitt bei seinem »Vitruvianischen Menschen« an. Beim Bau von Notre Dame in Paris oder des Doms von Florenz scheint der Goldene Schnitt ebenfalls eine Rolle gespielt zu haben. Interessant ist auch, dass dieses spezielle Verhältnis nicht nur in Kunst, Architektur und auch Mathe­ matik eine Rolle spielt; es findet sich ebenfalls in der Natur wieder – z. B. in Blütenständen oder bei der Blätteranordnung mancher Pflanzen. Beispiele dafür sind die Sonnenblume oder Kiefernnadeln an jungen Ästen. Auch bei Zapfen, einigen Kohlarten oder der Rose findet man eine Anordnung, die der Regel des Goldenen Schnitts folgt. Die Blätter oder Nadeln ordnen sich so an, dass sie im Abstand des »goldenen Winkels« wachsen. Beim Goldenen Schnitt wird das Bild wie bei der Drittelregel mit vier Linien aufgeteilt, allerdings neigen sich alle Linien zur Bildmitte. Dabei wird eine Strecke nach folgendem Verhältnis geteilt: Die Teilstrecke A verhält sich zur Teilstrecke B wie die Gesamtstrecke A + B zu A.

Oftmals entstehen solche Kompositionen von ganz allein, ohne dass man beim Fotografieren darüber nachdenkt, die eine oder andere Regel anzuwenden. Unsere natürliche Intuition führt häufig ganz von allein zu einem ausgewogenen Ganzen. Erst im Nachhinein wird uns bewusst, warum ein Bild eine besondere Ausgeglichenheit aufweist oder den Betrachter in seinen Bann zieht. Schauen Sie sich Ihre Bilder diesbezüglich einmal an und versuchen Sie herauszufinden, ob Sie instinktiv eine Regel angewandt haben. Beim nächsten Mal legen Sie dann bestimmt Ihr Augenmerk auf solche eingängigen Kompositionen und können schneller entscheiden, ob Sie durch die Anwendung der einen oder anderen Regel Ihre Fotografie bewusst strukturieren wollen. Manche Kameras sind in der Lage, dieses Raster auf dem Display oder im Sucher anzuzeigen. Das hilft sicherlich bei der Übung von Kompositionen. Damit Sie aber freier in der Bildgestaltung sind und nicht starr jedes Bild nach diesem Muster anlegen, ist es sinnvoll, das Raster von Zeit zu Zeit wieder zu deaktivieren.  7.1.2

Symmetrie und zentrierter Bildaufbau

Es wird Sie vielleicht verwundern, dass man in Bezug auf den Wald von Symmetrie sprechen kann. Zu groß erscheint häufig die augen­ scheinliche Unordnung. Selbstverständlich ist es so, dass es in Wald­ szenen keine echte Symmetrie gibt, aber es finden sich immer wieder Bildkompositionen, die einer Symmetrie doch sehr nahekommen. Ich habe eine Vorliebe dafür und versuche durch Blickwinkelveränderungen derartige Szenen ausfindig zu machen. Auch wenn man immer wieder liest oder hört, dass Bilder, in denen sich das Motiv zentral in der Mitte befindet, zu statisch oder

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Die zwei gerade stehenden Buchen im Vordergrund rahmen eine hellere im Hintergrund beinahe symmetrisch ein. Nur der schräg wachsende Baum stört die Symmetrie, er bringt aber gleichzeitig auch Spannung in das Bild. ­ 70 mm, 1/50 s, f/10, ISO 100.

Dieser mächtigen, skurril gewachsenen Buche aus dem 18. Jahrhundert räumte ich den Platz in der Mitte des Bildes ein. Durch ihre besondere Wuchsform und Einzigartigkeit war sie eindeutig der Protagonist in dieser Szene. 16 mm, 1/4 s, f/8, ISO 200.

langweilig sind, so bin ich doch überzeugt, dass dieser zentrierte Aufbau bei Waldaufnahmen besondere Ausgeglichenheit und Harmonie vermitteln kann. Bäume mit besonderer Wuchsform eignen sich beispielsweise sehr für solche mittig ausgerichteten Kompositionen. Manche Bäume sind in ihrer Erscheinung so eindrucksvoll, dass ihnen der Platz in der Mitte einfach gebührt und sie dort besonders gut zur Geltung kommen.

Alleen oder Wege eignen sich ebenfalls für zentral komponierte Fotografien. Sie strahlen durch ihre Symmetrie nicht nur Ruhe und Schönheit aus, sondern erzeugen auch Tiefe im Bild. Sie leiten den Betrachter ins Bildinnere. An solchen Aufnahmen lassen sich gleich mehrere fotografische Grundregeln zeigen, z. B. die der Linienführung.

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Der Weg in dieser Allee im Rhein-Main-Gebiet bildet rechts und links gerade Linien, die in die Bildmitte führen. Als ob wir Teil der Szenerie sind, können wir unseren Blick entlang der Bäume streifen lassen und in der Bildmitte in einen Bereich eintauchen, der im Ungewissen liegt. 78 mm, 1/15 s, f/10, ISO 100.

7.1.3

Linienführung

Eine einfache Möglichkeit, mit der man Tiefe und Dreidimensionalität im Bild erzeugen oder den Blick auf bestimmte Bildbereiche lenken kann, ist das Integrieren von Linien. Vertikale, horizontale und diagonale Linien finden sich überall in der Natur und ganz besonders im Wald. So können z. B. umgefallene Baumstämme, Totholz oder Kanten an Felsen ins Bildinnere führen. Waldwege eignen sich hierfür perfekt, aber auch Bachläufe und in Reihen gepflanzte Bäume im Wald oder an Straßen. Alleen lenken den Blick wie durch einen Tunnel in die Bildmitte. Entlang der Linien kann der Betrachter die

einzelnen Bäume, ihre Stämme und das Blattwerk betrachten und in das Bild eintauchen. Führende Linien müssen aber nicht immer gerade verlaufen. Ein geschwungener Weg oder ein gebogener toter Ast am Boden kann dem Bild gleichermaßen Tiefe verleihen und zusätzlich das Bild um ein interessantes Motiv erweitern.

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Das Bild einer Buche, die ich E­ lefantenbaum genannt habe, zeigt anschaulich, wie durch die Linienführung des toten Astes im Vordergrund Tiefe entsteht. Das moosbewachsene Totholz weist auf das Hauptmotiv hin und führt die Diagonale weiter. 24 mm, 1/13 s, f/16, ISO 800. 

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Die mit Moos überdeckte Felslawine in einem herbstlichen Buchenwald macht zunächst Eindruck und verlangt danach, festgehalten zu werden. Um aber eine ausgewogene Komposition zwischen Felsen, Bäumen und Totholz zu finden, müssen wir gegebenenfalls mehrere Standorte ausprobieren. 24 mm, 1/13 s, f/8, ISO 500.

7.1.4

Der Baum auf der linken Bildseite dominiert zwar die Szene, findet aber zwei urwüchsige Gegenspieler in der rechten Bildhälfte. Deren dunkles, licht­ undurchlässiges Kronendach sorgt für einen Ausgleich zum mächtigen Fuß des Protagonisten im Bild. 40 mm, 1/125 s, f/9, ISO 100.

Balance – Ausgeglichenheit der Elemente im Bild

Ein guter Fotograf achtet in der Regel auch auf die Ausgeglichenheit der Objekte und Kontraste im Bild. Das Empfinden hinsichtlich Balance und Harmonie ist jedoch individuell, und so kann jeder für sich selbst definieren, wie er Objekte im Bild anordnet, sodass sie stimmig zusammenwirken. Für diese Ausgeglichenheit zu sorgen, ist bei der Fotografie im Wald nicht immer ganz einfach. Mit etwas Übung und Aufmerksamkeit lassen sich aber ausgewogene Kompositionen immer besser erkennen. So kann ein Bild »kippen«, wenn zu viele oder zu wuchtige oder kontrastreiche Elemente auf einer Bildseite stehen. Wenn sich auf der einen Seite des Bildes alles Relevante abspielt und auf der anderen Seite keine interessanten Informationen zum Bild hinzukommen, mangelt es der Komposition an Ausgeglichenheit. Das gilt gleichermaßen für das Gleichgewicht von oben/unten und hinten/vorne. Befinden sich z. B. zu viele oder schwergewichtige Elemente im unteren hinteren Bildteil und oben wenige, gerät die Komposition aus der Balance. Ich möchte Ihnen diesen Grundsatz zunächst anhand eines Negativbeispiels demonstrieren. Der Vordergrund im unteren Teil des Bildes mit den moosbewachsenen Steinen und übereinander liegen-

den Baumstämmen wirkt wuchtig und kontrastreich im Vergleich zum oberen Bildteil. Die Wälder verschwinden im weißen Nichts des Nebels. Der untere Teil wirkt schwer und überladen, während der obere durch seine Luftigkeit nach hinten zu kippen scheint. Das Bild weist aber nicht nur eine Dysbalance auf der Oben-unten-Ebene auf; es scheint zudem dadurch nach links zu kippen, dass der Baum auf der linken Seite keinen Gegenspieler auf der rechten Seite findet. Auf der linken Seite befinden sich zudem auch interessantere und größere Felsen als rechts. Man kann sich das wie eine Waage vorstellen, die nach unten zieht, wenn die eine Seite mehr Gewicht trägt als die andere. Da wir es bei der Waldfotografie stets mit unterschiedlichen Ebenen zu tun haben, ist auch die Ausgeglichenheit der Elemente in den verschiedenen Bildebenen von besonderer Bedeutung. Es gibt große und kleine Bäume, Sträucher und andere Komponenten, die in eine stimmige Relation zueinander gebracht werden sollen. Dabei spielen die Abstände zwischen den einzelnen Motiven eine Rolle, aber auch ihr Größenverhältnis zueinander. So kann z. B. ein wuchtiger Baum im Vordergrund durch ein paar interessante Bäume im Hintergrund ausbalanciert werden.

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In der minimalistischen Fotografie wird mit »negative space«, dem sogenannten negativen Raum gearbeitet, also mit der Bildfläche, die wenig oder gar keine Informationen enthält. Unbesetzter Raum kann also auch ganz bewusst eingesetzt werden, um das Hauptobjekt in den Fokus zu rücken und ihm mehr Raum zu geben. Aber auch hier wird darauf geachtet, dass die zentrale Figur und der negative Raum in einer Balance zueinander stehen. 7.1.5

Auf den Winkel kommt es an

Im Wald befinden Sie sich in einer Umgebung, wo sich Perspektiven und Ansichten wesentlich verändern, wenn Sie nur um wenige Zentimeter Ihren Standpunkt verändern und/oder die Kamera etwas tiefer oder höher halten oder seitlich schwenken. Die Relationen der

Bäume zueinander verändern sich durch jede Bewegung. Bei Wald­ szenen, in denen es mehrere Bäume ins Bild zu fassen gilt, ist es eine gute Übung, darauf zu achten, dass sich möglichst wenige Baumstämme überschneiden bzw. einander verdecken. Auf diese Weise geben sie dem einzelnen Baum mehr Raum und sorgen für Übersichtlichkeit und Struktur im Bild. Neben den kompositorischen Überlegungen spielen auch der eigene Geschmack und das persönliche Harmoniegefühl eine zentrale Rolle. Experimentieren Sie, was Ihnen gefällt und welcher Winkel für Sie die stimmigste Bildgestaltung bringt. Die fotografischen Grundregeln können Ihnen dabei eine Hilfestellung geben. Bei den dargestellten Bildern sehen Sie, wie sich eine Szene durch eine Blickwinkelverschiebung verändern kann.

Eine nette Szene vielleicht, doch die Bildkomposition und Stimmung wollte nicht recht passen. Der Buchenwald mit s­ einen dünnen Stämmen auf der linken Seite schien zu durchlässig und substanzlos, um dem Bild von hinten Halt zu geben. Ich ging ein paar Schritte nach links und richtete die Kamera aus einem a­ nderen Winkel auf die beiden Bäume. Das Licht strahlte nun direkt durch sie hindurch in meine Richtung, die Komposition wirkte stimmiger und stimmungsvoller. Die ­Sonnenstrahlen begleiteten die Form des großen Felsens im Hintergrund. Foto links: 26 mm, 1/30 s, f/8, ISO 200. Foto rechts: 36 mm, 1/40 s, f/8, ISO 400.

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Als die Sonnenstrahlen durch die Äste fielen, versuchte ich durch das Experimentieren mit verschiedenen Kamerawinkeln das Bestmögliche aus diesem Moment zu machen. Einmal gab ich dem Vordergrund mehr Raum, einmal dem Lichtspektakel in den Baumwipfeln. Foto links: 26 mm, 1/10 s, f/8, ISO 400. Foto rechts: 26 mm, 1/15 s, f/8, ISO 400.

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Vom selben Standpunkt aus können viele verschiedene Ausschnitte ­ausgewählt werden. Die Wahl der Brennweite und die Bildausrichtung entscheiden darüber, welchen Motiven Sie den Vorzug geben. Foto oben: 29 mm, 1/20 s, f/8, ISO 250. Foto rechts: 62 mm, 1/8 s, f/10, ISO 250.

7.1.6

Die Wahl des Ausschnitts

Mit der Brennweite bzw. dem Abstand zum Objekt können Sie den Ausschnitt Ihrer Fotografie bestimmen. Je nach Situation im Wald eignen sich unterschiedliche Brennweiten. Sie können auch an ein und derselben Stelle sowohl mit einem Weitwinkel- als auch einem Teleobjektiv experimentieren oder mit einem Zoomobjektiv den Ausschnitt mal weiter, mal enger nehmen. Dabei benötigen Sie besondere Aufmerksamkeit für die Situation vor Ort. Betrachten Sie in Ruhe den Wald um sich herum und lassen Sie einzelne Szenen und Bäume auf sich wirken.

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An einem nebelverhangenen Tag auf einem Gipfel im Odenwald hatte ich zunächst eine weitwinklige Ansicht gewählt. Das leuchtend grüne Springkraut, die im Nebel verschwindenden Bäume und der Weg, der von rechts nach links ins Nichts führt, beeindruckten mich so lange, bis ich den sich aufgabelnden Baum am rechten Bildrand entdeckte. Ich nahm nun diesen ins Blickfeld, veränderte die Brennweite von 29 mm auf 62 mm, nahm die Kamera ins Hochformat und trat ein paar Schritte nach links.

Die dunklen Bildteile dieser Fotografie wirken im 2:3-Format etwas über­mächtig. Im 1:1-Format kommt das Wesentliche – das Blätterwerk, welches von Lichtstrahlen umspielt wird – besser zur Geltung. 18 mm, 1/125 s, f/13, ISO 200.

7.1.7

Das Bildformat

Die Art Ihrer Kamera bestimmt das Format Ihrer Fotografien. Die meisten Spiegelreflexkameras und spiegellosen Systemkameras haben ein Bildformat im Verhältnis 2:3. Ausnahmen sind die Kameras von Panasonic und Olympus, die wie der Großteil der Kompaktkameras ein Format von 3:4 haben. Bei einigen Kameras kann man das Seitenverhältnis auch manuell festlegen und z. B. in ein Panoramaformat, etwa 16:9, ändern. Unabhängig davon lässt sich durch Beschnitt in der Bearbeitung selbst festlegen, welches Bildformat Sie sich für eine bestimmte Aufnahme wünschen. So können Sie beispielsweise bei einem Bild im 2:3-Format Bildteile, die nichts Wesentliches zur Komposition beitragen, oder störende Elemente am rechten oder linken Bildrand entfernen, indem Sie das Format auf 3:4 verändern. Manche Szenen wirken in anderen Bildformaten auch einfach stimmiger. Auch das 1:1-Format kann hilfreich sein, um bestimmte Bildinhalte in den Fokus zu rücken. Gerade für minimalistische Aufnahmen oder für die Instagram-Galerie ist dieses Format geeignet.

7.1.8

Die Bildausrichtung

Wie ein Bild wirkt, wird zu wesentlichen Teilen durch seine Ausrichtung bestimmt. Das bedeutet: Je nachdem, ob Sie ein Querformat oder ein Hochformat wählen, wird das Bild in Abhängigkeit vom gewählten Motiv eine andere Wirkung erzielen. Oftmals haben bei ein und derselben Szene beide Ausrichtungen ihren Reiz, verändern das Bild aber in seiner Gesamtwirkung. In dem Beispiel auf der nächsten Seite experimentierte ich mit beiden Ausrichtungen. Die Fotografie zeigt den Wald in einem weiteren Winkel. Man sieht dünne und dickere Bäume, lila-blaue Hasenglöckchen am Waldboden sowie ein Spiel aus Licht und Schatten – eine klassische Waldszene. Der grün belaubte Baum in der rechten Bildhälfte dominiert die Wald-Innenansicht, ist aber umgeben von anderen Bäumen und so nur einer von vielen. Im Hochformat wird dieser Baum stärker in den Fokus gerückt, aber auch andere Elemente treten hier stärker zutage. Der in den unteren Teil laufende Schatten des Baumes in der linken Hälfte verlängert sich im Vergleich zum Querformat etwas und bekommt mehr Präsenz im Bild. Das Spiel aus Schatten und Licht wird noch etwas deutlicher sichtbar, indem der Bildausschnitt durch die Drehung der Kamera verengt wird.

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Die Wahl der Bildausrichtung bestimmt die Bildwirkung wesentlich mit. Foto oben: 122 mm, 1/50 s, f/16, ISO 100. Foto links: 135 mm, 1/20 s, f/16, ISO 100.

7.1.9

Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund

In der Landschaftsfotografie wird – um Tiefe zu erzeugen – mit unterschiedlichen Ebenen im Bild gearbeitet: dem Vordergrund, dem Mittelgrund und dem Hintergrund. Diese Staffelung verwenden wir auch in der Waldfotografie. Der Vordergrund eines Bildes trägt entscheidend zum Bildaufbau bei. Ein Objekt als Vordergrund oder auch mehrere hintereinander gestaffelte Objekte können dem Bild Tiefe verleihen und leiten den Blick des Betrachters ins Bildinnere. Ein Motiv im Vordergrund kann ein Anker sein, an dem sich der Blick zunächst festhält, um dann weitere Bildelemente zu erkunden. In der Aufnahme des Elefantenbaums auf Seite 132 nimmt beispielsweise der Vordergrund

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eine Schlüsselrolle ein. Der bemooste Fuß dieses Baumes bildet den Vordergrund des Bildes. Er führt den Blick weiter in den Mittelgrund des Bildes, auf den Stamm des Baumes. Die Waldkulisse mit vielen anderen Bäumen bildet den Hintergrund. Ein weiteres Beispielbild hier auf der nächsten Seite zeigt im Vordergrund ein Ahornblatt, das auf einem Stein liegt. Gestaffelt reihen sich der bemooste Fuß des Baumes und mehrere Felsen hinterei­ nander auf und führen den Blick weiter in den Wald hinein. Sie bilden den Mittelgrund. Der Blick endet im Licht zwischen den Bäumen, die den Hintergrund des Bildes darstellen. Wichtige Elemente im Vordergrund sollten scharf abgebildet werden. Setzen Sie also darauf Ihren Fokuspunkt. Das muss selbstverständlich nicht für alle Situationen in der Fotografie gelten, denn auch ein verschwommener oder unklar dargestellter Vordergrund kann eine Gestaltungsoption sein. In der Waldfotografie habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass undeutliche Objekte im Vordergrund eher störend wirken oder ablenken. 

  Das Ahornblatt im Vordergrund bietet dem Betrachter einen kleinen Blickfang und lädt ihn ein, das Bild weiter zu erkunden. 52 mm, 2 s, f/10, ISO 100.

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Solche Lichtsituationen zu erleben, hat auch immer etwas mit Glück zu tun. Ein Lichtkegel zeigt auf den prominenten Baum in der rechten Hälfte des Bildes. Das Licht erhellt seine Rindenstruktur und macht deutlich, wer der Hauptdarsteller in diesem Bild ist. 38 mm, 1/6 s, f/10, ISO 100.

7.1.10 Licht und Lichtführung Licht ist in der Waldfotografie das Salz in der Suppe. Es ändert sich ständig, kommt und geht, reflektiert sich auf Blättern, bildet Lichtkegel und -korridore. Durch Lücken im Kronendach erleuchtet es bestimmte Stellen im Wald, die dann besonders hervortreten. Licht erscheint mal auf einer bemoosten Wurzel, dann wieder im Blätterbett. Auch an dunklen Tagen können Sie beobachten, dass das Spiel von Licht und Schatten den Wald lebendig wirken lässt, ihn mal mystisch, mal strahlend zeigt. Je nachdem, aus welcher Richtung das Licht kommt, bilden sich Schattenwürfe. Es lohnt sich, an einer besonders reizvollen Stelle zu warten, bis die Szene erleuchtet wird. Gerade an Tagen, an denen sich ein leichter Dunst im Wald befindet, ergeben sich grandiose Lichtsituationen. Sie können auch später in der Nachbearbeitung mithilfe eines Radial- oder Verlaufsfilters bestimmte Be-

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reiche hervorheben bzw. aufhellen, um Lichtführungen deutlicher zu machen. In der Landschaftsfotografie kann man in der Regel relativ gut voraussagen, an welcher Stelle die Sonne wann unter- oder aufgeht, und so die Lichtführung im Vorfeld besser planen. Im Wald ist das komplizierter. Ich kann zwar bestimmen, wo die Sonne wann durch die Bäume fallen kann, durch die Vielzahl an Bäumen und höchst unterschiedliche Lichteinfallmöglichkeiten durch das Blätterdach bleibt es im Wald jedoch oftmals eine Überraschung, wo das Licht sich zeigen wird. Wir müssen flexibel reagieren und den Standort wechseln, um es gut in Szene zu setzen. Eine Art Glücksspiel, das umso bereichernder ist, wenn Sie dann besondere Lichtsituationen erleben.

Die größte Schärfe liegt in diesem Bild auf dem großen moosbewachsenen Stein im Vordergrund und auf der Buche dahinter. Sie waren für mich in dieser Situation die wichtigsten Elemente im Bild. Innerhalb des Steinkreises ist aber noch deutlich Schärfe vorhanden, erst dahinter und an den Rändern verliert sie sich. Der Nebel trägt zur Unschärfe und Weichzeichnung bei. 31 mm, 1/4 s, f/11, ISO 100.

Je nachdem, wo Sie stehen, ergeben sich völlig unterschiedliche Lichtsituationen. Identifizieren Sie Ihre Protagonisten, also die Bäume, die Sie in Szene setzen wollen, und reagieren Sie schnell und flexibel. Licht kann von der Seite kommen, von hinten oder von vorne die Bäume erleuchten. Drehen Sie sich im Kreis, denn manchmal ist das Licht in Ihrem Rücken besonders schön. Licht geht oft so schnell, wie es gekommen ist, und es kann auch nur für ein paar Sekunden bleiben. Wenn Sie ahnen, dass das Licht nur kurze Zeit bleiben wird, verschwenden Sie nicht zu viel Zeit mit der Suche nach geeigneten Kompositionen. Manchmal ist eine Lichtszene an sich schon so beeindruckend, dass die Bildgestaltung nebensächlich wird. 

7.1.11 Blicklenkung durch Schärfe Habe ich mein Hauptmotiv identifiziert, so setze ich darauf den Schärfepunkt. Bei Bildern, in denen der Vordergrund eine Rolle spielt, ist es sinnvoll, den Schärfepunkt auf ein Objekt dort zu platzieren. Der Blick des Betrachters geht meistens zuerst dorthin, wo die Schärfe (und/oder das Licht) am größten ist, und erkundet dann anschließend die weniger scharfen Bereiche. Sie können den Schärfepunkt gezielt einsetzen, um den Betrachter darauf aufmerksam zu machen, dass Sie dieses Objekt – einen Baum, seine Rindenstruktur etc. – für das Entscheidende im Bild halten.

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7.1.12 Störende Elemente Im Wald sind es vor allem Äste und Zweige, welche die Ruhe eines Bildes stören können, wenn sie in einen gewählten Bildausschnitt hineinragen. Sie lenken dann häufig von dem ab, was wir eigentlich zeigen wollen. In der Landschaftsfotografie fällt es meistens leichter, mittels der Bildbearbeitung störende Elemente zu entfernen; bei der Waldfotografie kann dies aber zu einer größeren Herausforderung werden. Wer bei der Bildbearbeitung in Lightroom oder Photoshop schon einmal versucht hat, einen von der Seite in ein Waldfoto hineinragen­ den Ast mit der Bereichsreparatur bzw. dem Stempel zu entfernen, wird wissen, wovon ich spreche: Die Bearbeitungssoftware sucht nach Stellen, die der auszubessernden Stelle ähnlich sind, und ­findet meistens keine adäquaten. Das Ergebnis dieser Operation ist oft nicht zufriedenstellend, denn auf kleinstem Raum befindet sich ein Wirrwarr von Stämmen, Ästen, Zweigen, Blättern, und keine Stelle ähnelt der anderen. Auch eine manuelle Retusche, bei der man Stellen zum Ersetzen gezielt aussucht, führt häufig nicht zum Erfolg. (Näheres zum Entfernen von unliebsamen Elementen im Bild erfahren Sie in Kapitel 10 »Bearbeitung von Wald­fotografien« auf Seite 212.) Daher versuche ich, wenn möglich, dieses Problem vor Ort zu lösen. Denn oft genügt ein kleiner Schritt nach rechts oder links, um den Bildausschnitt so zu verschieben, dass der Ast oder auch ein Grashalm nicht mehr ins Bild hineinragt. Ist das nicht möglich, kann man den Selbstauslöser der Kamera auf 10 oder 20 Sekunden stellen oder den Fernauslöser verwenden und in dieser Zeit den ins Bild hi­ neinragenden Ast kurzzeitig aus dem Bild halten. Das ist natürlich nur möglich, wenn sich dieser in Reichweite und nicht in luftigen Höhen befindet. Eine Verengung des Bildausschnitts durch die Veränderung der Brennweite ist eine weitere Möglichkeit, unliebsame Elemente aus einem Bild zu verbannen.

Auf der Suche nach einer Komposition in einem nebel- und lichtdurchfluteten Wald an der Nebelgrenze wählte ich zunächst einen weiten Bildausschnitt. Doch am rechten Bildrand ragten mehrere, in meinen Augen störende Elemente in die Szene. So verengte ich den Bildausschnitt von 24 mm auf 36 mm, um eine klarere ­Struktur und ruhigere Stimmung zu erzielen. Foto oben: 24 mm, 1/15 s, f/10, ISO 100. Foto unten: 36 mm, 1/13 s, f/10, ISO 100.

