Gedeutete Realität: Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3.–6. Jh. n. Chr.) 3515075194, 9783515075190

Jede Form von Geschichtsinterpretation ist in mehrfacher Hinsicht mit Wirklichkeit befaßt und von ihr betroffen: Erstens

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German Pages 151 [157] Year 1999

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INHALT
Vorwort
HARTWIN BRANDT (Chemnitz): Einführung
MARTIN ZIMMERMANN (Tübingen): Der Verlust und die Neuerfindung von Wirklichkeiten: Zur Geschichtsdeutung und Darstellung bei Herodian
BRUNO BLECKMANN (Straßburg): Die Schlacht von Mursa und die zeitgenössische Deutung eines spätantiken Bürgerkrieges
HARTMUT LEPPIN (Berlin/Göttingen): Steuern, Aufstand und Rhetoren: Der Antiochener Steueraufstand von 387 in christlicher und heidnischer Deutung
HARTWIN BRANDT (Chemnitz): Gedeutete Realität? Spätantike Heiligenviten, heidnische Wirklichkeit und klassische Tradition
HARTWIN BRANDT (Chemnitz): Epilog
Indices
1. Namen
2. Stellen
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Gedeutete Realität: Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3.–6. Jh. n. Chr.)
 3515075194, 9783515075190

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Hartwin Brandt (Hg.)

Gedeutete Realität Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3.–6. Jh. n. Chr.)

HISTORIA Einzelschriften 134

Franz Steiner Verlag Stuttgart

HARTWIN BRANDT (Hg.)

GEDEUTETE REALITÄT

HISTORIA ZEITSCHRIFT FÜR ALTE GESCHICHTE REVUE D’HISTOIRE ANCIENNE JOURNAL OF ANCIENT HISTORΥRIVISTA DI STORIA ANTICA

EINZELSCHRIFTEN HERAUSGEGEBEN VON MORTIMER CHAMBERS/LOS ANGELES HEINZ HEINEN/TRIER FRANÇOIS PASCHOUD/GENEVE HILDEGARD TEMPORINI/TÜBINGEN GEROLD WALSER/BASEL

HEFT 134

FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART

1999

HARTWIN BRANDT (Hg.)

GEDEUTETE REALITÄT

KRISEN, WIRKLICHKEITEN, INTERPRETATIONEN (3.–6. Jh. n. Chr.)

FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART

1999

CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Bibliothek –

[Historia / Einzelschriften] Historia: Zeitschrift füralte Geschichte. Einzelschriften. Steiner

–Stuttgart:

Früher Schriftenreihe Reihe Einzelschriften zu: Historia Bd. 134. Gedeutete Realität. –1999 6. Gedeutete Realität: Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3. – Jh. n. Chr.) / Hartwin Brandt (Hg.). –Stuttgart: Steiner, 1999

(Historia: Einzelschriften; Bd. 134)

4 07519– 515– ISBN 3–

ISO 9706

Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig undstrafbar. Dies gilt insbesondere fürÜbersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung odervergleichbare Verfahren sowie fürdieSpeicherung inDatenverarbeitungsanlagen. © 1999byFranz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, SitzStuttgart. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Druckerei Proff, Eurasburg. Printed in Germany

INHALT

7

Vorwort HARTWIN BRANDT

(Chemnitz):

Einführung MARTIN ZIMMERMANN

(Tübingen):

DerVerlust unddie Neuerfindung vonWirklichkeiten: ZurGeschichtsdeutung undDarstellung bei Herodian BRUNO BLECKMANN

9

13

(Straßburg):

Die Schlacht vonMursa unddie zeitgenössische Deutung eines spätantiken Bürgerkrieges

47

HARTMUT LEPPIN (Berlin/Göttingen):

Steuern, Aufstand undRhetoren: DerAntiochener Steueraufstand von387 in christlicher undheidnischer Deutung

103

(Chemnitz): Gedeutete Realität? Spätantike Heiligenviten, heidnische Wirklichkeit undklassische Tradition

125

HARTWIN BRANDT

HARTWIN BRANDT

(Chemnitz):

Epilog

141

Indices 1. Namen 2. Stellen

143 143 146

VORWORT

Die im vorliegenden Band versammelten Beiträge sind ausVorträgen einer althistorischen Sektion hervorgegangen, die auf dem42. Deutschen Histo11. September 1998) stattgefunden hat. rikertag in Frankfurt amMain (8.– Mein Dank richtet sich andie drei Freunde undKollegen, die mit ihrer Kompetenz, ihrem Engagement undihrer Kooperationsbereitschaft dasgute Gelingen der Vortragsreihe undderen rasche Publikation ermöglicht haben. Letzteres ist maßgeblich auch dem Herausgeber-Gremium der HistoriaEinzelschriften, insbesondere FrauProf. Dr.Hildegard Temporini, zuverdanken –wir sind dafür ebenso dankbar wie für die kompetente und zügige redaktionelle Betreuung durch Alexander F.Wensler unddenSteiner-Verlag. Schließlich gilt mein Dank derChemnitzer Mithilfe: Frau Sylvia Weigel leistete tatkräftige Unterstützung beiderVerfertigung eines druckfähigen Manuskriptes, unddasRegister erstellten Bianka Röhr undFrank Krause. Chemnitz,

imJanuar 1999

Hartwin Brandt

HARTWIN BRANDT

EINFÜHRUNG Der 42. Deutsche Historikertag in Frankfurt amMain im September 1998 stand unter demGeneralthema „ Intentionen –Wirklichkeiten.“Mit diesem Motto wird keineswegs nur das Koordinatensystem beschrieben, in welchem das Handeln von Personen in der Geschichte stattfindet, sondern es bezeichnet zugleich das Spannungsfeld desUmgangs mit Geschichte, und vor allem benennt es die Konstituenten vonGeschichtsdeutung. Denn eine absichtslose Form von Geschichtsinterpretation mag zwar immer wieder angestrebt oder auch behauptet werden, tatsächlich ist sie jedoch schlechterdings nicht denkbar. Überdies ist jede ArtvonGeschichtsdeutung gleich in mehrfacher Hinsicht mitWirklichkeit befaßt undvonihr betroffen: Als Gegenstand vonGeschichtsschreibung undGeschichtsinterpretation ist die Wirklichkeit weit mehr als die Summe vonFakten undBegebenheiten, undsie auch nicht einfach da–erst der kognitive Zugriff auf Vergangenes konstituiert historische Wirklichkeit. In diesem Sinne äußert sich Confessiones“(11,18,23): Wenn auch Verbereits Augustinus in seinen „ gangenes als wahrheitsgemäß erzählt wird (quamquam praeterita cumvera narrantur), so werden aus der Erinnerung (ex memoria) nicht die Dinge selbst hervorgeholt, die vergangen sind (non res ipsae, quaepraeterierunt), sondern nurWorte, die die Bilder wiedergeben, diejene Dinge imVorübergehen durch die Sinne demGeiste wie Spuren eingeprägt haben (sed verba concepta ex imaginibus earum, quae in animo velut vestigia per sensus praetereundo fixerunt.). Dieser keineswegs interesselose, sondern in der Regel intentionale Zugriff auf reales Geschehen, das niemals in seiner Totalität erfaßt wird, schafft nicht die eine Wirklichkeit, sondern Wirklichkeiten. Denndiese kannmanausVersatzstücken zusammensetzen, erfinden undwiederum als Wirklichkeit (im Singular) ausgeben –M. Zimmermann wird dies amBeispiel Herodians zuzeigen versuchen. Zweitens findet derUmgang mit geschichtlichem Stoff selbst in einem Kraft- undSpannungsfeld häufig bestimmbarer undstets interpretationsbedürftiger Wirklichkeit statt. Die Beiträge vonB. Bleckmann undH. Leppin werden dieses Phänomen an unterschiedlichen Beispielen zu analysieren und aufzuweisen suchen, wie sehr die äußeren Entstehungsbedingungen vonWirklichkeitsdeutungen eben diese selbst beeinflussen.

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Hartwin Brandt

Besonders H.Leppins Ausführungen werden schließlich auch dendrittenGesichtspunkt berühren: denfuturischen Aspekt derWirklichkeit. Denn die deutenden und interpretierenden Ausführungen etwa eines Johannes Chrysostomos während derAntiochener Unruhen desJahres 387 verfolgen klare Wirkungsabsichten, die sich auf die von dem Bischof angestrebten sozialen undpolitischen Kräfteverhältnisse in Antiochia beziehen. Dieser intentionale Umgang mit Elementen der Realität im Dienste angestrebter oder erhoffter Wirklichkeit wird schließlich auch imZentrum meiner eigenenAusführungen zurspätantiken Hagiographie stehen. Die Konzeption unddas Programm dieser im weitesten Sinne auf die Zeit derSpätantike konzentrierten Reihe vonBeiträgen knüpfen folglich an denZeitbegriff eines der hervorragendsten Denker der Spätantike an: Die Confessiones“ Rede ist wieder von Augustinus, der im 11. Buch seiner „ konstatiert, es gäbe nicht die drei Zeiten praeteritum, praesens etfuturum, sondern manmüsse vielmehr sagen: tempora sunt tria, praesens depraeteritis, praesens de praesentibus, praesens de futuris (11,20,26), also die Gegenwart des Vergangenen, die Gegenwart des Gegenwärtigen unddie Gegenwart des Vergangenen“nennt Gegenwart des Zukünftigen. Die „ Augustinus Erinnerung (memoria), die Gegenwart des Gegenwärtigen Anschauung (contuitus) unddie Gegenwart des Zukünftigen Erwartung (expectatio). Alle drei Dimensionen der Zeit sind laut Augustinus nur im denkenden Subjekt existent, anderswo nicht: sunt enim haec in anima tria quaedam et alibi ea nonvideo (ebd.). Verstehen wir die anima als das denkende unddeutende Subjekt, sei es des Historiographen, des Rhetors, des Predigers oder auch desHagiographen, so ergibt sich als verbindendes und in den Einzelbeiträgen einzulösendes Programm folgende Ausgangsprämisse: Die Wirklichkeit der Gegenwart bestimmt sowohl die Deutung der Vergangenheit als auch die Intentionen derartiger Deutungen mitBlick auf die Zukunft.1 Die in diesem Band versammelten Aufsätze betreffen undbehandeln folglich Grundfragen der Historiographie, indem sie anjeweils konkreten, unser klassiausgewählten Fällen, Autoren undliterarischen Gattungen „ 2 der res ‚ sches Oppositionspaar fictae‘undder ‚resfactae‘“in den Blick eines naiven historischen nehmen. Dabei geht es gerade nicht im Sinne „ 3umden(ohnehin aussichtslosen) Versuch, durch dasHerausarRealismus“

1 Wesentliche

Anregungen verdanken diese einleitenden Bemerkungen

demBei-

trag von G. Melville, Wozu Geschichte schreiben? Stellung undFunktion der Historie imMittelalter, in: R. Koselleck/H. Lutz/J. Rüsen (Hgg.), Formen derGeschichtsschrei146. bung (= Theorie der Geschichte: Beiträge zurHistorik, Bd. 4), München 1982, 86– 2 R. Koselleck, Vergangene Zukunft. ZurSemantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt amMain 1979, 283. 3H.R. Jauss, DerGebrauch derFiktion in Formen derAnschauung undDarstellung derGeschichte, in: Formen derGeschichtsschreibung (wie Anm. 1) 415.

Einführung

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beiten und Abtragen der „ res fictae“zumAnschauen der‚eigentlichen‘ Realität zu gelangen; sondern uns interessieren gerade die „ res fictae“ , mithin Fiktionalisierungstechniken, Darstellungsmuster sowie die damit verbundenen (Wirkungs-)Absichten von Geschichtsinterpreten, seien es nun lebensferne ‚Stubengelehrte‘ (wie vielleicht Herodian), Angehörige der gebildeten stadtrömischen Aristokratie, politische Akteure in aktuellen Krisensituationen (wie Johannes Chrysostomos undLibanios) oder christliche ‚Erbauungsschriftsteller‘ (wie dieVerfasser vonHeiligenviten). All die genannten, in diesem Band behandelten Literaten undRhetoren haben es mit „historia“zu tun,4 sie deuten und vermitteln bestimmte historische Begebenheiten undPhänomene undverfolgen dabei nicht selten durchaus bestimmbare Intentionen. Die verschiedenen Beiträge dieses Bandes –so hoffen wir –stehen nicht nuraufgrund derbisher skizzierten Überlegungen in einem sinnvollen Zusammenhang, sondern sie werden zusätzlich durch den im Untertitel Krise“miteinander verknüpft. Daraus resultiert enthaltenen Begriff der „ denn auch die Entscheidung, die traditionellen Epochengrenzen zwischen Kaiserzeit und Spätantike für die hier behandelten Themenkomplexe zu überschreiten undeine primär der Spätantike gewidmete Aufsatzreihe mit einem Beitrag zuHerodian zueröffnen. Zwar ist bekanntlich dieAnwendung desKrisenbegriffs aufdas3. Jh. n. Chr. in derForschung nicht unumstritten, gleichwohl kann es –ungeachtet des letztlich nicht überzeugenden Versuches vonK. Strobel, denTerminus ‚Krise‘aus der Diskussion umdas 3. Jahrhundert zu verbannen5 –keinen ernstlichen Zweifel daran geben, daß im 3. Jahrhundert diverse Strukturprobleme in Staat und Gesellschaft sich zu einem krisenhaften Prozeß verdichteten, der die Entwicklungen im 4. Jahrhundert erst recht verständlich werden läßt. Dies gilt vorallem fürdieBeschaffenheit derkaiserlichen Herrschaft undfür die (bereits im 3. Jahrhundert eskalierende) Zuspitzung der Konflikte zwischen Christentum und den ‚staatstragenden‘ altrömischen Kulten.6 Auf die als krisenhaft empfundene Realität reagierten die gebildeten Zeitgenossen mit Deutungen, Gegenentwürfen, bisweilen gar mitmanipulativen Verzerrungen desErlebten, unddiese Form desintentionalen undinterpretierenden Umganges mit Wirklichkeit ist es, die in allen folgenden Beiträgen im Mittelpunkt stehen wird. 4 Das gilt auch für die spätantiken (und mittelalterlichen) Biographien der „sancti viri“ die Viten rechnen sich nach zahlreichen Selbstzeugnissen zur historia, zur , denn „ : D. vonderNahmer, DieLateinische Heiligenvita. Eine EinfühGeschichtsschreibung“ rung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994, 136. 5 K. Strobel, Das Imperium Romanum im ‚3. Jahrhundert‘. Modell einer historischen Krise?, Stuttgart 1993. 6 Vgl. dazu nur die verschiedenen Aufsätze G. Alföldys, in: ders., Die Krise des römischen Reiches. Geschichte, Geschichtsschreibung undGeschichtsbetrachtung, Hei387. delberg 1989, 240–

MARTIN ZIMMERMANN

DER VERLUST UNDDIE NEUERFINDUNG VONWIRKLICHKEITEN: ZUR GESCHICHTSDEUTUNG UND DARSTELLUNG BEI HERODIAN C. Dippon zum10.9.1998

Im Jahr 1528 kann der spanische Gelehrte undPrediger Fray Antonio de Guevara mit einer Sensation aufwarten. Er veröffentlicht unter demTitel ‚Libro áureo de Marco Aurelio emperador‘ eine Vita des Kaisers Marc Aurel, dievonseinen Lehrern verfaßt worden sein sollte undeinen Anhang mit Briefen des Kaisers enthielt1. De Guevara will die letzte erhaltene Kopie des antiken Originals in der Bibliothek von Cosimo de Medici in Florenz aufgespürt haben2. Die Zeitgenossen erkannten freilich rasch, daß es sich bei demals Fürstenspiegel konzipierten Buch umeine Fälschung handelte, bei deren Herstellung de Guevara sich auch auf das Geschichtswerks Herodians gestützt hatte3. Dabei entspann sich ein bemerkenswerter Streit zwischen deGuevara unddemspanischen Gelehrten Pedro deRhua4. 1Fray Antonio de Guevara, Obras Completas I, hrsg. vonE. Blanco, Madrid 1994, 333. ZurTextgeschichte des 1524 begonnenen undseit 1525 in verschiedenen, nicht5–

autorisierten Versionen kursierenden Werks siehe A. Redondo, Antonio de Guevara 522. (1480?–1545) et l’Espagne de son Temps, Genf 1976, 498– 2Obras I, a.O. 11 f.; vgl. E. Grey, Guevara, a Forgotten Renaissance Author, Den

Haag 1973, 2 f.

3ZudenFürstenspiegeln deGuevaras siehe Grey, a.O. 1– 22; Redondo, a.O. passim; 471 f.; 545 (zur Verarbeitung Herodians, die freilich umfangreicher war, als von Redondo angedeutet); E.A. Metzger –M.M. Metzger (Hrsgg.), Institutiones vitae auli43; N. Bayrle-Sick, Gecae oder Hofschul/Aegidius Albertinus, Bern 1978, 7–14; 34– rechtigkeit als Grundlage desFriedens. Analyse zentraler politisch-moralischer Ideen in Antonio de Guevaras Fürstenspiegel, in: H.-O. Mühleisen –Th. Stammen, Politische

Tugendlehre und Regierungskunst. Studien zum Fürstenspiegel der Frühen Neuzeit, 51. ZumHintergrund dieser Gattung siehe dies., Politische Ethik und Tübingen 1990, 9– politische Erziehung, in: dies. (Hrsgg.), Fürstenspiegel der Frühen Neuzeit, Frankfurt 21; M. Philipp –Th. Stammen, Art. Fürstenspiegel, in: am Main –Leipzig 1997, 9– 507. Historisches Wörterbuch der Rhetorik III, Tübingen 1996, 495– 4Der Briefwechsel ist abgedruckt in Biblioteca de Autores Españoles, desde la formación del lenguaje hasta nuestros días. Epistolario Español I, ed. Don Eugenio de

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Martin Zimmermann

DemVorwurf derFälschung wardeGuevara mitdemHinweis entgegengetreten, dieEchtheitsfrage sei unwichtig. Auchbei denhochgelobten antiken Autoren sei es mitderGlaubwürdigkeit schlecht bestellt. Obdie vonihnen berichteten Ereignisse jemals stattgefunden hätten, sei nicht nur unsicher, sondern geradezu zweifelhaft. Aus diesem Grund könne man historische Ereignisse, Namen, Orte usw. ebensogut selbst erfinden. Pedro de Rhua warf de Guevara ein übertrieben negatives Urteil vor undverglich ihn mit dem antiken Skeptiker Pyrrho5. Die antiken Berichte für fiktiv zu halten sei, als nähme man die Sonne aus der Welt. Schon die antiken Autoren hätten, dies zeige sich z.B. in der Schrift de componenda historia Lukians, einen ausgeprägten Willen zurDarstellung derWahrheit besessen, der sich auch der neuzeitliche Gelehrte verpflichtet fühlen solle6. Unzweifelhaft gebe es zwar einen Streit unter antiken Historiographen darüber, wer von ihnen die Geschehnisse korrekt darstelle7. Dieser habe seine tiefere Ursache in der antiken Eigenart, die inhaltliche Verläßlichkeit einer rhetorisch ausgefeilten Form zuopfern. Es käme deshalb darauf an,bei antiken Texten Glaubwürdiges von Unglaubwürdigem unddenwahren Kern von literarischem undrhetorischem Beiwerk zutrennen. Angesichts einer recht breiten Überlieferung sei die Lüge deseinen Autors durch diekorrekte Darstellung anderer ohne weiteres zuentlarven unddashistorisch Wahre zuermitteln.8 De Rhua bestand darauf, daßein antiker Bericht nicht einfach umgeschrieben werden dürfe. Herodians Schilderung antiker Fürstenschicksale sei vielmehr –so das implizite Fazit –als verläßliches Lehrbuch authentischer Ereignisse von den Zeitgenossen zu nutzen, denn andernfalls trenne man die Gegenwart vonderVergangenheit, mit derFolge, daßmaneinem DiktumPlatos zufolge im Zustande der Kindheit gefangen bleibe.9 In verschiedenen Punkten erinnert diese in frühneuzeitlichen Gelehrtenkreisen desöfteren behandelte Debatte desfrühen 16. Jhs.10 anmoderne 250; vgl. W. Nelson, Fact or Fiction. The Dilemma of the Ochoa, Madrid 1945, 229– Renaissance Storyteller, Cambridge/Mass. 1973, 35 f. 106; zumHintergrund undzur 42. Argumentation des Notenwechsels Grey, a.O. 32– 5Biblioteca, a.O. 237. 6Ebd. 239. 7Ebd. 240. 8Ebd. 9Ebd. wird das gegenüber Solon geäußerte Diktum des ägyptischen Priesters (vgl. los griegos siempre sois niños, porque ayer nascisteis, pues Plat. Timaios 5) zitiert: „ ayer comenzastes á tener letras, y no teneis historias de los tiempos pasados, por los cuales tanto antiguariades vuestro nascimiento, cuanto anticipásedes la noticia de las cosas pasadas.“ 10Vgl. die Erwähnung des Streits undseine Resonanz in anderen Werken zusammengestellt bei P. Bayle, Historisches undcritisches Wörterbuch, in der Bearbeitung vonJ. Ch. Gottsched, s.v. Guevara, Leipzig 1740 (NDHildesheim –NewYork 1975),

DerVerlust unddieNeuerfindung vonWirklichkeiten

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Diskussionen über antike Historiographie undihren literarischen Charakter.11 Darüber hinaus ist sie ein Beispiel dafür, wie durch Fälschung und mangelnde Sorgfalt im Umgang mit denQuellen auf Seiten desAutors der Blick der Leser für Textinterpretation unddie Entwicklung philologischer Standards geschult wurde.12 Aber nicht deshalb habe ich diese Episode vielleicht etwas überraschend an den Beginn des Beitrages zu Herodian gestellt. Die Verarbeitung dieses Historiographen durch de Guevara zeigt, daß die im Gegensatz zur modernen Beurteilung stehende grundsätzlich positive Einschätzung Herodians nach seiner Wiederentdeckung durch A. Politianus13 mit seiner Adaption in den Fürstenspiegeln der Zeit zusammenhing, denen er nach Ansicht der frühneuzeitlichen Gelehrten eng verwandt zu sein schien. Die daran anschließende, für mehrere Jahrhunderte konstante Deutung des Werks selbst als speculum aularum et regnorum hatte erheblichen Einfluß auf die moderne wissenschaftliche Würdigung des Historiographen seit demfrühen 19. Jh.14 Andiese Wirkung derfrühen 132) unddas Urteil Bayles, a.O. 674: „ 676 (mit Grey, a.O. 122– 674– Er überschritt die allerheiligsten undgründlichsten Gesetze derselben (=Historie, d.A.) mit einer Verwegenheit, welche allen Widerwillen der Leser verdienet, und er hat sehen lassen, daß niemand als er den Titel des Geschichtschreibers (...) weniger verdient hat.“ ; Bayle man verwirft alles das, als eine Fabel, was ein fordert als methodisches Vorgehen: „ Neuerer, das Althertum betreffend, vorbringt, ohne daßer es in guten Geschichtschrei(ebd. 675); vgl. auch F. W. Bierling, Dissertatio de Pyrrhonismo Hibern gelesen hat.“ storica, Oder von Ungewisheit der Historie, Rinteln 1707, in: H.W. Blanke –D. Fleischer, Theoretiker der Aufklärungshistorie Bd. 1.1, Stuttgart 1990, 158. Dieser stellt zu den Schriften de Guevaras fest: „Epistolæ ejus miras continent ineptias, numismata conficta, falsa locorum nomina, ac fabulis Romanensibus nonmultum sunt absimiles, in ; ferner J.H. hoc qvoqve pejores, qvod talia pro veris venditare non erubescat Autor.“ Zedler, Großes Universallexikon aller Wissenschaften undKünste Bd. 11, Art. Antonio de Guevara, Leipzig 1735, 1303. 11Vgl. P. Burke, Geschichtsfakten undGeschichtsfiktionen, Freibeuter 62, 1994, 68. Zur Diskussion um die Nähe von Historiographie und Literatur siehe den 47– Forschungsüberblick bei D. Fulda, Wissenschaft aus Kunst. Die Entstehung der moder46 undzur 1860, Berlin –NewYork 1996, 5– nendeutschen Geschichtschreibung 1760– notwendigen Abgrenzung des historischen Romans von der Geschichtsschreibung, zu Fiktionalitätsindikatoren, fiktionalen Privilegien usw. A. Nünning, Von historischer 205; ders., HiFiktion zu historiographischer Metafiktion Bd. 1, Trier 1995, bes. 124– storiographie undLiteratur, in: Metzler Lexikon derLiteratur- undKulturtheorie, Stuttgart 1998, 213 f. 12Siehe A. Grafton, Fälscher undKritiker, Frankfurt –Main 1995. Bereits 1546 hat Fausto von Longiano in einer italienischen Ausgabe des Libro angekündigt, eine auf antike Autoren gestützte Darstellung des ‘wahren Lebens’vonMarc Aurel zuverfassen (siehe Bayle, a.O. 676). 13Herodiani Historiae de imperio post Marcum, vel de suis temporibus Libri VIII, Angelo Politiano interprete, Bologna undRom 1493. 14M. Zimmermann, Speculum regnorum et aularum: Die Rezeption Herodians vom

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Martin Zimmermann

Rezeption mußzunächst kurz erinnert werden, umzumeinen die bisherige Einschätzung desWerks verstehen undzumzweiten einen hiervon abweichenden Blick auf die Darstellungsabsichten Herodians undihren Einfluß auf die Präsentation des historischen Stoffes lenken zu können. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, umderFrage nachzugehen, worauf diese Gestaltung desantiken Werks zurückzuführen ist undwassie uns über das Zeitempfinden seines Autors verrät. Abschließend werden wir noch einmal auf de Guevara zurückkommen, umamTextbeispiel zu verdeutlichen, weshalb gerade Herodians Darstellungstechnik auf so große Resonanz in derfrühen Neuzeit stieß.

I Die über drei Jahrhunderte einheitliche Interpretation Herodians15 als Fürstenspiegel wurde in derZeit derSpätaufklärung unddesNeuhumanismus einer gründlichen Revision unterzogen. Die Entstehung wissenschaftlicher philologischer Studien war durch die Emanzipation des Gelehrten vom Fürstenhof vorbereitet worden, mit der Folge, daß die Auswertung der Texte nicht mehr in den Dienst des Mannes gestellt wurde, dem man – zugespitzt formuliert –die Druckprivilegien verdankte. Mit Blick auf das Geschichtswerk Herodians mußte daher eine Entscheidung darüber getroffen werden, wie ein Text neu zu bewerten ist, der sich, wie dreihundert Jahre Rezeption nahelegten, anFürsten wandte. 322. Überblicke zurForschungsgeschichte des 19.– 20 15–18 Jh., Chiron 28, 1998, 287– Jh. finden sich in: W. Widmer, Kaisertum, RomundWelt in Herodians Μ Ρ Α Μ Ε Τ Α , Zürich 1967; Herodiano. Historia del imperio romano ΙΑ Ρ Ν ΙΑ Ο Β Α ΣΙΣ Σ ΙΛ Τ Ο Ε Κ después de Marco Aurelio, traducción, introducción y notas porJ.J. Torres Esbarranch, 84; G. Martinelli, L’ultimo secolo di studi suErodiano, Genf 1987; in Madrid 1985, 7– den Nachträgen zu G. Alföldy, Die Krise des Römischen Reiches. Geschichte, Geschichtsschreibung undGeschichtsbetrachtung, Stuttgart 1989; H.Sidebottom, Herodian’s Historical Methods andUnderstanding of History, ANRW II 34.4, Berlin –NewYork 80; G. Marasco, Erodiano e la crisi dell’impero, ebd. 2837–40. 1998, 2776– 15Imfolgenden wird die Ausgabe vonL. Mendelssohn, Herodiani ab excessu divi Marci libri octo, Leipzig 1883 benutzt, die derschmaler kommentierten vonC. Stavenhagen, Herodiani ab excessu divi Marci libri octo, Stuttgart 19672 vorzuziehen ist. Von Bedeutung ist ferner die mit ausgezeichneter Einleitung undKommentar ausgestattete Ausgabe C.R. Whittaker, Herodian in twoVolumes with an English Translation I –II, London 1969/70. Vgl. auch die Studienausgabe vonD. Roques, Hérodien. Histoire des Empereurs Romains de Marc-Aurèle à Gordien III (180 ap. J.-C. –238 ap. J.-C.), Paris 1990. Die von F.L. Müller, Herodian. Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel, Stuttgart 1996 vorgelegte Ausgabe ist wegen zahlreicher Druckfehler nurmitVorbehalt zubenutzen.

DerVerlust unddieNeuerfindung vonWirklichkeiten

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Der Philologe Friedrich August Wolf unternahm in der Vorrede seiner 1792 herausgegebenen Herodian-Ausgabe16 denVersuch, eine Lektüre Herodians unter den gewandelten Bedingungen zu begründen. Der Schlüssel zur Neubewertung des Textes lag im zu diesem Zeitpunkt ausgebildeten Wissen umdie Zeitgebundenheit antiker Texte undin demSelbstbewußtsein derAufklärer undNeuhumanisten, dievonihrer geschichtlich gewachsenen, gegenüber antiken Autoren deutlich überlegenen Stellung überzeugt waren. Wolf beharrte daher auf einer Interpretation, bei der die Entstehungszeit des Textes zur Grundlage gewählt wurde. Damit nicht über das Werk als unvollkommenen Fürstenspiegel gelacht werde, solle sich der zeitgenössische Leser aufdie sprachlichen Besonderheiten unddieLektüre als Chronik einer vergangenen, von der eigenen Gegenwart gänzlich verschiedenen Zeit konzentrieren.17 Insbesondere der letztgenannte Aspekt dieser neuartigen historischen Würdigung Herodians zogeine Reihe vonArbeiten nach sich, die über den Informationsgehalt des bis dahin hochgeschätzten Autors ein sehr ungünstiges Urteil fällten. Nachdem man zunächst die Anwendbarkeit der abstrakten Lehrsätze Herodians auf die Politik der eigenen Zeit bestritten hatte, führte auch die quellenkritische Prüfung seiner historischen Glaubwürdigkeit zusehr negativen Ergebnissen18, die M. Büdinger 1868 mitder aus der Reihe der Bemerkungen zusammenfaßte, das Geschichtswerk sei „ benutzbaren Quellen“zustreichen.19 Die für die Herodian-Forschung noch des 20. Jhs. wichtige Folge des Neuansatzes war die Abkoppelung der ethisch-moralischen Partien vomhistorischen Bericht. Jene erschienen fortan als unbrauchbares Beiwerk ohne Bindung zurEreignisgeschichte.20 Mitder Aufforderung, die älteren Kommentare zu ignorieren unddie Lektüre als Fürstenspiegel endgültig aufzugeben,21 unterstellte man Herodian, es sei ihm selbst einzig umdie Wiedergabe der geschichtlichen Ereignisse ohne weitergehende Intention gegangen. Fürdie mangelhafte Qualität deshistorischen Berichts machte mandie Inkompetenz desAutors undganz allgemein denmangelhaften Standard der Historiographie im 3. Jh. verantwort16Herodiani Historiarum libro octo graece recensione Frid. Aug. Wolfii, Halle 1792. 17 Ebd. XXXVIII. LI. 18Siehe J. Zürcher, Commodus. Ein Beitrag zurKritik derHistorien Herodians, in: M. Büdinger (Hrsg.), Untersuchungen zurrömischen Kaisergeschichte I, Leipzig 1868, 264; K. Dändliker, Die drei letzten Bücher Herodians, in: ebd. III, Leipzig 1870, 223– 319; K. Fuchs, Beiträge zurKritik derersten drei Bücher Herodians, WS 17, 1895, 203– 234. VIII. Buch), WS 18, 1896, 180– 252; ders., Beiträge zurKritik Herodians (IV.– 222– 19Büdinger, Kaisergeschichte I, a.O. VII. 20Siehe z.B. Fuchs, a.O. 1896, 219. 21Siehe z.B. Wolf (wie Anm. 16) LXVIII.

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Martin Zimmermann

lich. Gerade bei einem Historiographen, der in seiner Textgestaltung dem frühneuzeitlichen Interesse an pädagogisch-didaktischer Lektüre sehr entgegenkam, mußte imZuge derAusbildung eines wissenschaftlichen Selbstbewußtseins die Neubewertung besonders krass ausfallen. Folge dieser Neuorientierung in der Bewertung des Historiographen waraber, daßzweifellos bestehende Darstellungsabsichten undIntentionen Herodians, die in derPhase einer vorwissenschaftlichen Beschäftigung mit demText in Ansätzen tendentiell richtig erkannt worden waren, gänzlich aus dem Blickfeld gerieten. Damit verstellte man sich auch die Möglichkeit, die Ursache für die im 19. Jh. in großem Umfang erkannte Verfälschung vonFakten undDetails zuergründen.

II Der Grund für die Formung des historischen Berichts und die dabei zu beobachtende Gestaltung derhistorischen Details liegt in der Gesamtanlage des Werks, deren Grundgerüst Herodian schon in denersten Sätzen zu erkennen gibt.22 Dies ist im übrigen nach den Gepflogenheiten antiker Historiographie auch zuerwarten, denn mitfür denantiken Leser eindeutigen Signalen mußte der Autor bereits hier zu erkennen geben, worin die Eigenarten seines Berichts undseine Zielsetzung im Kontext historiographischer Gattungskonventionen bestehen. Herodian läßt neben dendurch die Konvention derProoimia bedingten Allgemeinplätzen durchblicken, daßes ihmumdieDarstellung einer Phase römischer Kaiserzeit geht, die wie kein anderer Zeitraum seit der Begründung des Prinzipats durch Augustus durch rasche Herrscherwechsel und das Vorkommen von guten Kaisern sowie üblen Tyrannen gekennzeichnet gewesen sei.23 Mit den allgemeinen undrecht banalen Bemerkungen zum Wechsel vonalten, maßvollen undjungen, ständig auf Neuerungen versessenen Herrschern in dieser Zeit gibt der Historiograph dem zeitgenössischen Leser einen deutlichen Fingerzeig auf seine Absicht. Es soll nicht einfach um die Wiedergabe einer bunten, beinahe chaotisch anmutenden Folge vonEreignissen gehen, sondern umEinsichten in allgemeine Gesetzmäßigkeiten guter undschlechter Herrschaft.24 Dabei sollen die einzelnen Kaiser, die für den griechischen Autor unbestrittenes Zentrum aller Geschehnisse sind, auch imMittelpunkt derDarstellung stehen. Ihrjeweiliger

22Vgl. M. Zimmermann, Kaiser undEreignis. Studien zumGeschichtswerk Hero2780. 41. Vgl. auch Sidebottom (wie Anm. 14) 2776– dians, München 1999, 17– 23Hdn. 1,1,4– 6. 24Ähnlich Sidebottom (wie Anm. 14) 2812.2822.

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Charakter undihre jeweilige Qualität werden demBericht über die in ihre Regierungszeit fallenden Ereignisse die entsprechende Farbe geben. Der Leser kann diesem Darstellungsprinzip aber nur folgen und die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten prinzipaler Machtausübung verstehen, wenn er die Schilderung derEreignisse aufderFolie eines Regelwerks beurteilen kann. Da dieses demjenigen desAutors entsprechen sollte, mußHerodian zu Beginn über seine Beurteilungskriterien Auskunft geben. Zu diesem Zweck wird nicht einfach ein Katalog abstrakter Prämissen präsentiert, sondern mit Marc Aurel ein Idealkaiser eingeführt, deralle ausderTradition antiker Fürstenspiegel geschöpften Eigenschaften eines positiven Herrschers in sich vereint.25 Sein Bild ist darüber hinaus gestaltet nach denim platonisch-stoischen Tugendkanon enthaltenen vier Kardinaltugenden der ρ ό ν η undφ ρ εσ ο σ ύ ις ν φ , σω η .26Diese positiven Eigenιο σ ύ ν , δικα εία ρ δ ν ἀ schaften werden, auch dies gibt Herodian zu erkennen, auf dem Wege umfassender Paideia undmit Hilfe einer auf praktisches Handeln gegründeten Erfahrung erworben. Mit dieser Einführung eines Idealbildes, die in derantiken Historiographie ohne Parallele ist, wirdeinLeitbild andenBeginn desWerks gesetzt, andemalle nachfolgenden Principes bis zuGordianIII. zumessen sind. Hierin –in derBewertung derKaiser aufderGrundlage konsensfähiger Kriterien –liegt ein zentrales Anliegen des Geschichtswerks. Daraus folgt ein weiterer, für die Beurteilung des Berichts sehr wichtiger Aspekt. Die Gültigkeit abstrakter Kategorien gerät nämlich in Gefahr, wenneine erheblich kompliziertere Wirklichkeit Entscheidungen undHandlungsmuster zuläßt, die den eng gesteckten Rahmen der starren Beurteilungskriterien sprengen, oder gar im Ereignisablauf die Zulässigkeit der aufgestellten Regeln widerlegt wird. Daß dies in einem historischen Bericht, in demes gerade umdie Bestätigung derandenBeginn gestellten Gesetzmäßigkeiten geht, nicht zu erwarten ist, versteht sich von selbst. Das kann aber nur heißen, daßdiegesamte Darstellung diesen abstrakten Prämissen verpflichtet ist. Die Intention des Autors schlägt sich also in der Gesamtkompostion, aber auch direkt auf der Ebene der Ereignisschilderungen nieder. Alle drei Ebenen sind eng miteinander verflochten. Der Bericht ist demnach eine in Erzählung gegossene Interpretation von Ereignissen, die auf der Folie ethischer Prämissen vorgenommen wurde. Da deren Gültigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, müssen zu ihrer Bestätigung die Ereignisse entsprechend umgeformt und notfalls verfälschend entstellt werden. Es geht Herodian also nicht umeinen historischen Bericht, in demvor allem auf ihre Verläßlichkeit hin geprüfte Fakten aneinandergereiht oder

25Hdn. 1,2,1– 4,6. 26Men. Rhet. 373.5– 8; Zimmermann, a.O. 24– 28.

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möglichst vollständig alle für die Ereignisse wichtigen Umstände vorgestellt werden. Mit derdurchaus kunstvollen Einführung desIdealkaisers in fünf ausgewogen aufeinander bezogenen Eingangskapiteln wirddemLeser vielmehr signalisiert, daß ihn Einsichten in die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten prinzipaler Machtausübung unddie Voraussetzungen ihrer Qualität erwarten. DerHistoriograph wirddemnach sein ganzes Engagement darauf richten, unter der Oberfläche der Ereignisse die Regelhaftigkeit positiver wienegativer Herrschaft zuermitteln. Damit ist angedeutet, daßdie frühneuzeitliche Lektüre als Fürstenspiegel durchaus ihre Berechtigung hatte. Man störte sich zu dieser Zeit mit einer gewissen Folgerichtigkeit daran, daß der Idealkaiser Marc Aurel zu kurz gewürdigt werde undseine Biographie abgesehen von der Darstellung des Todes unberücksichtigt bleibe.27 Gegner der Interpretation Herodians als Fürstenspiegel, wie J. Bodin, hatten zudem bemerkt, daßdie Kommentare zurQualität dereinzelne Herrscher viel zudürftig ausfallen undkaum verwertbares Material in Form vonLehrsätzen zufinden sei.28 Damit hatte Bodin durchaus treffend eine Eigenart desWerks beschrieben, ohne daraus aber die nötigen Konsequenzen zur Bewertung des Berichts zu ziehen.29 Die partiell richtig erkannte Intention Herodians wird vondiesem nämlich gerade nicht durch die ermüdende Wiederholung allgemeiner Regeln, sondern auf der Ebene der Erzählung selbst umgesetzt. Aus der historischen Schilderung undder Darstellung derEreignisse selbst sind die Regeln und Lehren abzuleiten. Dies gilt auch für die zentrale Kategorie der Paideia.30 Das zu Beginn des Werks herausgestellte, aus der philosophischen Tradition geschöpfte Vertrauen in die Möglichkeit, dennicht vonNatur ausguten oder schlechten Menschen nach den Konturen des Idealkaisers zu formen, wird im ersten Buch amnegativen Beispiel des fehlgeleiteten Herrschers Commodus erhärtet. Indem Herodian die äußeren Bedingungen schildert, nach denen ein junger Thronfolger trotz positiver Anlagen zumTyrannen mu-

27Entsprechend wurden Ausgaben publiziert, in denen dasentsprechende Xiphilinos-Exzerpt ausDio demText Herodians vorangestellt wurden. Siehe Herodiani Historiarum Libri. ad optimorum codicum fidem summo studio recogniti et emendati. Praemissa est M. Antonini Philosophi Vita, e Io. Xiphilino conscripta, ed. Io. Patonus, Edinburgh 1724. Vgl. Zimmermann, Speculum (wie Anm. 14) 308 f. 28J. Bodin, Methodus adfacilem historiarum congnitionem (1566), Ausg. Amster-

dam 1650 (ND 1967), 66 f. 29Dies gilt entsprechend für Wolf (wie Anm. 16) LI, der sich demUrteil Bodins anschließt.

30Vgl. zur Bedeutung der Paideia für die Legitimation von Herrschaft im 2./3. Jh. allgemein Th. Schmitz, Bildung undMacht. Zur sozialen undpolitischen Funktion der 50 und zweiten Sophistik in der griechischen Welt der Kaiserzeit, München 1997, 44– 2812. 2780. 2804– öfter. Zu Herodian Sidebottom (wie Anm. 14) 2776–

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tiert, führt er die Notwendigkeit anhaltender sittlicher Bildung und einer über praktisches Handeln erworbenen Erfahrung vor. Im Gegensatz zur Überlieferung bei Cassius Dio, demHerodian denGroßteil seiner Informationen verdankt, aber auch im Gegensatz zur Historia Augusta wird Commodus als ethisch noch indifferenter junger Mann eingeführt, für dessen Erziehung Marc Aurel alles Notwendige getan hat.31 Erst die äußeren Anfechtungen, die Herodian entgegen der historischen Wirklichkeit als Kette von Mordanschlägen gestaltet,32 und eine daraus resultierende allmähliche Entfremdung von der Umgebung führen dazu, daß Commodus nach einer effektvollen, in das Jahr 191 gesetzten Peripetie33 die letzten Erzieher entläßt und sich ganz in den Tyrannen verwandelt, der er für die anderen Autoren vonRegierungsbeginn anbereits war. Mit der im ersten Buch vorgenommenen Beweisführung, nach der die Aufgabe der Paideia und Irritationen durch eine verachtenswerte Umgebung, also nicht persönliche, unwandelbare Anlagen Ursache negativer Herrschaft sind, wird die Grundlage geschaffen, auf derauch dasScheitern anderer Kaiser erklärt werden kann. So wird zunächst Pertinax als Herrscher vorgeführt, derals alter Manneinen Bildungsgang abgeschlossen hat, der ihm ähnliche Konturen wie Marc Aurel verliehen hat.34 Diesem positivenExemplum wird in Antithese derTyrann Didius Iulianus gegenübergestellt, derals Schreckbild alle negativen Eigenschaften auf sich vereint und irreparabel fehlgeleitet ist.35 Dieser Umstand wird durch denunterschiedlichen Rückhalt beider Herrscher illustriert. Während Pertinax auf denKonsens der gesamten Bürgerschaft bauen kann,36 stützt sich Didius Iulianus

31Siehe die Bemerkungen zurErziehung in Hdn. 1,2,1; 1,4,3; 1,5,4. Vgl. hierzu S. Swain, Hellenism and Empire. Language Classicism, and Power in the Greek World 250, Oxford 1996, 406 f. Zum negativen Commodusbild siehe Dio 72(71), A.D. 50–

9. 36,4; HAC 1.5– 32Die Anregung hierfür stammt aus Dio 73(72), 1,1. Zur Konstruktion siehe Zim66 unddie Beobachtungen vonAlföldy 46; 62– mermann, Kaiser (wie Anm. 22) z.B. 42– (wie Anm. 14) 69–127.282. 33 Hdn. 1,13,7. 34Hdn. 2,2,7– 9; 2,4,2; 2,9,9; 2,10,4; 2,13,6 undöfter. Vgl. hierzu auch A. Kneppe, Metus Temporum. ZurBedeutung vonAngst in Politik undGesellschaft derrömischen 262. Kaiserzeit, Stuttgart 1994, 260– 352,6,6; 2,7,1– 2; 2,9,3; 2,11,7; 2,12,2– 3. Das positive Bild in der HA ist Polemik gegen die Darstellungen bei Dio undHerodian. Vgl. F. Kolb, Literarische Beziehungen 70. Die zwischen Cassius Dio, Herodian und der Historia Augusta, Bonn 1972, 54– zuletzt noch einmal vonJ.B. Leaning, Didius Iulianus andhis biographer, Latomus 48, 565 vermutete Übernahme aus dem Werk eines unbekannten Autors kann 1989, 548– nicht überzeugen.

36 2,2,1–10.

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mit falschen Versprechungen allein auf die nur von Eigennutz geleitete Prätorianergarde.37 Während hier also amBeispiel älterer Herrscher dasErgebnis erfolgreicher undausgebliebener Erziehung zu sittlichem Handeln illustriert wird, zeigen sich amBeispiel vonCaracalla undGeta die Folgen einer Bildung, die von einem ungeeigneten Erzieher bewirkt werden. Septimius Severus ist als MannderBürgerkriege unddesMilitärs einPädagoge, derbei seinen Söhnen eine Entwicklung in Gang setzt38, die nach seinem Todeine Wiederkehr derBürgerkriege, diesmal innerhalb derdomus Augusta, nach sich zieht. Während Geta sittliche Bildung nurzurSchau trägt, ohne sie wirklich verinnerlicht zu haben,39 erscheint Caracalla als Karikatur des Septimius Severus und übertrifft ihn in allen Grausamkeiten bei weitem.40 Dieser Gegensatz junger Thronprätendenten wird amBeispiel des Konfliktes zwischen Severus Alexander undElagabal nochmals aufgenommen. Hier geht es ganz explizit umdie Frage derrichtigen Erziehung.41 Elagabal erscheint als syrischer Priester imGewand desdespotischen Herrschers,42 derseinen Caesar zu einem Ebenbild seiner selbst bilden möchte. Diesem Ansinnen widersetzen sich die Frauen amKaiserhof, die für Severus Alexander eine positive Paideia durchsetzen, die schließlich Grundlage seiner Unterstützung durch die städtische Garde ist.43 Allein an demsolcherart gedeuteten Zuspruch der Prätorianer sieht man, wie Herodian zur Umsetzung seiner Grundaussagen Färbungen vornimmt. Während die Garde einmal als von Eigennutz bestimmte, verachtenswerte Soldateska imUmfeld desTyrannen Didius Iulianus erscheint,44 handelt sie dasandere Mal ausdurchaus ehrenhaften Motiven.45 Dennoch fällt Severus Alexander später trotz seiner vielversprechenden Anfänge einer Revolte der Soldaten zumOpfer. Hero-

372,5,1; 2,6,6–14. 38Zur Erziehung durch Septimius Severus siehe Hdn. 3,13,3– 5. Hier wird der bei ν ω λ ο ν τ α τ ίζ νἄλ ιώ ο ο τ ,τ ὺ υ ῶ εῖτ ε ο λ ε, τ τ ςπ ε ςστρα Dio 77(76),15,2 überlieferte Satz ὁμ ν εῖτ ρ ο εineine dramatische Szene umgewandelt. Vgl. ferner Hdn.3,10,5; φ α τ α κ ν ω τ ν π ά 3,14,2. 39Hdn. 4,3,2. Es handelt sich um eine bloße φ α ν τ α σ ία , eine Zurschaustellung positiver Eigenschaften.

40Vgl. Hdn. 3,8,8 mit 4,3,4; zur Brutalität Caracallas siehe bes. 4,4,3; 4,8,6– 9,8 und4,10,1–11,9. 41Hdn. 5,7,4– 5. 42Hdn. 5,5,4. 43Hdn. 5,8,2. 44 Siehe oben Anm. 37. 45Vgl. zur entsprechenden Darstellung des stadtrömischen Volkes M. Zimmermann, Herodians Konstruktion der Geschichte und sein Blick auf das stadtrömische Volk, in: ders. (Hrsg.), Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n.Chr., 144. Stuttgart 1999, 119–

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dian erklärt dies mit einer einseitig auf denzivilen Bereich ausgerichteten

Erziehung46 undstößt damit zugleich andie Grenzen seines Erklärungsmodells. Um das Scheitern dieses jungen Kaisers auf eine defizitäre Paideia zurückführen zu können, bewegt er sich unversehens und gegen seine grundsätzlich positive Bewertung des Herrschers47 im Fahrwasser der von denAufständischen umMaximinus Thrax vorgetragenen Gründe zurRechtfertigung des Umsturzes in einer für das Reich bedrohlichen Situation.48 Diese kurzen Bemerkungen zueinzelnen Beispielen verdeutlichen, daß Herodian die Regierungszeiten der vonihmberücksichtigten Kaiser sämtlich in sein starres Konzept einpaßt,49 umdessen Gültigkeit zu beweisen. Sieht maneinmal vonderentstellenden Wirkung seiner ausgefeilten literarischen Technik ab, die zuletzt von I. Opelt und Th. Hidber gewürdigt worden ist,50 dann sind es die vorgestellten abstrakten Prämissen, andenen alle Einzelheiten des Berichts ausgerichtet sind. Bei Abfassung des Textes ist dabei, dies läßt sich anverschiedenen Passus nochrecht gutnachvollziehen, eine recht komplizierte Vorgehensweise vorauszusetzen. Zunächst hat der Historiograph auf der Grundlage der von ihm bevorzugten Variante antiker Fürstenspiegel-Tradition undin Kenntnis anderer Geschichtswerke ein Vor-Urteil über die einzelnen, zu behandelnden Kaiser gefällt. Dieses geschlossene Einzelbild soll demLeser geboten werden, wobei sich in der Darstellung selbst die Wertung desAutors in eine objektive Gewißheit zu verwandeln hat. Das heißt aber nichts anderes, als daß nur Geschehnisse vorkommen können, die die vorab festgelegte Qualität des Herrschers erhellen und die Ursachen seines Handelns verständlich machen. Konsequenz ist die Selektion, Erfindung undauch Verfälschung derFakten, denn nurso lassen sie sich stimmig demstarren abstrakten Schema einpassen. 46Hdn. 6,1,5– 7; 6,2,3. 47Diese klingt selbst in vielen positiven militärischen Entscheidungen noch an 6). 2; 6,7,5– 6; 6,5,1– 3; 6,4,3– (siehe z.B. 6,2,1– 48Siehe z.B. Hdn. 6,5,8– 9 (zur Feigheit des Kaisers); 6,6,6; 6,7,5. Vgl. auch die Übersicht bei C. Bertrand-Dagenbach, Alexandre Sévère et l’Histoire Auguste, Brüssel 1990, 128 f. 49Insbesondere die Darstellung des auch von Herodian eigentlich positiv beurteilten Severus Alexander als Feigling, der im militärischen Bereich versagt, verdeutlicht, daßdiese Darstellungstechnik sehr mißglücken konnte unddaher vonspätantiken Autoren nurmehr mit Unverständnis zurKenntnis genommen wurde. Der Autor derHAz.B. rechnet Herodian wegen seiner Darstellung des Severus Alexander zu den amatores Maximini (AS 63,6) undunterstellt ihmdamit, er habe denauch bei Herodian als Tyrann charakterisierten Maximinus Thrax verehrt. 50I. Opelt, Furcht undSchrecken bei Herodian, ANRW II 34.4, Berlin –NewYork 2952; Th. Hidber, Zeit und Erzählperspektive in Herodians Geschichts1998, 2928– 168; vgl. auch Sidewerk, in: Zimmermann, Geschichtsschreibung (wie Anm.45) 145– 2822. bottom (wie Anm. 14) 2813–

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Als eines vonunzähligen Beispielen fürdie Konsequenz, mitderdieses Verfahren angewendet wird, habe ich an anderer Stelle in Anknüpfung an entsprechende Beobachtungen vonJ.J. Müller51 undG.M. Bersanetti52 eine Synopse derherodianischen Berichte über denAusbruch desBürgerkrieges zwischen Pescennius Niger undSeptimius Severus imJahr 193 erstellt.53 In zwei aufeinander folgenden Schilderungen wirdin frappierend identischem Aufbau vonderErhebung beider gegen Didius Iulianus berichtet.54 Die mit einer bezeichnenden Abweichung gleichartige Erzählstruktur ist in verschiedener Hinsicht bemerkenswert. Zunächst einmal fällt auf, daß Geschehnisse, die wenige Tage auseinanderliegen, teilweise zeitgleich oder in umgekehrter Reihenfolge verliefen, in identische Ereignisketten gepresst werden. Mit demAufbau derAbschnitte verfolgt Herodian vor allem ein Ziel: Es soll verdeutlicht werden, daß bei gleichen äußeren Bedingungen diecharakterliche Disposition derPrätendenten überErfolg oder Mißerfolg entscheidet. Während Pescennius Niger als Zauderer von Beginn an versagt,55 sind die Bemühungen des Tatmenschen Septimius Severus von Erfolg gekrönt. Dieses Schema wird durch die Positionierung der Reden unterstrichen.56 Während sie bei Pescennius Niger als retardierendes Element das Verharren in Syrien vorbereitet, akzentuiert sie bei Septimius Severus dentatkräftigen Aufbruch. Mit Hilfe einer krassen Verformung des Ereignisablaufs und einer völligen Mißachtung der Chronologie bietet Herodian dem Leser seine Deutung derEreignisse. Dabei zeigt sich recht deutlich die eigene, charakteristische Handschrift undder nicht zu unterschätzende Gestaltungswille des Historiographen. Immer wieder vorgetragene Bedenken gegen eine Verarbeitung von Cassius Dio als Hauptquelle,57 bei denen gerade auf die Unterschiede in Diktion unddie Gestaltung von Einzelheiten aufmerksam 51J.J. Müller, Marius Maximus, in: Büdinger III, 1870 (wie Anm. 18), 186 f. 52G.M. Bersanetti, Sulla guerra fra Settimio Severo e Pescennio Nigri in Erodiano, 364. RFIC 16, 1938, 357– 53Zimmermann, Kaiser (wie Anm. 22) 171– 173. 54Hdn. 2,7,3–8,10 und2,9,1–11,2. 55Hdn. 2,9,3. 56Hdn. 2,8,1– 5 und2,10,1–9 57 Siehe für eine Verarbeitung Dios bes. Kolb (wie Anm. 35) 160 f.; Alföldy (wie Anm. 14) 82 f. u.ö. betont denCharakter als „Hauptquelle“ . Diesem Ansatz folgen z.B. E. Kettenhofen, Die Syrischen Augustae in derhistorischen Überlieferung, Bonn 1979; U. Espinosa Ruiz, El reinado de Cómmodo. Subjectividad y objectividad en la antigua 124; A. Scheithauer, Die Regierungszeit des Kaihistoriografía, Gerión 2, 1984, 119– sers Elagabal in der Darstellung von Cassius Dio und Herodian, Hermes 118, 1990, 356 und mit Einschränkungen A.R. Birley, Rez. Kolb, JRS 64, 1974, 267; ders., 335– The African Emperor: Septimius Severus, London 1988, 204 f. A.M. undL.González381 ist wenig erhellend. Cobos, Fuentes de Herodiano, SZ 7, 1986, 367–

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gemacht wird,58 unterschätzen folglich die zu veranschlagende Freiheit beim Umgang mit dervonHerodian bei diesem senatorischen Historiographen vorgefundenen Überlieferung. Ausführliche Versuche beispielsweise von Z. Rubin, Unstimmigkeiten im herodianischen Bericht über die Bürgerkriegszeit zwischen 193 und 197 n. Chr. unddie von Dio abweichende Schilderung derAuseinandersetzungen als Indiz für die Verarbeitung ganz unterschiedlicher Vorlagen zu interpretieren,59 gehen an der Gesamtkonzeption unddenEigenarten desWerks vorbei. Die Differenzen lassen sich mit der Intention desWerks erklären undverraten sich nachvollziehbar an Webfehlern, die Herodian bei Knüpfung seines Gerüstes unterlaufen sind und in denen sich die Vorlage entgegen der eigenen Darstellungsabsicht durchsetzten kann.60 Derartige Fehler undUnachtsamkeiten zeigen sich beispielsweise bei der Episode eines angeblichen Mordanschlags durch denRäuber Maternus auf den Kaiser Commodus.61 Diese Verschwörung ist für Herodian ein Baustein in seiner Darstellung, in der die allmähliche Wandlung des Kaisers zumTyrannen als Folge äußerer Anfechtungen in Form von Mordanschlägen erklärt werden soll. Das komplizierte Verfahren Herodians bei Ausgestaltung der Erzählung kann hier nicht in allen Details nachgezeichnetwerden.62 Eine genaue Untersuchung derEpisode läßtjedoch erkennen, daß Herodian eine kurze Nachricht Dios über Unruhen im Umfeld der Legionen am Rhein nutzt, um einen Umsturzplan einer vornehmlich aus Deserteuren bestehenden Räuberbande unter Führung des Maternus zu spinnen.63 Der Plan selbst, die Schilderung des angeblich beabsichtigten Attentats auf denKaiser anläßlich des Frühjahrsfestes für Kybele in Rom, enthält eine Reihe von Fehlern. Abgesehen davon, daß ein derartiges Vor-

58Siehe z.B. Whittaker I (wie Anm. 15) lxvi– lxviii; T.D. Barnes, Rez. Kolb, 373; ders., The Sources of the Historia Augusta, Brüssel 1978, Gnomon 47, 1975, 368– 236; Z. Rubin, 85; G.W. Bowersock, Herodian andElagabalus, YClS 24, 1975, 229– 79– 92. Vgl. ähnlich F. CàssoCivil-War Propaganda andHistoriography, Brüssel 1980, 85– 172; ders., Rez. Kolb, Athenaeum 52, la, Erodiano e le sue fonti, RAAN 31, 1957, 165– 1974, 375 f.; A. Lippold, Rez. Kolb, a.O., HZ218, 1974, 651 f.; K. Dietz, Senatskaiser . Ein Beitrag zur Geschichte des Jahres 238 n.Chr., Chiron 6, ία μ ρ ο ν χ ία υ undμ α ιθ ςἐπ el Kos, A Historical Outline of the Region between Aquileia, the 1976, 382; M. Šaš 292; Sidebottom (wie Adriatic, andSirmium in Cassius Dio andHerodian, 1986, 286– 2792. Anm. 14) 2780– 59Rubin, a.O. passim. 60Zimmermann, Kaiser (wie Anm. 22) 177– 194. 61Hdn. 1,10,1– 7. Vgl. Alföldy (wie Anm. 14) 69– 80. 62Siehe Zimmermann, a.O. 89– 112. 63Siehe hierzu bereits Alföldy (wie Anm. 14) 78; Birley, Septimius Severus (wie Anm. 57) 74.

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haben vordemZeithintergrund gänzlich unglaubwürdig ist,64 verrät gerade die beabsichtigte Verkleidung als Lanzenträger, daß Herodian antiquarische Informationen unklarer Herkunft über denAblauf des Festes ungeschickt in seinen Attentatsplan einflicht. Bei denvonihmgenannten α μ ἰχ ο φ ό ρ ο ι, als die dieRäuber auftreten wollen, handelt es sich wohl umdie aus Inschriften bekannten hastiferi, die im Ma-Bellona Kult eine Rolle spielten.65 Diese verwechselt der Historiograph mit denPrätorianern, ausderen Umfeld derAnschlag eigentlich erfolgen soll. Der Bericht ist zudem angereichert mit Topoi aus der zeitgenössischen Räuberdarstellung66 undenthält eine Anspielung auf die ebenfalls topische Verunglimpfung schlechter Kaiser als Räuber.67 Die Anregung für den Umsturzplan lieferte Dio, der freilich vonUnruhen imbritannischen HeerundvomZugeiner meuternden Truppeneinheit nach Rom berichtet.68 Ihre nach Ansicht Dios aus der Luft gegriffenen Vorwürfe, derachtenswerte Perennis plane einen Anschlag auf den Kaiser, führen zu dessen Hinrichtung auf Befehl des Commodus. Da Perennis bei Herodian im Gegensatz zur Darstellung Dios eine negativ gezeichnete Person ist undtatsächlich einen Umsturz vorbereitet,69 werden die Informationen, mitdenen DiodenSturz dieses Mannes als unbegründete undniederträchtige Aktion brandmarkt, kurzerhand in dieRäuberepisode transponiert. Es ist nunnicht mehr die meuternde Einheit aus Britannien, sondern die Bande desMaternus, die nach Italien zieht unddenKaiser mit demLeben bedroht.70 Derartig gravierende Verfälschungen sind allein der Absicht verpflichtet, Commodus bis zur Peripetie als schuldlose Figur zu zeichnen unddenallmählichen Verlust dervondemIdealkaiser MarcAurel initiierten Erziehung in der Gesamtkomposition schlüssig zubegründen.

64Alföldy, a.O. 375. Vgl. bereits Zürcher (wie Anm. 18) 241 f.; E. Hohl, Kaiser Commodus undHerodian, SDAW 2, Berlin 1956, 18 f.; 41 Anm. 95. 65Vgl. zu Hdn. 1,10,6 H. Hepding, Attis, seine Mythen und sein Kult, Giessen 154. 172; D. Fishwick, Hastiferi, JRS 57, 1967, 142– 1903, 169– 66Siehe bes. P.B. Shaw, Bandits in the Roman Empire, P&P 105, 1984, 46– 48. 67Vgl. mitHdn. 1,10,7 z.B. H.A. Musurillo (Hrsg.), TheActs of thePagan Martyrs (Acta Alexandrinorum), Oxford 1954, 65– 68 Nr. XI (zu Commodus als λ ῄ σ ). ρ τ χ α ο ς ZumTopos ferner R. MacMullen, The Roman Concept of Robber-Pretender, RIDA 10, 225; J. Sünskes Thompson, Aufstände und Protestaktionen im Imperium 1963, 221– Romanum. Die severischen Kaiser imSpannungsfeld innenpolitischer Konflikte, Bonn 48. 1990, 192 f.; H. Brandt, Zeitkritik in der Spätantike, München 1988, 45– 68Dio 73(72),9,1–4 mit den Beobachtungen von P. Brunt, The Fall of Perennis. 177; A. R. Birley, The Fasti of Roman Dio-Xiphilinus 72.9.2, CQ 23, 1973, 172– Britain, Oxford 1981, 139; 142; 145; 260 f. 69Hdn. 1,8,1– 9,10. Vgl. zur Überlieferung G.M. Bersanetti, Perenne e Commodo, 170. Athenaeum 24, 1951, 151– 70 Vgl. Dio 73(72),9,1–4 mit Hdn. 1,10,3.