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7.1.13 Natürliche Rahmen Möchte man einem besonderen Baum oder einer Baumgruppe besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen, kann man diese(n) in einen natürlichen Rahmen fassen. In Naturwäldern, wo Bäume noch die Gelegenheit haben, krumm und schief zu wachsen, eignen sich z. B. gebogene Bäume für eine solche natürliche Rahmengebung. Manchmal können aber auch Zweige oder steinerne Torbögen von alten Ruinen, die in Wäldern hier und da zu finden sind, einen Rahmen um das Hauptobjekt bilden. Rahmen aus Naturelementen stellen eine natürliche Vignette, also eine Verdunkelung an den Bildrändern dar, die das Auge des Betrachters ins Bildinnere lenken. Sie verleihen dem Bild Tiefe und verstärken die Bildwirkung. Sie können auch wie ein Fenster wirken, durch das wir in eine andere Welt schauen. Arbeiten Sie mit natürlichen Rahmen, denken Sie vor Ort darüber nach, wie Sie den Vordergrund – also den Rahmen – gestalten wollen, ob Sie ihn scharf oder unscharf abbilden möchten. Die Rahmenelemente sind Ihnen räumlich wesentlich näher als die Szene, die im Mittelpunkt steht, und oftmals reicht selbst eine sehr kleine Blende nicht aus, um alle Elemente im Bild scharf abzubilden. Je nachdem, auf welches Element Sie Ihren Schärfepunkt setzen – idea­ lerweise das zentrale Element –, werden die anderen Unschärfen aufweisen. Sie können zwei oder auch mehrere Aufnahmen machen, den Fokuspunkt erst im Vordergrund, dann im Hintergrund setzen und in der Bildbearbeitung in Photoshop zusammenfügen (siehe Abschnitt  5.10 »Focus Stacking« auf Seite 84). Bei feststehenden Elementen im Vordergrund, etwa Mauern oder dickeren Baumstämmen, funktioniert diese Technik gut. Wenn sich aber Blätter im Wind bewegen, wird es für das Bildbearbeitungsprogramm schwierig bis unmöglich, alle Teile im Bild exakt übereinanderzulegen. Haben Sie die Option des Focus Stacking nicht, dann ist die Unschärfe im Rahmenelement weniger kritisch als eine Unschärfe in der zentralen Szene bzw. sie kann sogar hilfreich sein und verdeutlichen, wohin der Blick gehen soll.  Rahmen und zentrale Szene weisen in der Regel auch verschiedene Helligkeiten auf. Da der Rahmen üblicherweise nicht die Hauptrolle spielt und zudem eine Vignettenfunktion erfüllt, ist es in den meisten Fällen dienlich, ihn dunkler zu halten – in den meisten Fällen ist er schon naturgegeben die dunklere Ebene. Wenn Sie aber beide Bereiche gut ausgeleuchtet haben wollen, dann erstellen Sie eine hellere und eine dunklere Aufnahme und fügen beide zu einem HDR zusammen (siehe Abschnitt 5.9 »HDR« ab Seite 83).

Zwei gebogene Bäume geben den Blick frei auf eine lichtdurchflutete Szene, in deren Mitte sich ein Baum mit außergewöhnlicher Krümmung befindet. 105 mm, 1/10 s, f/11, ISO 100. 

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Die Größe dieses Lorbeerbaums wird erst durch den Vergleich mit einer menschlichen Person sichtbar. Der im Bogen gewachsene Baum ist schon doppelt so groß wie ich selbst, der große Baum überragt mich um ein Vielfaches. 35 mm, 1/80 s, f/10, ISO 100.

7.1.14 Größenvergleiche 

7.1.15 Nebel als Kompositionshilfe

Wenn wir das Bild eines Waldes betrachten, ist es für unser Auge schwierig, die wahre Größe der Bäume im Bild einzuschätzen. Setzen wir sie aber in Relation, lassen wir also z. B. einen Menschen Teil der Szene werden, so lässt sich besser abschätzen, wie groß die Bäume tatsächlich sind. Oft wird so erst deutlich, mit welch riesigen Lebewesen wir es zu tun haben. Auch Tiere wie Rehe oder Kühe bieten sich für diesen Größenvergleich an. Mit einem Weitwinkelobjektiv können Sie am besten die Mächtigkeit der Bäume einfangen.

Sicher haben Sie längst festgestellt, dass auf vielen meiner Waldfotografien Nebel oder zumindest Dunst im Spiel ist. Neblige Bedingungen haben nicht nur großen Einfluss auf die Stimmung eines Bildes, sondern helfen auch bei der Kompositionsfindung. Wenn Sie bei strahlendem Sonnenschein oder auch bedecktem Himmel im Wald unterwegs sind, ist das Gewirr von Bäumen zuweilen so unübersichtlich, dass man sich schwertut, Szenen zu finden, die kompositorisch überzeugend sind. Der Nebel hilft dabei, das Hauptmotiv vom Hin-

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tergrund zu separieren. Das Chaos des Waldes verschwindet, Bäume im Hintergrund werden nur noch schemenhaft wahrgenommen. Nebel macht auch häufig das unsichtbar, was einer ästhetischen Darstellung des Waldes entgegensteht: Verletzungen an Bäumen, Müll im Wald, Kahlschläge, Bodenschäden. Gnädig hüllt der Nebel vieles ein, was Zeichen der Zivilisation zeigt, und erschafft auf diese Weise Szenen, die aus einer anderen Welt stammen könnten. Wie Sie die Chancen erhöhen, bei der Kompositionsfindung Hilfe von Nebel zu bekommen, erfahren Sie in Kapitel 9 »Planung und Wetter­vorhersage« ab Seite 170.

Dieses Bild habe ich in der Nähe eines Waldrandes a­ ufgenommen. Dort, wo das Licht durch den Nebel dringt, wurden jüngst viele Bäume gefällt; zum Zeitpunkt der Aufnahme standen dort ein unschöner Bauzaun und Holzstapel. Dahinter befindet sich ein Wohnhaus, dessen Umrisse nur bei genauerem Hinschauen ­wahrnehmbar sind. Der Nebel hüllt die Zeichen der Zivilisation in einen weißen dichten Schleier und hebt die Bäume im V ­ ordergrund hervor, während sich jene im Hintergrund immer undeutlicher ­abbilden und allmählich verschwinden. Ohne Nebel hätte ich ­niemals erwogen, an dieser Stelle mein Stativ aufzustellen. Durch den Nebel hob sich die vordere Vierergruppe der Bäume vom Rest des Waldes ab und erleichterte es mir, hier eine schöne Komposition zu finden. 31 mm, 1/8 s, f/3,5, ISO 400.

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7.1.16 Farbe als Bildgestaltungselement  Farbe, Kontrast und Sättigung spielen für die Bildgestaltung eine bedeutende Rolle. Die verschiedenen Bild­ elemente können in ihrer Farbigkeit gut zueinander passen oder auch in einem farblichen Missverhältnis stehen. So herrschen z. B. in einem bunten Herbstwald warme Farben vor, die in der Regel gut miteinander harmonieren. Besonders stimmige – weil komplementäre – Farbkombinationen ergeben sich auch in frühlingshaften Hasenglöckchen-Wäldern aus lila-blauen und grün-gelben Farbtönen. Sind zu viele Farbtöne in einem Bild vorhanden, kann es überladen wirken. Es kommt auch vor, dass z. B. bestimmte Grüntöne von frischem Blattgrün oder Moos nicht recht zu den orangefarbenen Tönen des am Boden liegenden Laubes im Wald passen wollen. Auf die Farbgestaltung haben wir vor Ort nur geringe Einflussmöglichkeiten. Mit einem Polfilter können wir zwar eine gewisse Sättigung der Farben erreichen und haben mit der Wahl des Aufnahmezeitpunkts und des Weißabgleichs weitere Möglichkeiten, auf die Farben vor Ort Einfluss nehmen, aber wir verändern damit nur den Sättigungs- bzw. Temperatur- und Tönungsgrad an sich und nicht einzelne Farben. Wenn die Farben zum Aufnahmezeitpunkt keine für das Auge stimmige Farbmischung aufweisen, haben wir die Möglichkeit, diese in der Nachbearbeitung zu verändern. Da­ rauf werde ich in Kapitel  10 »Bearbeitung von Wald­ fotografien« ab Seite 205 näher eingehen.

Wie in diesem Bild zu sehen ist, können Farben die Bildwirkung wesentlich beeinflussen: Die orange-gelben Blätter dieser Buche stehen in einem spannenden ­Komplementärkontrast zu der blauen Färbung im Hintergrund des Bildes. Die Farben ­verstärken sich gegenseitig und wirken gleichzeitig ­harmonisch zusammen. 65 mm, 1/8 s, f/10, ISO 100.

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7.2

Wald-Außenansichten

Von außen gibt der Wald ein völlig anderes Bild ab. Er erscheint als Ganzes, als eine Fläche vieler Bäume, bei der einzelne Individuen zwar erkennbar sind, meistens aber nicht individuell hervortreten. Der Wald wird Teil der Landschaft. Von erhöhter Position und mit einem gewissen Abstand hat man einen guten Blick über bewaldete Gebiete. Der Wald kann von außen vielgestaltig inszeniert werden. Er kann z. B. ein Hauptobjekt einrahmen, eine natürliche Vignette bilden und zusätzlich dem Bild Tiefe verleihen. Hierfür bieten sich Lichtungen an, die man von einem erhöhten Standpunkt einsehen kann. Je nach Nähe zum Motiv lohnt es sich hier, mit einem Teleobjektiv in die Szene hineinzuzoomen. Auf den Höhenzügen der Mittelgebirge reihen sich häufig bewaldete Hügel aneinander. Während der Sonnenaufgangs- oder -untergangszeiten kommt es dort zu beeindruckenden Effekten: Die Hügel erscheinen wie hintereinander aufgebaute Schichten, wenn sich etwas Dunst in der Landschaft befindet. Dabei zeigen sich die Hügel, die Ihnen am nächsten sind, stark konturiert und werden in Richtung des Horizonts immer weniger kontrastreich. Durch diese Staffelung entsteht eine besondere Tiefe im Bild. Der Blick des Betrachters kann über die einzelnen Hügelketten in das Bild und bis zum Horizont schweifen. Auch in tiefer liegenden Hügellandschaften, in denen einzelne Hügel noch von Wald bedeckt sind, können Sie diesen Effekt einfangen. Wenn sich die Täler im Herbst mit Nebel füllen, grenzen sich die einzelnen Hügel noch besser vonei­ nander ab. Kommt zusätzlich die Sonne ins Spiel, bilden sich helle, fast feuergleiche Ränder an der Oberseite des Nebels. Sie geben dem Bild durch mehrmalige Wiederholung von Dunkel und Hell eine horizontale Längsstruktur. (Auf Seite 186 finden Sie ein Bildbeispiel.)

Ein Heuschober an einem See in den bayerischen Alpen wird umringt von einem dichten Nadelwald. Er bildet einen ­natürlichen, dunkleren Rahmen um die lichte Szenerie in der Mitte des Bildes. 105 mm, 1/400 s, f/8, ISO 100.

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In den höheren Lagen der Toskana reihen sich bewaldete und unbewaldete Hügel aneinander. Während die Hügel im Vordergrund noch dicht bewaldet sind, erkennt man im Hintergrund Zeichen der Zivilisation. 78 mm, 1/200 s, f/11, ISO 100.

Bei der Bildgestaltung von Wald-Außenansichten können Sie sich an den Regeln orientieren, die Sie bereits im Abschnitt 7.1 »Wald-Innenansichten« kennengelernt haben. Die Drittelregel und der Goldene Schnitt können Orientierung bieten. Zentral komponierte Waldaufnahmen von außen wirken harmonisch und vermitteln Ruhe. Ins Bild führende Linien sowie die schon beschriebene Staffelung von Bild­

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elementen können Tiefe verleihen und den Betrachter in die Szenerie führen. Waldstücke bilden auch zuweilen Formen, die man zuei­ nander ins Verhältnis setzen kann. Achten Sie wie bei der Darstellung von Wald-Innenansichten darauf, dass die Elemente im Bild in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und Ihre Komposition

Die Baumgruppen an einem kleinen Anglersee in der Rheinebene spiegeln sich vor Sonnenaufgang im Wasser. Die Bildelemente tauchen so zweimal im Bild auf und erzeugen eine Illusion. 48 mm, 4 s, f/10, ISO 100.

nicht »kippt«, weil zu viele oder gewichtige Objekte sich in der einen Hälfte befinden und die andere zu wenige von diesen enthält.  Sie können auch mit Spiegelungen arbeiten, wenn sich Wälder oder Baumgruppen in einem See spiegeln. Morgen- und Abendstimmungen eignen sich am besten für solche Darstellungen. In den Randstunden des Tages ist es meist windstiller und Himmel und B ­ äume

können sich bei einer glatten Oberfläche optimal auf der Wasser­ oberfläche spiegeln. Durch eine längere Belichtungszeit lässt sich das Wasser bei leichten Bewegungen »ausglätten«, um mehr Schärfe und Detailreichtum zu erzielen. Dabei sollte der Wind aber nicht zu stark wehen, da sich bewegende Baumkronen wieder Unruhe und Unschärfe in die Aufnahme bringen können.

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8 Wälder im Wandel der Jahreszeiten Frühlingsblüten, Herbstmond, Sommerbrise, W ­ interschnee – Für einen von unnötigen Gedanken freien Geist ist jede Jahreszeit willkommen. Zen-Meister Mumon Ekai

20 mm, 1/8 s, f/11, ISO 400

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Nichts zeigt uns Menschen in den gemäßigten Breiten deutlicher, welche Jahreszeit gerade herrscht, als der Wald. Wenn er aus dem Winterschlaf erwacht und seine zarten, frischen Blätter ausrollt, neue weiche Nadeln bildet und Blumen den Waldboden bedecken, wissen wir: Der Frühling ist gekommen. Dunkelgrüne, dichte Kronendächer,

die uns Schatten geben, zeigen, dass der Sommer da ist. Wandeln wir zwischen orangefarbenen, roten und gelben Blättern, hat der Herbst Einzug gehalten. Melancholisch und schlicht begegnet uns der Wald im Winter. Jede Jahreszeit bringt uns eine Fülle von Motiven und Stimmungen.

8.1

Frühling

Sobald der Frühling nach einem langen Winter im Wald erwacht, zieht es mich wieder öfter nach draußen. Das zarte Blattgrün der Buchen bildet erste Farbtupfer zwischen den winterlich grauen Stämmen. Während man in den höheren Lagen etwas länger darauf warten muss, treiben die Bäume im Flachland schon früh im Jahr aus. Man kann zusehen, wie das frühlingshafte Grün täglich mehr wird. Jeder Tag möchte ausgekostet werden, um diese wundersame Entwicklung zu begleiten und festzuhalten. Wenn die ersten warmen Tage kommen, scheint die Vegetation in den Wäldern zu explodieren. Sie wird zuweilen wieder in die Schranken verwiesen, wenn sich der Winter doch noch einmal aufbäumt, um sich dann langsam ganz zurückzuziehen. Selten und daher umso eindrucksvoller sind die Momente, wenn der Schnee das zarte Grün des Frühlings umhüllt. Das Titelbild für dieses Kapitel zeigt es eindrucksvoll. Solch ein Naturereignis lässt sich am besten in den Höhenlagen der Mittelgebirge festhalten, wo es auch bis in den Mai hinein noch zu Minusgraden kommen kann. Die Frühblüher recken ihre Köpfe hier und dort aus dem Waldboden und bleiben so lange, bis sich das Blätterdach schließt. Studieren Sie den Abschnitt  6.1.3 »Die Krautschicht« ab Seite 94, um zu erfahren, welche Blumen wann und wo zu blühen beginnen. Frühlingsregen sorgt dafür, dass auch in dieser Jahreszeit neblige Stimmungen entstehen können. Doch die nebelverhangenen Tage, die während des Herbstes und Winters im Überfluss erleben konnten, werden weniger. Dafür entstehen gerade in dieser Jahreszeit nach sternenklaren Nächten oft fantastische Bodennebel über den Wiesen, und Aufnahmen mit Einzelbäumen oder Baumgruppen, umgeben von goldenem Licht, werden möglich. Es ist auch die Zeit, in der sich Wasserfälle und Bäche in Wäldern gut ablichten lassen. Diese sind nämlich nach Schneeschmelze und Winterregen gut gefüllt.

Bärlauchblüte: Weiß-grüne Blütenteppiche wie hier in einem Buchenwald im Badischen Odenwald verschönern im Frühjahr so manchen Wald. 29 mm, 6 s, f/16, ISO 100.

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8.2

Sommer

Wenn sich das Blätterdach langsam schließt, ziehen sich die Frühblüher allmählich zurück. Dafür beginnen die Sträucher in den Wäldern zu blühen. Es ist die Zeit des Schwarzen Holunders und des Weißdorns. Die Blattfarbe der Laubbäume wechselt von Hell- zu Dunkelgrün. Feuchte Wetterlagen, die Nebel und Regen bringen, gibt es seltener. Doch kräftige Sommerregen können dafür sorgen, dass wir auch in dieser Jahreszeit im und über dem Wald schöne Stimmungen erleben können. Gerade wenn im Sommer die Feuchtigkeit nach einem Regen in die höheren Lagen aufsteigt, ist es Zeit, mit der Kamera in die Wälder zu gehen oder sie von einem erhöhten Standpunkt aus aufzunehmen (siehe hierzu Abschnitt  9.4.7 »Steigender Nebel nach Regen« ab Seite 188). Sicherlich ist der Sommer die Jahreszeit, die für uns Waldfotografen die größten Herausforderungen mit sich bringt. Möchte man Morgenstimmungen bei Sonnenaufgang im Wald erleben, sind die Aufstehzeiten wahrlich anspruchsvoll. Es ist nicht jedermanns Sache, um 3 bis 4 Uhr morgens aufzustehen, um die fotografischen Höhepunkte dieser Jahreszeit festzuhalten. In den Sommermonaten zahlen sich daher eine gute Planung und Wetteranalyse ganz besonders aus. Gute Erfahrungen habe ich in dieser Jahreszeit mit der Darstellung von beeindruckenden Einzelbäumen in Wäldern gemacht. Wenn die Kontraste gegen Abend abnehmen, lohnt sich ein Versuch, diese Bäume mit dem Weitwinkelobjektiv aus ungewöhnlichen Perspektiven aufzunehmen. Blütenreiche Momente lassen sich in den höheren Lagen der Mittelgebirge auch im Sommer noch festhalten. So entdeckte ich im Monat August in einem höher gelegenen Buchenwald auf der Insel Korsika ein reiches Vorkommen an Alpenveilchen. Eine Aufnahme hiervon finden Sie auf Seite 8. Ein Perspektivwechsel zahlt sich gerade im Sommer in v­ ielerlei Hinsicht aus: weg von der Fokussierung auf mystische, ­stimmungsvolle Aufnahmen und hin zur Darstellung von Ausnahmeerscheinungen im Wald. Statt mit ­durchgestreckten Knien hinter der Kamera zu stehen, lohnt es sich, auch einmal in die Hocke zu gehen oder unter der Kamera zu liegen. 14 mm, 2 s, f/16, ISO 100.

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Es sind die b­ esonderen Momente der Waldfotografie, wenn die Sonne den Hochnebel durchdringt, die Farben des Herbstes in voller Brillanz e­ rstrahlen lässt und ­gleichzeitig das zarte Blau des Himmels durch die B­ aumstämme zu sehen ist. 50 mm, 1/10 s, f/10, ISO 100.

8.3

Herbst

In den Laubwäldern bricht mit dem Herbst eine farbenfrohe Zeit an. Die Bäume bereiten sich auf die kältere Jahreszeit vor und bescheren uns Fotografen dadurch eindrucksvolle Farbexplosionen. Der grüne Pflanzenfarbstoff in den Blättern der Bäume, das Chlorophyll, wird zum Einsammeln des Lichts nicht mehr gebraucht. Die Tage werden kürzer, die Sonneneinstrahlung schwächer. Allmählich setzen sich in den Pflanzenzellen die Carotinoide durch und lassen die Blätter in den Farben Gelb und Orange erstrahlen. Die roten Färbungen entstehen durch Anthocyane. Wenn die Blätter dann schließlich absterben, gesellen sich braune Farbtöne hinzu. Fallen die Blätter von den Bäumen, bilden sie bunte Teppiche in den Wäldern. Sie schützen den empfindlichen Waldboden vor dem Austrocknen und Hagel- und Regenschlag und bieten vielen Waldbewohnern Unterschlupf und Nahrungsquelle. Uns erwartet in dieser Jahreszeit eine Fülle von Motiven in den Wäldern. Nebelreiche Wetterlagen helfen uns, so manche schöne Szene einzufangen. Pilze sprießen hier und dort aus dem Boden und lassen sich als Eyecatcher in ein Bild integrieren. Während in den nordischen Ländern der Herbst schon im September zu Ende gehen

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kann, gibt es die Farbenpracht im Süden Mitteleuropas länger zu bestaunen – selbstverständlich in Abhängigkeit von den Witterungsbedingungen, die über das Jahr geherrscht haben. Trügerisch ist das Bild, das sich uns präsentiert, wenn wir einen bunten Herbstwald von oben betrachten. Es signalisiert uns, dass der Wald durch und durch mit Farben gesättigt ist. Doch gehen wir in das Innere des Waldes, stellen wir häufig fest, dass hier alles noch sehr grün aussieht. Die Blätter, die direkt der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind – jene in den Baumkronen und an Waldrändern –, verfärben sich zuerst. Bis es im Wald bunt wird, dauert es noch eine Weile. Das gibt uns aber die Möglichkeit, zunächst den Wald von oben, im Idealfall umspielt von weißen Nebelschwaden, und dann ein paar Wochen später von innen in Szene zu setzen. Manche Baumarten werfen ihre Blätter schon früher ab als andere und die Farbtönungen variieren sowohl bezüglich der Baumart als auch individuell von Baum zu Baum. Während z. B. die Esche ihre Blätter schon im grünen Zustand abwirft, halten Buchen häufig noch lange an ihren bunten Blättern fest. Und während der Ahorn in gelben Farben leuchtet, brilliert die Kirsche in roten Farbtönen.

8.4

Winter

Fast unmerklich geht der Herbst in den Winter über. Der Laubwald und die Lärche machen sich für ihren Winterschlaf bereit und entledigen sich nach und nach ihrer Blätter und Nadeln, während die meisten anderen Nadelbäume ihre grünen Nadeln behalten. Unser Augenmerk fällt auf die Bäume, die sich zwischen den kahlen Stämmen hervortun: Vor allem kleine Buchen halten häufig noch lange an ihrem Blattwerk fest. Während es für eine ältere Buche Probleme mit sich bringen kann, ihre Blätter im Herbst nicht abzuwerfen, weil sie bei Eis, Schnee und Wind eine größere Angriffsfläche bieten, so ist es für die »Schulkinder« des Waldes weniger risikoreich: Ihre dünnen Stämme sind noch biegsam und können dadurch mit Schneelasten und Wind besser umgehen. Sie nutzen die Gelegenheit, länger als ihre Eltern noch ein paar Sonnenstrahlen einzufangen. Auch sieht man hier und da ein paar ältere Buchen, die am einen oder anderen Ast noch Blätter hängen haben, weil sie nicht früh genug Bruchstellen am Stielansatz bilden konnten, um sich ihrer zu entledigen. Diese sind für uns willkommene Motive, ebenso wie einzelne Nadelbäume in Laubwäldern. Wer sich trotz der kalten Temperaturen in die Wälder der Gebirge wagt, wird mit wunderschönen Waldlandschaften mit Schnee oder Raureif belohnt. Auch wenn mittlerweile wegen des Klimawandels immer mehr Gebiete im Winter schneefrei bleiben, werden die Wälder in den Höhenlagen der Mittelgebirge noch häufig in das sanfte Weiß gehüllt. Doch auch im Flachland zeigt sich so mancher schneefreie Winterwald von seiner stimmungsvollen, ja manchmal melancholischen Seite. Es ist die Zeit, in der Nebel auch in tieferen Lagen häufiger vorkommen. Das ist eine gute Chance, die Wälder mit der Kamera zu erkunden, in denen es in den übrigen Jahreszeiten keine Möglichkeit gegeben hat, verträumte Stimmungen abzulichten. Erscheint der Waldboden schneefreier Wälder an nebelfreien Tagen meist in einem matschigen Grau-Braun, so bringt der Nebel – am besten in einer Mischung mit Sonnenstrahlen – so viel Mystik und Lebendigkeit ins Bild, dass die unattraktiven Komponenten an Gewicht verlieren. Da die Tage später beginnen, müssen wir nicht ganz so früh aufstehen, um die winterlichen Stimmungen auf die Speicherkarte zu bannen. Der Wald im Winter hat so viel zu bieten. Den Charme und die Besonderheiten dieser Jahreszeit zu erkennen, ist eine Herausforderung, aber Sie werden ganz sicher mit stimmungsvollen Aufnahmen belohnt werden.

Von wegen Grau in Grau: Auf der Suche nach Kontrasten und Besonderheiten stieß ich in einem schneebedeckten Winterwald auf diese Szene. Ein Über­bleibsel aus dem Herbst brachte Kontrast und Abwechslung in die schwarz-weiße Winterwelt. 35 mm,1/5 s, f/10, ISO 100.

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Durch geschärfte Wahrnehmung zu besseren Bildern Die Natur hat nie aufgehört, zu den Menschen zu sprechen. Wir haben nur aufgehört, auf sie zu hören. Indianische Weisheit

24 mm, 1/13 s, f/13, ISO 100

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Die Ruhe und I­ ntimität, die ­manche W ­ aldszenen a­ usstrahlen, kann man nur w ­ ahrnehmen, wenn man mit geschärften Sinnen den Wald d­ urchstreift. 92 mm, 1/2 s, f/10, ISO 100.