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III

Bei der Umformung des Berichts mit den dabei fälligen Übertreibungen undEntstellungen verfährt Herodian also sehr frei. Dieverläßliche Wiedergabe dervorgefundenen Einzelheiten wirddembeabsichtigten Effekt, nämlich der Bewirkung von Einsichten in die Entstehung unddie Eigenarten der Tyrannis, geopfert. Die Einflechtung bestimmter Topoi aus der π ὶ ερ β α σ ιλ εία ςTradition ist demZeitkontext geschuldet, in demdasWerk entsteht. Es stellt sich daher die Frage, vor welchem zeitspezifischen Hintergrund Herodian sich für die skizzierte Gestaltung seines Geschichtswerks entschieden hat. Herodian verfaßt

es mit Blick auf die Tausendjahrfeier der Stadt Rom imJahr 24871 undvordemHintergrund einer Zeiterfahrung, zuderhäufige

Herrschaftswechsel und das Auftreten autokratisch oder gar tyrannisch regierender Kaiser, die sich auf das Militär stützen, gehören. Deshalb war auch unter der Regierung des Philippus Arabs die Verständigung über die ideale Herrschaft notwendig. Herodian und seinen Zeitgenossen war die Hoffnung auf ein positives Regime nach denErfahrungen derletzten Jahrzehnte jedenfalls nicht abhanden gekommen.72 Neben diesen Bezügen zur Situation in derMitte des3. Jhs. spielte aber auch die Entwicklung derGeschichtsschreibung in der Kaiserzeit, mithin die Gattungstradition eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für die gewählte Darstellungsvariante.73 Wichtig für dasVerständnis der Historiographie im 3. Jh. ist die Beobachtung, daßdieAutoren, diezuBeginn dieses Jahrhunderts Zeitgeschichtsschreibung undBiographien verfassen, einen Neuanfang zur Wiederbelebung dieser Gattungen versuchen. Nach einer komplizierten literar- und sozialgeschichtlichen Entwicklung waren nämlich im ersten Drittel des 2. Jhs. diese Formen der Literatur weitgehend von der Panegyrik verdrängt worden. Dieser Umstand ist Ergebnis eines Prozesses, dessen wichtigste Etappen im 1. Jh. liegen. Historiographie, die sich der Zeitgeschichte zuwandte, war in der Kaiserzeit zunächst undganz traditionell als Literatur mit politischen Implikationen verstanden und geschrieben worden. Aus diesem Grund finden sich im 1. Jh. noch eine Reihe von Autoren, die kritische Bestandsaufnahmen der Bürgerkriegszeit unddes frühen Prinzi-

71Siehe bereits J. Blaufuss, AdHerodiani rerum Romanarum scriptoris libros V et VI observationes, Erlangen 1893, 5; Widmer (wie Anm. 14) 71; Whittaker I (wie Anm. 302. xiv sowie Zimmermann, Kaiser (wie Anm. 22) 285– 15) xii– 72Siehe hierzu Marasco (wie Anm. 14) 2910– 2914. 73Siehe hierzu und zumfolgenden M. Zimmermann, Enkomion undHistoriographie: Entwicklungslinien der kaiserzeitlichen Geschichtsschreibung vom 1. bis zum 56. frühen 3. Jh. n. Chr., in: ders., Geschichtsschreibung (wie Anm. 45) 17–

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pats verfassen. Zuletzt wird unter Domitian und kurz nach dessen Herrschaft Geschichtsschreibung eher mit politischer Opposition, zumindest mit kritischer Bestandsaufnahme assoziiert. Zur Zeit der Adoptivkaiser wurde jedoch eine Aussöhnung zwischen senatorischen Ansprüchen und prinzipaler Macht suggeriert. Damit warnicht nursenatorische Opposition neutralisiert, sondern mit diesem Stand hatte mansich zugleich jene Gruppe verpflichtet, aus deren Reihe amehesten mit kritischer Historiographie zurechnen war. Geschichtsschreibung des 2. Jhs. hat entweder die fernere Vergangen-

heit zumGegenstand, oder dieAutoren entschieden sich dazu, als π ρ ά ξ ε ις ίο undβ ιtitulierte Werke zuverfassen,74 die demjeweils regierenden Kaiser verpflichtet waren. Bis zu den Biographien des Marius Maximus und der Römischen Geschichte des Cassius Dio gibt es für mehrere Jahrzehnte keinen eindeutigen Beleg für eine Zeitgeschichtsschreibung, die nicht der panegyrischen Überhöhung eines Kaisers diente. Vordiesem Hintergrund erklärt sich auch die Entstehung der Schrift Lukians über die Geschichtsschreibung, in der dieser Zustand der zeitgenössischen Historiographie trotz aller Anlehnung anältere Traditionen historischer Kritik einen prominenten Platz einnimmt.75 In denselben Zusammenhang gehören auch die Klagen Dios über dasInformationsmonopol desKaisers. Er betont, daßden zufällig oder auch offiziell zugeteilten Nachrichten niemand mehr glaube, da alles nach den Forderungen des Kaisers undseiner Berater dargestellt erscheine.76 Manrede nurmehr über Dinge, die sich niemals ereignet hätten, während dastatsächliche Geschehen verborgen bleibe. Bei derErstellung eines Geschichtswerks könne mannuraufMaterial zurückgreifen, das auf die Selbstdarstellung des Kaisers zurückgehe. Hiervon abweichende Darstellungen beruhten dagegen allein auf unbelegbaren Mutmaßungen undunbrauchbaren Unterstellungen. Diesen Ausführungen ist deutlich dieFrustration eines Historiographen anzumerken, dessen literarische Anfänge der panegyrischen Tradition des 2. Jhs. verpflichten waren, deraber bald vondemauf diese Weise geehrten Kaiser –nämlich Septimius Severus –schwer enttäuscht worden war.77 Die

74 Vgl. A. Dihle, Die Geschichte der historischen Biographie, SHAW H. 3 1986, 70. Heidelberg 1987, 68– 75Vgl. auch K. Strobel, Zeitgeschichte unter den Antoninen: Die Historiker der Partherkriege des Lucius Verus, ANRW II 34.2, Berlin –NewYork, 1994, bes. 1340– 1360. 1342; 1351– 76Dio53,19,1– 6. Hierzu mitderälteren Literatur M.Hose, Erneuerung derVergangenheit. Die Historiker imImperium Romanum vonFlorus bis Cassius Dio, Stuttgart – Leipzig 1994, 446 f. 77ZumFrühwerk Dios siehe mit weiteren Hinweisen M.G. Schmidt, Die ‚zeitgeschichtlichen‘Bücher imWerk desCassius Dio vonCommodus zuSeverus Alexander, 2618. ANRW II 34.3, Berlin –NewYork 1997, 2605–

DerVerlust unddie Neuerfindung vonWirklichkeiten Äußerungen belegen darüber hinaus

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ein zeitgenössisches Bewußtsein da-

für, daß die politischen Veränderungen der Kaiserzeit einen Verlust der politischen Wirklichkeit nach sich gezogen hatten.78 Mit der Abnahme der Möglichkeit von politischer Partizipation waren auch der Prozeß der Entscheidungsfindung und die Ursachen politischer Entwicklungen zuneh-

mend aus dem Blickfeld geraten. Das verlorene Terrain konnte auf ver-

schiedene Art und Weise zurückgewonnen werden. Von entscheidender Bedeutung war hierbei vor allem eine Auseinandersetzung mit dem entstandenen Informationsmonopol des Kaisers unddie ihn begleitende Panegyrik. Jeder Autor der Zeit, der sich bis in die Zeitgeschichte vorwagte, mußte also nicht nuranWerktraditionen anknüpfen, sondern sich vorallem auch mit der ganz durch diese Bedingungen bestimmten Rezeptionserfahrung derZeitgenossen undderen Lese- oder Hörerwartungen befassen. Da der öffentliche Raum, d.h. Publizistik, aber selbst Feste auf städtischer Ebene, von Panegyrik undHerrscherlob durchwirkt waren,79 mußten Zeithistoriker sich denEigenarten dieser Gattung stellen. Herodian betont in bester historiographischer Tradition, daß auch er sein Werk nicht π ρ ὸ ρ ιν , d.h. für einen bestimmten Kaiser undin der ςχά ρ θ ή ὸ εια νund damit in Abςἀ λ Absicht persönlicher Vorteile, sondern π Obwohl er sich demnach sicht auf eine anhaltende Wirkung verfaßt habe.80 eindeutig von einer Panegyrik, wie sie auch Cassius Dio in seinem Frühwerk verfaßt hatte, absetzt, kann er die ethischen Prämissen dieser Gattung zurGrundlage seiner Darstellung machen. Der Beweis ihrer zeitlosen Gültigkeit wird dabei einer Wiedergabe offizieller Selbstdarstellung entgegengesetzt. Aufdiese Weise können diekonsensfähigen Normen zumüberzeitlichen Beurteilungskriterium werden unddieaktuelle Situation unabhängig vonkaiserlicher Selbstdarstellung einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Der Beweis der zeitlosen Gültigkeit der Regeln am historischen Ablauf zieht in derDarstellung selbst eine Neuerfindung derpolitischen Wirklichkeit nach sich. Die literarischen, an ethischen Prämissen orientierten Bilder schieben sich dabei vor die realen Ereignisse undverwehren so den Blick auf das tatsächliche Geschehen. VonBedeutung sind nicht mehr die komplizierten Hintergründe etwa für den Erfolg des Septimius Severus oder die Verstrickungen sowie die persönliche Verantwortung des Commodus bei der Verfolgung undErmordung einzelner Senatoren, sondern die 78Zu entsprechenden Beobachtungen von Tacitus siehe D. Flach, Tacitus in der 61. Tradition der antiken Geschichtsschreibung, Göttingen 1985, 58– 79Siehe L. Pernot, La rhétorique de l’éloge dans le monde gréco-romain I, Paris 92 sowie zur Hohen Kaiserzeit auch D. Russell, The Panegyrists and their 1993, 84– Teachers, in: M. Whitby (Hrsg.), The Propaganda of Power. The Role of Panegyric in 50; bes. 23 f. Late Antiquity, Leiden –Boston –Köln 1998, 17– 80 Hdn. 3,7,3.

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Erklärung derVorkommnisse auf derGrundlage vonCharakterbildern mit ethisch-moralischen Konturen. Andie Stelle des Zugangs zudenFakten ist der Primat der Deutungsmuster getreten. Eine bestimmte Wirkungsabsicht, etwa im Sinne der Erstellung eines Leitfadens für die politische Praxis, dürfte bei Herodian daher eine nachgeordnete Rolle gespielt haben. Ihmging es in erster Linie darum, seinen Lesern ein Deutungsangebot der historischen Ereignisse anzubieten. Unddas bestand darin, seinen Zeitgenossen aufzuzeigen, daß daspolitische Handeln derKaiser nach denMaßstäben zeitlos gültiger und recht schlichter Prinzipien funktioniert. Auch jede mögliche Beteiligung am politischen Geschehen ist dieser Deutung nachgeordnet. So erklärt sich auch sein auffälliges Desinteresse am Schicksal einzelner Amtsträger oder Senatoren.81 Sie selbst undihre politischen Interessen spielten eine kaum nachweisbare Rolle. Das hängt zweifellos damit zusammen, daßderAutor nicht demSenat angehörte. Er warvermutlich kaiserlicher Freigelassener in untergeordneter Position unklarer Art.82 Ob er sich überhaupt längere Zeit in Rom aufgehalten hat, scheint angesichts gravierender Fehler bei der Beschreibung stadtrömischer Verhältnisse sehr fraglich zu sein.83 Man sollte eher an jemanden denken, derdieHauptstadt desReiches allenfalls flüchtig kannte unddaher auch keine enge Bindung an ein Lesepublikum innerhalb der römischen Aristokratie hatte. Die Nachlässigkeiten bei der Schilderung der Vorkommnisse konnte er sich wohlnurleisten, daauchdieLeser seines Werks eher in einem Umfeld zu suchen sind, das den stadtrömischen Ereignissen fernstand. Die Schicht, derHerodian sich selbst verbunden fühlte undfürdieer schrieb, wird manamehesten in der städtischen Führungsschicht der Provinzstädte des griechischsprachigen Reiches suchen.84

81Vgl. gegen Whittaker I (wie Anm. 15) lxxxi, derglaubt, Herodian beabsichtigte, „ to some extent a history of the fortunes of the Antonine families through the vicissituzuschreiben, Sidebottom (wie Anm. 14) 2822. des of the post-Antonine era“ 82Hierzu Alföldy (wie Anm. 14) 240– 272. 83So bereits A. Duncker, Die neueren Forschungen aufdemGebiet derRömischen Kaisergeschichte I, Philologus 33, 1874, 184 mit Verweis auf Beobachtungen von R. 661. Siehe Sievers, Über dasgeschichtswerk des Herodianos, Philologus 31, 1872, 659– 319 undnurHdn. 1,9,2 zurfalschen Datierung Zimmermann, Kaiser (wie Anm. 22) 306– des Kapitolinischen Agons. 84Vgl. auch Barnes, Sources (wie Anm. 58) 83 Anm. 13; Sidebottom (wie Anm. 14) 2822 f., derjedoch zuviele Erklärungen imText als Indiz für die Belehrung eines bestimmten Publikums wertet (ebd. Anm.227). Nicht jede nähere Angabe wirdmitdem Ziel eingefügt, einem unkundigen Provinzpublikum die Dinge zu erklären, sondern kann auch aus erzähltechnischen Erwägungen (vgl. Whittaker [wie Anm. 15] xxix) erfolgen.

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Hierzu paßt es, daßdieFerne undUndurchsichtigkeit derPolitik anders als bei demSenator Dio nicht als Problem historiographischer Rekonstruktion angesprochen wird. Aber auch sonst finden sich keine Spuren einer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit der römischen Herrschaft, undselbst Vorbehalte gegenüber der römischen Kultur werden an keiner Stelle geäußert. Gerade in jüngster Zeit vorgetragene Thesen, nach denen die Aristokratie des griechischen Ostens sich mit römischer Kultur und Politik nur arrangiert habe, um die eigene politische Stellung zu stützen, sie dabei letztlich aber nur als Fremdkörper zum Erreichen eigener Ziele geduldet habe, während manzugleich vomungleich höheren Wert der griechischen Kultur überzeugt gewesen sei unddie Besinnung auf diese Kultur selbst politische Implikationen des Protestes gehabt habe,85 finden in Herodian keinen Zeugen. Jedenfalls nicht in dem Sinne, daß seine Anknüpfung an griechische Kulturtraditionen als implizite Gegnerschaft und Distanz zur römischen Herrschaft zu deuten ist. Seine Zuordnung zur griechischen Kulturgemeinschaft trägt keine antirömischen Züge, womit er in eine Reihe mit beinahe allen anderen Autoren des2. Jhs. zustellen ist.86 Undauch die Orientierung amgriechischen Kanon derKardinaltugenden ist bei Herodianebensowenig wiespäter imLehrbuch Menanders Indiz füreine Kritik an politischen Verfehlungen und Verpflichtung der eigentlich mißachteten Kaiser auf die überlegene griechische Kulturtradition. Der vonrömischen Tugendkanones verschiedene Deutungsansatz bei östlichen Autoren steht vielmehr in einer jahrhundertealten Tradition moralisch-ethischer Reflexion über positive Herrschaft. Dieses Traditionsbewußtsein hat nichts mit einer oppositionell gemeinten Verweigerung der Romanisierung zu tun, sondern ist eine übliche Form der Persistenz vonkulturellen Eigenarten.87 Die römische Herrschaft war für ihn als Mann griechischer Bildung analien monarchy“ , die in seinicht –wie es H. Sidebottom formulierte –„ to make it more acceptanemBuch verfälschend beschrieben worden sei, „ ble to the Greek élite“,88 sondern selbstverständliche Realität des Gesamtreiches, als deren Teil er sich verstand. Wenn Sidebottom Herodian die Ansicht unterstellt, dierömischen Kaiser hielten dieGriechen mitHilfe von barbarischen Söldnern in Knechtschaft,89 dann beruht dies auf Mißverständnissen und der Kombination von Aussagen, die Herodian selbst so

85Z.B. Swain (wie Anm. 31) 87– 89; 411 f. Vgl. auch entsprechend zu Herodian D. 71. 71, bes. 68– Roque, Le vocabulaire politique d’Hérodien, Ktema 15, 1990, 35– 86Hierzu Schmitz (wie Anm. 30) 178. 87Vgl. zumFortleben dergriechischen, paganen Tradition z.B. auchG. Bowersock, Hellenism in Late Antiquity, Cambridge u.a. 1990. 88Sidebottom (wie Anm. 14) 2824 f. 89Ebd. 2803– 2805; 2824 f.: Die Römer seien „foreigners who had enslaved the Greeks“ .

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nicht miteinander verknüpfen würde. Dieser registiert zwar, daß sich die vonAugustus aufgestellten Legionen ausbezahlten Soldaten (μ ισ φ ρ θ ο ο ό ι) zusammensetzen und die Herrschaft der Kaiser auf dem im Kaisereid dokumentierten Rückhalt der Soldaten fußt,90 aber er sieht in diesen nicht , sondern römische Bürger.91 An anderer Stelle barbarian mercenaries“ „ spricht Herodian zwar davon, daßdie Griechen unter die Knechtschaft der Römer gelangt seien,92 aber zumVerständnis dieser harten Formulierung mußder Kontext, in demsie fällt, beachtet werden. Herodian leitet in dem betreffenden Abschnitt die in severischer Zeit anhaltenden Rivalitäten zwischen griechischen Poleis auf ihren Ursprung, nämlich den Peloponnesischen Krieg zurück. Hier seien die Grundlagen füranhaltenden Zwist unter den Griechen geschaffen worden, der schließlich zumVerlust der Freiheit geführt und den Weg in die Knechtschaft geebnet habe. Es geht Herodian also nicht vorrangig darum, denCharakter römischer Herrschaft zu beschreiben, sondern zunächst einmal in Übereinstimmung mit anderen griechischsprachigen Autoren der Kaiserzeit kritisch zur Ge-

schichte der griechischen Staatenwelt Stellung zu nehmen.93 Knechtschaft als Ergebnis des zwischenstaatlichen Streits soll demnach in erster Linie die Unfähigkeit unddasVersagen griechischer Poleis bei Bewahrung ihrer Freiheit vor Augen führen. Aber auch dies ist nur verständlich, wenn ein zweiter Punkt beachtet wird. Fürdie „ Versklavung“als Folge innergriechischer Streitigkeiten hat Herodian bei seinem Exkurs einen aktuellen Fall vor Augen, nämlich den Streit zwischen Nikaia und Nikomedia sowie Byzantion und Perinthus während der Bürgerkriege zwischen Septimius Severus und Pescennius Niger.94 Nach dem Sieg des Septimius Severus wurden Nikaia undByzantion als Parteigänger Nigers mit schweren Strafen belegt, wasauch vonCassius Dio zumindest mit Blick auf die letztgenannte Polis, dievonseverischen Truppen weitgehend zerstört worden war, scharf kritisiert wurde.95 Die von Herodian gewählte undwahrscheinlich auf einen verlorenen Passus bei Dio zurückgehende Darstellung dieser 90Hdn. 2,11,5; 8,7,4. 91Siehe gegen Sidebottom, a.O. 2824 z.B. Hdn. 4,15,7 (unter Bezugnahme auf die Heeresakklamation ist vondenRömern die Rede). 92 Hdn. 3,2,8. 93Vgl. hierzu J. Touloumakos, ZumGeschichtsbewußtsein derGriechen inderZeit 79; bes. 52 f.; 73; W. Ameling, Pausaniderrömischen Herrschaft, Göttingen 1971, 51– as unddie hellenistische Geschichte, Entretiens sur l’Antiquité classique 41. Fondation 145. Hardt, Vandœ uvres –Genf 1996, 141– 94Siehe mit weiteren Hinweisen L. Robert, La titulature deNicée et deNicomédie: 39; Sünskes Thompson (wie Anm. 67) 137–155 La gloire et la haine, HSPH 81, 1977, 1– undzuletzt J. Nollé, Akklamationsmünzen des griechischen Ostens, Chiron 28, 1998, 348. 345– 95Dio 75 (74), 14,1– 6.

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Rivalitäten hat also zwei ganz unterschiedliche Zielrichtungen. Zumeinen wird ein kritischer Blick auf die wenig ruhmreiche Politik der Griechen vom4. bis zum 1. Jh. v.Chr. geworfen. Zumanderen –undnuraus diesem Grund wird die kritische Rückschau geboten –führt Herodian vorAugen, daß auch unter römischer Herrschaft seiner Zeit „Knechtschaft“ , d.h. der Verlust aller Freiheitsrechte der Poleis, Folge einer verfehlten Politik der Gemeinwesen ist. Der Zustand, in dem sich Nikaia und Byzantion nach demBürgerkrieg wiederfinden, ist nicht denrömischen Machthabern, sondern den griechischen Poleis selbst anzulasten. Die Beteiligung an den römischen Bürgerkriegen resultiert nämlich nicht ausderpolitisch gemeinten Parteinahme für einen derThronprätendenten, sondern aus der Feindschaft gegen die Nachbarpolis, die man schwächen oder gar vernichten möchte. Gäbe es demnach nicht diejahrhundertealte Tradition des griechischen Bruderzwistes, dann könnten die Griechen –so dasimplizierte Fazit –auch unter der römischen Herrschaft ohne Nachteile leben. Daß die Argumentation Herodians im gesamten Passus so gewunden wirkt unddie Kritik an der überaus harten Politik der severischen Kaiser96 eher im Hintergrund steht, hat damit zu tun, daß er die Argumentation Dios zum gleichen Ereignis übernimmt. Dieser dürfte in seinem Geschichtswerk die Parteinahme seiner Heimatstadt Nikaia fürNiger in dieTradition derbestehenden, aber nicht gegen die römische Herrschaft gerichteten Städterivalität gerückt haben,97 umaufeine Aufhebung derBestrafungen hinzuwirken. Daß auch Herodians Plädoyer für eine Aufhebung der Zwistigkeiten nicht Widerstand gegen die römische Herrschaft vorbereiten soll, steht außer Zweifel. Obwohl Herodian in zentralen Anliegen seiner Darstellung, wie etwa der Vermittlung eines gültigen Tugendkanons und bei der Betonung der Bedeutung der Paideia, in griechischer Tradition steht, betrachtet er sich undsein Publikum als Bewohner des Gesamtreiches. Gerade seine häufigenExkurse zurrömischen Religion sindnicht inerster Linie eingeflochten worden, umeinem griechischen Publikum die kultischen Bräuche der als fremd angesehenen Römer zuerklären, denn sie betreffen auch die religiösen Traditionen in den Provinzen.98 Sie dienen eher demZiel, ganz allgemein den Stellenwert paganer Religionen in einem vom Christentum zunehmend durchwirkten Gesamtreich vorAugen zuführen. Seine Perspektive ändert sich daher im Text oft ganz unvermittelt: Von der griechischen Sicht derDinge wechselt er unversehens in einen Blickwinkel, wiemanihn nurbei einem Autor erwartet, dersich imWesten desReiches etabliert sieht 96Nollé, a.O. 348. 97Anders W. Ameling, Cassius Dio undBithynien, EA 4, 1984, 134. 98Vgl. Whittaker I (wie Anm. 15) xxx.

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und mit einem Publikum rechnet, das sich hier partiell auskennt.99 Und auch die für ihn zentrale Paideia ist idealiter eine Kombination römischer undgriechischer Traditionen.100

IV

Im folgenden möchte ich nochmals auf die Rezeptionsgeschichte undinsbesondere die Lektüre deGuevaras eingehen. Vorihrem Hintergrund erhält das von Herodian angewandte Verfahren noch deutlichere Konturen. Ein Blick auf deGuevaras Antikenrezeption macht nämlich nicht nurdie spätere vehemente Distanzierung vonderfrühneuzeitlichen Bewertung Herodiansverständlich. Seine Art derQuellenbenutzung gewährt grundsätzliche, auch für das Verständnis antiker Werke nützliche Einsichten in die Umwandlung von Vorlagen, wenn diese in Werke mit spezifischer Intention eingearbeitet werden. Beobachtungen zur Umformung von Berichten helfen, ungeachtet derzeitlichen Differenz unddesjeweils speziellen geistesgeschichtlichen Kontextes, auch das Vorgehen eines antiken Historiographen wie Herodian, der sein Geschichtswerk ebenfalls allein mittels Neuformung vonVorlagen gestaltet, besser zuverstehen. Die Verarbeitung Herodians durch de Guevara in seinem 1528 veröffentlichten ‚Libro áureo de Marco Aurelio emperador‘ und der ein Jahr später erschienenen erweiterten Fassung dieses Buches unter demTitel ‚Relox de príncipes‘101illustriert, daß er in diesen Werken vorrangig aufjene 99Siehe z.B. zurSicht desöstlichen Reichsbewohners Alföldy (wie Anm. 14) 259; Whittaker I (wie Anm. 15) xxvf. DaßHerodian einimOsten beheimatetes Publikum im Blick hat, wird z.B. deutlich bei derBeschreibung derErziehung vonGeta undSeverus Alexander, zuderdie Ausbildung in Gymnasien undPalästren gehört haben soll (4,3,3; 5,7,5; vgl. auch 1,12,4 zumGymnasium als Bad; 2,4,9 zur Erziehung des Pertinaxsohnes). Zur Sprache, die an klassischen Stilmustern orientiert war, siehe Roque, a.O. passim. Zur östlichen Perspektive siehe auch Hdn. 2,11,8 über die Alpen: μ ισ τ έγ α μ ᾶ ᾽ἡ ῇ(...) mitWhittaker I (wie Anm. 15) θ ςγ α ηκ ὶο ῇκα ντ ο ἐ ἷα κἄ λ λ α ὐ ρ α ὄ ε ῖν ἐκ xxiv. Die Formulierung ist freilich nicht ganz eindeutig, da die Behauptung, es gebe ‚kein zweites Gebirge dieser Größe in unserem Gebiet‘ auch ein Bewohner der italischen Halbinsel akzeptieren konnte (vgl. Alföldy [wie Anm. 14] 256). Vgl. auch die 6. Zuravisierten Leserschaft gehören ausführlichere Beschreibung der Alpen in 8,1,5– Personen, die mit den Gepflogenheiten in Rom nicht sehr vertraut sind. Siehe z.B. 1,11,5 und weitere Hinweise bei Whittaker I xxviii f. Bei der Anspielung auf das Prätorianerlager vordenToren Roms (3,12,4) setzt er hingegen Ortskenntnis desLesers voraus. In 1,12,2 erwartet er Lateinkenntnisse desLesers. 100Hdn. 1,2,3 (zu Marc Aurel) und5,7,5 (zu Severus Alexander: π ν ὴ ετ ντ α ία ιδ ε ). ή ν ω α νκ ὶΡω μ α ίω νἐπ α ίδ ευ εν Ε λ λ 101Zur großen Resonanz der Werke auch außerhalb Spaniens siehe z.B. Chr. E. ῾ Schweitzer, Antonio deGuevara in Deutschland. Eine kritische Bibliographie, Romani95. 375; Grey (wie Anm. 2) 62– stisches Jahrbuch 11, 1960, 328–

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Partien zurückgriff, in denen die Qualität des Herrschers beschrieben wurde. Diese in modernen Publikationen über Herodian, wie wir gesehen haben, als nichtssagende und banale Formulierungen bewerteten Sätze eignen sich besonders für die Übernahme in einen frühneuzeitlichen Fürstenspiegel. Sie standen daher bei de Guevara im Unterschied zu N. Machiavelli, derin seinen Schriften vorallem dievonHerodian wiedergegebenen politischen Ereignisabläufen berücksichtigt hat102, im Zentrum des Interesses. Der spanische Prediger entnahm demGeschichtswerk Herodians, daer wie seine Zeitgenossen Historiographie in Anlehnung anCicero als Magistra Vitae verstand, abstrakte Handlungsanweisungen für die politisch Verantwortlichen.103 Dieses Verfahren läßt sich besonders gut an der Umwandlung der von Herodian entworfenen Ansprache des sterbenden 6) in ein politisches Manifest, das Marc Aurel an seinen Sohn (Hdn. 1,4,2– Höhepunkt den zugleich derMarc Aurel-Biographie bildet, und denSchluß Sentenzen der antiken Fürstenspiegeltradition werden hier in studieren.104 frühneuzeitliche Formulierungen umgegossen, mit denen demzeitgenössischen Leser Handlungsmaximen für eine positive Herrschaftsausübung, aber auch ganz allgemein für eine sittliche Lebensführung übermittelt werden.105 Das in dieser Hinsicht positive und vorbildliche Leben Marc Aurels wird dabei in ein zeitlos gültiges Regelwerk gefaßt. Der antike Kaiser erscheint auch in der übrigen Darstellung als enthistorisiertes Leitbild. Sein politisches Handeln wird nicht auf der Folie antiker Regierungspraxis, sondern vor dem Hintergrund der politischen, sozialen undgesellschaftlichen Situation Spaniens, das im frühen 16. Jh. unter Karl V. seinen Machthöhepunkt erreicht hat, geschildert. So tritt de Guevara beispielsweise fürdie „ Idee einer christlich-abendländischen Universalmonarchie unter einem christlichen Kaiser“106ein, wobei er im Gegensatz zumbald aufkommenden Machiavellismus eine enge Verknüpfung 102Siehe die Übersicht bei G. Allard, Machiavel, Lecteur des Anciens, LThPh 46, 63. 1990, 43– 103Vgl. Bayle (wie Anm. 10) 675: Das erste handschriftliche Exemplar wird Karl

V. zurprivaten Lektüre ans Krankenbett gebracht. 104de Guevara, Obras I (wie Anm. 1) 159– 201. Siehe die deutsche Ausgabe des Horologium Principum, das ist Lustgarten undWeckuhr der Fürsten II (hrsg. vonJ.G. 388. Hier werden Commodus auf 35 engbedruckten Schönwetter, 1644) 3.Teil, S. 353–

Seiten vondemsterbenden Marc Aurel Ratschläge fürdie Herrschaft erteilt. 105Vgl. Redondo (wie Anm. 1) 489. Marc Aurel erscheine als „ un monarque exemplaire et unhomme avec une vie familiale tangible, de réactions affectives individualisées. La vérité humaine dupersonnage, sa psychologie progressivement construite parGuevara à travers la trame de l’ouvrage, rendaient ainsi l’empereur très proche des lecteurs duLibro áureo et contribuèrent sans doute de façon déterminate au succès de uvre.“ l’œ 106Bayrle-Sick (wie Anm. 3) 11.

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von Politik und Moral postuliert.107 Da die Texte der Verbreitung seiner Vorstellung von einer durch Kaiser und Kirche bestimmten Ordnung mit festen, christlichen Moralgrundsätzen gegenreformatorischer Provenienz verpflichtet sind, werden selbstverständlich bei derWiedergabe derantiken Überlieferung erhebliche Veränderungen vorgenommen. Die notwendige Verfälschung derantiken Nachrichten108 springt in den Fürstenspiegeln, wie schon die Debatte mit de Rhua gezeigt hat, sofort ins Auge. Dennoch lassen sich ganz unterschiedliche Stufen der Umformung Herodians beobachten, darunter auch Partien mit einer bemerkenswerten Nähe zumantiken Original. Dies gilt besonders für eine vonderForschung beinahe gar nicht beachtete Schrift aus demJahr 1539 mit demTitel ‚Una Década de Césares‘. In dieser ‚Lebenschronik der zehn römischen Kaiser‘ beschreibt de Guevara in derTradition antiker Biographien undals Kontinuator Suetons Leben und Regierungszeiten der Kaiser von Trajan bis Severus Alexander.109 In enger Anlehnung andasvonderHistoria Augusta gebotene Material, aber unter Verwertung der Parallelüberlieferung bei Cassius Dio undHerodian sowie der Einflechtung allgemeiner Sentenzen unter anderem aus denBiographien Plutarchs entstehen geschlossene Einzelbilder der römischen Kaiser. Vielleicht schon unter dem Eindruck der Kritik an einem allzu freien Umgang mit denantiken Texten in denälteren Fürstenspiegeln bemüht sich de Guevara nunumbesondere Nähe zu den Vorlagen. Deren zumTeil widersprüchlichen Informationen sollen miteinander verglichen, gegeneinander abgewogen undzueiner Reihe vonhistorisch verläßlichen Biographien geformt werden, die wegen der breiten Quellenverarbeitung gegen mögliche Kritik abgesichert zusein scheinen.110 107Vgl. J.A. Fernández-Santamaria, The State, War andPeace. Spanish Political 271, bes. 259. 1559, Cambridge u.a. 1977, 254– in the Renaissance 1516– 108Zur Verarbeitung der Historia Augusta imLibro áureo undzurUmformung vor 8, demHintergrund der mittelalterlichen Gelehrtentradition siehe Grey (wie Anm. 2) 3– der vermutet, daß Guevara an diesem Text „ the method of filling gaps with anecdotes where facts were lacking“(ebd. 8) studiert habe unddamit seinen Zeitgenossen, die die

Thought

HA als verläßliches Geschichtswerk schätzten, einiges voraus hatte. Ausführlich zur 475 undöfter. Zufiktiven Partien in Verarbeitung der HARedondo (wie Anm. 1) 468– 485. der Tradition antiker Darstellungstechnik ebd. 481– 109de Guevara, Obras I (wie Anm. 1) 335– 904. Behandelt werden die Kaiser Trajan, Hadrian, Antoninus Pius, Commodus, Pertinax, Didius lulianus, Septimius Severus, Caracalla, Elagabal, Alexander Severus. Marc Aurel warbereits 1529 ausführlich vorgestellt worden; das Fehlen von Nerva undMacrinus überrascht. Zur Imitation antiker Vorbilder siehe 350: „ Hablando, pues, más en particular, Sereníssimo Príncipe, a immitación dePlutarcho y deSuetonio Tranquillo hequerido traduzir, copilar y corrigir las Vidas dediezpríncipes romanos, dignas porcierto de saber y muysabrosas de leer.“ 110Siehe bes. Obras, a.O. 354: „ Como estos hystoriadores concurrieron en diversos tiempos, fueron en sus hystorias a las vezes varios, y auna las vezes contrarios, a cuya

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Die Präsentation desMaterials ist zugleich demübergeordneten Ziel, nämlich diemögliche Wandlung desallmächtigen Alleinherrschers zumTyrannen am historischen Exemplum vorzuführen unddamit die Mechanismen zurVerhinderung dieser Entwicklung zuerschließen, verpflichtet.111 Die besonders enge Anlehnung an die Überlieferung dürfte einer der Gründe dafür sein, daß das Werk im Gegensatz zu denweitaus freier verfahrenden Fürstenspiegeln desselben Autors wenig zeitgenössische Resonanz gefunden hat. Einer breiten Rezeption stand schon dieForm entgegen, denn imGegensatz zurGliederung derFürstenspiegel in Briefe, Reden und kurze Kapitel zuklar eingegrenzten Themen sind die Biographien weniger übersichtlich geordnet. Zumanderen gibt es für dengebildeten Zeitgenossen die Möglichkeit, bei Interesse amantiken historischen Exemplum den ohnehin bekannten antiken Originaltext zur Hand zu nehmen. Während sich die stark abweichenden Fürstenspiegel nuranzeitgenössischen Texten messen lassen müssen, provoziert eine Imitation der antiken Tradition immer denVergleich mit demOriginal. Da manaber derAnsicht war, daß von den antiken Historikern selbst abschließend die antike Geschichte „ dargestellt“worden sei,112 stand derVerfasser einer Biographiensammlung nach antikem Vorbild unter besonderem Rechtfertigungszwang. Gerade aus denGründen, die vermutlich zueiner eher verhaltenen Rezeption derKaiserbiographien im 16./17. Jh. führten, ist dasWerk ausheutiger Perspektive vonInteresse. DerVergleich mitdemantiken Geschichtswerk gewährt nicht nur Einsichten in die Intention des frühneuzeitlichen Autors, sondern auch in allgemeine Aspekte der Quellenverarbeitung bei Formung eines historiographischen Werkes, das Einsichten in die Bedingungen positiver Herrschaft der eigenen Zeit vermitteln sollte. Wie die Veränderung gerade des herodianischen Geschichtswerks zu einem neuen Bericht vonstatten ging, läßt sich ambesten anhand einer Episode zeigen, die in der übrigen antiken Überlieferung nicht vorkommt. Hierfür eignet causa se nos recresció immenso trabajo de aclarar lo obscuro, concordar lo diverso, ordenar lo sin orden, adobar lo insípido, desechar lo superfluo, eligir lo bueno y ponerlo todo en estilo. Si alguno nos quisiere redargüir que en esta Década nuestra ay algo superfluo o quedexamos algo olvidado, será sumotivo aver leydo lasVidas desto príncipes por un hystoriador, y no por muchos, por manera que, si el tal tuviere un auctor para accusarnos, ternemos doze para deffendernos.“ 111Ebenda 350: „Aunque la auctoridad del príncipe sea libre, absoluta y sin medida, conviénele a él entodas las cosas se medir y moderar, porque toda governación absoluta siempre sabe a la pega de tyranía. Muchos príncipes se perdieron por los vicios que tenián, y muchos másse perdieron porhazer todo lo quepodían, y dehazer los príncipes todo lo quepueden y todo lo quequieren se les sigue quela affectión les haze tropeçar y 260. la passión de ojos caer.“Vgl. Fernández-Santamaria (wie Anm. 107) 258– 112U. Muhlack, Geschichtswissenschaft im Humanismus und in der Aufklärung. Die Vorgeschichte desHistorismus, München 1991, 151.

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sich die bereits in der Formung Herodians vorgestellte Verschwörung des Maternus zur Zeit der Regierung des Commodus, die in der Bearbeitung durch de Guevara unten imAnhang wiedergegeben wird. Mit verschiedenen Signalen wird von de Guevara der zeitgenössische Hintergrund evoziert undder Bericht demErfahrungshorizont des Lesers angepaßt. Die Hauptfigur der Verschwörung ist nicht mehr ein römischer Deserteur, sondern ein auf Streitigkeiten versessener Mann ohne Selbstbeherrschung, der kampftechnisch gewandt, aber rhetorisch unbegabt113 ist undschließlich unehrenhaft ausdemMilitärdienst entlassen wird. Er zettelt darauf einen umfangreichen Aufstand an. Sein sozialer Hintergrund entspricht trotz seines lebenslangen Militärdienstes eher demeines niederen Adligen des 16. Jhs., denn er besitzt offenbar ein Landgut (hazienda) und sein Ansehen gründet auf militärischer Führerschaft (potencia) sowie auf einem darauf gegründeten aristokratischen Ehrbegriff (honrra). Alle drei Elemente erscheinen aber nicht nur als zweifelhaft erworbene, sondern auch als vergängliche Güter, die implizit im Gegensatz zu einem durch christliche Moral geprägten Leben stehen.114 Dieser Figurenzeichnung vor demHintergrund des 16. Jhs. entspricht die von de Guevara gezeichnete Landkarte des Berichts. Er läßt den von Herodian nicht genau lokalisierten Aufruhr in Italien beginnen, vonwoaus er sich über die Lombardei in die beiden Königreiche Frankreich undSpanien ausdehnt. Letzteres spielt eine besondere Rolle, denn aus der Perspektive dieses Landes undfür ein spanisches Publikum schreibt de Guevara. Ein Teil derEreignisse wird daher in Zaragoza undTarragona lokalisiert. Trotz der Spaltung Europas in verschiedene Königreiche gibt es aber derantiken Situation entsprechend eine Zentralmacht in Rom. Bei deren Gefährdung durch denTyrannen Maternus undseine Raubzüge gibt der Hofprediger wohl nicht zufällig mit negativen Vorzeichen einzelne Motive wieder, die Karl V. in einer Rede am 16. September 1528 präsentiert haben soll, als er denErwerb derKaiserkrone in Italien als Ziel seiner Politik verkündete. Dabei soll dieser die Absicht unterstrichen ha, ben, nicht „nach Italien zuziehen, die Städte undHerren zuunterdrücken“ dadies „ dasVerhalten eines Tyrannen“sei.115 Es ist ganz zuRecht hervor113Maternus ist bezeichnenderweise ein Stotterer. Welche Rolle rhetorische Begabung undBildung für de Guevara spielte, zeigt unter anderem die 1539 veröffentlichte Schrift ‚Libro llamado auiso de privados y doctrina de cortesano‘mit ihren Hinweisen zurGesprächsführung. Vgl. Chr. Strosetzki, Grammatiker, Humanisten undMoralisten, in: ders. (Hrsg.), Geschichte derspanischen Literatur, Tübingen 19962, 220. 114Vgl. zurausführlichen Darstellung in denFürstenspiegeln de Guevaras Bayrle47. Sick (wie Anm. 3) 45– 115Vgl. K. Brandi, Berichte undStudien zurGeschichte Karls V. (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Klasse IX), Göttingen

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gehoben worden, daß derartige Wiederholungen zeitgenössischer Motive darauf schließen lassen, daß de Guevara nicht Moralpredigten ohne BindungzurWelt seiner Leser halten will, sondern seine Stellung als Hofprediger zurEinflußnahme, Kritik undKommentierung der Politik nutzt.116 Entsprechend ist die breite Ausmalung der Gewalttätigkeiten der Räuber vor demHintergrund einer grundsätzlichen Ablehnung des Kriegswesens durch denBischof zulesen. Es wird dasBild einer unkontrollierbaren Soldateska gezeichnet, diebrandschatzend undvergewaltigend ganze Landstriche durchzieht, dievollständig derstaatlichen Kontrolle entzogen sind.117 In diesen Kontext gehört auch dieEinflechtung moralischer Sentenzen über die Kardinaltugend der Gerechtigkeit118 oder die Darstellung der Gewalt vor dem Hintergrund frühneuzeitlicher Straf- und Exekutionspraxis. In diese Beschreibung desAufruhrs dürften biographische Erfahrungen eingeflossen sein. Die außerordentliche Stellung de Guevaras amHof als Prediger und Chronist seit 1523 war nämlich darauf gegründet, daß er an der Niederschlagung des Aufstands der comuneros, bei dem sich zwischen 22 verschiedene Schichten derGesellschaft in einer ‚Heiligen Junta‘ 1520– gegen die flämischen Fremden in derVerwaltung erhoben hatten, beteiligt war.119 Während dieser ernsten Krise spanischer Herrschaft hat er im Jahr 1520 sein Kloster inAvila verlassen undauf Seiten Karls V.durch diplomatische Vermittlung dieAufständischen zumEinlenken bewegt. Neben dieser Umformung der Nachrichten undihrer farbigen Ausmalung vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen lassen sich erklärende Erweiterungen finden, mit denen eine Reihe vonUnklarheiten im herodianischen Bericht beseitigt werden soll. So wird beispielsweise die Auflösung desRäuberheeres, derZugnach Italien unddieAnkunft in Romnäher erläutert, indem Absprachen zwischen denAufständischen, die Vereinbarung vonTreffpunkten unddasVerhalten nach Ankunft in Romgeschildert werden. Auch der Anschlag in Rom wird neu geformt. Das Frühlingsfest der Göttermutter120 bildet zwar den Rahmen der Handlung, aber das Fest 1933, 231 f. unddenAuszug sowie die Überlegungen bei F. Dickmann, Renaissance – Glaubenskämpfe –Absolutismus (W. Lautemann –M. Schlenke [Hrsg.], Geschichte in Quellen), München 19823, 229. 116Bayrle-Sick (wie Anm. 3) 39. Zum entsprechenden Verfahren in der heute 349. verlorenen Chronik über die Regierung Karls V. siehe Redondo (wie Anm. 1) 303– 117Vgl. hierzu die Hinweise auf entprechende Kapitel in der Weckuhr bei Bayrle-

Sick (wie Anm. 3) 47. 118Redondo (wie Anm. 1) 640– 48. 658; Bayrle-Sick (wie Anm. 3) 30– 119Vgl. Grey (wie Anm. 2) 99 f.; Redondo, a.O. 116– 147. Zu Spuren dieses Aufstandes in den Fürstenspiegeln Fernández-Santamaria (wie Anm. 107) 264; Redondo, 649. Zur Biographie siehe ausführlich ebd. passim; Metzger –Metzger (wie a.O. 645– 10. Anm. 3) 8– 120ZumNamen Berecyntia für Kybele (vgl. Verg. Aen. 6,784) siehe Redondo (wie Anm. 1) 565 f.

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selbst tritt in den Hintergrund. Ferner wird der gesamte Ablauf des Anschlags umgewandelt. Angaben Herodians über die Verkleidung der Aufständischen als Leibgardisten spielen bei de Guevara gar keine Rolle, sondern treten zugunsten desKarnevals in denHintergrund. Eine heimliche Bewaffnung der Aufständischen während des Festes und ein plötzlich angezettelter Aufruhr sind nun die entscheidenden Elemente des Plans. Entsprechend wird das Motiv des Verrats geändert. Die Komplizen sind nicht durch die Aussicht, einen Räuberhauptmann als Kaiser zu haben, irritiert, sondern stoßen sich amhochmütigen Auftreten des entehrten Aristokraten, der sie wie Knechte behandelt. Es lassen sich demnach im wesentlichen zwei Arten derUmwandlung derVorlage beobachten. Zumeinen werden dieEreignisse unter Inkaufnahme inhaltlicher Unstimmigkeiten dem eigenen Erfahrungshorizont angepaßt, indem sie mit neuen Wertungen undErklärungen versehen werden. Zumanderen werden Lücken im antiken Bericht geschlossen. Ziel dieser Erweiterungen ist zwar die Erstellung eines geschlossenen Gesamtbildes vondenEreignissen, aber gleichzeitig wird dasantike Geschehen zueiner neuen Realität frühneuzeitlicher Lebenswelt geformt. Nurdurch dieAufhebung derzeitlichen Distanz unddurch Anpassung andie aktuelle Situation kanndasdidaktische Ziel, durch Wiedergabe antiker Vorkommnisse Lehren vomangemessenen Leben im 16. Jh. zuvermitteln, erreicht werden. Dadie antike Vorlage nurMittel imDienste deshöheren Zweck derpädagogischen Belehrung ist, können und müssen die hier gebotenen Details bei ihrer Reproduktion diesem Ziel nachgeordnet werden. DadieWahrhaftigkeit des Berichts an der Intention und ihrem ethisch-moralischen Wert gemessen wurde, konnten Änderungen im Detail folgerichtig nicht als Verfälschung verstanden werden. Trotz der beabsichtigten Nähe zur Darstellung Herodians wurde bedingt durch die zeitgenössische Wirkungsabsicht derText im Gesamttenor entscheidend verändert. Die zeitlose Gültigkeit der aus demWerk herausgefilterten Aussage zur angemessenen Lebensführung war der Kernbestand, umdenherum dasGeschehen mitBlick aufdeneigenen Erfahrungshorizont verändert werden konnte. Ganz entsprechend verfährt Herodian bei seiner Gestaltung der Episoden.121 Während Herodian die Maternus Episode als einen Baustein einer Darstellung konstruiert, in derdie allmähliche Irritation desKaisers als Folge verschiedener Verschwörungen vorge121Die Ähnlichkeit in der Vorgehensweise läßt sich bis in Einzelheiten studieren. Während beispielsweise Herodian die im Zusammenhang mit dem Sturz des Perennis erwähnten, nach Italien ziehenden Soldaten als Anregung für denZugderRäuber nach Rom verwertet, leitet de Guevara seine Behauptung, Maternus habe in illyrischen Heeren gedient, ausderherodianischen Notiz vonderBekleidung illyrischer Militärposten durch die Perennis-Söhne (Hdn. 1,9,1) ab.

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führt werden soll, steht bei de Guevara das Fehlverhalten eines Offiziers seiner eigenen Zeit im Vordergrund. Dabei flicht er ganz wie Herodian zeittypische Überlegungen zuridealen Herrschaft ein.

V Erst durch diese Übertragung derantiken Lehre in deneigenen Erfahrungshorizont wurde –so läßt sich zusammenfassend feststellen –diebereits von A. Politian vorbereitete Benutzung desantiken Werkes alspolitisches Lehrbuch möglich, die schließlich die Rezeption bis in das 18. Jh. bestimmen konnte. De Guevara greift mitBlick auf seine Intention ähnlich stark in den Text ein, wie Herodian dies bei der Umformung von Nachrichten getan hatte, die er im wesentlichen dem Geschichtswerk Dios verdankt. Davon wußte deGuevara freilich nichts, sondern wandte nuraufgrund ganz ähnlicher Absichten das gleiche Verfahren an. Beiden gemeinsam ist ein ausgeprägter Optimismus die Erziehung des Menschen betreffend. De Guevara steht mitseiner Betonung pädagogischer Anliegen inderTradition spätmittelalterlicher Fürstenspiegel,122 undseine Überzeugung vonderErziehbarkeit des politisch Verantwortlichen ist sicherlich die Grundlage für das Interesse, das er am Geschichtswerk Herodians zeigte, in demdie Paideia eine ebenso zentrale Rolle spielte. Im Gegensatz zu den Schriften de Guevaras haben wir mit dem Geschichtswerk Herodians aber eine Publikation vor Augen, die von einem Autor verfaßt wurde, derfern derpolitischen Entscheidungsprozesse stand. Grundlage seiner Geschichtskonstruktion sind rhetorische Traditionen, die ihrerseits fest in konsensfähige ethisch-moralische Prinzipien eingebunden sind. Die Intention des Werkes besteht darin, undurchschaubare Vorgänge nach deren Muster zu ordnen unddamit jene Prämissen zu beweisen. Auf dieses Ziel hin wirdjedes Ereignis geformt. Herodian zeigt dabei einen durchaus beachtlichen Optimismus. Selbst

in krisenhaften Zeiten sind auftretende Schwierigkeiten zu bewältigen, wenn der jeweilige Herrscher jene Qualitäten besitzt, die in seinem Geschichtswerk von Marc Aurel verkörpert werden. Das zentrale Anliegen Herodians ist es, die auf Erfahrung undumfassende Paideia gegründeten zivilen und militärischen Qualitäten als notwendige Voraussetzung für erfolgreiches Regieren zu beschreiben. Positive Herrschaft ist keine unerreichbare Utopie, sondern erstrebenswertes undverpflichtendes Ziel. Das 122Vgl. M. Philipp –T. Stammen, Art. Fürstenspiegel (wie Anm. 3) 500: „ (...) der Gedanke der Erziehbarkeit erhält größte Bedeutung, die Pädagogik wird zur zentralen Disziplin, dasIndividuum erhält einen eigenen Stellenwert.“

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Vertrauen Herodians in traditionelle Erklärungsmuster zur Deutung der Zeitgeschichte belegt eingroßes Vertrauen indieüberkommenen Werte und indieFähigkeit despolitischen Systems, auftretende Probleme mittraditionellen Mitteln zu regulieren. Ein umfassendes Bewußtsein für eine alle Lebensbereiche betreffende Krise des römischen Reiches fehlt Herodian, der keinen an den Grundfesten des Reiches rüttelnden politisch-sozialen Umbruch wahrgenommen zuhaben scheint.123 Mit seiner Verpflichtung aufrhetorische Traditionen undseiner Darstellungsvariante ist Herodian ein echter Stubengelehrter, der mit seinem Abstraktionsschema undseinem Desinteresse beispielsweise für die senatorische Führungsschicht im Reich politisch-administrative Entscheidungsträger ausdiesem Kreis geradezu verärgert haben dürfte. Daßdie Vorkommnisse unter Ausblendung aller komplizierten Zusammenhänge allein von derWarte des gelehrten Rhetoren ausgeschildert werden, macht denin der Antike oft geäußerten Unmut über derartige Autoren verständlich. Sein Werk ist letztlich Ergebnis einer abstrakten, praxis- undpolitikfernen Interpretation vorhandener Abhandlungen, insbesondere jener desCassius Dio. Lehren füreine politisch aktive Schicht sucht manvergeblich. Bezeichnend ist vielmehr, daßdieHinweise aufsenatorisches Standesbewußtsein mitder gleichen Distanz eingeflochten werden wie die Forderungen des Volkes oder derProvinzialen. Ausdiesem Grund bleibt unsauch dieLebenswelt desAutors hinter der rhetorisch-literarischen Gestaltung verborgen. WaswirandemText studierenkönnen, ist derUmstand, daßhandfeste Lebenszusammenhänge unddie Wirklichkeit der Rezipienten in der rhetorischen Gestaltung kaum einmal angedeutet werden. Manwollte bei der Lektüre offenbar nicht die eigene Realität an die große Politik gebunden sehen, sondern studierte diese als abstrakte Ereigniskette. Es hat den Anschein, daß beide Seiten, nämlich Autor undein Teil seines Publikums, historische Wahrheit nicht im zuverlässig rekonstruierten Detail, sondern in den inneren Gesetzmäßigkeiten des Geschilderten gesucht haben. Diese Art von Sinnstiftung verzichtet ausdrücklich auf Realitätsbezug. Dies sagt unsviel darüber, daßfür einen Teil der Zeitgenossen eine beachtliche Ferne zur politischen Welt zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Das historische Faktum ist ganz der abstrakten Zielsetzung geopfert. Inwieweit Herodian mitdieser Haltung als Wetterleuchten spätantiker Geschichtsdeutung zu lesen ist, wird sich vielleicht in denfolgenden Beiträgen entscheiden lassen.

123Zur kritischen Auseinandersetzung mit entsprechenden Thesen Alföldys (wie 2802 undZimmermann, 294 vgl. Sidebottom (wie Anm. 14) 2792– Anm. 14) bes. 273– 291. Kaiser (wie Anm. 22) 285–

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Anhang

Auszug aus Antonio de Guevara, Una Década de Cesares, 1539 (= Obras Completas I, hrsg. vonE. Blanco, Madrid 1994, 559– 563 (Capítulo IX: De un tyrano llamado Materno, y de una trayción que tenía ordenada contra Cómodo), übersetzt für diesen Beitrag vonM. Domingo Gygax (Tübingen)

Kapitel IX: Über einen Tyrann namens Maternus undeinen Verrat, dener gegen Commodus angeordnet hatte Übermäßige Freude bereitete allen Römern, Perennis undseine Söhne tot zusehen, weil es härter war, die Habgier unddenHochmut desPerennis zu erdulden, als denWahnsinn des Commodus. DasAmt, das Perennis innehatte, teilte er aufmehrere, denn es schien ihm, soviel Autorität undMacht einem einzelnen anzuvertrauen, bedeute, sein Leben in Gefahr zubringen unddas Reich aufs Spiel zu setzen. Die nach demTod des Perennis und seiner Söhne konfiszierten undeingenommenen Schätze, Schmucksachen und Gelder waren unglaublich und unzählig. Doch sie wurden alle so schlecht verteilt undausgegeben, daßalles, wasPerennis durch Bestechung gesammelt hatte, Commodus für seine Laster verwendete. Es gab zujener Zeit in Italien einen Mann namens Maternus, der von Kindheit anin denHeeren des Illyricums aufgewachsen war, einen Mann, der kühn, gewandt, fleißig, scharfsinnig, hochmütig, aufrührerisch und stotternd war, nach der Art also, daß er, obwohl er mit der Zunge sehr ungeschickt war, sehr schnelle Hände hatte. In allen Streitigkeiten, Kämpfen undAufständen, die in denLagern undStädten stattfanden, mußte sich dieser Maternus befinden, oder seinetwegen mußten sieAufstände machen, under mußte sich mehr als jeder andere auszeichnen, gemäß der von ihm berichteten Aussage, an einem Tag, an demer kein Blut vergossen habe, schmecke ihm der Wein nicht. Die Führer der Heere ließen ihn einerseits gewähren, weil er mutig war, andererseits konnten sie ihn nicht ertragen, weil er sehr aufsässig war. Doch schließlich, als sie seine Verrücktheiten nicht mehr ertragen konnten, wurde er nicht nur aus dem Kriegsdienst entlassen, sondern sogar ausdenGrenzen Italiens verbannt. DaMaternus Haupt undSchutz aller Bösen war, die sich in denHeeren befanden, folgten ihm viele undgingen mit ihm in die Verbannung, und dies, um nicht verpflichtet zu sein, richtig zu leben, und auch um mehr Freiheit zuhaben, Schlechtes zutreiben. MitdenGenossen, diesich Maternus aus dem Heer holte, sowie mit anderen, die sich ihm anschlossen, gelang es ihm, unter seiner Fahne eine Zahl von zwanzigtausend zu Fuß

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undzweitausend zu Pferd zu sammeln, unddies innerhalb von vier Monaten, Leute mit denen Maternus so viele Räubereien, Brandstiftungen und

Morde in denStädten undLandstrichen Italiens beging, als sei Hannibal zu neuem Leben erwacht und käme, um Rom zu erobern. Nachdem ganz Italien ausgeraubt undgeplündert war, ging Maternus in dieLombardei und vondort ausnach Frankreich hinüber unddanach nach Spanien, Königreiche, in denen er dastat, waser in Italien getan hatte, und, wasnoch schlimmer war, seine Leute vermehrten sich täglich, und niemand leistete ihm Widerstand, so daß er denBeteiligten etwas zu tungab unddie Abwesendendazu brachte, darüber zureden. Dieser Tyrann Maternus undseine Leute hatten keine andere Beschäftigung als dieTempel zuberauben, dieDörfer zuplündern, Felder zuverwüsten, die Feldfrüchte abzuhacken, die Häuser zuverbrennen, ehrbare Frauen zuvergewaltigen undJungfrauen zuentehren; undals Schlimmstes von allem brachen sie, ohne sich damit zufrieden zu geben, daß sie selbst frei lebten, die Gefängnisse auf undbefreiten diejenigen, die als Übeltäter in Haft waren. Die höchste Bosheit bei einem Bösen unddie größte Tyrannei bei einem Tyrannen ist, daer selbst nicht nach Vernunft undGerechtigkeit leben will, es auch nicht zugestatten, gegenüber denBösen die Gerechtigkeit durchzusetzen. Als also Maternus undsein Heer in Spanien waren, schrieb Commodus analle Prätoren derDörfer, sie sollten ein sehr mächtiges Heer zusammenstellen, umdenTyrannen Maternus zuvernichten. Sie sollten ferner durch öffentliche Aufrufe große Versprechen machen, daß er nämlich demjenigen, derMaternus enthauptet oder festnimmt, mitdessen Landgut beschenken und eine Statue in Rom aufstellen werde. Die ersten öffentlichen Aufrufe wurden in Zaragoza gemacht, unddamals warMaternus in Tarragona; da er gewarnt wurde, die Spanier bereiteten sich gegen ihn vor und unter denFührern schließe manhoheWetten darüber ab,werihmdasLeben nehme, beschloß er, sich nach Italien zuwenden, mitderAbsicht, Commodus in Rom umzubringen. Maternus vereinbarte also sehr heimlich mit seinen besten Freunden, die die größten unddie tapfersten Räuber waren, sein Heer im Stich zu lassen undnicht gemeinsam zu gehen, sondern jeweils einen eigenen Wegzuverfolgen undsich aneinem anberaumten Tag in Roman einem Treffpunkt einzufinden. Nachdem Maternus verschwundenwar, fielen diejenigen, diemitihmkamen, abundzerstreuten sich, und von ihnen wurden Unzählige gefangengenommen, niedergemetzelt, in einen Brunnen geworfen, geschleift und aufgehängt, so daß aus so einer großen Zahl vonRäubern keiner davonkam, dernicht umgebracht oder im besseren Fall versklavt worden war. Maternus undseine Genossen trafen sich amTag undzurZeit, die sie in Spanien abgemacht hatten, alle pünktlich in Rom, wobei sie zunächst eine gewisse Zeit tagsüber einzeln und

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verkleidet umherstreiften, während sie sich nachts trafen undihre Überfälle begingen. Nichts anderes hatten Maternus undseine Genossen als das, was sie nachts raubten undstahlen, unddabei waren sie so schlau, daßsie nicht zu mehreren als zu zweit durch Romliefen undsolche Zeichen undRufe untereinander hatten, daß wenn diejenigen, die in der Stadt die Runde machten, einen festnehmen oder angreifen wollten, alle gemeinsam in der Lage waren, ihnzuverteidigen, so daßsie, obwohl sie sehr ungeordnet und getrennt lebten, beim Stehlen sehr geordnet vorgingen. Eines der Dinge, wobei sich die ganze menschliche Schlechtigkeit offenbart, ist, daßwirunszwar für dasÜbel zusammenfinden, aber wirkönnen uns nicht darauf einigen, etwas Gutes zu tun. Commodus dachte, der Tyrann Maternus sei tot, denn er nahm an, dieser habe sich zu der Zeit, da man beschloß, das Räuberheer aufzulösen, aus Verzweiflung und wegen des Hasses auf ihn ertränkt oder aufgehängt. Doch Maternus dachte, um den Verlust von Macht und Ehre wettzumachen, an nichts anderes, als Commodus das Leben zunehmen. Die Römer hatten die Gewohnheit, das Fest der Göttin Berecyntia am zehnten März zufeiern, undanjenem Taggingen derKaiser undder Senat zu ihrem Tempel, um Opfer zu bringen, und nachdem sie die Opfer gebracht hatten, verkleideten undmaskierten sich alle, undsie veranstalteten sehr große Spiele in der Stadt, nach derArt, daß sie die Gesichter bedeckt trugen, die einen von den anderen also nicht erkannt werden konnten. Maternus und die anderen Räuber, seine Freunde, hatten vereinbart, sich mit Geheimwaffen zu bewaffnen, die Gesichter zu maskieren unddaß die Leute des Maternus zu dem Zeitpunkt, da Commodus sich ganz in die Spiele vertieft hätte undvondenSeinen getrennt sein würde, untereinander einen Tumult machen sollten, bei dem sie, als würden sie einen anderen umbringen, Commodus umbringen wollten. Obwohl Maternus das Landgut, die Macht und die Ehre verloren hatte, hörte er deswegen nicht auf, sehr dünkelhaft undhochmütig zu sein, und aus diesem Grund wollte er selbst vondenSeinen nicht als armer Freund undGenosse, sondern als sehr reicher Prinz behandelt werden. Einige Genossen des Maternus, die es überdrüssig waren, sich heimlich zu bewegen, und es nicht mehr leiden konnten, von ihm so knechtisch behandelt zu werden undall das noch mit derAngst, eines Tages entdeckt zuwerden, gingen zuCommodus undenthüllten ihm insgeheim undim Detail das Geheimnis, nämlich: daß Maternus, derTyrann, amLeben warundvereinbart hatte, ihnwährend derFeierlichkeiten umzubringen. Unglaublich war der Schrecken, den Commodus bekam, als er hörte, daßMaternus, derTyrann, amLeben war, undgleichzeitig war seine Freude unermeßlich, die ihn ergriff, als er sah, daß das Geheimnis seines Todes enthüllt war; doch, daCommodus dies einige Tage vor dem Fest erfuhr, schob er die Hinrichtung bis zum Tag der Göttin

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Berecyntia auf, umMaternus nicht zuverraten, wasCommodus vonseinen Komplizen schon verraten worden war. DerBefehl, denMaternus gegeben hatte, umCommodus umzubringen, dengabCommodus entsprechend, um Maternus festzunehmen undumzubringen, nämlich: als derTagdesgroßen Festes kam, an dem Maternus und die Seinen bewaffnet und maskiert ausgingen, holte auch Commodus die Seinen bewaffnet undmaskiert heraus, undals sie sich anschickten, einen Aufruhr zuverursachen, wurde der Tyrann Maternus umgebracht undall die Seinen getötet. Das größte Fest, dasbei jenem Fest gefeiert wurde, wardie Körper jener Räuber niederzumetzeln, zuerstechen, zuzerreißen, zuschleifen undzuverbrennen, dafür die Tyrannen das alte Gesetz gilt, daß sie für die Schäden, Räubereien, Tötungen, Gewalttaten undBrände, die sie anmehreren Tagen begehen, an einem einzigen bezahlen.