Fotografie im Wald erfordert sehr genaues Hinsehen und besondere Aufmerksamkeit. Interessante Motive und ansprechende Kompositionen lassen sich nur finden, wenn wir mit einem wachen Auge durch den Wald gehen. Jeder Mensch hat seine eigene Art der Wahrnehmung, seine eigene Brille, durch die er die Welt betrachtet. Stehen mehrere L­ eute zusammen an einer Stelle im Wald, wird jeder unterschiedliche Dinge beobachten und wahrnehmen. Ausgehend von dem persönlichen Hintergrund, körperlichen Grundvoraussetzungen wie z. B. Sehkraft und den Erfahrungen, die man im Leben gemacht hat, wird man ganz andere Dinge sehen und wahrnehmen als der Mensch, der direkt neben einem steht. Bei Waldspaziergängen mit Freunden und Verwandten konnte ich dieses Phänomen immer wieder beobachten: Während mein Vater ­jeden noch so kleinen Pilz entdeckte, den ich einfach übersehen hätte, sah meine auf Insekten- und Vogelfotografie spezialisierte Freundin Tiere, die ich im Vorübergehen nicht wahrgenommen hätte. Ich hingegen beobachtete das Licht, die Formen der Bäume, ersann mögliche Kompositionen und versuchte den Charakter des Waldes zu erfassen. Mit zunehmendem Wissen über den Wald und seine Geschichte nahm ich auch immer mehr wahr. Mittlerweile geht meine Auf-

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merksamkeit auch oft in eine Analyse des Waldes über: Welche Baum­ arten sind vorherrschend? Wie alt ist der Bestand? Wie mag seine Geschichte gewesen sein? Wie wird der Wald in fünfzig Jahren aussehen? Wir nehmen als Individuum unsere Welt auch in Abhängigkeit davon wahr, in welcher Lebensphase wir uns befinden und wie aufnahmefähig oder sensibel wir sind. Ich habe dazu sehr persönliche Erfahrungen gemacht, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte: Nachdem mich das Leben nach einem Schlaganfall, den ich mit 38 Jahren erlitt, quasi auf null gesetzt hatte, nahm ich plötzlich Dinge ganz anders und vor allem sehr viel intensiver wahr. Geräusche und Reize waren zunächst unerträglich laut bzw. überfluteten mich regelrecht. Große Veranstaltungen, viele Menschen, laute Musik oder Geräusche konnte ich für längere Zeit durch die Gehirnverletzung nicht ertragen. Die Schutzhülle, die uns normalerweise vor akustischer, visueller und taktiler Überreizung bewahrt, hatte sich verflüchtigt. Doch mehr als vorher war ich plötzlich in der Lage, kleine Dinge viel besser und eindrücklicher wahrzunehmen. Der Schattenwurf eines sich im Wind bewegenden Zweiges auf meiner Bettdecke war ein kleines Wunder für mich und löste Glücksgefühle aus. Durch die ständige Überreizung sehnte ich mich nach Ruhe: Der Wald um unser Haus

Ein paar Minuten die Natur, ihre E­ rscheinungen und Stimmungen mit allen Sinnen zu erfassen, steigert nicht nur Ihr eigenes Glückserleben, sondern auch Ihre Wahrnehmungsfähigkeit. 24 mm, 1/30 s, f/13, ISO 100.

herum wurde so zu einem Refugium, in dem meine überanstrengten Sinne zur Ruhe kommen konnten. Als ich drei Jahre nach dem Ereignis einen erneuten gesundheitlichen Rückschlag erlitt, musste ich die Aktivitäten in meinem Leben abermals zurückfahren und mich schonen. In dieser Phase kam die Kamera ins Spiel. Ich nahm sie mit zu kleinen Spaziergängen durch die nahegelegenen Wälder und entdeckte nun die Schönheiten der Natur durch die Linse. Dort hatte ich die Gelegenheit, meine immer noch sehr sensible Wahrnehmung in positivem Sinne zu nutzen. So schwer die Zeiten der Krankheit auch waren, im Nachhinein kann ich sie in dieser Hinsicht positiv bewerten, weil sie mir auch ­etwas gegeben haben, was ich vorher nicht in dieser Ausprägung ­besessen hatte: genauer hinzusehen, die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen und die Schönheiten der Natur intensiver und eingehender zu erfassen. Auch war ich mehr in der Lage als vorher, Glücksgefühle, ausgelöst durch Erscheinungen der Natur, zu empfinden. Wer in seinem Leben einmal sehr krank gewesen ist, kann dieses Phänomen sicherlich bestätigen. Die gute Nachricht für Sie ist, dass es kein einschneidendes Erlebnis oder eine Krankheit braucht, um die eigene Aufmerksamkeit zu schärfen. Wir können auch selbst Einfluss darauf nehmen, welche

Dinge wir wahrnehmen, indem wir uns ganz konkret auf etwas Bestimmtes fokussieren. Die Sinne zu schärfen, lässt sich üben. Wenn ich im Wald unterwegs und auf der Suche nach Fotomo­ tiven oder schönen Lichtstimmungen bin, versuche ich fast jedes Mal, für einen Moment innezuhalten. Ich suche mir eine Stelle im Wald, auf einem Stein, umgefallenen Baum, Baumstumpf oder auch am Waldboden und lasse mich für eine Weile nieder. Ich nehme dann nur einfach wahr, was ich sehe, höre, rieche, fühle. Und ich bin jedes Mal wieder erstaunt, wie viele interessante Entdeckungen man in einem kleinen Stück Wald machen kann. Ich entdecke dann regelmäßig ein kleines Universum: Die Farben der Blätter variieren von Mal zu Mal, von Stelle zu Stelle, von Baum zu Baum. Man sieht plötzlich die feinen Haare auf Buchenblättern, die Äderchen, die durch jedes Blatt laufen, nimmt verschiedene Arten von Moosen oder Totholz wahr, sieht kleine Waldameisen ihre Wege ziehen, kleine Raupen, Käfer auf dem Waldboden oder im toten Holz. Rindenstrukturen bilden kleine Wunderwerke. Man sieht Pilze und die Mykorrhiza-Fäden im Boden. Blüten, verschiedene Gräserarten, Kräuter und Früchte sind zu entdecken. Der Raum wird erfüllt von Vogelstimmen, vom Knacken im Gehölz, vom Plätschern eines Baches. Da nähern sich plötzlich Tiere auf nur wenige Meter, bis sie wahr-

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Ich war schon viele Male an dieser Stelle gewesen. An diesem Abend im ­Dezember, als der Hochnebel wieder zu steigen begann, erregten die ­Rindenstrukturen der alten Buche am rechten Bildrand meine Aufmerksamkeit. Die in ­meinen Augen ­ansprechende ­Komposition mit den beiden ­gleichaltrigen Buchen im Hintergrund nahm ich in diesem Moment vielleicht besonders gut wahr, weil sich die dunklen Stämme gegen das neblige und winterliche ­Dämmerlicht abhoben. 32 mm, 1/15 s, f/11, ISO 100.

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Ob im Wald oder mit Blick auf den Wald: Die Aufmerksamkeit lässt sich überall schärfen. Von einem e­ rhöhten ­Standpunkt können Sie die Strukturen der Landschaft und einzelne Waldstücke oder prominente Bäume erfassen, um diese dann in einem geeigneten Moment zu fotografieren. 52 mm, 1/25 s, f/11, ISO 100

nehmen, dass dort jemand sitzt. Mäuse rascheln im Blätterwerk und huschen von einem Ort zum anderen. Es kann vorkommen, dass ein Reh nur wenige Meter von mir entfernt durch den Wald stolziert. Immer raschelt irgendwo ein Vogel durch die Blätter. Beim genauen Hinsehen entdeckt man auch Baumkonstellationen oder -besonderheiten, die man im Vorübergehen nicht wahrgenommen hätte. Beim Betrachten der Natur wurde auch mein Interesse für Baumund Pflanzenarten geweckt. Und jeder Erkenntnisgewinn führte zu neuen Fragen, die wiederum meine Aufmerksamkeit für Prozesse und Erscheinungsformen im Wald steigerten. Bei ganz besonderen Lichtstimmungen überkommt mich oft eine überbordende Freude, die ganz besonders spürbar ist, wenn man sie für einen Moment ungefiltert auf sich wirken lässt. Ich möchte Sie ermuntern, sich hin und wieder darauf einzulassen, den Wald mit allen Sinnen zu erfassen und sich ein paar Minuten im Wald niederzulassen. Waldspaziergänge ohne Kamera eignen sich hierzu hervorragend. Sie werden bemerken, dass Sie immer genauer hinsehen werden und dass es unfassbar viel in dem Kosmos Wald zu entdecken gibt. Gleichermaßen gilt dies für das Erfassen von interessanten und ansprechenden Motiven und Kompositionen im Wald. Eine gute Übung ist es, innerhalb eines kleinen Radius von wenigen Metern eine fotografisch interessante Komposition zu finden. Tasten Sie mit den Augen Ihre Umgebung in alle Richtungen ab. Etwas fotografisch Ansprechendes zu entdecken, gelingt natürlich nicht immer. Aber es ist mir schon häufiger so gegangen, dass ich zuerst dachte, die Stelle, an der ich mich gerade befand, hätte überhaupt kein Potenzial. Bei

näherem Hinsehen und einem kleinen Schritt in die eine oder andere Richtung entdeckte ich dann auf einmal einen Blickwinkel, der eine fantastische Perspektive offenbarte. Fotografieren in Wäldern erfordert einen intensiven »Scannerblick«. Je häufiger Sie Ihre Wahrnehmung durch genaues Hinschauen schulen, umso leichter fällt es Ihnen zukünftig, Motive, Kompositionen und interessante Lichtstimmungen zu erkennen und hierin auch immer versierter zu werden. Eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit zu schärfen und gleichzeitig mehr über Bäume zu erfahren, ist beispielsweise das eingehende Studieren und Betrachten von Baumrinden. Studieren Sie die Rinde, ihre Struktur und Farbe und beschreiben Sie sie in Gedanken in Ihren eigenen Worten, fassen Sie sie an. Definieren Sie, ob Sie einen jungen oder alten Baum vor sich haben. Sie können auch versuchen, Bäume allein an ihrer Rinde zu erkennen. Werfen Sie dabei nicht den Blick auf die Blätter oder andere Erkennungsmerkmale. Wenn Sie noch unerfahren sind, können Ihnen Baum- und Pflanzenerkennungs-Apps oder Bücher bei der Einordnung helfen. Dasselbe lässt sich auch mit Blättern praktizieren. Befassen Sie sich mit den Blättern der Bäume, beschreiben Sie sie und betrachten und befühlen Sie sie eingehend. Versuchen Sie anhand der Blätter einen Baum zu bestimmen. In Abschnitt 2.2 »Waldtypen und -arten« (ab Seite 19) stelle ich unterschiedliche Baumarten vor und gehe z. B. auch auf ihre Rindenstruktur ein. Diese können Ihnen als Anregung dienen, sich mit den Besonderheiten der einzelnen Baumarten genauer zu befassen, um dadurch zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit für die Schönheiten des Waldes zu gelangen.

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9 Planung und Wetter­ vorhersage Nebel grüßt das Licht Samtig weiß liegt Nebel all umher Süß und schläfrig dämmernd wie im Traum Gräser, Felsen und der Bruder Baum Dann links und rechts, ja überall ein Wunder Himmel, Rehe, Laub, die ganze Welt wird bunter Der Nebel grüßt das Licht – im tiefen Farbenmeer Françoise de la Haute-Pierre

32 mm, 1/20 s, f/11, ISO 100

163

Die Fotografie in Wäldern wird entscheidend vom Wetter beeinflusst: Regen, Nebel und Sonne lassen den gleichen Wald in ganz unterschiedlichen Stimmungen erscheinen. Jeder von uns kennt das: Der gleiche Wald wirkt zu verschiedenen Jahreszeiten und Wetterlagen ganz anders. Man kann nun die Wetterbedingungen einfach dem Zufall überlassen und Glück haben, wenn man sich an einem schönen Ort im Wald befindet und gleichzeitig auch noch die Bedingungen ideal sind. Wollen wir aber die Chancen auf gute, stimmungsvolle Bilder erhöhen, sind gewisse Kenntnisse über Wetterphänomene hilfreich. So lassen sich ganz bewusst besondere Aufnahmen wie z. B. Nebelbilder planen. Entscheidend sind dazu auch besonders fotogene Stellen im Wald. Diese aufzuspüren und später wiederzufinden, gehört ebenfalls zu einer guten Planung dazu. Ich möchte Ihnen im Folgenden schildern, wie ich vorgehe, wenn ich eine Fototour im Wald plane. Wenn ich von zu Hause aus am nächsten Morgen losziehen möchte, gehe ich selbstverständlich anders vor, als wenn ich eine größere Reise mache, bei der ich Orte besuche, die ich noch nicht kenne.

9.1

Der richtige Ort

Im Laufe der Zeit habe ich viele Wälder in meinem Umfeld erkundet. Fast jedes Mal, wenn ich unterwegs bin, entdecke ich Orte, die mir bisher unbekannt waren. Wenn ich eine Stelle mit besonderen Bäumen, interessanten Kompositionen oder fotogenen Baumgruppen im Wald finde, setze ich mir bei Google Maps eine Markierung auf diese Stelle und beschreibe sie in den Notizen mit kurzen Worten, z. B.: »kleines lichtes Birkenwäldchen, geeignet für Bodennebel«, »in S-Form gebogene Buche« oder »Symbiosen von Bäumen und Felsen«. Manche Wälder sehen dann, nachdem ich sie ausgiebig erkundet habe, wie auf dem Screenshot unten aus. Blaue Markierungen sind für Bäume und Wald vorgesehen, interessante Punkte in der Landschaft, Schlösser, Fuchsbauten, fotogene Jägerstände etc. erhalten eine eigene Markierung. Wenn ich Zeit für eine Fototour am Morgen habe, werte ich am Vorabend Wetterkarten aus und entscheide dann je nach prognostizierter Wetterlage, in welchen Wald bzw. in welche Region ich gehen möchte oder ob ich zu Hause bleibe. Dabei greife ich auf meinen reichen Fundus an markierten Wäldern zurück. Hin und wieder suche ich auch Wälder auf, die ich bislang nicht kenne, weil sie mir in der Draufsicht auf Google Maps interessant erscheinen oder weil ich etwas über sie gehört, gelesen oder Bilder von ihnen gesehen habe. Ist Bodennebel angesagt, entscheide ich mich für Wälder oder Bäume an Flussauen, in der Nähe von Wiesen oder Feldern. Sind tief hängende Wolken zu erwarten, plane ich für den nächsten Morgen einen Wald in den Höhenlagen aufzusuchen. Bei Hochnebel wähle ich Wälder aus, die sich voraussichtlich an oder unter der Nebelgrenze befinden werden. Wenn ich sie von oben fotografieren möchte, entscheide ich mich selbstverständlich für einen Punkt oberhalb der Nebelgrenze. Mir ist bewusst, dass ich in einer landschaftlich privilegierten Lage wohne, denn vor mir habe ich das Rheintal und hinter mir die Höhenzüge des Odenwalds, sodass ich innerhalb einer halben Stunde entweder im Tal mit den Vorzügen des Bodennebels oder aber im Mittelgebirge sein kann. Das ist sicherlich nicht jedem vergönnt. Ich denke aber, mit der Zeit werden auch Sie die schönen Wälder in Ihrer Nähe genauer kennenlernen und mithilfe von Wetterwissen einschätzen können, wann sich diese bei guten Bedingungen ablichten lassen.

Jede interessante Stelle im Wald markiere ich und versehe sie mit einem kleinen Hinweis, sodass ich sie bei Bedarf schnell wiederfinden kann.

164

  In dem Satellitenbild (Google Maps) eines Waldes im Harz weisen die sternförmigen Muster auf einen Nadelwald hin.

  Auf diesem Satellitenbild kann man einen in Teilen zusammengebrochenen Nadelwald erkennen.

Plane ich eine Fototour zu Wäldern, in denen ich bisher noch nicht gewesen bin, führe ich im Vorfeld eine umfangreiche Recherche durch. Inspiriert durch Aufnahmen anderer Fotografen oder auch durch den Hinweis von Freunden forsche ich dann nach Informationen: Wo liegt der Wald genau? Gibt es Hinweise darauf, wo es besonders interessante Bäume zu sehen gibt? Wo kann ich parken? Auf welcher Höhe liegt der Wald? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu den von mir gewünschten Wetterlagen kommt? Welche Wege führen durch den Wald und auf welchem komme ich am besten zu den Stellen, die ich für besonders fotogen halte? Ich arbeite bei der Google-Suche oder auf Plattformen wie Instagram mit zielführenden Stichworten, durchforste Magazine und Bücher und befrage Fotografen oder Freunde, die dort bereits Aufnahmen gemacht haben oder in der Nähe wohnen, um mehr über diesen Wald zu erfahren. Handelt es sich um Nationalparks, sind auf deren Webseiten oft umfangreiches Kartenmaterial sowie Informa­ tionen über Wanderrouten und deren Besonderheiten zu finden. Tatsächlich liefert auch die Darstellung bei Google Maps oder Google Earth Hinweise darauf, welche Beschaffenheit Wälder haben: ob sie dicht oder licht sind, ob sie aus Nadel- oder Laubbäumen bestehen, ob es dort große oder kleine Bäume gibt. Wenn Sie beim ­Hineinzoomen in das Satellitenbild eines Waldes sternförmige Gebilde entdecken, können Sie sicher sein, dass es sich um Nadelbäume handelt. Sie sehen die sogenannten Astquirle. Nur Nadelbäume

wie z. B. Fichte, Douglasie oder Kiefer bilden diese sternförmig vom Stamm abzweigenden Äste aus. Zusammengebrochene Nadelwälder kann man daran erkennen, dass Stämme dort kreuz und quer liegen oder sich Freiflächen im Wald befinden, bei denen es sich erkennbar nicht um Wiesen handelt. Mächtige vitale Bäume sind daran zu erkennen, dass sie große Kronen ausbilden. Auch diese lassen sich von oben auf den Karten der Geoinformationsdienste erkennen. Alleen innerhalb oder außerhalb des Waldes erscheinen von oben betrachtet als in Reihen gepflanzte Baumansammlungen (siehe Abbildungen auf Seite 166 oben). Auf den Satellitenbildern von Google Maps oder Google Earth kann man auch erkennen, ob es sich um einen Wirtschaftswald oder einen weitgehend naturbelassenen Wald handelt. In Ersteren sind die sogenannten »Rückegassen« von oben meist gut zu erkennen. Das sind unbefestigte Forstwege, die von Forstmaschinen angelegt wurden, um geschlagenes Holz aus dem Wald zu transportieren. Sie ziehen sich in der Regel im Abstand von 20 bis 40 Metern durch Wirtschaftswälder. Entdecken Sie solche Spuren durch den Wald nicht, handelt es sich in der Regel um naturbelassenere Wälder oder auch Wirtschaftswälder, durch die schon länger keine Forstmaschine abseits der Wanderwege oder Forststraßen gefahren ist. Wurden Satellitenbilder bei dicht gewachsenen Wäldern während der Vegetationszeit aufge-

165

Diese als Allee gepflanzten Baumreihen in Holland schienen mir auf dem Satellitenbild reizvoll und ich suchte diesen Standort auf, als ich das Waldgebiet näher erkundete.

Es stellte sich heraus, dass es sich um eine äußerst prächtige alte Allee handelte, durch die einst ein Weg geführt hatte, der aber zuletzt nicht mehr benutzt wurde, was ihr besonderen Charme verlieh. 50 mm, 2 s, f/11, ISO 250.

  Diese Satellitenaufnahme von Google Maps zeigt ein Waldgebiet im Harz. Forstwirtschaftswege, die sogenannten Rückegassen, ziehen sich in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen durch den Wald. Bei dieser Diagnose können Sie sicher davon ausgehen, dass es sich um einen Wirtschaftswald handelt.

  Das Satellitenbild zeigte mir in einem Waldgebiet auf Korsika riesige Baumkronen an und ich suchte diese Stelle auf. Ich fand dort uralte Kastanienbäume mit beträchtlichem Stamm- und Kronenumfang.

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Sonnenuntergang in einem mit bunten Farben geschmückten Herbstwald in den Niederlanden. Die Sonne fand in diesem Winkel noch Lücken, um den Wald mit ihrem warmen Licht zu verzaubern. Kurze Zeit später verdeckte die dichtere Laubschicht im Unterwuchs die Strahlen der Sonne. 30 mm, 1/2 s, f/16, ISO 100.

nommen, kann es mitunter vorkommen, dass Rückegassen nicht zu sehen sind. Welchen Unterschied es macht, ob Sie in einem bewirtschafteten oder unbewirtschafteten Wald fotografieren, erfahren Sie in Kapitel 2 »Wald ist nicht gleich Wald« ab Seite 17. Da ältere Bäume größere Kronen ausbilden und diese in der Regel fotogene Bildmotive sind, halte ich bei meiner Recherche besonders nach ihnen Ausschau. Ich markiere mir nachfolgend diejenigen Stellen im Wald, die nach meiner Beurteilung durch das Satellitenbild interessant sein könnten, und suche sie gezielt auf. Nicht selten liege ich mit meiner Einschätzung richtig. Mit etwas Übung werden auch Sie in der Lage sein, auf diese Weise reizvolle Stellen im Wald zu identifizieren. Um Übung bei dieser Art der Recherche zu bekommen, schauen Sie sich am besten auf Karten Wälder von oben an, die Sie kennen, um von deren äußerem Erscheinungsbild auf andere zu schließen.

9.2 9.2.1

Geeignete Tageszeiten Sonnenaufgang und -untergang

Während es aufgrund der starken Kontraste tagsüber bei Sonnenschein schwierig ist, ausdrucksstarke und stimmungsvolle Bilder zu produzieren, eignen sich im Besonderen die Morgen- und Abendstunden zum Fotografieren in Wäldern. Ich halte dabei den Morgen für die beste Tageszeit, um Wälder stimmungsvoll in Szene zu setzen. Es ist wahrscheinlicher, dass sich morgens Nebel bildet, und ich liebe es, wenn sich Tau und Feuchtigkeit auf den Lichtungen und Blättern zeigen. Nebel kann sich besonders im Herbst und Winter auch abends entwickeln oder über den Tag hinweg vor allem im Tal halten. Auch wenn kein Nebel den Wald durchdringt, findet man nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang die besten Bedingungen vor. Beim Fotografieren im Wald ist im Vergleich zur Landschaftsfoto-

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grafie ein bedeutender Unterschied zu beachten: Die Sonne bringt aufgrund der dichten Vegetation, wenn sie noch bzw. schon sehr tief am Horizont steht, nicht mehr ausreichend Licht in den Wald. So stand ich am Beginn meiner fotografischen Versuche in relativ lichtleeren Wäldern, wenn ich erst kurz vor Sonnenuntergang bzw. kurz nach Sonnenaufgang den Wald aufsuchte. Die Sonne muss also noch bzw. schon in einer Höhe stehen, bei der sie im Gewirr der Äste Platz für ihre Strahlen findet. Daher rate ich dazu, am Abend lieber etwas früher, also etwa anderthalb bis zwei Stunden vor Sonnenuntergang in den Wald zu gehen. Am Morgen dauert es auch dementsprechend länger, bis Licht in den Wald fällt. Einzelne Sonnenstrahlen, die den Wald durchdringen, können Sie vor allem an lichten Stellen und Wald­ rändern einfangen, sobald die Sonne über den Horizont steigt. Die »Goldene Stunde«, die sich direkt nach Sonnenauf- und vor Sonnenuntergang ereignet, trägt das Besondere schon in ihrem Namen: Die Sonne taucht Städte, Landschaften und Wälder in ein goldenes und warmes Licht. An Waldrändern können Sie dieses Licht der tief stehenden Sonne ideal nutzen: Mit ihren letzten Strahlen verzaubert sie die sonst dunklen oder grauen Baumstämme in orangerot leuchtende Säulen. In Abhängigkeit davon, auf welchem Breitengrad Sie sich befinden und zu welcher Jahreszeit Sie fotografieren, dauert die »Goldene Stunde« verschieden lange an. Zur Ermittlung des Sonnenauf- und -untergangs sowie des Zeitraums der »Goldene Stunde« verwende ich in der Regel die App PhotoPills. Sie zeigt mir auch vor Ort genau an, wo die Sonne auf- und untergehen wird: Im Augmented-RealityModus wird der Verlauf der Sonne vor Ort simuliert und ich kann die Stelle lokalisieren, wo im Wald die Sonne durch die Bäume kommen wird bzw. wieder verschwindet. Es gibt eine große Auswahl an Apps und Internetseiten, die diese Services anbieten. Google Earth präsentiert beispielsweise eine Darstellung des Sonnenverlaufs, aber auch unter www.stellarium.org können Sie sich eine kostenlose Software herunterladen, die den Stand von Sonne, Mond und anderen Gestirnen anzeigt. 9.2.2

Dämmerung und Nacht

Lange Zeit habe ich mich an die Nachtfotografie in Wäldern nicht herangewagt bzw. ihr kein besonders großes Potenzial zuerkannt. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: Unter bestimmten Bedingungen kann auch der Wald in der Nacht sehr reizvoll sein. Diese Bilder heben sich von den üblichen Waldbildern schon allein dadurch ab, dass es nicht viele von ihnen gibt. Schöne Nachtszenen ergeben sich, wenn das Licht des Mondes oder von erleuchteten Fenstern von Hütten oder Häusern den Wald erhellen. Durch die Bäume hindurch lässt sich auch der Sternenhimmel in eine Waldszene integrieren. 168

Der Vollmond legte sich in der Morgendämmerung in die Äste eines ­absterbenden Baumes am Waldrand. 200 mm, 1/3 s, f/16, ISO 100.

Ich bin im Herbst, wenn der Nebel durch die Baumstämme wabert, gerne in der Morgen- oder Abenddämmerung im Wald unterwegs. Der tagsüber freundlich wirkende Wald erscheint dann in einer gespenstischen Stimmung. Die Kontraste sind reduziert, aber es gelangt doch noch ein wenig Dämmerlicht in den Wald, damit sich die Bäume voneinander abheben. Da die Blauanteile des Lichts in der Zeitspanne der morgendlichen und abendlichen Dämmerung steigen, nennt man diesen Zeitraum die »Blaue Stunde«. Dabei steht die Sonne 4 bis 6 Grad unterhalb des Horizonts. Die »Blaue Stunde« kann gleichermaßen wie die »Goldene Stunde« durch Apps wie PhotoPills oder Sun Surveyor eruiert werden. Wer sich allerdings an dieses Genre der Dämmerungs- und Nachtfotografie im Wald heranwagen will, hat einige Herausforderungen zu meistern. Das beginnt damit, dass man sich in einen dunklen Wald erst mal hineinwagen muss, um dann Bilder von ihm zu machen. Viele Waldtiere sind in der Dämmerung und nachts wesentlich aktiver

An diesem Januarabend setzte in der Dämmerung Schneefall ein und hüllte die Wälder in den Höhen des Odenwaldes in sanften Nebel. Am Waldrand erhellten die erleuchteten Fenster einer Wohnstatt Teile des Waldes. 24 mm, 30 s, f/8, ISO 800.

als tagsüber. Wenn man etwas im Unterholz rascheln hört, aber nicht sehen kann, um welches Tier es sich handelt, kann das für den ein oder anderen Schreckmoment sorgen. Zudem ist die Kompositionsfindung erschwert, da man in der Dunkelheit kaum erkennen kann, in welchem Verhältnis die Bäume zueinander stehen. Der automatische Fokus versagt bei finsteren Lichtverhältnissen. Sehr hilfreich sind daher natürliche oder auch künstliche Lichtquellen wie der Mond oder das Licht von Häusern, die einzelne Bäume beleuchten, um den Fokus zu setzen. Daher bietet es sich an, sich eine Stelle in der Nähe des Waldrandes zu suchen oder vor Einbruch der Dunkelheit den Fokus auf das Hauptobjekt zu setzen. Wenn etwas Licht vorhanden ist, leistet die Lupe der Kamera auch gute Dienste, um manuell scharfzustellen. Ist es zu dunkel, um einen Fokus zu setzen, können Sie mit einer Taschenlampe kurz den Baum beleuchten und mit dem automatischen oder manuellen Fokus auf diese Stelle scharfstellen. Helle Taschenlampen verbieten sich aber in Naturschutzgebieten.

Grundsätzlich ist es besser, nachts im Wald ohne künstliches Licht auszukommen, einerseits um Tiere nicht zu stören, andererseits weil nach Einsatz des künstlichen Lichtes die Augen eine Weile brauchen, um sich in der Dunkelheit wieder zurechtzufinden. Um ausreichend Licht in das Bild zu bekommen, müssen Sie in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen sehr lange belichten. Die meisten Kameras erlauben eine maximale Belichtungszeit von 30 Sekunden. Wenn Sie länger belichten wollen, dann gibt es dafür den Bulb Modus. Mithilfe eines Fernauslösers oder einer App kann man dann die gewünschte Zeit einstellen.

169

9.3

Die Wettervorhersage

Bezüglich der Wetterlagen favorisiere ich für meine Fotografien Nebel in allen möglichen Ausprägungen. Aus diesem Grund werde ich bei meinen Ausführungen den Schwerpunkt auf die Vorhersage von verschiedenen Nebelformen legen. Nebel unterlegt unsere fotografischen Werke mit einer ganz besonderen, mystischen Stimmung und hilft dabei, einen guten Überblick im Wald zu bekommen, da sich einzelne Bäume besser voneinander abheben. In diesem Abschnitt erläutere ich, wie Sie verschiedene Nebel­ arten voraussagen können, um die Wahrscheinlichkeit dafür zu erhöhen, in dem von Ihnen ausgewählten Wald optimale Aufnahmebedingungen vorzufinden. Nebel spielt zusätzlich eine Rolle bei der Bildung von Raureif. Dieses dekorative Weiß kleidet Bäume in ein wunderbares Winterkleid und bietet für unsere Waldfotografie ebenfalls reizvolle Motive. Bei fast allen Nebelarten kann das Phänomen der Nebelstrahlen beobachtet werden. Dieses tritt auf, wenn die Sonne ihren Weg durch Nebel und Bäume sucht. Da auch Schnee eine fantastische Zutat für Ihre Waldfotografien ist, werde ich ebenfalls da­ rauf eingehen, wie Sie das winterliche Weiß vorhersagen können. Ich bin aber auch gerne bei Regen in Wäldern unterwegs. Die Farben der Blätter wirken dann intensiver und häufig bildet sich durch die Feuchtigkeit etwas Dunst zwischen den Bäumen. Nach ausgiebigem Regen ziehen Nebelschwaden durch Wälder in höheren Lagen. Bei der Vorhersage von Nebel verwende ich vorrangig die Wetterkarten von Kachelmannwetter.com, da diese Seite übersichtlich und detailliert alle relevanten Wetterdaten zur Verfügung stellt. Die verschiedenen Wettermodelle helfen mir dabei, einzuschätzen, wie treffsicher meine Vorhersage ist. Die Wettermodelle »Super HD«, »ICON D2« und »Arome« schienen mir in den letzten Jahren am zuverlässigsten. Wettermodelle teilen die Gebiete, in denen sie ihre Berechnungen zum Wetter vornehmen, in ein Gitternetz ein. So wird beim Modell »Super HD« das Wetter für jede Gitternetzzelle mit einer Auflösung von 1 × 1 Kilometern berechnet, beim Modell »Arome« mit 1,3 × 1,3 Kilometern und bei »ICON D2« mit 2,2 × 2,2 Kilometern. Je größer die Auflösung, desto besser lassen sich geografische Besonderheiten wie z. B. Gebirge in die Berechnungen mit einbeziehen. Jedoch werden die Daten der verschiedenen Wettermodelle in unterschiedlichen Zeitintervallen aktualisiert. »ICON D2« aktualisiert seine Wetterdaten alle drei Stunden und damit sehr häufig. Das Modell »Super HD« macht seine Voraussagen für drei Tage für Deutschland, Schweiz und Österreich, »ICON D2« reicht bis 48 Stunden in die Zukunft und deckt größere Teile Mitteleuropas ab. Das bedeutet, jedes Wettermodell hat seine Vor- und Nachteile. Daher verlasse ich mich

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selten auf nur eines und verwende mehrere, um eine bessere Übersicht über das prognostizierte Wetter zu gewinnen. Je nachdem, in welchem Land Sie sich befinden, kommen bestimmte Wettermodelle infrage. (In den Niederlanden verwende ich etwa das Modell »Harmonie«.) Während »Super HD« in meiner Wahrnehmung in den letzten Jahren sehr gute Prognoseergebnisse lieferte, scheint mir aktuell das Modell »ICON D2«, das 2021 neu eingeführt wurde, noch ein wenig verlässlicher zu sein, gerade in Bezug auf die Nebelvorhersage. Es steigert seine Treffsicherheit dadurch, dass es die Daten für die Wettervorhersage innerhalb von 1,5 Stunden auswertet. Andere Modelle brauchen für diesen Prozess länger. Die Analyse der Wetterkarten der einzelnen Modelle ergänze ich durch persönliche Beobachtungen und Erfahrungen, die ich in der betreffenden Region gemacht habe. Bilder von Webcams können zusätzlich dienlich sein, um die Wetterlage kurz vor Aufbruch einzuschätzen. Selbstverständlich kommt es immer wieder vor, dass meine Analyse des Wetters nicht zur Wettersituation am nächsten Morgen passt, denn auch prognostizierte Wetterlagen können sich über Nacht ändern bzw. die Wettermodelle einfach danebenliegen. Weicht ein Modell in seiner Prognose stark von den anderen ab, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich verrechnet hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass konkrete Voraussagen, die mehr als ein bis zwei Tage in die Zukunft reichen, nicht besonders zuverlässig sind. Doch etwa fünf Tage vorher kann man eine grobe Richtung abschätzen, wohin sich das Wetter entwickeln wird. Drei Tage im Voraus erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine bestimmte Wetterlage einstellen wird. Um zu erfahren, wo sich ganz konkret Nebel bilden wird, ist eine Abfrage der Wetterparameter ab etwa 24 Stunden vorher sinnvoll. Da sich Wetterlagen auch schnell ändern können, beginne ich mit meiner Analyse des Wetters meistens erst am Vorabend eines geplanten Fotoausflugs bzw. schaue fast täglich abends danach, ob ich am nächsten Morgen mit schönen Stimmungen rechnen kann. Ich verzichte bei der nachfolgenden Beschreibung der Wetteranalyse darauf, detaillierte Zusammenhänge bei der Entstehung von Wetterphänomenen zu erörtern, um die Darstellung möglichst einfach zu halten. Weitere hilfreiche Infos finden Sie in dem sehr empfehlenswerten Buch »Fotografieren mit Wind und Wetter« von Bastian Werner. Die Methoden zur Wetteranalyse, die der Autor darin beschrieben hat und die Grundlage für meine Wetteranalysen sind, halte ich für besonders treffsicher und gut, auch wenn mit ihnen etwas Recherchearbeit verbunden ist. Ihre praktische Anwendung habe ich aufgrund eigener Erfahrungen mit den Jahren teilweise

9.4 9.4.1

leicht verändert, erweitert oder auch vereinfacht, um ideale Bedingungen speziell für die Waldfotografie voraussagen zu können. Die Voraussage von Nebel, der durch tiefe Wolken entsteht, sowie die des »steigenden Nebels« habe ich mir anhand eigener Wetterbeobachtungen selbst erarbeitet. Wem die Planung anhand von Wetterkarten zu aufwendig ist, kann sich mit der von Bastian Werner entwickelten, kostenpflichtigen Wetter-App VIEWFINDR behelfen. Mit ihr lassen sich Wetterphänomene wie Nebelschleier, dichter Bodennebel oder tiefe Wolken voraussagen. Eine weitere Möglichkeit, Nebel zu prognostizieren, besteht darin, die Temperatur und den Taupunkt zu recherchieren: Zeigen beide Parameter denselben Wert für einen Ort an, ist die Bildung von Nebel wahrscheinlich. Sie finden das erstgenannte Modell »Super HD« bei Kachelmannwetter.com unter »Vorhersage – Wetterkarten/Modellkarten/Radiosondierungen – Mitteleuropa Super HD«. Unter »Kartenausschnitt wechseln« können Sie die Region, in der Sie fotografieren möchten, einstellen. Die verschiedenen Wetterparameter werden unter »Parameter wechseln« eingestellt. Unter dem Reiter »Modell und Modell­ lauf wechseln« finden Sie die anderen Wettermodelle. Exemplarisch habe ich im Folgenden das Modell »Super HD« verwendet. Finden Sie durch den Abgleich von Vorhersagen und tatsächlichen Bedingungen sukzessive heraus, mit welchem Modell Sie die besten Erfahrungen machen. Es erfordert ein wenig Routine, mit den verschiedenen Wettermodellen und Wetterparametern umzugehen. Aber nach einer Weile werden Sie zügig die verschiedenen Nebelarten voraussagen können.

Nebelarten Bodennebel, Nebelschleier

Bodennebel oder Nebelschleier entstehen in sternenklaren Nächten auf Wiesen, Feldern und in Tälern, nicht aber im Wald und generell auch nicht auf Bergspitzen. Das bedeutet, dass wir diese Art von Nebel für unsere Fotografie nur dann nutzen können, wenn die von uns ausgewählten Bäume am Waldrand bzw. auf Wiesen stehen oder z. B. Teil einer Allee sind, die durch Wiesen führt. Auch Einzelbäume auf Feuchtwiesen können bei Bodennebel stimmungsvoll in Szene gesetzt werden. Bodennebel bildet sich über Nacht und löst sich wieder auf, sobald die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihn treffen. Fantastische ­Effekte entstehen, wenn das erste Sonnenlicht in die Nebelschwaden am Boden eindringt. Daher müssen Sie früh aufstehen und vor Sonnenaufgang vor Ort sein, um mit dieser Nebelart zu arbeiten. Für das Entstehen von Bodennebel müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Q eine sehr hohe relative Luftfeuchtigkeit bei Sonnenaufgang (mindestens 90 %) Q eine geringere relative Luftfeuchtigkeit am Vorabend (mindestens 70 %) Q ein über die Nacht hinweg weitestgehend wolkenfreier Himmel (Je länger die Nacht wolkenfrei bleibt und insgesamt andauert, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Bodennebel bildet.) Q kein Niederschlag während der Nacht Q Windstille (Winde würden den bodennahen Nebel vertreiben.) Q eine gewisse Feuchte im Boden (bevorzugt Feuchtwiesen und Wiesen in der Nähe von Flüssen, Bächen oder Seen) Um herauszufinden, ob diese Bedingungen erfüllt sind, rufe ich am Vorabend die entsprechenden Wetterkarten auf und lokalisiere da­ rauf den Ort, an dem ich fotografieren möchte. Das sind vorzugsweise Wiesen in der Nähe von Flüssen, Bächen oder Seen. Dann bringe ich in Erfahrung, zu welcher Uhrzeit die Sonne aufgehen wird. Positiv zu wertende Vorzeichen sind z. B. feucht beschlagene Scheiben an Autos, wenn ich mich schon am Vorabend in unmittelbarer Umgebung meines Zielortes befinde.

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Diese Allee führt durch fast ganzjährig feuchte Wiesen in einem Naturschutzgebiet im Rhein-Main-Gebiet. Steigt nach sternenklaren Nächten Bodennebel aus den Wiesen auf, zieht er auch in die Allee hinein. Die aufgehende Sonne durchdringt den Nebel mit ihren ersten Strahlen und hüllt die Szenerie in ein warmes Licht. 105 mm, 1/50 s, f/8, ISO 200.

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Zunächst betrachte ich die Karte »Relative Luftfeuchtigkeit« für den nächsten Morgen. Sie ist unter dem Reiter »Parameter wechseln« unter »Alle« zu finden. Es ist augenfällig, dass die höchste Luftfeuchtigkeit dort herrschen wird, wo sich größere Flüsse befinden. Entlang des Rheintales erstreckt sich z. B. ein grünes Band, das auf 90 bis 95 % Luftfeuchtigkeit hinweist.

Die Luftfeuchtigkeit sollte aber über Nacht gestiegen sein und am Abend vorher mindestens 70 % betragen. Ich gehe also in der Zeitleiste zurück und finde heraus, wie viel Luftfeuchtigkeit für diese Regionen am Vorabend angezeigt wird. Die Wetterkarte für 20 Uhr zeigt mir an, dass dieser Mindestwert erfüllt ist.

Entlang des Rheintales prognostiziert das Wettermodell »Super HD« eine hohe Luftfeuchtigkeit, was bedeutet, dass die erste Bedingung für Nebelschleier erfüllt ist.

Die Luftfeuchtigkeit am Vorabend wird niedriger sein als am Morgen und beträgt mindestens 70 %.

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Damit sich Bodennebel bilden kann, muss es die ganze Nacht über wolkenfrei sein. Es schadet nicht, wenn gegen Morgen ein paar Wölkchen aufziehen, doch sollte der Großteil der Nacht sternenklar sein. Ich klicke mich beim Parameter »Bedeckungsgrad des Himmels %«, der unter »Wolken, Sonnenschein, Globalstrahlung« zu finden ist, auf der Zeitleiste vom Abend bis zum nächsten Morgen durch und stelle fest, dass sich laut Vorhersage die ganze Nacht über keine Wolken über diesen Regionen befinden werden.

Daraus kann ich auch gleichzeitig schließen, dass es keinen Niederschlag geben wird. Er würde die bodennahen Luftschichten stören und den Nebel auflösen. Dasselbe gilt für aufkommende Winde. Den Parameter »Windmittel, Windrichtung km/h« kann ich unter »Windböen, Windmittel, Windrichtung« einsehen. Es sollte die Nacht über und am Morgen möglichst windstill sein. Ein Wind, der mit über 20 km/h weht, wird den Nebel aufwirbeln und so schnell für sein Verschwinden sorgen. Auch diese Bedingung sehe ich als erfüllt an und packe in Vorfreude auf den nächsten Morgen meinen Fotorucksack.

Eine wichtige Bedingung für die Entstehung von Bodennebel ist erfüllt, wenn die von Ihnen ausgewählte Stelle die ganze Nacht wolkenfrei ist.

Die ganze Nacht und auch am Morgen wird es weitestgehend windstill sein.

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Dichter Bodennebel legte sich an diesem Morgen in die Täler des Odenwalds und durchdrang auch die Wälder. Nachdem ich vor Sonnenaufgang diese Landschaftsszene von oben fotografiert hatte, begab ich mich in die Wälder, um dort die Nebelstrahlen einzufangen. 116 mm, 1/13 s, f/10, ISO 400.

9.4.2

Dichter Bodennebel

Dichter Bodennebel kann so dicht und hoch werden, dass er auch Wälder durchdringt, und ist aus diesem Grund sehr interessant für uns Waldfotografen. Er verzaubert Wälder sowohl in der Innen- als auch in der Außenansicht. Er breitet sich in den Tälern wie ein weißer Teppich aus, füllt sie und bietet so fantastische Möglichkeiten für die Landschafts- und Waldfotografie. An der Nebelgrenze können sich bei dieser Nebelart faszinierende Nebelstrahlen bilden. (Näheres finden Sie in Abschnitt 9.4.6 »Nebelstrahlen« ab Seite 186.)

Bei der Vorhersage dichten Bodennebels beobachte ich dieselben Karten, wie zur Bildung von Bodennebel bzw. Nebelschleiern. Damit sich dichter Bodennebel bilden kann, muss am Vorabend ausreichend Luftfeuchte vorhanden sein, mehr, als es für Nebelschleier notwendig ist. Checken Sie, ob mindestens 90 % relative Luftfeuchtigkeit am Abend an Ihrem ausgewählten Fotospot vorhanden sind und ob diese bis zum Morgen auf 100 % ansteigt. Es ist von Vorteil bzw. erhöht die Chancen erheblich, wenn es am Tag zuvor intensiv geregnet hat. 175

Der Hochnebel hielt sich an diesem Wintertag bis in die Abendstunden im Rheintal, bedeckte das gesamte Tal und Teile der bewaldeten Hänge der Bergstraße. 10 mm, 1/2 s, f/13, ISO 100.

9.4.3

Hochnebel

Mit Hochnebel ist eine tief liegende Wolkenschicht gemeint, die bei etwa 10 Metern über dem Boden beginnt und bis in 1 bis 2 Kilometer Höhe reichen kann. Es kommt aber auch vor, dass diese Wolken nur wenige Dutzend Meter dick sind. Ist die Schicht hingegen sehr dick, nimmt man sie vom Flachland aus als sehr tief liegende Wolken wahr; von den Mittel- oder Hochgebirgen aus gesehen erscheint sie dann wie Nebel bzw. ein Nebelmeer, das in den Tallagen liegt. Dieses kann sich oft mehrere Tage dort halten, was vorwiegend im Winterhalbjahr vorkommt. Tritt dieses Phänomen auf, handelt es sich um Inversionswetterlagen, bei denen es im Tal kälter ist als in den höheren Lagen.

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So eine Wetterlage ist nicht nur für die Landschaftsfotografen eine großartige Gelegenheit, um beeindruckende Nebelmeere in den Tälern zu fotografieren. Auch für uns Waldfotografen bietet sie eine Fülle verschiedener Möglichkeiten, den Wald stimmungsvoll in Szene zu setzen: Von einem erhöhten Standpunkt aus sieht man am besten, wie der Nebel die am Hang liegenden Wälder umspielt und in sie eindringt. Wenn sich der Nebel in den Mittelgebirgen in die Taleinschnitte wälzt, lassen sich von oben auch eindrucksvolle Schichten erkennen. Knapp oberhalb der Nebelgrenze sorgt das Spiel von Nebel, Licht und Wald für eindrucksvolle Effekte.

Direkt an der Nebelgrenze können Sie die sternförmigen Erscheinungen der Nebelstrahlen festhalten. Es lohnt sich aber auch, komplett in den dichten Nebel einzutauchen. Dies ist eine der besten Gelegenheiten, einzelne Bäume zu inszenieren und vor dem oft unübersichtlichen Waldhintergrund freizustellen. Für das Entstehen von Hochnebel müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

Um diese Aussage durch meine Methode zu bestätigen, checke ich als Nächstes die Karte »Relative Luftfeuchtigkeit«. Hier ist zu sehen, dass die Luftfeuchtigkeit in den tiefen Lagen wesentlich höher ist und bis zu 100 % beträgt, wohingegen die höheren Lagen der Mittel- und Hochgebirge wie Schwarzwald, Vogesen, Alpen und Jura nur geringe Luftfeuchtigkeitswerte aufweisen. Mit diesem Befund ist die erste Voraussetzung für Hochnebel erfüllt.

Q sehr hohe Luftfeuchtigkeit in den tiefen Lagen, geringe Luftfeuchtigkeit in den hohen Lagen Q tiefe Wolken in den Tälern Q keine mittleren und hohen Wolken Q kein Niederschlag Ich möchte die Vorhersage von Hochnebel anhand eines Beispiels im Januar in Baden-Württemberg erklären. Die Karte für das Modell »Super HD« für »Signifikantes Wetter« hat mir bereits angezeigt, dass mit Nebel und Reifbildung in tieferen Lagen zu rechnen ist.

Auffällig ist an dieser Vorhersage, dass die hohen Luftfeuchtigkeitswerte in den tieferen und mittleren Lagen vorkommen.

Die Prognosekarte »Signifikantes Wetter« im Modell »Super HD« geht von Nebel- und Reifbildung in den Tallagen für den folgenden Morgen aus.

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Anschließend lasse ich mir die Karte für die tiefen Wolken anzeigen und stelle fest, dass sich die niedrigen Wolken genau dort befinden, wo mir eine hohe Luftfeuchtigkeit vorhergesagt wurde, nämlich in den tiefen Lagen. Die niedrigen Wolken halten sich laut Voraussage den ganzen Vormittag in den Tälern. Der Odenwald, dessen höchste Erhebung der Katzenbuckel mit 626 Metern ist, ist fast vollständig von tiefen Wolken eingehüllt, während der höher liegende Schwarzwald frei von niedrigen Wolken ist.

Um sicherzugehen, dass sich über den niedrigen Wolken keine mittleren oder hohen Wolken befinden, welche die Sicht stören, checke ich auch diese Karten. Sie zeigen beide einen wolkenfreien Himmel an.

Die tiefen Wolken in Kombination mit der hohen relativen Luftfeuchtigkeit in den Tallagen sind ein Indiz dafür, dass sich dort Nebel bilden wird.

Ein wolkenfreier Himmel über dem Nebelmeer verspricht optimale Bedingungen.

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Werden für die Region, in der Sie fotografieren möchten, unter dem Parameter »Sichtweite« violette Farben angezeigt, stehen die Chancen auf Nebel gut.

Mit der Karte zum Niederschlag stelle ich zusätzlich fest, dass es keinen Regen geben wird bzw. die hohe Luftfeuchtigkeit in den tiefen Lagen nicht die Folge von Regenschauern ist (www.kachelmannwetter.com). Wer sichergehen möchte, dass sich der Hochnebel länger hält, dem sei empfohlen, zusätzlich die Prognosekarten »Geopotential 500hPa« und den Bodendruck aufzurufen. Damit können Sie sehen, ob sich ein Hochdruckgebiet andauernder hält. Auf www.wetterzentrale.de oder bei www.kachelmannwetter.de im Modell »ECMWF« erhalten Sie hierzu kostenlose Prognosekarten. Wie hoch der Nebel exakt sein wird, ist schwer zu bestimmen. Einen Hinweis darauf bekommen Sie, wenn Sie sich anschauen, bis wohin genau die tiefen Wolken bzw. die Luftfeuchtigkeit reichen, und dies mit den Höhenangaben bei Google Maps an den Stellen vergleichen, die Sie für Ihre Tour im Blick haben. In jedem Fall sollten Sie, bevor Sie am Morgen aufbrechen, erneut nachsehen, ob die Wetterlage stabil geblieben ist oder sich verändert hat, um keine Enttäuschungen zu erleben. Gute Vorhersagequalitäten für Nebel liefert auch das holländische Modell »Harmonie« (Mitteleuropa DUTCH HD). Es stellt den Parameter »Sichtweite« (unter »Wetter, Luftdruck«) zur Verfügung. Dieser Parameter zeigt die berechnete Sichtweite in Metern an. Geringe Sichtweiten signalisieren Ihnen, wo Sie mit Nebel rechnen können, große Sichtweiten deuten auf klare Luft hin. Dieses Modell wird für zwei Tage im Voraus berechnet.

9.4.4

Tiefe Wolken

Tiefe Wolken verfangen sich häufig in den höheren Lagen der Gebirge und Mittelgebirge. Als »tief« bezeichnen Meteorologen eine Wolkenhöhe von 0 bis 2000 Metern. Sie tragen eine große Menge an Wasser oder Eiskristallen in sich und werden daher auch »Wasserwolken« genannt. Wenn wir uns in diesen Wolken befinden, ist die Sichtweite sehr begrenzt. Sie sorgen für dichten Nebel, der so undurchsichtig sein kann, dass es selbst für die Waldfotografie zu viel ist und die einzelnen Bäume in dichtem Grau verschwinden. In den meisten Fällen sorgt diese Nebel- bzw. Wolkenart aber für sehr gute Bedingungen für unsere Waldbilder. Sie kann je nach Wetterlage auch tagsüber oder abends auftreten und ist auch durch reine Beobachtung einfach zu identifizieren. Ragen die Gipfel der Berge in die Wolken, ist es Zeit aufzubrechen und in diesen Nebel einzutauchen. Eine wichtige Bedingung für das Vorhandensein von tiefen Wolken ist, dass der Berg, auf dem Sie fotografieren wollen, eine gewisse Höhe hat. Ab 500 Metern sind die Chancen erhöht, dass sich tiefe Wolken verfangen. Für die Prognose von tiefen Wolken auf den Bergspitzen müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Q eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit (100 %) Q ein Fotospot, der über der Wolkenunterseite liegt

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Im Herbst und Winter findet man in den höheren Lagen häufig zauberhafte Stimmungen vor, wenn sich die Gipfel der Berge in tiefe Wolken hüllen. An ­diesem Tag hielt sich die »Nebelsuppe« viele Stunden, sodass ein völlig entspanntes Fotografieren­ möglich war.­ 10 mm, 1/20 s, f/8, ISO 320.

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Die Vorhersage des »Tiefe-Wolken-Nebels« lässt sich am besten an einem konkreten Beispiel erklären. Ich habe hierzu den Großen Feldberg im Taunus ausgewählt. Ich identifiziere am Vorabend meiner geplanten Tour zunächst mithilfe von Google Maps oder der Karte »Modellorografie« bei Kachelmannwetter.com den Berg, auf dem ich fotografieren möchte, um ihn dann auch auf den Wetterkarten finden zu können.

Anschließend stelle ich den Parameter »Relative Luftfeuchtigkeit« ein und sehe nach, ob die Luftfeuchtigkeit am nächsten Morgen hoch ist. Sie prognostiziert für die höheren Lagen in den Morgenstunden 100 %, was für die Bildung von dichtem Nebel optimal ist.

Diese Karte finden Sie auf Kachelmannwetter.com unter »Vorhersage – ­Mitteleuropa Super HD – Parameter wechseln – Modelinfos – Modelloro­ grafie«. Sie zeigt, welche Orografie, das heißt Reliefstrukturen, den jeweiligen Wettermodellen zugrunde liegt. Damit können Sie Gebirge und Mittelgebirge gut lokalisieren. Der Große Feldberg im Taunus ist die höchste Erhebung im Hochtaunuskreis und liegt auf der Karte zwischen Schmitten und Glashütten.

Das Modell »Super HD« zeigt für den Großen Feldberg eine hohe Luftfeuchtigkeit an, während es in den tieferen Lagen weniger feucht ist.

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Dann vergleiche ich diese Karte mit den niedrigen Wolken und stelle fest, dass sie weitestgehend deckungsgleich mit der Luftfeuchtigkeit sind.

Wenn ich in der Zeitleiste nach vorne gehe, stelle ich fest, dass sich das Wolkengebilde den ganzen Vormittag an derselben Stelle befindet, also nicht weiterzieht. Da hohe Luftfeuchtigkeit aber auch von Niederschlag kommen kann, schaue ich noch auf die Karte mit den Niederschlägen. Es wird wohl etwas Niederschlag geben, aber nur im Zeitfenster zwischen 9 und 10 Uhr.

Die tiefen Wolken hängen an diesem Morgen über oder an den Gipfeln des Taunus.

Innerhalb einer Stunde wird ein Niederschlag von 0,2 bis 0,5 Millimeter a­ ngekündigt. Am Abend vorher und in der Nacht sind die Werte deutlich höher.

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Welche Art von Niederschlag das sein wird, erfahre ich auf dieser Karte nicht; da die Temperaturen an diesem Morgen aber unter 0 °C liegen sollen, gehe ich von Schnee aus und checke zur Absicherung die entsprechende Karte.

Ich bin nun neugierig geworden, ob ich am nächsten Morgen eventuell eine schöne weiße Pracht vorfinden werde, und rufe die Karte auf, die mir die Schneehöhe anzeigt.

Die Karte zeigt mir, dass an diesem Morgen noch etwas Schnee fallen wird.