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DIE SCHLACHT VONMURSA UND DIE ZEITGENÖSSISCHE DEUTUNG EINES SPÄTANTIKEN BÜRGERKRIEGES I. Einleitung

In seiner optimistischen Geschichtsdeutung bestreitet Orosius vehement

die Vergleichbarkeit zwischen denBürgerkriegen derRepublik unddenen, die er selbst oder die vorangehende Generation erlebt hatte1. Er sucht seinen Lesern klar zu machen, daß die Bürgerkriege seiner eigenen Zeit keine echten Bürgerkriege seien, sondern wegen der Beteiligung barbariBundesgenossenkriege“eingescher Soldaten eher in die Kategorie der „ ordnet werden müßten. Die umständliche Argumentation des Orosius beweist, daßeine große Zahl seiner Zeitgenossen ein anderes (und wohl auch richtigeres) Bild von der Geschichte ihrer Zeit hatten. Sie konnten das Bewußtsein haben, in einer Periode zu leben, in der seit demIII. Jahrhundert jede Generation einen Bürgerkrieg, d. h. einen Waffengang zwischen den Herrschern von Teilreichen des Imperiums, erlebt hatte. Das III. und IV. Jahrhundert erscheinen in dieser Hinsicht als eine einzige Epoche, und das erklärt vielleicht auch, warum das Werk desAurelius Victor, das großenteils diese Phase derrömischen Geschichte behandelt, infrühbyzantiniGeschichte derBürgerkriege“bekannt war2. scher Zeit als „ Nicht für alle Bürgerkriege dieser Epoche bietet der Zufall der Überlieferung Material in gleicher Dichte, umsich derFrage annähern zukönnen, in welcher Form die Realität der Bürgerkriege erlebt undverarbeitet wordenist3. DerBürgerkrieg zwischen Magnentius undConstantius gehört hier eher zudenbesser dokumentierten spätantiken Bürgerkriegen. Vorallem ist es ein Ereignis in diesem Bürgerkrieg, das bereits den Zeitgenossen als einschneidende Zäsur galt, nämlich die dramatische und verlustreiche Schlacht vonMursa. UmdieDarstellung undDeutung gerade dieser Schlacht soll es in den folgenden Ausführungen gehen. Zur Erinnerung seien kurz die wichtigsten Fakten erwähnt:

1Oros. 5,22,5– 7. Nur knapp zu den Bürgerkriegen bei Orosius D. Koch-Peters, 111. Ansichten des Orosius zurGeschichte seiner Zeit, Frankfurt u. a. 1984, 110– 2 Joh. Lyd. de mag. 3,7 p. 92 Wünsch: Β ν ῶ ρ ίᾳτ ρ ικ ὸ ο τ ντ ρὁἱσ ῇἱσ ςἐ τ ο τ ω ίκ . ν φ υ λ ίω ἐμ

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Ende 349 oder Anfang 350 hatte derKommandeur zweier Eliteeinheiten Flavius Magnus Magnentius sich in Autun zumKaiser erheben lassen, auf Betreiben höfischer Kreise, vor allem descomes reiprivatae Marcellinus.Wenig später warConstans während seiner Flucht nach Spanien umgebracht worden. Magnentius gelang es aber nicht, dengesamten Reichsteil desConstans zubesetzen. Vielmehr wurde Illyricum vonVetranio undwenig später vonConstantius gehalten. ImHerbst 350 konnte Magnentius die nach Illyricum führenden Pässe derclaustra Iulia einnehmen undmitseiner Armee in Pannonien einfallen4. Er eroberte zwar Siscia. Doch scheiterte sein Vormarsch bei Sirmium. Da Constantius sich in das von ihm eilends befestigte Cibalis zurückgezogen hatte, hielt es Magnentius für nötig, sich im benachbarten Mursa festzusetzen. Die Bestürmung von Mursa schlug fehl, und Constantius entschloß sich, mit seiner Armee von Cibalis aus gegen dievorMursa in Schwierigkeiten geratenen Truppen desMagnentius aufzubrechen. Unmittelbar vorMursa stellten sich beide Heere in derNähe derDrau zumKampf auf, wobei derrechte Flügel derArmee des Constantius undder linke Flügel derArmee des Magnentius das Flußufer berührten5. Erst am Abend begannen die Kampfhandlungen6. Die vernichtende Niederlage der Truppen des Magnentius vollzog sich in zwei Phasen. Zunächst umfaßte die Reiterei des Constantius, die auf demlinken Flügel aufgestellt war, durch einen Angriff die Armee des Magnentius, die die Flucht ergriff. Bereits in dieser Phase verließ Magnentius eilig sein Heer, umin denWesten zufliehen7. In einer zweiten Phase formierten sich einige derkeltischen undgermanischen Truppen desMagnentius neuundlieferten einerbittertes Gefecht, bis sie durch dieÜbermacht derschwer gepanzerten Reiterei desConstantius in denFluß abgedrängt wurden8. Nurunter schwerenVerlusten hatte Constantius in Mursa denSieg davongetragen, ohne mit dieser Schlacht denBürgerkrieg beenden zukönnen, daderUsurpator zwar

3 Zur Schlacht an der Milvischen Brücke vgl. W. Kuhoff, Ein Mythos in der römischen Geschichte: Der Sieg Konstantins des Großen über Maxentius vor den Toren 174. Eine Analyse derverschiedenen Roms am28. Oktober 312, Chiron 21, 1991, 127– Perspektiven zur Schlacht am Frigidus bei Rajko Bratoz (Hrsg.), Westillyricum und Nordostitalien in derspätrömischen Zeit, Ljubljana 1996. Vgl. auch F. Paschoud (Hrsg.), 500. Zosime. Histoire nouvelle, II 2 (Livre IV), Paris 1979, 474– 4 Zu den militärischen Operationen bis zur Schlacht von Mursa vgl. J. Šaš el, The Struggle between Magnentius and Constantius II for Italy and Illyricum [1971], in: 724; P. Bastien, Le monnayage 727, bes. 722– ders., Opera Selecta, Ljubljana 1992, 716– 20. 353), Wetteren 19832, 18– de Magnence (350– 5 Iul. Imp. or. 1,36 a. 6 Beginn der Kampfhandlungen amAbend: Zon. 13,8,13; Schlacht geht bis in die Nacht: Iul. Imp. or. 1 37 a; Zos. 2,51,2 f.; Zon. 13,8,13. 7 Iul. Imp. or. 1,36 a; 3,57 d. Anders Zon. 13,8,13 f. 8 Iul. Imp. or. 1,36 d-37a; 3,60 b– c.

Die Schlacht vonMursa

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ausIllyricum undbald auch ausItalien gedrängt wurde, sich aber noch eine Zeitlang in Gallien halten konnte. Wiefürfast alle Ereignisse derantiken Geschichte fehlt es auch für die Schlacht vonMursa anunmittelbaren Zeugnissen derAkteure desdramatischen Geschehens selbst. An Deutungsebenen undPerspektiven läßt sich nurgreifen, wasin einer relativ reichhaltigen, wenn auch sehr heterogenen literarischen Tradition zur Schlacht vonMursa vorhanden ist, die von den wenige Jahre nach Mursa verfaßten Kaiserreden Julians über die lateinischen Breviarien bis hin zu Kirchenhistorikern des V. undbyzantinischen Chronisten des XII. Jahrhunderts reicht. Eine Diskussion dieser Texte in chronologischer Reihung ist wenig sinnvoll. Vielmehr wird man auf die Feststellung inhaltlicher Zusammenhänge undauf gemeinsame Perspektiven achten müssen. Dabei lassen sich diese Texte im wesentlichen drei Deutungskategorien zuweisen, nämlich der imperial-propagandistischen, derchristlich-konfessionellen undder(paganen) episch-historiographischen Deutung. Nach diesen drei Großgruppen sind im folgenden die Zeugnisse zur Schlacht vonMursa zudiskutieren, wobei Bezüge zwischen einzelnen Texten der drei Deutungskategorien nicht ausgeklammert werden sollen, wennetwa in derausführlichen historiographischen Erzählung desZonaras Rechtfertigungsmuster auftauchen, die aus der imperialen Propaganda bekannt sind.

II. Die Schlacht vonMursa in derkaiserlichen Selbstdarstellung Die ausführlichsten Berichte über den Verlauf der Schlacht von Mursa verdanken wir den zeitgenössischen Reden (or. I undIII) Julians. In ihnen wird mit einem gewissen Vergnügen am Detail ganz offen das Massaker beschrieben, mit demdie Schlacht ihren Abschluß findet, wenn etwa in der Der Kampf blieb unentschieden, bis die Panzerersten Rede zu lesen ist: „ reiter und die restlichen Reitertruppen angriffen. Die einen töteten viele durch Pfeilschüsse, die anderen, indem sie im Galopp die Feinde niederritten. Sie verfolgten aber alle übrigen mit ganzer Kraft. Einige flohen eilig zur Ebene. Von ihnen rettete die Nacht nur wenige. Die übrigen aber 9Noch wurden in denFluß gerissen, wieeine Herde vonOchsen oder Vieh.“ plastischer wird die physische Vernichtung des Gegners im zweiten Panegyrikus beschrieben: „ Die Feinde hielten eine Zeit lang nur mit äußerster Mühe stand. Aber die Reiter schossen mit Pfeilen, indem sie von weitem galoppierten, unddie Panzerreiter ritten sie dichtgedrängt nieder, da sie ja in einer freien undflachen Ebene galoppierten. Als aber die Nacht einfiel, 9 Iul. Imp. or. 1,36 d-37 a.

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daentflohen die einen erfreut, die anderen aber verfolgten sie energisch bis zumLager. Undsie nahmen das Lager ein, zusammen mit demTroß, den Sklaven unddenHerden. Alsaber nun, wieichgesagt habe, dieFeinde sich zur Flucht zu wenden begannen, unddie Verfolger nicht nachgaben, wurdendie Feinde zurLinken abgedrängt, wosich derFluß zurrechten Seite derFeinde befand. Dort fand dasgroße Massaker statt, undderFluß wurde in einem wilden Durcheinander mit toten Männern undPferden gefüllt.“10 Diezahlreichen (natürlich nurfürdieFeindesseite zurKenntnis genommenen) Toten der Schlacht werden in diesen Texten nicht als Verluste beklagt, sondern als Beweis kaiserlicher Sieghaftigkeit angeführt. Das steht ganz im Einklang mit anderen offiziösen Darstellungen kaiserlicher Bürgerkriegserfolge, etwa der Darstellung des Sieges gegen Maxentius beim Panegyriker Nazarius, derdie Keulenschläge gegen die Kataphraktenreiter bei Turin oder die völlige Abdrängung der Armee des Maxentius in den Tiber durchaus mit brutalen Details darstellt11. Die Reden Julians belegen, daß Constantius II. mehrere Jahre nach seinem Sieg in gleicher Weise wie sein Vater undandere erfolgreiche Vorgänger auf demKaiserthron Freude an Berichten fand, die in allen Details auf seine Erfolge im Bürgerkrieg verwiesen12. Die beiden Festreden Julians, dienicht vonirgendeinem ambitionierten Literaten, sondern vomMitherrscher selbst verfaßt worden sind, können damit ohne weiteres mit anderen Zeugnissen derimperialen Propaganda in Verbindung gebracht werden, die die Bürgerkriegssiege –undunter ihnen vorallem denin derSchlacht vonMursa –als glanzvolle Erfolge des triumphierenden Augustus hervorhoben, die für die Selbstdarstellung utiv waren. Dazu gehört etwa der auf kaiserlichen Bedes Kaisers konsti fehl errichtete Triumphbogen in Pannonien (nämlich in Mursa), der sein Gegenstück in einem zweiten in Gallien errichteten Triumphbogen hatte13 10Iul. Imp. or. 3, 59d– 60 b. Julian verliert sich dann als Homer-Philologe in detaillierten Vergleichen zwischen dertödlichen Drau unddemrettenden oder harmlosen Skamandros. 11Paneg. 4,22– 24; 30,1. Für das Massaker amTiber verweist Nazarius (30,2) auf ausführlichere Berichte. 12ZurDatierung derersten Rede (wohl 356) vgl. die „Notice“in derAusgabe vonJ. Bidez, L’Empereur Julien. Oeuvres complètes I,1. Discours deJulien César, Paris 1932, 3. Die zweite Rede kann aufgrund derAnspielung Julians auf seinen Chamavenfeldzug (56 b) nicht vor 358 datiert werden, vgl. Bidez, 108. 13Amm. 21,16,15: (Constantius) triumphales arcus ex clade provinciarum sumptibus magnis erexit in Gallis et Pannoniis titulis gestorum affixis se quoad stare poterunt monumenta lecturis. Gemeint sind Triumphbögen andenbeiden Orten derentscheidenden Schlachten gegen Magnentius, nämlich Mursa in Pannonien undMons Seleuci in Gallien, vgl. H. Kähler, RE 7, A, 1948, 423 und451; D. den Hengst, H. C. Teitler, J den Boeft, Philological andHistorical Commentary on Ammianus Marcellinus XXI, Groningen 1991, 266 f. Möglicherweise hat bereits Septimius Severus amOrt derEntschei-

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und auf den vielleicht auch Julian mit dem Hinweis auf das bei Mursa aufgestellte Tropaion anspielt14. Dazu gehört auch der triumphale Einzug des Kaisers in Rom im Jahre 357, dessen genauer Charakter unddessen genaue Motivation angesichts derfür die imperiale Propaganda dieser Zeit typischen Vermischung verschiedener Elemente (Triumphzug, Adventus, Kaiserjubiläum) zwar schwierig zubestimmen sind, für denaber die Feier desBürgerkriegssiegs zumindest einen wichtigen Teilaspekt darstellt15. dungsschlacht gegen Pescennius Niger einen Triumphbogen errichten lassen, vgl. H. Hild –H. Hellenkemper, Neue Forschungen in Kilikien, Wien 1986, 108– 111.

14Iul. Imp. or. 1,37 b. 15Vgl. vor allem Amm. 16,10,1: post Magnenti exitium absque nomine ex sanguine

Romano triumphaturus. Ammians Feindseligkeit gegenüber Constantius II. bedeutet nicht, daß er den Anlaß des Zuges Constantius II. verkannt hätte. Bestätigt wird seine Er verließ Sirmium undreiste zumälteren Rom. Dort wollte Angabe durch Sozom. 4,8: „ er nämlich den Triumphzug gegen die Tyrannen feiern (τ ὴ νκ α τ ὰτ ῶ ντυράν ν ω ν ).“S. MacCormack, ArtandCeremony inLate Antiquity, Berkeley εῖν ελ ιτ ἐπ ν ίκ ιο ιν ἐπ –London 1981, 36 f. und41 hält Ammians Kritik fürungerechtfertigt, daConstantius II. nureinen Adventus, keinen Triumph gefeiert habe. Die spätantiken Quellen fassen aber konsequent einen triumphalen Adventus als Triumph auf, vgl. Pan. 2,47,3; Sokr. h. e. 5,14,4; Sozom. h. e. 7,14; Prosper Tiro chron. 1263, p. 486 Mommsen. Die Tatsache, daß das Opfer seit Konstantin dem Großen unterlassen wurde, hat bei der Definition anscheinend keine Rolle gespielt. Gegen P. Dufraigne, Adventus Augusti –Adventus Christ. Recherche sur l’exploitation idéologique et littéraire d’un cérémonial dans 70, 21 nicht hervor, daßderEinzug l’antiquité tardive, Paris 1994, 78 geht ausAE 1969– desConstantius II. von357 formal nurals Adventus ausgegeben wurde, dadie Inschrift nur besagt, daß Attius Caecilius Maximilianus als praefectus annonae während der Anwesenheit (Adventus) Constantius II. füreine gute Versorgung Roms sorgte. NachJ. Matthews, The Roman Empire of Ammianus, London 1989, 524, Anm. 4 soll derEinzugConstantius II. 357 weniger auf denkonkreten Anlaß Rücksicht genommen haben, als vielmehr mitderabstrakten Darstellung vonSieghaftigkeit verbunden gewesen sein, wobei die Übereinstimmung zwischen Ammian, Sozomenos undder Darstellung bei Them. or. 3 nicht gewürdigt wird. Der Anlaß wardurchaus konkret der Bürgerkriegssieg. Auch der Adventus-Triumph vonSirmium (Amm. 17,13,34) setzt konkrete Siege des Constantius voraus, nämlich die Siege über die Sarmaten undüber die Alamannen (durch Julian, aber unter denAuspizien desConstantius). DerTriumph desConstantius, über den sich Julian ep. adAth. 279 d äußert, mußauschronologischen Gründen –die Schlacht von Straßburg findet 357 erst nach dem Einzug des Constantius in Rom , mit diesem Triumph von Sirmium identifiziert werden (gegen Dufraigne, 78, statt – Anm.225). Zutriumphalen Adventus-Zeremonien außerhalb vonRom, dieebenfalls als Triumphe ausgegeben werden, vgl. auch Pan. 12,23,3 (Trier); Pan. 2,37,4 (Emona). M. E. erklärt sich die Tatsache, daß spätantike Kaiser nicht mehr den traditionellen Triumph, sondern die Adventus-Form feiern, nicht nurmitreligiösen Gründen, sondern auch damit, daß für die Triumphe in den Residenzstädten des Mehrkaisertums der Aufstieg zum Kapitol natürlich nicht möglich war unddaß dann auch die stadtrömischen Triumphe in zeremoniellen Formen stattfanden, die von den Triumphen in den Residenzstädten geprägt waren.

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Ammian verkennt bewußt die Gepflogenheiten spätantiker Kaiserpropaganda, wenn er dem Constantius II. zum Vorwurf macht, er sei durch seine Bürgerkriegserfolge aufgeblasen gewesen undhabe in aufwendigster Weise auf diese hingewiesen16. Skrupel, offen über einen Bürgerkriegsgegner zu triumphieren oder in anderer Form dessen Niederlage zu feiern, spielten bei der Selbstdarstellung des Constantius genausowenig wie bei anderen Kaisern dieser Zeit eine Rolle. Gegen diese Feststellung könnte auf denersten Blick sprechen, daß in denpropagandistischen Äußerungen des Kronprinzen Julian das alte Thema der Uminterpretation des Bürgerkriegssiegs zu einem Sieg über einen auswärtigen Feind eine gewisse Rolle spielt, indem auf die barbarische Herkunft des Magnentius hingewiesen wird17. In diesen Äußerungen mag man nämlich den Ausdruck eines Bedürfnisses der höfischen Umgebung des Constantius erkennen, das Engagement des Kaisers in einem Bürgerkrieg zu verschleiern und damit auf eine aktuelle Diskussion über den Bürgerkrieg zureagieren18. Jedoch zeigt eine nähere Betrachtung, daßJulian in seinen Reden keineswegs konsequent in Abrede stellt, daßderKrieg gegen Magnentius ein Bürgerkrieg war. Das wird schon dadurch deutlich, daß er den Sieg des Constantius über Magnentius in eine Parallele zu dem Sieg Konstantins über Licinius bringt19. Ferner betont er deutlich, daß die Armee des Magnentius großenteils aus Soldaten aus der gallischen Präfektur, also aus Reichsangehörigen, bestand20. Dabei läßt erfreilich diegallische Armee als 16Amm. 21,16,15: Ut autem in externis bellis hic princeps fuit saucius et afflictus, tamprospere succedentibus pugnis civilibus tumidus (...). 17Vgl. auch Them. or. 3,43 a– b. Das Thema wird auch in derDiskussion bei Oros. 5,22,7 wieder aufgegriffen, derdie Existenz vonBürgerkriegen in derjüngsten Gegenwart negiert: Die Usurpatoren der letzten Zeit seien von Britanniern und Galliern erhoben undunterstützt worden, weshalb der Kampf gegen sie denCharakter eines auswärtigen Kriegs gehabt habe. In dieser Argumentation wird nicht berücksichtigt, daß Gallier undBritannier Reichsangehörige waren. 18Yves-Marie Duval, La venue à Rome de l’empereur Constance II en 357 d’après 8 (Histoire 304, 1970, 1– 20), Caesarodunum 5, p. 299– Ammien Marcellin (XVI, 10, 1– et historiographie en Occident aux IVe et Ve siècles, Ashgate 1997, IV), hier 2 f.: Julien, relatant desévénements contemporains sans pouvoir se dégager dela propagan„ dequi les entoure, mettrop de soin à voiler le caractère civile decette guerre, pour que les contemporains n’y aient pasété sensibles.“Vgl. auchP. Jal, La guerre civile à Rome. Étude littéraire et morale, Paris 1963, 497; D. Vera, La polemica contro l’abuso imperiale del trionfo. Rapporti fra ideologia, economia e propaganda nel Basso Impero, RSA 10, 1980, 89–132, hier 127 f. 19Iul. Imp. or. 1,37 b. 20Iul. Imp. or. 3,56 b: Kelten undIberer. Deutlicher noch derKurzexkurs in or. 1,34 d: Nachdem die Gallier vondenRömern besiegt worden sind, dienen sie in derArmee c– undzahlen Steuern. Dabei werden die Dienste unter Konstantin undseinen Vorgängern sowie unter denBrüdern des Constantius betont.

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ein unfreiwilliges Hilfsaufgebot erscheinen, das denBarbaren Magnentius und seine aus dem Barbaricum rekrutierte, stammesverwandte Gefolgschaft nurgezwungenermaßen begleitet21. Diese unglaubwürdigen Ausführungen über die erzwungene Gefolgschaft der Gallier machen deutlich, worauf es Julian bei derBetonung desBarbarentums Magnentius’jenseits der bloßen Topik, in der die tyrannischen Usurpatoren und ihre Truppen immer als Barbaren stilisiert werden22, ankommt. Der Regent des gallischen Reichsteils will vor allem eine Darstellung desBürgerkriegs bieten, die seine gallischen Truppen in Schutz nimmt. Die Gallier wurden nämlich immer wieder –undvor allem nach denErfahrungen des Magnentius –als illoyale undzurRebellion neigende Untertanen dargestellt23, ein Vorwurf, denJulian mitdemHinweis zuentkräften sucht, daßihnen als terrorisierten Gefangenen des Magnentius gar nichts anderes blieb, als amBürgerkrieg teilzunehmen, bei dem sie sich freilich, wie Julian lobend hervorhebt, als überaus tapfere Kämpfer zeigen24. Die Erklärungen Julians zumBarbarentumdesMagnentius sinddamit ineine Reihe mitvielen anderen Manifestationen der Propaganda Julians zu stellen, durch die sich dieser während seiner Zeit seines gallischen Teilkaisertums als Verteidiger der Interessen Galliens zuprofilieren suchte25. Die Ausführungen Julians belegen also nicht, daß von offiziöser Seite auf aktuelle Diskussionen über die Legitimität des Bürgerkriegstriumphs des Constantius reagiert wurde. Es besteht vielmehr kein Zweifel daran, daßConstantius II. diesen Triumph imhöchsten Maße als legitim empfunden hat. Wenn unter Caesar undOctavian Bürgerkriegstriumphe noch ein wenig als Erfolge über den äußeren Feind maskiert wurden, erfolgte dies ausRücksicht aufdienoch existierende Nobilität, weniger aufgrund angeblich exakter staatsrechtlicher Regelungen über die Illegitimität vonTrium21Iul. Imp. or. 1,34 d (gallische Armee folgt gezwungen demTyrannen, demsich ein Aufgebot vonFranken undSachsen angeschlossen hat); or. 3,56 c; 57 a. Magnentius als Barbar: or. 3,56 c; 57 a. 22P. Jal, Le rôle des Barbares dans les guerres civiles de Rome, de Sylla à Ves48. pasien, Latomus 21, 1962, 8– 23So erklärt derZeitgenosse Aurelius Victor (42,17) dieErhebung Julians zumCaesar mit der Zielsetzung ne quid apud Gallos natura praecipites novaretur. Zuanderen zeitgenössischen Äußerungen (etwa dieberühmte Passage in derExpositio totius mundi , Paris 58) über die Gallier vgl. H. Stern, Date et destinataire de l’„Histoire Auguste“ 1953, 74, Anm. 4; D. Liebs, Das Gallierbild der Historia Augusta, Historiae Augustae 170. Colloquium Bonnense, Bari 1997, 161– 24Vgl. zu Jul. or. 1,36 b (tapferer Kampf der gallischen Bürgerkriegstruppen) D. Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer unddie Notitia Dignitatum I, Düsseldorf 1969, 152 mit Anm. 212. 25Vgl. E. Pack, Städte undSteuern in der Politik Julians. Untersuchungen zu den 103. Quellen eines Kaiserbildes, Brüssel 1986, 62–

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phen26. Diese takvolle Zurückhaltung warnicht mehr geboten, als die alte Nobilität verschwunden war und der Senat schon längst nicht mehr als Instanz fungierte, die die Voraussetzungen für die Legitimität eines Triumphes überprüfte. So erklärt sich, warum Aurelian in seinem Triumphzug nicht nur Zenobia, die man als äußere Feindin ausgeben konnte, sondern auch denbesiegten Usurpator Tetricus mit sich führen konnte27. Dadurch daß es ab demausgehenden II. Jahrhundert immer wieder zu Kriegen zwischen kaiserlichen Rivalen kam, konnte dasArgumentationsarsenal immer weiter entwickelt werden, das den Einsatz militärischer Gewalt gegen innere Gegner undvor allem die demonstrative Feier des Bür-

gerkriegssiegs als unproblematisch erscheinen ließ undin demzuguterletzt einBürgerkrieg explizit als bellum iustum bezeichnet wurde28. Eine besondere Bedeutung des Bürgerkriegs kommt hier der intensiven konstantinischen Propaganda zu, die die unterlegenen Gegner stets als „ Tyrannen“ abqualifiziert hat29. Ihre Rechtfertigungsmuster finden sich auch für den 26 Die Regeln, die bei Valerius Maximus 2,8,7 zu finden sind, beschreiben eine idealisierend verklärte Vergangenheit unter den maiores: Verum quamvis quis praeclaras res maximeque utiles reipublicae civili bello gessisset, (...) neque aut ovans aut curru triumphavit, quia ut necessariae istae ita lugubres semper existimatae victoriae sunt, utpote non externo, sed domestico partae cruore, vgl. zur Stelle Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht I, Leipzig 18873, 133). UmdenCharakter der 312 beim Einzug Konstantins abgehaltenen Zeremonie zubeurteilen, geht K. M. Girardet, Die Konstantinische Wende undihre Bedeutung für das Reich. Althistorische Überlegungen zu den geistigen Grundlagen der Religionspolitik Konstantins d. Gr., in: E. Mühlenberg, Die traditionellen Verständnis des TriKonstantinische Wende, Gütersloh 1998, 31 vom „ umphes“aus, das es ausschließe, daß Konstantin 312 triumphiert habe. (Girardet verweist u. a. aufE. Künzl, Derrömische Triumph. Siegesfeiern imantiken Rom, München 1988, derdie republikanische Realität beschreibt). Dieses traditionelle Verständnis hatte aber für die kaiserliche Propaganda keine Bedeutung mehr. Selbst die Abwesenheit von Siegertitulaturen für den Bürgerkriegssieg beweist nicht, daß der Kaiser diesem traditionellen Verständnis verhaftet war, sondern erklärt sich damit, daßNamensbildungen nach demunterlegenen Usurpator nicht möglich waren. DaßConstantin nach seinemSieg über Licinius denTitel Victor annahm, sollte wohl diesem Mangel abhelfen. 27Eutr. 9,13,2: ingressusque Romam nobilem triumphum quasi receptor Orientis Occidentisque egit praecedentibus currum Tetrico et Zenobia. Vgl. Aur. Vict. 35,5; HA Aurel. 34,2 und 34,4 zumTriumph über Senatoren, vgl. hierzu F. Paschoud (Hrsg.), 169, bes. 168 f. In der Histoire Auguste V,1, Vies d’Aurélien, Tacite, Paris 1996, 160– Spätantike werden Usurpatoren meist nurdeshalb nicht im Triumphzug einhergeführt, weil sie den Triumph des kaiserlichen Rivalen nicht mehr erlebt haben, vgl. aber immerhin Prosper Tiro 1263, p. 468 Mommsen (Attalus); Chron. Gall. a. 452 89, p. 656 Mommsen (Maximus). 28Die Kategorie des„gerechten Kriegs“fürBürgerkriege inderArgumentation des Oros. 5,22,7. Vgl. dagegen Vergil. 6,612 f.: arma impia. 29Vgl. hierzu B. Bleckmann, Zwischen Panegyrik undGeschichtsschreibung: Praxagoras undseine Vorgänger, in: M. Zimmermann (Hrsg.), Geschichtsschreibung und 228. politischer Wandel im 3. Jh. n. Chr., Stuttgart 1999, 203–

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Krieg des Constantius gegen Magnentius. Wenn Themistios etwa behauptet, derEinsatz desConstantius sei nötig gewesen, umRomunddieMitbürger vor demWüten desTyrannen zubeschützen30, werden Argumente wiederaufgenommen, diebereits unter Konstantin eine gewisse Rolle gespielt hatten31. Das zeigt sich auch in der expliziten Parallelisierung der Befreiungstat desConstantius mit derjenigen Konstantins imJahre 31232. Neben diesen ausderkonstantinischen Propaganda vertrauten Begründungen treten allerdings für den Bürgerkrieg zwischen Magnentius und Constantius weitere Rechtfertigungsmuster hinzu, die durch die 350/351 geschaffene, spezifische historische Situation bedingt sind. Zuallererst



unddieses Motiv wird auch in der späteren Historiographie vonderPanegyrik übernommen –wurde der Feldzug des Constantius als ein Akt verwandtschaftlicher Pietas aufgefaßt. Er habe dazu gedient, denvon Magnentius ermordeten Constans zu rächen33. Constantius kämpft, wie Julian ausführt, gegen dieTruppen desBruders, umdenBruder zurächen34. Themistius legt dar, daß es die Bruderliebe (philadelphia) ist, die dazu führt, daß Constantius zumAlleinherrscher wird35. Dementsprechend nennt EutropdieRache fürdenBruder alsHauptmotiv fürdenKrieg gegen Magnentius: ad ultionem fraternae necis bellum civile commoverat (scil. Constantius)36. Undeine Traumerscheinung desConstans undseines Vaters Constantin hindert in der Erzählung des Petrus Patricius Constantius 350 daran, einen vorübergehend erwogenen Kompromiß mitVetranio undMagnentius zurealisieren37. Der durch die Pietät gebotene Rachefeldzug gegen Magnentius wurde dabei als umso legitimer angesehen, als der Halbfranke Magnentius sich mit demMord an Constans gegen die Familie seiner Wohltäter vergangen hatte. Denn Magnentius war, wie Julian ausführt, in der Regierung des ά π ο δ ο νin Gallien angesiedelt worden undhatte, wie ν δρ Constantius als ἀ

30Them. or. 3,43 c– d: „ Duhättest unbekümmert imFrieden leben können, wenndu die Herrschaft mitMagnentius geteilt hättest. Aber dukonntest die Stadt nicht preisgebenundsie nicht ihrer Freiheit berauben lassen, sondern duhieltest deine unbesiegbare Hand über sie, die allein das Recht gibt, daßmanvoneinem römischen Kaiser spricht unddaßman, ohne etwas vortäuschen zuwollen, die alten, ehrwürdigen Titel wieCaesar, Imperator, Consul, Pater Senatus gebraucht.“ 31Eus. Vit. Const. 1,26,1; Lib. or. 59,19; Praxagoras 4. 32Them. or. 3,44 a –b. 33Die Rache ausGründen verwandtschaftlicher Pietät wirdauch für spätere Bürgerkriege als rechtfertigendes Motiv genannt, vgl. A. Lippold, Orosius, christlicher Apologet undrömischer Bürger, Philologus 113, 1969, 92–105, hier 99. 34Iul. Imp. or. 3,95 c. 35Them. or. 2,38 d-39 a. 36Eutr. 10,11,1. 37Petr. Patr. Frg. 16 Müller. Vgl. Zon. 13,7,20 f.

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ausder historiographischen Tradition zuerfahren ist, unter Constantin als Angehöriger einer Eliteformation seinen militärischen Aufstieg begonnen38. Das besondere Klientel- undPietätsverhältnis, das Magnentius mit der konstantinischen Familie verbindet undgegen das er mit der von ihm veranlaßten Ermordung des Constans verstößt, spielt auch in der historiographischen Überlieferung eine gewisse Rolle. In der Rede, die Zosimos zufolge derpraefectus praetorio Flavius Philippus als Verhandlungsführer kurz vorderSchlacht vonMursa gehalten haben soll, fordert erMagnentius auf, sich an die Wohltaten zu erinnern, die Constantin ihm und seinen Eltern erwiesen habe39. Undin der Erzählung des Zonaras wird auch auf Wohltaten des Constans gegenüber Magnentius hingewiesen: Magnentius läßt denConstans umbringen, obgleich dieser in einer Militärrebellion das Leben des Magnentius gerettet haben soll40. Engverwandt mitdemMotiv derPietät, dienicht nurdemermordeten Constans, sondern, wie die bei Petrus Patricius geschilderte Traumvision verdeutlicht41, auch dessen Vater Constantin geschuldet wird, ist dasMotiv der dynastischen Exklusivität, die es gegen denEindringling Magnentius zuverteidigen gilt. Themistios betont, daßderFeldzug desConstantius der Inbesitznahme des väterlichen Erbes undderBeseitigung des Magnentius dient, der nicht zum Kaiser geboren ist42. Daß der dynastische Gedanke besonders bei Julian zumAusdruck gebracht wird, ist nicht erstaunlich, da er sich selbst als Teilhaber des konstantinischen Erbes sah. Magnentius habe, wieJulian in seiner zweiten Rede fürConstantius ausführt, „ eine ihm nicht zukommende Herrschaftsstellung“beansprucht, indem er einen Teil der seit Claudius Gothicus exklusiv für daskonstantinische Herrscherhaus reservierten Kaiserherrschaft an sich gerissen habe43. Er habe aber nicht nur das allein der konstantinischen Familie zukommende „geras“widerrechtlich okkupiert, sondern obendrein nach demMord an Constans durch Marcellinus weitere Mitglieder der kaiserlichen Familie umgebracht (gemeint sind Nepotianus undEutropia)44. 38Iul. Imp. or. 1, 34 a; or. 3,95 c; Zos. 2,42,2 und54,1. 39Zos. 2,46,3. 40Zon. 13,5,15–16: „ Er wurde vonMagnentius heimtückisch angegriffen undunter erbärmlichen Bedingungen umgebracht, vomgleichen Magnentius, denjener in höchster Gefahr voreinem Militäraufruhr gerettet hatte, als die Soldaten gegen ihnschon die Schwerter gezückt hatten undsich anschickten, ihnumzubringen.“ 41Petr. Patr. Frg. 16 Müller. 42Them. or. 2,39 a und33 c. 43Iul. Imp. or. 3, 55 c. 44Iul. Imp. or. 3, 58 a undc. Vgl. auch or. 1,42. Offenkundig ist derGedanke, daß Constantius bereits derdritten Generation des konstantinischen Herrscherhauses angehörte, erst in der Auseinandersetzung mit Magnentius deutlicher betont worden, vgl. Stern (wie Anm. 23), 46 f.. In der 59. Rede des Libanios werden weder Claudius Go-

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Die dynastische Idee wareinArgument, dasschon vorderentscheidendenAuseinandersetzung gegen Magnentius einen Teil der Soldaten für die Sache desConstantius gewonnen hatte. Sie spielte bereits 350 während der Usurpation Vetranios eine entscheidende Rolle. ImFrühjahr 350 kamVetranionicht zuletzt aufgrund derEmpfehlungen derKaiserschwester Constantina an die Macht45, während bei dessen Absetzung im Dezember 350 Constantius II. in einer Ansprache an die Soldaten auf die exklusiv dem konstantinischen Kaiserhaus reservierten Herrscherrechte hinweisen konnte undfür diese Ausführungen begeisterte Zustimmung fand46. An dieses lebendige dynastische Empfinden, vor allem an die weiterhin sehr starke Popularität Konstantins des Großen47 appellierte dann unmittelbar vor der Schlacht vonMursa derpraefectus praetorio Philippus, indem er die Soldaten des Magnentius aufforderte, sich an die Siege zu erinnern, die sie mit Constantin gegen die Barbaren errungen hatten48. Das gewissermaßen natürliche dynastische Empfinden der Soldaten des Magnentius illustriert auch eine vondemKirchenhistoriker Sokrates überlieferte Anekdote49. Unmittelbar nach derSchlacht vonMursa hätten die vonMagnentius versammelten Soldaten nicht demauf demTribunal stehenden Usurpator, sondern gegen ihren Willen auf wunderbare Weise allein dem Constantius akklamiert. Das Gesamtergebnis unserer Analyse derpropagandistischen Zeugnisse überrascht kaum: Die Schlacht vonMursa wird ohne Differenzierungen undNuancierungen als glänzender Erfolg des sieghaften Constantius ausgegeben, derinjeder Hinsicht dasRecht aufseiner Seite hatundsich darum prospere succedentibus pugnis civilibus tumidus geriert.

thicus nochMaximian erwähnt, vgl. dagegen ILS 723; 725; 730 und732. ZurBedeutung des Claudius Gothicus im Kalender von 354 vgl. N. Duval –J. M Carrié, Ant. Tard. 2, echten und 1994, 299. Vgl. Them. or. 3,43 b: Die Herrschaft über Rom gebührt dem „ ὲ νδ ῶ λ λ ο unvermischten Blut“der Kaiser. Vgl. ferner Zon. 13,7,21 zu Constans: π β α σ ιλ έω νἀ γ ν ο ο π ό ς . 45Vgl. B. Bleckmann, Constantina, Vetranio undGallus Caesar, Chiron 24, 1994, 68. Zumdynastischen Selbstbewußtsein derConstantina vgl. auch CIL VI 40790. 29– 46Chron. Pasch. 539,10–16; Theoph. 44,12– 27. 47 Vgl. Iul. Imp. or. 1,8 a zu der Verehrung Konstantins des Großen durch die Soldaten seiner eigenen Zeit.

48Zos. 2,46,3. 49Sokr. 2,32,2– 5.

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III. Die christliche Deutung der Schlacht

1. Die arianische

Deutung

Ein Motiv begegnet in den erhaltenen Zeugnissen imperialer Äußerungen zur Schlacht von Mursa auffälligerweise nicht. Man sollte erwarten, daß gerade bei einem so frommen Kaiser wieConstantius II. in derunmittelbaren Selbstdarstellung nicht nur das konventionelle Motiv des göttlichen Beistands undder Legitimation durch jenseitige Mächte, sondern das besondere Verhältnis zumchristlichen Gott eine herausragende Rolle gespielt hat.

ImFalle dereben erwähnten wundersamen Akklamation desConstantiusdurch dasHeer desMagnentius erweist derVergleich zwischen Sokrates

und Sozomenos, daß das spezifisch christliche Deutungselement erst von einem späten christlichen Literaten hinzugefügt worden ist. Denn die ursprüngliche Version dieser Geschichte, wiesie bei Sokrates erhalten gebliebenist, hat noch keine spezifisch christliche Einfärbung, sondern gehört in das Repertoire von Omina, die aus profangeschichtlichen Erzählungen wohlvertraut sind50. Die christliche Interpretation findet manerst bei Sozomenos undmußeine Eigenleistung dieses Autors sein51. 50Solche Spontanakklamationen, die denCharakter eines Omens haben, sind auch sonst in der spätantiken Historiographie belegt, vgl. etwa Lact. d. mort. pers. 44,7; Amm. 15,5,34. Ein Omenist einVorzeichen, dasdurch ein gesprochenes Wort gegeben wird und meist auf eine einzelne Person gemünzt ist, vgl. hierzu V. Rosenberger, Gezähmte Götter. DasProdigienwesen derrömischen Republik, Stuttgart 1998, 8 f. 51Sozom. 4,7,2. Fürdie richtige Interpretation dieser Anekdote ist gegen J. Ziegler, Zur religiösen Haltung der Gegenkaiser im 4. Jh. n. Chr., Kallmünz 1970, 63 und71 nicht von Sozomenos, sondern allein von Sokrates auszugehen, der von Sozomenos benutzt undpartiell interpretiert worden ist. Richtig ist, daßSozomenos die Anekdote bei demdie Entscheidung des Christengottes für die als eine Art Gottesurteil deutet, „ Seite des Constantius fiel“ , vgl. auch H. Leppin, Von Constantius dem Großen zu Theodosius II. Daschristliche Kaisertum bei denKirchenhistorikern Socrates, Sozomenus und Theodoret, Göttingen 1996,155, A. 72. Doch findet sich diese christliche Interpretation eben nurbei Sozomenos. Erschwert wirddie Interpretation derursprünglichen Anekdotenversion bei Sokrates durch denunklaren Kontext. DasEreignis findet bei Mursa statt, das als „eine Festung in Gallien“bezeichnet wird, weil Sokrates die pannonische Phase nicht vondergallischen Phase desBürgerkriegs unterscheidet, dafür 6). Man mußdavon aber irrig zwei Kampfphasen in Gallien einnimmt (Sokr. 2,32,5– ausgehen, daßdie Quelle des Sokrates ein Geschehen bei Mursa in Pannonien meinte. Aber auch dann ist die Darstellung in dervonSokrates gebotenen Formnicht zuhalten. Denn Mursa ist nicht von Magnentius eingenommen worden, und nach der Schlacht kann Magnentius, der sofort nach Italien floh, kaum noch einmal die Soldaten versammelt haben, vondenen dergrößte Teil getötet oder indieFlucht geschlagen worden war. Auch bleibt offen, welche Funktion ein Omen nach der Niederlage haben soll. Wahr-

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Es stellt sich die Frage, inwiefern sich dieser Befund verallgemeinern läßt. Zu entscheiden ist, ob konfessionelle Deutungen des Bürgerkrieges bei kirchlichen Autoren ein treues Abbild zeitgenössischer Themen52 sind, die in den julianischen Kaiserreden und anderen erhaltenen Zeugnissen zeitgenössischer Propaganda aus verschiedenen Gründen keinen Eingang gefunden haben, oder ob es sich umspäte künstliche Neuinterpretationen handelt. In derHauptsache geht es hier umdie Produktion arianischer Historiographen, die die Schlacht vonMursa zumGegenstück der Schlacht an der Milvischen Brücke stilisieren, indem sie mit der Namensähnlichkeit Maxentius undMagnentius spielen undindem sie Constantius undseine Armee ein Kreuz erblicken lassen53. Das Problem der Kreuzesvision des Constantius kann hier nicht imDetail abgehandelt werden54, doch genügen einige summarische (und i.e. keineswegs neue) Betrachtungen, um diese Vision als eine späte und auf keinen Fall zeitgenössische Erzählung zu entlarven. In unmittelbar zeitgenössischen Zeugnissen wurde allein eine Himmelserscheinung registriert, nämlich eine Kreuzerscheinung am östlichen Himmel, die am7. Mai 351, also einige Monate vorderSchlacht, zusehen war. Vondieser Erscheinung berichtet sehr knapp eine in Antiocheia redigierte, höfische Chronik, dieetwa indieFasti Hydatiani eingegangen ist: et apparuit in oriente signum Salvatoris die III kl. Feb. luna XVIII n. Mai55. Ausdieser Chronik hat auch derKirchenhistoriker Sokrates geschöpft, der ebenfalls nur allgemein von einer Erscheinung amöstlichen Himmel berichtet56. scheinlich sind viel tiefgreifendere Störungen des Berichts zu vermuten, etwa durch eine Konfusion vonSirmium, woMagnentius kurz vorderSchlacht vonMursa zurückgeschlagen worden war, unddemvor der Schlacht aufgeschlagenen Lager bei Mursa. DasWunder imSinne derkonstantinischen Dynastie hätte sich dannvorundnicht nach der Schlacht vonMursa ereignet. 52Vgl. C. Pietri, La politique de Constance II: Un premier „Césaropapisme“ou l’I mitatio Constantini, in: A. Dihle (Hrsg.), L’Église et l’Empire auIVesiècle, Vandoeu178, hier 148 zur arianischen Historiographie: „Cette littérature reflète vres 1989, 113– bien les thèmes de la propagande impériale.“ 53Chron. Pasch. 540 Bonn; Philostorg 3,26. Anders Theoph. 41,33– 42,1 und44 de Boor, derdie Verbindung zwischen Mursa undder Kreuzerscheinung nicht herstellt. 54H. Chantraine, Die Kreuzesvision von 351. Fakten undProbleme, ByzZ 86/87, 441. 1993/1994, 430– 55R. Burgess, The „Chronicle of Hydatius“andthe Consularia Constantinopolitana, Oxford 1993, 237. Das Januar-Datum erklärt sich aus einer frühen Verschreibung. Die Angabe über das Monddatum zeigt, daß die Chronik das gleiche Datum geboten haben mußwie die übrigen Quellen, vgl. Chantraine (wie Anm. 54), 435. 56Sokr. 2,28,22: τ ὸτ η ο . ZudenFaῦΣ μ ν ρ ά ε ῆ ὴ νἐφ ο ω η ῖο ρ τ νπ ςσ ὶτ ε ὴ νἀνα τ ο λ

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ObmanausdenFasten-Notizen in denFasti Hydatiani undbei Sokrates schließen kann, daß diese Himmelserscheinung überall im Osten erblickt wurde, bleibt offen. Entscheidend für dieAusgestaltung desThemas in der kirchengeschichtlichen Tradition war aber, daß man gerade in Jerusalem dasZeichen amHimmel zwischen dendurch einen intensiven Pilgerbetrieb geheiligten Stätten Golgotha unddem Ölberg sah unddieses Jerusalemer Wunder imkirchenpolitischen Interesse publik gemacht wurde57. In seinem Brief an Constantius hat Kyrill dasZeichen im Sinne einer göttlichen Bestätigung für die kaiserliche Herrschaft gedeutet unddavon eine Förderung seiner Jerusalemer Interessen für eine spätere Zeit erhofft58. Manhatüber dasJahr, in demKyrill diesen Brief verfaßt hat, diskutiert. Sollte dies 350 oder 353 der Fall gewesen sein, würden sich Bezüge zur Schlacht von Mursa erübrigen59. Die von Kyrill unabhängigen offiziösen Fastennachrichten lassen aber keinen Zweifel daran zu, daßdiese Erscheinung 351, einige Monate vor Mursa, stattgefunden haben muß. Die zeitliche Nähe hätte es damit der Propaganda Constantius II. erlaubt, den Sieg von Mursa mit der Himmelserscheinung in Verbindung zu bringen. Es scheint aber, als sei dasThema der Kreuzerscheinung schon deshalb nicht weiter genutzt worden, weil es in einem Reichsteil stattfand, in dem sich der Kaiser gerade nicht befand. In deroffiziösen antiochenischen Chronik wurde jedenfalls eine Verbindung zwischen Himmelserscheinung undder göttlichen Legitimation des Constantius nicht hergestellt, sondern allenfalls ein Bezug zu der für denöstlichen Reichsteil relevanten Ankunft des Gallus gesehen60. Undauch die Prägungen desConstantius mit derLegendeHocsigno victor eris haben entgegen einer weit verbreiteten Interpretation mit der Himmelserscheinung von 351 nichts zu tun. Hier ist nämlich nurvondenillyrischen Prägestätten eine Zeit lang einMotiv weiter geprägt worden, das bereits 350 unter der Herrschaft des Usurpators Vetranio auftaucht61. Mit dieser Prägung sollte ursprünglich im Interesse der Constennachrichten bei Sokrates F. Geppert, Die Quellen des Kirchenhistorikers Socrates 46; G. C. Hansen, Sokrates. Kirchengeschichte. Berlin Scholasticus, Leipzig 1898, 32– 1995, LI. Sokrates ist gerade nicht von Kyrill abhängig, so aber Chantraine (wie Anm.

54), 431 f.. 57 E. D. Hunt, Holy Land Pilgrimage in the Later Roman Empire AD 312– 460, Oxford 1984, 155 f. 58E. Bihain, L’épître de Cyrille deJérusalem à Constance sur la vision de la croix 296. (BHG3 413), Byzantion 43, 1973, 264– 59353 schlägt J. Vogt, Berichte über Kreuzeserscheinung ausdem4. Jh. n. Chr., in: 606, hier 602 vor; 350 dagegen H. GréMélanges H. Grégoire I, Brüssel 1949, 593– goire- P. Orgels, S. Gallicanus, Consul et Martyr dans la passion desSS. Jean et Paul, et 605, hier 596, Anm. 1. sa vision „constantinienne“ducrucifié, Byzantion 24, 1954, 579– 60So jedenfalls bei Sokr. 2,28,22. 61Ziegler (wie Anm. 51), 71 f.; J. P. C. Kent, RIC 8, The Family of Constantine I A.

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stantina andie dynastische Loyalität derSoldaten Illyrikums appelliert und anihre Siege inderKampagne von324 undindenfolgenden Barbarenkriegenerinnert werden62. Während Constantius II. also selbst noch nicht nachweislich von dem vonKyrill angebotenen Thema Gebrauch gemacht hat, ist es später vonder

arianischen Kirchengeschichtsschreibung, die dasWirken des Constantius zu rechtfertigen suchte und mit der Jerusalemer Tradition wohl vertraut war63, dankbar aufgenommen worden. Verbindungen zwischen der Kreuzerscheinung von 351 undder Kreuzesvision Konstantins hatte Kyrill von Jerusalem noch nicht gezogen, nicht weil zu diesem Zeitpunkt die Vision Konstantins nicht bekannt war, sondern weil imInteresse einer ausschließlich aufJerusalem bezogenen undConstantius schmeichelnden Argumentation es besser war, auf den Kontrast zwischen der irdischen Kreuzauffindung Konstantins und der himmlischen Erscheinung unter Constantius hinzuweisen64. Die Verbindungen zwischen denVisionen von312 und351 sind erst vonderarianischen Kirchengeschichtsschreibung hergestellt worden65, und zwar zunächst im Anonymus Gwatkin, einem ansehnlichen arianischen Geschichtswerk, dessen Tenor in der Regel aus den Gemeinsamkeiten zwischen Theophanes unddemChronicon Paschale mit großer

364, London 1989, 344 f.; Bleckmann (wie Anm. 45), 48 f.; Chantraine (wie D. 337– Anm.54), 437 f. 62Die Bezüge zur Visionslegende bei Euseb sind in dieser Prägung unbestreitbar. Vor allem fällt die Formel, in der in der zweiten Person Konstantin als der Empfänger desmagischen Labarum aufdie künftige Erfolge aufmerksam gemacht wird, inMünzlegende undbei Euseb ähnlich aus, während durch Victor aufdie offizielle Titulatur nach 324 angespielt wird. Dennoch muß offen bleiben, ob die Soldaten wirklich an die konkrete Vision von312 (in derDeutung derspätkonstantinischen Zeit) oder nurandie allgemeine Tatsache erinnert wurden, daßdas Labarum, mit demauch undgerade die Erfolge von 324 und später verknüpft waren, von einer göttlichen Macht verliehen wurde, die zum Kaiser –Konstantin bzw. Vetranio –in einer persönlichen Beziehung stand. Erinnert sei daran, daßEuseb ja ausführlich über die wunderbaren Wirkungen des Labarum in Pannonien undim Donauraum berichtet (Eus. Vit. Const. 4,5,2). In späten Quellen findet man sogar eine pannonische Vision Konstantins während des Bürger6 bzw. Visionen Konstantins im Kampf kriegs gegen Licinius, vgl. Leon Gramm. 85,3– gegen Donaubarbaren Leon Diaconus 8,8, p. 138 Bonn (angebliche Errichtung von Skythen) undBHG3 364 (M. Dorostolon durch Konstantin nach einem Sieg gegen die „ Guidi, Un Bios di Costantino, Rendic. Lincei 5,10, 1907), p. 337. 63 Die genauen topographischen Angaben bei Philostorg. 3,26 verraten die Vertrautheit dieser Kirchengeschichtsschreibung mitdenAusführungen Kyrills. 64Vogt (wie Anm. 59), 593– 606. 65Vgl. zurAngleichung derVisionen von312 und351 in der arianischen Historiographie P. Bidez, Fragments nouveaux de Philostorge surla Vie deConstantin, Byzantion 10, 1935, 433 f.; Grégoire-Orgels (wie Anm. 59) 596, Anm. 1.

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Sicherheit rekonstruiert werden kann66. Diese Quelle ging vonzwei simultanen Erscheinungen im Jahre 351 aus. Gleichzeitig mit der Himmelserscheinung in Jerusalem soll Constantius mit seinem Heer in Pannonien unmittelbar vor der Schlacht vonMursa (die in Wirklichkeit erst vier Monate nach der Jerusalemer Erscheinung stattfand) ebenfalls das Kreuz am Himmel erblickt haben67. Diese artifizielle Konstruktion eines Kirchenhistorikers, der seine arianische Geschichte wohl erst im ausgehenden IV. Jahrhundert als Gegendarstellung zu orthodoxeren Darstellungen verfaßt hat, wurde dann von Philostorg, der denAnonymus Gwatkin benutzt hat, weiter ausgeschmückt: In der komplexen Jerusalemer Himmelserscheinung, die dieser Historiker beschreibt, verkündet der voneinem Regenbogen gebildete Kranz denbevorstehenden Sieg des Kaisers. Die gleiche Erscheinung wird ferner in Pannonien nicht nur vom Heer des Constantius gesehen, sondern auch vomheidnischen Heer des Magnentius, das so bereits unmittelbar vor derNiederlage bei Mursa tief entmutigt ist68. Die Deutung des Triumphes von Mursa im Sinne einer imitatio Constantini mußte einem arianischen Kirchenhistoriker, der Euseb vorAugen hatte, nahe liegen. Daßer damit einzeitgenössisches Thema widerspiegelt, 66Zur Rekonstruktion dieses arianischen Historiographen vgl. J. Bidez, Philostorgius Kirchengeschichte. Mit demLeben desLucian vonAntiochien unddenFragmenten eines arianischen Historiographen 3. Auflage, bearb. vonF. Winkelmann, Berlin 1981, CLXIII. Theophanes korrigiert seine Quelle mitunter im orthodoxen Sinn und CLI– entfällt für die Rekonstruktion des Berichts für die Vision von 351, vgl. o. Anm. 53. 67Vgl. dagegen Chantraine (wie Anm. 54), 436: „Prüft mandie genannte Version genauer, so mußmanfeststellen, daß die Kreuzesvision unddie Schlacht von Mursa nicht expressis verbis miteinander verbunden werden.“Chantraine verweist weiter darauf, daß auch im Visionsbericht Eusebs die Vision eine geraume Zeit vor der Schlacht stattfindet. Unsere Quelle hat aber zweifellos an eine Vision unmittelbar vor der Schlacht von Mursa gedacht, da Magnentius ja erst im Herbst 351 in Illyrikum eingefallen ist, die Vision aber stattfindet, als die Kampfhandlungen bereits aufgenomῷ σ 20: τ ὺ ῷ ῷ να σ ὄ τρ ῷ ὐ α ν κ τ τ τ α τ ιἐ ὰ ντ men worden sind (Chron. Pasch. 540,10– ῳ ρ μ κ έν α ο υΚ ω ὶἀ ν τ σ α ν α τ ίο ξ υν ). ικ ν ᾶ ιο νπ τ ν λ γ έν ο έμ α Μ 68 Philostorg. 3,26 (Photiosexzerpt) und 26 a (Artemii Passio). In Übersetzung Constantius wurde nun des Tyrannen Herr, als zu dieser lautet das Photios-Exzerpt: „ Zeit das Zeichen des Kreuzes in größter Form erschien undmit überaus auffallendem Glanz dasLicht desTages überstrahlte. Mansahes über Jerusalem ungefähr zurdritten Tagesstunde, als das sogenannte Pfingstfest bevorstand. Jenes von Gott gezeichnete Bild wurde gesehen, wiees sich vondersogenannten Schädelstätte (Golgatha) bis zum Ölberg erstreckte, wobei ein großer Regenbogen es von allen Seiten nach Art eines Kranzes umwand. Der Regenbogen offenbarte das Wohlwollen des Gekreuzigten und

zumHimmel Aufgestiegenen, derKranz aber denSieg desKaisers. Jenes lichtbringende undehrwürdige Zeichen blieb auch denKriegführenden nicht verborgen, sondern als es in ganz offenkundiger Weise gesehen wurde, versetzte es den Magnentius und seine Leute in hoffnungslose Furcht, da sie sich ganz derVerehrung derGötzen ergeben hatten, denConstantius dagegen unddessen Leute erhob es zuunüberwindlichem Kampfesmut.“

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ist mit relativ großer Sicherheit ausgeschlossen. Meist scheint nämlich in derhöfischen Propaganda dasVorbild Konstantin bewußt ignoriert worden zu sein, weil Constantius spätestens seit den50er Jahren zwar als exklusiver Alleinerbe Constantins des Großen gelten wollte, nicht aber als Sohn, der im Schatten des Vaters stand. Dementsprechend bemühte man sich, nicht die imitatio, sondern eher die superatio Constantini in den Vordergrund zu stellen: Nach Cyrill vonJerusalem übertrifft Constantius mit der himmlischen Kreuzerscheinung in Jerusalem die irdische Kreuzauffindung unter Constantin69, und in den Augen des Themistius ist Constantius ein größerer Wohltäter Constantinopels als sein Vater, der der Stadt ihren Namengegeben hat70. Wenn in der Umgebung Constantius II. überhaupt an die Bürgerkriege Konstantins erinnert wurde, lag angesichts der Lokalitäten weniger die Erinnerung andie Schlacht anderMilvischen Brücke, sondern diejenige an die –in der konstantinischen Propaganda ohnehin wichtigeren –Kämpfe gegen Licinius nahe71. Die Erinnerung an denBürgerkrieg gegen Licinius soll nach der Erzählung des Zosimos (2,48,3) die Entscheidung des Constantius beeinflußt haben, seine Armee nach Cibalae zu legen und diese Stadt stark zu befestigen: „ Er glaubte, daß Cibalis, wo Konstantin einen Licinius gegen aufgenommen undmit Gewalt denSieg davongetraKampf genhatte, ein geeigneter Ortsei, umsein Vorhaben durchzuführen“ . Undin der einzigen zeitgenössischen Äußerung, in der die Schlacht von Mursa 69Vgl. Vogt (wie Anm. 59). 70Them. 3,40 c. Anders zumVerhältnis Konstantin-Constantius Piétri (wie Anm. 52), 113: „Après vingt ansderègne, le fils deConstantin aspirait toujours à passer pour un héritier.“Piétri verweist auf Iul. Imp. or. 1,9 a, woJulian bemerkt, daß unter der jener (Konstantin) noch zu herrschen scheint.“Die ArguRegierung Constantius II. „ mentation ist folgende: Konstantin wirkt durch die Erziehung seines Sohnes über seine Regierungszeit hinaus. Gleichwohl beeilt sich Julian zubeteuern, daßdieErziehung des Constantius die einzige nennenswerte Großtat Konstantins darstellt unddaßConstantius seinen Vater an Milde undan vielen anderen Tugenden übertrifft. 71Eine Parallele Magnentius-Maxentius stellt Them. 3,44 a– b her, allerdings lediglich imZusammenhang mit derBefreiung Roms vonderTyrannis desMaxentius bzw. des Magnentius. Einen Beleg für die Bedeutung der Vision der Schlacht an der Milvischen Brücke für die Propaganda imZeitalter desConstantius scheinen die Parolen auf die vonM. Scrinari entdeckten Fresken vomLateran zubieten, vgl. CIL VI 40769, I,3: [in] signo [h]oc est patris victoria. Eine zuverlässige Publikation mit Photos ist allerdings noch nicht erfolgt. Imeinzelnen ist Skepsis entweder gegen die Lesungen Scrinaris oder gegen die Historizität dergemalten Inschriften angebracht. In V,2 liest Scrinari (nach derWiedergabe Alföldys): cons(ul), p(ater) p(atriae) IV, Imp(erator) Constantiu[s] Chlorus. Von der Kaisertitulatur ist hier auffällig wenig korrekt. Störender ist aber, daß Constantius I. in derAntike nirgends als Chlorus begegnet, sondern dieser Beiname erst seit derbyzantinischen Zeit belegt ist. In einem dynastischen Monument ist derBeina-

mejedenfalls nicht zuerwarten.

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überhaupt mit den Bürgerkriegserfolgen Konstantins in Verbindung gebracht wird, wird darauf hingewiesen, daß Constantius an genau dengleichen Örtlichkeiten wie sein Vater den Sieg über einen Rivalen davon getragen hat, allerdings nurumimSinne dersuperatio zubetonen, daßder Sieg desConstantius wesentlich bedeutender war: „ Duhast einTropaion in Erinnerung andenSieg aufgestellt, dasglänzender waralsdasjenige deines Vaters. Dieser führte nämlich Truppen, diebisdahin alsunbesiegbar galten, undbesiegte einen unglücklichen Greis. Duaber hast gegen eine Tyrannis gekämpft, die stark warundblühte, nicht nurdurch die Übeltaten, die sie anrichtete, sondern auch durch ihre Jugend. Dabei hast dudich miterst von 72 dir ausgerüsteten Truppen zumKampf gestellt.“ Das Zeugnis Julians verdeutlicht, wie wenig von offizieller Seite aus der Kampf bei Mursa als bloße Wiederholung der Erfolge Konstantins aufgefaßt wurde und daß Bezüge zur Schlacht an der Milvischen Brücke nicht hergestellt wurden. Die christliche Erzählung von Constantius als Gegenbild Konstantins, der im Kampf gegen Magnentius vor Mursa eine Vision erlebt, ist vielmehr eine literarische Konstruktion, in der Elemente derJerusalemer Tradition über die Kreuzvision von 351 mitAnleihen aus derDarstellung Eusebs kombiniert worden sind. ImRahmen derUmgestaltung von Mursa zum Gegenstück der Legende von der Schlacht an der Milvischen Brücke ist dann auch der Kampf zwischen Magnentius und Constantius konsequent zumKampf zwischen Christen undHeiden umgedeutet worden, so daß bei Philostorg Constantius undseine Leute im Zeichen desKreuzes, Magnentius undseine Truppen dagegen allein mitUnterstützung heidnischer Dämonen kämpfen73. Interessant ist, daß diese Darstellung derEreignisse auch bei einem nicht-arianischen Kirchenhistoriker, der eigentlich keinen Grund hatte für Constantius II. zu werben, seine Spuren hinterlassen hat. Nach Theodoret soll Constantius nämlich ausschließlich mit christlich getauften Truppen in den Kampf gezogen sein74. Zu erklären ist dieser Zug mit der unzureichenden Überarbeitung einer constantius-freundlichen Überlieferung, dievonTheodoret auch ananderer Stelle benutzt worden ist75.

72Iul. Imp. or. 1,37 b. Zur Rolle des Altersunterschieds zwischen Konstantin und Licinius vgl. Sozom. 1,7,3. 73Philostorg. 3, 27. 74Theodoret. h. e. 3, 3,7. Vgl. Leppin (wie Anm. 51), 63. Pietri (wie Anm. 52), 147 Constance, qui est encore catéchumène, invite les hält dies für ein historisches Detail: „ soldats lancés contre Magnence à recevoir le baptême: ils sont les défenseurs de l’empire chrétien contre le tyran païen.“Gerade daß Constantius selbst nicht getauft war, läßt es unwahrscheinlich erscheinen, daßer seine Soldaten zumEmpfang derTaufe aufgefordert haben soll. 75Auf dasuneinheitliche Constantius-Bild Theodorets verweist Leppin (wie Anm.

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2. Die orthodoxe

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Deutung

Abgesehen von der Erzählung Theodorets über die Taufe der Soldaten des Constantius undabgesehen vonderinterpretatio christiana derwundersamenAkklamation desConstantius bei Sozomenos begegnet dasThema des göttlichen Beistands für Constantius in der orthodoxen Tradition nicht. Eine berühmte Passage inderChronik desSulpicius Severus zeigt eher, daß vonorthodoxer Seite dieses Thema, dasvonder imperialen Propaganda in allgemeinen Zügen skizziert underst in einer späten arianischen Tradition dann zur imitatio Constantini konkretisiert wurde, wegen der Heterodoxie des Kaisers bewußt ignoriert wurde. Derbesondere Einfluß desValens von Mursa in derKirchenpolitik desConstantius wirdmitdessen schlauer Täuschung eines furchtsamen Kaisers erklärt, der am Schlachtgeschehen gar keinen eigenen Anteil hat, sondern in einer basilica martyrum außerhalb der Stadt denAusgang abwartet. Der Sieg hat in keinerlei Hinsicht göttlichen oder wunderbaren Charakter. Es gibt lediglich ein falsches Wunder, als nämlich Valens vonMursa, dervorher schon alles disponiert hat, umals erster informiert zuwerden, die Nachricht vomSieg demKaiser überbringt und dabei behauptet, daß ein Engel ihm selbst diese Botschaft überbracht habe. Der leichtgläubige undschwache Kaiser gerät auf diese Weise unter den Einfluß des Hofbischofs und betont ab diesem Zeitpunkt ständig se Valentis meritis, non virtute exercitus vicisse76.

71. Als constantius-feindlich interpretiert Leppin, 66 f. die Erzählung über die 51), 60– 14. Dort erscheint ein Abbild des Belagerung von Nisibis 338 bei Theod. h. e. 2,30,1– Kaisers (mit Purpur undDiadem) auf der Mauer, während Constantius II. selbst noch abwesend ist: Schapur II. erkennt daraus, daß die Römer mit Gottes Unterstützung kämpft. Theodoret betont in der Tat deutlich, daß aufgrund solcher Wunder der Sieg gegen Schapur nicht die Leistung derrömischen Armee, sondern ausschließlich diejenige Gottes gewesen sei. Der ursprüngliche Tenor dieser Erzählung ist allerdings, daß Constantius II. sogottgeliebt ist, daßeinwunderbares Abbild seiner kaiserlichen Person für ihn denSieg erringt, vgl. nämlich die Darstellung des Anonymus Gwatkin, dessen 539) über die Belagerung von Tenor im Bericht des Chronicon Paschale (536,18– Nisibis zu greifen ist, während Theophanes (39,13–40,13), was die Interpretation der Erscheinung auf derStadtmauer betrifft, schon vonderOrthodoxie undderDarstellung Theodorets beeinflußt ist. Vgl. zur Verdrängung einiger constantius-freundlicher Elemente des Anonymus Gwatkin durch Theophanes auch die Parallele in Anm. 53. 76Sulp. Sev. chron. II 38,5: nameo tempore, quo apud Mursam contra Magnentius armis certatum, Constantius descendere in conspectum pugnae non ausus in basilica extra oppidum sita Valente turn eius loci episcopo in solatium assumpto, diversatus est. ceterum Valens callide per *** suos disposuerat, ut quis proelii fuisset eventus primus cognosceret, vel gratiam regis captans, si prior bonum nuntium detulisset, vel vitae consulens, ante capturus fugiendi spatium, si quid contra accidisset. itaque paucis, qui circa regem erant, metu trepidis, imperatore anxio, primus nuntiat hostes fugere. cum

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Gerade eine solche Aussage ist ausdemMunde eines spätantiken Kaisers, der357 miteinem Teil seines Heeres nach Romzog, umdenTriumph über Magnentius zu feiern, kaum vorstellbar undentlarvt die Darstellung desSulpicius Severus als eine durchsichtige, demConstantius undderarianischen Richtung feindliche Geschichtskonstruktion. Die zeitgenössischen Äußerungen, insbesondere die beiden Panegyrici Julians, aber auch die eigene triumphale Selbstdarstellung lassen keinen Zweifel daran zu, daß Constantius dengroßen Bürgerkriegssieg von Mursa als einen mit göttlichemBeistand, konkret aber durch diemilitärische Tüchtigkeit seiner eigenen Person undseines Heeres errungenen Sieg verstehen wollte. Der Bericht Julians erweckt dabei den Eindruck, daß Constantius durchaus auf demSchlachtfeld selbst präsent war, daßetwa die genau beschriebene Disposition der Truppen auf ihn zurückging und daß er die Drau zu seiner Rechten hatte77. Der in der Kapelle betende undvomSchlachtfeld abwesende Constantius ist gewiß ein Bild, das besser zur landläufigen Vorstellung eines frühbyzantinischen Herrschers paßt und sich daher in vielen modernen Darstellungen der Schlacht vonMursa findet78. Da die Präsenz desConstantius auch in anderen militärischen Operationen gegen Magnentius vonJulian ausdrücklich festgestellt wird79, gibt eskeinen Grund, ander ille indicem ipsum intromitti posceret, Valens, ut reverentiam sui adderet, angelum sibi fuisse nuntium respondit. facilis ad credendum imperator palam postea dicere solitus,

se Valentis meritis, non virtute exercitus vicisse. 77Iul. Imp. or. 3,57 b: τ ό τ εδ ὴβ α σ ιλ ρ ὶς ε ε ιχω ὺ ω τ τ ςτά ςτο α ὶκέρ ύ έ εἱπ π ςἐπ ςτ . ὸ νἐ μ νδεξ ιᾷ τα ο ,τ ν π ῦ ὸ ε ο υ . lul. Imp. or. 1,36 a: ἔχ ἑκ α τ έρ ιλ α σ ω νδ β τ ὲα ὐ ό ς ,ὦ 78 O. Seeck, Geschichte des Untergangs der Antiken Welt IV, Stuttgart 19222, 113 f.: „Constantius sah vondemKampf überhaupt nichts; weit hinter derFront kniete er in einer Kapelle, die über dem Grabe eines Märtyrers errichtet war, und betete, während seine Soldaten sich schlugen. Es bedurfte derStimme eines Engels, umzuerst demBischof Valens von Mursa, der ihmbeten half, unddurch diesen ihm selbst den Sieg zu verkündigen.“ ; H. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche III, Berlin 1938, Als die Heere bei Mursa miteinander rangen, sprengte Konstantius nicht nach 210: „ seines Vaters Vorbild anderSpitze seiner Reiter unter die Feinde, sondern erwartete in einer Kirche vorderStadt unter demseelsorgerlichen Zuspruch desBischofs Valens den ; Bastien (wie Anm.), 20: „Constance qui priait sur la tombe Ausgang des Kampfes.“ ; H. C. Brennecke, Hilarius von d’un martyr aux abords du champ de bataille (...).“ Poitiers unddie Bischofsopposition gegen Konstantius II. Untersuchungen zur dritten 361), Berlin –NewYork 1984, 68 f.: „Konstantius Phase desArianischen Streites (337– hat an der Schlacht selbst nicht teilgenommen, wie es sein Vater einst zu tun pflegte, sondern die Zeit abseits in einer Märtyrerkriche imGebet verbracht.“ 79Iul. Imp. or. 1,39 b: „ Duzogst persönlich unter freiem Himmel zuFelde, obgleich . Gemeint ist wohl Emona, wo sich in der Nähe eine nicht unbedeutende Stadt befand“ sich Constantius hätte aufhalten können, umdie Entscheidung gegen Magnentius vor Aquileia abzuwarten. Derfeige Magnentius hält sich dagegen in Aquileia aufundflieht sofort ausderStadt, als ihndie Nachricht vonderNiederlage erwartet.

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hochtendenziösen Darstellung desSulpicius Severus festzuhalten80, die aus den kirchenpolitischen Streitigkeiten der letzten Jahre des Constantius zu erklären ist. Valens vonMursa fungierte wohl nicht, wiedieAnekdote desSulpicius Severus suggeriert, bereits unmittelbar nach der Schlacht von Mursa, sondern vielleicht erst abder4. sirmischen Formel (abMai359) alsprominenter Ratgeber desConstantius81. Zweifellos wußte er dabei dasPrestige auszunutzen, das sich daraus ergab, daßer der Lokalbischof von Mursa, d. h. des Ortes der inzwischen zumMythos gewordenen Schlacht, war. In den Auseinandersetzungen um den kirchlichen Vorrang dürfte er sich einen gewissen Anteil am Sieg des Constantius zugewiesen haben, etwa durch den Hinweis auf einen siegverkündenden Engel82. Vondieser ab 359 verbreiteten Selbstdeutung des theologischen Beraters ging dann auch die kirchliche Gegenseite aus, als sie im Schutze der inzwischen erfolgten Usurpation Julians denKaiser ungezügelt attackieren konnte unddenMythos vonMursa zuentlarven suchte83. In derfeindlichen Version wurde klar gemacht, daß der Sieg vonMursa ein Geschehen war, das nichts mit dem abwesenden und von Betrügern manipulierten Kaiser zu tun hatte und daher auch nicht aufdengottgewollten Charakter seiner Herrschaft verweisen konnte84. Diese polemische Version, die auf die libri tres adversus Valentem et Ursacium des Hilarius vonPoitiers zurückgehen muß, ist dann in die Chronik des Sulpicius Severus eingegangen85. In Spuren ist eine solche Geschichtsdeutung auch bei demorthodoxen Kirchenhistoriker Sokrates zu greifen, wenn seiner Darstellung zufolge Constantius sich in

80Topographische Kenntnisse, die ein gewisses Indiz für die Authentizität der Erzählung bieten würden, kann ich gegen M. Fluss, RE XVI (1933), 671, nicht erkennen. descendere in conspectum pugnae kann manwohl nicht mit denbei Ossiek existierendenHügelzügen in Verbindung bringen.

81Vgl. Brennecke (wie Anm. 78), 69, Anm. 25. 82Daß dieser Zugder Erzählung des Sulpicius Severus aus der kirchlichen Umgebung des Constantius stammen muß, betont Stern (wie Anm. 23), 94, Anm. 5 zurecht. 83Die extremste Form der scharfen Polemik gegen Constantius II. warerst in der durch dieUsurpation Julians geschaffenen Situation möglich, vgl. R. Klein, Constantius II. unddie christliche Kirche, Darmstadt 1977, 103 und 127 f. 84Zumtendenziösen Charakter derDarstellung vgl. Klein (wie Anm. 83), 86, Anm. Die Geschichte, inderValens wieeindemKaiser erscheinender Engel dargestellt 166: „ wird (sic!), will in gehässiger Manier dessen Wundergläubigkeit geißeln.“ 85Zurverlorenen polemischen Schrift des Hilarius gegen Valens undUrsacius als Quelle vieler Passagen der Chronik des Sulpicius Severus G. K. vonAndel, The Christian Concept of History in the Chronicle of Sulpicius Severus, Amsterdam 1976, 86 f.; 229. Die feindliche Tendenz gegen F. Ghizzoni, Sulpicio Severo, Parma 1983, 222– Constantius II. stellt auch S. Weber, DieChronik desSulpicius Severus. Charakteristika undIntentionen, Trier 1997, 65 fest, ohne auf die Quellenfrage einzugehen.

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Sirmium aufgehalten haben soll, umdenAusgang des Kriegs gegen Magnentius zuerwarten86. Es scheint, als seien die orthodoxen Autoren letztlich voneiner vomUsurpator Julian initiierten Diskussion umdie Sieghaftigkeit des Constantius inspiriert worden87. Eine Musterung derchristlichen Quellen zurSchlacht vonMursa führt zum Ergebnis, daß das Thema des göttlichen Beistands zunächst nur in allgemeiner undvager Weise formuliert worden ist, dieganz denvertrauten Schemata der kaiserlichen Siegestheologie entsprach. Erst als sich in den letzten Regierungsjahren desConstantius derStreit zwischen Homöern und Orthodoxen zuspitzte, begann die konfessionelle Deutung eine gewisse Rolle zu spielen88. Dabei scheint sich die homöische Seite einen gewissen Anteil amSieg vonMursa zugerechnet zuhaben. In derposthumen Auseinandersetzung um die kirchenpolitische Rolle Constantius II. wurde dann von homöischer Seite aus der Sieg des Constantius über Magnentius als eine Neuauflage des Sieges Constantins über Maxentius umgedeutet, während in der Deutung des Sulpicius Severus diese Schlacht ein Geschehen ist, das sich ganz unabhängig vomEingreifen desConstantius abspielt.

IV. Die stadtrömisch-senatorische Tradition: Die Schlacht vonMursa als tragisches Bürgerkriegsgeschehen Damit sind diechristlichen Deutungen derSchlacht vonMursa auskonfessionellen Kontroversen gesponnene Konstrukte, die mit einer Wahrnehmung derRealität desBürgerkriegs bzw. denreal bei denBürgerkriegsparteien vorhandenen Stimmungen undMotiven nichts zu tun haben. Etwas anders scheint es sich mitderprofanen Historiographie zuverhalten, in der

86Sokr. 2,28,23; 2,31,5. Aufgrund gravierender Konfusionen ist der Verlauf des Kriegs gegen Magnentius bei Sokrates nicht deutlich zu erkennen. Gleichwohl wird manannehmen können, daßdieses Abwarten vorallem für denAufenthaltsort während der Schlacht von Mursa gelten dürfte. Als Indiz für möglichen Vorwurf persönlicher Feigheit bei Leppin (wie Anm. 51), 66 gedeutet. 87Es wurde Anstoß anderPropaganda Constantius II. genommen, die für Constantius II. auch die kriegerischen Erfolge in Anspruch nahm, bei denen er nicht anwesend war, aber dieFiktion seiner persönlichen Anwesenheit aufrecht erhalten ließ, vgl. Amm. 16,12, 69 f., Iul. Imp. ep. ad. Ath. 279 d. Dertriumphalen Selbstdarstellung des Kaisers angesichts äußerer Erfolge wurde auf diese Weise die Legitimation abgesprochen. Ob dasGleiche auch für Bürgerkriegssiege galt, läßt sich nicht ausmachen. Es scheint aber nachvollziehbar, daßab 360 diejulianische Propaganda angesichts des zuerwartenden Bürgerkriegs daran interessiert gewesen sein muß, auch an diesen Nimbus zukratzen. 88Lucifer von Cagliari argumentiert gegen die Homöer, die diefelicitas des Constantius mit dessen konfessioneller Ausrichtung erklären, vgl. mit weiterer Literatur F. 126. Heim, La théologie de la Victoire de Constantin à Théodose, Paris 1992, 121–

Die Schlacht von Mursa

69

–denGepflogenheiten des seit Thukydides auf Militärgeschichte fixierten Genres entsprechend –der Ablauf militärischer Operationen in größter Detailfreude dargestellt undin der daher zumindest eine Realität des Bürgerkriegs genauer beschrieben wird als in den christlichen Quellen. Trotz

dieser Genauigkeit geben allerdings dieprofangeschichtlichen Berichte des Zosimos oder desZonaras kaumeine relativ authentische Sicht desKrieges wieder, sondern sind –nicht anders als die kirchlichen Darstellungen – literarische Konstrukte späterer Generationen. Das beweist eine Analyse dieser detaillierten Berichte, insbesondere die Darstellung der Beziehungen, die zwischen diesen Berichten undder zeitgenössischen Epik auffal-

len.

1. DasEpos derProba Daßes eine Epik gegeben hat, dieAspekte derZeitgeschichte desIV. Jahrhunderts behandelte, wissen wirauseinem entlegenen Zeugnis zudendichterischen Aktivitäten derSenatorin Proba. In derSubscriptio desverlorenen Codex Mutinensis, der das Cento-Gedicht der Senatorin Proba enthielt, wurde ein episches Werk der gleichen Autorin erwähnt, das den Bürgerkrieg zwischen Constantius und Magnentius zum Inhalt hatte89. Einige prosopographische Daten zudieser Angehörigen derHocharistokratie sind bekannt90. Ihr Mann Clodius Celsinus Adelphius war kurze Zeit unter Magnentius praefectus urbi, wurde dann aber wegen Maiestätsvergehens denunziert, wohl deshalb, weil er –kurze Zeit nach derSchlacht vonMursa –aufdiesicherere Seite wechseln wollte91. Unter diesen Umständen gelang 89B. de Montfaucon, Diarium Italicum, Paris 1702, 36: Proba, uxor Adelphii, mater Olibrii et Aliepii, cum Constantini (sic) imperatoris bellum adversus Magnentium conscripsisset, scripsit et hunc librum. Vgl. R. Herzog, in: ders. (Hrsg.), Restauration und Erneuerung. Die lateinische Literatur von 284 bis 374 n. Chr., HLL 5, München 1989, § 562, T. 5 90Zu prosopographischen Details über die Dichterin Faltonia Betitia Proba vgl. A. 134; Chastagnol, Les Fastes de la Préfecture de Rome au Bas-Empire, Paris 1962, 131– J. Matthews, The Poetess Proba andFourth-Century Rome: Questions andInterpretation, in: M. Christol u. a. (Hrsg.), Institutions, société et vie politique dans l’Empire 304; H. Sivan, Anician women, the Romain au IVe siècle ap. J.-C., Rom 1992, 277– Cento of Proba, andaristocratic conversion in the fourth century, VChr 47, 1993, 140– 157 und B. Näf, Senatorisches Standesbewußtsein in Spätrömischer Zeit, Freiburg 1995, 87 mit Anm. 11 (Literatur). Die partiell abwegigen Erörterungen vonD. Shanzer, The Anonymous Carmen contra paganos and the date and identity of the Centonist 248 werden von Herzog (wie Anm. 89) zu Recht zurückProba, REAug 32, 1986, 232– gewiesen, vgl. auch die Beweisführung bei Matthews. 91Amm. 16,6,2: Sed specialiter eum (Arbetionem) insectabatur Dorus quidam ex medico scutariorum, quemnitentium rerum centurionem subMagnentio Romae provectum rettulimus accusasse Adelfium urbi praefectum ut altiora coeptantem.

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es ihm vermutlich, die Gnade Constantius II. zu erhalten92, auch wenn er seine Karriere unter demlegitimen Kaiser nicht fortsetzte. Aufgrund derfür Adelphius bekannten biographischen Details liegt es zunächst nahe zu vermuten, daßdas Gedicht der Proba mit der Begnadigung desAdelphius durch Constantius II. zu tunhaben könnte, undso hat manangenommen, dieses Werk sei ein im Interesse des herrschenden Kaisers verfaßtes Epos auf den Bürgerkrieg zwischen Constantius und Magnentius gewesen93. Doch weist die knappe Inhaltsangabe, die Proba selbst im Prolog ihres Cento-Gedichts zuihrer früheren Dichtung gibt, eher in eine andere Richtung94:

WiedieFührer dengeheiligten BunddesFriedens entweihten, gefesselt vonder gräßlichen Gier des Herrschens, ferner Morde unter Gegnern, grausame Kriege von Herrschern, Schlachten zwischen Verwandten, gebrandmarkte Schilde, die vomMorde derVäter befleckt waren, Trophäen, dienicht vomäußeren Feinde gewonnen wurden, Triumphe, die der Ruhm mit Blut befleckt davon trug, Städte, die so oft unzähliger Bürger beraubt wurden: überdasalles habe ich, ichgestehe, vorlangem geschrieben. Genug ist’s, sich dieser Übel zuerinnern. Nun, allmächtiger Gott, empfange, ich bitte dich, mein heiliges Lied. Eine panegyrische Parteinahme zugunsten desConstantius II. läßt sich in diesen Zeilen nicht erkennen. Vielmehr werden die Ereignisse inAnalogie zu dem mythisierten Bild der Bürgerkriege der späten Republik be92Chastagnol (wie Anm. 90), 134. 93Herzog (wie Anm. 89), 338: „ Das verlorene Werk über die Niederwerfung des Usurpators Magnentius (...) dürfte ein (panegyrisches?) Zeitepos aufdenherrschenden : Realtà . Vgl. auchL. Cracco Ruggini, „Felix temporum reparatio“ Kaiser gewesen sein“ socio-economiche

in movimento

durante

unventennio di regno (Costanzo II Augusto,

361 d. C.), in: A. Dihle (Hrsg.), L’Église et l’Empire au IVesiècle, Vandoeuvres 337– , dasviel243, hier 212 f.; Matthews (wie Anm.90), 297 f.: ein „loyal poem“ 1989, 179– leicht Constantius während seines Rombesuchs 357 überreicht wurde. DasInteresse des Constantius fürepische Gedichte wird in Amm.21,16,4 hervorgehoben. DerLeoquelle zufolge soll er sogar selbst zur Abfassung von Epen imstande gewesen sein (Zon. 13,11,31). 94Cento Probae, Poetae Christiani Minores I, CSEL I, v. 1– 8: lam dudum temerasse duces piafoedera pacis regnandi miseros tenuit quos dira cupido, diversasque neces, regum crudelia bella, cognatosque acies, pollutos caede parentum insignis clipeos, nulloque ex hoste tropaea, sanguine conspersos tulerat quosfama triumphos, innumeris totiens viduatas civibus urbes confiteor scripsi: satis est meminisse malorum, nunc, deus omnipotens, sacrum, precor, accipe carmen.

Die Schlacht vonMursa

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schrieben, wie es durch die kaiserzeitliche Bürgerkriegsepik, besonders durch dasEpos Lukans vermittelt wurde95. Zwar hatdie Centonendichterin Proba auch im Prooemium reichlich zuvergilischen Wendungen gegriffen, das Modell Lukans läßt sich jedoch schon, was die sprachliche Formulierung betrifft, durchaus erkennen. So findet sich etwa die Wendung cognatasque acies, mit der ein typisches Thema der Bürgerkriegsepik entfaltet wird, nämlich der aller pietas Hohn sprechende Bruderkampf, in der Einleitung des lukanischen Epos96. Entscheidend sind aber vorallem inhaltliche Parallelen mitderDarstel-

lung Lukans:

– Der von Lukan



dargestellte Bürgerkrieg beginnt mit dem Bruch des Bündnisses zwischen denduces Pompeius undCaesar97. Proba wußte, daß ein konkretes Bündnis zwischen Constantius II. und Magnentius nicht bestand, sondern daßdemKrieg nurgescheiterte Vermittlungsbemühungen vorausgegangen waren98. Umdie Analogie zur Darstellung Lukans herzustellen, beschreibt sie die Beendigung des Friedenszustands als Auflösung derfoedera pacis. Der Einfluß des Vorbilds zeigt sich darin, daß dabei Proba Constantius II. undMagnentius lukanisch zunächst als duces bezeichnet99 unddaßerst in der dritten Zeile deutlich gemacht wird, daß sich in diesem Kriege Monarchen bekämpfen (regum crudelia bella). Das Motiv, dasnach Proba beide Parteien in denBürgerkrieg treibt, ist die dira cupido regnandi100. Auch hier sind die Analogien zu Lukan deutlich zu greifen, insbesondere natürlich zum Zerrbild, das dieser vom herrschsüchtigen Caesar gibt101.

95V. Ermini, Il Centone di Proba e la letteratura centonaria latina, Rom 1907 (non vidi). Offen bleibt, inwieweit neben Lucan auch andere Bürgerkriegsgedichte der Kaiserzeit Proba beeinflußt haben. Wie verbreitet das Genre war, zeigt die Karikatur auf diese dichterischen Aktivitäten imBürgerkriegsgedicht Eumolps im Satyricon Petrons. Erhalten geblieben ist neben Lukan das ohne Zweifel kaiserzeitliche Carmen de Bello Actiaco, vgl. zu diesem zuletzt G. Kloss, Die dritte Kolumne des Carmen de Bello 27. Zu weiteren Vertretern der BürgerActiaco (P. Herc. 817), ZPE 116, 1997, 21– kriegsepik vgl. J. Brisset, Les idées politiques de Lucain, Paris 1964, 27. 96Cento Probae 5; Lucan. 1,4. Zudieser wörtlichen Übereinstimmung vgl. Shanzer (wie Anm. 90), 233, Anm. 5; Matthews (wie Anm. 90), 292. 97Lucan. 1,98– 157. Pompeius trägt für den Bruch des 1. Triumvirats die gleiche Verantwortung wieCaesar, vgl. Brisset (wie Anm. 95), 37. 98Etwa die Missionen des Marcellinus oder des Flavius Philippus. 99Lucan. 1,99; 158; 186; 265; 293 u. ö. In der Kombination mit demHinweis auf Störung des Friedens: Lucan. 7,93 f: potui sine caede subactum/ captivumque ducem violatae tradere paci. 100Die Wendung selbst stammt aus Verg. Georg. 1,37, woallerdings kein Zusammenhang mitdemBürgerkrieg besteht. 101Lucan. 1,109– 111: Dividitur ferro regnum, populique potentis,/ quae mare,

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– Die gerade fürBürgerkriege topisch hervorgehobene Grausamkeit (crudelia bella)102 manifestiert sich vor allem im Thema des sowohl von Lukan wie von Proba hervorgehobenen Bruder- und Vatermordes in Bürgerkriegsschlachten103. interessant sind in Hinblick auf die zeitgenössischen Realitäten die Zeilen, die Proba (5f.) denErgebnissen desBürgerkriegs widmet: nulloque ex hoste tropaea, sanguine conspersos tulerat quosfama triumphos. Hier variiert sie das lukanische Thema der durch den Bürgerkrieg verhinderten Triumphe undnicht gewonnenen Trophäen. Lukan beklagt, daß die Römer statt den Parthern die Trophäen zu entreißen, untereinander Kriege führen, dieals Bürgerkriege keine Triumphe mit sich bringen können: Cumque superba foret Babylon spolianda tropaeis/ Ausoniis umbraque erraret Crassus inulta/ Bella geri placuit nullos habitura triumphos104. Es ist bereits auf das bekannte Faktum hingewiesen worden, daß in der spätantiken imperialen Propaganda keine Bedenken bestanden, einen Sieg über den inneren Feind mit Trophäen undTriumphen zu feiern. Genau dies wird im Bürgerkriegsgedicht derProba kritisiert: DieTrophäen sindnicht vomäußeren Feind gewonnen105, und der Triumph des Constantius ist von (Bürger-)Blut befleckt. Daß das Thema in das Repertoire spätantiker Triumphkritik gehört, zeigt die Parallele zurbekannten Claudianstelle, in dersich Romadarüber beklagt, daßin denhundert vorausgehenden Jahren Kaiser Trophäen aufgrund des civilis dissensus erhalten hätten und daß sie mit vomlatinischen Blut befleckten (Triumph-) Wagen“in Romein„ gefahren seien106. Wieder ganz in dieTopik lukanischer Bürgerkriegsdarstellung gehören die abschließenden Bemerkungen der Proba zur Entvölkerung der Städte

– Besonders

quae terras, quae totum possidet orbem,/ non cepit fortuna duos; Lucan. 7,240: flagransque cupidine regni (Caesar); Lucan. 2,321 (Pompeius strebt nach Herrschaft). 102P. Jal, Remarques sur la cruauté à Rome pendant les guerres civiles (de Sylla à 501. Zum Thema in der Spätantike vgl. Augustin. Vespasien), BAGB 20, 1961, 474– Civ. Dei 2,22. 103Cento Probae 4f.: cognatasque acies, pollutos caede parentum/ insignis clipeos. 630. 565; 7,550; 622– Vgl. nurLucan. 4,561– 104Lucan. 1,10– 12. 105Vgl. Lucan. 1,683. 106Claud. 28 (De sexto consulatu Honorii Augusti), 392– 397: his annis, qui lustra mihi bis dena recensent, nostra ter Augustos intra pomeria vidi, temporibus variis; eadem sed causa tropaei civilis dissensus erat. venere superbi, scilicet ut Latio respersos sanguine currus adspicerem!

Die Schlacht vonMursa

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durch die Bürgerkriege. Lukan entwickelt in seiner Einleitung ein Horrorszenario zur Demographie Italiens, das dann im VII. Buch noch weiter ausgesponnen wird: Was Pyrrhus und Hannibal nicht zustande gebracht haben, dasleistet derBürgerkrieg durch dieMobilisierung derBevölkerung Italiens, die sich in Bruderkämpfen gegenseitig zugrunde richtet. Die Städte Italiens (urbes Italiae) sind nach demKrieg nurnoch spärlich bevölkerte Ruinen, unddie Äcker Italiens werden nicht mehr bestellt107. Diese schon bei Lukan wenig realistischen Ausführungen werden vonProba ohne weiteres zur Beschreibung der Realitäten ihrer eigenen Zeit übertragen, wobei man sich fragen kann, wie in einem Bürgerkrieg, in dem so gut wie ausschließlich barbarische oder wenig romanisierte Hilfstruppen mobilisiert wurden, ganze Städte von ihren Bürgern entvölkert worden sein sollen108.

Die lukanischen Formen des Gedichts derProba schließen es aus, daß das Gedicht über die regum crudelia bella, die Kämpfe zwischen Constantius II. undMagnentius, panegyrischen Charakter hatte. Ausführungen über die nurüber deninneren Feind davongetragenen Trophäen unddenblutbesudelten Triumph können kaum demConstantius II. von einer Senatorin gewidmet worden sein, die sich eine Begnadigung für ihren während der Herrschaft des Magnentius kompromittierten Gatten erhoffte. Eine Abfassung während derRegierungszeit desMagnentius ist noch unwahrscheinlicher, daProba schwerlich in denwenigen Monaten zwischen der Schlacht und dem Ende der Präfektur ihres in Ungnade gefallenen Gatten ein an Magnentius gerichtetes Gedicht über denBürgerkrieg verfaßt haben kann, in demdessen Niederlage bei Mursa im Mittelpunkt stand109. Es besteht m. E. kein Zweifel daran, daßProba ihr Bürgerkriegsgedicht erst nach demEnde Constantius II. verfaßt hat. Wodurch die literarische Auseinandersetzung mit dem Magnentiuskrieg motiviert war, läßt sich zumindest erahnen: Für das stadtrömisch-senatorische Milieu waren Bürgerkriege hochtraumatische Erfahrungen. Denn im Unterschied zu großen Teilen der übrigen Bevölkerung mußten gerade Senatoren eine Entscheidung treffen, auf welcher Seite sie sich in einem Bürgerkrieg einordnen wollten und von welchem Prätendenten sie am ehesten die Bewahrung 107Lucan. 1,24– 32; 7,391– 408. Vgl. bes. 398 f.: crimen civile videmus / tot vacuas urbes. 108Möglicherweise hatProba bei derÜbernahme lukanischer Formulierungen auch andieblutige Repression derUsurpation Nepotians –darauf beziehen sich vielleicht die „ unzähligen“von Magnentius getöteten Bürger bei Iul. Imp. 1,33 c –undan Kampfhandlungen in einigen Städten Illyrikums gedacht, vgl. Zos. 2,49,1 (Einnahme von

Siscia). 109Gegen A. Olivetti, Osservazioni suicapitoli 45– 53 del libro II di Zosimo e sulla 333, hier 331 f. loro probabile fonte, RFIC 43, 1915, 321–

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ihres Besitzstandes und ihrer Position erwarten konnten. Innerhalb der überschaubaren unduntereinander durch viele Bindungen verknüpften Aristokratie fiel diese Entscheidung verschieden aus110, so daßausder senatorischen Perspektive die Kämpfe zwischen rivalisierenden Machthabern tatsächlich denCharakter eines Bruder- undVerwandtenkriegs nach republikanischem Muster gewinnen konnten. Die Bürgerkriege unddie damit verbundenen Parteinahmen hochrangiger Aristokraten blieben für die auf das Schicksal derStandesgenossen fixierte senatorischen Geschichtsperspektive auch nach einem oder zwei Jahrzehnten Gegenstände größten Interesses111, besonders wenn die Diskussion über diese Ereignisse nach einem Regierungs- oder Dynastiewechsel nicht mehr durch Rücksichten auf die offizielle Geschichtsdeutung behindert war. Auf diese Weise waren im stadtrömisch-senatorischen Milieu günstige Bedingungen dafür vorhanden, daßeine vonderhöfischen Darstellung desBürgerkriegssiegers unabhängige Darstellung derBürgerkriegsrealität entstehen konnte. Sie hattrotz ihrer kritischen Grundhaltung allerdings wegen ihrer literarischen Stilisierung und der Verwendung republikanischer Bürgerkriegstopoi mit der historischen Wirklichkeit nicht mehr zutunals dieoffizielle Propaganda. Dasläßt sich nicht nuranderinhaltlich nicht sehrkonkreten Darstellung imProömiumder Proba zeigen, in der die lukanische Topik nurdurch einige wenige Bezüge auf die spätantike Realität variiert wird. Vielmehr gilt dies auch für diebeiden ausführlichen historiographischen Berichte desZosimos unddes Zonaras, für dieüber einige Zwischenschritte Beziehungen mitderspätantiken Bürgerkriegsepik anzunehmen sind112. 110Die meisten Senatoren haben erst nach derAbsetzung Vetranios oder sogar erst umdie Zeit derSchlacht vonMursa die Partei Constantius II. ergriffen, vgl. Iul. or. 1,48 b und3,97 b (Übergang vonSenatoren unmittelbar vorder Schlacht vonMursa). 111 Durch die Fasten derpraefecti urbi sind einige der prominenten Senatoren bekannt, die auf die Seite des Magnentius traten. Bis auf Clodius Celsinus hatten sie bereits unter Konstantin oder seinen Söhnen die Präfektur bekleidet. Fabius Titianus, ver-

mutlich der Schwiegervater Symmachus des Älteren, wurde für seine Parteinahme später mit demEinzug des Vermögens bestraft, vgl. Chastagnol (wie Anm. 90), 111. Aurelius Celsinus, Nachfolger des Fabius Titianus, dürfte der Großvater des Redners Symmachus gewesen sein, vgl. Chastagnol, 112. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. L. Aradius Valerius Proculus Populonius fungierte noch nach der Schlacht vonMursa als praefectus urbi II. Möglicherweise wurde er nach Sizilien verbannt, woer sich die große Villa in Piazza Armerina errichten ließ, vgl. zu dieser Annahme Cracco Ruggini (wie Anm.93), 213 f., Anm.67. DemValerius Proculus widmete Symmachus derÄltere einElogium (Symm. Ep. 1,2,4). ImSymmachus-Kreis mußalso dieErinnerung andiese drei Präfekten des Magnentius aufrecht erhalten worden sein. ZurBedeutung der eigenen Familiengeschichte in der spätantiken senatorischen Geschichtsauffassung vgl. auch J.-P. Callu, „Quellenforschung“et bibliothèques familiales, in: G. Bonamente –K. 84. Rosen (Hrsg.), Historiae Augustae Colloquium Bonnense, Bari 1997, 71– 112Zos. 2,45– 53; Zon. 13,8. Die von Jal (wie Anm. 18) offenkundig ignorierte

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53 2. DasProblem derQuelle vonZos. II 45– Zosimos bietet im zweiten Buch seiner Geschichte einen Bericht über die Schlacht von Mursa undihre Vorgeschichte, der auf denersten Blick wie ein Fremdkörper innerhalb seiner Gesamterzählung erscheint113. ImUnterschied zu denvorangehenden summarischen Kapiteln wird die Erzählung des Zosimos plötzlich auffällig detailliert. Berichtet wird mit vielen Einzelzügen über die Niederlage desConstantius beiAtrans undüber dasVorrükken des Magnentius, über einen vompraefectus praetorio Philippus geleiteten Vermittlungsversuch undüber die Fortsetzung des Kriegs in Illyricum, der in einem Kampf im Stadion von Mursa einen ersten Höhepunkt erreicht unddann zuroffenen Feldschlacht in der Ebene vonMursa führt. Dieser Bericht weist dabei eine Reihe vonAuffälligkeiten auf: So werden die Bewegungen derbeiden Armeen in Pannonien oft in äußerst konfuser, von konkreten geographischen Kenntnissen ganz freier Art und Weise dargestellt114. Weiter machen einige militärische Episoden, insbesondere die Darstellung desKampfes im Stadion vonMursa, einen völlig unglaubwürdigen Eindruck undbesitzen eher unterhaltenden Charakter115. Es werdenferner in großem Detail nach Arteiner Aristie die Großtaten einzelner Kämpfer wie Menelaos undRomulus dargestellt116. Schließlich wird ausführlich auf die psychologischen Befindlichkeiten einiger Protagonisten zweiten Ranges eingegangen, etwa desLatinus unddesThalassius117. Bereits Otto Seeck, demeinige dieser Besonderheiten aufgefallen waren, hat an ein dichterisches Werk als Quelle derAusführungen des Zosimosgedacht, undzwar aneine unmittelbar zeitgenössische Dichtung inder , aber Art der Gedichte Claudians, in der die „Hauptnachrichten sehr gut“ historiographische und epische Tradition zum Krieg zwischen Constantius und Magnentius lassen sein (S. 497) geäußertes Urteil über den Unterschied zwischen den Les Bürgerkriegen der Republik und denen der Spätantike angreifbar erscheinen: „ termes ‚bella civilia‘continueront sans doute à être employés comme par le passé: ils n’auront plus dans les esprits et dans les coeurs les mêmes resonnances politiques, patriotiques, sentimentales, morales.“

113Zos. 2,45– 53. 1142,45,3: Die Armeen nähern sich bei Mursa. Magnentius legt an der Adrana (bei Atrans) einen Hinterhalt und versucht, ein Treffen bei Siscia zu erreichen. Die Orte liegen 400 km auseinander, vgl F. Paschoud, Zosime, Histoire nouvelle. Texte et II, Paris 1971, 254. 2,46,1: Magnentius sucht vonPoetovio traduction. Tome I, Livres I– aus Sirmium zu errichen, wo er eine Schlacht liefern will (statt Siscia). Zu Unwahr4 vgl. Paschoud, 257; scheinlichkeiten im Itinerar des Magnentius bei Zos. 2,49,2– Bastien (wie Anm. 2), 257. 115Vgl. zu Zos. 2,50,2 f. Olivetti (wie Anm. 109), 328. 116Vgl. zu Zos. 2,52,1 f. Olivetti (wie Anm. 109), 329. 117Zos. 2,48,5. Vgl. hierzu Paschoud (wie Anm.114), 257.

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mitAuschmückungen „ imSinne desHomer“erfunden sind118. Olivetti, der den Bericht des Zosimos dann einer genaueren Analyse unterzogen und dabei weitere Eigenarten, insbesondere den auffälligen Maßstabswechsel, beobachtet und beschrieben hat, dachte an das Gedicht der Proba als unmittelbare Quelle derDarstellung desZosimos, dasnoch unter Magnentius entstanden sein undfür denUsurpator Partei genommen haben soll119. Auch Paschoud sieht in der –freilich nicht von Zosimos, sondern von Eunap –benutzten Quelle ein zeitgenössisches zugunsten des Magnentius eingestelltes Epos120.

3. Senatorische

Historiographie undBürgerkriegstopik bei Zonaras

Es gibt allerdings einigen Grund, andervonOlivetti verfochtenen Quellenhypothese zu zweifeln, nicht nur, weil dessen Ansichten zur Entstehungszeit des Bürgerkriegsgedichts der Proba als verfehlt bezeichnet werden müssen121. Die Tatsache, daß mit der Darstellung des Zonaras ein anderer Überrest ausführlicher Historiographie zur Geschichte der Ereignisse um Mursa vorliegt, ist vonOlivetti kaum gewürdigt worden. Eine vergleichende Analyse zwischen den beiden Berichten läßt erkennen, daß von einer komplexeren Genese derErzählung desZosimos auszugehen unddiedirekte Übernahme aus einem zeitgenössischen Epos auszuschließen ist. Die Darstellung des Zonaras, die erheblich knapper ausfällt als diejenige des Zosimos, sei zunächst in deutscher Übersetzung vorgestellt. Zon. XIII 8,5: (...) Constantius zog in denKrieg gegen Magnentius. 6. Damit aber die Römer sich nicht in Bürgerkriegen undgegenseitigen Morden befleckten, glaubte er, den Tyrannen zu einer Vereinbarung auffordern zu müssen. 7. Er schickt also zu ihm Männer, die zu den Würdenträgern gehörten, undschrieb ihmeinen Brief, indemer ihmfür seine Freveltat gegen Constantius Verzeihung gewährte, wofern er sich von den Waffen fernhielt, und in dem er ihm (die Präfektur) Gallien abtrat, damit er darüber herrschte undsich aufdieses Gebiet beschränkte. 8. Dieser aber warnicht zumMaßhalten bereit undnahm nichts von den keineswegs unzumutbaren Bedingungen des Constantius an, son118Seeck (wie Anm. 78), 435.Vgl. ders., Zur Chronologie und Quellenkritik des Ammianus Marcellinus, Hermes XLI, 1906, 483. Zur Forschungsgeschichte vgl. Paschoud, (wie Anm. 114), XLII. 119Olivetti (wie Anm. 109), passim. Zu Besonderheiten der Darstellung von Zos. 151. 53 vgl. auch N. Baynes, A Note of Interrogation, Byzantion 2, 1925, 149– 2,45– 120Paschoud (wie Anm. 114), 254. 121S. o. Anm. 109.

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dem entschied sich für denKrieg. 9. Undumso mehr stürzte er sich in Eile in den Kampf, als Silvanus, einer von seinen Tribunen, mit einer großen Zahl von Gepanzerten ihn in Stich gelassen hatte und zum Kaiser Constantius übergetreten war.10. Als beide Parteien sich aber schon einander genähert hatten und gegenüberlagerten, da stachelte Constantius seine eigenen Soldaten mit Worten zumtüchtigen Kampf an, und Magnentius forderte seine Leute auf, sich als treue und gute Männer zu zeigen, indem er ihnen große Versprechungen machte. 11. Nachdem sie sich in Schlachtordung gegenübergestellt hatten, verbrachten sie den größten Teil des Tages unverrichteter Dinge, indem keiner gegen den entgegengesetzt aufgestellten Flügel zum Angriff vorging. 12. Magnentius aber hatte auch Zuflucht zur schwarzen Magie. Eine Hexe ermahnte ihn, eine Jungfrau zu töten und ihr Blut in Wein zumischen undseine Soldaten davon kosten zulassen, unddazu sagte sie einige Zauberverse aufundrief dieHilfe derDämonen herbei. 13. Kaum aber hatte sich der Tag geneigt, als die Heere aufeinander prallten, undnachdem derKampf lange hinundherwogte, fiel derSieg schließlich dem Constantius zu, undwurden bis tief in die Nacht die Leute des Magnentius hingemordet und niedergemetzelt. 14. Als die Schlacht für den Tyrannen diesen Ausgang genommen hatte, sann er darauf zufliehen. 15. Damit er aber bei derFlucht nicht andenkaiserlichenAbzeichen erkannt wurde, legte er diese abundnahm dasGewand eines Privatmannes. Die Insignien legte er auf das Pferd und ließ es ohne Reiter laufen, damit diejenigen, die dasPferd ohne Reiter sahen, glaubten, er selbst sei gestorben und damit er auf diese Weise von niemandem verfolgt werde. 16. Auf diese Weise entkam er. Amnächsten Morgen aber stieg Constantius auf einen Hügel und sah, daß die Ebene in der Umgebung, besonders aber der vorbeifließende Fluß voller Leichen war. Under brach offen in Tränen aus, weil er sich weniger über denSieg freute, als daßer denUntergang derGefallenen betrauerte. 17. Es sollen nämlich von seinen Leuten 30 000 gefallen sein –bei ; von denen des Magnentius dagegen einer Gesamtzahl von 80 000 – sollen 24 000 von 36 000 zugrundegegangen sein. 18. Sofort befahl Constantius, daß die Getöteten unter den auf den Schlachtfeldern Liegenden einer Bestattung gewürdigt werden sollten, wobei kein Unterschied zwischen deneigenen Leuten unddenFeinden gemacht wurde, daß diejenigen, die noch atmeten, dagegen Pflege und ärztliche Hilfe erhalten sollten.

Das zitierte Stück aus der Chronik des späten Byzantiners Zonaras stammt wie viele Partien seines Berichts über das IV. Jahrhundert aus der Geschichte des Petros Patrikios, der eine rein profangeschichtliche Quelle

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des ausgehenden IV. Jahrhunderts konsultiert hat122. Gegen diese Vermutung magzunächst dieTatsache sprechen, daßimBericht desZonaras von magischen Praktiken die Rede ist undmandies gerne mit der christlichen Deutung desKampfes zwischen demHeiden Magnentius unddemChristen Constantius in Verbindung bringen möchte123. Wenn aber bei Zonaras Magnentius eine Hexe konsultiert, die Zauberverse aufsagt unddie Götter der Unterwelt aufruft, daneben aber denMagnentius zumRitualmord auffordert, kommen in Wirklichkeit zwei aus Bürgerkriegsdarstellungen vertraute Züge zusammen, durch dieeinmöglichst düsteres Bild desMagnentius gezeichnet wird unddie gerade zueiner profangeschichtlichen Quelle gutpassen. Die vonderHexe vorgeschlagene Tötung einer Jungfrau, deren Blut mit Wein vermischt undden Leuten des Magnentius zumTrank angeboten wird, erinnert an die den Catilinariern nachgesagten Umtriebe124. Unddie Konsultation einer Hexe durch einen Bürgerkriegsführer variiert das lukanische Thema der Konsultation der Erichtho durch Sextus Pompeius125.

122Vgl. B. Bleckmann, Die Reichskrise des 3,. Jahrhunderts in derspätantiken und byzantinischen Geschichtsschreibung. Untersuchungen zudennachdionischen Quellen 415. Nicht ganz zutreffend sinddieAusfühdesJohannes Zonaras, München 1992, 327– rungen 329 f. zur Schlacht vonNisibis, vgl. Bleckmann (wie Anm.45), 43. Die irrige Inhaltsangabe zuPhilostorg 3,23 undTheophanes 39,13 ff. ändert allerdings nichts an derFeststellung desprofangeschichtlichen Charakters derDarstellung desZonaras. Zur 275. Einige weitere Bausteine zur Bürgerkriegsproblematik in der Leoquelle vgl. 261– Rekonstruktion undInterpretation dieses profangeschichtlichen Quellenstranges ineinigenmeiner Aufsätze. 123 Zon. 13,8,12. Vgl. Philostorg. 3,27. Die Parallele zwischen Philostorg und Zonaras erfolgt etwa imTestimonienapparat in derAusgabe vonBidez (wie Anm. 66), 52. Vgl. auch Ziegler (wie Anm. 51), 64. Nach Ziegler, 69 wollte der „christliche Schreiber Zonaras“mit einem Standardvorwurf, der „ vonchristlicher Seite häufig gegen schlechte Herrscher“erhoben, zeigen, „ daßMagnentius stark zumHeidentum tendierte unddamit füreinen Christen unannehmbar war.“ Vgl. zumGebrauch vonZauberei z. B. Eus. Vit. Const. 1,36,2 und37,2 (Maxentius) sowie 2,4,2 und 11,2 (Licinius). Ganz allgemein und ohne konkreten Bezug auf die Schlacht von Mursa wird auf den angeblich heidnischen Charakter der Regierung des Magnentius bei Athanas. Apol. ad Constantium 7 eingegangen. Athanasius denkt hier wohl an die tolerante Haltung gegenüber nächtlichen Opfern, vgl. Cod. Theod. 16,10,5. Die auffälligen ChristogrammPrägungen des gleichen Herrschers sprechen aber eher für ein christliches Bekenntnis 62. desMagnentius, vgl. zudiesen Ziegler, 53– 124Sall. Cat. 22,1 f.; Plut. Cic. 10,3; Cass. Dio 37,30. Vgl. ferner Diod. 22,5 und Plut. Popl. 4,1. 125Vielleicht gehört auch derHinweis bei Zos. 2,46,1 aufdie Mutter desMagnentiή ά ν τ ιςἀλη ςberät, in die Bürgerkriegstopik, so Olivetti (wie Anm. θ us, die diesen als μ 109), 332, der hier den Vergleich mit Erichtho vorschlägt. Die Wahrhaftigkeit heidnischer (von Magnentius fatalerweise ignorierter) Prophezeiungen gehört allerdings zu denLieblingsthemen derGeschichtsdemonstration desEunap-Zosimos, vgl. Zos. 2,29,1.

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Auch diepositive Charakterisierung desConstantius, die die Quelle des Zonaras auszeichnet undauf die noch weiter unten einzugehen sein wird, ist ebenfalls kein Indiz für eine christliche Orientierung dieser Grundquelle. Denn Ammian mit seiner verzerrten, demhöheren Ruhm Julians verpflichteten Darstellung des Constantius spiegelt keineswegs einen allgemeinen Zugdergesamten paganen Historiographie wider. Vielmehr gabes, wie die Darstellung der Epitome de Caesaribus beweist126, durchaus auch freundlichere Stimmen zurRegierung desConstantius II., fürdenderSenat ja anfangs Partei gegen Julian genommen hatte unddessen Politik gegenüber denHeiden spätestens seit demRombesuch von357, vermutlich aber schon zuvor keineswegs besonders fanatisch undintolerant war127. Die Darstellung des Byzantiners Zonaras ist nicht nurfrei vonchristlichen Elementen, mankönnte in ihr sogar eine polemische Spitze gegen das Christentum erkennen, die dembyzantinischen Mönch im Unterschied zu einigen gegen Konstantin gerichteten Ausführungen der gleichen Quelle nicht aufgefallen sind128. Zonaras berichtet nämlich von zwei diplomatischen Missionen während des Krieges gegen Magnentius. Die erste wird vonConstantius ausgeschickt, dervorderSchlacht vonMursa Blutvergießen vermeiden möchte, unddeshalb einen angemessenen Kompromißvorschlag im Sinne einer Reichsteilung machen läßt. Sie wird von herausragenden Männern geleitet, womit vorallem derpraefectus praetorio Philippusgemeint ist129. Nach seiner Niederlage bei Mursa bemüht sich Magnentius seinerseits um ein Abkommen und schickt zunächst einen Senator, später Bischöfe als Gesandte zu Constantius130. Daß im Unterschied zu Constantius gerade der Barbar Magnentius, der bei Zonaras als Hauptverantwortlicher des Bürgerkriegs erscheint unddie schwarze Magie praktiziert, auf die Hilfe vonBischöfen zurückgreift, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie unddeutet wohl auf die zweideutige Rolle hin, die gewisse prominente Bischöfe während der Magnentius-Usurpation gespielt haben, von denen einige tatsächlich für die Interessen des Magnentius diplomatisch aktiv waren131. 126Vgl. u. Anm. 191. 127Vgl. H. Leppin, Constantius II. unddas Heidentum (im Druck). 128Zon. 13,4,29. 129 Zon. 13,8,6 f. 130Zon. 13,8,20 f. 131Die Bischöfe Servatius (von Tongern) undMaximus waren vonMagnentius als offizielle Unterhändler zu Constantius geschickt worden, vgl. zu Athan. Apol. adConstantium 9 T. D. Barnes, Athanasius and Constantius. Theology and Politics in the Constantinian Empire, Cambridge Mass. 1993, 103; A. Martin, Athanase d’Alexandrie 373), Rom 1996, 471. Athanasius (Apol. ad et l’Église d’Égypte au IVe siècle (328– Constantium 7) weist Beschuldigungen zurück, selbst ein Parteigänger des Magnentius gewesen zu sein.

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Der knappe Auszug, den Zonaras bietet, läßt durchaus noch den Gesamtcharakter desBerichts erkennen, denseine Quelle fürdieSchlacht von Mursa bot. DieAngaben zudenmilitärischen Operationen hatderExzerptor–in gleicher Weise, in derer auch sonst mitseinen Quellenvorlagen umgegangen ist –stark gekürzt. Doch läßt sich annehmen, daß die Vorlage recht konkret über die militärischen Ereignisse des Bürgerkriegs berichtet hat. So dürfte etwa der bei Zonaras sehr allgemein ausgefallene Hinweis auf dieAnnäherung derbeiden Bürgerkriegsarmeen eine Erzählung widerspiegeln, die in etwa der sehr ausführlichen Darstellung desZosimos über die Operationen der beiden Armeen unmittelbar vor der Schlacht von Mursa entsprochen hat132. Einige konkrete, von Parallelquellen bestätigte Details sind auch in derknappen Zusammenfassung des Zonaras noch erhaltengeblieben, etwa die Fortführung desheftigen Kampfes bis tief in die Nacht oder die Tatsache, daß die Armee des Magnentius bis zur Drau zurückgedrängt unddort massakriert wurde133. Weitere Details, für die sich keine Parallelen finden, weisen auf denursprünglichen Maßstab derQuelle desZonaras hin, wennetwa in höchst umständlicher Weise über die Flucht desMagnentius berichtet wird134 oder wenndiegenauen Gefallenenzahlen angegeben werden135. Den Detailreichtum der Zonarasquelle kann man schließlich auch ermessen, wenn mandie knappe Darstellung, die Zonaras von den Verhandlungen zwischen Constantius, Vetranio undMagnentius gibt, mit einem zufällig für diese Episode erhaltenen Originalfragment der Erzählung des Petros Patrikios vergleicht136.

132Zon. 13,8,10: ἤ δ ηδ ὲπ λ η σ ια σ ά ν τ ω νἀ ή λ λ ο λ ιςκ α ρ α τ ν μ έ ὶἀ τ ισ ο π εδ τ ευ σ α 50,4. .Vgl. Zos. 2,48,1– ν ω ν 133Zon. 13,8,13: μ έχ ρ ιβ α θ εία ςν υ κ τ ό ς .Vgl. Iul. Imp. or. 1,37 a; Zos. 2,51,2 f. Massaker anderDrau: Zon. 13,8,16 undIul. Imp. or. 1,37 a; 3, 60 b. 134Zon. 13,8,15. Angedeutet wird eine im letzten Augenblick erfolgte Flucht bei Eutr. 10,12,1: Nec multo post Magnentius apud Mursam profligatus acie est ac paene captus. 135Zon. 13,8,17: 80 000 Mann des Constantius, von denen 30 000 fallen; 36 000 Mann in der Armee desMagnentius, vondenen 24 000 fallen. Exakte Zahlen über Bürgerkriegsverluste sind selten. Fürdie Kriege zwischen Constantin undLicinius weiß der Anonymus Valesianus (16) von 20 000 Mann des Licinius, die bei der Schlacht von Cibalae fallen (von insgesamt 35 000), und(27) für die Schlacht vonChrysopolis von 25 000 gefallenen Soldaten desLicinius. Die Zahlen desAnonymus Valesianus entsprechen in der Größenordnung denjenigen des Zonaras. Unglaubwürdig sind dagegen die vonZosimos für denBürgerkrieg zwischen Licinius undConstantin gebotenen Zahlen. In der Schlacht von Adrianopel (324) sollen nach Zos. 2,23,7 34 000 Mann gefallen sein, in der Schlacht von Chrysopolis nach Zos. 2,26,3 sogar 100 000 Mann allein auf der Seite des Licinius, 136Vgl. Petr. Patr. Frg. 16 undZon. 13,7,18– 22.

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Wenn nun Zonaras bei der Wiedergabe seiner profangeschichtlichen Quelle stark gekürzt undnureinige Elemente etwas detaillierter wiedergegeben hat undwenn auf deranderen Seite auch Zosimos trotz des sehr viel breiteren Umfangs seiner Darstellung ebenfalls einiges zusammengefaßt oder sogar irrig wiedergegeben hat137, erschwert dies einen Vergleich zwischen den beiden Darstellungen. Daß die Vorlagen beider später Darstellungen vielleicht mehr Gemeinsamkeiten hatten, als dies ein erster Vergleich zwischen denbeiden Autoren vermuten läßt, kann m. E. an einem Detail gezeigt werden. Zosimos undZonaras stimmen in ihrem Interesse an derexakten Darstellung vonVermittlungsversuchen überein. Fürdie diplomatischen Aktionen des Magnentius erfahren wir durch Zosimos von der Mission des Fabius Titianus vor der Schlacht vonMursa138, durch Zonaras von der Mission eines anonymen Senators und von Bischöfen nach der Schlacht von Mursa139. Was dagegen Constantius in diplomatischer Hinsicht unternahm, wird von beiden Quellen in ähnlicher Weise berichtet. Constantius entsandte seinen wichtigsten Vertrauensmann, denpraefectus praetorio Philippus, zuMagnentius, umauf diese Weise die Glaubwürdigkeit seines Kompromißangebots zuunterstreichen. DerKern desvonPhilippus unterbreiteten Angebots wird von beiden Quellen übereinstimmend 137Über das eigentliche Kampfgeschehen bei Mursa ist bei Zosimos so gut wie nichts zuerfahren, wenn manvonder Aristie des Menelaos absieht. 138Zos. 2,49,1. Vgl. Iul. or. 3,96 a; Them. or. 4,62 c; 6,80 c; 7,97 d. ZurPerson vgl.

A. Chastagnol, Les fastes de la Préfecture de Rome au Bas-Empire, Paris 1962, 107111. 139DaßderSenator hier mitTitianus zuidentifizieren ist, dessen Gesandtschaft vor die Schlacht fällt, ist unwahrscheinlich. Der Senator Vitrasius Orfitus war dagegen zweimal „ in höchst schwierigen Zeiten“als Gesandter zuConstantius unterwegs: legatus secundo difficillimis temporibus petitu senatus et populi Romani (CIL VI 1739– 1742). Chastagnol, 142 nimmt an, daß beide Gesandtschaften im September-Oktober 352 erfolgten, als Constantius Italien erobert hatte, während Matthews 296 f. auf das Problem, daßvon zwei Gesandtschaften auszugehen ist, nicht eingeht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daßdie erste der beiden Gesandtschaften noch mit Billigung des Magnentius erfolgt sein kann, der nach der Schlacht von Mursa sich umeinen Ausgleich mitConstantius bemühte. Chastagnol, 142, Anm. 144 berücksichtigt nämlich bei seiner Argumentation gegen Seeck undA. Alföldi nicht, daßZonaras ausdrücklich voneinem Senator spricht undhier eine Verbindung mitVitrasius Orfitus durchaus nahe liegt. Die expeditiones bellicae (CIL VI 1739), dieVitrasius Orfitus als Parteigänger desConstantius leitete, würden dann zwischen denbeiden Gesandtschaften einzuordnen sein, vielleicht inderitalischen Phase desMagnentiuskriegs (352). Auch sonst werden in spätantiken Cursusinschriften Gesandtschaften zusammengefaßt, die zeitlich weit auseinander liegen, vgl. CIL VI 1698 (Symmachus der Ältere); CIL VI 1777 und 1779 (Vettius Agorius Praetextatus); CIL VI 1767 (Tarrutenius Maximilianus); CIL VI 1735 (Tarrutenius Marcianus); AE 1928,80 (Iunius Quartus Palladius, der viermal Gesandter des Senats war).