Auf dem Großen Feldberg werden für den nächsten Morgen vier Zentimeter Schnee angekündigt.

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  Krumm ­gewachsene, mit Raureif bedeckte Bäume heben sich durch den Nebel an diesem ­Morgen auf zauberhafte Weise vom Hintergrund ab. 52 mm, 1/15 s, f/8, ISO 160. Die Sichtweite auf dem Großen Feldberg liegt unter 200 Meter.

Ein Blick auf die Webcam am Großen Feldberg verrät mir, dass die Baumwipfel schon jetzt in Weiß gehüllt sind. Da anhaltender Nebel und Temperaturen unter 0 °C für Reifbildung sorgen, freue ich mich jetzt schon auf ein Wintermärchen im Taunus. Die Prognosen, die ich zu den tiefen Wolken zusammengetragen habe, sagen mir leider nicht, ab welcher Höhe mit Nebel zu rechnen ist. Die Webseite windy.com kann hier weiterhelfen: Sie liefert Angaben zur prognostizierten »Wolkenunterseite«. Diesen Parameter findet man unter »Wolken« in der rechten Leiste der Webseite. Nachdem ich auf das Gebiet geklickt habe, in dem ich fotografieren möchte, wird mir eine Meterangabe angezeigt (100 m, 200 m etc.), welche die Höhe der Wolkenunterseite definiert. Ist die Höhe der Wolkenunterseite geringer als die Höhe meines Fotospots, ist anzunehmen, dass sich dieser in tiefen Wolken befindet. Diese Angaben zur Wolkenunterseite sind meiner Erfahrung nach nicht immer kor-

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rekt, da sich die Wolkenhöhe schnell verändern kann, können aber einen Anhaltspunkt geben. Auch in der VIEWFINDR-App wird der Parameter »Wolkenunterseite« angezeigt. Sobald ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, prüfe ich noch auf meinem Smartphone die Karte zur Sichtweite und stelle fest, dass diese auf dem höchsten Punkt im Taunus aktuell unter 200 Meter beträgt. Diese Karte finden Sie unter www.kachelmannwetter.com unter »Live-Wetter – Beobachtungen – Sichtweite«. In der Hoffnung, dass sich die für meine Waldfotografie geeignete Wetterlage über den Vormittag hält, breche ich am Morgen auf und finde den Gipfel des Feldbergs in tiefen Wolken bzw. Nebel vor. Eine fantastische Winterlandschaft und Wälder mit Raureif und Schnee empfangen mich. Hin und wieder lichten sich die tiefen Wolken und ein wenig Licht sowie blauer Himmel erhellen die Szenerie.

Diese groß gewachsene Douglasie, von Raureif und Schnee bedeckt, schien mir in der Ansicht vom Boden aus ein reizvolles Motiv zu sein, als die Wolkendecke aufriss und für einen Moment der blaue Himmel zu sehen war. Es kam ein Weitwinkelobjektiv zum Einsatz, um den Baum in ­seiner ganzen Größe zu erfassen. 14 mm, 1/50 s, f/13, ISO 100.

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An diesem Abend Ende November schwappte der Hochnebel in die Täler der bewaldeten Hügelketten der Bergstraße. Die untergehende Sonne tauchte die Szenerie in ein warmes, feuriges Licht. 135 mm, 1/1000 s, f/10, ISO 100.

9.4.5

Feuernebel

Ich glaube, dass es den Begriff »Feuernebel« bislang in der deutschen Sprache nicht gibt. Er kommt mir aber immer wieder in den Sinn, wenn die auf- oder untergehende Sonne auf dichten Bodennebel, Hochnebel oder steigenden Nebel trifft. Der Nebel fängt an zu leuchten, als würde er brennen. Um dieses Phänomen zu finden, wenden Sie am besten die Vorhersagemethoden an, die ich für Hochnebel, dichten Bodennebel und Nebelschleier beschrieben habe, und begeben sich über die Nebelgrenze. Wenn Sie knapp darüber stehen, ist der Effekt besonders eindrucksvoll. Auch bei Bodennebel können diese feurigen Effekte entstehen.

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9.4.6

Nebelstrahlen

Bei den sogenannten Nebelstrahlen wird das Sonnenlicht auf den feinen Wassertröpfchen des Nebels sichtbar gemacht. Sie entstehen dort, wo die Sonne in die obere Schicht des Nebels eindringt. Durch die Brechung des Lichtes an den Baumstämmen entstehen Strahlen oder Lichtbüschel, die wie ein beeindruckendes Feuerwerk wirken. Um Bilder von solchen Nebelstrahlen machen zu können, sind Wetterlagen wie Hochnebel, dichter Bodennebel oder auch Nebelschleier notwendig. Wenn sich Nebelschleier auf Wiesen bilden, dann gehen Sie auf die Suche nach einem interessanten Einzelbaum und warten, bis die

Dieses Bild ist an einem Vormittag im Herbst entstanden, an dem der Hochnebel den ganzen Tag in den Tälern lag. An der Grenze zwischen Nebel und Sonne konnte ich diese Nebelstrahlen an einem Waldrand festhalten. 30 mm, 1/160 s, f/9, ISO 250.

Sonne den Winkel erreicht, bei dem sich Nebelstrahlen bilden können. Die Sonne muss dabei etwas oberhalb des Horizonts stehen und von schräg oberhalb durch die Baumkrone brechen können. Nebelschleier auf Wiesen lösen sich schnell auf, sobald die Sonne auf sie trifft. Daher währen diese strahlenden Momente in der Regel nur kurz. Doch mit einer guten Vorbereitung und etwas Glück kann man genau diesen besonderen Moment in einem Foto festhalten. Das sind dann die Tage, an denen ich erfüllt und mit Freude nach Hause zurückkehre. Waldfotografie ist eben nicht »nur« fotografieren, sondern auch Natur erleben. Dichter Bodennebel oder Hochnebel kann sehr viel länger anhalten. Auf der Suche nach den begehrten Nebelstrahlen begeben Sie sich in einen Wald, der sich an der Grenze zwischen Nebel und Sonne befindet. Das sind insbesondere Wälder in Hanglagen. Durch die von Ihnen im Vorfeld durchgeführte Wetterprognose können Sie in etwa abschätzen, welche Waldgebiete sich an der Nebelgrenze befinden werden. Am Tag Ihrer Tour müssen Sie aber flexibel reagieren, denn der Nebel bewegt sich häufig auf und ab, steigt mal höher und sinkt dann wieder.

Was die Auswahl des Waldes betrifft, kann man in diesem Fall nicht wählerisch sein, die Bedingungen haben hier Vorrang. Denn man muss sich danach richten, wo die Sonne auf die obere Schicht des Nebels trifft. Ich habe diesbezüglich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Manchmal sind die Nebelstrahlen so eindrucksvoll, dass sie auch über einen weniger beeindruckenden Wald hinwegtäuschen können. Es ist mir aber auch schon passiert, dass ich auf der Suche nach Nebelstrahlen in Wälder geraten bin, in denen jüngst Forstarbeiten stattgefunden hatten. Ein wüstes Durcheinander von Baumkronenteilen und unschön anzusehenden Baumstümpfen hat es dort unmöglich gemacht, dieses Phänomen der Nebelstrahlen auf ästhetische Art und Weise festzuhalten. Auch die in den letzten Jahren immer häufiger vorgenommenen Kahlschläge machen die Bildung von Nebelstrahlen unmöglich. Wenn Sie Glück haben, finden Sie aber an den Rändern der Kahlschläge noch intakte Wälder oder stehengelassene tote Bäume, durch die die Sonne von oben durch den Wald scheinen kann. Wenn Sie einen ganz bestimmten Wald im Auge haben, bei dem Sie diesen Effekt fotografieren möchten, dann beobachten Sie über

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Nach einem Regenguss steigt die Feuchtigkeit aus den Wäldern über den bewaldeten Hängen der Bergstraße auf. Die tief stehende Sonne erleuchtet die kleinen Wolkenfetzen und lässt sie in schönen Goldtönen erstrahlen. 58 mm, 1/30 s, f/14, ISO 100.

einen längeren Zeitraum die Wetterlage und ziehen erst los, wenn die Vorhersage günstige Bedingungen verspricht.  Da sich Hochnebel vor allem im Winterhalbjahr mitunter den ganzen Tag in den Tälern hält, ist es in Abhängigkeit von den geografischen Bedingungen vor Ort möglich, Nebelstrahlen von Sonnenaufbis Sonnenuntergang an der Nebelgrenze ausfindig zu machen. Die Sonne braucht auch hier einen schrägen Winkel, um von oben durch die Bäume zu scheinen. Das heißt, die schönen Effekte können sich je nach Jahreszeit und Hanglage erst ein paar Stunden nach Sonnen­ auf- oder vor Sonnenuntergang zeigen. Dort, wo die Sonne die Gelegenheit hat, durch den sich auflösenden, feinen Nebel zu dringen und der Wald nicht ganz so dicht ist, sind die Effekte besonders eindrucksvoll. Lichte Wälder, Waldränder oder Lichtungen im Wald eignen sich daher besonders gut, um dieses Phänomen zu Gesicht zu bekommen.

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9.4.7

Steigender Nebel nach Regen

Sicherlich kennen Sie Nebelschwaden, die nach einem ausgiebigen Regenguss oder Gewitter aus den Wäldern steigen und dort k­ leine Wolkenfetzen bilden. Diese durch Verdunstung entstehenden Schwaden sind besonders schön anzuschauen, wenn die auf- oder untergehende Sonne auf sie trifft. Ich nenne diese Nebel- bzw. Wolkenform »steigenden Nebel«, im Lexikon des Deutschen Wetterdienstes wird sie »Waldrauch« genannt. Diese Nebel kommen vor allem an warmen Tagen im Frühjahr oder Sommer nach einem plötzlichen Kaltlufteinbruch mit Schauern vor und verflüchtigen sich recht schnell, wenn die Sonne sie erwärmt. Während die meisten Nebelarten überwiegend morgens auftreten, kann sich dieser Nebel zu jeder Tageszeit bilden. Das bedeutet für uns Waldfotografen, dass wir nicht einmal früh aufstehen müssen, um ihn fotografisch einzufangen. Möchte man diese Nebelform vorhersagen, kann man in den Sommermonaten die Wetterkarten zu starken Niederschlägen und Gewittern studieren. Die Karten zur Luftfeuchtigkeit geben Ihnen

Aufschluss darüber, ob und wie lange sich die Feuchtigkeit hält. Welche Wälder für diese Form des Nebels infrage kommen, lässt sich am besten durch Beobachtung ermitteln. Der Berg, den Sie auf diesem Foto sehen, ist z. B. prädestiniert für steigenden Nebel. Dadurch, dass ich ihn von meinem Balkon aus stets im Blick habe, konnte ich immer wieder feststellen, dass dort nach dem Regen die Feuchtigkeit aufsteigt.

9.4.8

Dampfendes Wasser

Bäume und Wälder wachsen häufig auch an Seen, Flusstälern, Tümpeln oder Bächen. Steigt nach kühlen Nächten Dunst aus dem Wasser auf, entstehen fantastische und mystische Stimmungen. Wie bei kochendem Wasser bilden sich kleine Nebelschwaden, die umgebende Vegetation wird darin eingehüllt. Bei Sonnenaufgang fangen die kleinen Dampfwolken an, das warme Licht der aufgehenden Sonne einzufangen, und wirken so, als wären sie in Gold getaucht worden.

Ein dichter Wald hat sich um die Seen in diesem niederländischen Naturschutzgebiet bei Tilburg angesiedelt. Einzelne Kiefern wachsen sogar im Wasser. Nach einer sternenklaren Nacht bildete sich feiner Dunst auf dem Wasser, der dann nach Sonnenaufgang in goldenes Licht getaucht wurde. 200 mm, 1/80 s, f/11, ISO 100.

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Dieses Bild ist an einem kleinen Wasserloch entstanden, das sich unweit eines Sees im Hessischen Ried befindet. Oft liegt die Wassertemperatur solcher kleinen Wasserstellen etwas höher als in größeren Seen, sodass sich dort reichlich Wasserdampf entwickeln kann, wenn die Bedingungen günstig sind. 82 mm, 1/250 s, f/10, ISO 200.

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Damit sich als Nebelschwaden aufsteigende Feuchtigkeit bilden kann, muss die Wassertemperatur des ausgesuchten Gewässers höher sein als die Umgebungsluft am Morgen, und das um mindestens 8 °C. Das bedeutet, Sie müssen die Temperatur des Gewässers am Vorabend herausfinden bzw. in etwa einschätzen können. Für Flüsse, Bäche, Tümpel oder kleinere Seen gibt es in der Regel keine Daten zur Wassertemperatur. Sie können die Wassertemperatur, wenn Sie in der Nähe des Gewässers sind, selbst prüfen oder anhand der Lufttemperatur an den Tagen zuvor in etwa abschätzen. Ist es viele Tage nacheinander sehr warm gewesen, werden sich auch die Gewässer aufgeheizt haben. Was bekannte und größere Seen betrifft, können Sie sich vorher im Internet informieren: Unter www.wassertemperatur.org finden Sie die Wassertemperaturen vieler Badeseen und auch weitere Informationen zu einzelnen Seen sowie aktuelle und voraussichtliche Wetterdaten. Ist der See, an dem Sie fotografieren möchten, nicht dabei, gehen Sie am besten nach den Wasserwerten eines Sees in der Umgebung, wenn sich dieser nach Lage, Höhe und Größe einigermaßen vergleichen lässt. Im zweiten Schritt stellen Sie anhand von Prognosekarten fest, ob die Temperatur (Karte »Temperatur 2 m«) mindestens 8 °C niedriger ist als die Wassertemperatur des Sees. (Ich verzichte hier auf die Abbildung der Wetterkarten, da Sie die betreffenden bereits in den vorhergehenden Abschnitten kennengelernt haben.) Damit sich Dunst auf dem Wasser bilden kann, muss die Nacht wolkenfrei sein. Sie rufen also die Karten zur Wolkenbedeckung auf und stellen sicher, dass sich in der Nacht zuvor keine oder nur sehr wenige Wolken über ihrer ausgesuchten Foto-Location befinden werden. Sollte das der Fall sein, wird es auch keinen Niederschlag geben, der ebenfalls für die Bildung von Dampf auf dem Wasser hinderlich ist. Nach einer Reihe warmer Tage und nach einer frischen, wolkenfreien Nacht stehen die Chancen also gut, dass sich feine Nebelschleier auf dem Wasser bilden. Es muss zudem ausreichend Luftfeuchtigkeit (85 bis 99 %) für den Morgen vorausgesagt sein. Die Prognosekarten zur Luftfeuchtigkeit können Ihnen darüber Auskunft geben. Damit sich der Dampf auf dem Wasser halten kann und die kalten Luftschichten stabil sind, darf kein Wind die Ruhe stören. Daher checken Sie am Vorabend am besten zusätzlich die Vorhersagekarten für Wind. Für die Voraussage von dampfendem Wasser müssen also folgende Bedingungen erfüllt sein: Q eine Wassertemperatur, die 8 °C kälter als die Luft ist Q in der Nacht keine oder nur wenige Wolken über dem Gewässer Q eine hohe Luftfeuchtigkeit (85 bis 99 %) Q kein oder nur sehr wenig Wind (Windböen unter 20 km/h)

Für die Aufnahme der zarten Nebelschleier auf den Seen möchte ich Ihnen noch ein paar Tipps an die Hand geben. Da es sich um kleine, einzeln aufsteigende Schwaden handelt, die von weiter weg betrachtet nur als sanfte Schleier wahrgenommen werden, müssen Sie sie optisch verdichten, um eine bessere Sichtbarkeit zu erreichen. Das heißt, es ist sinnvoll, mit etwas mehr Brennweite zu arbeiten und sich mit einem gewissen Abstand zum Motiv zu positionieren. Bei der Aufnahme des Sees mit der im Wasser stehenden Kiefer am Anfang dieses Abschnitts habe ich eine Brennweite von 200 Millimetern verwendet und wählte meinen Standort mit einem größeren Abstand zur Szene. Mit einem Weitwinkelobjektiv kann ich zwar den See im Ganzen einfangen, die Schwaden sind aber auf dem Bild kaum mehr wahrnehmbar. Belichten Sie nicht allzu lange, denn bei einer Langzeitbelichtung über mehrere Sekunden verschwimmen die Schwaden. Ein dampfender See am Morgen ist immer ein wunderbares Naturereignis, und wenn dann noch die Sonne ins Spiel kommt, wird das Spiel der Schwaden auf dem Wasser zu einer faszinierenden Welt aus Gold. Die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn die Sonne morgens noch sehr tief steht, da der Kontrast zu diesem Zeitpunkt am höchsten ist.

9.5

Schnee

Schnee verwandelt Wälder in märchenhafte Winterwelten. Aus einem grauen, schmucklosen Wald entsteht eine Welt zwischen Traum und Wirklichkeit. Schnee verdeckt so manche Wunden von forstwirtschaftlichen Eingriffen sowohl am Waldboden als auch an den Bäumen. Wallen zusätzlich noch Nebel durch den Wald, haben Sie die perfekten Bedingungen, um diese zauberhaften Welten auf Ihren Bildern abzubilden. In den Wald eindringende Sonnenstrahlen, gerade wenn die Sonne tief steht, bringen zusätzlich Farbe und Licht in Ihre Fotografien. Schneebedeckte Landschaften und Wälder werden im Zuge des Klimawandels immer seltener. Um weiße Winterwälder in Szene zu setzen, müssen wir etwas höher steigen. Schneegarantie hat man im Winter nur in den Hochgebirgen. In den Mittelgebirgen müssen wir dagegen Recherchen anstellen, um sicherzustellen, dass sich die Wälder dort im winterlichen Weiß befinden. In tieferen Lagen ist Schnee sehr selten geworden und schmilzt häufig innerhalb weniger Stunden schon wieder ab. Für die Bildwirkung macht es einen Unterschied, ob nur wenige Zentimeter Schnee gefallen sind oder der Waldboden von einer dicken Schicht mit Schnee bedeckt ist. Sind es nur wenige Zentimeter, sieht man aus dem Waldboden überall kleine Äste und Zweige aus dem Schnee ragen, welche die Bildwirkung beeinträchtigen können. Eine bodendeckende Schicht vermittelt Ruhe und der Betrachter 191

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kann sich so besser auf die wesentlichen Elemente im Bild fokussieren. Auch Fußstapfen im Schnee nehmen der Wirkung das Unberührte. Allerdings können sie auch kompositorisch eingesetzt werden, wenn Fußstapfen z. B. zum Hauptobjekt hinführen. Für uns Waldfotografen sind meist solche Wetterlagen ideal, bei denen der Schnee liegen bleibt, eine ausreichend dicke Schicht gebildet hat und möglichst noch unberührt ist. Die Herausforderung lautet also, im Wald zu sein, bevor Spaziergänger den Wald durchstreifen. Eine Schicht Neuschnee tut daher unseren Winterwaldbildern gut. Die Zweige und Äste der Bäume sind dann mit frischem Schnee bedeckt. Setzt Tauwetter ein oder geht ein Wind, ist er schnell von den Bäumen geschmolzen bzw. geweht. Für einen schneereichen und stimmungsvollen Winterwald müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Q eine prognostizierte Schneehöhe von mindestens 5 cm Q anhaltender Schneefall in den letzten Stunden/Tagen (1 mm Niederschlag entspricht 1 cm Schnee.) Q eine Temperatur in 2 m Höhe über einen längeren Zeitraum und zum Zeitpunkt der Fototour unter 0 °C (bei Sonne min­ destens -2 °C) Q kein oder wenig Wind Ich möchte als Beispiel eine Wetterlage in Thüringen Mitte Januar anführen. Dafür öffnete ich zunächst die Karte zur prognostizierten Schneehöhe, um einzuschätzen, wie hoch der Schnee in den Mittelgebirgen am Morgen sein wird. In der Rhön und im Thüringer Wald werden mir 30 Zentimeter für die Höhenlagen angezeigt.

  Es hatte in der Nacht ausgiebig geschneit und sich eine üppige Schicht Neuschnee auf die Äste der Bäume, deren Stämme und auf den Boden gelegt. Nebel waberte durch den Wald. An dieser Stelle im Biosphärenreservat Rhön war noch niemand vorher durch frischen Schnee gestapft. So entstand eine märchenhafte, unberührte Winterwaldkulisse. 52 mm, 1/10 s, f/16, ISO 100.

Dann rufe ich die Karte für die Niederschläge »Schnee« auf und checke, wie viel Schnee am Abend bzw. in der Nacht noch fallen wird. Ich kann laut der Karte, die mir den Schneefall innerhalb von sechs Stunden anzeigt, auf den Höhenzügen der Rhön mit 7 bis 15 Zentimeter Neuschnee rechnen.

Diese beiden Befunde machen mir Hoffnung. Doch ich muss noch zwei weitere Parameter checken, um sicher zu sein, dass sich die Tour lohnen wird. Im nächsten Schritt prüfe ich die Temperaturen in der Nacht und am nächsten Morgen. Ich möchte, dass der Schnee möglichst lange am Morgen liegen bleibt und nicht von den Bäumen fällt. Während die Temperaturen in der Nacht in den Höhenlagen noch unter 0 °C sind (siehe Abbildung links oben), steigen sie gegen Morgen an und liegen im Thüringer Wald dann schon über 0 °C, in der Rhön um 8 Uhr bei 0 °C (siehe Abbildung links unten). Im Laufe des Vormittags steigen die Temperaturen dann weiter an. Es gibt zwar keinen Wind, der den Schnee von den Bäumen bläst (checken Sie sicherheitshalber auch die Windböen. Sie sollten unter 40 km/h liegen, siehe Abbildung rechts unten), aber aufgrund der steigenden Temperaturen entschließe ich mich, die Tour in die Rhön oder den Thüringer Wald ein anderes Mal anzutreten. Der Schnee wäre zwar zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs sicherlich noch fotogen gewesen, hätte aber im Verlauf des Vormittags schnell an Schönheit eingebüßt, wäre matschig geworden und von den Bäumen gefallen. Wenn ich direkt vor Ort gewesen wäre, hätte ich mein Glück versucht, für eine weite Anreise war mir das Risiko aber zu hoch, dann doch nicht die gewünschten Bedingungen vorzufin-

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den. Achten Sie also bei Ihren Recherchen darauf, dass die Temperaturen im Zeitraum Ihrer Tour im Minusbereich bleiben. Wenn die Sonne herauskommt und auf den Schnee trifft, sollten die Temperaturen bei mindestens -2 °C liegen. Sie sehen an diesem Beispiel, wie wichtig es ist, alle Parameter zu checken, wenn man eine bestimmte Stimmung und Wetterlage fotografisch festhalten möchte. Und sollte mal nicht alles passen, lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern versuchen Sie es beim nächsten Mal erneut. Wenn Sie sich Nebel als weitere Zutat für Ihre Bilder wünschen, gehen Sie nach der beschriebenen Methode zur Nebelvorhersage für tiefe Wolken vor. Wenn es stark geschneit hat oder immer noch schneit, sind die Chancen auf neblige Bedingungen gut.

9.6

Raureif

Raureif ist eine wunderbare Zutat in der winterlichen Waldfotografie. Er bedeckt Gräser, Äste, Zweige und auch Baumstämme mit einer zauberhaften Schicht von Eiskristallen, die je nach Wetterlage mal fein oder auch mehrere Zentimeter dick werden kann. Nebel oder Wolken spielen bei dessen Bildung die zentrale Rolle: In der feuchten Luft des Nebels setzen sich kleine Wassertröpfchen auf Objekte in der Natur, wenn die Temperatur unter 0 °C sinkt. Je länger ein Wald oder Baum bei Temperaturen unter 0 °C in tiefen Wolken oder im Nebel liegt, umso ausgeprägter wird diese Schicht. Bleibt der Nebel 6 bis 12 Stunden bestehen, bildet sich eine zarte Schicht aus, die immer weiter anwächst, je länger die Nebelperiode anhält. Wenn Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes weiter anhalten, bleibt diese Schicht bestehen, selbst wenn der Nebel verschwindet. In den Hochgebirgen kommt im Winter die Bildung von Raureif häufig vor, da dort Temperaturen unter 0 °C über längere Zeiträume fortbestehen. In den Mittelgebirgen muss man aber genau verfolgen, ob sich Nebel oder tiefe Wolken und Temperaturen unter 0 °C für einen längeren Zeitraum halten. Dafür sind stabile Hochdruckwetterlagen mit Hochnebel oder tiefe Wolken vonnöten. Im Flachland tritt dieses wunderbare Weiß nur in seltenen Fällen auf, zumindest in unseren Breiten. In nördlichen Breiten, wie z. B. in den skandinavischen Ländern, finden Sie Raureif auch im Flachland. Temperaturen und Nebelwahrscheinlichkeit müssen also bei der Vorhersage von Raureif miteinander kombiniert werden. Wie sich Hochnebel oder tiefe Wolken voraussagen lassen, konnten Sie schon in den vorhergehenden Abschnitten erfahren. Es ist wichtig, dass der Nebel über mehrere Stunden anhält und die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 98 % beträgt.

Verfolgen Sie nun die Temperaturen in der Zeitleiste dahingehend, ob sie über die Nacht hinweg und auch am Morgen unter 0 °C bleiben (Karte »Temperatur 2 m«). Eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum im Voraus macht Sinn, wenn man Winterlandschaften fotografieren möchte, die arktischen Charakter mit Raureif oder Raueis von mehreren Zentimetern bieten. Checken Sie am Morgen, bevor Sie losfahren, die Temperatur am Zielort. Denn falls Tauwetter eingesetzt hat, kann die schöne Pracht schnell verschwinden. Sie finden aktuelle Beobachtungsdaten bei www.kachelmannwetter.com unter »Live-Wetter«. Diese Karten stehen aber nur bis zum vergangenen Tag um 0 UTC (1 Uhr MEZ/2 Uhr MESZ) rückwirkend zur Verfügung (siehe Abbildung unten). Messwerte und Klimadaten aus der Vergangenheit sind unter »Messwerte« zu finden. Wenn Sie diese Daten verwenden wollen, dann stellen Sie vorher sicher, dass sich die Messstation in gleicher Höhe wie Ihr Wald und in dessen Nähe befindet. Sie können auch Webcams vor Ort ausfindig machen, um die aktuelle Lage einzuschätzen.

Auf dieser Karte sind die aktuellen Beobachtungswerte für die Temperaturen in 2 Metern Höhe ersichtlich. Sie zeigt Ihnen an, ob am Zielort noch Tempera­ turen unter 0 °C herrschen oder schon Tauwetter eingesetzt hat. In der Zeitleiste können Sie die Werte der letzten Stunden einsehen, um sicherzustellen, dass die Bildung von Raureif möglich gewesen ist. 195

Eine dicke Schicht mit Raureif hat sich nach einer längeren Zeit mit Nebel und Frost in einem höher gelegenen Wald im Biosphärenreservat Rhön an den Z­ weigen und Stämmen der Bäume festgesetzt. Diese Stelle befand sich in einem dicht bewachsenen Buchenwald. Für solche Bilder ist es zweckmäßig, die Karten zur­ ­Vorhersage von Nebel und Temperaturen für mehrere Tage zu beobachten. Denn nur nach längeren Frost-Nebel-Perioden können sich auch dickere Schichten von Raureif innerhalb des Waldes bilden. 31 mm, 1/6 s, f/11, ISO 100.