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beschrieben, nämlich die offizielle Anerkennung der Herrschaftsteilung und die Zuweisung der gallischen Großpräfektur an Magnentius140. Die zahlreichen Details, dieZosimos darüber hinaus erwähnt, bleiben beiZonaras offen, der sogar, seiner Exzerpierungsmethode entsprechend, den Namen des Philippus unterschlägt141 undnurallgemein vonherausragenden Würdenträgern spricht, womit die Stellung des Philippus in etwa zutreffend beschrieben worden ist142. Daß in der Grundquelle des Zonaras der Name des Philippus gefallen sein muß, läßt sich durch einen Zufallsfund zusätzlich plausibel machen. Zosimos erzählt sehr ausführlich über die Aktivitäten des Philippus im 140Zon. 13,8,7: „(...) wobei er ihm die gallischen Provinzen (Γ α λ λ ) abtrat, ιῶ ν ; Zos. 2,46,3: „(Philippus damit er über diese herrsche undsich auf diese beschränke“ forderte Magnentius auf,) sich aus Italien zurückzuziehen, die Provinzen jenseits der Alpen (τ ὰὑ ρτ ὰ π ὲ ςἌ ) zu behalten und über diese alle zu herrschen.“ λ π ε ιςἔθ η ν Paschoud (wie Anm. 114), 256 stellt zutreffend die Übereinstimmungen zwischen Zonaras undZosimos fest, geht aber davon aus, daßZonaras weniger vollständig nurauf diegallischen Provinzen hinweist, während Zosimos richtig dieGroßpräfektur erwähnt. Γ α λ λ ία ιist aber im Sinne der Großpräfektur zuverstehen, vgl. die Angaben über den υ λ α κ ρτ ὰ Aufgabenbereich des Decentius bei Zos. 2,45,2 (ἐ ῇτ π ὶφ ῶ νὑ π λ π ς Ἄ ε ις ὲ ὰ ςΓα λ λ υ λ ) undZon. 13,8,2 (τ ία ά ). ςφ ν τ α ν ν ῶ ξ ο ἐθ 141In gleicher Weise ist in der Darstellung der von Vetranio undMagnentius zu Constantius entsandten Gesandtschaft bei Zon. 13,7,18 und22 derName desVulcacius Rufinus entfallen, derin derGrundquelle zulesen war, vgl. Petr. Patr. Frg. 16, derauch noch andere Beteiligte namentlich erwähnt. 142Zon. 13,8,7: σ τ έλ λ ε ιτοίν υ ν ρ π ὸ ςα . DieCharakteriρ α α ν ῶ ν ὐ τ ν ἄ ὸ ν δ ςτ ν ιφ ῶ ἐπ stiken derDarstellung desZonaras hatOlivetti (wie Anm. 109), 326 nicht erkannt, wenn er als Indiz dafür, daßZonaras aus einer ganz anderen Tradition schöpft als Zosimos, ρ ε ν δ ςτ ῶ ν non si fa parole di Filippo, ma si parla solo di ἄ anführt, daß bei Zonaras „ ίσ τ ο ιςἀ εγ α σ ιν μ ῶ νἐ νμ “ . Zos. 2,46,2 bezeichnet den Philippus als τ ιώ ξ ν ν ῶ α ιφ ἐπ ή σ ρ ε ο ιπ έχ ρ ο ν ο ν τ α . Die herausragende Stellung, die derpraefectus praeκ α ρ α ἄ ν δ ὶφ torio Philippus bei Constantius genoß, kommt in (der gegen PLRE Philippus 7 sicher nicht posthumen undrehabilitierenden) Inschrift Iv Ephesos 41 zumAusdruck, vgl. J. L. 264. Er fiel Swift, J. J. Oliver, Constantius II. on Flavius Philippus, AJPh 83, 1962, 247– möglicherweise wegen seines Verhaltens während der Mission bei Magnentius in Ungnade (zur Ungnade vgl. Athan. Hist. Arian. 7), möglicherweise jedoch nicht bereits 351/352. Aufgrund von Cod. Theod. 8,7,2 ist anzunehmen, daß Philippus 353 noch praefectus praetorio gewesen sein könnte. Wennfürdiese Zeit Thalassius alspraefectus praetorio Orientis amtierte, bedeutet dies angesichts derTatsache, daßPhilippus gerade nicht als regionaler Praefekt fungierte und Constantius bis nach Illyricum begleitete, nicht zwingend, daß die Tätigkeit des Philippus mit der Einsetzung des Thalassius bereits beendet war. Die Maßnahmen des Constantius gegen alle, denen während der Usurpation des Magnentius ein Fehlverhalten vorgeworfen wurden, setzten vielmehr erst nachdemendgültigen Sieg überdenUsurpator ein, vgl. Amm. 14,5,3. DerSturz des Philippus kanndaher durchaus auch 353/354 datiert werden. Die Ordnungsversuche von 233 sind A. H. M. Jones, The Carrier of Flavius Philippus, Historia 4, 1955, 229– abzulehnen.

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Lager desMagnentius, insbesondere über seine Versuche, die Soldaten des Magnentius abspenstig zu machen undfür die Sache des Constantius zu gewinnen143. Unterschlagen wird bei Zosimos allerdings das wichtigste Resultat dieser Aktivitäten des Philippus, nämlich der Übertritt des TribunenSilvanus auf die Seite desConstantius. Diesen Übertritt erwähnt dagegen Zonaras, undzwar unmittelbar nach der Darstellung der Mission des Philippus: Der Übertritt des Silvanus habe Magnentius veranlaßt, denvon Constantius vorgeschlagenen Ausgleich abzulehnen undsich fürdenKrieg zu entscheiden144. Aus der Darstellung des Zonaras wird offenkundig, daß der bei Ammian und Julian zeitlich nicht präzise datierte Übertritt des Silvanus eben während der Verhandlungen mit Philippus geschehen sein muß145. DenNamen Philippus erwähnt Zonaras zwar wegen seiner Exzerpierungstechnik nicht, doch findet mangenau diesen Namen in einer erklärenden Glosse in einer Handschrift derzweiten Constantius II. gewidmeten Dieser Silvanus war durch die Vermittlung des praefectus Rede Julians: „ praetorio Philippus zuConstantius übergelaufen.“146 DieAnnahme liegt nahe, daßderbyzantinische Scholiast, derderRede Julians einige wenige wertvolle historische Informationen hinzugefügt hat, dasselbe ausführliche Geschichtswerk konsultiert hat wie der Byzantiner Zonaras unddaßer dabei imUnterschied zuZonaras denNamen despraefectus praetorio explizit nennt147. Bestätigt wird die Annahme einer Verwandtschaft zwischen Zonaras unddemanonymen Scholiasten durch eine weitere spezifische Parallele. Letzterer macht sehr präzise Angaben zur Herkunft des Magnentius, der von einem britannischen Vater und einer fränkischen Mutter abstammte148. Diese Angaben finden sich bei Zonaras teilweise wieder, der als einzige historiographische Quelle immerhin vom 143Zos. 2,46,2– 48,5. 144Zon. 13,8,9. Daß bei Zonaras ὁπ λ ῖτ α ιals Soldaten des Silvanus erwähnt sind, erklärt sich miteinem Mißverständnis vonarmaturae, einer schwer bewaffneten Reitereinheit, vgl. B. Bleckmann, Bemerkungen zu denAnnales des Nicomachus Flavianus, 99, hier 85 f. Historia 44, 1995, 83– 145Erwähnt wird nur, daß der Übertritt unmittelbar vor der Schlacht bei Mursa stattfand, vgl. Amm. Marc. XV 5,33: ob tempestivam illam cumarmaturis proditionem ante Mursense proelium; Iul. Imp. 3, 97 c. Ohnejede zeitliche Angabe Aur. Vict. Caes.

42,15.

146Schol. ad Iul. Imp. or. 3, 97 c p. 175, 12 Bidez: Σ ίπ β α ν ὸ ιλ ςοὗ Φ ιλ τ ο ιὰ νδ ςἦ ή σ α . ς ρ ρ ο π σ ω χ ν τ ίῳ α τ σ ν ω ,Κ ρ υ χ ο ῆ π ά ο ,τ ςἐπ υ ο ῆ ῦτ λ ςα ὐ 147Wörtliche Übereinstimmungen fallen auf. Zon. 13,8,9 heißt es vonSilvanus, daß ρ ρ ο ω σ χ π τ ν α ίῳ ν τ ω σ ρ ο θ σ ῆ . DerScholiast schreibt vonSilvanus: Κ λ ε π er Κ ω ν σ τ ν τ α ίῳ ή σ α ς . 148Schol. ad Iul. Imp. or 3, 93 c p. 173, 54 Bidez: ὁΜ ώ νὁρμ γ ν έν τ ιο ίω λ λ ςἐκΓα α μ ε ρ εν νΒ ο ὲ ὸ ρ η ςμ ςλ ς έξ τ μ α ,π έν α ὶπ εω ῆ ο υ ς ,κ λ α ῆ ό ςἐπ ικ ῆ λ β ςτ ια ν εω ςΚ ελ τ ικ μ ςἀ η ςτεχ θ ε ὶς γ κ . ρ ά ὸ ρ η τ ςδ ὲΦ τ α ν ο ῦ ,μ

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britannischen Vater des Magnentius weiß149. Der Scholiast bietet damit eine wertvolle Nebenüberlieferung zu der von Zonaras benutzten Quelle undbestätigt, daßdiese Quelle einen äußerst detaillierten Bericht zurGeschichte des Magnentius bot. Diese Grundquelle kann sich in der Gesamtstruktur nicht wesentlich von der Darstellung des Zosimos unterschieden haben. Neben präzisen Details über diplomatische Verhandlungen undüber Einzelheiten der Bürgerkriegsoperationen enthielt ihr Bericht auch zahlreiche halbdichterische undfür Bürgerkriegsdarstellungen typische Versatzstücke. Dazugehört die Darstellung über dieKonsultation einer Hexe durch Magnentius sowie über die Opferung einer Jungfrau, deren Blut vondenSoldaten des Magnentius getrunken wird150. Die detaillierte Darstellung der Flucht des Magnentius ist wohl der Flucht des Pompeius nach der Schlacht von Pharsalos nachempfunden151. Undauch bei derDarstellung derReaktionen desConstantius nach dem Sieg von Mursa handelt es sich wohl um ein solches von Bürgerkriegstopik beeinflußtes Bild. Daß Constantius am Tage nach der Schlacht beim Anblick der Gefallenen offen seine Tränen gezeigt haben soll, ist angesichts der triumphalen Selbstdarstellung dieses Kaisers eher unwahrscheinlich. Auf das Problem der Schäden undVerluste ist die spätRede an die antike imperiale Propaganda wohl nie eingegangen. In der „ Versammlung derHeiligen“Konstantins wirdzwarDiokletian undLicinius die Verantwortung für die Bürgerkriege und für die damit verbundenen Verluste zugeschoben. Aber auch in dieser Rede wird vorallem derVerlust bei den eigenen Soldaten beklagt, während die Vernichtung der früheren Armee Diokletians als gottgewollte Strafe ausgegeben und nicht weiter bedauert wird152. Die Darstellung des Zonaras gibt keine authentischen Reaktionen des Constantius wieder, sondern erklärt sich damit, daß in seiner Vorlage entsprechend demlukanischen Schema ein guter Bürgerkriegsheld (bei Lukan –trotz einiger Nuancierungen –Pompeius, bei Zonaras Constantius) einem schlechten Protagonisten (bei Lukan Caesar, bei Zonaras Magnentius) gegenübergestellt wird. Während der schlechte Protagonist im Bürgerkriegsschema nur an seine persönliche Macht denkt, jeden Friedensvorschlag ablehnt unddie crudelitas pflegt, ist der positive, schuldlos in ein tragi149Zon. 13,6,1: ὃ ςἐ κπ α τ ρ ὸ ςμ ὲ η έν τ νγ εγ ν ν οΒρεττα ῦ . Zur Bestätigung der ο Darstellung des Zonaras durch den Scholiasten vgl. J. Bidez, Amiens, ville natale de 316. l’e mpereur Magnence, REA 27, 1925, 312– 150Vgl. Zon. 13,8,12 mit Anm. 124 und 125. 151Vgl. Plut. Pomp. 72 (Pompeius wechselt die Kleidung); 73 (Pompeius läßt sein Pferd laufen). 152B. Bleckmann, Ein Kaiser als Prediger: Zur Datierung der konstantinischen , Hermes 125, 1997, 189 zuConst. Imp. or. ad „ Rede andie Versammlung derHeiligen“ sanct. coetum 25,4 p. 191 Heikel.

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sches Geschick geratene Bürgerkriegsheld darauf bedacht, das Blutvergießen unter Bürgern zu vermeiden –bei Zonaras ist dies das Motiv der Gesandtschaft des Philippus –undbeklagt aufrichtig das durch den Bürgerkrieg hervorgerufene Leid153. Entsprechend diesem lukanischen Schwarzweißschema, in dem im Unterschied zumVorbild die moralische Rolle vonBürgerkriegssieger und -verlierer vertauscht worden ist, hat die Vorlage des Zonaras die Reaktion des guten Bürgerkriegssiegers Constantius konsequent zumGegenbild zur lukanischen Darstellung des schlechten Siegers Caesar gestaltet. Lukan bietet für die Reaktion Caesars nach der Schlacht von Pharsalos eine Darstellung, diedenzeitgenössischen Berichten über dasVerhalten Caesars Hohn spricht154: Am Morgen nach der Schlacht von Pharsalos betrachtet Caesar mit Befriedigung das Ergebnis, nämlich eine durch das Gemetzel völlig veränderte Landschaft (Flüsse vonBlut, Hügel vonLeichen), die es nicht mehr erlaubt, die ursprüngliche Ebene von Pharsalos wahrzunehmen155, undes wirdfürihneinPlatz ausgebaut, deres ihmerlaubt, in seiner frevelhaften Freude über denBürgerkriegssieg beim Dinieren die Leichen näher zu betrachten156. Als inhumaner undgrausamer Übeltäter verweigert er denToten eine Bestattung. Dagegen beweint in der Darstellung des Zonaras Constantius, der am Morgen nach der Schlacht von einem erhöhten Platz aus die Landschaft bei Mursa (die mit Leichen übersäte Ebene und vor allem die mit Leichen gefüllte Drau) beobachtet, die hohen Verluste, die es ihm nicht erlauben, seines Sieges froh zu werden157. In seiner Humanität läßt er nicht nur die eigenen Leute, sondern auch die Feinde be153Vgl. die Darstellung der Sorgen desPompeius nach derSchlacht vonPharsalos um das Schicksal Roms (7,647 ff.). Aus Skrupeln undpietas läßt Pompeius vor Dyrra313). Er weigert chion Caesar entkommen, umein Blutvergießen zu vermeiden (6,290– sich, nach Rom zu ziehen und es den Greueln des Bürgerkriegs auszusetzen (6,314– 332). Er versucht, vorderSchlacht vonPharsalos seine Soldaten zurückzuhalten (7, 85– 123). Diese positive Darstellung desPompeius findet sich vor allem für seine Rolle bei Pharsalos, vgl. M. Rambaud, L’apologie de Pompée par Lucain au Livre VII de la 296. Pompeius gehört in die stoische Kategorie der Pharsale, REL 33, 1955, 258– proficientes, die im Unterschied zumungebrochen positiven Helden Cato erst allmählich geläutert werden, vgl. Brisset (wie Anm. 95), 114. 154Lucan. 7,787– 824. In Wirklichkeit hat Caesar die Verluste bei Pharsalos noch auf demSchlachtfeld beklagt, vgl. Asinius Pollio Frg. 2 Peter = Plut. Caes. 46. Später hat er es vermieden, die Gesamtzahl derBürgerkriegstoten zunennen, vgl. Plin. n. h. 7, 121. 155Lucan. 7,789– 791; 794 f. 156Lucan. 7,792– 794. 157Zon. 13,8,16. Vgl. Lucan. 7,119– 123: Pompeius erklärt, daß er keine Freude über einen eventuellen Bürgerkriegssieg empfinden wird (allerdings nicht wegen der Verluste, sondern wegen der Tatsache, daßder Bürgerkriegssieger verhaßt sein wird).

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statten bzw. pflegen158. Diepositive Stilisierung desConstantius inderDarstellung desZonaras ergibt sich also nicht daraus, daßderdetaillierte Bericht seiner Quelle der imperialen Propaganda besonders nahe war, sondern daraus, daß dieser Kaiser in der prinzipiell hoffernen Stilisierung der Ereignisse von Mursa nach einem literarischen Schema die Stelle des guten Bürgerkriegshelden Pompeius einnahm, wobei entsprechend derTatsache, daßConstantius als Sieger aus dem Bürgerkrieg hervorging, einige Varianten vorgenommen wurden. Mankann mit guten Gründen annehmen, daßdies auch derTenor derBürgerkriegsdarstellung derProba war, dieaufdiemoralisierende Kontrastierung zwischen Constantius und Magnentius nicht verzichtet und dabei die positive Rolle eher dem legitimen Kaiser Constantius als dem Usurpator Magnentius zugewiesen haben dürfte, ohne es deshalb zuunterlassen, auf eine gewisse tragische Mitverstrickung des positiven Bürgerkriegshelden in dasblutige Geschehen hinzuweisen.

4. ZumVerhältnis derDarstellungen desZosimos unddesZonaras Ähnlichen Charakter wiedie Grundquelle desZonaras dürfte nunauch die Grundquelle des Eunap-Zosimos gehabt haben, für die –anders als bei Zonaras –die epischen Elemente schon Seeck undOlivetti aufgefallen sind. Selbst dieconstantius-freundliche Tendenz, diedieDarstellung desZonaras auszeichnet, dürfte sich auch in der Grundquelle des Eunap-Zosimos gefunden haben. Zwar trifft es zu, daß in der Erzählung des Zosimos –wie Olivetti betont –gerade die Taten desMagnentius imVordergrund stehen. Doch bedeutet dies nicht, daß Eunap-Zosimos ein Epos vorlag, das zum höheren Ruhm des Magnentius verfaßt war. Das Bild der Aktivitäten des Magnentius ist nämlich keineswegs ungebrochen positiv, wennmaneinige Elemente derErzählung desZosimos zusammenstellt: – Durch einen vorübergehenden Erfolg hochmütig geworden, erträgt Magnentius es nicht, daßsich derKrieg in die Länge zieht159. – Aus Ungeduld, die Entscheidung zu forcieren, hört er nicht auf den Ratschlag seiner Mutter160. – Er macht die Vermittlungsbemühungen des Philippus zunichte, indem er die Soldaten zurFortsetzung des Krieges anstachelt161. – Aus der mißlichen Situation von Siscia kann er sich nur durch eine 158Zon. 13,8,18. 159 Zos.

2,46,1.

160Zos. 2,46,2. 161Zos. 2,47,3– 48,1.

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diplomatische List befreien, während ihm das Strategem von Mursa ganz mißlingt. Insgesamt wird Magnentius in der Darstellung des Eunap-Zosimos nicht als überragender Feldherr gezeichnet, sondern als Mann, derin seiner rastlosen, aber nicht glücklichen Aktivität der eigentliche Motor des Bürgerkriegs unddamit dasrechte Gegenstück zumlukanischen Caesar ist162. Olivetti begründet seine Annahme, Zosimos habe letztlich MagnentiusPanegyrik benutzt, nicht nur mit dem Hinweis auf die Fokussierung der Erzählung auf die Aktionen des Magnentius, sondern auch mit dem Hinweis aufconstantius-feindliche Passagen in derDarstellung desZosimos163. Auch hier zwingt eine differenziertere Analyse zuanderen Schlußfolgerungen. Einige Elemente derDarstellung desZosimos zeigen nämlich, daßdie Grundquelle eine ganz andere Tendenz gehabt haben muß. Wenn bei Zosimos etwa Constantius ausdrücklich dem Magnentius erlaubt, mit seinen Truppen in die pannonische Ebene vorzurücken, dann ist dies ein Zug, der sich mit einigen Modifikationen in der Constantius-Panegyrik wiederfindet, diedasevidente strategische Versagen desKaisers mitderErklärung zu kaschieren suchte, daß demMagnentius das Vorrücken erlaubt wurde, um ihn besser schlagen zu können164. Ferner erlaubt in der Darstellung des Zosimos der milde Constantius dem arroganten senatorischen Gesandten Fabius Titianus wieder zuMagnentius zurückzukehren, obgleich dieser den Gesandten des Constantius festgesetzt hat165. Schließlich wird von Zosimos der Bau des befestigten Lagers bei Cibalis, einer regelrechten Stadt, „ die sich von Städten, die mit Größe undSchönheit geschmückt sind, in , mitzahlreichen Details geschildert, diezumhöheren nichts unterscheidet“ Ruhm des Constantius ausfallen166. Die gegen Constantius gerichteten Bemerkungen des Zosimos sind dagegen ungeschickt eingefügte Zusätze von eindeutig sekundärem Charakter. Durch sie hat derRedaktor derGrundquelle, m. E. Eunap, versucht, die ursprünglich constantiusfreundliche Darstellung in ihrer Tendenz umzukehren. Das zeigt sich bei einem Vergleich der Erzählung des Zosimos mit der Darstellung des Zonaras. Den von Philippus geleiteten Vermittlungsversuch motiviert die Grundquelle desZonaras damit, daßder Kaiser verhindern will, daßsich dieRömer durch Kämpfe unter Bürgern unddurch gegenseitiges Morden beflecken167. Sorge umdasImperium undAngst vor 162Vgl. z. B. Lucan. 7, 240: aeger quippe morae (Caesar) undZos. II 46,1: ο κ ὐ ἠ ν είχ ῆ ς(Magnentius). ε τ οτ υτριβ ο ῆ ο έμ ο λ ντ ῦπ ςἐπ έο λ ὶπ 163Olivetti (wie Anm. 109), 163. 164Zos. 2,48,3. Vgl. Iul. Imp. or. 1,35 d. 165Zos. 2,49,1 f. 166Zos. 2,48,3– 5.

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denFolgen desBürgerkriegs bestimmen also bei Zonaras dasVerhalten des Constantius. Dagegen ist bei Zosimos bei der Philippus-Gesandtschaft die Bemühung umein Friedensabkommen nurein leerer Vorwand, während es in Wirklichkeit um die Spionage und die Erkundung der Absichten des Magnentius geht168. Die patriotische Motivierung der Handlungen des Constantius, wie sie sich bei Zonaras findet, begegnet bei Zosimos freilich auffälligerweise einige Kapitel später, undzwar in einer merkwürdigen Passage über Friedensbemühungen des Constantius während der Schlacht von Mursa: Constantius habe während der Schlacht erkannt, daßselbst ein Sieg bei Mursa seinen Wünschen nicht entsprechen werde, da dieser Sieg die römischen Legionen dauerhaft schwächen undnur die Barbaren von ihm profitieren würden169. Aus diesem Grund habe er erwogen, den Krieg durch ein Abkommen zu beenden. Diese Überlegungen des Constantius entsprechen völlig demBild, dasZonaras vondenFriedensbemühungen, aber auch von der betrübten Reaktion des Constantius nach demBürgerkriegsieg zeich-

net.

Der ursprüngliche Kontext derbei Zosimos nurhalbverstandenen Passage über die Bürgerkriegsskrupel desConstantius hatdabei denKaiser als

tugendhaften Akteur gezeichnet, der bis zum Schluß den Bürgerkrieg zu verhindern sucht. In dervonZosimos gebotenen Darstellung derEreignisse erscheint derEinsatz desConstantius zwar als absurd, weil dieser während der Schlacht erfolgt unddie Truppen durch ihn vomweiteren Kampf nicht abgehalten werden. Daßaber wiesooft auch hier Zosimos seine Quelle nur verzerrt wiedergegeben hat, ist wahrscheinlich. Der wirkliche Tenor dieser Episode ist wohl folgendermaßen zu rekonstruieren: Unmittelbar vor der Schlacht (und nicht wie bei Zosimos während der Schlacht) versucht der gewissenhafte Constantius bis zumletzten Augenblick, einen Friedensvertrag zustande zubringen, kannes aber nicht verhindern, daßdiefanatischen Soldaten des Magnentius schließlich den Kampf aufnehmen, so daß der Kaiser gegen seinen Willen gezwungen wird, die Schlacht zuliefern170.

Es ist somit evident, daß in der Gesamtdarstellung des Zosimos

störende

167Zon. 13,8,6. 168Zos. 2,46,2. 169Zos. 2,51,1. 170Statt τ ῶ νστρα τ ο π έδ ω νἔτ ι συμ π μ επ έν λ εγ ω ν(Zos. 2,51,2), muß also in der ursprünglichen Quelle beschrieben worden sein, wie die Heere sich eine Zeit lang gegenüberstehen, bevor es –durch die Schuld derMagnentianer –zumZusammenstoß kam, undwieindieser Zeit Constantius sich umFrieden bemühte. Genau diese Situation Als sie sich in Schlachtordnung gegenübergestellt ist bei Zon. 13,8,11 beschrieben: „ hatten, verbrachten sie den größten Teil des Tages unverrichteter Dinge, indem keiner gegen denentgegengesetzt aufgestellten Flügel zumAngriff vorging.“

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Angaben der Grundquelle über den echten undpatriotischen Friedenswillen des Constantius in einem Falle –bei der Philippus-Gesandtschaft – tendenziös überarbeitet worden, im anderen ausUnachtsamkeit stehen geblieben und in einen falschen Kontext eingeordnet worden sind. Noch deutlicher erscheint die grobe Struktur dieser nachträglichen Überarbeitung im Sinne derfeindlichen Tendenz bei der Darlegung der Gründe der Caesarerhebung desGallus. Bei Zonaras wirdauch hier die Sorge umdasWohl des Staates hervorgehoben: Constantius gibt dem Gallus seine Schwester zur Frau, erhebt ihn zumCaesar undschickt ihn in den Osten, umfür die Zeit des Kampfes gegen Magnentius die Grenze gegen die Perser zu sichern, nachdem er einerseits vonderErhebung des Decentius (im Rahmen derVorbereitungen des Bürgerkriegs durch Magnentius), andererseits von Angriffen Schapurs II. erfahren hat171. In derErzählung desZosimos findet man –partiell in veränderten Reihenfolge –die gleichen Elemente der Darstellung172, doch wird die Grenzsicherung gegen die Perser als bloßer Vorwand hingestellt, während Constantius II. in Wirklichkeit mit der ge171Zon. 13,8,2– 4: „Magnentius hielt sich in Mailand auf. Dort erhob er den Decentius zum Caesar und schickte ihn aus, um die gallischen Provinzen zu bewachen.

Währenddessen ergriff Schapur die Gelegenheit, straflos zu handeln, verwüstete den Orient undkehrte mitBeute undvielen Kriegsgefangenen zurück. Als so derKaiser von beiden Seiten vonKriegssorgen bedrängt war, ehrte er seinen eigenen Cousin Gallos mit derWürde eines Caesar, gab ihmseine eigene Schwester zurFrau undschickte ihn in den Osten, damit er die persischen Angriffe zurückschlug“. Die gleiche Quelle ist bei Leo Gramm. 90 f. benutzt, nurdaßalles durcheinander gebracht worden ist (Gallus wird in Antiocheia erhoben, Constantius zieht gegen die Perser, Gallus besiegt denMagnentius). Die Leoquelle, deren Tenor nurvonZonaras richtig wiedergegeben wird, stellte für das Jahr 351 große politische Erklärungszusammenhänge her. Dezidiert wird dabei in derKausalitätskette die Erhebung desDecentius derjenigen desGallus vorangestellt. Zumindest dieser Zug der Darstellung ist glaubwürdig undwird durch dennumismatischen Befund bestätigt, wie die unmittelbar nach dem Tod Nepotians ausgebrachten römischen Emissionen desDecentius beweisen, vgl. Bastien (wie Anm.4), 15 f., anders zurChronologie derErhebungen desDecentius unddesGallus Kent (Anm. 61) 242. Das glaubwürdige und sehr spezifische Detail bei Zon. 13,8,2, Decentius sei in Mailand erhoben worden, wird vonKent, 242, Anm. 6 mitdempauschalen Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit eines späten Autors abgetan, ohne zuerwägen, wie derüber spätantike Kaiserresidenzen undüber die westliche Geographie kaum informierte byzantinische Mönch auf eine solche Erfindung gekommen sein soll. Die vonihmimGegenzug vorgeschlagene Hypothese einer Erhebung des Decentius in Rom wird aber nicht einmal durch ein numismatisches Indiz gestützt. 172Zos. 2,45,1 f. Über dieErhebung desGallus wird imUnterschied zuZonaras vor derErhebung desDecentius berichtet. Wörtliche undinhaltliche Entsprechungen fallen auf. Zon. 13,8,4 berichtet über denFeldzug gegen Magnentius, über die Erhebung des Cousins zumCaesar, seine Vermählung mit Constantina undseine Entsendung in den τ ιο ρ ν ν ρΚ ω ὸ σ τ ά ω ςπ ς ά τ ρ τ κ ὐ ο ὲα Osten, umdie persischen Attacken abzuwehren: ὁδ ή σ τ ίο α α ῦΚ ςτ ῇἀ ντιμ ο φ ξ ίᾳ λ ο ντ εῖο νἐξάδελ ὸ νο ἰκ η τ ο . (....) Γάλ μ γ Μ ν α έν ρ τ ιο νὥ

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fährlichen Mission undderErhebung desGallus zumCaesar nurGelegenheiten schaffen will, umGallus leichter umbringen zu können. Es ist offenkundig, daßim Falle derDarstellung derErhebung des Gallus amVorabend von Mursa die constantius-freundliche Darstellung der Grundquelle desZonaras mitElementen derjulianischen, gegen Constantius gerichteten Propaganda verbunden worden ist. Diese Verbindung geht ohne Zweifel auf Eunap zurück, der für die Erhebung Julians in ähnlicher Weise wie Zosimos für Gallus offiziellen Vorwand (Teilherrschaft über Gallien) und wirklichen Grund (Himmelfahrtskommando zurBeseitigung des Rivalen) unterschieden hat173. έ ῷ ε ἰςτ ή σ α α γ νἐξ ή ῆ νΚ υ νἑῴ ω ν ςα σ ὐ τ τ α ν τ ία νκα τ εγ φ ο τ υ ῦἀδελ νἑα ρ ο α ὴ ὶτ ςκ σ α υ ο δ ὰ σ ὰ ό ικ ὰ ,τ κ ψ ε ν ό ςτ α . Zos. II 45,1 berichtet über denFeldερ ν τ ςΠ ψ α ςἐφ ςἀ ο π εμ zug gegen Magnentius, die Erhebung des Cousins Gallus zumCaesar, seine Vermählung mitConstantina unddenvorgeblichen Grund dieser Erhebung, nämlich denWiderstand gegen die persischen Angriff: ἐ ν γ έν τ ιο νἐλα π ν ν σ ω ω τ ύ νΚ ά α ν τ ὶΜ ιο λ ςΓά λ ο , ν γ ῷ υ κ α τ ή η εγ σ σ α ι, κ α ὶΚ α θ ω ρ α ίσ ν κ α ν τ ία ίσ ν α ὐ τ τ σ τ α ς (...) Κ α α α υπ ῖδ ίο ε τ α ο ῦθ τ ν ὅ μ η εν ὴ ν , εἵτ ν(...). Zon. 13,8, 2 berichtet σ ο ό ετ ο ο ιςἀ ῖςΠ ισ τ τ σ νπ ν ῶ λ ο φ ερ έμ νἀ δ ελ τ ὴ ὲ über die Erhebung desDecentius zumCaesar undseine Entsendung nach Gallien: ὁδ γ ε, τ ὸ να ῳ κ δ α φ ιῆ ρ α δ ὶσ ὸ νΔ τ είλ α ελ εκ ιο έν τ νἀ ν α ίσ α είπ ω νΚ ςα τ ν ὐ ὸ ν ά λ ιο εδ νΜ ἐ ά λ υ τ α . Zos. II 45,2 berichtet über die Erhebung des Decentius zum τ ὰ ν ία ξ ο λ λ ςΓα ςφ εκ γ ν έν τ ιο έν τ ιο ν α ς(...) Δ Caesar undseine Entsendung indieGroßpräfektur Gallien: Μ γ έν ε ισυα μ εν π τ ρ . ο ν ό α ἐ υ π ὶφ λ υ α ίσ κ ν ιΚ α α σ ρτ ῇτ ὰ ν είκ δ ῶ α ὑ ν π ὲ ςἍλ νἀ π ε ιςἐθ ῶ ν (Transalpina undgallische Prätorianerpräfektur sind identisch, vgl. o. Anm. 140). Vgl. auch Epit. Caes 42,1: Constantius Gallum fratrem patruelem Caesarem pronuntiat, sororem Constantinam illi coniungens. Magnentius quoque Decentium consanguineum suumtrans Alpes Caesarem creavit. Epitome deCaesaribus undZosimos lassen Decentius nurals Verwandten, nicht als Bruder des Magnentius erscheinen. Möglicherweise ist Zonaras hier vonderkirchengeschichtlichen „Zwillingsquelle“beeinflußt, dieneben Philostorg auch andere Kirchenhistoriker benutzt hat, vgl. etwa zuDecentius als Bruder des Magnentius Socr. 2,32,9. Vielleicht erklärt sich der Unterschied aber auch damit, daßMagnus Decentius zwarnicht derleibliche Bruder desMagnus Magnentius war, im dynastischen Sinne aber als Bruder galt undals solcher ausgegeben wurde. 173Eunap. vit. soph. 7,3,7 (476): ο ῃτ ὐ χἵν β ῶ μ α ν ό ν σ ῃ α ο ιλ ν ἐκ ,ἀ λ ε ίν ε λ ύ ν α ἐ ᾽ἵν ῃ . Wie Zos. 2,45,1 berichtet auch Philostorg. 3,25 über die Erρ δ φ θ ια ά α ιλ ίᾳ σ ε τ ῇβ hebung des Gallus undweist dabei in gleicher Weise auf die Abstammung von Iulius Constantius hin. Er berichtet wie Zosimos über denGrund der Erhebung des Gallus – Constantius befürchtet, als er denFeldzug gegen Magnentius vorbereitet, einen Angriff . Die der Perser –nennt aber nicht wie Zosimos den entlarvenden „wahren Grund“ Beziehungen zwischen den beiden Quellen erklären sich damit, daß Philostorg wie Zosimos ausEunap schöpft, aber Angriffe gegen christliche Kaiser nicht immer übernimmt (Angriffe gegen Konstantin beispielsweise bei Philostorg nurfür die Phase, in derer die antiarianische Richtung bevorzugt, d. h. fürdie Zeit desKonzils vonNikaia). Die Distanzierung gegenüber Eunap ist etwa in Eunap Frg. 9,1 Blockley (Suda, s. v. ῆ κ α α ὐ τ ὰ φ ρ υ ο α ὶπ ρ η ά ςκ α α ν ψ ὶο ερ ε νΕὐνά π λ ιο Κ ὗἔγ ) zu greifen: π ω ν ο ν τ ῖν σ τ α ςφ ς ό ρ . Der hier sprechende Autor dürfte Philostorg sein, vgl. Bidez (wie ς δ ν α ο ῦἀ ἰδ ο ῖτ Anm. 65), 413.

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Die von Zosimos überlieferte Erzählung zur Geschichte des Krieges zwischen Magnentius undConstantius bot also ursprünglich ein positives Bild der Bürgerkriegsrolle des Constantius, das erst durch die manipulierende Redaktion Eunaps gründlich überarbeitet worden ist. Sie stand damit der ausführlichen Bürgerkriegsdarstellung der Zonarasquelle sehr nahe oder warvielleicht sogar mitihr identisch. Die stadtrömischen undsenatorischen Perspektiven der Zonarasquelle sind an anderer Stelle wiederholt skizziert worden. Dieses auch vonderEpitome deCaesaribus undAmmian benutzte Werk läßt sich mit einem hypothetischen, aber keineswegs unwahrscheinlichen Autorennamen und Werktitel etikettieren, nämlich mit denAnnales des historicus disertissimus Nicomachus Flavianus174. Für die Analyse derDarstellung derSchlacht vonMursa bewährt sich unser Modell der Quellenbeziehungen bei Zonaras erneut, da es die epischen, an Lukan geschulten Elemente in der Erzählung eines Byzantiners erklärt. Nicomachus Flavianus –oder ein anderer senatorischer Autor –konnte nicht umhin, das Bürgerkriegsepos der seinem Milieu angehörenden Proba zur Kenntnis zunehmen, undmagso daseine oder andere Element dieses Bürgerkriegsgedichts in seine Erzählung aufgenommen haben. Das eigene Bildungsniveau unddie Verstrickung zahlreicher bekannter oder verwandter Senatoren in den Bürgerkriegen der vergangenen Jahrzehnte erlaubten es aber einem Senator auch unabhängig vomBürgerkriegsepos der Proba, Ereignisse derjüngsten Vergangenheit, über die mandurch die Höhe der republikanieigenen Position sehr gut informiert war, durch die Brille „ scher“und römisch-epischer Bürgerkriegsdeutungen wahrzunehmen und in eine historische Gesamtperspektive einzuordnen.

174Anders R. Burgess, Jeromes’s „ Chronici Canones“ , Quellenforschung andFourthCentury Historiography, in: G. Bonamente, F. Heim, J.-P. Callu, Historiae Augustae Colloquium Argentoratense, Bari 1998, 85 zumGeschichtswerk des Nicomachus Flavianus: „ We know nothing about its content or chronological extent, so any such reference to his history takes us from the realm of serious history into fantasy.“Bei der Nicomachus-Flavianus-Frage sindzwei Aspekte zuunterscheiden: 1.DieExistenz einer gemeinsamen Quelle vonAmmian, Epitome de Caesaribus undLeoquelle des Zonaras ist eine unbestreitbare Tatsache. Sie kann nicht mit Eunap identifiziert werden, da die Erzählung desZosimos –trotz auffälliger Ähnlichkeiten –letztlich vondiesem Quellenstrang doch zuverschieden ist, wieunsere Analyse vonMursa erneut gezeigt hat. Diese Quelle hatsenatorisch-patriotischen Charakter, derAutor ist ansenatorischer Familiengeschichte interessiert, wiedie Familienanekdoten zuAradius Rufinus oder zuNummius Albinus zeigen, vgl. B. Bleckmann, ZudenQuellen der vita Gallieni duo, HACIII, 97. Sie hat ferner römisch-literarisches Kolorit, vgl. zu vergilischen und Bari 1995, 91– sallustischen Elementen Bleckmann (wie Anm. 122), 154 und 267 f. 2. Nicomachus Flavianus ist lediglich ein Etikett, umdiese sicher existierende Quelle zubezeichnen.

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6. ZurInterpretation der Schlacht vonMursa als historische

Zäsur

Um diese

Gesamtdeutung soll es abschließend gehen. Eine Bilanzierung undeine Beurteilung der Folgen der Schlacht von Mursa für den Verlauf der weiteren Geschichte findet man bei einer großen Zahl spätantiker Historiker. Daß die Kämpfe gegen Magnentius äußerst heftig waren, wird bereits vonJulian undderoffiziösen Deutung derunmittelbaren Gegenwart keineswegs verschwiegen, und ein Reflex davon findet sich auch beim Zeitgenossen Aurelius Victor175. Die Schwere der Kämpfe dient aber in diesen Zeugnissen nurdazu, denRuhm desBürgerkriegssiegers Constantius zu erhöhen, zumal nurdie Verluste auf der Feindesseite herausgehoben werden. Für die folgenden Generationen ändert sich freilich das Bild. Die Quelle desZosimos hebt denepochalen Charakter derSchlacht vonMursa unddie Größe der Verluste hervor176, undin einer von Zosinos aus dem Kontext gerissenen Bemerkung hat sie die Folgen der Schlacht für das Reich erläutert. In derparallelen Darstellung desZonaras werden sogar die genauen Verlustzahlen wiedergegeben. AufderSeite desConstantius sollen 30 000, auf der Seite des Magnentius 24 000 Soldaten gefallen sein177. Diese Bilanzen finden sich auch in denknappen Geschichtsabrissen dieser Zeit wieder. Im Breviarium Eutrops heißt es: „Ungeheure Kräfte des Reiches wurden in diesem Kampf aufgezehrt, mit denen man äußere Kriege hätte führen können, die zahlreiche Triumphe undgroße Sicherheit hätten bringen können.“178. Und in der zwanzig Jahre nach dem Breviarium Eutrops entstandenen Epitome de Caesaribus erscheint die Schlacht von Mursa als eine einschneidende undepochale Zäsur derjüngsten Geschichte: In quo bello paene nusquam amplius Romanae consumptae sunt vires totiusque imperii fortuna pessumdata 179. Orosius, der in der Regel Eutrop benutzt, kommentiert die Schlacht vonMursa in einer Form, die verrät, daß erAnsichten kannte, die derBewertung in derEpitome deCaesaribus nahe Es folgt jener grauenhafte Krieg, der zwischen Constantius und kamen: „ Magnentius bei derSchlacht Mursa geschlagen wurde undin demdiegroße Verschwendung römischer Kräfte sogar bis in die nachfolgenden Genera180 tionen schädlich war.“ 175Aur. Vict. 42,10: Ipsi inter se acrioribus proeliis per triennium congressi. 176Zos. 2,50,4 (mit der Textverbesserung von Mendelssohn): μ η ς η μ έν ά εν χ ςτ ο εγ

φ α ῳ μ ίν ο ῷ ν νἐ π ὲ υ ετ ῖα εγ α ,π ο λ ιγ ίπ έ τ ο υ σ ιμ ξ νἐ ο ντ τ ρ ερ ό ο νο ὔ π ω π ἵασ δ ὸ χ ε ι. εῖσ ο υπ λ τ ο έρ α τ ἑκ

177Zu Zon. 13,8,17 vgl. Anm.135. Diese Verlustangaben für beide Seiten müssen υ σ ι τ ο ίπ sich ähnlich auch inderQuelle desZosimos gefunden haben, vgl. Zos. 2,50,4: π μ ὲ ν ἐ ξἑκα τ έρ ο υπ λ εῖσ τ ι ο 178Eutr. 10,12,1: Ingentes imperii vires ea dimicatione consumptae sunt, ad quaelibet bella externa idoneae, quae multum triumphorum possent securitatisque conferre. 179Epit. Caes. 42,4. 180Oros. 7, 29,12: sequitur bellum illud horribile inter Constantium Magnentium-

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Die zahlreichen Äußerungen zu den Auswirkungen der Schlacht von Mursa erscheinen auf demersten Blick erstaunlich klarsichtig, indem mit den hohen Bürgerkriegsverlusten in der Tat ein entscheidender Faktor der Schwächung des Römischen Reichs genannt wird. Es scheint ganz nachvollziehbar, daßdieVernichtung eines großen Teils derfürdenBürgerkrieg mobilisierten Truppen die Abwehr barbarischer Eindringlinge erheblich erschwerte. Dementsprechend wird dieAnalyse der hier zitierten spätantiken Historiker meist ohne weiteres übernommen, etwa von Otto Seeck: Weraber durch diese Schlacht ammeisten gewonnen hatte, daswaren die „ Barbaren, die rings an denGrenzen lauerten. Denn mochte es seit denZeitenDiocletians auch stark vermehrt sein, soblieb dasReichsheer doch noch immer schwach genug, daß ein Verlust von 54.000 seiner besten Krieger, ganz abgesehen vondenen, welche schon indenfrüheren Kämpfen gefallen waren, seine Schlagfertigkeit sehr ernstlich gefährdete.“181 Dennoch ist nach demRealitätsgehalt dieser Analyse zufragen. Zweifellos war der Verlust an Truppen sehr hoch, und in mancher Beziehung verweist die Außenpolitik Constantius II. in den 50er Jahren darauf, daß dem Kaiser nur noch unzureichende Mittel zur Grenzsicherung zur Verfügung standen. AmGanzen der Reichsbevölkerung undamunermeßlichen Reservoir diensteifriger Barbaren gemessen, kann aber der Verlust von 50.000 Mann langfristig nicht die Wehrkraft des Reiches wesentlich geschwächt haben. Vielmehr wurde er in gleicher Weise ausgeglichen wiedie kaum geringeren Verluste der Bürgerkriege Konstantins. Bereits ein Jahr nach demToddesMagnentius wurden mitAlamannen erneute Rekrutenliegallischen“(in Wirklichkeit aber ferungen vereinbart, die die Reihen der „ germanischen) Truppenteile des Bewegungsheers rasch wieder auffüllten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß in der Schlacht von Mursa „eine Reihe vonTruppenkörpern ihren Untergang gefunden hat undspäter nicht wiederaufgestellt worden ist.“182Nachweisbar ist dies allerdings in keinem Fall, vielmehr sind alle bekannten Truppenteile derMagnentiusarmee auch in der Zeit nach 353 aktiv undexistent gewesen, undzwar selbst die besonders kriegerischen undundisziplinierten Elitetruppen des Magnentius, die Magnentiaci undDecentiaci183. Wie rasch die Reihen der gallisch-gerque apud Mursam urbem gestum, in quo multa Romanorum virium profligatio etiam in posterum nocuit. Vgl. auch Hier. chron. z. J. 351, p. 238 Helm, der größere Nähe zur Epitome de Caesaribus als zu Eutrop aufweist undbei demKenntnisse von stadtrömischen Diskussionen anzunehmen sind: Magnentius Mursae victus, in quoproelio Romanae vires conciderunt. 181Seeck (wie Anm. 78), 113. 182Hoffmann (wie Anm. 24), 201. 183Zu diesen vgl. Hoffmann (wie Anm. 24), 206. Zu den Bracchiati undCornuti, denPetulantes undCeltae, denBatavi undHeruli vgl. Hoffmann, 203 ff.

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manischen Eliteverbände durch diensteifrige Germanen wieder aufgefüllt wurden, zeigen einige für die 50er Jahre bekannten Zahlen, wenn Silvanus 8.000, Julian während der Schlacht von Straßburg aber bereits 13.000 Soldaten kommandierte184. Die Beurteilung derSchlacht vonMursa durch die spätantike Historiographie hat daher kaum mit einer nüchternen Bilanzierung der Rekrutierungspotentiale zutun, diederrömischen Armee vorundnach derSchlacht zur Verfügung standen. Vielmehr ist sie Reflex einer literarisierten und ideologisierten Zeitkritik. Wenn Eutrop eine Generation nach der Schlacht vonMursa dieVerluste in dieser Schlacht beklagt, weil diedort verlorenen Streitkräfte von Mursa gerade für auswärtige Kriege geeignet gewesen wären, die dem Imperium Triumphe und Sicherheit eingebracht hätten, dannlassen sich Parallelen zurlukanischen Bürgerkriegsbilanz kaumübersehen, inderdieverhinderten Triumphe unddieverhinderte Vollendung der römischen Welteroberung in denVordergrund gestellt wird. Eutrop bietet offenkundig keine objektive Bilanz derSchlacht vonMursa, sondern Topoi aus einer anachronistischen republikanisch-imperialistischen Wertvorstellungen verpflichteten Diskussion. Diese Diskussion läßt sich bei Eutrop auch im Fall des Jovian-Friedens nachweisen. VonEutrop bzw. denKreisen, auf die er hörte, wurde dieser Friedensschluß scharf kritisiert, nicht weil derTerritorialverzicht eine reale Gefahr für dasImperium Romanum bedeutete, sondern weil er mitdemimperialen Ehrenkodex nicht vereinbar warundeinen vermeintlich scharfen Kontrast zudenbekannten Exempla republikanischer Unnachgiebigkeit gegenüber demäußeren Feind bedeute-

te.

ImSinne einer historischen Zäsur sind Ereignisse wiedie Schlacht von Mursa oder der Jovianfrieden von Eutrop noch nicht verstanden worden, vielleicht, weil er denEreignissen noch zunahe stand, vielleicht aber auch, weil dasKonzept seines Breviariums, dasfürdieKaiserzeit auseiner Serie vonKaiserbiographien besteht, es nicht erlaubte, in wertender Absicht Perioden zusammenzufassen und über längere Zeiträume hinausreichende Entwicklungen zuskizzieren. Manmußsich aber nurdasDatum 146 v.Chr. bei Sallust oder das Datum 235 bei Aurelius Victor vorAugen halten, um nachzuvollziehen, daß moralisierende Zäsurensetzungen und Periodisierungen zur Geschichte der res publica in der Tradition großer römischer Historiographie lagen185. Dementsprechend wurde in Geschichtswerken, 184Vgl. Hoffmann (wie Anm. 24), 142. 185Solche Periodisierungen sindm.E. auch inderLeoquelle desZonaras nachweisbar, etwa in denungefähr sechzig Jahren, die zwischen der Schmach des Friedens des Philippus Arabs unddemtriumphalen Sieg des Galerius liegen, vgl. Bleckmann (wie 152. Aufdiese sechzig Jahre ist m.E. auch Amm. 22,12,1 zubeziehen: Anm. 122), 149– sciens et audiens gentem asperrimam per sexaginta ferme annos inusisse Orienti cae-

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die einen ehrgeizigeren Ansatz hatten als das bescheidene Breviarium Eutrops, derJovianfrieden zumWendepunkt römischer Ostpolitik schlechthin stilisiert186. NochAgathias, derausdiesen Geschichtswerken schöpfte, hatbei diesem Friedensschluß diebis in die eigene Zeit reichenden fatalen Folgen beklagt187. In analoger Weise ist auch die Schlacht vonMursa zurEpochengrenze geworden. AusdemVergleich zwischen Zonaras undLukan dürfte deutlich geworden sein, wie stark die Schlacht vonMursa in derspätantiken senatorischen Historiographie als Gegenstück zur Schlacht vonPharsalos konzipiert wurde. Diese Analogien gelten auch für dieBewertung derepochalen angeblichen Folgen der Schlacht. Im siebten Buch führt Lukan lange aus, wie die Schlacht von Pharsalos das weitere Schicksal des römischen Reiches bestimmt habe, indem durch die Entvölkerung Italiens, die Überfremdung der stadtrömischen Bevölkerung, die Verhinderung der Fortführung der imperialen Expansion, die Beendigung der republikanischen Freiheit der bisherige Aufstieg umgekehrt worden sei: Sed retro tuafata tulit par omnibus annis/Emathiae funesta dies188. Wenn die Epitome de Caesaribus die Schlacht vonMursa mit ihren hohen Verlusten zumhistorischen Wendumet direptionum monumenta saevissima ad internecionem exercitibus nostris saepe deletis (nämlich Julian). Den Boeft u. a., Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXII, Groningen 1995, 215 f. lassen einen entscheidenden Punkt in meiner Argumentation unberücksichtigt, wenn sie gegen meinen Vorschlag einwenden, daßbei Ammian Konstantin undnicht Julian die Schuld amAusbruch des Kriegs gegeben wird (Amm. 25,4,23). DaKonstantin erst 324 denOrient übernommen underst ab dieser Zeit auf die nach Ammian kriegsauslösenden mendacia Metrodori gehört haben kann, ist eine Periode von sechzig Jahren für das vierte Jahrhundert ausgeschlossen. Verbindungen zwischen Leoquelle undAmmian sind in der Frage der Periodisierung der römisch-persischen Kriege deshalb anzunehmen, weil auch die Leoquelle detailliert über die mendacia Metrodori berichtet. 186ZurDiskussion umdenJovianfrieden R. Turcan, L’abandon de Nisibe et l’opi890; F. nion publique (363 ap. J.-C.), in: Mélanges André Piganiol II, Paris 1966, 875– 206; M. A. Marié, Virtus et Fortuna Paschoud, Cinq études surZosime, Paris 1975, 184– chez Ammien Marcellin. La responsabilité desdieux et deshommes dans l’abandon de 190; Nisibe et la défaite d’Andrinople (Res Gestae 25,9 et 31), REL 67, 1989, 179– 94. S. Ratti, Jerôme et Nicomaque Flavien: surles sources de la ChroBleckmann, 88– 508 führt die Gemeinsamkeiten 364, Historia 46, 1997, 479– nique pour les années 357– zwischen Eutrop undden anderen Quellen auf Nicomachus Flavianus zurück, wobei Ratti eindrucksvolle Gemeinsamkeiten zwischen Hier. 243 c.; Eutr. 10,17,1 und der Leoquelle des Zonaras (13,14,4) betont. Diese Beziehungen sind nicht in Abrede zu stellen, doch möchte ich sie eher durch eine längere in RomundamHofe des Valens geführte Diskussion als durch eine gemeinsame Quelle erklären. 187Agath. 4,25,7: ξύνθ η κ ι ρ α έχ ο ία ςτίθ ν ο α ςμ α ὶὁπ εσ ςκ γ ν θ εν ε α ιἀ ῖςκ α ὶἀσχήμ . ε ίᾳ ιτ ιπ ο λ μ α ίν εσ θ α μ ῇῬ α ίω νλ υ ω κ α ὶν ῦ ντ 188Lucan. 7,426 f. Vgl. die Ausführungen in 7,385– 459.

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depunkt erhebt, ab dem das Schicksal des römischen Reiches zum Schlechten entschieden ist (totiusque imperii fortuna pessumdata), dann dürfte dies demlukanischen Deutungsschema entsprechen, dasderAutor derEpitome nicht selbst erfunden, sondern einem größeren, literarisch anspruchsvolleren Werk eines stadtrömischen Autors entnommen hat. Die Bereitschaft, ein solches Deutungsschema für die eigene Zeit anzuwenden, wird man dabei weniger mit zeitgenössischem Krisenbewußtsein als mit einer durch die kaiserzeitliche Dichtung unddurch die kaiserzeitliche Historiographie vorgeprägten pessimistischen Attitüde gebildeter Kreise erklären müssen.

Zusammenfassung

DasvonDiokletian eingerichtete spätantike Mehrherrschaftssystem erwies sich im Laufe des IV. Jahrhunderts immer wieder als störanfällig für Rivalitäten undMachtkämpfe, die nicht selten in blutigen Bürgerkriegen ausgetragen wurden. Ereignisse dieser Artkonnten vondenZeitgenossen schwerlich als unvermeidliche Begleiterscheinungen eines dysfunktionalen Herrschaftssystems aufgefaßt und hingenommen, sondern mußten durch die Einordnung in bekannte ideologische Interpretationsmuster begreiflich gemacht werden. DemBürgerkriegssieger etwa mußte es darauf ankommen, die Notwendigkeit und die Größe seines Siegs zu demonstrieren, wofür altbekannte Schemata imperialer Bürgerkriegspropaganda benutzt undvariiert wurden. Für Christen der verschiedenen Richtungen wares wichtig, die reale oder angebliche konfessionelle Einstellung der Bürgerkriegskontrahenten mitdemAusgang desBürgerkriegs in Verbindung zubringen und daraus eine Bestätigung für deneigenen Standpunkt zugewinnen. Gleiche Argumentationsmuster lassen sich auch für die Heiden annehmen, etwa für die von Eunap gebotene Deutung der Geschichte des IV. Jahrhunderts, während das senatorische Milieu die Bürgerkriege aus einer Perspektive deutete, die die oft sehr schwierige und zerrissene Situation des eigenen Standes in denVordergrund stellte. VonderFülle zeitgenössischer Deutungen spätantiker Bürgerkriege hat der Zufall der Überlieferung immer nureine kleine Auswahl erhalten, die fürjeden spätantiken Bürgerkrieg ganz verschieden ausfällt. Die Schlacht an der Milvischen Brücke sehen wir etwa aus der Deutungsperspektive spätantiker gallischer Panegyriker und des von den Ereignissen schon räumlich weit entfernten Bischofs von Caesarea, während für die Bürgerkriege gegen Licinius mit dem Praxagoras-Exzerpt des Photios die Geschichtsinterpretation widergespiegelt wird, diebeikurialen Eliten imOsten verbreitet war189. 189Bleckmann (wie Anm. 29)

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Für die Schlacht vonMursa bieten die beiden julianischen Reden, aber auch einige Nachrichten Ammians zur Selbstdeutung Constantius II. hinreichend Material, umdenimperial-propagandistischen Standpunkt zuillustrieren. Bei derchristlichen Deutung ist derSachverhalt komplex, weil sie

von den innerchristlichen Auseinandersetzungen um Constantius II. gezeichnet ist: In der homöischen Geschichtsschreibung sind Themen imperialer Propaganda wie die Betonung des göttlichen Beistands apologetisch gebraucht worden, um in der Auseinandersetzung mit der nach 364 zur Majorität gewordenen orthodoxen Richtung die Rechtgläubigkeit undHeiligkeit des verkannten Constantius zu demonstrieren. Dabei ist dasThema des göttlichen Beistands durch Anknüpfung an das literarische Vorbild Eusebius vonCaesarea in einer Weise konkretisiert worden, die sich in der zeitgenössischen imperialen Propaganda nicht findet, indem nämlich die Schlacht von Mursa zum exakten Gegenstück der Schlacht an der Milvischen Brücke gemacht worden ist. In dieser Deutung besiegt Constantius II. als Protagonist des Christentums den Heiden Magnentius, eine Deutung, dieüber literarische Abhängigkeiten letztlich auch ihre Spuren bei orthodoxen Autoren wie Theodoret hinterlassen hat. Von der zeitgenössischen orthodoxen Polemik gegen Constantius II. ist dagegen Sulpicius Severus beeinflußt, bei demdasThema vomgöttlichen Beistand fürConstantius nur beiläufig bei der Darstellung intriganter Manipulationen des homöischen Bischofs Valens vonMursa auftaucht. Vonbesonderem Interesse ist für die Schlacht vonMursa die Tatsache, daßfür sie im Unterschied zuanderen spätantiken Bürgerkriegsschlachten Quellenmaterial vorliegt, das in detaillierter Weise die senatorische Geschichtssdeutung illustriert. Wenn sowohl Zosimos (über Eunap) als auch Zonaras (über die Leoquelle) eine sehr ausführliche Darstellung der Bürgerkriegsereignisse enthalten, erklärt sich dies angesichts zahlreicher Gemeinsamkeiten vielleicht mit der Benutzung des Geschichtswerks des Nicomachus Flavianus, dasje mehr es sich der eigenen Zeit näherte, einen umso ausführlicheren Maßstab bot unddabei gerade die Wechselfälle der Magnentius-Usurpation, die derAutor selbst erlebt hatte, eingehend behandelte. Unbeschadet von der notwendigerweise immer hypothetischen namentlichen Etikettierung der von Zosimos undZonaras benutzten Quelle, bleibt als Gewißheit, daßdie byzantinische Tradition erkennen läßt, wie im stadtrömischen senatorischen Milieu die Schlacht von Mursa interpretiert wurde, nämlich –ganz in Übereinstimmung mit demBürgerkriegsepos der Senatorin Proba –als ein für alle Beteiligten tragisches Bürgerkriegsgeschehen, das gemäß dem senatorischen Bildungshintergrund in den Kategorien kaiserzeitlicher Bürgerkriegsepik beschrieben wurde.

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Bruno Bleckmann

Anhang: Desiderius undderSelbstmord desMagnentius in dersenatorischen Historiographie

Fürunsere Annahme, daßbei Zonaras letztlich einStück annähernd zeitgenössischer senatorischer Historiographie zur Schlacht von Mursa erhalten geblieben ist, lassen sich einige zusätzliche Argumente aus der genauen Betrachtung der Beziehungen zwischen Zonaras undder amAusgang des IV. Jahrhunderts entstandenen Epitome de Caesaribus gewinnen, deren Prägung durch das stadtrömische senatorische Milieu bekannt ist190. Wenn etwa in beiden Quellen der Tod des Constantius mit der Sorge um den bevorstehenden Bürgerkrieg erklärt wird, dann entspricht dies genau dem Bild des skrupulösen Kaisers, wie es bei Zonaras für die Schlacht von Mursa begegnet. Dieser Aspekt ist freilich bereits ananderer Stelle ausführlich gewürdigt worden191. Eine etwas detailliertere Betrachtung verlangen dagegen die in einigen Zügen parallelen Darstellungen, diebei Zonaras und Epitome deCaesaribus für denSelbstmord desMagnentius zufinden sind. DieEpitome deCaesaribus bietet einen hochdramatischen Bericht über den Selbstmord des Magnentius, der nicht mit blutigen Details spart: Nec multo post apud Lugdunum coangustatus gladio occulte proviso ictum pulsu parietis iuvans transfosso latere, ut erat vasti corporis, vulnere naribusque et ore cruorem effundens mense imperii quadragesimo secundo aetatis anno prope quinquagesimo exspiravit192. Mit dieser Erzählung weist die Darstellung des Zonaras auf denersten Blick keine besonders frappierenden Gemeinsamkeiten auf, da die Details des Selbstmordes offen bleiben, dafür aber ausführlich auf die Ermordung der Familienangehörigen des Magnentius unddas Ende des Decentius eingegangen wird193. Es ist nicht sicher, ob der Bericht des Zonaras überhaupt aus einer einzigen Quelle stammt oder ob hier Details aus verschiedenen Quellensträngen zusammengefügt sind, doch soll die komplexe Frage nach den Beziehungen 190J. Schlumberger, Die Epitome de Caesaribus. Untersuchungen zurheidnischen Geschichtsschreibung des4. Jahrhunderts n. Chr., München 1974. Für die vonSchlumberger vorgeschlagene Identifizierung der Quelle der Epitome de Caesaribus mit den Annales desNicomachus sei ein m. W. bisher nicht gewürdigter Anhaltspunkt hinzugefügt. In Epit. Caes. 14,11 werden die Kanzleireformen des Hadrian gewürdigt: Officia sane publica et palatina nec non militiae in eam formam statuit, quae paucis per Constantinum immutatis hodie perseverat. Das dezidierte Statement eines Autors der nachkonstantinischen Epoche zueiner relativ speziellen Frage, nämlich derOrganisation der Büros, erklärt sich gut, wenn er selbst eine gewisse Expertenschaft in der Administration hatte, wasfür Nicomachus Flavianus nachweislich der Fall war. 191Vgl. zu Epit. Caes. 42,17; Zon. 13,11,11; Leon Gramm. 91,10–14 Bleckmann

(wie Anm. 122), 367 f. 192Epit. Caes. 42,6. 193Zon. 13,9,1– 8.