Sie werden feststellen, dass frei stehende und am Waldrand befindliche Bäume meistens stärker mit Raureif besetzt sind als solche im Wald. Das hängt vorrangig damit zusammen, dass der Wald mit seinem Waldinnenklima für gemäßigte Temperaturen sorgt, sowohl im Winter als auch im Sommer. Während es im Sommer im Durchschnitt im Wald um 4 °C kühler ist als im Offenland, ist es im Winter durchschnittlich 1 °C wärmer. Bäume bilden mit ihren Blättern und Ästen eine wärmedämmende Schicht über dem Wald und an den Waldrändern. Die Dichte des Kronendachs spielt die entscheidende Rolle für die Antwort auf die Frage, wie sehr sich der Wald selbst küh-

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len (Sommer) oder wärmen (Winter) kann. Das Waldinnenklima wird aber auch stark davon beeinflusst, welche Baumarten dort wachsen. So ist der kühlende bzw. wärmende Effekt in Laubwäldern stärker ausgeprägt als in Nadelwäldern. Sie werden eventuell den Eindruck bekommen, dass Ihre Bilder, auf denen ausgeprägter Raureif zu sehen ist, verwackelt aussehen. Ich habe bei so manchem Bild genauer hinschauen müssen, um dann festzustellen, dass meine Kamera die Eisschicht doch scharf abgebildet hat. Lassen Sie sich dadurch nicht irritieren. Das ist nur eine optische Täuschung.

Ein frühlingshafter Regenschauer ließ diesen Buchenwald in sattem Grün erstrahlen und sorgte für Dunst zwischen den Bäumen. Die hellgrünen Farben des Springkrauts und der Buchenblätter habe ich in der Nachbearbeitung nicht ­verändert. Der Regen akzentuierte die Farbtöne und brachte eine zauberhafte Stimmung in den Wald. 35 mm, 1/4 s, f/16, ISO 200.

9.7

Regen

Die meisten Menschen bleiben wohl lieber im schützenden Haus, wenn es draußen nass und ungemütlich wird. Doch ich darf Ihnen verraten: Sie verpassen etwas, wenn Sie diese Wetterlagen nicht auch für die Waldfotografie nutzen. Während oder direkt nach ausgiebigen Regenfällen zeigt sich der Wald gerade im Frühling auf besondere Weise: Die Grüntöne der Blätter leuchten stärker als im trockenen Zustand und durch die Wälder ziehen nach dem Regen häufig Dunstschwaden. Der Wald wirkt frischer, satter und lebendiger. Gerade Buchenwälder haben dann etwas an sich, das an die tropischen Regenwälder erinnert. Bei sehr heftigem Regen steigt die Feuchtigkeit nach oben und Sie können in höheren Lagen zauberhafte Nebelstimmungen erleben. Taucht nach einem Regenschauer die Sonne im Wald auf, entwickeln sich fantastische Lichtspiele auf regennassen Blättern. Hier empfiehlt sich der Einsatz eines Polfilters, um die Blätter zu entspiegeln. Wenn es heftig regnet, bewegen sich durch den Aufprall der Wassertropfen die Blätter an den Bäumen. Mit kürzeren Belichtungszeiten zwischen 1/10 und 1/100 Sekunde (je nach Heftigkeit der Blätterbewegungen) können Sie sicherstellen, dass die Blätter trotzdem scharf bleiben.

Um diese wunderbar feuchte Stimmung auf Bildern einzufangen, brauchen Sie einen ausgiebigen Landregen bzw. Schauer, der etwas länger andauert. Ein paar Regentropfen reichen dafür nicht aus. Das Angenehme am Fotografieren in regennassen Wäldern ist: Sie müssen nicht einmal früh aufstehen, weil Regen zu jeder Tageszeit auftreten kann. Ich reagiere bei solchen Wetterlagen meistens spontan und eile in die anliegenden Wälder, wenn es ausgiebig zu regnen beginnt. Sie können diese aber auch voraussagen, indem Sie Niederschläge und Niederschlagsmengen im Vorfeld eruieren. Das lässt sich mithilfe von gängigen Wetter-Apps oder den bereits vorgestellten Vorhersagemethoden erledigen. Bei angekündigten starken Regenfällen sollten Sie auch gleichzeitig prüfen, ob Gewitter drohen. Bei Gewitter oder Sturm verschieben Sie Ihre Tour besser auf einen anderen Zeitpunkt. Damit Ihre Fototour im regennassen Wald zu einem positiven Erlebnis wird, denken Sie an einen Regenschutz für Ihre Kamera und für sich (Regenjacke, Regenhose, Gummistiefel). Ein Regenschirm ist dienlich, um zum Zeitpunkt der Aufnahme das Objektiv vor Wasser zu schützen. Achten Sie darauf, aus welcher Windrichtung der Regen kommt. Wenn Sie mit der Windrichtung fotografieren, haben Sie auch kaum Probleme mit Spritzwasser auf der Linse.

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10 Bearbeitung von Wald­ fotografien Es ist einfach, eine Fotografie zu erstellen. Aber ein Meisterwerk zu erschaffen, ist mit der Fotografie schwerer als mit anderen Kunstformen. Ansel Easton Adams

65 mm, 1/50 s, f/7,1, ISO 500

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Unbearbeitete RAW-Datei im 2:3-Format

Die Bearbeitung von Fotografien ist eine sehr individuelle Sache, denn es gibt so viele Vorstellungen von Ästhetik, wie es Menschen auf der Erde gibt. Das betrifft nicht nur die künstlerische Gestaltung an sich; es spielt auch eine Rolle, wie viel Zeit man in die Bearbeitung investieren möchte und welchen Perfektionsgrad man anstrebt. Meine Priorität liegt darauf, möglichst viel Zeit in der Natur und bei Entdeckungsreisen durch die Wälder zu verbringen. Das sind die Momente, in denen »ich das Leben in mir spüre« (Zitat aus »Madita« von Astrid Lindgren). Aber ich sitze gerne auch mal vor dem Bildschirm und erlebe durch das Sichten und Bearbeiten meiner Bilder die schönen Momente der Fototouren noch einmal. Bislang wende ich einfache Bildbearbeitungstechniken an und füge meinen Bildern keine Elemente hinzu oder tausche keine aus. Ich arbeite vor allem mit Kontrasten, Farben und Lichtführung. Mein Ziel ist es, beim Fotografieren vor Ort so gute Bedingungen zu haben, dass ich mir einen Großteil der Bildbearbeitung ersparen kann. Daher ist der Aspekt der Wettervorhersage für mich sehr wichtig. Den überwiegenden Teil der Bearbeitung nehme ich in Lightroom Classic von Adobe vor. Das Finetuning, Korrekturen und bei Bedarf Focus Stacking erledige ich dann in Photoshop.

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Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, wie ich bei der Bearbeitung meiner Fotografien vorgehe, möchte ich Ihnen meinen Workflow anhand eines Beispielbildes beschreiben. Reihenfolge und Vorgehensweise der Schritte variieren selbstverständlich je nach Bild.

10.1 Bearbeitung in Lightroom Um einen Überblick über alle Bilder zu bekommen, die ich von einem Fotoabenteuer mit nach Hause bringe, lade ich sie zunächst komplett in die Bibliothek von Lightroom und wähle dann aus, welche Aufnahmen ich bearbeiten möchte. Dazu gehe ich auf der oberen Leiste auf »Entwickeln«. Das Bild, anhand dessen ich Ihnen die Bearbeitung zeigen möchte, spricht mich aufgrund der besonderen Wuchsform des Baumes in der Mitte und der in meinen Augen recht stimmigen Komposition an. Ich habe es bei nebligen und meiner Ansicht nach optimalen Bedingungen in einem Hutewald auf der Insel Madeira aufgenommen. Der Baum im Vordergrund hat noch genügend Kontrast, der Rest des Waldes verschwindet sukzessive im Nebel.

10.1.1 Beschneiden

10.1.2 Weißabgleich

Zunächst beschneide ich das Bild, um ein paar helle Stellen am oberen Bildrand zu entfernen. Ein Teil des Zweiges in der linken oberen Ecke, der etwas unmotiviert in den Bildausschnitt hineinragt, wird dabei ebenfalls weggeschnitten. Das Werkzeug hierfür finden Sie unter »Freistellen und gerade ausrichten«. Hier können Sie auch das Bild ausrichten, falls der Horizont nicht gerade ist.

Im nächsten Schritt überprüfe ich, ob der automatische Weißabgleich in der Kamera gute Arbeit geleistet hat. Unter »Grundeinstellungen« kann ich sowohl die Temperatur als auch die Tonung verändern und unterschiedliche Weißabgleich-Presets einstellen. Mit der Pipette lässt sich mit einem Klick auf einen farblosen, weißen Bereich des Bildes auch ein individueller Weißabgleich ermitteln. Sind keine weißen Stellen im Bild vorhanden, kann man alternativ einen grauen Bereich auswählen. In diesem Bild ist für mich kein zu korrigierender Farbstich erkennbar und daher verändere ich nichts an diesen Reglern.

Ein Beschneiden nehme ich meistens dann vor, wenn helle Teile des Himmels zu stark durch das Blätterdach strahlen oder unerwünschte Teile in das Bild hineinragen, die ich schwer bei der Retusche entfernen kann. Es kann aber auch dann infrage kommen, wenn dadurch die Komposition an Stimmigkeit gewinnt. In diesem Schritt kann man auch das Format z. B. auf 3:4 ändern, wenn es der Komposition dient.

10.1.3 Licht im Hintergrund partiell hervorheben, Kontraste erhöhen Damit sich der Baum im Vordergrund besser vom Rest des Bildes abheben kann und zudem die Kontraste an wichtigen Stellen erhöht werden, möchte ich gerne die Helligkeit im hinteren Teil partiell anheben. Dazu setze ich einen Radialfilter etwas unterhalb des Stammes, der mit Farn und Flechten bewachsen ist. Diesen finden Sie im letzten Symbol bei den Werkzeugen.

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Ich erhöhe in diesem Bereich die Lichter und die Weißanteile.

Unter der Maske erscheint nun ein weiteres Symbol für den Luminanzbereich. Mit einem Klick darauf erscheint ein Kasten »Luminanzbereich«. Hier nehme ich anhand der Schieberegler Anpassungen vor, auf welche Helligkeitsbereiche sich meine vorherige Tätigkeit an den Schiebereglern in Bezug auf die Lichter und Weißanteile auswirken soll.

Damit sich die Anpassungen aber nur auf den weiß-grauen Bereich im Hintergrund auswirken und nicht auf die dunklen Bäume, gehe ich mit der rechten Maustaste auf das Filtersymbol, wähle »Maske schneiden mit« aus und klicke auf »Luminanzbereich«.

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Bei der Aktivierung des Kästchens »Luminanz-Map anzeigen« kann ich durch die Darstellung in roter Farbe genau sehen, welche Anteile des Bildes betroffen sind. Wenn ich mir die »Überlagerung anzeigen« lasse, wird der Bereich angezeigt, auf den sich der Radialfilter auswirkt.

10.1.4 Allgemeine Anpassungen in den Grundeinstellungen Nachfolgend nehme ich ein paar Veränderungen an den Grundeinstellungen vor. Die betreffen in diesem Fall die Belichtung, den Kontrast und die Schwarzanteile. Da der Nebel sehr dicht ist, erhöhe ich die Klarheit ein wenig. Ich werde häufig gefragt, ob ich die Regler »Klarheit« und »Dunst entfernen« verwende, um dunstige oder neblige Effekte zu erzeugen. Dazu werden die Regler in den negativen Bereich verschoben. Da ich durch sorgfältige Planung und Wetterprognosen die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass ich diese Stimmungen schon vor Ort und auf dem Bild einfange, muss ich selten auf diese Anwendungen zurück­greifen. Bei Aufnahmen, in denen die gewisse Stimmung fehlt und Nebel und Dunst wenig oder nicht vorhanden sind, kann es aber durchaus Sinn machen, hiermit zu experimentieren. Gerade an lichten Stellen lassen sich lokal durch den Einsatz eines Radialfilters und reduzierte Klarheit verträumte Effekte erzeugen.

Da auch die weißen Anteile der Flechten am Stamm und auf den am Boden liegenden Holzbruchstücken betroffen sind, kann man diese nun unter »Subtrahieren« mit einem Pinsel aus der Auswahl he­ rausnehmen. Ich finde aber, dass sich die Erhöhung der Lichter und Weißanteile in diesem Fall ganz gut macht und verändere in diesem Schritt nichts mehr.

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10.1.5 Chromatische Aberration entfernen

10.1.6 Vignette

Im oberen Bereich der Äste kommt es bei Waldbildern häufig zu Farb­ randbildungen. Diese sogenannten chromatischen Aberrationen sind Farbverzerrungen, die auf Fotos an Umrissen von Objekten entstehen. Besonders bei Aufnahmen mit starken Kontrasten zeigen sich dann schmale Linien in bunten Farben. Das geschieht, wenn Farben von der Linse falsch gebrochen werden. In diesem Bild kann ich keine erkennen, dennoch setze ich grundsätzlich immer einen Haken im Feld »Chromatische Aberration entfernen«, um sicherzugehen, dass ich auch keine übersehen habe. Bei starken Farbrändern muss man auch mal manuell mithilfe der Pipette durch Aufnahme des konkreten Farbsaumes eingreifen. Man findet sie unter »Objektivkorrekturen – Manuell«. Im Feld »Objektivkorrekturen« können Sie auch Profilkorrekturen vornehmen. Je nachdem, mit welchem Objektiv Sie fotografiert haben, kommt es zu schwachen bis starken Bildverzerrungen. Bei Weitwinkelobjektiven sind diese tonnenförmig gebogen. Viele Objektive erkennt die Software von Lightroom eigenständig, wenn Sie den Haken bei »Profilkorrekturen« setzen. Falls nicht, können Sie in der Liste nach dem von Ihnen verwendeten Objektiv suchen. In meinem Bild rückt durch die Profilkorrektur die Bildmitte ein kleines Stück nach vorne und betont dadurch den Hauptast stärker. Sie sollten aber von Bild zu Bild entscheiden, ob dieser Schritt Sinn macht. In der Regel verschwindet dann nämlich auch die oft gewollte leichte Vignettierung des Bildes, die man dann erst wiederherstellen muss.

Ich füge meinen Bildern in den meisten Fällen noch eine Vignette hinzu. Dabei werden die Bereiche an den Rändern etwas abgedunkelt und der Blick wird stärker in das Bildinnere gelenkt. Auch bei diesem Bild verstärkt eine Vignette die Bildwirkung. Sie finden die Anwendung unter »Effekte«.

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Nach diesen Bearbeitungen sieht mein Bild nun so aus:

Das könnte man im Grunde bis auf ein paar Kleinigkeiten so stehen lassen. Ich möchte Ihnen aber anhand dieses Bildes noch einen Aspekt der Bearbeitung zeigen, der sich maßgeblich auf die Stimmung und Spannung auswirken kann: Es ist der Aspekt der Farbe. Ihm möchte ich hier besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. 10.1.7 Farbe als Bildgestaltungselement Farben haben eine besondere Wirkung auf uns Menschen. So vermitteln z. B. warme Farben wie Orange, Gelb oder Rot in der Regel emotionale Wärme und positive Gefühle. Diese Wahrnehmung kann aber individuell und auch kulturell variieren. Ein Bild, das in einem bunten Herbstwald aufgenommen wurde, wird den Betrachter in eine andere Stimmung versetzen als ein Bild, das einen Winterwald zeigt, in dem blaue und graue Farbtöne vorherrschen. Kalte Farben haben einen beruhigenden, aber auch kühlenden Effekt. Vor Ort müssen Sie sich mit den vorherrschenden Farben arrangieren, die mal besser mal schlechter zueinanderpassen. Sie können aber Farbparameter in der Nachbearbeitung verändern. Neben dem Farbton (Wellenlänge) haben Sie durch die Komponenten Sättigung (Reinheitsgrad) und Helligkeit (Lichtintensität) die Möglichkeit, das Bild nach Ihrem persönlichen Empfinden zu gestalten. Die verschiedenen Farbtöne bilden Kontraste zueinander. Kontraste fallen umso stärker aus, je mehr sie sich in Helligkeit, Farbton und Sättigung voneinander unterscheiden. Mit diesen Kontrasten können Sie arbeiten, um einem Bild mehr Spannung zu verleihen oder auch Ausgeglichenheit zu vermitteln. Stellen im Bild, die einen höheren Helligkeitswert haben, stärker gesättigt sind oder größere Kontraste aufweisen, ziehen den Blick des Betrachters an. Farben haben bestimmte Beziehungen zueinander. Je nachdem, welche Farben man kombiniert, wirken sie im Zusammenspiel harmonisch oder weniger harmonisch. In einem sogenannten Farbrad werden die Beziehungen der Farben zueinander deutlich.

Das Farbrad ist ein Ordnungssystem, in dem alle Farben kreisförmig angeordnet werden. Der Schweizer Maler und Kunstpädagoge ­Johannes Itten erfand 1961 das Farbrad, welches im Grundsatz dem entspricht, mit dem Künstler noch heute arbeiten. Grundlegende Erkenntnisse zum Verhältnis der Farben haben aber Philosophen und Künstler schon lange vor Itten gewonnen. Durch die Arbeiten des griechischen Philosophen Aristoteles, des Künstlers Leonardo da Vinci, des Physiker Isaac Newton und des Dichters Johann Wolfgang von Goethe entstanden die ersten Farbtheorien. Sie bilden die Grundlagen für die heutige Farbenlehre. Zu den harmonischen Kombinationen zählen u. a. die Komple­ mentärfarben. Sie stehen sich im Farbrad gegenüber, wie in der Ab­ bildung oben dargestellt. Farben, die in einem ähnlichen Farbbereich bzw. auf dem Farbrad nebeneinander liegen, harmonieren ebenfalls gut. Farben, die im Farbrad triadisch angeordnet sind, haben eine andere Beziehung zueinander, die aber ebenfalls das Bild stimmig wirken lässt und gleichzeitig die Spannung erhöhen kann. Eine Hilfestellung, welche Farben bzw. Sättigungs- und Helligkeitswerte zueinander passen, können Apps bieten, z. B. Color Harmonizer (Android), Farbkreis Pro (Android und iOS) oder Color Wheel (iOS). Wenn Sie bisher keine Erfahrungen mit der Farbentheorie haben, kann Ihnen das Farbrad von Adobe eine Hilfestellung geben, um herauszufinden, welche Farben gut miteinander harmonieren. Adobe bietet mit dem Color Wheel eine sehr gute und effektive Möglichkeit an, sich über die Farbharmonie Ihres Bildes zu informieren und nachfolgend Farben anzupassen (https://color.adobe.com/de/create/ color-wheel).

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Ich verwende dieses Angebot von Adobe immer dann, wenn ich das Gefühl habe, dass die Farben eines Bildes nicht so recht zueinander passen wollen. Bei der Farbanalyse wird dann meist schnell klar, dass die Farben in einem Missverhältnis zueinander stehen und eine echte Farbharmonie fehlt. Es hilft, dann entweder die Anzahl der Farben zu reduzieren oder sie so zu verändern, dass sie komplementären, triadischen oder anderen Farbharmonien folgen. Auch wenn Bilder keine rechte Spannung auszustrahlen scheinen, kann es bisweilen hilfreich sein, den Farbkreis zu befragen. Sie haben mit Adobe Color die Möglichkeit, Farbpaletten, die aus bis zu fünf Farben bestehen, zu erstellen und diese zu verwalten. Es ist zudem möglich, diese Paletten in die Adobe-Programme wie Photoshop oder Illustrator zu integrieren und damit an Ihren Bildern zu arbeiten. Diese Anwendung ist über die Webseite kostenlos. Um die Farbpaletten zu speichern und in anderen Programmen zu verwenden, brauchen Sie einen Adobe-Account, der ebenfalls kostenlos erstellt werden kann. Auf der linken Seite der Webseite können Sie die verschiedenen »Farbharmonieregeln anwenden«. Hier lässt sich einstellen, in welcher Relation die Farben zueinander stehen sollen, und Sie erfahren, welche Farben zueinander passen. Dabei kann man zwischen »Ähnlich«, »Monochromatisch«, »Komplementär«, »Komplementär teilen«, »Komplementär doppelt teilen«, »Quadrat«, »Zusammengesetzt«, »Schattierungen« und »Benutzerdefiniert« wählen.

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Um zu bestimmen, welche Farben in Ihrem Bild vorherrschend sind, können Sie Ihr Bild hochladen (in der oberen Leiste auf »Themen extrahieren« gehen) und analysieren lassen. Adobe Colour zeigt dann eine fünffarbige Palette an, die Sie am rechten Rand nach Intensität, Buntheit etc. anpassen können. Per Drag & Drop können Sie die ausgewählten Punkte bewegen und auf andere Farbtöne im Bild setzen.

Wenn Sie nach dem Hochladen in der oberen Leiste auf »Farbrad« gehen, finden Sie Ihre Farben innerhalb des Farbrades angeordnet. Man kann sich auch den Farbverlauf innerhalb des Bildes darstellen lassen (obere Leiste »Farbverlauf extrahieren«). Anhand der dargestellten Farbpalette und der Anordnung der Farben im Farbrad wird deutlich, ob die Farben miteinander harmonieren oder nicht. Die Darstellung der vorhandenen Hauptfarben im Farbkreis sieht für das hier zu bearbeitende Foto nun so aus. Gedeckte und erdfarbene Töne sind vorherrschend.

Um die Spannung im Bild zu erhöhen, will ich nun versuchen, die einzelnen Farben so zu verändern, dass sie im Farbkreis zu einer besseren Balance finden. Mein Eindruck war schon während der Bearbeitung, dass ich durch Blauanteile etwas mehr Spannung in das Bild bringen könnte. Die Darstellung der Farben im Farbenrad bestätigt dies, da die Farbenpunkte dann »triadisch« oder »komplementär geteilt« angeordnet wären. Gleichzeitig kann man die Farben zu einer größeren Ausgeglichenheit bringen, indem man sie im Farbkreis so anordnet, dass sie etwa gleich weit weg vom Mittelpunkt sind und damit den gleichen Sättigungsgrad haben. Wie verändern wir aber nun die Farben im Bild? Wie Sie Einfluss auf die Temperatur des Bildes nehmen können, wurde bereits im Abschnitt zum Weißabgleich behandelt. Nun wollen wir aber nicht die gesamte Farbgebung verändern, sondern einzelne Farbtöne, um sie in Balance zueinander zu bringen. Bei Lightroom finden Sie unter dem Hauptmenüpunkt »Entwickeln« die Schieberegler für die einzelnen Parameter »Farbton«, »Sättigung« und »Luminanz« in der rechten Leiste unter »HSL/Farbe«. Hiermit können Sie die einzelnen Farben verändern.

Mithilfe dieser Regler können Sie für die einzelnen Farben Anpassungen im Bild vornehmen.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, um Farben im Bild zu beeinflussen: Mit der Teiltonung können Sie Farben in den Lichtern, Mitteltönen und Schatten anpassen. Diese sind unter »Color-Grading« in der rechten Leiste zu finden. Bei der Teiltonung arbeite ich häufig mit Komplementärkontrasten: Da blaue/violettfarbene Töne gut mit orangefarbenen/gelben harmonieren, erhöhe ich beispielsweise den Anteil der Blautöne in den Schatten und entsprechend den Anteil der Orangetöne in den Lichtern. Meistens reicht bereits eine sehr kleine Veränderung und das Bild wirkt stimmiger.

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In diesem Bild erhöhe ich jetzt in der Teiltonung die Blaufärbung in den Lichtern.

Damit dieser Ton mit den Grüntönen am Boden des Bildes harmoniert, nehme ich in der Abteilung »HSL/Farbe« die Sättigung in den Grün- und Gelbtönen ein gutes Stück zurück.

Nach diesen Anpassungen sieht mein Bild nun wie rechts dargestellt aus.

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Das Farbrad stellt die Farbtöne dann folgendermaßen dar: Sie haben nun eine »triadische« Beziehung zueinander. Die Farbtöne im Farbkreis stehen in (einigermaßen) gleichem Abstand zueinander und weisen eine ähnliche Helligkeit auf. Dieser Dreiklang innerhalb des Farbschemas sorgt für mehr Spannung im Bild.

In Lightroom gibt es noch eine weitere Möglichkeit, auf Farben Einfluss zu nehmen: Ganz am Ende des Menüs in der rechten Leiste befindet sich der Punkt »Kalibrierung«. Während Sie im HSL-Bereich nur einzelne Farben verändern können, haben Veränderungen im Kalibrierungsbereich Einfluss auf alle Farben. Sie können hier einfach Farbkorrekturen vornehmen, wenn Ihr Bild beispielsweise einen Magenta- oder Grünstich aufweist. Der Schieberegler »Sättigung« unter »Primärwerte Blau« sättigt Ihr Bild je nach eingestellter Intensität meiner Ansicht nach auf recht angenehme Weise. Für dieses Bild bringe ich sie aber nicht zur Anwendung. Das Adobe Colour Wheel gibt uns also eine Hilfestellung zur Farb­ anpassung. Sie werden anhand Ihrer eigenen Intuition und mithilfe dieses Werkzeugs schnell erkennen, welche Farben besonders gut und welche nicht zueinander passen. Auf der Basis dieser Analyse können Sie dann Farbveränderungen in der weiteren Bildbearbeitung in Lightroom oder Photoshop vornehmen. Eine Farbpalette kann in der rechten Leiste der Seite gespeichert werden. Sie erscheint dann in Ihren Adobe-Bibliotheken. Bei Photoshop können die Farb-Bibliotheken unter »Fenster« (obere Leiste) aktiviert werden und stehen als Hilfestellung für die weitere Bearbeitung zur Verfügung.

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10.1.8 Selektive Anpassungen Um wichtige Bereiche, auf die das Auge des Betrachters gelenkt werden soll, hervorzuheben, lassen sich diese durch selektive Maßnahmen akzentuieren. In der Maskenebene können Sie einen Pinsel oder auch einen Radialfilter auswählen, besonders interessante Stellen markieren und auf diesen dann verschiedene Parameter erhöhen. Bereiche, die den Blick des Betrachters ablenken, können dagegen dunkler gemacht oder entsättigt werden.

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Der Stamm im Vordergrund, der mit interessanten Flechten und Farnen bewachsen ist, verdient meiner Ansicht nach besondere Beachtung. Im rot dargestellten Bereich erhöhe ich Kontrast, Struktur, Klarheit, Sättigung und Schärfe. Hier würde ich normalerweise auch die Weißanteile oder Lichter etwas erhöhen, was aber durch Einsatz der Luminanzmaske bereits geschehen ist.