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zwischen Zonaras und kirchengeschichtlichen Parallelquellen, in denen ebenfalls auf die Ermordung der Familienangehörigen des Magnentius eingegangen wird, hier erst einmal auf sich beruhen194. Entscheidend ist, daß in den Partien, in denen der Bericht des Zonaras keine Parallele bei kirchengeschichtlichen Autoren hat und die daher mit Sicherheit aus der profangeschichtlichen Leoquelle stammen, einige Angaben zufinden sind, die überhaupt erst ein richtiges Verständnis derAngaben in derEpitome de Caesaribus erlauben. Die Epitome berichtet nämlich über eine Einschließung des Magnentius bei Lyon unddarüber, daß dieser sich heimlich ein Schwert besorgt habe. Diese Angaben entsprechen der ausführlichen Darstellung der Situation, die sich bei Zonaras (13,9,1– 5) findet:

1. Nachdem diese Dinge so abgelaufen waren (nämlich ein Attentatsversuch des Magnentius auf Gallus), bereitete sich Magnentius erneut auf eine Schlacht vor, traf auf die Leute des Constantius, unterlag und floh. 2. Daaber die Soldaten, diezusammen mitihmflohen, sahen, daß ihnen vonkeiner Seite mehr Hoffnung auf Rettung geblieben war, und es für vergebens hielten, für einen verlorenen Mann Gefahren auf sich zu nehmen, beschlossen sie, ihn dem Kaiser auszuliefern. 3. Sie umstellten dasHaus, woer lag, indem sie demAnschein nach als Leibwachetätig waren, ihnaber inWirklichkeit daraufhin beaufsichtigten, daß er ihnen nicht heimlich entkam. 4. Als aber Magnentius bemerkt hatte, wassie beabsichtigten unddaßer selbst ineiner unentrinnbaren Situation gefangen war, da verrichtete er ausVerzweiflung, wie es heißt, das Werk eines Rasenden, indem er alle Verwandten undFreunde ermordete, die bei ihm waren. Dann fügte er auch seinem Bruder Desiderius viele Wunden mitdemSchwert zu,vondenen freilich keine tödlich war. 5. Undnachdem er dies verrichtet hatte, brachte er auch sich selbst um, damit er nicht vonseinen Bewachern demKaiser Constantius ausgeliefert undallzu lange bestraft werde. Zonaras macht deutlich, auf welche Weise Magnentius in eine unentrinnbare Situation geriet (coangustatus = ἐ μ μ έ η ιειλ φ κ ύ τ ερ ο ις(...) π νἀ ). Der Amoklauf, den Zonaras beschreibt und den Magnentius mit ν ο ν seinem Schwert ausführt, ist möglich, weil Magnentius –ohne Wissen seiner ihn verratenden Soldaten –ein Schwert bei sich hatte, wie aus der Epitome de Caesaribus zu erfahren ist: gladio occulte proviso. Parallel berichten dann Zonaras und Epitome de Caesaribus über das Ende des 194Wörtliche Beziehungen zur Darstellung Philostorgs (3,26) sieht Bidez (wie Anm. 66) im Testimonienapparat zu Zon. 13,8,19 (Vorgeschichte des Endes des Magnentius). Es bleibt zweifelhaft, ob dies reicht, umeine Provenienz dieses Stücks aus derkirchengeschichtlichen Zwillingsquelle anzunehmen. Weiteres zuBeziehungen zwischen Zonaras undKirchenhistorikern s. o. Anm. 123.

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Decentius: Es ist die Nachricht vom Tode des Magnentius, die dessen Caesar in die Verzweiflung treibt unddazu bewegt, sich zuerhängen195. Diesehrplastische Darstellung desSelbstmordes desMagnentius inder Epitome de Caesaribus undbei Zonaras verrät nicht zwingend die Benutzung eines Bürgerkriegsepos, auch wenn manannehmen könnte, daß in einem solchen Epos der Selbstmord des Magnentius als finsteres Gegenstück zum Selbstmord Catos gestaltet wurde. Es steht aber fest, daß die Darstellung desZonaras hier dergleichen mitElementen derBürgerkriegstopik arbeitenden historiographischen undconstantiusfreundlichen Quelle verpflichtet ist wie für die Schlacht vonMursa. Auch für die letzte Phase des Magnentius-Kriegs wird nämlich wieder das Bild vomguten Bürgerkriegssieger Constantius gezeichnet undder scharfe moralische Kontrast zuMagnentius betont, undzwar in derErzählung über Desiderius. Dieser Bruder desMagnentius ist nurdurch Zonaras bekannt und, soweit er überhaupt Berücksichtigung findet, stellt manin Frage, daßes diese Person jemals gegeben hat, wobei das Mißtrauen gegen die späte byzantinische Überlieferung eine Hauptrolle spielt196. M. E. spiegelt Zonaras in seiner Erzählung über Desiderius durchaus zuverlässig denTenor seiner spätantiken Grundquelle wider. Gerade aber in dieser Quelle erscheint eine freie Erfindung im Rahmen eines Berichts, in demepische Elemente enthalten sind, durchaus denkbar. So sind etwa in derErzählung desZosimos die Figuren Romulus und Menelaos, deren Aristie in der Schlacht von Mursa eingehend geschildert wird, nicht historisch. Es fällt auf, daß Desiderius eine bestimmte Funktion in der Gesamterzählung der Zonarasquelle hat, die eine Erfindung zuDemonstrationszwecken erklären könnte. Magnentius ist nämlich so frevelhaft (impius), daß er nicht nur den Bürgerkrieg zwischen Römern provoziert, sondern am Ende sogar in eigener Person seine eigenen Freunde undVerwandten umbringt undnicht einmal seinen Bruder verschont197. Nur durch einen gütigen Zufall überlebt Desiderius 195Epit. Caes. 42,8: Eius morte audita Decentius laqueo fascia composito vitam ρ α , ίσ α τ α ίσ οΚ ρ ο α εχ ὐ ειρ ,ὃ sα τ ῦ ο ν φ π ὸ τ ιο έν εκ ςδ ὲὁἀδελ ὶΔ α finivit; Zon. 13,9, 6: κ μ α χ ο ρ α μ ὸ μ εν φ ίξ φ λ α ὶπ ς ο λ ία ,ὡ νΓα ιςὢ νκ ὸ νἑτοιμ ἐ ςτ ςἀ θ α ισ ζ ό νἀδελ ύ ὸ ςτ ν εσ ὸ ή σ α τ ρ ο . γ ν ῃ ο ἐχ ρ ὺ ν , ἀπ ο ό ν ο ςἀγχ τ οὄλ εθ ε θ υἐπ ύ ο είν ἐκ 196Vgl. etwa PLRE, Desiderius. 197Bei Philostorg (3,26) bringt Magnentius seinen Bruder eigenhändig um, allerdings aus Wohlwollen, um ihm so eine schlimmere Behandlung durch den Feind zu ) bevor er sich selbst ὸ ρ ς α τ ε ω ersparen (κ α ειρ ὶχ ρ ςκ π ά ρ οα ία ν ζ ω ὕβ ςπ λ εμ π ο ν ια ο ᾽εὔν umbringt. Auchbei Zos. 2,53,3 ist voneinem relativ rationalen Selbstmord desMagnentius die Rede, bei demMagnentius, nachdem er weder nach Mauretanien noch zu den Germanen fliehen kann, denTodeiner „ schimpflichen Rettung“vorzieht undsich daher dafür entscheidet, lieber „ durch seine eigenen Hände als durch die der Feinde sein Leben zu verlieren“ . Die gemeinsame Quelle Philostorgs unddes Zosimos, nämlich Eunap, hat also ein milderes Bild vomEnde des Magnentius gezeichnet als die Quelle

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undfindet die Schonung, die ihmsein Bruder nicht gewährte, beim milden Constantius, vondemer aufgenommen wird198. Die Desiderius-Geschichte dient somit derIlustration derclementia des Constantius undentspricht in der Tendenz der Darstellung, die Zonaras zumVerhalten des Constantius nach derSchlacht vonMursa bietet.

des Zonaras, vermutlich im Rahmen der „Korrektur“ihres Quellenmaterials zuungunsten desConstantius. 198Zon. 13,9,7: ὀΔ ν ῶ ὸτ π ε ὶςἀ θ ω ρ σ ρ α ν ὶἀ α νκ ὼ γ ισ υ ιδ έρ ιο ς ,τ νἐκφ τ ο ά ν α ὸ νθ ή . ς τ ν ο ελ ν ἐθ ε θ λ ῆ ο σ ρ π ίῳ τ ν ῷ α Κ ν τ ω σ γ ῶ ν ,τ η π λ

HARTMUT LEPPIN

STEUERN, AUFSTAND UNDRHETOREN: DER ANTIOCHENER STEUERAUFSTAND VON 387 IN CHRISTLICHER UND HEIDNISCHER DEUTUNG I Unerhörtes geschah Ende Februar 387 zu Antiochia1: Kaiser Theodosius hatte höhere Abgaben vondenBewohnern der Stadt verlangt2. Das Dekret war im Kreise der lokalen Notabeln verlesen worden, man hatte ohne Erfolg bei einem hohen Beamten, derzugegen war, protestiert. Soweit war alles noch normal. Bedrohlicher war schon der große Haufen, der hilfesuchend zur Residenz des Bischofs marschierte. Als die Masse von hier wieder abzog, da der Bischof nicht auffindbar war, begannen die Gewalttätigkeiten. Ein Ziel des Volkszorns warder Palast eines hohen Reichsbeamten, wohl des consularis Syriae, doch das Gebäude wurde erfolgreich verteidigt; auch auf ein öffentliches Bad richtete sich die Wut der Masse: Manriß die Lampen dort herunter.

1ZumVerlauf des Aufstandes etwa R. Browning, The Riot of A.D. 387 in Antioch. 20 = Ders., The Role of the Theatrical Claques in the Later Empire, JRS 42 (1952), 13– Studies in Byzantine History, Literature and Education, London 1977, III; P. Petit, Libanius et la vie municipale à Antioche auIVesiècle après J.-C. (Inst. Franç. d’arch. de Beyrouth. Bibl. arch. et hist. 62), Paris 1955, 238 ff.; G. Downey, A History of Antioch in Syria from Seleucus to the Arab Conquest, Princeton N. J. 1961, 426 ff.; F. Tinnefeld, Die frühbyzantinische Gesellschaft. Struktur –Gegensätze –Spannungen, München 1977, 154 ff. F. van de Paverd, St. John Chrysostom. The Homilies on the Statues. An Introduction (Orientalia Christiana Analecta 239), Rom 1991, 15 ff. gibt diedetaillierteste Rekonstruktion derEreignisse, die hier zugrunde gelegt wird (allerdings mit Abweichungen, vgl. vor allem Anm. 90); ebenfalls darauf aufbauend J. N. D. Kelly, Golden Mouth. The Story of John Chrysostom –Ascetic, Preacher, Bishop, Ithaca 1995, 72 ff.; P. Brown, Power andPersuasion in Late Antiquity. Towards a Christian Empire, Madison 1992, 105 ff. ignoriert van de Paverd; vgl. aber die deutsche Übersetzung München 1995, 138, Anm. 188; s. jetzt auch D. R. French, Rhetoric andRebellion of A. D. 484. Wegen ihrer lebendigen Darstellung 387 in Antioch, Historia 47 (1998), 468– immer noch beachtenswert A. Hug, Antiochia undder Aufstand desJahres 387 n. Chr., 200 (zuerst in: Ders., Studien aus dem classischen Alterthum, Freiburg 18862, 133– Gymnasialprogramm Winterthur 1863); G. R. Sievers, Das Leben des Libanius, Berlin 1868, 172 ff. 2 Der genaue Charakter der Abgabe ist unklar, eine Darlegung der Probleme bei Browning, Riot (wie Anm. 1), 14 f.

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Undjetzt trat die Katastrophe ein: Manbegann auf Holztafeln gemalte Bilder der kaiserlichen Familie mit Steinen zu bewerfen und schließlich deren Bronzestatuen umzustürzen. Die Straßenkinder trieben ihren Spott mit denFragmenten, während die Aufrührer daran gingen, das Haus eines hohen lokalen Würdenträgers in Brand zu stecken, undselbst denkaiserlichen Palast anzugreifen drohten. Endlich griffen Bogenschützen ein, und der comes Orientis erschien auf demPlan; es gab Tote undVerletzte, die Unruhen ebbten ab; gegen Mittag waralles vorbei. Nüchtern geworden, machten dieAntiochener sich klar, wasgeschehen war. Der Aufstand hatte sich nicht auf die übliche Plünderung einiger Werkstätten beschränkt3; durch dieZerstörung derBilder warvielmehr der Tatbestand der Majestätsbeleidigung erfüllt. Schon längst hatten sich Boten aufdenWegzumKaiser gemacht. Schlimme Strafen drohten derStadt, von denen Celsus wohl als comes Orientis4 schon einmal einen Vorgeschmack gab, indem er einige Rädelsführer, unter ihnen auch Kinder, summarisch hinrichtete. Die Antiochener versuchten zuretten, waszuretten war: Man richtete die kaiserlichen Standbilder rasch wieder auf und sammelte die Steuer ein, freiwillig schloß man die Bäder, alle Spiele fielen aus. Die Furcht ging um, daß Soldaten entsandt seien, umdie Stadt zu brandschatzen. Selbst eine vollständige Zerstörung derStadt schien möglich. Viele Bürger, gerade Angehörige derlokalen Eliten, flohen inAngst vor dem Strafgericht aus der Stadt. Der Bischof Flavian reiste ebenfalls ab, doch er machte sich auf die Reise in die Hauptstadt Konstantinopel, um dort Fürsprache für seine Stadt einzulegen. DerKaiser reagierte aufdie ersten Nachrichten mitUmsicht undsetzte zwei hohe Würdenträger ein, den mit den Antiochener Angelegenheiten vertrauten magister militum Hellebich undden magister officiorum Caesarius, also einen militärischen undeinen administrativen Würdenträger; sie sollten die Angelegenheit untersuchen undentsprechende Strafen zumindest vorschlagen. Sie erhielten daneben denAuftrag, einige einschneidende Maßnahmen, die der Kaiser bereits beschlossen hatte, zu verkünden: Antiochia büßte seinen Rang als Metropole einundwurde derneuen Metropole Laodikeia untergeordnet. Thermen, Amphitheater undHippodrom blie3 Vgl. zurStürmung vonWerkstätten als „üblichen“Übergriffen Lib., Or. 22,7. 4 Die herrschende Meinung identifiziert Celsus als consularis Syriae, s. etwa O. Seeck, Die Briefe des Libanius (TU 15), Leipzig 1906, 107; Downey, History (wie Anm. 1), 427 ff.; vande Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 34, Anm. 131 (anders merkwürdigerweise 23); dagegen aber mit gutem Grund J. H. W. G. Liebeschuetz, Antioch. City andImperial Administration in the Later Roman Empire, Oxford 1972, 111. EntHerrscher über die Provinscheidend ist seine Bezeichnung als ὁἄ ρ χ ω ν ν(„ ντ νἐθ ῶ ῶ ) in 19,36 und seine Funktion als desjenigen, der Truppen in die Stadt führt und zen“ erste Hin-richtungen vornimmt; beides weist in die vonLiebeschuetz angegebene Richtung.

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benjetzt auf kaiserlichen Befehl hin geschlossen; die ärmere Bevölkerung verlor ihre bisherige Getreideversorgung. DieKommissare selbst konzentrierten sich aufdasVerhalten derKurialen. Der Gerichtstag war von dramatischen Ereignissen erfüllt, auf dem WegzumGerichtssaal wurden die Kommissare vonPriestern bestürmt, die sie energisch zur Milde aufriefen. Vor dem Gerichtsgebäude drängte sich eine Menschenmasse; unter sie hatten sich auch die weltfernen Mönche gemischt, die ausnahmsweise einmal vondenBergen herabgekommen waren. Nach der Verhandlung, bei der auch Folter eingesetzt wurde, verkündeten dieRichter dasErgebnis sowie die schon erwähnten kaiserlichen Verfügungen. Über die einzelnen Beteiligten wurden unterschiedlich schwere Strafen, auch Todesstrafen, verhängt. Bis zur endgültigen Entscheidung des Kaisers setzte manauf flehentliche Bitten hin wenigstens die Hinrichtungenaus. Verbannungen allerdings undKonfiskationen scheinen vollstreckt worden zusein. Ratsherren wurden in Haft genommen, zunächst unter sehr schweren, später unter erleichterten Bedingungen5. Caesarius, dem die Mönche eine eigene Petition überreicht hatten, reiste nach Konstantinopel, mit dem erklärten Ziel, den Kaiser gnädig zu stimmen. Nach einer neuerlichen, hoffnungsvolleren Periode des Wartens lief die Nachricht ein, daßder Kaiser Nachsicht übe undalle Maßnahmen widerrufen habe. Unerwartet rasch kehrte auch Bischof Flavian heim und feierte gemeinsam mit seiner Gemeinde das Osterfest. Himmlische und irdische Gnade koinzidierten.

Der Steueraufstand veranlaßte die beiden größten rhetorischen BegabungenAntiochias zuausführlichen Äußerungen, Johannes Chrysostomos und Libanios. Der gescheiterte Mönch und erst im Jahr zuvor zum Priester geweihte Johannes hielt in der Bischofskirche 20 Fastenpredigten unter dem Eindruck der Bedrohung, die sogenannten Statuenpredigten. Diese Predigten wurden wohl mitgeschrieben und veröffentlicht6, leider aber

5 Die Verhaftung von Kurialen geschah in der Spätantike häufiger als zuvor, blieb aber eine schwerwiegende Maßnahme, s. J. U. Krause, Gefängnisse im Römischen Reich (HABES 23), Stuttgart 1996, 183 ff. 6 Die Frage der Publikation vonJohannes’ Predigten ist eine quaestio vexata. Die nüchterne Feststellung des Sokrates, einige seien mitgeschrieben, andere vonJohannes selbst veröffentlicht worden (6,4,9), dürfte immer noch am meisten für sich haben, bietet demForscher aber leider im konkreten Fall keine Hilfe. Nach der stilistischen Analyse vonM. A. Burns, Saint John Chrysostom’s Homilies ontheStatues. A Study of their Rhetorical Qualities and Form (The Catholic University of America. Patristic Studies 22), Washington D.C. 1930 erweisen dieStatuenpredigten sich als improvisiert; das würde für eine Publikation aufgrund von Mitschriften sprechen; Kelly, Golden Mouth (wie Anm. 1), 94 vermutet, daßJohannes die Mitschriften stilistisch überarbeitet hat.

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noch nicht mit moderner Technik ediert, manist weiterhin auf die MigneAusgabe angewiesen7. DerHeide Libanios, wohl derehemalige Rhetoriklehrer desJohannes8, hatte während der Krisenwochen weitgehend öffentliches Schweigen bewahrt; nurandie ausder Stadt flüchtenden Kurialen will er sich mit einer Rede gewandt haben (23). Vier weitere, sicher nach denEreignissen ent22) beleuchten unter verschiedenen Aspekten das standene Reden (19– Thema. Diese beiden Gruppen vonReden sollen unsbeschäftigen. Dabei geht es nicht darum, dieAutoren zurRekonstruktion derEreignisse heranzuziehen, wie es schon oft getan wurde. Wesentlich Neues ist hier nicht mehr zu erwarten. Vielmehr möchte ich den Glücksfall, daß wir für ein solches Ereignis die Stellungnahmen zweier zeitgenössischer Autoren unterschiedlicher religiöser Ausrichtung besitzen, nutzen, um exemplarisch zu verdeutlichen, wie diejeweiligen Intentionen derRedner dazu führen, daßsie die Wirklichkeit stilisieren9.

7 Die erste Rede ist noch vordemAufstand gehalten undgehört damit nicht zuden Statuenpredigten im eigentlichen Sinne. Nach vande Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 227 ff., der konsequent der Überlieferung in denManuskripten folgt, gehört auch die üblicherweise unter denKatechesen eingeordnete Predigt Nuper dictorum (PG49,231– 240) zu der Serie; doch unterscheidet sie sich inhaltlich deutlich von den anderen (es

fehlt vorallem die herausragende Bedeutung desSchwörens); aufjeden Fall ändert ihre Lektüre nichts amhier entworfenen Bild, auch wenn sich eine Anspielung auf das Gericht der Kommissare hier findet (PG 49,238). –Bedauerlicherweise ist die Kapiteleinteilung derEdition sehr ungleichmäßig, undes fehlen Marginalien, diedie Seiten weiter gliedern, so daßdie Belege nicht mit der wünschenswerten Genauigkeit gegeben werdenkönnen. 8 Sokr., 6,3,1; Soz., 8,2,5. Joh. Chrys., In vid. iun. 1,2 (PG 48,601) erwähnt zwar einen heidnischen Sophisten als Lehrer des Chrysostomos, nennt aber keinen Namen. Zu diesen und weiteren potentiellen Belegen s. A. J. Festugière, Antioche païenne et chrétienne. Libanius, Chrysostome et les moines de Syrie (BEFAR 194), Paris 1959, 409 f., derfeststellt, daßalles vonSokrates abhänge. Dieser gilt zwar gemeinhin als ein verläßlicher und gut informierter Zeuge, leistet sich aber bei Johannes Chrysostomos wohl doch einige persönliche Konstruktionen. So setzt er denJugendfreund desJohannes Basileios, der ihm als Gesprächspartner aus Johannes’ De sacerdotio bekannt gewesen sein dürfte, kurzerhand mitdemberühmten Basileios vonCaesarea gleich (6,3,8). Mansollte daher derganzen Partie nicht übermäßig trauen. (Die Art, wieM. Wallraff, Der Kirchenhistoriker Sokrates. Untersuchungen zu Geschichtsdarstellung, Methode und Person [Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 68], Göttingen 1997, 60 f. Glaubwürdigkeit undUnglaubwürdigkeit einzelner Passagen ausSokrates’Bericht über die Jugend desJohannes bestimmt, ist etwas beliebig.) 9 Anders gelagert ist der Versuch vonD. G. Hunter, Preaching andPropaganda in Fourth Century Antioch: John Chrysostom, Homilies on the Statues, in: Ders. (Hg.), Preaching in the Patristic Age. Studies in Honor of W. J. Burghardt, N. J. 1989, 119– 138, der betont, daß Johannes Chrysostomos nicht nur auf die religiöse und sittliche

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II Zunächst zu Johannes Chrysostomos: Etwas Besseres als der Steueraufstand hätte demPriester kaum passieren können. Es warja schwierig, das leichtlebige Völkchen derAntiochener so weit zu bringen, daß es in Zerknirschung die Hilfe seines Gottes suchte. Das Predigtpublikum trieb sich nur allzu gerne im Theater herum, wandte magische Praktiken an, feierte Hochzeiten nach altem Brauch oder flirtete gar mit dem Judentum. Und gerade zu Beginn der schwierigen Fastenzeit, als Johannes ohnehin seine Zuhörer zueinem besonders starken Glaubensengagement motivieren mußte, wardieses aufrüttelnde Ereignis eingetreten. Notlehrt beten, unddieAntiochener strömten in die Kirche. Jedoch nicht nur der Glaubenseifer trieb die Menschen zum Gottesdienst. Allein die Kirche wardenAntiochenern als öffentlicher Versammlungsplatz verblieben: Theater undHippodrom waren ja geschlossen, das öffentliche Leben auf derAgora erstorben. Johannes bot sich eine einzigartige Möglichkeit, mit seinen Predigten eine breite Wirkung bei einem empfänglichen Publikum zuerzielen. Liest manallerdings die lange Reihe derStatuenpredigten, so stellt man fest, daßtrotz des ihnen frühzeitig verliehenen Namens derAufstand eine Nebenfunktion hat. Das eigentliche Thema des Johannes bildet der Mißbrauch des Namens Gottes durch Fluchen, Lästern undvor allem Schwören; dieAufforderung, nicht nurselbst solche Äußerungen zuunterlassen,

Ermahnung seiner Gemeinde zielte, sondern auch antiheidnische Polemik betrieb; doch überzeugt es nicht, wenn er 130 ff. erklärt, es gehe hier um die Rivalität zwischen christlicher undheidnischer Paideia, denn dieser Aspekt ist für Johannes vonuntergeordneter Bedeutung. Auch daß speziell hier heidnische Tugenden usurpiert worden seien (126), ist nicht erkennbar; Philanthropia istjedenfalls keine spezifisch heidnische Tugend, sondern bot sich gerade beiden Gruppen an, s. Anm. 79. J. M. Leroux, Saint Jean Chrysostome. Les Homélies sur les Statues, SP 3 (TU 78), Berlin 1961, 233– 239, macht lediglich auf die Bedeutung dieser Predigten aufmerksam; Bemerkungen, die in die Richtung des hier Gesagten gehen, aber einen eher unsystematischen Charakter haben, macht L. Cracco Ruggini, Poteri in gara perla salvezza di città ribelli. Il caso di Antiochia (387 d.C.), in: Hestiasis. Studi di tarda antichità offerti a S. Calderone I (Studi 290, insbes. 273 ff. A. Cameron, Christianity and tardoantichi 1), Messina 1986, 265– the Rhetoric of Empire. The Development of Christian Discourse (Sather Class. Lectures 55), Berkeley etc. 1991, 136 ff. konzentriert sich aufdie in beiden Texten sichtbar werdende Vorstellung vomKaiser, ebenso, aber ausführlicher J. Ernesti, Princeps christianus und Kaiser aller Römer. Theodosius der Große im Lichte zeitgenössischer Quellen (Paderborner Theologische Studien 25), Paderborn etc. 1998, 263 ff.; 428 ff. French (wie Anm. 1) betont zu Recht den rhetorischen Charakter der Texte und die dadurch bedingte beschränkte Glaubwürdigkeit, berücksichtigt aber nicht die jeweils unterschiedliche weltanschauliche Einbettung.

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sondern, falls nötig, auch andere sogar handgreiflich daran zuhindern, begegnet allenthalben undwird in mannigfachen Variationen durchgespielt: Immer wieder schärft Johannes seinen Zuhörern seine Mahnung ein. Was Johannes dann über denAufstand sagt, fügt sich diesen Belehrungen lose an; einige der sogenannten Statuenpredigten nehmen auf den Steueraufstand überhaupt nicht Bezug. Gleichwohl genügt dasMaterial vollauf, umdie Sicht desJohannes auf die Ereignisse zu rekonstruieren: Der Prediger bietet seinen Hörern eine geschlossen christliche Deutung desGeschehens10, under zeigt ihnen, daß in dieser Notallein die Kirche zuhelfen vermag. Die christliche Deutung des Unglücks bewegt sich in geläufigen Bahnen. Gott hat dieses Ereignis über dieAntiochener kommen lassen, umsie zubelehren11. Sie sollen begreifen, wie leicht dasirdische Glück zuschanden werden kann. Johannes führt dies am Los der Kurialen undihrer Familien vorAugen. Genüßlich malt er aus, wie vornehme Frauen, deren Angehörigen unter denVerhafteten waren, nunmitbilligen Gewändern bekleidet sind, kein Geleit haben undsich vor Trauer auf demBoden wälzen12; Als nämlich eine eindringlich zeigt er, wie weit manche sich demütigen: „ Mutter der Verantwortlichen, mit entblößtem Haupt undihr weißes Haar darbietend, das Pferd dessen, der Gericht halten sollte, am Zügel ergriff, undindem sie dieAgora imLaufschritt überquerte, so mit in das Gerichtsgebäude gelangte, daerschraken wiralle undgerieten alle in Bewunderung für die tiefe Liebe, für die Kühnheit“13. Diese Ereignisse sind schlimm, doch die Menschen können ausihnen lernen, all denäußeren Glanz, derdie weltlichen Würden zumal derSpätantike begleitete, zuverachten. Überdies kann man bei einer solchen Katastrophe Andersgläubigen beweisen, wie tapfer der Christ gegenüber Schicksalsschlägen ist14. Denn natürlich bedeutet all dieses Unglück nichts im Vergleich zu den Sünden der Menschen –unddie Strafe des Kaisers, der doch nur ein Mensch ist, bedeutet wiederum nichts im Vergleich zur Strafe Gottes. Schließlich er-

10Grundlegend fürdietheologische Dimension derPredigten ist L. Brottier, L’image d’Antioche dans les homélies Sur les statues de Jean Chrysostome, REG 106 (1993), 635, fürdie soteriologische Einordnung insbes. 631 ff.; vgl. ferner Ernesti, Princeps 619– christianus (wie Anm. 9), 264 ff. 11Vgl. Hom. stat. 2,1 (PG 49,33 f.); 13,4 (PG 49,141); 14,1 (PG 49,143 f.). – In dem Textcorpus des Johannes gibt es zahlreiche Wiederholungen; Vollständigkeit derBelege zudeneinzelnen imText angeführten Punkten wird nicht angestrebt. 12Hom. stat. 13,1 (PG 49,137). 13Ε ἰγ ὰ ρμ ίατ ῶ νὑπ ευ θ ύ ν ή ω η ργυμ τ νμ ν ώ σ α ὴ σ νκ ατ α ὰ ὶτ α ιὰ ὴ λ λ νκεφ ο ςπ ς α α ὶπ ,κ ῦ ο ιν λ ο π ὸτ ῦχα νἀ π ο ά ῦ τ ν τ τ α ο α νἵπ ο σ χ σ ὸ ικ ο λ ςδ ινκα έλ ζ ε ο ῦμ δ είξ α ,τ α σ ρ α ρ τ τ ε μ ν έχ ε ν ,π ά ς η ο υ γ ρ τ σ ρ ιο ν ε ,π ν ά α ᾶ δ ιὰ ῆ γ ή ςἐξεπ ο τ ά λ ςἀ ςοὕ τ ω τ σ ςε ἰςτ ὸδικα α λ ο γ εγ ψ ία υ ν χ ία ρ ιλ ,τ ν(Hom. stat. 17,2 [PG 49,173]). ὴ νμ ο τ σ μ ντ ο ε νφ ὴ μ ά σ α α υ ἐθ

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weist Gott seine Macht undGüte, indem er dieAntiochener ausihrem Leid erlöst. Das zeitweilige Leid wird also zur Lehre, eine altbewährte Form der Theodizee. Johannes kanndamit unschwer eine Verbindung zumHauptthemaherstellen: Denn das Unglück, derAufstand, wardie Strafe Gottes dafür, daßdieAntiochener nicht vonder Gotteslästerung ablassen wollten15. Weniger theologisch durchdrungen ist die Erklärung für dieAusschreitungen, die Johannes liefert. Es war nämlich keineswegs das Werk der Antiochener, sondern fremder, zusammengewürfelter Leute16, undauch die handelten nicht aus eigenem Antrieb. Vielmehr stand der Teufel hinter allem17. ObnunderTeufel oder die Fremden die eigentlichen Täter waren oder beide zusammen –entscheidend bleibt: die Antiochener trifft keine juristisch zurechenbare Schuld amAufruhr, imtheologischen Sinne jedoch sind sie durchaus schuldig, da sündhaft, so daß sie keinen Grund haben, sich über ihr Leid zubeklagen18. Doch Rettung ist dank Gottes Fürsorge auch imDiesseits möglich. Und Johannes möchte seine Hörer davon überzeugen, daßsie nurvonderKirche Flavians kommen kann. Er erweckt denEindruck, als stehe dieflavianische christliche Gemeinde fürdieStadt Antiochia insgesamt, obwohl ihrBischof auch in orthodoxen Kreisen keineswegs unumstritten war. Konkurrenten nennt Johannes nicht oder nur am Rande: Die anderen christlichen Gruppen19 der Stadt kommen überhaupt nicht vor, nicht die Arianer noch die 14Hom. stat. 2,3 (PG 49,37); 16,1 (PG 49,161). 15Hom. stat. 2,3 (PG 49,37 f.). Ernesti, Princeps christianus (wie Anm. 9), 265 will hier eine Polemik gegen die Heiden sehen; doch Johannes ermahnt ja sein eigenen Publikum, vonder Gotteslästerung (die im Schwören usw. besteht) abzulassen: Die lauen

Christen tragen somit ammeisten Schuld imtheologischen Sinne 16Hom. stat. 2,3 (PG 49,38): ξ έν ο ιδ έτιν ε ςκ α ιγ ά ὶμ δ ε ρ ςἄ θ ω ν π ο ι; vgl. für ähnliche Wendungen 3 (PG 49,48; 49); 6,1 (PG 49,81); 17,2 (PG 49,175). Van de Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 31 ff. weist zuRecht darauf hin, daßeinige andere Bemerkungenbei Johannes Chrysostomos selbst aufdie(natürlich zuerwartende) Beteiligung von Antiochenern imeigentlichen Sinne verweisen. Seine Mißachtung fürFremde bringt der Prediger hier aus taktischen Gründen zumAusdruck; an anderer Stelle betont er die Notwendigkeit, sich umdiese Gruppe zukümmern, s. etwa De eleem. 6 (PG 51,269 f.). Das sollte manihmnicht als Verlogenheit ankreiden, es entsprach vielmehr denRegeln derRhetorik. 17Hom. stat. 2,1 (PG 49,33); 12,1 (PG 49,127 f.); 14,1 (PG 49,143 f.); 15,1 (PG 49,154). Er bedient sich anscheinend derDämonen: Hom. stat. 3 (PG 49,56); 21,3 (PG 49,214; 215, in derRede Flavians). 18Johannes pflegt in diesem Kontext auch denhergebrachten Polis-Patriotismus, s. etwa Brottier, Image (wie Anm. 10), 622 ff. Besonders prägnant ist Hom. stat. 3 (PG

49,47 f.). 19Die dem Arianismus zugeordneten Gruppen dürften nicht mehr stark gewesen sein (trotz R. L. Wilken, John Chrysostom andtheJews. Rhetoric andReality inthe Late

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orthodoxen Rivalen, die sog. Eustathianer bzw. Paulinianer. Die zeitgenössischen Juden, gegen deren Einfluß Johannes in denMonaten zuvor gewettert hatte, spielen keine Rolle20; gegen die Heiden wird anverhältnismäßig wenigen Stellen polemisiert21, indem ihre Feigheit hervorgehoben wird – zumal die der heidnischen Philosophen, die geflohen seien, während die christlichen Philosophen, die Mönche, gerade jetzt in die Stadt kamen22. Wassonst anPolemik gegen Häretiker23, Heiden24 oderJuden25 vorkommt, hat einen allgemeinen, nicht auf die Stadt Antiochia bezogenen Charakter. Wiesteht es umdieweltlichen Behörden? Die Kurialen begegnen allein deswegen, weil sie imZuge derProzesse nach demAufstand bestraft werdenundso als Beispiel dafür herhalten müssen, wie tief manfallen kann. Als mögliche Fürsprecher der Stadt kommen sie offenbar gar nicht in Betracht. Auch die honorati, die ehemaligen Reichsbeamten, die zur Führungsschicht Antiochias gehörten unddie sich sonst so gerne ihrer guten Kontakte zum Hof rühmten, sind davongelaufen, stellt Johannes fest26. Kein Wort davon, daßein Angehöriger der lokalen Eliten vor Theodosius für die Stadt eintreten könnte. Nicht gänzlich schweigen kann Johannes über die kaiserlichen Kommissare, deren Wirken nuneinmal unübersehbar denAlltag derStadt in der Zeit derNotbeherrschte; inihrem Falle unterstreicht derPrediger, wiestark sie vondenBitten derMönche undKleriker beeinflußt sind27; dievielleicht ausschlaggebende Reise des Caesarius nach Konstantinopel bleibt unerwähnt. Antiochia hateinen ganz anderen Fürsprecher, eben denBischof Flavian. Er unternimmt in dieser ungünstigen Jahreszeit die mühselige Reise nach Konstantinopel, obwohl er alt ist undgeschwächt, zudem fürdieFeier Fourth Century, Berkeley etc. 1983, 14 ff.); aber Paulinus, derorthodoxe Rivale Flavians, lebte zu demfraglichen Zeitpunkt noch, vgl. zu demAntiochener Schisma etwa Downey, History (wie Anm. 1), 414 ff. Vonihmist ankeiner Stelle die Rede. 20Hom. stat. 21,1 (PG 49,213). 21Daßdasstädtische Leben noch mitdemHeidentum engverwoben war, betont zu Recht Wilken, John Chrysostom (wie Anm. 19), 16 ff. 22 Hom. stat. 17,1 f. (PG 49,172–175); vgl. 18,4 (PG 49,186 f.); 19,1 f. (PG

49,189 f.). 23Etwa Hom. stat. 7,2 (PG 49,93 f.); 11,2 (PG 49,121). 24Etwa Hom. stat. 7,2 (PG 49,93 f.); 11,2 (PG 49,121); 12,4 (PG 49,133 f.). Die Ausnahme bildet der Auftritt des Celsus in der Kirche, der Johannes dazu zwingt, auf 163); s. zu einen zeitgenössischen Heiden zu erwähnen: Hom. stat. 16,1 (PG 49,161– diesem Ereignis unten. 25Etwa Hom. stat. 7,4 (PG 49,95); sehr oft werden sie natürlich erwähnt, wenn Johannes Beispiele ausdemAlten Testament anführt. 26Hom. stat. 17,2 (PG 49,174). 27Hom. stat. 17,1 (PG 49,173); 17,2 (PG 49,174 f.); vgl. 18,4 (PG 49,186).

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des Osterfestes benötigt wird, überdies seine im Sterben liegende Schwester zurücklassen muß28. Denn er weiß, daßanihmdas Schicksal der Stadt hängt. Gott begünstigt sein Tun, indem er denBoten, die denKaiser über das in Antiochia Vorgefallene informieren, Hindernisse in denWeglegt29. UndJohannes vertraut darauf, daß sein Bischof Erfolg haben werde30, denn er besitzt eine heiligmäßige Ausstrahlung31 –und auch der Kaiser wird vonGott gelenkt undist ein frommer Christ32, er ist vonPhilanthropia geprägt33. Der Prediger macht seine Gemeinde sogar mit denArgumenten, die ihr Bischof vortragen wird, vertraut: Die eigentlich Schuldigen sind nicht die Antiochener, sondern verantwortungslose Fremde; die Stadt sei durch die bisherigen Folgen des Unglücksfalles schon genug gestraft34. Seine Milde werde die Gnade Gottes auf denKaiser ziehen35. DerBischof werde auch andie Größe derStadt undanihre Bedeutung fürdie Geschichte des Christentums erinnern36. Gott selbst werde schließlich für die Stadt eintreten, denBischof beredt machen unddenKaiser milde stimmen37. An anderer Stelle hebt Johannes hervor, daßOstern ein Fest der Gnade ist, das auch der Kaiser respektiert38. In der Osterpredigt beschreibt Johannes unter Berufung auf einen Augenzeugen die Begegnung zwischen Kaiser undBischof undschildert sie als eine Musterbegegnung zwischen einem entschlossenen, aber bescheidenen Bischof und einen respektvollen Kaiser –Namen werden nicht genannt: MitTrauermiene trat derBischof demKaiser entgegen, derihnnicht tadelte, sondern eine Verteidigungsrede hielt, mitderer aufdieUndankbar-

28Hom. stat. 3 (PG 49,47). 29Hom. stat. 6,2 (PG 49,83). 30Unterstrichen wird dies dadurch, daßJohannes die Rolle des Bischofs (wie auch die eigene) typologisch auf Moses bezieht, s. Brottier, Image (wie Anm. 10), 630 f. 31Hom. stat. 3 (PG 49,48). 32 Hom. stat. 3 (PG 49,49); 6,3 (PG 49,84); 17,1 (PG 49,173 als Äußerung der Mönche); 17,2 (PG 49,179). 33Φ ιλ ά ν θ ρ ω π ο ς : Hom. stat. 3 (PG 49,49); 4,4 (PG 49,66); 17,1 (PG 49,173 als Äußerung der Mönche); 17,2 (PG 49,179); 21,3 (PG 49,219 im Munde Flavians). –In einer späteren Rede stellt Chrysostomos allerdings die Härte des kaiserlichen Urteils heraus undnimmt sie als Zeichen fürdie verderbliche Wirkung vonMacht: In ep. Col. 3, Hom. 7,3 (PG 62,347 f.); in Hom. stat. 4,2 ff. (PG 49,61 ff.) vergleicht er die Stadt mit Hiob unddenJünglingen im Feuerofen, worin auch eine vorsichtige Kritik amVerhaltendes Herrschers zuliegen scheint, s. Ernesti, Princeps christianus (wie Anm. 9), 281; vgl. zurBewertung solcher Widersprüche Anm. 16. 34Hom. stat. 3 (PG 49,48). 35Hom. stat. 3 (PG 49,48). 36Hom. stat. 3 (PG 49,48 f.). 37Hom. stat. 3 (PG 49,49). 38Hom. stat. 6,3 (PG 49,84); vgl. van de Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 51 ff.

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keit der Stadt hinwies. Der Bischof stimmt dem Kaiser zu, die Stadt hat ihren größten Wohltäter beleidigt. Doch gerade hier findet er den Ansatzpunkt, denKaiser zurMilde zubewegen: Es waren Dämonen, die all dies auslösten; sie neideten der Stadt die kaiserliche Liebe. Der Kaiser kann sie amwirkungsvollsten bekämpfen, wenn er ihren Plan zunichte macht. Ferner erinnert der Bischof an das Beispiel Constantins, der auch Milde gezeigt habe. Der Kaiser selbst habe (zuBeginn derFastenzeit) eine OsterAmnestie erlassen und könne jetzt noch mehr Leben retten. Die Heiden würden denGnadenakt demChristentum zuschreiben unddadurch bekehrt werden. Die übrigen Städte würden nicht aufsässiger werden, da die Antiochener schon viel gelitten hätten. Und höher als alles andere stehe der Gedanke der Gnade. Der Kaiser werde Ruhm bei derNachwelt gewinnen, wenn er sich von einem alten Priester umstimmen lasse, und Gnade vor Gott39. Tief bewegt gewährt derKaiser Verzeihung undfordert denBischof auf, so rasch wie möglich in seine Heimatstadt zurückzukehren40. Wenn mandie Predigten des Johannes durchgeht, so gewinnt mandas Gefühl, als spielten sich alle Ereignisse in einer großen christlichen Gemeinde ab: Seine Zuhörer sind Christen, der Kaiser auch, der Bischof als Mittler sowieso. Das Christentum ist der gemeinsame Bezugspunkt der Beteiligten, hieraus kann man Hoffnung schöpfen. Der Bischof erreicht das, was die Aufgabe der städtischen Eliten gewesen wäre; Prediger und Mönche bauen die Moral derMenschen auf, wiedies einst diePhilosophen getan hatten. Johannes konstruiert eine christliche Polis undeinchristliches Reich, in demder Bischof unabhängig vonanderen Instanzen, ja aus einer überlegenen spirituellen Position heraus41, mit demKaiser kommuniziert, Heiden und Juden nichts als staunende Zuschauer sind42. Die komplexe Wirklichkeit wird auf eine christliche reduziert43. 39 Hom. stat. 21,2 f. (PG 49,213–219). Bei dem Dialog handelt es sich um eine Konstruktion des Chrysostomos, s. vandePaverd, Homilies (wie Anm. 1), 149 ff.; Ernesti, Princeps christianus (wie Anm. 9), 284 nimmt ein authentisches Substrat an, was nicht völlig auszuschließen ist; allerdings hat Johannes den Text mindestens so weit stilisiert, daßer ganz in seine Argumentationslinie paßt. 40Hom. stat. 21,4 (PG 49,219 f.). 41 Vgl. Hom. stat. 3 (PG 49,50): Ἄρ υ ο είν νἐκ ω ρ χ χ ω νἐσ α ὶκ ὶ οὗτο τ α ὶἄ ,κ ς ο Ein Herrscher ist nämlich auch er (sc. der Bischof), undHerrscher, und :„ ς τ ερ ν ό εμ σ . zwar einer, dererhabener ist alsjener (sc. derKaiser)“ 42S. insbes. Hom. stat. 21,1 (PG 49,213); 21,4 (PG 49,220). 43Auch in der späteren Kirchengeschichtsschreibung spielt der Aufstand eine Rolle, undmanläßt sich die Gelegenheit zurAusschmückung derEreignisses nicht entgehen, auch wenndie Reden desJohannes keinen größeren Einfluß zuhaben scheinen: Sozomenus (7,23) berichtet, daß Flavian Theodosius mittels neuer Trauergesänge milde gestimmt habe (2 f.); außerdem erzählt er von einer angsteinflößenden, übergroßen weiblichen Gestalt, die amVortag des Aufstandes in derStadt gesehen worden sei, wie

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III Diese Wirklichkeitsdeutung, mitderJohannes die schlimme Zeit derAngst begleitete, sollte nicht die einzige bleiben, unddasüberrascht kaum. Denn die weiterhin in Antiochia prominent vertretenen Heiden konnten mit ihr gewiß nicht zufrieden sein. AufJohannes antwortet indirekt Libanios44, der als über die Mauern der Stadt hinaus bekannter Rhetoriklehrer zu den traditionellen Eliten gehörte45. Mit der Darstellung des Libanios bleiben wir in derselben Stadt undbei demselben Ereignis undtreten doch in eine ganz andere Wirklichkeit. Libanios hatte sich, wieerwähnt, während desAufstandes zurückgehalten undlediglich eine Rede gegen diejenigen Vornehmen gehalten, die aus der Stadt flohen (Or. 23). Nach den Ereignissen widmete er den beiden Kommissaren Caesarius (21) und Hellebich (22) je eine Rede panegyrischen Charakters46, ferner schrieb er zwei Reden, die vorgaben, an Kaiser Theodosius gerichtet zu sein, wobei die eine in der Zeit der Entscheidung spielt (19), die andere in der Zeit nach derAussöhnung (20)47. Die Reden sie mit einer Peitsche für Zirkustiere in den Gassen der Stadt agiert habe, umals unheilverkündende Dämonin denAufstand zuprovozieren; so wird derAusgang zumSieg der Frömmigkeit (4 f.). Theodoret (HE 5,20) konzentriert sich auf das Wirken des Mönchs Makedonios (vgl. unten Anm. 90) undspricht vondemsonst bei ihm hochgelobten Bischof Flavian hier nicht; das Verhalten des Makedonios wird in Parallele zu dem freimütigen Verhalten des Ambrosius beim Bußakt von Mailand gesetzt, wofür Theodoret sogar chronologische Unstimmigkeiten in Kauf nimmt, vgl. H. Leppin, Von Constantin demGroßen zuTheodosius II.: Daschristliche Kaisertum beidenKirchenhistorikern Socrates, Sozomenus undTheodoret (Hypomnemata 110), Göttingen 1996, 116 ff.; in derbyzantinischen Historiographie, bei Zonaras (13,18), ist in einem chronologisch konfusen Kapitel allein von dem Einsatz Flavians undden Predigten des Chrysostomos die Rede, deren Bezeichnung als Statuenpredigten dort schon begegnet. 44 Daß Libanios Chrysostomos kannte, hat R. Goebel, De loannis Chrysostomi et Libanii orationibus quae sunt de seditione Antiochensium, Diss. Göttingen 1910, 19 ff. überzeugend nachgewiesen, trotz der Skepsis bei Petit, Libanius (wie Anm. 1), 238, Anm. 3.

45 Zu seinem Status s. H. U. Wiemer, Die Rangstellung des Sophisten Libanios unter den Kaisern Julian, Valens undTheodosius. Mit einem Anhang über Abfassung undVerbreitung vonLibanios’Rede FürdieTempel (or. 30), Chiron 25 (1995), 89–130, der die Auffassung vertritt, daß Libanios kein honoratus war. Auf keinen Fall war er Kuriale, auch wenn er gelegentlich (und seltener als ihmlieb war) zuRatssitzungen beigezogen wurde.

46Daßes sich nicht umPangeyrici imengeren Sinne handele, betonen A. Cameron / J. Long, Barbarians and Politics at the Court of Arcadius, Berkeley / Los Angeles / Oxford 1993, 178 f. 47In seiner autobiographischen ersten Rede (252 f.) kommt Libanios ebenfalls auf den Aufstand zu sprechen, er hebt dort seine Rolle als Retter hervor und verdeutlicht zugleich, daß er die ganze Zeit über in Antiochia geblieben war (also nicht vor dem Kaiser gesprochen hatte).

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vor dem Kaiser sind mit Sicherheit fiktiv, während man bei den drei anderen nicht ausschließen kann, daßsie tatsächlich gehalten wurden –wohl kaum in einer breiten Öffentlichkeit, sondern voreinem engen Kreis ausgewählter Zuhörer, die mitLibanios in ihren religiösen Grundhaltungen übereinstimmten48. Mit Änderungen der schriftlichen Fassung gegenüber der gesprochenen ist imübrigen zurechnen. Anders als bei Johannes haben wir es hier also nicht mit einem geschlossenen Corpus zu tun. Vielmehr ist das gedachte Publikum je verschieden, diejeweiligen Voraussetzungen waren ganzunterschiedlich: Zwei Reden gehören in dieZeit derKrise, die anderen werden in die Zeit danach verlegt. Es bestehen auch inhaltliche Spannungen zwischen den Reden. Mitunter gibt Libanios den Kurialen die Schuld an denAusschreitungen, bisweilen setzt er sie vondenGewalttätern ab49; dashängt vonderjeweiligen rhetorischen Situation ab. In den zentralen Aussagen jedoch herrscht Übereinstimmung zwischen denverschiedenen Äußerungen. Natürlich fehlt bei Libanios jedwede theologische Einkleidung des Ereignisses, es ist ein Schicksalsschlag, der über diese Stadt kommt, eine Krankheit, die die Stadt ergreift: Die Antiochener selbst trifft eigentlich keine Schuld; vielmehr ist der Aufstand das Werk einer Minderheit, von professionellen Theaterclaqueuren einerseits50, von einem bösen Dämon andererseits51. Die Erscheinung der Dämonen konkretisierte Libanios: Ein alter Mann bearbeitete eine Reiterstatue mit einer übermäßigen Kraft, verwandelte sich dann in einen jungen Mann, dann in ein Kind, schließlich verschwand er (or. 19,30). Wenn aber nureine Minderheit oder garDämonen dasUnheil anrichteten, ist eine Kollektivstrafe nicht angemessen, die selbst Kranke undFrau43). Libanios scheut sich auchnicht, denKaiser entreffen würde (or. 19,40– daran zu erinnern, daß selbst seine christlichen Brüder Opfer eines harten Vorgehens werden würden (or. 19,43). Noch ein ganz anderer Aspekt kommt hinzu: Libanios gibt zu verstehen, daß die zuständigen Behörden 48Der Rezipientenkreis der Reden des Libanios konnte sehr unterschiedlich breit sein. Grundlegend P. Petit, Recherches surla publication et la diffusion desdiscours de 509, dt. in G. Fatouros / T. Krischer (Hg.), Libanios Libanius, Historia 5 (1956), 479– (WdF 621), Darmstadt 1983, 84– 128; vgl. H. U. Wiemer, Libanios und Zosimos über 494, der 473 den Rom-Besuch Konstantins I. im Jahre 326, Historia 43 (1994), 469– vermutet, daßdie hier behandelten Reden aneine breitere Öffentlichkeit gelangten und möglicherweise gar an denHof gesandt wurden. 49 Vgl. Tinnefeld, Frühbyzantinische Gesellschaft (wie Anm. 1), 156, Anm. 362; vandePaverd, Homilies (wie Anm. 1), 90 f. 50Or. 19,28. Browning, Riot (wie Anm. 1) bezieht die Stelle wohl zu Recht auf Claqueure; zweifelnd vande Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 27 ff. 51Or. 19,7. Der hatallerdings nurin der 19. Rede seinen Auftritt (29 f.; vgl. 29; 31; 34), dafür begegnet er auch in or. 1,252.

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versagt hätten, weil sie nicht rechtzeitig eingriffen52. Gelegentlich deutet derRedner an, daßdie Hauptschuldigen Christen gewesen seien, ohne das direkt auszusprechen53. Wie Johannes Chrysostomos schildert Libanios das Schicksal der Stadt in grellen Farben; auch ihnhatdie Episode derFrau ergriffen, die vordem Gerichtssaal um Gnade für ihren Sohn fleht: „ Die Mutter nämlich eines jungen edlen Mannes, der sich durch zahlreiche Gesandtschaften, durch sämtliche Leiturgien ausgezeichnet hatte, derdenAufgaben anstelle seines Vaters oblag, entblößte ihr Haupt, löste ihr Greisinnenhaar, warf sich an seine Brust, legte mit ihren Händen umihn diese ihre Locken, undsie bat mitleiderregend rufend fürihren Sohn; ihre Tränen rannen auf die Füße des Militärs, die seinen auf ihr Haupt. Niemand zogsie fort, aber auch er selbst stieß sie nicht fort, sondern er wandte sich derGröße ihrer Bitte so zu, daß er stärker als die menschliche Natur zu sein schien. Undvon allen Seiten kamen Gebete, daß es seiner Tochter wohl ergehen müsse, da er sich so verhalte gegenüber den in Unglück Geratenen und er alles Harte und 54.Auch darauf, daßStraUnerbittliche aus seinem Denken entfernt hatte“

52Or. 19,32– 36. Die Hauptverantwortung schiebt Libanios demKommandeur der Bogenschützen zu, der, obwohl manihnrief, nicht eingriff. Liebeschuetz, Antioch (wie Anm.4), 124 f. identifiziert ihnzögernd mitdemν χ ρ ο . Dann würde es sich um ς τ έπ κ α υ einen städtischen Beamten handeln. 53Or. 19,25 (Es geht umdie Zuhörer, die gegen die Verfügung der Abgabe proα κ ν ο εῖν ν μ α τ ὸ ἐκ ν α ὐ χ ία γ ο υ σ ιτοίν φ εύ ῦσυμ α τα ε ο ρ ὰ τ ο ῦθ υ ν testieren: Κ ἐ π ὶτ π α ν ὴ Sie suchen also Zuflucht bei :„ ε ῖν φ ελ θ ο ή υ ςἀ λ ο α π ῦ ν τ ε τ ε ῖσ ν ςο εὄ ίσ ἷό ντ α ετ λ ο ῦπ der Hilfe ihres Gottes, indem sie rufen, daß eben jener in der Lage sei, dich zu α σ ιλ έ ρ ὶβ η α π ε λ α ύ γ έν ε τ οφ ). Deutlicher: 20,3 (Ἐ überzeugen, dieLast zureduzieren.“ ητ ὴ ν ν έ ειομ π ο σ ετ ν ω γ ινἀ α σ π έρ ό ῆ ά λ ν ιςμ ςἀ μ ε ὲ ντ η τ ῆ λ ντ ὰ ὴ σ ο τ νἡἡμ ὸ ςἐπ τ ισ ρ χ ε ῖνο α ιρ φ ὐ κ μ νἀ ω έν ρἀ δ ο υ ικ γ ὰ γ ε ν ῷ ιν δ ῶ ,τ κ ε ο ῖνἐπ φ εύ ὶτ α νθ τ ὸ ε νκα ὸ νἐ ντ ὴ χ ρ ἀ π ο υτα υ τ ῆ ὶτ ὰ νδή μ α τ α : „Unsere Stadt verhielt sich übel gegenüber ihrem tüchtiῥ ή ἐν gen Kaiser nach der Verlesung des Briefes, indem sie die Autorität abschüttelte unter demAnschein, zuihrem Gott Zuflucht zunehmen; denndieUngerechtigkeiten konnten übler ρ ία[„ μ ο μ ρ ὰσ υ η ο ν diese Worte ja nicht mindern.“ ) Dann beginnt diese als π ίσ τ ο ιςκα κ ο ῖςτ εγ ο ὺ ρἐ ντ ο ῖςμ ς ὰ ργ Haufen“ σ π ε ] mit denAusschreitungen; 22,5 (Ὥ φ ᾶ τ ε ν ῶ ςσ ο ς νο ε ὸ ἱβ η θ ε νθ θ εο τ ετ ὸ ῖν μ ό λ ,ο τ ὺ ε ω ο νκα ε τ ῖνδεόμ ὕ θ α εν ςεἰώ ο ιβ μ έν Wie wir ο ι: „ φ ιγ μ ά τ ω νἀ νγραμ ῶ τ ὰ ρ ά τ ρ τ ε ινἀ ἐλ εε ῖν ,ὡ α υπ ξ ίω ἰςτ ςε ὸπ έο ςἐλ nämlich in denschlimmsten Unglücksfällen dieGötter umHilfe anzugehen pflegten, so beteten sie damals ihren Gott an, die riefen, daßer sich ihrer erbarmen möge, da sie ja aufgrund desSchreibens zueinem erbarmungswürdigen Verhalten gelangt waren.“ 54Μ ή τ η ργ ὰ ρδ ὴτ ῶ νἐ ντ ο ῖςκρινομ ῖς α λ λ ο ὶπ α ο ῦκ λ έν ὶκα α ο ιςἑν εκ υτ ο ὸ έ ςν ο ὶτ ῦ τ ν ὲἀ ιδ μ α σ μ γ ὲ ά ρ νπ ρ ο ῖςπ ις ία γ ,τ εσ β ρ εία ις ο υ μ έν ειτ υλ ο ρ υ ν ο ,ἁ α ά ιςλα π σ μ π κ υ α ν ρ ῖα η εγ νγ ὴ ὲτ αδ σ σ α ύ , λ ν ή λ α νκεφ μ ν ὲ ὴ ώ ντ σ α υ σ αμ ο τ κ ν ρ έσ α ςγ ρ ὸ ςἀ π α τ υ ο ς ύ ο τ ν ςτοιούτ ῶ ν χ ειρ μ ὰ τ τ ε ῶ ῳ ῷ σ τή τ θ ε ύ ε ιθ ῖσ τ ο ικ α α ὶπ μ ῦ ο α σ τ ερ ρ α ρ ρ ίχ ο α ,π σ δ τ τ α ὰ ε ικ ρ η ςἔρ είν ν ἐκ μ ὲ ὰ ὲτ δ α υ ρ κ , δά σ α ο ῶ ν υ ν ἐλ τ ὸ ἱὸ νβ εειν ν ὸ ὲ ιμ τ ε μ υ ο ςᾔ κ ά π λ ο εδ υ σ κ ὲ είλ φ ῆ .Ἀ ς λ α η ςκεφ γ ῆ ςἐκείν ο τ ὰ η ῦ τ ,τ α ὰ δ ο υκ ὲἐκείν τ τ ῶ νπ ο ῦστρα ῶ ντ ο δ ῆ ή κ ε ιτ ς μ ῷ ντ ὸ τ ὑ να ε κ λ λ ,ἀ ςἔδω λ ο ω λ τ α ε ίς ὴ νο δ ,ἀ σ τ ὐ εώ π ὸ τ ὐ ςἀ τ ὲα α ὐ δ ὐ ᾽οὕ ᾽ο

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fen bereits erfolgt sind, beruft Libanios sich (or. 19,37 f.), darauf, daß die Stadt schon leidet55. In der Notsituation benötigt die Polis Helfer, unddie fehlen ihr nicht. Derwichtigste ist kein anderer als Libanios selbst: Er reist –in derFiktion –nach Konstantinopel; er spricht freimütig vor demKaiser; er mahnt die Bevölkerung zurBesonnenheit; er spricht ihr Mutzu; er tadelt diejenigen, die ausderStadt fliehen56; er wendet sich andiekaiserlichen Kommissare, umihre Pläne zu erkunden undsie zur Milde zu drängen. Kurz: Der omnipräsente Libanios tut, wasbei Johannes Chrysostomos Bischof, Kleriker undMönche zusammen getan hatten57. Aber dereinzige Helfer ist Libanios danndoch nicht. Eine wesentliche Rolle gesteht er Caesarius undHellebich zu,jenen beiden Kommissaren, die derKaiser selbst eingesetzt hatte, umein Bild vondenEntwicklungen in Antiochia zu gewinnen. Caesarius war mit Sicherheit Christ wohl mit arianischen Sympathien, Hellebich wahrscheinlich ein orthodoxer Christ58, aber das spielt bei Libanios keine Rolle. Beide erscheinen als vorzügliche Magistrate, die auf Milde gestimmt sind undim Rahmen ihres Auftrages das Beste für die Antiochener zu erreichen suchen: Caesarius begibt sich nach Abschluß der Untersuchungen in Antiochia eilendst zumKaiser, um 19); Hellebich bemüht sich, dieUntersuihngnädig zustimmen (Or. 21,11– chungen, die nuneinmal anstehen, so moderat wie möglich durchzuführen59. Sie sind beide ideale Mittler derInteressen Antiochias60.

νεὐ χ ε θ α χ ί α ό τ ν α α ὶπ ,κ ἱκ ετ εία ω π εία ς ρ τ σ ςὥ ύ σ νεἶν εω ω θ α ιφ ν ςἀ ικρείττ ε κ ᾽ἐδό η α ῳ εκ π ύτ χ ὶἀ τ α εὄ α ῖδ ὴ α ν π ρ ν τ α ν τρ α τ ν ᾶ τ ςκ ὶπ ὸ ο ιπ ῦ ιο ο χ υ ύ ςἀ τ τ ἱτ ίο α θ ώ σ εσ ζ η ςἐξελ η λ α κ μ ν ό ὲςτ τ ι(22,22). ῆ ςγνώ 55Or. 19,56– 61. Libanios kann hieraus noch ein politisches Argument gewinnen: Die Perser sollen die bedeutende Stadt nicht in einem solchen Zustand der Zerrüttung

sehen (or. 19,62). 56VonderFlucht ist Libanios auchpersönlich betroffen: Diemeisten seiner Schüler 27; angeblich reduzierte sich ihre Zahl zunächst auf machten sich davon: Or. 23,20– zwölf, dann auf sieben (or. 34,14). AusdemWegbleiben der Schüler entwickelte sich dann auch noch ein Streit wegen Libanios’Honorar, dendie 34. Rede erörtert. 57Vgl. auch Or. 1,253, wozudem (wie auch sonst in dieser Rede) dasWirken des Tyche herausgestellt wird. 58S. zuihnen H.Leppin, Caesarius 3, NP2 (1997), 925 f.; Ders., Hellebichus, NP5

(1998), 298.

59 Anders äußert Libanios sich or. 56,13, wo er erklärt, die Kurialen seien wie Sklaven behandelt worden; für denBezug dieser Stelle auf denAufstand von387 s. O. 101 = T. Krischer / G. Fatou24), 84– Seeck, Libanius gegen Lucianus, RhM73 (1920– 43, 32. ros (Hg.), Libanios (WdF 621), Darmstadt 1983, 26– 60Nurbeiläufig erwähnt Libanios, daßsich auch Senat undVolk vonKonstantinopel für Antiochia verwendet hätten: Or. 20,37. Anscheinend hatte sich außerdem eine Nachbarstadt für Antiochia eingesetzt, s. vandePaverd, Homilies (wie Anm. 1), 39 ff.

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Bleibt noch der Kaiser. Auch der Theodosius des Libanios ist ein gütiger Kaiser61, er besitzt genauso wie der des Johannes Philanthropia62. Libanios und die beiden Beamten müssen lediglich dieses Potential des Kaisers aktualisieren. Zu diesem Zweck erinnert Libanios den Kaiser an seine eigenen milden Taten63, zählt aber auch eine Vielzahl vonHerrschern seit Philipp II. von Makedonien auf, die Milde übten64. Man folge dem WerdenGöttern gleiVorbild der Götter, wenn mansich milde verhalte65: „ chen möchte, mußmehr Freude daran haben, Bestrafungen zuerlassen als sie vorzunehmen“66.Weitere Argumente kommen hinzu: Ihre Milde unterscheide die Griechen vondenBarbaren (or. 19,13). WennTheodosius sich 65). milde verhält, so wird er Nachruhm ernten (or. 19,63– Dieses Kaiserbild ist geprägt vonder antiken Tradition. Blickt manauf dieDarstellung desLibanios zurück, sogewinnt mandenEindruck, daßdas meiste zwar nicht ganz so, aber doch ähnlich auch in früheren Jahrhunderten hätte gesagt werden können. Sein Antiochia steht in der Kontinuität kaiserzeitlicher Städte, für die etwa einstmals ein Dio Chrysostomos gesprochen hatte.

IV

Der heidnische undderchristliche Redner beschwören zwei unterschiedliche Poleis herauf; sie konstruieren zwei unterschiedliche Wirklichkeiten. Während wirbei diesem eine christliche Stadt vorgeführt bekommen, in der die Heiden nurnoch eine Randerscheinung bilden, haben wir es bei jenem mit einer Polis zutun, deren Eliten zwar versagt haben67, die aber mit dem traditionellen Instrument derpersönlichen Kontakte zuhohen Beamten ihre 61Or. 19,3. Libanios erklärt gegenüber denjenigen, die ihmvonderReise zumKaiέν ω ν η δ νἐ ὲ κτ νλεγομ ῶ ὲ νμ γ ὼ δ ὲτ ὸμ ser abraten, weil der zornig sein können: Ἐ Ich aber erschloß aus :„ υ ο α ὶτρόπ νκ εω ο σ ύ ςεἶχ ῆ ῆ ςφ ςσ ὲ π ὸτ ςἀ ερ χ ιδυσ ο θ α ίμ ἔσ εσ deiner Natur unddeinem Wesen, daßnichts vondemGesagten für mich unangenehme Wirkungen entfalten würde.“ 62 19,16 f. Die Berufung auf die Philanthropia bildet gleichsam ein Leitmotiv der Reden auf Theodosius: 19,20; 19,22; 20,16; 20,26; 20,38; 20,50. Auch Hellebich kann dieses Prädikat zugesprochen bekommen: 22,17; 22,21.

63Or. 19,14; 19,16; 19,21– 24; 20,14–16. 64Or. 19,15; 19,19 f.; 19,47– 32. –Als Negativfolie mußvor allem derin 49; 20,22– 21. Antiochia besonders verhaßte Diocletian herhalten: Or. 19,45 f.; 20,17– 65Or. 19,12; 20,12 f. 66Ὅ σ τ ις... ἐο ά ικ β έν ἢλαμ α ιβ ν ο ο λ λ μ ᾶ ύ λ ω ετ έτ α ία ρ ιρ α ιθ ςχ εο ω φ ιε ῖς ὶςτιμ ,ἀ ν ω ν(19,12). 67Dieses Versagen malt er in der 23. Rede, die gegen die Flüchtigen gerichtet ist, drastisch aus, insbes. § 19.

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Rettung bewerkstelligen kann68. Johannes rückt das Christentum ins Zentrum, während Libanios als Anhänger der bedrohten Religion religiöse Fragen weitgehend ignoriert, allerdings anmanchen Stellen insinuiert, daß Christen andenUnruhen führend beteiligt waren, sich auchdasVorhandensein vonChristen zunutze macht, umTheodosius voneiner Strafe abzubringen69.

Das wird für sich genommen nicht überraschen, die Konsequenz aber, mitderverfahren wird, ist durchaus bemerkenswert70: Während bei Johannes Caesarius undHellebich nurschattenhaft erscheinen undvonLibanios überhaupt keine Rede ist, erwähnt Libanios Flavian lediglich an einer Stelle, mit bloßem Namen, ohne Angabe der Funktion, und da ist er bezeichnenderweise gerade nicht dort, womanihnbraucht71. Die Unterschiede der Sichtweisen vonLibanios undJohannes Chrysostomos gehen bis ins Detail. So beschreiben beide, wieeine Mutter leidenschaftlich um ihren Sohn fleht. Während Libanios betont, daß der sich durch Gesandtschaften undLeiturgien hervorgetan hat (Or. 22,22) undso den Bezug zur Polis unterstreicht, geht es Johannes Chrysostomos an diesemPunkte allein umdie menschliche, d. h. moralische unddamit christliche Dimension72. Die Reihe der Herrscher, die als Exempla dienen, ist unterschiedlich: Sie beginnt bei Johannes Chrysostomos erst mit Constantin, bei Libanios schon mit Philipp von Makedonien. Bei Johannes findet β ε ία statt: Waren die ρ εσ eine Umdeutung derIdee derGesandtschaft, derπ Gesandtschaften etwas, mit dem sich die traditionelle lokale Elite hatte 68Wiederholt betont Libanios, daßer aufgrund seiner Kenntnis derBeteiligten, ob nunderKaiser oder Caesarius, sichere Voraussagen über ihr(mildes) Verhalten machen 36; 21,6. könne: Or. 19,3; 20,33– 69Die Zahl derpolemischen Anspielungen auf dasChristentum ist gering: Die Bemerkungen in or. 19,25 und 20,3, die andeuten, daß Christen zunächst Zuflucht bei ihrem Gott suchten, geben sich neutral, auch wenn sie für die Christen wenig schmeichelhaft sind (ähnlich or. 22,5). In or. 19,43 weist Libanios darauf hin, daßTheodosius mitseiner Bestrafung auch Christen treffen würde. In or. 23,18 deutet Libanios an, daß besonders diejenigen, die sich anTempelgütern bereichert hatten, also Christen, flüchteten. Merkwürdig ist die lobende Erwähnung Julians in or. 19,19 sowie 19,54, die vielleicht möglich war, weil Julian unabhängig vomjeweiligen religiösen Bekenntnis als legitimer römischer Kaiser allgemein anerkannt war. 70Bezeichnend ist derunterschiedliche Aufenthaltsort derbeiden Protagonisten am entscheidenden Tag: Während Johannes sich am Tag des Gerichts im Hof vor dem eigentlichen Justizgebäude, bei der verängstigten Menge aufhält, wirkte Libanios als Angehöriger der traditionellen Eliten an den Verhandlungen mit; vgl. Van de Paverd, Homilies (wie Anm. 1), 76. 71 Or. 19,28. In 19,1 behauptet er gar, Antiochia habe keine Gesandtschaft geschickt. Damit wird Flavians (natürlich gewissermaßen private) Reise bewußt unterschlagen. 72Hom. stat. 17,2 (PG 49,173), vgl. Petit, Libanius (wie Anm. 1), 243.

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auszeichnen können, so werden sie jetzt zumWerk des Bischofs und–in derForm des Gebets –der ganzen Gemeinde73. Während Libanios die Bedeutung der Stadt nach traditionellen Kriterien bestimmt74, leitet Johannes sie hauptsächlich vonihrem Rang in derGeschichte desChristentums ab75. Wichtiger ist etwas anderes: Den fundamentalen Unterschieden der Darstellung, die ins Auge springen, stehen ebenso fundamentale Gemeinsamkeiten zwischen denAutoren gegenüber, Gemeinsamkeiten, die leicht übersehen werden: Sie betreffen dasVolk vonAntiochia unddieGestalt des Kaisers. Libanios undJohannes Chrysostomos stimmen darin überein, daß das Volk als solches eigentlich nicht schuldig sei, und beide bieten je zwei einander ergänzende Erklärungsmodelle fürsein aufrührerisches Verhalten. Zumeinen versuchen sie, bestimmten Randgruppen die Schuld in die Schuhe zu schieben: Libanios den Claqueuren der Pantomimen, Johannes den Fremden. Zum anderen behaupten sie, das Volk sei von einem übermächtigen Wesen erfaßt worden, habe in Krankheit oder imWahnsinn, auf jeden Fall im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gehandelt; die Möglichkeit des Eingreifens von Dämonen steht bei beiden im Raum. Keiner der beiden rekurriert also auf dasausder Geschichtsschreibung, aber auch aus gewissen rhetorischen Texten geläufige Modell desMassenverhaltens, nach dem das Volk als solches charakterlich schwach sei undzu Unruhen neige76. Sie unterscheiden auchnicht zwischen einem guten undeinem schlechten Teil des Volkes77. Das hatte nicht zuletzt taktische Gründe: Wenn das Volk unter den vonJohannes undLibanios geschilderten Voraussetzungen gehandelt hat, so wareine weltliche Strafe unangemessen78. Ferner herrscht im Grundsatz Übereinstimmung hinsichtlich des Kaisers: Beide sind sich über seine moralischen Qualitäten einig; beide gehen davon aus, daßder Kaiser die Tugend der Philanthropia verkörpere79 (was 73Hom. stat. 3 (PG 49,49). 74Or. 19,5; 19,51– 55; 20,40– 43. 75Hom. stat. 3 (PG 49,47 ff.). 76Dieser aus der Profangeschichtsschreibung geläufige Topos lebt in der Kirchengeschichtsschreibung wennauchinabgemilderter Formweiter, s. Leppin, VonConstantin (wie Anm. 43), 151; Theodoret greift ihn im Zusammenhang mit demAntiochener Aufstand auf (HE 5,20,1); auch Sozomenos macht das ganze Volk verantwortlich (7,23,1). –Dio Chrysostomos rekurriert in seinen Reden verschiedentlich auf diesen Topos, etwa 32, insbes. 25 ff.; vgl. auch W. D. Barry, Aristocrats, Orators, and the 103. ‘Mob’. Dio Chrysostom andtheWorld of the Alexandrians, Historia 42 (1993), 82– 77Auch dies waraus rhetorischen wie in historischen Texten durchaus geläufig, s. etwa Philo, Flacc., 41; Tac., Hist. 1,4,3, aber auch Dio Chrys. 32,27. 78Dieses taktische Motiv wirdvonBrottier, Image (wie Anm. 10), 627 f. übersehen. 79ZurBedeutung derPhilanthropia etwa G. Downey, Philanthropia in Religion and 208; L. J. Daly, Statecraft in the Fourth Century after Christ, Historia 4 (1955), 199– 40; H. Leppin, Einlei, Byzantion 45 (1975), 22– ία π ω ρ θ ν ιλ α Themistius’ Concept of φ

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gewiß keineswegs originell war), undsie suchen in denpersönlichen moralischen Qualitäten des Kaisers denGrund zurHoffnung –wobei Johannes zusätzlich darauf baut, daß Theodosius ein Christ ist und daher für die Äußerungen eines Bischofs einoffenes Ohrhaben muß.Beide kritisieren es schließlich, daßAngehörige weltlicher Eliten fliehen. WennVolk undKaiser so ähnlich sind, wirdumsodeutlicher, worin der entscheidende Unterschied in derDarstellung beider Autoren liegt: bei den Mittlern. Es geht darum, wer in der Lage ist, für das an sich unschuldige Volk einzutreten unddie kaiserliche Milde zuaktivieren. Unddasmachte dasvirtuelle Duell zwischen Johannes undLibanios so brisant: Es ging um nichts Geringeres als um die Frage, wer als Patron für die Stadt wirken DieStadt nämlich gewann Ruhm: könne. Triumphierend erklärt Johannes: „ Denn als sie von einer solchen Gefahr bedrängt wurde, überging sie die Männer in hohen Ämtern, die mit großem Reichtum Versehenen, diejenigen, die großen Einfluß auf den Kaiser haben, alle, undsuchte Zuflucht bei derKirche undihrem Priester, voller Glauben hielt sie sich andieHoffnung 80. vonoben“ Dasaber wareinentscheidender Punkt imProzeß derChristianisierung desrömischen Reiches: die Übernahme vonFunktionen der lokalen Eliten durch den Bischof, über die Peter Brown so eindringlich gehandelt hat81. Johannes führt seiner Gemeinde vorAugen, daßallein derBischof dieStadt zuretten vermöge, deraber mit sicherem Erfolg. Libanios kann zwar nicht umhin einzugestehen, daßdieprofanen lokalen Eliten, dieKurialen wiedie honorati versagt haben. Aber er will immerhin zeigen, daß die mit den Eliten Antiochias bekannten kaiserlichen Funktionäre für die Stadt zu wirken vermögen, daß also wenigstens insofern das traditionelle Patronagesystem weiter besteht82. Unterschiedliche Vorstellungen von Patronage

in: Themistios, Staatsreden (Bibliothek der Griechischen Literatur 46), Stuttgart 1998, 1– 26, 24 f. 80 Hom. stat. 21,1 (PG 49,211): Ἡ π ό η λ σ ὐ ιςμ ρη δ ε ν ,ὅ ο κ ὰ ίμ ὲ νγ τ ι κινδύ ν υ ο

tung,

μ ρ ο α ῦ β ρ α ό ν τ ο σ δ τ α ν τ α ο π ά ,π α ιο ς ύ τα α λ τ υκα ςτ ν ο ο ις ο τ ῦ α τ ὺ ὺ σ εία ο , το λ ςἐ ςπ νδυν μ έν η ο η σ ρ υ μ ιλ νπ ὰβα ινἔχοντα ε α λ ῖ δύνα ά λ ς ,τ ο εβ ὺ εγ ν ς , ἐπ ιβ π ὶτ ὴ ο ςμ ὺ νπ λ ερ ῆ ετ ςτῆ γ η ὰπ ο λ λ ε, κ Ἐ εω σ ςπ ίσ τ κ α ία ὶμ ς έ ατ υ νκ κ ςτῆ ο α λ ε ῦΘ ο τ ῦκα ὶτ έφ νἱερ ὸ α σ νἐλ ε π ίδ ρ ο ; vgl. 17,2 (PG 49,174); 18,4 (PG 49,186). Nach έμ νἐξ ς ὴ εκ τ υ νἑα θ ε ω ν ἄ Goebel, De orationibus (wie Anm. 44), 49 f. (dem Ernesti, Princeps christianus [wie Anm.9], 428 f. folgt) waren fürLibanios’Bemühungen dieRivalitätsgefühle gegenüber seinem begabten Schüler bestimmend; daserscheint doch als eine übermäßig personalisierende Interpretation. 81Power (wie Anm. 1), 77 ff.; 146 ff. ZurMacht derAntiochener Bischöfe vgl. Liebeschuetz, Antioch (wie Anm. 4), 239 ff. R. Lizzi, Il potere episcopale nell’Oriente V sec. d. C.) (Filologia e Romano. Rappresentazione ideologica e realtà politica (IV– critica 53), Rom 1987 konzentriert sich auf Synesios. 82VondenPhilosophen als möglichen Helfern spricht Libanios überhaupt nicht.

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undRhetoren

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provozieren unterschiedliche Wirklichkeitsdarstellungen. Johannes weist auf die justinianische Stadt mit ihrem starken Bischof voraus83; Libanios weist auf die kaiserzeitliche Stadt zurück84.

V Der Steueraufstand vonAntiochia warkein religiöser Konflikt, er entstand ausganz weltlichen Nöten. Doch er warinsofern einreligiöses Ereignis, als er Johannes die Gelegenheit bot, die neuen Möglichkeiten des Christentums seinen Zuhörern vorAugen zuführen unddadurch dieAntiochener an sich undan seine Kirche zubinden85. Tatsächlich scheint die Begnadigung der Stadt in einem hohen Maße der Intervention Flavians zu verdanken gewesen zusein, jedenfalls lag es auch imkaiserlichen Interesse, dies so zu inszenieren86, denn damit wurde die Rolle desvonihmfavorisierten Amtsinhabers gestärkt. Zugleich ermöglichte das Zugeständnis an den Bischof demKaiser, auf die eigentlich fällige Bestrafung Antiochias zuverzichten, ohne sein Gesicht zu verlieren. Aus diesem Stoff formt Johannes das eindrucksvolle Bild einer funktionierenden christlichen Gesellschaft und kann die Geschehnisse zugleich als Werbung für seine Kirche inAntiochia nutzen87.

83Vgl. dazu A. Hohlweg, Bischof undStadtherr im frühen Byzanz, JÖB 20 (1971), 62, derinPolemik gegen D. Claude, Die byzantinische Stadt im6. Jahrhundert (Byz. 51– Archiv 13), München 1969, 121 ff. die Bedeutung des Bischofs als Stadtherrn sehr gering veranschlagt; J. H.W. G. Liebeschuetz, Administration andPolitics in the Cities of the 5thand6thCenturies with Special Reference to the Circus Factions, in: C. Lepelley, La fin de la cité antique et le début de la cité médiévale de la fin du IIIe siècle à l’ave182. nement de Charlemagne, Bari 1996, 161– 84Wenn ich hier so stark die Bedeutung derunterschiedlichen Vorstellung über die Patronats-Funktionen im sozialen, nicht imjuristischen Sinne betone, so will ich die Gründe, die Libanios zur Abfassung seiner Reden veranlaßten, keinem monokausalen Erklärungsmodell unterwerfen (wobei insbes. die Rechtfertigung der Ratsherren ein wichtiges Motiv gewesen sein dürfte, vgl. Wiemer, Libanios [wie Anm. 48], 470), aber hier scheint mir der wichtigste Punkt zu liegen; dadurch wird die eminent politische Funktion des Duell zwischen Libanios undJohannes Chrysostomos deutlich. 85Ernesti, Princeps christianus (wie Anm. 9), 267 hat in seiner gründlichen Untersuchung diesen Zusammenhang mißverstanden, wenn er erklärt (Hervorhebungen von Dieser (sc. Johannes Chroysostomos) argumentiert religiös, jener (sc. LibaEr-nesti): „ nios) politisch; dieser setzt auf die Barmherzigkeit Gottes, der man ohnehin nicht entfliehen könne, jener auf die Milde undNachsicht des Kaisers.“G erade darin, daß Johannes sich auf die religiöse Dimension beschränkt, liegt eine eminent politische Aussage: Die bis-herigen Institutionen haben versagt, es bedarf derchristlichen Gesellschaft.

86 Vgl. zu der kaiserlichen Inszenierung seines Zorns und seiner Besänftigung Brown, Power (wie Anm. 1), 105 ff. 87Zueinem weiteren Beispiel dafür, wiedurch eine konsequent christliche Interpre-

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Seine Konstruktion fasziniert aufdenersten Blick durch ihre Geschlossenheit. Doch auchJohannes’Predigten können gewisse Bruchstellen nicht verbergen. Er muß Konzessionen an Fremdenfeindlichkeit und Polis-Patriotismus machen, ja, auch das Verhalten derAntiochener in der schlimmenZeit gibt ihmGrund zurKlage: DieAntiochener jammern darüber, daß sie die Bäder nicht betreten dürfen, hängen also immer noch am Luxus88; ständig versucht man, die kaiserlichen Beamten anzusprechen, um von ihnen Informationen und Trost zu empfangen statt von Gott und seinen Dienern89. Den schlimmsten Einbruch derprofanen Welt schildert Johannes aber in der 16. Säulenpredigt, als der heidnische Statthalter, der consularis Syriae Celsus, in derKirche auftreten muß, umdasVolk zuberuhigen, das fürchtet, ein kaiserliches Heer rücke gegen die Stadt vor, umsie zu plündern. Die Worte derPriester hatten nicht genügt. Hart greift Johannes nach diesem Akt die Gemeinde an: „ Für euch habe mich geschämt undbin errötet, daßihr derErmahnung vonaußen bedurftet, mitdiesen vielen langen Worten. Ich habe gewünscht, die Erde täte sich mir auf undverschlänge mich, als ich ihn zu euch reden hörte, euch bald ermahnend, bald die unpassende und unvernünftige Furchtsamkeit vorwerfend. Nicht ihr hättet nämlich von ihm belehrt werden dürfen, sondern ihr hättet Lehrer der ganzen Ungläubigen werden müssen“ 90. Diese Episode zeigt eines sehr tation der Gegenwart Politik gemacht wird vgl. H. Leppin, Das Bild der kaiserlichen Frauen bei Gregor vonNyssa, in: H. Drobner / A. Viciano (Hg.), Beiträge zumAchten internationalen Gregor von Nyssa-Kolloquium, Paderborn (Supplements to Vigiliae Christianae), Leiden (imDruck). 88Hom. stat. 18,4 (PG 49,187 f.). Hier beklagt Johannes sich insbesondere darüber, daß die Antiochener, denen die Bäder ja verschlossen waren, im Orontes badeten und dort ihre Scherze trieben. 89Hom. stat. 12,1 (PG 49,128). 90Ὑ π ὲρὑ μ ῶ ν.. ᾐσχύν θ η νκ α ὶἠρυθ ρ ία ή κ σ λ α ρ α ,ὅ τ ε επ α ιτῆ τ ςἔξω νἐδεήθ θ ε ν ὴ ιτ ο ίμ α ν ῆ τ σ ρ ο νδια κ ὺ υ .Η α ο ὺ η γ ο ς τ ὺ λ ο τ ο υ ὰ λ ε α ο ςλ ςπ ςκ ὶμ ςἐκ ό σ εω είν ςμ μ ὐ ά ξ ῆ γ νκ α ὶκα ρ ὸ ς τ ῦπ τ ὐ ο να α υ ο δ ῦ ν α ι(hier ist wohl eher κα εἤκο τ τ α δ ῦ σ α ιzulesen), ὅ ν ο ιρ α κ νἄ ὴ υτ ο μ έν ιω νδ ῦ ὲα ἰτ μ μ υ θ έν ,ν υ α ο ο υ ,κ ὲ ν ρ μ α έν ο υ ὶν ῦ νμ π α ο μ ᾶ εγ λ ςδια ὑ λ λ ι, ἀ ε ιἔδ ς α ᾶ θ μ ρὑ μ ᾶ γ ν ο δ ὰ ρ ειλ η εσ ν κ κ ία α ν .Ο ὐγ ὶἄ σ ςπ α λ ο τα ύ τ ᾽ὑ υδιδά ο είν ᾽ἐκ εσ ίν θ α τ ο ιδιδα ῖςἀ ο υ ιςἅπ ά λ ίσ ο κ π τ σ σ ιγ α . Hom. stat. 16,1 (PG 49,161). Noch eine ς andere Beobachtung spricht dafür, daßFlavian in der Wirklichkeit keine so herausragende Rolle spielte, wie Johannes sie ihm zusprach: Spätere christliche Legenden, die sich umden Steueraufstand rankten, besagten, daßder Mönch Makedonios eine wundersame Rede gegenüber Caesarius undHellebich gehalten habe, mitderer denKaiser zur Milde aufgerufen habe; sie habe dann den Umschlag bewirkt. Auch die Christen mußten offenbar anerkennen, daß die Intervention der Beamten erfolgreich war, und konnten dies durch diese Anekdote, diedenMönch zumMovens derMilde derBeamten 10. Brown, Power (wie Anm. 1), 106 machte, auffangen. Thdt., HR 13,7 f.; HE 5,20,5– scheint diese Anekdote für historisch zuhalten; vandePaverd, Homilies (wie Anm. 1),

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deutlich: Allen Beteuerungen des Johannes zumTrotz betrachtete die Bevölkerung weiterhin profane Beamte als die eigentlichen Autoritäten in Fragen der kaiserlichen Politik91; Johannes gewann dadurch Bedeutung, daßer die Stille, die auf derAgora eingetreten war, durch denLärm seiner Predigten in der Kirche brach.

Der Steueraufstand vonAntiochia fand in der Zeit der Formierung eines christlichen Reiches statt. Es war noch nicht selbstverständlich, daß der Bischof sich erfolgreich für seine Stadt verwenden konnte, daß er als Patron zu wirken vermochte: Das Volk achtete im Zweifelsfalle doch auf die Beamten; Libanios konnte sich undseinen Freunden weiterhin ausmalen, wie ein gebildeter Mann die Rettung der Stadt erstreitet92. Aber die Panikreaktion der städtischen Elite hatte denChristen eine Möglichkeit in die Hand gegeben, die sie, allen voran der Bischof Flavian, nutzten. Der Bischof erschien jetzt als dereigentliche, als derwahrhaftige Vertreter der Stadt. Eine neue Wirklichkeit warim Entstehen, undJohannes Chrysostomoswurde ihr Interpret.

66 ff.

versucht sogar einige Äußerungen bei dem zeitnahen Johannes Chrysostomos aufgrund derjenigen Theodorets in Zweifel zu ziehen. Die Geschichte ist jedoch stark stilisiert; vgl. Leppin, VonConstantin (wie Anm. 43), 117 f.; 200 f. Das spricht neben den im Haupttext angestellten Überlegungen stark gegen ihre Historizität; durchaus möglich, ja wahrscheinlich ist hingegen, daßMakedonios als einer dervielen Mönche in der Stadt eintraf. 91 Immerhin kann Chrysostomos in einer späteren Predigt (De Anna 1,1 [PG 54,634]) auf spektakuläre Bekehrungserfolge im Zusammenhang mit den Ereignissen umdenAntiochener Aufstand verweisen. 92Die Fiktion des Libanios warimmerhin so gut, daßZosimus daraus schließt, er hätte tatsächlich beim Kaiser vorgesprochen (4,41,2. –Warum er dort auch Libanios’ Schüler Hilarius erwähnt, ist unklar; PLRE I 435, Hilarius 8 glaubt, daß Hilarius tatsächlich die Gesandtschaft übernommen habe).

HARTWIN BRANDT

GEDEUTETE REALITÄT? SPÄTANTIKE HEILIGENVITEN, HEIDNISCHE WIRKLICHKEIT UND KLASSISCHE TRADITION I

In dem an den Diakon Paschasius gerichteten Begleitschreiben zu seiner Vita Severini“erklärt deren Verfasser, der Presbyter Eugippius, über die „ Herkunft unddasfamiliäre Umfeld seines Helden keine sicheren Angaben machen zu können –obwohl, wie er einräumt, von derartigen Angaben eigentlich jede Lebensbeschreibung ihren Ausgang zunehmen pflegt: unde, sicut moris est, texendae cuiuspiam vitae sumatur exordium (Eug. ep. ad Paschas.7). Eugippius kennt also die Gattungsnormen der antiken Biographie,1 gleichwohl empfindet er es offenbar nicht als Defizit, diese Normen nicht zu erfüllen, denn er referiert im folgenden –als Rechtfertigung für das Fehlen derentsprechenden Auskünfte –dieAntwort, diederheilige Severin selbst einmal auf die an ihn gestellte Frage nach seiner Heimat gegeben habe: Quidprodest servo dei significatio sui loci vel generis? (Eug. ep. ad Paschas.9). Natürlich, fährt Severin fort, nütze eine derartige Angabe nichts, denn die patria terrena sei unwichtig –es gehe vielmehr darum, in die Bürgerliste deshimmlischen Vaterlandes eingetragen zuwerden: supernae patriae civis adscribi (Eug.ep.ad Paschas.10).2 Diese explizite Abwertung fundamentaler Bestandteile antiker Identität –der origo undpatria einerseits, dergens undfamilia andererseits –wirft unmittelbar die Frage auf nach dem Verhältnis von geschichtlicher Welt undWirklichkeit einerseits undhagiographischer Darstellung andererseits, und zwar, gemäß den in der „Einleitung“zu diesem Band formulierten 1Zur (im einzelnen umstrittenen) Wirkungstradition zwischen klassisch-antiker Biographie undchristlicher Hagiographie s. nurB.R. Voss, Berührungen vonHagiogra69; P. Cox, Biography in phie undHistoriographie in der Spätantike, FMS 4, 1970, 53– Late Antiquity. A Quest for the Holy Man, Berkely 1983; H. Hofmann, Die Geschichtsschreibung, in: L.J. Engels/H. Hofmann (Hgg.), Spätantike. Mit einem Panorama der byzantinischen Literatur (Neues Handbuch derLiteraturwissenschaft Bd.4), Wiesbaden ). 1997, bes. 443ff. („ Hagiographie als Historiographie“ 2 Ähnlich Ennod., vita Epifan. 7 (MGH, AA VII, p. 85): sed quid illorum retexam sanguinis praerogativam, quorum familiae et nobilitatis caput estfilius?

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in mehrfacher Hinsicht: Wie wird das historische Umfeld der sancti viri in den Heiligenviten gezeichnet? Welche Aussagen lassen sich über deren Verfasser undihren Standort im historischen Kontext formulieren? Und–drittens –welches Publikum, welchen Wirkungshorizont nehmen die Hagiographen in denBlick? Es geht in diesem Beitrag folglich nicht umeines der Kardinalthemen derHagiographie-Forschung, nämlich umdieAuswertung vonHeiligenviten als Geschichtsquellen.3 Insbesondere imGefolge der 1976 publizierten Severinus-Monographie von Friedrich Lotter ist über dieses Thema eine sehr lebhafte Debatte entbrannt, und ungeachtet aller Kontroversen im Detail wirdmanLotter zweifellos darin recht geben müssen, daßhagiographisches Schrifttum im wesentlichen „ohne jede Intention historischer In4 Historisch verwertbare Nachrichten undEinformation abgefaßt wurde.“ zelbeobachtungen vermerken Hagiographen nurbeiläufig, häufig auch nur instilisierter, z.B. anbiblischen Motiven orientierter FormundVerkleidung –die Entschlüsselung undInterpretation derartiger Angaben ist daher ein schwieriges, im Resultat meist strittiges Geschäft,5 das wir hier nicht beÜberlegungen,

3 Dazu s. etwa die klassische Abhandlung von H. Dörries, Die Vita Antonii als Geschichtsquelle (Nachr. d Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-hist. Kl. Nr. 14), Göttingen 1949, 359– 410. Gleich zuBeginn seiner Ausführungen stellt Dörries die interpretaIst die Wirklichkeit zugänglicher im verklärenden Widertorische ‚Gretchenfrage‘: „ schein als in ihr selbst?“Besonders F. Lotter ist diesem Problemkomplex in zahlreichen Arbeiten nachgegangen –genannt seien hier nur: F. Lotter, Legenden als Geschichtsquellen, Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters 27, 1971, 195– 200; ders., Severinus von Noricum. Legende und historische Wirklichkeit, Stuttgart 1976; ders., Methodisches zurGewinnung historischer Erkenntnisse aushagiographischen Quellen, 356; ders., ZurInterpretation hagiographischer Quellen, MLatJb 19, HZ229, 1979, 298– 62. Fürden(invielen Fällen möglicherweise anders zubeurteilenden) Bereich 1984, 37– der griechischen Hagiographie s. etwa jüngst H.C. Teitler, History andHagiography: The Passio of Basil of Ancyra as a Historical Source, VChr 50, 1996, 73ff. 4 Lotter, Severinus (wie Anm. 3) 91; vgl. auch ebd. 37 sowie dens., Methodisches (wie Anm. 3) 307: „ Im Gegensatz zurHistoriographie verfolgt die Hagiographie nicht die Absicht, der Nachwelt eine Darstellung geschichtlicher Vorgänge zu vermitteln, sondern will lediglich Heilige undihre Kulte propagieren, etablieren undstabilisieren... Die Helden derHagiographie werden dabei nicht primär als historische Persönlichkeiten beschrieben, sondern im Sinne der traditionellen hagiographischen Typologie als vom Himmel begnadete Künder der Unüberwindlichkeit christlicher Tugenden, der Kraft des Glaubens undderMacht Gottes vorgestellt.“ 5 Vgl. etwa F. Prinz, Hagiographie als Kultpropaganda. Die Rolle derAuftraggeber undAutoren hagiographischer Texte desFrühmittelalters, ZKG 103, 1992, 190. Zuder im Anschluß an Lotters genannte Severinus-Monographie (wie Anm. 3) entstandenen, z.T. mit großer Schärfe geführten Debatte, an der sich auch Lotter selbst mit weiteren heilige Arbeiten beteiligt hat (s. Anm. 3), s. zuletzt den Überblick bei R. Bratoz, Der „ Mann“undseine Biographie (unter besonderer Berücksichtigung von: Eugippius, Leben des heiligen Severin), in: A. Scharer/G. Scheibelreiter (Hgg.), Historiographie im 252, bes. 246ff. frühen Mittelalter, München/Wien 1994, 222–

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treiben wollen. Im folgenden geht es vielmehr umdie genannten, grundsätzlicheren Fragen, die wiraneine neue spätantike Textsorte richten, welche in den krisenhaften Umbruchzeiten des späteren 4., des 5. und des früheren 6.Jhs. zueiner ersten Blüte gelangt ist. Ich wähle bewußt denBegriff „Textsorte“ , dadie neuere Forschung es zusehends vermeidet, die Hagiographie als literarische Gattung zubezeichnen.6 Vielmehr spricht man von einem „ hagiographischen Diskurs“ , der sich in verschiedenen Textsorten manifestiere, unter anderen auch in Heiligenviten, die sich wiederum in verschiedene Spielarten klassifizieren ließen. MitBlick aufStil, Sprache undliterarische Tradition differenziert man etwa zwischen einer rhetorisierenden, besonders stark der antiken Biographie verpflichteten Variante undeiner stärker hagiographisch stilisierten, vor allem mit Legenden und Wunderelementen versehenen Unterform. Thematisch lassen sich Mönchsbiographien bzw. Viten monastisch und asketisch gesonnener episcopi sowie die übrigen Bischofsviten auseinanderhalten.7 Die christlichen Heiligenviten, als deren erste Vertreterin die „Vita Cypriani“desPontius ausdem3.Jh. zugelten hat,8 entstanden imZuge der Christianisierung des spätrömischen Reiches, undals exemplarischer Untersuchungsgegenstand soll im vorliegenden Rahmen nur der beherrschende Konflikt der Spätantike, der Konflikt zwischen Christentum und Heidentum, ins Zentrum derBetrachtung gerückt werden. Denn die in den hagiographischen Quellen entworfenen Wirklichkeiten inumfassender Weise zu untersuchen, ist hier natürlich nicht möglich –ich konzentriere mich folglich auf ein einziges, freilich wesentliches Wirklichkeitssegment: auf die Rolle des spätantiken Heidentums. Zugleich beschränke ich mich auf eine durchaus repräsentative Auswahl lateinischer Viten, die zwischen dem 4. und6.Jh. in Gallien, Africa undItalien entstanden sind, also in Regionen, in denen, unddas ist für die folgenden Ausführungen von entscheidender Bedeutung, nachweislich das Heidentum noch weit verbreitet war und zahlreiche Streitereien undnicht selten auch blutige Auseinandersetzungen zwischen Heiden undChristen stattfanden.9 Im einzelnen geht es um die

6 M. van Uytfanghe, Art. Heiligenverehrung II (Hagiographie) RAC 14, 1988, 155ff.; Bratoz, Der „heilige Mann“(wie Anm. 5) 222; D. v. d. Nahmer, Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994, 3. 7 Vgl. nur Lotter, Severinus (wie Anm. 3) 17; Bratoz, Der „heilige Mann“(wie Anm. 5) 225. Im Einzelfall sind Zuordnungen undKlassifikationen natürlich durchaus problematisch, vgl. Hofmann, Geschichtsschreibung (wie Anm. 1) 454ff. 8 Vgl. D. Hoster, Die Form der frühesten lateinischen Heiligenviten vonder Vita 50. Cypriani bis zurVita Ambrosii undihr Heiligenideal, Diss. Köln 1963, 32– 9 ZumWeiterleben des Heidentums noch bis ins 6.Jh. (auch im Lateinischen Westen) s. allgemein nur A.H.M. Jones, The Later Roman Empire (ND), Baltimore 1986,

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Martinsvita des Sulpicius Severus (entstanden zwischen 395 und 404),10 die „Vita Ambrosii“des Paulinus (vom Jahr 422),11 die um480 verfaßte Lebensbeschreibung des Germanus vonAuxerre,12 die etwa 506 geschriebene „Vita Antonii“des Ennodius,13 die 511 von Eugippius vorgelegte Vita Severini“14 und die nach 532 entstandene „Vita Fulgentii“.15 In „ welcher Weise, soist zufragen, rezipierten undverarbeiteten diegenannten Hagiographen16 historische Vorgänge wie die genannten heidnisch-christlichen Konflikte in ihren Werken, mitdenen sie, wie zahlreiche Äußerungen in den Viten selbst und insbesondere in den vorangestellten Briefen und Proömien belegen, direkte Wirkungen in ihrem Lebens- undLeserumfeld zu erzielen beabsichtigten?17

938ff. sowie P. Chuvin, A Chronicle of the Last Pagans, Cambridge (Mass.) 1990, passim undK.W. Harl, Sacrifice andPagan Belief in Fifth- andSixth-Century Byzanti27. Noch im Jahre 438 beklagte Theodosius II. die Tatsache, um, P & P 128, 1990, 7– daßdie ‚tausend Schrecken‘derHeidenverbote nurwenig bewirkt hätten (Nov. Theod. 3,8), und„ in Gaul a series of councils, in 533, 541, 567, 585 and625, denounced pagan practices such as the worship of trees andfountains“(Jones, Later Roman Empire, 940). Natürlich ist mit beträchtlichen regionalen Abweichungen undunterschiedlich hoher Intensität paganer Persistenz zurechnen, aber gerade fürItalien, Nordafrika undGallien läßt sich, wie wir sehen werden, mit guten Belegen behaupten, daßantikes Heidentum keineswegs verschwand. 10Ediert vonJ. Fontaine (Sources chrétiennes Bd. 133), Paris 1967.

11PL 14, p. 27– 46. 12Ediert von R. Borius (Sources chrétiennes, Bd. 112), Paris 1965. 13MGH, AA VII p. 185– 190. 14Ediert vonP. Régerat (Sources chrétiennes, Bd. 374), Paris 1991. 15PL 65, p. 118– 150. 16Die begrenzte Zahl derhier behandelten Texte erlaubt natürlich auchnurvorsichtige Schlußfolgerungen vonebenfalls begrenzter Aussagekraft. Gleichwohl sind mitden hier zugrundegelegten Viten die wesentlichen Gattungen der spätantiken Heiligenbiographien vertreten, insbesondere diejenigen, die explizit einen Wahrheitsanspruch vertreten (dazu s. gleich unten). Bewußt vernachlässigt werden daher „ rein fiktive Viten“ (Hofmann, Geschichtsschreibung [wie Anm. 1] 455), wiezumBeispiel „ die sich in den ‚Actus Silvestri‘dokumentierende Silvester-Legende, ein seit der Mitte des 4.Jahrhunderts aus mehreren Traditionen zusammengebrauter, ständig erweiterter Heiligenro(Hofmann, ebd.). man“

17Sulpicius Severus versteht seine Martinsbiographie als aufmunterndes und anspornendes exemplum für die Leserschaft (1,6): Unde facturus mihi operae pretium videor, si vitam sanctissimi viri, exemplo aliis moxfuturam, perscripsero, quo utique ad veram sapientiam et caelestem militiam divinamque virtutem legentes incitabuntur. Auchindervita Fulg. (prol. 1) heißt es, dieDarstellung desvorbildhaften Lebens desvir beatus Fulgentius solle zurNachahmung reizen, denn: vita bona continuo creditur imitanda (PL 65 p. 117).

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II

Die Frage derWirklichkeitsbindung ihrer Werke hat bereits die Hagiogra-

phen selbst beschäftigt, denn allen dengenannten Viten gemeinsam ist die

programmatische Selbstverpflichtung ihrer Verfasser, die veritas als oberstes Gebot der Darstellung zu beachten. So beschwört etwa Paulinus, der Biograph des Ambrosius, seine Leser (vita Ambros.2 = PL 14, p.27): Quamobrem obsecro vosomnes, in quorum manibus liber iste versabitur, ut credatis vera esse quae scripsimus. Und Paschasius lobt Eugippius dafür, beati Severini vitam moresque verius, also wahrheitsgetreu, beschrieben zu haben (Paschas.ep.ad Eugipp. 1).18 Auch Sulpicius Severus beansprucht für seine Martinsvita, die wir zunächst näher betrachten wollen, gemäß seinen andasPublikum gerichteten Einleitungsworten historische Zuverlässigkeit: Obsecro autem eos qui lecturi sunt, utfidem dictis adhibeant, neque me quicquam nisi conpertum et probatum scripsisse arbitrentur; alioquin tacere quamfalsa dicere maluissem(vita Mart. 1,9). Die Martinsvita bildet –neben denzwischen ca.375– 390/91 verfaßten Mönchsviten desHieronymus19 –daswichtigste Beispiel lateinischer Hagiographie im 4.Jh. Kompositorisch undstilistisch steht sie, wieunverkennbare Einflüsse Sallusts, Ciceros undauch Suetons belegen,20 in derTradition antiker Literatur, dennoch beginnt sie mit einer expliziten Absage an pagane Motive undÜberlieferungen (1,3): aut quidposteritas emolumenti tulit legendo Hectorem pugnantem aut Socraten philosophantem, cum eos non solum imitari stultitia sit, sed non acerrime inpugnare dementia...?21 Diese undähnliche Äußerungen des Sulpicius Severus22 besitzen freilich nurplakative Bedeutung, umvordergründig christliche ReinBei souveräner Beherrschung des Stils heit unter Beweis zustellen, denn: „ bedient er sich, ohne plump nachzuahmen, der Quellen seiner Bildung: Terenz, Vergil, Horaz, Juvenal, Statius undApuleius werden entweder zi-

18Ebenso Ennod., vita Epifan. 2f. 6 (MGH, AA VII p. 85); vgl. ferner vita Fulg. (prol.) 3 (PL 65 p. 118). 19Es sind dies die „Vita Pauli“ , die „Vita Malchi“unddie „Vita Hilarionis“ , vgl. 83. Hoster, Form (wie Anm. 8) 50– 20J. Schell, De Sulpicio Severo Sallustianae, Livianae, Taciteae elocutionis imitatore, Diss. Münster 1892; Hoster, Form (wie Anm. 8) 91f. 21S. auch Severus’ Einleitungsbrief zur Martinsvita 3: ...quia regnum Dei non in eloquentia, sedinfide constat. Ferner: F. Prinz, Zurgeistigen Kultur desMönchtums im spätantiken Gallien und im Merowingerreich, Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 26, 1963, 34f. 22Vgl. vor allem denan Desiderius gerichteten Dedikationsbrief des Sulpicius Severus zu seiner Martinsvita, in demer auf seinen sermo incultior (1) verweist, aber zu seiner Rechtfertigung anführt (4): regnum Dei non in eloquentia, sed infide constat.

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23Auf der Ebene des sachlichen Gehalts tiert oder ungenannt verwendet.“ spielt Heidnisches in der Martinsvita hingegen nur eine untergeordnete Rolle, obwohl gerade in Gallien im späteren 4.Jh. nachweislich zahlreiche heidnische Kulte und Kultplätze als Kristallisationskerne christlich-paganer Auseinandersetzungen auszumachen sind:24 Von Martins Eltern heißt 16, in denen es, sie seien gentiles gewesen,25 und in den Kapiteln 12– Martin als erfolgreicher Kämpfer gegen das Heidentum undals Zerstörer paganer Kultstätten begegnet, erfährt das Publikum keinerlei Details über die Heiden, ihre Götter, Kulte undTempel. Es ist nämlich nur vage von templa oder fana antiquissima die Rede,26 deren Verehrung durch die multitudo gentilium (14,3) Martin ganz selbstverständlich ein Ende bereitet, und im Kap.17 kuriert Martin denproconsularis vir Taetradius vom gentilitatis error (17,3) –die Heiden, ihre Anschauungen und ihre Kultpraktiken sind näherer Betrachtung nicht wert, sie werden vielmehr zu Statisten auf der Bühne christlichen Heilsgeschehens degradiert.27 Nuran einer einzigen Stelle in der gesamten Vita tauchen überhaupt Namen antiker Gottheiten auf, die als verschiedene Manifestationen desselben Satans begriffen werden (22,1): Frequenter autem diabolus, dum mille nocendi artibus sanctum virum conabatur inludere, visibilem se eiformis diversissimis ingerebat. Naminterdum in Iovis personam, plerumque Mercuri, saepe etiam se Veneris ac Minervae transfiguratum vultibus offerebat; adversus quem semper interritus signo se crucis et orationis auxilio protegebat. Ignoriert Sulpicius Severus die großen historischen Akteure fast vollstän, so ist dig –nurder Usurpator Maximus wird im Kap.20 kurz behandelt – dies in derpaulinischen „VitaAmbrosii“natürlich anders, daderMailänder Bischof Ambrosius bekanntlich eine herausragende Rolle auchinderReichspolitik gespielt hat undsich in nahezu permanentem Kontakt mit Kaisern

23Prinz, Kultur (wie Anm. 21) 35; an einer Stelle ‚verrät‘ Sulpicius Severus besonders deutlich seine diesbezüglichen Kenntnisse (vita Mart. 26,3): Verefatebor, non si ipse, ut aiunt, ab inferis Homerus emergeret, posset exponere. 24Vgl. M.-B. Bruguière, Littérature et droit dans la Gaule duVe siècle, Paris 1974, 252ff. (mit einschlägigen Stellenhinweisen). 25vita Mart. 2,1. Seine Mutter konnte Martin später für dasChristentum gewinnen, seinen Vater hingegen nicht (6,3): matrem gentilitatis absolvit errore, patre in malis perseverante. S.ferner 13,1 (gentilium turba). Auch in derMartinsvita sind innerchristliche Sekten undHäresien –vorallem natürlich die haeresis Arriana, welche per totum urbem hervorsproß (6,4) –viel bedeutsamer als Heiden (vgl. auch vita Mart. 6,4ff. 11). 26Immerhin geht ausderbeiläufigen Nennung eines antistes loci illius (vita Mart. 13,1) hervor, daßauch der heidnische Kultbetrieb mancherorts durchaus noch funktionierte.

27Vgl. F. Graus, Volk, Herrscher undHeiliger im Reich der Merowinger. Studien zur Hagiographie derMerowingerzeit, Prag 1965, 157ff. 185ff.

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undhohen Funktionären befand. Gleichwohl nimmt Paulinus ein für Ambrosius nachweislich hochbrisantes Thema, die vonRita Lizzi vorwenigen Jahren gründlich erforschte Nachblüte desHeidentums imnördlichen Italien des späten 4.Jhs., nicht zur Kenntnis.28 Lizzi wertet die Korrespondenz undTraktate norditalischer Bischöfe aus, die sämtlich in engster Verbindung mit Ambrosius standen undzumTeil ihre Bischofsstühle direkt der Intervention desMailänder Kirchenfürsten zuverdanken hatten. Es handelt sich vor allem umVigilius, Bischof vonTridentum, Chromatius vonAquileia, Gaudentius von Brescia sowie Zeno von Verona und Maximus von Turin. Aus deren Werken, aber auch aus den an diese gerichteten Briefen des Ambrosius lassen sich unzweideutige Hinweise auf die Kontinuität paganer Kulte gewinnen.29 Besonders detaillierte undaufschlußreiche Informationen erhalten wirüber gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Christen undHeiden im nördlich vonVerona gelegenen Valdi Non, die im Frühjahr 397 stattfanden.30 Ambrosius war, wovon seine Briefe deutliches Zeugnis ablegen,31 in diesen Fragen stark engagiert, doch sein Biograph Paulinus, dem diese Dinge nicht verborgen geblieben sein können, teilt dazu nichts mit. Selbst den auch von seiten des Ambrosius mit höchstem rhetorischen Aufwand geführten, berühmten Streit umdenVictoria-Altar reduziert Paulinus auf einen eher beiläufig mitgeteilten undals geradezu selbstverständlich dargestellten Triumph des Kirchenmannes: Sed egresso Theodosio de Italia et Constantinopoli constituto, Valentiniano Augusto intra Gallias posito, directa legatio est sub nomine senatus a Symmacho tunc praefecto Urbis de repetenda ara Victoriae et sumptibus caeremoniarum. Sed ubi comperit Sacerdos, misso libello ad imperatorem, postulavit ut ad se relationis exemplaria dirigerentur, quibus ipse pro partibus suis responsururs esset. Qua relatione accepta, praeclarissimum libellum conscripsit, ut contra nihil umquam auderet Symmachus vir eloquentissimus respondere.32 Während Ambrosius selbst noch die hohen stilistischen Qualitäten der

vonSymmachus verfaßten Eingabe anerkannte undspäter sogar zugab, daß seinerzeit selbst christliche Mitglieder des kaiserlichen Konsistoriums für die von Symmachus gewünschten Konzessionen gegenüber dem Heidentumplädiert hätten,33 unterschlägt Paulinus, demdie entsprechenden Äuße28R. Lizzi, Ambrose’s Contemporaries andthe Christianization of Northern Italy, JRS 80, 1990, 156– 173. 29Lizzi, Ambrose’s Contemporaries (wie Anm. 28) 167f. 30Lizzi, Ambrose’s Contemporaries (wie Anm. 28) 169f. 31Lizzi, Ambrose’s Contemporaries (wie Anm. 28) 159. 32vita Ambros. 26 (PL 14 p. 36). 33Ambros. ob.Val. 19; vgl. S. Rebenich, Augustinus im Streit zwischen Symmachus undAmbrosius umdenAltar derVictoria, Laverna 2, 1991, 54.

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rungen seines Helden zweifellos bekannt waren, diese Gesichtspunkte vollständig.34 Nicht anders verfährt imübrigen auchAugustinus bei derimRückblick entstandenen Schilderung seines Mailand-Aufenthaltes in den„ Confessiones“(5,13): Er „verschweigt die politischen Implikationen seiner Mailänder Mission“(die exakt ins Jahr 384 fällt)35 undgeht mit keinem Wort auf den Streit um die paganen Kulte ein, obwohl er auf Empfehlung des Symmachus nach Mailand kamundzweifellos über dievondiesem initiierte Kontroverse im Bilde war.36 Da es Augustinus in seinen „Confessiones“ primär umdieNachzeichnung seines Weges zumkatholischen Christentum ging, ignoriert er die (religions-)politischen Aspekte seines Mailand-Aufenthaltes.37 Doch zurück zu Paulinus, der (wie Sulpicius Severus) vorgibt, sein Werk inculto sermone zu schreiben undauf jegliche pompae verborum zu verzichten38: Eine Durchsicht der gesamten „ Vita Ambrosii“ergibt ein Resultat, welches diebisherigen Beobachtungen zurDarstellung desPaulinus voll und ganz unterstreicht: In der von ihm gezeichneten Welt des späteren 4. Jhs. kommt das Heidentum fast gar nicht mehr vor, nurwenige beiläufige Notizen nennen auchdiepagani: Anläßlich desBegräbnisses des Ambrosius erwähnt Paulinus die exsequiarum turba innumerabilis totius dignitatis, totiusque sexus, omniumque pene aetatum non solum christianorum, sed etiam Iudaeorum et paganorum.39 Ferner ist einmal von einem haruspex Innocentius die Rede, der durch seine confessio von seinen daemones befreit wird,40 im übrigen aber erscheinen nicht etwa die Heiden,

34Realiter war freilich im Jahr 384, wie Rebenich, Augustinus (wie Anm. 33) zu Recht feststellt, ein für Symmachus ungünstiger Ausgang der Angelegenheit eigentlich keineswegs abzusehen.“Dennmitdemheidnischen Prätorianerpräfekten (Italiae) Prae„ textatus unddenzwei heidnischen Konsuln desJahres 384 bekleideten neben demheidnischen Stadtpräfekten Symmachus durchweg Anhänger der traditionellen Kulte die wichtigsten Posten in derwestlichen Reichshälfte, s. Rebenich, Augustinus (wie Anm. 33) 55ff. 35 Rebenich, Augustinus (wie Anm. 33) 74. Diese Implikationen werden von

Rebenich (57ff.) einleuchtend herausgearbeitet. 36Rebenich, Augustinus (wie Anm. 33) 62: „ Daßer [sc. Augustinus] umdie religionspolitische Mission des Symmachus gewußt haben muß, ergibt sich zwingend aus seinen Kontakten zuder politisch-administrativen Elite in RomundMailand.“ 37Rebenich, Augustinus (wie Anm.33) 65. Insofern sehe ich–gegen Rebenich (75) –in Confess. 5,13,23 auch nicht einmal eine versteckte Anspielung auf die heidnischchristliche Kontroverse desJahres 384. 38vita Ambros. 1 (PL 14, p. 27). 39 vita Ambros. 49 (PL14 p. 44). Freilich unterläßt es Paulinus nicht, in einem Nachsatz darauf hinzuweisen, daßdie Ungetauften natürlich nureine Randerscheinung bildeten: maiore tamen gratia ordo praecedebat eorum, quifuerant baptizati (ebd.). 40vita Ambros. 20 (PL 14 p. 33f.).

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sondern die Vertreter derimmer wieder genannten perfidia Arianorum41 als die eigentliche Gegenkraft zudemvonAmbrosius vertretenen orthodoxen (d.h. nicänischen) Christentum, als dessen engagierter undglaubensfester Vertreter auch Theodosius I. gepriesen wird.42

Wie die „Vita Martini“unddie ca. 25 Jahre später verfaßte „Vita Ambrosii“ , so zeigt auch dieum480 entstandene Lebensbeschreibung desGermanusvonAuxerre ausderFeder desKlerikers Constantius vonLyondieselbe Divergenz zwischen Stil und Sprache einerseits und Gehalt andererseits. Zwar bezichtigt auch Constantius sich unter Anwendung des Unfähigkeitstopos mangelnden Sprach- undAusdrucksvermögens, wenn er in demder Vita Germani“vorgeschalteten Brief an Censurius von der verborum „ meorum abiectio spricht,43 doch scheint er in literarischen Kreisen hohes Ansehen aufgrund seiner rhetorischen undstilistischen Fertigkeiten genossenzuhaben,44 möglicherweise ist er sogar Lehrer desSidonius Apollinaris gewesen, der ihn zudeneminentes poetae rechnete.45 Einzelne Partien der , die erkennbar Anleihen bei klassischen Autoren (Vergil) Vita Germani“ „ und kaiserzeitlichen Epistolographen (Plinius d.J.) machen,46 unterstreichen die entsprechenden Qualitäten des Constantius. Dieser erscheint in den wenigen erhaltenen Äußerungen Dritter undin seiner Biographie des Germanus insgesamt als „ un homme cultivé, connaissant assez bien certains grands auteurs de la littérature paienne, pratiquant avec maîtrise l’art

47Obwohl nunConstantius durchaus dela rhétorique, et poète à sesheures.“ auf den profanhistorischen Kontext des 5.Jhs. eingeht undseinen Helden beispielsweise auch im Umgang mit dem Prätorianerpräfekten in Arles sowie mitdemKaiserhaus inRavenna zeigt, geht er ankeiner Stelle aufdas

41vita Ambros. 9 (PL 14 p. 30). 11 (p. 30). 13 (p. 31) 17 (p. 32f.). 34 (p. 39) u.ö. 42vita Ambros. 31 (PL 14, p. 37): SedDominus quiEcclesiam suamtueri consuevit, de coelo jaculatus est iudicium, atque omnem victoriam ad religiosum imperatorem transtulit Theodosium. 43 Const. ep.ad Censur. (MGH Script.Merov. VII p. 249). Vita Germ.46 (ebd. p. 283) heißt es: Ego duplicem veniam a te, lector, exposco, primum quod soloecismis et abiectione verborum aures tuas vulnero, deinde quod prolixior pagina videtur parare fastidium. Und in dem ebenfalls der Vita vorangestellten Brief an Patiens erinnert Constantius daran, wie oft er aufgefordert worden sei, vitam sancti Germani episcopi obumbratam silentio qualicumque stilo den Zeitgenossen undder Nachwelt zu überlie-

fern (p. 248).

44Borius, Vie de Saint Germain (wie Anm. 12) 13ff. 45 Sidon.Apoll. ep. 2,10; s.auch W. Gessel, Germanus von Auxerre (um 378 bis 448). Die Vita des Konstantius vonLyon als homiletische Paränese in hagiographischer Form, RQ 65, 1970, 3 46Borius, Vie de Saint Germain (wie Anm. 12) 23f. 47Borius, Vie de Saint Germain (wie Anm. 12) 27.

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im spätantiken Gallien zweifellos noch virulente antike Heidentum ein,48 sondern zeichnet ein religionsgeschichtlich nahezu uniformes Bild, in dem das orthodoxe Christentum fast unangefochten dominiert und sich allein gegen diein Britannien blühende Pelagiana perversitas durchsetzen muß.49 Dervielleicht amstärksten demantiken Bildungserbe verpflichtete (gleichwohl ebenfalls im Sinne des hagiographischen Unfähigkeitstopos die eloquentia als ieiuna abqualifizierende)50 Verfasser einer lateinischen Heiligenvita ist Ennodius. Zusammen mit Boethius undCassiodor prägte er das geistige Leben des ostgotischen Italien: „ Ennodius war der Rhetor und Sophist des Zeitalters; er wirkte durch jenen formalen Wortkult, der schier 51In seinen Briefen, Gedichten, seinem alles zu vermitteln imstande war.“ Panegyricus auf Theoderich undauch in seiner um506 verfaßten Vita des Antonius erweist sich der513 zumBischof vonPavia avancierte Ennodius als stilistisch versierter, phrasenreicher, „ mitdersenatorischen Aristokratie 52dersich zudemDiktum verstieg: Qui stark verbundener vir clarissimus,“ nostris servit studiis, mox imperat orbi.53 In seiner wohl dem Jahr 507 entstammenden Lobschrift auf Theoderich läßt er zweimal die personifiLibellus apologeticus pro synodo“ zierte Roma auftreten,54 undin seinem „ (vom Jahre 503) hält die Roma gar eine Rede an die christlichen Synodapolemisiert Ennodius... gegen denalbernen Wunderglauben len.55 Explizit „ derjenigen Autoren, die einerseits der Feinheit der Redekunst abgeschworenhätten, andererseits auch noch durch unglaubwürdige Übertreibung die guten Taten ihrer Helden beeinträchtigten.“56In seiner kurzen Biographie des Antonius von Lérin verzichtet Ennodius denn immerhin auf derartige miracula, gleichwohl bemüht auch er sich keineswegs umeine möglichst glaubwürdige Darstellung der Wirklichkeit.57 So findet das Heidentum klassisch-antiker Couleur keine Berücksichtigung –nur das barbarische 48ZumWeiterleben des Heidentums im spätantiken Gallien s.nur die Hinweise bei Jones, Later Roman Empire (wie Anm. 9) 940 undferner die Hinweise o. Anm. 9. 49vita Germ. 12. 25; vgl. dazu Borius, Vie de Saint Germain (wie Anm. 12) 79– 91. 50vita Ant. 4 (MGH, AA VII p. 186). 51M. Fuhrmann, Romin der Spätantike. Porträt einer Epoche, Zürich 1994, 333. 52B. Näf, Das Zeitbewußtsein des Ennodius undder Untergang Roms, Historia 39, 1990, 105. 53MGH, AA VII p. 314,22. 54Ennod. paneg. Theod. (MGH, AA VII p. 209,6–10. p.210,7f.). 55Ebd. p. 66,16– 67, vgl. Näf, Zeitbewußtsein (wie Anm. 52) 114f.; ferner S.A.H. 242. Kennell, Ennodius andthe Pagan Gods, Athenaeum 80, 1992, 236– 56 Lotter, Methodisches (wie Anm. 3) 310f.; vgl. dens., Severinus (wie Anm. 3) als entschiedener Gegner derhagiographischen Mirakelviten sozusa224: Ennodius ist „ gender literarische Antipode desEugippius.“ 57MGH, AA VII p.185– 190.

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Heidentum germanischer Stämme wird in starken Worten gegeißelt: iam Franci Heruli Saxones multiplices crudelitatum species beluarum more peragebant; quae nationum diversitas superstitiosis mancipata culturis deos suos humana credebant caede mulceri nec umquam propitia se habere numina, nisi cum ea aequalium cruore placassent.58 Erneut wird deutlich, daß in den hier behandelten hagiographischen Viten die griechisch-römische Götterwelt nahezu vollständig tabuisiert wird, unddies gilt in ähnlicher Weise fürdiebeiden abschließend anzusprechenden Viten desheiligen Severin unddes Fulgentius vonRuspe. Das „Commemoratorium vitae sancti Severini“liefert eine Fülle meist nur beiläufig vermerkter, im einzelnen oft schwierig zu deutender historischer Informationen, da nicht eine Darstellung geschichtlicher Vorgänge vermittelt, sondern das segensreiche Wirken des heiligen Severin geschildert und als Ansporn zur Nachahmung propagiert werden soll.59 Wieder einmal finden sich –im Begleitschreiben des Eugippius –die (geradezu topische) Abwertung der saecularis litteratura undder vermeintliche Verzicht auf den grammatici culminis decor.60 Gleichwohl beherrscht auch

Eugippius das gesamte klassische Arsenal literarisch-stilistischer Kunstgriffe:61 Stilmittel werden gezielt eingesetzt, undvor allem zeigt eine exakte Textanalyse, daßProsarhythmus undKlauselregeln auf dassorgfältigste beachtet werden: „Dans toute la ‚vita‘ n’est pas qu’une seule fin de 62Ferner lassen sich phrase qui échappe aux règles strictes du ‚cursus‘.“ Vita zumindest sporadische Einflüsse derantiken paganen Literatur in der„ Severini“nachweisen. So erinnern Severins Prophezeiungen derkünftigen Herrschaft Odoakers (vita Sev. 7. 32) anähnliche Elemente derheidnischen Historia Biographie undHistoriographie, z.B. andie omina imperii in der „ .63Dennoch findet auch in der von Eugippius geschilderten Welt Augusta“ Severins, derlaufend mitAlltagsproblemen imspätantiken Noricum befaßt ist, Heidnisches keine Berücksichtigung.64 Einzig bei der Schilderung des

58vita Ant. 13 (= ebd. p. 187,2ff.); vgl. zurStelle F. Lotter, Antonius vonLérins und der Untergang Ufernorikums, HZ212, 1971, 293. 59Lotter, Methodisches (wie Anm. 3) 307. 314.