10.1.9 Rauschreduzierung und Schärfe Mussten Sie bei einer Aufnahme mit sehr hohen ISO-Werten arbeiten und zeigt Ihr Bild deshalb ein hohes Rauschverhalten, lässt sich dieses mithilfe von Lightroom im Bereich »Details« reduzieren. Da meine Aufnahme mit ISO 100 aufgenommen wurde, habe ich hier nichts weiter zu tun. In diesem Bereich lässt sich auch das Bild nachschärfen. Ich gehe mit Schärfe sehr sparsam um und beschränke mich in diesem Fall auf die schon vorgenommene selektive Schärfung im vorherigen Schritt. Möchte man nur Konturen nachschärfen und nicht die Flächen, kann man bei gedrückter ALT-Taste den »Maskieren«-Regler nach rechts ziehen. In der Schwarz-Weiß-Darstellung wird dann sichtbar, welche Bildteile geschärft werden.

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10.1.10 Transformieren

10.2 Bearbeitung in Photoshop

Bei Aufnahmen mit Weitwinkelobjektiven kommt es im Wald häufig zu perspektivischen Verzerrungen. Die Stämme der Bäume sind dann nicht mehr gerade, so wie unser menschliches Auge sie wahrnimmt, sondern neigen sich zur Mitte des Bildes. In Lightroom können Sie diese stürzenden Linien unter »Transformieren« korrigieren (»Vertikal«). Dabei verlieren Sie durch den Beschnitt Bildanteile. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bei solchen Aufnahmen schon vor Ort etwas Spielraum an den Rändern des Bildes einzuplanen. Mithilfe der Regler lässt sich das Bild auch drehen, kippen oder anderweitig verzerren. Für das hier ausgewählte Bild brauche ich aber in dieser Hinsicht keine Korrekturen vorzunehmen.

10.2.1 Störende Elemente entfernen Um den Blick des Betrachters nicht unnötig von der Bildwirkung und den wesentlichen Teilen der Fotografie abzulenken, entferne ich bei der Bearbeitung Elemente, die meiner Ansicht nach den Gesamteindruck eines Bildes stören könnten. Das sind vor allem ins Bild hineinragende Äste oder Lichtflecke an den Rändern, die häufig durch einfallendes Sonnenlicht oder hellen Himmel im Blätterdach entstehen, oder einzelne Zweige, die aus einer Schneedecke herausragen. Aber auch Teile am Boden, die zu viel Aufmerksamkeit abziehen, entferne ich mit der Bereichsreparatur. Da die Korrekturmöglichkeiten in Lightroom häufig nicht ausreichend gute Ergebnisse liefern, benutze ich in den meisten Fällen den Bereichsreparatur-Pinsel in Photoshop,

um solche störenden Elemente zu entfernen. Dieses Werkzeug ersetzt den von Ihnen ausgewählten Bereich automatisch mit Pixeln aus der direkten Umgebung und ist bei solchen Ausbesserungsarbeiten in der Regel recht erfolgreich. In Ausnahmefällen verwende ich den Reparaturpinsel.

Damit können Sie selbst bestimmen, aus welchem Bereich der Pinsel seine Information zum Ausbessern nehmen soll. Dabei klicken Sie auf das Symbol mit der Bereichsreparatur. Daraufhin erscheint ein weiteres Menü. Sie wählen den Reparaturpinsel und bei gedrückter Alt-Taste den Bereich aus, den Sie für die Retusche verwenden möchten, und klicken anschließend auf den auszubessernden Bereich. Je nach der Zeit, die ich in ein Bild investieren möchte, nehme ich diese Arbeit mal präziser, mal weniger präzise vor. Es lohnt sich aber in jedem Fall, die Ränder des Bildes auf helle Stellen abzusuchen und diese zu korrigieren. In meinem Bild entferne ich auf dem Boden liegendes Totholz, zu helle Bereiche im Kronendach, in das Bild hineinragende Zweige oder Sensorflecken.

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10.3 Das Endergebnis Am Ende der Bearbeitungsprozedur erhöhe ich in Lightroom noch einmal ein wenig die Kontraste mithilfe der Schieberegler in der »Gradationskurve« und erhöhe die Schwarzanteile.

Hier sehen Sie die Unterschiede zwischen der ursprünglichen Version (oben) und dem Endprodukt (unten). Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, ein Bild zu bearbeiten. Ich habe mich hier stark von dem Eindruck leiten lassen, den ich in meiner Wahrnehmung vor Ort hatte: Ich lief im dichten Nebel durch einen mystischen Wald mit skurril gewachsenen Bäumen, der mich durch seine geheimnisvolle Ausstrahlung faszinierte. Diese düstere und verwunschene Ausstrahlung versuchte ich in meiner Bearbeitung wiederzugeben.

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10.4 Weitere Bildbearbeitungsmöglichkeiten 10.4.1 Focus Stacking Wie in Kapitel 5 »Aufnahmetechnik« auf Seite 84 bereits erwähnt, haben wir die Möglichkeit, mithilfe der heutigen Bearbeitungsprogramme Fotografien anzufertigen, in denen der Schärfeverlauf durch das ganze Bild geht. Es gibt immer Situationen, in denen selbst die kleinste Blendenöffnung nicht ausreicht, um alle Bereiche des Bildes scharf abzubilden. Für ein Focus Stacking werden vor Ort mehrere Einzel­aufnahmen angefertigt, bei denen der Fokus auf unterschiedliche Bildebenen gesetzt wird. Neben Photoshop bietet sich das Programm Helicon Focus Pro an, um Waldaufnahmen professionell zu stacken. Meine Erfahrungen mit diesem Programm sind sehr gut. Fehler beim Zusammenrechnen der einzelnen Bilder, um scharfe Bereiche aus mehreren Bildern in einem Bild zusammenzufügen, kommen meiner Beobachtung nach bei Helicon Focus seltener vor und so ist die Nachbearbeitung mit Pinseln nicht so häufig nötig wie bei Photoshop. Da ich die Methode des Focus Stacking sehr selten anwende, möchte ich sie im Rahmen dieses Buches aber nicht weiter ausführen. Es gibt eine Fülle von YouTube-Tutorials, die sich mit dieser Methode beschäftigen und sie in einfachen Schritten erklären.

Es war mir bei dieser Szene wichtig, alle Bereiche des Bildes scharf abzubilden. Bei der ersten Aufnahme setzte ich den Fokus auf die Baumpilze im ­Vordergrund, bei der zweiten fokussierte ich auf die Waldszene im Hintergrund (beide mit Blende f/16). In Photoshop legte ich die beiden Fotos übereinander und verschmolz sie zu einem Gesamtbild. 31 mm, 1/6 s, f/16, ISO 640.

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10.4.2 Orton-Effekt Der Orton-Effekt ist in der analogen Fotografie entstanden und wurde in den 1980er-Jahren von Michael Orton entdeckt. Er fand heraus, dass, wenn man zwei Belichtungen übereinanderlegt, von denen das eine Bild unscharf und überbelichtet und das andere scharf und leicht überbelichtet ist, ein gewisser Glow, etwas Verträumtes oder Malerisches entsteht. Den einst analogen Effekt mit Mehrfachbelichtungen können wir mit den modernen Methoden der Bearbeitung nachbilden. Es gibt dazu viele verschiedene Möglichkeiten, diesen Effekt zu erzeugen. Ich verwende den Orton-Effekt nur ab und zu bei meinen Fotografien und setze ihn sehr sparsam ein. Bei bereits nebligen Bildern kommt er in der Regel gar nicht zum Einsatz, da das »Märchenhafte« dort schon ausreichend vorhanden ist. Auf YouTube finden Sie unter dem Stichwort Videos, die verschiedene Ansätze für die Bearbeitung in Photo­ shop und anderen Bildbearbeitungsprogrammen (in Lu­minar erledigt diese Aufgabe ein einzelner Schieberegler) ausführlich beschreiben. Wenn Sie sich mit dem OrtonEffekt vertraut machen möchten, dann schauen Sie sich verschiedene Methoden der Erzeugung an und entscheiden dann, welche Ihnen am meisten zusagt.

Bei diesem Bild habe ich den Orton-Effekt angewandt. ­Insbesondere der obere Teil bekommt durch die Bearbeitung eine ­verträumte, etwas märchen­hafte ­Ausstrahlung. 17 mm, 1,6 s, f/16, ISO 100.

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Nachwort einer Waldschützerin Herz der Welt In Ruh’ gefestigt warst Du immer da, mit Atemzügen tief und voller Kraft durch unsere Hand geschlagen, blutend gar, Habgier nennt man, was der Mensch erschafft. Und doch wächst in jedem Spross und Blatt, in Deinem Herz der Welt stets Zuversicht, ob dass der Erdkreis neue Hoffnung hat und mit frischem Odem Glück verspricht. Frank Maus

24 mm, 1/30 s, f/8, ISO 500

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In vielen Waldgebieten Deutschlands hat die Trockenheit mit Borkenkäferinvasionen zum Absterben von Fichten-Plantagen geführt. Durch die Kahlschlagmethode werden diese Flächen »heiß geschlagen«, es entweicht das im Boden gespeicherte CO₂, Böden verarmen durch den Verlust an Nährstoffen, Mykorrhiza, Wasser und Kleinst­lebewesen.

Es gibt viele Gründe, unseren Wald zu erhalten und zu schützen: Er versorgt uns mit der Luft, die wir atmen, er ist Lebensraum für Millio­ nen von Tier- und Pflanzenarten, er ist dafür da, dass Wasserkreisläufe funktionieren, er liefert uns das Holz, welches wir für vielfältige Zwecke brauchen. Und nicht zuletzt beschert er uns Fotografen eine ungeheure Fülle an Motiven. Wir finden im Wald einen Ort, an dem wir von den Belastungen des Alltags abschalten können. Mir ist es ein Anliegen, in diesem Buch nicht nur schöne Bilder zu zeigen. Auch wenn sie die Wälder in all ihrer Anmut beschreiben, so verdeutlichen solche Aufnahmen nicht, wie schlecht es um den Wald an sich bestellt ist. Da mir der Erhalt dieses Naturraums ein besonderes Anliegen ist, möchte ich Ihnen in einem letzten Kapitel erläutern, was ihn belastet und was wir selbst für seinen Fortbestand tun können.

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Ich habe mich im Laufe der letzten Jahre verstärkt für die Wälder in meiner Region eingesetzt. Im Gespräch mit Förstern und Politikern wurde eines sehr schnell klar: Um auf Augenhöhe argumentieren zu können und die Chancen zu erhöhen, etwas für den Wald zu erreichen, ist fundiertes Wissen über den Wald und die Vorgehensweisen der Forstwirtschaft von Vorteil. Ich lese daher regelmäßig forstwissenschaftliche Studien, Zeitschriften und Beiträge und beschäftige mich mit den tagesaktuellen Entwicklungen zum Thema Wald. Ich halte Kontakt mit Forstwissenschaftlern und Biologen, von denen ich bei gemeinsamen Waldbegehungen und Gesprächen viel über den Wald, aber auch über die Methoden und Verfahrensweisen der hiesigen Forstwirtschaft erfahren habe.

Wie Geisterwälder wirken so manche Wälder im Hessischen Ried. Durch Klimawandelfolgen und Grundwasserabsenkungen sterben derzeit Waldbestände in großem Umfang ab.

Wie geht es unserem Wald heute? Wälder auf der ganzen Welt leiden heute an vielfältigen Stressfaktoren. Mit der Abholzung der Regenwälder in den Tropen, die im Vergleich zu unseren Wäldern um ein Vielfaches mehr an CO₂ speichern können und eine unvorstellbare Anzahl an Tier- und Pflanzenarten beherbergen, verliert unser Planet sukzessive den wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel. Aber auch hierzulande sind die Wälder stark belastet und werden vor allem durch menschengemachte Ursachen ihrer Widerstandskraft beraubt. Während es in den 1980er-Jahren vor allem die Schadstoffbelastung war, die dem Wald in Deutschland zu schaffen machte und zum Absterben vieler Bäume beitrug, ist es heute in erster Linie der Klimawandel, der Wälder an den Rand ihrer Belastbarkeit bringt. Er macht sich durch lange Hitze- und Dürreperioden, verheerende Stürme,

Starkregenereignisse und Fluten bemerkbar und wird zunehmend zum Problem für unsere Wälder. In den vergangenen Jahrzehnten sind viele Waldflächen durch Windwurf vor allem in Fichten- und Kiefern-Monokulturen verloren gegangen, die von der Forstwirtschaft aus wirtschaftlichen Gründen dem resistenteren Misch- bzw. Buchenwald vorgezogen wurden. Seit dem sehr trockenen Sommer 2018 nisten sich nun zusätzlich vermehrt Borkenkäfer in Nadelholzbeständen ein und schädigen diese in atemberaubendem Tempo. Neben den Fichten und Kiefern leiden mittlerweile auch Laubbäume: Sie verlieren durch die Trockenheit einen Teil ihrer Belaubung und Widerstandsfähigkeit. Aber es gibt neben dem Klimawandel noch weitere Stressfak­ toren, mit denen der Wald zu kämpfen hat: So ist die Schadstoffbe-

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Der auf der Schwarzen Liste invasiver Arten stehende Götterbaum überwuchert die Vegetation in einem Naturschutzgebiet an der Hessischen Bergstraße.

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lastung in der Luft in vielen Gegenden Deutschlands weiterhin sehr hoch. Und Gefahr für den Wald kommt vor allem auch aus der Landwirtschaft: Stickstoff, der vielerorts zur Düngung auf Feldern und Wiesen eingesetzt wird, bedeutet nicht nur den Tod einer einst vielfältigen Pflanzenwelt vor Ort; er gelangt durch tierische Ausscheidungen auch in die Luft. Straßenverkehr und industrielle Verbrennungsprozesse sind ebenfalls Stickstoffemittenten. Regnet es, wird der Stickstoff, der in geringen Mengen wichtig für das Pflanzenwachstum ist, im Übermaß in den Wald gebracht. Er stört die natürlichen Kreisläufe und destabilisiert unsere Wälder. Die Waldzustandserhebung der Bundesregierung von 2020 macht deutlich, dass es dem deutschen Wald seit Beginn der Erhebungen 1984 nie schlechter ging. Der Kronenzustand hat sich wegen lang anhaltender Trockenheit und Schadstoffeinträgen nach diesem Bericht bei allen Baumarten verschlechtert. Mehr als ein Viertel der Bäume weisen schwere Schäden auf. Nur 21 % aller Bäume lassen laut dem Bericht der Bundesregierung keine Schäden erkennen – 1984 lag dieser Wert noch bei 44 %. Der Waldzustandsbericht von 2021 berichtet zwar von einer leichten Verbesserung, was den Nadel- und Blattverlust in den Baumkronen betrifft, und das vor allem bei den Buchen; dennoch ist der Zustand des Waldes immer noch dramatisch. Die Artenvielfalt in unseren Wäldern und im Offenland sinkt kontinuierlich. Das Artensterben gilt neben der Klimakrise als die größte Bedrohung für die Erde und im Folgeschluss für unser eigenes Leben. Die Gründe für das Artensterben in den Wäldern liegen nicht nur in der dramatischen Verringerung des Anteils älterer Baumgenerationen und des Totholzes und an der Plantagenwirtschaft, sondern haben auch mit dem Eindringen invasiver Baumarten zu tun. Tier- und Pflanzenarten, die auf unsere heimischen Baumarten angewiesen sind, verabschieden sich in Folge der Verdrängung durch invasive Baumarten aus einst artenreichen Wäldern. Hohe Wildbestände haben zur Folge, dass die Verjüngung des Waldes oft nicht natürlich und ausreichend erfolgen kann. Baumkeimlinge werden häufig durch Wild gefressen, es sei denn, man schützt sie mit hohem Aufwand oder durch ein konsequentes Jagdmanagement. Verbissresistente Pflanzen vermehren sich. Besondere Leckerbissen für die Rehe sind ausgerechnet Baumarten, die sich im Klimawandel als besonders widerstandsfähig erwiesen haben, wie z. B. Eiche oder Weißtanne. Das Gleichgewicht ist durch das Fehlen von Prädatoren wie Bären und Wölfe gestört.

Folgen der Bewirtschaftung Mit der weltweit stetig wachsenden Nachfrage nach Holz wird der Druck auf unsere Wälder immer größer. Auch in Deutschland werden viele Wälder bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit ausgedünnt. Das ist vor allem ein Problem bei solchen Wäldern, die bei steigenden Tem­ peraturen und lang anhaltenden Dürreperioden nur dann überleben können, wenn sie ein weitestgehend geschlossenes Kronendach haben. Dazu zählen u. a. Buchenwälder. Wenn Sie mit wachem Auge durch einen Buchen- bzw. Buchenmischwald gehen, werden Sie feststellen, dass es der Buche genau dort besonders schlecht geht, wo sie freigestellt wurde, also an künstlichen Waldrändern, an Kahlschlägen und an Stellen, wo Lücken in den Waldbeständen entstanden sind oder die Forstwirtschaft Durchforstungen oder »Schirmschläge« vorgenommen hat. Bei der Schirmschlag-Methode werden bis auf wenige Exemplare alle Bäume entfernt, um den Jungwuchs zu schnellem Wachstum anzuregen. Sie können die von Trockenheit und Sonneneinstrahlung betroffenen Bäume daran erkennen, dass Äste im Kronenbereich in der Vegetationsperiode nicht mehr belaubt sind. Die Buche entwickelt, wenn ihre Nachbarn plötzlich fehlen, häufig einen sogenannten Sonnenbrand. Ihre Rinde platzt auf und der Baum kann sich nicht mehr gegen Trockenheit und Schädlinge wehren.

Man kann auch Trockenschäden in Naturwäldern beobachten, aber diese sind bei Weitem nicht so ausgeprägt, denn hier schließt Baumnachwuchs sofort die Lücken. Das Ökosystem ist durch ein intaktes Waldinnenklima besser gewappnet, sich den Temperaturen anzupassen, und entwickelt Mechanismen, um mit der Trockenheit zurechtzukommen. Geschädigte Bäume können sich hier eher wieder erholen. Schaffen wir es aber auf globaler Ebene nicht, die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, werden auch die naturnahen Wälder auf Dauer immer weniger in der Lage sein, ihr schützendes Waldinnenklima aufrechtzuerhalten. Um bei der Holzernte Stämme aus dem Wald zu transportieren, werden mit schweren Forstmaschinen Transportwege durch den Bestand angelegt, sogenannten Rückegassen. Durch die Befahrung kommt es zu Wurzelabrissen und Veränderungen der Bodeneigenschaften. Je nach Grad der Bodenverdichtung und Art des Bodens wird letzterer für Jahrzehnte, Jahrhunderte oder irreversibel geschädigt. Die lebenswichtige Vernetzung der Bäume untereinander wird gestört und klimaschädliches Lachgas und Methan werden freigesetzt. Luftdurchlässigkeit und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens nehmen dramatisch ab, was einerseits für die Vegetation im Wald bei langen Dürrephasen problematisch ist, andererseits wird die Gefahr von Erosion erhöht. In Hanglagen schießt bei Starkregen das Wasser ungehindert auf den verdichteten Gassen ins Tal und begünstigt Hochwasser. Wenn man bedenkt, dass eine Handvoll Erde von etwa 8 Milliarden Kleinstlebewesen bewohnt wird, ist die Zerstörung von Leben auf diesen Gassen unvorstellbar groß. Die verdichtete Bodenfläche fehlt für den zukünftigen Waldnachwuchs. Während naturgemäß bewirtschaftete Wälder mit einem Gassenabstand von 60 bis 80 Metern auskommen, wird in konventionell bewirtschafteten Wäldern im Schnitt alle 20 bis 40 Meter eine Gasse angelegt. Wenn Sie einmal darauf achten, wie viele Gassen sich durch unsere Wälder ziehen, wird Ihnen auffallen, wie groß die Zerstörung von Waldboden ist.

Diese freigestellte Buche hat »Sonnenbrand«: Ihre Rinde ist durch Sonneneinstrahlung und Trockenheit aufgeplatzt. Feuchtigkeit dringt in das Innere des Baumes ein. Es bilden sich Pilze, welche die Buche schwächen und zu einer Entwertung des Holzes führen.

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durch ihre Wurzeln in trockenere Bodenschichten zu transportieren, von denen wiederum flach wurzelnde und jüngere Bäume profitieren können. Alte Bäume sind essenziell als Lebensraum für viele Tierund Pflanzenarten und werden in der Zerfallsphase zu wertvollem Boden, der der nachfolgenden Baumgeneration zugutekommt. Das bedeutet, dass die Artenvielfalt sinkt, Waldböden sich verschlechtern und die Stabilität der Wälder abnimmt, wenn man sie ihrer alten Bäume beraubt.

Eine Rückegasse mit sehr hohem Verdichtungsgrad führt durch einen Fichten­kahlschlag. Wasser kann hier nicht mehr in den Boden einsickern, Wurzeln wurden abgerissen. Der Boden ist hier irreversibel geschädigt.

Auch Schäden an den Bäumen, verursacht durch Harvester und Rückemaschinen sowie gefallene Bäume, beeinträchtigen den einzelnen Baum in seinem Gesamtorganismus und machen ihn anfälliger gegenüber Krankheiten und Pilzbefall. Studien belegen, dass Schäden an Bäumen immer mehr zunehmen, die bei der Holzernte verursacht werden. In der konventionellen Forstwirtschaft werden Bäume im Schnitt im ersten Drittel ihrer potenziellen Lebenszeit gefällt. Man nennt das in der Forstwirtschaft »Hiebsreife«. So kann beispielsweise eine Eiche mehr als 1000 Jahre alt werden, geschlagen wird sie aber schon im Alter von 180 bis 300 Jahren. Während eine Rotbuche ein Alter von mehr als 300 Jahren erreichen kann, wird sie nach der Hiebsreife der konventionellen Forstwirtschaft mit 120 bis 140 Jahren gefällt. Sie erkennen das Problem: Da 97 % unserer Wälder Wirtschaftswälder sind, existieren alte Bäume so gut wie nicht mehr. Das Ökosystem gerät aus der Balance. Studien haben gezeigt, dass alte Bäume unterirdisch jüngere Bäume versorgen und als Hauptknotenpunkte im Mykorrhiza-Netzwerk fungieren. Diese Versorgung bricht weg, wenn sie gefällt werden. Es tritt zudem ein Wasserproblem auf: Große, tief wurzelnde Bäume sind in der Lage, tiefer gelegenes Bodenwasser

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Nicht immer sind Schäden so groß wie an dieser Eiche, bei der eine Forst­ maschine beträchtliche Teile der Rinde abgerissen hat. Auch kleinere Wunden können die Widerstandskraft eines Baumes schwächen.

Alte Bäume wie diese dicke Buche, die ich in einem Privatwald gefunden habe, sind in unseren Wäldern eine absolute Seltenheit geworden. 17 mm, 1/5 s, f/10, ISO 100.

Auf vom Borkenkäfer heimgesuchten Fichtenplantagen wird häufig eine Methode angewandt, die nachgewiesenermaßen die schädlichste Form der Waldbewirtschaftung darstellt: der Kahlschlag. Anstatt sterbende, aber immer noch Schatten spendende Bäume stehen zu lassen, eine natürliche Sukzession zuzulassen und es dem Wald zu überlassen, zu seinem natürlichen Gleichgewicht zurückzufinden, wie es beispielsweise in den Kernflächen des Nationalparks Baye-

rischer Wald geschehen ist, werden die absterbenden Wälder in steppengleiche, heiße Flächen verwandelt, die ein natürliches Wiedererstarken des Waldes erschweren. Gepflanzte Bäume vertrocknen häufig auf den der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzten Böden oder werden von Brombeeren, Brennnesseln oder anderem schnell wachsendem Gestrüpp überwuchert.

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Eine Wärmebildkamera zeigt die enormen Temperaturunterschiede von intakten bis hin zu kahl geschlagenen Waldflächen: Selbst kranke oder ­abgestorbene Fichten sind noch in der Lage, für Kühlung zu sorgen, während es auf Kahlflächen zu einer starken Überhitzung kommt. Bild: Greenpeace Deutschland, aus Ibisch et al.

Nachdem deutlich geworden ist, dass die Fichte an nichtheimischen Standorten nicht mehr überleben kann, wird mit neuen Baum­arten wie z. B. der Douglasie experimentiert. Sie wird in großer Zahl in die Wälder eingebracht, obwohl aus wissenschaftlichen Studien abzuleiten ist, dass sich mit ihrem Anbau Wasserknappheit, Artenarmut und Nitrifizierung der Wälder weiter verschärfen werden. Das Verkommen unserer Wälder zu reinen Holzfabriken, in denen riesige Maschinen durch sensible Ökosysteme fahren und dort Schaden anrichten und Jahr für Jahr mehr Holz herausholen, hat drama­tische Folgen für den Wald und seine Zukunft. Statistiken zum Holzeinschlag des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass dieser in

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Aufgrund ihrer charakteristischen Rinde ist die Douglasie ein willkommener Eyecatcher für uns Waldfotografen. Sie kann aber aufgrund ihres erhöhten Wasserbedarfs, geringer Grundwasserneubildung und potenzieller Invasivität Probleme für den Wald mit sich bringen. 29 mm, 1/200 s, f/10, ISO 100.

Deutschland von 1998 bis 2021 von rund 39 auf rund 83 Millionen Kubikmeter gestiegen ist. Der weltweite Verbrauch von Holz ist in den vergangenen 60 Jahren um 60 % gestiegen. Wir verbrauchen mehr Holz, als nachwachsen kann, so eine aktuelle Studie des WWF und der Universität Kassel. Obwohl Deutschland große Waldflächen besitzt, ist es schon heute nicht mehr möglich, den Pro-Kopf-Bedarf an Holz aus den eigenen Wäldern zu decken. Und: Wir Deutschen haben einen Holzverbrauch, der mehr als doppelt so hoch ist wie der der gesamten Erdbevölkerung im Durchschnitt – Tendenz steigend. Gleichzeitig werden heute paradoxerweise trotz des ungedeckten heimischen Bedarfs Bäume aus den deutschen Wäldern in die ganze Welt verschifft. Rohholzexporte aus Deutschland haben sich von 2015 bis 2020 mehr als verdreifacht. Die USA und China sind Hauptabnehmer der deutschen Hölzer. Die Verschiffung mit Schwerölantrieb-Transporten treibt den Klimawandel weiter an. Vor dem Transport werden vom Borkenkäfer befallene Bäume mit einem toxischen Gas behandelt, das 4090-fach klimaschädlicher sein soll als CO₂: Sulfurylfluorid. Die Auswirkungen auf unsere Umwelt sind fatal. Heute wird in Deutschland mehr als die Hälfte des geernteten Holzes verbrannt (bei Laubholz liegt der Anteil noch wesentlich höher). Der für Jahrzehnte bis Jahrhunderte gespeicherte Kohlenstoff gelangt in kürzester Zeit in die Erdatmosphäre und belastet unser Klima. Die Menschheit nutzt Holz seit Anbeginn ihrer Geschichte und wird es auch in Zukunft brauchen – das steht außer Frage. Doch die Bewirtschaftung sollte auf naturverträgliche Art und Weise geschehen. Mir gefällt aus diesem Grund eine Aussage des Försters Knut Sturm, Forstamtsleiter des Lübecker Stadtwaldes: »Wir bewirtschaften den Wald und er hat es nicht gemerkt.« Wollen wir unsere Wälder erhalten, muss ein Umdenken im Umgang mit diesen sensiblen Lebensräumen stattfinden. Sie dürfen nicht auf ihre Funktion als Holzlieferant reduziert werden, sondern es muss ihr Beitrag zum Klimaschutz, ihre Funktionen als Schutzraum für Arten und zur Erholung für den Menschen im Vordergrund stehen. Um das zu erreichen, ist unabdingbar, dass der weltweite Holzkonsum reduziert und regionalisiert wird und Recycling und Kaskadennutzung forciert werden. Es muss zudem anteilig wesentlich mehr Holz in die nachhaltige Nutzung im Bausektor gehen als in die Verbrennung und kurzlebige Holzprodukte.

Die Bedeutung des Waldes im Klimawandel und ­politische ­Bestrebungen Die Wälder der Erde sind der wichtigste Kohlenstoffspeicher der lebenden terrestrischen Biosphäre. Neben den Meeren bilden sie den wichtigsten Kohlenstoffspeicher überhaupt. Wie stabil die Aufnahmefähigkeit der Wälder für CO₂ ist, wird im Wesentlichen durch ihr Alter, die Qualität der Böden und ihren Artenreichtum bestimmt. Die Zukunft der Wälder ist ein entscheidender Faktor, wenn wir den Klimawandel begrenzen wollen. Die Forschung hat gezeigt, dass natürliche Wälder im Klimawandel stabiler sind als konventionell bewirtschaftete Forste, wesentlich mehr CO₂ aufnehmen und den Kohlenstoff daraus speichern können. Um unsere Wälder für eine wärmere und trockenere Zukunft fit zu machen, sollten wir der Natur auf die Finger schauen, zugleich möglichst viel Natur zulassen und die Wald­ anteile erhöhen, in denen sich Wildnis entwickeln darf. Bisher verlaufen die Bemühungen, den Wald zu retten, in Deutschland aber nur schleppend: Die Bundesregierung verabschiedete 2007 die »Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt«, in der u. a. beschlossen wurde, bis 2020 5 % aller Wälder in Deutschland dauerhaft und rechtsverbindlich der Natur zurückzugeben. Außerdem sollten auf 2 % der Waldfläche Deutschlands Wildnisgebiete entstehen. Dieses Vorhaben scheiterte krachend: Am Ende der Ablauffrist waren gerade einmal 2,8 % der Wälder aus der Bewirtschaftung herausgenommen und nur 0,6 % wurden zu Wildnisgebieten deklariert. Wälder in Naturschutzgebieten sind bislang unzureichend vor Eingriffen geschützt. Eine aktuelle Studie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und Greenpeace zeigt, dass es für die Bewirtschafter keinen Unterschied macht, ob sie in einem europäischen Schutzgebiet arbeiten oder in einem normalen Wirtschaftswald: »Die Verluste der Vitalität und die Zunahme des Wasserstresses innerhalb von Natura-2000-Wäldern sind relativ gesehen mindestens genauso groß wie außerhalb.« Die Europäische Kommission verklagte 2021 die Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien. Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen fordern seit Jahren eine konsequente Umsetzung der Ziele aus den Biodiversitätsstrategien der Länder und wünschen sich, mindestens 10 % aller Wälder der Natur zu überlassen. Sie fordern zudem verbindliche Richtlinien zur Bewirtschaftung der Wälder, um weniger Schäden zu verursachen, sowie eine neue Waldgesetzgebung.

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Gibt es Hoffnung für die Wälder? Die Widrigkeiten, mit denen der Wald heute zu kämpfen hat, sind so groß, dass man sich fragt, ob der Wald überhaupt noch eine Chance hat, die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte zu überleben. Meine Hoffnung, dass das dafür notwendige Umdenken doch noch stattfindet, speist sich aus den Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren bei meinen Aktivitäten zum Schutz des Waldes gewonnen habe. Nachdem ich 2018 noch den Eindruck gehabt hatte, dass es nur wenige Menschen in der Region gab, die sich für die Belange des Waldes einsetzten, und ich mich bei meinem Engagement für den Wald stellenweise ziemlich allein fühlte, hat sich mittlerweile sehr viel verändert: Immer mehr Menschen wollen nicht mehr tatenlos zusehen, wie es ihrem Wald stetig schlechter geht, und schließen sich zu Bürgerinitiativen zusammen oder Naturschutzverbänden an. Sie setzen sich für eine Trendwende zu mehr Naturnähe im Wald und Klimaschutz ein und fordern, dass der Walderhalt an oberster Stelle stehen muss. Erfolgreiche Klagen von Naturschutzgruppen gegen das naturschädigende Vorgehen von Forstdienstleistern in den von der Europäischen Union geschützten Natura2000-Gebieten haben ebenfalls etwas bewirkt. So hatte eine Klage des Naturschutzvereins NUKLA (Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald e. V.) vor dem Bautzener Oberverwaltungsgericht ein wegweisendes Urteil zur Folge: Künftig muss vor Eingriffen in diese Gebiete eine Verträglichkeitsprüfung vorgenommen werden. Naturschutzverbände müssen zudem im Vorfeld einer geplanten Maßnahme in eine Vorprüfung mit einbezogen werden. Hoffnung geben mir auch die Förster und Waldbesitzer, die bei ihrer Arbeit im Wald stets das Ökosystem im Blick haben. Immer mehr Forstbetriebe setzen auch zusätzlich wieder alte Bewirtschaftungsmethoden ein. So hat es in den vergangenen Jahren eine Renaissance der längst verschwundenen Tradition der Waldarbeit mit Rückepferden gegeben. Dabei handelt es sich um speziell ausgebildete Pferde, die gefällte Bäume aus den Wäldern bis zum nächsten Waldweg ziehen, damit sie von dort abtransportiert werden können. Sie werden vorrangig dort eingesetzt, wo Böden besonders sensibel sind oder Maschinen großen Schaden anrichten würden. Massiver Holzeinschlag in einem von der Europäischen Union geschützten Hainsimsen-Buchenwald im Odenwald. 226

Licht im Wald: Immer mehr Menschen setzen sich dafür ein, dass diese sensiblen Naturräume mit mehr Respekt b­ ehandelt werden. Das Bewusstsein in der Bevölkerung steigt, dass wir den Wald zu unserem e­ igenen Ü ­ berleben brauchen. 48 mm, 1/5 s, f/10, ISO 100.

Entwickler naturnaher Waldkonzepte können ein Vorbild für Waldbesitzer und Bewirtschafter sein und werden zunehmend auch um ihre Expertise gebeten. Das naturnahe Waldmanagement des Lübe­ cker Stadtwaldes etwa haben mittlerweile einige große S­ tädte übernommen: Berlin, München, Bonn, Saarbrücken, Wiesbaden, Hannover und Göttingen bewirtschaften ihre Wälder nach diesem Konzept, bei dem ein großer Holzvorrat im Wald, das Zulassen vieler alter Bäume, eine schonende Bewirtschaftung sowie Wirtschaftlichkeit ausschlaggebende Prinzipien sind. Immer mehr Kommunen und Städten wird bewusst, dass der Wald ihre Hilfe braucht und nicht mehr nur Lieferant von Rohstoffen sein kann. Unterstützung für unsere Wälder kommt auch aus der Wissenschaft: Obwohl wir bei der Erforschung von Waldökosystemen noch ganz am Anfang stehen, sind im Laufe der letzten Jahre immer mehr Erkenntnisse über Prozesse im Wald und die Folgen der Bewirtschaftung gewonnen worden. Diese helfen uns, den Wald besser zu verstehen. Die Aufgabe ist es nun, diese Erkenntnisse auch in den Umgang mit dem Wald einfließen zu lassen.

Der Förster und Buchautor Peter Wohlleben hat im Laufe der letzten Jahre mit seinen Veröffentlichungen dazu beigetragen, den Wald stärker ins Bewusstsein vieler Menschen zu rücken. Er hat die konventionellen Waldbewirtschaftungskonzepte infrage gestellt, den Wald als vielfältiges Ökosystem statt als Holzlieferanten dargestellt und wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wald in verständlicher Form einem breiten Lesepublikum zugänglich gemacht. Die Europäische Kommission hat mit der Vorlage der »Biodiver­ sitätsstrategie 2030« ein Konzept für die Umsetzung von mehr Naturschutz und zum Erhalt der Artenvielfalt auch in den Wäldern sowie zur Schaffung weiterer Waldflächen durch Aufforstung vorgelegt. Sie erinnert ihre Mitgliedsstaaten regelmäßig – auch in Form von Klagen – an die Verpflichtung, Naturschutz umzusetzen. Natürlich brauchen wir weltweit ein Umdenken, um unsere Wälder vor dem Klimawandel und Ausbeutung zu retten. Länder, in denen wie in Costa Rica und Niger groß angelegte Aufforstungsprojekte stattfinden, und solche, die große Flächen zu Nationalparks umwandeln, sind Mut machende Beispiele für eine Trendwende hin zu mehr Natur- und Waldschutz.

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Was können wir tun? Den Klimawandel einzudämmen, wird in den nächsten Jahren die größte politische und gesamtgesellschaftliche Herausforderung sein. Im Zuge dessen ist das Hinwirken auf eine naturnahe und zukunftsfähige Waldbewirtschaftung sowie auf die Schaffung von Naturwäldern außerordentlich wichtig, um die Selbstheilungskräfte der Wälder wirksam werden zu lassen. Aber was können wir als Bürger vor Ort tun, um unseren Wald zu unterstützen? Für diejenigen, die sich gerne für den Wald einsetzen möchten, gibt es viele verschiedene Wege, dies zu tun. Ich habe im Folgenden einige Möglichkeiten zusammengetragen, mit denen wir unsere Stimme erheben können für einen Lebensraum, der nicht selbst für sich kämpfen kann. Ich denke, um effektiv etwas zu erreichen, müssen sich viele Menschen zusammenschließen und den Druck auf verantwortliche Politiker erhöhen. »Verbinden und verbünden« lautet die Devise. Schließen Sie sich bereits bestehenden Bürgerinitiativen oder Naturschutzverbänden an, die sich für den Wald oder eine wirkungsvolle Klimapolitik einsetzen. Es gibt sie mittlerweile deutschlandweit. Die BBIWS, eine bundesweite Bürgerinitiative für Waldschutz, betreibt zusammen mit anderen Waldschutzakteuren wie Greenpeace und der Naturwaldakademie die Internetseite Waldreport. de. Dort werden durch die Forstwirtschaft verursachte Schäden in Wäldern durch die User dokumentiert und dadurch Missstände aufgezeigt. Entdecken Sie Schäden im Wald, die in Ihren Augen über das naturverträgliche Maß hinausgehen, können Sie dort konkrete Angaben zu Ort und Ausmaß des Eingriffs machen und auch Bilder einstellen. Wenn ein Waldgebiet durch Baumaßnahmen bedroht ist, lassen sich hierzu ebenfalls Informationen einfügen. Auf diesem Weg kann z. B. auch auf Petitionen zur Rettung des Waldes oder aktive Bürgerinitiativen hingewiesen werden. Selbstverständlich haben auch kleine Maßnahmen eine Wirkung. Aktionen zum Schutz von Bäumen oder Pflanzaktionen werden regelmäßig von Naturschutzvereinen, Initiativen oder Forstämtern durchgeführt. Das ist etwas, was man mit der Familie am Wochenende machen kann, um auch Kinder für dieses Thema zu sensibilisieren. Die nachfolgenden Generationen werden diejenigen sein, die mit den Folgen unseres rücksichtslosen Umgangs mit der Natur konfrontiert sind. Sie in die wunderbare Welt des Waldes und anderer Naturräume einzuführen, ist unsere Aufgabe. Nicht zuletzt kommt es auch darauf an, dass wir Bürger über das, was im Wald passiert, und über die Prozesse, die in diesen faszinierenden Waldökosystemen ablaufen, informiert sind. Denn nur wenn wir Wissen darüber haben, können wir entsprechend handeln. Bilden

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Auf einer interaktiven Karte können auf www.waldreport.de die von Usern beobachteten und dokumentierten Waldschäden eingesehen werden.

Sie sich fort, lesen Sie Studien oder Bücher über den Wald, gehen Sie zu Informationsveranstaltungen oder besuchen Sie Filmvorführungen, die den Wald als Thema haben. Sie können auch selbst Vorträge mit Wissenschaftlern oder mit Forstwirten organisieren, die ein naturnahes Waldmanagement in ihren Wäldern umsetzen. Das Gespräch mit Politikern und Forstleuten zu suchen, ist eine weitere wirkungsvolle Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen, wie es dem Wald in Zukunft ergeht. Am besten tritt man als Gruppe auf, damit deutlich wird, dass man mit seinem Anliegen nicht allein ist, aber auch ein vertrauliches Gespräch im Rahmen einer Bürgersprechstunde oder anderswo kann bewirken, dass die Aufmerksamkeit von politischen Vertretern und Waldverantwortlichen für dieses Thema wächst. Die Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger – das habe ich aus eigener Erfahrung vielfach gelernt – reicht allerdings allein nicht aus. Nur wenn der Wählerwille eindeutig eine

Bei einer Baum­pflanzaktion im Badischen ­Odenwald ­unterstützen Kinder und Erwachsene eine Organisation, die auf aufgekauften Flächen »­Urwälder von Morgen« erschaffen will.

bessere Behandlung der Wälder einfordert, werden Politiker auch tatsächlich aktiv. Überall dort, wo Wald aus unterschiedlichen Gründen abgeholzt wird, sind lautere Töne angezeigt. Demonstrationen eignen sich gut, um auf die vorliegende Problematik und Dramatik aufmerksam zu machen. Petitionen können auch ein wirkungsvolles Mittel sein, um Politiker zum Einlenken und Überdenken zu bewegen. Wichtig ist, bei allem, was man für den Wald tut, eine breite ­Öffentlichkeit zu erreichen. Daher ist die Präsenz in Presse und so­ zialen Medien von besonderer Relevanz, um die realen Gefahren, die den Wald bedrohen, in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen. Aber auch wenn Sie auch nur kleine Dinge für den Wald tun: Berichten Sie Freunden und Bekannten darüber. Vielleicht wird der eine oder andere animiert, sich selbst für den Schutz des Waldes einzusetzen.

Geld regiert die Welt – und leider auch den Wald. Er ist ein enormer Wirtschaftsfaktor. Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um Wälder zu schützen und aufzuforsten. Waldbesitzer für die Klimaschutzleistungen ihrer Wälder zu vergüten, ist ein möglicher Ansatz. Aber es müssen auch Flächen für die Natur zurückgekauft werden. Mittlerweile gibt es einige Projekte, die entweder alten Wald durch Pacht oder Ankauf unter Schutz stellen oder ungenutzte Flächen aufkaufen und sie durch Aufforstung zu den »Urwäldern von Morgen« werden lassen. Diese können durch Spenden finanziell unterstützt werden, damit Wald geschützt und vermehrt wird. Und last, not least: Durch Ihre Waldfotografien können Sie anderen Menschen zeigen, wie wertvoll und schützenswert diese Naturräume sind. Dafür schrieb ich dieses Buch.

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Danksagung Ich möchte ein paar Menschen meinen besonderen Dank aussprechen, die mich bei der Erstellung dieses Buches und meiner Leidenschaft für Wälder und Bäume begleitet haben. Zuvorderst seien mein Mann und meine Kinder genannt, die bei Familienurlauben und Ausflügen oftmals viel Geduld aufbringen mussten, wenn mich meine Leidenschaft durch neblige Wälder trieb, während sie selbst lieber die Sonne genossen hätten oder auch mal eine längere Strecke am Stück gewandert wären, anstatt immer wieder auf mich warten zu müssen, weil es immer so viel zu entdecken gab. Ich möchte mich bei meinen Freunden Birgit Dette, Christoph Bühler, Katja Hammerschmidt und dem hochgeschätzten ­Fotografen Heinz Wohner bedanken, die mir bei der Durchsicht der Ma­nuskripte viele hilfreiche Hinweise gegeben und immer wieder bera­tend zur Seite gestanden haben. Auch den Forstwissenschaftlern ­Martin Bertram und Volker Ziesling, die entscheidend dazu beigetragen haben, mein Wissen über den Wald zu erweitern, und auch bei Fachfragen immer ein offenes Ohr hatten, möchte ich meinen Dank aussprechen, sowie meinen Mitstreitern im NABU und im Netzwerk Bergsträßer Wald. Besonders Gunnar Glänzel, mit dem ich die Waldgruppe leite, hat in der Zeit des Buchschreibens viele Aufgaben übernommen, die ich in dieser Zeit nicht ausfüllen konnte. Ganz besonderer Dank gebührt meinen Ansprechpartnern im dpunkt.verlag, insbesondere Frau Ehrlich und Herrn Rossbach, die mich durch den gesamten Prozess begleitet haben. Sie haben dieses Buch erst möglich und durch ihre hilfreichen Hinweise und positiven Rückmeldungen so viel besser gemacht. Ich danke ihnen für ihr Vertrauen. Herzlichen Dank auch an Frau Bäuerlein für die fantastische Layoutgestaltung.

11 mm, 1/13 s, f/8, ISO 1000

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Literatur Zitierte und empfohlene Bücher Geyer, Karl: Der Waldbau, 1898. https://archive.org/details/derwaldbau02gayegoog/page/n16/ mode/2up Hesse, Hermann: Bäume, Frankfurt am Main 1984, Insel Verlag. Küster, Hansjörg: Die Geschichte des Waldes, München 2003, C. H. Beck. Nehrhoff von Holderberg, Björn: Deutsche Wälder. Entdecke die 162 magischsten Wälder von der Küste bis zu den Alpen, 2022, Haffmanns & Tolkemitt.

Beiler, J. Kevin; Simard, Suzanne: Topology of tree-mycorrhizal fungus interaction networks in xeric and mesic Douglas-fir forests, Journal of Ecology 103(3), 2/2015. BGH, Urteil vom 02.10.2012 – VI ZR 311/11, Urteil zur Verkehrssicherungspflicht im Wald. https://openjur.de/u/557172.html Bodenschadverdichtung – Vermeidung, Regeneration, Überwachung, Beiträge zum Diskussionsforum Bodenwissenschaften am 26. ­Oktober 2012, Hochschule Osnabrück, Fakultät Agrar­ wissenschaften & Landschaftsarchitektur, Heft 12.

Pater, Jeoen: Riesige Eichen. Baumpersönlichkeiten und ihre Geschichten, Stuttgart 2017, Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH & Co. KG.

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Rosing, Norbert; Rößiger, Monika: Deutschlands Wilde Wälder, 2021, National Geographic.

Bussler, H.; Blaschke, M.: Die Douglasie – (k)ein Baum für alle Fälle, LWF aktuell 46, S. 14–15, 2004.

Schönberger, Kilian: Deutschland Deine Wälder, München 2020, Frederking & Thaler Verlag.

Frey, B.; Lüscher, P.: Mikrobiologische Untersuchungen in Rückegassen. Bodenmikroorganismen wirken als Zeiger für stark verdichtete Fahrspuren, LWF aktuell 15(67), S. 5–7, 2008.

v. Carlowitz, Hans Carl: Sylvicultura oeconomica (Hrsg. Hamberger, Joachim), 2022 (1713), oekom Verlag. Werner, Bastian: Fotografieren bei Wind und Wetter, Bonn 2017, Rheinwerk Verlag.

Fachliteratur Alles aus Holz. Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise, WWF-­ Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel und dem Centre for Environmental System Research, 2022. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Wald/ WWF-Studie-Alles-aus-Holz.pdf Augustin, S. et al.: Stickstoffeinträge in Wäldern, 2017. https://www.researchgate.net/profile/Reto-Meier/publication/ 320451553_Stickstoffeintrage_in_Waldern/links/ 59e9bd30a6fdccfe7f060181/Stickstoffeintraege-in-Waeldern. pdf?origin=publication_detail

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Schäffer, J.: Bodenstruktur, Belüftung und Durchwurzelung befahrener Waldböden – Prozessstudien und Monitoring, Schriftenreihe Freiburger Forstliche Forschung, Band 53, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abteilung Boden und Umwelt, 2012. Simard, Suzanne W.: Mycorrhizal Networks Facilitate Tree Communication, Learning, and Memory, in Memory and Learning in Plants, S. 191–213, 4/2018. Talie, Musavi et al.: Stand age and species richness dampen interannual variation of ecosystem-level photosynthetic capacity, nature ecology & evolution, volume 1, Article number: 0048, 2017.

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Index A Achtsamkeit 157 Alleen 27, 28, 114, 131, 165, 166, 172 Alpenveilchen 8

B Balance im Bild 133 Bärlauch 95, 96, 152 Baumarten 19 Ahorn 27 Birke 25 Buche 20 Douglasie 34 Eiche 24 Erle 30 Fichte 31 Hainbuche 25 Kastanie 27 Kiefer 32 Kirsche 26 Lärche 33 Lorbeer 30 Mammutbaum 2 Pinie 6 Riesen-Lebensbaum 35 Süntelbuche 46, 129 Weide 28 Weißtanne 34 Belichtung mit der Kamera 79 Belichtungszeit 75 Beugungsunschärfe 77 Bildaufbau 127 Drittelregel 128 Goldener Schnitt 129 Symmetrie 129 zentriert 130 Bildausrichtung 137 Bildausschnitt 136 Bildformat 137 Bildgestaltung 127

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Blaue Stunde 168 Blende 63, 65, 75 Blendenvorauswahl 75 Blickwinkel 134 Bracketing 64 Brennweiten 65, 136

G

C

H

chromatische Aberration 204 Color Wheel (Adobe) 205 Crown Shyness 104, 105

Hasenglöckchen 65, 87, 96, 138 HDR (High Dynamic Range) 83 Heidekraut 10, 32 Herbst 93, 124, 154 Hexenringe 91 Hintergrund 138 Histogramm 79 Hohler Lerchensporn 98 HyperFocal Pro 76 hyperfokale Distanz 76

D Dämmerung 124, 168 DoF Calculator 76 Drittelregel 128

E Einzelbäume 119 Entstehung der Wälder 2 Erhalt der Wälder xii, 43, 228

F Farbe (Bildgestaltung) 146, 205 Farbrad 205 Farbtemperatur 81 Farne 99 Fernauslöser 82 Feuer 53 Filter 68 Black-Mist-Filter 68 Grauverlaufsfilter 69 Neutraldichtefilter (ND-Filter) 69 Polarisationsfilter (Polfilter) 68 Flechten 91 Focus Stacking 84, 214 Fokusmodus 79 Frühling 124, 152

Gefahren im Wald 50 Geschichte des Waldes 1 Goldener Schnitt 129 Goldene Stunde 168 Google Maps 164–167

I Inspiration x ISO-Performance 63 ISO-Wert 75

K Kachelmannwetter 170–197 Kamera 62 Kameraschutz 69 Komposition 127 Kopfweiden 29

L Leberblümchen x, 95 Lichtführung 140 Lightroom 200 Linienführung 131 L-Winkel 68

M

R

Makroaufnahmen x, 90, 93, 94, 95, 102 Makrofotografie 90–95 Megapixel 64 Mittelgrund 138 Moose 91 Motivation ix Motive 87

Rahmen 9, 112, 143 Raureif 195 Rauschverhalten 63 RAW-Format 74 RAW-Modus 63, 79 Reflexionen 68, 93, 110 Regen 197 Rindenstrukturen 116 Roter Fingerhut 97

N Nachbearbeitung 199 Nachhaltigkeit 11 Nacht 124, 168 Navigation 56 Nebel 144, 171 Bodennebel 171 dampfendes Wasser 189 dichter Bodennebel 175 Feuernebel 186 Hochnebel 176 Nebelschleier 171 Nebelstrahlen 186 steigender 188 tiefe Wolken 179

O Objektive 65, 77 Festbrennweiten 65 lichtstarke Objektive 65 Teleobjektive 65 Weitwinkelobjektive 65 Zoomobjektive (Reiseobjektive) 66 Orientierung 56 Orton-Effekt 215

P Panoramaaufnahmen 110 PhotoPills 76, 77, 168 Photoshop 212 Pilze 47, 90, 103, 154 Planung 163

S Schärfe 75, 211 Schärfebereich 63, 141 Schärfentiefe 75 Schichtsystem des Waldes 88 Baumschicht 103 Bodenschicht 90 Krautschicht 94 Strauchschicht 100 Wurzelschicht 88 Schnee 52, 155, 191 Schneeglöckchen 94 Schutzgebiete 43 Bannwälder 47 Biosphärenreservate 18, 44 Kernflächen 47 Landschaftsschutzgebiete 44 Nationale Naturmonumente 46 Nationalparks 18, 44 Natura 2000-/FFH-Gebiete 44 Naturdenkmale 46, 123 Naturparks 44 Naturschutzgebiete 44 Naturwaldreservate 18, 47 Selbstauslöser 82 Sensorgröße 77 Solitärbäume 119 Sommer 124, 153 Sonnenaufgang 124, 167

Sonnenuntergang 167 Spiegelvorauslösung 82 Spinnweben 103 Springkraut 197 Stativ 67 Stockaustriebe 11, 24, 37 Sträucher 100 Symmetrie 129

T Tageszeiten 167 Tiere 53, 112 Totholz 41

U UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwälder 23

V Verjüngung/Jungwuchs 100 VIEWFINDR 170, 184 Vordergrund 138

W Waldarten 19 Auenwälder 28, 30 Hochwälder 7 Hutewälder 7, 39 Laubwälder 20 lichte Wälder 35 Mittelwälder 7 Nadelwälder 31 Naturwälder 18 Niederwälder 7, 36 Urwälder/urwüchsige Wälder 18 vom Wind geformte Wälder 40 Wälder mit hohem Totholzanteil 41 Wirtschaftswälder 11, 18 Wald-Hainsimse 22 Waldrauch.  Siehe Nebel, steigender Waldsterben 13 Waldschutz xii, 43, 228 235

Wasser dampfendes.  Siehe Nebel, dampfendes Wasser fließendes 69, 109 Wasserfälle 109 Wasserspiegelungen 6, 9, 29, 107, 149 Weißabgleich 81, 201 Wetter 50 Wetterkarten 170 Wettermodelle 170 Wettervorhersage 170 Windflüchter 40 Winter 51, 124, 155 Wolken, tiefe.  Siehe Nebel, tiefe Wolken Wurzelwerk 8, 30, 65, 89

Z Zeitautomatik 74

Wenn wir unsere Wälder retten wollen, müssen wir ihnen erlauben, alt zu werden.

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