60Eugipp. ep adPaschas. 2. 4. 61E.M. Ruprechtsberger, Betrachtungen zu Stil undSprache des Eugippius, Römi299; Lotter, Severinus (wie Anm. 3) 41; Régerat, Eugipsches Österreich 4, 1976, 227– 39. pe (wie Anm. 14) 31– 62Régerat, Eugippe (wie Anm. 14) 37. 63Lotter, Severinus (wie Anm. 3) 137; Bratoz, Der „heilige Mann“(wie Anm. 5) 245; zur Historia Augusta: J. Straub, Heidnische Geschichtsapologetik in der christlichen Spätantike. Untersuchungen über Zeit undTendenz der Historia Augusta, Bonn 182; A. Lippold, Kommentar zur Vita Maximini Duo der Historia Augusta, 1963, 125– Bonn 1991, 634ff.

64Lotter, Severinus (wie Anm. 3) 3.

136

Hartwin Brandt

sogenannten Kerzenwunders vonCucullis (vita Sev. 11,2) vermerkt Eugippius: pars plebis in quodam loco nefandis sacrificiis inhaerebat. Bei diesen vagen Andeutungen läßt es der Autor jedoch bewenden, ansonsten wirkt Severin gewissermaßen im ‚heidenfreien Raum‘. Nunist gewiß zukonstatieren, daß die Christianisierung des Alpenraumes seit dem späten 4.Jh. stark vorangekommen war,65 dennoch ist weiterhin mit paganen Bevölkerungsgruppen (wahrscheinlich vorallem imländlichen RaumNoricums) zu rechnen, was nicht zuletzt auch aus der Anekdote über die Vorgänge in Cucullis hervorgehen dürfte: „ Cet épisode montre à la fois la nécessité et les difficultés dela mission intérieure dans unpays officiellement christianisé mais toujours imprégné de paganisme.“66Selbst innerchristliche Abweichungen spielen in der „ Vita Severini“–anders als etwa in der „Vita Germani“–bestenfalls eine marginale Rolle –nurein einziges Mal taucht , so daßinsderTerminus haeretici auf (4,12: ecclesiae hostes haeretici)67 – gesamt festzustellen ist, daßEugippius eine (in seinem Sinne) nahezu dissensfreie religiöse Wirklichkeit der spätantiken Alpenregionen entworfen

hat.

In schlichterem Latein als alle bislang angesprochenen Viten ist die letzte hier berücksichtigte Biographie abgefaßt, die nach 532 entstandene , die Lebensbeschreibung des Bischofs der nordafrikaniVita Fulgentii“ „ schen Stadt Ruspe.68 Auch deren Verfasser verweist in seinem Prolog auf seine facundia minor,69 in diesem Fall vielleicht mit größerem Recht als andere Hagiographen. Seine Intentionen decken sich freilich mit denjenigen der anderen Autoren: Das vorbildhafte Leben des vir beatus soll zur Nachahmung reizen, denn: vita bona continuo creditur imitanda.70 Fulgentius, so erfahren wir, entstammte der senatorischen Aristokratie Nordafrikas71 underhielt in seiner Jugend eine gediegene klassische Ausbildung, so daß er angeblich die gesamte Dichtung Homers und einen Großteil der 65Régerat, Eugippe (wie Anm. 14) 103– 122. 66Régerat, Eugippe (wie Anm. 14) 106; anders hingegen F. Lotter, Antonius von Lérins undderUntergang Ufernorikums, HZ212, 1971, 272: „Andererseits bezeugt gerade auch das oft als Beleg für das Fortleben heidnischer Kulte in Ufernorikum angeführte Kerzenwunder von Cucullis, daß es sich hier auf keinen Fall ummehr als nur Relikte heidnischer Bräuche innerhalb einer durchgehend christianisierten Bevölkerung handeln kann.“So eindeutig scheint mirdies freilich nicht zusein, denn es ist gewiß ein enormer Anpassungsdruck, derauf denverbliebenen Heiden lastete, zuunterstellen. 67P. Régerat, Der Arianismus in derVita Severini, WS 111, 1998, 243– 251. 68G.G. Lapeyre, Ferrand. Vie de saint Fulgence deRuspe, Paris 1929. Die Verfasserschaft des Ferrandus ist jedoch unsicher, s.Fuhrmann (wie Anm. 51) 297f. 69 vita Fulg. prol.3 (PL 65 p. 118); s.auch vita Fulg. 66 (PL 65 p. 150): ...pro his quae minus forte dicta sunt eloquenter... 70prol.1 = PL 65 p. 117. 71vita Fulg. 4 (PL 65 p. 118f.): nobili secundum carnem genere procreatus.

Gedeutete Realität?

137

Werke Menanders auswendig hersagen konnte.72 Der schon im frühen Erwachsenenalter erfolgende Rückzug aus dem weltlichen Leben –die Absage andie saecularium negotiorum gravis sarcina (vita Fulg. 6 = PL 65 p. 120) –ließ jedoch auch für die Beschäftigung mit antikem Bildungsgut keinen Raum mehr; einzig seine eloquentia solita undseine sapientia erregten weiterhin Bewunderung.73 In seiner weiteren bewegten, kirchlichen undklösterlichen Karriere, die ihn unter anderem auch nach Rom führte, spielen Motive klassischer Bildung, Kultur und Religion keine Rolle, genausowenig wie die nachweislich weiterhin existierenden Anhänger der alten Kulte.74 Denn gerade Forschungen jüngeren Datums haben gezeigt, „ that theAugustinian vision of a wholly Christianized region is an exagge75und noch um 440 unterstellt Salvian (gub. 8,9f.) den Christen ration,“ Africas, sie seien weiterhin Anhänger der Dea Caelestis. Schließlich konstatiert Prokopios (BV 1,8,15ff. 2,8,9ff. Aed. 6,3,10) selbst für dasjustinianische Africa, daßgroße Teile derBevölkerung in Numidien, Tripolitanien undMauretanien weiterhin demHeidentum angehangen hätten.76 Daß der Autor der „ Vita Fulgentii“diesen Facetten der historischen Realität in seiner „ durchweg Vorgänge dernormalen Lebenswirklichkeit schildernde[n] 77keinerlei Aufmerksamkeit schenkt, kann schwerlich ein ZuBiographie“ fall sein undläßt sich auch nicht allein mit der gewiß korrekten Beobachtung erklären, daßeinVerfasser einer Heiligenvita „ dasSchwergewicht auf ganz andere Seinsbereiche verlagert, daß er letztlich nicht die historische 78 Denn Realität, sondern die Idee des Heiligen vergegenwärtigen will.“ diverse Bereiche der profanen historischen Wirklichkeit –Protagonisten wie römische Kaiser, hohe Funktionäre oder germanische Könige, ferner das städtische Leben und das spätrömische Militärwesen (in der „Vita Severini“ ) sowie spätantikes Steuerwesen (z.B.in der „Vita Germani“)79– werden in allen hier berücksichtigten Viten durchaus rezipiert, so daß die offenbar gezielte Ausblendung der griechisch-römischen Götter undKulte 72vita Fulg.4 (PL 65 p. 119). 73vita Fulg. 20 (PL 65 p. 127); s.auch ebd.24 (p. 129): vir singularis scientiae. 74Nicht anders als in denübrigen hier besprochenen Viten gilt auch in der Vita des Fulgentius die „ secta Ariana“(vita Fulg. 17 = PL 65 p. 125) als wichtigster Gegner der katholischen Christen. 75Lizzi, Contemporaries (wie Anm. 28) 161;

s. ferner Chuvin, Last Pagans (wie Anm. 9) 74. 76Vgl. Jones, Later Roman Empire (wie Anm. 9) 942. 77Fuhrmann, Rom(wie Anm. 51) 297; an anderer Stelle (298) attestiert Fuhrmann ein durchweg zuverlässiger Bericht.“ derVita, sie sei „ 78Lotter, Methodisches (wie Anm. 3) 345. 79Vgl. etwa vita Germ. 19 (MGH, Script.Merov. VII p. 265): Tributaria enim functio praeter solitum et necessitates innumerae cives suos, quasi pupillos orbatos parente, depresserant.

138

Hartwin Brandt

sowie von deren Anhängern ein signifikantes Charakteristikum zumindest dervorliegenden Auswahl vonspätantiken lateinischen Heiligenviten dar-

stellt.

III

Die Erhebung des orthodoxen (nicänischen) Christentums unter Theodosius I. veränderte nicht auf einen Schlag diejahrhundertelang gewachsene, religiöse Wirklichkeit der Spätantike: „ The edicts of Theodosius abolished neither sacrifices nor pagans. Each of his successors from Arcadius (395– 565) felt obliged to reenact the ban against sacri408) to Justinian (527– 80Trotz dieser Anordnungen, die an Eindeutigkeit nichts zu wünfices.“ schen übrig ließen, hielten zahlreiche Heiden an ihren traditionellen Anschauungen sowie Opfer- und Kultpraktiken fest.81 Die zuverlässigsten Schätzungen in der neuesten Forschung gehen davon aus, daß noch am Ende des 4.Jhs.n.Chr. weit mehr als die Hälfte der gesamten Reichsbevölkerung demHeidentum anhing.82 Im Laufe des 5. und6.Jhs. verschob sich diese Relation gewiß deutlich zugunsten des Christentums, doch war dies zweifellos ein langwieriger undnurin kleinen Schritten verlaufender Prozeß. Die energischen anti-paganen Bemühungen Justinians förderten ein überraschend hohes Maßheidnischer Gesinnungen sogar in derunmittelbarenUmgebung desKaisers zutage.83 Selbst dieNachfolger Justinians sahen sich noch starken proheidnischen Bestrebungen gegenüber,84 und trotz ihrer energischen anti-paganen Politik „ pagans still venerated the gods as the protectors of the Roman order, andthey defied their imperial persecutors by offering the gods their due sacrifices and libations.“85 Von diesem Teil spätantiker Wirklichkeit, die freilich, wie eingangs betont, in den einzelnen Reichsregionen ein nicht einheitliches Bild aufwies, teilen unsere lateinischen Heiligenviten ausderSpätantike fast nichts mit. Trotz vermeintlicher Orientierung am Maßstab der Glaubwürdigkeit vermitteln die Hagiographen eine in ihrer widerspruchsfreien Stimmigkeit geradezu einförmige Weltsicht, so daß auf sie ein Urteil zutrifft, welches vor kurzem R.M.Price über Theodorets Geschichte der syrischen Mönche 80 Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 7 (mit zahlreichen Belegen aus den spätantiken Codices in Anm. 2). 81Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 7. 82Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 15. P. Brown, Macht undRhetorik in derSpätantike. Die Christenheit , München 1995, 100f.: „ Der Weg zu einem „christlichen Imperium“ des 4. Jahrhunderts blieb nämlich weit davon entfernt, eine ‚Volksbewegung‘ zu sein.“ 83Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 22f. 84Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 26. 85Harl, Sacrifice (wie Anm. 9) 27.

Gedeutete Realität?

139

formuliert hat: „ It is thesameideal of saintliness that is reiterated again and again; and monotony is accentuated by the tone of panegyric with its rigorous refusal to attribute to anyof theholy mendefects or limitations.“ 86 Dievorallem hinsichtlich desinihnen vermittelten Heiligenideals auch durchaus als gleichförmig zubezeichnenden spätantiken Viten weisen hingegen aufdersprachlich-stilistischen Ebene –trotz dertopischen Hinweise der Hagiographen auf ihr vermeintlich geringes schriftstellerisches Talent undauf ihre fehlenden entsprechenden Ambitionen –einen bemerkenswerten Variantenreichtum auf. Die Autoren zeichnen sich in aller Regel durch eine gute literarisch-rhetorische Ausbildung undBelesenheit in derklassischen Literatur aus, so daßwirhier auf eindrucksvolle Beispiele derfür die Spätantike typischen Gleichzeitigkeit von christlicher Gesinnung undaus heidnischen Texten gewonnener Bildung treffen.87 Die seinerzeit vonJulian Apostata in dem Sendschreiben zu seinem berühmten Rhetoren- und Grammatikergesetz (vomJahr 362) formulierte Auffassung, daßeine gründliche Beschäftigung mit den klassischen Werken eine (pro-)heidnische Grundeinstellung undentsprechende Verehrung der alten Götter erfordere undvoraussetze,88 verfehlte die spätantike Wirklichkeit –mankonnte, wie die vielen spätantiken „Kulturchristen,“89derpaganen Götterwelt denRükken kehren, ohne zugleich der paganen Literatur, Wissenschaft undKunst zu entsagen. Dies hat bereits Basilius von Caesarea erkannt, der umdas Jahr 370 in seiner Schrift „ An die Heranwachsenden“seinen christlichen Glaubensgenossen denWegeröffnete, ohne innere Skrupel dieKlassiker zu lesen.90 Basilius gelang dies, indem er die ethischen Aspekte dieser Werke in den Vordergrund stellte undetwa eine Lektüre der homerischen Werke 91gesungen werde. empfahl, da in ihnen der „Hymnus auf die Tugend“ So weit wie Basilius ist manim lateinischen Westen kaum gekommen. Prudentius wäre hier immerhin zu nennen, der den Gedanken äußert, erst der Sieg des Christentums habe eine rein ästhetische Betrachtung der ursprünglich heidnischen Kunstwerke ermöglicht.92 Hingegen bedauert im 86R.M. Price, Theodoret. A History of the Monks of Syria. Introduction to Translation, London 1985, XV. 87Vgl. dazu allgemein auch H.Hagendahl, Latin Fathers andthe Classics. A Study onthe Apologists, Jerome andOther Christian Writers, Göteborg 1958. 88CTh 13,3,5 undIul.ep. 61c Bidez-Cumont; vgl. dazu zuletzt H.Brandt, Geschichte derrömischen Kaiserzeit. VonDiokletian undKonstantin bis zumEnde derkonstan180. 363), Berlin 1998, 174– tinischen Dynastie (284– 89A. Demandt, Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 565 n.Chr., München 1989, 372f. 284– 90Dazu s.jetzt R. Klein, Die Bedeutung vonBasilius’Schrift „ adadolescentes“für die Erhaltung der heidnisch-griechischen Literatur, RQ 92, 1997, 162–176. 91Klein, Bedeutung (wie Anm. 90) 171. 92Prudent. Contra Symm. 1,502– 505.

140

Hartwin Brandt

späten Rückblick auf sein Leben der alte Augustinus, einst in der Jugend soviel Zeit mit derLektüre antiker Autoren vergeudet zuhaben.93 VonAugustins Position läßt sich leicht eine Brücke schlagen zuunseren spätantiken lateinischen Heiligenviten. Stil undWortwahl, Eloquenz und intellektuelles Niveau sowohl der Hagiographen als auch der Helden ihrer Werke zeugen von früh erworbenen, traditionellen Bildungsgütern, doch antike Autoren werden kaumeinmal erwähnt, unddies gilt erst recht fürdie griechisch-römischen Götter undderen Anhängerschaft.94 Die Hagiographen richteten sich an ein christliches Publikum,95 sie wollten christliche Vorbilder zeigen undeine christliche Welt- undLebenssicht vermitteln. In dieser ‚christianisierten Welt‘hatten dieHeiden herkömmlicher Provenienz keinen Platz mehr, nicht einmal als Gegner.

93Aug. retractat. 1,3,4. 94Hier sei nur summarisch darauf verwiesen, daßP. Brown insgesamt einen ähnlichen Befund für die Divergenz zwischen heidnischer Realität im griechischen Osten des5. Jhs. unddemfehlenden literarischen Echo erarbeitet undplastisch als „Ideologie des Schweigens“bezeichnet hat: „Tatsächlich blieb derPolytheismus auf allen Ebenen Die Anhändesoströmischen Gesellschaftslebens immer noch weit verbreitet“–aber: „ ger des Polytheismus selbst wurden in offiziellen Kreisen kaum erwähnt; als Folge davon gewähren unsdieQuellen nurflüchtige Einblicke indasLeben derAnhänger des Heidentums“(Brown, Macht und Rhetorik [wie Anm. 82] 166). Ähnlich formuliert Die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit des Polytheismus Brown auf S. 167: „ warein integraler, wenn auch offiziell tabuisierter Bestandteil derVielfalt undLebenskraft deröstlichen Provinzen in derSpätantike.“Obauch fürdie griechische Hagiogra6.Jhs. gilt, was im vorliegenden Beitrag für die lateinische Hagiographie des 4.– phie dieser Zeit konstatiert werden konnte –die weitgehende Ausblendung desHeiden, wäre imeinzelnen zuuntersuchen. tums – 95 Deutlich erhellt dies etwa aus vita Mart.27,6: Illud facile confido, omnibus sanctis opusculum istud gratum fore. De cetero, si qui haec infideliter legerit, ipse peccabit.

HARTWIN BRANDT

EPILOG Als wesentliches Charakteristikum desintentionalen Umganges mitvorgefundener underlebter spätrömischer Wirklichkeit hat sich die subjektive Freiheit erwiesen, mit welcher Historiographen, Priester und Rhetoren, Akteure (wie die Kaiser) undLeidtragende (stadtrömische Senatoren), Biographen undDichter, Heiden undChristen reale Begebenheiten rezipierten, stilisierten undtradierten. Individuelle Erkenntnisinteressen undWirkungsabsichten, der soziale undpolitische Standort, sittlich-moralische Normen undliterarische Topoi, heidnische undchristliche Grundhaltungen sowie apologetische und polemische Absichten beeinflußten in unverkennbarer Weise die Deutungen undDarstellungen dergenannten Autoren. Im Dienste ihrer unterschiedlichen Intentionen bedienten sich diese Interpreten vielfältiger Fiktionalisierungstechniken undliterarischer Kunstgriffe: MitHilfe realistischer, plausibel anmutender Versatzstücke konstituierte undkonstruierte Herodian für sein Publikum neue Wirklichkeiten und inspirierte mit seiner Methode sogar noch Literaten im 16. Jh.; in denheidnisch-senatorischen Kreisen Roms des 4. Jh. erlebte undverarbeitete man die Zeitgeschichte im Spiegel frühkaiserzeitlicher Bürgerkriegsdichtung; im spätantiken Antiochia entwarf Johannes Chrysostomos ein geradezu christlich geschlossenes Bild der Stadt undihrer Konflikte des Jahres 387, während derHeide Libanios einprofanes Gegenbild zeichnete, in welchem Konfession undKult keine Rolle spielen. Undin denspätantiken Heiligenviten schließlich geriet die säkulare Welt zur Bühne für die Präsentation vonchristlicher Heilsgeschichte undchristlichen Wundererzählungen. Ein hervorstechendes Mittel im Rahmen derartiger Wirklichkeitsdeutungen undWirklichkeitsstilisierungen bildet dieAusblendung unwillkommener Elemente derWirklichkeit. Peter Brown hat dieses Phänomen treffend als „Ideologie des Schweigens“bezeichnet und vor allem in der der Polytheisoströmischen Literatur des 5. Jh. nachgewiesen:1 Obwohl „ Gesellschaftslebens immer noch mus auf allen Ebenen des oströmischen 2 wurde er in den vorwiegend christlichen Quellen weitverbreitet blieb,“ 1P. Brown: Macht undRhetorik , München 1995, 166ff. Imperium“ 2 Ebd. 166.

in derSpätantike. DerWegzueinem „christlichen

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Hartwin Brandt

keinen Platz in der christlichen Darstelweitgehend tabuisiert –er hatte „ lung des oströmischen Reiches. Eine Ideologie des Schweigens schützte denoffiziellen Triumph derKirche. Sie verdeckte diebeunruhigende Komplexität desAlltagslebens in einem Imperium vongroßer religiöser Vielge3 Aus einer dem Jahr 432 entstammenden Verlautbarung des staltigkeit...“ christlichen Kaisers Theodosius II. geht geradezu unmißverständlich hervor, daß die Wirklichkeit zu einer Frage der subjektiven Wahrnehmung erklärt wird:4 Der Herrscher äußert seine Überzeugung, daß es gar keine Heiden im römischen Reich mehr gäbe –die gezielte Nichtwahrnehmung führt zurBehauptung vonderNichtexistenz desAbgelehnten. Gerade in Zeiten derKrise unddesUmbruches bemühten sich Gelehrte undgebildete Zeitgenossen, mittels einer derartigen ‚Ideologie desSchweigens‘ oder durch die Konstruktion eigener Wirklichkeiten Orientierung, von einer Selbstvergewisserung und Zukunftsfähigkeit zu gewinnen –„ 5 anderen Welt wollten sie nichts wissen.“

3 Ebd. 172. 4 CTh 16,19,22. 5 Brown (wie Anm. 1) 186f.

INDICES 1. NAMEN

75 Anm. 114 Africa: 127; 137 Agathias: 95 Alamannen: 51 Anm. 15; 93 Aliepius: 69 Anm. 89 Alpen: 34 Anm. 99; 82 Anm. 140; 90 Anm. 172 Ambrosius vonMailand: 113 Anm. 43; 129ff. Ammian: 51 Anm. 15; 52; 79; 91; 95 Anm. 185; 97 Antiochener: 104, 107ff.; 122 Antiochia: 10; 59; 89 Anm. 171; 103f.; 109ff.; 141 Antoninus Pius: 36 Anm. 109 Antonius von Lérin: 134 Adrana:

Apuleius: 129 Aquileia: 66 Anm. 79 Aradius Rufinus: 91 Anm.174 L. Aradius Valerius Proculus Populonius:

74 Anm. 111

Arcadius: 138 Arianer: 109; 133 Arles: 133 Athanasius: 78 Anm. 123 Atrans: 75 Augustinus: 9f.; 18; 32; 50; 132; 140 Aurelian: 54 Aurelius Celsinus: 74 Anm. 111 Aurelius Victor: 47; 53 Anm. 23; 92; 94 Autun: 48 Ávila: 39

Babylon: 72 Basileios von Caesarea: 106 Anm. 8; 139 Berecyntia: 39 Anm 120; 45f. Boethius: 134 Britannien: 26; 52 Anm. 17; 84 Anm. 149 Byzantion: 32f.

Attius Caecilius Maximianus:

15

51 Anm.

Caesar: 53; 71; 84ff. Caesarea: 96f.; 106 Anm. 8 Caesarius: 104f.; 110; 113; 116; 118; 122

Anm. 90

Caracalla: 22; 36 Anm. 109 Cassiodor: 134 Cassius Dio: 20f.; 24ff.; 32ff.; 36; 41f. Cato: 85 Anm. 153; 100 Clodius Celsinus Adelphius: 69f.; 74

Anm. 111

Celsus: 104; 110 Anm. 24; 122 Censurius: 133 Chamaven: 50 Anm. 12 Chromatius vonAquileia: 131 Chrysopolis: 80 Anm. 135 Cibalae: 48; 63; 80 Anm. 135; 87 Cicero: 35; 129 Claudian: 75 Claudius Gothicus: 56f. Commodus: 20f.; 25f.; 29; 35ff.; 38;

43ff.

Constans: 48; 55f. Constantina: 57; 60f.; 89 Anm. 172; 90

Anm. 172

Constantius (II): 47f.; 52ff. passim Constantius Chlorus: 63 Anm. 71 Constantius vonLyon: 133 Crassus: 72 Cucullis: 136 Cyrill vonJerusalem: 63

Decentius: 82 Anm. 140; 89f.; 98; 100 Desiderius: 98ff. Didius Iulianus: 21f.; 36 Anm. 109 Dio Chrysostomos: 117; 119 Anm. 76 Diokletian: 84; 93; 96; 117 Anm. 64 Domitian: 28

144

Indices

Drau: 48; 50 Anm. 10; 66; 80; 85 Dyrrachion: 85 Anm. 153

Elagabal: 22; 36 Anm. 109 Emona: 66 Anm. 79 Ennodius: 128; 134 Erichtho: 78 Eugippius: 125; 128f.; 134ff. Eumolp: 71 Anm. 95 Eunap: 76; 86f.; 90f.; 96f.; 100 Anm. 197 Eusebius vonCaesarea: 62; 64; 97 Eustathianer: 110 Eutrop: 55; 92ff. Eutropia: 56 Fabius Titianus: 74 Anm. 111; 81; 87 Flavian: 104f.; 109ff.; 118; 121ff. Flavius Philippus: 56 Franken: 53 Anm. 21; 135 Frankreich: 38; 44 Frigidus: 48 Anm. 3 Fulgentius: 128 Anm. 17; 135; 137 Anm.

74 Galerius: 94 Anm. 185 Gallien: 49f.; 52f.; 55; 58 Anm. 51; 76; 82 Anm. 140; 90; 100 Anm. 195;

127f.; 130f.; 134 Gallus: 60; 89f.; 99 Gaudentius vonBrescia: 131

Germanus von Auxerre: 128; 133

Geta: 22; 34 Anm. 99 Golgatha: 60; 62 Anm. 68

Gordian III.: 19 Gwatkin (Anonymus): 61f.;

65 Anm. 75

Hadrian: 36 Anm. 109; 98 Anm. 190 Hannibal: 44; 73 Hector: 129

Hellebich: 104; 113; 116ff.; 122 Anm. 90 Herodian: 9; 11; 13ff. passim Heruler: 135 Hieronymus: 129 Hilarius vonPoitiers: 67; 123 Anm. 92 Hiob: 111 Anm. 33 Homer: 50 Anm. 10; 76; 130 Anm. 23;

136 Horaz: 129

Iberer: 52 Anm. 20 Illyricum: 43; 48f.; 61f.; 73 Anm. 108; 75; 82 Anm. 142 Innocentius: 132 Italien: 26; 38ff.; 43f.; 49; 58 Anm. 51;

73; 81f.; 95; 127f.; 131; 134

lunius Quartus Palladius:

81 Anm.139

Jerusalem: 60ff Johannes Chrysostomos: 10f.; 105ff. pas-

sim; 141 Julian: 49ff.; 63ff.; 79; 90; 92; 94f.; 118 Anm. 69; 138 Justinian: 138 Juvenal: 129 Kapitol: 51 Anm. 15 Kelten: 52 Anm. 20 Konstantin (der Große): 51f.; 54ff.; 61;

63f.; 68; 74 Anm. 111; 80 Anm. 135; 84; 90 Anm. 173; 93; 95 Anm. 185; 112; 118 Konstantinopel: 63; 104f.; 110; 116; 131 Kybele: 25; 39 Anm. 120 Kyrill: 60f.

Laodikeia: 104 Latinus: 75 Libanios: 11; 56 Anm. 44; 105f.; 113ff.;

141

Licinius: 52; 54 Anm. 26; 63f.; 78 Anm. 123; 80 Anm. 135; 84; 96 Lombardei: 38; 44 Lucifer vonCagliari: 68 Anm. 88 Lugdunum: 98f. Lukan: 71ff.; 84f.; Lukian: 14; 28

91

Ma-Bellona: 26 Macrinus: 36 Anm. 109 Magnentius: 47f.; 50ff. passim Mailand: 89 Anm. 171; 132 Makedonios: 113 Anm. 43; 122f. Marc Aurel: 13; 15 Anm. 12; 19ff.;

34f.

Marcellinus: 48; 56 Marius Maximus: 28 Maternus: 25f.; 38; 40; 43ff.

26;

145

Indices

Mauretanien: 100 Anm. 197; 137 Maxentius: 50; 59; 63 Anm. 71; 68; 78

Anm. 123

Maximian: 57 Anm. 44 Maximinus Thrax: 23 Maximus: 130 Maximus vonTurin: 131 Menander: 137 Menander (Rhetor): 31 Menelaos: 75; 81 Anm. 137; 100 Merkur: 130 Milvische Brücke: 48 Anm. 3; 59; 63f.;

96f.

Minerva: 130 Mons Seleuci: 50 Anm. 13 Moses: 111 Anm. 30 Mursa: 47ff.; 56ff. passim Nazarius: 50 Nepotianus: 56; 73 Anm. 108; 89 Anm.

171

Nerva: 36 Anm. 109 Nicomachus Flavianus:

91; 95 Anm. 186;

97f. Nikaia: 32f.; 90 Anm. 173

Nikomedia: 32 Nisibis: 65 Anm. 75; 78 Anm. 122 Nordafrika: 128 Anm. 9 Numidien: 137 Nummius Albinus: 91 Anm. 174

Octavian: 53 Odoaker: 135 Ölberg: 60; 62 Anm. 68 Olibrius: 69 Anm. 89 Orient: 89 Anm. 171; 95 Anm. 185; 104 Orosius: 47; 92 Pannonien: 48; 50; 62; 75 Paschasius: 125; 129 Patiens: 133 Anm. 43 Paulinianer: 110 Paulinus: 128f.; 131f. Pavia: 134 Perennis: 26; 40 Anm. 121; 43 Perinthus: 32 Perser: 116 Anm. 55 Pertinax: 21; 36 Anm. 109

Pescennius Niger: 24; 32f.; 51 Anm. 13 Petros Patrikios: 55f.; 77; 80 Pharsalos: 84f.; 95 Philipp II. von Makedonien: 117f. Philippus: 57; 75; 79; 81f.; 85ff. Philippus Arabs: 27; 94 Anm. 185 Philostorg: 62; 64; 78 Anm. 122; 90f.;

100 Anm. 197

Photios: 62 Anm. 68; 96 Plato: 14 Plinius d. J.: 133 Plutarch: 36 Poetovio: 75 Anm. 114 A. Politianus: 15; 41 Pompeius: 71; 84ff. Pontius: 127 Praetextatus: 81 Anm. 139; 132 Anm. 34 Praxagoras: 96 Proba: 69ff.; 86; 91; 97 Prokopios: 137 Prudentius: 139 Pyrrho: 14 Pyrrhus: 73 Ravenna: 133 Rhein: 25 Rhua, Pedro de: 13f.

Rom: 25ff.; 30; 34 Anm. 99; 38ff.; 44f.; 51; 55; 57 Anm. 44; 66; 72; 85 Anm. 153; 89 Anm. 171; 95 Anm. 186; 132 Anm. 36; 137; 141 Roma (Göttin): 134 Romulus: 75; 100 Ruspe: 136 Sachsen: 53 Anm. 21; 135 Sallust: 129 Sarmaten: 51 Anm. 15 Schapur II.: 65 Anm. 75; 89 Septimius Severus: 22; 24; 28f.; 32; 36 Anm. 109; 50 Anm.13 Servatius vonTongern: 79 Anm. 131 Severin: 125f.; 129; 135f. Severus Alexander: 22f.; 34 Anm. 99; 36 Sextus Pompeius: 78 Sidonius Apollinaris: 133 Silvanus: 77; 94 Silvester: 128 Anm. 16

146

Indices

48; 51 Anm. 15; 59 Anm. 51; 68; 75 Anm. 114 Siscia: 48; 75 Anm. 114; 86 Sizilien: 74 Anm. 111 Skamandros: 50 Anm. 10 Socrates (Philosoph): 129 Sokrates (Kirchenhistoriker): 57ff.; 67f.; 105 Anm. 6 Solon: 14 Anm. 9 Sozomenos: 51 Anm. 15; 58; 65; 119 Anm. 76 Spanien: 34f.; 38; 44; 48 Sirmium:

Statius: 129 Straßburg: 51 Anm.15; 94 Sueton: 36; 129 Sulpicius Severus: 65ff.; 97; 128; 130;

132 Symmachus: 131f. Symmachus d. Ä.: 74 Anm. 111 Syrien: 24; 103; 122

Tacitus: 29 Anm. 78 Taetradius: 130 Tarraco: 38 Tarrutenius Marcianus: 81 Anm. 139 Tarrutenius Maximilianus: 81 Anm. 139 Terenz: 129 Tetricus: 54 Thalassius: 75; 82 Anm. 142 Themistios: 51 Anm. 15; 55f.; 63 Theoderich: 134 Theodoret: 64f.; 97; 113 Anm. 43; 119 Anm. 76; 123 Anm. 90; 138 Theodosius I.: 103; 110; 112f.; 117f.;

Theodosius II.: 142 Theophanes: 61f.; 65 Anm. 75; 78 Anm.

122

Thukydides: 69

Tiber: 50 Tongern: 79 Anm. 131 Trajan: 36 Tridentum: 131 Tripolitanien: 137 Turin: 50

Ursacius: 67

Valens: 66f.; 95 Anm. 186; 97 Valens vonMursa: 65; 67 Valentinian II: 131 Valerius Maximus: 54 Anm. 26 Valesianus (Anonymus): 80 Anm. 135 Venus: 130 Vergil: 129; 133 Vetranio: 48; 55; 57; 60; 74; 80; 82 Anm.

141

Victoria: 131 Vigilius: 131 Vitrasius Orfitus: 81 Anm. 139 Vulcacius Rufinus: 82 Anm. 141 Xiphilinos:

20 Anm. 27

Zeno vonVerona: 131 Zenobia: 54 Zonaras: 49; 56; 69; 74; 76; 78ff. passim Zosimos: 56; 63; 69; 74ff.; 80ff.; 97; 100 Anm. 197; 123 Anm. 92

120; 131; 133; 138

2. STELLEN Agath.

4,25,7: 95 Ambros.

ob. Val. 19: 131 Amm.Marc. 14,5,3: 82 Anm. 142; 15,5,33: 83 Anm. 145; 15,5,34: 58 Anm. 50; 16,6,2: 69; 16,10,1: 51 Anm. 15; 16,12,69f.: 68 Anm. 87; 17,13,34: 51

Anm. 15; 21,16,4: 70 Anm. 93; 21,16,5: 52; 21,16,15: 50f. Anm. 13; 22,12,1: 94f. Anm. 185; 25,4,23: 94f. Anm. 185 Anonymus Valesianus:

16: 80 Anm. 135 Asinius Pollio Frg. 2 Peter: 85 Anm. 154

147

Indices

Athan. Apol.

ad Constantium 7: 78f.; 9: 79 Anm. 131 Hist. Arian. 7: 82 Anm. 142

Augustin.

Civ. Dei 2,22: 72 Anm. 102 Conf. 5,13: 132; 5,13,23: 132 Anm. 37; 11,18,23: 9; 11,20,26: 10 Retractat. 1,3,4: 140 Aur. Vict. 35,5: 54 Anm. 27; 42,10: 92 Anm. 175; 42,15: 83 Anm. 145; 42,17: 53 Anm. 23 Cento Probae

4f.: 72; 5f.: 71f.

Chron. Gall.

a. 452,89, p. 656: 54 Anm. 27

Chron. Pasch.

539: 64f. Anm. 75; 539,10– 536,18– 20: 62 Anm. 16: 57; 540: 59; 540,10–

67 Claud.

397: 72 Sext. Cons. Honor. Aug. 392– Cod. Theod. 8,7,2: 82 Anm. 142; 13,3,5: 139; 16,10,5: 78 Anm. 123; 16,19,22: 142; Nov. Theod. 3,8: 177f. Anm. 9 Const. v. Lyon ep. ad Censur. (MGH Script. Merov. VII p. 249): 133 vita Germ. 12: 134; 19: 137 Anm. 79; 25: 134; 46: 133 Anm. 43 Const. Imp. or. adsanct. coetum 25,4 p. 191 Heikel: 84 Anm. 152 Dio

6: 28; 72(71),36,4: 37,30: 78; 53,19,1– 21 Anm. 31; 73(72),1,1: 21 Anm. 32; 4: 26; 75(74),14,1–6: 32; 73(72),9,1– 77(76),15,2: 22 Anm. 38

Dio Chrysostomos 32: 119 Anm. 76; 32,25ff.: 119 Anm. 76; 32,27: 119 Anm. 77 Diod.

22,5: 78

Ennod. Paneg. Theod.: 134

vita Ant. 4: 134; 13: 134f. vita Epifan. 2f.: 129; 6: 129; 7: 125 Anm. 2 Epit. Caes. 14,11: 98 Anm. 190; 42,1: 89f. Anm.

172; 42,4: 92; 42,6: 98; 42,8: 99f.; 42,17: 98

Eug.

ep. ad Paschas. 2: 135; 4: 135; 7: 125; 9f.: 125 vita Sev. 4,12: 136; 7: 135; 11,2: 136; 32: 135 Eunap.

Frg. 9,1 Blockley: 90f. Anm. 173 vit. soph. 7,3,7 (476): 90 Eus. vita. Const. 1,26,1: 55; 1,36,2: 78 Anm. 123; 1,37,2: 78 Anm. 123; 2,4,2: 78 Anm. 123; 2,11,2: 78 Anm. 123; 4,5,2: 61 Anm. 62 Eutr.

9,13,2: 54; 10,11,1: 55; 10,12,1: 80 Anm. 134; 10,17,1: 95 Anm. 186 Expositio totius mundi 58: 53 Anm. 23 Fasti Hydat. (Burgess, p. 237)

59

HA

AS 63,6: 23 Anm. 49; 34,2: 54 Anm. 27; 34,4: 54 Anm. 27 9: 21 Anm. 31 C 1,5–

Hdn. 6: 18; 1,2,1: 21 Anm. 31; 1,2,1– 1,1,4– 6: 4,6: 19; 1,2,3: 34 Anm. 100; 1,4,2– 35; 1,4,3: 21 Anm. 31; 1,5,4: 21 Anm. 9,10: 26; 1,9,1: 40 Anm. 31; 1,8,1– 7: 25; 121; 1,9,2: 30 Anm. 83; 1,10,1–

1,10,3: 26; 1,10,6: 26; 1,10,7: 26; 1,11,5: 34 Anm. 99; 1,12,2: 34 Anm. 99; 1,12,4: 34 Anm. 99; 1,13,7: 21; 9: 21; 2,4,2: 21; 2,2,1–10: 21; 2,2,7– 2,4,9: 34 Anm. 99; 2,5,1: 21f.; 2,6,6: 2: 21; 2,7,3– 21; 2,6,6–14: 21f.; 2,7,1– 5: 24; 2,9,1–11,2: 24; 8,10: 24; 2,8,1–

148

Indices

9: 24; 2,9,3: 21; 24; 2,9,9: 21; 2,10,1– 2,10,4: 21; 2,11,5: 32; 2,11,7: 21; 3: 21; 2,11,8: 34 Anm. 99; 2,12,2– 2,13,6: 21; 3,2,8: 32; 3,7,3: 29; 3,8,8: 22; 3,10,5: 22 Anm. 38; 3,12,4; 34 5: 22 Anm. 38; Anm. 99; 3,13,3– 3,14,2: 22 Anm. 38; 4,3,2: 22; 4,3,3: 34 Anm. 99; 4,3,4: 22; 4,4,3: 22 Anm. 9,8: 22 Anm. 40; 4,10,1– 40; 4,8,6– 11,9: 22 Anm. 40; 4,15,7: 32; 5,5,4: 5: 22; 5,7,5: 34 Anm. 99f.; 22; 5,7,4– 3: 23 7: 22f.; 6,2,1– 5,8,2: 22; 6,1,5– 6: 23 Anm. Anm.47; 6,2,3: 22f.; 6,4,3– 2: 23 Anm. 47; 6,5,8– 9: 23 47; 6,5,1– Anm. 48; 6,6,6: 23 Anm.48; 6,7,5: 23 6: 23 Anm.47; 8,1,5– Anm.48; 6,7,5– 6: 34 Anm. 99; 8,7,4: 32 Hier.

243 c. 95 Anm. 186 J. 351, p. 238 Helm 92f. Anm. 180

chron. z.

Iul. Imp. ep. ad. Ath. 279 d: 51 Anm. 15; 68 Anm. 87

ep. 61c Bidez-Cumont: 139 or. 1,8a: 57 Anm.47; 1,9a: 63 Anm. 70; 1,33c: 73 Anm. 108; 1,34a: 56; d: 52 Anm. 20; 1,34d: 53 Anm. 1,34c– 21; 1,35d: 87; 1,36a: 48, 66; 1,36b: 37a: 48 Anm. 49; 1,37a: 48 53; 1,36d– Anm. 6, 80; 1,37b: 51, 52, 64; 1,39b: 66; 1,42: 56; 1,48b: 74 Anm. 110; 2,56b: 50 Anm. 12; 3,55c: 56; 3,56b: 52; 3,56c: 53 Anm.21; 3,57a: 53 Anm. 21; 3,57b: 66; 3,57d: 48; 3,58a: 56; 60b: 49f.; 3,60b: 80; 3,58c: 56; 3,59d– c: 48; 3,95c: 55f.; 3,96a: 81; 3,60b– 3,97b: 74 Anm. 110; 3,97c: 83 Anm. 145

Joh. Chrys. De Anna: 1,1 (PG 54,634): 123 Anm.

91 De eleem. 6 (PG 51,269 f.): 109 Anm. 16 ep. Col. 3 (PG 62,347 f.): 111 Anm. 33

Hom. stat. 2,1 (PG 49,33f.): 108f.; 2,3 (PG 49,37): 108f.; 3 (PG 49,47): 109 Anm. 18; 111; 119; 3 (PG 49,48f.):

111; 119; 3 (PG 49,50): 112; 3 (PG 49,56): 109 Anm. 17; 4,2ff. (PG 49,61ff.): 111 Anm. 33; 4,4 (PG 49,66): 111; 6,1 (PG 49,81): 109; 6,2 (PG 49,83): 111; 6,3 (PG 49,84): 111; 7,2 (PG 49,93f.): 110; 7,4 (PG 49,95): 110; 11,2 (PG 49,121): 110; 12,1 (PG 49,127f.): 109; 122; 12,4 (PG 49,133f.): 110; 13,1 (PG49,137): 108; 13,4 (PG 49,141): 108; 14,1 (PG 49,143f.): 108f.; 15,1 (PG 49,154): 109; 16,1 (PG 49,161): 108f.; 122; 16,1 (PG 49,161–163): 110 Anm. 24; 17,1 (PG 49,173): 110f.; 17,2 (PG 49,173): 108ff.; 118; 18,4 (PG49,186): 110; 120 Anm. 80; 18,4 (PG 49,187f.): 122; 19,1f. (PG 49,189f.): 110; 21,1 (PG 49,211): 120; 21,1 (PG 49,213): 219): 109 110; 112; 21,2f. (PG49,213– Anm. 17; 111f.; 21,4 (PG 49,219f.): 112 Invid. iun. 1,2 (PG48,601): 106Anm. 8 240): 106 Nuper dictorum (PG49,231– Anm. 7 Joh. Lyd. de mag. 3,7 p. 92 Wünsch: 47 Anm. 2 Lact.

demort. pers. 44,7: 58 Anm. 50 Leon Gramm. 6: 61 Anm. 62; 90f.: 89 Anm. 85,3– 131; 91,10–14: 98 Leon Diaconus 8,8 p. 138 Bonn: 61 Anm. 62 Lib. or. 1,252: 114 Anm. 51; 1,252f.: 113 Anm. 47; 1,253: 116 Anm. 57; 19: 22: 106; 19,1: 118 Anm. 71; 113; 19– 19,3: 117f.; 19,5: 119; 19,7: 114; 17: 117; 19,19: 118 Anm. 69; 19,12– 19,19f.: 117; 19,20: 117 Anm. 62; 19,22: 117 Anm. 62; 19,25: 115; 118 Anm. 69; 19,28: 114; 118; 19,29f.: 114 Anm. 51; 19,30: 114; 19,31: 114

149

Indices

36: 114f.; 19,34: 114 Anm. 51; 19,32– Anm. 51; 19,36: 104 Anm. 4; 19,37f.: 43: 114; 19,43: 114; 118 115f.; 19,40– Anm. 69; 19,45f.: 117 Anm. 64; 55: 119; 19,54: 49: 117; 19,51– 19,47– 61: 116; 19,62: 118 Anm. 69; 19,56– 65: 117; 20: 113; 116 Anm. 55; 19,63– 20,3: 115 Anm. 53; 118 Anm. 69; 20,12f.: 117; 20,14–16: 117; 20,16: 21: 117 Anm. 117 Anm. 62; 20,17– 32: 117; 20,26: 117 Anm. 64; 20,22– 36: 118 Anm. 68; 20,37: 62; 20,33– 116 Anm. 60; 20,38: 117 Anm. 62; 43: 119; 20,50: 117 Anm. 62; 20,40– 21: 113; 21,6: 118 Anm. 68; 21,11– 19: 116; 22: 113; 22,5: 115 Anm. 53; 118 Anm.69; 22,7: 104 Anm. 3; 22,17: 117 Anm. 62; 22,21: 117 Anm. 62; 22,22: 115f.; 118; 23: 106; 113; 117 Anm. 67; 23,18: 118 Anm. 69; 23,19: 27: 116 Anm. 117 Anm. 67; 23,20– 56; 30: 113 Anm.45; 34,14: 116 Anm. 56; 56,13: 116 Anm. 59; 59: 56f.; 59,19: 55 Lucan.

32: 73; 12: 72; 1,24– 1,4: 71; 1,10– 111: 157: 71; 1,99: 71; 1,109– 1,98– 71f. Anm. 101; 1,158: 71; 1,186: 71; 1,265: 71; 1,293: 71; 1,683: 72; 2,321: 565: 72 Anm. 71f. Anm. 101; 4,561– 313: 85 Anm. 153; 6,314– 103; 6,290– 123: 85 Anm. 332: 85 Anm. 153; 7,85– 153; 7,93f.: 71 Anm. 99; 7,119–123: 85 Anm. 157; 7,240: 71f. Anm. 101; 459: 95; 7,391– 87 Anm. 162; 7,385– 408: 73; 7,398f.: 73 Anm. 107; 7,426f.; 630: 95; 7,550: 72 Anm. 103; 7,622– 72 Anm. 103; 7,647f.: 85 Anm. 153; 791: 85; 7,792– 824: 85; 7,789– 7,787– 794: 85; 7,794f.: 85

Paneg.

2,37,4: 51 Anm. 15; 2,47,3: 51 Anm. 24: 50; 4,30,1: 50; 4,30,2: 15; 4,22– 50 Anm. 11; 12,23,3: 51 Anm. 15 Paschas.

ep. ad Eugipp. 1: 129 Paulin.

vita Ambros. 1 (PL 14 p. 27): 132; 2 (PL 14 p. 27): 129; 9 (PL 14 p. 30): 133; 11 (PL 14 p. 30): 133; 13 (PL 14 p. 31): 133; 17 (PL 14 p. 32f.): 133; 20 (PL 14 p. 33f.): 132; 26 (PL 14 p. 36): 131; 31 (PL 14, p. 37): 133; 34 (PL 14 p. 39): 133; 49 (PL 14 p. 44): 132 Petr. Patr.

Frg. 16 Müller: 55f.; 80, 82 Anm. 141 Philo

Flacc. 41: 119 Anm. 77 Philostorg.

3,23: 78 Anm. 122; 3,25: 90f. Anm. 173; 3,26: 59; 61 Anm. 63, 99 Anm. 194; 100f. Anm. 197; 3,26: 62; 3,26a: 62; 3,27: 64; 78

Plat. Timaios Plin.

5: 14 Anm. 9

n. h. 7,121: 85 Anm. 154 Plut. Caes. 46: 85 Anm. 154

Cic. 10,3: 78 Popl. 4,1: 78 Pomp.

151

72: 84 Anm. 151; 73: 84 Anm.

Praxagoras

4: 55

Prokopios

Men. Rhet. 8: 19 373,5–

Aed. 6,3,10: 137; BV 1,8,15ff.: 137; 2,8,9ff.: 137 Prosper Tiro 1263, p. 468: 54 Anm. 27; p. 486: 51 Anm. 15

Oros.

Prudent. 505: 139 Contra Symm. 1,502–

7: 47; 5,22,7: 52 Anm. 17, 54; 5,22,5– 7,29,12: 92f.

Sall. Cat. 22,1f.: 78

150

Indices

Salvian

gub. 8,9f.: 137 Schol. ad Iul. Imp. or. 3,93 c p. 173,54 Bidez: 83; 3,97 c p. 175,12 Bidez: 83 Sidon. Apoll. ep. 2,10: 133 Sokr. 2,28,22: 59f.; 2,28,23: 67f.; 2,31,5: 5: 57; 2,32,5– 6: 58f. Anm. 67f.; 2,32,2– 51; 2,32,9: 89f. Anm. 172; 5,14,4: 51 Anm. 15; 6,3,1: 106; 6,3,8: 106 Anm. 8; 6,4,9: 105 Anm.6 Sozom. 1,7,3: 64 Anm. 72; 4,7,2: 58f. Anm. 51; 4,8: 51 Anm. 15; 7,14; 51 Anm. 15; 7,23: 112f. Anm. 43; 7,23,1: 119 Anm. 76; 7,23,2f.: 112f. Anm. 43; 7,23,4f.: 112f. Anm. 43; 8,2,5: 106 Sulp. Sev. chron. II 38,5: 65f. Anm. 76 4: 129 Anm. 22; 3: 129 ep. Desider. 1– Anm. 21 vita Mart. 1,3: 129; 1,6: 128 Anm. 117; 1,9: 129; 2,1: 130; 6,3: 130 Anm. 25; 6,4: 130 Anm. 25; 11: 130 Anm. 16: 130; 13,1: 130 Anm. 25f.; 25; 12– 14,3: 130; 17: 130; 17,3: 130; 20: 130; 22,1: 130; 26,3: 130 Anm. 23; 27,6: 140 Anm. 95 Symm.

Ep. 1,2,4: 74 Anm. 111

Tac. Hist. 1,4,3: 119 Anm. 77 Them. 39a: 55f.; 2,39a: or. 2,33c: 56; 2,38d– b: 52 Anm. 17; 56; 3,40c: 63; 3,43a–

d: 55; 3,43b: 56f. Anm. 44; 3,43c– b: 55; 63 Anm. 71; 4,62c: 81; 3,44a– 6,80c: 81; 7,97d: 81

Theodor.

h. e. 2,30,1–14: 64f. Anm. 75; 3,3,7: 64; 5,20: 112f. Anm. 43; 5,20,1: 119 Anm. 76; 5,20,5–10: 122f. Anm. 90 HR 13,7f.: 122f. Anm. 90

Theoph.

40,13: 64f. Anm. 75; 39,13ff.: 39,13–

42,1: 59 Anm. 78 Anm. 122; 41,33– 27: 57 53; 44: 59 Anm. 53; 44,12– Valerius Maximus

2,8,7: 54 Anm. 26 Verg. Aen. 6,612f.: 54 Anm. 28; 6,784: 39 Anm. 120 Georg. 1,37: 71 vita Fulg. 1 (PL 65 p. 117): 128 Anm. 17; 136; 3 (PL 65 p. 118): 129; 136; 4 (PL 65 p. 118f.): 136; 4 (PL 65 p. 119): 137; 6 (PL 65 p. 120): 137; 17 (PL 65 p. 125): 137 Anm. 74; 20 (PL 65 p. 127): 137; 24 (PL 65 p. 129): 137 Anm. 73; 66 (PL 65 p. 150): 136 Anm.

69

Zon. 16: 56; 13,6,1: 13,4,29: 79; 13,5,15– 83f.; 13,7,18: 83 Anm. 141; 13,7,18– 22: 80; 13,7,20f.: 55; 13,7,21: 56f. Anm. 44; 13,7,22: 82 Anm. 141; 13,8: 74; 13,8,2: 82 Anm. 140; 89 Anm. 4: 89; 13,8,4: 89f. Anm. 171f.; 13,8,2– 172; 13,8,5: 76f.; 13,8,6: 88; 13,8,6f.: 79; 13,8,7: 82 Anm. 140; 82 Anm. 142; 13,8,9: 83 Anm. 147; 13,8,10: 80; 13,8,11: 88 Anm. 170; 13,8,12: 78; 84; 13,8,13: 48 Anm. 6; 80; 13,8,13f.: 48; 13,8,15: 80; 13,8,16: 80; 85; 13,8,17: 80 Anm. 135; 92; 13,8,18: 86; 13,8,19: 99 Anm. 194; 13,8,20f.: 8: 98; 13,9,6: 5: 99; 13,9,1– 79; 13,9,1– 99f.; 13,9,7: 100f.; 13,11,11: 98; 13,11,31: 70 Anm. 93; 13,14,4: 95 Anm. 186; 13,18: 112f. Anm. 43 Zos. 2,23,7: 80 Anm. 135; 2,26,3: 80 Anm. 135; 2,29,1: 78 Anm. 125; 2,42,2: 56; 53: 74ff.; 2,45,1: 89ff.; 2,45,1f.: 2,45– 89; 2,45,2: 82 Anm. 140; 89f. Anm. 172; 2,45,3: 75 Anm. 114; 2,46,1: 78 Anm. 125; 86f.; 2,46,2: 82 Anm. 142; 86; 88; 2,46,3: 56f.; 82 Anm. 140; 48,1: 86; 48,5: 82f.; 2,47,3– 2,46,2– 5: 50,4: 80; 2,48,3: 87; 2,48,3– 2,48,1– 87; 2,48,5: 75; 2,49,1: 73 Anm. 108;

151

Indices

4: 75 Anm. CIL VI 81; 2,49,1f.: 87; 2,49,2– 1698: 81 Anm. 139; 1735: 81 Anm. 114; 2,50,2f.: 75; 2,50,4: 92 Anm. 1742: 139; 1739: 81 Anm. 139; 1739– 176f.; 2,51,1: 88; 2,51,2: 88 Anm. 170; 81 Anm. 139; 1767: 81 Anm. 139; 2,51,2f.: 48 Anm. 6; 80; 2,52,1f.: 75; 1777: 81 Anm. 139; 1779: 81 Anm. 2,53,3: 100f. Anm. 197; 2,54,1: 56; 138; 40769: 63 Anm. 71; 40790: 57 4,41,2: 123 Anm. 92 Anm. 45 ILS Inschriften

AE 1928, 80: 81 Anm. 139

723: 56f. Anm. 44; 725: 56f. Anm. 44; 730: 56f. Anm.44; 732: 56f. Anm. 44

Iv Ephesos 41: 82 Anm. 142

HISTORIA-EINZELSCHRIFTEN

Herausgegeben vonMortimer Chambers, Heinz Heinen, François Paschoud, Hildegard Temporini und Gerold Walser

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Marcellinus

Buch XX-XXI.

Teil III: Die Konfrontation. 1996. 293 S., kt. (vgl. Bde. 31 u. 38) 6570-9 90.Odile DeBruyn: Lacompétence de l’Aréopage en matière de procès publics. Des origines romaine

de la polis

athénienne

à la conquête

de la Grèce (vers 700– 146 avant J.C.). 1995. 226 S., kt. 6654– 3 91. Lothar Wierschowski: Dieregionale Mobilität inGallien nachdenInschriften des 1.bis 3. Jahrhunderts n. Chr. Quantitative Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der westlichen Provinzen des Römischen Reiches. 1995. 400 S., kt. 6720– 5 92.Joachim Ott: Die Beneficiarier. Untersuchungen zuihrer Stellung innerhalb derRangordnung des Römischen Heeres undzuihrer Funktion. 1995. 246 S., kt. 8 6660–

93.Andrew

Drummond: Law, Politics andPower. Sallust andthe Execution oftheCatilinarian Conspirators. 1995. 136 S., kt. 6741– 8 94.Heinrich Schlange-Schöningen: Kaisertum und Bildungswesen im spatantiken Konstantinopel. 1995. VIII, 189 S., kt. 6760– 4 95. Mogens Herman Hansen andKurtRaaflaub (Eds.): Studies in the Ancient Greek Polis. 1995. 219 S., kt. 6759– 0 (zugleich: Papers fromtheCopenhagen Polis Centre, Vol. 2) 96. Martin Jehne (Hg.): Demokratie inRom? Die Rolle des Volkes inderPolitik derrömischen Republik. 1995. VII, 141 S., kt. 0 6860–

97.Valerie M.Warrior: The Initiation of the Second Macedionian War. AnExplication of Livy Book 31. 1996. 118 S., kt.

8 6853–

98.Raimund Friedl: DerKonkubinat imkaiserzeitlichen Rom. VonAugustus bis Septimius

Severus. 1996. 417 S., kt. 6 6871– 99. Christopher Tuplin: Achaemenid Studies. 1996. 226 S., kt. 1 6901– 100. Marlis Weinmann-Walser (Hg.): Historische

Interpretationen. Gerold Walser zum75. Geburtstag dargebracht vonFreunden, Kollegen und Schülern. 1995. 212 S. m. 3 Taf., kt. 6 6739–

101. Leonhard A. Burckhardt: Bürger undSoldaten. Aspekte der politischen undmilitäri-

schen Rolle athenischer Bürger imKriegswesen des 4. Jahrhunderts v. Chr. 1996. 300 S., 5 kt. 6832– 102. Julia Heskel: The North Aegean Wars, 371– 8 360 B.C. 1997. 186 S., kt. 6917– 103. Lukas Thommen: Lakedaimonion Politeia.

Die Entstehung der spartanischen Verfassung. 1996. 170 S, kt. 6 6918–

104. Luisa Prandi: Fortuna e realtà dell’opera di Clitarco. 1996. 203 S., kt. 6947-X 105.Jerzy Linderski, Ed.: Imperium sine fine: T. Robert S. Broughton and the Roman Republic. 1996. X, 234 S. u. 1 Taf., kt. 6948– 8 106. Karl Christ: Griechische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. 1996. 238 S. m.7 Taf., kt. 6915– 1 107. Eric. W.Robinson: TheFirst Democracies: Early Popular Government Outside Athens.

1997. 144 S., kt. 6951– 8 108. Mogens Herman Hansen / Kurt Raaflaub,

Eds.: More Studies in the Ancient Greek Polis. 1996. 196 S., kt. 6969– 0 (zugleich: Papers fromtheCopenhagen Polis Centre, Vol. 3) 109.Victor Parker: Untersuchungen zumLelantischen Krieg. 1997. 189 S., kt. 6970– 4 110. Ulrich Gotter: DerDiktator ist tot! Politik in Romzwischen den Iden des März undder Begründung des Zweiten Triumvirats. 1996. 316 S., kt. 6815– 5 111. François Paschoud / Joachim Szidat, Hrsg: Usurpationen in der Spätantike. Akten des Kolloquiums „ Staatsstreich

undStaatlichkeit“ ,

6.–10. März 1996, Solothurn/Bern. 1997. 174 S., kt. 7030– 3 112. Ulrich Huttner: Diepolitische Rolle derHeraklesgestalt im griechischen Herrschertum. 1997. IX, 385 S., kt. 7 7039– 113. Robert E.A.Palmer: Rome andCarthage at Peace. 1997. 152 S., kt. 0 7040– 114. Hans Beck: Polis undKoinon. Untersuchungen zurGeschichte undStruktur der griechischen Bundesstaaten im 4. Jahrhundert v. Chr. 1997. 320 S., kt. 2 7117– 115. Heinz Bellen: Politik-Recht-Gesellschaft.

Studien zurAlten Geschichte. Hg.vonLeonhard Schumacher. 1997. VIII, 323 S., 24 Taf., kt. 7150– 4 116.Carsten Drecoll: Die Liturgien im römischen Kaiserreich des 3. und4. Jh. n. Chr. Untersuchung über Zugang, Inhalt undwirt-

schaftliche Bedeutung der öffentlichen

Zwangsdienste inÄgypten undanderen Provinzen. 1997. 401 S., kt. 2 7151– 117. Thomas Heine Nielsen, ed.: Yet More Stud-

ies in the Ancient Greek Polis. 1997. 258 S., kt. 7222– 5 118. Gerold Walser: Bellum Helveticum. 1998. 192 S., kt. 7248– 9 119. Frank Bernstein: Ludi publici. Untersuchung

zur Entstehung und Entwicklung der

öffentlichen Spiele im republikanischen Rom. 1998. 408 S., kt. 9 7301– 120. Robert J. Buck: Thrasybulus and the Athenian Democracy. The Life of an Athenian Statesman. 1998. 141 S., kt. 7 7221– 121. Gocha R. Tsetskhladze, ed.: The Greek Colonisation of the Black Sea Area. Historical Interpretation of Archaeology. 1998. 336 S. m. 44 Abb., kt. 7 7302– 122. Josef Wiesehöfer (Hg.): Das Partherreich undseine Zeugnisse. Beiträge des interna-

tionalen Colloquiums, Eutin (27.– 30. Juni 1996). 1998. 570 S. m. zahlr. Abb., kt.7331– 0 123.Jeffrey D. Lerner: The Impact of Seleucid Decline on the Eastern Iranian Plateau. 1999. 139 S., kt. 1 7417– 124.Attilio Mastrocinque: Studi sulle guerre mitridatiche. 1999. 128 S., kt. 7418-X 125. Fabio Mora: Fasti e schemi cronologici. La riorganizzazione annalistica delpassato remo1 to romano. 1999. 425 S., kt. 7191–

126. Karl-Ernst Petzold: Geschichtsdenken und Geschichtsschreibung. Kleine Schriften zur griechischen und römischen Geschichte. 1999. 629 S., kt. 7458-9 127. Martin Zimmermann, Hrsg.: Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n. Chr. Kolloquium zu Ehren von KarlErnst Petzold (Juni 1998) anläßlich seines 80. Geburtstags. 1999. 244 S., kt. 7457-0 128. Alexander Yakobson: Elections and Electioneering in Rome. A Study in the Political System of the Late Republic. 1999. 251 S., kt. 7481-3 129. Ralf Urban: Gallia rebellis. Erhebungen in Gallien im Spiegel antiker Zeugnisse. 1999. 165 S., kt. 7383-3 130. Markus Sehlmeyer: Stadtrömische Ehrenstatuen der republikanischen Zeit. Historizi-

tät und Kontext von Symbolen nobilitären Standesbewußtseins. 1999. 319 S., kt. 7479-1 131. Karl-Joachim Hölkeskamp: Schiedsrichter, Gesetzgeber und Gesetzgebung im archischen Griechenland. 1999. 343 S., kt. 6928-3 132. Gary Forsythe: Livy and Early Rome. A Study in Historical Method and Judgment. 1999. 147 S., kt. 7495-3 133. Dirk Henning: Periclitans res publica. Kaisertum und Eliten in der Krise des Weströmischen Reiches 454/5-493 n.Chr. 1999.362 S., kt. 7485-6 134. Hartwin Brandt (Hg.): Gedeutete Realität. Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3.–6. Jh. n. Chr.). 1999. 151 S., kt. 7519-4

Franz Steiner Verlag Stuttgart